—— ie ae EN ER, 2er — — * — * Er ——— — V. N J se J— Ei \ & REN ° Ss —D —6 —B — —WW — * ee —* * chen, — — — u" er ECK — — — Kr > — * — es IOLOGY Inch an Digitized by the Internet Archive in 2010 with funding from University of Illinois Urbana-Champaign http://www.archive.org/details/brehmstierlebena009breh Brehms Tierleben. Neunter Band. Brehms Sıerleben. Allgemeine Kunde des Tierreiche. Mit 1800 Abbildungen im Tert, I Karten und 180 Tafeln in Farbendrud und Holzſchnitt. Drille, gänzlich neubearbeifefe Auflage. Herausgegeben von Prof. Dr. Pechuel-Loefche. Infekten. Neuer Abdrud. Leipzig und Wien. Desert asia: Sauattıtut 1900. Alle Rechte vom Verleger vorbehalten. Die Inſekten, Tauſendfüßer und Spinnen. Neubearbeitet von Profeſſor Dr. G. L. Tafrhenberg. Mit 287 Abbildungen im Tert und 21 Tafeln von Emil Schmidt und Heinrihd Mlorin. Neuer Abdruck. 2 F — —— * / Sure f . N‘ J IP — —9 7 4 — AN IP j — DALE S Leipzig und Wien. Sablcostapbiiges Sajtttwt 1900. Vorwort zur mitten Auflaae. Dei Bearbeitung der erſten Auflage von „Brehms Tierleben’ war ich be: jtrebt geweſen, möglichjt viele Tiere aus der mir übertragenen Abtetlung zur Sprache zu bringen, um einigermaßen die Bollftändigfeit der vorangegangenen Pände zu erreichen. Mit der Zeit jedoch gelangte ich zu der Überzeugung, daß dies vorgefteckte Ziel bei dem mir zugemefjenen Raume nicht zu erreichen und eine wejentliche Einſchränkung in der Auswahl des Stoffes notwendig jet werde. Diefer Umstand veranlafte eine Ungleichmäßigfeit in der Behandlung. weiche felbjtredend nicht beabjichtigt war. Für die zweite Auflage war nun ein Anhalt in der erjten gegeben, der eine gleihmäßigere Verteilung des Stoffes ermöglichte. Daß bei der umendlichen Mannigfaltigfeit desselben die Auswahl immer noch ihre großen Schwierigfeiten hatte, zumal wenn ein allgemeiner Üiberblic über die Geſamtheit nicht voll- jtändig verloren geben follte, wird der aufmerkſame Leſer beurteilen können. Möge diejelbe den Anforderungen um mefentlichen genügen! Die gewöhnlichiten, heimischen, mithin nächititehenden Gliederfüßer erhielten bet der Auswahl den Vorzug; fremdländifche fonnten nur in fehr beſchränktem Mate herangezogen werden, und dies geſchah namentlich dann, wenn fie eine Lüde in der Ent- wicelungsreihe ausfüllen oder ſonſtwie den Neichtum und die Vielgejtaltigteit der Formen, der Lebensweile 2c. zur Anſchauung bringen Jollten. Wo es an ging, find die Anfichten der Alten über die betreffenden Tiere dargelegt worden, dagegen nicht die Erwägungen und Fragen nach dem erjten Uriprung und den gegenfeitigen Verwandtichaften, wie fie die heutige Naturforſchung in den Vorder: grund ftellt; es ift dies unterlaffen worden, um den vorurteilsfrei vorgetragenen, VI Normwort. nadten Thatſachen den Naum nicht noch weiter zu kürzen. Aus gleichem Grunde it die wilienschaftliche Einteilung weniger betont, als der Vergleich mit dem Inbaltsverzeichnis vielleicht erwarten läßt, Von diefen Gefichtspuntten aus ift auch die vorliegende dritte Auflage be- arbeitet worden, und es haben dabei die jeitdem in der Wiſſenſchaft gemachten Fortſchritte Berückſichtigung gefunden. Hinſichtlich der Abbildungen, welchen gerade in dieſer Abteilung der Tiere die größten Schwierigkeiten entgegenſtehen, iſt ſeitens der Künſtler und der Verlagshandlung das bisher noch nicht Erreichte geleiſtet worden; nahezu ein— hundert neue Darjtellungen, faſt ausnahmslos nach dem Leben, haben Aufnahme gefunden. Möge auch diefer Band in feiner neuen Form mehr noch als bisher dem Ganzen dienen und dem „Lierleben” zu emer allgemeinen Anerkennung verhelfen. Halle, Oftober 1892. E. 8. Tafchenberg. Ein Blid auf das je} Inhalts- Verzeichnis. Inſekten. Leben der Geſamtheit. N [e%) Erſte Drdnung: Käfer (Coleoptera oder Eleutherata). Erſte Familie: Sandfäfer (Cieindelidae). . Sippe: Gicindelinen er Feld -Sandfäfer (Cieindela ompesttik) Zäufer (Cieindela hybrida) ; . Sippe: Collyrinen . : Langhalſiger Sandfäfer (Col ana collis) . ; Zweite Familie: Laufkäfer (Carabicidae). . Sippe: Elaphrinen . Ufer: Rajchkäfer (Elapkrus are . Sippe: Carabinen . Garten -Lauffäfer (Gerne hortens) Goldhenne (Carabus auratus) Gebirgs :Öoldhenne (Carabus auroni- tens) Buppenräuber ala 5 ann). Kleiner Kletterlauffäfer (Calosoma in- quisitor) . i . Sippe: Bradininen s Bombardierfäfer (Brachinus erepitans) . Sippe: Bericalinen. . . Geipenft -Zauffäfer ſlomohhee di lodes) . — . Sippe: Scaritinen. Riejen-Fingerfäfer (Searites er ——— . Sippe: Pteroſtichinen. Getreide: Lauffäfer (Zahms, gihbus), Eeite Sünfzeher (Coleoptera pentamera). 44 44 44 45 | Eeite Dritte Familie: Chwimmfäfer (Ditycidae). 1. Sippe: Dytiernen 2.2 48 Gefäumter Soden houmildier Den marginalis) . . . . 49 Gefurchter Sabeniäwinmtäfer As sulcatus)., 3 PISippE: HHDLOpDLMmeNn eb Hydroporus elegans . . . .....53 3. Sippe: Haliplinen, Wafjertreter . . . . 53 Cnemidotus 3 Vierte Familie: Taumelkäfer (Gyrinidae). Gyrinus strigipennis 2 5 Tauchender Drehfäfer (Gyrinus mer Sa) 59 Gyrinus natator 55 Fünfte Familie: Waſſerkäfer (Hydrophilidae). ı Sippe: Hydrophilinen. . . 56 | Pechſchwarzer Kolben: -Waffertäfer (er drophilus piceus) . . 56 Schwarzer Kolben: Waſſerkäfer (Hy ie aterrimus) . . . 58 Lauffäferartiger Kolben: Wafferkäfer (Hy- - drous caraboides). 8 Sechſte Familie: Kurzflügler (Staphylinidae). 1. Sippe: Stapbylininen. . . 59 Goldſtreifiger Moderfäfer (Staphylinus CRESATEUSE 88 Kurzbaarige Stapbyline (Staphylinus pubes: 'eNS) Stinfender Moderfäfer (Ocypns 'olens) Erzfarbener Miftlieb(Philonthus aeneus) 2, Sippe: Dryielinen . Noter Bilzkurzflügler (Oxyporus Tufus) 3. Sippe: Päderinen Ufer: Moderfäfer (Paederus Tiparınz) Eeite | 61 6l 61 61 61 61 61 Siebente Familie: Pfelaphiden (Pselaphidae). Clavigerinen Gelber Keulenfäfer ——— kan) Sippe: Achte Familie: Aaskäfer (Silphidae). Silphinen Gemeiner vespillo) ; Deutjcher Totengräber germanus) Schwarzglänzender atrata). 1 Nothalfiger Aaskäfer (Silpha en) Vierpunftiger Aaskäfer (Silpha quadri- punctata) . Sippe: Ra N San Totengräber (Necrophorus (Necrophorus Aaskäfer (Silpha Neunte Familie: Stußfäfer (Histeridae). Sippe: Hijterinen 1 Miſt-Stutzkäfer (Hister ent Hetaerius sesquicornis — Saprinus zehnte Familie: Glanzfafer (Nitidulariae). Nitidulinen Raps» Ölanzfäfer (Meirserhes a) Eippe: Elfte Familie: Spedfäfer (Dermestidae). Spedfäfer (Dermestes lardarius) Zweifarbiger Hautfäfer (Dermestes bi- color) . Pelzkäſer ae Delle). Kabinettfäfer (Anthrenus museorum) . Himbeermade (Byturus tomentosus) Zwölfte Familie: Yugenfäfer (Byrrhidae). Sippe: Byrrhinen . i — Gyrrhus) 62 u) 79 Dreizehnte Familie: Kammhornkäfer (Pectini- cornia oder Lucanidae). 1. Sippe: Hirjchfäfer, Qucanen i Gemeiner Hirſchkäfer (Lucanus —— . Sippe: Zuderfäfer, Paſſaliden (Passalus) 180) 79 ı 83 Snhalts: Verzeichnis. Vierzehnte Familie: Blatthornfäfer (Lamelli- cornia oder Scarabaeidae). Seite Miftfäfer (Lamellicornia laparostic- tica). 1. Sippe: Miftkäfer im engeren Sinn — phaga). Heiliger Pillendreher are: ee Bodennarbiger Billendreher — variolosus) Sisyphus Schaefferi — Our is — Dir naeus — Onthophagus 2. Sippe: Dungfäfer, Aphodiinen Grabender Dungfäfer (Aphodius fossor) 3. Sippe: Roffäfer, Geotrupinen . : Frühlings-Roßkäfer (Geotrupes ver- nalis) ‚ Gemeiner Roßkäfer ana: er. ranIus) 8 Dreihorn (Geotrupes Typhoeus) . Rebenjchneiver (Lethrus cephalotes) Zaubfäfer (Lamellicornia pleuro- stietica). 4. Sippe: Melolonthinen . Gemeiner Maifäfer (Melolontha ni. garis) . — Roßkaſtanien-Laubkäfer Aleloloutha hippocastani). Gerber (Melolontha fallo) . Bradfäfer (Rhizotrogus solstitialis) 5. Sippe: Ruteliden Getreide-Laubkäfer ———— Frutieola) Garten-Laubkäfer (Phy am horti- cola) 6. Sippe: Riejenfäfer, Smaninen, e Herfulesfäfer (Dynastes Hercules) . Elefant (Megalosoma elephas) Nashornfäfer (Orycetes nasicornis) . Oryctes Simias 7. Sippe: Melitophilen Rieſen-Goliath (Goliathus ——— Gabelnaſe (Dicranorrhina Smithi) Gemeiner Goldkäfer (Cetonia — Cetonia speciosissima Marmorierte Cetonie (Cetonia marmo- rata) Zederfäfer (Os dere ee) Gebänderter Pinjelfäfer (Trichius fas- ciatus) . i Langarmiger Binfeltäfer ua ie gimanus) . 88 u 100 100 100 101 101 102 102 103 103 104 104 Fünfzehnte Familie: Pradtfäfer (Buprestidae). 1. Sippe: Julodinen Julodis fascieularis . 105 105 Snhalt3- Verzeichnis. XI Seite BaSwpe-äßhaleosphormen . >... ..", 105 Großer Kiefern: Pradtfäfer (Chalco- phora Mariana) . . . 4 106 3. Sippe: Buprejtinen . . . . 106 Linden-Prachtkäfer (Poecilonota ruti- ans a 141086 4. Sippe: Agrilinen . . . 107 ı Zweiflediger Zune (arts I guttatus). . - ; . 107 5. Sippe: Tradyfinen. . . mer. 10% Kleiner Gleihfäfer Arachys minuta) . 107 | Sechzehnte Familie: Schnellfäfer, Schmiede (Elateridae). 1. Sippe: Aarypninen . . . 109 Mäufegrauer Schnellfäfer loan, muri- BE 14109 2. Sippe: Elaterinen . . . gr Rauher Schmied —— ee). er Cocujo (Pyrophorus noctilucus). . . 112 Saatjchnellfäfer (Agriotes segetis). . 113 Siebzehnte Familie: Weichkäfer (Malaco- dermata). 1. Sippe: Zeuchtfäfer, Zampyrinen . . . . 114 Kleines Johanniswürmchen (Lampyris splendidula). . . . 3115| Großes S obannismürnden (Lampyris 116 Ehoemuspyralis 11717 2. Sippe: Telephorinen . . . 118 Gemeiner zum acitam⸗ fas- aus) .. 119 3. Sippe: Melyrinen . . . 120 Großer Blafenfäfer Malachins Denen) 120 Achtzehnte Familie: Buntfäfer (Cleridae). Sippe: EClerinen. . . . 4.121 Ameijenartiger Buntkäfer lat er mi- earlus)ı . . el Gemeiner Snmentüfer arstaßyıke ES) 26 ee 1111 Neunzehnte Familie: Holzbohrer (Xylophagi, Bostrychidae). 1. Sippe: Btinen . . . ME... Kräuterdieb (Ptinus En , 122 Meifinggelber u (Situs —— Iucass 23 2. Sippe: Anobiinen . . . . 198 | Bunter Klopfkäfer ——— —— —— Trotzkopf un pertinax). Hi 194 Seite Geſtreifter Werkholzkäfer (Anobium der ee Brotfäfer (Anobium — ward Berjhiedenzeher (Heteromera). Zwanzigfte Familie Shwarzfäfer (Tene- brionidae). 1. Sype2Blenmenz I = 126 Gemeiner Trauerfäfer ae morti- ZZßß aa en ln Zopherus Bremei. 2. » .-.... 1% 2. Sippe: Pimeliinen, Feiltfäfer . . . 107 Bimehadistineta „— a 2er 2157 3. Sippe: Tenebrioninen. . . er Mehlfäfer (Tenebrio a). a De Einundzwanzigjte Familie: Fächerträger (Rhipiphoridae). Seltjamer Fächerträger (Metoecus para- doxzus)a. en KEN te 50 Zweiundzwanzigite Familie: Pflaſterkäfer (Vesicantia oder Cantharidae). 1. Sippe: Meloinen ER: Bunter Öltäfer (Melody: varieg ns) at Gemeiner Matwurm (Melo& proscara- bacus) messe See ln 2, Sippe: Mylabrinen. ee 135 Mylabrissvarıabilis 2 a men NZ 2135 3. Sippe: Cantharinen : 135 Spaniſche Fliege (Lytta Tate). 135 VBierzeher (Pseudopentamera). Dreiundzwanzigite Familie: Rüſſelkäfer (Cur- eulionidae). Kurzrüßler (Cureulionidae adelogna- thae). 1. Sippe: Bracdhyderinen . . . 139 Liniierter Graurüßler (Sitones nen) 140 Cyphus — Platyomus — Compsus . 141 2. Sippe: Dtiorhyndinen . . . 141 Schwarzer Dickmaulrüßler (On l- chus niger) . . . 141 Gefurchter Sekten er chus-suleatus) = #22 2 +». 007142 Braunbeiniger Diemaulrüßler (Otio- rhynchus pieipes), Spitfopf (Otio- rhynchus nigrita), u (Otiorhyn- ehus:ligustici) . . . 143 Grünrüßler (Phyllobius — Memflites — Polydrosus) 18 3. Sippe: Brachycerinen, Kurzhörner 45 Brachycerus . 43 XII © -1 8. 10. IT V 12, 13. Langrüßler (Cureulionidae phane- rognathae). . Sippe: Cleoninen . 2 Lähmender Stengelbohrer — para- plecticus) . 5. Sippe: Hylobiinen . a Großer Fichtenrüffelfüfer Ginebins abietis) Kleiner Sihiencüfelten (iylonius pi- nastri). - Kleiner Kiefernrüffeltäf er (P insodes. n0- tatus) . Er Sippe: Apioninen Sonneliebendes Spigmäug gen ( Apion apricans) . > Apion assimile, a, eraccae, ulieis, Sayi, flavipes, ulicicola, radiolus . Sippe: Attelabinen. Hafel:Didfopffäfer ( Anoderus al) Langhalſiger Dickkopfrüßler (Apoderus longicollis) see Afterrüffelfäfer Neal: curculio- noides) Sippe: Rhinomacerinen . Stahlblauer Rebenjtecher (Rhynchites betuleti) Bappelitecher (Rhy — Kon 1) Schwarzer Birkenftecher — be⸗ tulae) . Zweigabjtecher (Bhychites ae | Blattrippenfteher (Rhynchites allia- riae) : ; Bflaumenbohrer (Rhy nehitene, eupr a . Sippe: Balanininen . : Hajelnusrüßler an nucı en Großer Eichelbohrer (Balaninus glan- dium) . Kleiner ——— —— ba tus). Sippe: Anthonominen Apfelblütenftecher (Anthonemus rs rum) : Birnknofpenftedier ame, en Steinfruchtbohrer — drupa- rum) Budenfpringrüßler (( Irche stes — Sippe: Cioninen Braunwurz⸗ SCrO- fulariae) . : Sippe: Eryptorhyndinen Weißbunter Erlenwürger (On: chus lapathi) Sippe: Ceuthorhynchinen Kohlgallenrüßler (Ceuthorhynchus ie ceicoliis) Seite Inhalts-Verzeichnis. Seite Ähnlicher Verborgenrüßler (Ceuthorhyn- chus assimilis) . 165 Weißfleck— Berborgenrüßler (Genthorhyn- chus macula-alba) 165 14. Sippe: Baridiinen 165 Naps : Mauszahnrüßler (Baridins A ris) R 166 Pechſchwarzer Maus ahnrußler Bar dius pieinus) . 166 Notrüjjeliger Mauszahnrüßler (Bari- dius cuprirostris) . 166 15. Sippe: Galandrinen . 166 Palmenbohrer (Rhy nchophorus Schach) 166 Schwarzer Kornwurm gra- naria) . : 167 Neisfäfer (Calandra OrFZae) . 168 Bierund;wanzigite Familie: Borkenkäfer (Sco- lytidae, früher Bostrychidae). 1. Sippe: Hylefininen. . 168 Großer Riefernmarkfüfer Aa gus piniperda) . ; 169 Kleiner Kiefernmarffäfer (Blastophacus minor). 170 2, Sippe: Boſtrychinen 170 Gemeiner Borfenkfäfer, Buchdrucker (Bo- strychus typographus) . 171 Bostrychus dispar 171 3. Sippe: Scolytinen . —F 171 Eccoptogaster destructor . 171 Großer Rülterjplintfäfer (Eecoptopasten scolytus) . 07143 Fünfundzwanzigſte Familie: Langkäfer (Brenthidae). | Sippe: Brenthinen. 172 Brenthus Anchorago 172 Sechsundzwanzigſte Familie: Maulfäfer (Anthribidae). Sippe: Bajitropinen : 173 Weißfleckiger Maulkäfer — — nus) : . 173 Kurzfuß os — va⸗ rius) 174 Siebenundzwanzigſte Familie: Bockkäfer, Langhörner (Capricornia, Longicornia). Breitböcke (Prionidae). 1. Sippe: Prioninen — Gerber, Forſtbock (Prionus a 176 Zimmermann (Ergates faber) 176 Schrägfopfböde (Cerambycidae). 2. Sippe: Spondylinen F 176 Waldkäfer (Spondylis ty 176 Inhalts-Verzeichnis. 3. Sippe: Gerambyeinen . ; Heldbod (Cerambyx ra, Handmwerfer (Cerambyx cerdo) Moſchusbock (Aromia moschata) 4. Sippe: Zepturinen, Aiterböde . ; Geipornter Schmalbod (Strang A ar- mata) 2. . Vierbindiger Schmalbock — quadrifasciata). Veränderlicher Schmalbo (Toxokus meridianus).. . . Kurzhörniger Radelholzbock ——— indagator) . . Zweibindiger aide hohoda cnagiin bifasciatum) 5. Sippe: Necydalinen Großer Halbdeck— Vockkäfer —J—— major) 6. Sippe: Callidiinen, Scjeibendöre Hausbock (Hylotrupes bajulus) . Veränderlicher Scheibenbodfäfer (Calli- dium variabile).. 5 Blauer Scheibenbod Cain le ceum) . — N 7. Sippe: Clytinen Genteiner Widderfäfer (Elytus Fake Clytus rhamni, arvicola & Spitböde (Lamiidae). 8. Sippe: Dorcadioninen, Erdböde. Kreuztragender Erdbod (Dorcadion crux) Schwarzer Erdbock (Dorcadion atrum) Greifer Erdbod (Dorcadion fuliginator) 9. Sippe: Lamiinen . £ Chagrinierter Weber — — 10, Sippe: Ncanthocininen . Zimmerbof, Schreiner (Aeanthoeinns aedilis) 11. Sippe: Saperdinen, Bufenbäte Ä Großer Bappelbod (Saperda carcharias) Aſpenbock (Saperda populnea) 12, Sippe: Phytöcinen Haſelböckchen (Oberea ey Ahtundzwanzigite Familie: Samenkäfer (Bruchidae). Erbjenfäfer (Bruchus pisi) . Bohnenfäfer (Bruchus rufimanus) Gemeiner Samenfäfer (Bruchus grana- rius) Linſenkäfer ———— lentie) Seite 177 177 | Keil 177 189 190 190 190 | XII Seite Neunundzwanzigſte Familie: Blattkäfer (Chryso- melidae). 1. Sippe: Donacinen, Scilffäfer Keulenbeiniger Schilftäfer (Donacia — vipes) . . Sippe: Criocerinen . 5 S Liltenhähnden (Crioceris ee). Spargelhähnchen (Crioceris asparagi) . Zwölfpunftiges Zirpfäferchen (Crioceris duodecimpunctata) —— . Sippe: Clythrinen, Sadffäfer . Vierpunktiger Sadfäfer (Clythra rs dripunctata) 3 o 4. Sippe: Sryptocephalinen, Fallkäfer RN Cryptocephalus sericeus . Sippe: Chryionmelinen i Großer Pappel-Blattkäfer an or) Kleiner Bappel:Blattfäfer au tremu- lae). : Timarcha — Chry eorrela ——— ce- realis, fastuosa, graminis, diluta Colorado» Kartoffelfäfer (Leptinotarsa or decemlineata) Leptinotarsa juncta — Spießträger (Doryphora) — Callisrapha — Par- opsis — 6. Sippe: Furchttkäfer Ademonia tanaceti Schneeballen - Furdhtfäfer (les vi- burni) . ; : Ulmen: Zurchtfäfer lern, — melaena) . Erlen: Blattfäfer ah An ı 7, Sippe: Halticinen, Erdflöhe Raps-Erdfloh (Psylliodes —— PhalJd — Kohl-Erdfloh ——— a) Eichen: Erdfloh (Haltica erucae) Ä Gelditreifiger Erdfloh (Phyllotreta ne- morum) . . Bogenitreifiger Erdfloh (Phylotreta flexuosa) . 8. Sippe: Caſſidinen, Schildtäfer. Nebeliger Schildkäfer (Cassida nebnlosa) Mesomphalia conspersa — Desmonota variolosa . Dreizeher (Trimera). Dreißigfte Familie: Marienfäferden (Cocei- nellidae). Sippe: Coccinellinen . } Siebenpunkt Cocnea —— tata) Coccinella ——— locorus bipustulatus . dispar, Chi- 205 206 XIV Smeite Ordnung: Hautfflügler, Seite [. Stachelträger (Hymenoptera aculeata). Honigweſpen. Erſte Familie: phila). Gefellige Bienen (Apes sociales). l. Eippe: Apinen Gemeine Honigbiene, mellifica) . Ihre Abarten: Halteniibe (Apis Ba tica), ägyptijche (Apis fasciata), afri: fanijche, Biene von Madagaskar. 2. Sippe: Meliponen . Melipona — Trigona Melipona scutellaris - veola Trigona cilipes 3. Sippe: Bombinen, Hummeln Erdhummel (Bombus terrestris) Gartenhummel (Bombus hortorum) Steinhummel (Bombus lapidarius) — Mooshummel (Bombus muscorum) . Hausbiene (Apis ) = Teétragona Trigona fla- Cinfame Bienen (Apes solitariae). 4. Sippe: Schtenenfamniler (Rodileginen) . Rauhhaarige Pelzbiene a hirsuta) Adgeitugte Pelzbiene ehe re- tusa) Wand-Pelzbiene ——— en Gemeine Hornbiene (Eucera — nis). Kaffriſche ohren: ylocopa —— Violettflügelige Holzbiene u violacea) . 5. Sippe: Schenfelfammler N). Rauhfüßige Bürftenbiene (Dasypoda hir- tipes) . RE Schencks Erbbiene en Sana) Greife Erdbiene (Andrena cineraria) . Braungejchenfelte Erdbiene (Andrena fulvierus) . : Große Ballenbiene ae grandis) Rauhe Seidenbiene (Colletes hirta) 6. Sippe: Baudhjammler (Gaftrileginen) Mörtelbiene (Chalicodoma muraria) Kugelbienen (Anthidium) Gehörnte Mauerbiene (Osmia ae Gemeiner Blattjchneider (Megachile centuncularis) 7. Sippe: Schmarogerbienen Seljen:, Feld:, Sommer-, Wald-Schma— rogerhummel (Apathus rupestris, campestris, aestivalis, saltuum) Blumenweipen, Bienen (M. antho- BD DD > @ DD DD D oO Ne) DDDKNmM a 0 oa 0 — —* — Inhalts-Verzeichnis. Immen (Hymenopteéra, Piezata). Weißfleckige Weſpenbiene (Nomada Ro- berjeotiana) Gemeine Maffenbiene(Melecta ——— Punktierte Waffenbiene (Melecta luc- tuosa). Kegelbienen euch, Sf Zweite Familie: Yaltenweipen, Weſpen (Diploptera, Vesparia). 1. Sippe: Schmaroßerweipen, Mafjarinen . | Celonites apiformis — Ceramius Fons- | colombi 2, Sippe: Lehmweſpen, Eumeninen . Mauer:2ehmmeipe (Odynerus nn) Antilopen-Lehmweſpe — Anti- lope) Sr Zahnbeinige Lehmweſpe (0dy nerus «pi nipes) . Pillenweſpe (Eumenes a) 3. Sippe: Bapierweipen, gejellige — Ves⸗ pinen Polybia sedula, rejecta — Chater us chartarius — Tatua morio Polybia liliacea, cayennensis, ——— laria — Chatergus apicalis — Necta- rinia 2 Franzöſiſche —— (Poise sul lica) 5 Hornifje (Vespa erahro) Rote, gemeine, deutiche Weſpe (Vespa rufa, vulgaris, germanica) . Mittlere Weſpe (Vespa media) — Wald. weſpe (Vespa silvestris) Sandweipenartige re (el: nogaster). Dritte Familie: Ameiſen (Formicidae). 1. Sippe: Drüfenameijen, Formicinen . Roßameiſe (Camponotus herculeanus und ligniperdus) Note Waldameije (Formica u Blutrote Naubameije (Formica sangui- nea). e | SawayeBohameije(Lasius Auen Braune Ameijfe (Lasius niger), s | (Lasius flavus) . we: Honigameije(My mern mexicauus ) 2. Sippe: Bangenameijen, Odontomadinen Odontomachus . ee! Sippe: Stacjelameijen, Ponerinen 4. Sippe: Blindameifen, Dorylinen . | Treiberameife (Anomma arcens) By DDR RD oa m WM CD OD OD OO oO RR RD Inhalts-Verzeichnis. Seite 5. Sippe: Knotenameiſen, Mhrmicinen. . . 283 Rajenameife (Tetramorium caespitum) 285 Ernte-Ameijen — — bar- batus? . . . 284 Ecitons (Eeiton ein) 14.0285 || Eeiton hamatum, drepanophorum . . 286 Padicour-Ameije (Eciton canadense) . 287 Zug: oder Viſitenameiſe (Oecodoma ce- Brno Er 288 Vierte Familie: Deterogynen (Heterogyna). 1. Sippe: Spinnenameifen, Mutillinen. . . 29 Europäiihe Spinnenameife Mutilla eu- Fopaga).... . a DON 2, Sippe: Doldmweipen, en u: 293 Rotköpfige Dolchweſpe (Scolia ——— eephala) . ... 293 | Garten-Dolchweſpe (Seolia, Porlorm), 293 Rollweipen (Tiphia). . -. . . 2% Fünfte Familie: Wegweipen (Pompilidae). Natalenſiſche Wegweſpe ae na- talenss)en 0... ne 295 Pompilus trivialis . . . . 297 Gemeine Wegweſpe (Pompilus aneus) 297 Priocnemis variegatus . . . . . .. 29 Agenia punctum, domestica . . . . 298 Sechſte Familie: Grabe, Mordweſpen (Sphe- gidae, Crabronidae). 1. Sippe: Raupentöter, Spheginen . . . 299 Gelbflügeliger Raupentöter (Sphex ir vipeunis) . . er . 299 Meikburhfhnittener Mamenioten (Sphex albisecta) . . . . .. 299 Maurer-Spinnentöter (Pelopoeus Be sulatorius) o 2000 u 2... 299 Pelopoeus spirifex , blauer und pfei- fender Spinnentöter (Pelopoeus cha- lybeus und fistularius) . . . . 300 Rauhe Sandweipe (Psammophila ie Sta). 300 Gemeine Eänoreipe Ammenhile Bahr IRRE), .. oc. 7,270 ,2.300 2. Sippe: Glattweipen, Helninen he 2 303 ı Acker-Glattweſpe (Mellinus —— 303 | Sand: Ölattwejpe (Mellinus sabulosus) 304 8. Sippe: Wirbelmeipen, Bembecinen . . . 304 | Gemeine aa: (Bembex rostra- tus)? ve ame ee 304: Monedula signata . . . . 2. .....808 4. Sippe: Philantinen . . . 305 Bienenwolf (Philanthus an ulhım) 305 Cerceris vespoides . . . 307 Prachtfäfertöter (Cerceris — 307 | 5. Sippe: Pemphredoninen . Sand: Knotenwejpe (Cerceris arenaria) 307 | Gemeine Töpferweipe (Trypoxylon figulus) Weißfüßige J— (Te mosslon albitarse) . Flüchtige Töpferweipe (Prrpoyion Mm gax) F Golditirnige Sönfermeine —— aurifrons) 6. Sippe: Siebweſpen, Crossocerus scutatus, elongatulus Gefielte Siebweipe (Crabro striatus) . Thyreopus patellatus Gemeine Spießweſpe (Oxybelus unig a mis) P II. LZegröhrenträger (Hymenoptera terebrantia). Siebente Familie: Goldweipen (Chrysidae). 1. Sippe: Barnopinen Fleiichrote Goldweſpe (Parnopes car- nea). rk se Beide en . Sippe: Chryfinen EL er re Ölänzende Dorngoldweipe splendidum) . Blaue Goldiweipe Ce er anea) Gemeine Goldweipe (Chrysis ignita) 3. Sippe: Hedychrinen Königliche Goldweſpe (Hedy — —— dulum) Roſige Goldweſpe (Hedy Chen roseum) 4. Sippe: Elampinen . Elampus aeneus, irn 10 Achte Familie: Gallweſpen (Cynipidae). 1. Sippe: Gallenbewohner, Cynipinen. Gemeine Gallapfelweſpe (COynips folii oder scutellaris) Cynips longiventris . Eichenzapfen : Gallweipe (Crnips gem- mae) 3 DE Blastophaga grossorum Andricus B Schwamm: Sallmerne sch termina- lis) . Bioriza aptera. Brombeer:-Gallweipe Dirsrophus a Gundermann: Öallweipe ———— glechomae) . i Gemeine Dofenglimeie (Rhodites: ro⸗ sae) : Rhodites eg]: — ae Synergus facialis — Aulax 2, Sippe: Allotrüinen, Blattlausbewohner . Allotria . XVI Seite 3. Sippe: Figitinen, Paraſiten 322 4. Sippe: Ibaliinen, mit der einzigen Art: Meſſerförmige Schmaroger: Gallweipe (Ibalia cultellator) 322 Neunte Familie: Proctotrupier (Procto- trupidae). Sippe: Scelioinen . j 323 Ciermweipe (Teleas Taevinseulus und T, terebrans) 323 Zehnte Familie: Zehrweipen (Chaleididae, Pteromalidae). l. Sippe: Toryminen . 324 Torymus regius 324 2, Sippe: Pteromalinen . . 825 Raubflügelmeipe (Pteromalus pnpa- rum) oe 325 3. Sippe: Chalcidien . 326 Gelbfledige Schenkelweſ ipe ( (Chalcis da- vipes) . 326 Geitielte Schenfelweipe en a pes) : 326 Elite Familie: Qungerweipen (Evaniadae). 1. Sippe: Kurzſchwänze . 8326 Kleine Hungerweſpe (Brachy arten mi- nuta) 326 2, Sippe: Langjchwänze . . . 82 Gichtweipe (Foenus ee, 32) Pfeilträger (Foenus jaculator) 327 Zwölfte Familie: Schlupfweipenverwandte, Braconiden (Braconidae). Il. Sippe: Gejchloffenmäuler, Clidoitomen . 328 Aphidier (Aphidius) 328 Kleinbäuche (Microgaster oe nemorum) Eu: 328 Macrocentrus marginator. . . . . 8% 2. Sippe: Rundmäuler, Cyeloftomen 330 Bracon palpebrator . 330 Spathius elavatus u; 330 3. Sippe: Aufenmäuler, Erodonten . 331 Alysia manducator . 331 Dreizehnte Familie: Echte Schlupfweſpen (Ichneumonidae). l. Sippe: Tryphoninen : 334 Exenterus marginatorius . 335 Bassus albosignatus 336 2. Sippe: Sichelmeipen, Opioninen . 336 Banchus falcator . 336 Kiefernjpinner- Sichelmeipe aan circumflexum) . 337 Ophion — Paniscus . 338 Inhalts-Verzeichnis. 3. Sippe: Ichneumoninen Ichneumon pisorius, fusorius Ambilyteles . 4. Sippe: Eryptinen > Phygadeuon pteronorum - Cryptus tarsoleucus . | Mesostenus gladiator Hemiteles areator 5. Sippe: Pimplarien . Rhyssa persuasoria . Ephialtes manifestator . Pimpla instigator Glypta resinanae Vierzehnte Familie: Pflanzenweipen (H. phytophaga). 1. Sippe: Holzweipen, Siricinen . Gemeine Holzweipe (Sirex Invencne)i. Riejfenholzweipe (Sirex gigas) 2. Sippe: Halmweſpen, Gephinen. Gemeine Halmweſpe (Cephus we maeus) . . ß 3. Sippe: Geipinit- Blaitweipen, Spbinen Kotjar: Kiefernblattweijpe (Lyda cam- pestris) Große Riefernblattweipe — stellata) Rotköpfige Gefpinftblattwejpe (Lyda erythrocephala), Gejellige Fichten: blattwejpe (Lydahypotrophica), Birn= Geipinftweipe (Lyda pyri), Roſen— Gejpinjtwejpe (Lyda inanita) . : 4. Sippe: Sägeweſpen, Blattweipen, Tenthre- dinen Kiefern-K sa (Lonmprus pini) i Stadelbeer: Binitmeine rn ven- tricosus) ee Dolerus i Schwarze Kirfchblattmefpe nz adumbrata) . B Pflaumen:Sägewejpe onen fül- vicornis) . üben: Blattwejpe nk are, Grüne Blattwejpe (Tenthredo scalaris) — Tenthredo viridis. : Gelbgehörnte Blattweſpe Venthredo flavicornis) 5. Sippe: Bürfthörner, önlotominen., ; Roſen-Bürſthornweſpe (Hylotomarosae) Sauerdorn: Bürfthornweipe (Hylotoma berberidis) re: Spalthorn (Schizocera) . 6. Sippe: Knopfhörner, Cimbeeinen . Birken: Anopfhornweipe (Cimbex Dei tulae) . TE EEE Seite 340 341 342 342 342 343 343 343 343 344 345 345 346 360 360 360 360 361 361 362 362 Inhalts-Verzeichnis. —R Dritte Ordnung: Bchmetterlinge, Falter (Lepidoptera, Glossata). Großfalter (Macrolepidoptera). Seite Erſte Familie: Tagfalter (Diurna, Rhopalocera). 1. Sippe: Ritter (Equites), Papilionen. Schwalbenſchwanz (Papilio Maclaon) . Segelfalter (Papilio podalirius) . Papilio Hector ur: 2. Sippe: Weißlinge, Pierinen ; Großer Kohlweißling (Pieris ee Kleiner Kohlweißling (Pieris rapae) Hedenmweißling (Pieris napi) Baummeißling (Pieris crataegi). Aurorafalter (Anthocharis cardamines) Sitronenfalter (Rhodocera Rhamni) Kleopatra (Rhodocera Cleopatra) Goldene Acht (Colias Hyale) . 3. Sippe: Nymphalinen . Silberftrich, ailermanteh paphia) ke Großer Berkmutterfalter (Arspanis Aglaja) 2 —— Scheckenfalter (Melitaea) Pfauenipiegel (Vanessa Jo) Admiral (Vanessa Atalanta) Diitelfalter (Vanessa cardui).. Trauermantel (Vanessa Antiopa) Große Blaufante (Vanessa polychloros) Kleine Blaufante (Vanessa urticae) Großer Eisvogel (Limenitis populi) Scillerfalter (Apatura Iris, Apatura Ilia) En (Argynnis r> . Sippe: Morphinen . Neoptolemus (Morpho J ot . Sippe: Augler, Satyrinen . Roſtbinde, Semele (Satyrus Senele) Briſeis (Satyrus Briseis) . Honiggrasfalter (Satyrus Aley ner Hirjengrasfalter (Epinephele — thus) Sandauge (Epinephele J aan Mauerfuchs (Pararge Megaera) 6. Sippe: Bläulinge, Rötlinge, Lycäninen. Viereichenfalterchen (Thecla quereus) . Feuervogel (Polyommatus virgaureae) Gefledter MARS — Phlaeas) . Hauhechelfalter (Lycaena en) Schöner Argus (Lycaena Adonis) . 7. Sippe: Didtöpfe, Hejperinen Strichfalterchen (Hesperia — Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 370 370 | 371 371 | 372 | 372 | 374 | 374 | 374 376 376 376 377 377 377 377 | 378 378 378 | 379 379 380 381 382 383 383 384 | 384 385 385 385 385 386 386 | 387 | 887 388 389 389 389 Seite Zweite Familie: Schwärmer, Dämmerungsfalter (Sphingidae, Crepuscularia). 1. Sippe: Spindelleibige Schwärmer, — ginen —— Totenkopf Aeneranın ————— 392 Kiefernſchwärmer (Sphinx pinastri) . 393 Wolfsmilchſchwärmer (Sphinx ur biae) 29 Ole anberſchwärmer (One ee 395 2. Eippe: Zadenfchwärmer, Smerinthinen 396 Pappelichwärmer (Smerinthus populi). 397 Abendpfauenauge (Smerinthus ocel- latus) . 397 Lindenſchwärmer —— — 397 3. Sippe: Breitleibige Schwärmer 397 Nachtkerzenſchwärmer (Macroglossa oe- notherae) I 397 Karpfen:, Tee eo glossa stellatarum) . 898 Hummelfchwärmer baren, — formis und bombyliformis) 398 Dritte Familie: Holzbohrer (Xylothropha). 1. Sippe: Glasflügler, Sefiinen . 399 Horniffenfchwärmer (Trochilium er forme) .. 400 Apfetbeumgtasfügter —— — formis) 401 2. Sippe: Bohrer, Soffinen . 401 MWeidenbohrer (Cossus Heniperda) 401 Vierte Familie: Cheloniarier, Bären (Chelo- niariae). 1. Sippe: Widderchen, Blutströpfhen, Zygä— ninen ; Te En #408 Steinbrech— Widderchen (Zygaena Aili- pendulae) ae 403 Weißfleck, Ringelſchwärmer ns Phegea) — 404 2. Sippe: Bären, Euprepiinen . 404 Brauner Bär (Arctia caja) 404 Burpurbär (Arctia purpurea) — Singfet (Callimorpha dominula) . 404 Spanijche Fahne (Callimorpha Be. 405 Fünfte Familie: Spinner (Bombyeidae). | 1. Sippe: Nacdhtpfauenaugen, Saturninen . 405 Atlas (Saturnia Atlas). i 405 AilantHus: Spinner (Saturnia Cynthia) 406 Chinefifcher Eichen: Seidenjpinner (Sa- turnia Pernyi) . 407 II XVII 10 80 2. Sippe: Sippe: . Sippe: . Sippe: Stredfühe, X . Sippe: . Sippe: . Sippe: Sapaniicher Eichen: Seidenfpinner (Sa- turnia Yama mayu) . : Miener, mittleres, kleines Nadıtpfauen- auge (Saturnia pyri, spini, carpini) Edelſpinner, Sericinen . 3: Maulbeeripinner, Eeidenfpinner (Bom- byx mori) Sluden, Gaftropadjinen Kiefernfpinner (Gastropacha pini) . Ningeljpinner (Gastropacha neustria) . Sadträger, Psyche helix Mohrenfopf (Psyche an Pſychinen Liparinen Rotſchwanz (Dasychira Dudibunda), Weidenipinner (Dasychira salicis) . Goldafter (Porthesia chrysorrhoea) Schwan (Porthesia auriflua) . Schwammſpinner, Didfopf (Ocneria dispar) i Nonne (Oeneria nal . Sippe: Nüdenzähnler, Notodontinen. Eichen : Prozeifionsipinner (Unethocam- pa processionea) - > Kiefern-Prozeifionsipinner ringen pa pinivora) Pinien-Prozeſ — Ren: pa pityocampa). Großer Gabelichwanz (Harpyia nal) Buchenſpinner (Stauropus fagi). Sechſte Familie: Eulen (Noctuidae). Epinnerartige Eulen, Bombycoinen Blaufopf, Brillenvogel (Diloba coeru- leocephala) : — Pfeilmotte (Aeronycta aceris) Orion (Moma Orion) Hadeninen . QDuedeneule (Hadena ee Mattgezeichnete Eule (Hadena infesta) Flöhfrauteule (Mamestra persicariae) Futtergraseule (Neuronia popularis) . Graseule (Charaeas graminis) Mangoldeule (Brotolomia ———— . Sippe: Orthofinen . Gemeine Rohrfolbeneule ee nn phae) Amerikaniſcher extranea). Kieferneule (Trac — —— Feldulmenenle (Cosmia diffinis). Heerwurm ne Adereulen, Agrotinen . Erdfahl, HSausmutter (Agrotis Dronalın) Winterjaateule (Agrotis segetum) . 410 411 411 411 413 413 415 416 416 417 418 418 419 | Seite | 420 ı 421 1. Sippe: Pyralinen Inhalts-Verzeichnis. Ausrufezeichen (Agrotis exclamationis) Rindenfarbige Ackereule (Agrotis cor- ticea) . 5. Sippe: Goldeulen, en Gamma, Vpfiloneule (Plusia Samtna) 6 Sippe: Ophiufinen . Blaues Ordensband ae Fosım Notes Weiden-Ordensband (Catocala nupta) Siebente Familie: Spanner (Geometridae). Birfenfpanner (Amphidasis betularia) Birnfpanner (Phigalia pilosaria) Großer Froftipanner (Hibernia defolia- ria).. Kleiner Sroftipatiner (Cheinakeiee — mata) . — Kiefernſpanner —— Spießband (Larentia hastata) Gänſefußſpanner (Larentia — diata) . — Harlekin (Abraxas ——— Flockblumenſpannerchen (Rupithecia signata) . . WMegtrittipanner ra te) Kleinfalter (Microlepidoptera). Achte Familie: Wickler (Tortrieidae). Grünmidler (Tortrix viridana) . Kieferngallen-Widler (Retina resinella) Kieferntrieb:Wıdler (Retina Buoliana) Rehfarbener Erbjenwidler (Grapholitha nebritana) 5 Mondflediger Grbfenmwicter Giaio— litha dorsana) . . Apfelmidler (Granholin al Pflaumenwidler (Grapholitha funebra- na) . Neunte Familie: Zünsler, Lichtmotten (Pyralidae). Fettſchabe, Schmalzünäler Aslısa pinguinalis) . 5 E Mehlzünsler (Asopia a 2. Sippe: Botynen . Getreidezünsler (Botys mental) Rübjaatpfeifer (Botys margaritalis) Hirjezünsler (Botys silacealis) 3. Sippe: Nüffelmotten, Crambinen . 4. Sippe: Wachsmotten, Gallerinen . Bienenmotte (Galleria mellonella) . 459 459 460 460 460 460 460 461 461 Zehnte Familie: Motten, Schaben (Tineidae). 1. Sippe: Echte Motten, Tineinen Kornmotte, weißer Kornwurm — granella) . 463 463 Inhalts-Verzeichnis. Seite Kleider-, Pelzmotte (Tinea pellionella, tapetzella) 64 2. Sippe: Langfühler, Apelinen 464 | Grüner Zangfühler (Adela della 464 | 3. Sippe: Schnauzenmotten, Syponomeutinen 465 Apfelbaum-Gefpinftmotte (Hypono- meuta malinella) . . 465 | 4. Eippe: Breitleibige Motten, Öeledinen 466 Dunfelrippige a Abe: saria nervosa) . N . 466 | | | Vierte Drdnung: Bweiflügler (Diptera, Antliata). Zanghörner (Nematocera). Seite Erſte Familie: Stechmücken (Culicidae). Sippe: Culicinen 476 Geringelte Slechmucke Cuex annu- latus) . 477 Gemeine Stehmüde (Culex lien). 477 Mostitos (Culex molestus, trifurcatus, pulicaris) . 479 | Zweite Familie: Suümügen, Schnaken (Tipulidae). Sippe: Tipulinen . . . 479 Kohlichnafe (Tipula Blerscca)) 479 Kammmücden (Utenophora) 480 Dritte Familie: Pilgmüden (Mycetophilidae). Eippe: Sciarinen . 5 . 480 Heerwurm: Trauermüre ara an taris) . ! 481 Birn: Trauermüden ß 484 Vierte Familie: Gallmüden (Cecidomyidae). Sippe: Cecivomyinen . i . 484 Getreideverwüſter —— ae ter). 484 Fünfte Familie: Kriebelmüden (Simulidae). Columbatſcher Mücke (Simulia Colum- baczensis) 487 Sechſte Familie: Hnarmüden, Seidenfliegen (Bibionidae). März-Haarmücke (Bibio Marci) . 487 Sartenhaarmüde (Bibio hortulanus) 488 Kurzhörner (Brachycera). Siebente Familie: Bremfen (Tabanidae). 1. Sippe: Tabaninen . 489 Rinderbremje Pabanız are) 489 Slauäugige Bremje (Tabanus glauco- pis) . : 490 2. Sippe: Pangoninen : 490 Blindbremfe (Chrysops Een) 490 Regenbremje (Haematopota pluvialis).. 490 XIX Ceite 5. Sippe: Minierer, Gracilarinen . 467 Fliebermotte (Gracilaria ne 467 6. Sippe: Sädchenträger, Coleophorinen 463 Lärchen: Miniermotte (Coleophora lari- cinella) 468 Elite Familie: Geifthen, Federmotten (Pterophoridae). Pterophorus pterodactylus, pentadac- tylus — Alucita polydactyla . 469 E*ite Achte Familie: Naubfliegen (Asilidae). 1. Sippe: Habichtsfliegen, Daiypogoninen. 491 Olandiſche Habichtsfliege (Dioctria oe- landica) 491 Deutjcher GSteifbart (DES Un OR Kat tonus) . m 492 12. Sippe: Mordfliegen, Laphriinen e 492 Gelbleibige Mordfliege (Laphria gilva) 492 3. Sippe: Naubfliegen, Ailinen 493 Hornifjenartige Naubfliege Asia cra⸗ broniformis) . 493 Asilus eyanurus . 495 Neunte Familie; Tanzfliegen (Empidae). Sippe: Empinen 494 Gemwürfelte Eeöneprentiege (Empis sellata) Er 494 Zehnte Familie: Schweber (Bombyliidae). 1. Sippe: Anthracinen 494 Gemeiner Trauerjchweber ——— se- miatra) 494 2. Sippe: Bombyliinen 495 Gemeinſchweber (Bombylins venosus) . 495 Elfte Familie: Waffenfliegen (Stratiomydae). Sippe: Stratiomyinen 496 Gemeine Waffenfliege a s cha- maeleon) . 497 Zwölfte Familie: Schwirrfliegen (Syrphidae). 1. Sippe: Syrphinen . u TEE re A9S Mondfledige Schwirrfliege (Syrphus seleniticus) . 499 2. Sippe: Bolucellinen 500 Hunmelartige F J——— (Volucel! bombylans) 500 Durchſcheinende v Inc 1a pellucens) : . 500 ul XxX Seite 3. Sippe: Eriftalinen . i 500 Schlammfliege (Eriatalis — 500 Helophilus pendulus, trivittatus 501 4. Sippe: Ceriinen. . . 502 GonopSartige Eitelhotnfliege (C eria co- nopsoides) 502 Dreizehnte Familie: Blaſenköpfe, Didfopffliegen Inhalts-Verzeichnis. Seite 4. Sippe: Blumenfliegen, Anthomyinen 518 Zwiebelfliege (Anthomyia ceparum) 514 Kohlfliege (Anthomyia brassicae), Ra— dieschenfliege (Knthomyia radicum), Runkelfliege (Anthomyia conformis), Lattichfliege (Anthomyia lactucae) . 514 Schüppdenlofe (M. acalypterae). 5. Sippe: Bohrfliegen, Trypedinen 514 E pargelfliege (Platyparea poecilopter a) 514 Kirfchfliege (Spilographa cerasi) 515 6. Sippe: Grünaugen, Chloropinen . 515 Bandfühiges Grünauge a — niopus) — 515 Fritfliege ae a 516 (Conopidae). 1. Sippe: Conopinen . 502 Gejtreifte Diekfopffliege (© onops vitta- tus). 503 2, Sippe: Myopinen . 503 | Noftroter Blafenkopf” De — ginea). 503 Vierzehnte Familie: Daſſelfliegen, Bremen (Oestridae). Magenbrime des Pferdes (Gastrophilus equi) ee eat Najenbreme des Schafes (Cephalomyia ovis) 668 Hautbreme des Rindes (Hypoderma bovis) 506 Fünfzehnte Familie: Gemeinfliegen (Museidae). Slügelfhuppenträger (Muscidae calyp- terae). 1. Sippe: Schnellfliegen, Tachininen 507 Größte Naupenfliege (Echinomyia gTossa) 508 Wilde Naupenfliege (ehinomyi ia a) 508 2, Sippe: Fleiichfliegen, Sarcophaginen 508 Graue u ne earna- ria). . 508 3. Sippe: Fliegen, Muse scinen . 509 Stubenfliege (Musca domestien)" 509 Blaue Schmeißfliege (Calliphora vomi- toria) E e 509 Stechfliege Sen: let, 512 | Zietie: liege (Glossina morsitans) 513 | | | | | | Mundhörner (Hypocera). Sechzehnte Familie: Budelfliegen (Phoridae). Die Budelfliege (Phora incrassata) 516 Buppengebärer (Pupipara). Siebzehnte Familie: Kausfliegen (Hippoboseidae). Schafzecke (Melophagus ovinus) .. 518 Bierde-Tausfliege (Hippobosca equina) 518 Schwalben-Lausfliege Va hi- rundinis) . e 651 Achtzehnte Familie: Fledermausfliegen (Nyeteribidae) . . 519 Neunzehnte Familie: Bienenläufe (Braulidae). Fünfte Ordnung: Meß-, Gitterflügler (Neuroptera). Eeite Erfte Familie: Großflügler (Megaloptera). 1. Sippe: Ameijenlöwen, Viyrmeleoninen. . 595 Gemeiner Ameijenlöwe (Myrmeleon formicarius) . 525 Ungefledte 2 meifenmneren J—— formicalynx) 528 Langfühleriger YAmeifenlöme Ale leon tetracrammicus) 528 Blinde Bienenlaus (Braula coeca). 519 Flügelloje (Aphaniptera). Zwanz'gite Familie: Flöhe (Pulieidae). 1. Sirpe: Echte Flöhe, Pulicinen 520 Gemeiner Floh (Pulex irritans) . 520 2, Sippe: Sandflöhe 522 Cihao, Sandfloh a nchoprion ne trans) . 2 1028 Eeite Buntes Schmetterlingshaft ——— macaronius). 528 2. Sippe: Florfliegen, —— . 529 Gemeine Florfliege (Chrysopa vulgaris) 528 Rauhe Zandjungfer(Hemerobius hirtus) 530 Zweite Familie: EChwanzjungfern (Sialidae). 1. Sippe: Kamelhalsfliegen, Rhaphidiinen 530 Snhalt3-VBerzeihnis. Seite | Diefühlerige Kamelhalsfliege (Rhaphi- | dia oder Inocellia crassicornis) 530 2 Sippe: Wafferflorfliegen, Stalinen 532 | Gemeine Wafjerflorfliege (Sialis lutaria) 532 Rußfarbige le (Sialis fuli- ginosa) 533 | Dritte Familie: Schnabeljungfern (Panorpidae). Gemeine Sforpionfliege (Panorpa com- munis) 533 | Mückenartige Scnabeljungfer (Bittacıs tipularius) 3 534 | Gletichergaft (Born a 534 | XXI Seite Vierte Familie: Ködherjungfern (Phryganeidae). 1. Sippe: Zimnophilinen .. BEL, 535 Rautenfledige Köcherfliege Liunopli lus rhombicus). . . . . 535 ı 2. Sippe: Phryganeinen . 536 Zmweipunftige we ns bipunctata) . 536 Fünfte Familie: Drehflügler (Stylopidae). Pecks und Roſſis Immenbreme (Xenos Peckii, Xenns Rossii) 540 Sechſte Drdnung: Baukerfe, Geradflügler (Gymnognatha, Orthoptera). Seite | Pseudoneuroptera. | Erſte Familie: Niterfrühlingsfliegen (Perlariae). Zweiſchwänzige a birau- data) 543 Zweite Familie: Hafte, Cintagsfliegen (Ephemeridae). Gemeine Eintagöfliege (Ephemera vul- | gata) 5 546 | Gemeines Uferaas (Palingenia horaria) 547 | Langgeſchwänztes — — | longicauda) . s . 547 | Dritte Familie: Wafferjungfern (Odonata). 1. Sippe: Seejungfern, Agrioninen . 553 Gemeine Seejungfer (Calopteryx virgo) 554 Verlobte Schlanfjunafer (Lestes sponsa) 554 Breitbeinige Schlanfjungfer (Platyene- mis pennipes) 5 0 0900! | 2. Sippe: Schmaljungfern, Häninen 556 GroßeSchmaljungfer(Aeschna grandis) 556 3. Sippe: PBlattbäuche, Libellulinen . 556 | Gemeiner Blattbauch (Libellula een | SO) Sr . 556 Vierflediger Plattbauch (Libelita A drimaculata). . . . 2 | Vierte Familie: Holzläuſe (Psocidae). Vierpunktige Holzlaus (Psocus quadri- | punctatus) . 559 | Liniierte Holzlaus — an 559 Heulaus (Caecilius pedicularius) 559 | Staublaus (Troctes divinatorius, Atro- pos pulsatorius) 559 Seite | Orthoptera gregaria (gejellige Kauferfe). Fünfte Familie: Termiten, Unglüdshafte (Termitina). Lespes Termite (Termes Lespesi) 565 Gelbhalfige Termite (Calotermes flavi- collis) . 569 Kriegeriiche Termite ea aha) 570 Verhängnisvolle Termite (Termes fa- talis) RE 570 Schredliche Termite (Termes dirus) 570 Lichticheue Termite (Teermes lucifugus) 570 Orthoptera ceursoria (laufende Kauferfe). Sechſte Familie: Schaben (Blattida). Deutihe Schabe (Blatta germanica) . Lappländiſche Schabe (Blatta lapponica) 57 Gefledte Schabe (Blatta maculata) . 57 Küchenichabe (Periplaneta orientalis).. 57 Amerikaniſche Schabe (Periplaneta ame- rieana) — Si Rieſenſchabe — and) 7° Orthoptera gressoria (fhreitende Kauferfe). Siebente Familie: Fangfhreden (Mantodea). Gottesanbeterin (Mantis religiosa) 379 Argentinifche Fangſchrecke (Mantis ar- geentina) 582 Carolinijche ——— ——— caro- nal) ER ee 2 Achte Familie: Gefpenftigreden (Phasmodea). 1. Sippe: Stabjchreden, Bacilinen 583 Dornfüßige Geſpenſtſchrecke (Cyphocra- nia acanthopus) een, XXI Seite Geöhrte Stabſchrecke (Bactria aurita) 585 Roſſis Geſpenſtſchrece Bacillus Rossii) 3, Sippe: Blattſchrecken, Phylliinen . Wandelndes Blatt (Phyllium niceifo- lium) Orthoptera saltatoria (hüpfende Kauferfe). Neunte Familie: Feldheufhreden (Acridiodea). 1. Eippe: Stumpfföpfige Feldireden . 587 Südafrikaniſche Wanderheuichrede(Gryl- lus devastator) 589 Wander:, Zugheuſchrecke (Pachytylus ne — 592 Klapperheuſchrecke (Peonhus ers 594 Gebänderte Heujchrede (Oedipoda fas- ciata) 594 Siniierter Gras 3bünfer (Gomphocerns lineatus) . 2 . 594 Dider Grashüpfer ne gTos- sus) 594 Stalienifche Geufcrede (C —— — licus) 594 Tatariſche Seufchrede ee tatari- cum) B 595 3, Sippe: Spitföpfige Eiheeifen { 596 Europäiſche Naſenſchrecke (Truxalis na- suta) 596 3. Sippe: Rragenfcreden (Plabspamyphen) 596 Gemeine Dornjhrede (Tetrix subnlata) 596 Zehnte Familie: Yaubheufhreden (Locustina). 1. Sippe: Bradyporinen . 597 Bedornte Einhornſchrecke Felefrales — nulosus) . Er 597 2, Sippe: Meconeminen . : 598 Eidenihrede (Meconema yarium) . 598 3. Sippe: Phaneropterinen . Eee: 6098 Hüpfendes Myrtenblatt (Phylloptera myrtifolia) i 598 Gefeniterte Zlattſchrecke (Phyliotera fenestrata) 5 RL. 599 4. Sippe: Locuſtinen 599 Warzenbeiber, großes ratings Sn chen (Decticus verrucivorus) . . 599 Große3 grünes Heupferd (Locusta viri- dissima) 599 Geihmwänjtes grünes Seumfero — caudata) . 600 Zwitſcherheuſchrecke — de: can — 600 Grabheuſchrecken, Grillen (Gryllodea). 1. Sippe: Echte Grillen, Gryllinen Seldgrille (Gryllus campestris) . Elite Familie: Inhalts: Verzeichnis. Seite Heimden, Hausgrille (Grylius domesti- cus) —— 602 2. Sippe: Maulwurfsgrillen, Gryffotalpinen . 603 Gemeine Maulmurfsarille — Be vulgaris). — . 603 Dermatoptera (Fäderflügler). Zwölfte Familie: Ohrlinge (Forfieulina). Großer Ohrwurm (Labidura gigantea) 606 Gemeiner Ohrwurm (Forfieula aurieu- laris) 607 Physopoda (Sranjenflügler). Dreizehnte Familie: Blafenfüßer (Tripidae). Rotſchwänziger Blajenfuß a. haemorrhoidalis) . ö . 610 Getreideblajenfuß (Limothrips cerea- lium) 611 Thysanura (Zottenſchwänze). Vierzehnte Familie: Borſtenſchwänze (Lepis- matidae). Zuckergaſt, Fiſchchen — saccha- rina) 612 Fünfzehnte Familie: Springſchwänze (Poduridae). Gleticherfloh (Desoria glacialis) 613 Schneefloh (Podura nivalis) . 613 Zottiger Springichwanz (Poduravillosa) 613 Bleigrauer Springſchwauz (Podura plumbea) . — 613 Mallophaga (Relzfreijer). Sechzehnte Familie: Yederlinge (Philopteridae). Hundelaus (Trichodectes latus) 614 Ziegenlaus (Trichodectes climax) . 614 Kuhlaus (Trichodectes scalaris) 614 Gänjefneifer (Docophorus adustus) 614 Pfau-Federling (Goniodes falcicornis) 615 Siebzehnte Familie: Haftfüßer (Liotheidae). Ovale und zierliche Meerſchweinlaus (Gy- ropus ovalis und gracilis) 615 Hühnerlaus (Menopon pallidum) 615 Großer Gänjehaftfuß (Trinotum con- spurcatum) :. .).I= Sr 615 Inhalts-Verzeichnis. XXIII Siebente Ordnung: Schnabelkerfe, Halbdecker (Rhynchota, Hemiptera). Tierläufe (Zoophthires). Erite Familie: Echte Laufe (Pedieulidae). Kopflaus (Pediculus capitis) Kleiderlaus (Pediculus vestimenti) Filzlaus (Phthirius inguinalis) . Haeinatopinus . Pflanzenläufe (Phytopthires). Zweite Familie: Schildläufe (Coceidae). . Sippe: Echte Schildläuje, Coceinen . Eichenſchildlaus (Lecanium quercus) . Weinſchildlaus (Lecanium vitis) Kermesjchildlaus (Lecanium ilicis) Kochenille (Coceus cacti) Mannaſchildlaus (Coccus manniparus) Lackſchildlaus (Coccus lacca) . 2. Sippe: Unechte Schildläuje . 5 Polniſche Kochenille (Porphy Too po- lonica) . Neſſel— Höhrenlaus (Dorthesin Seele) Schöllkraut-Laus (Aleurodes chelidonii) — Dritte Familie: (Aphididae). 1. Sippe: Tannenläufe, Chermefinen 4 Gemeine Tannenlaus (Chermes abietis) Zapfen:Tannenlaus (Chermes strobilo- bius) Lärchenlaus (Chermes Iris) 2. Sippe: Phyllorerinen . Eichen:Rindenlaus (Phy ee Ann) Reblaus (Phylloxera vastatrix) Sippe: Gallenläuſe, Bemphiginen 5 Bappel:Gallenlaus (Pemphigus bursa- rius) i Blattlaus der men "ferngate (Te- traneura ulmi) ; A . Sippe: Wollläufe, Schizoneuren % Rüfter-Haargallenlaus (Schizoneura la- nuginosa) : Blutlaus onen — a) 5. Sippe: Baumläufe, Lachnien ; Weiden-Baumlaus (Lachnus le) Eichen » Baumlauß (Lachnus quercus) . Sippe: Echte Blattläufe, Aphidinen . Apfelblattlaus, grüne und rötliche (Aphis mall und sorbi), Erbjenblattlaus (Aphis ulmariae) s Rofenblattlaus (Aphis Tosae); = — — Vierte Familie: Blattflöhe (Psyllidae). Binſen-Blattfloh (Livia juncorum) Ginſter-Blattfloh (Psylla genistae) Seite Seite Birn- und Apfelſauger (Psylla pyri, Psylla mali) 2 . 636 Sirpen (Cicadaria, Homoptera). Fünfte Familie: Kleinzirpen (Cieadellidae). 1. Sippe: Jaſſinen. 636 Roſencikade J— ea 636 Vierpunktige Walzencyfavde (Tettigonia quadripunctata) 637 Grüne Walzencyfade ee vi- ridis) , 637 Obrenzirpe (Bedra a) 637 2. Sippe: Gercopinen . 637 Schaumcyfade (Aphrophora — 637 Weidencykade (Aphrophora salicis) 638 Doppelbandierte Stirnzirpe (Cercopis bivittata) 638 iufletige Sttngüpe Corehhizeangi nolenta) u: ———— 638 Sechſte Familie: Buckelzirpen GIembracidae). Gehörnte Dornzirpe (Centrotus cor- nutus) . Netaderige Rnotenzirpe öteroncine retieulatus) . Schlangenzirpe (Hiypennchenia bolısta) Hohe Helmzirpe (Membracis elevata) . Phrygiihe Müte (Membracis eruenta) Stierzirpe (Hemiptycha punctata) 639 659 639 640 640 640 Siebente Familie: Leuchtzirpen (Fulgoridae). Gerippte Miniereifade (Cixius nervosus) 641 Europäischer Laternenträger (Pseudo- phana europaea) . 641 Chinejiicher Laternenträger —— candelaria) . Ä 641 Surinamijcher Saternenkräger ee laternaria) ß Ba: 642 Achte Familie: Singzirpen (Cieadidae, Stridulantia). Prächtige Singzirpe (Cicada speciosa) 644 lanna:Gifade (Cicada orni) . 64 Wanzen (Heteroptera). Cryptocerata, Berborgenfühlerige. Neunte Familie: Rückenſchwimmer (Notonectidae). | 1. Sippe: Coririnen 645 Geoffroys Auderwanze Keen Berk: froyi) . 646 | 2. Sippe: Notonectinen Ä 646 Gemeiner Südenfwimmer (Hotone cta glauca) 646 XXIV Seite | Rieſenſchwimmwanze (Belostoma grande) PRATER An Oftindiihe Schwimmwanze (Diplony- chus rusticus) 648 | — 2 0 Zwölfte Familie: . Sippe: Teichläufer . : 649 Teichläufer (annbhaten slasnoram) 649 | . Sippe: Wafferläufer 649 Sumpf: Wafjerläufer (Hy ne m ludum) 2 . 650 Gemeiner Badläufer Weha an 650 Dreizehnte Familie: Echreitwanzen (Reduvidae). Zehnte Familie: Wafler-Sforpionwanzen (Nepidae). . Sippe: Naucorinen 647 Gemeine Schwimmmanze (Na ucoris ci- micoides) . 647 | . Sippe: Nepinen . 648 Grauer Mafteriforpion (Nepa- cinerea) 648 Schweifwanze (Ranatra linearis) 648 Gymnocerata, Zangfühlerige. Elite Familie: Wafferläufer (Hydrometridae). Uferläufer (Saldidae, Oculata). Zierlicher Uferläufer (Salda elegantula) 650 Nadwanze (Arilus serratus) . 651 Kotwanze (Reduvius personatus) . 651 BlutroteSchreitwanze(Harpactorcruen- tus). 652 DVierzehnte Familie: Dautwanzen (Acanthiadae, Membranacei). . Sippe: Tinginen B 2 652 Verwandte Budelmwanze (Tingi is affinis) 652 . Sippe: Aradinen 653 | Inhalt3: Verzeichnis. Seite Gemeine Rindenwanze (Aradus corti- calis) 653 3. Sippe: Ncanthinen . ; 653 Bettwanze (Cimex lectnlarius) : 653 Fünfzehnte Familie: Blindwanzen, Blumenwanzen (Capsidae). Geftreifte Schönwanze (Calocoris stria- tellus) . : 655 Borftenwanzen —— Blindwanzen (Capsus) 655 Sechzehnte Familie: Yangwanzen (Lygaeidae). 1. Sippe: Cöcigenen 656 Flügelloje Feuerwanze (Prrrhotoris a terus) 656 2. Sippe: Lygäinen ä 657 Nitterwanze (Lygaeus enneatri in) 657 Dieichenfel (Pachymerus) . 657 Siebzehnte Familie: Nandwanzen (Coreidae). 1. Sippe: Goreinen 658 Saummanze (Syromastes marginakte) 658 Nautenförmige Randwanze (Verlusia rhombica) 3 . 658 2. Sippe: Schnafenwanzen, Berytinen 659 Schnakenwanze (Berytus tipularius) 659 Achtzehnte Familie: Shildwanzen (Pentatomidae). Taufendfüßer. Ordnung: Einpaarfüßer Seite | Erjte Familie: EC dildafjeln (Sceutigeridae). Spinnenartige Schildafjel(Scutigera co- leoptrata) 667 Zweite Familie: Bandafjeln (Lithobiidae). Brauner Steinfriecher (Lithobius forfi- catus) . 668 Dritte Familie: Zangenafjeln (Scolopendridae). Lucas: Bandafjel (Scolopendra Lucasi) 668 | Brandts Zangenaſſel (Scolopendra | Brandtiana) . 669 | Kohlwanze (Eurydema oleraceum) 660 Spitling (Aelia acuminıta) . . 661 Kotbeinige Baumwanze (Pentatoma ru- fipes) . 661 Gezähnte Stadelmanze (Acantlosoma dentatum) 661 Hottentottenwanze (Eurygaster mau- rus) 661 (Ohilopoda, Syngnatha). Seite Bandaſſel von Bahia (Scolopendropsis Bahiensis) 669 Rote Bandaffel ln: — 669 Klappernde nl a ero- talus) . 669 Vierte Familie: Erdafjeln (Geophilidae). Gabriels Erdaffel (Himantarium Gabri- es) 669 LZangfühlerige oidaſſei Ceeiniiu— Toner cornis) . ar ARE 669 Inhalts: Verzeichnis. Ordnung: Bweipaarfüßer (Diplopoda, Chilognatha). Erfte Familie: Schnuraffeln (Julidae). Sandaſſel (Julus sabulosus) . Getupfter Bielfuß(Blanjulus guttulatus) Seite 672 673 Zweite Familie: Randaſſeln (Polydesmidae). Platte Randaſſel a a natus) . u - 674 Dritte Familie: Saugaijeln (Polyzonidae). Deutſche Saugafjel (Polyzonium germa- nicum). Vierte Familie: Rolltiere (Glomeridae). Gejäumte Schalenafjel(Glomeris margi- nata) en i Getupfte Scalenaffel ne: pustu- lata) he ag Spinnenfiere (Arachnoidea). Erſte Ordnung: Gliederfpinnen (Arthrogastra). Erſte Familie: Walzenjpinnen (Solipugae). Gemeine Walzenjpinne (Solpuga ara- neoides) Indiſche Malzenfpinne (Galeodes a) Galeodes graeca . ee 3 BE Zweite Familie: Sforpione (Scorpionidae). 1. Sippe: Telegoninen Verſchiedenfarbiger Skorpion (@eleeo- nus versicolor) . 2, Sippe: Sforpioninen . ; Mohrenjforpion (Brotheas au) Hausjforpion (Scorpio europaeus) . Feljenjforpion (Scorpio afer). s Capenjer Skorpion ne capensis) . 3. Sippe: Centrurinen a Amerifanifher Skorpion (Centrurus americanus) . Hottentottenfforpion nen ame tottus).. Eeite | | 4. Sippe: Androctoninen 680 681 681 686 686 686 686 686 686 | 686 | 687 687 687 | | 2, Feldjforpion (Buthus es) Dritte Familie: Nfterfforpione (Pseudo- scorpionidae). Bücherfiorpion (Chelifer cancroides) . Wanzenartige Sforpionmilbe (Chelifer eimicoides) : Rindenſkorpion Om nase). XXV Eeite 674 676 677 687 688 688 Bierte Familie: Sforpionfpinnen (Pedipalpi). . Sippe: Thelyphoninen Geſchwänzter Fabenflorpion al nus caudatus) F . Sippe: Phryninen . Zangarmiger Tarantelfforpion Ehrms lunatus) 689 639 689 689 Fünfte Familie: Nfterfpinnen (Phalangidae). . Sippe: Dpilioninen Weberknecht, Kanker (Opilio aan und cornutus) E ö Sippe: Gonyleptinen . Krummbein (Gonyleptes EurwieR) Zweite Ordnung: Webfpinnen (Araneina). Vierlungler (Tetrapneumones). Erſte Familie: Vogelſpinnen, Bujdipinnen (Mygalidae). 1. Sippe: Mygalinen . Blondis Buſchſpinne (Mygale Blondii) Seite | | | 698 | 698 | Gemeine Bogeljpinne (Mygale avicula- ria) . 2. Sippe: Minierfpinnen Sauvages’ Minierfpinne (Oteniza fo- diens) . Bechbraune Mobumminne ( Aty pus 5 pieeus) 690 690 692 692 Seite 698 701 701 792 XXVI Inhalts Seite | Smweilungler (Dipleumones). | Zweite Familie: — (Orbitelariae, Epeiridae). Gemeine Kreuzipinne (Epeira diadema) 703 Geftredte Striderfpinne (Tetragnatha extensa) 706 Zangenartige Tornipinne lee tha arewata). - » 2 2 2 202.708 | Dritte Familie: Nebipinnen (Retitelariae, Therididae). Bergwebipinne (Linyphia montana) 708 Belränzte Webipinne (Theridium redi- mitum) . 709 | Malmignatte (Batrodeetus li guttatus) . 710 Vierte Familie: Sadjpinnen (Tubitelariae, Drassidae). l. Sippe: Trichteripinnen, Ageleninen . zjılal Hausipinne (Tegenaria domestica) zıl Gemeine Labyrinthipinne (Agelena labyrinthica) : ee 1 2. Sippe: Sadipinnen, Sralmen, | Verzeichnis. Seite Gemeine Waſſerſpinne (Argyroneta aquatica) . ee en 714 Atlasipinne (Clubiona holoserica) . 716 3. Sippe: Nöhrenjpinnen, Dysterinen . 717 Kellerjpinne (Segestria senoculata) 717 Fünfte Familie: Krabbenfpinnen (Thomisidae, Laterigradae). Grünliche Krabbenfpinne (Thomisus vi- rescens) ‚ Umherſchweifende Rrahbenminne (Tho- misus viaticus). . . ., „u sea Umherſchweifende (Vagabundae). Sechſte Familie: Wolfsfpinnen (Lyeosidae, Citigradae). Gerandete Jagdſpinne (Dolomedes fim- briata).. ‚ u: 722 Gartenluchsſpinne (Par — saccata) . 723 Apulifche Tarantel (Tarantula Apuliae) 725 718 Siebente Familie: Spring-, Tigerfpinnen (Attidae, Dritte Ordnung: Milben (Acarina). Selte Tracheenmilben (Tracheata). Erſte Familie: Laufmilben (Trombidiidae). Gemeine Samtmilbe (Trombidium holo- sericeum) . E 729 | Ernte: Grasmilbe — ale) 129 | Milbenipinne (Tetranychus telarius) . 730 Waflermilben (Hydrarachnidae). Kugelige Weihermilbe SL 5 Zweite Familie: bosa) 731 Stadelfüßige Waftermilbe — spini- pes). — 731 | Diebeinige Waffermilbe( — es) 731 Scharlachrote Wafjermilbe (Nesaea coc- ceinea) . 2 731 Dritte Familie: Hornmilben (Oribatidae). Hoplophorus arctata. 731 Vierte Familie: Tiermilben (Gamasidae). Gemeine Käfermilbe (Gamasus I tratorum) . ö 732 | Uropoda vegetans und a americana . 733 Gemeine Vogelmilbe (Dermanyssus avium). 733 | Saltigradae). Harlefins Hüpfipinne (Salticus sceni- eus)e rer ER: 2126 Karminrote Sounaminte (iresnE eina- berinus) 727 Eeite Fünfte Familie: Zeden (Ixodidae). Gemeiner Holzbod (Ixodes rieinus) 735 Gerandeter Holzbod (Ixodes marginalis) 737 Violettroter Holzbod (Ixodes reduvius) 737 Amerifanifhe Waldlaus (Amblyomma americanum) : . 738 Perſiſche Saumzecke es persiene)). 738 Muſchelförmige Saumzede (Argas re- flexus) . rn 189 Argasturicata, A. Megnini, mauritianns 741 Atracheata. Sechſte Familie: Lausmilben (Sareoptidae). Käjemilbe (Tyroglyphus siro) 741 Mehlmilbe (Tyroglyphus farinae) 741 Glyeiphagus pıunorum . 742 Bogelmilben, Dermaleichiven . 742 Kräßmilbe des Menſchen (Sarcoptes ho- IN ITITS) 742 Haarbalgmilbe des Menſchen —— hominis) . . 745 Siebente Familie: Gallmilben (Phytoptidae) 745 Inhalts-Verzeichnis. —R Vierte Ordnung: Zungenwürmer (Linguatulidae, Pentastomidae). Einzige Familie: Fünflöder (Pentastomidae). Bandmwurmartiaer Zungenwurm (Pentastomum taäenioides, denticulatum . Fünfte Ordnung: Brebs-, Melfpinnen (Pantopoda, Pycnogonidae). Einzige Familie: Aſſelſpinnen (Pyenogonidae). Ufer: Spindelaffel (Pycnogonum littorale) Schlanfe Krebsfpinne (Nymphon gracile) Seite 746 Seite 747 748 Verzeichnis der Abbildungen. Auf befomderen Tafeln. Seite Mimikry (mit Deckblatt und Tertblatt) . . 14 Sinjektenleben am Heidetaut . . ... . 177 Käfer in Wafferenot . . 2 2 en nn nd Wirkungen vereinter Kräfte. » » 2 2 .....68 Aasinſekten an einem Maulwurfe . . ». .» . 701 Hirſchkäfer und Heldbod . . » 2» 2.2... 80 EHE le ee han 99 Frühlingsbild aus dem Inſektenleben . . - 216 Note Waldameile . -. » „0... Aal Ausländiihe Tagfalter . >» 2 2 22... 870 Deutiche Tagfalter -. - - © 2 2 0 2... 876 Seidenfpinner . Heerwurm . £ Herrichaft der Fliegen . Gmtiansfliegen re Eierlegende Schlanfjungfer . Termitenhügel 2 Schwarm der ee 2 | Ausländiihe Zupen . . „m au: Deutſche Wafjerwanzen und Wafferläufer . Vogelſpinne Seite 410 482 493 546 554 567 592 637 645 698 Karte: Verbreitung wichtiger und charakteriſtiſcher Inſekten und Spinnentiere, am Ende des Buches. Im Tert. Seite Kopf: und Mundteile von Inſekten. ... 8 Käfer. 353 Langhalſiger Sandfäfer . -. - » 36 BREITET 2 00 a een. 88 Sarve von Carabus auratus . . . ea) Garten-Lauffäfer, Buppenräuber; Gofbtenne. 40 Bombardierläfer. - 2 2 2 2 2 2 22.243 Geipenft-Lauffäfer -. - > 2 2 2 2 22020483 Rieien-singerläfer . - > 2. 2.2 2... 4 Getreide-Lauffäfer . . . . he 45 Gejäumter und gefurchter Fadenſchwimmkafer Hydroporus; Cnemidotus; laufkäferartiger Kolbenwallerläfer > 2 2 2 2 2 22250 ’ Tauchender Drebfäfer . Pechſchwarzer Kolben: Waſſerkäfer Eigehäuſe desjelben Stinkender, Ufer: und goldſtreifiger Moderkãfer Staphyline; Miſtlieb; Pilzkurzflügler. Selber Keulenkäfer. ZTotengräber . Schwarzglänzender Aostäfer Miit-Stutfäfer . Raps-Glanzkäfer Kabinettkäfer; Dieb; Speckkäfer; 2; ‚stüfer.. Heiliger Pillendreher Pockennarbiger Billendreher . Sisyphus Schaefferi ı Grabender Dungfäfer . Verzeichnis der Abbildungen. Dreihorn Zwiebelhornfäfer Maifäfer Gerber . Brachfäfer . Getreide- Laubfäfer . Nashornfäfer . ’ Gabelnaſe; Rofenfäfer; Pinſelkafer Kiefern-Prachtkäfer. Schnellkäfer e io Saatjchnellfäfer . Dis i Großes und kleines Weichkäfer. Ameiſenartiger Buntkäfer Smmenfäfer . Bunter Klopffäfer . Trauerfäfer : ; Pimelia distincta; Mehltafer Fächerträger. Bunter Dlfäfer . Spaniſche Fliege Bienenfäfer Graurüßler e Großer Schwarzer Nüffeltäfer ıC. Lähmender Stengelbohrer Großer Fichtenrüffelfäfer . Kleiner Kiefernrüffelfäfer . Sonneliebendes Spitzmäuschen Langhalfiger Dieffopfrüßler . Afterrüfjelfäfer; Haſeldickkopfkäfer; —— Pappelſtecher; Birfenftecher . Hafelnußrüßler £ Birnfnofpenftecher; Apfelblütenftedjer Bucenrüßler . 5 Braunmwurz-Blattichaber . Erlenwürger . BR EN RE Kohlgallenrüßler,; ähnlicher Verborgenrüßler; Raps- und rotrüffeliger Mauszahnrüfler Palmenbohrer Ä Großer und kleiner Riefernmarktäfer.. Buchdrucker; Rüſterſplintkäfer; Eccoptogaster destructor . ; Brenthus Anchorago . Weißfleckiger Maulfäfer Gerber; Zimmermann. Biſambock; Waldfäfer . Seite 89 91 93 95 96 ı 98 | 100 102 106 110 112 113 116 120 121 122 124 127 128 130 | 134 136 | 138 140 142 144 145 147 148 150 ı 152 158 159 161 162 163 | 165 167 169 170 172 173 175 178 | XXIX Seite | Gejpornter und veränderlicher Schmalbod . 179 Kurzhörniger und zweibindiger Nadelholzbock. 180 Großer Halbdeck-Bockkäfer 181 Hausbod . B 18 Blauer und Deränbertiiger Scheibenbort; genteiz ner Widderfäfer,; Clytus areuatus; ©. arvi- cola; freuztragender und greiler Erdbod 183 Weber, Zimmerbod; großer Pappelbock; Aſpen— DO se ee," 186 Larve des großen Pappelbockes 187 Larve des Aſpenbockes — 187 Erbſenkäfer; Bohnenkäfer; gemeiner Satien- fäfer . : 190 Keulenbeiniger Schiftafer — 192 Lilienkäfer; Spargelhähnchen; ,mölfpunktiges Zirpfäferdhen . ; 194 Vierpunftiger Sadfäfer; — Pappel⸗ Blatt: füfer . 196 Colorado: Karloffelläfer 198 Erlenblattkäfer — 200 Raps, Kohl-, bogenſtreifiger, und Eichen-Erdfloh 202 Nebeliger Schildfäfer . 204 Mesomphalia conspersa . 204 Siebenpunft und andere Goecinelfenaslen : 206 Hautflügler. Legbohrer der großen Holzweipe . 212 Flügel, ſchematiſche. 214 Hausbiene. i 218 Wabenſtück der en Biene: tatienifgen und ägyptijche Biene . 225 Erdhummel Zap ae Ei 250 Verſchiedene Pelzbienen; gemeine Hornbiene . 239 ı Biolettflügelige Holzbiene | Bürftenbiene; verſchiedene Erdbienen; große Ballenbiene 243 Mörtelbiene : 247 Hemeiner Slattfchneider . ae) Weißfleckige Wefpenbiene; gemeine Waffen: biene; Kegelbiene. — 252 Mauer-Lehmweſpe; gemeine Goldweſpe; fran- zöſiſche Papierweſpe 253 We'pennefter, fchematifch . 259 Hornijje ge 263 Sandweſpenartige Bapierweipe . 269 Note Waldameije; Noßameife . 280 XXX ee Ameifen . AI: Europäiſche Spinnenameife; itvoſtgex Dolch weſpe Verfchiedene Wegweipen . —“ Gemeine Wegweſpe; Maurer-Spinnentöter; Bienenwolf. tar. Gemeine Sandweipe; gefielte Siebweſpe Berichiedene Grabmeipen . i Glänzende Dorngoldweipe; blaue, gemeine und tönigliche Goldweſpe ee Gemeine Gallapfelmeipe; Cichenzapfen: Gall: weipe. ae: Berichiedene Gallweipen . Roſengallweſpe Eierweſpe ꝛc. Schenkelweſpen. Pfeilträger Mierogaster nemorum Bracon palpebrator Spathius clavatus . Exenterus; Bassus; Banchus . Kiefernspinner: Sichelmeipe . Ichneumon; Cryptus; Mesostenus; Ephialtes Pimpla instigator . . gr Gemeine Holzweſpe; Halmweſpe ie ihr Säma- rotzer. Rieſen- Holzmweipe Kiefern-Kammhornweſpe; aotſad⸗ Riefernblatt: weipe ER PRO: üben: Blattweipe; Nofen: Slattweſpe Grüne Blattweipe . Birken: Knopfhornweipe Schmetterlinge. Baummeißling Tagpfauenauge; Sandauge . j Segelfalter; gelber und Gfjwarzer@itterfalter 2C. Neoptolemus . Mauerfuchs ern Eisvogel; Feuervogel; gefledter Feuerfalter; Adonis; Strichfalterchen; Perlbinde . Kiefernſchwärmer Wolfsmilchſchwärmer Oleanderſchwärmer. Abendpfauenauge; Karpfenſ —— Horniſſenſchwärmer; Weidenbohrer Seite Verzeichnis der Abbildungen. Brauner Bär; Steinbrech-Widderchen; Weißfleck Ailanthusſpinner Kiefernſpinner be} [o7} © — -1 {ob} A or | Ningeljpinner . Gemeiner Sadträger . Rotſchwanz Weidenſpinner Goldafter; Schwan Schwammſpinner Zwitter des Senne) ı Nonne . ' Eichen: Hieoseifionereiunes Gabelſchwanz; Buchenfpinner | Flügel einer Eule, jchematifd) . Drion; Quedeneule; Blaufopf . Futtergraseule; Mangoldeule,; Grageule Feldulmeneule, Forleule . Notes Weiden-Drdensband . Birkenſpanner are En Großer, Kleiner Froftipanner — —— Kiefernſpanner; Spießband . Gänſefußſpanner; Harlefin . Wegtrittſpanner; Flodblumenfpanner Grünwickler — ir Kieferngallenmwickler; Rieferntriebiwicter; Glypta resinanae . Mondflediger Erbſenwicler Obſtmade; Mehlzünsler Rübſaatpfeifer 5 Kornmotte, Wahsichabe . Apfelbaum » Gejpinftmotte; Kümmeljchabe; Geijtchen Lärddenminiermotte Zweiflügler. Mücdenflügel; Muscidenflügel, jhematifh . Geringelte Stechmücke Heerwurm : Trauermüde . Getreidevermüfter Columbatſcher Müde . März: Haarmüde | Ninderbremfe Mr Slandiſche Habichtsfliege; ——— ————— fliege . Trauerſchweber Gemeine Waffenfliege. Mondfleckige Schwirrfliege Verzeichnis der Abbildungen. Schlammfliege; Flatterfliege; Magenbreme des Pferdes Najenbreme des Schafes . Hautbreme des Nindes Wilde Raupenfliege Stielhornfliege Schmeißfliege; Fleifchfliege; Shibeniliene: Ta. denftecher Tſetſe-Fliege Spargelfliege Bandfüßiges Grünauge Pferde-Lausfliege Gemeiner Floh Netzflügler. Gemeiner Ameiſenlöwe Gemeine Florfliege; rauhe erde: Didfühlerige Kamelhalsfliege Gemeine Wafjerflorfliege Gemeine Skorpionfliege . Rautenfledige Köcherjungfer Phryganidengehäufe Pecks und Roſſis Smmenbreme Geradflügler. Zweiſchwänzige Uferfliege Gemeine Eintagsfliege Gemeines Uferaas . Gemeiner Plattbaud . Liniierte Holzlaus . Neft von Termes Lespesi Ä Schreckliche und kriegeriſche ——— Deutſche und Lappländiſche Schabe . Kücenjchabe . ‚ Eifapfel der Küchenſchabe Oottesanbeterin . Roſſis Gefpenitichrede . Wandelndes Blatt . Wanderheuſchrecke Gemeine Dornſchrecke. Bedornte Einhornſchrecke; ——— Feldgrille und Hausgrille Maulwurfsgrille Großer und gemeiner Ohrwurm Rotſchwänziger Blaſenfuß Getreide-Blaſenfuß Zudergaft . 545, Seite 501 504 505 506 507 510 513 5l4 515 | 518 521 525 | 529 531 | 532 533 535 598 540 543 546 547 557 559 565 569 574 577 578 | 580 585 586 593 596 598 | 601 604 607 610 611 612 Gletſcherfloh. Zottiger Springihmwanz . Pfau: Federling . Schnabelferfe. Kopflaus und Kleiderlaus Filzlaus Kocdenille . Neifel:Röhrenlaus . Tannenlaus Neblaus Weiden: Baumlaus. Ginfter - Blattfloh Ohrenzirpe; — Gehörnte Dornzirpe ſiniercikade; Laternenträger Mannacikade; Singeifade Deutſche Waſſerwanzen Zierlicher Uferläufer Kotwanze . Verwandte Budelmanze; gemeine Nindenwanze; Bettwanze . : Geftreifte Schönmwanze Flügelloſe Feuerwanze Saumwanze; Schnafenwanze Notbeinige Baunmanze; wanze; Kohlwanze; Spikling Hottentottenwanze . Zaufendfüßer. XXX] Eeite 612 613 614 617 618 620 623 624 627 632 636 637 639 641 644 647 650 651 653 655 656 658 gezähnte Stachel— 660 661 Brauner Steinfrieher, Scolopendra insignis 668 Lucas» Bandajjel Langfühlerige Erdaſſel Sandafiel . Platte Nandaffel Gefäumte Schalenaifel Spinnentiere, Gemeine Walzenipinne Feldjforpion . Bücherjforpion Geſchwänzter —— Langarmiger Tarantelfforpion . Krummbeiniger Gonyleptes . Kreuzipinne Sauvages’ Minierfpinne 669 670 673 674 676 680 684 687 688 689 691 694 701 XXX Gemeine Kreuzipinne . Geſtreckte Strideripinne . Zangenartige Dornipinne Bekränzte Webſpinne; Weberknecht Hausſpinne Wafferipinne . Kellerfpinne en Umberjchweifende Krabbenipinne . Wolfsipinne; Gartenluchsſpinne Apuliſche Tarantel . Harlefing= Hüpfipinne . gerandete Jagdipinne . Seite 703 706 707 709 71 a) er een DD os $p — 2 — — DD DD ou w@ -1 ©) Verzeichnis der Abbildungen. Kochenillmilbe Stachelfüßige Waffermilbe Gemeine Käfermilbe Mundteile des gemeinen holzbockes Gemeiner Holzbod . Violettroter Holzbod Mufchelförmige Saumzede Käfemilbe . Kräßmilbe des Menſchen Haarbalgmilbe des Menſchen Ufer-Spindelaſſel Schlanke Krebsipinne . Seite 729 731 132 734 736 737 739 142 743 44 747 748 Die Inlekten. Gin Blick auf das Leben der Gefantpeit. Bunte Schmetterlinge, fleißige Ameiſen, zudringliche Fliegen, die Finſternis ſuchende Tauſendfüßer, Kunſtweberei übende Spinnen und noch viel andere Tiere aus der nächſten Verwandtſchaft der genannten, welche uns jetzt beſchäftigen ſollen, gehören einem Formen— kreiſe an, welcher von dem in den vorausgegangenen Bänden dieſes Werkes betrachteten weſentlich verſchieden iſt. Den allgemeinen Bauplan haben ſie zwar gemeinſam; denn die rechte Körperhälfte iſt der linken ſpiegelbildlich gleich, und Bauch- und Rückenſeite ſind ver— ſchieden; während aber bei den Säugern, Vögeln, Reptilien, Amphibien und Fiſchen ein inneres Knochen- oder Knorpelgerüſt mit einer meiſt aus Wirbeln zuſammengeſetzten Skelett— achſe die Stützpunkte für alle nach außen ſich anſetzenden Fleiſchteile darbietet und, durch dieſelben verhüllt, ſeine Gliederung nicht zur Schau trägt, finden hier die umgekehrten Ver— hältniſſe ſtatt. Die mit der Muskulatur zu einem Hautmuskelſchlauche vereinigte Körper— bedeckung bildet in ihrer äußerſten Lage einen mehr oder weniger feſten Panzer, der, um ſeinem Träger die Beweglichkeit zu ſichern, in Glieder zerfällt, welche durch dünnere Häute beweglich miteinander verbunden ſind. Dieſe Glieder ſind ungleichartig und treten meiſt gruppenweiſe zu Körperregionen höherer Ordnungen zuſammen; ſo entſteht bei den einen Kopf, Mittel- und Hinterleib, bei den anderen verſchmelzen die beiden erſten Abſchnitte zu einem einzigen, dem ſogenannten „Kopfbruſtſtücke“, bei wieder anderen ſetzt ſich nur der Kopf von der übrigen einheitlichen Gliedergruppe ab, welche Mittel- und Hinterleib in ſich vereinigt. Die Grenzen gewiſſer Glieder oder Ringe (Segmente), wie man ſie auch nennt, obſchon ſie in den wenigſten Fällen wirklich geſchloſſene Ringe darſtellen, ſetzen ſich als Leiſten, Zapfen und Vorſprünge verſchiedener Geſtalt in das Körperinnere fort, um hier den Muskeln und ſonſtigen Weichteilen als Anheftungspunkte zu dienen. Dieſer feſte Panzer bildet, um es kurz zu ſagen, ein „äußeres Hautſkelett“. Dasſelbe wird von einer darunter gelegenen weichen Zellenſchicht, der ſogenannten Hypodermis, aus— geſchieden und beſteht aus einem Stoffe, welchen man Chitin genannt hat. Er iſt reich an Stickſtoff, in Waſſer, Weingeiſt, Ather, verdünnten Säuren und in konzentrierter Kali— lauge unlöslich, und ſchmilzt nicht im Feuer, wie die nahe verwandte Hornſubſtanz. Wenn trotzdem in der Folge von Hornteilen oder hornigen Gebilden die Rede fein wird, jo bezieht fich diefe nun einmal eingebürgerte Ausdrucksweiſe lediglich auf die fefte und harte Beichaffenheit des Chitins, welche übrigens bei vielen Krebfen durch Aufnahme von Kalk: jalzen noch um ein Bedeutendes erhöht wird. Noch mehr als die Gliederung des Numpfes, welche fih, wenn auch in einfacherer Weije, bei den höheren Würmern wiederfindet, ift für den in Rede ftehenden Tierkreis der Befiß gegliederter Körperanhänge von Wichtigkeit. Dieje „Gliedmaßen“ find Aus: ftülpungen des Hautmuskelſchlauches, treten ſtets paarweife an der Bauchjeite auf und 1+ 4 Ein Blid auf das Leben der Gefamtpeit. fönnen jedem Segmente zukommen, werden aber meift an einem Teile derjelben ver- mißt. Urſprünglich ganz gleichartig angelegt, nehmen fie im Laufe der weiteren Ent: widelung jehr mannigfahe Formen an und dienen im ausgebildeten Zuftande den ver: ichiedenartiaiten Aufgaben: die einen tajten umher, die anderen ftehen im Dienfte der Aufnahme und Zerkleinerung von Nahrung, nod andere jpielen eine Rolle bei der Fort- pflanzung, die meiften übernehmen als Beine die Fortbemegung auf feiter Grundlage oder im Wafjer. Durch ihre Anordnung an der Bauchjeite des Tieres bedingen fie eine jcharfe Sonderung dieſer von der Nüdenhälfte. Die gegliederten Körperanhänge bilden ein jo hervorragendes Kennzeihen unjeres Formenfreijes, daß man denſelben (jeit 1848) mit C. Th. von Siebold als den der Gliederfüßer (Arthropoda) bezeichnet. Doc) ihon lange Zeit vorher war von einzelnen Forſchern die Zufammengehörigfeit derjelben erfannt; denn was Arijtoteles Entoma, was Linné Insecta nennt (Begriffe, die in unjerem Ausdrud „Kerf“ oder „Kerbtiere“ wörtlich wiedergegeben werden), dedt fich fajt volljtändig mit dem heutigen Typus der Gliederfüher, welcher al3 ein natürlicherer angejehen werden muß als die Vereinigung mit den Gliederwürmern zu den Articu- lata Cuviers. Die Gliederfüßer unterſcheiden fih von den Wirbeltieren aber nicht nur dur) ihre äußere Form, jondern auch durch ihren inneren Bau, und bejonders durch daS Lagerungs— verhältnis der Organe zu einander. Dort zieht der in Gehirn und Rückenmark gegliederte Stamm des Nervensyitemes oberhalb der Skelettachſe, aljo rücdenftändig, entlang, hier finden wir an entjprechender Körperftelle als Mittelpunkt des Blutfreislaufes das Herz oder, wie es wegen jeiner eigentümlichen Form bei den Inſekten genannt wird, das Nüden= geräß. Und an der Bauchjeite, wo bei den Wirbeltieren das Herz feine Lage hat, finden ſich bei den Gliederfüßern fegmentweile paatige Nervenfnoten (Ganglien), welche durch doppelte Längsſtränge verbunden find und in ihrer Gejamtheit, einer Stridleiter nicht unähnlich, eine Öanglienfette oder das Bauchmark vorftellen. Das vorderjte, unter dem Schlunde gelegene Ganglion („unteres Schlundganglion“) fteht durch zwei rechts und links vom Schlunde verlaufende Nervenjtränge mit dem oberhalb des legteren gelegenen Gehirne in Verbindung, wodurd der vorderjte Abjchnitt dieſes Nervenzentrums die Form eines Schlundringes erhält. Somit haben die Zentralteile für das Nervenjyitem und den Blut: freislauf bei Wirbeltieren und Gliederfüßern eine gerade entgegengejegte Lage. Das Nahrungsrohr dagegen liegt bei beiden zwijchen jenen Organen, beginnt bei den Arthro: poden am Vorderende des Körpers mit dem Munde, endigt nach geradem oder gewundenem Verlaufe im legten Segmente durch die Afteröffnung aus und gliedert ſich in ähnlicher Weiſe, wie bei den höheren Tieren in mehrere nah Bau und Leiſtung verjchiedene Ab- ſchnitte. Neben drüfigen Gebilden von verjchievener Bejhaffenheit und Bedeutung, welche zu den Crnährungswerkzeugen in beftimmter Beziehung ftehen, find es ferner die Ge— Ihlecdtsteile, welche von der Leibeshöhle umjchloffen werden. ES find paarige, vor dem After ausmündende Organe, welche, wie bei den höheren Tieren, faft immer auf zweierlei Einzelwejen verteilt jind. Die Werkzeuge für die Sinne finden fi bei den Glieder: jüßern nit in der Vollftändigfeit wie bei den Nücgrattieren; denn nur jolde für das Gefühl und für das Gejicht haben allgemeinere Verbreitung, während Geruchs- und Gehörmwertzeuge nur bei verhältnismäßig wenigen Formen nachgewieſen find; lettere haben ihren Eig nicht immer am Kopfe. Der Atmung der Gliederfüßer dient in einigen Fällen die geſamte Körperoberfläche, meiſt aber find auch hierfür befondere Werkzeuge vorhanden, die bei den Krebjen mejentlih anders gebaut find als bei den übrigen Vertretern. Bei jenen find es nad) außen hervorragende Anhänge des Körpers over der Gliedmaßen, welche man Kiemen nennt, bei diejen bejtehen fie aus einem reich verzweigten, den ganzen Leib Innerer Bau. Kopf. Augen. 5 durchziehenden Nee luftführender Röhren, der jogenannten Tracheen, welche in der Negel dur Luftlöcher (Stigmen), die in paariger Anordnung an den Seiten gelegen find, mit der Außenwelt in Verbindung ftehen. Man kann nad diefen Verfchiedenheiten innerhalb der Gliederfüßer zwei Hauptgruppen aufitellen: Kiemenatmer (Branchiata) und Trabheenatmer (Tracheata). Wir haben es hier von nun an nur noch mit den [eßteren zu thun, da die zu erjteren gehörigen Krebje dem folgenden Bande vorbehalten bleiben. Dieje wenigen Borbemerfungen werden ausreichen, um den Formenfreis der Glieder: füßer im allgemeinen zu charafterifieren und die Gegenſätze zu den Nücgrattieren hervor: zubeben; nur auf einen jolchen jei noch aufmerfjam gemacht. Derjelbe bezieht fih auf die Entwidelung im Cie und bejteht darin, daß bei den Gliederfüßern zuerit die Bauch— feite als ein gegliederter „‚Keimitreifen” mit dem Nervenfyiteme und den paarigen Glied- maßen angelegt und die Rückenſeite zulegt ausgebildet wird, während bei den Wirbeltieren das umgefehrte Berhältnis ftattfindet. Die wenigſten Gliederfüßer verlafjen das Ei in der für die Erwachſenen maßgebenden Form, fie müffen vielmehr während des freien Lebens eine Reihe von Veränderungen durchmachen, deren Gejamtheit man als Verwandlung oder Metamorphofe zu bezeichnen pflegt. Die Jugendzuftände heißen Larven; als äußeres Zeihen ihrer VBerwandlungen ftreifen fie mehrere Male den hitinigen Teil ihrer Haut ab; jie „häuten“ fich. Man unterjcheidet drei Klafjen von Tracheaten: die Inſekten, Taufendfüßer und Spinnentiere, denen wir nur im einzelnen näher treten wollen. Die Inſekten, Kerbtiere, Kerfe (Hexapoda) erfennt man äußerlich daran, daf ihr Körper in drei Hauptabjchnitte zerfällt, von denen der Kopf zwei Fühlhörner und der Mittelleib ſechs Beine, meilt auch vier oder zwei Flügel trägt, während der aus 9—10 Ringen zujammengejegte Hinterleib im allgemeinen der Gliedmaßen entbehrt. Die Entwidelung ift mit einer Berwandlung verbunden. Der Kopf, für den Beſchauer des vollflommenen Inſektes aus einem einzigen, nad) der Entwidelung aber aus vier Stüden (Segmenten) bejtehend und durch weiche Haut mit dem Mittelleibe verbunden, kann für fich allein bewegt werden, nach allen Seiten bin, wenn er frei vor jenem fißt, mehr beſchränkt, wenn er in die Höhlung vor dejjen Worder: teile wie der Zapfen in jeine Pfanne eingelafjen ift, oder wohl gar von oben her davon überragt wird. Er trägt die Augen, ein Fühlerpaar und drei Paare von Kiefern, jämtlich Werkzeuge, welche für den Kerf von größter Bedeutung und darum auch von uns einer näheren Betrachtung zu unterziehen find; zuvor jei noch bemerkt, daß die Gegend zwiſchen den oberen Augenrändern die Stirn, der Raum hinter den hinteren NAugenrändern bis nah der Mundöffnung hin die Wangen, die vordere Partie von der Stirn abwärts da3 Geſicht und der vorderite Teil desjelben vor der Mundöffnung das Kopfſchild (elypeus) genannt wird. Die Augen der Inſekten find an beiden Seiten des Kopfes unbeweglich angebracht. Deſſenungeachtet dürfte der Kerf ein größeres Gefihtsfeld beherrſchen als die Wirbeltiere mit ihren zwei beweglichen Augen. Ohne den Körper zu rühren, ſchaut er zugleich nad) oben und unten, nach vorn und hinten, wie der flüchtige Schmetterling Iehrt, der ſich nicht bejchleichen läßt, von welcher Seite man auch nahen mag. Der Grund von diejer Umfichtigfeit liegt in dem Baue eines jolhen Inſektenauges. Dasselbe befteht nämlich aus einer überrafchenden Menge Eleiner Äugelchen, deren jedes fich auf der gemeinjamen Oberfläche, der Hornhaut, in Form eines fleinen, meift jechsecdigen Feldes oder einer „Facette“ kenntlich mat. Die Anzahl der legteren liegt zwijchen jehr weiten Grenzen: bier finden fih nur 20, wie bei gewifjen Heinen Käferchen (Pselaphus), dort 25,000, was bei einem anderen Vertreter (Mordella) derjelben Ordnung der Fall ift; die Ameife 6 Ein Blid auf das Leben der Gejamtbheit. hat nur 50, die Stubenfliege 4000, eine Wafjerjungfer 12,000, Zahlen, welche die außer: ordentliche Verſchiedenheit in dieſer Hinsicht zur Genüge zeigen. Durch diefe Facetten befommt die Augenoberfläche ein negartiges Ausjehen, weshalb man aud von Neßaugen ſpricht. Da nun aber, wie gejagt, jede Facette mit den unter ihr gelegenen Seheinrich— tungen ein Einzelauge vorjtellt, jo ift auch die Bezeichnung „zufammengejegte Augen” gerechtfertigt. Was den Bau eines ſolchen Einzelauges betrifft, der uns bejonders durch die ſchönen Unterfuhungen Grenahers erjchlojjen ift, jo jet hier nur in Kürze Folgendes bemerkt. Ein jedes hat die Geftalt einer Pyramide mit der Facette als Grund: fläche. Unter diefer Hornhaut liegt der „Kriſtallkegel“, in feiner Leiftung unjerem Glas: förper zu vergleichen, und am weiteſten nach innen, in Verbindung mit den Fajern des vom Gebhirne ausgehenden Sehnervs, finden wir die als „Retinulä“ bezeichneten Teile der Netzhaut, in welchen jtäbchenförmige Gebilde (Nhabdome) die Lichtwahrnehmung ver: mitteln. Sede Pyramide ift von einer Schicht dunkeln Farbjtoffes umhüllt, welcher jo an— geordnet ift, daß nur die in der Längsachje der erſteren einfallenden Zichtitrahlen zur Wahrnehmung kommen. Durch diefe Einrihtung fteht ein Inſekt troß der zahlreichen Einzelaugen im Netzauge doch nur ein und zwar verfleinertes, aufrechtes Bild eines Gegen: ftandes, indem ſich auf der Neghaut die einzelnen Punkte eines jolchen in ähnlicher Weije wie die Steinhen im Mojaitpflafter aneinander reihen. Die Negaugen treten jtet3 nur in der Zweizahl auf, find in der Größe jehr verjchieden, fo daß fie bald einen größeren bald einen geringeren Teil der Kopfoberfläche einnehmen und jchwanfen ebenjo in der Korm, indem fie rund, länglich, nierenfürmig, unvollitändig und jogar vollfommen zweigeteilt erjcheinen können; auf der Grenze der einzelnen Facetten tragen fie häufig Chitinhaare. Dieſe zufanmengejegten Augen jind bezeihnend für die meilten ausgebildeten Inſekten, doch fehlen auch hier häufig die den Larven zufommenden einfahen oder Bunftaugen (ocelli, stemmata) nicht und ftehen dann meijt zu dreien in einem flahen Bogen oder zu einem Dreiede vereinigt, auch nur zu zweien, am jeltenften vereinzelt zwijchen den Scheitelrändern der Negaugen. In ihrer äußeren Erſcheinung lafjen jie fih am beiten, wenn auch etwas grobjinnlich, mit einer zarten ‘Perle vergleichen, welche der Goldarbeiter halbiert und gefaßt hat; im inneren Baue wiederholt fi ungefähr das— jelbe, was von dem einzelnen Kegel des zujammengejegten Auges gilt. Wenige Inſekten im vollfommenen Zuftande haben nur einfache Augen, wenige find gänzlich blind. Xeb- teres gilt beijpielsweife von einigen Käfern, welche tief im Inneren von Höhlen oder zeitlebens von Steinblöden bededt ihr kümmerliches Dafein frijten. Die Fühler, Fühlhörner (antennae), bilden das oberjte Paar der gegliederten Anhänge, indem fie an den Seiten oder vorn am Kopfe, weiter oben oder unten, häufig in dem Ausschnitte der nierenförmigen Augen eingelentt find. Sie bejtehen aus einer geringeren oder größeren Anzahl von Gliedern und liefern den erſten Beweis für den unendlichen Reichtum an Formen, den wir in jeder Beziehung bei den Kerfen anzujtaunen noch Gelegenheit finden werden. Ohne auf die Mannigfaltigteit näher einzugehen, jei nur bemerkt, daß das Grundglied ſich durch bejondere Dide oder Länge vor den anderen aus- zeichnet und al3 Schaft den anderen, die Geißel bildenden entgegengeitellt wird. Die Geißelglieder find entweder gleichartig in ihrer Bildung, oder die legteren von ihnen weichen infofern ab, als fie einen Kamm, einen Fächer, einen Knopf von dichter oder lojer Zu— jammenjegung, eine Keule oder anderes daritellen. Bei den geraden Fühlern reihen ſich jämtliche Glieder in derjelben Nichtung aneinander, bei den gefnieten, gebrodenen dagegen die Geißelglieder unter einem Winkel an den meijt verlängerten Schaft, und diejer Fall gab wegen der Ahnlichkeit mit einer Peitſche urjprünglich die Veranlafjung für die bejonderen, eben angeführten Benennungen. Während bei manchen Inſekten die Fühler Fühler. Mundteile. 7 jo Hein find, daß fie von einem ungeübten Auge gänzlich überfehen werden können, über: treffen fie bei anderen die Körperlänge mehrfad). Über die Bedeutung der Fühler find die Anfichten im Laufe der Zeiten verjchieden gewejen. Daß die entwidelteren irgend einem Sinne dienen und dem Kerfe gewilje Wahr: nehmungen von außen zuführen, unterliegt feinem Zweifel. In den meilten Fällen dürften fie, wie ihr deutjcher Name bejagt und worauf das fortwährende Umhertaſten deutet, dem Gefühle dienen, worin fie aber auch durch die Tajter und Fußglieder unterjtügt werden. Doch darin befteht in vielen Fällen nicht ihre einzige Aufgabe. Erichſon, welcher eine große Menge diejer geheimnisvollen Gebilde mikroſkopiſchen Prüfungen unterwarf, fand in der Regel an gewiſſen Gliedern, bejonders den legten, oder an den blattartigen Er— weiterungen diejer einzelne oder fiebartig bei einander jtehende größere oder kleinere Löcher und hinter jedem eine Haut ausgejpannt und um dieje einen furzen Filz dichter Härchen. Er glaubte in diefem Baue die Naje der Wirbeltiere wievererfennen zu müſſen. Durch neuere Unterfuhungen ift man von diefer Deutung nicht zurücgefommen, erfennt aber nicht jo- wohl in jenen Grübchen als vielmehr in Eleinen Stäbchen und Zapfen, welche in denjelben ftehen oder als Kegel frei hervorragen, das eigentliche Geruchgorgan; denn in jedem der: artigen Gebilde endigt ein feiner Nerofaden, der einer darunter gelegenen Ganglienzelle entitammt. Was hier der anatomische Bau als unzweifelhaftes Sinneswerkzeug verrät, dag lehrt die Beobachtung des lebenden Inſektes in der angegebenen Richtung zu deuten. Denn wer einer weiblichen Schlupfweipe zufieht, wie fie die im Holze eines alten Baumftammes verborgene Larve aufjucht, welcher fie ihre Eier anvertrauen möchte, der wird nad) jeiner menschlichen Ausdrudsweije erklären, fie berieche mit den Spißen der langen Fühler alle Bohrlöcher, bis fie das richtige aufgefunden hat. Die Männchen vieler Nachtichmetterlinge ſuchen jtundenmweit die verborgenen Weibchen auf, indem fie in wilden Fluge ihre lang: fammitrahligen Fühler vorftreden, und werden ficher ebenjo durch den Geruchsſinn auf die rechte Spur geführt, wie ein anderes Inſekt, welches nah) Aas verlangt, um jeinen Hunger zu ftillen oder feine Eier daran abzulegen. Daß nicht alle Inſekten in gleicher Weife mit Geruchsfähigfeit begabt find, darf als ficher gelten; ob es jolche gibt, denen fie gänzlich abgeht, muß dahingejtellt bleiben. Die furzen borjtenartigen Fühler einer Cifade oder Libelle könnten die Vermutung nahe legen, daß hier diejen Anhängen feine ſolche Aufgabe zufall. Die Frage liegt nahe, wie es mit den anderen Sinnesorganen bei den Inſekten ausjieht, d. h. mit jenen, die wir jelbjt befigen und darum auch allein beurteilen fünnen, mit dem Geſchmacke und mit dem Ge: höre. Daß viele Inſekten ſchmecken, ift wohl ebenfo fiher, wie daß fie riehen,; warum jollte eine Raupe lieber verhungern, als von einer Pflanze frejien, welche ihr nicht zu— jagt? Man hat in der That auch verjchiedenartige Gebilde im Zufammenhange mit den Mundwerkzeugen aufgefunden, die ihrem Baue nach Sinneswerkzeuge find und vielleicht den Gejhmade dienen. Auch das Gehör geht vielen Inſekten nicht ab; es wird aber in ganz anderer Weiſe vermittelt als bei uns, durch Werkzeuge, welche auch nicht am Kopfe liegen. Wir wollen auf diefelben an diejer Stelle nicht eingehen, fondern bei den jpringenden Gerapdflüglern, denen fie befonders eigen find, darauf zurückkommen. Die Mundteile nehmen das vordere Kopfende ein und follen unter Beihilfe nach— jtehender Figuren (©. 8), in welchen durchweg diejelben Buchftaben diejelben Teile bezeichnen, ihrem Wejen nah) in möglichſter Kürze näher beiprochen werden. Bei aller Verjchieden: artigfeit in der Ausbildung unterfcheivet man in den beißenden und jaugenden Mund— teilen die beiden Hauptformen, jene dazu befähigt, feite Nahrung zu zerkleinern, dieſe nur im Stande, flüjjige Stoffe aufzunehmen, womit nicht behauptet werden joll, daß die Beißer nicht auch Flüffigkeiten leden Eönnten. Abgejehen von der unpaarigen Oberlippe 8 Ein Blid auf das Leben der Gejamtheit. oder Zefze (labrum, o in Fig. 1 und 9), welche fi in der Regel als Chitinplättchen vorn an das Kopfichild anjegt, aber auch unter ihm angewachſen und dünnhäutig fein kann, niemals aber unter die Gliedmaßen zu rechnen ift, bejtehen die zunächſt zu betrachtenden beißenden Mundteile aus drei Paaren von joldhen, welche, zu Freßwerkzeugen um- gebildet, Kiefer genannt werden und den drei legten Kopfringen angeheftet find. Oberkiefer, Kinnbaden (freßzangen, mandibulae, d in Fig. 1, 2, 5) heißt das oberite ftetS ungegliederte und tajterlofe Paar; es it am Ende der Wangen beweglich eingelenkt, und jeine beiden Hälften Fönnen ſich in wagerechter Nichtung gegeneinander 1) Kopf der Honigbiene von vorn, 2) der Erdhummel von unten; 3) Mundteile der Andrena labialis, 4) der Cimbex variabilis; 5) Kopf des Procrustes coriaceus von unten; 6) rechte Unterkieferhälfte von Cieindela campestris; 7) diejelbe von Staphy- linus olens; 8) diejelbe von Locusta viridissima; 9) Kopf von Cicada orni von vorn; 10) Kopf eines Tagſchmetterlings; 11) Rüfjel von Tachina grossa. Alle Figuren ftark vergrößert. a Kinn, b Zunge, b‘ Nebenzungen, ce Lippentafter; alle drei machen zufammen die Unterlippe aus — d Kinnbaden (Mandibeln) — e Kinnladen (Marillen), aus folgenden Stüden beftehend: f Angel, g Stil, h innere, h’ äußere Lade (Lappen), i Kiefertafter — k Kopfſchild — o Dberlippe oder Kerze — m beweglicher Zahn an der inneren Kinnlade, bewegen, wie die Arme einer Kneipzange. Jede Kinnbadenhälfte läßt ſich je nach ihrer Form mit Hade, Schaufel, Meißel 2c. vergleihen, pflegt hornig (ditinig) zu jein, jpig oder jtumpf, nur vorn oder längs der ganzen Innenſeite gezähnt. Sn der Negel gleichen jich beide, eS fann aber auch die eine ein Fräftigeres Anjehen annehmen als die andere. Während beim männlichen Hirſchkäfer jede wie ein Geweih, weit länger al3 der Kopf jelbit, diefen überragt, drohend und grimmig dem Anfcheine nach, zum Kauen aber unbrauchbar, verſtecken jie fich bei vielen Verwandten unter der Oberlippe und enden nad) innen dünn häutig in gleicher Unfähigkeit zum Zerbeißen der Nahrung. Bei dem Blätter Fauenden Maifäfer und den anderen jeiner Sippe liegen die Kinnbaden auch verborgen, haben indejjen breite Kauflähen, ähnlich den Mahlzähnen der Wiederfäuer. Bei vielen Kerfen, namentlich den Raub- und Blumenwejpen, jenen Zedermäulern, denen nur Süßigkeiten munden, find in der Negel die Kinnbaden ungemein Eräftig entwidelt, dienen aber allem anderen mehr al3 der Zerkleinerung von Nährftoffen, fie find vielmehr unentbehrliche Oberfiefer. Unterkiefer. 9 Werkzeuge zum Bauen der Wohnungen, zum Bearbeiten de3 Bauftoffes, zu der Beichaffung desjelben, zum Ergreifen der Nahrung, jedoch weniger der eignen als der für die Nach: fommen bejtimmten. Unterfiefer, Kinnlade (maxillae, ein Fig. 1—5 und Fig. 6—8) nennt man das zweite, gegliederte Paar, welches in der Negel weicher als das erite ift, ihm in anderen Fällen aber (Wafjerjungfern ꝛc.) an Härte nicht nachiteht und es in noch anderen darin jogar übertrifft (Roßkäfer). Mehr oder weniger leicht laſſen fih an jeder der beiden immer ſymmetriſchen rechten und linken Unterfieferhälften folgende Teile unterjcheiden: ein kurzes, queres Stüd, die Angel (fin Fig. 4, 7 und 8), durch welche der Kiefer an der Seite der Kehle, unter und wenig hinter dem Oberkiefer eingelenft iſt. Die Angel geht aus der dreiedigen in die langgedehnte bis ftabförmige Geftalt über und ift meiſt horniger Natur. Das nächſte Stüd, der Stiel oder Stamm (g in Fig. 2—4, 6—8), lenkt fich unter einem (reiten) Winkel der Angel ein und bildet im allgemeinen eine hornige Platte, deren Länge 1!/e—6mal den Querdurchmeſſer übertreffen kann; bei den Bienen gleicht er einem Kamme, weil jeine Innenkante mit Borften dicht bewimpert ift. An der Innenſeite des Stammes figen die Zappen oder Laden (h in Fig. 1—4, 6—3), deren unterer innerer Teil auch als Kauftüd unterfchieden wird. Sind die Laden an der Spibe mit Zähnen oder Dornen bewehrt, jo fommen fie an Härte dem Oberkiefer gleich), anderenfalls bleiben fie weicher und mehr häutig. Diejer Teil wirkt auf das Futter und bereitet e3 zum Verſchlucken vor, bildet jomit das Hauptglied des ganzen Kiefers, er befteht nur aus einem Lappen (h in Fig. 1—3), wie bei manchen Käfern, den Blumenwejpen und anderen, und kann jehr lang, aber auch jehr kurz jein, häufiger noch jeßt er fi) aber aus zwei Lappen zujammen (h und hY), einem oberen, mehr äußeren, und einem unteren, mehr nach innen gelegenen. Dabei finden die verjchiedenartigiten Verhältniffe jtatt in Rückſicht auf die gegenfeitige Lage, die Gejtalt der Lappen, ihre Anheftung an den Stamm. So hängt 3. B. der untere Lappen jeiner ganzen Länge nah an der Innenſeite des Stammes bei gewiljen Käfern (Fig. 7), beide liegen nebeneinander an der Spite, wie bei den Blattweipen (Fig. 4), der eine über dem anderen, jedoch jeder am Stamme figend, wie beijpielsweije die häutigen Lappen des Hirſchkäfers. Bei den Schreden legt fi der obere Lappen als „Helm“ (Fig. 8, h) über den unteren. Eigentümlich gejtalten ſich in dieſer Beziehung die Ver: bältnifje bei drei großen Käferfamilien, die man früher als Fleiſchfreſſer zufammenfaßte (Sandfäfer, Lauffäfer, Fadenſchwimmkäfer). Hier nämlich verwandelt ſich die äußere Lade in einen zweigliederigen, fadenförmigen Körper, ganz von der Bejchaffenheit eines Taſters, welchen wir gleich kennen lernen werden (h’ in Fig. 5, 6—8). Auch die Bekleidung der Lappen ijt großem Wechjel unterworfen. Hier verwandelt ein reicher Beſatz von Borften die ganze Innenſeite in eine Bürfte, den Rand in einen Kamm, dort beichränft fich die Behaarung nur auf die Spige oder fehlt gänzlich. Statt weicherer oder fteiferer Haare finden fih aud Zähne, bewegliche oder durch Einſchnitte in den Körper entjtandene un: bewegliche Hervorragungen. Die Sandfäfer Fennzeichnet ein beweglicher Klauenzahn an der Spitze der Lade (Fig. 6, n), bei den gefräßigen Schreden und räuberifchen Libellen fommen ihrer mehrere längs der ganzen Sinnenjeite vor. Am Ende des Stammes oder nahe vor demjelben figt nach außen, meift in dem Einfchnitte, welchen er mit dem oberen Zappen macht, je ein fühlerartiger, ein bis ſechsgliederiger Tajter (Freßſpitze), der Kiefer: tafter (palpus maxillaris, i in Fig. 2—5, 6—8). Gegenfeitige Länge der Glieder, nament- lih aber die Geitalt derielben, bedingen allerlei Unterjchiede. Das dritte Gliedmaßenpaar endlich bildet den zweiten Unterkiefer, deſſen beide Hälften aber verwachjen find und ein in der Mittellinie höchitens eingeferbtes einfaches Stüd darjtellen, welches Unterlippe (labium) heißt. Daß die Unterlippe jo aufgefaßt werden 10 Ein Blick auf das Leben der Geſamtheit. müſſe, beweilt die Trennung beider Hälften bei anderen Gliederfüßern, wie 3. B. bei den Krebien, die tiefe Teilung derjelben bei manchen Käfern und den Schreden, jowie ferner die Gegenwart von zwei weiteren Taftern, den Zippentajtern (palpi labiales, c in Fig. 1—5), welhe aus 2—4 Gliedern zufammengejegt und meijt fürzer al3 die Kiefertajter, am Norderrande oder auch mehr zur Seite der Unterlippe eingelenkt find. Bei den Bienen nennt man dieje Tafter eingeftaltig, wenn ihre gleichgebildeten Glieder ſich in der gewöhn— lichen Weife mit den Spigen aneinander reihen (Fig. 3, c), zweigejtaltig dagegen (ec in Fig. 1,2), wenn die beiden Grundglieder lange ſchmale Schuppen bilden und die beiden legten ſich feitwärts und vor der Spiße des zweiten al3 verfümmerte Läppchen anhängen. Der hin: terſte, hornige Teil der Unterlippe wird als Kinn (mentum, a in Fig. 2—5) der mehr oder weniger entwidelten häutigen Zunge (b in Fig. 1—4) entgegengejet, welde vor oder auf jenem fist. Das Kinn ift verjchieden geftaltet, häufig breiter al lang, und, abgejehen von jeiner wechjelnden Vorderſeite, der Vieredsform nahe gebracht; bei anderen Kerfen, zu denen die Bienen zählen, überwiegt die Längsausdehnung weſentlich (Fig. 13), und fait röhren: förmig umſchließt e8 dann die Seiten der Zunge. Dieje (b) liegt entweder dem Kinne jelbit auf und überragt es nicht, wie bei den meilten Käfern, wird länger als dasjelbe, oder fie iſt ganz frei dem Vorderrande des Kinnes angewachſen. Wenn fie bei Einnahme der Nahrung feine oder eine nur untergeordnete Nolle jpielt, jo bemerkt man fie kaum; ift fie mäßig ent— wicelt, jo finden wir fie vorn abgerundet, mehr oder weniger ausgejchnitten, oder wie bei den Blattweipen (Fig. 4) dreizipfelig. Den höchſten Grad ihrer Vollkommenheit erlangt fie bei den honigledenden Bienen, wo fie manchmal länger al$ das ganze Tier wird. Sie ijt an der Spitze mit Härchen bekleidet, in denen der Honig Fleben bleibt, um der Mundöffnung zugeführt werden zu können, und befteht aus drei Zipfeln, deren Seitenlappen hier als Nebenzungen (b‘) von dem Hauptteile unterfchieden werden; alle drei find einander nahezu gleich bei den Afterbienen (Fig. 3), oder die Nebenzungen umſchließen den ftreifenförmigen Mittellappen an jeinem Grunde (Fig. 2), jo daß das ganze Leckwerkzeug beinahe ven Anblid eines blühenden Getreideährchens mit feinen Spelzen und Grannen darbietet. Die Kraft, welche die Heinen Weſen in ihren beißenden Mundteilen entwideln, iſt ebenjo wunderbar wie verderblid durch Zerftörung menschlichen Eigentums. Pan erinnere fich der Verwüſtungen, welche 4 mm lange Kerfe am Holzwerfe unjerer Häufer, andere an Wald» bäumen anrichten können, welche auf Taujenden von Heftaren durch fie zu Grunde gegangen find und zur Zeit, wo dieje Zeilen niedergejchrieben werden (1875), im Böhmerwalde zu Grunde gehen. Wer ein Maß für die beißende Kraft zu erlangen wünjcht, der ſtecke nur jeinen Finger zwijchen die geweihförmigen Kinnbaden eines männlichen Hirſchkäfers; will er Blut fließen jehen, jo wähle er die kurzen Zangen des Weibchens als Probierjtein. Selbit Metall, wenn auch nur das weiche Blei, vermag den Beißern feinen Widerftand zu leiften. ES liegen mehr: fache Fälle vor, in denen von Inſektenlarven bewohnte Hölzer in Schwefeljäurefabrifen ver: wendet und mit Bleiplatten überzogen worden find. ALS für den Inſaſſen die Zeit gefommen, in welcher ex fich feines geflügelten Dajeins erfreuen jollte, wozu das Verlaſſen des dunkeln Kerkers die VBorbedingung war, mußte nad) dem Holze auch die Bleiſchicht durchdrungen werden, und fiehe da, e3 gelang. In meiner Inſektenſammlung befindet jich ein ſolcher Held unter dem Namen der gemeinen Holzwejpe, welcher in einer Bleifammer zu Frei: berg das Licht der Welt erblidt hat. Die ſaugenden Mundteile erjcheinen als bis zur Unfenntlichfeit umgebildete Kiefer, laſſen fi aber, jo verjchieden fie auch bei den einzelnen Ordnungen auftreten, auf die einzelnen Teile der beifenden Mundteile deuten, von denen allerdings einige mehr oder weniger verfümmern, während die Oberlippe und zwei unpaare weitere Gebilde daran teils nehmen können. Bei Wanzen, Cifaden, Blattläujen, überhaupt bei allen denjenigen, welchen Zunge. Rüſſel. Mittelleib. 11 man wegen ihrer übereinjtimmenden Mumdbildung den Namen der Schnabelferfe beigelegt hat, erinnert die Umformung an einen Schnabel (Fig.9). Das dritte Kieferpaar oder die Unterlippe der Beißer bildet hier eine drei- bis viergliederige Röhre, welche durch Bieguna etwas verkürzt werden kann, meift auch in ihrer ganzen Länge Bewegung zuläßt. Sie ift das Futteral oder die Scheide, welche in ihrem engen Hohlraume vier feine, dicht beiiammen- liegende Borften birgt. Je zwei diefer Borjten entiprechen dem Ober- und Unterkiefer. Sn diefer Einrichtung befigt das Tier einen Saugapparat, welcher ihm duch Einſtechen der Boritenjpigen in tieriſche oder pflanzliche Körper den ernährenden Saft zuführt. Ein ſchmal dreiediges Hornplättchen, auf der Dberjeite ver Scheidenwurzel angeheftet (c), entipricht der Dberlippe, von Taftern will man hier und da nur eine Andeutung gefunden haben. Der Schnabel, manchmal von der Länge des Kopfes, bisweilen des ganzen Körpers, hält meiit die Mitte zwijchen beiden Gegenjägen, legt jich in der Ruhe an Kehle und Bruft an, richtet fih aber beim Gebraude unter einem rechten oder jtumpfen Winkel, je nach der Bequemlichkeit, auf; ift er furz, did und nad unten gekrümmt, jo fehlt ihm wohl auch das Vermögen, jeine Richtung zu verändern. Kaum verwidelter, wenn auch mannigfacher geftaltet, ijt die Einrichtung des Rüſſels, wie man bei Fliegen und Miüden den Saugapparat genannt hat. Syn jeiner VBollitändigfeit beiteht er auS der den Mund von unten ſchließenden Unterlippe (Fig. 11, a), die fih aller: meilt nach vorn verlängert, fleifchig und gefniet ift, um mehr oder weniger in die Mundhöhle zurüdgezogen werden zu können. Sie jtellt in den meijten Fällen den beftentwidelten Teil des ganzen Werkzeuges dar. Wenn, wie beijpielsweije bei unjerer Stubenfliege, die Unter: lippe in einer Saugfläche endigt, d. h. in zwei nebeneinander liegende fleifchige Anhänge, welche wie ein Hämmerchen an ihr, dem Stiele, figen, jo nennt man das Ganze einen Saug— rüfjel (Fig. 11); bei ihm pflegen die übrigen Teile bis auf die Zippentafter mehr oder weniger zu verfümmern. Der Unterlippe liegt die meijt hornige Oberlippe gegenüber und zwijchen beiden jchließen fich die übrigen Stüde, die beiden Kieferpaare und ein unpaares, der Unterlippe anfigendes Gebilde, der jogenannte Hypopharynx (b), al3 Borften, jene auch al3 mejjerförmige Werkzeuge aneinander an, find jedoch jelten alle vollfommen entwidelt. Dieſe Mundborften fünnen empfindlich ftechen, wovon die blutdürjtigen Mücken und Bremjen einen Beweis liefern; der zugejpigten Scheide fehlen dann die Saugflädhen, und darum hat man dieje Form der eriteren unter dem Namen „Stehrüjjel” entgegengeitellt. Der Mundöffnung bald näher gerückt und in fie zum Teil zurüdziehbar, bald weiter von ihr entfernt, jtehen nad oben am Grunde der Unterlippe die ein= bis viergliederigen Lippen: tafter (e), welche nach Form, Farbe und jonftiger Bejchaffenheit oft gute Unterjcheidungs: merkmale abgeben. Bei den Schmetterlingen endlich (Fig. 10) verfümmern Oberlippe und Oberfiefer gänzlich. Unmittelbar unter dem Kopfſchilde ragt ein längerer oder kürzerer, härterer oder weicherer Streifen hervor, welcher im Ruheſtande wie eine Uhrfeder zufammengerollt, von unten her durch die kleine, zipfelartige Unterlippe gejtügt, an den Seiten durch deren dreiglieverige Taſter (c) eingejchloffen wird. Mithin verbleibt hier dem Unterkiefer (e) allein die Aufgabe, dem Schmetterlinge Honig und Tautropfen als Nahrung zuzuführen; es find daher die ihm beigelegten Bezeichnungen Rollzunge oder Saugrüfjel unglüdlic) gewählt. Bei gewiljen Kleinjchmetterlingen kommen geringfügige Abweichungen von dieſem Bauplane, namentlich auch Kiefertafter, die ſogenannten Nebenpalpen, vor. Die zweite Gruppe der Körperringe bildet den Mittelleib, Bruftkalten (Numpf, thorax), den alleinigen Träger der Bewegungswerkzeuge. Derjelbe beiteht aus drei Ringen, dem Borderbruftringe (prothorax) mit dem vorderften Beinpaare, dem Mittel: 12 Ein Blick auf das Leben der Geſamtheit. bruſtringe (mesothorax) mit dem zweiten Beinpaare und, wenn die Flugwerkzeuge vorhanden find, den Vorderflügeln, dem Hinterbruftringe (metathorax) mit den hinterjten Beinen und Flügeln. Je nach dem Bedürfniffe find dieſe drei Ninge verjchiedenartig ent: wicelt und der eine meilt überwiegend. Bei zahlreichen Kerfen hat der vorderite Ning das Übergewicht, ift dann „Frei“, beweglich dem nächſtfolgenden eingelenft und jcheint in der Anſicht von oben den mitteljten Hauptteil des Körpers allein zu bilden (Käfer, Wanzen, Schreden und andere). Ein freier Vorderbruftring, deſſen Rüden Halsſchild genannt zu werden pflegt, findet fich in Gemeinschaft derber, fogenannte Deden bildender Vorderflügel und gleicht entjchieden wieder aus, was durch legtere der Beweglichkeit entzogen worden it. Weil fih die Mitte feines Hinterrandes auf dem Mittelrüden als ein durch bejon: deren Glanz, befondere Farbe ausgezeichnetes, eigentümlich, meift dreieckig geformtes Gebilde gegen jeine Umgebung abhebt, jo hat man dieje Stelle gleichfalls mit einem bejonderen Namen belegt und Shildchen (scutellum) genannt, wie Hinterjchildchen (postseutellum) eine entjprehende ähnliche Auszeichnung auf der Vorderrandgmitte des Hinterrüdens heißt. Die außer Fühlern und Kiefern bei den Inſekten vorhandenen Gliedmaßen find Die der Ortsbewegung dienenden Beine. Sedes Inſektenbein befteht, von jeiner Wurzel an gerechnet, aus Hüfte, Schenkelring, Schenkel, Schiene und Fuß. Die Hüfte (coxa) ift das immer furze Stüd, welches frei oder mehr oder weniger in die „Öelenkpfanne” ein geichloffen die Verbindung des ganzen Bewegungswerkzeuges mit dem Numpfe vermittelt. Der Schenfelring (trochanter) ſchiebt fich als einfaches oder doppeltes, verhältnismäßig fleines Glied zwijchen Hüfte und Schenkel ein, um beiden eine andere Richtung gegen: einander zu geben und fiher auch, um die Bewegungsfähigfeit des legteren zu erhöhen. Der Schenkel (femur) bildet in der Negel den fräftigiten Teil des ganzen Beines, beſon— ders des Hinterbeines, wenn er zum Springen befähigen fol. Das Schienbein, die Schiene (tibia), pflegt von der Länge des zugehörigen Schenkel zu jein, von der dünnen Einlenfungsftelle an diefem allmählich zuzunehmen und ſehr häufig an der Innenſeite jeiner Spitze mit beweglichen Dörnden, zweien oder auch nur einem, den fogenannten Sporen, Enddornen, „bewehrt“ zu fein, während die Außenfeite Häufig ihrer ganzen Länge nad) unbewegliche Zähne, Stacheln oder Borftenhaare trägt. Der Fuß (tarsus) endlich beiteht aus kurzen, gelenkig miteinander verbundenen Gliedern, deren letztes in zwei, bisweilen auch nur eine bewegliche Kralle ausläuft. Meift fommen an allen Füßen die Glieder in gleicher Anzahl vor und zwar nie mehr al3 fünf; diefelben können aber auch an den hinteren Füßen in geringerer Anzahl auftreten als an den vorderen. Die bedeutend Fleinere „After: klaue“ fowie die Hautläppchen (PBulvillen) zwiſchen den Krallen jchaffen in vielen Fällen größere Sicherheit beim Gehen, legtere befonders die Möglichkeit, an den glättejten Gegenftänden (Fenfterfcheibe) emporzufriechen, da Drüfen unter ihnen liegen, welche eine Feuchtigkeit abjondern. Die drei Paare der Beine find bei feinem Infekt jo gleich in jeder Hinfiht, daß fi eins mit dem anderen vertauſchen ließe; das vorderite oder das hinterſte erleidet oft verſchiedene Abänderungen, jenes, injofern es zum Greifen oder Graben, dieſes, indem e3 zum Springen oder Chwimmen befähigen fol, was natürlich mit der Lebens» mweije jeines Trägers aufs engite zujammenhängt. Die Flügel find aus zwei fi dedenden Chitinplatten zufammengefeßt und unterliegen ihrer morphologifhen Bedeutung nach verjchiedenen, hier wegen ihrer Unficherheit nicht näher zu erörternden Auffafjungen. ES find rüdenftändige, nicht auf Gliedmaßen zurüd- führbare Bewegungsorgane und entweder alle vier gleichartig gebildet, meilt dünnhäutig und von Chitinadern durchzogen, oder die Vorderflügel verwandeln fih durchaus in Ehitin- maffe, nehmen dadurd eine feite Beichaffenheit an, find zu Flugwerkzeugen nicht mehr tauglich und heißen Flügeldeden (Dedichilde, elytra), weil fie für die dünnhäutigen Beine, Hinterleib, 13 Hinterflügel und den Körperrüden eine ſchützende Bededung bilden. Bei den dünnhäutigen Flügeln dienen die Adern oder Rippen als Stütze und jchließen häufig Räume auf der Flügelfläche, die fogenannten Zellen, ab. Die Zweiflügler haben nur Vorderflügel; bei manchen unter den Bierflüglern gehen die Hinterflügel verloren, und viele Kerfe find gänzlich flügellos. Der Hinterleib (abdomen) endlich als dritter Hauptabjchnitt des Inſektenkörpers ift im allgemeinen aus zehn Ringen zujammengejegt. Dieje Normalzahl wird aber jelten erreicht, weil die beiden legten in der Umgebung der After: und Gejhlehtsöffnungen eigentümlihe Umbildungen erleiden oder vollftändig verfümmern oder unter die vorher: gehenden zurüdgezogen werden; ebenjo kann der erite Ning (bei gewijjen Immen) mit der Hinterbruft in feitere Verbindung treten und dadurch die Zahl der Thorarjegmente ſcheinbar vermehren, während anderjeitS durch Teilung des letten Hinterleibsringes (bei Heufchreden) eine Erhöhung der Gejfamtzahl auf elf bedingt wird. Eigentliche Gliedmaßen fehlen dem Hinterleibe der ausgebildeten Inſekten, aber die vielfach vorfommenden Leg: röhren, Staheln, Zangen und jonftigen Anhängjel, von denen die unpaarigen in der Regel Kennzeichen für das weibliche Geſchlecht abgeben, find auf Umbildung folcher zurück— zuführen. Beſſer als an anderen Körperteilen läßt fih am Hinterleibe die Zuſammen— jegung jedes Ringes aus einer Rüden: und einer Bauchſchuppe erfennen, welche, wie untereinander, jo mit den Nahbarringen durch weiche, dehnbare Häuthen in Verbindung jtehen, jo daß das Hautjfelett des Hinterleibes einer wejentlichen Anſchwellung fähig it, wenn ihn beifpielsweije bei den Weibchen die Eier anfüllen. Überdies bleibt jein Rüden bei allen den Kerfen mweichhäutig, wo Flügeldeden den Schuß übernehmen. Abgejehen von der beitimmten Geftalt des Hinterleibes trägt die Art feiner Anheftung an den Bruft: fajten wejentlich zu der Tracht eines Kerfes bei. Wenn fih, wie 3. B. bei den Käfern, jeine gejamte Worderfläche eng an die Hinterwand des Mittelleibes anjchließt, jo nennt man ihn angewachſen; ein folder würde mit dem Mittelleibe zu einer und derjelben Gruppe zu gehören jcheinen, wenn nicht diejer fich durch Anweſenheit der Beine eben als dittelleib auswiefe. Überall da, wo feine Flügeldeden vorhanden find, trennt fich der Hinter: leib deutlich dur) Einſchnürung vom Mittelleibe; hängt er mit ihm durch eine Querlinie zu— ſammen, jo beißt er jißend (Pimpla), in einem Punkte anhangend, jobald er ſich nad) vorn nicht verdünnt (Honigbiene), oder geftielt, wenn er fich an jeiner Wurzel kürzer oder länger ftielähnlich verdünnt (Wegmeipe). Auf diefe Weiſe kommen Inſekten mit zum ger: brechen dünner und zierlicher Taille zum Vorſchein und wieder andere, denen fie ganz fehlt, dazwiichen alle denkbaren Überganasformen, die man dur einschränfende Wörter, wie falt figend, kaum geftielt 2c., in etwas unbejtimmter Weiſe befonders zu bezeichnen pflegt. Das Hautjfelett des Inſektenkörpers jamt feinen Anhängen, die Tracht des Einzel: weſens bedingend, zeigt, abgejehen von der Form der einzelnen Teile und deren Größen: verhältnifjen, abgejehen von der Vollzähligfeit, in welcher die Teile vorhanden, abgejehen von der Feitigfeit und der damit zujammenhängenden Oberflähenbildung, auch in Hin: ficht der Färbung und der Bekleidung eine auferordentlihe Mannigfaltigfeit. Haare, Borften, Schuppen, Stacheln oder Dornen, alle aus Chitin beftehend, befleiden dieſen oder jenen Zeil dichter oder mehr vereinzelt, die drei erſten Gebilde nicht jelten den ganzen Körper in jolher Menge, daß die Haut vollfommen durch fie verborgen wird. In diejem Falle find es dann auch in hervorragendem Grade jene Gebilde, welche die verjchiedenen Färbungen der Inſekten bedingen. Nicht nur die bunten Schmetterlinge verdanfen den Schuppen ihrer Flügel ihre fo anziehende Pracht, fondern auch Käfer und andere Inſekten, namentlih wenn fie dem heißen Erdteil angehören, erglänzen in dem lauteriten Golde, im reinften Eilber, wie Smaragde und andere edle Steine. All diefe Schönheit wird aber 14 Ein Blid auf das Leben der Geſamtheit. dureh nichts anderes bedingt, al3 durch die Skulpturverhältniſſe jener Schuppen, die, von verschiedenen Seiten gejehen, das Licht verſchieden zurückwerfen. Sie figen lojer als die anderen Chitinfortiäße, können daher mit der Zeit. teilweife verloren gehen und dadurd) den Kerf bis zur Unfenntlichkeit entftellen. Aber auch die Haut jelbft, vorherrichend dunkel gefärbt, tritt ftellenweife in den bunteften Farben auf, die ihre Entitehung bejonderen, unter dem Chitinüberzuge gelegenen Pigmenten verdanken und fich echt und unveränderlich, oder vorübergehend und im Tode getrübt erweifen können, wie jeder weiß, der Inſekten ſammelt. Stacheln und Dornen, als die fräftigiten der genannten Verzierungen, treten vorherrſchend an den Beinen und vereinzelt als Ausläufer diejes oder jene anderen dazu geeigneten Körperteiles auf und tragen kaum etwas zur Veränderung des Farbentones bei. Haare (Borften) find als Bekleivungsmittel am allgemeinften verbreitet und dürften jelten einem Kerfe gänzlich fehlen; die Teile aber, an welchen fie dem unbewaffneten Auge entgehen, bezeichnet man als nadt. Eine befondere Bedeutung erlangen fie dann, wenn fie dur Herantreten eines Nervs den Sinneswahrnehmungen dienjtbar gemacht werden, wovon wir früher ſchon geiprochen haben. Da wir gerade von der Färbung der Inſekten reden, jei hier in Kürze noch einer intereffanten Erjcheinung gedacht. ES gibt viele ſolche, welche ihrer Umgebung oder auch irgend welchen ungenießbaren Gegenftänden, wie beiſpielsweiſe Bogelerfrementen, jo ähnlich jehen, daß man fie nur fehwer erkennt, wie etwa eine grüne Heujchrede auf einem Blatte oder einen braungefärbten Schmetterling an Baumrinde. Zumeilen wird diefe Ähnlichkeit noch arößer, indem auch Oberflähenbefhaffung jowie die Form des Körpers und jeiner Anhänge zur Verwechjelung mit der Unterlage Beranlafjung geben. Ta durch derartige Einrichtungen ein Tier den Augen feiner Feinde mehr oder weniger entzogen wird, jo ipricht man von Shußfärbungen oder ſchützender Ähnlichkeit. Die Stabjehreden oder das „wandelnde Blatt“, weldhe wir jpäter fennen lernen werden, find treffliche Beiſpiele dafür. Nun gibt es aber auch andere Inſekten, die, in den ſchönſten und auffallendften Farben prangend, arglos durch die Lüfte flattern oder fih auf Blättern und Blüten jonnen und dennoch von injektenfrefjenden Tieren unbebelligt bleiben. Und dieje Sicherheit ver: danken die durchaus Wehrlojen allein dem Umſtande, daß fie anderen Arten aus ganz verjchiedenen Gruppen, welche wegen ihres Giftſtachels oder infolge irgendwelcher efel- erregenden Eigenjchaften von ihren Feinden gemieden werden, täufchend ähnlich jehen. Dieje höchſt jonderbare Form von Schußfärbung, welche zuerſt von den englijchen For: jchern und Neifenden Bates und Wallace in den Tropenländern beobachtet wurde, ift . von ihnen unter dem Namen „Mimifry“, zu deutih: Nahahmung, Nahäffung oder Ver: kleidung, in die Wifjenjchaft eingeführt. Unjer farbiges Bild führt eine Anzahl von Inſekten vor Augen, welche durch die joeben angevdeuteten Anpafjungen in Farbe und Korn aus: gezeichnet find. Wie man fich diejelben entjtanden denken joll® „E3 gibt mehr Ding’ im Himmel und auf Erden, als unjere Schulmweisheit fich träumen läßt.“ * Die Musfeln oder das Fleiſch der Inſekten find farblos oder ziehen ſchwach in das Gelbliche, beftehen aus Bündeln jtetS quergeftreifter Fafern und bilden, fofern fie nur der Verjchiebung der Körperabjchnitte unter fich oder der Fortbewegung de3 ganzen Körpers dienen, mit der Haut zufammen einen „Hautmusfelichlauch”, der eine dem äußeren Haut- jfelette entjprechende Gliederung erkennen läßt. Die Anheftung der Muskeln im Rumpfe wie an den Gliedmaßen erfolgt nach dem, wie es jcheint, ganz bejtimmten Gejeße, daß jie bei einem und demjelben Muskel an zwei unmittelbar aufeinander folgenden Gliedern, nie mit Überipringung des benahbarten, erfolgt. An folden Stellen, wo die ſtärkſte Mimikry. A. Nachahmung lebender Pflanzenteile (Blätter und Stengel). 1. Puppe des Schillerfalters (Apatura Ilia). 2. Puppe des Zitronenfalters (Rhodocera Rhamni). 3. Brombeerfalter (Thecla rubi), sitzend. 4. Wandelndes Blatt (Phyllium siceifolium), eine ostindische Gespenstschrecke. 5. Bucheneule (Halias prasinana), auf jungen Buchenblättern sitzend. 6. Larve einer Äschne (Libellenart). 7. Waldeule (Moma Orion), ahmt die Laubflechten an Baum- stämmen nach. B. Nachahmung verdorrter Pflanzenteile. 8. Rossis Gespenstschrecke (Bacillus Rossii). 9. Puppe des Segelfalters (Papilio Podalirius). 10. Südamerikanische Laubschrecke (Pterochroza colorata). 11. Indischer Tagfalter (Callima Philarchus), als Blatt. 12. Raupe des Holunder- spanners (Urapteryx sambuccaria). 13. Graue Varietät der Raupe des Zickzack- spinners (Notodonta Ziczac). 14. Puppe eines brasilischen Tagfalters (Papilio Evander). [12—14 als dürre Stengel.| 15. Mondfleck (Phalera bucephala), als abgebrochenes Zweigstück. 16. Wasserstabwanze (Ranatra linearis). 17. Groß- flügler (Drepanopteryx phalaenoides), als dürres Blatt. C. Nachahmung ungenießbarer oder verdorbener Dinge. 18. Cimbexlarve, ruhend als Schneckenhaus. 19. Einheimischer Bockkäfer (Mesosa curculionoides), als Baumflechte. 20. Tropische Rindenwanze (Phloea corticata), an Rindenborke. 21. Geisblattwollläuse (Pemphigus Xylostei), ver- schimmelt aussehend. 22. Sack einer Psychidenraupe, ein Häufchen Pflanzen- abfall darstellend. 23. Einheimische Motte (Tortrix ocellaria), als Vogelkot. 24. Einheimischer Spanner (Abraxas marginata), als Vogelkot. 25. Stutzkäfer (Hister), als Schafmist. 26. Pillenkäfer (Byrrhus), als Schafmist. 27. Kokon eines südamerikanischen Spinners (Aides amanda), mit nachgeahmten, blind endigenden Schlupfwespenlöchern. [Zur Tafel Mimikry.) nteile (Blätter © R Ms Schillerfalten (Apatait, Dia) & BRD ni). NR ‚Bronfbesztalter (Rhects abi), sitze — pe selbe, eine ostindis tschm auf jungen Buchenblätters sitzend. € er Franke oma Orion), die Menten un Baı . j} er - * — ngel.] „I d als Sehneck lg Baumflechte. / x 21. Geisbpattw rs MIMIKRY (C aut. Färbung Muskeln. Nerven. Berdauung,. : 2) bewegende Kraft erforderlich, alfo 3. B. im Bruftfaften für Flieg- und Kriechwerkzeuge, finden fich jelbftverftändlich auch die meiften Muskeln angehäuft, im Hinterleibe Fleiden fie vorherrichend die Rüden: und Bauhwand zur Verſchiebung der Ringe aus. Was nun das Nervensyitem betrifft, jo iſt der auf Seite 4 für die gefamten Glieder: füßer hervorgehobene Bau des zentralen Teiles auch für die Inſekten maßgebend; es fei dem ergänzend nur noch Hinzugefügt, daß im einzelmen eine große Mannigfaltigkeit in der Ausbildung des Bauchmarfes zu beobachten ift, indem dasfelbe bei den meilten Yarven und den mit freiem erſten Bruftringe und langgeftredtem Hinterleibe verjehenen Geſchlechts— tieren eine viel größere Anzahl (bis zehn) von Nervenknoten aufzumeien hat, als bei anderen, die mit ver Verſchmelzung der Körperringe auch eine jolche der Ganglien erleiden. Wo diejelbe ihr höchſtes Maß erreicht, wie bei vielen Wanzen und Fliegen, ift das gejamte Bauchmark eine einzige, in der Bruft gelegene Nervenmafje. Bon dem oberen Knoten des Schlundringes, dem Gehirne, gehen nicht nur nach den Augen und Fühlern, jondern auch nad) den Eingeweiden Nerven ab, der etwas EHeinere untere Schlundfnoten verjorgt die Mundteile, und die Bruft: und Hinterleibsganglien jenden an alle übrigen Organe, nament- lih unter Vermittelung eines bejonderen „Sympathicus“, auch nah den Atmungsröhren ihre Nerven aus. Daneben unterjcheidet man noch ein bejonderes, mit dem Gehirne zufammenhängendes Eingemweide-Nervenjyitem, welches aus einem unpaaren und einem paarigen Nerv bejteht und bejondere Kleine Ganglien beſitzt. Darin, daß die ein: zelmen Körperringe eigene Nervenzentren bejigen, haben wir den Grund zu juchen, warum fein Kerf duch Abtrennung einzelner Hauptteile des Körpers jchnell getötet werden fann, und daß die einzelnen Ninggruppen jo lange nach) ihrer Trennung voneinander durch Zudungen noch Lebenszeichen von ſich geben. So hörte beijpielsweije die vordere Hälfte einer Maulwurfsgrille, welche von ungefähr durch den Spaten halbiert worden war, erit nad) 82 Stunden, die hintere erit nach 108 Stunden auf zu zuden. Die Berdauungswerfzeuge beitehen in dem Nahrungsrohre und den damit ver: bundenen Drüjen. Das erjtere verläuft gerade oder in Windungen vom Munde bis zum After und Fann im leßteren Falle, welcher durch Pflanzennahrung bedingt wird, die Länge des ganzen Tieres um ein Mehrfaches übertreffen. ES gliedert fih nad) Bau und Leiltung in drei Hauptabjchnitte, die man am beiten al$ Vorder-, Mittel: und Hinterdarm bezeichnet. Der eritere wird gebildet von der Mundhöhle, in welche ein oder mehrere Baare von Speideldrüjen einmünden, und der Speijeröhre, welche fich häufig Fropfartig erweitert (Hautflügler) oder mit einem langgeitielten „Saugmagen“ (in Wirklichkeit nur ein Auf: bewahrungsraum für Flüffigkeiten) in Verbindung ſteht (Schmetterlinge und Fliegen) oder (bei Raubinjeften) am Ende zu einem musfulöjen, im Inneren mit zahnartigen Chitinerhebungen ausgefleideten „Kaumagen“ anjchwillt. Der darauffolgende Mitteldarm hat die bereit3 eingeleitete Verdauung zu vollenden und den Nahrungsfaft („Chylus“) zu bereiten, weshalb er auch Chylusdarm genannt wird. Er erfüllt feine Aufgabe unter den Einfluffe von Drüjen, die in feiner Wandung eingebettet liegen oder als zottenartiger Beſatz jowie in Form längerer Blindfchläuche ihm angeheftet fein fünnen und einen der alle ähnlichen Stoff abjondern. Der Hinterdarm endlich, an welchem man noch als bejon: dere Abjchnitte einen Dünn-, Did- und Maftdarm unterjcheiden kann, hat die Aufgabe, unverdaute Nahrungsteite als Kot nach außen zu befördern, und nimmt an feinem Anfangs: teile mehr oder weniger zahlreiche Blindfehläuhe auf, welche als Malpighiſche Gefäße bezeichnet werden und diejelbe Bedeutung haben wie die Nieren der höheren Tiere. 16 Ein Blick auf das Leben der Gejamtheit. Hier ift auch der für die Inſekten, namentlich während des Larvenlebens charafte- riſtiſche Fettkörper zu erwähnen, eine aus weißlichen oder gelblichen, fettreichen Lappen bejtehende Mafje, welche von zahlreichen Tracheen umſponnen, die Lücken zwijchen den Ein: aeweiden und unter der Haut ausfüllt, und eine nicht unwichtige Rolle beim Stoffwechlel jpielt, namentlich während der Zeit der Verwandlung zu Neubildungen verwendet wird. Dem Blutumlaufe fteht ein Herz vor, welches einen langgeftredten, musfulöfen Schlauch in der Nücengegend des Hinterleibes voritellt und darum auch „Nüdengefäß” genannt wird. Es zerfällt durch jegmentweife Einfhnürungen in eine verjchieden große Anzahl (höchſtens 8 oder 9) von Kammern, deren jede ein durch Klappen verjchließbares Spaltenpaar zur Aufnahme des Blutes bejigt, und wird durch dreiedige „Flügelmusfeln” an den Rückenſchienen des Hautifelettes befejtigt. Durch eine vom blindgeſchloſſenen Hinter: ende beginnende, nach vorn fortjchreitende Zufammenziehung wird das Blut bis zur vor: deriten Kammer und aus diefer in die unmittelbar ſich anjchliegende „Aorta“ getrieben, welche bis zum Kopfe verläuft und alsdann die Flüffigkeit frei in die Leibeshöhle aus: jtrömen läßt. Hier verbreitet jie Jih in regelmäßigen Strömen, alle Teile durchtränfend, und kehrt Schlieglih in vier Hauptbahnen zum Herzen zurüd, deſſen feitlihe Spalten e3 zu neuem Umtriebe in ſich aufnehmen. Das Blut ift meijt farblos, auch gelblih und grünlich, nur felten rot gefärbt. Bei nadten Schmetterlingsraupen find die Blutbewegungen im Nüdengefäße mit unbewaffnetem Auge jehr wohl zu erfennen. Im Gegenfabe zu der Einfachheit der eben beiprochenen Werkzeuge verbreitet fich durch den Körper, jein Inneres nach allen Eeiten durchjegend, ein ftellenweije zu Blajen ermei- tertes Nöhrenneg (Traheen), um den Sauerftoff der Luft oder des Waſſers dem jeiner bedürftigen Blute zuzuführen und die Atmungsmwerfzeuge herzuftellen. Dieje Röhren jind in der Negel jo angeoronet, daß von zwei durch Querbrüden verbundenen Haupt: tämmen, einem an jeder Körperfeite, die Veräftelungen neßartig allerwärt3 hingehen. Von den Hauptftämmen führen Furze, dide Aſte nah außen, um in den Luftlödhern (stigmata) mit der äußeren Umgebung in Verbindung zu treten. Die Luftlöcher, in ihrer Anzahl ſehr verfchieden, befinden fich meift an den Seiten der Ringe, am Hinter leibe in der Negel in der Verbindungshaut zweier benachbarten, und treten ſtets paar= weile auf. Die Mündung jedes Luftloches ijt mit einem hier mehr, dort weniger von jeiner Umgebung abgehobenen Chitinringe umgeben und kann nach Belieben gejchlojjen oder geöffnet werden. Die Luftröhren ſelbſt werden durch eine jpiralfürmige Verdickung ihrer chitinigen Innenfläche ftets offen gehalten und erjcheinen infolge der darin befind- lichen Luft filberglänzend. Die blafigen Erweiterungen, welche den beiten Fliegern am zahlreichjten zufommen und an die lufthaltigen Räume im Körper der Vögel erinnern, zeigen jene VBerdidungen nicht, fallen deshalb zufammen und müſſen durch Einpumpen von Luft prall gemacht werden. St durch den Verſchluß der Luftlöcher die Luft in dem Körper abgejchlojjen, jo wird fie durch die Körperbewegungen nad allen Nichtungen in das Innere hineingepreßt und dies jo lange fortgejegt, bis fämtliche Röhren gefüllt find. Diejem Zwede dienen 3. B. die allgemein befannten Bewegungen des Maikäfers vor dem Auffliegen. Im Wafjer lebende Kerfe fommen zeitweije an die Oberfläche, um am Bauch— filze oder anderen dazu eingerichteten Körperftellen eine Luftichicht mit in die Tiefe hinab» zunehmen; andere bejigen während ihres Larvenlebens gefiederte, faden- oder qualten= artige Anhängjel, welche die Stigmen erjegen und durch ihre jehr feinen Luftfanälchen den Wechjelverfehr mit der Außenwelt vermitteln. Man nennt fie Traheenfiemen und ein ſolches Syſtem von Atemröhren ein geichlojjenes. Solche der Wafjeratmung dienende Infektenleben am Beidekrauk. (Bienen, Hummeln, Fliegen, die Heidefrauteule.) Blutgefäße. Atmungswerkzeuge 17 Gebilde können an beiven Seiten des Körpers oder am Hinterende oder aud im Maſt— darme zur Ausbildung fommen. Die Verjtopfung der Zuftlöcher hat für den Kerf einen ziemlich ſchnellen Tod, und zwar durch Eritidung, zur Folge. Die Mehrzahl der Kerbtiere ift ftumm. Wenige bringen Töne hervor, die von alters her die Forſcher zu erklären, einzelne Dichter zu verherrlichen verjucht haben. Homer vergleicht die Rede jeiner Helden in der „Sliade” mit dem Gejange der Cifaden, und das Gezirpe der Grillen und Grashüpfer galt den Griechen für unentbehrlich zur Vollendung der jommerlichen Reize. Annette von Drofte-Hülshoff fingt in ihren „Heidebildern”: „Da frimmelt, wimmelt es im Heidegezweige: Die Grille dreht gefhwind das Beinen um, Streit an de8 Taues Kolophonium Und jpielt jo jchäferlich die Liebesgeige. Ein tüchtiger Hornift, der Käfer, fchnurrt, Die Mücke fchleift behend die Silberjchwingen, Daß heller der Triangel möge Elingen; Disfant und auch Tenor die Fliege furrt; Und immer mehrend ihren werten Gurt, Die reiche Kate um des Leibes Mitten, Iſt als Baſſiſt die Biene eingeichritten. Schmwerfällig hodfend in der Blüte, rummeln Die Kontraviolen die trägen Hummeln. So taufenditimmig ſtieg noch nie ein Chor Wie's mufiziert aus grünem Heid hervor.“ Es ift wohl zu unterfcheiden zwiſchen Lauten, welche durch Neibung gewiſſer, mit Leiſten, Runzeln und jonjtigen Unebenheiten verjehenen Körperteile gegeneinander hervor: gebracht werden, und zwijchen Tönen, die von einem wirklichen Stimmwerkzeuge ausgehen, welches, wie bei den höheren Tieren, mit der Atmung in Berbindung fteht. Auch find in gewifjen Fällen die Töne als Äußerungen einer inneren Stimmung aufzufaffen. Eine Keihe von Käfern laſſen leife Knarrlaute vernehmen, bejonders wenn man fie feithält, die immer nur durch Neibung verjchtedener Teile ihres harten Körpers erzeugt werden. So bei vielen Bodfäfern durch Neibung des VBorderrüdenhinterrandes an dem furzen, ſich in ihn hineinjchiebenden Zapfen, welcher durch den Mittelbruftring gebildet wird; bei den Totengräbern find e3 zwei Schmale Mittelleiften des fünften Hinterleibsringes, welche gegen quergeitellte Zeiften unterjeit$ der Flügeldeden reiben. Bei den Roßkäfern entiteht das Ihnarrende Geräufh durch Neiben der querriefigen Hinterfante der Hinterhüften gegen die ſcharfe Kante des dritten Bauchringes; bei dem roten „Lilienhähnchen“ durch die geleitete Seitenkante der Flügeldeden gegen die geförnelte, entiprechende Stelle am Hinterleibe. In weitere Ferne erjchallen die Laute der Heufchreden; aber auch fie kömmen nur auf Neibung der Hinterbeine an den Flügeln oder diejer aneinander hinaus und ftehen in feinem Zufammen: hange mit den Atmungswerkzeugen, wie wir jpäter bei näherer Betrachtung diejer Kerfe jehen werden. Bei den fliegenden Bienen, Hummeln und deren Verwandten jowie bei den brummenden und jummenden Fliegen fommen nicht nur die rafchen Bewequngen der Flügel, jondern auch blattförmige Anhänge am Ausgange einiger Luftröhren in Betracht, wie an den betreffenden Stellen näher erläutert werden joll, und die jfogenannten Sing: cifaden bejigen außer einer ähnlichen Zungenpfeife auch noch einen bejonderen Nejonanz- apparat, der ihre Stimme weithin hörbar madt. Die Fortpflanzungsmwerfzeuge verteilen ſich al3 männliche und weibliche auf zwei Einzelwejen, und wenn man von „Inſektenzwittern“ jpricht, jo verjteht man darunter dann und wann vorfommende Mißbildungen, bei denen beijpielsweije die linke Hälfte das Brehm, Tierleben 3. Auflage IX. 2 18 Ein Blid auf daS Leben der Gejamtheit. eine, die rechte das andere Gejchleht in einem Xeibe vereinigt, oder wo in beliebiger anderer Weije eine Vermiſchung geichlechtlicher Kennzeichen jtatt hat. Wenn es in manchen Fällen für ein ungeübtes Auge mit Schwierigkeiten verbunden ift, äußerlich beide Geichlechter einer und derjelben Art wegen ihrer beinahe vollfommenen Übereinftimmung zu unterjcheiden, jo fehlt es anderfeitS auch nicht an ſolchen, wo beide jo auffallend von- einander abweichen, daß es feinem Foricher zur Lat gelegt werden darf, wenn er das Meibehen unter diefem, das Männchen unter jenem Namen bejchrieben und in die Wifjen- Ihaft eingeführt hat. So trägt z. B. in verjchiedenen Ordnungen das zulegt genannte Geſchlecht Flügel, das andere nicht, der Körper des einen ijt wejentlich anders geformt oder gefärbt als der des anderen. Die Mannigfaltigfeit geht noch weiter. Bei den großen Fadenſchwimmkäfern (Dyticus) fommen Weibchen zweierlei Bildung vor, ſolche mit glatten, den männlichen gleichen Flügeldeden und zahlreicher jolche, deren Flügeldeden bis über die Hälfte längsfurdhig find. Der große amerikaniſche Tagfalter Papilio Memnon findet ih gleichfalls im weiblichen Geſchlechte in zwei wejentlich verſchiedenen Formen, welche an derjelben Ortlichkeit fliegen und ohne Übergänge find; die einen Weibchen weichen von den Männchen durch Farbe und Zeichnung ab, die anderen durch einen lang jpatelfürnigen Schwanz an jedem Hinterflügel. Ein anderer in Nordamerifa gemeiner Schwalbenſchwanz, Papilio Turnus, hat gelbe Grundfarbe in beiden Gejchlechtern in den Staaten New York und New England, dagegen it das Weibchen im Süden von Illinois ſchwarz gefärbt. Man hat diejes Auftreten einer Art in Doppelform als Dimorphismus bezeichnet und jogar Trimorphismus bei dem Weibchen einer dritten Falterart (Papilio Ormenus) beobachtet. Ahnlichen Verhältniffen begegnen wir bei den in Staaten lebenden Inſekten, wo die Weibchen mindeftens in zwei Formen auftreten, deren eine dur Verfümmerung der Gejchlechtsteile und andere dadurch bedingte Merkmale vor den regelvechten Müttern gekennzeichnet ift. Die Fortpflanzungsorgane, von denen wir reden wollten, nehmen zumeijt die hinteriten Ninge des Hinterleibes ein und beftehen bei dem Männchen aus einem Drüjenpaare zur Entwidelung der Samenförperchen, alſo aus den Hoden, deren Ausführungsfanäle, „Samen leiter‘ genannt, und einem unpaaren Endſtücke, welches fi) in das vorjtülpbare Begattungs— organ, die Rute (penis), fortjegt. Die weiblichen Teile werden von zwei vorherrjchend traubenförmigen Eierjtöden, deren Ausführungsgängen, „Eileiter”, und einen fie vereinenden als Scheide bezeichneten Kanal zuſammengeſetzt, welch legteren eine Begattungstajche zur Aufnahme des männlichen Gliedes bei der Begattung, eine Samentajche, zur Aufnahme und Aufbewahrung des Samens jowie Kittdrüjen anhängen können. Erſt bei dem Bor: beigleiten an der Samentaſche werden die Gier befruchtet, ein Vorgang, welcher in der Negel zur Entwidelung eines neuen Lebenswejens notwendig ift. Es fommen jedoh Ausnahmen vor, wo unbefruchtete Eier ebenjo entwidelungsfähig find, und in dem einen Falle nur Weibchen, im anderen Falle nur Männden, im dritten Falle beide Gejchlechter liefern. Regelmäßig ift dies der Fall bei Psyche und Solenobia unter den Schmetterlingen, bei Blatt und Schiloläufen, bei Bienen, Weipen, Gallweipen und Blattweipen, von denen man teilweije bisher überhaupt feine Männchen fennen ges lernt hat. Bon Siebold hat dieje Fähigkeit gewiſſer Inſektenweibchen, fi ohne Be: fruchtung fortzupflanzen, unter dem Namen der Barthenogenejis (Sungfernzeugung) in die Wiſſenſchaft eingeführt und damit eine neue Lehre begründet, welche frühere als unumſtößlich angejehene Anfichten über den Haufen geworfen hat. Außer den angeführten Fällen, in weldhen die Parthenogenefis die Regel bildet, ift diefelbe ausnahmsweije vorgefommen bei einer Reihe von Schmetterlingsweibchen, wie bei vem Bappeljhwärmer Fortpflanzung. Gi. 19 (Smerinthus populi), dem Braunen Bär (Euprepia caja), dem Kiefernfpinner (Gastropacha pini), dem Maulbeerfpinner (Bombyx mori), der Saturnia Polyphe- mus, bei Sphinx ligustri, Smerinthus ocellatus, Euprepia villica, Gastropacha quer- cifolia, potatoria, quercus, Liparis dispar, ochropoda, Orgyia pudibunda, Psyche apiformis. Einen und den anderen dieſer Schmetterlinge werden wir jpäter noch näher fennen lernen. Beinahe noch auffallender und mit den bisherigen Anſchauungen nicht minder im Widerfprud war die zuerſt von Nik. Wagner in Kajan gemachte Entdeckung, welche bald durch Fr. Meinert und Bagenjtecher Beitätigung fand, daß gewifje Mücken (Meinert nannte die von ihm beobachtete Miastor metroloas) bereit3 im Larven: zuftande aus Eiern neue Larven erzeugen, daß mithin ein jugendlicher Organismus, der jeiner ganzen Einrichtung nad) gar nicht befruchtet werden kann, zur Fortpflanzung gelangt. Sn der Folge lernte man auch eine Müdenpuppe (Chironomus) fennen, die ebenfall3 fortpflanzungsfähig it. Man nennt diefen Vorgang mit Karl Ernft von Baer „Pädogeneſis“, d.h. Zeugung im Kindesalter, und hat darin nur eine andere Form der jungfräuliden Zeugung zu erkennen. Dieje gewinnt dann ein bejonderes Snterejje, wenn fie in mehr oder weniger regelmäßigem Wechjel mit der gewöhnlichen Fortpflanzungs- weile bei einer und derjelben Inſektenart vorfommt. Man bezeichnet einen jolchen Cyklus, innerhalb welches eine aus Männchen und Weibchen beftehende Generation mit einer oder mehreren aufeinander folgenden ſich parthenogenetijch fortpflanzenden Generationen ab— mwechjelt, al3 Heterogonie und begegnet derjelben in verjchiedener Form bei Gallweipen, Blatt: und Wurzelläujen, bei deren Beiprehung wir ihr näher zu treten haben werden. Wejentlih andere Anfichten über die gejchlechtlichen Berhältniffe und die Erzeugung der Inſekten waren unter den Alten verbreitet. So erzählt Claudius Nelianus, welcher um das Jahr 220 n. Chr. lebte und ein Werk „Über die Thiere“ gejchrieben hat, in dem: jelben (X. 15): „Die Käfer (zurdaoos) find ſämtlich männlichen Geſchlechts. Sie bilden aus Mit Kugeln, rollen fie fort, bebrüten fie 23 Tage, und nach deren Ablauf friechen die sungen aus. Die Ägyptiihen Soldaten tragen Ninge, auf denen ein Käfer ein- gegraben ijt, wodurch der Gejeßgeber andeutet, daß jeder, der für das Vaterland ftreitet, männlichen Mutes jein muß, da der Käfer feine weibliche Natur bat.” Für viele Inſekten galt von Ariftoteles an bis zum Mittelalter die Urzeugung oder elternloje Erzeugung, d. h. die Bildung aus faulenden Subjtanzen oder Pflanzenjäften, als die einzige Art ihrer Entjtehung, bis dem Staliener Redi der einfache Nachweis gelang, daß am Fleijche dann feine Sliegenmaden („Fleiſchwürmer“) ſich zeigen, wenn nicht vorher eine Fliegenmutter ihre Hand oder vielmehr ihren Hinterleib dabei im Spiele gehabt hatte. Denn nur aus dem Eie entjteht ein Inſekt. Das Ei ift auch hier eine einzige Zelle, die allerdings für die ihr obliegende Aufgabe eine Menge von Nahrungsftoffen, „Dotter— elemente”, in fich aufgenommen und dadurch eine bedeutende Größe erlangt hat; fie befißt al Kern das Keimbläshen und als Umhüllung eine feine Dotterhaut, die nach außen hin noch von einer fejten Schale, dem Chorion, umgeben ift. Die legtere hat ihren Urjprung, wie die Eizelle jelbjt, im Eiftode genommen und ift von einer oder mehreren feinen Offnungen, „Mikropyle“, ducchjegt, damit die befruchtenden Samenförperchen eindringen können. Das fertige Ei iſt mannigfach gejtaltet: die Kugel, Halbfugel, der Kegel, die Walze mit ab- gerundeten Endflähen, flachgedrüdte, beiderfeits in Spigen ausgezogene Formen, wie fie bei den Samen vieler Pflanzen vorfommen, und zahlreiche andere Geftalten finden ſich vertreten. Die Oberfläche ift bei diefen glatt, bei anderen fantig, hier nach einer, dort nad verjchiedenen Nichtungen hin gerippt. Hier markiert ſich eine Stelle als ſolche, wo ih beim Ausihlüpfen des Jungen ein Dedelchen abhebt, dort nicht, weil die Schale unregelmäßig zerreißt. Glanz, Farbe, welche ſich je nach der fortjchreitenden Entwidelung 2 Ein Blid auf das Leben der Gefamtheit. im Inneren ändern, ſchützende Umkleidung bedingen weitere Unterjchiede. Je nad der Lebensweije der Inſekten muß natürlich der Ort, an welchem, und die Art, wie die Eier von den Weibchen abgefeßt werden, anders ausfallen. Zumweilen werden die Eier reihen: weile in eine Kapſel eingebettet, wie bei der Küchenfchabe. Meiſt werden die Eier nad) der Befruchtung im Inneren des mütterlihen Körpers abgelegt, durchlaufen mithin ihre Entwidelung außerhalb desjelben; es fehlt aber auch nicht an Fällen, wo fie jo lange unter dem Schutze des erfteren gedeihen, daß lebendige Larven geboren werden. Das ift der Fall bei einigen Käfern aus der Familie der Staphylinen und Chryjomelen ſowie bei den durch Rarthenogenefe fich entwicelnden Blattläujen. Ecott fing in Auftralien eine Motte, welche er Tinea vivipara nannte, weil aus ihrem Hinterleibe bei dem zufälligen Drude zwiichen feinen Fingerfpigen Räupchen hervorbrachen, und daß unjere gemeine Fleifchfliege Maden ftatt der Eier gebärt, ift eine ſchon längit befannte Thatjache, die auch für einige andere Fliegen gilt. Die Lausfliegen ernähren ihre Larven im Körper jo lange mit Hilfe befonderer Drüfenabjonderungen, daß fie faſt unmittelbar nad) der Geburt zur Ruppe reif find. Wenn auch die Brutpflege, wie man den Inbegriff aller Maßregeln nennt, welche das Weibchen in Fürforge für feine Nachfommen trifft, fich bei den Inſekten wejentlich anders äußert als bei den höheren Tieren, bejonders den Vögeln, jo ift fie doch nicht minder bewundernswert. Während der Vogel feine Eier ſelbſt ausbrütet und die Jungen aufzieht, überläßt das Inſekt das erjte Gejchäft der Sonnenwärme und genießt in den weitaus meiſten Fällen nicht einmal das Glüd, feine Nachkommen nur zu jehen, gejchweige ihnen beim Heranwachſen Liebe und Zucht angedeihen lafjen zu Fönnen. Die ganze Sorg— falt beſchränkt fih hier mithin auf das Unterbringen der Eier und fällt ausschließlich der Mutter anheim. Der einer jeden Art angeborene Trieb, den man mit dem nichts er: Elärenden Worte Snftinkt zu belegen pflegt, läßt das Weibchen die Pflanze auffinden, von welcher das aus dem Eie geihlüpfte Junge feine Nahrung empfängt; fie ift bei vielen, den jogenannten Monophagen, eine ſehr bejtimmte, bei den Bolyphagen (Bielerleifreijen- den) eine beliebige oder zwijchen verwandten Pflanzenarten ſchwankende. Hier werden die Gier immer nur in die Nähe der Wurzel, da an den Stamm, dort an Knoſpen, Blätter, Früchte gelegt, äußerlich mit Hilfe eines beim Legen vordringenden Kittes aufgeklebt oder dem Inneren einverleibt Andere leben nur von faulenden pflanzlichen oder tierijchen Stoffen und wiljen ſolche als Brutftätten aufzufinden. Viele Müden, Fliegen, Libellen und Verwandte, im volllommenen Zuftande recht eigentliche LZuftbewohner, halten fi in ihrer Jugend im Waſſer auf, darum laffen die Weibchen ihre Eier entweder in dasjelbe fallen oder befeftigen fie an Wajlerpflanzen. Solche, die in den Leibern anderer Inſekten, jelbjt warmblütiger Tiere, ihre Jugend verbrachten, wiſſen nachher die betreffenden Wohn— tiere ausfindig zu machen, um in ihnen ihre Art fortzupflanzen, jei es, daß fie ſich un: mittelbar auf diejelben jegen, ſei e8, daß fie diefelben tief im Holze und andermwärts auf: juchen und mit ihrem langen Legbohrer anjtechen. Überall hier handelt es fich um Auf: finden des richtigen Ortes, zweckmäßige Befeitigung, Einhüllung der Eier, wenn e3 nötig, um fie vor der Winterfälte oder anderen feindlichen Einflüffen zu ihügen. Obſchon nad) her öfters Nahrung und Aufenthaltsort des Weibchens weſentlich verjchieden jind von denen jeiner eriten Lebensperioden, jo findet es doch in der Fürſorge für feine Nach— fommen das Richtige wieder auf, als ob ihm Erinnerungen an die vergangenen Zeiten ge— blieben wären. Doch — wie der Menſch irren fann, warum jollte es nicht auch bei einem jo tief unter demfelben ftehenden Weſen möglich werden? Ich habe ſchon manchmal die Eier des Kiefernſchwärmers, defjen Raupe Kiefernadeln frißt, an Eichſtämmen gefunden, die aller: dings in der Nachbarſchaft jener ftanden, und von ausländijchen Fliegen, die ihre Eier Drutpflege. Verwandlung. 21 an verwejende Gegenftände legen, erzählt man, daß fie fich durch den Geruch der Aas— pflanzen (Stapelia) irre leiten ließen und diejelben zu unrichtigen Brutitätten benugten. Bei weiten gejteigerte Anjprühe macht die Brutpflege an diejenigen Inſekten, welche im Sande, in alten Lehmmänden, faulem Holze, Röhren oder einfachen Höhlungen anlegen, allerlei andere Inſekten einfangen, dort eintragen oder Honig und Blütenjtaub ſammeln, ein Ei daran legen und nun den Bau verjchließen, das weitere der Zukunft, fich ſelbſt dem Loje alles Sterblichen überlafjend. Auf der höchſten Stufe ftehen in dieſer Hinficht die Honigbienen, Ameijen und noch einige andere, in förmlichen Staaten beifammen lebende Inſekten; davon jedoch jpäter ausführlicher. Solange das junge Tier von der Eihaut eingejchlojfen it, heißt e8 Embryo. Die erſten Schritte zur Ausbildung eines jolchen bejtehen darin, daß aus der einheitlichen Eizelle eine Menge von Eleineren Zellen, gleichjam das Baumaterial, geliefert wird, eine Teilung, die man Furhung zu nennen pflegt. Die Vorgänge, welche alsdann die zahlreichen Embryo: nalzellen zu blattartigen Schichten, jogenannten Keimblättern, ſich anordnen lafjen und aus diejen und dem übriggebliebenen Dotter, unter dem Schube mehrerer „Embryonal: hüllen“, jcehlieglic) ein lebensfähiges Gefhöpf zur Ausbildung bringen, find zu verwidelt, um bier allgemein verjtändlich gemacht werden zu können. Daß fih auch beim Inſekt zuerſt die Bauchjeite anlegt und die Rüdenjeite erit zulegt zur Ausbildung gelangt, muß nad) dem für die gefamten Gliederfüßer Gejagten jelbitveritändlich erjcheinen. Mit dem Nugenblide, wo das junge Tier die Eijchale verläßt, d. h. geboren wird, hört es auf, Embryo zu fein und wird zur Larve; denn es hat in den meijten Fällen nicht die mindefte Ähnlichkeit mit dem vollkommen entwidelten Infekt, vermummt vielmehr deſſen wahre Geltalt, Friecht wie ein Wurm an oder in der Erde umher und ftillt jeinen ftets regen Hunger mit Blättern, Tieren oder der Berwejung anheimgefallenen Stoffen, während diejes in ganz anderer Gejtalt auf leichten Schwingen durch die Lüfte ſchwebt und Honigjeim oder Morgentau zur Nahrung wählt. Zwiſchen beiden liegt die Buppenruhe als Übergangs: zuftand. Erſt dann aljo, wenn die verschiedenen Verhüllungen abgelegt find, erjcheint die Smago, das wahre vollendete Bild deſſen, was jene noc) verbargen. Mit anderen Worten: das Inſekt befteht eine vollfommene Verwandlung (Metamorphofe). Doch gilt dies nit von allen. Bei anderen, die jedoch in der Minderheit bleiben, gleicht die Larve in der Hauptjadhe ihren Eltern, nur fehlen ihr die Flügel, einige Fühler: und Fußglieder oder jonftige, leicht zu überjehende Eigentümlichkeiten; jolcye beftehen nur eine unvollfommene Berwandlung. Wenn bei denjelben das Gejchlechtstier die Flügel ganz entbehrt, jo fallen die Merkmale der Berwandlung ganz hinweg. Die Verwandlung der Inſekten ift den Forſchern früherer Jahrhunderte nicht verborgen geblieben und hat von jeher zu Vergleichen mit dem leiblichen und jeelifchen Leben des Menſchen aufgefordert. Swammerdam, welcher tiefe Blide in die Geheimnifje der Natur gethan hat, aber alles im Lichte der feiner Zeit eignen religiöfen Sentimentalität fieht, läßt fi) an einer Stelle, wo er von der Metamorphofe handelt, zu etwa folgenden Außerungen hinreißen: „Diejer Vorgang geſchieht bei dem Schmetterlinge auf eine jo wunderbare Weile, daß wir die Auferjtehung vor unferen Augen abgebildet fehen, daß wir fie mit den Händen greifen fönnen. Sehen wir die Raupe, welche auf der Erde friecht, fih von Futter ſchlechter Art nährt, und nachdem fie wochen:, monatelang unter diejer niedrigen Gejtalt ihr beſtimmtes Werk vollbracht hat, zulegt in den Zmifchenzuftand eines jcheinbaren Todes übergehen. In eine Art von Leichentuch gehüllt, in einen Sarg verſchloſſen und gewöhnlich unter der Erde vergraben, liegt fie da. Von der Wärme der Sonnenjtrahlen gerufen, brechen fie aus ihren Gräbern hervor, die Erde, Luft und Wajjer als Gefangene feithielten, werfen ihre Bededung ab, und mit neuem hochzeitlichen Schmude angethan, treten fie den Genuß 22 Ein Blid auf das Leben der Gejamtheit. eines erhabenen Zuftandes ihres Lebens an, eines Zuftandes, in welchem alle ihre Fähig- feiten entwidelt werden und fie zur Vollendung ihrer Natur gelangen, wo fie, nicht mehr an die Erde gebunden, die Gefilde der Luft durchftreifen, den Nektar faugen aus Blumen- felhen und Liebe ihre bejeligende Herrfchaft über fie auszuüben beginnt. Wenn wir dies alles mit anjehen, jollten wir darin nicht ein lebhaftes Bild von dem dreifachen Zuftande er- bliden, ın welchem ſich der Menjch nach und nach befindet, und bejonders von jenem glüclichen Tage, wo auf den Auf der großen Sonne der Gerechtigkeit alle die, welche in den Gräbern ruhen, hervortreten, wo das Meer jeine Toten wiedergeben und der Tod von dem Leben ver- nichtet wird, wo die Scharen der Glüdlichen leben und lieben werden in alle Ewigkeit?” Der vergoldete Schmetterling auf den Grabfreuzen unjerer Verftorbenen joll, wie e3 jich jeder am liebjten deuten mag, ein Sinnbild fein: für die Auferjtehung, bei einem ähn: lihen Gedanfengange eines Smwammerdam, oder für die Unsterblichkeit der Seele, die dem binfälligen Körper entwichen ift, wie der dem himmlijchen Lichte entgegenjchwebende Cchmetterling jeiner auf der Erde zurüdbleibenden Puppenhülle. Mist ihr nicht, daf wir Würmer find, Geboren, um den engelähnliden Schmetterling zu bilden ? Die Entwidelung der Inſekten, mag ſie nun, wie bei der unvollfommenen Berwandlung, in jtetigem Fortgange oder, wie bei der vollfommenen, jeheinbar ſprungweiſe ſich vollen- den, iſt in der That eine allmähliche, von mehrmaligen Häutungen der Larve begleitete. Die Häutungen erfolgen nach bejtimmten Zeitabjchnitten, für die einen früher, für andere jpäter, wiederholen ſich öfters oder jeltener, jedoch meilt nicht häufiger als jechsmal, und tragen den Charakter einer Krankheit an fich. Die Larven fißen regungslos da, nehmen feine Nahrung zu ſich und find in dieſer Zeit außerordentlich empfänglich für äußere Einflüffe, bejonders die ungünftigen der Witterung, bis endlich im Naden die alte Körperhaut zerreißt und ſich unter Frampfhaften Windungen das neu befleidete Wejen, bisweilen mit anderer Färbung, anderem Schmude angethan, daraus hervorarbeitet. Die Ummandlung gejchieht aber nicht bloß äußerlich, das ganze innere Wejen nimmt teil an der VBerjüngung, die Luft: röhren, der Nahrungskanal ſtoßen ihre chitinigen Auskleidungen ab und erleiden allmäh— li jogar wejentliche Veränderungen; denn die im Waller lebenden Zarven verlieren bei der legten Häutung ihre Kiemen, die bekanntlich fein volllommenes Inſekt befigt. Bei den freilebenden Larven finden die Häutungen ausnahmslos ftatt, aber nicht immer bei jolchen, welche, abgejchlojjen von der äußeren Umgebung und deren Einflüffen entzogen, in anderen Tieren leben. Es jcheint, abgejehen von dem bejtimmten Bildungsgejege, dem die einzelne Art unterworfen, daß das Abwerfen der Haut nur da nötig wird, wo fie der Witterungs: einflüfje wegen einen Schuß zu bilden hat, der zu feit ift, um bei der Bergrößerung der Körpermafje weiter nachgeben zu fünnen. In den legtgenannten Fällen bedarf die Zarve diejes Schutzes nicht, ihre Oberhaut bleibt weicher und elaſtiſch genug, um beim fortjchreiten: den Wachstum immer noch weit genug zu fein. Der Stand der Larven iſt für die Inſekten die einzige Zeit ihres Wachstums, daher die unerhörte Gefräßigfeit und der vorherrichend entwidelte Berdauungsfanal. In 24 Stunden fann beijpielsmeije eine Schmetterlingsraupe mehr als daS Doppelte ihres eignen Gewichtes an Pflanzennahrung zu ſich nehmen und dadurch ein Zehntel ihrem früheren Gewichte hinzufügen, welches ji in 30 Tagen auf das 9500fache jteigert, wenn man es mit dem vergleicht, was fie im Augenblide ihrer Geburt hatte. Welche Verheerungen die von Pflanzenftoffen lebenden Larven in unferen Gärten und Wäldern, auf Feldern und Wiejen anrichten können, wiffen diejenigen am beten zu be— urteilen, welche den Schaden zu tragen hatten. Die Larven der Inſekten mit vollfommener Verwandlung haben vorherrjchend eine geitredte, durch gleichmäßige Ningelung geſchloſſene Geſtalt, find darum aber feine „Würmer“, Das Infekt als Larve. 23 wie fie der Laie mit befonderer Vorliebe nennt, denn vom ‚„‚Kornwurm, Drahtwurm, Wurm in Hafelnüffen oder Äpfeln“, von „wurmftihigem‘ Obſte ift vielfach die Rede. Troß der MWurmähnlichkeit vieler weichen fie bei näherer Betrachtung wejentlich von den Würmern ab. Zunächſt gibt es Larven mit Beinen und Larven ohne Beine. Die erjteren zeigen dann regelmäßig an den drei eriten, auf den hornigen Kopf folgenden Körperringen, dem fünf: tigen Brujtkaften, drei Baar gegliederter, in eine oder zwei Klauen auslaufende Beine, denen man ihrer jehr bejtimmten Stellung wegen den Namen der Bruftfüße beigelegt hat. Fehlen fie, jo muß die Zarve für fußlos erklärt werden, jelbit dann, wenn warzige Hervor- ragungen die Stelle jener vertreten follten. Außer den Bruftfüßen können an einigen oder nahezu allen Ningen auch noch Bauchfüße vorkommen, welche nie gegliedert find, jondern als fleifchige Ausftülpungen der Haut erjcheinen. Da 11—12 Ninge außer dem Kopfe den Larvenkörper aufbauen, jo find 22 Beine die höchjite erreichbare Anzahl. Der hornige Kopf it auch in dem Falle mit beißenden Mundteilen ausgejtattet, wo das Geichlechtstier zu einem Cauger wird. Sehr viele Zarven befigen in ihrem Inneren zwei Spinndrüfen, in welchen fich ein zäher Stoff entwidelt, welcher fih in Faden ziehen läßt und an der Luft erhärtet; zwei mikroſkopiſche Öffnungen in der Unterlippe gejtatten diefem Stoffe einen Ausweg, und die Gejamtheit diefer Einrichtungen bezeichnet daS Spinnvermögen der Larven. Es wird bejonders im Jugendalter oder auch jpäter al3 Schußmittel, in Zeiten der Not zum Entfliehen, vorherrjchend aber beim Übergange aus dem Larvenftande zu dem der Puppe als Schuß für dieje le&tere verwendet, indem viele Larven ein Gejpinjt (Kokon) anfertigen, in welchem die Berpuppung vor fich geht. Bekanntlich liefert uns der Spinn- jtoff gewifjer bevorzugter Larven die koſtbare Seide. Die fußlojen Larven heißen Maden und haben entweder einen hornigen Kopf, oder ihr vorderes Ende nimmt feine bejtimmte Form an, indem es fich jpis vorjtreden und weit zurüd: ziehen fann, und läßt feine Spur von einem Kopfe mit beigenden Mundteilen erkennen. Man hat fie daher Fopfloje Larven genannt, von denen bei den Zweiflüglern, wo fie allein nur vorkommen, eingehender berichtet werden Joll. Schon der bereitS erwähnte Umjtand, daß jaugende Inſekten al3 Larven ihre Nahrung zerbeißen, weilt auf die DVielgejtaltigfeit in der Lebensweije der einzelnen Arten hin und läßt auf weitere Unterjchiede der Larven hinfichtlich ihres Verhaltens zu der Außenwelt ſchließen. Die einen leben frei auf Pflanzen und zeichnen fich nicht felten durch bunte Farben oder allerhand Bekleidungsſchmuck aus, oder fie halten fich unter Steinen, faulendem Laube oder in jonftigen Verjteden auf, welche ſie zeitweilig, namentlich während der Nacht, verlafjen; wieder andere fommen nie zum Vorſchein, indem fie ihr Leben in der Erde, bohrend oder minierend in den verſchiedenſten Pflanzenteilen, in tieriſchen Körpern oder um Wafjer verbringen. Die lihtjcheuen Larven zeichnen fich durch unbeſtimmte helle Färbung aus und pflegen nur an den mit Chitin bededten Stellen eine bejtimmtere, auch dunklere Farbe anzunehmen; unmittelbar nach jeder Häutung find fie am bleichiten. Der Ruhezuſtand, welcher bei den Inſekten mit vollflommener Verwandlung am Ende des Larvenlebens eintritt, heißt befanntlih Buppe (Aymphe). Man hat auch bei denen, die ji nur unvolllommen verwandeln, von einer ſolchen gejprochen und darunter die Yarve vor ihrer legten Häutung verjtanden, die man ihr jedoch in den wenigiten Fällen anfieht, weshalb mir die Bezeichnungsweije mindejtens bedenklich erfcheint. Unmittelbar nach der Häntung zur Puppe lajjen ji) an diejer die Gliedmaßen: Fühler, Flügelitumpfe, Beine, einzeln in glaſige Häutchen eingejchloffen, vom Numpfe abheben, Eleben aber nach Furzer zeit jet aneinander und bilden ein Ganzes, welches nicht nur in den Gliedmaßen, jondern auch in den drei Hauptabjchnitten des Körpers und in der Gliederung des Hinterleibes 24 Ein Blid auf das Leben der Gefamtheit. ein entiprechendes Bild von dem zufünftigen Kerf liefert. Diejes Bild ift nicht immer ein jo deutliches, wie in der jogenannten freien Puppe oder Mumienpuppe, fondern die einzelnen Teile jchließen fi) eng an den Körper an, ftellen mit ihm eine gemeinfame Fläche dar und werden von einer harten Chitinhaut umfchloffen, wie bei der bedeckten Puppe der Schmetterlinge, wo die mit allerlei Eden und Vorſprüngen verjehenen noch den be- jonderen Namen der Chryjaliden erhalten haben. Die Bedeckung fann den fünftigen Kerf noch weiter verbüllen, indem die legte Larvenhaut fih von ihrem Inhalte etwas abhebt, allmählich erhärtet und in dieſer Weije einen Schuß für die aus jener entjtehende Mumien— vuppe bildet. Inſofern diefe den Fliegen eigentümliche Berpuppungsweife bei den meijten eine Tönnchenform nahahmt, hat man ſolche Puppen Tönndhenpuppen oder jchlichtweg Tönnden genannt. Diejelben find nicht zu verwechjeln mit oft jehr ähnlich erjcheinenden, aber mwejentlich anders entitandenen Buppen. Häufig webt, wie vorhin ſchon erwähnt, die Zarve ein Gehäuje, Geſpinſt (Kofon) um fich, welches durch feine Dichtigfeit und pergamentartige Feltigkeit im äußeren Anjehen die Entjtehungsweile vollkommen verwijcht. Die meiften Gehäuſe lafjen übrigens die Fäden der Weberei noch erfennen. Die freien Puppen find nie dem Sonnenlichte und dem Witterungswechjel unmittelbar preisgegeben, jondern in der Erde, unter Laub, Ninde, im Inneren anderer Körper verborgen. Nur bededte oder von Gehäufen umſchloſſene Buppen finden fich im Freien, jo daß man wohl annehmen darf, daß die Bededung, welcher Art fie auch fein mag, dem wehrlojen, der Drtsbewegung baren, einer Entwidelung zur Vervollfommnung entgegenharrenden Wefen zum Schuße diene. Natürlich ericheint es, daß die Puppe ſich allemal da finden müſſe, wo die Larve fi) aufbielt, und doch trifft diefe Annahme nicht immer zu. Ich wüßte feine in der Erde lebende Yarve zu nennen, die zur Verpuppung aus derjelben herausginge, genug dagegen, die auf Blättern, in Früchten oder im Stengel, ja, in anderen Tieren haufen und zur Verpuppung die Erde oder, wenn fie bisher verborgen lebten, wenigjtens das Freie auf: juhen. Worin die Notwendigkeit diefer Ortsveränderung liege, läßt fich nicht immer an— geben; denn wenn man jagen wollte, die bohrend lebenden Raupen müßten aus ihren Verſtecken vor der Berpuppung herausgeben, weil der Schmetterling, der feine beißenden Mundteile hat, fih aus dem Schilfſtengel, dem Holz 2c. nicht hervorarbeiten fönne, fo fönnte diefe Annahme gerechtfertigt erjcheinen, iſt aber in Wirklichfeit nicht begründet. Gerade von diejen bleiben vielleicht die meilten auch al3 Puppe da, wo die Raupe gelebt hat, indem dieje den natürlihen Trieb empfand, vor ihrer Verwandlung bis auf die äußerte feine Pflanzenhaut oder auch bis in das Freie ein Flugloch zu nagen und es dann wieder mit feinem Gejpinfte zu verjchließen, welches der fünftige Schmetterling ebenfo leicht wie jene ftehen gelafjene dünne Pflanzenhaut durhbricht. Übrigens find ſehr viele Buppen mit Dörnchen oder jonjtigen dem Auge wenig bemerkbaren Einrichtungen verjehen, mit denen fie an ihrer Umgebung haften, um dadurch dem ausſchlüpfenden Geſchlechtstiere einen gewiſſen Wideritand entgegenzujegen und jo die ermüdende Arbeit bedeutend zu erleichtern, Wenn gewiſſe Wafjerlarven das Wafjer zur Verpuppung verlaffen, jo hängt dies mit der jest eintretenden Veränderung ihrer Atmungswerkzeuge auf das engite zujammen. Die Tracheenkfiemen verſchwinden äußerlich, und die Luftröhren im Inneren bleiben allein zurüd. Es gibt aber aud Fälle, in denen wir befennen müſſen: warum dies hier jo, dort anders jei, wiffen wir nicht; die Natur hat es einmal jo eingerichtet, vielleicht will fie ung nur ihre unendliche Mannigfaltigfeit, ihre unbegrenzte Erfindungsgabe zur Anſchauung bringen. Wie die einjährige Pflanze in ihrem Leben nur einmal Stengel, Blätter, Blüten und Früchte treibt und mit der Neife der legteren ihren Lebenszwed erfüllt hat, indem jie im feimfähigen Samen das Fortbeitehen ihrer Art ficherte, jo das Inſekt. Es hat jeine Das Infekt ald Ruppe. Entwidelungsdauer. 25 Beftimmung erfüllt, wenn es, durch den Ei-, Larven- und Puppenzuſtand hindurchgehend, feine Reife erlangt und fich gepaart hat. Das Männchen ftirbt ſehr bald nachher, das Weibchen dann erit, wenn e3 fich der befruchteten Eier entledigt hat, wozu es Fürzerer, bei Zmijchentreten des Winters längerer Zeit bedarf. Die Thatjahe, daß eine Bienen: fönigin diejes Gejchäft jahrelang betreiben kann, jtößt die allgemeine Kegel nicht um. So— mit muß das Leben des Inſektes als ein furzes bezeichnet werden, wenn auch als fein gerade einjähriges, wie bei ven Pflanzen, mit welchen e3 eben verglichen wurde. Manche Arten entwicdeln fich Jo jchnell, daß in Sahresfrift einige Bruten zu ftande fommen, andere brauchen mehrere, bis etwa fünf Jahre zu einer einzigen. Wie im jüdlichen Amerika die Agave erit nach einer Neihe von Jahren aus ihrer Blattrojette einen haushohen Schaft treibt, der in wenigen Wochen fich zu einem ftattlichen, pyramidenförmigen Armleuchter entfaltet und in Taufenden von Blütenbüfheln prangt, die an den Spigen der Aſte wie ebenfo viele Flämmchen leuchten, dann aber abitirbt, alfo hier viele Jahre nötig find zu den, was unfere Sommergewächle in faum einem Fahre erreichen: fo ernährt Nordamerita, wie behauptet wird, einen Kerf, welcher ſich bei ſeiner Entwidelung auch mehr Zeit nimmt als alle anderen. Eine Cikade nämlich ſoll gerade 17 Jahre zu ihrer Entwicelung bedürfen und darum die Cicada septendecim genannt worden fein. Das Weibchen legt 10 bis 12 Gier in einen tiefen Schnitt, den es mit feiner mefjerartigen Legröhre in einen Zweig, wie beijpielsweije in den vorjährigen Trieb eines Apfelbaumes, ausführt. Nach 52 bis 60 Tagen Friechen die Lärvchen aus, lafjen fich von oben herabfallen, um fich fofort nahe bei der Wurzel in die Erde einzugraben; mittlerweile jtirbt der Zweig am Baume ab. Hier in der Erde leben fie 17 Jahre vom Safte der Wurzeln; einen jo langen Zeitraum nimmt man darum an, weil die Cifaden nad) diejen Zeitabjchnitten in ungeheuern Maſſen ericheinen. Dann endlich Friechen die puppenartigen Larven aus ihren unterirdiichen Ver: jteden hervor, jegen fi an dem erften beiten, etwas über dem Boden erhabenen Gegen: ftande fejt, beriten im Naden, und das geflügelte Infekt erfreut fich feines oberirdifchen Dafeins. Sit es ein Männchen, jo zirpt es, aber in anderer Weife, wie unjere Grillen, die Weibchen ftellen fich ein, und die Baarung erfolgt. Das Weibchen legt feine Eier, und in einem Zeitraume von etwa 36 Tagen ilt alles abgethan, die Tiere find wieder ver: ſchwunden. Es iſt nötig, bei dieſer Gelegenheit auf eine beſtimmte Ausdrucksweiſe aufmerkſam zu machen, die im weiteren Verlaufe manchmal gebraucht werden wird. Man ſpricht nämlich von einfacher Brut (Generation) eines Inſektes, wenn es in Jahresfriſt ſeine Ver— wandlungsſtufen nur einmal durchlebt, von zwei, drei Bruten, wenn dies in derſelben Zeit öfters geſchieht, und unterſcheidet, wenn es ſich um deren zwei handelt, zwiſchen Sommer- und Winterbrut. Die letztere umfaßt immer einen längeren Zeitraum, weil der Kerf auf irgend einer ſeiner Entwickelungsſtufen den Winter über ruht. Bei dieſer Bezeichnungsweiſe denkt man nicht an das bürgerliche Jahr, ſondern an einen Zeitraum von 12 Monaten, der für die verſchiedenen Arten einen verſchiedenen Anfang nimmt. Die Sommerbrut des großen Kohlweißlinges, um ein Beiſpiel anzuführen, beginnt mit dem April oder Mai, zu welcher Zeit die Eier gelegt werden. Von dieſen fliegen die Schmetter— linge ungefähr im Auguſt, mit welchem Monate die Sommerbrut zum Abſchluſſe gelangt. Mit den Ciern dieſer Schmetterlinge beginnt die zweite oder Winterbrut, die vor dem Winter bis zum Puppenſtande gelangt und mit dem Ausſchlüpfen des Falters im April zu Ende geht. Wenn man dagegen von der vierjährigen Brut des Maikäfers oder der ſiebzehnjährigen jener Cikade ſpricht, ſo legt man die Kalenderjahre zu Grunde. Im Verhältnis zu der ungeheuern Anzahl aller Inſekten iſt erſt von ſehr wenigen die Entwickelung während des freien Lebens zuverläſſig beobachtet; ſoweit aber unſere 96 Ein Blid auf daS Leben der Gejamtheit. Kenntniffe reichen, dürften ſich ungefähr folgende Gejege als maßgebend herausgeſtellt haben: 1) Das Larvenleben dauert länger als das Leben des gejchlechtsreifen Kerfes, es jei denn, daß diejer zu überwintern habe; eine fernere Ausnahme von diejer Regel bilden die in Staaten lebenden Kerbtiere (Bienen, Ameifen, Termiten). 2) Die bohrenden oder unterirdiihen Larven brauchen längere Zeit zu ihrer Entwidelung als die frei auf Pflanzen 2c. oder über der Erde lebenden. 3) Die fußlojen, ganz befonders aber die fuß- und kopfloſen Larven gebrauchen am wenigſten Zeit zu ihrer Ausbildung. 4) Ze längere Zeit ein Infekt zu feiner Entwidelung braucht, dejto fürzer ift ihm im Verhältnis hierzu die Lebenszeit für den volllommenen Zuftand bemejjen. So wenig dieje und vielleicht noch andere Gejege, die ſich aufitellen ließen, ausnahmslos find, ebenjowenig werden die Zeit: räume immer innegebalten, welche eine Art zur Bollendung ihrer Berwandlungen zu ges brauchen pflegt. Frauendorf hatte, um einige Beijpiele anzuführen, Ende Juni 1836 Raupen eines an Birken nefterweije lebenden, für manche Gegenden Deutſchlands gemeinen Spinner, der Gastropacha lanestris, und zwar zwei joldhe Nejter, eingetragen. Die Raupen hatten jih Mitte Auguft ſämtlich verfponnen. Den 18. September erjchien der erite Schmetterling, den 14. Oftober ein zweiter, beides Männden. Einige 20 Stücde beiderlei Geichlechtes Ichlüpften im Frübjahre 1837 aus (dies wäre der regelrechte Zeit: punkt), andere folgten im Herbjte nach, einzelne in den folgenden Jahren, das lette am 4. März 1842. Der Ruppenzuftand hatte bei diejem legten Stüde aljo 5'/s Jahre ge: dauert, beim erften dagegen nur ebenfo viele Wochen. Ähnliche Beobahtungen, wenn aud) nicht mit jo bedeutenden Zeitunterjchieven, hat man auch bei anderen Schmetterlingen, bloß nicht bei Tag- und Kleinfaltern, gemacht. In einem Falle, welden 5. Smith er: wähnt, verpuppten fih von 250 Larven einer gemeinen Mauerbiene (Ösmia parietina) 25 erſt im Sommer 1852, obſchon die Eier 1849 gelegt waren und für gewöhnlich ein Jahr zur Entwidelung hinreiht. Es darf nicht wundernehmen, daß man bejonders von Schmetterlingen dergleichen Beijpiele kennt, weil gerade dieje von jeher und von den ver: ichiedenften Liebhabern beobachtet und daher am vollitändigiten in ihrer Entwidelungs: geihichte befannt geworden find. Dat Wärme mit der gehörigen Feuchtigkeit und für die freffenden Larven Überfluß an Nahrung die Entwidelung bejchleunigen, der Mangel an jenen Erfordernifjen diejelbe auf: hält, hat die Erfahrung zur Genüge gelehrt, und diefe Einflüffe treten noch hinzu, um das Auffinden gewiſſer Gejege jchwieriger zu machen, als es an ſich jchon ift. Der fundige Schmetterlingszüdhter weiß, daß er aus der Puppe, weldhe im Freien ungefähr erjt im Mai den Falter liefern würde, denſelben jhon um die Weihnachtszeit in gleich jchöner Farbenpracht entloden fann, wenn er jene dem warmen Ofen recht nahe bringt und fie öfter anfeuchtet, Im umgekehrten Falle hat er die Eier des Seidenjpinners in der Kälte zu überwintern, wenn er fi nicht der Gefahr ausjegen will, im Frühjahre die Raupen vor ihrem Futter, dem Laube des Maulbeerbaumes, zu haben. Die beiden angeführten DBeijpiele waren nicht aus dem unumſchränkten Walten der Natur jelbjt entnommen, jondern unterlagen teilweijer Beeinflufjung jeitens des Menjchen. Aber auch ohne jolche finden wir jene Behauptung beftätigt. Der aufmerfjame Beobachter kann wahrnehmen, wie ein Inſekt durch ungünftiges Wetter um etwa vier Wochen und noch länger im Erjcheinen zurüdgehalten wird gegen andere, jeiner Entwidelung günftigere Jahre; es kann ihm nicht entgehen, wie ein und derjelbe Kerf, wenn er im Sommer jeine Verwandlung bejtanden, dazu viel fürzere Zeit gebraucht, als wenn bei der nächſten der Winter dazwiſchen fällt. Am jchlagenditen werden wir aber von dem Einflufje der Jahrestemperatur auf die Ent: widelung der Inſekten überzeugt, wenn wir uns nad einem umjehen, welches eine große Verbreitung auf der Erdoberfläche hat und in Gegenden von weſentlich verjchiedenen Entwidelung. 27 Graden mittlerer Jahreswärme zugleich lebt. Der ſchon oben erwähnte Kohlweißling ift ein ſolches. Im mittleren und nördlichen Deutichland fliegt er zum erjtenmal im günftigften Falle in der zweiten Hälfte des April und dann nochmals von Ende Juni bis in den September und überwintert unter allen Umftänden al3 Puppe. Auf Sicilien, wo diefer Proletarier auch vorkommt, fliegt er vom November bis Januar. Bei uns geht feine Raupe im Winter zu Grunde, während doch andere Arten nur als Raupen überwintern; auf Sicilien kann fie die Kälte deS gelinderen Winters ertragen. Man könnte nun glauben, daß in den heißen Ländern, wo die Temperaturunterfchtede weit geringer find al3 in den gemäßigten und falten Gürteln, die Entwidelung der Inſekten in gleihmäßiger Weije vor fih ginge und nur von der eigenartigen Natur der einzelnen bedingt wäre. Abgejehen davon, daß, wie jchon oben erwähnt wurde, auch das Futter für die Larve eine bedeutende Rolle, ja, die wejentlichfte während der Verwandlungszeit jpielt, und in diejer Hinficht die Gleicherländer fih das ganze Jahr hindurch nicht gleich bleiben, kommen auch hier ganz ähnliche Verhältniffe vor wie bei und. Moritz erzählt 3. B. von einem geſellſchaftlich lebenden Spinner in Caracas, der fih zwar im November einjpinne, aber nicht verpuppe, fondern erſt mit Beginn der Regenzeit im Mai zur Entwidelung gelange; er erzählt weiter, wie ein anderer olivengrüner Spinner aus der weitverbreiteten Gattung Saturnia jehr ungleihmäßig aus der Puppe käme. Einen Monat nad) der Berpuppung erjchien ein Männden im Dftober, dann ein Weibehen im Dezember, im Februar folgten mehrere Stücke beiderlei Gejchlechtes, und noch waren andere lebende Puppen übrig, als er Ende des genannten Monates jeinen Brief nah) Europa abjehidte. Wollen wir in folchen und ähnlihen Fällen (ein noch eigentümlicherer wurde ja oben ſchon erwähnt) einen Grund für jo auffallende Unregelmäßigfeiten juchen, jo wäre es fein anderer als der: die Natur will die Erhaltung der Art dadurch Jicheritellen. Geht irgendwie daS Tier bei feiner regelrechten Entwidelung zu Grunde, jo bleiben andere übrig, die ſich dem Geſetze nicht gefügt haben. Für die Länder mit einem Winter, den Froſt und Schnee Fennzeichnen, verſchwindet zwar während desjelben alles Inſektenleben unſeren Augen; daß e3 aber nicht aufgehört babe, lehrt jedes darauf folgende Frühjahr von neuem. Die einen überwintern nur im Eizuftande, andere nur als Larven, zu denen jelbitverjtändlich alle diejenigen gehören, welche zwei und mehr Jahre zu ihrer Entwidelung bedürfen, eine dritte Neihe überlebt die böje Sahreszeit als Puppe, eine vierte al3 Gejchlechtstier. Nur in jeltenen Fällen dürfte ein und dasjelbe, Inſekt auf zwei verjchievenen Entwidelungsitufen den Winter überdauern. Wer übrigens einen Begriff davon haben will, wie viele von ihnen im vollfommenen Zu: ftande einen Winterſchlaf halten, der gehe nur hin im Herbite, wo die Erftarrung noch nicht eingetreten ift, und juche im Walde unter dem dürren Laube nad), das fich jeit Jahren angejammelt hat, oder unter dem trodenen Geftrüppe von Sträuchern, die an einer geſchützten Stelle wachſen, oder unter Steinen und ähnlichen Orten, welche dem icharfen Luftzuge nicht ausgejeßt find, da wird er eine ungeahnte Mannigfaltigfeit von Käfern und Fliegen, Welpen und Spinnen, Wanzen und anderem Geziefer finden, hier und da einen Nachtjchmetterling aus dem dürren Laube herausjpazieren jehen, alle aber bemüht, ſich jo ſchnell wie möglid) jeinen Bliden wieder zu entziehen. Manche befannte Erjeheinungen find vielleicht darunter, die man in der befjeren Jahreszeit anderwärts zu jehen gewohnt ijt, aber auch viele, die der- gleichen Schlupfwinfel zu ihrem ftehenden Aufenthaltsorte wählen und faum je an das Tagesliht fommen. Ein Baar Maifäferflügel, eine halb verfehimmelte Horniffe ohne Beine und jonftige Überrefte könnten glauben machen, daß man hier in einen großen Begräbnisplag diejer Eleinen Wejen geraten jei, und daß über Winter feins mit dem Leben davonkomme. Wohlan, gehe zum zweitenmal dorthin, wenn jener fich verabjchieden will, wenn Froft und 28 Ein Blid auf das Leben der Gefamtheit Schnee es geitatten, einige Hände voll zerfrümelten Laubes in einem wohlverwahrten Säd: lein beizufteden, und trage e3 heim. Schüttet man den Inhalt, nachdem er einige Stunden in der warmen Stube gelegen, in ein Drahtſieb aus, breitet diejem einen Bogen hellen Papieres unter und fängt an zu rütteln und zu fcehütteln, jo wird man zu feiner nicht geringen Berwunderung auf dem Papiere ein veges Leben wahrnehmen und eine Menge derjelben Tierchen wiedererfennen, die man im Herbſte draußen im Freien antraf, voraus: gejegt, dab man ein treues Gedächtnis für dergleichen Dinge hat. Beiläufig gejagt, ift diejes Verfahren eine befannte und vortreffliche Methode für den Sammler, ſich mit einer Dienge bejonders Eleinerer Tiere zu bereichern, die er auf den fommerlihen Sammel: gängen (Erfurjionen) überjieht oder ablichtlich unberückſichtigt läßt, weil er gerade andere Zwede verfolgt. Im Waſſer und auf dem Lande, an Pflanzen und Tieren, auf dem Boden Friechend oder in der Luft fliegend, allüberall, wo überhaupt tierijches Leben möglich, trifft man Inſekten an. Selbſt auf hoher See wurde jhon von A. v. Chamiſſo im Stillen Ozean auf Seetang die von ihm Hylobates sericeus benannte Wafjerwanze aufgefunden. Nach ihm wurden mehrere, den Wajjerläufern nahe verwandte Arten und ein Eleiner Käfer, Ochtebius marinus, als Meeresbewohner befannt. Ye weiter nah den Polen hin, dejto vereinzelter, dejto ärmer an Arten treten fie auf; dem entjprechend nehmen fie bis zu dem gänzlichen Verſchwinden ab, je höher man auf den Schneebergen vordringt, wie beifpiels- weife auf den Alpen der Schweiz bei 2812 m Meereshöhe, zahlreicher, mannigfaltiger und wunderbarer in Form und Farbenpracht werden fie, je heißer der Himmelsitrich it, in welchem fie wohnen. Man kennt ungefähr 2000 vorweltliche Inſektenarten, welche bereits im Silur und Devon beginnen, in der Steinfohlenbildung bereits zahlreicher vertreten find, und veranjchlagt die Anzahl der noch lebenden Arten auf 1 Million. Auch angenommen, e3 jeien dieje Ergebnifje der Wahrjcheinlichkeitsrechnung zu hoch gegriffen, jo ift immerhin das Inſektenheer ein ungeheuerliches und übertrifft alle übrigen Tiere um ein Bevdeutendes. Es ift daher auch unmöglich, in dem Folgenden die Volljtändigfeit nur annähernd zu er: reichen, mit welcher in den vorausgehenden Bänden die höheren Tiere behandelt worden jind. Bei der Auswahl der Arten wurden die heimatlichen aus vielerlei nahe liegenden Gründen bejonders in das Auge gefaßt und die fremdländijchen nur infoweit berückfichtigt, als fie ergänzend zu einem allgemeinen Überblide für nötig erachtet wurden. Weil aber jelbjt die Heimat noch einen nicht zu bewältigenden Stoff bieten würde, jo fiel die Auswahl auf jolche Arten, die nad) der einen oder anderen Seite hin ein allgemeines Intereſſe für fih in Anſpruch nehmen dürften. Diefelben find, um den Charakter des Ganzen zu wahren, in derjenigen Reihenfolge vorgeführt, welche im Syitem zum Ausdrude kommt. Die Einteilung der Inſekten in einzelne Ordnungen gründet fi vor allem auf die Berjchiedenheiten in der Ausbildung der Mundmwerkzeuge, des erjten Bruftringes und der Flügel in Gemeinschaft mit denjenigen in der freien Entwidelung. Solder Ordnungen hat bereits Linné fieben aufgejtellt. Obgleich diejelben neuerdings von manchen Forjchern um eine größere oder geringere Zahl vermehrt werden, können wir für unjere Zwede im allgemeinen auf dem früheren Standpunkte beharren. Die fieben Ordnungen find: Käfer, Hautflügler, Schmetterlinge, Zweiflügler, Negflügler, Geradflügler und Schnabelferfe. Erfte Ordnung. Die Käfer (Coleoptera, Eleutherata). Beißende Mundteile, eine freie Vorderbruſt, ein angewachſener Hinterleib und zu Deden erhärtete VBorderflügel, weldhe eine Naht bilden, find die äußerlichen Kennzeichen, eine volllommene Verwandlung die Entwidelungsweije der Käfer. Der Kopf jteht in den jelteniten Fällen frei vor dem Halsichilde, jondern ift mehr oder weniger tief in dasjelbe eingelajjen und daher in jeiner Beweglichkeit verjchiedenartig beſchränkt. Auf feine Anheftungsweife und auf feine Geftalt, von der die Verlängerung der vorderen Gegend zu einem Rüſſel als die auffälligite erwähnt jein mag, begründen fih die mannigfachſten Unterſchiede. Hinfichtlih der beißenden Mundteile wurde auf ©. 8 u. f. das Nötige gejagt, in Bezug auf die Käfer jei hier nur noch bemerkt, daß ihre Kiefertajter aus vier, die Lippentafter aus drei Glievern zujammengejegt find, und daß an der Unterlippe das Kinn gegen die meiſt ungeteilte Zunge bedeutend überwiegt. Die Netzaugen find ganz oder ausgerandet, und zwar manchmal jo tief, daß fie jeverjeits in eine obere und eine untere Gruppe von Augelchen zerfallen, dagegen fommen mit ſehr wenigen Ausnahmen Punktaugen gar nicht vor. Nirgends findet ſich eine jo wechjelnde Berichievenheit der Fühler wie bei den Käfern. Am beftändigiten zeigen ſie ſich in der Gliederzahl elf, obihon Schwankungen zwiſchen 4 und 30 Gliedern nicht ausgejchlojjen find; größere Unterjchieve fommen in der Länge vor, die größten jedoch in der Form, welche an Borfte, Faden, Keule, Säge, Kamm, Fächer und anderes erinnert oder auch ihrer Unregelmäßigfeit wegen feinen Bergleich zuläßt. Manche diefer Formen find für gewilje Familien, wie Kammhörner, Blatthörner 2c., bei der Einteilung von Bedeutung geworden, wie wir jpäter jehen werden. Der freie Vorderbruftring gelangt hier, wie bei allen anderen ihn befigenden Kerfen, gegen die übrigen zu der volllommenjten Entwidelung und übt durch jeine Form wejent: lihen Einfluß auf die Geftalt des ganzen Käfers aus. Die beiden anderen Ninge treten dagegen zurüd, nur bei jolchen Käfern, deren Hinterbeine beim Schwimmen oder Springen zu bejonderen Kraftanftrengungen verurteilt find, reicht der Hinterbruftring an der Bauch— jeite weit nad) hinten und bededt teilweije die eriten Bauchſchuppen. Charafteriftiich für die Käfer werden ihre Flügeldeden injofern, al3 diejelben im der jfogenannten Naht geradlinig in der Mittellinie des Körpers zujammenjtoßen, vielleicht, richtiger gejagt, ji aneinander falzen. Bei anderen Kerfen, deren Vorderflügel zu Deden erhärtet find, greift die eine unbeftimmt über die andere über und die Nahtbildung gebt verloren, wie in den „Elaffenden“ Flügeldeden bei Melo& und einigen anderen Käferaus- nahmen gleichfalls beobachtet wird. Meift liegen die Flügeldeden dem Rücken nicht einfach 30 Erſte Ordnung: Käfer. auf, jondern fie umfaſſen mit ihrem umgebogenen „Außenrande” die Körperjeiten mehr oder weniger innig. Nur bei den geſtutzten Flügeldeden fommt ein Hinterrand zur Geltung jowie ein Nahtwinfel und Außenwinfel; in den meiſten Fällen jpigen ſich die Flügeldeden am Ende zuſammen oder jede einzeln jo zu, daß fie mit der Leibesjpige sufammen aufhören, oder daß fie von letterer den dann aud auf dem Rüden mit Chitin bededten äußerjten Teil als Steiß (pygidium) frei lafjen. Die Hinterflügel pflegen von wenigen Fräftigen Adern durchzogen zu fein und in der Mittelgegend des Vorder: randes einen Chitinfleden, das Mal, zu tragen, an welchem fie ſich umflappen, um durd) weitere Längsfaltung unter die Deden verborgen werden zu Fünnen. Hinfichtlich diefer Zujammenfaltung hat man allerlei Unterfchiede beobachtet, dieſelben aber für die Syſtematik untauglich befunden. Dieje dünnhäutigen Hinterflügel befähigen allein zum Fluge, und wo fie fehlen oder verfümmern, was nicht felten vorfommt, geht daher auch das Flug: vermögen verloren, und die Verwachſung der Flügeldeden in der Naht ift dann öfters eine weitere Folge diejer Unregelmäßigfeit. Se nach Aufenthalt und Lebensweiſe der Käfer verwandeln ſich die vorherrichend dem Gange und Laufe dienenden, mehr ſchlanken Beine in Shwimm:, Grab: oder Spring: beine. Erſtere find in allen ihren Teilen breitgedrüdt, durch Boritenwimpern noch weiter verbreitert, nur in wagerechter Richtung beweglich und figen meiſt ausſchließlich am legten Bruftringe. Die Grabbeine zeichnen fih durch ſchwache, bisweilen verfümmerte Füße, breite, am Außenrande gezähnte Schienen und furze, dide Schenkel aus, eine Bildung, welche in ihrer höchiten Entwidelung den Borderbeinen zufommt. Das Springen wird nur durch die Hinterbeine bewirkt, wenn fie aus ftarf verdidten Schenfeln und geraden, verhältnismäßig langen Schienen beftehen. Auf die Anzahl der Fußglieder hat man bei der Einteilung wenigſtens früher großes Gewicht gelegt und diejenigen Käfer fünfzehige (Pentamera) genannt, welche an allen Füßen fünf Glieder tragen, vierzehige (Tetra- mera), deren nur vier oder wenigſtens ſcheinbar vier, wenn das eine jehr Kleine unter jeinem Nachbargliede verjtedt liegt. Die Verſchiedenzeher (Heteromera) zeichnen ſich durch fünf Glieder an den vorderen, bei nur vier an den hinteriten Füßen aus, und Die Dreizeher (Trimera) jegen wenigitens die Hinterfüße aus nur drei Gliedern zujammen. Die innige Verwachſung des Hinterleibes mit dem Bruſtkaſten geht jo weit, daß der erite Bauchring die Gelenfpfanne für die Hinterhüften bilden hilft, ihm folgen gewöhnlich noch ſechs Bauchringe nach, ihre Geſamtzahl kann jedoch auch bis vier herabjinfen. Auf der Rückenſeite lafjen fi) meift acht Ringe unterſcheiden, welche weihhhäutig find, ſoweit fie fih unter dem Schutze der Flügeldeden befinden. Außer röhrenförmiger oder ftachel- artiger Verengerung an der Spige des Hinterleibes, welche zur Ablage der Eier dient (Leg: röhre), finden fich bewegliche und paarige Anhängjel dort bei Käfern nicht, und in dieſem Umſtande liegt ein ficheres Unterfcheidungsmittel zwijchen einem Käfer und einen Gerad- flügler, deſſen Flügeldeden ausnahmsweije in einer Naht zuſammenſtoßen (Ohrwurm). Form und gegenfeitiges Verhältnis der drei Hauptabjchnitte des Körpers find jo mannigfach, daß fi die Geftalt der Käfer unmöglich auf eine gemeinfame Grundform zurüdführen läßt, denn zwijchen der langgeitredt ſchmalen Form finden fich alle denkbaren Übergänge bis zur flahen Scheibe oder beinahe zu der Kugel. Hier treten die drei Hauptförperteile in ihren Umrifjen ſcharf getrennt auf, dort jchliegen fie fich eng und feit in ihren Grenzen aneinander. Budel, Hörner, Spiten, manchmal bis zu überwuchernder Größe entwidelt und die betreffenden Teile, Kopf oder Halsihild, fait zur Unfenntlich feit umgejtaltend, bilden hier, Stacheln, Borften, Flaumbhaare oder Schuppen auf glattem oder rauhem Untergrunde dort eine drohende Bewehrung, einen prunfenden Schmud, ein ſchlichtes Kleid. Die Farben find vorherrichend trübe und eintönig, namentlich bei den Unterjheidende Merkmale. Larven. Buppen. 31 Kindern gemäßigter und Falter Erdftrihe, aber auch bunt, prachtvoll glänzend und in diefer Hinficht den edlen Steinen und Metallen im Anjehen nicht nacdhjitehend. -Unjere Kenntnis von den Larven der Käfer iſt zur Zeit noch jehr mangelhaft. Chapuis und Gandeze führen 1853 deren 683 als befannte auf, Rupertsberger in jeiner Biologie der Käfer Europas 1880 deren 1251, zu welchen ic) noch 53 Arten als Nachtrag Hinzufügen kann. Dennoch bleibt die Anzahl von über 1300 immer noch ge waltig zurüd hinter der der Käfer jelbit, die man doch immer auf 80,000 ſchätzen darf. Sn ihrer äußeren Erſcheinung bieten die Larven auch nicht annähernd die Mannig- faltigfeit der entwidelten Käfer. Da die meilten verborgen leben, gehen ihnen die vom Lichte bedingten bunten Farben ab und ein ſchmutziges oder gelbliches Weiß ift vorherrichend. Sie haben alle einen hornigen Kopf und außer diejem zwölf (elf) Leibesglieder, Feine Beine oder deren ſechs hornige an den drei Bruftringen. Dieſelben bejtehen aus fünf Gliedern und endigen in eine, bei einigen Familien in zwei und in einzelnen Fällen in drei Krallen. Der Kopf, der fi öfters etwas in den erſten Leibesring zurüdziehen läßt, iſt geneigt, jo daß fich die Mundteile der Bruft nähern, over er fteht gerade aus und zeigt in feinen Formen mancherlei Unterfchieve. Die einfachen Augen, wenn fie nicht, wie häufig genug, ganz fehlen, ftehen zu 1—6 jederjeit des Kopfes. Faden: oder fegelförmige Fühler finden fich bei vielen zwijchen den Augen und der Wurzel der Kinn: baden. Sie bejtehen in der Regel aus vier, jedoh auch aus weniger Gliedern, deren drittes nicht jelten mit einem jeitlihen Anhängjel verjehen iſt. Die Freßwerkzeuge, bei denen, welche ihre Nahrung fauen, in der Mundöffnung angebracht, bei anderen, welche fie jaugend zu fi) nehmen, vor jener ftehend und diejelbe bevedend, entſprechen denen der Käfer. Bei den Fleiſchfreſſern fehlt meift die Oberlippe und die verlängerte Stirn, oder ein davon abgejondertes Kopfihild übernimmt den Schluß der Mundöffnung von obenher. Obgleich einzelne Teile der Unterlippe fehlen können, jo bildet fie doch einen beftändigeren Mundteil als felbjt der Unterkiefer. Die zwölf Leibesgliever find glatt und hart, weich) und querrungelig, entweder fo ziemlich gleich unter ſich, over die drei vorderiten zeichnen ſich, weil dereinftiger Bruftkaften, irgendwie vor den übrigen aus; aud) das legte wird dur) andere Form oder duch Anhängjel, die wie der ausjtülpbare After vieler beim Fortkriehen als „Nachſchieber“ dienen, charakteriftiih. An der Seite des eriten oder in deſſen nädhjiter Nähe und an den Seiten noch acht weiterer Ninge vom vierten ab liegen bei den zwölfringeligen Käferlarven die Luftlöcher; bei den nur elfglieverigen der Waſſer— fäfer und einiger anderen (Donacia) zählt man jederjeitS nur deren acht, indem fich das neunte mit der Leibesſpitze vereinigt. Die Puppen gehören zu den Mumienpuppen und laljen alle Teile des fünftigen Käfers, Beine, Fühler, Flügel, jeven mit feinem Häutchen umfchloffen und frei dem Körper anliegend, erkennen; fie zeigen fich bei Störungen ungemein beweglich, liegen frei in einem Lager, welches die Larve vor der Verwandlung durch Ausnagen ihres bisherigen Aufenthalts: ortes Funftlos hergerichtet hat, ruhen in nur jeltenen Fällen in einem zufammengeleimten Gehäuſe oder hängen, wie viele Schmetterlingspuppen, mit ihrer Leibesipige an einem DBlatte, wenn die Larve frei auf diefem gelebt hatte. Je nad) der Größe des Käfers bedarf er nach dem Ausschlüpfen eine kürzere oder längere zeit, um zu erhärten und fich, befonders feine Flügeldeden, volllommen auszufärben, immer aber eine entſchieden längere Frift als die meiften übrigen Kerfe, wie dies in der reich liheren Chitinbefleidvung der Käfer feine Begründung findet. Obſchon gewifje Käfer äußerft lebhaft im Sonnenschein umherfliegen, andere die Nacht- zeit hierzu wählen und dann etwa nur dem Jäger auf dem Anftande oder dem Gelehrten auf jeinem Arbeitstifche zu Geficht fommen, wenn er in den Sommernächten bei offenen 32 Erfte Ordnung: Käfer. Fenſtern ftudiert und jene durch den Lichtſchein herbeilodt, jo find doch die geflügelten Käfer mehr als die meijten anderen Kerfe an den Boden oder die ihn bededfenden Pflanzen gebunden, leben bier geräuſchlos und verſteckt, unbemerkt und nicht vorhanden für die Viehrzahl der Menſchen, die allenfalls dem neckiſch in der Luft fich ſchaukelnden, bunten Schmetterlinge, der wilden Libelle mit ihren gligernden Flügeln, dem lärmenden Gras— büpfer, der brummenden Hummel und jummenden Biene ihre Aufmerkfamfeit ſchenken. Den Bewohnern eines Flußthales bietet fih dann und wann die bejte Gelegenheit dar, nicht nur Käfer in ungeahnten Mafjen bei einander zu ſehen, jondern auch deren Ge: bundenjein an die Erdicholle fo recht zu erfennen. Zum erjtenmal im Sabre find es die oft mit dem Eisgange verbundenen Überfhwenmungen, da3 andere Mal jolhe im Hoc): jommer, wenn anhaltende Gemwitterregen die Flüffe bis zum Übertreten angejchwellt haben. Beide Überſchwemmungen liefern der Kerfwelt gegenüber ein höchſt intereffantes Bild, und jwar jede ein anderes. gu der Zeit des Eisganges liegen die Taufende von Kerbtieren, unter denen die Käfer die überwiegende Mehrzahl liefern, in der winterlichen Erftarrung, und nur einzelne, die an höheren, länger von der Sonne bejchienenen Berglehnen jchliefen, haben etwa den wohl: thuenden Einfluß von deren Strahlen empfunden und fangen an, ihre Gliedmaßen zu reden. Da fommen die Falten Fluten dahergebrauft, wühlen alles, was loſe ilt, auf und nehmen auf ihrem Rüden mit fich weg, was den phyfifalifchen Gejegen nach ſchwimmt. Kleine Holz ſtückchen, Schilfitengel, Pflanzenfamen und das übrige Gefrümel, an welchem alle Flußufer ' feinen Mangel leiden, fommen jchließlic an den Rändern des Wafjerfpiegel3 zur Ruhe und lagern ſich beim allmählichen Zurüdtreten des Waſſers ab, in langen Neihen die Stellen be- zeichnend, bi3 zu welchen es gejtanden hatte. Dieſe Ablagerungen find die redenden Zeugen von dem, was auf dem überfluteten Boden gelegen hat, ihre Unterſuchung eine bequemere oder mühevollere, je nachdem man fie vornimmt. Greift man gleich anfangs eine Partie der noch feuchten Ablagerungen auf, trägt fie heim, füllt Glasgefäße mit ihnen teilmeife an, welche in der warmen Stube aufgeitellt werden, jo wird man ein reges Inſektenleben in den- jelben bemerken, jobald die Feuchtigkeit verſchwunden ift und die wohlthuende Wärme ihre Wirkungen geltend macht. Stellt man einige längere Holzitäbchen in dieſe Gefäße, jo find dieje bald von unten bis oben mit Käfern der verjchiedenjten Art bededt, die eine in größerer Stüdzahl al3 die andere. Gründlicher fällt die Unterfuhung an Ort und Stelle aus, nur muß man die Zeit abwarten, bis die wärmenden Sonnenjtrahlen die Schläfer erwedt und das Angejchwemmte jo ziemlich getrodnet haben, jo daß die Feuchtigkeit nur noch an den unteren Echichten haftet. In diejen zeigt jich dann ein Kribbeln und Krabbeln von allen denjenigen Inſekten, welche angeflutet find und fich zunächſt noch unter dieſem fiheren Verſtecke heimifch fühlen, bis fie ſich nach und nach bei mehr fortgejchrittener Zuftwärme zeritreuen, der Nahrung und der Fortpflanzung nachgehend. Außer den Käfern und deren Brucftüden find es Wanzen, Spinnen, dieje und jene Schmetterlingsraupe, Tonnenpüppchen und andere, je nach) der Gegend für das bejtimmte Flußthal oder für verjchiedene Flußthäler. Beiläufig bemerkt, ift dem eifrigen Foricher ein ficheres Mittel hierdurch geboten, die in volllommenem Zuftande überwinternden Käferarten jeiner Gegend fennen zu lernen. Gleich im Endverlaufe für das Geſchick der Schiffbrüchigen, aber verändert in der anfäng: lihen Erſcheinung geitaltet ſich das Bild bei jommerlicher Gewitterüberihwenmung. Die Fluren find jegt belebt von allerlei Getier, namentlich auch die Wiejen, in der Negel die nächſten Nachbarn der Flüſſe. Die unmittelbare Umgebung der Stelle, an welcher die ent: jejjelte Natur ihre himmliſchen Schleujen öffnete, läßt jelbjtverjtändlich feine Beobachtungen der in Rede jtehenden Art zu, jondern nur die ferneren, wo die Gewäſſer langjamer Überwinterung. Käfer in Waſſersnot. 33 vordringen und von Stunde zu Stunde immer tiefer in das Land einfreffen. Faßt man diefe allmählich jich vorjchiebende Grenze zwijchen der Wieſe und dem Waſſer in das Auge, jo wird man ein jehr bedrängtes, darum ungemein reges und dabei vollfommen lautlofes Leben gewahr. An einem Grasitengel eilt ein Lauffäfer empor, ihm folgt ein rotes Sonnentälbchen, und eine Jchwerfälligere Chryjomele bildet die Nachhut auf der Flucht; gleich daneben klimmt ein jchwarzer Läufer in die Höhe, aber ah! das ſchwache Blatt biegt fi) unter jeiner Laft, und das Wafjer bejpült ihn. Er verliert die Befinnung nicht, hält fejt noch den Halm, der ihn retten joll, und Fehrt um, nach oben. DVergeblich, er ift zu jehwer, er zieht jein Blatt mit fich hinunter und verfinkt. Nun läßt er los; ängitlich zappelnd rudert er im ungewohnten Elemente, aber er hält fich oben und kommt vorwärts. Der ftarfe Stengel eines Doldengewächles ift glücklich erreicht, er hat noch Kraft genug, ein Stüd in die Höhe zu fommen. Da trifft er einen Blattkäfer, eilt in Haft über ihn fort; dieſer ift erſchreckt, läßt ſich fallen und befindet fich in gleicher Lage wie joeben noch jener, der ſich endlich ermattet hinfegt, die Fühler durch die Freßzangen zieht, mit den WVorderbeinen ih pußt und — meiterer Gefahr entgangen zu jein jcheint. Da kommt ein anderer geſchwommen, hier wieder einer, jeder in jeiner Weile, die ihm die Not eben lehrt. Da ein dritter, e3 ift ein gejtredter, jchön Eupferglänzender, der viel am Waſſer verkehrt. Wie eritarrt ſtreckt dieſer Schilffäfer jeine jehs Beine von fih, die Fühler gerade vor und läßt fih vom Waſſer forttreiben, anſcheinend vollfommen in jein Schidjal ergeben. Die Fühler ftoßen an etwas, mechaniſch gehen fie auseinander und gleiten mit ihren Innen— flächen an jenem Etwas entlang. Der günftige Umftand wird benust, die Beine zeigen Leben, und gemächlich jehen wir unjeren Schwimmer an einem Grashälmchen herankriechen, als wäre ihm nicht3 widerfahren. Hier am Rande figen gedrängt aneinander auf einem Blatte, rote und jehwarze, grüne und blaue Käfer und jcheinen zu beraten, was zu thun jei, um der Gefahr zu entrinnen; denn aufgerichtet find ihre Vorderteile und die Fühler in jteter Bewegung. Ein paar grüngläferne Augen jtierten von der Seite her längſt ſchon nad) ihnen. Schwapp! und fie befinden jich bereits auf dem Wege nach einem Frojehmagen; was nicht erjchnappt ward, zappelt ratlos in allerlei Stellung im Waffer. Ein Weiden- büſchchen von wenigen Ruten ragt weit über die benachbarten Gräfer und Kräuter hervor, eine mächtige Schugmwehr für feine urfprünglichen Bewohner, ein ficherer Hafen für manchen Schiffbrühigen. Darum ift es aber auch belebt von jeglihen Volke. Ruhig fneift der ihlanfe Schnellfäfer in die jungen Sohannistriebe oder neben ihm der unterjegte, breit- ihulterige Weber (Lamia textor). Ein grüner Rüßler mit fchwefelgelbem Saume der Flügeldecken (Chlorophanus viridis), jein Männchen auf dem Nüden, marjchiert eben etwas höher hinauf, weil es da unten zu feucht ward. Sie alle jagen und fraßen und foften bier, ehe die Flut kam, und werden das Geſchäft fortjegen, wenn jene fich verlaufen hat; ſie wohnen hier, ziehen allenfalls ein Stodwerf höher, wenn es not thut, und halten gute Nachbarichaft mit noch manchen anderen, grünen oder blauen, hüpfenden oder nur friechenden Blattfäferlein. Unfer Bild „Die Käfer in Wafjersnot” foll einen ſchwachen Begriff von einem Akte dieſes Dramas geben, welchen fich noch andere vor unferen Bliden abjpielen, wenn wir nur die rechte Stelle gefunden haben, wie etwa eine freie Waſſer— fläche, welche die Fahlen, noch hervorragenden Ränder einer Keinen Bucht beipült. Hier iſt die Hilflofigfeit entjchieden noch größer und an ein Flüchten auf das Trodene, und wäre es nur für wenige Augenblide, nicht zu denken. Das Wafjer treibt Blätter, Sıhilf, Holz, Baumrinde und anderes in größeren oder Eleineren Bruchſtücken in Menge an, Kork— pfropfen, Pflanzenfamen 2c., alle reich belebt von unfreiwilligen Schwinmern. Da kommt auf einem Schilfitüdchen ein Eleiner Miftbewohner (Aphodius) angejegelt, der gewiß ſchon eine tüchtige Wafjerreife auf diefem gebrechlichen Fahrzeuge zurücdgelegt hat; 2 läßt ſich Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 34 Erſte Ordnung: Käfer; erfte Familie: Sandfäfer. eine Landaſſel, ein Taufendfuß, die beide den Kerfen nicht angehören, herbeiflößen oder in den rubigeren Hafen treiben. Ruhe herrſcht in demjelben, aber die Ruhe der Ver: zweiflung. Die angetriebenen Stückchen ſchwanken auf und nieder, ftoßen und Drängen einander, das eine finkt, um feinem eben auftauchenden Nachbar den Pla einzuräumen. Alles kocht und wallt durcheinander, ohne Feuer, ohne Geräufh. Zwiſchen dem allen nur lebende Landbewohner, denen es nicht möglih, an dem Ufer emporzufommen oder auch nur auf der Oberfläche des Waſſers fich auf einige Augenblide zu erhalten. Man denfe fih an die Stelle diefer Bedrängten, und man wird die Traurigkeit ihrer Lage in voller Größe begreifen. Ihre Lebenszähigfeit ift jedoch größer, als man glauben follte: fie bieten den Naturfräften, welche Häufer ummwerfen und Steinblöde fortwälzen können, Troß und — fie find gerettet. Hier ftrandet eine Schicht Nöhricht, gehoben von janfter Welle, dort bleibt fie im Trockenen zurüd, ſobald das Wafjer zurücweicht, was in Der Kegel bald geſchieht, und es wiederholt fich für die Streifen des angeſchwemmten Röhrichts das, was ſchon oben erzählt wurde, nur mit dem Unterjchieve, dab das Krabbeln und Kribbeln und Durcheinanderrennen des Inſektenheeres ſofort beginnt, wenn die haftende Kraft des Wafjers aufgehört hat. Wenn man aber zu diefem Zeitpunfte die Schar der Geretteten muftert, muß man fi) wundern, eine große Menge jolcher anzutreffen, welche unter Mittag im Sonnenschein oder des Abends vom Geruche ihrer Nahrung angelodt oder jonft zum Vergnügen luftig umberfliegen. Hatte fie die Flut überrajht? Mochten fie feinen Gebrauch von ihrer Flugfertigfeit machen, weil es eine ungewöhnliche Zeit, eine außergewöhnliche Veranlaſſung war? Auch bei anderen Gelegenheiten, z. B. wenn fie in die vom Forftmann angelegten Fanggräben geraten find, befreien fie fich nicht dur Wegfliegen, fie find eben vorherrſchend und mit Vorliebe Fußgänger. Damals, als größere Wafjermaffen unfere Erde bevedten und ganz andere Ummäl- zungen auf ihr vorgingen, al3 eine heutige Überſchwemmung erzeugen fann, ging, wie zur Seßtzeit, mancher Käfer zu Grunde, der nah und nach, aber in fojjiler Form, den Forſchern wieder zu Geficht gekommen ift. Man fennt jest über 1000 Arten; fie beginnen im Steinfohlengebirge, mehren fich aber im Tertiär und im Berniteine. Was vie Einteilung der Käfer betrifft, jo hat fich jeit Linné eine nicht unbedeutende Anzahl der tüchtigften Entomologen bemüht, eine möglichjt natürliche Anordnung herzu: ftellen; denn es läßt ſich nicht leugnen, daß feine andere Inſektenordnung von jo zahl: reihen Männern der Wiffenichaft bearbeitet worden ift, wie gerade die Käfer. Ein Fabricius, Latreilie, Weftwood, Burmeilter, Erichſon, Ye Conte und wie alle die Neueren heißen mögen, haben fich hohe Xerdienfte um die Erkenntnis und Klaſſi— fifation der Käfer erworben. Da es fich jedoch hier um das Tierleben handelt und nicht um die Syitematif, der Raum außerdem eine Vollftändigfeit nicht geitattet, jo führen wir die paar näher zu bejprechenden Arten unter den Familien und in der Neihenfolge auf, welche Lacordaire annimmt. Derjelbe hat uns in feinen „Genera des Coleopteres‘“ ein unfterbliches Werk hinterlafjen, das feit dem Jahre 1854 die volle Thätigteit jeines Verfafjers in Anjpruch genommen hat, nad) feinem Tode von M. 5. Chapuis fortgejegt und 1876 mit dem 12. Bande abgejchlofjen worden ift; e3 charafterijiert feine Art, jondern nur die Gattungen und Familien. Der Feld-Sandfäfer (Cicindela campestris) ift ein mittelgroßer grüner Käfer von aufßerordentlicher Behendigfeit, welcher fih während der Sommerzeit auf jonnigen Teld-Sandfäfer. Läufer. 5 — Feldwegen vorherrſchend ſandiger Gegenden umhertreibt. Nie läßt er jedoch den Beobachter nahe genug herankommen, daß er eine genauere Kenntnis von ihm erlangen könnte, denn ſcheu fliegt er auf, dabei einen blauen Schimmer verbreitend (weil der jetzt entblößte Hinterleib diefe Farbe trägt), läßt ſich aber in einiger Entfernung wieder nieder, und zwar ſtets mit gegen die Alugrichtung halb gewendetem Körper. Behält man die Stelle im Auge, auf welde er ſich jegte, in der Hoffnung, ihn doch nod zu überrajchen, jo fliegen, wenn die Gegend einigermaßen reih an ihnen it, inzwiſchen vechts und links zwei, drei andere auf, und ehe man behutfamen Echrittes jenem Punkte naht, wo man den erften mit Sicherheit erwartet, huſch! ift er wieder auf und davon, und jo treibt er das nediiche Spiel fort, bis er ermüdet ift, und dann in mehr hüpfenden Laufe jeine Flucht fortfeßt. Man fieht eine Menge diejer Tiere um fi und vor ich, fängt aber trogdem an einem jonnigen Tage jo leicht nicht ein einziges, wenn man nicht ganz bejondere Kunftgriffe anwendet. Es gelang mir bei dergleichen Jagden öfters, einen Käfer, der durch wiederholtes Auf: fliegen ermüdet war, durd) das plößlich auf ihn gewor— fene Tajchentuch in meine Gewalt zu bekommen. Noch gibt er fich nicht gefangen. Ein unvorfichtiges Lüften des Tuches an einer Stelle, wo nicht gleichzeitig Die Finger zufallen — und er ilt wieder auf und davon. Wie aber gebärdet er ſich, > | wenn jene ihn glücklich er⸗ Läufer (Cieindela hybrida) nebſt Larve und Puppe in ſchwacher Vergrößerung. wiſcht haben! Mit ſeinen ſichelförmigen Kinnbacken beißt er wütend um ſich, ſtrampelt mit den ſchlanken Beinen und bietet alle ſeine ſchwachen Kräfte auf, um die gewohnte Freiheit wiederzuerlangen. Jene ſind vorn ſehr ſpitz, an der Innenſeite gleichfalls mit noch drei langen, ſpitzen Zähnen bewehrt und ſo lang, daß ſie beim Schluſſe weit übereinander greifen. Sie verleihen dem Geſichte einen wilden Ausdruck und verraten die Raubtiernatur; dazu die ſtark vor: quellenden Augen, die große Beweglichkeit aller Teile, namentlich) auch der elfgliederigen Fadenfühler, welche über der Kinnbadenmwurzel eingelenft find, ftimmen zu der vorher gejcehilderten Wildheit. Der Körper it grasgrün, die Fühlerwurzel und die merklich be: haarten Beine jchimmern Fupferrötlich, fünf Keine Fledchen am Außenrande jeder Dede, ein größerer hinter der Mitte auf der Scheibe, jowie das große, nicht gefielte Kopfſchild find weiß, leßteres mwenigitens an feiner Spite. In der Grundfarbe, welche mitunter in blau übergeht, und in der Zeichnung der Flügeldeden kommen manche Abänderungen vor. Der Feld-Sandkäfer hält fich an trüben Tagen zwilchen Gras und Getreide verborgen und zeigt geringere Beweglichkeit. Ganz in derjelben Weije treibt es der oben abgebildete Läufer(Cicindelahybrida). An der abenteuerlichen Larve fallen das blaſig aufgetriebene Untergelicht und zwei nac) vorn gerichtete Dornen auf dem Rücken des achten Ninges jofort in die Augen. Der hornige Kopf trägt jederjeits vier Augen, zwei größere auf der oberen, zwei an der unteren Seite, 3* o 36 Erite Ordnung: Käfer; zweite Familie: Zauffäfer. viergliederige Fühler und die Freßwerkzeuge, ähnlich denen des Käfer. Die drei vorderiten Yeibesalieder find auf dem Nüden mit je einer Ehitinplatte, an der Bruft mit je einem Paare zweifralliger Beine verfehen. Die Larve gräbt fich eine ſenkrechte, federkieldicke, bis 47 cm tiefe Nöhre, an deren Eingange fie auf Inſekten, Eleine Zauffäfer, Ameifen und andere Larven lauert. Hat fie eins erwiſcht, jo zieht fie ich mit ihm in den Grund ihres Baues zurück, zerbeißt e8 und jaugt den Saft aus. Die Überrefte werden berausgetragen, wobei der ausgehöhlte Scheitel ſowie die Nücdenhafen beim Auf: und Abjteigen in der Nöhre zu jtatten fommen. Es läßt fih wohl erwarten, daß nicht immer die gehörige, zur Stillung des Hungers nötige Menge von unglüdlichen Opfern an der Gefahr bringenden Stelle vorbei fommt, und darum verläßt die Larve in nächtlicher Weile ihren Hinterhalt, um auf Jagd auszugehen. Ob fie im Laufe eines Jahres ihre Entwidelung vollende, weiß ich nicht, möchte es aber bezweifeln, da in der erjten Hälfte des Auguft die Verpuppung beobachtet worden iſt und fich nicht annehmen läßt, daß von früheitens Ende Mai, zu welcher Zeit der Käfer ericheint, die Entwidelung jo weit vorgejchritten fein jollte. Bevor fie jich ver: wandelt, erweitert fie den Grund ihrer Röhre, ſchließt diejelbe am Eingange und wird zu einer Puppe, welche durch die dornenartigen Auswüchſe zu beiden Seiten des Nüdens auffällt, die auf dem fünften Hinterleibsgliede be: jonders jtarf hervortreten und wahricheinlich das Ausſchlüpfen des Käfers unterjtügen. Nach den gemachten Beobachtungen jcheint die Puppe nur 14 Tage zu ruhen. Außer den beiden genannten Arten breiten ſich noch wenig ander über Deutjchland, mehr al 400 Arten über alle Gegenden der Erde aus, mit bejonderer Vorliebe für trodene, jandige Gegenden, im Binnen: [ande und am Meere, in der Ebene und in den Gebirgen; den heißen ; Eröftrichen geben fie jedoch den Vorzug. Abgejehen von einigen, faſt Sangbalfiger Sandkäfer durchaus elfenbeinweiß gefärbten Arten charafterifieren die meijten en weiße Zeichnungen auf dunflerem, 3. B. bronzefarbenem Grunde der Ra Flügeldeden, Zeihnungen, welche in einem Monpfleden an Schulter und Spite jomwie in einer gefnicten Binde dur die Mitte in den verjchiedenartigiten Abänderungen zu bejtehen pflegen. In der Lebensweile, in der Körpergeitalt, in einer durchicehnittlichen Größe von 12—15 mm Stimmen fie überein, und folgende Merkmale ver: binden alle zu einer Gattung. Von den beim Männchen aus fieben, beim Weibchen aus ſechs Ningen beitehenden Hinterleibe find die drei erjten miteinander verwadhjen. Die ſchlanken, fünfzehigen Laufbeine entjpringen aus runden, nur die hinterjten aus breiten, an der Innenſeite der Schenkel weit herabgehenden Hüften und enthalten in den Border: füßen einen weiteren Gejchlehtsunterfchied, indem fich bei dem Männchen die drei erjten Glieder merklich erweitern. Die äußere Lade des Unterkiefer bildet einen zwei: gliederigen Talter, und die Spiße der inneren trägt einen bewegliden Zahn (Fig. 6, ©. 8). Diejen beweglichen Zahn, und wo er ausnahmsweiſe fehlt, die den Sand: fäfern eigne Körpertracht haben noch etwa 400 andere, auf verjchiedene Gattungen verteilte Arten miteinander gemein, welche man daher neuerdings zu der Familie der Sandfäfer (Cieindelidae) vereinigt und von den Zauffäfern abgezweigt hat. Der langahaljige Sandfäfer (Collyris longicollis) aus Oftindien möge eine der gejtredtejten Formen aus diejer Familie vergegenmwärtigen: das dritte Fühlerglied iſt vor: zugsweiſe lang, dünn und breitgedrüdt; der ganze Käfer erglänzt, mit Ausnahme der roten Schenkel, blaufhmwarz. Dieje und mehrere verwandte Arten bewohnen als ausnehmend Hlinfe Käfer ausschließlich den Süden der indiſchen Halbinjeln und die benadhbarten Sunda— Laufkäfer. Ufer-Raſchkäfer. 87 inſeln. Die nahe verwandte Gattung Pogonostoma lebt in einer Anzahl von Arten in den Wäldern Madagasfars, wo fie in Schraubenwindungen auf ihren langen Beinen an glatten Baumftämmen ungemein fchnell umberlaufen, aber höchit jelten Gebrauch von ihren Flügeln machen. Die Lauffäfer (Carabidae) jtehen in jever Beziehung und vor allem durch die Talterform der äußeren Unterfieferlade den Sandfäfern jo nahe, daß fie mit ihnen zu einer Familie vereinigt wären, wenn ihnen nicht der bewegliche Zahn an der Spiße der Innenlade - fehlte. Das tief ausgejchnittene Kinn, im Ausschnitte verjchiedenartig gezahnt, die Bildung der nicht immer jo jchlanfen Beine, an denen die männlichen Borderfüße in 3—4 Gliedern fich erweitern, und die allgemeine Körpergeftalt wiederholt fih jomit auch hier. Die Kinnbaden find aber nie von der Länge, wie dort, nie mit jpigen Zähnen längs der ganzen Innenſeite bewehrt; die Flügeldeden reichen meijt bis zu der Hinterleibipite, fommen jedoch auch abgeitugt vor, umfafjen ſeitlich den Körper und find entweder glatt oder vorherrichend einfach geftreift, punftreihig geitreift, gerippt in den mannigfachiten Abänderungen, nicht jelten fehlen die Flügel unter ihnen oder ver- ſchwinden wenigitens bis auf unjcheinbare Läppchen, und auch da, wo fie volllommen ent: widelt find, werden fie höchitens in der Nachtzeit zum Fluge gebraudt. Der Hinterleib beiteht vorherrihend bei beiden Gejchlechtern aus ſechs Ningen, deren drei vorderte gleich: falls verwacdjen find. Die den Sandfäfern eignen bunten Farben fommen zwar aus: nahmsweiſe auch hier vor, doch verleiht Einfarbigfeit in Schwarz, Grün, Kupferrot, Bronzebraun den meilten Familiengliedern ein ungemein eintöniges Anjehen. Das Sonnenlicht fliehen die Lauffäfer viel mehr, als daß fie es aufjuchen, deshalb halten ſie fi bei Tage am liebjten unter Steinen, Erdſchollen, in faulem Holze 2c. verborgen und find nächtliche Käfer, welche vom Fleiſche anderer Tiere leben. Die Larven kennt man leider von nur wenigen Arten. Sie zeichnen ſich Durch einen gejtredten, auf dem Rüden mehr oder weniger mit Chitinjchildern bededten, in zwei (meift harte, ungeglieverte) Anhänge auslaufenden Körper mit ſechs zweiklauigen Bruftfüßen und vorgeftredtem Kopfe aus. Die Kinnbaden dienen meift nur zum Feithalten und Berwunden der Beute, nicht zum Zerbeißen derjelben, die Mundöffnung dagegen zum Ausjaugen. Die ungefähr 9000 befannten Lauffäferarten verteilen fih auf 613 Gattungen und bewohnen die ganze Erde, ſcheinen in den gemäßigten und falten Teilen derjelben das Über: gewicht über die dort überhaupt lebenden Käfer zu haben, dringen bis in die kälteſten Gegenden und auf die höchſten Berge vor und werden ftellenweile zu Charafterkerfen; jo fommen namentlich gewifje unter ihnen ausjchließlich im Gebirge, niemals in der Ebene vor, und umgekehrt, andere wieder ausschließlich in heißen Eroftrichen. Der Ufer-Raſchkäfer (Elaphrus riparius) jamt feinen 25 Oattungsgenofjen er: innert in mancher Beziehung an die Sandfäfer, namentlich durch die mehr als bei allen anderen Lauffäferarten vorquellenden Augen und durch die Form des ganzen, allerdings ſtets Eleineren Körpers, wie ein Vergleich der betreffenden Abbildung ergibt. Auch hinjichtlic) des Betragens könnte man den Käfer als Übergangsglied zwijchen Sand- und Lauffäfern betrachten. Er liebt nämlich den Sonnenfchein, indem er während desjelben mit außer: ordentlicher Schnelligkeit umherläuft, jedoch nicht an trodenen Stellen, ſondern auf ſchlam— migen Rändern der Gewäfjer, auf dem Boden der im Austrodnen begriffenen Waſſerlachen, auf feuchten Wiejen, wo jpärlicher Graswuchs fproßt. Auch entzieht er ſich Verfolgungen Grite Ordnung: Käfer; zweite Familie: Qauffüfer. ( d Ö 3 [0 2) nicht durch fortwährendes Auffliegen, jondern vertraut allein jeiner Schnellfüßigfeit und jeinem quten Glücke, einen ficheren Schlupfwinfel zu erreichen. Mit unglaublicher Haft ift er unter einem Stüde Ninde, unter einem faulenden Scilfitengel verfchwunden, zwischen den Binjen und Grashalmen der Wiefe, und vortrefflich kommen ihm die Riffe im Boden zu jtatten, welche mit der Natur jeines Tummelplages nach einigen jonnigen Tagen in fo innigem Zuſammenhange jtehen. In dieſen Verſtecken hält er ſich auch bei unfreundlichem Wetter auf, ungejehen von der gelben Wiejenbachitelze, den Negenpfeifern und anderen Inſektenfreſſern unter den Vögeln, welche an gleichen Stellen das zahlreich ſich ſonnende Geziefer überrumpeln und verjpeilen. Der erzgrüne Körper unferes Käferchens ijt dicht punktiert und jede Flügeldede mit vier Neihen violetter, eingejenkter Warzen verziert. Im Kinnausjchnitte ſteht ein Doppel- zahn, und die vier eriten Glieder der männlichen VBorderfüße erweitern ſich, jedoch nur ſchwach. Überdies befist der Käfer einen Tonapparat: der Rücken des vorlegten Hinter: leibsringes iſt nämlich in drei Felder geteilt, von denen die beiden jeitlihen am Hinter: vande je eine etwas gebogene und gezähnelte Leifte tragen. Mit dieſen Leiften reibt der Käfer bei der Bewegung des Hinterleibes gegen eine erhabene und hohle, äußerlich jtark geriefte Ader auf der Unterjeite der Flügeldeden, wie Landois alles diejes weitläufiger aus— einanderjegt. Die Najchkäfer bewohnen alle Länder außer- halb der Wendefreije, nur innerhalb derjelben werden fie durch die Sandfäfer vertreten. Bei uns fommen neben der bejprochenen noch einige jehr ähnliche andere Arten vor. Ufer-Rajchtäfer (Elaphrus riparius), F ee — Für den Naturfreund möchten ſich keine anderen Lauf— käfer ſo dazu eignen, ein Bild von der ganzen Familie zu geben, wie die Gattung Carabus mit ihren nächſten Verwandten, lieh ſie doch der ganzen Familie ihren Namen und wird ſie Doch wegen ihrer ſtattlichen Arten ſelbſt von dem Käferkenner und Sammler mit Vorliebe gepflegt! Durch anſehnliche Größe, metalliſche Farben, den Familiencharakter ausſprechende Körperform fallen ſie gegen das Heer der anderen mittelgroßen oder kleinen Arten draußen im Freien, beſſer allerdings in einer ge— ordneten Sammlung, auch dem Laien in die Augen. Die Arten haben eine durchſchnitt— liche Größe von 22mm und gehen ſeltener bis auf 15 mm herab, als über das Durch— Ihnittsmaß hinaus. Der vorgeftredte Kopf ift merklich ſchmäler als das Halsſchild, die Oberlippe zweilappig, der Kinnausfchnitt mit einem fräftigen Mittelzahne verjehen und das Endglied der Tajter beilförmig (Fig. 5, ©. 8). Das Halsjchild, vorn immer etwas breiter als hinten, ſetzt fich Icharf gegen die eiförmigen Flügeldeden ab. Dieje ftimmen in Farbe mit dem Halsſchilde und dem Kopfe überein, zeigen höchſtens an ihren Außenrändern einen lebhafteren, wenig veränderten Sarbenton, hinfichtlich der Oberflächenverhältnifje aber die größte Mannigfaltigkeit. Wenige erfcheinen dem unbewaffneten Auge volllommen glatt, jind es indejjen nicht, jondern wie mit einer Nadel gerifjen; viele haben feine Längsitreifen in regelmäßigem Verlaufe oder ftellenweije mit gleichſam zerfrejjenen Rändern, jo daß dem Auge der Eindrud einer bejonderen Art von Runzelung entiteht; auf den feingerieften zeigen jich regelmäßige Reihen von Anjchwellungen, von Bunfteindrüden, von größeren Grübchen mit abweihendem und erhöhten Farbenglanze, wie bei dem hier vorgeführten Garten-Lauf— fäfer. Wird die Oberfläche unebener, jo treten wenige Längsrippen (drei auf jeder Decke) als jtumpfe Leiſten heraus und lafjen tiefe Rinnen zwijchen fich, welche wiederum in der ver: ſchiedenſten Weije verziert jein können. Abgejehen von Einzelarten, deren Flügel aus: nahmsweiſe vollfommen ausgebildet find, verfümmern diejelben jtets, jo daß jämtliche Ufer:Rafchfäfer. Garten:Lauffäfer. 39 Carabus-Arten nur als tüchtige Fußgänger ihr Fortfommen finden. Die Beine find daher fräftig und dem Familiencharakter entjprechend gebaut, bei dem Männchen nur die drei eriten Borderfußglieder erweitert und mit filziger Sohle bekleidet. Bei den meijten zeigt auch das vierte die Erweiterung, jedoch feinen Filz an der Sohle oder mindeitens unvollfommeneren. Goldgrün, Blau und Bronzebraun bilden neben Schwarz die metalliichen Farben, in welche fich die Caraben kleiden, die jedoch im Tone je nach der Gegend abändern und neben gewifjen Abweichungen in der Plaftif der Oberflähe auf den Flügeldeden der Feitjtellung der Art manche Schwierigkeit bereiten. Die 285 befannten Carabus-Arten bejchränfen fich auf die gemäßigten Gegenden der nördlichen Halbfugel und gehen in der Alten Welt, mit Ausſchluß einiger anjehnlichen Arten Syriens, Baläftinas und des Kaukaſus, nicht über die Mittelmeerländer hinaus, weiter nad) Süden fommen fie in Nordamerika und jelbjt in zehn Arten in Südamerika (Chile) vor. Biele von ihnen find nur Gebirgsbewohner, prachtvolle die pyrenäiſchen; unjere deutjchen Gebirge beherbergen durchjchnittlich diejelben Arten. Die Steine an den Berglehnen und in den Thälern jowie die verwejenden Baumftubben bilden ihre wejentlichjten Verſtecke, unter und in welchen fie der Sammler von der legten Hälfte des Auguſt ab am erfolgreichjten auf: ſucht. Denn hier oder zwijchen dem Mooſe werden fie geboren, hier halten fie ſich über Tag verborgen, bier liegen ſie in der winterlichen Erftarrung. Die in der Ebene lebenden Arten finden in den Wäldern diejelben Verjtede, in den Gärten und auf den Feldern wenigjtens Steine, Erdſchollen, Grasfaupen, Maufelöcher und ähnliche, fie dem Sonnenlichte entziehende Ortlichkeiten, an welchen andere Mitbewohner, wie Echneden, Regenwürmer, Inſekten— larven 2c., ihnen reichliche Nahrung bieten. In der Nachtzeit ziehen fie auf Naub aus, ver: friechen ji) aber wieder, jobald die Sonne emporfteigt. Die wenigen befannten Larven gleihen einander nicht nur in der Lebensweije, ſondern aud in der Äußeren Erjcheinung. Der geftredte, halbwalzige Körper ift durch die Jämtliche Glieder auf dem Rüden dedenden Chitinichilder glänzend Schwarz, am Bauche heller, weil neben den weißen VBerbindungshäuten nur jchwarze Schwielen und Leiſten die erhärteten Stellen andeuten. Der vieredige, vor: gejtredte Kopf ift mit viergliederigen Fühlern, ſechs braunen Taſtern, fichel: fürmigen Kinnbaden und jederjeitS mit einem Ninge von ſechs Augen aus: geftattet, die Eleine Mundöffnung nur zum Saugen geeignet. Über den Rücken der zwölf Leibesringe zieht eine feine Mittelfurche, und der lebte endet nach oben in zwei Dornenjpigen von verjchiedener Länge und Zähne: lung, je nach der Art, nach unten in einen zapfenartig ausjtülpbaren After. al Das erite Glied zeichnet fich vor allen, jedes der beiven folgenden wenigftens EN vor den noch übrigen ziemlich gleichen Gliedern durch die Länge aus. Die Larven leben an gleichen Orten und in gleicher Weiſe wie die Käfer, wie es jcheint, vom eriten Frühlinge bis gegen den Herbit hin, doch dürfte die Entwidelung nicht überall gleich: mäßig vor fich gehen; denn ich fand beijpielsweije im Thüringer Walde Ende Auguſt (1874) einzelne Larven, weldhe der Gebirgs-Goldhenne (Carabus auronitens) anzugehören jchienen, obſchon diejelbe im vollfommenen Zuftande ſchon häufig genug vorfam. Die breite, weiße Puppe liegt in einem erweiterten Lager an Stellen, wo die Zarve zulegt haujte, und braucht entjchieden nur kurze Zeit zu ihrer ferneren Entwidelung. Der Garten-Laufkäfer (Carabus hortensis), wie Linné die Art genannt hat, lebt häufiger auf Feldern als in Gärten; bezeichnender nannte ihn daher Fabricius den Edelitein-Zauffäfer (C. gemmatus), weil die Nänder der feingeftreiften Flügeldeden und auf jeder einzelnen drei Reihen flacher Grübchen durch ihren Kupferglanz ſich wie Epeljteine von dem mattſchwarzen Untergrunde vorteilhaft abheben. Er lebt Hauptjächlich 40 Erfte Ordnung: Käfer; zweite Familie: Qauffäfer. in den Wäldern des öjtlihen Deutichland, geht im Süden bis Tirol und Schweiz, nad) Dften bis Nufland, nördlih bis Schweden. Der goldgrüne Laufkäfer, die Goldhenne, der Goldſchmied (Carabus auratus) wird im Weſten Deutjchlands während des Sommers auf Feldern und in Gärten ftellen: weile häufig angetroffen; er fehlt von der Wittenberger Gegend an, in der Mark Bran- denburg und in Pommern fait gänzlich, tritt dagegen in Preußen wieder auf; in Eng: land und Schweden trifft man ihn jelten, Frankreich und die Schweiz dürfen wieder als jeine Heimat betrachtet werden. Er gehört zu den ftarf gerippten Arten, indem fi auf jeder Dede drei Rippen in aleicher Weife wie die Naht erheben und fein gerungelte Zwiſchenräume zwijchen fich laffen. Die Unterjeite des Käfers ilt glänzend ſchwarz, die DOberjeite erzarün, Beine und die Wurzel der ſchwarzen Fühler find rot. Klingelhöffer in Darmitadt erzählt von dieſer Art eine intereffante Beobachtung, welche entjchieden 1) Garten-Laufkäfer (Carabus hortensis). 2) Buppenräuber (Calosoma sycophanta). 3) Goldhenne (Carabus auratus) nebft Larve. Alle in natürliher Größe. Zeugnis von einem gewiſſen Grade Nachdenkens bei diejem Käfer ablegt, wie folgt: „Sn meinem Garten, unweit der Bank, auf welcher ich mich niedergelafjfen hatte, lag ein Mai— fäfer auf dem Rücken und bemühte fih umfonft, wieder auf die Beine zu fommen. Unter: dejjen erſchien aus dem nahen Boskett ein Carabus auratus, fiel über den Maikäfer her und balgte ſich unter großen Anftrengungen von beiden Seiten mindeftens 5 Minuten mit demjelben herum, ohne ihn bezwingen zu können, wovon er fich zulegt zu überzeugen ſchien; denn er verließ ihn bei einer pafjenden Gelegenheit und eilte in das Bosfett zurüd. Nach Furzer Zeit jedoch erjchien er im Gefolge eines zweiten wieder auf dem Kampfplatze; jte beide bejiegten den Maikäfer und fchleppten ihn nad ihrem Berftede.“ Die Gebirg3-Goldhenne (Carabus auronitens) fteht der vorigen Art ungemein nahe, die Nüdenfarbe ijt eine entjchieden mehr goldgelbe, ihr Glanz dadurch auch leb— bafter, Naht und Rippen der Flügelveden find ſchwarz und die Zwiſchenräume entfchieden unebener als dort. Der Käfer gehört in allen deutschen Gebirgen feineswegs zu den Seltenheiten, jowenig wie in den Karpathen, in den Schweizer Alpen und im öftlichen Frankreich, während er in der Ebene nur jehr vereinzelt angetroffen wird. Heer erzielte in der Schweiz am 3. Juni aus der Larve eine Puppe, aus diefer am 15. Juni bereits ‚Goldgrüner Lauffäfer. Gebirgs-Goldhenne, Puppenräuber. 41 den Käfer, welcher weiß ausſah, aber nach Zeit von 24 Stunden feine Ausfärbung und volle Härte erlangt hatte. Die Larve hat auf der Stirn einen jpigen Höder, zwei jtumpfe Vorjprünge am ausgerandeten Kopfichilde und hinten zwei Dornenipigen von der Länge des Endgliedes und durch zwei Nebendornen dreizadig von Geltalt. Der Buppenräuber, Bandit, Mordkäfer (Calosoma sycophanta; Fig. 2, ©. 40) fteht in fehr nahen verwandtichaftlien Beziehungen zu den eben bejprochenen Garaben, und jeine mehrfachen deutſchen Benennungen deuten auf eine gewilje Popularität, deren er fich zu erfreuen hat. Die Gattung „Schönleib”, wie man Calosoma überjegen müßte, unterjcheidet fih von Carabus durch das auffällig verfürzte zweite Fühlerglied, durch das querftehende, feitlich ftark gerundete Halsſchild, die breiten, nahezu quadratifchen Flügel: deden und durch meift volllommen ausgebildete Flügel. Der Puppenräuber und Die übrigen über die ganze Erde ausgebreiteten Gattungsgenofjen (beiläufig 79 an Zabl) halten ſich allerdings auch an der Erde auf, vorherrichend jedoch an Baumftämmen. Hier fteigen fie auf und ab und jpähen nad) Raupen und Puppen von Schmetterlingen und nac) den Larven anderer freilebender Kerfe, welche fie mit großer Gier verzehren, weshalb die Bezeichnung „Kletterlauffäfer“ für die Gattung vollfommen gerechtfertigt ericheinen dürfte. Unjere Art ift ftahlblau, an den regelmäßig geftreiften, mit zufammen jechs Punkt— reihen verjehenen Flügeldecden grünlich oder rötlich goldglänzend, während die Munbteile, die Fühler mit Ausnahme ihrer bleicheren Spitze und die Fräftigen Beine rabenjchwarz glänzen. An legteren erweitern fi) beim Männchen zwar vier Vorderfußglieder, aber nur ihrer drei befleiden fi) mit Filzſohle. Man findet den Käfer vorherrichend in Kie— fernwaldungen und bejonders zahlreich in Raupenjahren; er ift aljo dazu berufen, das gejtörte Gleichgewicht wiederheritellen zu helfen. Man hat in einem jolchen Falle be- obachtet, wie ein und derjelbe Käfer wohl 10—15mal einen Baum beftieg, ſich mit einer Kaupe der Forleule hinabftürzte, diefe würgte und dann fein Werf von neuem begann. Sn offenem Kampfe, ohne Hinterlift und ohne Furcht geht der Puppenräuber auf jeine Beute los. Die große, etwas behaarte Kiefernraupe jchlägt, wenn fie angegriffen wird, mit dem freien Körperteile heftig um fih; er aber läßt nicht los und jtürzt mit ihr vom Baume. Auf der Erde angelangt, wird die Balgerei fortgejeßt, er unjanft um: hergejhleudert, aber alles umſonſt für das auserwählte Schlachtopfer; geſchwächt und ermüdet, muß fich die Naupe zulegt in ihr Schicdjal ergeben. Der mühſam errungenen Beute froh, jeßt ji der Sieger vor ihr zurecht, die vorderen Klauen in jie, die hinteren in den Erdboden einjchlagend, und verarbeitet mittel3 der Fräftigen Kinnbaden und ver übrigen Mundteile das Fleiſch zu einem Brei, den er verihludt. Sollte ihm bei jeinem Mahle ein Nuheftörer zu nahe fommen, jo jtrampelt er mit feinen Hinterbeinen abwehrend oder beißt auch um fich, bis er den Zudringlichen verjagt hat. Dergleichen Beobachtungen lafjen jich, wie bereit3 erwähnt, nur anftellen, wenn die genannten Raupen oder die der Nonne und des Prozeffionsspinners für den Forſt verderblich auftreten; find diefelben ver- ſchwunden, jo fommt der Buppenräuber fo vereinzelt vor, daß Jahre hingehen können, ehe man aud nur einen im Freien zu Geficht befommt. Seine Entwidelung aus der Puppe erfolgt im Spätſommer oder Herbite, die Paarung nad) der Überwinterung. Die Larve unterjcheidet fih in ihrem Baue in nichts von den befannten Carabus- Larven, weil man fie aber in der Regel wohlgenährt antrifft, jo ftellt fie fich weniger walzen— förmig als von der diden Mitte nach beiden Enden hin verjchmälert dar; auch jcheinen die Chitinſchilder den Rüden nicht vollftändig zu deden, denn fie laſſen die angejpannten, lichten Verbindungshäute zwijchen fich erfennen, wogegen bei einer mageren Larve jene 43 Erjte Ordnung: Käfer; zweite Familie: Lauffäfer. jich vollflommen aneinander jchliegen. Die Dornen am letzten Zeibesgliede find hakig nad) oben umgebogen und an ihrer Wurzel mit einem Zahne bewehrt. Gleich dem Käfer Flettert auch die Yarve gewandt und in gleicher Abſicht, ſaugt aber ihre Beute aus. In den Nejtern der Prozeſſionsraupen richtet fie manchmal arge Verwüſtungen an, und find ihrer mehrere in einem ſolchen vorhanden, jo ift diejenige, welche am lüfternften war und fich faft bis zur Unbeweglichkeit voll fraß, nicht ficher, die Beute einer ihrer noch beweglicheren Schweitern zu werden. Wenn fie zur VBerpuppung reif ift, gräbt fie fich flach unter der Erde ein Lager, in welchem fie nur wenige Wochen Puppenruhe hält. Der Eleine Kletter-Lauffäfer (Calosoma inquisitor) fommt nur in Laub: wäldern des nördlihen und mittleren Europa vor und bejucht nicht alte Bäume, wie der Buppenräuber, fondern Stangenholz von Eichen, Buchen und Hainbuchen, aljfo jolche Stämme, welche fich durch einen Stoß mit dem Ballen der Hand noch erihüttern laſſen. Ich babe ihn von Eichenjtangen im Frühlinge bejonders dann zahlreich herabgeklopft, wenn jene von vielen Spannraupen bewohnt waren. Es gewährte immer ein ergögliches Schauspiel, wenn beim Anprällen an einen ſolchen Stamm drei und mehr Kletterlauffäfer auf das dürre Laub fielen, fich mit Fnifterndem Geräuſche auf das jchleunigjte unter das— jelbe verfrochen und gleichzeitig von allen Aſten Naupen wie Erhängte an ihren Fäden baumelten. Iſt die Gefahr vorüber, Jo bäumen die Kletterer wieder auf, mögen indes manchmal auf ihrem Marjche am Boden durch einen fetten Bifjen für das erlittene Un: gemach reichlich entjchädigt werden. Der Eleine Kletterlauffäfer iſt 20 (15) mm lang, auf den gerieften Flügeldeden wie der vorige mit je drei Reihen tieferer Punkteindrüde ver: jehen und von Farbe oben bronzebraun mit einem Stich in grün, feltener in blau, unter: wärts und an den Außenrändern der Flügeldeden lebhafter metalliich grün. Wenn bei allen bisher bejprochenen Laufkäfern die Vorderſchiene ohne weitere Aus: zeihnung bis nach der Spite verläuft, jo hat fie bei den nachfolgenden an der Innen: jeite einen jtärferen oder jchwächeren Ausſchnitt, hinter welchem der eine der beiden End» Dornen jteht. Das Heer der in eben bezeichneter Weile Gefennzeichneten ijt gegen jene bedeutend überwiegend, und ihm gehören alle die mittelgroßen ſchwarzen, grünen oder bronze- braunen Zauffäfer an, welche, obſchon Nachtſchwärmer, wegen ihrer großen Menge auf den Wegen auch bei Tage angetroffen werden, die einen geſchäftig umbherlaufend, um ein paſſendes Verſteck zu finden, die anderen von den Füßen der ihrer nicht achtenden Wan— derer zertreten. Nur auf wenige Arten aufmerkſam zu machen, jei noch vergönnt. Ein eiförmiger, hinten wenig verengerter Kopf, Eräftige, favdenförmige Fühler, ein herz: jörmiges, an feiner hinteren Partie gleichläufiges Halsſchild, hinten breit abgeſtutzte Flügel- deden, deren Außenede fich jedoch rundet, und ein unterjegter, wenig niedergedrüdter Körper mit acht jihtbaren Hinterleibsringen beim Männchen, jieben beim anderen Gejchlecht ver: einigt eine große Anzahl jehr ähnlich ausfehender Lauffäfer, die auch in ihren Sitten mehr: fach Übereinftimmendes haben. Vor allem leben fie gejellig unter Steinen oder zwiſchen Baummurzeln und bejigen vorherrichend das Vermögen, zu ihrer Verteidigung einen übel: riehenden Dunjt mit Geräuſch aus der Hinterleibsjpige zu entlajjen, weshalb man ihnen den deutjchen Namen Bombardierfäfer (Brachinus;) beigelegt hat. Necht deutlich kann man diejes Schießen beobachten und das damit verbundene eigentümliche Geräufch ver: nehmen, wenn man einen joldhen Käfer nach Sitte der Sammler in ein Fläjhchen mit Weingeift wirft. Ein ziemlich lautes Ziſchen erfolgt einige Dale hintereinander, bis der zum Tode VBerurteilte jein Pulver verjchoffen hat und ermattet die Waffen ftredt. Dieſe interefjanten Käfer fommen in allen Ländern, mit Ausnahme von Auftralien, vor, in den wärmeren Gegenden zahlreicher an Arten als weiter nach Norden hin, und zwar nehmen fie Kleiner Kletter:Lauffäfer. Bombardierfäfer. Gefpenft-Lauffäfer. 43 J in dieſer Richtung ſo ſchnell ab, daß, während z. B. in Frankreich noch elf Arten leben, deren nur vier in Deutſchland und ſogar nur eine — ſehr ſelten — in Schweden angetroffen wird. Überdies ſind ſie teilweiſe ſchwer zu unterſcheiden, weil nur die Färbung einzelner Teile und deren gegenſeitige Formenverſchiedenheiten bei der Erkennung in Betracht kommen. Die großen, bis etwa 17,5 mm langen Arten haben auf ſchwarzem Untergrunde meiſt zierliche gelbe Zeichnungen; unjere heimiſchen ind mit entwidelten Flügeln verjehen, welche vielen Südeuropäern und Nordafrilanern fehlen, ſchwarz und ziegelrot, an den Flügeldecken ein— farbig, meijt blaufchimmernd, und erreichen nur geringe Größe. Zu den ftattlichiten gehört der bis S mm mejjende Brachinus crepitans, an Kopf jamt den Fühlern, Halsihild und Beinen ziegelrot, die jeicht gerieften, in feiner Weiſe punktierten Flügeldeden dunkelblau, der Reſt der Unterjeite ſchwarz; bei genauerer An: jiht erjcheint das dritte und vierte Fühlerglied etwas gebräunt und ein ſehr kurzes Haarkleid am ganzen Körper einschließlich der Flügeldeden. Dieje Art ift über ganz Mitteleuropa verbreitet, in den jüdlichen Ländern entſchieden häufiger und größer als in den nördlichen. Bedeutende Schwankungen in den Größenverhältniffen fom: Bombardierfäfer (Brachinus erepitans). Natürliche — Größe und vergrößert. men bei vielen Arten vor und laſſen bei der bisher noch unbekannt gebliebenen Entwickelungsgeſchichte nur ſchließen, daß die Ernäh— rung der Larve unbeſchadet der weiteren Ausbildung eine ſehr ungleichmäßige ſein könne. Schließlich ſei noch bemerkt, daß ſich auf dem Körper oder an den Gliedmaßen der Bom— bardierkäfer häufig Pilze entwickeln, welche diefelben jeit 1850, wo Rouget zuerſt die Auf: merkjamfeit auf diefen Umftand lenkte, zu einer gejuchten Ware für die pilzbefliljenen Botaniker werden ließen. Entſchieden die abenteuerlichjte Form aller Lauffäfer begegnet uns in dem Gejpenit: Zauffäfer (Mormolyce phyllodes) aus Java, wo er jehr hoch in die Gebirge binaufgeht. Die beijtehende Figur, nad) einem Eleinen Käfer entworfen, da der: jelbe eine Länge von 78 mm erreichen kann, läßt die wunderbaren Verzerrungen der einzelnen Teile und die blattartige Erweiterung der Flügeldeden zur Genüge erkennen, um weiterer Auseinanderjegung zu bedürfen. Allen diefen Ausschreitungen eine Bedeutung beilegen und jie erklären zu wollen, wäre hier, wie in vielen ähn- . lichen Fällen, ein undantbares Geſchäft; Geſpenſt-Laufkäfer (Mormolyce phyllodes). fie bringen durch) ihren Einfluß auf die Sehr kleines Exemplar. Körpergeſtalt den Käfer in einen ſchroffen Gegenſatz zu dem langhalſigen Sandkäfer aus dem ſeiner Heimat benachbarten Feſtlande. Fühler und Beine ſind ſchwarz, das übrige glänzend pechbraun, nur die dünnen, durch— ſcheinenden Ränder, wie ſich erwarten läßt, etwas lichter. Die Larve gleicht in der ges jtredten Form denen unferer Caraben, hat aber einen runden Kopf, jeitlich gerundete Körperglieder, von denen nur das erſte vollkommen, die folgenden von je zwei vier: eigen, Kleinen Chitinplatten unvollftändig bedeckt werden; zwei griffelartige Fäden, Teine 44 Erjte Drdnung: Käfer; zweite Familie: Laufkäfer. Hornipigen, bilden die Anhängiel am legten Gliede. Dieje Larve lebt in einer Art von Baumfhwämmen, welche die Japaneſen „Gammur“ nennen, und ernährt fi) ohne Zweifel von anderen Mitbewohnern diejer Schwänme. Einen mwejentlich anderen Formenfreis und der Eigentümlichkeiten mancherlei Art ent: falten die Finaerfäfer (Scarites). Der kurze Zapfen, eine Erweiterung des Mittel- bruftringes nach vorn, um den beinahe halbmondförmigen VBorderbruftring aufzunehmen, deutet auf außergewöhnliche Beweglichkeit dieſes letzteren; die breiten, nad) außen ſcharf gezahnten Vorderichienen laſſen auf Grabfertigfeit jchließen, zeichnen fich überdies an der Unterfeite ihrer Spige durch eine tiefe Ausfehlung und zwei beweglich eingelenfte End- dornen aus. Am großen, quadratiihen Kopfe erlangen die drohenden Kinnbaden bei weiten das Übergewicht; die dreilappige Oberlippe und die Fühler find kurz, legtere perljchnur: förmig und im Grundgliede jo lang, daß man fie faſt für gebrochene Fühler erklären könnte. Die ungefähr 100 Arten, alle ungezeichnet und ſchwarz von Farbe, die meiiten von beveu: tenderer Körpergröße, bewohnen nur wärmere Gegenden aller Erdteile. Sie graben fich an Flußufern, am Geftade des Meeres, oder wo ſonſt das Graben möglich, Nöhren, die fie bei Tage nicht gern verlafjen, jondern auf Beute lauernd durch ihren Körper am Eingange verſchließen. Nach Sonnenuntergang fommen fie vorfichtig aus denjelben hervor, huſchen aber eiligit wieder hinein, wenn fie Gefahr argwöhnen, und zeigen in diefem Betragen Ähnlichkeit mit unjerer Feldgrille. Die weiter vor: gerüdte Dunkelheit erhöht ihren Mut und läßt fie ungezwungener ihre Naubzüge verfolgen. Lacordaire traf in Amerika einige Arten in den Wäldern unter Steinen oder in faulenden Baumjtümpfen, bei { £ Buenos Aires eine Art (Scarites anthracinus) nur unter trodenem Rieſen-Fingerkäfer Aaſe. Der Rieſen-Fingerkäfer (Scarites gigas) zeichnet ji) eg durch glänzende, ftumpf eiförmige Flügeldeden ohne jegliche Strei- fung over Bunktierung und durch einen furzen Zahn am Seitenrande des Halsihildes aus, deſſen Vordereden außerdem etwas vorjpringen, und dejjen Border: vand bis zu einer eingedrüdten Querlinie mit feinen Kerbſtrichen verjehen tft. Diejer Fingerläfer bewohnt die Küften des Mittelmeeres und iſt ſchwer zu erhajchen; es jei dies nur möglih, wie mir ein Freund verjicherte, welcher mir mehrere Stüde aus Spanien mitbrachte, wenn es gelungen wäre, durch einen Stod oder ein anderes Werkzeug den Eingang zu feiner Höhle früher zu verjperren, als er fie bei jeinen abendlichen Streif: zügen wieder erreicht hatte. Seine blinde Zarve lebt, abweidhend von denen der meijten anderen Arten, tief im Sande, iſt träger Natur und ſucht ihre Nahrung nicht an der Oberfläche. Heer lernte auf Madeira die Larve des Scarites abbreviatus fennen und berichtet, daß fie fih Durch den augenlojen großen Kopf vor anderen Lauffäferlarven auszeichne; die Beine jeien ziemlich furz, die Hüften verhältnismäßig lang und abjtehend, Schenkel: ringe und die zufammengedrüdten Schenkel auf der Innenſeite mit einer Doppelreihe furzer Dornen jowie das ſchmale Endglied des Körpers mit zwei zweigliederigen Anhängen verjehen. Die in Deutjchland grabenden Lauffäfer erjcheinen gegen die Fingerfäfer wie Zwerge und gehören hauptjächlich der Gattung Dyschirius an. Wir haben Flieger, Kletterer und Gräber unter den fleifchfreffenden Läufern fennen gelernt. Durch einige Pflanzenfreijer fommt noch weitere Abwechjelung in die Lebens— weije der Familiengliever. Die diden und plumpen Arten der Gattung Zabrus. Ein ſtark gemwölbtes, quer rechtediges Halsjchild und fein enger Anſchluß an die gleichfalls Niejen-Fingerfäfer. Getreide-Lauffäfer. 45 ſtark gewölbten und vorn gleich breiten Flügeldeden bringen die gedrungene, weniger zier- lie Körperform hervor, durch welche fich die Gattung Zabrus fenntlich madt. Beim Männden find die drei erſten Verderfußglieder durch jtarfe Erweiterung herzförmig und die Flügeldeden in der Regel glänzender als beim Weibchen. Die bekannten Arten, 61 an Zahl, bewohnen vorherrſchend die Mittelmeerländer mit Einſchluß der Azoren, einige wenige das mittlere Europa, und nur eine Art erftrecdt ji) von Portugal bis nah Preußen und von Cypern bis nad) Echweden, hat mithin die örtlich weitejte Verbreitung. Dieje eine Art ift ver Getreide-Lauffäfer (Zabrus gibbus), der durch fein mafjen: haftes Auftreten in einzelnen Gegenden eine gewijje Berühmtheit, aber Feineswegs im quten Sinne, erhalten hat. Es war im Jahre 1812, als im Mansfelder Seefreife der Provinz Sachſen die Larve an den Winterfaaten und jpäter an der jungen Gerfte bedeutenden Schaden anrichtete, und zwar jo unerwartet, jo vereinzelt und jo vollftändig der Natur der übrigen Laufkäfer widerſprechend, daß die Gelehrten die von Germar befannt gegebene Thatjahe, als auf irgend welchem Irrtume beruhend, in Zweifel zu ziehen begannen. Seit den dreißiger Jahren hat ſich das unlieb- jame Erjcheinen des Öetreide-Lauffäfers öfter wiederholt in den verjchiedeniten Teilen der Provinz Sachſen, am Nhein, in der heutigen Provinz Hannover, in Böhmen und ander: wärts. Se öfter und je alljeitiger die Aufmerkſamkeit auf diejen ©etreidefeind gelenft worden ift, dejto bejtimmter bat man fi) von der Schädlichfeit nicht nur der Larven, jondern auch des Käfers jelbjt, wenn beide in größeren Mengen auftreten, überzeugt. Lebterer iſt jeiner Geſtalt und Größe nad) aus unferer Abbildung, jeinen übrigen Merkmalen nad) aus den bereit3 angegebenen Gattungscharafteren gekennzeichnet; ergän— zend jei nur noch hinzugefügt, daß er oben jchwarz oder jchwarzbraun, an der platten Unterjeite und an den Beinen heller, pehbraun gefärbt, das Halsichild am Grunde dicht und fein punftiert und an den Hintereden rechtwinfelig ift, daß die Flügeldeden tief ge- jtreift und in den Streifen punftiert und die Flügel vollkommen entwidelt find, welch Letz— teres nicht von allen Arten gilt. Der Getreide-Laufkäfer bewohnt zu der Zeit, in welcher die Noggen:, Weizen: und Gerſtenkörner noch im Milchjafte ftehen, die betreffenden Felder oder deren Nachbarſchaft und war in der Sommerzeit jeiner Buppe entjchlüpft. Wie die meiften jeiner Berwandten fommt er am Tage wenig zum Borfchein, jondern ruht unter Steinen, unter Erdſchollen und in ähnlichen Berjteden. Sobald die Sonne am abendlichen Himmel verihmwunden iſt (von S!/s Uhr an), verläßt er feinen Hinterhalt, Elettert an einem Halme der genannten Getreidearten bis zu der Ähre in die Höhe, und findet er die Körner no) weich, jo ſetzt er fich jejt, Ichiebt mit den Vorderbeinen die Spelzen beijeite und benagt von obenher das Korn. Bei diejer Beichäftigung entwidelt er einen jo großen Eifer, daß weder ein Luftzug, noch jonft eine unerwartete Erjehütterung ihn von jeinem Weideplage berabzumerfen vermag. Man findet meift die Ihren von unten nach oben befrefjen und jerzauft, in dieſer mehr, in einer anderen weniger Körner benagt. 9. Breiter be richtet (1869) über ein Roggenfeld in der Grafichaft Bentheim, das zur Fraßzeit von abends S!/s bis morgens 7 Uhr von obenher ſchwarz ausgefehen habe, indem auch nicht eine Ähre frei von diefem Treffer gewefen fei. An dergleichen Orten finden fih nun auch die Gejchlechter zujammen und paaren fih. Das befruchtete Weibchen legt alsbald jeine Gier haufenmweife, ohne Zweifel flach unter die Erde an Gräfer, welche auf den Adern und auf den Feldrainen wachſen. Denn daß gemeine Gräfer diefem Kerf zur Nahrung Getreide-Laufkäfer mit Larve (Zabrus gibbus). Natürl. Größe. 46 Erſte Ordnung: Käfer; zweite Familie: Lauffäfer. dienen, dürfte aus den Beobachtungen hervorgehen, weldhe man in Mähren, Böhmen und Ungarn gemadt hat, wo immer joldhe Felder am meiften zu leiden hatten, welche früher Wieſe — Weide geweſen waren, oder ſolche, die an Wieſen angrenzten. Die Larve läßt nicht lange auf fih warten, ernährt fich von den zarten Keimen und Herzblättchen der Gräſer und it zu wiederholten Malen bereits im Herbite, mehr noch nach der Überwinterung im Frübjahre al3 Zerjtörerin der Winterfaaten angetroffen worden. Sie kann nicht leicht mit einer anderen Zarve verwechjelt werden, welche fich unter ähn: lihen Verhältniſſen auf den Adern findet, und trägt vollftändig, wie unjere Abbildung auch zeigt, den Charakter aller Lauffäferlarven an fih. Der von oben etwas gehöhlte Kopf iſt länger als breit und wenig jchmäler als der Halsring, trägt in eine fcharfe Spige auslaufende, in der Mitte mit ſtumpfem Zahne bewehrte Kinnbaden, hinter deren Wurzel viergliederige Fühler und jechs Augen in zwei jenfrechten Reihen jederjeits. Den Rücken jämtlicher Körperringe deden Chitinplatten, deren vorderfte größer und braun, die weiter folgenden Kleiner und mehr rot find, alle aber von einer lichten Längsfurde durch— zogen werden. Außer diefen Hauptjchildern haben die fußlojen Hinterleibsringe noch eine Dienge Heinerer Hornfledchen, welche am Bauche zierliche Zeichnungen hervorbringen. Das jtumpf zugeſpitzte Leibesende läuft in zwei zweigliederige kurze Fleifchipigchen aus, an denen, wie am ganzen Körper, beionders aber am Kopfe, furze Borjtenhärchen zerjtreut wahr: genommen werden. Erwachlen mißt die Larve durchfchnittlih 28 mm. Bei Tage hält fie jih 150 mm und tiefer in einer jelbjtgegrabenen Erdröhre auf und fommt nur abends und nachts zum Fraße hervor. Die Fraßweije und die fonjtigen Gewohnheiten der Larve bieten allerlei Eigentümlichkeiten dar. Was bereits von anderen Lauffäferlarven bemerft worden it, gilt auch von diejer: fie zerkleinert die Blättchen der Winterfaaten nicht, um fie zu ver: Ihluden, jondern zerfaut diejelben, um den Saft aus dem hierdurch erhaltenen Breie zu jaugen; darum verwandelt fie die im Herbſte noch zarten Pflänzchen vollfommen, im Früh: jahre nach der Beſtockung derjelben wenigitens einzelne Triebe in Knäuel, welche vertrocknen und als dürre Pfröpfchen den Boden vededen. Der Negenwurm bringt fehr ähnliche Erſcheinungen hervor. Auf dieſe Weiſe verſchwinden vor Winters die Saaten vollſtändig, nach der Überwinterung teilweiſe und zwar von den Feldrändern her oder im Inneren platzweiſe. Dieſe Verbreitungsweiſe der Beſchädigungen weiſt auf die Geſelligkeit der Larven, alſo auch auf das klumpenweiſe Ablegen der Eier hin und läßt bei gehöriger Aufmerkſamkeit den Herd erkennen, von welchem aus eine Weiterverbreitung erfolgt iſt. Wenn ſchon ein Anblick der Art, wie er eben geſchildert wurde, auf die Gegenwart des Zerſtörers ſchließen läßt, ſo gehört immer noch ein Kunſtgriff und eine gewiſſe Übung dazu, ſeiner ſelbſt habhaft zu werden. Er ſitzt, wie bereits erwähnt, bei Tage in ſeiner Röhre, welche mit ſeinem Wachstum tiefer gearbeitet wird und, wenn auch etwas gekrümmt, doch in der Haupt: richtung jenkvecht in die Erde führt. Sowie die Larve das Herannahen einer Gefahr, wie eine durch Fräftige Tritte hervorgerufene Erjchütterung der Erde, verjpürt, ahmt fie dem Maul: wurfe nach: jie läßt fich bis auf den Boden ihrer Wohnung binabfallen. Wollte man fie jest ausgraben, jo könnte man manchen Spatenftih thun und möglicherweife alle umfonit, da fie, an die Oberfläche gelangt, aber von lofer Erde bededt, jchnell und unbemerkt das Weite juhen würde. Um fich ihrer zu vergewiffern, hat man vorfichtig gegen Abend den Eingang in die Röhre und deren Nichtung zu ermitteln — die trodenen Pfröpfchen, welche jenem nicht jelten aufligen, weifen darauf hin —, mit einem raſch die Röhre ſchneidenden, Ihräg geführten Spatenftiche die Erde auszuwerfen und wird dann meift in dem aus: geworfenen oberen Röhrenteile die hier fich aufhaltende Larve blofgelegt, fie jedenfall ver: hindert haben, in die Tiefe hinabzugleiten. Es ift noch nicht gelungen, dureh Fünftliche Zucht Schwimmkäfer. AT die Lebensdauer der Larve zu ermitteln. Die gefangenen Larven frejjen fich gegenfeitig an und auf, jobald das gebotene Getreide nicht die hinreichende Nahrung liefert. Der Umftand, daß die gleichzeitig lebenden Larven verichiedene Größe haben, und daß andere unter ähn— lichen Berhältnifjen vorkommende Käferlarven zu ihrer Entwidelung mehrere Sahre bedürfen, veranlaßte mich früher, auch von diejer Art eine mehrjährige Brut anzunehmen; ich bin aber neuerdings nach verjchiedenfeitigen Beobahtungen zu einer anderen Anlicht gelangt. Die Nachkommen der ungefähr Mitte Juni geborenen Käfer überwintern in verichiedener Größe, fommen nach der Überwinterung um die Mitte des Mai zu der Verpuppung und werden jpätejtens 4 Wochen nachher zu Käfern, jo daß mithin nur von einjähriger Brut die Rede jein kann. Es mögen auch hier, wie dies ſchon von anderen Laufkäfern bemerkt wurde, nicht immer die Zeiten pünktlich innegehalten werden; denn jonjt ließe ſich nicht erklären, wo im erjten Frühjahre die Käfer herfommen, die ich jehr vereinzelt angetroffen habe. Es braucht wohl nicht erft erwähnt zu werden, jondern erjcheint jelbjtveritändlih, daß die Verpuppung im Grunde der etwas erweiterten Röhre erfolgt. Mo nah den Berichten ganze Noggenfelder durch die freijenden Käfer ein jchwarzes Anjehen befommen oder die Larven jo dicht beifammen freifen, daß man mit jedem Spaten= jtihe 15—30 Stüd derjelben zu Tage fördert, wie 1869 im Kreife Minden, da liegt es ficher im Intereſſe der Feldbeliger, diefen Zerjtörern möglichfte Schranken zu jegen und ſich ihrer zu erwehren. Nachdem das Betragen der Laufkäfer im allgemeinen geihildert, der wejentlichiten Abweichungen davon bei einzelnen Sippen gedacht und die Grundform ihres Körperbaues durch mehrere Abbildungen verfinnlicht worden ift, jo würde ein weiteres Eingehen auf dieſe Familie nur ermüden. Wer zahlreiche Arten aus der nächſten Verwandtjchaft des Getreidelauffäfers, der von allen jedoch der am ftärfiten gewölbte ift, bei einander zu ſehen wünjcht, dem können wir nur raten, fie in der Zeit vom Dftober bis zum Beginn des nächſten Frühjahres in ihrem Winterlager aufzufuchen. Hierzu find Feine befonderen Kunſt— griffe und feine praktiichen Erfahrungen nötig, jondern es reicht aus, einen und den anderen größeren Stein auf einem beliebigen Feldwege zu lüften und die von ihm bedeckt gewejene Bodenflähe anzufhauen. Da zeigt fih ein Bild, verjchieden je nach der Ortlichkeit und nad) der Jahreszeit, immer jedoch geeignet, einen Blid in das geheime Getriebe der Kerf— welt zu thun, im Winter ftarr und regungslos, je näher dem Frühlinge voller Leben und Angſt verratender Beweglichkeit. Unter dem mancherlei Geziefer haben aber die Läufer ficherlic das Übergewicht. Der Iinnige Spaziergänger, welcher Gefallen an der ſchönen Natur findet und auch das Kleine und Unbedeutende bemerkt, welches fich jeinen Blicken darbietet, befommt dieſen und jenen Lauffäfer zu jehen, mit den im Wafjer lebenden Kerfen hat es freilich eine andere Bewandtnis. Um dieje zu beobachten, muß man mehr Muße und Intereſſe haben als ein gewöhnlicher Spaztergänger; man muß an Tümpeln, Lachen, Gräben mit ftehendem Waſſer fih umbhertummeln und aufmerfjam ausjchauen. Da gibt es allerlei wunderbare Dinge zu jehen und viel zu berichten für den, welcher fich einigermaßen kümmert um das Geſchmeiß, das hier zeitweilig oder für immer lebt, um zu freſſen und gefreffen zu werden. Denn nimmt das Morden unter dergleichen Gefindel in der Luft und auf der weiten Erdober: fläche fein Ende, jo gehört es zum faſt ausjchlieglichen Handwerfe derer, welche das Geſchick in ein Waſſerloch einjperrte, wo jo leicht Fein Entfommen iſt und der Schwäcere dem Stärferen immer unterliegen muß. Könnten wir durch die Berichte, die ſich auf Die Shwimmfäfer beziehen, unjere Leſer für einen nur Kleinen Teil jener Wajjerbewohner 48 Erjte Ordnung: Käfer; dritte Familie: Shwimmfäfer. interejlieren und fie veranlafjen, jelbjt hinzugeben und zu jehen, jo würden wir unferen Zweck erreicht haben, und jie wären reichlich belohnt; denn fie würden mehr jehen, als wir ihnen bier erzählen können. Die Shwimmfäfer, Tauchkäfer (Dyticidae und Hydrocanthari), um welde es ſich zunächſt handelt, find für das Wafjerleben umgejchaffene Lauffäfer. Da aber diejes weniger Abwechjelung bietet al3 das Leben in der freien Luft, jo finden wir bier auch bei weitem nicht den Formenreichtum wie dort. Mundteile und Fühler der Schwimm- fäfer unterjcheiden fich nicht von denen der Läufer, namentlich ift die äußere Lade der Unterkiefer in die charafteriftiiche Tafterform übergegangen, der Körper jedoch verbreitert und verflacht, in jeinen drei Hauptteilen gejchloffen, nad) oben und unten fo ziemlich gleichmäßig gewölbt und in den Umriſſen ein regelmäßiges Dval daritellend. In gleicher Weiſe werden die Beine, vorzugsweiſe die hinterjten, breit und bewimpern fich zur Nach— hilfe jtarf mit Borjten, denn fie dienen al3 Ruder, ihre Hüften find meiſt groß, quer, reichen fat bis zum Seitenrande des Körpers und verwachjen mit dem Hinterbruftbeine vollitändig. Bisweilen verfümmert das vierte Fußglied der Vorderbeine, während beim Männden die drei erjten desjelben Paares, manchmal auch des folgenden in zum Teil eigentümlicher Weife fi) erweitern, und auch die Verwachſung der drei vorderiten von den fieben Bauchringen findet hier wie bei den Gliedern der beiden voraufgehenden Familien jtatt. Neben der Fähigkeit zum Schwimmen fehlt den Dyticiven keineswegs die zum Fliegen. Da fie fast ausfchließlih in ftehenden Wäſſern leben, deren manche im Sonmer austrodnen, jo würden fie einem ficheren Tode entgegengehen, wenn nicht die Alugfertigfeit vorgejehen wäre. Am Tage bei Sonnenschein oder in der Dämmerung ver: lafjen fie ihr Element von einer Wafjerpflanze aus, an der in die Höhe gefrochen wurde, und daher ift es zu erflären, daß man in Negenfällern, in Röhrtrögen und in ähnlichen Wafjerbehältern manchmal gerade die größeren Arten zu jehen befommt, daß jie des Morgens, weit entfernt von ihrem gewöhnlichen Aufenthalte, auf dem Rüden hilflos daliegend, auf den Glasfenftern von Treibhäufern und Warmbeeten gefunden worden find, die fie entjchieden für eine glänzende Waflerfläche gehalten haben mußten. Sehr viele benugen ihr Flugvermögen, um unter Moos in den Wäldern ihr Winterquartier zu juchen, wo ich fie jchon neben Lauffäfern, Kurzflüglern und anderen in der Gritarrung angetroffen habe. Da ſie nicht durch Kiemen atmen, jo bedürfen fie der Luft oberhalb des Wafjers, fommen dann und wann aus der Tiefe hervor und hängen gleichſam mit ihrer Hinterleibsipige, wo das legte Luftröhrenpaar mündet, an dem Wafjerjpiegel, um friſche Luft aufs und am filzig behaarten Bauche mit in die Tiefe hinabzunehmen. Warmer Sonnenschein lockt fie befonders an die Oberfläche und belebt ihre Thätigteit, während fie jich an trüben Tagen im Schlamme verfriechen oder verborgen unter Wajjerpflanzen fißen; denn fehlen dieje einem Wajjertümpel, jo fehlen auch fie. Die überwiegende Anzahl von ihnen, mit jehr großen und nach vorn erweiterten Hüften, ſchwimmen unter gleichzeitiger Bewegung der Hinterbeine, alſo nach den Regeln diejer edlen Kunft, einige Eleinere Arten, mit jchmalen Hinterhüften, unter abwechjelnder Bewegung der Hinterbeine; dieſe find die Wafjertreter. In Bezug auf die Larven müfjen wir wieder unjere große Unwiſſenheit bekennen; von den paar bejchriebenen läßt fih nur anführen, daß fie mit jechs jchlanfen, bewim— perten und zweiflauigen Beinen ausgerüftet find, aus elf Zeibesgliedern bejtehen, welche auf dem Rücken von Chitinfchildern bedeckt werden; nur das legte röhrenförmige ift durch— aus hart und läuft in zwei ungegliederte, aber eingelenkte und gefieverte Anhängjel aus, welche mit dem legten Luftlochpaare in Verbindung ftehen und früher (S. 16) als Tracheen— fiemen bezeichnet worden find. Der wagerecht vorgeitredte platte Kopf zeichnet ich durch Gejäumter Fadenſchwimmkäfer. 49 einfache, fichelförmige Kinnbaden, freie Kinnladen mit eingliederigen Taftern, ein Furzes, fleifchiges Kinn mit zweigliederigen Taftern und feine Spur einer Zunge, dur) den Mangel der Oberlippe, durch viergliederige Fühler und jederjeitS durch eine Gruppe von ſechs, in zwei Senkſtrichen ſtehenden Punktaugen aus. Die Kinnbaden dienen diejen Larven nicht nur zum Felthalten und Berwunden ihrer Beute, wie den Lauffäferlarven, jondern in Ermangelung einer Mundöffnung gleichzeitig al3 ſolche. Sie find nämlich hohl, vor der Spite in einer Spalte offen und bilden ein Saugwerk, mit welchem die flüſſige Nahrung aufgenommen wird. Wegen der Übereinftimmung binfichtlich dev Freßwerkzeuge bei diefer mit den beiden vorangehenden Familien find alle drei von früheren Syitematitern als FSleifhfreijfer (Adephagi) zu einer Gruppe zufammengeftellt worden. Die etwa 600 befannten Schwimmfäfer breiten fich über die ganze Erde aus, vor: wiegend jedoch in der gemäßigten Zone, und ſtimmen wie in der Geſtalt auch in der meiſt eintönigen Färbung überein, jo zwar, daß bier in feinerlei Weife die Bewohner heißerer Erdjtriche eine Auszeichnung vor unferen heimijchen aufzuweiſen haben. Schwarz, braun, bei den größten wohl auch olivengrün mit oder ohne jehmußiggelber Zeichnung, welche vorherrichend einige Ränder trifft, find die einzigen Farben, welche den Schwimm- fäfern zukommen. Gegen den Herbft findet man fie am zahlreichiten und, wie es jcheint, alle als Neugeborene und zur Überwinterung bejtimmt. Der gefäumte Fadenſchwimmkäfer (Dyticus marginalis) in unferer umftehen: den Abbildung (Fig. 1 und 2) gehört zu den größten der ganzen Familie, hängt jest mit der äußerſten Spite jeines Hinterleibes an der Oberfläche des Wafjers, fährt im nächiten Augenblide hinab und wühlt ih in den Schlamm des Grundes, oder verjtedt ſich in das Gewirr der dort wurzelnden Pflanzen, kommt wieder hervor, eine fleine Zarve oder einen anderen Mitbewohner des ſchmutzigen QTümpels jo lange verfolgend, bis er den leeren Biljen triumphierend zwiſchen jeinen jcharfen Freßzangen feithält. Der Bau des Körpers und der gleihmäßig rudernden Hinterbeine verleihen ihm die ausreichende Gewandt— beit. Die Mittel: und Vorderbeine find zum Klettern und Feithalten eingerichtet, in beiden Geſchlechtern aber verfchieden gebaut. Während die fünf feitlich etwas zufammengedrüdten Fußglieder beim Weibchen untereinander ziemlich gleich find, höchitens das Klauenglied durch feine Länge ſich mehr auszeichnet, erweitern fich die drei erjten der männlichen Mittel: füße und find, wie bei vielen Zauffäfern, an der Sohle mit einer Bürjte kurzer Borſten dicht bejeßt. An den Vorderbeinen bilden diejelben zuſammen eine freisrunde Scheibe, welche auf der Sohle außer der Bürfte noch zwei Näpfchen trägt. Eine einfache und doc) wunderbare Einrichtung. Wenn das Tier feine Borderfüße platt aufdrückt auf einen Körper, 3.9. ein im Waffer liegendes Nas, die polierte Oberfläche feines Weibchens, jo fommt die Innenſeite jener Näpfchen mit zur Berührung, dann aber zieht ein mitten durch gehender Muskel die Innenwand zurüd und es bildet fich ein luftleerer Raum innerhalb diejes feinen Schröpffopfes, die Beine haften auf diefe Weife feiter, al3 es unter Aufwand von vielleicht zehnmal mehr Musfelfraft möglich wäre. Die immer glänzende, niemals nafje Oberfläche des ganzen Körpers ift oben dunkel olivengrün mit Ausnahme einer gleichmäßigen, gelben Einfaffung rings um das Hals- \hild und einer nach hinten allmählich jehwindenden am Außenrande der Flügeldeden. Dieſe legteren bieten bei den anderen Dyticus- Arten ein noch anderes Unteriheidungs- merfmal der Gejchlechter, bei der unjerigen nur teilweife. Sie find nämlich auf ihrer größeren Vorderhälfte bei den Weibchen ftark gefurcht, während gerade von unjerer Art ebenjo häufig Weibchen mit olatten, den männlichen vollfommen gleichen Flügeldeden ans getroffen werden. Die Zweigeſtaltigkeit der Flügeldeden nah den beiden Gejchlechtern kennt Brehm, Tierleben. 3. Auflage IX. 4 50 Grite Ordnung: Käfer; dritte Familie: Shwimmfäfer. man längſt und war auch jchon früher bemüht, eine Deutung für fie zu finden. Die An: nahme lag nahe, daß die durch Furchen erzeugte Rauheit des Nüdens dem Männchen das Fejthalten auf demjelben bei der Paarung erleichtern dürfe. Kirby und Spence in ihrer „Einleitung in die Entomologie”, ebenjo wie Darwin in jeiner „Abjtammung des Men: chen und die gejchlechtliche Zuchtwahl” gehen von diefer Anficht aus, jene betrachten aber die in Nede jtehende Einrichtung als einen unmittelbaren Ausflug der göttlichen Weisheit, diejer als das Produkt allmählicher Entwidelung durd Naturzühtung. Darwin folgert nun weiter: Sind die Flügeldedenfurchen als Förderungsmittel zur Begattung wirkſam, jo haben die damit ausgerüfteten Weibchen im Kampfe um das Dajein vor den glatt- deckigen einen gewiljen Vorzug voraus, dieje legten haben nad) dem Gejebe der Kompen- jation des Wahstums ftatt der Fomplizierteren Ausbildung der Flügeldecken Eräftigere Gejäumter Fadenfhmwimmfäfer (Dyticus marginalis): 1) Männden, 2) Weibden, 3) Eier, 4) Puppe, 5) Larve an einer Kaulquappe. 6) und 7) lauffäferartiger Kolbenwajjertäfer (Hydrous caraboides) nebjt Larve 8) gefurdter Fadenſchwimmkäfer (Acilius suleatus), Weibchen. 9) Hydroporus elegans. 10) Cnemidotus caesus. Natürliche Größe. Natur, namentlich Fräftigere Schwimmbeine und find daher wieder in diejer Beziehung im Vorteile; wogegen die minder begünftigten Zwiſchenformen im Laufe der Zeit vom Schauplage verſchwinden mußten. Joſeph hat ein jolches Weibchen mittlerer Form auf: gefunden, zwar nicht von der in Nede ftehenden, jondern von einer anderen jehr nahe ver: wandten Art (Dyticus dimidiatus). Dasjelbe hat Andeutungen von Furchen, wie deren zwei auch beim Männchen vorhanden find, ſchmal und jeicht, nur die jechite und fiebente Furche ift etwas breiter und tiefer. Wenn nun ein noch nicht von der Schaubühne ab: getretenes Weibchen ſolcher Mittelform aufgefunden worden it, jo dürfte bei einer viel: jeitigeren Nachforſchung vielleiht auch noch ein zweites und drittes aufgefunden werden, und diejelben find fomit noch nicht ausgeftorben. Was weiter die Fräftigeren Schwimm— beine der glatten Weibchen anlangt, jo ift diejes Merkmal von jo unbejtimmter und unficherer Natur, daß es von dem einen zu gunften jeiner Anficht gejehen, von dem anderen geleugnet worden ift und entjchieden geleugnet werden kann, wodurd hier das Gejäumter Fadenſchwimmkäfer. 51 Kompenfationsgejeß des Wachstums hinfällig wird. — Neuerdings bringt von Kiejenwetter eine andere Erklärung vom Dimorphismus der Dyticidenweibchen, welche den Darmwinfchen Grundjägen entipricht. Davon ausgehend, daß die Flügel der Kerfe als Ausjtülpungen der Haut zu betrachten jeien, welche von Adern oder Rippen, den urjprünglichen Luft: röhrenftämmen geſtützt werden, daß in den Flügeldeden der Käfer diejelben meift verwifcht, aber immer noch nachweisbar find, werden die gerippten oder gefurchten Flügeldecken im Gegenjate zu den glatten von vornherein als die urjprünglichere Bildung betrachtet. Dafür jpriht auch der Umstand, daß ſchon in der Tertiäyzeit Dytieiden mit gefurchten Flügel: decen vorgefommen find. „Hat man nun“, fährt von Kiejenwetter fort, „die überaus formenreiche Entwidelung des Inſektentypus, als der durch Tracheen atmenden Gliedertiere, nicht im Wafjer, wo man verhältnismäßig wenige Inſekten antrifft, jondern auf dem Lande zu juchen, wo fie bekanntlich in unendlicher Vielgeftaltigfeit auftreten, fo darf man ins— bejondere die Dyticiden al3 urjprüngliche Carabenform anfehen, die dem Leben im Waſſer angepaßt worden iſt, oder bejtimmter im Darwinſchen Sinne gejprochen, die dem Waſſer— leben ſich allmählich angepaßt hat; nicht umgekehrt die Caraben als Dyticidven, welche ſich zu LZandraubtieren umgeftaltet haben. Den Carabentypus kommt aber jenes Rippenſyſtem der Flügeldeden, dejjen Bedeutung wir eben darzulegen juchten, in ganz beftimmt aus- gejprochener Weife zu, und man hat es daher auch für die Dyticiden als das urjprüng- lich typiſche zu betrachten und folgerecht anzunehmen, daß die anfänglich vorhandenen Furchen erſt durch Anpaſſung an das Leben im Wafjer, für welches eine möglichit alatte Körperoberfläche vorteilhaft war, allmählich bejeitigt worden find, daß aber gewifje Weibchen fie in mehr oder minder modifizierter Form beibehalten haben, da fie ihnen wieder in anderer Hinficht (für die Begattung) von Vorteil waren, während andere Weibchen fie gleich den Männchen verloren. Lebteren Weibchen kommt (abgejehen von der mindejtens proble- matiſchen Frage, ob fie eine Fräftigere Entwidelung haben) die glatte Oberfläche für ihre Bewegungen im Wafler zu ftatten, eritere dagegen haben Ausficht auf zahlreichere Nach— fommenjchaft, und jeder diejer Vorteile ift nad) Darwinſcher Auffaffung ſchon an fich für ausreichend zu erachten, um im Laufe der Generationen die entſprechende Bildung der Weibchen zu firieren over in Fällen, wo beide Momente fih die Wage halten, die weib- lihen Individuen in zwei Nafjen zu jpalten, die unvermifcht nebeneinander beftehen, indem die minder begünftigten Zwiſchenformen ausgemerzt werden.“ Wir müfjen es dem Leer überlafjen, fich ſelbſt für die eine oder die andere Anficht zu erklären oder feine von den beiden anzunehmen und in diefen Unterjchieden nur den überall vorkommenden Ausdrud für den unendlichen Formenreichtum in der organischen Natur zu erfennen. Nach diejer Abjchweifung, welche wir für geboten hielten, um einen Begriff zu geben, wie weit die Spekulation auf diefem Gebiete von der eigentlichen For: ſchung ablenken kann, kehren wir zur Charakteriftif des gefäumten Fadenſchwimmkäfers zurüd. Die Unterfeite feines Körpers und die elfgliederigen Borftenfühler find gelb gefärbt, die Beine etwas dunkler. Wie die größeren Lauffäfer einen übelviechenden grünbraunen Saft ausjpeien, um denjenigen außer Faſſung zu bringen und zur Freilafjung ihrer Perſon zu nötigen, der einen zwijchen die Finger nahm, jo fondern unſer Schwimmkäfer und die mittelgroßen anderen Arten aus dem Vorder: und Hinterrande feines Halsjchildes eine milchweiße Flüffigfeit aus, welche gleichfall3 einen unangenehmen Geruch verbreitet. Wollen wir der Entwidelungsgejfchichte diefes Schwimmfäfers weiter nachgehen und jomit einen Begriff von der der übrigen erhalten, die im großen Ganzen feine andere jein dürfte, jo brauchen wir nur eine Partie derjelben in ein Aquarium zu jegen, welches über dem Fiefigen Boden etwas Schlamm und ftatt des üblichen Felfens in der Mitte einige Rajenjtüce enthalten müßte. Bei der großen Gefräßigfeit der Tiere verurſacht ihre 4 mIYERSı vTyıa f IHR INU 52 Erjte Drdnung: Käfer; dritte Familie: Shwimmfäfer. Sättigung einige Schwierigkeiten, doch können Ameijenpuppen, Froſch- und Filhbrut, Wafferihneden, eine tote Maus und andere in Ermangelung von Eleineren, weicheren Waſſerinſekten aus der Not helfen. Im Frühjahre erfolgt das Brutgefchäft, indem das Weibchen mit den Vorderbeinen den untergetauchten Stengel einer Wafjerpflanze umarmt, während es die Schwimmbeine ſchräg nah oben hält und die Leibesjpige nach) unten weit heraustreten läßt. Zwiſchen der jchneidigen Spite dieſer tritt jegt eine kurze Legröhre hervor, mit welcher der betreffende Pflanzenftengel angejchnitten und mit einem Gi nad) dem anderen bejchenft wird. Die ovalen Eier find ungefähr 2,25 mm lang, gelb gefärbt und entwideln fih nach etwa 12 Tagen. Winzig Kleine Würmchen wimmeln dann im Waſſer umher und ihre gewaltige Gefräßigfeit, in welcher fie fich untereinander nicht ver: ihonen, zeigt, daß fie Luft haben, jchnell größer zu werden. Echon nach 4—5 Tagen meſſen fie beinahe 10 mm und ziehen ihr erftes Kleid aus, nach derjelben Zeit find fie noch einmal jo groß und häuten ſich zum zweiten, und bei gleich bejchleunigtem Wachs— tum ein drittes Mal. Freilih wurde mande diejer Larven, bevor fie fich einigermaßen träftigte, die Beute eines jtärferen Näubers, wie einer Libellenlarve und anderer. Im jpäteren Alter, wenn fie erit mehr Nahrung bedarf, jchreitet das Wachstum weniger raſch fort; wir jehen fie erwachjen in unferer Abbildung, und zwar von derjelben Geftalt, welche jie aus dem Ei mitbrachte. Mit geöffneten Zangen lauert fie ruhig, bis eine unglüdliche Mücken- oder Haftlarve, hier eine Kaulquappe, in ihre Nähe fommt, und erfieht den günjtigen Augenblid, um fih unter einigen ſchlangenartigen Windungen ihres Körpers auf das Opfer zu jtürzen und es zu ergreifen. Unter denjelben Körperbewegungen und mit den Beinen arbeitend, geht fie nun auf den Boden, jeßt fih an einer Waſſerpflanze feit und jaugt die Beute aus. Die Reihen der Larven hatten fich im Aquarium etwas gelichtet; denn objchon ich gleich nad) dem Erſcheinen der jungen Lärvchen zu deren Schuße die Käfer entfernt hatte, die übrigens nun fterben, da fie ihren Zwed erfüllt haben, obgleich ich mir alle Mühe gab, jenen hinreichende Nahrung zukommen zu lafjen, verſchonten fie ſich Doch nicht, jei es nun, daß die nahe Berührung, in welche fie im Aquarium famen, ihre Mordgier reizte, jei es, daß ich ihren bejtändigen Hunger unterfchäßt hatte. Um fie daher am Ende nicht alle zu ver: lieren, fing ich mir neue ein, die ich nach vorhergegangener genauer Unterſuchung als der: jelben Art angehörig erkannt hatte, und brachte fie zu den früheren. Die Eleineren mußten ſich am meiſten ihrer Haut wehren, denn fie wurden gleich einmal gepadt, wenn fie fich nicht vorjahen. Die erwachjenen unter ihnen fingen an, in ihrer Freßbegierde nachzulaſſen, fie frochen an der jteinigen Unterlage der Rajenftüde in die Höhe und verfchwanden allmählid; unter diejen. Nach Verlauf von ungefähr 14 Tagen lüftete ich eins der Stüde, welches loje auf der Erdunterlage jaß, und fand zu meiner Freude einige Höhlungen mit je einer Puppe, an welcher Form und Gliedmaßen des fünftigen Käfers erfannt werden. Nach durch: ſchnittlich dreiwöchiger Ruhe für die Sommerzeit reißt die Hülle im Naden, und der junge Käfer arbeitet ſich hervor; die erjt im Herbfte zur Verwandlung gelangten Puppen überwintern. Che der Neugeborene jeinen Eltern volllommen gleicht, vergeht eine geraume Zeit. Am erſten entwideln fi die zufammengerollten, äußerft zarten Flügel und deren Deden, hierauf it der Käfer jeiner Form nad) ausgebildet, aber noch ungemein weich und von gelblihweißer Farbe. In diefem Zuftande wäre er im Wafjer no) nichts nüße, er bleibt daher auch ferner in feiner feuchten Wiege, wird mit jedem Tag feiter und dunfler, und erſt am achten Tage ijt er fähig, jeine düftere Geburtsitätte zu verlaffen. Auch jelbjt dann noch, wenn fie ſchon luftig im Waſſer umherſchwimmen, kann man an der blafjen Farbe des Bauches und der weicheren Chitindede die jüngeren von den älteren Schwimmfäfern unterjcheiden. Nauben und Morden wird fortgejegt. Der gefäumte Fadenſchwimmkäfer und die wenigen Arten der Gattung Dyticus, welche neben ihm in Deutjchland allgemeine Gefurdter Fadenfhwimmfäfer. Hydroporus elegans. Cnemidotus caesus. 53 Verbreitung haben, find in Fiſchteichen nicht gern gejehen; denn fie greifen die junge Brut an und verhindern ihr Aufkommen. Während Dytieus, oder auch Dytiscus gejchrieben, zwei ziemlich gleiche und beweg— lihe Krallen an den Hinterfüßen hat, fommen bei den mittelgroßen Fadenjchwimmtäfern, die den Öattungen Acilius und Hydaticus angehören, zwei ungleiche vor, deren obere fejt it, bei Oybister Roeselii nur eine bewegliche; überhaupt find es die Verjchiedenheiten in der Klauenbildung und in den Erweiterungen der männlichen Border: und Mittelfühe, welche die wejentlichen Erfennungszeihen der aufgeftellten Gattungen abgeben. Der gefurhte Fadenihwimmfäfer (Acilius sulcatus), deſſen Weibchen wenig hinter der Mitte in unjerem Bilde (S. 50, Fig. 8) ſich breit macht, ftimmt in der jcheiben- fürmigen Erweiterung der männlichen Borderfüße mit der Gattung Dyticus überein, unter: Icheidet fich aber von ihr durch die bereit3 angegebene Krallenbildung an den Hinterfühen und durch den Mangel einer Ausrandung an dem legten Bauchringe. Die Weibchen führen auf den vier Zwiſchenräumen zwijchen ihren wenigen, die ganze Länge der Flügeldeden durchziehenden Niefen lange Behaarung jowie je ein dergleichen Büſchchen an den Enden der gelben Mittellinie des licht umrandeten Halsihildes. Die Oberjeite des Körpers ift Ihwarzbraun, die untere ſchwarz mit Ausſchluß einiger gelblichen Flede am Bauche. Die Larve zeichnet fich durch gejtredtere Bruftringe vor der vorigen aus. Der gefurchte Faden: ſchwimmkäfer fommt überall zwijchen den größeren, gleichgroßen und bedeutend kleineren Dyticidven vor und unterjcheidet‘ fi weder durch Lebensweiſe, noch in der Entwidelung von der zuerjt gejchilderten Art. Die Eleinften, diefen Formenkreis beſchließenden Schwimmkäfer von durchſchnittlich kaum 4,5 mm Länge gehören der Gattung Hydroporus an, welche ſich durch nur vier Fußglieder an den beiden vorderen Paaren der Beine und durch fadenförmige Hinterfüße neben ihrer geringeren Größe von allen anderen unterjcheiden. Die 180 über die ganze Erde ver- breiteten Arten, deren eine (nigrolineatus) in Europa und in Nordamerika zugleich vor: fommt, lafjen ſich teilweije jchwer voneinander unterjcheiden. Manche zeichnen fich dur) artige, lichte Zeichnungen aus, eine bejfonders, der Hydroporus elesans, führt den Namen mit Recht. Auf bleichgelbem Untergrunde der Flügeldeden, welcher dem ganzen Tierchen eigen, jtehen ſchwarze, jaubere Schraffterungen, wie fie unjere Abbildung (©. 50, Fig. 9) vergegenwärtigt. Diejer Käfer gehört zu den Berühmtheiten des Mannsfelder Salzjees, oder vielmehr der in feiner unmittelbaren Nähe befindlichen Wafferlöcher, kommt jonft nur wieder im Süden Europas (Frankreih, Schweiz, Kiew) und an denjenigen Stellen des Adriatiichen Meeres vor, welche fich für den Aufenthalt von Schwimmtfäfern eignen. Um auch der Wafjertreter mit ſchmalen, nicht verlängerten Hinterhüften zu aedenfen, jei der Cnemidotus caesus erwähnt, über dejjen Körperbildung viel Abweichendes von den vorigen zu berichten wäre; der an einer Wafjerpflanze in unferem Bilde (S. 50, Fig. 10) emporfriechende Tann einen ungefähren Begriff davon geben. Die größte Breite erlangt der Käfer von einer Schulterede zur anderen, das kurze, hinten in einen Mittelzahn ausgezogene Halsichild verengert fich nach vorn mit geradlinigem Seitenrande, und dur das Borquellen der Augen tritt abermalige Verbreiterung ein. Die nur zehngliederigen, der Stirn eingelenkten Fühler und die bedeutendere Länge des legten, kegelförmigen Kiefer- tajtergliedes im Vergleich zum vorlegten begründen weitere Merkmale. Alle Beine find \hlanf, bejonders die Füße. Die ſtark gewölbten Flügeldeden, an deren Grunde ein Schildchen nicht bemerkt wird, durchziehen Reihen grober Punkte, welde nad hinten 54 Erſte Ordnung: Käfer; vierte Familie: Taumeltäfer. allmählich verihwinden, ein gemeinfchaftlicher dunkler Fleck und meijt einige Fleinere auf der Scheibe decken ihren blafgelben Grund als einzige Abweichung von diejer Körper: färbung. Mehr als die eben bejprochenen Schwimmkäfer müljen die Taumel-, Dreh- oder Wirbelfäfer (Gyrinus) die Aufmerkſamkeit desjenigen auf fich lenken, welcher nur einige Minuten beobadhtend an Gewäſſern der vorher bezeichneten Art verweilt; denn die ftahl: blauen, im Glanze der Sonne förmlich leuchtenden Käferchen Fönnen feinen Bliden un: möglich entgehen. Er fönnte leicht auf den Gedanken kommen, daß e3 Fein Lujtigeres, glücklicheres Geſchöpf gäbe. Jetzt gruppiert fich die Heine Gejellihaft auf einem Punkte, jeder fährt hin und ber, der eine bejchreibt einen größeren Kreis, der zweite folgt, ein dritter vollendet den Bogen in der entgegengejegten Richtung, ein vierter zeichnet andere Kurven oder Spiralen, und jo fommen fie im wechjelnden Spiele bald einander näher oder ferner. Bei diefen höchlt gewandt ausgeführten Bewegungen, wie fie in jeiner Weiſe der geichultefte Schlittihuhläufer nicht beffer ausführt, fteht das Waſſer unter dem einzelnen Fast ftill, nur, wo mehrere bei einander find, bilden fich embryoniſche Wellen. Jetzt plumpt ein jchwerfälliger Frofeh in ihrer Nähe in das Wafjer oder es wird auf andere Weiſe beunruhigt, da, wie die Strahlen des Blites, fahren die Kleinen Schwimmer auseinander, und es dauert eine geraume Zeit, ehe fie ſich wieder zum alten Spiele vereinigen. So beim Sonnenschein oder bei warmer, ſchwüler Luft ohne denjelben; an rauhen, unfreund- lichen Tagen bemerft man feine Spur von den Taumelfäfern, deren ewigen Freuden- taumel man wahrjcheinlich mit diefem Namen hat bezeichnen wollen; fie halten fich ver: borgen am Rande zwijchen den Blättern der Pflanzen oder auf dem Grunde des Gewäljers. Um ihr Betragen in diefem Falle zu beobachten, eignet fich ihr natürlicher Aufenthalt wenig, hierzu bedarf e8 ihrer Gefangennahme. In diefer Beziehung hat von Malinowski einige interefjante Beobachtungen veröffentlicht, welchen die folgenden Mitteilungen ent— nommen find. Eine zahlreiche Gefellfchaft des Gyrinus strigipennis war aus einem Bade: hauſe in der Donau gejchöpft und in ein Glas mit Waſſer gejegt worden. ALS einige Tage nachher verschiedene Stüde toter Käfer auf dem Waſſer umherſchwammen und da: dureh die Vermutung nahe gelegt ward, daß fie fich aus Mangel an Nahrung anfrefjen, wurde ein Stüdchen frisches Fleifh in das Waſſer geworfen. Kaum war dasjelbe auf dem Boden des Gefähes angelangt, als eine Anzahl Käfer fich mit den Köpfen in das— jelbe einwühlte. Sie hielten fich jedoch bei diefer Behandlungsweiſe, troß des fleißigen Wafferwechjels, nicht gut, das Obenauffehwimmen zerjtüdelter Käfer hörte nicht auf, und nicht lange, jo waren fie ſämtlich abgeftorben. Eine zweite Gefellichaft wurde ohne Fleiſch mit Schilfwurzeln eingeferfert, und dieje befand fich bei diefer Verpflegung merklich behag— licher; nur einmal erſchien ein toter Käfer auf der Wafferfläche, jedoch unangegriffen von feiten der übrigen. Wenn der Wirbelfäfer taucht, verforgt er fi) mit Lebensluft, welche er als Silberperle an der Leibesipige mit fich hinabnimmt. Diefe Luftblaje wird entjchieden dur irgend einen Fettüberzug vom Wafjer getrennt; denn fie läßt fich breitorüden, ſpitzt fi zu und haftet jo feit an der Hinterleibsipige, daß es von Malinowski nad) verjchiedenen vergeblihen Verfuchen nur einmal gelang, fie mittels eines Stäbchens zu entfernen. Augenbliklih wurde fie jedoch durch eine neue erjegt. Unter Wafjer jebt ſich der Käfer an eine Pflanze, hält fich befonders mit den Mittelbeinen an derjelben feit, jtrect die langen Vorderbeine wiederholt vorwärts, wie der zum Schwimmen fi anjchidende Menſch feine Arme, ftreicht mit ihnen auch über den Kopf und den vorderen Nücenteil, wie dies andere Inſekten gleichfall3 thun, wenn man von ihnen jagt, daß fie ſich „putzen“ Tauchender Drebfäfer. 55 Außerdem werden die Vorderbeine zum Emmporklettern an einer Wafferpflanze oder zum bloßen Feithalten an einer ſolchen benußgt, wenn der Käfer zur Abwechjelung den übrigen Körper in der Schwebe zu halten beliebt. Sitt er in vollfommener Ruhe, fo jpielen nur die Tajter hin und her, und Bewegungen in feiner nächſten Nachbarſchaft ftören ihn jo leiht nit. Gleich den Schwimmfäfern Fünnen aud) die Taumelfäfer fliegen, weil fie ohne dies Vermögen unter Umftänden zu Grunde gehen würden. Ehe fie auffliegen, Friechen fie an einer Pflanze empor, bewegen, die Flügeldeden lüftend, den Hinterleib lebhaft auf: und abwärts, bis fie zulegt, mit den Beinen loslaſſend, fich Ichwirrend in die Luft erheben. Sehen wir uns jegt einen der gemeinften, 3. B. dentauchenden Drehfäfer (Gyrinus mergus), etwas-näher an, um die Eigentümlichfeiten der Gattung fennen zu lernen, Wir erbliden dasjelbe Dval, wie e3 die vorigen zeigen, doch am Bauche mehr platt gedrüct und rückwärts gemwölbter, die Flügeldeden hinten geſtutzt und den Steiß unbededt laſſend. Die Borderbeine, aus freien, Fegelfürmigen Hüften entjpringend, haben fi) armartig ver- längert, die hinteren, deren Hüften fejt mit dem Bruftbeine verwachſen, Schienen und Füße je ein rhombijches Blatt darftellend, find zu förmlichen Floſſen geworden. Die Fühler, obihon zujammengejegt aus elf Gliedern, deren leßtes jo lang it, wie die fieben vorhergehenden zufammengenommen, erjcheinen doc) als bloße Stumpfe. Höchſt eigentümlich find die Augen gebildet, indem jedes von einem breiten Queritreifen in eine obere und in eine untere Bartie ge— teilt wird, jo daß der Käfer, wenn er umherſchwimmt, gleichzeitig unten in das Waller, oben in die Luft, wahrjcheinlich aber nicht in gerader Richtung mit dem Wafferjpiegel hauen kann. Die Tajter find Furz, \ an der Lippe dreis, am Unterkiefer viergliederig. Diejer unterjcheidet N Dreh: ſich wejentlich von ber Kinnlade der Lauf: und Schwimmkäfer, indem die käfer (Gyrinus mergus). äußere Lade die Forın eines dünnen Stachels annimmt, bei anderen Rn Samilienglievern gänzlich verfümmert, mithin niemals Tafterform zeigt. Der Hinterleib wird vom Bauche her nur aus jech8 Gliedern zujammengejegt, deren drei vorderite auch bier verwachjen, das legte zufammengedrüdt und gerundet, in einigen anderen Fällen dagegen fegelförmig ift. Zur Charakteriftif der in Rede ftehenden Art jei noch hinzu— gefügt, daß am jehr jtarf ftahlblau glänzenden Körper der untergefchlagene Rand der Flügel: deden und des Halsjchildes jowie die Beine rojtrot und die zarten Punktſtreifen jener in der Nähe der Naht noch feiner als die übrigen find. Die Gattung ift reich an zum Teile ſchwer zu unterjcheidenden Arten, deren einige gleichzeitig in Deutjchland und Nordamerika vorfommen. Bon der einen (Gyrinus natator) ijt jhon 1770 dur Modeer die Larve befannt geworden. Diejelbe it außerordentlich gejtredt und ſchmal, der Kopf fait vier: edig und größer als jeder der folgenden drei Körperringe, welche zufammen ſechs zwei: Eauige, mäßig lange Beine tragen. Ihnen ſchließen ſich acht ſchmälere Hinterleibsringe an, von denen die jteben erjten an jeder Seite einen fadenförmigen, gewimperten Anhang, ungefähr von der Länge eines Beines, aufweijen, die Tracheenkiemen, der legte ihrer zwei. Auf diefe Weife befommt die Larve eine entfernte Ähnlichkeit mit einer Bandaffel. Mit ihren Kieferzangen jaugt fie die Beute nach Art der Schwimmfäferlarven aus und fertigt, wenn fie zur Verpuppung reif ijt, an einer Wafferpflanze over fonjt wo in der Nähe des Waſſers ein nach beiden Enden hin zugeſpitztes Gehäufe von pergamentartiger Bejchaffen: heit. Die Verpuppung erfolgt, wie es jcheint, nach Überwinterung der Larven, denn den Sommer über treiben die Käfer ihr Wejen, Anfang Auguft werden die Eier gelegt, und durchjchnittlih bedarf die Puppe einen Monat zu ihrer Entwidelung. Genauere Beobahtungen über die Entwidelungsgefhihte diejer interejjanten Käferchen find noch wünjhenswert. Erjte Ordnung: Käfer; fünfte Familie: Waſſerkäfer. en (or) Die Familie der Taumelfäfer (Gyrinidae) iſt über den größten Teil der Erde ver: breitet, aber nur mit zwei Gattungen in Europa vertreten; fie bejchränft fi auf 100 und einige 20 Arten, deren einige in heißen Erdſtrichen die ftattlihe Länge von 17,5 mm erreichen, alfo unjeren mittelgroßen Schwimmkäfern gleichfommen. Noch eine dritte Neihe von Käfern, jchlechtweg als Wafferfäfer (Hydrophilidae oder Palpicornia) bezeichnet, fommt zur Bevölkerung jener Lachen, in und auf denen ſich Schwimm- und Wirbelfäfer tummeln. Es find Kerfe, die in den Körperumriffen von Larve. lännchen. Meibhen mit Eigehäufe. Pehihmarzer Kolben-Wajjertäfer (Hydrophilus pieeus). Natürliche Größe. den vorigen nicht abweichen, wohl aber in der Bildung der Mundteile und der Fühler, jo daß fie in einem Syfteme, welches gerade auf diefe Teile Gewicht legt, unmöglich mit den vorhergehenden verbunden werden fonnten. Die hierher gehörigen Käfer ftimmen unter ſich überein durch eine meift breite, lappenförmige äußere Lade der Unterkiefer und deren ſehr gejtredte, fadenförmige Tafter, welche die Länge der Fühler erreichen oder noch übertreffen, weshalb man fie für diefe halten fönnte, wie auch der Name Palpicornia, „Taſterhörnige“, andeuten joll. Die kurzen Fühlerglieder, deren erftes geſtreckt ift, während die legten eine durchbrochene Keule bilden, ſchwanken in ihrer Anzahl zwifchen 6 und 9, ebenjo finden in der Menge der Bauchringe (4-7) und in der Bildung der FZußglieder Unterjchiede ftatt. Der pechſchwarze Kolben-Wajferfäfer (Hydrophilus piceus) und feine Gattungsgenofjen, welche fih fait über die ganze Erde ausbreiten, bilden die Niejen der Familie, und in dem ovalen, unten mehr oder weniger gefielten, oben ziemlich ftarf gewölbten Körper eine gedrungene, plumpe Maffe, wie fie in diefer Form unter den Käfern Pechſchwarzer Kolben: Wafjerfäfer. 97 nicht wiederfehrt. Die neungliederigen Fühler beginnen mit einem gebogenen roftroten Grundgliede und ſchließen mit den vier legten in einer braunen Blätterfeule. Wie bei den Dyticiden verbreitern fich auch hier die Füße der vier hinteren Beine ruderartig und be wimpern ihre Innenſeite mit Borjten, das erite Glied ift nur klein und erfcheint an der Außenfeite wie ein bloßes Anhängjel, während das zweite alle anderen an Länge tiber: trifft; hierin beruht der eine Charakter der ganzen Oattung. Das Männchen kann man vom Weibchen leicht an dem breitgedrücten, beilfürmigen legten Gliede der Vorderfüße unter: ſcheiden. Ein zweiter, hier jehr ſchön ausgeprägter Charakter der Gattung beiteht darin, daß Mittel: und Hinterbruftbein einen gemeinfamen, bei unjerer Art flach gedrücten und vorn ſtark gefurchten Kiel bilden, welcher fih in Form einer fcharfen Lanzenjpige über die Hinter: hüften hinaus erftredt. Außerdem erhebt fich hier der Bauch zu einem ziemlich ftarfen Mittelfiele. Die längsriefigen, dadurch nad der Spite hin etwas gerippten Flügeldeden laufen an der Naht in ein feines Zähnen aus; von den Zwijchenräumen ift einer um den anderen punftiert. Der glänzende, grünlich pehichwarze Käfer lebt in ftehenden und fließenden Gewäſſern. Sch habe ihr hier bei Frühjahrsüberihwenmungen der Saale vor: berrichend auf davon betroffenen Wiejen gefangen und manchmal von einer nicht ganz wieder zu bejeitigenden Schmugjichicht überzogen gefunden. Intereſſant geftalten fich einige Berhältniffe in der inneren Organijation des Tieres. Cine bedeutend große, äußerſt dünn: bäutige, ballonartige Luftröhrenblaje auf der Grenze von Mittel: und Hinterleib ift neben den übrigen ſehr zahlreihen Ausdehnungen der Luftröhren geeignet, eine beträchtliche Menge Luft in den Körper aufzunehmen und zugleich als Schwimmblafe zu dienen. Auch der Darmkanal, welcher dem der pflanzenfreffenden Blätterhörner gleicht und ein langes, dünnes, in allen jeinen Teilen gleichförmig gebildetes Rohr darſtellt, weicht wejentlich von dem der anderen Wafjerfäfer ab und weilt auf Pflanzenkoft hin, welche vorzugsweije in der filzigen Alge zu bejtehen ſcheint, durch welche manche Lachen gänzlich zu verfumpfen pflegen; wenigitens befand fich eine mit dieſer Koft ernährte Gejellichaft diejer Käfer in ver Gefangenſchaft lange Zeit jehr wohl, und die fich zu Boden fegenden wurftartigen Exkremente liegen den Algenfilz nicht verfennen. Sm April jorgt das befruchtete Weibchen durch Ablegen der Eier für Nachkommen— Ihaft, hält aber dabei ein Verfahren ein, welches wohl wert ift, etwas näher beleuchtet zu werden, weil e3 jchwerlich bei einem anderen Käfer, der nicht zur nächiten Berwandtjchaft gehört, wieder vorkommt. ES legt fich an der Oberfläche des Wafjers auf den Rücken unter dem ſchwimmenden Blatte einer Pflanze, welches es mit den Vorderbeinen an feinen Bauch drüdt. Aus vier Nöhren, von denen zwei länger aus dem Hinterleibe heraus: treten al3 die anderen, fließen weißliche Fäden, die durch Hin= und Her: bewegen der Leibesjpige zu einem den ganzen Bauch des Tieres über: ziehenden Gejpinfte fich vereinigen. Sit dieſes fertig, jo kehrt fich der IF Käfer um, da3 Gejpinft auf den Nüden nehmend, und fertigt eine zweite Geöffnetes Gehäufe des Platte, welche mit der erjten an den Seiten zufammengeheftet wird. Hydrophilus piceus mit Schließlich ftet er mit dem Hinterleibe in einem vorn offenen Sade, Fi Bergroßert. Denjelben füllt er von hinten her mit Gierreihen und rüdt in dem Maße aus demjelben heraus, als jene fi) mehren, bis endlich das Säckchen gefüllt ift und die Hinterleibsipige herausſchlüpft. Jetzt faßt er die Nänder mit den Hinterbeinen, jpinnt Faden an Faden, bis die Offnung immer enger wird und einen etwas wulftigen Saum befommt. Darauf zieht er Fäden querüber auf und ab und vollendet den Schluß wie mit einem Dedel. Auf diefen Dedel wird noch eine Spige gefeßt, die Fäden fließen von unten nad) oben und wieder zurüd von da nad) unten, und indem die folgenden immer länger werden, türmt 58 Erfte Ordnung: Käfer; fünfte Familie: Wafjerfäfer. ih die Spite auf und wird zu einem etwas gefrümmten Hörnchen. In d4—5 Stunden, nachdem bier und da noch etwas nachgebefjert wurde, iſt das Werk vollendet und jchaufelt, ein Heiner Nahen von eigentümlicher Geftalt, auf der Waſſerfläche zwijchen den Blättern der Pflanzen. Wird er durch unfanfte Bewegungen der Wellen ungejtürzt, jo richtet er ſich jogleich wieder auf, mit dem fehlauchartigen Ende nach) oben, infolge des Gejeßes der Schwere; denn hinten liegen die Eier, im vorderen Teile befindet ſich die Luft. Dieſe ovalen Eigehäuje werden manchmal dureh anhaftende Pflanzenteilchen zur Unfenntlichkeit entitellt. Nah 16—18 Tagen Jehlüpfen die Lärvchen aus, bleiben jedoch noch einige Zeit in ihrer gemeinfamen Wiege, wie man meint, bi3 nach der eriten Häutung. Da ſich weder die Eifchalen noch dieje Häute in dem dann am Dedel geöffneten Gehäufe vorfinden, müjjen diejelben jamt dem loderen Gewebe, welches den inneren Nejtraum noch ausfüllte, von den Larven aufgezehrt worden fein. Über die Ernährungsweife der Larven, welche ich leider jelbit nicht beobachtet habe, find verjchiedene und möglicherweife unrichtige Anfichten laut geworden, und ift dadurch wieder einmal der Beweis geliefert, daß das Leben der ge: meinten und verbreitetiten Kerfe oft gerade am wenigiten der näheren und jorgfältigen Aufmerkjamfeit gewürdigt worden ift. Die einen meinen, unjere Zarve nehme in der Jugend Pflanzenkoft zu fih und würde erſt nach mehreren Häutungen zum gierigen Raub- tiere. Die anderen jprechen ihr diefe Natur ausſchließlich zu und bezeichnen die verjchie- denen Waſſerſchnecken als ihre Lieblingsipeije, fie zerbreche die Schale vom Nüden her und verzehre das Tier in aller Gemächlichkeit. Die Nahrung, mag diejelbe nun aus Fleifch oder aus Pflanzenkoſt bejtehen, wird nicht mit dem Kinnbaden ausgejogen, jondern zwiſchen ihnen und der Stirn (eine Oberlippe fehlt) liegt die jehr feine Öffnung der Speiferöhre. Wenn man die Zarve ergreift, oder der Schnabel eines Wafjervogel3 auf fie trifft, fo ftellt fie jich tot: nach beiden Enden hin hängt ihr Körper wie ein hohler, jchlaffer Balg. Will dieje Lift nicht helfen, jo trübt fie durch einen ſchwarzen, ftinfenden Saft, welcher dem After entquillt, ihre nächjte Umgebung und ſchützt fich hierdurch öfter vor Berfolgungen. Die Larve liebt die Stellung, welche unfere Abbildung wiedergibt; zu ihrer näheren Erläu- terung jei noch hinzugefügt, daß am platten Kopfe feine Punktaugen jtehen, die beiden Stäbchen vor den Kinnbaden die auf der Stirn eingelenkten dreigliederigen Fühler dar: jtellen, die fräftigen Kinnbaden in der Mitte mit einem Zahne verjehen find, der freie Unterkiefer ſehr lang jtielartig mit feinem Stamme hervorragt, an der Spite nad) außen in einen dreigliederigen Tajter, nad) innen in ein Dörnchen, als Andeutung der Lade, ausläuft. Die furzen Beine tragen je eine Klaue und das jpige Endglied des Leibes unten ein Baar fadenartige Anhänge. Die rauhe Haut des Körpers iſt ſchwärzlich gefärbt, am dunfeliten auf dem Rücken. Die erwachjene Larve verläßt das Waller, bereitet in dejjen Nähe, aljo in feuchter Erde, eine Höhlung, in welcher fie zur Puppe wird, von der ich feine weitere Bejonderheit berichten läßt. Gegen Ende des Sommers friecht der Käfer aus, der an feiner Geburtsjtätte die nötige Erhärtung und feine Ausfärbung ab— wartet, ehe er das Waſſer aufjucht. In der Gejellihaft der eben bejchriebenen Art, aber feltener, findet fich eine zweite, der ſchwarze Kolben-Wajjerfäfer (Hydrophilus aterrimus); feine Fühler find durchaus rojtrot gefärbt, die Flügeldeden nicht gezahnt, der Bauch erjcheint nur gewölbt, nicht gefielt, und der Bruftfiel vorn ohne Furche. Der viel gemeinere lauffäferartige Kolben: Wafferfäfer (Hydrous cara- boides) jtellt die vorigen im Kleinen dar (er mißt 17,5 mm) und unterjcheidet fich von der Gattung Hydrophilus und anderen durch den bedeutend jchmäleren, leijtenartigen Bruſt— fiel, dejjen hintere Spige nicht über die Hüften hinausreicht. Das Weibchen birgt jeine Gier Schwarzer und lauffäferartiger Kolben: Wafjerfäfer. 59 in ein ähnliches Gejpinft, benugt dazu aber ein ſchmales Blatt, welches es zuſammen— fpinnt und nachher mit jenem kleinen Majte verfieht. Die Larve zeichnet fich durch gewim— perte Geitenzipfel an den Gliedern, aljo durch Tracheenkiemen, und durch zwei Hornhafen am Enpdgliede aus; eine noch nicht erwachjene und den Käfer jehen wir in Figur 7 und 6 des Dyticivenbildes (S. 50) dargeftellt. Noch eine größere Anzahl von den 500 und einigen 70 Arten dieſer Familie leben als unjcheinbare, von den Syitematifern verjchiedenen Gattungen zugeteilte Wejen im Waffer, wo fie weniger ſchwimmen, als auf dem jchlam: migen Boden oder an den Waſſerpflanzen umberfriechen; einige gedrungenere und höher gewölbte Formen (unter anderen Scaphidium) find dem Wafjer untreu geworden und haben die Natur. der Miftkäfer angenommen. Die mehr al3 4000 bis jegt befannten auf der ganzen Erdoberfläche, am zahlreichiten aber über ganz Europa verbreiteten Arten der jogenannten Kurzflügler, Moderfäfer (Staphylinidae over Brachelytra) unterjcheiden fi) durch das in ihrem Namen ausgejprochene Merkmal von anderen Käfern nicht ſchwer, bieten aber im übrigen die größte Mannigfaltigfeit in Körpertracht, Lebensweiſe und Bildung einzelner, für andere Familien jonft jehr charakteritiiher Teile. Obſchon der Mehrzahl unter ihnen fünfglie: derige Füße zulommen, jo fehlt e3 doch nicht an Arten mit nur vier oder gar nur drei Gliedern. Die Fühler ftimmen zwar alle in der geftredten Form überein und find in der Regel fadenförmig. Obſchon der Körper linienförmig und im allgemeinen langgejtredt genannt werden muß, jo finden fich doch Geitalten, bei denen am rechtedigen vorderen Teile der Hinterleib wie ein wahiger Schwanz anfist, Gejtalten von jpindelfürmigem Umrifje, andere, die an die langhalfigen Lauffäfer mahnen, neben vollfommen walzigen volllommen plattgedrücdte. Eine faft zeichnungslofe, düftere oder ſchmutziggelbe Färbung verleiht den meilten heimijchen neben der geringen Größe ein unjcheinbares Anjehen, während gewiſſe ausländische Arten ein lebhafter Metallglanz etwas mehr auszeichnet. Die meijten leben am Erdboden, und zwar gejellig unter faulenden Stoffen, viele im Mifte, an Nas, in holzigen Shwämmen und Schnell vergänglihen Pilzen, unter Baum- rinde, Steinen oder an jandigen Stellen in Gemeinjchaft vieler Lauffäfer, mit denen zufammen fie dann bei plöglichen ÜUberſchwemmungen das 208 der Schiffbrüchigen teilen und in Lagen verjeßt werden, die wir bei der allgemeinen Schilderung früher andeuteten und durch) das Bild „Käfer in Wajjersnot” (S. 33) zu veranjhaulichen ſuchten. Gewiſſe Arten bewohnen Ameijenkolonien und leben ausjchließlich in diejen (3. B. Lomechusa), einige wenige finden fein Wohlgefallen an den feuchten, Moder und VBerwejung aus-hau— chenden Aufenthaltsorten und jcheinen einen äſthetiſcheren Sinn zu beweijen, indem jte fich auf Blumen umbertreiben und deren Saft leden. Im Sonnenjchein werden die meilten jehr lebendig und fliegen gern umher, die größeren Arten auch an ſchönen Sommerabenden. Shre Nahrung bejteht aus verwejenden Stoffen des Pflanzen: und Tierreiches jowie aus lebenden Tieren. Einzelne Öattungen und Arten bieten das bei Käfern höchit jeltene Auf: treten von einem oder zwei Nebenaugen auf dem Scheitel, und noch merfwürdiger ijt die von Schiödte gemachte Beobachtung vom Lebendiggebären einiger Südamerifaner der Gattungen Spirachtha und Corotoca, Die Larven der Staphylinen gleichen darum den volllommenen Inſekten mehr als andere, weil dieje infolge ihrer kurzen, leicht zu überjehenden Flügelveden und des gejtredten Körperbaues jelbjt etwas Yarvenähnliches an fich haben. Bei den wenigen, die man tennt, find vier= bis fünfgliederige Fühler, 1—6 Punktaugen jederſeits, kurze fünfgliederige, in 60 Erſte Ordnung: Käfer; ſechſte Familie: Rurzflügler. eine Kralle auslaufende Beine und zwei gegliederte Griffel am Hinterleibsende, deffen After als Nachichieber heraustreten kann, als Kennzeichen zu vermerken. Die der größeren Arten gehen anderen Larven nach und lafjen fich mit Fleisch füttern, wenn man fie erziehen will. Die Verpuppung erfolgt an dem Aufenthaltsorte der Larve in einer Erd- böhle, und die Puppe bedarf nur wenige Wochen der Ruhe, um dem Käfer fein Dafein zu jchenfen. Nach dem Gefagten ift es nicht möglich, ſowohl nur annähernd einen Überbli über die Familie zu geben, als auch ein allgemeines Intereſſe für Vertreter der zahlreichen Gattungen vorausjegen; wir begnügen uns daher mit wenigen, durch bunte Farben, be: jondere Größe auffällige oder durch ihre allgemeine Verbreitung allerwärts anzutreffende Arten, welche unjere Abbildung vorführt. 1) Stintender Moderkäfer (Oeypus olens). 2) Kurzhaariger Staphyline (Staphylinus pubescens). 3) Erzfar- bener WMiftlieb (Philonthus aeneus). 4) Roter Pilzkurzflügler (Oxiporus rufus). 5) Ufer-Moderfäfer (Paederus riparius). 6) Goldftreifiger Moderkäfer (Staphylinus caesareus). 3, 4, 5 ſchwach vergrößert. Der golditreifige Moderfäfer (Staphylinus caesareus, fig. 6) mit dem rotflügeligen (S. erythropterus) häufig vermwechjelt, ift im weſentlichen ſchwarz gefärbt, an dem Kopfe und dem Halsjchilde erzgrün, die Fühler, die behaarten Beine und die Flügeldeden find braunrot, die lichten Fledenreihen auf dem Hinterleibe und der helle Kragenſaum am Halsjchilde entjtehen durch goldgelbe, anliegende Seidenhaare. Der goldgelbe Hinterrand des Halsſchildes und die Fräftigere Körpergeftalt unterfcheiden ihn von dem etwas fchlanferen, vorher genannten Doppelgänger. Der golditreifige Moderfäfer fommt vorwiegend in Wäldern vor, wo er fich in der Bodendede umbertreibt, nad) meinen Erfahrungen jedoch auch in der Weife der Aletter: lauffäfer lebt; denn ich habe ihn an Stellen, wo er häufig anzutreffen war, von Eichen: ftangenholz geflopft. Obgleich ich ihn hier nicht habe freſſen jehen, da ich meine Auf: merkſamkeit auf andere Dinge gerichtet hatte, jo möchte ich doch glauben, daß er dort der Nahrung nachſpürte, und dieſe nicht bloß in faulenden Stoffen befteht, wie von ver: ichiedenen Seiten behauptet worden ift. Es jpricht hierfür auch der Umftand, daß Bouché mehrere Larven mit friſchem Fleifche aufzog. Unfere Art wie die verwandten größeren trifft man bisweilen bei warmer Witterung ſuchend auf den Wegen umbherjpazieren, und zwar in einer befremdenden, höchſt anmutigen Körperftellung. Sie haben nämlich ihren unbededten, ungemein beweglichen Hinterleib hoch erhoben und halten ihn in einem nad) vorn offenen Bogen über dem Mittelleibe aufrecht. Diejes pfauenartige Gebaren feheint Moderfäfer. Pſelaphiden. 61 eine bejondere Erregtheit anzudeuten, mindeitens ein Wohlbehagen, wie die flinken, kecken Wendungen des jett entjchieden drehbareren Körpers beweijen dürften. Der furzhaarige Staphyline (Staphylinus pubescens, Fig. 2 des Bildes ©. 60) deutet die eben erwähnte Stellung nur ſchwach an. Er ift in der Grundfarbe roſt— braun, auf Halsſchild und Flügeldeden am dunkelſten, am Kopfjchilde am helliten, fchillert jedoch durch die den ganzen Körper dicht bedeckenden Seidenhaare in den verfchiedenften Farben, an Baud und Hinterbruft vorherrjchend filbergrau, während der Rüden durch ſchwarze Samtfleckchen uneben erjcheint. Der ftinfende Moderfäfer (Ocypus olens, Fig. 1), eines der größten und majligiten Samilienglieder, ift mit Ausnahme der roftbraunen Fühlerjpige durchaus ſchwarz, durch Filzbehaarung matt, überdies geflügelt, während eine andere, allerdings ſchlankere Art derjelben Gattung der Flügel entbehrt. Er hält fich vorherrjchend und nur vereinzelt in Wäldern auf. Die einander jehr genäherten Mittelhüften bilden den einzigen Unter: ſchied zwiſchen dieſer und der vorigen ©attung. Der erzfarbene Miſtlieb (Philonthus aeneus, Fig. 3) gehört einer aus 100 europäischen, ſehr ſchwer unterjcheidbaren Arten zujammengejegten Gattung an, welche alle wejentlichen Merkmale mit den beiden vorangehenden gemein hat und ſich nur durch) eine ungeteilte, vorn abgerundete Zunge von ihnen unterjcheidet. Die nirgends jeltenen Philonthus-Xrten halten fich allerwärts an feuchten, moderreichen Stellen des Erdbodens auf, nicht gerade mit Vorliebe im Mijte, wie ihr wifjenjchaftliher Name glauben laſſen könnte. Von den beiden bunten Arten auf dem Hutpilze in unſerer Abbildung gehört der unterſte, der rote Pilzkurzflügler (Oxyporus rufus, Fig. 4), entſchieden zu den angenehmeren Erjceheinungen aus diejer Familie. Die glänzend ſchwarze Grundfarbe des Käfers wird auf dem Halsſchilde, an je einem großen Schulterflede der Flügeldeden und an dem Hinterleibe, mit Ausschluß jeiner ſchwarzen Spige, durch lebhaftes Not erjett. Auch die Beine, mit Ausſchluß der jchwarzen Wurzel, die Wurzel der feulenförmigen Fühler und die Mundteile, mit Ausſchluß der Kinnbaden, find rot. Dieje leßteren ftehen in Sichelform lang und drohend, beim Schlufje fih Freuzend, hervor, und das halbınond- fürmige Endglied der Lippentaſter bildet den wejentlihen Gattungscharafter und das Unter- ſcheidungsmerkmal von den drei vorhergehenden. Die Art lebt in fleifhigen und holzigen Bilzen und gehört feineswegs zu den Seltenheiten. Während bei allen bisherigen Kurzflüglern und zahlreichen ungenannten hinter den Vorderhüften das Luftloch des erſten Bruftringes fichtbar ift, falls bei einem zuſammengetrock— neten Käfer fich diejer nicht zu Fehr nach unten neigt, wird es bei der legten, hier zu bejpre- chenden Art und vielen anderen von dem umgebogenen Chitinrande des Halsjchildes bedeckt. Der Ufer-Moderfäfer (Paederus riparius, Fig. 5) ift rot, nur am Kopfe ſamt den Fühlerfpigen, an den Knieen, den beiden hinterften Bruftringen und an der Schwanz: jpiße jchwarz, an den grobpunftierten Flügeldeden blau. Diefer Käfer hält fih gern an Rändern fließender und ftehender Gewäſſer auf, kriecht auch an dem dort wachlenden Bujchwerfe in die Höhe und findet fich meift in Eleineren Gefellfchaften vereinigt. Die Gattung it in etwa 80 Arten befannt, von denen 13 in Europa heimijch find. Die Pſelaphiden (Pselaphidae), winzige, manche intereffante Seite darbietende Käferchen, die unter Moos, feuchten Laube, Baumrinde, Steinen und — zwijchen Ameijen ver: borgen leben, bilden eine befondere Familie, welche fich den Staphylinen eng anjchließt, weil 62 Erſte Ordnung: Käfer; fiebente Familie: Pfelaphiden. auch bei ihnen die Flügeldeden viel zu kurz find, um den Hinterleib in feiner größeren Aus: dehnung bededen zu können; trogdem wird zwiſchen ihnen und jenen eine Berwechjelung unmöglih. Die Pjelaphiden, gedrungen in ihrer Körperform, meiſt am breiteften gegen die Spige des Hinterleibes hin, befigen durchaus nicht die Fähigkeit, diefen emporzurichten oder irgendwie zu bewegen, worin die Staphylinen Meifter find, denn die fünf Ninge, welche ihn zufammenfegen, find feſt miteinander verwachſen. Dafür entfchädigen fie fich durch die jtetige Bewegung ihrer in der Negel Feulenförmigen, perlfchnurartigen Kühler und der ein= bis viergliederigen Kiefertafter, welche den meilten lang aus dem Munde heraushängen. Im Gegenjage dazu bleiben die ein» bis zweigliederigen Lippentafter ſehr furz. Von den beiden häutigen Lappen des Unterkiefers wird der äußere bedeutend größer al3 der innere. An den Füßen zählt man höchitens drei Glieder, und diefe manchmal faum, eine oder zwei Klauen am legten. Des Abends fliegen diejenigen Arten umher, deren Dajein nicht an die Ameijen geknüpft ift; das fommerliche Hochwaffer jpült fie unfreiwillig mit anderen Leidensgefährten zu Hunderten aus ihren Verfteden und treibt fie an jandige Ufer, wo der Sammler von den jonft mühjam zu erlangenden Tierchen unter günftigen Verhältniſſen reiche Ernte halten Tann. Die Larven fennt man noch nicht, Käfer dagegen aus allen Exdteilen, mit Ausfhluß Afiens, wo fie jedenfall$ von den Sammlern bisher überjehen worden find, da man in den außereuropäiſchen Ländern immer zuerit nach den größeren, augenfälligeren Formen greift, als nach jo unfcheinbaren verjteckten, durchichnittlich nur 2,25 mm mefjenden Käferchen. Der gelbe Keulenfäfer (Claviger testaceus, jet foveolatus genannt), der bier in ſtarker Vergrößerung abgebildet ijt (S.63), gehört zu den wenigen, jehr hilflofen Arten, deren Lebensweiſe entſchieden das höchite Interefje bietet. Die Körperumrifje des Keulen- fäfers finden fich auch bei den übrigen Samiliengliedern wieder; zu feiner beſonderen Charak: teriftif gehören: der Mangel der Augen, faltenartige Hintereden der zufammengewachjenen Slügeldeden, an denen ein Haarbüjchel fteht, und eine tiefe Grube auf dem Rücken der Hinterleibswurzel. An den einflauigen Fügen find die beiden eriten Glieder jo furz, daß man fie lange überjehen hat. Der Hinterleib glänzt am meiften, weil ihm nur an der Spige die Behaarung des übrigen Körpers zufommt, erjcheint faft Fugelig, hat an den Seiten einen feinen Rand und läßt nur am Bauche die fünf ihn zufammenjegenden Ninge erkennen. Das Männchen unterjcheidet man vom Weibchen durch einen Eleineren Zahn an der Innenſeite von Schenfel und Schienen der Mittelbeine. Der Keulenfäfer lebt unter Steinen in den Neftern der gelben Ameijen, die ihn wie ihre eignen Buppen erfaffen und in das Innere des Baues tragen, wenn diejer duch Auf: heben des Steines in jeiner Oberfläche erjchloffen und die Hausordnung der Tiere geftört wird. Es deutet diefer Zug auf ein inniges Verhältnis zwiſchen beiden hin, und jorg: fältige Beobachtungen haben ein ſolches auch in anderen Beziehungen beftätigt. Wir verdanfen diejelben dem Herrn P. W. J. Müller, weiland Baftor zu Wafjersleben bei Wernigerode. Der genannte, durch die eben erwähnte Erjcheinung im höchſten Grade erjtaunt, nahm Käfer, Ameijen, deren Brut von verjchiedenem Alter und Erde aus dem Nefte nebjt Moositengeln in geräumigen Fläſchchen mit heim. Schon am nächſten Tage hatten fich die Gefangenen häuslich eingerichtet und wurden nun mit Hilfe einer Lupe eifrig und jo gründlich beobachtet, daß alles, was im folgenden mitgeteilt werden joll, zu oft gejehen worden ijt, um auf Irrtum und Täuſchung beruhen zu können. Lajjen wir den Beobachter jelbjt berichten: „Die Ameijen verrichteten unbejorgt ihre gewohnten Gejchäfte; einige oroneten und beledten die Brut, andere bejjerten am Nejte und trugen Erde hin und her; andere ruhten aus, indem fie ohne alle Bewegung ftill und faſt ftundenlang auf einer Stelle verweilten: andere juchten fi) zu reinigen und zu pugen. Dies legte Gejchäft Gelber Keulenfäfer. 63 verrichtete jede Ameije an fich jelbit, jo weit es ihr möglich war, dann aber ließ fie ji (gerade wie e3 von den Bienen in ihren Stöden zu geihehen pflegt) von einer anderen an den Körperteilen reinigen, die fie mit Mund und Fühen jelbjt nicht zu erreichen ver: mochte. Die Keulenfäfer liefen indes entweder zutraulich und unbejorgt zwiſchen den Ameiſen umber, oder fie jagen in den Gängen, die meift an den Wänden des Glajes entlang führten, ruhig und in einer Weije, welche andeutete, daß alles mit ihren gewohnten Verhältniſſen vollkommen übereinftimmte. Indem ich nun den Bewegungen meiner Gefangenen einige Zeit hindurch unverrüdt mit den Augen gefolgt war, wurde ich mit einem Male zu meiner größten Verwunderung gewahr, daß, jo oft eine Ameije einem Keulenfäfer begegnete, fie ihn mit den Fühlern janft betaftete und liebfofte und ihn, während er dies mit feinen Fühlern erwi- derte, mit fihtliher Begierde auf dem Rüden beledte. Die Stellen, wo dies geſchah, waren jedesmal zuerft die am äußeren Hinterwinfel der Flügeldeden emporftehenden gelben Haarbüjchel. Die Ameije öffnete ihre großen Kinnbaden jehr weit und jog alsdann ver: mittelft der übrigen Mundteile den ganz davon umfchlofjenen Haarbüjchel mehrere Male mit großer Heftigfeit aus, beledte dann noch die ganze Vorderfläche des Rückens, be: fonders defjen Grube. Diejes Verfahren wurde ungefähr aller 8-10 Minuten, bald von diejer, bald von jener Ameife, ja oft mehrmals hintereinander an dem näm— lihen Käfer wiederholt, vor: ausgejeßt, daß er mehreren Ameiſen begegnete, doch ward er im legten Falle nad) furzer Unterfudung jogleich freige: lafjen.” Wie auf den Zweigen der Bäume die Blattläufe anderen Ameijen ihren Honig: jaft reihen und darum von ihnen fo eifrig aufgejucht und im höchſten Grade freundichaft- ih behandelt werden, jo bieten die Keulenfäfer diefer das Buſchwerk nicht erjteigenden Art einen Lederbifjen in einer aus den Haaren ausgeſchwitzten Feuchtigkeit; aber jene find dafür auch erfenntlih. ES fommt noch befjer. Hören wir weiter: „Um meine Gefangenen nicht verhungern zu laſſen und möglichjt lange beobachten zu können, mußte ich natürlich daran denken, ihnen irgend ein angemefjenes Futter zu reihen. In diejer Abficht befeuchtete ich die Wände des Glaſes nahe dem Boden jowie einige Moosjtengel mittels eines Haar: pinjel3 mit reinem Waffer, mit durh Waffer verdünntem Honig und legte außerdem noch einige Zuckerkrümchen und Stüdchen zeitiger Kirfhen an andere Stellen, damit jeder nad) Belieben das ihm Dienlichjte wählen könne. Eine Ameife nach der anderen, wie fie in ihrem Laufe an eine befeuchtete Stelle Fam, hielt an und lecte begierig, und bald waren ihrer mehrere verjammelt. Einige Keulenfäfer famen zu eben diejen Stellen, gingen aber über diejelben hinweg, ohne den geringjten Anteil zu nehmen. Jetzt brachen einige ge: fättigte Ameijen auf, ftanden auf dem Wege ftill, wenn ihnen dieje oder jene Ameije be: gegnete, welche die Speife noch nicht gefunden hatte, fütterten die hungerigen und gingen weiter, um dasjelbe mit der unten im Glaje befindlichen Brut zu thun. Ich war ſchon darauf bedacht, für die Keulenfäfer eine andere Nahrung zu erfinnen, weil fie die vorhandene nicht berührten, als ich einen derjelben einer vollgefogenen Ameije begegnen und hierauf beide ftill ftehen jah. Sch verdoppelte meine Aufmerfjamfeit, und nun bot ſich meinen Gelber Keulenfäfer (Claviger testaceus), von Ameifen geliebtoit Stark vergrößert. 64 Erfte Ordnung: Käfer; fiebente Familie: Pjelaphiden. Blicken ein ebenfo jeltfames wie unerwartetes Schauspiel dar. Ich nahm deutlich wahr, wie der Keulenfäfer aus dem Munde der Ameije gefüttert wurde. Kaum fonnte ich mic von der Wirklichkeit des Gejchehenen überzeugen und fing ſchon wieder an zu zweifeln, ob ich auch recht gejehen haben möchte, als fich unmittelbar an drei, vier und mehr Stellen diefelbe Beobachtung bejtätigte. Einige diejer Fütterungen wurden unmittelbar an der Wand des Fläſchchens vorgenommen, jo daß ich durch eine viel jtärfer vergrößernde Linfe den ganzen Hergang aufs deutlichite beobachten Fonnte. Jedesmal, wenn eine gejättigte Ameije einem noch hungernden Käfer begegnete, lenkte diejer, gerade als wenn er, die Speiſe witternd, Futter von ihr begehrte, Kopf und Fühler aufwärts, nach dem Munde jener hin, und num blieben jie beide ftill ftehen. Nach vorhergegangenem gegenfeitigen Berühren und Streicheln mit den Fühlern, Kopf gegen Kopf gewendet, öffnete der Käfer den Mund, ein gleiches that die Ameife und gab aus ihren weit hervorgeftredten inneren Mundteilen jenem von der joeben genofjenen Nahrung, welche er gierig einfog. Beide veinigten alsdann ihre inneren Mundteile durch wiederholtes Ausftreden und Einziehen derjelben und jetten ihren begonnenen Weg weiter fort. Eine ſolche Fütterung dauerte gewöhnlich 8—12 Sekunden, nach welcher Zeit die Ameije in der Regel die Haarbüfchel des Käfers auf die oben angegebene Weije abzuleden pflegte. Auf diefe Art wurden alle in meinem Gläschen befindlichen Keulenfäfer jeden Tag mehrere Male, jo oft ich ihnen friſches Futter und Waſſer gab, welches leßtere den Ameijen eins der wichtigsten Bedürf— niſſe ift, regelmäßig gefüttert, und nie jah ich einen Käfer etwas von der in dem Fläſchchen befindlichen Nahrung: Honig, Zuder und Objt, anrühren, ausgenommen, daß fie zuzeiten die an der inneren Wand des Glaſes niedergeſchlagenen Wafjerdünfte abledten. „Sp groß auch immer die Liebe und Fürjorge der Ameijen gegen ihre Brut ift, gegen die Keulenfäfer ſcheint ihre Zärtlichkeit nicht minder groß zu fein. Es ift in der That rührend, zu jehen, wie fie diejelben auch dann, wenn Feine Nahrung in ihren Haarbüjcheln vorhanden ijt, öfter im Vorbeilaufen mit den Fühlern ftreicheln; wie fte mit immer gleicher Zärtlichkeit und Bereitwilligfeit jeden ihnen begegnenden Hungerigen füttern, noch ehe jie ihre Brut verjorgt haben; wie fie diejelben geduldig über jich hinlaufen laſſen, manchmal jogar mit ihnen jpielen, indem fie den einen oder den anderen, der ihnen begegnet, mit ihren Zangen auf dem Rüden faſſen, eine gute Strede forttragen und dann niederjegen. Anderjeits ift das zutrauliche Wejen der Käfer gegen die Ameijen nicht minder bewun— dernswürdig. Man glaubt nicht verjchiedene Inſektengattungen, jondern Glieder ein und derjelben Familie vor fi zu jehen, oder eigentlich in den Keulenfäfern die Kinder zu erbliden, die jorglos und zutraulich in den Wohnungen der Eltern leben, von ihnen Nahrung und Pflege erhalten und fie ohne Umftände dann allemal darum anjprechen, wenn das Bedürfnis fie dazu treibt, auch ihnen Gegendienfte zu leiten verſuchen, joweit fie e8 vermögen. So jah ich beijpielsweile, daß ein Keulenkfäfer eine ftilljigende, ruhende, gleihjam jchlafende Ameije reinigte, indem er bald von den Seiten her, bald auf ihr figend, mit feinem Munde ihr den Nüden und Hinterleib abbürjtete und beinahe eine halbe Vierteljtunde mit diefem Gejchäfte zubrachte.” Intereſſant ift auch noch die Beobachtung, daß eine zweite Art derfelben Käfergattung, welche bei einer anderen Ameijenart genau in derjelben Weije lebt, von den gelben Ameiſen ebenjo behandelt wird, wie die ihnen eigentümliche Art, obgleich die Ameiſen ſelbſt fih befriegen. Beim Einjammeln beider Arten wurden nämlich aus Verſehen Käfer und 6—8 dazu gehörige Ameijen jener Art zu den bier bejprochenen gethan. Sofort fielen die gelben Ameijen über die fremden her, töteten fie nach und nad), ver- ihonten aber ihre Keulenfäfer und fütterten fie gleich den ihrigen. Mehrere jpäterhin abjichtlich vorgenommene DVerjegungen der beiden Arten (Claviger foveolatus und ra Gelber Keulenfäfer. Gemeiner Totengräber. 65 longicornis) aus einem Fläſchchen in ein anderes zu fremden Ameifen beftätigten die: jelbe Beobachtung. Munderbar! Die Keulenfäfer find einzig und allein auf gewiſſe Ameifenarten an— gewiejen, welche legteren fie aus ihnen angeborenem Triebe und weil die Anwejenheit derjelben ihnen zugleich einen Genuß darbietet, als ihre Tfleglinge lieben, jchügen, ernähren. Die Käfer, durch den Mangel der Augen und Flügel Hilflojer als andere, können nirgends anders als in Ameifenneftern leben, wo ſie fich fortpflanzen und jterben, ohne fie je ver: laſſen zu haben. Wer hätte jolhe Proben aufopfernder Freundſchaft und Liebe verborgen unter Steinen gejudht? Daß die Larve unferes Keulenfäfers jechsbeinig fein müfje, geht aus der Abbildung eines Buppenbalges hervor, weldhen unjer Gewährsmann aufgefunden hat. Derjelbe jtect nämlich, wie wir dies auch bei anderen Käfern beobachten können, mit feiner Leibesſpitze in der bei der Verpuppung abgeftreiften Larvenhaut, und an diefer bemerkt man noc) die Rückſtände von vier Beinchen Bon der Familie der Aaskäfer (Silphidae oder Silphales) läßt ſich wegen der Berjchiedenheiten des Körperbaues in einer allgemeinen Schilderung nur ausjagen, daß die gewöhnlich elfgliederigen Fühler gegen die Spige hin allmählich dicker werden oder dafelbft einen ſcharf abgejegten Endfnopf tragen, daß die Zunge zweilappig ijt und Die Flügeldeden meijt bis zur Hinterleibsfpige reihen. Durch die frei heraustretenden, fegel- förmigen Hüften der vier vorderen Beine und durch die jechs frei beweglichen Bauchringe unterjheiden fi die Aaskäfer von allen anderen fünfzehigen Käfern mit feulenförmigen Fühlhörnern. Sie finden fih ſämtlich an Tierleichen ein, fei es, um felbit davon zu zehren, jei es, um ihre Eier an diefelben zu legen, und befigen als Aasfreunde die nichts weniger als liebenswürdige Eigenjchaft, einen ftinfenden Saft aus dem After oder dem Maule over aus beiden zugleich von fich zu geben, wenn man fie anfaßt. In Ermangelung jener Lederbifjen gehen fie auch faulenden PBflanzenftoffen nach oder greifen lebende Inſekten an, ihresgleichen nicht verjchonend. Ihre Bewegungen find flinf, und ihr Geruchsſinn ift entjehieden jehr entwidelt; denn aus weiter Ferne fommen fie, durch denjelben geleitet, dahin geflogen, wo ein toter Vogel, ein verendetes Kaninden, ein Maulwurf, ein Fiſch— lein u. a. ihren Berwejungsprozeß beginnen. Man kennt gegen 500 Arten, welche überall auf der Erde verteilt, in den Falten und gemäßigten Gürteln aber mit vier Zehnteln ihrer Artenzahl vertreten find. Die Larven ftimmen in der Lebensweiſe unter fi und mit den Käfern überein, aber nicht, wie ſich bei der Verfchiedenheit diefer erwarten läßt, in den äußeren Formen; darum werden wir auf fie bei den vorzuführenden Gattungen zurückkommen. Der gemeine Totengräber (Necrophorus vespillo) hat mit jeinen vierzig und einigen Gattungsgenoſſen, von welchen die meilten in Europa und Nordamerika leben, folgende Merkmale gemein: Die vier legten der zehn Fühlerglieder bilden einen Fugeligen Knopf. Der große, hinten halsartig verengerte Kopf duct fich zum Teil unter das fait freisrunde, breitrandige Halsſchild. Die gejtusten Flügeldeden laſſen die drei legten Leibesgliever frei. Die Fräftigen Beine, deren hinterfte aus queren, zuſammenſtoßenden Hüften entjpringen, zeichnen fi durch an der Spite ftark erweiterte Schienen aus und bei ven Männchen durch die Erweiterung der vier erſten Glieder an den Vorder: und Mittel: fügen. Die genannte Art charakterifieren gebogene Hinterfchienen, ein goldgelb behaaries Brehm, Tierleben. 3. Auflage IX. 5 56 Erſte Ordnung: Käfer; achte Familie: Aasfäfer. Halsſchild, ein gelber Fühlerfnopf, zwei orangenfarbene Binden der Flügeldeden und ſchwarze Grundfarbe. Bemerkt jei noch, daß fie einen abgejeßt Ichnarrenden Laut erzeugen kann, indem der Rücken des fünften Hinterleibsgliedes mit jeinen zwei Leiſten an den Hinter: vändern der Flügeldeden gerieben wird. Wo ein Nas liegt, findet fich der Totengräber ein, wenn man ihn, das vorherrichend nächtliche Tier, auch jonjt wenig zu jehen befommt. Mit dem Gejumme einer Hornifje fommt er herbeigeflogen und gibt dabei den Flügel- decken eine charakteriftiiche Stellung. Dieſe Elappen ſich nämlich von rechts und links in die Höhe, kehren die Innenſeite nad) außen und ftehen, fih mit den Außenrändern be: rührend, dachartig über dem Nüden. Aus dem einen werden 2, 3, bis 6 Stüd, welche jich dort zulammenfinden und zunächlt die zu begrabende Leiche muftern jowie den Boden, welcher fich nicht immer zu einem Begräbnisplage eignet. Finden die Käfer alles in Ord- nung, jo jchieben fie fih in gehöriger Entfernung voneinander, um ſich nicht in den Weg Heimijhe Totengräber nebjt Larve vom gemeinen Totengräber (Necrophorus vespillo). Natürliche Größe. zu kommen, unter jene, jeharren die Erde mit den Beinen unter ſich weg nach hinten, daß fie ringsherum einen Mall um die allmählich durch ihre Schwere einfinfende Maus, die wir beijpielsweije annehmen wollen, bildet. Gerät die Arbeit irgendwo ins Stoden, bleibt ein Teil, wie daS beinahe nicht anders möglich, gegen andere zurüc, jo erſcheint diefer und jener Arbeiter an der Oberfläche, betrachtet fih, Kopf und Fühler bevächtig eınporhebend, wie ein Sachverſtändiger von allen Seiten die widerjpenftige Partie, und e3 währt nicht lange, jo fieht man auch dieje allgemach hinabſinken; denn die Kräfte aller vereinigten fih nun an diefem Punkte. Es ift faum glaublih, in wie furzer Zeit dieſe Tiere ihre Arbeit jo fördern, daß bald die ganze Maus von der Oberfläche verſchwunden it, nur noch ein kleiner Erdhügel die Stelle andeutet, wo fie lag, und zulegt auch diefer ſich ebnet. In recht lockerem Boden verſenken fie die Leihen ſelbſt bis zu 30 cm Tiefe. Der um die Botanif und Ofonomie vielfach verdiente Gleditſch hat feiner Zeit dieſe Käferbegräbnifje lange und oft beobachtet und teilt uns mit, daß ihrer vier in 50 Tagen 2 Maulwürfe, 4 Fröſche, 3 kleine Vögel, 2 Grashüpfer, die Eingeweide eines Fijches und 2 Stüde Nindsleber begruben. Wozu ſolche Rührigkeit, jolhe Eile? Den „unvernünf: tigen” Gejchöpfen jagt es der fogenannte Snftinkt, jener Naturtrieb, der ung Wunder über Wunder erbliden läßt, wenn wir ihn in feinen verjchiedenartigiten Außerungen be— trachten. Daß indejjen oft mehr al3 diefer Naturtrieb im Spiele ſei und von Unvernunft bei diefen und anderen unbedeutenden Kerfen füglich nicht die Nede fein könne, bemweijt folgende Thatjache: Totengräber, denen man ein Aas jchwebend über der Erde an einen Gemeiner Totengräber. 67 Faden hingehängt hatte, welcher an einem Stabe befeftigt war, brachten diejen zu Falle, nachdem fie fich überzeugt hatten, daß fie auf gewöhnliche Weile am Aaſe nichts aus: rihten fonnten Sie willen, um zur Beantwortung der aufgeworfenen Frage zurüdzus fommen, recht wohl, daß ihnen andere ihresgleichen, Aastäfer verjchiedener Gattungen, bejonders auch große Echmeißfliegen zuvorfommen fünnten, und um ihrer Brut in zärt— liher Fürforge hinreichende Nahrung und beftes Gedeihen zu fihern, darum ftrengen fie ihre Kräfte über die Maßen an: denn nicht um fich einen Leckerbiſſen zu verwahren, wie der gejättigte Hund, welcher einen Knochen verftedt, begraben fie das Aas, jondern um ihre Eier daran zu legen. Als Freſſer findet man fie mit zahlreichen Geſinnungs-, wenigitens Gejchmadsgenofjen: den bereit erwähnten Kurzflüglern, den weiterhin zu be— Iprechenden Silphen, Spedläfern, Stugfäfern und zwischen einem unheimlichen Gewimmel widerlicher Fliegenmaden unter größeren, unbegrabenen Äjern, deren Knochen schließlich nur noch allein übrigbleiben. In unjerem Bilde „Wirkungen vereinter Kräfte” (S. 65) it ein ſolcher Mafjenangriff auf einen toten Vogel in feinem erften Beginnen dargeftellt, im weiteren Verlaufe würde er fih aus äfthetichen Nüchichten für eine bildliche Darftellung nicht mehr eignen, und in dem Bilde „Aasinjeften” (©. 70) findet fih eine Anzahl der befannteften Formen vereinigt. Es ward bisher vorausgejeßt, daß die Bobenverhältniffe für die Beerdigung ſich eigneten, dies iſt aber nicht immer der Fall. Steiniges, hartes Erdreich, ein Untergrund mit verfilzter Grasnarbe würden den angeſtrengteſten Arbeiten der kleinen Minierer Hohn ſprechen. Sie ſehen dies bald ein und wählen auf dieſe Weiſe gebettete Leichen für ihre eigne Ernährung und nicht für ihre Brut, haben aber auch in ſolchen Fällen weitere Beweiſe für ihre geiſtige Befähigung ab gelegt. Man hat beobachtet, wie fie durch Unter: friehen und Zerren von außen nad ein und derjelben Richtung hin den Kleinen toten Körper eine Strede fortbewegt haben, bi3 er auf einer benachbarten, ihren Zweden ent: jprechenden Unterlage angelangt war. Sit endlich mit größeren oder geringeren Hinderniffen, immer aber mit dem Auf: gebote aller Kräfte, die Beerdigung bewerfftelligt, jo erfolgt die Paarung, und das Weib- hen verjchwindet wieder in der Erde, wo es unter Umftänden 5—6 Tage unfichtbar bleibt. Kommt es dann wieder hervor, jo pflegt es faum mehr Tenntlich zu fein, weil es über und über von Kleinen, achtbeinigen, rötlichgelben Milben (Gammasus coleopterorum) bewohnt wird. Es hat jein Geichi erfüllt, auf ihm nimmt nun ein anderes Gejchöpf Platz und erfreut fih in jeiner Weile der Annehmlichkeiten des kurzen Dajeins. Wollen wir aber jelbit jehen, wie unfer beweglicher Käfer mit feinen orangenen Binden und der goldigen Halsfrauje zu ftande Fam, jo wird es Zeit, eine unjaubere Arbeit vorzunehmen und die Maus, die er mühſam verjenkfte, wieder zu Tage zu fürdern, in ein Glas mit der nötigen Erde, und zwar jo zu bringen, daß fie zum Teil an die Wand des Gefäßes zu liegen fommt, um gejehen werden zu können; denn nad weniger als 14 Tagen triechen die Larven aus den Eiern. Die weitere Beobachtung derjelben, wie fie fich unter Ihlangenartigen Windungen ihres Körpers im Kote wälzen und an den damit innig ver- bundenen Erdklümpchen wie die Hunde an einem Knochen herumzaufen, bietet zu wenig des Afthetiihen, um eine weitere Ausführung zu geftatten. In furzer Zeit und nad) mehrmaligen Häutungen haben fie ihre vollfommene Größe erreicht, in der wir eine Larve dargeftellt haben. Ihre Grundfarbe ift ſchmutzig weiß, die ſechs ſchwachen, einklauigen Beine, der Kopf mit viergliederigen Fühlern und den mäßigen Kinnbaden find gelblich braun, ebenjo die kronenförmigen Rückenſchilde, welche an den Vorderrändern der Glieder aufjigen und beim Fortfriehen mit ihren Spigen zum Stützen und Anſtemmen dienen. Vom Kopfe fei nur noch bemerkt, daß hier eine Oberlippe vorhanden ift und die ſechs 5: 68 Erfte Ordnung: Käfer; adte Familie: Nasfäfer. Nebenaugen jederſeits dadurd in zwei Gruppen zerfallen, daß ſich die beiden unteren weiter von den übrigen entfernen. Zur VBerpuppung geht die Larve etwas tiefer in die Erde, böhlt und leimt diejelbe aus und wird zu einer anfangs weißen, nachher gelben und weiter und weiter dunfelnden Ruppe, je näher fie der Entwidelung zum Totengräber entgegenreift. Obſchon diejelbe raſch genug vorjchreitet, um zwei Bruten im Jahre zu er: möglichen, jo dürften jolche doch nicht vorfommen. In gleicher Weije geitaltet fi) das Leben der anderen, meilt auch rotbebänderten Arten. Ganz ſchwarz und nur ausnahmsweiſe mit einem roten Fleden an der Spitze der Flügeldecken gezeichnet ift der bis 26 mm meſſende Necrophorus humator mit gelbem Füblerfnopfe und der deutihe Totengräber (N. germanus) die größte in Europa lebende Art; er erjcheint höchitens an den Außenrändern der Flügeldeden bisweilen rötlich) gefärbt und abgebildet auf der Tafel „Wirkungen vereinter Kräfte” (S. 65) in der linfen Ede. Die Gattung der Aaskäfer (Silpha) im engeren Sinne, weldhe der ganzen Familie den Namen gegeben hat, zeichnet jich durch einen platter gedrückten Körper von eifürmigen Umriſſen aus, indem der Hinterrand des mehr oder weniger halbfreisförmigen, den ſenk— rechten und zugeipisten Kopf von obenher dedenden Halsſchildes fih eng an die ebenjo breiten, nach hinten gemeinjam ſich abrundenden Flügeldeden anſchließt. Diejelben be= deden die Leibesipige volljtändig, falls fie nicht bejonders herausgejtredt wird, was den Weibchen vorzugsweije eigen zu fein ſcheint. Die elfgliederigen Fühler verdiden ſich all: mäbhlich nach der Spite hin zu einer dreis bis fünfgliederigen Keule. Ein horniger Hafen bewehrt die Innenſeite des Unterfiefers, und die Tajter desjelben find wie bei den Toten- gräbern länger als die Lippentafter. Die 67 befannten Arten find mit wenigen Ausnahmen ganz jhwarz und infolge ihrer Ernährungsweife vorherrihend an den Boden gefefjelt; fie bewohnen außer Auftra- lien alle Erdteile. Der Shwarzglänzende Aaskäfer (Silpha atrata) gehört zu den verbreitetften und infofern zu den interefjanteren Arten, als jeine Larve bisweilen den Zuderrübenfeldern höchit nachteilig geworden ift. Der Käfer findet fich den ganzen Sommer hindurch auf Adern, Wegen, unter Steinen, Erdihollen, am liebften freilich unter einer Tierleiche, ift elliptiich im Umriffe und durchaus glänzend ſchwarz; der jenkrecht nach unten gerichtete Kopf wird, wie bei allen jeinesgleichen, von obenher durch das grob punftierte Halsſchild bedeckt. Diejes bildet einen reichlichen Halbfreis mit aufgeworfenem ande, außer an der Hinterjeite, greift mit diefer etwas über die Wurzeln der Flügeldeden über und übertrifft diejelben ein wenig an Breite. Die Flügeldeden find an dem Außenrande ſtark aufgebogen, hinten gerundet, jo zwar, daß fie fih an der Naht kaum merklich ver: fürzen. Über die Fläche einer jeden laufen drei ftumpfe Längsfiele in gleichen Abjtänden unter fi und mit der ebenjo leiftenartig erhabenen Naht. Die Zwiſchenräume find runzelig grob punftiert. Kurz beborjtete Schienen und fünf Fußglieder Fennzeichnen die Beine, filzige Sohlen außerdem die Borderfüße der Männchen. Bei Beachtung diejes Laufpaſſes wird man die in Rede ftehende Art nicht wohl mit zwei jehr ähnlichen (Silpha laevigata und reticulata) verwechjeln können. Die oben ſchwarze, am Bauche lichte Larve bejteht aus zwölf Schilden, welche vom Kopfe nach der Mitte hin an Breite wachjen, dann aber fich allmählich ſtark verſchmälern; die bedeutende Breite in der Mitte entjteht durch die lappig erweiterten Seitenränder der Schilde, die in derjelben Weiſe ich bei anderen Silphenlarven nicht zu wiederholen braucht. Das Endglied trägt an der Spige zwei fleifchige Anhänge. Die über fie hinausgehende Fortjegung ift der ausjtülpbare After, welcher beim Kriehen zum Nachjchieben dient. Am verſteckten Kopfe bemerkt man dreigliederige, ziemlich lange Fühler und hinter ihrer Wurzel -Schwarzglänzender, rothalfiger und vierpunftiger Nasfäfer. 69 vier, weiter unten noch zwei Nebenaugen. Für gewöhnlich hält fi die Larve, wie die: jenigen der übrigen Arten, verborgen unter toten Tieren und wählt unter mehrmaligen Häutungen ſchnell heran, Fommt aber vorübergehend in jo großer Menge vor, daß ihr die gewöhnliche Nahrung mangeln wirde und fie merfwürdigerweile pflanzenfrefjend wird und in den eriten Blättern der jungen Rübenpflanzen einen Erſatz jucht. In Gegenden, wo der Rübenbau zu gunjten der Zuderfabrifen große Flächen einnimmt, hat man die fonft verjtedte Larve in jo großen Mengen frei und dem Sonnenlichte ausgejest an den jungen Pflanzen gefunden, daß diefe durch diefelben eine ſchwarze Farbe annahmen und fchließlich durch ihren Zahn jo ziemlich vollftändig verfchwanden. Bei ihrer großen Gefräßigfeit wächſt die Zarve ſchnell, häutet fich dabei viermal und friecht volljtändig weiß aus ihrer alten Haut, aber ſchon eine Stunde fpäter hat fie auf dem Nüden ihre frühere jchwarze Farbe wieder angenommen. Sie ijt ſehr be= weglih und jucht fich zu ver— bergen, jobald fie bemerkt, daß fie verfolgt wird. Wenn fie er: wachen ift, gräbt ſie ſich ziem— lich tief in die Erde ein, fertigt eine Höhlung und wird zu einer weißen, fragezeichenförmig ges frümmten Puppe, welche durch ihr großes Halsihild und den Darunter verjtedten Kopf ihre Silphennatur nicht verleugnet. Kah etwa 10 Tagen Ruhe fommt der Käfer zum Vorſchein. Schmwarzglänzender Aaskäfer (Silpha atrata) nebft Larve. Diejer, welcher möglichenfalls zwei Bruten im Sahre haben kann, überwintert im volllonmenen Zuftande. Das große Wafjer Anfang April 1865 ſchwemmte bei uns die in Nede ftehende Art und die Silpha obscura in überaus großen Mengen lebend an. Nah dem Erwachen im eriten Frühjahre erfolgt die Paarung und gleich darauf das Eierlegen unter moderndes Laub oder unter die oberite Erdjhicht, wozu der Hinterleib wie eine Legröhre weit vorgeftredt werden fan. Das Gejhäft nimmt längere Zeit in Anfpruch, daher Friechen die Larven zu verjchiedenen Zeiten aus; daraus folgt weiter, daß man im Sommer Larve und Käfer gleichzeitig antreffen Fann. Der rothaljige Aasfäfer (Silpha thoracica) iſt eine von den beiden deutjchen Arten, welche der ſchwarzen Uniform der übrigen nicht treu bleiben, indem das Halsjchild eine lebhafte rote Farbe annimmt. Unfer Bild: „Die Käfer in Wafjersnot” (©. 33) führt fie ſo weit fenntlich vor, daß auf ihren Platz nicht näher aufmerkſam gemacht zu werden braucht. Der vierpunftige Aasfäfer (Silpha quadripunctata) ift die zweite abweichend gefärbte, überdies auch abweichend lebende Art. Sie it zwar am Körper ſchwarz, auf der Rückenſeite jedoch nur auf der Scheibe des Halsjchildes, am Schildchen und im vier runden Fleckchen der Flügelveden, während die übrige Rückenfläche eine grünlich braungelbe Fär- bung hat. Die mir nicht befannte Entwidelung dürfte von der anderer Arten nicht ab: weichen und an der Erde zu ftande kommen, dem fertigen Käfer jedoch paßt das Umher— laufen auf Feldern und Wegen und das Verfteden unter Steinen, Erdſchollen und faulen: den Tieren nicht, er liebt einen romantifcheren, einen luftigeren Aufenthalt, verlangt nad) frifcher, nicht nach abgeftandener Fleiſchſpeiſe. Daher beteigt er Buſchwerk, vorherrjchend 79 Erjte Ordnung: Käfer; neunte Familie: Stußfäfer. Eichen: und Buchenitangenholz, und jucht die von jenen Laubjorten lebenden Raupen auf, um fie zu verjpeilen. Sch habe ihn dergleichen verzehren jehen und ihn alljährlich in ziem— licher Anzahl von Eichenftangen herabgeklopft, während der Kleine Kletterlauffäfer nur in manchen Jahren in jeiner Gejellichaft herabitürzte. In dem Betragen beider, fobald fie unten angelangt find, bejteht ein wejentlicher Unterjchied. Der Läufer, wie wir bereits willen, bemüht ſich, jo jchnell wie möglich unter der Bodendede zu verjchwinden, der Aas— fäfer wendet eine jeiner Gattung und vielen anderen Kerfen geläuftige Lijt an: er läßt den an ſich Schon hängenden Kopf noch mehr hängen, zieht die Beine an und bleibt regungslos auf dem Nücden liegen, furzum, er ftellt fich tot; doch ift es ihm weniger Ernjt um zähe Durhführung diefer Rolle und möglicherweije die angegebene Stellung nur die Folge feines eriten Schredfens über den jähen Sturz; denn er befommt meijt jehr bald nachher wieder neues Leben und eilt davon. An jolchen Orten, wo fich Totengräber und Aaskäfer jehr behaglich fühlen, pflegt auch) die Familie der Stußfäfer (Histeridae) durch) einige Arten vertreten zu jein. Es find gedrungene, breit gedrüdte, ja bisweilen volllommen platte Käfer, welche ein jtark glänzen: der, außergewöhnlich harter Banzer umgibt. Der an ſich Eleine und ſchmale Kopf ſteckt tief im Halsjchilde und läßt fich bei vielen von untenher in eine Art von Bruſtlatz zurüd: ziehen, jo daß er fait verichwindet; das nach hinten allmählich breiter werdende, an den Seiten gefantete Halsichild legt jich mit jeinem Hinterrande dicht an die Wurzel der nur allmählich oder gar nicht nach der Mitte zu breiter werdenden Flügeldeden an, dieje find hinten mehr oder weniger gejtußt, immer den Steiß al$ eine dreiedige Chitinplatte mit ge rundeter Spige unbededt lafjend, und von feinen Längsfurchen durchzogen, welche bei Unter: ſcheidung der Arten gute Anhaltspunkte gewähren. Die kurzen, elfgliederigen Fühler nehmen vom langen Grundgliede an eine andere Nichtung, find mithin gefniet und endigen in einen dreigliederigen Knopf. Am Bauche unterfcheidet man fünf Ringe, von denen der erite eine bedeutende Länge erreicht. Die Beine find einziehbar und platt, d. h. fie fönnen in einer Weiſe in flache Gruben der Körperunterjeite angedrüct werden, daß ein ungeübtes Auge ihre Gegenwart faum bemerkt; die vorderiten haben an der Außenfante gezahnte, aljo zum Graben befähigende Schienen, die hinterjten einen weiten Abjtand unter ſich, und alle tragen fadenförmige, fünfgliederige (jelten viergliederige) Füße, welche jich in eine mehr oder weniger Icharf markierte Rinne der Schiene einlegen lafjen. Der Gang der Stußfäfer iſt infolge eines jolchen Baues ein nur bedächtiger, der Gejfamteindrud, den das ganze Wejen macht, ein an die Schildkröten unter den Kriechtieren mahnender; hierzu trägt die eigen: tümlihe Gewohnheit bei, mitten in ihrem trägen Gange inne zu halten, zu „ſtutzen“, Beine und Kopf einzuziehen und die Scheintoten zu jpielen, wenn ihnen irgend etwas Ungewöhn— liches begegnet. An warmen Sommerabenden, jeltener unter der ftrahlenden Mittagshite, jesen fie auch ihre Flügel in Bewegung, um in bequemerer Weije größere Streden zurüd- zulegen und, was der Hauptgrund fein dürfte, Nahrung zu juchen. Sie beſchränken fich binjichtlich diejer nicht bloß auf verwejende tieriihe Stoffe, jondern halten fich ebenjo gern an pflanzliche, in der Auflöjung begriffene; man findet fie daher zahlreich im Mifte, in den ſchnell ſich zerjegenden fleifchigen Pilzen, gewiffe Arten hinter Baumrinde und einige wenige in Ameifenhaufen. Außer Schwarz mit blauem oder violettem, oft jehr ſtarkem Metallglanze kommt nur noch Not in der Bekleidung der gegen 1200 Arten vor, welche fich über die ganze Erde ausbreiten, am fpärlichften in Afrifa, Smdien und Auftralien. Die gejtredten, zwölfglieverigen Larven, außer am Kopfe nur noch am Vorder: brujtringe hornig, ſchließen fich durch die gegliederten Anhänge am Ende und durch den Hasinfekten an einem Manlwurfr. Miſt-Stutzkäfer. Hetaerius sesquicornis. R Al ausftülpbaren After zum Nachichieben den Larven der Staphylinen an. Die ungewöhnlich Furzen und zugleich dünnen Beine find dem Außenrande nahe gerückt und laufen in eine fat boritenförmige Klaue aus. Am Kopfe fehlen Oberlippe und Punktaugen, dagegen nicht die dreigliederigen Fühler mit langem erjten und furzem legten, nad) innen gekrümmtem -Gliede. Die ftarken, in der Mitte gezahnten Kinnbaden Frümmen ich fichelartig, und die freien Kinnladen tragen dreigliederige Tafter; zweigliederige finden ſich an der zungen: lojen Unterlippe auf unter fih verwadhjenen, an der Wurzel hornigen, an der Spite fleijhigen, frei vorjtehenden Stämmen. Wegen der unmerflich Eleinen Mundöffnung kann die Nahrung, die gewiß aus lebenden wie toten Tieren und verwejenden Vflanzenftoffen bejteht, nur jaugend aufgenommen werden. Der Mift-Stugfäfer (Hister fimetarius oder sinuatus) gehört zu denjenigen Familiengliedern, weiche den Kopf in einen gerundeten Vorſprung der Borderbruft zurüdziehen fünnen. Unter einem Stirnrande lenfen die gebrochenen, in eine ovale, Drei: glieverige Keule endenden Fühler ein, und letztere kann in eine Grube am Vorderrande der Borderbruft verborgen werden. Drohend ragen, jchräg nad) unten gerichtet, die in der Mitte gezahn: ten Kinnbaden weit hervor. Der Steiß fällt ſchräg nach hinten ab, und die binterften Schienen bewehren an der Außenjeite zwei Dornenreihen. Dies alles gilt von jevem Hister, die jich zahlreich über die ganze Erde ausbreiten. h Die genannte Art erkennt ua a Miſt-Stutzkäfer (Hister fimetarius) nebſt Larve. einem kleinen, gerundeten Fortſatze am Natürliche Größe. Hinterrande der Vorderbruſt, welcher in eine Ausrandung der Mittelbruit paßt, an nur einem Ceitenjtreifen des Halsjchildes, an der deutlich punktierten Vertiefung auf dem umgejchlagenen Seitenrande der Flügel: decken, welche auf vem Rücken drei ganze Streifen nach außen, einen in der Mitte aufhörenden neben der Naht haben und mit einem roten Flecken gezeichnet find, deſſen Form unſere Ab- bildung vergegenwärtigt. Der Mijt-Stugfäfer lebt vorzugsweiſe auf trodenen, jandigen Triften im Mifte und begegnet ung wohl auch einmal auf einem Feldwege in jchwer- fälligem Marſche, häufiger jedoch breitgetreten, weil er der Fußjohle des unachtjamen Wanderer dur jein „Stutzen“ nicht parieren fonnte. Der zierliche, bloß 2,25 mm lange, glänzend rojtgelbe Hetaerius sesquicornis oder quadratus, welder mit einzelnen aufaerichteten Haaren bejegt ift, verdidte Seiten des Hals- ſchildes und fein gejtreifte Flügeldeden hat, lebt bei Ameifen, vorherrſchend in den Kolonien der Waldameife (Formica rufa), entſchieden aber unter anderen, weniger abhängigen Ver: hältniſſen als die Keulenfäfer, da man ihn auch ohne Ameifen unter Steinen angetroffen hat, wo wahrjheinlich früher folhe gehauft haben. Die Sammler, welche fich der jogenannten „Myrmekophilen“, d. h. derjenigen Käfer befleißigen, welche nur in Ameifennejtern zu treffen find, fieben die ganze Ameifenkolonie mit einem Drahtfiebe, durch welches die Ameijen nicht gehen, aus, tragen das Ausgefiebte in leinenen Säckchen heim, um dort die Ergebnilje ihrer Arbeit in aller Bequemlichkeit zu durchmuftern, und wählen am pajjendjten die Wionate März und April und die genannte Ameijenart zu diejer mühevollen und unbehaglichen Fang: methode, weil zu diejer Jahreszeit die Ameifen noch träge und weniger bijjig find. on 73 Erfte Ordnung: Käfer; neunte Familie: Stutfäfer; zehnte Familie: Glanzfäfer. Hister unterjcheidet fich die genannte Gattung durch Furzen Fühlerichaft, eine mwalzige, Icheinbar ungegliederte Keule und durch jehr breite Schienen mit einer nad) außen offenen Rinne für die Füße. Die Saprinen (Saprinus) bilden neben den Hilteren die artenreichite Gattung der ganzen Familie, teilen mit ihnen diejelbe geographiſche Verbreitung, diejelbe Körpertracht, haben aber mehr Glanz, und zwar entjchieden metalliicher Natur, in Blau, Grün, Violett, führen diejelbe Lebensweiſe, unterjcheiden fi) von ihnen —— jedoch weſentlich durch den Mangel des Bruſtlatzes, können 7 aber trogdem ihren Kopf einziehen. Eine mehr oder weniger Starte Bunktierung auf der ganzen Oberfläche des gedrun- genen Körpers läßt einen gemeinjamen Fleden an ver Wurzel der Flügeldeden unberührt. Sehr zahlreich über ganz Amerifa und Europa, zer: ftreut und vereinzelt über Afrika bis nach den auftralifchen Inſeln hin breiten fich gegen 800 Arten nur kleiner Käferchen aus, welche man zu der Familie ver Glanzkäfer (Niti- dAulariae) zujammengefaßt hat. Sie wiederholen im ver- jüngten Maßitabe die Grundform der Stußfäfer, aber weder die Härte noch die Harbeneinförmigkeit der Körperbededung. Die Flügeldeden find meijt etwas gekürzt, auch die Beine furz, die vorderjten und hinterjten queren Hüften entjprin- gend, die Füße fünfgliederig, nur ausnahmsweiſe am legten Paare viergliederig, die eriten drei Glieder faft immer erwei- tert, die Fühler nicht gefniet und in einen drei- bis vierglie= derigen Knopf auslaufend. Der Unterkiefer wird größten: teils nur von einem Lappen gebildet. Dieje Käferhen kommen unter den verjcehiedenften Ver: hältniſſen, vereinzelt oder oft jcharenweije vereinigt, vor; man findet fie auf allerlei Blumen, hinter Baumrinde, in den gärenden und dadurch ſchlammig werdenden Ausflüjjen unjerer Waldbäume (Eichen, Birken, Buchen), in Schwäne men, in tierifhen Abfällen, ja, ich entjinne mich aus meiner Jugendzeit, daß in einer Mühle eine ihrer Arten (Nitidula an jtatee Qisligoities asnenen. bipustulata) maſſenhaft aus dem vorgejegten Kaffeekuchen Naturl. Größe und flark vergrößert. herausſpaziert kam und deſſen Genuß verleidete, obſchon der Kirmesappetit mit zur Stelle gebracht worden war. Der Raps-Glanzkäfer (Meligethes aeneus) fällt häufig durch ſeine beträcht— liche Menge auf blühendem Naps, Rübſen und anderen Kreuzblümlern fowie jpäter auf den Blüten der verjchiedeniten Sträucher in die Augen; der einzelne wird freilich leicht überſehen, denn er mißt nur 2,25 mm, fieht erzgrün aus und ftellt ein Eleines Viered mit jtumpfen Eden dar, unten mit ſchmaler, nad hinten zugejpister Vorderbruit. Die Schienen der Borderbeine find jchmal, am Außenrande gleichmäßig Jägeartig gezähnelt, die übrigen etwas breiter, von ihrer ſchräg abgejchnittenen Spige bis über die Witte des Außenrandes hinauf mit furzen, feinen Börftchen dicht bewimpert. Tach überjtandenem Winterjchlafe verläßt er das jetzt unmwirtliche Verſteck, jucht Die genannten Pflanzen auf und ernährt fich von deren Knoſpen und Blüten, ſchwärmt im Saprinen. Raps-Glanzkäfer. 1 warmen Sonnenschein lebhaft umher, und die Paarung erfolgt. 3—4 Tage nachher, beſonders bei vollfommener Winditille, jchiebt das Weibchen feine ausdehnbare Hinter: leibsipige in die Knoſpe und läßt ein länglichrundes, weißes Ei in deren Grunde zurüd. In S—14 Tagen, je nad) der wärmeren oder rauheren Witterung, entwickelt fih die Zarve daraus und ernährt fih von den Blütenteilen im Inneren der Knoſpe, wenn fie diefe noch vorfindet, oder von den bereits entwidelten und benagt, wenigitens in vorgerücdterem Alter, die jungen Schoten, an welchen fie bevdeutenderen Schaden anrichtet als der Käfer. In Zwilchenräumen von S—10 Tagen befteht fie nad) und nach drei Häutungen, deren legte ihren Puppenzuftand herbeiführt, und lebt mithin durchichnittlich einen Monat. Erwachſen iſt fie höchitens 4,5 mm lang, ziemlich walzig von Gejtalt, gelb: lihweiß von Farbe und einer Erdflohlarve ſehr ähnlich. Sie beiteht außer dem braunen oder Ihmwärzlichen Kopfe aus 12 Gliedern, mit 6 Furzen Beinen vorn und mwarzenartigem Kahichieber hinten. Auf den Rüden jedes Gliedes, daS vollfommen bevedte erite aus- genommen, bemerft man je drei Hornfledchen, von denen die mittelften als kleinſte den vorderen Glievern fehlen, die äußeren länglich eiförmig und unter fich gleich gro. find. Der ſchmale Kopf hat jederjeit3 drei einfache Augen, viergliederige Fühler und eine hornige Dberlippe. Die Eräftigen Kinnbaden fehlen ſich an der Kaufläche aus und endigen in einen jpigen Zahn. ES gehört Fein geübter Forſcherblick, ſondern nur Aufmerkfamkeit dazu, dieſe Larven in größerer Gefellfehaft zwijchen den oberen Blüten der Olfaaten zu entdecken, und man wird dann begreifen, daß die langen, weit herabreichenden fahlen Spiten in den nachherigen Fruchtitänden teilweije auf ihre Rechnung kommen. Zur Berpuppung läßt fich die Larve herunterfallen, geht flach unter die Erde und fertigt ein lojes Gejpinft, in welchem man bald nachher das weiße, bewegliche Püppchen finden kann, welches hinten in zwei Sleifchjipischen ausläuft. Nah 12—16 Tagen, mithin Anfang Zuli, fommt der Käfer zum Vorſchein. Ich trug am 3. Juni erwachjene Larven ein und erzielte ſchon am 27. Juni deren Käfer. Dieſe treiben fih auf Blüten umber, wie die überwinterten, pflanzen fih aber im laufenden Jahre nicht fort, ſondern erjt im nächſten. Für den ſyſtematiſchen Käferſammler ſchließt ſich den vorigen ein Labyrinth von Sippen und Familien an, welche ihm viel Mühe und Sehkraft koſten, wenn er die ähnlichen Arten mit Sicherheit unterſcheiden will; denn es ſind kleine, unſcheinbare, zum Teil auch mühſam aufzufindende Tierchen. Für das „Tierleben“ mögen einige Arten folgen, welche zu Hauſe eine gewiſſe Rolle ſpielen und einer eifrigen Verfolgung dringend empfohlen werden können. Dieſelben find mit jo und jo vielen nächſt Verwandten, in der Geſamtheit die Zahl 200 noch nicht füllend, zu einer Familie vereinigt worden, welche nach den größten unter ihnen ven Namen der Spedfäfer (Dermestidae) erhalten hat. Ein in jeinen drei Hauptabjchnitten nicht abgejegter, alſo gejchloffener, im übrigen verjchteden gejtalteter Körper, ein gejenkter, mehr oder weniger einziehbarer Kopf, ver unterhalb zur Aufnahme der feulenfürmigen, auf der Stirn eingefügten Fühler ausgehöhlt iſt und meist ein Bunftauge auf dem Scheitel trägt; zapfenförmig aus den Gelenfgruben heraustretende, fich an den Spigen berührende, mindejtens jehr nahe ftehende Vorderhüften, walzenförmige, faſt immer innen und hinten erweiterte Hinterhüften, durch deren Erweite: rung eine Furche zur Aufnahme der Schenkel entiteht, eine Furche an leßteren für die Schiene, fünfzehige Füße und ein fünfglieveriger Bauch bilden die allen Familiengliedern gemeinjamen Merkmale. Auch im Betragen und in der Lebensweiſe herrjeht unter ihnen große Übereinftimmung. Einmal befigen fie alle in hohem Grade die Gabe der Verftellung; 74 Erjte Ordnung: Käfer; elfte Familie: Spedfäfer. denn mit angezogenen Beinen, eingelegten Fühlern und eingefniffenem Kopfe liegen fie die längſte Weile wie tot da, wenn fie von außen her beunruhigt werden und Gefahr für ihre werte Perſon im Anzuge vermeinen. Anderjeit3 zeichnen fie jich durch ihr Herum— treiberleben und die Gleichgültigfeit für die Wahl ihrer Gejellihaft und Umgebung aus, ob neben einem flüchtigen Schmetterlinge in duftender Blüte oder zwiſchen Finiterlingen und unfauberen Genojjen in den Überreiten eines ftinfenden Aaſes wühlend, ob im faulen Holze eines alten Baumjtammes oder im Winkel einer Speilefammer, ob in der Pelz: einfaljung eines beifeite gejegten Fußlades oder in den Polſtern unferer Sofas, oder im Leibe eines jtattlichen Käfers, auf welchen der Sammler ſtolz fein zu dürfen glaubt, das alles ift ihnen gleihgültig, obſchon der eine vorherrichend hier, der andere vorherrichend dort angetroffen wird. Weil die Nahrung der Käfer, mehr noch ihrer Larven (denn fie jelbit jind genügjamer), in den vorzugsweije trocenen Teilen tieriicher Stoffe aller Art beiteht, finden fie Jih auch überall, draußen im Freien, in unjeren Behaujfungen, auf den Schiffen, in Fellen, Naturalienfammlungen 2c., reifen um die Welt und werden teilweife Weltbürger im volliten Sinne des Wortes. Inſofern ſie ein mehr verborgenes Leben führen und un= gejtört fich in diefer Verborgenbeit jtarf vermehren, jo können fte unter Umständen empfind- lihen Schaden an unjerem Eigentum, namentlih an Pelzwerk, Polſtern, wollenen Deden und Teppichen aller Art jowie namentlih an Naturalienfammlungen, anrichten. Es gilt dies in erjter Linie von ihren gefräßigen Larven. Diejelben zeichnen fich durch ein aufgerichtetes, dichtes Haarkleid aus, welches meiſt nach hinten ftellenweije dichte Büſchel bildet, auch fternartig ſich ausbreiten kann, durch Furze, viergliederige Fühler, durch meijt jehs Punktaugen jederjeitS und durch Furze, einflauige Beine. Bei der Ver: wandlung reißt die Haut längs des Nüdens, und die Puppe benugt diejelbe dann als eine ſchützende Hülle. Der Spedfäfer (Dermestes lardarius, Fig. 6, 7, ©. 76) wird unter jeinen 47 Gat— tungsgenojjen, die alle durchſchnittlich 7,s mm lang find, leicht erfannt an der hellbraunen, quer über die Wurzel der Flügeldeden gehenden, mit einigen ſchwarzen Bunften gezeich- neten Binde bei übrigens durchaus bräunlich ſchwarzer Färbung. In gleicher Breite ziehen die Flügeldeden nad hinten, runden ſich ab, verbergen die Leibesipige vollitändig und jtellen die fait walzige Gejtalt des ganzen Körpers her, den vorzugsweiſe dicht an der Unter: jeite anliegende Haare beveden. Hier laſſen fich die Gejchlechter leicht unterfcheiden, indem ih das Männchen am 3. und 4. Bauchringe oder an legterem allein durch eine glänzende, runde Grube auszeichnet. Die gejtredte, nach hinten verjüngte Larve wird beinahe noch einmal jo lang wie der Käfer, tft am Bauche weiß und auf dem braunen Rüden mit ziemlich langen, braunen, nad) hinten gerichteten Haaren bejegt, von denen die längiten am Hinterende einen Haar: pinjel daritellen; am Grunde diejes richten fih auf dem Nüden des letzten Gliedes zwei nach hinten gebogene Hornhafen empor. Die ſechs Beine und der ausjtülpbare After er- möglichen ein gewandtes und rajches Fortfriechen, welches jedoch mehr einem ruckweiſe vor jich gehenden Hinrutjchen gleicht. Man trifft die Larve vom Mai bis in den September, während welcher Zeit fie fich viermal häutet und ihre Anweſenheit durch die umherliegenden Bälge an jolchen Stellen verrät, wo diejelben durch den Luftzug nicht weggeweht werden fönnen, wie beijpielsweife in Inſektenſammlungen. Schließlich wird die Larve träger, fürzer und haarlojer, alles Anzeichen, daß fie ihrer Verwandlung nahe ift. Zu dieſem Zwecke verbirgt fie ich an ihrem Aufenthaltsorte, jo gut e3 gehen will, dann jpaltet fich ihre Haut, wie bei den früheren Häutungen, in einem Längsriſſe auf dem Rüden, und die Puppe wird fichtbar, bleibt jedoch mit dem größten Teile ihres Körpers in diefer Um: hüllung jteden. Sie iſt vorn weiß, hinten braunftreifig und jehr beweglich, wenn man fie Spedfäfer. Zweifarbiger Hautfäfer. 05) beunruhigt. Meilt im September it der Käfer entwidelt, jprengt die Haut und bleibt, wie früher die Buppe, lange Zeit in der nun doppelten Umhüllung ſitzen. In wärmeren Räumen kommt er früher, in fälteren jpäter zum Vorſchein; im nächſten Frühjahre folgt die Paarung und das Gierlegen. Der Spedkäfer und jeine Zarve finden fich nicht bloß in Speifefammern, fondern überall, wo es tierifche Überrefte gibt, in den Häufern, auf Taubenjhlägen, draußen im Freien unter Nas, an Belzwaren und in Naturalienfammlungen. Mit wahren Entjegen gedenfe ih eines Falles, welcher bei den geheimen Umtrieben diejer Gejellen daran mahnt, wie man auf feiner Hut fein müſſe, um ihrem Zerjtörungswerfe jowenig wie möglich) Vorſchub zu leiten. Ein Kiſtchen, bis obenan mit aufeinander gejhichteten Käfern aus Brafilien angefüllt und zugenagelt, hatte jahrelang unbeachtet geſtanden, weil der Inhalt für wertlos erklärt worden war. Als es an ein gründliches Aufräumen ging, kam auch bejagtes Eubijches Kiſtchen an die Neihe. Sein Inhalt ließ einen Blid werfen auf gewiſſe Blattkäfer, Holz: böde, Nüßler und andere, welche in jenen gejegneten Ländern in unzähligen Wengen bei- jammen leben und ausnehmend gemein jein müfjen; denn manche Arten zählten nach Hun— derten, welche einjt als GejchenE eines dort lebenden Händlers eingegangen waren. Nachdem mit einer gewiſſen VBorficht, um die wenigen ungerbrochenen Stüde, für welche fich allen- falls noch eine Berwertung hätte finden laſſen, herauszujuchen, die oberen Schichten ab: geräumt und die unterjten mehr und mehr bloßgelegt worden waren, jchien mit einem Male Leben in die Jahre alten Leichen gekommen zu jein; denn Bewegung, und zwar jehr lebhafte Bewegung ließ fich jehen und hören. Welch ein Anblick! Gingebettet in braunen Staub und immer Eleiner werdende Stüde der zerfallenen und zerfrejfenen Käfer, frabbelten Hun— derte von Spedfäferlarven geſchäftig durcheinander und jchienen ihren Unmut darüber er: fennen geben zu wollen, daß man ſie in ihrer fiheren, daS VBerjährungsrecht beanfpruchenden Brutjtätte gejtört hatte. Glüdlicherweife loderte helles Feuer im Ofen, dem die ganze Gejell- Ichaft jo jehnell wie möglich übergeben wurde, damit nicht einer entfäme und an einer Stelle die jcharfen Zähne hätte prüfen können, wo die Wirkungen entjchieden viel empfindlicher hätten werden fünnen. Die übrigen Dermeiten, mäujegrau oder ſchwarz auf der Rüdenfeite, mehr oder weniger vollfommen Freideweiß durch dicht anliegende Behaarung auf der Unterfeite gezeichnet, finden ſich vorzugsweiſe im Freien unter Nas, wenn nicht — zwiſchen Naturalien, welche längere Seereijen zurüdgelegt haben und unzureichend verpadt worden waren. Der zweifarbige Hautfäfer (Dermestes bicolor), auf der Rückenſeite einfarbig ſchwarz, unterjeits und an den Beinen rötlihbraun, jtellt fich nebjt dem Spedfäfer bisweilen auf Taubenjchlägen ein und vergreift fich als Larve jogar an den lebenden jungen Tauben, indem fie unter den Flügeln fürmliche Gänge frißt und den Tod der Vögel herbeiführt, wie es fich beiſpiels— weije 1378 zu Ballenjtedt zutrug. Eine eigentümliche Erjcheinung, welche ihren Grund im Körperbau der Specdkäfer hat, fällt dem Sammler auf, der gewohnt ijt, die von ihm getöteten Käfer, bevor fie voll- fommen troden find, an der rechten Flügeldede mit einer Nadel behufs der Aufitellung in jeiner Sammlung zu durchſtechen. Dieje Zubereitung hat je nach) der Härte der Ded- Ihilde ihre größeren oder geringeren Schwierigkeiten und mißlingt bei den Dermejten dem weniger Geübten faft regelmäßig, nicht wegen zu großer Härte der Flügeldeden, jondern wegen ihrer größeren Widerjtandsfähigfeit im Verhältnis zu den weichen und jehr nac)- giebigen Berbindungshäuten aller fefteren Teile. In der Negel gehen alle dieje aus ihren Fugen, wenn man mit der Nadeljpige einen Drud auf die Flügeldede ausübt. Dieje aus: nahınsweije Dehnbarfeit der VBerbindungshaut zeigt ſich auch beim Töten eines Dermeften in Weingeiſt; hier jaugt jich der Körper jo voll, daß Kopf, Vorderbruftring und der von 76 Erſte Ordnung: Käfer; elfte Familie: Spedfäfer. den Flügeldeden zufammengehaltene Reſt weit auseinander treten und zwijchen allen dreien eine weiße Haut gleich einem furzen Darme heraustritt. ES find einige wenige Käfer (Silphen, Mijtläfer der Gattung Aphodius), bei denen eine ähnliche Erſcheinung beob- achtet werden Fann. Nur erft, wenn der Käfer gut ausgetrocknet ift, befommen feine Chitin- ſchilde einen feſteren Zuſammenhang untereinander, welcher durch den Drud der Nadel: jpige auf die Flügeldede nicht aufgehoben wird, fondern die Durchbohrung jener ermöglichen. Der Belzfäfer (Attagenus pellio; j. untenftehende Abbildung, Fig. 8, 9) hat die Körperform des Spedfäfers, nur einen flacher gewölbten Rüden und bedeutend geringere Größe (4 mm im Durchſchnitt). Er iſt ſchwarzgrau und auf der Mitte einer jeden Flügel- dede mit einem filberweißen Haarpünftchen gezeichnet. Ein einfaches Auge auf dem Schei- tel unterjcheidet die ganze Gattung Attagenus von der vorigen, ein freier, d. h. von der 1, 2) Kabinettfäfer (Anthrenus museorum, ©. 77). 3—5) Dieb (Ptinus fur, &.122). 6, 7) Spedtäfer (Dermestes lardarius, S. 74). 8, 9) Pelzkäfer (Attagenus pellio). Jede Art mit ihrer Larve; alle Figuren vergrößert. nach vorn erweiterten Vorderbruft nicht verdedter Mund und nahe beifammenftehende Mit: telbeine zeichnen fie vor den anderen, mit einem Nebenauge verjehenen Gattungen aus. Der Pelzkäfer treibt fih im Freien umher und ſchlägt feine Sommerwohnung in den Blüten des Weißdorns, der Spirftauden, der Doldenpflanzen und anderer auf, wo er mit jeinem guten Freunde, dem nachher zu bejprechenden Kabinettfäfer, und manchem anderen Kerfe in bejtem Einvernehmen lebt, ſich bis zur Unfenntlichkeit mit den zarten Staub: förperchen überzieht, und friftet jo ein vollfommen harmlojes Dafein. Sicherer bemerfen wir ihn in unferen Wohnräumen, wenn ihn die Frühjahrsjonne aus feinen ftaubigen Eden hervorlodt und zu Spaziergängen auf den Dielen oder zu einem Fluge nach den hellen Fenſterſcheiben auffordert, durch die er vermutlich die freie Gottesnatur zu erlangen wähnt. Cr hat fich hierin freilich getäufcht, denn bei jedem Anfluge an die Scheibe ftößt er fi an den Kopf, fällt rüdwärts über und quält fih nun auf dem Fenfterbrette ab, ehe er von ver Nüdenlage wieder auf die furzen Beinen gelangt. Um dies zu erreichen, ftemmt er fi meift auf die wie zum Fluge aufgerichteten Flügeldeden und dreht den Körper hierhin und dorthin, bis er endlich das Übergewicht nad) unten bekommt. Ohne Erbarmen ergreife Pelzkäfer. Kabinettfäfer. Ti man ihn in diefer hilflojen Lage und zerdrüde ihn zwijchen den Fingern, welche infolge jeiner Saftlofigfeit kaum feucht werden, damit er möglichit ohne Nachkommen fterbe. Denn wenn er auch von geringer Bedeutung it, jo hat man fich doch vor jeiner Larve wohl zu hüten. Dieje ift ein Schlimmer Gejell und rechtfertigt ihre jchwierigere, wie des Käfers leihtere Verfolgung. Bei Aufarbeitung eines Schlafjofas, welches 17 Sahre lang treu gedient hatte und in jeinen Eingeweiden viel Echweinsboriten enthielt, war der Sattler faft entjeßt über die vielen „Motten“, wie er meinte, in Wirklichkeit waren es aber die abgeftreiften Bälge der Belzfäferlarven, weldhe hoch aufgehäuft auf dem Holze der Seiten: lehnen lagen und Zeugnis von den unerhörten Maſſen der hier geborenen Käfer ablegten. Das wieder zu benugende Material mußte in einem angeheizten Badofen von der mut: maßlichen Brut gejäubert werden. Sn einer ausgeftopften Zandichildfröte der zoologiſchen Sammlung zu Halle, in deren hartem Körper man wahrlich nichts Geniekbares hätte ver- muten fünnen, baufte jahrelang eine Gejellihaft diejer Zeritörer, von denen fich jedoch nie einer jehen ließ, jondern ein Kranz von „Wurmmehl” 309 ſich von Zeit zu Zeit wie eine Bannlinie rings um den plumpen Körper des Fnochenbepanzerten Kriechtieres und verriet die Gegenwart der lebenden Einmieter. Erſt nachdem die Schilofröte einige Stunden in einem geheizten Badofen zugebracht hatte und von neuem aufgearbeitet worden war, erfüllte fie vollfommen die Bedingungen eines regelrechten und ungezieferfreien Bräparates, jo einer öffentlihen Sammlung gebühren. Bor Zeiten wurde mir eine beifeite gejegte Schnupftabafs- doje und eine Zigarrenpige, beide aus Horn und jehr ſtark benagt, nebit einer Anzahl in ihrer Nachbarſchaft aufgefundener lebender Larven ſowie deren Bälge überjandt, die gleichfalls der in Rede ftehenden Art angehörten. Auch in Schwalbenneftern ift die Larve aufgefunden worden. Die Larve hat große Ähnlichkeit mit der des Spedtäfers, aber geringere Größe im ausgewachſenen Zuftande und feine Hornhafen an der verjchmälerten Leibesipite. Der große Kopf ift borftenhaarig, auch der Rüden mit gelbbraunen, furzen und nad) hinten gerichteten Haaren und das Ende mit einem lojen PBinjel längerer Haare verjehen. Sie zieht den vorderen Körperteil gern nach unten ein, rutjcht jtoßweile vorwärts, lebt und verpuppt ſich ganz in der Weije der vorigen und auch um diejelbe Zeit, Ende Auguft. Wenn fie die Wahl hat, jo ernährt fie fich vorherrichend von Haaren und Wolle der Tierfelle, rohen und verarbeiteten, und wird durch diejelben in die menjchlichen Behaufungen gelocdt, wo Pelzwerk, gepoliterte Geräte, wollene Teppiche um jo ficherer Nijtpläße bieten, je weniger ausgeflopft, gelüftet und gereinigt fie werden. Mai, Juni und Juli find die Monate, in welchen die Larve am thätigften, das Pelzwerk aber meift beijeite gebracht worden ift, wes- halb wiederholtes Lüften und Ausflopfen desjelben geboten erjcheint! Ein dritter im Bunde ift der Kabinettfäfer (Anthrenus museorum, ©. 76, Fig. 1, 2), ein kleiner runder Käfer, unten grau dur) Behaarung, oben dunkelbraun mit drei un- deutlichen, aus graugelben Härchen gebildeten, daher häufig jtellenweije abgeriebenen Binden über den Deden. Seine Fühler find achtgliederig, die beiden legten Glieder in einen Knopf verdicdt. Der Kopf kann vollftändig von der VBorderbruft aufgenommen werden, jo dab nur die Oberlippe frei bleibt, und die Vorderbruft zum Teile in die quere, geipaltene Mittel— bruft. Auch hier fteht ein Punktauge auf dem Scheitel. Diejes 2,25 mm lange Tierchen findet fich gleichfalls, wie jchon bemerkt, auf Blumen und in unjeren Behaufungen, hier vorzugsmweije in ven Inſektenſammlungen, die nicht jehr jorgfältig vor jeiner Zudringlichkeit bewahrt und nicht häufig genug nachgejehen werden. Der Käfer möchte noch zu ertragen fein, aber feine etwas breitgedrüdte, braun behaarte, durch einen langen, abgejtußten Haar: büjchel geſchwänzte Larve ift ein böjer Gejell. Wegen ihrer anfänglichen Winzigkeit it jte 78 Erfte Ordnung: Käfer; elfte Familie: Spedfäfer; zwölfte Familie: Pillenkäfer. einesteild ſchwer zu entdecken, andernteil® wird es ihr leicht möglich, in die feinften Fugen und Nige einzudringen und in Räumen zu erjcheinen, welche man für vollflommen ver: ichloffen hielt. Mögen die Inſektenkaſten noch jo qut verwahrt fein, dann und wann zeigt fih doch ein folder Feind, jei es nun, daß er als Ei mit einer anrüchigen Snjeftenleiche eingejchleppt wurde, jei es, daß er fich ſonſtwie einzufchleichen wußte, und vie Berheerungen, die eine einzige diefer gefräßigen Larven hier anrichten kann, weiß derjenige am beften zu beurteilen, dem das Leid zugefügt worden ift. In der Negel lebt fie im Inneren des Tieres, jpaziert aber auch mit ausnehmender Gewandtheit auf deſſen Oberflähe umber, jo daß an allen Teilen der Fraß zu erkennen ift. Im erjteren Falle verrät ein braunes Staub: bäufchen unter dem bewohnten Inſekt, im anderen das Xoderwerden der Beine, Fühler und jonftigen Teile ſowie deren teilweiles Herabfallen die Gegenwart des Feindes, der bisweilen feine Beute jpurlos von der Nadel verjchwinden läßt. Starfe Erſchütterung, wie Anflopfen des Kaftens auf eine Tiichfante, bringt den Verborgenen leicht hervor; mäßige, den Tieren der Cammlung bei gehöriger Vorficht nicht nachteilige Hite tötet ihn. Auch in dem Pelze der ausgeftopften Eäugetiere freien die Larven plagweife die Haare weg, zernagen die Edhäfte der Federn, die Haut um die Nafenlöcher und an den Beinen der Vögel und führen fich ebenfo auf, wie die vorher erwähnten. Fakt man eine der: jelben in der Mitte ihres Leibes mit einer Pinzette, um ſich ihrer zu bemächtigen, jo gewährt die jo geängitete einen eigentümlihen und überrafhenden Anblid: der Schwanz: büjchel bläht fich ungemein auf, und jederjeitS an jeiner Wurzel treten drei äußert zarte, durchfichtige Haarfächer hervor. Man findet die Larve beinahe das ganze Jahr, was auf eine jehr ungleihmäßige Entwidelung oder mehrere Bruten im Jahre jchließen läßt; im Mai over mit Beginn des Suni "erfolgt nach) mehrmaligen Häutungen die Verpuppung in der legten Larvenhaut. Die Zeiträume, welche zwijchen je zweien von dieſen liegen, haben ſich merfwürdig ungleich erwiejen; denn man hat Unterjchiede von 4—16 Wochen beobachtet. Die vielen Bälge, welche ich bisweilen neben einem einzigen toten Käfer in einem gut jchließenden Inſektenkaſten gefunden habe, jcheinen auf eine größere Menge von Häutungen hinzudeuten, als man jonft anzunehmen gewohnt ift; ob dem fo ift, muß jorgfältiger Beobachtung vorbehalten bleiben. Der ausgejchlüpfte Käfer teilt die Gewohn— beit mit feinen Verwandten, wochenlang in den Thügenden Häuten fißen zu bleiben. Am Schluſſe der Familie jei noch eines durch fein anliegendes Haarkleid graugelben Käferchens gedacht, welches in Körpertracht und hinfichtli der übrigen Merkmale mit der Gattung Dermestes übereinftimmt, am zweiten und dritten Fußgliede jedoch lappen- artige Anhänge, an der Wurzel der Klauen je einen Zahn trägt und nur die Größe des Nelzkäfers erlangt. ES hat in unferen Zimmern nichts zu juchen, jondern treibt fich auf den verschiedensten Blumen umber, unbeachtet von allen denen, welche eben feiner Inſekten— liebhaberei ergeben find; Byturus tomentosus nennen es die Käferfundigen. Anders verhält es fi) mit feiner Larve, der gejtredten, auf dem legten Gliede mit zwei auf: jtehenden Hornhäfchen verjehenen, welche in alleın den jchon öfter erwähnten Familien: charakter trägt, nur fein merkliches Haarkleid, wie die drei vorhergehenden, überdies auch einen verwöhnteren Gejhmad zeigt. Sie bewohnt nämlich, dem Gärtner als „Himbeer: made” geltend, die genannten Früchte bis zu der Zeit ihrer Neife und kann in für fie günftigen Jahren den Genuß diejer jo beliebten Früchte allen eflen Perſonen ſehr ver: leiden. Vorherrſchend bewohnt fie die Waldbeeren, verläßt fie aber, wenn man die Früchte vor dem Verbrauche einige Zeit einwäſſert. Pillenkäfer. Hirſchkäfer. 79 Von der längeren Reihe der Familien, welche die Syſtematiker folgen laſſen, ehe wieder befanntere Größen an die Neihe kommen, jei nur mit wenigen Worten der Fugen— oder Pillenfäfer, und zwar der namengebenden Gattung Byrrhus gedacht, weil fie die mehr aufgetriebenen, zu „Pillen“ gewordenen Stußfäfer in etwas veränderter Form, ver: änderter Ernährungsart, jonjt aber mit denjelben Gewohnheiten, namentlich mit meifter: hafter Berjtellungsfunft wiederholen. Wenn die eiförmigen, hoch gewölbten Käfer, nur den kleineren Formen ſich anreihend, ihre Gliedmaßen eingezogen haben, jo wird es jehr ſchwer, die Anweſenheit jolcher überhaupt zu erkennen. Die platten Beine, von welchen die vorderen aus eingejenkten walzigen oder eiförmigen, und die hinteriten aus queren und einander ftarf genäherten Hüften entipringen, ſchließen jo dit an den Körper an, die Schienen paſſen jo gut mit ihrem Innenrande in eine Furhe der Schenkel, die fünf: gliederigen Füße jo ſchön zwischen die Schienen und den Leib, daß man einige Nähte, aber feine Beine zu bemerken glaubt. Dazu fommt, daß der Kopf feiner ganzen Aus- dehnung nad) in das Halsſchild eingelaffen ift, jo daß nur Stirn und Geſicht nach vorn die jenfrechte Körpervegrenzung ausmachen und deshalb von oben her nichts von ihnen fihtbar wird. Die Schwach Feulenfürmigen Fühler können fich unter den Seitenrand des Halsichildes verjteden. Die beiden Laden der Unterkiefer find unbewehrt. Am Bauche unterjheidet man fünf Ringe, deren drei erjte indes verwachlen. Die durch Samthaar meiſt braun gefärbten PBillenfäfer ernähren fih nur von Pflanzenftoffen, von Moos und dürrem Gekrümel; denn man findet fie oft in größeren Gejellichaften an jonnenverbrannten Berghängen, unter Steinen, aber auch in den Gebirgen hoch oben, wo die Temperatur eine ftet3 niedere zu jein pflegt; in unficherem Gange friehen fie im Sommer langjam auf Triften umher, jcheinen indes lieber die Nacht abzuwarten, um zu fliegen. Weil fie jonft die Erdoberflähe nie verlafjen, jo fehlen gewifje Arten niemals unter den ange ſchwemmten Käfern, welde die ausgetretenen Gewäſſer im Frühjahre mit fich führen. Die Larven der Pillenkäfer, joweit man fie Fennt, jind walzig, etwas eingekrümmt und auf dem Rüden mit harten Schilden bededt, am vollfommenjten auf den drei vorderjten Ringen, von denen der erite jo lang wie die beiden folgenden zufammen ift, auf den übrigen jind die Schilde etwas weicher und halbfreisförmig. Nächſt dem erften iſt daS vorlette und legte Glied am längiten, diejes außerdem mit zwei Anhängjeln verjehen, welche neben den ſechs einklauigen kurzen Beinen der Fortbewegung dienen. Der jenfrecht geitellte Kopf trägt jederjeits in einer runden Grube zwei Bunktaugen, zweigliederige Fühler, faft drei- edige Kinnbaden; dieje treffen mit ihrer Schneide aufeinander, find hinten ausgehöhlt, um der mit ungeglieverten Yappen und mit viergliederigen Tajtern verjehenen Kinnlade Raum zu geben; die Tafter der zungenlojen Unterlippe beftehen aus nur zwei Gliedern. Die Larven finden fih in der Erde unter Nafen, verpuppen fich hier und werden vor Winters zum Käfer. Die 135 Arten, aus welchen die ganze Familie befteht, verbreiten fih nur über Europa und Nordamerita und fommen im Gebirge zahlreicher vor als in der Ebene. Der gemeine Hirſchkäfer, Feuerſchröter (Lucanus cervus; ſ. die Tafel bei ©. 80), war ſchon den Alten jeinem Ausjehen nach befannt, denn Plinius jagt an einer Stelle (11, 28, 34) jeiner Naturgeſchichte: „Die Käfer (er braucht dafür den Ausdrud Scarabaei) haben über ihren ſchwachen Flügeln eine harte Dede, aber feiner hat einen Stachel. Da: gegen gibt e3 eine große Art, welche Hörner trägt, an deren Spigen zweizintige Gabeln jtehen, welche fich nach Belieben jchließen und fneipen fünnen. Man hängt ſie Kindern N 0 Erjte Ordnung: Käfer; dreizehnte Familie: Kammhornkäfer. als ein Heilmittel an den Hals. Nigidius nennt fie Lucanus.” Moufet, welcher in jeinem „Insectorum sive Minimorum Animalium theatrum‘“! mit großem Fleiße alles gejammelt hat, was bis zu feiner Zeit über Inſekten befannt geworden ift, und von einer großen Menge den damaligen Verhältniffen entiprechende, meiſt kenntliche Holzichnitte lieferte, bildet auch das Männchen des Hirichkäfers ab, glaubt aber, dasjelbe für ein Weibchen erklären zu müfjen, weil Ariftoteles behaupte, daß bei den Inſekten die Männchen immer tleiner als die Weibchen jeien. Ihm gelten daher die Männchen Eleinerer Formen für die Weibchen. Jetzt weiß es jeder Knabe, welcher einige Käfer fennt und in einer mit Eichen bejtandenen Gegend lebt, wo der Hirichfäfer vorfommt, daß die Gemweihträger die Männchen, die nur mit furzen, in der gewöhnlichen Form gebildeten Kinnbaden ver: jehenen Käfer die Weibchen find. Die jüngften Beobachtungen auch an anderen Hirjch: fäferarten haben gelehrt, daß je nach der fpärlicheren oder reichlicheren Ernährung der Larven die Käfer Kleiner oder größer ausfallen, und daß namentlich bei den Männchen die geweihartigen Kinnbaden der kleineren Käfer durch geringere Entwidelung dem ganzen Käfer ein verändertes Anjehen verleihen im Vergleiche zu einem vollwüchligen. Man hat daher bei den einzelnen Arten mittlere und Kleinere Formen unterfhieden, ohne dafür bejondere Namen zu erteilen, wie früher, wo bei der gemeinen Art eine Abart al3 Lucanus capreolus oder hireus unterjchteden wurde. Ein großer Zahn vor der Mitte und eine zweizinfige Spige der männlichen Kinnbaden, die einem queren Kopfe entfpringen, welcher breiter als das Halsſchild ift, ein dünner Fühlerfchaft, 4—6 unbeweglihe Kammzähne an der Geißel (hier die erjtere Anzahl), abwärts gebogene Oberlippe, tief ausgejchnittene Zunge an der Innenſeite des Kinnes und eine unbewehrte innere Lade des Unterfiefers harakterijieren neben der geftredten Körperform die Gattung Lucanus. Unjere Art ift niattjchwarz, die Flügeldeden und Geweihe glänzen faftanienbraun. Sie vergegenwärtigt einen der größten und majligiten Käfer Europas, welcher von der Oberlippe bis zu der gerundeten Deckſchildſpitze 52 mm mefjen kann, eine Länge, die durch die geweihförmigen Kinnbaden noch einen Zuwachs in gerader Nichtung von 22 mm erhält. Ein Weibchen von 43 mm Länge hat eine jchon recht jtattlihe Größe. Im uni findet fich diejer Käfer in Eichenwäldern, wo an jchönen Abenden die Männchen mit ftarfem Gefumme und in aufredhter Haltung um die Kronen der Bäume fliegen, während die Weibchen fi immer mehr verjtedt halten. Bei Tage balgen fie fich bisweilen unter dürrem Laube an der Erde und verraten dur das Rajcheln jenes ihre Gegenwart, oder fiten an blutenden Stämmen, um Saft zu jaugen. Chop gibt in der „Gartenlaube” einen anziehenden Bericht über ihr Betragen bei dieſen Gelagen, welcher gleichzeitig einen Beleg für ihr vorüber- gehendes mafjenhaftes Auftreten liefert. Unter dem fühlenden Schatten einer altersjchwachen Eiche eines Gartens in Sondershaufen hatte fich der Berichteritatter an einem bejonders warmen Nachmittage zu Ende Juni 1863 niedergelaffen, als ein eigentümliches Geräusch über ihm jeine Aufmerkſamkeit in Anfprud nahm. Ein leifes, in kurzen Zwijchenräumen wiederfehrendes Knaden oder Knirſchen ließ fich vernehmen, als ob kleine, dürre Zweige zerbrohen würden. Kurz darauf fiel ein jehwärzlicher Gegenftand vom Baume in das ' Man meint, das genannte Buch fei urjprünglich von Konrad Gesner verfaßt, aus defjen Nachlaffe, der in Joachim Camerarius’ Hände gefommen war, Thomas Penn alle auf Entomologie bezüglichen Hand: ſchriften faufte und diejelben mit Ed. Wottons fi) darauf beziehenden Sammlungen vereinigte. Penn jtarb vor der Herausgabe, und Moufet jegte jein Unternehmen fort, bis aud) ihn der Tod überraſchte. So lag die Handſchrift 30 Jahre lang, bis fie auf Veranlafjung der königlichen Akademie 1634 in einem haarjträubenden Latein herausgegeben wurde. Der legten Angabe widerfpricht der Titel, und in der Borrede jagt Mayerne, die Erben hätten aus Mangel an Bermögen und eines Herausgebers die Handſchrift liegen gelafjen; außerdem erwähnt Moufet, daß er über 150 Figuren und ganze Abjchnitte Hinzugefügt habe. * Hiridhfäfer. 81 Gebüſch unter ihm. Dieſer Gegenſtand ergab ſich als einen Hirſchkäfer, der, als er nach längerem Suchen gefunden war, im Begriffe ſtand, an der rauhen Rinde wieder empor— zukriechen. Da das Geräuſch nicht aufhörte und ſich der Blick des kurzſichtigen Beobachters nach oben wandte, bot ſich ihm in einer Höhe von reichlich 4,5 m am Stamme eine eigen— tümlih braune Mafje dar. Im Verlaufe einer halben Stunde waren nah und nad elf Hirſchkäfer beiderlei Gejchlechtes herabgefallen, und weil der knirſchende Laut noch immer fih vernehmen ließ, holte Chop eine Leiter herbei, um die auffällige Erjcheinung näher zu unterſuchen. Sebt bot fih ihm ein jeltfames Bild. Auf einer Fläche von etwa 82 qem war von der alten Borfe Saft herabgeflofien. Zu dieſem lederen Mahle hatte fih eine jehr gemijchte Gefellihaft von Kerfen zu Gaſte geladen. Große Ameijen Eletterten gejchäftig auf und nieder, genäjchige Fliegen aller Art jagen in gedrängten Haufen beilammen, und auch die Horniffe ſchwärmte grimmig fummend um den Stamm. Die augenfälligften Gäſte aber, jowohl nad) der Zahl als nach ihrer jonjtigen Bejchaffenheit, waren unzweifelhaft die Hirſchkäfer. ES wurden deren 24 Stüd gezählt, die bereit3 gefangenen nicht eingerechnet. Sie jpielten augenfcheinlich die wich- tigfte Nolle bei diefem Gaftmahle und jehienen troß der jüßen Speife nicht befonders guter Laune zu jein; denn ſelbſt die fühnen Horniffen jcheuten fi), den plumpen Geſellen und deren gewaltigen Zangen zu nahe zu fommen, und hielten fich in rejpeftvoller Entfernung. Um jo wütendere Kämpfe fochten die Käfer untereinander aus, und zwar rangen mindeitens zwei Dritteile derjelben zufammen. Da auch die Weibchen mit ihren furzen, Fräftigen Zangen fich zornig verbifjen hatten, jo lag der Grund wohl nicht in der Eiferfucht, ſondern in dem wenig idealen Futterneide. Bejonders interefjant waren die Kämpfe der Männchen. Die geweihartigen Kiefern bis an das Ende jchief übereinander geichoben, jo daß fie über das Halsihild des Gegners hinwegragten und die Köpfe felbit fich dicht berührten, zum Teil hoch aufgebäumt, rangen fie erbittert miteinander, bis den einen der Streiter die Kräfte verliefen und er zur Erde hinabftürzte. Hin und wieder gelang es auch einem geſchickteren Fechter, jeinen Gegner um den Leib zu faſſen, mit dem Kopfe hoch aufgerichtet ließ er ihn dann einige Zeit in der Luft zappeln und jchlieglih in die Tiefe ftürzen. Das Knirfhen rührte von dem Schließen der Kiefern her; von den gebogenen Seiten: wuljten des Kopfihildes in die mittlere Einbiegung abgleitend, verurjachten fie jenes ver: nehmbare Knaden. Indes jah fih der Kampf grimmiger an, als er in Wirklichkeit war; denn Berwundungen wurden nicht beobachtet, außer einem leichten Bilfe in einem Kiefer. Die Annäherung des Beobachter ward nicht beachtet: die Kämpfer ftritten weiter, die Sieger ledten gierig. Nur wenn der Atem fie unmittelbar berührte, zeigten fie fich be- unruhigt. Dagegen wirkte das leijefte Geräufh, wie das Anaden eines Zweiges, fofort auf die ganze Gejellichaft. Sie richteten ſich jämtlih raſch und hoch auf und jchienen eine Weile zu lauihen. Ähnliches gejchah, wenn einer der Gefallenen von unten herauf: jteigend fich wieder näherte; auch in diefem Falle richteten fih die Männden auf und gingen dem Gegner etwa eine Spanne lang mit weit geöffneten Kiefern fampfgierig ent: gegen. Gegen Abend jummte allmählich der größte Teil der Käfer davon, vereinzelter und ſchwächer tönte aber noch) das Knacken von oben herab, als der Beobachter abends 8 Uhr den Garten verließ. Entſchieden ernitlicherer Natur, als die eben gejchilderten, find die Kämpfe der Männ— hen um ein Weibchen, wie die tiefen Eindrücde oder ſogar Durchbohrungen der Flügel- deden, am Kopfe oder an dem Gemweihe einzelner Männchen beweijen. Wie verjefjen die Männchen auf ein Weibchen find, wurde Haaber bei Prag gewahr, indem er ein Weibchen anband und in der Zeit von 11—12!/s Uhr 75 herbeigeflogene Männchen, ſämtlich der fleineren Form angehörig, einfing. Die nächtlichen Umflüge find gleichbedeutend mit den Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 6 82 Erjte Ordnung: Käfer; dreizehnte Ramilie: Kammbhornfäfer. Hochzeitsfeierlichkeiten. Ende des genannten oder in den erſten Tagen des folgenden Monates it die Furze Schwärmzeit vorüber, die Paarung bat des Nachts ftattgefunden, die Weibchen haben darauf ihre Eier in das faulende Holz altersihwacher Eichbäume abgelegt, und die von Ameifen oder Vögeln ausgefrefjenen harten Überrefte der männlichen Leichen liegen zerftreut umher und legen Zeugnis davon ab, daß hier Hirichkäfer gelebt haben. Es kann jogar vorkommen, und ijt von mir einige Male beobachtet worden, daß die nach der Paa— rung matten Männchen, noch ebe fie verendet find, von den räuberiichen Ameiſen bei lebendigem Leibe an- und ausgefreſſen werden und ihren harten VBorderförper, des weichen Hinterleibes beraubt, auf den langen Beinen noch eine Zeitlang mühſam dahinfchleppen, eine jeltjame Behaujung für einzelne Ameifen. Weibliche Leichen findet man darum nur jelten, weil die wenigjten aus der Brutjtätte wieder hervorfommen, und weil die Weibchen viel jeltener als die etwa jechsmal häufigeren Männchen find. Die aus den rundlichen, 2,25 mm langen Eiern gejchlüpften Larven wachſen jehr langſam, indem fie ſich von dem faulen Eichenholze ernähren (in Stalien fommen fie au) in jungen Weiden vor), und erreichen erit im vierten (fünften?) Jahre eine Länge von 105 mm bei der Dide eines Fingers. Ihrer äußeren Erfcheinung nach gleicht die Zarve denen ihrer Kamiliengenojjen. Sie trägt am hornigen Kopfe viergliederige Fühler, deren legtes Glied jehr kurz tft, eine ftumpfzahnige Kaufläche an den Kinnbaden, zwei Laden an dem Unterkiefer, welche ſich zujpigen und an der Innenſeite bewimpert find. Die vorderen drei Körperringe, welche fich wegen der Querfalten wenigitens auf der Rücken— jeite unvollfommen voneinander abgrenzen, tragen ſechs Fräftig entwidelte, einflauige Beine von gelber Farbe, der des Kopfes; nur die hornigen Mundteile find ſchwarz. Den Alten find die Larven ohne Zweifel auch jchon befannt gewejen; denn Plinius erzählt: „Die großen Holzwürmer, welche man in hohlen Eichen findet und Cossi nennt, werden als Xederbiljen betrachtet und jogar mit Mehl gemäjtet.” Sie müfjen als Nahrungs: mittel lange in Gebrauch gewejen fein; denn Hieronymus jagt: „Im Pontus und in Phrygien gewähren dide, fette Würmer, die weiß, mit ſchwärzlichem Kopfe ausgeftattet find und fih im faulen Holze erzeugen, bedeutende Einkünfte und gelten für eine jehr leckere Speije.” Die erwachjene Larve fertigt ein faujtgroßes, feites Gehäufe aus den faulen Holz: ſpänen oder tief unten im Stamme aus Erde, welches fie inwendig gut ausglättet. Ein Vierteljahr etwa vergeht, bis fie hier zu einer Puppe und diefe zu einem Käfer geworden it. Derjelbe bleibt zunächſt in feiner Wiege; ijt es ein Männchen, die langen Kinnbaden nach dem Bauche hin gebogen, und fommt, vollfommen erhärtet und ausgefärbt, im fünften (jehsten?) Jahre Ende Juni zum Vorſchein, um faum 4 Wochen lang fich jeines ge: flügelten Dajeins zu erfreuen. So lange ungefähr kann man ihn auch in der Gefangen: Ichaft erhalten, wenn man ihn mit Zuderwafjer (oder ſüßen Beeren) ernährt. Die Mitteilungen Chops lafjen auf große Mengen von Hirjchläfern in der Gegend von Sondershaufen im Jahre 1863 jchließen. Büttner gedenft eines Hirichfäferichwarmes, welcher in der Djtjee ertrank und bei Libau angeſchwemmt worden it. Cornelius be— richtet von der auffallenden Häufigkeit, in welcher die Hirichfäfer 1867 auf einer bejchränften Ortlihteit bei Elberfeld geſchwärmt haben, und Fnüpft daran die Vermutung, daß aller fünf Fahre dergleichen wiederkehren dürfte, und jomit die von Röfel angenommene Ent- widelungszeit von ſechs Jahren um ein Jahr herabgejegt werden müfje. Der oben er— wähnte Haaber meint dieje Vermutung beftätigen zu müfjen, da er 1862 und dann wieder 1867 in der Gegend von Prag die Hirfchkäfer in auffälligen Mengen beobachtet hat. Hier wie bei Elberfeld gedeihen diejelben in alten Eichenftubben, welche ihrer Vermehrung bejonders günftig zu jein ſcheinen. ES wäre wohl von Intereſſe, auc für andere Gegenden Zuderfäfer. 83 auf das „Hirſchkäferflugjahr“ acht zu haben. Der Käfer breitet fich über das ganze mittlere und nördliche Europa bis in das angrenzende Alien hinein aus und fehlt natürlih nur in den eichenlojen Gegenden. Die Linnejche Gattung Lucanus, neuerdings in zahlreiche weitere Gattungen zerlegt, bat Vertreter in allen Erdteilen, die meiſten in Alten, nächſtdem in Südamerika (34), die wenigften in Europa aufzuweijen, trägt den Charakter unferes gemeinen Hirichfäfers, in: fofern die Kinnbaden der Männchen vor denen der Weibchen mehr oder weniger geweih— artig entwidelt find. Um Lucanus gruppieren fich noch mehrere andere Gattungen mit nur wenigen europäilchen Vertretern, bei denen dieſes Kennzeichen nicht zutrifft, wohi aber die Bildung der Fühler und des Kinnes übereinftimmt und fie in ihrer Gejamtheit zu der Gruppe der Hirichfäfer (Lucanidae) im weiteren Sinne vereinigt hat. Ihr Kinn ift nämlich vorn niemals ausgejchnitten, jondern trägt an feiner Innenfläche, jeltener an der Spite, die häutige oder lederartige, lang voritredbare Zunge, mit welcher dieje Käfer nur Saft als Nahrungsmittel aufleden. Bei einer zweiten Gruppe, den Zuderfäfern (Passalidae), it das Kinn vorn ausgejchnitten und in dieſem Nusjchnitte mit der hornigen, vorn dreizähnigen Zunge verjehen. Die Zuderfäfer, wejentlih in der Gattung Passalus vertreten, wiederholen un: gefähr die Körperform, weldye ung bereits auf S.44 bei den Fingerfäfern (Scarites) begegnet ift. Das geftielte Halsichild ift hier quer rechtedig, hinten nicht, eher vorn etwas verengert, der Körper bei den meilten platter gedrücdt, jo daß bejonders die ftark gerieften Flügel- deden in ihrer Scheibe eine vollfommene Ebene darftellen. Am Kopfe, ſchmäler al3 das Halsſchild, Fallen Höcder, Unebenheiten und ein zadiger, oft ſehr unſymmetriſcher Vorder: rand auf, die Fühlergeißel, noch einmal jo lang wie der Schaft, wird durch dichte Borſten rauh und läuft in den 3—6 letten Gliedern je nach den verfchiedenen Arten zu Kamm: zähnen aus. Den Oberkiefer, welcher meijt Kopfeslänge erreicht, harakterifiert in der Mitte ein beweglich eingelenkter Zahn. Alle Arten, welche fi) auf 175 belaufen, von denen beinahe Sechsfiebentel auf Amerika allein, nicht eine auf Europa fommen, glänzen ftart und jehen ſchwarz oder lichtbraun aus. Ihre Larven leben, wie die der Lucaniden, im Holze abjterbender Bäume, find glatt, nicht querfaltig, haben zweiglieverige Fühler und ein nur mangelhaft entwiceltes drittes Fußpaar. Die beiden Gruppen der Lucaniden und Paſſaliden bilden zufammen eine neuerdings von der folgenden abgetrennte Familie, die der Kammbhornfäfer (Peetinicornia), und zwar unter folgenden gemeinfamen Merkmalen: die gebrochenen, zehngliederigen Fühler find an ihren 3—7 letzten Gliedern zahnartig erweitert und bilden in ihrer Unbeweglich- feit gegeneinander einen Kann. Bon den beiden Laden des Unterkiefer nimmt die innere: jehr allgemein, die äußere nur ausnahmsweife Hafenform an. Der gejtredte, aus fünf fait gleichen Ringen zufammengejegte Hinterleib wird vollftändig von den Flügeldeden gedect. Die Hüften aller Beine ftehen quer, höchitens nehmen bei einigen die der Nittel beine eine mehr fugelige Geftalt an, Füße und Klauen find immer einfach, ein zwei borſtiges Anhängjel zwijchen letteren bildet aber eine jogenannte Afterklaue. Der Käferfatalog von v. Harold und Gemminger führt 529 Arten als Mitglieder der ganzen Familie auf. Die Blatthörner, Blatthornfäfer (Lamellicornia, Scarabaeidae) bilden die fih unmittelbar anſchließende Familie, von der man ungefähr 6600 Arten kennt, welche 6* 84 Erſte Ordnung: Käfer; vierzehnte Familie: Blatthorntäfer, fich über alle Erdteile ausbreiten, am wenigſten in Auftralien, am ſtärkſten in Afrita ver: treten jind; in Europa leben davon 385. Abgejehen von diefem Reichtum, mit welchem, wie jich erwarten läßt, große Mannigfaltigfeit in der äußeren Erjcheinung verbunden ift, zeichnet fich die Familie vor allen anderen durch die Größe und Echönheit der Formen wie dur Farbenpradht aus; denn fie enthält die Niejen unter ven Käfern. Ferner finden wir in feiner Familie einen jo gewaltigen Unterſchied zwilchen den zwei Gejchlechtern einer und derjelben Art, wie hier. Die Männchen weihen nicht nur dur Auswüchſe am Kopfe oder an dem Halsichilde, oder an beiden zugleih, jondern in einzelnen Fällen in Farbe und Skulptur jo wejentlih von dem anderen Geſchlechte ab, daß man Bedenken tragen fönnte, fie für zujammengehörig anzuerfennen, und merfwürdigerweije prägen ich dieje Unterichiede am jchärfiten aus bei den größten Arten, mindern fi und verjchwinden faſt aänzlich, je Fleiner diejelben werden. Diejes Gejeß gilt nicht allein für die verjchiedenen Arten, jondern auch für die verichtedenen Einzelwejen einer und derjelben Art. Wie bei den Hirſchkäfern, jo fommen auch bier, bejonders bei den riefigeren Blatthörnern, durch Verfümmerung der Larven EFleinere, unentwicdeltere Formen vor; gehören diefe dem männ— lihen Gejchlechte an, jo werden fie injofern ihren Weibchen ähnlicher, als die Hörner, Zapfen, Leiſten, Gabeln oder welcher Art ſonſt der ſie auszeichnende Schmuck an den vorderen Körperteilen jein möge, mehr oder weniger zurüdtreten und bisweilen eben nur noch angedeutet find. Bei allen diejen Unterfchieden ftimmen dieje Taufende von Käfern in dem Baue ihrer mittellangen Fühler überein. An jedes der 3—7 legten, jehr furzen Glieder jegt fich ein dünnes Blättchen, beim Männchen häufig länger als beim Weibchen, als nach vorn ge: tihteter Anhang an, und jedes jchmiegt fich in der Ruhe dicht an das benachbarte. Auf jolde Weife -entiteht die jogenannte Blätterfeule Sobald der Käfer fih zum Fluge anjchielt, überhaupt lebendiger in feinen Bewegungen wird, jpreizen ſich jene Blättchen wie ein Fächer auseinander, und hierin liegt der wejentliche Unterjchied zwijchen den Blatthorn- und Kammbhornfäfern. Sodann jtehen die Augen zur Seite des Kopfes, werden vom Wangenrande mehr oder weniger durchſetzt, die Beine, bejonders die vorderen, er: weijen fih zum Graben gejchict, indem ihre Schienen breit und nad außen gezahnt jind, die Schenkel find die und Fräftig, die Hüften wabig. Die Füße beftehen immer aus 5 Glievern, weichen jedoch in der Klauenbildung vielfach voneinander ab. Infolge diejes Baues find fie alle unbeholfene, jperrbeinige Fußgänger, viele von ihnen gejchiette Gräber, die meilten troß des jchwerfälligen Körpers bei Fräftiger Entwidelung ihrer Flügel ge wandte und ausdauernde Flieger. Die weichen, gekrümmten und meift faltigen, dabei aber feiſten Yarven haben 6 Beine, ziemlich lange, viergliederige Fühler, feine Augen und eine jadartig ausgedehnte Hinter: leibsjpige mit querer Afteröffnung; die von der Larve des Maikäfers genommene Bezeich- nung „Engerling” wendet man auf fie alle an, da fie in der allgemeinen Körpertracht mit ihr übereinftimmen. Wegen ihrer eingefrümmten Körperform fönnen fie troß der 6 Beine nicht gehen, jondern fih nur grabend in der Erde over in faulendem Holze fort- bewegen und fühlen ſich ungemein unbehaglich, jobald man fte diejer Umgebung entzieht. Sie jomwohl als die Käfer ernähren fih nur von Pflanzenftoffen, und gemilje unter ihnen fönnen unter Umständen den Kulturgewächjen erheblichen Schaden zufügen, während andere fih nur an bereits abaejtorbene halten und dadurch deren Umjegung in Dammerde bes ichleunigen. Wie wir überall Ausnahmen von der Kegel finden, jo fommen auch hier Käfer und Larven vor, welche fih von Aas ernähren. Abgejehen von den zahlreichen Gattungen und Untergattungen lafjen ſich die Blatt- hörner in zwei Horden, die Lamellicornia Japarostictica und pleurostictica, oder in die Miitfäfer. Heiliger Pillendreher. 85 Miftfäfer und Laubfäfer bringen, wenn wir eine annähernde deutjche Bezeichnung von der Lebensweije der Tiere entlehnen wollen. Bei jenen ift die Zunge ſtets vom Kinne zu unterfcheiden, und die Luftlöcher des Hinterleibes fisen nur in der Verbindungshaut der Rücken- und Bauchhalbringe, die beiden Laden des Unterkiefers der Larven find frei; bei diefen ift Die Zunge häufig hornig und mit dem Kinne verwachſen, aber auch lederartig oder häufig und davon zu unterjcheiden, die Zuftlöcher des Hinterleibes Liegen zum Teil in jener Verbindungshaut (die vier vorderen, langgezogenen), zum Teil auf den Bauch: ringen jelbft (die drei hinteren, mehr gerundeten), und bei ven Larven find die beiden Laden des Unterfiefers miteinander verwachſen. Um nicht zu ausführlih zu werden, übergehen wir andere Unterjchiede zwiſchen diefen beiden Horden, welche umftändlicher auseinander: gejegt werden müßten. Die Miſtkäfer im engeren Sinne (Coprophaga) haben Oberlippe, Oberfiefer und Zunge häutig, eritere verjtecdt, leßtere frei, die Lippentafter am Kinnrande befeitigt, die Fühlerfeule dreigliederig, den Anhang des Seitenjtüdes an der Hinterbruit verdedt. Sie bejtehen zum größten Teile aus Kleinen oder mittelgroßen Kerfen, welche, wie ihre Larven, im Miſte und zwar vorzugsweile dem der Hufläugetiere leben, durch ihren jcharfen Ge- ruchsſinn aus weiter Ferne jeve friſche Bezugsquelle wittern, ſofort herbeigeflogen kommen und in kürzeſter Zeit eine ſolche Stätte bevölfern. Die unter diejer entitehenden größeren oder Eleineren Löcher deuten an, daß der Boden von ihren Gängen unterminiert und die Nejter für ihre Brut angelegt wurden, welche von gewiljen Arten hier in der Erde, mit Kahrung von obenher verjorgt, ihren Aufenthalt angewiejen befommt, von anderen in dem Düngerhaufen jelbjt Der heilige Billendreher (Ateuchus sacer) ilt ein in biologijcher wie in archäo— logiſcher Hinfiht höchſt intereffanter Käfer, welcher die Mittelmeerländer bewohnt und in dem Tierfultus der alten Agypter eine Rolle gefpielt hat. Dieſe fanden nämlich im Treiben und in der Geſtalt des Käfers das Bild der Welt, der Sonne und des mutigen Kriegers, jo daß fie ihn auf Denfmälern daritellten und, in koloſſalem Maßſtabe aus Stein gehauen (die jogenannten „Scarabäen”, ].©. 86), in ihren Tempeln aufitellten. Aelian (10, 15) jagt: „Die Käfer (cantharos nennt er fie) find ſämtlich männlichen Gejchlechtes; fie bilden aus Mit Kugeln, rollen fie fort, bebrüten fie 28 Tage, und nach deren Ablauf friechen die Jungen aus“, während Blinius (11, 28, 34) von ihnen erzählt: „Sie machen ungeheure Billen aus Miit, vollen ſie rückwärts mit den Füßen fort und legen kleine Seiliner Pillenheenee Würmchen (find Eier gemeint) hinein, aus denen neue Käfer ihrer (Ateuchus sacer). Natürl. Gröhe Art entjtehen jollen, jchügen fie auch vor der Kälte des Winters.“ Gegen das viertägige Fieber joll man, wie er an einer anderen Stelle anführt, neben ver: ſchiedenen anderen Nlitteln, welche die Elinijche Heilfunde vorschreibt, auch den Käfer, welcher Pillen dreht, an fich binden. Dergleihen Eindliche Vorftellungen hatten die Alten von der Entwidelungsgejfhichte eines Miſtkäfers! Wir können uns nach Angabe jener Fafeleien nicht verfagen, unſeren Leſern dieſes Wundertier nun in jeiner natürlihen Geftalt und in feiner richtig gewürdigten Lebens— weije vorzuführen, und bemerken in Bezug auf eritere, daß der halbkreisförmige Kopf mit tief jechszähnigem Vorderrande, das vollitändig in eine obere und untere Hälfte geteilte Auge jederjeit$, die neungliederigen Fühler, die jeitlich nicht ausgebuchteten Flügeldeden, welche ſich hinten abjtugen und den Steiß freilaffen, der Mangel der Füße an den a 86 rſte Ordnung: Käfer; vierzehnte Familie: Blatthornfäfer. fingerförmig gezahnten Borderihienen, der eine Enddorn an den übrigen jehr jchlanfen und die ſechs Bauchringe die Gattung charakterilieren, dagegen zwei Höderchen an der Stirn, die innen an der Wurzel geferbten Vorderſchienen, die glatte Steißplatte, ſchwache Längs- tiefen der Flügeldeden, ſchwarze Franfen an Kopf, Halsfchitd und Beinen, rotbraune an den weiblichen Hinterfchienen und die ſchwach glänzende ſchwarze Farbe des platten Körpers die genannte Art. Sie, wie alle Pillendreber, deren noch mehrere Schwer zu unterjcheidende mit ihr dasjelbe Vaterland teilen, andere im mittleren Aſien leben, haben ihren Namen von den pillenähnlihen Kugeln erhalten, welche fie für ihre Nachfommen anfertigen. Wie bei den Totengräbern beide Gejchlehter für deren Unterfommen Sorge tragen, nicht bloß Podennarbiger Pillendreher (Ateuchus variolosus). Natürl. Größe, umgeben von verkleinerten Scarabäen. das Weibchen, jo auch hier. Zuerjt wird von einem der beiden Ehegatten der zur Pille beſtimmte Teil des Mijtes, befonders Kuhdüngers, mittelS des ftrahligen Kopfichildes vom Haufen abgetragen, mit Hilfe der Beine geballt, von dem Weibchen mit einem Eie in- mitten beſchenkt und nun gewälzt, indem der eine Käfer mit den Vorderbeinen zieht, der andere mit dem untergejtemmten Kopfe nachſchiebt. Durch diefe Behandlung wird nad) und nad) das anfangs weiche und unebene Stüd zu einer feiten und glatten Kugel von nahezu 5 em Durchmefjer. Kleinere Arten drehen Eleinere Pillen. Sodann graben die Käfer eine tiefe Nöhre, in welche fie die fertige. Kugel verjenfen. Das Zuwerfen der Röhre bejchlieht die mühevolle Arbeit, welche nötig war, um einem Nachkommen feine Stätte zu bereiten. Ein zweites, drittes Ei 2c. bedingt dieſelbe Arbeit, mit welcher die furze Lebenszeit ausgefüllt wird. Entfräftet von der Arbeit bleiben die Käfer zulegt am Schauplate ihrer Thaten liegen und verenden. Sn der vergrabenen Kugel erblüht neues Leben, das Ei wird zur Larve, und Diele findet den hinreichenden Vorrat, um dadurch zu ihrer vollen Größe heranzuwachſen. Sie PVillendreher. Sisyphus Schaefferi. 87 ift von der Bildung eines Engerlings, aber mehr halbwalzenförmig, auf dem Rücken ſchiefergrau gefledt und faſt kahl am Körper, von den fünf Fühleraliedern find das zweite bis vierte Feulenfürmig. Das Kopfihild ift quervieredig, die Oberlippe dreilappig, jede Kinnbade vor der ſchwarzen Spitze ftumpf und flach dreizähnig, jede Kinnlade zweilappig, die Lappen find dornhaarig und an der Spige mit einem Hornhaken bewehrt, ihre Tafter viergliederig, die der Lippe kurz und zweigliederig. Dieſe Larve bedarf mehrere Monate zu ihrer Entwidelung. Im nächſten Frühjahre arbeitet fich der fertige Käfer aus feiner Ge: burtsftätte hervor, und die jungen Pärchen, dem Beifpiele ihrer Eltern folgend, das fie ihnen nicht mit eignen Augen ablaujfchen konnten, drehen Pillen in gleicher Weife und gleicher Abficht wie jene. ES können aber auch Thätigfeiten anderer Art vorfommen. Höchit interefjant ift die Mitteilung eines deutichen Malers. Derjelbe beobachtete bei feinen ländlichen Streifzügen in Stalien einen Käfer (die Art wird nicht näher bezeichnet), welcher auf etwas unebenemlUntergrunde mit dem Rollen jeiner Kugel be: Ichäftigt war. Unglücdlicherweije geriet dieſelbe hierbei in eine Grube, die alle Anftrengungen des Käfers, jene wieder heraus: zurollen, jeheitern ließ. Derjelbe, im Bemwußtjein jeiner Ohnmacht, begab fih nah einem benach: barten Dunghaufen, verſchwand in demjelben, fam aber bald wieder hervor — in Begleitung von drei anderen feinesgleichen. Alle vier Käfer arbeiteten nun mit gemeinjamen Kräften, um die Hindernifje hinwegzuräumen, und es gelang ihnen endlich, Die Kugel aus der Verſenkung herauszufördern. Kaum waren ihre Bemühungen mit dem gewünjchten Erfolge gekrönt, fo verließen die drei Gehilfen den Ort und begaben ſich in dem ihnen eignen jteifbeinigen Marſche nad ihrer Wohnitätte zurück. Können wir auch hierin, wie etwa in dem angeborenen Billendrehen, eine bloße Naturnotwendigfeit, einen „Inſtinkt“ erkennen, oder zeugt diefe Handlungsweije nicht von bewußtem, eine gemilje Überlegung vorausjegendem Handeln? Man erinnere fich jener Totengräber, welche den Stab umwühlten, an dem der Maulwurf hing und daher nicht einfinken wollte; man denke an jenen Laufkäfer, der zur Bewältigung eines Maifäfers fich ebenfalls einen Gefährten herbeiholte, und man fieht, daß jene Beobachtung an den Billendrehern nicht vereinzelt dalteht. Livingitone erzählt von einer Art aus Kuruman, in der Volksſprache „Skanvanger: Beete” genannt, wahrjcheinlich auch ein Ateuchus, welcher die Dörfer rein und jauber erhält, indem er den friſchen Mift fofort zu Kugeln verarbeitet, nicht jelten von der Größe eines Billardballes, und vergräbt. Wahrjcheinlich auch ein Ateuchus, hieß es; denn es gibt noch mehrere andere Gattungen, welche eine gleiche Sorgfalt für ihre Nachkommen an den Tag legen und zum Schuße und zur Nahrung der Larve Pillen drehen, wie der langbeinige, Kalfboden liebende Sisyphus Schaefferi des obigen Bildes und andere. Sch bejise eine Jolhe Pille, welhe mir ein Freund aus Spanien mitgebracht hat; diejelbe ijt nach) und nach an der Luft vollfommen ausgetrodnet und jo feit, daß ſie durch: gejägt werden mußte, um unter Erhaltung ihres Baues das Innere unterfuchen zu können. Erſte Drdnung: Käfer; vierzehnte Familie: Blatthornfäfer. on 8 Der Durchmeſſer beträgt 34 mm, eine Schicht von 5,5 mm iſt vollkommen dicht und bildet eine Kugelrinde, die Ausfüllung dagegen läßt das lodere und fajerige Gefüge des Düngers ſehr wohl unterjcheiden und hat ſich Durch das Eintrodnen von der feften Schale gleichfalls in Form einer Kugel etwas abgelöft. Um das Ganze nicht weiter zu zeritören, mochte ich Feine Gewalt anwenden, ohne welche nicht weiter vorzudringen ift. In der jehr hart gewordenen, fajerigen Innenkugel befindet ſich wahrjcheinlich das ver: trodnete Ei oder die in ihrer Jugend zu Grunde gegangene Zarve, welche zu ihrer voll- fommenen Entwidelung ohne Zweifel die ganze Innenkugel aufgezehrt haben würde, während die Kugelrinde der Puppe gleich einem Gebäufe zum Schuge gedient hätte. Andere, wie die nur ſchwarzen, mehr gejtredten, aber jtark gewölbten Copris- Arten, die teilweije prachtvoll metalliich blau, grün, goldig, rot erglänzenden Südamerifaner der Gattung Phanaeus, die Heineren, in mehreren hundert Arten auf der ganzen Erde ver: breiteten Kotfäfer (Onthophagus), leben in größeren Geſellſchaften im Mifte, graben unter demjelben Löcher, in welche fie einen Pfropfen davon hineinziehen, um die Gier dort abzujegen. Bei jehr vielen von ihnen zeichnet ein Horn oder zwei, wie bei einem Stiere geitellte, die Männchen am Kopfe aus, bisweilen auh am Halsichilde. ES wird erzählt, daß eine Copris:Art (Midas) in Oftindien aus einem harten Erdflumpen, welchen man anfänglid) für eine „Kanonenfugel” gehalten babe, ausgefrochen jei, das eine Stüd 13, das andere 16 Monate jpäter, als die Kugeln zur Beobachtung aufgehoben worden waren. Mit allen vorigen in der Bildung der Mundteile und der Kühler übereinjtinnmend, aber durch fünf Bauchringe, am Ende zweidornige Hinterjchienen und hinten gerundete Flügel: deden, welche die Leibesjpige nicht frei laſſen, von ihnen unterjchieden, breiten fich die Dungfäfer (Aphodius) in mehreren hundert Arten über die ganze Erde aus, am zahl: veichiten (115) in den gemäßigten und falten Strihen Europas. Sie find es, welde an ſchönen Sommerabenden oder bei Sonnenschein am Tage zu Taufenden in der Luft umberfliegen und wie die Hausbienen ihren Stod, einen Miſthaufen umjchwärmen, der fich manchmal in eine bunte Geſellſchaft diejer kleinen Gejellen aufgelöft zu haben jcheint. Sie — — erleichtern ſich ihr Leben, graben nicht in den Boden, wälzen keine Pillen Sl) für ihre Nachkommen, jondern legen die Eier unmittelbar in den Mift; Se darum bleibt ihnen Zeit genug, wenn fie fich nicht an den efelhaften — Leckerbiſſen laben, zeitweilig den ſchmutzigen Pfuhl mit der von der Sonne durchwärmten Luft zu vertauſchen, dem Tanze und Spiele nach— ee aa gehend. Ein beinahe walziger Körper von geringer Größe, ſchwarzer fäfer oder ſchmutzig brauner Farbe fommt faft allen zu. Der halbfreisförmig en gerundete Kopf buchtet fich in der Mitte flach aus und trägt ungeteilte Augen. Eine feine Haut ſäumt das Halsihild am Vorderrande, und neben jeinem Hinterrande läßt fich das Schilöchen deutlich unterjcheiden. Die Mittelhüften jind genähert, und die Hinterhüften deden in ihrer Erweiterung meift die Wurzel des Hinterleibes. Der grabende Dungfäfer (Aphodius fossor), glänzend ſchwarz von Farbe, manchmal braunrot an den Flügeldeden, iſt unfere größte Art, kenntlich an dem vor den Augen in eine fleine gerundete Ede erweiterten Kopfihilde, an dem unbehaarten Hals: Ihilde, den fein geferbt=geitreiften, hinten nicht gezahnten Flügelveden, deren Zwiſchen— räume fich gleichmäßig wölben, an dem großen Schilöchen und daran endlich, daß das erite Glied der Hinterfüße Fürzer als die vier folgenden zufammen ift. Am Kopfſchilde Dungfäfer Noffäfer. 89 findet fih ein Gejchlechtsunterjchied: beim Weibchen deuten ſich drei Höder eben nur an, ‚während fie beim Männchen ftärfer hervortreten, der mittelite hornartig. Die Larve hat einen braunen Kopf mit kurzem Längseindrude, einzelnen langen Haaren, deutlichem Kopf: ſchilde und gerundeter Oberlippe, fünfgliederige Fühler, deren mittelites Glied am längiten, lange und dünne Kinnbaden von jchwarzer Farbe, deren linke Hälfte größer als die rechte it, dreigliederige Kiefer-, zweigliederige Lippentalter. Den Körper jegen die gewöhnlichen zwölf, etwas querfaltigen Ringe zufammen. Dieſe Larve findet fich im Frühjahre er: wachſen flach unter der Erde, vergraben unter vorjährigem Kuhmifte, und verwandelt ſich nun in fürzefter Zeit in den Käfer. Die größten Miftfäfer Deutjchlands Fennt man unter dem Namen der Roßkäfer (Geotrupes), früher mit vielen anderen zufammen Scarabaeus genannt. In ihrer jchwerfälligen Weiſe jehen wir fie öfter in Feld over Wald fperrbeinig über den Wen Ichleihen, oder hören fie an den Sommerabenden mit lautem Gebrumme an unjeren Ohren vorbeiſauſen. Bei ihnen find Oberlippe und Kinnbaden nicht, wie bei den vorhergehenden, bäutig, jondern hornig und unbededt, die Augen vollftändig geteilt. Ein Haarfleden an den Borderichenkeln, ein gefägter Außenrand der zugehörigen Schienen und vier Kanten an den übrigen zeichnen die Beine aus. Indem die lange, unterfeits leiltenartige und geriefte Hüfte der Hinterbeine am Rande des dritten Bauchringes hin und her reibt, entjteht ein ſchwach ſchnarrender Laut. Die ſchwarzen oder metalliſch glänzenden Roßkäfer beſchränken ſich auf den gemäßigten Gürtel Europas und Nordamerikas, auf das Himalajagebirge in Aſien, auf Chile in Süd— amerika und in Afrika auf die Nordküſte. Die Roßkäfer, jo genannt, weil eine und die andere Art mit Vorliebe den Pferde: dünger als Aufenthalsort wählt, find jchwerfällige und plumpe Gefellen, von Natur weniger zum Luftwandeln als zum Graben befähigt, und ihr Los ift fein beneidens- weries. Denn wenn ſie im Frühjahr zum erſtenmal in ihrem Leben das Tageslicht erblict, nachdem fie ihren tiefen Schacht verlafjen haben, beginnen die Sorgen um die Nachkommen: Ihaft. Jede Art Jucht die ihr genehmen Rückſtände derjenigen Huftiere auf, welche des Weges gezogen find, in der vorgerücteren Jahreszeit auch die von vielen Kerfen und von den Schneden beliebten Hutpilze. Sie wühlt fih in den Haufen, in den Bilz, ftillt den eignen Hunger und, was die Hauptjache iſt, gräbt in nahezu jenkvechter Richtung eine bis 30 cm tiefe Röhre, jchafft eine Portion des den Eingang dedenden Nahrungsmittels in deren Grund, und das Weibchen bejchenft die vorgerichtete Brutjtätte mit einem Eie. So viele Eier abgejegt werden jollen, jo viele Schächte find zu graben und meiſt auch jo viele Dungftätten von neuem aufzufuchen; denn diefer eine Roßkäfer iſt nicht der ein: zige, der fi) der Goldgrube bemächtigt, ihm gefellen ſich andere feinesgleichen, feiner Gattung, jeiner Familie zu, und fo mancher andere Käfer, defjen wir bereits gedachten, und den wir mit Stilljehweigen übergingen; zudem muß man erwägen, daß ſich nicht jedes Stüd Land, auf welchem die Lebensquelle angetroffen wird, auch zu der Anlage eines Schachtes eignet. Darum hat das Auffinden einer pafjenden Stelle feine Schwierig: keiten; ihm gilt es, wenn wir den Roßkäfer bei Tage ſich abquälen fehen, zu Fuße eine Umſchau zu halten, ihm, wenn er des Abends feinen Körper zum Fluge erhebt und an unferen Ohren vorbeiſummt. Daß er dies erſt zu diefer Zeit thut, beweilt feine Vorliebe für die Nacht, welche ihn beweglicher macht, während welcher er auch fein Brutgeichäft mit der Paarung beginnt. Der Aufenthalt an den genannten unfauberen Orten, das Wühlen in der Erde unter diefen bringt die Roßkäfer mit demjelben Ungeziefer in Berührung, welches wir jchon bei den Totengräbern erwähnt haben. Eine oder die andere Käfermilbe 90 Erjte Ordnung: Käfer; vierzehnte Familie: Blatthornfäfer. läuft gewandt auf Bruit und Bauch umher, und ihre Zahl wird um fo zahlreicher, je er— ihöpfter die Kräfte des Mijtkäfers find, je mehr fein Lebensende herannaht. Im Herbite jiebt man bier und da einen auf dem Nüden liegen, alle ſechs Beine jteif von jich ge: ſtreckt, als trocene, felbjt von dem eben genannten Ungeziefer gemiedene Leiche. Er jtarb eines natürlichen Todes, andere Brüder wurden lebend von einem Würger ergriffen und auf einen Dorn gejpießt, wie jo mande Hummel. Die eintige Wohnftätte des Roßkäfers verſchwindet mit der Zeit, nur ein rundes Lob, mit einem Erdwalle umgeben, legte Zeugnis von ihrer Brutpflege ab. Im Laufe des Sommers und Herbjtes gedeiht unten in der Sohle jener Röhre die Larve, wird zu einer Puppe und dieje zu einem Käfer, welcher im nächſten Früh: jahre zu dem oben geichilderten Werke fein Auferitehungsfeit feiert. Der Frühlings-Noßfäfer (Geotrupes vernalis) ijt die fleinjte deutjche Art von nur 13—15 mm Länge, jchön jtahlblauer Färbung und jehr glatter, faſt polierter Nüdenfläche. — Der ge: meine Roßfäfer (Geotrupes stercorarius) hat tief geitreifte Flügeldeden und auf der Nücdenjeite eine ſchwarze Färbung mit blauem oder grünem Schiller, unterwärts eine veilhenblaue, und it mindeltens 19,5 mm lang, aber auch größer. Bon ihm allein Mannchen des Dreihorns it, meines Wiſſens nah, die Larve mit Sicherheit befannt und (Geotrupes Typhoeus). Natürliche Größe. durch viergliederige Fühler wie durch reichlich gezahnte Kinnbaden ausgezeichnet. — Der dreihörnige Roßkäfer, daS Dreihorn (Geotrupes Typhoeus), iſt unjere ſtattlichſte Art, injfofern das Halsſchild des Männ- hens, wie unſere Abbildung zeigt, mit drei nach vorn gerichteten Hörnern verziert ült. Die Flügeldeden find etwas flacher al3 bei den anderen Arten, von rein ſchwarzer Farbe und jtarfem Glanze, wie der übrige Körper. Der Umftand, daß bei diefer Art die Kinn: baden an der Spite deutlich dreizähnig, der innere Lappen des Unterkiefer mehr ent: widelt und das Kinn weniger tief ausgeichnitten find, hat die neueren Syitematifer ver: anlaßt, die Art unter einem befonderen Gattungsnamen (Öeratophyus) von den anderen abzufcheiden. Sie findet ſich vorherrichend auf dürren Triften, wo Schafe weiden, da deren Dungitoffe, vielleicht auch die der Hirfehe und Nehe, dem Käfer und feiner Larve die beliebtejte Nahrung bieten. Der großföpfige Zwiebelhornfäfer, Nebenjchneider (Lethrus cephalotes) ihliegt fich im übrigen Körperbaue unmittelbar an die vorhergehenden an, unterjcheidet jich jedoch in feiner Fühlerbildung von allen Familiengenofjen dadurch, daß die legten beiden Glieder in dem drittlegten abgeftugten Gliede eingelafjen find, wie das Innere einer Zwiebel in ihre Schalen, daher der erjte Name. Infolge diejes eigentümlichen Baues enden die Fühler nicht in einen Fächer und jcheinen nur aus neun Gliedern zuſammen— gelegt zu fein. Überdies find die Kinnbaden groß, am Innenrande gezahnt, noch auf: fälliger werden die an fich Fräftigeren männlichen durch einen mächtigen, nad) unten ge: richteten Zinfen. Der ſchwarze, durch dichte und feine Punktierung matte Käfer, welcher mit jehr kurzen, zujammen beinahe eine Halbfugel bildenden Flügeldeden ausgerüjtet it, bewohnt trodene, Jandige Gegenden des füdöftlichen Europa. In trodenem Mifte und um die Wurzeln ausdauernder Gewächſe hält er fi in Erdlöchern paarweije zufammen und hat durch feinen entjchieden ſchädlichen Einfluß auf die Neben feit längerer Zeit jchon die Auf: merfjamfeit der Weinbauer in Ungarn auf fich gelenkt und den zweiten der obigen Namen erhalten. Sobald im eriten Frühjahr die Strahlen der Sonne den Boden durchwärmt und an den Neben die Knojpen zum Austreiben veranlaßt haben, zeigen ſich zahlreiche Löcher Robfäfer. Zwiebelhornkäfer. Laubfäfer. 91 im Boden, ganz in der Weife, wie wir fie auf Triften und Maldblößen von unferen heimifchen Roßkäfern jehen können. Hauptjächlich in den Wiorgenftunden und des Nach: mittags von 3 Uhr ab fommen die Käfer aus diejen Löchern, flüchten aber ſchnell wieder in diejelben zurüd, wenn ſie ein Geräufch bemerfen, betragen fich alſo in dieſer Hinficht wie die Feldgrillen. Werden fie nicht gejtört, jo Friechen fie in Eile an den Neben empor, Schneiden Knojpen, junge Triebe, mit und ohne Trauben ab und jchaffen diefelben, rück— wärt3 gehend, in ihre Röhren, ein jeder in die jeinige. Dieje Bejchäftigung wird den Sommer über fortgejeßt und erjtredt fih nah Erihjon aud auf Gras und auf Blätter des Löwenzahnes. Da fein Berichteritatter von der Nahrung der Käfer ſpricht und nur vom Abjchneiden der Neben die Rede ift, jo dürften die in den Wohnungen welf ge: wordenen Blätter und jonjtigen Pflanzenteile den Käfern zur Nahrung dienen, entjchieden jedoch in erjter Linie deren Brut. Denn wenn der hinreichende Vorrat eingetragen worden Großköpfiger Zwiebelhorntäfer (Lethrus cephalotes), Reben jehneidend, Männden und Weibchen. Natürl, Größe. üt, legt das Weibchen gewiß nur ein Ei an denſelben, jorgt für weitere Köcher und wei- teren Vorrat für die noch übrigen Eier. Denn wir zweifeln nicht daran, daß, abgejehen von dem veränderten Nahrungsitoffe in der Brutpflege und in der Entwidelung der Brut, ſich auch bei dieſer Art dasjelbe wiederholt, was von unjeren Roßkäfern gilt. Bei Negen: wetter läßt ſich der Nebenjchneider nicht jehen, und er kann, wie berichtet wird, jogar ſpurlos verjchwinden, wenn jenes längere Zeit anhält. Auch während der Weinleje ijt er nicht mehr zu finden, weil nach Beendigung des Brutgejchäftes auch feine Zeit erfüllt it und jeine Nachkommen erit nad) dem Winter erjcheinen, um das Gejchäft der Eltern fortzujegen. Ohne die Neben an den Wurzeln zu jhädigen, läßt fich nach den Käfern ichwer nachgraben; darum ift dies auch immer unterblieben und deshalb die Larve und die Entwidelung dieſes Nebenfeindes noch nicht zur Genüge erforjcht. Die zweite Horde der Blätterhörner, die Lamellicornia pleurostietica, wie fie Lacordaire wegen der anderen Stellung der drei lebten Luftlöcher des Hinterleibes genannt hat, enthalten zunächſt die gleichklauigen Laubkäfer (Melolonthidae), zu denen der gemeine Maikäfer ein Beifpiel liefert. ALS Larven, joweit man dieje kennt, nähren fie jih von Wurzeln lebender Pflanzen, während die Käfer Blätter freiien, und gewiſſe unter ihnen fünnen für die menschliche Okonomie im höchiten Grade nachteilig werden, wenn fie ftellenweife in größeren Mengen auftreten. E3 gehört dieje artenreiche Sippe zu der jchwierigjten der ganzen Familie, da die durchjchnittlich gleihmäßig braun, graubraun oder ſchwarz gefärbten, in der allgemeinen Körpertracht ſich jehr ähnlichen 93 Grite Drdnung: Käfer; vierzehnte Familie: Blatthornfäfer. Käfer oft genau und auf feine Merkmale angejehen fein wollen, um ſich voneinander untericheiden zu lafjen. Hauptſächlich kommt es dabei auf die Mundteile, die Form der Hüften, die Bildung des legten Hinterleibsgliedes in erſter, auf das Schilöchen, die äußeren Zähne der Schienen, die Gejchlechtsunterjchiede, die Bildung der unter fich immer gleichen Fußklauen und jo mancherlei anderes in zweiter Linie an; darum läßt ſich, ohne jehr weitläufig zu werden, Feine allgemeine Schilderung vorausſchicken, höchſtens noch bemerken, daß die legten drei mehr runden Luftlöcher in ihrer Lage von den vorderen injofern wenig abweichen, als fie nahe am oberen Rande der betreffenden Bauchringe liegen, nicht merklich nach unten rüden. Europa ernährt die wenigiten Melolonthiden (94), Afrika die meiften (361), im ganzen unterjcheivet man zur Zeit 2770 Arten, welche fich auf 264 Gat— tungen verteilen. Der gemeine Maikäfer (Melolontha vulgaris) möge die ganze Gruppe ver: gegenwärtigen. Die beim Männchen ſieben- beim Weibchen jechSgliederige Fürzere Fühler: feule und die an der Wurzel gezahnten Fußklauen in beiden Geſchlechtern unterjcheiden die Gattung von den nächſt verwandten; die Art erfennt man an den freideweißen, Drei: edigen Seitenfledichen des Hinterleibes, an dem in einen langen Griffel zugeipißten Steiße, den roten Fühlern, Beinen und Flügeldeden, bei ſonſt Shwarzer Grundfarbe, und an der mehr oder weniger deutlichen weißen Behaarung des ganzen Körpers, welche ſich bei älteren Käfern allerdings vielfach abgerieben hat. Eine Abänderung mit rotem Halsichilde, die „Rottürken“ unjerer Jugend, pflegt nicht felten zu jein, dagegen gibt es noch einige andere, meijt jüdliche Formen, welche der gemeinen Art jehr nahe jtehen, und den gleichzeitig flie- genden Roßfaftanien-Zaubfäfer (Melolontha hippocastani). Man unterjcheivet diefen vom gemeinen Maifäfer durch die etwas geringere Größe, den Fürzeren, plötzlich verengerten, manchmal wieder erweiterten Endgriffel und durch rötliche Färbung von Kopf und Halsihild, welche nur ausnahmsweiſe ſchwarz ausjehen. Wegen ihres gewöhnlichen Erjcheinens im Mai hat die in Nede ftehende Art ihren Namen erhalten; damit joll aber nicht behauptet werden, daß fie in feinem anderen Monate fliegen dürfe. Ein bejonders mildes Frühjahr locdt die Käfer ſchon im April aus der Erde, im umgekehrten Falle warten fie den Juni ab, und in ihren jogenannten Flug: jahren fann man fie bisweilen vom Mai big Mitte Juli antreffen. Im Schaltjahre 1864, einem Maikäferjahre für einen jehr großen Teil Deutfchlands, famen die Käfer wegen rauher Witterung erſt am 13. und 14. Mai zum Vorſchein, und zwar in ſolchen ungeheuern Maſſen, daß ftellenweife der Erdboden von ihren Fluglöchern ftebartig durchbohrt erjchien. Sie trieben ihr Unweſen bis Mitte Juni, entlaubten unter anderem die ftattlichiten Eichen vollitändig und nahmen jegt erſt allmählich ab. Intereſſant iſt eine Notiz des Oberförfters Boden, namentlih aud das Verhältnis der beiden Geſchlechter zu einander betreffend. Sm Flugjahre 1883 wurden von einer Buche im Dienitgarten zu Bordesholm im Kreiſe Kiel gefammelt: am 16. Mai 177 Männden und 200 Weibchen (= 1 Liter), am 17. Mai 173 Männchen und 208 Weibchen, am 23. Mai 176 Männden und 151 Weibchen, am 27. Mai 262 Männchen und SO Weibchen. Am 8. Juli, ja jogar noch am 28. Juli, fand ich je ein Pärchen in feiter Verbindung. Die Fälle, wo einzelne Käfer in einem oder dem anderen Donate ericheinen, welche zwijchen September und März vor ihrem regelmäßigen Fluge liegen, find Ausnahmen, welche immer einmal vorkommen und ihren Grund in der fie auf» und herauswühlenden Thätigfeit des Aderpfluges haben dürften. Ihr Auf: treten ift meiſt an bejtimmte Ortlichkeiten gebunden und das majjenhaftere ein regelmäßig wiederfehrendes. In den meisten Gegenden Deutjchlands hat man alle vier Jahre dieje dem Land: und Forjtmanne höchit unwillkommene Erjcheinung fich wiederholen jehen. In Franken zeichnete man die Jahre 1805, 1809...1857, 1861, 1865, 1869, 1873, im Gemeiner Maifäfer. Roßkaſtanien-Laubkäfer. 93 Münfterlande 1858, 1862, 1866, 1870, 1874, in Berlin 1828, 1832, 1836... 1860, 1864, 1868, 1872 auf. Desgleichen hat im größten Teile Sachjens die Erfahrung zur Annahme berechtigt, daß die Schaltjahre zugleich auch Maikäferjahre jeien. Anders gejtalten fich die Verhältniffe in der Schweiz. Hier wiederholen fi), wie am Rhein und in Frankreich, die Hauptflüge alle drei Jahre, und man unterjcheivet dort ein Bajeler Flugjahr (1830, 1833, 1836, 1839), welches in Frankreich bis an den Jura und Rhein beobachtet worden it, ein Berner Flugjahr, diesjeit des Jura in der wejtlichen und nördlichen Schweiz, auf 1831, 1834, 1837, 1840 2c. ge fallen, ein Urner Flugjahr (1832, 1835, 1838, 1841 2c.), ſüdlich und oft: wärts vom PVierwalditätter See. Am Rhein waren 1836, 1839 und 1842 an der Weſer 1838, 1841 und 1844 Maikäferjahre. Diefe um ein Jahr verjchiedene Entwidelungszeit eines und desjelben Tieres hat entſchieden ihren Grund in örtlichen Verhältniffen, unter denen einige Grade Wärme der mittleren Sahrestemperatur mehr oder weniger den Hauptgrund abgeben dürften. Sobald die Käfer aus der Erde find und duch unfreundlihes Wetter nicht abgehalten werden, fliegen fie nicht nur an den warmen Abenden lebhaft umher, um Nahrung zu juchen und ſich zu paaren, fette Lederbifien für die Fledermäuſe und einige nächt: lihe Raubvögel, ſondern zeigen fich auch bei Schwüle und Sonnenjcein am Tage jehr bemweglih. Wer hätte fie nicht Schon in Klumpen von vieren und noch mehr an den fat entlaubten Eichen oder Objtbäumen herumkrab— bein jehen, fich balgend um das wenige Sutter, die Männchen um die Weib: chen; wer hätte fie nicht fehon an Korn ähren, Nübjenftengeln und anderen meberen Pflanzen ii) umbertreiben Gemeiner Maitäfer (Melolontha vulgaris) nebſt Buppe jehen und den luftverpeitenden Geruch und Larve. Natürliche Größe, ihres efelhaften Kotes einatmen müffen, wenn er in von ihnen gejegneten Jahren durch den entlaubten Wald einherichritt? Erſt in ſpäter Nacht begeben fie fich zur Ruhe, und am frühen Morgen jowie an einzelnen rauhen Tagen hängen fie mit angezogenen Beinen loſe an den Bäumen und Sträuchern, bejonders den Pflaumen: und Kirihbäumen unferer Gärten, an den Eichen, Roßkaſtanien, Ahornen, Pappeln und den meilten übrigen Laubhölzern des Waldes, und lafjen fih dann am beiten an —— (nicht rüttelnde) Bewegung des Baumes leicht zu Falle bringen und ein— ammeln. 94 Erſte Ordnung: Käfer; vierzehnte Familie: Blatthornfäfer. Das befruchtete Weibchen bedarf einer Reihe von Tagen, ehe die Eier zum Ablegen reifen, dann aber verfriecht es fich, loderes Erdreich dem feften, Kalk, Mergel oder Sand anderen Bodenarten vorziehend, und legt auf einige Häuflein 5—7 cm unter der Oberfläche, im ganzen bis etwa 30 längliche, etwas breitgedrüdte, weiße Eier ab. Nach beendigter Arbeit ericheint es entweder nicht wieder, oder es fommt nochmals über die Erde, folgt aber, von der Anftrengung erfchöpft, dem ihm vorangegangenen Männchen nach und verendet. Nah 4—6 Wochen Friechen die Larven aus, freien etwa bis Ende September die feinen Wurzelfafern in ihrer Umgebung oder auch die reich mit dergleichen abgejtorbenen unter: mijchte Erde, und graben fich dann etwas tiefer ein, um den Winterjchlaf zu halten. Im nächſten Frühjahr gehen fie mit dem allgemeinen Erwachen aller Schläfer nach oben und frefjen von neuem. Zur erſten Häutung begeben fie jich bald darauf wieder tiefer. Nach der Rückkehr unter die Pflanzendede beginnen fie ihre gewohnte Arbeit mit verdoppelter Gier, um durch mehr Nahrung die eben aufgewandten Kräfte zu erjegen. Jetzt find fie etwa ein Jahr alt, werden durch bevdeutenderen Fraß bemerfbarer und zeritreuen fich mehr und mehr. Zwiſchen den längiten Tag und die Herbitnachtgleiche fällt die Zeit des größten von ihnen angerichteten Schadens. Dann wieder hinabjteigend, verfallen fie zum zweiten: mal in den Winterichlaf. Nach dieſem wiederholt ſich dasjelbe wie im vorigen Sabre, und wenn endlich jeit dem Eierlegen drei Jahre verftrichen, find fie zur Verpuppung reif, gehen wieder tiefer hinab, und man kann annehmen, daß gegen den Auguft bis Anfang September jämtliche Engerlinge eines und desjelben Jahrganges verpuppt und vor Eintritt des Winters die Käfer fir und fertig find; diejelben bleiben jedoch, vorausgefegt, daß fie nicht geſtört werden, ruhig in ihrer Wiege liegen. Se nach der Tiefe, in welcher dieje fich befindet, und je nach der Feitigfeit des Erdreiches, welches den Käfer dedt, braucht er längere oder fürzere Zeit, bevor er auf der Oberfläche anlangt, wozu er ftet3 die Abend- ftunden wählt. Das eigentümliche Pumpen (der Maikäfer „zählt“) mit dem ganzen Körper unter halb gehobenen Flügeldeden, welches man bei jedem Maikäfer beobachten fann, ehe er fich in die Luft erhebt, hat feinen guten Grund. Er füllt nämlic) feine Luftbehälter und wird jo bei der Schwerfälligfeit feines Körpers zu gewandtem und anhaltendem Fluge befähigt. Die von den beiden jeitlihen Hauptftämmen der Luftröhren zu den inneren Körperteilen gehenden Aſte enthalten nach Landois' Unterfuhungen 550 Bläschen, welche zum Teil beim Männchen größer als beim Weibchen find. Indem fich die Luftlöcher bei ven ausatmenden Bewegungen jtetS ſchließen, füllen ſich alle Luftröhren und namentlich auch jene Bläschen mit Luft und bringen die eben bezeichnete Wirkung hervor; ob die Art des Verſchluſſes von wejentlihem Einfluffe auf den ftarfen Brummton beim Fliegen jei, wie derjelbe Forſcher meint, jeheint mir doch noch jehr fraglich. Die Larve (der Engerling oder Junger) tft ein zu böfer Feind unserer Kulturen, um fie ihrer äußeren Erjcheinung nach mit Stilliehweigen übergehen zu können, obſchon getreue Abbildungen derjelben vorliegen. Als Erläuterung zu dieſen jei noch nachgetragen, daß die viergliederigen Beine in je eine Kralle auslaufen und, wie der nadte Kopf, rötlich gelb gefärbt find, während der querfaltige Körper eine ſchmutzig weiße, nad) dem Hinterende in Blau übergehende Farbe trägt. Ein augenlofer Kopf, viergliederige Fühler, deren vorleßtes Glied nah unten in Form eines Zahnes über das legte herausragt, die zahnloſe, breite und ſchwarze Schneide an den kräftigen Kinnbaden und verwachſene Laden jowie dreigliederige Tajter an dem Unterkiefer bilden die weiteren Erfennungszeihen. Eine halbfreisförmige harte Oberlippe und eine fleifchige, mit zweigliederigem Tajter verjehene Unterlippe jchließen beiderjeit die Mundöffnung. So behaglich fich der Käfer im Sonnenjchein fühlt, fo wenig verträgt der Engerling denjelben; denn er jtirbt jehr bald, wenn er kurze Zeit von den Strahlen der Sonne Gemeiner Maifäfer. Gerber. 95 bejchienen wird. Troßdem ift es unzwecmäßig, beim Einfammeln der Engerlinge diejelben auf einen Haufen zu werfen, um fie von der Sonne töten zu lafjen, weil die unterite, weniger beſchienene Schicht noch Kraft genug befißt, um durch Eingraben fich zu retten und wieder zu entweichen. Das Einjammeln der Engerlinge in geringer Entfernung hinter dem Pfluge ift das eine Mittel, um ſich vor den Beihädigungen derielben zu fichern, ein zweites und jeiner Wirkung nad noch durchgreifenderes bejteht im Sammeln und Töten der Käfer in jedem Fahre und allerwärts, wo fie fich zeigen. Was in diejer Hin: ficht geleiftet werden Fann, hat unter anderem im Flugjahre 1868 der Bezirk des Land- wirtichaftlihen Zentralvereins der Provinz Sachſen bewiejen. Wie die über diejen Gegen: jtand geführten Verhandlungen nachweifen, wurden hier als getötet 30,000 Zentner an: gemeldet. Halten wir uns nur an diefe Zahl (nit auf amtlichen Antrieb gejammelte Käfer möchten diejelbe noch um ein Bedeutendes erhöhen), jo entipricht die Gewichtsmenge ungefähr 1599 Millionen Käfern, da nach wiederholten Zählungen durchſchnittlich ihrer 530 auf ein Pfund gehen. Die Mühen und Opfer, weldhe mit einem jo großartigen Ver: nichtungskampfe jedesmal verknüpft jein müſſen, haben ſich belohnt; denn im nächjten Slugjahre (1872) zeigten fich die Käfer wie in manchen anderen Sahren und verrieten feineswegs das an ihnen ſonſt Jo gejegnete Schalt: jahr. Eine gleiche Erſcheinung wiederholte fich 1876, in welchem Jahre allerdings das lange andauernde, rauhe Frühlingswetter ven Mailäfern entjchieden jehr ungünftig gewejen ilt. Bekannt: lich verwertet man die in jo folofjalen Waffen: zuſammengebrachten und am beiten durch kochen— des Waſſer oder Wajjerdämpfe getöteten Käfer al3 Dungmittel, indem man fte jchichtweije mit Kalk zu Kompofthaufen aufjchüttet und mit Erde bedeckt. Auch it durch trodene Deftillation ein gutes Brennöl aus ihnen gewonnen worden. Um eine namentlich Nefonvaleszenten anempfohlene Kraftjuppe aus Maikäfern zu gewinnen, braucht man fein Flugjahr derjelben abzuwarten. Der Gerber (Melolontha fullo) iſt Gerber (Melolontha fullo), Männchen. der ſtattlichſte aller europäiſchen Maikäfer und Natürliche Größe. führt in den verſchiedenen Gegenden verſchiedene Namen, als da ſind: Walker, Müllerkäfer, Weinkäfer, Tiger, Tannen-, Donner-, Dünenkäfer. Man erkennt ihn leicht an den weiß marmorierten rotbraunen Deckſchilden, und obgleich ihm der Aftergriffel fehlt, beim Weibchen die Fühlerkeule nur fünfgliederig iſt und der Klauenzahn in der Mitte, nicht an der Wurzel ſteht, vereinigen wir ihn doch mit dem Maikäfer, bemerken aber, daß Harris für ihn und eine Anzahl ausländiſcher Arten den Gattungsnamen Polyphylla eingeführt hat. Er verbreitet ſich weit in Europa, zieht aber die jandigen, mit Fichten bejtandenen Ebenen allen anderen Stellen vor und frißt an jenen ebenſowohl wie an den dazwischen wachjenden Laubhölzern. Ein regel mäßig wiederfehrendes Mafjenauftreten wurde von ihm noch nicht beobachtet, Jondern er ericheint in der eriten Hälfte des Juli alljährlich in jo ziemlich gleichen Mengen. Während der gemeine Maifäfer, jolange er die Auswahl hat, die Bäume dem Buſchwerke vorziebt, hält fich der Gerber am liebjten am Buſchwerke und an den fogenannten dürftigen Kiefern: Euffeln auf. Wenn er von diejen herabgeflopft wird, verrät er fih durch jein lautes 96 Erſte Dronung: Käfer; vierzehnte Familie: Blatthornkäfer. „Schreien“, Indem er nämlich mit der jcharfen Kante des vorlegten Hinterleibsgliedes gegen eine Reibleiſte der Flügel ftreicht, welche hier in der Flügelbeugung liegt, erzeugt er einen ungemein lauten Zirpton. Die Larve ijt dem Engerlinge jehr ähnlich, natürlich bedeutend größer und durch verhältnismäßig Fräftigere Kinnbaden, didere und Fürzere Fühler jowie durch den Mangel der Fußklaue an den Hinterbeinen von ihr verjchieden. Sie nährt fich gleichfalls von Wurzeln und ift ſtellenweiſe dadurch jchädlich aufgetreten, daß fie die Wurzeln der Dünen: gräjer wegfrißt, welche man zur Befeftigung des Flugfandes und ſomit der Dünen über: haupt anpflanzt, daß fie ferner duch Abnagen der Wurzel, Benagen des Wurzelftodes oder Durchbeißen des unterirdiihen Stammes An- pflanzungen von Kiefern oder Laubhölzern nicht auf: fommen ließ. Ihre Lebensdauer iſt bisher noch nicht ermittelt worden, erjtredt fich aber aller Wahrſchein— lichfeit nad) auf mehrere Sabre. Der Bradhfäfer, Sonnenwendfäfer, Juni: over Sohannisfäfer (Rhizotrogus solsti- tialis) mag als Beijpiel einer Menge anderer, ihn ungemein ähnlicher Arten mehr füdlicher Gegenden dem Beſchluſſe der ganzen Sippe der Laubfäfer dienen. Er ift, wie jein Bild darthut, ungefähr nur halb jo groß wie der gemeine Maifäfer, auf der Rückenſeite gelblihbraun, nur der Hinterkopf, die Scheibe des Halsfchildes und die ganze Unterfeite find dunkler, Vorderrüden, Schildchen und Bruft langzottig behaart, etwas ſchwächer fällt die Be: haarung am Bauche aus. Der Unterſchied zwijchen der vorigen Gattung und Rhizotrogus beiteht darin, daß bei leßterer die Fühlerfeule nur dreiblätterig ift, die Lippentafter an der Außenfläche der Unterlippe entjpringen und eiförmig endigen. Der Aftergriffel fehlt bier wie bei dem Gerber. Im Betragen fowie in der Entwidelungsweife weicht der Brachfäfer vom Maikäfer in verjchiedenen TEEN EEE ee 2 Stüden ab. Wie feine übrigen Namen andeuten, Brachkäfer (Rhizotrogus solstitialis). fliegt er immer Ipäter, um die Johanniszeit, und Natürliche Größe. nur etwa 14 Tage, dann und wann aber an jehr beſchränkten Ortlichkeiten in bedeutenden Mengen. Am Tage befommt man ihn nicht zu jehen, weil er an Bufchwerf und nach meinen Er- fahrungen namentlich an den jungen Objtbäumen ruht, welche die breiteren Feldwege ein- faffen. Sobald die Sonne am weſtlichen Himmel verihmwunden ijt, fliegen die Käfer leb- haft über Getreivefelder und die benachbarten niederen Bäume und Büſche umher und ſcheinen es immer darauf abgejehen zu haben, dem harmlojen Spaziergänger jo läſtig wie möglich zu fallen; denn wie die zudringliche Fliege immer und immer wieder den- jelben Platz im Gefichte wählt, welchen fie ſich einmal auserjah, jo jchwirrt er troß eifriger Abwehr dem Wanderer immer wieder um den Kopf. Läßt dieſer ſich darauf ein, mit der Hand nach) den Zudringlichen zu fangen, jo gehört feine große Übung dazu, deren eine Menge zu erhajchen. Bei genauer Betrachtung ergeben fich diejelben faft nur als Männ: hen. Die Weibchen figen nahe dem Boden an den verfchiedenften Pflanzen, und das wilde Bradfäfer. Getreide-Laubfäfer. 97 Umberfliegen des anderen Gejchlechtes jcheint vorherrjchend der Baarung zu gelten. Gleich: zeitig werden auch pafjende Weidepläge aufgefucht und zu diefem Zwecke Laub: wie Nadel- holz für geeignet befunden, jo daß der Johannistrieb entjchieden von den Angriffen zu leiden hat, zumal wenn ein Maifäferfraß vorangegangen iſt. Die befruchteten Weibchen legen ihre Eier an die Wurzeln der verjchiedenjten Pflanzen, doch jcheinen die der Gräfer, aljo auch die der Cerealien und Kräuter, am meijten von dem Fraße der Larven zu leiden zu haben. Dieje le&teren find denen des gemeinen Maifäfers jehr ähnlich, im erwachjenen Alter aber im Vergleiche zu den halbwüchligen Engerlingen durch größere Dice des Körpers und überhaupt gedrungeneren Bau zu unterjcheiden. Meiner Anficht nach erfolgt die Ent: widelung in Sahresfriit; von anderer Seite wird behauptet, daß diejelbe zweijährig jein möge, weil nad) Ablauf diejer Friſt die Käfer zahlreicher aufträten. Mir ift eine zweijährige Wiederkehr größerer Käfermengen noch nicht aufgefallen, ich Habe dem Gegenjtande aber zu wenig Aufmerkſamkeit gewidmet, um entjchiedenen Wiverjpruch einlegen zu können. Die Lebensdauer diejer Art und anderer noch EFleinerer, teilweife anderen Gattungen zuerteilter Arten jcheint eine verhältnismäßig jehr kurze zu fein, jo daß man manche von ihnen für jelten oder jehr jelten erklären fünnte, weil man Jahre hindurch Fein einziges Stüd zu Gejihhte befommen hat, während man fie Hundertweije hätte einfammeln fönnen, wenn man bei oder unmittelbar nach ihrem Erjcheinen zufällig ihre Geburtsjtätte bejucht hätte. Die Beſchränkung der meilten auf ein nur £leines Gebiet trägt bei allen denjenigen, welche nicht jo mafjenhaft wie bisweilen unjer Brachkäfer ſchwärmen, zu dem eben er- wähnten Umjtande gleichfall3 bei. Alle Blatthörner, bei weldhen die drei legten Luftlöcher des Hinterleibes nicht in der Berbindungshaut zwijchen Rücken- und Bauchringen liegen, jondern an leßteren mehr oder weniger tief herabgehen, und bei denen die Klauen an demjelben Fuße in Größe nicht übereinjtimmen, bilden die andere Gruppe der Blatthornfäfer, die der Auteliden. Ihre hornige Zunge verwächſt mit dem Kinne, die gleichfalls hornigen Kinnbaden führen in der Regel an der Innenſeite eine jcehmale und furze Wimperhaut. Bon den 9 oder 10 Fühlerglievern bilden ſtets die 3 legten die Keule. Der dreiedige, mittelgroße Anhang des Seitenſtückes an der Hinterbruft ijt immer bemerkbar. Die wenigjten der Gejamt: arten (600) fommen auf Europa und Neuholland, die meilten auf Ajien (200) und dem— nächſt auf Südamerika (183); Nordamerifa und Afrika ftehen ſich in Beziehung auf die Artenmengen ziemlich nahe. Die Anijoplien (Anisoplia), Käfer von durchjchnittlich O— 11 mm Länge, finden fih an verjchiedenen Pflanzen, hauptjählih aber an Gräjern und mithin auch an Ge treidehalmen in Europa und Aien, in Afrifa fommen nur wenige vor, in Oftindien werden fie durch die nächjtverwandte Gattung Dinorhina vertreten, in Amerika fehlen fie gänz: ih. Der zierlihe Getreide-Laubfäfer (Anisoplia fruticola) it erzgrün von Farbe, unten dicht weiß, am Halsfchilde gelb behaart, die Flügeldeden jehen beim Männchen roſt— rot aus, mehr gelb beim Weibchen, und find bei diefem um das Schilöchen mit einem gemeinjamen vieredigen Flede von der grünen Grundfarbe gezeichnet. Das Kopfichild verjchmälert ſich bei allen Arten diefer Gattung nad) vorn und. biegt fi) am Nande auf, bededt aber dabei die Oberlippe volljtändig. Die äußere Lade des Unterkiefers bewehren ſechs lange, jharfe Zähne. Der Anhang am Seitenftüde der Mittelbruft, welche ohne jegliche Hervorragung bleibt, iſt bevedt, an den vorderften Füßen die äußere, überall grö: Bere Klaue vorn gejpalten. Die genannte Art findet fih an Noggenähren, bejonders auf Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 7 a8 Erſte Ordnung: Käfer; vierzehnte Familie: Blatthornfäfer. Sandboden dürftig erwachſenen, zur Zeit der Blüte oder bald nachher, um die Blütenteile oder den eriten Körneranfaß zu befrefjen, und wird, wenn in größeren Mengen auftretend, nicht unerheblich ſchädlich. Der Flug erftredt ſich hauptfächlich nur über die Ihren der ge- nannten Felder und gilt dem Zujanmenfinden der Gejchlechter. Beim Sigen pflegt diefe wie die verwandten Arten die etwas plumpen Hinterbeine jchräg nach oben in die Luft zu Streden und auch beim Fortkriehen wenig Verwendung für diefelben zu haben. Die Larve, einem jungen Engerlinge jehr ähnlich, wird von Bouche, welcher fie immer nur im halb verfaulten Dünger fand und fie auch damit erzog, für niht nachteilig gehalten, obſchon fie auch an den Wurzeln des Getreides freſſen dürfte; über die Dauer ihres Lebens ift mir nichts befannt geworden, ich halte die Entwicelung des Inſektes für eine nur einjährige. Im ſüdlicheren Europa, jo beijpielsweife in Ungarn, fommen noch mehrere, zum Teil fräftigere Arten und, wie es jeheint, häufiger mafjenhaft vor, jo daß ihr Benagen an den Befruchtungsteilen der Getreideähren noch empfindlicher werden kann als ſeitens unſeres heimischen Getreide: Laubfäfers. Ein recht gemeiner Käfer aus der nächſten Ver- wandtichaft, welcher nicht jelten den Roſen unferer Gärten auf unangenehme Weije zujeßt und deren Ihönfte Blüten zerfrißt, wenn man fich jeiner nicht ee NER SR erwehrt, ift der darum jo genannte Fleine Roſen— ” Natürliche Größe. fäfer oder Garten-Zaubfäfer (Phyllopertha horticola), jenes 9—11 mm mefjende, glänzend blaugrüne, ftarf behaarte Käferchen von der Geftalt des vorigen, aber wenig platter. Auf feinen dunfelbraunen oder ſchwarzen Flügeldeden wechjeln unregelmäßige Längsleiſten mit Reihen unregelmäßiger Punkte ab. Das getrennte Kopfſchild umgibt eine zarte, vorn gerade Nandleifte. Das Halsjchild paßt genau an die Murzel der Flügeldeden und ver: engert fich na) vorn. Außen zweizähnige Schienen und Doppelipigen der größeren Klauen zeichnen die vorderen Beine aus; an der äußeren Lade des Unterkiefer ftehen 6 Zähne, oben einer, dann 2 und unten 3. Der Käfer jceheint jehr verbreitet zu fein und in feinem Sahre gänzlich zu fehlen, kommt aber mandmal (nad) meinen Beobachtungen nicht in regelmäßiger Wiederkehr) in ſehr auffälligen Maſſen vor, jo daß er nicht nur die verſchiedenſten Zierfträucher und auch daS Zwergobit in den Gärten entblättert, jondern auch im Freien allerlei Bufchwerk, namentlich im Juni, reichlich bevölfert. Er macht den Eindrud der Trägheit, wie feine Verwandten, fliegt jedoch auch bei Sonnen: ſchein und hat ficher Fein langes Leben, aber eine wochenlang ſich ausdehnende Erjchei- nungszeit; denn man fann ihn bis gegen den Herbit hin mehr oder weniger vereinzelt antreffen. So beobachtete ihn Altum auf der Injel Borkum Ende Auguft und Anfang September, und zwar von geringerer Körpergröße und tief blaujchwarzer Körperfärbung, millionenweife auf dem Seefreuzdorn, auf Brombeerfträuchern und Zwergweiden. Wo er durch fein majjenhaftes Auftreten läftig fällt, Fann man ihn in den frühen Morgen: ftunden oder an rauheren Tagen in einen umgekehrt untergehaltenen Schirm leicht ab- klopfen und töten. Die Larve lebt an den Wurzeln verjchiedener Stauden und verjchont auch Topf: gewächle (Saxifraga, Trollius und andere) nicht. Auch hier dürfte die Entwidelung eine nur einjährige ſein. Ir afer ———— ſich durch die — alauen von e, durch quere, eingeſenkte Vorderhüften von der folgenden, den Blumen- ri — pern beſetzt. Der äußere Lappen der Unterkiefer verwächſt mit dem inneren ie hornige Zunge mit dem Kinne. Die faſt immer zehngliederigen Fühler enden in dreiblätlerigen bei beiden Geſchlechtern gleichen Endknopf. Der Anhang des Seiten— n Luftlöcher des Hinterleibes rüden nad außen. Diejen jamt den beiden legten telleibsringen. umfchließen von den Seiten her die in der Kegel glatten, braun oder arz gefärbten Flügeldecken. Wie es der Name andeuten ſoll, finden ſich hier die ten und maſſigſten nicht nur aller Blätterhörner, ſondern die Rieſen der Käfer über- pt. Gleichzeitig treten bier die jchroffften Gegenfäge zwijchen beiden Gejchlechtern tjelben Art in der oben angeveuteten Weije hervor. Die Männden find meiſt am derrüden allein oder an ihm und dem Kopfe mit Hörnern und Spießen der aben- r ichſten Formen verziert, mit Auswüchſen, von deren Zweck ſich in den wenigſten Rechenſchaft geben läßt, die eben nur einen Schmuck der Männchen darſtellen, r den Weibchen unnütz, ja ſogar bei dem Brutgeſchäfte im höchſten Grade ftörend vürde. Daher haben dieje bisweilen ein rauhes, geförneltes Halsichild, welches von he hinten an Breite zunimmt und ihnen behufs des Gierlegens das Eindringen jolzerde, Mulm oder angefaulte Baumftämme in feinerlei Weije erfchwert. Die meijten fi am Tage verborgen in faulem Holze, in Baumlöchern, unter dürrem Laube n ähnlichen Verſtecken, werden des Nachts lebendiger und gebrauchen nad) langen £ jereitungen und anhaltendem Pumpen ihre Slügel zu jchwerfälligem, weithin hörbarem * li ge, während deijen fie die Flügeldecken nur mäßig aufheben und nicht ausbreiten. Die paar Larven, welde man zur Zeit fennt, Leben in faulendem Holze und gleichen ehr nen gr Laubkäfer durch die Querfalten und durch die ſackartige Erweiterung des der und Querriefen an der Aufenfeite harakterifieren die Kinnbaden, und mehr tiger dichte Samthaare befleiben außer einzelnen Borften den ganzen Körper. nr eftes Gehäuſe aus einer diefen Schicht ihrer Umgebung, in weldem der K Käfer 3 weilt, bis er, vollkommen erhärtet, dasjelbe ohne Vervrüdungen und Quetſchun— iner Oberflähe zu durchdringen im ftande ift; und doch jcheinen die Früppel- | und allerlei andere Verunftaltungen, welche man nicht jelten bei einzelnen ger efommt , darauf hinzudeuten, daß dieſe zu vorwißig waren und die Zeit ihrer —— iener Echariung nicht abwarten konnten. Die r tahezu 500 Arten, welche die Gruppe der Niefenkäfer zufammenfegen, be- ſchränken ſich beinahe ausichließlich auf den heißen Erdgürtel und mit der weitaus größ- n Hälfte auf Amerika, vereinzelte, weniger riefige Arten fommen zerftreut in allen Er en vor. Sr Eine gewiſſe Berühmtheit durch Größe und Form hat das Männchen des Hertn äfers (Dynastes hereules) erlangt (j. die beigeheftete Tafel). Es wird bis 157 mm ang, von benen —— oe die Kleine Hälfte beträgt. Dasſelbe ift unten mit gelber Haarbürjte ausgejtattet. heine Hörner find wie der ganze Körper glänzend ſchwarz, nur Die hell einen en behalten diefe Grundfarbe Reit: bei. Je ein der hinter den armen üften und bie Wurzel des Steißes tragen lange, gelbe Haare, anders das Weibchen: vorn keine Spur von Bewehrung, über und über brauner Filz, T 7 ne Mus — —⸗ % 5 . EEE TEE TEE TEEN X: 2 tei n-Laubt =, Wisjenkafen. Hertufestäfer. Er — 99 HE * as Kopfſchild verwächſt bei ihnen mit dem Geſichte und läßt den Außenrand en unbedeckt. Dieſe ſind hornig, innen gezahnt und meiſt auf kurze Strecken es (Hüftblatt) der Hinterbruſt iſt immer deutlich, mäßig groß und dreieckig; die drei DS u —* * * —— — —— — he Be RE —— Garten-Laubfäfer. Rieſenkäfer. Herfulesfäfer. 99 Die Rieſenkäfer (Dynastidae) unterſcheiden jich durch die gleichen Klauen von der vorigen Gruppe, durch quere, eingejenkfte Vorderhüften von der folgenden, den Blumen: liebenden. Das Kopfſchild verwächlt bei ihnen mit dem Gelichte und läßt den Außenrand der Kinnbaden unbededt. Dieje find hornig, innen gezahnt und meilt auf kurze Streden mit Haarwimpern bejegt. Der äußere Lappen der Unterkiefer verwächlt mit dem inneren und die hornige Zunge mit dem Kinne. Die fait immer zehngliederigen Fühler enden in einen dreiblätterigen, bei beiden Gefchlechtern gleichen Endfnopf. Der Anhang des Eeiten- ſtückes (Hüftblatt) der Hinterbruft ift immer deutlich, mäßig groß und dreieckig; die drei legten Luftlöhher des Hinterleibes rüden nah außen. Diejen jamt den beiden legten tittelleibsringen umſchließen von den Seiten her die in der Regel glatten, braun oder ſchwarz gefärbten Flügeldeden. Wie es der Name andeuten foll, finden ſich hier die größten und majfigiten nicht nur aller Blätterhörner, fondern die Kiefen der Käfer über- haupt. Gleichzeitig treten hier die jchroffiten Gegenfäge zwiſchen beiden Gejchlechtern derjelben Art in der oben angedeuteten Weiſe hervor. Die Männchen find meiſt am Vorderrüden allein oder an ihm und dem Kopfe mit Hörnern und Spießen der aben- teuerlichiten Formen verziert, mit Auswüchſen, von deren Zweck fih in den wenigiten Fällen Rehenjhaft geben läßt, die eben nur einen Schmud der Männchen daritellen, welcher den Weibchen unnüß, ja ſogar bei dem Brutgejchäfte im höchften Grade ftörend jein würde. Daher haben dieje bisweilen ein rauhes, gekörneltes Halsichild, welches von vorn nad hinten an Breite zunimmt und ihnen behufs des Gierlegens das Eindringen in Holzerde, Mulm oder angefaulte Baumftänmme in feinerlei Weije erjchwert. Die meiften halten jih am Tage verborgen in faulem Hole, in Baumlöchern, unter dürrem Laube und an ähnlichen Verſtecken, werden des Nachts lebendiger und gebrauchen nad) langen Borbereitungen und anhaltendem Pumpen ihre Flügel zu ſchwerfälligem, weithin hörbarem Sluge, während deſſen fie die Flügeldeden nur mäßig aufheben und nicht ausbreiten. Die paar Larven, weldhe man zur Zeit kennt, leben in faulendem Hole und gleichen jehr denen der Laubkäfer durch die Duerfalten und durch die jadartige Erweiterung des Leibesendes; im Verhältnis zum gedrungenen, feilten Leibe erjcheint der Kopf jchmal. Zähne an der Spite und Querriefen an der Außenſeite harafterifieren die Kinnbaden, und mehr oder weniger dichte Samthaare befleiden außer einzelnen Borften den ganzen Körper. Vor der Verwandlung, welcher ein mehrjähriges Leben vorausgegangen ift, fertigen die Lar- ven ein feites Gehäuje aus einer diden Schicht ihrer Umgebung, in welchem der Käfer jo lange verweilt, bis er, vollfommen erhärtet, dasjelbe ohne VBerdrüdungen und Quetſchun— gen an feiner Oberflähe zu durchdringen im ſtande iſt; und doch jcheinen die Früppel- haften Hörner und allerlei andere Verunftaltungen, welche man nicht jelten bei einzelnen zu jehen befommt, darauf binzudeuten, daß dieje zu vorwigig waren und die Zeit ihrer vollfommenen Erhärtung nicht abwarten konnten. Die nahezu 500 Arten, welche die Gruppe der Rieſenkäfer zufammenjegen, be: ſchränken fich beinahe ausjchließlih auf den heißen Erdgürtel und mit der weitaus größ- ten Hälfte auf Amerika, vereinzelte, weniger riejige Arten kommen zerjtveut in allen Erd— teilen vor. Eine gewilje Berühmtheit durch Größe und Form hat das Männchen des Herkules: fäfers (Dynastes hereules) erlangt (j. die beigeheftete Tafel). Es wird bis 157 mm lang, von denen das obere Horn die kleine Hälfte beträgt. Dasjelbe it unten mit gelber Haarbürjte ausgeitattet. Die beiden Hörner find wie der ganze Körper glänzend jchwarz, nur die hell olivengrünen Flügeldeden behalten diefe Grundfarbe fleddenweije bei. Je ein Höcker hinter den Vorderhüften und die Wurzel des Steißes tragen lange, gelbe Haare. Ganz anders das Weibchen: vorn feine Spur von Bewehrung, über und über brauner Filz, d 100 Erfte Ordnung: Käfer; vierzehnte Familie: Blatthornfäfer. matt durch grobe Runzeln auf der Oberfeite des Körpers, dejjen Farbe nicht in reinem Schwarz ericheint, nur die Spiten der Flügelveden find glatt. ES wird bis 91 mm lang. Diefer ftattlihe Käfer dürfte im tropifchen Amerifa nicht eben zu den Seltenheiten ge: hören, wie die europäifhen Sammlungen beweijen. Moufet bildet eine andere verwandte Art, den Elefanten (Megalosoma elephas), ab und erzählt höchft naiv von ihm: „Nach dem Gejeße der Weichfäfer (Cantharorum) hat er fein Weibchen, jondern ift jelbit jein eigner Schöpfer; er bringt jelbit jeine Nach— fommen hervor, was Joh. Camerarius, der Sohn, als er ein Bild diejes Käfers an Pennius ſchickte, in folgendem Diſtychon artig ausdrüdte: ‚Me neque mas gignit, neque femina coneipit, autor Ipse mihi solus, seminiumque mihi.“ Eo trieb man damals Naturgejchichte! Mit mehr Bejcheidenheit, einem nur mäßig großen Horne auf dem Kopfe und drei gleichen Höcern auf dem Wulfte de3 in der vorderen Witte vertieften Halsſchildes, tritt das Männchen unjeres heimatlihen Nashornfäfers (Oryetes nasicornis) auf; jeine Flügeldecken durch: ziehen feine Bunktreihen, und das Schwarzbraun jeines Körpers jpielt auf der Unterjeite ftark in Not. Dem Meibehen fehlt das Horn, ein ftumpfer Höder zeigt nur an, daß bier die Auszeichnung feines Gatten fißt. Länge 26—37 mm. Diejer hübjche Käfer lebt vorzugs— weile im nördlichen Europa, und zwar in der aus: gelaugten Gerberlohe, mit welcher die Warmbeete in den Kunjtgärten eingefaßt oder, wie in Bremen, Ham— en burg ec., die Hauptwege bejtreut werden. Wo er ſich Oryctes nasicornis). Natürliche Größe. einmal eingeniſtet hat, pflegt er nicht ſelten zu ſein. Im Juni und Juli, gleich nach ſeinem Erſcheinen, erfolgt die Paarung, nach welcher das Männchen ſtirbt, das Weibchen in die Lohe kriecht, um vereinzelt ſeine Eier abzulegen. Dieſe kommen ungefährt Ende Auguſt aus, die Larven brauchen aber mehrere Jahre, ehe ſie aus der mageren Koſt hinreichende Nahrung gezogen haben. Im Vergleiche zu denen des Hirſchkäfers ſind ihre Luftlöcher größer und der Kopf deutlich punktiert. Zur Verpuppung gehen ſie tiefer in die Erde, fertigen ein eirundes Gehäuſe, in welchem nach durchſchnittlich einem Monate die Puppe und nach der doppelten Zeit der Käfer anzutreffen, der ſo lange darin verbleibt, bis er vollkommen erhärtet iſt. Die Larven einer anderen Art, des Oryctes Simias, richten in den Kokoswäldern Madagas— fars durch ihren Fraß in den Stämmen bisweilen bedeutenden Schaden an. Es finden fi) Stämme mit armsdiden Löchern und Hunderten von Larven. Die legte, nächſt den blätter- und miftfreffenden Blätterhörnern artenreichjte Gruppe bilden die Blumenliebenden (Melitophila), diejenigen unter allen, welche die voll- endetften Formen und den herrlichiten Farbenſchmuck zur Schau tragen, Käfer, welde der Mehrzahl nad) unter dem Einflufje einer jenkrechten Sonne erzeugt wurden, welche nicht icheu vor dem Lichte das nächtliche Dunkel abwarten, ehe fie aus ihren Verſtecken hervor kommen, jondern als Freunde jenes, die Kinder des Lichtes, die duftenden Blumen der Kräuter und Holzgewächie aufjuhen, um in Gefellfchaft der flüchtigen Schmetterlinge, der luftigen Fliegen und der ewig gefchäftigen Immen zu ſchmauſen: Blütenjtaub ſamt deſſen Trägern, Blätter der Blumen aufzehrend, oder auch an den blutenden Stämmen Nashornfäfer Rieſengoliath. Gabelnaje. 101 der Bäume den ausfließenden Saft zu leden. Sie bilden der Mehrzahl nad) (wir willen, daß es überall Ausnahmen gibt) die Edelſten und Vornehmiten ihrer Familie, welche wenigftens im vollfommenen Zuftande feinere Genüſſe zu ſchätzen wiſſen, al3 grüne Blätter, faulende Pilze oder durch den Leib der pflanzenfreffenden Säuger gegangene Stoffe bieten fönnen. Der gedrungene Körper von vorherrichend mittlerer Größe ift mäßig abgeplattet, in den Umriffen wappenjchildförmig. Die Flügeldeden lafjen den Steiß unbededt und liegen dem Hinterleibe einfach auf, ohne ihn von den Seiten her zu umfaſſen, behalten auch dieſe Lage, nur etwas geloderter, während des Fluges bei. Die Vorderhüften ipringen in walzig=fegelförmiger Gejtalt hervor, während ſich die Hinterhüften über den eriten Bauchring erweitern. Das Geficht ift mit dem Kopfichilde, welches Oberlippe wie Kinn- baden bedeckt, verwachſen, ebenſo die hornige Zunge mit dem Kinne. Der Oberfiefer bejteht aus einem hornigen Außenteile und einer häutigen Innenplatte, der Unterkiefer aus eingelenfter Außenlade, jeder Fühler aus 10, jeine Keule aus den 3 letzten Glie- dern. Se nachdem durch einen Ausschnitt der Flügeldeden gleich Hinter der Schulter das Hüftblatt der Hinterbruft von obenher fichtbar ift oder nicht, in Ermangelung jenes Aus: ſchnittes läßt fich die Gruppe in die artenreichere Abteilung der Blumenfäfer (Ceto- nidae) und in die artenarme der Pinſelkäfer (Trichiidae) zerlegen. Die Larven unterjfcheiden fich mwejentlich von den übrigen derjelben Horde dadurch. daß ihr letztes Glied nicht durch eine Querfurche in zwei zerlegt wird, weniger weſentlich durch einen im Vergleiche zum gedrungenen Körper ſchmäleren Kopf, durch die ſchwächeren Querfurchen auf den Gliedern und durch eine jtärfere Samtbehaarung. Sie nähern fich den Larven der Niejenkäfer durch ihre an der Spige gezahnten und äußerlich querriefigen Sinnbaden und leben ausjchließlih von mulmigem Holze. Mehr al3 ein Drittel der ganzen Gruppe bewohnt Afrika, kaum der 25. Teil Europa; fein Erdteil wird von ihnen ausgeſchloſſen, die prachtvollitien Formen gehören indeijen nur dem heißen Erdgürtel an. Bollendet im Baue fteht der männliche Riejengoliath (Goliathus giganteus oder Druryi) aus Dberguinea da. Sein falt Freisrundes Halsſchild jest ſich am Hinter- rande dreimal ab, am kürzeſten vor dem lang=dreiedigen Schildchen, welches bedeutend mehr nad) hinten liegt als die Schultern. Den Ihräg abſchüſſigen Kopf zieren neben den Augen zwei ftumpfe, aufgerichtete Lappen und vorn eine breite, furze, an den Spitzen geftußte Horngabel. Der Goliath ift ſamtſchwarz, Kopf, Halsihild mit Ausnahme von ſechs Längsſtriemen, Schilödhen, ein großer dreiediger Nahtflef und der Außenrand der Flügeldeden find Freivdeweiß. Länge bis 98 mm. Das etwas fleinere Weibchen hat mehr Slanz, feinen Kopfpuß, aber drei Zähne am Außenrande der Vorderjchienen. Seit 1770 wurde dieſer Schöne Käfer in Europa befannt und von den Sammlern jo geſucht, daß fie für das Pärchen bis 30 Thaler zahlten; ſeitdem hat man noch fünf andere Arten der- jelben Gattung fennen gelernt, welche nur in Afrika vorkommt. Ein anderer Goliath, wenn auch nicht der Größe, jo doch jeiner übrigen Merkmale nach, it die Gabelnaje (Dicranorrhina Smithi, ©. 102) von Port Natal, welche uns in ihrer Körpertracht die Goliathiven vergegenwärtigt und in einer wohlgelungenen Abbildung vorliegt. Der jchöne Käfer ift erzgrün, Schenkel, Schienen, Schildchen, Hinter rand des Vorderrüdens find rot, ein verwijchter Fled auf dejjen Scheibe, die ſämtlichen Ränder und je zwei Flede der braungelben Flügelveden ſchwarz; auf der Unterjeite iſt der Hinterleib rot und die Bruft braun. Beim etwas breiteren Weibchen fehlt die Be: wehrung am Kopfe, die Beine find fürzer, die Vorderſchienen an der Spite breiter, außen mit drei jcharfen Zähnen bemwehrt; dafür fehlen diejelben an der Innenſeite, wo wir Kleinere beim Männchen bemerken. 102 Erjte Ordnung: Käfer; vierzehnte Familie: Blatthornfäfer. Der gemeine Rojenfäfer oder Goldfäfer (Cetonia aurata) veranjchaulicht die Grundform der ganzen Gruppe. Wer jollte ihn nicht fennen, den goldgrünen Käfer mit einigen weißbeſchuppten und vertieften Querjtrichen auf der Hinterhälfte der Flügeldeden, welcher bei heißem Sonnenjchein mit lautem Geſumme berbeifommt zu den blühenden Sträudern und Stauden in Garten, Wald und auf Wiejen, dort namentlich nach den Nojen, Spirjtauden und Ahabarber, bier nach dem Weißdorn, wilden Schneeball und jo manchen anderen; denn weil die Kauftüde feiner Unterkiefer weich find, jo kann er nur die zarten Blätter der Blumen zerbeißen oder Saft leden. Er fist auf den flachen Trugdolden, von der Sonne bejchienen, gleich einem funfelnden Edeljteine, manchmal zu vier, fünf gleichzeitig auf einer. Gefällt es ihm nicht mehr, jo jummt er ebenjo plöß- lih wieder davon, wie er ankam, jeine langen Flügel unter den Golodeden bloß vor- ziehend, immer aber nur dann, wenn ihn die heißen Strahlen der Sonne treffen. Scheint 1) Gabelnaſe (Dieranorrhina Smithi), Männden. 2) Gemeiner Roſenkäfer (Cetonia aurata). 3) Gebänderter Pinjelfäfer (Trichius fasciatus). Alle in natürlicher Größe. diejelbe nicht, jo jist er jtundenlang feſt auf derjelben Stelle, wie jchlafend, und Friecht tiefer hinein, wenn die Witterung unfreundlicher zu werden beginnt. Ergreift man ihn, jo entleert er hinten einen ſchmutzig weißen, jehmierigen Saft von widerlihem Geruche, ſicher in der Abficht, ji Die Freiheit wieder zu erwerben. An alten Eichen oder anderen Bäumen, deren Saft aus offenen Wunden heraustritt, von jo manchem Kerfe als reichlich ſtrömenden Zebensquell erfehnte Stellen, wie wir bereits erfahren haben, fißen die Gold— fäfer bisweilen in gedrängten Scharen und leuchten weithin duch ihren Goldglanz. Nie werde ich eS vergejjen, wie ich einjt unter der Krone einer alten Eiche in der Defjauer Heide, einem jo beliebten und ergiebigen Tummelplage der Jammelnden Entomologen aus ven Nachbarorten, mitten zwijchen einer gedrängten Schar der gemeinen Art, wie die Perle in der Krone, die weit jeltenere, fait noch einmal jo große, reiner goldig glänzende Cetonia speciosissima erjpähte. Die Stelle war nicht erreichbar, der Anbli aber zu verführeriih, um nicht alles zu verfuchen, jene Perle in meinen Befiß zu bringen. Der Spazierjtod ward zum Wurfjpieße auserjehen und traf nach wenigen verunglüdten Ver: ſuchen jo glüdli), daß die Cetonia speciosissima nebjt einigen gemeinen Roſenkäfern vor Schred herabfielen, während ein Teil der übrigen ruhig weiter zechte, ein anderer im Fluge davon raujchte. Schädlich werden die Rojenfäfer eigentlich nicht; wenn fie aber Gemeiner Rojenfäfer. Marmorierte Cetonie. Gremit. 103 in großen Mengen erjcheinen und es fich in einem Garten um die Erziehung von Rojen: äpfeln handelt, jo beeinträchtigen fie entjchieden deren Grnteertrag, wie fie auch) mande andere der Blüte wegen gepflanzte Roſe durch ihren Fraß verunftalten. Die beſprochene Art unterjcheidet jih von einigen anderen ihr jehr nahe jtehenden durch eine Linie der Flügeldecen jederſeits der Naht, welche diejelbe als eine Furche erjcheinen läßt, und durch einen knopfförmigen Fortſatz des Mittelbruftbeines, Nicht fie, fondern eine ihr jehr nahe ftehende, im Süden Europas vorkommende Art dürfte es geweſen jein, welche Ariftoteles Melolontha aurata genannt hat, und welche neben dem Maikäfer der griechiichen Jugend als Spielzeug und, wie eS nicht anders fein Eonnte, gleichzeitig als Hilfsmittel, fich in tierquälender Roheit zu üben, dienen mußte. An der engerlingartigen Larve unterjcheidvet man ein Kopfichild mit Oberlippe, ungleihe Kinnbaden, vierglieverige Kiefer-, zweigliederige Lippentafter und vierglie- derige Fühler, welche einem Höcker aufjisen. Die kurzen Beine laufen in einen Elauen- lojen Knopf aus, und der Seitenrand des flahen Bauches bildet mit dem Rüdenteile eine jtumpfe Kante. Sie lebt in faulem Holze und wurde häufig im Grunde der Haufen von der Waldameije (Formica rufa) gefunden, wo fie ſich von den allmählich verwejenden Holzſtückchen ernährte, welche die Ameijen zujammengejchleppt hatten. — Die marmorierte Cetonie (Cetonia marmorata), dunfelbraun mit mehreren weißen Strihelden und Pünktchen auf der ftarf glänzenden Nüdenflähe, iſt etwas größer und jeltener al3 die vorige Art. Ich traf fie fat immer nur an Weiden Saft ledend an und möchte mit Bouché behaupten, daß ihre Larve vorzugsweile hier ihre Nahrung findet. Abgejehen davon, daß die Flügeldeden hinter der Schulter nicht ausgejchnitten find, jtellt fih auch jonjt die Körpertracht derjenigen Arten, welche jih um die Binjelfäfer (Triechius) jharen, in veränderter Form dar. Das Halsihild ift mehr kreis- und ſcheiben— förmig, vor dem Eleinen Schilochen nie ausgejchnitten, öfter am Hinterrande leiftenartig erhaben. Im Verhältnis hierzu erſcheinen die Flügeldeden breiter, da ihnen aber der jeitlihe Ausschnitt fehlt, jo müſſen fie beim Fluge erhoben werden. Die Larven jtehen denen der Melolonthiven am nächſten und weichen hauptjächlich von ihnen durch eine dreilappige Afteröffnung ab; die obere Hälfte der Duerjpalte jpitt fich in der Mitte zu, die untere befommt an der entjprechenden Stelle eine furze Spalte. Der Eremit, Zederfäfer (Osmoderma eremita), verdient zunächſt der Erwäh— nung als der größte Europäer diejer Abteilung und gewijjermaßen der Vertreter der Goliathe, wenn wir die allgemeine Körpertraht und den Umſtand berückſichtigen, daß hier die Hüftblätter von oben noch fihtbar find. Der glänzend jehwarzbraune, violett Ihimmernde Kerf von 26—33 mm Länge lebt an faulen Bäumen; er hat einen längs: gefurchten, Eleinen Vorderrüden, große, bedeutend breitere und gerunzelte Flügeldeden, das Kopfſchild it ausgehöhlt, erhaben gerandet und vor den Augen mit je einem Höder ausgerüjtet beim Männchen, ohne diejen, nicht gehöhlt und kaum gerandet beim Weibchen. Der Lederkäfer, wie er wegen jeines Geruches von uns in der Kinderzeit allgemein genannt wurde, macht, wie alle Verwandte, den Eindrud der Trägheit. An Blumen findet man ihn faum, jondern, wie ſchon erwähnt, an faulen Bäumen. Weil in manchen Gegenden als ſolche die Weiden in diefer Beziehung die erite Stelle einnehmen, jo bilden dieje auc) einen verbreiteten Aufenthalt unjeres Käfers; Eichen, Buchen, Birken, Linden und Objt- bäume beherbergen ihn gleichfallg, unter der Vorausſetzung, daß fie ungejundes, mürbes Holz darbieten, von welchem jich die gedrungene Larve höchſt wahrjcheinlich mehrere Jahre hintereinander ernährt. 104 Erſte Ordnung: Käfer; vierzehnte und fünfzehnte Familie: Blatthornfäfer und Pradtfäfer. Einen freundlicheren Eindrud als der Eremit macht der ©. 102 abgebildete gebän- derte Rinjelfäfer (Trichius fasciatus). Die Hüftblätter find von oben nicht ficht- bar, die Beine ſchlanker und ihre Vorderjchienen bei beiden Gejchlechtern nach außen zwei- zähnig. Wie bei allen echten Trichien iſt die äußere Lade des Unterkiefers lederartig, ſtumpf dreiedig und die innere unbewehrt, das Kopfichild länger als breit, vorn ausgebuchtet, ſamt Kopf und Halsihild jtark zottig gelbbaarig, die Unterjeite, wo die ich berührenden Hinter: büften zu beachten find, und der Steiß mehr weißzottig, die beiden an der Naht zuſammen— hängenden Binden der Flügeldeden gelb. Dieſe Art ift den Gebirgen und Vorbergen des mittleren und füdlichen Deutjchland eigen und findet fi vom Juni bis Auguft auf Wiejenblumen und blühenden Brombeeren, im Harze bisweilen jehr häufig. Wie der Nojenkäfer hat er fich tief in die Blüte verjenft und nagt an deren Innerem, indem er fih faum regt. Seine Larve lebt, wie alle anderen, in faulen Laubhölzern; über ihre Lebensdauer ift aber meines Wifjfens jo wenig Beftimmtes ermittelt, wie über die der übrigen verwandten Arten. Begreiflicherweije find die Beobadhtungen aller in dieſer Weije lebenden Larven mit Schwierigkeiten aller Art verbunden. Ein höchſt interefjanter, blumenliebender Blatthorntäfer von Amboina fei am Schlufje noch in der Kürze erwähnt: der langarmige Pinjelfäfer (Euchirus longimanus). Er erinnert in feiner Form an die Niefentäfer, nähert fich infolge der Oberlippenbejchaffen- heit und der gezahnten Fußklauen den Melolonthiven, muß aber wegen Bildung des Kopfes und des ganzen Oberförpers zu den Trihiiden geitellt werden. Beim Männchen find die Borderbeine dermaßen verlängert, daß durch fie das im Körper 65 mm mejjende Tier, von feiner Leibesjpige an gerechnet, einen Raum von 131 mm durchſpannen kann. Der Käfer iſt faftanienbraun, an den Vorderſchenkeln und jämtlihen Schienen ſchwärzlich, an der Fühlerfeule rot gefärbt, unterwärts gelbbraun behaart. Die Prachtkäfer (Buprestidae), eine weitere Familie, leben im Larven: wie im vollfommenen Zujtande ebenjo wie die Getonien, jene im Holze, diefe an Blumen und Sträuchern, unterſcheiden fich jedoch in ihrer äußeren Erjcheinung jehr wejentlich von den genannten Blatthörnern. Zunächſt it der Körper meiſt langgeſtreckt, nach hinten zugejpißt, mehr oder weniger flach gedrüdt, felten der Walzenform genähert und von jehr derbem Chitine bededt. Der Eleine Kopf, bis zu den Augen in den vorderen Bruftring eingejenkt, trägt nach unten die entjprechend kleinen Mundteile, von denen die beiden Lappen des Unterfiefers ji durch häutige Beichaffenheit auszeichnen, nach oben die kurzen, elf- gliederigen Fühler, welche vom dritten, vierten oder auch erjt vom fiebenten Gliede an die Form fürzerer oder längerer Sägezähne annehmen. Ebenjo jchließt ſich das Hals- Ihild eng an die etwa ebenjo breiten Flügeldeden an; hierzu der Metallglanz der meiften, und das jteife, eherne Anſehen diejer gejchlofjenen Formen iſt vollendet. Die kurzen Beine eignen ſich wenig zum Gange, die vorderiten und mitteljten beginnen mit fugeligen Hüften, deren Pfannen nad hinten weit offen bleiben, die hinterſten mit blattartigen; fie alle haben aber deutliche Schenkelringe, ihre Füße fünf Glieder und ebenjo viele der Hinter- leib, an welchem die beiden erjten aber verwachjen. Die Vorderbruit läuft in einen flachen, von der Mittelbruft, bisweilen auch noch von der Hinterbruft aufgenommenen Fortjat aus. Wenn die Prachtkäfer durch lanzettförmige Fluglöcher ihre Wiege verlafjen haben, jonnen fie fih gern, an Baumftämmen, noch lieber an Baumjtumpfen und Klafterholz figend, laſſen ſich wie tot herabfallen, ſobald man ihnen nahet, oder fliegen jehr eilig davon, wenn die Sonne am wolfenlofen Himmel jteht; denn fie find jo recht eigentlich Pinjelfäfer. Julodis fascieularis. Kiefern Brahtfäfer. Linden-Pradtfäfer. 105 Kinder des Lichtes. Ihre Flügel legen fih nur der Länge nah zufammen, find alfo fchnell entfaltet und ebenjo jehnell wieder unter den fait gleihlangen Deden untergebracht. Die Larven, nur von wenigen Arten gekannt, leben hinter der Rinde gefunder oder fränfelnder Bäume und zeichnen fih auf den eriten Blid aus durch einen großen, feheiben- förmigen Vorderteil, von den drei eriten Gliedern gebildet, an welchen fich die meiſt walzigen Hinterleibsglieder, neun an Zahl, wie der Stiel an einen Kuchenjchieber anſchließen. Der wagerechte Kopf läßt fich zurüdziehen und ift nur am Mundrande hornig. Außer dem Halsringe find die übrigen Körperteile fleiſchig und weich, ohne Hornbedekung. Der After tritt, gleichſam ein dreizehntes Glied bildend, als Nachſchieber etwas hervor und öffnet fich in breiter Längsſpalte; manchmal fommen auch zwei zangenartige Anhängſel vor. Die Luftlöcher, neun Paare, find halbmondförmig, das vorderite am Mittelrüden bejonders groß. Dem Kopfe fehlen die Augen, den Fräftigen Bruftringen in der Kegel die Beine. Diefe Familie jchließt fi) dur die angegebenen jowie durch gewiſſe anatomijche ſerkmale, welche hier füglih mit Stillfehweigen übergangen werden, jehr jcharf von anderen Familien ab und rechtfertigt ihren Namen in der Mehrzahl ihrer Arten. Man fennt deren ungefähr 2700, welche jih zwar über alle Erbdteile ausbreiten, aber in dem beißen Erdgürtel gegen die gemäßigten und falten Zonen außerordentlich vorwalten. Die dort lebenden Arten jind es auch hauptjählih, deren Kleid an Glanz, Lebendigkeit und Feuer der Farben das unjerer heimatlichen weit überjtrahlt. Von diejen le&teren jind die meijten Klein, unanjehnlic in der Färbung und wenig geeignet, ihre Familie glänzen zu lafjen; fie fommen nie in bedeutenderen Mengen vor, und der Mangel an jeglicher deutſchen Benennung für einzelne Arten beweift, wie wenig populär fie fich bisher ge— macht haben. Se nad) der Verteilung der mikroſkopiſchen Poren der Fühlbörner, welche bier in den meilten Fällen unter der Behaarung wahrnehmbar find, hat man die Familie in drei Gruppen zerlegt: die Julodiden zeigen feine dergleichen, die Chalcophoriden zeritreute an beiden Seiten der Glieder, und die Bupreitiden im engeren Sinne vereinigen die— jelben in einem Grübchen der einzelnen Glieder, welches bei den verjchtedenen Arten an verjchiedenen Stellen zu juchen ift. Die erſte Gruppe, nur den heißeſten Erdftrihen angehörig, enthält in ihrer Grund: form, in der Gattung Julodis, jehr zahlreiche Arten, die ſich durch die Dice ihres im Duerjchnitte beinahe Freisförmigen Körpers kenntlich machen. Bejtäubung der metalliſch glänzenden Flügeldeden über deren ganze Fläche oder nur in fledigen Vertiefungen, gereihte Haarbüjchel und mancherlei andere Merkmale zeichnen die jtattlihen Arten aus, welche ſich meijt in größeren Gejellichaften beifammen finden. So führt die 26 mm lange, in der Mitte 11 mm breite und ebenda 8,75 mm dide Julodis fasciceularis aus dem jüdlihen Afrifa auf ihrer ſtark gerunzelten, erzgrünen Oberſeite Reihen weißer, in Ver— tiefungen ftehender Haarbüjchel, je 5 auf jeder der von der Mitte des GSeitenrandes etwas gejchweiften Flügeldeden und 11 auf dem Halsjchilde, jo daß fie beinahe mit einem Sgel verglichen werden Fünnte. Die Chalcophoriden enthalten die größten Arten der ganzen Familie und lajjen die Poren der Fühler erkennen, wenn fie nicht duch zu lange und dichte Behaarung ver: dedt werden. Nach der gegenjeitigen Länge der beiden eriten Fußglieder an den Hinter: beinen, nad) der Deutlichkeit des Schilochens, nah dem Anfange der Sägezähne an den Fühlern und nach einigen anderen Merkmalen unterjcheiden fich die verjchiedenen Gattungen, deren mehrere in Europa Vertreter aufzumweijen haben. 106 Erſte Ordnung: Käfer; fünfzehnte Familie: Prachtkäfer. Der große Kiefern: PBradtfäfer (Chalcophora mariana), braun erzfarben, weiß bejtäubt, mit fünf Längsjchwielen auf dem VBorderrüden und drei glatten, ftumpfen Längsrippen auf jeder Flügeldede ausgeſtattet, von welchen die mitteljte durch zwei quadra- tiiche rauhe Gruben unterbrochen wird, gehört zu den größten europäiichen Arten; denn er mißt 26—30 mm. Das Schildchen ijt jehr Klein und vieredig. Der Kopf höhlt fich aus, und die Fühler, deren Glieder länger als breit find, verjehen fich vom vierten an mit ſtum— pfen Sägezähnen. Die Art lebt in den Kiefern: wäldern der norddeutichen Jandigen Ebenen, wird denjelben aber nicht ſchädlich, denn die Larve frißt nur in den Kiefernftöden und in den Stämmen abgejtorbener Bäume. Wir geben dieje Art nebjt ihrer Zarve im Bilde, um dadurch die Familie in einer ihrer Hauptformen zu vergegenmwärtigen. Bei den echten Bupreſtiden, deren Fühler: poren fih auf Grübchen der Glieder beſchränken, Großer Kiefern Pradtfäfer (Chalcophora wiederholen ſich dieſelben Formen. Die Gattung mariana) nebſt Larve. Natürliche Gröbe. Poecilonota (Lampra) enthält entſchieden die ſchönſte deutjche Art in dem jmaradgrünen, an den Außenrändern Fupferroten Linden: Brabtfäfer (Poecilonota rutilans). Die Slügeldeden find mit ſchwarzen Querſtricheln und Fleckchen bejäet und der Rüden des Hinterleibes ſchön jtahlblau gefärbt, jo daß der fliegende Käfer den reichiten Farbenſchmuck entwideln fann. Er erreiht eine Yänge von 11—13 mm und findet jich nach meinen Er— fahrungen nur an Linden, beifpielsweije da, wo diejer beliebte Baum die ftädtifchen An: lagen in zahlreicheren und älteren Bejtänden jhmüdt. Nachdem mir während meiner Schulzeit auf einer Ferienreife dieſe Kunde in Altenburg geworden war und einige jchöne Stüde, welche ich dajelbjt in der Sammlung des gleihgefinnten Freundes erblickte, von dem Borhandenjein des Käfers in den dortigen Linden den Beweis geliefert hatten, ftellte ih auch Nachforſchungen nah ihm in meiner Vaterſtadt an, welche eine ziemlich lange Zindenftraße mit dem ihr eingepfarrten Dörfchen verband. Die lanzettförmigen, quer: jtehenden Fluglöcher waren bald aufgefunden, an manchen der ältejten und nicht mehr heilen Stämme ziemlich zahlreich; daß ſie gerade dem gejuchten Käfer angehörten, war aller: dings dem damaligen Unterjefundaner einer Fürſtenſchule, auf welcher das Inſektenſammeln geheim betrieben werden mußte, um bei den Herren Bhilologen und Pädagogen feinen Anſtoß zu geben, nicht befannt und wäre ihm, der nur in den Hundstagsferien (Zuli) die Anfänge feiner verpönten Studien betreiben konnte, wahrjcheinlih auch ferner unbefannt geblieben, wenn nicht einige derjelben mit der goldigen Stivn des Käfers gejchlojjen geweſen wären. Das Hervorfommen ließ fih nicht abwarten; denn der angeitellte Verſuch bewies alsbald, daß die Käfer jämtlich tot waren. Wie es ſchien, hatten fie nicht Kraft genug gehabt, um das Loch zu ihrer vollftändigen Befreiung zu erweitern, ein jedes wurde zu eng befunden, um den hinter der Witte breiter werdenden Käfer duchjchlüpfen zu lajjen. Das Nachſchneiden mit dem Meſſer jegte mich in den Beſitz einer Anzahl vollkommen entwicelter und noch wohl erhaltener Prachtkäfer, und bei wiederholtem Nachſuchen fanden fich auch noch mehrere lebende, teils an den Stämmen figend, teils unten am Boden im trodnen und furzen Rajen friechend. Fliegen jah ich fie nicht, das war mir damals auch gleic)- gültig, ja jogar erwünjcht; denn es fam nur auf den Beliß des jchönen Käfers an. Wie ih mich noch entjinnen fann, war e3 in den Bormittagsjtunden, wo die Sonnenftrahlen noch nicht hinreichend belebend auf den ehernen Panzer gebrannt hatten. Sit indeſſen die Zweiflediger Shmalbaud. Kleiner Gleisfäfer. 107 Zeit ihrer größten Lebendigkeit gekommen, die Zeit, in welcher manche andere Käfer Mittags: ruhe halten, dann iſt e3 ohne Fangwerkzeuge und große Gejchicdlichkeit kaum möglich, auch nur ein einziges Stück diefer flüchtigen Käfer zu erhaſchen, wie mich die Scheuheit und Wildheit einiger Eleinerer Prachtkäferarten jpäter oftmals gelehrt hat. Die artenreiche Gattung Agrilus (Schmalbauch) weicht in ihrer Körpertracht weſent— lich von den übrigen dadurch ab, daß die falt gleihhläufigen Seiten eine ziemlich walzige Form mit merflih abgeplattetem Rüden zu Wege bringen. Die Kiefertafter enden mit einem eirunden Gliede, die Fühler entfernen fich weit von den Augen, jigen in großen Aushöhlungen der Stirn und werden vom vierten Gliede an fägeförmig. Das Halsjchild ift breiter al3 lang, am Hinterrande zweimal gebuchtet, das Schilochen dreiedig; die Flügel: deden werden hinter der Mitte am breitejten, bleiben aber im Vergleiche zu ihrer Länge ſehr ſchmal und laufen in eine breit gerundete Spige aus. An den Beinen berüdjichtige man das jehr lange, zufammengedrüdte Wurzelglied der Füße und die geipaltenen Klauen. Die Arten, welche bei der Unterſcheidung manche Schwierigkeiten darbieten, breiten ſich über die ganze Erde aus und treten manchmal jogar in ſolcher Menge auf, daß ſie den Foriten nachteilig werden. Eine der größten Arten ift der in Deutjhland an Eichen eben nicht jeltene zweifledige Shmalbaud (Agrilus biguttatus) von 8,5;—11 mm Länge. Das Männden ift blaugrün, das Weibchen grünlichbraun, je ein weißer Haarfled auf dem hinteren Drittel jeder Flügeldede in der Nahtnähe, welcher den Namen veranlaßte, und mehrere ähnliche Fledihen an den Seiten der Bauchringe laſſen ihn leicht erkennen. Die Larve diejer wie der übrigen Agrilus-Arten läuft hinten zangenförmig aus und frißt unregelmäßig gejchlängelte, nach und nach breiter werdende Gänge in der Borfe der Eihen. Andere Arten leben in gleicher Weije, fommen örtlich in größeren Gejellichaften, bejonders an der wärmjten, ſüdweſtlichen Seite junger Stämmchen oder der Zweige hinter der Rinde, vor und haben durch ihren Fraß namentlich an Buchen und Eichen dann und wann Schaden angerichtet. tan findet bei uns auf den Blättern der Wollweiden nicht jelten ein kleines plattes, fajt dreiediges Tierchen, jtark glänzend und braun von Farbe mit einigen weißen Zaden- binden, welche durch Behaarung entjtehen; es erinnert in jeiner Erſcheinung an die früher bereits erwähnten Anthrenen, ift aber ein der eben beſprochenen Gattung jehr nahe ver: wandter Prachtkäfer, der Eleine Gleißkäfer (Trachys minuta). Afrifa, Madagaskar und Ojtindien ernähren noch einige Arten, die meilten leben jedoch in Europa. Das merfwürdigite an ihnen und an noch zwei zugehörigen Gattungen (Brachys und Apha- nisticus) ijt die Lebensart der Larven, welche jih nicht im Holze aufhalten, jondern Blätter freſſen. Man weiß von der Entwidelung des kleinen Gleikfäfers, daß das über: winterte Weibchen im Mai feine Eier an die Nüdjeite der Blätter von der Aderwinde (Convolvulus arvensis) legt, und zwar an die Nippen. Die Zarve beigt durch die Ober: haut des Blattes, das Fleijch desjelben freifend. Ohne Gänge zu minieren, höhlt fie inner: halb 4—5 Wochen, während welcher Zeit fie fich dreimal häutet, das halbe Blatt aus und wird nad 14tägiger Puppenruhe zum Käfer. Die Schnellfäfer, Schmiede (Elateridae), erinnern zwar in ihrer allgemeinen Körpertracht, durch die geſtreckte, ſchmale und geſchloſſene Form an die Prachtkäfer, weichen aber anderjeit3 in jo wejentlichen Punkten von ihnen ab, daß eine Vereinigung beider unmöglich if. Der tief in das Halsjchild eingelafjene Kopf neigt ſich ſtark abwärts, ohne in den meijten Fällen eine ſenkrechte Richtung einzunehmen, und wird von unten meilt 108 Erjte Ordnung: Käfer; fechzehnte Familie: Schnellfäfer. durch eine Art von Bruftlaß, die verlängerte Borderbruft, bededt. Die elf:, auch zwölf: aliederigen Fühler gelenfen nahe dem Vorderrande der Augen ein und find gezahnt, beim Männchen nicht jelten gefämmt, manchmal auch nur fadenförmig. Die Oberlippe ift deutlich, jeder Lappen des Unterkiefer blattartig und bewimpert, die Zunge ohne Seitenzipfel. ie bei letter Familie find die Gelenkpfannen für die faft kugeligen Hüften der vorderen Beine hinten offen, die Hüften der hinterjten blattartig erweitert, nach hinten gerinnt, es feblen aber überall die Schenfelringe, welche bei den Prachtkäfern deutlich ent- wicelt find. Die linealen Schienen tragen kurze Endjporen und fünfgliederige, häufig unten mit lappigen Anhängen verfehene Tarjen, der Hinterleib eine gleiche Ningzahl. Eine Eigentümlichfeit zeichnet die meijten Glieder diejer Familie vor allen übrigen Käfern aus. Da fie nämlich infolge ihrer kurzen Beine fich vergeblich bemühen würden, auf dieje wieder zu gelangen, wenn fie auf den Rüden gefallen find, jo hat die Natur das Ausfunftsmittel getroffen, daß fie ihren Körper in die Höhe ſchnellen und in der Luft umdrehen können. Hierzu war eine ganz befondere Beweglichkeit zwijchen dem Vorderbruftringe und der hinteren Körperpartie ſowie ein Fortſatz jenes nad) hinten und eine Aushöhlung für den Fortjaß im Vorderrande der Mittelbruft nötig. Will der Käfer diefe Vorteile benußgen, jo macht er jeinen Rüden hohl, Halsſchild und Flügeldedenjpige gegen eine fejte Unterlage und den Vorderbruftitachel gegen den Worderrand der Mittelbruft ftemmend; indem er nun durch die ſtarken Bruftmusfeln legteren von hier ab in feine Grube jchnellt, was mit einem fnipfenden Geräusche erfolgt, wird der ganze Körper in die Luft gefedert, dreht ſich hier um und fällt auf die Beine nieder; gelingt es bei ungünftigen Stüßpunften nicht das erſte und weite Mal, jo wiederholt der Käfer das Schnellen fo oft, bis er feinen Zwed erreicht hat. Man kann ihn fehr leicht zu ſolchen Seiltänzerſtückchen veranlafjen, wenn man ihn mit dem Rüden auf die flache Hand legt. Während man ihn zwiſchen den Fingern hält, fühlt und fieht man die heftigen Bewegungen des hin und her jchnellenden Halsſchildes und hört wohl auch das knipſende Geräuſch; er führt alſo zwiichen unſeren Fingern die eben bejchriebenen Bewegungen aus, welche er mithin immer anzumenden jcheint, wenn er fih aus einer peinlichen, der Hilfe bevürftigen Lage befreien will. Er erkennt in ihr und in den furzen Beinen feine einzigen Nettungsmittel; denn fühlt er erit den Boden unter leßteren, jo läuft er eiligft davon und ſucht fich zu verfriechen, wo und wie es eben gehen will. Auf feine Flügel verläßt er fich bei den Fluchtverfuchen nicht, braucht diefelben vielmehr im warmen Sonnenidein, um von honigjpendender Dolde zu Dolde oder von Blume zu Blume anderer Art zu gelangen, oder um an warmen Abenden fein anderes Ich aufzufuchen. Hinfichtlih ihrer Lebensweife zeigen die verſchiedenen Arten andere Gewohnheiten. Dieje treiben fih am Boden umher, beſuchen Blumen, um Honig zu leden, und zeigen ſich um jo lebendiger, je wärmer die Sonne ſcheint; jene wählen Sträuder und deren grüne Blätter zum Aufenthalte und finden fich daher mehr im Walde als auf Wiejen und Feld; fommt man ihnen zu nahe, jo lafjen fie fich mit angezogenen Beinen zur Erde fallen und find dann meift, troß der jorgfältigiten Nahforihungen, für immer dem Auge entihmwunden. Noch andere fteden bei Tage hinter der Baumrinde oder Elemmen ſich zwijchen die harzigen Knojpenteile der Nadelhölzer, wollen überhaupt von einem jehr geübten Auge gefucht fein. Sie alle fommen bei uns im Frühjahre mit dem jungen Grün oder jpäter und verjchwinden gegen den Herbit nah) und nach wieder, jei e3 nun, daß fie bis dahin ihre Art fortgepflanzt haben und dann von der Bühne abtreten, jei es, daß fie als jungfräuliche Käfer die winterlihe Zeit in Erjtarrung erſt vorüber- laſſen wollen, ehe fie dem Brutgejchäfte obliegen. Man fennt bis jet erſt von wenigen die Entwidelungsgeihichte, aus welcher ein mehrjähriges Leben im Larvenzuftande her: vorgeht. Mäunjegrauer Schnellfäfer. Rauher Schmied. 109 Die befannt gewordenen Larven find wurmförmig, walzig oder ſchwach niedergedrücdt, durchaus mit feſtem und glänzendem Chitinpanzer umſchloſſen und jechsbeinig. Sie haben auf den erjten Bli große Ähnlichkeit mit dem allbefannten „Mehlwurme“, aljo mit der Larve des jpäter zu bejprechenden Mehlkäfers (Tenebrio molitor). Wer beide neben- einander fieht, bemerft aber fofort einen wejentlichen Unterjchied zwijchen der Bildung und Stellung des Kopfes. Die Schnellfäferlarven tragen den flahgebrüdten, auf dem Scheitel ausgehöhlten Kopf gerade vorgeftredt. Auf jeiner Unterjeite zeichnet fich derjelbe durch drei geftredt vieredige Streifen aus, welche in einem tiefen, bogenförmigen Ausjchnitte des Schädel nebeneinander liegen; die beiden äußeren, nach vorn fich verbreiternden stellen den Stamm der Kinnladen, der mitteljte das Kinn dar. Durch die Bildung des lebten Leibesgliedes ſcheinen hauptjächlich die Artunterjchiede bedingt zu jein. Dieje Larven laufen gewandt und leben verjtect in der Erde oder im mulmigen Holze, oder bohrend in ver: jehiedenen abgeitorbenen, aber auch lebenden Pflanzenteilen, von welchen fie ſich ernähren, wie beifpielsweife von HYutpilzen, faftigen Wurzeln und Knollen, jo daß einige unjeren Kulturpflanzen erheblihen Schaden zufügen. Auch verfchmähen fie tierifches Fleiſch nicht und freffen fih untereinander auf, wenn fie eng beilammen find und Mangel an anderer Nahrung leiden, oder bohren ſich dann und warın in andere Inſektenlarven ein. Am legten Aufenthaltsorte erfolgt ebenjo verjteckt, wie die Larve lebte, die Verwandlung in eine ichlanfe, ungemein bewegliche Puppe, weldhe in einer Erweiterung der umgebenden Erde oder des faulen Holzes ohne Zweifel nur kurze Zeit ruht. Sn den Sammlungen finden fi) mehr als 3000 Arten, von denen manche weder bejehrieben noch benannt find. Sie breiten fi über alle Erbteile aus, find in den warmen und heißen Gegenden zahlreiher und zum Teil weſentlich größer und präch— tiger als in den gemäßigten, in ihrer Gejamtheit jedoch nur von mittlerer Größe und eintönig in ihrer Färbung, jo daß zwiſchen ausländiichen und heimiichen Arten durchaus der Gegenjag ſchwindet, welchen wir in dieſer Beziehung bei den Prachtkäfern kennen gelernt haben. Zatreille vereinigte die Schnellfäfer jamt den Prachtfäfern und einer beide ver- bindenden Fleineren Familie, den hier mit Stillichweigen übergangenen Eucnemiden, zu der Gruppe der Spigbrüjtigen (Sternoxia), Linne alle Arten der in Nede jtehenden Familie unter dem Gattungsnamen Elater, welcher heutzutage nur für eine verhältnismäßig Heine Anzahl beibehalten worden ijt. Es würde ermüdend fein, hier auch nur einen Ber: treter für jede der acht Gruppen vorzuführen, welche die Syjtematifer ſeit Camdezes Eafjiiher Bearbeitung diefer Familie annehmen, zwecklos, diejelben charakterifieren oder überhaupt der wiljenjchaftlihen Anordnung irgendwie Rechnung tragen zu wollen; es mag genügen, auf einige wejentlihe Punkte hinzumweifen, welche in ihren verjchiedeniten Gruppierungen als unterjcheidende Merkmale dienen, und dann wenige interejjantere Arten näher zu beleuchten. Die ausländijchen Arten nehmen eine Reihe von Eigentüm- lichkeiten in Anſpruch, welche bei unſeren heimifchen ſehr vereinzelt oder gar nicht vor- fommen, wie beijpielsweije jederjeits eine lange Spalte an der Unterfeite des Halsjchildes zur Aufnahme der Fühler in der Ruhelage. Diejelbe bildet gleichzeitig die feitliche Grenze der Borderbruft und den nach unten umgeſchlagenen Seitenteilen des Vorderrüdens und findet ſich höchit jelten bei unferen heimijchen Arten; eine der gemeiniten führt fie: der mäujegraue Scnellfäfer (Dacon murinus), ein flaher, breiter Schnelltäfer, der an den Nojen die Blütenftiele befreien und als Larve den zarten Wurzeln der Bäumchen in den Baumſchulen ſchädlich werden fol. Die eben erwähnte Furche darf nicht verwechjelt werden mit einer anderen, welche zu gleichem Zmwede hier und da nahe dem Geidenrande des Halsjchildes vorfommt. Die Stellung des Kopfes, ob die Stirn 110 Erjte Ordnung: Käfer; fechzehnte Familie: Schnellfäfer. unmittelbar in den vorderen Gefichtsteil übergeht oder durch eine Querleifte von ihm ge: trennt ift, die Form der Fühlerglieder und die Länge des dritten derjelben im Vergleiche zu anderen, die Geftalt des Schildchens, der Mangel oder die Gegenwart von Hautläppchen an gewiſſen Fußgliedern, die Gejtalt der breiten Hinterhüften und anderes fommen für alle die Clateriden in Betracht, deren Vorderbruft zu einem Kinnfutterale erweitert und deren Hinterbruft nach vorn abgerundet oder gejtußt ift, während bei der leßten Sruppe (Campylidae) jener „Bruftlaß” fehlt und das Hinterbruftbein nach vorn in eine Spitze ausläuft. Der rauhe Schmied (Athous hirtus) gehört einer namentlich in den falten und gemäßigten Strichen der nördlichen Halbfugel vertretenen Gattung an und ift eine unferer Schnelltäfer: 1) Corymbites pectinicornis. 2) Elater sanguineus. 3) Corymbites signatus. Natürliche Größe. gemeinjten Arten, welche oft in größeren Mengen auf den blühenden Dolden der Wiefen, Weidenheger und Feldraine während des Sommers angetroffen wird. Er jaugt dort Honig, fliegt unter Mittag und des Nachmittags bei Sonnenjchein nach anderen Weideplägen und it ein vollfommen harmloſer Käfer von durchſchnittlich 13 mm Länge und 4,5; mm Breite. Seine Stirn begrenzt ein erhabener, jcharf abgeſetzter Vorderrand; jedes der mittleren Glieder an den Fühlern ift ebenjo lang wie breit und dreiedig, das zweite fürzer als das dritte; das Halsſchild it länger als breit, in der Mitte etwas erweitert, vor den mäßig heraus: tretenden und jpigen Hintereden ein wenig eingezogen und gleihmäßig fein punftiert; die kaum breiteren, jeicht geitreiften und fein punftierten Flügeldeden runden fich hinten gemeinjchaftlich ab. Die Hüften der Hinterbeine erweitern fih allmählich nach innen, Füße und Fußklauen find einfach, das erſte Glied ift jo lang wie die beiden folgenden zujammen. Der Glanz des jchwarzen Körpers wird durch die graue Behaarung etwas ge— brochen, es kommen indes auch Stüde mit braunen Flügeldeden zwiſchen den jchwarzen nicht jelten vor. Die Larve des rauhen Schnellfäfers läßt fich nicht, gleich ihm, als harmlos bezeichnen, weil fie, wenn in größeren Mengen an einer Stelle vorfommend, unferen Kulturpflanzen merflihen Schaden zufügt. Sie hat den wurmförmigen Bau aller befannten Schnellfäfer: larven, den charakteriftiichen Kopf, wie fich dies alles bei der auf S. 113 abgebildeten Larve des Rauher Schmied. Pyrophorus. 1a Saatſchnellkäfers wiederfindet, ift aber im Bergleiche zu diejer kräftiger, entichieden etwas platt gedrüdt und mit vereinzelten Borjtenhaaren beſetzt. Der erite der 12 Körperringe erreicht die doppelte Yänge jedes der unter fich gleichen übrigen Ringe; über alle 12 läuft ein feiner Längseinjchnitt in der Rückenmitte. Das lebte, fich kaum verjchmälernde Glied ift an den Seiten geferbt, auf jeiner Nüdenflähe platt gedrüdt und durch jeichte Runzeln uneben, am Hinterrande mehr als halbfreisförmig ausgejchnitten, jo daß jeder: ſeits des Ausjchnittes ein dreizähniger Hornfortfag gewiſſermaßen zwei Anhängjel bildet. Zwei Zähne jedes diejer vierecigen Anhängjel ftehen nebeneinander, während der dritte, über dem inneren ftehende fih nach oben richtet. Dieje drei Zähne pflegen jamt den jtumpfen Hervorragungen an den geferbten und leijtenartigen Seiten des Gliedes braun gefärbt zu fein. Dieje Larve lebt nach Candezes Erfahrungen Hinter der Rinde ab- geitorbener Bäume, nach den meinigen auch wie diejenige des Caatjchnellfäfers in der Erde an verjchiedenen Pflanzen, namentlich, wie auch von anderen beobachtet worden, an den Zuderrüben. Wenn fie, wie der Engerling, den Bart und die Spige der jungen Rübe benagt, jo fängt die Pflanze an zu kränkeln, die Rübe bleibt im Wuchſe zurüd und ver- liert wefentlih an Zudergehalt. Die Schädlichfeit diefer Larve, welche mit den nächjten Derwandten unter dem gemeinfamen Namen „Drahbtwurm“ bei den Landwirten be- fannt ift, liegt mithin auf der Hand. Über ihre Lebensdauer vermag ic Sicheres nicht anzugeben; entjchieven erjtreckt fich diejelbe auf mehrere Jahre, wie von allen anderen angenommen wird. Das reiche Mittele und Südamerifa erzeugt in jeinen heißen Strichen ungefähr 100 Arten von Schhnellfäfern, welche neben der Familieneigentümlichkeit noch die wunderbare Kraft befigen, wie die Johanniswürmchen im Dunkeln zu leuchten. Man erkennt die großen oder mittelgroßen „Feuerfliegen“, welche meift düfter braun gefärbt, dicht graugelb be- haart und der Gattung Pyrophorus zugeteilt worden find, leicht an einem aufgetriebenen, wachsgelben Flede in der Nähe jeder Hinterede des Halsſchildes, von welchem aus fich im Leben das magiſche Licht verbreitet; überdies befigen fie noch ein Fräftigeres Leucht- organ an der Bauchjeite der Hinterleibswurzel. Das Leuchten jelbit ift Wirkung eines Drydationsprozefles. Daß Inſekten, welche Mutter Natur mit jo hervorragenden Eigenfchaften ausgerüstet bat, wie die eben erwähnte „Feuerfliege”, die Aufmerkfamfeit und Bewunderung derjenigen Menſchen auf fich lenken mußte, die nicht mit den Augen eines heutigen Forichers dergleichen Dinge betrachten, darf nicht wundernehmen. Wir finden daher ſchon bei Moufet (1634) ein große Art leidlich abgebildet und bejchrieben. Er nennt den Käfer Cieindela, griechiſch Kephalolampis, weil er jein Licht nicht aus dem Schwangze, jondern von dem Kopfe ausfende, und erzählt, was er in den Neifeberichten des Oviedus über ihn gefunden hat, wie folgt: „Der Cocujo, viermal größer als unjere fliegende Art (er hat vorher den Leuchtfäfer Lampyris auch als eine Cicindela abgehandelt), gehört zum Geſchlechte der Käfer (scarabeorum). Seine Augen leuchten wie eine Laterne, durch deren Schein die Luft fo erhellt wird, daß jeder im Zimmer lejen, ſchreiben und andere Verrichtungen vornehmen fann. Mehrere vereinigt geben ein weit helleres Licht, jo daß eine Gejellichaft in finiterer Naht unangefochten einen beliebigen Weg zurüclegen kann, allein bei diefem Lichte, welches weder der Wind wegmwehen, noch die Finfternis verdunfeln, noch Nebel oder Negen aus: löjhen können. Mit ausgebreiteten Flügeln glänzen fie ebenfo mit hellem Lichte nad) ihrem Hinterteile zu. Die Ureinwohner bevienten ſich vor Ankunft der Spanier feines anderen Lichtes, weder in den Häufern noch im Freien. Die Spanier aber brauchen Fackel- und Lampenlicht zu ihren häuslichen Gejchäften, weil jener Glanz mit dem Leben des lichtverbreitenden Tieres allmählih ſchwindet. Wenn fie aber des Nachts ins Freie 112 Erjte Ordnung: Käfer; jechzehnte Familie: Schnellfäfer. gehen müſſen oder mit einem eben erft angelandeten Feinde zu Fämpfen haben, durch: juchen fie nur mit Hilfe diefer Käfer den Weg und, indem ein Soldat vier Cocujos trägt, täujchen fie den Feind mannigfach. Denn al3 der edle Thomas Gandijius und der Nitter Robert Dudley, der Sohn des berühmten Nobert, Grafen von Xeicejter, die weſtindiſche Küfte zuerjt betraten und in der Nacht ihrer Ankunft im benachbarten Walde unzählige Lichter, wie von brennenden Fadeln, unerwartet herannahen ſahen: Fehrten fie ichnell zu ihren Schiffen zurüd, in der Meinung, daß die Spanier mit Kanonen und brennenden Yunden unvermutet im Hinterhalte lägen. E3 finden fich dajelbjt mehrere Sn: jeften diefer Gattung, aber weil der Cocujo unter allen den Vorrang hat, übergeht Ovie— dus die übrigen mit Stillichweigen. Die Indier pflegen Geliht und Bruft mit einer aus diefen Tieren bereiteten Salbe einzureiben, damit fie anderen gleihjam als feurige Ber: jonen ericheinen. Wie dies möglich, läßt fih nicht einjehen, da ja mit dem Leben des Käfers auch die Leuchtkraft ſchwindet, e3 jei denn, daß furz nad) dem Tode der Glanz noch andauert, daß er aber nicht lange bejtehen fönne, ift ficher. „Es gibt dort auch noch andere Arten fliegende Tierchen, weldhe bei Nacht leuchten, fie find aber viel größer als unſere heimiſchen und ftrahlen ein weit helleres Licht aus. Sie leuchten nämlich jo hell, daß diejenigen, welche eine Reife unternehmen, dieje Ci- eindelen lebend mit einer gewiſſen Kunft fih an den Köpfen und Beinen jchwebend an— beften; denn jo werden fie aus der Entfernung gejehen, jo jchreden fie die der Sache nicht Kundigen zurüd. Die Weiber bedienen fich Feines anderen Lichtes bei ihren häuslichen Arbeiten zur Nachtzeit.” Abgejehen von der irrigen Anficht, daß die Käfer Fliegen wegfangen, haben fich die Berichte ihrer Hauptjache nach bejtätigt, und es ift auch anzunehmen, daß der in der Havana und wahrjcheinlich auch auf dem Feltlande gebräuchliche Name Cocujo den jehr verbreiteten Pyrophorus noctilucus der neueren bezeichnet. Nah A. von Humboldt und Bonpland lebt jeine Larve an den Wurzeln des Zuderrohres, wo fie bis: weilen bedeutenden Schaden anrichtet, ſcheint jedoch auch, gleich unjeren heimiſchen Arten, nicht auf eine Futterpflanze beſchränkt zu fein. Denn der Käfer ijt vereinzelt durch Handelshölzer mit nach Europa verjchleppt worden. Im Sahre 1766 hat man einen ſolchen, Furcht und Schreden verbreitend, in der Bor: jtadt von St.-Antoine in Paris umberfliegen jehen, und in den jechziger Jahren diefes Jahrhunderts ſah Snellen van Bol: lenhoven einen in Leiden, welcher auf Kampejcheholz gefangen worden war, und dejjen grünes Licht jo hell leuchtete, daß man ohne Mühe gewöhnliche Drudicrift dabei lefen konnte. Vielleicht diejelbe oder auch eine andere der großen Arten, die man auf Portorico Cucubano nennt, fliegt vom März bis Mai häufig in den Straßen der Ortfchaften, fommt in Häuſern und auf Holzpläßen vor, jo daß auch ihre Larve im Holze haufen muß. Die Indianer fangen dieſe Feuer: fliegen, indem fie eine glühende, an einen Faden gebundene Kohle in der Luft ſchwingen, nach der jene fliegen, und treiben in Veracruz Handelsgejchäfte mit ihnen. Man hält die Käfer in eigens für fie angefertigten Käftchen aus feinem Drahte, füttert fie mit Scheibchen von Zuderrohr und — badet fie täglich zweimal, damit fie des Abends ihren Dienft nicht verfagen und durch möglichjt lebhaftes Leuchten bezaubern. Sie mögen ſich längere Zeit am Leben erhalten lafjen, denn neuerdings find einige mit herüber nad) England ge bracht worden. Die Leuchtkraft der Feuerfliegen wird in den verfchiedenen Gegenden zu verjchiedenen Zweden benußt. So ftedt man einige in ausgehöhlte, mit Fleinen Löchern Gocujo (Pyrophorus nocti- lueus). Natürl, Größe. Cocujo. Saatſchnellkäfer. 113 verjehene Flaſchenkürbiſſe, um dadurch natürliche Laternen herzuftellen. Sehr ſinnreich ift die Verwendung zu nennen, weldhe die Damen davon machen, um ihre Neize zu erhöhen. Sie fteden des Abends die Käfer in ein Säckchen von feinem Tüll, deren mehrere in Roſen— form am Kleide befejtigt werden; am jehönften aber joll fich diefer Schmuck ausnehmen, wenn er, mit fünftlihen, aus Kolibrifedern gefertigten Blumen und einzelnen Brillanten verbunden, als Kranz im Haare getragen wird. Der Saatjhnellfäfer (Agriotes segetis), ein ungemein verbreiteter Schmied von ſchlichtem Außeren, hat feiner Larve wegen mehr als andere jeinesgleichen die Aufmerk— ſamkeit auf ſich gelenkt und eine traurige Berühmtheit erlangt. Der Körper it weniger abgeflacht als bei der beiprochenen und jehr vielen anderen Arten, von der aus der Ab: bildung zu erjehenden Form. Die Stirn wird durd) feine Querfurche vom Gejichte getrennt, jondern biegt fih in der Mitte abwärts, beiderjeit3 über den Mund hin einen Rand bil- dend. Die Fühler find fadenförmig, das vorn jiark poljterartig gewölbte und an den Eden gerundete Halsjchild it jo lang wie breit und läuft an den SHintereden in je eine fräftige Spibe ge: vade aus. Auf jeder Flügel: dede zählt man acht Reihen ſchwarzer Punktſtreifen, gleiche und ebene Zwiſchen— räume zwiſchen ſich laſſend, von denen der zweite und vierte (von der Naht ge— rechnet) wenig dunkler als 7 die anderen find. Die ganze Saatjhnelltäfer (Agriotes segetis) und Larve, deren letztes Glied aud) don der Dberjeite des Käfers und Unterſeite. Vergrößert. Larven an den Wurzeln in natürlicher Größe. die Beine erjcheinen durch Behaarung gelblihgrau, auf der Unterjeite dagegen jchimmert die jchwarze Grundfarbe mehr dur. Die Länge beträgt ziemlich 9 mm. Die Überwinterung des Käfers, bevor er ſich fortpflanzt, beweijt der Umftand, daß er im Frühjahr vom großen Wafjer aus feinen winterlihen Schlupfwinfeln herausgejpült und, noch ehe er aus der Erftarrung erwacht, zahlreich angeſchwemmt wird. Er treibt ſich auf Feldern, Wiefen, Wegen, überall umher, und die Paarung erfolgt. Das Weibchen legt jeine Eier entjchieden in der Nähe von Pflanzen an die Erde oder flach unter die— jelbe, und die daraus entjchlüpfte Larve nährt fi von zarten Pflanzenteilen. Sie wächſt ungemein langjam und lebt mehrere Jahre, wahrjcheinlich vier, ehe fie zur Berpuppung veif ift. Shre Form, welche mit den übrigen Schnellfäferlarven übereinjtimmt, ergibt die Abbildung; bei ihr läuft das Endglied in ein ftumpfes Spitzchen aus und hat an jeiner Wurzel jeverfeits zwei ſchwarze, ovale Eindrüde, auf der Unterfeite vor einer Bogenleijte die runde, zum Nachjchieben dienende Afteröffnung. Die jehr feiten, gelben, gedrüdt wal— zigen Leibesringe unterſcheiden fi) kaum voneinander, der erſte und zwölfte übertrifft die übrigen wenig an Länge. Der Kopf ſchärft fih nach vorn zu, ift um die Mundteile dunkler gefärbt, trägt dreigliederige Fühler, Feine Augen, vorn zweizähnige Kinnbaden und jehr verlängerte Kinnladen mit viergliederigen Tajtern und Lappen von dreigliederiger Tafterform. Auf dem jchmal vechtedigen Kinne figt eine nach vorn dreiedige Unterlippe mit zweigliederigen Taftern, ohne Spur von Zunge. Von obenher ſchließt die nicht als Kopfſchild abgeihiedene Stirn in Ermangelung der Oberlippe die Mundöffnung. Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 8 114 Erite Ordnung: Käfer; jechzehnte und fiebzehnte Familie: Schnellfäfer und Weichkäfer. Am 12. September jammelte ih 12 Stüd ſolcher Larven, welche zwiichen den Wurzeln ziemlich verfümmerten Kopfkohles auf einem feuchten Ader jaßen, brachte fie in einen Blumentopf, in welchen Nübjen und Glanz gejäet wurden, um durch deren Wurzeln fie mit Futter zu verjorgen. Als die Pflänzchen ungefähr 2 Zoll hoch gewachjen waren, fingen fie an zu welken, beionders das Gras. In dieſem Zuftande blieb der Topf, welcher bisweilen etwas angefeuchtet wurde, über Winter im Fenfter des geheizten Zimmers ftehen. Im Februar wurden einige Erbjen gelegt, die bis etwa einen Fuß lang wurden, fpärlih und dünn im Wuchſe, wie e8 die Jahreszeit mit fich brachte, plöglich aber fingen fie an zu welfen. Am 6. Juli unterfuchte ich die von zahlreichen Fajerwurzeln durch— feßte Erde und fand darin drei friſch ausgejchlüpfte Käfer unjerer Art, die zarten, na— türlih jehr verdrüdten Puppenhäute ebenfalls, von den neun übrigen Larven aber feine Spur. Die Puppe fieht weiß aus, hat ſchwarze Augen, über denjelben je ein Eleines, braunes Spitzchen und endet in zwei furze Schwänzchen; fie ruht loſe, ohne Geſpinſt, und zwar nur einige Wochen in der Erde. Unser Bild auf S. 110 führt noch 2 Corymbites-Arten vor, welche meift auf blühen dem Buſchwerk leben, namentlich im Gebirge, und deren Männchen fich durd) jtarf ge— kämmte Fühler auszeichnen, jowie den Elater sanguineus mit blutroten Flügeldeden. Die folgende Familie vereinigt unter dem Namen der Weichfäfer (Malacoder- mata) eine große Menge von Arten, welche faſt ausſchließlich durch weiche, mehr leder: artige Körperumbüllung, befonders nach dem Tode fich verbiegende Flügeldeden, über: einftimmen und außerdem noch folgende Merkmale gemein haben: walzige VBorder= und Mittelhüften, quere an den Hinterbeinen, meift Schienen ohne Enddornen, fünfgliederige Füße oder nur viergliederige Vorderfüße, bei manden Männchen ein aus 6—7 freien Gliedern zufammengefegter Hinterleib und jehr verjchieden geformte Fühler, welche in ver Kegel aus 11 Glievern beſtehen, aber auch zehn: oder zwölfgliederig fein können. Die bornige oder häutige Zunge hat feine Seitenzipfel, die beiden Laden des Unterkiefers, deren innere manchmal verfümmert, find blattartig und bewimpert, die Lippentaſter dreiz, die Kiefertafter viergliederig und die Kinnbaden kurz. Bei den meiften treten die Gejchlecht3- unterſchiede deutlich hervor, entweder an den beiden legten Leibesgliedern oder an den Fühlen, den Deckſchilden, den Flügeln oder den VBorderfüßen. Auf Blumen und Sträu- chorn finden fich die meiften der hierher gehörenden Kerfe, zum Teil aber nicht, um dajelbit Süßigkeiten zu juhen, jondern um dem Raube nachzugehen. Wie die volllommenen Käfer in den angegebenen Grenzen mancherlei Unterjchiede darbieten, jo läßt fih auch von ihren Larven im allgemeinen nicht3 weiter jagen, als daß fie ſechs Beine haben und Fleiſch zu frefien jcheinen; wir fommen bei den einzelnen Gruppen auf fie zurüd. Man kennt zur Zeit etwa 2200 Familienglieder. Wie die Weitindier, jo haben auch wir unfere „Feuerfliegen“, die allerdings wejentlich anderer Natur als jene find. Moufet handelt in jeinem 15. Kapitel über die Cieindela und beweiſt aus den zahlreihen Namen, wie auch jehon von alters her der gemeine Mann die leuchtende Eigenfchaft diefer nächtlihen Kerfe gefannt und mancher Forſcher fih um ihr Leben gefünmert hat. Bei den Griehen und Nömern gab es zahlreihe Namen für diejelben, welche alle das Leuchtvermögen und zum Teil auch die Ortlichkeit, von welcher es ausgeht, im Auge haben, wie lampuris, pygolampis, kysolampis, pyrolampis, bostrykos, pyrgolampis 2c. bei jenen, cieindela, nocticula, nitedula, lucio, lucula, Leuchtkäfer. Kleines Sohanniswürmden. 115 luciola, lucernuta, venus ꝛc. bei diefen. Die romaniſchen Bölferftämme haben einen und den anderen diejer Namen beibehalten oder in ihrer Weiſe umgebildet, bei den Stalienern heißt der Käfer luciola, lucio, farfalla, bistola, fuogola, lacervola, luiserola, bei den Spaniern Iyziergana, luciernega. Die Polen nennen ihn zknotnike, chrzazezik, swiecacy; die Ungarn eyeltwudoeklo, bogaratska vilantso; die Franzoſen ver luissant, mouche claire; die Engländer gloworme, shine-worme, glass-worme; die Deutjchen bezeichnen hier mit Zinducgzele, dort mit Liegthmugk und Zindwurmle das Männchen; denn in manchen Gegenden Deutjchlands leuchtet daS geflügelte Männchen „cicindeéla“ nicht, jondern nur das als Graswurm, Gugle, Feuerfäfer bezeichnete Weibchen. In der Gegend von Frankfurt am Main heißt das Inſekt Johannesfäfer oder St. Zohannisfliege. Nach der Aufzählung der Namen, von welchen nur eine Blumenleje gegeben wurde, fährt unjer engliiher Gewährsmann fort: „Die Männchen oder die geflügelten Gicindelen leuchten hier, wie in Basconien (Nordweit- Spanien) nicht, ſondern nur die Weibchen, welche Würmer find; dagegen find in Italien und in der Umgegend von Heidelberg alle Weibchen lichtlog, und die Männchen jcheinen zu leuchten. Die Erforfdung des Grundes überlaffe ich den Philoſophen.“ Hierauf wird das geflügelte Männchen ausführlich bejchrieben und erwähnt, daß es an der Bauchſpitze zwei mondfürmige Flede trage, einen neben dem anderen, von denen bei Nacht der helle Glanz ausgehe, ähnlich ausgebranntem Schwefel, als ob man glühende Kohlen durch die Luft fliegen ſähe. Es erjcheint niemals in England oder leuchtet wenigitens nicht, wenn es dajelbjt vorfommen follte. Sodann wird das flügellofe Weibchen beſchrieben und als ein langjam jchreitendes, raupenähnliches Wefen gejchildert, welches fi von jeinem eignen Kote ernähre und aus dem weißlichen Leibesende (eS find die drei legten Ninge) einen wunderbaren, gewifjermaßen Exrdfternen nachahmenden Glanz ausftrahle, welcher mit einer Laterne und dem Monde hinfichtlich der Helligkeit zu wett: eifern jcheine. Weiter wird nach den Erfahrungen zweier berühmter Männer behauptet, daß die Vereinigung verbundener Pärchen über Nacht bis zum anderen Mittag gedauert habe, daS Männchen jofort, das Weibchen erſt nah 20 Stunden geftorben ſei und viele Gier abgelegt habe. Was Ariftoteles über die Entwidelung erwähnt, bleibt dem Ber- fafjer wegen der nicht zu deutenden Namen unverjtändlich, und er jchließt feine gelehrte Abhandlung mit einem Gedicht des Anton Thylejius, in welchen die fliegende Cieindela bejungen wird. Die Flügellofigkeit der Weibchen und das Vorkommen mehrerer Arten war mithin ſchon in jener Zeit befannt. Bei uns in Deutichland leben deren zwei, die eine hier, die andere dort vorherrjchend. Die Kleinere und allgemeiner verbreitete ift das kleine Johannis— würmcen, der gemeine Leuchtfäfer (Lampyris splendidula). Man erkennt das graubraune Männchen leicht an den beiven glasartigen Fenjterfleden des Halsichildes, die auch zu einem durchjcheinenden Vorderrande verſchmelzen können, das weißgelbe Weibchen an den beiden Läppchen hinter dem Halsjchilde, die wenigftens eine Andeutung von Flügeldeden geben; überdies ragen bei beiden Gejchlechtern die dünnen, fichelförmig ge bogenen Kinnbaden hervor. Die wurmförmige Larve hat ſechs gejpreizte Beine und einen jehr Heinen Kopf, welcher in der Ruhelage nicht fihhtbar ift. Alle Körperringe haben jo ziemlich gleiche Länge, der letzte kann eine Art von Trichter vorftreden, beitehend aus zwei ineinander ftehenden Kreijen Fnorpelartiger Strahlen, welche durch eine gallertartige Haut miteinander verbunden find. Dieje beiven Strahlenkreife find ein» und ausziehbar und bilden ein für die Lebensweile notwendiges Neinigungswerkzeug. Die Larve ernährt fic) nämlich von Schneden und wird dabei durch den von diejen reichlich ausgeichiedenen Schleim und duch anhaftende Erdkrümchen vielfach verunreinigt. Indem fie nun mit dem auf: jaugenden Pinjel am Körper hin und ber taftet, nimmt fie den Schmuß weg. Dieje 8* 116 Erite Drdnung: Käfer; fiebzehnte Familie: MWeichfäfer. Beihäftigung mag zu dem Mifverftändnis Anlaß gegeben haben, daß ſich das mit der Larve verwechſelte Weibchen von feinem eignen Unrat ernähre Noch ſei bemerkt, daß die Kleinere, männliche Larve feift, feitlich gleich breit erfcheint und fich am erſten Thorarringe nach vorn verjehmälert, während die größere weibliche niedergedrüdt, in den Körper: umriſſen mehr elliptifch und vorn mehr gerundet ift. Das große Johanniswürmchen (Lampyris noctiluca) hat im männlichen Sejchlechte vortretende Kinnbaden, feine Feniterflede auf dem Halsjchilde, Kleinere Leucht— flede an der Bauchipite, daher auch geringeres Leuchtvermögen und erreicht eine Länge von Il mm. Dem 15—17,5 mm mejjenden Weibchen fehlen jelbjt die Flügeldedenjtumpfe, jo daß es vollfommene Larvenähnlichfeit annimmt; durch das größere, bejjer entwidelte Halsichild, den minder verborgenen Kopf und wejentlich ftärkeres Leuchtvermögen unter: jcheidet es fich jedod von feiner Zarve. Dieſe Art ſcheint im Weiten Europas (Frankreich) und im Süden Deutjchlands häufiger vorzufommen als inmitten unjeres Baterlandes. 2 6 5 Kleines Johanniswürmchen (Lampyris splendidula), 1) Männchen von der Rüden: und Bauchſeite, 2) Weibchen, 3) Larve. Großes Johanniswürmchen (L. noctiluca), 4) Männden, 5) Weibchen, 6) Larve. Nur 1, 2 und + vergrößert. Feuchte Gründe und andere durd Buſchwerk beſchattete Ortlichfeiten in der Nähe von Waſſer ernähren zahlreiche Landjchneden und find daher auch die wahren Brutftätten der Johanniswürmchen. Hier werden an den warmen Sommerabenden Schaufpiele aufgeführt, welche die Traumgebilde vom Lande der Feen und Elfen weit hinter fih lafjen, Schau: jviele, welche einen jentimentalen Dichter wie Klopftod in feiner „Frühlingsfeier“ fingen lajjen: „ber Du, Frühlingswürmcden, Das grünlichgolden neben mir fpielt, Du lebjt und bijt vielleicht, Ach, nicht unfterblich! — — — Ich lerne dann, Ob eine Seele das goldene Würmchen hatte.” Hunderte von Feuerfünfhen zittern durch die würzige Luft, und wenn dem trunfenen Blicke dieſes verlöfcht, jo taucht ein anderes auf im lautlofen und doch feurigen Tanze. Hier und da unten am feuchten Boden ftrahlt ein zauberhaftes Phosphorlicht, Stengel und Blätter der Gräfer, das Moos und die Steinchen des Untergrundes jcharf beleuch: tend, im jchwächeren, immer ſchwächeren Lichtnebel verjchwimmend und der Dumfelbeit endlich den Sieg einräumend; denn feitgebannt ift es an einer Stelle, welche es troß jeines Glanzes nicht zu erwärmen vermag. Die irrenden Sterne find die Männchen, die fie überftrahlenden Fixſterne im Grafe die Weibchen, das Ganze ein wahrer Fadeltanz Großes Johanniswürmchen. Photinus pyralis. 117 des hochzeitlichen Hymen. Mit Anbruch des Tages ift der Glanz verfchwunden, und das Fünkchen, welches heute leuchtete, ift morgen für immer verlöfcht, wenn auch ihm Hymen die Tadel angezündet hatte; jolange dies nicht geſchah, irrt es allnächtlich von neuem umher. Am Tage hält es fich verborgen im Grafe, ernährt fich auch von ſolchem, wenn ihm ein längeres Leben bejchieden fein ſollte. In den an Glühwürmchen armen Jahren wird jener wunderbare Fadeltanz durch die geringe Zahl der Teilnehmer weſentlich abgeihwächt, außerdem auch, wenn es fich um die Hochzeitsfeier des großen Leuchtkäfers handelt, weil die Männchen ein jchwächeres Licht verbreiten al3 die der gemeinen Art, welche mir, dem früheren Augenzeugen, bei meiner Schilderung vorgeichwebt hat; die Wirkungen des Tanzes bleiben aber ftetS diefelben. Die an die Erde gelegten kugelrunden, gelbgefärbten Eier leuchten gleichfalls einige Zeit und entwideln ſich bald zu den uns beveitS befannt ge: wordenen Larven, welche im erwachſenen Zuftande nach der Überwinterung nur demjenigen zu Geſicht kommen, welcher ſie aufzuſuchen weiß; denn obgleich fie auch jchwach leuchten, verraten ſie ji wegen der Schwäche des nur dem Boden zugefehrten Lichtes durch das: jelbe jo leicht nicht. Einige Wochen vor der Schwärmzeit der Männchen wird die Larve jchwerfälliger und träger, nimmt feine Nahrung mehr zu fi), zulegt reißt ihr an den Ceitenfanten der drei vorderiten Leibesringe das auf dem Rücken bepanzerte Kleid, und aus ihm windet fich die Buppe hervor. Selbjtverjtändlich iſt diejelbe eine andere, je nach: dem ein Männchen over ein Weibchen aus ihr hervorgeht. Die männliche Buppe zeigt die zukünftigen Flügel al3 Läppchen und it in jeder Beziehung wie eine Käferpuppe gebildet, die weibliche ftellt eine Mittelſtufe zwiſchen Larve und dem ihr fehr nahe ftehenden Weib- hen dar, und es würde zu weit führen, wenn die Unterfchiede aller drei Entwicelungs: ftufen hier jcharf hervorgehoben werden jollten, daher möge fie kurz als eine wenig ein: gefrümmte, ruhende Larve bezeichnet werden. Die Licht verbreitenden Werkzeuge bejtehen aus zahlreichen zartwandigen, vielfeitigen Zellen, welche teil3 durchſichtig find, teils eine feinförnige Maſſe enthalten, und aus einem dichten Nege zarter Beräftelungen der Luftröhren. Daß die Leuchtmafje auf Koften des durch die Luftröhren zugeführten Sauerjtoffes verbrenne, dürfte die jeßt allgemein an- genommene Anficht über das Leuchtvermögen fein. Andere Leuchtfäfer, welche über alle Länder der Erde verbreitet find, leben am zahl: reichten im jüdlichen Amerika in den verjchiedeniten Formen, die meijten jedoch in beiden Gejchlechtern geflügelt, und alle ftimmen unter fih und mit den einheimifchen darin überein daß ſich der Kopf unter dem erweiterten und vorn gerundeten Halsſchilde meift ganz ver: ftedt, die Tafter Fräftig, die Fühler der Stirn eingelenkt find, daß die Mittelhüften der zujammengedrüdten Beine jich berühren, und daß am Hinterleibe einige Ninge durch lichte Flecke den Sit des Leuchtvermögens anzeigen. Wie e8 fcheint, ift daS Betragen der Arten mit geflügelten Weibchen im wefentlichen Fein anderes als das unſerer heimijchen. Wenig- jtens berichtet von DOften-Saden über die um Wafhington gemeinfte Art, die Light- ning bug (Photinus pyralis), ungefähr in folgender Weife: Männchen und Weibchen jehen ſich vollkommen ähnlich, nur daß erfteres längere Fühler und ftärferes Leuchtvermögen befitt; e3 glänzen bei ihm nämlich zwei ganze Hinterleibsglieder, während das Weibchen nur einen halbrunden Leuchtflef auf dem drittlegten und zwei Kleine Punkte auf dem vorlegten Bauchringe aufzumeifen hat. Das Leuchten bejteht in einem wahren Blitzen, und der Glanz des in der Hand gehaltenen Käfers ift ein wirklich blendender. Befindet man fich auf einer feuchten Wieje, jo hat man ein dem oben geſchilderten gleiches Schau: jpiel. Gleich nach Sonnenuntergang fteigen Taufende von Käfern jenkrecht auf, fliegen eine Strede jeitwärts, währenddem fie fich wenig ſenken, um dann wieder zu fteigen. Da fie bloß beim Auffteigen bligen, jo fieht man die Menge immer nur fteigen, und zwar 118 Erfte Drdnung: Käfer; fiebzehnte Familie: Weichfäfer. find es nur Männchen, die bei ihrem Fluge den Körper jenfrecht halten, jo daß der Hinter: leib wie eine Laterne herabhängt; von Zeit zu Zeit ſchwebt das eine und andere unbeweglich, wahrjcbeinlih um fih nad einem Weibchen unten im Grafe umzufchauen. Dieje bleiben bier rubig ſitzen und halten ihren Hinterleib nad oben, um ihr Licht leuchten zu lafjen und den Männchen ein Zeichen zu geben. Anfangs ift es noch hell genug, um den Flug der einzelnen Käfer verfolgen zu können. Man fieht dann, wie nach einigen ſchaukelnden Wendungen in der Luft bei Eintritt der Dunkelheit das Männchen jich in einiger Ent: fernung von einem Weibchen niederläßt. Unter fortgejegtem Aufbligen von beiden Seiten fommt man ſich immer näher, bi3 man ſich ſchließlich trifft. Die jpäter im Graje leuch- tenden Punkte find fiher nur vereinigte Pärchen, und die einzelnen zu diejer Zeit noch in der Luft zu beobachtenden Männchen eben nur jolche, welche noch feine Gefährtin ges funden haben. Mancher meiner Leſer hat vielleicht Schon Kenntnis von Zeitungsberichten über „Schnee— würmer” genommen, die mit dem erften Winterregen auf den Schnee gefallen jein jollen. Schon 1672 wurde dieje Erfcheinung am 20. November in Ungarn bemerkt und jorgfältig aufgezeichnet; ein gleiches „Wunder“ ereignete fich, wie Degeer erzählt, im Januar 1749 an verichiedenen Schwedischen Orten, und es wird dabei des Umftandes gedacht, daß man ichon früher ſolche Würmer einzeln mitten auf dem Eife und Schnee eines Sees gefunden habe, jo daß alſo der Wind fie offenbar fortgeführt haben müſſe. Am Ausgang eines jehr ftrengen Winters (11. Februar 1799) erregte jene Erjcheinung im Nheingau, an der Bergftraße, bei Offenbach, Bingen 2c. folches Aufjehen, daß die darauf bezüglichen Aus: jagen von dem Kantonsgerichte in Stromberg von Perjonen zu Protokoll gegeben wurden, welche an jenem Tage das Herabregnen der Inſekten im Freien gejehen haben wollten. Daß der Aberglaube, der immer aus ungewohnten Naturerjcheinungen eine Ankündigung göttliher Strafgerichte herauszulejen gewohnt ift, auch damals die untrüglichſten Vor— bedeutungen von Peitilenz, Hungersnot und allen Schrednifjen eines neuen Krieges in jenen zum Teil übertriebenen Gerüchten erkannte, läßt fi wohl erwarten. Im Februar 1811 wurden diefelben „Würmer“ in Sachjen und am 30. Januar 1856 in der Schweiz beobachtet. Hier, befonders in Mollis (Glarus), trieben fie fih in einer Größe von 13—33 mm auf einer Schneedede eines 25—30,000 Quadratruten haltenden Flächenraumes in jolher Menge umber, daß ungefähr 5—6 Stüd auf die Quadratflafter famen, ja in der Nähe des Waldes 12—15. Einzelne fanden fi) jogar auf den Dächern des Dorfes. In allen angeführten Fällen gab es eine vernünftige Erklärung der an ſich wunderbaren Erjheinung, wenn man fie nur ſuchte. Die Berichte über die beobachteten Nebenumftände ftimmen alle darin überein, daß jene „Würmer“, die wir gleich näher kennen lernen werden, und von denen zunächſt bemerkt fein mag, daß fie unter Steinen, Laub oder an Baummurzeln überwintern, durch die verjchiedeniten VBeranlaffungen in ihrer Ruhe gejtört, aus ihren Schlupfwinteln vertrieben worden waren. Hier gejchah es durch große Näffe infolge anhaltender Negen- güſſe oder durch einige verhältnismäßig warme Tage, dort hatten Holzhauer duch Abholzen eines Nottannen= und Buchenbeftandes den nicht gefrorenen Boden aufgewühlt und ges Iodert. Allemal ward ein jehr heftiger, zum Teil orfanartiger Sturm beobachtet, der diefe Tierchen mit noch manchen anderen ebenjo lebenden und in jenen Berichten teil weile auch namhaft gemachten fortführte, und zwar nad Schneefeldern hin, wo man fie leicht bemerkte. Ganz diejelben Umftände mögen öfter zufammenfommen, aber die weiße Schneedede fehlt, und man beobachtet feinen „Negen von Inſekten“, und doch iſt e3 leicht möglich, daß auf derjelben Fläche diejelben Mafjen von ihnen liegen. Ein anderes Mal treffen wieder alle jene Nebenumftände zufammen, auch die Schneedede fehlt nicht, Gemeiner Weidhfäfer. 119 aber die Inſekten bleiben aus, weil fie in dem Jahre gerade in jo geringer Zahl vor: handen gewejen find, daß das eine und andere, welches der Sturm vor fi) herjagte, unbemerkt bleibt. Das Wunder ift aljo gelöft und der natürlihe Zufammenhang auf: geklärt. Es fragt fih nun, von welden „Würmern“ ſolche natürlihe Dinge erzählt werden. Wir brauden fie uns nicht aus Ungarn, Schweden oder der Schweiz zu verjchreiben, auch bedarf es feines vermeintlichen Inſektenregens, um fie näher kennen zu lernen. Wenden wir nur an einem Naine, Holzrande, Gartenzaune oder ähnlichem Orte einen etwas größeren Stein um, jo finden wir im Winter unter anderen in einer runden Grube, mit etwas Erde bededt, in halbmondförmiger Lage ein jamtjchwarzes Tierchen der Erſtarrung ans bheimgefallen, oder, wenn wir die mildere Witterung nad) demjelben abwarteten, diejes außerhalb des Lagers damit bejchäftigt, unter dem Steine ſich diefen und jenen Eleineren Schlafgenoſſen zur Beute auszulefen; auch begegnet es ung wohl auf dem Wege, um ein eben totgetretenes Käferhen auszujfaugen. Wo wir es auch antreffen mögen, immer er: fennen wir e3 gleich vor den anderen durch den dunfeln, jamtartigen Filz, mit welchen e3 auf der Oberjeite dicht und jo überzogen ift, daß nur die vordere Hälfte des Kopfes frei bleibt. Derjelbe ift platt, hornig, hat zwei Augen, ein Baar furze, dreigliederige Fühler, fein Kopfihild und feine Oberlippe, furze, Eräftige Kinnbaden mit ſtarkem Zahne in der Mitte, dreigliederige Tafter der in einen halbfreisförmigen Ausschnitt eingefügten Kinnladen und zweigliederige der ziemlich großen Unterlippe. Die furzen Beine an den drei erjten Zeibesringen beweifen uns in Verbindung mit den bereitS angegebenen Merk: malen, daß wir e3 mit feinem Wurme, jondern mit einer Käferlarve zu thun haben, welche in ihrer jonjtigen Körpertradt an die ©. 116 abgebildete der Glühwürmchen er: innert. Ende März, Anfang April mochte es fein, als bei dem bejonders häufigen Auf: treten der Larven in jenem Jahre öfter wahrgenommen werden fonnte, wie eine oder die andere einen Regenwurm oder eine Schnafenlarve erfaßt und fich jo feſt in ihren Raub eingebijjen hatte, daß fie fich mit demjelben in die Höhe heben ließ. Sie jaugen ihn zus nächſt aus und verzehren ihn auch wohl jehlieglih ganz. Wenn ich in früheren Zeiten, in welchen mir diefe Zarven noch unbefannt waren, beim Raupenſuchen im Frühlinge einige der weiteren Beobahtung wegen mit den Raupen zufammen eingejchachtelt hatte, jo fonnte ich mit Sicherheit darauf rechnen, faum eine Raupe heil nad) Haufe zu bringen; die meiften waren von den Käferlarven angebiffen, wenn nicht jehon getötet, jo daß fie ſich als nüßliche, im Dienjte des Garten- und Landbauers ftehende Tiere erweijen. Im April oder Mai werden fie ungeſchickt im Kriechen, wälzen fih hin und her, verkürzen fich allmählih und liegen 5—6 Tage an ſolchen Stellen, wo fie ihren Winterjchlaf gehalten hatten, dann ftreifen fie die Haut ab und werden zu einer blaßroten, etwas nach vorn gefrümmten, jchwarzäugigen Puppe. Wenn der Frühling jeinen ganzen Reichtum entfaltet, der Schwarzdorn den Schnee jeiner zarten Blütchen ſchon in alle Winde ausgejtreut und jeinem Bruder, dem Weißdorn, den Preis der Schönheit abgetreten hat, wenn die Schwalben ihre alten Nejter Schon wieder aufgefunden und für die junge Brut wohnlich eingerichtet haben, wenn Taujende von Kerfen ihre winterlihen Schlupfwinfel längſt verlaſſen haben oder andere der zerbrechlichen Puppenhülle entſchlüpft find: dann ftellt fich mit ihnen auch ein jchlanfer, Schwarzer, nicht eben ſchöner Käfer ein und belagert die Blumen, die ihm in reicher Auswahl erjchloijfen ſind, bejonders die Blüten der zahlreichen Sträuder, fliegt, von der Sonne durchwärmt, von einer zur anderen, oder hängt hier und da, wie der Maifäfer, bei feuchter und rauher Witte: rung an den Zweigen, verbifjen ob der ihm unbehaglichen Lage. Der gemeine Weichkäfer, Warzenfäjer (Telephorus fuscus, Abbildung S. 120), denn um diejen handelt \ 120 Erfte Ordnung: Käfer; fiebzehnte und achtzehnte Familie: Weichkäfer und Eleriden. e3 fich bier, ift fein grau behaart, rotgelb find an ihm die Wurzel der elfgliederigen, an der Stirn eingelenkten fadenförmigen Fühler, der Vorderteil des nach unten gerichteten, sum Teil unter dem gerundeten Halsjchilde veritedten Kopfes, diejer legtere mit Ausnahme eines Schwarzen Vorderfledes, und endlich der Umkreis des fiebengliederigen Bauches. Die verhältnismäßig ſchlanken Beine haben jämtlich fünf Fußglieder, deren vorlegtes ſich in zwei Zappen jpaltet. Die äußere Klaue der Hinterfüße hat an der Wurzel ein kleines Zähnen, während es allen anderen fehlt. Auf der Geſamtheit diefer Merkmale beruht der Unterſchied diefer von mehreren hundert anderen, ihr teilweife jehr ähnlichen Arten, die als Gattungs— genofjen (früher auch Cantharis genannt) in allen Weltteilen leben, den fälteren Erdſtrichen und bejonders dem Gebirge eigen find und entjchieden ihre Larven zu den oben beiprochenen „Inſektenregen“ hergegeben haben und ferner hergeben werden. Um ihre Nahrung dort zu finden, juchen die Käfer mit Vor: liebe blühende Pflanzen auf, entneh— men diejelbe aber meift nicht den Blü— ten jelbit, jondern ergreifen andere des Honigs wegen gleichfalls fich dort einfindende Kerfe; auch fißen fie an DBaumftämmen, denen zahlreiche Schild- läuje anhaften, wie in unjerer Abbil- dung. Indes begehren ſie nicht aus: Schließlich Fleifchkoft, jondern genießen auch Pflanzenfäfte, und die genannte, wie eine jehr naheſtehende zweite Art STERNE FAR NER (Telephorus obscurus), hat wie- Gemeiner Weichkäfer (Telephorus fuscus). Ehwad) vergrößert. derholt an jungen Eichentrieben ge⸗ freſſen und deren Spitzen zum Ab— ſterben gebracht. Daß eine lehmgelbe Art, deren mehrere bei uns vorkommen, durch Be— nagen der noch weichen Getreidekörner das „Mutterkorn“ erzeuge, gehört in das Reich der Fabeln, obſchon es allen Ernſtes behauptet worden iſt. Den freien Kopf mit nicht abgeſetztem Schilde und undeutlicher Oberlippe, die nicht zuſammengedrückten Beine, deren Schenkelring an der Innenſeite der Schenkel liegt und deren viertes Fußglied ſich in zwei Lappen teilt, ſowie den ſiebenringeligen Hinterleib hat die eben beſprochene mit noch anderen, vorzugsweiſe in Amerika heimatenden Gattungen gemein, weshalb man dieſe alle zu der Gruppe der Telephoriden vereinigt hat. Von einer Anzahl kleinerer, ausſchließlich auf Blumen und blühenden Gräſern an— zutreffenden Weichkäfern, die wegen anderer Fühleranheftung ſowie wegen des deutlich geſchiedenen Kopfſchildes zu der Gruppe der Melyriden zuſammengefaßt worden ſind, dürfte der große Blaſenkäfer (Malachius aeneus) am meiſten intereſſieren. Er mißt zwar nur 6,5 mm, ift aber der größte heimifche feiner mit zahlreihen Arten auf Europa und die angrenzenden Teile Ajiens und Afrifas bejchränften Gattung. Der dem Warzenkäfer gleich geformte Körper ift glänzend grün von Farbe, am Vorderfopfe goldgelb, an den Vordereden des Halsjchildes und an den Flügeldeden, mit Ausnahme eines breiten, grünen Nahtfledes, jharlahrot. Beim Männden läuft das zweite und dritte Glied der fadenförmigen Fühler nah) unten in einen krummen Hafen aus; dieje fiten zwifchen den Augen tief unten an der Stirn, von welcher das vieredige Kopffchild deutlich geſchieden it. Der genannte Blaſenkäfer befigt wie alle anderen Arten die Fähigkeit, aus den Körper: jeiten rote Wüljte auszuftülpen, wenn er angefaßt oder ſonſtwie gereizt wird. Der überall Großer Blafenfäfer. Ameifenartiger Buntkäfer. Immenkäfer. 121 im Frühjahr gemeine Käfer gewinnt durch die Verfolgungen der Larven des Rapsglanz fäfers für den Landwirt einen gewiljen Wert. Die Larven der ganzen Gattung haben mehr als ein Punktauge auf jeder Seite, ſechs Füße und endigen in zwei fleiſchige Spischen. Ste nähren fih ausschließlich vom Raube, halten fih hinter Baumrinde, in alten Strohdächern und anderwärt, mehr im Berborgenen, als frei auf der Oberfläche der Pflanzen auf. Der ameijenartige Buntfäjfer (Clerus formicarius) vergegenwärtigt Die Körpertracht der aus reichlih 600 meiſt ausländiichen Gliedern beitehenden Familie der Gleridven (Cleridae); fie finden fich faft alle an altem Holzwerfe und leben gleich ihren Larven vom Raube. Der genannte Buntkäfer zeigt fich häufig in Nadelwäldern, beſonders an abgejchlagenen oder reichlich zerbohrten noch) ftehenden Stämmen. Hier läuft er emjig, wie eine Ameife, auf und ab und ftellt vorzugsweiie den Borkenfäfern nad. Hat er einen erwilcht, fo hält er ihn mit den vorderen Füßen feit und verſpeiſt ihn. Halsſchild und Wurzel der Flügeldeden bis zur vorderen der beiden weißen Querbinden ſowie die Unterfeite find bei dem fonft Schwarzen Käfer rot gefärbt. Die nahe an 100, jämtlich bunten und auf der ganzen Erde verbreiteten Arten haben als gemeinfame = Z Vierkmale eine zweilappige Zunge, ein großes, Ameiſenartiger Buntkäfer (Clerus formicarius), quer beilförmiges Endglied der Lippentaſter, Larve mit Puppe. Alles vergrößert. ausgerandete Dberlippe und Augen und ſchwach feulenförmige Fühler; das jehr kurze erite Fußglied wird vom zweiten derartig bededt, daß nur ihrer vier vorhanden zu fein ſcheinen. An der rojenroten Larve find das Halsſchild auf dem Rüden vollftändig, die beiden folgenden Ninge nur fledenartig mit Chitin befleidet. Der Kopf trägt jederjeits in zwei Keihen fünf Augen, unter einem Vorjprunge über der Kinnbadenwurzel zweigliederige Fühler, ein ſchmales, pergamentartiges Kopfihild, eine vorgeftredte, vorn gebuchtete Ober: lippe, kurze, dreigliederige Kiefertafter und zweigliederige Lippentafter. Dieje Larve erwirbt fich noch mehr Verdienfte um den Forft als der Käfer, indem fie hinter der Baumrinde den Larven des verichiedenen Ungeziefers eifrig nachitellt. Kräftiger, jonft aber von demfelben allgemeinen Baue, gejtalten fi) die Immen— fäfer (Trichodes), meift ftarf behaarte, dunfelblaue oder grünſchimmernde Kerfe mit roten, blaugebänderten oder umgekehrt mit blauen, rotgebänderten Flügeldeden. Ihr Unterkiefer ift aus zwei gefranften Lappen und fadenförmigen langen Taftern zuſammen— gejeßt, das Endglied der noch längeren Lippentafter dreiedig, ebenſo die plattgedrücte, aus den drei legten Gliedern gebildete Fühlerfeule und der Ausjchnitt der Augen. Das cylindriſche Halsſchild verengert ſich nach hinten, die Flügeldeden haben genau die Gejtalt wie bei den Buntfäfern. Auch hier verkürzt fi) an den Fräftigen Beinen das erite Fuß— lied, wogegen das zweite der Hinterbeine eine lange Walze daritellt. Das Viertelhundert befannter Arten heimatet fait ausſchließlich in der nördlichen Halbfugel; fie ftellen ſich auf Blumen ein, befonders auf den Dolden und Spirftauden, um Jagd auf andere Inſekten zu maden. 122 Erſte Ordnung: Käfer; achtzehnte und neunzehnte Familie: Cleriden und Holzbohrer. Der gemeine Jmmenfäfer (Trichodes apiarius), von durchjchnittlic 12 mm Länge, ift glänzend jchwarzblau, dicht punftiert und rauhhaarig; die grob punktierten Flügeldeden erweitern ſich Schwach nach hinten und ſind mit Ausſchluß der Spite und zweier Querbinden, deren vordere ſich in Flede auflöjen, in jeltenen Fällen ganz fehlen kann, hochrot gefärbt. Man findet ibn vom Mai bis Juli an den angegebenen Stellen in Deutjch- land nirgends jelten. Die Larve gleicht der des Buntfäfers ungemein, it nur etwas gedrungener, nad) hinten wenig dicker und hält ſich vom Juli Dis zum April des nächſten Jahres in den Gängen der Holzweipenlarven (Sirex) auf, denen ſie nachgeht, in den Nejtern verschiedener wilder Bienen (Osmia, Megachile), aber auch in denen der Honigbiene, wo jie Zarven, Puppen und herabgeworfene, halbtote Bienen ver: zehrt. Sie findet fich hier vorzugsweije auf dem Boden umreinlich gehaltener, ſchwacher Stöde und verbirgt fih in Spalten. Hat fie fi aber erjt in eine Bruttafel eingeniftet, jo arbeitet fie im Snneren Gänge und verzehrt natürlich gejunde Brut; nur dann, wenn es ſolche nicht mehr gibt, Friecht fie heraus und überwintert in Fugen und Riten. Im April fängt fie wieder an zu freien, ſetzt dies bis tief in den Mai fort, dann aber geht jte in die Erde, fertigt eine Höhlung und wird in 3—4 Tagen zu einer derjenigen der vorigen Art jehr ähnlihen Buppe. Nah A—5 Wochen kommt der Käfer aus derjelben hervor. Manche Larven jcheinen fih ſchon im erjten Jahre zu verpuppen und in diejem Zuftande zu überwintern; jolche liefern bereits im nächjten Mai den Immenkäfer. Gemeiner${mmenfäfer(Trichodes apiarius). VBergrößert. Der Dieb oder Kräuterdieb (Ptinus fur, ©. 76) gejellt fich zu den unangenehmen Hausgenofjen, deren ſchon einige, wie der Pelzkäfer, der Spedfäfer und ſolches Gelichter, zur Sprache kamen, bei denen er fi) auch abgebildet findet, lebt ebenjo wie fie verborgen in Winkeln, und friecht meift nur bei Nacht lebhaft nad) Beute an den Wänden in die Höhe. Seine graulichweiße, nur 4,5 mm mefjende Larve hat einen augenlojen, braunen Kopf mit jehr kurzen Fühlern, Fräftige Freßzangen, ſechs Beine und einen behaarten Körper, den ſie einfrümmt, als Anzeichen, daß freies Umherkriechen zu ihren Liebhabereien nicht gehört. Herbarien und Injektenfammlungen find ihre liebften Aufenthaltsorte, und bejonders in erjteren richtet fie in Furzer Zeit den größten Schaden an; denn fie niftet in den großen Blütenföpfen der Kompofiten, durchlöchert beim Suchen nach einem ihr zufagenden Weide— plage dide Papierlagen in den Pflanzenmappen und gleichzeitig alle Stengel, Blätter, Blüten, welche ihre Straßen verjperren. In Niederlagen, Borratsfammern, Schwalben- und Wejpenneftern, kurz, überall da, wo genießbare Gegenftände irgend welcher Art vor: handen ſind, findet unjere Zarve, welche faſt 2 Fahre leben ſoll, ausfümmliche Nahrung. Im Auguſt umfpinnt fie ihr legtes Lager mit den Abnagjeln ihrer Umgebung, wird zur Puppe und jhon in 14 Tagen zu einem faum 3,5; mm langen, unjcheinbaren Käfer, dejjen Aus: jehen fich je nach den Gefchlechtern ändert. Das Weibchen hat eifürmige, vorn und hinten duch Behaarung weißfledige Flügeldeden, das Männchen fat walzige und un: gefleckte, tiefe Punttjtreifen auf dieſen; ein faft fugeliges, hinten jedoch eingefchnürtes Hals: ſchild mit vier, von Haarbüjcheln gebildeten Hödern auf feiner Scheibe, Feulenfürmige, faſt geftielte Schenfel und rojtbraune Körperfarbe haben beide Gejchlechter miteinander gemein und unterjcheiden fie von anderen Arten. Die Gattung Ptinus (Bohrfäfer) wird erkannt an dem eingezogenen Kopfe, den genäherten, fadenförmigen Fühlern, den runden, Gemeiner Jmmenfäfer. Dieb. Mefjinggelber Bohrkäfer. Klopffäfer. 195 vortretenden Augen, dem lang jpindelfürmigen Endgliede der Tafter, am hinten verengerten Halsihilde, an den walzigen, wenig heraustretenden vorderen und den nad innen nicht merklich erweiterten hinterjten Hüften. Hin und wieder zeigen fich in den menschlichen Behaufungen nod andere Arten ders jelben oder einer ungemein nahejtehenden Gattung, jo hat namentlich jeit geraumer Zeit der duch den Handel in Deutſchland eingeführte mejfinggelbe Bohrfäfer (Ptinus hololeucus) einiges Aufjehen erregt. Der gedrungene, im Halsſchilde kugelrunde, in den Flügeldeden breit eiförmige, artige Käfer fällt durch das mejjinggelbe, dicht anliegende und jeidenartige Haarkleid, jofern es nicht, fleckenweiſe abgerieben, die ſchwarze Grund- farbe durhbliden läßt, jofort in die Augen. Wegen de3 gedrungenen Baues und weil die Oberlippe ausgerandet, der Zahn in der Kinnmitte ftumpf it, während jene ganz- randig, diejer jpig bei Ptinus ift, hat man unjeren Käfer einer bejonderen Gattung Niptus zugewiejen. Vor einer Reihe von Jahren gelangte er aus England in die Sammlungen der Deutſchen. Neuerdings hat er fih nun lebend in Hamburg, Zwidau, Nobwein in einzelnen Häujern gefunden, ift mir Ende April 1873 lebend zugejchidt worden, mit dem Bemerfen, daß er troß feiner ftellenweife in Quedlinburger Niederlagsräumen beobachteten ungeheuern Vermehrung jetzt wieder jeltener zu werden beginne, und begegnete mir jchlieglih in den eignen Wohnräumen, in die er durch Verpadung von Glaswaren einge: jchleppt jein dürfte. Der Käfer ftammt ohne Zweifel aus dem fernen Often; denn Falderman bat ihn zuerſt in feiner transkaukaſiſchen Fauna benannt und bejchrieben. Im Freien hat er fih in Deutjchland ‚bisher ficher noch nicht fortgepflanzt. Die Klopf- oder Werkfholzfäfer (Anobium) bohren als Larven in abgeftorbenem Holze, vorzugsweile in dem der Nadelbäume oder Bappeln, Linden, Birken, Ellern und anderen durch Weichheit ausgezeichneten Laubhölzern, und können daher an Orten, wo jte ungeftört find, wie in Kirchen, unbewohnten Schlöffern, an Bildfäulen, wertvollen Schniße: reien, an alten Erbitüden von Möbeln in unjeren Wohnzimmern jehr beträchtlihen Schaden anrichten. Gekrümmt an dem faltigen Körper wie die vorige und mit jech$ Kleinen Beinchen verjehen, arbeiten fie Gänge im Holze, zunächſt unter Schonung der Oberfläche, und laſſen des Abends, wenn alles ruhig it, ihr Schrapen hören, indem fie in einem alten Schrante, einem Tiſch- oder Stuhlbeine ihrem Zeritörungswerfe nachgehen und nach und nach deren Inneres in unzujammenhängende Broden und Staub umwandeln. Im Mai oder jpäter, je nad) der Art, pflegen fie erwachjen zu jein. Dann nagen fie fich ein etwas geräumigeres Lager und werden zu Buppen, dieje in einigen Wochen zu Käfern, welche nun das Wert der Zarve fortjegen und durch ein freisrundes Flugloch das Freie juchen. Mehrere folder Löcher, welche den jpäteren Larven auch dienen, um das Bohrmehl auszuftoßgen, verraten mit der Zeit die Anwejenheit des „Wurmes“ in irgend einem Holzgeräte, in Balken oder in den Feniterbefleidungen des alten Gebäudes. Sit es aber erjt dahin gefommen, jo läßt jich zur Erhaltung der angegriffenen Gegenftände wenig oder nichts mehr thun. Im Juni fällt für gewöhnlich die Flugzeit der Käfer, und jegt findet man fie da, wo jie einmal haufen, in Paarung, das kleinere Männchen auf dem größeren Weibchen fißend. Der Fapuzenförmige, budelige Vorderrücken, der jeitlich jcharf gefantet und daher mit den Weichen nicht verſchmolzen tft, ein kleiner, nach unten gerichteter, zum größten Teil darin ver: jtedter Kopf, eine jchmale, loſe Fühlerfeule, welche jo lang oder länger ijt als die ihr vorangehenden fädlichen Geißelglieder, objchon fie nur davon drei umfaßt, und ein walziger Körper lafjen fie au vom unbewaffneten Auge erkennen. Die Beine haben alle fünf ungeteilte Fußglieder und können wie die Fühler an den Körper angedrücdt werden; denn auch dieje Käfer ftellen ſich tot und lafjen in ſolcher Lage alles über fich ergehen, weshalb 124 Erſte Ordnung: Käfer; neunzehnte Familie: Holzbohrer. man der einen Art den Namen „Troßkopf“ beigelegt hat. Man kennt etwa 60 Arten, deren Hälfte in Europa heimatet. Der bunte Klopffäfer (Anobium tessellatum) ijt der größte von allen und hier im Bilde vorgeführt. Dur die unterwärts nicht ausgehöhlten Seiten des Hals: ſchildes und eine feine, über den ganzen Körper mit Einſchluß der Flügeldeden ausgebrei- tete Punktierung unterfcheidet er fich von allen anderen; außerdem zeichnen ihn dreiecige Fußglieder und die Oberjeite des braunen Körpers eine Sprentelung von graugelben Haaren aus. — Der Troßfopf, die Totenuhr (Anobium pertinax), it ſchwarz oder pechbraun, merklich Kleiner, hat den Seitenrand und die Eden des Halsichildes ab- gerumdet, eine rautenförmige Vertiefung an der Wurzel des legteren, beiderjeit3 davon ein gelbes Haarfleckchen und, wie die folgenden, tiefe Punktſtreifen auf den Flügeldeden. — Der geitreifte Werkholzfäfer (Anobium striatum) ift fajt um die Hälfte kleiner als der vorige, heller oder dunkler pehbraun, fein und furz behaart, an den Flügelveden Hinten gerundet, nicht abgeſtutzt. Der Nand des Halsichildes biegt fich in der Gegend der Schultern winfelig auf, hat aber feine Einferbung. — Der Brotfäfer (Anobium paniceum), um noch eine vierte, oft in uns geheurer Menge vorkommende Art von den SKörperverhältnifjen ver Bunter Mlopftäfer vorigen zu nennen, hat ein durchaus gleichmäßig flach gewölbtes, vorn ne etwas verengertes Halsjchild und eine feine, ziemlich dichte Behaarung auf dem ganzen rötlihbraunen und walzenförmigen Körper. Dieje Art lebt nicht bloß, wie ihr Name andeutet, in altem, knochenhart gewordenem Brote, Jondern über- haupt in mehl- und zuderhaltigen Pflanzenftoffen, in Sämereien, in Gemeinſchaft mit dem Diebe in Herbarien, durchlöchert das Papier, welches jchlecht ſchließenden Fenjtern nach— helfen ſoll und dur Stärkekleifter aufgeklebt worden ift, bewohnt den Schiffszwiebad und richtet jo in der verjchiedenften Weife Schaden an. An ſolche Gegenjtände legt das Weib- hen feine zahlreichen Eier ab, die ihnen folgenden Larven bohren ſich ein und verwandeln mit Beihilfe der Käfer den betreffenden Körper in Broden und Staub, wenn fie in ihrer Thätigkeit nicht gejtört werden. Alle diefe Käfer verurfahen zuzeiten ein Elopfendes, durch feine Regelmäßigkeit an das Tiden einer Tafchenuhr erinnerndes Geräufch. Hörte man es abends und nachts in einem ftillen Kranfenzimmer — einem Orte, der fi) vor allen anderen zu dergleichen Wahrnehmungen eignet —, jo mußte e3 dem alten Aberglauben zufolge die legten Lebens— ftunden des ſchwer Daniederliegenden verfündigen, daher „Totenuhr”. Als man nad) einer natürlichen und vernünftigen Erklärung diejer Erſcheinung Juchte, glaubte man fie in dem rhythmiſchen Nagen jener Larven und der Käfer gefunden zu haben. Diejes ift aller- dings ein jehr gleihmäßiges, ahmt aber nichts weniger als den Ton einer Uhr nad. Viel: mehr bringen die Käfer diefes Geräusch jelbft und zwar in folgender Weiſe hervor: Border: beine nebſt Fühler angezogen, den Körper hauptfächlich auf die Mittelbeine geftügt, ſchnellt der Käfer jenen vor und ſchlägt mit Stirn und Vorderrand des Halsſchildes gegen das Holz. Beder in Hilchenbach teilt hierüber jeine Beobachtungen mit, wie folgt: „Unter vielen Fällen, in denen ich das Klopfen belaufchte, ift mir nur ein einziger befannt, wo diejes der Käfer außerhalb feines Ganges im Holze verrichtet. ES war am 1. Mai 1863, als ih in einem Zimmer meiner Wohnung, wo aufgehobene alte Dielen aufgejtellt waren, dieſes gegen Abend hörte. Das vorjichtige Umdrehen der Dielenftüce führte mir zwei noch nicht lange ausgejchlüpfte Käfer von Anobium tessellatum zu, ich brachte jie unter eine Glas— glode auf einem Tiſche und fand fie zu meiner Überrafhung nad) einer Stunde in der engiten Verbindung. Als dieje einige Zeit gewährt und beide etwa 3 Zoll voneinander Bunter Klopfkäfer. Trotzkopf. Geftreifter Werkholzkäfer. Brotfäfer. 125 gelaufen waren, begann das Weibchen jein Loden durch Klopfen; das Männchen ftredte die Fühler wie zum Lauſchen geradeaus und antwortete nach dem zweiten Rufe dem Weibchen mit demjelben Zeichen; fo wurde unter Näher- und Näherrüden diefes Liebes: duett mit Erfolg fortgeſetzt. Das abwechſelnde Klopfen und Begatten dauerte in größeren und Eleineren Zwijchenräumen bis zum anderen Nachmittag fort. Nach diejer Zeit jagen beide Käfer ruhig und voneinander entfernt. Am anderen Morgen verriet das Männchen an allen jeinen Bewegungen eine bedeutende Schwäche, konnte nicht mehr ordentlich gehen und verendete den folgenden Tag.” Im nächſten Jahre fand der Berichteritatter jeine Wahr: nehmungen von neuem beitätigt und erzählt dann weiter von einem Pärchen, welches er am 1. April des abermals nächſten Jahres aus altem Holze erzogen und jedes einzeln in gut verichloffene, leere Zündholzbüchschen gebracht hatte: „Am 8. April”, heißt es, „hörte ich den einen in der Abenddämmerung Elopfen, worauf der andere bald antwortete. Das Männden war zu meinem großen Leidweſen in der Nacht gejtorben, das Weibchen machte mir aber um jo größere Freude; denn als ich mit einer Stridnadel durch Stoßen auf den Tiſch, auf welchem das Büchschen mit ihm ftand, deſſen Klopfen nadhzuahmen verjuchte, antwortete es mir mit demjelben Zeichen und zwar an jpäteren warmen Tagen zu jeder Zeit und mit einer ſolchen Hite, daß ſich leicht deren Urſache, Liebesjehniucht, verriet. Am 2. Mai antwortete mir der Käfer zum leßtenmal; bis zum 15. Mai lebte derfelbe noch, ohne in 6 Wochen mir befannte Nahrung zu fich genommen zu haben.“ Auch ich hatte Gelegenheit, diejelbe Art, wenn auch unvollfommener als Beder, beim Klopfen zu be- laujchen. Es war am 15. und 16. April 1872 in den Nachmittagsitunden, als ich in meinem, nac) einer belebten Straße jehenden Zimmer, am Arbeitstijche figend, auf lautes Klopfen aufmerffam wurde. Am erjten Tage war es bald verklungen und ich ging ihm daher nicht weiter nad), al3 es am folgenden aber wieder und anhaltender hörbar wurde, spürte ich dem Urheber nach) und fand endlich oben zwijchen den Fenftern hinter etwas losgeſprungener Tapete an diejer einen bunten Klopffäfer figen, welcher durch Stoßen an das jteife und federnde Bapier ein bejonders lautes Geräujch hervorgebracht hatte. Das Klopfen, welches ji) vom Juni bis zum August an warmen Tagen oder Nächten verneh: men läßt, rührt von dem fi jpäter entwidelnden Troßfopfe her. Die „Totenuhr” der Schwachköpfe hat fi) jomit nach den Beckerſchen Beobachtungen unzweifelhaft in eine „zebensuhr” umgewandelt. Um neues Leben zu erzeugen, Elopfen jich die Werkholzkäfer zulammen, wie jtch die allerdings mehr poetiſchen Lampyriden zufammen leuchten! Man findet alle diefe Käfer auch im Freien, wo e3 ja nirgends an altem Holze fehlt, aber auch noch viele andere, jehr ähnliche, bedeutend Eleinere, Höchitens 3,37 mm lange, der Gattung Cis angehörige, welche oft zu Hunderten bei einander in holzigen Baumſchwämmen wohnen und darin ebenjo bohren wie die befprochenen im Holze. Lacordaire weilt fie mit noch mehreren anderen Gattungen einer bejonderen Familie zu, während wir es vor- zogen, ſie mit den vorigen zu der Familie der Holzbohrer (Xylophagi oder Ptiniores) zu vereinigen, indem jte ein horniges Kinn, eine Zunge von häutiger oder lederartiger Beſchaffenheit, zwei blattartige und gewimperte Laden, meiſt elfglieverige, vor den Augen eingelenfte Fühler, walzige oder fugelige Hüften der vier vorderen Beine, meijt fünf: gliederige Füße, einen aus fünf (jelten fieben) Bauchringen zuſammengeſetzten Hinterleib und einen walzigen Körper miteinander gemein haben. Mit der Familie der Shwarzfäjer oder Tenebrioniden (Melasomata, Tene- brionidae) beginnt die Reihe der verjchiedenzehigen Käfer (Heteromera). So 126 Erſte Ordnung: Käfer; zwanzigfte Familie: Schwarzfäfer. mannigfaltig auch die Tracht der zahlreihen Sippen ausfällt, in welche man die mehr denn 4500 Arten gruppiert hat, legen fie doch in anderen Beziehungen, als in der jchwarzen Färbung und in der Fußbildung, jo viele Übereinftimmung an den Tag, daß fie ein großes, abgejchlofjenes Ganze bilden. In Anjehung der Mundteile bewehrt ein Mahlzahn die furzen und kräftigen Kinnbaden am Grunde und ift von den beiden Lappen des Unter: fiefers der innere Kleinere oft mit Hornhafen verjehen. Die Augen find breiter als lang, meiſt flach und vorn ausgerandet, die feitlich vor den Augen, unter dem vorjpringenden Wangenrande eingefügten Fühler meift aus elf Gliedern zuſammengeſetzt und ſchnurförmig von Anjehen. Die Hüften liegen ftetS voneinander entfernt, die vorderen, Fugeligen in geſchloſſenen Pfannen, die Klauen der Füße find einfach. Am Bauche unterjcheidet man ftet3 deutlich fünf freie Ninge. Da diefen Schwarzröden, der Flügel meiſt bar, die Deden jogar oft an der Naht zufammengewachfen find, jo fehlt ihnen nicht nur der Trieb, ſondern überhaupt das Vermögen, den Flug nad oben zu nehmen, fie meiden daher das Licht, fühlen fih an dem dumpfigen Boden, unter Steinen, hinter faulenden Wurzeln und Ninden- jtüden, in den Schmutzwinkeln der Häufer am wohliten und nehmen von ihrer unflätigen Umgebung auch einen widerlichen Geruch an, find jomit in jeder Hinficht höchſt unliebens- würdige Finfterlinge. Neben dem großen Heere der düfter gefärbten, trägen und lichtſcheuen Arten, welche in Afrifa mit Einſchluß der Mittelmeerländer ihren Hauptſitz haben und nur in einzelnen Vertretern auch anderweitig vorkommen, finden fich lichtere, metalliſch glän- zende, geflügelte und beweglihere Arten, welche an Baumſtämmen umbertriechen oder fich noch höher erheben und dadurch ihre Verwandtichaft zu anderen verjchiedenzehigen Fa: milien befunden. Sn den wenig befannten Larven zeigen die Schwarzkäfer große Übereinftimmung: einen langgeftredten, wurmförmigen, etwas niedergedrüdten Körper, der in eine Spitze oder in zwei Anhängfel ausläuft und durchaus hart bepanzert ift, ſechs fünfgliederige Beine, viergliederige Fühler, eine Lade im Unterkiefer und Feine, zwei oder fünf Augen auf jeder Seite des Kopfes. Unter Verleugnung einer Neihe von gedrungenen und gejtredten, nur im füdlichen Europa gedeihender Formen jei zunächit des in ganz Europa lebenden, am liebjten in Kellern und ähnlichen dunfeln Winkeln der Häufer ſich aufhaltenden Finfterlinges gedacht, welcher weniger im Munde des Volkes, als in der Schriftſprache unter dem Namen des gemeinen Trauerfäfers oder Totenfäfers (Blaps mortisaga) befannt iſt. Auch toufet erwähnt ihn neben den Schaben und meint, er würde gewiß unbekannt geblieben jein, wenn ihn (Blatta foetida) Plinius nicht al$ den Spitzſteiß näher bezeichnet hätte, da er ohne diefe Eigenfhaft mit anderen, namentlich pillendrehenden Käfern leicht ver: wechjelt werden könne. Obgleich jein Körper jo gebildet jei, dab man ſchwören möchte, er habe Flügel, jo jei doch nicht einmal das Männchen bei dieſer Gattung geflügelt, wie Plinius gefajelt habe. Dann fährt Moufet fort: „Er lebt in Kellern und ift Oaftfreund der Miftgruben, Eriecht in der Nacht in trägem Marſche hervor, Fehrt aber beim Leifeiten Anzeichen von Licht oder der menschlichen Stimme in die Finfternis zurüd; in Wahrheit ein ſchamhaftes und im höchſten Grade lichticheues Tier, nicht wegen Blödſichtigkeit, ſondern im Bewußtfein feines ſchlechten Geruches und feiner Übelthaten; denn er liebt ſchmutzige Gaftmähler, durchbricht Fremde Mauern und beleidigt durch feinen häßlichen Geruch nicht nur die Naheftehenden, fondern die ganze Nachbarſchaft. Er lebt einſam und finden ji) faum zwei bei einander. Ob er aus der Schmußmafje entjtehe oder durch gegenfeitige Vereinigung eines Männchen und Weibchens, wiljen wir nicht.“ Der legte Zweifel ift längſt gelöft und die Larve des Käfers von mehreren Landsleuten Moufet3 jpäter ab- gebildet worden. Sie ift der des Mehlkäfers jehr ähnlich und von der Bildung, welche wir Gemeiner Trauerfäfer. Feiftkfäfer. 127 an der hier gegebenen erkennen. Im übrigen übertreibt Moufet die unangenehmen Eigen: ſchaften und die Lichtjcheu des Tieres, indem dasjelbe nicht unangenehmer riecht al3 andere Familiengenofjen und hundert andere in ähnlicher Weile lebender Käfer. Alle Blapje haben die vorliegende Körperform, zuſammengewachſene Flügelveden, eine fihtbare Oberlippe, ein beilförmiges Endglied der Kiefertafter, an den Hüften der Mittel- und Hinterbeine einen fleinen Anhang, zwei Enddornen an den Vorderichienen und kurz bewimperte, faum zus fammengedrüdte Füße, welche ſtets viel Fürzer al3 ihre Schienen find. Bei unjerer Art ift die ausgezogene Flügeldedenjpise in beiden Gejchlehtern gleich lang und das Männ— chen vor dem Weibchen durch ein Büchel gelben Filzes mitten am Hinterrande des erjten Bauchringes ausgezeichnet. Ungeachtet des nicht eben ſchmeichelhaften Laufpaſſes, welcher der ganzen Geſellſchaft der Schwarzfäfer oben ausgeftellt worden, ijt doch eine Art, im Syſtem unferem Trauerfäfer nahe ftehend, aber Fräftiger, in der Körperform jchlanfer und überall gleich breit, durch den Aberglauben zu unver: dienten Ehren gelangt. Zwi— jchen dem Gemäuer uralter Ruinen im Yucatan findet ſich der Zopherus Bremei in der Sprache der Käfer: fundigen, welcher, an ein Ketthen gelegt, als Abwehr gegen böje Geilter, vor der Bruft von dortigen Frauens- leuten getragen wird und jo ohne Nahrung zwei Jahre Gemeiner Trauerkäfer (Blaps mortisaga) nebſt Larve. Natürliche Größe. lang ſein Daſein friſten ſoll. Ich habe Gelegenheit gehabt, einen derartigen Talisman lebend hier in Halle zu ſehen. Sein Halsſchild, die linke und rechte Flügeldecke waren mit verſchiedenfarbigem, ſamt— ähnlichem Stoffe (dunkel, rot, lichtgrünlich in der angegebenen Gliederfolge) ſo ſorgfältig überklebt, als hätte es die Natur gethan, um den Leib war ein zarter Reif aus Gold— blech gelegt und hieran ein feines Kettchen aus Gold befeftigt. Ein zweites lebendes Stüd war nicht verunftaltet, glänzend ſchwarz, auf der Oberjeite mit dichten, ſchmutzig weißen Schuppen überzogen, welche inmitten des Halsſchildes und auf den Flügeldeden einige Warzen in der Grundfarbe durhbliden laſſen. Bon den Feiftfäfern (Pimelia) fommen 40 im ſüdlichen Europa, mehr nod im nördlien Afrika ſamt Vorderafien vor. Sie führen, wie die hier wiedergegebenen Körperverhältnifje lehren, den Namen mit Recht; denn alle Teile an ihnen find ge drungen und maſſig, das Endglied der Tafter ftark geftußt, die gebuchtete Oberlippe vor- ſpringend, das dritte Glied der ſonſt kurzen Fühler auffallend lang, die Vorderſchiene drei- edig erweitert, die übrigen zujammengedrüdt und vierfantig. Die Pimelia distincta aus Spanien zeichnet fih aus durch ein glänzend glattes, an den Seiten erhaben punk— tiertes Halsſchild und matte, runzelig punftierte Flügeldeden, deren jede in gleichen Ab- ftänden von vier glänzenden Längsrippen außer den ebenfo gebildeten Nahtleijten durch— zogen wird. Nur an der Oberflächenbejchaffenheit und an den geringen Abweichungen in den Körperumrifjen find die ähnlichen Arten oft nicht leicht voneinander zu unter Icheiden. 128 Erſte Oron.: Käfer; zwanzigfte u. einundzwanzigfte Familie: Schwarzfäfer und Fächerträger. Die Feiſtkäfer kommen vorherrſchend an den Meeresküſten vor, wo ſie ſich unter Steinen, in leeren Schneckenhäuſern, zwiſchen dem ausgeworfenen und aufgehäuften See— tang verſteckt halten und an verweſenden Stoffen aller Art nie Mangel leiden. Weil niemand eine beſondere Neigung für ſie empfindet, ſo iſt unſeres Wiſſens nach ihre Ent— wickelungsgeſchichte bisher ebenſo unbeachtet geblieben, wie die vieler anderer ihrer Ge— ſinnungs- und Familiengenoſſen. Schließlich ſei noch einer Art gedacht, die einzige vielleicht, mit welcher wir nach mehr als einer Seite hin zu Hauſe Bekanntſchaft machen können, ohne dadurch unangenehm berührt zu werden. Ich meine den Mehlkäfer, Müller (Tenebrio molitor). Der wiſſenſchaftliche Gattungsname ift auf die ganze Familie übertragen worden, nicht als ob der Käfer diefelbe am beiten vergegenwärtigte, jondern ficher nur darum, weil man jeine verbreitetfte Bekanntſchaft vorausgefegt hat. Die deutjchen Benennungen deuten auf jeinen Aufenthalt und feine Geburtsitätte, denen zu= 1 2 folge wir uns nicht wundern dürfen, vorübergehend x eine feiner braunen Flügeldeden oder Überreite jeines n mageren Körpers, vielleicht auch jeine Larve in das Ä Brot eingebaden zu finden, falls der Bäder es an der nötigen Vorſicht und Neinlichkeit hat fehlen lafjen. Die Larve oder der Mehlwurm, wie fie all: gemein heißt, lebt indes nicht ausichließlich im Grunde der Mehl und Kleiefaften, nicht bloß in allen Win- feln und unzugänglichen Bläschen von Mühlen, Bad- a re en nn häufern oder Hauswirtihaften, wo die genannten Larve. Beide vergrößert. Nahrungsmittel hinftäuben und jahrelang unberührt liegen bleiben, fie fommt auch an wejentlich anderen Örtlicgfeiten vor und ernährt ſich von noch ganz anderen Stoffen. Ich fand fie einft in Menge und von verfchiedener Größe in einem etwas Erde haltenden, zur Zucht von S chmetterlingsraupen beftimmten Kaften, den mir ein ein Bäderhaus bewohnender Freund geliehen hatte. Die darin befindlichen, längjt vergeſſenen Puppen und einige Schmetter: tingsleichen dienten den Larven zur Nahrung. Andere haben fie im Mifte der Tauben: Ichläge gefunden, wo gar manderlei für fie abfällt, und alle diejenigen, welche inſekten— freffende Singvögel in Mehrzahl halten, züchten befanntlich die Mehlwürmer, um ihren gefiederten Pfleglingen von Zeit zu Zeit einen Lederbifjen reichen zu Fünnen. Zu dieſem Zwecke bringt man eine Anzahl Larven in einen alten, breiten Kochtopf mit etwas Kleie, vertrocnetem Brot und alten Lumpen zujammen, dedt denjelben zu, damit die ausge— ichlüpften Käfer nicht entweichen, jondern ihre Brut an dem ihnen angewiejfenen Orte wieder abſetzen. Bejonders fruchtbringend geftaltet fich die Aufzucht, wenn von Zeit zu Zeit die Leiche eines Heinen Säugers oder Vogels dargereicht wird. Die Käfer und Larven ifelettieren ſolche faſt vollftändig und liefern Präparate, die, durch Abſchaben der noch an— haftenden Sehnenfaſern nachträglich gereinigt und geglättet, allen Anforderungen genügen, um in einer Efelettfammlung aufgeftellt werden zu können. Che die Mehlwürmer er: wachen find, häuten fie fich viermal, und man könnte eine jolhe Larvenhaut für ein abgejtorbenes Tier halten, weil fie wegen ihrer Härte die natürliche Geſtalt beibehält. Sie find glänzend gelb, bis 26 mm lang, haben einen Eleinen eiförmigen und augenlojen Kopf, deſſen Mundöffnung nach unten gerichtet ift, kurze, viergliederige Fühler, jech3 Beine mit ebenfoviel Gliedern und an dem ftumpf zugejpigten legten Leibesringe zwei ſchwarze, nach oben gerichtete Hornipigchen. Schon bei Beiprechung der „Drahtwürmer” wurde auf den mit den Mehlwürmern übereinitimmenden Körperbau hingewiejen. Wie jene, können Mehlfäfer. Seltjamer Fädherträger. 129 auch dieje infolge ihrer Glätte und ſtarken Muskelkraft fich leicht zwifchen den Fingerſpitzen durchwinden, wenn man ſie nicht feſthält. Ungefähr im Juli erfolgt die Verpuppung an dem gewohnten Aufenthaltsorte der Larve, gern in einem Winkel, zwiſchen Brettern, die wohl auch zur größeren Bequemlich— keit an den Rändern etwas abgenagt werden. Abweichend von der Larve iſt die Puppe zart und weich, von Farbe weiß, mit deutlichen Gliedmaßen und zwei hornigen, braunen Schwanzſpitzchen verjehen. Jedes Hinterleibsglied erweitert fich jeitwärts zu einem dünnen vieredigen Vorſprunge mit braun gezahntem Nande. Nach einigen Wochen erjcheint der Käfer, anfangs gelb, allmählich dunkelbraun, am Bauche heller und rötlich ſchimmernd. Er ift ziemlich flah, mit Ausnahme jeines jchmalen Kopfes faft gleich breit im ganzen Verlaufe, und hängt, objehon vollfommen gejchloffen, infolge der nachgiebigen Verbindungshäute, deren bereit bei den Spedfäfern gedacht wurde, in den drei Hauptteilen loſe zufanmen. Bejonders des Abends wird der reichlich 15 mm meſſende Käfer lebendig und fliegt um— ber, jo daß man ihn des Morgens bisweilen in Räumlichkeiten findet, wo er fich bisher noch nie bliden ließ, und die allgemeine Verbreitung feiner Larve leicht erflärlich wird. Seine Entwidelung nimmt durhfcehnittlih ein Jahr in Anſpruch. Die artenarme Familie der Fächerträger (Rhipiphoridae) bietet durch ihre abweichende Entwidelungsweije ein höheres Intereſſe. Die Mitglieder find nur Kleine, unjcheinbare Käferchen, deren jenkrechter Kopf wie durch einen Stiel mit dem vorn jehr verſchmälerten Halsihilde in Verbindung jteht, und beim Männchen wedelförmige oder gefämmte, beim Weibchen meiſt nur geſägte Fühler trägt. Alle Hüften find einander ge- nähert und zapfenförmig aus den Gelenfgruben vorgejtredt. Der jeltfame Fächerträger (Metoecus paradoxus; Abbildung ©. 130), eins der größten Familiengliever (7,6 bis 10 mm), ift jehwarz, an den ftumpffantigen Seiten des Halsſchildes ſowie am Fielartig zugejchärftem Bauche gelbrot, das Männchen überdies an den Flügeldecken ganz oder nur teilweije gelb; jeine Fühlerglieder tragen vom vierten an je zwei lange Fahnenanhänge, während an denen des Weibchen nur ein Zahn fteht. Das jeitwärt3 geradlinige und mehr in die Länge gezogene Halsjehild ſpringt an den Hintereden zahnartig, in der Mitte des Hinterrandes dreizipfelig vor und wird in der Mitte jeiner Scheibe von einer Längsgrube durchfurcht. Jede Flügeldede erreicht das Hinter: leibsende, nimmt aber durch jcharfe Zuſpitzung Keilform an, jo daß im weiteren Verlaufe fich die Nähte beider nicht berühren, fondern Elaffen, eine bei Käfern nur felten vorfommende Bildung. An den langen und dünnen Beinen übertreffen die Hinterfüße ihre Schienen und Schenkel an Länge. Unjer Käfer wird in den Erdlöcher ausfüllenden Neftern der gemeinen Weſpe geboren, unter Berhältniffen, welche längere Zeit einen Gegenjtand des Streites gebildet haben. Andrew Murray behauptete 1869, daß die Larve gleich der Larve der Weſpe eine Zelle bewohne und wie le&tere von den Arbeiterinnen des Weſpenſtaates mit demjelben Futter ernährt werde wie jeder rechtmäßige Zellenbewohner. Diejer Anficht: widerſprach in der: jelben eitjchrift (‚„„Ann. and Mag. Nat. Hist.“, Ser. IV.) und in demjelben Jahre Smith, indem er fih auf Stones Beobadhtungen ftüßte. Nach denfelben wird die Larve des Fächerträgers für einen echten Schmaroger erklärt. Das Weibchen legt jein Ei in eine Weſpenzelle, und jobald die in diefer rechtmäßig wohnende Wefpenlarve ihre volle Größe erlangt und die Zelle bereit zugefponnen hat, um ihrer weiteren Verwandlung entgegen: zugehen, bohrt ſich die mittlerweile dem Metoecus-Eie entjchlüpfte Larve in Died ein Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX, 9 130 Erfte Ordnung: Käfer; ein: u. zweiundzwanzigfte Familie: Fächerträger u. Pflafterfäfer. und zehrt fie binnen 48 Stunden, mit Ausſchluß der Haut und der Kiefernteile, vollitändig auf. Das folgende Jahr ward der Streit fortgejegt. Murray brachte neue, teil auf unhaltbaren, teils auf unvollftändigen Beobachtungen fußende Anfichten vor, während Chapmann die Partei des Gegners veritärkte und die bis dahin vollftändigiten Mit: teilungen über die Lebensweije des ſeltſamen Fächerträgers veröffentlichte. Ihm zufolge legt das Weibchen des Metoecus paradoxus feine Eier wahrjcheinlich nicht in die Weſpen— nejter, jondern außerhalb derfelben. Die dem Eie entjchlüpfte Larve iſt derjenigen der Spanischen Fliege, welche wir bald näher fennen lernen werden, nicht unähnlih, mißt 5 mm, trägt am Raupenkopfe drei— gliederige, weit voneinander entfernte Fühler und einfache Augen, an den drei vorderften Körperringen ein Paar geglie derter Beine, deren drei Fuß: glieder blattartig erweitert und _ am Ende mit 2—3 Klauen und ‚ einer Hafticheibe nach Art eines Fliegenrüſſels verjehen find. Je— der Leibesring führt eine rück— wärts gekrümmte Seitenborſte und der letzte eine doppelte, ähn— lich denen der Füße gebildete Haft— ſcheibe. Wahrſcheinlich begibt ſich dieſe junge Larve ſelbſtändig in die Zelle zu einer Weſpenlarve Seltſamer Fächerträger (Metoecus paradoxus) neben einem und bohrt ſich a dieſelbe zwiſchen Weſpenneſte. Natürliche Größe. dem zweiten und dritten Ringe am Rücken ein, bevor jene ihre Zelle gedeckelt hat. Man ſieht die eingebohrte Larve ſpäter zwiſchen dem dritten und vierten Ringe der Weſpenlarve durchſchimmern. Der Schmarotzer ſaugt nun an ſeinem Wohn— tiere, wie andere Schmarotzerlarven an dem ihrigen, ohne deſſen weſentliche Organe zu verletzen. Sein Leib ſchwillt an und dehnt die Zwiſchenhäute zwiſchen den Chitinringen der Körperbedeckung merklich aus. Hierauf durchbricht die Schmarotzerlarve die Haut ihres Wirtes abermals, jetzt alſo von innen nach außen am vierten Ringe, und häutet ſich gleichzeitig, um die Geſtalt einer „Made“ anzunehmen. In dieſer Geſtalt ſaugt ſie ſich äußerlich an den vierten Ring der Weſpenlarve feſt und liegt an deren etwas gehöhlter Bauchſeite. Dieſe Larvenform wurde von Murray aufgefunden und beſchrieben. — Hat nun die Metoecus-Larve 6 mm Länge erreicht, ſo häutet ſie ſich abermals, indem ſich ihre Haut auf dem Rücken jpaltet und der leere Balg zwijchen ihr und dem Wirte hängen bleibt. Sie jaugt jest legteren volljtändig aus und verpuppt fich in der Zelle. Der Käfer ericheint zwei Tage jpäter als die den benachbarten Zellen entſchlüpfenden Wejpen, und die vollitändige Verwandlung nimmt 12—14 Tage in Anfprud. Der Käfer findet fich Ende Auguft, Anfang September vereinzelt auf Blumen; in dem Staube einer Wald- ftraße erbeutete mein Sohn 1874 ein Weibchen. Zufolge diefer Erfahrung und weil die Weſpen im nächiten Jahre neue Nejter bauen, iſt Murrays Anficht, daß von den Weibchen die Bellen nicht verlafjen und mit Eiern beſchenkt würden, unhaltbar. Den interefjanten und in den Sammlungen verhältnismäßig jeltenen Käfer im Freien zu erbeuten, hängt jehr von einem zufälligen Glüdsumftande ab, und man hat daher auf Mittel gejonnen, fih auf einem ficheren Wege in deſſen Belig zu bringen. Neuerdings hat de Bord ein Verfahren angegeben, welches in weipenreichen Sahren zu dem erwünjchten Fächerträger. Ölkäfer. 131 Ziele führt. Wenn nämlich die Weipen gegen Abend ihr Nejt wieder aufgejucht haben, verftopft man das Flugloch durch einen mit möglichit ftinfendem Erdöle (Solaröl, Benzin, auch Terpentinöl) getränkten Wattenpfropfen, ſchiebt ihn durch einen zweiten trodenen Pfropfen tiefer hinein und bededt die Stelle mit loderer Erde. Am anderen Morgen fängt man die etwa jpäter noch angekommenen und ausgejperrten Bewohner des Neites weg, um vor ihren Stichen gefichert zu fein. Jetzt Öffnet man vorlichtig das den Abend vorher geſchloſſene Flugloch oder ſtößt neben demjelben ein neues, um jich von den betäus benden Wirkungen des Steinöls zu überzeugen. Kommen feine lebenden Welpen zum Borfchein, fo hebt man das Neft mit einem Spaten aus, indem man ungefähr 40 cm im Umfreife die Erde entfernt. Derbe Handſchuhe gegen die Angriffe möglicherweife noch lebender Weſpen find ratfam. Nachher nimmt man die Waben mit Larven einzeln vor und findet fo die Metoecus, wenn ſolche — — vorhanden waren. Die fih der vorigen unmittelbar anjchliegende Familie hat den Namen der Bflafter- fäfer (Vesicantia over Cantharidae) erhalten, weil die meilten Arten einen eigen= tümlichen Stoff, das Cantharidin, entwideln, welcher Blajen zieht, jobald man ihn auf die Haut bringt; er wird deshalb in der Heilkunde äußerlich als Zugpflafter und unter Umftänden auch innerlich verwertet. Schon den Alten war dieje Eigenjchaft befannt, aber aus den Namen, welche den betreffenden Tieren beigelegt werden, und aus deren Bejchrei: bungen läßt fi) das Wahre ſchwer herausfinden. Moufet aber trägt durch jeine Ab— handlung über die „Bupreſte“ und die „Gantharive” eher dazu bei, die Sahe zu ver: wirren, als fie aufzuklären, da er entjhieden neben der Spanijhen Fliege auch einige Karaben und andere nicht zu deutende Käfer abbildet. Abgejehen von der eben erwähnten phyſiologiſchen Eigenſchaft einiger Familienglieder ftimmen alle in folgenden Merkmalen überein: der Kopf, durch einen hochgewölbten Scheitel ausgezeichnet, fteht jenfrecht, ijt Hinten halsartig verengert und in feiner ganzen Ausdehnung fihtbar; auf der Stirn oder vor den Augen trägt er die neun= bis elfgliederigen Fühler, welche fadenförmig, nad) der Spige auch verdidt oder unregelmäßig gebilvet jein können. Das Halsjchild ift am Vorderrande ſchmäler als der Kopf, am Hinterrande weit jchmäler als die biegſamen Flügeldeden. Alle Hüften ftehen zapfenartig hervor und nahe beijammen, die vier vorderen Füße tragen fünf, die hinterften nur vier Glieder mit in ungleich Dice Hälften gejpaltenen Klauen. — Die mehr als 800 Arten gehören vorherrſchend den wärmeren Erdſtrichen an. Die Maiwürmer, Olkäfer (Meloe), bilden die erfte, ſehr artenreiche Gattung der Familie und leben mit Ausnahme einiger amerikanischen Arten nur in der Alten Welt. Zu ihrer Erkennung wird uns eine ausführlichere Bejchreibung erjpart durch die ©. 134 gegebene Abbildung und die Gigentümlichkeit der Flügeldeden. Diejelben jtoßen nämlich nicht in einer geraden Naht, wie bei falt allen anderen Käfern, aneinander, jondern die eine legt fih an der Wurzel über die andere, wie dies bei den Kauferfen Negel ift. Auf dem unförmliden, ſackähnlichen Hinterleibe eines Weibehens ftellen fie ein paar Eleine Läppchen dar, bei dem oft viel Heineren Männchen, deſſen Hinterleib, von Eiern nicht aufgetrieben, mit allen übrigen Teilen im Ebenmaße verbleibt, Elaffen die Dedjchilde nicht und verbergen zwar den Hinterleib volllommen, jedoch feine Flügel, da jolche beiden Gejchlechtern gänzlich fehlen. Den lateinischen Namen Proscarabaeus, welchen Moufet auf dieſe Gattung anwendet, rechtfertigt er damit, daß fie vor den Skarabäen ein männliches und ein weib- liches Geſchlecht voraus hätte. 9* 132 Erjte Drdnung: Käfer; zweiundzwanziafte Familie: Pflafterfäfer. Die Olfäfer („Olmütter“) erſcheinen früh im Jahre — ich habe die gemeine Art Schon am 11. März angetroffen — Frieden im Grafe, an dejjen Stengeln und auf Wegen umher, im Monat Mai am zahlreichiten, nehmen dann allmählich wieder ab, jo daß Ende Juni auch der legte verſchwunden jein dürfte. Ihre Nahrung befteht aus niederen Pflanzen, vorzüglid Ranunkeln, jungen, weichen Gräjern, Löwenzahn, Veilchen und anderen, die fie des Morgens und gegen Abend mit großer Gefräßigfeit verzehren. Dabei umflammern jie die Futterpflanze mit den langen Beinen, bringen die zu verzehrenden Teile mit einem der Vorderbeine heran, halten dann und wann bei ihrem Mahle inne, um fich mit den Vorder: beinen zu „putzen“, und zeigen in jeder Beziehung ein gewifjes Behagen. Wenn die Mittags: jonne zu heiß brennt, juchen fie den Schatten auf und kommen troß ihres plumpen Körper: baues doch leidlich jehnell von der Stelle. Wenn man fie anfaßt, ziehen fie Beine und Fühler ein und lafjen aus allen Sniegelenfen ölartige, gelbe Tropfen austreten. Wahr: jcheinlich bezieht jich die Bemerkung Nicanders: „das Nindvieh jchwillt auf, wenn e3 das Tier gefrejjen hat, welches die Hirten Buprestis nennen“, auf unjeren Käfer. In der Tier: arzneifunde finden die Maiwürmer mehrfache Anwendung, bejonders bei gewiſſen Krank heiten der Vferde, jpielten jedoch in früheren Zeiten eine weit bedeutendere Rolle; es wird unter andern berichtet, daß fie von den Dithmarjchen getrodnet, zerrieben und mit Bier getrunten worden jeien. Diejer „Anticantharinen= oder Kaddentrank“ (Kadde bezeichnete die Olfäfer) jollte gegen Schwäche jeglicher Art helfen, außerdem ift die Melo& auch viel- fah mit Erfolg gegen den Biß toller Hunde angewendet worden. Haben fih nach dem Erjcheinen der Käfer die Gefchlechter zufammengefunden, jo erfolgt die Paarung. Das abgemattete Männchen ftirbt jogleich, das Weibchen erſt nach Bollendung des Brutgejchäftes. Zu diefem Zwede beginnt es mit feinen Vorderbeinen in nicht zu locerer Erde ein Loch zu graben, während die übrigen Beine zur Fortihaffung der Erde verwendet werden. Bei der Arbeit dreht es fich öfters, jo daß das Loch eine ziemlich kreisförmige Gejtalt befommt. Sit es ungefähr 26 mm tief vorgedrungen, jo nd die Vorarbeiten beendet, es kommt hervorgefrochen und jegt fih nun mit dem von Eiern jtrogenden Hinterleibe auf den Boden der Grube, indem es ſich mit den Vorder: beinen am Rande derjelben fejthält. Unter verjchiedenen Straftanjtrengungen legt es einen Haufen walzenförmiger, dottergelber Eier und beginnt jehon gegen Ende dieſer Arbeit mit Heinen Unterbrehungen, weldhe dem Sammeln friiher Kräfte gelten, jo viele Erde wieder herunterzufchaffen, als es mit feinen Vorderbeinen eben erreichen fann. Der halb und halb mit verjchüttete Hinterleib wird zulegt hervorgezogen und durch weiteres Auffüllen der Erde jede Spur davon möglichjt vertilgt, daß ihr hier ein Schatz anvertraut ward. Hierauf läuft es — nad) jeiner Weife — jehnell von dannen und jtärkt ſich durch eine gehörige Mahlzeit. Noch ift die Mutter zu fterben nicht bereit, ihr Vorrat an Eiern hat ſich noch nicht erjchöpft, an 2—3 anderen Stellen wiederholt fie die eben bejchriebene Arbeit und vertraut jo der Erde die ungeheuer zahlreichen Keime ihrer Brut an. Über 1000 Eier werden von ihr abgelegt, e$ jei denn, daf eine anhaltend ungünitige Witterung ihr die Luft dazu benimmt und fie allmählich verfommen läßt. Nah 28 —42 Tagen kriechen die Larven hervor, welche man ihrer drei Fußklauen wegen „Triangulinen“ genannt hat, und juhen ſich die nächſten Kinder Floras auf, die weißen und gelben Anemonen, die jaftreichen, immer dürjtenden Dotterblumen mit ihren glänzenden Blättern, die mancherlei Nanunfeln, kurz alle, welche, bei uns wenigjtens, die Vollsiprade unter dem Namen „Butter: oder Kuhblumen“ zufammenfaßt, Lippen-, Kreuz blümler und andere, wohl wijjend, daß hier des Honigs wegen auch die Bienen fich ein: ftellen werden. In dichten ſchwarzen Knäueln fann man fie dort figen jehen. In einem Falle, bei fünftliher Zucht, ſtand der dieſem Zwede dienende Blumentopf loje mit einem Ölfäfer. 133 Glasfcherben bevedt am Fenfter des Zimmers. Gar bald liefen die Heinen Larven zu Hunderten auf der Fenfterbrüftung umher, gruppierten ſich in größeren oder kleineren Haufen und verhielten fih dann ziemlich ruhig. Auch währte es nicht lange, jo ſchleppten ſich Stubenfliegen an derjelben Stelle mühſam einher oder lagen unbeweglich auf dem Rücken. Bei näherer Unterfuhung fanden fie fich über und über mit Wieloelarven bededt. Dies beweilt ihren Drang, ein anderes Inſekt zu befteigen, und jollte es in Ermangelung des wahren ein faljches jein. Nicht nach Nahrung ſuchen dieje Heinen Wejen, wie andere dem Eie entjehlüpften Larven, fondern ihr einziges Beitreben geht dahin, auf den Nücken einer honigjammelnden Biene zu gelangen. Doc lernen wir fte erjt Tennen, um fie an Blumen oder auf dem Körper wiederzufinden. Die Melokölarve ift in ihrer Geftalt der fpäter vorgeführten Zarve der ſpaniſchen Fliege jehr ähnlich: Tanggeftredt und mit Chitin überzogen. An dreiedigen Kopfe ftehen jeverjeit3 ein Auge und ein dreigliederiger, in eine lange Endborſte auslaufender Fühler, die ſechs gejpreizten Beine endigen in je drei Klauen und der Hinterleib in vier Borſten. Zwiſchen den Haaren der Biene Frabbelt das Tierhen umher, thut derjelben nichts zu leide, jondern betrachtet fie als Mittel zu jeinem weiteren Fortfommen. Die Biene ihrerjeits, bejorgt um ihre Nachkommenſchaft, wie jedes rechtichaffene Inſektenweibchen, baut ihre Zelle, trägt fie voll ſüßer Flüſſigkeit und legt ihr Ei darauf. Diejen Augenblid hatte aber die vermeintliche „Bienenlaus“ erwartet. ©ie gleitet herunter von ihrer Wohlthäterin und jegt fih auf das Ei. Jene ſchließt die Zelle und hat alles gethan, was ihr die zartliche Wiutterforge eingab. Für unfer Lärvchen beginnt nun eigentlich exit das Leben. Es verzehrt das Ei, feine erfte Nahrung, legt die Maske ab, weldhe es bisher trug, und wird zu einer weihhäutigen, wejentlich anders ausjehenden Larve, welche num den Honig vertragen kann, ihn unter fichtlihem Gedeihen zu ſich nimmt und zu ihrer völligen Größe gelangt. Das engerlingähnliche Wejen links in unſerem Bilde (S. 134) ſtellt diefe zweite Larvenform vor; ſie ift zwölfringelig am Pittelbruftringe und an den acht eriten Gliedern des Hinterleibes mit Luftlöchern aus: gerüftet. Am hornigen Kopfe fehlen die Augen, die Oberlippe tritt trapezförmig hervor, die furzen, Fräftigen Kinnbaden biegen fih nur ſchwach und tragen innen je einen Zahn; Fühler, Kiefer und Lippentafter find dreigliederig, die Furzen Füße einklauig. Wie nun, wird man mit Neöht fragen, wenn eine jolche „Bienenlaus“ fich verfieht, eine männliche Biene befteigt oder eine haarige Fliege, und jo niemals ihren Zwed erreichen fann? E3 find einzelne Fälle beobachtet worden, fie fommen aljo vor, wo jte im Irrtum war und wahrjcheinlich zu Grunde gehen mußte. Weil die weitere Entwidelung hier von mehreren Borbevingungen abhängig iſt al3 bei anderen, darum hat die Natur zum Schube der Art den weiblichen Eierftod auch vorzugsweiſe gelegnet. Anderjeits aber hat fie auch jenen Lärvchen den Trieb eingepflanzt und fie unter ſolchen Bedingungen geboren werden laſſen, daß fie die ihrem Fortlommen nötigen Bienen (bejonders den Gattungen Antophora, Andrena, Osmia, Halictus, Macrocera angehörig, au) Apis und andere) herausfinden. Man jollte meinen, daß nun wenigſtens, nahdem die Larve den Honig verzehrt hat und vollfommen erwachſen it, der gewöhnliche Entwidelungsgang eintreten und fie Ti) verpuppen werde. Dem iſt aber nicht fo. Es hebt ſich vielmehr ihre Haut ab, ohne zu beriten, und innerhalb derjelben zeigt fi) eine hornige Buppenform, dem Umriſſe der vorigen Larve ſehr ähnlich, die Scheinpuppe oder Pſeudochryſalide, welche Feine Nah: rung mehr zu fih nimmt. Ihr Bauch iſt plattgedrüct, der Rüden ſtark gewölbt, dev Kopf eine Maske, an welder einige unbeweglihe Erhabenheiten eine gewijje Übereinitimmung mit den zufünftigen Kopfteilen andeuten, ftatt der Beine bemerkt man warzige Auftreis bungen. Gerftäder behauptet, daß diefe Scheinpuppe bei Meloö erythrocnemus nicht 134 Erfte Ordnung: Käfer; zweiundzwanzigite Familie: Pflafterfäfer. entjtände. Innerhalb diefer Puppe, deren Hornhaut fih abermals löft, tritt von neuem eine weichhäutige, wurmähnliche Larve auf, welche in Fürzefter Zeit zu der wahren Puppe wird. Dies der Hergang der Verwandlung, welcher bei einigen volljtändig, bei anderen in einzelnen Unterbrechungen beobachtet worden ift. Newport und Fabre verdanken wir in eriter Linie diefe jo überaus interefjanten Wahrnehmungen, zu denen Melo& eicatri- cosus den Beweis lieferte. Der bunte Ölfäfer (Melo& variegatus oder majalis) verbreitet fich über ganz Europa, das nordweftliche Aſien und den Kaufafus, und jcheint in Deutjchland bejonders häufig zu fein. Er ift metalliih grün oder bläulich, mehr oder weniger purpurn ſchim— mernd, grob punftiert und gerungelt, das quere Halsjchild verengert fich etwas nach hinten, Bunter Öltäfer (Melo& variegatus). Born eierlegendes Weibhen, an den Bienen und in den Blüten die erfte Larven— form, die zweite an den Kokons links. Natürl. Größe. und die Nänder fteigen unmerflih auf. Länge 11—36 mm, je nachdem die eingejchleppte erite Larve einen geringeren oder größeren Honigvorrat in der Zelle vorfand. Diefelbe iſt 2-3 mm lang, glänzend ſchwarz und von der früher angegebenen Bejchaffenheit. Die weiteren Entwidelungsformen dieſer Art find noch nicht befannt. Die erite, in manden Sahren außerordentlich häufige Larvenform findet fich denn auch auf der Hausbiene, jedoch unter eingentümlichen VBerhältniffen. Sie begnügt ſich nämlich nicht, gleich den anderen, nur zwijchen den Haaren umberzulaufen, jondern fie bohrt fich zwifchen die ſchuppig über: einander liegenden Ninge des Bauches und andere Gelenke ein, wodurd die Bienen unter Zudungen abfterben. Sie fitt an den auf dem Boden des Stodes fterbenden Bienen, oder irrt, weil fie die toten verläßt, im Gemülm umher und ift allmählich dem Verderben preisgegeben. Man hat fie im April und Mai, ob von diejer oder einer anderen Art, weiß ich nicht, auch mit gejpreizten Beinen auf dem Honig in den Waben angetroffen, wo jie bereit tot war oder mit dem Tode rang; denn bevor fie nicht das Ei verzehrt und fih dann gehäutet hat, nimmt fie feinen Honig an. Alfo nicht durch feine paraft: tiiche Lebensweife in den Bienenftöden wird der bunte Dlfäfer der Hausbiene nachteilig, wohl aber wird es jeine erſte Larve in der angegebenen Weiſe für die Trachtbienen, durch welche fie fich in den Stod einbringen lafjen, für die jungen, eben ausgefrochenen Arbeits: bienen und Drohnen jowie für die Königin, auf welche alle fie von den erjteren über: friecht und ſich einbeißt. Bunter Dlfäfer. Gemeiner Maiwurm. Reizkäfer. Spaniſche Fliege. 135 Der gemeine Maiwurm (Melo& proscarabaeus) findet fich entjchieden noch häufiger alS der vorige und in denjelben Gegenden; er ijt ſchwarzblau, violett ſchimmernd, an Kopf und Halsichild grubig punktiert, legteres faſt quadratiſch, nur nach hinten ſchwach verengert und an den Eden gerundet, die Flügeldeden wurmartig querrungelig und beim Männchen das jechite und fiebente Fühlerglied jcheibenartig erweitert, an der Unterfeite wie ausgefreſſen. Die Größe jo veränderlich wie bei voriger Art, bei den Kleinen wird der Hinterleib von den Flügeldeden ſogar etwas überragt. Die erſte Zarve ift etwas Kleiner al3 die des vorigen (2,25 mm), hat einen vorn mehr gerundeten, weniger dreiedigen Kopf und heller oder dunkler gelbe Körperfarbe. Ihre weitere Entwidelung it gleichfalls noch nicht beobacytet worden. Auch fie findet fih ab und zu an der Hausbiene, namentlich zwijchen den Haaren des Mittelleibes, bohrt ſich aber niemals in den Körper ein und verurfacht daher auch feinen Schaden. Bisweilen mag es ihr gelingen, auch hier zu weiterer Ent: widelung zu gelangen, Aßmuß wenigjtens fand im Gouvernement Mosfau in einer faul- brütigen, beinahe des ganzen Bolfes beraubten Klogbaute ein einziges Mal zwei 13 mm mejjende Larven der zweiten Form, welche er darum für unfere Art anjpricht, weil er Ende Mai die erjte Larvenform von Melo& proscarabaeus an feinen Bienen beobachtet hatte. Leider ließen ſich troß der jorgfältigiten Pflege die Larven nicht erziehen, jondern ſtarben nach wenigen Tagen. Eine jehr artenreiche, in den Mittelmeerländern von Afrika und Ajien hauptjächlich anzu— treffende Oattung führt den Namen Neizfäfer (Mylabris). Dieje Arten find wegen der Einförmigfeit im Baue und in der Färbung des Körpers ſchwer zu unterjcheiden. Die faft dachartig die Flügel und den Leib Ichügenden, allmählich nach hinten erweiterten Ded- jehilde führen auf ſchwarzem Grunde lichte, meift rote Binden, auch Flede, oder es zieren umgefehrt den lichten Grund ſchwarze Zeichnungen. Lineale Schenkel und Schienen, lange Endjporen an diejen, etwas zufammengedrücte Füße und gleiche, einfache Hälften jeder Fußklaue harakterifieren die langen Beine. Bon den mehr denn 200 Arten fonımen einige wenige auch in Landen deutjcher Zunge vor. Sch fing die Mylabris variabilis auf blü- henden Kornblumen bei Bozen, weiß aber über die Lebensweiſe und Entwidelung der ganzen Gattung nur anzugeben, daß einige befannt gewordene Erſcheinungen auf eine ganz ähn— lihe Entwidelung wie bei den nächſten Verwandten jchließen lafjen. Möglicherweife hat ſchon Hippofrates eine oder die andere Art zu Zugpflaftern verwendet, da mehrere Arten in Griechenland feineswegs jelten zu fein jcheinen. Die Spaniſche Fliege (Cantharis over Lytta vesicatoria; Abbildung ©. 136) fommt ftellenweile manches Jahr während des Juni in überrafchenden Mengen vor und verrät dann ihre Öegenwart aus weiter Ferne durch einen ſcharfen Geruch. Eſchengebüſch, Syringen, Rainweide und andere weidet die Gejelliehaft fahl ab und zieht weiter, wenn fie nicht3 mehr findet. Ihre ſchön grünen, dicht gerungelten Flügeldecken mit je zwei feinen Längsrippen, beim Manne jmaragdgrün und gejtredter, beim Weibchen Lichter goldgrün und breiter, machen fie fenntlih, wenn es der Geruch nicht fchon thäte. Die fadenförmigen Fühler erreichen dort halbe Körperlänge, bier find fie um die Hälfte fürzer. Noch gehört ein herzförmiger Kopf, ein queres, jtumpf fünfediges Halsſchild zu den Kennzeichen des 17—19,5 mm mejjenden Käfers. Auf ihren Weideplägen zeigen fich, mit einander entgegenftehenden Köpfen, mafjenhaft zus Jammenhängende Pärchen. Das Weibchen legt feine jehr zahlreichen Eier in die Erde ab, aus denjelben Friecht, und zwar rüdwärts, wie man beobachtet hat, eine Larve (Trianguline) der oben abgebildeten Form und jhwarzer Färbung, mit Ausnahme der beiden legten weißen Thorarringe und des erjten Hinterleibsringes am Bauche. Diejelbe, meint man, läßt jich 136 Erfte Ordnung: Käfer; zweiundzwanzigite Familie: Pflafterfäfer. nicht, wie die vorigen, durd Bienen in ein Neſt tragen, fondern ſucht jelbit Tolche von erdbewohnenden Bienen, wie Colletes, Megachile, Meliturgus, auf, ernährt ſich von dem Inhalt einer Zelle unter mehrmaligen Häutungen und wird außerhalb der Zelle zu einer Pleudochryjalide von 15—18 mm Länge. 9. Beauregard fand eine folche in den legten Dezembertagen bei Avignon im Sande neben Colletes- Zellen. Am 12. Mai des folgen: den Jahres Froch durch einen Spalt auf dem Rücken eine gelbliche, dicke Larve daraus hervor, die einige Tage beweglich war, dann aber ruhig dalag, fi) am 26. Mai in eine Puppe verwandelte, aus welcher am 7. Juni das vollkommene Inſekt ſchlüpfte. Sn Schweden, Rußland, Deutſchland, namentlih aber im Süden Europas, kommt die Spaniſche Fliege vor. Eine kurze Bemerkung aus meinen entomologijchen Tagebüchern Spanifdhe liege (Lytta vesicatoria) nebft erfter Larve. Vergrößert. lautet: „Naumburg a. ©., 16. Juni 1850. Kolofjale Mengen von Lytta vesicatoria an Ligustrum vulgare und Thalietrum, nachdem fie die benachbarten Eichen vollitändig entblättert hatten.” Einige Jahre jpäter traf ich fie in ähnlichen Mengen am öftlichen Ende der Provinz Sachſen, aber merfwürdigerweife feit dem mehr als dreißigjährigen Aufenthalt inmitten diejer beiden Punkte (Halle) nur in wenigen Sahren (1873) jehr vereinzelt. In Stalten jcehädigt fie die Dliven, in Piemont findet fie fi auf Nuß und Ulme. In Spanien mag fie häufig vorkommen und gefammelt werden, worauf die deutiche Benennung hinzudeuten jcheint. Diejelbe ift Schon zu Moufets Zeiten, aber nicht in Deutfch: land üblich gewejen; denn er bemerkt ausdrüdlich, daß der Käfer bei den Belgiern „ſpänſche vlieghe”, bei den Engländern „„Cantharis“ oder „Spanish Flye“ heiße, während für die Deutſchen „grüner Kefer, Goldfäfer” angegeben wird. Wenn die Käfer in hinreichenden Mengen vorhanden find, daß ihr Einfammeln lohnt, jo Hopft man fie am frühen Morgen oder an unfreundlichen Tagen von den Büfchen auf untergebreitete Tücher oder unter: gehaltene Schirme ab (bei Sonnenschein find fie jehr beweglich), tötet fie, trocknet fie bei fünftliher Wärme, am beiten in einem Badofen, ſchnell und forgt für guten Verſchluß der trodenen, ungemein leicht gewordenen Ware. Fein zerrieben und mit einem Binde: ſtoffe vermiſcht, liefern fie das befannte Zugpflafter, ein Auszug mit Alkohol unter anderem die Kantharidentinktur. Die berüchtigte Aqua Tofana foll nah Ozanari nichts anderes als ein mit Wafjer verjegter Weingeiftauszug von Spanifhen Fliegen fein. Das rein’ dargejtellte Kantharidin bejteht aus glimmerartig glänzenden, leicht in Äther und fetten Olen löslichen Blättchen. Der Preis der getrodneten Käfer dürfte nad) den Berhältnifjen Ihwanfen, ein befreundeter Apothefer, welcher in feinem Garten in den fünfziger Jahren Spanijde Fliege. Rotſchulteriger Bienenfäfer. 137 eine Sammlung veranftaltet hatte, erzielte beim Verkaufe nach Berlin einen Thaler für das Pfund. Man fennt mehr als 250 Cantharis- Arten, von denen die meilten in Afrifa und Amerika leben, letztere, vorherrfhend ſchwarz oder dur dichte Behaarung grau, auch in beiden Färbungen geitreift, find neuerdings als bejondere Gattung „Epicauta“ von Cantharis getrennt, weil ihre Borftenfühler Fürzer, kaum fo lang wie der halbe Leib, das Halsſchild gejtredter, immer länger als breit und die Flügeldeden an der Wurzel ſchmäler find, der Körper hier überhaupt mehr von den Seiten her zujammengedrüdt erjcheint. Mehrere nordamerifanijche Arten, wie Epicauta cinerea und vittata, jowie im füdlichen Europa die Epicauta verticalis fommen bisweilen in ungeheuren Wengen auf Kartoffel- fraut vor und zeritören duch ihren ungehinderten Fraß der Blätter die ganze Kartoffel- ernte, wie der jo berüchtigt gewordene Colorado-Kartoffelläfer. Ihre Larven ernähren fich übrigens von Heufhreden und anderen Orthopteren. Der rotfehulterige Bienenfäfer (Sitaris muralis, früher Necydalis hu- meralis) ift ein interefjantes Käferchen des ſüdlichen Europa, welches am nördlichiten bisher in Südtirol und vor einigen Jahren in Frankfurt am Main in mehreren Stüden an einem Haufe beobachtet worden ijt. Es erinnert in feiner Körpertracht einigermaßen, mehr noch durch jeine Entwidelungsgefhichte an den Fächerträger. Der Käfer iſt durch die glei von der Wurzel Haffenden, am Außenrande ausgejchweiften, nach hinten un- gemein verfchmälerten und jtumpf gejpisten Deden, welche die wohl entwidelten Flügel nur Schlecht verbergen, leicht Fenntlih; die Fühler find fadenförmig, die Kinnbaden von der Mitte an rechtwinfelig umgebogen, die Klauen einfach, d. h. Feine derjelben gezahnt, und die Hinterhüften weit von den Mittelhüften entfernt. Der Körper ift jhwarz, an den Schultern rot. Fabre fand in der Erde Löcher, welche von der einfam bauenden pinjelbeinigen Schnauzenbiene (Anthophora pilipes) bewohnt waren, einer Honig eintragenden Biene, welche jehr zeitig im Frühjahr erſcheint und weit verbreitet, auch bei uns Feineswegs jelten ift. Ende Auguft kamen aus den Fluglöchern einzelne rotjchulterige Bienenfäfer, anfangs Männchen, welche mit großer Ungeduld die Weibchen erwarteten und deren Gehäuſe auf: bifjen, um das Herausfommen derjelben zu bejchleunigen. Sowie legtere erſchienen waren, erfolgte am Eingange der Bienenwohnungen die Paarung und das Ablegen der zahlreichen ovalen, jehr Eleinen Eierchen hinten in den zu den Bienenneftern führenden Erdröhren, Ende September entjchlüpften die 1 mm langen Larven von der auf ©. 138 abgebil: deten Form (a), ausgezeichnet durch lange Fühler, lange, langbehaarte Beine, zwei ge- frümmte Schwanzborften am ftumpf zugejpisten Leibesende und durch zwei Augen auf jeder Seite des Kopfes. Alle diefe Merkmale fowie die harte Körperbekleidvung erinnern an die erite Yarvenform der vorher beſprochenen Familienglieder. Die Lärvchen find außerordent- lich beweglich, verlaffen jedoch ihre Geburtsitätte nicht, und ſitzen ſchließlich Haufenweije bei- jammen, um die Wintermonate zu verjchlafen. Mit dem Erwachen des neuen Lebens im Frühjahr verlaffen die rechtmäßigen Zellenbewohner, die jungen Schnauzenbienen, ihre Wiege, und jofort find die Sitarislarven bereit, fi) an den vorbeifriechenden Bienen feſt— zuhalten und fich von ihnen wegtragen zu lafjen. Da die Bienenmännchen jtetS mehrere Tage vor den Weibchen ausichlüpfen, jo gelangen die Larven zum großen Teil auf die männlichen Bienen. Dieje würden für ihr weiteres Fortkommen ſchlecht jorgen, da ihnen die Weibchen allein nur dienen können. Sei es nun, daß fie durch Vermittelung der honig: jpendenden Blumen oder während der Paarung der Bienen auf leßtere überkriechen, jei es, daß manche, bei den Bienenmänncen zurücbleibend, zu Grunde gehen, jo viel jteht fejt, daß ihrer genug, wie es ihre Beftimmung fordert, auf den weiblichen Schnauzenbienen 38 Erſte Ordnung: Käfer; zwei u. dreiundzwanzigfte Familie: Pflafterfäfer u. Nüffelfäfer. verweilen. Dieſe nun bauen, gleich ihren Müttern, Nejter, tragen Honig in die Zellen, legen je ein Ei auf den Vorrat und verjchliegen die Zelle. Lebteres darf die Sitarislarve nicht abwarten, jondern muß jofort auf das Ei herabgleiten, jowie es dem mütterlichen Schoße entjehlüpft ift. Am 21. Dat beobachtete Fabre gefüllte und mit einem Eie belegte Zellen und hier und da auf dem Eie eine Yarve. Sobald die Zelle geichloffen ift, beißt die Larve das Ei auf, verzehrt deſſen Inhalt als erfte Nahrung nach jo langer Entbehrung und bleibt auf der Eiſchale wie auf einem Flofje figen, um von da aus die für die Bienen- larve bejtimmten Vorräte aufzuzehren. In ihrer urjprüngliden Form würde fie dies ihwerlich bewirken können, weil die harte Körperbededung zu wenig nachgeben und eine Vergrößerung nicht zulajjen würde. Un— zweifelhaft erfolgt die Körperummwandlung unmittelbar nach dem Genufje des Bienen- eie3 und vor dem des Honigs, welcher das volle Wachstum bedingt. Sit diefer auf: gezehrt, jo hat die erwachjene zweite Lar— venform (b) ein mehr madenartiges Aus: jehen: einen dien, weichen Körper, mit einem augenlojen, Eleinen Kopfe, an wel: chem Fühlerjtumpfe und Kinnbaden unter: jhieden werden fünnen; auch tragen die drei vorderiten Glieder ſechs, allerdings J ſehr kurze Beinchen. Dieſe zweite Larven— a Erſte, b zweite, d dritte Larvenform, ce Scheinpuppe, e Puppe form verkürzt ſich allmählich, erhärtet und en rn mt Eiform, den zu der Überwinte: rung geſchickten Zuſtand, an, welcher als Scheinpuppe, Pſeudonymphe (ce), bezeichnet worden ift. Aus diejer entjteht im nächſten Frühjahr ein dritte, der zweiten außerordentlich ähnliche Larvenform (d), und aus diejer endlich durch abermalige Häutung die regelrechte Puppe (e), welcher der Käfer Jchlieglich Ende August des zweiten Jahres feit dem Eierlegen jein Dafein verdanft. Die Verwandlungsgejichichte, wie wir ſie bei den beiden legteren Familien, den Pflaſter— fäfern und den Fächerträgern, in ihren Grundzügen fennen gelernt haben, überrajcht durch die größere Mannigfaltigfeit (Hypermetamorphoje) im Vergleiche zu den zwei Über: gangsformen der Larve und der Puppe bei den anderen Käfern. Es fommt hier ein nicht zu überjehender Umjtand, die Abhängigkeit von dem Leben eines anderen Kerfes, mit einem Worte, das Schmarogerleben hinzu. Wir werden jpäter bei einer anderen Ordnung das jelbe in noch weit ausgebildeterer Form fennen lernen, aber jo verborgen und in geheimnis— volles Dunkel gehüllt, daß nur der mit dem Mikroſkop vertraute Fachmann unter gewifjen günftigen Verhältniffen den Schleier zu lüften vermag. Die Verſuche hierzu ftehen fehr vereinzelt da, haben aber eine gleich große Wandelbarfeit der Larvenform ergeben. Für unjere Familien bedarf es nicht jener wifjenfchaftlichen Apparate und Durchbildung, ſondern nur der Ahnung von den intereffanten Verhältniffen, einer günjtigen Gelegenheit und der Ausdauer in vorurteilsfreier Beobahtung. In der Vorausfegung, daß bei einem oder dem anderen meiner Zejer die beiden legten Punkte eintreffen könnten, habe ich den Gegenſtand berührt, um aufzufordern, denfelben weiter zu verfolgen, zu berichtigen oder zu vervolljtändigen. NRotfhulteriger Bienenfäfer. — Rüſſelkäfer. 139 Mit Übergehung langgeftredter, den vorigen nahe verwandter Käferchen, welche auf Blumen leben und zur Familie der Odemeriden vereinigt wurden, fommen wir num zu denen, welche wenigftens ſcheinbar nur vier Glieder an allen Füßen haben und darum vierzehige Käfer (Tetramera) heißen. Die Neueren wollen fie Coleoptera erypto- pentamera genannt wiljen, weil allerdings bei vielen das vorlegte Glied fich zwar ver: ftedt, aber nachweijen läßt, und daher in Wirklichkeit fünf Glieder vorhanden find. Die Rüſſelkäfer (Cureulionina) werden unjere Aufmerkſamkeit zunächſt in Anſpruch nehmen. Wie der Name bejagt, verlängert ſich bei ihnen der Kopf vorn rüffelartig und trägt an der Spibe diefer Verlängerung die Freßwerkzeuge, welche bis auf die fehlende DOberlippe in allen Teilen vorhanden find und fich durch die ſehr kurzen Taſter, dreigliederige der Unterlippe und viergliederige der Kiefer, auszeichnen. Die Kinnladen haben in der Kegel nur einen Lappen und werden ganz oder größtenteils durch das Kinn bededt in der erſten Legion Lacordaires, welde fich wieder in ſechs Sippen teilt, oder fie liegen vollfommen offen int der zweiten, die übrigen 76 Sippen umfafjenden Legion. Bon den Kinnbaden läßt fih nur anführen, daß fie furz find, denn ihre Form ändert jehr ab. Die acht: bis zwölfgliederigen Fühler entipringen in einer Grube oder Furche (Fühler: furde) des Rüſſels, find in den meiſten Fällen gebrochen und feulenförmig. Rücken und Weichen des Halsjchildes verjchmelzen miteinander; die Borderhüften berühren fich oder bleiben getrennt wie die anderen Hüften und bewegen ſich in nur gejchlofjenen Pfannen. Die Füße, deren drittes Glied zweilappig zu ſein pflegt, haben meijt eine ſchwammige Sohle und vier deutliche Glieder, öfter ein verſtecktes fünftes. Der Hinterleib, umjchloffen von den Flügeldeden, jest fih aus fünf, jehr jelten aus ſechs Bauchringen zufammen, von denen der dritte und vierte meiſt fürzer als die übrigen find. Der Rüſſel als wejentlicher Charakter diejer Familie, fast allen denkbaren Änderungen unterworfen, ſchwankt am meiften in der Länge. Sn vielen Fällen, wo er falt gleiche Die mit dem Kopfe behält, würde man ihn der Kürze wegen faum für einen folchen erklären können und zweifelhaft jet, ob man einen Rüſſelkäfer vor fich habe, wenn nicht alle jonjtigen, dieſer Familie eignen Merkmale zufammenfämen. Dem gegenüber ftehen Fälle, in welchen er bei fadenfürmiger Dünnheit die Körperlänge erreicht oder übertrifft. Der die, furze und mehr oder weniger verlängerte, dünne Rüſſel ändert das Anjehen der Käfer jo wejentlich), daß die beiden Hauptgruppen: Kurzrüßler und Langrüßler, bisher bei der Einteilung einander entgegen= gejegt wurden. Ob edig oder gerundet, vorn verdict oder verdünnt, gerade oder gebogen, jedoch immer nad) unten, ob einlegbar in eine Grube zwiſchen den Hüften oder nicht, das find Dinge, die näher berüdfichtigt jein wollen, um die ungefähr 350 Gattungen zu unter: fcheiden. Aber nicht bloß der Nüffel, auch die Fühler, die Beine, die ganze Gejtalt der Tiere durchlaufen die mannigfachiten, innerhalb der gegebenen Grenzen nur möglichen Bildungen; jo fommt 3. B. in Hinfiht auf legtere die Kugel» neben der Linienform vor. Die ſämtlichen Nüffelkäfer, mit geringen Ausnahmen nur von mittlerer Größe, leben von Pflanzen, und weil oft bejtimmte Arten von jenen auf bejtimmte Arten von diejen angemwiejen find, jo hängt die Verbreitung jener auf das genauejte mit der Pflanzenwelt zujammen. Es gibt feinen Teil eines Gewächjes von der äußeriten Wurzeljpige bis zu der reifen Frucht, welcher vor den Angriffen ihrer Larven gefichert wäre. Diefe gleichen am meijten denen der Diebfäfer unter den Holzbohrern, haben einen runden, nad) unten gerichteten Kopf, einen ſchwach eingefrümmten, faltigen, fußlojen, mehr oder weniger behaarten Körper, der fich nach hinten etwas verengert. Die Mund— teile bejtehen außer dem vieredigen Kopfichilde aus kurzen, Fräftigen Kinnbaden, einem dicken, fleifchigen Kinne, an deſſen Vorderende die zweigliederigen Tajter aus gemeinjamer Wurzel entipringen, und aus feft mit der Zunge verwachjener, bewimperter Innenlade 140 Erjte Ordnung: Käfer; dreiundzwanzigfte Familie: Nüffelfäfer. des Unterkiefers. Die Fühler find nur warzenförmig, die Augen nicht oder in geringer Anzahl vorhanden. Die Familie der Nüfjelfäfer übertrifft alle anderen an Reichtum der Arten, indem das neuejte Verzeichnis davon 10,143 aufzählt; binfichtlich der Verbreitung über die Erde überwiegen diejelben alle anderen in dem Maße, als fie fich dem Gleicher nähern, und bevor: zugen Amerifa gegen die Alte Welt; vorzüglich ift der Süden des genannten Erpteiles auch für dieje Kerfe eine unerihhöpflihe Fundgrube und weilt neben anderen heißen Ländern Arten auf, welche dur den Echmelz, die Pracht ihrer Farben und deren Zuſammen— ftellung über alle Beſchreibung erhaben find, und mit dem koſtbarſten Schmude, den eine Künftlerhand aus den edelſten Metallen anfertigt, um die Siegespalme ftreiten können. Morin Liniierter Graurüßler (Sitones lineatus), in der mittleren Figur vergrößert, und einige nahe verwandte Arten in Vergrößerung. Wie lückenhaft daher unfere weiteren Ausführungen hier ausfallen müffen, geht aus den eben gegebenen Andeutungen zur Genüge hervor. Der liniierte Graurüßler (Sitones lineatus) mag ein Bild von den durch: jchnittlich jehr unanjehnliden Kurzrüßlern geben. Er ift durch dichte Beſchuppung grau oder grünlichgrau; der Kopf, drei Längsſtreifen über das Halsſchild und von den flachen Zwiſchenräumen zwiſchen ven Punktreihen der Flügelveden einer um den anderen find heller befhuppt, mehr gelblih. Den Kopf zeichnet überdies eine tiefe Längsfurde, das nahezu walzige, jedoch ſeitlich ſchwach gebauchte Halsjchild ein die Länge überwiegender Breiten: durchmefjer aus. Mehrere andere teilweife ſchwer unterjcheivbare Arten, mit der genannten untermengt, triechen mafjenhaft an der Erde und zwijchen niederen Pflanzen umher, nachdem fie aus der winterlihen Erftarrung erwadt find. ALS Nahrung jcheinen fie Schmetter: Iingsblümlern vor allen anderen den Vorzug zu geben, wenigſtens lehren dies die mit dergleihen, wie Erbjen, Pferdebohnen, Luzerne und verwandten FJutterfräutern, beftellten Felder. An jung aufgejproßten Pflanzen genannter Arten fieht man nämlich öfter die Samenlappen, an älteren die zarteren Stengelblätter ringsum ausgeferbt. Dieje Rand: veränderung, welche der Nichtfenner wegen einer gewiſſen Negelmäßigfeit für daS natür« lihe Vorkommen halten fönnte, haben die Zähne der hungerigen Graurüßler hervor: gebracht und entſchieden dadurch dem Fräftigen Wachstum junger Pflanzen Eintrag gethan, wenn fie den Keimblättern und zarten Stengeln, die fie gleichfalls nicht verſchonen, zu arg zugeſprochen haben. Troß ihrer Häufigkeit kennt man die früheren Stände diejer Käferhen noch nicht. Die 82 befannten Arten leben in den Mittelmeerländern, dem übrigen Europa und einige in Nordamerifa und jtimmen jämtlich in folgenden Merkmalen überein: Bor den Lintierter Graurüßler. Dickmaulrüßlher. 141 ſtark vortretenden Augen verlängert fich der Kopf unter Schwacher Berjüngung nur wenig und bildet jomit einen kurzen, gefanteten Nüfjel, durch deſſen Oberfläche eine Längs: furde läuft. Die am Mundwinfel eingelenkten Fühler jind gefniet und ziemlich dünn, ihr Schaft erreicht die Augenmitte, wo an deren Unterrande die für ihn bejtimmte Rinne aufhört. Die Flügeldeden find zufammen mehr oder weniger walzig, immer breiter als das Halsihild, an den Schultern und der Spitze ftumpf und bergen nicht nur die Leibes— jpige, jondern auch Flügel; die Beine find einfach, mäßig lang, an den Schienenenden ohne Hornhafen. Für diejenigen meiner Leſer, welche Gelegenheit haben jollten, eine reich ausgeftattete Sammlung von Nüfjelfäfern einzujehen, ſei beiläufig bemerkt, daß die nur ſüdamerika— nischen, furzrüffeligen Gattungen Cyphus, Platyomus und Compsus Arten enthalten, welche an Zartheit der Farben und an Auspug durch goldglänzende Schuppen zu dem Schönften gehören, was man überhaupt in diefer Hinficht jehen Fann. Der ſchwarze Difkmaulrüßler (Otiorhynchus niger; Abbildung ©. 142) oder der große ſchwarze Rüſſelkäfer, wie er bei den Forftleuten allgemein heißt, ein glänzend jchwarzer Käfer mit gelbroten Beinen, wenn die jchwarzen Kniee und Fußglieder aus: genommen werden, dejjen Flügeldeden Grübchenreiher und in den Grübchen je ein graues Härchen tragen, mag jtatt aller die gedrungene Geftalt einer vorherrichend europätjchen, dann weiter in den außereuropäijchen Mittelmeerländern und Aſien vorfommenden Gattung zur Anſchauung bringen, welche an Artenzahl (444) von feiner zweiten heimifchen erreicht wird. Dieje Käfer, in ihren größten Arten vorherrjchend den Gebirgswäldern zugethan, zeichnen ich alle aus durch einen nur ſchwach geneigten Kopf, welcher nicht bis zu dem hinteren Augenrande im Halsſchilde ſteckt und ſich nach vorn zu nur furzem Rüſſel verlängert. Der am Vorderrande ausgejchnittene Rüſſel erweitert jich feitlich über der jehr weit vor: gerücten Einlenkungsitelle der Fühler lappenartig und rechtfertigt auf diefe Weiſe die deutjche Benennung Lappenrüßler oder Didmaulrüßler, durch welche man den wiljenjchaft: lien Namen wiedergegeben hat. Seine Grube für die Fühler tft nach dem oberen Augen- rande hin gerichtet und viel zu kurz, um den mindeitens noch einmal jo langen Fühlerſchaft aufnehmen zu können. Die Geißel bejteht aus zehn Gliedern, von denen die beiden eriten merklich länger als breit find, die drei legten aber im engen Anjchluffe aneinander den eiförmigen zugejpisten Fühlerfnopf bilden. Das Halsjchild iſt an beiden Enden gerade abgeftugt, an den Seiten mehr oder weniger bauchig erweitert und das Schildchen undeutlich. Die harten Flügeldeden find breiter als das Halsichild, aber an den gerundeten Schul: tern wenig vorjpringend, bei den jchlanferen Männchen ſchmäler und an der Spite etwas länger ausgezogen als beim Weibchen. Die Borderhüften jtehen in der Mitte ihres Ringes nahe beiſammen, alle Schienen tragen einen nach innen gefrümmten Endhaken und die viergliederigen Füße einfache Klauen. Der Körper ift ungeflügelt. Die gemeinjamen Gattungsmerkmale fegen fich in der düfteren, jehwarzen, braunen oder durch Bejchuppung grauen Färbung des ganzen Körpers zumeilt fort, doch zeichnen fich auch mehrere Arten durch gold= oder filberglänzende Schuppenbekleidung einzelner Stellen vorteilhaft aus. ALS Kinder des gemäßigten nördlichen Erdſtriches bleiben fie allerdings in diejer Beziehung gewaltig hinter ihren nahen Berwandten auf den Bhilippinifchen Inſeln und Neuguinea zurüd. Dort fommen jchwarze Dickrüßler (Pachyrhynchus) vor, deren Halsjchild und Flügeldecken durchſchnittlich noch bauchiger, gleichzeitig aber mit Binden oder Jleden aus azurblauen, gold= oder jilberglänzenden Schuppen verziert find und einen wunderbar ſchönen Anbli gewähren. Unfere Art nun, um zu ihr zurüdzufehren, findet fi beinahe das ganze Jahr hindurch) in den Nadelwäldern der Gebirge, ohne der Ebene gänzlich zu fehlen, it als flügellofer 142 Erſte Ordnung: Käfer; dreiundzwanzigfte Familie: Rüſſelkäfer. Käfer an ihre Geburtsitätte gebunden und daher immer da zu finden, wo fie fich einmal eingebürgert hat. Vom Auguft ab und jpäter trifft man den Käfer in jeiner Heimat fiher unter Moos, Bodenjtreu oder Steinen an, wie halb erjtarrt und ungemein träge. Da man nun in feiner Umgebung die Überrefte feiner Brüder gleichfalls reichlich umher: liegen ftebt, jo kann e8 zweifelhaft bleiben, ob er den Stein als feinen Leichenftein oder nur als den Ort betrachtet wiſſen will, der ihn während feines Winterjchlafes jhügen Toll. Beide Annahmen lafjen fich miteinander vereinigen: it er lebensmüde, und will er einen rubigen Blag haben, an welchem er jein müdes Haupt niederlege, fo ijt er ein alter Käfer, der jeinen Lebenszweck erfüllt hat; will er dort nur den Winter verjchlafen, jo wurde er im Zaufe des Sommers im Schoße der Erde geboren, befam aber noch Luft, fich draußen in der Welt umzujchauen, ehe der unfreundlihe Winter zu einem abermaligen Verkriechen zwingt. Dem jei nun, wie ihm wolle, um die Pfingitzeit find die Käfer in den Fichtenbejtänden am zahlreichiten und benagen junge Stämmen unmittelbar über der Erde, bejonders wenn fie, durch den Graswuchs gededt, bei ihrer Arbeit nicht geſtört werden. Mit der Zeit rüden fie höher hinauf und lafjen fich den jungen Maitrieb gleichfalls ſchmecken. Durch die Endhafen der Schienen fönnen ſie ſich außerordentlich und Puppe. Natürlihe Größe und vergrößert. feſthalten, ſo daß der heftigſte Wind ſie ſo leicht nicht herab— zuwerfen vermag, ſowie man ſie nur mit einem gewiſſen Kraftaufwande von dem Finger losbringt, in welchen ſie ſich beim Aufnehmen ſofort einhaken. Während der genannten Zeit erfolgt auch die Paarung. Das befruchtete Weibchen kriecht in die Erde und legt ſeine zahlreichen Eier ab. Die aus denſelben geſchlüpften Larven freſſen an den Wurzeln der Nadelhölzer in Weiſe der Engerlinge und werden meiſt in kleineren Geſellſchaften bei einander gefunden. Die Larve iſt derjenigen des Hylobius abietis (S. 145) ſehr ähn— lich, aber auf Duerreihen von Dornhöckerchen büjchelweije und auffällig behaart. Da man den Sommer über alle Entwidelungsitufen nebeneinander antreffen kann, jo muß die Ber: wandlung eine ungleichmäßige jein, wenn fie fih aud in Zahresfriit vom Eie bis zum Käfer abjpielt. Aus jener Unregelmäßigfeit erklärt fi) aud) das von Juni bis September beobachtete Hinzufommen neuer Käfer zu den überwinterten und jomit ihr eingangs er: wähntes VBorhandenjein das ganze Jahr hindurd). Die befallenen Pflanzen werden im erſten Jahre gelb, im nächſten rot und fterben ab, weshalb man der Vermehrung des Käfers durch Einfammeln und Töten desjelben entgegenwirken muß. — Bei der Menge von pflanzenfrefjenden Lappenrüfßlern, welche fo leicht auf feine beitimmte Pflanze ausschließlich angewiefen find und an ihren Geburts: ftätten bleiben müſſen, es jei denn, daß die Wafjerfluten fie anderwärt3 an das Land jpülen, darf es nicht wundernehmen, daß diefe und jene Art verderbli an unferen Kul- turen auftreten kann. So der gefurchte Dickmaulrüßler (Otiorhynchus sulcatus), eine kleinere Art mit unregelmäßig den ſchwarzen Körper dedenden Fledchen aus graugelben Dickmaulrüßler. Grünrüßler. Kurzhörner. 143 Schuppenhaaren, auf den jungen Trieben des Weinjtodes, während feine Larve die Wurzeln der Primeln, Erdbeeren, Steinbrede, Ajchenkräuter und anderer benagt. Der jogenannte Spitzkopf (O. nigrita), dem vorigen ähnlich, aber noch grauer, und der braunbeinige Lappenrüßler (O. picipes) haben dann und wann gleichfalls die Rebenſchoſſe oder Pfropfreiſer geihädigt, der Liebjtödel:Lappenrüßler, Naſcher (O. ligustiei) die Pfirfihen und namentlich auch den Luzerneklee. Dieſe und andere in gleicher Weiſe ſich unnüß erweifenden Arten müfjen jorgfältig abgelejen werden, jobald fie fich zeigen, ehe die Weibchen ihre Eier abgelegt haben, und man wird fich ihrer bald entledigen. Unter dem Namen der Grünrüßler hat früher Nateburg eine Anzahl Kurzrüßler verschiedener Öattungen darum zujfammengefaßt, weil der Körper der meijten mit gold— grünen, fupferroten oder metalliieh blau ſchimmernden Schuppen reichlich bededt it, und weil fie zahlreih auf dem verſchiedenſten Laubholzgebüſche als Knoſpenfreſſer ericheinen. Der Spyftematifer begreift unter jenen die der Sippe der Lappenrüßler angehörenden Gattung Phyllobius, wo die Fühlergrube des Nüfjels ebenfalls fait gerade gegen die vordere Augenmitte aufjteigt, die lang-eiförmigen Flügeldeden aber an der Schulter jtumpf- winkelig vortreten und Flügel bergen. Außerdem gehören hierher einige im Syiteme voran gehende geflügelte Gattungen, namentlich Metallites mit vierfantigem, oben flachem Rüſſel und fegelförmigen Grundgliedern der Fühlergeigel und Polydrosus mit rundlidem Rüſſel und länglihen Grundglievern der Geißel. Die Entwicdelungsgejchichte diefer gemeinen Käfer iſt bisher noch jehr wenig aufgeklärt, fie jelbjt aber ſchließen fih ihrem Kleide nad) mehr als die meiſten heimatlichen den glänzenden Erſcheinungen heißer Länderſtriche an. Über Afrika und die Mittelmeerländer Europas breitet fi in zahlreichen Arten die Gattung der Kurzhörner (Brachycerus) aus, welche unwillfürlih an die Feiltkäfer unter den Berjchiedenzehern erinnert, unterjegte, in ihren einzelnen Teilen plumpe, düfter gefärbte Kerfe, welchen man auf den eriten Blick anfieht, daß fie träge und in gewiſſer Hilflofigfeit an der Erde und unter den Pflanzen umherkriechen müfjen. Bei genauerer Betrachtung finden ſich die eiförmigen oder rechtedigen, glatten oder mit erhabenen Hiero- glyphen bejchriebenen Flügeldeden verwachſen. Der faft ſenkrecht geftellte Kopf trägt einen jehr dien, von ihm durch tiefe Querfurche allermeift abgejehnürten, nach vorn erweiterten Nüfjel mit tiefer, bogig gefrümmter Fühlerfurche und dide, kurze Fühler. Die Augen umgibt mehr oder weniger vollſtändig, bejonder3 nach oben, eine Wuljt, welche die Rau— beit der Oberfläche erhöht, die am queren Halsichilde noch mehr zur Entwidelung fommt, indem Furchen, Budel, feitlihe Dornen 2c. große Unregelmäßigfeiten erzeugen. Häufig erweitert e3 jich nahe den Augen lappenartig, jo daß dieje zum Teil wie von einem Scheu— leder bedecdt werden. Das Schilochen fehlt. Die Flügeldeden ändern jehr in ihrer Form, gehen in janften Aundungen allmählich in die den Körper umfchließenden Seitenteile über, oder biegen fich unter Leiftenbildung rehtwinfelig um, runden fih an den Schultern und nach hinten ab oder ftellen nahezu ein Rechte, auch ein Quadrat dar. Die Beine find, wie alles, plump, die Schenkel verdiden fich allmählich, die mittelften berühren ſich in ihren Hüften, die Schienen find gerade, an der Spiße nach innen und außen geedt, ihre Füße ſchmal, fait drehrund, die drei erjten Glieder am Ende nah unten jpiß ausgezogen. Die Chitinbededung des dien Körpers pflegt bei den Nüfjelkäfern überhaupt jehr hart zu fein, übertrifft aber hier in diejer Beziehung den gewöhnlichen Grad um ein Bedeutendes. Zu der zweiten Lacordaireſchen Legion, zu den Nüfjelkäfern mit freien, nicht bes dedten Kinnbaden, zählen alle weiterhin aufzuführenden Arten, zunächſt die Stengel: bohrer (Lixus). Dieje ungemein geftredten, mwalzigen Käfer befigen die merkwürdige 144 Erfte Ordnung: Käfer; dreiundzwanzigfte Familie: Nüffelfäfer. Gigentümlichfeit, fi mit einem ausgefchwigten gelben Staube zu überziehen und denſelben bis zu einem gewiljen Grade zu erneuern, wenn er durch Abreiben verloren gegangen ift. Sie breiten fich über alle Erdteile aus, und die Larven der heimischen leben in den Stengeln verichiedener Stauden bohrend. Der lähmende Stengelbohrer (Lixus parapleeticus) ift ein eigentümlich ge= bauter Käfer, deſſen Geftalt unjere Abbildung vergegenwärtigt, deſſen Farbe, wenn der gelbe Überzug abgerieben, graubraun erjcheint; das Halsſchild ift äußerft fein runzelig punktiert und an dem Borderrande in der Augengegend lang bewimpert. Ihren Bei: namen hat die Art infolge der irrigen Anficht erhalten, daß die Pferde durch den Genuß der Larve gelähmt würden. Diejelbe lebt nämlich in den dien, hohlen Stengeln de3 Vferdefümmels (Phellandrium aquaticum, neuer: dings Oenanthe aquatica) gleichzeitig mit denen eines gelb- gejtreiften, grünen Blattfäfers (Helodes phellandrii), in Sium latifolium und anderen am Waſſer ftehenden Dol- den. Wenn man zur Blütezeit einen Heinen Wald der erſt— genannten am Nande eines Sumpfes näher ins Auge faßt, fann man einzelne Bohrlöcher von der Größe eines großen Schrotfornes daran entdeden. In ſolchem Falle flog der Vogel bereit3 aus, beim Spalten der unverlegten Stengel findet man zu dieſer Zeit loje in einem der inneren Fächer ruhende Buppen, eben ausgejchlüpfte, noch ganz weiche und weiße Käfer, aber auch volllommen ausgebildete, welchen nur noch übrigbleibt, jich herauszunagen. In jedem Face lebt nur ein Stengelbohrer, während die anderen Mit: bewohner in der Negel zahlreicher beiſammen getroffen werden. Lähmender —— Der Käfer überwintert in einem ſicheren Verſtecke in (Lixus paraplecticus) nebſt Puppe. 1x FE RR A 8 44 Natürliche Größe, der Nähe jolcher Orte, wo im Frühling die jungen Triebe der Futterpflanze aufſproſſen; ich habe ihn ſehr vollfommen und dicht beitäubt unter anderen am 30. September 1872 in einer mit jeiner Futterpflanze umjäumten, zu der Zeit faft ausgetrodneten Lache mafjenhaft mit dem Streifnege einge: fangen und zum Teil in feſt aufeinander figenden Pärchen. Auch im nächiten Frühjahr folgt nach anderen Beobachtern die Paarung. Werden jeine Wohnpläße vom Frühjahrs: waſſer überſchwemmt, jo zeigt er fich als geſchickter Schiffer oder Schwimmer. Er Friecht dann auch an der Pflanze in das Waſſer hinab, und hier unter demfelben legt das be= fruchtete Weibchen feine Eier einzeln. Es gejchieht dies zu einer Zeit, wo die wenigften jeiner Futterpflanzen jchon aus dem Waller herausgewachſen fein dürften. Damit er deren Hervorfommen nicht erſt abzuwarten brauche, hat die Natur ihn jo organifiert, daß er unter dem Wafjer jenes Gejchäft verrichten kann. Die Gabeljpishen an den Enden der Flügeldeden fommen außer ihm in diejer Ent— wicdelung nur noch einer Art zu, fie alle aber jtimmen in dem walzigen, mäßig langen Rüſſel, deifen Fühlerfurche nach der Kehle hin verläuft, überein. Die ovalen Augen jtehen frei vor dem Halsjchilde, deffen Hinterrand zweimal jeicht gebuchtet if. Das Schildchen fehlt; die Vorderſchenkel ruhen auf kurz zapfenförmigen Hüften, und die ſämtlichen Schienen laufen in einen furzen Hafen aus, mit welchem fie fich ſehr feit an ihre Unterlage an: Elammern. Sofort laſſen fie los und mit angezogenen Beinen fich fallen, wenn fie eine Ge: fahr bemerfen, Erſchütterung ihres Standortes fühlen 2c.; darum ftreift man fie jo leicht in das Netz, welches in mähender Bewegung die oberen Partien der Futterpflanze bearbeitet. Lähmender Stengelbohrer. Großer Fichtenrüffelfäfer. 145 Den bunten Heilipen (Heilipus) in Südamerika jehr nahe fteht die Gattung Pissodes, die Vertreter jener in den gemäßigten und falten Strichen der nördlichen Halb: fugel bildend. Die braunen, durch lichte Borſtenhaare gezeichneten Arten leben, wie die un— gemein ähnlichen Hylobien, auf Kojten der Nadelhölzer, welche fie, an den jungen Trieben jaugend, zur Saftzeit anzapfen. Der Saft fliegt aus den zahlreichen Löchern aus, die Rinde bläht und Löft fich und der Zweig ftirbt ab. Pflanzenfulturen werden hierdurch vor— zugsweiſe beeinträchtigt. Die beiden in diejer Beziehung als „Kulturverderber“ bei der Forft- verwaltung bejonders jchlecht angejchriebenen Käfer haben wir ©. 145 u. 147 abgebildet. Der große Fihtenrüffelfäfer oder große braune Nüjjelfäfer (Hylobius abie- tis) entjcheidet fih mit Vorliebe für Fichten und überwiegt an Größe, daher die Namen. Seine Körperform bedarf Feiner weiteren Grörterung, hin— fichtlih der Färbung ſei nur bemerkt, daß auf heller oder dunkler Faftanienbraunem Grunde die bindenartig gereihten Flecke rojtgelben Borftenhaaren ihren Uriprung verdanken. Drei mwejentlihe Merkmale unterjcheiden ihn von dem fol- genden: die nahe am Munde dem dideren Rüfjel angehef: teten Fühler, das ebene, dreiedige Schildchen und ein ziem— lich tiefer Ausschnitt im VBorderrande der Vorderbruft. Eine ſtumpfe Schwiele vor der Spitze jeder Flügeldede und die Dornſpitze, in welcher die Schienen nad) innen auslaufen, bat er mit dem folgenden gemein; der an jedem feiner dien Schenkel bemerfbare Zahn endlich unterjcheidet ihn von an- deren Gejinnungsgenofjen. Mit Hilfe jenes Schienendornes fönnen fich die trägen Käfer ungemein feithalten, jo daß es ſchwer und jogar jehmerzhaft wird, fie von einem Finger wieder los zu befommen. Die Hauptflugzeit des Käfers und mithin auch feine Paarung fällt in die Monate Mai und N Suni, doch finden fich vereinzelt geeinigte Pärchen auch > rn NN noch im September, ohne daß von diefer Zeit an das Brut- — RE geihäft ſeitens der Weibchen weiter verfolgt wird. Warn ri aus von einer Flugzeit gejprochen wird, jo meinte man damit Käfer auch vergrößert. die Zeit des allgemeinen Erjcheinens, ohne damit immer an Umberfliegen zu denken. Unſer Käfer fliegt bei Sonnenjchein und zieht fich namentlich be— hufs des Brutgejchäftes nach entfernter gelegenen Brutplägen, jobald jeine Geburtsftätte fih zu ſolchen nicht eignet; ift er aber an einem folchen angelangt, jo ſieht man ihn in trägen Marſche zu Fuße gehen oder an Stämmen und Zweigen jigen und frejfen. Wie bereits erwähnt, ift er ein Kulturverderber, indem er älteren Stämmen mit dider, här- terer Rinde nicht zu nahe fommt, jondern nur Shwache Rinde plaßweije benagt. Infolge der Verlegung dringt das Harz hervor, erhärtet und gibt dem Stämmchen oder dem Zweige ein unangenehm grindiges Anjehen, dem das VBergilben der Nadeln und das Abjterben der ganzen Pflanze nachfolgt. Während der Paarung befteigt das Fleinere Männchen das Weib: hen, beide verweilen längere Zeit in diefer Stellung und lafjen fih an Stämmen, Klaf: tern, Planken 2c. beobachten; it diejelbe vorüber, jo hört auch der Fraß allmählich auf, die Männden fterben, die Weibchen erft dann, wenn fie fi ihrer Eier entledigt haben. Die ſchmutzig weißen und durchfcheinenden Eier werden in die Nindenrige von Stöden, unterhalb des Wurzelfnotens, an die vorftehenden Wurzeln, namentlich aber an die Enden der abgehauenen Wurzeln, gelegt, und daher find Kiefern und Fichtenichläge, auf weites ren Flächen fi) ausdehnende mehr als kleine, die wahren Brutjtätten für diejen Käfer. Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 10 146 Erfte Ordnung: Käfer; dreiundzwanzigfte Familie: Rüffelkäfer. Die Larven ſchlüpfen 2—3 Wochen jpäter aus den Eiern und arbeiten fich in mehr oder weniger gefchlängeltem, mit ihrem Wachstum natürlich an Breite zunehmendem Gange bis auf den Eplint, bei dünner Ninde auch etwas in diejen hinein, verfolgen die Wurzel älte bis in die Erde hinab, bis 64 cm unter die Oberfläche gehend. Schließlich findet ic) am breiteften Ende des Ganges in einem Polſter von Bohripänen die Puppe. Über das Ausſehen diefer jowie der Larve bedarf es Feiner Worte weiter, da beide durch das Bild zur Anſchauung gebracht worden find. Was die Zeitdauer der Entwidelung anlangt, jo ift diefelbe Feine jo gleihmäßige, daß fie mit voller Beftimmtheit beurteilt werden Fünnte; denn im Winter findet man Larven, Puppen und Käfer, legtere unter Moos, Boden— ftreue, in Bohrlöchern anderer Infelten oder auch in der Erde. Und wenn von der einen Seite eine einjährige, von der anderen eine zweijährige Brut angenommen wird, jo können beide Teile recht haben, weil die Lage der Brutftätte, einige Wärmegrade mitt- lerer SJahrestemperatur mehr oder weniger, begünftigende oder verzögernde Witterungs- verhältniffe in dem einen oder dem anderen Jahre an denjelben Örtlichfeiten, früheres oder fpäteres Ablegen der Eier bei der Art, wie unſere Larve lebte, wohl von weſent— lihem Einfluß auf ihre ſchnelle oder verzögerte Entwidelung fein Eönnen. Nie wir gefehen haben, ift es bier nicht die Larve, fondern der Fraß des Käfers, welcher feine Echädlichkeit bedingt, und zwar unmittelbar durch das Töten der jungen Pflanzen oder mittelbar dadurch, daß der Kleine Kiefernrüfjelfäfer oder Borkenkäfer an- aclocdt werden und das Zerftörungswerf, ein jeder in feiner Weife, fortjegen. Die empfind- lichſte Fraßweiſe des Käfers ift bereits erwähnt worden; er benagt aber auch Knoſpen, welche dann nicht zu einer Entwidelung gelangen fünnen, junge Maitriebe, welche der Mind leiht umbricht und geht mit den geringiten Beſchädigungen aud an die Knojpen. junfer Birken, Eljen und Eberejchen. Am fiherften beugt man den Beihädigungen vor, wenn man mit dem Wiederanbau der eben durch Abtrieb entftandenen Blößen 2—3 Jahre wartet, weil dann die in den Stöcken und Wurzeln der geihlagenen Stämme vorhanden gewejene Brut nicht mehr zu finden ift und der ihr entjproffene Käfer in Ermangelung von Nahrung für id) andere Stellen hat auffuchen müfjen. Dieje Vorfichtsmaßregel ift namentlich im Harz mit bejtem Erfolge in Anwendung gebracht worden, andere übergehen wir hier mit Stillſchweigen, weil wir nicht für den Forftichugbeamten ſchreiben. Nur des wichtigſten Vertilgungs- mittels für den bereit$ vorhandenen Käfer fei noch in der Kürze gedacht. Man legt Fangrinde und Fangkloben aus und jammelt in den frühen Morgen» und jpäteren Nahmittagsftunden die fih gern hier anhäufenden Käfer. Als Fangrinde eignet ſich die länger frifch bleibende der Kiefer beſſer als die früher trodnende der Fichte. Es werden Pindenftreifen nad innen eingefnidt und mit der Innenfeite der Erde zugefehrt hingelegt, an einem Ende unter Umftänden auch durch einen Stein beſchwert, damit die Lage gefichert bleibt. Im Königreih Sachen wurden 1855 in ſämtlichen Staatsforiten auf folche Weile 6,703,747 Stüd Käfer mit einem Koftenaufwande von 1933 Thlr. 20'/s Ngr. und im Sahre zuvor 7,043,375 Käfer für 2001 Thlr. 6/ı Ngr. vom 1. Mai bis 15. Juli ein— gefammelt, wobei der 30. Mai den reichlichten Ertrag geliefert hat. Der kleine braune Fihtenrüffelfäfer (Hylobius pinastri) ift um die Hälfte Eleiner und durch die blaffer gelbe Behaarung weniger binden= als fledenartig gezeichnet. Er fommt nach des Forftrates Kellner Beobachtungen häufig im Thüringer Walde (auf ſechs große fam ein Eleiner) vor und jchadet in gleiher Weife, doch ſoll er fich durch größere Flug: fertigfeit und dur den Aufenthalt auf höheren Bäumen vor dem großen auszeichnen. Der Kleine Kiefernrüfjelfäfer oder Weißpunftrüfjelfäfer (Pissodes nota- tus) ftellt fih uns als zweiter und gefährlicherer „Rulturverderber” ©. 147 ebenfall3 vor. Kleiner brauner Fichtenrüſſelkäfer. Kleiner Kiefernrüffelfäfer. 147 Er unterjcheidet fih im Wejen von dem großen Fichtenrüßler dur) die in der Mitte des dünneren Nüffels angehefteten Fühler, durch ein rundes und erhabenes Schildchen und durch eine einfache, d. h. nicht ausgefchnittene Vorderbruft. Auch er hat eine braune, bald mehr in Gelb, bald mehr in Rot ziehende Körperfarbe. Die lichten, faſt weißen Borſten— büſchel, von welchen einige auf dem gefielten Halsjchilde ftehen, gruppieren fi) auf den Flügeldeden zu größeren FJleden vor der Mitte, bindenartig Hinter derjelben. Die helle Zeihnung war nicht bei allen in der Anlage die— felbe und ändert fich über: dies durch Abreiben der Borften. Häufig kann das Verſchwinden folder Haar: oder Schuppenzeichnungen einem alten, vom Zahne der Zeit benagten Nüfjelfäfer ein weſentlich verfchiedenes Anjehen von dem jugendlich friihen verleihen. Unfer Pissodes notatus läßt ſich unter mehreren anderen Gattungsgenofjen an der ungleichen Bunftierung jei- ner Flügeldeden erfennen. Die Punkte nämlich, welche in Streifen über diejelben binziehen, werden auf der Mitte der Deden viel größer und nehmen eine beinahe vieredige Geftalt an gegen die Fleineren und runden ringsum. Wie der große braune Rüſſelkäfer, erſcheint auch dieſer kleine im Mai, jedoch Kleiner Kiefernrüſſelkäfer (Pissodes notatus) an einer Kiefer thätig, deren in größerer Menge und in untere Partie entrindet iſt, um das Puppenlager zu verſinnlichen. Außerdem Käfer, weiterer Verbreitung als Larve und Puppe etwas vergrößert. jener. Anfangs geht er nur dem Fraße nach, indem er die Rinde der Kiefern und Weimutskiefern, ſeltener der Lärchen und Fichten anſticht, den Rüſſel verſenkt und nur wenig Nahrung herauszieht, ſo daß er viele Wunden beibringt. Dieſe gleichen groben Nadelſtichen und veranlaſſen infolge des Harzausfluſſes grindiges Anſehen der Oberfläche. Meiſt hält er ſich an 4= bis Sjährige Pflanzen, verihmäht aber, in Ermangelung diejer auch ältere, bis 30 jährige, nicht. Werden nun die Tage anhaltend wärmer, jo nimmt die Lebendigkeit des Käfer zu, und die Paarung erfolgt in derjelben Weiſe und an den gleichen Orten, wie es bei dem großen angegeben worden iſt, beim Ablegen der Eier untericheiden fich beide mwejentlid. Das Weibchen diefer Art ſucht nicht nur Fränklihe Stangenhölzer von 15= bis 30jährigem Alter, unterdrüdte Stämme noch höheren Alters auf, fondern auch gejunde und nur jehr ausnahmsweije Wurzeljtöde oder aufgeklaftertes Holz. Die Larvengänge beginnen meijt 10* 148 Erjte Ordnung: Käfer; dreiundzwanzigfte Familie: Rüſſelkäfer. unterhalb des eriten Quirles oder noch etwas höher und ziehen fih, unregelmäßig ſchwach gejchlängelt und nach und nach breiter werdend, unterhalb der Rinde weiter nach abwärts. Der Raum ift nicht hohl, jondern mit braun und weiß gejchedten, wurſtähn— lihen Abfällen erfüllt. Am Ende derjelben macht die Larve bei dünner Ninde eine eifürmige, tief in das Holz eingreifende Grube, welche in ſchwachen Stämmen jogar das Mark trifft, bereitet um fich aus den weichen Abnagjeln ein jeharpieähnliches Polſter und wird in demjelben zur Puppe. Dieje ruht nur wenige Wochen, und meift bohrt fich der Käfer durch ein Flugloch, wie mit Schrot Nr. 6 oder 7 geſchoſſen, gegen den Herbit noch heraus, verfriecht fich jedoch, um zu überwintern, jpäter wieder am Stammende in den Rindenrifjen, zwijchen Moos und Bodenſtreu. Bei der ungleichen Entwidelung bleiben aud Larven und Nuppen den Winter über im Lager zurüd. Selbſt in vorjährigen Zapfen ſehr dürftig erwachjener Kiefern hat man die Zarven vereinzelt oder bis zu dreien angetroffen. Meil der Käfer feine ganze Thätigkeit gern auf einen und denjelben Baum bejchränft, an demjelben frißt, dem er auch die Brut anvertraut, jo wird er, bejonders den jungen Nlanzen, Schnell verderblich, zumal wenn allerlei anderes Gefindel mit ihm im Bunde fteht. Darum ift ein wachſames Auge auf ihn nötig und das jofortige Wegſchaffen der befallenen Pflanzen unerläßlich. Noch eine Reihe weiterer Arten derjelben Gattung kommen für den Forſtmann in Betracht, doch würde ihre nähere Unterjcheidung uns hier zu weit führen. Die Spitzmäuschen (Apion) find Eleine, zierliche Käferchen, von deren gegen 400 auf der ganzen Erde verbreiteten Arten man einzelne das ganze Jahr jehen fann; denn, aus ihrem Winterjchlafe erwacht, Stellen ſich etliche von ihnen auf den Sträuchern ein, jobald diefe zu grünen beginnen, und mit dem fallenden Laube gehen fie ſchlafen; andere Eriechen an niederen Pflanzen umber, von denen nicht nur fie, jondern auch ihre Larven fich er: nähren, furz fie find überall, nur wegen ihrer Kleinheit oft unbemerkt. Der Körper ift birnförmig, hinten am didjten, vorn in einen dünnen, walzigen Nüfjel verlaufend, welcher beim Weibchen länger und ſchwächer zu fein pflegt als beim Männchen, bei einigen aud) in der Wurzelhälfte dider fein kann als in der Spigenhälfte. Er trägt an jeiner Wurzel oder in der Mitte die feulenförmigen, nicht gebrochenen Fühler. Das Halsjchild, immer länger als breit, ift vollkommen walzig oder etwas fegelfürmig, das Schildchen punkt— fürmig. Die Schenkel find mäßig gefeult und unbewehrt, die Schienen gerade, die Füße ſchlank. Der zweite Bauchring, vom erjten nur durch eine jehr feine Naht getrennt, über: trifft die beiden folgenden zufammengenommen an Länge. Der Körper bleibt ohne Zeich- nung, hat häufig ae in Echwarz, Blau oder Grün, es fommen auch mennigrote Arten Rt — vor; die Flügeldecken pflegen tief gefurcht zu ſein. Bei dieſer Einförmigkeit und Kleinheit iſt die Unter— ſcheidung vieler Arten mit bedeutenden Schwierig— keiten verbunden. Das ſonneliebende Spitzmäuschen (Apion apricans) hat einen durchweg gleich dicken, wenig gebogenen Rüſſel, welcher die Fühler in der Mitte I > trägt, ein nach vorn verengertes, dicht punftiertes Sonneliebendes Spitzmäuschen (Apin Halsſchild. Die Flügeldeden find Fugelig:eiförmig, AprieaneJ ap ee Groͤße, Käfer punktiert geftreift, die Zwiſchenräume ſchwach ge: wölbt. Das glänzend ſchwarze Käferhen hat rot= gelbe Fühlerwurzel, dergleihen Worderbeine und Schenkel an den übrigen Beinen, jedocd) die Kniee aller find fchmal ſchwarz wie die ganzen Füße. Nach der Überwinterung paaren fich die Sonneliebendes Spigmäusden Haſel-Dickkopfkäfer. 149 Käfer. Das Weibchen legt hierauf mehrere Eier an den Blütenftand des Kopfflees und gewiß auch anderer Kleearten. Zur Zeit des erjten Schnittes find die Larven erwachſen und verpuppen fich zwijchen den Blüten des Köpfchens. Ob in demjelben Sahre eine zweite Brut zuftandefommt, kann ich nicht behaupten. Apion assimile und A. trifolii führen diejelbe Lebensweife, und von manchen anderen weiß man, daß fie auf ganz ähn: lihe Art in Sämereien, bejonders von Schmetterlingsblümlern, leben und fi daſelbſt auch verpuppen, oder bohrend in Stengeln. So frißt die Larve von Apion craccae die Samen der Bogelwiden (Vicia cracca), jenes das Getreide jtellenweile überwuchernden Unfrautes, A. ulieis (auch ilieis) die des Gaspeldornes (Ulex europaeus), das nord» amerifanijhe A. Sayi die Körner der Baptisia tinctoria. Apion flavipes lebt in den Köpfen des holländiichen weißen Klees, Apion ulicicola erzeugt Gallen an Ulex nanus, in denen die Larve übermwintert und fich verpuppt. Apion radiolus bohrt in den Stengeln von Malvengewächſen over der Nainfajer (Tanacetum vulgare) und verpuppt fi) darin. Die zahlreihen Arten auf den Sträuchern entwideln fich jedenfalls hier auf eine noch un befannte Weiſe. Die Larven, welche man kennt, jehen einander jo ähnlih, daß man fie nur ſchwer unter dem Mikroſkop unterjcheiden kann Snfolge der geraden (nicht gefnieten) Fühler Schließen ſich einige Nüfjelfäfergattungen unmittelbar an die Spigmäuschen an und bieten durch die Brutpflege ihrer Weibchen ein um jo höheres Intereſſe, als ſolche Erſcheinungen bei Käfern außerordentlich felten vorfommen. Um ihrer Brut die nötigen Lebensbedingungen zu verjchaffen, richten die Weibchen die für jene bejtimmten Pflanzenteile befonders zu, jorgen, um den Endzwed der verjchiedenartigiten Vorbereitungen in einen einzigen Begriff zu fafjen, für deren Ab- welfen, und lehren uns hierdurch, daß die Larve der welfen oder troden gewordenen höchſtens unter dem Einfluß wäſſeriger Niederichläge aus der Luft wieder etwas an: gefeuchteter Nahrung bedarf. Die Darlegung einiger beitimmter Fälle und der Gewohn— heiten bejtimmter Arten wird daS Gejagte beitätigen und zu klarerer Anſchauung bringen. Der Hafel-Didfopffäfer (Apoderus coryli, Abbildung ©. 152, Fig. 2), ein glänzend Ichwarzes, am Vorderrüden, den punftitreifigen, in den Zwiſchenräumen gerun: zelten Slügeldeden und an den Schenfeln, mit Ausnahme ihrer Spigen, rotes Käferchen von 6,5 bis faſt 9 mm Länge, hat einen Furzen, dien, wie ein Knötchen vor dem Kopfe figenden Rüſſel, welcher an jeiner Oberjeite die feulenförmigen, ungebrochenen Fühler trägt, einen balsartig hinter den glogenden Augen verengerten Kopf, einen fegelförmigen, vorn eingeſchnürten Halsring, ein großes, queres Schildchen und vorn geradlinige, das Hals: Ichild überragende Flügeldeden, welche fich hinten breit abrunden, fo daß fie den Steiß unbevedt laſſen. Die zapfenförmigen VBorderhüften berühren fich und tragen, wie die übrigen voneinander abgerücten, feulenförmige, wehrloje Schenkel, dieje gerade (bei anderen etwas gebogene) Schienen, welche beim Männchen in einen, beim Weibchen in zwei Hafen aus: laufen, und die Endglieder der Füße an der Wurzel aneinander liegende Klauen. Die beiden eriten Bauchringe find miteinander verwachſen. Diejer Käfer ift in ganz Deutjchland und nördlich davon, in Schweden, gemein. Sn manchen Jahren erjcheint er meift um die Mitte des Mai (1872 begegnete ich ihm einzeln Ihon am 24. April) auf Hajeln, niederem Eihengebüfch, Ellern, Buchen und Hainbuchen, jofern fie in Bufchform auftreten. Sein Fraß an den betreffenden Laubhölzern ijt ohne Bedeutung, dagegen fallen die von den Weibchen ausgeführten Widel von der Form einer kleinen Geldrolle auf, deren zwei, drei und manchmal noch mehr an einem größeren Blatte figen und dieſes als Ernährungswerkzeug der Pflanze vollftändig außer Tätigkeit jegen. In unjerem Nachbarwalde, dem die beiden legtgenannten Holzarten volljtändig fehlen, werden 150 Erſte Ordnung: Käfer; dreiundzwanzigfte Familie: Rüſſelkäfer. fait ausichließlich die großen Blätter der Eichenitodtriebe biS auf einen geringen Flächen: rückſtand in dergleichen Widel verwandelt, und zwar von diejer Art und von dem naher zu erwähnenden Afterrüſſelkäfer. Zu diefem Behufe jchneidet das Weibchen in einiger Ent- fernung vom Blattitiele die eine Hälfte, die Mittelvippe, und von da noch etwas weiter in die weite Hälfte der Fläche quer ein und widelt den jo entjtandenen Fetzen, welcher durch Ab- welfen ichlaff geworden ift, in der Weife, daß die Mittelrippe in der Längsachſe liegt, Die Spige des Blattes und des Abjchnittes desfelben umgefhlagen und eingebogen den unteren und oberen Verſchluß bilden. Zwiſchen den Falten der Rolle, meift in der Spigennähe, liegt das bernfteingelbe Eichen, bisweilen auch ihrer zwei, ja drei, die entjchieden während des Wickelns und nicht erit in das bereits fertige Döschen gelegt werden. Daß ein Weibchen eine größere Anzahl von Wideln anfertigt und hierzu längere Zeit braucht, die Eier mithin in Moden auseinander liegenden Zeitabjchnitten gelegt werden, verſteht ſich von jelbjt. Iſt die Witterung von der zweiten Hälfte des Mai an und während des Juni warm und wind: fill, jo geht das Brutgeſchäft rüftig von ftatten, und die Widel mehren fih zujehends. Dom Inneren des trodenen, höchjtens durch Negen oder Tau vorübergehend angefeuch— teten Wickels ernährt ſich die Larve und verwandelt es allmählich in fadenförmig gejchlängelten Kot von Shwarzer Farbe. In den meiften Fällen dürfte die Rolle mit dem jchlecht ernährten Blatte abgefallen jein, ehe die Larve erwachſen ift, wenigitens habe ich in den Wideln, welche in der zweiten Hälfte des September 1871 eingefanmelt und auf mäßig feucht gehaltenen Sand gelegt worden waren, noch am 25. April 1872 erwachfene, lebende Larven angetroffen, woraus ich ſchließen möchte, daß fie fich auch hier verpuppen. Troß der zahlreichen Blätter, welche über Winter an den reich mit Wideln verjehenen Büfchen noch haften, war auch nicht eins mit ſolchen mehr zu finden, weder am Eichenbujche, noch an der Erde. Die Angabe Ratzeburgs, daß der Käfer einer Sommerbrut ſchon im Auguft fertig jei, wieder widele und daß dann die junge Larve im Wickel überwintere, ſcheint, wenn richtig, nur zu den Ausnahmen zu gehören. Ich habe nie Widel mit Flug: oder Schlupflödern an den Büſchen beobachtet, jondern nur zahlreiche, im Inneren nicht ausgefreffene, deren Eier mithin nicht zur Entwidelung gelangt jein konnten. Sollte nidt auch nad) dem Winter der Nahrungsſtoff für die Larven wejentlich ver: ändert fein im Vergleiche zu dem im trodenen Widel während des Sommers gebotenen? Die Larve ift dottergelb und jo jtark gekrümmt, daß fie in der Mitte zufammengeklappt erſcheint; die Wüljte der drei eriten Körperringe treten nad) unten, die des 4.—6. Ringes auf dem Nücen ftärfer hervor als an dem übrigen Körperteile und find mit Borſtenhärchen bejegt. Der graubraune, an den Freßwerkzeugen dunflere und etwas zugejchärfte Kopf Iteht jchief vor. Wegen der ſcharf eingefrümmten Stellung fieht man ihr Sanghaljiger Didtopfrügler ihre Körperlänge von Il mm nicht an. en. on Der langhaljige Didfopfrüßler (Apoderus longi- collis), eine javanijche Art, jteht der unferigen jonjt nahe und wäre auch nicht größer, wenn fich der lange Hals nicht übermäßig verlängerte, bejonders beim Männchen, welches Fabricius für eine bejondere Art hielt und als Apoderus cygnus in die Wiſſenſchaft einführte, ein Schwan in Wahrheit, was die Halsbildung anlangt. Ich konnte mir nicht verjagen, dieſes eigentümlihe Wejen vorzuführen. Der Afterrüjjelfäfer (Attelabus curculionoides, Abbildung ©. 152, Fig. 1) gleiht dem Hafel-Didkopfrüßler in Körperbau und Lebensweije, fällt aber in eriterer Zanghaljiger Dickkopfrüßler. Afterrüfjelfäfer. Stahlblauer Rebenſtecher. 151 Hinfiht durch jeine gedrungene Form und die nahezu halbfugelige Oberfläche auf. Der Rüſſel iſt dickwalzig, fait jo lang wie der hinten nicht halsartig verengerte Kopf und trägt nahe feiner Wurzel, mehr oberjeits, in tiefer Grube die ungebrochenen, in einen dreigliederigen Knopf auslaufenden Fühler. Das Halsſchild ift fait halbfugelig und wie poliert, das Schildchen beinahe quadratiih. Die in den Umriffen vieredigen Flügelveden find hoch gewölbt, breiter als das Halsfhild, hinten einzeln gerundet, jo daß der Steiß fichtbar bleibt, auf der Oberflähe ſchwach und etwas runzelig punftftreifig, in den Zwiſchenräumen noch feiner punftiert. Die Schenkel find did, die Schienen am Ende zweihatig und die vorderiten an der Innenſeite jägezähnig. Der Käfer ift glänzend jchwarz, an Flügeldecken und Halsihild alänzend rot und meilt auch an der Fühlerwurzel rot. Dom Mai bis Juli findet man ihn auf Eihengebüfh, wo das Weibchen genau eben ſolche Widel für ein Ei anfertigt, wie der vorige. Sch ſammelte beide zujammen, fie für die Wicel jenes haltend, und überzeugte mich erſt durch die Verjchiedenheit der Larven davon, daß ich es mit zwei Arten zu thun habe. Die Larve ift nämlich in allen ihren Gliedern gleichmäßig querrunzelig, jehr ſchwach behaart; der Kopf fißt tief im erjten großen, auf dem quer vieredigen Rüden glatten Glieve, und die Körperfarbe ift nicht dottergelb, fondern jhmußig weiß. Am 30. Juni wurden Käfer bei Anfertigung der Widel von mir betroffen, fertige Widel eingetragen, in denen ſich nur ein, und zwar fugelrundes, grünlich gelbes Ei vorfand. Die in der zweiten Hälfte des September abermals eingejammelten Döschen zeigten bei einer Durchmufterung am 6. November je ein Bohrloch, weil die Larve in den unten liegenden Sand zu weiterer Verwandlung eingedrungen war, während die unverlegten der vorigen Art angehörten. Aus diefen Wahrnehmungen geht der weitere Unterſchied zwijchen den beiden verwandten Arten hervor, daß die Verpuppung der Larven des Afterrüfjelfäfers in der Erde erfolgt. Die drei genannten Arten ftehen mit der finnreihen Gewohnheit, ihren Larven ein Häuschen zu bauen, nicht vereinzelt da. Man kennt noch eine Anzahl anderer, darum Blattroller (Rhynchites) genannt, obſchon nicht alle Gattungsgenofjen das Nollen veritehen. Die Rhynchiten verbreiten fih mit Ausnahme Auftraliens über die ganze Erdoberfläche, vorzugsweije aber über die nördliche Halbfugel der Alten Welt. Sie find alle zeichnungsloje Käfer von durchjchnittlih der Größe der vorigen, fommen auch Eleiner vor und glänzen meiſt metalliich in Blau, Grün, Kupferrot, Bronzebraun. Ihr fegelförmiger Kopf bleibt ohne halsartige Berengerung, trägt die Augen vorn an der Wurzel des Rüljels, diejer tritt mehr oder weniger lang hervor, ijt fadenförmig oder gedrunger, meijt etwas gebogen und führt ungefähr in feiner Mitte die ungebrochenen, in eine dreigliederige, hinten durchblätterte Keule allmählich verdidten Fühler. Das Halsſchild ſchnürt ſich vorn und hinten ein, das Schildchen fteht quer. Die Flügeldeden, immer breiter al$ jenes, find kürzer oder länger, mäßig gewölbt und runden fich hinten in einer Weiſe ab, daß fait immer der Steiß fihtbar bleibt. Die zapfenförmigen Hüften der Vorderbeine berühren jich, nicht die Fugeligen der übrigen. Die Käfer fliegen gern bei Sonnenſchein und lajjen ſich mit eingezogenen Gliedmaßen wie tot niederfallen, wenn fie die Annäherung eines Men— ſchen, die Erjcehütterung ihres Standortes oder jonjt etwas bemerken, was jie im ihrer Ruhe jtören könnte. Das Einfangen kann daher nur mit großer Vorficht und Unterhalten der Hand oder eines anderen Gegenjtandes erfolgen, wenn die andere fi zum Zufaſſen anjchidt. Der ftahlblaue Rebenſtecher, Zapfenwidler, Bogenfteher, Birkenfreund, Drebsler, Pfeifenfäfer (Rhynchites betuleti, Abbildung ©. 152, Fig. 3), it blau, bisweilen goldgrün, glänzend und unbehaart; der Nüffel erreicht nicht die Länge von Kopf und Halsjchild zufammengenommen, der Kopf ijt zwijchen den Augen flach ausgehöhlt, das 152 Erſte Ordnung: Käfer; dreiundzwanzigite Familie: Rüſſelkäfer. Halsichild jo lang wie in der Mitte breit, dicht und fein punftiert wie die Flügeldeden, aber nicht runzelig, vorn ſchwach niedergedrückt, mit Andeutung einer Zängsfurde, außerdem nur beim Männchen mit je einem nad) vorn gerichteten, feitlihen Bruſtdorn verjehen. Diefer Käfer widelt an den verjchiedeniten Bäumen und Sträuchern oft mehrere Blätter in eine Rolle zufanımen. Er erjcheint im Mai und Juni, im Walde auf Buchen, Ejpen, Linden, mehreren Weidenarten und Birken, außerhalb desjelben auf kanadiſchen Pappeln, Birn- bäumen, Quitten und Weinftöden. Darin, daß er die weichen, Frautartigen Teile zur Nahrung aufjuht, junge Blätter zur Anfertigung der Brutrollen wählt, jcheint der Grund feiner mannigfaltigen Aufenthaltsorte zu liegen. Indem er die jungen Schofje anfticht und dadurch das Abwelfen der Spise veranlagt, kann er an Birnbäumen, ganz bejonders 1) ee eeler (Attelabus eurculionoides), 2) Haſel-Dickkopfkäfer (Apoderus coryli), 3) ftahlblauer Reben— fteer (Rhynchites betuleti), 4) Bappelfteher (Rhynchites populi), 5) ſchwarzer Birkenſtecher (Rhynchites betulae). Natürliche Größe. aber auch am Weinjtode dann große Verwüftungen anrichten, wenn er in Menge vor: handen ift; auch ſchabt er, mit dem Rüſſel vorgehend, ſchmale Streifchen von der Haut jamt dem Blattgrün auf der Oberjeite der Blätter ab und läßt nur die der Unterjeite zurüd, wenn er feine jungen Blätter mehr findet. Die zigarrenförmigen Brutwidel werden an den verjchiedenen Pflanzen auf verfchiedene Weiſe angefertigt, die kleineren Blätter der Buchen, Birnen, Weiden erfordern eine Mehrzahl, bei der Duitte, dem Weinjtode reicht eins aus; duch Anftehen des jungen Triebes, oder wo diejes nicht paßt, der Stiele. von den einzelnen Blättern wird diefen der Saftzufluß genommen, fie fangen an zu welfen und werden gefügig zum Wideln. Wir können es uns nicht verjagen, die interejjante Beobadhtung Nördlingers hier wiederzugeben: „Am 12. Juni (1856) Morgens 91/s Uhr“, berichtet der Genannte, „bei warmem Sonnenfchein, aber bewegter Luft, bemerften wir einen Rebenſtecher auf einer kanadiſchen Pappel an einem Seitenjchofje; an ſolchen widelt er nämlich bejonders gern, weil die Blätter daran näher beifammenjtehen und ihm viel- leiht auch weniger raſch unter der Arbeit entwadhjen. ES war ein weiblicher Käfer, denn es fehlten ihm am Bruftitücde die beiden Dornen, die neben häuftg Eleinerer Statur die Auszeichnung des Männchens find. Der Käfer lief emſig auf mehreren Gipfelblättern umber, welde etwas welf herabhingen. Dies die Folge eines Bohrloches, welches er am frühen Morgen oder ſchon tags zuvor am Schofje angebracht hatte, um dieſem den zu: fliegenden Saft abzujchneivden. Ohne Zweifel in derjelben Abjiht, und um den Schoß Stahlblauer Rebenfteder: Anfertigung der Brutrolle. 153 nachher biegjamer zu machen, hatte er ihn im feiner ganzen Länge leicht, aber eng quer eingeferbt. „Der Schoß, ſoweit er durch das angeführte Abzapfen des Saftes zur Anfertigung einer Brutrolle beftimmt war, beſtand aus einem ausgewachjenen, noch ziemlich friſchen und fteifen Blatte, einem unausgewachſenen von der Größe eines Ejpenblattes, bereits ziemlich welt, einem noch kleineren, etwa von der Größe eines perſiſchen Syringablättcheng, frifch und wie die weiteren zwei Blätteranfänge von vegetabiliſchem Safte überzogen, daher zum Nollen noch jehr wenig geeignet. Auf den Blättern einzeln da und dort finden fich Kleine Frümelige ſchwarze Erfremente. Ohne Zweifel, weil am meijten welt und bieg- jam, wurde das unausgewachjene Blatt von Ejpenlaubgröße der bejondere Gegenitand feiner Aufmerkjamfeit. Mit ihm wollte er offenbar die Brutrolle beginnen, denn er klam— merte fi) mit den Beinen daran feſt und drüdte, um es nachgiebiger zu machen, den Rüſſel kräftig dagegen. So oft und an jo vielen Stellen er e8 aber wiederholte, war auch immer noch nichts mit dem Blatte anzufangen. Daher befuchte er num alle Blätter des Gipfels, vermutlih um fich zu überzeugen, daß auch mit ihnen der Anfang nicht gemacht werden könne. Wieder verjuchte er vergeblich den Nand des oben bezeichneten Blattes einzurollen. Wir fürchteten, die Geduld gehe ihm aus. Doch nein! Der Käfer Ichreitet auf das kaum welfende, ausgewachſene Blatt und ftärkt fih durch etwas ab- geichabtes Blattgrün, Fehrt aber bald zurüd, um den früheren Wicelverfuch zu wieder: holen. Nochmals vergeblih! Ungeduldig verläßt er das Blatt. Er will auf ein benach— bartes, geht aber dahin nicht, wie zuvor, auf dem Umwege über den DBlattitiel, jondern [egt fich verwegen, nur auf die Hinterbeine gejtügt, mit dem ganzen Körper wagerecht hinaus, um das Blatt zu ergreifen. Auf diefem hält er, vielleicht durch unjere Nähe erſchreckt, plötzlich ftill, ſtreckt ſpähend jeine Fühler unter jpigem Winkel in die Luft, Tehrt aber bald wieder zu jeinem unruhigen Wandel zurüd. Mehrmals ftiht er mit dem Rüſſel in die Blattftiele, vielleiht um deren Abwelfen und Biegjamkeit zu bejchleunigen. Er jucht wieder das alte Blatt auf. Noch iſt aber damit nichts anzufangen, jo dab er auf das zunächſt unterhalb der Bohritelle jtehende geſunde Blatt jteigt, um abermals zu weiden, Beinahe ganz durch das Blatt frißt er das Grün auf der Oberjeite weg, nicht, wie jonit, ein ſchmales Streifchen, jondern ein größeres, ziemlich rundes Bläschen. — Da brauit ein plumper Gartenlaubfäfer heran und würde das ſchöne Gejchöpf herabgeworfen haben, hätten wir nicht den ungeſchickten Stoß abgefangen. Der ftugende Käfer macht fich nicht viel daraus, wenigitens begibt er ſich wieder auf feinen legten Weideplag, ält jih und ruht 5 Minuten aus. Sodann aber, nach wiederholtem Begang aller welfenden Blätter, kehrt er zum urjprüng: lichen Blatte zurüd, an dem er ſchon jo oft Kraft und Kunſt umſonſt verfucht, und drückt Die beginnende Falte an beiden Enden mit dem Nüfjel an. Schon bildet fich eine Art Tute. Er friecht in dieje hinein, noch ſcheint er aber damit nicht zufrieden; denn er verläßt ſie wieder, läuft hin und her und fticht ein paarmal in den Blattjtiel. Jetzt aber klammert er jich mit allen Beinen auf der Falte feit, drückt mit dem Rüſſel ftarf an und wiederholt dies mehrmals, bis auf einmal die Rolle entjchievenen Fortichritt macht, obgleich der Kafer immer und in diefem Augenblide durch den Wind und die eigentümlich unjtete Bewegung der Pappelblätter gehindert wird. In wenigen Minuten ift die Hälfte des Blattes zur Rolle geworden. Sogleich fährt er mit der anderen Hälfte fort; allein mitten im beiten Zuge bricht er ab, ohne Zweifel überzeugt, daß er auf die angefangene Weije nicht zu Ende fommen werde, und fährt auf andere Weije fort. Deutlich konnte man bemerken, wie er hin und wieder den Nand der zweiten Blatthälfte durch eine Eleberige, durch Neiben Des Hinterteiles am Blattrande fich jparfam aus erfterem ergießende Flüſſigkeit anklebte und durch Hin= und Herreiben mit dem Hinterteile befeftigte, jozujagen fejtbügelte. Merkwürdig 154 Erjte Ordnung: Käfer; dreiundzmanzigfte Familie: Rüfjelfäfer. anzujehen war, wie der Käfer das Blatt jelbjt auf der platten Fläche mit feinen Krallen: bäfchen zu faſſen und vermöge jeiner Fräftigen Beine herabzuziehen vermochte. „Jun hängt die erite Blattrolle da, aber noch bat fie Gipfel und Unebenheiten, die durch Andrücken des Rüſſels und das geichilderte Anleimen bejeitigt werden. Etwas unter dem Aufhängungspunfte des Widels am Blattitiele beißt der Käfer ein tiefes Zoch in die Rolle, wobei der lange Rüſſel ganz verjchwindet. Nachdem er wieder herausgezogen iſt, kehrt ſich der Käfer um, das Hinterteil auf das Bohrloch jenkend, während Brut und noch mehr der Kopf hoch erhaben find. Solches und die tief geſenkte Lage von Rüſſel und Fühlern befunden, daß etwas ganz Bejonderes gejchehe — das Ablegen eines Eies. Es dauerte etwa 8 Sekunden. Schnell fehrt fich darauf der Käfer um, berichtigt mit dem NRüffel die Lage des Eies in dem Bohrlodhe und jchreitet jodann zu der Vergrößerung der Nolle, um welche das zunächſt ältere Blatt gewicelt werden joll. Bedurfte es zuvor ſchon vieler Kraft, jo bedarf es jetzt noch bejonderer Intelligenz. Bald verjchwindet der Käfer unter einem Blattlappen, bald jteigt er außen auf und ab, und während man anfangs wenig Plan in diefem gejchäftigen Überall und Nirgends zu erkennen glaubt, geht von einem gewiljen Zeitpunkte an die Rolle des zweiten Blattes jchnell von jtatten. Man ſieht mit wahrem Vergnügen, wie jich der zweite Yappen des Blattes vollends anlegt, herangezogen durch die Beine des Käfers und mit dem Hinterleibe am Rande angeleimt und fejtgebügelt. Mit Sorgfalt und durch diejfelben Mittel werden die etwas jähnenden Enden der Nolle geichloffen, etwa wie eine Geldrolle, wobei Beine und Rüſſel die Finger, die Eleberige Materie das Siegellad, Hinterteil aber Siegeljtod und Bügeleijen in einem Stüde bilden. Um 11 Uhr war die nun aus zwei Blättern bejtehende Rolle fertig. „Auf der Stelle juchte der fleifige Käfer das dritte nächſt kleinere Blatt heranzu— bringen. Er windet e3 fräftig im Spiral um die Wolle, läßt aber plötzlich mit Laune nad, um einen furzen Gang zu machen, und geht erjt nachher wieder ans Gejchäft, jo zwar, daß in 6 Minuten das Blatt im Widel ift. Set nimmt der Käfer jchnell eine verwegene, jeiner früheren ähnliche Stellung an, bei der er fejt mit dem Nüden an die Rolle gelehnt ift und von den Hinterbeinen gehalten wird. So ergreift er das fünfte Kleine Blatt, zieht e3 heran und leimt es feit. Das Blättchen aber iſt nicht welf, von der be: fannten Feuchtigkeit der jüngjten Pappelblätter überzogen und läßt deshalb nad. Er er: greift daher das vorlegte, vierte Blättchen, jtredt es Fräftig in die Länge und biegt e2. Zu jeinem Verdruſſe weicht auch diefes, wie das fünfte, jo daß er fich entjchließt, beide beijeite zu jegen und das Rollen des nächſt großen frischen Blattes vorzubereiten, auf dem er bis jegt bloß gefrejjen hatte. Vorher jedoch vergönnt er ſich ein paar Minuten und thut fich abermals auf der Blattfläche gütlich. Jetzt jcehneidet er, mit dem Rüſſel zwidend, auf 1 cm Entfernung vom Schoffe, mit dem Kopfe gegen diejen gerichtet, den Blattjtiel großenteil$ durch. Die Richtung des Rüſſels wechjelt oft bei der Arbeit, die Fühler jind geſenkt und betaften den Stumpf des Blattjtieles. Die Arbeit dauert volle 9 Minuten, worauf der Käfer in den langen Stielteil des bereits herabhängenden Blattes, wohl um ihn etwas zu lähmen, mehrmals leicht einbeißt. Man Eonnte denken, der Käfer werde es in diejem Zuſtande hängen lafjen, bis es welf und leicht widelbar jei. In ver That fehrte er zum Widel zurüd, legte, wie früher, wieder ein Ei, verharrte aber nur jehr kurze Zeit in der oben gejchilderten Stellung des Eierlegens. Ein erneuter Verſuch, die Endblättchen zu rollen, hat feinen volljtändigen Erfolg, das äußerſte Blättchen iſt noch nicht zu bewältigen. Schnell entjhließt fich der Käfer, das zwar angezapfte, aber noch ganz friiche und jteife Weideblatt in Arbeit zu nehmen. Bewundernswert find Kraft und Gejchielichkeit, mit denen er es herbeizieht. Da jedoch der herabhängende Teil des Blattitieles zu lang ift, würde das Blatt zu tief an den Widel zu liegen fommen, er zieht es aljo troß der Krüm- - Stahlblauer Rebenfteher: Brutgefchäft. Entwidelungsgeichichte. 155 mung, die dabei der widerftrebende Stiel annehmen muß, gewaltſam am Wickel herauf, wie der Schiffer ein vierediges Segel aufzieht, und widelt es jo, daß der Hauptnerv des Blattes quer um den Widel läuft; denn troß der Krümmung des Stieles käme jonft das Blatt zu weit hinab zu ftehen. Nochmals läßt er das ganze Blatt los, aber nur, um es wiederholt in derjelben Weije aufzumwideln, mehrmals, weil das Blatt immer noch jehr jteif und widerjpenitig ilt, dies alles bei jehr verwegenen Stellungen jeines Körpers. Zuletzt erkennt er die Unmöglichkeit, e3 zu bewältigen, verläßt es und widelt wieder das vorderite Blättchen, das ſich unterdejjen abgerollt hatte. Ein neuer Verſuch, das Weideblatt zu wideln, jcheiterte, nachdem die Arbeit jchon jehr weit gediehen war. Solches um 12/2 Uhr, als wir den Käfer, unermüdlich da3 Gejchäft jtetS wieder aufnehmend, verließen. „Bei unjerer Rüdkehr um 1 Uhr 10 Minuten war das Weideblatt untadelhaft ge— rollt. Der Käfer ging darauf hin und her, von Zeit zu Zeit die Beine am Körper reibend und jein Augenmerk auf ein benachbartes Blatt richtend, dejjen Stiel er heranzuziehen juchte, aber wieder gehen ließ, um den Nand des zulegt gerollten Blattes noch bejjer zu leimen und zu bügeln. Diesmal jah man den Leim jogar Faden ziehen, vielleicht weil eine jengende Hite herrſchte. Plöglih, ohne jeglihe VBeranlaffung und nach Furzer Bor: bereitung mit den Flügeln, flog der Käfer auf einen anderen und auf einen weiteren Zweig und jodann auf größere Entfernung weg. Nach einer Minute flog er wieder an einem Blatte in der Nähe des Widels an, umjchwärmte den Ort, zeigte jich, nachdem wir ihn aus dem Auge verloren, nohmal3 auf einem Zweige in der Nähe des Widels, flog zulegt aber für immer weg.” Um einen Begriff von der Geſchicklichkeit, Kraft und Beharrlichkeit zu geben, mit denen diejer Käfer arbeitete, bemerkt Nördlinger ausdrüdlich, dag fait während der ganzen Zeit ein ziemlich fräftiger Wind wehte, welcher das Wideln der ohnedem jo beweglichen und in ihrer Bewegung jo häufig umjchlagenden Blätter der Fanadijchen Pappel aus: nehmend erjchwerte und einen anderen Käfer hundertmal herabgeftürzt hätte. Daß man zwei Käfer jpielend und tändelnd um einen Widel beobachtet hat, mag wohl jein; denn fie find bei warmem Wetter jehr lebhaft; hieraus aber jehliegen zu wollen, daß auch) das Männden ſich beim Wickeln beteilige und dem Weibchen helfe, jcheint mir voreilig zu ſein. Das eben ausführlich gejchilderte Vorgehen bei dem Brutgejchäfte Ipricht hiergegen ſowie die Erfahrung bei anderen Kerfen, deren eine große Menge, namentlich unter den Ader: flüglern, noch weit funftvollere Wohnungen für ihre Brut errichten; es ift mir aber nicht ein Beijpiel gegenwärtig, daß die faulen Männchen dabei irgend wie thätig wären, es find nur die Weibchen, welche in diejer Beziehung unjer Interelje in jo hohem Maße in Anſpruch nehmen und nicht jelten rührende Beweije von mütterlider Aufopferung und hingebender Uneigennügigfeit liefern, mahnende Borbilder für manche Rabenmutter unter den Menjchenfindern! Zur Bervollftändigung der Entwidelungsgejhichte unjerer Art jei noch hinzugefügt, daß die am 24. Juli unterfuchten Widel größtenteils mit ſchwarzen Kotfädchen erfüllt waren, aber feine Larven mehr enthielten, diejelben waren vielmehr durch ein rundes Schlupfloh heraus und 3—4 cm tief in die Erde gegangen, wo fie in einer ungefähr erbjengroßen, inwendig geglätteten Höhlung zu einer jtarf gefrümmten, ſtark beboriteten, Iomusig weißen Puppe mit braunen Augen werden. Am 8. Augujt fanden fich bein Ausgraben der Erde die Puppen und feine Larven mehr, und ſchon am 13. Auguſt krochen die eriten Käfer aus. Der Larvenjtand dauert ſonach 4—5 Wochen und die ganze Entwidelung durchſchnitt— lih 60 Tage. In jedem Widel finden fih 4—6 Eier, nie aber eine Offnung, durch welche fie in den bereit fertigen Widel gelangt wären, weil fie während der Anfertigung in 156 Erſte Ordnung: Käfer; dreiundzwanzigite Familie: Nüffelfäfer. der angeführten Weife eingebracht werden. Man findet bisweilen angefangene Widel, welche aus irgend einem Grunde nicht zur Vollendung gelangt find. Bei naffer Witterung Löft fich au der eine und der andere wieder auf. Für gewöhnlich vertrodnen die meiften und bleiben noch über die Reife der Larve hinaus an der Mutterpflanze hängen, wodurch jene genötigt wird, ſich herabfallen zu laffen; dann und wann werden aber die ganzen Wickel Ihon vorher vom Winde herabgeworfen. Diejenigen Käfer, welche man in jchönen Herbiten zu jehen befommt und wohl gar in Paarung antrifft, ftammen entweder von den am frübeften gelegten Eiern oder wurden, obgleich jüngeren Urjprunges, durch das günftige Wetter aus ihren Geburtsftätten hervorgelodt, eine Erſcheinung, welche auch bei anderen Rüffelfäfern vorkommt. Vor Winters verfriehen fie fi wieder, ohne das jeßt nicht zeitgemäße Brutgeſchäft weiter zu betreiben; denn zwei Generationen im Jahre, welche man früher wohl angenommen hat, würden gegen die Regel fein. Der Bappelfteher (Rhynchites populi, Abbildung ©. 152, Fig. 4) ift dem vorigen jehr ähnlich, aber etwas kleiner, auf den Flügeldeden weniger dicht punktiert und zweifarbig: oben fupferig, grün oder goldig, unten, am Nüffel und an den Beinen ftahlblau. Er widelt die Blätter der verfchiedenen Bappelarten, jehr gern die der Zitterpappel, und verwendet zu dem zigarrenartigen Wickel nur ein Blatt. Wie ungleihmäßig jeine Ent: wicelung ilt, mag aus folgender Beobachtung erhellen: Von einer Anzahl Rollen, melde am 17. Zuli eingetragen und auf feuchten Sand gelegt worden waren, famen, und zwar aus dem Sande, in der eriten Dezemberhälfte im geheizten Zimmer einige Käfer zum Vorſchein, während am 18. Dezember noch acht lebende, wie es jchien, erwachjene Larven in den Wideln aufgefunden wurden, in jedem nur eine Larve. Der noch Kleinere, faum 4,5 mm lange, durchaus ſchwarze und jehr ſchwach behaarte Ihmwarze Birfenfteher, Triterwidler, Blattfräusler (Rhynchites betulae, Abbild. S. 152, Fig. 5) bearbeitet die Blätter der Birken, Ellern, Buchen, begnügt fich ftet3 mit einem Blatte, verwendet jogar nur die vorderen zwei Drittel eines großen Ellernblattes. Das Berfahren weicht von dem bisher erwähnten wejentlich ab. Ungefähr in der kleineren, oberen Hälfte der Mittelrippe beginnend, nagt der Käfer in einer nach dem Blattitiele hin aufjteigenden Bogenlinie die Flähe auf der einen, wir wollen jagen auf der rechten, Seite durch, läßt die ihm begegnenden Seitenrippen unverlegt, in entjprechender Weiſe fommt dann die linke Seite an die Reihe; it er auch mit diefer fertig, jo ſchneidet er an der erften Hälfte auch die Nebenrippen durch und Löft jo die eine Hälfte feines Widels. An der äußerſten Ede wird die Oberhaut des Blattes etwas abgelöft, in dieſe Tajche ein Ei geſchoben und nun gerollt, jo daß die Ede mit dem Eie in die Mitte des Widels zu liegen kommt; die Elebrige Oberfläche des Ellernblattes hält diejen leicht zujammen, wozu einige Aniffe mit den Freßzangen an den geeigneten Stellen noch beitragen. Die linfe Seite wird nun gleichfalls dur Zerbeißen der Nebenrippen vollftändig gelöft und über die erite Hälfte gerollt, bis die kleine Zigarre von der Mittelrippe des bedeutend gefürzten Blattes herabhängt. Bald erhält darin das Widelfind Leben, arbeitet Gänge nah allen Richtungen, welche das völlige Abfterben und Vertrodnen der Blattmafje nod) beichleunigen. Bricht fie vom Winde los und fällt zur Erde, deſto befjer für die reife Larve; fie wartet aber ſchwerlich diefe Zufälligfeit ab, jondern frißt fih, wenn ihre Zeit gekommen, durch, fällt zur Erde, ſich aber nie zu Schaden, und verpuppt fi in deren Schoße. Der Zweigabſtecher, Stengelbohrer, Giebelſtecher (Rhynchites conicus) iſt durchaus tief blau, ſtellenweiſe grün ſchimmernd, an Beinen und Rüſſel ſchwarz und überall mäßig dunkel behaart. Der Rüſſel iſt kürzer als Kopf und Halsſchild zuſammen— genommen, letzteres auf ſeiner Oberfläche grob und mehr einzeln punktiert und wenig nach Pappel-, Schwarzer Birken-, Zmweig:, Blattrippenfteher. Pflaumenbohrer. 157 hinten erweitert. Die Flügeldeden find tief punftjtreifig, auf den Zwilchenräumen wieder punftiert, hinter der Mitte am breitejten. Länge bis zur Nüffelwurzel 3 mm. Gleich den übrigen Arten treibt ſich auch diefe Art, nachdem fie aus der Erde ge- krochen ift, im Mai und Juni auf den verjchiedenften Zaubhölzern, wie Vogelbeeren, Els— beeren, Traubenkirſchen, Weißdorn, ganz vorzüglich aber für unfere Objtbäume, Pflaumen, Kirchen, Birnen, Äpfel, Aprikoſen, jhädlich werdend, umher. Weniger rührt der Nachteil von dem Befreffen der jungen Knojpen, bejonders in den Baumfchulen, her, als vielmehr aus der Art, wie das Weibchen jein Brutgefchäft betreibt. ES „ſticht“ nämlich die zarten Triebfpigen ab, um ein oder einige Gier an das dadurch) troden werdende Mark zu legen, von welchem fich die Fünftige Larve ernährt. Hat das Weibchen eine ihm pafjend erjcheinende Spite gefunden, jo nagt es leicht an der Innenſeite des Stengel3 da, wo er abbrechen fol, begibt fie dann näher der Spige des Cchofjes, frißt ein Zoch bis auf das Mark, legt ein Ei darauf und ſchiebt es mit dem Nüffel bis auf den Grund des Loches. Dies alles nimmt etwa 1 Stunde in Anſpruch. Hierauf kehrt die bejorgte Mutter zu der eriten Stelle zurüd, um den Trieb jo weit abzunagen, daß er durch den leifeiten Windſtoß umbricht oder ohne weiteres herabfällt. Indem fi) der Käfer bei diejer Arbeit öfter unterbricht, fich wieder nad) der Spige begibt und nachſieht, ob alles in Ordnung jei, verbraucht er abermals 1—1!/ Stunde Zeit. Ein kurzer Abftich enthält ein, ein längerer bis drei Eier, jedes in einer befonderen Grube. Nach 8 Tagen durhfchnittlich befommt diejes Ei Leben, und die Larve ernährt fich von dem nad und nach trodener werdenden Marke des Ab- jtiches und verpuppt ſich dann in der Erde. Wo eine Anzahl von Weibchen auf die angegebene Weife an Objtbäumen ihr Brut: geichäft betreiben, richten fie nicht unbedeutenden Schaden an und man kann der Wieder- holung desfelben nur dadurch vorbeugen, daß man die Abjtiche von den Bäumen oder am Boden jorgfältig jammelt und verbrennt, jobald man fie bemerkt, damit die in ihnen lebende Brut zerjtört werde. In jehr ähnlicher Weife lebt die Larve des Blattrippenjtehers (Rhynchites alliariae Gyll.), eines Käferhens, welches mit dem vorigen mehrfach verwecjelt worden ift. Durch graue Behaarung an den Körperjeiten, ein mehr walzenfürmiges Halsſchild, hinter der Mitte kaum erweiterte Flügeldeden, deren leiltenartige Zwijchenräume bei ge: mwöhnliher Bergrößerung feine Punktierung erkennen lafjen, ift er vom vorigen unter- jchieden. Das Weibchen fticht in den Apfelbaumjchulen die Blätter an der Unterjeite da an, wo der Blattjtiel in die Mittelrippe übergeht. Hierdurch biegt fi die Blattfläche gegen den Stiel unnatürlich nach unten, wird wegen mangelnder Ernährung bald troden, jamt ihrem Stieie hinfällig und al3 wichtiges Ernährungswerkeug dem jungen Stämmchen entzogen. Ich habe meijt zwei, aber auch nur eine over bis vier Larven im Blattitiele oder im Grunde der Mittelrippe jo eingefeilt angetroffen, daß man mit Hilfe einer Nadel vorfichtig zu Werke gehen muß, wenn man fie unverlegt herauslöjen will. Die VBerpuppung erfolgt in der Erde. Noch andere Arten leben als Larven in unreifen Früchten, und um auch von dieſen ein Beijpiel anzuführen, jei jchließlich noch der hübjfche Bflaumenbohrer (Rhynchites cupreus) erwähnt. Er iſt ebenfo groß wie der Pappelftecher, erzfarben, auf dem Rücken etwas lichter, ſchwach grau behaart, hat einen ſchlanken Rüſſel, Fräftige Punktſtreifen auf den Flügeldeden und deren Zwijchenräume gleichfalls punktiert; er nährt ſich als Larve von jungen Pflaumen, Kirſchen, Vogelbeeren, Elsbeeren (Sorbus torminalis). Haben die Pflaumen die Größe einer Mandel erreicht, jo ſchneidet das Weibchen in Zeit von einer Stunde den Stiel halb durch, ſucht an der Frucht eine pafjende Stelle zum Unterbringen eines Eies, bohrt ein flaches Loch, erweitert es etwas unter möglichfter Schonung der Oberhaut, 158 Erfte Ordnung: Käfer; dreiundzwanzigfte Familie: Rüfjelfäfer. legt das Ei hinein, jchiebt es mit dem Rüſſel zurecht und drüdt die Oberhaut auf die Wunde; hierauf begibt es fi) zurüd an die halb durchfreffene Stelle des Stieles, beißt die andere Hälfte dur), oder jo weit, daß der leilefte Wind oder die eigne Schwere die Nflaume bald zum Kalle bringt. Die ganze Arbeit nimmt gegen 3 Stunden Zeit in An: ſpruch. Nach durchſchnittlich 14 Tagen belebt fich das Ei, die Larve zehrt am unreifen Fleiſche und ift in 5—6 Wochen erwachſen. Die VBerpuppung erfolgt in der Erde. Die ein: zelmen im Herbite zum Borjchein Fommenden Käfer gehören zu den verfrüheten, zur Überwinterung fich wieder verfriehenden, die Mehrzahl kommt erft im nächſten Frühlinge aus der Erde hervor. Der Hajelnußrüßler (Balaninus nucum) und feine Gattungsgenofjen find die- jenigen heimijchen Arten, welche den längften Rüffel aufzumeifen haben. Der Wurm in den Haſelnüſſen ift ja allgemein befannt, noch mehr das Wurmloch, aus dem er entichlüpfte, um in der Erde jeine Verwandlung zu beitehen; denn wie jedermann weiß, findet fich in einer ,‚wurm: ftichigen” Nuß fein Tier mehr, fondern in dem zur Hälfte oder gänzlich ausgefreſſenen Kerne und den Kotfrümden nur die Spur feiner früheren Anweſenheit und zerftörenden Thätig- feit. Das befruchtete Weibchen zwict bis ins Herz der halberwachſenen Hafelnuß, um die Mitte des Juli oder auch früher, legt ein Ei in das Loch und jchiebt es mit dem Rüſſel tief hinein. Dies gejchieht in einer Zeit, die aus: reicht, um die Wunde vernarben zu laffen, jo weit wenigftens, daß man genau hinjehen muß, um die einftige Verlegung wahrnehmen zu fönnen. Vom Mai an treibt fich der Käfer Haſelnußrüßler (Balaninus nucum) nebft Larve. a Haſelbuſchen — — — nicht Role and werktöhert aus vorjährigen Larven entjproffen; denn diefe liegen nach den gemachten Erfahrungen biS zum Juni des nächſten Jahres, verwandeln fich dann erft zur Puppe, aus welcher der Käfer im Auguft ausſchlüpft und noch zum Vorſchein Fommt oder verjtect bleibt bis zum nächſten Frühling. Er hat einen jehr langen, borftenartigen, an der Wurzel verdidten, daſelbſt gejtreiften und punftierten Rüffel von rotbrauner Farbe, weldher fih beim Männ- hen ſchwach, beim Weibchen ſtärker Frümmt und etwas vor feiner Mitte die ſchlanken, gefnieten Fühler trägt. Diejelben pafjen mit ihrem Echafte gerade in die bis zu den Augen reichende Grube und enden in eine faſt gefnopfte Keule, indem die legten der ſieben Geißelglieder kaum länger als breit find. Der eiförmige, jehwarze Käfer ift über und über gelbgrau behaart, am erhabenen runden Schildchen, an den Schultern und auf der Fläche der herzförmigen Flügeldecken würfelartig lichter. Die Schenkel verdiden ih nad) vorn und zeigen hier an der Unterfeite einen dreiedigen Zahn, die Schienen enden in einen Halten, das dritte Fußglied ijt zweilappig und der Grund der Klauen gezahnt. In Deutſchland kommen noch zwei außerordentlih ähnliche Arten vor, deren Fühlerfeule dadurch bedeutend dünner erjcheint, daß das letzte Glied wenigftens doppelt jo lang wie breit ift, der große Eichelbohrer (Balaninus glandium oder venosus), defjen Halsihild an den Seiten von der Mitte an jteil nach der Flügeldeckenwurzel verläuft, mit ihr falt einen rechten Winfel bildend, und der Eleine Eihelbohrer (Balaninus Hafelnußrüßler. Eichelbohrer. Blütenfteder. 159 turbatus), deffen Nüffel fich ftark Frümmt, bejonders beim Weibchen, und deſſen Halsſchild— jeiten mit der Flügeldedenmwurzel, wie bei dem Nußbohrer, einen ftumpfen Winfel bildet. Sie beide leben als Larven in den Eicheln und werden für diejelben in gleicher Weije ver: derblich, wie jener für die Nüffe. Die Balaninen breiten ſich mit ihren der Gleichförmigfeit wegen zum Teil jehr ſchwer zu unterfcheidenden Arten fait über die ganze Erdoberfläche und bejonders zahlreih über Europa aus und haben die Gewohnheit der vorigen, mit an: gezogenen Beinen ſich fallen zu lafjen, jobald fie eine Gefahr im Anzuge vermuten. Die Blütenfteher (Anthonomus) könnte man der Körpertradht nad) für größere, plumpe Spigmäuschen erklären, die gebrochenen Fühler, die lihten Haarbinden oder Flede auf dem braunen Untergrunde der Flügeldeden unterſcheiden fie aber auf den erſten Blid von denjelben, wie noch verjchiedene andere Merkmale, welche in dem dünnen, geraden Rüſſel, in den Kleinen, runden Augen, den ſchwachen Fühlern mit ftebengliederiger Geißel und in dem großen Schildchen begründet find. Die Gattung breitet fich gleichfall8 über 1) Birnfnofpenfteher (Anthonomus pyri) nebft Zarve, Puppe und angeftohner Anofpe. Bergrößert. 2) Upfeiblüten- fteder (Anthonomus pomorum), a vergrößert, b natürliche Größe, e von den Larven bewohnte Knoſpe. die ganze Erde aus, in Amerika weniger zahlreich als anderswo. Die europäiſchen größeren Arten der überhaupt am Körper nicht großen Gejellen erweifen fih an den Objtbäumen vielfah unnüg, indem die Weibchen im erften Frühjahre deren Blatt und Tragfnojpen an: ftechen, ein, auch ein paar Eier hineinſchieben und die Larven diefelben ausfreſſen, fie mithin nicht zur Entwidelung gelangen lafjen. Die äußeren Schuppen bräunen fich, ein mit vielen derartigen Knoſpen verjehener Apfel: oder Birnbaum fieht dann wie verbrannt aus, und man hat dem Übelthäter in manchen Gegenden den Namen „Brenner“ beigelegt, mit welchem faum eine beftimmte Art gemeint fein kann, weil mehrere in gleicher Weije leben. Für ge- wöhnlich dürfte der Apfelblütenfteher (Anthonomus pomorum, Fig. 2 obiger Ab- bildung) darunter verjtanden fein. Er zeichnet fih durch die verwiſchte, graue Schräg- binde auf jeder der pehbraunen Flügeldeden aus. Dieje Binde, aus grauer Behaarung beitehend, it bei der jehr nahe ftehenden zweiten Art, bei dem Birnfnojpenjteher (Anthonomus pyri, Fig. 1) gerade und erreicht die Ränder jeder Dede nicht voll- jtändig. Diefe beiden Arten, durch das angegebene Merkmal auf den eriten Blid, durch noch einige andere bei eingehenderer Betrahtung zu unterſcheiden, leben an Apfel= und Birnbäumen. Sie fommen ehr früh im Jahre aus dem Winterlager, und obgleich ie im Sonnenschein lebhaft fliegen, fteigen fie jegt meift zu Fuße am Stamme der Bäume in die Höhe, wie fie im Herbfte ebenjo hinabfteigen, um das Winterlager hinter Rinden- ſchuppen, in alten Bohrlöhern am Fuße des Stammes oder in deffen Nähe unter der Grdoberflähe zu beziehen. Man hat diefe Fußpartien der Käfer in Abrede geftellt, und auch ich habe fie jo lange angezweifelt, bis mir mit den befannten, für den Froſtſpanner 160 Erfte Ordnung: Käfer; dreiundzwanzigfte Familie: Nüffelfäfer. beitimmten Teerringen im Herbfte und im erften Frühjahre abgefangene Käfer zugejchidt worden find. Das befruchtete Weibchen greift mun die fi) regenden Knojpen mit jeinem langen Nüffel an und bohrt Löcher in diejelben, teil3 um ſich zu ernähren, teils um je ein Ei in einem Bohrlodhe unterzubringen. Für die betroffenen Anofpen können die Wir: fungen biervon jehr verfchieden ausfallen, da befanntlich die Fruchtfnofpen beider Obſt— arten mehrere Blüten in der Hauptfnofpe enthalten. Sit legtere noch vollkommen geſchloſſen, fo fünnen mehrere Blütenfnofpen getroffen werden; erfolgt dann die Entfaltung, jo bleiben die mit einem Eie belegten zurüd, während die unverfehrte Blüte zur Entwidelung ge: langt, eine im Fruchtboden getroffene jogar bald abfällt. Sind die Einzelfnojpen jchon mehr vorgerüdt, jo können dieje jämtlih mit Eiern belegt werden; alle vertrodnen und jehen wie verbrannt aus, während ſich unter ihrem Schuße die Larve jchnell entwidelt und dajelbit auch zu einer ſchlanken, jehr beweglichen Puppe wird. Ich habe die zweite Art aus Birnfnojpen erzogen, weldhe jämtli in ihrer erjten Hülle „verbrannt“ erjchienen und feine einzige Blütenfnofpe trieben, teilweife auch Blattfnojpen waren. Die Entwide- lung ging ſehr raſch vor fi); denn die Mitte April al3 vertrodnet eingetragenen Haupt: fnofpen lieferten bereits vom 30. April an den Birnfnofpenftecher in reichlicher Menge. Ob der im Mai erjcheinende junge Käfer thatenlos jein Leben bis nach der Überwinterung verbringt, oder ob es Käfer einer zweiten Brut find, welche im folgenden Frühling für die Fortpflanzung forgen, wage ich nicht zu entjcheiden, doch werden meines Wiſſens zwei Bruten von niemand angenommen. Obſtſorten mit jehr lange gejchlofjenen, aljo jpät austreibenden Anofpen haben mithin von diefen Käfern am meijten zu leiden, außerdem mehrt fih der Ehaden in ſolchen Jahren, in denen durch die Witterungsverhältnifje over durch den ungünftigen Stand der Bäume die Knojpenentwidelung verzögert wird; denn wie aus der angeführten Lebensweife diefer Blütenftecher hervorgeht, können ihre Larven nur in Anofpen gedeihen; bejchleunigt fich deren Entfaltung vor der Vollwüchfigfeit der Larve, jo ift die MWeiterentwidelung der legteren jehr in Frage geitellt. Eine dritte, nicht minder intereffante Art ift der Steinfruhtbohrer (Anthono- mus druparum) etwas fräftiger als jede der vorigen, am rotbraunen Körper dicht graugelb behaart und leicht Fenntlich an der doppelten Zickzackbinde gleich hinter der Mitte der Flügeldeden, welche dadurd entfteht, daß die gelbe Behaarung hier ausgeblieben it. Diejer Käfer, welcher die Pfirfihblüten ſtark benagen ſoll, findet ſich vorherridend an der Traubenfirfche (Prunus padus), in deren Steinferne die Zarve einzeln lebt. Er muß jedoch ein ziemlich unftetes Leben führen, denn mir wurden einft getrodnete Sauerfirichen übergeben, in deren Kernen ich Larven, Puppen und Käfer auffand, welche natürlich durch das Abwelken der Kirichen im Dfen alle ihren Tod gefunden hatten. Einer der Käfer hatte fein Flugloch bis auf eine feine Schicht ausgenagt, ein anderer war bereit3 bis zum Fleifche gelangt und kurz vor feiner legten und leichteften Arbeit, dem Durchbrechen dieſes, vom Tode überrafcht worden. Aud in den Steinfernen der Schlehen dürfte die Larve (eben. Dieje und die zahlreihen anderen Gattungsgenofjen ftellen ſich, wie die vorigen, tot, wenn man ihnen zu nahe fommt, und fallen mit eingezogenem Nüfjel und vorgeftredten Knieen auf den Boden. Die Kleinen, ovalen Erdflöhe, welche luftig dahinspringen, wenn man fi ihnen nähert, fennen meine Leſer, hatten vielleicht auch ſchon Gelegenheit, fie Springen zu hören. Wenn man nämlich im Herbfte auf oder neben dürrem Laube an Waldrändern dahinwandelt, jo hört man, wie die zum Überwintern hier verfammelte Schar diejer Fleinen Springer auf das dürre Laub wieder auffällt, von welchem fie fich joeben gleichfall3 mit Geräuſch abgejhnellt hatte. Es wäre jedoch ein Irrtum, wenn man alle dieje Kleinen Käferchen Steinfrudtbohrer. Schwarzer Budenrüßler. 161 für Erdflöhe halten wollte, vielmehr befinden fich gewiſſe Rüſſelkäfer in gleicher Lage. Von jenen fpäter nod) einige Worte; von diejen jei bemerkt, daß fie der Gattung Orchestes, Tanzfäfer, angehören, welche in vielen Arten Europa, die Alte, aber auch die Neue Welt bewohnt. Der ſchwarze Buhenrüßler, Budenjpringrüßler, Buchenſpringer (Orche- stes fagi), ift diejenige Art, welche troß ihrer Kleinheit und Unjcheinbarfeit ihre Gegen= wart mehr al3 jede andere bemerkbar macht. Das ohne den Rüſſel 2,5 mm meſſende Käfer: chen ift ſchwarz, durch feine, gleihmäßige Behaarung graufhimmernd, die Fühler und Füße tragen licht gelbbraune Farben. Der runde, janft gebogene Rüſſel iſt länger als Kopf und Halsjchild zufammengenommen und beinahe näher den Augen als der Spige mit den € bwarzer Budenrüßler (Orchestes fagi). Vergrößert. Wirkungen des Fraßes von der Larve und von dem Käfer an Buchenblättern. gebrochenen Fühlern verjehen. Kopf und Halsſchild zeigen einen glocdenförmigen Umriß und geringe Erftrefung im Verhältnis zu den lang:eiförmigen Flügeldeden, an deren Wurzel das Heine Schilochen als Grübchen erſcheint: fie decken die Hinterleibsipige voll fommen und find auf ihrer Fläche gleihmäßig punktſtreifig. Die Vorderhüften find jehr genähert, alle Schenkel kurz und die, unten vor der Spite mit je einem Zähnchen bewehrt, die hinterjten jamt ihren Schienen zum Springen eingerichtet und jämtlihe Klauen am Grunde zahnartig erweitert. Anfang Mai ftellt fi der überwinterte Käfer auf den eben aufbrechenden Blättern der Rotbuche ein, um fich zu ernähren und gleichzeitig dem Brutgejchäft obzuliegen. Zu erfterem Zwede nagt er kleine Löcher in diejelben, zur Erreichung des zweiten jchiebt das Weibchen hart an der Mittelrippe und in der Nähe des Blattgrundes ein Ei unter Die Oberhaut. Meift wählt es hierzu unbenagte Blätter und beſchenkt jedes auch meilt nur mit einem gelblich weißen Eie. Die nah kaum 8 Tagen aus diefem gejchlüpfte Larve frißt num zwifchen Ober: und Unterhaut des Blattes nah vorn und außen eine Mine, welche nad) und nad) etwas breiter wird und gewöhnlich in der Nähe der Blattſpitze endigt. Hier angelangt, iſt die mit einem dunkeln, durch die Mitte geteilten Halsſchilde Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 162 Erfte Ordnung: Käfer; dreiundzwanzigfte Familie: Nüffelfäfer. und einem fegelförmigen Fleiſchzäpfchen auf dem Iegten Gliede verjehene Larve erwachlen, erweitert die Mine und wird in einem durchjcheinenden Gejpinft zur Puppe. Aus dieſer kommt durcchichnittlih von Mitte Juni ab, aber auch jchon früher, der Käfer zum Vor: ichein, da die Larve kaum 3 Wochen und die Puppe auch nur etwa eine folche zu ihrer Entwidelung bedürfen. Er jpringt auf dem Laube umher, benagt es, wie feine Eltern vor ihm, und verkfriecht fih, wenn die unfreundlichere Jahreszeit dazu mahnt. Wie aber thut fich jeine Gegenwart Fund? Die Mine, alfo der von ihr getroffene Nand und die Spibe des Blattes, bräunt ſich, jobald das Blattgrün daraus aufgezehrt ift, im Laufe des Sommers fällt fie aber völlig aus, jo daß ein jolches Blatt unregelmäßig gejchlängelt, von vorn nach hinten und big zur Mittelrippe mit fajerigen und zerfegten braunen Rändern ausgefreffen ericheint. Wenn taujend und abertaufend von Blättern an einer alten Buche in dieſer Weiſe zugerichtet find, jo erjcheint der ftattliche Niefe von oben bis unten braun angeräuchert, oder als wenn die friichen Blätter im Frühjahr von einem Frojte oder vor einigen Wochen von einem Hageljchlag getroffen worden jeien. Wenn nun aud ein alter Baum dergleichen Behandlung und eine unvollfommene Ernährung durch feine Blätter einmal, auch zweimal ertragen fann, fo find Buchenpflanzungen entſchieden ſchlimmer daran, wenn fie in gleicher Weife heimgeſucht werden, und fünnen nach einigen Jahren an der Wiederholung jener Heimfuhungen zu Grunde gehen. Wieder andere Sitten haben die Zarven der Blattſchaber (Cionus). Sie halten fich frei an den Blüten und jungen Samenfapjeln gewiſſer Pflanzen auf, wobei ihnen feine Beine zu ftatten fommen, jondern nur die Querfalten des Körpers und ein klebriger, ſchmieriger Überzug. Die gedrungenen, beinahe fugeligen Käferchen find klein, aber hübſch gezeichnet, moſaikartig durch regelmäßige, lichte Haarfledhen auf einem anders gefärbten Untergrund; bei den meiften findet fi) an der Wurzel oder auf der Witte der Flügel: deden ein runder, jamtjchwarzer Nahtfled. Ihr walziger Rüſſel legt fi) an die Bruft an, die jedoch nicht mit bejonders deutlicher Ninne verjehen it, die Augen nähern ſich auf der Stirn, und die Geifel der gebrochenen Fühler jegt nur fünf Glieder zufammen, fo daß fie dem Schafte an Länge gleicht. Das Schildchen iſt oval, die Spitze der Flügeldeden gemeinfam gerundet. Das erite Glied des Hinterleibes verwächſt mit dem zweiten, beide find lang, die zwei folgenden dafür jehr gekürzt. Das Männ— chen unterjfcheidet ji) von feinem Weib: chen durch ein längeres letztes Fußglied und ungleiche Klauen, indem die innere die äußere an Länge übertrifft. Diejer Geſchlechtsunterſchied wird an den Vorder: s beinen am deutlichiten. | Braunmwurz-Blattjhaber (Cionus serofulariae) und Der Braunwurz-Blattſchaber Puppengehäuſe an der Futterpflanze in natürlicher Größe. — A Käfer auberdem vergrößert. (Cionus scrofulariae) lebt in zahl: reihen Gejellichaften auf der vom Mai bis August blühenden Braunwurz (Scerofularia nodosa). Am 17. Juli fand ich einzelne, zur Verpuppung reife bräunlich grüne Larven neben bereits in ein glajiges Gehäufe ein: gejponnenen, welche jich in der Weije ankleben, wie obige Abbildung vergegenwärtigt. Ungefähr 3 Wochen mochten vergangen jein, als von den erjten die Käfer zum Vorſchein Braunmurz:Blattfhaber. Weißbunter Erlenwürger. 163 famen. Sn einem früheren Falle, als mir jene zierlichen Gebilde noch nicht befannt waren, lernte ich ihre Erzeuger auch nicht Fennen, jondern aus den kleinen Blajen entwidelten fih nur winzige Schlupfweipen (Chrysocharis conspicua), der Familie der Pteromalinen angehörig. Der Käfer ift ſchwarz und dicht beichuppt, Bruſtſeiten und VBorderbruft ſchnee— weiß, Flügeldeden dunfeljchiefergrau, die erhabenen, abwechjelnden Zwiſchenräume zwijchen den Streifen ſamtſchwarz und weiß gewürfelt, die Naht mit einem großen vorderen und hinteren ſchwarzen Samtfleck verfehen. Verſchiedene andere Arten leben ähnlich auf den Königsferzen (Verbascum) ꝛc. Der weißbunte Erlenwürger, Weidenrüfler (Cryptorhynchus lapathi), ift der einzige europäiſche Vertreter einer jehr artenreichen (200) ſüdamerikaniſchen Gat: tung und eine von den 26 Arten, welche, auf nocy drei andere Gattungen verteilt, ala die einzigen Glieder einer der größten Sippe (Kryptorhynhiden) der ganzen Familie in Europa zu Haufe find. Der Rüſſel des genannten Käfer läßt Tich in eine tiefe Bruſtfurche legen, welche zwiſchen den Mittelhüften endigt und die Worderhüften natürlich auseinander drängt. Zu der beigegebenen Abbildung fei noch bemerkt, daß die Fühlergeikel aus fieben Gliedern bejteht, und daß der Körper durch dichtes Schuppenfleid > UN ſchwarz, braun und weiß erſcheint, am Weißbunter Erlenwürger (Cryptorhynehus lapathi) nebſt letzten Drittel der Flügeldecken kreide— Larve, am Holz. Rüſſel, Schuppenflecke und Höcker vergrößert. weiß. Das hübſche, 7,5—9 mm lange, jehr unebene Tier fißt am Weidengebüfh, am Schwarz: und Weißeller, ohne durch feinen Fraß an den Blättern jchädlich zu werden. Im Mai begegnet man ihm am zahl: reichften und dann gewöhnlich gepaart, das Männden auf dem Weibchen figend, dann werden die Käfer jparfamer, find während des Juli und einen Teil des Auguft verſchwun— den, nach dem Herbite hin zeigen fich aber wieder vereinzelte. Am 28. Auguft 1872 jah ic) jo im Vorbeigehen wohl ein Dugend verbundene Pärchen und felbjt am 3. Oftober noch vereinzelte Käfer. Da fi Ende Juli reife Larven und Puppen finden, jo dürften die jpäter ericheinenden Käfer junge jein, welche ihr Brutgeſchäft noch betreiben oder jich wieder ver— friechen, um nach der Überwinterung an dasjelbe zu gehen. Das befruchtete Weibchen legt jeine Gier an das Holz der genannten Futterpflanzen, und die Larve frißt zunächit flach unter der Rinde plaßweije, jo daß dieje durchlöchert erjcheinen fan, und geht dann in einem gerade auffteigenden Gange im Holze weiter, möglich, daß dieje Fraßweiſe auf eine zweijährige Brut deutet, da auch bei anderen bohrenden Larven im eriten Jahre eine ober: flächliche, im zweiten eine in das Holz übergehende Fraßweiſe beobachtet worden iſt. Die erwachjene Larve fehrt fi) am Ende des Ganges um und verpuppt fich. An den Saale: ufern bei Halle lebt die Larve in den alten fnorrigen Wurzelſtöcken der Korbweiden, welche durch fie und andere Bohrer nad) und nach früher abjterben, als wenn fie unbewohnt wären. Schädlicher werden die Larven entihieden in jungen Ellernpflanzungen und Ausſchlag— beftänden, wo fie junges und älteres Holz zerbohren und dasjelbe abjterben machen. Auch in jüngeren Birkenbeftänden fommen fie vor und töten diefelben. Wo fie einmal in jo vers derbliher Weife haufen, bleibt nichts weiter übrig, als die mit Brut bejegten Teile ab: zuhauen und zu verbrennen. Me 164 Erfte Ordnung: Käfer; dreiundzwanzigfte Familie: Nüffelfäfer. Wenn noch anderer Verborgenrüßler (Ceuthorhynchus) gedacht wird, jo ge: ichieht dies nicht wegen der hervorragenden äußeren Erjcheinung ihrer zahlreichen Arten, welche außer wenigen Nordamerifanern ſich vorzugsweile in den falten und gemäßigten Strihen Europas, Aſiens und Nordafrifas aufhalten, und im Gegenteil zu den Eleinften und unanjehnlichiten zählen, fondern weil eine Anzahl fich in unjeren Feldern und Gemüfe: gärten auf höchſt unangenehme Weile bemerklich macht. Einige zeichnen ſich auf dunklem Grunde durch Lichte, meilt jchlecht begrenzte Fledchen aus; die meijten lafjen fich wegen der Einförmigkeit ihres dunfeln Kleides ſchwer voneinander unterfcheiden. Ihr faden- förmiger Nüfjel kann zwijchen die fegelfürmigen VBorderhüften gelegt werden, ohne dort eine jcharf begrenzte Furche zu finden, wie dies bei der vorigen Gattung der Fall ift. Seine Furche für die Fühler it nach unten gerichtet und dieje find gekrümmt und infolge der verlängerten erſten der fieben Geißelglieder jchlanf. Das kurze Halsihild ift an den Seiten gerundet erweitert, vorn mehr oder weniger verengert, eingejchnürt und am Vorderrande lappig erweitert, jo daß in zahlreichen Fällen bei der Ruhelage des Rüſſels die runden und flachen Augen teilweije oder jogar ganz verdedt werden. Die Flügeldeden find kurz, am Grunde viel breiter als das Halsjchild, an den Schultern ftumpf, nur wenig länger als zuſammen breit, hinten einzeln gerundet, den Steiß nicht bededend. Die Schienen iind beim Männchen an der Spite ſtets wehrlos, die der Mittel: und Hinterbeine beim Weibchen meijt gejpornt, die Klauen am Grunde nicht zuſammengewachſen. Der Kohlgallenrüßler, gefurchthalſige Verborgenrüßler (Ceuthorhynchus suleicollis, Abbild. S. 165, Fig. 1), tt tiefſchwarz, wenig glänzend, unten dichter, be: jonders gegen die Schultern hin, oben jparjam und fein grau beſchuppt und ohne irgend welche hellere Zeichnung, wie folche dur Anhäufung der Schuppen bei anderen Arten ent— ſteht. Das jtark punktierte Halsſchild hat vorn einen ſchwach aufgeworfenen Rand, jeder: jeits ein Höckerchen und eine tiefe Mittelfurche; die Flügeldecken find tief geitreift, in den Zwiſchenräumen eben, ſtark gerunzelt und vor der Spitze ſchuppig gehödert, die Schenkel vorn kurz bezahnt. Die durhjchnittliche Länge beträgt faum 3 mm bei 2 mm Schulter: breite. Bei der ungleihen Entwidelung findet ſich der Käfer vom erjten Frühjahr bis in den Sommer hinein auf Kreuzblümlern, wild wachjenden wie angebauten, an leßteren jelbitverjtändlih am augenfälligiten und mit nachteiligen Folgen verbunden. Das befruchtete Weibchen legt nämlich jeine Eier tief unten an den zarten oberirdiichen Stengel oder flach unter der Erde an den Wurzelftod der Olfaaten, der verjchiedenften anderen Kohlarten unferer Gemüfegärten, aber auch des hier und da als jo verbreitetes Unkraut auf den Feldern auftretenden „Hederichs”. Die Stelle, an welche das Ei unter der Oberhaut gelegt worden it, ſchwillt an und wächſt allmählich infolge des weiteren Neizes jeitens der freſſenden Larve zu einer gallenartigen Mifbildung aus. Zunge Pflanzen könnte man, wenn die mehr oder weniger fugelige Galle unmittelbar auf der Erde aufligt, für flach jtehende Radieschen halten. Wenn der Käfer jehr zahlreich vorhanden ift, jo mehren fich die Gallen an einer Pflanze, die jonjt einzelnen, fugeligen, verwadhjen zu knolligen und unregelmäßigen Ge— bilden, in deren Sinnerem man zwijchen frümeligen Erfrementen bis 25 Larven antreffen fann. Die weiße Larve ift wie andere Nüfjelfäferlarven eingefrümmt, ſtark querfaltig und ohne jonjtige Auszeihnung. Während der Sommerzeit it jie vom Eiftand an in durd) ichnittlih 2 Monaten erwachſen, bohrt fich durch ein rundes Loch aus ihrer Galle heraus, jertiat flach unter der Erde von diejer ein eiförmiges Gehäufe um ſich und ruht nur wenige Moden als Puppe in demjelben. Diejenigen Larven, welche jpäter gelegten Eiern ent: iproffen find, überwintern in ihren Gallen, wie man an den Winterjaaten der Olfrüchte oder an den fräftigeren Strünfen des Kopf:, Blumen: und jeltener des Braunfohles be— obachten fann. Die durd) jpätere Eierablage an den bereits Fräftigen Strünfen der genannten Kohlgallenrüßler. Verborgenrüßler. Mauszahnrüßler. 165 Kohlarten erzeugten Gallen bejchränfen fi weniger auf den Grund der Stengel, ſondern gehen oft weit an denfelben hinauf. Kohlſtrünke mit ſolchen Gallen ohne Fluglöcher als Stoppel den Winter über ftehen zu laſſen, ift daher jehr unvorfichtig; denn in der Ber- brennung dieſer befigt man das einzige Mittel, die Brut zu zerjtören. Die Käfer befrefjen die Blätter und Blüten der Pflanzen, ohne ihnen dadurch wejentlihen Schaden zuzufügen, die zuerft erjcheinenden find meilt der Puppe entjchlüpft oder hatten fih als Spätlinge des vorigen Jahres verfrohen; die von ihnen ſtammende Brut findet noch Gelegenheit, eine Winterbrut wenigjtens bis zum Larvenjtand ins Leben zu rufen. In anderen Gegenden fommen wieder andere Arten an den Kohljorten vor, deren Larven gleichfalls im Inneren bohren, ohne Gallen zu erzeugen. Der ähnlide Verborgenrüßler (Ceuthorhynchus assimilis, Abbild., Fig. 2) it dem vorigen außerordentlich ähnlich, etwas ſchlanker, durch ftärkere weiße Beihuppung 1) Roblgallenrüßler (Ceuthorhynchus suleicollis) nebjt Galle, 2) Ähnlicher Berborgenrüßler (C. assimilis), 3) Rap3= Mauszahnrüßler (Baridius chloris), 4) Notrüfjeliger Mauszahnrüßler (B. euprirostris), Sämtl. Käfer vergrößert. auf der Nücenfeite mehr grau, am Halsjhilde flacher punftiert, in den beiden Seiten: höderchen dagegen fpißiger und an den Schenfelenden ungezahnt. Auch er erjcheint auf Kohlarten, ich beobachtete ihn allerdings nur auf blühendem Raps und Rübſen und jeine Zarve vereinzelt in den Schoten, wo fie ich von den noch grünen und weichen Samen ernährt. Die Schote wird infolgedefjen notreif, fängt an, ſich zu öffnen und entläßt durch die Spalte die flach unter die Erde zur Verpuppung gehende Larve. Der Weißfled-Verborgenrüßler (Ceuthorhynchus macula-alba), welder auf der Unterfeite, oben auf ſchwarzem Grunde an den Nändern der Flügeldeden, in einem gemeinſamen Flede um das Schildchen und in der Mittellinie des Halsichildes dicht weiß bejchuppt, an Fühlern, Schienen und Füßen dagegen roftrot gefärbt ijt, lebt im Lar— venftand von den unreifen Samen in den Mohnföpfen und verpuppt fich gleichfalls in einem Erdgehäuſe. Die Mauszahnrüßler (Baridius, früher Baris) breiten ſich über die ganze Erd» oberfläche mit ihren zahlveihen Arten aus. Man erfennt fie am lang-eiförmigen Umriß der ſchwarzen, oft metallifch grün oder blau glänzenden, jehr harten Oberfläche und an der Gewohnheit, die Schenkel mit angezogenen Schienen und Fühen dicht gedrängt ſenk— recht nach unten zu rihten und den Nüffel mit feiner Spige an die vorderen anzudrüden, wenn fie, um Verfolgungen zu entgehen, fich tot ftellen. Der Kopf ift kugelig, die kleinen Augen ftehen unmittelbar vor der Wurzel des Nüffels. Diejer ift walzig, did, etwas gekrümmt und unten ſchräg, wie der Nagezahn einer Maus, abgejhnitten, grubig punttiert, 166 Erjte Ordnung: Käfer; dreiundzwanzigfte Familie: Rüffelkäfer. vor jeiner Mitte mit den gefnieten Fühlern verfehen, deren Schaft bei der Ruhelage in die tiefe Furche für fie paßt. Die Geifel beiteht aus acht Gliedern. Die Vorderbruft ift zwischen den weit auseinander ftehenden, Fugeligen und eingejenkten VBorderhüften flach und eben, obne jegliche Furche. Schildchen Elein, aber deutlich und rund, Flügeldeden gejtreift, zu: jammen faum halb jo breit wie der ganze Käfer, vom Borderrande des Halsjchildes an gerechnet, lang iſt; fie lajjen ein Eleines Leibesjpischen frei. Die Schienen der kräftigen Beine laufen in ein Häkchen aus. So wenigitens charakterijieren fich die durchjchnittlich 4,5 mm mefjenden europäijchen Arten. Da fi) die Gefamtzahl aller aber an 300 beläuft und ihre Tracht nicht durchaus übereinjtimmt, jo geben die unferigen von den jchönen, Fräftigeren, mitunter mehrfarbigen Formen des heißen Amerika, welches als ihr eigentliches Vaterland betrachtet werden muß, feine genügende Vorftellung. Der Raps: Mauszahnrüßler (Baridius chloris, Abbild. S. 165, Fig. 3) it glänzend grün, bisweilen bläulihihimmernd, am Halsſchilde zeritreut punftiert, in der Mitte faſt glatt, die Zwijchenräume der Punkte viel größer als dieje jelbit, an den Flügeldecken einfach geftreift, bei jtarfer Vergrößerung find in den Zwijchenräumen Bunftreihen zu bemerken. Die Seiten des Rüſſels und der Brut, die Schenkel und der nicht weiß beichuppte Bauch in jeinem vorderen Teile find grob punftiert, die Vorderbruftfeiten mehr runzelig. Die weiße Larve lebt bohrend in dem unterften Stengelteil der Olſaaten und gewiß auch anderer Kreuzblümler und geht bis in die äußerjten Wurzelfpigen, verpuppt ſich auch bier und liefert bereits im Juni den Käfer, der unter Umjtänden verftect bleibt, aber au, wenn fich in den genannten Saaten eine pafjende Gelegenheit für Unterbringung jeiner Eier bietet, diefe vor Winters abjegt, wie die im Frühjahr gefundenen, jehr ungleichen Yarven gelehrt haben; andere begatten fich erjt zur genannten Zeit, und ihre Nachkommen erjcheinen im volllommenen Zuftande natürlich jpäter im Sommer und dürften nicht mehr zum Vorſchein kommen. — Der pehichwarze Mauszahnrüßler (Baridius picinus) lebt in gleicher Weije in anderen Kohlſorten, die er aber in Ermangelung von Herbit- jaaten nur im Frühling mit Eiern bejchenft, nachdem er aus feinen Winterverjteden hervorgekrochen ift, wie 3. B. aus den Strünfen des Kopflohles, in denen er im Herbite zuvor geboren wurde. — Diejelbe Lebensart führt der rotrüjjelige Mauszahnrüßler (Baridius cuprirostris, Abbild. S. 165, Fig. 4) von lichtgrünem Metallglanz; feine Larve frigt in den Strünfen des Kopffohles und Kohlrabis, erzeugt dajelbit gallenartige Auswüchſe und wird entjchieden den jungen Kohlrabipflanzen gefährlid. Wenn wir nun bedenken, daß von diejer und voriger Gattung eine oder die andere Art gemeinfam eine junge Kohlpflanze bearbeiten, daß gewiſſe Erdflöhe die dritten im Bunde fein können, jo leuchtet ein, daß fie alle zufammen dem Landwirte und Kohlgärtner das Leben jauer machen, jelbit wenn jede einzelne Art für ihren Teil mit mäßigen Anjprücen auftritt. Eine Sippe möchte ich nicht unerwähnt lafjen, obgleich ſie faſt ausſchließlich den heißen Erdſtrichen angehört und nur mit wenigen unſcheinbaren Arten im jüdlichen Europa Vertretung findet; fie hat jedoch die Niefen der Familie aufzuweijen und prahlt mit äußerjt gefälligen Formen, und überdies jpielt eins ihrer winzigiten Glieder eine gewiſſe Rolle auf unjeren Kornböden. Ohne viele Worte um die Charakteriitif der Sippe oder einer und der anderen Gattung zu verlieren, vergegenmwärtige ich in dem Balmenbohrer (Rhyn- chophorus Schach) vom Indiſchen Archipel die Grundform der hierher gehörigen Käfer mit dem Bemerken, daß die Fühler von den bisher fennen gelernten durch die ab: weichende Bildung des Endgliedes wejentlich verjchieden find und bei anderen verwandten ein zum Teil wieder anderes, aber meiſt abjonderliches Ausjehen haben, diejelben auch nicht weiter als bis zum erjten Drittel der Rüſſellänge vorrüden, daß der Steiß von den Mauszahnrüßler. Palmenbohrer. Schwarzer Kornwurm. 167 flachgedrüdten Flügeldeden nie berührt wird, daß die Verdidung auf der Oberfläche des Küffels in einer dichten Haarbürjte und die Farbe des ganzen Tieres in einem öfters wie mit Duft überzogenen Schwarzbraun bejteht, welches hier und da, bejonders auf der Scheibe des Halsjchildes, auch einem jtarf roten Scheine Pla machen fann. Wie bereit erwähnt, ftellt unjere Abbildung die Grundform der Kalandriden dar, e3 gibt aber auch bedeutend ſchmälere, die, weil fie verhältnismäßig nicht mehr niedergedrüdt find, eine jpindelförmige Geltalt annehmen. Bei anderen erweitert jih der Rüſſel an feiner äußerſten Spite winfelig oder zahnartig, bei noch anderen (Macrocheirus longipes) ver: längern fi) die Vorderbeine übermäßig, was übrigens bei verjchiedenen unerwähnt ges bliebenen Gruppen gleichfalls vorfommt. Die ſchwarz- oder rotbraune Farbe des jehr harten Panzers herrſcht vor, es finden fich aber aud) ver: wandte Farben, wie Not, Gelb, Grau, eintönig oder in FSledenzeihnungen. Die Männden unterjcheiden fich durch Bildung des Rüſſels, der Beine, der Fühler ꝛc. öfter wejentlih von ihren Weibhen. Man fennt nur wenige Larven, welche vorzugsweije im Inneren einfamenlappiger Gewächſe (Palmen, Cykadeen, Bananen Zuderrohr) bohrend (eben, wo fie mitunter bedeutenden Schaden anrichten, weil fie oft in großen Mengen vorfommen, daher Balmen- bohrer. Auf die Fleinjten Arten der ganzen Sippe will La— cordaire den jonjt allen gegebenen Namen Calandra allein noch angewendet wiſſen. Zwei davon haben ſich durch den Handel, wahrihheinli aus dem Morgenland verjchleppt, und nicht nur über ganz Europa, jondern auch über Die anderen Erdteile ausgebreitet: der Ichwarze Kornwurm 2 < a : Balmenbohrer (Rhynchophorus (Calandra granaria, auch Sitophilus granarius) be— Schach), Natürliche Größe. wohnt die Magazine und Kornböden, weil er und feine Larve vom Mehle des Getreides leben, und legtere zwar von dem einen Korne, welches die Mutter anbohrte und mit einem Eie bejchenkte. Hier frißt fich die Larve weiter und hat ihre volle Größe erlangt, wenn von jenem, jofern e3 ſich um Roggen oder Gerite handelt, nur noch die Hülſe vorhanden tt, in der ſie jich einpuppt. Nah 5—6 Wochen, vom Eie an gerechnet, erjcheint Anfang Juli die erite Brut von den überwinterten Käfern. 14 Tage jpäter beginnen die jungen Käfer ihr Brutgejchäft, und vor Winters kommen zum zweiten Male die in Dielenrigen, Balkenfurchen und jonjtigen Winkeln des Speichers überwintern- den Käfer zur Ausbildung. Man weiß längit, daß Neinlichfeit und guter Luftdurchzug die beiten Schußmittel gegen diefen nicht zu unterfhägenden Feind find, und hat neuerdings mit bejtem Erfolge ein finnreiches Verfahren in Anwendung gebradt, um den Kornwurm zu vertreiben: durch eine Luftdrainage, mittels reichlich) 3 m voneinander durch den Getreide: haufen gelegter Drainröhren, welde ſich nad) außen einzeln öffnen oder auch zu einem Aus— gang verbunden jein können, wird innerhalb des Haufens diefelbe Temperatur wie in der umgebenden Luft hergeftellt, und die die Wärme Liebenden und diejelbe zur Entwidelung gebrauchenden Käferchen verlafjen den Haufen. Diejes Verfahren gejtattet außerdem, die Haufen ohne Schaden für das Getreide jelbjt höher aufzufchütten, als es jonjt möglich wird. Der Kornfäfer ift rot» bis ſchwarzbraun, an den Fühlern und Beinen etwas heller, mit Ausihluß des Rüffels 3,5 mm lang, 1,; mm an den Schultern breit. Der dünne, janft gebogene Rüſſel, etwa von der Länge des Halsjchilves, trägt an jeiner Wurzel, unmittelbar vor den Augen, die gefnieten Fühlhörner mit jechsgliederiger, lang-eiförmig geknopfter 168 Erſte Ordnung: Käfer; vierundzwanzigfte Familie: Borkenfäfer. Geißel, das platte, vorn wenig verengerte Halsjchild iſt dicht mit tiefen, länglichen Bunften bejegt, welche nur eine glänzende Längslinie durch die Mitte freilafjen. Die Flügeldeden, von der Breite des legteren und gleichläufig an den Seiten, runden ſich vor dem Steiße ge: meinjchaftlich ab und werden von tiefen Bunktitreifen durchzogen, deren Zwifchenräume glatt bleiben. Die Schienen find mit einem Hornhafen an der Spige bewehrt, die vorderen am Innenrande mit Keinen Kerbzähnen. Wie diefer Käfer von Noggen, Weizen und Mais lebt, jo der jehr ähnlihe Neisfäfer (Calandra oryzae) von den Neiskörnern, deren Yagerräume jeinen Aufenthalt bilden, indem er fich jowenig wie der vorige bei uns zu Lande im Freien vermehren fann. Ein Fledchen auf jeder Schulter, eins hinter der Mitte jeder Flügeldecde und der Seitenrand von roter Farbe auf matten, pechſchwarzem Grunde, ein dicht und rund punktiertes Halsjchild ohne deutliche glatte Mittellinie und äußerſt dicht punftitreifige Flügeldeden, deren jehr jchmale Zwiſchenräume abwechjelnd mit gelben Börjtchen bejegt find, unterjcheiden ihn vom vorigen. Die kleinen, ſchwarzen, meiſt ſchmalen und glatten Nüfjelfäfer, welche fich weſent— lid nur durch den bedecdten Steiß von den vorigen unterjcheiden und, zu der Sippe der Kojjoniden vereinigt, auch zahlreiche, aber unanjehnliche Vertreter in Europa und Deutjchland haben, leiten über zu der Familie der Borkenkäfer (Bostrychidae, Scolytidae). sn ihrer äußeren Erſcheinung ftimmen fie durch Kleinheit des walzigen Körpers, durch einen diden Kopf mit vortretenden Kinnbaden, im übrigen verjtecten Mundteilen, durch gebrochene Fühler mit didem Endfnopf, durch langgejtredte Augen mit- einander überein und unterjcheiven fich) von den verwandten durch die Kürze des Kopfes, der Tafter, Fühler und Beine, an denen breit gedrüdte, in einen Hafen endende Schienen viergliederige Füße tragen. Bon den fünf Bauchringen verwachjlen die beiden erſten öfter unter ſich. Die beiden Gejchlechter derjelben Art lafjen fih äußerlich nicht Schwer vonein- ander unterfcheiden. Die Larven haben die größte Ähnlichkeit mit denen der Rüffelfäfer, nur erjcheinen fie minder gedrungen und vollfommener walzig. Ihr gejelliges Beiſammen— jein, wie das der Käfer, und die Art, wie fie in der Ninde der Bäume jelbjt oder un: mittelbar unter ihr im Baſte Gänge anlegen, weijen auf ihre natürlihe Zuſammen— gehörigfeit hin. Meiſt von einem etwas breiteren Anfang des Ganges, einem Borzimmer aus, wo bei vielen Arten auch die Paarung jtattfindet, arbeiten die Weibchen weiter und legen den jogenannten Muttergang an, wo fie zu beiden Eeiten kleinen, gleichentfern: ten Aushöhlungen je ein Ei anvertrauen. Die den Eiern entjhlüpften Lärvchen frefjen nun ihrerjeitS rechts und links von dem Muttergang, wenn diejer jenfrecht oder jchräg, oberhalb oder unterhalb, wenn er nahezu wagerecht läuft, die mehr oder weniger ge: Ihlängelten Neben= oder Larvengänge, die fih mit dem Wachstum der Larve verbrei- tern. Am Ende wird jeder etwas erweitert, damit die Puppe ein bequemes Lager habe. Auf diefe Weiſe entjtehen artige, baumähnliche Gebilde, deren Grundform von der be- jtimmten Käferart abhängt, je nach dem gegebenen Naume und nad) dem Begegnen mit einem zweiten Gangjyitem aber gewilje Abänderungen erleidet. Wenn man bedenkt, daß dieje Kleinen Wühler fruchtbar find und von manchen zwei Bruten im Sabre zu ftande fommen, jo darf man ſich auch nicht wundern, daß zeitweilig Hunderte und Taujende von Heftaren der ſchönſten Waldungen durch die Wurmtrodfnis einem ficheren Tode ent: gegengeführt werden, wie 3. B. in den fiebziger Jahren im Böhmerwalde. Die Nadel: hölzer ernähren die bei weiten überwiegende Mehrzahl der europäiſchen Arten und er: leiden durch fie verhältnismäßig größeren Schaden als die Laubbäume, in denen wieder Großer Kiefernmarffäfee, 169 andere Arten haufen. Daß jelbit die echten Borkenkäfer nicht alle in der angegebenen Weife leben, beweift unter anderen Bostrychus bispinus, welchen man bohrend in den ranfen: den Zweigen der gemeinen Waldrebe (Clematis vitalba) findet, der Bostrychus dacty- liperda, welcher bis zu Hunderten in dem Kerne der Dattel, dieje durch feinen Kot un— Ichmadhaft machend, und in der Betelnuß (Areca Katechu) zur Entwidelung gelangt. An erjterer Art hat beiläufig Bach die den Anobien eigne Gewohnheit des Klopfens be obachtet, jo daß dieje Locdweile bei mehreren Arten der Familie zu vermuten, nahe liegt. Der große Kiefernmarkfäfer, Kiefernzweig: Baftfäfer, Waldgärtner (Blastophagus oder Hylesinus piniperda), mag jamt dem kleinen die Gattung vergegenwärtigen. Ein jenkrechter, von oben fichtbarer Kopf, fein gefürnelte Augen, ein eiförmiger geringelter Fühlerfnopf, welcher durch ſechs Glieder mit dem Schafte in Ber: bindung fteht, ein in feinem Rücken- und Weichentetle verfchmolzener Vorderbruſtring und ein zweilappiges drittes Fuß: glied charakterifieren dieſe Gat— tung, wie gleichzeitig die pec)- ſchwarze, nur an Fühlern und Füßen in Roſtrot übergehende Grundfarbe die größte Art, welche in unausgefärbten Stüden (Hy- lesinus testaceus des Fabri— cius) auch roftgelb oder braun vorkommt. Unſer Käfer zeigt ſich bei günftiger Witterung ſchon im März, die Paarung pflegt aber erſt im April zu erfolgen, und zwar halb und halb im Flugloch, an welchem das Männchen immer fichtbar bleibt. Die Brutitätten werden in friſch gefällten Stäne — Kiefernmarkkäfer (Blastophagus piniperda) nebſt ſeinen men, in Wurgelftöcen oder unter rn ekner Sarvengängen. Mattrfihe Gräfe und vergtähert. der diden Rinde am unteren Teile jtehender Stämme angelegt, die Gänge gehen durch ein etwas gefrümmtes Bohrloch bis zur Unterjeite der Rinde und an dieſer jenfrecht entlang. Die feitlihen Larvengänge ſtehen jehr dicht gedrängt — einander und werden bis 8 cm lang. Zur Verpuppung nagt ſich die ausgewachſene Larve in der Borke ein Lager. Sm Jahre 1836, weldhes anfangs die Entwidelung der Larven begünjtigte, ſpäter aber dur) rauhe Tage verzögerte, beobachtete Nageburg am 22. April den erſten Anflug der Käfer, am 27. waren die Gänge ſchon bis 5 cm lang und enthielten 30—40 Eier, den 2. Mai lebten die erſten Larven, welche bis zum 18. ihre halbe Größe erlangt hatten, 4 Wochen jpäter (18. Juni) gab e3 die erften Puppen, am 2. Juli noch ganz weiße und und weiche Käfer, und erſt am 15. desfelben Monates die eriten Fluglöcher. Bei ungüniti- ger Witterung ift die Brut auch erſt im Auguft entwidelt Jetzt beginnt der Fraß. Die Käfer bohren ſich nämlich wagerecht in die jungen oder felbjt in ältere, zapfentragende Triebe der Kiefern bis zum Marke ein und gehen, dasjelbe verzehrend, aufwärts. Um das Eingangsloch bildet fih ein Wall des ausfließenden Harzes, und die Triebe brechen bei Wind leicht an diefer Stelle ab, wenn fie klein und dünn find, oder die endjtändigen Kronentriebe bleiben, und jtatt ber ausgefreffenen Endfnojpen treiben neue von dicht 179 Erjte Ordnung: Käfer; vierundzwanzigfte Familie: Borfenfäfer. buſchigem Anjehen. Weil auf diefe Weiſe der Baum feinen natürlichen Wuchs ändert, wie ein unter dem Schnitte Fünftlich gezüchteter, jo hat man den Urheber jolher Erjcheis nung den „Waldgärtner“ genannt. Er geht zur Überwinterung der Negel nach wieder heraus, durch das Eingangslod oder durch ein neu angelegtes weiter oben, jucht das hohe Holz auf und verkriecht fi an den Stämmen dicht über der Wurzel nicht nur hinter Rindenfhuppen, jondern in eigens dazu gebohrten, oft bis zum Baſte reichenden Löchern. Der Waldgärtner geht ſüdlich in Deutjchland jo weit, wie die Kiefern vorfommen, nörd- lich bis Schweden und Rußland. A. Lotgang al3 Brutftätte de3 Buchdruckers (Bostrychus typographus) und Sterngang von Bostrychus chalcographus. Vergrößert: 1) Bostrychus typographus, 2) Puppe, 3) ein Fuß, 4) Zarve, 5) Bein, 6) Fühler; B. Gänge de3 großen Rüjterjplintfäfers (Eccoptogaster scolytus). Vergrößert: 7) der Käfer, 8) die Puppe, 9) die Larve, 10) Eccopto- gaster destructor. Der jehr ähnliche Eleine Kiefernmarffäfer (Blastophagus minor) unterjcheidet jtch nicht immer durch geringere Größe vom vorigen, jondern nur dadurch, daß die Haar: reihe in dem zweiten Zwiſchenraume zwijchen den Punktreihen der Flügeldeden bis zum Hinterrande der Deden reicht, während fie beim vorigen da aufhört, wo dieje ihre Beugung nach unten beginnt. Er lebt in derjelben Weife, jedoch in geringerer Verbreitung, als der vorige. Zum Brüten geht er nur glatte Rinde an, aljo Kiefernjtangen, oder die höheren Gegenden älterer Bäume und arbeitet Wagegänge. Es würde zu weit führen, noch andere Arten näher bejprechen zu wollen, welche in ähnlicher Weije den Fichten gefährlich werden. Die echten Borfenfäfer (Bostrychus oder Tomicus) haben einen fugeligen Kopf und fünfgliederige Verbindung zwiſchen Fühlerihaft und dem runden, viergliederigen Knopfe, dejjen erites nadtes Glied die übrigen behaarten von oben her umſchließt. Das Halsſchild zieht fich vorn fappenartig, in gleihmäßiger Nundung über den Kopf weg und it auf jeiner vorderen Hälfte dicht und fein gehödert. Die Flügeldeden pflegen an ber Spitze geftugt oder ausgehöhlt zu jein und an dem Seitenrande dieſer Höhlung ftärker Kleiner Kiefernmarftäfer. Gemeiner Borkenkäfer. Splintfäfer. rl und ſchwächer gezahnt. Die breitgedrüdten Schienen endlich charakterifieren ſich dur) gezähnelte Außenfante. Einer der für Fichten ſchädlichſten und größten (5,5 mm) heißt der gemeine Borfenfäfer, Buhdruder oder ahtzähnige Fichten Borfenfäfer (Bostrychus typographus); er führt nämlich jederjeits der tiefen Höhle an der Spibe feiner grob punftjtreifigen Flügeldeden vier Zähne, deren dritter der ſtärkſte iſt, trägt ſich rot= oder pechbraun und zottig gelb behaart. Nach den erjten warmen Frühlingstagen fieht man einzelne Buchdruder in der Nähe ihrer Winterquartiere ziemlich träge und ges räuſchlos umbherfliegen, fich auch wieder verfriechen, wenn es fühler wird. Bis Mitte Mai pflegen fie aus der winterlihen Erſtarrung alle erwacht zu jein und die Sorge um die Nachkommenjchaft zu beginnen. Gefallen ihnen die Brutpläße, wo ſie und vielleicht ihre Ahnen bis zum jo und jo vielten Gliede hinauf geboren worden find, jo jteht dem An: fang nichts im Wege. Im entgegengejegten Falle erheben fie fih hoch in die Luft, um, wie e3 jcheint, paffende Plätze aufzufuchen, und es ift feine Übertreibung, wenn man fie nach einem ihrer Entwidelung günjtigen Jahre mit ſchwärmenden Bienen oder Kleinen Wolken verglichen hat. Im Plage jcheinen fie ziemlich wählerifch zu jein, altes Holz ijt ihnen lieber als junges, liegendes, alſo von der Art oder durch Windbruch gefälltes, lieber al3 jtehendes; gewijje Lagen ziehen fie anderen vor und die Fichte (Pinus abies) jedem anderen Nadelholze. Sit die Stelle gefunden, jo wird jenfrecht durch die Rinde ein Loch) gebohrt, an der Sohle diejer ein größerer Raum angelegt, in welchem die Begattung vor fich geht und von welchem nad oben und unten der lotrechte Muttergang jeinen Anfang nimmt und mit Eiern belegt wird, wie früher angegeben ift. Die dieſem entjchlüpften Larven freſſen rechts und links davon, jehr nahe bei einander die Nebengänge, alles jo, wie es unjere Abbildung A mit Ausihluß der rechten Ede vergegenwärtigt. Bald nach dem Gierlegen ſterben die Weibchen in dem Baue jelbjt, oder ſie jchleppen fih noch mühſam heraus. Die vollfommen entwidelte Brut bleibt noch eine Zeitlang an der Geburtsitätte und frißt unregelmäßige, von Wurmmehl erfüllte und den urjprünglihen, regelmäßigen Bau jehr verunitaltende Gänge. Sit es jpät im Jahre, jo bleiben jie hier, um zu über- wintern; jollte fie das ſchöne Wetter noch hervorloden, jo treiben fie fih im Freien um— her und verfriehen fi nachher anderwärts. Zeitig im Jahre ausgefrochene Käfer ver: lafjen in Gefellihaft, gern nach) warmem Regen, gegen Mittag ihre Wiege, ſchwärmen und legen eine zweite Brut an, die unter den günftigiten Umſtänden noch zur vollen Ent: widelung gelangt, in den meijten Fällen aber im Larven= oder Puppenzuſtande zu über: wintern hat und nur dann ungefährdet bleibt, wenn die Borfe gut aufligt und Feine Näſſe eindringen fann. Am meijten halten die Käfer aus; denn man hat beobachtet, daß fie zur vechten Zeit aus geflößtem Holze hervorfamen, welches über 3 Wochen eingefroren gelegen hatte. Larven und Puppen gehen ſchnell zu Grunde, wenn man fie durch Los— reißen der Borfe dem Einfluß der Sonnenftrahlen ausjegt. — Bei manden Arten dieſer Gattung unterjcheiden fich beide Gejchlechter wejentlich im Anjehen: dem Weibchen fehlt die Aushöhlung am Ende der Flügeldeden, oder dieje find jehr kurz, fait Fugelig beim Männchen (Bostrychus dispar), und worin jonjt noch die Unterjchiede beitehen. In— terejjanter find die Verjchievenheiten in der Fraßweije; doch können wir diejen Kleinen Wühlern nit mehr Raum einräumen und bemerken nur, daß außer den Lot- umd Wagegängen, welche die Weibchen anlegen, auch Sterngänge vorkommen, wie die rechte Ede der Abbildung A auf ©. 170 unvolllommen andeutet. Die Splintfäfer (Eccoptogaster) unterſcheiden fich leicht in der Seiten: anficht von allen anderen, indem von den beiden erjten verwachjenen Ningen des Bauches beginnend, diejer ziemlich jteil nach oben aufiteigt, wie der hier jlizzierte Eccopto- gaster destructor (Fig. 10) lehrt. Die Nüdenanficht (Fig. 7) Itellt den großen 172 Erſte Ordnung: Käfer; fünf: und fehsundzwanzigite Familie: Lang: und Maulfäfer. Rüjteriplintfäfer (E scolytus) dar, welder in ähnlicher Weiſe in der Nüfter lebt, wie die Boſtrychen in Nadelbäumen; überhaupt vertritt diefe Gruppe jene für die Laub: hölzer. Höchſt ſonderbar nehmen ſich die Glieder der nächſten Familie, die Langkäfer (Brenthidae), aus. Infolge der Rüſſelbildung lange mit den Rüſſelkäfern vereinigt, hat man ſie neuerdings wegen anderer, durchgreifender Eigenheiten von denjelben getrennt und zu einer eignen Familie vereinigt. In feiner zweiten Käferfamilie herricht das Streben aller Teile des Numpfes, ſich in die Länge auszudehnen, jo allgemein vor, wie hier. Der wagerechte Kopf verdünnt fich nach vorn allmählich in einen Rüſſel; bis zu der feitlichen Erweiterung, an welcher ſich die Fühler anheften, gibt es meijt feinen Abjak, feine Quer: furche, Feine andere Nichtung, überhaupt Feine Stelle, von der man jagen könnte, hier hört jener auf und fängt diefer an. Jenſeits der Einlenfung der Fühler pflegt er voll- fommen walzig zu jein, wenn nicht die Freßwerkzeuge bei ven Männchen vieler Arten einen breitgedrücdten Knopf, oder pafjender gejagt, die Flügel einer Kneipzange an feine Spitze jegten. Die Oberlippe fehlt, das Kinn ift überwiegend groß und verbirgt die Zunge und die Unterkiefer mit ihren Tajtern. Die Yänge des Rüſſels ift bei den verjchiedenen Arten und den beiden Gejchlechtern derjelben Art eine jehr verjchiedene, und zwar beim Männchen immer beträchtlicher als beim Weibchen. Die 11, in jeltenen Fällen (Uloceriden) nur 9 Glieder der ungebrodhenen Fühler, nad vorn bismeilen allmählich verdickt, reihen fich wie Perlen auf einer Schnur aneinander; ihr erites muß mit ganz bejonderer Gejchmeidig- feit im Rüſſel figen, denn höchſt überrafcht fieht man ſämtliche Fühler fih bewegen, wenn auf irgend eine Weije die Neihen der in einer Sammlung aufgeitellten trodenen Tiere erichüttert werden. Am vorderiten Nittelleibsringe, der immer länger als breit und durch: ſchnittlich nicht ſchmäler als die Flügeldeden ift, verſchmelzen die Seiten vollftändig mit dem Rüden. Nicht genug, daß die Flügeldeden lang und ſchmal, ſeitlich gleichläufig find, gibt fich bei den Männchen mancher Arten ihr Drang nah Länge noch durch ſchwanz— artige Anhängfel zu erkennen. Die Hinterbruft verlängert fih, mehr noch jedes der beiden eriten mitſammen verwachjenen Bauchglieder. Die Beine find Schlank, im Verhältnis zum linealen Körper nicht eben lang zu nennen, die Hüften der vorderſten flach Fugelig, fait eingejenkt in eine hinten ein: geichlofjene Pfanne. Bemerkenswert dürfte noch die oft jehr ungleiche Einzelgröße bei einer und derjelben Art fein. Die Langfäfer gehören in ihren durchſchnittlich 600 Arten bis auf eine (Amorphocephalus coronatus) des jüdlichen Europa den übrigen Erdteilen an, Amerifa nicht vorherr: ſchend, wie man früher meinte, als die vielen aſiatiſchen Arten noch unbekannt waren. Sie leben gejellig hinter Baumrinde, entfernen fich alſo weſentlich in diejer Be: ziehung von den Nüffelkäfern, ſchließen fich vielmehr den ek un Branthns Holzfreſſern im weiteſten Sinne des Wortes an. Die zwei Natürliche Gröhr. bisher bejchriebenen Larven weichen jehr von denen eines Rüſſelkäfers ab, jo daß man meint, es dürften fih Irr— tümer eingejchlichen haben und diejelben feinem Langfäfer angehören. Der in Brafilien gemeine Brenthus Anchorago möge eine Vorjtellung von den eben bejprochenen Käfern geben. Bei ihm erreicht der Rüſſel des Männchens eine bedeutendere Länge al bei jedem anderen jeiner Gattungsgenoſſen. Die Grundfarbe ift ein dunkles Notbraun, b ar Brenthus Anchorago. Weißflediger Maulkäfer. 1723 welches auf den Flügeldecden durch zwei blutrote (gelbliche) Längsitreifen verdedt wird. Dergleichen Zeichnungen, welche auch fleckenartig auftreten, finden fich bei vielen Familien: gliedern. Die Familie der Maulfäfer (Anthribini) verband man gleichfalls bisher mit den Rüſſelkäfern; Lacordaire will fie aber davon getrennt wiljen, und mit demfelben Nechte, wie die vorigen. Auch hier verlängert fich der Kopf in einen etwas breiten, nicht langen, nie wahigen, nie von ihm durch eine Querlinie geſchiedenen Rüſſel. Der Unterkiefer it zweilappig, die Lappen find ſchmal, linienförmig, die fadenförmigen, ſpitz endenden Taiter viergliederig, die der Lippe nur dreigliederig; der Oberkiefer tritt mehr oder weniger hervor, it breit und gezahnt an der Wurzel. Die Oberlippe it deutlich, vorn gerundet und bewimpert. Die nicht gebrochenen Fühler beftehen aus elf Gliedern, deren lebte eine loje gegliederte, manchmal infolge der Geftredtheit verichwindende Keule bilden, und find dem Rüſſel an jehr verjchtedenen Stellen in einer Ceitengrube eingelenft. Bei manden Männchen er: reichen fie eine bedeutende Länge, und vielleicht hier: durch, aber auch durch die Körperform, ift oft eine gewiſſe Ähnlichkeit mit den nachher zu betrachtenden Bockkäfern nicht zu verfennen. Ein Duerkiel vorn an der Vorderbruſt gibt in feinem Verlaufe, feiner Länge 2c. gute Öattungscharaktere ab. Die Hüften an den beiden erften Paaren der Beine find fait Fugelig und voneinander getrennt, die des leßten Paares be: deutend breiter als lang, die Pfannen aller geſchloſſen, die Schienen an der Spite geitußt, nie mit End: jporen oder Hafen verjehen, und das dritte der vier Fußglieder allermeift im zweiten jo verjtedt, daß man an feiner Gegenwart zweifeln fönnte; die Klauen tragen unten je einen Zahn. Den Hinterleib jegen vom Bauche her fünf ziemlich gleiche Glieder zujanımen, deren lettes auf dem Rücken immer fihtbar bleibt. Die düftere Körperfarbe wird durch ein kurzes Haarkleid durchaus heller oder fledenartig bunt. Die Maulfäfer finden fi) an franfen Baumftämmen over Schwänmen, viel jeltener auf Blättern oder Blumen. Die meijten haben einen jchwerfälligen Flug, einige dagegen zeigen fich in diejer Beziehung jehr beweglich, und ein paar können jogar jpringen. Man fennt erſt jehr wenige Yarven, die in ihrer äußeren Erſcheinung von denen der Rüſſelkäfer nicht abweichen und darauf jchließen laffen, daß die meilten bohrend in Pflanzen leben. Die Familie breitet ſich mit ihren reichlich 800 Arten, von denen jehr viele noch nicht be: jehrieben und benannt find, über die Erde aus, bedeutend überwiegend in den von den Malayen bewohnten Teilen Aſiens; Europa hat nur 7 Gattungen mit zufammen 19 Arten, unter denen der weißfledige Maulfäfer (Anthribus albinus) zu den ausgezeic): netjten gehört. Seine Geitalt erfieht man aus obiger Abbildung; die hellen Zeichnungen auf dem rehbraunen Untergrunde find jchneeweiß, überdies noch der Kopf und Hinterleib jamt dem legten Bruftringe, die wir hier nicht zu jehen befommen. An der Wurzel des breiten, jenfrechten Rüſſels jtehen etwas jchief die nierenförmigen Augen, vor ihnen Die fajt fadenförmigen Fühler, welche beim Weibchen nur halbe Körperlänge erreichen, ſich dafür aber mehr nach vorn verdiden. Der weite Abjtand der Vorderhüften voneinander charak— terifiert die Art noch im bejonderen. ch fand fie bisweilen an angegangenen Stämmen der Rotbuche, immer al3 Seltenheit. — Intereſſant werden die kleinen, unanſehnlichen Weißfleckiger Maulfäfer (Anthribus albinus), Männcden. DVergrößert. 174 Erite Ordnung: Käfer; fiebenundzwanzigfte Familie: Bockkäfer. Arten der Gattung Kurzfuß (Brachytarsus), welde in Europa und Amerifa zu Hauje find. Dan findet die Käfer auf Blumen, die Larven unter den braunen, halbfugeligen, befanntlich über der jungen Brut als Chuß und Schirm zurücbleibenden Schildlaushäuten (Coceus) und meint, daß fie fih von den Eiern der Coccus-Arten ernähren, wenigitens ward dies von Brachytarsus scabrosus und B. varius beobachtet. Beides find Fleine, ftumpf eiförmige Käfer mit breitem, an den Seiten Icharffantigem, kurzem Rüſſel, der in einer jchmalen, nah unten gebogenen Ceitenfurde die jhwachgefeulten Fühler von ge- ringer Länge trägt. Die jet zu befprechende Familie umfaßt 3—4000 Arten der zum Teil ftattlichiten vierzebigen Käfer, aleich Ihön in ihrer edlen, Kraft und Gelbitvertrauen ausdrüdenden Körperform wie in der Verteilung lebhafter Farben, Ausihmüdung der nad) allen Seiten beweglichen, ihnen den Charakter gebenden Fühler. Obſchon fie friedliher Natur find, feine Näuber, jondern in den beiden der Nahrung bevürftigen Entwidelungsftänden von Pflanzen leben, möchte ich fie mit den Adlern unter den Vögeln vergleichen, wenigitens einzelne Sippen unter ihnen, ob des jchlanfen, gefälligen und dabei doch Fräftigen Baues, der drohenden Kinnbaden am hervorgejtredten, nicht jo träumerijch, wie bei anderen, und unterwürfig jchlapp herabhängenden oder gar veritedten Kopfe. Damit freilich ftimmt der deutjche Name wenig, unter welchem man fie vereinigte, und den man in Betracht der Fühlhörner und der ganzen Ceitenanficht des Kopfes doch nicht unpafjend wählte, wenn man ſie Böde, Bodfäfer, Holzböde (Capricornia oder Longicornia), Lang: hörner nannte. Will man fie mit einer anderen Yamilie-ihrer Ordnung vergleichen, jo wären es die Blatthörner, denen fie an Schönheit, Neichtum und Mannigfaltigfeit der Formen, an überwiegender Fülle in den Gleicherländern und in den ſcharf ausgeprägten geichlechtlihen Unterjchieden vieler Arten am nächften ftehen. Hier find es aber nicht Aus: wüchle an Kopf und Halsſchild, durch welche fich die Männchen hervorthun, jondern be: deutend jtärkere Kinnbaden, längere Fühler, andere Bildung derjelben, indem fie Säge oder Kammzähne annehmen können, manchmal jogar gemwedelt find, mannigfaltige Ab: änderungen an den Beinen, bisweilen andere Körperform und Färbung; am durchgreifenditen unterjcheidet ein jpigerer oder hinten vorjtredbarer Hinterleib das Weibchen von jeinem Männchen. Wie die vorangegangenen Vierzeher der Hauptiache nach ein rüfjelartig ver: längerter Kopf charafterifierte, jo die Böce lange, häufig den Körper übertreffende, borftige oder fadenförmige Fühler, in der Negel aus elf Gliedern zujammengejeßt, deren zweites jehr kurz ift. Die Kinnbaden laufen meift in einen jeharfen Zahn aus, die ziemlich furzen Tajter in ein beil= oder jpig jpindelfürmiges Glied. Die geftredten Flügelveden verbergen den ganzen, aus fünf beweglichen Bauchringen zujammengejeßten Hinterleib; doch fommen auch Arten vor, wo fie ihn, wie bei den Kurzflüglern, feiner ganzen Länge nach frei lajjen. Die Schienen aller Beine tragen Endjporen, und die Hüften der vorderiten be= rühren ſich nicht. Man muß die Böde im allgemeinen als bewegliche Käfer bezeichnen, die im Sonnen: Ihein oder an warmen, jehwülen Tagen lebhaft umberfliegen und Blumen oder ſaft— jpendende Stellen an Baumſtämmen aufjuchen, ganz befonders auch das in Wäldern auf: gejpeicherte Klafterholz, während andere zu ihren Umflügen, die dann hauptfächlich der Paarung gelten dürften, die Abendftunden abwarten. Viele erzeugen, zwijchen ven Fingern feitgehalten, durch Neiben des hinteren Vorderrüdenrandes an dem kurzen, in ihn eine geichobenen Ende des NWittelrüdens ein eintöniges, zirpendes Geräufch; fie „geigen“, wie man ſich wohl ausdrüdt. Breitböde. 175 Die Larven der Bodkäfer ſtehen denen der Prachtkäfer nahe, unterfcheiden fich aber von ihnen durch deutliche Lippentaſter, elliptiihe oder Freisrunde Luftlöcher und eine Y-förmige Afteröffnung. Der flache, wagerecht jtehende Kopf kann halb in den eriten Körper: ring zurüdgezogen werden, das deutlich abgejegte Kopfichild iſt lederartig, die Oberlippe dagegen hornig, Augen find entweder gar nicht vorhanden oder jederjeitS eins, auch drei fchwer zu erfennende, ferner die dreigliederigen Fühler jo Fein und in eine Hautfalte verſteckt, daß fie leicht überfehen werden. Bon den Mundteilen entwideln fich die kurzen, ſtark hornigen Kinnbaden am fräftigften, der Furze, breite Stamm der Unterkiefer trägt nad außen einen furzen, dreigliederigen Tajter, nad) innen eine Fräftige Lade mit borjtiger Weibchen des Gerber (Prionus coriarius) und Männden des Zimmermann (Ergates faber). Natürliche Größe. Innenſeite. Ein fleiichiges Kinn, Starke, größtenteils verwachjene Taiterftämme mit zwei: gliederigen Tajtern und eine fleifchige, vorn haarige Zunge jegen die Unterlippe zufammen. Die Beine fehlen entweder ganz oder bleiben jehr furz und einflauig. Der Vorderbruſt— ring zeichnet fi) Durch jeine bedeutende Größe, bejonders auch Breite vor den übrigen aus, eine beiderjeitige Hornbededung, öfter rauhflächig, kommt meift auch den übrigen Ringen zu, welche fi dur Einfhnürung alle gut abjegen. Die Larven leben allermeift in angegangenem Holze und bedürfen gewiß in den meilten Fällen mehr als 1 Jahr zu ihrer Entwidelung, von den kleineren Arten fommen jedoh manche in Stengeln und namentlich in den Wurzelftöcden frautartiger Gewächſe (Wolfsmilch, Hundszunge, Getreide halmen 2c.) vor und können in einzelnen Fällen den Kulturgewächjen nachteilig werden. Dan fennt jet an 9000 Arten, die von Lacordaire auf drei Unterfamilien mit jo und jo vielen Sippen verteilt worden find. Die Breitböde (Prionidae) umfafjen als erfte Unterfamilie die breiteren, plumpen, gleichzeitig aber auch die Niejenformen der ganzen Familie, bei denen der Nücen des Hals: ſchildes von den Seitenteilen durch eine Kante gefondert, die Zunge hornig und did iſt, die Fühler allermeift an der Kinnbadenmwurzel eingelentt find und die Vorderſchienen quer ftehen. Ihnen fehlt das Vermögen, durch Neiben der oben bezeichneten Körperteile einen 176 Grite Ordnung: Käfer; ſiebenundzwanzigſte Familie: Bockkäfer. Laut zu erzeugen. Die Zahl der Breitböde fteht gegen die der beiden übrigen Unterfamilien bedeutend zurücd und wird für Europa verſchwindend Hein, daher jei hier nur zweier aus unjeren deutichen Wäldern gedacht. Der Gerber, Forjtbod (Prionus coriarius, Abbild. ©. 175), aud) der Säge: dod, jofern man unter diefem bereits in anderem Sinne verbrauchten Ausdrude einen Bockkäfer mit jägeförmigen Fühlern verftanden wilfen will. Genau genommen, nennt man derartige Fühler „geihuppt“, indem jedes folgende in den trichterförmigen vorhergehenden eingelenft ift; man zählt deren beim Eleineren Männchen 12, trotzdem wird nur die halbe Körperlänge von ihrer Gejamtheit erreicht. Der Kleine, jchräg jtehende Kopf, das flach ge: wölbte, jederjeitS mit drei Zähnen bewehrte Halsſchild und die jonjtigen Körperverhältniffe, dies alles lehrt unjere Abbildung, zu welcher nur noch bemerkt fein mag, daß der pech- ſchwarze Käfer an der Bruſt dicht grau behaart ift. Von diejem langweiligen Gejellen läßt fich nur noch mitteilen, daß man ihn im halben Juli und Auguft ziemlich tief unten an den Stämmen alter Bäume oder an Stöden von Eichen, Buchen und anderen ziemlich regungslos figen fieht. Herr Morin beobachtete ihn, wie er noch grüne Haſelnüſſe an deren unterer Seite annagte, um zum Kerne zu gelangen. Wenn e3 zu dDämmern beginnt, wird er lebendiger, fliegt jchwerfällig und brummend umher, die Männchen die Weibchen juchend. Nach der Paarung legt legteres an Stellen mit mul: migem Holze jeine Eier ab, die Larve ernährt fich mehrere Sahre von dem der Verweſung bereits anheim gefallenen Stoffe, fertigt jchließlich aus demjelben ein Gehäufe, in welchem jte nur kurze Zeit als Puppe ruht. Eines nicht viel längeren, träumerifchen Daſeins erfreut jih der aus ihr hervorgegangene Käfer. Der Zimmermann (Ergates faber, Abbild. S. 175) iſt gejtredter und meiſt länger al3 der vorige, hat Borjtenfühler, welche beim Männchen die Länge des ganzen, beim Weibchen die des halben Körpers etwas überragen; der ſcharfe Seitenrand des Halsjchildes it bier fein gezähnt, dort fein geferbt. Der Nahtwinkel der Flügeldeden tritt als Kleines Zähnchen hervor. Der Käfer ift pechbraun oder mehr rot gefärbt und weniger verbreitet als der vorige. Er lebt im Mulme der Navdelhölzer, joll jedoch in der Gegend von Toulon, wo er häufig it, den Fichten Schädlich werden. Lucas erzog die Karven, indem er fie in Kajten mit feucht gehaltenen Sägenfpänen bradte. Die zweite Unterfamilie, Cerambyeidae, welche Benennung von anderen auf Die ganze Familie der Langhörner angewandt wird, ließe fich vielleicht als Schrägfopfböde verdeutfchen, weil hier bei jo mancher Übereinftimmung in der ſchlanken Körpertracht mit der folgenden Unterfamilie der Kopf ſchräg, nie jenfrecht, wie dort, aus dem Halsjchilde vorjtebt. Hier begegnen uns die edelſten Formen, die jtattlichiten Fühler, bei der Gattung Cerambyx in der früheren Faſſung prachtvoller Metallglanz, bei alledem aber eine ungemeine Wannigfaltigkeit der äußeren Erſcheinung unter den reichlich 5000 Arten. Am Halsjchilde find Nücden und Seiten miteinander verſchmolzen, die Borderhüften verichieden geformt, bei den heimiſchen kugelig oder fegelfürmig, der oben erwähnte „Zirpapparat“ vorhanden. Die Zunge ift häutig, die Fühler ftehen bei den meiſten in einem Ausschnitte der Augen. Der Waldfäfer (Spondylis buprestoides, Abbild. ©. 178) ift noch fein echter Gerambyeide, aber auch fein Prionide, hat überhaupt feine Ähnlichkeit mit einem Bode. Der 14—20 mm lange, Shwach glänzende, Schwarze Käfer iſt walzig, hat Fräftige, jchräg vorjtehende Kinnbaden, mit welchen er jehr empfindlich zu Fneipen vermag, wenn man ihn zwijchen die Finger nimmt; kurze, perlicänurförmige Fühler, ein polfterartig gewölbtes, an den Seiten ſtark bogig erweitertes Halsſchild, gewölbte, nicht breitere, mit je zwei ftumpfen Zängsleijten verjehene und wie jenes dicht runzelig punftierte Slügeldeden. Die Beine Gerber. Zimmermann Waldfäfer. 177 find kurz, die Hüften der vorderiten querwalzig, die Füße aller fünfgliederig, indem ein Knöpfhen am Grunde des Klauengliedes mit diefem fich einlenft. Beine und Unterfeite des Körpers find merklich rojtbraun kurz behaart. Diejer eigentümliche Käfer entwidelt fi und lebt in Nadelwäldern, ift lebhafter Natur; denn zur Sommerzeit, nachdem er der Puppe entjchlüpft ift, fliegt er an ſchönen Tagen flach über dem Boden umher, läuft ungeſchickt im Sande hin, wenn er dort nievergefallen it, ſetzt ih an die Wände der Häufer, wenn ſolche vorhanden, wenigitens fand ihn Kriech- baumer in Chur unter joldhen VBerhältnifjen. Die violettrötlich durchſcheinende Larve hat jechs furze Bruftfüße und lebt oft in großer Anzahl in Kiefernftöden, wo ihr der Schwarz. ſpecht eifrig nadjitellt, aber auch in jtehendem Holze, Kiefern und Fichten, denn der Käfer ift bei ung ohne Gegenwart von Stubben ziemlich häufig. Wenn der alte Gattungsname Cerambyx nicht gänzlich aus dem Syſtem verjchwinden joll, jo muß er den ftattlichen, düfter gefärbten, über die ganze Erde verbreiteten Arten verbleiben, die wir unter der neueren Benennung Hammaticherus aufgeführt finden. Ihr Kopf jtredt fi) weit vor, die Augen buchten fih über der Mitte tief aus, die elfgliederigen Fühler jchwellen im 3.—5. Gliede ſtark feulenfürmig an, enden in ein langes, dünnes, breit gedrüdtes, jcheinbar geteiltes Glied und übertreffen beim Männ— hen die Körperlänge um ein Bedeutendes. Das Halsſchild ijt quer gerieft oder beulen- artig gerunzelt, in der Mitte durch einen Budel oder eine Dornjpige am breiteften, die Flügelveden, vorn ein ftumpf dreieciges Schilochen aufnehmend, find hier fait Doppelt jo breit wie der Hinterrand des Halsjchildes und übertreffen an Länge ihre doppelte Breite. Alle dieſe Merkmale trägt der Heldbod, Spießbod (Cerambyx heros), jener glän- zend jchwarze, jtattliche Bockäfer, den wir mit dem Hirſchkäfer an einem Eichſtamme auf unjerem Bilde „Hirſchkäfer und Heldbod” (bei S. SO) vereinigt erbliden. Die pech- braunen, nad) hinten etwas verjüngten und mehr rotbraunen Flügelveden führen ein kaum merkliches Nahtjpigchen und werden weiter nad) vorn immer runzeliger; unterhalb und an ven Beinen jchimmert der Käfer durch Seidenbehaarung jilberweiß. Die Larve mit den geförnelten Hornidilvern auf dem Nüden der meijten Glieder lebt mehrere Jahre (3—4) im Inneren alter Eichen. Die jehr breiten, flachen Gänge laufen zunächſt vielfach gewunden durch- und ineinander unter der Rinde hin, und feites Wurmmehl legt jich zwiſchen jte und die Rinde, dann aber führen ſie tief in das Holz und nehmen bisweilen eine ungeheure Breite an. Daß viele Larven den alten Rieſen durch ihre Wühlereien mit der Zeit zu Grunde richten können, liegt auf der Hand; mag immer ein Ihon etwas angegangener Stamm für die legenden Weibchen eine bejondere Anziehungs: fraft bejiten, jo jind die Wirkungen diejer folofjalen Larven feineswegs zu unterſchätzen. Der im Juli der Puppe entjchlüpfte Käfer läßt fich bei Tage nicht jehen, höchitens ſteckt er die Fühlerjpigen aus dem Flugloche hervor und zieht fich ſchleunigſt zurüd, wenn man fich nicht jehr vorfichtig naht. Diejelben müßten jehr weit herausftehen, wenn es gelingen joll, den ſchlauen Gejellen an denselben zu Tage zu fördern; in den meilten Fällen läßt er ih die Spigen der Fühler abreigen, ehe er nachfolgt. Nah Sonnenuntergang fommt er freiwillig hervor und fliegt, nicht eben jehr hoch, im Verlangen nad) dem anderen Ge: jchlechte, lebhaft umher. Die Paarung erfolgt während der Naht, und die Schwärmzeit it, wie bei dem Hirſchkäfer, eine nur bejchränfte. Der Handmwerfer (Cerambyx cerdo) jtellt den vorigen im verjüngten Maße (2 bis faum 3 cm) dar, iſt gleichfalls ſchwarz und dur) Seidenbehaarung filberihimmernd, aber am Ende der Flügeldeden nicht verjchmälert. Indem der „Handwerker“ nicht an alte Eichen gebunden it, hat er eine weitere Verbreitung al3 der vorige, ſcheint aber dabei doch beftimmte Ortlichfeiten zu bewohnen. Während er beijpielsweife im Saalthale der Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 12 178 Erjte Ordnung: Käfer; fiebenundzwanzigfte Familie: Bockkäfer. Naumburger Umgebung alljährlih in größeren Mengen vorkommt, findet er fi wenige Meilen jtromabwärts bei Halle gar nicht. In feinem Betragen weicht er von feinem ftatt- licherem Vetter wejentlih dadurd ab, dab er lebhaft im Sonnenſchein fliegt und die blühenden Sträucher, wie Weißdorn, Schneeball, Hartriegel und andere, aufſucht, um dort mit jo und jo vielen Süßmäulern aus dem verjchiedenartigften Inſektenvolke den Honig zu leden. Geine Larve zeichnet ſich durch eine Reihe von Längsriefen aus, welche die hintere Hälfte der Chitinplatte auf dem Vorderrüden einnehmen. Sie lebt hinter der Ninde und im Holze verfchiedener franfer Bäume, wie Eichen-, Apfel:, Kirſch- und anderer Bäume Nördlinger fand fie 1843 ziemlich erwachſen in einem Apfelbaume, erhielt jedoch erjt im Mai 1847 den Käfer; er meint, die TIrodenheit des Holzes wäre wohl ſchuld an einer jo langen Entwidelung geweſen. Der Mofhus:, Bifambod (Aromia mo- schata) it an Fühlern und Beinen ftahlblau, auf der ſtark gerungzelten Oberſeite metalliſch grün oder bronzefarben, am quer jechsedigen, durch Höder un: ebenen Halsichilde glänzend, auf den ſchwach zwei- rippigen, abgeflahten Flügelveden fajt matt. Die Hinterbeine find verlängert, ihre Schienen zufammen- gedrückt und janft gebogen. Durch das nicht quer- runzelige Halsſchild und die nicht auffällig verdidten Grundglieder der Geißel unterfcheidet fich dieſe Gat- tung von der vorigen, durch das dreiedige Schilöchen, die einfarbigen Flügeldeden und die im Bergleich zu den Kiefertaftern längeren Lippentafter von anderen nabejtehenden Gattungen. Die infolge ihres ftarfen Geruches mit obigen Namen belegte Art lebt im Larven= und volllommenen Zuftande in und an Weiden. Die Larve hat auf den Chitinjchildern Fur: hen von vieredigen Umrifjen, welche an dem Bauche in etwas anderem Verlaufe gleichfalls fichtbar find und an den drei erften Ringen durch außerordentlich feine und leicht zu überjehende Beinchen begrenzt werden. Sie bohrt namentlih in Kopfweiden und in den fnorrigen Wurzelftöden der. Korbweide jehr unregelmäßige Gänge und trägt das ihrige redlich bei, dort mit Beihilfe der Weidenbohrerraupen, hier in Gemeinſchaft der Erlenwürgerlarven und anderen Ungeziefers bei weiten mehr Holz verjchwinden zu lafjen, als ſich neu erzeugt und als die Pflanze entbehren fann. Wenn fi) der Käfer zu Anfang des Sommers aus der Puppe entwidelt hat, treibt er fich an feiner Geburtsſtätte jo lange umber, bis fich die Gejchlechter zufanmengefunden haben, an unfreundlichen Tagen ver: ſteckt im Laube o8er in dem Mulme mit nach hinten dem Nüden angedrüdten Fühlern, an fonnigen lebhaft umbherjpazierend an Stamm oder Zweigen, die nach vorn gerichteten Hörner hin und her wiegend; auch fliegt er einmal davon und jucht jeinesgleichen ander: wärts auf. Die Afterböde, Shmalböde (Lepturini), bilden eine jehr beftimmt abgegrenjte Eippe in diefer Unterfamilie und find leicht von den anderen zu unterfcheiden durch den hinter den Augen verengerten, halsartig eingejchnürten Kopf, der fih nach vorn mehr oder weniger fehnauzenartig verlängert, durch fait rundliche Augen, vor und zwijchen denen 1) Bifambod (Aromia moschata). 2) Wald: täfer (Spondylis buprestoides). Natürl. Größe. Moſchusbock. Geſpornter und veränderlider Schmalbod. 179 mehr oder weniger entfernt die Furzen Fühler ftehen, und durch jehr genäherte, zapfen= artig vortretende Vorderhüften. Die meiften fliegen lebhaft im Sonnenſchein umher und finden fih nit nur auf Buſchwerk, ſondern an allerlei blühenden Kräutern, wie an den honigreihen Dolden, und andere nicht bloß im Walde, jondern auf Wiejen, Feldrainen und öfters in größeren Ent: fernungen von Holzgewächſen. Man hat die Arten vielen Gattungen einverleibt, die aber in ihren Merkmalen jo ineinander übergehen, daß fie ſich ſchwer voneinander unterfcheiden laffen. Die Form und Oberflächenbejchaffenheit des Halsſchildes, der Flügeldeden, die Breiten: verhältnifje legterer zu erfterem und die Zartheit oder Grobheit der Augenfelder geben die wejentlichften Unterfheidungsmerfmale für die Gattungen ab. Die Larven ernähren ſich von faulem Holze. Der gejpornte Shmalbod (Strangalia armata, Fig. 1) mag zunächſt den Formkreis diefer Sippe vergegenwärtigen. Der Körper it ſchwarz, mit Ausnahme. der ß IN DT al 1) Sefpornter Shmalbod (Strangalia armata) nebft Zarve. 2) Veränderlider Shmalbod (Toxotus meridianus), oben Weibchen, unten Männden. Alles in natürlicher Größe. nur ſchwarz gefledten drei eriten gelben Bauchringe; Fühler, Beine und Flügeldeden find wachsgelb, die Fühler vom dritten Gliede an und die Füße jchwarz geringelt, die Schienen ſchwarz beſpitzt, die Hinterſchenkel innenjeit3 vorn ſchwarz gefledt und die an der Spibe bogig nad) innen ausgejchnittenen Flügeldeden mit vier ſchwarzen Zadenbinden gezeichnet, welche nicht immer jo vollitändig ausgeprägt zu fein brauchen wie bei unjerer Abbildung, indem die beiden erſten ſich bisweilen in Flecde auflöjen. Das Männden unterſcheidet fih vom Fräftigeren Weibchen durch zwei Zähne am Innenrande der Hinterjchienen. Die Larve findet fih in Birkenftämmen und anderem Holze, hat undeutlihe Augen, aber deutlihe Füschen, einen jehr großen Kopf mit drei: gliederigen Fühlern, Kopfihild und Oberlippe und läßt ihre jonjtigen Merkmale an der beigegebenen Figur erkennen. Nach ihrer VBerpuppung vergehen noch 3—4 Wochen bis zum Erjcheinen des Käfers. Derjelbe ift nicht zu verwechjeln mit dem auf den Flügel— deden beinahe ebenjo gezeichneten, aber jehwarzbeinigen, ſchwarzbäuchigen, nicht gelbfühle: tigen vierbindigen Schmalbode (Strangalia quadrifasciata), welcher aud im Körperbau etwas fräftiger und größer erſcheint. — Die meilten anderen, Eleineren Arten aus der nächiten Berwandtjchaft find mit gelbbraunen, einige mit blauen Flügeldeden vers jehen, andere durchaus ſchwarz oder ſchwarzbraun, meilt aber matt und unjceinbar in ihren Farben. 12* 180 Erfte Ordnung: Käfer; fiebenundzwanzigfte Familie: Bockkäfer. Die langbeinige und langſchnauzige Gattung Toxotus gehört zu denen mit walzigem, vorn und hinten tief eingejchnürtem, feitlih in der Mitte und durch eine Längsfurche auch auf dem Rücken gehödertem Halsjchilde. Die fadenförmigen Fühler find faft immer jo lang wie der Körper, ihr drittes Glied viel länger als das vierte und die Flügeldecken menigftens beim Männchen nach hinten wenig verſchmälert. Die gemeinfte Art für Deutfchland ift der veränderlide Shmalbod (Toxotus meridianus; Abbild. ©. 179, Fig. 2). Bei ihm it das fünfte Fühlerglied noch einmal jo lang als das vierte, und das dritte länger als das fünfte. An den Seiten des gejtredten, nach hinten jchwach erweiterten Halsſchildes fit je ein jtumpfer Höder, und die nad hinten beim Männchen ftark, beim Weibchen nur mäßig verengerten Flügeldeden randen fih an der Spige ſchwach bogig aus. Die Bruft decken dichte filbergraue Haare. Der Käfer ift entweder ganz jehwarz, oder es find die Wurzeln der Fühlerglieder, die Beine und der Schulterrand der Flügeldecken rötlichgelb, oder die Wurzel der legteren, auch ihre ganze Vorderhälfte find rötlichgelb und nur. der hintere Teil der Naht oder die Spite ſchwärzlich, oder fie find durchaus rötlich gelbbraun. Die Größe jhwankt zwiſchen 13 und 22 mm. Sn den erjten Tagen des Juni fliegen an heiteren Tagen die Männchen lebhaft an Buſchwerk und allerlei Blumen umher, ftet3 bereit, jich fallen zu lafjen, wenn man nad) ihnen greift, ohne ficher zu faffen, während die Weibchen einzelner und träger zu fein pflegen. An einigen ftattlichen Pflanzen der blühenden Sumpfwolfsmild, welche ich zu dieſer Zeit auf einer Wiefe als vorzüglichen Fangplag für das verjchiedenartigite Inſektenvolk antraf, waren die Männchen diefer Böde jehr zahlreich vertreten und ungemein beweglich; an den Grashalmen, unter deren Ihren hingen vereinzelte Weibchen und jchie: nen vollfommen teilnahmlos bei dem jonjt jo überaus regen Leben rings um fie. Die Schrotkäfer oder Zangen: böde (Rhagium) zeichnen fich durch ihren dicken, faft quadratiihen Kopf und die kurzen, Jhnurförmigen, auf der Stirn einander genäherten Fühler aus. Die Augen find breit, nieren- fürmig, das Halsſchild Klein, vorn und hinten eingejchnürt, in der Mitte ſtark bedornt, das Schildchen ſchmal, ſpitz dreieckig, die Flügeldecken ſind flach— gedrückt, die Beine lang, aber plump, die Vorderhüften kurz und dick, von— einander getrennt. Der kurzhörnige Nadelholz— bo@(Rhagiumindagator, Fig. 1) BE X dürfte die gemeinſte der vier deutſchen y Kurzhörniger Nadelholzbod (Rhagium indagator) net Arten ſein. Die Flügeldecken find blaß ca) mund gelbbraum, dicht mit weihlichen. Silge befleivet, nur drei erhabene Längs— linten auf jeder und zwei mehr oder minder regelmäßige, gemeinfame Querbinden nadt und ſchwärzlich gefärbt. Die Körpergejtalt ergibt fi aus obiger Abbildung. In manden Nadelholzrevieren gibt es jelten einen toten Stamm der verfchiedenften Stärke, welcher ID Beränderlider Shmalbod. Nadelholzbod. Großer Halbdeck-Bockkäfer. 181 hinter feiner Rinde nicht mehr oder weniger zahlreich mit Larven diejer Art verjehen wäre und nad) der Entrindung die unregelmäßigen Gänge zeigt. Nach gefunden Stämmen hat das legende Weibchen durchaus fein Verlangen, jondern nur nach jolchen, die durch ver: ſchiedenes anderes bohrendes Ungeziefer ſchon jo weit bearbeitet worden find, daß fich Die Borke ohne große Mühe abſchälen läßt. In derjelben Weije und gleichfalls nur an Nadel: bäumen lebt die jeltene Art, der zweibindige Nadelholzbod (Rhagium bifascia- tum; Abbild. ©. 180, Fig. 2), während die beiden noch übrigen Arten tote Laubhölzer zu der Zeit ihres Larvenftandes bewohnen, weshalb fie ſämtlich für den Forſt ohne jegliche Bedeutung find. Der große Halbdeck-Bockkäfer (Necydalis major) hat vorzeiten den um die Naturwiffenshaften verdienten Prediger Schäffer in nicht geringe DVerlegendeit gejegt, wie aus einem Briefe an Réaumur hervorgeht. Der Käfer, wahrjcheinlich aus einem Stüde Plaumenholze ausgefrohen, war in dem Drechjelzimmer von Schäffers Schwager auf: gefunden und Schäffer vorgelegt worden, um fein Gutachten über die: ſes jonderbare Weſen abzugeben. Er vergleicht es mit der großen Holz— weſpe, findet aber doch bei näherer Unterſuchung und Abbildung, daß es ein „Afterbock“ ſein müſſe. Beſchreibung und Abbildungen wurden an Reéaumur geſchickt und am Schluſſe des Briefes N bemerkt: „gaben aber Großer Halbdeck-Bocktäfer (Neeydalis major). Natürliche Größe. Em. ꝛc. diejen Inſekten (e3 ift noch eine Kleinere Art der heutigen Gattung Molorchus dabei) einen zweifelsohne eigentlicheren und befjeren Namen ſchon beftimmt, jo werde ic aufs künftige Dero Aus: jprüchen willigft folgen (Negenspurg den 14. März 1753).“ Die Eigentümlichteit der Art liegt in der Kürze der Flügeldecken, welche weder den jehmalen, langen Hinterleib, noch die dünnhäutigen Hinterflügel bedecken können. Der ganze Käfer ijt ſchwarz, goldhaarig, Fühler, Beine, Flügeldeken und die Wurzel des Hinterleibes find rötlich gelbbraun, die Spige der Hinterfchenkel dunkler und die Fühler des Männchens nur an der Wurzel gelb. Diejer interefjante Bockkäfer findet fich auf Buſchwerk und an den Stämmen verwetterter Bäume; ich habe ihn an Eichen: und Kirſchbäumen angetroffen, in deren mürbem Inneren, wie die Bohrlöcher bewiejen, die Larve ſicher gelebt hatte; er ift entichieden nicht häufig und der ftattlichjte Heimifche Vertreter diefer bejonders in Südamerika lebenden, aus wunder: lihen Geſtalten beitehenden Sippe. 182 Erjte Ordnung: Käfer; fiebenundzwanzigfte Familie: Bockkäfer. Mehrere Bodkäfer leben als Larven in altem Holzwerfe unferer Häufer und be: gegnen uns daher auch hier dann und wann die fertigen Käfer, zumal in älteren, holz reihen Gebäuden, ohne daß man ſich Nechenjchaft geben kann, wo dergleihen Erjcheinungen berfommen. Am bäufigiten dürfte dies von einer Art gelten, welche man darum den Hausbod (Hylotrupes bajulus) genannt hat, ein furzbeiniger, breitgedrüdter und ſchmaler Käfer, welcher ſich durch jeine Furzen, fadenfürmigen Fühler, das jcheibenartige Halsſchild, dur ein bogig ausgerandetes Mittelbrujtbein und im weiblichen Gejchlechte durch eine lang vorgejtredte Fegelfürmige Legröhre ausgezeichnet. Der Körper ift pech— ſchwarz oder braum gefärbt und mit einem greifen Haarkleide überzogen, bejonders auf dem Halsichilde, wo einige Unebenheiten dunkler hervortreten und unter Umftänden eine geltchtsähnlihe Zeichnung jehen lafjen. Die Größe ſchwankt auf- fällig zwifchen 6,5 und 19,5 mm. Wenn diejerKäfer, manchmal noch mit dem Bohrmehle aus jeinem Schlupflohe bededt, zum Bor: Ichein gefommen ift, jo jcheint er jich über feine Umgebung zu wun— dern; denn eiligen Laufes, ſoweit feine furzen Beine einen jolchen geltatten, ſucht er zu entweichen, ohne zu wiſſen wohin, und zeigt jtetS ein gewiljes Behagen, wenn er ein geöffnetes Fenfter erreicht hat. Das Weibehen fährt mit : > jeiner langen Legröhre in die Riſſe Der Hausbod (Hylotrupes bajulus) nebjt Larve. Natürliche Größe, alten Holzwerfes jeglicher Art, undjehen wir Pfoften, Zaunpfähle, Senfterbefleidungen und anderes mit größeren Bohrlöchern bejegt, jo fünnen wir mit ziemlicher Sicherheit mindejtens auf die Mitwirkung des Hausbodes rechnen. Seine Larve bewohnte vorzeiten die Seitenwände und den dünnen Boden eines Inſektenkaſtens, der, außer Gebrauch, vorher mehrere Jahre auf dem Boden geftanden und nun feiner urfprüngliden Bejtimmung wiedergegeben wurde. Das Schrapen der frejjenden Larve und hier und da ausgeworfenes Bohrmehl verrieten die Gegenwart, die ftellenweije zu Tage tretenden Gänge führten jhlieglih zum Sitze der Larve, welche felbft im jehr dünnen Holze die Außen: wände meilt zu jchonen veritanden hatte. Sie ift vorn etwas plattgedrüdt, ohne Zeich- nungen und Eindrüde auf den Glievern, und vollfommen fußlos. Der veränderlihe Scheibenbodfäfer (Callidium variabile; Abbild. ©. 183, Fig. 2) ift eine zweite Art von den in altem Holzwerfe lebenden und daher ung in Häufern oder deren nädhjter Umgebung begegnenden Bodkäfern. Entſchieden ſchlanker, Tangbeiniger und beweglicher als der vorige, jteht er ihm doch in den Grundformen fehr nahe. Die den jtarfen Augenausrandungen eingefügten Borftenfühler erreichen die Körperlänge und in ihrem dritten Gliede fajt dreimal die Länge des zweiten; das Halsſchild ift fajt Freisrund, doch etwas breiter als lang, auf jeiner Fläche durch vier undeutlihe Höcderchen uneben, die walzigen Flügeldeden, nicht breiter al3 die Halsjchildmitte, find auf dem Nüden nieder: gedrücdt und hinten einzeln jtumpf gerundet. Die Mittelbruft ift zwifchen den Mittelhüften ſtumpf dreiedig, nie bogig ausgerandet, die Schenkel find geftielt. Der glänzende Käfer trägt fich entweder ganz ſchwarz und nur an den fein punftierten Flügeldeden ftahlblau, Hausbod. Veränderlider Scheibenbodfäfer Gemeiner Widderfäfer. 183 oder die Fühler, das Halsihild, auch nur jeine Ränder und in größerer oder geringerer Ausdehnung die Beine find rötlich, oder der Käfer ift gelbrot, die Flügeldeden find gelb: braun, an den Spigen ſamt der Bruft ſchwarz. Die Länge beträgt 10—13 mm. Wie bei der vorigen Art, arbeitet auch hier die Larve breite, unregelmäßige, mit dem feinen Bohr: mehle ausgefüllte Gänge. Der dritte im Bunde ift der häufiger im Harze, weniger in der Halleſchen Gegend, unter denjelben Verhältniffen vorfommende blaue Scheibenbod (Callidium violaceum, $ig. 1). Er it unterjegter al3 der vorige und plumper, wird bis 16 mm lang, hat fadenförmige, fürzere Fühler, von gleichen Längenverhältniffen im zweiten und dritten Gliede wie der vorige, ein an den Seiten gleichmäßig gerundetes Hals: ſchild, welches von den platten Flügeldeden an Breite etwas übertroffen wird, und ſchwächer verdidte Schenfelenden. Der ganze Käfer ift auf der Oberfeite heller, auf der Unterjeite 1) Blauer Scheibenbod (Callidium violaceum). 2) Beränderliher Scheibenbod (C. variabile. 3) Gemeiner Widderfäfer (Ulytus arietis). 4) Clytus arcuatus. 5) C.arvicola. 6) Kreuztragender Erdbod (Dorcadion erux). 7) Greiſer Erdbod (D. fuliginator). dunfler blau, jehr dicht runzelig punktiert, an Fühlern und Beinen vorherrſchend ſchwarz. infolge der Lebensweife it diefe Art jowie der Hausbod nad) Nordamerika verjchleppt worden und hat fich daſelbſt gleichfalls eingebürgert. Ungemein zahlreich breitet die Gattung der Widderfäfer (Ulytus) ihre Arten über die ganze Erde aus. Die langbeinigen, furzfühlerigen Böde, flink im Laufe und beim Sonnenſchein jtet3 bereit zum Fluge, fiten gern auf blühenden Sträuchern und lafjen fih meift an bunten, vorberrjchend gelben Zeichnungen erfennen. Die borten: oder faden- fürmigen Fühler, ſtets kürzer al3 der Leib, öfters nur von defjen halber Länge, entipringen zwijchen dem Augenausichnitte und einer jenfrecht davor herablaufenden Stirnleijte am ftarf gerundeten Kopfe, welcher nicht tief genug im Halsſchilde ftedt, um mit dem Hinterrande der Augen dejjen Borderrand zu berühren; dasjelbe ift fugelig oder quer eiförmig. Die Flügelveden ſchwanken in der Form, fommen walzig, auch nach hinten ver: engert und flachgedrüct vor, die Schenkel häufig nach der Spitze feulenförmig angeſchwollen, die hinterſten auch verlängert. Eine der verbreitetjten deutjchen Arten ift der gemeine Widderfäfer (Olytus arietis, Fig. 3), welchen ein fugeliges Halsſchild, nad vorn allmählich verdidte Schenkel und einzeln an der Spite abgerundete, walzige Flügel: deden auszeichnen. Das 10 bis reichlich 15 mm lange Käferchen ift Schwarz, Fühler und Beine find rot, die vorderen wenigitend von den Schienen an; goldgelb durch dichte, anz liegende Behaarung find: die Endränder des Vorderrüdens, das Schildchen, vier Binden 184 Erfte Ordnung: Käfer; fiebenundzwanzigfte Familie: Bodfäfer. der Flügeldeden von Geftalt, wie unjere Abbildung zeigt, die Hinterränder der Bauch— ringe und einige Flecke an der Bruft. Noch zwei andere Arten fommen in Färbung und Zeichnung der eben bejchriebenen jehr nahe, der etwas kleinere Clytus rhamni, deſſen Flede hinter den Schultern nicht als Überbleibjel einer geraden Querbinde betrachtet werden fünnen, weil fie ſchräg nad) außen mit dem Worderende gerichtet find, und deſſen Bauchbinden in der Mitte ſchmäler werden oder dafelbjt ganz verjchwinden, und der größere Clytus arvicola, deſſen Halsjchild an den Hintereden ausgeſchnitten, Flügeldeden am Ende jhräg nah innen gejtugt find, und defjen zweite Binde fich fait rehtwinfelig in der Mitte von der Naht ab nad) außen biegt. Die Larve des gemeinen Widderfäfers lebt hinter der Ninde verjchiedener Laub: bölzer, wie Eichen, Buchen, wenn diefelben gefällt oder als Wurzelftöde jtehen geblieben find. Nördlinger beobachtete die Entwidelung des Käfers im Mai aus einem jtarken, abgejtorbenen Roſenſtamme. Daher find es Käfer, die wir weder in den Häufern noch auf dem freien Felde, jondern in Gärten und Wäldern, überhaupt da antreffen, wo Laub- bäume in der Nähe jtehen. Die dritte Unterfamilie, die Lamiidae, endlich möchte ich als Spitzböcke bezeichnen, da ihre Tafter im Gegenjage zu allen vorigen in ein zugejpißtes, weder in ein abgeſtutz— tes, noch beilfürmiges Endglied auslaufen. Ihre Vorderichienen find außerdem an der Innenſeite mit einer ſchrägen Furche, die Mittelichienen meiſt auswendig mit ähnlicher Furche verjehen, der Kopf ſteht ſenkrecht, und feine Stirn ift gegen den Scheitel mindeitens unter einem rechten, wenn nicht jogar unter einem jpigen Winkel geneigt. Kurz, die Ölieder diefer Abteilung haben bei wiederfehrendem Neichtum der. Körpertrachten der Auszeich- nungen genug, um fie fogleich al3 hierher gehörig zu erfennen; ihre Gejamtzahl übertrifft die der beiden vorigen Unterfamilien zufammengenommen. Abgejehen von einer Übergangsfippe, wo der Kopf noch nicht die geforderte Stel: [ung hat, jondern wie bei den Schrägfopfböden gerichtet, und das Halsjchild jederjeits mit einer Leifte verjehen ift, abgejehen von diejer die Inſeln des Indiſchen Archipels und Polyneſien bewohnenden Eippe, tritt uns eine andere, die der Erdböde, zuerit ent: gegen. Sie mag an der artenreichen, dem jüdlihen Europa und dem weitlichen Ajien bis nach Sibirien hin vorzugsweije eignen Gattung Erdbod (Dorcadion) erläutert werden, welche die Feiftkäfer unter den Schwarzfäfern, die Kurzhörner und andere Erdbewohner unter den Nüfjelkäfern in diefer Familie wiederholt. Alle Gattungsgenofjen haben die ges drungene Gejtalt der nachher namhaft gemachten Arten. Die Fühler find borftenfürmig und ziemlich did, niemals aber jo lang wie der Körper und nehmen nad) der Spitze zu in der Länge ihrer Glieder allmählich ab. Das Halsſchild ift breiter als lang, in der Witte jederjeitS mit einem jpigen Höderchen verjehen. Die Flügeldeden find an ihrer Wurzel faum breiter als das Halsichild, erreichen erjt in ihrer Mitte die größte Ausdehnung, runden ſich einzeln an der Spige ab und erreichen die doppelte Länge ihrer gemeinjamen Breite. Die Beine find furz und die, die Mittelfhienen vor der Spitze an der Auben: jeite gehödert. Der ungeflügelte Körper ift meift mit einem Dufte abreibbarer Samt: haare überzogen, welche namentlich auf dem Seitlih den Körper enge umfafjenden Flügel- decken zierlihe Zeichnungen erzeugen, wegen ihrer Hinfälligfeit aber an älteren Stüden die Artbeitimmung ungemein erihweren, zumal nicht jelten beide Gejchlechter einer und derjelben Art nicht unmefentlich in diejen Zeichnungen voneinander abweichen. Die Erd: böde erjcheinen meiſt im Frühjahr, friehen auf Wegen, an Mauern umher und verjteden jich bei unfreundlihem Wetter unter Steinen; fie jcheinen im Larvenftande ſich von den Wurzeln der verihiedenften, nicht bloß der holzigen Pflanzen zu ernähren. Kreuztragender und ſchwarzer Erdbod. Chagrinierter Weber. Zimmerbod. 185 Eine der kleinſten und zierlichſten Arten ift der bei Smyrna und in jenen Gegenden faum jeltene Freuztragende Erdbod (Dorcadion crux; Abbild. ©. 183, Fig. 6). Der jamtjhwarze Körper wird reihlih von weißem Ceidenhaar überzogen, welches eine tiefe Längsfurche über Kopf und Halsſchild auskleidet, die Beine reichlich bedeckt und an den Flügeldeden nur die ftumpfe Seitenfante und einen breiten Streifen neben der Naht frei läßt, an welchen fih nah außen ein faft halbfreisförmiger Mittelfled anfchlieft. Am weiteften nad) Norden geht der in Thüringen und am Harze in manchen Jahren feines: wegs jeltene jhwarze Erdbod (Dorcadion atrum), welder im Süden fehlt. Das bis über 16 mm meſſende Tier ift durchaus ſchwarz, hat auf dem jehr grob und verworren punftierten Halsjhilde einen ftumpfen Mittelfiel und auf den hinten beinahe gejtugten, jehr gerungelten, an feiner Stelle punftierten Flügeldeden einen ftumpfen Mittelkiel zwifchen der Naht und der gleichfalls jehr ftumpffieligen Stelle, an welcher die Biegung des Außen: randes nach unten erfolgt (Seitenfante). Mit ihm zugleich pflegt, aber jeltener und weiter jüdlich gehend, der greije Erdbod (Dorcadion fuliginator; Abbild. ©. 183, Fig. 7) vorzufommen, hauptjählich vom vorigen unterjchieden durch den ſchmutzigweißen Haarfilz über die Flügeldeden und durch ſchwache, gleichfarbige Behaarung an den übrigen Teilen des Schwarzen Körpers, befonders auch an den Beinen. Heutzutage wird derjelbe allgemein für die Stammart und der ſchwarze für feine unbehaarte Abart erklärt. Ein vorzugsweiſe bodähnliches Anfehen hat der unterjegte hagrinierte Weber (Lamia textor; Abbild. ©. 186, Fig. 1), ein durch jehr feine, gelbliche Behaarung, zwiſchen welcher ſchwärzliche Höcder wie Pünktchen hervorglänzen, ſchmutzigbraun erjcheinen- der Käfer von 26—32 mm Länge. Die fnorrigen Fühler von zwei Drittel der Körperlänge jtehen mit ihrem diden und langen, am Ende dur Warzen rauhem Wurzelglievde auf je einem ftarfen Höder. Das quere, walzige Halsſchild von der Breite des Kopfes hat jeitlich je einen fräftigen Dornaufſatz. Die bedeutend breiteren Flügeldeden flachen fi) von der Mitte an nad hinten etwas ab. Die diden Beine find durch einen Höcer an der Außen: jeite der Mittelfchienen ausgezeichnet. Diefer echte Spitbod, der einzige Überreft der jonft jo artenreichen Gattung Lamia, findet fi) an Weidengebüfch, wo er träge an den Zweigen umberfriecht oder noch häufiger mit gewiſſer Teilnahmlofigfeit feſtſitzt, da er ein mehr nädht: liches Tier zu jein jcheint. In Weidenzweigen lebt auch die Yarve, indem jie der Mark— röhre nadhgeht und am Ende ihres Ganges einen weiteren Raum für die in Bohr: jpäne eingepoliterte Puppe arbeitet. Die Larve ift fußlos und läuft hinten in einen walzenartigen Höcker aus, der den After bildet. Der erjte und größte Körperring iſt oval, ihm folgen zwei jehr kurze, und die fieben weiteren tragen auf ihrem Rüden je eine ovale, tiefe Furche, am Bauche einen breiten, in der Mitte eingezogenen Duereindrud. Zu den auffälligften Erjeheinungen unter den heimiſchen Böden gehört entjchieden der Zimmerbod, Schreiner (Acanthocinus aedilis), zumal das Männchen (Abbild. ©. 186, Fig. 3), durch die den Körper bis auf das Fünffache überragenden und mit Aus: ſchluß ihrer Spige dunkel geringelten Borftenfühler. In ver Tradt und Größe des Körpers erinnert er an daS Callidium violaceum, namentlih in Anſehung der niedergedrücdten und an ven Schultern rechtedig vortretenden Flügeldeden, welche etwa doppelt jo lang wie zujammen breit, nad) hinten beim Weibchen ſchmäler al3 beim Männchen und gleich dem übrigen Körper durch dichten Haarfilz grau find. Körnige Bunktierung, Spuren dunkel punk— tierter Längsrippen und zwei mehr oder weniger deutliche, nadte, daher braune Querbinden zeichnen ihre Oberflähe aus. Die Gattungsmerkmale ergänzen überdies; vom dritten Gliede an gleichlange oder an Länge zunehmende Fühlerglieder, ein queres, jeitlih in je einen Dorn ausgezogenes Halsſchild mit einer Querreihe von vier gelben Punkten auf 186 Erjte Ordnung: Käfer; fiebenundzwanzigfte Familie: Bodfäfer. der vorderen Hälfte, ein beim Weibchen (Fig. 2) in eine lange Legeröhre auslaufende Hinterleibsipige, eine ausgerandete legte Bauchſchuppe beim Männchen und endlich die nach außen gejchloffenen Gelenfpfannen der Mittelhüften. Zeitig im Frühjahr erfcheint der Zimmerbod an gefällten Kiefernftämmen oder an deren noch jtehenden Wurzeljtöden, tummelt ſich mithin auf Schlägen, da jeine Larve hinter der Rinde abgeitandener Kiefern lebt. Beim Sonnenſchein fliegt er und findet fich daher auch an Klafterholz und jtehenden Stämmen. Einige Wochen jpäter ift das Brutgefchäft beendet, bei welchem das Weibchen jeine lange Legröhre tief zwijchen die Rindenſchuppen jchiebt, und der Käfer verfhwunden, es jei denn, daß vereinzelte Nach: zügler, welche als Puppen überwintert haben, noch jpäter zum Vorſchein fommen. Infolge 1) Chagrinierter Weber (Lamia textor), 2) Weibden. 3) Männden des Zimmerbodes (Acanthocinus aedilis). 4) Großer Pappelbod (Saperda carcharias) auf den Gängen jeiner Yarve. 5) Ajpenbod (Saperda populnea) und die durch jeine Larve an der Zitterpappel erzeugten Knoten. Alles natürlihe Größe des Aufenthaltes der Larve wird diefe mit Bauhölzern in die Häufer verjchleppt, jo daß auch hier das langfühlerige Tier bisweilen umbherjpaziert. Neben der genannten Art, welde beiläufig ihren Gattungsnamen vielfach geändert hat (Cerambyx oder Astynomus aedilis), leben noch einige weniger gemeine in Europa und in Nordamerika, indem die Gattung eine weitere Verbreitung nicht findet. Die Walzenböde (Saperda) und ihre nächſten Verwandten bilden eine weitere Eippe der echten Spitböde, welche im wejentlihen durch die nach außen offene Gelenk: pfanne der Mittelhüften, durch den Mangel einer Querfurde an der Außenjeite der Mittel: ichienen, dur) ein breites dreiediges Seitenftücd der Mittelbruft und darin übereinftimmen, daß ihr Kopf weit genug von den VBorderhüften entfernt it, um zwijchen diejelben ein: gezogen werden zu fünnen. Die übrigen Gattungsmerfmale: ein walziges, queres Hals— ihild ohne Budel und Dornen, die an den Schultern ſtumpf rechtedig vortretenden, viel breiteren und nahezu walzigen Flügeldeden und die nicht ſchlanken, aber auch nicht Simmerbod. Großer Bappelbod. Aipenbod. 187 jehr kurzen Beine lafjen die vorgeführten Abbildungen der beiden gemeinften Arten er: fennen. Der große Bappelbod (Saperda carcharias; Abbild. S. 186, Fig. 4) ift grau: gelb, das Weibchen mehr oeergelb, durch filzige Behaarung, welche nur an den Spiten der meijten Fühlerglieder und an den körnigen Erhabenheiten der Flügelveden fehlt. Dean findet den Käfer im Juni und Juli an den Stämmen und Zweigen der verjchiedenen Bappelarten und an Weidenbäumen. Er erjcheint träge und wird wahrjcheinlich erit am Abende lebendiger, um dem Brutgejhäfte nachzugehen. Das befruchtete Weib- chen legt jeine Eier möglichjt tief in die Rindenriſſe unten am Fuße des Stammes, und die jenen entjhlüpften Larven freſſen im erſten Jahre unter der Rinde ihre Gänge. Nach der Uberwinterung dringen ſie in das Holz ein und ſteigen in demſelben in gerader Richtung aufwärts. Die langen Bohrſpäne werden durch ein Loch ausgeſtoßen und verraten leiht die Gegenwart des Einwohners. Die Raupe des Meidenbohrers bringt äußerlich eine gleiche Erſcheinung her— vor, jtößt aber größere Haufen aus und lebt durchjchnittlich in älteren Stämmen, auch die Raupen einiger Glasflügler halten auf gleiche Weile ihre Gänge rein, ihre Auswürfe find jedoch feiner und bindiger. Nach der zweiten Überwinterung it die fußloje, auf dem Rüden der Glieder gefelderte Larve erwachjen, verpuppt ji hinter dem mit Bohripänen ver: DR HoraN ſtopften Ausgange, und nad wenigen Wochen der Puppen- garve des großen eine ruhe kommt der Käfer zum Vorſchein. Wo verjelbe in datürliche Größe. größeren Mengen auftritt, wird er den jungen Pappel- anpflanzungen an den Landſtraßen, auf Angern 2c. entjehieden nachteilig, denn diejelben fönnen leicht vom Winde umgemworfen werden. Alte, nur von einzelnen Larven bewohnte Stämme überwinden den Fraß, da jedoch der Käfer jeine Brutpläge immer wieder von neuem zu benugen pflegt, jo werden auch ſolche mit der Zeit zu Grunde gerichtet, zumal die Yarvenzahl ſich infolge diefer Gewohnheit mehrt. Der Aipenbod (Saperda populnea; Abbild. ©. 186, Fig. 5) iſt merklich Heiner (10— 12 mm), durch filzige Behaarung grünlich- oder gelblichgrau, auf dem Halsſchilde mit drei gelben Längslinien, auf jeder Dede mit einer Längsreihe gelber Fled- hen gezeichnet und an den Fühlern gleichfalls dunkler geringelt. Jim Mai und Juni zeigt er ſich auf den Blättern der Zitterpappel und ijt viel leb- bafter als jein größerer Vetter, fliegt bei Sonnenjchein umher und läßt jich herabfallen, wenn man nicht mit der gehörigen Vorficht bei jeiner Abnahme von den Blättern zu Werke geht. Er gehört entjchieden zu den Tagböden, man findet daher auch die vereinigten Pärchen, das Männchen auf dem etwas größeren Weibchen figend, auf den Blättern oder an den Stengeln feiner Futterpflanze und kann ſicher darauf rec): nen, daß derjelbe Buſch oder dasjelbe Bäumchen, dejjen Blätter er be: wohnt, hier und da im Holzteile eine knotige Anjchwellung mit einem ihwarzen Flugloche jehen läßt. Aus legterem fam der Käfer hervor, ee und innerhalb des Knotens frißt die erwachjene Larve und ruht Die vBergroͤßert. Puppe. Die Stelle, an welcher die Larve etwa im Juli unter die Rinde eindringt, jtellt Freisförmige Wülfte dar. Im eriten Sommer hält fie ji) unter der Rinde auf, nach der Überwinterung geht fie in der Markröhre in die Höhe, jo daß das Innere 188 Erjte Ordnung: Käfer; achtundzwanzigſte Familie: Samenfäfer. eines bewohnten Stämmchens oder Aſtchens von ſchwarzen Nöhren in der Längsrichtung durchſetzt ift, in deren Folge der Aſt meijt abjtirbt, weil in der Negel eine größere Menge von Yarven Wohnung in ihm genommen bat. Wegen der untergeordneten Bedeutung der Aſpen für den Forit werden die Wirkungen diejer Larve weniger empfindlich als die der vorigen, für das Aſpenbüſchchen als jolchen treten fie aber entſchieden verderblicher auf. Die Walzenböde breiten ſich hauptjächlich über Europa und Nordamerifa aus und ums fajjen noch eine Reihe zierliher und weit jcehmächtigerer Formen, deren viele im Larven: ſtande auch andere als Holzgewächje bewohnen. Ihnen eng und in der Körpertracht nicht unterjcheiobar jchließt jich die Yacordairejche legte Sippe, der Phytoecidae, an, von voriger nur durch die Klauenbildung unterjchieden. Während nämlich bei allen bis her bejprochenen und ihnen ſonſt noch angehörenden Spisböden die Fußklauen einfach find und entweder gleich von ihrer Wurzel an einen rechten Winkel mit dem Klauengliede bilden, jo daß beide zujammen an ihrem Innenrande einen HalbfreiS darjtellen, welcher unter einem rechten Winkel dem Klauengliede als dejjen Stiel angefügt ift, oder an der Wurzel neben- einander ftehen und fich allmählich voneinander entfernen, haben jie hier die zuerjt erörterte Lage; jede Klaue trägt aber an ihrer Wurzel ein Anhängjel und erjcheint hier gelappt oder geipalten, je nachdem der Anhang breit und jtumpf oder jpig und mit der Kralle in gleicher Richtung noch ein Stück fortgejegt iſt. Statt aller hierher gehörigen Böde jet nur das Haſelböckchen (Oberea linearis) erwähnt. Es ilt jehr gejtredt, fait volllommen walzig, indem die Flügeldeden das Halsjchild faum überragen, am ganzen Körper ſchwarz und ſchwach behaart, nur an den Beinen, den Taftern und einen Flede unter der Schulter wachsgelb. Die fadenförmigen Fühler erreichen die Körperlänge nicht, und die negartig punftgrubigen Flügelveden find an der Spiße Ihräg nad) innen abgeſtutzt. Die Länge beträgt 13,5 mm bei reichlich 2,5; mm Schulterbreite. Das ſchlanke Tierchen lebt im Mai und Juni an Hafelnußfträucdhern und umſchwärmt diejelben lebhaft bei Sonnenschein, wobei die Gejchlechter fih aufjuchen. Das Weibchen flebt etwa 15 cm unter der Spige eines jungen Triebes ein Ei an. Die diefem entjchlüpfte Zarve bohrt ſich jofort in das weiche Holz ein und ernährt fih, abwärts freijend, vom Marke. Das frühere Welfen der Blätter verrät ihre Gegenwart. Nach der Überwinterung dringt fie weiter und gelangt manchmal bis in das dreijährige Holz, um fich nach der zweiten Überwinterung am Ende ihrer Fraßröhre zu verpuppen. Sie ift wachsgelb, fußlos, ihwac behaart und hat auf dem Nücen des erjten und breiteften Körperringes ein vier: ediges Chitinſchild und jtarfe Wärzchen hinter demfelben. Durch ein Flugloch arbeitet jich der Käfer heraus, nachdem jeine Larve den ganzen Trieb über dem Flugloche getötet hat. Im botanischen Garten zu Halle lebte diejelbe Larve in gleicher Weije in der ges meinen Hopfenhainbucdhe (Ostrya vulgaris). Die Samenfäfer, Muffelfäfer (Bruchidae) find kleine ovale, oben weniger als unten gewölbte Käferchen, welche durch ihre Lebensweije und die Geftalt der Larven den Rüſſelkäfern nahe jtehen, mit ihnen auch verbunden geweſen find, aber doch der Eigen: tümlichkeiten zu viele befigen, um eine Vereinigung ferner zu geftatten. Ihr abwärts gerichteter Kopf verengert fich hinter den großen, nierenförmigen Augen unbedeutend hals- artig und verlängert ſich vorn in eine Schnauze, wie bei manchen der früher erwähnten Familien, nicht in einen eigentlihen Rüſſel. Die kräftigen, öfters gezahnten, auch wohl gefämmten, nicht gefnieten Fühler bejtehen aus elf Gliedern und fißen frei, d. h. ohne Grube, in der Negel unmittelbar vor den Augen. Die Vorderhüften ftimmen nicht bei Erbjenfäfer. 189 allen überein, find bei Bruchus feilförmig, nach hinten einander genähert und anliegend, die mittleren faſt Fugelig, die hinterften jehr quer und fich nahe gerücdt, die Schenfel zujammengedrüdt und breit; die Schienen laufen in einen Hafen aus, und die Klauen der vierzehigen Füße tragen Anhängjel. Bon den fünf Bauchringen übertrifft der vorn meiſt in eine Spitze ausgezogene erjte die übrigen an Länge; der Steiß ift in großer Ausdehnung fihtbar. Abgejehen von der Bildung der Munodteile und Fühler jowie von der Deutlichkeit des dritten Fußgliedes, zeigen die Genoſſen diefer Familie viel Überein- ſtimmung mit den Maulfäfern und große Gleichförmigfeit unter fih. Sie verbreiten fich in mehr denn 400 Arten über alle Erdteile, vorzugsmweife über Amerika und Europa, und weil die bisher befannt gewordenen Larven von Samenkörnern, bejonders der Schmetter- lingsblümler, leben, jo hat man ihnen obigen deutjchen Namen beigelegt. Der Erbjenfäfer (Bruchus pisi; Abbild. ©. 190, Fig. 1) iſt ſchwarz, dicht mit graugelblichen und weißen, anliegenden Haaren bekleidet, am Halsjchilde in der Witte jeder Seite mit einem durch die Behaarung verſteckten Zähnchen verjehen; die Flügeldeden zieren gegen die einzeln breit abgerundete Spite je eine aus weißen Fledchen zuſammengeſetzte Duerbinde, der Steiß trägt zwei eifürmige, von Behaarung frei bleibende, ſchwarze Flecke. Die vier eriten Ölieder der feulenförmigen Fühler find rotgelb, die vorderen Schenkel ganz ſchwarz, die vorderiten Schienen und Fußglieder, die mittleren Schienen an der Spige und ihre Fußgliever rotgelb; die Hinterichenfel bewehrt unterhalb und nahe der Spite ein fräf- tiger Zahn. Diefer Käfer Icheint in Nordamerika und im füdlichen Deutſchland gemeiner und bisweilen den Erbjen nachteiliger zu werden als anderwärts. Im Frühjahr, bis jpätejtens Anfang Mai, fommt er durch ein freisrundes Loch, welches immer jenfrecht in die Samen: lappen hineinführt, aus den irgendwo aufgejchütteten Erbjen zum Vorſchein, liegt wie tot zwiſchen denjelben oder auf dem Boden, wenn das Wetter kühler, läuft emfig umber oder fliegt nach den Fenjtern, wenn ihn die Sonne bejcheint. Sobald die Erbjen draußen in der beiten Blüte ftehen, ftellen ji) die Käfer auf ihnen ein, jei es nun, daß fie mit der Ausjaat dahin gelangt, jei es, daß fie von den Vorratsräumen dahin geflogen find. Sie paaren fih, und das Weibchen klebt einige wenige Eier an die jehr junge Hülfe, will jagen, an den durch das Abblühen eben jichtbar gewordenen Fruchtinoten, in der Regel eins an einen ſolchen; diejelben find walzig, viermal länger als breit, an beiven Enden gerundet und zitronengelb. Sit das Brutgejchäft vollendet, welches natürlich immer einige Zeit in Anjpruch nimmt, bejonders wenn es durch mehrere Negentage unterbrochen wird, jo hat das Weibchen feine Beitimmung erfüllt und ftirbt. Die jungen Lärvchen freien fi in die Hülfe ein und juchen die Erbjen auf, von deren Entwidelung es ab: hängt, ob eine Larve mehr al3 eine braucht oder mit einer zufrieden ift. War dieje Fräftig genug, um durch Verlegung der Larve in ihrem Wachstum fich nicht ftören zu laſſen, To gedeihen beide miteinander, und die eine Erbje genügt dem Eleinen Tiere bis zu feiner Bollendung; war dagegen die Erbje zu ſchwach, als die Larve ſich ihrer bemächtiate, jo bedarf leßtere noch einer zweiten, in welche ſie fich zeitig genug einbohrte, jo daß die Eingangsitelle noch vollfommen vernarben konnte; eine zweite Hülfe jucht ſie nicht auf. Mit den reifen Erbjen wird die Mehrzahl derjelben noch im Yarvenzujtande eingeerntet, anderjeit3 darf man annehmen, daß in jeder bewohnten Erbje vor Eintritt des Winters der Käfer fertig iſt; mir wenigjtens feheint die Behauptung nicht richtig, daß während diefer Jahreszeit die Larve noch freffe. Bei Öffnung der in der Mitte des Februar 1875 aus der Olmüßer Gegend mir zugejhicten Erbſen fanden fich vereinzelt eingetrodnete Larven, jehr wenige unvolllommen entwidelte und abgejtorbene Käfer; aus der weitaus größten Mehrzahl fpazierte alsbald ein Erbſenkäfer hervor, roch lebhaft umher, flog bei Sonnenschein nad dem Fenjter und zeigte überhaupt große Freude über jeine Befreiung. 190 Erſte Ordnung: Käfer; acht: und neunundzwanzigfte Familie: Samen: und Blattfäfer. Der Bohnenfäfer (Bruchus rufimanus, Fig. 2) it dem vorigen jehr ähnlich und nur durch ein verhältnismäßig längeres Halsſchild mit undeutlicheren Ceitenzähnchen, durch Fürzere Flügeldeden, und namentlich durch etwas andere Zeichnungen auf denjelben, verfhieden. Die Vorderſchenkel find rotgelb, die Hinterjchenfel weniger deutlich gezahnt. Die Larve lebt in Pferde: und Gartenbohnen, wahrjcheinlih nicht in Erbjen, ganz in derjelben Weife, wie die vorige in Erbjen, ein in die Samenlappen jenfrecht gehende, freisrundes Loch freffend, jo daß äußerlich an dem Samen feine Berlegung zu erkennen ift, e8 jei denn, daß man bei weiter vorgejchrittener Entwidelung das Freisrunde Loc) durch die es noch fchliegende Oberhaut durchjcheinen fieht. Der gemeine Samenfäfer (Bruchus granarius, ig. 3) dürfte für Mittel: und Norddeutichland der häu— figite von diefem Kleeblatte und auch weniger wähleriſch in feiner Koft jein. Er wurde erzogen aus Orobus tuberosus, aus Lathyrus-Arten; ich erzog ihn, wie andere, aus EN SIE —* Ds NR — INE A | N \ u NDS 1) Erbjentäfer (Bruchus pisi), vergrößert, a aus Erbjen fommend. 2) Bohnenfäfer (Bruchus rufimanus), b vorderer Körperteil; beide vergrößert. 3) Gemeiner Samentäfer (Bruchus granarius), e jeine Yarve; beide vergrößert. der gemeinen Zaunwide (Vieia sepium) und jogar zu zweien aus einer Pferbebohne (V. faba). Bei den bedeutend kleineren Wicken bleibt von dem Samen freilich nicht viel mehr als die Schale übrig. Diejer Umftand mag dem Tiere den Winteraufenthalt in feiner Wiege verleiden; rechnet man hinzu, daß es ſich in den wild wachjenden und mit: hin eher vorhandenen Widen früher entwidelt, jo erklärt fi leicht, daß ſchon Mitte September der Eleine Käfer frei erfcheint und lebhaft umherjpaziert, wie ich bei feiner Zucht beobachtet habe. Die augen:, fuß- und fühlerloje Larve unterjcheidet fi) ohne feinere mifrojfopiihe Unterfuhungen nicht von denen der vorigen, der Käfer dagegen durch geringere Größe, Fürzere Form und andere Färbung: er ift ziemlich glänzend jchwarz, die vier Wurzelglieder der Fühler und die Vorderbeine find gelbrot, an leßteren in Aus— nahmefällen die Füße und jeltener auch die Schenkel ſchwarz. Die Hinterfchenkel find vor der Spike nach unten tief ausgerandet und der ſpitze Winfel vor der Ausbuchtung mehr oder weniger zu einem kleinen, in den Gejchlechtern verjchiedenen Zahne ausgebildet. Die Scheibe des Halsjchildes zeigt zwei weiße Pünktchen und ein größeres Fleckchen unmittel- bar vor dem Schildchen. Diejes iſt gleichfalls weiß, ein Nahtfleckchen dahinter gelblich. Die jonftige weiße Zeichnung auf den Flügeldeden ift unregelmäßig, mehr oder weniger aus bindenartig geitellten Fledchen zufammengejegt, auf dem Steiße bleiben zwei derartige runde von der grauen Behaarung unberührt. — Der Linfenfäfer (Bruchus lentis) Bohnenfäfer. Gemeiner Samenfüfer. Blattfäfer. 191 geht die Linfen an, und andere Arten den Samen anderer Pflanzen: der Gleditſchien, Mimojen, Akazien, einiger Palmen 2c. in den heißen Ländern. Die Blattfäfer (Chrysomelidae), mit etwa 10,000 zum Teil noch ungenügend erforichten Arten von mittelgroßen, meilt aber Eleineren und jehr Kleinen Kerfen, bilden die legte Familie der DVierzeher. Die jchlanferen Formen, bei weldhen das Halsjchild Ihmäler als die Flügeldeden ift, laſſen ſich äußerlich faum von gewiljen Bodtäfern unter: fcheiden und waren zu Linnes Zeiten auch noch mit ihnen verbunden. Die weit über: wiegende Mehrzahl unterjcheivet fich jedoch durch den gedrungenen Körperbau wejentlich von ihnen, obſchon Fein einziges durchgreifendes Unterſcheidungsmerkmal angeführt werden fann. Der Kopf figt mehr oder weniger tief im Halsihilde, manchmal unter demjelben verborgen, trägt faden= oder boritenfürmige, ausnahmsweije gefeulte Fühler, welche eine mittlere Länge und elf Glieder zu haben pflegen und je nach ihrer Einlenfungsitelle, ob an den Geiten der Stirn und jomit weit auseinander oder auf Deren Mitte und bei- Jammen, Sippenunterjchiede begründen. Die Kinnbaden enden meilt in eine gejpaltene Spitze, die Tafter find kurz, die Jußglieder meijt an der Sohle filzig, die Klauen häufig gezahnt oder gejpalten, das ſie tragende Glied von einem tiefen Ausschnitte des vorher: gehenden aufgenommen, wie bei den Böden, und der Hinterleib aus fünf freien Ringen zufammengefegt. Die vorherrichend bunt gefärbten, oft prächtig metalliſch erglänzenden Käfer freſſen weiche Pflanzenteile, vorwiegend Blätter, und treten nicht jelten in den ein— zelnen Arten jo mafjenhaft auf, daß fie den Kulturpflanzen bedeutenden Schaden zufügen. Auch ihre Larven ernähren ſich von derjelben Koſt. Sehr viele leben äußerlich und zeichnen fi dann durch dunflere, oft buntere Farben aus, andere bohrend in den wei- cheren Teilen, nie aber im Holze, wie die meiften Bockäferlarven, von denen ſie nicht nur die Körpertracht, jondern auch die deutlich entwidelten Beine wejentlich unterjcheiden, Sm übrigen läßt fih von ihnen jo wenig wie von den Käfern eine allgemeine Schilderung geben. Chapuis und Gandeze verteilen fie in folgende fünf Gruppen: 1) Geftredte Yarven von weißer Farbe und falt walziger Form, die im Inneren der Wafjerpflanzen leben und ih zur VBerpuppung ein unter Wafjer an die Wurzel der Futterpflanze angeheftetes Ge- jpinft fertigen (Donacia, Haemonia). 2) Larven, welche fich mit ihren Erfrementen be: deden, und zwar längliche, braune, ohne bejonderes Werkzeug, um jene zu tragen; zur Verwandlung gehen fie in die Erde (Crioceris und Lema), oder breit eiförmige, die Exkremente auf einem gabelartigen Anhange des legten Gliedes anfammelnde und jih an Blättern verpuppende (Cassida). 3) Minierende Larven, die infofern von der walzigen Form abweichen, als fie ſich nach beiden Enden verdünnen; fie verpuppen fich im inneren der Pflanze oder in der Erde (Altica), andere leben im Inneren der Blätter, haben aber jeitlihe Warzen (Hispa). 4) Kurze, die und gefärbte Larven, meiſt durch warzige Nach— Ichieber, Warzen an den Körperfeiten und durch das Vermögen ausgezeichnet, einen Elebrigen Saft ausfliegen zu lafjen; fie leben frei auf Blättern und hängen fich zur Berpuppung mit der Leibesjpige an diefe auf oder gehen in die Erde (Eumolpus, Chrysomela, Ga- leruca). 5) Lichte, gejtrecdte, ziemlich walzige, aber warzige Larven, die ſich hinten haken— förmig umbiegen und in einem Gehäuſe aus ihrem Kote an Pflanzen oder im Inneren der Ameijenhaufen leben und fich am gleichen Orte in dieſem Gehäufe verpuppen (Uly- thridae und Oryptocephalidae). Da wir von der zahlreihen Familie nur wenige Formen vorführen fünnen, lajjen wir und auf eine weitere Gliederung nicht ein, jondern greifen einige der wichtigjten heraus in der Reihenfolge, in der fie die Syftematifer zu bringen pflegen. Die ſchönen 192 Erfte Ordnung: Käfer; neunundzwanzigfte Familie: Blattfäfer. Scilffäfer (Donacia) kommen in zahlreihen Arten in Europa und Nordamerika vor und figen Ende Mai oder Anfang Juni, mande Arten erit im Juli, oft mafjenhaft auf Schilf, Riedgräfern und den übrigen grasartigen, am Waſſer wachfenden Pflanzen oder auf den Schwimmenden Blättern anderer, in deren Teilen ihre Zarve gelebt hat. Dem Sammler find fie durch Säure in ihrem Körper übel berüdhtigt; denn fein anderer Käfer erzeugt an der ihn durchbohrenden Nadel jo viel Grünjpan, verwandelt mit der Zeit den in ihm jtefenden Nadelteil völlig in jolhen, wie fie; diefer treibt die Flügeldeden und den Hinter: leib auseinander und zerftört die Tiere. Man pflegt fie darum wohl wochenlang austrodnen zu lafjen, wieder etwas anzufeuchten, damit fie beweglich werden, und dann erjt an Die Nadeln zu bringen, auch überfilberte dazu zu verwenden, und noch erhält man Feine Sicher: heit, der Zeritörung vollitändig vorgebeugt zu haben, weshalb es am zwedmäßigiten it, fie auf ein Bapierftreifchen neben die Nadel zu fleben, was man jonjt bei Käfern ihrer Größe nicht zu thun pflegt. Wie nahe die Schilffäfer ihrem Anjehen nad den Böden jtehen, ſieht man daraus, daß Degeer eine auf Seerojen- blättern anzutreffende Art, Donacia crassi- pes, al$ Leptura aquatica bejchrieben hat. Der feulenbeinige Schilffäfer (Donacia clavipes, auch menyanthidis) möge uns ſtatt aller eine Vorjtellung von diejen hübjchen Kerfen geben. Er gehört zu den gejtredteren und den wenigeren, bei denen das Männchen ſich nicht durch einen oder zwei Zähne an der KILL } Unterfeite der Hinterjchenfel, jondern nur Keulenbeiniger Schilftäfer (Donacia clavipes) durch geringere Größe von ſeinem Weibchen nebſt Larven nnd Puppengehäuſe. Natürliche Größe. unterſcheidet. Die Oberfläche iſt goldgrün, die untere dicht ſilberweiß behaart, die mitten auf der Stirn eingelenkten, fadenförmigen Fühler von Körperlänge und die in einfache Klauen ausgehenden Beine rötlich. Die Flügeldecken ſind tief punktſtreifig, äußerſt fein gerunzelt und runden ſich hinten einzeln ab; die Hinterſchenkel erreichen die Spitze derſelben, die wal— zigen Vorderhüften berühren ſich. Bemerkenswert iſt noch bei allen Schilfkäfern der erſte Bauchring dadurch, daß er die Geſamtheit aller folgenden an Länge übertrifft. Dieſen im weiblichen Geſchlecht bis reichlich 11 mm meſſenden Schilfkäfer fand ich, wie alle anderen Arten, nur im Mai und Anfang Juni beiſpielsweiſe 1866 jehr häufig und gepaart am ge- meinen Schilfe unjerer Saalufer und zwar an einer Stelle, wo weit und breit fein Frojch- löffel (Alisma plantago) wählt, welchen Heeger als Zutterpflanze bezeichnet, jo daß id) annehmen muß, die Larve fomme außer an diejer auch an anderen Pflanzen vor. Ebenſo— wenig habe ich den Käfer im Dftober oder November beobachtet. Er muß aber wohl zu diefer Jahreszeit anzutreffen jein, denn der eben genannte zuverläffige Beobachter behauptet von ihm, daß er gewöhnlich im Dftober bei Tage aus dem Waſſer vorfomme und fi) nad) einigen Tagen bei Windjtille begatte; die gegen Ende diejes Monates oder gar erjt im No: vember ſich entwidelnden Käfer thun dies erſt im nächjten Frühjahr, nachdem fie den Winter im Wajjer unter faulen Pflanzenbejtandteilen zugebracht haben. Das im Frühling befruchtete Weibchen geht nah 6—8S Tagen wieder unter Wafjer und legt bei Tage jeine Eier einzeln an die diden Wurzeln der Zutterpflanzen; 40—50 Keulenbeiniger Schilffäfer. Lilienfäfer, 193 hat e3 abzujegen, die in 14—18 Tagen untergebracht find. Aus ihnen kommt nach 10 bis 20 Tagen die Larve zum Vorſchein, ernährt jih anfangs von den zarten Haarwurzeln, jpäter von den ftärferen und nad) der dritten Häutung von der äußeren Haut der dicken Ausläufer. Sie häutet fih in ungleihen Zwilchenräumen und braucht zur vollfommenen Ausbildung 5—6 Wochen. In erwachjenem Zuftande hat fie eine Länge von 11—13 mm und eine Dide von 3,57 mm erreicht, ift faft walzig, am Bauche etwas ausgehöhlt, blaß grünlihgrau von Farbe, hat einen jehr Heinen, runden und einziehbaren Kopf, jechs Beine und am vorlegten (elften) Bauchringe zwei braune, hornige, auswärts gebogene und am Grunde genäherte, lange Dornen, welche in der Ruhe nad) vorn am Bauche anliegen, beim Kriehen aber als Nachſchieber dienen. Der hornige Kopf trägt dreigliederige Fühler, feine Augen, jehr Eleine zweigliederige Lippentafter und einen linterfiefer, dejjen innere Lade lederartig und verkehrt eifürmig, die äußere ebenjo gebildet, aber fürzer ift, und deſſen Tafter gleichfalls nur aus zwei Gliedern bejtehen. Die Oberlippe ift quer vieredig und jede Kinnbadenhälfte einfach) zugejpißt, an der inneren Kaufläche ſtumpf zweizähnig. Zu: legt fertigt die LZarve an der Wurzel der Futterpflanze ein pergamentartiges, jchwarz- violettes, inwendig weißes, eifürmiges Gehäufe, in welchem die Puppe volllommen wajjerfrei 20—25 Tage ruht. Wie bereit3 erwähnt, Fommt der Käfer vor Winters daraus hervor, nachdem er ein Dedelhen abgenagt hat, hält ſich eine Zeitlang an der Futterpflanze feit, bis er ji) vom Waſſer zur Oberfläche heben läßt; hier angelangt, jteigt er an der erſten beiten Pflanze empor, fliegt auch fort, wie alle Schilffäfer,; denn man findet einzelne weit entfernt von ihren Geburtsjtätten und auf Pflanzen, denen fie entjchieden nicht ent— jprojjen find. — Im heißen Alten und Afrika vertreten riefigere, 12—35 mm lange und ge wölbtere Formen unſere Schilffäfer: die prächtigen, durch ihre überaus diden, auf der Unterjeite beim Männchen ſtark gezahnten Hinterfchenfel und die gefrümmten zugehörigen Schienen leicht fenntlichen Arten der Gattung Sagra, welche man an die Spite der Familie zu jtellen pflegt. Wer an den jtolzen weißen Lilien (Lilium candidum) unjerer Gärten die Blätter zerfreffen jah und fi nach) dem Übelthäter umſchaute, wird ſchwarz glänzende, feuchte Körper bemerkt haben, welche träge am Stengel ji) bewegen oder thätig den Blättern zujprehen. Was man von ihnen zu Geſicht bekommt, it der Kot, in welchen fie fich hüllen, nur den Bauch frei lafjend. Sie ergeben ſich bei näherer Betrachtung als dide, nah vorn verjüngte, jechsbeinige Käruchen, die den Sommer über von jenen Blättern ſich ernähren und dann in die Erde gehen, um fich zu verpuppen. Im nächſten Frühjahr fommen die allbefannten glänzend ſchwarzen, auf Halsſchild und Flügeldeden voten Lilien— fäfer, Lilienhähnchen (Crioceris merdigera, Abbild. ©. 194, Fig. 1) zum Vor: jchein, die man auch alsbald aufeinander in der Paarung fißen fieht. Sn Geſtalt fommen fie ven Schilffäfern nahe, find jedoch georungener, ihre Shnurförmigen, nur halbe Körper: länge erreichenden Fühler und die Beine dider. Wie dort, erreicht das nahezu walzige, nad) hinten ſtark eingefhnürte Halsjchild bei weiten nicht die Breite der an den Schultern recht— eigen Flügeldeden; der dreiedige Kopf verengert fich nach hinten balsartig und erhält durch die glogenden, nad innen ſchwach ausgerandeten Augen jeinen größten Breiten: durchmefjer. Die feilförmig endenden Kiefertajter und vollfommen voneinander getrennten Fußklauen fennzeichnen dieſe Gattung vor anderen, der Körpertracht nach jehr ähnlichen (Lema, Zeugophora). Der 6,6 mm mejjende Lilienfäfer vermag für jeine Größe einen ftarfen Zirpton zu erzeugen, indem er durch Aus: und Einziehen des legten Hinterleibs— ringes, der mit einer in der Mitte unterbrochenen und gerillten Nüdenleijte verjehen ift, gegen zahlreiche Chitinſchüppchen an den Spigen der Flügeldeden reibt; beim Reiben trifft die Unterbrechung der Leiſte auf die Naht der Flügeldeden, neben welcher eben jene Schüppehen Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 13 194 Erfte Ordnung: Käfer; vierundzwanzigfte Familie: Blattküfer. jteben. Hält man einen in die hohle Hand eingejchlojjenen Käfer an das Ohr, jo ver: nimmt man dieje Laute jehr deutlich, die während der Paarungszeit zur Verwendung fommen. Das Spargelbähnden (Crioceris asparagi, Fig. 2), Kleiner, ſchlanker und mehr plattgedvrüdt als der Lilienfäfer, ift glänzend blaugrün; das falt walzenförmige Halsſchild und der Saum der Flügeldeden find rot und leßtere außerdem mit je drei, teils unter ſich, teil$ mit dem Saume zujammenfließenden, weißgelben Fledchen gezeichnet. Die Art lebt wie ihre olivengrüne, einzeln behaarte und an den Seiten faltig gerandete, Jechsbeinige Larve von den Blättern des ausgetriebenen Spargel. Die Larve geht zur VBerpuppung in die Erde, wo die Puppe oder manch bereits entwidelter Käfer überwintert. Die Zirp- leijte ift hier nicht unterbrochen und reibt gegen das äußerſte Ende der Deckſchilde. Das zwölfpunftige Zirp: fäferhen (Crioceris duo- decimpunctata, Fig. 3) ſteht in Größe und Körperform zwi— ſchen den beiden vorigen. Kopf, Halsſchild, Flügeldeden, Hinter: leib, Mitte der Schienen und die Schenkel, mit Ausnahme ihrer ſchwarzen Spiße, find rot, ſchwarz ußerdem die übrigen Teile, oben namentlih das Schildchen und ſechs Punkte auf jever Dede. Auch dieſes Käferchen jtellt ſich auf dem aufgejchofjenen Spargel ein, um die Blätter zu befrejjen. Die jechsbeinige, bleigraue und 1) Cilientäfer (Orioreris merdigera) und — Spargelhähnchen kahle Larve mit zweiteiligem C aspara) weh Sure, 3) Smölipunttiges Birniifergen Ciao daleſchid Lebt aber einzeln in den Beeren. Zur Verpuppung geht fie gleichfalls in die Erde. Das Zirpwerbeug des Käfers entjpricht dem der vorigen Art, nur iſt die Neibleifte an der Rückenwurzel des legten Leibesgliedes breiter. Pit der Gattung der Säge- oder Sadfäfer (Clythra), welche man neuerdings in 40 Untergattungen zerlegt bat, und deren über 250 Arten fat nur auf die Alte Welt ſich beſchränken, gehen wir zu einem anderen Formenkreiſe über, zu mehr gejchlofjenen walzigen Kerfen, deren Halsſchild am Hinterrand mit der Wurzel der gleichlaufenden Flügeldeden ganz oder faſt ganz in der Breite übereinftimmt. Bei der genannten Gattung ſteht der Kopf jenfrecht oder jchräg, tft bis zu den Augen in das Halsjchild eingelajjen, und die meiſt gejägten kurzen Fühler lenken fich unter jenen ein und ftehen infolge der breiten Stirn weit auseinander. Bei vielen verlängern fich die Vorderbeine, bejonders im männ— lihen Gejchlechte, außerordentlich, haben aber, wie die anderen, ungejpaltene Klauen. Das erite Hinterleibsglied umfaßt jeitlich das Hüftblatt der Hinterbruft, und das legte erreicht die Länge jenes oder übertrifft fie noch. — Der vierpunftige Sadfäfer (Clythra qua- dripunctata, Abbild. ©. 196, Fig. 1) iſt glänzend ſchwarz, unten fein grau behaart, auf jeder der gelbroten, glänzenden Flügeldeden mit zwei ſchwarzen Fleden gezeichnet, von denen das fleinere an der Schulterbeule mitunter auch fehlt; die Vorderbeine zeichnen ſich nicht Durch bedeutendere Yänge vor den anderen aus. Das Männchen unterjcheidet ſich Spargelhbähnden Birpfäferhen. Vierpunktiger Sackkäfer ıc. 195 vielmehr durch eine mondförmige Grube auf dem legten Baucyringe von Weibchen, welches hier nur eine Längsfurde zeigt. Der Käfer ift im Sommer gemein an Gras, Gebüjch, be jonders Weiden, und entwidelt ji in Zahresfrift aus einer Larve, die umftehende Abbildung (Fig. 2) vorführt, und die in einem ſchwarzen Futterale ſteckt, deſſen Umriſſe der Quer: ſchnitt gleichfalls verdeutlicht. Sie fertigt dasſelbe aus ihren Erfrementen, jpinnt e8 oben zu und irgendwo an zum Überwintern, jodann nochmals, wenn fie fih verpuppen will. Am diceren Unterende kommt nach wenigen Wochen der Käfer aus demjelben hervor, indem er den Boden heraus arbeitet, wozu bei der Brödeligfeit des Gebäudes wenig Kraftaufwand nötig it. Man hat die Larve öfters in Ameifenhaufen (bei Formica rufa) gefunden. — Eine Fleinere Ausgabe der vorigen, aber mit langen Fadenfühlern verjehen, fait den längften, welde überhaupt bei Blattfäfern vorkommen können, bilden die Fallfäfer (Orypto- cephalus). Man könnte fie als „Verborgenköpfe“ bezeichnen, da ihr Kopf jo tief im Halsſchilde ftedt, daß nur Stirn und Gefiht als vordere, jenfrechte Begrenzung von ihm bemerfbar werden. Die zahlreichen Arten leben auf Sträuchern und in Blumen und finden fih, wo einmal vorhanden, immer mehrfach, wenn auch gerade nicht gejellig und dicht beijammen, jo unjere gemeinjte und größte Art, der goldgrüne oder tiefblaue Crypto- cephalus sericeus, im Grunde der Blütenförbchen und andere. Gleich den vorigen, was hier noch nachgetragen jein mag, laſſen fie ſich mit angezogenen Beinen und zurüdgelegten Fühlern von ihrem Ruheplatz herabfallen und jpielen für lange Zeit die Toten, wenn man ſich ihnen nicht hinreichend vorfichtig naht. ES ift num einmal dieje Verſtellungskunſt und das plögliche Verſchwinden auf dem Boden für eine große Menge jonjt volllommen Hilf und wehrlojer Kerfe das einzige Schugmittel gegen feindliche Angriffe. Auch bei den Larven wiederholt jich diejelbe Eigentümlichkeit, welche der vorigen Gattung den Namen der „Sad- fäfer” eingebracht hat. Die Chryjomelinen im engjten Sinne des Wortes ftreden den Kopf vor, tragen die fadenförmigen, nad der Spitze wohl auch etwas verdidten Fühler vor den Augen, nicht zwiſchen denjelben, haben das Halsſchild vorn nicht gerundet, jondern geitußt, jo breit wie lang oder breiter und einen länger oder kürzer eiförmigen Umriß ihres oben gewölbten, unten platten Körpers. Die Larven leben frei an Blättern. Bei Lina zeichnen fi die Hinterjchienen durch eine tiefe, faſt bis zur Spige reichende Furche, das Halsjchild an jeiner Wurzel durch geringere Breite al$ die an den Schultern gebudelten Flügel: deden und die furzen Fühler durch Keulenform aus, wie wir an der hier abgebildeten Art jehen fünnen. Der große Bappel-Blattfäfer (Lina populi) ift ſchwarz, grün oder blau jchillernd, das Halsſchild feitlich janft gerundet und ſchwach wulſtig verdict, die äußerſte Spite der roten, nad) dem Tode ſtark verbleichenden Flügeldeden ſchwarz. Bei dem etwas kleineren, ebenjo gefärbten Eleinen Bappel:Blattfäfer (Lina tremulae, umjtehende Abbild., Fig. 3) iſt das Halsjchild feitlich gerade, nad) vorn unmerklich verengert, neben dem Nande mit grob punftierter Furche verjehen, wodurch diejer ſtark wuljtig erjcheint, und den Flügel- decken fehlt das ſchwarze Spischen. Beide Arten fommen auf Weiden: und Bappelgebüfch, bejonders den jungen Sitterpappeln, häufig nebeneinander vor und ericheinen dajelbit nad) ihrem Winterjchlaf, jobald die Blätter zu grünen beginnen. Die Paarung erfolgt, und das Weibchen legt die rötlichen Eier nebeneinander, meiſt an die Unterjeite der Blätter, uns gefähr zehn an ein Blatt, und wiederholt dies Geſchäft an noch zehn und mehr anderen. Nach S—12 Tagen, je nad) der wärmeren over rauheren Witterung, Tommen die Larven aus denjelben hervor und find vom Mai an zu bemerken, bejonders durch die Durch— löherung der Blätter. Nach mehrmaligen Häutungen erlangen fie ihre volle Größe. Ein 13* 196 Erſte Ordnung: Käfer; vierundzwanzigite Familie: Blattkäfer, ſchmutziges Weiß mit ſchwarzem Anfluge bildet die Grundfarbe; der Nücen der beiden hinteren Bruftringe bleibt reiner weiß, Kopf, Halsihild, die Beine, mehrere Punftreihen hinter ihnen ſowie die ſtark behaarten Warzen in den Körperjeiten entjchiedener und glänzend ſchwarz. Der ſechs Augen jederjeits des Kopfes möge auch gedacht werden, da fie unjere Abbildung nicht erfennen läßt. Die Larve der größeren Art trägt fih ähnlich, bat aber einen etwas breiteren Hinterleib. Beim Anfaſſen lafjen ſie ein Tröpfchen milchige und übelviehende Flüffigfeit aus den Wärzchen hervortreten, die auch wieder zurüdgeht, wenn fie nicht mit einem anderen Gegenftand in Berührung kommt. Die erwachjene Larve beftet jich mit ihrer Leibesipige an ein Dlatt, jtreift Die legte Haut ab und wird zur ſchmutzig weißen, auf dem Rüden ſchwarzfleck— igen Puppe, welche am größten Teile ibtes SHinterleibes von der zurückge— jtreiften Larvenhaut umſchloſſen ift (Fi: gur 4). Schon nad) 6— 10 Tagen kommt der Käfer aus ihr zum Borjchein, an- fangs matt gefärbt und jehr weich, und erit dann vollkom— men, wennalleTeile zur Genüge ausge: trocknet find; er frißt l) Vierpunfttiger Sackkäfer (Clythra quadripunctata); 2) jeine vergrößerte Larve in längs: feine Löcher, jondern durchſchnittenem Gehäufe. 3) Kleiner Bappel-Blattfäfer (Lina tremulae) nebit Larven. ehrt die Blät Darunter vergrößert: Puppe von vorn, Larve, Käfer; 4) Puppe von hinten. verzehrt die Bla ter, mit Ausſchluß der dickſten Rippen, vollftändig. Die Umftände, daß die Larven vom Mai bis in den Auguſt anzutreffen, daß im Sommer Larven, Puppen und Käfer gleichzeitig vorhanden ſind, und daß die Entwickelung der einzelnen Stände bei nicht zu ungünſtigem Wetter ziemlich raſch von ſtatten geht (man beobachtete von am 2. Auguſt gelegten Eiern am 13. September die Käfer), einen dafür zu fprechen, daß zwei Bruten im Jahre zu jtande Fommen. Der Gattung Chrysomela fehlt die Ninne an den Hinterfchienen, oder wenn fie an- gedeutet, jo erreicht das Halsjchild an jeiner Berührung mit den Flügeldeden beinahe deren Breite, ferner ift das zweite Fußalied ſchmäler als die beiden Nachbarn. Die Fräftigeren Formen, denen die Flügel fehlen, hat man als Timarcha von Chrysomela abgejcieden. Von legteren kennt man ungefähr 150 Arten, die zum größten Teile Europa, die jehönften, in außerordentlih feurigen Metallfarben glänzenden vorherrſchend dem Gebirge ange: hören. Die meilten halten fih an ganz beſtimmte Pflanzen, auf welchen ihre walzigen, etwas budligen, nicht mit behaarten Warzen an den Seiten verjehenen Larven freffen. Kleiner Bappel-Blattfäfer. Golorado-Kartoffelfäfer. 197 So lebt die jchöne ftahlblaue und polierte Ohrysomela violacea an verschiedenen Minzen: arten (Mentha), die rot over goldig und blau gejtreifte, dabei düftere O. cerealis findet fih nur unter Steinen an trodenen Berghängen, von deren dürftigem Graswuchs fich die Larve ernähren dürfte, die lebhaft goldglänzende und auf den Flügeldeden blau ge: jtreifte CO. fastuosa an Galeopsis versicolor, die größere, ziemlich runzelige, einfarbig jmaragdgrüne C. graminis an Nainfarın 2c., und in der Negel pflegt man fie in größeren Gejellihaften auf ihren Futterpflanzen anzutreffen. Man bat an einer und der anderen Art Höchit intereffante Wahrnehmungen binfichtlich ihrer Lebensweife gemacht. Im ſüd— lichen Frankreich (Marjeille), Portugal 2c. lebt 3. B. die Chrysomela diluta als nächt⸗ liches Tier. Vom September bis Ende November ſucht fie des Nachts die Blätter von Plantago coronopus als Nahrung auf und ftedt bei Tage unter Steinen (wahrjcheinlich führt unjere Chrysomela cerealis auch ein nächtliches Leben). Die Eier werden im Oftober an die genannte Pflanze gelegt, Anfang Dezember fommen die erften Larven daraus hervor, häuten ſich zweimal und verpuppen ſich gegen Ende Februar. Nah 3 Wochen Nymphenruhe, aljo Ende März, erjcheinen die Käfer, graben fich tief in die Erde ein und verbringen die heißen Monate in einer Art von Sommerjchlaf, aus welchen fie erjt mit dem Eintreten Fühlerer Nächte erwahen. Nach Perrouds Beobadhtungen bringen die beiden prächtigen Arten Chrysomela (Oreina) superba und speciosa Larven zur Welt, die nicht im Mutterleibe aus dem Eie frochen, wie ausdrücdlich bemerkt wird. Der Colorado:Kartoffelfäfer (Leptinotarsa decemlineata, Abbild. ©. 198) hat fich jeit etwa 30 Jahren in Nordamerika eine traurige Berühmtheit erworben und auch in Europa Furcht und Schreden verbreitet, denn jeinetwegen ift zunächſt durch den deutjchen Neichstag und jpäter von der franzöſiſchen Negierung die Einführung von Kartoffeln aus Nordamerika in deutfchen und franzöftichen Häfen verboten gewejen. Der Käfer gehört in die nächſte Verwandtſchaft der eben genannten heimijchen Arten, führt die Lebensweife des Bappelblattfäfers, nur mit dem Unterjchiede, daß er fich noch jtärfer vermehrt und für den Puppenſtand die Erde aufſucht. Zu der vorliegenden Abbildung jei bemerkt, daß ein ſchmutziges, rohem Leder vergleichbares Gelb die Grundfarbe des Körpers bildet, welche an Kopf, Halsſchild und der ganzen Unterfeite fledenartig, an den Spigen der Fühler, der Schenkel und an den Füßen durch Schwarz vertreten it. Außerdem ift jede Flügel: dede mit fünf ſchwarzen Längsitriemen verziert; Ddiefelben werden, mit alleiniger Aus: nahme des unvollfommenften äußeren, in der Oberanficht nicht bemerfbaren Streifens von je zwei unregelmäßigen Reihen tieferer Punkte eingefaßt, deren einzelne ſich, namentlich in der Außenhälfte der Dedjchilde, in die gelben Zwifchenräume verlaufen. Der jehwarze Kahtjtreifen vereinigt fih nach hinten mit der Naht jelbit, mit ihr weitergehend oder auch) verlöjchend; der zweite und dritte verbinden fich zulegt gleichfalls miteinander und gehen dann noch eine kurze Strede weiter, während jeder der beiden folgenden einzeln kurz vor der Dedenjpige aufhört. Die fleifchige, feilte Karve ift dem Baue nach denen der heimijchen Chryſomelen vollfommen ähnlich, ftark glänzend, von Farbe ſchmutzig gelb, am Kopfe, dem Hinterrande des Halsfragens und den Beinen pechſchwarz; außerdem ziehen an den Seiten zwei Reihen jhwarzer runder Flede entlang, welche am zweiten und dritten Ringe merklich) Heiner find, wenn fie nicht ganz oder teilweije fehlen. Die Stummelfühler find dreigliederig, die Punktaugen jeverjeits in Vierzahl vorhanden, die dien Kiefertafter vier-, die Yippen: tajter dreigliederig und die furzen Kinnbaden fünfzähnig. Der Colorado: Kartoffelfäfer überwintert in der Erde über 63 em tief, wie behauptet wird, denn er findet fih im April bei tiefgehender Aderarbeit in Mengen. Sobald die Kartoffeläder grün geworden find, jtellt er fich auf denſelben ein, um ſich von den Blättern zu ernähren und an deren Unterjeite die dottergelben, länglihen Eier in Kuchen von 35 198 Erite Ordnung: Käfer; vierundzwanzigſte Familie: Blattfäfer. bis 40 Stück anzuleimen. Daß ein Meibehen bis 1200 Eier legen fünne, feheint mir eine Übertreibung zu fein, find mir ſchon 700, von denen man jpricht, eine ftattliche Zahl. Die aus den Eiern gejchlüpften Larven jegen den Fraß der allmählich abjterbenden Eltern fort, wachen jchnell, gehen zur Verpuppung in die Erde, aus welcher nach Furzer Puppenruhe die Käfer hervorfommen, deren Brut noch eine dritte zur Entwicelung bringen fol. Selbit dann, wenn wir deren zwei annähmen, würde die Bermehrung eine gewaltige und während des Sommers die Gleichzeitigfeit aller Entwidelungsitufen nichts Befremdendes fein, da ja, bejonders in Fällen großer Fruchtbarkeit, das Eierlegen nicht gleichzeitig ftattfindet und daher auch die Larven verjchiedenalterig find. Die mir vorliegenden Larven und Käfer waren mit der Furzen Mitteilung verjehen, daß bis zum win dies 10. Juni die Käfer, bis zum 20. Juni die Gier und bis zum N NL. 10. Juli die Larven anzutreffen feien. Dieje Zeitangaben würden jehr wohl die Möglichkeit einer vorangegangenen und einer noch folgenden Brut zulaffen. Dem Käfer und feiner Larve haben urjprünglich wild wachjende Nachtichattengewäcdhle (Bodsdorn, Biljenfraut, Stechapfel, Nachtichatten 2c.) im Feljengebirge zur Nahrung gedient. Durch den nach Weſten vorrüdenden Anbau der Kartoffel ift ihm diefe Nachtichatten- art nahe gebracht worden, er iſt auf fie übergegangen und hat mit ihr in unglaublicher Schnelligkeit feine Ausbreitung nach Oſten und Nordoften vollendet. Im Fahre 1859 war er noch 100 Meilen weitlih von Omaha in Nebraska entfernt. 1865 überjchritt er den Miffiffippi und brach in Sllinois ein, 1870 hatte er ſich bereits in Indiana, Ohio, Pennſylvanien, Maſſachuſetts und im Staate New York eingeniftet; 1871 be: deckten Schwärme desjelben den Detroit:Niver in Michigan, überjehritten den Eriejee auf ſchwimmenden Blättern, Spä- nen, Schindeln und anderen Holzitüdchen und begannen ihre Verwüſtungen in den Landjtrichen zwiſchen den Flüſſen St. TERRSTER Clair und Niagara. Da diejer Kartoffelfeind die grünen ober- (Leptinotarsa decemlineata) in alfen irdiſchen Teile verſchwinden läßt, jo Fönnen die Pflanzen feine jeinen Ständen. Natürliche Größe. over nur höchſt unvollfommene Wurzelfnollen anjegen, und die Kartoffelernte fällt mehr oder weniger jchlecht aus. Bei den bisher vergeblichen Berfuchen, ich gegen diejen Eindringling zu wehren, haben fich giftige Eigenschaften desjelben gezeigt und das Abjuchen mit alten Handſchuhen rat: jam erjcheinen lafjen. Wie viele unjerer heimischen Arten beim Anfafjen einen Elebrigen Saft ausfließen laffen, jo auch der Kartoffelfäfer nebſt Larve; diefer Saft hat aber das Anjchwellen der Hände zur Folge. Das Beſtreuen oder Beiprigen des mit Waſſer ver: mengten Schweinfurter Grüng (arjenigsejligjaures Kupferoryd) hat ſich ohne Beeinträchtigung der Pflanze verderblich für das Ungeziefer bewährt. Wie überall, wo ein Kerf in auf fälliger Menge auftritt, jich natürliche Vertilger desjelben einfinden, fo auch hier. Eine Naupenfliege (Tachina) legt ihre Eier an die Larven, die Larven gewiljer Marienkäferchen zehren die Kartoffelfäferlarven auf, Lauffäfer, Schreitwanzen, Lurche, Krähen beteiligen ih an der Verminderung diejes gefährlichen Feindes. Nachdem man einige Käfer im Kropfe einer Wachtel gefunden, jhicte man Enten und Haushühner gegen den Feind zu Felde. Beide thaten ihre Schuldigfeit, über die Hühner lauten aber die Berichte abweichend, und hier und da jollen fie darauf geſtorben ſein. — Seit Jahren hört man nichts mehr von ihm. Colorado=Kartoffelfäfer. Schneeballen-Furchtkäfer. 199 Weil aud die Männer der Wiſſenſchaft ſich diefes Gegenjtandes bemäcdhtigt haben und wegen großer Ähnlichkeit zweier Arten Schon Namenverwechſelungen vorgefommen find, jo jei bemerkt, daß die in Rede jtehende jchon früher von Say und Suffrian aus Ne brasfa und Teras unter obigem Art-, aber dem Gattungsnamen Doryphora bejchrieben worden tft, und daß eine zweite aus Georgien und Illinois von Germar den Namen Chrysomela (aljo nach) neuejter Bezeichnung Leptinotarsa) juncta erhalten hat. Diejelbe ift von der vorigen leicht an folgenden Merkmalen zu unterjcheiden: Die fünf fchwarzen Längsitreifen jeder Flügeldede, ınit Ausnahme des Saumitreifens, werden von je einer regelmäßigen Punftreihe eingefaßt, der Nabtitreifen läuft von vorn bis hinten in gleichem Abjtande neben der Naht hin, trifft diejelbe nie, der zweite ijt nach hinten der fürzefte, der dritte und vierte find an ihrem Ende vereinigt, bisweilen auch im Verlaufe jo genähert, daß ein jehr ſchmales gelbes Streifhen zwiſchen ihnen übrigbleibt oder nicht. Außerdem find die Beine einfarbig ſchmutzig gelb, wenn nicht einer und der andere ſchwarze Schenkelfleck vorkommt. Sn Südamerika find unſere Chryjomelen durch die meift bedeutend größeren und nicht minder ſchön gefärbten, zahlreichen Arten der Gattung Doryphora (Spießträger) ver- treten, vor allem Fenntlich an den langen, nach vorn gerichteten Dorn des mit dem Hinter: bruftbein vereinigten Mittelbruftbeins, überdies wird der große Kopf von den vorjpringenden Eden des Halsihildes eingejchloffen. An unjere Lina ſchließen fich die amerifaniichen Calli- grapha-Arten an mit allerlei geheimnisvollen, dunfelfarbigen Schriftzügen auf ihrer lichten Dberjeite, und andere. Die neuholländiichen Chryjomelen lafjen ich mit den unferigen gleich- falls nicht vereinigen, ſie haben allermeiſt durch rauhe Oberfläche ein mattes Ausjehen, Holz- farbe oder ſchmutziges Braun, jind jehr hoch gewölbt, Furz eiförmig und bilden die Gattung Paropsis (Notoclea). Die weiteren Berwandten unterfcheiden fich nicht jowohl in der Körpertracht als in der Anheftung der Fühler. Diejelben jtehen mitten auf der Stirn nahe bei einander, und zwar iſt ihr drittes Glied länger als das vierte bei den Furchtkäfern (Galeruca), von denen man die fräftigeren Formen, deren längere als vorn breite Flügeldeden ſich nach hinten erweitern, al$ Ademonia abgejchieden hat. Die Ademonia tanaceti ijt ein glänzend ſchwarzer, auf der Oberjeite grob und tief punftierter Käfer von 8,77 mm Länge und 6,5 mm Breite hinter der Mitte, welcher auf Wiejen und grafigen Wegen im Sommer überall vorfommt. Die befruchteten Weibchen fallen bejonders in die Augen, weil ihr Hinterleib jo gewaltig anjchwillt, daß fie ihn nur mit Mühe nachſchleppen und unter die ziemlich flachen, hinten einzeln gerundeten Flügeldeden nicht mehr bergen können. Das Halsſchild ift faſt Doppelt jo breit wie lang, vor der Mitte ſchräg nach vorn verjchmälert, an dem auf dieſe Weile winfelig gebrochenen Seitenrande leiftenartig aufgeworfen. Die zapfenförmigen VBorderhüften jtoßen beinahe zujammen, die Fußklauen jpalten fich, und die fünf Bauchringe gleichen fich untereinander in der Länge. Wer darauf achtet, bemerkt an gleihen Stellen, aber nur an den Blättern der Schafgarbe und zwar zu einer Zeit, wo dieje eben nur erſt Blätter hat, eine mattichwarze, durch Borſten igelitachlige Larve. War fie in Menge vorhanden, jo folgt die Ademonia in denjelben Mengen nad, denn zu ihr gehört fie; behufs der Verpuppung geht diejelbe in die Erde. In einem einzelnen mir befannt gewordenen Falle hat derjelbe Käfer und jeine Larve an den jungen Pflanzen der Zuckerrübe gefrejjen. Andere verwandte Blattkäfer fallen durch ihr majjenhaftes Auftreten und ihren wie ihrer Larven Fraß darum auf, weil fie die Blätter von Buſchwerk dermaßen durchlöchern, daß kaum ein unverlegtes Blatt mehr aufzufinden iſt. Jh erinnere an den graubraunen, unjheinbaren Schneeballen-Furchtkäfer (Galeruca viburni), der jamt jeiner 200 Erjte Ordnung: Käfer; vierundzwanzigfte Familie: Blattfäfer. arünlichgelben, reich ſchwarz bewarzten Larve zweimal im Jahre die Blätter des Schnee: balles durchlöchert, an den Ulmen-Furchtkäfer (Galeruca xanthomelaena), der in gleiher Weije an den Nüftern wirtjchaftet, an andere derjelben Gattung und von dem— jelben Anjehen auf Weidengebüjch. — Der Erlen: Blattfäfer (Agelastica alni), jener violettblaue Käfer, bringt auf Ellern diefelben Wirkungen hervor und mander andere an anderen Sträuchern; Doch würde e8 uns zu weit führen, wenn wir ihnen allen noch weitere Aufmerkſamkeit ſchenken wollten. Allbefannt und zum Teil übel berüchtigt find die kleinen, in der Negel mafjenhaft auf: tretenden Blattkäferchen, welche durch ihre verdicten Hinterjchenfel zum Springen befähigt, darum nicht unpafjend mit dem Namen der Erdflöhe belegt worden find. Ihre Anzahl it jehr beträchtlich, und nirgends auf der Erdoberfläche fehlen fie; das reiche Südamerika bat deren bis 8,75 mm lange aufzumeifen, während die heimatlichen zu den Eleinen zählen. Sie überwintern meift im vollfom- menen Zuftande, doch auch als Larve und beginnen vom eriten Frühjahr an ihren Unfug in Gärten und auf Feldern, der dann bejonders fühlbar wird, wenn fie fih an die jungen Pflänzchen halten (Naps, Levkojen, Kohlarten 2c.). Ihr alter wifjenfchaft: liher Name Altica oder Haltica ift jeßt nur noch wenigen Arten verblieben und durch jo und jo viele neue erjeßt worden, je nachdem der Körper eiförmig oder halbfugelig (Sphaeroderma und Mniophila), die Hinterfüße an der Spiße der Schiene oder inmitten einer Grlen-Blatträfer (Agelastiea alni) nebſt Fraß, Larven und Giern ng sunne 2 ir enger bi Giergefiömolenes Weibchen, Larve, einemes Ci vergrößert. (Psylliodes), die Schienen in einen einfachen oder gabelig geteilten End: vorn auslaufen (Dibolia), und je nach anderen Unterichieden, die hauptjächlich von der Bildung der Beine entlehnt find. Sn Deutfchland leben in runder Zahl 100 Arten, von denen viele ſich nur an eine Pflanze halten, die meijten jedoch auch anderswo angetroffen werden, als man ihrem Beinamen nach vermuten jollte, weil fie feine Kojtverächter find und mindeitens nahe verwandte Gewächſe mit ihrem Beſuche nicht nur beehren, jonder ih auch zur Tafel bei ihnen laden. ©o lebt der Raps-Erdfloh (Psylliodes chrysocephala, Abbild. S. 202, Fig. 1) nicht bloß an der Pflanze, die ihm den deutjchen Namen gab, und an welcher feine Larve bedeutende Verwüftungen anrichten fann, fondern an jehr verjchiedenen anderen Ge— wächſen. Ich beobachtete jeine Lebensweiſe an den Winteröljaaten und will fie in der Kürze erzählen. Im eriten Frühjahr, wenn die übermwinterten Bflanzen beginnen, neue Lebens- zeichen von ſich zu geben, bemerkt man einzelne oder zahlreiche unter ihnen, deren noch furzer Stengel mit feinen Blättern gebräunt, ftatt grün, oder da, wo der Hauptitengel ganz fehlt und durch kümmerliche Nebentriebe erjegt wird, die Blätterrofette gleichfall3 braun gefärbt erjcheint. Bei näherer Unterfuhung finden fich dort im Stengel, hier im Inneren des Wurzeljtodes 2 — 6 und mehr Millimeter lange Larven. Viele Wochen jpäter, wenn die Hauptblüte vorüber und die Schoten fo angejegt haben, daß fie eine reichliche Ernte verjprechen, trifft man diejelben Larven immer no, aber größer und höher oben, am Ulmen: SZur&tfäfer. Erlen:Blattfäfer. Raps- und Kohl-Erdfloh. 201 ſicherſten in umgefnidten Stengeln, deren Zahl fih mitunter jo mehrt, daß die Felder den traurigen Anblid bieten, als wenn Menſchen oder Vieh rückſichtslos darin umher— gelaufen wären. In dergleihen Stengeln haben die Larven nah und nad) das Mark verzehrt und fie widerftands[los gegen den Wind gemacht. Stellenweiſe, bejonders unter den Aſten, bemerkt man auch Löcher, aus denen ſich die zur Verpuppung reifen heraus: gefreſſen haben. Die in Rede ftehende Larve iſt ſchmutzig weiß, ſchwach niedergedrüdt, ſechsbeinig; der hornige Kopf, das hornige Nadenjchild und das ſchräg abgedachte, am Hinterrande ge rundete, vor ihm mit zwei Dornfpischen bewehrte Afterglied find gebräunt, und eine lichtere braune Farbe führen auch die Hornfledchen, welche reihenweile über die dazwiſchen liegenden Körperglieder gehen. Am Kopfe unterjcheidet man deutlich Furze, kegelförmige Fühler, je ein Auge hinter ihnen und drei Zähne an der Spige der Fräftigen Kinnbaden. Erwachſen hat die Larve eine durchſchnittliche Länge von 7 mm, verläßt den Stengel und verwandelt fich in der Erde, ohne zu jpinnen. Ungefähr von Mitte Mai an zeigt ſich der Käfer, der, wie bereits erwähnt, an den verjchiedeniten, nicht bloß Fohlartigen oder Schotenfrüchtigen Pflanzen angetroffen wird. Seine Körpertracht und die Einlenfung der Hinterfüße vor der Spige der Schienen zeigt die Abbildung auf ©. 202, zur weiteren Charafteriftif jei hinzugefügt, daß am jchwarzblau oder ſchwarzgrün glänzenden Körper die Vorderhälfte des Kopfes, jelten die ganze Fläche desjelben, die Wurzel der Fühler und die Beine mit Ausnahme der Hinterfchenfel, die der Border: und Mittelbeine in der Kegel etwas dunkler al3 die zugehörigen Schienen, rotgelb gefärbt find. Die Stirn ift glatt, ohne Ein: drücke, das Halsſchild ſehr fein und ſeicht punftiert, die Flügeldeden dagegen deutlich punkt: ftreifig. Wenn die Winterfaat der Olfrüchte aufgegangen ift, ftellen ſich die Käfer ein, um zu freſſen und an die Blätter die Eier einzeln abzulegen, was wochenlang fortgejegt wird; denn die nad) der Überwinterung in jo verjchiedenen Größen angetroffenen Larven beweifen die großen Zwifhenräume zwifhen ihren Geburtstagen. Nach etwa 14 Tagen wird die Larve geboren, frißt fich in die Mittelrippe und arbeitet ji von da weiter in das Herz Der jungen Pflanze. Der Käfer hatte jeine Beſtimmung erfüllt und ftarb vor Winters; ich fand von diefer Art nie einen in den gewöhnlichen Schlupfwinfeln für die Kleinen winterlichen Schläfer. Der Kohl-Erdfloh (Haltica oleracea, Abbild. ©. 202, Fig. 2) richtet ſeine Lebensöfonomie anders ein. Er überwintert, paart fih im Frühjahr, und die Weibchen legen ihre Eier an die verihiedenften Pflanzen, an welchen die Larve nachher äußerlich lebt. Sch fand fie bei jpielsweife in Menge an dem jhmalblätterigen Weidenröschen (Epilobium angustifolium). Sie ijt graubraun von Farbe und igelborjtig. Am glänzend ſchwarzen Kopfe erfennt man die kegelförmigen Fühler, je ein einfaches Auge hinter denjelben. Die Mundteile ftimmen mit denen der vorigen. Auf jämtliden Ringen jtehen je zwei Reiben erhabener Warzen, von welchen jede mit einem Borjtenhaare verjehen it. Auf diefe Weile ftellt fich der Nüden, wenn man ihn von der Seite jieht, regelmäßig gezadt dar, indem jedes Glied zwei Zaden liefert. Das legte unterjcheivet fich in jeiner Bildung von den übrigen infofern, als ihm vermöge feiner Kleinheit nur eine Warzenreihe zulommt und fich jein Fuß etwas lappig zu zwei Nachſchiebern erweitert, wie fie die Schmetterlings- raupen haben. Erwachſen it fie etwa 6 mm lang. Am 21. Juli ſammelte ich deren mehrere in diefem Zuftande ein und erhielt am 10. Auguft die erjten Käfer; die Verwandlung er: folgt in der Erde in einem weichen Gehäufe. Ein Zeitraum von 6 Wochen reicht aus, um alle Stände big zu der Entwidelung des Käfers gedeihen zu lafjen, falls nicht Kälte und zu große Feuchtigkeit Hinderlich find, und zwei Bruten im Jahre dürften immer zu jtande fommen. Der Kohl:Erdfloh ift länglich eiförmig, reichlih 4 mm lang, durchaus dunkel 202 Erjte Ordnung: Käfer; vierundzwanzigfte Familie: Blattfäfer. olivengrün, mehr oder weniger blau jchillernd, nur die Fußglieder und Fühler find ſchwärz— lich. Die Oberfeite ift ſehr fein und dichtpunftiert, das Halsſchild vor jeinem Hinterrande leicht quer eingedrücdt und daſelbſt am breiteften, aber noch nicht jo breit wie die deutlicher und unregelmäßig punktierten, hinten gemeinſam abgerundeten Flügelveden. Der Eihen-Erdfloh (Haltica erucae, Fig. 5) ift dem vorigen außerordentlich ähnlich und häufig mit ihm verwechjelt worden; er unterjcheidet ſich von ihm hauptſächlich nur dur) das an den Seiten leiftenartig aufgeworfene Halsjchild, etwas Fräftigeren Körper: bau und durch die andere Futterpflanze, indem er und jeine Yarve das ganze Jahr über an Eichen leben, deren Blätter nach und nad) jelettierend, jo daß die Eichenbüjche und Stangen: hölzer im Sommer durch das Verſchwinden jämtlihen Blattgrüns einen überaus traurigen Anblid gewähren, wenn, wie mehrere Jahre hindurch in unferer benachbarten Heide, dieſer fleine Springer in den Eichen: bejtänden mafjenhaft hauſt. Mit dem Erwaden alles Yebens aus dem Winterjchlafe jteigt der Käfer trägen Schrittes, noch wenig Spannkraft in den Springmus: feln verratend, aus jeinem feuch- ten Winterlager vom Boden an den Eichenbüſchen und Eichen— ftangen empor und benagt mehr oberflählid und jpielend die kaum jchwellenden Knoſpen. Erit wenn die grünen Blätter jichtbar jind, fißt er weidend auf ihnen, und das Männchen auf einem 1) Raps-Erdfloh Esylliodes chrysocephala). 2) Kohl: Erdfloh (Haltica oleracea). 3) Bogenftreifiger Erdfloh (Phyllotreta flexuosa). 4) Gelb= 2 S b ftreifiger Erdflob (Phyllotreta nemorum). 5) Gihen=Erdfloh(Haltica Weibchen. Wenige Wochen jpäter erucae). Alle vergrößert. 1 und 5 mit vergrößerter Larve. A. Raps mit Erd: : ve f : floh, B. Weidenröschen mit gelbftreifigem E, C. Schaumfraut mit bogenftreis nehmen die Käfer merklich ab, die figem E. D. Eichenblatt mit E. und defjen Larve. Löcher im jungen Laube aber merklich zu; denn jtatt jener, dei nun heimgegangenen, bedürfen ihre Larven reichlicherer Koft. Diejelben find gleichfalls igel- jtachlig, aber weniger fantig auf dem Rücken und weniger eingeſchnitten in den Seiten al? die vorigen, weil bier die glänzend jhwarzen, den Körper bededenden Warzen weniger sahlreih und etwas Heiner find; auch erjcheinen die Larven des Eichen-Erdflohes reiner ſchwarz als die vorigen. Im Juni umd Juli trifft man fie meift in Mehrzahl auf einem Blatte, dann aber verlaffen fie ihre Weidepläge, um an der Erde unter Laub, aber aud in den wagerechten Nindenriffen alter Stämme während des Auguft die Puppenruhe zu halten. Solange die Käfer die Eichenbüſche und etwa das Stangenholz in der oben er: wähnten „Heide“ bewohnten, war es wegen der Bodenbejchaffenheit nicht wohl möglich, ihre Ruppen aufzufuchen; nachdem fie aber, mit jedem Jahre jich weiter ausbreitend, auch die alten Bäume am Rande bewohnten, konnte man die dottergelben Püppchen zu dreien und vieren bei einander in den wagerechten Nindenrifjen der zerklüfteten Stämme jener liegen ſehen. Seitdem haben fich die Käfer merklich vermindert, ohne daß gegen fie etwas unternommen worden ift. Die den Puppen im September entjhlüpften Erdflöhe treiben ih, jolange es die Witterung erlaubt, auf dem von ihren Larven ſchwer heimgejuchten Laube umher, vermehren deſſen Löcher noch und fiten zuleßt, immer träger werdend, oft zu zehn und zwölf dicht gedrängt bei einander, bis ſie jchlieglich in den Winterquartieren am Boden verfhwinden. Sonach jheint eine Brut im Jahre die Regel zu fein, doch will id GEichen-Erdfloh. Gelb- und bogenſtreifiger Erdfloh. Nebeliger Schildkäfer. 203 nicht in Abrede ſtellen, daß an beſonders ſonnigen Stellen und bei günſtigen Witterungs— verhältniſſen während eines Jahres auch deren zwei möglich ſind. Der gelbſtreifige Erdfloh (Phyllotreta nemorum, Fig. 4, ©. 202), deſſen Larve in den Blättern von Kreuzblümlern minierend lebt, der bogenftreifige Erdfloh (Phyllotreta flexuosa, Fig. 3, ©. 202), die unfer Flohfäferbild gleichfalls vorführt, und noch einige gelb gezeichnete Arten gehören zu unferen gemeiniten und buntejten, die aber alle hinfichtlic der Körpergröße und Farbenmannigfaltigfeit weit hinter den zahl: reichen Arten des heißen Amerika zurücdbleiben. Troß ihrer Kleinheit fügen fie den Land— wirten oft empfindlichen Schaden zu und bleiben bei ihrer großen Beweglichkeit unempfind- lic) gegen alle Verfolgung, wenn nur Wärme, verbunden mit mäßiger Feuchtigkeit, ihre Ent: widelung begünftigt. Die Neihe der Blattkäfer abjchliegend, gedenken wir noch der in vielen Beziehungen höchft eigentümlihen Schildfäfer (Cassida). Die ovalen Kerfe laſſen fich leicht an dem vorn gerumdeten, den Kopf vollfommen dedenden Halsſchilde erkennen; dasjelbe, eng den Flügeldeden ſich anjchliegend, bildet mit ihnen zufammen eine Art Schild, welches den Körper ringsum überragt und ihn von obenher vollitändig verbirgt. Grasgrün, gelblich oder rötlichgrau pflegt jeine Farbe zu fein, und bisweilen ziehen gold- oder jilberglängende Streifen über den Rüden, jolange der Käfer lebt, verlieren fi) aber nach jeinem Tode duch Trodenwerden der Feuchtigkeitsquelle. Die fünf legten Fühlerglieder verdicden fich zu einer Keule. Die zahlreichen Arten fommen in Europa, einige wenige in Afrika vor, und ihre breitgedrüdten, jeitlih dornig bewehrten, hinten mit einer Schwanzgabel ver: jehenen Larven leben frei auf Blättern Frautartiger Gewächſe und verpuppen ſich auch an denjelben. Sie alle überwintern im vollflommenen Zuftande und forgen mit Beginn des Frühjahres für ihre Brut, die ſich ziemlich ſchnell entwidelt und daher möglichenfalls zweimal im Jahre ericheint. Der nebelige Schildfäfer (Cassida nebulosa, Abbild. S. 204) gehört zu den gemeinjten Arten und läßt ſich an folgenden Merkmalen erfennen: die Hintereden des Hals: jchildes find breit abgerundet, die Flügeldeden regelmäßig punktſtreifig, in den Zwiſchen— räumen fielartig erhöht und ſtark hervortretend an den Schultern. Die Oberjeite voll: kommen ausgefärbter Käfer iſt rotbraun, rötlich Fupferglänzend und unregelmäßig ſchwarz— fledfig auf den Flügeldeden. Stüde von bleihgrüner Färbung und zwei weiß glänzenden, mehr oder weniger zujammenfließenden Fleden am Grunde des Halsjchildes beweiſen ihr jugendliches Alter, da Sonnenschein und, wenn diejer mangelt, eine Zeit von 3—4 Wochen zu ihrer vollitändigen Ausfärbung nötig ift. Kopf und Beine, welche letztere von der Nüden- jeite aus ebenfalls fait unfichtbar bleiben, find rojtgelb, die Schenkel in der Regel und die feulenförmigen Fühler mit Ausſchluß ihrer roftgelben Wurzel jehwarz; ebenjo find Bruft und Bauch ſchwarz, an legterem ein breiter Saum rojtgelb. Bon den drei anderen, in Form und Oberfläche der Flügeldeden jehr ähnlich gebildeten Arten (Cassida berolinensis, obsoleta, ferruginea) unterjcheidet fich die unferige durch andere Färbung und auf den eriten Blid durch die Schwarzen Flede auf den Flügeldeden. Die Larve (Fig. 5), wie der Käfer flachgedrücdt, hat die Form unſerer Abbildung, fie bejteht außer dem kleinen, fait kubiſchen, nur beim Kriechen von oben fichtbaren Kopfe aus elf Gliedern, deren drei vor— derite jechs kurze, hafenförmige Füße tragen, der fegelfürmig vortretende After bildet ein zwölftes Glied. Der Vorderbruftring entjendet jederjeits vier mit ſehr feinen Seitenäjtchen verjehene Dornen. Die beiden folgenden Bruftringe haben zwei dergleichen geradeaus jtehende Dornen, alle übrigen je einen nach hinten gerichteten. Außerdem bemerkt man noch einwärts von der Wurzel des hinterjten Seitendornes am erjten und derer vom 204 Erfte Ordnung: Käfer; vierundzwanzigfte Familie: Blattlüfer. 4.—11. Leibesringe furze aufgerichtete Nöhrchen, in deren Spitze ſich die Luftlöcher öffnen. Die über den Rüden gelegten Schwanzboriten bilden den Träger der bräunlichen Aus: würfe, die nah und nad) in ſchmalen Floden den Rücken bededen, ohne ihn zu berühren. Die Larve fieht gelblihgrün aus, der Kopf trüber, die Seitendornen heller, mehr weiß, die Lujtlohröhren weiß, und über den Rücken laufen nebeneinander zwei weiße Bogen: ftreifen. Die Puppe (Fig. 4) fist mit der Hinterleibsipige in der abgejtreiften Larvenhaut und erfcheint darum hinten gleichfalls jeitlich bedornt, it einem Blatte der Futterpflanze an: geheftet und ihm mit der Gefichtsfeite zugefehrt. In der eriten Hälfte des Juni kann man alle drei Stände nebeneinander auf Melden antreffen, welche Schutthaufen und Aderboden 1) Familie des nebeligen Schildkäfers (Cassida nebulosa); 2) Käfer, vergrößert; 3) Yarve, natürliche Größe; 4) Nuppe; 5) Zarve, beide vergrößert. 6) Desmonota variolosa, Fuß und Teil jeiner Flügeldecke vergrößert. lieben, wie Chenopodium album, Atriplex nitens; fie haben aber auch ſchon manchmal, gleich den ſchwarzen Aaskäfern, die Runfelrübenpflanzen al3 Weidepläge ausgewählt und diejelben jtarf beeinträchtigt. Das Weibchen legt jeine zahlreihen Eier an die Nücdjeite der Blätter, die Larven bewohnen diefe daher in größeren oder Eleineren Gejellichaften, nagen Löcher, freſſen jpäter aber auch vom Rande her. Unter mehrmaligen Häutungen werden fie jchnell groß, wenn Wärme fie begünftigt. Dann heften fie fih da, wo fie zulegt fraßen, mit dem Hinterleibe fejt, verpuppen fih, und in 8 Tagen fommt der Käfer zum Vorſchein, der im Sonnen: ſchein gern umberfliegt. Die Schildfäfer halten ſich mehr, gleich den übrigen Blattfäfern, an bejtimmte Futterpflanzen und jcheinen ihr Augenmerk mit Vorliebe auf Korbblümler gerichtet zu haben. Ajien, befonders aber Amerika, ernährt noch andere, jchöner ge: färbte, prächtig glänzende Schildkäfer, von denen die mit glafigen, me— talliich gefledten Flügeldeden, der Gatttung Coptocycla angehörig, unjeren heimijchen entſprechen, die größeren dagegen Feine ähnlichen Formen in Europa aufzuweiſen haben. Bor einigen 30 Sahren be= ſchrieb Boheman ungefähr 1300 Arten. Um einen Begriff von den größeren Südameri- fanern zu geben, ließ ich die Mesomphalia conspersa Germars (stigmatica Dej.) ab: bilden und bemerfe nur noch dazu, daß der jonderbare Schildfäfer, deſſen Flügelveden ſich vorn in einen jpigen Höder erheben, auf der Oberjeite metalliih matt ſchwarzgrün, in den runden Vertiefungen ſamtſchwarz, dagegen auf den ſechs größeren Fleden durch Mesomphalia conspersa. Nebeliger Schildfäfer. Kugelfäfer. 205 filzige Behaarung braungelb erjcheint. Eine ähnliche, goldgrüne Art, der brafilianifche Schmudfäfer (Desmonota variolosa, Fig. 6, ©. 204), wird in Gold gefaßt und als Bujennadel verwertet. Die Kugelfäfer, Marienkäferchen (Coccinellidae) bilden die legte Käferfamilie, ausgezeichnet durch die geringjte Anzahl der Fußglieder, deren mwenigftens an den Hinter: beinen nur drei vorhanden find, weshalb fie auch in einer nur die Fußglieder ins Auge fafjenden Anoronung- Dreizeher (Trimera) genannt worden find. Zu der Zeit, wenn fich die Natur zu ihrem allgemeinen Winterſchlaf anſchickt, an Baum und Strauch die noch vorhandenen Blätter durch ihre Färbung fi) als halbtote Werkzeuge zu erkennen geben und die Kleinen und kleinſten Wefen fich beeilen, eine gute Chhlafitelle zu befommen, findet man ſchwerlich ein etwas zufammengerolltes, trodenes Blatt, in deſſen Höhlung nicht wenigſtens drei, vier, fünf rote Käferchen mit Schwarzen Rücken— punkten oder ſchwarze mit hellen Fleckchen jäßen, in der Erwartung, mit jenen herunter- zufallen und unter dem nachfolgenden Laube begraben zu werden. Gedrängt ſitzen andere an den äußerſten Spigen der jungen Kiefern, zwiſchen die Nadeln geflemmt, oder hinter los— gerifjenen Rindenſtücken einer alten Eiche aufmarfchiert, oder verfammelt unter einer Gras- faupe an dem nad) Morgen gelegenen Hange eines Grabens; in der legten Weife findet man beſonders die Kleine holzfarbene Micraspis duodeeimpunctata, Abbild. S. 206, Fig. 1, deren jchwarznähtige Flügeldeden zahlreihe ſchwarze Fleckchen bejäen; die ovalen Tierchen liegen gedrängt nebeneinander, wie ein Häuflein Samenferne. Wir jehen fie jet ſich jo mafjenhaft in ihren Verjteden für den Winter ſammeln; einzeln begegnen fie uns während desjelben in unjeren Zimmern, und den ganzen Sommer hindurch überall im Freien, aber jtetS am zahlreichiten da, wo Blattläuje, jene grünen oder braunen oder ſchwarzen Eleinen Ungetüme, haufen und die Pflanzen ausjaugen; denn von ihnen ernähren fie fi fait alle, erfolgreicher noch ihre gefräßigen Larven. Die dem Volksmunde geläufigen Namen für fie, wie Sonnenfäfer, Hergott3- Kühlen, Sonnenfälbchen, Gottesihäflein, Marienwürmchen, lady-birds, vaches & Dieu und andere, beweijen ihre Volfstümlichteit, und ihre oben er: wähnte Liebhaberei fordert in dankbarer Erinnerung an ihre Nüglichkeit zu ihrer mög: lichſten Pflege auf. Obſchon der halbeiförmige oder halbfugelige, vollftommen gejchlofjene Körper die Marienfäferchen kaum noch verfennen läßt, jo jei der Familiencharakter noch Fur; angedeutet. Die Furzen, ſchwach Feulenförmigen Fühler find vor den Augen, unter dem Ceitenrande de3 Kopfes, eingelenft und meiſt verjtedt, weil fie hinter den Seitenrand des glatten Halsſchildes zurückgeſchlagen werden fünnen. Die Kiefertaiter enden beilförmig, weshalb die Familie von Muljant als die der Securipalpen bezeichnet worden ift. Die queren und walzigen Vorderhüften bewegen ſich in hinten gejchlojjenen Pfannen, die Mittel und Hinterfchenkel laſſen fih in Gruben zurüdziehen und ebenſo ihre Schienen in eine Furche der Schenkel; die Fußklauen find meijt gezahnt oder an der Spite gejpalten. Der Hinterleib zeigt fünf freie Ringe, deren vorderfter ſich zwijchen die Hinterhüften bald ſchmäler, bald breiter gegen die Hinterbruft fortjest und in feinem fein leiltenartigen Rande gute Merkmale abgibt für die zahlveihen Gattungen, in weldhe die urſprüngliche (Coccinella) zerlegt worden ift. Die gejtredten, oft jtarf bewarzten Larven gleichen in ihrer äußeren Erjcheinung, durch die dreigliederigen Fühler, 3—4 Augen jederjeit3, durch die infolge der langen Schenkel und Schienen breit vom Körper abjtehenden Beine jehr den Larven der Chryſo— melen. Ihre gewandteren, durch die andere Lebensmeile bedingten Bewegungen und die buntere Färbung unterjcheiden fie jedoch leicht von jenen, ohne daß man nötig hätte, fie 206 Erſte Ordnung: Käfer; fünfundzwanzigſte Familie: Nugelfäfer. erit mit der Lupe zu betrachten. Die Coccinellen verbreiten fich in ungefähr 1000 Arten über die ganze Erde, erweiſen fich, wie bereitS erwähnt, als Blattlausfrejjer jehr nüßlich, nur die meiſt behaarten Arten zweier Gattungen (Epilachna, Lasia) hat man ſamt ihren Larven als Pflanzenfreffer fennen gelernt. Noch mag von ihnen bemerkt fein, daß fie bei der Berührung mit den Fingern Fühler und Beine einziehen und einen gelben, übel- viechenden Saft aus den Körperjeiten austreten laſſen, ficher ein Schugmittel für fie, wie für die übrigen jonft wehrlojen Kerfe, denen die Natur ein gleiches Vermögen auf den furzen Lebensweg mitgegeben bat. Bei der Gattung Coceinella ilt der halblugelige oder halbeiförmige Körper nadt, die dichte Keule der elfgliederigen Fühler abgeſtutzt, das Schildchen deutlich, das zweite Fußglied herzförmig, das dritte verjtedt; die Klauen jpalten fich entweder in der Mitte, oder fie tragen einen dreiedigen Zahn am Grunde. Der Siebenpunft, fiebenpunf: hm, DS — 3 2 3 1 1) Mieraspis duodeeimpunctata in natürlicher Größe und unterſtes Stüd vergrößert. 2) Siebenpunft (Coccinella septem- punetata) und 2 Puppen in natürlicher Größe; 3) feine vergrößerte Larve zwiſchen Blattläufen. 4) Coceinella impustulata, natürlide Größe. 5) Coceinella dispar in zwei Färbungen. 6) Chilocorus bipustulatus, natürliche Größe. tierte Marienfäfer (Coccinella septempunctata, Fig. 2, gehört zu den größten und gemeinften heimischen Arten. Von der ſchwarzen Grundfarbe weichen ab zwei weiß: gelbe Stirnflede und die weißgelben Eden des Halsjchildes, die mennigroten, vorn weiß: lihen Flügeldeden, auf denen zufammen fieben runde ſchwarze Flede jtehen. Er fommt im eriten Frühling mit der allgemeinen Auferitehung aus jeinem Winterlager, paart fich, und ſchon Ende Mai fann man faſt erwachjene Larven jehen, im Juni und Juli wird die Gejellihaft zahlreicher. Die in der früheften Jugend durhaus ſchwarzen Lärvchen (Fig. 3) halten fih anfangs zuſammen und tummeln fich in der Nähe der eingejchrumpften Eihäute, zerjtreuen fich auch jpäter nicht weit voneinander. Die jorgjame Wiutter hatte fie da unter: gebracht, wo fie in den Blattlausfolonien reichlihe Nahrung finden; mit Hilfe dieſer wachſen fie jchnell heran, häuten fich mehrere Male und bekommen allmählich eine bläulich jchiefer: graue Färbung; die Seiten des erſten, vierten und fiebenten Gliedes und eine Längsreihe zarter Rückenpunkte jehen rot aus, Zur Verwandlung heftet fidy die Larve mit ihrer Schwanzjpige feſt, krümmt fi) nach vorn, zieht den Kopf ein, verliert die Haare, und jchließlich reift die Haut im Nüden, die Puppe windet ſich heraus, figt aber auf der zurüd: geichobenen Larvenhülle wie auf einem Polſter. Bon Farbe ift jie rot und ſchwarz. Wenn Micraspis duodeeimpunctata. Siebenpunft. Coccinella impustulata etc. 207 man fie durch Berührung in ihrer Ruhe ftört, jo hebt fie den Vorderteil ihres Körpers und läßt ihn wieder fallen, oft jo taftmäßig, wie der Hammer einer fchlagenden Uhr. Nach ungefähr 8 Tagen ſchlüpft der Siebenpunft aus, an welchem einer oder der andere ſchwarze Punkt ausnahmsweife auch wegbleibt. Da man im Juli zwiichen Larven und Käfern an der Nückjeite der Blätter die jhmusgig gelben Eier zu 10—12 bei einander findet, jo dürften zwei Bruten im Jahre nad) dem Vorausgehenden die Kegel jein, eine dritte unter günftigen Umftänden (reiche Koft und Wärme) nicht außer dem Bereiche der Mög: lichkeit liegen. Viele Marienfäferchen zeigen große Unbeftändigfeit in ihrer Nüdenfärbung, befonders dann, wenn die Schwarze mit einer hellen Farbe abwechjelt. Die hier abgebildete Coceinella impustulata (Fig. 4) 3. B. eriheint auf ihrer Nüdenfeite auf ſchmutzig gelbem Grunde ſchwarz gezeichnet; es können aber bei derjelben Art die manchmal noch ſchwächeren ihwarzen Zeichnungen, wie fie unfer Bild vorführt, in dem Maße zunehmen, dab das Gelb als Zeichnung auf dem Grunde auftritt, ja, es kann vollftändig jhwinden. Cine andere Art, die gleichfall3 hier vorgeführt worden ift (Coccinella dispar, Fig. 5), über: trifft alle an Veränderlichfeit, ohne die äußerſten Grenzen ihrer Berjchiedenheit an das Geſchlecht zu knüpfen, wie man fälfhlieh annahm. Einmal hat fie rote Flügeldecken mit je einem ſchwarzen Mittelflede und ein ſchwarzes, feitlich gelb gerändertes Halsihild; ein andermal iſt fie ſchwarz auf den Flügeldeden mit einem roten Hafenflede an den Schul tern und einem runden Flede in der Nähe der Nahtmitte gezeichnet, der weiteren, hier nicht vorgeführten Abänderungen nicht zu gedenken. Bevor dieje Abweichungen als ſolche erkannt waren, ftellte man eine größere Menge Arten auf als neuerdings. Die glänzend ſchwarzen, meift rot gefledten Chilocorus-Arten haben einen runden, ſtark gewölbten Körper, furze, nur neungliederige, in eine jpindelförmige Keule auslaufende Fühler, ein tief ausgerandetes Kopfiild, breite, am Grunde unten zahn: artig erweiterte Schienen und an der Wurzel breit gezahnte Klauen; fie bejchränten ſich vorzugsweife in ihrem Aufenthalt auf Waldbäume, wo man fie an ven Stämmen umber- friechen und auch die der Haupſache nach verftedten Puppen aus der Längsjpalte der legten Larvenhaut nur hervorſchimmern fieht. Der 3,37 mm mefjende, glänzend jchwarze Chilocorus bipustulatus (Fig. 6) zeigt Kopf, Seitenbänder des Bauches, Knie und eine jchmale, abgefürzte, wie aus Fleden zuſammengeſetzte Querbinde mitten durch die Flügel: deden blutrot gefärbt. — Infolge bedeutender Kleinheit, düfterer Färbung und des Auf: enthaltes oben auf den Waldbäumen oder an anderen unzugängliden Stellen verbergen fich noch Hundert andere Familiengenofjen unjeren Bliden und find mit taufend und aber: taujend anderen Käfern für alle Nichtſammler überhaupt nicht auf der Welt. Zweite Ordnung. Die Hautflügler, Immen (Hymenoptera, Piezata). Sn ihrem allgemeinen Körperbau jehr übereinftinmend, dejto mehr aber in ihrer Lebensweije verichieden, bilden die Immen mit ihren überaus zahlreichen Arten, unter denen Bienen, Ameijen, Wejven und Hummeln dem Namen nach allgemein befannte Kerfe find, die größte aller Drdnungen. Wir würden ihnen den oberiten Bla angewiejen haben, wenn wir dadurch die bisher einmal übliche Anordnung nicht geitört hätten. In Hinficht auf die Vielgeftaltigkeit ihrer überaus eigentümlichen Lebensbeziehungen, welche dem finnigen Beobachter der lebenden Natur unerſchöpflichen Stoff zu erhebenden Betrachtungen und ernitem Nachdenken bieten, und in anbetracht der geijtigen Befähigung, die fie bei ihren Kunjttrieben an den Tag legen, gebührt ihnen entſchieden der Vorrang. Die Immen haben durchweg ein hartes Hautjfelett, einen in feinen drei Ringen vollfommen verwachjenen Bruftfaften, beißende Mundteile mit entjchieven vormwiegender Zungenbildung, vier gleichartige, von wenigen Adern durchzogene, Jcheinbar nadte Flügel, deren vordere länger und breiter als die hinteren find, und entjtehen durch vollfommene Verwandlung. Manchen fehlen die Flügel ganz, bei anderen tragen fie im Verlaufe des Geäders einen jo bejtimmten Charakter, daß fich leicht Fenntliche Unterfcheidungsmerfmale von ihnen entlehnen laſſen. Im volllommenen Zuftande leben die Hautflügler beinahe ausnahmslos von Süßig- feiten, welche fie mit der Zunge aufleden, weshalb diejelbe auch bei allen vorherrichend entwicelt ift, nirgends aber auf Koften eines anderen Teiles, welcher die Mundteile als beißende charakterifiert. Wir fünnen ihren Bau hier mit Stillfehweigen übergehen, weil er bereits auf Seite 8 durch Bild und Wort erläutert worden tft, und weil er bei Er: fennung der einzelnen Arten eine nur untergeordnete Rolle jpielt. Die Süßigkeiten ent— nehmen fie den Blumen und — — den Blattläufen. Es iſt ja befannt, wie dieje zarten, nur Pflanzenſäfte jaugenden Tierchen, welche fih in der Negel in größeren Geſellſchaften bei einander finden, entweder durch feitlihe Röhrchen am Ende ihres Leibes, oder und hauptjächlich in ihren Auswürfen einen ſüßlichen Saft abjondern, mandhmal in joldhen Mengen, daß er die Blätter förmlich lackiert. Diejen juchen andere Kerbtiere, vor allen Fliegen und die in Nede jtehenden, begierig als faſt einziges Nahrungsmittel auf. Der Sammler weiß aus Erfahrung, daß er nirgends reichere Beute einheimjen kann, al3 da, wo glänzende, öfter Ihwärzliche Flede auf den Blättern der Gebüfche ſchon aus einiger Entfernung die Anweſenheit zahlreicher Blattlausniederlaffungen verraten. Im Frühling des ewig denfwürdigen Jahres 1866 ftreifte ich durch einen Weidenhäger, wo die gemeinen Allgemeines Larven, 209 Honigbienen in jo auffallender Menge ſummten, daß man in nächiter Nähe einen Bienen- ſtand hätte vermuten jollen. Im erjten Augenblick dachte ich an die Blüten der Sträucher, welche ja zu den früheften und reichiten Honigquellen diefer Tierchen gehören, allein bei näherer Betrachtung fanden fich die Kätzchen außerordentlich ſparſam und die Bienen nicht da, wo fie dieje hätten juchen müfjen. Sie umjchwirrten vielmehr von unten bis oben die blattlojen Weidenſtämmchen. Tauſende und Abertaufende von grauen Blattläuſen be= dedten dieje. Meine Kleider hatten mit ihnen bereits Bekanntſchaft gemacht, fie waren über und über mit ihnen bededt und von ihnen bejudelt, weil man infolge des dichten Gebüſches feinen Schritt vorwärts thun Fonnte, ohne jene abzuftreifen. Wenn jomit ſelbſt die vornehmite der Bienen die Blattlausfabrifate nicht verſchmäht, wie jollten es die übrigen Honigſammler thun? Von allen anderen, welche feinen Honig eintragen, verbürge ich dieje Liebhaberei nach meinen langjährigen Erfahrungen. Co gleihmäßig fich die vollflommenen Kerfe ernähren, Jo verfchtedenartig ihre Larven. Gewiſſe unter ihnen haben zahlreiche Beine (bis 22), in der Negel bunte Farben, und fiten an den Blättern, welche fie verzehren. Aus ihnen entjtehen die jogenannten Blatt: wejpen, deren Berwandte, die Holzwejpen, als wurmartige Larven bohrend im Holze leben. Beide verraten im Baue ihres Körpers und hinfichtlich einer gewiljen Selbjtändig- feit im Wejen einen höheren Entwidelungsarad als alle übrigen Larven der Immen, welche wegen ihrer Fußlofigfeit mit vollem Rechte den Namen der Maden verdienen. Jede be; jteht aus einem hornigen Kopfe und 12 Ringen ihres nahezu wabzigen Körpers. Zwiſchen jenem und dem vorderiten diejer jchiebt jich wohl auch ein dreizehnter als Hals ein, in welchen ſich der Kopf teilweije zurüczieht, wenn die Larve ruht. An leßterem unterjcheidet man hornige Kinnbaden, Taiterwärzhen und Spinnöffnungen, aber feine Augen und höchitens ſchwache Andeutungen von Fühlern. Die einen dieſer Maden leben in Pflanzen, aber nicht in gewöhnlicher Weiſe bohrend oder zwiſchen Blättern minierend, jondern in eigentümlichen Ausmwüchjen, welche durch fie veranlaßt werden und als Gallen allgemein befannt find. Pan gab darum den aus ihnen hervorgehenden Kerfen den Namen Galls wejpen. Die anderen bewohnen einzeln oder gejellig Neſter, welche ihnen bereitet und gleichzeitig mit Nahrung verforgt wurden. Die Blumenwejpen tragen hierzu Honig und Blütenftaub ein, die Raubmwejpen andere Inſekten. Endlich lebt eine große Menge diejer Maden Ihmarogend in den Leibern anderer Kerbtiere, und die ihnen angehörenden Schlupf= weſpen, Zehrweſpen jpielen eine wichtige Nolle im Haushalte der Natur. Sie wurden als Wächter gejegt zur Erhaltung des Gleichgewichts; dadurd, daß jede ihr Leben erhält durch den Tod eines anderen, vorzugsweile pflanzenfreijenden Inſektes, wird deven Ber: mehrung in Schranken gehalten. Überjchreitet diefe einmal ihre Grenzen durch das Zu: jammentreffen mehrerer günjtiger Umſtände, gleich find die Schlupfweipen da, fie finden ihre Wohntiere zahlreicher als gewöhnlich, können fich alfo jtärfer vermehren und führen jene gar bald auf ihr gewöhnliches Maß zurüd. In der Negel leben die größeren Zehr— weſpen nur einzeln in einem Wirte, die Eleineren nicht jelten in Familien zu Hunderten, und man wird ſich einen Begriff machen fönnen von der Winzigfeit vieler, wenn man erfährt, daß die fleinen Blattläufe von Schmarogern heimgejucht werden, ja, daß Inſekten— eier, noch Feiner als dieje, wieder anderen Schmarogern das Leben geben. Die Weibchen der meiſten Arten jtechen Larven an, um fie mit einem oder mehreren Giern zu bejchenfen, und die diefen Eiern entjchlüpfenden Maden leben verborgen im Leibe des Wohntieres; mande fiten aber auch äußerlich an demjelben. Die Gattungen Pteromalus, Bracon, Spathius, Tryphon, Phygadeuon, Cryptus, Pimpla und andere, welche wir jpäter kennen lernen werden, enthalten Arten, die ſich gewilje Afterraupen von Blattweipen, Raupen einiger Widler und Eulen unter den Schmetterlingen und von Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 14 210 Zweite Drdnung: Hautflügler. Käferlarven jolche vorzugsweile auszujuchen jceheinen, welche hinter Baumrinde oder im Holze wohnen, um als Larven ein äußerliches Echmarogerleben an ihnen zu führen. Auch in anderer Beziehung, als der eben berührten, gejtaltet ji) das Verhältnis des Wirtes zum Cinmieter je nach der Art verichieden. Hier bohren fi, und dies gilt befonders von den aejelligen Schmarogern, die reifen Yarven aus der Naupe, um ſich an ihrer Haut zu ver: puppen, denn nichts weiter ift jegt von der fterbenden mehr übrig; dort fertigt die Naupe gleich einer gefunden das Gehäufe, und man erwartet jpäter ihre Puppe in demfelben. Wie oft aber täufchte fih Thon der Schmetterlingsjammler, welcher auf einen jchönen Falter hoffte! Er findet ftatt der rechtmäßigen Puppe ein Schwarzes, längliches Kokon und weiß aus Erfahrung, dab es von einer erwachſenen Echlupfweipenmade feit und dauer: haft, wie von Pergament, angefertigt worden iſt. In einem dritten Falle hat die Raupe, welche nicht fpinnt, noch Kraft genug, um zu einer anfcheinend gejunden Puppe zu werden. Doch wehe! Mit der Zeit verliert dieje ihre Beweglichkeit, fie hat nicht mehr das Gewicht, welches ihr von Rechts wegen zufommt: beides fichere Anzeichen, daß hier abermals Betrug und Täufhung im Spiele find. Eines jehönen Morgens liegt fie da mit durchbohrtem Scheitel, diejer als abgenagtes Dedeldhen daneben, und luftig jpaziert eine jtattlihe Schlupf— weipe, vielleicht ein zierlihes Ichneumon, im Zwinger umher. Wer fi) mit dem überaus intereffanten Studium der Gallweipen befchäftigt und fleißig ihre Erzeugnifje eingefammelt hat, ein jchlechterdings unerläßliches Verfahren, um dieje Tierchen fennen und unterjcheiden zu lernen, weiß nur zu gut, daß er häufig nicht ein Stüd davon zu jehen befommt, da= gegen aber die wunderbarſten Gejtalten von allerlei Zehrweipen, zwei, wohl drei Arten aus einer Galle und unter Umftänden, wenn er deren mehrere einfammelte, auch den rechtmäßigen Bewohner dazu. Solche und ähnliche Erfahrungen werden von denen ges ſammelt, welche das Treiben der Natur unter Verhältnifjen belauſchen, welche die Be— obachtung erleichtern, andere müſſen draußen im Freien angejtellt werden. Da kann man 1. B. auch ſehen, wie ein Schlupfweipchen bei jeinen Streifzügen fich einftellt bei einer eben erſt vollendeten, noch ganz weichen Falterpuppe, welche fi an einem Baumſtamm aufhing. E3 ſpaziert mit fichtlihem Behagen auf der fic) windenden Puppe umber, taſtet mit feinen ewig beweglihen Fühlern und — jet fißt jein Bohrer in der weichen Haut, ſenkt ſich tiefer und tiefer, und die Eier gleiten hindurch), was fich freilich nicht jehen, aber ftarf vermuten läßt; denn feiner Zeit fommt fein Schmetterling aus der Puppe zum Vorſchein, jondern eine Schar genau folder Schlupfweiphen, deren eins damals jeine Künfte zeigte. In einzelnen Fällen, welche als Ausnahmen von der Regel zu betrachten find, hat man Larven von Schmarogern oder dieje jelbft aus bereits vollfommen entwidelten Kerfen herausfommen jehen. Hier mag der fertige Kerf von der Schlupfweſpe angeftochen worden fein, oder aber der Wirt den Schmaroger in feiner Entwidelung überholt, die ſchädlichen Einwirkungen desjelben überwunden haben, jo dab beide nebeneinander zur Vollendung gelangt find. Nicht genug, daß ein Inſekt in einem anderen auf dejjen Koſten lebt, das unfrei- willige Verhältnis zwiihen Wirt und Einmieter jegt fi) noch weiter fort, dieje legteren müſſen ſich gefallen lafjen, wieder anderen als Wirte zu dienen, d. h. mit anderen Worten, es gibt Schmaroger in Schmarogern, ein Umftand, der eben nicht dazu beiträgt, die jo höchſt intereffanten Lebensverhältnifje diefer Tierchen, welche noch in großes Dunkel ges hüllt find, dem forſchenden Blide des Beobachters Klar zu legen. Wunderbar und rätjelbaft bleibt in der Zebensweije der Schlupfweipen das die Weibchen beim Ablegen der Eier leitende Spürvermögen. Woher weiß das jpäter kommende, dab dem Inneren eines Wirtes bereits ein Ei anvertraut ift, welcher eine zweite Larve nicht würde ernähren können, ihm alfo feinen Brutplaß darbietet? Für uns Menſchen ift nur in wenigen Allgemeines. Larven. Rumpf. 311 Fällen ein äußeres Merkmal gegeben, ob eine Larve angeftochen ift. Einige ſchwarze oder mißfarbige Fleckchen an Schmetterlingsraupen verraten den Keim des Todes, welcher nad ſolchen Anzeichen aber weniger von einer Schlupfweipe, als durch jehmarogende Fliegen gelegt wurde, von denen einige Familien jenen Zeritörungen „aus Beruf“ treuen Beiftand leilten. Solche und ähnliche Fragen werden ſich dem denkenden Beobachter aufdrängen, welcher fie nur durch Vermutungen zu beantworten vermag. Nachdem wir wenigitens dem Begriffe nad) Blatt:, Holz, Gall:, Schlupf:, Raub: und Blumenwejpen fennen gelernt haben, müfjen wir noch) einen flüchtigen Blick auf den Körperbau diejer Geſchöpfe werfen, um fie mit Sicherheit von anderen und unter fi unterjcheiden zu fünnen. Der Kopf ist frei vor dem Bruftfaften, als wenn er durch einen Zapfen an ihn gefügt wäre, ericheint, von oben gejehen, faſt immer breiter als lang, er ift ein „Querkopf“ im wahren Sinne des Wortes, bei nur wenigen fugelig, halb- fugelig oder wie ein Würfel geformt. Auf jeinem Scheitel bemerkt man ziemlich ausnahms— los drei Nebenaugen, weldhe wie Perlchen erglänzen, die zu einem Diadem gefaßt worden find. Die Fühler verlaufen faſt gleihmäßig in ihren Gliedern und erjcheinen faden= oder borjtenförmig, jelten verdiden ſie ſich nad) vorn zu einer Keule, find gerade oder gebrochen. Der Länge nad werden fie nie übermäßig groß, noch verſchwindend Klein im Verhältnis zu der des Körpers. Weil fie vorn an der Stirn, und zwar meift bei einander eingefügt find, richten fie fih auch ftets nach vorn, niemals nad hinten. Der Bruftfaften, in jeinen Umriffen vorherrihend eiförmig, jedod auch walzig, erſcheint in der Negel nad) oben etwas budelig und läßt durch Nähte jeine Dreiteilung erfennen. Der vorderfte Ning it im geraden Gegenjage zu dem der Käfer am wenigiten entwidelt, fommt unter dem Namen des „Halsfragens” auf der Nücenfeite nur wenig zur Geltung und an der Bruft nur jo weit, al$ er dem vorderjten Paare der Beine den nötigen Naum zur Anheftung gewähren muß. Der Mittelbruftring bildet den größten Nüdenteil und gleichzeitig den Budel, und zerlegt fich jehr häufig durch zwei nach hinten genäherte Längseindrüde, in drei Bartien, die jogenannten Lappen, dejjen mitteliter im Schildchen endet. Der Kleinere dritte Bruſt— ring endlich bietet in jeiner glatten oder durch Leiſten mannigfach in Felder geteilten Ober: fläche und in jeinem vorderen, oberen und abſchüſſigen hinteren Teile für zahlreiche Immen wichtige Erfennungs= und Unterſcheidungsmerkmale. Daß die neuejten Forfchungen bei allen Immen, außer bei den Holz und Blattwejpen, einen vierten Bruftring nachgewiejen haben wollen, welcher in gleicher Weije durch eine feſte Naht mit dem dritten verbunden it, wie diejer mit dem Mittelrüden, will ih bier nur erwähnen und dabei bemerken, daß er in Wirklichfeit nur das umgeftaltete erſte Hinterleibsglied daritellt. Nirgends übt die Anheftungsweije des Hinterleibes einen jo wejentlichen Einfluß auf die Körpertracht eines Kerbtieres aus, wie hier, indem alle Formen, angewachjene, figende, anhängende und gejtielte, wie fie auf Seite 13 bejproden wurden, anzutreffen find. 6 bis 9 Ringe jegen ihn zufammen, welche Anzahl in gewiljen Fällen bis auf 3 herabjinfen fann. Das höchſte Intereſſe nimmt aber die wunderbare Einrihtung des an ihm befindlichen Werkzeuges in Anjprud, womit die Weibchen ihre Eier legen. Faft ausnahmslos beitebt es in einem hornigen Stachel, welchen drei oder vier Teile zufammenjegen und zwei jeitliche Scheiden als Futteral einjchliegen. Der Stachel zerfällt in eine obere, oft rinnenförmige Hälfte, ven Eileiter, und in eine untere, Eleinere Hälfte, die jogenannten Gräten, melde eng aneinander liegen und durch Falze an die Oberhälfte anjchließen. Wir jehen hier den Zegbohrer der größten Holzweipe von der Unterfeite jamt der Scheide und dem Muskel— apparat (Abbildung ©. 212, c—a), welcher ihn aufrichtet, abgebildet und erkennen an der bejonders dargeitellten Spite desjelben, oben am Querdurchfchnitt in den oberen ſchwarzen Bogen den Eileiter, in der unteren, abermals halbierten Hälfte die beiden Gräten. Auch) 14* 212 Zmeite Drdnung: Hautflügler. der Eileiter kann ſich vollftändig oder teilweife in zwei häutig verbundene und dadurch der Erweiterung fähige Stüde auflöjen. Durch diefe Einrichtung wird eine Verjchiebung der Gräten gegen den Eileiter nach oben und unten möglich, wo es nötig ift, feite Körper su durchdringen. Die Gräten ftellen Pfriemen, Meffer, Bohrer, Säge, mit einem Worte das Schneidewerkzeug dar, mit welchem die Inſekten diejenigen Körper zu durchdringen haben, welche zwiſchen ihnen und der Stelle im Wege find, die das Ei einnehmen ſoll. Bei vielen Schlupfweipen, den Raub: und Blumenweipen iſt der Stachel im Bauche verborgen, kurz und ſchärfer geſpitzt als die feinjte Nähnadel, und jelbitveritändlich auch geeignet, einen em— pfindlichen Stich demjenigen in die Finger zu verjegen, der ſich erfühnt, einem diejer Tier: hen die gewohnte Freiheit rauben zu wollen. Es findet aber noch ein Unterfchied hierbei jtatt. Der Stich einer Schlupfweipe ſchmerzt nur wie der einer Nadel, Uwe und die Empfindung hält nicht lange an; wen dagegen eine I) Raub- oder Blumenwejpe ihren Dolch in das Fleifch bohrt, der empfindet ein nachhaltiges Brennen, die Stelle rötet ſich und ſchwillt mehr oder weniger an, weil das Inſekt nicht bloß jtach, jondern gleichzeitig Gift in die Wunde ausfließen ließ. Diejes Gift beiteht aus dev Miſchung von zweierlei Fluffig- feiten, welche fich in zwei Drüſen am Grunde des Stachels an: jammeln, Die eine derjelben enthält Ameiſenſäure, die andere eine ſchwach alkaliſche Flüffigkeit. Man hat den Giftjtachel auch Wehrſtachel (aculeus) und jeine Träger Afuleaten ge nannt, während das oft auch jtachelähnliche, aber nur zum Ablegen der Eier dienende Werkzeug Legröhre, Legbohrer (terebra) heißt und jeine Träger Hymenoptera terebrantia genannt worden find. Bei den weiblichen Blattweipen wird er am Bauche fichtbar, wenn er auch nicht zur Körperverlänge: rung des Tieres beiträgt, hat die Form einer Mefjerklinge, aber infolge der gezahnten Gräten vollflommen die Wirkung und das Ausjehen einer Säge. Den Holzweipen ragt er ſtab— förmig über die Hinterleibsfpige hinaus und läßt ſich am beiten mit einer Raſpel vergleichen. Bei jehr vielen Schlupfweipen Legbohrer der großen Holsmetne ſteht ev als fürzere oder längere Borite, die, einen jpigen Winfel (Sirex gigas) mit feiner Scheide, Iints mit dem Hinterleibe bildend, nach vorn bewegt werden fann, ehnansiotte bes oinmeebee we Uber diefen hinaus, um jo länger, je tiefer im Kolze das e- a der Muskelapparat zum Aufrihe Weibchen die Larven derjenigen Kerfe zu ſuchen hat, denen ee Vet es feine Nachkommen anzuvertrauen gedenkt. Beſonders ſolche GE lange Bohrer ericheinen nach dem Tode des Tieres als drei fadenförmige Schwanzborften, die mitteljte fteifer (der hornige Bohrer), die jeitlichen ges dreht und unregelmäßig gekrümmt, weil fie die weichere Scheide ausmachen, welche durch das Eintrodnen ihre ftraffe Haltung nicht länger zu behaupten vermochte. Bei Fleineren Schlupfweſpen, vielen Gallweipen erreicht der Bohrer, ohne in der Nuhelage aus dem Körper hervorzutreten, eine unverhältnismäßige Länge, weniger darum, weil dieje Tierchen ihn beim Eierlegen fo tief zu verjenfen hätten, als vielmehr, um durch jeine Federfraft den Nahdrucd zu verjtärken, welchen ihm die Schwache Musfelfraft der kleinen Wejen beim Einbohren nicht würde verleihen können. Zu diefem Zwede legt er lich jchleifenförmig an die Innenwände der Hinterleibshöhle, und der Mechanismus ift jo eingerichtet, daß ver Bohrer wie eine ein: oder einigemal gewundene Stahlfever eines Uhrwerkes federt. Ya, es fommen Fälle vor, wo ſich der Hinterleib, weil fein Umfang hierzu nicht ausreicht, in Allgemeines. Stachel. Legbohrer. Beine. Flügel. 213 ganz eigentümlicher Weije erweitert, 3. B. an der Bauchjeite durch eine Fegelförnige Anz ſchwellung bis zur Wittelbruft, oder auf der Nüdenjeite vom Stiele an durch ein bis zum Kopfe vordringendes rundes Horn (bei Platygaster Boscii), und jo den nötigen Raum für den wunderbaren Mechanismus darbietet. O. J. Wolff hat von zahlreichen Immen— weibchen gerade dieſes Werkzeug mikroſkopiſch unterjucht und mich verfichert, daß es höchit beachtenswerte und für die Einteilung brauchbare Unterjchiede darbiete; leider hat er diejc ſchwierigen Arbeiten feiner Mußeftunden der Offentlichfeit noch nicht übergeben. Don den Beinen, deren vorderites Baar weit von den beiden hinteren, einander fehr genäherten, abfteht, jei nur bemerkt, daß bei den Blatt, Holz, Schlupf: und Gall: wejpen zweigliederige Schenkelringe vorhanden find, und zwar it das Grundglied am läng— ften; eingliederig bleiben diejelben bei den Raub: und Blumenwejpen. In einer ſchwie— rigen Familie (Broctotrupier), die wir den Schlupfweipen anihliegen werden, kommen Arten mit ein: und zweigliederigem Schenkelring vor und liefern hierdurch ſowie durch ihre jehmarogende oder den Raubweſpen gleichfommende Yebensart den Beweis, wenn ein jolcher überhaupt noch nötig wäre, daß e3 überall Übergangsgruppen gibt, die dem bloß ordnenden Syitematifer jo häufig im Wege ftehen. Fünf Glieder bilden in den meijten Fällen den Fuß. Die Flügel, das wejentlihe Bewegunasorgan diefes ewig unruhigen, lujtigen Ge: findelS, bejtehen alle vier aus einer dünnen, dem bloßen Auge meist nadt erjcheinenden, unter dem Mikroſkop aber kurz behaarten Haut, die wafjerhell, in den meiſten Fällen jedoch) etwas getrübt, wie angeräuchert ausſieht; nicht jelten zieht ihre Farbe in Gelb, oder die Außenränder find geihwärzt, auch bindenartige Trübung durch die Fläche fommt öfters vor. Weniger bei unjeren einheimischen Immen, dagegen nicht jelten bei den vielen, weit ftattlicheren ausländijchen Arten nimmt der ganze Flügel oder ein Teil desjelben eine Ihwarze, blaue, vioiette, braune, vote oder gelbe Färbung an und trägt dadurch nicht ‚wenig zur Ausſchmückung des ſchönen Körpers bei. Die Haut wird im Verhältnis zu den Flügeln der ſonſt nahe verwandten Nepflügler von nur wenigen Adern oder Nerven durchzogen und geftüßt, weldhe durch ihre Einmündungen ineinander oder mit dem Saume des Flügels gewilje geſchloſſene Räume, die Zellen, bilden. In der Ruhe pflegen die Flügel wagereht auf dem Rüden zu liegen und den Hinterleib zu überjchleiern, bei ven eigentlihen Welpen, wo fie fi) der Länge nach falten, hängen fie mehr an den Seiten des Körpers und bededen den Hinterleib nicht. Feder VBorderflügel ijt mit feinem Hinter: flügel im Fluge vereinigt, indem diejer mit jehr feinen Häkchen jeines Vorderrandes an entjprehenden Stellen des Hinterrandes von jenem eingreift. Auf der Einlenkungsitelle des Borderflügels liegt ein bewegliches, horniges Plätthen, das jogenannte Flügel: Ihüppden, das fi) manchmal durch bejondere Färbung auszeichnet, und mehr darum, als durch jeine eigentümliche Gejtalt der Berüdjichtigung wert wird. Ein anderes Chitin: flecichen, welches, eben weil es hornartig ijt, wie die Adern, durch jeine andere Färbung gegen die dünne Flügelhaut leicht in die Augen fällt, findet ſich am VBorderrande der meilten Flügel hinter der Mitte und heißt das Flügel: oder Nandmal; wo es fehlt, werden die Adern jehr jparfam oder fallen gänzlich aus. Sie find es nun mit den von ihnen gebildeten Zellen, denen wir unſere bejondere Aufmerkjamtkeit zuwenden müſſen, da fie für den bei weiten größten Teil der Immen Unterfheidungsmerfmale enthalten, ohne welche die Gattungen unmöglich erkannt werden fünnen. Die verjchiedenen Schrift: jteller folgen in diefer Beziehung verſchiedenen Anſchauungen und weichen daher auc in ihren Benennungen für die einzelnen Teile voneinander ab. Ohne weiter auf das Einzelne einzugehen, als e3 für die folgende Darftellung nötig wird, überlalje ich dem ge: neigten Leſer unter Anleitung einiger Abbildungen, in denen diejelben Buchjtaben immer 214 Zweite Ordnung: Hautflügler. dasjelbe bezeichnen, und mit Berücdfichtigung der Unterjchriften den Gegenftand weiter zu verfolgen. Es ſei nur bemerkt, daß zwei Fräftige Adern (die Nand- und Unterrandader, costa und subeosta) nahe nebeneinander, bei manchen Blattwejpen zu einem hornigen Streifchen vereinigt, den Vorderrand des Flügels, jeine Hauptitüge, bilden, und das bereits erwähnte Mal ift nur eine Erweiterung der eriteren oder ein kurzes Auseinandertreten beider. Im Flügel der echten Schlupfweipen, wo höchſtens drei Unterrandzellen auftreten oder unter Verkümmerung der mitteliten nur zwei, verdient gerade dieje als Unterſcheidungs— merfmal bejondere Aufmerkſamkeit und wurde durch einen eignen Namen als Spiegelzelle ausgezeichnet (ce, Fig. 3). Eine zweite Eigentümlichkeit bei der Bildung der in Nede ftehenden Flügel bejteht in der Verſchmelzung der eriten Unterrandzelle mit der oberen Mittelzelle, Start vergrößerte Vorderflügel, in Fig. 5 auch ein Hinterflügel, von 1) Tenthredo scalaris, 2) Osmia pilicornis, 3) Ichneumon pisorius, 4) Cerceris, 5) Earinus, 6) Eubadizon, 7) Crabro striatus, 8) Chrysolambus solitarius, 9) Athalia spinarum. Adern: a Anhang, k Unterrandader, p parallele Ader (Diskoidalader), rl rüdlaufende Ader. Zellen: e“ bis c““, erſte, zweite Unterrandzelle (Kubitalzelle), d’ bis d““ Mittelzellen, 1 lanzettförmige Zelle, r Nandzelle (Nadialzelle), s’, s’ mittlere, untere Schulterzelle (s’ vordere, d““ hintere Submedialzelle). häufig unter Zurüdlaffung eines kleinen Überreftes der trennenden Nerven, de3 „Nerven: aſtes“ (Fig. 3). Die Lanzettzelle (Fig. 1 und I1) fommt nur bei den Blattweſpen vor und bietet in ihrem Verlaufe wichtige Unterfcheidungsmerfmale. Entweder verläuft fie einfach als ſchmaler Streifen, welcher fich zulegt nad) vorn und hinten etwas henfelartig erweitert, in die Schulter, oder fie wird durch eine ſehr Furze gerade (Fig. 1), bedeutend längere ſchräge Querader (Fig. 9) in zwei Zellen geteilt. Nach einem anderen Bildungs- gejege jehnürt fie fih in der Mitte zufammen und verläuft eine fürzere oder längere Strede als einfacher Nerv, man nennt fie dann eingeſchnürt; bei der geftielten lan= zettförmigen Zelle endlich verläuft jener einfache Nerv bis zur Schulter, ohne vorher durch Trennung die Zellenform wieder anzunehmen. — Am Eleineren Hinterflügel läßt fich bald leichter, bald ſchwieriger infolge größeren Ausfalls das Geäder jo deuten wie im Vorderflügel, und auch hier wird jein Verlauf zur Unterfheidung der Arten von Bedeutung. — Gänzlich fehlen die Flügel einigen echten Schlupfweipen der früheren Gattung Pezomachus, manden Schlupfweipenverwandten, einigen Gallinſekten, den arbei- tenden Ameijen und bei den Spinnenameijen den Weibchen. AUllgemeined. Flügel. Hervorbringen von Tönen. 215 Eine große Menge von Aderflüglern läßt junmende, brummende Töne laut werden, wie ja von den Hummeln, Bienen, Weſpen, Horniffen hinreichend befannt. Die Kennt: nis von ihrem Entjtehen verdanken wir den unermüdlihen Forſchungen Landois'. Nah demjelben entjteht eine Reihe von Tönen, wie man bereit3 wußte, durch die ſchwingenden Bewegungen der Flügel, hier wie bei Fliegen und anderen Inſekten. In diefer Beziehung zeigen Immen wie Zweiflügler die größte Wiannigfaltigkeit in Höhe und Tiefe des Tones. Die feine Haut wirkt bei der außerordentlichen Gejchwindigfeit derjelben in gleicher Weiſe wie die Zinfen einer angejchlagenen Stimmgabel. Landois ftellt nun folgende Geſetze auf. Die Flügeltöne find bei demjelben Einzelwejen beftändig; unterjcheiden fich beide Gejchlechter ein und derjelben Art in Bezug auf ihre Größe, jo gehen auch ihre Flügel— töne bedeutend auseinander; Kleinere Inſekten haben öfters einen bedeutend tieferen Flug: ton als größere. Natürlich ijt hierbei nicht das klappende, leiſe klatſchende Geräusch ges meint, welches das einzige iſt, wodurch fich einzelne Schlupfweipen bisweilen vernehmen laljen, Tagichmetterlinge, wenn fte in größeren Mengen miteinander umberfliegen, beion- ders auch Heujfchreden mit ihren feiteren Flügelveden. Eine zweite Neihe von Tönen bringen die Immen (und Fliegen) durch die Luftlöcher ihres Bruſtkaſtens oder de3 Hinter: leibes hervor, und zwar willkürlich, indem ſie aus demselben die Luft ausatmen. Dieje Stimmapparate lafjen ſich am beiten vergleichen mit den Wirkungen der Zungen: pfeifen, denn e3 werden dabei Häute in Schwingungen verjegt, welche am Ende der Luft: röhre angebracht find. Die Pfeifen find die Luftröhren, auf deren ungeteiltem Ende der Stimmapparat aufligt, wie der Kehlkopf auf der Zuftröhre der Säugetiere. Vor dem Eintritt in den Apparat verengert fi die Luftröhre und enthält gerade bei den Hymen— opteren häufig noch Vorrichtungen, welche es ermöglichen, je nach den Bedürfniffen viel oder wenig Luft ausftrömen zu laffen, jte wird mit einem Worte zu einen Blajebala. Der zufammengejegte Stimmapparat jelbit beiteht der Hauptſache nah aus Chitinblätt- chen, welche vorhangartig aufgehängt find oder die Form von Röhrchen haben und duch die ausftrömende Luft im zitternde Bewegung verjegt werden und tönen. Daß es nicht die eins, jondern die ausjtrömende Luft jei, wies Landois duch unmittelbare Verfuche und am Baue der verjchließbaren Luftlöcher, der befannten Eingänge zu den Luftröhren, nad; ja, er ging dann noch weiter und jtellte die Brummtöne verjchiedener Fliegen und Blumenweipen in Noten dar. Nicht alle Luftlöcher find mit dem Stimmapparat ver: jehen, jondern hauptjächlich die des Bruftkajtens, bei den ftark brummenden Blumen= und Raubweſpen dagegen die des Hinterleibes und bei jehr wenigen beide zugleich. So inter: ejjant diefer Gegenjtand immer jein mag, jo fünnen wir ihn hier aus Mangel an Naum nicht weiter ausführen, e3 aber nicht unterlaffen, auf die „Thierſtimmen“ des oben genannten Verfaflers hinzuweiſen (Feiburg i. Br. 1874). Foſſile Immen finden ſich in der Juraformation felten und zum Teil zweifelhaft, häufig dagegen, bejonders Ameijen, im Tertiärgebirge und im Bernitein. Die leben: den jhäßt man auf 25,000 Arten. In Hinficht auf die Anordnung der einzelnen Familien tritt eine gewiſſe Verlegen: heit ein; denn die wenigen Schriftiteller, welche die Gejamtheit der Aderflügler behandelt haben, gehen in ihren Anfihten auseinander, und es läßt ſich bei der geringen Teilnahme an der Erforſchung diejer jo interefjanten Kerfe nicht jagen, weſſen Einteilung eine all: gemeine Anerkennung gefunden habe. Da es fich jomit nicht entjcheiden läßt, welden Standpunkt in diefer Ordnung die neuejte wiſſenſchaftliche Syitematif einnimmt, jo it hier in einem „Sluftrierten Tierleben” und bei der lüdenhaften Behandlung, welche der beſchränkte Raum gebietet, auch in erjter Linie nach Lepeletiers Vorgang den Lebensverhältnijjen diejer Kerfe Nehnung getragen, auf die Gefahr hin, daß der nur das 916 Smeite Ordnung: Hautflügler; erfte Familie: Blumenmwefpen. vollfommene Inſekt beachtende und unterjcheidende Forſcher bei jeiner Anordnung zu anderen Ergebnifjen gelangen könne. Die Blumenweſpen, Bienen (Anthophila), welde wir als erfte Familie an die Epiße ftellen, wurden zwar mehrfach ſchon erwähnt, nicht aber in einer Weije, um auch nur eine derjelben als jolche zu erkennen. Der einfache Schenkelring kommt ihnen wie den Naubmweipen zu, von welchen fie in den meijten Fällen die ftarfe Behaarung des gedrungenen Körpers und der eigentümliche Bau der Hinterfüße unterjcheidet. Keine Blumenweſpe hat einen geftielten Hinterleib, wie jo viele Naubweipen; bei den größeren Arten ift er vielmehr an der Unterjeite des breiten WVorderrandes in einem faſt punft- fürmigen Kreisringe dem unteren Ende des Hinterrüdens angebeftet, bei den kleineren verichmälert er fich beiderjeitS gleichmäßig, wird elliptifeh im Umriß und gehört zu den „anhangenden“, nad) der früher erörterten Ausdrucksweiſe. Das ftarfe Haarfleid, welches die meiſten Bienen bededt und ihnen in der Negel die bunten Färbungen zuführt, wird aleichfallS zu einem Erfennungszeihen und Unterfheidungsmerfmal von den Naubweipen. Zwar fommen faft nadte Arten vor, troßdem wird fie ein einigermaßen darauf geübtes Auge als Blumenweſpen erfennen. Die Bienen tragen, wie wir wiſſen, für ihre Brut Honig und Blumenftaub ein, jenen wohlverwahrt im Inneren ihres Körpers, diejen äußer: lich, meijt in Form der jogenannten Höschen. Dieje aber ziehen fie ihren höchſt eigen: tümlich gebauten Hinterbeinen an. Sie find es auch, weldhe jede Blumenweſpe weiblichen Gejchlehtes, mit wenigen Ausnahmen, verraten. Die Schienen nebſt dem beinahe ebenjo langen erſten Fußgliede, welches hier Ferſe (metatarsus) heißt, find auffallend breit gedrückt, legtere außerdem manchmal noch an der Außenfeite ihrer Wurzel mit einem fehaufelartigen Anhang, dem jogenannten Ferſenhenkel, verfehen. Die Schiene kann nun auf ihrer alänzenden Außenfläche etwas vertieft und an den Rändern mit langen Haaren bewachjen jein, eine trefflihe Vorfehrung, um bier wie in einem Körbchen den Blumenftaub an: zufammeln und fortzujchaffen. Man hat eine ſolche Bildung darum jhlechthin auch ein Körbchen genannt. Der große Glanz aber rührt, wie O. J. Wolff gefunden, von den Schweißdrüſen her, welde unter der Chitinhaut liegen, fih nad außen öffnen und den Blütenjtaub mit ihrer Ausjcheidung, dem auch an anderen Körperteilen jo verbreiteten „Haaröl“, wie einen Schwamm durchdringen und zufammenballen. Nicht felten fommt nod) zur DVervolllommnung des zierlihen Apparates eine Bürfte zum Zufammenfegen des Blütenftaubes Hinzu, fteife, Furze Borften, welde am Ende der Ferfe in einer Weiſe figen, wie eine gewiſſe Art von Handfegern an ihrem Stiele. Auch die Ferje beteiligt fi in gleicher, wenn auch nicht jo vollfommener Weife an der Aufnahme des Blütenftaubes, welder durch die langen Haare derjelben feftgehalten wird. Die Bienen, deren Hinter: beine in der eben angegebenen Weife gebaut find, werden jehr bezeichnend Schienen: jammler genannt. Bei anderen entwicelten fich die genannten Teile nicht in ſolcher Vollkommenheit zu Sammelwerkzeugen, die Außenfeite der Schiene bildet fein Körbchen, jondern ftatt deſſen wurde die Spige der zugehörigen Schenkel, die Hüfte, ja jogar die Ceite des Hinterleibes mit längerem, zum Teil lodigem Haare ausgejtattet. E3 find die Schenkelſammler auf diefe Weife nicht minder befähigt, das unentbehrliche „Bienen— brot“ einzuheimjen. Wie überall in ihrem Wirken und Schaffen, jo ift auch hier die Na: tur unerjhöpflid. Anderen Bienen beließ fie in der Breite der Hinterfhiene und Ferje ihren Bienencharafter, verlegte ihr Sammelwerkzeug aber an den Bauch. Kurze, nach hinten gerichtete Borjtenhaare, welche diefen dicht bededen, find bei den Baudjammlern N. Lil EB ÜHLINGSBILD AUS DEM INSEKTEN FR Bienen. 27, dazu beftimmt, den Blütenftaub abzubüriten und feitzuhalten. Womit ſammeln nun aber Diejenigen Bienen, denen an den Schienen und Schenfeln, am Bauche, wie am übrigen Körper faft gänzlich) die Behaarung fehlt?! Sie überlajjen das Sammeln denen, welche dazu befähigt ſind, und ziehen es vor, ihre Eier in den Nejtern derjelben verjtohlener: weile unterzubringen. Das in der großen, weiten Welt jo allgemein verbreitete Schma— rogerleben greift hier in diejfer bejonderen Form um ſich und erhält durch die natürliche Einrihtung vollfommene Berechtigung, die betreffende Art daher auch den Namen Schma— roßerbiene. Die eben befprochenen, jo interefjanten Vorkehrungen, welde der Brutpflege dienen, bleiben Eigentum der Weibehen und derjenigen Sungfrauen, welche, ohne je Mutter zu werden, doch die mütterlihen Sorgen um die Nachkommen zu übernehmen haben, der fogenannten Arbeiter, welche bei einigen gejellig lebenden Bienen einen dritten, jo ein- flußreichen, gleichfalls mit einem Wehrftachel verjehenen Stand bilden. Die Männchen, welche nicht einjammeln, des Werkzeuges dazu aljo auch nicht bedürfen, werden dadurd) gleichzeitig ärmer an guten Unterjfcheidungsmerfmalen. Sie immer richtig zu deuten, fie als zugehörig zu einem bejtimmten Weibchen zu erkennen, bietet dem Syſtematiker nicht nur bei den Bienen, jondern auch bei manchen anderen Immen noch bejondere Schwierig: feiten. Daher darf es uns auch nicht wundern, wenn nicht jelten beide Gejchlechter ein und derjelben Art mit verjchiedenen Namen belegt worden find, wenn bei Hummeln, Andrenen und anderen Öattungen, welche reich an ſehr ähnlichen Arten find, eine babylonijche Verwirrung in den Namen die verjchtevdenen Anfichten der Forjcher befundet. Der meift jehr entwidelten Zunge der Blumenwelpen, welche teilweije von dem Unter: fiefer am Grunde ſcheidenartig umſchloſſen und in der Ruhe nad hinten an die Kehle angelegt getragen wird, gedachten wir ſchon früher (©. 8, Fig. 1 und 2). In dieſer Einrihtung kommt fie den eigentlihen Bienen (Apidae) zu; bei den Afterbienen (Andrenidae) ijt die Junge fürzer als das Kinn und in der NAuhe nicht zurücdichlag- bar (Fig. 3). Dieje beiden Gegenjäße haben in einer vielleicht ftrenger wiſſenſchaftlichen Einteilung den anderen Forihern die Spaltung der Blumenweſpen in zwei Familien an die Hand gegeben. Die Fühler aller find gebrochen, bei manchen Männden allerdings infolge des kurzen Schaftes kaum merklich, hier aus 12, bei den Weibchen aus 13 Gliedern zujammengejegt. Die Geißel verläuft fadenförmig, bisweilen nad) der Spige hin mäßig verdickt oder breit gedrüdt, dann aber immer ftumpf. Shre Glieder lafjen fich zwar unterjcheiden, ſchnüren fi aber an den Enden weder auffällig ein, noch fehwellen fie an der Spitze an; bisweilen erjcheinen fie an der Vorderjeite etwas knotig. Wir finden mit: hin für eine jo artenreihe Familie eine jeltene Einförmigfeit im Baue eines ſonſt viel- geltaltigen Körperteiles. Drei Nebenaugen find immer vorhanden, aber wegen der dichten Behaarung des Scheitel bisweilen ſchwer aufzufinden. Die Vorderflügel haben ſtets eine Nandzelle ohne oder mit Anhang und zwei oder drei Unterrandzellen, der hintere Teil der Flügelfläche bleibt verhältnismäßig breit ohne alle Adern, weil, mit wenigen Aus: nahmen, hinter den letzten Duernerven die beiden Längsadern (der Eubitus und die parallele) aufhören. Bei manchen, bejonders den größeren Arten iſt diefer Naum durch dichte Punktierung oder zarte Yängsftreifung, der ganze Flügel überdies häufig noch durch dunklere Färbung ausgezeihnet. Wo nur zwei Unterrandzellen vorkommen, münden die beiden rüdlaufenden Adern in die legte, zuweilen die erjte genau auf der vorderen Grenze; wo ihrer drei vorhanden, nimmt die zweite und dritte je eine auf, mit wenigen Aus: nahmen, zu denen 3. B. die Honigbienen gehören. Der Hinterleib bejteht beim Weibchen, fruchtbaren oder verfümmerten, aus ſechs, beim Männchen aus fieben Gliedern. Überall, wo es honigjpendende Blumen gibt, finden ſich auch Bienen ein, diefe zu benajchen und für ihre Nachkommen zu verwerten, doch fcheinen die Gleicherländer mit ihrem vorwiegenden 218 Zweite Ordnung: Hautflügler; erjte Familie: Blumenmejpen. Blumenreihtum nicht auch in diefem Verhältnis jo reich an Bienen zu fein wie unjere gemäßigten Himmelsitriche. Die gemeine Honigbiene, Hausbiene (Apis mellifica), zeichnet fich durch den Mangel jedes Dornes an den breiten Hinterjchienen vor allen europäiihen Bienen aus. Die Flügel haben eine vorn gerundete Nandzelle, die viermal jo lang wie breit ift, drei gejchloffene Unterrand» und ebenjo viele Mittelzellen; jene gleichen alle drei einander jo ziemlich in der Größe ihrer Flächen, und die legte, ſchmal rhombijche nähert fich mit dem vorderen Ende weit mehr der Flügelwurzel, al3 mit dem hinteren, ſteht alſo jehr ichief. Der Körper ift jehwarz, jeidenglänzend, jofern nicht die fuchsrote, in Grau ſpie— (ende Behaarung, die fih bis auf die Augen ausdehnt, aber mit der Zeit abreibt, den Grund det und rötlich färbt. Die Hinterränder der Leibesgliever und die Beine haben eine braune, bis in Gelbrot übergehende Färbung, mindejtens beim Weibchen, dejjen edle Hausbiene (Apis mellifica). A. 1) Königin, 2) Arbeiter, 3) Drohne, daneben Kopf, 4) Oberkiefer von außen; alles mäßig vergrößert. — B. Hinterbein der Urbeitsbiene, ce Schenkel, a Bürfte, b Körbchen. — C. Ei ftark vergrößert. — D. Larve und Nuppe, natürlihe Größe. — E. Durchſchnitt des Hinterleibes der Arbeitsbiene: 1) Honigmagen, 2) Eierftod, 3) Giftblafe, 4) Schmierdrüfe, 5) Samentaſche, 6) Stachel, ce Gelenthautfalten, wo da3 Wachs ausgeſchwitzt wird. Zt Mundteile, a Kinn laden mit dem Stiele (d), b Lippentafter, e Zunge. — G. Bienenlaus und deren Puppe, ftark vergrößert. — H. Bürſte ftarf vergrößert. — J. Giftapparat: a Giftdrüfe, b Giftblaje, ce Stadelrinne, d Stadel, e Stachelſpitze. Vergrößert. Natur nach dem Goldglanz der Beine bemeijen wird. Die Krallen der Füße find an der Spite zweiteilig, die Kiefertajter ein-, die Lippentafter viergliederig, zweigeftaltig. Die Formenunterfhiede zwiſchen Männchen oder Drohnen, Weibchen und Arbeitern lehrt der Anblid der Abbildungen. Dem Weibchen fehlen die Sammelhaare, der Drohne das Zähnen am Grunde der Ferje. Die Arbeiterin, jchlehtweg Biene genannt, jenes weibliche Weſen, welches wegen Verfümmerung der Gejchlehtswerkzeuge die Art nicht fortpflanzen fann, dafür aber alle und jede Vorſorge zu treffen hat, im Verein einer größeren Anzahl von jeinesgleihen, damit aus den vom Weibchen gelegten Eiern ein. fräftiges Gejchlecht erwachle, hat in der längeren Zunge, den längeren Kinnbaden, in dem Körbchen der Hinterbeine die Gerätjchaften, welche ihre mühevollen Arbeiten aus: führen, wie im Inneren ihres Leibes ein kleines chemijches Laboratorium, wo Honig, Wachs und der Speijebrei für die Brut je nach Bedürfnis hergerichtet werden. Die Bienen leben in einem wohlgeordneten Staate, in welchem die Arbeiter daS Volk, ein von dieſem erwähltes, fruchtbares Weibchen die allgemein geliebte und gehätjchelte Königin (auch Weijel genannt) und die Männchen die wohlhäbigen, vornehmen Fau— lenzer darjtellen, die unumgänglich nötig find, aber nur jo lange geduldet werden, als man fie braucht. Dieje Einrichtung ift darum jo mufterhaft, weil jeder Teil an jeinem Gemeine Honigbiene, 219 Platze feine Schuldigfeit im vollften Maße thut, weil feiner mehr oder weniger fein will al3 das, wozu ihn feine Leiſtungsfähigkeit bejtimmt. Der Menſch hat von jeher den Fleiß der Biene anerkannt und fie gewürdigt, ein Sinnbild zu jein für diefe hohe Tugend, er hat aber auch die Ergebnijje ihres Fleifes zu würdigen gewußt, und daher ijt es gefommen, daß wir jene Bienenflaaten nicht mehr frei in der Natur antreffen (ausnahmsweiſe verwildert), auch nicht angeben können, wann und wo fie fich zuerjt dajelbft gefunden haben. Der jtolze „Herr der Schöpfung“ weiſt dem Tierhen in dem Bienenkorbe, Bienenjtode, zu verichtedenen Zeiten verjchieden eingerichtet, ven Pla an, wo es jeine Staaten gründet, wird ihm wohl auch in mancher Hinficht dabei förderlich, war aber nicht im jtande, jein ihm angeborenes Weſen in den Tauſenden von Jahren, während welcher es ihm treu gefolgt ift, auch nur im geringiten zu verändern. Die oft fich widerfprechenden Anfichten, die wir in der überaus umfangreichen Bienenlitteratur aufgezeichnet finden, haben mithin nicht ihren Grund in den veränderten Sitten der Imme, jondern in dem Grade der Erfenntnis diejer. Bis auf den heutigen Tag find wir noch nicht dahin gelangt, jagen zu können, es jei alles aufgeklärt in diejem wunderbaren Organismus, es gebe nichts mehr, was nicht volle Anerkennung finde bei den wahren „Bienenvätern“, d. h. bei denen, die Bienen erziehen, nicht bloß um Wachs und Honig zu ernten, jondern um auch im allgemeinen Intereſſe für das Walten in der Natur die jo überaus anziehende Lebensweiſe der freundlichen Spenver zu jtudieren. Wie e3 aber hiernach noch Leute geben kann, welche unjere Hausbiene für ein wildes und fein Haus: tier erklären, iſt uns unverjtändlih! Wir wollen jest verjuchen, nicht für den Bienen: züchter (Zeidler, Imker), ſondern für den wißbegierigen Naturfreund ein möglichjt ges treues Bild jenes wohlgeordneten und doch vielbewegten Lebens zu entwerfen. Angenommen, e3 jei Zohannistag und ein Nachſchwarm — was damit gejagt fein foll, wird die Folge lehren — jveben vollitändig eingefangen in einen leeren Kajten mit dem befannten, Kleinen Flugloh unten am Grunde einer feiner Giebelwände und mit dem Brettchen vor diefem an einem bejtimmten Platze im Bienenhaufe aufgeitellt. Noch jteht er faum feft, da ericheint eine oder die andere Biene auf dem Flugbrettchen und „präjentiert”, d. h. fie erhebt fih auf ihren Beinen jo hoch, wie es nur gehen will, jpreizt die vorderjten, hält den Hinterleib hoch und ſchwirrt in eigentümlich zitternder Weiſe mit den Flügeln. Dies fonderbare Gebaren ift der Ausdrud ihrer Freude, ihres Wohlbehagens, und der Bienenvater weiß ficher, daß er beim Einſchlagen des Schwarmes die jugendliche Königin mit erfaßt hat, daß fie nicht draußen blieb, was bei ungejchidter Handhabung oder ungünftigem Sammelpla des Schwarmes wohl gejchehen kann. Sollte dies Miß— gejchiek eingetreten fein, oder dem Volke aus irgend einem anderen Grunde die Wohnung nicht gefallen, jo bleibt e3 feinen Augenblid im Stode. In wilder Haft ftürzt alles hervor und ſchwärmt angjtvoll umher, bis der Gegenftand gefunden, dem man die Leitung feiner künftigen Gejchide nun einmal anvertraute; läßt er fich nicht auffinden, oder gefällt im anderen Falle die dargebotene Behaufung nicht, jo kehrt das gejamte Volk in die alte zurüd. In unjerem neuen Stode ift aber alles in Ordnung und es beginnt jofort die Arbeit: der Bau der Zellen und zwar von der Dede herab. Die Bienenväter pflegen Dabei zu Hilfe zu fommen und einige leere Waben, welche bei der Bienenwirtjchaft jtets abjallen, als Ausjteuer in die neue Wohnung mitzugeben. Davon jehen wir jedoch ab. Das Baus material haben die Tierchen bei fich; wohl wiljend, daß die häuslichen Arbeiten ihnen zunächit feine Zeit zum Eintragen lafjen, haben fie eine dreifache Mahlzeit eingenommen, um nicht zu ungern, und um das unentbehrliche Wachs bereiten zu können. Diejes laſſen fie in Eleinen Blättchen zwijchen den Bauchringen hervortreten, wenn fie jeiner bedürfen. In einfacher, doppelter oder vielfach verjchränfter Kette, wenn der Bau erſt weiter vor: 220 Zweite Ordnung: Hautflügler; erite Jamilie: Blumenmwejpen. geichritten, hängen fie aneinander. Das gibt ein eigentümliches Gefrabbel; denn jede muß ſich wohl vorjehen, daß fie den Grund und Boden, d. h. die Nachbarinnen, nicht unter den Füßen verliert. Die Gejchäfte des Handlangers und des Meijters, fie jind bier in einer Perſon vereinigt. Sie nehmen fi einander die Wachsblättchen vom Bauche weg, durchkauen und vermijchen fie mit ihrem Speichel, und jede, die den Stoff auf dieſe Weiſe vorgerichtet hat, geht an die Bauftelle und klebt ihn an. Zunächſt entjteht eine gerade, nicht mathematijch regelmäßige Kante oder Xeifte, an dieje werden rechts und links mit den Seiten aneinander ftoßende und mit den Böden fich berührende Zellen in wageregter Lage aneinander gereiht, bis die jenfrecht herabhängenden, rechts und linfs ih öffnenden Tafeln entitehen, die man Waben nennt. Jede Seite dieſer ftellt ein allerliebjtes Neſt jechsjeitiger Majchen dar von einer Negelmäßigfeit, wie wir jie nur mit Zirkel und Lineal erzielen könnten. Die Zellen find bekanntlich jechsecdig, auf dem Boden napfartig vertieft, an ihrem offenen Ende, aljo vorn, gerade abgejchnitten, 7 mm lang und 5mm breit, von einer zur gegenüberliegenden Seite, nicht übereck gemefjen, und jede genau jo groß wie die andere. Solcher Waben finden fich in derjelben Nichtung mit der Zeit jo viele, al$ der Raum des Stodes erlaubt, wenn nur zwijchen je zweien ein Zwiſchenraum von der Breite einer Zellenhöhe bleibt. Auch lafjen die Bauleute jtellen= weile Löcher in denfelben als Durchgänge. Sie wachjen jo ziemlich gleihmäßig, und Feine wird jo groß, wie es der Naum gejtattet, ehe nicht die anderen angelegt und gleichzeitig mit erweitert worden. Doch greifen wir der Einrichtung nicht zu weit vor. Nach einigen Stunden jehon können wir in unferem Stode einen dreiedigen Wabenzipfel von etwa 10,5 em in Geviert herabhängen jehen. Aller Anfang ift ſchwer. Dieſes Wort bewahrheitet fi auch an jedem neuen Bienen: itaat. Sein Platz ift ein anderer, al3 der, auf welchem die Bürger desjelben geboren wurden. Daher ijt die genaueite Bekfanntichaft mit der Umgebung vor dem Ausflug für jeden einzelnen eine unerläßliche Aufgabe. Die Biene it, wie man weiß, ein Gewohn— heitstier von jo peinliher Art, daß fie mehrere Male erſt genau an derjelben Stelle anfliegt, die fie als den Eingang in ihren Bau fennen gelernt hatte, wenn man denjelben und jomit das Flugloch auch nur wenige Gentimeter zur Seite gerüdt hat. Um aljo ihren Ortsſinn zu ſchärfen, die Umgebung des kleinen Raumes, der ihr zum Aus: und Eingang neben jo und jo vielen ganz gleichen dient, ihrem Gedächtnis genau einzuprägen, kommt jede, fich rechts und links umſchauend, bedächtig auf das Flugbrett rüdwärts heraus: jpaziert, erhebt ſich in kurzen Bogenſchwingungen, läßt fich nieder, erhebt fi von neuen, um die Bogen zu vergrößern und zu Kreifen zu erweitern, immer aber rüdwärts abfliegend. Sept erſt ift fie ihrer Sache gewiß, fie wird das Flugloch bei der Rückkehr nicht verfehlen, mit einem kurzen Anlauf erhebt fie fih in geradem und rajhem Fluge und it in die Ferne verihwunden. Dieje kann fie, wenn es fein muß, bi$ auf zwei Stunden Weges ausdehnen. Sie juht Blumen und harzige Stoffe auf, find Zuderfabrifen in der Nähe, weiß Tie diefe jehr wohl zu finden und jehr leidenschaftlich gern zu benafhen, meiſt zu ihrem Verderben. Taufende finden darin ihren Tod, weil fie es zwar verjtehen, hinein, aber nicht wieder herauszufommen. Schwer beladen fliegen fie gegen die Feniter, arbeiten fi) daran ab, fallen ermattet zu Boden und kommen um. Viererlei wird eingetragen, Honigjeim, Wafjer, Blütenjtaub und harzige Beftandteile. Den erjteren leden fie mit der Zunge auf, führen ihn zum Munde, verjchluden ihn und würgen ihn aus der Honigblaje als wirklihen Honig wieder hervor. Das Wafjer wird natürlich auf diejelbe Weiſe ein: genommen, dient zur eignen Ernährung, beim Bauen und zur Zubereitung des Futter für die Larven, wird aber nicht im Stode aufgejpeichert, Jondern muß, je nad) ven Bedürf— nifjen, allemal erſt herbeigefchafft werden. Mit den behaarten Körperteilen, dem Kopfe Gemeine Donigbiene. 22] und Mittelleibe ftreift die Biene abfihtslos beim Eindringen in die vielen Blumenfronen den zerftreuten Staub ab und weiß ihn geſchickt mit den Beinen, welche fich in quirlender Bewegung befinden, herunter zu bürjten und an die hinterjten anzufleben. Mehr aber erarbeitet fie abfichtlich, fih all ihrer Werkzeuge bewußt und mit dem Gebrauche derjelben vollfommen vertraut. Mit den löffelähnlichen, ſcharfen Kinnbaden jchneidet fie die Fleinen Staubträger auf, wenn fie ſich nicht ſchon jelbit geöffnet hatten, faßt ihren Inhalt mit den Vorderfüßen, jchiebt ihn von da auf die mittleren und von diejen auf die hinteriten, welche in den bereits früher beiprochenen Körbchen und der darunter liegenden Ferje mit ihren Haarwimpern das wahre Sammelwerkzeug bilden. Hier wird der infolge des früher erwähnten „Haaröls“ leicht haftende Staub mit den anderen Beinen angellebt und manch: mal zu diden Klumpen, den jogenannten Höschen, aufgehäuft. Von den Knojpen der Tappeln, Birken und anderer Bäume, den ſtets Harz abjondernden Nadelhölzern, löſt fie die brauchbaren Ctoffe mit den Zähnen los und jammelt fie gleichfalls in dem Körbchen. Daß Bienen, unfere wie die vielen wilden, bei ihrem Sammelgeichäfte die Berruchtung gewifjer Pflanzen einzig und allein vermitteln, iſt eine befannte Thatjache, an welche bei- läufig erinnert jein mag. Hat die Biene nun ihre Tracht, To fliegt fie, geleitet durch ihren wunderbar ent: widelten Ortzfinn, auf dem fürzeften Wege nah Haufe. Hier angekommen, läßt ſie fich in der Negel auf dem Flugbrett nieder, um ein wenig zu ruhen, dann geht es eiligen Laufes zum Loche hinein. Se nach der Natur der Schäße, die fie bringt, it die Art, wie fie fich ihrer entledigt, eine verjchiedene. Der Honig wird entweder einer bettelnden Schweiter gefüttert oder in die Vorratszellen ausgejchüttet. Einige Zellen enthalten Honig zum täg- lihen Verbrauch, andere, es find zunächit die oberſten Neihen jeder Wabe, dienen als Vorratsfammern für zufünftige Zeiten, von denen jede volle jogleich mit einem Wachsdedel verjchloffen wird, nachdem eine Biene aus ihrem Stachel ein Tröpfchen Ameijenjäure ein: gebracht hat, damit der Honig fih hält. Die Höschen ftrampelt fie jih ab und jtampft fie feft in einer von den Zellen, die an verjchiedenen Stellen der Wabe dazu beſtimmt find, die Vorräte des fogenannten Bienenbrotes aufzunehmen, oder jie beißt ſich einen Teil davon ab und verſchluckt ihn, oder die eine und andere der Schweitern erjcheint in gleicher Abficht und befreit fie jo von ihrer Bürde. Die harzigen Beltandteile, da3 Stopf— wachs, Vorwachs (propolis), wie man fie nennt, werden zum Verlitten von Lüden und Nigen verwendet, durch welche Näffe oder Kälte eindringen könnten, zum Verkleinern de3 Fluglohes und, wenn es in einem Ausnahmsfalle nötig fein jollte, zum Einhüllen fremdartiger Gegenftände, welche ihrer Größe wegen nicht bejeitigt werden, durch Fäulnis aber den Stod verpeiten können. Es wird erzählt, daß man eine Maus, eine nadte Schnede auf dieje Weije eingefapfelt in Stöden gefunden habe. Der Zellenbau als erjte, daS unmittelbar ſich daran anfchließende Eintragen als zweite der Beichäftigungen des Volkes dauern fort, jolange es beiteht, und werden von jeder Biene betrieben, wie es eben pafjen will; aber noch fehlt die Seele des Ganzen, die Sorge für die Nahfommen, auf welche allein das Streben jedes Kerbtieres gerichtet it, jobald e3 zu jeiner Vollendung gelangte. Die Männden, die fih um den Bau und das Einjammeln nicht fümmern, jondern nur verzehren, was andere mühjam erwarben, haben nichts weiter zu thun, als um Die Mittagszeit in ſchwankendem Fluge mit herabhängenden Beinen und gewaltigem Summen fi einige Bewegung zu machen. Das weiß die junge Königin wohl, ſelbſt wenn in ihrem Staate niht ein einziger diefer Faulenzer wäre. Gleich nach den eriten Tagen ihres Ein: zuges fühlt fie den Drang in fi, genau zu derjelben Zeit auch einen Ausflug zu unter: nehmen. Sie erreicht ihren Zwed, es findet fich bald ein Männchen, die Paarung erfolgt 2223 Zweite Drdnung: Hautflügler; erfte Familie: Blumenmejpen. wu und endigt mit dem Tode des Auserwählten. Nach kurzer Abwejenheit Fehrt die Königin zurüd, befruchtet für ihre Lebenszeit, die vier, auch wohl fünf Jahre währen kann, und vermag nach den angeftellten Verſuchen jährlich 50 — 60,000 Eier zu legen, in den legten Sahren weniger; auch läßt man fie im Intereſſe des Stodes in der Negel nicht vier Sahre in Thätigkeit. Iſt innerhalb der erjten acht Tage die Befruchtung nicht erfolgt, jo bleibt die Königin unfructbar. 46 Stunden nad der Heimkehr fängt fie an zu legen. Die vorderfte Wabe und die Norderwand der folgenden läßt fie in der Negel noch unberührt; die oberen Reihen aller Waben find gededelt und enthalten Honig, unter diejen finden ſich die Brutzellen. Bei ihrer Arbeit, welche meijt ohne längere Unterbrehung zum Ausruhen fortgeht, wird fie von Arbeiterinnen begleitet, die ihr Nahrung reichen, fie mit den Fühlern ftreicheln, mit der Zunge beleden und ihr alle die Aufmerkfamfeit beweijen, die eben eine Biene ihrer Königin zollt. In jede Zelle, die fie mit einem Eie zu bejchenfen gedenkt, kriecht fie erſt mit dem Kopfe hinein, gleichjam um fich zu überzeugen, ob alles in Ordnung jei, dann fommt fie wieder hervor, ſchiebt den Hinterleib hinein, und tft fie wieder herausgefommen, fieht man hinten zur Seite der unteren Wand unmittelbar am Boden der Zelle das Ei jenfrecht hingeftellt. Es ift milchweiß, durchſcheinend, reichlich 2 mm lang, ſchwach gekrümmt und an jeinem unteren Ende faum merklich ſchmäler als am oberen. Der Anblid des eriten Beweiſes föniglicher Gnade ift für das Volk ein Mahnruf zu doppelter Thätigfeit, eine Aufforderung zur Übernahme neuer Sorgen. Sofort werden die Brutzellen hinten am Boden, noch hinter dem Eie, mit einem Eleinen Häuflein weißer Gallerte verjehen, welhe aus Honig, Bienenbrot und Waſſer im Laboratorium zubereitet ward. Am vierten Tage erjcheint die Larve als ein geringeltes Würmlein, zehrt das Futter auf, jtredt ſich gerade mit dem Kopfe nach vorn und wird weiter gefüttert. Dabei wächſt fie, ohne ſich zu häuten, ohne fich zu entleeren, jo Schnell, wird jo feilt, daß fie am jechiten (jiebenten) Tage die ganze Zelle erfüllt. Die um fie beforgten Pflegerinnen dehnen nun mit ihren Zähnen die Nänder der Zelle, biegen fie nad) innen, um fie zu verengen, und ergänzen das Fehlende durch einen platten Wachsdedel, damit der Verſchluß vollitändig ſei. Noch) hört die Fürforge für fie nit auf. Die gededelten Brutzellen werden nicht verlajjen, jondern find ftetS von Bienen in dihtgedrängten Haufen belagert, werden gemiljermaßen „bebrütet“. Im Inneren ſpinnt die Made ein Seidengewebe um fich, jtreift ihre Haut ab und wird zu einer gemeifelten Puppe. Am einundzwanzigiten Tage, vom Cie an gerechnet, wird der Dedel von innen abgejtoßen, und die junge Bürgerin ift geboren; ſofort ift eine oder die andere Arbeiterin vorhanden, um die Zelle durch Glätten ihrer Mündung 2c. wieder in den Stand zu verjegen, ein neues Ei aufzunehmen. Die alten Häute werden zum Teil befeitigt, jedoch nicht alle, wie aus der Erfahrung zu ſchließen it, daß durch diefelben fich mit der Zeit die Zellen verengen und infolgedefjen die Bienen aus jehr alten Brutzellen etwas Eleiner ausfallen. Die Neugeborene redt fi und ftredt fih, wird freundlich von den Schweſtern be= grüßt, beledt und gefüttert; doch kaum fühlt fie fih troden und im Beſitze ihrer vollen Kräfte, was nad) wenigen Stunden der Fall ift, jo mifcht fie fi) unter das Volk und findet ihre Beihäftigung im häuslichen Kreife: Füttern, Brüten, Dedeln und Reinhalten der Wohnung, Wegfchaffen der Broden, welche beim Ausfriehen abfallen, das dürften die Arbeiten jein, welche in den erften 8S—14 Tagen den jungen Bienen zufallen. Nach Verlauf diejer Zeit befommt jedoch eine jede Sehnjucht nach der Freiheit. Nachden fie in der früher befchriebenen Weije ihren Ortsjinn geprüft und geübt hat, jucht fie das Weite und trägt mit demjelben Gejhid ein, wie die alten Bienen. So verhält fi die Sache aljo, wenn die früheren Schriftiteller behaupteten, es gebe zwei Arten von Arbeitsbienen: Gemeine Honiabiene. 223 die jungen verrichten häusliche Dienfte, die alten gehen der Tracht nad) ins Feld, in den Wald, auf die Wiefen. In diejer Weile wird es num getrieben den ganzen Sommer hin: dureh, und nur an unfreundlichen, regnerifhen Tagen bleibt man zu Haufe. Se honig: reicher und günftiger ein Jahr ift, deſto fleifiger trägt das Volk ein. ES iſt aber einig mit feiner Königin, liebfoft fie, reicht ihr reichliche Nahrung dar, wofür dieje in Anerkennung des allgemeinen Wohlftandes, will jagen bei gutem Futter, wohlthuender Wärme, auch ihrerſeits fleißig Eier legt. Das Volk mehrt fih von Tag zu Tag und mit ihm die Segen bringenden Arbeitskräfte. Man möchte beinahe glauben, es ließe dieje rege, beide Teile in jo hohem Maße an: Ipannende Thätigfeit die Trägheit der Männchen in um fo grellerem Lichte ericheinen und mehr und mehr einen geheimen Grol gegen diefelben auffommen. In Wirklichkeit it es aber das Bewußtjein von deren Abkömmlichkeit, welches zu einer Zeit, in welcher Fein Schwarm mehr in Ausficht fteht (in nicht befonders volfreihen Stöden fällt diejelbe etwa auf Anfang Auguft), die Drohnenſchlachten zu Wege bringt. Die Bienen fallen über die Männchen her, jagen fie im Stode allerwärts hin, treiben fie in eine Ede und jperren fie vom Futter ab, jo daß fie elendiglich verhungern müſſen; over beißen fe, zerren fie an den Flügeln oder font wo zum Flugloche hinaus; auch ftehen fie diejelben in noch fürzerem Verfahren nieder. Eine eigentümliche Erfcheinung ift dabei die, daß der Gebraud) der Waffe für den, welcher fie führt, nicht verderblid wird. Wir wiffen, daß jede Biene, die uns in das Fleiſch jticht, infolge der Widerhäfchen an ihrem Stachel denjelben ganz oder teilweife zurüclaffen und fterben muß. Warum nicht auch, wenn fie ihn der Drohne zwijchen die Leibesringe einbohrt? Weil die Chitinmaffe nicht die Wunde Ihließt, wie das elaftiiche Fleiſch, ſondern das verurſachte Loch ein Loch bleibt, aus welchem die Wider: hafen den Rückweg finden. Ein Stod, welder in der angegebenen Zeit jeine Drohnen nicht abichlachtet, ift weijellos, wie die Bienenväter ſehr wohl in Erfahrung gebracht haben. Nachdem die Leichen aus dem Baue entfernt find, Fehrt die alte Ordnung wieder zurüd und die frievliche Thätigfeit nimmt ihren Fortgang. Die bejte Zeit, die „Tracht— zeit”, it allerdings vorüber, wenigjtens für Gegenden, wo Heidekraut fehlt; die Quellen fangen an jparfamer zu fließen, und teilweife müfjen ſchon die Vorräte aus bejjeren Tagen in Anſpruch genommen werden, oder e3 regt ſich Luft zu Näubereien. Wenn nämlich vor und nach der Trachtzeit die Ernte knapp wird, jo entwiceln manche Bienen eine bejondere Anlage zum Stehlen. Sie juhen troß der am Eingange eines jeden Stodes aufgeitellten Wachen in denjelben einzudringen und die vollen Waben, als wenn es Blumen wären, zu plündern. Gelingt es einer oder zweien irgendwo einzubringen, jo bringen fie das nächte Mal mehr Kameraden mit, und die Näuberbande jcheint organifiert zu jein. Der ſchon erwähnte Beſuch in den Zuderfabrifen ift im Grunde nichts anderes, als ein allge: meiner Naubzug. — Auch die Brutzellen fangen an fich zu vermindern, objchon bei günftigem Wetter noch bis in den Dftober hinein Arbeiter geboren werden. Man darf nicht glauben, daß jebt am Ende der für das Ausfliegen geeigneten Zeit unjer Volk viel ftärker jein müſſe, als bei jeiner Gründung am Sohannistage, im Gegenteil, es kann bei ungünftigen Witterungsverhältnifien ſogar zurüdgegangen jein. Der Abgang an Drohnen kommt nicht in Betracht, wohl aber die Menge der Arbeiter, die nach und nad) umkommen over eines natürlichen Todes fterben. Das Leben einer Biene währt in der Haupttradhtzeit nur ſechs Wochen. Man war in diejer Hinficht lange Zeit geteilter Anficht und machte wohl von der längeren Zebensfähigfeit der Königin einen Trugſchluß auf die der Arbeiterin, bis die Einführung der italienifchen Bienen’in Deutſchland jeden Zweifel bejeitigte. Gibt man nämlih zu Anfang der Trachtzeit, in welcher die Biene ihre größte Thätigteit entwidelt und ſich am ſtärkſten abnugt, einem deutjchen Volke eine befruchtete italientjche 294 Zweite Ordnung: Hautflügler; erite Familie: Blumenmeipen. Königin, To it nach ſechs Wochen bis auf vereinzelte Bienen jenes verſchwunden und durch ein Volk italienischer Bienen erjeßt, die man an der roten Hinterleibswurzel ohne Mühe von unjerer nordiichen Spielart unterjcheidet. Während des Winters finden wir nun im Baue die vorderite Wabe durchaus mit Honig gefüllt und gededelt, die folgende mindeſtens an der Giebelfeite und alle übrigen mehr oder weniger an ihrem oberen Teile; weiter nach unten befinden fich die mit Bienen: brot angefüllten Vorratsfammern, gleichfall3 gededelt, und die leeren Brutzellen. Nicht jelten enthalten Zellen zur unteren Hälfte Bienenbrot, zur oberen Honig, wie der Zeidler zu jeinem Verdruß bemerkt, wenn er zur Zeit der Stachelbeerblüte den „Honig jchneidet“, d. h. jeine Ernte hält. Auf den Brutzellen figen die Bienen jo dicht zufammengedrängt, wie es eben gehen will, in ihrer Winterruhe. Wie warmblütige Tiere fich durch dichtes Kebeneinanderfigen wärmen, jo erhöhen auch Kerfe durch ihr mafjenhaftes Aufeinander: boden die Temperatur, und darum erjtarrt die Biene nicht, wie ein einzeln im Freien übermwinterndes Inſekt. Cie bedarf daher der Nahrung, mit welcher fie ſich verforgt hat. Der Winter muß ſchon hart jein und die Kälte dauernd anhalten, wenn im Stode die Temperatur auf längere Zeit unter 80 R. herabjinfen joll; dieje Höhe iſt aber auch nötig und wird beitändig erhalten durch Aufnahme von Nahrung, durch Bewegung (an fälteren Tagen „braufi” das Volk infolge der Bewegung) und durch den Winterfchuß, den der Imker jeinen Stöden von außen angedeihen läßt. Weil aber das Freſſen die Körper: wärme und jomit die Wärme im ganzen Stode erhöht, jo bedürfen die Bienen in falten Wintern ſtets mehr Nahrung als in gelinden. Wenn die Luft in Freien den genannten Wärmegrad hat, läßt ſich manche Biene zum Ausfliegen verloden; ja, man fieht an jonnigen Wintertagen, die nicht diefen Wärmegrad erreichen, einzelne Bienen in eiligem Fluge aus dem Stode fommen, um Waſſer einzunehmen oder jich zu entleeren. Infolge ihrer großen Neinlichfeit gibt die Biene ihren Unrat niemals im Stode von fich, jondern im Freien. Sollte jie wegen der Kälte ihn zu lange bei jich behalten müfjen over verdorbenen Honig, der nicht gededelt war, genießen, jo wird ſie franf, bejhmust ihre Wohnung, und der ganze Stod geht in der Negel zu Grunde Wenn der Winter einen mäßigen Berlauf nimmt, ruht auch die Arbeit nicht, und follten nur die Borräte aus den hinterjten Näumen nad) jenen mehr in der Mitte des Baues liegenden gepadt werden, wo fie aufgezehrt find. Übrigens fängt die Königin meift jhon Mitte Februar an, Eier zu legen und zwar in einem kleinen Zellenfreife inmitten des Winterlagers. Erjt im April (oder März) werden die Bienen allmählich alle durch die wärmenden Sonnenjtrahlen aus dem Winterquartier gelodt. Durch hochtönendes Freudengefumme und freifendes Umherſchwärmen geben fie ihr Wohlbefinden zu erfennen, wenn fie zum eriten Male ihrer engen Haft entlafjen find und im Strahle der jungen Sonne ihre Freiheit genieben können („Borjpiel”). Das erite Geſchäft ift die Entleerung Wenn es fi dann zufällig trifft, daß eine Hausfrau weiße Wäſche in der Nähe zum Trodnen aufbing, jo wird dieje jehr bald zum Leidwejen der Beligerin mit einem braunpunftierten Bunt: drud bemalt jein; denn die Bienen, wie andere umberfliegende Kerfe, lieben es unge: mein, jih an helle Gegenjtände anzujegen. Hierauf geht es an ein Fegen und Auspußgen im Inneren der Wohnung, al3 wenn ein großes Felt in Ausficht ftände. Die Leichen der abgejtorbenen Echweitern, deren es immer gibt, werden hinausgejchafft, Beſchädigungen an den Waben, durch das ewige Befrabbeln nicht immer zu vermeiden, werden ausgebejjert; die meijte Arbeit verurjacht aber das Zufammenlejfen und Fortihaffen der Hunderte von Wachsdeckeln, die auf dem Boden umberliegen, jobald fie beim Offnen jedes einzelnen Honigtöpfchens herabfielen. Die Ausflüge beginnen, jo weit es die Witterung erlaubt, denn die Kätzchen der Hajelnüfje, die gelben Blütenfnäulchen der Korneliusfirjche, die Crocus, Gemeine Honigbiene, 225 Märzblümden, Kaiſerkronen, Schneeglödchen und immer mehr lieblihe Töchter Flovas fordern heraus zum jüßen Kuffe. In der altgewohnten, von uns fennen gelernten Weije geht es aber nicht mehr lange fort. Vorausgejegt, dab das Volk nicht zu ſchwach in den Winter fam und durch diefen nicht allzufehr gelitten hat, wird es nun zu groß, der Naum wird ihm zu eng, es muß Vorbereitungen treffen, um einen Schwarm ausjenden zu können. Mit einem Male entjteht eine neue Art von Zellen, den gewöhnlichen gleich an Form und Lage, aber größer dem Innenraume nad. In dieſe legt die Königin genau in der früher angegebenen Weije je ein Ei. Die Arbeiter verjehen die Zelle mit Futterbrei und verjorgen die junge Zarve bis zum achten Tage ihrer Vollwüchjigfeit, dedeln die Zelle und bebrüten jie. Alles jo, wie wir es bereit kennen gelernt haben. Am vierund- zwanzigiten Tage, nachdem das Ei gelegt wurde, öffnet fich der Dedel, aber diejes Mal geht eine Drohne daraus hervor. Sie tt größer als eine Arbeitsbiene, darum bereiteten dieje ihr auch eine größere Zelle. Die Königin überzeugt ſich bei ihrer Unterjuchung der: jelben und fühlt es beim Einführen des Hinterleibes an dem weiteren Naume, daß fie 1 2 1) Ein Wabenſtück mit zwei Königinzellen und einer deutſchen Biene; Mitalieniſche, Rägyptiſche Biene. Alles in natürlicher Größe. hier ein Drohnenei hineinzulegen hat. Diejes untericheidet fih nämlich von den bisher gelegten Eiern wejentlich dadurch, daß es nicht befruchtet iſt. Am Ausgange des inneren Eileiters befinden fich bei allen weiblichen Kerfen, wie früher erwähnt wurde, beiderjeits die Samentajchen, welche bei der Paarung vom Männchen mit Samenflüffigfeit gefüllt werden. Jedes Ei muß dafelbjt vorbei, wenn es gelegt wird, und erhält die Befruchtung. Die Bienenfönigin hat es nun in ihrer Gewalt, ein Ei zu befruchten, ein anderes nicht; das legtere thut fie mit allen denen, welche in die geräumigen Drohnenzellen abgejeßt werden. Eine wunderbare Thatfache, welche Dzierzon zuerjt entjchieden ausjprac und von Siebold wiſſenſchaftlich begründete. Die Zuftände im Stode werden immer verwidelter. Meijt an den Rändern der Waben entjteht, wenn fich die Drohnen zu mehren beginnen, eine dritte Art von Zellen, ihrer 2—3 in der Regel, die Zahl kann aber auch das Doppelte und Dreifache dieſer überjchreiten. Diejelben ſtehen jenkrecht, find walzig und mit größerem Aufwand von Bauftoff, auch in größeren Maßverhältnifjen als die Drohnenzellen, angelegt. In dieje legt die Königin auch je ein Ei, die einen meinen, mit einem gewifjen Widerftreben, welches wieder andere nicht zugeben wollen. Die Zelle wird mit bejjerem Futter verjehen, nach jehs Tagen gededelt, aber mit einem gewölbten Dedel, jo daß eine gejchlofjene Zelle Ähnlichkeit mit dem Puppengehäufe gewiſſer Schmetterlinge hat, und mit mehr Eifer „bebrütet als die anderen. Die angeführten Unterfchiede: andere Lage und Form der Zelle, beijeres Futter, erhöhtere Temperatur, bewirken auch einen Unterjchied in der Entwidelung der Larve im Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 15 226 Zweite Ordnung: Hautflügler; erfte Familie: Blumenmeipen. Inneren, welche nah jehzehn Tagen ein fruchtbares Weibchen ift. Würde man es frei: lajjen aus feiner Zelle, und die Königin wäre noch vorhanden, jo gäbe es einen Kampf auf Leben und Tod, da zwei fruchtbare Weibchen nun einmal nicht nebeneinander in derjelben Wohnung fein können. Das wiſſen feine Beſchützerinnen und darum lafjen fie es noch nicht heraus; wenigftens können wir diefe Vorausjegung machen, wenn fie auch nicht in jedem Falle zutrifft. ES kann feinen Unmut nicht verbergen und läßt einen tütenden Ton vernehmen. Möglich, daß auch ſchon von einer zweiten Föniglichen Zelle ber derjelbe Ton gehört wird. Die alte Königin, jobald fie diefe Töne hört, weiß, daß ihr eine Nebenbublerin erjtanden it. Sie kann ihre Unruhe nicht verbergen. Die Arbeiter füblen gleichfalls, daß ein bedeutendes Ereignis bevorfteht und es bilden fich gewiſſermaßen zwei Parteien, die eine von den alten, die andere von den jungen Bienen gebildet. Die Unruhe iſt gegenfeitig und fteigert fich gegenfeitig. Das wilde Durcheinanderlaufen der vielen Taufende im Stode (im Bemwußtjein der Dinge, die da fommen werden, flogen nur wenige aus) erzeugt in der überfüllten Wohnung eine unerträgliche Hige. Ein Teil lagert oder hängt in großen Trauben, ftark braujend, vor dem Flugloch, eine Erfcheinung, welche der Wirt das „Vorliegen“ nennt. Die wenigen Bienen, welche heute beladen zurüd- fehren, eilen meijt nicht, wie gewöhnlich, in das Innere, um ſich ihrer Bürde zu entledigen, jondern gejellen fi zu den vorliegenden Bienen. Im Inneren wird es immer unruhiger, ein Saufen und Braujen, ein Krabbeln durch- und übereinander, jede Ordnung ſcheint aufgehört zu haben. Jetzt ftürzt, Fopfüber, fopfunter, wie ein Wafferftrahl, der gewaltſam aus einer engen Öffnung herausgepreßt wird, ein Schwarm von 10—15,000 (alter) Bienen, die Königin unter ihnen, hervor, erfüllt wie Schneefloden bei dem dichteften Falle die Luft, oder gleicht einer die Sonne verfinjternden Wolfe. Beim Hin- und Herſchwanken in der Luft gibt er einen eigentümlichen, weithin hörbaren, freudigen Ton, den Schwarmgejang, von ih. Wohl 10 Minuten dauert dieſes Schaufpiel, dann macht es einem anderen Plaß. Am Aſte eines nahen Baumes oder an einem Stüd Borfe, welches der Bienenmwirt zu diefem Zwede an einer Stange aufgeitellt hatte, oder jonjt wo bildet fich zuerjt ein dichter, faujtgroßer Haufe von Bienen, denen fich mehr und mehr zugefellen, bis fie fich zulegt alle in eine jchwarze, herabhängende „Traube“ zufammengezogen haben, ihre Königin mitten darunter. Dies ift der Haupt: oder Vorſchwarm, der wie alle anderen etwa noch folgenden „Nachſchwärme“ nur an jchönen Tagen, meilt um die Wüttagsftunden, unternommen wird und nicht weit geht, weil die von Eiern erfüllte Königin zu ſchwer— fällig it. Der Zeidler, jhon vorher durch die mancherlei Anzeichen aufmerkffam gemacht auf die Dinge, die da fommen jollen, hat einen neuen Kajten, eine neue Walze, oder wie er ſonſt jeine Einrichtung nennen mag, in Bereitfchaft, Fehrt vorfichtig jene Traube hinein, verjchließt den Stod mit dem Dedel und weift ihm jeinen bejtimmten Pla an. Dies iſt die erſte Anfiedelung, deren Entwidelung genau in der vorher bejchriebenen Weife vor fih geht, mit dem einzigen Unterjchiede, daß die Königin nicht erſt zur Befruchtung aus: zufliegen braucht. Die Bienenväter jehen ein recht zeitiges Schwärmen jehr gern; denn dann kann das Volk deito eher erjtarfen, reichliche Wintervorräte einfammeln, und fie brauchen weniger mit fünftlihem und Eojtjpieligem Futter nachzuhelfen. Daher der alte Reim: „Sin Schwarm im Mai Gilt ein Fuder Heu; Ein Schwarm im Jun’, Ein fettes Huhn; Ein Schwarm im Jul’ Kein Federſpul'.“ Gemeine Honigbiene, 227 Kehren wir nun zu unjerem Stode zurüd, welcher foeben einen Schwarm mit der alten Königin ausgefchidt hat. Dajelbit ift mittlerweile wenigitens eine junge Königin aus der Zelle geichlüpft und von dem Anhange, der ihr Schon vorher zugethan war, mit den ſchuldigen Ehrenbezeigungen begrüßt worden. Sie würde unzweifelhaft als Erſt— geborene die Herrin fein und bleiben, da die Mutter ihr das Feld geräumt hat, wenn nicht noch Nebenbuhlerinnen mit genau denfelben Anſprüchen vorhanden wären. Die Verhältniffe fönnen ſich verjchieden geftalten, nach drei, fieben oder neun Tagen können Nachſchwärme, von denen natürlich jeder folgende immer ſchwächer wird, vorkommen, oder das Schwärmen hat mit dem Vorſchwarm ein Ende. Mag der eine oder der andere Fall eintreten, ohne Leihen geht es nicht ab, zwei Königinnen zu gleicher Zeit in einem Staate find nicht möglich; alle anderen, bis auf eine werden, jofern Fein weiterer Schwarm zu Stande kommt, von dem Bolfe getötet, in den jeltenjten Fällen entjcheidet ein Zweikampf zwijchen zwei Herrſcherinnen. Einen jolhen Fall erzählt Huber. Beide Königinnen hatten fait gleich- zeitig ihre Zellen verlafen. Sobald fie ſich zu Geſicht befamen, ſchoſſen fie zornentbrannt aufeinander los und ftellten fich jo, daß ihre Fühler wechjeljeitig von den Kinnbaden des Gegners gehalten wurden, Kopf gegen Kopf, Bruft gegen Bruft, Bauch gegen Bauch, fie brauchten nichtS weiter zu thun, al3 das Ende des leßteren zu Frümmen, um fich gegen: jeitig tot zu ftechen. Das geſchah aber nicht, Feine hatte einen Vorteil vor der anderen, fie ließen los und jede wich zurüd. Nach wenigen Minuten wiederholte fih der Angriff auf diejelbe Weiſe mit gleichem Erfolge, bis durch eine Wendung die eine den Flügel der anderen faßte, auf fie jtieg und ihr eine tödliche Wunde verjegte. Um zu unterfuchen, ob bereit3 befruchtete Königinnen von gleicher Wut bejeelt jeien, fegte Huber eine folche in einen Stod, worin fich eine gleiche befand. Sofort verfammelte fich ein Kreis von Bienen um den Fremdling, nicht um ihm zu huldigen, jondern um jein Entlommen zu verhindern. Während dies gejchah, Jammelte fich ein anderer Haufe um die vechtmäßige Königin. Nach den Huldigungen der Ehrfurcht und Liebe, die fie ihrer rechtmäßigen Negentin gewöhnlich an den Tag legen und nach dem Miktrauen, das fie anfänglich einer fremden entgegen bringen, auch wenn fie die ihrige verloren haben, follte man meinen, fie würden es nicht auf einen Zweikampf anfommen lafjen und fi zur Verteidigung ihres Oberhauptes ver: einigen. Dem war aber nicht jo: Feine Heere jollen für die Herricher eintreten, dieje follten ihre Sache jelbjt ausmachen. Sobald die rechtmäßige Königin Miene machte, gegen den Teil der Wabe vorzugehen, wo ſich ihre Nebenbuhlerin befand, zogen fih die Bienen zurüd, daß der Naum zwijchen beiden frei ward. Szene fährt wütend auf den Eindringling los, faßt ihn an der Wurzel des Flügels, drückt ihn gegen die Wabe, daß er fich nicht rühren kann, und fertigt ihn mit einem Stoße ab. Die Beobahtungen Hubers find zu gewiljenhaft, um in feine Erzählungen Mißtrauen zu jegen. Was er hier mitteilt, mag er in dieſem Falle gejehen haben, Kegel ift es aber nicht, vielmehr pflegen einige Arbeiter eine zweite Königin, die man unter fie jegt, jofort im dichten Knäuel einzufchliegen und ohne weiteres tot zu ſtechen. Ein Nachſchwarm geht wegen der größeren Leichtigkeit und Beweglichkeit des noch) unbefruchteten Weibehens in der Regel weiter und bedarf immer erhöhter Wachſamkeit von jeiten feines Beſitzers. Ohne deſſen Beihilfe würde der Schwarm nad einiger Zeit von ſeinem Sanmelplage aufbrechen, um fich in einem hohlen Baume, in einer Mauerſpalte oder jonjt wo an geeignetem Orte eine neue Häuslichkeit einzurichten. Ja, es jind vorher Ihon einige „Spurbienen” ausgejchiedt worden als Furierſchützen, fich nad) einer paſſen— ven Stelle umzujchauen. Im Freien geht ein jo fich ſelbſt überlaffenes Volk ſchon im Herbjte oder im Winter zu Grunde; doch fehlt es nicht an Belegen, daß fich unter günjtigen Berhältnijjen ein Volk jahrelang in diefem Zuftande der Verwilderung gehalten hat. 15* 298 Zweite Ordnung: Hautflügler; erjte Familie: Ylumenmeipen. In jeher jeltenen Fällen fommt außer den genannten Schwärmen auch noch ein Jungfernſchwarm vor, wenn nämlich ein zeitiger Nachſchwarm ſich jo ſchnell ſtärkt, daß er im Laufe des Sommers einen neuen Schwarm abjtoßen fann. So hätten wir denn gejehen, wie es nach dem regelrechten Verlaufe in einem Bienen- jtaate zugebt; es kommen aber noch einige Unregelmäßigfeiten vor, die zu interejjant find, um mit Stillihweigen übergangen werden zu dürfen. Angenommen, e3 verliere ein Stod durch irgend welche Zufälligfeiten feine Königin und habe wegen Mangel an föniglicher Brut Feine Ausfichten auf die Erziehung einer neuen. Was gejchieht dann? Je nach den Umftänden die eine oder die andere von nur zwei gegebenen Möglichkeiten. Entweder gibt es noch, wenn das Unglüc eintritt, ungededelte Brutzellen mit Eiern oder Larven, oder dieje find ſämtlich gededelt. Im erjteren Falle wird in größter Eile eine Zelle mit einem Eie oder einer jehr jungen Made zu einer Fönig- lihen umgebaut. Man trägt fie ab, entfernt die darunter liegenden, um Naum zu ge: winnen, die runde Form und ſenkrechte Lage ift im Nu hergeftellt. Königliches Futter wird vorgelegt und — die Anftrengungen waren nicht erfolglos, zur bejtimmten Zeit geht ein fruchtbares MWeibehen aus dem Umbau hervor. Im anderen Falle, der diejes Aus: funftsmittel ausichließt, weil jämtlihe Zellen jchon gededelt waren, wird die Sache nod) interefjanter. Man erhebt eine fräftige, möglichit große Arbeiterin dadurch auf den Thron, daß man fie ihrer Arbeit entbindet, fie hegt und pflegt, gut füttert und ihr alle die Auf: merfjamfeiten erweilt, wie der gebornen Herricherin. Bald fängt fie an, Eier zu legen. Durch Ruhe und Pflege entwideln fich diejelben, da fie ja bei ihr al3 verfümmertem Weibchen in der Anlage vorhanden find. Doch o weh! ES find ja nur Drohneneier, Die befruchtende Zuthat fehlt ihnen. Die daraus hervorgehenden Maden haben feinen Platz in den Fleinen Zellen, diefe müffen mit einem ſtark gewölbten Dedel geſchloſſen werden, darum hat man jene „Budelbrut“ genannt. Ein gleiches Mißgeſchick nur männlicher Geburten trifft den Stod, dejjen Königin nicht zur Befruchtung gelangt ift; aber weder fie noch die drohnenbrütige Arbeiterin wird von den anderen vernachläſſigt und darum geringer gejchäßt, weil fie ihre Pflichten unverjchuldeterweije nicht in der rechten Art erfüllen fönnen, wie von einigen behauptet worden ilt. Der Umſtand, daß eine unfruchtbare Arbeiterin oder ein nie befruchtetes Weibchen Gier legen können, aus denen trogdem Bienen entjtehen, eine Thatjache, welche man aud) noch bei anderen Kerfen, bejonders bei einigen Schmetterlingen aus der Sippe der Sad: träger beobachtet hat, und die bei den übrigen gejelligen Aderflüglern, wie bei Weſpen und Ameilen, häufiger vorfommt al3 bei der Hausbiene, führte von Siebold unter dem Namen Barthenogenejis (jungfräulihe Zeugung) in die Wiljenjchaft ein. Dem Ariitoteles war diefe Erjcheinung bei der Honigbiene nicht unbekannt, denn er jpricht mit Beitimmtheit folgende Säge aus: „Die Drohnen entjtehen auch in einem weijellofen Stode. Die Bienenbrut (e3 ift von Arbeiterinnen die Nede) entjteht nicht ohne Königin. Die Bienen erzeugen ohne Begattung Drohnen.” Klopft man an einen Stod, welcher jeine Königin hat, jo vernimmt man ein jofort wieder verjchwindendes Aufbraufen, während ein meijellojer einen lange fortdauernden Ton hören läßt; ein ſolcher Stod geht bald zu Grunde, wenn der Eigentümer nicht durch Beſchaffung einer neuen Königin zu Hilfe fommt. Es liege ſich noch vieles von diejen jo überaus interejjanten Tierchen erzählen, be— jonders auch Züge aus ihrem Leben, welche von mehr als bloßem „Inſtinkt“, von einer gewiffen Überlegung Zeugnis geben, weil fie außer den Bereiche der Gewohnheiten und der angeborenen Beichäftigung liegen: allein wir dürfen fie nicht zu jehr bevorzugen vor jo vielen anderen Verwandten, deren Lebensverhältnifje faum minder reich an beachtenswerten Spielarten der gemeinen Honigbiene. Meliponen. 229 Einzelheiten find. Am Schluſſe ſei nur noch bemerkt, daß man in Rückſicht der Körper: färbung ſechs Spielarten unterſcheiden kann. Hiernad) wäre die vorher bejchriebene, dunfle, einfarbige a) die nordijche Biene, welde fich nicht nur über den ganzen Norden ausbreitet und bis vor noch wenigen Jahren dajelbit die einzige war, jondern auch im jüdlihen Frankreich und Spanien, in Portugal, einigen Gegenden Staliens, in Dalmatien, Griechenland, der Krim, auf den Inſeln Kleinafiens und dejjen Küftenftrihen, in Algerien, Guinea, am Kap und in einem großen Teile des gemäßigten Amerika anzutreffen it. b) Die italienijhe Biene (Apis ligustica, Fig. 2, ©. 225), mit braunroter Hinterleibswurzel und hochroten Beinen der Königin. Sie findet fi) in den nördlichen Gegenden Italiens, in Tirol, der italieniihen Schweiz und wurde in eine große Menge von Bienenftöcden Deutihlands eingebürgert. ec) Eine fi) von der vorigen durch ein gelbes Schildchen unter: ſcheidende Abart fommt im ſüdlichen Frankreich, Dalmatien, im Banat, auf Sizilien, der Krim, auf den Inſeln und dem Feftlande von Kleinafien wie im Kaukaſus vor. d) Die ägyptiiche Biene (Apis fasciata, Fig. 3, ©. 225), ebenfall$ mit rotem Schildchen und weißer Behaarung. Sie lebt in Ägypten und breitet fich über Sizilien und Arabien, weiter nah dem Himalaja und China aus. Die Einbürgerungsvereine haben ſie neuer: dings auch in Deutſchland eingeführt. Die ägyptiſche Biene geht unmerklich über in e) die afrikanische, weldhe mit Ausnahme Algeriens und Ägyptens über ganz Afrifa aus: gebreitet ift. f) Die auffallend Schwarze Biene von Madagaskar tft nur auf der ge nannten Inſel und auf Mauritius heimifh. In Kaſchmir, wo jeder Landwirt Bienenftöde hält und diejelben jo anlegt, daß walzige Offnungen für fie in den Wänden des Wohn: hauſes gelafjen werden, iſt die Biene Eleiner als bei uns und vermutlich auch eine andere Art, die fih auch in einem Teile des Pandſchab wiederfindet; dagegen fommt auf den ſüdlichen Gebirgen eine andere Biene vor, die größer ift als unjere nordifche, auch in zahlreicheren Völkern bei einander lebt, deren Honig aber häufig giftige Eigenfchaften be- figen ſoll. Sn den Gleicherländern, vorzüglid in Brafilien wie auf den Sundainſeln und in Neuholland, leben in zahlreihen Arten wilde Bienen, die im erjteren Lande unter dem gemeinjamen Namen der „Abelhas“ gekannt find und ohne Pflege von jeiten der Menjchen diefen reiche Vorräte von Honig liefern, wenn fie ihre Nefter aufzufinden wiſſen. Höchit eigentümlich ift die Art, welche die Eingeborenen Neuhollands bei diejer Gelegenheit bes folgen. Sie fangen eine Biene, Eleben ihr ein weißes Federchen an, lafjen jie wieder fliegen und jegen ihr über Stod und Stein, Buſch und Hede nad. Troß der Stolperei, die bei einer jolchen Heßjagd nicht ausbleiben Fann, follen fie die gezeichnete Biene jelten aus den Augen verlieren und in der Negel als Lohn für ihre Mühe das Neſt auffinden. Die Meliponen (Melipona), wie jene Bienen in der wiljenjchaftliden Sprade heißen, haben mit unjerer gemeinen Honigbiene den Mangel des Dornes an den Hinter: ſchienen gemein, find aber, ganz abgejehen von ihrer geringeren Größe, in allen übrigen Merkmalen wejentlih von ihr verfchieden. In erſter Linie fteht die Stachellofigkeit. Will fich eine ſolche Biene wehren, jo bedient fie fich ihrer Eräftigen Kinnbaden. Der Vorder: flügel hat eine vorn nicht vollfommen gejchlojjene Rand», jo eigentlich) gar Feine Unter: randzelle, da die Quernerven entweder ganz fehlen oder blaß und verwijcht find, unr zwei gejchlofjene Mittelzellen; bei einigen Arten jeheinen die Flügel der Königin verkümmert zu jein. Die Ferie ift henfellos und kürzer als die ungemein breite Schiene. Bei den einen ift der Hinterleib oben gewölbt, am Bauche kaum gefielt (Melipona), bei den anderen kurz dreiedfig, unten gefielt (Trigona), bei noch anderen endlich verlängert, ſaſt vieredig (Te- tragona). Das im Inneren bereitete Wachs kommt hier nicht zwijchen den Bauchihuppen, 230 Zweite Ordnung: Hautflügler; erfte Familie: Blumenwejpen. wie bei unferer Honigbiene, fondern zwijchen den Rückenſchuppen hervor. Die Männ- chen find den Arbeitern in Farbe und Körpergeftalt jehr ähnlich, Haben aber feinen Schienen: £orb, gejpaltene Klauen und ein ſchmäleres, weißes Geſicht. Die fruchtbaren Weibchen, welche man von nur wenigen Arten tennt, zeichnen fich durch bedeutendere Größe, ein- fachere braune Färbung ꝛc. aus. Außer wenigen früheren, jehr lüdenhaften Nachrichten über die ſtachelloſen Honig- bienen Südamerikas haben wir aus jüngerer Zeit drei ausführlichere Berichte von Bates, Drory, 9. Müller! über diejelben. Ihnen ift ohne Berüdfichtigung der außerordentlich zahlreihen Artnamen das Folgende entlehnt worden, joweit es als Ausländiſches hier zuläffig ſchien. Die Meliponen bauen am liebiten in hohle Baumftämme, aber auch in Spalten jenfrechter Uferwände und in Termitenhaufen, und vermauern die Spalten und jonftigen Öffnungen bis auf ein Flugloch, dem unter Umftänden auch ein röhrenförmiger oder trichterartiger Zugang aufgefegt fein kann. Zu diefen, wie zu den teilweilen Bauten im Inneren verwenden fie fein Wachs, jondern harzige und andere Pflanzenftoffe, wie jolhe auch unjere Hausbiene verbraucht, ganz bejonders aber thonige Erde. Dieje Bau— jtoffe werden mit denjelben Werkzeugen eingeheimft wie der Blütenftaub, aljo in „Höschen“ an den Hinterbeinen. Mit ungemeiner Rührigkeit fieht man eine Gejellfehaft Arbeiter, auf einer Thonfläche figend, mit den Kinnbaden die obere Schicht abjhaben. Die Heinen zu— ſammengebrachten Häufchen werden mit den Vorderfüßen gereinigt, fommen von da unter die Mittelbeine, welche das Klümpchen an das Körbchen der Hinterbeine anfleben; ift nun die Ladung hinreichend groß, daß die Biene gerade genug daran hat, jo fliegt fie davon, Ihr Eifer beim Eintragen für fie brauchbarer Gegenjtände ift außerordentlid groß und fann ſehr leicht den Charakter des Näuberhandwerts annehmen, wie man e3 bei unjerer Hausbiene bezeichnet. Dies zu beobachten fand Drory vielfache Gelegenheit, da er jahre: lang alljährlich ihm von neuem aus Brafilien zugejandte Meliponen bei Bordeaux neben der Hausbiene hielt. Er ließ feinen Bienenftand einft inwendig ladieren und die Fenſter zum jchnelleren Trodnen offen ftehen. Diejen Umftand machte fi) die Melipona scutel- laris zu nuße und war acht Tage hintereinander eifrig damit bejhäftigt, an vielen Stellen den Lak abzufragen und fih Höshen davon anzulegen. Eine andere Art (Tri- gona flaveola) ftellte fic) taujendweije ein, wenn ihr Waben und Honigjtücihen unjerer Bienen zugänglich waren, legte Höshen von Wachs an, ftahl den Honig, aber feine von den Hausbienen wagte fih ihr zu nahen, während diefe legteren dagegen mit der Meli- pona seutellaris im beiten Einvernehmen ftahlen. Höchſt unterhaltend ſoll ihr Eifer und ihr Betragen beim Bauen jelbjt fein, wobei fie ſich gleichfallS beitehlen. Wenn eine ihre Höschen durd eine andere zu verlieren gedenkt, jo dreht fie fich chleunigit um, Kopf gegen Kopf, und ftößt unter Fräftigem Flügelfchlage einen trodenen Knurrton aus. Was nun den Wahsbau im Inneren des Nejtes anlangt, jo ift er wejentlic von dem der Hausbiene verjchieden, indem zunächſt die Brutzellen und die „Borratstöpfe” einen iharfen Gegenfag zu einander bilden. Die Brutwaben fünnen am beiten in ihrer Einrich— tung mit dem umgefehrten Nefte unjerer gemeinen Wejpe verglichen werden, indem ein= fahe Tafeln oben offener Zellen ftodwerkweije übereinander liegen und durch kurze Säulchen aneinander befeftigt find. Die Zellen erſcheinen nur durch ihre enge Berührung miteinander, weniger im urjprünglichen Bauplane begründet als jechsedig, denn diejenigen der Nänder haben eine mehr oder weniger regelmäßig cylindrijche Geftalt. Die für die Männden find ı Bol. Bates, „Der Naturforfher amAmazonenftron“ (a. d. Englifchen, Leipzig 1866). — „Eichſtädter Bienenzeitung” vom 15. Dezember 1874, Nr. 23. — „Der Zoologiſche Garten”, Band 16, Nr. 2 (Frank: furt a. M. 1875). Meliponen. 231 von denen für die Arbeiter nicht verjchieden und nur die einzelnen Zellen für die Frucht: baren Weibchen treten nad) oben over unten durch ihre größere Länge über die ganze Wabe etwas heraus. Die Vorräte an Honig und an Bienenbrot (Blütenjtaub mit Honig) werden in bejondere Behälter, die vorher erwähnten „Borratstöpfe”, eingetragen, die durchichnittlich die Geftalt eines Vogeleies haben, nur bei dichtem Beifammenjein an den Berührungsitellen fich platt drüden, aus feiten Wachswänden beitehen, durch fejte Wachs: bänder unter fih und an den Wänden des Baues befeftigt find und je nach der Art in ihrer Größe mehrfah ſchwanken. Dieſe beiden Hauptbeitandteile eines Meliponenbaues zeigen bei einer und derjelben Art unmöglich die Sleichartigfeit der Hausbienenbauten, weichen aber noch mehr je nach den Arten im Bauplan jelbjt ab. Drory unterjcheidet nad) den bisherigen Beobachtungen an jeinen 11 Arten dreierlei Baupläne: 1) die Brut: waben und Honigtöpfe werden zufammen von einer ſchuppigen und jchaligen Wachshülte umgeben, jo daß man von außen nicht3 als einen aroßen Wachsbeutel von dunfelbrauner Farbe fieht — eine weitere Ähnlichkeit mit dein vorher erwähnten heimischen Wejpenneftern; 2) nur die Brutzellen find von diefem Mantel eingehüllt, während fich die Honigtöpfe außer: halb desjelben frei im Neftraum finden, wie beijpielsweife bei der mehrfach erwähnten Melipona seutellaris, der „Abelha urufju” der dortigen Eingeborenen; 3) die Trigona ceilipes fertigt weder einen Mantel, noch Stockwerke von Bruttafeln, jondern brütet in vereinzelten, runden, wie die Beeren einer Weintraube durch Stiele verbundenen Zellen und umgibt diejen jonderbaren Wirrbau mit den Honigtöpfen. Wir müfjen uns mit diejen Andeutungen begnügen und denjenigen auf die beiven legten der oben erwähnten Mit— teilungen verweijen, der über innere Einrichtung und den äußeren Zugang zu dieſen Bauten weitere Auskunft wünjcht, welche auch dort noch lange nicht in erjchöpfender Weile gegeben jein dürfte. Ein weiterer Unterjchied in dem Brutgejchäfte der Meliponen und unferer Hausbiene und vollfommene Übereinftimmung jener mit anderen „einfamen Kunftbienen“, wie wir fpäter jehen werden, bejteht in dem Umſtande, daß jede Zelle erſt von den Arbeitern mit Bienenbrot gefüllt wird, ehe das Weibchen ein Ei auf diejes legt. Durch Einbiegen der überfjtehenden Nänder wird die Zelle jodann von den Arbeitern gejchloffen. Nach dem Aus: Ichlüpfen der jungen Biene, welches in gleicher Weiſe wie bei der Stockbiene vor fich gebt, werden die Wände der eben leer gewordenen Zelle abgetragen und entweder auf den Kot— haufen gebracht, deren der unreinliche Stod mehrere zu enthalten pflegt, oder zu anderen Bauzweden verwendet. Dieje Kothaufen bejtehen außer dem Wachſe aus den Auswürfen der Bienen und den zerjtüdelten Leichen im Stode verendeter Brüder und Schweltern; wachen fie zu ungeheuerlih an, jo werden fie möglichit zerkleinert und aus dem Stode entfernt. Auch die VBorratstöpfe werden meilt abgebrochen, wenn ſie leer geworden find, und wieder von neuem aufgebaut. Müller meint, daß diejes Abbrechen wahrjcheinlic) darum gefchehe, weil das Wachs infolge fremdartiger Beimiſchungen leicht ſchimmele. Über andere Fragen hinfichtlicd der Entwidelung und Jonjtigen Yebenseinrichtungen jchweigen die Berichte, fie nehmen nur eine Königin in jedem Staate an, der ausjchliehlic) das Eierlegen anheimfällt, während alles Andere von den Arbeitern bejorgt wird. Des Verhaltens der Männchen wird ebenjowenig wie eines Schwärmens gedacht. Daß letzteres nicht ftattfinden dürfte, geht aus einer Mitteilung von Saint-Hilaires hervor, welcher von einer gewiljen Zähmung einiger Arten Spricht, die fih nach den neueren Erfahrungen jehr vermehrt haben. Bei diejer Gelegenheit wird auch eines Mittels gedacht, welches Die Eingeborenen angeblich) anwenden, um fie zu vermehren. Wenn die Neliponen zum Eins tragen ausgeflogen find, nimmt man einige Waben mit Larven umd Eiern heraus und thut fie in einen neuen Stock, welcher vorher forgfältig mit Weihraud ausgeräuchert 239 Zweite Ordnung: Hautflügler; erfte Familie: Blumenmefpen. worden tft. Ein Teil der Bienen nimmt denjelben an und er füllt fich bald mit Honig und Wachs. Neben den bereits berührten Berjchiedenheiten im Nejterbau findet hinfichtlich der Körpergröße, der Körpertracht, des Geruches, der Flugweiſe und des Charakters unter den jo ungemein zahlreichen Arten, wie fich dies von vornherein erwarten ließ, der mannig- fachite Wechjel ftatt. Während die einen ihr lautes Summen augenblidlich verjtummen laſſen und ſich furchtſam zurücdziehen, jobald man an den von ihnen bewohnten Baumes ſtamm oder Kaſten klopft, zeigen fich andere jehr wehrhaft und beweiſen dies durch am Flugloche ausgeitellte Schildwahen. Ob groß, ob winzig Elein, jpaßen dieje nicht, wenn eine Honigbiene, eine Wejpe, eine Fremde ihrer eignen Art Miene macht, ihr Flug: loch zu beſchnüffeln oder ein Menſch ihnen näher kommt, als fie es wünjchen. Die Kleinen fliegen im Nu auf den vermeintlichen Angreifer los, ift er aber einmal gepadt, jo it es meift um beide Teile gejchehen. Denn die Verteidiger laſſen niemals [os und fterben mit dem Angreifer. Kommt ein Eleinerer Kerf, jelbjt eine Hausbiene, einer Fräftigen Meliponen- art zu nahe, jo nimmt es eine einzelne Schildwade mit dem Feinde auf. Sie padt die Biene entweder am Bauche oder auf dem Nüden, Elammert fich mit ihren Beinen feit und gräbt mit Wut ihre fcharfen Zangen in den Hals oder in das Bändchen zwiſchen Mittel: und Hinterleib ein. VBergebli bemüht fich die größere Honigbiene, Gebrauch von ihrem Dolche zu machen, Kopf oder Hinterleib fällt ihr ab und die Melipone fliegt als Siegerin davon, nur felten unterliegt fie. Drory hatte auf der 19. Wanderverjamm: lung deutſcher und öfterreichifcher Bienenwirte, welche vom 16. bi$18. September 1874 in Halle tagte, einen Kaften mit Melipona scutellaris ausgeftellt. Da die Witterung für jene Jahreszeit ausnehmend ſchön und warm war, fühlten fih auch die Meliponen bewogen, ihren Kaften zu verlaflen und zwijchen den zahlreihen Völkern der heimifchen Biene zu fliegen; dabei ijt e$ denn mehrfach beobachtet worden, wie einzelne durch die Fremplinge im Fluge totgebifjen worden find. Dem zu nahe fommenden oder den Honig ihnen rauben- den Menjchen fahren die wilden Arten jofort in das Geficht, in die Haare des Hauptes und Bartes, in die Ohren, vollführen ein nervenerregendes Geſumme und verbreiten manch— mal einen höchit durchdringenden, ſogar Schwindel und Erbrechen erregenden Gerud. Der kaum fichtbare Biß veranlaßt einige Stunden ſpäter nicht zu linderndes Brennen und Juden und am anderen Tage eine erbſengroße Wafferblaje, welche ein hochroter Nand umgibt. Die Blaje vergeht zwar jchnell, aber die Nöte der Haut bleibt wochenlang zurüd. Dieje beiden legten Wirkungen des Geruches und Biſſes gelten von der Kleinen Trigona flaveola. Nicht durch Nauch, wohl aber durch mehrftündigen Aufenthalt in einem fühlen Keller laſſen fich die Meliponen lähmen und zähmen. Nicht nur, dab die Meliponen hinfichtlich ihrer Lebensweife ein Mittelglied zwijchen den in Staaten lebenden Immen und den einfamen Kunftbienen bilden, wie fich aus der Lebensweiſe der legteren ergibt, jondern es haben fich noch manche hier mit Stillfehweigen übergangene Eigentümlichfeiten herausgeftellt, und fortgejegte Beobachtungen werden noch andere interefjante Beziehungen zwijchen den beiden eben erwähnten Sippen der Bienen ergeben; diejelben müfjen aber jenſeits des Meeres angeftellt werden, da nad) der bis- herigen Erfahrung Europa den Meliponen jehwerlich je eine neue Heimat bieten möchte, fie bedürfen mehr anhaltende und höhere Wärmegrade, als die europäischen Witterung: verhältnijje gewähren. Die unbeholfenen, brummigen Hummeln (Bombus), die „Typen der Brummer“, wie fie Landois nennt, jene Bären unter den Kerfen, meift in unterirdifhen Höhlen Funftlos niftend, find eigentlich nichts gegen die hochgebildeten Bienen in ihren großen Hummeln. 233 Städten, nichts gegen die tyrannifchen Welpen und Horniffen in ihren papierenen und pappenen Zwingburaen, und doch bieten ihr einfaches, ländliches Leben, die Eleinen Ges jellichaften, in denen fie ſich zu einander halten, die verjtedten Erdhütten, von welchen Ste friedlich umfchloffen werden, des Poetiſchen genug, um einer eingehenden Betrachtung ges würdigt zu werden. Leider enthalten die Berichte älterer und neuerer Beobachter mande Widerſprüche und geftatten mir nicht, der ich jelbit Feine Erfahrungen habe, ein klares Lebensbild zu entwerfen, weshalb ih mich auf allgemein anerkannte Thatjachen beichränfe. Die Familie einer und derfelben Hummelart entitammt von einem großen Weibchen, welcheg, befruchtet, in einem gefch isten Verſteck, am liebjten in einer von ihm jelbit gegrabenen Erdröhre, feinen Winterfchlaf gehalten hat, niemals aber im alten Neſte. Im März oder April, je nah der Luftwärme oder je nach der Art früher oder |päter, wird das Auf: eritehungsfeft gefeiert. Die Erdhummel ſcheint allerwärts den Anfang zu machen. Die erite Sorge des Weibehens dreht fih um das Auffinden eines geeigneten Brutplabes, währenddem es zur eignen Stärkung die eriten Kinder Floras fleißig um Honig aniprict. Ein berafter, von Ameifen noch nicht in Anspruch genommener Maulwurfshügel, ein Iehlangenförmiger Gang desjelben Tieres, ein verfallenes Mauſeloch oder ſonſtige Hohl: räume in der Erde, zwiſchen Steingeröll und dergleichen wählen die in der Erde nijtenden Arten, Mooslager, angehäufte Laubjchichten unter wilden Geſtrüpp, ja jelbit ein verlafjenes Vogelneſt in der Erdbodennähe ziehen die oberirdijch bauenden vor, alle aber jtimmen darin überein, daß das Nejt einen verjtedten Eingang erhält, manchmal in ziemlicher Ent- fernung davon. In jenes trägt nun die Stammmutter Blütenftaub und Honig ein, und vier Wochen jpäter entwideln fich aus den von ihr gelegten Eiern die eriten, weit Eleineren Arbeiter, wie bei den Bienen unentwidelte Weibchen, welche die Mutter bei ihrer Thätig: feit wejentlich unterjtügen. Der erjte Anfang der Familie ift noch nicht beobachtet worden, fondern nur der weitere Verlauf. Se mehr das Volk an Zahl zunimmt, dejto jeltener fliegt die Stammphalterin aus und beſchränkt fih auf das Eierlegen. Zu diefem Zwede fertigt fie aus Wachs eine napfartige Zelle auf weicher Unterlage, in welche neben das eingebradhte Futter mehrere Eier gelegt werden, welche für die übrigen Hummeln ein Cederbifien find, daher hat die Mutter fie zu ſchützen und möglichſt ſchnell die Zelle zu ſchließen. Diejelbe wird nach Umständen auch erweitert und wiederholt geöffnet, um neue Nahrung zuzuführen, welde in den „Honigtöpfen” aufgejpeichert wird. Zu jolchen werden dazu hergerichtete Puppengejpinfte verwendet. In dem Umftande, daß mehrere Larven, die denen der Bienen jehr ähnlich find, in einer Zelle beifammen leben, it der Grund von den jo bedeutenden Größenunterfchieden der Familiengliever zu ſuchen, auch davon, daß manche Larve gar nicht zur Entwidelung gelangt. Die gedeihende iſt in 1O—12 Tagen erwachſen, dann jpinnt eine jede ein Gehäufe um fi) und wird zu einer Puppe, welche durchſchnittlich 14 Tage ruht, bis fich die junge Hummel am oberen Ende des Kofons, aber auch) an anderen Stellen desjelben herausbeißt oder auch mit Hilfe der Schweitern befreit wird. Hiernach geht in Monatsfrift, vier Tage auf den Eiftand gerechnet, die volle Entwidelung vor fih. Anhaltend warmes Wetter und reichlihe Zufuhr von Nahrung fönnen diefe Zeit um einige Tage abkürzen, gegenteilige Einflüfje ebenjo diejelbe verlängern. Die jungen Ankömmlinge verweilen einige Tage im Nejte und färben fi erſt aus, che fie gleich den übrigen ausfliegen und eintragen. Wenn man in jpäterer Zeit, im Hochſommer, ein Nejt aufdedt, jo kann es das An: jehen haben, wie e3 unjer Bild von der Erdhummel zeigt, es fünnen aber auch jolcde fingerhutähnliche Zellen in mehreren Schichten übereinander und von verſchiedenen Größen einen mehr traubenartigen Anblid gewähren. Sn demfelben befinden ſich Arbeiter ver: Ihiedener Größe, von Ende Juli ab Eleine Weibchen, welche alle in ihrem Körperbau mit 234 Zweite Ordnung: Hautflügler; erjte Familie: Blumenweſpen. der Stammmutter übereinftimmen, und in der Größe durchjchnittlich die Mitte zwijchen let: terer und den Männchen halten, "welche im Bau und der Bekleidung des Körpers von jenen abweichen. Diefelben fliegen jpäterhin auch aus, um ſich Nahrung zu fuchen, beteiligen jich wohl auch an der Ausbejjerung des Nejtes, an dem Bebrüten der Zellen, fehren aber ſchließlich nicht zurüd, jondern treiben fich bis zu ihrem Tode im Freien umher. Die Arbeiter und Keinen Weibchen übernehmen die Hauptarbeiten und find dabei unermüdlich. Yon früh bis zum jpäten Abend lafjen fich die geichäftigen Hummeln jehen und hören. An trüben und unfreundlichen Tagen, an denen jich gern jeder andere Kerf in feinem Schlupfwinfel verborgen hält, jpät des Abends, wenn die anderen, nicht nächtlichen ſchon zur Ruhe ge gangen find, brummt eine einjame Hummel noch von Blume zu Blume, ja Wahlberg Jah jie im hohen Norden an hellen Sommernächten in Thätigfeit. Wielgejtaltiger ent: falten fi ihre häuslichen Arbeiten: Ausbefjern, Erweitern des Neſtes, Abnagen über: flüffiger Zellen, Verbinden derjelben untereinander, Ummandelung der verlafjenen Buppen- gehäufe in Honigtöpfe und die gefamte Brutpflege, das Füttern der Larven und Bebrüten der Zellen, bezüglich Puppengehäuſe. Kurz alle Arbeiten zum Gedeihen der Familie fallen ihnen anheim, ja jie fönnen jogar in die Lage fommen, Gier zu legen, welche wejentlich fleiner find als die der Stammmutter und nur Männchen das Daſein ſchenken. Sie er: reichen höchitens ein Alter von 6 Wochen. Ge nach der Art find die Familien ungemein verjchieden in der Anzahl ihrer Glieder. In der Anzahl von 500 jcheinen Bombus terrestris und ruderatus alle anderen Arten übertreffen zu können. Zu Ende des Sommers erjcheinen auch große Weibchen im Neſte, beitimmt zur Über: winterung, Auftritte, wie fie im Bienenftaate der Königin gegenüber beobachtet worden jind, jcheinen bei den gemütlicheren Hummeln nicht vorzufommen. Dieje Weibchen werden von den bereits vorhandenen Männchen befruchtet und zwar vorherrfchend im Weite, aber auch bei den beiderfeitigen Ausflügen im Freien. Mit der fpärlicheren Er- nährung nehmen die Geburten mehr und mehr ab und jchließlich geht die biesjährige Familie allmählich ein. Bor fait 200 Fahren erzählt Gödart von einem „Trompeter“, den jedes Hummel- neft habe, und der jeden Morgen auf den Giebel des Neſtes jteige und durch Schwingen jeiner Flügel und ſtarkes Summen die ganze Gejellihaft wede und zum Beginn der Arbeit auffordere. Man hatte dieje Erzählung ſchon längft in das Reich der Fabeln verwiejen, als Prof. Hoffer in Graz vor Jahren wenigftens von Bombus ruderatus dieje höchſt eigentümliche Erſcheinung beftätigen fonnte. Derjelbe bemerkte auf der äußer: ten Spiße eines aus drei Stodwerken beftehenden Neftes genannter Art, welches er in einem Beobachtungsfäftchen aufgeftellt hatte, ein hoch aufgerichtetes Kleines Weibchen, mit dem Kopfe nad) unten gerichtet und heftig mit den Flügeln ſchwingend, und hörte einen durchdringenden Ton, der entjchieden durch aus den Luftlöchern ftrömende Luft verftärkt jein mußte; außerdem jah er, wie hier und da die Hummeln ihre Köpfchen aus Löchern in der Neſtdecke herausitedten. Dies geſchah am 7. Zuli früh 31/2 Uhr, dauerte bis nad) 4 Uhr und wiederholte jich jeden Morgen um dieje Zeit bis zum 25. Juli, wahrgenommen von anderen Sachverjtändigen und jämtlichen Hausgenofjen, Am legtgenannten Tage wurde der Trompeter weggefangen, am nächjten Tage erſchien aber ein anderes Kleines Weibchen und erjegte die Stelle. Da nach einiger Zeit die Stammmutter abgejtorben und das Neft von der Wachsmotte bewohnt war, wurde es, um der Sammlung einverleibt werden zu fönnen, zur VBertilgung der Räuber ausgejchwefelt. Die Hummeln erholten fi allmählich wieder und flogen nad) einiger Zeit aus und ein, auch ein Trompeter ließ fich noch hören, aber nicht jo regelmäßig wie vorher, bis nach und nach das Neft einging. Berichteritatter meint, daß nur jeyr jtarfe Neſter dergleichen Trompeter befäßen. Erdhummel, 235 Trotz ihres verſteckten Aufenthaltes fehlt es den Hummeln feineswegs an Eindringlin= gen in ihre Nefter, der Vögel nicht zu gedenken, die ſich ihrer Perſon bemächtigen und fie jogleich verzehren oder an Dornen jpießen. Die große Feldmaus, das Wiejel und der Iltis find die Hauptzerftörer der Nefter, in welchen außerdem zahlreiche Schmaroger wohnen, welche fich von den eingetragenen Borräten ernähren, wie die Larven der Schmaroger: hummeln, oder von den Hummellarven. Hierher gehören einige Schmarogerfliegen, wie Volucella, Myopa und Conops, welche wir jpäter fennen lernen werden, die Spinnen: ameifen (Mutilla), die Olfäferlarven und andere. Die Hummeln jelbit find bewohnt von der Käfermilbe, welche wir bereit beim Totengräber und den Roßkäfern fennen zu lernen Gelegenheit hatten. Seder meiner Lejer meint vielleiht die Hummeln jo weit zu kennen, um vor Ver: wechjelung mit anderen ihresgleihen gefichert zu fein, der plumpe Körper, die dichte Bes haarung, in der Negel jchwarz, bisweilen durch rote oder weiße Binden unterbrochen, jeien zu untrüglihe Merkmale. Gemach! Es wird jpäter von einigen Hummeln die Rede fein, welche zwar ebenfo ausjehen, aber eine ganz andere Lebensweije führen, und jo gibt es auch Bienen, die der nicht Eingeweihte unfehlbar für Hummeln ausgeben würde. Man wolle aljo auf folgende Erfennungszeichen achten: Die Hummeln ftimmen der Hauptjache nah im Körperbau mit den Honigbienen überein, nur mit dem wejentlichen Unterjchiede, daß die breiten Hinterfchienen mit zwei Enddornen ausgerüftet find und die ebenjo ges ftaltete Ferje ftatt des Zähnchens einen rechtichaffenen, wohl ausgebildeten Ferſenhenkel trägt. Das Körbchen an den Hinterbeinen kommt natürlih nur den Weibchen und den Arbeitern zu. Die Zunge ift lang, ausgejtredt, mindeſtens dem Körper gleich und wird von den beiden erjten Tajtergliedern der Lippe wie von einem Rohre eingejchlojjen; weil aber die beiden folgenden Glieder diejer als kurze Anhängjel jeitwärts ftehen, jo wird man die Lippentafter als zweigejtaltig bezeichnen müſſen; die Kiefertajter dagegen find Klein und eingliederig. Auf dem Scheitel jtehen die Nebenaugen in gerader Linie. Der Vor: derflügel hat diejelbe Zellenzahl wie bei der Honigbiene, aber die Nandzelle ift fürzer und vorn verjchmälert, die dritte Unterrandzelle nach dem Flügelvorderrande hin ſchmäler al3 nad innen, und nad) außen bogig begrenzt. Das Kleinere und jchlanfere Männchen er: fennt man als ſolches an dem kleineren Kopfe, den längeren Fühlern, welche infolge des furzen Schaftes faum gebrochen eriheinen, und am jchmäleren Hinterleibe. Den Hinter: beinen fehlen Korb und Ferjenhenfel, vielmehr tragen fie an der Außenjeite lange Haare. Die kleinſten unter der ganzen Geſellſchaft find die gejchlechtlich verfümmerten Weibchen, welde im übrigen Baue und in der Färbung mit den großen und Keinen Weibchen voll- fommen übereinftimmen. Dagegen weichen die Männchen in Bezug auf legtere bisweilen nicht unbedeutend von ihren Weibchen ab. Daher ift es auch gekommen, daß Verwechie- lungen jtattfanden und eine große Verwirrung unter den Namen geherricht hat; das Zus jammienleben in einem und demjelben Neite mußte jchließlich zur Gewißheit und Verbeſſe— rung früher begangener Fehler führen. Die Erdhbummel(Bombus terrestris) jehen wir nebjt ihrem teilweife aufgededten Neſte in Fig. 1,9. 236, abgebildet, um einige der gewöhnlichiten Arten näher zu fennzeichnen; ihre ſchwarze Körperbehaarung wird auf den drei legten Hinterleibsgliedern durch weiße, auf dem zweiten und auf dem Halsfragen bindenartig durch gelbe vertreten. Die drei Formen jtimmen genau in der Färbung überein, nur finden jich beim Männchen bisweilen unter den Kopfhaaren einige weiße, und die gelbe Hinterleibsbinde nicht jharf auf Das zweite Glied beſchränkt; in Größe weichen fie aber jehr ab, das breite Weibchen it 26 mm lang und darüber, das Männchen 13—22, die Arbeiter 13—18,75 mm. Im Alter wird das Gelb jehr blaß. Die Art ift über ganz Europa und das nördliche Afrika verbreitet. Bei der 236 Zweite Ordnung: Hautflügler; erjte Familie: Blumenmwefpen. etwa ebenjo großen Gartenhummel (Bombus hortorum), die auch eine weiße Hin- terleibsipige hat, find Halskragen, meiſt auch das Schildchen und das erite Glied des Hinterleibes, gelb, die äußerfte Spite diejes aber jchwarz. Die Steinhummel (Bom- bus lapidarius, fig. 2), von derjelben Größe, it ſchön ſchwarz und an den drei legten Leibesringen fuchsrot. Beim Männchen find Kopf, VBorderrüden und Bruft, öfters auch noch das Schildchen gelb und die Haare der Hinterjchienen rötlich. Die Mooshummel (Bombus muscorum) iſt durchaus gelb, am Mittelleibe und der Wurzel des Hinterleibes rötlich, hier auch mit einzelnen braunen und ſchwarzen Haaren unter: mifcht, am übrigen Hinterleibe durch graue Beimiſchung heller gelb; im Alter bleichen die Farben aus, und das ganze Tier kann ein jchimmelartiges Ausfehen befommen. Die Länge ſchwankt zwilchen 18,75; —22 mm. Ihren Namen hat diefe Hummel darum, weil fie ihr Neft mit Moos und Genift ziemlich oder bededt. Bei einiger Vorſicht kann man 1) Weibhen der Erdhummel (Bombus terrestris) mit Neft. 2) Steinhummel (Bombus lapidarius). Natürliche Größe. es aufnehmen und möchte dann den ganzen Bau mit einem umgekehrten Vogelnejte ver: gleichen, in welchem die Ruppengehäufe ungefähr in Geftalt von Eiern ohne Drönung, aber zufammengeflebt, nebeneinander liegen. Während man noch beim Neſte fteht, holen die Tiere das zerjtreute Moos wieder zufammen, und dabei arbeitet jede ohne Rückſicht des Gejchlechtes. Sie tragen es nicht, jondern ſchieben es zuſammen. Dabei ſtellen ſich drei oder vier hintereinander, die entferntefte faßt ein Klümpchen mit den Kiefern, zieht es mit den Vorderbeinen auseinander, jchiebt es unter den Leib, wo es das zweite Fuß— paar erfaßt und es dem dritten übergibt, mit diefem wird es joweit wie möglich dem Neſte zugejtoßen. Diejen Heinen Haufen behandelt eine zweite Hummel ebenjo, dann eine dritte, bis er beim Neſte angelangt ift. Hier warten ſchon andere darauf, um mit ihren Zähnen und VBorderbeinen den Stoff zu verteilen und anzudrüden. Auf diefe Art ent: jteht na und nad) ein Gewölbe von 26—52 mm Dide. Bei diefer Bauweije können fie das Neſt natürlih nur da anlegen, wo fih der Bauftoff in unmittelbarer Nähe findet. Den inneren Teil überziehen fie in Papierjtärke mit einer harzigen Mafjfe. Der Zugang zum Neſte, oft in einen gewundenen Gang verlängert, wird in der Negel mit einer Wache bejegt, welche Ameijen und anderes Geziefer abwehren fol. Außer einer noch jehr großen Garten:, Stein: und Mooshummel. Schnauzenbienen. 237 Anzahl von Arten, welche Europa bewohnen, leben in beiden Hälften des amerikaniſchen Feftlandes, in Aſien und Afrifa andere Arten, die der Körperform und den Farben nad unmwejentlic) von den unjrigen abweichen, immer aber ohne Schwierigkeiten als Gattungs- genofjen erfannt werden. Den bisher betrachteten gejelligen Bienen ftehen nun die mittel der vorher er: örterten Sammelwerkzeuge eintragenden einfamen Kunjtbienen gegenüber. Diejelben leben nur paarweile, es fehlen ihnen die unentwidelten Weibchen als Arbeiter, weil die Kräfte jedes einzelnen Weibehens zu den Vorkehrungen bei der Brutpflege hinreichen. Die Schienenfammler (Podilegidae) jtimmen bei vielen hier mit Stillfchweigen zu übergehenden, zum Teil jehr jtattlichen ausländijchen Arten in der Bildung ihrer Hin: terbeine mit unjeren Hummeln überein und tragen im weibliden Geſchlecht ein Körb- hen, bei vielen heimifchen fehlt dasjelbe, die Hinterjchiene ijt vielmehr jamt der Ferie mit dichten Sammelhaaren bejeßt; letztere innenjeitig zu der früher bejprochenen Bürjte ge: worden. Die Kinnbaden find gerade, auf der Oberflähe mit unregelmäßigen Punktein— drüden und auf der Innenſeite mit nur einem Zahne verjehen. Die falt walzige Zunge überragt im Ruheſtand eben nur den Kopf, ausgeftredt den ganzen Körper, und ijt nad) Art der echten Bienen gebildet; ihre Lippentajter find daher „zweigeftaltig“. Die bürjtentragenden Schienenfammler bauen wie die anderen nicht ſchmarotzenden einfamen Kunftbienen aus verjchiedenen Stoffen Zellen, nur nit aus Wachs, füllen die- jelben mit hinreichendem Futter, einem Gemiſche von Honigjeim und Blütenjtaub, legen ihr Ei darauf und verjchließen die Zelle. Nachdem in ihr die Made ihre Verwandlung durchgemacht hat, nagt ſich, vielleiht 10, 11 Monate jpäter, als die Mutter das Ei legte, die vollfommene Biene daraus hervor und findet Feine liebevolle Pflegerin wie die Hausbienen und Hummeln; fie teilt das Los der meilten Tiere, fich jelbjtändig mit den ihnen eingepflanzten Naturtrieben durchs kurze Leben durchzubelfen. Die Männchen werden zuerjt geboren, und wir treffen fie auf den Blumen an, wo fie ihr Dafein friften und — ein Weibchen juchen. Auch diejes verläßt feine Geburtsftätte, wünjcht ſich zu ernähren, und die Bekanntſchaft ift leicht gemacht. Es wird oft von mehr als einem Anbeter um: ſchwärmt und verfolgt. Die gegenjeitige Zuneigung äußert fich bei den verjchiedenen Arten verjchieden, aber immer büßt das bevorzugte Männchen jeine Eroberung mit baldigem Tode. Das befrushtete Weibchen bedarf noch längerer Zeit, um Fürjorge für die Nach: fommen zu treffen. Sit die Honigernte ergiebig, der Sommer anhaltend jchön, jo wird die Arbeit gefördert, und es fann den Grund zu einer reichen Nachkommenſchaft legen, wird e3 dagegen durch anhaltende rauhe Witterung häufig im Baue zurücdgehalten, jo geht diefer nur langjam von ftatten, die Zeit kann nicht ausgenußt werden, und eine geringe Anzahl von Eiern ijt gelegt, wenn der Tod die müde Pilgerin für immer zur Ruhe bringt. Diejer und jener Schmaroger benugt die Abwejenheit der eifrigen Mutter und legt jein Kududsei in die gefüllte Zelle, das eher auskriecht als der rechtmäßige Inhaber, wenn die Schmarogerlarve fih vom Honig nährt, jpäter, wenn fie der Bienenmade jelbjt nach— ſtellt. Mancher Aderflügler aus der Familie jelbjt gehört zu den Verrätern, eine und Die andere Goldweipe, Schlupfweipe, Fliegen aus den Gattungen Bombylius und Anthrax und die Immenkäfer mit ihren Verwandten (Trichodes, Sitaris). Die Schnauzen= oder Belzbienen (Anthophora) breiten fich in vielen Arten über ganz Europa und das nördliche Afrika aus, fehlen aber au in Südamerika und Aſien nicht gänzlich. Am DVorderflügel findet man die gleiche Zellenmenge, wie bei den vorher: gehenden Gattungen; eine vorn gerundete, mit kleinem Anhang verjehene Nandzelle, die 238 Zweite Ordnung: Hautflügler; erſte Familie: Blumenmwefpen. nicht viel weiter nach hinten reicht, als die letzte der gejchloffenen drei, unter fich faft ganz gleich großen Unterrandzellen. Die Fußklauen find zweiteilig, die Schienendornen an den Hinterbeinen in der Zweizahl vorhanden; die gebrochenen Fühler in beiden Ge: ichle‘htern gleich und nur mäßig lang, die Nebenaugen in ein Dreied geftellt. Die Bienen erinnern nicht nur durch ihren gedrungenen Körperbau, jondern auch durch Dichtigkeit und Farbe der Behaarung an die Hummeln, ein prüfenvder Blid auf die Hinterbeine läßt in: des wenigitens bei den Weibchen feinen Augenblid einen Zweifel darüber, ob man es mit der einen oder der anderen Gattung zu thun habe. Der Gejchlehtsunterfchied befteht im Diangel der Bürfte beim Männchen, welches dagegen manchmal an den Füßen der Mittel: beine abweichend behaart und in der Negel an den unteren Gefichtsteilen elfenbeinweiß gefärbt ift, während diefer Teil beim Weibchen Schwarz bleibt wie die obere Hälfte. Leider jind die Unterjchiede der beiden Gejchlechter einer und derfelben Art jo bedeutend, daß, wie ihon bei den Hummeln bemerkt wurde, nicht das Anfehen, jondern nur die Beobachtung in der freien Natur die zu einander gehörigen richtig zufammenzuftellen lehrt. Die Schnauzenbienen bauen in der Erde, in Mauerjpalten, Baumlöchern, Lehmwänden Nöhren, die fie durch Zwiſchenwände in Zellen teilen, erjcheinen fehon jehr früh im Jahre und fliegen ungemein jchnell mit etwas pfeifendem Geſumme von Blume zu Blume Man Tann im April oder Mai zur wärmſten Zeit des Tages eine Anzahl Männchen hinter: einander in gerader Linie auf und ab fliegen jehen an einer Mauer, einem fandigem Ab- bange, wo viele Neſter find, aus denen die Weibchen eben ausfriechen. Fühlt eins der: jelben nad) dem Männchen Verlangen, jo ftellt es fich in das Flugloh, ein Männden jtürzt auf dasjelbe zu, padt es, und beide verfchwinden miteinander in der Luft. Diefes Gebaren mag für Stellen gelten, wo die Bienen in Mengen haufen, gilt aber nicht als Kegel. In meinem Kleinen VBorgärtchen, das nah Mittag gelegen, beobachtete ich am 15. April 1886 unter der Mittagszeit bei warmem Sonnenjchein, aber etwas bemwegter Luft an der Erde neben einer Aurifelpflanze zwei eben ſich paarende rauhaarige Pelz— bienen. Meiſt mag das befruchtete Weibchen jeine Geburtsitätte als Brutplaß aufſuchen und fich dajelbjt häuslich einrichten; denn man findet in alten Lehmwänden viele Jahre hintereinander die Neſter derjelben Arten, wenn fie jonft nicht geſtört, oder durch lältige Schmarotzer, die fich dergleihen günftige Pläße gleichfalls merken, mit der Zeit vertrieben werden. Die rauhaarige Belzbiene (Anthophora hirsuta, Fig. 1 u. 2, ©. 239) ift überall dicht behaart, am Bruftfaften und an der Hinterleibswurzel rot oder gelbbraun, am Cammelapparate gelb, übrigens ſchwarz. Beim Männchen find die Chitinbekleidung des Fühlerjchaftes vorn, des Kopfjchildes ſamt der Oberlippe, ven Wangen und Kinnbaden- wurzeln gelb gefärbt und die Mittelfüße durch eine blattartige, dicht Schwarz behaarte Erweiterung des erjten und fünften Gliedes ausgezeichnet. — Das Weibchen der abge: ftugten Belzbiene (Anthophora retusa, Fig. 3) bat genau Größe und Geftalt der vorigen Art, ift aber durhaus jehwarz behaart, nur an den Sammelhaaren roftrot. Das etwas Kleinere, jchlanfere Männchen (Fig. 4), welches Lepeletier A. pilipes ge nannt hat, trägt fuchlige Haare an Kopf, Thorar und Hinterleibswurzel, weiter hinten werden fie jparjamer und jchwarz. Anfangs: und Endglied der Mittelfüße erweitern fich durch einen jchwarzen Haarjtern, wie vorher, nur fehlen dem ganzen Fuße die langen Zottenhaare an der Hinterjeite, welche dort vorfommen. Das Männchen fliegt jpäter als das Weibchen, und diejes benugt im Siebengebirge und im Pariſer Becken mit Vorliebe als Brutplätze die Felslöcher, die dem Trachyttuff ein jo eigentümliches Anfehen verleihen. — Die Wand: Pelzbiene (Anthophora parietina, Fig. 5) legt wieder eine andere Liebhaberei beim Nejtbau an den Tag: fie bewohnt die Löcher alter Lehmwände und Nanhaarige, abgeftugte und Wand: Velzdiene Gemeine Horndiene 239 ſchützt den Eingang dur ein etwas nad unten gekrummtes Anſatzrohr, deſſen Bauſtoff die Abtragungen im Inneren der Mauer liefern. Das Weibben dieſey Art iſt etwas Heiner als die vorigen und mit Ausnahme der roſtroten Dinterleibsipige ſchwarz bebautt. Das Männchen läßt fih in der Färbung kaum von vorigen unterſcheiden, wer wicht durch grauen Schimmer in der Behaarung, welche wie verſchoſſen ausftebts überdies feblt den Mittelfühen jegliche Auszeichnung. Eine andere Reibe von Schienenſammlern zeichnet ſich im männlichen Geſchlechte duvch die überaus langen Fühler aus, welche man wegen dev ſanft knotigen Anſchwellungen an der Vorderjeite der Glieder mit den Hörnern eines Steinbodes veraleiben Lnnte Sie wurden darum Hornbienen oder Kanabörner (Maorocera) genanntz da indes in Deutihland Feine Art vorkommt, mebrere im ſüdlichen Eiwopa und wärnteren Rändern, N \ a AINKINNN UN) Lund 2) Naubaarige Belzbiene (Anthophora hivauta), Weibaben u, Miiandben. Sud) Abaeltukte Bolzbienelä. vo \ J J l ( tusa), Welbchen und Männcen 5) Wands Pelzbiene (A. parletina), Weibben. G und ) Bomeine Dovndbiene (Ku cora longioornia), Weibiben und Münden Alle in natürlicher Brdhe jo will ich eine deutſche Art beſprechen, welche in dev Köppertvacht ibnen vollkommen aleiebt aber wegen dev neringeren Anzahl dev Untervandgellen nicht mit dieſer Gattung vereiniat werden fonnte Die gemeine Hornbiene (Kucera longicornis, Na. 6 wm TV) Iltent von Ende Mat an, bat aber Ibon Mitte Aumt viel von ibvem hübſchen Anſehen verloren, weil die Haare teils erblaſſen, teils duvch Abvreiben verloren gehen. Das Männchen, im jugendlichen Alter an Kopf, Mittelleib und den beiden eriten Ningen des ſtavk aewölbten Hinterleibes von ſchön fuchövoten Haaren diebt bedeckt, von einzelneren weiten nad binten erſcheint jept Fablev und ausgebliben; die ſtattlichen Hömer und das Selb vom Kopfſchild und der Oberlippe bleiben ibm als unveränderliber Schmudl, Sein wenig größeves Meiboben weicht in dev Körpertvacht weſentlich ab, einmal verleiben ibn die gewöhnlichen, gebrochenen Rübler Feine Auszeichnung, ſodann wölbt ſich dev Binterleib weniger, verengert ſich nad vorn mehr und bekommt einen elliptiſchen Umrißz inſolgedeſſen fönnte man das Tier Til eine Sandbiene halten, zumal die Hintermänder dev Ninge mit weißen Binden verzier find, welche auf den drei vordeviten im dev Diitte eine breite Unterbrechhung enleiden, eine Zeichnung, welche man bei den Senannten häufig antriſſt. Siehe da, die Bleſte an den Hinterſchlenen vottet aus allen Berlegenbeitz feine Sandbiene enfvent ſich Dielen Auszeichnung. 240 Zweite Ordnung: Hautflügler; erfte Familie: Blumenwejpen. Eine glatte Röhre in der Erde dient als Brutjtätte. Sie wird durch Duerwände in Zellen geteilt, welche von hinten nach vorn fich mehren, jobald die hinterjte zuerjt voll Honig: jeim und Blütenftaub getragen und mit einem Eie bejchenkt worden war. Das charafte- riltische Kennzeichen diejer Gattung bejteht in dem Vorhandenfein von nur zwei Unter: randzellen, von welchen die zweite in der Nähe ihrer Grenzen die beiden rüdlaufenden Adern aufnimmt. Sonſt ftimmt fie mit Macrocera überein. Die Nebenaugen ftehen geradlinig, und die großen Klauen jpalten ſich. — Amerika ift jehr reich an Arten, welche mit der unferigen in den Gejchlehtsunterichteden und der Körperfärbung große Überein- ſtimmung zeigen. In den Holzbienen (Xylocopa) begegnen uns die ftattlihiten Glieder der ganzen Familie Der Geftalt nach find es Hummeln mit einem mehr platten, auf feinem Rüden meilt kahlen Hinterleibe, aber größer und bei näherer Betrachtung in wejentlichen Merk malen von denjelben unterjchieden. Die vorderen der meijt dunkel gefärbten, violett oder bronzeartig jchillernden Flügel haben eine beiverjeit3 zugejpigte, am Hinterende etwas Ihnabelartig nad innen gebogene, mit mehr oder weniger deutlihem Anhange verjehene Randzelle. Die mittelfte der drei vollfommen gejchloffenen Unterrandzellen, mit der erſten ziemlich von gleicher Größe, iſt faſt dreieckig, die dritte jo lang, wie die beiden erjten zu: jammengenommen; in oder hinter ihrer Mitte mündet die zweite rüclaufende Ader, genau in ihrem Anfang die erjte. Die nicht eben breite Hinterfchiene wird ſamt ihrer langen Ferſe außen durch ein dichte Haarkleid jammelfähig, trägt zwei einfache Enddornen, die Ferje die folgenden Fußglieder auf ihrer Außenfeite. Die Klauen find zweizähnig, die Nebenaugen in ein Dreied gejtellt. Die Tafter des hornigen Unterkiefer jegen fi aus jechs, an Länge nach) und nach abnehmenden Gliedern zujammen; die der Lippe find ein: geitaltig, die Mundbildung mithin mit der der Afterbienen übereinjtimmend und jomit die Verwandtſchaft der Holzbienen mit den vorangehenden nur durch die ähnliche Lebensweiſe, nicht, wie es jein jollte, durch den Körperbau bedingt. Abgejehen von der geringeren Größe und ſchwächeren Behaarung an den Hinterbeinen, unterjcheiden fich manche Männchen von ihren Weibchen durch ein vollfommen verjchiedenes Haarkleid oder erweiterte Glieder der Vorderfüße (mie bei der ftattlichen Xylocopa latipes aus Oftindien, Java 2c.), oder ihre Augen rüden nad) dem Scheitel zu näher aneinander. Bei der kaffriſchen Holz: biene (Xylocopa caffra) beijpielsweife fieht das Männchen auf der Oberjeite gelblich olivengrün aus, während das ſchwarze Weibchen am Schildchen, Hinterrüden und auf dem eriten Hinterleibsgliede gelblihe Duerbänder trägt. Die Holzbienen bauen ihre Zellenreihen in Holz und leben vorzugsweije in den heißen Teilen Amerikas, Afrikas und Afiens; mehrere unter fich ſehr ähnliche und jeither jehr häufig verwechjelte Arten kommen auch im ſüdlichen Europa vor, die eine davon nördlich bis zu einigen deutichen Landen Nafjau, Bamberg). Es ift die violettflügelige Holzbiene (Xylocopa violacea), eine der mittelgroßen Arten von durchaus ſchwarzer Färbung und veränderlicher Größe, das dritte Fühlerglied ift an der Wurzel jtielartig verdünnt und fo lang wie die drei folgenden zufammengenommen. Beim Männchen, dejjen Hinterleib kürzer und eiförmig ericheint, find die Fühler an der Spitze S-fürmig gebogen und die beiden vorlegten Glieder rotgelb gefärbt, die Hüften der Hinterbeine mit einem abwärts gerichteten Dorn bewehrt, der Innenrand der Schienen regelmäßig S-fürmig gebogen, gleichmäßig bewimpert und in einen rotbraunen Fortjag ausgezogen, welcher breitgedrückt, lanzettförmig und geferbt ift. Nah Schend fliegen im erjten Frühling (bei Weilburg) überwinterte Weibchen; von Juli bis in den Herbit kommen, befonders an Schmetterlingsblüten, junge Bienen beiverlei Gejchlechtes zum Vorſchein. Gerftäder hat Biolettflügelige Holzbiene. 241 in zwei verjhiedenen Jahren bei Bozen in der Mitte des Auguft an Veronica spicata die beiden Geſchlechter diefer Art friich gefangen, Kriehbbaumer ebenjo bei Trieft und Fiume in den erften Frühlingsmonaten. Hieraus jchließt eriterer, daß es nicht den Reau- murjchen Beobachtungen widerjpreche, wenn zwei Bruten im Sabre angenommen würden, eine Entwidelungsweije, welche bei den nördlicher lebenden Bienen allerdings noch nicht beobachtet worden ift, für die milderen Verhältniſſe jener jüdlichen Länder aber nicht eben wundernehmen darf. Merkwürdigerweiſe ift 1856 eine einzelne Holzbiene in England gefangen worden, und Newman meint, daß vielleicht die jtarfe Einfuhr von Drange: bäumen bei Gelegenheit der Induſtrieausſtellung die Veranlaſſung dazu gegeben habe. Pit Fräftigem Gejumme fliegt das jeinem Brutgefchäft obliegende Weibchen an Latten, Bretterwänden, Pfojten umher, läßt fih von der Sonne bejcheinen und jummt wieder davon. Dieſe Bewegungen dürften vor allem der Auswahl eines geeigneten Ortes gelten, wohin e3 jeine Nachkommenſchaft bette. Altes Holz, eine morjche Bfofte, ein mürber Baum: ftamm, dem fegenweije die Borfe jchon fehlt, eignet fih dazu am beiten und ermöglicht die ſchwere Arbeit. Mit Eifer nagt die Biene ein Loch von dem Umfang ihres Körpers, dringt einige Millimeter in das innere ein umd wendet fih nun nad unten. Hierzu bedarf fie eines Meißels (jede Kinnbadenhälfte dient ihr dazu) und einer Zange, als ſolche wirken beide in Gemeinschaft. Die Späne werden herausgeſchafft, und tiefer und tiefer dringt die Arbeit vor, bis eine aleihmäßige Röhre entjteht, welche 31 cm lang jein kann und ji) am Ende wieder etwas nad) außen biegt. - Die ſorgſame Mutter gönnt ſich nur jo viel — Ruhe bei dieſer Beſchäftigung, als zu eiiem = und dem anderen Ausfluge nach Blumen nötig I) ift, wo fie durh Aufnahme von Honig neue Violettflügelige Holzbiene (Nylocopa violacea) nebit Kräfte fammelt. Hierbei ſchneidet ie, wie ET OS N ETIENT: etwas beobachtet worden, die Keldhröhren der Seifen- blume auf, um zu dem Honig zu gelangen, verfucht es auch, die Stöde der Honigbienen zu beitehlen. In den unteren Teil der Röhre wird nun Honig mit Blütenftaub vermifcht in einer ganz bejtimmten Menge eingetragen, ein Ei darauf gelegt und etwa in der Höhe, welche der Dide des Rohres gleichfommt, ein Dedel aus fonzentrifchen Ringen von gefneteten Sägeſpänen aufgejegt. Die erſte Zelle ift gejchloffen und damit der Boden für die zweite, höher liegende, gewonnen. Dieje befommt eine gleiche Futtermenge und wieder ein Ei. In ſolcher Weife geht es fort ohne Unterbrehung, wenn nicht unfreundliches Wetter die- jelbe gebietet, bi$ der Raum mit einer Zellenfäule erfüllt ift. Hiermit hat entichieden die jorgjame Mutter das Möglichite geleiftet und ihre Kräfte vollftändig aufgerieben. Nehmen wir an, daß fie im eriten Frühjahr ihre Thätigfeit begann, fo legte fie wahrscheinlich unter jonft gleichen Verhältniffen die Grundlage für mehr Nachkommen, al3 in der Zeit vom Auguft an; will jagen: die Nachkommen der erften Brut find wohl, wie bei anderen, immer zahlreicher als die der zweiten. Nah wenigen Tagen jhlüpft die junge Made aus, die fih im äußeren Anſehen in nicht3 von den Maden unterjcheidet, wie fie in der allgemeinen Überficht zu diefer Familie Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 16 242 Zweite Ordnung: Hautflügler; erfte Familie: Blumenmefpen. beſchrieben wurden. Sie liegt gefrümmt und füllt, wenn fie nad) ungefähr drei Wochen erwachſen ift, die Höhlung der Zelle ziemlich aus, in welcher man ſchwarze Körnchen, ihre Auswürfe, neben ihr finden kann. Jetzt ſpinnt fie ein Gehäufe und verpuppt fi. Da die unterfte die älteite ift, muß fie natürlich auch zuerft zur Entwidelung gelangen, die zweite zunächit, die oberfte zulegt. Wird fie nun wohl jo lange warten, bis die legte ihrer Schweftern bereit ift, den Weg aus dem Kerfer zu bahnen? Von der zweiten Brut — ja, denn da verhindert fie der Winter am Hervorfommen; von der eriten, die während des Auguft vollendet it, aber nicht. Es wurde ihr der Fürzejte Weg gezeigt, auf dem fie fich aus dem Kerfer befreien kann. Sie fteht auf dem Kopfe, braucht alſo nur etwas beweglich zu werden und nad) vorn zu drängen, fo wird fie finden, daß der Raum ſich nachaiebig zeigt. Sie gelangt jo an das Ende der Biegung, welches mit Spänen loje gefüllt ift; indem fie ihre Zangen inftinftmäßig kennt, prüft fie diejelben zum eritenmal und nagt die dünne Haut zwilchen fih und der warmen Sommerluft dur. Dies nimmt wenigitens Zepeletier an; Neaumur dagegen berichtet, dab die Mutterbiene das Loc) am Ende der Röhre nage, bisweilen auch in der Mitte noch ein drittes. Die zweite, welche ausfriecht, folgt der eriten nach, bis endlich die ganze Gefellichaft ausgeflogen ift und das Neft leer fteht. In Gegenden, wo Holzbienen ſich einmal eingebürgert haben, benugen fie ohne Zweifel jahrelang die alten Brutpläge und gewinnen bei ſonſt günftigen Witterungsverhältniffen mehr Zeit, um einer reicheren Nachkommenſchaft das Leben zu geben, als wenn fie ſtets aufs neue in der eben bejehriebenen Weiſe Kinnbaden und Ge: duld auf jo harte Proben jtellen müfjen. Die Schenkelſammler (Merilegidae) unterfcheiden fi von den vorigen, wie wir ſchon ſahen, dadurch, daß die Sammelwerkzeuge dem Körper näher rüden, auf defjen Seiten in der Nähe der Hinterbeine, deren Hüften und Schenkel übergehen, wenn auch) an Schienen und Ferje mander Ballen gelben Blütenftaubes hängen bleibt. Eingeftaltige Lippentaſter kommen ihnen allen zu, jo daß fie nad) der Latreillejchen Einteilung den Afterbienen angehören. Die raubfüßige Bürſten- oder Hofenbiene (Dasypoda hirtipes Zir, Fig.1u.2, ©. 243), welde Europa in feinem größten Teile bewohnt, joll wegen der Schönheit ihres Weibchens nicht unerwähnt bleiben, welche namentlich in der fuchsroten Behaarung rings um die Hinterjchienen und Ferien, einer Flaſchenbürſte ähnlich, bejteht und in dem ſchwach niedergedrüdten, kurz jhmwarzhaarigen, weißbandierten Hinterleibe, welcher nad) der Spitze zu infolge der verlängerten Endfranje verbreitert erſcheint Cine Körperlänge von 11 bis 13 mm verweift die Art zu den ftattlicheren Sippengenofjen. Ganz ander3 und weniger anſehnlich ftellt ſich das Kleinere, nad) meinen Erfahrungen häufigere Männchen dar. Sein Hinterleib ift ipindelförmig, ftärfer gemölbt und mit gelblichgrauen Haaren ſparſamer bekleidet, jo daß die Hinterränder der Ninge lichter erjcheinen. Die Fühler übertreffen die weiblichen etwas an Länge. Die Hofenbiene erfcheint Anfang Juli und ſorgt jofort für ihre Nachkommenſchaft, wobei, wie überall bei den Hymenopteren, den Weibchen die aufreibende Thätigkeit anheimfällt. In fandigen Boden gräbt das Weibchen mit den Border: beinen .eine 40-60 em lange Nöhre, im NRüdwärtsichreiten den Sand mit den Hinter: beinen herausfegend. Dieje Röhre führt anfangs jchräg, ſpäter ſenkrecht nad) unten. Auf der Sohle zweigt eine kurze Ceitenröhre ab, welche in einem erweiterten Brutraum endet. Ron hier werden nun in verschiedener Höhe und nach verfchiedenen Richtungen bis ſechs Brutfammern angelegt, welche jelbjtverftändlih nad und nach entjtehen, nachdem jede vorhergehende mit Futter, Blütenftaub und Honig und einem Cie verfehen und mit Sand verihloffen worden war. Die nad) wenigen Wochen ausgejchlüpfte Larve zehrt ihr Futter Rauhfüßige Bürftenbiene Erdbienen. 243 auf, entleert fih dann, wird feiter in ihrer Maſſe und Eleiner und verweilt in dieſem BZuftande bis wenige Wochen vor der Flugzeit der Biene; die Verpuppung erfolgt — wenn fie nicht von einigen Shmarogenden Fliegenmaden, der Gattung Miltogramma angehörig, vorher aufgefreffen worden ilt. Die Erd: oder Sandbienen (Andrena) liefern mit der folgenden Gattung zu- ſammen, in den mittleren und nördlichen Gegenden unſeres Baterlandes wenigftens, ficher den dritten Teil aller wilden Bienen, welche die honigjpendenden Blumen befuchen und dureh ihre raftloje Thätigfeit unter traulidem Geſumme den blütenreichen Landjchaften vom Frühling an einen bejonderen Neiz verleihen. Die Sandbienen beginnen den Reigen. Sie find es, welche im eriten Frühjahr wilden Fluges in Gejellfehaft der bejonneneren 1, 2) Rauhfüßige Bürftenbiene (Dasypoda hirtipes), Weibehen, Männden. 3, 4) Schend3 Erdbiene (Andrena Schencki), Männden, Weibdhen. 5, 6) Greiſe Erdbiene (A. eineraria), Weibchen, Männden. 7,8) Braunges ihentelte Erdbiene (A. fulvierus), Männden, Weibden. 9, 10) Große Ballenbiene (Hylaeus grandis), Männchen, Weibchen. Alle in natürlicher Größe. und ruhigeren Hausbiene um die Weidenfägchen, blühenden Stachelbeeriträucher und andere Eritlinge des jungen Jahres ſauſen und fich lange befinnen, ehe fie fich niederlaffen, um ſchmauſend das Auferftehungsfeit der lebenden Schöpfung zu feiern. Sie find es, die an Jonnigen Hängen aus ihren Wiegen, Loc) bei Loch, emporjteigen und fi) an ſolchen Stellen in Mafjen umbertreiben, um ihren Nachkommen Pflanztätten zu bereiten. Ihre Neiter legen fie größtenteils in fandigem Boden an, indem fie in fehiefer Richtung eine 13 bis 30 cm tiefe Röhre graben, an deren Ende rundlihe Höhlungen ausarbeiten oder kurze Verzweigungen der Hauptröhre, wo die Zellen mit auffallend reichlichem Blütenftaub gefüllt werden. Nachdem jede derjelben überdies noch ein Ei erhalten hat, wird nicht nur fie, ſondern auch das Eingangsloh zu dem Baue mit Erde verfchloffen. Die Sandbienen haben eine kurze, lanzettförmige Zunge, die fih im Ruheſtand nicht zurücichlägt, ſondern auf der Dberjeite des Kinnes zurüdzieht, von Geftalt der Figur 3 auf Seite 8, jo daß Weftwood die Bienen anderen Verwandten als „Spitzüngler” entgegengeitellt hat. Die zugehörigen Tafter find eingeftaltig und viergliederig, die des Unterkiefers jechsgliederig. 16* 944 Zweite Drdnung: Hautflügler; erjte Familie: Blumenmweipen. Die Randzelle der Vorderflügel wird in der hinteren Hälfte wenig jchmäler und liegt mit der gerundeten Spitze der Randader nit an. Bon den drei geichlofjenen Unterrandzellen erreicht die erite fajt die Länge der beiden anderen zufammen, die zweite ift die Eleinfte, ziemlich quadratiih, und nimmt den erjten rüdlaufenden Nerv faſt in ihrer Mitte auf, die dritte verengert fich bedeutend nach oben und empfängt die andere der eben genannten Adern weit hinter ihrer Mitte. Die ganze Außenjeite der Hinterbeine bis zum Ende der Ferje it beim Weibchen mit dichten Sammelhaaren bejegt und nicht minder die Seiten des Mittelleibes; innen an der Ferje bildet fürzeres, dichtes Haar die ſchon öfters erwähnte Bürjte, jo daß die Weibchen an allen diejen Teilen dicht mit Blütenftaub bedeckt heim: fehren. Die Fußklauen find hinter ihrer Mitte mit einem Seitenzähndhen verjehen und haben zwiſchen fih ein merfliches Hautläppchen. Der Hinterleib verfchmälert fich an feiner Wurzel, ift oval, lanzettförmig oder eirund. An ihm erkennt man leicht den Unterjchied beider Geſchlechter. Beim Weibchen ift er flacher gedrückt, an der Spiße, d. h. am fünften Ringe, mit einer Haareinfafjung, der „Endfranfe”, verjehen, welche das Eleine jechite Glied mehr oder weniger bededt. Das Kleinere Männchen, obſchon im Hinterleibe gejtredter und oben mehr gemwölbt, nimmt in ihm doc nie die Linienform an; durch die Fühler unterſcheidet es ſich kaum vom Weibchen, denn fie werden unmerklich länger; dafür iſt ihm ein ftarfer Haarſchopf im Gefichte eigen und die Oberlippe manchmal in ihrer ganzen Ausdehnung licht gefärbt, niemals aber bloß am Vorderrand; weil es nicht einfammelt, fällt bei ihm die Behaarung der Hinterbeine viel jparjamer aus als beim Weibchen. Die Erdbienen find reih an Schmarogern, unter denen die Eleinen Wejpenbienen (Nomada), ferner ein merfwürdiges Tier, welches wir jpäter unter dem Namen Stylops näher fennen lernen werden, und jelbit die Larven von Käfern (Melo£) eine hervorragende Rolle ſpielen. Nach Färbung und Bekleidung des Körpers laſſen ſich die zahlreichen Arten (Schmiede— knecht führt in ſeinen „Apidae europaeae“, 1882—84, deren 188 auf, außerdem kommen noch zahlreiche Arten im Norden von Aſien, Afrika und Amerika, einige in Auſtralien vor) in ſolche gruppieren, deren Hinterleibshaut ſchwarz und rot gefärbt, in ſolche, wo ſie ein— farbig ſchwarz, manchmal mit blauem Schimmer, aber ohne Binden iſt, und endlich in ſolche, deren weniger entſchieden ſchwarzen Hinterleib helle Binden verzieren, welche mehr oder weniger dicht anliegender Behaarung ihren Urſprung verdanken. Dieſe letzte Abteilung enthält die meiſten und zum Teil unter ſich ſehr ähnlichen Arten. Aus jeder dieſer drei Abteilungen möge eine in Abbildung vorgeführt werden. Schencks Erdbiene (Andrena Schencki Moraw., Fig. 3 u. 4, ©. 243) iſt am zweiten Hinterleibsrina, mehr oder weniger auch im Anſchluß daran am eriten (und dritten) in der Haut rot gefärbt, im übrigen ſchwarz, an Kopf und Wittelleib ziemlich dicht graugelb behaart; beim Weibchen tragen die Hinterränder vom zweiten bis vierten Hinterleibsring weiße, ſchmale Haarbinden, die Echienenbürfte gelblihe Behaarung und das Leibesende eine braune Endfranje. Das überall gleihmäßiger grau behaarte Männchen hat ein gelb- lihes Gefiht mit zwei zarten jhwarzen Pünktchen in der Mitte und einen dit weiß behaarten Borderrand desjelben. Dieſe Art fliegt bei uns vom Suni ab an blühenden Sträudern und Kräutern, wie Rhamnus, an Zaunrebe, Hornflee und anderen, fommt auch in der Bajeler Gegend vor, überall jedod nicht häufig. Die greije Erdbiene (Andrena cineraria L, Fig. 5 u. 6, ©. 243) ift ſchwarz, in der vorderen Körperhälfte mehr oder weniger dicht zottig weiß behaart, im Gejichte beim Weibchen einzelner, beim Männchen jchopfartig, am Mittelleibe beim Weibchen dichter, aber auf dem Rüden zwijchen den Flügeln ſchwarz, der blauſchwarze Hinterleib ift auf dem Rüden hier fahl, dort an der Wurzel einzeln zottenhaarig; Schienenbürjte und Endfranfe Schend3 Erdbiene Greije und braungeſchenkelte Erdbiene. Ballenbienen. 245 des Weibchens ſchwarz, die Flügel in der Außenhälfte jtarf getrübt. Diefe ftattliche Art fliegt jehr zeitig, bei günftiger Frühlingswitterung ſchon Ende April, und jeheint den Honig der Weidentägchen bejonders zu lieben; denn an jolchen fing ich fie hier ausſchließlich, fing fie Imhoff bei Baſel; er-erhielt fie au aus Genf und Aarau; in Livland, England fommt fie gleichfall® vor und hat jomit eine weite Verbreitung. Ihr jehr ähnlich ift die Andrena ovina Kl., bei welcher der Rüden des Weibchen durchaus grünlich weiß behaart und der Hinterleib beider Gejchlechter entſchieden breiter, eiförmig ift. Die braungejhenfelte Erdbiene (Andrena fulvicrus X, Fig.7u.8, ©. 243) iſt ſchwarz, am Kopfe und Mittelleibe braungelb zottenhaarig; der gejtrecdte und glatte weib- lihe Hinterleib ift mit vier braungelben Binder, welche jehr bald weißlich werden, und mit einer braunen Endfranje ausgeftattet. Die Sammelloden und die Schienenbürjte tragen diejelbe Farbe. Das Männchen ift auch noch am eriten Hinterleibsringe zottenhaarig, im Gefichte reichlich Ichwarz behaart und am Hinterleibe mit fünf hellen Querbinden verjehen. Auf dem ziemlich Fahl geriebenen Rüden eines Weibchens meiner Sammlung figen zwei gelbe Maiwurmlarven. Auch diefe Art fliegt früh im Jahre (12. April 1874) an Weiden: fäschen, nad) Schencks Erfahrungen hauptjählih am Raps und Löwenzahn, hat Diejelbe Verbreitung wie die vorige, und die Männchen fahren dicht über den Boden hin, wenn fie die Weibchen aufjuchen wollen. Die Ballenbienen, Shmalbienen (Hylaeus oder Halictus), weniger reich an Arten als die vorige Gattung, jtimmen in der Lebensweije mit ihr überein und ftehen bejonders deren dritter Abteilung hinfichtlich des äußeren Anfehens jehr nahe. Das Weib- hen unterjcheidet fih nur durdh einen (glänzenden) fahlen Keilfled mitten auf der Endfranfe, der Hinterleib des Männchens verjchmälert ſich linienartig, wird bis- weilen jogar dicker hinter jeiner Mitte; bei ihm ift ſodann die Fühlergeißel bedeutend verlängert und häufig unterjeit$ jamt dem Borderrande der Oberlippe weiß gefärbt; auch die Beine haben bei vielen Arten mehr oder weniger ausgedehnte weiße Hautfarbe, jo daß ſich hier einmal die Männchen leichter als die ihrer Gattung angehörigen Bienen erkennen lafjen, während in den zahlreichſten Fällen bei ven Weibchen der Aderflügler der Gattungscharatter am meilten ausgeprägt auftritt. Mit Ausnahme einiger anjehnlicheren - Arten erlangen viele nur die mittlere Größe der Sandbienen; dagegen gibt es eine Menge jehr Eleiner, wie jie bei den vorigen nur jeltener vorkommen. Die Schmalbienen erjcheinen durchſchnittlich etwas jpäter im Jahre al3 die Sandbienen, und ihre Weibchen gehören daher zu denen, die im Hochjommer das blühende Heidekraut und andere Blumen bejuchen und manchmal durch Abreibung ihres Haarkleides jo entitellt find, daß fie ſich nieht mehr auf ihre Art deuten lafjen. Sie legen ihre Brutröhren am liebjten in hartem Boden an. Daher jind fie es, welche auf Wegen, durch reichen Verkehr oft fteinharten, ſich umber- treiben. Kleine Löcher, neben jedem ein Erdhäufchen, erichließen fih dem aufmerkſamen Dlide, und verweilt man einige Zeit an dieſer Stelle, jo huſcht hier ein Bienchen heraus, dort kommt ein anderes mit weithin leuchtenden Höschen an und verichwindet in jeinem Baue, dejjen Eingang jo eng ilt, daß man meinen follte, unterwegs müßte fich jämtlicher Blütenjtaub abjtreifen. Steile Lehmwände, gegen Morgen oder Mittag gelegen und einen Hohlweg begrenzend, einer Lehmgrube angehörig oder auch nur die ſchmale Erhebung eines Feldraines bilvend, find Brutpläße für andere Arten und werden den ganzen Tag über, jolange er freundlich ift, von Hunderten von Schmalbienenweibhen umſchwärmt, deren jedes ein= und ausfliegt, nie fich verfieht, jondern unter den Hunderten vollfommen gleicher Fluglöcher immer das jeinige herausfindet. Sie endlich find es, die neben den großen Hummeln und anderen gefchäftigen Bienen in den Diltelföpfen und anderen großen 246 Zweite Ordnung: Hautrlügler; erfte Familie: Blumenwejpen. Blumen jchlafen oder einen vorübergehenden Negenjchauer abwarten, wenn e3 nicht möglich war, den heimiſchen Herd zu erreichen. Man kann fie ihrer Kleidung nach ordnen in jchwarze mit weißen Haarbinden am Hinterrand, an der Wurzel einiger oder aller Hinterleibsringe, in bindenloje und in grüne, wenigitens am Mittelleibe grüne Arten. Manchmal erjcheinen die Binden in der Mitte des Nücens jo breit unterbrochen, daß nur ſeitliche Striche übrigbleiben. Die große Ballenbiene (Hylaeus grandis, Fig. 9 u. 10, ©. 243), unſere ftatt: (ichite Art, wird fi gut dazu eignen, die Unterjchiede beider Gejchlechter von denen ver Sandbienen deutlich zu machen. Sie fliegt im Juli und August, bejucht jehr gern bie Diftelföpfe und baut an fonnigen Hängen in größeren Gejellihaften beifammen. Die rauhe Seidenbiene (Colletes hirta), welche den beiden vorigen Gattungen jehr nahe fteht, baut ihr Nejt in eine Erdhöhle, welche jih, mehr wagerecht verlaufend, irgendwo im Lehmboden anbringen läßt. Die Zellen beitehen aus einer derben Haut, der einer Schweinsblaje ähnlich, und liegen wagerecht eine hinter der anderen. Man denke fich eine Neihe von Fingerhüten gleicher Weite, den folgenden mit jeinem Boden in bie Öffnung des vorigen gehoben, und man hat ein Bild von der Anorönung diejer Zellen, welche außerdem noch durch einen Ring aus derjelben Mafje an der Verbindungzitelle je zweier zufammengehalten werden. Der Querdurchmefjer einer Zelle beträgt etwa 7,18 mm, die Länge ift nicht immer genau diefelbe und ſchwankt zwiſchen 15 und 17,; mm. 63 bedarf wohl nicht erft der Erwähnung, daß die erjte mit Futter (Honig und Blütenjtaub) gefüllt und darauf ein Ei gelegt fein muß, ehe die Biene zur Anlage der zweiten fort ſchreiten kann. Die verpuppten Larven, oder vielleicht ſchon die entwidelten Bienen, bleiben über Winter in ihren Zellen und werden im Mai durch die ſchöne Witterung hervorgelodt. Die Zellen, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, waren an der Geite auf regel: mäßige Weife geöffnet, woraus ich ſchließe, daß jede einzelne Biene unabhängig von der anderen ihre Klauje verläßt. Unfere Biene hat die Größe und Körperform einer zahmen Arbeitsbiene, durchaus ein graubraunes Haarkleid, welches jedoch auf dem Hinterleibe dünn genug ift, um die ſchwarze Grundfarbe durchleuchten zu lafjen. Während beim Weibchen der obere Teil des Kopfes und die Unterjeite des ganzen Körpers mehr jchwarz erjcheint, teil3 durch jo ge: färbte Haare, teils durch die Sparjamfeit der lichten, hat das etwas Fleinere Männchen bier einen weißlihen Anflug, einen ebenſolchen Haarfchopf im Geſicht, und auf dem Rüden find die Hinterränder der Leibesringe bei friſchen Stüden gleichfall3 etwas lichter. Die Behaarung der Hinterbeine ift bei dem Weibchen nur jpärlid. Bon den Sandbienen unterscheidet fich die Seidenbiene duch die vorn erweiterte, ſchwach ausgejchnittene Zunge und die damit im Einklang ftehende VBerfürzung der übrigen Mundteile. Die Mörtelbiene, gemeine Maurerbiene (Chalicodoma muraria), dem An: jehen nad) eine Hummel, braucht nicht ausführlich bejchrieben zu werden, da fie in beiderlei Geichlecht hier vorliegt. ES jei nur bemerkt, daß das Weibchen durchaus ſchwarz ausfieht, einschließlich der Flügel, welche nach der Spiße zu etwas lichter werden, daß das Männchen fich fuchsrot Eleivet, und endlich, daß die Zunge jehr lang, die zugehörigen Tajter zwei: geitaltig, die Kiefertafter zweigliederig und die vorn verbreiterten Kinnbaden vierzähnig und vierfurdig find. Der Bauch ift gleih dem Rüden ſtark behaart, und zwar beim Weibchen mit mehr borftigen, nad hinten gerichteten Haaren, um den Blütenfiaub zur Futterbereitung damit einzutragen; es ift mit einem Worte ein Bauchſammler. Nachdem fih im Mai die Bienen dur ein rundes Loch aus ihren Nejtern hervor: gearbeitet und unter ftarf jummendem Umberfliegen gepaart haben, beginnt das Weibchen Große Ballenbiene Rauhe Seidenbiene. Mörtelbiene, 247 mit dem Baue und legt dabei feine natürlichen Anlagen al3 Maurer an den Tag, denn die Wohnungen werden an Steine, allenfall3 auch an der feiten, nicht lehmigen Außen: jeite eines Haujes angeklebt, wie e3 die Hausichwalbe mit ihrem Nejte thut. Der Baus jtoff befteht aus feinen Sandkörnchen, welche mittels Speichel ſich jo feit verbinden, daß Kraft und ein jpiges Werkzeug dazu gehören, um eine Zelle zu öffnen. In irgend einer ſchwachen Vertiefung, welche die Biene überall an jolchen Stellen findet, ohne lange ſuchen zu müſſen, fertigt fie in fürzejter Zeit eine aufrecht ftehende Zelle von der Form eines Eleinen, fi nad oben verengernden Fingerhutes. In einem Falle, wo ich ein Neſt zerjtört hatte, benußte fie die jtehen gebliebenen Reſte al3 Unterlage zum Neubau. Die Zelle ift inwendig geglättet, auswendig rauh, jo daß man die Sandkörnchen unterfcheiden Fann. Sobald die Zelle jo weit fertig ift, daß fie fich oben wieder verengert, wird fie voll Honig- brei getragen, ein Ei dar: auf gelegt und jo eilig wie möglich durch einen dem Boden genau entiprechen: den Verſchluß vollendet. Sie fieht dann aus wie das geſchloſſene Gehäufe mancher Schmetterling: puppen. Möglichſt ſchnell muß die Verwahrung ge— ſchehen, weil allerlei Feinde umberlungern, welche Bö- jes im Schilde führen. ul —— Neben diefer eriten entfteht 3) ig | in gleicher Weile eine zweite Zelle, die in dem Winkel, welchen die Mauer mit der Mörtelbiene (Chalicodoma muraria). 1) Neſt mit ausſchlüpfenden Bienen und % . einer geöffneten Zelle mit Larve, 2) Männden, 3) fämpfende Weibchen. Alles in Böſchung der erjten bildet, natürlicher Größe ihre Hinterwand befommt. Sp wird nah und nad eine Bereinigung von mehr oder weniger Zellen fertig, welche zum Teil neben, zum Teil übereinander liegen, ohne bejtinnmte Ordnung, teils parallel, teils ſchräg gegeneinander gerichtet. Ihre Zahl hängt entjchieden von der Witterung und von den jonftigen Störungen ab, denen das bauende Weibchen ausgeſetzt iſt. Eine eigent- lihe Heimat hat dasjelbe nicht; denn der frei gelegene Ort, wo e3 die Zellen aneinander mauert, bietet ihm in feiner Weife ein Obdach. Ich entfinne mich, nie mehr, eher weniger als zehn Zellen beifammen gefunden zu haben. Diejelben werden auf ihrer welligen Ober: fläche roh geglättet, jo daß das Neft jchlieglich einem Kotklumpen zum Berwechjeln ähnlich jieht, welden ein Bube an die Wand warf, und der nun angetrodnet ift. tur ein Weibchen erbaut die eben näher bejchriebene Zellengruppe, welche Anfang Juli mit dem Verſchwinden der Baumeifterin fertig ift. An einer anderen Stelle in der Nähe arbeitet meijt eine zweite, dritte; denn man findet jene „Anwürfe” in Mehrzahl. Dabei haben dieje Bienen feinen Sinn für Geielligfeit; im Gegenteil, fie feinden ſich nad) Neaumurs Beobahtungen an. Während die eine arbeitet, erzählt er, Fommt manchmal eine andere, welche die Zelle als ihr Eigentum beanjprucht und fich nicht jelten eine halbe Stunde lang gegen die zurüdkehrende Eigentümerin wehrt. Sie fliegen mit den Köpfen gegeneinander und werfen jich zu Boden, wo fie fich wie Fechter miteinander herum: balgen. Bisweilen fliegt die eine jenfrecht in die Höhe und läßt fich plöglich auf die andere 248 Zweite Ordnung: Hautflügler; erite Familie: Blumenweſpen. herunterfallen, welche ſodann auszumweichen ſucht und rückwärts zu fliegen fcheint. Endlich ermüdet eine und fliegt davon; ilt es die Eigentümerin, jo fommt fie bald wieder zurüd, und der Kampf beginnt von neuem. Ob fie fich dabei zu ftechen juchen, wurde nicht beobachtet. Geht einmal eine Biene während der Arbeit zu Grunde, jo ergreift eine andere Beſitz vom angefangenen Baue, auch gefchieht dies, wenn ein altes Nejt leer ge— worden ijt, weil ſich die Eigentümerin nicht mehr darum Fümmert. Es fommt jodanı eine andere, jhafft die Gejpinfte und den Unrat heraus, trägt Futter ein und jchließt die Zelle. Dabei gibt e8 gewöhnlich Kämpfe. So weit Réaumurs Bericht. — Die Made, deren Ausſehen feine weitere Eigentümlichkeit bietet, ijt bald erwachſen, ſpinnt eine glajige Haut um fi, wird zur Puppe und dieſe zur Biene, jedoch zu verjchiedenen Zeiten. Im heißen Sommer 1859 fand ich jhon am 15. Auguft entwidelte Bienen, am 10. April des vorangegangenen Jahres noch Maden. Feſt fteht aber, daß jene auf natürlichem Wege nicht früher an das Tageslicht gelangen als dieje, nämlih Anfang Juni. Die runden Löcher auf der oberen Seite des abgebildeten Nejtes find die von ihnen gearbeiteten Ausgangsitellen, die eine untere Zelle wurde geöffnet dargeftellt, um eine Larve zur An jhauung zu bringen. Die Mörtelbiene hat manchen Feind aus den verjchiedenften Inſektenordnungen, nad) von Frauenfeld die Melo& erythrocnemis, einen Käfer, und die Trauerfliege Argyro- moeba subnotata; ich erzog aus einem PBuppengejpinite 16 Weibchen und 2 Männchen einer Kleinen Zehrweipe, welche Förſter Monodontomerus Chalicodomae genannt hat, eine reichlich 5 mm lange Pteromaline von dunfelgrüner Erzfarbe mit rojtrotem Fühler: ihaft und von den Schienen an mit ebenjo gefärbten Beinen, um den Randaſt der ungeaderten Flügelhen etwas getrübt. Der Bohrer des Weibchens ift von Hinterleibs- länge. Er fonnte meiner Anfiht nad nicht die Steinhülle bis zur Larve durchdrungen haben, jondern die Eier mußten vor dem Schluſſe der Zelle gelegt worden und erſt viel ipäter als das der Biene ausgejchlüpft fein, damit die jungen Lärvchen in der mehr oder weniger erwachſenen Xarve ihre Nahrung vorfanden. Bon Bauchſammlern fennt man noch zahlreiche Arten, wie die Kugel: oder Woll- bienen (Anthidium), darum mit legterem Namen belegt, weil jie ihr Nejt mit wolligen Nflanzenjtoffen ausfüttern. Ihr Hinterleib ift fait halbkugelig, kahl und gelbfledig, oder gelb gerändert, was bei Bienen jonjt jelten vorfommt. Die Mauerbienen (Osmia) haben einen gleich breiten, oben ſtark gewölbten Hinterleib, viergliederige Lippen- und Kiefer: tajter. Die Nandzelle der Vorderflügel liegt mit ihrer Spike der Randader nicht an, und der zweite rüdlaufende Nerv mündet merflid entfernt vom Ende der zweiten und zugleic) legten Unterrandzelle in diefe (Fig. 2, ©. 214). Sie legen ihre Nejter in Mauerlöchern an, benugen dazu auch den verlafjenen Bau anderer Bienen in Holzpfoiten, Baumjtämmen zc. und fertigen mehrere fingerhutförmige Zellen aus Sand oder Erde; andere fand man in leeren Schnedenhäujern bauend, wie Osmia bicolor. Ein hübſches, hierher gehöriges Tierchen tft die rote oder gehörnte Mauerbiene (OÖsmia rufa over bicornis), welche wegen ihrer Größe und Bekleidung auf den eriten Blid an die gelbe Sandbiene erinnert. Ihr Hinterleib ift goldig fuchsrot, auf dem Rücken jehwächer behaart, jo daß die ehern glänzende Körperhaut durchſcheint. Mittelleib und Kopf jamt den Beinen find jchwarz behaart, und beim Weibchen ragen über dem Munde an den Kopfjeiten zwei unregelmäßige, dide Hörner gerade heraus. Sie fliegt jehr zeitig im Frühjahr, niftet gern in röhrenförmigen Höhlungen, welche fie mit Lehm in Zellen teilt. Schend fand zwischen Fenjterrahmen und der Bekleivung am Weilburger Gymnaftalgebäude eine Menge diejer Zellen, 12—20 nebeneinander, und alle aus Lehm gebaut. Nach Offnen des Fenfters Tote Mauerbiene. Blattjhneider. 249 fonnte man in fie hineinjehen, da fie dadurch ihrer Bededung beraubt worden waren. In ven älteften befanden fich erwachſene Larven und wenig oder gar fein Futter mehr, in den folgenden wurden die Larven immer Heiner, die trodenen, pollenreichen Zuttervorräte immer größer, dann folgten einige Zellen mit Eiern, und an der legten baute die Biene noch, flog nicht weg, jondern legte fih wie die Hummeln mit emporgejtredten Beinen auf die Seite. Die zum Abfluß des Regens gebohrten Löcher erlaubten der Biene an bezeichneter Bauftelle den Zutritt. (MIN (N N H \ N = Ir \ ) N \ N —9 = \ AN \ N N \ NN ANA N \ AN WEN Gemeiner Blattfhneider (Megachile centuncularis). a Weibhen, b Mänuchen, vergrößert; e Nojenblatt mit mehreren Ausſchnitten und der arbeitenden Biene in natürliher Größe; d ein Neft in einem Weidenftamme; e eine einzelne Zelle; f Dedelftüd; g, h Seitenftüde; i ſenkrechter Schnitt durdy eine Zelle mit dem am Boden liegenden Yutterbrei; k Puppen— gehäufe. Natürliche Größe. Sehr nahe verwandt mit der eben bejprodenen Gattung find die Blattjchneider oder Tapezierbienen (Megachile). Der Hinterleib des Weibchens flacht fih auf dem Rücken bedeutend ab und fticht mit dem Stachel meift nad) oben; der zweite rüdlaufende Nerv mündet näher dem Ende in die zweite Unterrandzelle, und ver Siefertafter fett ſich aus nur zwei Gliedern zufammen. Beim Männchen find die Endglieder der Fühler breit- gedrüdt und die beiden legten Hinterleibsringe nad) unten eingefrümmt; ihrer verichieden- artigen Zähnelung wird eine befondere Aufmerkfamkeit gejchenkt, wenn es fih darum handelt, die jehr ähnlihen Arten zu unterjcheiden. Bei einer Abteilung haben die Männ- chen erweiterte Borderfüße und weichen voneinander durch charakterijtiihe Zeichnungen an der Innenſeite der zugehörigen Schenkel ab, bei der anderen bieten die Zähne am Ausſchnitt der Leibesjpige, die Endgliever der Fühler und die Verteilung der Behaarung gute Anhaltspunkte. Dieje Bienen bauen ihre Neſter in Baumlöcher, Mauerjpalten, Erdhöhlen und fer: tigen hier fingerhutförmige, aneinander gereihte Zellen, welche fie in ganz beitimmter Weile aus Blättern gewifjer Pflanzen Funftvoll zufammenjegen. Man hat Blattjtüde der Zitter: pappel, Weigbuche, Nainweide, der wilden Mohnblüte und bejonders des Nojenjtodes als Baujtoff im Neſte gefunden. 950 Zweite Ordnung: Hautflügler; erfte Familie: Blumenwejpen. Der gemeine Blattſchneider (Megachile centuncularis, ©.249) trägt ſich im Mittelleibe braungelb und ſchwärzlich untermiſcht. Das Alter läßt auch hier die Haare ergrauen, bejonders beim Männchen, welches fich die wenigiten Sorgen zu machen braucht. Den fait kahlen Hinterleib zieren nur vorn grauliche Zottenhaare und weiße, häufig unter: brochene Binden die Hinterränder vom zweiten bis fünften Ringe Rotbraune Sammel: haare deden dicht den Bauch, und feine Ausjchnitte, jondern nur undeutlihe Zähnchen zeichnen das Endglied des Männchens aus. Nah Smith fliegt diefe Art nit nur in Europa, jondern auch in Kanada und den Hudjonsbai-tändern. Ende Mai, Anfang Juni erjcheinen die Bienen. Wie immer im Leben finden ich die beiden Gefchlechter jehr bald zufammen, und nad) der Paarung beginnen für das Weib- hen die Sorgen. Ob dieſe Art ausſchließlich in altem Holze oder auch in der Erde ihre Zellen baut, will ih dahin geftellt fein laſſen, jedenfalls find derartige Zellen hier und dort gefunden worden und Fünnen möglichenfall3 zwei verjchiedenen Arten angehört haben. Die Höhle oder, beſſer gejagt, die Nöhre war hier der Gang einer Weidenbohrerraupe, welche weiter zurechtgenagt wird, dort ein etwas verfallenes Mauſeloch, die eigne Ge- burtsftätte; furz, überall mag die Anlage vorgefunden und zu dem bejtimmten Zwede noch vervollkommt werden. In einem mir vorgefommenen Falle war es das Loch einer Zwirnrolle, welhe an einem während de3 Tages geöffneten Fenſter aufrecht längere Zeit geftanden hatte. Der Hauptteil der Arbeit befteht im Zellenbau. In einer gewifjen Halt fommt die Biene herbeigeflogen, jegt ſich in der Weije, wie fie unjere Abbildung zeigt, auf ein Rojenblatt und zirkelt ein Stück von der nötigen Größe heraus. Beim lehten Biffe hat fie es tütenartig gebogen zwifchen den Beinen und ift damit auch ſchon in der Ferne verſchwunden. War ihr die Bezugsquelle genehm, jo ift ſie jehr bald wieder da, um weitere Einkäufe zu bejorgen. Die heimgetragenen Stüdchen, zujammengebogen wie jie waren, werden jetzt losgelaffen und jchmiegen ſich vermöge ihrer Jederkraft an die Wand an. Da find ihrer 3—4 größere, auf fie folgt eine zweite Schiht aus gleich großen, welche an einem Ende jchmäler als am anderen find. Die vom gezahnten Blattrande gebildete Seite wird nah außen, die Schnittjeite nad) innen gelegt. In dieſes Futteral bringt die Biene ein drittes aus abermals unter fich gleihen Stüden, welche mit ihren Flächen die Fugen der vorigen deden, bis endlich der kleine Fingerhut fertig ift. Gefüllt mit Yonig und be- ihenft mit einem Eie, erfolgt der Verſchluß mit einem vollkommen Freisförmigen Stüd- hen, auf welchem der gerundete Boden der nächſten aufgejeßt wird und ji allmählich die Kette aufbaut, deren eine von nur vier Gliedern wir hier jehen. Die entwidelte Larve ſpinnt ein Gehäuje, und äußerlich bleibt alles bis zum nächſten Frühjahr in der Ordnung, wie es die forgjame Mutter bei ihrem Tode hinterließ. Zu diejer Zeit wieder: holt fich dasjelbe, was ſchon bei der Holzbiene erzählt wurde, nur mit dem Unterjchiede, daß der Ausmarſch nach oben erfolgt. — Obgleich die Biene, bejonders das Männchen, nicht jelten auf Blumen angetroffen wird, jo hat man doch das Auffinden eines Baues immer einem bejonderen Glüdsumftande zuzufchreiben, da uns die Kunft der Wilden Neuhollands abgeht, die durch das Blatt gekennzeichnete bauende Mutter im Laufe zu verfolgen und uns von ihr das Neſt zeigen zu laffen, wie ſich jene den Meliponen gegen: über verhalten. Die große Menge zum Teil recht artiger Bienen, deren Weibchen weder an den Beinen noch am Bauche mit Sammelhaaren ausgeftattet find, welche man daher auch nie mit Blütenftaub in die Erdlöcher hineinkriechen fieht, in welche fie zu bauen jcheinen, werden für Shmarogerbienen erklärt. Es ift noch nicht jehr lange her, daß man das Schma- rogerleben gewiſſer Hummeln entdeckt hat. Gemeiner Blattjhneider. Schmarotzerhummeln. Wejpenbienen. 251 Die ſchmarotzenden Bienen legen ihre Eier in die fertige Zelle eines Wirtes, jchaffen vielleicht auch das rechtmäßige Ei beifeite, wie bisweilen der Kudud. Die aus dem un: berechtigten Eie ſchlüpfende Larve ernährt fi von den fremden Vorräten, und jtatt der Art, die fih mit dem Zellenbaue abgequält hatte, fommt ein die Bequemlichkeit Liebendes anderes, wenn auch verwandtes Tier zum Vorſchein. Häufig find die Schmaroger den Arten ähnlich, bei welden fie jhmarogen, und verjchaffen ſich durch dieje Uniform den Zutritt zum fremden Neſte. Hinfichtli ihrer Mundbildung gehören die Schmarogerbienen bei- den natürlichen Familien, den Andreniven und den Apiven, an; ordnen wir daher die wenigen, hier näher zu bejprechenden Arten hiernady und beginnen mit den langzungigen. An die Hummeln ſchließen fich hinfichtlich des allgemeinen Körperbaues die Schma— rogerhbummeln (Psithyrus over Apathus) an. Bon den je in Deutjchland leben- den Arten find die Feljen-:, Feld:, Sommer: ud Wald:-Shmarogerhummel (Psithyrus rupestris, campestris, aestivalis und saltuum) die verbreitetiten. Ihre Weibchen unterfcheiden fich von den wahren Hummeln durch folgende Merkmale: die Ober: lippe ift unten ftumpfwinfelig, während fie dort gerade endigt, die Nebenaugen ftehen in flacher Bogenlinie. Die Hinterfchienen haben fein Körbchen, jondern nad außen eine er: habene und behaarte Oberfläche, ihre Ferje feinen Henkel. Die Oberfeite des Hinterleibes ift mit Ausnahme der Endglieder faſt kahl und glänzend, das legte Glied eingefrümmt und auf der Unterjeite mit einer winfeligen Erhabenheit verjehen, welche jederjeits eine Ede bildet. Sit es jomit bei näherer Betrachtung leicht, ein Psithyrus- von einem Bom- bus-Weibehen zu unterjcheiden, jo bedürfen die Männchen ſehr jorgfältiger Prüfung und lajjen ſich trogdem noch leicht miteinander verwechjeln. Der Kopf der Schmarogerhummeln: iſt kürzer, faft jo lang wie breit, vorn meift ſtärker behaart als hinten, eine verdidte Fühler: geigel und nach außen fonvere, gekörnte Hinterjchienen mit gleihmäßiger Behaarung kenn— zeichnen fie. Da die Weibchen ihre Eier in die Nejter der gejelligen Hummeln, und zwar derer legen, denen fie jelbjt am ähnlichjten jehen, jo bedürfen jie feiner Gehilfen, wie jte jene in den unausgebildeten Weibchen haben; fie ericheinen im Frühjahr, ihre Männchen merklich jpäter. Zu den gemeinjten und artenreihiten Schmarogerbienen gehören die Wejpenbienen (Nomada), die bunteften in der ganzen Familie. Ihr meift nur 8,75—13 mm langer Körper ift faft kahl, der elliptiiche, beiderjeitS etwas zugejpiste Hinterleib gelb-, weiß, rotfledig oder bandiert, auf glänzend ſchwarzem oder rotem Grunde. Das Nüdenjchild- chen trägt zwei Warzen. Die Hinterjchtenen find zwar etwas breitgedrüdt, aber nur mit wenig kurzen Härchen, bejonders an der Unterjeite, befleidet. Die nach außen häufig ge- trübten Vorderflügel haben eine große Nandzelle, welche ſich beiderſeits mäßig zuſpitzt, drei Unterramdzellen, deren erjtere ungefähr jo groß ilt, wie die beiden anderen zuſammen. Für die Mundteile gelten eine lange Zunge, zweigejtaltige Lippen- und jechsgliederige Kiefertafter als maßgebend Das etwas kleinere Männchen unterjcheidet ſich durch ſchmä— leren, jpiger endenden Hinterleib, den Mangel einer Franje, welche am vorlegten Ringe des Weibehens figt, und meift durch dichtere Behaarung an der vorderen Leibeshälfte, bejonders Silberbehaarung im Gejichte, von jeinem Weibchen. Die Weſpenbienen ſchmarotzen hauptjächlich bei den Sandbienen, aber auch bei den Schmalbienen, ven Langhörnern und bei der Gattung Panurgus, jhwärmen aljo zahl reich da, wo dieſe ihre Erdlöcher haben. Man fieht dann die Weibchen in nicht eben raſchem Fluge über die Erde hinjtreichen, um die Nejter jener an Dämmen, Rainen, Wald: rändern 2c. aufzuſuchen. Die einen erjcheinen jehr früh im Jahre, andere jpäter, einige befonders im Herbite, nah Schends Anficht einige jogar zweimal im Jahre. Die Erit: linge verjammeln jich mit ihren Wirten und anderen Kerfen auf den blühenden Weiden- 252 Zweite Drdnung: Hautflügler; erjte Familie: Blumenmwefpen. fäschen, an Stachelbeerblüten und fpäter an blühenden Kräutern. Beim Nuhen vom Abend an und an unfreundlichen Tagen ſchon vor der Nachtzeit zeigen ſie, die Heimatlojen, eine eigentümlihe Gewohnheit. Sie beißen fih nämlich mit ihren Kinnbaden in ein Blättchen oder Zweiglein feit, ziehen die fämtlichen Beine an, legen die Fühler zurüd und hängen jo in jenfredter Stellung an ihrem Munde. Die zahlreichen, in Größe und Färbung oft veränderlihen Arten find zum Teil ſchwer voneinander zu unterjcheiden, und manche unjerer heimifchen fommen aud in Nordamerika vor, während fie in den heißen Erdſtrichen durch andere Formen vertreten find. Um ein Bild diejer zierlihen Bienen zu geben, ift bier (Fig. 1 u. 2) eine mittelgroße, gleichzeitig die buntefte Art vorgeführt, welche fich erſt im Spätjommer und Herbite zeigt! die weißfledige Wejpenbiene (Nomada Rober- jeotiana). Der in beiden Gejchlechtern breite und kurze Hinterleib ijt im eriten Gliede 1, 2) Weißfledige Wejpenbiene (Nomada Roberjeotiana), Männden, Weibhen. 3) Gemeine Waffenbiene (Melecta punctata). 4, 5) Kegelbiene (Coelioxys rufescens), Weibhen, Männden. 1, 2, 5 etwas vergrößert. rot, in den folgenden nach der Regel ſchwarz oder nach hinten allmählich durch Rot in dieje Farbe übergehend, beim Männchen mit dreiedigen weißen Seitenfleden, beim Weib: hen nur mit zwei jolchen jederfeitS und einem vieredigen an der Spite. Der mattſchwarze Mittelleib ift beim Männchen gelb gefärbt, wie daS Gelicht und die Fühlergeigel unten, der Schaft, das Schildchen und die Beine find mehr oder weniger rot, die hinterjten außerdem an den Schenfeln ſchwarz gefledt. Beim Weibchen find die helleren Zeichnungen etwas jparfamer und nur bis rot herabgehend. Kräftiger im Baue und am Kopfe und Mittelleibe zottig behaart find die Trauer: bienen, Waffenbienen (Melecta), leiht fenntlih an den weißen Haarfledchen auf dem jchwarzen, breiten, hinten plötzlich zugejpisten Hinterleibe. Die Randzelle ijt vegel- mäßig oval, die drei Unterrandzellen, ebenjo die Mundbildung wie vorher. Am ſtark ge- wölbten Schilöchen werden zwei Seitenzähne durch die Behaarung veritedt. Das Weib: hen fticht mit einem ſehr langen und kräftigen Stachel nach) oben, während das Männ— hen gern um ſich beißt. Sie ſchmarotzen bei Anthophora und, wie Zepeletier meint, bei den größeren Megachile-Arten. Die gemeine Waffenbiene (Melecta punctata K., Fig. 3) iſt an der vorderen Leibeshälfte ſchmutzig weiß (graugelb) behaart und ſchmarotzt vorherrſchend bei Anthophora retusa. Die punftierte Waffenbiene (Melecta luctuosa Scop.) ijt an denjelben Stellen rein weiß behaart, ſchmarotzt vor: herrjchend bei Anthophora aestivalis, acervorum und intermedia und fliegt daher zum Aufſuchen der Nejter an der Erde entlang, wenn fie nicht am Natterfopf und an anderen Blumen der Nahrung nachgebt. Weißfleckige Weipenbiene. Gemeine u. punftierte Waffenbiene. Kegelbienen. 253 Die Kegelbienen (Coelioxys, Fig. 4 u. 5), nächſt den Weſpenbienen für unfere Gegenden das artenreichite Schmarogergejchleht, welches in jeiner Körpertracht durchaus den Bauchſammlern unter den Kunftbienen entjpricht, nur daß, wie der Name andeuten joll, der Hinterleib beim Weibchen ſpitz endigt, ftumpfer und mehrzähnig beim Männ- hen und auch hier nad oben gebogen if. Außerdem charakterijieren das erhabene, jederſeits bedornte Rückenſchildchen, nur zwei Unterrandzellen, eine kurze, vieredige Oberlippe und ein eigentümlicher, unangenehmer Geruch die jchwer zu unterjcheidenden Arten, welche ſämtlich ſchwarz ausjehen und mit verwilchten weißen Haarfleden over Binden gezeichnet find. Sie ſchmarotzen bei denjelben Gattungen wie die vorigen und bei Saropoda. Bor einer Neihe von Zahren führte mich mein Weg in der erjten Hälfte des Juni an das Stallgebäude einer ländlichen Wirtichaft. Die Vorderſeite desjelben beitand aus einer ziemlich langen, nicht übertündhten, gegen Mittag gelegenen Lehmmwand und war reich gejegnet mit Bienen, Mauer: und Goldweipen, wie ich nie wieder jo viele bei ein- ander gejehen habe. Die Wand war faft fiebartig durchlöchert. Von den Bienen herrich- ten vor die drei Gattungen Anthophora, Melecta und Coelioxys, jhmwärmten und jummten durcheinander, daß e3 ein Vergnügen gewährte, dem bunten Treiben zuzufchauen, und ich nur bedauerte, einen fo prächtigen Beobachtungsplatz nicht näher meiner Behau— jung zu haben. Unjere beiden Schmaroger lungerten hier und da umher und paßten nur den günftigen Augenblid ab, in welchem eine Schnauzenbiene ausfliegen würde. Kaum war fie fort, jo ftellte fi auch jchon ein Unberufener ein, um die Wohnung ge— nau zu unterjuchen. Ließ er ſich unvorfichtigerweije einmal von der zu früh heimfehren- den Eigentümerin erwiſchen, jo gab es einen Kampf, welcher gefährlicher ausjah, als er wirflid war; denn die rechtmäßige Bemwohnerin ging bald nad) der Balgerei ihrer ge: wohnten Bejchäftigung nad, und die andere hatte die erhaltene Lehre jchnell wieder ver- gejjen; auch fie jegte ihre Schnüffeleien fort, geihah es nicht in dem, jo gejchah es in einem anderen Nefte. Den Schmarogern im Bienengewande ganz Ähnlich treiben es Die fleineren, nad) ihrem prächtigen Goldglanze benannten Weſpchen, deren perjönliche Be— fanntjchaft wir bald machen werden. Hiermit verabjchieden wir uns von den Blumenweipen und wenden den Raub: weſpen unjere Aufmerkjamfeit zu, welche im Grunde weniger durch ihre Lebensweiſe als in der äußeren Erjcheinung zu verjchieden find, um in einer einzigen Familie vereint bleiben zu können. Die Faltenwejpen oder Wejpen jchlehtweg (Diploptera, Vesparia) zeichnen fih vor allen anderen Hautflüglern dadurd aus, daß in der Ruhelage die Vorder: flügel in einer Längsfalte die hinteren teilweije umfafjen und, zur Seite des Hinterleibes Platz greifend, diejen nicht bedecken. Der nadte oder fait nadte Körper hat meijt nicht die ſchwarze Hautfarbe, welche bei den Blumenweſpen zur Kegel gehört, jon- dern gelbe, auch weiße Flede oder Binden erzeugen am Kopfe und Hinterleibe bunte Abwechſelung. Wir finden ähnlihe Färbungen in fpäteren Familien wieder, aber im Gefolge anderer Fühler:, anderer Flügelbildung, jo daß bei einiger Umjicht feine Der: wechjelungen möglich find. Unjere Weſpen tragen, wie die Bienen, gebrochene Fühler, bei den Männchen wegen geringerer Entwidelung des Schaftes allerdings weniger augen: fällig, und einen Wehrjtachel nur im weiblihen Gejchleht und in dem dritten Stande, wo er vorfommt. Obgleich die Weſpen jelbjt nur ven Süßigkeiten nachgeben, melde jte 254 Zweite Ordnung: Hautflügler; zweite Familie: Faltenweſpen. mit der bei den meijten kurzen Zunge aufleden, verwöhnen fie ihre Larven nicht durch der: gleihen Lederbiffen. Diejelben werden vielmehr infolge der Naubtiernatur mit anderen Kerfen aufgefüttert, welche in zerfauten Biſſen verabreicht werden. Die größte Zahl der Familienglieder bewohnt die wärmeren Erditriche, während Europa einen verhältnismäßig nur Schwachen Beitrag liefert; je weiter fich ein Land vom Gleicher entfernt, deſto ärmer wird es an Weipen. In ihrem Körperbau und teilweife in der LXebenseinrichtung bieten die Faltenwejpen trotzdem mancherlei Unterfchiede und Grund zu einer Verteilung auf drei Sippen. Bei den einen haben die Vorderflügel nur zwei gejchloffene Unterrandzellen, nimmt das Kopf: Ichild in einer vorderen Ausrandung die Oberlippe auf und endigt die Zunge in zwei feine Fäden. Das Schildchen reitet auf dem dahinter liegenden Teile, dem jogenannten Hinterfchildhen. Die Fühler endlich ericheinen aus nur acht Gliedern zujammengejeßt, indem die legten, nach vorn feulenartig anjchwellenden, zu dicht aneinander liegen, um erkannt werden zu können. Mit den eben erwähnten Kennzeichen ftattete Mutter Natur die Schmarogerwejpen (Massaridae) aus, etwa 30 Arten, welche in warmen Län: dern leben und auch in zweien, Celonites apiformis und Ceramius Fonscolombi, dent jüdlichen Europa angehören. Die Lebensweiſe der meiften ift noch nicht hinreichend erforicht, da man fie aber bei einigen als eine jchmarogende erfannt hat, meint man, die ganze Sippe als ſolche bezeichnen zu Dürfen. Die Lehm- oder Mauerweſpen (Eumenidae) bilden die zweite Sippe. Sie haben im Vorderflügel drei geſchloſſene Unterrandzellen (man könnte fogar von vieren jprechen, wei! der Gubitus meift bis zum Flügelfaume reicht), eine lange, dreiteilige Zunge, faden- förmige Tafter, jechsgliederige an den Kiefern, viergliederige an der Unterlippe, ein herz: förmiges oder ovales, nie in einen Zahn auslaufendes Kopfichild; die Augen reichen bis zur Wurzel der Kinnbaden herab und find am Innenrande, nahe dem Scheitel, tief aus: geſchnitten. Die gebrochenen Fühler verdicen fich ſchwach nach vorn und beitehen aus 12 oder 13 Gliedern. Die Kinnbaden, länger als breit, pflegen jchnabelartig nach unten zu jtehen. Die Krallen der Füße tragen an der Innenſeite einen, in jeltenen Fällen mehrere Hähnchen, und die Mittelfehienen nur einen Sporn. Wie die vorigen leben fie einzeln, vorzugs— weije in Lehmwänden, teilen Abhängen fetten Sandes, einige in trodenen Pflanzenftengeln, in welchen fie Zellenreihen von Erde anlegen (Odynerus rubicola), unjere heimijchen Arten wenigjtens nie in ſchlichter Erde oder loderem Sande, und verjorgen ihre Brut ein für allemal mit dem gehörigen Vorrat eingetragener Larven. Die Bapierweipen (Vespidae) endlich leben zumeiſt gejellig, bauen jehr künſt— fihe Nefter und haben unfruchtbare Weibchen als Arbeiter, welche die Brut auffüttern, wie die Honigbienen und Hummeln. Außerlich ftimmen fie fonft in allen Stücden mit den vorigen, haben aber einfache Fußklauen, an den Mitteljchienen zwei Sporen, eine Furze, vierlappige Zunge, fürzere Kinnbaden, bis zu deren Wurzel die Augen meift nicht berabreichen, und ein mehr vierediges Kopfſchild. Die beiden legten Sippen führten bei Linne den Gattungsnamen Vespa. Eine ungemein artenreiche, über die ganze Erde verbreitete Lehmweſpengattung, welche die eine Grundgeitalt des Hinterleibes vergegenwärtigt, ift Odynerus. Dieſer nämlich) anhangend, beginnt mit einem mehr oder weniaer glodenförmigen Gliede, welches in der Weiſe ihmäler al3 das zweite wird, daß der Hinterleib an der Verbindunggitelle beider etwas eingeſchnürt erjcheint und bejonders am Bauche eine tiefe Grube befommt; das Kopf: jchild ift ausgerandet und läuft jeitlich in je ein Zähnchen aus. Schwarz, lebhaft gelbe Binden am Hinterleibe und vielleiht noch gelbe Fleckchen am Kopfe oder Mittelleibe, ftellt ji als die faft allen Arten gemeinjame Tracht heraus. Das Eleinere, jhlanfere Männchen Einteilung. Mauer-Lehmweſpe. . 355 hat eine etwas breitere Hinterleibsjpige mit zwei Anhängen an den Gejichlehtswerf: zeugen, welche nach dem Tode nicht ſelten wie zwei Feine Stacheln, jederjeitS einer, aus jener hervorragen; außerdem cdharafteriliert es fich bei vielen Arten noch durd die an der Spite jpiralig nad außen umgebogenen Fühler. Man hat in Rüdjiht auf Kleine Abweichungen von diefem allgemeinen Baue, ob 3. B. der Hinterrüden gerundet oder fantig, das erſte Hinterleibsglied gerundet oder durch eine Duerleijte vorn in einen fteil abfallenden vorderen und einen mwagerechten hinteren Teil gejchieven ift, ob die Kinn- baden drei, auch vier, oder ob fie fünf Zähne an der Kaufläde haben, ob die rüdlaufen- den Adern näher oder ferner von den Enden der zweiten Unterrandzelle münden 2c., in neueren Zeiten verjchiedene Gattungen davon abgetrennt, welche aber entjchieden vielfach ineinander übergehen. —14 1) Weibchen, Eingangsröhren und geöffnetes Neſt der Mauer-Lehmweſpe (Odynerus parietum). 2) Gemeine Gold: weſpe (Chrysis ignita). 3) Neft und Weibchen der franzöfifhen Papierweſpe (Polistes gailica). Alles natürl. Größe. Die Mauer Lehmweſpe (Odynerus parietum, Fig. 1) ändert in der gelben Zeihnung und der Größe (6,5; —13 mm) mannigfah ab und hat daher von den Kerf: fennern mehrere Namen erhalten. E3 wäre eine jehr ausführlihe Bejchreibung nötig, um fie mit Sicherheit von mancher ähnlichen Art zu unterjcheiven. Der Hinterrüden hat eine Mittelfurche und fällt gegen den eriten Hinterleibsring ſteil ab; diejer, vorn gleich- falls ſteil abihüjftg, wird hinten von einer gelben, jeitlich weit vorgreifenden Binde be- ſäumt, in ihren Verlaufe gleich breite Binden zieren die übrigen Ringe, und auch am Bauche werden gelbe Einfafjungen fihtbar. In der Negel find die Beine von der Hinter: hälfte der Schenkel an gelb. Die gelben Zeihnungen an Kopf und Bruftkaiten bedingen vejonders die vorfommenden Abarten. Beim Männchen biegen fi) die beiden letten Fühlerglieder hakig nad) hinten, das Kopfjchild iſt durchaus gelb, aber der Fled unter den Flügeln fehlt. Die Wauer-Lehmmeipe erjcheint in den legten Tagen des Mai, und man kann das Weibchen den ganzen darauf folgenden Monat mit der Fürjorge für die Nachfommen be: Ihäftigt jehen. Sein Neſt legt es in einer alten Lehmmauer oder in der Wand einer Lehmgrube an. ES arbeitet nad) und nad mit feinen Kinnbaden ein Zoch von etwa 10 em Tiefe und einem Umfang, welcher denjenigen jeines Körpers wenig übertrifft; dabei wird der fortzufchaffende Lehm fleißig mit Speichel und gewiß aud durch reichliches, zu dieſem Zwede eingenommenes Waſſer benegt und erweicht. Dieje geloderten Klümpchen finden weitere Verwendung. Die Wejpe legt damit vor dem Eingange ihrer Wohnung ein Rohr an, welches in dem Maße wächſt, als das Loch größer wird. Es geht anfangs 956 Zweite Ordnung: HSautflügler; zweite Familie: Faltenweſpen. wagerecht in die Mauer hinein, biegt jich aber allmählich nach unten. Die einzelnen Lehmiteinchen, welche mit Hilfe des Mundes und der Worderbeine ringsum angeſetzt werden, läßt der Bau noch erfennen. Nicht aller Lehm, welcher aus der Mauer gejchafft werden muß, um dem Nejte jeine gehörige Tiefe zu geben, wird äußerlich an die Galerie angeſetzt; denn man Fann öfters beobachten, wie die. Weſpe ihren Kopf aus der Mündung diefer bervorjtedt und ein Klümpchen aus ihrem Munde herabfallen läßt Dean hat verichiedene Gründe aufgejucht, welche wohl das Tier zu joldh einem Vorbaue bejtimmen Fönnten, und gemeint, er jolle Schuß gewähren vor feindlichen Angriffen, die brennende Hiße der Sonnen: itrablen abhalten, oder welche wunderliche Anfichten noch zu Tage gefördert worden find. Ohne meine Anficht durch direkte Beobachtung beweiſen zu können, meine ich, daß die Weſpe das Baumaterial in der Nähe haben will, wenn fte jpäter das Neft zu verichließen hat. Sit die Wohnung fertig, jo beginnt das Eintragen der Nahrung. Die jorgjame Mutter bringt, fie mit den vorderen Beinen an ihre Bruft drüdend, im Fluge Larven angetragen, welche irgend einem Blattfäfer, gewiß auch noch anderen Kerfen, wie kleinen Schmetter- lingen, angehören. Sit fie angelangt, jo faßt fie die Beute am Kopfe, zieht fie, darauf veitend, bis nad dem hinterften Raume des Nejtes und drüdt fie an die Wand an; die nicht getötete, jondern durch den Stih nur gelähmte und willenloje Larve nimmt eine ihrer Körperform entſprechende ringartige Lage in der engen Röhre ein. Eine zweite, dritte, bis acht und noch mehr, welche ſämtlich regelmäßig nebeneinander gejchichtet werden, folgen nach und erfüllen den Brutraum ungefähr in der Weile, welche das bloßgelegte Neſt unferer Abbildung erkennen läßt. Wenn der ausreichende Vorrat zufammen ijt, wird ein Ei dazugelegt und die Öffnung mit Lehm verjchlofjen. Um ein zweites Ei abjegen zu können, muß die Baufunjt von neuem in Anwendung fommen. Daß die Arbeit bei günftiger Witterung indes jchnell von ftatten gehen müſſe, folgt aus einer Beobahtung Neaumurs, welder in Zeit von einer Stunde eine Welpe bis zu ihrer Körperlänge in die Mauer vordringen ſah. Indes gilt hier die jchon früher geäußerte Bemerkung wieder, daß ſchon vorhandene, alte Baue benugt werden; aud) glaubt man, daß die der Schnauzenbienen zur Verwendung fämen. Nach wenigen Tagen Ichlüpft die Made aus, läßt eine Larve nad) der anderen bi3 auf ihre Haut verihmwinden und ift nach höchſtens drei Wochen erwachſen. Hierauf jpinnt fie ein ſchmutzig braunes, ziemlich feites Gehäuse, welches auf dem Boden ihres Lagers fejtgeflebt ift, und wartet hier das Frühjahr ab. Wenige Wochen vor dem Erjcheinen der Weſpe wird fie zur Puppe, und jene durchbricht den Verſchluß ihrer Zelle leiht, um an das Tagesliht zu gelangen. Wesmael erzählt ein artiges Geihichtehen, welches Zeugnis von gewiſſem Nachdenken des Tieres ablegt. Eine Wejpe fand ein von einer Blattwidlerraupe zujammengerolltes Blatt auf, unterjuchte die beiden offenen Enden mit den Fühlern, lief dann in die Mitte, zwickte die Rolle mit ihren Zähnen, eilte jodann wieder nad) beiden Enden, unterjuchte fie und wieder: holte da3 Zwiden und Nachjehen, bis endlich das geftörte Räupchen an der Öffnung feiner Wohnung erſchien; hier ward es fofort erfaßt und fortgejchleppt. Eine weitere jehr ähnlihe Art ift die Antilopen-Zehmmejpe (Odynerus Anti- lope), deren reihlih 15 mm mefjendes Weibchen an dem gelben oberen Bogenrande des Kopfihildes und an dem breiteren Ausschnitte zu erkennen ijt, welcher die gelbe Binde des erſten Hinterleibsgliedes auszeichnet. — Die zahnbeinige Lehmweſpe (Odynerus spinipes) hat feine Quernaht am erften Hinterleibsgliede, wie die beiden vorigen, feinen Ausfhnitt an der gelben Binde desjelben und ſchmälere Binden an den übrigen Ringen; bei dem Männchen find überdies die Mitteljchenkel unterwärts mehrfach ſtark ausgeferbt und die Fühler an der Spite ftark fpiralig gewunden. Saufjure bejchreibt 207 Arten von diejer Gattung aus allen Erdgegenden. Rillenwejpe. Papierweſpen. 257 Eine zweite Formenreihe der Lehmweſpen bietet die ebenſo ausgebreitete, aber arten: ärmere Gattung Eumenes, welche der ganzen Sippe ihren Namen gab und neuerdings gleihfall3 in mehrere Gattungen zerlegt worden ift. Der Hinterleib ift hier geftielt, d.h. das erſte, hinten ſtark angejchwollene Glied verengert jih nad) vorn ftielartig, und der vom zweiten an jpindelförmige, vorn fich gleichmäßig in janfter Rundung einſchnürende Hinterleib jest fih daran. Diejer Bau gibt jo recht eigentlich die ſchlanke „Wejpentaille“. Der Bruftfaften, an fich ſchon kurz, faſt Fugelig, erfcheint gegen einen jo gejtredten Hinter: leib wejentlich verkürzt. Beim Männchen, welches an der Hinterleibsjpige das vorher ſchon erwähnte Erfennungszeichen trägt, bildet das letzte Fühlerglied einen dünnen, ftark zus gejpigten Hafen. Die einzige Art, welche in Europa am nördlichiten geht und auch in Deutſchland nicht zu den Eeltenheiten gehört, it die Pillenwejpe (Eumenes pomiformis, das Männchen führt auch den Namen Eumenes coarctata). hr Kopfihild randet fi) vorn deutlich aus, der Mittelleib fällt hinten teil ab, das erite Hinterleibsglied erjcheint in feiner etwas größeren hinteren Hälfte becherförmig, daS zweite gleich lange hat den vierfahen Umfang. Der 13—15 mm lange Körper ift Schwarz, reicher gelb gezeichnet als bei den vorigen Arten und wenn möglich noch veränderlicher. Xepeletier fand an einem Strauche derbe Lehmzellen, jo ziemlich von der Größe und Geſtalt einer Haſelnuß; ſie enthielten ähnliche grüne Larven wie die Nejter der Odynerus parietum, und er ver— mutet, daß fie der Billenweipe angehörten, weil er bei einer anderen Gelegenheit an einem feuchten, rauhen Sommertage unter gleichen Verhältniſſen eine angefangene Zelle bemerkte, in welcher ein Weibchen der genannten Weſpe jaß und ſich bei feiner Annäherung zur Wehr ſetzte; in anderen vollendeten Zellen lagen die eben erwähnten grünen Larven. Überdies wird von diejer Art behauptet, daß fie zwei Bruten im Sabre habe, indem von den überwinterten Weibchen im Juni die Nachfommen erjchtenen und ſich von diejen im Auguft, nah 23tägiger Entwidelungszeit, diefelben zum zweiten Male zeigen. Die ge— meine Goldwejpe (Chrysis ignita, Fig. 3, S. 255) gehört zu den Schmarogern der Pillenweſpe. Die Mehrzahl der gejelligen over Papierweſpen (Vespidae) ſetzt uns durch den Bau ihrer Burgen und Baläfte in Staunen und Verwunderung. Nun und nimmermehr juchen wir bei einem jo friegerijchen, wilden Weſen, als weldyes uns doch alle Weſpen erijcheinen müſſen, ven Sinn für die Werke des Friedens. Auch hier finden wir Waben wie bei den Honigbienen, aber feine doppelten, jondern einfache, mit den Offnungen der Zelle nad) unten gerichtete und nicht aus Wachs bereitete; auch hier unentwicelte Weibchen, welche als „Arbeiter“ diejelben erbauen. Den Bauftoff liefern vorherrichend Pflanzenteile, welche, durchfaut und reichlich mit dem hitinhaltigen Speichel gemiſcht, zu jenen jpröderen oder mehr federnden Kunjtwerfen werden. Die jehr elaftiichen, papierartigen Nejter be- jtehen aus langen Bajtzellen, die pappartigen aus verfilzten. Pflanzenhaaren oder einem Gemenge jolcher mit ähnlichen Gefäßbündelftüdchen. Das mehr brödelige Erzeugnis unjerer Hornifjen ift Rindenparenchym und erjcheint immer gebändert, weil es verfchiedenen Bäumen entnommen wurde. In wenigen Fällen verarbeiten ausländijche Weſpen auch thonige Erde oder den Milt pflanzenfreijender Tiere. Weit mannigfaltiger als der Stoff ijt der Bauplan und die Anheftungsweije der Neiter. Die einen legen ſich tafelfürmig an die Unterfeite eines Blattes oder an einen Baumjtanım an, die anderen umfafjen mit ihrem oberen Ende einen Aſt und hängen in Form einer Walze, eines jtumpfen Kegels, einer Kugel oder einer Halbkugel daran herunter, oder verjteden ſich zwiſchen Zweigen und Blättern, von welchen fie teilweile durchſetzt Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 17 258 Zweite Ordnung: Hautflügler; zweite Familie: Faltenweſpen. werden; in noch anderen Fällen erhält der ganze Bau in einem oder in mehreren Stielen jeinen Stüßpunft Das einfachite Net befteht aus einer, auch aus mehreren Neihen ſechs— jeitiger Zellen, welche am häufigiten rofettenförmig in einem Kreije ftehen, die Mündungen nad unten gerichtet. Ständen die Waben aufrecht, jo würde ſich die Näfje des Negens in ihnen anfammeln, außerdem ginge die Wärme, welche zum Ausbrüten der Larven und deren Entwidelung unumgänglich notwendig it, ftetS verloren. Mit diefem einfachen Bau begnügen ſich jedoch die meiſten Weſpen, bejonders diejenigen nicht, welche in größeren Geſellſchaften beiſammen wohnen. Sie umfchließen in der Negel ihre Waben mit einer Hülle, und zwar auf zwei wejentlich verjchievdene Arten. Sie bauen dedelwabige oder jäulenwabige Nefter, wie man fi kurz ausdrüden kann. Betrachten wir beijpielsweije das zierlice Neft der 6,6 mm langen Polybia sedula (Fig. 1) aus Cüdamerifa. Das Weſpchen erjcheint durch reichlich blaßgelbe Zeihnung auf mattihwarzem Grunde bunt und heftet fein Neft mittels einiger Stielhen an die Unterfeite eines Blattes. Iſt die erite Wabe fertig, jo wird unter ihr in ungefähr halber Zellenlänge ein Dedel als Schluß angebracht und durch die Verlängerung der Seitenwände jener an ihr befeftigt. Zum Ein— gang bleibt feitli ein Flugloch. Weil fich die Heine Gejellihaft vermehrt, wird Die Behaujung zu eng. Dem läßt fi ungemein leicht abhelfen: an den Dedel der eriten Mabe baut man eine zweite an, hier, wie wir fehen, ungefähr in dem gleichen Umfang wie die erſte, verlängert die Außenwände der Nandzellen, um wieder einen Dedel für diefe zu befommen, welcher in gleihem Abjtand unter den Zellenmündungen hinläuft und in feiner Qerbindungswand mit der Wabe ebenfall3 ein Flugloch befommt. Unſere Figur zeigt eine bereits vollendete dritte Wabe, und die Senkſtriche unter deren Dedel deuten die Anlage zu einer vierten an. Je nad) dem Bedürfnis lafjen fi die Stock— werke vermehren, und das ganze Nejt bildet zulegt eine immer länger werdende Walze. Bei einer anderen Art kann es die Kegelform annehmen, bei einer dritten in der Mitte mehr anfchwellen. Sn etwas veränderter Weife (Fig. 2) baut die Polybia rejecta. Cie legt die erſte Nabe feft um einen Zweig und läßt in der Mitte des Dedels das Flugloch. Bei Ver: größerung des Neftes durch eine zweite Wabe bleibt für dieje an der entiprechenden Stelle das Flugloch offen, das erſte befommt einen ſchnüröſenartigen Anja und wird jetzt Fahr: Loch genannt. In diefer Weife jegt fich der Bau fort, jo weit und weiter, als unjere ſchema— tiſche Abbildung lehrt. Ebenſo baut der Chatergus chartarius, eine mittelgroße Weſpe von Schwarzer Farbe, deren anhängender Hinterleib gelb gebändert iſt. Die in Cayenne jehr häufige ſchwarze Tatua morio, deren breiter Hinterleib fi) wie bei Eumenes vorn etwas ftielartig verdünnt, und deren Flügel ftark gebräunt ericheinen, hängt ihre manchmal mehrere Fuß langen Nefter an Zweige, welche ganz ebenſo umfaßt werden wie bei der Polybia rejecta. Diejelben unterfcheiden ih in ihrer Bauart nur dadurch von denen der eben genannten, daß das Fluglod und dem entjprechend die Fahrlöcher nicht in der Mitte des Dedels, jondern an jeiner Eeite, nahe der Hüllenwand, angebracht find. Dieſe Nefter jehen braun aus, find jehr hart und did und müſſen jehr viel Näffe aushalten. Sie werden nämlid mit Beginn der Negenzeit angelegt und wachjen während derjelben immer größer, überziehen ſich infolge der Feuchtigkeit mit Moos und anderen krypto— gamiſchen Pflänzehen, werden zu „bemooften Häuptern“, welde lange noch an den Bäumen hängen bleiben, nachdem fie mit Beginn des Winters, der trodenen Jahreszeit, ausgeftorben find. Das Parifer Mufeum bewahrt nah Sauffure ein zufammengedrüct walzenförmiges Neft der Polybia liliacea Brafiliens auf, welches dur feine Größe Zeugnis von ber ungeheuern Menge gibt, in welder diefe Weipen beifammen wohnen fünnen. Dasjelbe ift unten abgebrochen, mithin unvollftändig, und mißt dennoch bei einer Breite von 31,4 Bauplan der Weſpenneſter. 259 bis 62,3 cm deren 125,5 — 157 in die Länge, indem es aus 26 Waben oder Stockwerken aufgebaut it. Es erweitert fih almählih nah unten, hat eine runzelige, dinne Hülle, braunrote Farbe, ziemlich grob holzartiges Anjehen und die Fahrlöcher in der Mitte der Dedel. Die Polybia cayennensis baut gleichfall3 dedelwabige Nejter aus einem eiſen-, quarz- und glimmerhaltigen Thone von gelbgrauer Grundfarbe und hängt fie an dünnen Zweigen auf, welche jchief abwärts wachen. Die bedeutende Schwere des Bauftoffes ſetzt hier der Größe bald Grenzen. Nefter von 36,6 cm Länge und 10,5 cm Breite gehören zu den umfangreichiten, welche bisher aufgefunden worden find. Bei allen diefen Neitern und anderen nad ihrem Stile gebauten, den dedelmwabigen, wie wir fie nannten, hängt die Hülle auf das engite mit den Zellen zufammen, und jeder Hohlraum zwijchen beiden fehlt. Keine einzige europäische Faltenweipe fertigt ſolche Nefter an, wohl aber zahlreiche Arten, welde im ſüdlichen Amerika heimaten. | ||| J — =; DR 1) Polybia sedula. 2) Polybia rejecta. 3) Chatergus apicalis. 4) Polybia ampullaria. Schematiſche Darjftellung von verfleinerten Neftern. Die Weſpen der Alten Welt jowie viele amerifanifche, welche ihre „ſäulenwabigen“ Kefter mit Hüllen umgeben, folgen einem anderen Plane. Diejelben umjchliegen ringsum in gewiſſem Abjtande die Waben, welche durch Säulchen aneinander befeitigt find und wie Stocdwerfe aufeinander folgen, mit einem „Mantel“. Die Fahrlöcher werden bier überflüffig, weil die Waben ringsum zugänglich find. Bei allen diefen Neftern herrſcht die Eis oder Kugelform vor, in ihren inneren Einrihtungen Fönnen jedoch zwei wejentliche Verjchiedenheiten vorfommen, welche unjere beiden letzten Abbildungen veranjchaulichen. Der ſüdamerikaniſche Chatergus apicalis, ein durhaus ſchwarzes Weipchen, legt mehrere geitielte Waben untereinander an einem Zweige an und umgibt fie mit einer ajchgrauen papierähnlichen Hülle in einer Weife, wie der Längsjchnitt (Fig. 3) andeutet. Wieder anders jehen die Nefter anderer Arten aus, welche nach gleichem Plane bauen. Während hier die Säulchen, welche die Waben tragen, einzeln am fremden Gegenjtande angeheftet werden, verbinden fie in den meiſten Fällen die Waben untereinander, wie beijpielsweile die Polybia ampullaria, deren Neft wir an der Unterjeite eines Blattes in unjerer legten Figur (4) erbliden; zur Erläuterung jei nur noch hinzugefügt, daß die zweite Wabe durch einen Eeitenpfeiler mit der Hülle zufammenhängt. Mit dieſem Nefte ftimmen im Wejent- lihen die Nejter unjerer Wejpen überein, von denen fich die einen an den Zweigen von Buſchwerk oder Bäumen, andere in Erdlöchern, wieder andere in hohlen Baumſtämmen, la= 96 Zweite Ordnung: Hautflügler, zweite Familie: Faltenweſpen. 2 g F F p unter vorſpringenden Wetterdächern oder an ähnlichen Stellen finden, welche vor dem Einfluſſe des Regens geſchützt ſind. Je nach der Bauſtelle ändert die Weſpe dann nicht ſelten den Plan. So bedürfen die Horniſſenneſter, welche in einen hohlen Baumſtamm eingekeilt ſind, der Hülle nicht, dieſe fehlt dagegen nie, wenn die Geſellſchaft das Neſt frei aufhing. — Abweichend von den eben beſprochenen Hauptformen bauen die zahlreichen kleinen Arten der im heißen Amerika ſich weit verbreitenden Gattung Neectarinia. Die papierartige Hülle ift im allgemeinen kugelig, befteht nur aus einem Blatte und nicht aus Schichten blattartiger Stückchen wie die meiften anderen, außerdem umschließt fie feine Stochwerfe im Inneren; vielmehr bilden die Zellen fonzentrifche, ineinander gejchachtelte Kugeln von größerer oder geringerer Negelmäßigfeit und zerbrechlihem. Bauftoff. Die Waben find durch Bänder an die Hülle und durch fpiralig gewundene Papierjtreifen mit einander befejtigt. An diefen legteren Verbindungsftellen behalten fie Offnungen, jo daß die Streifen gewifjermaßen die Treppen darftellen, welche zu den Waben führen. Indem ſie aber wieder als Böden der Zellen dienen, erfüllen fie einen dreifahen Zwed. Das Innere ift von zahlreichen Äften durchzogen, welche dem loſen Bau mehr Halt verleihen. Derartige Nefter erlangen manchmal 62,3 em im Durchmeffer und find außerordentlich rei an Bellen. Dieje Andeutungen müfjen genügen, um einen Begriff von der großen Nannigfaltigkeit zu geben, welche uns neben der großen Bierlichfeit in der Ausführung das höchſte Staunen abnötigt. Alle dieje Bauten find nur auf einen Sommer berechnet. Sm Frühling wurden fie von einem befruchteten Weibchen, welches den Winter über verjteckt war, begonnen, mit der Zeit durch die zahlreichen Arbeiter vergrößert, genau in dem Plane, welchen die Stammmutter angab, und wenn die böje Zeit herannaht, find fie verövdet und verlafjen, gerade fo wie bei den Hummeln. Die mehrfach erwähnte, hHauptjählih in Südamerika zahlreich vertretene, überhaupt nur den Gleicherländern angehörige Gattung Polybia erinnert in der äußeren Erſcheinung lebhaft an Eumenes. Der Hinterleib ijt hier ebenfalls durch einen hinten ftarf ange: ihmwollenen Stiel vom Bruſtſtück abgerücdt. Gedenft man aber der bereits angeführten Sippenunterjchiede, daß bier die Mittelfchienen u zwei Enddornen, die Füße ein- fache Klauen tragen, daß die Augen nicht bis zur. Wurzel der Kinnbaden herabreichen, jo wird man nicht im Zweifel fein, ob man eine gejellige oder eine einſam lebende Weſpe vor fich habe. Überdies erreichen die Polybien nicht die Größe vieler Eumenesarten, haben vom zweiten Gliede ab einen mehr ovalen oder faſt Fugeligen Hinterleib, während er fich dort in der Negel ſpindelförmig nach hinten ftark zufpißt. Der Körperfärbung jcheint hier eine andere Idee zu Grunde zu liegen, und jo lafjen ſich allerlei Unterſcheidungs— merfmale zwijchen beiven auffinden. Eine zweite, über alle Weltteile verbreitete Gattung gejelliger Welpen heißt Polistes. Der Hinterleib ift bier im Umriß lanzettförmig, das erſte Glied verengert fich zwar all- mählih nad vorn, verlängert ſich aber nicht jtielartig, und indem der Hinterrüden ſchräg abfällt, entjteht zwijchen ihm und dem Hinterleib eine bedeutende Kluft. Das Kopfſchild it vorn winfelig vorgezogen, am oberen Rande fat gerade abgeſtutzt und ein Fühler vom anderen ziemlich entfernt. Die in Länge und Breite nahezu gleichen Kinnbaden find an der Kauflähe von vier Zähnen bewehrt, deren drei gleiche hinterjte gleiche Abſtände von— einander haben, während der Spigenzahn, weldher dem Nachbar jehr nahe jteht, fich durch Kürze und Stumpfheit vor den anderen auszeichnet. Die männlichen Fühler endlich biegen ihre Spiten hakenförmig nad) außen. Die gi eſter gehören zu den einfachiten und beftehen aus einer, jelten zwei Waben, welche unbededt bleiben. Die franzöſiſche Papierweſpe (Polistes gallica) ift nicht nur in Frankreich, ſondern auch in Deutfchland jehr weit verbreitet; hier wie es jcheint in der Abart Polistes diadema, wo nicht die Fühlerfpigen Franzöſiſche Papierweſpe. Hornijie. 261 durchaus gelb, ſondern höchſtens an der Unterſeite rotgelb gefärbt ſind. Der ganze Körper iſt reichlich, aber veränderlich auf ſchwarzem Grunde gelb gezeichnet. Bor allem find ſämtliche Hinterränder der Hinterleibsringe ringsum mit gelben Einfaſſungen geziert, welche auf dem Rücken nach vorn wie ausgefreſſen erſcheinen, am Bauche der mittleren Auskehlung entbehren. Sm erſten Frühjahr erſcheint das befruchtete und überwinterte Weibchen und baut an dem Zweige eines Bujches, einem Stamme, wie unjere Abbildung (©. 255, Fig. 3) angibt, oder unter einem Mauervorjprunge, an einem kurzen Säulen einige wenige Zellen, welche mit der Zeit eine hüllenloje Rojette bilden. Der Sommer muß jehr günjtig jein, wenn die kleine Gejelliehaft fich derartig vermehrt, daß eine zweite Bruttafel nötig wird, welche der erſten durch ein Mittelfäulchen angeheftet ift. Lepeletier beobachtete derartige Neſter öfters bei Paris und ſchätzt die Bürger eines ſolchen Staates zu der jpäteren Jahreszeit, in welcher Männchen und Weibchen vorhanden find, auf 60—120 Stüd, letztere auf 20—30. In einzelnen Zellen hat er auch Honigvorräte angetroffen, welche jeiner Anſicht nad) für die Erziehung der weiblihen Larven bejtimmt find. Am 16. Auguſt 1873 fand ich in Gmunden das Neft der Abart mit jeinen Bewohnern und zahlreichen gededelten Zellen unter der Pfoſte eines Feniters zu ebener Erde, wo es infolge eines abgebrochenen Steinteiles eine Kleine Höhlung ausfüllte. Die Weſpen ſaßen in größter Nuhe auf dem Nejte, erhoben ſich jämtlic) höher auf den Beinen, als ich mic) ihnen näherte, und fegten ihre Flügel in janft ſchwingende und jchwirrende Bewegung, ließen es aber gejchehen, daß ich das jchnell abgelöfte Nejt jamt ihnen in eine unterge= haltene Schadhtel fallen ließ und dieje jchloß, ohne daß nur eine weggeflogen wäre. Diejer Umftand und die Lage des Nejtes (das Fenſter gehörte der Borderjeite des mit einer Bier- brauerei verbundenen Gajthaujes an, und eine belebte Fahritraße führte an demjelben entlang) jprechen für die geringe Scheu und den weniger wilden Charakter diejer Wejpen. Nachdem diejelben durch Eingiegen von Schwefeläther betäubt worden und vom Neſte ab: gefallen waren, widelte ich diejes in Papier und legte es in eine Pappſchachtel neben einigen Reiſebedarf, da die Zeit meines dortigen Aufenthaltes bald abgelaufen war. Später jah ich, im Dampfwagen fißend, an der vor mir hochliegenden Neijetajche einige Polistes umberjpazieren. Alle Puppen im Weite waren nad) und nach ausgefrochen, und die Weſpen hatten das Weite gejucht, auch ſchwache Spuren ihres Triebes zum Bauen zurüdgelajjen: denn mehrere Zellen inmitten der Wabe zeigten weiße Ränder, zu welchen das Einpader papier den Stoff geliefert hatte. Weit interefjanter find die Beobadhtungen, welche von Siebold an derjelben Abart angejtellt hat. Er hing nämlich an kleine Brettchen die bei München nicht jeltenen Nejter an der Süd: und Oſtſeite von Bretterwänden oder Gebäuden feiner Umgebung auf, um fie jederzeit unterfuchen zu fünnen. Nachdem er nun beobachtet hatte, daß die jungen Gejellfhaften gegen den Sommer hin neben der Stammmutter nur Arbeiter, aber noch feine Männchen enthielten, fing er von einigen Nejtern die Mutterwejpe weg, entfernte aus den Zellen jämtliche Eier und die jehr jungen Larven, jo daß nur die mehr erwachjenen den Arbeitern gelaffen wurden. Nachdem jene einige Tage von diejen verpflegt worden waren, fanden ſich in den geleerten Zellen neue Eier, welche nah von Siebolds Anfiht nur von den jungfräulichen Arbeitern gelegt jein fonnten, da diejelben niemals fremde Welpen auf dem Neſte dulden. Aus diejen Eiern entwidelten fih Männchen, wodurch für den Beobachter der volljtändige Beweis geliefert war, Daß bei Polistes gallica die Männchen durch Barthenogenejis aus unbefruhteten Eiern entjtehen, wie bei der Honig: biene dies jchon länger befannt ift. 262 Zweite Ordnung: Hautflügler; zweite Familie: Faltenweſpen. Die Gattung Vespa begreift heimische Arten von jo übereinjtimmenden Formen und Farbenzeichnungen, daß es bisweilen ſchwer wird, fie mit Sicherheit voneinander zu unter: icheiden, zumal bei manden die Männchen von ihren Weibchen in legterer Hinficht ab: weichen und dadurd die Schwierigkeiten in Feltjtellung einer Art noch erhöhen. Die meiften heimischen find ſchwarz und gelb und in der Verteilung diefer Farben jehr übereinjtimmend. Gewöhnlich haben die Hinterränder der Leibesglieder gelbe Ränder, welche fih in ber Mitte nach vorn ausfehlen und bei dem Weibchen mit zwei jchwarzen Punkten gezeichnet iind; bei den Arbeitern entwideln fih diefe Binden etwas ſchwächer und nehmen mehr die Geftalt von Zaden an, da die ſchwarzen Punkte nicht immer ringsum gelb eingefaßt find. Die Gejtalt des Hinterleibes it bei Vespa jpindelförmig, er ftußt ſich an der Wurzel jenkreht ab und hängt dem gleichfalls teil abfallenden Hinterrüden an, daher der Zwifchenraum zwijchen beiden eng und tief. Das Kopfichild randet ſich oben und unten flach bogenförmig aus und nähert fih dort den Fühlerwurzeln jehr. Die Kinnbaden find vorn merklich breiter als hinten und jehräg abgejtugt, mit Zähnen an der unteren Hälfte ihrer Kaufläche verjehen, die an Größe von vorn nach hinten zunehmen, Die Fühler des Männchens, in der Geißel merklich länger, krümmen fich nicht an deren Spite nad) außen. Die Wefpen bewohnen Europa in wenigen Arten, die gemäßigten und Fälteren Gegenden Amerikas weit zahlreicher, fommen in China, Java und Djtindien vor; aus Afrifa und Neuholland find mir feine befannt. Die Waben ihrer Nejter werden von einer blätterigen Hülle umgeben. Die Hornifie (Vespa crabro) läßt ſich durch ihre bedeutende Größe und durd) die an der vorderen Körperhälfte vorherrjchende rote Farbe ohne Mühe von den übrigen Arten unterſcheiden. Sie kommt in ganz Europa und nördlich bis Lappland vor. Das überwinterte Weibchen beginnt Anfang Mai den Nejtbau an einem Balken, in einem leeren Bienenforbe alter Bauart, in einem hohlen Baumjtanıme und an anderen einfamen und von Menjchen gemiedenen Ortlichfeiten, und zwar mit einem Stüd Kugel- fläche der Fünftigen Hülle, deren Innenſeite an einem kräftigen Säulden die erſte Wabe mit nach unten offenen, jechsfeitigen Zellen angefügt wird. Der Bauftoff beiteht aus der grünen Ninde verfchiedener Bäume, beſonders junger Eichen, welche bisweilen ringsum abgeſchält und hierdurch wejentlich bejchädigt werden. Mit Zuthat von Speichel wird er zu einer gleihmäßigen Maſſe tüchtig zufammengearbeitet und in Form und Größe einer Wicke zwifchen Kinnbaden und Vorderbrujt eingetragen. Zu Haufe angekommen, hält die Hornifje ihr Baumaterial zwiſchen den vorderiten Knieen, faßt es mit den Zangen, legt es gegen die Stelle, an welcher weiter gebaut werden foll, und dreht es fortwährend gegen fich, indem fie ein Stückchen nach dem anderen abbeißt, anjegt, feitorücdt und glättet. Dies alles gejchieht aber mit folder Gejchwindigfeit, daß man meinen jollte, fie widele ein Band von einem Knaule ab und lege es zu dem bereits Vorhandenen. Gleihmäßig mit Nermehrung der Zellen wächſt die fie umgebende Hülle durch jchraubenartig fortichreitenden Anſatz, welcher zulegt eine blätterige, von flahen Blajenräumen durchjegte, ziemlich brödelige Schale bildet. Sit eine Keine Anzahl von Zellen fertig, jo beginnt das Eierlegen. Wie die königliche Honigbiene, jo ſteckt die beforgte Hornifjenmutter erſt den Kopf im jede Zelle, betaftet fie inwendig mit ihren Fühlern, dreht fih um, ſchiebt den Hinterleib hinein, und wenn fie nah S—10 Minuten wieder hervorgefommen ijt, kann man hinten am Boden das Ei leben jehen. Fünf Tage jpäter riecht die Larve aus und findet einen Vorrat von Futter. Ich erhielt ein jehr lehrreiches Stüd eines Horniſſenneſtes mit vertrodneten Larven in offenen und veriponnenen Zellen jowie in legteren auch entwidelte Zunge. Im Grunde der eriteren lag eine jchwarze, zu Pulver zerreibliche Maffe, zweifelsohne der eins getrodnete Futterbrei, welcher aus klar gefauten Kerfleibern, Bienen 2c. beiteht, auch mit Hornifie. 263 Honig vermiiht wird, wenn folcher zu haben iſt. Bon oben fällt die Horniffe wie die Wejpe über die auserjehene Beute her, wirft fie zu Boden, beißt ihr Beine und Flügel ab, jest fih dann mit ihr auf den Zweig eines benachbarten Baumes, faut den Teil, welchen fie eintragen will, gründlich durch und trägt ihn nach vollendeter Arbeit zwijchen den Frebzangen nach Haufe. Hier angelangt, ſetzt fie fich auf die Wabe, nimmt das Futter wie den Bauftoff zwiſchen die vorderiten Kniee, Enetet es nochmals durch, beift Stückchen lo3 und legt fie den jehon größeren Larven auf den Mund, der Reihe nach jeder ein Stückchen, bis fie alles verteilt hat. Dieje Art, die erwachjenen Larven zu füttern, gibt der Pfarrer P. W. F. Müller an, welcher in jeinem Bienenjtande einjt Gelegenheit hatte, ein jolches Neſt entitehen zu jehen; jolange die Larven noch klein waren, fonnte er die Ur W. / Weibchen der Hornijje (Vespa crabro), a in der Nüden-, b in der Seitenanjicht, e ein Wabenftüd mit gededelten und leeren Zellen, d Zarve, e Puppe. (d und e etiva vergrößert.) Art der Verforgung nicht beobachten; er jelbit reichte ihnen auf einem Stäbchen diden Honig, welchen ſie mit derjelben Gier verzehrten wie das von der Mutter gereichte Futter. Wenn die Made am neunten Tage ihres Alters erwachlen ift, füllt fie nicht nur Die Zelle ganz aus, jondern ragt jogar ein Stückchen aus ihr hervor, darum hat der Dedel, mit welchem jie jelbjt ihre Klauje zufpinnt, eine vollfommen halbfugelige Geftalt. Daß er aus einem Gejpinjt und nicht aus der Zellenmafje beiteht, habe ich an meinem Neſt— ftüdchen jehr deutlich wahrgenommen. Jetzt erſt, nachdem die Zelle geichloifen it, darf die Made wagen, hinten von ihr loszulafjen, ohne herauszufallen, und muß loslaijen, damit jie ein glaSartiges Gewebe um ſich jpinnen fann. Sit diejes auch fertig, jo ſtreift fie ihre Haut ab und wird zu einer Puppe. Nach abermals 14 Tagen fommt die junge Hornifjenarbeiterin herausjpaziert, weldhe mithin alles in allem vier Wochen zu ihrer Ausbildung bedarf. Sobald fie den eriten Schredf über das vollflommen Ungewohnte ihrer Lage überwunden, pußt fie fich Fühler und Beine, friecht dann zurüd in ihre Wiege, um jie vollfommen zu jäubern und zur Aufnahme eines zweiten Eies vorzubereiten. Welch Mufter von Ordnungsfinn und Sauberkeit, nicht angelernt, jondern angeboren! Findet 264 Zweite Ordnung: Hautflügler; zweite Familie: Faltenweſpen. jie ſchon Schweitern vor, jo nimmt fie der eriten beften, welche mit Futter anfommt, ein Stückchen ab, verfüttert es, und nachdem fie zwei Tage in diefer Weije fih häuslichen Gejhäften gewidmet hat, fliegt fie mit den Schweitern aus, geht auf die Jagd, bringt Baumaterial und vergißt nit, auch für ihre eigne Erhaltung Sorge zu tragen. Bald reicht die erite Bruttafel nicht mehr aus, man führt ein Säulchen auf, fängt die zweite in einem Zwijchenraum von etwa einer Zellenlänge an, vermehrt nach) Bedürfnis die ‘Pfeiler, welche feine bejtinnmte Stelle einnehmen, aber um fo zahlreicher werden, je größer der Wabenboden ift. Je nah der Witterung, ob dem Bauen und dem Sagen auf Futter günftig oder nicht, wächſt das Neſt jchnell oder langjam. Ein mir vorliegendes, in jeinem unteren Hüllenteil zerbrochenes und noch unvollendetes enthält fünf Waben und mißt in der Höhe 31,4 em, im Durchmefjer des Mantel3 an der fünften Wabe 47 em, ein Bau, welcher entjchieden aus einem höchſt günftigen Hornifjenjahr herrühren muß. Ein voll- endetes, freihängendes Neit hat nahezu Kugelgeftalt, behält unten und ſeitlich im Mantel eine Öffnung zum Aus= und Einfliegen und wird an diejer Stelle mit Schildwachen ver: jehen, welche bei Annäherung einer Gefahr fich zurüdziehen, um die Einwohner zu be: nadhrichtigen, die mit Wut auf den Angreifer jtürzen und Gebrauch von ihrer giftigen Waffe maden. Bon der zweiten Hälfte des September an, bejonders aber im Anfang des Dftober, werden nun auch Männchen und fruchtbare Weibchen geboren. Db hier in Bezug auf die Eier die gleichen Verhältniſſe jtattfinden wie bei der zahmen Honigbiene, ift wohl noch nicht unterfucht worden, ebenfowenig ermittelt, welche Verhältniffe auf die Entwidelung eines fruchtbaren Weibchen einwirken; anders gerichtete Fönigliche Zellen habe ich in feinem Hornifjenneft entdeden können, wohl aber einzelne in den Neihen, welche fich durch be: deutendere Länge und größeren Umfang auszeichnen. Mit dem Herannahen der rauhen Jahreszeit, nachdem fi die Värchen zujammengefunden haben, wird, wie Neaumur er: zählt, die noch vorhandene Brut von den bisher jo ſorgſamen Pflegerinnen jelbjt heraus: gerijen und dem Verderben preisgegeben, indem ſich dieſe in wilde Furien gegen die eignen Pfleglinge verwandeln. Sollte dieſes Verfahren bei Hornijjen und Wejpen Kegel jein, was ich unentjchieden lafjen möchte, jo würde e3 für einen weiteren jcharfen Gegen ſatz ſprechen, welcher im friedlicheren Charakter der Begetarianer, wie der Hummeln und Honigbienen, und dem wilderen der fleifchfreffenden Faltenwejpen bejteht. Bis auf Die befruchteten Weibchen, welche in den gewöhnlichen Verjteden Schuß vor dem Winter juchen und finden, gehen die Arbeiter und Männchen nah und nah zu Grunde, und die Herr: ſchaft diefer jonjt gefürchteten Tiere ift zu Ende. Daß fie ſich bei der nötigen Vorficht und rihtigen Behandlung auch zähmen lajjen, geht aus den interejjanten Mitteilungen des oben erwähnten Pfarrers hervor, welcher den Bienenkorb, worin der Bau angelegt war, von jeinem Plage wegtragen, ihn beliebig aufveden durfte, auch feinen Kindern und Freunden den Genuß an dem wunderbaren Treiben diejer Tiere verjchaffen konnte, ohne je von den jonjt wilden und unbändigen Beſtien beläjtigt zu werden. Der Staat, von dem er erzählt, nahm übrigens ein trauriges Ende: die Mutter: Horniffe, welche fort und fort aus- und einflog, Fam eines Tages nicht wieder, der Eifer der Arbeiter ließ merklich nad, und allmählich jtand der ganze Bau verwaift da. Alles übrige Getier aus der Gattung Vespa, welches unſere heimischen Gefilde den Sommer und Herbit über belebt und fih beim Einheimjen des Erntejegens in den Obſt— gärten und Weinbergen mehr beteiligt, als dem Befiger Lieb ift, gilt dem ungeübten Auge unterjcheidungslos als Wejpe. Der jhärfer prüfende Syſtematiker fennt aber mehrere Arten, deren Namen die wirklich vorhandenen an Zahl weit übertreffen und darthun, daß die Anfichten geteilt und Irrtümer nicht ausgejchlojjen find. Da ermüdende Bejchreibungen Jiote, gemeine, deutiche, mittlere und Waldweſpe. 265 notwendig fein würden, um die jo ähnlihen Arten alle mit Sicherheit feitzuftellen, mögen hier einige Bemerkungen über Unterschiede in der Lebensweile in den Vordergrund treten. Leicht läßt fi noch die rote Wejpe (Vespa rufa) an der roten HinterleibSwurzel von den übrigen unterjcheiden. Sie lebt in nur Heinen Staaten, jo daß fie für unfere Gegenden wenigſtens als felten bezeichnet werden muß, fommt übrigens aud in Nord: amerifa vor. — Unter der Erde bauen die gemeine Wejpe (Vespa vulgaris), welde auf Madeira, in Nordafrifa, Nordamerika und überall häufig in Europa fliegt und am gelben Kopfichilde mit einem nach unten erweiterten, ſchwarzen Längsſtriche gezeichnet zu jein pflegt, fowie die deutjhe Wejpe (Vespa germanica), meiſt mit drei ſchwarzen Punkten an der bezeichneten Stelle bei Weibchen und Arbeitern. Ihr Beiname ift unglück— lih gewählt; denn fie überjchreitet nicht nur in Europa vielfach Deutjchlands politische Grenzen, fondern fliegt auch in Syrien, in dem nördlichen Indien, in Algerien und Amerika. Alle drei Arten ftimmen in der Bildung ihres Kopfes injofern überein, als der untere Augenrand beinahe an die Wurzel der Kinnbaden ftößt. Die mittlere Wejpe (Vespa media), bei uns ebenjo gemein wie die beiden vor: angehenden Arten und in der gelben Färbung des Hinterleibes getrübter, mehr. braun: gelb, weniger rein wie alle übrigen, fommt in manden Jahren jtellenweije in ungewöhn- lien Mengen vor, wie in dem trodenen Sommer 1886 in den Gegenden des Schlierjees (bairiſches Oberland) nad) einer mir von H. Morin zugegangenen Mitteilung. Die aud) im Hausinneren durch die Zeit geſchwärzten Balken und Schindeln des 400jährigen „Probit: bauernhofes“ waren von den nejtbauenden Wejpen ihrer Oberfläche in einer Weiſe be: raubt, daß fie wie neu ausjahen. Als den Hausbewohnern der Lärm durd) das Geſumme und die jonftige Beläftigung durch die ungebetenen Gäſte zu arg geworden war, ftieß der Sohn vom Haufe, mit jeinem Imkeranzuge bekleidet, Hunderte von Nejtern, manche bis zur Größe eines Menjchenfopfes, von den Balken des Hausbodens herab. Als einige Tage jpäter, nachdem ſich der hierdurch hervorgerufene Aufruhr unter den Weſpen gelegt hatte, H. Morin das Schlachtfeld betrat, fand er von den Trümmern der zerjtörten Nejter nod) wenig vor. Das Material war zerileinert und zur Anlage neuer Nefter wieder nach den Balken getragen worden, wo fih ſchon fauftgroße Neiter zeigten. Einige von den Waben am Fußboden waren gleich) als neue Nejtanlage benugt und mit einem Mantel um: geben worden. Die Waldweſpe (Vespa silvestris Scop. oder V. holsatica F.) und einige andere jeltenere und etwas unklare Arten Haben zwijchen den beiden eben genannten Kopfteilen einen merklichen Zwijchenraum und heften ihre Nefter in das Laub von Bäumen und Sträuchern, mindeftens über der Erde irgendwo feſt. Diejelben beftehen aus einer papierähnlichen Mafje, weldhe die Weſpen aus der abgejchabten Oberfläche verwitterten Holzes mit Vermiſchung ihres Cpeichels beritellen. Sedenfalls hat der Ulmer Papier— fabrifant, welcher über jeinen Erzeugnifjen auf der Wiener Weltausitellung 1873 ein Weſpenneſt aufgehängt hatte, damit andeuten wollen, daß die Fabrifanten die Welt längit ſchon mit jo ſchlechtem, wie dem heutigen Papier, beglüdt haben würden, wenn fie fich früher an den Wejpen ein Vorbild genommen hätten. Die Neſter werden genau nad) demjelben Plane erbaut wie die der Horniffe, und die frei aufgehängten haben vor den unterirdijchen oder in hohlen Bäumen angebrachten den Vorteil voraus, daß fie Feine Kücdiicht auf die beengende Umgebung zu nehmen brauchen und ihre natürliche Form zur Geltung bringen können. Cie haben die Form eines Gies oder einer Zitrone, an der Ceite des unteren Mantelendes das Fluglod und im Inneren je nad) ihrer Größe mehrere Stodwerfe von Waben, deren mitteljte natürlich die äufßerften an Umfang übertreffen. Die Waldweſpe lebt in jehr ſchwachen Gejellihaften beifammen und baut daher nur feine Nefter. Ich fand ein folches, noch unvollendetes, von jungfräulichem Ausſehen, deſſen 966 Zweite Drdnung: Hautflügler; zweite Familie: Faltenweſpen. Stammmutter entjchieden zu Grunde gegangen jein mußte. Weißgrau von Farbe, hing e3 in der Größe einer jtattlihen Walnuß unter einem Winfel von ungefähr 45 Grad an einem Weidenzweiglein. An jeinem Grunde war es von einer napfförmigen Außenhülle wie von einer Manjchette umgeben, entjchieden die noch unfertige zweite Umhüllung des Doppel: mantels, welchen jedes vollendete Nejt diefer Art umgibt. Das Spitenende der inneren Umbüllung war in einer Rundung von 11 mm Durchmeſſer al3 Flugloch offen gelaffen und geitattete einen Blid in das Innere. Am Grunde der Höhle jaß eine Nojette von 12 jechsfeitigen, nach hinten verengerten Zellen, deren mittlere länger und vollfommener waren al3 die feitlichen. Der Mantel von Vespa media und anderen jegt jih aus muſchelförmig gewölbten Stückchen zuſammen, welche ſich ähnlich ven Dachziegeln deden und nur an - ihren Wurzeln und Seitenrändern zufammenhängen, in der Fläche voneinander Elaffen und blajenähnlihe Hohlräume bilden. Ich bejaß einige Nefter der genannten Art, welche die Länge einer unſerer Drudjeiten ziemlich erreichen und die Breite etwas übertreffen, jo daß eine Abbildung in natürlicher Größe hier nicht gegeben werden Fünnte. Die Frechheit und zügelloje Wildheit der Weſpen Fennt ein jeder zur Genüge, auch wenn er nicht, wie es mir einjt in meiner Kindheit widerfuhr, von einem ganzen Schwarme überfallen und unbarmherzig zeritochen worden ijt, weil er harmlos und völlig unfundig des Neftes den Fußpfad wandelte, neben welchem dejjen Eingang lag. Bor einigen Jahren machten ein Hirtenhund und feine Gejellfehaft eine gleiche Erfahrung. Auf einem Gute weideten Kühe. Die betreffende Stelle war von zahlreihen Maulwurfshügeln durdhjegt. Auf einem diejer fit der Hund, ein treuer Wächter jeiner Herde. Mit einem Male voll: führt derjelbe ein entjegliches Geheul und ftürzt fich verzweiflungsvoll in das nahe vor: beifließende Waffer. Der Kubhirt, zunächit nicht ahnend, was gejchehen, eilt jeinem treuen Tiere zu Hilfe, lockt e3 herbei und findet es mit Welpen gejpict. Noch damit bejchäftigt, die durch das Waſſerbad etwas abgefühlten Beitien von ihm zu entfernen, bemerkt er im Eifer nicht, daß auch er auf einem Vulkane ſteht. Die gereizten Tiere kriechen an feinen Beinen, innerhalb deren Bekleidung, in die Höhe, und auch er muß Tchlieglich im Waſſer einige Linderung für die ihm beigebracdhten Stiche ſuchen. Immer größer wird die Ver: wirrung. Jene Maulwurfshügel find von zahlreihen Schwärmen bewohnt, welde man bisher nicht beachtet hatte. Auch die weidenden Kühe waren einigen in den Weg gekom— men, und auch fie wurden von den in wilde Aufregung verjegten Weſpen angegriffen. Das Brüllen aller und fi in das Waſſer ftürzen war die Folge und der Kampf ein allgemeiner. Es Ffojtete große Mühe und die Mitwirkung vieler Kräfte, um allmählich die Ordnung wiederherzuftellen. Verjuche, jene Neiter zu zeritören und die Stelle für das weidende Vieh zugänglich zu machen, blieben erfolglos. Die Wejpen waren in jenem Sahre zu zahlreich und blieben Herren der Lage und der Ortlichfeit. Wenn eine mit ihrem lauten und drohenden Tſu! Tſu! Tju! zum Fenfter hereinfommt, erregt fie Furcht und Schreden. Eine Fliege, eine Spinne, ein Stüdchen Fleiich oder irgend welche Süßig— feit jucht fie hier und achtet nicht der BVerfolgungen, denen fie ausgejegt ilt, da dem rehtmäßigen Bewohner der Beſuch nicht galt. Unter deinjelben Gejumme entfernt fie ſich wieder, wenn fie das Gejuchte nicht fand; ein Fleifchladen in der Nachbarjchaft, die Körbe voll Obit, hinter denen die jonnegebräunte Höferin mit Argusaugen Wache hält, der zur Schau geitellte Pflaumenkuchen im Bäderladen: das find ihre Tummelpläße, wo fte Fliegen, Fleifh und Süßigkeiten zu reicher Auswahl findet, wenn fie die ländlichen Gefilde zur Abwechjelung einmal mit dem Leben in der Stadt vertaufcht hat. „Die hat den Kognaf gerohen“, jagte auf dem Züricher See ein Mitreifender, der eben aus feiner Felöflajche einen Schlud gethan hatte und fih num einer zudringlichen Weſpe faum erwehren konnte. Ihre Wildheit, ihre Eile, wer follte fie der Weſpe nicht verzeihen, wenn er bedenkt, daß Waldweſpe. 267 in der kurzen Friſt von kaum 6 Monaten eine Zwingburg von ſolcher Ausdehnung ge— baut, ein Staat gegründet und erzogen werden, alles das geſchehen ſoll, was dem darauf— folgenden Jahre ein Gleiches ſichert? Für dieſe Dinge will die Zeit ausgekauft ſein, werden Thaten, Entſchloſſenheit gefordert; das aber erſcheint dem Bedächtigeren, lange erſt Überlegenden als — Wildheit, Überftürzung! Wie bei den Horniſſen wird die Brut erzogen, und kaum iſt die junge Bürgerin der Gemeinde zugeführt, ſo unterzieht ſie ſich den Arbeiten ihrer älteren Schweſtern. Bauen, Jagen, Morden, Füttern und Erfriſchung der eignen, ſo angeſpannten Kräfte füllen die kurze Lebenszeit aus. Im Herbſt erſcheinen neben den Jungfrauen Männchen und Weib— chen, damit das Geſchlecht nicht ausſterbe; denn die Stammmutter hat ſich nun abgenutzt. Wenn durch Paarung der Grund künftiger Geſchlechter gelegt iſt, wöährenddem im Staate alles ſeinen gewohnten Gang weiter ging, und ſchlimmere Zeiten endlich eine allmähliche Erſchlaffung eintreten laſſen, blitzt die alte Thatkraft noch einmal auf in einem Werke, welches die gewohnte Grauſamkeit gegen andere dem eignen Geſchlechte zuwendet. Die Larven und Puppen, welche noch im Neſte ſind, bisher ſo ſorgſam gepflegt, werden nun un— barmherzig herausgeriſſen und dem Verderben preisgegeben. Eine allgemeine Aufgeregt— heit Löjt die Bande der Ordnung. Bis auf die befruchteten Weibchen, welche ſichere Verſtecke aufjuchen, jtirbt eine nach der anderen hin, und immer zahlreichere Leichen decken die Ge— filde, frei auf fahler Erde liegend, oder im Grünen begraben, wenn die Kräfte noch aus: reichten, um fich jelbit eine ſolche Grabjtätte zu erjchleichen. So knicken endlich die eriten Nachtfröſte die vormals jo unbändige, feinen Widerftand anerfennende Kraft der — Weſpen; dde und leer jtehen die Stätten, die noch Zeugnis ablegen von ihren friedlihen Thaten. Den Alten waren Horniffen und Wejpen ihrem wilden Charakter nach befannt, und denjelben Sinn, wie unjer heutiges Sprihwort, „in ein Weſpenneſt ftören”, hatte ent: Ichieden auch der bei Plautus vorfommende Ausdrud „erabrones irritare“, Hinficht: lich der Lebensweiſe begegnen wir noch manchen unklaren Borjtellungen. Der Wahrheit am nächſten fommend und zugleich am vollitändigiten find die Mitteilungen, welche wir bei Arijtoteles (9, 28) lejen: „ES gibt zwei Arten von Welpen (sphex). Die eine Art umfaßt die felteneren wilden; diefe leben im Gebirge, bauen ihre Neiter nicht in die Erde, jondern in Eichen, find größer, gejtrecter, dunkelfarbiger und mutiger al3 die anderen, übrigens alle bunt und jede mit einem Stachel bewaffnet. Ihr Stachel ift auch verhält: nismäßig länger und ihr Stich jchmerzhafter. Sie leben auch den Winter über in hohlen Eichen, aus denen man fie jelbjt in diejer Jahreszeit fliegen jieht, wenn man daran pocht. Es gibt bei ihnen, wie bei den zahmeren, Mutterwejpen und Arbeitswejpen. — Auch bei den zahmen Wejpen kommen zwei Sorten vor: Königinnen (hegemon), die man Mutter: wejpen (metra) nennt, und Arbeitsweipen (ergates). Die eriteren jind weit größer und janfter; die legteren werden fein Jahr alt, jondern jterben alle, jobald der Winter ein- tritt, wa3 man daraus jchliegen fann, daß fie, jobald die Kälte beginnt, ganz dumm werden und um die Zeit der Sonnenwende gar nicht mehr zu jehen find. Die Mutter: weſpen dagegen überwintern in der Erde und werden oft beim Graben und Pflügen ge: funden, nie aber Arbeitsweipen. Die Fortpflanzung der Weſpen gejchieht auf folgende Weije: Sobald die Mutterweipen beim Herannahen des Sommers einen Platz mit guter Aus: ficht gewählt haben, bilden fie jogleich ein Wejpenneft (sphecon), das aber nur Elein it und etwa vier Zellen hat. In diejen entjtehen nun Arbeitsweſpen, welche bald heran: wachen und größere Scheiben bauen, worin wieder Junge gezogen und dann wieder neue Scheiben angelegt werden, jo daß gegen Ende des Herbites die Wejpennefter am größten find, Allein nun erzeugt die Mutterweipe feine Arbeitsweſpen mehr, jondern nur Mutter: weipen. Dieje bilden jich oben im Wejpenneft als größere Maden in vier oder etwas 268 Zweite Ordnung: Hautflügler; zweite Familie: Faltenweſpen mehr aneinander hängenden Zellen, fait wie die Könige in den Bienenftöden. Sobald erſt Arbeitsweipen im Bau find, arbeiten die Mutterweipen gar nicht mehr auswärts, jondern lafjen ſich von den erjteren das Futter zutragen: dies fieht man daran, daß jebt die Mutterweipen gar nicht herumfliegen, fondern ruhig zu Haufe bleiben. Ob die vor: jährigen Mutterweipen, wenn neue ihresgleichen ausgefrochen find, von den jungen Welpen getötet werden, oder ob fie noch länger leben fünnen, ift noch nicht beobachtet. Die Mutterweſpe ift übrigens breit, ſchwer, dicker und größer als eine Arbeitswejpe und wegen ihrer Schwere im Fluge unbeholfener, Fann daher nicht weit fliegen und bleibt immer im Nefte, in deſſen Innerem fie bildet und baut. Eine ſolche Mutter findet man in den meilten Weſpenneſtern; allein man ift noch nicht darüber einig, ob fie Stacheln haben oder nicht. Indeſſen ſcheint es, als hätten fie, wie der Bienenkönig, zwar Stacheln, ohne fie jedoch hervorzuftreden und zu ftechen. Unter den Arbeitsweipen gibt e& jtachellofe, gleih den Bienendrohnen, andere aber haben einen Stadel. Die Stachellojen find Eleiner und feiger, die Beftachelten aber größer und mutig. Dieje nennen mande Leute Männ: hen, die Stachellojen dagegen Weibchen. Viele Weipen, die eigentlich einen Stachel haben, ſcheinen ihn gegen den Winter hin zu verlieren; doch kennt man noch niemand, der dies als Augenzeuge betätigen kann. Die Weſpen erzeugen fich namentlich in trodenen Jahren und in fteinigen Gegenden. Ihre Scheiben bauen fie aus einem Gemiſch von allerlei Dingen aus der Erde.” — An einer anderen Stelle (5,20) heißt es: „Aus rinden= und ipinnwebenartigem Stoffe — und jede geht von einem Anfangspunft und einer Wur— zel aus. Ihre Nahrung nehmen die Weſpen von einigen Blumen und Früchten, meijt aber leben fie von Tieren. Die Weſpenbrut jcheint nicht Durch Geburt zu entjtehen; denn fie ijt gleich bedeutend groß.” — An einer anderen Stelle ſpricht Ariftoteles von Eiern, Maden, Puppen, aus denen die vollfonmenen Wejpen entjtehen. — „Nimmt man eine Weſpe bei den Füßen und läßt fie mit den Flügeln fummen, jo fliegen die Stachellojen, nicht aber die anderen herbei, woraus mande Leute den Schluß ziehen, daß jene Männ: hen, dieje aber Weibchen feien. Des Winters fängt man zuweilen in Höhlen Weipen mit und andere ohne Stahel. Manche Weipen machen Kleine Nejter mit wenigen gellen, andere große mit vielen. Von den Mutterweipen findet man viele zur Zeit der Sonnen: wende an Ulmen, wo fie ebrige und harzige Stoffe jammeln. Einft zeigte fich eine große Menge von Mutterweipen, nachdem es das Jahr vorher viele Weipen und viel Regen gegeben hatte. Die Weſpen jagen an fteilen Abhängen und Erdjpalten, und alle dieje iheinen Stacheln zu haben.“ Am Ende der ganzen Familie jei noh der jandwespenartigen Papierwejpe (Belonogaster) aus Port Natal durch Wort und Bild gedacht. Kopf, Mittelleib und das dritte wie vierte Glied des ungemein langgeitielten Hinterleibes find ſchwarz, Geficht, Mund, Fühler, Beine, die Flügelſchüppchen ringsum, die Flügeladern teilmweife und der übrige Hinterleib rot gefärbt. Wegen kurzer, anliegender und Lichter Behaarung, welche den ganzen Körper bedeckt, nehmen die Farben einen etwas unreinen Ton an. Die gelben Flügel find an der Spige und am Saume ſchmal ftarf getrübt, und die zweite, an der Rand— zelle bedeutend verengerte Unterrandzelle nimmt beide rüdlaufende Adern auf. Alles weitere ergibt unfere Abbildung. Weil mehrere Arten diefer Gattung bereit bejchrieben find, mir aber weder Beſchreibung noch Weſpen felbft zu Gebote ftehen, unterlaffe ich die Bes jtimmung der vorliegenden Art. Diejelbe ift jehr gemein in jenen Gegenden, zeigt be: jondere Vorliebe für menjchlihe Wohnungen, wird aber wegen ihres empfindlichen Stiches, den fie in der Augennähe dem Menſchen beibringt, von den Eingeborenen ihrer Heimat all- gemein gefürchtet. Im Spätherbit für dortige Gegend, in dem Mai für uns, wenm es Sandmwejpenartige Bapierweipe. 269 troden und fühl wird, erjcheint die Welpe einzeln in den Behaufungen, um dafelbit zu über: wintern. Nachdem fie jih in einem Fenfter, unter Abdächern derjelben, in Schuppen oder unbewohnten Zimmern ein pafjendes Bläschen ausgejucht hat, fertigt fie einen hornigen Stiel, welcher von feiner Anheftungsitelle, beijpielsweije einer Thürpfoite, abjteht und fi) ſchwach nad unten neigt. Diejer Stiel wird am Ende mit einer Eleinen Nojette von Zellen verjehen, weiß, papierartig und zerbrechlid von Natur. Auf dieſem Neftchen bringt fie den Winter zu, ſucht aber zeitweilig an ſchönen Tagen das Freie auf. Im Frühjahr wird dieje Feine Zellenreihe allmählich vergrößert, von außen fonver, von innen fonfav, erft abwärts gebogen, dann umgeſchlagen und, eine Schleife bildend, zu ihrem Urſprung zurücdgeführt, um daſelbſt durch einen zweiten Stiel mit dem erjten verbunden zu werden. Es liegen mir drei Nefter von etwas einfacherem Bau vor, die alle darin übereinftunmen, daß ihr ſchräg nach oben gerichteter Grund ausgehöhlt, ja zum Teil tief napfartig erſcheint, und daß die äußeriten Bellen, namentlich die am höchiten aufjteigenden, ungemein Elein und kurz, zur Aufnahme von Brut unbrauchbar und gewiſſermaßen nur eine Umzäunung der Brutzellen find. Eine einzelne diejer letzten ähnelt einer langgeftredten, unten etwas abgejtumpf: ten Bapiertüte, und der Dedel der ge: ſchloſſenen bildet eine fajt die Halbfugel erreihende Kugelhaube. Dieje Zellen ftehen in nicht ganz regelmäßigen Reihen nebeneinander und nehmen bei ihrer Ge- ftalt am oberen Ende einen bedeutend größeren Umfang ein als am unteren. Dem früheren Sendprediger Gu— einzius ın Port Natal, welcher bis zu * 4 Sandmefpenartige Papierweſpe (Belonogaster) auf ihrem jeinem Tode und troß feiner zerrütteten Hefte, Natürliche Gröbe. Gejundheit großes Intereſſe an der— artigen Beobachtungen bewieſen hat, verdanfe ich diefe und andere Mitteilungen und Be: legitüde. Einjt hatte derjelbe einer Weſpe geitattet, ihr Net innerhalb der Thürpfojten jeiner Wohnung aufzuhängen, jo daß es beim Durchgehen nur, einige Zentimeter von jeinem Scheitel entfernt war. Troß des öfteren Zujchlagens der Thür und der dadurd erfolgenden Erjehütterung des Neftes wurde er während mehrerer Monate der Bau: und Brutzeit nur einmal von einer jungen Weſpe an der oben bezeichneten Stelle gejtochen, ward aber für den Augenblid feiner Sinne faſt beraubt. Kein Kaffer wollte fich der Thür auch nur nähern, gejchweige durch diejelbe gehen. Die Weſpen bewahen das Neſt ſorg— fältig, richten jich beit der Annäherung eines fremden Gegenjtandes alle hoc) auf, mit den Köpfen nach jener Seite hin und fummen unter jtarker Flügelbewegung. Dann ijt aber der Augenblid gefommen, ſich zu entfernen, Anfaffen des Neftes würde für die Wejpen ein geihen zum Angriff auf den Verwegenen fein. Sn vielen Stüden werden wir bei diejen Mitteilungen an unſere galliihe Papierweipe erinnert. Als bereit3 mehrere Zellen gededelt, jedoch noch feine Weſpen ausgejhlüpft waren, bradte Gueinziug eine junge Weſpe derjelben Art herbei, welche von einen eingetra= genen Neſte ftammte, um zu jehen, wie die Mutter fich wohl verhalten würde. Der Ans blid war für ihn ein wahrhaft ergreifender. Kaum hatte die bisher noch Kinderlofe den || m I | (N | 270 Zweite Ordnung: Hautflügler; dritte Familie: Ameisen. jungen Anfömmling bemerkt, als fie die größte Freude an den Tag legte. Wie um: armend nahm fie ihn zwiſchen ihre NVorderbeine und beledte ihn von allen Seiten mit dem größten Eifer, wie eine Ziege ihr Lamm, um ihn von dem überall anhaftenden frümeligen Staube zu reinigen. Wieder und wieder wurde ihr ein Stieffind auf einer Feder herbeigebracht, aber alle wurden von ihr mit gleicher Freude begrüßt, mit gleicher Liebe angenommen und in der eben angegebenen Weife gereinigt. Obgleich noch ſehr ſchwach und unficher in ihren Bewegungen, fo übernahmen jene jungen Weſpen doch jo: gleich Dienjte und juchten durch Einbeißen und Schütteln der von Larven bewohnten Zellen jene zum Hervorkommen einzuladen, um ihnen einen Tropfen heller Flüffigkeit, der aus ihrem Munde fam, von ihnen aljo mit auf die Welt gebracht worden war, al3 Futter anzubieten. Konnten fie feine Larve und jomit feine Verwertung für diefen Tropfen finden, jo jtrichen fie ihn mit dem Vorderfuß ab und warfen ihn über den Nand des Neftes. Diejer Tropfen erſchien bei allen jungen Wejpen bald nach) ihrem Ausjchlüpfen. Die Familie der Ameifen (Formicina) gehört gleichfalls zu den gejelligen Ader— flüglern, deren Gejellihaften fi zu gewiſſen Zeiten aus dreierlei Ständen zufammen: jeben, den geflügelten Weibchen und Männchen und den ſtets ungeflügelten Arbeitern oder verfümmerten Weibchen. Diejelben treten jelten bei den europäifchen, häufiger bei den ausländiihen Arten in 2—3 Formen auf, zeigen fi in der außergewöhnlichen Form bejonders großföpfig und find wohl auch als Soldaten von der gewöhnlichen Form unterschieden worden. Die Ameijenftaaten find, wie die der Honigbiene, mehrjährig. Der Kopf der Ameije ijt verhältnismäßig groß, bisweilen jehr groß bei den Arbeitern, flein bei den Männchen. An ihm fallen die kräftigen Kinnbaden am meiften in die Augen, welche nur in jeltenen Fällen walzig, meilt breit gedrüdt und an der Kaufläche jchneidig oder gezahnt erjcheinen. Unter ihnen verborgen liegt der Unterkiefer mit nur einem Lappen und 1—Ögliederigen, walzigen Taſtern. Die Lippentafter beftehen aus 2— 4 gleichfall8 walzigen Gliedern, und die Zunge gelangt nicht zu der Entwidelung wie bei den übrigen gejelligen Jmmen. Bon Wichtigkeit für die Einteilung find die fogenannten Stirnleijten, die nad) außen freien, nach innen mit der Kopffläche verwachjenen leiften: artigen Vorſprünge, welche über den Fühlern beginnen und nad) hinten und oben gleich-, auseinanderlaufend und geradlinig oder S-fürmig gebogen find. Die Fühler gehören der gebrochenen Form an, wenn auch bisweilen bei den Männchen infolge des kurzen Schaftes weniger deutlih, und ihre 9— 12gliederige Geißel ift fadenförmig oder nad) der Spiße hin mehr oder weniger feulenförmig angeſchwollen. Die drei Punktaugen auf dem Scheitel fehlen den Arbeitern häufig. Der Mittelleib bietet bei den geflügelten Ameifen feine befonderen Eigentümlich— feiten, dagegen erjcheint er ungemein ſchmal, nach oben ftumpffantig hervortretend bei denen, wo er nie Flügel zu tragen befommt, und er ift es hauptjächlich, welcher dem ganzen Körper den Ameijencharafter verleiht und einen Arbeiter von den anderen Ge: ſchlechtern unterjcheiden lehrt, jelbjt wenn dieje ihre Flügel verloren haben. Letztere ſitzen ziemlich Ioje und fallen aus, jobald die Paarung erfolgt ift. Ihr Geäder iſt dürftig: eine vorn nicht immer geſchloſſene Randzelle, eine, in jeltenen Fällen zwei gejchlofjene Unterrandzellen, 1—2 Düittelzellen nebft den beiden Schulterzellen bilden den ganzen Neichtum. Die Beine find ſchlank, Hüften und Schenkel nur durd einfachen Schenfelring verbunden, wie bei allen Raub: und Blumenweſpen, und die Füße fünfzehig. Der dem etwa? fonfaven erjten Fußgliede der Vorderbeine entgegengeftellte Cchienenfporn ift inner: Körperbau der Ameijen. 271 feit3 borftig bewimpert und bildet ſamt dem an gleicher Stelle bewimperten eriten Fuß— gliede das Werkzeug, mit welchem die Ameije fich reinigt, namentlich Fühler, Tafter und ſonſtige Mundteile abbüritet. Der Hinterleib beiteht aus ſechs, beim Männchen aus jieben Ningen und ift immer in einer Weife geftielt, daß man bei feiner Formbeitimmung den Stiel für ſich und den Hinterleib für ſich, jenen aljo für ein befonderes Mittelgebilde zu betrachten pflegt, welches dem Hinterleib entjchieden eine große Beweglichkeit verleiht. Das Stielchen ift entweder ein» oder zmweigliederig und bildet im eriten Falle einen Knoten zwilchen dem Hinter: rüden und Hinterleib oder einen an den Eden gerundeten Würfel (Typhlopone), in der Negel aber fit auf feiner Oberfeite eine von vorn nad) hinten gerichtete vieredige, gerundete, oben mehr oder weniger aufgerichtete Querleifte, die ſogenannte Shuppe, in jelteneren Fällen iſt feine ganze Erſtreckung platt gedrüdt (Tapinoma). Bei einem zwei- gliederigen Stielchen ftellt daS zweite Glied einen Fugeligen oder nad den Seiten hin verbreiterten, das erſte einen gejtielten Knoten dar. Der Hinterleib, nur mit einer Aus: nahme (Crematogaster) an jeinem Unterrande dem Stielhen angewachſen, hat einen fugeligen, ovalen, länglich elliptifchen oder herzförmigen Umriß und Ichnürt fih nur in feltenen Fällen zwifhen zwei Ringen ein. Bei den Männchen zeigt die letzte Bauchſchuppe (Afterklappe, Ventralflappe) bejondere Verjchiedenheiten und bevedt die Gejchlechtswerk: zeuge, wenn fie klein find, oder läßt die oft jehr großen teilweije frei. Durch) dieſe Teile, durch den Kleinen Kopf, längere und dünnere Beine, ſchmälere Kinnbaden und infolge der um eins vermehrten Gliederzahl an Hinterleib und Fühlergeißel unterjcheiden fic) die Männchen leicht von ihren Weibchen, verlieren auch nach dem Schwärmen die Flügel nie wie dieje. Die weiblihen und arbeitenden Ameijen, bilfige Geichöpfe, laſſen eine Fräf- tige, nad) ihnen benannte Säure in die Wunde fließen, und zwar aus der zu dieſem Zwecke nad vorn gebogenen Hinterleib3fpige, andere führen, wie die Stehimmen, einen Stachel und wehren fi) mit diefem. In beiden Fällen erzeugt die der Wunde mitgeteilte Ameijen- fäure Brennen und ſchwache Entzündung. Die wurmförmigen, fußlofen Larven beftehen aus zwölf nicht immer unterjcheid: baren Ringen, einem nad) oben gebogenen, hornigen Kopfe und find von weißlicher Farbe. An legterem unterjcheidet man ftummelhafte Kinnbaden, fleifchige, zu einem Stüd ver: einigte, vorn ausgerandete Unterkiefer, jederjeitS mit zwei großen Borftenhaaren bewehrt, eine fleifchige, zurücziehbare Unterlippe, aber feine Yugen. Mit wenigen Abweichungen it der Körper nad) vorn verdünnt, hinten dider, ftumpf gerundet und mit jpaltförmiger Afteröffnung verjehen. Dieſe durchaus unfelbjtändigen Larven können ſich nicht von der Stelle bewegen und müſſen gefüttert werden. Sie find in ihrer erften Jugend von allen Ständen übereinftimmend und unterjcheiden ſich nur jpäter durch unbedeutende Form: veränderungen, auffälliger aber durch die Größenverhältnifje. Mag der Unterichied zwischen Männchen und Weibehen im Ei verborgen liegen, der zwifchen Weibchen und Arbeitern in ihren verjchtedenen Formen bildet ſich wahricheinlich erit im Larvenftand aus, durch welche Verhältniſſe aber, willen wir nicht; denn daß es durch veränderte Koft fei, wie bei der Honigbiene, läßt fich darum nicht annehmen, weil dieſe immer nur in ausgebrochenen Flüffigkeitstropfen der fütternden Arbeiter befteht: die reife Larve fertigt bei den einen ein längliches, ſchmutzig weißes oder bräunliches Geſpinſt, in welchem fie zu einer ge: meißelten Puppe wird. Dieje eingehüllten Buppen bilden unter dem faljchen Namen der „Ameiſeneier“ als beliebtes Futter für gewiſſe Stubenvögel einen Handelsartitel. Andere jpinnen niemals, und wieder andere halten infofern die Mitte zwifchen beiden, als fi) nadte und eingehüllte Puppen beijammen im Neite finden. Sn einem jolden Falle ift die Spinnfähigfeit der Larven erwiejen und anzunehmen, daß diejenigen, welche nicht 272 Zweite Ordnung: Hautflügler; dritte Familie: Ameijen ipinnen, durch die Fütterung oder dur fonftige Verhältniffe nicht hinreichenden Epinn: toff in ihren Drüfen zur Entwidelung bringen fonnten. Die mit zweilnotigem Hinter: leibsjtiel ausgerüfteten Ameijen jpinnen als Larven der Negel nach nicht. Wie alle Aderflügler, jo ernähren fi die Ameifen vorherrfchend von Süßigkeiten, mögen dieje tieriichen oder pflanzlichen Urjprunges jein. Mit großer Vorliebe gehen fie den Blatt und Schildläuſen nah, um deren flüjlige Ausſcheidungen aufzuleden. Daher finden ſich Ameifen auch immer zahlreih da ein, wo die Blattläufe haufen, denen fie fein Leid anthun. Co füttern fie auch nur mit majjerhellen Tropfen, die fie aus der Mundöffnung treten lafjen, die Larven, Männchen und Weibchen ihres Neftes oder einen anderen Arbeiter ihrer Geſellſchaft, welcher fie anbettelt. Bei unferen heimifchen Arten werden feine Vorräte gefunden, während gemwilje Arten in wärmeren Erdftrichen jolche eintragen, und zwar Samen von Gräjern und Getreide, wovon ſchon die Dichter de3 Altertums zu berichten wußten. Außer den Nahrungsmitteln bezeichneter Art bedürfen die Ameifen auch einen gewiſſen Feuchtigfeitsgrad, und diejer bejtimmt auch den Ort ihrer Neſtanlage. Die meiſten Ameiſenneſter finden ſich in der Erde. Forel hat in den „Neuen Denk— ſchriften der allgemeinen Schweizeriſchen Geſellſchaft für die geſamten Naturwiſſenſchaften“ (Zürich 1874) ſeine ſchätzbaren Beobachtungen über die Schweizer Ameiſen niedergelegt und auch dem Neſtbau einen umfangreichen Abſchnitt gewidmet. Er unterſcheidet: 1) Erd— neſter, welche entweder einfach gegraben oder wenigſtens teilweiſe gemauert und mit einem Erdhügel verſehen, oder unter einem ſchützenden Steine angelegt ſind. 2) Holz— neſter, welche im noch zuſammenhängenden Holze in ähnlichem, zum Teil regelmäßigerem Verlaufe in den dauerhafteren Stoff gearbeitet find, wie jene in die feuchte Erde. Die fejteren Jahresringe bleiben meiſt als Wände jtehen, und der Verlauf der Holzfajer be: jtimmt den Verlauf der Gänge und Hohlräume. Es fommen bei diefem Neftbau bisweilen höchſt wunderliche Gebilde zu jtande, wie ein Stammjtüd im Vordergrund reht3 von dem Ameijenhaufen unjerer beigehefteten Tafel „Rote Waldameije” zeigt. Gewiſſe Eleine Arten, deren Gejellichaften wenig zahlreich find und der Gattung Leptothorax angehören, minieren in der dicken Borfe alter Bäume wenige flahe Kammern, welche unter ſich in Verbindung jtehen. Da die im Holze niftenden Ameifen gelunde Bäume nie frank machen, wohl aber an den franfen den Stoffwechjel bejchleunigen und namentlich die alten Baumftümpfe al3 die Brutjtätten manchen Ungeziefers jchneller zur Verweſung bringen, jo werden fie von dem Forſtmann als Bundesgenofjen angejehen und geihügt. 3) Eingehüllte Nefter (nids en carton) werden in der Schweiz nur von Lasius fuliginosus gebaut, einer Art, deren Drüjen vorherrfchend entwidelt find und ein Bindemittel liefern, mit welchem im Holze Dur) Aufmauern von zujammengefneteten Holzipänchen die inneren Räume auf: gebaut werden. Hierher mögen die Nejter gehören, welche die jogenannten Comehens auf Fuerto Nico oder die nachher zu erwähnenden „Itallfütternden Ameiſen“ anlegen. Erjtere bauen gewöhnlich zwiſchen Baumäften riefengroße Nefter wie Bienenförbe und überwölben überall, an den Äften, dem Stamme, den Blättern, an Steinen und an dem Erdboden die zu denjelben führenden Straßen mit einer gegen Licht und Regen ſchützenden Be: deckung, welche eine innere Weite vom Durchmefjer einer Federfpule hat. Diejelben Comehens dringen aber auch in die Häufer ein, durchbohren hölzerne Gerätjchaften und weihen bei ihren Märſchen nur dann von der geraden Linie ab, wenn undurddringliche Hindernijje in den Weg treten. ALS vierte Form bezeichnet Forel die Nefter von zujammengejegter Bauart, zu denen die allbefannten aus Pflanzenftoffen, bejonders fleinen Holzitüdchen zufammengetragenen Haufen unferer roten Waldameije, die wir jpäter noch näher fennen lernen werden, einen Beleg liefern. Hierher gehören auch die Mi Ba IHN * N I N M M f —— Im Te. . ame d Roke Wal Ameifennefter. 273 Bauten in alten Baumftünpfen, wo das zerfegte Holz ebenfo wie bei den Erdbauten die Erde benugt wird, um haltbare Gänge und Kammern in dem Mulme herzuftellen, 5) Zu den abweichenden Nejtern werden diejenigen gerechnet, welche ſich unter den vorigen nicht unterbringen lafjen, wie diejenigen in Mauerrigen, Felsipalten, menſchlichen Woh— nungen 2c. Dieje Andeutungen mögen genügen, um die große Mannigfaltigkeit im Neft- bau zu erkennen; für die bejtimmte Ameiſenart iſt diejelbe nicht charakteriftiich; denn es gibt kaum andere Kerfe, welche jich bei der Anlage ihrer ausgedehnten Wohnungen fo in die Verhältniffe zu jchiefen wiljen, wie die Ameifen. Wenn auch bejtimmte Arten fait aus: Schließlich unter Steinen in die Erde bauen, gewiſſe (Camponotus) mit Vorliebe im Holze, jo richten fi doch die bei weiten meiſten heimifchen mwenigitens nach den dargebotenen Verhältniffen und gehen darin jo weit, daß fie verlafjene Nefter beziehen, daß die Holz bewohner fih in holzigen Gallen verjchiedener Gallweipen häuslich einrichten, jobald jene ihre Behaufungen verlaffen haben. Se kleiner die Geſellſchaft, deſto einfacher das Net; je größer, dejto mehr Gänge und Hohlräume dehnen fich in der Ebene und in Stocdwerfen übereinander aus und bilden ineinander verlaufende Irrgänge, welche durch Wände, Pfeiler, Stüben der jtehen geblie- benen oder hier und da aufgebauten Stoffe (Erde, Holz) voneinander getrennt und gejtüßt werden. Beltimmte Wege führen nah außen, oft in weitere Entfernungen, und jtellen die Verbindung des Neftes mit den Weideplägen der Bewohner her. Nicht jelten findet man größere Bodenflächen mit zahlreichen Nejtern einer Art bejegt, welche alle untereinander in Verbindung ftehen, während umgekehrt unter einem Steine 2—3 Arten von Ameifen in fo naher Nachbarſchaft leben, daß fich die Gänge der einen zwijchen die der anderen winden und dennoch Scheidewände die einzelnen Baue vollfommen voneinander abjchließen. Das Bauen und Erhalten der Nefter nicht nur, bei welchen Arbeiten Kinnbaden und Vorderſchienen die Hauptrolle jpielen, jondern auch die häuslichen Gejchäfte fallen den Arbeitern anheim, und dieje find, wie wir jogleich jehen werden, Hinfichtlich der Für: jorge für die Brut wahrlich feine leichten. Bei denjenigen Ameifen, deren Arbeiter in verjchiedenen Formen auftreten, feheint bis zu einem gewiſſen Grade Arbeitsteilung ein: zutreten, wenigitens hat man beobachtet, daß die großföpfigen, Jogenannten Soldaten, welche bei ven Streifzügen nicht die Verteidiger, jondern mehr die Ordner und Führer bilden, mit ihren größeren Kinnbaden das Fleiſch und die jonjtige Beute zerjchroten und die zarter gebauten Arbeiter dadurch in die Lage verjegen, ihren Kräften entjprechende Stückchen wegichleppen zu können. Überdies können wir oft genug beobachten, daß da, wo für den einzelnen Arbeiter die Kraft nicht ausreicht, ein zweiter und dritter zu Hilfe fommt und mit vereinten Kräften oft unmöglich Scheinendes erreicht wird. In der Ver: einigung fühlt fih die Ameiſe überhaupt nur ſtark und zeigt nur dann ihren vollen Mut und ihre Kampfesluft, wenn fie auf Beihilfe von ihresgleihen rechnen kann; als einzelne oder fern vom Nejte weicht fie jedem Zujammenftoß gern aus. Aber auc hiervon machen einige Arten eine Ausnahme. Die Brutpflege erjtredt fich hier auf Eier, Larven und Puppen. Erjtere, friſch gelegt, find länglich, weiß oder lichtgelb, jchwellen aber vor dem Ausfchlüpfen an, biegen ſich an dem einen Ende etwas und werden glafig. Nachdem fie vom Weibchen in einer Kammer auf ein Häufchen gelegt worden find, werden fie von den Arbeitern wieder aufgenommen, fleißig beledt, wie es jcheint, hierdurch mit einer nährenden Feuchtigkeit verjehen, in einem oberen Stodwerf des Haufes aufgehäuft, wenn es warm wird, oder tiefer gejchafft, wenn die Witterung rauh und unfreundlich ift. Dasjelbe wiederholt jih mit den Yarven, die außerdem mit den ausgebrochenen Tropfen gefüttert, beledt und von dem anhaftenden Schmutze gereinigt werden. Auch die Puppen werden den ihrem Gedeihen entjprechenden Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 18 274 Zweite Drdnung: Hautflügler; dritte Familie: Ameifen. Witterungsverhältnifien nach umgebettet, hier- und dorthin getragen, und wer hätte nicht ſchon gejehen, wie beim Aufheben eines Steines, unter welchem fie während des Sonnen: icheines an der Oberfläche des Baues liegen, die jorgjamen Pflegerinnen fogleich herauf: geitürzt Fommen, eine ergreifen und damit eiligit im Inneren der Gänge verfchwinden, um jie vor der Störung von außen zu ſchützen und in Sicherheit zu bringen. Als Trage dienen bei diejen Arbeiten die Kinnbaden; in der Eile wird auch manchmal eine Bürde ver: loren, und da find es die Fühler, welche allein nur das Wiederauffinden vermitteln. Selbit dann noch, wenn die junge Ameije im Begriffe jteht, ihre Buppenhülle zu verlaffen, find die Echweitern hilfreich bei der Hand, zerreißen das Gejpinft und unterftüßen das Be: freiungswerk, welches in den meilten anderen Fällen dem neugeborenen Kerbtier allein überlaffen bleibt. Somit erreicht bei den Ameiſen die Brutpflege den höchiten Grad der Entwidelung unter allen gelellig lebenden Hautflüglern. Bedenken wir nun, daß ohne Beihilfe von Flügeln die eigne Nahrung und durch fie der Überfhuß für die Brut zu bejtimmten Zeiten für die zahlreichen Weibchen und Männchen herbeigejchafft werden muß, die alle nicht jelbjt für ihre Erhaltung jorgen, daß die Anlage, Erweiterung und Erhal: tung des Neſtes, alle diefe mühſamen Verrichtungen dem Arbeiterſtande zufallen, jo ijt es eben nur durch deſſen Emſigkeit möglich), den jchweren Pflichten nachzukommen, und er würde ſchließlich der Arbeit unterliegen, wenn nicht dur) das Schwärmen der Über: füllung des Neftes und einer Überbürdung der Arbeiter von der Natur vorgebeugt worden wäre; doch hiervon ſpäter. Sm weiteren Berlauf einer allgemeinen Schilderung des Ameijenlebens können wir uns nur an einzelne, bejonders auffällige Erjeheinungen halten, da es fi nicht nur bei einer und derjelben Art je nach den äußeren Berhältniffen (Ortlichfeit, Jahres: zeit, Witterung 2c.), jondern in noch viel höherem Maße bei den verjchievenen Arten außerordentlih mannigfach geftaltet und, wollen wir ehrlich jein, zum großen Teil nur jtücfweife und noch jehr unvollflommen zu unjerer Kenntnis gelangt if. Zunächſt ift die Lebensdauer der verjchtedenen Entwidelungsitufen und die Zeit, in welcher die ein— zelnen im Neſte erjcheinen, verjchieden nad) den Arten, nad der Jahreszeit, nad) den Sahrgängen. Bei gewifjen Arten werden die ſämtlichen Eier im Herbite gelegt, und die fruchtbaren Weibchen finden fih im Frühjahr meift nicht mehr im Nejte vor (Solenopsis fugax), bei den meiften anderen find Eier vom Frühjahr an bis zum Herbite im Neſte und bedürfen wohl die Fürzejte Zeit (14 Tage), um in den nächitfolgenden Entwidelung3: ftand überzugehen. Bei der oben genannten Art leben die Larven vom Herbfte bis zum Juli des nächſten Jahres, während beifpielsweile von Tapinoma Anfang April den Eiern entihlüpfte Yarven jehon vor Ende Mai zu Puppen werden Fünnen. Nächſt den Eiern bedürfen dieje in den meilten Fällen die nächjt Fürzere Zeit zu ihrer Entwidelung zum vollfommenen Kerfe, obſchon auch fie überwintern fünnen. Die Lebensdauer einer voll: endeten Ameije läßt ſich am ſchwierigſten feitjtellen, allenfalls vergleichungsweiſe behaupten, daß die der Männchen, welche nur der auf bejtimmte Zeiten fallenden Fortpflanzung dienen, die fürzefte und die Der befruchteten Weibchen länger als die der fich aufreibenden Arbeiter fein werde. Man nimmt an, daß die Stammmütter bi3 wenig über ein Sahr ihr Leben friften fönnen. Dieſer Anficht widerſpricht J Lubbod in jeinem trefflihen Werke „Ameijen, Bienen und Weſpen“; denn er hatte in einem feiner Nejter zwei Stanmmäütter (Königinnen), die mindeftens 7 Jahre alt waren, und einige Arbeiter gleichfalls von mehrjährigem Alter. Sene leben öfters in Mehrzahl in einem Nefte, da fie die Ciferfucht der Bienenföniginnen nicht fennen, geflügelte, alfo noch nicht befruchtete Weibchen und Männchen finden fich meilt nur zu bejtimmten Beiten, obſchon auch in diejer Beziehung Abweichungen wahrgenommen werden. So haben die Nejter von Formica pratensis das ganze Jahr hindurch Männchen Brutpflege. Ameijenfhwärme. 275 und Weibchen neben den Arbeitern, die von Leptothorax zu einer Zeit nur Männchen, zur anderen nur Weibchen. Die Männchen von Anergates find ungeflügelt, bei anderen Arten find fie im Ver: gleiche zu ihren Weibchen viel zu groß, um von diejen im Fluge getragen werden zu können, in beiden Fällen findet alfo die Baarung nicht wie gewöhnlich beim Ausihwärmen ftatt. Sn ſolchen Neftern aber, wo zu bejtimmten Zeiten, namentlich während des Auguſt, ge flügelte Männchen und Weibchen im Nefte ericheinen, halten ſich diejelben eine Zeitlang im Snneren desjelben verborgen, legtere beteiligen ſich wohl auch injofern an den häus— lien Arbeiten, als fie die Larven und Puppen mit umbetten helfen. Zunächſt wird es den Männden, die zu Lufttieren geboren find, in den unterirdiichen Räumen zu eng, fie luftwandeln auf der Außenfläche des Haufens umher, bejteigen Gräjer und andere Pflanzen in der nächſten Nachbarſchaft und verraten große Unruhe. Zwiſchen ihnen ericheinen Arbeiter, faffen fie mit den Zangen und juchen fie in das Neſt zurüdzubringen. Dieje Aufregung währt einige Tage, dann aber bietet fich dem Blicke des Beobachter ein überraihendes Schaufpiel, eine Hochzeit der Ameifen, dar. Nichts Menfchliches gibt einen Begriff von dem wirbelnden Aufbraufen, von dem man nicht weiß, ob es Liebe, ob es Wut bedeute. Zwiſchen dem Volke wilder Brautpaare, welche von nichts zu wiljen jcheinen, irren Un: geflügelte umher und greifen befonders die an, welche ſich am meijten verwidelt haben, beißen fie, zerren fie jo ftark, daß man meinen jollte, fie wollten fie vernichten. Das üt aber nicht ihre Abficht, fie wollen fie vielmehr zum Gehorſam, zu fich ſelbſt zurüdbringen. Diefe Jungfrauen überwachen alfo die Liebenden und führen eine ftrenge Aufjiht über die Worfeier der Hochzeit, diejes wahre Volksfeſt. Jetzt grenzt die Wildheit an Najerei: in taumelndem Wirbel erheben fih die Männchen, nad ihnen die Weibchen und in wech: jelndem Auf: und Abjteigen gelangen fie zu bedeutenden Höhen. Die Männchen jtürzen fih auf ein Weibchen, von den Eleineren bisweilen mehrere gleichzeitig, und verbinden jich mit ihm. Gin höherer Gegenjtand dient ihnen gewijjermaßen als Wahrzeichen bei diejem Gaufeljpiel: ein Baumgipfel, eine Turmipige, ein Berggipfel, jelbjt ein einzelner Menſch in einer ebenen Gegend. So geſchah es Huber, dem wir ſo viel über die Sitten der Ameiſen verdanken, daß ein Schwarm ſich über ſeinem Haupte langſam mit ihm fort— bewegte. Wie läſtig ſie bei dieſer Gelegenheit werden können, erfuhr ich 1869 in Geſell— ſchaft einiger Damen. Als wir die dunkle Treppe in dem Ausſichtsturm des Kynaſt hinaufkrochen, warnten herabkommende Reiſende wegen eines Ameiſenſchwarmes vor dem weiteren Vordringen. Wir wollten jedoch den herrlichen Blick auf das Hirſchberger Thal von jenem Punkte aus kennen lernen und gingen mutig weiter. Die Tauſende von Ameiſen, welche ſich an uns ſetzten, namentlich an eine lichtgekleidete Dame, verkümmerten uns den Aufenthalt da oben ungemein; denn hier und da, wo ſie auf die bloße Haut kamen, zwickten ſie in das Fleiſch und bewieſen in jeder Hinſicht eine ungewöhnliche Aufgeregtheit. Der— gleichen Erfahrungen kann man ab und zu in der beliebten Reiſezeit auf allen Ausſichts— türmen maden, an denen es in den mitteldeutihen Gebirgen nirgends Fehlt. Die Ameiſenſchwärme an einem ſchönen Augujtnachmittage, befonders nad einigen Regentagen, von Lasius flavus, niger, alienus, fuliginosus, Myrmica verjchiedener Art, Solenopsis fugax, Tapinoma caespitum und anderen ausgeführt, haben bisweilen die Menjchen in Furcht und Schreden verjeßt, namentlid dann, wenn die Shwärme einer größeren Landitrede fi zu fürmlihen Wolfen vereinigt und die Spigen der Kirchtürme als vermeintlihe Rauchwölkchen umſchwebt haben. Am 4. Auguſt 1856 vegnete es bei St. Saphorin in der Schweiz Myriaden jehwarzer, geflügelter Ameifen. Am 10. Auguſt, abends 5 Uhr 20 Minuten bis 6 Uhr, wurde von Wattwyl bis Liechtenftein, der Thur entlang, eine von Südweſten noch Nordoften ziehende Wolfe geflügelter Ameifen von 18” 276 Zweite Ordnung: Hautflügler;, dritte Familie: Ameijen. ichwarzbrauner Farbe in etwa 300 Fuß Höhe beobachtet. Zwiſchen beiden Orten löſte fie ſich auf und zerteilte fi auf Bäume, Häufer und Gräfer. Im September 1814 berichtet ein engliſcher Chirurg vom Bord eines Schiffes, daß eine S—10 Fuß breite Kolonne von 6 Zoll Höhe, beitehend aus großen Ameifen, das Waſſer auf eine Strede von 5 — 6 (englijchen) Meilen bevedt habe. Auch die alten Chroniken erzählen von dergleichen Dingen. Am 2. Auguft 1687, um 3 Uhr nachmittags, ſchwärmte eine ſolche Menge von Ameijen über dem Turme der Elifabethlirhe zu Breslau, daß das Volk fie für Rauch anjah und einen Brand fürchtete. Kurz darauf wiederholte ſich dieſelbe Erſcheinung um die übrigen Türme; e3 dauerte aber faum eine Stunde, fo fielen fie zu Boden, daß man fie hätte haufen: weile aufraffen können. Am 19. Suli 1679, gegen 2 Uhr, it eine Wolfe großer Ameijen über Preßburg geflogen und nad) einer DViertelftunde jo dicht herunteraefallen, daß man auf dem Marfte feinen Fuß vorjegen konnte, ohne einige Dußend zu zertreten; fie hatten alle die Fügel verloren, jhlihen langjam umher und waren nach 2 Stunden gänzlid) verfchwunden. Genug der Beijpiele. Legen wir uns jeßt die zwei Fragen vor: Wie fieht e3 während der Schwärnzeit im Nejte aus, und was wird aus den Schwärmern? Bei den ſchon einige Tage vor dem Schwärmen bemerfbaren Bemühungen der Arbeiter, unter dem geflügelten Volke Ruhe und Ordnung wieder herzuftellen, gelingt es doch, ein oder das andere Weibchen und Männchen zurücdzuhalten, welche fih in der nächiten Neit- nähe paaren. Eins oder einige folder Weibchen find es, die fie in das Neit zurüdbringen, ihnen die Flügel abreißen, ihnen alle Fürſorge erweijen, fie beleden, füttern und in gleicher Weife behandeln, wie wir e8 von den Bienen mit ihrer Königin bereit3 früher gejehen haben. Diefe Stammmutter ſorgt nun durch Eierlegen für das Fortbeitehen des Neites. Die Schwärmer gelangen entfernt vom Geburtsnejt, wie wir bereit3 ſahen, ſchließlich wieder auf die Erde, Taujende und aber Taujende werden eine Beute anderer Kerfe oder jolcher Tiere höherer Ordnungen, welche Geſchmack an ihnen finden, oder die Männchen jterben nach wenigen Tagen planlofen Umbherirrens einen natürlihen Tod, während die nicht verunglüdten Weibchen Gründerinnen neuer Nefter werden, ficher auf verjchiedene Weiſe bei den verfchiedenen Arten, auf welche aber, ift bisher noch bei Feiner durch unmittel- bare Beobachtung feitgejtellt worden. Zunächit entledigt ſich das befruchtete Weibchen mit Hilfe feiner Beine der Flügel, gräbt fih an einem ihm paſſenden Plägchen ein und legt Gier. Es liegt nun nahe, anzunehmen, daß es, wie die Wejpen-, die Hummelmutter, für deren Entwidelung zu Arbeiterameifen Sorge trage und diejen die Nejtanlage und alles weitere überlafje, für fich felbft nur das Eierlegen in Anjpruh nehme Nie hat man aber eine vereinzelte Ameifenmutter mit Puppen, nicht einmal mit erwachjenen Larven angetroffen, jondern nur mit Eiern oder jehr Kleinen Würmchen, und nie hat es bei den verjchiedenften Verſuchen in der Gefangenjhaft gelingen wollen, durch Vermittelung eines befruchteten Weibchens Arbeiterameijen zu erhalten. Infolge diejer Erfahrungen hat man gemeint, daß Arbeiter derjelben Art ein „herabgeregnetes“, befruchtetes Weibchen auf- griffen und mit ihm eine neue Kolonie ins Leben riefen. Hierauf bezügliche Verſuche find aber gleichfalls mißglückt und jenes meift als fette Beute von Arbeiterameijen verzehrt worden. Somit bliebe die Frage über die Entftehung neuer Nejter noch eine offene, und es wird bei der Gründung ebenſowenig an der größten Vielgeftaltigfeit fehlen, wie im übrigen Leben der jo höchſt interefjanten Eleinen Weſen. Aus diefem noch einige Züge mitzuteilen, ziehen wir für unjere Zwede einer Unter: ſcheidung zahlreicher Ameilenarten vor, wollen aber auch die folgenden Mitteilungen nur als eine Skizze betrachtet wiffen. Wenn wir ſchon öfter Gelegenheit fanden und fie auch im weiteren Verlauf unſerer Darftellung noch finden werden, von Schmarogern zu iprechen, welche fih in den Wohnungen gewiſſer Hautflügler einfinden, jo darf es nicht Gaftameifen. Naubameijen. Ameijenfreunde. 277 wundernehmen, daß auch in den Ameijennejtern fremde Einwohner vorfommen. Diejelben jtehen in jehr verſchiedenen Berhältniffen zu den Ameiſen, aber entjchieven in anderen als jene Schmaroger. Zunädjt wohnen verſchiedene Ameifenarten in einem Neſte, eine Erſcheinung, welche man mit dem Namen der gemifchten Kolonien bezeichnet hat. In denjelben find zwei weſentlich voneinander verjchiedene Fälle auseinander zu halten. Entweder nämlich lebt die eine Art in ihren drei Formen in dem Neſte der anderen und bildet ihren Gaft, oder e3 finden fich nur Arbeiter einer anderen Art vor, welche von den Arbeitern des Nejtes im Larven oder Puppenftand aus einem anderen Nefte geraubt worden find, weshalb man die legteren Raubameijen genannt bat. Zu den Gaftameijen, und zwar bei Formica rufa und congerens, gehört entjchieden die Fleine, gelbrot glänzende Stenamma Westwoodi (eine Anotenameije), von welcher man, weil man fie nie jelbjtändig gefunden hat, annehmen muß, daß ihr Beftehen von jenen Arten abhängig jei. Eine zweite Art, Asemorhoptrum lippulum, iſt gleichfalls für eine Gajtameife bei Lasius fuliginosus, bruneus und Formica sanguinea gehalten worden; von Hagens fand fie aber au in jelbjtändigen Staaten. — Zu den Naubameijen gehört entjchieden die jpäter näher zu bejprechende Formica sanguinea; fie arbeitet aber glei) ihren Sklaven, wie man die geraubten Arbeiter genannt hat, und es läßt fich jomit bei ihr ein Grund für ihr Jäuberhandwerf nicht angeben. Anders verhält es fih mit der Amazonenameije (Polyergus rufescens), einer durchaus bräunlichroten Art des ſüdlicheren Europa, welche jedoch auch bei Kleve, Mombach, Mainz, Soden beobachtet worden ilt. Sie raubt die Larven von Formica fusca und cunicularia und zeigt ſich dabei ungemein fühn und bijjig, ift aber jo arbeitsfcheu, daß fie verhungern müßte, wenn fie nicht von ihren Sklaven gefüttert würde. Bei zwei anderen, für Raubameijen geltenden Arten (Strongylognathus testaceus und Myrmica atrata) find die VBerhältnifje abermals anders und noch nicht hinreichend aufgeklärt. Die Amazonenameife und erſtere der beiden zulegt genannten Arten haben, abweichend von allen anderen heimijchen, walzenfürmige und ungezahnte Kinnbaden, entbehren aljo derjenigen Einrichtung, welche die Kinnbaden der übrigen Arten zu Arbeitswerfzeugen geitalten. Die Ameijenfreunde (Myrmefophilen) find weitere Bewohner der Ameijenneiter und gehören den verjchiedeniten Kerfordnungen an. Mehrere Forſcher haben diejen Ge- genjtand mit bejonderer Borliebe verfolgt und lange Verzeichniſſe von diefen Tieren an gefertigt, auch das Verhalten der Ameijen zu ihnen zu ermitteln fi bemüht. Hiernad) lajjen fich diejelben in drei Gruppen ordnen: 1) Ameifenfreunde, welche nur als Larven oder Puppen unter jenen leben und als unſchädliche Gejellichafter geduldet werden. So nährt fih, wie wir früher ſahen, die einem Engerlinge ähnliche Larve des gemeinen Goldfäfers (Cetonia aurata) von den vermodernden Holzſtückchen des unteren Reit teiles bei der Waldameije. 2) Ameijenfreunde, welche in ihrem volllommenen Zuftande in den Neſtern anzutreffen find, hier aber nicht ausſchließlich. Dahin gehören mehrere Stußfäfer (Hister), Kurzflügler, diejenigen Blattläufe, welche nicht freiwillig, jondern, von den Ameifen hineingetragen, bei ihnen als „Milchkühe“ leben müjjen. Der bejonderen Vorliebe aller Aderflügler für die Blattläuje wurde früher jehon gedacht jowie der Leiden— ſchaft der Ameiſen, jene ihrer Jüßen Auswürfe wegen allerwärts aufzujuchen. Sie betajten dieſelben mit ihren Fühlern, beleden fie und wiljen ihnen durch allerlei Liebfojungen auch Saft zu entloden, fie zu „melfen“, wie man dies Verfahren furz bezeichnet hat. Um dies bequemer haben zu können, entführen jie die wehrlojen, ſchwachen Tierchen in ihre Neſter und legen dabei weniger mütterlihen Sinn, al3 ganz gemeine Selbſtſucht an den Tag. Bei den in Baumjtämmen niftenden Arten, wie Lasius fuliginosus und bruneus, 278 Zweite Ordnung: Hautflügler; dritte Familie: Ameifen. wohnt häufig eine Blattlaus, Namens Lachnus longirostris, welche mit ihrem den Körper dreimal an Länge übertreffenden Schnabel an dem jungen Holze des Baumes jaugt; in unterirdiſchen Ameijennejtern erhalten wieder andere Blattlausarten ihre Nahrung aus den Wurzeln der Gräjer und anderer Pflanzen in nächſter Nachbarjchaft. Oft ums geben Ameijen eine Gejellihaft von Blattläufen mit einem Gehäufe von Erde oder anderen Bauftoffen, tragen auch ihre Eier in dasſelbe oder jegen eine Blattlausgejellichaft durch einen bevedten Gang mit ihrem Nefte in Verbindung. Solche bezeichnet von DOften-Saden als „ſtallfütternde“ Ameiſen und erzählt von einer Heinen rötlichen Art der Gattung Formica, mit braunem Hinterleibe, welche in der Nähe von Wajhington eine jchwarze Lachnus-Kolonie an einem Wacholderzweige ummauert hatte. Das röhrenförmige Futteral bejtand aus einer graubraunen, filzartigen Maſſe, die fi al3 zufammengebadene Härchen, wahrſcheinlich Baltichnigeln, von harzigem Geruch ergab. E3 war etwa 36 cm lang und ein Drittel diejer Erftredung breit, als e3 zur näheren Unterfuhung abge: brohen wurde. Bei einer anderen Gelegenheit fand derjelbe Foricher in Virginien an einem dicht mit Blattläuſen bejegten Asclepiasjtengel ein zerbrechliches, kugelförmiges Gehäufe von ungefähr 2,19 cm Durchmeffer, welches einer ſchwarzen Ameife jeinen Urjprung verdankte. In heiten Ländern, wo Blattläufe fehlen, vertreten die ihnen verwandten kleinen Gifaden deren Stelle. 3) Ameijenfreunde, welche auf allen ihren Lebensſtufen ausſchließlich in den Neftern bejtimmter Ameifen leben, ohne welche jie überhaupt nicht bejtehen würden. Hierher gehören der gelbe Keulenfäfer (S. 63) mit feinen Verwandten und noch zahl: reihere Staphylinen. — Zur Zeit fennt man an 600 Kerfarten aller Ordnungen, hauptſäch— lich Käfer, welche zu einer oder der anderen diejer drei Gruppen zählen. Die meiſten leben bei Lasius fuliginosus (150 Arten) und Formica rufa (100 Arten), von den wenigjten fennt man indejjen zur Zeit noch die näheren Beziehungen, in welchen fie zu ihren Wirten jtehen. Das gejchäftige Treiben der Ameifen hat ihnen vor Taujenden anderer Kerfe von jeher die regite Teilnahme derer abgenötigt, welche überhaupt Sinn für jolche Dinge haben, wie uns die zum Teil treffenden Bemerkungen der griechiſchen und römischen Natur: forfcher aus dem grauen Altertum beweijen. Das Leben der Ameijen ift nach Plutarch gewijlermaßen der Spiegel aller Tugenden: der Freundjchaft, der Gefelligfeit, Tapferkeit, Ausdauer, Enthaltjamkeit, Klugheit und Gerechtigkeit. Kleanthes behauptet zwar, die Tiere hätten feine Vernunft, erzählt aber doch, er habe folgendes gejfehen: Es wären Ameijen in die Nähe eines fremden Ameijenhaufens gefommen und hätten eine tote Ameije getragen. Aus dem Haufen wären nun dem Leihenzug Ameiſen wie zur Unterrevung entgegen- gefommen, dann wieder zurückgegangen. Dies wäre zwei: bis dreimal gejchehen. Endlich hätten die Ameifen aus dem Haufen einen Wurm hervorgejchleppt und hätten ihn den Trägern der Leiche übergeben, um leßtere von ihnen loszufaufen. Dieje hätten ven Wurm angenommen und die Leiche dagegen abgelafjen. — Jedenfalls bemerkt man überall bei ſich begegnenden Ameijen, wie fie die Tugend der Bejcheidenheit üben, indem alle, die leer gehen, den Beladenen ausweichen; wie fie ferner Dinge, die nicht gut fortzufchaffen find, weislich teilen, jo daß die Laſt dann auf mehrere verteilt werden fan. — Ariftoteles widmet an verjchiedenen Stellen den Ameijen nur wenige geilen: „Bienen, Ameijen, Wejpen, Kraniche leben in gejchlojjenen Gejellfchaften, die Kraniche und Bienen unter einem Ober: haupt, die Ameijen aber nicht. Sie find teil$ geflügelt, teils flügellos. Sie riechen Honig von weitem. Beſtreut man ihre Wohnungen mit gepulvertem Schwefel oder mit Dojten, jo ziehen fie aus. Die Ameiſen bringen Maden zur Welt, die anfangs Kein und rund- ih find, dann fi dur Wachstum verlängern und Glieder befommen. Die Fortpflanzung findet vorzüglih im Frühjahre ftatt. Die Ameijen find immerfort in Thätigfeit, laufen Anfichten der Alten über Ameijen. Tonſprache. Einteilung der Ameifen. 279 immer denjelben Weg, tragen Speiſen hervor oder verbergen fie, arbeiten bei Bollmond jelbit in der Nacht. Sie jagen zwar nicht Jelbit, tragen aber zufammen, was ſie finden.“ Plinius (11, 30, 36) wiederholt in der Hauptſache diejelben eben vorgetragenen Anfihten und fährt dann fort: „Wie groß ift ihre Anftrengung bei der Arbeit, wie an— haltend ihr Fleiß! Und weil fie, ohne voneinander zu willen, aus verjchiedenen Gegen= den Waren zufammentragen, jo haben fie bejtimmte Markttage, an welchen allgemeine Mufterung gehalten wird. Dann wimmelt's und grimmelt’3 und die einander Begegnen- den befragen und bejprechen jich mit großer Sorgfalt. Man fieht Steine, in welche ſie nach und nad Wege getreten haben, und man erfennt hieraus, wieviel jelbit die Emſig— feit ſchwacher Gefchöpfe vermag. Die Ameijen find, außer dem Menjchen, die einzigen Tiere, welche die Toten begraben. In Sizilien gibt e3 nur ungeflügelte.“ Auch Aelian betont an einigen Stellen das Eintragen von Körnern und deren Behandlung, um ihr Keimen zu verhindern. Abgeſehen von dem Begraben der Toten, welher Irrtum möglicherweife dadurch ent: ftanden ift, daß jede lahme und hilfsbedürftige Ameije von den ihr begegnenden Schweitern in das Neft gejchleppt und verpflegt wird, ift das Weſen der Ameiſen von alters her richtig erfannt und gewürdigt worden, vor allem ihre große Arbeitfamfeit, Klugheit und das Vermögen, Mitteilungen unter fih auszutaufhen. Es find in diefer Hinficht in jpäteren Zeiten allerlei Anfichten laut geworden, eine Zeichenſprache an verjchiedenen Beijpielen nachgewieſen und ziemlich) allgemein angenommen, namentlich aber die Fühl- hörner al3 das wichtigite Werkzeug zu der Aufnahme der Eindrüde von außen angejehen worden. Neuerdings meint Landois den Beweis geliefert zu haben, daß den Ameijen außerdem eine wirkliche Tonſprache zukomme, welche allerdings für das menjchliche Ohr meift nicht wahrnehmbar fei. Nachdem bei den Spinnenameijen (Mutilla) an einigen Hinterleibsringen das Werkzeug aufgefunden worden war, mit welchem diejelben jehr wohl auch für das menſchliche Ohr hörbare Töne hervorbringen können, unterjuchte der genannte Forſcher verjchiedene Ameijengattungen und fand bei Ponera jehr entwidelte Keibleiften am zweiten und dritten Hinterleibsringe, deren Ton übrigens auch dem menſch— lihen Ohre vernehmbar; weniger entwidelt fanden fie fich bei anderen Gattungen, jo daß der Genannte die oben aufgeftellte Behauptung für gerechtfertigt hält. Wir können diefen höchft interefjanten Gegenftand hier nicht weiter ausführen, durften denjelben aber auch nicht ganz mit Stillfhweigen übergehen. Daß der Geruch bei dem gegenfeitigen Erfennen eine bedeutende Nolle jpielt, iſt außer Zweifel. Foſſile Ameifen finden fih in großer Menge in den Tertiärihichten, und die Schiefer: platten von Oningen (im badifchen Seefreije) find oft mit Ameifenabdrüden der ver: ichiedenften Arten förmlich bedeckt. Auch der Bernftein enthält zahlreiche Ameiſeneinſchlüſſe, jedoch meift nur geflügelte. Das Heer der noch lebenden hat man in fünf Sippen ein- geteilt: die Drüjenameifen (Formicidae), deren in den Gliedern nicht eingejhnürter Hinterleib an einem eingliederigen, jehuppentragenden Stiele fißt; die Jangenameijen (Odontomachidae) haben diefelbe Hinterleibsbildung, einen Wehrjtachel und in den weib- lihen Geſchlecht Kinnbaden, deren Einlenfungsitellen ſich gegenfeitig berühren. Bei den Stadelameijen (Poneridae) wird zwijchen dem erjten und zweiten Hinterleibsgliede eine Einſchnürung bemerkbar, den Giftjtachel und den eingliedverigen Stiel haben fie mit der vorigen ſowie mit der folgenden Sippe, den Blindameifen (Dorylidae), gemein, wo die Weibchen und Arbeiter augenlos find. Ein zweigliederiger Hinterleibsitiel endlich fennzeichnet die Sippe der ftacheltragenden Iinotenameijfen (Myrmiecid ze Zu den artenreihiten Gattungen der Drüfenameifen gehört Camponotus. Die S-fürmig gebogenen Stirnleiften, die vom Kopfſchild entfernt eingelenkten Fühler und der Mangel 280 Zweite Ordnung: Hautflügler;, dritte Familie: Ameijen. der Nebenaugen bei den Arbeitern charakterifieren fie. Unſere größte deutſche Emſe, die Roß— ameiſe (Camponotus herculeanus, Fig. B, ſ. untenſtehende Abbild.), liebt die De: waldeten Gebirgsgegenden und legt ihr Neft unten in alten Bäumen an. Wenn fie im Sommer vor der Shwärmseit fich bemerkbar macht, jtaunt man überdiemächtigen, bis 17,5 mm langen Weibhen, welche den Grund jener Stämme ſchwarz färben. Die gelben Spigen ihrer langen, den Hinterleib weit überragenden Flügel zeichnen fie aus. Bei genauerer Ber trachtung ſchimmert der Körper infolge grauer Behaarung in diefer Farbe. Die am Mittelleibe glanzlofen Männden und die Arbeiter werden 8,15 — 11 mm lang. Unter demſelben deutichen Namen ift eine zweite Art (Camponotus ligniperdus) gemeint, welche ſich dur dunfelrote Zeihnung am Mittelleib unterſcheidet und ſich ſamt der vorigen A. Rote Waldameife (Formica rufa); 1 und 8) Arbeiter, 2) deffen Kopf, 3) Larve, 5) Puppe, 7) deren Gehäufe, 4) Männden, 6) Weibchen. Alles vergrößert B. Roßameiſe (Camponotus herculeanus); 1) Männden, 2) Weibchen, 3) Arbeiter. Ale in natürliher Größe. über Europa bis Oftfibirien und Nordamerika ausbreitet, von der Ebene bis zu den höchſten Alpen. Andere zahlreiche Arten derjelben Gattung kommen in allen Erdteilen ohne Yusnahme vor. Die rote Waldameije, Hügelameife(Formicarufa, Fig. A und Mittelteil obiger Abbild.) hat ein nicht ausgerandetes Kopfſchild, fein gerunzeltes Stirnfeld, unbehaarte Augen, eine aufrechte, beinahe verkehrt herzförmige, ſchneidige Stielfchuppe, einen braun— roten, beborfteten Mittelleib mit ſchwärzlichen Fleden, das Männchen dagegen einen durch— aus braunjchwarzen, infolge der Behaarung aber aſchgrau jehimmernden; dasjelbe ift größer als das Weibchen (11 mm), diejes nur 9,87 und der Arbeiter gar nur 4,5—6,5 mm. Die Waldameije lebt in ganz Europa, in Afien bis Oftindien und in Nordamerila. Sie baut unter unjeren heimifchen Arten die mächtigiten Nefter, indem fie in den Nadel: waldungen Hügel von 24-125 cm Höhe aus Blattteilhen, Nadeln, Harzkrümchen, Erd: klümpchen, Holzftüdchen mit bewunderungswürdiger Ausdauer und Kraftanftrengung zu: jammenfchleppt und auftürmt. Die Nefter nehmen unter der Bodenflähe einen noch viel größeren Umfang an als am oberirdifchen Teile. Zerftört man einen ſolchen Hügel, jo fommen Taufende von Arbeitern in dichtem Gewimmel zum Vorſchein. Für den erjchöpten Wanderer kann es nichts Erquidenderes geben, als wenn er die flache Hand, mit welder Noßameife. Rote Waldameife Blutrote Raubameije Hödfer:Drüfenameije. 281 er einige raſche Schläge auf einen ſolchen Hügel führte, unter feine Naje hält. Es iſt bei diejer Behandlungsmweife Schnelligkeit als Vorfihtsmaßregel notwendig, damit fi) feins der hierdurch wütend gemachten Tiere in die Hand einbeife oder an den Körper frieche, weil es jonft durch jehr unangenehmes Zwiden ſich empfindlich rähen würde. Einft tlopfte ich ein jolches Neft, welches am Nande eines Waldes etwas hoc) lag, und zwar genau vor der im Scheiden begriffenen Sonne. Nachdem wir, meine mich begleitenden Damen und ih, den aromatijchen Hauch von meiner Hand eingejhlürft hatten und uns im Weggehen nochmals nach den hörbar jehr unangenehm berührten, erzürnten Tierchen umfahen, genofjen wir das einzige Schaufpiel: Hunderte von filbernen Fontänen, beleuchtet duch die Strahlen der finfenden Sonne, jprudelten von allen Seiten bis 62 cm in die gewürzige Luft und löſten fi) auf ihrem Rückwege in zarte Nebel auf. Eine Sekunde, und alles war vorüber, nur ein Gefnifter und Geniftel zwilchen dem aufgewühlten Bau- material hörte man bei der feierlihen Abenditille auf viele Schritte Entfernung, die fort: dauernde Aufregung der jo unfreundlich in ihren verbrieften Rechten beeinträchtigten Tiere. Daß fie aus der Hinterleibsjpige die Ameijenfäure von ſich geben und jo einem Elopfenden Werkzeuge deren Geruch mitteilen, war mir befannt, daß fie diejelbe aber mit ſolcher Gewalt zu ſolcher Höhe emporjchleudern könnten, hatte ih nicht geahnt. Das Innere dieſer Nejter enthält ein Gewirr von Freuz und quer ſich vereinigenden Gängen und Eleinen Höhlungen, in denen fich die Bewohner herumtummeln, und von welchen nach allen Seiten hin Haupt: und Nebenftraßen weit von dem Hügel wegführen, welche durch das ununterbrochene Herbeilhaffen weiterer Pflanzentrümmer förmlich ge: glättet find. Die blutrote Raubameije (Formica sanguinea) ijt der vorigen ſehr ähnlich und früher öfters mit ihr verwechjelt worden, unterjcheidet fich aber durch ein ausgerandetes Kopfigild und im männlichen Geſchlecht durch einen vier: bis fünfzähnigen Kaurand der Kinnbaden gegen einen ungezahnten bei dem Männchen der vorigen Art, außerdem wejent: lih in der Lebensweile. Ihre Haufen find von geringerer Größe, beherbergen andere und bedeutend weniger Käfergäfte (gewöhnlich die beiden Kurzflügler Lomechusa strumosa und Dinarda dentata) und die Arbeiter von Formica fusca, cunicularia und jeltener auch von Lasius alienus, welche alle im Larvenzuftand von den Arbeitern des Nejtes geraubt werden. In fürmlichen Heerzügen begeben fie ſich nach dem Nejte einer der ge: nannten Arten, dringen mit Ungeſtüm in den Bau ein, töten alles, was ſich ihnen zur Wehr jegt und tragen Larven und Puppen der Arbeiter davon. Dergleihen Schlachten jind von verjchiedenen Forjchern beobachtet worden. Die jenen entjchlüpften Ameifen, nicht wifjend, daß fie in fremde Dienfte getreten find, gehen gleich den Arbeitern der Formica sanguinea den gewöhnlichen Beihäftigungen nach, jeheinen aber vorherrjichend den häuslichen Bedürfniffen zu dienen. Zerjtört man einen folchen Bau teilweife, jo werden ſie zunächſt fihtbar, um den entjtandenen Schaden wieder auszubefjern, während die Herren nur unruhig umberlaufen. Selten zeigen fie ſich mit jenen außerhalb des Nejtes. Bei einer Wanderung der Formica sanguinea, welche Darwin beobachtete, hätten die Herren ihre Sklaven zwijchen den Kinnbaden davongefchleppt, während von Hagens einen aleichen Umzug im Auguft beobachtete, bei welchem teils die Herren ihre Sklaven, teils dieſe die Herren nad) der anderen Kolonie trugen. Es kommt nämlich bisweilen vor, daß Ameijen ihr Neſt freiwillig verlaffen und umziehen, wenn irgend welche Umftände ihnen den bis: herigen Aufenthalt verleidet haben (Näſſe, öftere Störung feitens des Menjchen oder anderer Ameijen, wenn Dünger auf oder neben das Neft getragen worden iſt ac.). Während die Formica-Arten in der Erde nijten, wählen die Höder-Drüjenameijen (Lasius) die verjchiedenartigiten Bauftellen. 989 Zweite Ordnung: Hautflügler; dritte Familie: Ameijen. Die Gattung läßt fih an folgenden Merkmalen der Arbeiter und Weibchen erfennen: Das vorn nicht ausgerandete Kopfichild ift trapezförmig und gewölbt, an den Hinterecen ſtark gerundet, wo die ziemlich furzen Stirnleiften beginnen und die 12gliederigen Fühler eingelenft find; die Geißel derjelben ijt Feulenförmig, jedes Glied vom zweiten an wenig größer al3 das vorangehende, und das legte länger al3 das erſte. Die Nebenaugen find ſehr undeutlih. Der Mittelleib ift vor dem budligen und ungezahnten Hinterrücen jtarf eingeſchnürt, das Stielden mit einer vieredigen, jenfrechten oder beinahe jenfrechten Schuppe verjehen, auf welche der Hinterleib fich nicht auflegt. Die breiten Kinnbaden des Männdens find am Kaurande jchneidig und nur vorn einzahnig oder durchaus gezahnt, die unter ſich fait gleichen Geißelglieder der 13gliederigen Fühler fadenförmig, das erite am diditen. Die Kleinen Genitalien werden von der Nüdenfeite dachartig bededt, ihre äußere Klappe bildet eine jchmäler werdende, am Ende halbfreisförmig abgerundete Platte; die After: Elappe ilt nicht ausgejchnitten. Die glänzend ſchwarze Holzameije (Lasius fuliginosus), die größte von allen (bi$ 11 mm) und über ganz Europa verbreitet, mit Ausnahme der Pyrenäiſchen und Balfan-Halbinfel, legt Srrgänge in alten Baumftämmen an oder fittet dergleichen zufammen, wenn der Zahn der Zeit ſchon zu lange genagt und das Holz in Erde verwandelt hatte. — Die braune Ameife (Lasius niger), in ganz Europa und in Nordamerifa, auch auf Madeira anfällig, baut, gleich ihrer nur auf die Südhälfte Europas beſchränkten Schweſter, Lasius alienus, wie es eben paſſen will, in die Erde, in hohle Bäume, zwijchen Moos und dergleichen. — Lasius emarginatus jucht mit Vorliebe die Riten in Gartenmauern auf. Die wegen ihrer empfindlichen Biſſe berüchtigten gelben Ameijen, welche gleich: falls diejer Gattung angehören und mehrere Arten enthalten, von denen Lasius flavus am verbreitetjten ift, bauen befanntlich in die Erde unter dem Echuße eines Steine3 oder eines Hügels. Höchſt interefjant ift die ihrem Baue nach hierher gehörende Honigameije (Myr- mecocystus mexicanus oder melliger, j. Abbild. ©. 288, Fig. 1) im Hochlande von Meriko, Neu-Mexiko und Süd-Colorado. In den Erdneftern unter einem Kieshügelchen finden fich ın verjchiedenen Stodwerfen Gänge und Gemächer und in einigen diejer legteren, mit den Beinen an der gewölbten rauhen Dede angehäfelt, Nundbäuche, deren Hinterleib bis zur Größe einer Stachelbeere angejchwollen find von dem im Kropfe angehäuften Honig. Es find dies Arbeiter, welche von anderen Arbeitern als Borratsfammern benugt und mit Honig gefüttert werden, welchen fie über Nacht friichen Galläpfeln entnehmen, die am Ge— büjch der dort häufigen Zwergeiche zahlreich auftreten. Bei einer auftraliichen Ameiſe (Cam- ponotus inflatus) fommt diejelbe Honigfülle im Kropfe infolge der Überfütterung vor. Die Stahelameijen (Poneridae) führen diefen Namen, weil Arbeiter und Weibchen mit einem Stachel bewehrt find. Ihre Gejellihaften bejtehen aus nur wenigen Gliedern, find meiſt nur im Arbeiterftande befannt und in Europa ſparſam vertreten. — Die von Zatreille aufgejtellte, bisher zu den Poneriden gerechnete Gattung Odontomachus hat man mit noch einigen anderen zu einer bejonderen Sippe erhoben und zwijchen die Drüjen- und Stachelameijen eingejchoben. Die ſchlanken, ſchmalen Tiere zeichnen ſich durch den langen, nad hinten gerichteten Dorn auf ihrem einzigen Stielfnoten aus jowie durch die zwei Unterrandzellen und die drei Mittelzellen in den Flügeln. Das Merkwürdigite an ihnen bleiben aber bei Weibchen und Arbeitern die Kinnbaden durch ihre Bildung und Anheftung; an der äußerten Spige des auffällig geſtreckten Kopfes fiten fie, die über: mäßig langen, mit den Wurzeln dicht bei einander, wie die Flügel einer Drahtzange vor ihrem Niete. Nur Aien und Südamerifa ernähren dergleichen interejjante Tiere. Schwarze Holzameije. Braune u. gelbe Ameife. Honig-, Treiber-, Hajenameije. 283 Eine vierte, ebenfalls nur ausländiſche Sippe, welche von anderen Schriftitellern als ſelbſtändige Familie hinter die Ameiſen gejtellt worden, fünnen wir an dieſer Stelle durd) eine furze Bemerkung über die Lebensverhältniffe einer Art einführen. Die Doryliden (Dorylus, Labidus, Anomma und andere), welche man in der Dreigeitaltigfeit der Arten noch jehr unvollfommen kennt, gehören nur den heißen Erdftrihen an, vorzugsmeile Dftindien, Senegambien und Brafilien. Die Treiberameije (Anomma arcens), eine Bewohnerin des weitlichen Afrika, hat ſich durch ihre eigentümliche Lebensweije eine gewiſſe Berühmtheit erworben. Die Geſellſchaft, in welcher jich Kleinere und größere (bi$ 11 mm lange) Ameijen befinden, hat feine feſten Wohnfite, jondern führt ein umherjchweifendes Leben. Weil den Tieren die brennenden Sonnenftrahlen verderblich werden, jo halten jie ji) bei Tage unter Gras und im Dickicht verborgen und ziehen nur des Nachts auf Raub aus. Mitunter jind fie aber doch genötigt, ins Freie zu gehen, und dann übermauern fte jofort die Straße, welche fie zu ziehen haben, dur) ein aus Erde und Speichel gemengtes Gewölbe „Während meines Aufenthalts auf der Station Barombi des deutihen Schutzgebietes“, erzählt Dr. Preuß, „fraßen diejelben dreimal während der Nacht die jungen Tauben in dem Taubenjchlage, einen Papagei, einen Hahn und ein Perlhuhn; auch überfielen ſie mehr: mal3 den Hühner: und den Schafftall.” Auch in menſchlichen Wohnungen lafjen te fich bisweilen bliden, wo eine allgemeine Flucht der Natten, Mäufe, Schaben, Eidechien, welche ſich etwa darin aufhalten, ihre Annäherung verfündigt und die Einwohner mahnt, ſchleunigſt ihre Betten zu verlaſſen und das Freie zu juhen. Werden zur Negenzeit ihre Schlupf: winfel überſchwemmt, jo ſcharen fie fich in einen runden Haufen, die Brut und Schwäd): linge in die Mitte nehmend, zujammen und treiben auf den Fluten, bis ſie an irgend einer Stelle auf das Land abgejegt werden. Über Bäche und jehmälere Gewäjjer, auf welche fie bei ihren Wanderungen ftoßen, jollen fie eine lebendige Brüde jchlagen, indem fie jich aneinander befeftigen, wie wir diejes Verfahren bald von einer amerikanischen Art näher erfahren werden. Die Anotenameijen (Myrmicidae) bieten den größten Formenreichtum dar und nötigen die Syjtematifer, fie auf ungefähr 42 Gattungen zu verteilen, welche bei weiteren Forſchungen noch vermehrt werden dürften. Der zweifnotige Hinterleibsitiel und Stachel bei Weibchen und Arbeitern bilden die allen gemeinfamen Merkmale Gattungen, wie Myrmica, Eciton und Atta, Aphaenogaster, Monomorium, Typhlatta und andere, deren drei erjtere länger befannt find, die anderen den beiden eifrigften Ameijenforichern (Diyrmelologen) der Neuzeit, ©. Mayr in Wien und Smith in London, ihre Gründung verdanken, gehören hierher und liefern zum Teil zahlreiche Arten. Es jei nur weniger heimischen gedacht, um Raum für einige interejjante Schilderungen aus den großartigen Lebensverhältnifjen mehrerer fremdländijchen zu gewinnen. Die Najenameije (Tetramorium caespitum) ijt überall in Wäldern, Gärten, Wiejen, unter Steinen, Baumjtumpfen, Raſen jehr gemein. Die unterivdiichen Gänge haben eine weite Verbreitung, lodern die Erde und ſchaden dadurch der Wurzel zarterer Pflanzen in den Gärten. Weil die Buppen fich in diejer Sippe nicht einjpinnen, die der Weibchen überdies für die Keinen Arbeiter riejig ericheinen, jo gewährt es einen höchſt eigen: tümlihen Anblid und jegt große Kraftanjtrengung jeitens der Arbeiter voraus, wenn jene täglich mehrmals umgebettet werden. Im Auguft und September jhwärmen dieje Ameiſen, und dann fieht man die Geflügelten an Gräjern allerwärt3 umherſitzen und gejchärtig umberlaufen; die Arbeiter fommen als Sklaven auch in den Nejtern von Strongylognathus testaceus vor. Die Öattung ift charakterifiert durch ein hinten jeitlicd) aufgebogenes und 284 Zweite Ordnung: Hautflügler; dritte Familie: Ameijen. die Fühlergrube unterwärts umrandendes Kopfichild, viergliederige Kiefer:, dreigliederige Sippentafter, durch 12 alieverige Fühler, deren drei legten Geißelglieder mindeitens jo lang oder länger als die übrigen find, und durch einen nicht eingeſchnürten, Hinten zweizähnigen Bruftkaften. Die Männchen zeichnen ſich dur einen Gabeleindrud auf dem Rüden des Mittelleibes, ungeteilte Nandzelle, zehngliederige Fühler, deren Schaft Fürzer als das zweite Geißelglied ift, und dur) gezahnten Kaurand aus. Die Najenameije ändert in der Färbung von Gelbbraun bis Braunfhwarz ab; Kinnbaden, Geißel, Gelenke der Beine und Fühler find heller, Kopf, Mittelleib und Stielhen runzelig längsitriefig, beim Weibchen Mittel: rüden und Schildchen glatt; das Männchen ift am dunfelften, glänzend braunjchwarz, an Kinnbaden, Fühlern und Beinen gelblih, nur an Kopf und Hinterrüden längsriefig. Die Arbeiter erlangen eine Größe von 2,3—3,5 mm, die Weibchen dagegen von 6—8, die Männcden bis 7 mm. Bon Ernte-Ameijen find jchon im grauen Altertum Andeutungen gegeben, die jpäter in Zweifel gezogen worden find, bis Sykes (1829), nah) ihm Buckley, Lincecum u. a. durch fortgeſetzte Beobahtungen die Zweifel wieder hoben und an verjchiedenen Ameijenarten den Beweis lieferten, daß fie infolge ihrer Yebensweie den obigen Namen mit Necht verdienen. Wir befigen aus jüngeren Zeiten (1879) eine ausführliche Arbeit von Mac Cook (‚The Natural History of the Agricultural Ant of Texas. A monograph of the habits, architecture and structure of Pogonomyrmex barbatus Sm * in „Acad. of Nat. Sc. of Philadelphia‘‘) über die bei Auftin und Camp Kneaſſ in Teras beobachtete Pogonomyrmex barbatus, deren vollftändigen Titel wir hier angeführt haben, um den Liebhaber auf das Original zu verweilen, da hier des beſchränkten Naumes wegen nur kurze Andeutungen über das Leben diejer interefjanten Ameifenart gegeben werden fönnen. Diejelbe gehört zu den größeren, braungefärbten mit gewöhnlichen Arbeitern und grobföpfigen, den fogenannten Soldaten. Da diefe Ameije die Sonne liebt, fo legt fie ihre Nejter an freien jonnigen Stellen an, welche je nad) den Verhältnifjen des Bodens über der Erdoberflähe verichiedene Formen annehmen Fönnen. Für gewöhnlich find es flache, jcheibenförmige Haufen, weldhe in Entfernungen von fünf Schritten fi ausbreiten, diefelben können aber auch eine höhere, mehr Tegelförmige Geftalt annehmen, welche durch Ortlifeiten bedingt zu fein jceheint, wo durch anhaltenden Regen das Wafjer den Flach— bauten nadteilig fein könnte. In beiden Fällen reinigt die Ameije den Grund rings um den Ort von allen Hindernifjen und glättet die Oberfläche bi zu einer Entfernung von 3—4 Fuß der Eingänge zu jenen Hügeln, indem fie dem Plage das Anfehen eines ſchönen Nflafters gibt. Innerhalb diejes Hofes wird außer einer einzigen Art von Gras fein grünes Blatt geduldet und jedes andere Kraut abgebiffen, wie dies bei der urjprünglichen Anlage der „Städte nötig war. Das am meilten gepflegte Gras hat man Ameijenreis genannt (Aristida strieta), es wird aber auch noch das Buffalo-Gras (Buchla dactyloides) als für den Anbau geeignet namhaft gemadht. Die ausgefallenen Samen diejer Gras: arten werden mit einer gewiljen Auswahl von den Ameijen eingetragen, in Borratsräumen aufgeipeihert, au), wenn legtere durch anhaltenden Regen durchnäßt jein ſollten, wieder hervorgeholt und zum Trodnen auf der Bodenoberfläche ausgebreitet. Dieje Samen dienen während der Winterzeit mit noch einigen anderen eingetragenen Cämereien zur Nahrung und werden vor den Herbitregen auf den Hügeln ausgejäet, wo fie üppig gedeihen und in der oben erwähnten Weije rein gehalten werden. Cine andere Ernte-Ameiſe (Atta crudelis) in Florida joll nicht die ausgefallenen Körner, jondern die Samen am Stengel eintragen, im übrigen aber eine ähnliche Lebensweije führen. Die Ecitons bewohnen Brafilien, einige bis Mexiko reihend, und find bisher falt nur im Arbeiterftande befannt geworden. Cie unterjcheiden fih von den übrigen Ernte-Ameijfen. Eciton®, 285 Knotenameijen durch zweigliederige Kiefer: und dreigliederige Lippentafter, durch eine Grube für die zwölfgliederigen Fühler, welche nach innen von den Stirnleiiten, nach außen von einem Kiele begrenzt wird, durch jehr Kleine, einfache Augen an Stelle der Netaugen oder gänzlihen Mangel derjelben, und endlich durch die meiſt zweizähnigen Fußklauen von den befprochenen Arten ſowie durch ihr Nomadenleben, indem fie feine Nefterbauen. Bates gibt in jeinem „Naturforiher am Amazonenftrome” höchſt interejjante Einzelheiten über das Leben diejer von den Eingeborenen „Touöca‘* genannten Tiere, welche wir den fol- genden Mitteilungen zu Grunde legen. Die Ecitons ziehen alle in Scharen auf Raub aus und werden dabei von einer Fliege (Stylogaster) begleitet, welche in zitternder Flügelbewegung einen Fuß hoch oder niedriger über ihren Scharen jchwebt, jich plößlich herabläßt, wahrjcheinlich um mittels ihrer langen Legröhre ein Ei an den von den Ameijen fortgejchleppten Larven unterzubringen. Beinahe jede Art hat ihre Eigentümlichkeiten, wie und wo fie in geordneten Heerjcharen aufmarjchiert, und auch diejenigen, welche dieje zujammenjegen, find nicht gleih. Man unterjcheidet jehr wohl zwiſchen großföpfigen und fleinföpfigen Arbeitern, welche aber nur bei einigen Arten (Eciton hamatum, erraticum, vastator) durch andere Bildung der Kinnbaden beweijen, daß beide nicht zu gleicher Ar: beit befähigt find; in den meijten anderen Fällen finden fich Übergänge in der Körper- größe, und Bates fonnte feinen Unterjchted in den Verrichtungen der Groß: und Klein- föpfigen wahrnehmen. Eciton rapax, der Rieſe der Gattung, injofern bi$ 13 mm große Arbeiter vorkommen, durchzieht in nur ſchwachen Kolonnen den Wald und jcheint haupt- jählih die Nejter einer Formica-Art zu plündern, wenigitens fanden ſich häufig ver- jtümmelte Körper derjelben auf ihren Wegen. — Auch bei einer zweiten Art, Eciton legionis, welche bedeutend kleiner ijt und fich in diefer Beziehung wenig von unferer europäiſchen roten Knotenameije (Myrmica rubra) unterjcheidet, teilen jich die beiden Arbeiterformen nicht in die Gejchäfte, wenigjtens betragen jie fih auf den Zügen ganz gleich. Dieje wurden von Bates auf den jandigen Campos von Santarem jelten gejehen, aber um jo bejjer beobachtet, weil das Dickicht die Ausfiht nicht verjperrte. Die Heere beitehen aus vielen Taufenden, welche ſich in breiten Kolonnen vorwärts bewegen; werden fie da= bei geitört, jo greifen fie den eindringenden Gegenftand mit derjelben Wut an wie die anderen Arten. Bei einer Gelegenheit gruben fie am Hange eines Hügels in die lodere Erde Minen bis zu 26,2 cm Tiefe, um dicke Ameiſen (Formica) herauszuholen. Die ver: einten Kräfte verdoppelten und verdreifachten den Eifer, mit welchem fie die Beute vor- zogen und in Stüde zerriffen. Der Beobachter wünjchte einige der angefallenen Ameijen zu jammeln und grub danach; dag war jenen aber gerade recht, in ihrem Eifer nahmen jie ihm diejelben unter den Händen fort, und e3 koſtete Bates wahre Mühe, einige un: verlegte Stüde in Sicherheit zu bringen. Beim Anlegen der Minen, welche den Näubern den Weg zum Raube bahnen jollten, ſchienen die kleinen Arbeiter in verjchiedene Abteilun- gen geteilt zu jein, indem die einen gruben, die anderen die Erdteilchen entfernten. Als fie tiefer eingedrungen waren und die Schwierigkeiten der Arbeit zunahmen, wurde der Hand- langerdienft eingerichtet: den von unten Herauflommenden nahmen die Kameraden, welche jie jhon oben am Rande erwarteten, die Bürde ab und trugen fie weiter. Auch ver- taujchten ſie bisweilen ihre Rollen, die Schachtarbeiter blieben draußen und jene fuhren ein, um die Erde bis zum Rande zu fördern. Sobald aber erft die Beute fihtbar wurde, griff alles zu, zaufte und zerrte nach allen Richtungen, alles jchleppte fort, jo viel die Kräfte erlaubten, und marjchierte damit den Abhang hinunter. Nach zwei Stunden waren die Nejter jo ziemlich ausgenommen, und in einzelnen Zügen bewegten fich die Sieger den Hügel hinab, trafen aber alle unten wieder in gejchlofjener Kolonne zufammen, welche fi 60— 70 Schritte weit erjtredte und an einem fteinharten Hügelchen ihr Ende erreichte. 286 Zweite Ordnung: Hautflügler; dritte Familie: Ameifen. An dieſem ging der Strom hinauf. Biele, die bis dahin leer mitgelaufen waren, halfen num ihren Kameraden die jehwere Bürde hinaufjchaffen, und allmählich verſchwand die GSejellihaft durch einen oberen Eingang in die Tiefe des Baues. Zwei andere jehr gemeine Arten (Eciton hamatum und drepanophorum) find fich jo ähnlih, daß eine genaue Unterfuchung nötig wird, um fie unterjcheiden zu können; aber nie untermijcht, ftet3 getrennt ziehen die gedrängten Scharen zu Taufenden in den Uferwäldern des Amazonenftromes einher. Die Größe der Ameifen ein und derjelben Sejellihaft ift ungemein ſchwankend, man kann Zwerge von ein fünftel Zoll neben einen halben Zoll langen großföpfigen mit ungeheuern Kiefern hinwandeln jehen. Che ein Fuß: gänger auf einen Zug ſolcher Ameiſen trifft, wird er durch das Zwitſchern und unruhige Umberflattern eines kleinen Schwarmes einfarbiger Vögel, der Ameifendrofjel, im Dieicht aufmerkfjam gemacht. Geht er ungeachtet diefer Warnung noch einige Schritte vorwärts, jo fühlt er fich mit einem Male von diejen Kleinen Näubern angefallen, welche jcharen: weile mit unglaublicher Schnelligkeit an jeinen Beinen in die Höhe Friechen, ihre Zangen in die Haut einschlagen, auf dieſe Weije Anhalt gewinnend, die Hinterleibsjpige nad) vorn biegen und mit aller Kraft jtechen. Es bleibt dann nichts anderes übrig, als jchleunigft nach dem anderen Ende der Kolonne zu entfliehen. Die Beſtien haben fich fo verbifjen, daß man fie beim Abnehmen zerreißt und der Kopf an der Wunde fißen bleibt. Auf den unglüdlihen Wanderer war es urjprünglich nicht abgejehen, er kam den im Didicht ihr Unmwejen treibenden Ameifen nur zu nahe, die überall Schreden und Aufregung ver: breiten, wo fie ihre Straße ziehen. Vorzüglich haben die ungeflügelten Kerfe, Spinnen, andere Ameijen, Maden, Raupen, Aſſeln und andere alle Urſache, ji) vor ihnen zu fürdten. Die Ecitons fteigen nicht hoch an den Bäumen hinauf und beläjtigen die Vogelnejter daher wenig. Bates meint folgende Angriffsweije verbürgen zu fünnen: Die Hauptfolonne, 4—6 nebeneinander, rüdt in einer gegebenen Richtung vor, den Boden von allen tieriſchen Stoffen reinigend, gleichviel ob lebendig oder tot, wobei fie bier und da eine Eleine Ceitenfolonne abjenden, welche an den Flanken der Haupt: armee furagiert und dann wieder in den Hauptzug eintritt. Wenn irgendwo in der Nähe der Marſchlinie eine bejonders günftige Stelle entdeckt wird, wie etwa ein Haufen verwejenden Holzes, in dem fich viele Inſektenlarven aufhalten, jo wird Halt gemacht, und ein ſtarkes Heer jammelt fih an diejer Stelle. Die mwütenden Gejchöpfe durch— juhen nun jede Spalte und reißen alle großen Larven, welde jie an das Tageslicht bringen, in Stüden. Intereſſant iſt es, wie fie die Weſpenneſter ausplündern, welde fie manchmal an niedrigen Sträudern antreffen. Sie nagen die papiernen Dedel von den Zellen, um zu Larven, Puppen oder jchon entwidelten Wejpen zu gelangen, und reißen alles in Fegen, ohne Nücjicht zu nehmen auf die beleidigten Inhaber und natürlichen Wächter des Baues. Die Heere marjchieren nie weit auf einem betretenen Wege, trogdem it ihnen Bates manchmal halbe Meilen weit nachgegangen, hat aber nie ein Neſt aufgefunden. Einſt beobachtete er einen Zug, welcher eine jchmale offene Stelle über: Ihritt und etwa eine Länge von 60—70 Schritte hatte, ohne daß man weder Bortrab noch Nachhut jehen konnte. Alle bewegten fich in einer Nichtung bis auf einige an der Außenjeite des Zuges, welche eine Eleine Strede rüdwärts gingen, dann aber wieder vor: wärts mit dem Strome; dieſe Bewegung nad hinten jegte fich aber in gleicher Weife an der ganzen Außenjeite fort, und dies ſchien eine VBorjichtsmaßregel zu fein, um den Zug zuſammenzuhalten; denn die Slankenläufer blieben häufig einen Augenblick ftehen und be: rührten einen und den anderen ihrer Kameraden in der Kolonne mit den Fühlern, um irgend eine Mitteilung zu mahen. Wenn Bates den Zug ftörte, jo wurde dieje Störung bis zur Entfernung von mehreren Schritten den übrigen mitgeteilt, und der Zug fing an, Eciton?. Padicour-Ameiſe. 287 fich bis zu diefem Punkte rücfwärts zu bewegen. Alle Kleinen Arbeiter trugen ein Bündel weißer Maden zwijchen ihren Kinnbaden, welche anfangs für ihre Brut gehalten wurden, fich aber nach jpäteren Erfahrungen als Raub auswiejen. Bejonders merfwürdig nahmen fich in diefem Zuge die großföpfigen Arbeiter aus, von denen etwa einer auf ein Dußend der Kleinen fam, und deren feiner etwas trug, jondern alle liefen leer und außerhalb des Zuges in ziemlich regelmäßigen Zwifchenräumen voneinander. Diele Beobachtung wurde dadurch bejonders erleichtert, daß ihre großen, weitglänzenden Köpfe beim Marſche über fleine Unebenheiten vor den anderen auf: und abwogend hervoriahen. Daß fie die Ver: teidigung der anderen übernommen hätten, wie man nad) der ihnen gegebenen Benennung „Soldaten“ erwarten müßte, Fonnte nicht bemerft werden; der Bau ihrer Kinnbaden verbietet ihnen übrigens auch, fich in einen Feind einzubeifen. Bates jah die Ceitons fich im Sonnenſchein auch tummeln, gegenfeitig beleden und pugen und auf dieje Weife von der Arbeit ausruhen. Bar hatte Gelegenheit in Guayana, nahe beim Sinnamaryfluß, die Kreuzung zweier Ameifenzüge zu beobachten, von denen der eine aus der jogenannten Padicour-Ameiſe (angeblid Eciton canadense Lfr.), der andere aus der Viſitenameiſe gebildet wurde. Sene waren auf der Wanderfchaft begriffen, diefe nur bei ihrer täglichen Be— ihäftigung, Blätter von den Bäumen zu ſchneiden, und gingen beladen und leer gejchäftig bin und her. Die Eeitons hatten einen Kanal gefunden, der von einem Stüd Holz ge: bildet wurde, die Vifitenameifen gingen unter demjelben weg, und alles war in beiter Drdnung. Wir jegten ung nieder, um das Benehmen diejer beiden jo verfchiedenen Arten zu beobachten, die in uns die DVorjtellung zweier ganz verjchteden gebildeter Menjchen: klaſſen hervorriefen. Auf feiten der Viſitenameiſen war große Kraft; gewijje von ihnen wandelten daher, ſchwer beladen mit Blattſtückchen, die zehnmal größer als fie ſelbſt waren, wobei fie fih oft an Hinderniffe im Wege ftießen und zuweilen umpurzelten; immer aber erhoben fie fich wieder und feßten ihren Weg ruhig fort, ohne ihre Laſt loszulajjen. Nichts war in der That bewundernswürdiger, als die wirklich gewiljenhafte Art, mit welcher dieje Ameifen ihre mühevolle Beftimmung erfüllten. Bei den anderen herrſchte eine Lebhaftig: feit, Gejchidlichfeit, Umficht, welche wir aus dem häufigen Taſten mit den Fühlern er: kannten; zahlreiche Ameifen, die einen an die anderen geflammert, füllten die zu tiefen Höhlen aus und glätteten den Weg. Ein boshafter Gedanke kam uns in den Sinn; wir nahmen das Stüd Holz weg, auf dem die Ecitons herumfpazierten. — Große Berwirrung! Die Individuen mit den großen Kinnbaden, welche eine Art von Anfehen zu genießen ſchienen, drehen fih von einem Nande zum anderen, gehen, fommen; die anderen halten an vor dem Hinderniffe, welches ihnen die Bifitenameijen bereiten. Aber, o Glüd, man bemerkt einige Gentimeter entfernt ein Stüd Holz, jo did wie eine Federſpule man be: nußt es; es it zu dünn, der Steg zu ſchmal. Aber diejes Hindernis dauert nicht lange: 1, 2, 20, 50 Ameifen umflammern fih von jeder Seite in zwei Neihen, der Weg iſt breiter geworden, die Kolonne überjchreitet dieje lebende Brüde, lange Zeit ohne Zweifel, denn die Minuten zählten wir nicht, ohne daß die unerfhhrodenen Pontoniere müde er: Ichienen wären. Wir zeritörten diefe neue Brüde, um zu jehen, wie weit der Mut und die Umficht der einen jowie die Ausdauer und Hartnädigfeit der anderen gehen würde. eue Verwirrung! Xeider gab es fein anderes Stüd Holz in der Nähe, um die Brüde zu erjegen. Die Verwirrung wird immer größer. Eine zufammengeballte Nenge Ceitons hält an vor der Schar der Oecodoma, welde fie, auf die Gefahr hin, abgejchnitten zu werden, paflieren müffen. Hierzu find fie ſchnell entjchloffen. 30 oder mehr machen einen Einfall — die Unordnung erreicht ihren höchſten Gipfel. Die diditen Oecodoma, welche durch ihre mächtigen Laften ftärker waren, jegten ihren Weg fort, aber die kleinſten 288 Zweite Ordnung: Hautflügler; dritte Familie: Ameijen. 20 wurden über den Haufen geworfen. Obgleich umgeſtürzt, bilden ſie immer noch ein Hindernis. Plötzlich, wie auf ein gegebenes Zeichen, ſtürzt ſich eine Menge der Ecitons über einen Raum von 20—30 em heran, klammert ſich an der Erde mit den langen Beinen in mehreren Reihen an, andere fommen auf die eriten, bilden ein zweites, dann ein drittes Stockwerk und zugleich find zwei Mauern in einem Abjtande von 5—6 cm aufgebaut. Dann geht die Kolonne im Triumph hinüber, während jich die Vifitenameifen nad) allen Richtungen zertreuen, ohne fih wieder jammeln zu können. Wir hatten ein Schaujpiel vor Augen, das für einen Beobachter erhaben ift, und unfere Freude übertraf alles, was man denfen fann. Ohne daß wir es gemerkt, waren die Stunden verronnen, und mit Staunen bemerkten wir, daß nicht nur die Sonne für die Bewohner von Guayana am Ende ihrer Bahn angelangt war, jondern au, daß dichte Wolken den Himmel überzogen 1) Honigameifen (Myrmecoeystus mexicanus). 2) Wanderzug der Viſitenameiſen (Oecodoma cephalotes). 3) Woh— nung der aferbautreibenden Ameijen (Myrmica molificans). Natürlidie Größe. und mit einem Negenguffe drohten. In wenigen Minuten jagte auch wirklich ein hefti- ger Negenguß die Beobahter und die Ameifen in die Flucht. Es war Nacht, als wir unjeren Schooner erreichten. Die Zug: oder Vifitenameije, Mandioc-Ameife (Oecodoma cephalotes), in ganz Südamerika unter dem Namen Sauba befannt und gefürchtet, weil fie meift die wertvolliten angepflanzten Bäume ihres Laubes beraubt und in Gegenden, wo fie in un: geheuern Maſſen vorkommt, den Aderbau beinahe unmöglich macht. Den Indianern gelten übrigens die mit Eiern angefüllten Leiber der Weibchen als größter Lederbifien; man beißt fie ab und ift Salz dazwijchen. Gibt e8 eine reiche Ernte, jo werden jie mit Salz geröftet und jollen in diejer Form auch den Europäern munden. Die Sitten diefer Ameifen ftimmen in vieler Beziehung mit den oben gejchilderten der europäifchen überein. Sie bauen, wenn nicht jehr hohe, doch jehr umfangreiche Hügel in den Pflanzungen und Gehölzen. Bates gibt 40 Schritt im Umfang und 62,3 cm Höhe an, andere Neijende jprechen von 188 und 251 cm. Diefe Dome bilden nur die äußere Bedeckung eines tief und weit im Boden verbreiteten Gangnetzes mit vielen Bijitenameije. 289 Öffnungen nach außen, welche für gewöhnlich geichlofjen find. Bei den mancherlei Ver: juchen, die Sauba aus den botanischen Gärten von Para zu vertreiben, wurde über eini- gen Haupteingängen zu ihrer Kolonie Feuer angezündet und durch Blajebälge Schwefel: Dämpfe eingeführt. Bates ſah aus einer Menge von Öffnungen die Dämpfe ausftrömen, unter denen eine 70 Schritt von der Einführungsitelle entfernt war. Die Hügel bejtehen aus lockerer Erde, weldhe aus der Tiefe herausgeihafft wird und darum wohl etwas anders gefärbt erjcheint als die Umgebung. Ferner ſchwärmen die Kolonien genau in derjelben Weiſe wie die unjerigen gegen Abend, und zwar zu Beginn der Negenzeit im Januar und Februar. Die Sorge für die Brut bleibt den Arbeitern überlafjen, welche in der Größe zwijchen 4,5 und 15 mm jchwanfen und von dreierlei Formen find. Herr Fels, Befiger einer Pflanzung in Britifch= Honduras, berichtet brieflich hierüber wie folgt: „Die großen, diefföpfigen Soldaten mit mächtigen Beißzangen fahren wie wütende Hunde aus den Löchern, wenn man am Nefte jtört, die mittelgroßen ziehen täglich ihre Straße, um Blattabjehnitte einzutragen, und die Fleinften verrichten nur häusliche Arbeiten und wer: den allenfalls fichtbar, wenn fie ein Klümpchen Erde aus dem Nejte jchaffen, in welches fie jedoch jofort zurückhuſchen. Doc ſcheinen fie manchmal, von ihren jpeziellen Freunden eingeladen, eine kleine Vergnügungsreife zu machen. Denn hin und wieder fann man jehen, wenn gerade ein Strauch in nächſter Nähe des Neftes bearbeitet wird, daß ein paar fleine Gejellen ziemlich unbehilflich zwischen den größeren fich bewegen. Ihr Urlaub jcheint aber ein furzer zu fein; denn bald ſieht man fie auf der Spibe des Blattſtückchens, das die Freundin zwiſchen ihren Kinnbaden trägt, wieder nach Haufe Futjchieren, wobei fie fich oben frampfhaft mit Maul und Beinen feithalten, als ob fie mehr Angit als Bergnügen von der ganzen Gejchichte hätten.“ Mit den täglich ausziehenden eigentlichen Blattſchneidern erjcheinen, wie zur Dedung derjelben, auch einige großföpfige Soldaten außerhalb des Neftes, und jene namentlich werden in doppelter Hinficht für die Bewohner jener Gegenden höchſt unangenehm. Der eine Punkt wurde bereitS erwähnt und betrifft vorzugsweile die angepflanzten Kaffee und Orangenbäume. In großen Scharen fommen fie gezogen, erflettern einen Baum, jede jeßt jih auf ein Blatt und ſchneidet mit ihren gezahnten Kinnbaden eine Scheibe von der Größe eines Grojchenjtüdes aus der Fläche aus, faßt das Stück mit ihren Zangen, reißt eS gewaltjam ab und verläßt damit den Baum. Manchmal fällt diejes herunter und wird dann von einer anderen Ameiſe ergriffen. Sie marjchieren damit, das Stüd jenfrecht nad) oben an feinem unteren Nande zwiſchen den Zangen haltend, nad) Haufe und gewähren dabei einen jehr eigentümlichen Anblid, der ihnen auch den Namen Son: nenfhirmameijen eingetragen hat. Die Straße, welche fie fortwährend ziehen, befonmt bald das Anjehen eines Wagengeleijes im Laube. Nur jelten wählen die Tiere die Blät- ter einheimiſcher Waldbäume. Wozu dienen ihnen aber Blattitücke? Untermiſcht mit Erd: krümchen aus der Tiefe überwölben fie mit ihnen die 10,5—13 em im Durchmefjer hal: tenden Tunnel ihrer Wohnungen und vorzugsweije deren Eingänge. Eine zweite Untugend diejer Ameijen befteht in den nächtlichen Bejuchen, welche jte den Häufern abjtatten, um alles zu plündern, was fie an ſüßen Stoffen für fich verwerten fönnen. Wenn von ihnen erzählt wird, daß fie die menschlichen Wohnungen von lältigen Kerfen befreiten und fie ſomit als Wohlthäter erjcheinen, jo dürfte dies auf einem Irr— tum beruhen. Daß fie, ohne eigentliche Naubameijen zu fein, auch Inſekten freiien und bejonders deren Saft leden, unterliegt wohl feinem Zweifel, aber der Vorteil, welchen fie dadurch den menſchlichen Wohnungen angedeihen laſſen, wird gewiß jehr überwogen durch andere Nachteile in ihrem Gefolge. Sie find nächtliche Tiere, al3 jolche während der Nacht thätiger als am Tage und fühlen fich zu jener Zeit in der Nähe der Menjchen Brehm, Tierleben. 3. Auflage, IX. 19 290 Zweite Drdnung: Hautflügler; dritte und vierte Familie: Ameifen, Heterogynen. überdies ficherer. Bates, welcher anfangs den Behauptungen der dortigen Einwohner feinen Glauben jchenfen mochte, daß die in Nede ftehenden Ameijen bei Nacht in die Häuser Fämen, um die Körnchen des Farinha- oder Mandioca:Mehles, das Brot der nie: deren Klaffen in Brafilien, fortzufchleppen, Fonnte fich bei feinem jpäteren Aufenthalte in einem Dorfe ſelbſt von der Wahrheit diefer Ausſagen überzeugen. Eines Nachts wird er von jeinem Diener gewedt und benachrichtigt, daß Ratten an den Farinhaförben nagten. Bei näherer Unterfuhung fand fi eine Kolonne von vielen Taufenden unferer Ameijen. Die Körbe mit dem genannten Mehle ftanden auf einem hohen Tijche und waren über und über von ihnen bededt, daS Zernagen der fie ausfütternden trodnen Blätter hatte das Geräufch hervorgebradht, und von den Abziehenden hatte jede fich mit einem Körnden beladen, welches zuweilen größer und jchwerer als das ganze Tier war. Der Verſuch, mit vier Holzichuhen dazwiſchen zu Ichlagen und dadurch die Eindringlinge zu töten, erwies ſich vollftändig nutzlos; denn die unmittelbar nahdringenden Scharen er: jegten jofort die vernichteten. Die nächſten Nächte, in denen fie wieder erfchienen, wurde Schießpulver auf ihrer Bahn angezündet, wodurd fie nad) und nach doc eingejchüchtert jein mochten, denn fie blieben zulegt weg. Bates bemerft dabei, daß er fich nicht er: klären fönne, wozu fie die Mandiocaförner, welche viel Faferjtoff und feinen Kleber enthalten, aljo als Zement nicht verwertet werden könnten, wohl brauchen möchten. Die Viſitenameiſen jehen rot aus, die Arbeiter haben einen herzförmigen Kopf, an demjelben hinten je einen Seitendorn, je einen der Stirnleilten etwas über den Fühlern; dieje ſind elfgliederig, die dreiedigen Kinnbaden gezahnt, die Kiefertafter beitehen aus vier, die Lippentalter aus zwei Gliedern. Am Borderrüden ftehen zwei nach hinten gerichtete Ceitendornen, am Hinterrüden desgleichen, dazwischen wenigitens Andeutungen davon. Der zweilnotige Stiel ift gefielt. Bei den ſehr großen Weibchen ift der Kopf auf dem Scheitel ſchwächer ausgejchnitten, hinten über den Baden fürzer bedornt, die Stirnleijten, Fühler und ihre Gruben wie bei den Arbeitern gebildet, auch der Hinterrüden bevornt, aber etwas kürzer. Die Männchen endlich haben 13gliederige Fühler, einen viel Eleineren Kopf, welcher tief unten fißt im Vergleiche zu dem budlig erhobenen, anliegend gelb behaarten Mittel- rüden, außerdem findet fich hier, wie beim anderen Geſchlecht und den Arbeitern, über den DVorderhüften ein Zahn. Die Flügel der gejchlechtlihen Ameifen haben eine gejchloj: jene Randzelle, eine Unterrand= und eine Mittelzelle und färben fich nach dem Vorder: vand hin gelblich. Die Körperformen find aus den Abbildungen erfichtlich. Andere Arten der Gattung Oecodoma, welche von Atta abgetrennt worden iſt, unter— jheiden fih durch mehr Dornen an Kopf, Mittelleib und Stielhen. Ich habe übrigens triftige Gründe, anzunehmen, daß unter der Sauba der Brafilier mehrere, zum Teil jehr ähnliche Arten der europäiſchen Kerffenner begriffen find. Die Ameifen, von denen bis jet ungefähr 1250 Arten bejchrieben find, welche fich jährlih noc mehren, ſeitdem die oben erwähnten Forſcher und einige andere fich ihnen mit Vorliebe zugemwendet haben, jpielen entſchieden eine wichtige Rolle im Haushalte der Natur. Sn den Gleicherländern, wo Moder und Verwefung einer üppigen Pflanzenwelt jchneller auf dem Fuße nachfolgen als in den gemäßigten Erdftrichen, find fie es hauptſächlich, welche das Zerſetzungswerk beichleunigen und dem tieriihen Körper nachteilige Gaje nicht auf: fommen lafjen. Sie find es, welche unter dem anderen Geziefer mächtig aufräumen und für natürliches Gleihgewicht Sorge tragen, was in unjeren Gegenden mehr den Schlupf- wejpen überlafjen zu jein jcheint. Sie find es, die wieder von vielen Vögeln, den Ameijen- freffern, Gürtel: und anderen Tieren vorzugsweile als Nahrungsmittel aufgeſucht werden, um nicht ihre Vernichtungen über gewilje Grenzen hinaus ausdehnen zu können. Wie läftig, ia wie ſchädlich ſie dem Menjchen werden, geht aus einzelnen Mitteilungen zur Genüge Europäifhe Spinnenameife. 291 hervor, die von ihnen gegeben wurden und die leicht noch hätten vermehrt werden fünnen; denn es gibt wohl feinen unter den in jenen Gegenden gereiſten Naturforjchern, welcher nicht über Ameiſen zu Klagen hätte, welcher nicht alle erdenklihen Kunitgriffe anwenden mußte, um feine Lebensmittel und feine erbeuteten Naturalien gegen die ſcharfen Zähne diefer zwar Fleinen, aber durch Ausdauer und Menge jehr mächtigen Tiere zu jehügen. Unter dem Namen der Heterogynen (Heterogyna), welche unfere vierte Familie bilden, hatte Zatreille Ameifen und Mutillen vereinigt und den Mangel der Flügel bei den Meibehen als wejentlihen Charakter hingeftellt. Die eriteren wurden wieder davon getrennt und von Klug durch die Afterweipen (Thynnus) erießt, deren Weibchen gleichfalls ungeflügelt find. Nun mußten aber auch einmal die Männer den Ausjchlag geben, die Dolchweſpen (Scolia) die dritten im Bunde werden, weil die verwandt: ſchaftlichen Verhältniffe ihrer und der Thynnen: Männchen unmöglich unberücfichtiat bleiben fonnten. Der-auf ſolche Weije entitandenen kleinen Familie von 1200 — 1300 Arten beließ man den Latreillejhen Namen, vermag aber von ihr im allgemeinen nur auszujagen, dat der Vorderrüden mit jeinem Hinterrand bis zur Flügelwurzel reicht, daß die Weib: hen ſich durch einen Fräftigen Giftftachel zu wehren wiſſen, und endlich, dab gejchlechtlich verfümmerte Arbeiter nicht vorfommen. Senes intereffante Tier, welches unfer Bild (Fig. 1,2, ©. 292) in beiden Gejchlech: tern vorführt, ift die europäifhe Spinnenameije (Mutilla europaea). Das ungeflü- gelte Weibchen hat einen flahen, durch unregelmäßige Punktierung jehr unebenen Kopf ohne Nebenaugen, einen glei) rauhen Mittelleib von vieredigen Umriffen und roter Farbe, einen Ihwarzen, anliegend ſchwarz behaarten und an einigen Hinterrändern bleich roſtgelb gebänderten Hinterleib. Diefe Haarbinden treffen die drei vorderiten Glieder und erleiden nur in der Mitte des erſten feine Unterbredung. Die furzen, Shwarzen Beine erfcheinen rauh, mehr durch borftige Behaarung als durch Stacheln. Am Bauche endlich findet ſich zwijchen den beiden erſten Ningen eine tiefe Querfurche. Nebenaugen, Flügel und ein für fie eingerichteter Bruftfaften, welcher die drei Ninge troß der ftarfen Behaarung jehr wohl erfennen läßt, zeichnen das Männchen aus. ‚Bei ihın find Mittelrüden und Schildchen braunvot gefärbt, die drei hellen Hinterleibsbinden mehr filberglänzend, die mittleren ſchmäler und nicht unterbrochen, auch mijchen fich unter die jchwarzen Haare des Hinter: leibes und der Füße zahlreiche weiße. Dur Neibung des dritten und vierten Hinter: leibsringes aneinander vermögen beide Gejchlechter einen jchrillenden Ton hervorzu— bringen, möglichenfalls, um fich gegenfeitig dadurch anzuloden, da ihre Lebensweijen auseinander gehen. Auf der Oberflähe des vierten Ringes erhebt fih nämlich ein fein gerilltes, dreiediges Feld, dies wird bededt vom dritten Ringe, welcher unterwärts ein ſcharfes Leiftchen führt, und indem die Tiere ihre Hinterleibsglieder, welche jich wie die Hülfen eines Fernrohres ineinander jchieben, aus- und einziehen, erfolgt die Neibung jener Teile aneinander. Die Weibchen fieht man im Sommer auf jandigen Wegen und Hängen immer ver einzelt umberlaufen, gejchäftig wie eine Ameife, während.die jelteneren Männchen Blumen und von Blattläujen gewürztes Geſträuch beſuchen. Hummelneſtern waren beide ent: iprofjen; denn die Larve lebt hier als Schmaroger und zehrt die erwachjenen Hummel: larven auf. Chrift, welcher als erjter Beobachter in dem einen Hummelgeſpinſte die techtmäßige Bewohnerin, im benachbarten eine Mutillenlarve antraf, glaubte auf ein ver trauliches Familienleben beider ſchließen zu müſſen, welches dieſe —— vereinige. Dem 19* 292 Zweite Ordnung: Hautflügler; vierte Familie: Heterogynen. ilt aber nicht jo, vielmehr muß die weibliche Spinnenameije mittels ihres langen Stachels die Hummellarve mit einem Cie betrauen, jolange dieſe noch frei in ihrem Futterbrei lebt und fich ernährt. Dieje wird dur) den Keim des Todes in ihrem Inneren jo wenig in ihrer natürlichen Entwidelung gejtört, wie jo manche Schmetterlingsraupe, in deren Leibe eine Schlupfweipe hauft, denn fie jpinnt fih ihr Gehäuje. Hier, ganz im geheimen, ge: ichehen Dinge, welche dem Blicke des wißbegierigen Forjchers entzogen find. Seiner Zeit bricht feine Hummel, jondern eine Spinnenameije daraus hervor. Drewſen, welcher ein Hummelneſt der Bombus scrimshiranus mit mehr als 100 gejchlofjenen Gehäufen beimgetragen hatte, erzog aus demjelben 76 Mutillen, darunter 44 Männchen und nur 2 männliche Summeln; außerdem erichtenen noch mehrere andere Schmaroger in Fliegen: geitalt, Volucella plumata zwei Männchen und Volucella bombylans ein Weibchen, Europäifhe Spinnenameije (Mutilla europaea), 1) Weibchen, 2) Männden. Rotköpfige Dolchweſpe (Scolia haemorrhoidalis), 3) Männden, 4) Weibden. 1) und 2) vergrößert. deren Maden aus dem Gejpinfte hervorfamen und fi außerhalb verpuppten, jomwie end- lich) zwei Arten Anthomyia. Wenn jedes Hummelneft von Fremdlingen jo heimgejucht wäre, wie ftände es dann um das Hummelgejchleht? Es mühte bald von der Erde ver: ihwinden. Die erzogenen Spinnenameijen paarten fi, worauf die Männchen ſämtlich jtarben, die Weibchen fich in die Erde eingruben, um in zujammengefugelter Lage zu überwintern. Ich fand eins dergleichen am 5. Mai unter einem Steine im Winterlager. Im nächſten Frühjahr beiteht nun die Aufgabe darin, Hummelnefter ausfindig zu machen und die Eier dajelbjt unterzubringen; dabei iſt beobachtet worden, daß fein Mutillen- mweibchen ein zweites in demjelben Hummelnefte leidet. Daß indes nicht alle Spinnenameifen bei den genannten Verwandten jchmarogen, geht ſchon aus ihrer Häufigkeit in Südamerika hervor, wo die Hummeln nur jpärlic vertreten find. In dem genannten Lande gibt es zahlreiche Arten, welche zu den bun— teiten aller Aderflügler gehören; denn außer den Haarfleden over Binden am Hinterleibe, in Gold oder Silber herrlich erglänzend, ſchmücken diefen häufig noch lichte, gleichſam polierte Stellen der Körperhaut. Die vielen Arten, deren faſt fugeliger Hinterleib, bud- liger Mittelleib, tiefjtehender Kopf von den rauhen, mäßig langen Beinen getragen werden, erinnern an gewiſſe Spinnen und rechtfertigen den Namen der ganzen Sippe beijer als die wenigen, mehr dem Süden angehörenden europäifchen Arten. .Rotföpfige Dolchweſpe. Garten-Dolchweſpe. Rollweſpe. 293 Wir ſehen neben der europäiſchen Spinnenameiſe die beiden Geſchlechter der ſtattlichen Scolia haemorrhoidalis, zu welcher Scolia erythrocephala als Weibchen gehört, und wollen fie unter dem Namen der rotföpfigen Dolchweſpe (Fig. 3 u. 4,©.292) als Vertreter diejer Eräftigen Gattung betrachten. Sie lebt in Ungarn, in der Türkei, in Griechenland und dem jüdlihen Rußland, und ihr Gattungsname bürgt dafür, daß das Weibchen eine jehr gute Klinge führt. Die Ichwarze Körperfarbe wird durch je zwei gelbe Seitenflede des zweiten und dritten Hinterleibsgliedes unterbrochen, beim Weibchen überdies noch an der Ober: jeite des Kopfes und fledenartig auf dem Schildchen; bei ihm tragen Vorderrüden und Dberjeite des fünften Ringes rojtrote Haare, beim Männchen der ganze Nüden bis zum Schildchen und der Oberjeite des Hinterleibes vom vierten Gliede an, wenn bier au weniger dichtftehend; außerdem fünnen hier die Flede der Haut zu Binden vereinigt fein. Die übrigen Körperteile deden ſchwarze Zottenhaare. Als Gattungscharaftere gelten: die tiefe Furche zwiſchen den beiden erjten Bauchringen, die Furzen, gleichzeitig haarigen und ftachligen Beine, deren vier hintere mit ihren Hüften weit voneinander entfernt ftehen, und die langen, Fräftigen männlichen, furzen und gebrochenen weiblichen Fühler. Die Flügel, bier beiden Geſchlechtern zuerteilt, zeigen nicht minder wie bei den männlichen Spinnen- ameijen das Streben nad) Unbejtändigfeit im Adernverlauf. Drei Unterrand- und zwei Mittelzellen fommen bei der abgebildeten Art und vielen anderen vor; es findet fich aber auch das umgekehrte Verhältnis. Gleihe Shwankungen bieten die Gejchlechtsunterjchiede; e3 gibt Männchen, welche in der Färbung ihren Weibchen ungemein gleichen, neben anderen, jehr abweichenden. In Anjehung der Körpermaſſe können einige Dolchweſpen fait alle übrigen Immen an Größe übertreffen. Das Weibchen der javanijchen Scolia capitata, welches Fabricius Scolia procer genannt hat, mißt 5,» cm bei reichlich 1,3 cm Hinter: leibsbreite. Das Wenige, was man von der Lebensgeihhichte diejer Tiere weiß, deutet auf Schmarogertum. Nah Coquebert leben zwei Arten von den Larven großer Nashorn: fäfer, weldde auf Madagaskar zu Hunderten in den Kofospalmen bohren und bedeutende Verwüſtungen anrichten. Von der Garten-Dolchweſpe (Scolia hortorum) ijt gleich- falls eine parafitiiche Lebensart befannt, und Burmeifter jah eine brafilifche Art, welche er Scolia campestris genannt hat, zahlreih aus den Neſtern der Viſitenameiſe fommen. Während bei Scolia und einigen nahejtehenden Gattungen (Meria und Myzine) die Zunge verlängert und ausgeftredter ift, verſchwindet ſie faſt gänzlich bei den Noll: wejpen (Tiphia), und das erjte Hinterleibsglied jet fih auch auf dem Nüden durch Einſchnürung vom zweiten deutlich ab. Die unanjehnlihen Arten, von denen drei in Deutichland vorkommen, glänzen ſchwarz und weichen in der Körperform der beiden Ge— jchlechter wenig voneinander ab; daß fie in der Erde umberfriechen, beweijen die ihnen nicht jelten anhaftenden Krümchen; fie jaugen auch gern an blühenden Dolden und über: nachten oft zahlreich zwiſchen deren Strahlen, rollen ihren Leib ein, wenn fie ruhen oder fich gegen Gefahren hüten wollen, weshalb man ihnen jenen deutichen Namen bei: gelegt hat. Konnte für die vorige Familie feine deutſche Benennung aufgefunden werden, da die Überfegung des wifjenfchaftlihen „Verſchiedenweibige“ von ſchlechtem Klange ift, fo tritt mindejtens für die nun folgende feine Verlegenheit ein. Leider fehlt es nod) bei den meijten diejer Tiere an vollstümlihen Bezeichnungen gänzlich, weil fi) das Wolf nicht um diejelben kümmert. AS Grab: oder Mordweſpen vereinigte man eine Menge 294 Zweite Ordnung: Hautflügler; fünfte Familie: Wegmwejpen. jehr verſchiedenartiger Immen, welche für ihre Larven andere Inſekten in Erd:, Mauer: löcher oder altes Holzwerk eintragen, bis Wesmael im Verhalten des Vorderrückens zum Mittelbruftitück einen wefentlichen Unterichied zwijchen einer Anzahl derfelben auffand, welher eine Trennung in zwei Familien zur Folge hatte. Die jegt zu betrachtenden, unfere fünfte Familie, mögen die Wegwejpen (Pompilidae) heißen, obſchon der Name wenig Bezeichnendes enthält. Die Angabe der wejentlichen Merkmale muß feititellen, welche von den Mördern hier gemeint ſeien. Die Wegweſpen haben zunächit den einfachen Scenkelring mit allen bisher be trachteten und den zwei nachfolgenden Familien gemein, denn fie gehören zu den Raub— weipen. Der Hinterrand des Vorderrüdens berührt bei ihnen die Flügelwurzel, wie bei den vorangegangenen, endlich iſt das erſte Hinterleibsglied vom zweiten nicht abgejeßt, jondern beide ſchließen fich wie die übrigen aneinander an und bilden einen nach vorn und hinten etwas verfchmälerten, anhangenden Hinterleid. Was fie nun aber jehr [eicht von einer Heinen Sippe der vorigen Familie unterjcheidet, jind die langen Beine und die ſchlanken, geraden Fühler. Die hinterjten Beine ragen weit über die Leibesipige hinaus und find an der Außenfante der Schienen, bejonders der weiblichen, mit Dornen oder Zähnen reichlich, meilt fägeartig bewehrt. Die Fühler bejtehen aus 12, oder beim Männchen aus 13, fat immer deutlich voneinander abgejegten Gliedern. Die Nandzelle der Vorderflügel ift weit von der Spige derjelben entfernt, mithin ziemlich Furz, die Zahl der vollfommen gejchloffenen Unterrandzellen, wobei wir den Schluß durch den Flügel- jaum mit gelten lafjen, ſchwankt zwifchen 2 und 4. Der Kopf ift gerundet, wie der Mittel- (eib glatt und glänzend und die Körperbehaarung nur jparfam; Schwarz und Not find die vorherrichenden Farben, gelbe und weiße Zeichnung fommt aber bisweilen hinzu, und Trübung der Fügel noch häufiger. Die ſtets kleineren Männchen unterjcheiden ſich von sugehörigen Weibchen durch den jchlanferen Körperbau, die etwas dideren, nicht wie bei den toten Weibchen eingerollten Fühler und durch die ſchwächere Bewehrung an den Hinter: ihienen. Dieſe Weſpen zeichnen fih fait alle durch eine eigentümliche Bewegungsweile aus. Sie laufen nämlich mit zitternden Flügeln auf dem Sandboden, an Baumſtämmen, alten Mauern juchend umher und fliegen in fortwährendem Wechjel dicht über diejen hin, jo daß man ihren Flug einen hüpfenden, ihren Lauf einen fliegenden nennen könnte. Die Arten verbreiten fich über die ganze Erdoberfläche, find in heißen Ländern nicht viel zahlreicher, aber häufig lebhafter gefärbt und größer als die heimischen. Um die wenigen Gattungen, in welche man die Familie geteilt hat, und die Arten innerhalb derfelben unterjcheiden zu können, hat man bejonders den Aderverlauf des Vorderflügels, jodann die Bildung der Hinterleibsfpige von der Ober: und Unterjeite und die Beichaffenheit der Vorderfüße ins Auge zu faſſen. An letzteren kommen bei manchen Weibchen außer den unregelmäßig geftellten Stacheln, an denen ja die Beine veich find, noch) lange, regelmäßig an der Außenjeite fich hintereinander anreihende Dornen vor und machen den Fuß zu einem gefämmten; bei Vergleich eines ſolchen mit dem Mittelfuß wird dieje Zugabe jehr leicht bemerkbar. Die Wegweſpen (Pompilus), welche der ganzen Familie den Namen gegeben haben, bilden die Grundform. Die beiden, an ihren zufammenjtoßenden Seiten gleich langen Schulterzellen, drei volljtändig geichloffene Unterrandzellen, deren zweite den eriten, Die dritte den zweiten rüclaufenden Nerv aufnimmt, zwei Mittelzellen, der Mangel einer Querfurche am zweiten Bauchringe des Weibchen und mehr runde (nicht Fantige und nicht jägeartig am Außenrande bevornte) Hinterfchienen desjelben Gejchlechtes bilden den Charafter der Gattung. Die zahlreichen Arten befigen eine wunderbare Schnelligkeit und Gewandtheit in ihren Bewegungen, bejonders auch in denen des Hinterleibes, nijten in Mauerrigen, Natalenfifhe Wegwefpe. 295 Bohrlöchern alter Pfoten und morſcher Baumftämme oder in der Erde und tragen Spinnen, Raupen, Ameifen, Fliegen und verjchiedene andere Kerfe ein; wahrjcheinlich würde ſich bei noch fehlenden umfangreicheren Beobachtungen herausitellen, daß jede Art in diefer Hinficht ganz bejtimmte Liebhabereien an, den Tag legt. In ganz eigentümlichen, ruckweiſe aus: geführtem Marche im Nefte einer. Spinne locden tie dieje hervor, fallen über fie her und betäuben fie mit einem Stiche, ohne fich je in jenem feitzurennen. Die Spinnenfammler holen dieje nicht immer aus Neftern, jondern ergreifen auch die ihnen auf dem Wege begegnenden. So überlijtet der Pompilus formosus eine in Teras häufige Buſchſpinne (Mygale Hetzii), lähmt fie und jchleppt fie zum Nefte, obſchon ihr Körpergewicht das jeinige mindejtens um das Dreifache überfteigt. Der bereitS früher erwähnte Gueinziug überjendete mir unter anderen das Weibchen einer hübjchen Wegweſpe, welche ich Die natalenfijhe (Pompilus natalensis, Fig. 1, ©. 296) genannt habe, weil fie mit feiner der bis dahin befchriebenen Arten übereinjtinnmte. Sie it ſamtſchwarz, an den Fühlern mit Ausihluß der Wurzel gelb, an den Beinen von der vorderen Schenfelhälfte an abwärts und an der äußerten Hinterleibsipige ſchmutzig rot und hat goldgelbe Flügel mit dunkler Spiße der vorderiten. Das Intereſſe an dieſer ftattlichen, alle heimijchen an Größe über- treffenden Wegweſpe (25 mm) wäre weniger allgemein, wenn ihr nicht einige Bemerkungen über die Lebensweife beigefügt gewejen wären. Sie fliegt, wie berichtet wird, traulich und unſchuldig in alten Häufern aus und ein, Friecht gern an den Fenfterfcheiben auf und ab und findet ihr Hauptvergnügen darin, zwiſchen dem Balkenwerk und in den mit Spinne— weben überzogenen Winkeln nach Beute auszuſchauen, wobei fie immer wieder genötigt wird, die beihmusten Fühler mit den Vorderbeinen vom Staube zu reinigen. An ſan— digen und ftaubigen, trodnen Stellen im Haufe oder vor der Thür unter der Veranda vergräbt die jorgjame Mutter die gefangenen und durch einige Stihe gelähmten Spinnen und legt ein Ei an dieſelben; auch ein mit Sägejpänen gefüllter Kaften ijt ihr zu dem: jelben Zwede willlommen. Unter allen Spinnen jtellt fie mit Vorliebe einer großen, gelb: braunen Art mit dunfelgeringelten Beinen nach), welche in alten Strohdächern lebt und bei Witterungsveränderung zumeilen des Abends langjam an der Wand herabfriecht. Einjt beobachtete der Berichteritatter, wie eine jehr große weibliche Spinne diejer Art eiligen Laufes durch die offene Thür in jeine Wohnung eindrang und fich hinter einem auf dem Hausflur ftehenden Kijtchen verftedte. Aus der Eile des jonft jo langjamen Tieres jchloß er, daß es wohl auf dem Dache verfolgt worden jein müſſe, ſich von demjelben herab— gejtürzt habe und bier nun Schuß juchen möchte. Er hatte fich nicht getäujcht, denn bald darauf erihien die Wegweſpe in der Thür, wendete fih bald rechts, bald links, berührte juchend mit den Taftern den Boden, ganz in der Weiſe eines Spürhundes, welcher die Fährte des Wildes aufjuht. ALS fie an jener Kaftenede angelangt war, hinter welcher fi) die Spinne verftedt hatte, fühlte dieje die nahe Gefahr, ftürzte von der anderen Seite unter derjelben hervor und fteuerte nach der Thür zurück, In demjelben Augenblid war jie aber eingeholt und es entjpann fich ein Kampf auf Leben und Tod. Es war ein „Fröfteln erregender“ Anblid, wie die Spinne fih auf den Rücken warf und in verzweifelter An: jtrengung mit ihren langen Beinen den Feind von ſich abzuwehren juchte, wohl wiljend, daß ein Stich von ihm für fie tödlich fein würde. Plötzlich jprang fie wieder auf, juchte vorwärts zu kommen, fah fi) aber jofort genötigt, die vorige Stellung nochmals ein: zunehmen. Ihre Anjtrengungen waren zu erjchöpfend, um den furdhtlojen und unabläjligen Angriffen der Weſpe auf die Länge der Zeit widerftehen zu fünnen. Jetzt bleibt jie mit angezogenen Beinen wie tot liegen; in demjelben Augenblic wirft ſich die Siegerin auf fie, faßt fie mit ihren Kinnbaden am Kopfbruftftüd und verjegt ihr von untenher wieder: holte Stiche in den Hinterleib. Außer dem Zittern des einen Taſters war bei der Spinne 296 Zweite Ordnung: Hautflügler; fünfte Familie: Wegweſpen. feine Spur von Bewegung zu bemerken, während fie die Todesitöße empfing. Große Auf: regung jeitens der Wejpe! Mit lautem Gejumme die Leiche umfreifend, hielt fie ihren Siegestanz, betaftete fie bald hier, bald da, zerrte fie an den Füßen oder an den Tafterı, um ſich von dem Tode derjelben zu überzeugen. Als fie endlich ruhiger geworden war und eine vollitändige Neinigung ihres Körpers nad) jenem Entſcheidungskampfe unter: nonmen hatte, jchiefte fie fih an, ihre Beute in Sicherheit zu bringen. Die Spinne vorn fajjend und rückwärts gehend, jchleppte fie diejelbe zu der Thür hinaus, um fie zu ver: graben. Die Jagden der Wegweipen auf Spinnen waren ſchon dem Ariftoteles befannt; denn er jagt (IX, 2, 3): „Die Wejpen aber, welche Jchneumonen genannt werden (ein Name, der heutzutage wejentlich andere Aderflügler bezeichnet), die Kleiner al3 die übrigen find, 1) Natalenjijhe Wegweſpe (Pompilus natalensis). 2) Pompilus trivialis. 3) Seine Larve, an einer Spinne faugend 4) Priocnemis variegatus. 5) Agenia punctum in zwei Stüden, da3 eine Zellen bauend. Alles natürliche Größe. töten die Spinnen, jchleppen die Leichname in alte verfallene Mauern oder andere durch— löcherte Körper und überziehen das Loch mit Lehm; daraus aber entitehen die jpürenden Weſpen.“ Weniger befannt dürfte fein, was Ferd. Karſch bei Münfter beobachtet hat. Derjelbe fing am 2. Yuli 1870 ein ausgewachlenes Weibchen der Tarantula inquilina, welches ihn durch feinen wenig gejehwollenen Hinterleib, durch den Mangel des Eierjades und duch ein rötlichweißes Wülftchen an der rechten Rückenſeite des Hinterleibes auffiel, jo daß er in leßterer Beziehung meinte, der Spinne beim Einfangen eine Verlegung bei- gebracht zu haben. ALS diejelbe, welche zur Beobachtung des Eierlegens gefangen gehalten wurde, am 16. Juli bei Darreihung einer Fliege und Einjprigen von Wafjer in ihren Behälter näher betrachtet wurde, fand fich das rote Wülftchen merklich vergrößert und ließ fih unter der Lupe als jaugende Larve eines Schmarogers erfennen. Auffallend war, daß die Spinne nicht nur nicht diefes Anhängjel mit ihrem rechten Hinterbein zerdrücte oder abftreifte, jondern durch Linfsbiegung ihres Hinterleibes jedes Anjtreifen an diejen Miteffer jorgfältig vermied. Da Menge eine ganz ähnliche Beobachtung gemacht, die Schmarogerlarve aber nicht zur Entwidelung gebracht hatte, wurde alles aufgeboten, hier einen bejjeren Erfolg zu erzielen. Die Spinne wurde jegt in ein geräumiges Glas um: quartiert, deffen Boden mit loderer Erde gefüllt war. Sie grub ſich alsbald ein und Gemeine Wegweſpe. 297 verjpann den Eingang, fo daß eine weitere Beobahtung unmöglich war. Am 4. Auguft wurde die Dahmölbung gelüftet, ein Puppengeſpinſt und graugelbe Gejpinftfäden entdedt, aber feine Spur mehr von der Spinne. Am 17. Augujt endlich jpazierte eine Wegweſpe, welche al3 Pompilus trivialis (Fig. 2, ©. 296) bejtimmt worden ift, in dem Glaje be: haglich einher. An dem näher unterjuchten Geſpinſte fanden ſich noch einige Beinüberrejte und die hartſchaligen Stüde des Vorderleibes nebit den Freßzangen der Spinne. Die gemeine Wegmwejpe(Pompilus viatieus, Fig. 1, 2, ſ. untenjtehendes Bild) erjcheint im erjten Frühjahr an blühenden Weiden und ijt den ganzen Sommer über in Thätigfeit. Sie wohnt im Sande, welchen das Weibchen mit großer Gejhidlihkeit und Schnelligkeit mittel der Vorderbeine wie ein Hund oder ein Kanindhen aus: und zwijchen feinen gejpreizten anderen Beinen hinter fich wirft, bis es S cm und tiefer eingedrungen iſt. Das Gemeine Wegweſpe (Pompilus viaticus), 1) zwei Männden, 2) zwei Weibhen. 3) Maurer-Spinnentöter (Pelo- poeus destillatorius), zwei Männden. 4) Bunter Bienenmwolf (Philanthus triangulum) mit einer Hausbiene. Alles natürlide Größe. Futter für die Brut wird mühſam herbeigefchleppt, zum Teil herangefchleift, und befteht aus verjchiedenen Kerfen; daß mehrere abjchüffige Röhren in das Neft führen, meint Dahlbom daraus ſchließen zu dürfen, weil die Wegweſpe durch eine andere entwifche, wenn fie in der einen verfolgt werde. Mir fehlen Erfahrungen, um diefe mir zweifelhafte Anficht bejtätigen zu können. Bei friihen Weſpen find die Flügel an der Spike falt ſchwarz, der Hinterleib an der Wurzel rot, aber der Hinterrand jedes Gliedes ſchwarz, und zwar jo, daß wenigften3 die vorderen Binden nach vorn in eine Spibe ausgezogen find. Der Hinterrüden trägt einige lange, abftehende Haare, der Hinterrand des Vorderrückens einen Winfelausfchnitt; beim Weibchen find die Vorderfüße gefämmt, die legte Rückenſchuppe des Hinterleibes feitlich beborjtet, beim Männchen das Klauenglied der Vorderfüße nad) innen etwas erweitert. on Pompilus unterjcheidet fich die Gattung Prioenemis (Fig. 4, ©. 296) dur) die über das Ende der oberen hinausgehende untere Schulterzelle, welche hier alfo länger iſt als dort, durch eine Querfurdhe im zweiten Bauchring des Weibchens und durch einen Sägerand der mehr Fantigen Hinterfchienen, ein Unterjchied, welcher gleichfalls bei dem genannten Gejchlehte beijer ausgeprägt ift als beim Männden. Die zahlreichen, oft recht ähnlihen Arten zu unterjcheiden, bietet nicht mindere Schwierigkeiten, als bei der 298 Zweite Ordnung: Hautflügler; jehite Familie: Grab: oder Mordmeipen. vorigen Gattung. — Sehr ähnlich iſt Agenia, nur hat der Hinterleib einen kaum bemerkt: baren Stiel, und der Sägerand fehlt den Hinterjchienen. Die Weibehen bauen in Sand, an Lehmmwände, hinter Baumrinde 2c. eine Anzahl tonnenförmiger. Zellen, welche aus lauter Eleinen Lehmklümpchen zufammengeleimt werden, wie die hier dargeitellten Zellen unferer Agenia punctum (Fig. 5, ©. 296) zeigen, welche ich mehrfach hinter Ninden: ſtücken an jchadhaften Stellen der Baumjtämme aufgefunden habe. Eine jede wird für die Larve mit einer mäßig großen Spinne verjorgt, der vorher die Beine abgebijjen worden find. Gueinzius entwirft von einer Art, der 19 mm mejjenden Agenia domestica, wie ich fie genannt habe, ein jehr friedliches Bild, indem er jchreibt: „Von allen mir befannten ift diefes Hymonopteron das zutraulichjte und eine gewijje Anhänglichfeit an den Menschen bethätigende. An verjchiedenen Orten, wo ich jahrelang in der Nähe von MWaldungen wohnte, hatte ich jeden Sommer immer einige Stüde in meinem Zimmer. Stand ich in der Thür und die Sonne fiel auf meine Beinkleider, jo erichien die Weſpe, um fich dafelbjt mit gejpreizten Beinen zu jonnen, jpazierte gemädhli an den Feniter: ſcheiben auf und nieder, oder ſchnurrte neben mir jo lange an den Fenftern herum, bis ih fie hinausließ. Hatte ich ein Buch in der Hand und die Sonne fiel auf dasjelbe, jo jegte fich gleich eine Weſpe breitbeinig darauf. Anhauchen ſchien ihr nur zu gefallen, und wegblajen ließ fie fih auch nicht, Fam wenigſtens gleich wieder und Fletterte am Arme empor, feste fich in den Bart, auf den Mund; Blafen mit demjelben erjchredte jte nicht, und ans Stechen dachte fie nie. So wurde mir diefe Weſpe durch ihre allzugroße Zudringlichfeit öfters läſtig. Hatten die Tierchen fich draußen des legten Sonnenjtrahles erfreut, jo Erochen fie durch ein verjtedtes Loch im Fenjterrahmen in das Zimmer und juchten bier ihre DVerjtede auf. Dieſe Art baut Zellen von Erde unter Kijten oder in Kaften, auch in beutelfürmige Vogelnefter; die Zellen find weniger nett und regelmäßig, auch nicht-überkleidet. Als Nahrung für die Brut werden nur graue Wolfsipinnen ein: getragen.“ In heißen Ländern leben auf ähnliche Weife noch außerorventlich ftattliche, bi3 52 mm mejjende Arten, die auf eine Neihe anderer Gattungen verteilt worden find, hier aber nicht weiter erörtert werden können. Unter dem Namen der Grab= oder Mordmweipen (Sphegidae, Crabronea) ver: einigen wir alle diejenigen Raubweſpen zu einer Yamilie, bei welchen der Hinterrand des Vorderrückens aufhört, ehe er die Flügelwurzel erreicht hat, und nicht jelten gegen den Mittelrücden etwas eingeſchnürt erſcheint. Die hierher gehörigen Tiere jtimmen weder in Körpertracht, noch in Färbung jo miteinander überein, wie die vorigen Familien— glieder unter fich, vielmehr gibt ihnen der geitielte, oft jehr lang geitielte, aber auch an— hangende Hinterleib das verjchiedenartigfte Anſehen. Viele tragen fi) einfarbig ſchwarz, ihwarz und rot, vorherrjchend gelb; den meijten jedoch jind lebhaft gelbe, jeltener weiße Zeichnungen auf glänzend ſchwarzem Grunde eigen, welche jelbjt bei einer und derjelben Art mannigfaltig wechſeln. So wirken Geftalt, Farben und deren Verteilung jowie Lebendigkeit in den Bewegungen in ihrer Vereinigung dahin, dieje vielgejtaltigen Tiere zu den zierlichiten und anmutigſten Erfheinungen werden zu laſſen. Sie breiten fich über die ganze Erdoberflähe aus und find gegenwärtig in etwa 1200 Arten befannt. Entiprehend einigen ausländijchen Gattungen der Wegweſpen weiſt die alte Gattung Sphex, welche vorzugsweiſe die wärmeren Länder bewohnt, die Achtung gebietenden Formen und die Rieſen für dieje Famlie auf. Aber längſt ift diejelbe zerfallen; denn es ging Naupentöter. Maurer-Spinnentöter. 299 bei dem Reichtum der Formen nicht mehr an, unter einem Namen alles zu vereinigen, was Vater Linne weiland mit feinen wenigen Arten fich erlauben fonnte. Nach der Form des jtetS gejtielten Hinterleibes, nach der Verjchiedenheit der Rand» und der drei geſchloſſenen Unterrandzellen, befonders nach der Aufnahme der rücdlaufenden Adern in diejelben, nach der Bildung der Fußklauen und nad manchem anderen Merkmale, welches bisweilen in das Kleinliche geht, wurden eine Menge von Gattungen geihaffen, von denen nur wenige und von diejen meijt nur die unanjehnlichiten in Europa zu Haufe find. Neuer: dings hat 3. F. Kohl in Wien in jeiner Bearbeitung der „Hymenopterengruppe der Sphe— einen” eine Anzahl jener Gattungen wieder eingezogen. Die Raupentöter (Sphex) umfaſſen diejenigen Arten mit einfachen glatten Hinter: leibsſtiele, deren zweite und dritte Unterrandzelle des Vorderflügels je eine rücdlaufende Ader aufnimmt, deren Hinterjchienen bejtachelt und deren Klauen ein= bis fünfzähnig find. Die eine Art (Sphex maxillosus) ſcheint in Europa am weitejten nach Norden vorzufommen. Bon zwei anderen, jüdlicheren Arten, dem gelbflügeligen Naupentöter (Sphex flavipennis) und dem weißdurdhjchnittenen (Sphex albisectus), ver: danfen wir Fabre interefjante Beobachtungen. Jene trägt gewöhnlich vier Grillen in ihr Neft, diefe macht Jagd auf Feldheufchreden aus der Öattung Oedipoda. Eine jede jtürzt auf ihr Opfer und jucht dejjen Bruftfeite zu erlangen. Da jebt e3 heftige Balgereien; denn jo ein fräftiger Dicjchenfel, wie jene find, ergibt fih nicht ohne Gegenwehr und ftrampelt, jolange e3 gehen will. Nicht immer läßt er ſich werfen, hat ihn aber erjt der Sphex unter fi), jo tritt er mit den Vorder: beinen auf die ermüdeten Hinterfchenfel des Gegners, jtemmt feine Hinterfüße gegen dejjen Kopf und führt nun zwei fihere, Gift entjendende Stiche. Der erjte trifft den Hals, der zweite die VBerbindungsftelle zwijchen Vorder: und Mittelbruft. Jetzt iſt es um den Grashüpfer gejchehen, er kann nicht leben und nicht fterben, aber er ijt willenlos. Müh— jam jchleift ihn der Sphex nach jeiner Erdhöhle, legt ihn davor nieder, um fich erſt zu überzeugen, ob auch alles darin in Ordnung jei. Fabre nahm ein und derjelben Weſpe während ihrer Abwejenheit den Raub 40mal weg, um ihn in weiterer Entfernung wieder hinzulegen, und 40mal holte fie fih ihn wieder, unterfuchte aber jedesmal von neuem den Bau, bevor fie ji anjchicdte, die Beute hineinzufchaffen. Das Ei wird von dem Sphex flavipennis zwijchen das erjte und zweite Fußpaar an die Bruft der Grille gelegt. Hier frißt fi) die Larve ein und zehrt in 6—7 Tagen das Innere voll jtändig auf; die Chitinbedeckung bleibt faſt unverjehrt zurüd. Durch die nämlihe Öffnung geht jegt die 13 mm lange Larve heraus und greift in der Regel am weichen Hinterleib die zweite Grille an, bald die dritte und endlich die vierte, welche in ungefähr 10 Stunden verzehrt iſt. Nun mißt die erwachjene Larve 26— 30,5 mm, jpinnt ſich in zweimal 24 Stun den ein, das Gehäufe im Inneren mit den Auswürfen ausftreihend und dadurd beinahe wajjerdicht machend. Hier liegt fie regungslos vom September bis zum Juli des folgen: den Jahres, dann erjt wird fie zur Puppe, aus welcher in der Fürzejten Zeit der Raupen— töter ausſchlüpft. Genau von derjelben Geftalt find die Spinnentöter (Pelopoeus over Sceliphron) und von den vorigen nur dadurch unterjchieden, daß die zweite Unterrandzelle im Vorder: flügel beide rücdlaufenden Adern aufnimmt und die Hinterfchienen unbewehrt jind; die Klauen haben nur einen Zahn. Der Maurer-Spinnentöter (Pelopoeus destilla- torius, Sig. 3, ©.297 ein Bewohner der Mittelmeerländer, der auch einmal bei Hannover gefangen jein foll, ift glänzend ſchwarz, der lange Hinterleibsitiel, die Flügelſchüppchen, das Hinterfchilochen, der Fühlerjchaft und die Beine von den Schenfeln an abwärts find gelb, mit Ausnahme der Schwarzen Schenkel: und Schienenjpigen an den Hinterbeinen. 300 Zweite Ordnung: Hautflügler; ſechſte Familie: Grab: oder Mordweſpen. Eversmann fand an einem Felsvorjprung des Uralgebirges das Neft al3 unregelmäßigen, etwas nierenförmigen Erdflumpen angellebt. Im Inneren enthielt es ungefähr 14 längliche Bellen neben= und übereinander, eine jede mit 10 Stüd der jelten aufzufindenden Spinnen art Tomisus eitrieus. Bon einer anderen, außerordentlich ähnlichen Art, wenn es über- haupt eine andere Art iſt (Pelopoeus spirifex), und nur durch ganz ſchwarze Fühler und ganz ſchwarzen Mittelleib von der vorigen zu unterjcheiden, liegen mir mehrere Welpen aus dem füdlihen Europa, aus Port Natal, und au) einige Nejter aus dem leßtgenannten Lande vor. Das Neft gleicht jehr dem unferer Maurerbiene (©. 247), und feine Zellen werden gleichfalls mit Spinnen verjorgt. Eine dritte, wiederum ungemein nahejtehende Art aus Port Natal baut ihre Zellen von frischem Kuhdünger und hängt fie einzeln oder zu zweien an Binfenhalmen auf. Ihr Landsmann, der blaue Spinnentöter (Pelo- poeus chalybeus), legt das Neft in hohlen Bambusitengeln auf ven Dächern der Häufer an und bedient fi zur Anfertigung der Scheidewände, welche die Zellen trennen, der Auswürfe von Vögeln, die er von den Blättern abſchabt und mit Speichel vermijcht. Der pfeifende Spinnentöter (Pelopoeus fistularius), zu erkennen am jchwarzen Hinterleibsitiele, an ſechs gelben Fleden, welche den Hinterrüden verzieren und zum Teil bis nach den Seiten des Mittelrüdens vorreihen, und an den ſchwach angeräucherten Flügeln, lebt in Südamerifa und fertigt einzelne Zellen aus Thon in der Länge von 52 mm und von der Form eines Eies. Mit jehwirrendem Tone, einer Art von Triumph: gefang, bringt das Weibchen, wie auch bei den übrigen Arten, den Bauftoff herbei, jeßt ihn an, glättet mit Kinnbaden und Unterlippe die bildſame Mafje, luſtig dabei jeinen Gejang fortjegend, betajtet von außen und innen mit den Beinen die ganze Wand und — verſchwindet. Meiſt hat, troß der darauf fallenden Sonnenftrahlen, das neu angelegte Stückchen noch nicht einmal die Farbe des trodnen Teiles, jo it die Weſpe jchon wieder mit neuem Thone da. Die fertige Zelle pfropft fie voll mit einer Kleinen Spinne aus der Gattung Castra und ſchließt fie dann. Als Bates während feiner Streifzüge am Amazonenftrom mit jeinem Kanye 8 Tage an einer Stelle hielt, hatte eine diejer Weſpen an einem Kajtengriff in der Kajütte ihren Bau begonnen und war gerade fertig geworden, als fich die Gejellichaft auf ihrem Fahrzeug wieder in Bewegung jegte. Co zutraulich und furchtlos fie fich bisher auch gezeigt hatte, jo Fam fie doch nicht wieder, ob- ihon langjam am Ufer hingefahren wurde. Für Deutihland und den höheren Norden Europas vertreten zwei Arten, die raube und gemeine Sandwefpe, die größeren Specinen, von denen fie fi Hauptjächlich durch die ungezähnten Fußflauen unterfcheiden. Die rauhe Sandwejpe (Psammophila hirsuta) iſt 19,5 mm lang, hat einen dreimal fürzeren Hinterleibsitiel als der Maurer: Spinnentöter und iſt bis auf die braunrote Hinterleibswurzel ſchwarz gefärbt, an Beinen und an der vorderen Körperhälfte zottig und ſchwarz behaart, vorzugsweile am grob gerunzelten Hinterrüden. Den ganzen Sommer hindurdy treiben fich diefe Wejpen an jandigen Stellen umher und juhen, wenn fie hungrig find, blühende Blumen und mit Blattläufen bejegte Sträucher auf. Bei ihren Balgereien ſetzt fi eine auf die andere und beißt fie in den Naden; auch kommt wohl eine dritte und vierte hinzu, und jo ent— jteht ein Knäuel, welcher fich auf dem Boden wälzt und fich endlich wieder auflöft. DD bloße Kurzweil, ob Eiferjucht und ernftliche Zänfereien ſolchen Auftritten zu Grunde liegen, wer joll es erraten? Die Lebensweife diejer Wefpen unterfcheidet fich in nichts von der in der Negel noch) häufigeren, mit ihr untermifcht vorkommenden gemeinen Sandweipe (Ammophila sabulosa). Wir jehen fie in nebenftehender Abbildung, und zwar die eine mit der drohend emporgerichteten Keule ihres Hinterleibes, eine Stellung, welche fie bei ihren Spaziergängen Blauer, pfeifender Spinnentöter. Rauhe, gemeine Sandweipe, 301 fehr gern annehmen. Das erjte Glied jener ift dünn und walzig, das fait ebenfo lange zweite verdidt fich etwas nach hinten, und erft dann nimmt der Umfang bis zum fünften merklich zu, von wo ab eine jhnelle Verjüngung nad) der Spite erfolgt. Mit einem Worte, der Hinterleibsftiel ift hier zweigliederig, font, befonders in der Bildung der Klauen und Flügel, welche ruhend dem Körper platt aufliegen und nur bis zum Ende des Stieles reichen, wiederholen fi) die Merfmale vor Psammophila. Mit Ausnahme der bleichroten Hinterleibswurzel herrſcht auch hier die ſchwarze Farbe vor, jedoch) an den Seiten des Bruft- faftens bildet Furzes Haar abreibbare Silberflede. Ein jchmales, filberbehaartes Kopfichild unterjcheidet das Männchen leicht vom Weibchen, bei welchem jenes breiter und kahl ift. Man trifft diefe Sandweipe den ganzen Sommer hindurch) an und, wie e3 jcheint, immer luftig und guter Dinge, bald geſchäftig auf dem Boden umherſchnüffelnd, bald — — ⸗ — I) und 2) Gemeine Sandweſpe (Ammophila sabulosa). 3) Männchen der gekielten Siebweſpe (Crabro striatus). bedacht für ihr Wohl auf blühenden Brombeerjträuchern oder an anderen Honigquellen. Stundenlang wird man von diefen Tieren gefejjelt und kann ſich nicht müde jehen an dem gejhäftigen Treiben und den eigentümlichen Gewohnheiten der kecken Gejellen, zumal wenn fie in Maſſe nebeneinander wohnen und geſchäftig ab- und zufliegen. Nach Morgen gelegene, verfallene Abhänge eines jandigen Grabens und ähnliche, aber immer offene Stellen wählen fie bejonders aus, um ihre Nefter anzulegen. Wie ein Hund, welcher ein Loch in die Erde ſcharrt, jo wirft die um die Nachkommenſchaft beſorgte Wefpenmutter mit den WVorderbeinen den Sand zwifchen ihren übrigen Beinen und unter dem Körper in einer Haft hinter fih, daß leichte Staubwölfchen um fie aufwirbeln, und ſummt dabei in hohem Tone ein luftiges Liedchen. Hört man diejen eigentümlichen Ton, jo kann man ficher darauf rechnen, die Weſpe bei diefer Beihäftigung anzutreffen. Häuft ſich der Sand beim weiteren Vorrüden in das Innere zu jehr hinter dem Loche an, jo ftellt fie ſich darauf und fegt unter Staubwirbeln den ganzen Haufen auseinander. Kleine Steinden, an denen e3 auf jolhem Boden nicht zu fehlen pflegt, und der feuchte Sand werden zwiſchen Kopf und Vorderfühe geflemmt und herausgetragen. Die Weſpe kommt rüdwärts aus dem Loche hervor, nimmt fliegend einen kleinen Sat abjeit3 von diejem und läßt ihre Bürde fallen. In demjelben Augenblid ift fie auch jehon wieder in der Erde ver: 3092 Zweite Ordnung: Hautflügler; jechfte Familte: Grab: und Mordweipen. ihmwunden und wiederholt diejelbe Schachtungsweiſe zweis, dreimal nacheinander. Dann bleibt fie, wohl der Abwechlelung wegen, auch einmal vor der Offnung figen, ftreicht mit den Vorderbeinen über die Fühler hin, gebt um ihren Bau herum, mit Kennerblid die Anlage zu muftern, in ihrem Selbjtbewußtjein ftolz den Hinterleib emporhaltend. Huſch! und fie ift wieder im inneren verfchwunden. Se tiefer fie vordringt, dejto länger dauert es, ehe fie, mit neuem Abraum beladen, ſich rüdwärts wieder herausdrängt, doch aejchieht dies ftetS nach verhältnismäßig kurzer Zeit. Seht kommt fie heraus und fliegt fort in das Weite, ficher will fie fich nun ftärken nach der anftrengenden Arbeit und ein wenig Honig leden; denn träftigere Fleifchkoft nimmt fie ja niemals zu fich. Nicht minder unterhaltend wie der Neſtbau iſt das Herbeijchaffen der Schmetterlingsraupen für die fünftige Brut; denn nur folche, aber nach den verjchiedenen Beobadhtungen von verschiedenen Arten, wenn fie nur groß und nicht behaart find, werden von der Sandweipe aufgejucht. Die Stelle, an welcher ich einft Gelegenheit fand, eine große Menge von Neſtern zu beob: achten, war nicht eben günftig für das Fortjchaffen der Beute, denn die Nefter befanden fih an einem Grabenhang längs eines Waldfaumes, und ein Brachacker jenjeits des Grabens lieferte die Naupen gewiſſer Adereulen. St eine aufgefunden, jo werden mit ihr, der Wehrlojen, wenig Umftände gemadt; ein paar Stiche in das fünfte over jechite Bauchglied berauben fie jeder Selbftändigfeit, fie ift dadurch zum willenlojen Gegenftand geworden, nicht getötet, damit fie nicht in FäulniS übergehe, jondern nur gelähmt. Nun war oft erft ein weiter, wenn auch nicht gerade unebener Weg zwiſchen Unkraut zunächſt bis zum Graben zurüdzulegen, diefer zu paffieren und am jenjeitigen, ſchrägen Ufer empor= zuflimmen. Fürwahr, feine Kleinigfeit für ein einzelnes Tier, eine jolche Laft, bisweilen zehnmal ſchwerer als der eigne Körper, jo weite Streden fortzuichaffen! Bei den gejelligen Ameijen fommen die Kameraden zu Hilfe, wenn es not thut, die Sandweipe aber ijt auf ihre eigne Kraft, Gewandtheit, auf ihr — Nachdenken, wenn ic) mic jo ausdrüden darf, angewieſen. Sie faßt die Beute mit den Zangen, zieht und jchleppt, wie es eben gehen will, auf ebenem Wege meiſt auf ihr reitend, d. h. fie unter ihrem Körper mit: ichleppend in langfamem VBorwärtsichreiten. Am fteileren Grabenhange angelangt, ftürzten dann Roß und Neiter jählings hinab, die Weſpe ließ dabei los und Fam jelbjtveritänd- lich wohlbehalten unten an. Die Naupe ward bald wiedergefunden, von neuem gefaßt und weiter gejchleppt. Nun geht es bergan, die frühere Weife läßt fi) dabei nicht mehr anwenden; um die höchſte Kraft zu entwideln, muß fih die Wejpe rüdwärts bewegen und ruckweiſe ihre Laft nahichleppen. Manchmal entgleitet diejelbe, und alle Mühen waren vergeblich, aber ſolches Mißgeſchick hält die Weſpe nicht ab, von neuem ihr Heil zu ver: juhen, und zulegt wird ihre Arbeit mit Erfolg gekrönt. Jüngſt war ic) Zeuge, wie unter: wegs eine andere Sandweipe fi) in den Beſitz der Raupe jegen wollte. Die Eigentümerin legte diefelbe nieder, begann eine heftige Balgerei mit der Räuberin, ſchlug dieje in die Flucht und ging mit ihrer Naupe ab, als wenn nichts vorgefallen wäre. Dieje liegt endlich vor der rechten Offnung. Nicht um auszuruhen, fondern aus Mißtrauen, aus Vorſicht Frieht unjere Weſpe, wie jede andere, weldhe in dieſer Weiſe baut, erjt allein in ihre Wohnung, um fich zu überzeugen, daß alles in Ordnung ſei. Während diejes Ganges hat fie ſchon wieder jo viel Kräfte gefammelt, um an die Beendigung ihres jchweren Werkes gehen zu können. Rückwärts vorankriechend, zieht fie die Naupe nad. Meiſt wird diefe folgen, manchmal kann es aber auch geichehen, daß fie an einer Stelle hängen bleibt, dann muß fie wieder heraus und der nötige Naum im Eingange erit bejchafft werden. Wahrhaft bewunderns: und nahahmungswürdig ift die Ausdauer, welche wir hier, bei Ameijen und anderen in ähnlicher Weife lebenden Kerfen jo häufig wahr: nehmen fönnen! Acker-Glattweſpe. 303 Endlich ſind beide, Sandweſpe und Raupe, verſchwunden, und es währt lange, ehe jene wieder zum Vorſchein kommt; denn ſie hat zum Schluſſe noch ihr weißes, längliches Ei an letztere zu legen, aber nur eins. Jetzt endlich kommt ſie wieder zum Vorſchein, aber noch iſt ſie nicht fertig. Sie weiß ſehr wohl, daß ſich in der Nähe ihres Baues kleine graue Fliegen, manche mit ſilberglänzendem Geſichte, und andere Faulenzer umhertreiben, welche auch ihre Eier legen möchten, aber weder Geſchick noch Kraft dazu haben, es ihr nachzuthun, es vielmehr vorziehen, von anderen Seiten herbeigeſchafftes Futter für ihre Zwecke zu benutzen und ihr Kuckucksei daran abzuſetzen. Gegen ſolche ungebetene Gäſte ſucht ſich die Sandweſpe zu verwahren, indem fie Steinchen, Erdklümpchen oder Holz: ſtückchen vor den Eingang legt und auf dieſe Weiſe jede Spur vom Vorhandenſein des— ſelben verwiſcht. Zur Aufnahme eines zweiten, dritten und jedes folgenden Eies müſſen dieſelben Vorkehrungen wiederholt werden. Bei dieſem mühevollen Leben, welches die Sandweſpe mit ſo vielen ihrer Verwandten teilt, bleibt ſie aber immer luſtig und guter Dinge. Zu Ende des Sommers macht der Tod ihrem bewegten Daſein ein Ende. Das Ei im Schoße der Erde wird bald lebendig, die Made frißt ein Loch in die Raupenhaut und zehrt ſie ſaugend gänzlich auf. War der Vorrat reichlicher, ſo wird ſie größer gegen ihre Schweſter, welcher eine kleinere Raupe zur Nahrung diente, woraus ſich die verſchie— dene Größe erklärt, welche man bei den verſchiedenen Weſpen gleicher Art wahrnehmen kann; denn fie können zwiſchen 15 und 30 mm in der Länge ſchwanken. Die Larve, weldhe, den Eiſtand eingerechnet, vier Wochen bis zu ihrer Neife bedarf, fpinnt ein dünnes, weißes Gewebe, innerhalb diejes ein dichteres und feiteres, welches fie eng umjchließt und welches braun ausſieht. In diefem Gehäufe wird fie bald zu einer Puppe, welche nicht lange auf ihre volle Entwidelung warten läßt. Die Weſpe frißt ein Dedelhen vom walzigen Futterale herunter und fommt zum Vorſchein. Möglichenfalls gibt es im Jahre zwei Bruten, befonders wenn das Wetter die Entwidelung begünftigt; die leßte überwintert al3 Made oder Puppe. — Im ſüdlichen Europa leben noch einige jehr ähnliche Sandweſpen; die Arten wärmerer Erdftriche zeichnen fich Durch vorherrſchend rote Körper: farbe oder zahlreiche Silberihüppehen vorteilhaft vor der unjerigen aus. Die Glattweſpen (Mellinus) bilden eine andere Sippe von wejentlich verfchiedener Körpertracht ihrer wenigen Arten. Man erkennt fte an dem deutlich geitielten, elliptijchen Hinterleib, der anhanglojen KRandzelle und den drei gejchlofjenen Unterrandzellen, deren erite den erjten, die dritte den zweiten rücdlaufenden Nerv aufnimmt. Der Fühlerjchaft it kurz, aber did, die Geißel fadenförmig, der Hinterleibsjtiel Feulenartig verdidt. Das kleinere, ſchlankere Männchen hat fieben Bauchringe, das Weibchen einen weniger, und ein größeres Nüdenglied an der Spite. Die Ader-Glattwejpe (Mellinus arvensis, Sig. 1, 2, ©. 306) iſt eine gemeine, zudringliche Art, welche häufig in Nadelwäldern an: getroffen wird und in juchenden, rudweilen Bewegungen auf dem Sandboden umherkriecht. Dabei dreht und wendet fie fi nad) allen Seiten, fliegt mit Gejumme eine furze Strecke, läßt fich wieder nieder, um hier in gleicher Beweglichkeit hin und her zu fahren. Gern jebt jte fi) dem vorübergehenden Wanderer auf die Kleider und dreht fich ebenſo Fed rechts und linf3 wie auf dem Boden; aber in nichts weniger als böjer Abficht wählt fie diejen QTummelplag, jondern, wie es jcheint, aus einer gewiffen Neugierde. An verlauften Ges büjchen, mit Chermesarten bejegten Kiefern zeigt fie fich gejchäftig mit Hunderten ihres: gleichen und allerlei anderen Aderflüglern im Aufleden der Süßigkeiten; an Blumen trifft man fie jelten an. Ihr Körper ift glänzend ſchwarz, hat drei breite, gelbe Binden auf dem Nücen des Hinterleibes und zwijchen den beiden legten zwei gelbe Seitenflede, bald hinter den gejchwollenen Wurzeln der Schenkel ebenjo gefärbte Beine. Von gleicher Farbe 304 Zweite Ordnung: Hautflügler; ſechſte Familie: Grab: oder Mordweſpen. find ferner: das Schildchen, der linienförmige Halsfragen, die Flügelſchüppchen, ein Fleckchen unter ihnen, der vordere Teil des Fühlerjchaftes und die oben offene, vieredige Zeichnung im breiten Gefichte. Wie bei jo vielen Grabweſpen fehlt auch hier die Bejtändigfeit der gelben Zeichnungen. Die Körperlänge beträgt 8,75—13 mm. Die Weſpe gräbt verzweigte Nöhren in den Sand und trägt nur Fliegen ein, bejonders Musciven (Musca rudis und andere), weicht aber dadurch von fait allen übrigen Sandweipen ab, daß fie ſchon an die erite das Ei legt und, während die Larve ſchon frißt, ihr mehr Futter zuträgt. Erjt im nächſten Sabre it die Entwidelung diejer vollendet. Eine zweite, Kleinere Art, die Sand-Glattwejpe (Mellinus sabulosus, Fig. 3, ©. 306) findet ſich meiſt in Gejellichaft der erjteren. Das Weibchen legt jeine Brutlöcher einzeln an, welche ſich durch Kleine, kegelförmige Sandhäufchen auf der Oberfläche kenntlich machen, und trägt ebenfall3 nur Fliegen aus den Gattungen Sarcophaga, Coenosia, Anthomyia, Lucilia, Cyrtoneura und Syrphus ein. Es legt die Beute vor dem Baue nieder, ehe es diejelbe, rückwärts gehend, in denjelben hineinzieht. Die Wirbelwejpen (Bembex) lafjen fih unter allen anderen Mordweipen leicht an ihrer Mundbildung erkennen. Die Oberlippe hängt nämli wie ein langer Schnabel herab und wird in der Ruhe, die lange Zunge dedend, an die Kehle angelegt, indem die jchlanfen, vorn zweizähnigen Kinnbaden fie an der Wurzel jederjeitS umfafjen. In der Körpertracht gleichen diefe Immen ungemein einer Hornifje oder einer anderen großen Weſpe, tragen überdies vorherrjchend gelbes Gewand. Die mitteljte der drei gejchlofjenen Unterrandzellen nimmt beide, ungemein langen, rüdlaufenden Adern auf, die Fühler find gebrochen, ihre Geißel fait fadenförmig, an der Spige janft nach außen gebogen. Beim Männchen ericheinen die legten Glieder derjelben etwas jtumpf gejägt, und überdies unter: ſcheiden es einige Höder mitten auf dem Bauche vom anderen Gejchledhte. Wir lernen in der gemeinen Wirbelwejpe (Bembex rostrata, Fig. 4, ©. 306) die der Körper: maſſe nach für Deutſchland größte Mordweipe fennen; fie mit zwar nur 15—17,; mm in der Länge, aber deren 6,5 in der Breite. Ihre Schwarze Grundfarbe wird durch reich: (ihe blaßgelbe Zeichnungen verdrängt, welche am Mittelleibe jehr veränderlid find, am Hinterleibe, wie gewöhnlich, als Binden auftreten, aber nicht an den Hinterrändern, jondern in der Mitte der Glieder. Die erfte derjelben ift in der Mitte breit unterbrochen, jede folgende verläuft wellenförmig durch zwei Bogenausjchnitte nach vorn und einen mittleren nach hinten. Das Geſicht und die Beine find gleichfalls vorherrichend gelb gefärbt. Die hübiche Weſpe kommt in ganz Europa vor, aber in den mittleren und mehr nördlichen Gegenden vereinzelt und an demjelben Orte nicht alle Jahre. Ende Juni 1857 fand ic) an einer freien, jehr dürren Stelle einer Kiefernihonung in hiefiger Gegend eine Menge von Neſtern, welche das ftarfe Summen der diejelben umkreiſenden Wejpen verraten hatte; jeitdvem babe ich alljährlich diefelbe Stelle wieder aufgejucht und nie, auch nirgends anders auf meinen Ausflügen, eine Bembex zu ſehen befommen. Die Tiere tragen durch das jehr kräftige Summen und die freifenden, auf: und abwogenden Flugbewegungen um die Erdlöcher, welche fie für ihre Brut anlegen, mehr als alle anderen ihresgleichen den Charafter der Wildheit an fih. Die Nefter entjtehen in der gewöhnlichen Weife durch Scharren und Herausfchaffen des Sandes und gehen in fchräger Richtung tief in das Erdreich hinab. Über die Einrichtung derjelben und die Lebensweile ihrer Erbauer ſprechen fich die Forjcher verihieden aus. Nah Weſtwood legen mehrere Mütter ihre Eier gemeinfam an das eingetragene Futter; Dahlbom meint, die langen Röhren verzweigten ich und hätten mehrere Aus- und Eingänge. Lepeletier gibt an, daß jedem Cie 10—12 Fliegen zuerteilt, die ihrägen Nöhren mit Sand verfchloffen und von jedem Weibchen etwa 10 Eier gelegt würden. Bates endlich fand bei der jüdamerifanifchen Bembex ciliata in jedem Nejte Gemeine Wirbelweſpe. Bunter Bienenmwolf. 305 nur ein Ei, wonach aljo ebenjoviel Nefter zu bejchaffen wären, al Gier vom Weibchen gelegt werden. Darin jtimmen alle überein, daß fie nur größere Fliegen für die Larven fangen und eintragen. Die erjte jener Anfichten würde den Erfahrungen von allen anderen Mordweſpen widerjprechen, die übrigen ericheinen mir glaubwürdiger, ich wage aber nicht zu entjcheiden, welche die allein richtige jei, weil mir die eignen Beobachtungen fehlen. — Die Wirbelweipen leben vorzugsweife in heißen Erditrichen und ändern hier zum Teil den Körperbau, jo daß fich Latreille veranlaft fand, eine bejondere Gattung unter dem Namen Monedula davon abzutrennen. Während bei Bembex die Kiefertafter aus vier, die Lippentafter aus zwei Gliedern bejtehen, erhöhen fich hier die Zahlen entiprechend auf ſechs und vier, ferner verengern fich die beiden legten Unterrandzellen merklich nach vorn. Außer einigen unbedeutenderen Berjchiedenheiten bilden die beiden hervorgehobenen die Hauptgründe zur Abtrennung. Won der Monedula signata jagt Bates: „Sie ift für Keifende in den Gegenden Amazoniens, die von den blutdürftigen „Mutüca‘ der Ein: geborenen, Hadans lepidotus der Fliegenfenner (Dipterologen), geplagt find, eine wahre Wohlthat. Daß fie auf diefe Fliege Jagd macht, bemerkte ich zuerit, als ich einmal an einer Sandbanf am Rande des Waldes landete, um mir dort ein Mittagsbrot zu fochen. Das Inſekt ift jo groß wie eine Hornifje, fieht aber einer Weſpe jehr ähnlich. Ich ſtutzte nicht wenig, als aus der Schar, welche über uns fehwebte, eine gerade auf mein Geficht flog; fie hatte ein Mutüca auf meinem Halfe erjpäht und ſchoß nun auf diefe herab. Sie ergreift die Fliege mit den vier vorderen Beinen und trägt fie fort, diejelbe zärtlich an ihre Bruft drüdend”. Der bunte Bienenwolf (Philanthus triangulum, Fig. 4, ©. 297; Fig. 5, ©. 306) it ein böſer Gejell und wegen jeiner räuberiſchen Anfälle auf deren Pfleglinge bei den Bienenvätern übel berüchtigt. Weil er am liebjten Honigbienen, aber aud) Sand: bienen, 4—6 auf jedes Ei, einträgt, wurde ihm obiger Name im Deutjchen beigelegt. Kühn und gewandt, wie er tft, fällt er gleich einem Stößer von oben über die Beute her, welche, nichts ahnend, eifrig mit Eintragen bejchäftigt ift, wirft fie zu Boden und hat fie gelähmt, ehe jene fich zur Gegenwehr anſchicken kann. Den Kaub unter fih, fliegt er dann zum Neſte, wie aus unjerem Bilde (S. 297) zu erjehen. Dasjelbe befindet fich ebenfalls in der Erde, in der Nahbarihaft anderer Naubnefter und der Wohnungen honigeintragender Bienen. Sandige Hänge, welche die Sonne trifft, bieten dem aufmerkſamen Beobachter die befte Gelegenheit, die Sitten aller diefer Tiere zu ſtudieren; Schend traf die Löcher zwiſchen den Pflajterjteinen neuer Anbaue Wiesbadens, ich ergriff einen Räuber fant feinem Raube auf den belebten Anlagen um Meran. Der Bienenwolf gräbt jeine bis 31a cm langen Gänge in derjelben Art wie die ebenjo lebenden Familiengenofjen, erweitert das hinterſte Ende derjelben als Brutplag und jchliegt den Eingang, wenn zu den eingetragenen Bienen das eine für fie bejtimmte Ei hinzugefommen if. So viele Eier er abjegt, jo viele Minen muß er graben. Im nächſten Juni kommen die jungen Bienenwölfe zum Vorſchein, und die befruchteten Weibchen treiben ihr Unmwejen genau ebenjo, wie die Mütter es im voraufgegangenen Sommer thaten. In der Größe jehwanfen die breit- föpfigen Tiere zwiſchen 9—16 mm, und auch die gelben Zeichnungen wechjeln jo, daß manchmal am lanzettförmigen, anhangenden Hinterleibe das Gelb die ſchwarze Grund- farbe überwiegt und nur ſchwarze Dreiede an der Wurzel der Glieder übrigbleiben. Für gewöhnlich tragen die Hinterränder der jchwarzen Leibesringe gelbe, an den Seiten ftarf erweiterte Binden und am Mittelleibe der Halskragen, die Flügelſchüppchen, das Hinter: ſchildchen und zwei Slede davor diefelbe Farbe. Die Zeichnungen des Kopfes find weiß: jeine untere Partie bis zwijchen die Fühler hinauf in dreizadigen Verlaufe und die inneren Augenränder bis fait zu ihrem tiefen Ausſchnitte. Durch eine in der Mitte verdidte Geißel Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 20 306 Zweite Ordnung: Hautflügler; fechjte Familie: Grab: oder Mordweſpen. und weiten Abftand untereinander charakterifieren ſich die Furzen Fühler, durch drei ge: ſchloſſene Unterrandzellen und ebenfo viele Mittelzellen die Vorderflügel. Bon jenen nimmt die fünfedige zweite in ihrer Mitte die erfte, die nad) vorn jehr verengerte dritte nahe bei ihrem Anfange die zweite rüdlaufende Ader auf. Zur nächſten Verwandtichaft gehören die mit vielen Arten über die ganze Erde aus: gebreiteten Knotenweſpen (Cerceris). Bei ihnen jegt fich das erſte Hinterleibsglied fnotig gegen die übrigen ab, und auch die folgenden jchnüren fich in den Gelenken merklich ein, jo daß die Hinterleibsform die Gattung auf den erſten Blid erkennen läßt. Die zweite Unterrandzelle ift dreiedig und geftielt und die Nandzelle am Ende ftumpf gerundet (Fig. 4, ©. 214). Zwiſchen den nicht merklich gebrochenen Fühlern zieht eine Längsleifte nach dem Acker-Glattweſpe (Mellinus arvensis), 1) Männchen, 2) Weibden. 3) Sand-Glattweſpe (M. sabulosus). 4) Gemeine Wirbelmeipe (Bempex rostrata). 5) Bunter Bienenwolf (Philanthus triangulum). — Sand-Knotenweſpe (Cer- ceris arenaria), 6) Männden, 7) Weibden. 8) Gemeine Töpferwejpe (Trypoxylon figulus). — Crabro patellatus, 9) Weibhen, 10) Männden. 11) Männden von Crossocerus scutatus. 12) Crossocerus elongatulus. 13) Gemeine Spießweſpe (Oxybelus uniglumis). 1, 10—13) vergrößert, die übrigen in natürlicher Größe. Geſichte herab, welches fich bei dem immer Eleineren Männchen durch reichlich gelbe Zeichnung auf Ihmwarzem Grunde und dur goldiges Wimperhaar an den Eden des Kopfichildes auszeichnet. Während dem Weibchen diefer Schmud fehlt, hat es bei manchen Arten eigentümliche Platten und nafenartige Anfäge des Gefichtes vor feinem Männchen vor: aus. Überdies liegt noch ein durchgreifender Gejhlehtsunterihied in der Bildung des legten Nüdengliedes, der jogenannten oberen Afterflappe. Diejelbe it beim Männchen regelmäßig vieredig, beim Weibchen vorn und hinten bogig verengert, jo dab ein eiförmiger oder elliptifcher Umriß zu Stande fommt. Schwarze Körperfarbe und gelbe oder weiße Binden am Hinterleibe bilden das Kleid der meiften Knotenweſpen, in den wärmeren Erdſtrichen finden fich aber durchaus rot oder votgelb gefärbte, mit untergeoronet dunteln Zeihnungen. Man trifft die mäßig beweglihen Weipen auf Blumen und ihre gefrünmten bis 26,2 cm tief gehenden Röhren in der Erde. Verſchiedene Arten tragen verjchiedene Kerfe als Larvenfutter ein, unjere heimischen vorherrichend Sand- und Schmalbienen jowie Sand-Knotenwefspe. Gemeine, weißfüßige, flüchtige, goldjtirnige Töpfermweipe 307 andere Aderflügler. Fabre verjchaffte fih aus dem Neſte der Cerceris vespoides Roſſis (major Spin.) den Cleonus ophthalmiecus, einen jonjt jchwer aufzufindenden Nüfjelkäfer, in größeren Mengen. Durch einen oder zwei Stiche zwijchen den eriten und zweiten Bruft- ring feitens der Weſpe verfällt der Käfer fofort in Scheintod. Dufour jah eine andere Art in Frankreich ſchöne und jeltene Prachtfäfer zu Nefte tragen und nannte fie darum den Pracht: fäfertöter (Cercerisbupresticida). Bewundernswert war die Leichtigkeit, mit welcher in beiden legten Fällen die Beute, welche das Körpergewicht der Räuberin öfters nicht unmerklich übertrifft, in der Umarmung mit den ſechs Beinen heimgetragen wurde, und in wie furzer Zeit die ſorgſame Mutter mit neuem Borrate wieder ankam, wenn man ihr graujfamerweije den alten abgenommen hatte. Die ganz niedere Jagd der Entomologen bat aud ihren Reiz und bei weitem mehr Wechjel in ihren Methoden, wie das „edle Weidwerk“! Lepeletier beobachtete, wie manchmal während des Einjchleppens der Beute eine Larvenfliege (Tachine) herbeikam, um ihr Ei daran zu legen, und fand ſpäter auch die Tonnenpuppe der Fliege im Nefte. Mord, Raub und Betrug find nun einmal die Künfte, welche handwerksmäßig hier nicht weniger, wie bei tauſend und aber taufend anderen Kerfen und höheren Tieren betrieben werden, ihnen zur Erhaltung, uns teilweile zum Segen! Die Sand-Anotenwejpe (Cerceris arenaria, Fig. 6 und 7, ©. 306), unjere größte und gemeinfte Art, vertritt die Gattung auf unjerem Bilde. Zahlreiche Arten von Mordweipen, Eleiner und unanjehnlicher im Körper, aber gleich thatkräftig und bejorgt um ihre Nachkommen, bevölfern das reich mit Blattläujen bejeßte Gebüſch und fiedeln fih im Sandboden, in altem Mauer: oder Holzwerf an, ſei es, daß fie jelbjt bauen, ſei es, daß fie die Anftrengung anderen überlaffen und nur auf Lilt finnen, um ihr Kududsei fremden Neftern im Berftohlenen einzuverleiben. Infolge ihres verichieden- artigen Flügelgeäders wurden fie verfchiedenen Sippen zuerteilt. So bilden die Töpfer: wejpen (Trypoxylon) durd ihre zwei Unterrandzellen, welche in der Anlage vorhanden, deren zweite aber von jo blafjer Ader begrenzt wird, daß man fie leicht überfieht, den Über: gang zu allen denen, wo überhaupt nur eine vorkommt. Die am Innenrande tief aus: gejchnittenen Augen, der gejtredte, feulenförmige Hinterleib, welcher beim Kleinen Männchen ftumpf, beim Weibchen ſpitz endet, lafjen die Gattung leicht erfennen. Die gemeine Töpferwejpe (Trypoxylon figulus, Fig. 8, ©. 306), ein durchaus jchwarzes, ſchlankes Tieren, welches in der Größe zwiſchen 4,5 und 11 mm ſchwankt, macht fic) während des ganzen Sommers ducd) fein gejchäftiges Aus: und Einfliegen an alten Pfoſten, an der Rinde beraubten, abfterbenden Baumftämmen bemerklih. Vielfach die Bohrlöcher anderer Inſekten benugend, tragen die Weibchen Blattläuje oder Feine Spinnen für die Brut ein, teilen die Röhren durch Lehmwände in Zellen und verftreichen zuleßt den Eingang in gleicher Weile. Darum gab man ihnen den deutjchen Namen. Die Made entwicelt ſich raſch, ſpinnt fich dann ein, wird aber erſt im nächſten Frühjahr zur Puppe. — Südamerika ernährt größere Arten, welche wieder in anderer Weiſe bauen. Die 19,5 mm lange weiß: füßige Töpferwespe (Trypoxylon albitarse) legt unter ſtarkem Gejumme röhren— förmige, fat 78 mm lange Neſter in die Eden oder an die Pfoften menihliher Wohnungen und trägt Spinnen ein. Der flühtige Töpfer (Trypoxylon fugax) Brafiliens be: nußt verlafjene Neſter einer Polistes und verjchliegt die Zellen mit roter Erde; eine andere nordamerikaniſche Art baut entweder ſelbſt in ähnlicher Weife wie ein Spinnentöter, jedod) fürzere Zellen, oder fie benußt defjen verlafjene Nefter, teilt aber jede Zelle durch eine Quer: wand in zwei, weil fie dann immer noch groß genug für ihre Zwede find. Die Zellen der goldftirnigen Töpferweipe (Trypoxylon aurifrons) in Amazonien nehmen jich ungemein zierli aus. In Form einer jtarf gerundeten, jehr Furzhaliigen Steinkruke werden fie untereinander an verjchiedene Gegenftände angellebt und mit Raupen gefüllt. 20* 308 Zweite Ordnung: Hautflügler; fehfte Familie: Grab: und Mordmweipen. Cine der artenreichiten Gattungen bilden die Silbermund- oder Siebwejpen (Crabro), fenntlih an nur einer Unterrandzelle des VorderflügelS, welche von der darunter liegenden Mittelzelle getrennt ift. Die Nandzelle ſetzt fi in einem kurzen An- bange fort, welcher jo ziemlich gleichgerichtet mit dem Flügelrande verläuft (Fig. 7, ©. 214). Von oben erſcheint der Kopf beinahe quadratiſch, von vorne gejehen, am Kopfichilde mit filberner oder goldiger Behaarung verziert, welcher Umstand, objhon auch anderswo zu beobachten, den erjten Namen veranlaßt hat. In der Regel ift der glänzend ſchwarze, nad) beiden Seiten hin verfchmälerte Hinterleib gelb gezeichnet, nur die Eleineren, teilweife jehr jchwer zu unterjcheidenden, durhaus ſchwarzen Arten, wie Crossocerus scutatus (Fig. 11), C. elongatulus (Fig. 12, ©. 306) und andere, machen eine Ausnahme. Die Männden find ſchlanker und Keiner als ihre Weibchen, haben eine halbmondförmige, meijt etwas gemwölbte obere Afterflappe und bei manchen Arten unregelmäßig gebildete Fühler oder Beine. Dieje find bei den Weibchen einfach, die Hinterfchienen aber häufig Jägeartig bedornt und die obere Afterflappe der Dreiedsform genähert. Jene Auszeichnungen der Männchen beftehen entweder in breitgedrüdter Geißelmitte, oder Aushöhlung an einigen Gliedern, welche dann wie ausgefreffen erjcheinen. Bei anderen wieder erweitert ſich die Vorderſchiene mufchelartig, wie wir (S. 301) aus der auf der Brombeerblüte figenden ge— fielten Siebwejpe (Crabro striatus) und aus Fig. 10 der Abbild. auf ©. 306 erjehen. Wegen der lichten, durchfcheinenden Pünktchen hat man dieje Erweiterung mit einem Siebe verglichen und der ganzen Gattung den zweiten Namen verliehen. In noch anderen Fällen fommen wieder andere Abweichungen vor. Die in Nede ftehenden Wejpen gehören zu den lebendigen und beweglichen ihrer Familie, niften ebenjo häufig in altem Holze wie in der Erde und benuten dort häufig die Bohrlöcher und verlafjenen Gänge der Holzfäfer, diejelben durch Bohrmehl in Zellen teilend. Die Eleineren, ſchwarzen Arten tragen unter Beihilfe der Kinnbaden und vorderiten Beine Blattläufe und Eleine Fliegen ein; auch die größeren Arten icheinen fi vorzugsweile an Fliegen zu halten, wie der ©. 306 in beiden Gejchlechtern abgebildete Crabro (Thyreopus) patellatus (Fig. 9 und 10), von welchem ich einft ein Weibchen erhaſchte, welches eine Negenbreme (Haematopota pluvialis) einheimite. Am Shluffe jei noch der gemeinen Spießweſpe (Oxybelus uniglumis, Fig. 13, &.306) gedacht, einer Gattung angehörig, welche man leicht an dem meilt rinnenartigen Dorn erkennt, in welchen das Hinterſchildchen ausläuft, und an den Hautſchüppchen beiderjeits des Schildchens. Den Vorderflügel fennzeichnen ein Anhang an der Nandzelle und nur eine Unterrandzelle, welche durch eine jehr unſcheinbare, blafje Ader von der oberen Mittel: zelle getrennt wird. Der fpindelförmige Hinterleib hängt dem Hinterrüden an und läuft beim Männden in eine vieredige, ebene Afterflappe, beim Weibchen in eine allmählic) verihmälerte aus; gelbe, auch weiße Seitenflede oder Binden verzieren ihn. Die kurzen Fühler find gebrochen, und in der Gefihtsbildung ſpricht fich noch ein zweiter Unterjchied der Geſchlechter aus: eine najenartige Leifte läuft beim Männchen der Länge nad) über das vorn ausgejchnittene, filberhaarige Kopfſchild, während das weibliche vorn jtumpf iſt und fich nur in der Mitte budelartig erhebt. Das Gejagte gilt von der Gattung; die genannte, 4--7,5 mm mefjende Art ift ſchwarz, auch an den Kinnbaden und der oberen Afterklappe, hat auf dem ftarf punftierten Hinterleibe veränderliche, elfenbeinweiße Seitenflede, das Männchen auf Glied 1—4, das Weibchen auf 2—5, welche bisweilen auf dem fünften Gliede zu einer Binde verfchmelzen, rote Schienen und Füße, von denen jene an der Wurzel oft braun geringelt find. Die beim Weibchen meift weißen Schildjhüppchen ver: einigen fih nicht an ihrer Wurzel, und der mäßig lange Dorn zwifchen ihnen endet jtumpf. Im allgemeinen hat das Männchen eine etwas düftere und glanzlojere Färbung als das andere Gejchlecht. Siebwefpen. Gemeine Spießweſpe. 309 Das befruchtete Weibchen gräbt an jonnigen Stellen einen 5—9 mm langen Gang in den Sandboden, für jede Larve einen, beginnt damit im Mai und fährt fort bis gegen Ende des Sommers. Sit ein Neft fertig, jo wird jein Ausgang Jorgfältig verſchloſſen und auf Raub ausgezogen, um die fünftige Larve zu verjorgen. Nah von Siebolds intereſ— ſanten Mitteilungen über diejen Gegenitand finden fich in dem Neſte Fliegenarten, im jedem meiſt nur einerlei, vorzugsweije den Anthomyien angehörig. Das um jeine Nachkommen beforgte Weibchen ftürzt fich von oben auf das Schlachtopfer, wirft e3 zu Boden und auf den Rücken, fticht e3 in den Hals und trägt es, angejpießt mit dem Stachel, zu Weite. Dies alles geht aber nicht immer jo glatt hintereinander fort, wie es jich erzählen läßt. Kaum ift die Fliege vor dem Eingange zum Neite niedergelegt, um diejes erſt zu durd)- muftern, jo ift auch ſchon eine andere Spießweſpe bei der Hand, um jene zu fehlen. Che der rechtmäßige Eigentümer feine mißlihe Lage erfannt hat, ift der Dieb längit damit verschwunden. Das ift ärgerlich, läßt ſich aber nicht ändern; e3 muß von neuem auf die Jagd gegangen werden. Dann gibt e8 eine kleine Fliege, Miltogramma conica nennen fie die Kundigen, die hat die böje Gewohnheit, bei Oxybelus zu jhmarogen, ihr Ei in deren Net zu legen, damit fich die aus demfelben jchlüpfende Yarve die des Oxybelus ſchmecken laſſe. Deshalb lungert die genannte Fliege an jolchen Stellen umher, wo unjere Spießweſpe baut. Sobald legtere nun mit Beute anlangt, erhebt fi die Miltogramma und ſchwebt unbeweglich über derjelben, wie der Raubvogel, welcher ſich jein Schlachtopfer tief unten erjah. Sene kennt ihren Feind jehr wohl und fliegt, um ſich feiner zu ent: [edigen und ihn von der Spur abzubringen, hin und her. Die Fliege läßt fich nicht jo leicht täufchen, fie begleitet die Weſpe, jest fih auf einen höheren Punkt, wenn dieje aus: ruht, ſtets diefelbe im Auge behaltend. Die beladene Weſpe ermüdet meiſt früher als die ledige Fliege, welche mit gleicher Hartnädigfeit und Entſchloſſenheit ein und dasjelbe Ziel im Auge hat: die Sorge für ihre Nachkommen. Jetzt öffnet die Spießweſpe ihr Net, um die Beute hineinzufchaffen. Sobald fie in demjelben ift, jtürzt die Miltogramma nad), eriheint aber gleich wieder, denn fie wurde hinausgejagt. Beiläufig bemerkt, jcheinen andere Miltogramma-Arten ein ähnlihes Spiel mit anderen Mordweipen zu treiben. Nah von Siebolds Beobachtung wird die rauhe Sandweipe durch Miltogramma punc- tata verfolgt. Sn den Goldweipen (Chrysidae) tritt uns eine weitere, jcharf abgegrenzte, nicht leicht zu verfennende Familie mittelgroßer bis kleiner Hautflügler entgegen, welche in unjeren gemäßigten Gegenden mit derjelben, ja faſt mit noch bunterer Farbenpracht erglänzen, als in den wärmeren Ländern, wo nicht mehr, aber etwas größere Arten vorzufommen jcheinen. Man fennt zur Zeit etwa 733 Arten (mit jener Zahl ſchließt wenigiten3 die „Mono- graphia Chrysidarum etc. auctore A. Mocsäry‘, Budapestini 1889 ab) von welchen in Europa, namentlih dem jüdlichen, 205 leben. Der auf jeiner Oberflähe am Kopfe und dem gleich breiten Mittelleibe mehr oder weniger grob, an dem ebenjo breiten oder breiteren, anhangenden Hinterleibe meilt jehr fein oder gar nicht punktierte Körper glänzt metalliich in Goldgelb, Feuerrot, Violett, gejättigtem Blau, welches durch Grün erjet fein kann, und zwar jelten in einer, meift in der Verbindung mehrerer der genannten Farben; Schwarz fommt vereinzelt, Weiß oder eine lichte, nicht metalliiche Farbe niemals vor. Der kurze und dann halbfreisförmige oder geftrecte, durchaus gleich breite, hinten ftumpf gerundete, oben gemwölbte Hinterleib befteht aus drei oder vier, in der Regel am Bauche ausgehöhlten Gliedern. Diefe Hohlbäuchigkeit benugen die Weipen zu ihrem Vorteil: jowie fie fich bei feindlihen Angriffen nit anders zu helfen wifjen, kugeln 310 Zweite Ordnung: Hautflügler; fiebente Familie: Goldweſpen. fie wie der gel, manche Gürteltiere, gewiſſe Ajeln, ihren Körper zufammen, und dabei paßt jene Höhlung trefflich für Kopf und Vorderrüden. Vor dem Leibesende ſehr vieler Goldweipen läuft eine tiefe, oft punktgrubige Furche dem Nande entlang, jo daß man das eine Glied für deren zwei halten fünnte. Die Befchaffenheit der Oberfläche des leß- teren, bejonders aber jeines Hinterrandes, ob er ganz, verjchtedenartig geferbt oder gezahnt it, gibt wichtige Artunterjchiede ab. Unter diefem Hinterrande fann das Weibchen eine fernrohrartige Legröhre weit herausftreden, mit deren Hornſpitze unter günjtigen Verhält: niſſen Stiche ausführbar find; in der Ruhe zieht fie ſich zurüd, pflegt aber im Tode wieder etwas herauszutreten. Der in den Umrifjen jo ziemlich vieredige Mittelleib tritt an den ſcharfen Hintereden mehr oder weniger zahnartig hervor. irunde, nicht ausgerandete Augen, drei Runktaugen auf dem Scheitel und 13gliederige, gebrochene Fühler, welche nabe bei einander und dem Munde jtehen, fommen am queren Kopfe in Betracht. Die Fühler ſtehen jelten ftill, jondern taten hin und her und Frümmen die Geißel jpiralförmig. Die Eleinen Krallen der weder langen noch Furzen Beine bieten je nach dem Mangel oder dem Vorhandenfein von Zähnen wichtige Unterjcheidungsmerfmale. Während des Sommers, am zahlreichiten im Juli und Auguft, erſcheinen die Gold- wejpen auf Blumen, an altem Holz und Mauerwerk, und die liftigen Weibchen legen ihre Eier in die Nejter anderer, befonders grabender Smmen. Osmia unter den Bienen, Odynerus und Eumenes unter den Faltenwejpen, Philanthus, Cerceris, Trypoxylon, Crabro, Bembex unter den Grabweipen und jo manche andere, welche wir nicht kennen gelernt haben, find feinen Augenblid vor ihren Angriffen geſichert. Ob die Maden der Goldweſpen das von jenen eingetragene Futter wegfreſſen oder fich mitunter auch an den Larven der Wirte vergreifen, ift noch nicht bei allen ermittelt, erjteres jcheint aber ges wöhnlich der Fall zu jein. Die Berwandlung erfolgt in Jahresfriſt nur einmal. Unter den jelteneren Arten zeichnet ſich die fleiſchrote Goldwejpe (Parnopes carnea) durch eine lange, in der Ruhe an die Kehle angedrüdte Zunge aus, welche von dem Oberfiefer an der Wurzel eingefchloffen wird und große Ähnlichkeit mit dem gleichen Werkzeuge der Bienen hat. Dafür jchwinden die Tafter, injofern jeder nur aus zwei Gliedern bejteht. Die unterjegte, 11 mm lange, auch noch größere Goldweſpe ſchmarotzt bei der gemeinen Wirbelweipe und findet fich alſo nur da, wo dieje in größeren Mengen vorkommt. Sie jtellt mit einigen anderen, in der Mundbildung übereinftimmenden Arten eine bejondere Eippe dar. Eine weitere Sippe umfaßt die größeren und größten Arten der ganzen Familie und nähert ſich durch den langgejtredten Körper der vorigen, dur) die mäßig lange Zunge, den überhaupt nicht abweichenden Bau der Mundteile und durch die einfachen Fußklauen der folgenden Sippe. Die Dorngoldweipen (Stilbum) empfingen ihr Kainszeichen an dem Hinterjchildchen, welches, in jeinem Vorderteil vom Schilochen überdedt, nur an der Hinterhälfte in Form eines ausgefehlten, Fräftigen Dornes fihtbar wird. Die glänzende Dorngoldweipe (Stilbum splendidum, Fig. 1, ©. 311) ift am Endrande des Hinter: leibes vierzähnig, am Ende des napfartig ausgehöhlten Hinterjchildchens gerundet, durchaus ftahlblau oder goldgrün gefärbt, oder erglänzt zum Teil in diejer, zum Teil in jener Farbe. Sie kommt in den Nittelmeerländern und in Aſien weiter öſtlich vor und jtellt bei 15 mm Länge, welche fie allerdings nicht immer erreicht, neben einer zweiten Gattungsgenojfin für Europa die größte Goldwefpe dar; über ihre Lebensweise it mir nichts Näheres befannt geworden. Die Gattung Chrysis ift die artenreichite von allen und durch das freie Hinterjchild: hen von Stilbum unterjchieden. Je nad der Bildung des legten Leibesgliedes hat Dahl— bom acht Gruppen angenommen, bei denen in Betracht fommt, ob der Hinterrand ganz Verſchiedene Arten der Goldweipen. 311 und glatt verläuft, etwas wellenartig, mit einem ſeichten, zahnartigen Einſchnitt in der Mitte, oder ob er mit zwei ſeitlichen, mit drei, vier, fünf oder ſechs Zähnen aus— geſtattet iſt; vier und ſechs finden ſich am häufigſten. Die Chrysis-Arten, deren Endglied ohne jegliche Auszeichnung verläuft, leben vor: zugsweiſe in den Mittelmeerländern und nur eine in Amerika, einige verbreiten fich nördlich bis Deutjichland und darüber hinaus bis Schweden, wie Chrysis austriaca, bicolor, imbecilla und einige andere. Bon den weniger zahlreichen wellenrandigen gilt jo ziemlich dasjelbe, nur dürfte eine Art (Chrysis elegans) bis Deutſchland und eine andere (unicolor) jelten nördlicher, in Schweden, vorkommen. Die blaue Goldweſpe (Chrysis cyanea L., Fig. 2) iſt die einzige über ganz Europa verbreitete Art, deren Hinterleibrand in drei Zähne geteilt iſt. Sie trägt fich in der Regel durchaus blau, am Hinterleibe etwas ſchwarz geftreift und wenigjtens an der MISHRTOH) 131 I)]) NAT Hl all —9940— 0 I! I IINLIINEEHMN 4 1) Slänzende Dorngoldwefpe (Stilbum splendidum). 2) Blaue Goldmwefpe (Chrysis cyanea). 3) Gemeine Goldwejpe (Chrysis ignita). 4) Königlide Goldweſpe (Hedychrum lueidulum), Weibhen. 5) Elampus aeneus. (2 und 5 vergrößert ) Wurzel der Beine grün. Das Tierchen gehört zu den Eleineren (bi3 5,15 mm) und Schmarogt am liebiten bei ſolchen Immen, welche ihr Neft in Brombeeriten gein anlegen, Trypoxylon figulus, Crabro lapidarius, bei der fleinen, mit dem Bauche ſammelnden Biene Chelo- stoma florisomne und anderen. — Chrysis fulgida ift eine von den wenigen am Hinter: rande vierzähnigen, über ganz Europa ausgebreiteten Arten; fie wird bejonders durch die gleiche Färbung von Kopf, Bruſtkaſten und erſtem Hinterleib3gliede fenntlich. Die genannten Teile erglänzen lebhaft blau, violett oder blau in Grün übergehend, die beiden legten Glieder goldigrot, daS Männchen trägt aber auf dem zweiten Ringe einen Bogen: fled von der Farbe des vorderen Körperteiles. Die gemeine Goldwejpe (Chrysis ignita, Fig. 3), die verbreitetjte und häufigite von allen, gehört gleichfalls hierher. Wir jahen fie an der Mauer auf unjerer Abbildung (S. 255) an dem Eingange zu einem Nejte lungern; fie ift wenig wählerijch und beglüdt eine Menge von Immen mit ihrem Kududsei, Jmmen, welche an jolden Stellen, im Sande oder in alten Pfojten wohnen, weshalb wir fie auch da am meiſten fich herumtreiben und bei Sonnenſchein jehr beweglich jehen. Philanthus triangulum, Cerceris ornata, Odynerus parietum, Antilope spinipes, Eumenes pomiformis von den früher erwähnten find ihr alle genehm, außerdem noch manche Lehmweſpe, die wir nicht kennen gelernt haben. Wer ihr einige Zeit widmen will, kann fie bald als ein jchlaues und gegen ihres— gleichen eiferjüchtiges Wejen fennen lernen, defjen ganze Lebensdauer vom Frühjahr bis in den Herbjt eben nur mit Übungen in diejen nichts weniger als liebenswürdigen Eigen- Ihaften Hingebradt wird. Dieje Goldweipe ändert in ihrer Größe (5,15 — 11 mm) wie 312 Zweite Ordnung: Hautflügler; achte Familie: Gallwejpen. in ihrer Färbung mannigfach ab, fieht am Kopfe und Mittelleibe blau oder grün aus, rein, oder in den gewöhnlichen Übergängen gemijcht, und am Hinterleibe goldglänzend, bisweilen grün jchillernd oder gejättigt rot, oft mit jchwarzen Nändern in den Gelenk: einjchnitten, am Bauche ſchwarzfleckig. Der ziemlich grob punftierte Hinterleib zeichnet ſich auf dem Nüden durch einen auf dem Mittelringe beſonders ſtark vortretenden Längs— fiel aus. Die Goldweipen mit ſechs Zähnen am Hinterrande des Leibes jcheinen den heißen Ländern, bejonders Afrifa und Südamerika, einige den europäiſchen Mittelmeerländern anzugehören, und Chrysis Zetterstedti die einzige Art zu jein, welche am nördlichiten bis Schweden angetroffen wird. Bisher war von den langgeitredten Formen die Nede. Die furzen Goldwelpen, deren Hinterleib kaum länger als breit und deren Fußklauen in verjchiedener Weiſe gezahnt find, werden ihrer geringeren Körpergröße wegen teilweije überjehen, fommen auch in weit be= ihränkterer Artenzahl vor al$ die Gattung Chrysis. So ſehr fie fich in der äußeren Tracht von den übrigen abjondern, jo wenig lafjen fi) bequeme Merkmale für die beiden nach dem Baue des Mundes fehr Scharf unterfchiedenen, hauptjädhlichiten Gattungen Elampus und Hedychrum, aufitellen. Erjtere ſtimmt mit Chrysis in der furzen, Fegelförmigen, [egtere mit Stilbum in der verlängerten, an der Spike ausgerandeten Zunge überein; die von den Fußklauen und der Bejchaffenheit des Endgliedes hergenommenen Unterjchiede, welche zu weiteren Spaltungen geführt haben, find durchaus nicht ftichhaltig und geben wohl auf dem Papiere eine ganze hübjche Überficht, aber feine Sicherheit, wenn es fich darum handelt, eine jchwierigere Art zu beftimmen. Die Gattung Hedychrum zeichnet fich, jomweit unjere heimifchen Arten in Betracht fommen, duch den ganzen, nicht einmal gefurchten Endrand des Hinterleibes und einen Zahn vor der Mitte der Fußflauen aus. Eine der gemeinften und jhönjten Arten ijt He- dychrum lucidulum, deren Männchen von Fabricius als Chrysis regia bejchrieben worden ift und als königliche Goldweipe (Fig. 4, ©. 311) der gemeinen gegenüber auf der Pfoſte fich vorftellen mag. Der breite, aber immer noch etwas längere Hinterleib glänzt auf dem Rücken goldigrot, am Bauche ſchwarz, der gleihmäßig grob punttierte Mittelleib beim Männden grün oder blaugrün, beim Weibchen dagegen der Vorder: und Mittelrüden in der Regel faft ganz purpurrot. Die Flügel find von der Mitte an getrübt. Die Länge beträgt 4,5— 8,75 mm. Dan hat diefe Art bei Osmia nigriventris, mehreren Schmalbienen und bei Chalicodoma muraria ſchmarotzend gefunden. Die rofige Goldwefpe (Hedychrum roseum, aud Chrysis rufa von Panzer benannt) wird durch ihren ungemein dicht punftierten, darum matten, zart rojenrot ges färbten Hinterleib jehr leicht fenntlih; Kopf und Bruſtkaſten find grünblau, blau oder violett, dicht, faft negartig punktiert. Das zierlihe Weſpchen wird höchitens 4,5 mm lang, bewohnt bejonders trodene Gegenden und wurde nördlich nur bis gegen den 60. Breiten- grad hinauf beobachtet. Die Heinen Elampiden, eine Sippe, bei welcher die Feitjtellung der Arten einen jehr geübten Blid vorausjegt, haben mehr oder weniger deutlich gefänmte Klauen, ein ganzrandiges oder in der Mitte etwas ausgefchnittenes, zum Teil ſchwach zugeipigtes Ende des ſehr polierten Hinterleibes und ſcheinen am liebiten bei Holzbewohnern zu ſchmarotzen. Elampus aeneus (ig. 5, ©. 311) und E. bidentulus legen ihre Eier in die Nejter des fleinen Sphegiden Psenes caliginosus. Die Mehrzahl der Arten beobachtete man in den Mittelmeerländern und einzelne davon in den weiter nad) Norden reichenden Teilen Europas. Gallenbildung. 813 Die Schönen rotbädigen, fugelrunden Auswüchſe, welche manchmal zu halben Dugenden an der Unterjeite eines Eichenblattes hängen, kennt jedermann unter dem Namen der „Gall: äpfel“, weiß auch, daß eine andere, mehr holzige Art, welche aus der Levante zu ung gelangt, bei Bereitung einer brauchbaren Tinte füglich nicht entbehrt werden fann. Man nennt diefe und hunderterlei andere Mißbildungen an Pflanzen ganz allgemein Gallen und will damit jagen, daß es Frankhafte Wucherungen des Zellgewebes jeien, welche unter tieriichem Einfluß entftanden und dazu bejtimmt find, dem Erzeuger Nahrung und Obdach zu gewähren. Die Zahl der Kerfe it nicht gering, weiche Gallen hervorbringen: Fliegen, hauptſächlich aus der Sippe der Gallmüden, einige Käfer, Blattläuje, Blatt und Gall: wejpen fommen auf das Verzeichnis. Da fein Pflanzenteil von der Wurzel bis zum Zweige, dem Dlatte bis zur Blüte und Frucht, vor Gallenbildung gefichert ift, jo dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir eine über alle Erwartung große Mannigfaltigfeit unter diejen Gebilden finden. Der interefjante Gegenftand, noch lange nicht hinreichend erſchöpft, hat neuerdings die Aufmerkfamfeit einiger Forjcher auf fich gelenkt, läßt ſich hier aber nicht weiter verfolgen, als er mit den Aderflüglern zufammenhängt und fi) auf die Gall: weſpen (Cynipidae), einer bejonderen Familie der genannten Inſektenordnung, bezieht, welche die volllommenjten Gallen erzeugen. Indem eines diejer Kleinen Weſen, deren wir gleich nachher einige näher kennen lernen werden, an der bejtimmten Stelle, welche ihm der Naturtrieb anweiſt, eine ganz beftimmte Pflanze mit jeinem Bohrer anfticht und ein Ei in der Wunde zurüdläßt, wird in wunder: barer Weije dieje veranlaßt, als Kugel, Zapfen, Kegel, Hörnchen, zottiger „Roſenkönig“ oder in wer weiß welcher Form auszuwachjen und jo lange fortzumwuchern, als das Inſekt deſſen bedarf. Dann erjt, wenn der Inſaſſe nicht mehr wächlt, ift auch die Galle „reif“ geworden. Man jteht aljo jehr wohl die Urſache und ihre Wirkung, begreift aber nicht recht die mannigfahe Art der Wirkung. Zunächſt ift die vollkommene Lebensfähigfeit des betreffenden Bflanzenteiles und die Möglichkeit, fih an der Diutterpflanze weiter zu ent: falten, VBorbedingung. Denn jede Galle geht ein, jobald man den fie tragenden Pflanzen= teil abjchneidet, mag man ihn auch noch jo lange durch) Einjegen in Wafjer frijch erhalten fönnen. Eine zweite Bedingung ift die Berwundung des gejunden Pflanzenteiles durch die Eier legende Gallweſpe. Diejelbe befigt einen borjtenartigen, jehr feinen, bei den ver: ſchiedenen Arten verſchiedenen Bohrer, der im Leibe verborgen ift, aber vorgejtredt und in den Pflanzenförper eingejtochen werden kann, wenn durch ihn das Ei in die Wunde gelangen fol. Mit dem Eie hat die Pflanze einen fremdartigen Körper aufgenommen und wird, wie jeder Organismus, dagegen reagieren, um jo mehr, als auch diejer nicht unverändert bleibt, jondern fich weiter entwidelt. Zunächſt handelt es fih um den Anftoß zu dem nun erfolgenden abweichenden Wachstum, ob es in Form einer Kugel, einer Linſe, einer Eichel ꝛc. vor fich gehen joll. Der Bildungsfaft der Eiche überhaupt, dieſer befonderen Eichenatt, die Stelle, an welcher die Wirkungen eintreten, ob Blattfleiih, Blattrippe, ob Ninde, ob junges Holz 2c., mag hierbei von wejentlichem, aber nicht von ausjchlieglichem Einfluß jein; denn wie könnte ſich jonjt dieſelbe Form, beijpielsweije die der Kugel, an verjchiedenen Stellen: am Blattfleiſch, am jungen Holze entwideln, oder wie Fönnten umgelehrt die verjchiedenften Formen oft gleichzeitig an demſelben Eichenblatte zuſtandekommen? Hier muß aljo noch etwas anderes wirken, als der Bildungsitoff und der bloße Reiz, es muß Die Art des Stiches und der jeder Gallweipe eigenartige, beim Legen mit ausfliepende Saft, das „Gallweſpengift“, wie wir ihn für die Pflanze bezeichnen dürfen, dieſe bedeutenden Verjchiedenheiten bewirken. Eine fernere Bedingung zum Gedeihen der Galle liegt endlid in der Entwidelung und frejjenden Thätigfeit der Weipenlarve im Inneren jener. Denn das Fortwachſen der Galle hört auf und diejelbe verfümmert, wenn das 314 Zweite Ordnung: Hautflügler; adte Familie: Gallweſpen. Larvenleben auf einer allerdings noch nicht ermittelten Entwidelungsitufe beider zu Grunde geht. Die Gallweipen haben außerordentlich zahlreiche Schmaroger, diefe mögen in vielen Fällen die Gallweipenlarven hinfichtlih der Weiterbildung der Galle vertreten, in anderen aber nicht; denn man findet verfümmerte Gallen, in denen alles tierijche Leben fehlt, und da wurde es zu zeitig für deren Fortbildung getötet. Auf jolche wunderbare Weife wird die Galle zu einem Schmaroger der Pflanze, welcher nicht mehr ihr, ſondern dem tieriſchen Einwohner dient. Das Gallinjeft gewinnt mithin eine Herrichaft über die Pflanze, wie fein anderes Inſekt weiter. Die von den Gallweipen erzeugten Gallen find vollkommen geſchloſſen und öffnen fich nicht von jelbjt, wie viele andere Gallen, jondern werden von den vollendeten Weſpen durchnagt, wenn dieje ſchließlich dem Freiheitsprange alles Lebenden folgen. Eine Raupe, welche im Blattfleifch miniert, ein Holzwurm, welcher jchrapend alte Bretter ausarbeitet, fie beide haben eine gewilje Freiheit; fie werden zwar beengt durch den Nahrungsitoff in ihrer Umgebung, können ihn aber da fortichaffen, wo es ihnen gefällt, und hierdurch ihre Wohnung beliebig erweitern. Anders verhält es fi) mit der Made der Gallweipe. Die: jelbe liegt in einem fejteren, fteinartigen Kerne, der jogenannten Larvenkammer, gleic) dem Samen der Kiriche oder Pflaume in ihrem Steinferne. Auf dieje enge Klauje ift fie beichräntt, diefe und die weitere Umhüllung, mehr fleifchiger oder holziger Natur, hat der Kerf zu durchbrechen, wenn die Berwandlung vollendet ift. Der gemeine Gallapfel ent: hält in feinem Mittelpunkte nur eine Larvenfammer und gehört daher zu den einkam— merigen Gallen; welcher Art die mehrfammerigen jein müſſen, erklärt fich hieraus von jelbjt. Se nach ihrer Bejchaffenheit, ob holzig, fleifchta, mehlig 2c., nad) ihrer Anheftungs— itelle, ob Blatt, Wurzel, Knoſpe, Frucht fie erzeugten, ihrer Gejtalt und der Art ihrer Gruppierung, wenn mehrere beijammen find, gibt e8 eine Menge von näheren Bezeich- nungen für die Galle, welche allermeijt Feiner weiteren Erklärung bedürfen. Der Regel nach hat jedes Erzeugnis einer Gallweipe jeinen bejtimmten Bla an einer bejtimmten Pflanze und erjcheint jtetS in derjelben Form. Keine Kegel ohne Ausnahme: die Gallen des Spathegaster baccarum fommen an den Blättern, aber auch an den Blütenfägchen der Eiche vor, die Roſen-Gallweſpe jticht für gewöhnlich die Zweige an, welche zu den be- fannten „Roſenkönigen“ auswachſen, kann aber auch außer der Wurzel jeden anderen Teil des Nojenftrauches beglüden. Eine interefjante ungeflügelte Gallwejpe, die Biorhiza aptera, lebt für gewöhnli in Wurzelgallen der Eiche, ift aber auch an der Wurzel der tiefer gefunden worden. Nicht nur in der Größe wechjelnd, jondern auch) in der Farbe und mit unwejentlichen Abänderungen der Form, kommen bisweilen Gallen einer und derjelben Art vor. Neuerdings will von Oſten-Sacken in Nordanerifa aus zwei verjchiedenen Gall: formen die verjchiedenen Gejchlechter einer und derjelben Art erzogen haben. Die Gallmüden leben an den verjchiedenften Pflanzen, die Gall weſpen zu 90 Prozent an den verjchie- denen Eichenarten, jo daß man in diefer Beziehung die Eiche jo recht eigentlich den „Baum der Einheit“ nennen könnte, weil fi) in feinem Inneren wie an jeinem Außeren mehr Kerfe ernähren und friedlich bei einander wohnen, als irgend wo anders. An der Eiche fommen allein nah Mayr („Die mitteleuropäiichen Eichengallen in Wort und Bild“, Wien 1871) in Mitteleuropa 2 Wurzel, 8 Rindengallen, 39 Knofpen:, 34 Blatt:, 9 Staub: blüten= und 4 Fructgallen vor. Für Franfreih und das jüdliche Europa gejtalten ſich die Verhältnilje wieder anders, ebenjo ernähren die nordamerifanijchen Eichen andere; von Djten-Saden zählt 28 an den nordamerifanijchen Eichen, bejonvers um Waſhington, auf. Außer der Eiche kommen Ahorn, Vogelbeerbaum, wilde Rojen und Brombeeren in Betradt. Bon frautartigen Pflanzen find in diefer Beziehung Faum der Rede wert einige Korbblümler (Hieracium, Centaurea, Scorzonera), wilder Mohn, Gundermann, Gallenbildung. Einteilung. 315 Königskerze und noch einige zweiſamenlappige Gewächſe. Nach den unzureichenden Be— obachtungen in außereuropäiſchen Ländern, welche über dieſen Gegenſtand bekannt gewor— den ſind, fehlt es zwar nirgends an Gallen, wohl aber überall an der Menge von Gall— weſpen, welche unſere Heimat ernährt. Von Alexandria bis zum Ende der Sinaitiſchen Halbinſel fand von Frauenfeld ſehr zahlreiche Gallen an der Tamarisfe, behauptet aber, daß nicht eine davon einer Cynipide angehören könne. Schrader, welcher ſich über gallenerzeugende Inſekten Auftraliens verbreitet, hat gleichfalls nur wenig Gallweſpen, fondern hauptſächlich Fliegen, Schild» und Blattläuſe aufzuzeichnen. Das Studium der Gallinjeften kann hauptſächlich nur durch die Zucht derjelben ge: fördert werden, welche aber — Geduld erfordert, vornehmlich aus zwei Gründen. Sam: melt man die Gallen zu einer Zeit, welche ihrer Reife noch zu fern liegt, jo gehen fie ein, wie ſchon oben bemerkt wurde. Trifft man aber den günjtigen Heitpunft der Keife, jo folgt noch lange nieht daraus, dag man nun auch Bekanntſchaft mit ihren Erzeugern werde machen müſſen. Diejelben werden nämlich jo häufig von Schmarogern bewohnt, daß ſie deren verhältnismäßig mehr liefern als jene. Neben der Geduld wird daher auch große Um: und Vorfiht nötig, wenn die Wiſſenſchaft in Wahrheit gefördert werden joll. Die Gallweipen felbjt, denen wir ung nun zuwenden, unterjcheiden ſich zunächit von allen bisher bejprochenen Immen durch die zweiglieverigen Schenfelringe, welche ſie mit den übrigen noch folgenden gemein haben, außerdem erfennt man fie leicht an der eigen= tümlichen Bildung ihrer Borderflügel. Denjelben fehlt zunächit das Mal und jede Mittel- zelle, nur eine gejchlofjene Rand- und zwei gejchlojjene Unterrandzellen fommen bei ihnen außer den beiden Schulterzellen vor. Hierbei unterjcheidet man zwei Hauptformen, ent: weder iſt nämlich die erſte Unterrandzelle jehr ſchmal und lang, die zweite bildet ein bis zum Verſchwinden Kleines Dreied und die dritte wird wegen des abgefürzten Cubitus nicht geihlofjen, oder die erjte ijt größer, unregelmäßig vieredig, gewiljermaßen durch Ver: jchmelzung der eriten und zweiten in der eben bejprochenen Form entitanden, während die dritte vom Saume und von dem bis dahin reichenden Eubitus gejchloffen wird; zwiſchen beide jchiebt fich die dreiecdige, breite Nandzelle mit einem faſt rechten Winkel ein. Die Hinterflügel haben höchſtens eine einzige Ader, aljo auch feine Zelle. Es finden ſich Arten, deren Weibchen verfümmerte oder gar feine Flügel tragen und darum gewiſſen Eleinen Schlupfweſpen nahejtehen, aber wegen ihres abgerundeten, von den Seiten zuſammen— gedrüdten Hinterleibes und wegen noch anderer Merkmale nicht wohl mit diejen zu ver: wechjeln find. Ale Gallweipen ftellen jih uns al3 unjcheinbare, Kleine Tierchen von durchſchnittlich 4,5 mm Länge vor; wenige werden größer, jehr viele aber erreichen nicht einmal das Maß von 2,25 mm; fie find ſchwarz, ſchwarz und heller rot bis braun oder ganz hell braun und in feinerlei Weiſe mit lichten Zeichnungen verziert. Die nicht gebrochenen Fühler find fadenförmig oder verdiden ſich allmählih und ſchwach nach vorn; fie bejtehen aus 12—15, meijt recht deutlich abgejegten Gliedern; beim Männchen fommen gewöhnlich eins oder zwei mehr vor als beim Weibchen. Der Kopf it Klein, fajt kreisrund und jteht tief unten, weil ji) der Mittelleib hoch wölbt und budelig erhebt, trägt auf dem Scheitel drei Nebenaugen und hat mäßig entwidelte Mundteile. Der kurze, von den Seiten zus jammengedrüdte Hinterleib, bisweilen jo gedrüdt, daß am Bauche oder auch am Rücken eine Fielartige Zufchärfung hervortritt, ſitzt am Hinterrüden, fteht in anderen Fällen mit dDiejem durch ein furzes Stielchen oder einen Ring in Verbindung, welche man, wie bei den Ameijen, als Mittelglied betrachtet und ihm nicht zuzählt. Die Nüdenringe gleichen nur felten einander in der Länge, und das legte Bauchglied ragt wenigitens beim Weib: hen in Form einer Fleineren oder größeren Schuppe über die Rückenſchuppe hinaus, und 316 Zweite Ordnung: Hautflügler; achte Familie: Gallweipen. beide Elaffen an der Spitze oft weit auseinander. Die Legröhre des legteren ift eine feine, zum Teil jehr lange, im Inneren des Leibes gewundene Borjte, welche in der Ruhe nicht heraus— zutreten pflegt. Die Hinterleibsjpige endet beim Männchen immer ftumpfer; außerdem unterjcheidet fi diefes durch geringere Größe ſowie häufig noch durch eine andere Fühler: bildung vom Weibchen. Zu einer Neihe von Arten hat man bisher noch fein Männchen aufgefunden und muß jomit eine Fortpflanzung ohne vorhergegangene Befruchtung (Par: thenogenefis) annehmen. Dem Dr. Adler gebührt das Verdienft, zuerjt nachgewiejen zu haben, da& jehr viele Arten je nad den Jahreszeiten in zwei verjchiedenen Formen auf: treten, einer agamen, welder die Männchen fehlen und wo die Fortpflanzung jungfräulich ift, und einer mit beiden Gefchlechtern verjehenen zweiten Form, jo dab aljo hier jene Form von Generationswechel eintritt, welhe man Heterogonie genannt hat. Wie bei weitem nicht alle Gallen von Gallweipen herrühren, jo entwideln ſich um: gefehrt nicht alle ihrer äußeren Erſcheinung nad) zur Familie gehörigen Weſpen aus Gallen, find echte Gallweſpen, fondern ein gut Teil derjelben legt jeine Eier an bereit3 vor: handene junge Gallen, wo ſich die daraus entftandene Made von dem Pflanzenitoffe ernährt; dieje find Ginmieter oder Aftergallweipen genannt worden; es können deren zwei Arten in einer Galle leben. Nah Mayrs neuejten und umfafjenden Bes obahtungen („Die Einmieter der mitteleuropäijchen Eichengallen“) über diejen Gegenftand lafjen fih im Verhälnis des Einmieters zum Wirte vier verjchiedene Fälle unterjcheiden: er lebt in der Larvenkammer der echten Gallwejpe, die im jugendlihen Larvenalter zu Grunde geht, und jene wird durch dünne Häute in jo viele Kammern geteilt al3 Larven vorhanden find. Zweitens kann die Kammer der echten Gallweipenlarve und ein Teil des umgebenden Zellgewebes zeritört und an deren Stelle ein Hohlraum getreten fein, welcher gleichfalls von den Einmieterlarven in Kammern geteilt ift. Die natürlihe Höhlung gewifjer Gallen wird von Cinmieterlarven bewohnt und aud erweitert, ohne daß hier: durch der urſpünglichen Erzeugerin Abbruch gejchieht; endlich find viertens die Kammern der Einmieter im Parenhym rings um die Larvenfammer verteilt, und beide entwideln fich ungejtört nebeneinander. Sicher find bisher die drei Gattungen Synergus, Sapholytus und Ceroptres al3 Einmieter erfannt worden. Eine dritte Reihe von Cynipiden lebt im Larvenzuftande ganz jo wie eine Schlupf: weſpe in und von anderen Inſekten und ſchmarotzt mithin in vollflommenjter Weije; es find die zahlreihen Schmarotzer-Gallweſpen. Die in Gallen lebenden Larven, gleichviel ob deren Erzeuger oder bloße Einmieter, find dicke, nadte, etwas gefrümmte Maden mit hornigem Kopfe, an welchem Fräftige Ober: fiefer, aber feine Augen figen, und ſchließen ſich fomit in ihrer allgemeinen Bildung den Larven der vorhergehenden Familien an; die echten Barafiten mögen mit ihrem Wachs— tum ähnliche Veränderungen erleiden, wie fie Ratzeburg bei einigen Schlupfweipen bes obachtet hat. Wie überall geht die Entwidelung bei verjchiedenen Arten in längerer oder fürzerer Zeit vor fih, nur darin ftimmen fie alle überein, daß fie fich in ihrer Galle ver: puppen, dabei meift fein Gejpinft fertigen und als breite Puppen nur Furze Zeit ruhen. Ginige fönnen als Larve, andere als Weſpe, aber au) diefe in der noch nicht geöffneten Galle, überwintern. Ein rundes Loch in diefer beweilt allemal, daß der Inſaſſe jeinen Kerker verlaffen hat, und oft entjcheidet die Größe des Loches, ob die zu erwartende Gall- mwejpe oder ein Schmaroger daraus hervorging. Die Eihen-Gallwejpen (Cynips), obſchon ohne Männchen, liefern die Grund: form der größten echten Gallweipen und lafjen ſich als Gattung leicht erfennen an dem mehr oder weniger zottig behaarten Rüden des Mittelleibes, an dem faft halbfugeligen, großen Schildchen, an dem jißenden, runden und zufammengedrüdten Hinterleibe, deſſen Gemeine Gallapfelweipe. 317 erſtes Glied jedes der anderen an Länge übertrifft, und an den nach vorn jchwach ver: dieten Fühlern. Die Nandzelle der Vorderflügel ift geitredt, die zweite Unterranpzelle jehr Klein und dreiedig und an dem Grunde jener gelegen. Die Kiefertafter werden von fünf, die Lippentajter von zwei Gliedern zujfammengejeßt. Neuerdings hat man nad) Förſters Vorgange von Cynips zwei Gattungen abgejchieden, indem man den Arten mit anliegendem Seidenhaare an der Hinterleibsjpige den alten Namen belafjen, diejenigen ohne diefe Behaarung Aphilothrix und die mit abjtehender Behaarung an Beinen und Fühlern Dryophanta genannt hat. Diejer Spaltung ift bei Benennung der wenig be= ſprochenen Arten hier Feine Rechnung getragen worden. 1) Gemeine Gallapfelweſpe (Cynips folii), 2) Torymus regius, ein Schmatofer derjelben, 6) jene vergrößerte, 7) ihr durchſchnittene Galle mit der LKarve. 3) Galle der Eichenzapfen-Gallweſpe (Cynips gemmae), 4) die Larvenkammer ge= ſchloſſen und geöffnet, 5) leßtere vergrößert. Oben linf3 da3 Viereihenfalterhen (Thecla quercus) mit feiner Raupe. Die gemeine Öallapfelweipe (Cynipsfolii ZL. over scutellaris OI. Fig. 1 und 6) entſchlüpft den Fugelrunden, fleijchigen Galläpfeln, welche jo an der Unterjeite der Eichen: blätter (Quercus sessilifolia und pedunculata) angewachſen find, daß man auf der Ober- jeite nicht8 bemerkt. Das Tierchen it am Hinterleibe glänzend ſchwarz, auf dem Schild» hen, an Beinen und Kopf mehr oder weniger braunrot, hat rauhaarige Fühler und Beine und eine Fleine, borjtig bemwimperte legte Bauchihuppe. Zu der Zeit, wo die Knoſpen aller Bäume noch jchlafen (die Eiche grünt befanntli unter unjeren Waldbäumen am letzten) aljo im Januar oder Februar, kriecht das Weſpchen träge an den noch völlig unentwidelten Anojpen umher und fticht eine und die andere Adventivfnofpe am unteren Stammteile alter Eichen an und zwar von der Spite gerade durch die Knoſpe, jo daß das Ci unterhalb der Blattanlage zu liegen fommt. Die demjelben entjchlüpfte Larve gelangt in die Gambiumfchicht und bildet eine auf der Ninde auffigende, eiförmige, filzige Galle von reichlid 3 mm Länge und halber Breite und von dunkel violetter Färbung. Der: gleihen Gallen fißen mehrere beilammen und ſchon im Mai oder Juni beißt ſich zur Seite des Gipfel3 der in beiden Gejchlechtern vorhandene Spathegaster Taschenbergi heraus, ein Feines, Schwarzes Gallweſpchen mit roten Beinen, furzgeftieltem Hinterleibe, deſſen erites Glied länger als alle übrigen ift, und mit fadenförmigen, 15 — 16gliederigen Fühlern. 318 Zweite Drdnung: Hautflügler; achte Familie: Gallmwefpen. An fonnigen Tagen erfolgt die Paarung, und das befruchtete Weibchen ſucht ſich möglichit zarte Eichenblätter aus, um mit jeinem ziemlich langen, geraden Stachel auf der Unter: jeite jener in die Mittelvippe oder die ftärferen GSeitenrippen zu ftechen und dabei je ein Ei hineinzulegen. Die von ihm bejchenkten Blätter find es, welche im Sommer, nament: lich aber im Herbft, ung durch jene rotbädigen, etwas höderigen Äpfel in die Augen fallen. Sie waren mit der Made in ihrem härteren Mittelpunfte entjtanden und reifen mit ihr. Sm Herbſte Fann man beim Offnen die bereits fertige Weſpe darin finden, welde fich jedoch meift erft nah dem Winter herausarbeitet. Eingefhrumpfte, noch am Eichenbufche bängende Galläpfel find von Schmarogern bewohnt, zu denen unter anderen ein gold: grüner, in verjchiedenen Gallen ſchmarotzender Pteromaline (Torymus regius Ns.) gehört, welcher den jchon halbwüchligen Gallapfel mit jeinem langen Bohrer anfticht, wobei fich der Hinterleib in gewaltigem Budel erhebt und die legte Bauchſchuppe weit klafft (Fig. 2, Abbild. ©. 317). Als Einmieter beherbergt unfere Gallweipe drei: Synergus pallicornis und Tschecki, jowie Sapholytus connatus. Die Cynips longiventris fommt aus erbjengroßen rot und gelb gejtreiften Gallen an den Blättern der Stieleihe (Quercus peduneculata), welche durch den Stich des Spathegaster similis erzeugt worden waren, der Gejchlechtsform diejer Art. Wir jehen an demjelben Zweiglein, Abbild. ©. 317, einen Heinen Zapfen (Fig. 3), in dejjen Mittelpunfte die eiförmige Larvenfammer (Fig. 4, 5) fist, welche überdies in zwei Yängsdurchichnitten, und zwar in natürlicher und übernatürlicher Größe dargeftellt ift. Derartige Gallen hat man Innengallen genannt, weil fie ſich innerhalb einer eigen= tümlichen Überwucherung befinden, von welder fie fich bei der Neife löſen können. Solche zierliche Zapfen fißen öfters in größerer Menge bei einander an den Spitzen oder in den Blattwinfeln junger Triebe der drei bisher genannten Eichenarten und gehören der Eihenzapfen-Gallwejpe (Cynips gemmae) an, welche anliegend behaarte, daher jeidenglänzende Fühler und Beine hat, Schwarz ausfieht, an den Wurzeln jener und an den Schenfeln diejer braunrot. Sie bedarf jehr langer Zeit zu ihrer Entwidelung. Syn den Gallen, welche ich als abaefallen im Herbite 1865 aufjuchte, fand ih Mitte Dftober 1867 noch lebende Larven, die nie zur Entwidelung gelangt find. Bei früheren Zucht verjuchen erhielt ich aus den Gallen nur einen ſchönen Schmaroger, den durd prächtigen Metallglanz wie durch zierliche Skulptur jeiner Oberfläche gleich ausgezeichneten Ormyrus tubulosus. Die zu diejer Cynips gehörige, in beiden Gejchlechtern vorhandene Form heißt Andri- cus pilosus, jo daß aljo das Weibchen diefer den Grund zu jener Schönen Zapfengalle legt. Es iſt befannt, daß ſchon die Alten ſich eine Gallweipe, jet Blastophaga grossorum genannt, zu nutze machten, um jaftigere und wohlfchmedendere Feigen zu erlangen; wie man erſt neuerdings feitgeitellt hat, werden fie dadurch auch jamentragend. Noch heut- zutage verwendet man große Sorgfalt darauf, die „Kaprififation” der Feigen an den ver- edelten Bäumen durch diejes Tier zu bewirken. Es lebt in den wilden männlichen Feigen und iſt zu der Zeit, wo dieſe noch nicht reif find, Ende Juni vollfommen entwidelt, würde auch noch darin bleiben, wenn man es nicht jtörte. So aber pflüdt man diefe Feigen, verbindet je zwei durch einen langen Binjenhalm miteinander und wirft fie mit großem Geſchick in möglichſt gleichmäßiger Verteilung auf die Zweige der edlen Feigenbäume. Das Austrodnen und Zujammenjchrumpfen der wilden Feigen veranlagt die Inſekten auf die edlen Feigen überzugehen und hier eine zweite Brut zu bilden, wodurd die Fruchtfnoten gallenartig anjchwellen und den Saftreichtum vermehren. Dieje Brut geht jedoch zu Grunde, weil die Feigen vor ihrer Entwidelung geerntet werden. Dies gilt von der gemeinen Feige (Ficus carica), andere Feigenarten werden von anderen Gallweipen in gleicher Eichenzapfen-Gallweſpe. Shwamm:Gallmwefpe. 319 Weije veredelt, wie uns die interefjante Arbeit von Dr. ©. Mayr: „Feigeninfetten“ (Wien 1885) lehrt. Die Öattung Andricus fommt in beiden Geſchlechtern vor. Ihre ungemein zahl: reihen Arten gehören zu den kleinſten, haben einen weniger zuſammengedrückten Hinter: leib als die bisher bejprochenen und zu zahlreiche feinere Merkmale, durch welche fie fich von den verwandten unterjheiden, um diefelben hier anführen zu können. Neun Arten derjelben find bisher als gejchlehtlihe Formen für ebenjo viele agame Cynips- (Aphi- lothrix-) Arten nachgewiejen worden. * N N N D) Shwamm=Gallmweipe (Teras terminalis) auf alter Schwammgalle, ungeflügelt, darunter auf friiher Galle und ges flügelt. 2) Flügellofe Wurzelgallwejpe (Biorhiza aptera) auf ihrer Galle. 3) Brombeer=Gallwefpe (Diastrophus rubi) auf ihrer Galle; 4) eine folhe Galle durchſchnitten. 5) Synergus facialis bei Gallen von Cynips solitaria. 6) Figites scutellaris. 7) Mejjerföürmige Schmarotzergallweſpe (Ibalia cultellator). Alle Gallen und Fig. 7 in natürlicher Größe, Wefpen 1—6 vergrößert. Die Shwamm:allwejpe (Teras terminalis, Fig. 1) kommt aus den nicht immer an den Spiten, jondern auch an den Seiten der Eichenzweige fißenden, vielkam— merigen, unregelmäßigen Schwammgallen, welche im erjten Frühjahr weiß und rotbädig, im Alter aber mißfarbig und durchlöchert erjcheinen. Die Wefpe hat die befondere Eigen: tümlichfeit, daß neben geflügelten auch ungeflügelte Weibchen, außerdem geflügelte Männ- hen vorkommen. Sn der Negel leben die beiden Gefchlechter getrennt in den Gallen. Im Juni pflegen fie auszufhlüpfen. Die Flügel haben den Bau wie bei Cynips, auch die Fühler, aber das Schildchen ift niedergedrücdt und platt; die Kiefertafter beftehen aus vier, die Lippentafter aus zwei Gliedern. Das Tier ift an der vorderen Hälfte braungelb, an der Wurzel des Hinterleibes braunrot und dahinter jchwarzbraun gefärbt, die ſchmale Bauchſchuppe des Weibchens trägt einen langen Haarbüfchel. ES find außer mehreren Synergus-Arten jchon 40 Paraſiten aus den Gallen erzogen worden, befonders Pteromalinen 320 Zweite Ordnung: HSautflügler; achte Familie: Gallmwefpen. Auch ein Nüfjelfäfer (Balaninus villosus) legt jeine Gier in die Galle, damit fi) die Larve vom Fleifche derjelben ernähre. Überdies benugen noch zahlreiche Inſekten anderer Ordnung die alten Gallen, um bier in der Jugend ein Obdach zu finden. Den Grund zur Schwammgalle hat aber nicht die Teras gelegt, jondern die vom November bis zum Januar lebende, nur im weiblichen Gejchlechte vorftommende Biorhiza aptera, Fig. 2, ©. 319. Sie ift flügellos, 4,5 mm lang, rötlich braungelb, an der Fühler: geißel etwas dunkler und trägt einen Schwärzlichen Gürtel um den Stark zufammengedrüdten Hinterleib. Das Kleine Schildchen tritt faum hervor und der Mittelleib in der Breite zurüd gegen Kopf und Hinterleib. Die Wejpe entjchlüpft den Gallen, welche die Teras terminalis an den Wurzeln alter Eichen, oft bis 50 cm tief unter der Erde angelegt hat. Diejelben find holzig, unregelmäßig, mehrfammerig, fißen in gro: Beren oder geringeren Mengen gedrängt nebeneinander als traubige Mißbildung der Ninde und find nicht zu verwechjeln mit den Fartoffelähnlichen, mehrfammerigen Gallen, aus denen Cynips radieis ausfriecht. Die Brombeer:Gallwejpe (Diastrophus rubi, Fig. 3, ©. 319) ſchließt fich bezüglich des Flügel- geäders an Cynips an, auch in der Hinficht, daß das erite Glied des wenig zujammengedrüdten Hinterleibes länger als alle anderen it. Die fadenförmigen Fühler beitehen aus 13—14 Gliedern, beim Männchen auch aus 15. Der ganze Körper ift glänzend ſchwarz, nur das fait halbfugelige, an der Wurzel zweigrubige Schild» hen unregelmäßig gerunzelt; die Beine find braunrot oder heller. Dieje gedrungene Gallweipe erzeugt an den Stengeln der Brombeeren jtarfe, oft wunderlich ge— krümmte Anſchwellungen, aus denen im April des näch— ſten Jahres die Weſpchen mafjenhaft hervorfommen, ein jedes aus jeinem Flugloche. — Eine andere Art, die Gundermann-Gallweſpe (Diastrophus glecho- mae), iſt am vorderen Bruftringe behaart, am Mittel: bruftringe fein gerunzelt, am Schildchen längsrunzelig, aljo entjchieden weniger glänzend als die vorige Art, von welcher fie fich in der Färbung nicht unterscheidet. Sie erzeugt an dem Gundermann (Glechoma hederacea) ſchön rot gefärbte fugelige, einfammerige Gallen mehr fleifchiger Natur. Die gemeine Nojen-Gallweipe (Rhodites rosae) und ihre wenigen Gattungs— genofjen verbinden, wenn der Bau der Vorderflügel in Betracht kommt, die beiden oben erwähnten Formen miteinander, injofern eine breite dreiedige Nandzelle und gleichzeitig eine dreiedige, unter ihrer Wurzel ftehende zweite Unterrandzelle norfommen. Die faden- jürmigen Fühler haben 16 walzige Glieder. Der Kopf ijt breiter als der Mittelleib und nicht jo tief herabgedrücdt an diejem, wie bei Oynips, welcher Gattung dieje hinfichtlich der allgemeinen Körperform nahe fteht. Der ganze Hinterleib mit Ausnahme feiner Spike und die Beine find braunrot, alles übrige jehwarz, beim Männchen auch der größte Teil des Hinterleibes. Die letzte Bauchſchuppe des Weibchens klafft wie ein langer, ſpitzer Schnabel. Männchen fommen zwar vor, aber jehr einzeln, und es ift bei diejer Art aud) bereit Parthenogeneſis feitgeftellt worden. Die genannte Art bringt an den wilden Rojen Gemeine Rojen-Gallwejpe (Rhodites rosae), vergrößert, und ihre Galle. Biorhiza aptera. Brombeer:, Roſen-Gallweſpe. After-Gallweſpen. Allotria. 391 ausnahmsweiſe auch an den Hentifolien der Gärten, die zottigen „Roſenkönige, Schlaf: äpfel, Bedeguar“ hervor. Borzeiten ſchrieb man dieſen vielfammerigen Gallen heilende Kräfte zu und legte fie 3. B. in ihrer natürlichen Geftalt zur Beruhigung fhlecht ſchlafen— der Kinder unter das Kopflilfen, oder gab fie in Pulverform denjelben gegen Würmer, Ruhr ꝛc. ein, weshalb fie eine gewiſſe Berühmtheit erlangt haben. Im Herbft ift die Galle reif, aber erit im nächften Frühjahr arbeiten fih nicht nur die Wespen, fondern häufig auch noch andere Bewohner daraus hervor, wie die Cinmieter (Aulax Brandti) und Arten der mehrfach erwähnten Gattung Synergus, bejonders aber Schlupfweipen aus den Familien der Pteromalinen und Braconiden; es find etwa ihrer 20 zufammen, von denen die einen vor, andere nach und noch andere gleichzeitig mit dem rechtmäßigen Bewohner erjheinen. — Eine andere Roſengallweſpe verurjacht an der Unterfeite der Blätter, aber auch anderwärts, Fugelige, harte Gallen meift von Erbjengröße und darunter und heißt Rhodites Eglanteriae. Diejelbe ift der vorigen jehr ähnlich, hat aber hellere Flügel, ftatt des Dreiedes der zweiten Unterrandzelle nur ein Pünktchen und lichteres Kot am Körper; auch ihr fehlt es nicht an Schmarogern. Noch ein paar andere Arten leben unter den gleihen Berhältniffen an den Roſen, und man muß daher genau prüfen, wenn man fih vor Verwechſelungen fihern will. Wir können unmöglich weitere Gallen und ihre Erzeuger vorführen, jondern müfjen hinfichtlich der an Eichen vorkommenden auf die bereit3 erwähnte Arbeit verweilen. Aus der Sippe der After-Gallmwejpen oder Einmieter jei nur hier noch einmal der Gattungen Synergus und Aulax gedacht, deren beider Flügelgeäder der zweiten Form an- gehört, wo zwei Unterrandzellen, die erfte und dritte, vorhanden find, zwiichen welche fich die dreiedige, breite Randzelle einſchiebt. Der ſchwach zufammengedrüdte Hinterleib ift mit dem Bruſtkaſten durch ein Furzes, geſchwollenes Stielchen verbunden, welches fich bei Synergus durch Längsriefen vor dem glatten der Aulax-Arten auszeichnet; jene Gattung hat zwei- gliederige Lippentafter mit einem großen Anhang am Ende, diefer Gattung fehlt der- jelbe. Bei Aulax unterjcheiden fich die Geißelglieder untereinander nicht in der Länge, jondern die fadenfürmigen Fühler beitehen aus 13—14 Gliedern beim Weibchen, 15—16 beim Männden. Der Synergus facialis lebt als Einmieter in der Galle von Cynips solitaria, bei Cynips glutinosa, albopunctata, Teras terminalis, Spathegaster bac- carum, tricolor und anderen, und erjcheint noch in demſelben Jahre, in welchem fich die Galle gebildet hat. Er ift glänzend jhwarz, an den Fühlern, am Kopfe mit Ausnahme der Stirn und des Scheitel3, und an den Beinen fcherbengelb und 1,3— 2, mm lang. Nicht alle Aulax-Arten find übrigens Einmieter, jondern es gibt au) echte Gall- weſpen unter ihnen, die nie an der Eiche, wohl aber am Habichtsfraut (Aulax Hieracii und Sabaudi), am Fingerfraut (Aulax Potentillae), wo überall Stengelanjchwellungen dur fie entitehen, am Mohne (Aulax Rhoeadis), und zwar in defjen Kapjeln, leben. Während die bisher beſprochenen Arten auch noch viele andere ihnen naheftehende Gallen bewohnen, ſolche jelbit erzeugend, oder als Einmieter fih wenigſtens von ihren Wucherungen ernährend, find die noch übrigen Gallweijpen Schmaroger:Gallweipen, d. h. fie ftehen nur in Hinficht ihres Körperbaues den Gallweipen nahe genug, um mit ihnen verbunden werden zu fönnen, haben aber mit den Gallen nichts gemein und entwideln fi) vollfommen in der Weije wie die Echlupfwespen in den Körpern anderer Inſekten. So beijpiel3weije die 40 kleinen Arten der Gattung Allotria in Blattläufen. Hinficht: lich der Geftalt ftimmen fie mit voriger Gruppe überein: der Furze, fajt runde Körper, der figende oder kaum geftielte, im erſten Gliede eigentlich allein vertretene Hinterleib und Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX- 21 329 Zweite Ordnung: Hautflügler; neunte Familie: Proctotrupiden. die zweite Flügelform fommen bier wie dort vor; die polierte Oberfläche des kleinen Körpers aber und die dünnen, meilt diefen an Länge übertreffenden Fühlerchen unterjcheiden fie leicht. Bei vielen von ihnen jchließt fich die Nandzelle nicht vollkommen nad) hinten, und dei ein paar Arten erjcheinen die Flügel fogar nur ftummelhaft, jo daß man die Gattung gewiß jchon längit in mehrere aufgelöft haben würde, wenn nicht die Entwidelungs: geichichte bei allen jo übereinftimmte. Die Figitiden bilden einen anderen Formkreis, ausgezeichnet durch den geſtreckteren Körper, der beim Weibchen durch die furz vorftehende Legröhre ſpitz ausläuft, niemals durch eine abjtehende Bauchichuppe Elafft. Die Nandzelle der Vorderflügel ift Furz, drei- edig, höchitens noch einmal jo lang wie breit. Die Rückenſchuppe des zweiten Hinter: leibsgliedes erreicht nicht die halbe Länge des ganzen Hinterleibes, endlich trägt das Männ— hen vierzehngliederige, das Weibchen vreizehngliederige Fühler. Die artenreichjte Gattung Figites (Psilogaster Hartigs) charakterifirt der Furze, ringartige Hinterleibsitiel mit ge— riefter Oberjeite. Die beiden eriten Glieder de3 eifürmigen, nur ſchwach zufammengedrücten Hinterleibes gleichen einander jo ziemlich auf dem Nüden an Länge, das erjte verichmälert ſich aber allmählich an der Körperjeite nad) vorn, ohne an feiner Wurzel behaart zu fein, wie bei anderen Gattungen. Außerdem dedt ein jehr jparjames Haarkleid die Augen. Der glänzend jchwarze, nur an den Vorderbeinen von den Anieen abwärts rote Figites seutellaris iſt am Kopfe, den Bruftjeiten und am Schilöchen runzelig, am VBorderrande des zweiten Hinterleibsringes gerieft; das hinten geftußte, gerandete Schildchen ift an feiner Wurzel durch zwei tiefe, faſt quadratiiche Grübchen ausgezeichnet. Dieſe Art jcheint über ganz Europa verbreitet zu fein und ſchmarotzt bei der Fliegengattung Sarcophaga, wie überhaupt alle Sippengenofjen, joweit man diejelben bisher erzogen hat, von Fliegenlarven leben. Die mejjerförmige Schmaroger-Gallmwejpe (Ibalia cultellator, Fig. 7, ©. 319), weicht zu jehr von der vorigen Sippe ab, um ihr zugezählt werden zu fünnen, bildet vielmehr durch den höchſt eigentümlichen Bau eine wenig zu der ganzen Familie pafjende Form. Der figende Hinterleib ift von den Seiten fo ſtark zufammengedrüdt, daß er ji beinahe wie eine Meſſerklinge an dem walzigen, langgeftredten Mittelleib, dem Stiele dazu, ausnimmt; jeine Glieder haben unter fich gleiche oder beim Weibchen das fünfte ge- tingere Länge. Der oben Stark gerunzelte Bruftfalten trägt ein fait quadratijches, vor den Hintereden und in der Mitte des aufgebogenen Hinterrandes ſanft ausgerandetes Schildchen. Der nad) hinten bogig endende Borderbruftring verlängert fih nach vorn in einen kurzen Hals, auf welchem der ebenfalls ſtark gerunzelte, breite Kopf aufſitzt. Die getrübten Flügel haben fräftige ſchwarze Adern, gehören der erjten Form an, wegen der Dice des Geäders verſchwindet aber die mittlere Unterrandzelle falt ganz. Die Beine find jehr Fräftig, be— fonders die hinterjten. Die reichlih 11 mm lange Wejpe Eleidet fich ſchwarz, an den vorderen Beinen von den Schienen an und amı polierten Hinterleib braunrot. Sie jchmarogt in den Larven der gemeinen Holzwejpe, die wir jpäter noch fennen lernen werden. In einem Sahre, welches in unjerer benachbarten Heide die genannte Holzweipe in ungewöhnlichen Mengen erzeugt hatte, wimmelte es im Herbit am Stamme einer Kiefer förmlich von diejen mir damals noch unbefannten Schmaroger:Gallweipen, namentlich deren Männchen. Geit: dem ift fie mir in jenem Walde nie wieder zu Geficht gekommen, jondern nur vereinzelt auf Waldblumen während des Sommers in der Schweiz und einmal an der Außenwand, ein zweites Mal im Stubenfenjter eines neuerbauten Haufes, jo daß aljo der Schmaroger gleih dem Wirte mit den Bauhölzern in die Gebäude verjchleppt wird. “ Figites. Mejferfürmige Schmarotzer-Gallweſpe. Eiermweipe. 323 Unter dem Namen der Broctotrupiden (Codrinen, Oryuren älterer Schrift— fteller und anderer Fafjung) vereinigen die neueren Foricher eine nicht unbeträchtliche Anzahl Keiner Schmarotzer, welche als Übergangsgruppe in ihrer Gejamtheit fi Faum harakterifieren lafjen, zu einer (unjerer neunten) Familie. Die Bildung ihres Flügelge- übers, manchmal dem der Gallweipen naheftehend, erlaubt darum feine Verbindung mit ihnen, weil das Randmal hier nicht fehlt wie dort; auch die allgemeine Körpertracht ver: bietet den Anſchluß. Auf der anderen Seite fommen Formen vor, welche ſich der folgenden Familie zuneigen, wie die gebrochenen Fühler, der Mangel jeder Zelle und jeder Ader in den Flügeln bis auf die des Unterrandes im VBorderflügel dartdun; einer Verbindung mit dieſer wiverjpricht aber neben einigen Abweichungen auch der Umstand, daß bei ven Weibchen der Legbohrer aus der Spitze des Hinterleibes hervorragt. Die Proctotrupier find im allgemeinen Kleine, ſchwarze Weſpchen, welche, ohne ſchlank und zierlich zu jein, einen gejtredten Körperbau haben und, ohne träge genannt werden zu Fünnen, doc eine gewilje Lang— jamkeit und Plumpheit an den Tag legen. Wie fich die jchwerfällige, unverdrofjen thätige Hummel zur wilderen, fahrigen, in allen ihren Bewegungen rajchen Sandbiene oder zu anderen Bienenarten verhält, jo die Proctotrupier zu den Chalcidiern. Sie bemerken einen herannahenden Feind nicht Thon aus weiterer Ferne, juchen fich ihm auch nicht duch ſchleunige Flucht zu entziehen; jie halten ſich am liebjten an feuchten Stellen, unter abgefallenem Laube, in den unteren Schichten dichter Zäune auf, während die ewig beweg— lihen, nimmer mit den Fühlern ruhenden Chalcidier, deren Weibchen ſtets ausjpähen nach dem Gegenftand, welchem fie ihre Eier anvertrauen wollen, die Sonne lieben, ven Schatten wählen zwijchen der Fülle grünen Laubwerkes und nur dann jene Orte der Verweſung aufiuchen, wenn fte genötigt find, bei herannahendem IN Winter ein fiheres Lager zu beziehen gegen deſſen ver au terenrans 3 Gier eines Yngelfpin verbliche Einflüffe auf ihren zarten Körperbau. Es ners, welde ein Teleas anftiht; alles vergr. ließe: fich eine Reihe der zierlichften Formen vorführen, * Fer und Weſpen in natürliher Gröbe doch wo wäre da ein Ende zu finden! Sch ziehe es darum vor, unter Anleitung einer von Ratzeburg entlehnten Abbildung Nahrichten über da3 Betragen eines diejer Tierchen zu geben und gleichzeitig eine Form vorzuführen, welche lebhaft an die folgende Familie erinnert und zu ihr überleitet. Wir erbliden hier in oewaltiger Vergrößerung und mit ausgebreiteten Flügeln die weiblihe Eierwejpe (Teleas laeviusculus Ratzeburgs oder phalaenarum Hartigs) und in den Umriſſen der figenden Figur den ungemein ähnlichen, im der Hinterleibsjpige aber von ihm verjchiedenen Teleas terebrans. Beide Arten und nod) zwei andere, weldhe Ratzeburg davon getrennt wiſſen will, haben eine glänzend Ichwarze, an den Hüften und Schenkeln braunfchwarze Färbung und eine Körperbildung, welde unter Holzihnitt vergegenmwärtigt. Die feineren Unterfchiede, faum dem Auge des For: ſchers Kar, mögen unberüdiichtigt bleiben, ftatt derjelben einige Bemerkungen über die Zebensweije diefer Gierweipchen bier ihren Pla finden. Die Weibchen legen ihre 21* 3924 Zweite Ordnung: Hautflügler; zehnte Familie: Pteromalinen. Gier in die von Spinnern, und zwar das erftere in die des Kiefernipinners, der Teleas terebrans in die jehr harten Eier des Ningelfpinners, deren nähere Befanntjchaft wir Später noch machen werden. Sn diejen Kleinen Giern entwidelt fih nicht immer bloß eine Eierweipe, jondern e3 fommen 2 und 3, ja bis 13 darin vor. Die Ausbildung erfolgt in 46 Wochen; Bouché erzog im Auguft ſchon nach 14 Tagen die Weſpchen, jo daß fi) wohl mehrere Bruten im Jahre annehmen lafjen, wenn nur Spinnereier genug al3 Nahrung vorhanden find. Ratzeburg beobachtete den Teleas terebrans beim Ab- legen der Eier. Geftügt auf die Hinterbeine, die vorderen Beine und die Fühler langjam bewegend, ſchiebt er taftmäßig den Bohrer in dem Tempo eines langjamen Pulsſchlages auf und nieder, ohne daß dabei der Hinterleib Eafft, während der VBorderförper durch Vor: und Rücwärtsgehen den Takt ausführen hilft. Die Flügel entfalten fich bisweilen, werden aber gleich wieder platt auf den Körper aufgelegt. Dies dauert etwa eine Viertel: ftunde, und währenddem jpazieren andere jeiner Genojjen träge auf dem Eierringe um— her, in der gewohnten Weiſe mit den zierlichen Fühlern unaufhörlich tajtend. Die überaus reihhaltige Familie der Chalcidier oder Pteromalinen, wie fie früher hieß, mit ihren meift winzigen Gliedern, trennt ſich als gejchlofjene Ganze weit jehärfer von den übrigen Immen ab als die Proctotrupier. Die jtet3 gebrochenen Fühler, die breiten, aderlojen Vorderflügel, der metalliihe Glanz des gedrungenen, unterjegten, oder des Ihmächtigen und zierlich gebauten Körpers, wenn einmal die gejtredte Form auftritt, und die beim Weibchen vor der Leibesjpige, am Bauche hervortretende Legröhre: die Vereinigung all diejer Merkmale kommt eben nur hier vor und unterjcheidet die Chal- cidier von ihren nächſten Berwandten. Die verhältnismäßig großen, länglich ovalen Netaugen find niemals ausgejchnitten, die Punktaugen auf dem Scheitel vorhanden. Die Flügel erheben fich nicht zur Zellen: bildung, den vorderen fehlt das Mal, und vom Geäder ift nur die Unterrandader deutlich entwidelt und gibt gute Unterfcheidungsmerfmale ab. Sie entjpringt aus der Flügel- wurzel, läuft in der Nähe des Vorderrandes ein Stüd hin und vereinigt jich dann mit ihm jelbjt, wie auf Fig. 8, ©. 218, erfichtlich. Nachdem fie eine Kleine Strede damit ver- einigt blieb, jpringt fie entweder aftartig nach der Flügelfläche ab und endigt in einem mehr oder weniger entwidelten Knopfe, oder fie jendet wirklich) in der angegebenen Weije einen Aſt aus, gleichzeitig am Flügelrande nad) der Spite hin fortlaufend. Die deutlich gebrochenen Fühler zeigen in der Bildung der Geißel einen Reichtum an Formen und manchmal jogar bei beiden Geſchlechtern einer Art Verichiedenheiten; häufig jchieben ſich zwiſchen Schaft und Geißel einige, von den übrigen abweichende, jehr kurze Glieder, die jogenannten Ringel, ein. Die Füße, vorherrichend fünfgliederig, können auch vier: und dreigliederig jein. Alle diefe Verhältniffe werden zur Unterjcheidung der Gattungen und Arten zu Nate gezogen, und außerdem noch die Bildung des Bruftkaftens, bejonders des Pittelrüdens, welcher entweder eine Fläche darftellt, oder durch zwei Längsfurchen in drei Lappen geteilt ift. Dies wäre im allgemeinen die Uniform, in welche daS große Heer der Eleinen Tieren von Mutter Natur geſteckt worden ift, von denen wir dur) Vorführung nur einiger Formen in ihren Umrifjen ein Bild zu geben verſucht haben, da ermüdende Beſchreibungen ſonſt nicht hätten vermieden werden können. Das Weibchen des Torymus regius jahen wir auf vem Gallapfel (Fig. 2, ©. 317) damit beichäftigt, ein Ei in die dort lebende Larve zu verjenfen, damit die aus ihm entjchlüpfende Made von den Säjten des Gallenbewohners feine Nahrung beziehe und diejen dann zur Torymus. Pteromalus. Raubflügelwefpe. 329 Auflöfung bringe, wenn fie feiner nicht mehr bedarf. Dabei verharrt es ruhig in der angegebenen Stellung mit Elaffender Hinterleibsipige und aufitehender eriter Rückenſchuppe. Aus einem kleineren Fluglodhe, als die rehtmäßige Einwohnerin bohren müßte, fonımt ſchließ— li) unjer goldiges, auf dem Rüden blaujchillerndes, mit rotgelben Beinen ausgeitattetes Weiphen zum Vorſchein. Hinfichtlich der allgemeinen Körpertracht den vorher erwähnten Eierweipen jehr nahe ftehend, unterfcheidet fich die artenreihe Gattung Pteromalus doc weſentlich und vor allem durch den grubig eingedrüdten Nüden des Hinterleibes von jenen. Die dreizehn: gliederigen Fühler fiten mitten in dem faum punftierten Gefihte und haben am Grunde der ſchwach Feulenförmigen Geißel zwei jehr Kleine Ringel. Den Hinterleib kann man höchſtens als anhangend bezeichnen, denn ein deutlicher Stiel läßt ſich nicht wahrnehmen, und beim Weibchen ragt der Bohrer nicht hervor. Sonſt weifen weder Beine noch Flügel 1) Geftielte Schenkelweſpe (Smiera elavipes). 2) Pteromalus puparum. 3) Skizzen verjchiedener Chalcivier. Alles vergrößert. ein bejonderes Merkmal auf, es ſei denn der ziemlich lange At der Unterrandader, an deffen Knopf man mindeftens ein Zähnchen erkennen kann. Der Hinterleib aller Arten glänzt metalliih grün, bisweilen mit blauem Schiller, von den fünf meijt lichten Fuß— gliedern ift nur das Klauenglied Schwarz; dunkle Flede der Flügel, ſtärkere oder jchwächere Punktierung des Mittelrüdens, Farbe der Fühler und Beine müfjen an legter Stelle bei Unterfheidung der Arten zu Hilfe kommen. Die Pteromalen leben in Rinden- und Holz fäfern, in Gallweipen, einige in Schild» und Blattläufen, Fliegenmaden, und der jehr verbreitete Pteromalus (Diplolepis) puparum, Fig. 2, in den Puppen mehrerer Tag: jchmetterlinge, wie in denen der Edfalter und Kohlweißlinge An Stellen, wo deren Puppen fich aufhalten, treiben fih die Zehrweiphen unbemerkt umher, jobald aber die Raupe zum legten Male ihre Haut abgeftreift hat und num als noch jehr weihhäutige Puppe dahängt, jpaziert auch dies und jenes Weibchen der Rauhflügelweſpe auf ihrer Ober- flähe umher und ſchiebt, ohne zu verlegen, mit ihrem Bohrer eine Menge Eier zwijchen die jeßt noch weichen und nicht zufammengeflebten Glieder der Puppe, mag dieje auch noch) jo jehr mit den Hinterleibsgliedern wirbeln, um ſich des Feindes zu erwehren. Nach Cr: bärtung der Oberhaut können die ausgejchlüpften Larven eindringen, ohne daß eine Ver: legung der Umbhüllungshaut erfolgt. Mit der Zeit verliert die Puppe ihre Beweglichleit vollſtändig, wird mißfarbig, zulegt fiebförmig durchlöchert, weil jih ein Weſpchen nad) dem anderen aus der allein noch übriggebliebenen Buppenhaut herausbohrt, jobald jeine Zeit gekommen ift, d. h. jobald neue Schlachtopfer für die legenden Weibchen vorhanden find. Im Sommer erfolgt die Entwidelung unjerer Art innerhalb 4 Wochen, in den über: winternden Puppen bleiben auch die Weipchen, welche fie bis zu 50 Stüd anfüllen. Die 326 Zweite Ordnung: Hautflügler; elfte u. zwölfte Familie Hungerweſpen u. Braconiden. gedrungenen Formen, welche wir auf dem Eichenlaub erbliden, vom herrlichiten Stahl- blau und Metallgrün erglänzend, leben in verjchiedenen Gallen. Die gelbfledige Schenfelwejpe (Chaleis clavipes) findet ſich oft jehr zahlreich auf Eichenblättern und bewegt jih mehr hüpfend als fliegend; fie geht entjchieden hier mehr den Süßig— feiten der Blattlausauswürfe als dem Brutgeſchäft nad. Umftehend erbliden wir in ftarfer Vergrößerung die größte heimische Form in der geftielten Schenfelweipe (Smiera clavipes, Fig. 1, ©. 325), welche die Yänge von 6 mm und darüber erreicht. Sie läßt jich jo leicht nicht zwijchen den übrigen jehen, denn vom Mai bis in den Auguft hält fie ſich am Schilfe auf, weil fie entichieden nur hier ihre Rechnung findet. Im Waſſer, welches von jenem umjäumt wird, lebt nämlich die lange, blutegelähnliche Larve der Waffenfliege, arbeitet fi) zur Verpuppung aus dem Waſſer heraus und fucht feuchte Erde auf. Bei diefer Wanderung, welche ziemlich langjam von ftatten geht, weil die Bewegungswerk zeuge fehlen, dürfte das Schenfelwejpenweibchen Gelegenheit finden, feine Mutterpflichten zu erfüllen. Beobachtet habe ich es nicht, habe aber die Weſpe aus einer der bezeichneten Puppen erzogen. Der zierlihe Bau der jhwarzglänzenden, an den Beinen mehr oder weniger roten Schenfelweipe iſt aus der Abbildung erjichtlich), es ſei nur noch darauf bingewiejen, daß die Flügel durch reichliheres Geäder von der Einfachheit desjelben bei den Übrigen Familiengenojjen abweichen. Nichts weniger al3 natürlich ſchließt fih die Familie der Sungerweipen (Eva- niadae) ab. Man hat in ihr nämlich, ohne Rüdficht auf die ſonſtige Körperbildung und auf den allerdings einfahen Bau der Flügel, alle diejenigen Schlupfwejpen vereinigt, bei denen fi der Hinterleib nicht in der gewöhnlichen Weile am Unterrande des Hinter: rüdens anheftet, jondern in der Mitte oder über derjelben, und noch einige andere Arten hinzugefügt, welche jonjt fein Unterfommen finden fonnten. Die Hungerwejpen (Evania), welche als die artenreichiten der ganzen Familie dei Namen gaben, finden fich in allen Erdteilen und ſchmarotzen bei den Schaben (Blatta), was wenigitens von einigen Arten erwiejen ift. Die zu den Eleineren Weſpen zählenden Tiere haben ein eigentümlich verfommenes Anſehen, indem der jichelförmige, ſtark zuſammen— gedrüdte Hinterleib, welcher an dem beinahe rechtedigen, Eräftigen Mittelleib ſich hoc) oben anjeßt, gegen dieſen durch jeine Kleinheit faſt verichwindet, zumal wenn die langen, dünnen Hinterjchenkel ihn jeitlih deden. Der breite Kopf trägt in der Mitte zwijchen den Augen die diden, geraden Fühler von Körperlänge. Die Vorderflügel haben eine große Rand- und Unterrand- und eine Mittelzelle, es gibt aber auch Arten, bei denen fie fait aderlos find umd nur zwei Nippen von der Wurzel bis zum Kleinen Flügelmal aufzu— weijen haben. Dieje trennte man unter dem bejonderen Namen Brachygaster von Evania und mußte unter anderen die Eleine Hungerwejpe (Br. minuta oder Hyptia minuta) dajelbjt unterbringen. Sie ijt 3,37—4,5 mm lang, ſchwarz, an Kopf und Bruft- fajten dicht punktiert und ſcheint von allen diejenige Art zu jein, welche am weiteſten nad) Norden vorkommt; ich habe ſie auf den beinahe 40 Sahre lang unternommenen Sammel: ausflügen in der Umgegend von Halle erit ein einziges Mal (16. Augujt) an einem jandigen Grabenrande gefangen. An alten Lehmmwänden, für den Immenſammler beutereiche Orte, fliegt in der Sommerzeit zwiſchen einer Menge anderer Bewohner jener Stätten ein ſchlankes Tierchen in jo auffälliger Weile, daß es dem einigermaßen aufmerkſamen Beobachter unmöglich ent- gehen kann. Wie eine drohend gejchwungene Keule den Hinterleib emporhaltend, Die Gelbflekfige und geftielte Schenfelwejpe. Gichtweſpe. Pfeilträger ꝛc. Son gleichfalls keulenförmigen Hinterfchienen weit jpreizend, wiegt e3 ſich in ſanften Bogen- Ihwingungen hart an der Mauer und wird Faum müde; denn nur jelten fieht man es ftorhbeinig mit aufrechten Flügeln einige Schritte hinwandeln. ES ift die bei mauerbe- wohnenden Hautflüglern ſchmarotzende Gichtweſpe (Foenus assectator), ein durch— aus von der Seite breit gedrüdtes, ſchwarzes, am Hinterleib rot gefledtes und aud an den Kniefehlen der Hinterjchienen rotes Weſen, dejjen Bohrer etwa den vierten Teil der Hinterleibslänge erreicht. Ich hadde — das Weipchen jehr häufig gefangen, und zwar mit Hilfe eines Schröpfkopfes, mich aber ftetS über den höchit leichten und zierlihen Flug verwundert, der noch lange Zeit in dem engeren Raume fortgeſetzt wurde, ohne daß irgend ein Körperteil an der Umgebung anjtieß. Eine zweite, jeltenere, aber auch etwas ftattlichere Art, den Pfeilträger (Foenus jaculator), vergegenwärtigt die Abbil- dung. Vom vorigen unterjcheiden ihn die an der Wurzel weißen Schienen und Füße, was wenigitens von den hinterjten gilt, der in der Mitte vote Hinterleib und der bei weiten längere Bohrer. Einige wunderlihe Formen von ganz außerordenlich in die Länge ge- zogenen Körperteilen haben ihre Heimat in heißen Ländern. Pfeilträger (Foenus jaculator). Natürliche Größe, Die Schlupfweipenverwandten, Braconiden (Braconidae), unfere zwölfte Familie, ftehen zwijchen den Chalcidiern und den echten Schlupfweipen in der Witte, was den Körperbau anlangt, in der Lebensweile dagegen mit ihnen auf gleicher Stufe. ES find durchjchnittlich Eleinere Weipen von 2,25—6,5 mm Länge, und nur wenige dehnen dieje bis auf 13 mm aus. Sie lafjen ſich am leichteften am Flügelgeäver erkennen, injofern nämlich der Vorderflügel nur eine rüdlaufende Ader hat. Außerdem verwächſt der zweite Hinter- leibsring mit dem dritten auf dem Rüden und läßt entweder feine Naht zurüc oder in dem ihr entjprechenden Quereindrude feine Bewegung zu. Diejer Umstand erleichtert die Erkennung der wenigen ungeflügelten Arten, welche auch hier vorkommen, bei den Ptero- malinen jedoch weit häufiger find. Nur die Aphidier machen von dem eben angeführten Merkmal und durch die einfachere Flügelbildung zc. eine Ausnahme. Einzelne jeltenere Fälle abgerechnet, find die geraden Fühler der Braconiden faden- oder borjtenförmig und beitehben aus einer größeren Menge von Gliedern, die man nicht mehr zu zählen pflegt. Den Beinen fommen die zwei Schenfelringe aller Immen mit Legröhre und den Füßen durchweg fünf Glieder zu. Um die Gattungen und Arten zu erkennen, hat man den Mittelrüden zu beachten, ob er mit den bereits bei den Chalcidiern erwähnten Längsfurchen verjehen ift over nicht, jowie die Skulptur des Hinterrüdens, welcher manchmal durch Leiſten in Felder geteilt wird, aber von anderer Anordnung als bei den echten Schlupfweipen. Für den Hinterleib wird bejonders der erſte Ring von Bedeutung, je nachdem er jeiner ganzen Länge nad) oder nur an der Wurzelhälfte zu einem Stiele verfchmälert ift oder überhaupt feinen ſolchen bildet, und die Bezeichnungen des gejtielten, fajt gejtielten, figenden 2c. Hinterleibes jpielen hier eine ebenjo wichtige Nolle, wie in der folgenden Familie. Dagegen ift hier wegen feiner Mannigfaltigkeit das Geäder des VBorderflügels zur Unterſcheidung von größerer Wichtig: feit als dort. Das größte Gewicht hat man indes auf die Mundteile gelegt und nad) ihren Berjchiedenheiten die Familie in drei Sippen geteilt. Bei den einen ijt das Kopf ihild wie gewöhnlich am vorderen ande gerundet, zugeipigt oder nur jehr jeicht aus— gebuchtet, und die Kinnbaden greifen weit übereinander, jo daß die Mundöffnung gänzlich 328 Zweite Ordnung: Hautflügler; zwölfte Familie: Braconiden. bededt wird oder höchſtens als ſchmale Spalte ericheint: Gefchlojjenmäuler (Elido- tomen). Bei der zweiten Sippe, den Rundmäulern (Eycloftomen) buchtet fich das Kopfſchild am Vorderrande tief aus, und die Oberlippe Elappt fich jo weit zurüd, daß jie gewiljermaßen den Gaumen der Mundhöhle bildet, gleichzeitig bleiben die Kinnbaden furz genug, um fich beim Schluſſe eben nur mit ihren Spitzen zu berühren. Infolge diefer eigentümlichen Bildung erjcheint der geichloffene Mund als eine Freisförmige Offnung. Im dritten Kalle endlih, dem abweichenditen, find die Kinnbaden nicht nur ſehr kurz, jo daß fie ſich gegenjeitig gar nicht berühren können, jondern jte jtehen auch wie vertauscht: mit der gewölbten Seite einander zugefehrt, mit der ausgehöhlten nach außen. Die mit ihren Zangen fo übel beratenen Braconiden heigen Außenzähnler (Erodonten). Bogenförmig nach unten gerichtete Fühler, ein deutlich geftielter, lanzettförmiger Hinter: leib ohne jonftiges Anhängjel, deſſen zweites und drittes Glied nicht miteinander ver- wachſen, die mit der oberen Nittelzelle verichmolzene erite Unterrandzelle und die mit dem Male aufhörende Nandader im Vorderflügel Fennzeichnen die Kleinen, höchitens 2,37 mm langen Apbidier, welche, gleich den früher erwähnten Schmarogergallmweipen aus der Gattung Allotria, alle in Blattläuſen leben und daher am beiten duch Zucht zu erlangen find. Die angejtochene Blattlaus fist mit gejpreizten Beinen, metalliih glänzend und, wie waſſerſüchtig, mit kugelig angejchwollenem Hinterleib tot zwijchen den gefunden flügel- lojen Schweitern, wenn der ſie bewohnende Schmaroger feine Larvenreife erlangt hat. Bemerkt man ein Loch im Körper, nicht größer als einen Naveljtih, jo weiß man, daß der Aphidier bereit das Weite gejucht hat. Einen wahrhaft panifhen Schreden verur: ſacht das Erjcheinen eines jolden Weſpchens unter den jo ruhigen, harmlos weidenden Blattläufen. Sie fennen ihren Feind, ihre Hilflojigkeit, und wiſſen auch, daß fte ſich durch den eingejtochenen Schnabel und die Krallen der beiden Vorderbeine an ihrem Plate feit behaupten können, darum lafjen fie mit den vier übrigen Beinen los, richten den Hinter- leib empor oder lafjen ihn herab, jofern fie auf der Rückſeite des Blattes fißen, ftrampeln gewaltig mit jenen und wadeln mit dieſem, um den Feind abzuwehren oder wenigitens jeinem Stoße auszumweichen. Diejer läßt fich nicht beirren, nimmt Stellung, jpreizt die Beine und im Nu fährt er mit feinem beweglichen Hinterleibe dazwijchen durch nach vorn und — der Stich fist im Leibe des Schlachtopfers. In gleiher oder ähnlicher Weije kommt ein zweites, drittes an die Reihe. Entichieden die gemeinjte Gattung in der ganzen Familie und die reihite an Arten, welche jich mit großer Mühe unterſcheiden lafjen, auch nichts Anziehendes in ihrer Körper: form aufzumweilen haben, heißt Microgaster, auf deutſch „Kleinbauch”. Erkennen läßt fie ih an dem unanjehnlichen, figenden oder kaum gejtielten Hinterleib, den plumpen Fühlern und der vom Flügelmal an verwijchten, undeutlichen Randader; auch hat der Müttelrüden feine ſcharfen Geitenfurdhen. Höchſt harakteriftiich für die Gattung wird die Bildung der Unterrandzellen, deren meilt zwei, aber auch drei vorhanden find. Die erite, unregelmäßig ſechs- oder jiebenedige, liegt am ziemlich großen Flügelmal, die zweite it gejchlojjen, dreiedig oder bildet, wie in den meiften Fällen, bloß einen jpigen Winkel, indem der nad) außen hin jchließende Nero fehlt. Dieje Zelle, geſchloſſen oder nicht, hängt immer wie ein Steigbügel an einem Stielchen, welches, jait einen rechten Winkel mit der Nandader bildend, vom Male länger oder Fürzer hinabjteigt. Zu Ende diejes Stielchens bemerkt man entweder eine jcharfe Ede oder den Anfang der Randader. Der Hinter: leib ift jtet3 fürzer al der vordere Körperteil, am Bauche meift nad) der Spite hin zu: jammengedrüdt, und beim Weibchen Elafft legtere oft ftark, wenn es den kurz vortretenden Bohrer gebraudt. Die ziemlich großen Negaugen find meilt deutlich behaart und Die Punktaugen auf dem Scheitel fichtbar. Die Männchen haben einen Eleineren, weniger Einteilung. Aphidier. Microgaster. Macrocentrus marginator. 329 zufammengedrüdten Hinterleib, etwas längere Fühler und bei manden Arten dunklere Flecke oder Streifen an den Beinen, durch welche ſie fich von den Meibehen unterjcheiden. Die Arten leben, mit Ausnahme zweier, welche aus Spinneneiern und Blattläufen erzogen worden find, in Schmetterlingsraupen, den haarigen mehr als den nadten. Sie jelbjt werden aber im Zarvenzuftande wieder von kleinen Pteromalinen bewohnt. Zur Zeit ihrer Reife bohren fi) die Microgaster-Larven aus der Naupe heraus, jpinnen aber jofort ein gejchlofjenes Gehäuschen um fi), wie wir an dem Microgaster glomeratus erjehen können, welcher die Weißlingsraupen durch feine gelblihen Püppchen (Die ver: meintlihen Raupeneier für denjenigen, welcher die Sache nicht befjer veriteht) weich bettet, und an dem hier vorgeführten Microgaster nemorum, einem der zahlreihen Schmaroger in der Raupe des Kiefernipinners. Beim Herausfrefjen aus der Naupenhaut fangen fie an zu jpinnen, ſobald fie zur Hälfte mit dem Körper frei find, und brauchen feine 24 Stunden, um ihre weißen Gehäuse zu vollenden. Sn 10— 12 Tagen bricht das Weſpchen daraus hervor, natürlich zu einer Zeit, in der es Naupen gibt, welche befanntlich im halb erwachſenen Zuſtande überwintern und von Anfang Sunt bis Mitte Auguft fehlen oder mwenigitens noch nicht groß genug find, um von den Microgaster-Weibehen angeftochen zu werden. Wie wir hier jehen, ijt die mittlere Unterrandzelle nach außen nicht geichloffen und die Randzelle nur angedeutet, wie dies vorher angegeben wurde. Das Wejpchen ijt glän- zend ſchwarz, die Hinterränder der beiden Hinterleibsgliever find licht, die Flügelihüppchen gelb und die Beine, mit Aus: ſchluß der ſchwarzen Hinterfüße und der etwas angeräucherten äußerjten Spißen der Schenkel und Schienen und der ganzen Füße, rötlichgelb. Der Macrocentrus marginator, einer von etwa 12 ans deren Gattungsgenofjen, hat der Körpertracht nach viel Über: einftinmendes mit gemwiljen echten Ichneumoniden, wird je: Doch durch die Bildung des Flügelgeäders hierher verwiesen. Die Randzelle ift nicht nur vollitändig entwidelt, ſon— dern auch verhältnismäßig groß; weiter find drei gejchloffene Weibchen des Mierogaster nemo- Unterrandzellen vorhanden, und von der hinteren Schulter- rum (vergrößert) und jeine Larven, die zelle im Hinterflügel entjpringt nur eine Längsader, nicht ——— ee zwei, wie bei Earinus (Fig. 5, ©. 214). Der Scheitel ijt ſchmal und nicht ſcharfrandig, der Rüden dreibudelig, der Hinterleib fitend, in feinen vor- deren längsriefigen Gliedern jehr gejtredt, am Ende etwas zufammengedrüct und beim Weibchen mit einem aus der Spite fommenden Bohrer verjehen, welcher mindejtens die Länge des ganzen Körpers erreicht. So weit die Gattungsmerkmale. Die genannte Art ift glänzend jchwarz, an den langen Taftern und den ſchlanken Beinen rötlichgelb, nur die Hinterfchienen find von den Knieen ab ſchwärzlich und ihre Füße weißlich; auch das Flügel- geäder und die Schüppchen find rotgelb. Das ohne Bohrer mindejtens 8 mm mefjende Weib- chen deutet Durch die Länge jenes an, daß die Eier nicht oberflächlich abgejegt werden, das Weſpchen jchmarogt nämlih in den Raupen eines Glasflüglers, welche in Birken bohren. Wenn dieje Schmarogerlarve die Raupe aufgezehrt hat, jpinnt fie ein langes, walziges Gehäuſe um fi, und jtatt des zierlichen Schmetterlinge, dem die Raupe das Flugloch be- reitet hatte, erjcheint jeiner Zeit die ſchmächtige Weſpe. 330 Zweite Ordnung: Hautflügler; zwölfte u. dreizehnte Familie: Braconiden u. ehte Schlupfwejpen. Bracon, die erite Gattung der Nundmäuler, welche wir zur Sprache bringen, bejteht aus jehr vielen Arten; denn man kennt deren in Deutjchland etwa 200, und fie find eg, welche von dieſen kleineren Schlupfweipen am zahlreichiten aus den Gleicherländern für unjere Sammlungen eingehen, vielleicht weil fie dort vorherrichen, vielleicht auch weil fie durch ihre gefällige Form und die häufig bunt gefärbten Flügel mehr als andere unjchein= bare Tierchen in die Augen fallen und von den unfundigen Sammlern für etwas Ge- ihäßteres gehalten werden. Der faſt fugelige, am hinteren Teile gerundete und nicht ſcharf gerandete Kopf, die gleiche Länge beider Schulterzellen im Vorderflügel, der jißende oder kaum gejtielte elliptiiche oder lanzettförmige Hinterleib, dejjen erjter Ning fürzer als die vier folgenden zufammengenommen ijt, und die oben bejchriebene Mundbildung charafte- rifieren die Gattung, welche bis 13 mm lange heimiſche und merklich größere ausländiiche Arten aufzuweiſen hat. Der mehr jchlanfe, nach) vorn und hinten etwas verengerte Bruft- fajten ift mit Ausnahme des Hinterrüdens immer glatt und blank, die Fühler find jtets lang, der Bohrer des Weibehens ragt mehr oder weniger weit vor. Die rötlichen oder gelben Farben herrfchen meist an den Beinen, am Hinterleib und weniger am Kopfe vor, zu den Geltenheiten gehören die ganz hellen oder ganz jchwarzen Arten. Sehr häufig find die Flügel, deren vordere übrigens 2 oder 3 Unterrand- zellen haben können, ſtark getrübt, bis fait ſchwarz, und bei ausländiſchen Arten mit lebhaft gelben Flecken oder Binden gezeichnet. Die Braconen jcheinen vorzugsweije in denjenigen Käferlarven zu ſchmarotzen, welche abjterbendes Holz bewohnen, wie Bod-, Rüſſel-, Bohrkäfer, deshalb trifft man fie auch am meiften auf altem Holze an, wenn fie nicht auf Blumen dem Honig- jaft nachgehen. Wir geben hier in dem Bracon palpebrator eine Art, weldhe von Nageburg in beiden Geſchlechtern zahlreich aus Kiefernfnüppeln erzogen ward, die mit Pissodes notatus, einem bier lebenden und Schaden anrichtenden Rüſſelkäfer, erfüllt waren. Der Rücken des Mittelleibes ift durchaus glatt und glänzend, das ganze Tier ſchwarz; rot find die Beine mit Ausnahme der hinterften, allenfalls noch der mittleren Hüften, der Unterhals, Gefiht und Stirn bis zu den Fühlern, beim Männchen auch meilt die Wurzel und endlic) der Hinterleib mit Ausnahme eines ſchwarzen Fledes auf dem erjten Ringe, beim Weibchen öfters auch auf den folgenden Gliedern. Eine ganz ähnliche Körperform wie Bracon bildet die gleichfalls artenreiche Gattung Rogas, indes unterjcheidet fie fich bei näherer Betrachtung leicht von jener. Der breite, quere Kopf iſt am Hinterhaupt ſcharf gerandet, das zweite Hinterleibsglied von dritten durch eine tiefe Querfurche gejchieden, der Bohrer verborgen oder nur jehr wenig fichtbar. Die Vorderflügel haben immer drei Unterrandzellen. Alle bisher erzogenen Arten ftammen aus Schmetterlingsraupen, und zwar höchit eigentümlich zugerichteten. Die Schlupfweipe jpinnt fi im Inneren derjelben ein und verfteinert fie gewifjermaßen in gefürzter und verfrüppelter Form. Man findet dergleichen Mumien, welche man noch al3 Raupen erkennt, wenn man auch nicht die Art nennen fan, an Zweigen und Pflanzenftengeln nicht ſelten. Wer eine fieht, der denke nur daran, daß es ein Rogas war, welcher ihr diejes anthat. Der Spathius elavatus (©. 331) ift ein treuer Hausgenofje und Mitbewohner unferer Zimmer, jofern es denfelben an gewiſſen Käfern nicht fehlt. Seine Larve ſchmarotzt nämlich bei ven in altem Holzwerf, aljo im Stubengerät bohrenden Klopfkäfern, bejonders Weibhen des Bracon palpebrator. Stark vergröfert. - Bracon palpebrator. Rogas. Spathius clavatus. Alysia manducator. 331 bei dem Anobium striatum, und ich möchte vermuten, auch bei dem Pelzkäfer. Jedenfalls darf man ihm nichtS zuleide thun, wenn er fich zwiſchen Juni und Auguft an den Feniter: Icheiben zeigt. Bon Bracon unterjcheivdet ihn der lange Hinterleibsitiel und der ſcharfe Rand an den Seiten des Hinterfopfes. Die Vorderflügel haben drei Unterrandzellen, alle von faſt gleicher Größe, eine bis zur Spige fortgejegte Randader und vom großen Male an einen getrübten Schein durch die ſonſt glashelle Fläche. Das erite Glied des Hinterleibes bildet in voller Erſtreckung den Stiel, ift durch feine Längsriſſe, wie das zweite durch jehr dichte Punktierung matt, die folgenden glänzen und alle einigen fich zur Keulenform. Unter der Hinterleibsjpige ragt ein Bohrer von der Länge der Fühler hervor. Das blonde Tier kleidet fih bräunlichrot, nur die Beine find in den Gelenken bedeutend Lichter; feine Größe ſchwankt zwiſchen 4,5—8,75 mm, die feinen Maße fallen be: fonders auf die Männchen, deren Fühler noch Tchlanker find. Bon den Erodonten breitet ſich die Gattung Alysia. am weiteſten aus und fennzeichnet ſich neben der oben er: wähnten eigentümlichen Mundbildung duch einen breiten, fißenden Hinterleib. Die Alysia manducator hat breite, an der Spiße dreizähnige Kinnbaden, welche, wenn fie Elaffen, wie ein paar GSeitenflügel, kaum wie Teile des Mundes ausjehen, einen diden, weit hinter die Augen fort: gejegten Kopf und ſtark behaarte, beim Weibchen faſt perl- jehnurartige, beim Männchen mehr fadenförmige, bedeutend längere Fühler. Der Hinterrüden ift grob gerunzelt und matt, wie die Seiten des Bruftfaftens, der in feiner Länge nicht Hinter dem eiförmigen, ziemlich flachgedrückten Hinter— e leib zurückbleibt. Das erſte Glied desſelben iſt durch Längs— größert. riſſe matt, und unter der Endſpitze ragt beim Weibchen der Bohrer nur ſehr wenig hervor. Eine große Randzelle, drei Unterrandzellen und ein großes, ſchwarzes Mal zeichnen die Vorderflügel aus. Das ganze Tier iſt glänzend und ſchwarz, die kurzbehaarten Beine ſehen braunrot aus, ihre Ferſen am dunkelſten. Die Art ſchmarotzt, wie alle Glieder der Exodonten, in Fliegenlarven (Anthomyia dentipes, Cyrtoneura stabulans und anderen), nicht bei Mijtkäferlarven, wie man gemeint hat, weil diefe und die Fliegenlarven vielfach diejelbe Wohnjtätte miteinander teilen. Die Familie der ehten Schlupfwejpen (Ichneumonidae) läßt fi) zwar von den voraufgehenden Schmarogern durch die Flügelbildung leicht unterjcheiden, jest aber die Schwierigkeiten derjelben fort, wenn es ſich um Erkenntnis der zahlreichen Arten hanpelt. Die Vorderflügel aller jtimmen im Geäder jo überein, daß dasjelbe nur wenig benußt werden fann, um die überaus große Zahl der Gattungen voneinander zu unterjcheiden. Die Grundform, welche hier vorfommt, wurde auf ©. 214, Fig. 3, abgebildet. Danach finden wir zunächſt im Vorhandenjein zweier rüdlaufenden Adern den Unterjchied zwiſchen diejer Familie und den Braconiden, weldhe in anderer Beziehung zum Teil leicht mit: einander verwechjelt werden fünnten. Ferner verſchmilzt hier immer die vordere Nittel: zelle mit der erjten Unterrandzelle, und ein kleiner Nervenaft deutet oft den Anfang der trennenden Ader an. Somit hat der Vorderflügel einer echten Schlupfweipe ein Nandmal, eine Nandzelle, drei oder mit Wegfall der mitteljten, der jogenannten Spiegelzelle, nur zwei Unterrand- und zwei Mittelzellen. Ein weiteres, allen Jchneumoniden 332 Zweite Ordnung: Hautflügler; dreizehnte Familie: Echte Schlupfweipen. an die Stirn gebeftetes Erkennungszeichen find die vielgliederigen, geraden Fühler, die durchaus gleich die find, mit Ausſchluß der immer Fräftigeren Wurzelglieder, oder nad) der Spite hin dünner werden; etwas Feulenförmige fommen jehr jelten vor, eher bei gewifjen Weibchen folche, die eine Anſchwellung oder Verbreiterung vor der Spige erleiden. Die drei Nebenaugen, der vorn durch das Kopfjchild geſchloſſene Mund, die fünfgliederigen Kiefertafter und Füße, ein figender oder dünngeitielter Hinterleib find Merkmale der Ichneu— moniden, welche aber auch vielen anderen Immen zufommen, und jo bleiben eben nur die Flügel mit ihrem Geäder das wejentlich Unterjcheidende. Wenn diejelben fehlen, was bei gewiffen kleinen Arten auch vorkommt, kann unter Umjtänden ein Zweifel entjtehen, wo das betreffende Tier einzuftellen fei. Keine Schlupfweipe jummt beim Siten oder Fliegen, jede kann ſich alſo geräufchlos ihrem Schlachtopfer nähern; nur die größeren Arten werden bisweilen durch einen mehr Fnifternden Flügeljchlag hörbar. Der Vielfeitigfeit in der I hmarogenden Lebensweife wurde bereits oben (S. 209 ff.) ge- dacht, und die Entwidelung der einen und anderen Art joll bei Beſprechung der Sichelweſpen zulammengefaßt werden. Daß das Wohntier erft dann zu Grunde geht, wenn der Schmaroger jeiner nicht mehr bedarf, Liegt in der Art, wie er fi von ihm ernährt. Man nimmt nämlich an, daß er von dem Fettlörper zehre, von einer gelben Mafje, welche ſich meiſt um dei Darmkanal lagert und denjenigen Nahrungsftoff in fich aufgefpeichert enthält, durch weldhen der Kerf feine volle, vielleicht hauptjächlich jeine gejchlechtliche Entwidelung erhält. Alle edleren, das Larvenleben bedingenden Teile bleiben unverlegt, jolange der Schmaroger jeine Neife noch nit erlangt hat. Es bliebe für die allgemeine Betrachtung nur noch übrig, diejenigen Körperteile etwas näher ins Auge zu faffen, welche zur Unterjcheidung der Hunderte von Gattungen und vielen Taujende von Arten dienen. Die Fühler aller folgen demjelben Bildungsgejeg: an ein dides Grundglied, welches manchmal charakteriftiich fein kann, und ein ſehr Eleines, zweites, meilt nur wenig aus dem eriten hervorragendes Glied reihen fich die übrigen an, welche der Geißel der gebrochenen Fühler entjprechen würden und wenigitens von der Hälfte ihrer Gejamtlänge nach der Fühler- jpige zu immer kürzer werden; bleiben fie bis dahin gleich dick, jo Haben wir den fadenförmigen, werden fie dünner, den borftenförmigen Fühler. Abgejehen hiervon treten in der Geſtaltung der einzelnen Glieder nod zwei Bildungsunterjchiede auf: entweder, und dies iſt der ge: wöhnlichfte Fall, find alle volllommmen walzig und dann manchmal ſchwer zu unterjcheiden, oder jedes jchwillt nach oben etwas an, und es entjteht ein Enotiger Verlauf, der beim Meibehen ringsum, beim Männchen mehr auf der Unterfeite bemerkbar wird und an eine ftumpfzähnige Säge erinnert. So geringfügig diefer Umſtand auch erjcheint, jo entjcheidend wird er doch für den Gejamteindrud, welchen der Fühler auf das Auge de3 Bejchauers macht. Die Weibchen, welche kurze, Enotige Glieder in ihren Fühlern führen, vingeln die jelben nach dem Tode immer mehr oder weniger und ſchmücken fie viel häufiger als Das andere Gejchlecht mit einem weißen Ringe, oder vielmehr einem Gürtel oder Sattel, inſo— fern die Färbung an der Unterfeite verwiſcht zu jein pflegt. Das Kopfihild, die Zähne der meift in ihrem Verlaufe ziemlich gleich breiten Kinnbaden und die Gejtalt des Kopfes, welcher in der Regel breiter al3 lang, aljo quergeitellt ift, fommen mehrfah in Betradt. Am Bruftkaften verdient befonders der Hinterrüden eine nähere Beachtung, ob feine vorn nach oben liegenden Zuftlöcher oval oder Ereisförmig find, ob fich ein vorderer, mehr wage: tehter Teil von einem hinteren, abfallenden ſcharf jcheidet, oder ob zwijchen beiden ein allmählicher Übergang itattfindet, bejonders aber, ob und wie er durch Leiſten in Felder ge- teilt wird. Bei der vollitändiaften Felderung, welche möglich iſt, kann man 16 Felder unter: ſcheiden, welche alle ihre Namen erhalten haben. Auf der Vorderfläche zählt man dann Allgemeines. Unterfheidungsmerfmale. 333 fünf: eins in der Mitte, das obere Mittelfeld, al3 daS am meiften charakteriftifche, und jederjeit3 zwei hintereinander gelegene, weiter folgen ſymmetriſch auf jeder Seite das in die Quere nicht geteilte, in welchem das Luftloch liegt, dann ein größeres weiter nad) unten und ein jehr kleines an der äußerſten Ede. Am abſchüſſigen Teile liegt das größte in der Mitte al3 unteres Mittelfeld und jederjeitS noch zwei, welche alle wie breite Strahlen um den Mittelpunkt des Hinterrandes fich ausbreiten, an welchem der Hinterleib befeftigt ift. Diejer nun ift den größten Veränderungen unterworfen. Rückſichtlich feiner Anheftung fommen die bereit3 mehrfach erwähnten Gegenſätze zwiſchen fiendem und ge ftieltem Hinterleib in allen Übergängen zur Geltung. Beim erſten Ringe handelt es fich wieder darum, ob nur der Borderteil den Stiel bildet, welcher dann gegen den breiteren hinteren, den jogenannten Hinterftiel, eine Biegung nad) unten macht, oder ob das ganze Glied, ohne gebogen zu fein, fih allmählich nad) vorn verjüngt. Ein jehr wichtiges Merk: mal bildet ferner die Stellung der Luftlöcher an diefem erſten Gliede, welche manchmal unter jeitlih heraustretenden, knotigen Anjchwellungen figen und dann leicht erfannt werden, ohne dieje aber verjtedter find. In den jeltenften Fällen liegen fie gerade in der Mitte des Gliedes, häufiger davor oder dahinter, dem Endrande (der Spite) desjelben näher gerüdt. Oberflächenbejchaffenheit, Borhandenjein oder Abwefenheit von Kielen und Furden, die Art, wie Hinterftiel und Stiel beim Übergang ineinander ſich in der Seiten: linie verhalten, und jo mancherlei anderes bedarf oft einer genauen Prüfung. Dieje be— ſchränkt fich aber nicht ausschließlich auf das erſte Glied, jondern auf alle folgenden; und da treten zunächjt wieder zwei Gegenjäge hervor, die recht charakteriftiich wären, wenn fie die Natur nur auch jeharf innehielte: ein von oben nach unten mehr oder weniger breit: gedrücter (deprimierter) Hinterleib, weldher im allgemeinen einen ovalen Umriß hat, und ein von den Ceiten her zujammengedrücdter (Fomprimierter) Leib, welcher in feiner voll- fommenften Entwidelung am Rüden einen jtumpferen, am Bauche einen fehärferen Kiel befommt, von vorn nad) hinten breiter wird und in der Seitenanficht an eine Sichel er: innert. Zwiſchen beiden Formen liegen viele Übergänge, die manchmal zweifelhaft laſſen, welche der beiden Grundformen anzunehmen jei, dann entſcheiden die übrigen Teile, welche ja niemals außer acht gelafjen werden dürfen, und bejonders auch die legte Hälfte des Hinterleibes jelbit, der zu den zufammengedrüdten zählt, jobald dieje darauf hinweilt. Sehr harakteriftijch wird für viele Weibchen der Hinterleib durch den hervorftehenden, bisweilen jehr langen Legbohrer, von deſſen Bau das Nötige bereits beigebracht worden ift. Seine verhältnismäßige Yänge und der Umftand, ob er aus der Spite oder durd eine Spalte am Bauche beim Gebrauche heraustritt, wird bei der Unterfcheidung von großer Bedeutung. Die beiden ſtets etwas behaarte Klappen, welche jein Futteral bilden, find natürlich immer an der Spitze des Hinterleibes angeheftet, aber darum braucht nicht aus dieſer gerade der Bohrer jelbft hervorzufommen, vielmehr wird häufig ein gut Teil jeiner Wurzel durch den Leib jelbjt umhüllt. In anderen Fällen fehlt jener äußere Schwanz ganz, weil der kurze Bohrer, welcher hier genau dem Stachel der Stechimmen gleicht, im Bauche felbjt bin- reichenden Platz findet. Die Kennzeihen am Hinterleib und an den Fühlern prägen ſich vorzugsweile bei den Weibchen aus, die daher leichter zu unterjcheiden find als die viel ein- fürmiger gebauten Männchen. Erwägt man nun no, daß dieje auch in der Färbung bis- weilen wejentlich von ihren Weibchen abweichen, und daß man die Tiere nur in ſehr jeltenen Fällen in der Bereinigung antrifft, welche die meiften während der Nacht oder jonit im Ver: borgenen vornehmen, jo wird man die große Unficherheit, welche in den verjchiedenen An- fihten der Forjcher ihren Ausdrud findet, die vielen Namen ein und desjelben Tieres und die zweifelhaften Bermählungen, welche an toten Stüden in den Sammlungen vorgenommen wurden, leicht begreiflich finden. Gleichzeitig ergeht an den ftrebjamen Naturfreund die 334 Zweite Ordnung: Hautflügler; dreizehnte Familie: Echte Schlupfwefpen, dringende Mahnung, dur) aufmerkſame Beobachtung ein Feld ausbauen zu Helfen, welches noch jehr der Pflege fähig ift, ein Feld, welchem nur vereinigte Kräfte wirklich Erſprieß— liches abgewinnen fönnen. Um des mächtigen Heeres diejer Schlupfweipen einigermaßen Herr zu werden, bat man fie in fünf Sippen geteilt, welche zwar in ihren Hauptformen jcharf geichieden find, aber durch dem Ordner immer Schwierigkeiten bereitende Übergänge teilweife ineinander verschmelzen. In die Mitte möchte ich die Jchneumonen (Ichneumones) ftellen, al3 den Kern, die edeliten Formen der Familie. Der niedergedrücdte, lanzettförmige Hinterleib ift geitielt, jo zwar, daß der Hinterteil des erjten Ninges mit den übrigen höher fteht als die Wurzel des Stieles. Die Luftlöcher jenes befinden fih hinter feiner Mitte und liegen einander nicht näher als dem Hinterende des Ninges. Der Bohrer verbirgt fich meift vollitändig im Leibe. Die Spiegelzelle it fünfedig mit dem Streben, nach dem Vorder: rande zu einen Winkel zu bilden. Die Fühler haben etwas gejchwollene Glieder, find beim Männchen immer boritig, beim Weibchen ebenfo oder fadenförmig und im Tode vorn mehr oder weniger geringelt. Die Felder des Hinterrüdens find hier am vollzähligiten und feine Luftlöher nur bei den Eleineren Arten kreisrund. Die Jchneumonen ftellen die buntejten Schlupfweſpen, Weibchen, an deren Körper Rot, Schwarz und Weiß oder Gelb fich vereinigen, diejenigen reinen Farben, welche in der Familie überhaupt nur zur Geltung fommen; auch nehmen wir bier die größten Gejchlechtsunterjchiede im Kleide wahr. Die Larven, joweit man ſie fennt, zeichnen fich durch eine gewilje Welfheit aus und jcheinen nicht zu ſpinnen, weil ihnen größere Schmetterlingspuppen als Gehäuje dienen. Man erzieht die Wejpen nad meinen Erfahrungen nur aus ſolchen, und zum Ausjchlüpfen nagen fie ihnen den oberen Kopfteil weg. Das Weibchen bejchenkt daher die Raupe nur mit einem Ei. Die Eryptiden (Cryptidae) haben die Form des geitielten Hinterleibes und die ihwachfnotigen Fühler mit den Schneumonen gemein, auch zum Teil die fünfedige Spiegel: zelle, welche hier zum Quadrat hinneigt, und eine weniger vollfommene Felderung des Hinterrüdens, unterjcheiden fich aber von denjelben durd einen in der Ruhelage hervor: tretenden Bohrer, welcher aus einer Bauchjpalte kommt, jowie dadurch, daß die Luft: löcher des eriten Hinterleibsgliedes einander näher ſtehen als dem Ende desjelben; auch fommen bier meiſt viel jchlanfere Fühlerglieder vor und vielfach Verdickung vor der Spite. Die Angehörigen dieſer Sippjchaft gehen ſchon viel zu weit auseinander, um mit wenigen Worten vollitändig charakterifiert werden zu können; die einzigen, im weiblichen Gejchlechte wenigſtens flügellojen Schneumoniden finden wir hier in der Gattung Pezomachus von Gravenhorit vereinigt. Eine dritte Sippe, die Bimplarier (Pimplariae), fennzeichnet fi im allgemeinen durch einen jigenden, niedergevrücdten Hinterleib, an deſſen erſtem, nicht gebogenem Gliede die Luftlöcher in oder vor der Mitte ftehen und über deſſen legtes Glied der weibliche Bohrer oft jehr lang hinausragt. In der Negel ift die Spiegelzelle dreiedig, fehlt aber auch ganz. Die Felderung des Hinterrüdens tritt jehr zurüd, feine Luftlöcher find häu— figer freisrund und ſehr klein als länglich, die Fühlerglieder vorherrihend vollfommen walzig und undeutlich voneinander gejchieden. Die Sichelweſpen (Ophionidae) jtimmen in dem meijt gerapitieligen, von den Seiten zujammengedrüdten Hinterleib überein, aus welchem der Bohrer kaum hervorragt. Die Fühlergliever find cylindriſch, bei Hellwigia elegans, einem zierlichen, gelb und braun gefärbtem Weſpchen, werden fie um jo dider, je näher fie ver Spite fommen. Die Spiegel: zelle ijt dreiedig oder fehlt. Bon den Tryphoniden (Tryphonidae) endlich läßt fich eigentlich nur jagen, daß fie diejenigen feien, welche nach Ausjheidung der vorigen von der ganzen Familie noch) Einteilung. Exenterus marginatorius. 335 übrigbleiben. Bei vielen allerdings wird der teils figende, teils geitielte Hinterleib dadurch harakteriftifch, daß er drehrund und von vorn nad) hinten etwas dider wird, aljo kolbig verläuft und den Bohrer faum jehen läßt; wo dies nicht der Fall, erinnert die Körper: tracht an eine der übrigen Sippen, aber die Bildung der Fühler oder der Flügel oder eines anderen Teiles läßt die Verbindung damit nicht zu. Sie halten fih gern am Schilfe und jchilfartigen Gräjern auf. Ein gemeiner Tryphonide ift der 11 mm lange Exenterus marginatorius (Fig. 1), fenntlih an den gelben Hinterrändern der Hinterleibsringe, veränderlich gelber Zeichnung an Kopf und Bruftfaften auf ſchwarzem, durch Runzelung rauhem Untergrunde und am Mangel jeglichen Enddornes der gelben, ſchwarz bejpisten Hinterjchienen. Durch NL INN 7 1) Exenterus marginatorius, die Larve der Kiefernblattweipe überfallend; 2) die Puppenhülfe der letzteren, von der Schlupfweſpe; 3) von dem rechtmäßigen Bewohner verlafjen. 4) Bassus albosignatus, auf eine Syrphuslarve eindringend. 6) Banchus falcator, die Raupe der Yorleule beſchleichend; 7) Larve der Schlupfwejpe. Natürliche Gröpe. einen Bogeneindrud jcheidet Jih das Kopfſchild vom Geſicht ab. Eine dreiedige Spiegel: zelle fommt dem Borderflügel zu, und der Hinterleib fist mit feinem nad vorn kaum verjhmälerten, oben zweimal gekielten Grundgliede an dem etwas gefelderten, jteil ab: fallenden Hinterrüden. Die Weſpe fliegt vorzugsmweile in Kiefernwäldern, weil fie hier für ihre Larve in der gemeinen Kiefernblattweipe (Lophyrus pini) das Wohntier antrifft. Mit der allen Schlupfweipen eignen Spürgabe und durch die fortwährende Beweglichkeit ift die grüne, fait erwachjene Larve der Kiefernweipe vom Schlupfweipenweibchen bald aufgefunden. Es wird ihr äußerlich ein Ei durch ein Häkchen angehängt, was fie troß ihres abwehrenden Umberjchnellens mit dem Körper leiden muß. Sie jpinnt fih nun ein tonnenförmiges Gehäufe, um darin, wie fie in den gefunden Tagen gewohnt ıjt, zu über: wintern. Das Schmarogerei kriecht aus, die Larve bleibt äußerlich figen und ſaugt ihren Wirt gründlich aus, von welchen ſich jchlieglih nur noch die zufammengejchrumpfte Haut in der einen Ede des von ihm angefertigten Gejpinftes vorfindet, während der Eindring- ling jein eignes anfertigt, welches den Innenraum von jenem nur halb ausfüllt. Statt der Blattwejpe arbeitet ſich im nächiten Sahre durch die doppelte Umhüllung unſer Trypho— nide heraus, und zwar nicht durch einen am Scheitel abgenagten Dedel, wie es die Blatt: weſpe gethan haben würde, jondern durch ein unregelmäßiges, immerhin aber rundes Loch jeitwärts des Scheitel3. Eine andere Gattung, von welcher mehrere zierlihe und bunte Arten häufig vor: fommen, heißt Bassus und wird leicht kenntlich durch das fait quadratijche Grundglied, 336 Zweite Ordnung: Hautflügler; dreizehnte Familie: Chte Schlupfweipen. mit welchem der ſtark niedergedrüdte, kurz ovale Hinterleib am Bruftfajten figt. Einigen Arten fehlt die Spiegelzelle, bei anderen ijt fie vorhanden und dreiedig, die erite rüd- laufende Ader winkelig gebogen. Der Bassus albosignatus (Fig. 4, ©. 335) hat feine weiteren Entdedungsreifen anzutreten, wenn er feine Gier unterbringen will. Als fleißiger Bejucher von Blattlausfolonien, deren Süßigkeiten er nachgeht, findet er in den von den Blattläufen jelbjt lebenden Maden der Schwebfliegen (Syrphus) den Gegenftand jeines Berlangens. Die wie ein kleiner Blutegel geitaltete Made wird mit einem Ei beſchenkt. Das jcheint fie wenig zu fümmern; denn fie frißt weiter, wird größer und Ipinnt fich zuleßt ihr tropfenförmiges Gehäuſe, welches jeitlich der Länge nach einer Nadel, einem Blatte oder einem anderen Pflanzenteil angebeftet ift. Unmittelbar in dieſem Geſpinſte ent: wicelt jich aber Feine Fliegen=, ſondern eine Echlupfwejpenpuppe und aus diejer das Wejpchen, welches 5,17 — 8,57 mm lang, wahrjcheinlich je nachdem es in einer Fleineren oder größeren Syrphus-Larve jchmarogte, und an jeinem jchwarzen Körper reichlich weiß gezeichnet ift, am Kopfjchilde nämlich, an den inneren Augenrändern, den Flügelſchüppchen und darunter, dem Schildchen und Hinterjchilochen, den Hinterrändern mehrerer Leibes— alieder und endlich in einem Ninge an den jehwarzen Hinterfchienen, im übrigen jehen die Beine lebhaft rot aus. Dem Vorderflügel fehlt die Spiegelzelle. Noch andere Arten wurden bei gleicher Lebensweiſe betroffen, eine als Schmaroger in der Larve von Marien: fäferchen (Coccinella), welche befanntlich gleichfalls die Blattläufe aufzehren. Der Banchus falcator, dejjen Weibchen Fabricius für eine andere Art hielt und Banchus venator genannt hat, ift eine Sichelwejpe, aber injofern noch feine echte, als der ſitzende Hinterleib erft in feiner zweiten Hälfte den Sippencharakter annimmt und fich von den Eeiten her ftark zufammendrüdt. Die Gattung läßt fich überdies noch an dem Schildchen erkennen, welches in einem mehr oder weniger jcharfen Dorn ausgezogen ift, an den linienförmigen Luftlöchern des Hinterrüdens, der fait rhombiſchen Spiegelzelle und den aefämmten Fußklauen. Beide Gejchlechter unterjcheiden fich nicht nur in der Färbung des Körpers, jondern auch in der Form des Hinterleibes, und daraus laſſen fich die von verſchiedenen Forjchern begangenen Fehler leicht erklären. Beim Männden wird der fichelförmig gekrümmte Hinterleib in der Seitenanfiht von vorn nad hinten breiter, ftußt fih am Ende ſchräg nad) unten ab und läßt hier ein paar Läppchen hervor: jehen, welche für die Bohrerjcheide gehalten werden könnten, während fie den männlichen Geichlechtsteilen angehören. Über dem jo gebildeten glänzend ſchwarzen Hinterleib Liegen bei der genannten Art vier gelbe, jattelartige Flede. Bon gleicher Farbe find die ſchlanken Beine, mit Ausnahme der Hüften und Schienenjpigen an den hinterften, Schildchen, Flügel- ſchüppchen, ein Dreieck davor, zwei Längsflede darunter und endlich der größte Teil des Vorderfopfes jamt der Unterjeite der fadenförmigen Fühler. Das Weibchen vergegen: wärtigt die Abbildung (Fig. 6, ©. 335) und zeigt vor allem einen ſpitz verlaufenden Hinter: leib. Es träat ſich vorherrichend ſchwarz, nur die Vorderhälfte des Hinterleibes, die Beine mit Ausihluß jämtlicher Hüften und der Schienenfpige an ven hinteriten jehen gelblich rot aus. Bei beiden Gejchlechtern trüben fich die Flügel in Gelb. Die Banchen ſchmarotzen in Schmetterlingsraupen, vorzugsweife in jolden von Eulen. Diejelben gelangen nicht zur Verpuppung, jondern ftatt ihrer Puppe ericheint ein ſchwarzes Gehäufe, wie das von Banchus falcator abgebildete. Ein ſolches Gejpinft hat bedeutende Feitigfeit, denn es bejteht aus 6—7 dicht aufeinander liegenden Häuten, welche alle durchnagt jein wollen, ehe der Kerf feine Freiheit erlangt. Derartige Futterale jcheinen den Sichelweipen bejon- ders eigen zu fein; denn ich erzog daraus die verfchiedenften Arten derjelben, wie beijpiel3: weile mehrere der verwandten Gattung Exetastes. Auch bei ihr ſitzt der Hinterleib an, ipist fich beim ſchlanken Männden zu, während er beim Weibchen nach hinten etwas breiter + Kiefernipinner-Sihelmweipe. 331 wird (in der Seitenanficht) und den Bohrer kurz hervorragen läßt. Die Klauen find bier einfach, die Luftlöcher des Hinterrüdens oval oder Freisrund; die verhältnismäßig Eleinere Spiegelzelle hängt nicht jelten an einem Stielchen. Die bei weitem größere Menge der Sichelweſpen Fennzeichnet fich durch einen geitielten, nad) hinten allmählich breiter werdenden Hinterleib und eine Körpertracht, wie fie das Anomalon auf unjerem Bilde vergegenwärtigt. An den Bäumen und Gebüjchen, vor: zugsweiſe der Wälder, juchend zwiſchen ihren Blättern, ſchwebt in höchiter Anmut. die Kiefernipinner-Sidhelweipe (Anomalon circumflexum, Fig. 6) und ihre zahl- reichen, ehr ähnlichen Verwandten. Zierlich ftredt fie ihre langen Hinterbeine aus, hält die Fühler in die Höhe und den ſchmächtigen Hinterleib janft geſchwungen nach unten. Sie läßt fich zuzeiten auf ein Blatt nieder, um den Honigjaft, den eine Blattlaus jpendete, \/ — M,,,« ,— Kiefernſpinner-Sichelweſpe (Anomalon eircumflexum): 1-5) Entwickelungsſtufen; außer 4 alles vergrößert. 6) Weib: lihe Weipe. 7) Ophion undulatus, eine Gucullienraupe anftehend; 8) vergröbertes Puppengehäufe von Ophion undulatus. aufzujaugen, oder von einem noch übriggebliebenen Regentropfen zu najchen, und erhebt fich darauf wieder zu neuem Spiele, aber ftet3 mit einer gewiſſen Ruhe und Würde, als wenn ihr jede Bewegung von einem Tanzmeifter jchulgerecht beigebradit worden wäre und fie fich befleifige, pedantifch alle Regeln des Anftandes zu befolgen. Hat fie eine ihre ge: nehme Raupe gefunden, jo wird diejelbe mit einem Ei beſchenkt. Die demjelben entjchlüpfte Zarve lebt frei in der Raupe, ift 2,25 mm lang, nicht viel dicker al3 ein Pferdehaar, hat einen braunen, hornigen Kopf, einen langen Schwanz und fieht genau aus wie Figur 1. Auf einer zweiten Stufe ihrer Entwidelung, welche Figur 2 darſtellt, wächſt ſie in der Breite und verkürzt fi in der anderen Richtung, weil der Schwanz mehr jhwindet. Der Haupt: ftrang der Atmungswerkzeuge mit den eriten Anfängen jeiner VBerzweigung beweilt den Fortjhritt in der Entwidelung. Auf der dritten Stufe (3) finden fich die Luftröhren vollitändig verzweigt, aber noch feine Luftlöcher; Ratzeburg fragt, ob etwa der weiter verkürzte, fichelfürmige Schwanz deren Stelle vertreten möchte. Zu den anfangs vorhan= denen Kinnbaden haben fich Unterkiefer und Lippe eingefunden, gegliederte Tajter und Fühler find vorgejproßt und dadurd die Mundteile vervollitändigt. Dieje Larvenform fand Ratzeburg in eine Haut eingejchlofjen, deren Gegenwart er ſich nicht erklären konnte. Auf der vierten Stufe (4) endlich erhält die Larve die Bejchaffenheit, in welcher man andere Schmaroger fennt. Der Kopf ericheint jegt verhältnismäßig Klein, mehr zum Saugen Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 22 338 Zweite Ordnung: Hautflügler; dreizehnte Familie: Echte Schlupfweſpen. eingerichtet, und der Schwanz als entgegengejegter Bol iſt verſchwunden. Das Tier Icheint nun weniger mit der Aufnahme von Nahrung beichäftigt zu fein, als mit der Behaup: tung jeine® Platzes in dem mehr und mehr verderbenden Wirte. Während mit dem Schmaroger die eben angedeuteten Veränderungen vorgehen, wächſt diefer, häutet fich, hält jeinen Winterjchlaf, wenn es die Spinnerraupe war, häutet fich wieder, jpinnt ein Gehäuſe und wird zur Puppe, und erit in dieſer nimmt die Zarve die Geftalt von Figur 5 an, d. h. fie verwandelt fich gleichfalls in eine Puppe. Im Mai oder Juni gelangt dieje zur Vollendung, und unjere Wejpe frißt fih heraus. Kopf, Rumpf, äußerſte Spige des Hinterleibes, Hüften und an den Hinterbeinen die Spite der Schenkel und Schienen fehen ſchwarz aus, das übrige, wozu die inneren Augenränder, Tafter und Schilöchen gehören, gelbrot, die Füße am lichteiten, die Fühler braunrot. Die Gattungsmerkmale, jomweit Flügel und die lange Ferje der Hinterfüße ſich daran beteiligen, zeigt die Abbildung; beachtens- wert und dazu gehörig find no: das vorn gejtugte Kopfſchild und zwei ungleidhe End- zähne der Kinnbaden, ovale Luftlöcher des Hinterrüdens und die einfahen Klauen. Ahn— lihe Formveränderungen mögen die Larven der anderen, ebenjo jehmarogenden Immen durchlaufen, wenigitens liegen noch einige Beobachtungen Ratzeburgs vor, welche darauf ſchließen lafjen. Sehr zahlreihe Sippengenofjen jcheinen infolge der Tracht und gleihen Färbung ihres Körpers dem ungeübten Blide einer und derjelben Art anzugehören, denn überall auf Gebüſch, in Zäunen, an Blumen begegnen uns lehmgelbe Sichelwejpen, welche mit aufgehobenen Flügeln darauf umbherjpazieren, in trägem, taumelndem Fluge, bei welchem das Schwirren der Flügel bisweilen hörbar wird, fih auf und davon madhen, um in nächiter Nähe mit einer gewiſſen Schwerfälligfeit wieder niederzugehen und zu juchen, was fie vorher nicht fanden. Dieje Tiere haben genau diejelbe Geftalt wie das eben be: jprochene Anomalon, ergeben fich aber bei näherer Betrachtung als nicht nur in den Arten verichieden, jondern gehören auch mehreren Gattungen an, vorzugsweile zweien. Die eine, Ophion, welche der ganzen Sippe den Namen gab, breitet fih in zahlreichen Arten mit aleihem, unſcheinbarem Gewande über alle Erdteile aus. Sie läßt fi) jehr leicht durch das Flügelgeäder von allen anderen Eichelweipen unterjcheiden. Die beiden rüdlaufen- den Adern werden bier nämlih von der erften Unterrandzelle allein aufge: nommen, weil die Spiegelzelle durch Fehlichlagen ihres inneren Nervs abhanden ge- fommen ift, wie unfere Abbildung des Ophion undulatus (Fig. 7) erfennen läßt. Wir werden jpäter Beifpielen begegnen, wo fie durch Schwinden des äußeren Nervs unvoll- ftändig wird, aber fein zweites der eben bezeichneten Art. Überdies find die Klauen ge- kämmt und der Hinterrüden glatt, während er bei Anomalon und anderen Nunzeln zeigt. Weiter verläßt bei der Verwandlung die Larve ihren Wirt und fertigt ein Geſpinſt, welches äußerlich verichiedenfarbige Querbinden zeigt. Unbedeutende Farbenunterjchiede zwifchen Braungrau, ſchmutzig Gelbrot, ob auf den Vorderflügeln Hornfleckchen fichtbar find oder nicht, und ähnliche Dinge müfjen beachtet werden, wenn man die Arten er: fennen will. Die zweite hier in Betracht fommende Gattung Paniscus hat das Flügel- geäder von Anomalon, unterfcheidet fih aber hauptjächlich durch gefämmte Fußklauen von diejer und von verwandten anderen Gattungen dadurch, daß die Luftlöcher des erjten Hinterleibsgliedes vor dejjen Mitte ftehen.. Sa, ein Tryphonide (Mesoleptus testaceus) fann jelbjt von einem geübten Auge wegen feiner gleichen Körperfarbe leicht mit hierher- gezogen werden. Ich erwähne alle diefe Sichelweipen nicht, um einer Verwechjelung der: jelben miteinander vorzubeugen, denn dazu bedürfte es weitläufigere Auseinanderjegungen, jondern wegen eines jhon von Degeer und anderen beobachteten, höchtt intereffanten Punktes aus ihrer Entwickelungsgeſchichte. Ich meine die ſchon oben flüchtig erwähnten Ophion. Paniscus. 339 geftielten Eier, welche bei Ophioniden und Tryphoniden wahrgenommen worden find. Diejelben hängen manchmal der weiblihen Wejpe einzeln oder in gedrängten Trauben an der Hinterleibsjpise. Was jollen fie hier? Ich kann mir diefe Erſcheinung nur da— dur erklären, daß das Weibchen den Drang zum Ablegen der Eier hatte und den Gegenftand nit fand, dem e3 dieſelben anvertrauen konnte. Dergleichen geftielte Eier fand ich ſchon öfters zu einem bis dreien an verjchiedenen Stellen, vorzugsweiſe aber in der Nähe des Kopfes an einer umd der anderen nadten Schmetterlingsraupe. Diejelben jehen glänzend ſchwarz aus, den Samen mancher Pflanzen, etwa des befannten Fuhsihwanzes, nicht unähnlich, und find durch ein Häkchen in der Naupenhaut befeitigt. Nah den von mir gemachten Erfahrungen kommen bei der weiteren Entwidelung der Eier zwei mwejentlich verjchiedene Fälle vor. Vor einigen Sahren fand ich die jchöne Raupe der Hybocampa Milhauseri, eines bei ven Sammlern der Seltenheit wegen in hohem Anjehen jtehenden Spinners. Leider war fie angeftohen; denn an der linfen Seite der vorderen Ninge jagen zwei Eier von dem oben bejchriebenen Ausjehen. Sn der Hoff: nung, noch zur rechten Zeit al3 Arzt aufzutreten, zerdrücte ich diejelben mit einer Pin: zette, merfte aber leider dabei, daß ich es nur noch mit leeren Schalen zu thun hatte, der Inhalt alfo ſchon in den Naupenförper eingedrungen fein mußte. Deſſen ungeachtet ward die Raupe forgfältig gepflegt und ihr ein Stüd Eichenrinde gegeben, um ihr daran die Berpuppung zu ermöglichen. Diejelbe erfolgte auch in äußerlich vollkommen regelvechter Weiſe. Sie nagte ein flaches, elliptiiches Lager aus, jpann eine mit den Abnagjeln unter: miſchte flahe Hülfe darüber, und die ſchützende Hülle war jo kunſtgerecht angelegt, wie im Freien, jo verborgen, daß fie nur ein geübter Bli von den übrigen Unebenheiten eines Eichenftammes unterjcheiden konnte. Alles dies geihah im Spätjfommer. Im Mai des nächſten Jahres mußte der Schmetterling erjcheinen, falls die Anlage zu ihm noch vorhanden war. Ehe aber die Zeit heran Fam, trieb mich die Neugierde. Das Gejpinit ward vorjihtig geöffnet und fiehe da, ftatt der dasjelbe gänzlich füllenden Schmetterlings- puppe fand fich eine gejtredte, ſchwarze Tonnenpuppe, mir längjt ſchon als die einer Schlupfweſpe befannt. Einige Wochen fpäter kam denn auch eine jolche lehmgelbe Sichel: wejpe, der Paniscus testaceus, daraus hervorjpaziert, welchen ich ſchon zweimal bei früheren Gelegenheiten aus demjelben Schmetterlingsgejpinit erzogen hatte. Was aus dem zweiten Ei geworden fein mochte, kann ich nicht angeben. Ein zweiter Fall, den ich bier erzählen will, um eine andere Schmarogerweife zu veranihaulichen, ift folgender: Sm Spätjommer trug ic eine Anzahl nadter Raupen einer eben nicht jeltenen Eule, der Naenia typica, ein. Sie waren noch ziemlich jung und wurden mit dem auf allen Wegen wadhjenden Bogelfnöterich) (Polygonum aviculare) gefüttert. Bald bemerkte ich, daß einige Raupen in ihrem Wachstum zurücblieben, während die übrigen fröhlich gediehen. Bei näherer Unterfuhung fanden fie fich angeſtochen, und zwar nahe am Kopfe mit einem oder zweien der oben befchriebenen Gier behaftet. Mit denjelben hatten fie fich, wie die übrigen, gehäutet, waren dabei wohl ihre alte Haut, aber nicht die gefährlichen Anhängſel los geworden. Zwei diejer franfen Raupen nahm id) unter meine bejondere Auflicht, brachte fie mit Futter in ein Pappſchächtelchen und jah des Tages öfters nad) ihrem Be: finden. Jede hatte ein Ei zur Seite des Nadens figen. Alsbald fpaltete ſich diejes durch einen Längsriß, und der vordere Teil einer Made ward fihhtbar. Bei der einen Naupe wuchs diejelbe anſcheinend nur langjam, häutete fi einmal und ward zu einem Fleinen Püppchen; auch die Raupe gab eine, aber am Kopfe verfrüppelte Buppe. Leider verfam das Schlupfweipenpüppchen. Durch die Beobachtung ift nur feitgeitellt, daß das Ei von einer kleineren Zehrweſpe angejtohen war und dadurch für die Raupe weniger Jchädlich gemacht wurde, indeſſen doch deren regelrechte Entwidelung verhinderte. Ganz anders 22* 340 Zweite Ordnung: Hautflügler;z dreizehnte Familie: Chte Schlupfmeipen. aeitalteten fich die Verbältniffe bei dem zweiten Patienten. Die Made jog, mit der hinteren Körperhälfte zunächit gleichfalls in der Eifchale ruhend, jehr eifrig an dem Wohntiere, wie aus den Bewegungen der inneren, durch ihre dünne Haut durchjcheinenden Körper: teile und ihrem jchnellen Wachstum erfihtlih war. Nah acht Tagen war fie erwacdhjlen, jenes vollflommen ausgejogen. Sie fing nun an zu ſpinnen, ſchien aber nicht in der für fie eriprießlichen Lage zu fein; denn fie fertigte nur ein hohes Polfter auf dem Boden der Shadtel und bradte Fein geſchloſſenes Gehäufe zu ſtande. Troßdem ward fie, frei rubend auf diefem Geipinite, zu einer Puppe. Als der Kerf jo ziemlich entwidelt war, durch jeine lehmgelbe Farbe und die Körpergeftalt deutlich genug nachwies, daß er dem bier in Rede ftehenden Formkreiſe angehöre, ftarb er, weil ihm die nötige Feuchtigkeit gefehlt haben mochte. Wenn angenommen werden dürfte, daß eine und diejelbe Art in dem einen Falle innerlich, in einem anderen äußerlich ſchmarotzen könne, möchte ich das verfrüppelte Tier für nichts anderes als den bereits genannten Paniscus halten. Man hat feitdem wiederholt Paniscus-Arten in gleicher Weije ſchmarotzend beobachtet. Gravenhorſt bejchrieb 1829 in feiner „‚Ichneumonologia europaea* unter der Gattung Ichneumon 274 Arten, welche in Europa und vorzugsweile in Deutjchland Leben, darunter nicht wenige nur in dem einen Gejchlechte. Die richtige Vereinigung je zweier Geſchlechter zu einer Art ftellte fich jeit 1844 Wesmael in verjchiedenen Arbeiten der Brüffeler Akademie zur Aufgabe, unter vorherrichender Berüdfichtigung der belgischen Arten. Die Zahl der Gattungen und Untergattungen vermehrte jich hierbei nicht unbe: deutend, durch weitere Forihungen nicht minder die der Arten. Es fommen bier die ftattlichiten Formen und lebhaftejten Farben unter den Schlupfweipen vor: rot, gelb, weiß, ſchwarz. Dieje wenigen Farben bringen die größte Mannigfaltigfeit hervor, und in der Kegel jehen die Weibchen bunter aus, al3 die Männchen, wodurch die Zuſammenſtellung beider Gejchlehter zu einer und derjelben Art ungemein erjchwert wird. Die Weibchen laſſen fih als ſolche leicht erkennen an etwas fnotigen, im Tode immer mehr oder weniger gewundenen, faden= oder borjtenförmigen Fühlern, nur in feltenen. Fällen an der faum fichtbaren Bohrerſcheide. Abgejehen von einigen unter Moos oder in mürben Baum ftämmen überwinternden Schneumonen, befommt man vom Juni.ab die meilten zu jehen. Die Flügel platt auf den Rüden gelegt, jhnüffeln fie an den Blättern der Gebüjche einzeln oder um jo zahlreicher umher, wenn Blattläufe für fie ihre Süßigkeiten zurüd- ließen, oder Naupen vorhanden find, denen fie ihre Eier anvertrauen können. Man kann e3 rajcheln und fniftern hören, wenn zahlreiche Arten in Gemeinschaft mit anderen Jmmen derjelben Familie, bejonders aud mit Mordweipen, flüchtigen Fliegen und anderen, im bunten Gemifhe als Ledermäuler oder Näuber fih zufammenfinden, und unterhaltend iſt es, ihnen allen zuzufchauen und die Beweglichkeit der einen, die größere Schwerfällig- feit der anderen, die Furchtſamkeit diefer, die Dreitigfeit jener Art zu beobachten. Das it ein Leben und Treiben wunderbarer Art, welches ſich ſchwer jchildern läßt, fondern jelbit angejhaut fein will, wenn es fih um die richtige Würdigung handelt. Sch hatte einjt Gelegenheit, unter anderen Verhältniſſen ein ſolches Jahrmarktsleben diejer Fleinen Weſen, wie ich es nennen möchte, zu beobachten. ES war in einem trodenen Sommer, und jegliches Getier, jede Pflanze ſchmachtete nach erquidendem Regen. Ein Gewitter hatte denjelben gebracht, und in einem breiten Fahrmwege, der ſtellenweiſe bejchattet durch einen gemiſchten Laub- und Nadelwald hinzog, hatten ſich feuchte Stellen und einige Pfügen zwiſchen Graswuhs und Brombeergeftrüpp: erhalten. Diefen Weg wandelte ic in den jpäten Nachmittagsftunden und gewahrte ein Leben, welches mich wahrhaft in Staunen jegte und erſt recht erkennen ließ, wie unentbehrlih das Waſſer auch für diefe Gejchöpfe ift, welche doch ſonſt mit: ihm gar nichts zu haften haben. QTaujende von durjtigen Kerfen Ichneumon pisorius und I. fusorius. 341 hatten ſich hier zuſammengefunden, große und kleine Schlupfweſpen, geſchwänzte und ungeſchwänzte, ſicheltragende und die ſchmucken Formen der in Rede ſtehenden Ichneu— monen, Fliegen und Schmetterlinge. Alles tummelte ſich in buntem Gemiſch, fliegend und kriechend. Das kühle Gras, vor allem aber die feuchten Ränder der Pfützen übten eine unwiderſtehliche Anziehungskraft auf dieſe Kerfe aus und ſchienen einen gewiſſen fried— lichen Sinn auszugießen über die ſonſt kriegeriſchen, einander zum Teil befeindenden Weſen. Leider verſchieben die Ichneumonen wie die meiſten anderen Familiengenoſſen die Hauptaufgabe ihres Lebens, das Paarungsgeſchäft und die Brutpflege, auf die Nacht, oder verrichten ſie mindeſtens ſo im Verborgenen und verſteckt im Graſe, daß erſteres, ſo viel mir bekannt, noch von niemand, das Anſtechen einer Raupe ſehr vereinzelt und nur dann beobachtet wird, wenn gewiſſe Raupen vorübergehend in verheerender Menge vorhanden ſind. Unſere Abbildung vergegenwärtigt in dem männlichen Ichneumon pisorius (Fig. 1, ©. 342), einer der größten deutjchen Arten, die Körpertracht der ganzen Sippe und in der darunter liegenden, ihres Scheitels beraubten Puppenhülſe des Fichtenfhwärmers die Art, wie ſich diefe Wejen aus ihrem Sarge befreien. Zur Charafteriftif des genannten jei bemerkt, daß der Hinterleibsftiel nicht breiter als hoch, das Ende des fiebengliederigen Leibes beim Weibchen zugeipigt ift und die legte Bauchſchuppe vom Ursprung des Bohrers etwas entfernt fteht, daß die Luftlöcher des Hinterrüdens geitredt, Rücken- und Kopfichild ohne bejondere Auszeichnung find. Hierin liegen im Vereine mit den bereit3 oben er- wähnten Sippentennzeihen, namentlich auch des Flügelgeäders (Fig. 3, ©. 214), die Merkmale der Gattung Ichneumon, wie fie Wesmael auffaßt. Die abgebildete Art gehört zu der Gruppe, in welcher der Hinterftiel nadeltijfig erjcheint, die Eindrüde am Grunde de3 zweiten Ringes (Gaftrocölen) tiefgrubig und mindeftens jo breit wie ihr eben: fall3 längsriffiger Zwiſchenraum find, die Furche zwijchen dem genannten und dem folgen: den Ninge tief, daS obere Mittelfeld des Hinterrüdens faft quadratiich, höchitens vorn etwas gerundet it, und in welcher ſich die weiblichen Fühler, wie die aller Männchen, vorn zujpigen. Bei ihr find Schildchen und je eine Linie an der Flügelwurzel gelb, der durch Punktierung matte Hinterleib, mit Ausnahme des braunen Stielgliedes, bleich roft- rot. Das Männden hat das ganze Geficht und die Beine vorherrjchend gelb, das Weibchen nur Stirn: und Scheitelränder der Augen und an den jchwarzen Beinen die Mitte der Schienen, überdies einen King um die Fühler weiß. Die nicht erwähnten Körperteile ſehen ſchwarz aus. Der Ichneumon pisorius treibt fi) vom Juni ab in gemiſchten Nadel: wäldern umher, in feiner Größe die Überlegenheit über jeinesgleichen fühlend; denn er it ein Feder, luftiger Gefelle. Im Fluge ſchwirren jeine weingelben Flügel vernehmlid). Das Weibchen fticht größere Schwärmerraupen an, bejonders die des an jeinem Wohn orte meist nicht jeltenen Kiefernfchwärmers, legt aber nur ein Ei in jede. Die Geftochene wird von dem Schmaroger im Leibe wenig beläftigt; denn fie gelangt zu äußerlich vegel- rechter Verwandlung in die Puppe. Hier aber mag das Leben des Eindringlings exit zur wahren Geltung fommen; allmählich wird die Buppe ftarr und leicht, und wenn man fie im rechten Zeitpunkt öffnet, findet man eine gelblichweiße, welfe Made von 45 mm Länge darin. An jeder Ceite führt fie über den ſtark wulftigen Rändern der Glieder neun Luftlöcher, deren drei hinterfte unentwidelter erſcheinen und weniger gelb durch— Ihimmern als die übrigen. Nach der Verwandlung zur Puppe liegt fie in der Negel nur 14 Tage, bis die Fliege erjcheint. — Im Wejen, in der Größe und der allgemeinen Färbung ungemein ähnlich ijt der gleich häufige Ichneumon fusorius, nur daß bei ihm Schilöchen und Scheitelränder der Augen und bisweilen ein, auch zwei Punkte an der Flügelwurzel weiß, die Schienen und Tarjen dagegen rot ausjehen. 342 Zweite Ordnung: Hautflügler; dreizehnte Familie: Echte Schlupfmweipen. Nicht Schwer unterfcheidet man die Weibchen der Gattung Amblyteles von Ichneu- mon dureh die ftumpfere Hinterleibsipige und die fie fait ganz erreichende letzte Bauch- ſchuppe, welche der Bohrerwurzel hier viel näher liegt als dort; viele zeichnen fich durch bejonderen Glanz der Körperoberfläche und lebhafte Farben aus, auch ringeln ſich ihre ichlanfen Fühler weniger eng als bei Ichneumon. Man fennt einige 40 Arten, welche fajt alle der Größe und Farbe nad) zu den ftattlichjten Jchneumonen gehören und durch— jchnittlih 17,5 mm meffen, aber auch größer fein können. Die zahlveidhen Eleineren Arten der Sippe find meift eintöniger in den Farben, am Hinterleibe jchwarz oder rot gefärbt, am Kopfichilde oder an den Hinterhüften mit bejonderen Auszeihnungen und am Hinter: rüden mit freisrunden Quftlöhern verjeben. Wesmael hat fie auf eine große Menge 1) Männden de3 Ichneumon pisorius und Puppe des Fichtenſchwärmers, der es entiproffen. 2) Cryptus tarsoleucus, Männden. 3) Weibden von Mesostenus gladiator. 4) Männden und eierlegendes Weibchen des Ephialtes manifestator. Alles natürlihe Größe. weiterer Untergattungen verteilt, die wir jedoch, wie jo viele andere, mit tiefem Still Ihweigen übergehen müfjen. Den natürlihften Übergang von den Jchneumonen zu den Cryptiden bildet die Gattung Phygadeuon, welche aus meift Hleineren, unterjegten Weſpen bejteht. Die weib— lichen Fühler jegen ſehr kurze, knotige Glieder zufammen, deren längites drittes höchſtens das Doppelte feiner Breite erreicht; diejelben rollen fi ftarf und enden ftumpf. Bisweilen ftreden fie fich mehr und verbreitern fi) vor der Spige, oder, findet diefe Erweiterung nicht ftatt, jo gibt die mehr entwidelte Felderung des Hinterrüdens gegen die übrigen Genoſſen der Sippe ein gutes Unterfheidungsmerfmal ab. Der Bohrer ragt nur wenig über die Spite des ovalen, geftielten Hinterleibes hervor und fommt aus einer Bauch— ipalte. Bei den Männden verbreitert ſich der Hinterjtiel merklich im Vergleich zum Stiele und verläuft gleichfall3 nicht in derjelben Ebene mit ihm. Trotz dieſer Formgleichheit mit den Jchneumonen und trog der Übereinftimmung beim Verlaufe des Flügelgeäders wird durch die jhon oben bei den Sippenunterfchieden angegebene andere Lage der Luft löcher, durch die glatten, in den Gliedern wenig abgejegten Fühler auch im männlichen Ge: ihlecht zwijchen beiden eine unverfennbare Grenzlinie gezogen. — Eine der größeren und gemeinften Arten, welche 6,5;—8,75 mm in die Länge mißt, ift der Phygadeuon pterono- rum, der gewöhnliche Schmaroger in den Tönnden der öfters ſchon erwähnten Kiefern: Blattweſpe (Lophyrus pini). Nageburg hatte im Herbjt eine Menge Tonnenpüppchen Ambiyteles. Phygadeuon pteronorum. Cryptus tarsoleucus. Mesostenus gladiator. Hemiteles areator. 343 der eben genannten Blattwejpe unter Moos gefammelt und in die warme Stube gebradt. Am 24. April des folgenden Jahres erſchienen zwei Stüd eines kleinen Eryptiden, des Hemiteles areator. Die beiven Gejpinjte, aus welchen fie hervorgefommen waren, wurden einer näheren Unterfuhung unterworfen, und merkwürdigerweiſe befanden jih darin zunächſt der rechte Bewohner, die Blattweipe, deren Flügel nicht ordentlich entfaltet waren, jodann der Phygadeuon vollfommen flugfertig. Wie läßt ſich diefer ungewöhnliche Fall erklären? Wahrjcheinlich hatte die Blattweipenlarve, al3 jie vom Phygadeuon an- gejtochen wurde, in ihrer Entwidelung einen jo bedeutenden Borjprung, daß ihre regel- rechte VBerpuppung und Entwidelung nicht mehr verhindert werden fonnte. Die Phyga- deuon-Larve hatte denjelben Vorjprung, als der Hemiteles ihr jein Ei anvertraute, und e3 entwidelten fi alle drei, aber auch nur jo eben; denn jenen zweien fehlte die Kraft zum Durchbrechen des Gejpinites. Die Gattung Cryptus, welde fich auf der ganzen Erde ausbreitet, unterjcheidet ſich von Ichneumon durch den heraustretenden Legbohrer der Weibchen, eine meijt zu der Vierecksform neigenden Epiegelzelle und jehr unvolllommene, meiſt fih auf zwei Quer— leiten bejchränfende Felderung des Hinterrüdens. Das Männchen des Cryptus tarso- leucus (Fig. 2, ©. 342) möge die jhlanfe Geftalt des anderen Gejchlechtes vorführen, bei welchem, wie bei vielen anderen Arten, einige weiße Glieder der Hinterfüße vor: fommen. Cryptus ſchmarotzt, und zwar meijt in mehreren Stüden gleichzeitig, bejonders bei Blattwejpen und Spinnern. Wir jehen über dem Cryptus tarsoleucus einen weiblihen Mesostenus gladiator (Fig. 3, ©. 342) mit feinem langen Schwanze angeflogen fommen. Die jhwarze Wejpe, deren Hinterrüden dornenlos, durch zujammenfliegende Punktierung ſehr rauh ift und ovale Luftlöcher hat, würde ein Cryptus jein, wenn nicht die auffällig kleine, vierecige Spiegelzelle an der den rüdlaufenden Nerv aufnehmenden Seite volllommen geradlinig wäre. Ein zweites Unterjeheidungsmerfmal beruht in der nad unten gebogenen Bohrer: jpige. Die Schenkel und vorderen Schienen nebit ihren Füßen jind rot, bisweilen aud) noch die Wurzelhälfte der männlichen Hinterſchienen, und das zweite bis vierte Glied der Hinterfüße jowie einige weibliche Fühlerglieder weiß. Die zierliche Wejpe fliegt im Juni, treibt jih hauptfählih an alten Mauern umher und läßt vermuten, daß fie bei dajelbit baujenden Grabweſpen oder Bienen Tchmaroge. Der Hemiteles areator wurde jchon vorher als Schmaroger eines Schmarotzers erwähnt und jiheint ein gewaltiger Umbhertreiber zu jein; denn man erzog ihn aus den verjchiedenften Kerfen, aus der Raupe eines Sicheljpinners (Platypterix faleula), aus Mottenraupen, aus den Larven des Sped= und PBelzkäfers und kann ihn daher auch vom Suni bis in den November an den Fenjtern ſolcher Wohnzimmer antreffen, denen jene beiden Käferlarven nicht fremd bleiben. Das unanjehniiche Tierchen von 3,37—5,ı7 mm Länge zeichnet ſich mit jeinen Kleinen und zahlreihen Gattungsgenojjen durch die nad) außen ungejchlofjene, in der Anlage fünfedige Spiegelzelle aus. Der Hinterrüden ift dicht punftiert, und wegen der auf den vorhandenen Querleiften jtehenden kurzen Längsrunzeln ein oberes Mittelfeld angedeutet. Das erjte Hinterleibsglied erweitert ſich bis zu den kno— tigen Anjchwellungen allmählih und von da ab nochmals bis zum Ende des Hinteritieles und ift mit dichten Punkten bejegt, wie die folgenden. Fadenförmige Fühler, drei dunkle Duerbinden über die weiblichen, nur zwei über die männlichen Flügel, ſchwarze Flede auf rotem Untergrunde am Kopfe, Bruftfaften und zweiten Hinterleibsgliede und rote Beine mit weißen Schienenjpigen an den Hinterbeinen machen das zierlihe Weſpchen Fenntlich. Wie die Eryptiven „Schwanzwejpen‘ mit geftieltem Hinterleibe find, jo die noch übrige Sippe der Bimplarier jolche mit jigendem Hinterleibe. Der Bohrer des Weibcheng, 344 Zweite Ordnung: Hautflügler; dreizehnte Familie: Echte Schlupfmweipen. der eben als Schwanz erjheint, kommt bei gewiſſen Gattungen aus einer Bauchſpalte, bei anderen aus der Hinterleibsipige und erreicht dort bisweilen die dreifache Länge des ganzen Körpers. In diefer Beziehung übertrifft die an dem querrunzeligen Rüden des Pittelleibes Fenntlihe Gattung Rhyssa alle übrigen und alle anderen Familiengliever an Körpergröße. Abgejehen von einigen nordamerifanifchen Arten, deren Weibchen bei einer Körperlänge von 3,5 em einen Bohrer in Pferdehaarftärfe von 10,4 cm befiten, jo daß die ganze Rhyssa ziemlich dreiviertel Länge einer diejer Drudjeiten einnehmen würde, fommen in unferen Nadelwäldern einige Shwarze Arten mit reichlihen weißen Zeihnungen und rotgelben Beinen vor, weldhe den Nordamerifanern in den Größenverhältnifjen wenig nachſtehen. Der „Pfeifenräumer“, wie ein Sammler die ftattliche Geftalt zu bezeichnen pflegte, Rhyssa persuasoria der Gelehrten, ſchmarotzt in den Larven der Holzweipen (Sirex), welche tief im Inneren der Navelbäume bohrend leben. Bis zur Wurzel des Bohrers, aljo etwa 6 cm tief, verftehen die legenden Weibchen dieje Borjte in gefundes Holz hineinzutreiben und die dort fißende Larve zu treffen. Als ich vor einigen Jahren auf dem Wege nad) der Tellsfapelle an einer Anzahl von dem Berge herabgejtürzter, entrindeter Fichtenftämme vorübergehen wollte, feſſelte mich das Schwärmen zahlreicher Weſpen der genannten Art. Die eine hatte fich feitgebohrt und zwar bis zu der Tiefe, welche fie überhaupt erreichen fonnte; ich faßte fie und verjuchte mit großer VBorficht und nicht geringer Kraftanftrengung, den Bohrer ohne Verlegung des übrigen Körpers heraus: zuziehen. Es gelang mir nicht; denn die legten Leibesringe rijjen früher ab, als der Bohrer in jeiner vollen Länge zum Vorſchein Fam, und die Musfelbewegungen in den abgerijjenen Glievern dauerten noch einige Zeit fort. Man fteht hier ſtaunend vor einer rätjelhaften Erſcheinung. Jene federnde, pferdehaar- artige Borfte wird 6 cm tief und tiefer in den Stamm weichen Holzes hineingejchoben, durd) diejelbe wird ein Ei befördert, und das alles wiederholt ſich zu verjchiedenen Malen ſeitens einer und derjelben Weſpe. Welcher Aufwand von Muskelkraft fteht dieſem ſchmächtigen Tierhen zu Gebote! Entſchieden ſchmiegt und biegt fich der Bohrer rechts und links und benugt die Zwijchenräume zwiſchen den Fajern und Gefäßen des Holzes, da er nur ruckweiſe und jehr langſam vordringt. Möglicherweiſe ift das Ei in ihm bis fait zur Spite vorgerüdt, ehe er feinen Weg antritt, wenigftens bleibt es unverſtändlich, wie die verjchiebbaren und hierdurch erweiterungsfähigen Teile des Bohrer unter joldhen Ver: hältnifjen noch thätig jein können. Wie, fragen wir weiter, erjpürt die Mutterweſpe die Gegenwart einer für ihr Ei pafjenden Larve; wie ermittelt fie deren Lage, um gerade hier und nit 1 cm mehr oben oder unten den Eizubringer einzujchieben; denn daß fie feinem Larvengange nachgeht, daß die Oberflähe des Stammes unverlegt, wurde vorher mitgeteilt und ergibt ſich aus der Feitigfeit, mit welcher der Bohrer im Holze fißt. Woher weiß fie, daß nicht Thon eine Schwefter ihr zuvorgefommen und jene Zarve, nur für eine Schmarogerlarve hinreichend, bereit mit einem Ei beſchenkt hat? Denn, daß es fich bei jo mühſeliger und Eraftverbrauchender Arbeit nicht um bloße Verſuche, Jondern um Er: reihung des Zwedes und Erfüllung der Mutterpflihten handelt, können wir von den natürlihen Einrihtungen, von der „Weisheit des Schöpfers” nicht anders erwarten. Beantworte alle dieje Fragen, wer es kann, ich habe Feine andere Antwort als dieje: Wir jtehen hier, wie bei jo manchen anderen Dingen, vor einem Naturgeheimnis, das vielleicht dereinſt, vielleicht auch nie enthüllt werden wird; denn der menjchliche Geijt hat Großes geleijtet und wird noch Größeres leijten, jedoch bis zu einer — nicht näher zu bezeichnenden Grenze! Dem einen ijt diejelbe enger, dem anderen weiter gejtedt, aber nur der Anz maßende, der Bermejjene hält fie für überjteigbar; denn „feine ewige Grenze ijt ihm ge: jegt, aber ewig eine Grenze”. Rhyssa persuasoria. Ephialtes manifestator. Pimpla instigator. 345 Die artenreichere Gattung Ephialtes hat einen glatten Rüden des Mittelleibes, hin- fihtlih der langgeitrecdten Glieder des Hinterleibes, welche mehr oder weniger uneben find, der verhältnismäßigen Bohrerlänge und der Färbung der Beine große Ähnlichkeit mit Rhyssa. Unſere Abbildung führt den Ephialtes manifestator (Fig. 4, ©. 342) in beiden Gejchlechtern vor. Ihn zeichnen vor den anderen, in der Färbung jehr überein- jtimmenden Arten die abgerundet rhombifhen Flächen aus, welche duch die feitlichen Knoten mitten auf den mittleren Hinterleibsgliedern entitehen, die im Vergleiche zu ihren Schienen längeren Hinterfüße jowie endlich die Furze Behaarung an der Bohrericheide. Am Ihwarzen Körper haben nur die Flügelihüppchen die braunrote Färbung der Beine und wiederum dieje nur die hinterjten Füße und Schienen ſchwarz. Das Mal der gelb- lihen Flügel ift dunkelbraun, ihre Spiegelzelle dreiedig. Wie alle Ephialtes-Arten in der Körperlänge ungemein jcehwanfen, je nad) der Größe der Larve, in welcher fie wohnten, jo fommt auch die in Rede ftehende Kleiner und noch Fräftiger vor als das abgebildete Weibchen. Ich befige ein ſolches von circa 3,; cm Körper: und faſt derjelben Bohrerlänge, legterer nur in feiner Scheide gemefjen; da er aber aus einer Bauchſpalte fommt, jeine Wurzel mithin weiter vorn fißt, jo iſt er um ein gut Teil länger als jein Futteral. Das jtet3 Kleinere Männchen zeichnet fih durch größere Schlanfheit des Hinterleibes aus. Sn der Sommerzeit, wie jie der Kalender begrenzt, treiben ji) die Ephialtes-Arten in den Wäldern umher, vorzugsweije an zerbohrten Baumftämmen, denn hier nur finden fie die Wiege für ihre Nachkommen. Sehr bedächtig taftet das Weibchen mit vorgeftredten Fühlern, deren Spige bogenförmig nach unten fteht, überall umber, verweilt forjchend, wie riechend, bei jedem Bohrloh und vertieft fich jo in diefe Arbeit, daß fein jcheues Weſen Ichwindet, und man in nädjiter Nähe dabei ftehen kann, ohne es zu verjcheuchen. Sit endlich die rechte Stelle gefunden, jo wird der Hinterleib hoch) emporgehoben, jo daß das Tier fürmlich auf dem Kopfe fteht, die Bohrerjpige eingeführt und behutfam bis zur Larve vorgejhoben, wobei der Hinterleib mit jeiner Spite allmählich herabgeht, während die Scheide immer ſenkrecht nach oben gerichtet iſt. In ſolcher Stellung verharrt die Weſpe, bis das Ei gelegt ijt, und befindet fi währenddejjen in einem vollfommen hilf: Iojen Zuftande, indem fie fich jelbjt anheftete. Die im nächſten Jahre erwachſene Larve jpinnt ein ſchwarzes, walziges Gehäufe, die ihr entjchlüpfte Wejpe frißt ſich durch und gelangt durch das Bohrloch des Wohntieres zur Freiheit. Sch habe die Männchen mancher Heineren Arten aus Glasflüglerraupen erzogen (Sesia sphegiformis), aus der einer Schwammmotte (Scardia polypori), aus den fnotigen Anjchwellungen, welche die Larve de3 Kleinen Bappelbodkäfers (Saperda populnea) hervorbringt, ferner aus einem Kiefern- zapfen. Sie alle jchmarogen bei im Holze verborgenen Larven, wie jchon der lange Bohrer des Weibchens beweilt, jcheinen aber beim Eierlegen mehr den Bohrlöchern zu folgen, da e3 ihnen nicht möglich fein dürfte, zwijchen den Gefäßen des harten, d. h. jehr dichten, Eichenholzes einzudringen, wie die Rhyssa-Weibchen in die weichen Hölzer. Sonft weichen jie von den eben genannten in der LXebensweije nicht ab. Eine der gemeinjten Schlupfweipen und, wenn fie bei der Entwidelung reichliches Futter hatte, eine der größeren heimifchen Sippengenofjen ijt die Pimpla instigator, ein ſchwarzer Gejelle, der lebhaft gelbrote Schienen und Füße an den vier vorderen Beinen, an den hinterjten dagegen nur die Schienen von der genannten Farbe hat. Lichte Flügel- ſchüppchen und Tafter zeichnen das S. 346 abgebildete Männchen aus; beim Weibdhen, welches im Hinterleibe wenig breiter ift und eine Bohrerjcheide von kaum halber Länge jenes jehen läßt, haben jene dunflere Färbung. Daß die Luftlöcher des breiten und rauhen Hinterrüdens länglich find, die Stirn bis zu den Fühlern durch quere Nadelrifje taub wird, die Glieder diejer an ihren Spigen etwas anjchwellen, die Klauen an ihrer 346 Zweite Ordnung: Hautflügler; dreizehnte Familie: Chte Schlupfweſpen. Wurzel feinen lappigen Anhang haben, wie viele andere, und daß fi) endlich die innere Querader des Hinterflügels weit über ihrer Mitte einfnidt, um einen Längsnerv aus: sufenden: das alles find Merkmale, welche wohl beachtet jein wollen, um die zahlreichen, oft recht ähnlichen Arten unterjcheiden zu Fönnen. Daß die Pimpla instigator jo ge mein und daß fie in der Größe zmwijchen 11 und 19,5 mm jchwanft, hat jeinen Grund in der Eigentümlichkeit des Weibchens, jeine Eier einer großen Menge jehr verichiedener Schmetterlingsraupen, die vorherrjchend den Spinnern angehören, einzuverleiben. Alle derartigen Naupen, welche fich in unjeren Gärten unnüß machen, viele der berüchtigtiten Maldverderber, wie die Raupen der Nonne, des Prozeſſions- und Kiefernpinners, find ihm genehm, darum befommen wir diejen Herumtreiber auch überall zu jehen. Meift mit etwas gehobenen Flügeln jpaziert er an Baumſtämmen, auf Heden, an Lehmmänden, kurz, allerwärts umher und jucht ſich feine Beute aus. Che e3 ſich die ruhig dafigende Raupe verjieht, erhält fie einen Stich, und in kürzeſter Zeit ift troß aller ab— wehrenden Bewegung ihres Körpers das Ei dur) den kurzen Eileiter geglitten und ihrem Inneren einverleibt. Mit wippendem Fluge ift die Übelthäterin verihwunden, treibt ihr Unweſen in nächjter Nähe weiter und läßt ſich durch niht3 außer Faſſung bringen. Auch Spinneneier find in ihrem Gejpinft- ballen nicht fiher vor den Angriffen jeitens diejer Wejpen, wenn auch unjere Art meines Wiffens noch nicht dabei be— En troffen wurde. Der wejentlide Unter: a a en nunen _fdieb ber beiben Gattungen Pimpla unb runter das Männden. Natürliche Größe. Ephialtes beruht im gedrungeneren Körperbau jener: die Hinterleibsglieder find, wenigjtens beim Weibchen, immer breiter al3 lang, und der Bohrer erreicht nur in jeltenen Fällen die Länge des Hinterleibes. Auch Pimpla breitet fich jamt der vorigen Gattung mit zahlreichen Arten über die ganze Erde aus. Harzige Ausjcheidungen an den Zweigjpigen junger Kiefernbeftände gehören durchaus nicht zu den Seftenheiten. Man hat fie „Harzgallen“ genannt, aber mit Unrecht; denn es findet bier feine Wucherung des pflanzlihen Zellgewebes ſtatt, jondern durch Die Thätigfeit einer im jungen Holze bohrenden Raupe fließt der harzige Saft aus und er: bärtet an der Luft. Dergleihen bis zu Walnußgröße anwachjende Abjonderungen ent= jtehen durch verjchiedene Naupen zierlicher Blattwidler. Wenn man jene im Frühjahr einjammelt, um die Retinia resinana zu erziehen, denn jo heißt derjenige, um welchen e3 jich hier Handelt, jo kann man bisweilen recht angeführt werden. Statt des Schmetterling ericheint die Glypta resinanae, ein jehwarzer Pimplarier von faum 8,75 mm Länge, aus jeder Anjchwellung nur einer, ſei es ein Männlein over ein Weiblein. Bei jeinem Wirte werden wir ihn auf einem jpäteren Bilde erbliden. Sein Hinterleib ijt gleichfalls uneben wie bei den beiden vorigen, aber nicht durch Sinoten, ſondern durch je zwei nach vorn genäherte Längseindrüde auf dem zweiten bis vierten Gliede, das Erfennungszeichen der Gattung Glypta, von welder e3 viele Arten gibt. Bei der unferigen find die Fuß: klauen einfach, der Hinterrüden gefeldert, die Vorderflügel ohne Spiegelzelle, das Kopf: ihild und die Beine mit Ausſchluß der ſchwarzen, weißwurzeligen Schienen und Füße Pimpla instigator. Glypta resinanae — Pflanzenweſpen. 347 der hinterften rot; beim Männchen find die Hinterfchienen rot und das Kopfjchild ſchwarz. Der Bohrer, bei allen Glypten aus der Spitze des Hinterleibes kommend, erreicht bei— nahe die Länge des ganzen Körperd. Im Sommer Elettert diejes Weſpchen auf den Kiefernadeln umher und braudt kaum andere Stellen aufzujuchen, denn an Blattläujen fehlt es ja hier befanntlich nicht, deren Auswürfe von ihm gierig aufgeledt werden. Findet das Weibchen einen jugendlichen Harzausfluß, jo forſcht und prüft es genau und weiß ſehr wohl die darin verborgene Raupe zu treffen. Dieje lebt den ganzen Winter hindurch mit dem Todesfeim im Leibe, und erſt im Frühjahr, wenn fie erwachſen iſt und ſich zur Ver: puppung anſchickt, fommt der Irrtum an das Tageslicht. Statt des ſchwarzen Schmetter: lingspüppchens erjcheint ein helles Geſpinſt und aus diefem alsbald die bejchriebene Glypta. Doch genug; wir haben das Schmarogertum, weldes in feiner Injektenordnung nad) jeder denkbaren Richtung in jo vollendeter Weiſe ausgebildet ijt wie bei den Haut: flüglern, hinreihend zur Sprache gebracht, um einen Einblid in das geheime Walten des jo überaus intereffanten Kerflebens zu gewinnen. Möge diefer Blif anregend auf weitere und tiefere Forſchungen wirken, damit unfere lüdenhaften Kenntniffe mehr und mehr bereichert werden. est zu der legten Familie, die fih fern vom Schmarogerleben hält und in dieſer wie in anderer Beziehung ſich von allen übrigen Drdnungsgenojjen ſcharf und beſtimmt abjchließt. Die Familie der Pflanzenweipen (Hymenoptera phytophaga oder Phyto- spheces) zeichnet fi im vollfommenen Zuftande ihrer Mitglieder durch einen ange wachſenen Hinterleib und durch den größeren Zellenreichtum des Borderflügels, durd) die jogenannte lanzettförmige Zelle (Fig. 1u. 9, ©. 214) vor allen anderen aus, die Larven aber dadurch, daß ſie in größerer Selbitändigfeit als die übrigen auftreten, in— dem fie ſich, in der Mehrzahl frei an Pflanzen lebend, einige jedocd auch im Inneren derjelben bohrend, nur von lebenden Pflanzenftoffen ernähren. Auf die Larven bezieht ji) daher auch obige Bezeichnung der Familie; denn daß alle Aderflügler im vollfom: menen Zuftande vorherrihend Süßigkeiten leden, feiner Blätter oder Holz frißt, wurde bereits früher erwähnt. Der Kopf jteht in der Negel dicht vor dem Mittelleibe, iſt mit Nebenaugen, jechs- (jiebenz)gliederigen Kiefertajtern und viergliederigen Lippentajtern mit geringen Ausnahmen verjehen. Fig. 4 auf Seite 3 vergegenmwärtigt die Grundform der Mundteile mit Aus: ſchluß der durch nichts ausgezeichneten Kinnbaden. Die ungebrochenen Fühler zeigen zwar die in der ganzen Ordnung vorherrichende Faden= und Boritenform in den überwiegenden Fällen, doch jchleichen fich daneben allerlei Nebenformen, bejonders als Schmud der Männ— hen, ein. Neun (bis elf) und drei find Zahlen der fie zufammenjegenden Glieder, welche bei der Unterſcheidung eine Rolle jpielen; find es ihrer mehr, jo pflegt man ſie nicht zu zählen. Der Mittelleib nimmt durchfchnittlich den dritten Teil der ganzen Körperlänge, mit Ausihluß des Kopfes, ein und ift in feinem mitteljten Ninge, wie bei allen Adler: flüglern, am meiſten entwidelt, im Hinterrüden hier aber weniger als bei allen übrigen Familien, weil ihm ein „abſchüſſiger“ Teil volljtändig fehlt, da der angewachjene Hinter: leib jeine volle Hinterwand zur Anheftung in Anjpruch nimmt. Der kurze Teil, als vorderer von dem abſchüſſigen bei den anderen Familien unterjchieden, zeichnet jich nie durch Felderung, wohl aber jederjeit$ durch ein meijt heller gefärbtes häutiges Fledchen aus, welchem Hartig den Namen Rückenkörnchen beigelegt hat. Der Hinterleib ijt bei den Männden etwas plattgedrüdt, bei den Weibchen der meiften walzig und läßt Die 348 Zweite Ordnung: Hautflügler; vierzehnte Familie: Pflanzenwejpen. Scheiden der Legröhre an der Unterjeite jehen, wenn diejelbe nicht jehwanzartig die Spite überragt. Dieje tritt hier nie in Form eines Stachels auf, jondern als Meffer, Stoßläge, Feile, Raſpel. Das Geäder der Flügel, namentlich der vorderen, feiner Zeit ausführlicher bejprochen, verdient ganz bejondere Beachtung, weil es in eriter Linie zur Unterfcheidung der zahlreichen Gattungen benußt wird. An den Beinen haben dieje Weſpen die zwei Schenfelringe mit allen nicht ſtechenden Immen gemein. Die beiden End: Dornen der Schienen, an den vorderen bisweilen nur einer, fommen nicht immer in der gewöhnlichen Dornenform, jondern bisweilen breitgedrüdt, mehr häutig vor, auch find die Fußjohlen vieler mit breiten napfartigen Erweiterungen (Batellen) verjehen und die Klauen zweizähnig. Die in ihrer Gejamtheit eben kurz charakterifierten Weſpen wurden und werden noch vielfach in zwei Familien zerlegt: die Holzweſpen mit vortretendem Legbohrer und fußlojen oder höchſtens jechsbeinigen, bohrenden Larven, und die Blattwefpen mit ver- borgenem Bohrer und mehrfüßigen, äußerlich an Pflanzen freſſenden Larven. Unter legteren fommen jedoch durch äußere Geſtalt, Form der Larven und deren Lebensweife jo ſcharf von den übrigen getrennte Weſpen vor, daß auch dieje eine bejondere Familie bilden müßten. Es erſcheint daher die Vereinigung aller zu einer Familie und die Zerlegung diefer in drei Sippen, wie im Folgenden geſchehen, das Zweckmäßigſte zu fein. Von den bisher betrachteten Aderflüglern find nur die Larven der echten Gall- wejpen auf von ihnen ſelbſt zu erreichende Pflanzennahrung angewiejen, aber injofern vollfommen unjelbjtändige Wejen, als fie in Gallen wohnen und in der ihnen durch die Gallenbildung angemwiejenen Kammer der Ortsveränderung entbehren. Hier finden ich gleichfalls bohrende Larven, welche, dem Lichte entzogen, beinfarben, wie alle dergleichen Larven, erſcheinen, aber doc mehr Freiheit genießen, weil fie ihren Gängen eine beliebige Richtung geben fünnen. Diejelben gehören den Holzweipen an und haben ſechs Deutliche auch verfümmerte Bruftfüße, oder einigen wenigen Blattweipen, wenn ihnen zahlreichere Beine zur Verfügung ftehen. Die bei weiten größere Anzahl der Larven lebt aber frei auf den Blättern, gleicht dur) bunte Farben den Schmetterlingsraupen, für welche fie der Unfundige aud häufig genug hält, und erlangt jomit eine Selbjtändigfeit wie fonft feine Aderflüglerlarve. Diefe Afterraupen, wie man fie genannt hat, leben gern in Gejellihaft beifammen und figen in der Ruhe fchnedenförmig zufammengerollt auf der oberen oder unteren Blattflähe ihrer Futterpflanze. Beim Frejjen reiten fie auf dem Blattrande und umfäumen ihn auf jehr eigentümliche Weije, wenn ihrer mehrere bei: jammen find. Dabei haben viele die jonderbare Gewohnheit, den von den Bruftfüßen an folgenden Körperteil fragezeichenförmig in die Höhe zu halten und taktmäßig auf und nieder zu bewegen, wenn erjt eine von ihnen den Ton angegeben hat. ES ijt höchſt unter: haltend, dieſe wippenden Fragezeihen zu beobachten, aber auch erfichtlich, daß fie nicht zum Vergnügen, jondern zur Abwehr einer vermeintlichen Gefahr dergleihen Turnkünfte vornehmen. Man braucht fih nur der Kleinen Gefellichaft jo weit zu nähern, daß fie den Atem fühlt, jo jegt fie fi) in der angegebenen Weije in Bewegung, läßt ſich wohl auch herabfallen, wenn jie weiter beläjtigt wird. Ganz befonders dürfte das Gebaren darauf berechnet fein, einer zudringlichen Schlupfweipe ihr Vorhaben zu vereiteln. Mit Ausihluß des vierten und häufig auch des vorlegten Leibesgliedes trägt jedes ein Paar kurzer Beinen, von welchen die drei vorderjten Baare an den Bruftringen nur horniger Natur, gegliedert und mit einer Klaue verjehen find, während die übrigen fleifchigen Zapfen oder ausjtülpbaren Warzen gleichen. Durch jene Lebensäußerungen jomwie durch die An: zahl von 20—22 Beinen unterjcheidet fich jede Afterraupe von der höchſtens 16 beinigen Schmetterlingslarve. Ihre Haut erjcheint auf den erjten Blick nact, doch bemerft man Einteilung. Larven. Lebensmeife. 349 bei genauerer Belihtigung dünne Behaarung, mandmal auffallende Dornfpischen, nie aber das dichte Haarkleiv, wie bei jo manchen der leßteren. Die Farben find lebhaft, doch nicht mannigfaltig, und dunflere Flecke auf hellem Grunde die gewöhnlichen Zeich— nungen. Die Afterraupen find mit einfahen Augen und Eleinen Fühlern ausgeitattet, bäuten fi mehrere Male, wobei manche nicht nur Farbe, jondern auch Gejtalt wejentlich verändern. Eine dritte Reihe, welche den Geſpinſt-Blattweſpen angehört, weicht in Form und Lebensweiſe wejentlich von den Afterraupen ab, wovon weiter unten bei Bes ſprechung diejer Sippe. Erwachen, verlafjen die meilten ihre Futterpflanze und jpinnen in der Erde, an der: felben, unter dürrem Laub oder Moos, mitunter aber auch am Stengel anderer Pflanzen 1) Gemeine Holzwejpe (Sirex juvenceus): Weibhen, Larven, Puppe; alles natürliche Größe. 2) Gemeine Halmweſpe (Cephus pygmaeus) und deren Larven in gejpaltenen Noggenhalmen, 3) Pachymerus caleitrator, eine bei ihr ſchma— roßende Sichelweſpe. 4) Die Cephus-Larve vergrößert, daneben ein Buppenlager. ein tonnenförmiges, pergamentähnliches, jedoch auch zarteres Gehäufe, in welchem fie in verfürzter Geftalt und bewegungslos den Winter verbringen und erſt Furze Zeit vor den Ausichlüpfen der Fliege zur gemeißelten Puppe werden. Manche entwideln zwei und mehr Bruten im Sahre und ruhen daher in der Sommerbrut nur furze Zeit, andere brauchen ein volles Jahr und darüber. In diefer Hinficht Fommen aber auch jonderbare Ausnahmen vor. So verpuppen fich die Larven einer braſiliſchen Hylotoma-Art (Die- locerus Ellissi) gejelliehaftlih. Das Neſt hat die Form eines gejtrediten Eies von 10,5; — 13 em Länge und hängt aufrecht an einem Zweige. Jede Larve beſitzt ihre eigne Zelle, welche in mehreren Schichten dicht, faſt wie Bienenzellen, aufs und nebeneinander liegen, jo zwar, daß ihre Querachſe mit der Längsachje des Zweiges zufammenfällt und ihre beiden Enden freijtehen. Dies Ganze wird von einer gemeinjchaftlichen Bedeckung umſchloſſen, welche im Inneren feidenartig, auswendig geleimt ift. Beiläufig ſei noch eines anderen Ausnahmefalles gedacht, welcher die Perga Lewisii, eine neuholländijche Art, näher an geht. Im April legt das Weibchen jeine blaßgelben Eier zweireihig in die Blattmittelrippe 350 Zweite Ordnung: Hautflügler; vierzehnte Familie: Pflanzenweſpen. einer Eucalyptus-Art. Nach wenigen Tagen ericheinen die dunfelgrünen Lärvchen und frefjen gejellig, wie es jcheint, des Nachts. Die Mutter figt jhügend über den , Eiern und der jungen Brut, während für gewöhnlich die Mütter nicht mehr find, “wenn leßtere zum Leben erwacht. — Man fennt bis jegt mindeftens 1000 verjchiedene Glieder der Familie und darunter eine Anzahl, bei denen jungfräuliche Fortpflanzung be: obachtet worden ilt. Am 3. Dftober 1857 bemerkte ich an einem Kiefernftamme, einige Fuß über der Erde eine große, jtahlblau erglänzende gemeine Holzwejpe oder Kiefern-Holzweipe (Sirex juvencus), welche ihren jehnurgeraden, von der Mitte des Hinterleibes ausgehenden ſchwarzen Bohrer genau in der Weije in das von der Rinde entblößte Holz eingejenkt hatte, wie es unfere Abbildung zeigt. Da in den betreffenden Büchern der Juni, Juli, höchitens noch Auguft als die Schwärngzeit der Holzwejpen angegeben wird, jo überrafchte mich die Erſcheinung. Sch näherte mich behutjan, merkte aber bald, daß ich einen wohl erhaltenen — Leichnam vor mir hatte. E3 fehlten mir die nötigen Werkzeuge, um in dem gefunden Holze nachzugraben und zu fehen, ob die ſorgſame Mutter ein Ei abgeſetzt und nicht mehr Kraft genug gehabt hatte, ihren Bohrer wieder herauszuziehen. Diejelbe Erfahrung ift auch von anderen Geiten gemacht und beim Nahjuchen Fein Ei entdedt worden. Es liegt daher die Vermutung nahe, daß jene im Drange ihrer Pflichterfüllung die ſchon vor: ber aufgewandten Kräfte überjchäßt habe und mitten in ihrem Berufe geftorben jei. In— -folge jpäterer Erfahrungen konnte mich die Zeit, in der fich die Weſpe zeigte, nicht mehr in Verwunderung jegen, denn einige Jahre nachher hatte ih noch am 7. November ein zwar jehr fleines, aber doch lebensfähiges Weibchen an einem gefällten Baumjtamme um: beripazieren jehen, und im nächſten Jahre erjchienen von der Witte des September an die Mejpen jo mafjenhaft in der Gegend von Halle, wie jonft nie. Am 20. des genannten Monats ſaßen am Stamme einer etwa Zjährigen Kiefer nicht weniger als ſechs Weib- hen, von denen vier ihren Bohrer zur Hälfte der Länge in das Holz verjenkt hatten. Sie unbeijhädigt heraus zu befommen, war nur durch Anfafjen des legteren mit Anwen— dung ziemlicher Kraft möglid; wollte man die Weſpe ſelbſt ergreifen und an ihr ziehen, jo würde man fie mitten entzweireißen, und der Hinterleib mit dem Bohrer würde im Holze figen bleiben, wie ich mich mehrfach überzeugte. Dieje und die folgende Art er: jcheinen in manden Sahren bejonders zahlreich, jedoch ergibt fih aus den Aufzeichnuns gen durchaus feine Negelmäßigkeit in der Wiederkehr diejer Häufigkeit. Was von der Entwidelung zu erzählen ift, ſtimmt bei beiden überein; hierüber erſt dann, wenn wir ihre Bekanntihaft gemacht haben. Ein Gattungsmerkfmal eigentümlicher Art bejteht darin, daß der vorderjte Bruftfaftenring in zwei gegeneinander verſchiebbare Halbringe zerfällt, von denen der obere den Vorderrüden, der untere die Borderbruft bildet; überdies be: merkt man am Hinterrüden zwei Iuftlohähnliche Spaltöffnungen und am Munde Feine Kiefertafter. Der Hinterleib endet in einem bei den verjchiedenen Arten wenig anders geformten Afterdorn, welcher ſchon bei der Larve angedeutet ift und jedenfalls beim Aus— friehen der Weſpe aus dem Holze qute Dienfte leitet. Ihm ſchmiegt fich unterwärts die Bohrericheide dicht an. Die genannte Art ift, wie bereit$ erwähnt, ftahlblau, an den Beinen von den ſehr kurzen Schenfeln ab rotgelb, an den Flügeln gelb. Zwei Rand-, vier Unterrand: und drei Mittelzellen legen Zeugnis von ihrem reichen Geäder ab. Das Männchen kleidet ſich weientlich anders. Ein breiter Gürtel um den Hinterleib iſt gelb: braun, und die breitgedrüdten Schienen und Füße der Hinterbeine nehmen an der dunkeln Körperfarbe teil. Die durchfchnittliche Größe eines Weibehens beträgt 26 mm, die eines dännchens die Hälfte; ich befige aber au ein Männchen von fat 22 mm Länge und Gemeine Holzwespe. Rieſen-Holzweſpe. 351 ein Weibchen, weldyes deren nur 11 mißt. Solche bedeutende Unterjchiede laſſen fich hier, wo die Ernährung an einem und demjelben Orte gejchieht, Faum erklären. Die Larve hat einen hornigen Kopf, Fühlerftumpfe, Feine Augen und fräftig entwidelte, aber un- ſymmetriſche Kinnbaden: die Zähne der rechten Hälfte ftehen wagerecht neben, die der linfen jenfrecht übereinander. Die Rieſen- oder Fihten-Holzwejpe (Sirex gigas) hat einen gelben Hinterleib mit ſchwarzer Spige beim Männchen, oder mit bald hinter der Wurzel beginnendem ſchwar— zen Gürtel beim Weibchen, Kopf und Bruftfaften find matt ſchwarz, an jenem die did vorquellenden Baden und die Fühler gelb, ebenjo jämtlihe Beine. Sie findet fih in Gegenden, wo Fichten (Pinus Picea) wachſen, weil fie als Larve vorzugsweiſe diejen Nadelbaum bewohnt. Beide Arten erfcheinen einmal früher, einmal jpäter im Jahre, jedoch nicht leicht vor Ende Juni, und leben furze Zeit. Außer in Jahren, in denen fie befonders häufig find, 1) Weibchen und 2) Männden der Rieſen-Holzweſpe (Sirex gigas). Natürlihe Größe fommen fie uns faum zu Geſichte; denn fie halten fich an den betreffenden Stämmen oder deren Kronen ziemlich verborgen. Beim Fliegen verurfachen fte ein lautes Brummen, dem einer Hornijje nit unähnlih; höchſt wahrjcheinlich ftehen die erwähnten Spaltöffnungen des Hinterrüdens hiermit im innigften Zufammenhange. In welcher Weife je ein Ei bis 18 mm tief dem gefunden Holzſtamme einverleibt wird, jahen wir bereits. Die bald ausgejchlüpfte Larve bohrt fich tiefer ein und nagt, je größer fie wird, immer mehr an Breite zunehmende, gejchlängelte Gänge, welche zulegt über 4,5 mm im Durchmefjer haben fönnen. Diejelben find mit Spänen und den Auswürfen gefüllt. Wie lange Zeit die Larve gebraucht, ehe fie erwachlen ift, weiß man mit Sicherheit nicht anzugeben; ein Jahr mindejtens, e3 fünnen aber auch mehrere vergehen, wie wir aus einigen, gleich näher zu erwähnenden Wahrnehmungen zu jchließen berechtigt find. Die erwachſene Larve nagt als Puppenlager das Ende ihres Ganges etwas weiter aus und arbeitet nahher, wie Ratzeburg meint, von da aus einen Kanal bis unter die Oberfläche des Stammes, um der Weſpe den Ausgang zu erleichtern. Daß bohrende Schmetterlingsraupen dieſe Vor: fiht gebrauchen, ift hinreichend befannt; der Schmetterling wäre ja auch unfähig, ich zu befreien. Nicht in diefer unbeholfenen Lage befindet fih die Holzweipe; daß fie nagen fann und es ſehr gut verfteht, haben zahlreiche Fälle bewiejen. Sch laſſe aljo auch da— bingeftellt fein, „ob ihr die Larve die Befreiung aus dem Kerfer jo leicht macht”. Der 359 Zweite Ordnung: Hautflügler; vierzehnte Familie: Pflanzenmweipen. Umstand, daß die im Nußholz lebende Larve oft mit in unfere Behaufungen verjchleppt wurde, die der Fichtenholzweipe mehr al3 die andere, führte die Befanntjchaft mit dem vollkommenen Kerfe bei Leuten herbei, welche es draußen im.Freien in ihrem ganzen Leben nicht zu jehen befommen und fich darob jehr verwunderten, urplöglih von einer jo jonderbaren Nachbarſchaft Kenntnis zu erhalten. Wie Bechftein erzählt, erichien im Juli 1798 in der Buchdruderei zu Schnepfenthal 10 Tage hintereinander jeden Morgen eine große Menge der gelben Art aus dem neugelegten Fußboden und ſchwärmte an den Fenftern umher. Im Haufe eines Kaufmannes zu Schleufingen erjchienen in demjelben Monat (1843) diejelben Weſpen mafjenhaft, aber aus den das Jahr vorher eingebrachten Unterlagen der Dielen; fie hatten fich alfo auch durch dieſe hindurch arbeiten müſſen. In Bauten famen im Auguft 1856 aus derjelben Stelle, wie in Schleufingen, 60—80 Stüd der gemeinen Holzweipe zum Borfchein; das Haus war ſeit 2!/e Jahren fertig, und die Balken hatten vorher eine Zeitlang frei gelegen. Während diejer mögen die Eier abgejeßt worden und von da an etwa 3 Jahre verjtrichen jein, bis die Wejpen die Dielen durhbohrten. Nach einer mir jüngſt zugegangenen Mitteilung famen aus den Balken und den darüber liegenden Dielen eines 1889 neuerbauten Haufes der Münchener Hofbuchdruderei Anfang Juli 1891: 20 Niejenholzweipen zum Vorſchein. Auch in Berg- werke find die Larven jchon verjchleppt worden und dann haben die ausgefchlüpften Fliegen als Berggeiiter die Grubenlichter verlöfht. Man weiß jogar, daß fie jelbjt Bleiplatten außer dem Holze dDurchbohrten, um ihrem Drange nad) Freiheit gerecht zu werden. Kol: lar berichtet nämlich, daß zu Wien im neuen Münzgebäude wiederum die gelbe Art nicht nur jehr dide hölzerne Pfoten, jondern auch die 43 mm ftarfen Bleiplatten eines Kajtens durchbohrt habe, welcher zur Aufbewahrung von Metalllöfungen bejtimmt gemwejen war. Mehrfahe Durhbohrungen der Bleifammern in Schwefeljäurefabrifen waren früher ſchon in Nußdorf beobachtet worden und jpäter in Freiberg, wo e3 die jtahlblaue Holzweipe gethan hatte. Man jieht aus den angeführten Beijpielen, wie unangenehm unter Um: jtänden dieſe Tiere werden fünnen, welche durch) ihren Frag dem Baume als jolhem durch- aus feinen Schaden weiter zufügen. — Außer einigen anderen, aber jelteneren Arten, welche in Europa leben, ernährt das nördliche Amerika noch weitere, teilweije jehr ähn- lihe. — Eine zweite Holzwejpengattung, Xiphydria, fommt in nur wenigen und jeltenen Arten aus Laubhölzern (Birken, Eichen, Pappeln und anderen). Der fugelige, außer: ordentlich bewegliche Kopf fist an einer halsartigen Berlängerung der Vorderbruft, trägt bedeutend fürzere Fühler und am Munde dreis oder viergliederige Lippentafter wie bei den vorigen, aber auch Kiefertafter, und zwar fünfgliederige; in der Bildung des Bruft- kaſtens jtimmt fie mit der vorigen überein. Die gemeine Halmweſpe (Cephus pygmaeus, Abbild. ©. 349, Fig. 2) verbirgt fich feineswegs vor den Bliden derer, welche überhaupt dergleichen Geziefer jehen wollen. Denn fie bejucht vom Mai ab die gelben Ranunkeln, die Schafgarbe und andere Blumen, welche den Feldrainen und begraften Gräben längs der Felder ihr buntes Ausjehen vers leihen. Im warmen Sonnenjchein fieht man fie lebhaft von Blume zu Blume fliegen und Honig najhen, auch Bekanntſchaften unter fih anfnüpfen; bei bededtem Himmel figt fie jtill und träge. Ich habe ſchon 5 oder 6 Stüd zu einem Knäuel aufeinander hockend gefunden und daraus ihren heftigen Drang nad) Paarung erjehen. Das Eleine, 3 Linien lange Tierchen erkennt man leiht an dem glänzend jchwarzen, reichlich gelb gezeichneten Körper, deſſen zufammengedrüdter Hinterleib beim Weibchen eine kurze Bohrer: ſcheide nach oben heraustreten läßt, und an den ſchwach Feulenförmigen Fühlern, welche einem fajt Fugeligem Kopfe auffigen. Zwei Rand» und vier Unterrandzellen zeichnen den Vorderflügel, ein etwas hafig gebogener Enddorn die Vorderjchiene, ein überzähliger zur Gemeine Halmmeipe Kotjad:Kiefernblattmweipe. 859 Ceite die Mitteljchiene und zwei dergleichen die Hinterſchiene aus. So harmlos diefe Weſpchen ericheinen, jo unangenehm Fünnen ihre Larven (Fig. 4) den Roggen: und feltener auch den Weizenfeldern werden, in deren Nähe man die Fliege auch am ficheriten zu ſehen befommt. Nach der Paarung begibt ſich nämlich das Weibchen an die Halme, bohrt einen der oberiten Knoten an und läßt hier ein Ei figen, nur eins an jedem Halme. Der Gierftod enthält 12—15 Eier, deren Unterbringung diejelbe Arbeit von neuem erfordert. Nach ungefähr 10 Tagen ſchlüpft die Larve aus und begibt fich jofort in das Innere der Röhre. Hier nährt fie fi von den abgenagten Spänen der Innenwände, durchfrißt die Knoten und ſpaziert auf und nieder, dicht eingezwängt in die enge Klaufe; denn man findet fie aufrecht und mit dem Kopfe nach unten jtehend, oben oder unten, und die Kotkrümchen an verjchiedenen Stellen beweifen, daß fie da war, einzelne Häute mit der bornigen Kopfſchale, daß ſie ſich gehäutet hat. Sie hat eine S-förmige Gejtalt, jobald man fie aus der Röhre herausnimmt, einen Fnotigen Körper, welcher nach hinten — lich dünner wird, und läßt an der Bruſt höchſtens warzenartige Anſchwellungen, aber keine eigentlichen Füße erkennen, wie beiſpielsweiſe die Larven der Nußbohrer oder ähn— licher Rüſſelkäfer. Am hornigen Kopfe unterſcheidet man kurze Fühlerchen, je ein Auge und kräftige Mundteile. Gegen die Erntezeit iſt ſie vollkommen erwachſen, zieht ſich zu— rück bis zum unterſten Halmende und ſpinnt ſich in ein Seidengehäuſe. In dieſem und alſo in der Stoppel bleibt ſie über Winter liegen, und erſt 14 Tage vor der Schwärmzeit wird ſie zu einer gemeißelten Puppe. Was wird aber aus dem Halme, welchen ſie innerlich be— arbeitete? Demſelben ſieht man nichts an, wohl aber ſeiner Ahre, welche ſich frühzeitig entfärbt. Wenn auch die gefunden Ähren zu reifen beginnen und das Anſehen die kranken von ihnen nicht mehr unterscheiden läßt, jo braucht man fie nur zu befühlen. Bekommt man eine Ähre zwifchen die Finger, welche in ihren unteren Teilen fich als förnerlos und ſchwach erweilt, jo kann man mit ziemlicher Gewißheit darauf rechnen, beim Epalten des Halmes den Übelthäter zu entdecken. Gleichzeitig und an gleichen Orten mit der Halm- weſpe treibt jich eine fait noch längere, ſchlanke Echlupfweipe umher, der zu den Sichel- wejpen gehörige Pachymerus calcitrator (Fig. 3, ©. 349), welcher jpäter als jene diejelben Halme aufjucht, um die bereits dort haufende Larve mit einem Eie zu beglüden; denn er jchmarogt, meines Wifjens, ausschließlich bei diefer Zwergjägeweipe. — Es gibt noch einige jehr ähnliche Arten, deren Lebensgejchichte man bisher wenig N gejchenft hat, und nur von der einen (Cephus compressus) weiß man, daß fie als Larve vom Marke einjähriger Zweigipigen der Birnbäume lebt. Die Geſpinſt- oder breitleibigen Blattwejpen (Lyda) bilden in ihren zahl: reichen, nicht leicht zu unterjcheidenden und noch wenig in der Lebensweife erfannten Arten eine zweite, jehr bejtimmt abgegrenzte Sippe. Die langen, boritigen Fühler, der, weil einem Halje auflitend, ungemein bewegliche Kopf jowie das Flügelgeäder bringen jie den Holzweipen nahe, den flachgedrücdten, beinahe wagerecht gejtellten Kopf, platten Mittel und gleichfalls platten, an den Seiten gefanteten Hinterleib beanjpruchen fie als Eigentümlichfeit für fi allein, und wegen des nicht voritehenden Legbohrers und der außerhalb der Pflanzen lebenden Larven fchliefen fie fih den echten Blattweipen an. In legterer Hinficht jedoch noch nicht volljtändia; denn die Larven find ärmer an Beinen und leben in einem leichten Gejpinfte oder in einem Blätterfutteral, wie gewilje Motten oder Zünsler unter den Schmetterlingen. Die Kotjad-Kiefernblattwefpe (Lyda campestris. Fig. 2, ©. 355), eine nicht eben jeltene Art, mag uns alle diefe Verhältniffe etwas genauer erläutern. Die Ihmußig grüne Larve Hat nur ſechs Bruftfüße, fiebenglieverige, lange Fühler, am After Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 23 354 Zweite Ordnung: Hautflügler; vierzehnte Familie: Pflanzenweſpen. ein Hornhäfchen und feitwärts je ein dreigliederiges Anhängfel. Sie lebt im Juli an dreis und vierjährigen Kiefern, wo das befruchtete Weibchen feine Eier, höchitens ihrer drei, an verjchiedene Zweige des Maitriebes abgejegt hatte, und wird durch das röhren- jörmige, infolge ihres Kotes undurchlichtige Geſpinſt Fenntlih gemadt. Sie hält ſich darin verltedt und kommt meift nur am unteren Gejpinftteile mit dem Vorderkörper hervor, um eine außerhalb befindliche Nadel von der Spike bis zur Wurzel abzuweiden, was ſie ungefähr in einer Stunde fertig bringt. Sind alle Nadeln im Bereiche ihres Neſtes verzehrt, jo verlängert fie dasjelbe und kann auf diefe Weije den ganzen Mai: trieb des jungen Bäumchens vernichten. Ende Auguft ift fie erwachſen, in einem warmen Sommer jchon früher, läßt ſich an einem Faden herab und gräbt fich bis 13 mm tief in lodere Erde ein, bereitet aus diejer ein bohnenähnliches, loſes Geſpinſt und verichläft bier in gefrümmter Stellung den Herbit und Winter. Mitte April des nächſten Jahres fann man unter Umständen ftatt ihrer eine Puppe finden, e8 it aber auch möglich, daß Ende Mai die Larve noch unverwandelt liegt, ausnahmsweije jogar das ganze laufende Sahr hindurch. 14 Tage ungefähr ruht die Puppe, dann erjcheint die Weſpe, welche ſich ziemlich verjteckt zwijchen den Nadeln hält und darum wenig bemerkt wird. Geht man bei warmem Sonnenschein durch jene Schonungen, in welchen fie fih aufhält, jo fliegt fie jcheu auf und verrät fi durch ſchwaches Summen mit den Flügeln. Ihr Körper ijt bis auf die größere, rötlihgelbe Hinterleibsmitte (Glied 2—5) glänzend blau— ſchwarz, Mund, Fühler, ein Augenfled, Schildchen, Kniee, Schienen, Füße und Flügel find gelb, leßtere auf dem Male blaufledig. Die Vorderjchienen haben zwei End- und zwei Ceitendornen, die mittleren zwei der legteren Art übereinander, die hinterjten nur einen und auch nur einen am Ende. Dieſe Dornenverhältnifje ändern ſich bei anderen Arten, darum müſſen fie, wie die Oberflächenverhältniffe des ScheitelS zu jeiner Umgebung jowie die Beichaffenheit der ſchmalen Wurzelzelle am Borderrand des Vorderflügels, jtets genau geprüft werden, wenn e3 ſich um Artunterjchiede handelt. Die eben genannte Zelle it hier durch eine an der Spite gegabelte Längsader in drei Teile zerlegt, während bei anderen durch Wegfall des oberen Gabeläftchens nur zwei Teile entjtehen. Ebenſo jteht bier der Echeitel nicht polfterartig über jeine Umgebung heraus, wodurch fi) andere Arten auszeichnen. An dem VBorderflügel unterjcheidet man überdies zwei Rand- und vier Unter: randzellen, deren legte ſich nicht vollkommen ſchließt. Eine zweite, gleihfalls an Kiefern lebende Art ift die entjchieven ſchädlichere große Kiefernblattwejpe der Foritleute (Lyda stellata oder pratensis), deren Geſpinſt ziemlich Elar bleibt, da nur vereinzelte Kotklümpchen in ihm hängen bleiben; eine dritte, die an dem jtahlblauen Körper und dem roten Kopfe des Weibchen leicht Fenntliche rot- föpfige Gefpinjtblattwejpe (Lyda erythrocephala), lebt ebenfall® im Larven— zuftand an Kiefern und gehört mit beiden vorigen derjelben Grundform an, Andere Arten leben gejellig in einem und demjelben Gejpinfte, wie die gejellige Fichtenblattwejpe (Lyda hypotrophica) an 15—20jährigen Fichten, die Birn-Geſpinſtweſpe (Lyda pyri over clypeata) an Birnbäumen und Weißdorngebüſch. Die einfam lebende Yarve der Roſen-Geſpinſtweſpe (Lyda inanita) fertigt ein langes Gehäufe aus Stückchen von Nojenblättern, in welchem fie lebt, und jo ließe ſich noch manche Eigentümlichkeit diejer und jener näher befannten Art aufzählen, wenn es der Naum geftattete. Die Larven aller haben den Bau der abgebildeten und unterjcheiven fi nur durch Färbung und Zeihnung voneinander jowie durch die eben angedeuteten Lebensgewohnheiten. Der Süden Europas fceheint reicher, namentlih auch an bunteren Arten zu jein als unfere nördlicheren Gegenden; ic) habe wenigjtens einige ſehr zierliche Geftalten aus Griechenland erhalten, die größtenteils noch namenlos jein dürften. Kotſack- und große Kiefernblattweipe. Kiefern: Kanımhornmweipe. 355 Die artenreichlte, überall verbreitete Sippe umfaßt die ehten Blattwejpen (Ten- thredinidae), von deren Larven und Xebensweile das oben Gejagte gilt. Die Weſpen ſelbſt, fih in langgeftredte und gedrungene Formen gruppierend, haben in der Mehr: zahl neungliederige, einige dreigliederige Fühler, die bei den Männchen öfters anders ge: bildet find wie bei den Weibchen, an ihnen und am Flügelgeäder untericheidet man haupt: ſächlich die zahlreihen Gattungen, an einem niedergedrüdten, quer bogig endenden Hinter: leib die Männchen von ihren Weibchen, deren walziger Hinterleib ſtumpf gejpist endigt und den Bohrer in der Nuhelage verbirgt. Manche Arten haben zwei und mehr Bruten im Sahre, doch muß man bei der Beurteilung diejer Verhältniſſe vorjichtig jein, weil fie oft durch unregelmäßige Entwidelung mehr oder weniger verwijcht werden. 1) Kiefern Sammbhornmwefpe (Lophyrus pini) in beiden Geſchlechtern, nebſt Larven, deren einige fih fpudend gegen den Angriff einer Echlupfweipe wehren, Ruppenhülfe geſchloſſen und offen. 2) Kotjad-Kiefernblattmejpe (Lyda cam- pestris) nebjt Qarven und Geſpinſt. Alles natürliche Größe. Die KieferneKammbhornmweipe (Lophyrus pini) hält fih, wie ihr Name ver: muten läßt, nur in Kiefernwäldern auf, wo die Larve bisweilen nicht unbeträchtlichen Schaden anrihtet. Man hat gejehen, wie diejelben in jo dicht gedrängten Reihen auf die Bäume kletterten, daß die Stämme gelb gefärbt waren, wie fie oben die Nadeln voll: ftändig bededten und in Knäueln von der Größe eines Menjchenkopfes daran hingen Hatten fie alles Grün verſchwinden lafjen, jo zogen fie weiter nad) anderen Ntevieren, welche vom Cchauplaß ihrer Verwüſtungen durch einen Bach getrennt waren. Zu Taufen: den und abermals Taujenden wimmelten fie am Ufer desjelben, und weil fie ihre Nichtung nicht änderten, ftürzten fie in das Wafler. Tag für Tag wogten fie aus dem inneren jenes vernichteten Beſtandes ihrem ficheren Tode zu, jo daß der Bach während diejer Zeit nicht von lebendigem Waſſer, jondern von dem mit dem Tode ringenden Geziefer gebildet zu jein jehien. Für gewöhnlich erjcheint die Afterraupe vom Mai ab in jehr mäßiger Anzahl. Sie hat 22 Beine, eine grüne, je nad) dem Alter in Gelb oder Braun jpielende Körper: farbe und eigentümlich geſchwungene, rauchgraue oder ſchwarze Zeichnungen über den vorderen Beinen und jprigt wohl auch einem Angreifer einen harzigen Saft aus der 23 * 356 Zweite Ordnung: Hautflügler; vierzehnte Familie: Pflanzenwejpen. Mundöffnung entgegen. Nach 8 Wochen oder darüber hinaus, wenn die Witterungsver: bältniffe ungünftig, ift fie erwachjfen, nachdem fie fich fünfmal gehäutet hat. In diefem Zuftande erbliden wir mehrere auf einem Zweige, ebenjo das Tönnchen, in welchem fie ih an einer Nadel verjpinnt. Ende Juli nagt die Wejpe ein Dedelchen los und kommt an das Tageslicht. Sehr harakteriftiich wird fie und ihre Gattung durch die bei den verschiedenen Arten 17 — 22gliederigen Fühler. Beim Weibchen find diefe gejfägt, beim Männchen außerordentlich zierlich fammzähnig; die Zähne nehmen nach der Spige hin allmählich an Länge ab, ftehen in zwei Neihen, und jeder hat, wie die Fahne einer Feder, wieder feine Fiedern. Eine Rand: und drei Unterrandzellen, zwei Enddornen an den Border: ichienen kennzeichnen die Gattung, und unjere Art unterfcheidet man von den vielen ähn— lichen im weiblihen Geſchlechte durch die in der Mitte der Fühler auftretende größte Stärfe derjelben, durch den dicht punftierten Kopf und Mittelleib, die hier und da in Eleinen Streden ausgebliebenen Flügeladern und die zwei Endjpornen an den Schienen der Hinterbeine; Kopf und Nüden des Mittelleibes jowie die Hinterleibsmitte find vorherr- ihend ſchwarz, ebenjo ein Mittelflee der Bruft, das Übrige ift ſchmutzig roſtgelb. Das Männchen erkennt man an feinem jehwarzen Kleide, wovon nur die von den Kinieen an ſchmutzig rojtgelben Beine eine Ausnahme machen, an dem dunfeln Flügelmale und ver: jelben Körperpunftierung, wie fie eben am Weibchen auseinandergejegt wurde. Gleich nach ihrem Erjcheinen paaren fi die Wejpen, und das Weibchen Friecht fofort, mit den vorgeitredten Fühlern juchend, umher und wählt, wenn der Juli noch nicht vorüber ift, vorjährige Nadeln, jpäter, vom Auguft ab, Shwärmende Weibchen gehen an diesjährige. Hat es die erwünjchte Stelle ausfindig gemacht, jo ſetzt es ſich, gleichviel ob an der Spiße oder am Grunde beginnend, auf die Scharfe Kante der Nadel, jchneidet mit feiner Säge das Fleiſch bis auf die Mittelrippe durch und läßt ein Ei neben das andere jeiner Yänge nad) auf dieje gleiten. Die Spaltöffnung wird mittels eines gleichzeitig aus: fließenden Schleimes, welcher fi mit den Sägeſpänen vermengt, zugefittet. Auf jolche Weije gelangen 2—20 Eier in eine Nadel, deren Kante durch ebenjo viele, von der Ceite als Vierecke ericheinende, fich aneinander reihende Kittfnötchen wieder geſchloſſen wird. Ein Weibchen vermag 80— 120 Eier abzujegen, und zwar gejchieht dies immer an be: nachbarten Nadeln. Mit furzer Unterbrechung behufs der Ruhe wird die Arbeit Tag und Nacht bis zu Ende fortgejeßt, und ein jchneller Tod ift die Folge der gehabten An— jtrengung. Übrigens hat man hier auch jungfräuliche Fortpflanzung beobachtet. Ye nach der Witterung ift ein Zeitraum von 14—24 Tagen ausreichend, um das Ei zur Ent: widelung zu bringen; dabei jchwillt eg etwas an, und der Kitt löſt ſich von ſelbſt, jo dat die junge Afterraupe ohne Mühe herausfriechen kann. Berechnen wir die bei den ver: jchiedenen Ständen bereitS angeführten Zeiten ihrer Entwidelung, jo ergibt fih im günftigften Falle eine Lebensdauer vom Eie bis zum Schwärmen der Wejpe von etwa 3 Monaten. Findet letzteres nad gewöhnlichen Witterungsverhältniffen zum erjtenmal im April jtatt, jo wird im Juli die zweite, gewöhnlich immer zahlreichere Brut ſchwärmen, und der Fraß der Naupen fällt jomit in den Mai und Juni von der eriten, in den Auguft und September von der zweiten Brut, welche unter Moos ihre Tönnchen jpinnt, darin übermwintert und im nächiten Jahre den Anfang macht. Indes muß man nicht meinen, daß dieſe Negelmäßigfeit auch immer jtatthabe; nach jorgfältig angejtellten Beobachtungen fann die erjte Brut im nächjten Frühling zur Entwidelung gelangen oder im Nach— jommer, ja jelbft mit Ülerjpringung eines ganzen Jahres erft im dritten, ebenjowenig braucht die Brut des Spätjommers gerade den erjten Schwarm im folgenden Frühjahr zu bilden. Merkwürdig bleibt hierbei der Umstand, daß die Larven derjelben Wefpenart wenige Tage in ihrem Gejpinfte ruhen und in einem allerdings felteneren Falle mehrere Kiefern-Kammhornweſpe. Stachelbeer:Blattwefpe. 357 Sahre. Im Allgemeinen ijt die Afterraupe gegen äußere Einflüffe ziemlih empfindlich, bejonders in der zarten Jugend und vor dem Verſpinnen; es fehlt nicht an Beilpielen, wo man nad) einer fühlen Nacht, einem heftigen Gewitterregen, nah Höhenrauch 2c. ganze Familien in den verichiedenften Stellungen und Färbungen tot, teil$ auf den Nadeln, teils unter den Bäumen angetroffen hat. Daß fie außerdem noch von vielen Schmarogern aufgejuht werden (man hat beinahe 40 verjchiedene Arten daraus erzogen), geht aus dem Vorhergehenden zur Genüge hervor. Im Winter jchleppen die Mäuje gern die Tönnchen zujammen und frefien fie aus. Nematus ift eine fehr verbreitete Gattung, deren Arten wegen der großen Überein: jtimmung in der unbeftimmten, oft matten Färbung unzureichende Unterjchiede bieten; neungliederige, borjtige Fühler, welche im Bergleiche zum Kleinen Körper oft ziemlich lang erjcheinen, eine Rand- und vier in der Anlage vorhandene Unterrandzellen, welche aber wegen Fehlichlagens der Querader zwijchen den beiden erjten nicht immer zu ftande fommen, und deren zweite beide rücdlaufende Adern aufnimmt, bilden die Gattungsmerf- male. Die Larven haben 20 Füße. Unter ihnen fällt die in der Mitte des Körpers grün: blaue, an beiden Enden gelb gefärbte, durchaus jchwarz punktierte und ſchwarzköpfige, eins jener oben erwähnten Fragezeichen, vom Juli bis Dftober an verjchiedenen Weiden: arten in die Augen. Sie gehört dem Nematus salieis an, einer gelben, am Scheitel, Flügelmal, den Fühlern und auf dem Mittelrüden fledig ſchwarzen Weſpe von nahezu 10 mm Länge. — Die höchftens 6,5 mm lange, vötlichgelbe Stachelbeer-Blattweipe (Nematus ventricosus), welche noch eine Menge anderer Namen führt, it am Kopfe außer dem Munde und der Unterjeite der Fühler, an drei Fleden auf dem Bruftrüden, an der Bruft mehr oder weniger und an der Wurzel des männlichen Hinterleibes jchwarz, an der Schienenſpitze und den Füßen der Hinterbeine braun. Ihre ſchmutzig grüne, an den Ceiten des erſten und der drei legten Glieder gelbe, ſchwarzwarzige, ſchwarzköpfige und furzhaarige Larve frißt im Mai manchmal die Stachelbeer: und Johannisbeerbüſche vollftändig kahl und ericheint zum zweitenmal desjelben Jahres im Juli und Auguft. Bon Afterraupen, welche am 22. Mai eingetragen waren, erhielt ih jchon am 3. Juni zwei weiblihe Welpen. Daraus, daß ein Weibchen bis 120 Eier abjegen kann, erklärt ih die ftarfe Vermehrung. — Die bohnenartigen Anjchwellungen der Weidenblätter, ver: Ichieden in ihrem Baue und ihrer VBerbreitungsmweije, entjtehen durch grüne Afterräupchen, aus denen fich verſchiedene Arten der in Rede jtehenden Gattung entwideln. Dolerus heißt eine andere Gattung, deren grob punftierte, meiſt ganz ſchwarze, zur Abwechſelung auch jtellenweife rot gefärbte, zahlreiche Arten uns im erſten Frühjahr be- gegnen und mit angezogenen Beinen und Fühlern wie tot von den Grasſtengeln oder Weidenblüten fih zur Erde fallen lafjen, wenn fie merfen, daß fie ergriffen werden jollen. Zwei Nand- und drei Unterrandzellen durch Verſchmelzung der ſonſt zweiten und dritten bilden neben den fadenförmigen, plumpen, neungliederigen Fühlern die Erfennungszeichen. Die beiden rüdlaufenden Adern münden in die mittelfte Unterrandzelle. Ein Heer kurz eiförmiger Geſtalten, zu denen die Eleinften der ganzen Familie gehören, vereinte man unter dem gemeinjamen Merkmale von zwei Rand- und vier Unterrand: zellen, deren zweite und dritte die rüclaufenden Adern aufnehmen, und von neungliederigen, meijt fadenförmigen Fühlern, welche nur die Länge von Kopf und Mittelleib zuſammen— genommen erreichen, und nannte die Gattung Selandria. Se nach Bejchaffenheit der lanzettförmigen Zelle, der Anzahl der gejchlofjenen Zellen in dem Hinterflügel, dem Größen: verhältnis der Fühlerglieder hat man die zahlreichen Arten auf eine Neihe von Unter: gattungen verteilt und dabei noch manchmal feine liebe Not, die unanjehnliden Weſen nah den vorhandenen Bejhreibungen richtig zu benennen. Man trifft fie vom Frühling 358 Zweite Ordnung: Hautflügler; vierzehnte Familie: Pflanzenweſpen. an bis in den Sommer hinein meijt auf Gebüſch, an rauhen Tagen ruhig und teilnahm: los daligend, aber immer bereit, ſich tot zu jtellen, wenn man ihnen zu nahe kommt, jehr bewealih und luftig umberfliegend, wenn ihnen die Sonne warm auf den Leib jcheint. Wir begnügen uns bier mit nur zwei Arten und gedenken zunächſt der ſchwarzen Kiriehblattwejpe (Selandria oder Eriocampa adumbrata), wobei wir bemerken, daß ſie nicht Selandria aethiops heißt, wie in vielen Büchern zu lejfen, fondern daß unter legterem Namen ein anderes ſchwarzes Blattweſpchen aus nächjter Berwandtjchaft gemeint it, welche im Larvenftand an Nofenblättern lebt. Die Kirichblattweipe ijt glänzend ſchwarz, nur an den Vorderſchienen, vorn wenigitens, blaßbraun. Die durch die Mitte getrübten VBorderflügel haben eine ſchräge Duerader in der Lanzettzelle und die Hinter: flügel zwei Mittelzellen. Bei einer Körperlänge von 5,5 mm jpannt fie deren 11. In den eriten Tagen des Juni, aber auch jpäter, kriechen die Weſpchen aus ihren mit Sand: förnchen fejt durchwebten Gehäufen, welche flach unter der Erde während des Winters gelegen haben, aus und begeben jih auf den Baum oder Straud, unter deſſen Schirme jie geruht haben, und der ein Kirſch-, Birnen-, Pflaumen-, Aprifojenbaum oder ein Schlehen- ſtrauch ſein kann. Meiſt im Juli und während des Auguft bis jpäter fallen an den ge nannten Objtarten glänzend ſchwarze, nah Tinte riechende Larven auf, welche einzeln oder in größeren Gejellichaften beifammen auf der Blattoberjeite fiten und dieje nebjt dem Blattgrün verjpeifen, die Unterhaut jedoch unverjehrt laſſen. Dieſe wird alsbald braun, und jchließlih hat die ganze Kronenjpiße des bewohnten Baumes ein braunes, florartiges Anjehen. Nach viermaliger Häutung iſt die zwanzigfüßige Larve, deren frijches Kleid jtetS grüngelb ausjieht, aber alsbald nachher duch Ausihwigung die ſchwarze Farbe annimmt und einer nadten Schnede nicht unähnlich fieht, erwachjen und geht zum Ein: Ipinnen in die Erde. Wegen des ungleihmäßigen Ausjchlüpfens der Wejpe kann man diejelbe fait ein Vierteljahr lang beobachten, ohne zwei Bruten annehmen zu müjjen. Sie fliegt in Deutjchland, Franfreih und Schweden und wird bisweilen durch ihre Larve recht lältig. In unjerer Gegend hatte fie ſich vor einigen Jahren ungemein ausgebreitet, und im Spätjommer wimmelten ale an den Landſtraßen angeflanzten Sauerkirſchen von ihrer Larve. Die Pflaumen-Sägeweſpe (Selandria oder Hoplocampa fulvicornis) hat eine in der Mitte zufammengezogene lanzettförmige Belle, ift gleichfalls glänzend ſchwarz, durch gelbliche, Furze Behaarung an Kopf und Bruftlajten jowie durch feine Punktierung hier weniger glänzend, an den furzen Fühlern mehr oder weniger rötlich braungelb jo: wie an den Beinen, mit Ausnahme der Schwarzen Schenfelmurzel an den Hinterbeinen. Dies Weſpchen iſt wenig kleiner al3 das vorige, jtellt fi zur Zeit der Pflaumenblüte auf den Bäumen ein, um Honig zu leden, fih zu paaren, und das Weibchen, um jeine Eier unterzubringen, welde einzeln in einen Kelchabjpnitt gelegt werden. 5—6 Wochen jpäter ijt die in der unreifen Frucht vom Kerne derjelben lebende Larve erwachjen, fällt mit jener vom Baume, bohrt jich durch ein feitliches großes Loch heraus, um in die Erde einzudringen, wo jie in einem feiten Gejpinfte überwintert. Die gelblichrote Larve, mit gelbem Kopfe und 20 Beinen verjehen, verdünnt fich nad) hinten, riecht ſtark wanzenartig und verrät ihre Gegenwart duch eine Harzthräne oder ein Kotflümpchen an der ungefähr mandelgroßen, vor der Zeit bläulich angehauchten Zwetjche. Wo diejes Weſpchen häufiger vorkommt, müjjen die Bäume gründlic zu jener Zeit durchgejchüttelt und die herabfallenden Früchte jorgfältig gefammelt und vernichtet werden, um hierdurch die Larven zu bejeitigen. — Verſchiedene grüne Afterräupchen leben in der verjchiedenjten Weife an den Roſen— blättern oder in den jungen Trieben der Roſenſtöcke unjerer Gärten und entwideln fich zum Teil gleichfalls in hierher gehörige Weſpchen, doch es würde zu weit führen, auch Schwarze Kirfchblattweipe. Pflaumen-Sägeweſpe. NRüben-Blattweipe. 359 nur annähernd derer zu gedenken, welche al3 Fliegen oder Larven den Sommer über dem aufmerfjamen Naturfreunde in auffälliger Weiſe begegnen. Die Rüben-Blattwejpe (Athalia spinarum) wird durch ihre Larve, befonders aus der zweiten Brut, für den Landwirt mitunter zur Plage, indem fie die Blätter der Steckrüben und der jungen Olfaaten im September vollfommen fahl frißt. Die dotter: gelbe Weſpe, welche am Kopfe und an den Fühlern, am Mittelleibsrüden, mit Ausnahme des Halsfragens und Schildchens, und am Vorderrand der Vorderflügel bis zum Male Ihwarz erglänzt, hat Schwarz und gelb geringelte Füße, etwas feulenförmige, elfgliederige Fühler und das Flügelgeäder genau jo, wie es Figur 9 auf Seite 214 daritellt. Sie erjcheint zuerft aus der überwinterten Larve im Mai und wird faum bemerkt, weil fie nur einzeln fliegt; bloß ausnahmsweile hört man jetzt über die ihr entjtammenden Larven klagen, wie beijpielsweije von den Krautgärtnern in der Gegend von Hülle im || IL Il 1) Rüben-Blattweſpe (Athalia spinarum) nebft Larven. 2) Männden; 3) Weibchen der Rojenblattwejpe (Hylotoma rosae) nebjt Larven. Alles natürliche Größe. Juni 1886. Ende Zuli und Auguft ſchwärmt die Weſpe zum zweiten Dale und fällt durch ihre Häufigkeit leicht in die Augen, wenn fie im Sonnenſchein auf Wiejfenblumen, an Weidengebüfh, an Sträuchern der Waldränder geſchäftig umbherfliegt und dem Honig oder den Eüßigfeiten der Blattläuje nachgeht. An rauhen Tagen jigt fie ftill und ver- droſſen mit angezogenen Beinen und läßt fich herabfallen, wenn man ihr nahe kommt. unge Olſaaten kommen ihr nun trefflich zu ftatten, um hier ihre Eier zu verjenfen. Im September und Dftober machen ſich die graugrünen, ſchwarz geftreiften Larven durch ihren Fraß leicht Fenntlih. Sie haben 22 Beine und werden durd) das Zujammenfließen der Ihwarzen Zeichnungen und Striche über den Rücken manchmal ganz ſchwarz, jo daß man jte in England „nigger“ genannt hat, im Gegenjaße zu der grünen Raupe der Gamma- Eule, welche ungefähr zu gleicher Zeit bisweilen gleichfalls Verheerungen auf den Feldern anrichtet. Im Dftober find die Niggers erwachſen, gehen flach unter die Erde und fertigen ih ein mit Krümchen derjelben untermijchtes Gehäufe, in welchem jie überwintern. — Einige andere Blattweipen gleichen in Färbung und Größe der in Nede jtehenden unge: mein, können aber nicht mit ihr verwechjelt werden, wenn man Flügelgeäder und Fühler: bildung einer genauen Prüfung unterwirft; nur eine Art, die Athalia rosae. jtimmt mit ihr auch in diejen Beziehungen überein, unterfcheidet fich jedoch von ihr durch geringere GBröße und den durchaus ſchwarzen Rüden des Bruſtkaſtens. 360 Smweite Ordnung: Hautflügler; vierzehnte Familie: Pflanzenweſpen. Die größten von den ſchlanken, echten Blattweipen gehören der alten Gattung Tenthredo an, welde in ihrer heutigen Begrenzung noch jehr zahlreiche Arten umfaßt, die ſich nicht immer leicht voneinander unterjcheiden laſſen; Arten, bei denen öfters Männ— ben und Weibchen in der Farbe nicht übereinftimmen; befonders kommt es häufig vor, daß ein durchaus Schwarzer Hinterleib des legteren einem ſchwarz und roten des zuge: börigen Männchens entipricht. Die Tenthreden find ſchmucke und fede Tiere, die ein zigen unter den Blattweſpen, welche bisweilen einen anderen Kerf mit ihren kräftigen Kinnbaden zufammenarbeiten und verzehren. Fleiſch gehört zwar nicht zu ihrer gewöhn— lien Koft, fie verſchmähen es aber nicht, wie ich einigemal zu beobachten Gelegenheit fand. Neungliederige Borftenfühler, welche in der Kegel den Hinterleib an Länge über: treffen, 2 Rand- und 4 Unterrandzellen in den Vorderflügeln und Hinterhüften, welche höchſtens bis zum Hinterrand des zweiten Hinterleibsgliedes reichen, kennzeichnen neben der geſtreckten Kör— perform die Gat— tung, welche man nach der Beſchaffen— heit der lanzettför— migen Zelle in eine Reihe von Unter— gattungen zerlegt hat. Um auf ein — paar leicht kennt— R liche Arten aufmerk— 00 Jam zu machen, bei x N denen Die lanzett: Grüne Blattwefpe (Tenthredo scalaris), eine Fliege verzehrend. Natürliche Größe. förmige Belle von gerader Querader geteilt wird und in den Hinterflügeln zwei Mittelzellen vorfommen (Tenthredo im engeren Sinne), jei die auf Weidengebüfch hier zu Lande recht gemeine grüne Blattweſpe (Thenthredo scalaris) erwähnt. Sie fieht lichtgrün aus und trägt auf dem Küken von Mittel- und Hinterleib mehr oder weniger ausgedehnte Jhwarze Flede, welche in der Negel auf legterem als Mittelitrieme zufammenhängen. — Tenthredo viridis, eine Art, welche, bevor Klug durd jeine Bearbeitung diefer Welpen manche Irrtümer bejeitigte, häufig mit der vorigen verwechjelt wurde, iſt vorherrſchend Ihwarz, und Die lichtgrüne Färbung fpielt nur eine untergeordnete Rolle. — Die gelbgehörnte DBlatt- wejpe (Thenthredo flavicornis) bat, wie ihr Name andeutet, nicht nur gelbe Fühler, jondern auch gelbe Beine und einen gelben, ſchwarz bejpigten Hinterleib. Sie gehört zu den zierlidhiten Arten und mißt 13 mm. Die Arten, deren Hinterhüften fich jo weit verlängern, daß fie fajt bis zum Hinter: rand des dritten Hinterleibsgliedes und ſomit die Spige ihrer Schenkel bis zu der des Hinterleibes reihen, hat man unter dem Gattungsnamen Macrophya zujammengefaßt. — Allantus unterjheidet fi) von Tenthredo nur durch die kürzeren, wenig den Mittelleib übertreffenden Fühler, welche einem auffallend diden Grundgliede aufiigen; alles übrige it wie dort, befonders auch die Flügelbildung. Sn der Roſen-Bürſthornweſpe (Hylotoma rosae, Fig. 2 u. 3, Abbild. ©. 359) erbliden wir ein zierliches Tieren, welches nad) Größe und Färbung mit der Nüben-Blatt- weſpe verwechjelt werden könnte, ſich aber bei näherer Betrachtung in einigen wejentlichen Punkten von derjelben unterfheidet. Einmal haben die Flügel nur eine Nandzelle, und Grüne, gelbgehörnte Blattweipe. Rojen-BürftHornmwefpe. 361 zwar ijt diejelbe auf Vorder- und Hinterflügel mit einem Anhange verjehen — wie dort fommen auch hier vier Unterrandzellen vor —, die lanzettförmige Zelle ſchnürt fich in der Mitte ein; jodann beftehen die Fühler aus nur drei Gliedern. Das fehr lange dritte nimmt beim Weibchen eine ſchwach Feulenähnlihe Form an, während e3 beim Männchen auf der Unterfeite wie eine Bürfte mit dichtem Boritenhaar beſetzt iſt. Zu diefen Merk: malen fommen al3 Charakter der Gattung noch die einfachen Klauen aller Füße und ein Seitendorn der hinterften Schienen. Die Art breitet fih von Schweden bis Stalien über Europa aus, it nirgends jelten, ihre Larve vielmehr allen Rojenliebhabern befannt und verhaßt. Eie hat nur 18 Beine und eine Länge von 15—19,5 mm. Shre Grund: farbe it bräunlichgrün, auf dem Rücken liegen jederjeitS des grünen Nücdengefäßes gelbe, almählih in die Grundfarbe übergehende Flede, die öfters zufammenfließen und den ganzen Nüden pomeranzengelb färben. Auf jedem Gliede, mit Ausnahme der beiden Birken-Knopfhornweſpe (Cimbex betulae). a Larven, b Männden, e Weibchen, A geöffnetes Buppengehäufe. Natürliche Größe, legten, ftehen jech8 Paar glänzend ſchwarze Warzen von verjhiedener Größe als Träger von ebenjo vielen Borftenhärhen. An fie jchließt fich jederjeits noch ein größerer ſchwarzer Fleck mit mehreren Boriten und an diejen endlich ein Eleinerer an. Die beiden legten Ringe haben Eleinere Flede und der legte einen einzelnen auf dem After. Unmittelbar nad) jeder Häutung eriheinen die Warzen al3 große, graue Blaſen mit vielen ſchwarzen Pünktchen, welche nur allmählih ihre gewöhnliche Farbe und Geitalt annehmen. Man findet die eben bejchriebene Afterraupe vom Juli bis September auf Rojen, wilden und angepflanzten, wo fie die Blätter jo behandelt, wie e3 unfere Abbildung lehrt. Zur Ver: wandlung jpinnt fie ein doppelhäutiges Gewebe, deſſen äußere Hülle maſchige Zwiſchen— räume läßt. Aus den im Juli erwachjenen Larven erfcheint die Wefpe im Auguft, die jpäteren überwintern und jchlüpfen erſt im nächſten Jahre aus. Hier fommen aljo wieder zwei Bruten vor. Das Weibchen ſägt in die jungen Zweige zwei gleichlaufende Neihen von Einjchnitten, jeden für je ein Ei. Infolge diefer VBerwundung krümmt ſich die Stelle und wird jchwarz. — Noch andere, mitunter durchaus blaufhwarze Arten mit meiſt ge färbten Flügeln fommen vor, wie beijpielsweife die Sauerdorn-Bürfthornweipe (Hy- lotoma berberidis), deren bunte Larve manchmal in großen Mengen am Sauerdorn (Berberis) fist. Brafilien, China und Japan ernähren ihre befonderen Arten. Eine jehr nahe verwandte Gattung it da Spalthorn (Schizocera), bei welcher der Nandzelle 362 Zweite Ordnung: Hautflügler; vierzehnte Familie: Pflanzenweſpen. ein Anhang, der Hinterfchiene der Seitendorn fehlt und fich das dritte Glied der männ: lihen Fühler gabelartig jpaltet. Die Birken: Knopfhornweipe (Cimbex betulae) mag in beiden Gefchlechtern die legte Gruppe zur Anjchauung bringen, welche durch die Keulenform der Fühler und durch Plumpheit des Körpers leicht Fenntlich wird. Diefe hinfichtlich der Breite und Schwer: fälligkeit des legteren die Hummeln -unter den Blattweipen daritellenden Kerfe haben zwei Rand- und drei Unterrandzellen nebſt einer durch eine gerade Querader geteilten Lanzett— zelle al3 Gattungsmerfmale. Die Arten, bei welchen fich legtere in der Mitte zufammen- zieht, find unter dem gemeinfamen Namen Abia abgeschieden worden. Kopf, Bruſtkaſten und Beine find bei der vorjtehenden jchwarz oder gelb behaart, jedoch nicht jo dicht, daß dadurch die ſchwarze Farbe und der Glanz der Oberfläche bedeckt würden. Der Hinterleib iſt mehr oder weniger rotbraun, beim Weibchen auch Lichter, Fühler wie Körper braun: gelb oder rein gelb gefärbt, die Flügel find waſſerhell oder gelblich, neben dem Male braun aefledt und am Saume getrübt. Die erwachjene Larve iſt lebhaft grün, reichlich, aber fein querfaltig, mit weißen Wärzchen unregelmäßig bejtreut, bejonders an den Seiten, hat eine nad) vorn abgekürzte, ſchwarze Längslinie mit gelblicher Einfafjung über den Rüden, einen gelben Kopf und 22 Füße. In der Jugend wird fie durch einen weißen Staub— überzug einfarbig. Sie frißt vereinzelt auf Birken und hat die ihresgleichen eigne Ge- wohnheit, aus den Körperjeiten einen grünlichen Saft ausfließen zu laſſen, wenn fie an- gefaßt wird, doch fließt der Saft nicht jo reichlich wie bei anderen. Beim Nuhen am Tage pflegt fie zufammengerollt an der Unterfeite der Blätter zu figen, beim Freſſen die reitende Stellung einzunehmen, wie beides unjere Abbildung auf S. 361 vergegenwärtigt. Wenn fie erwachſen ift, jo fertigt fie an einem Zweige ein pergamentartiges, braunes Tönnden, in welchem fie vom September oder Dftober an das ganze nächfte Jahr Hindurch bis zum Mai des folgenden zu ruhen pflegt und wenige Wochen vor dem Schwärmen der Fliege zur Puppe wird. Die diefer entjchlüpfte Weſpe nagt ein Dedelchen vom Gehäuſe und erjcheint, und wäre es in der MWejtentafche, wie e3 einjt einem meiner Freunde erging, der für mich ein Geſpinſt mitgenommen, dort aufbewahrt und abzuliefern vergejjen hatte. Viel Mühe mag ihr dies nicht verurfahen, denn ihre Kinnbaden wirken jo fräftig, daß fie den Finger eines Kindes blutig fneipen können. Andere ähnliche Arten leben auf Weide, Eller, Buche. Was die Namen anlangt, jo ſei noch bemerkt, daß der wiljenjchaftliche neu ift. Klug hatte näm— lich in feiner monographiihen Bearbeitung (1829) eine große Anzahl verjchiedener, in: einander übergehender Formen, welche die früheren Schriftiteller al3 Cimbex femorata, C. sylvarum und andere aufgeftellt hatten, unter dem Namen Cimbex variabilis ver: einigt. Da feitdem die Zucht aus der Naupe gelehrt, daß dies nicht gut zuläfjig, hat jpäter Zaddach den obigen Namen in Anwendung gebracht. Hiermit verabjchieden wir uns von den Hautflüglern, nicht ohne die Gefühle der Be— wunderung und Dankbarkeit gegen fie; denn wir haben gar viele unter ihnen fennen ge lernt, welche es nicht minder als die Honigbiene verdienen, als das Sinnbild und Muſter eines unermüdlichen Fleißes und einer ftrengen Drdnungsliebe aufgejtellt zu werden. In— dem wir fie verlajjen, gehen wir zu denen über, welche im jchroffiten Gegenſatze zu ihnen den Leichtiinn und die Flatterhaftigfeit zur Schau tragen. Dritte Ordnung. Die Schmetterlinge, Falter (Lepidoptera, Glossata). Unter Berücfichtigung des Gefamteindrudes, welchen die Körpertracht eines Kerbtieres bei dem Beſchauer hervorruft, müſſen wir den Hautflüglern die Schmetterlinge, jene bunten Lieblinge unferer naturforjchenden Jugend, folgen laffen. Die drei volllommen ver: wachſenen Bruftringe, welche naturgemäß den Mittelleib abſchließen, der frei davor fißende Kopf mit jeinen geraden, immer deutlich bemerfbaren Fühlern, der vorwiegend geitrecte, durchweg mit Chitinmafje gepanzerte Körper und die vier Flügel, welche ihre Inhaber be: fähigen, den feuchten, unjfaubern Erdboden zu verlafjen und im luftigen Gaufeljpiel die würzigen Lüfte zum gewöhnlichen Aufenthalt zu wählen, dies alles, aber auch außerdem das Verlangen nad Süßigfeit und nach den Perlen des Taues, um das kurze Leben zu friſten, und die jcharf gejchiedenen drei Entwidelungsitufen haben die Schmetterlinge mit den Aderflüglern gemein. Auch fie grenzen fich jehr bejtimmt von allen anderen Kerfen ab durch die Bildung ihrer Mundteile und die Bejchaffenheit der Flügel und können darum unmöglich mit dem Gliede einer anderen Drdnung verwechjelt werden, ſelbſt dann nicht, wenn in einzelnen Fällen durch Verkümmerung der Flügel das Luftleben verfagt worden ift. Die Mumdteile find jaugende. Wie fchon früher bemerkt, bildet hier der Unterkiefer, auf der Innenſeite jeder Hälfte halbröhrenförmig ausgehöhlt, einen längeren oder kürzeren, aufrollbaren Saugapparat, die jogenannte Rollzunge (Fig. 10, ©. 8), eine Bezeihnung, welche freilich die Wiſſenſchaft nicht billigen fann, weshalb hier der Ausdruck Rüſſel ge: wählt ift. Dberlippe und Oberfiefer werden von den Forihern in drei unbeweglichen Horn- plättchen wieder erkannt, welche jo klein und durch die Bekleidung des Gefichts jo verſteckt jind, daß ein Uneingeweihter wohl vergeblich danach fucht; ein Kleiner dreieciger Zipfel mit jederjeitS dreigliederigen Taftern läßt fich dagegen bequem als Unterlippe unter dem Saugapparat erkennen. Die Tafter geben als Freßſpitzen (Balpen) befonders bei Kleinfaltern wichtige Unterjcheidungsmerfmale ab. Die SKiefertafter endlich finden fich meijten teils vor, verfümmern aber zu kurzen zweigliederigen Anhängſeln und erlangen nur bei den Schaben (Tineina) als „Nebenpalpen’ mitunter in Länge und Gliederzahl eine ungewöhnliche Ausbildung. Die vier Flügel, deren vordere die hinterften an Größe in den meilten Fällen be- deutend übertreffen, werden in ziemlich gleichmäßiger Weife vorherrfchend von Längsadern durchzogen. Weil die neueren Syjtematifer ein großes Gewicht auf deren Verlauf legen, jo können wir die wejentlichiten Verhältniſſe und die dafür üblichen Bezeichnungen nicht gänzlich mit Stilljchweigen übergehen. Aus der Mitte der Wurzel entjpringt eine Zelle, die Mittelzelle (Diskoivalzelle), welche ungefähr in der Mitte der Flügelfläche durch eine 364 Dritte Drdnung: Schmetterlinge. furze, meift gebogene oder gebrochene Querader gejchlofjen wird, in jelteneren Fällen aber auch offen bleibt. Die dem Vorderrand des Flügels (costa) zugewandte Grenze der Zelle beißt vordere Mittelrippe, die entjprechende der entgegengefegten Seite die hintere Mittelrippe. Dieje beiden Benennungen ergeben fi) aus derjenigen Lage der Flügel, welche man ihnen zu geben pflegt, um den Schmetterling in einer Sammlung aufzuitellen ; nac ihrer Richtung zum Leibe würden fie bezüglich äußere und innere Mittelrippe zu nennen jein. Aus beiden Mittelrippen und aus der Querrippe entjpringt eine Anzahl von Längsrippen, welche in den Saum und Vorderrand des Flügel3 münden. Dieje werden am Saume vom Innenwinkel an gezählt, wobei man von zwei anfängt, ohne Rückſicht darauf zu nehmen, ob fie gejondert aus den beiden Mittelrippen und der Duerrippe fommen, oder ob zwei oder mehrere ſich wurzelwärts vereinigen und auf gemeinjchaftlidem Stiele aus jenen entjpringen. Außer den eben bejprochenen finden fih am Innenrande 1—3 Nippen und zwar auf dem vorderen meijt nur eine, jelten zwei, welche aus der Flügelmwurzel fommen und in den Saum oder Innenrand verlaufen. Dieje beißen Innenrands— oder Dorjalrippen und führen alle die Zahl 1; wo mehrere vorhanden find, unter: jcheidet man fie von der Wurzel nach dem Saume, aljo dem Innenwinkel zu, dur) la, 1b, 1c. Am Außenrand entjpringt die Borderrandsrippe (Coftalrippe, Costa) unmittelbar aus der Wurzel des Flügels; fie erhält beim Zählen ftets die höchjte Nummer. Sm Hinterflügel verbindet fich diejelbe bei vielen Nachtfaltern mit der vorderen Mittelrippe in der Nähe der Wurzel auf eine kurze Strede oder bis zu diefer hin und jcheint in dieſem legteren Falle aus der Mittelzelle zu fommen. Die Verteilung ift indes nicht jo einfach, wie man hiernach glauben follte, weil im VBorderflügel die vordere Mittelrippe hinter: einander drei Äfte ausfendet und dadurd) allerlei Unterjchiede bedingt, welche für viele Schmetterlinge charakteriftiich werden Fünnen. Sm Hinterflügel jendet diefelbe nur zwei Aſte aus, welche in den Saum verlaufen und größere Übereinftimmung zeigen. Die durch zwei aufeinander folgende Nippen und das Stückchen Flügelrand zwiſchen ihnen gebildeten Zellen bezeichnet man ebenfalls mit der Zahlenreihe, jo zwar, daß Die Zelle jedesmal die Ziffer derjenigen Rippe erhält, auf welche jie in der Richtung von innen nach außen folgt. So wird beijpielsweije ein offene Mittelzelle zu der jehr langen Zelle 4, weil fie zwijchen Nippe 4 und 5 liegt. In anderen Fällen wird die genannte durch eine oder auch durch zwei überzählige Längsrippen geteilt; bisweilen gabelt ſich eine dieſer Rippen ſaumwärts und bildet am Ende der Mittelzelle, in ihr jelbit eine kleine, dreiedige, die jogenannte eingeſchobene Nebenzelle. Auch an ihrem Vorderwinkel Fann durch eigen: tümlihen Aderverlauf eine Anhangszelle entjtehen, und endlich it im Hinterflügel vor ihrem Wurzelteile eine größere Nebenzelle möglid. Dies in allgemeinen Umrifjen das mehr verborgene Skelett der Flügel; den höchſten Wert aber für das Auge und für ihre Schmetterlingsnatur verleiht ihnen die äußere Bededung. Wenn man jagt, die Schmetter: lingsflügel jeien mit abwijchbarem Staube überzogen, jo drückt man ſich mindeitens jehr ungenau aus, denn jedermann weiß, daß es nicht formlofe, beliebig aufgeftreute, außer: ordentlich feine Körperchen find, für welche wir eben feinen anderen Ausdrud als „Staub“ haben, welche den Flügeln ihre Schönheit verleihen, jondern jehr zarte Schüppchen von ganz beftimmtem vegelmäßigen Zuſchnitte. Diejelben heften fich mit längeren over fürzeren Stielchen loje an die Flügelhaut in beftimmten Reihen an, deden fich, hier dichter, dort lojer, wie die Ziegel auf dem Dache und haben in einem und demfelben Flügel, je nad) der Stelle, welche fie einnehmen, je nac) der Schmetterlingsart, verjchiedene Größe, Form, Farbe, Oberfläche. In der Mitte der Flügelfläche pflegt die meifte Übereinftiimmung zu berrihen, wenn wir die Farbe ausichließen, an dem Innenrand und Saume gehen die Schuppen in haarartige Gebilde oder in wirkliche Haare über, wie auch häufig auf der Schmetterlingsflügel. 365 Unterfeite; die den Saum einfahjenden heißen Franſen. Es gibt brafiliihe Schmetter- linge, deren Flügel gar feine Schuppen tragen, und auch in Europa eine Sippe zierlidher Falter, die Glasflügler, bei denen ein großer Teil des Flügels durchſichtig bleibt, dafür nehmen die Schuppen des übrigen Teiles die verjchiedeniten Formen an. Das Streichen der Reihen, ob fie gerade oder gebogen, das fejtere oder lojere, bisweilen jogar jenfrechte Aufligen der einzelnen Blättchen, bieten neben der Größen, Formen: und Farbenverfchieden- heit eine nicht geahnte Abwechjelung und verleihen dem unnahahmlichen Gemälde den höchſten Zauber. Der „Naturjelbitorud”, in welchem auf verjchiedenen Gebieten die Wiener Staats— druderei zuerit daS Beachtenswerteſte im großen geleiftet hat, wurde längſt ſchon auf ſehr einfache, aber wesentlich verjchiedene Weiſe zum Übertragen von Schmetterlingen auf Rapier angewendet. Diejes Verfahren, welches jogleich näher angegeben werden joll, hat gelehrt, daß in jehr vielen Fällen, ganz bejonders bei den Tagichmetterlingen, welche fich dazu am beiten eignen, die Rücjeite der Flügelſchüppchen mit ihrer Oberfeite übereinftimmt. Dies gilt beiſpielsweiſe nicht von denjenigen, deren Flügel je nach dem verichieden auffallenden Lichte anders gefärbt erjcheinen, von den jogenannten Schillerfaltern. Selbſtverſtändlich fann man nur die Flügel auf Papier übertragen, den Leib mit den Fühlern und Beinen muß man mit dem PBinjel ergänzen. Wer fih ein Echmetterlings-Bilderwerf auf dieje Weiſe ſelbſt bejchaffen will, merfe Folgendes. Eine nicht zu flüffige Löſung von recht reinem Gummi arabikum mit einem geringen Zufage von Trachantgummi, welches jenem den Glanz benimmt, wird als Bindemittel benugt. Man beftreicht nun, annähernd in der Form, welche etwa die vier Flügel eines gut ausgebreiteten Schmetterlings einnehmen würden, mit diefer Löjung das Papier in dünner Schicht, muß aber wegen des rafchen Trodnens die Flügel, welche abgedruckt werden follen, in Bereitfchaft halten. Ein frifch gefangener Schmetter: ling eignet fih dazu am beiten, ein alter muß auf feuchtem Sande erjt aufgeweicht werden, weil jeine Echuppen feſter ſitzen al3 bei jenem. Mit Vorficht gibt man nun, natürlich ohne zu jchieben, den Flügeln auf dem Gummi die Lage, welche fie einnehmen follen, läßt für den nachzutragenden Mittel: und Hinterleib den nötigen Zwiſchenraum zwifchen der rechten und linken Seite, legt dann ein Stück glattes Papier über die Flügel und reibt mit dem Fingernagel vorjichtig, damit Feine Verſchiebung möglich, unter mäßigem Drude über die abzuflatichenden Flügel, alle ihre einzelnen Teile berüdjichtigend. Sit alles in Drdnung, jo muß man beim nahherigen Abheben der Flügel das Bild derjelben auf dem Papier, feine Schuppe mehr auf der Innenſeite diefer finden. Die über die Nänder hinaus: jtehenden, das Auge möglicherweije verlegenden Fleckchen des Bindemittels lafjen ſich durch Waſſer und Pinſel ohne Mühe entfernen. Diejes Verfahren fann man dur Umbrechen des Papiers, wenn man Vorder: und Rückſeite zugleich haben will, in Kleinigkeiten ab- ändern, wird aber bei einiger Übung immer den gewünjchten Erfolg haben. Die Hinterflügel find nicht jelten mit einem feinen Dorn oder einem Büfchel feiner Borſten verjehen, welche in die vorderen eingreifen und das Zufammenhalten beider be- werfitelligen. — Man hat, um fich bei Bejchreibung der Zeichnungen beitimmter ausdrücken und auf dem Vorderflügel, welcher auch hier wieder die wichtigite Nolle jpielt, zurechtfinden zu können, jeine Fläche in drei Hauptteile, das Wurzel-, Mittel und Saumfeld, zerlegt. Da es eine große Menge von Schmetterlingen gibt, bei denen durch zwei einfache oder zus jammengejegte Querbinden eine jolche Einteilung markiert wird, die vordere Querbinde das Wurzel: vom Mittelfeld, die Hintere dieſes vom Saumfeld trennt, jo hält man diefe Anſchauungsweiſe auch da feit, wo durch das Fehlen jener Binden feine fichtlichen Grenzen gezogen werden. Wie Form, Zeichnung und Aderverlauf der Flügel für die Arten harakte: riftiich find, jo auch die Haltung derjelben in der Ruhe. 366 Dritte Ordnung: Schmetterlinge. Außer Niundteilen und Flügeln, al3 den Trägern des Drdnungscharafters, verdienen auch die übrigen Stücke des Körpers eine wenigſtens flüchtige Beachtung. Am zottig be- haarten oder gleichfalls bejchuppten Kopfe nehmen den größten Teil der Oberfläche die halbfugelig vortretenden, großen Negaugen ein; einfache verjteden fich, und zwar nur zu zweien vorhanden, ebenjo häufig auf dem Scheitel, wie fie gänzlich fehlen. Die viel: aliederigen Fühler find in den meilten Fällen borften- oder fadenförmig und werden für die Tagfalter durch eine Fnopfähnliche Anjchwellung an der Spige zu einem Erkennungs— zeichen, weichen aber auch vielfach von diefer Bildung ab. Auch bier find es wieder die Männchen, weldhe durch einfache oder doppelte Reihen einfacher oder doppelter Kammzähne vor den Weibchen etwas voraus haben und hierdurch, wie zum Teil durch das lebhaftere Farbenjpiel, durch fchlanfere, mehr Ebenmaß beritellende Geftalt des Hinterleibes für gewille Fälle das Streben der Natur andeuten, diejes Geſchlecht vor dem weiblichen zu bevorzugen. Der Mittelleib, bei den einen vorherrſchend mit wirklichen, bei den anderen mit mehr jhuppenartigen Haaren dicht bejegt, läßt darum die drei Ninge nicht unterfcheiden, und doc markiert fih der Furze VBorderrüden als Halsfragen durch zwei größere Echuppen, welche jich auf jeiner Mitte in ihren jchmalen Seiten berühren und nach) außen und unten jpiß verlaufen. An fie ftößt jederjeit3 die Schulterdede, eine größere dreiedige Echuppe, welche die kahle Flügelwurzel bededt. Nicht jelten erhebt fich die Bekleidung in der Mitte des Nüdens und Halsfragens in zierlichiter Weiſe gegen die glattere Umgebung und bildet einen jogenannten Schopf. Am angewachſenen, wenigſtens nie geftielten Hinterleibe fommen 7— 9 Ninge zur Ent: widelung. Seine plumpere, durch die Eierſtöcke gejchwellte Geftalt verrät in jehr vielen Fällen das Weibchen, bei dem überdies noch eine lange, vorjtredbare Legröhre dann die Spitze kennzeichnet, wenn die Eier weniger oberflächlich abgejegt werden, als es gewöhnlich geihieht. Won der Bekleidung des Hinterleibes gilt dasjelbe, was vom Bruſtkaſten gejagt wurde; auf dem Rücken der vorderen Glieder fommen gleichfalls Schöpfe vor, und die Spitze verläuft dann und wann, bejonders beim Männchen, in zierlihe Haarbüjchel, welche gewifje Arten nach Belieben fächerartig ausbreiten Fönnen. Obſchon die Beine durch ihre bisweilen dichte und lange Bekleidung einen größeren Umfang einnehmen, müfjen fie doch als ſchlank, zart und loje eingefügt bezeichnet werden; denn der Schmetterling Fann leicht um eins derjelben fommen. Die Schienen bewehren verhältnismäßig lange Sporen, nicht bloß am Ende, jondern oft auch an den Seiten, fünf Glieder jegen die Füße zufammen, welche in Kleinen Krallen auslaufen. Somit ftände die den Körper und jeine Teile, Flügel und Beine dicht dedende, vor: herrſchend jchuppige Bekleidung der Schmetterlinge der volllommenen Nadtheit oder ſpar— jamen Behaarung der Aderflügler, wenn wir etwa von den Blumenweſpen und einigen Heteroaynen abjehen, jomwie das thatenloje, faule Leben der Falter dem vielbewegten, öfters hohen Kunftfinn verratenden Treiben der Hautflügler gegenüber. Die Larven oder Naupen der Echmetterlinge kennt man vollftändiger als diejenigen irgend einer anderen Kerfordnung, weil ſich nirgends mehr als hier die — — Laien der Erforfhung unterzogen haben. Wir haben allen Grund, die einen ebenjo wegen ihrer Schönheit zu bewundern, wie die anderen um ihrer Gefräßigfeit willen zu fürdten. Jede Raupe bejteht außer dem hornigen Kopfe aus zwölf fleiichigen Leibesgliedern, von welchen die drei vorderiten je ein Paar hornige, gegliederte und in eine Spite auslaufende Bruſt— oder Halsfüße tragen. An dem Leibesende jtehen mit wenigen Ausnahmen zwei fleijchige und ungeglieverte Füße nach hinten hervor, die ſogenannten Nachſchieber. Zwiſchen diefen und jenen befinden fih noch 2—8 jaugnapfartige, Furze Beine am Bauche, Raupen. 367 welche jo gejtellt find, daß zwilchen den Bruſtfüßen mindeitens zwei und vor den ach: fehiebern ebenfo viele Glieder frei bleiben. Sonach kann eine Naupe höchftens 16, aber auch nur 10, in jehr jeltenen Fällen jogar nur 8 Füße haben, ein Mehr Fennzeichnet fie als Afterraupe einer Blattweipe. In Südamerika joll es indes Schmetterlings- raupen mit 20 Beinen geben. Wo nur ein oder zwei Paare am Bauche vorkommen, wird der Gang ein eigentümlicher, ven Raum durchſpannender, die Naupe ftrecft fich lang aus, und wenn fie mit dem Vorderteile Fuß gefabt hat, zieht fie den Hinterförper, die Mitte in eine Schleife biegend, nach, ſetzt die vorderften Bauchfüße Hinter die hinterften der Bruft, läßt legtere los, ftredt den Vorvderförper lang vor und fommt auf diefe Weife jebr jehnell von der Stelle. Man nennt diefe Raupen Spannraupen und ihre Schmetter- Iinge Spanner. Die neun Luftlöher an den Körperfeiten laſſen ſich bei nicht zu Kleinen Raupen leicht erfennen; fie fehlen nur dem zweiten, dritten und leßten der Glieder. Bei den einen ift die Haut nadt oder jo gut wie nadt, weil nur jehr vereinzelte Haare hier und da kaum bemerkbar find, bei den anderen verdedt ein dichtes Haarkleid den Unter- grund, ein Haarkleid, welches, abgejehen von der Färbung, den verfchiedeniten Eindruck auf das Auge des Beſchauers machen Fann, je nach der Verteilung, der Gedrängtheit und der Länge der Haare. Nicht felten ftehen fie in Büjcheln, welche auf diefem und jenem Gliede lang über die anderen hervorragen. Außer Haaren bilden aber auch Warzen (Knojpenwarzen), auf denen die Haare meiſt ſtehen, Fleijchzapfen, einfache oder dornen- artig verzweigte, nacte oder behaarte, auch Anhängjel anderer Art allgemeine Verzierungen der Oberfläche oder Auszeichnungen für beftimmte Ringe. Wir werden mit der Zeit einen Begriff von der unendlichen Dannigfaltigfeit befonmen, welche in Bezug auf die Geftalt und die äußere Erſcheinung der Naupen überhaupt herrſcht, und begnügen uns jet mit diejen Furzen Andeutungen und fügen nur noch eins hinzu: der Kopf, welchen im wejent- lichen zwei ſeitliche Hornſchalen zufammenfegen, hat vollitändig entwidelte beißende Mund— teile und eine mikroſkopiſche Offnung in der Unterlippe, aus welcher der in den beiden Spinndrüfen fi entwidelnde Spinnjtoff in Form feiner Fäden entleert wird, da fait jede Naupe jpinnen kann. An der vorderen Ede jeder Schale fteht eine Gruppe von 5— 6 Augelchen und davor ein aus wenigen zapfenartigen Gliedern zufammengefegter Fühler. Auch in Anfehung der Lebensweile fommen größere Unterfchiede vor, als man denken jollte. Die einen finden fih immer nur einzeln, weil die Eier vereinzelt wurden, die anderen für Fürzere oder längere Zeit gejellichaftlich bei einander, mit oder ohne gemein- james Geſpinſt, in welchem fie wohnen. Die meilten leben auf den Blättern der ver- Ihiedenften Pflanzen, und außer den Kryptogamen dürfte es wenige geben, an denen nicht wenigitens eine Naupenart Geihmad fände; wird doch die Eiche, welche wir ſchon als den Liebling der Gallweipen kennen lernten, bei uns von 121 Arten aufgefucht. Wie fie ſich auf ihren Blättern einrichten, ift eine andere Frage, deren Beantwortung je nad) der Art jehr verjchieden ausfällt. Beim Freſſen pflegt eine jede wenigjtens mit dem vorderen Körperteile auf dem Blattrand zu reiten, weil die Schmetterlingsraupen, jobald fie die eriten Tage zarter Jugend hinter fi) haben, nur vom Nande her die Blätter abweiden, fie nicht durchlöchern, wie mande Afterraupen, Käferlarven und die blätterfrejjenden Käfer jelbft; daher ift der Naupenfraß als folcher immer leicht zu erkennen. Die Unterjchiede in den Gewohnheiten beziehen fich alfo auf die Ruhe. Die einen pflegen derfelben auf dem Dlatte jelbit, an einer beliebigen Stelle der Fläche oder lang ausgeftredt auf der Nittel: tippe, oben over auf der jchattigen Unterfeite, andere verlafjen das Blatt und kriechen auf den benachbarten Stengel, bei Bäumen an den Stamm, zwijchen die Riſſe der Ninde oder unter die Futterpflanze auf die Erde, von den Wurzelblättern jener bededt, auch) flach unter die Erde, wie bejonders die an Gras und anderen niedrigen Pflanzen bloß im Dunteln 368 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; erfte Familie: Tagfalter. frejjenden Naupen vieler Nachtjchmetterlinge. Diele ziehen mit wenigen Fäden einen Teil des Dlattrandes über jih und fißen in der dadurch gebildeten Höhlung oder verwandeln das ganze Blatt in eine Nöhre, in welcher fie mit gleicher Gewandtheit rück- und vorwärts friechen, um fich vor feindlichen Angriffen zu ſchützen; jene wieder kleben zwei Blätter mit ihren Flächen aneinander und betten fich zwijchen diejelben, oder ſie fertigen ein verichieden geartetes Säckchen aus den Abnagjeln der Futterpflanze, in welchem fie leben, wie die Schnecke in ihrem Haufe. Es gibt aber auch zahlreihe Naupen, welche fich für immer unjeren Bliden entziehen, weil fie entweder im Holze oder in den Stengeln Frautartiger Gewächſe, bejonders der Gräfer, in Früchten, Blättern oder Wurzeln leben und das Tages: licht jcheuen. Dergleichen Naupen ſehen meift bleich, ſchmutzig weiß aus, und jede hat wieder ihre bejondere Art, wie fie miniert oder bohrt, und verrät dadurch ihre Gegenwart. In Guayana und Brafilien hat man mehrere Arten beobachtet, welche in der Weije der fpäter zu bejprechenden Phryganiden in langjam fließenden Gewäfjern an Steinen leben, auch ge: wandt jchwimmen und verjchtedenen Gattungen angehören. Manche Raupen gelten dem gemeinen Wanne für giftig und werden darum oft mehr gefürchtet al3 wegen des Schadens, den fie an Kulturpflanzen anrichten. Giftorgane hat feine Naupe, bei manchen aber find die Haare oder die fleifchigen, mit beweglichen Seiten: äften reichlich verjehenen Zapfen hohl, enthalten ſehr verdichtete Ameifenjäure und nefjeln daher beim Abbrechen der Spiten. So haben wenigjtens einige Zarven ein Echußgmittel, während auch nicht ein Schmetterling im jtande ift, ſich zu verteidigen, jondern bei drohen: der Gefahr durch feine Schwingen einzig auf ſchleunige Flucht angewiejen iſt oder durd) Herabfallen von jeinem erjchütterten Nuheplag und Erheucheln des Todes auf dem Boden jeine Verfolger zu täujchen jucht. Unter mehreren Häutungen, mit welchen häufiger ein Farben: als ein Formmechjel verbunden ift, wachjen die Naupen in fürzerer oder längerer Zeit, welche nicht jelten einen Winter in ſich Schließt, heran und werden reif zur Verpuppung. Die Buppe ift hier mehr verwahrt als bei jedem anderen Kerbtier; denn die einzelnen Glieder hüllen fich nicht nur in die zarten Häute, welche wir auch anderwärts finden, jondern werden außerdem noch von einer gemeinjamen, gegliederten Chitinſchale umfchlofjen, weshalb man die Puppe eine bededte genannt hat. Sie atmet durch die ihr an jeder Seite bleibenden neun Luftlöcher, deren hintere fich mit der Zeit fcehliegen, und läßt auf dem Rücken meijt neun Ningel unterjcheiden, mithin drei weniger, al3 die Naupe hatte, indem die vorderiten zum fünftigen Bruftfaften verwachſen find. An der Bauchleite find die Flügel, Fühler, Augen und der Nüfjel, mehr oder weniger deutlich auch die Beine zu unterfcheiden. In Anjehung der Form und Farbe, welch legtere fih manchmal nach dem Alter verändert, der Beklei- dung und der Bildung der Afterfpige (Kremafter) jowie der Art der Anheftung fommen wieder eine Menge Unterjchiede vor, welche teilweife auf die Sippe Schließen laſſen, welcher der künftige Schmetterling angehört. So heften fich 3. B. die edigen Puppen der meiften Tagfalter, welche vorzugsweiſe Chryfaliden heißen, mit der Schwanzipige an irgend einen Gegenjtand, umgürten wohl auch mit einem zweiten Faden ihren Leib und hängen dann wagerecht oder aufrecht. Die Puppen der meiften Spinner fteden in einem bejonderen Gehäuſe, welches fie zwifchen Blätter oder an Zweige befejtigen; andere ruhen mit oder ohne ſolchem in der Erde. Wenn zulegt die Zeit der Entwidelung gefommen ift, jo löſt fich im Nacken die Nabt, welche hinter den Fühlericheiden binläuft, und mit ihr die Ge: jichtsjeite der Nuppe bis zu den Flügeliheiden, der Nücen des Mittelleibes jpaltet ſich von obenher der Länge nah, und der Schmetterling fommt heraus, früh am Morgen, wenn er den Tag und die Sonne liebt, gegen Abend, wenn er zur Nachtzeit jeine Thätig- feit entfaltet. Hat er erſt Fuß gefaßt, fo fißt er vollfommen ftill und ruht von den gehabten Charafteriftif und Verbreitung. 369 Anftrengungen aus. Die zu erwartenden Flügel ftehen auf dem Rüden wie ein Baar ge- frümmte, zarte Läppchen, mit den Außenjeiten gegeneinander gekehrt. Man kann jehen, wie jie „wachſen“. In Zeit einer halben Stunde bei Schmetterlingen gewöhnlicher Größe, in etwas längerer Zeit bei den größten Arten, haben jte ihre volle Entwidelung erreicht, die Zeichnung war ſchon beim Auskfriechen deutlich vorhanden, indem die bunten Schuppen fich jehr früh in der Puppe entwideln. Die Flügel verharren noch furze Zeit in diejer Lage, dann bringt fie der Schmetterling in die jeiner Art eigentümliche und beweiſt damit, daß er nun volljtändig entwidelt jei. Aber auch jegt noch find fie zart und weich und er— bärten erjt an der austrodnenden Luft. Nacd wenigen Stunden fünnen fie ihre Thätigfeit übernehmen, bei den Eleinen Faltern früher als bei den großen. Haben die meiften, auch der größten Arten, nach wenigen Stunden ihre naturgemäße Ausdehnung noch nicht er— langt, jo befommen jte diejelbe nie und bleiben Früppelhaft. Speyer jchätt die Anzahl ſämtlicher Schmetterlinge auf 200,000, welche in gewiſſen Arten beinahe überall auf der Erde vertreten, im mwejentlichen aber von der Pflanzenwelt, als der Ernährerin ihrer Raupen, abhängig find. Wegen ihrer Zartheit fonnten fich foſſile Überreite jchwieriger erhalten al3 von anderen Kerfen und fommen daher auch jeltener vor; indejjen haben wir aus der Tertiärperiode mehrere wohl erhaltene Schwärmer und als Einfluß in Bernftein Fleinere und zartere Formen. Zange Zeit begnügte man fi mit der Linnejhen Einteilung in Tag:, Dämme- rungs- und Nachtfalter, von welchen nur die beiden erjten natürlich begrenzte Fami— lien bilden, die legteren dagegen aus den verjchiedenartigjten Formen zufammengejegt ſind. Das Beitreben, auch die mit den Jahren bekannt gewordenen zahlreicheren Arten ferner Länder einzuordnen und die genaueren Unterfuhungen längjt befannter Inländer zu ver: werten, ergab allmählich eine Keihe von mehr oder weniger natürlihen Familien, deren wejentlihe nun zur Sprache fommen jollen. An der Spite ftehen die Tagfalter, Tagjehmetterlinge (Diurna, Rhopalo- cera), Linnés Gattung Papilio. Ein dünner, jhmädtiger Körper mit Shwächlicher Be- kleidung, große und breite Flügel, weldhe in der Ruhe aufrecht getragen werden, jo daß ji die Oberjeiten berühren, und ſchlanke Fühler, welche an der Spite ſelbſt oder un— mittelbar vor ihr die größte Die erlangen, bilden in ihrer Vereinigung die untrüglichen Merkmale, an welhen man die zahlreichen Glieder dieſer erjten Familie erkennt. Nur bei den Epinnern wiederholen ſich die Größenverhältnijje von Flügel und Körper bis- weilen, aber die Fühler folgen einem anderen Bildungsgejege. Die Tagfalter haben nie Nebenaugen, Feine Haftborjten an den Hinterflügeln, meift bloß zwei Endfporen an den Hinterfhienen und fliegen nur bei Tage. Doch find darum feineswegs alle Schmetter- linge, welche bei Tage fich lebhaft zeigen, Glieder diejer Familie. Cie erfcheinen mit derjelben Beharrlichfeit wie die gepußten, liebenswürdigen Tagediebe, mit welcher ihre Naupen die unerjättlihen Vertilger der Pflanzen find. Lebtere gehen aber mit ihrem äußeren Weſen zu jehr auseinander, um über fie im allgemeinen mehr jagen zu können, als daß fie 16 Füße haben und fein dichtes und langes Haarkleid tragen. Alle heimijchen Dornenraupen gehören hierher. Die Puppen der Tagfalter find von Lichter Farbe, meiſt ausgezeichnet durch allerlei Eden auf dem Rücken und Endfpigen auf dem Scheitel, jo daß fie, wie aus den folgenden Abbildungen zu erjehen ift, nicht jelten in ihrem vor: deren Nüdenteil ein fragenhaftes Gejicht zeigen. Die Raupe heftet mittels eines End: häkchens die Spitze ihres Hinterleibes einem feinen Polſter auf, welches fie an eine Planke, Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 24 370 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; erfte Familie: Tagfalter. einen At, Baumſtamm ac. Ipinnt, Frümmt fich bogenförmig, ftreift durch Windungen ihres Körpers die Haut ab und erjcheint num als eine mit dem Kopfe nad) unten gerichtete Puppe, oder ftüßt fi vorher durch einen Gürtel um den Leib und ruht jenfrecht oder wagerecht mit der Bauchjeite auf ihrer Unterlage; in felteneren Fällen findet man die Tuppe auch unter Steinen, nie aber hat fie weder ein gejchloffenes Gehäufe noch loſes Geſpinſt um fich. Abgejehen davon, daß einige Raupen in ihrer Jugend ein Neft fertigen, welches ihnen bejonders für den Winter als Schuß dient, haben fie wenig VBeranlafjung zu jpinnen, darım bleibt auch das dazu dienende Organ ziemlich unentwidelt. Hinsichtlich des Verhaltens der Tagjchmetterlinge zu dem Winter läßt fich wenigjtens für die deutſchen Arten der Entwidelungsitand angeben, auf welchem fi eine jede während diejer Zeit befindet. Nach Werneburg ftellt fi heraus, daß von 100 nur 9 als Ei, etwa eine gleiche Zahl als Schmetterling, 59 al3 Raupe und 23 als Puppe überwintern. Welchen Einfluß Licht und Wärme gerade auf die Glieder diefer Familie ausüben, erfieht man aus der örtlichen Verbreitung und der Farbenpradt, welche nur jolchen in vollem Maße zukommt, die unter faſt immer jenfrechten Sonnenstrahlen heimijch find, wo fie ftellenweije in folhen unglaublihen Mafjen vorfommen, daß fie den Mangel an Blüten im Urwalde reichlich erjegen. In den nördlicheren Breiten, für welche der 74. Grad die äußerite Grenze des Schmetterlingslebens bildet, und auf höheren Gebirgen, deren Schmet- terlingsgrenze je nach den Breitengraden zwijchen 2812 und 4080 m Höhe ſchwanken kann, werden jene Grenzen von den Tagfaltern meift nicht erreicht. Während in Deutjchland nicht volle 200 Arten von Tagfaltern angetroffen werden, in ganz Europa, einjchlieglich der aftatifhen, in diefer Beziehung nicht wohl zu trennenden Grenzländer, kaum 400, fliegen allein bei Para in Brafilien 600 Arten. Dies eine Beijpiel wird genügen, um ihren vorwaltenden Neihtum in den Gleichergegenden erfennen zu lafjen. Die Annahme von 5000 Tagfalter- Arten dürfte daher eher zu niedrig als zu hoch gegriffen ſein. Diejer Reichtum erjchwert die Auswahl der wenigen Arten, weldhe hier zur Beſprechung fommen können, wejentlich. Man fennt etwa 20 verjchtedene Schmetterlinge, welche den Moluffen, Philippinen, Neuguinea und den übrigen Inſeln jener Gewäſſer eigentümlich und wegen ihres ſtatt— lihen Anjehens mit noch jehr vielen anderen von Linne treffend als Nitter bezeichnet worden find; entſchieden bilden fie die Rieſen jämtliher Tagfalter. An der Innenſeite der Mittelzelle entipringen auf den jehr großen, dreiedigen DVorderflügeln vier Längs— rippen, an der Wurzei der Hinterflügel aber nur eine Jnnenrandsrippe, Rippe 6 und 7 find gejondert. Die Fühler verdiden fich allmählich nad) der Spige und biegen fich hier ſanft nad hinten, wie ein Baar Stäbchen von Fijchbein zieren fie den nicht eben großen Kopf. Unjere farbige Tafel „Ausländiſche Tagfalter” vergegenwärtigt die Männchen zweier Arten, Fiq. 2 Ornithoptera Pompeus var. Minos von Java und Sumatra und Fig. 4 Ornithoptera Priamus var. Richmondia aus Neujüdwales. Das Weibchen des letzteren hat fahlbraune, weihgefledte Flügel. Ein anderer Ritter, der allgemein befannte Shwalbenfhwanz(Papilio Machaon), breitet fich nicht nur über ganz Europa aus, jondern fliegt auch auf dem Himalajagebirge und in Sapan. Wir jehen den ftattlihen Schmetterling auf der Mitte unjeres Bildes „Deutjche Tagfalter” (bei ©. 376) Dargeftellt. Die Unterfeite hat faſt diefelbe Zeihnung, nur matter und mit vorherrichendem Gelb. Im Zuli und August gaufelt diefer jchöne Falter in lang: jamem Fluge über die Kleefelder hin oder naſcht aus den Blüten der Wiefen, der Gärten und Wälder, feine Schwingen dabei in wechjelndem Spiele flach ausbreitend oder in halbem Schluſſe emporhaltend. Wenn er will, fann er auch in ſchnellem Zuge dahinjegeln, und er cc Lu : — ° — _ — Li ce und erſcheinen mit dem vorigen in — (dd N Wäldern, aber etwas längere Zeit im Sahre. Ein fteter, ſchwebender Neoptolemus (Morpho Neoptolemus). Natürliche Größe. Flug und raftlojes Hin- und Her- eilen an den Rändern breiter Fahrwege, weldhe die Wälder durchſchneiden oder ihnen ent: lang ziehen, zeichnet fie aus. Die riefigen Morphiden Südamerikas find Falter von glanzvoller Färbung, welche hoch oben, meift nicht unter 6 m Entfernung vom Erdboden, in den Lichtungen und breiten Wegen der brafiliihen Wälder fich tummeln und dem Befchauer einen überrafchenden Anblid gewähren. Wenn die großen Ritter, von welchen früher die Nede war, durch die Straßen der Städte jegeln, in die Gärten, ja zum offenen Fenfter hereinfliegen, wo fie Blumen erbliden, jo lafjen fi unfere „trojanifchen Helden“, ein pradhtvoll blauer Menelaus, oder ein Telemachus, oder ein Oypris (Fig. 3 auf der farbigen Tafel „Ausländiiche Tagfalter”, ©. 370), ein Hector mit nur blauem Querbande von matterer Färbung, ein durchaus weißer Morpho Laörtes, auf der Unterfeite der Hinterflügel mit der zierlichiten Moſaik— arbeit in einer Querreihe gezeichnet, und andere nicht jo weit herab und kommen höchitens nad Gewitterregen zur Erde, um ihren Durft zu ftillen. Sie alle haben eine Flügelipan- nung, welche das Maß von 13—18 cm noch übertreffen Tann, jo daß fie felbft in größerer 384 Dritte Drdnung: Schmetterlinge; erfte Familie: Tagfalter. Entfernung dem Blicke nicht entgehen. Die Männchen aller Morphos haben fehr Heine pinjelähnliche Vorderbeine, beide Gejchlechter kurze, dünne Fühler mit ſchwacher Keule, zus jammengedrückte, weit voneinander getrennte Tafter, welche mit einem Eleinen, Eegelförmigen Gliede enden, große, nadte Augen und meiſt am Saume etwas ausgebuchtete Vorderflügel. Der ©. 383 abgebildete Neoptolemus (Morpho Neoptolemus) glänzt auf der Oberfeite in Azurblau wie poliertes Metall und jpielt in Regenbogenfarben wie Opal, aber mit viel gefättigterer Karbenpradt; rings um den Nand Läuft eine Schwarze, nach hinten ſchmäler werdende Einfafjung. Die braune Unterjeite wird von gelblichgrauen Zeichnungen: Zaden: linien und weiß gefernten Augenfleden, in der Weiſe reichlich verziert, wie fie die Ab- bildung vergegenmwärtigt. — Auch hier Schließen fich viele Gattungen an, deren ——— Arten über die Gleichergegenden verbreitet ſind. Die Augler (Satyridae) bilden eine artenreiche Sippe, welche ſich mehr durch Färbung und Zeichnung als durch den Schnitt der Flügel jowie durch einige andere Merk: male bejtimmt abgrenzt und in Europa vorherrfchend vertreten zu fein ſcheint. Die heller oder dunkler braune DOberjeite der Flügel fann fat einfarbig fein, wird aber meift von einzelnen runden Pünktchen, „blinden“ oder gefernten Augenfleden gezeichnet, welche in geringer Menge oder auch zahlreicher, aber dann immer in einer Reihe und zwar nahe dem Eaume jtehen; öfter und vorzugsweile bei den Meibehen auf dem Vorderflügel in einem lichteren Flecke. Die Unterfeite der Flügel, vorn meift der oberen entjprechend, Hinten vorherrjchend braun marmoriert, trägt die Augenflede ſchärfer und vollftändiger, jo daß die der Oberjeite nur die mehr oder weniger vollfommen entwidelten Fortjegungen diejer zu jein jcheinen. Diejelben find in der Negel Schwarz und haben einen weißen, bisweilen auch einen metalliich glänzenden Mittelpunkt, nicht jelten überdies einen lichteren, wohl auch metalliichen Außenring. Neben der joeben bejchriebenen Flügelzeichnung und dem ge- jonderten Austreten von Rippe 6 und 7 aus der Mittelzelle der Hinterflügel fommen allen Satyriven no zu: ein behaarter Körper, gejpaltene oder geferbte Fußklauen, mäßig lange, voneinander abjtehende Tafter, welche aufgerichtet und abjtehend dicht behaart find. Die meiſten von ihnen erreichen nur mittlere Größe. Manche Formen kommen ausjchließ- ih im hohen Norden vor und find durch lichtere Grundfarbe und ein auffallend dünnes und durchſichtiges Schuppenkleid ausgezeichnet; andere jind den Alpen und übrigen höheren Gebirgen eigentümlich, welche zahlreiche Arten, wenn auch nicht immer ausschließlich, er: nähren. Zu diejen gehören die dunfeliten, auf der Unterjeite wie fein geaderter Marmor gezeichneten. Site tummeln ſich bejonders auf Wiefen und Grasplägen umher. — Die Raupen der Augler laufen am verdünnten Ende in zwei Shwanzipischen aus, welche die Stelle der fehlenden Nachjchteber vertreten, jind glatt oder runzelig, jehr häufig ſamt— artig behaart und heller oder dunkler der Länge nach gejtreift. Sie leben faſt ausjchliep- lih an Gräjern und zwar jehr verjtedt; weil fie des Nachts freſſen, verbergen fte ſich bei Tage am Grunde ihrer Futterpflanzen in over an der Erde. Die bräunliden Buppen runden jih mehr ab als die der meijten übrigen Tagfalter und finden ſich flach unter der Erde oder unter Steinen, andere aufgehängt. Man hat die zahlreichen Arten je nach der Beichaffenheit einiger Yängsrippen, ob fie die Schwielen bilden oder nicht, je nach dem Kängenverhältnis der Mitteljchienen zu ihrem Fuße, je nach den gefnopften oder allmählich in eine Keule übergehenden Fühlern, je nad) der Gejtalt der Hinterflügel, ob fich diejelben am Innenrande ausjchweifen oder nicht, in eine Neihe von Gattungen zerlegt, von denen Erebia (Nandbandäugler), Chionobas (durchfichtige Augler), Satyrus (Breitbandäugler), Epinephele (düftere Kugler, Ochſenaugen), Pararge (fhedige Augler), Coenonympha (fleine Äugler) die verbreitetiten ſind. Roſtbinde. Briſeis. Honiggras: und Hirfengrasfalter. 385 Die Roftbinde, Semele (Satyrus Semele), ijt ein außerordentlich jcheuer, ge wandter Falter, welcher überall während des Juli und Auguſt auf waldigen, lichten Höhen, an trodenen, jonnigen Waldplägen und an den Rändern der Kiefernwälder anzutreffen ift. Es gereicht ihm zum bejonderen Vergnügen, an einen Baumftamm zu fliegen, die Fläche der zujammengeflappten Flügel durch Aufeinanderjchieben jo Kein wie möglich zu maden, fi mit Blißesfchnelle zu erheben, um an einer zweiten Stelle desjelben Stammes diejelbe Stellung einzunehmen und jofort diefes nichtsfagende Spiel 10—20mal zu wiederholen. Hat fih die Roftbinde auf diefe Weiſe hungrig gejpielt, jo bejucht fie die roten Blüten des Quendels in der Nahbarichaft des jandigen Waldjaumes, wo fie ihresaleihen und andere Nichtsthuer in Menge antrifft. Set wiederholt fie ihr Auffahren, das Niederlafjen und Zujammenfchieben der Flügel von neuem und hat nimmer Raſt, jolange die Sonne noch über dem Gefichtsfreije jteht und von Wolken nicht bededt wird. Nie ſieht man fie, wie es die Edflügler jo gern thun, jener ihre Flügeloberfläche darbieten, ſtets hat fie die: jelben zufammengefluppt und ineinander gejchoben, daher befommt man ihre Oberjeite wegen des jchnellen Fluges auch nie im Freien zu jehen. Diejelbe ift braum, grau angeflogen und trägt auf den Vorderflügeln im Saumfelde zwei fein weiß gefernte Augenflede hinter: einander, eins im Hinterflügel, nahe dem Innenwinkel; fie jtehen in lichtem gelbroten Felde, welches bei dem Weibchen deutlicher fichtbar als bei dem Eleineren, bedeutend dunkler gehaltenen Männchen ift. Auf der Unterjeite ftimmt die Zeichnung der Borderflügel jo ziemlich mit der Oberfeite, an den Hinterflügeln ift die Fläche jauber grau, dunkelbraun und ſchwarz marmoriert und das fleine Auge nur beim Weibchen fichtbar, beim Männchen verſchwindet es, dafür markiert fich hier eine lichte, nach der Wurzel Scharf dunkel und mehr: fach ecdig begrenzte Binde. Vorderrands- und Mittelrippe ind in der Nähe der Wurzel ſchwielig aufgetrieben, die Fühler gefnopft, die Tajter wenig voneinander abſtehend, boritig behaart, ihr Endglied dünner und anliegend bejehuppt. Die Flügelipannung des Weibchens beträgt durchjchnittli 5,3 em. — Die glatte, graue, am Bauche grünliche Raupe hat fünf ſchwarze Längzitreifen, deren mitteljter am dunkelſten tft, an jedem Luftloch einen ſchwarzen Punkt und jehs ſchwarze Streifen am Kopfe. Sie frißt Gras und überwintert in ziem: lich jugendlihem Alter. Die Puppe ruht flach unter der Erde oder unter einem Steine. Ganz in derjelben Weiſe entwidelt ich die ähnliche BrijeiS (Satyrus Briseis), fenntlich an dem weißgelben VBorderrande der Borderflügel und einer ebenjo gefärbten Fleden: binde derjelben, welche ſich verwilht und meijt fledenartig über die hinteren fortjegt; ebenjo die etwas größere, dunflere und auf dem Hinterflügel entjchiedener und jchärfer weißgelb bandierte Alfyone, der Honiggrasfalter (Satyrus Aleyone). Beide find gleich flinfe wie ſcheue Falter, welche nie ihre Flügel ausbreiten, jondern in feſtem Schluſſe halten und zufammenfallen laſſen, wenn fie fißen. Man findet fie auf jonnigen, jteinigen Höhen, über welde fie dem Gerölle nahe in eiligem Fluge binjegeln und fih von Stein auf Stein jegen, immer bereit, wieder aufzufahren, wie Semele von Baumſtamm auf Baumjtamm. Die Alfyone iſt die jeltenere Art und fliegt vorzugsweile im nördlichen, öftlihen und ſüdlichen Deutjchland. Der Hirjengrasfalter, Grasfalter (Epinephele Hyperanthus), ift ein echter Miejenbewohner in jehr ſchlichtem Gewande. Seine dunfelbraunen Flügel kennzeichnen weiße Franjen und je zwei jchwarze, weiß gefernte, fein gelb umringte Augen, beide nahe bei einander. Die Unterjeite hüllt fih in Graugelb und zeigt auf dem Vorderflügel einen Heinen dritten Augenfled unter den beiden oberen und außerdem in der Mitte des Vorder: randes zwei zu einer 8 zufammenhängende auf den Hinterflügeln. Die Borderrandsrippe und die innere Mittelrippe verdiden ſich ſchwielig an der Wurzel, und der Innenrand des Hinterflügels ſchweift jich nahe der Innenecke ſchwach aus, wodurd diefe mehr vorgezogen Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 25 386 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; erfte Familie: Tagfalter. ericheint. Die Fühler verdiden ſich allmählich zu einer langen, dünnen Keule, die Tafter laufen in ein langes, dünnes Endglied aus, und die Mitteljchiene ift wenig kürzer al3 der Sub. Die Flügelipannung des größeren Weibchens beträgt 4,1 em. Bon Mitte Juni bis in den Auguft tummelt fich diejer Grasvogel überall, hängt fih an die Halme mit halb: geöffneten Flügeln und bejucht fleißig die Blumen der grünen Wiejendede, des begraften Srabens oder Hügelabhanges. Sein Flug it Ihwanfend und ohne Ausdauer. Wenn der Abend kommt, ſchläft er, wie alle Tagfalter, mit zufammengelegten Flügeln. Seine Raupe nährt ſich vorzugsmweije von Hirfengras (Milium effusum), aber auch von anderen Arten, wie von dem jo vielen Grasfrejjern genehmen Nijpengras (Poa annua). Sie ift in der Mitte am ftärfiten, graurötlic, jamtartig behaart, hat über den grauen Füßen einen weißen Streifen und einen braunen längs des Nücens, welcher jedoch erſt vom fünften Ninge an deutlich hervortritt. Nach der Überwinterung verwandelt fie fi) anfangs Juni in eine furz fegelfürmige, vorn gerundete Puppe, deren hellbraune Oberfläche von dunklen Streifen durchzogen wird. Das große Ochſenauge, Sand: auge, der Niedgrasfalter over gemeine Wiejenvogel (Epinephele Janira), beweift durch feine vielen Namen, daß er einer der gemeinften und befannteften Aug— ler ift; und in der That treibt er fich vom Juni ab ein Vierteljahr auf allen Wiejen umber und bietet hinreichende Gelegenheit, feine unbedeutende Berjönlichkeit fennen zu u lernen. Männchen und Weibchen unter: Mauerfuchs (Pararge Megaera). Natürliche Größe. ſcheiden ſich hier mehr als bei mancher an- deren Art. Jenes iſt oben dunfelbraun, ziemlich langhaarig an Wurzel und Mittelfeld der VBorderflügel, auf welchen gegen die Spite hin ein blindes Auge fteht. Dasfelbe befommt einen weißen Kern auf der gelb: roten, ringsum gebräunten Unterfeite. Der augenloje Hinterflügel trägt fich hier grau: braun und deutet daS Streben an, nach dem CSaume hin eine lichte Binde zu bilden. Das Weibchen (Fig. 5, ©. 379) fteht bedeutend Lichter aus, hat die eben erwähnte Binde der Hinterflügel entjchiedener und einen roten Fled um das weiß gefernte Auge auf der Oberjeite der Borderflügel. Die grüne oder gelblihgrüne Raupe (Fig. 6) hat einen weißen Längsitreifen über den Füßen und furze, gekrümmte Härchen über den ganzen Körper. Sie frißt verſchiedene Gräſer, bejonders Wiejenrijpengras (Poa pratensis), und lebt wie die vorige. Die am Kopfe ſchwach zweiipigige Buppe zeichnet fich durch mehrere bräunlich violette Längsitreifen und zwei Reihen brauner Rückenpunkte auf grünlichem Untergrunde aus. Der Mauerfuhs, Mauer: oder Bandargus (Pararge Megaera), liebt es, ſich mit halb offenen Flügeln an Yehmmauern, an fteile Wände der Hohlwege oder Gräben, in Steinbrüche oder auf die nadte Erde zu jegen und legt jomit wenig Sinn für das Grün des Wiejenteppich8 oder Laubdaches und für bunte Blumen an den Tag; denn er fliegt auch nur an jenen Stellen, wo er ausruht, auf und ab in jhlaffer Haltung jeiner rotgelben, ſchwarz bandierten und gefledten Schwingen und läßt ſich höchlt jelten auf Blumen be: treffen. Zu dem obenftehenden Bilde braucht über die Färbung nur hinzugefügt zu werden, daß die Augen einen feinen weißen Kern und die Franſen zwiſchen den Rippen ebenfalls dieje Farbe haben, daß ferner die bleiche Nückjeite der Flügel auf den gelbbraunen Hinter: Hügeln weißgrau angeflogen ift. Großes Ochſenauge. Mauerfuchs. PBiereihhenfalterden. 387 Die behaarten Augen unterfheiden die Schedenäugler (Pararge) von den Ochſenaugen (Epinephele), mit welden fie die an der Wurzel jcehwielig verdidte Borderrandsrippe und innere Mittelrippe gemein haben, ferner find bei allen GattungS: genofjen die Fühler ſchwarz und weiß geringelt und enden mit einem lang eiförmigen Knöpfen; die Tafter find länger als der Kopf, ihr Endglied ift anliegend behaart, die Mitteljchiene wenig fürzer alS der Fuß. Der Mauerfuhs fliegt in mehreren Bruten vom Frühjahr bis tief in den Herbft hinein; verjpätete Schmetterlinge jollen auch überwintern, wie bei der Naupe Negel ift. Diejelbe lebt an allerlei Gräjern, iſt jamtartig behaart, blaßgrün von Farbe; an den Eeiten, über die dunklen Luftlöcher hinweg, läuft ein weißer, vorn allmählich verſchwindender Streifen, fünf Dunfelgrüne, blaß eingefaßte Streifen ziehen den Rücken entlang. Die jhwärzlihgrüne Puppe trägt zwei Neihen heller Knöpfchen auf dem Nüden. Das VBiereihenfalterhen, Eihenfhillerhen, der Eleine Changeant (Thecla quercus), fällt im Freien weniger in die Augen al$ die meilten anderen Eippengenofjen; denn er fommt nur einzelm vor und verläßt die höheren Luftichichten des Waldes, wenigitens das Eichengebüfch, nur feiten. Mit dicht zufanmengeflappten, nicht gleichzeitig zuſammen— geſchobenen Flügeln jpaziert er auf einem Eichenblatt, welches die Sonne beitrahlt, umher und jcheint die Einfamfeit aufzufuhen. Wie in einem fallenden, kurzen Fluge it er von diefem Blatte verjchwunden, um auf einem anderen jeine Spaziergänge zu wiederholen. Nur wenn das Weibchen den Befuh eines Männchens erwartet, danı breitet e3 jeine Flügel aus, von denen die vorderen eine Feilförmige Geſtalt haben, die hinteren fich ab- runden, im Innenwinkel ſchwach lappig und in geringer Entfernung davon in einen ſchmalen Zähnchen heraustreten. Sie bieten eine einfarbig Shwarzbraune Fläche dar, welche bei aünftiger Beleuchtung wie mit violettem Dufte überzogen erjcheint. Jetzt Ichlägt auch das Männchen feine Flügel auseinander und brüftet ih, der gefalljüchtigen Dame gegen: über. Es trägt in der That den Preis der Schönheit davon, denn zwei Keilflede von prächtigftem Azur erglänzen an der Wurzel der Vorderflügel dicht bei einander, der innere in größerer Erjtredung als der äußere. Wir wollen aber die beiden Verliebten nicht jtören und ung einen verlafjenen Spaziergänger bejehen, um fein alltägliches Geftcht, jeine Außen: jeite fennen zu lernen. Diejelbe ift glänzend filbergrau und hat im Saumfelde eine weiße, nach innen dunkler gefaßte Strieme nebjt einigen rötlihen Flecihen dahinter. Die zierlich weißgeringelten Fühler verdiden fich allmählich zur Keule und reichen mit ihrer Spitze bis zur Hälfte des Flügelvorderrandes. Die zart weiß umjchuppten Augen find behaart, die Norderbeine bei beiden Gejhlechtern etwas ſchwächer als die anderen. Die Flügelſpannung beträgt 32,5—85 mm. eine Unterſeite und Naupe zeigt die obere linte Ede der Abbil- dung auf ©. 317. Diejer hübſche Falter fliegt im Juni allerwärts in Europa, wo es Eichen gibt, nad): dem er die überwinterte Puppe verlajjen hat. Das Weibchen legt nach einiger Zeit jeine Eier einzeln an die Blätter der Eichbäume oder des eichenen Stangenholzes, und die ihnen entjehlüpften Näupchen, von denjelben frejjend, erlangen nicht nur im Laufe des Sommers - ihre volle Größe, jondern Frieden zur Verpuppung zulegt auch noch unter Dioos. Cie ge hören zu den jogenannten Aſſelraupen, weil fie nach oben gewölbt, nad) unten platt ges drückt und gedrungen, in der Geftalt den befannten Kelleraſſeln gleichen. Den braunen, hinten gelblichen Untergrund deden feine Härhen, und auf dem Rücken jtehen reihenweiſe gelbe, erhabene Dreiedchen, welche durch eine ſchwarze Längslinie geteilt werden. Das lichte, braun gefledte Püppchen wäre eiförmig zu nennen, wenn e3 fi nicht vor der Mitte etwas einſchnürte; es liegt jteif und unbeweglich und jchnellt bei der Berührung nicht lebhaft % en 388 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; erfte Familie: Tagfalter. mit dem Hinterleibsende hin und her, wie es die ſchlanken Puppen der Tagfalter zu thun pflegen. Noch viele andere Theflas (spini, pruni, rubi, ilieis und andere) find in Deutjchland heimisch, weldhe mit der eben bejchriebenen hinfichtlich der Bildung der Flügel, Fühler, Beine und Augen übereinftimmen und an anderen Holzgewächjen auf diefelbe Weile leben, wie die Thecla quereus an Eichen; die Oberfläche ihrer Flügel ift dunkelbraun, auch dunkelgrün (Thecla rubi), mit unbeſtimmten roten over rotgelben Fleden gezeichnet, — —— = > eg 1) Weibchen de8 großen Gi3vogel3 (Limenitis populi). — Feuervogel (Polyommatus virgaureae), 2) Weibdhen, 3) Männden. 4) Gefledter Feuerfalter (Polyommatus Phlaeas). 5) Adoni3 (Lycaena Adonis). 6) Stridfalterden (Hesperia comma), Weibhen. 7) Kleinfte Perlbinde (Nemeobius Lucina). Alle natürliche Größe. oder ohne ſolche. Die Unterfläche ericheint immer lebhafter gefärbt, niemals jedoch mit Augenfleden geziert. Der Feuervogel, Dufatenfalter, Goldrutenfalter (Polyommatus virgau- reae, j. obenjtehende Abbild., Fig. 2, 3), hat diejelbe Größe und Geſtalt wie der vorige. Das Männden ift der feurigfte unferer heimischen Falter, nicht dem Wefen, jondern der Farbe nach, denn die Oberjeite feiner Flügel glänzt wie ein ftarf mit Kupfer verjegter Dufaten, die Schwarzen Ränder ausgenommen, während das Weibchen mit Ihwarzen Fleden wie bejäet erjcheint, wenigjtens auf den Hinterflügeln; an den vorderen ordnen fich dieſelben Feuervogel. Gefleckter Feuerfalter. Hauhechelfalter. Adonis. 389 in zwei Querreihen des Saumfeldes, und für das Mittelfeld bleiben noch zwei nebeneinander ſtehende übrig. Die Unterſeite ſtimmt bei beiden ſo ziemlich überein; auf glanzloſem Gelbrot ſind ſchwarze Pünktchen über den Vorderflügel zerſtreut, darunter drei in gerader Linie innerhalb der Mittelzelle, als Gattungscharakter. Der Hinterflügel iſt ärmer an ſolchen, gegen den Saum hin mit zwei weißen Tupfen geziert, die ſich beim Weibchen zu einer ziemlich vollſtändigen Binde erweitern. Sein Rand iſt etwas eckig, zumal am Hinter— winkel, ohne Zahn, wie bei dem vorigen, wodurch ſich dieſe Rötlinge, deren gemeinſter der gefleckte Feuerfalter (Polyommatus Phlaeas, Fig. 4, ©. 388) ſein dürfte, von der vorigen Gattung unterſcheiden. Der Dukatenfalter fliegt im Juli und Auguſt geſchäftig an Blumen in den Wäldern und deren nächſter Nähe umher und läßt ſitzend die Ober— ſeite ſeiner Flügel ſehen. Er fehlt im nordweſtlichen Deutſchland. Die grüne, gelbſtreifige Aſſelraupe lebt auf der Goldrute (Solidago virgaurea) und dem Spitzampfer. Das Püppchen hat die gedrungene Geſtalt und Regungsloſigkeit der vorigen, überhaupt aller aus Aſſelraupen entſtandener, iſt bräunlichgelb, an den Flügelſcheiden dunkler. Die eigentlichen Bläulinge (Lycaena) haben ihren Namen von der ſchön blau gefärbten Oberſeite der männlichen Flügel; auf denen der Weibchen herriht Dunkelbraun vor, und Blau bleibt nur an der Wurzel oder als Schiller übrig. Die Unterjeite iſt ärmer oder reicher mit Ihwarzen Punkten (blinden Augen) oder Augenfleden beftreut, welche ſich nah dem Saume zu in Neihen ordnen und nicht jelten durch Silberferne lebhaft erglänzen. Eins dieſer blinden Augen fteht immer auf der Querrippe des Vorderflügels als Kenn- zeihen der Gattung. Die Netzaugen können nadt oder behaart jein. Einige Arten, welche früh im Jahre an Bujchwerf fliegen, haben je ein zartes Cchwanzjpischen am Hinter: . flügel, welches den meiften übrigen fehlt. Man kennt mehrere hundert Arten aus allen Weltteilen, welche jämtlich aus Aſſelraupen entjtehen. Alle dieje Eleineren Falter treiben ihr munteres Spiel überall im Hochſommer auf den Blumen der Wiejen und Felder, der Wälder und dürren Heiveflächen, jcheinen aber weitere Ausflüge nicht zu unternehmen. Das Gruppenbild zeigt zwijchen den Nanunfelblüten das hübjche Männchen des Hauhechel— falters (Lycaena Icarus Borfhaufjens, Alexis Fabricius). Er hat noch viele Namen, wie die meiſten jeiner Öattungsgenofjen, woraus hervorgeht, wie ſchwer es bei der großen Übereinftimmung vieler den Schriftſtellern wurde, die von einem anderen be— jtimmte Art aus der Bejchreibung wieder zu erkennen. Die Oberjeite der Flügel Ihimmert hier ſchön rötlichblau und ift mit einem feinen ſchwarzen Rändchen vor den weißen Franjen umſäumt. Die Unterjeite ift bräunlihgrau, an der Wurzel grünbläulid und mit zahl- reihen Augenfleden und rotgelben Fledichen auf den Hinterflügeln bejegt. Der Falter fliegt fait das ganze Jahr hindurch in zwei Bruten und ijt überall gemein, aber nicht immer beitändig in den Zeichnungen. Die blaßgrüne Raupe fennzeichnen ein dunkler, weißlich befäumter Rüdenftreifen und zwei Neihen dunkler Schrägitriche. Sie findet jich im Mai und dann wieder im Juli an der gemeinen Hauhechel (Ononis spinosa), deren Blüten fie bejonders verzehrt. Der ſchöne Argus, Adonis (Lycaena Adonis, Fig. 5, ©. 388), iſt entichieden der prächtigſte unjerer deutfchen Bläulinge, denn das Blau feiner Flügel wird in Feuer und Glanz von feinem anderen erreicht; in Jahren, welche ihn zahlreich erzeugten, kommen auch Weibchen vor, deren ſonſt braune Flügel rveih in Blau erglänzen. Der Falter hat zwei Bruten und lebt als Raupe auf Klee und anderen Schmetterlingsblümlern, jcheint aber nur ftrichweije vorzufommen; dem nördlichen Tieflande fehlt er. Bei Halle und im Saalthal weiter aufwärts findet er fich dagegen häufig. Aber noch weit größere Arten al3 unjere heimijchen fliegen in den heißen Ländern, wie auf Ceylon die ſchöne Amplybodia amantes, Nr. 1 auf der farbigen Tafel „Ausländifche Tagfalter” (bei ©. 370). 390 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; zweite Familie: Shmwärmer. Die Dickköpfe (Hesperidae) unterjcheiden fich Teicht von allen anderen Tagfaltern durch die in der deutjchen Benennung ausgeiprochene Eigenjchaft und durch zwei Sporen: paare, welche bei den meiiten die Hinterfchienen bewehren. Ihre Raupen leben zwijchen sufammengezogenen Blättern. Es gibt Hunderte von Arten, deren Mehrzahl Südamerika bewohnt, von denen viele durch Fräftigere Geftalt, lebhafte Farben, lichte Feniterflede, lange Schwänze an den Hinterflügeln und andere Eigentümlichkeiten ausgezeichnet find. Die Europäer erreichen etwa die mittlere Größe der Bläulinge, find aber unterjegter und ein= töniger in den Farben. Die furzen Schwingen haben derbe Rippen, die hinteren eine offene Mittelzelle. Am dien Kopfe jtehen große, nadte Augen, je eine Haarlode an den weit von— einander entfernten Fühlerwurzeln, meijt eine Krümmung an der Keulenjpige, und in beiden Gejchlechtern bleiben die Vorderbeine in ihrer Entwickelung gegen die übrigen nicht zurüd. Dies ungefähr die Kennzeichen der artenreihen Gattung Hesperia. Syn ziemlich rajchem und ſtraffem Fluge ericheint der Dickkopf auf einer Blume, an der er Jaugt, oder auf dem Erdboden, ſperrt die Hinterflügel weit auseinander, während er die vorderen in die Höhe richtet. So ſchnell wie er Fam, jo jchnell verjchwindet er wieder. Alle jeine Bewegungen weilen auf eine gewilfe Fevderkraft im Körper und Beſtimmtheit wie Kedheit im Willen hin. Statt aller werde hier das Strihfalterhen (Hesperia comma, Fig. 6, ©. 388) ge nannt, welches fich im Juli und Auguft überall zeigt und bis zu den höchiten Alpen hin- aufgeht. Männchen und Weibchen, oberwärts braungelb, unten grünlichgelb, ftimmen im äußeren Anjehen nicht überein. Jenes hat einen dunfelbraunen Saum, fünf lichtere Flede und eine jchwarze ſchräge, durch eine filberglänzende Linie der Länge nad) geteilt erſchei— nende Mitteljchwiele auf den Vorderflügeln, einen dunkeln Saum und lichte Flede daran auf den Hinterflügeln. Beim Weibchen zieht eine Fledenreihe über beide Flügel, welche be=. fonders auf den hinteren gelblichweiß erſcheint; ftatt der Schwarzen Schwiele hat es auf der Rückſeite zahlveihere grüne Schuppen. Die grüne, an den Seiten ſchwarzpunktierte Raupe lebt auf der Kronmide. Zum Schlufje jei es vergönnt, die Zahlen der europäischen und deutſchen Tagfalter- arten nach den verjchiedenen Sippen noch anzuführen. Bon den 14 europäiſchen Papilio— niden fommen 6 in Deutjchland vor, von den 31 Pieriden 16, von den 59 Nymphaliden 46, von den 75 Lycäniden 49 und von den 29 Heſperiden 18. Außerdem fliegt Chry- jippus (Danais Chrysippus) vereinzelt auf Sizilien als einziger Danaide in Europa, und in der Eleinjten Berlbinde (Nemeobius Lucina, Fig. 7, ©. 388) hat die reiche brafiliiche Sippe der Eryeiniden für Europa und Deutjchland ihren einzigen Vertreter. Der äußeren Erſcheinung wie der Lebensweife nach ftehen die Shwärmer, Dämme- rungsfalter (Sphingidae oder Crepuscularia) als zweite Schmetterlingsfamilie im geraden Gegenjage zu den Tagfaltern. Ein dicker und umfangreicher Körper, welchen ein dichtes Schuppen= oder Haarkleid dedt, unterwärts fräftig geaderte, oft zottig behaarte Flügel, deren vorderfte meift ſchmal und geftredt, die hinterjten gerundet und klein im Vergleiche zu den Vorderflügeln find, auch vorn eine Haftborfte tragen, ſowie ein jpindel- förmiger, dem Bruftfaften eng fih anſchließender Hinterleib unterjcheiven fie auch bei dem flüchtigften Bli von den im Körper Shmächtigen, in den Flügeln weit fi ausbreitenden Tagfaltern. Infolge kurzer und breiter Taſter läuft der verhältnismäßig Fleine Kopf nad) vorn ftumpfipigig aus, bleibt ohne Nebenaugen und trägt kurze, dide Fühler. Diejelben find dreifantig, an der Wurzel meift etwas dünner al3 im weiteren Verlaufe und enden in eine haarfeine, nach hinten hafig umgebogene Spite. Der Nollrüffel kommt hier zu Stridfalterhen. Chryfippus. Kleinfte Perlbinde. — Shwärmer: Allgemeined. 39]. feiner vollfommenften Entwidelung und übertrifft bisweilen an Länge die des Körpers um das Doppelte. Die Bekleidung des Mittelrüdens und Hinterleibes liegt bei unjeren heimischen Arten glatt an, und nur bei einigen ausländijchen erhebt ſie fich dort zu einem jehr unscheinbaren Schopfe. Den Vorderflügel zeichnen eine wurzelwärts gegabelte Innen— tandrippe, den Furzfranfigen Hinterflügel zwei Innenrandrippen und ein jchräger Ber: bindungsaft zwilchen der Nand= und vorderen Mittelrippe aus. Die Vorderbeine bleiben in ihrer Entwidelung nie gegen die übrigen zurüd, und die Schienen der Hinterbeine find mit zwei Paaren von Sporen bewehrt. Wie bei vielen Tagfaltern treten auch bei den Shmwärmern die Geſchlechtsunterſchiede äußerlich wenig hervor. Am Tage. fiten die Schmetterlinge mit wenigen Ausnahmen ruhig an jchattigen, ver: ſteckten Plätzchen und laſſen dabei die Flügel etwas klaffend und loje wagerecht auf dent Körper liegen, drüden die nach hinten gerichteten Fühler diht an die Flügelwurzeln an, fo daß man diejelben nicht bemerkt, und ſchlafen, wenigjtens lafjen fie jich, wenn man einen und den anderen in feinem Schlupfwinfel zufällig antrifft, ergreifen, ohne nur einen Verſuch zum Entweichen zu machen. Sobald aber die Abenddämmerung gefommen, fangen ihre Augen an zu leuten. Sie verlafjen ihre Verjtede, um jich einander und Blumen aufzufuchen, und man hört fie in der Kegel früher, als man fie zu jehen befommt, denn in ftark brummendem Tone jaufen fie durch die Lüfte, ſummend ſchweben fie vor der Blume, während fie mit ihrem langen Rüffel den Honig aus derjelben jaugen. So träge fie am Tage ſcheinen, jo wild und unbändig find fie jest. Pfeilſchnell fahren fie dahin von Blüte zu Blüte und hufchen in größeren und größeren Bogen oder jhnurftrads von dannen, wenn hier nichts mehr zu finden, oder wenn irgend eine Störung von außen kommt, etwa ein Jäger am Natterfopfe, am Salbei, am Geisblatte 2c. auf der Lauer jteht. Ihr rajcher Flug dauert ohne Unterbredhung bis zum jpäten Abend, bis jich die Gefchlechter zuſammen— gefunden, wenn es fih darum handelt, oder bis die Muskeln nad jtundenlanger, un— unterbrochener Thätigkeit endlich erfchlaffen und der Ruhe bedürfen. Diele außerordent- lihe Flugfertigfeit hängt entjchieden zufammen mit den ſchmalen und langen Flügeln, mit einem ſehr ausgebildeten Luftröhrenneg im plumpen Körper; ihr haben wir e3 zuzu— ſchreiben, daß einige ſüdeuropäiſche Schwärmer, wie der Sphinx Nerii, Celerio und lineata, in Heißen Sommern, vielleicht dur aus Süden wehende Winde unterjtüst, bis zu den nördlichen Küften des deutjchen Gebietes vordringen und dajelbit ihre Brut abjegen. Die Sippe der Zadenfhwärmer, welde wir bald nahher fennen lernen werden, ent— behrt diefer außerordentlichen Flugfertigfeit infolge ihrer anders geformten Flügel, ftimmt aber in der Entwicelung und im Bau der Raupen mit den anderen überein. Dieje jind alle nadt, geftredt, meift nach vorn etwas verdünnt, jechzehnfüßig und tragen auf dem Rücken des vorlegten Gliedes ein längeres oder fürzeres Horn, find häufig jehr lebhaft gefärbt und gezeichnet und ſitzen, wie die Schmetterlinge, am Tage träge und feſt ge— Elammert an ihrer FZutterpflanze. Des Nachts entwiceln fie ihre volle Freßgier und jegen die Kinnbaden in gleiche rührige Thätigfeit, wie der Schmetterling feine Flügel. Sie leben niemals gejellig. Sit ihre Zeit gekommen, jo bohren fie jih ausnahmslos in die Erde ein, glätten um fich ein Zager, ohne irgend welches Gejpinit, und werden zur jpindelfürmigen, düfteren, mitunter auch lichteren Puppe, welche lebhaft den Hinterleib bewegt, wenn man fie ftört, und häufig an der Rüſſelſcheide eine bejondere Auszeichnung, bis zu einem voll: ftändigen Henkel, aufzumeifen hat. Jede bedarf der Negel nach die Winterzeit zu ihrer Entwidelung, mande haben diejelbe ausnahmsweije erſt nah Verlauf mehrerer Jahre vollendet, und in manden Jahren find hier und da, wie 1887 im jüdlihen Bayern, wahrjheinlih infolge des warmen und trodenen Sommers zwei Bruten beobachtet worden. — Die Familie enthält in runder Zahl nur 400 Arten, von welchen die meiiten 392 Dritte Drdnung: Schmetterlinge; zweite Familie: Shwärmer. auf Südamerika, die mwenigiten auf Neuholland fommen; Europa ernährt mit voller Sicherheit nur 35, von welchen die deutſchen Arten ſämtlich im Puppenftande überwintern. Der Totenfopf (Acherontia Atropos), nächſt ver A. Medor aus Merifo in Anſehung feiner Körpermafje der größte aller Schmetterlinge (er hält 19,5 mm im Querdurchmeſſer), bat durdt zweierlei eine gewiſſe Berühmtheit erlangt. Der pelzartig dicht braun behaarte, blaugrau ſchimmernde Mittelleib trägt auf feinem Rüden eine oder: gelbe Zeihnung, welche auffällig einem Totenfopfe ähnelt, unter welchem fich zwei Knochen freuzen, und zum zweiten bringt der Schmetterling, jobald er gereizt wird, einen pfeifenden, ichrillenden Ton hervor. Daß diejer Laut durch Reibung gewiljer Teile des Vorderförpers entjtehe, wurde feit Neaumurs Beobadhtungen allgemein angenommen, und zwar jollte die Neibung des Nüffels an der inwendig mit Xeiftchen verfehenen Tajterwurzel dieſe zum Teil tlagenden Töne hervorbringen. Die anatomijchen Unterfuhungen N. Wagners ergaben eine überaus große, durch Luft ausgedehnte Saugblafje, welche dicht vor dem jogenannten Magen in das Ende der Speijeröhre mündend, den ganzen VBorderteil des Hinterleibes ausfüllt. Auch fand fich die Speijeröhre ſtets mit Luft gefüllt. Wagner hält es nun für wahrjcheinlih oder falt ausgemacht, daß die Stimme durch Ein: und befonders dur Aus: jtoßen der Luft aus der großen Saugblafe durch die enge Speiferöhre und vorzüglich durch den Rüſſel hervorgebracht wird; je kürzer diejer durch Abſchneiden wird, um jo ſchwächer wird der Laut. Doch iſt es möglich, daß ein Teil der Luft durch ein Spältchen ftreicht, welches an der Vorderflächenmitte durch die nicht völlig aneinander gedrüdten Rüfjelhälften offen zu bleiben jcheint. Auch Landois meint durch jeine jüngsten Beobachtungen, welche jeinen früheren Anfichten widerſprechen, die Wagnerjchen zu unterjtügen, und nimmt nad jeinen Verſuchen an, daß der Totenkopf beim Pfeifen die Luft aus dem Saugmagen durd jene Nüfjeljpalte ausftoße; denn man kann ihm durch den Rüſſel Luft unter fichtlicher Anjchwellung des Hinterleibes einblajen und macht ihn duch Abſchneiden des Nüfjels oder durch Fortichaffen jener Spalte ſtumm, jei es, daß man fie verklebt oder durch Auseinander: biegen beider Nüfjelhälften bejeitigt. Bei diejer Gelegenheit jei bemerkt, daß noch von einigen anderen Schmetterlingen Lautäußerungen ausgehen, jo beijpielsweije beim jo: genannten Augsburger Bär (Pleretes matronula), wenn er aufgejpießt wird. Dar: win hat von der Ageronia feronia ein Geräufch vernommen wie das eines Zahnrades, welches unter einem federnden Sperrhafen läuft, als fich zwei diejer brafiliihen Schmetter: linge in unregelmäßigem Laufe jagten, und nimmt an, daß es wahrjcheinlich während der Bewerbung der Gejhlechter hervorgebrahht werde. Doubleday hat einen häutigen Sad an der VBorderflügelwurzel entdeckt, deſſen Mitwirkung jener Laut zugejchrieben werden dürfte, wie aud) eine blafige Grube am Hinterflügel der männlichen Thecophora (Noctua) fovea nad) Bertholds Beobachtung beim Flattern einen jchrillenden Ton erzeugen joll. Der Totenkopf, um nach diefen Abſchweifungen jein Bild zu vollenden, nimmt der Länge nah durchſchnittlich den Kaum von 14 Zeilen der vorliegenden Druckſchrift ein (55 mm) und jpannt dabei die Breite des Drudes mit Abrehnung von 9 Buchſtaben (114 mm). Die faſt gleich diden, kurzen Fühler enden mit einem Haarpinjel, der Hinterleib in eine gerundete Spige. Die Vorderflügel find tiefbraun, ſchwarz und etwas odergelb gewölkt, durch zwei gelblihe Querbinden in die befannten drei Felder geteilt, deren mitteljtes ein lichtes Mittelpünktchen zeigt. Die odergelben Hinterflügel zieren zwei ſchwarze Querbinden, deren breitere, äußere an den Nippen zadig, wie ausgefloſſen erfcheint. Über den gleichfalls gelben, ſchwarz geringelten Hinterleib zieht eine breite blaugraue Kängsitrieme. Der Rüſſel üt jehr kurz, bedeutend Fürzer al3 bei jevem anderen Schwärmer, und erlaubt dem Schmetter: ling nicht, in der oben gejchilderten Weije feine Nahrung zu fich zu nehmen. Man findet ihn bei uns zu Lande, und zwar nur im Herbit, entweder mit dachförmig auf den Körper Totenkopf. Kiefernfhmwärmer. 393 gelegten Flügeln an einer Mauer, einem Steine figend, oder er geht dem Lichte nad) und erfcheint ſchwärmend in einem Wohnzimmer, wodurch er ſchon mandhmal Furcht und Staunen veranlaßt hat. — Die ftattlihe Raupe fommt in der Negel im Juli und Auguft auf Kartoffelfraut, Teufelszwirn (Lyecium barbarum), Stechapfel vor, man will ſie jedod) auch auf Jasmin (Jasminum officinale), Mohrrübe und Färberröte angetroffen haben. Eie mißt 13 cm und trägt auf dem vorlegten Ninge ein S-fürmig gebogenes, an der Wurzel verdünntes und wie ein Schwänzchen herabbängendes Horn. Man kann nad Färbung mehrere Spielarten unterſcheiden, für gewöhnlich it fte grünlichgelb, dicht mit ſchwarzblauen Bünftchen bejtreut, die drei erften und das lebte Glied ausgenommen, und hat vom vierten. ab jhön blaue, nach vorn offene, unterwärts ſchwarz bejchattete Winfel- bafen über den Rüden, je einen auf jedem Gliede. Dann und wann fommt die Raupe nicht jelten vor, während man fie jonft nur einzeln oder aud gar nicht findet. Im Sahre 1783 brachte ein Sammler bei Weimar 38 Stüd zufammen. Kam eine der anderen in dem Futterfaften zu nahe, jo juchten fie fih mit ihren Freßzangen, mit welden fie ein dem Zähneknirſchen ähnliches Geräuſch hervorbringen können, an den Häljen zu fallen, wobei die Angegriffene troß ihrer jonftigen Trägheit mit großer Gewandtheit auszubiegen veritand. Bor der VBerpuppung riechen fie in die Erde, kommen bisweilen nad) 5— 6 Stunden wieder hervor, oder fteden bloß den Kopf heraus und zehren an einem erreich- baren Blatte. Die Unruhe vieler Naupen zu diejer Zeit ift oft jehr merklich und kann durch gewiſſe Zufälligfeiten erhöht werden. So erzählte mir ein Freund, daß die jchon zur Verwandlung in die Erde gegangene Raupe des Windigs (Sphinx convolvuli), an Größe der des Totenfopfes nichts nachgebend, allemal wieder hervorgefommen und auf: geregt in ihrem Zwinger umhergekrochen ſei, jobald man in ihrer Nähe Klavier gejpielt habe. Die glänzend ſchwarzbraune Puppe des Totenfopfes, weldhe vorn hinter dem Kopfe flach jattelartig eingedrüct erfcheint, wird bei der Kartoffelernte in unjeren Gegenden einzeln in einer Erdhöhle aufgefunden und liefert in der allernächiten Zeit oder niemals den Falter, weil fie weniger als die meijten anderen Puppen während der Entwidelung gejtört jein will. Bon dem im Herbit ausgefrochenen will man beobachtet haben, und zwar nach ana= tomiſchen Unterfuhungen, daß fie nicht fortpflanzungsfähig jeien. Die ungejtörten Puppen überwintern und verwandeln fich dann in den Schmetterling. Derjelbe kommt in Mexiko, in ganz Afrifa und auf Java vor und im jünlihen Europa häufiger als weiter nad) Norden Hin. Ich Fann mir nicht verfagen, wenigſtens auszugsweije hier noch eine brief: lihe Mitteilung des Gerichtsrats F. Birthlow in Temeswar anzufchliegen, welche den Totenkopf al3 gefürchteten Honigräuber anklagt — als joldher gilt er auch auf Sizilien. — Die Banater Schwaben nennen ihn „Wolf, Wolfsichmetterling“ und willen, dab er mit anbrechender Dunkelheit in die Bienenkörbe eindringt und Honig naſcht. Der Bericht: eritatter, dem dieje Angaben befremdeten, überzeugte fich jelbit, hörte beim Eindringen de3 Schmetterlings ein bald wieder verftummendes Aufbraufen der Bienen im Stode, nah 4—5 Minuten wiederholte es fih, und der Totenkopf Fam heraus. ES wurden mehrere nacheinander gefangen, von diejen zwei jofort getötet und in der Saugblaje eines jeden ungefähr ein halber Theelöffel voll Hcnig gefunden. Die Tötung erfolgte durch Ab— jchneiden des Kopfes, wobei die Tiere gewaltig piepten, was bei der mit Honig gefüllten Saugblaſe dem Berichterjtatter deren Thätigfeit beim Tonhervorbringen Zweifel erwedte. Die Bienen jcheinen den Flüchtigen zu verfolgen; denn mit ihm wurden auch Bienen im Fangnege aufgefunden, ebenfo wurden der Berichteritatter und der Bienenvater von den wild gewordenen Bienen geitochen. Der Kiefernfhmwärmer, das Tannenpfeil (Sphinx pinastri), it der unſchein— barite aller Schwärmer; denn er unterjcheidet ſich kaum in der Farbe von dem Kiefernitamm, 394 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; zmeite Familie: Shwärmer. an dem er fißt; er fehlt wohl nirgends, wo diejer Baum wächſt. Die Oberfeite feiner ſchlanken Fühler und die Franjen find fledenartig weiß, die Vorderflügel mit einigen ſchwarzen Längsitrahlen gezeichnet und der Hinterleib zmweifarbig grau und ſchwarz in der vorliegen= den Zeichnung. Der Rüſſel erreicht eine Länge von 4 cm. H. Morin hat beobachtet, daß der Schmetterling abends nah Schwalbenart und pfeilichnellen Fluges in die Waſſer— lachen an Waldwegen eintaucht. Das befruchtete Weibchen Elebt jeine bleichgrünen Eier an die Nadeln der Kiefernbäume, und dann dauert e8 ungefähr 10—14 Tage, ehe die Räupchen daraus hervorbrechen. Diejelben häuten fi durchjchnittlih aller 10 Tage, freffen meift ihren Balg auf, was auch viele andere Raupen thun, und befommen mit der Zeit ihre bunte Längsitreifung, gelb, grün, lila. Die nach der vierten Häutung erwachſene Raupe hat ſchwache, teilweile ſchwarze Querrunzeln und die oben genannten Farben mehr oder weniger in Fledenjtreifen aufgelöft. Bei der Berührung ſchlägt fie wild um ſich, bricht Kiefernfhmärmer (Sphinx pinastri) nebjt Raupen verjchiedenen Alter3 und Puppe. einen brammen Magenjaft aus und verjucht zu beißen. Derartige Wahrnehmungen werden meiſt nur möglich, wenn fie zur Verpuppung von den Bäumen herabiteigt; denn in jungen Beftänden hält fie fich nur ſelten auf, ſondern meilt oben in den Gipfeln der Bäume. Ungefähr in der erften Hälfte des September bohrt fie fich in die Erde ein; umgibt eine Moosdede den Fuß des Baumes, jo geht fie unter dieje und nimmt Puppen geftalt an, in welcher die Überwinterung erfolgt. Eine kurze, nafenartig heraustretende Rüſſelſcheide charakterifiert die ſchwarze Puppe. Daß im nächſten Frühling nicht immer der zu erwartende Schmetterling hervorfommen müſſe, jondern große Schlupfweipen (Ichneumon pisorius und I. fusorius) feine Stelle vertreten fönnen, wurde bereit3 früher erwähnt. Bisweilen erjcheinen die Raupen in einer für die Bäume verderblihen Menge, wie 3. B. der Umſtand bemeift, daß 1837 und 1838 in der Annaburger Heide ſeitens der Foritverwaltung auf das Quart derjelben ein Preis von 15 Pfennigen gejegt wurde und namhafte Summen dafür verausgabt worden find. — Wer follte nit ſchon die feilte, ihön gelb getigerte Naupe im Sommer auf der Cypreſſen-Wolfsmilch (Euphorbia Oy- parissias), aber auch nur auf diejer, haben figen jehen, aus welcher der gemeinfte aller Schwärmer hervorgeht, der nach der Futterpflanze benannte Wolfsmilchſchwärmer Wolfsmilchſchwärmer. Dleanderfhmärmer. 395 (Sphinx euphorbiae, ſ. Abbildung). Seine ledergelben, öfters roſa bejtäubten Vorder: flügel ſchmücken an der Wurzel und hinter der Mitte vorn je ein olivengrüner Jled ſowie ine feilförmige Strieme von gleicher Farbe vor dem roten Saume; die hinteren Flügel, heller und dunfler rofenrot, an der Wurzel und vor dem Saume bindenartig ſchwarz, find am Innenwinkel weiß, wie der Mittel: und Hinterleib an den Ceiten. hnliche Färbungen fommen noch bei manchem anderen Schwärmer de3 In- und Ausiandes vor. Der DIeanderfhmwärmer (Sphinx nerii) trägt in Anfehung der Farbenfülle und der Flugfertigfeit die Siegespalme von allen europäijhen Dämmerungsfaltern davon. Er gehört allerdings für Europa nur zu den Zugvögeln, indem Nordafrita und Klein— alien als feine Heimatsländer bezeichnet werden. In einem zeitigen Frühjahr fommt er nad Keferfteins Anficht nach Frankreih, wo fi in 90 Tagen aus den gelegten Eiern neue Schmetterlinge entwicdeln, welche weiter nad) Norden ziehen und da ihre Eier ab- jegen, wo fie den Dleander in größeren Mengen in den Gärten vorfinden. Seit den Wolfsmilchſchwärmer (Sphinx euphorbiae) nebft Naupen; eine ſich gegen einen Ichneumon pisorius verteidigend. Außer dem Jchneumon alles natürliche Größe. dreißiger Jahren ift in heißen Sommern der Schmetterling gefangen oder aus der Naupe gezogen worden außer in der Schweiz bei Barmen, Elberfeld, Paſſau, Halle, Pirna, Berlin, Frankfurt a. D., Stettin, Braunjchweig, ja bis Riga hinauf und anderwärts. Schon im Juli fand fich die Raupe meilt bei Braunschweig, ſonſt fommt fie befonders im Auguft vor. Er: wachſen mißt fie 9a—11 em und weit, wie die Totenfopfraupe, zwei Farbenunterſchiede auf: eine grüne Grundfarbe und eine oefergelbe mit bräunlichen, wolfigen Streifen; der Körper: farbe entjpricht auch die des Kopfes. Die weiteren Zeichnungen in weiß, lila und blau ergibt die Abbildung (©. 396). Ungefähr 24 Stunden vor dem Verkriechen der Naupe flach unter der Erde, wo fie Moos und andere zu Gebote jtehende Gegenftände der Bodendede durch einige Gejpinftfäden feſt verbindet, ändert fie ihre Farbe wejentlich. Unter jener Dede kann fie bis 6 Tage liegen, meijt aber ftreift fie ſchon früher ihre Haut ab und wird zu einer Ihlanfen, anfangs bräunlichgelben, ſpäter dunfleren, durch zahlreiche ſchwarze Pünktchen noch mehr verdunfelten Puppe, welche auf dem Rüden rauher und weniger glänzend als an der glatten Bauchjeite erjcheint. Nach 4—6 Wochen Puppenruhe ſchlüpft der ftattliche Schmwärmer aus, dejjen Flügel in einer halben Stunde ihre volle Größe, 3—4 Stunden jpäter ihre wagerechte Lage neben dem Hinterleibe einnehmen. Derjelbe it in der Grund— farbe lebhaft grasgrün, auf den Vorderflügeln mit weißlichen, rojenroten und violetten 396 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; zweite Familie: Schwärmer. Streifen wie Fleden, auf der Wurzel der Hinterflügel breit violett und ebenfo bunt am Körper gezeichnet. Im Mai und Juni fieht man nicht jelten an den Pappeljtämmen der Heerjtraßen oder der Dorfteiche einen rötlichgrauen Schmetterling hängen, welchen man aus der Ent: Dleanderfhmwärmer (Sphinx nerii) nebft Raupe und Puppe. Natürliche Größe. fernung für ein dürres Blatt halten könnte. Die ausgezadten Flügel legen ſich jo über den Rücken, daß der Aufenrand der hinteren über den Vorderrand der vorderen hervorragt. Er hängt in der That; denn nur feine Vorderjüße halten ihn feſt. Manchmal hängen ihrer zwei aneinander, die Köpfe nach entgegengefegten Richtungen gekehrt, und verweilen in diejer Lage halbe Tage lang. Es ift dies eine von den Eigentümlichkeiten dieſer Schwärmer, welche man ihrer abweichenden Flügel wegen auch Zackenſchwärmer genannt hat, daß ſie, gegen die Weiſe der echten Schwärmer, über Tage ſich in der Paarung betreffen laſſen, und daß ſie nach Art gewiſſer Spinner, welchen ſie auch in der Körpertracht nahe ſtehen, dieſelbe ſofort beginnen, wenn die beiden Geſchlechter in einem Zwinger den Puppen entſchlüpft ſind. Ihre Pappelſchwärmer. Abendpfauenauge Linden: und Nachtkerzenſchwärmer. 397 zweite Eigentümlichfeit bejteht darin, daß ſie infolge ihres weichen und ſchwachen Rüſſels nicht ſchwärmen, jondern während des Nachts lebhaft umbherfliegen, ohne gerade den Blumen nachzugehen; wenigjtens fängt man fie nie an jolchen Stellen, wo Windig, Liguſter-, Wolf: milch, Meinihwärmer, Tannenpfeil und andere jummend und brummend Honig nahen. Trogden haben den Zadenfhwärmern ihre allgemeine Körpertracht, der Verlauf des Flügel: geäders, die FJühlerbildung jowie die gehörnte Raupe und deren VBerpuppungsmweile ihren Bla unter den Schwärmern gejichert. Der Bappeljhwärmer (Smerinthus populi), welcher anfangs gemeint war, hat ftumpf ausgezadte, ziemlich breite Flügel, auf deren vorderen zwei braunrote, etwas gewellte, ſchmale Binden die drei Felder abjheiden, ein weißes Mondchen ſowie ein braumroter jogenannter „Mittelichatten” das mittelite kenn— zeichnet; durch die am Vorderwinfel ausgejchweiften, am Innenrande braunrot beſchatteten Hinterflügel ziehen zwei Binden. Die Fühler des im Leibe fchlanferen Männchens zeichnet eine Doppelreihe von Kammzähnen aus. Im Spätjommer riecht eine und die andere ipigföpfige, gelbgrüne, durch erhabene Punkte rauhe Naupe, deren Seiten mit weißlichen Schrägftrihen gezeichnet find und deren vorlettes Glied ein ſchwarz beſpitztes Horn ziert, auf der Landitraße umher, überzieht fi auch mit deren Staube bis zur Unfenntlichkeit. Sie fam vom Baume herab, um fi in der Erde ein Kämmerlein zur VBerpuppung zu Juchen. Übrigens frißt fie auch Weiden wie die ähnliche Naupe des Schönen Abendpfauenauges (Smerinthus ocellatus, Fig. 1, ©. 398), welches ſich durch das blaue Pfauenauge auf dem Tarminroten, in der Farbe nicht echten, d. h. leicht ausbleichenden Hinterflügeln vorteil: haft vor allen heimijchen Schwärmern auszeichnet. Der Lindenihwärmer (Smerinthus tiliae), mit ausgenagten Vorderflügeln und von odergelber Grundfarbe mit veränderlich dunkler Bindenzeihnung, ijt der dritte der in Deutjchland allgemein verbreiteten Zaden- ſchwärmer, deren jeder jeinen eignen Flügelſchnitt hat. Die breitleibigen Schwärmer (Macroglossa) vereinigen ein breiter, an den Eeiten und der Spitze mit Haarjehöpfen verjehener Hinterleib, mehr feulenförmige Fühler, welche die halbe Borderrandslänge der Flügel überragen, und ein langer, horniger Rüſſel zu einer dritten Sippe, deren Glieder auch im Betragen von den übrigen Samiliengenofjen abweichen. Die meilten breitleibigen, gleichzeitig auch kleinſten Schwärmer fliegen bei Sonnenſchein in derjelben Weije, wie die echten Schwärmer in der Dämmerung. Der Nachtkerzenſchwärmer (Macroglossa oenotherae) iſt von den heimijchen der zier- lihjte und durch den ausgefrefjenen Saum der VBorderflügel ausgezeichnet; diejelben find grün am Eaume und in einer Mittelbinde dunfler, die Hinterflügel gelb mit jchwarzer Saumbinde verziert. Mir ift Fein Falter befannt, welcher in feiner Größe jo auffällig hinter der jeiner Raupe zurücbleibt. In der erften Jugend grün, nimmt diefe nad) den jpäteren Häutungen eine graubraune Grundfarbe an, weldhe auf dem Rüden durch dichte ſchwarz— braune Punkte und in den Seiten durch faſt ſchwarze Cchrägflede und ſchwarze Längsadern vielfach verdunfelt wird. Mitten in den Seitenfleden ftehen die gelben Luftlöcher und an Stelle de3 bei den Verwandten vorhandenen Hornes ein gelber, ſchwarz umringter Augen: fledd mit gewölbter und polierter Oberfläche. Sie ernährt ſich während des Juli und Augult von Nachtkerze, verjchiedenen Arten des Weidenröschens (Epilobium) und von dem Blut: fraut und findet fih, wo fie einmal vorfommt, in größeren Mengen beifammen, wie mic) meine Beobachtungen in der Gegend von Halle gelehrt haben. Die Verbreitung ijt Feine allgemeine und jcheint fich für Deutjchland vorzugsweiſe auf das Hügelland und die Vor: berge des Gebirges zu bejchränfen. Die erwachjene Raupe hat in der Gefangenjchaft die üble Gewohnheit, unruhig umberzulaufen und jchließlich ermattet zu Grunde zu gehen, jo daß der Mehrzahl der Sammler die Erziehung des Schmetterlings nicht hat glüden wollen. Nach manchen vergeblihen Verſuchen erreichte einer meiner Freunde feinen Zweck volljtändig, 398 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; zweite Familie: Schwärmer. indem er jede unruhig werdende Naupe auf einen Kleinen, mit Erde gefüllten Blumentopf jegte, diejen mit einem Glasjcherben bevedte, um das Entweichen zu verhindern und die Wir— lungen der Sonnenftrahlen zu erhöhen, denen der Topf preisgegeben ward. Jede Raupe verfügte ſich alsbald in die Erde und lieferte eine entwidelungsfähige Puppe. Dies allen denen zur Beachtung, welche in der Lage find, die Naupen des Nachtkerzenichwärmers zu züchten! Das Karpfens oder Taubenjhwänzchen (Macroglossa stellatarum, Fig. 2) treibt ih überall in zwei Bruten vom Mai bis in den Dftober an den verjchieden: jten Blumen umber, bildet durch jeinen Flug, durd fein ebenjo bligichnelles Erſcheinen wie Verſchwinden einen höchſt eigentümlichen Gegenſatz zu dem übrigen Faltervölfchen und bringt das Betragen der echten Echwärmer denjenigen zur Anjchauung, denen es > Yin u Mala) Uni‘ 1) Abendpfauenauge (Smerinthus ocellatus) nebft Raupe. 2) Karpfenſchwänzchen (Macroglossa stellatarun) nebft Raupe. Natürliche Größe. von den anderen das Dunkel der anbrechenden Nacht verbirgt. Abgejehen von den roftgelben, am Caume etwas verdunfelten Hinterflügeln, ift diefer Chwärmer graubraun gefärbt und auf den Vorderflügeln mit einigen dunkleren, bindenartig verteilten, am Hinterleibe dDunfleren jowie an deſſen Eeiten weiglichen Fleden gezeichnet. Die gehörnte Naupe ift heller oder dunkler grün, bisweilen rotbraun und hat acht Reihen weiplicher, erhabener Berlflede und vier weiße Kängslinien, von welchen zwei fich vor dem bläulichgrünen Horne auf dem Rücken vereinigen, die beiden anderen hinter dem: jelben. Cie frißt Labkraut (Galium) und Färberröte (Rubia tinctorum). Die graubraune, rauhe Puppe hat einen dunfeln Nüdenftreifen, zugejchärftes, jtumpfes Kopfende und er— Iheint darum nad vorn ſchmächtig; von der zweiten Brut überwintert fie. — Zwei unter Jich jehr ähnliche Arten, Macroglossa fuciformis und M. bombyliformis, wegen ihrer ober: flächlichen Ahnlichkeit mit einer Hummel zu deutih Hummelſchwärmer genannt, ver: danken auf Skabiojen und Echnecbeeren gleichfalls jreilebenden, gehörnten Raupen ihren Urſprung und leiten infolge ihrer ftellenweije durchſichtigen Flügel zu den Glasflüglern über, welchen wir jegt unjere Aufmerkfamfeit zuzumwenden haben. Karpfenfhwänzdhen. Holzbohrer: Glasflügler. 399 Bon der Familie der Holzbohrer (Xylotropha) gelten nur zwei gemeinjame Merk- male: nad) vorn pi endende Fühler und zwei Sporenpaare an der Innenſeite der Hinter: Ichienen, im übrigen gehen fie weit auseinander. Es findet ſich bei ihnen die breite Flügel— form, welde an die Tagfalter erinnert, die jchmale der Schwärmer, zu welchen manche von ihnen bisher gerechnet worden ſind, und die in der Mitte jtehende, welche in Ver: einigung mit dem diden Hinterleibe die Spinner Fennzeichnet. Somit haben wir es hier mit einer Übergangsgruppe zu thun, deren Glieder nur wegen ihrer Entwidelungsgejchichte zur Vereinigung berechtigen. Die walzigen over nievergedrüdten, einzeln behaarten und fechzehnfüßigen Raupen aller leben nämlich in der Jugend unter der Rinde holziger Ge: wächje, bohren fih, wenn fie größer werden, tiefer hinein und arbeiten Gänge im Holze, oder zwijchen diefem und der Ninde aus. Weil fie fich vom Sonnenlicht abſchließen, fehlen ihnen lebhaftere Farben gänzlich, und die meiſten erjcheinen in dem lichten, beinfarbenen Gewande, welches den ebenfo lebenden anderen Kerflarven eigentümlich zu jein pflegt. Als Bohrer bedürfen fie auch einer längeren Zeit zu ihrer Entwidelung, und einmalige Über- winterung wird bei ihnen zur Regel, es kommt aber auch eine zweimalige vor. Manche fertigen fih, wenn fie erwachjen find, ein geſchloſſenes Gehäufe aus ven Spänen ihrer Umgebung, andere verpuppen fich frei in der etwas erweiterten Höhlung des Ganges. Darin aber ftimmen alle überein, daß die Raupe dafür forgt, dem der Puppe entſchlüpften Chmetterling die Freiheit zu fihern. Sie hat während ihres Lebens einen Ausgang be- reitet, weldher ihr zum Hinausſchaffen des Kotes diente, wie fie jenem zum Ausfliegen dienen wird. Der Kot quillt in Form zujammengebadener Sägejpäne daraus hervor, bleibt zum Teil daran hängen, verjtopft daS Loch ſtets und wird zum Berräter der Raupe. Dieje nun, wenn fie in Begriff fteht, ich zu verpuppen, begibt fih unmittelbar hinter jenen verjtopften Ausgang und fehrt fi) mit dem Kopfe ihm zu. Die Natur, welde nichts halb thut, pflanzte der Naupe nicht nur dieſen Trieb ein, fondern baute auch die Puppe jo, daß fie durch eine ſcharfe Spitze am Kopfe, oder durch Borftenkränze an ihren Leibesringen bohren und fih durch Windungen ihres Körpers vorjhieben kann, wenn das erwadhte Echmetter- lingsleben im Drange nad) Freiheit dazu Veranlafjung bietet. Sonad) ift der Schmetterling gegen jeine Brüder, deren Puppen im Freien hängen, Faum benachteiligt, er hat nur, bevor er im Naden die Hülle der legteren jprengt, durch einige Wurmbewegungen, wie der Schwärmer in der Erde, die Puppe wenige Linien vorwärts zu jchieben. Dieje Eigentüm: lichkeit in der Entwidelung und der Mangel gewifjer Kennzeichen, welche andere Arten haben, deren Larven gleichfalls bohrend leben, find es, welche die gleich näher zu betrachtenden zu einer Familie vereinigen lafjen. Die Glasflügler (Sesia) ftimmen wenigſtens in der Körpertradht und Bildung der Fühler, wie hinfichtlich der an den Hinterflügeln befindlichen Haftborjte mit ven Schwarmern überein, von denen fie die eben näher gejchilderte Lebensweije, das Vorhandenſein zweier Punktaugen auf dem Cceitel, die durchaus glashellen Hinterflügel, die in der Negel jehr unvollftändig beſchuppten, ſchmalen VBorderflügel weſentlich unterfcheiden. Von diefen über: aus zierlichen Faltern fennt man etwa 60 Arten aus Europa, darunter 27 deutſche, außer: dem zahlreihe in Amerifa. Eie fehlen jhwerli in den übrigen Erdteilen, es hat aber eine ganz eigentünliche Bewandtnis mit ihrem Auffinden. Co weit meine Erfahrungen reihen, Friechen die Echmetterlinge, die Puppe halb aus dem Schlupfloche mit ſich nehmen, in den Morgenftunden zwiſchen 9 und 12 Uhr aus, figen furze Zeit ruhig am Baum— ftamm, um vollkommen abzutrodnen, fliegen dann aber lebhaft am Yaube umher, um jich zu paaren. Ihr Flug tft ein ungemein leichter, flüchtiger und ihre Bewegung eine hüpfende. Shre Lebensdauer dürfte eine nur turze jein. Wer die Entwidelungszeit und Futter— vflanze der einzelnen Arten kennt und zu beftimmter Zeit an Ort und Stelle ift, wird unter 400 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; dritte Familie: Holzbohrer. Umftänden eine reiche Ausbeute halten, während der eifrigite Sammler, welcher dies alles nicht kennt, jahrelang umberlaufen kann, ehe er nur ein Stüd und dies zufällig zu jehen bekommt. Diejenigen Arten, deren erwachſene Naupen gefammelt werden fünnen, ohne daß man Bäume zu fällen braucht, laſſen ſich auch erziehen. Stedt man jene einzeln in einen etwas ausgehöhlten, trodenen Brombeerftengel, jo bohren fie ſich weiter ein, jpinnen die Öffnung zu und gedeihen vortrefflich in diejen Patronen. Abgejehen von einigen wenigen Arten, wie die vorherrſchend gelbe Sesia empiformis Esp., S. tenthrediniformis Ochsenh., deren Raupe in dem Murzelftod der Cypreſſen-Wolfsmilch lebt, während der Echmetterling im Sonnenschein um die Futterpflanze fliegend angetroffen wird, befommt man noch am häufigiten unſere größte Art zu jehen: Den Hornifienihmwärmer (Trochilium apiforme). Zu der Abbildung braucht nur bemerkt zu werden, daß die lichten Stellen am Körper goldgelb, die dunklen ein— 1) Hornifſenſchwärmer (Trochilium apiforme) nebjt Raupe und Puppenhülfe. 2) Weidenbohrer (Cossus ligniperda) nebjt Raupe und Puppenhülfe Alles natürliche Größe. ihließlich der Fühler braun bis ſchwarzbraun, die Adern, Franjen aller Flügel und der Norderrand der vorderen nebjt den Beinen rofigelb (bronzefarben) find. Der Echmetter: ling eriheint von Ende Mai bis Ende Juli und erzeugt beim Fliegen einen auffällig jummenden Ton, der ihn auch in diefer Hinficht der Horniſſe nahe bringt. Die Raupe lebt unten im Stamme junger Bappeln und Ejpen, am liebiten an der Etelle, wo er aus der Erde heraustritt, aber auch tiefer unten, und es fehlt nicht an Veijpielen, wo der Wind dergleichen Stämmchen umgebrohen und diefe Raupe genau diejelben Wirkungen hervor: gebracht hat, wie die Larve des großen Pappelbocks (Saperda carcharias), welche wir früher fennen gelernt haben. Die Verwandlung der Raupe verteilt fih auf zwei Kalenderjahre, jedoh nur auf eins ihres Lebens. Im Juni und Anfang Juli werden die Eier zwijchen die Rindenſchuppen abgejegt, und im nächſten März findet man die Raupe ziemlich er- wachen. Lebte fie im Wurzelſtock, ſo kann die Verpuppung aud) in der Erde, nahe der Oberfläche erfolgen. Es jei noch bemerkt, daß man die alte Gattung Sesia neuerdings in mehrere zerlegt hat, und daß die Echmetterlinge, welche jenen Namen behielten, bedeutend jchlanfer im Hinterleibe find, als der hier abgebildete, und in einen zierlihen Haarbuſch endigen, welcher fächerartig ausgebreitet werden kann, was bejonders bei der Paarung geſchieht. Als ich Horniſſenſchwärmer. Apfelbaum:Glasflügler. Weidenbohrer. 401 einft in den Morgenftunden (11. Juni) auf den Fang der hübjchen Sesia myopiformis ausging, eines glänzend blaufchwarzen Glasflüglers, deſſen ſchmächtigen Hinterleib ein roter King verziert, und deſſen Raupe hinter der Ninde der Apfelbäume lebt, beachtete ich auch die Grashalme des neben den Bäumen hinlaufenden Landſtraßengrabens, weil fie nicht felten an denjelben ruhten. Hier jah ich das Gejuchte auch ſitzen und daneben eine fette Weſpe. Als ich mich näherte, um mich des Apfelbaum:Glasflüglers zu bemächtigen, flog jene davon. Wie groß aber war mein Staunen, als ih ein Männchen gefangen hatte, deſſen Hinterleib um die beiden legten Glieder eines weiblichen verlängert war; alles übrige Fleijch diefer unglüdlihen Mutter war den Zähnen der Futter bejorgenden Wefpe verfallen. Vornehmlich in dem Baume, von welchem der Weidenbohrer (Cossus ligniperda, ſ. Fig. 2, ©. 400) jeinen deutjchen Namen erhalten hat, aber auch in Objtbäumen, Nüftern, Pappeln, Erlen, Eihen und Linden, wohin gerade das eierlegende, ziemlich träge Weibchen verjcehlagen wurde, lebt jeine Larve. Sie findet fich meift einzeln oder nur in geringer An- zahl in einem Baume, Fommt aber auch ausnahmsweije in größeren Mengen vor. In den Anlagen um Göttingen rottete man im Dezember 1836 drei je faſt einen Fuß im Durchmefjer haltende Trauerweiden aus, in welchen beim Zerflüften des Holzes hundert Raupen gefunden wurden. Hinter der Rinde einer Eichenftubbe traf ich einmal im März neun rojenrote Raupen eben derjelben Art, welche etwa 13 mm mafen und aus Eiern vom Juli des vorangegangenen Jahres abjtammten. Sie jagen nahe bei einander und waren noch nicht in das Holz eingedrungen. Die Gänge, welche fie ſpäter bohren, verlaufen in der Kegel mit der Längsachſe des Baumes; fie verbindende Querzüge jcheinen nur da— durch entjtanden zu jein, daß eine neue Straße angelegt wurde, oder, wenn fie nad) außen führen, zum Fortichaffen der Auswürfe zu dienen.. Die Naupe wächſt bei der holzigen Koft, welche wenig Nahrungsitoff bietet, jehr langſam, und ehe jte daher ihre volle Größe von durch: Ichnittlih 9 em Länge und faſt 2 cm Breite erlangt hat, vergehen mindejtens zwei Jahre. Weil jie gefundes Holz ebenjo wie mürbes angreift, jo ftattete fie Mutter Natur mit jehr fräftigen Freßzangen, bedeutender Muskulatur (die berühmte Anatomie der Weidenbohrerraupe von Peter Lyonnet weilt 4041 Muskeln nad) und mit einem äßenden Safte aus, welchen fie auch demjenigen in das Geficht jprigt, welcher fich mehr mit ihr zu Schaffen macht, als jie vertragen kann. Die rojenrote Farbe des Jugendkleides vertaufcht fie in vorgerüdterem Alter mit einer ſchmutzigen Fleifhfarbe an den Seiten, am Bauch und in den Gelenk: einjchnitten, während fich die Nücenfläche der Ringe braun, Naden und Kopf ſchwarz färben. Zur Verpuppung begibt fie fich in die Nähe des Ausgangsloches und jpinnt ein Gehäuje. Gelangt fie bei ihrer Unruhe vor der Verpuppung tief genug, daß fie die Erde erreicht, jo fertigt fie von ſolcher ein Geſpinſt; lebt fie Dagegen in einem ſchwachen Stamme, welcher für jenes zu eng jein würde, jo enthebt fie fich gänzlich der Vorarbeit und nimmt mit dem nadten Gange als Totenfammer fürlieb, wenn ſie es nicht vorzieht, herauszugeben und unter dem erjten beiten Steine ein Obdach für die Buppenruhe zu juchen. Die braune, auf dem Kopfe jchnabelartig zugejpiste Puppe mißt etwa 40 mm, faſt deren 13 in der größten Breitenausdehnung und wird durch die Borftenkränze an den jcharfen Rändern der Ringe ungemein rauh. ze näher die Zeit ihrer Vollendung heranrüdt, deſto unruhiger wird fie, bohrt gegen das vorn nicht feſte Gehäufe, durchbricht es und ſchiebt Tih zur Hälfte aus demjelben heraus, ja, fie verläßt e3 ganz, wenn es dem Flugloch etwas entjernter lag. Sie muß fühlen, daß mindejtens ihr Kopf von der freien Luft angehaucht wird. Nach kurzer Ruhe jtößt der nach weiterer Freiheit ringende Falter ‚gegen den vorderen Teil, und die dünne Schale jpaltet fich in der gewöhnlichen Weife. Die Beine fommen mit dem Kopfe und den Fühlern zunächit zum Vorſchein, jene faſſen Fuß, und der jchwerfällige Körper wird nachgezogen. Die gefalteten, didrippigen Flügel wachen in derjelben kurzen geit, wie Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX 26 402 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; vierte Jamilie: Bären. bei anderen Faltern, nur bedürfen fie länger der Einwirkung von Luft und Wärme, um durch Verdunftung der überflüjligen Feuchtigkeit die gehörige Härte und Feitigfeit zu er: langen. Mit anbrechender Nacht erſt Scheint dem Erjtandenen das Leben zu fommen, er umjchwirrt feine Geburtsftätte, befonders das Gejellihaft juchende Männchen, und freut fich des geflügelten Dajeins, welches durch jeine Kürze für das lange Höhlenleben nur einen ſpärlichen Erjaß bietet. Am Tage fißt er mit dachförmig den Hinterleib verbergenden Flügeln in bodender Stellung, d. h. durch Naheaneinanderbringen der vorderen Beine wird der vordere Körperteil von der Unterlage, dem Baumjtamme, abgerüdt, von defjen Ninde er fi kaum unterjcheiden läßt. Seine Vorderflügel und der in diejer Stellung nur ficht- bare Mittelleib find durch zahlloje geihhlängelte Linien und Flede in allen Schattierungen von Braun, Grau und Schwarz fein marmoriert; Echeitel und Halsfragen zeichnen fich durch gelbgraue Färbung aus. Die Hinterflügel find braungrau und dunfeln vor dem Saume undeutlih. Der ebenfalls graue, weißlich geringelte Hinterleib endigt beim Weib: chen mit einer vorjtredbaren Legröhre, damit e3 feine Eier tief zwijchen die Rindenrige bineinjchieben fünne. Der Mangel der Nebenaugen, eine in die Mittelzelle eingejchobene Zelle, zwei freie InnenrandSrippen der Vorderflügel, drei der hinteren, welche auch Haft: boriten haben, und zwei Sporenpaare an den Hinterjchienen bilden die Hauptmerkmale der Gattung, welche noch einige, aber jeltenere Arten aufzuweijen hat, wie die Sippe noch ver: wandte Gattungen. Wenn die Glieder der eben beſprochenen Familie aus der Übereinftimmung in Form und Lebensweiſe der früheren Stände, nicht aber aus der Gleichartigfeit der Schmetter- linge ihre verwandtichaftlichen Verhältniffe ableiten, jo können dies die Mitglieder der Bärenfamilie (Cheloniariae) weder in der einen, noch in der anderen Beziehung. Von den drei Sippen, welche ſie umfaßt, finden wir in den meiſten Büchern die Blutströpf— chen eigentlich nur wegen Übereinſtimmung der Fühler mit den Schwärmern, die beiden übrigen mit den Spinnern vereinigt, denen ſie entſchieden ſehr nahe ſtehen. Unter Be— rückſichtigung der ungemein zahlreichen ausländiſchen Arten zeigt ſich jedoch ein fo un— merflicher Übergang von der einen Sippe zu der anderen, daß ihre Vereinigung zu einer Familie feinem Bedenken unterliegt; außerdem geftattet ihre Trennung von den Spinnern eine ſchärfere und natürlichere Begrenzung dieſer eben genannten Familie, und faft allen hierher gehörenden Schmetterlingen fommt überdies noch eine Eigentümlichkeit zu, welche wieder in anderer Hinficht auf eine nahe Verwandtichaft untereinander hindeutet. Wenn man fie nämlih zwiſchen die Finger nimmt, ftellen fie jih duch Schlaffwerden der Fühler und Beine wie tot und laſſen aus beiden einen gelben, didlihen Saft in Form von Tröpfchen hervortreten; ebenfo aus der Wunde des Mittelleibes, wenn derjelbe mit einer Nadel durchbohrt wird. Sonſt ftimmen die Bären im weiteren Sinne noch überein in der Entwidelung des Nüfjels, in dem Vorhandenjein von Nebenaugen bei den meijten, durch glatte anliegende Behaarung des Körpers, in der Ruhe dachförmig getragene Flügel, welche meijt lebhaft und grell gefärbt find und mittels einer Haftburjte der Hinterflügel zujammengehalten werden. Die 16füßigen Naupen find nie nadt, öfters Jogar jehr be= baart. Die Puppen ruhen weder in der Erde, noch in Pflanzenteilen, jondern in einem jehr verichtedenartigen Geſpinſte über jener. Sin der Weije, wie in unjerer Abbildung ©. 403 auf der Sfabiofe, fo jehen wir von Witte Juni bis in den Auguft an den verjchiedenen Waldblumen Schmetterlinge fißen, welche dur ihren dicken Hinterleib, die ſchönen roten Hinterflügel und roten Tupfen auf den ſtahl— grünen oder blaufhwarzen Vorderflügeln auffallen. An unfreundliden Tagen figen fie Steinbrech-Widderchen. 403 ruhig und träumeriſch, bei Sonnenſchein ſaugen ſie eifrig, manchmal ihrer drei, vier an einem Blütenköpfchen, und begeben ſich in ſchwerfälligem Fluge von dannen, wenn ſie hier nichts mehr finden, um dort ihr Heil weiter zu verſuchen. Harmlos ſitzen ſie jederzeit, einzeln oder gepaart in entgegengeſetzter Richtung, und laſſen ſich mit den Fingern erhaſchen. Man Fann ſelbſt verjchiedene Arten in Vereinigung antreffen, daher entitehen Miſch— formen, welche die Echwierigfeit noch erhöhen, jehr naheltehende Arten mit Sicherheit zu unterfcheiden, zumal einzelne an fich jchon die Veränderung in der Färbung zu lieben jcheinen. Man hat diefe hübſchen Falter wegen ihrer etwas geihwungenen Fühler Wid- deren, wegen der roten Flede auf den Vorderflügeln Blutströpfhen (Zygaena) genannt und findet an allen als gemeinjame Merkmale einen jtark entwidelten Nüjjel, 1) Brauner Bär (Aretia caja): 2) und 3) Varietäten; 4) Raupe. 5) Steinbreh=Widderden (Zygaena filipendulae); 6) Kaupe. 7) Weißfleck (Syntomis Phegea). Alle natürliche Größe. zwei Nebenaugen, zwei Sporenpaare an den Hinterfchienen, zwei Innenrandsrippen in den ſtumpf geipisten Vorderflügeln, drei in den breiteren und jpißeren, roten Hinter: flügeln, welde überdies eine Haftborjte haben, ungezahnte, verhältnismäßig lange, vor der Spite ſtark angefchwollene Fühler, welche nad dem Tode infolge ihrer dünnen Wurzeln ungemein leicht abbrechen, Flaumhaare an den Eopflangen Taftern und an der Unter: jeite der Schenkel. Das in Fig. 5 abgebildete Steinbreh-Widderhen (Zygaena filipendulae) hat ſechs gleicharoße, Farminrote Fleckchen auf den blaugrünen Vorder: flügeln, das mittlere Paar genähert und wenig ſchräg; es kommen auch Stücke mit Faffee: braunen Zeichnungen und Hinterflügeln als Seltenheiten vor (Zygaena chrysanthemi). Die Raupe (Fig. 6) jehen wir auf einem Blatte von Wegerich, welchen fie neben verichies denen anderen niederen Pflanzen, wie Löwenzahn, Maufeöhrchen und anderen, frißt. Sie ilt, wie die meijten dieſer Raupen, lichtgelb, reihenweije ſchwarz geflecdt, etwas weichhaarig und zieht ihr Kleines Köpfchen gern in den erjten Körperring zurüd. Ziemlich erwachſen über- lebt fie den Winter. Nachdem fie fih im nächſten Frühling noch einige Wochen ernährt bat, riecht fie an einem Stengel in die Höhe und fängt an, ein Gejpinit zu fertigen, 26 * 404 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fünfte Familie: Spinner. welches nach feiner Vollendung ftarfem, gut geleimtem Papiere ähnlich ift und fih in Form eines Geritenforns mit der Langjeite einem Stengel anjchmiegt. Oben bleibt es loderer, und wenn der Echmetterling im Juni zum Leben erwacht, jo nimmt er beim Ausfriehen die Puppenhülle halb mit heraus. Das Weißfled, den Ningelfhwärmer (die Siebenbrüder, Syntomis Phegea), erbliden wir in Fig. 7 (S. 403) und finden den blaujchwarzen, weiß gefledten, am Hinterleib einmal gelb geringelten Schmetterling in der Körpertracht einem Blutströpfchen jehr ähnlich und doc in einigen Beziehungen wejentlic verſchieden. Zunächit fehlen die Punktaugen, jodann verdiden ſich die jchlanfen Fühler nicht nad) vorn. In jedem Flügel fteht nur eine Innenrandsrippe und an den kleinen Taftern eine borjtige Behaarung. Wo diejes hübſche Tier einmal vorkommt, ift es jehr gemein und zeigt diejelbe Lebensweiſe wie die Widderchen, nur daß es beim Saugen auf Blüten die Flügel ein wenig gehoben trägt. Die gleichfalls überwinternde Naupe ernährt fih von Baumflechten, ift bürftenartig mit graubraunen Haaren dicht bededt und verwebt, wenn fie reif ift, dieſe zu einem loderen Geſpinſte für die braune, beiderjeits jtumpfe Puppe, welche nur wenige Wochen ruht. Wenn wir eine Neihe licht gefärbter, Schwarz punktierter Schmetterlinge und eine noch größere in jehr lebhaften Farben prahlender als Bären bezeichnet finden, jo muß ung das wundernehmen, weil wir an ihnen fchlechterdings feine Ähnlichkeit mit den plumpen, brummigen Bären wahrnehmen können. Kennen wir aber ihre Raupen, jo finden wir die Bezeichnung eher gerechtfertigt, weil jene mit langen, meiſt dunkeln Haaren dicht und zottig bewachjen jind wie ein Bär. Sie fünnen alle flink laufen und ruhen lang ausgejtredt, haben aber je nach der Art ein jehr verjchiedenes Ausjehen. Man hat nad) allerlei feinen Merkmalen die Falter auf zahlreiche Gattungen verteilt. Einen der gemeinften, den Brauner Bär (Arctia caja), jehen wir ©. 403 in Fig. 1; 2 und 3 ftellen einige von den Abänderungen dar, in denen er vorfommt, Fig. 4 jeine Naupe. Letztere begegnet uns häufig vom Auguft an und nach der Überwinterung wieder bis zum Mai, denn fie frißt an allen möglichen Pflanzen, Frautartigen ebenjo wie an Sträudern, „man fann fie mit Brot füttern“, äußerte gegen mid) einmal ein Sammler, um damit anzudeuten, daß fie fein Koftverächter jei. Bor anderen Bärenraupen ift fie kenntlich an den jchwarzen, weiß bejpisten Haaren, welche eben nur die Körperhaut durchſchimmern lafjen; bloß ſeit— lih und auf den drei erſten Ringen verändert fich das ſchwarze Haarkleid in ein fuchs— rotes. Der Schmetterling hält fi den Tag über verftedt. Er ift von lebhafter Färbung; die weißen Zeichnungen der Vorderflügel ftehen auf jamtartig rotbraunem Untergrunde, welchen fie mit Kopf und Mittelleibsrüden teilen, und der zinnoberrote Hinterleib und die ebenjo gefärbten Hinterflügel find ſchwarz, legtere blauſchwarz in der angegebenen Weije gezeichnet. Die weißen Fühler werden bei dem Männchen dur) kurze Kammzähne etwas dider, als jie das hier abgebildete Weibchen zeigt. Sn warmen Nächten des Juni und Juli fliegt der Braune Bär umber, langjam und bedädtig, und nur während diejer zeit erfolgt die Paarung, in welcher Männchen und Weibchen unter einem betaueten Dlatte am frühen Morgen wohl noch ertappt werden Die erwachjene Naupe verfertigt aus ihren langen Haaren ein lojes Geipinit, in welchem die Schwarze, gedrungene Puppe an der Erde unter dürrem Laube eine furze Ruhe von wenigen Wochen hält. Nicht jelten erſcheint fie auch gar nicht in diefem Gejpinfte, jondern ftatt ihrer eine Anzahl von 5 bis 7 ſchwarzen Tonnenpüppdhen, aus welchen ihrer Zeit Shwarzgraue Fliegen zum Vor: Ihein fommen, jogenannte Tadhinen, welde in zahlreichen Arten fih im Graje umher: treiben, um die verſchiedenſten Schmetterlingsraupen mit Eiern zu bejchenfen. — Einige Cippengenojjen fliegen ausnahmsweije im Sonnenſchein umher, wie 3. B. der prächtige Burpurbär (Aretia purpurea) oder die Jungfer (Callimorpha dominula), Weißfleck. Brauner Bär. Atlas. 405 wenige, wie beifpielsweife die Spanifche Fahne (Callimorpha Hera), haben fic) dies zur Regel gemacht und zeigen fich dabei jehr jcheu und flüchtig, die meiſten jedoch) ruhen während diefer Zeit, indem fie den Hinterleib mit ihren Flügeln dahartig beveden. MWa3 von didleibigen, breitflügeligen, im männlichen Gejchlechte ſtark Fammfühlerigen Schmetterlingen noch übrigbleibt, zählt zu der Familie dev Spinner (Bombycidae), welche an Reichtum der Arten den vorigen nicht nachftehen, an Übereinftimmung der Kör— pertracht fie übertreffen. Die Spinner, meijt von mittlerer, aber auch von außergewöhn: licher Größe, find der Mehrzahl nah von trüber, blafjer und wolkiger Flügelfärbung, meift ohne Nebenaugen, ſehr allgemein durch auffallende Unterjchiede der beiden Gejchlech- ter in Form und Größe ausgezeichnet. Die an fich borjtigen Fühler bleiben jo oder ver: jehen fi nur mit Säge: oder furzen Kammzähnen bei den Weibchen, während die Männ— hen ungemein lange, nicht jelten jehr bujchige Kammzähne führen. Die breiten Flügel werden in der Negel dachartig getragen. Der dicht und mwollig behaarte Körper, bei beiden Geſchlechtern durch diefe Behaarung plump, erjcheint indes beim Männchen oft ſchlank gegen den bedeutend größeren, durch zahlreiche Eier gejchwellten Hinterleib der Weibchen. Hiermit geht die größere Flugfertigfeit und Beweglichkeit jener im Vergleiche zu diejen Hand in Hand. Denn viele Männchen jaufen bei Tage unitet und haftig in ausdauern= dem Fluge zwiihen Gras und Gebüjh umher, indem es fih um das Aufjuchen der Weibchen handelt, denen fie mit ſcharfem Witterungsvermögen nachſpüren. ES gejchieht dies bald, nachdem fie die Puppe verlaffen haben, ſobald fie, nicht hinter den Ohren, ſondern an den Flügeln troden geworden find. Die Weibchen dagegen entfernen fich meift nit weit von ihrer Geburtsftätte, manche können es jogar nicht, weil ihnen regelvecht entwicelte Flügel dazu fehlen. Wegen ihrer Schwerfälligfeit legen fie gewöhnlich die Eier auch in gedrängte Haufen bei einander, jo daß die Raupen zahlreich zufammenhalten und, jofern fie fih von angepflanzten Bäumen ernähren, in den Objtgärten und in dem Walde den bedeutendften Schaden anrichten können. Diefelben find unter fich jehr verjchiedenartig, jtimmen aber alle darin überein, daß fie bei der Verpuppung ein Geſpinſt fertigen, welches fie an einen Gegenftand ihrer Umgebung anbeften; daher der Familienname. Wie Ornithoptera und Morpho für die Tagfalter, Sphinx für die Schwärmer, jo ift die alte Gattung Saturnia der Stolz der ganzen Familie, ja der ganzen Ordnung; denn unter den jogenannten Nahtpfauenaugen treffen wir nicht nur die Rieſen aller Schmetterlinge, jondern auch fühn geſchwungene Formen der ungeheueren Flügel, deren Mitte entweder ein Glasfenfter oder ein prächtiger, großer Augenfled auszeichnet. Cie find hier zu groß, um dachartig getragen werden zu Fönnen; den vorderen fehlt eine An— bangszelle, den breiten hinteren, welche unter allen Umjtänden den Hinterleib weit über- ragen, die Haftborfte, fie haben nur eine deutliche Innenrandsrippe, und alle vier entjenden die fünfte Längsrippe aus der vorderen Ede der Mittelzelle. Die doppelte Neihe der langen, nach beiden Enden hin abnehmenden Kammzähne an den Furzen männlichen Fühlern bringt einen blattähnlichen Umriß derjelben zuwege. Die Nachtpfauenaugen kom— men in allen Erdteilen vor, beſonders zahlreich in Amerika. Um den größten aller Schmet— terlinge nicht mit Stilfehweigen zu übergehen, jei der Atlas (Saturnia Atlas) aus China und dem Oſtindiſchen Archipel genannt. Seine ausgejpannten Flügel würden beiderjeits die äußerjten Zeilen mit den Spigen erreichen, wenn wir uns den Schmetter: ling in die Quere auf ein Blatt dieſes Buches gejeßt dächten; dabei mißt jein Körper nur 37 mm. 406 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fünfte Familie: Spinner. Bekanntlich ließen es die verfchiedenen Krankheiten, welche jeit dem Anfang der fünfziger Jahre unter den „Seidenwürmern” bedeutende Verheerungen anrichteten und deren Züchtern Schwere Verlufte beibrachten, wünjchenswert erjcheinen, fich nach anderen Spinnern umzujchauen, welche möglicherweije durch das Geſpinſt ihrer Raupen eine Seide liefern fönnten, die den Ausfall wenigjtens einigermaßen deckte. Die in allen größeren Staaten Europas verbreiteten, jo heilfam wirkenden Vereine für Einbürgerung ausländijcher Tiere und Pflanzen (Afflimatijationsvereine) nahmen fi) auch diefer Angelegenheit an und Jorgten für Beſchaffung verjchiedener Spinner, denen man ſchon längft in Oftindien in — —TA Hl Äorlane. I | N / { FE Ailanthus-Spinner (Saturnia Cynthia) nebſt Raupe und PBuppengefpinft. Natürliche Größe. diejer Beziehung Aufmerkſamkeit geſchenkt und durch Fünftliche Zucht Seide abgewonnen hatte. Seitdem jind Zuchtverjuche von den verjchiedenften Liebhabern angejtellt worden, welche gegen die Verpflichtung, die Ergebnifje derfelben gewiſſenhaft zu berichten, von den einzelnen Vereinen mit Eiern diefer und jener Art verforgt worden find. Für Deutjch- land fönnen jelbjtverftändlich nur folche eine Zukunft erlangen, deren Raupen fich mit heimiſchen Pflanzen ernähren lafjen. Wir könnten höchſt beachtenswerte Erfahrungen mit den verſchiedenſten Arten verzeichnen, wenn der knapp zugemejjene Raum ung nicht nötigte, uns nur auf die drei wichtigiten zu beichränfen. Die erſten umfafjendften Verſuche be— zogen ſich auf den in Aſſam Erya genannten Wilanthus-Spinner (Saturnia Cyn- thia), weldher meines Wifjens 1856 von Pater Fantoni aus China in Frankreich ein: geführt worden ift. Den Unterjchied, welchen man in legterer Zeit zwifchen einer Cynthia und Arindia aufrecht erhalten will, von denen jene Ailanthus glandulosa (Götterbaum), dieje Rieinus communis freſſen foll, kann ich nicht anerfennen. ch hatte durch den Berliner Afklimatijationsverein Eier der Saturnia Cynthia erhalten, die Raupen mit beiden ‘Pflanzen Ailanthus-Spinner. Chineſiſcher Eihen-Seidenfpinner. 407 gefüttert und gefunden, daß ſie bei letzterer faſt beſſer gedeihen; auch will mir der Unter— ſchied nicht einleuchten, welcher im Anſehen zwiſchen beiden Schmetterlingen ſtattfinden ſoll. Der Ailanthus-Spinner alſo, den uns ſamt Raupe und Puppengeſpinſt nebenſtehende Abbildung vorführt, entwickelt ſich ſehr ſchnell und läßt im Jahre bequem drei Bruten zu, wenn man nur im ſtande iſt, Futter zu beſorgen, was freilich ein Treibhaus vorausſetzt. Meiſt im Juni oder erſt im Juli kriechen die Raupen der zweiten Brut aus; nehmen wir einen ſpäteren Zeitpunkt, den 14. Juli, an, jo erfolgt den 19. die erſte, am 28. die zweite, den 8. Auguft die dritte und am 14. die vierte Häutung. Dieje Zeitpunfte find ermittelt, jollen aber nur die ungefähren Zwijchenräume angeben, da Unterjchiede von einigen bis acht Tagen nach meinen Erfahrungen jtet3 vorfommen. Die Raupen find grünlichgelb gefärbt und haben außer den jehs Reihen fleifchiger Zapfen Schwarze Pünktchen, zwei auf jedem Ringe zwiſchen den drei oberen Zapfenlinien, drei um das ſchwarz bejäumte Luftloch zwiſchen den äußeriten Reihen und außerdem noch zwei übereinander auf jeder Fußmwurzel. Nach der legten Häutung befommen fie einen weißen, häufiger noch einen außerordentlich zarten blauen Anflug. Die Raupen wurden mehr oder weniger erfolgreich auch mit Weber: farde gefüttert, jollen außerdem auch Berberigenblätter mit Borliebe annehmen. Seitdem man ihre Einbürgerung in Frankreich verſucht hat, find diejelben immer weniger wähleriſch in ihrer Nahrung geworden. Im botanijchen Garten zu Paris haben fie ſich ernährt von Laurus camphora, Eleodendron orientale, 2—3 Rhus-Arten vom Kap, auch anderwärts von Acer pseudoplatanus. Im Herbit 1864, als die frühen Nachtfröſte eintraten, welche beide erjtgenannten Futterpflanzen zu Grunde richteten, geriet ich in die größte Verlegen- heit, indem ich viele Hundert Raupen mühjam bis über die dritte Häutung, viele bis zur vierten gebracht hatte. Die legteren ließen jich teilweije durch die Blätter des Ejjtgbaums (Rhus typhina), welche mit denen des Götterbaumes einige Ähnlichkeit haben und weniger itart vom Frofte gelitten hatten — täuſchen; fie fraßen diejelben, und ich erhielt einige 30, allerdings dürftige Puppengehäufe. Diejelben wurden über Winter in einem falten Zimmer aufbewahrt, und vom 12. Mai des nächſten Jahres an erjchienen einige Schmetter: linge, welche eben nicht zu den größten gehörten. Wird durch erniedrigte Temperatur das Ausſchlüpfen nicht verzögert, jo dauert die Buppenruhe nur wenige Tage über drei Wochen. Die Eier brauchen ungefähr 14 Tage, bis die Räupchen daraus hervorbrehen, wenn man fie nicht abfichtlih durch möglihft niedrige Temperatur daran hindert. Über den jhönen Spinner ſei nur bemerkt, daß die Grundfarbe in einem lebhaften, Jamtartigen Rehbraun beiteht, die Binden weiß, die Hinterränder der mondförmigen Glasfenjter gelb: lih und die Augen vorn nach außen Schwarz find. Die weißen Haarſchöpfchen des Hinter: leibes nehmen fich jehr zierlih aus. Die beiven Futterpflanzen des eben bejprochenen Seidenjpinners, der Götterbaum und der Wunderbaum, gedeihen zwar im Sommer jehr wohl bei ung, find aber eingeführt und grünen viel zu ſpät im Jahre, um fich im großen für mehrere Naupenbruten zu eignen. Dies jah man wohl auch bald ein und jchaffte zwei andere Spinner herbei, deren Raupen fich mit Eichenlaub erziehen laſſen. Der chineſiſche Eichen-Seidenſpinner (Saturnia Pernyi) (mir ziehen den einmal eingebürgerten Gattungsnamen dem vergejjen gewejenen Hübnerjchen Antheraea vor) ijt infolge eines Berichtes des Abbe Paul Berny an den Barijer Afklimatijations- verein (Ende der fünfziger Jahre) mit obigem Namen belegt und durch des Genannten Ber: mittelung jowie durch hinefische Gejchäftsverbindungen mit inländiſchen Seidenwarenhands lungen in Europa eingeführt worden. Der ftattlihe Schmetterling von Form des vorigen hat levergelbe Flügel, durch die je eine fein weiße, nach innen ſchmal braun eingefaßte hin: tere und eine fajt nur braune, mehr gebogene vordere Querbinde zieht. Ein jchmal dunkel eingefaßter, unterbrochen weiß geringter, runder Fenfterfled figt auf dem Ende jeder 408 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fünfte Familie: Spinner. Mittelzelle. Der Vorderrand der Vorderflügel ift außerdem in der reichlichen Wurzelhälfte weißlich gefäumt. Sobald die Schmetterlinge ausgebildet find, paaren fich nach Spinner: art die Gejchlechter jofort und bleiben ausnahmsweije jehr lange (40— 50 Stunden) ver: einigt. Neuerdings iſt von einem Weibchen eine zwei:, ja dreimalige Paarung und alle: mal darauf folgende weitere Eierlegung beobachtet worden. Drei Tage nad) der Paarung legen die Weibchen ihre großen, braunen Eier in Häufchen an die Wände ihres Aufent- haltsortes ab. Acht bis zehn Tage ſpäter jchlüpfen die Schwarzen Näupchen aus, welche nad) der zweiten Häutung eine gelblihgrüne Färbung annehmen und nad den beiden noch übrigen Häutungen beibehalten. Nach einem durchſchnittlichen Alter von 52 Tagen fangen fie an, ſich zu verfpinnen. Die erwachſene Naupe zeichnet fich durch einen braunen, dunkelfledigen Kopf von der jehr ähnlichen des nachher zu bejprechenden japaniſchen Eihen-Seidenjpinners aus und kann daher zur Unterfcheidung von ihr (der grün: Eöpfigen) die „braunföpfige Eichenraupe” genannt werden. Über den fleinen, braunen Luftlöchern zieht vom vierten Gliede an eine gelblihe, oberhalb fein braun eingefaßte Seitenlinie den Körper entlang, erweitert ſich am Ende etwas dreiedig und faßt mit Ihmal braungrünem Caume die beiven Afterflappen ein. Unter den Luftlöchern befindet jich eine Neihe blauer Knojpenwärzhen, auf dem Rüden vom zweiten bis drittlegten Gliede eine Doppelreihe etwas nad) vorn gerichteter Spitzhöcker, welche gleichfalls in blauen Knöpfchen enden, an den vorderen Gliedern mehr durch die Körperftellung als in Wirk: lichfeit etwas Fräftiger erjcheinen und hier ein filberglänzendes Geitenfledchen tragen; jie alle find mit einzelnen längeren oder fürzeren, etwas feulenförmigen Borjtenhaaren bejegt jowie der ganze Körper mit zahlreichen Bunktwärzchen von gelber Farbe. Die Raupe it ungemein träge, fißt jehr feit und zwar in der Ruhe mit eingezogenem Kopfe und etwas zurücgelegten vorderen Körperringen, frißt bei Tage und bei Nacht mit Unter: bredung von Furzer Zeit, während welcher jie das Unverdaute in einen regelmäßigen, ringsum tiefgefurchten Pfropfen entleert, und verjpeift nach jeder Häutung zuerſt den ab» geitreiften Balg. Der Schmetterling hat in jeinem VBaterlande, wie bei ung, zwei Bruten im Jahre, doch ſchlüpfen nicht alle Puppen von der eriten aus, eine Erjcheinung, welche auch bei anderen Spinnern beobachtet werden kann, die ſich durch gewilje Unregelmäßig- feiten in der Entwidelung vor allen Schmetterlingen auszeichnen. Nach den Berichten Bernys aus der Provinz Kuy-Tſcheu an die Pariſer Geſellſchaft werden die Gehäuje der zweiten Brut mit ihren Buppen in den Zimmern überwintert und durch Negelung der Temperatur das zu frühe wie das zu jpäte Ausfriechen der Schmetterlinge jorgfältig überwacht. Im April erfolgt es. Die befruchteten Weibchen jett man in Weidenkörbe, bier legen ſie die Eier ab; den in S—10 Tagen ausgejchlüpften Raupen legt man Eichenzweige hin; Jobald fie an diejelben gefrochen find, jeßt man den Korb in den Eihenwald, der nur aus Bujchholz bejteht, deſſen Boden man rein hält, um die herabgefallenen Seidenraupen leicht auflejfen zu Fönnen. Zu diefem Zwede und um die den Naupen jehr gern nachſtellenden Bögel zu verjcheuchen, wird bei jeder Pflanzung ein Wächter angejftellt, der auch die Raupen von einem abgefrejfenen auf einen belaubten Bush zu jegen hat. Sn 40 — 45 Tagen nad) dem Ausjchlüpfen der Raupen erfolgt ge: meiniglich die Gehäufeernte. Die beiten werden zur Weiterzucht ausgefucht, die anderen auf Bambushürden durch untergelegtes Feuer geröftet, um die Puppe zu töten. Hierauf werden diejelben S— 10 Minuten lang in fochendem Waſſer liegen gelafjen. Sodann löjt man in einem Napfe mit Wafjer zwei Hände voll Buchweizenafche auf und fügt die Miſchung dem Kochkefjel bei. Die Buchweizenafche wird aber auf folgende Weife gewonnen. Nachdem die Körner geerntet find, trodnen die Chinejen die Stengel an der Sonne und zünden die aufgehäuften an; die Aſche hat nad Vermutung des Berichterftatters die Chinefifher Eihen-Seidenjpinner. 409 Wirkung von Pottaſche. Die Buppengehäufe werden nun mit einem Spatel jo lange ge: rührt, bis man die Seidenfäden fich ablöfen und um den Spatel wideln fieht. Hierauf nimmt der Hajpler 5—8 Fäden, je nah der Stärke des Garnes, welches er wünjcht, führt fie in die erfte Öffnung der Haſpelmaſchine und hafpelt die Gehäufe ab. Die zweite Zucht erfährt diefelbe Behandlung wie die erite. Ungefähr 20 jährige Ceidengewinnung von diefem Spinner hat den Chinefen einen reihen Ertrag abgemworfen und allerlei Kunftgriffe gelehrt, welche bier nicht weiter hergehören. Sie haben, wie ft) von ſelbſt verfteht, warme Witterung als begünftigend, rauhe und nalje als das Wachs— tum verzögernde Einflüffe, auch Krankheiten der Raupen fennen gelernt und ſchätzen die Seide darum jehr, weil fie fefter und billiger als die des Maulbeer-Seidenjpinners ilt. Die in Europa in ſehr verjchiedenen Gegenden, im Zimmer und im Freien angeitellten Zucht: verjuche ftimmen im wejentlihen mit den in China gemachten Erfahrungen überein, viel: leicht mit dem Unterſchiede, daß bisher bei uns die Eier nicht jo gleihmäßig und gleichzeitig ausgejchlüpft find wie dort, was zum Teil feinen Grund darin haben mag, daß viele ſolcher Eier erft längere oder Fürzere Reifen zurüdlegen mußten. Wenn ich in der Kürze meine Zuchtverſuche aus dem Jahre 1874 hier anführe und diejelben mit denen eines hie: figen Freundes vergleiche, jo gebe ich nicht nur in der Hauptjache wieder, was auch andere erzielt haben, jondern weije überdies auf einige wichtige Umjtände hin, welche bei der Weiterzucht diejes Spinners der Beachtung wohl wert find. Bon auswärts erhielt ich eine Anzahl Eier, die einer inländijchen Zucht entnommen waren. Diejelben hatten entjchievden länger als zehn Tage gelegen, al$ am 23. Mai die Räupchen ziemlich gleihmäßig auskrochen und ohne weitere Pflege als Darreihung reich lihen Futter freudig gediehen. Am 31. Mai beobachtete ich die erite, am 8. Juni die zweite, vom 13.—15. die dritte und Ende desjelben Monats die vierte Häutung. In der Naht vom 12. zum 13. Juli fingen die eriten Raupen an, ſich zu verjpinnen, was jtets an einigen Blättern der Futterpflanze gejchieht. Obgleich, wie bereits erwähnt, die Räup— hen ziemlich gleihmäßig ausjchlüpften, jo jtellte fich doch bald der Umstand ein, den jeder Itaupenzüchter bei jeder Art beobachten fann, daß eine oder die andere im Wachstum zurücblieb, ohne deshalb zu Grunde zu gehen; denn ich habe durch den Tod bei den ver: ſchiedenen Häutungen faum ein Dußend von mehr als 100 Raupen verloren. Diejelben waren anfangs in einem, als fie größer geworden waren, in zwei luftigen Kajten ein: gezwingert, erhielten in Wafjer geſteckte Eichenzweige verjchiedener Art, wurden jeden Mor: gen oder bei Erneuerung des Futters tüchtig mit Waſſer bejprigt und jtanden in einer Schlaffammer, jo daß den ganzen Tag über friiche Luft durch ihre Behälter ſtrich. ALS fie größer geworden waren und das Schroten jowie das fortwährende Herabfallen der Kotklumpen die Inhaber der Schlaffammer am Einjchlafen hinderten, trug ic) die beiden Kaſten in die benachbarte Wohnftube. Einige unfreundlide Tage ließen offenbar er: zögerungen der in den Häutungen figenden Naupen und verminderte Freßluſt der gefunden wahrnehmen, und jene Tage werden die Bemerkungen in meinem Tagebuche: „Dritte Häus tung vom 13. bis 15., legte Häutung Ende Juni“, veranlaßt haben, da ich die unfreund lihen Tage nicht aufgezeichnet, fondern nur nod in der Erinnerung habe. In der zweiten Augufthälfte jhlüpften unter jenes Freundes Pflege die Schmetterlinge aus jämtlichen Puppen bis auf eine aus. Diejelben waren durchichnittlich Eleiner als diejenigen, welche er jelbjt erzogen hatte. Die Naupen jeiner Zucht hatten ziemlich 14 Tage Fürzer gelebt, die Buppen krochen früher aus; denn ſchon vor dem 12. August wurden ihm einige Schmet— terlinge geboren. Dieje günftigeren Ergebniffe konnten ihren Grund nur in folgenden drei Umftänden haben: Die Raupen hatten größeren Spielraum im Zwinger, ein eigenes (nach) Morgen gelegenes) Zimmer und waren noch näljer gehalten worden, denn fie 410 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fünite Familie: Spinner. erhielten täglich frifches, in Waffer getauchtes Futter und wurden außerdem noch bejprigt, jobald das Laub abgetrodnet war. Gerade in dem Umjtande, daß die braunföpfige Eichenraupe zweimal im Jahre vor: handen ijt, ſehe ich fie behufs des deutichen Seidenbaues im großen für die geeighetfte Art an. Ihre Aufzucht muß jedoch im Zimmer erfolgen, wo bei ungünjtigen Witterungs— verhältniffen durch fünftlihe Wärme die Entwidelung jo geregelt werden kann, daß der Züchter nicht leicht um Futter für die zweite Brut in Verlegenheit fommen kann. Hat man im wärmeren Europa die Zucht des Maulbeer-Seidenjpinners nicht in das Freie ver: legen können, wie fann man fich einbilden, für unfere rauheren Gegenden Deutjchlands die Einbürgerung diejes Fremdlings jo weit ausdehnen zu dürfen? Daß zwei Bruten im Freien nicht erzielt werden Fünnen, fieht man wohl ein, darum ijt der Vorſchlag gemacht worden, den Seidenfpinner an eine Brut zu gewöhnen, die in die beite Jahreszeit fällt, und an Futter nie Mangel leiden wird. Vorausgeſetzt, es liebe fich der Schmetterling jo gewöhnen, was wir bezweifeln, jo jeheinen die darauf bezüglichen Verſuche außerordentlich überflüfftg, da uns in der grünföpfigen Eichenraupe bereit eine Art vorliegt, welche ohne Zurichtung in der für uns pafjenden Jahreszeit lebt; die ungünftigen Witterungsverhält- niſſe, die Verfolgungen feitens injektenfrejjender Bögel laſſen ſich durch jene Kunitgriffe nicht abwenden und werden Opfer verlangen, welche durch die einmalige Ernte an Seiden: gehäufen Faum aufgewogen werden. Nein, man züchte diefe Art in ähnlicher Weije wie den Maulbeer-Seidenjpinner und juche den Vorteil in der zweimaligen Ernte, das ift das Nächitliegende, das Natürlifte und darum das Vernünftigite! Der japaniſche Eihen-Seidenjpinner (Saturnia Yama mayu, verdeutjcht: Berg:Cocon, wogegen Yama-mai Gebirgsochs heißt) ijt dem chineſiſchen ungemein ähnlich, nur in der Grundfarbe veränderlich, indem dieſe vom reinen Gelb durch Ledergelb bis in Braun übergehen fann, außerdem find die Glasfenfter in den Augen weniger Freis- förmig und verhältnismäßig Heiner. Auch die Raupe hat die größte Ahnlichkeit mit jener, aber ein jaftigeres, durchjichtigeres Grün als Körperfarbe, einen grünen Kopf und Die jelben Silberfledchen an den Seiten der vorderen Nüdenhöder in veränderlicher Anzahl; diefelben werden durch einige Luftzellen erzeugt, welche unter der durchſichtigen Körper: haut liegen. Im Betragen, namentlich aber in der Entwidelungsweije, finden zwijchen diejer und der vorigen Art wejentlichere Unterjchiede ftatt. Die jungen Raupen find bis zu ihrer eriten Häutung jehr unruhig, erjaufen leicht in den Gefäßen, in welden man ihnen das Futter reiht, wenn fie in diejelben gelangen können, und beweifen hierdurch ihr Verlangen nach Wafjer. Obiger Freund, der wohl die günftigjten Ergebnifje erzielte und die Raupen in der eriten Jugend mit Weißdorn (auch Wollweide) gefüttert hat, teilte mir in zwei verjchiedenen Jahren Raupen mit, welche die zweite Häutung hinter fich hatten; ich behandelte jie genau jo, wie die braunföpfigen Eichenraupen, wies ihnen denjelben Wohnort an, konnte aber feine zur Verpuppung bringen, obſchon fie durch ihre geringe Anzahl im Zwinger einander in feiner Weije zu nahe kamen. Gie find nad) den verfchiedenen Erfah: rungen empfindlicher als die vorigen und weniger zu lohnender Seidengewinnung geeignet, da ſie nur eine Brut im Jahre abjegen. Bei diefer Art überwintern die Eier, die jehr jorgfältig überwacht werden müſſen, damit fie die Naupen nicht früher liefern, als Futter für diejelben vorhanden tft. Werden legtere in ihrer Entwidelung dur) ungünftige Witte: rungsverhältniffe nicht aufgehalten, jo häuten fie fih nah je S—10 Tagen viermal, jpinnen ſich durchſchnittlich am 52. Tage ein und liefern 40 Tage ſpäter den Falter, der weit fürzere Zeit in der Paarung verharrt als der vorige. Auch dieje Art ift von verjchiedenen Seiten aus ihrer Heimat nad) Europa und Deutjch- land gelangt, und zwar wenige Jahre jpäter als die vorige. E3 liegen mir Berichte aus Japaniſcher Eichen-Seidenspinner. Maulbeerfpinner, 411 dem Sahre 1866 vor, nach denen durch Mach aus Slatenegg in Unterkrain Zuchtverjuche im Freien mit dem beiten Erfolge angeftellt worden find und mit jolcher Zuverficht auf ferneres gewinnreiches Gelingen, daß nur der bisherige Mangel an Züchtern beflagt wird. Wir haben unjere Anficht über diefen Gegenftand bereits ausgeſprochen und fügen hier nur noch hinzu, daß e3 für alle diejenigen, welche fich der Seidenzucht im Großen zuwenden wollen, entjchieden geraten tft, hierzu verfchiedene Spinnerarten gleichzeitig zu verwen: den, damit ein jeder für feine Verhältniffe diejenige Art auswählen kann, die er als die zweckmäßigſte befunden hat; wir unferesteils würden uns für den hinefischen Seidenfpinner entjcheiden, falls nicht einige, jpäter aus Nordamerika herbeigejchaffte Bappel- und Weiden: Nachtpfauenaugen ihm den Vorrang ablaufen jollten, was wir indejjen ſchon darum nicht glauben, weil die beiden genannten Baumarten für die Stubenzucht jchlechtere Futter: pflanzen als die Eiche find; Zimmerzucht aber halten wir unter allen Umftänden für unsere Witterungsverhältnifje als die einzig zuverläffige Behandlungsweiſe feit. Jetzt ſcheint die Zucht aller dieſer jtellvertretenden Seivdenjpinner wieder zu ruhen. Drei Nachtpfauenaugen ohne Glasfenjter in den Augen der ſchön braunen Flügel und ohne zu der Gewinnung von Seide verwendbare Raupengeſpinſte find in Deutſch— land heimisch: das große Wiener Nahtpfauenauge (Saturnia pyri), daS mitt: lere (Saturnia spini) und das gemeinjte von ihnen, daS Eleine (Saturnia carpini). Shre grünen Naupen tragen weniger auffallend geftielte Warzen, jedoch den Charakter der ausländifchen, und ernähren fich in der genannten Reihenfolge von den Blättern des Birn- und Pflaumenbaumes, des Schwarzdornes wie der verfchiedeniten Sträucher (Nofen, Buchen, Eichen 2c.). Wie die ſchönſten Sänger unter den Vögeln das jchlichtejte Kleid tragen, fo der nütz— lichjte unter allen Schmetterlingen, der Seidenjpinner, Maulbeerjpinner (Bombyx oder Sericaria mori). Er hat 40— 45,5 mm Flugweite, iſt mehlweiß, an der Doppel: reihe der bei beiden Gejchlechhtern langen Fühlerzähne ſchwarz. Von den furzen Flügeln erhalten die vorderen durch tiefen Bogenausjchnitt des Saumes eine fichelförmige Spige; eine gelbbräunliche Querbinde über beide ift ebenjo oft fichtbar wie ausgewijcht. Der äußeren Erjheinung, aber auch dem Drange nach, jofort fich zu paaren, wenn er die Puppe verlaffen hat, iſt der Schmetterling ein echter Spinner, die nadte Raupe, gemeinhin „Seidenwurm” genannt, die vollendetjte aller Spinnerinnen, ihrer äußeren Tracht nach da- gegen ſchwärmerartig; denn fie führt hinten ein furzes Horn, auch verdict fie ihren Hals faft in der Weije, wie die Raupe des mittleren Weinjchwärmers (Sphinx Elpenor). Sie it grauweiß, auf dem Rüden mit braunen Gabel» und rotgelben Augenfleden, an den Ceiten der vorderen Ringe veränderlich gezeichnet. Ihre einzige Nahrung bilden die Blätter des Maulbeerbaumes. Die eiförmigen, geleimten, auswendig von lojen Seidenfäden um: gebenen Gehäuje find entweder weiß oder gelb, die beiden Farben, in denen befanntlich die rohe Seide vorkommt. Zwillingsgejpinfte gehören feineswegs zu den Seltenheiten, fommen auch in Form der einfachen vor und liefern dann auch zwei Schmetterlinge. Aller Wahricheinlichkeit nach ftammt der Schmetterling aus China, dem Vaterlande jeiner Futterpflanze, und verbreitete fih mit ihr von Norden nad Süden in der nädjiten Umgebung, bis unter der Negierung des Kaijers Zuftinianus zwei perſiſche Mönche Maulbeerpflanzen und Eier (Graines), welche fie entwendet und in ihren ausgehöhlten Wanderjtäben verborgen hatten, nach Konftantinopel einfchmuggelten. Hier wenigitens ward in Europa zuerjt jeit 520 n. Chr. der Seidenbau betrieben, blieb aber bis in das 12. Jahrhundert Einzelvecht des griechischen Kaiſerreichs, wo die Inſel Kos die bedeutendite Nolle in diejer Beziehung fpielte. Won Griechenland aus ward der Seidenbau durd) Araber nah) Spanien verpflanzt. In der Mitte des 12. Jahrhunderts Fam er durch den 412 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fünfte Familie: Spinner. Krieg, welchen Roger II. mit dem Byzantiner Emanuel führte, nah Sizilien und brei- tete ſich allmählich über Florenz, Bologna, Venedig, Mailand und das übrige Stalien aus, unter Heinrich IV. nah Franfreih und von da weiter nach Norden. In Deutjchland bildete jih 1670, und zwar in Bayern, die erite Seidenbaugejellichaft. Friedrich der Große nahm fich diejes Erwerbszweiges in jeinen Ländern auf das wärmſte an, und fo fand in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts der Seidenbau überall in Deutjch: land Eingang. Die Befreiungskriege gaben der neuen Errungenschaft einen gewaltigen Stoß; denn die Zeiten waren nicht dazu angethan, Seidenraupen zu pflegen und Maulbeer: blätter zu pflüden. Die Bäume wurden älter, mehrten fich nicht, und man achtete ihrer faum, höchſtens die Dorfjugend um der jüßen Früchte willen. In neueren Zeiten ward der Gegenjtand wieder angeregt, von den Negierungen, in Preußen wenigftens, begünftigt. Man jegte Belohnungen auf eine gewifje Menge erzielter Geſpinſte aus, pflanzte ftatt der bisher benugten Bäume Maulbeerheden, welche weit ſchneller und bequemer das nötige Futter liefern, und jchien jo auf dem beiten Wege zu jein, dem Nebenerwerbszweig einen neuen Aufihwung verleihen zu wollen — da mehrten fich die Berichte aus den feiden= züchtenden Xändern im Süden Europas über die Krankheitserjcheinungen der „Seiden— würmer“ und mochten die Anfänger in Deutſchland fopfiheu machen; es begannen die Zuchtverſuche mit anderen Spinnern und lenften von dem edelften aller ab; kurz, Deutſch— land erzeugt, jo viel mir befannt, bis auf den heutigen Tag im Verhältnis zu dem Ceidenbedarf jo gut wie feine Seide! Bei der Zucht diejer Seidenraupen ift gleihmäßige Wärme (bis ca. 18° N.) wejent: liher als bei den vorigen und trodenes Futter die Grundbedingung eines fröhlichen Gedeihens, jedoch in nur einmaliger Brut. Die erwachfene Raupe Elebt ihren Spinne ftoff an einen Zweig der Futterpflanze over an die ihr dargebotene Hürde, zieht den- jelben als einzelne loje Fäden, die hier und da weiter befejtigt werden, um ihren Körper, damit fie zunädhft eine Hängematte gewinne. Diejelbe wird dichter und dichter, umjchließt den Raupenkörper immer enger und verbirgt ihn jchlieglih vollftändig dem Blide des Beobachter. Einige Zeit danach hört man die webende Thätigkeit im Inneren, bis zulegt vollflommene Ruhe eintritt, nachdem die legte Larvenhaut abgejtreift ift. Die fräftigiten Gejpinfte, gleichviele von jedem Geſchlechte, werden zur Weiterzucht ausgewählt. Die männlihen Puppen find nämlich walziger, in der Mitte mehr oder weniger ein- geſchnürt, die weiblichen eiförmig. Die Gejpinfte, welche Seide liefern follen, müfjen der Badofenwärme oder heißen Wafjerdämpfen ausgejegt werden, damit die Buppen fterben und der ausjchlüpfende Schmetterling beim Durhbohren des Gejpinjtes den einen, bis 600 m langen Faden nicht zeritöre und unbrauchbar made. Diejen von außen nad innen, dem hohlen Knaule, al$ welcher fih das Gejpinft darftellt, abzuwickeln, ift die nächte Aufgabe. Zu diefem Zwede werden die Gehäufe in fait fohendem Waſſer mit Reisbeſen bearbeitet, bis fi der die Fäden zufammenhaltende Leim löft und die Anfänge jener zeigen. Die in folder Weife vorbereiteten Geſpinſte fommen nun in ein anderes, aber nur mit warmem Waffer gefülltes Beden, welches mit einem Hafpel in Verbindung jteht, deren Einrichtung verjchiedener Art fein fann. Da der Faden des einzelnen Ge jpinftes zu fein jein würde, jo haſpelt man deren, je nad) den Bedürfniffen, 3-8 und noch mehr gleichzeitig ab, welche auf dem „Fadenleiter“, durch gläjerne Ninge gehend, infolge des ihnen noch innewohnenden Leimes alle zu einem Faden fich vereinigen. Bei diejer in der Negel von Mädchen ausgeführten Arbeit ift auf Gleichmäßigfeit des Fadens zu achten, der, je weiter nad) innen, an jedem Geſpinſte feiner wird und daher nach dem Ende hin der Zuziehung neuer Fäden bedarf. Die nächſte Umhüllung der Puppe läßt ich nicht abwideln, jondern bleibt als pergamentartiges Häutchen zurüd. 10—16 kg Kiejernfpinner. 413 friſche („„grüne“) Getpinfte oder 7—9 gebadene geben nah dem Abhaſpeln ein Kilo: gramm Nohjeide, deren weitere Behandlung Gewerfen anheimfällt, die uns bier nicht interejlieren. Der Kiefernjpinner (Gastropacha pini, j. Abbildung S. 414) gehört überall, wo Kiefern wachlen, nicht zu den Seltenheiten, feine jhöne Raupe (Fig. d) zu den vom Forft- mann gefürdhtetiten. Sie findet fich halb erwachjen oder noch Eleiner im Winterlager unter Moos und zwar im Bereiche des Schirmes 60— SOjähriger Beitände. In einer Höhlung, uhrfederartig zufammengerollt, liegt fie hier feucht, wird auch fteif, wenn der Froft die Erde durchdringt. Weicht der Froft, jo befommt fie wieder Gefchmeidigfeit und bäumt je nad) der Witterung früher oder |päter, bejtimmt dann, wenn im Reviere der Wärmemefjer auf 4 SR. fteht, wieder auf. Sit fie gegen Ende April oben in den Nadeln angelangt, jo fommt fie meijt nicht wieder herunter, e8 jei denn furz vor der Verwandlung. In Braun und Weißgrau beftehen ihre beiden Hauptfarben, welche in verjchiedenen Schattierungen und Anordnungen miteinander wechjeln und jtellenweife filzige Behaarung mit dem berrlichiten Berlmutter: glanze tragen. Die Einfchnitte des zweiten und dritten Ringes bilden jogenannte Spiegel, je einen ftahlblauen Samtfled, welcher erſt dann recht jihtbar wird, jobald die Raupe die Stellung in unjerer Abbildung annimmt; hierzu kann man fie leicht veranlafjen, wenn man fie berührt oder irgendwie reizt, dann jchlägt fie überdies mit dem Vorderförper nach den Seiten hin und her. Zur Verpuppung jpinnt fie ein geſchloſſenes Gehäuse (Fig. e), nicht immer zwijchen den abgefreffenen Nadeln, jondern auch unten am Stamme zwijchen Rindenſchuppen. Häufig kommt fie aber auch gar nicht dazu, jondern bietet einen traurigen Anblid. Hunderte von Schlupfweipenlärochen jchmarogten in ihrem Leibe und kamen zulegt daraus hervor, um fich auf der allein von ihr noch übrigen Haut in jchneeweiße Püppchen zu verwandeln (Fig. I). Namentlich die Franken Raupen jcheinen in ihrer Angit von den Bäumen herabzufteigen,; denn ich habe in Nevieren, wo fie nur einzeln vorfamen, dergleichen gejpidte Bälge in auffälligen Mengen bis in Mannshöhe und tiefer an den Stämmen Ffleben jehen. Die gejunde Puppe im Gejpinfte braucht etwa drei Wochen zu ihrer Entwidelung, jo daß um die Mitte des Juli der Schmetterling fliegt. Er zeigt fih in der Färbung ebenſo veränderlich wie die Raupe, hat indes für gewöhn— lid das Ausjehen, welches uns umftehend vorgeführt ift; Grau und Braun in verjcie: denen Miſchungen fommen auch ihm zu. Ein weißes Mondfledchen auf dem Vorderflügel und eine unregelmäßige jchmälere oder breitere rotbraune Querbinde dahinter machen ihn leicht Fenntlih. Das größere Weibchen (Fig. b) ift jehr träger Natur, aber au das Männchen (Fig. a) fliegt nicht leicht bei Tage. Daß die Schmetterlinge bisweilen weitere Züge unternehmen, lehrte mich vorzeiten der jonderbare Umſtand, daß ich eine Geſellſchaft von ungefähr acht Stüd beiverlei Geſchlechts an einer Glode auf dem Kirch: turm figend antraf, in einer Gegend, in welcher ftundenweit feine Kiefern wuchſen. Auch Nageburg gedenkt einzelner Fälle, welche auf jolche Wanderungen hinweifen. Das befruch— tete Weibchen legt alsbald nach der Paarung, welche meist am Abend feines Geburtstages erfolgt, 100— 200 Eier an den Stamm (Fig. c), an die Nadeln oder aud an einen Zweig in größeren oder Eleineren Partien bei einander. Diejelben find lauchgrün, kurz vor dem Ausjhlüpfen im Auguft grau. Daß auch fie unter den Schmarotzern ihre Lieb: haber finden, haben wir bereits früher erfahren und in einem Teleas den einen davon fennen gelernt, welcher bis zu zwölf Stüd aus einem Eie erzogen worden ift. Das junge Räupchen begibt fich jofort auf die Nadeln, beſchabt diejelben zuerit, kann fie aber bald mit Stumpf und Stiel verdauen. Dean hat nach jorgfältig angeftellten Beobachtungen ausgerechnet, daß eine regelvecht fi entwidelnde Raupe durchjchnittlich 1000 Nadeln braucht, um die Verpuppungsreife zu erlangen, und daß eine halbwüchſige in 5 Minuten mit 414 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fünfte Familie: Spinner. einer fertig wird, wenn fie ſich nicht unterbricht. Daraus geht hervor, daß Maſſen von ihnen etwas leiten fönnen. Nachrichten über Schäden durch den Fraß diefer Raupe hat man jeit dem Jahre 1776. Nur eine einzige Mitteilung, melde mir von einem Forſt—⸗ beamten zugegangen iſt, mag den Beweis liefern, in welchen ungeheuern Maſſen dieſer — — z - — >> Kiefernjpinner (Gastropacha pini): a Männden, b Weibhen, ce Eier, d Raupen, e Puppengefpinft, fomie einige feiner Feinde: (f) der Puppenräuber nebft (g) Larve, (h) die Sichel: und (i) die Eierweipe des Spinners. Alle natürliche Größe. Spinner auftreten fann. In dem Nevier Möllbig bei Wurzen wurden im Jahre 1869: 1 Zentner 49 Pfund Eier, 64 Dresdener Scheffel weibliche Schmetterlinge und 124 Scheffel Raupen gejammelt, ohne den Feind bewältigen zu können. Alle Verfuche, dieſes Ziel zu erreichen, wären ungenügend, wenn nicht die Natur felbft in den manderlei Schlupf: weſpen jeinen allzugroßen Vermehrungen Schranken jegte, einen Pilz (Botrytis Bassiana) Ringelfpinner. 415 im Körperinneren wuchern ließe, welcher ihnen den ficheren Tod bringt; ja, jelbit Fröfche hat man auf den Bäumen angetroffen, auf welchen die Raupen in verheerenden Mengen jagen. Wer hätte nicht ſchon an den Stämmen der Obſtbäume Ende Mai, Anfang Juni die hellblaue, braun- und gelbjtreifige Raupe, über deren Rüden außerdem noch ein weiß— liher Mitteljtreifen läuft, und deren blauer Kopf zwei ſchwarze Flede trägt, in gedrängten Scharen bei einander fiten und luftig mit den Vorderteile ihres Körpers hin und her ſchlagen jehen, wenn ihr die Sonne recht warm auf den Leib jcheint? Diejelbe, auch Livreeraupe wegen der bunten Streifen genannt, entſchlüpfte im Frühling dem fait fteinharten Ringe von Eiern, welcher fih um einen Zweig windet und wegen gleicher Färbung mit diefem ſchwer zu erkennen ijt. Bis zur dritten Häutung ungefähr lebt die Raupe mit den Geſchwiſtern vereint, und ſilberglänzende Fäden ver= raten die Straße, welche fie zu wandern pflegen, wenn es zu Tide und von da nad) dem gemein- jamen Ruheplätzchen gebt. Inſofern die gejellige Ber: einigung zufammengehöri: ERII R SHE ger Brut ein Neft genannt 17 Re | WERE werden kann, lebt auch )1 — A ir — — RG De 2 u geeije,oo — des Ringelſpinners — RE feine Et e, Raupen fie aber fein Neſt ſpinnt, und Puppe. Natürliche Größe. * ſo iſt der Begriff des Rau— penneſtes hier ein anderer, als wir ihn beim Baumweißling bereits kennen lernten und weiterhin noch finden werden. Erſt dann, wenn ſie erwachſener iſt und mehr Futter be— darf, ſcheint jeder die allzugroße Nähe der Schweſtern eine Beeinträchtigung der eignen Bedürfniſſe in ſich zu ſchließen, und man zerſtreut ſich daher mehr und mehr. Erwachſen ſpinnt ſie, am liebſten zwiſchen Blättern, ein gelbliches, in der Regel mehlig beſtäubtes, geſchloſſenes Gehäuſe, in welchem die ſtumpfe, gleichfalls ſtark bepuderte Puppe einige Wochen ruht; denn im Juli und Auguſt erſcheint der Ringelſpinner (Gastropacha neustria), wie man den Schmetterling wegen der Art des Eierlegens genannt hat. Am Tage fist er verjtedt und träge, erſt mit einbrechender Dunkelheit beginnt der Hochzeits- reigen. Eine lit odergelbe Grundfarbe ift das gewöhnliche Kleid, und die helleren, fait geraden und unter fich ziemlich gleichlaufenden Querlinien untericheiden dieje Art von einer jehr ähnlichen, der Gastropacha castrensis, deren noch buntere, ſchön goldigbraune Naupe gejellig an Wolfsmilch lebt. — Die beiden näher bejprochenen und noch zahlreiche andere Spinner Europas und Amerifas hat man zur Sippe der Gluden vereinigt, jo genannt, weil viele von ihnen in der Ruhe einen Streifen der Hinterflügel über den Vorderrand der vorderen heraustreten lafjen, fo daß fich die Flügel etwas ausbreiten, wie die einer Gluckhenne, welche ihre Küchlein darunter verbirgt. Bei dem etwas abweichenden Ader— verlaufe, welchen die Flügel mander zeigen, ftimmen fie doch in folgenden Merkmalen überein: die Fräftigen, verhältnismäßig kurzen Vorderflügel haben zwölf Rippen, Feine Anhangzzelle und eine nicht gegabelte Innenrandsrippe, die kurz gefranften breiten 416 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fünfte Familie: Epinner. Hinterflügel Feine Haftborfte, zwei Innenrandsrippen, deren hintere in den Afterwinkel mündet. Bei beiden Gefchlehtern find die Fühler, welche zwijchen viertel und halber Rorderflügellänge ſchwanken, zweireihig gefämmt, die Zähne des Männchens lange Kamm sähne, die des Weibchens meiſt jehr kurze Sägezähne. Punktaugen fehlen, ebenjo an den hinterften Schienen der furzen, ftarfen Beine ein oberes Sporenpaar. Gine in mehr al3 einer Hinficht höchft intereffante Sippe bilden die Sadträger (Psychina), darum jo genannt, weil die Raupen in einem Autterale fteden, welches fie fi) aus den verichiedenften Nflanzenteilen und in der mannigfachſten Anordnung der— jelben anfertigen, jede jedoch jo eigenartig, daß man den Ead kennen muß, um mit Sicherheit den Schmetterling von einem anderen, ungemein ähnlichen unterjcheiden zu können. Eine zweite Eigentümlichfeit bejteht in der Flügellofigfeit der Weibchen, von welchen viele den Ead, in welchem ſich die Naupe ſtets verpuppt, nicht verlaffen und viel eher einer Made, al3 einem volltommenen Kerfe ähnlich jehen, am allerwenigiten einem Schmetterlinge. Andere haben Beine und Fühler und jegen fich wenigftens auf die Außen: jeite ihrer Wiege. Die in der Negel zottig behaarten, düfter gefärbten und zeichnungs— lofen Männchen erweifen ſich als muntere Gejellen, welche aus weiter Jerne das andere Geſchlecht wittern, in haftigem Fluge herbeifommen und womöglid in die Schachtel ein- dringen, in welche der Sammler ein ihrer Art zugehöriges Weibchen einjperrte. Die Fühler find bufchig gefämmt, und zwar in der gewöhnlichen Weife doppelt, Tafter und Rüſſel fehlen oder verfümmern mindeftens jehr ſtark. Die Vorderflügel haben eine meift nah dem Saume zu gegabelte Innenrandsrippe, die Hinterflügel deren drei und eine Haftborjte. Im übrigen unterliegt der Rippenverlauf je nad) der Art verjchiedenen Abänderungen. Sie fliegen bei Tage und in der Dämmerung und legen ruhend Die Flügel dachförmig auf den Hinterleib. Zu den zwei erwähnten kommt noch eine dritte Eigenheit, welche zwar nicht zur Negel wird, aber doch einzelne Arten betrifft. Man hat nämlich junafräuliche Geburten (Barthenogenejis) bei einigen beobachtet, Fortpflanzung ohne vorangegangene Befruchtung; ja, bei einer, der Psyche helix, welde aus Sand: körnchen einen Sad verfertigt, der einem Schnedenhaus der Gattung Helix nit un- ähnlich, Fannte man das Männchen noch gar nicht, wenigitens nicht feine Zugehörig— feit zu diefer Art, bis Claus (1866) aus Tiroler Raupen, welche fi mit Teucrium Chamaedrys und Alyssum montanum füttern ließen, diefelben erzog, nachdem er jolche bereitS in der Raupe erfannt hatte. Die Säde beider unterjcheiden fi außer durch ge— ringere Größe des männlihen auch noch dadurch, daß bei legterem die obere ſeitliche Öffnung nicht viel über eine einzige Windung von der unteren Cingangsmündung ent fernt liegt, während diefe Entfernung beim weiblichen Sacke fajt deren zwei beträgt. — Mitte Juni waren jämtliche Näupchen verpuppt, und am 1. Juli erihien das erjte, am 10. das zweite Männchen. Durch die großen, dunkel ſchokoladenbraunen Vorderflügel, die dichte Behaarung des 3 mm langen Körpers und durch die große Hinfälligfeit zeichneten fie fih aus; denn fie ftarben Schon am erſten Tage ab. Beobachtungen von jungfräulicher Fortpflanzung wurden außerdem an Psyche unicolor, P. viciella und P. apiformis, ſowie vereinzelt und ausnahmsweife an einigen größeren Spinnern, namentlich am Maul— beer-Seidenjpinner, angeſtellt. Bei dieſer Gelegenheit ſei hinzugefugt, daß bei einigen Sack— trägern unter den Motten, Talaeporia nitidella, Solenobia lichenella und S. trique- trella die Parthenogeneſis jehr gewöhnlich auftritt. Die Piychenraupen bedürfen bei ihrer Lebensweie zwar der jech3 hornigen Bruſt— füße, welche fie mit den dazu gehörigen Körperteilen herausjteden, um, ihr Kleines Haus mit fich fchleppend, an Baumftänmen, Grasftengeln, Holgplanfen 2c. umherzukriechen und Gemeiner Sadträger. 417 fich Futter zu juchen, die übrigen Füße find überflüjfig und daher zu Wärzchen verküm— mert oder jpurlos verfhwunden. Um fich zu verpuppen, verlaffen die meilten Piychinen ihre Autterpflanze und jpinnen die vordere Mündung ihres Sades an einen Baumjtamm, einen Bretterzaun, einen Stein und dergleichen feit. Sodann kehrt fich die Raupe um, mit dem Kopfende gegen die hinten freie Mündung. Die beiverjeits jtumpf gerundete Puppe des Weibchens zeigt wenig Bewegung und bleibt, auch wenn der Schmetterling ausfrieht, am Grunde des Gehäufes liegen, während die gejtredte, mit Borjtenfränzen ausgerüftete männliche ſich vor dem Ausfchlüpfen bis zur Hälfte aus dem hinteren Ende des Säckchens hervorarbeitet. Der gemeine Sadträger, Mohrenfopf (Psyche unicolor over graminella), mag als die verbreitetfte Art ein Bild von diejen interefjanten Faltern geben. Er zeichnet ih zunächſt dadurch aus, daß die Naupen der verjchiedenen Geſchlechter verjehiedene Säde fertigen. Der große Sad des Männchens (e) trägt im vorderen Teile allerhand umfang: reiche Pflanzenabfälle, der de3 Weibchens (b) hat eine weit gleichmäßigere Oberflähe und wird nie jo lang wie jener. Da die Raupe überwintert, findet man die Säde vom Spät: herbit ab an geſchützten Orten, bejonders auch an Baum: ftämmen feitgefponnen. Mit dem Erwachen alles Lebens im nächſten Frühling beißt die Raupe die jenen fejthaltenden Seidenfäden dur, ſucht Gras auf, um fich weiter zu er: nähren, bis etwa Mai oder Anfang Juni, zu welcher Zeit die Verpuppung in der vorher angegebenen Weije erfolgt. Sn unferer Abbildung erjcheint der weibliche Sad bereits angejponnen, der männliche jucht fih an dem Stamme erit noch einen guten Plab dazu. Die Naupe tft gelblich, grau: ſchwarz punftiert, die Puppe gelbbraun. Nach jpätejtens 4 Wochen erjcheint der Schmetterling. Das ſchwarzbraune Männchen (a) hat weiße Franjenfpischen und einzelne weiße Zottenhaare am Bauche, an den Hinterjchtenen nur End: iporen. Die traurige Gejtalt des madenförmigen Weibehens (d), nachdem e3 die Puppe (c) verlafjen, fommt gar nicht Gemeiner Sadträger (Psyche — * h s a ze unicolor): a Männden, b weiblicher zum Vorſchein, hält fich vielmehr am hinteren offenen Ende Sat, ER de3 Eades auf und wartet in Demut bis — — Einer fommt, — e — ei : = : * Raupe, kmännliche Puppe. Natür— um zu freien. Der Hinterleib des Männchens beſitzt eine liche Größe. ; ungemeine Stredbarfeit und kann behufs der Paarung tief in den weibliden Cad hineingeftect werden, wo ihm da3 zapfenartige Ende des weiblichen Hinterleibes entgegenfommt. Diejem fehlt nämlich eine Legröhre ebenſo wie entwidelte Augen, gegliederte Fühler und ordentliche Beine. Es wurde oben bemerkt, daß bei dieſer Art jungfräulice Fortpflanzung beobachtet worden fei. Sch will dies nicht leugnen, aber doch auf zwei Umftände aufmerkſam machen, welche dazu angethan find, eine Täuſchung zu veranlafjen und zu allergrößter Vorjicht bei derartigen Beobachtungen aufzufordern. Nach erfolgter Begattung jchiebt fich das Weibchen in die verlaffene Puppenhülſe zurüd, um jeine Gier in diejelbe abzujegen. Wie leicht kann es nun gejchehen, daß man es einfammelt und bei näherer Unterjuhung für eine Ruppe hält; kommen ſpäter junge Piychenraupen zum Borjchein, jo liegt die Behauptung nahe, daß bier Parthenogenefis jtattgefunden habe. Aber nicht bloß die Buppenhülfe wird voll Eier gepfropft, ſondern der ganze Sack, welcher fi) dann dem Auge und Gefühle prall daritellt, als wenn er bewohnt Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 27 418 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fünfte Familie: Spinner. wäre, und bejonders glaubt man die Puppe darin zu fühlen, und hierin liegt eine weitere Möglichkeit der Täufhung. Die Gejchlechtsorgane des Weibchen find vollfommen entwicelt und. weifen entjchieden darauf hin, daß, wenn ohne vorhergegangene Befruchtung Eier gelegt wurden, welche jich entwidelten, ein einzelner Ausnahmefall vorlag. Sobald die Näupchen die. Eifchalen verlaſſen haben, jpinnt fich jedes jein Häuschen, welches anfangs, wie wir auch an der Spitze des männlichen ſehen, ohne Bekleidung ift und nur aus den Seiden: fäden des Spinnftoffes beiteht; erjt mit der dur) das Wahstum der Raupe. bedingten Vergrößerung werden fremde Gegenftände eingewebt. Sch habe übrigens allen Grund, an— zunehmen, daß bei gewifjen Arten das Futteral nicht durch Anjag vergrößert, jondern auf: gezehrt und durch ein größeres, neues erjegt wird. Lange Zeit dient der jungen Raupe die Geburtsitätte als Schuß und zur Ernährung, nad) und nach trennt man fi), und jede geht ihren eignen Weg. — Wieder anders geftalten ſich die Verhältniſſe im einzelnen bei der Gattung Fumea und einer dritten, Epichnopteryx (zu ihr gehört unter anderen Rotſchwanz (Dasychira pudibunda), Männden, Buppengejpinft, Naupe; alles natürliche Größe. die obenerwähnte helix), deren Arten im weiblichen Geſchlechte etwas mehr entwidelt find als die der Gattung Psyche. Die Sippe der Lipariden zeichnet ſich aus durch breite, Eurzfranlige Hinterflügel ohne Haftborite, aber mit 2 Innenrands- und außerdem noch 6 oder 7 Nippen, von denen Rippe 4 und 5 dicht beiſammen entipringen, S aus der Wurzel fommt und bald nachher die obere Mittelrippe nur berührt oder mit ihr verbunden bleibt. Nebenaugen fehlen. Mehrere Arten diejer Sippe haben durch den Fraß ihrer Raupen mehr Aufmerkſamkeit auf fich gelenkt, als es die Einfachheit ihres Kleides vermocht haben würde. Der Notihwanz, Buchenſpinner, Kopfhänger (Dasychira pudibunda) — wollten wir jeine wiſſenſchaftlichen Namen in das Deutjche übertragen, müßten wir ihn den „verihämten Wolfuß“ nennen — iſt ein heller und dunkler, graubraun und weiß ge— zeichneter Spinner, deſſen Weibchen noch matter und verwijchter erfcheint als das hier vor— geführte Männchen. Er fliegt Anfang Juni und madt fi) in feinerlei Weile bemerflich. Ceine Raupe aber fällt nicht nur durch) ihre Schönheit auf, jondern richtet jogar manchmal an jungen Buchenbeftänden erheblihen Schaden an. Auf Eichen findet man fie gleichfalls, mehr im nördlichen Deutſchland. Sie gehört zu den Bürjtenraupen, ijt für gewöhnlich ſchwefelgelb, nur am binterjten Haarpinjel (dem Schwanze) rot, bisweilen haben auch die übrigen Haare einen ſchön rojenroten Hauch. Sie liebt die Stellung, in welcher wir fie bier erbliden, „hängt den Kopf“ und läßt die prächtig ſamtſchwarzen Spiegel zwilchen den vorderen Bürften dann jehr deutlich jehen. Sn der Jugend gleitet fie bei der Erjcehütterung des Buſches, auf welchem fie frißt, an einem Faden herab, erwachjen ihut fie e3 nicht, jondern fällt frei und liegt nach) innen gefrümmt und einen Kreis bildend, indem fich das Zeibesende über den Kopf legt, ruhig auf dem Boden, bis fie die Gefahr bejeitigt glaubt. Dann rafft fie fih auf und befteigt ihren Wohnplag von neuen. Sm Dftober jucht ſie zur Berpuppung das dürre Laub des Bodens auf, fertigt ein loderes, mit den Haaren ver: Rotſchwanz. Weidenſpinner. 419 miſchtes Gewebe, in dieſem ein zweites, feſteres Geſpinſt, welches aber noch locker genug iſt, um die dunkelbraune Puppe durchſcheinen zu laſſen. Nach einem Berichte des Oberförſters Fickert auf Rügen, wo die Raupe ſeit 200 Jahren hauſt, kam der ſtärkſte Fraß im warmen Sommer 1868 zu ſtande, indem ſämtliche Buchen der Stubbenitz auf einer Fläche von mehr als 2000 Hektar ſchon Ende Auguſt vollſtändig entlaubt waren. Nach der Buche kamen Ahorn, Eiche, Haſel und ſämtliche kleine Geſträuche, zuletzt Eſpe, Erle, Lärche, Birke an die Reihe; ſelbſt die Ränder der Fichtennadeln wurden befreſſen, dagegen Eſchen gänzlich verſchont, während bei einem früheren Fraße die Eſchen vor den Erlen und Birfen in Angriff genommen wurden. E3 ift überhaupt eine öfter ges machte Erfahrung, daß dann, wenn ein Kerf in ungewöhnlich großen Maffen auftritt, Feine Kegel hinsichtlich der Neihenfolge der angegriffenen Pflanzen aufgeitellt werden fanıı. Der Rotſchwanz war über den ganzen Waldförper der Stubbenig verbreitet; auffällig wurde jein Fraß zunädft nur da, wo größere Maſſen vereinigt waren, breitete ſich all: mählich ringförmig aus und griff ſchnell um fi; denn fobald das Laub anfing, lichter zu werden, genügten 8 Tage, um 100— 200 Hektar vollfommen kahl er: ſcheinen zu lafjen. Die Stämme waren jegt dicht bedeckt mit auf: und abfriechen: den Raupen, welche vergeblich nad) Nah: rung ſuchten und zulegt mafjenhaft am Boden umfamen; denn jobald erit 3 oder 4 Naupen ringend aneinander geraten, hört jedes weitere Fortjchreiten auf. An Ortlichkeiten, Fraßringe zu Weidenſpinner (Dasychira salicis) nebſt Raupe und Puppe, aus ſammenſtießen, war die Anhäufung eine welcher eine Schlupfweſpe kriecht. Natürliche Größe. ſo überraſchende, daß man unter einer Buche zwiſchen 5 und 6 Scheffel ſammeln konnte. Nur an zwei Ortlichkeiten von ge— ringerer Ausdehnung reichte für eine Sehne des fortjchreitenden Kreifes die Nahrung bis zur Zeit der Verpuppung aus. Dort erfolgte diejelbe auch mafjenhaft in dem Boden: überzug, dem oben aufliegenden Laube und an den bemooften Stämmen. Der Weidenfpinner (Dasychira salieis) ijt weiß, ſchwach beſchuppt und atlas: glänzend, die Kammzähne der Fühler und Ninge an den dicht behaarten Beinen, deren hinterfte an den Schienen nur Endſporen haben, find ſchwarz. Er ift es, der in den warmen Nächten des Juni und Juli geifterhaft und oft zu Taujfenden um die jchlanfen Pappeln unjerer Landſtraßen umberflattert und von den Fledermäufen weggefangen wird, jo daß die abgebifjenen Flügel auf der Straße ausgejtreut liegen. Am Tage erglänzen fie aus weiter Ferne an den Stämmen, fallen herab, wenn Sperlinge und andere Bögel unter.ihren Scharen fi) ein Mahl bereiten, und bejtreuen, zertreten, halbtot umherkriechend, im Staube ſich wälzend, den Boden. Das befruchtete Weibchen Elebt feine Eier in Kleinen Inſeln zwiſchen die Nindenjchuppen der Stämme. Sie find in einen gleichfalls wie Atlas glänzenden Schleim eingebettet und darum leicht ſchon aus der Entfernung zu erkennen. Im nächſten Frühjahr, bisweilen noch im Herbite, dann aber zu ihrem Verderben, weil der Winter fie tötet, Friechen die mäßig behaarten, rot bewarzten Raupen daraus hervor, fallen alsbald durch die ſchwefel— gelbe oder weiße Fledenreihe längs des braungrauen Nüdens in die Augen und freijen bisweilen die Bappeln oder Weiden (an beiden figen fie gleich gern) vollitändig fahl. Ende Mai hängen die beweglichen, glänzend ſchwarzen Puppen, welche mit zerjtreuten gelben 27* * Sl 420 Trüte Orbnung: Schmetterlinge; fünfte Familie: Spinner. Haarbüſchchen bejegt find, hinter einigen Fäden an den Stämmen oder [oje zwijchen wenigen Blättern der Futterpflanze. Der Goldafter (Porthesia chrysorrhoea, Fig. 1—6) ift gleich dem vorigen ein— farbig weiß, aber an der Hinterleibsipige rotbraun gefärbt; diejelbe endet beim ſchlankeren Männchen (Fig. 1) in einen Haarpinjel, beim Weibchen Fnopfartig verdidt. Die Fühler: jtrablen jind roftgelb und die Gattung von der vorigen dadurch unterjchieden, daß die Hinterfchienen in der Nähe der Mitte ein zweites Sporenpaar tragen, daß Rippe 6 und 7 der Hinterflügel aus gemeinjamem Stiele fommen, und daß Rippe 10 der Vorderflügel aus 8 Winterneft der Goldafter-Raupe (Porthesia chrysorrhoea), 1) Männden, 2) eierlegendes Weibchen, 3) Naupe, 4) Puppe, 5) Fühler des Männdens, 6) Flügelſtück desjelben. 7) Rauve des Schwanz (Porthesia auriflua), 9) ein Glied derjelben, 8) Federhärchen des letzteren; 5, 6, 8 und 9 ftarf vergrößert entjpringt. Diejer Spinner erjcheint gleichzeitig mit dem vorigen, führt diejelbe Lebensweiſe, nur weiß er fi) mehr an der Rückſeite der Blätter verſteckt zu halten, und bejchränft fich nicht auf Weiden und Rappeln, jondern fißt an faft allen Waldbäumen (Eiche, Buche, Hainbuche, Nüfter, Weide, Shwarzdorn), au) an den meilten Obftbäumen, an Rofen und anderen Bierjträuchern der Gärten. Auf allen diefen findet man Anfang Juli das Weibchen damit beichäftigt, jeine Eier zu legen, und zwar gewöhnlich an die Kehrjeite der Blätter (Fig. 2). Vermittelſt zweier Schuppen der Leibesſpitze rupft e3 die rojtbraunen Haare aus dem Hinter: leibsfnopf und bettet in dieje die gleichzeitig gelegten Eier, welche in einen Haufen über: einander gepadt werden. Die hinteren Filzhaare des Polſters fommen zuerjt an die Neihe, ipäter die anderen, jo daß zulegt, wenn nach 1—2 Tagen das Gefchäft abgethan, ein jo- genannter „kleiner Schwamm‘ fertig, auch das Afterpolfter fait gänzlich von der Leibesſpitze verſchwunden ift. Auf jenem Schwamme, welcher länglich und dider ijt als der Hinterleib, Goldafter. Schwan. Schwammſpinner. 42] bleibt das nun erjchöpfte Weibchen bisweilen tot Hängen oder fällt herab. Nach 15—20 Tagen, alſo Ende Juli, auch jpäter, friehen die Räupchen aus und benagen die Blätter ihrer nächjten Umgebung. Sie find ſchmutzig gelb am Kopfe, Naden und Reihen von Nücenpunften ſchwarz. Almählich jpinnen fie ein Neft, welches immer dichter gewebt wird, je näher die rauhe Sahreszeit fommt, und immer bemerkfbarer, je mehr das Laub herabfällt; in ihm findet man meift den Eierſchwamm. Dies find die jogenannten großen Raupenneſter. Sm nächſten Jahre zeigen die Raupen ihr Erwadhen durch Ausfrejien der Anojpen an, fonnen fih in den Aitgabeln und gehen in das alte Neſt zurüd oder Ipinnen ein neues, welches fie gleichfall3 verlaffen, jobald fie größer geworden jind. Ende April erfolgt die zweite Häutung (die erfte war der Überwinterung vorausgegangen) gegen Ende Mai die dritte. Die erwadhjene Raupe (Fig. 3) ift jtark behaart und dunkelbraun, hat vom 4. Ringe an je einen weißen GSeitenfled, vom 6.—10. zwei rote, etwas gejchlängelte Kücenftreifen und je eine ziegelrote Warze mitten auf dem 9. und 10. Ringe. In der erjten Hälfte des Juni wird fie in einem lojen, durchſcheinenden Geſpinſte zwiſchen Blättern zu einer ſchwarzbraunen Puppe (Fig. 4). Dieje Raupen find e8 in eriter Linie, welche unjeren Obſtbäumen ſtark zufegen und nicht jelten durch ihr mafjenhaftes Auftreten Zeugnis von der unverantwortlihen Nachläſſigkeit der Baumbeliger ablegen, da während des Winters oder im zeitigiten Frühjahr das Abjchneiden und Verbrennen der jo leiht zu erfennenden Kaupennefter doch ein jo bequemes Mittel an die Hand gibt, ſich diejes Feindes der Obſt— bäume zu bemädhtigen. Wer durch gewiffenhafte Handhabung der Raupenjchere jeine Bäume zu ſchützen jucht, darf das Buſchwerk und die lebenden Zäune um diejelben nicht unberüd- fichtigt lafjen, da dieje, bejonders wenn fie aus dem beliebten Weißdorn bejtehen, wahre Brutjtätten dieſes Ungeziefers bilden! Der Schwan oder Gartenbirnfpinner (Porthesia auriflua) iſt dem Goldafter ungemein ähnlich, nur find die Afterbüjchel Lichter, mehr goldgelb, jo daß ihm der deutjche Name des vorigen mit größerem Nechte gebührte, und überdies hat der Innenrand der Vorderflügel einen ungewöhnlich langen Franſenſaum. Seine Lebens: und Entwidelungs- geihichte it beinahe diefelbe; der goldgelbe Eierſchwamm findet ſich weniger im Walde als in Gärten und Hecken, aber auch hier weit einzelner. In einem Punkte gehen beide Spinner aber wejentlid) auseinander. Nach der eriten Häutung vor Wintersanfang zer: ftreuen fih die Räupchen; jede einzelne jucht an den gewöhnlichen Berjteden ein Unter: fommen, ſpinnt fich hier jedoch in ein weißes FJutteral ein. Erwachen (Fig. 7, ©. 420) iſt fie ſchwarz, hat einen zinnoberroten Doppelftreifen längs des Rückens, einen einfachen über den Füßen, eine wellige, weiße Seitenlinie und auf dem vierten, fünften und legten Ringe einen jehwarzen, weiß beftäubten Haarbüjchel. Weil fie weniger die Gejelligfeit liebt wie die vorige, jo kann fie zwar deren Zerſtörungswerk unterjtügen, nie aber durch ihre Art allein jo beträchtlichen Schaden anrichten. Der Shwammjspinner, Didfopf (Ocneria dispar, j. Abbild., ©. 422), unter: jcheidet fich im Aderverlauf der Flügel dadurch von den beiden vorigen, daß im Vorderflügel Rippe 10 aus 7 entjpringt und im Hinterflügel Rippe 6 und 7 aus einem Punkte, nicht aus einem gemeinjhaftlichen Stiele fommen. Die vier Sporen an den Hinterfchienen haben beide Gattungen miteinander gemein. Den wiſſenſchaftlichen Namen führt diefer Spinner mit voller Berechtigung; denn beide Geſchlechter haben ein jo verjchiedenartiges Anjehen, daß der Unkundige jedes für eine befondere Art anjprechen könnte. Das Kleinere, graubraune Männchen (Fig. 1) hat einige mehr oder weniger ausgeprägte ſchwarze Zadenbinden über die BVorderflügel und lange Kammzähne an den Fühlern, welche ihnen die Umrifje eines Hafen ohres verleihen. Das außerordentlich plumpe und träge Weibchen hat ſchmutzig weiße Flügel, deren vordere ähnliche ſchwarze Zadenbinden tragen, und einen braunen, Tnopfartigen Haar: 493 Tritte Ordnung: Schmetterlinge; fünfte. Familie: Spinner. wulit am Ende des häßlichen Hinterleibes. Beide find Ende Juli oder im Auguſt der matt- ſchwarzen Puppe entichlüpft. In den Abenditunden geboren, jcheinen fie auch nur während der Nachtzeit berechtigt zu fein, den beiden Trieben zu folgen, von welchen allein nur. alle vollfommenen Kerfe befeelt find: zu leben und leben zu lajjen. Kaum find dem Männchen feine Schwingen gewachſen, fo fliegt es in wilder Luft umher, wie ein Schatten gleitet es an uns vorüber und ift im Augenblide wieder verſchwunden, weil jein fledermausartiger Flug und die Dunkelheit uns nicht vergönnen, ihm mit den Augen zu folgen. Am anderen Tage finden wir es wieder, oder wenigitens feinen Bruder, an einer Wand, in dem Winfel gi" DIN S y 7 WB — MAMI CS hwammjpinner (Oeneria dispar), 1) Männden, 2) Weibchen vor einem von ihm gelegten Gierfhmamm, 3) Puppe, 4) Naupen auf verjhiedenen Altersftufen. Alles natürliche Größe eines Fenjlers von der nächtlichen Echwärmerei ruhend. Eehr fejt ſitzt es aber nicht, wir brauchen ihm nur nahe genug zu fommen, daß es unjere Gegenwart merkt, jo fliegt e3 davon, und weil die Störungen mannigfacher Art jein fünnen, jo geſchieht es, daß wir an jonnigen oder ſchwülen Tagen die Tiere in ewiger Unruhe umberfahren jehen. Ganz anders das Weibchen. Träge fitt e8 an Wänden oder Baumfjtämmen und bededt jeinen häßlichen, dien Hinterleib dachartig mit den nichts weniger als jchönen Flügeln. Kann man dur einen Fußtritt den Baumſtamm erjchüttern, an welchem es hängt, jo fällt es herab mit nad) vorn gefrünmter Hinterleibsipige, e$ der Mühe faum wert erachtend, durch Flattern dem erhaltenen Stoße entgegenzumirken. Nur bei anbrechender Dunkelheit erhebt es mühſam jeine Flügel und taumelt um die Bäume, ein fetter Biffen für die beutelüfternen Fleder— mäuſe. So bringt es jeine kurze Lebenszeit hin, des Tages in fauler Ruhe, des Nachts in un— beholfenem Slattern, bi3 ein Männchen ihm Ruhe beigebracht hat, und muß fich, wie auch das Männchen, nur vom Tau ernähren; denn an Blumen findet man beide nie. Endlich Schwammſpinner. 493 trifft man es (Fig. 2) vor einem braunen, dem Feuerſchwamm nicht unähnlichen Filze, einem „großen Schwamme“, figend. Wie der Goldafter und der Schwan beginnt es mit einem Schleimüberzug, an welchem die unterjte Schicht des Filzes hängen bleibt, welchen e3 jeinem tiefbraunen Afterpoliter. entzieht. Hierauf kommt eine Lage Eier, dann eine weitere Haarihicht und jo fort, bis ein anfehnliches Häuflein ohne beitimmte Form an dem Baumftamme, der übertündhten Lehmwand, oder an ähnlichen, ftetS aber gejchügten Etellen untergebradt iſt. Se zahlreihere Schwämme im angeführten Sinne fihtbar werden, deſto jeltener werden die Weibchen, die Männchen waren bereits früher von der Schau— bühne abgetreten. Erſt in dem nächſten Frühjahr erwacht in den Eiern daS Leben, wenn nicht ein jorg- Jamer Landwirt oder Gärtner die ihm zugänglichen beizeiten- vertilgt hat, wobei jedoch eine gewilje Borficht nötig it. Cie an Ort und Stelle zu zerdrüden, ijt mißlich, weil fie jehr hart find und in dem federnden Filze eher wegſpringen als fich zerdrüden. lajjen. Pan muß fie daher jorgfältig abfragen, auf einem untergehaltenen Papiere, Brettchen ac. jammeln und verbrennen, aber nur in kleineren Mengen, weil fie mit hejtigem Knalle zerjpringen. Auf der weichen Unterlage jonnen ſich in fröhlichem Gewimmel die Schwarzen Räupchen, gehen jedoch bald auseinander, treffen aber an den Aſtgabeln, an der Unterjeite der Aſte, um vor Näffe geſchützt zu fein, immer wieder zujammen, und jede fteht zu, wo für ſie der Tiſch gededt ift. Die Raupe gehört keineswegs zu den Koftverächtern; denn die Roſenblätter unſerer Gärten, die Blätter der Eihen im Walde, der Meide am Bache, der Bappel an der Heerftraße und der verſchiedenſten Objtbäume jagen ihr ohne Unterjehied zu. ES fommen Jahre vor, in denen jie durch ihre ungeheure Menge zur Plage grö- ßerer Landitriche wird. Co berichteten franzöfijche Blätter unter dem 14. Juli 1818: „Die ſchönen Korfeihenwälder, welche fi von Barbafte bis zur Stadt Podenas im jüdlichen Frankreich erjtreden, jind in einer ganz verzweifelten Weife von der Raupe der Ocneria dispar ver- nichtet. Nachdem fie nicht nur die Blätter der Korfbäume, jondern auch die Eiheln diefes und des folgenden Jahres verſchlungen hatten (die Frucht braucht ein Jahr, ehe fie reift), wurden unjere Mais- und Hirjefelder, unſere Futterfräuter und unfere fäntlichen Früchte ihnen zur Beute. Die den Bäumen benachbarten Wohnungen find von ihnen erfüllt und fönnen den unglüdlichen Eigentümern nicht mehr zum Aufenthalte dienen. Celbit die Weinjtöde, die hier und da auf unjerem Sandboden zerjtreut wachjen, find nicht verjchont geblieben.“ Ich jelbit habe bei einer anderen Gelegenheit beobachtet, wie die Tiere fich unten auf dem Boden Frümmten und mit dem Hungertode rangen, nachdem fie eine ver- einzelte, an einem Felſeneinſchnitt wachjende Gruppe von Pflaumenbäumen vollftändig ent: blättert und ſich die Möglichkeit benommmen hatten, mehr Futter zu erlangen; denn weitere Wanderungen danach unternehmen fie nicht wie gewijje andere Naupen. Im Jahre 1752 waren fie in Sachſen jeharenweife vorhanden, jo daß fie in den Gegenden von Altenburg, Zei, Naumburg, Eangerhaufen nicht nur alle Objtbäume, fondern zum Teil ganze Wälder kahl abgefrejjen hatten. Die Figuren 4 überheben uns der näheren Bejchreibung. Blaue und rote, borjtig behaarte Warzen ziehen in Neihen über den graus braunen Körper, und wenn die Raupe erſt erwachjen ift, macht ein dicker Kopf, welcher aus den dichten Borjten hervorfieht, fie leicht vor dem übrigen Ungeziefer kenntlich. Zur Berpuppung zieht fie einige Fäden zwiſchen den Blattüberrejten ihres legten Weideplages Ein Zwitter des Schwammſpinners. 424 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fünfte Familie: Spinner. oder zwiichen Nindenrijjen an den Stämmen und ijt als Puppe (Fig. 3) ungemein un: gehalten, wenn fie gejtört wird; denn fie wirbelt und windet ihre Hinterleibsglieder lange, wenn man fie anfaßt. Sie bedarf nur wenige Wochen der Ruhe. Wir jehen bier noch ein merfwürdiges Naturjpiel, ein Männchen auf der linken, ein Weibchen auf der rehten Seite in einem lebenden Weſen vereinigt, welches am 28. Juli 1864, aber in umgefehrter Anordnung, in Berlin gezogen worden iſt. Zwitterbildungen finden fich in der Kerfwelt ab und zu immer einmal, wenn auch nicht in der Negelmäßig- feit des vorliegenden. Hagen hat 1861 ein Berzeihnis dev Schmetterlingszwitter zufammengeftellt, ſoweit er jehriftliche Nachrichten darüber auffinden Fonnte, und bringt in demjelben 99 zufammen, eine Zahl, welche fich feitdem vermehrt hat, wie ſchon der vorliegende Fall beweilt. Die Nonne (Oeneria monacha, Fig. 1—8) jteht dem Schwammjpinner als wirdige Schweiter zur Seite, ſowohl in Rückſicht auf die äußere Erſcheinung wie im Nonne(Ocneria monacha), 1u.2) Männden, 3—5) Weibchen, 6) Raupenſpiegel, 7) Raupe, 8) Puppe. Alles natürliche Größe. Benehmen und in der Schädlichkeit der Raupe, welche vorzugsweiſe den Nadelhölzern zu: ſpricht. Der Schmetterling erſcheint gleichzeitig mit dem vorigen, trägt in beiden Ges ſchlechtern reineres Weiß und ſchärfere ſchwarze Zadenbinden auf den Vorderflügeln, ſchwach getrübte Hinterflügel, geſcheckte Franſen an beiden, und das Weibchen kann jeine rojen: rote Hinterleibsjpige durch die ausſtreckbare Legröhre bedeutend verlängern, wenn es die Eier hinter Rindenſchuppen anfleben will. Sit der Schmetterling in einem Jahre jehr häufig, jo gehören faft ganz ſchwarze Abänderungen (Ocnerica eremita) feineswegs zu den Seltenheiten. Der Schmetterling figt träge an den Stämmen der Walobäume und anderer Bäume in Waldesnähe, das Männchen jedoch lojer als das träge Weibchen, denn es läßt fih an warmen Tagen leicht auffcheuchen, wenn man ihm beim Durdhjftreifen des Revieres zu nahe fommt. Bereinigt findet man die Gejchlechter bei Tage jo wenig wie die der vorigen Art. In der Eiablage unterjcheiden fich, wie bereit$ erwähnt, die Weibchen beider Arten wejentlich. Nonne Waldverwüſtungen durch die Nonnenraupe. 425 Ende April oder Anfang Vai des nächſten Jahres riechen die Räupchen aus, und die von einer Eiergruppe ftammenden bleiben 1—6 Tage in der Weije zujammen fiten, wie wir es hier jehen, bis fie fi) auf die Nadeln begeben. Der Forftmann nennt eine ſolche Gefellichaft einen Spiegel (Fig. 6) und den Inbegriff aller Vorkehrungen, um dur) das Töten derjelben ihrem Fraße vorzubeugen, das Spiegeln. Im Juni oder Juli find die Raupen (Fig. 7) erwachſen, auf graugrünlichem, weißgrau und ſchwarz gemijchtem Grunde blau und rot bewarzt, vorn durd eine weiße Stelle hinter einem jamtichwarzen Spiegel und hinter der Mitte gleichfallS duch einen lichten Sattel ausgezeichnet, infolge der Borftenbehaarung der Warzen, der Kopfbildung und Körperform den Didkopfraupen jehr ähnlich. Hinter wenigen Seidenfäden werden fie an einem Stamme zur fehönen bronze— glänzenden, büjchelig weiß behaarten Puppe (Fig. 8). Da die Laubhölzer die verlorenen Blätter wieder erjegen können, jo leiden fie durch den Nonnenfraß weniger als die Kiefern und zarteren Fichten. Bis zum Jahre 1828 galt die Nonne nur für eine Feindin der Kiefer, eine über die oftpreugijchen, litauiſchen, maſuriſchen und polnischen Foriten von 1852 an hereinbrechende Nonnenverheerung lehrte aber, daß die Fichte weit mehr noch von ihr zu leiden habe als die Kiefer. Willkomm wurde 1863, nachdem das furct: bare Ereignis bereit vorüber war, von der föniglich ſächſiſchen Regierung in jene jo ent: jeglich heimgeluhten Waldquartiere entjendet und hat einen gründlichen Bericht darüber eritattet, welcher teil3 auf eigne Anfehauung, teils auf Einficht der dortigen Nevieraften und auf Mitteilungen der Forjtbeamten gegründet ift. „ES war am 29. Juli 1858”, jo lautet diefer Bericht, „als am Schwalzer Schugbezirf, dem füdlichiten des Nothebuder Forites, der Nonnenjchmetterling auf einmal in unzähliger Menge erjchien, indem derjelbe in wolfenartigen Maſſen, vom Südwind getrieben, herbeizog. Binnen wenigen Stunden verbreitete fi) der Schmetterling auch über die angrenzenden Schußbezirfe, und zwar in jolder Menge, daß 3. B. die Gebäude der Förfterei Nagonnen von Faltern förmlich in: frujtiert und die Oberfläche des Pillwungſees von darin ertrunfenen Schmetterlingen wie mit weißem Schaume bevdedt erjchien. Glaubwürdige Augenzeugen, die ich gejprochen, ver: ihern, daß es im Walde gewejen wäre wie beim ärgſten Schneegejtöber, und daß die Bäume wie bejchneit ausgejehen hätten, in ſolcher Maſſe wäre der Schmetterling überall nievergefallen. Nahforihungen Shimmelpfennigs ergaben, daß die Nonne bereits jeit mehreren Jahren in den ſüdlich von der Bodſchwingkenſchen Heide gelegenen Brivatforiten, bejonders aber in den polnishen Grenzwaldungen, gefrejfen und fich dort, wo nichts für ihre Bertilgung gejchehen war, jo ungeheuer vermehrt hatte, daß mande Waldbefiger in ihrer Verzweiflung im Jahre 1852 ganze Wälder niederbrennen ließen, um das Inſekt los zu werden. In welcher Mafjenhaftigkeit 1853 der Nonnenfalter aufgetreten jein mag, erhellt aus der Thatjache, daß die Menge der vom 8. Augujt bis zum 8. Mai des folgenden Jahres auf Rothebuder Kevier gefammelten Eier ohngefähr 300 Pfund betrug, oder, da auf ein Lot mindejtens 15,000 Stüd gehen, etwa 150 Mill. Stüd! Außerdem wurden während der Flugzeit, welche in der Hauptjadhe nur bis zum 3. Auguft währte, orittehalb preußische Scheffel weiblicher Falter (etwa 1,5 Mill. Stücd) gejammelt. Troß dDiejer energiſchen Maßregel zeigte fih im folgenden Frühjahr wieder eine ſolche Menge von Raupenſpiegeln, jelbjt in den drei- bis viermal abgejuchten Beltänden, daß man ſich überzeugen mußte, man habe kaum die Hälfte ver abgelegten Eier gefammelt. Und das war allerdings nicht wunderbar, da die Nonne ihre Eier, allen bisherigen Beobahtungen und Erfahrungen Hohn fprechend, ſogar an die Wurzeln und zwijchen das Moos der Boden: jtreu, desgleihen bei den Fichten in der Krone bis zum höchſten Wipfel hinauf abgelegt hatte, was das Sammeln natürlich jehr erfehweren mußte. Nichtsdejtoweniger waren in fait allen Forsten, wo der Schmetterling fih in Menge gezeigt hatte, im ganzen auf einer 426 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fünfte Familie: Spinner. Fläche von 14,500 Morgen die Bäume Stamm für Stamm abgejucht worden, und zwar bis zu 5 Fuß Höhe mit den Händen, weiter hinauf auf Leitern. Nicht unerwähnt darf bleiben, daß in den mit Kiefern gemijchten Fichtenbeftänden, auch in den älteſten, die Eier fat immer nur an den Fichten abgelegt erichienen, jelten an Kiefern, denn bisher ift in jo gemischten Beftänden das Gegenteil beobachtet worden. Die meiften Eier fand man immer an alten, ftarten Fichten (bis 2 Lot an einem Stamme!) ſowie längs der Wurzeln und im Mooje. Unter den Fichten waren nur die bereit3 mit rauher Borke verjehenen mit Giern belegt, niemals die noch glattrindigen, überhaupt feine Stämme unter 12 Zoll Durchmeſſer am unteren Ende. Auch an Birken und Hornbäumen (Hainbuchen) fand man Gier. Bei den Kiefern wurden jolche jelten über 20 Fuß Höhe, bei den ftarfriffigen Birken nicht über 6 Fuß, bei den Hornbäumen bis etwa 10 Fuß vom Boden gerechnet gefunden; dagegen bei den Fichten, wie ſchon bemerkt, von der Wurzel bis zum Wipfel. Zur Vertilgung der Eier trugen wejentlich der Buntjpecht, ferner die Finfen bei; auch) wurde eine große Menge von Clerus-Larven um die Gierhaufen bemerkt. Trag alledem waren eine ungeheure Menge Gierhaufen übriggeblieben,; denn nah Schimmelpfennigs Berehnung wären durchichnittlih 100 Arbeiter und 20 Aufjeher im nächſten Jahre nötig gewejen, um nur auf einem Morgen das Spiegeltöten jchnell und gründlich durch— führen zu können! Unter diefen Umftänden erklärte Schimmelpfennig in jeinem Berichte vom 15. Februar 1854, in welchem er bereits voll tiefen Schmerzes den Untergang der Wälder vorausjagt, das Spiegeln für unausführbar, überhaupt menſchliche Hilfe für unzu: veihend und alles auf fernerweite Vertilgungsmaßregeln zu verwendende Geld für ver: geblich verausgabt. „Gleichwohl wurde jeitens der Regierung das Spiegeln angeordnet und auf Rothebuder Nevier auch wirklich bis zum 18. Mai vorgenommen, natürlich) mit völlig unzureichenden Kräften. Dabei hatte man die Beobachtung gemacht, daß die frijch ausgelaufenen Räupchen vorzüglich) an den überall eingefprengten Hornbäumen fragen und erjt nach der Entwide: lung der Fichtenmaitriebe zu den Fichten wanderten, wo fie zuerjt die Maitriebe jo ſtark benagten, wohl gar durchbiſſen, daß diejelben vertrodneten. Wie vorauszujehen gemwejen war, hatte das Spiegeln gar nichts geholfen; denn die Raupe verbreitete fich ſchnell über das ganze Revier, und es wurden durch diejelbe bis zum 12. Juli, wo der Fraß zu Ende aing, ſchätzungsweiſe 800 Morgen Fichten volllommen kahl abgefreffen und vernichtet. Schon jegt zeigten fich übrigens viele franfe Naupen und unzählige SJchneumoniden (Microgaster), deren weiße Puppentönnchen jpäter jehneeartig das Unterholz bevedten, Dennoch mochte der größte Teil der Naupen zur Verpuppung gelangt jein; denn die aus: gefrochenen Schmetterlinge bededten die Beſtände noch mafjenhafter als das Jahr zuvor. „Während der Fraßzeit wurde beobachtet, daß die Raupe die Fichtennadeln ganz ver: zehrte, die Kiefernadeln dagegen, wie längit befannt, in der Mitte, die Birkenblätter am Blattjtiele durchbiß, weshalb der Boden unter den Kiefern und Birken mit herabgefallenen Nadelſtücken und Blättern überfäet war; ferner, daß in den aus Fichten, Kiefern und Laub: hölzern gemijchten Beitänden die Kiefern erſt dann an die Neihe famen, nachdem die Fichten kahl gefreſſen waren, die Hornbäume dagegen jofort, gleichzeitig mit den Fichten; daß in fahl gefrefjenen Nadelholzarten die etwa eingejprengten Weiden, Aſpen, Eichen, Ahorne ꝛc. verschont blieben, dagegen das Farnfraut und die Beerfträucher den hungrigen Raupen zur Beute fielen; endlich, daß ein am 6. und 7. Juni eingetretener jtarfer Spätfroft den Raupen nur jehr wenig jehadete. Ein Umbherwandern der Raupen aus Fahl gefrejjenen Beitänden nach noch unverjehrten wurde nicht wahrgenommen, im Gegenteil überall beobachtet, daß die Naupen von den kahl gefrejjenen Bäumen ermattet herabjtürzten und fich unter deren CS hirmflähe anfanmelten. Viele derjelben mögen nicht zur Verpuppung gelangt fein, viele Waldverwüſtungen durch die Nonnenraupe. 427 wurden auch von den Fröſchen (!) gefreſſen. Bäume, unter denen ſich Ameiſenhaufen (von Formica rufa) befanden, blieben vom Raupenfraß verſchont. „Zur Vertilgung der Schmetterlinge wurden, da das Sammeln zu langjam ging, ſchon während der erften Flugzeit (vom 29. Juli bi 3. Auguft 1853) und auch 1854 große Leuchtfeuer an vielen Stellen angezündet. Wenn auch diefe Maßregel nicht den gewünfchteit Erfolg hatte, jo ftellte fich doch heraus, daß die Echmetterlinge in den kahl gefrejjenen Orten, wo allein Leuchtfeuer unterhalten wurden, ihre Eier ablegten und nicht weiter flogen, fo daß dann die Vertilgung der Eier dur Verbrennen der abgejchälten Rinde leicht be: wirft werden fonnte. Allein troßdem und obwohl große Maffen von Schmetterlingen ſelbſt in den Feuern umkamen, erſchienen nach der Flugzeit von 1854 die Eier jo maflenhaft abgelegt, daß man von weiterem Sammelnlafjen derjelben abjehen mußte; denn die Stämme der Fichten waren nicht mehr mit Gierhaufen zwijchen den Borkenſchuppen beſetzt, jondern an der ganzen Oberfläche von dicht an- und übereinander liegenden Eiern förmlich in: fruftiert, jo daß die Arbeiter fie mit den Händen abſtreichen Fonnten, wenigitens an den Stämmen, an weldhen man im Winter zuvor des Einſammelns halber die Borkenjchuppen abgefragt hatte; denn auch an jolche hatte die Nonne ihre Eier gelegt. Die Wipfel waren jedoch diesmal verschont geblieben. Dagegen fand man zahlreiche Gierhaufen an Kräutern aller Art, fogar auf Tabakspflanzen (e3 wird in Mafuren Nicotiana rustica häufig an- gebaut, namentlich auch in den Gärten der niederen Forjtbeamten), ja, jelbit auf Giebeln von Häufern und an den Bretterzäunen — lauter bisher nie dagewejene und unerhörte Erſcheinungen! Sn welcher unglaubliden Menge damals Nonneneier vorhanden geweſen fein mußten, geht auch daraus hervor, daß fih Hunderte von Leuten erboten, Eier für den geringen Preis von 4 Pfennig à Lot zu fammeln, während 1853 beim Beginn des Ein: jammelns das Lot mit 5 Eilbergrofchen bezahlt werden mußte. „So fam denn im Mai 1855 ein Naupenfraß zur Entwidelung, wie ein jolcher wohl jeit Menſchengedenken noch nicht dageweſen ilt. Bis zum 27. Juni waren auf dem Rothe: buder Revier bereits über 10,000 Morgen Nadelholzbeftand kahl gefreſſen, außerdem 5000 andere Morgen jo ftark angegangen, daß auch, hier ein völliger Kahlfraß in Aussicht ftand. Allein ſelbſt die ſchlimmſten Befürchtungen follten noch weit übertroffen werden! Denn bis Ende Juli erſchienen die meijten Fichten des ganzen Neviers kahl gefreijen, diejelben auf einer Fläche von 16,354 Morgen bereits getötet, auf einer anderen von 5841 Morgen jo ftarf bejchädigt, daß vorausfichtlich der größte Teil zum Abtrieb fommen mußte, und nur auf 4932 Morgen ziemlich verschont. Schimmelpfennig tarierte die bi! zum September trocken gewordene Holzmafje auf 264,240 Mafjenklaftern oder auf 16 Klaftern pro Morgen der oben angegebenen Fraßfläche. Die Raupen machten feinen Unterschied mehr zwijchen Nadel» und Laubholz, noch zwijchen den Altersklaſſen; denn auch Fichtenjchonungen, ja, jelbft vor- und diesjährige Kulturen wurden von ihnen befallen und kahl gefrejjen, wobei fich herauszuftellen jchien, daß die Pflanzungen am meijten zu leiden hatten. An jüngeren Fichten und Kiefern krümmten fich die Wipfel unter der Laſt der klumpenweiſe daran ſitzen— den Raupen bogenförmig, und an allen Bäumen hingen die Äſte abwärts; der Naupenkot, welcher zulegt den ganzen Boden des Waldes 2—3 Zoll hoch, ja, an manchen Stellen bis 6 Boll hoch bededte, viefelte ununterbrochen gleich einem ſtarken Negen aus den Kronen der Bäume hernieder, und bald war faft fein grünes Blatt, fein grüner Halm mehr zu jehen, jo weit daS Auge reichte.” Der Berichterstatter erwähnt dann weiter einer fich daran anjchließenden Verheerung durch Borkenkäfer und fchließt mit den Zahlenangaben aus dem Berichte von Schimmel: pfennig vom 1. Dftober 1862, nach welchem auf dem Nothebuder Nevier bis dahin 290,000 Mafjenklaftern getötet worden waren, davon 285,000 durch Nonnen-, 5000 durch) Käferfraß. 498 Dritte Dronung: Schmetterlinge; fünfte Familie: Spinner. Auf dem Stamme befanden fi) damals noch mindeſtens 153,000 Klaftern. Die verwüſtete Fläche betrug 32,931 Morgen und hatte fich ſomit beinahe über das ganze Nevier erjtredt, Mit diefen Verwüſtungen hat man nad) Zeitungsberichten vom Jahre 1890 die Berheerungen verglichen, welche den Wäldern im weiteren Umfreife von München bevorjtehen. Glüd: licherweije hat fich jpäter ergeben, daß in verſchiedenen Nevieren die Raupen mafjenhaft durch einen Spaltpilz an der jogenannten „Schlaffjucht” (Flacherie) zu Grunde gegangen jind, welcher den Fettlörper vernichtet und das Innere der Naupe allmählich in eine braune Jauche verwandelt. Die Eiche, welche bekanntlich) mehr Schmetterlingsraupen ernährt als irgend ein anderes Gewächs, wird ftellenweie von einer höchſt intereffanten und fonderbaren Raupe heimgejucht, die, wenn irgend eine, es mit Necht verdient, al3 giftig verjchrieen zu fein. Ihre langen, weißbejpigten, unter dem Mikroſkop oben mit Aſtchen verjehenen Haare enthalten jo viel Ameijenjäure, daß fie auch auf weniger empfindlicher Haut ein entjeß: liches Brennen und Juden hervorbringen. Es fehlt nicht an Beifpielen, wo fie, in das Innere menschlicher oder tierischer Körper gelangt, die bevenklihiten Entzündungen der Schleimhäute hervorgerufen und bei Vernachläſſigung den Tod herbeigeführt haben; Ninder zeigten volljtändige Tollwut. Der Träger diejer gefährlichen Brennhaare findet fich im Mai und Juni und wird von der jonderbaren Gewohnheit, mit jeinesgleichen in gewiſſer Ord— nung zum Fraße auszumarjchteren und von den Weideplägen ebenfo geordnet wieder in das Veit zurüczufehren, Prozejfionsraupe genannt. Diejelbe fommt im Mai aus den Eiern, welche das Weibchen im Sommer zuvor in Häufchen von 150— 300 Stüd der Ninde eines Eichenſtammes anklebte, untermifcht mit graubraunen Haaren aus feiner filzigen Leibesipige, in ähnlicher Weije, wie wir es bei den verjchiedenen Porthesia-Arten fennen gelernt haben. Von der Anzahl der Eier hängt die Größe der Gejellichaft ab, welche nicht nur während ihres etwa ſechswöchigen Naupenlebens, jondern auch bei der VBerpuppung in der innigiten Gemeinjchaft bleibt. Nur bei jehr großer Häufigkeit fann es vorkommen, daß mehrere Gefelljchaften, welche auf ihren Wanderungen zufammentreffen, ſich zu einer vereinigen. Gleich am erjten Abend ihres Geburtstages ziehen fie, bei geringerer Anzahl eine hinter der anderen im Gänſemarſch, bei größerer in keilförmiger Anordnung, eine voran, die nächiten Glieder paarweije, dann zu dreien, vieren 2c., nad) der Baumfrone, um an den Blättern, deren Oberſeite fie im erjten Anfang nur bewältigen können, wie alle jehr jungen Raupen, ihre Nahrung zu ſuchen. Wie fie hier reihenweife geordnet jchmaufen, jo kehren fie nach der Mahlzeit in demjelben geordneten Zuge nad) einer gejchügten Stelle des Stammes zurüd, am liebften an Ajtgabeln oder ziemlich tief nad) unten. Hier richten ſie ſich Häuslich ein, figen dicht gedrängt beifammen, wenn fie größer geworden find, nicht bloß neben-, jondern auch aufeinander, und fpinnen ein loderes Gewebe über fih. Im Anfang wird der Etandort öfters gemwechfelt, jpäter hingegen bleibt er unverändert, und das Gejpinjt wird durch die abgeworfenen Häute und den teilweije hängen bleibenden Kot immer dichter und befommt aus einiger Entfernung das Anjehen eines beulenartigen Auswuhjes am Stamme (Hintergrund unjerer Abbildung). Aus diejen Gejpinftballen werden die Brennhaare durch den Wind verjtreut, fallen auf das Gras, welches vom Viehe abgeweidet wird, oder gelangen, in der Luft umberfliegend, den Holzarbeitern, welche in der Nahbarjichaft bewohnter Bäume ihr Frühftüd 2c. verzehren, in den Magen. Dit anbrechender Dunkelheit verlaffen die Raupen ihr Nejt, an welchem man unten ein Loc als Aus: und Eingang bemerken fann, um ihre Straße aufwärts zu ziehen, und dies wiederholt ſich allabendlic mit Ausſchluß der auf eine jedesmalige Häutung fallenden zwei Krankheitstage. Manchmal fieht man fie auch bei Tage auf dem Boden hinziehen Eihen:Brozejjionsipinner. 429 vielleicht irgendwie und hauptfählid aus Futtermangel genötigt, ihren Baum und ihr Neft zu verlaffen. Der Zug gewährt dann einen höchſt überrajchenden Anblid; wie ein dunkles Band, eine Schlange, windet ſich derjelbe dahin und fommt nur langjam von der Stelle. Die Raupe hat einen breit blaufhwarzen Rüden mit rotgelben Wärzchen, welche die Haarjterne tragen, und weißliche Seiten. Erwachſen 39—52 mm lang, be: geben fich alle auf den Grund des Neftes und bereiten Reihen von Geſpinſten (Fig. 5), welche mit einem ihrer Enden unter rechtem Winkel auf der Stammoberfläche ftehen und fejt miteinander verbunden find. Cie erinnern in ihrer Vereinigung an die gededelten 1) Eichenprozeſſionsſpinner (Cnethocampa processionea), Männden, Wanderung der Raupen, 3) ein Glied einer Naupe, 4) Buppe, 5) die Gehäufe von mehreren, 2) ein Stüd Brennhaar der Raupe; 2 und 3 vergrößert. Zellen der Bienen. In jeder Zelle ruht eine dunfel rotbraune Puppe (Fig. 4), deren Bauch— vingel ſcharfe Ränder haben. Sm Juli und Auguft, jobald es des Abends zu dämmern beginnt (nad) 8 Uhr), fommen die Schmetterlinge, der Eihen-Prozejjionsipinner (Cnethocampa pro- cessionea), aus jenen hervor, deren Männchen durch baldiges Davonfliegen ihre Wildheit zu erfennen geben. Ich habe die Tiere oft genug erzogen, merfwürdigerweife im Freien aber fein einziges zu Gefichte befommen. Das jchlichte, bräunlichgraue Gewand läßt auf dem Vorderflügel einige dunflere Querlinien, beſſer beim dunkleren und ſchärfer ge: zeichneten Männden (Fig. 1) als beim Weibchen, erkennen; den gelblihweißen Hinter: flügel kennzeichnet eine verwifchte Querbinde, fieben Nippen ſpannen ihn, und eine Haftborfte 430 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fünfte und fechfte Familie: Spinner und Eulen. vereint ihn im Fluge mit dem vorderen, welcher von zwölf Nippen durchzogen wird. Bei beiden Gefchlehtern tragen die Fühler bis zur Spige zwei Neihen Kammzähne, die Hinter: jchienen nur Endjporen; von einem Nüfjel ift nichts zu bemerfen. Die Art verbreitet ſich im füdlihen und nordweſtlichen Deutfchland, in der Ebene mehr als im Gebirge, und erreicht nah. Speyer bei Havelberg ihre Nordgrenze. Eine andere jehr ähnliche Art, der Kiefern: Prozejjionsjpinner (Onethocampa pinivora), treibt ihr Wefen ebenfo, aber nur an Kiefern und mit dem Unterjchiede, daß die Raupe nicht ausfhlieglih an den Stämmen ruht, jondern klumpenweiſe flach unten auf dem Boden, an Steinen, welche auf demjelben umberliegen, und daß fie als Puppe überwintert. Sie fommt im novdöftlihen deutfhen Flahland, in Südſchweden und um Retersburg vor. Auf den Nadelhölzern des ſüdlichen Europa, bejonders den Pinien, lebt x — 1) Großer Gabelſchwanz (Harpyia vinula), 2) feine Raupe in verſchiedenen Größen, 3) Puppengeſpinſt an einem Stamme, 4) Raupe des Buchenſpinners (Stauropus fagi). Alles natürliche Größe. eine dritte Art, der Pinien-Prozeſſionsſpinner (Cnethocampa pityocampa), welche in der Lebensweiſe der vorigen jehr nahe Steht. Es ſchließen ſich hier no einige Falter an, welche bejonders im Larvenftande ein gewiffes Intereſſe für fih in Anſpruch nehmen, infofern ihre Naupen nämlich ftatt der Nachſchieber zwei nah oben gerichtete fadenartige Anhänge tragen. Man hat diejelben mit einer Gabel verglihen und ihre Träger wie die aus ihnen entitehenden Spinner Gabel: ſchwänze genannt. Nun können diefe Raupen aber auch einen noch längeren, dünnen Faden aus diefen Stäbchen hervorftülpen, der wie die Schnur einer Peitihe an jeinem Stiele herabhängt und ihnen den jehr bezeichnenden Namen Beitfhenraupen eingetragen haben. Nur wenn fie gereizt werden, zeigen fie ihre Peitſche, wie die Schwalbenſchwanz— raupe ihre Nadengabel. In der Nuhe nehmen diefe Tiere eine höchſt jonderbare Stellung auf dem Blatte des betreffenden Strauches oder Baumes an, welden fie bewohnen. Eine dieſer tückiſch ausſehenden Raupen (Fig. 2) ift lichtgrün und hat einen violetten Sattelfled über den Nücen, welcher auf dem fiebenten Ringe bis zum Luftloch feitlih herabreicht und ringsum jauber weiß eingefaßt ift. Sie findet fich befonders im Juli und Auguft auf Weiden oder den verschiedenen Bappelarten und gehört dem großen Gabelſchwanz (Harpyia vinula, Fig. 1) an. Zur Verpuppung benagt fie den Stamm ihrer Zutterpflanze und jpinnt über daS vertiefte Lager eine gewölbte Dede (Fig. 3), welche die Farbe und holzige Kiefernzu Pinien-Brozeffionsfpinner. Großer Gabelfhwanz. Buchenſpinner. 43] Beihhaffenheit der Umgebung hat und den Winter über die rotbraune ftumpfe Puppe um: ſchließt. Im Mai fommt der bei Tage jehr träge, an Stämmen, Pfählen und Vlanfen figende Falter daraus hervor, welcher weiß ausfieht, gelbe Rippen hat und jchwarze, zum Teil ver: wiſchte Flede und Zadenzeihnungen auf den Flügeln. Er legt dieje dachartig über den Leib und feine diefwollig behaarten Vorderbeine lang vorgeftredt dicht nebeneinander. Das Fragenhaftejte aller einheimiſchen Raupen ftellt aber die des Buchenjpinners (Stauropus fagi) dar, welcher gleichzeitig mit dem vorigen fliegt, diejelbe Körpertracht hat, aber graubräunlich gefärbt ilt. Die Raupe fist in der Ruhe wie die vorige, gewährt aber einen wejentlich anderen Anblid, wie unſere Abbildung (Fig. 4) zeigt. Die beiden ftabförmigen Anhängfel am breiten Leibesende entiprechen den Peitſchen der Peitſchen— raupen, können fich ſelbſt aufrichten, aber feinen Faden hervorjchieben, und die ſechs un: gemein verlängerten Bruftfüße geben der lederbraunen Raupe offenbar eine gewilje Spinnen: ähnlichfeit. Sie findet fih im Herbft auf Buchen oder Eichen und nimmt duch daS Empor: rihten des vorderen Körperteiles, Ausjtreden und Erzitternlafen der langen Beine eine komiſch drohende Geftalt an, wenn man fie in ihrer Ruhe ftört. Bor Winters Anfang erfolgt die Verpuppung in einem dichten Geſpinſte zwijchen Blättern an der Erde. Die Eulen, Noctuen (Noctuina), bilden eine jehr große Familie, deren Mitglieder meift von nur mittlerer Größe find und fih mit Ausnahme weniger Gattungen wegen des übereinftimmenden Baues und der ftetS wiederkehrenden Zeihnungsanlage leicht als hierher gehörig erkennen lafjen. Der Körper ift in der Regel Fräftig, ohne gerade plump genannt werden zu fünnen, der Hinterleib meijt zugejpist, länger alS der Innenrand des Hinterflügels, die Behaarung dicht, auf Mittel: und Hinterleib nicht jelten durch Schöpfe von verjchiedener Form ausgezeichnet. Die behaarten oder nadten Augen leuchten im Dunkeln, Nebenaugen nahe den zujammengejegten fehlen nur in jeltenen Fällen, find aber unter der dichten Behaarung verjtedt. Die borjtigen Fühler find etwas länger als der halbe Vorderflügel, ftehen auf verdidtem Grundgliede und tragen in der Regel Wimperboriten, bei den Männchen weniger Arten Kammzähne oder pinjelartig bewimperte Sägezähne. Die Tafter, mehr oder weniger fräftig entwidelt, überragen fait immer den Kopf, jteigen nur mäßig auf, ihr zweites Glied ift did behaart oder bejchuppt, das legte weniger und er— ſcheint darum immer dünner; bloß in einer früher zu den Kleinfaltern gerechneten Sippe, den Herminiden, erreichen diejelben eine ungewöhnliche Länge. Nur in fehr jeltenen Fällen gelangt der Rüſſel nicht zur vollen Entwidelung, jondern bleibt weich oder auch ganz aus. Die Beine find Fräftig, ftärfer und bejonders die hinterjten länger als bei den Spinnern. An den fräftigen VBorderflügeln erreicht der Innenrand ſtets eine größere Ausdehnung als der Saum; zwölf Rippen durchziehen fie meijt, deren Verlauf wenig Unterjhhiede und mit Ausnahme einiger Sippen eine Anhangszelle zeigt; dieje entiteht dadurd), Daß die aus der vorderen Mittelrippe entjpringende zehnte Rippe einen Schrägait in die aus der vorderen Ede der Mittelzelle in die Spitze gehende Nippe entjendet, welcher dieje meijt jchneidet und als fiebente Rippe in den Saum ausläuft. Hinſichtlich der Zeihnung, für welche bei der großen Übereinftimmung alle möglichen und feiniten Unter: jchiede aufgefuht werden müfjen, wenn man eine Art genügend bejchreiben will, gelten allgemein eingeführte Ausdrüde, welche an der umjtehenden jchematischen Figur mit wenigen Worten erläutert werden müjjen. Nahe ver Wurzel zieht die halbe Duerlinie (a); die beiden ganzen, die vordere (b) und die hintere (ec), wurden ſchon öfters erwähnt, und wir wijjen, daß fie das Mittel: feld begrenzen. In diefem können drei anders gefärbte Flecke (Makeln) vorlommen: der 433 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; jechfte Familte: Eulen. Ningfled (d) in der Mittelzelle, der Nierenfled (e) auf der Querader, beide in der Negel mit einem lichteren Kern verjehen, und der jchon weniger bejtändige, nur dunkler gefärbte Zapfenfled (f). Wenn zwijchen den beiden erjteren eine dunflere Färbung durch die Fläche zieht, jo führt dieje den Namen Mittelſchatten, welcher andeutet, daß an eine icharfe Grenze dabei nicht gedacht werden dürfe. Im Saumfelde, dasjelbe etwa in der Mitte durchziehend, bemerkt man die Wellenlinie (h), an welcher oft zwei Zaden (=) als fogenannte W- Zeichnung deutlich hervortreten;, die dunfeln, von der Wellenlinie nach innen zwijchen einigen Nippen ausſtrahlenden Spiten heißen Pfeilflede. Es braucht wohl nicht erjt bemerkt zu werden, daß alle diefe Zeichnungen nicht immer in jeden Flügel vor: fommen. Die fürzeren und breiteren Hinterflügel pflegen Schematifcher Vorderflügel einer Cule. zeichnungslos und düſter gefärbt zu jein, meiſt am Saume a Halbe, b vordere, c hintere Ouerlinie, allmählich dunkler als an der Wurzel; haben fie eine Lichtere, a Dinge, 0 Arlerene, FAR lebhafte Färbung (gelb, rot, blau), fo fehlt in der Regel auch die Zeichnung nicht, und follte fie nur in einer Schwarzen Saumbinde beitehen. Die Flügel bededen in der Nuhe dachartig den Hinterleib, manchmal liegen Ste ihm aber auch wagerecht auf, was bejonders von den Adereulen (Agrotis) gilt. Die Naupen diejer Jamilie bilden drei natürlihe Gruppen. Die einen ftehen durd) ihre auffallende Behaarung und 16 Füße den meilten Spinnerraupen zunächſt und ruhen für jedermann offenkundig, bei Tage an ihren Futterpflanzen. Die anderen haben gleich: falls 16 Füße, aber feine merkliche Behaarung, halten fih am Tage meijt verftedt und fommen nur des Nachts zum Fraße hervorgefrochen, wo ſie dann der eifrige Canımler beim Scheine der Laterne bequemer aufzufinden verfteht als bei Tage. Ihre Anzahl überwiegt alle übrigen. Eine dritte Gruppe endlich hat ein oder zwei Fußpaare weniger, iſt nadt, figt bei Tage frei an den FZutterpflanzen und baut in ihrer eriten Eigenfchaft den Eulen die Brüde zur nächſten Familie, den Spannern. Sämtliche Raupen jpinnen bei der Ver: puppung, jedoch unvollfommen, die frei auf Pflanzen ruhenden an diejen oder an dürrem Laub auf der Erde, die der zweiten Gruppe in der Negel unter der Erde, deren Krümchen fie mit verweben oder mit ihrem Speichel nur loſe zufammenleimen. Megen der großen Übereinftimmung der Eulen find die Sippen bei einer Einteilung von wenig Wert, jelbit die Gattungen haben vielfach gewechjelt, weshalb die Unfitte der Sammler, einen Schmetterling nur mit einem Namen, dem der Art, zu benennen, leicht erklärt, wenn auch nicht gerechtfertigt werden fann. Die etwa 2500 bekannten Arten ver: teilen jih über die ganze Erde. Wenn deren nahezu 1000 auf Europa fommen, fo ijt daraus der Schluß zu ziehen, daß die Arten unjeres Erdteil am jorgfältigiten erforscht, in anderen, ferfreicheren Ländern wegen der verjtedten Lebensweiſe und de3 weniger in die Augen fallenden Äußeren überfehen worden find. Überdies dürfen wir nicht unbeachtet lafjen, daß in den Gleicherländern, welche weit vollfonmener von der Sonne beherricht werden als unjere Gefilde, die nächtlichen Eulen gegen die bunten Tagfalter, großen Epinner und anderen Schmetterlinge bedeutend zurücdtreten und in an ſich geringerer Arten= sahl dort leben. Von den deutſchen Arten überwintern auf 100:4 im Ei, 57 als Raupen, 35 im Ruppenjtand und nur 4 al3 Schmetterlinge. Wir beginnen mit einem Schmetterling, dem Blaufopf oder Brillenvogel (Diloba coeruleocephala, Fig. 3, ©. 433) welchen die betreffenden Bücher ſonſt allgemein unter den Epinnern aufführten, während ihn die Neueren den Eulen zuzählen. Die jtarf gefämm: ten Fühler des Männchens und der dicke, wollig behaarte Körper des Weibchen laſſen feine nahe Verwandtſchaft mit jenen, wenn nur die Körpertracht entjcheiden Jollte, nicht verkennen. Flügelzeichnung der Eulen. Blaufopf. Ahorn-Pfeilmotte, Drion. 433 Die jchofoladenfarbenen, im Saumfelde lichteren Vorderflügel werden von zwei ſtark ge- zadten, am Innenrande ſich jehr nähernden, ſchwarzen Querlinien durchzogen. Indem die beiden grünlichgelben vorderen Flede zujammenfließen und fich der Zapfenflek in runder Form an den Ningfled anhängt, entjteht ein großer Lichter Klecks, welcher fich mitunter in zwei brillenähnliche Flede auflöft. Die weißlichgrauen, am Innenwinkel dunfel gefledten Hinterflügel entjenden die fiebente Rippe aus der Vorderede der Mittelzelle. Der Falter fliegt vom September an, gehört aljo zu den jogenannten „Herbiteulen” und fitt bei Tage an Baumſtämmen oder Wänden. Im Frühjahr erjcheinen die diden, bläulichweißen, gelb geftreiften und ſchwarz bewarzten Raupen, deren blauer Kopf den Namen des Schmetter- lings veranlaßt hat, auf Schwarzdorn und Pflaumenbäumen; diejen legteren können fie durch ihren Fraß nachteilig werden, wenn fie in großen Mengen im Mai und Juni vor- handen find. Wenn die Raupe erwachjen ift, fertigt fie von Holzſpänen, dem Kalfe einer (Diloba coeruleocephala) mit Raupe. Alle natürliche Größe. Wand zc. eine geleimte Hülle an fejte Gegenjtände, von welcher die ftumpfe, rotbraune Puppe eng umſchloſſen wird, ganz in Epinnermeife. Im Auguft, mehr noch im September, fällt häufig auf verſchiedenen Bäumen ftädtifcher Anlagen, befonders an Ahorn und Roßkaſtanie, eine ſchöne Raupe in die Augen, welche in gefrümmter Lage an der Unterjeite der Blätter ruht, in Wäldern oft auch auf Eichen an— getroffen wird. Sie ijt gelb, an den Seiten zottig gelb behaart und hat über den Nüden eine Neihe blendend weißer, ſchwarz umringelter Flede, wie e8$ auf dem Bilde „Wirkungen vereinter Kräfte” (bei S. 65) zu fehen ift. Ich entfinne mich, daß diejelbe Art vor Jahren eine ſtattliche Kajtanie vor einem Haufe hiejiger Stadt vollfommen entblättert hatte. Die vor Hunger matten Tiere fielen den unter dem Baume vorübergehenden Leuten auf die Köpfe. Der aus der überwinterten Buppe im Mai oder Juni des nächſten Jahres aus- ſchlüpfende Schmetterling heißt die Ahorn: Pfeilmotte (Acronyceta aceris) und it ebenjo unanjehnlich wie die übrigen, zahlreichen Gattungsgenofjen, deren Raupen ſämtlich durch ihr buntes Kleid in die Augen fallen. Derjelbe iſt weißgrau, auf den Vorderflügeln ziemlich verworren gelblih und bräunlich bejtäubt, jo jedoch, daß die beiden Querlinien und vorderen Eulenflede al3 lichtere Zeichnungen fich deutlich erkennen Lafjen. Den Drion, die Seladoneule (Moma Orion, Fig. 1), einen ungemein jauberen Falter, können wir im Mai oder Juni, manchmal jogar recht häufig im Walde an den Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 28 454 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fehlte Familie: Eulen. Baumjtämmen figen jehen, und zwar ftetS mit dem Kopfe nach unten gerichtet. Der ab: itehend behaarte Mittelleib, deſſen Flügelihuppen Eeitenjchöpfe bilden, der Hinterleib und die Vorderflügel haben auf hellgrüner Grundfarbe ſchwarze und weiße Zeichnungen. An legteren unterjcheivet man zwei tief ſchwarze Querlinien und in der Mitte des ſehr breiten Mittelfeldes einige Hieroglyphen, welche allenfalls eine dritte zufammenfegen. Die arau: braunen, nach außen dunfleren Hinterflügel haben einen weißen, ſchwarz geteilten Innen: vandsfled umd wie die vorderen ſchwarz und weiß gejchedte Franjen. Die hübſche Naupe findet fich einige Wochen jpäter, zunächſt gejellihaftlic auf Eichengebüjch, und läßt fich an einem Faden herab, wenn fie Gefahr wittert. Später, wenn fie erjt größer wird, ſucht tie die Einſamkeit und fertigt vor Einbruch der rauhen Jahreszeit für die Puppe ein fejtes Geſpinſt. Sie ift oben jamtihwarz, an den Seiten gelblich, trägt auf roten Wärzchen lange rotbraune Haare und auf dem Nüden des zweiten, vierten und fiebenten Ringes je einen großen gelben Fled. Während die Raupen der bisher betrachteten Eulen und deren Verwandten in der Negel auffällig behaart find und mit wenigen Ausnahmen an Holzgewächlen ſich aufhalten, ohne verjtedt zu fein, jo fommen die meiften nadten Raupen der nun folgenden Eulen nur den= jenigen zu Geficht, welche fie in ihren Schlupfwinkeln aufzufinden wifjen. Sie ernähren fich vorzugsweife von Kräutern und Gräſern, haben alle 16 Füße und gehen zur Ber: puppung in die Erde. Auch die Schmetterlinge leben verborgen und bejuchen in der Dunfel- heit die Blumen, blühende Getreide: und Grasähren fowie von Blattläujen verfüßte Bäume, Sträuder und andere Gewächſe, um Honig und Tau zu leden. Wenn fich nicht eine oder die andere in die menſchlichen Wohnungen verflog, jei es, daß fie dem Lichte folgte, oder um ein verftedtes Ruheplätzchen für den Tag zu finden, bleibt die Mehrzahl derjelben unjeren Augen verborgen. Troß der VBerborgenheit der Raupen machen fih doch manche von ihnen fühlbar dur den Echaden, welden fie an den Kulturgewächſen anrichten, Beijpielsweije jehen wir eine hier vor ung, deren Lebensgeſchichte in der Kürze mitgeteilt werden ſoll. Die lederbraune, bisweilen etwas grau angeflogene Duedeneule (Hadena basi- linea, Abbild. ©. 433, Fig. 2) hat am Vorderrand und im Mittelfeld mehr rojtbraune Vorderflügel. Ring: und Nierenfled find groß, diejer heller, befonders jaumwärts. Aus der Mitte der Flügelwurzel geht ein ſchwarzer Strahl aus, fie hat eine „Linie an der Bafis“ (basilinea). Die beiden Querftreifen, an den zugefehrten Seiten dunkler eingefaßt, Die Wellenlinie, der Zapfenfled, fie alle find deutlich zu erkennen. Kleine ſchwarze Mondfledchen zwilchen den tippen bilden die Saumlinie, zwei dunfle andere ein Band über den wellen- randigen Franjen. Die glänzend gelbbraunen, ſaumwärts und auf den Nippen dunfleren Hinterflügel entjenden ihre fiebente Rippe aus der vorderen Ede der Mittelzelle. Die Augen find nadt und unbewimpert, der Rüſſel ift ftark, und die Tafter enden mit einem furzen, ge: neigten Gliede. Am Vorder: und Hinterrande des Mittelrüdens jtehen je zwei HSaarbüjchel- hen empor, zwei geteilte Schöpfe bildend, ungeteilte und dunflere auf dem Rüden des dritten und vierten Hinterleibsgliedes. Die Flügeljpannung beträgt 39 mm. Nach der Baarung legt das Weibchen mehrere Eier an Grasitengel und Blätter, von welchen fich die Raupe jpäter ernährt, diejelben bei Nacht von oben an abfrejjend, während fie fih am Tage unten verborgen hält. Dieje Gräfer können auch die angebauten Getreidearten Roggen und Weizen fein. Für diejen Fall freien fie fi) in die noch weichen Körner ein. Solange es ihnen der Raum geftattet, verbergen fie fi in der Ähre und find ſchwer zu finden, weil ihre Farbe zur Zeit faum von der Umgebung abweicht. Die Raupen, welche manchmal in großer Menge vorkommen, hat man, nachdem fie aus dem Getreide beim Einfahren Quedeneule Futtergras-Eule. 435 desjelben herausgefallen waren, an den Hauswänden der Straßen fiten jehen, durch welche die Erntewagen gefahren find, ebenjo an den Gewänden und auf dem Boden der Scheunen. Sie haben fih mit Meifbrot, nach der Überwinterung mit junger Saat und Gras füttern lafjen. Wenn man fie nicht ftört, würden die in den Garben verbliebenen an den Körnern weiter frefjen, bis fie in winterliche Erftarrung verfallen, im Frühjahr das Geſchäft fortjegen, einzelne wohl aud) das Gras im Freien aufjuhen und fih Anfang Mai verpuppen. Die erwachjene Raupe erjcheint nach hinten etwas verengert und in bleich graubrauner, wenig glänzender Grundfarbe, die Nüdenhälfte durch unregelmäßige Aderung ſchwärzlich, durch eine weißlihe Mittellinie geteilt, dreimal weiß durhfchnitten auf dem glänzend rotbraunen Nackenſchilde und der roten Afterflappe. Cine Neihe dunkler Fledchen hinter den Luft: löchern, eine zweite über den Fußmwurzeln unterfcheidet man noch außerdem an der lichten Bauchhälfte Die gedrungene, gelblihbraune Puppe endet in eine unebene Warze, welche jehs etwas gefrümmte Borften bewehren, zwei ftärfere nebeneinander inmitten der vier anderen. — In ihrer Lebensweife ſtimmt hiermit eine zweite, der eben bejchriebenen Raupe jehr ähnliche überein, aus welcher fih die mattgezeichnete Eule (Hadenainfesta) entwidelt. Wenn das Getreide gemäht wird, hat fie die Größe von 15 mm erlangt, fällt aus den Ahren, verbirgt fi unter dem liegenden Getreide, unter Erdichollen ꝛc und jucht Gras zur weiteren Ernährung auf, wenn fie fih nicht mit einernten läßt. Bis Mitte Dftober, oder bei günftiger Witterung noch länger, frißt fie und überwintert fait erwachlen. Sm nädften Frühling ernährt fie fih noch ein paar Wochen in derjelben Weife von Gras und verwandelt ſich Ende April oder im Mai in eine hellbraune, ſchlanke und lebhafte Puppe, welche in zwei auswärts gebogene, von einigen Borften umgebene Dornen endigt. Die gelbgrauen, bräunlich gewölkten VBorderflügel der Eule zeigen am Ende der Wellen: linie eine jharfe (=) Zeihnung und nach außen big zum Saume einen jchwärzlichen An: flug. Auf den weißlihen Hinterflügeln fegen fich eine Saumbinde und ein Bogenjtreifen grau ab. Mittelleibsrüden und vordere Hinterleibsringe tragen ſchwache Schöpfe. Die Flöhfrauteule oder der Sägerand (Mamestra persicariae) ijt gemein und nicht zu verfennen an den tief blaufchwarzen, gelblich marmorierten, wellenrandigen Borderflügeln, deren weißer, gelblich gefernter Nierenfled gegen den dunfeln Grund ge waltig abjtiht. Ihre Raupe lebt im Herbit auf den verſchiedenſten Gewächſen, gern auch in unseren Gärten und verrät ſich bejonders an den Georginen durch den auf den großen Blättern fich anfammelnden Kot. Sie lebt keineswegs verjtedt und zeichnet ſich durch das leiftenartige Hinterende des vorlegten Leibesgliedes aus, von welchem an der Körper jchräg nach hinten abfällt, ſowie durch eine hellere oder dunfklere, bisweilen in Braun übergehende grüne Körperfarbe, welche von einer fein lichteren, beiderjeits dunkel eingefaßten Längs— linie auf dem Rücken durchſchnitten wird. Ein nad) hinten halbfreisförmig begrenzter, vorn allmählich verwafchener Rüdenfled des vierten und fünften Ringes, der Hinterrand des elften und faft der ganze zwölfte ſowie verwiſchte Schrägftriche unter den Zuftlöchern find braun. Die Shwarzbraune, hinten ftumpfe Puppe, welche hier zwei gefnopfte, etwas auseinander jtehende Gabeljpischen trägt, überwintert in der Erde. Zwei jehr hübjche Eulen, welde in Farbe und Zeichnung wejentlich auseinander gehen, ftimmen in ihren Raupen und deren Lebensweije in dem Grade miteinander überein, daß es ungemein ſchwer wird, fie dann voneinander zu unterfcheiden, wenn man fie beide zugleich vor fich fieht. Beide haben ſchon bedeutenden Schaden an den Wiejengräjern angerichtet, von welchen fie fich ernähren, und zwar in jehr verſchwenderiſcher Weiſe. Sie beginnen nämlich am Grunde des Blattes, deſſen Spite bald verwelft und ihren Hunger dann nicht mehr ftilen kann. Die eine ift die Lölch> oder Futtergras:Eule (Neuronia popularis oder lolii, j. Abbild. S. 436, Fig. 1) und wurde wegen ihres langhaarigen Bruſtkaſtens 28* 436 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; ſechſte Familie: Eulen. früher den Epinnern beigejellt, zu denen fie troß der ftarf gefämmten männlichen Fühler aber nicht gehört. Ihre Ichön rotbraunen Vorderflügel ſchimmern pfirfichblütenrot und fallen durch die gelblichweiße Beihuppung aller Rippen, der Wellenlinie und der drei Eulen- flede, wie wir aus unjerer Abbildung erjeben, in einer Weije auf, welche fie mit feiner anderen Art verwechjeln läßt. Der Kopf und jchopfloje Mittelrücken find braun und weiß gemischt, die trübweißen Hinterflügel vor dem Saume gebräunt. Das Weibchen übertrifft das Männchen etwas an Größe und hat eine lang vorjtredbare Legröhre, mit welcher e3 im Auguft oder September jeine zahlreichen Eier tief am Grunde der Graspflanzen unter: bringen fann. Aus dieſen jchlüpfen die Räupchen noch vor dem Winter aus und durchſchlafen denjelben je nach dem Herbjtwetter in verjchiedener Größe. Anfang Juni habe ich diejelben in biefiger Gegend faſt erwachſen und immer nur einzeln unter Steinen gefunden, wo fie in der hier abgebildeten Stellung ruhen. Der feilte Körper glänzt bronzebraun auf der durch die ſchwarzen Luftlöcher begrenzten oberen Seite und wird von drei lichten Längs— linien durchzogen, welche auf dem Nadenjchild beginnen und ſich am Ende der Afterklappe 1) Yuttergraß=Eule (Neuronia popularis) nebft Raupe. 2) Mangoldeule (Brotolomia meticulosa). 3) Gra3eule (Charaeas graminis). Alle natürlihe Große. vereinigen; zwilchen den beiden äußeren diejer Linien und den Luftlöchern bemerft man noch eine weniger reine und mehrfach unterbrochene Linie. Ihre Verpuppung erfolgt gleich- fall3 unter Steinen. Des Nachts fommt fie hervor und befrißt in der angegebenen Weije die Gräſer ihrer Nachbarſchaft, am liebiten das Quedengras (Triticum repens); mit Lölch (Lolium temulentum), von welchem ſie den Namen hat, fonnte ich fie nicht erziehen. Verruſener als die vorige ijt die, wie ſchon erwähnt, ganz gleiche, nur etwas Fleinere Jtaupe der Öraseule (Charaeas graminis, Fig. 3), eines mehr im Norden verbreiteten ſchönen Falters, den unjere Abbildung gleichfalls vergegenwärtigt. Er hat behaarte Augen wie der vorige, einen jchopflojen, wolligen Mittelrüden, das Männchen gefämmte Fühler. Die Vorderflügel zeichnen ſich durch eine jtaubig olivengrünliche Grundfarbe und jehr ver: änderliche Zeichnungen aus. Das Mittelfeld und die äußere Hälfte des Saumfeldes find in der Regel dunkler als die Grundfarbe, die drei Fleden heller als dieſe, mehr oder weniger weiß. Der breit gezogene Ringfleck verbindet ſich mit dem bejonders hellen Nieren: fled durch die hier fait weiße Mittelrippe. Wellen: und Querlinien laſſen ſich nicht wahr: nehmen, dagegen bisweilen eine Saumlinie, gebildet von dunkleren Längsfleckchen zwijchen den Rippen. Die weißgelb befraniten, gelblichgrauen Hinterflügel werden nad) der Wurzel hin heller. Im Juli und Auguft entſchlüpft das zierliche Eulchen feiner glänzend rotbraunen, in zwei Hafenjpigchen endenden Buppe und fliegt manchmal im Sonnenjchein an Wiejen- blumen. Schweden und andere Teile des nördlichen Europa, bejonders aber Nordamerika, haben öfter von den Raupen leiden müſſen als unfere deutjchen Wiejen. Vom Jahre 1771 berichten die Jahrbücher aus der unteren Wefergegend und jpäter (1816 und 1817) aus Graseule Mangoldeule Gemeine Rohrfolbeneule. 437 dem braunjchweigiichen Anteil des Harzes böje Dinge von ihnen. Bei Bremen hatten fie in einer Nacht zwei Morgen Wieſen verwültet und ſaßen jo gedrängt bei einander, daß auf dem Naume einer ausgebreiteten Hand zwölf und mehr Stüd gezählt werden fonnten. In der Harzburger Gegend zeigten fie fih 1816 in unglaublihen Mengen. Die an ihren Meideplägen vorbeiführenden Wege wurden jehlüpfrig und fotig, und hand: hoch füllten fih die Wagengeleije. Das Jahr darauf fraßen fie mehr denn 3000 Wald: morgen Wieje gänzlich ab, da man nichts gegen fie gethan, jondern die Zeit mit Beratungen hatte hingehen lafjen. Alle Vorjichtsmaßregeln, welche man für das dritte Jahr gegen fie getroffen hatte, kamen zu jpät; denn die Naupen waren auf ihr uriprüngliches Maß zurüd: geführt. Man vermutete, daß ein ASftündiger Negenguß Mitte Mai, infolgedejjen Flüſſe und Bäche aus ihren Ufern traten, den Verheerungen ein Ende gemacht habe. — Wir fennen noch einen [hwarzbraunen Schmetterling (Neuronia caespitis), deijen Wellen: und Duerlinien wie die Umfäumungen der Flede fein gelb hervortreten. Er tft viel jeltener, feine Raupe dem äußeren Anjehen und der Lebensweije nach aber die dritte im Bunde. Einen wefentli anderen Eindrud macht der Blid auf die ebenfalls hier abgebildete Mangoldeule, oder ven Ahatvogel (Brotolomia meticulosa, Fig. 2), bei welchem fih der Saum der Vorderflügel in einer Weile auszadt, wie es bei den Eulen nur jelten vorkommt. Dieſelben tragen fich rötlich ledergelb, im Mittelfeld olivenbraun in den Zeich— nungen, welche das Bild veranjchaulicht. In der dachförmigen Ruhelage falten fie fich ein wenig der Länge nach. Die Hinterflügel find licht ledergelb, am Saume verwijcht dunkler geftreift. Den Rüden des Mittelleibes ziert vorn ein ſchneidiger Längskamm, welcher fattel- artig nad) hinten auffteigt und in einen abgeſtutzten Querwulſt endigt. Die Augen find nadt und unbewimpert, der Nüffel ftark. Diefe ſchöne Eule erjcheint zweimal im Jahre, zuerft im Mai und Juni, dann wieder im Auguft und September. Bon der zweiten Brut überwintert die Raupe. Sie ſchwankt in der Färbung zwiſchen Grün und Zimtbraun, bat eine gelbe, nach oben dunkler beſäumte Geitenlinie über den Füßen, eine weiße, unvolllommene Linie längs des Nüdens und oben dunkle, nad vorn offene Winkelzeich— nungen. Sie frißt allerlei niedere Pflanzen und fommt vereinzelt fajt überall in Deutſch— land vor. Intereſſant durch die Lebensweije ihrer Raupen wird die Sippe der Rohreulen (Nonagria), zeihnungslofe, graugelb, wie trodenes Schilfrohr ausjehende Schmetterlinge, welche fih durch nadte, unbewimperte Augen, einen vorftehenden Stirnſchopf, unter weldhem fich eine wagerecht vortretende, vieredige Hornplatte verſteckt, durch einen gewölbten, glatt- wolligen Mittelleibsrüden und einen gejtredten Hinterleib auszeichnen, für den Sammler aber noch die üble Eigenihaft an fich haben, daß fie leicht ölig werden. Sie fliegen bei Naht vom Auguft bis zum Dftober nur in der Nähe ihrer Geburtsitätten und breiten ji) weit aus, einige Arten jedoh nur im nördlichen Deutfchland. Ihre Raupen leben bohrend im Rohrſtengel von Schilf und fehilfartigen Gräfern, welche dadurh an den Spigen der Blätter vergilben. Abgejchloffen vom Lichte haben fie bleiche Farben und ein wurmartiges Anjehen. Sie verpuppen fih auch in ihrer engen Klaufe, nachdem fie vorher ein Flugloch für den Schmetterling genagt haben, welches dur die Oberhaut des Stengels verſchloſſen bleibt oder durch Bohrjpäne verftopft wird. Je nach der Art liegt die Puppe geitürzt un: mittelbar über diefem Loche, oder aufrecht gleich darunter. Zu den verbreitetiten und größten Arten gehört die 39 mm jpannende gemeine Rohrfolbeneule (Nonagria typhae). Die ſchilffarbenen bis rotgrauen, neben den weißlihen Rippen mehr oder weniger dunkel beftäubten Vorderflügel haben eine ftumpfe Spige und einen ziemlich geraden, ſchwach ges wellten Saum, an welchem zwei Reihen ſchwarzer Pünktchen jtehen. Statt der vorderen Querlinie bemerft man jehr einzelne, an Stelle der hinteren zahlreichere ſchwarze Punkte, 438 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; ſechſte Familie: Eulen. Peilfledichen vertreten die Wellenlinie. Eine helle Stelle deutet den Nierenfled an, und bisweilen markiert fih in gleicher Weife fein runder Nachbar. Die gelblichen Hinterflügel haben eine dunflere, von den Rippen Lichter durchjchnittene Saumbinde; Federbüſchchen und je zwei längere Borften zieren die Kammzähne der männlichen Fühler. In den beiden Rohrkolbenarten (Typha latifolia und angustifolia) lebt die ſchmutzig fleiichfarbene Raupe. Drei lichte Rücenlinien, jhwärzliche Luftlöcher, ein bräunliches Nackenſchild und eine noch dunflere Afterklappe bringen wenig Abwechjelung in das eintönige Kleid. Die jchlanfe, gelbbraune Puppe, welche fich durch eine jtumpf nach oben gerichtete Rüſſelſcheide und eine nabelartige Erhöhung gegen das Leibesende hin auszeichnet, fteht auf dem Kopfe, mithin über dem Flugloch. Trog der Abgejchloffenheit der Raupe it fie vor feindlichen Nach— jtellungen nicht ſicher. Man erzieht nicht jelten aus der Puppe (dieſe nur darf man ein= jammeln, wenn man den Schmetterling zu haben wünfcht) eine Schlupfweipe, den Exe- phanes (Ichneumon) oceupator, welcher zum Legen eines Eies den Augenblid benußt, wenn die Raupe beim Herausdrängen ihres Kotes aus dem Flugloh fihtbar wird. — Sehr eng an die Nonagrien fliegen fich die Leucanien an, teils durch die Tracht und Färbung der Schmetterlinge, teils durch die Lebensweije der Raupen, die jedoch meijt außen an den Grasblättern freſſen; jenen fehlen die Stirnplatte, den männlichen Fühlern die Zähne, und gewifje andere Eigentümlichkeiten lafjen eine Vereinigung beider Gattungen nicht zu. Eine Art, die Leucania extranea, hat durch ihre Verheerungen als Raupe, namentlich in den weftlihen Staaten Nordamerikas (1861), unter dem Namen des ameri— kaniſchen Heerwurmes (Army worm) eine gewijje Berühmtheit erlangt. Dieje Raupe nährt fich wie die unjerer heimischen Arten von Gräjern und hat in der Fürzejten Zeit ganze Wiejen verheert; gebricht es ihr dann an Futter, jo wandert fie nach) anderen Meideplägen aus und fällt auch über Roggen, Mais und Sorghum her. Nach einem Bericht aus jenem Jahre hat ein jolcher Raupenzug in der Zeit von 5 Stunden 60 eng— liiche Ellen (Yards) zurüdgelegt. Man jah die Naupen in drei Schichten übereinander fortrücken und manchmal eine halbe englijche Meile weit von einem Orte zum anderen wandern. Der Schmetterling legt jeine Eier im Juni oder Juli an die Grashalne, und im nächſten Frühjahr entwideln fich die Raupen aus denjelben. Man brennt deshalb im Spätherbjt oder Winter die trodenen Grasjtoppeln an jolden Stellen, wo jich die Raupen gezeigt haben, als Vorbeugungsmittel gegen weiteren Schaden ab. In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts richtete in den fränkiſchen und ſächſiſchen Kiefernwaldungen plöglich eine Raupe jo gewaltige Verheerungen an, daß Die dortigen Behörden ihre Naturgejhichte unterfuchen ließen, um womöglich den weiteren Ber: wüſtungen derjelben ein Ziel zu jegen. Man ſchlug die Alten nad) und fand, daß diejelben Raupen jhon 1725 die Föhrenwälder verheert hatten, und zwar binnen 14 Tagen im Suli mehrere hundert Morgen. Die Naupen ſaßen auf den Gipfeln der höchſten Bäume und fraßen die Nadeln von der Spige an ab, bis jene in furzer Zeit fahl und wie ver- brannt ausjahen und — — nad einigen Jahren abjtarben. Im Auguft ließen die Raupen vom Fraße ab, wurden matt und fielen in folchen Wengen herunter, dag der Boden von ihnen jehwarz gefärbt wurde. Die gejunde Raupe hat nichts Schwarzes an ji, den grünen Körper durchziehen mehrere weiße Nüdenlinien und ein orangenfarbener Streifen in den Seiten. In jenem zuerjt genannten Jahre geſchah es auch, daß in der Kurmark, einen Teile der Neumark und Vorpommerns jowie in der Görliger Gegend die. Forjten durch diejelbe Raupe und jtellenweije ganz beſonders durch die früher erwähnte des Kiefern: jpinners dem Verderben preisgegeben waren. Seitdem it fie dann und wann, jo 1808 und 1815 wieder in Franken, in legterem Jahre auch in Oftpreußen, in den dreißiger Sahren bejonders in Pommern, Medlenburg, in der Ufermarf und um Berlin, in den Gemeine Rohrfolbeneule. Forleule, 439 fünfziger Jahren in Preußen, Poſen, abermals in der Mark Brandenburg in Bedenken erregenden Mafjen aufgetreten und hat für lange Zeit die Spuren der Verwüſtung zurüd- gelafjen. Ohne jehr bemerflich zu werden, findet fie fih von Ende Mai bis Mitte Juli wohl in allen Kiefernwäldern und hält ſich am liebjten in den 30—40jährigen Beftänden auf. Die jungen Näupchen jpinnen die Nadeln zuſammen, laſſen ſich zur ſchnelleren Fort: bewegung oder zu ihrem Schuge an Fäden herab, haben einen jpannerähnlichen Gang und bohren ſich zum Teil bei dem Fraße tief in den Maitrieb, welcher durch Braunmwerden ſein Abſterben verrät. Dies alles läßt jich im Freien weniger wahrnehmen, da ſie ihr Unweſen hoch oben auf den Bäumen treiben, aber in NRaupenzwingern angeitellte Beobahtungen haben es gelehrt. Erwachen erreichen fie ungefähr die Länge von 35 mm und fommen herab, um fich unter Moos in einer Höhlung in eine anfangs grüne, jpäter dunfelbraune Puppe zu verwandeln, welche auf dem Nüden ihres vierten Hinterleibsringes ein nach hinten 1) Feldulmen:Eule (Cosmia diffinis) nebft Naupe. 2) Yorleule (Trachea piniperda) nebjt Raupe. Natürliche Größe durch einen Wulſt begrenztes Grübchen erkennen läßt und überwintert. Die am Schluffe jener amtlihen Mitteilung erwähnte Erfahrung hat fich jpäter vielfach wiederholt. Man hat die Raupen vertrodnet an den Nadeln hängend oder auf dem Boden reichlich ausgeftreut und faulend gefunden und diefen Umstand zum Teil auf Necdhnung feuchter und Falter Witterung bringen können, welche gerade diefe Raupe wenig verträgt, zum Teil aber aud) für eine unter ihnen ausgebrochene Epidemie erklären wollen. Weiß doch die Natur überall Rat, das irgendwo gejtörte Gleichgewicht bald wiederherzuitellen. ES veriteht ſich von jelbit, das in ſolchen Fällen ihre fihtbaren Hilfstruppen nicht fehlen; denn Taujende und aber: mals Taufende von Eleineren und größeren Schlupfmweipen umjhmwärmen die belagerten Bäume und bringen ebenjo vielen Naupen einen gewiljen Tod. Man kennt einige 30 ver: jehiedene Schmaroger an diejer Art, welche fait alle in der Puppe zu ihrer vollfommenen Ausbildung gelangen. Wenn gegen Ende März die Sonne mehrere Tage hintereinander warm geſchienen, jo fommt die Forleule, Kieferneule (Trachea piniperda, ig. 2), denn ihr gehört die bejprochene Raupe an, jchon in diefem Monat, jiher aber im folgenden zum Vorſchein. Sie jchließt fih den buntejten Eulen an, fißt mit dach— fürmigen Flügeln an den SKieferftämmen oder zwijchen den Nadeln und durchitreift auch bei Tage nach blühenden Weidenfägchen ihr Revier. Man findet kaum zwei Stüde, welche vollfommen gleich wären, jo ändert fie in Färbung und Zeichnung ab. Im allgemeinen find die Vorderflügel und der zottige, Tchopfloje Bruftfaften zimtrötlich gefärbt mit gelb: grauer Beimifhung; die innere Bejchattung der Wellenlinie ift rotbraun, jeder der beiden großen Flede weiß; eine weitere Angabe der Farbenverteilung eripart ung die beigegebene 440 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; ſechſte Familie: Eulen. Abbildung. Der Hinterleib und deſſen benachbarte Flügel find einfarbig dunfel graubraun. Durch die Bemerkung, daß die Augen behaart, die kurzen, dünnen Fühler bei vem Männchen etwas perliehnurartig und bewimpert find und die Furzen Tafter ſich in der wolligen Be: baarung veriteden, möge das Bild der Kieferneule vervollitändigt fein. Im Mai legt das Weibchen jeine Eier, 6—8 gereibt, an die Nadeln. Die Gefräßigfeit der Raupen, faſt ſprichwörtlich geworden, kennt jedermann, denkt aber dabei an die ihm vielleicht verunjtalteten Ziergewächje ſeines Blumengartens, an die fehl: geihlagene Objternte oder an die eben gejchilderten VBerwültungen im Forſte. Daß eine Raupe die andere auffrißt, weiß nur der Sammler und Züchter jolchen Geziefers und lernt dieje löbliche Eigenichaft auch nur bei gewiljen von ihnen fennen. Diejelben hat er zu fürdten, denn er darf darauf rechnen, daß, wenn er eine einzige diefer Mordraupen mit anderen zugleich in diejelbe Schachtel einjchloß, um fie heimzutragen, unterwegs ein Teil der mühlam errungenen Ausbeute zu Grunde gerichtet wird. Ich zweifle, ob in freier Natur, wo unter den Kerfen Mord und Raub zum gewöhnlichen Handwerk gehören, der: gleichen Naupen fi an anderen vergreifen, da jede der anderen leicht ausweichen Fann; in der Gefangenjchaft gehört es aber zu den gewöhnlichen Erjeheinungen, zumal wenn viele in einem Behälter beifammen find, auch unter der Borausfeßung, daß e3 feiner an grünem, friichem Futter gebricht. Delefjert teilt eine Beobahtung mit, welche das Grauenhafte der Gefräßigfeit in volles Licht ftellt. Cine Mordraupe (Scapelosoma satellitia), die jih an einer anderen Naupe fett gefrejfen hatte, wurde mit einer zweiten Mordraupe (Cosmia trapezina) zujammengejperrt, von diefer an der Seite angefrejjen, daß die Ein- geweide heraushingen, dann aber vom Ende her nad) und nad) aufgezehrt. Um die Lebens: zähigfeit diejes Opfers feitzuitellen, wurden ihm die eignen Eingeweide vorgelegt. Die Raupe fraß diejelben auf, während fie von hinten her jelbjt mehr und mehr verfhwand; erit dann, als ihr der Kopf und der Halsring allein noch übrig waren, hörten die Be: wegungen der Kinnbaden auf. Diejes Doppelmahl nahm einen Zeitraum von 2 Stunden in Anjprud. Die legtgenannte Gattung enthält mehrere Arten, deren Larven jämtlich den Mordraupen angehören, jo die im Mai auf Nüftern lebende, ihrem äußeren Anfehen nad recht artige Raupe der Feldulmen-Eule (Cosmia diffinis, Abbild. ©. 439, Fig. 1). Diejelbe, mit glänzend braunem Nackenſchild und ſchwarzbraunem Kopfe, ift auf gelb- grünem Grunde von fünf weißen Yängslinien in gleichen Abftänden durchzogen und mit braunen, behaarten Wärzchen in weißen Fledchen bejtreut. Eine lichte, gabelförmige Stirn: zeihnung und braune Luftlöcher vollenden ihre Austattung. Nicht minder zierlih, glatt und Faftanienbraun glänzend, rotgrau angeflogen, befonders am Innenrand, nimmt ſich der Schmetterling aus, welhen am gelbgrauen Vorderrand zwei große weiße Flede, die An: fänge der Querlinien, deren hintere ftark gebrochen ift, kenntlich machen. Bon noch zwei Küftern bewohnenden Brüdern (Cosmia affınis und pyralina), die mit ihm im Juli er- ſcheinen, it er der jeltenjte, aber entſchieden auch der hübjchefte; jener hat jehr ſchwache weiße Fledchen am Vorderrande der Vorderflügel, diefer gar Feine. Man hat neuerdings unter dem Gattungsnamen Agrotis, welcher fi am beiten dur) Adereule verdeutjchen läßt, eine große Menge von Eulen vereinigt, deren viele ſchmutzig und unjheinbar ausjehen, grau wie der Erdboden, auf welchem fie fih, unter Laub ver: ftedt, am liebjten aufhalten; andere wieder genießen den bei Eulen im allgemeinen jel- tenen Vorzug, daß ihre Hinterflügel bunt gefärbt find, gelb mit einer ſchwarzen Saum: binde. Wenn fie jomit das Kleid, welches in einer wiſſenſchaftlichen Einteilung überhaupt nicht maßgebend fein darf, nicht vereinigt, jo ftimmen fie in anderen Merkmalen, wenn auc nicht ausnahmslos, mehr überein. Ein fräftiger Körperbau, ein anliegend behaarter Kopf und Mittelleib, welch legteren fein fchneidiger Längsfamm auszeichnet, nadte, Feldulmen-Eule Erdfahl. Winterjaateule. 441 unbewimperte Augen, auffteigende Tajter mit geneigtem Endalied, ein jchopflofer, oft breit gedrüdter Hinterleib, das dürften in der Hauptjache die körperlichen Eigenfchaften fein, die wir bei ihnen antreffen. Nehmen wir nun noch dazu die bereit3 erwähnte Art, ſich bei Tage zu verbergen, die auf dem Rüden wagerecht übereinander gelegten Flügel, wenn fie ruhen, die zitternde Bewegung, welche fie mit denjelben vornehmen, wenn fie am Tage geftört werden, bevor fie aufgehen, ein Stück hinfliegen, um fih dann wieder an der Erde zu verfriehen, und das jehr verftedte MWejen ihrer nur Kräuter oder Gras frefjenden, nadten und feilten Raupen, welche meines Wifjens nach ohne Ausnahme über- wintern und fih dann in der Erde verpuppen: jo vereinigt fih eine Menge von Um: jtänden, die ihre Zufammengehörigfeit außer Zweifel jegen. Der Raum gejtattet leider nicht, mehr als ein paar der gewöhnlichiten Arten näher vorzuführen. Das Erdfahl, die Hausmutter (Agrotis pronuba), fälſchlich von der jammeln- den Jugend auch als gelbes Drdensband bezeichnet, weil die odergelben Hinterflügel eine jhwarze Saumbinde tragen, erjcheint in zwei Abänderungen; bei der einen (Agrotis innuba) find die Vorderflügel faſt einfarbig, rötlich lederbraun; die andere, ſchärfer ge— zeichnete, hat auf den genannten Flügeln eine rotbraune, graubraune bis ins Schwarze ziehende Grundfarbe, weldhe im Wurzel: und Mittelfelde mehr oder weniger aſchgrau ge: miſcht ift. Bei beiden Formen ijt das Mittelfeld dann und wann dunfel quergeitrichelt, der Nierenfled licht und außen noch dunkel umzogen, oft Shwärzlic ausgefüllt, im In— neren weißlich bejtäubt und die Wellenlinie wurzelwärts ſcharf ſchwarz gefledt. Die Flügel: fpannung beträgt ungefähr 585 mm. Im Suni und Suli trifft man dieſe Eule überall und nicht jelten. Bei ihren nächtlichen Flügen gelangt fie auch in die menſchlichen Woh— nungen und jeßt fih beim Grauen des Morgens in ein düfteres Winkelchen. Ihre ſchmutzig braune Raupe trägt eine helle Nüdenlinie, oben ſchwarze, unten weißliche Längsitriche daneben und von da nach unten und rückwärts gewendete, dunkle Schrägſtriche; hinten treten dieſe Zeihnungen viel jchärfer hervor als auf den vorderen Gliedern. Ungefähr noch ſechs andere Arten, deren einige jehr jchöne, gefättigte Farben auszeichnen, alle mit gelben Unterflügeln, werden auch unter dem Gattungsnamen Triphaena von den übrigen abgejchieden. Die Winterfaateule (Agrotis segetum) möchte ih darum nicht unerwähnt lafjen, weil ihre Naupe auf Feld und im Garten fait alljährlih, einmal in diejer, das andere Mal in einer anderen Gegend, nicht nur läftig, jondern höchſt jchädlich wird. Cie ijt erdfahl, braun, reihlih mit Grau und etwas Grün gemijcht, die Haut durchicheinend und ftarf glänzend, das Nadenjchild dunkler als der Körper, die Afterflappe dagegen nicht. Die Hornfledchen (Warzen) auf den Gliedern fallen, weil faum dunkler als der Grund, wenig in die Augen. Ihre Anordnung ftimmt bei allen derartigen Raupen in folgender Weiſe überein: auf dem Rüden des zweiten und dritten ftehen vier in einer Querlinie, von da bis zum neunten einjchlieglic) zwei große, unter ſich entferntere hinten, zwei Elei- nere, einander mehr genäherte vorn, auf dem zehnten findet Fein Unterjchted in den Ent: fernungen der Paare ftatt, und auf dem elften treten die vorderen weiter auseinander als die hinteren. Aus jedem diefer Hornplättchen, deren andere noch in den Seiten ſich reihen, entipringt ein Borftenhaar. Über die beiden äußeren der durch jene Anordnung entjtehenden vier Warzenreihen laufen zwei ſchmale gelbliche, aber verwijchte Längsſtreifen. Die Naupe wird bi$ 52 mm lang und jo die wie ein Fräftiger Gänſekiel. Bon Auguft bis Dftober, bei anhaltend milder Witterung auch bis zum November, macht fie fich durch ihren Fraß am Winterraps und Nübfen, an den verjchiedenen Rüben, Kohlarten, Kar: toffeln und der Winterjaat auf den Feldern, an allerlei Pflanzen in den Gärten bemerf: ih, ohne ſich äußerlich bliden zu laſſen; denn fie verbirgt fih bei Tage unter Steinen 443 Dritte Drdnung: Schmetterlinge; jechfte Familie: Eulen. und Erdſchollen oder, wo dieje fehlen, flach unter der Erde an der Wurzel ihrer Futter: pflanze und fommt nur des Nachts hervor, um diefer ſich zu bemächtigen. Ich fand ſie nicht jelten noch unter halbwüchſig und dann von bedeutend dunflerer Farbe am 20. Zuli an Zuderrüben. Nirgends geht fie die Zajerwurzel an, wie man meinen jollte, da die Sammler fie und ihresgleihen als „Wurzelraupen” bezeichnen, ſondern frißt die junge Planze über der Wurzel ab und zieht, das Herz verzehrend, die oberirdijchen Teile, jo: weit fie folgen, in ihr Lager, wie der Negenwurm au) thut, oder faßt umgekehrt Die: jelben von oben an, fih nach unten hineinbohrend. In Rüben und Kartoffeln arbeitet fie, wie der Engerling, Löcher und höhlt legtere manchmal ganz aus. Erwachſen über: wintert fie, und nur in jeltenen Fällen gelangt fie noch zur Verpuppung, in noch jelte- neren zum Schmetterling. Die am 20. Juli in Zuderrüben gefundenen Raupen hatte id) eingezwingert und fpäter das betreffende Glas offen auf einem Tiiche ftehen. Am Abend des 15. September ſchwärmte zu meiner nicht geringen Verwunderung eine Winter: jaateule um meine Lampe, und beim Nachſuchen im offenen Behälter fand ich die leere Buppenbülfe. Nach gewöhnlichen Verhältniffen verwandeln ſich die aus dem Winterjchlaf erwachten Raupen in leicht zerbrechlicher Erohöhle zur Zeit, wo die Rübjaat in den Gipfeln ihre Blüte zu entwideln beginnt. Die gedrungene, glänzend gelblichrote Puppe endigt in zwei kurze, etwas auseinander gehende Dornipischen. Nah ungefähr 4 Wochen Ruhe ſchlüpft der unanjehnliche, 44 mm jpannende Schmetterling aus. Seine Vorderflügel find gleich: mäßig heller oder dunkler graubraun und fehillern bei dem meijt helleren Männchen gelb: ih. Die beiden Querlinien, dunkler eingefaßt, treten bei den dunfeln Stüden nur un: deutlich hervor, dagegen lafjen ſich die beiden vorderen Flede infolge ihrer ſchwarzen Um: jäumung gut erkennen. Die Wellenlinie ift etwas heller und verläuft, abgejehen von zwei ftumpfen Eden nah außen (dem ftumpfen W), vom Saume ziemlich gleich entfernt. Die Linie auf diefem befteht aus dunfeln Dreiedchen zwifchen den Rippen. Beim Männchen bleiben die Hinterflügel weiß mit Ausſchluß der gelblich leicht bejtäubten Rippen und des Außenrandes, beim Weibchen erjcheinen fie durch ftärfere Beſtäubung auf der ganzen Fläche wie angeräuchert. Dort tragen außerdem die Fühler bis über die Mitte etwas feulen- förmige, immer fürzer werdende, bewimperte Kammzähne. Man begegnet von der zweiten Hälfte des Mai (1862 ſchon am 4. des genannten Monats) diefem traurigen Pro— letarier, häufiger im Juni, aber auch im Juli und Auguft, ja im trodenen Jahre 1865 fand ich ihn noch einzeln im September, am 18. Dftober ein ganz friſches Weibchen unter dem Graje und am letzten Tage des genannten Monats ein abgeflattertes Männchen. Nach dem vorher Gejagten ftammten dieſe Nachzügler ganz entjchieden von einer zweiten Brut, deren Nachkommen natürlich bedeutend £leiner durch den Winter fommen müfjen und Spätlinge für das nächlte Jahr liefern. Die Winterjaateule ift nicht nur über ganz Europa, jondern auch über einen großen Teil von Ajien ſowie über Südafrifa und Nord: amerifa verbreitet, gehört alfo entichieden zu den Weltbürgern. Man darf indes nicht meinen, daß die im obigen Sinne geführten Klagen über Schä- digungen an unferen Kulturpflanzen die eben befprochene Raupe allein treffen. Es gibt noch mehrere ihr jehr ähnliche, ebenjo ſchmutzige und ſchwer durch Wort oder Bild untrüglich wiederzugebende, welche mit ihr ungefähr gleichzeitig leben und nicht minder unjchönen Ader- eulen angehören, wie beijpielsweife dem Ausrufezeihen (Agrotis exclamationis), deſſen jonft faſt zeichnungslofe, gelblich rotgraue Vorderflügel nur die drei dunfleren Gulenflede tragen, oder der rindenfarbigen Adereule (Agrotis corticea), welde etwas in Größe hinter den vorigen zurücbleibt, ſonſt fi) von der Winterfaateule eigentlich nur dadurch unterjcheidet, dab die Hinterflügel in beiden Geſchlechtern braun ausjehen Ausrufezeihen. Gamma. 445 Die Goldeulen, Pluſien (Plusia), find über alle Erdteile verbreitet und auch in Europa durch zahlreihe Arten vertreten; fie zeichnen fich größtenteils durch metalliich glänzende Flede auf ihren Vorderflügeln vorteilhaft aus; es fommen Bildungen, beiipielS- weile den griechiſchen Buchſtaben „, » oder A ähnlich, vor, welche aus dic aufgetragenem Gold oder Silber zu beftehen jcheinen. Auf dem jchlanfen Hinterleib erheben fich jtarfe Schöpfe Die Schulterdeden bejtehen aus drei mehr oder weniger deutlichen Lagen von Haaren, deren Ränder fih markieren, und von denen die vordere Neihe mit der vorderen Behaarung des Mittelrüdens gewijjermaßen einen zweiten Halsfragen bildet. Die auf: jteigenden Tafter erreichen bei den verjchiedenen Arten jehr verjchiedene Länge, ſtehen 3. DB. bei der prächtigen, blaßgoldenen Plusia moneta wie ein paar krumme Säbel vor und über dem Kopfe. Dieje jehönen Eulchen ruhen mit fteil dahförmigen Flügeln, und viele von ihnen fliegen auch bei Tage. Die Naupen fennzeichnen ein Kleiner Kopf, über: haupt ein nach vorn verjüngter Leib und das Schwinden der vorderiten Bauchfüße, jo daß jte jpannerartig Friehen und gern mit budlig emporgezogenem Vorderkörper ruhen. Sie leben alle frei an Kräutern und fertigen meilt an der Zutterpflanze ein loderes Gejpinit für die Buppe. Dieje hat eine ftarf entwidelte Rüfjeljcheide und bedarf nur kurze Zeit zu ihrer Entwidelung. Das Gamma, die Npjilon-Eule (Plusia gamma), gehört zu den Arten, deren VBorderflügel ein dider Silberbuchſtabe in Form des griehiichen y (gamma) auszeichnet, und dürfte gleichzeitig die gemeinjte und verbreitetite von allen jein; denn jie fliegt auch in Nordamerifa. Das Gamma begegnet uns in Feld und Wald, auf Wiejfen und in Gärten, im Sonnenjchein nicht minder wie am frühen und jpäten Abend in ſcheuem und haftigem Fluge und jaugt gejchäftig an allen möglichen Blumen Honig. Wird es in jeiner Ruhe geitört (denn es fißt bei Tage auch jtill unter einem Blatte), jo fährt e3 auf, ſetzt fi) aber bald wieder nieder, und noch unjchlüflig, ob es weiter fliegen joll, zittern die Flügel frampfhaft und die Fühler bleiben vorgeitredt; erſt wenn es fich ficher fühlt, legt es leßtere an den höderigen Bruftfaften, jene dahartig über den braungrauen Hinterleib. Wie wir da3 Gamma zu jeder Tageszeit antreffen fünnen, jo auch faſt zu jeder Jahreszeit, natürlich) innerhalb der Grenzen des bemerfbaren Inſektenlebens. Aus diejem Grunde und weil in den warmen Monaten die Entwidelung jehr rajch von jtatten geht, fommen während derjelben alle Stände gleichzeitig vor, daher es ſchwierig iſt, mit Sicherheit die Zahl der Bruten anzugeben. Für gewöhnlich nimmt man an, daß die Naupe übermwintere; ich fing aber am 7. Mai 1865 einen Schmetterling, welcher feinem Anjehen nach fein Kind des Frühlings war, während ein anderer, am 1. Oftober 1874 gefangener, vor furzem erjt der Puppe entjchlüpft jein mußte und entjchieden nur nad) der Überwinterung feinen Lebenszwed erfüllen fonnte. Wir jehen den Falter vorn mitten auf unjerem Gruppenbilde „Deutſche Tagfalter” in der Stellung, welche er jaugend an— zunehmen pflegt. Die VBorderflügel find grau, heller und dunkler braun marmoriert und rojtbraun gemischt, außer dem y oder y find die feinen, lichten Zeichnungen jilbern. Die an der Wurzel hellbraunen Hinterflügel werden nah dem Saume hin bindenartig dunk— ler jamt der Wurzel der weißen Franjen. Die gelb: bis graugrüne, der Länge nad) weiß gejtreifte Raupe ſchnürt fi in den Gelenken ein und frißt an dem verjchiedenjten Kräu— tern, manchmal in verheerender Weife. So hat fie 1828 in Oſtpreußen die Yeinfelder vernichtet, anderwärts Hanf, Naps, Hülfenfrüchte 2c. ſtark beſchädigt; vor einigen Jahren und wieder 1883 trat fie wiederholt auf den Zucderrübenfeldern in den Herzogtümern Sadjen und Anhalt verheerend auf, und als ich vor Jahren aus Raupen, welde an Weidengebüjch häufig Jagen und meiner Meinung nad) einer anderen Goldeule angehörten, die in ihren Naupen zum Teil einander ungemein nahe ftehen, unjeren Proletarier erzog, 444 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fiebente Familie: Spanner. mußte auch eine Holzpflanze unter den Küchenzettel jeiner Raupe aufgenommen werden, was bisher neu war. Die größten Eulen, welchen gleichzeitig ihre Hinterflügel einen bejtimmten Cha: vafter aufprägen und den größten Schmud verleihen, hat man Ordensbänder (Cato- cala) genannt und fie weiter al3 blaue, gelbe und rote unterſchieden. Das blaue Or: densband (Catocala fraxini), das größte von allen, denn es fann 105 mm und darüber jpannen, wird ohne Mühe an der breit lichtblauen Binde, die mitten durch die ihwarzen Hinterflügel geht, erkannt, die übrigen Arten führen auf den gelben oder roten in Betracht fommenden Flügeln außer der ſchwarzen Saumbinde noch eine zweite, mehr oder weniger gezadt durch die Mitte verlaufende. Eine der gemeinften Arten iſt die hier abgebildete, welche vorzugsweife das rote Weiden-Ordensband, Bahmeideneule, Frau (Catocala nupta) heißt. Die Vorderflügel bieten in ihrem grauen Gemwande Notes Weiden: Orden3band (Catocala nupta) nebit Raupe. Natürliche Größe. wenig Abwechjelung, laſſen jedoch die gewöhnlichen Eulenzeihnungen außer dem Ning- und Zapfenfleck deutlich erkennen. Die bogig weiß befranften Hinterflügel find lebhaft blut: rot und untericheiden fih durch die etwas anders verlaufende, bejonders Fnieförmig ges bogene Mittelbinde von einer zweiten, jehr ähnlichen Art (Catocala elocata). Bon Mitte Suli ab kann man diefes ftattliche Tier an Baumftämmen, in Winkeln der Häufer, unter Wetterdächern mit angezogenen Flügeln ruhen ſehen; diejelben find zu groß, um im ges wöhnlichen Sinne dachförmig den Leib zu bededen. Naht man der betreffenden Stelle, huſch, jo ift es auf und davon, mit öfters hörbarem Flügelſchlag jucht es fich haftig einen fichereren Platz; denn es iſt jehr ſcheu wie alle feine Brüder. Mit einbrechender Dunfelheit umflattert e3 von freien Stücden, einer Eleinen Fledermaus gleihend, die Bäume und jucht jeine andere Hälfte, das bereit3 befruchtete Weibchen aber Nindenrifje eines Pappel- over Weidenftammes, um bier einige Eier abzulegen, nie viele an einer Stelle. Hier verbringen diefelben ohne weiteren Schuß, als ihnen die Borke bietet, den Winter und beleben ſich erſt im Frühling, wenn die jungen Blätter den Näupchen das nötige Futter gewähren. Bis Mitte Juni find fie erwachſen. Am Tage ruhen fie lang ausgeitredt am Stamme, des Nachts begeben fie fich höher hinauf. Um fie vor feindlichen Angriffen einigermaßen zu jhüßen, verlieh ihnen die Natur ungefähr diejelbe Farbe, weldhe der Baumſtamm auch Allgemeiner Bau. 445 hat; überdies zeichnen fie ich durch Franſen aus, welche jeitlih am Bauche ftehen und dann bejonders als ein jchmaler Rand erjcheinen, wenn der Bauch glatt auf feine Unter: lage angedrüdt wird. Faßt man eine Ordensbandraupe an, jo jchlägt fie mit dem Vorder— und Hinterteil des Körpers um fich, gerade jo wie ein mitten im Körper gehaltener Fijch, beißt auch, wenn fie den Finger fallen kann; kurz, fie gebärdet ſich jehr wild. Unter Rinde, Moos oder dürrem Laub zieht jede jchließlich einige Fäden um ſich und wird zu einer ſchlanken, bläulich bereiften Puppe. In der angegebenen Weiſe treiben e3 alle Ordens: bänder, nur an zum Teil anderen Futterpflanzen (Eichen, Pflaumen 2c.); die gelben, überall jelteneren, erreichen nicht die Größe der anderen, jondern haben durchjchnittlich nur 52 mm $lügeljpannung. Nordamerika ernährt gleichfall3 viele Arten. Weil e3 bei den Schmetterlingen, befonders wenn man die ausländifchen nicht gänz- ih außer acht lafjen will, überhaupt jehwierig wird, die Familien mit wenigen Worten zu fennzeichnen, da Übergänge nach allen Seiten hin eine ſcharfe Abgrenzung nicht wohl geitatten, jo fünnen auch die Merkmale der Familie der Spanner (Geometridae, Phalaenidae) hier unmöglich in einer allgemeinen Schilderung erſchöpft werden. Der dünne Yeib der meilten und die breiten Flügel, deren hintere in Färbung den vorderen ge wöhnlich gleich, in Zeihnungsanlage wenigſtens nahefommen, erinnern an die Tagjchmetter: linge, von denen fie fich jedoch durch die borjtigen oder bei manchen Männchen gefämmten Fühler weſentlich unterjcheiden. Den Eulen ftehen fie in mehr als einer Hinficht ſchon ferner; zwar fehlt es nicht an Querbinden auf den Flügeln, wohl aber an den Fleden, ftatt deren fich die Linien vermehren. Die dicleibigeren, welche nicht jelten vorfommen, haben oft große Spinnerähnlichfeit, daher man bier eine größere Menge von Merkmalen zu Hilfe nehmen muß, um einer Verwechlelung vorzubeugen. Die Spanner ftimmen der Hauptſache nah in folgenden Merkmalen überein: Am fleinen Kopfe, der feine Neben: augen auf dem Scheitel verbirgt, treten die Tajter nur wenig vor, der Rüſſel dagegen durch: läuft die verjchiedeniten Stufen der Vollfommenheit. Im Vorderflügel zählt man 11 oder 12 Rippen, darunter nur eine des Innenrandes, das Vorfommen von nur 10 gehirt zu den Seltenheiten. Dem breiten, kurz befranften Hinterflügel fommen eine Haftborite, höchſtens 2 Innenrandsrippen und außerdem noch 6 oder 7 andere zu; von jenen beiden pflegt die erjte in der Mitte des Innenrandes, die zweite in den Innenwinkel zu münden. Die Borderrandsrippe fommt aus der Wurzel und berührt in der Regel die vordere Mittel- tippe bald nad) ihrem Urſprung auf einer furzen Strede, oder fie entjpringt aus ihr felbit, ein Unterjchied, welcher die neueren Syitematifer veranlaßt hat, zwei Hauptabteilungen darauf zu gründen. Die meiften Spanner tragen in der Ruhe ihre zarten Flügel etwas ausgebreitet, wenn auch nicht jo weit, wie wir fie in Sammlungen jehen; einige halten jie halb geſchloſſen Hoch, und einige verbergen ihren Hinterleib dachartig mit denjelben. Viele fliegen bei Tage oder lafjen fich wenigſtens leicht aus Gras und Gebüſch auficheuchen, in der Nachtzeit zeigen aber die meilten größere Lebendigkeit. Schärfer al3 im entwidelten Zuftand grenzen fie fich durch die Raupen von den übrigen Familien ab. Daß bei denſelben die Bauchfüße außer dem legten Baar verfümmern und ihr Gang darum ein jpannender ift, wurde früher bereits erwähnt. Sie verfügen mithin nur über zehn, in jeltenen Fällen über zwölf zum Gehen taugliche Füße und Klammern ſich in der Ruhe gern mit den Nachjchiebern an einen Zweig an, den jchlanfen Leib fteif aus: jtredend oder auch jchleifenartig Trümmend, jo daß die ganze Naupe bei der vorwiegend braunen Farbe, welche vielen eigen, einem dürren Äftchen zum Verwechſeln ähnlich fieht. 446 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fiebente Familie: Spanner. Ginige wenige heften fi) wie Tagfalter mittels einer Schlinge zur Berpuppung an ein Blatt, die meilten jedoch ſpinnen fich mit einigen Fäden in grüne wie dürre Blätter oder gehen in die Erde. Wenn nur die deutichen Arten berücfichtigt werden, jo überwintern vom Hundert 6,5 als Gier, 35 al Raupen, 58 als Puppen und nur 0,5 im vollfommenen Zuſtand. Man kennt gegenwärtig ungefähr 1800 Arten aus allen Weltteilen, deren wenigſte eine mittlere Größe überſchreiten (Nyctalemon Patroclus aus China iſt der Rieſe derſelben). Linné beſchrieb die ihm bekannten in der Gruppe „Geometrae‘ unter der Gattung Phalaena und ließ die Na: men ſämtlich auf aria oder ata endi- gen, je nachdem er ihre Fühler gefämmt oder einfach fadenförmig fand; die neues ren Schriftiteller haben wie überall, fo auch hier möglichſt zahlreiche Gat— tungsnamen gejchaffen. Wir müſſen uns auf wenige Arten beſchränken, die entweder die mejentlichiten Formen zur Anſchauung bringen, oder durch das Auftreten ihrer Raupen allgemei- neres Intereſſe bieten, und werden uns dabei nicht um die wiſſenſchaftliche An ordnung kümmern, jondern eine unje= ren Zweden entjprechende Gruppierung wählen. Der Birkfenfpanner (Amphi- dasis betularia) gehört jeiner Kör— perbejchaffenheit nach zu den |pinner: ähnlichen Spannern und infolge der geſtreckten VBorderflügel zu den größten heimifhen Arten. Die weiße Grund: farbe ericheint überall, Leib, Fühler und Füße nicht ausgenommen, braune jchwarz bejprenfelt. Viele punftgroße Sprenfel fließen bier und da, beſon— der3 am Vorderrande der Borderflügel, Weiblider Birtenfpanner (Amphidasis betularia) nebft Raupen zu — N auf ann Ele a md Yuppe Natürliche Gröfe merklich kleinere Männchen unterjchei- det ſich durch einen jchlanferen Leib und, mit Ausſchluß der Spige, durch doppelt gefämmte Fühler vom Weibchen. Die Raupe it überall gleich did, am Scheitel de3 Kleinen Kopfes tief ausgejchnitten, an jeder Seite des achten Gliedes mit einem warzenartigen Knötchen verfehen und veränderlic) in der Farbe, wie e8 ſcheint je nach der Futterpflanze, grünlichgrau, jeltener bräunlich oder gelblich. Sie fitt zwar an Birken, Ebereihen und anderen Laubhölzern, jheint aber die Eiche allen vorzuziehen und nimmt in der Ruhelage die vielen Spannerraupen eigne Aftähnlichkeit an. Sm September oder Oktober hat fie ihre volle Größe erlangt und geht in den Boden, um in einer Höhlung noch) vor dem Winter zur Buppe zu werden. Im Mai oder Juni ſchlüpft der Schmetterling aus, welhen man nie bei Tage fliegen, wegen feiner Größe und lichten ER EAN Ze u ‚» GBR Birfenjpanner. Großer Froftipanner. 447 Färbung jedoch öfter mit halb Elafjenden Flügeln an einem Baumftanım im Walde ſitzen ſieht. Andere Arten aus der nächſten Verwandtſchaft und gleihfalls von jpinnerartigem Anfehen, neuerdings verſchiedenen Gattungen zugeteilt, erjcheinen jehr früh im Jahre aus der überminterten Puppe, namentlich habe ich das Männchen des Birnjpanners (Phigalia pilosaria), defjen Weibchen flügellos ift, nad) einigen milden Tagen im Februar ſchon an Baumſtämmen angetroffen, den Beitverhältniijen gemäß allerdings ziem— li regungs= und teilnahmlos. Der Blatträuber, Entblätterer, große Froftipanner (Hibernia defoliaria, Fig. 1), fliegt jpät im Jahre, zu einer Zeit, wo die meilten anderen Kerfe ihre Winter: Großer $roftjpanner(Hibernia defoliaria), 1) Männden, 2) Weibchen, 3) Raupe. — Hibernia aurantiaria, 4) Männden, 5) Weibhen. Kleiner Froftfpanner (Cheimatobia brumata), 6) Männden, 7) Weibhen, 8) Raupe. Natürliche Größe. quartiere aufgefuht haben und zum Teil ſchon der Erftarrung anheimgefallen find, weil die Sonne feine Wärme mehr ſpendet und die Pflanzen aufgehört haben, die nötige Nahrung zu liefern. Im Oktober und November erjcheint diefer träge Spanner, welcher nicht einmal bei Tage die wenigen Sonnenblide benußt, jondern in den falten Nächten taumelnd umher: fliegt, um an den Stämmen der Bäume eine Lebensgefährtin zu ſuchen, welde ihm nicht auf halbem Wege entgegenfommt, weil ihr das Flugvermögen verjagt wurde. Das Männ— hen hat große, zarte und dünn beſchuppte Flügel von hell odergelber Grundfarbe; ein dunkler Mittelpunkt und feine Sprenfelung zeichnet alle aus und breit rojtbraune Um: ſäumung des Mittelfeldes die vorderen noch insbejondere. Die Beine tragen anliegende Schuppen und die Fühler zwei Reihen Kammzähne. Das flügelloje, gelb und jchwarz ge: Ichedte Weibehen (Fig. 2) Friecht gegen Abend an den Baumftämmen in die Höhe, in der Erwartung, daß das Männchen feine Pflichten erfülle; denn es will geſucht werden, und diejes weiß es zu finden. Nach der Paarung legt es feine Eier einzeln oder in geringer Anzahl vereinigt oben an die Knojpen der Bäume, welche es mit feinen langen Beinen 448 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fiebente Familie: Spanner. zu Fuße in der fürzejten Zeit erreicht. Schon vor Mitte April, wenn es jonft die Witterung erlaubt, jchlüpfen die Räupchen aus, finden unter den Schuppen der Anojpen Schuß und beginnen ihr Zerjtörungswerf, bevor die Entwidelung diefer möglid wird; an den Obft- bäumen machen jich diefelben am leichteften Fenntlicd und mitunter für den Befiger em- prindlich fühlbar, an den Waldbäumen weniger, weil hier die Zeritörung der Fruchtknoſpen wenig jchadet. Die erwachjene Naupe (Fig. 3) it auf dem Rüden braunroth, an der Baud)- bälste jchwefelgelb und führt hier rotbraune Striche auf jedem Gliede. Zur VBerpuppung jucht fte die Erde auf, jpinnt mit wenigen Fäden die Eleine Höhle aus und verwandelt ih in eine rotbraune Puppe, welche in eine Stadhelipige endet. Noch eine zweite gelbe Art derjelben Gattung (Hibernia aurantiaria, Fig. 4 u. 5), die wir auf unferer Abbildung jehen, fliegt gleichzeitig, zwei andere, eine gleichfalls gelbe (Hibernia progemmaria) und eine weißgraue (Hibernia leucophaearia), im erjten Frühjahr. Der Eleine Froftjpanner, Winterjpanner, Spätling (Cheimatobia bru- mata, j. Abbild. S. 447, Fig. 6 u. 7), hat faft ganz die Lebensweiſe des vorigen, fliegt aber noch jpäter; denn jein wijjenjchaftlicher Artname bezeichnet den fürzeiten Tag (bruma); da= gegen verläßt jeine Naupe die Zutterpflanze etwas früher, wodurch) gegen dort die Puppen: ruhe durchſchnittlich um einen Monat verlängert wird. Ein weiterer Unterfchied zwijchen beiden bejteht darin, daß die Raupe (Fig. 8) auch im erwachjenen Alter nicht frei an der Futter: pflanze fißt, jondern zwijchen zufammengezogenen und zum Teil vertrodineten Blattüberreften. Der Eleine Froftipanner ift für die nördlichen Gegenden Europas, was der große für die jüd- licheren: ein geritörer der Objternten, wo er mafjenhaft auftritt. In Mittelveutichland, beijpielswetje in der Provinz Sachſen, fommen beide häufig genug nebeneinander an Wald: bäumen vor, der kleine ausjchlieglich jchädlich für die Objtbäume, und wo die „Spanne“ in der Blüte ungejtört hauft, kann Jahre hintereinander die Objternte volljtändig fehlſchlagen. Die zarten und gerundeten Flügel des Männchens find jtaubgrau ſparſam bejchuppt, die vorderen durch rötlihen Anflug dunkler und mit noch dunkleren Duerlinien unregelmäßig und veränderlich gezeichnet. Ihre Anhangszelle ift ungeteilt, und Rippe 7 und 8 ent- jpringen getrennt voneinander; im Hinterflügel übertrifft die Mittelzelle die halbe Flügel: länge, und die einzige Innenrandsrippe mündet in den Afterwinfel. Das jtaubgraue Weib: chen zeichnet jich durch Flügeljtümpfe mit je einer dunfeln Querbinde und durch weißgefledte lange Beine aus. Das Näupchen friecht im eriten Frühjahr grau aus dem Eie, ift nach der erjten Häutung gelblihgrün, am Kopfe und Nackenſchild ſchwarz. Nach der zweiten Häutung verliert fich das Schwarz, die Grundfarbe wird reiner grün, und eine vorher angedeutete weiße Rücken— linie tritt jchärfer hervor. Nach der legten Häutung ijt fie bei 26 mm Länge gelblihgrün oder dunkler gefärbt, am Kopfe glänzend hellbraun, über den Rücken in einer feinen Linie noch dunkler; dieje legtere ijt beiderjeits weiß eingefaßt, und ebenjo zieht noch eine Lichte Linie über den als dunkle Pünktchen ericheinenden Luftlöchern hin. Ein pralles, feſtes Wejen zeichnet dieje Raupe überdies, noch) vor vielen anderen Spannerraupen aus. Späteftens zu Anfang des Juli verläßt fie ihre Futterpflanze, um flach unter der Erde zu einer gelb: braunen, an der Spitze mit zwei auswärts gerichteten Dörnchen bewehrten Ruppe zu werden. Um DObjtbäume gegen den verderblichen Raupenfraß zu jchüsen, hat fich jeit langer Hgeit der Teerring over Schußgürtel bewährt, wenn er auf die rechte Weiſe gehand- habt wird, und in Schweden hat man auf einem Eleinen Raume 28,000 Weibchen mit dem: jelben abgefangen. Er bejteht aus einem handbreiten Bapierftreifen, der für den Arbeiter in bequemer Höhe jo um die einzelnen Stämme gelegt wird, daß unter ihm fein Weib: hen aufwärts friehen fann. Diejer Gürtel wird mit einem Klebeftoff beſtrichen und klebrig erhalten, jolange die Flugzeit dauert. Man wählte hierzu anfangs reinen Kienteer, Kleiner Froftjpanner. Kiefernipanner. 449 vertaufchte denjelben, da er brauchbar ſchwer zu erlangen war, mit anderen, die Klebrigfeit länger bewahrenden Mifchungen, von denen ich unter anderen die von Beder in Jüterbog unter dem Namen „Brumataleim” in den Handel gefommene als jehr brauchbar jelbit geprüft habe. Seitdem man die Kiefernftämme gegen die Spinnerraupe (S. 414) anteert (ohne Unterlage eines Papierftreifens), haben ſich zahlreiche „Leimjtedereien” in diefem Sinne aufgethan, von deren Produkten der von Mützell in Stettin gelieferte „Raupenleim“ nad dem Urteil vieler praktiſchen Forjtleute der beite it. Der Kiefern: oder Föhrenjpanner (Bupalus piniarius) weiß die Zeit jeines Erſcheinens befjer zu wählen als die vorigen und kann auch von allen denen nicht un— beachtet bleiben, welche an einem warmen Junitage zwijchen Kiefernbäumen dahinwandeln, und jei es nur, um die würzige Luft des Nadelwaldes in vollen Zügen zu geniepen. Denn in wanfenden, immerhin aber haftigen und wilden Bewegungen fliegen Männchen und Kiefernfpanner (Bupalus piniarius), 1) Männden, 2) Weibchen und Raupe. 3) Spießband (Larentia hastata) nebft Raupe, Alle in natürlicher Größe. Weibchen zwifchen den Stämmen und Nadeln der Föhren umher. In kurzen Umflügen von den Nadeln nach den Stämmen, hier und da mit aufrechten und zulammengeflappten Flügeln zeitweilig ausruhend, auch hier die Männchen nur größere Lebhaftigfeit an den Tag legend als die Weibchen, vertreiben fich diefe Spanner die Zeit, bis fich die Pärchen zuſammen— gefunden haben. Als ich vor mehreren Jahren an einem gewitterfchwülen Junitage nad) warmem Negen durch einen Kiefernwald ftreifte, und ihre Zahl, wie manchmal zum Leid— wejen des Forftmannes, eine jehr bedeutende war, umflatterten fie mich zu Hunderten, rannten mir in das Geficht, ſaßen auf den Wege, jo daß man jederzeit einen zu zertreten fürchten mußte, und trieben fid) paarweife an den Stämmen umher. Im Jahre 1885 jah man fie während einiger Tage in der Stadt Halle umberfliegen, welche von dem vorerwähnten Kiefernwald ein Stündchen entfernt liegt. Wir erbliden hier das Männchen in jeinen lichten und veränderlichen Flecken- und Strahlenzeihnungen auf jhwarzbraunem Grunde ausgebreitet; diefe Haben auf der Oberfeite eine ftrohgelbe, auf der Rückſeite eine mehr rein weiße Farbe. Bei dem noch mehr veränderlihen Weibchen mwechjeln in ähnlicher Weije düfteres Notgelb mit Notbraun, jo jedoch, daß einmal die eine, das andere Mal die andere der beiden Farben vorwaltet. Eine Anhangszelle im Vorderflügel, eine Vorderrandsrippe im Hinterflügel, welche aus der Wurzel ſelbſt entipringt, eine flach anliegend beichuppte Stirn, kurze Beine, bejonders Hinterfhienen und ein Flügelſchnitt, wie wir ihn vor uns jehen, Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 29 450 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; ftebente Familie: Spanner. charakterifieren die Gattung. Hoch oben in die Krone der Kiefern legt das Weibchen die Gier an die Nadeln, und im Juli Friechen die Näupchen aus denjelben hervor, ihr Fraß aber wird, wenn fie in Menge da find, erjt im Auguft bemerkbar. Im September hängen fie ih gleich Epinnen an Fäden auf und Fommen bis zur halben Höhe herab, wie es jcheint, nur zum Vergnügen, denn fie arbeiten fich wieder empor, bis fie im Oftober, einzelne auch erſt im November, nad) erlangter Neife in derjelben Weife oder zu Fuß ganz herabfommen, um fich im Bereiche des Baumes unter Moos oder Streu zu verpuppen. Die jehr jchlanfe, grüne Naupe hat drei weiße Rücken- und zwei gelbe Ceitenlinien, welche fich über den Kopf fortjegen. Die anfangs grüne, jpäter mit Ausschluß der Flügeljcheiden braun werdende Nuppe endigt in eine zweiteilige Spige und überwintert. Im nächſten Sahre liefert fie nicht immer den Schmetterling, denn die Naupe hat viele Schlupfweipen als Liebhaber, einige mit der Forleule gemein, da fie im ganzen diejelbe Lebensweiſe führt; überdies gelangt in Jahren ihrer großen Häufigkeit manche gar nicht zur Verpuppung, weil fie durch einen in ihr wohnenden Pilz (Botrytis) getötet worden ijt. Die artenreihe Spannergattung Larentia gehört einer Gruppe an, bei deren Gliedern die Worderrandsrippe im Hinterflügel nicht, wie bei den bisher erwähnten, den kleinen Froft: jpanner ausgenommen, aus der Wurzel jelbit kommt, jondern aus der vorderen Mittel- tippe und zwar meilt kurz vor der vorderen Ede der Müttelzelle. Im Vorderflügel fommt eine vollkommen gejchlojjene Mittelzelle und eine geteilte Anhangszelle vor. Da ich jedoch innerhalb diejer Merkmale noch allerlei Unterjchiede im Verlaufe des Flügelgeäders finden, jo ilt die Gattung je nach der Auffaljungsweife des betreffenden Schriftitellers mehrfach geteilt worden, worauf wir unter den gegebenen Berhältnifjen feine Rückſicht nehmen können. Der Birkenbuſchſpanner oder das Spießband (Larentia hastata) ijt in der Natur derjelbe Schwarzweiße, wie wir ihn auf ©. 449, Fig. 3, jehen, und gleich dem vorigen ein ausjchließlicher Waldbewohner; jedoch findet er fih nicht in Wäldern ohne Ausnahme, jondern nur in ſolchen, wo Birkengebüjch örtlich vorherrſcht. Hier fliegt dieſer zierliche Spanner an den Birken im Mai ziemlich lebhaft und jcheu umher, wie gleichzeitig, aber auch früher oder jpäter (denn er hat zwei Bruten), der faſt ebenjo gezeichnete, aber minder große Trauerjpanner (Larentia tristata) im Graje des Gehölzes und der Gebüſche. Die Naupe des Spießbandes findet fich jpäter zwiſchen zujfammengezogenen Dirkenblättern, iſt querfaltig, zimtbraun und in den Ceiten mit je einer Reihe gelber, bufeifenförmiger Flede gezeichnet. Sie verpuppt fich in der Erde, wo die Puppe über: wintert. Weiße oder gelbe, dichter oder jparjamer dunkel bandierte Yarentien find es, welche das Gras feuchter Gründe beleben und rechts und links aus demjelben auffliegen, um fich auf einem Buſche, der Unterjeite eines Blattes, auf einem Baumftamın bald wieder niederzulaifen, oder von neuem im Graſe ein Verfted zu ſuchen, wenn man in einer für fie etwas verdächtigen Weije jolhe Gegenden durchſtreift. Man merkt ihnen an, daß fie jic) aus Furcht entfernen, und daß fte lieber die Dunkelheit abwarten, um aus eignem Antrieb und im Dienfte der Ernährung und der Fortpflanzung lebendigere Umflüge zu halten, Der Gänjefußjpanner, gelber Marmor (Larentia chenopodiata, aud) Cidaria chenopodiata), hält fih an ähnlichen Ortlichkeiten, befonders in den Dorfgärten und deren Nachbarſchaft auf, fit infolgedefjen an Wänden der Stallgebäude, an Stämmen und nicht im Grafe, jo daß er fich weniger aufſcheuchen läßt als andere, und fliegend jo leicht nicht gejehen wird. Die grünlich ledergelbe Grundfarbe wird an den Grenzen des Mittelfeldes beim Weibchen mehr bindenartig, beim Männchen ausgedehnter dunkler und zwar gelbbraun. Die Geftalt der Vorderflügel, die Teilung der Spige durch einen dunkeln Schrägſtrich, die wellenrandigen, ſchwächer gezeichneten Hinterflügel, deren Vorderrand den Innenwinkel der vorderen überragt, finden wir bei vielen anderen Arten, welche zum Teil - Spießband. Trauerfpanner. Gänſefußſpanner. Harlefin. 451 noch viel fauberer gezeichnet und lebendiger gefärbt find, wieder. Unfer Spanner ift im Suli und Auguft nirgends jelten. Seine Raupe, welche überwintert, erjcheint an den Seiten etwas knotig, platt von oben her und verjchieden in Färbung und Zeichnung, bräunlihgrau oder zimtbraun, auf dem Rüden mit nach vorn jpigen Winfelhafen verziert, welche eine feine dunkle Linie teilen, und gelb an den Seiten durch eine gezadte Linie. Sie ernährt ſich von den verfchiedenen Gänjefußarten (Chenopodium), an denen man fie manchmal in größeren Gejellichaften beifammen trifft; zur Verpuppung geht fie tief in die Erde. Neben dem „gelben Marmor” jehen wir den Harlefin, Stachelbeerſpanner (Abraxas grossulariata), der fich gleichzeitig mit ihm und an denselben Ortlichfeiten findet, wenn ihn auch eine wohlgeordnete Schmetterlingsfanmlung weit entfernt von jenem SINN I — > — 1) Gänſefußſpanner (Larentia chenopodiata) nebſt Raupe. 2) Harlekin (Abraxas grossulariata) nebſt Raupe und Puppe. Alle in natürlicher Größe. und lange vor ihm ſeine Stelle anweiſt. Er kann mit keinem anderen Schmetterling ver— wechſelt werden, auch wenn der Aderverlauf in den Flügeln unberüchkſichtigt bleibt, der ihn überdies eine andere Stellung im Syitem bedingt. Auf weißem Grunde tragen die Flügel Ihwarze Bunktreihen in der zur Anfchauung gebrachten Weije, an der Wurzel und zwijchen ven beiden legten, nahe beifammenftehenden Querbinden der Vorderflügel jowie an den Körperjeiten kommt die dottergelbe al3 dritte Farbe hinzu. Bei Tage jißt der Harlefin weniger zwiſchen Gebüſch, in Heden 2c. verborgen, als mancher andere, weil er ſich nicht jo eng an die Blätter anjchmiegt und weniger bejtimmt die Blattunterfeite als Nubeplat ausmwählt. Mit einbrechender Dunkelheit beginnt er feine taumelnden, geilterhaften Umflüge, bei denen fich die beiden Gejchlechter aufjuchen und finden. Das befruchtete Weibchen legt im August jeine jtrohgelben Eier in Eleinen Gruppen zwijchen die Blattrippen verjchiedener Holzgewächſe, namentlih der Stachelbeer:, Fohannisbeerjträucher, der Pflaumen- und Aprifojenbäume unferer Gärten, des Schleh= und Kreuzdorns außerhalb derjelben. Späteitens bis zu der eriten Hälfte des September friechen die Näupchen aus, häuten ſich vor dem Winter noch ein= over zweimal und fallen mit dem Laube oder vor ihm herunter, um jich am Boden ein Berjted zu ſuchen. Aus dem Winterſchlaf erwacht, juchen fie die Futterpflanze auf, und find fie recht zahlveich, jo bleibt fein Blatt an ihr, da fie mit dem Fraße be: ginnen, ehe die Vlätter zur vollen Entwidelung gelangt find. Da die Naupen von Natur auf das Leben in der Gejelligfeit nicht angewiejen find, jo kommen fie in der Negel auch nur vereinzelt vor. Sie liefern uns ein jeltenes Beijpiel von Farbengleichheit zwijchen 29* 452 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; fiebente und achte Familie: Spanner und Wickler. Larve und volllommenem Kerfe. Sie ift in der angegebenen Weije ſchwarzfleckig, rückwärts auf weißem, am Bauche auf dottergelbem Untergrund. Mit Abjehluß des Mai ijt fie für gewöhnlich erwachſen, ſpinnt fich mit einigen Fäden an ihrem legten Weideplage oder in deſſen Näbe feit und wird hinter denfelben zu einer glänzend jchwarzen, gedrungenen Puppe, an welcher die erhabenen Hinterränder der Hinterleibsglieder dottergelb gefärbt find. Dieje zierlihe Puppe ruht nur wenige Wochen. Snfolge der Übereinftimmung in Farbe und Zeichnung wird es teilmweife jehwierig, die zahlreichen und unjcheinbaren Arten der Gattung Eupithecia richtig zu würdigen. Sie zeichnen fich durch die auffallend Kleinen Hinterflügel mit gerundetem oder geſtutztem, aber ganzrandigem Saume aus, deren 6. und 7. Rippe auf gemeinschaftlichem Stiele ftehen, die vorderen haben eine ungeteilte Anhangszelle und die 6. und 7. Rippe getrennt; über: dies find die Schenkel anliegend befhuppt, die Stirn ſchmäler als der Durchmefjer der Augen, die Taſter ihrer Kleinheit wegen meiſt von oben nicht fichtbar und die Fühler nur bewimpert. Die vorherr- ſchend grauen, von lichterer oder dunkle: rer Wellenlinie als Hauptzeichnung durch— zogenen Flügel werden in der Ruhelage alle vier ſichtbar und die vorderen durch ihren jehr langen Außenrand auffällig. Die Raupen ſehr vieler leben an Blüten und Früchten. Sch führe hier das wegen der milchweißen Grundfarbe als Con: derling zu bezeichnende Flodblumen: jpannerchen (Eupitheecia signata oder centaureata, Fig. 2) vor und mache auf jeine zierlichen Zeichnungen aufmerk: — RE NEO ham: der ſchwarzgraue Fled vorn und a na Mac Die Breit zofgrau angelegte Mellenlinie liche Größe, am Saume. Der mehr nädtlide Span: ner fliegt im Mat und Juni überall, wenn auch nicht zahlreich, und lebt al3 Raupe von den Blüten und unreifen Samen der Slodblumen, Hauhechel und einiger anderer. Die weißlihe Raupe wird durch hellcote, zadige Zeichnungen charakterifiert. Wir fanden hinreichende Gelegenheit, den verihiedenen Gejhmad der Epanner in Nücjicht auf ihr Thun und Treiben fennen zu lernen. Die einen figen am Tage feit und verborgen und fommen ihres nächtlihen Lebens wegen nur dem zu Gejichte, der fie dort aufzufinden weiß, oder dem ihre Zucht aus der Raupe glücte, welche, beiläufig bemerkt, hier jchwieriger wird als bei den anderen Schmetterlingsfamilien. Andere fliegen bei Tag und Nacht oder vorwiegend an erjterem, dieſe mit Vorliebe im üppigen, von Bäumen bejchatteten Graje, an lebenden Zäunen, im niederen Buſchwerk, jene im dichteren Walde. Auf Triften, Stoppelfeldern, an breiten Feldwegen, fich in der Negel auf die nadte Erde legend, jo daß man überhaupt nicht recht begreifen kann, was er an dergleichen blumen: armen Stellen eigentlich juche, fliegt im Juli und Auguft ein zierlicher Spanner, welcher, obgleich nicht groß, durch jein rotes Kleid doch leicht in die Augen fällt. Es ift der Weg— trittijpanner (Lythria purpuraria, Fig. 1), welcher aus überwinterten Puppen einzelner jchon im Mai fliegt. Die Vorderflügel des Männchens find olivengrün, die des Weibehens bisweilen mehr dunkel odergelb und verziert mit 2 oder 3 purpurroten Flofblumenfpannerden. Wegtrittjpanner. Widler. 453 Querftreifen, welche aber nicht immer in gleicher Vollkommenheit ausgeprägt find, injofern bejonder3 der hintere den mannigfaltigiten Abänderungen unterworfen, einfach, wie wir ihn in der Abbildung jehen, oder doppelt, oder nur vorn gabelartig geteilt it. Eine purpurne Saumlinie und ebenfo gefärbte Franſen fommen noch hinzu; auch die dunkel odergelben Hinterflügel, deren purpurrote Mittelbinde von unten auf der Oberjeite nicht jelten durch: ſchimmert, umfäumen mit den vorderen gleichfarbige Franjen. Die ungeteilte Anhangs— zelle der Vorderflügel entiteht durh Kreuzung der 11. Rippe mit den gemeinjchaftlichen Stiele der 7. und 10., welcher vor der Ede aus der Mittelzelle entipringt. Im Hinter: flügel mündet die eine nur vorhandene Innenrandsrippe in den Afterwinfel, die 6. und 7. find geitielt, und die Mittelzelle zeichnet fich durch ihre Kürze aus. Lange Haare an den Schenkeln, lange Kammzähne, welche fait bis zur Spitze reichen, an den männlichen Fühlern vollenden das Bild diejes die Trodenheit Liebenden Spanners. Seine in den Gelenken etwas eingejchnürte Raupe hat auf dem braungelben Rüden einen lichten Längs— ftreifen; Seiten und Bauch find dagegen grün; fie lebt an verjchiedenen niedrigen Pflanzen, vorzugsweije aber auf dem kleinen Sauerampfer. Die Kleinfalter (Microlepidoptera), deren die europäiſchen Verzeichniſſe in runder Zahl 2700 Arten aufzählen gegen 2583 Großjchmetterlinge, von denen bisher die Rede war, enthalten die Heinen und Eleinjten Falter. Ihre Kenntnis it mit verjchiedenen Schwierigfeiten verbunden, weil ihre Unterſcheidung, ihre Behandlung, ihre Fangweije und Zudt infolge der Kleinheit und Neuheit dejjen, was man unter den Händen hat, meijt ein bewaffnetes Auge und andere Vorkehrungen erheiihen. Es gibt ja in allen Ordnungen der Kerfe Gruppen, welche der Sammler und Liebhaber gern beijeite ſchiebt, weil er deren jchwierige Unterſuchungen ſcheut und daher lieber diefem und jenem, immer ver: einzelten Forſcher überläßt, welcher im Dienfte der Wifjenjchaft Zeit, Mühe, Augen zu opfern bereit ift, und weldhem das Bewußtfein, jener genügt zu haben, als einziger Lohn für feinen ausdauernden Fleiß bleibt. Neben jenem Bewußtjein erwirbt er fih womöglich noch ein — — mitleidiges Lächeln feiner dem Zeitgeijt dienenden, dem reellen Nutzen huldigenden Nebenmenjchen, deren Grundjag „Zeit ift Geld“ er in feinen Bejhäftigungen wenigitens nicht anerkennt. Nah von Heinemanns Vorgang beginnen wir die Kleinjchmetterlinge mit der Familie der Widler (Tortrieina), mittelfleine bis kleine Schmetterlinge, welche fi) durch ihre Körpertracht und Flügelbildung ſcharf von den übrigen abjondern und auf den eriten Blid als verjüngte Ausgabe der Eulen gelten könnten. Die gejtredten Vorderflügel, häufig metallifch glänzend und bunt in ihren Zeichnungen, haben einen kurzen Saum und einen an der Wurzel bauchigen VBorderrand, mithin vorjpringende Schultern, ſie find „ges ſchultert“, wie man fich kurz ausdrüdt. Sie werden von einer wurzelwärts gegabelten Snnenrandsrippe und noch 11 Rippen geftügt. Die zeichnungslojen, breiten Hinterflügel find ohne eingejchobene Zelle, mit Haftborite, 3 freien Innenrandsrippen und noch 6 oder 7 Rippen verſehen. Nippe 1b ift wurzelwärts gegabelt, Rippe 4 von 3 und 5 gleich weit entfernt. Aus didem Grundgliede entipringen die einfach boritigen Fühler, welche die Vorderrandslänge der benachbarten Flügel nicht erreichen, die wenig vortretenden Taſter richten ihr furzes, fadenförmiges Endglied vorwärts oder abwärts, und Nebenaugen find vorhanden. Freiwillig fliegen die Widler nur am Abend oder in der Nacht, fie laſſen jich aber aus Gebüſch und Gras aufjheuchen, wo fie, wie an Baumjtämmen, mit dachartig den Hinterleib verbergenden Flügeln bei Tage ruhen. Um die zahlveihen Gattungen zu 454 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; achte Familie: Widler. untericheiden, in welche neuerdings die alte Gattung Tortrix zerlegt worden ift, hat man auch die gegenfeitige Lage der Nippen zu berüdlichtigen, darauf zu jehen, ob die hintere Mittelrippe der Hinterflügel an der Wurzel aufitehend behaart oder nicht, und ob der Rüſſel entwidelt ift oder fehlt. Bei Beitimmung der Arten fommen die Vorderflügel haupt: jählih in Betracht. Ihre Zeichnung iſt jehr verichteden, meilt ift ein dunkles Wurzelfeld vorhanden oder wenigitens durch jeine Begrenzung angedeutet; dahinter fommt ein hellerer, oft bindenartiger oder al3 ein Innenrandsfleck auftretender Naum, fodann ein dunkles Schrägband, welches aus der Mitte des Vorderrandes gegen den Innenwinkel hinzieht. Zwiſchen demjelben und der Spike jteht noch ein dunkler Fled am Vorderrande, der fich, ſchmäler werdend, oft bis zum Innenwinkel ausdehnt; indeſſen fehlen diefe Zeichnungen auch gänzlih. Zahlreihe Arten, namentlich die mit behaarter Mittelrippenwurzel im Hinterflügel, zeigen am Vorderrande meilt paarweiſe geitellte Häkchen, vier Paare zwiſchen der Spitze und Mitte, jegen ſich wohl auch noch weiter fort und werden von der Spiße aus gezählt, weil fie hier am vegelmäßigiten auftreten. Entjpringen aus ihnen lichte, metalliſch glänzende Linien, jo hat man diejelben als Bleilinien bezeichnet. Diejenigen, welche vom 3. und 4. Paare nad) dem Innenwinkel ziehen, umjchließen häufig über dem: jelben einen durch andere Färbung ausgezeichneten, ovalen oder vieredigen Fled, den jogenannten Spiegel, welcher in der Regel zwijchen den Rippen eine Senfreihe Schwarzer Punkte oder Längsitriche führt. Bon Zeichnungen, wie fie dem vorderen Eulenflügel eigen find, findet fich bier auch nicht die leiſeſte Andeutung. Die 16füßigen Raupen der Widler tragen einzelne kurze Härchen auf Eleinen Warzen, welche leicht überjehen werden fünnen, und in der Negel ein fejtes, licht durchſchnittenes Halsſchild ſowie eine chitinifierte Afterflappe, ziehen durch wenige Fäden die Blätter zu: jammen, zwijchen welchen fie leben, und haben hiervon ihren Familiennamen erhalten, ob= ſchon viele andere Raupen eine gleiche Gewohnheit bejigen, und umgefehrt zahlreiche Wickler— raupen bohrend in den verjchiedenen Pflanzenteilen, namentlih auch in Früchten, leben. Lebtere pflegen zur Verpuppung ihren Weideplaß zu verlafjen, während die zwijchen Blättern eingejponnenen auch bier zu Puppen werden und in der Vorderhälfte der Puppenhülſe hervortreten, wenn der Schmetterling ausgefhlüpft ift. Nur bei wenigen Arten find zwei Bruten beobachtet worden. Obſchon die Widlerraupen nicht gejellig leben, wie jo viele Spinnerraupen, jo werden doch manche von ihnen den menschlichen Kulturen, namentlich in Garten, Wald und Wein berg, mehr oder weniger unangenehm, ja jogar gefährlid. Dide Widlerraupen von ſchwarz— brauner oder grauer Farbe und verjchiedenen Arten angehörig find es, welche an den jungen Triebjpigen der Gartenrofen zum Vorſchein fommen, wenn man die zufammen: gezogenen Blätter auseinander zieht. Sie zerfrejjen hier alles, jo daß feine Blüte zur Entwidelung fommt, wenn man nicht jede einzelne herausholt und tot tritt, jobald man jolche, in der Entwidelung zurüdgehaltene Triebjpigen bemerkt. Andere Arten leben in gleicher Weile in verjchiedenen Objtjorten, namentlich jolhen, welche mehr in Bujchform er: zogen werden. Eine fleifchfarbene, an Kopf, Halsſchild und Bruftfüßen glänzend ſchwarze Raupe it unter dem Namen der Traubenmade oder des Springwurms in den Blüten- jtänden der Rebe berüchtigt, mehr aber noch, wenn fie bohrend in den unreifen Beeren vorkommt, indem fie einer zweiten Brut angehört und dann auch Heumurm oder Sauer: wurm in den Weinländern genannt wird. Sie gehört dem eindindigen Trauben: widler (Conchylis ambiguella) an und ift nur durch das jorgfältige Abjuchen der überwinternden Puppen zu befämpfen, welche hinter den Nindenfegen der Rebe, in den Riſſen der Weinpfähle, zwijchen dem Anbindejtoffe der Neben und an ähnlichen ver: itedten Stellen ihren Aufenthalt gewählt haben. Zraubenwidler. Grünmidler. Kieferngallenwidler. 455 Eine zweite, weniger verbreitete und weniger häufige Art, der befreuzte Trauben: widler (Grapholitha botrana), lebt in gleicher Weife wie der eindindige Trauben wicler, joll aber den Weinreben der Gärten und Häufer mehr Schaden zufügen als denen, welche auf größeren Flächen gebaut werden. Der Grünmidler, Kahneihenwidler (Tortrix viridana), ift leicht kenntlich an der hellgrünen Farbe des Vorderförpers und der Vorderflügel; Hinterleib nebſt Hinterflügeln glänzen in grauer Färbung. Wenn im Mai die Knojpen der beiden deutjchen Eichenarten jich zu entfalten beginnen, bemerkt man ſchon die Räupchen, welche den einzeln hinter den Schuppen jener überwinterten Eiern entjprojjen find und ji in die Knoſpen einbohren. Später leben fie frei an den Blättern, welche ſie bejpinnen, auch etwas zujammenziehen, jo daß bejonders zur Zeit der Verpuppung ihre Gefpinjtfäden von den Bäumen wie Spinnen> weben herabhängen. Die gelbgrüne Naupe ift am Kopfe, am Hinterrande des Halsjchildes, an der Afterflappe und den bräunlich behaar— ten Warzen ſchwarz. Ende Mai oder Anfang Juni erfolgt die Berpuppung in der angege- benen Weiſe oder in Nindenrigen. Um 0: hanni erjcheint der Schmetterling, jeltener erſt im Juli. Sm Mai 1863 traten die Raupen im Tiergarten zu Berlin jo majjenhaft und verheerend auf, daß das junge Grün der Eichen alsbald faſt gänzlich wieder verſchwand, jtellenweife auch an den Hainbuchen, Linden jowie anderen Laubhölzern, wo die Eichen — ERS k ; 6 Grünwickler (Tortrix viridana) nebjt Raupen und nicht mehr ausreichten, und daß der Johannis: Wuppe, Natürliche Gröke, trieb, welcher etwas verfrüht ſchon Anfang Suni eintrat, daS Grünwerden fahler Bäume zum zweiten Male vorführte. Ähnliches fonnte man 1879 und 1880 in den Wäldern längs der Eljter von Ammendorf nach Leipzig zu beobachten. Der Kieferngallenwidler (Retina resinella, j. Abbild. S. 456, Fig. 1) gehört zu denjenigen Wiclern, deren dunkle Vorderflügel fich durch zahlreiche Wellenlinien von meiit Silberglanz vorteilhaft auszeichnen und deren Raupen in verjchtedener Weiſe den Trieben und dem jungen Holze der Navelbäume nachteilig werden. Er tjt tief dunkelbraun auf den Borderflügeln in derjelben oder jehr ähnlicher Weije, wie unjere Abbildung zeigt, ſilber— farben und fliegt bereit an den jchönen Maiabenden zwijchen den Kiefernnadeln umber. Die Nachwehen jeines Erjcheinens werden zunächit im Herbit erfichtlich, und zwar durch Harz— thränen unterhalb des für das fommende Frühjahr vorbereiteten Knojpenquirles, von welchen jie immer noch durch einige Nadelpaare gejchieden find. Unterjucht man diejelben näher, jo findet man einen Gang, welcher bis zum Marke führt und von einer Eleinen Raupe bewohnt wird, welche durch ihre Thätigfeit eben jenen Harzausfluß erzeugt hat. Derjelbe wird im Laufe des nächiten Jahres bedeutend größer, bis er zulegt den Umfang einer Lamberts— nuß erreicht, eine Jhmu&ig weiße Farbe befommt und am Grunde des mittlerweile heraus: gewachjenen Quirles leicht in die Augen fällt (Fig. 2). ES liegen mithin fait 2 Jahre zwijchen der Zeit, zu weicher das Weibchen feine Eier abjegte, und dem Frühling, in welchem die gelblich rotbraune, 11 mm lange Naupe mit dickem ſchwarzen Kopfe im der ſo— genannten Galle zur Puppe wird. Dieje iſt jehwarz und läßt nicht lange auf die Ent: widelung warten, falls die Raupe nicht von der Seite 346 erwähnten und hier dargeitellten Glypta resinanae (Fig. 3) angeftochen war. Nimmt man die Puppe aus ihrem Lager, jo entwidelt jie ji niemals. 456 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; achte Jamilie: Widler. Der Kieferntriebwidler, Buolswidler (Retina Buoliana, Fig. 4), hat leb— baft fuchsrote Vorderflügel und weiße, jilberglänzende Zeichnungen in der angezeigten Weife, während die Hinterflügel und Unterjeite aller einfach rötlichgrau find. Im Zuli, wenn die Maitriebe der Kiefer bereits verholzt find, fliegt das Widlerchen des Abends in jungen Beſtänden und legt jeine Eier zwijchen die Knoſpen an den Spigen der Triebe ab. Die Räupchen jehlüpfen noch im Herbſt aus und benagen die Knoſpen, welche infolge dejjen etwas mehr Harz ausjchwigen. Erſt im folgenden Mai, wenn fie ſich zu Trieben ent= widelt haben, bemerkt man den jchädlichen Einfluß der Naupen, welche in der Jugend dunkelbraun, jpäter etwas heller ausjehen und einen jchwärzlihen Kopf, ein ſchwarzes, 1) Kieferngallenmwidler (Retina resinella), 2) jogenannte Kieferngalle mit der Buppenhülje 3) Glypta resinanae 4) Kieferntriebwidler (Retina Buoliana), 4a) dejjen Puppe, 5) Raupe im aufgejhnittenen Triebe, 6) deren Puppen— hülfe 1 und 4a) vergrößert. feingeteiltes Nackenſchild und ebenjo gefärbte Bruftfüße haben. Der Trieb Frümmt fi) näm— lih zur Seite da, wo jene einzeln unter einer Harz und Gejpinfthülle die Rinde und das noch junge Holz durchfreffen, auch wohl von dem einen zu einem benachbarten Triebe über: gehen. Die Krümmung bleibt, während der obere, unverlegte Teil regelrecht fortwächſt. Ende Juni verwandelt fich die Raupe in eine ſchmutzig gelbbraune Puppe, welche mit dem Kopfe nahe am Eingangsloch liegt und zur oben angeführten Zeit, nachdem fte ſich etwas herausgearbeitet hat, den Schmetterling entläßt. Der rehfarbene Erbjenwidler (Grapholitha nebritana) entſteht aus der jo: genannten Made in den grünen Erbjen. Daß es feine Made jei im Sinne der Kerffundigen, ergeben die nicht ſchwer zu erfennenden 16 Beine, welche die blaßgrüne, an Kopf, Naden: ſchild, Afterflappe und den Bruftfüßen dunkle Raupe hat. Bei einer Länge von höchſtens 8,75 mm ijt fie erwachjen, verläßt die Hülfe, um in der Erde ein Gehäufe zu fertigen, in welchen fie in zujammengezogener, veränderter Öeftalt, aber noch nicht verwandelt über: wintert. Erſt im nächſten Frühjahr erfolgt die Verpuppung, und im Mai ericheint der Schmetterling, welcher ſich zur Blütezeit auf den Erbſen- und Linjenfeldern einftellt. Hier Kieferntriebwidler. Erbſenwickler. Obſtmade. 457 knüpfen ſich Bekanntſchaften an, und das befruchtete Weibchen legt ſeine Eier einzeln am Grunde der Blüten oder an ſehr junge Hülſen ab. Der Schmetterling hat rehfarbene, gleichzeitig metalliſch ſcimmmernde Vorderflügel, an deren Vorderrande von der Spitze bis hinter die Mitte die weißen Vorderrandshäkchen mit ſchwarzen Stricheln wechjeln, von jenen jegen fich drei Bleilinien fort; der lichtere Spiegel wird von zwei blaugelben Strichen be: grenzt. Die ſchwarzen, bronzeſchimmernden Hinterflügel haben einfarbig weiße Franjen. Der mondfledige Erbjenwidler (Grapholitha dorsana) lebt ganz ebenjo und fieht ebenjo aus, bis auf den weißen Mond vor dem Spiegel. Er ijt etwas größer als der vorige und feine Raupe mehr orangengelb, auch treten bei ihr die Wärzchen, welche je ein Borftenhaar tragen, weniger deutlich hervor, als dort, wo jte etwas düſterer gefärbt find. Dieje Art ſcheint weniger verbreitet zu fein, alS die jehr gemeine vorige. Die Raupen beider find es, weldhe an den trodenen Erbjen die unregelmäßigen Fraßitellen zurüdlaffen und bei großer Häufigkeit den Ernteertrag derjelben wejentlich beeinträchtigen. Zum Schlufje gedenken wir noch der jogenannten „Obſtmade“ (j. Abbildung ©. 458, Fig. 1), jener gleichfalls 16 füßigen, blaß rojenroten oder gelbrötlichen, am Bauche lichteren Raupe, welche an den langbeborfteten Wärzchen und an der Afterklappe grau gefärbt iſt und Äpfel und Birnen durchbohrt, weniger dem Fleiſche, als den Kernen des Gehäujes nach— gehend. Die Eier werden an das halbreife Dbit gelegt, und das ſchwarze Fleckchen, welches man an dem „angejtochenen“ findet, bezeich- net die Stelle, durch welche ſich das Räupchen Mondfleckiger Erbſenwickler (Grapholitha dorsana) den Eingang verſchafft hat. Dieſelbe wird nebſt Raupe. Vergrößert. ſpäter meiſt erweitert, um den Kot heraus— zuſchaffen. Nur bei Obſtſorten mit ſehr großem Kernhaus iſt hinreichender Raum für dieſen, und daher fehlt hier das ſonſt übliche Aushängeſchild des Einwohners. Die angeſtochenen Birnen und Apfel erlangen bekanntlich eine etwas frühere Reife und fallen auch teilweiſe noch unreif von den Bäumen. Aus den früheren Sorten geht die Raupe meiſt zu Grunde, weil ſie beim Verbrauchen des Obſtes gefunden und herausgeworfen wird, bevor ſie voll— kommen erwachſen iſt, mit dem Winterobſt gelangt ſie dagegen in die Vorratsräume, arbeitet ſich hier durch das Eingangs- oder ein zweites angelegtes Loch heraus und ſucht irgend einen Winkel außerhalb, um ſich zu verpuppen, verſchläft in einem Geſpinſte den Winter und wird erſt im Mai zur Puppe, natürlich ohne vorher wieder Nahrung zu ſich genommen zu haben. Zahlreiche andere Raupen erlangen ihre Reife draußen, noch ehe die Obſternte ge— halten worden iſt; weil ſie bei der nicht gleichmäßigen Entwickelung eben früher erwachſen ſind, oder weil die bewohnte Obſtſorte länger hängen muß. Dieſe Raupen gehen am liebſten hinter die Rindenſchuppen des betreffenden Baumes, und ſollten es ſelbſt unterirdiſche ſein, hinter Moos und Flechten, ſofern der unachtſame Obſtzüchter dergleichen an den Stämmen und Aſten duldet, auch ſuchen ſie Bohrlöcher anderer Kerfe auf. Nur bei ſehr gut gepflegten Obſtbäumen werden ſie verlegen um ein paſſendes Winterverſteck ſein und dann die Erde in der Stammnähe aufſuchen müſſen. Wenn die Stämme zu der Zeit ihres Auswanderns mit Shußgürteln verjehen find, fammeln fie fich mafjenhaft unter denjelben an und fertigen ihre weißen, plattgedrüdten Geſpinſte an der Nückjeite jener. Diejer Umſtand gibt einen Fingerzeig, wie man dieje Naupen ohne Mühe in Menge wegfangen könne. Man braucht nur dafür zu jorgen, daß im September die Bäume Schußgürtel haben oder, wo dieje gegen die Spannraupe nicht nötig find, Tuchlappen tragen, unter denen ſich eine Menge von Ungeziefer anſammelt, welches beim Unterjuchen diejer Lappen zu der für jeden Yall ent jprechenden Zeit getötet werden kann. 458 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; achte und neunte Familie: Widler und Zünsler. Im Juni erblidt der Schmetterling das Licht der Welt unter dem Namen Apfel- oder Objtwidler (Grapholitha pomonella, Fig. 2). Er fommt uns vorzugsweije an den Wänden und in den Fenftern folcher Häufer zu Geficht, worin Wintervorräte von Äpfeln aufbewahrt werden; draußen im Freien drüdt er fich bei Tage zwiſchen die Nindenjchuppen der Bäume und wird wegen jeiner ähnlichen Färbung ſchwer entvedt. Die blaugrauen DOberflügel durchziehen feine, gejchlängelte Querlinien von brauner Färbung, und ein rötlich dunkelbrauner, rotgolden eingefaßter, wurzelwärts tief ſchwarz begrenzter Spiegelfled nimmt an der Innenecke einen bedeutenden Raum ein. Die rötlihbraunen Hinterflügel überzieht ein leichter Rupferglanz, und graue Franjen umjäumen fie. — Weit jeltener befommt man den noch düjterern, Eleineren Pflaumenwidler (Grapholitha funebrana) zu jehen, obſchon jeine Raupe in manchen Jahren die Mehrzahl der Pflaumen bewohnt, und fich von deren Fleiſche ernährend, oft die Hälfte derjelben in die efelhaften Kotkrümeln verwandelt. Die Familie der Zünsler oder Lichtmotten (Pyralidina) vereinigt die größten bis ziemlich Kleinen Mikrolepidopteren von wejentlich weniger Gleihförmigfeit im äußeren Anjehen als die vorige Familie. Die überein: ftimmenden Merkmale beruhen hauptſächlich auf dem Berlaufe des Flügelgeävers und find daher verſteckterer Natur. Die geftredten, drei— ecligen Borderflügel werden von 11 oder 12, jeltener von 9 oder 10 Rippen gejtüßt, von denen Nippe 4 und 5 dicht bei einander oder auf gemeinjchaftlihem Stiele an der Hinterede der Mittelzelle entjpringen, 9 aus 8 oder 7, jelten ganz fehlend, nahe der vorderen Ede. Dieſe ungleiche Verteilung von Rippe 3—8 und namentlih der größere Zwiſchenraum zwiſchen 5 und 6 unterjcheidet die Zünsler von der vorigen und von der folgenden Fa— 1) Sogenannte Obftmade, 2) ihr Schmetterling (Gra- milie. Überdies fommt dem in Rede ftehen- an sopia Fark on Flügel eine ungeteilte Mittelzele zu. Der immer breitere Hinterflügel ift ohne einge: ihobene Zelle, mit Haftborite, drei freien Innenrands:, und noch) 7, ſeltener 6 over 5 Rippen verjehen, von denen Rippe Ib nicht gegabelt, S auf einer Strede mit 7 vereinigt ift oder mindeitens nahe daran verläuft. Die Fühler find borjtenförmig, die Augen nadt und meift ſtark halbfugelig hervorgequollen, die Nebenaugen fehlen nur jelten und find meift gleich hinter der Fühlerwurzel zu juchen. Die Tafter ändern in Größe, Form und Richtung außer: ordentlih und find meilt durch die jogenannten Nebentajter, d. h. um höchſtens dreiglies derige Kiefertafter, vermehrt. Die Raupen der Zünsler lajjen ſich in ihrer äußeren Er: ſcheinung und in der Lebensweiſe von denen der Wicler nicht unterfcheiden; fie find es, welche in den weitaus meijten Fällen überwintern, nur felten gilt dies von der Puppe, nie, wie e3 jcheint, von den Eiern oder den Faltern jelbit. Die Familie in der angenommenen Fafjung zerfällt in eine Reihe von Sippen (Pyra- lididae, Botydae, Chilonidae, Crambidae, Phycidae und Galleriae), deren eine oder andere wir nur an wenigen Vertretern erläutern können. -Apfelmwidler. Pflaumenwidler. Fettſchabe. Mehlzünsler. 459 Aus der eriten, nur 13 deutfche Arten umfafjenden Sippe, ausgezeichnet durch 12 Nippen im Vorderflügel, von denen 1 nicht gegabelt, 7 und 8 gejondert, die Querrippe gerade oder ſchwach gebogen find, durch geſchloſſene Mittelzelle im Hinterflügel und durch gleiche Tafter in beiven Gejchlehtern, begegnen uns einige Arten bisweilen in unferen Behaufungen, weil die Raupen derjelben lebende Pflanzenkoft verjchmähen. Die Fettihabe, der Shmalzzünsler (Aglossa pinguinalis), hat votgraue, feidenglänzende Flügel, deren vordere mit querbindenartigen Fleden bejegt und hier und da weißlich gewürfelt find, und deren einfarbige Hinterflügel jehr lange Franſen aus: zeichnen. Der Rüſſel fehlt, nicht die Nebenaugen; die vorftehenden Taster find unten boritig behaart und enden in ein jchräg auffteigendes nadtes und walziges Glied, die Nebentafter find klein und fadenförmig. Die boritigen Fühler des Männchen unterfcheiden ſich von denen des Weibchens leicht durch feine Haarpinjel, die Hinterleibsipige des erjteren durch einen Haarbüjchel gegen die lang vorſtreckbare Legröhre. Die Flugbreite beträgt 22—30,;mm. Im März und April, ungefähr vier Wochen vor der Geburt des Schmetterlingg, zeigt ſich mitunter die 16füßige, glänzend braune Raupe an den Wänden der Speijefam- mer oder in einem jtaubigen Winkel im Begriff, ſich einen pafjenden Pla zur Verpuppung aufzujuden. Bis dahin lebte jie im VBerborgenen von Schmalz, Butter, Sped und hält fich daher vor: zugsweile in den Vorrat und Epeije- fammern auf. Seit Linnes Zeiten, welcher diefen Gegenjtand Thon er— wähnt, wurden mehrere Fälle beobachtet, i AR GI in denen diefe Naupe bis zu jieben Dia Fr re Stüd und erwadhjen von Menjchen ausgebrochen wurde. Die Erſcheinung ilt wunderbar genug, um ſie bei dargebotenen Ges legenheiten weiter zu verfolgen; denn eine annehmbare Erklärung derjelben konnte noch niemand geben. Der Mehlzünsler (Asopia farinalis, Fig. 3, ©. 458) lebt in Gejellichaft des vorigen und gefellt fic) dem Ungeziefer zu, denn feine Raupe lebt im Mehle. Der ungemein zierlihe, jpannerartige Zünsler hat die Eigenheit, den Hinterleib beim Ruhen im Bogen nach vorn aufzubiegen, wie es auch ein weißer, braunbindiger Spanner (Cidaria ocellata) thut, den man an einer Wand gleichfalls bei Tage in diejer Stellung ruhen ſehen kann. Zwei zart weiße, unregelmäßig verlaufende Querlinien grenzen auf den olivenbraunen Vorderflügeln ein breites, mehr gelbes Mittelfeld ab; auf den grauen Hinterflügeln jind gleichfalls zwei lichte Schlangenlinien angedeutet. Die auffteigenden Taiter find anliegend bejchuppt und enden fadenförmig; ein Rüffel ift hier vorhanden, aber die Nebenaugen fehlen. Der Zünsler fliegt vom Juli bi September und findet ſich auch im Freien, da jeine Naupe nicht nur vom fertigen Mehle, jondern auch von dem Mehle in den Körnern und vom Stroh lebt. Die Raupen diefer Sippe ſcheinen überhaupt friihe Pflanzenkoſt zu ver: ſchmähen. So fand ic) vor mehreren Jahren hier im benachbarten Walde in einem voll fonımen vertrodneten Eichenfranze, welcher eine Laube geſchmückt hatte, maſſenhaft ein jchwarzbraunes Räupchen, aus welchen ich die zierlihe Asopia glaueinalis erzog. Um die ungemein artenreiche Gattung Botys, die allein über 100 Europäer ent= hält, ſcharen fich die Mitglieder der zweiten Sippe, von der vorigen nur dadurch unter: ſchieden, daß im Vorderflügel Rippe 7 und 8 gejondert voneinander entjpringen. Die auf 460 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; neunte Familie: Zünsler. zahlreiche Gattungen verteilten Arten haben in ihrer äußeren Erſcheinung viel Spanner: artiges. Manche von ihnen, es find namentlich Heinere und dunklere bis ſchwarze Arten mit weißen Zeichnungen, fliegen nur bei Sonnenjchein, jegen fih auf Sandboden mit halb ausgebreiteten Flügeln oder juchen rafenbildende Blumen auf, um dajelbjt Honig zu najchen, zeigen fich aber dort wie hier ſcheu und flüchtig und lafjen ſich ſchwer ergreifen. Andere, namentlich weiße Arten mit gelb oder braun in doppelten Schlangenlinien bemalten Flügeln, laffen fi in der Umgebung von pflanzenreichen Teichen und Wafjerlöchern aufjuchen und beleben bei anbrechender Dunkelheit, wie Geilter über dem Waffer hintaumelnd, ſolche Ort: lichkeiten, indem die verjchiedenen Wafjerpflanzen ihren Naupen Nahrung bieten. Die Wehr: zahl der Arten und zwar die größten der ganzen Sippe und meijt licht, vorherrichend gelb gefärbten find Nachtjehmetterlinge, ruhen am Tage verborgen im Gebüjche, fliegen jedoch auf, wenn fie gejtört werden, um in mäßig rajchem, etwas ftoßendem Fluge ein neues Verſteck aufzufuchen. Einige Arten werden durch ihre Naupen unter Umftänden den Feld: fulturen nachteilig, was jedoch nicht von dem Getreidezünsler (Botys frumentalis) gilt, wie man aus feinem Namen jchliegen könnte; denn jeine Raupe lebt von verjchiedenen Kreuzblümlern, welche als Unkraut auf den Getreidefeldern, namentlich im Weizen, wachjen. Der Nübjaatpfeifer (Botys margaritalis oder Orobena extimalis, wie ihn die neueren Chhriftfteller nennen, Abbild. ©. 459), hat ſchmutzig Ichwefelgelbe Vorderflügel welche swei rojtgelbe, mehr oder weniger deutliche und zum Teile unterbrochene Duerbinden, ein roftbrauner Schrägſtrich aus der Spite durchziehen und rojtbraune, ftark grau gemijchte Franſen einfaffen. Die glänzend ftrohgelben, kurzen und breiten Hinterflügel haben eine feine roftbraune Saumlinie und am Innenwinfel einen graubraunen Fled auf den ſchwach graufchimmernden Franjen. Die gerundete Stirn it ſchmäler al3 die Augen und mit Nebenaugen verjehen, die Tajter find kurz, rundlich beſchuppt und vorgejtredt, die Neben- tafter lang und fadenförmig. Im Juni und Juli fliegen die Zünsler des Abends über die Felder, und das befruchtete Weibchen legt die Eier an die Schoten der Olſaaten, des Pfennigkrautes (Thlaspi) und des Bauernjenfes (Iberis), wo das bald ausfriechende Räupchen zwiſchen denjelben einige Fäden jpinnt, Löcher bohrt, um fi von den Samen zu ernähren und einer jolhen Schote das ungefähre Anjehen einer Flöte verleihen kann, daher der Name „Pfeifer“. Die im September erwachjene, dann bis 17,5 mm mejjende Raupe ift gelbgrün, außer vier Neihen jehwarzbrauner, einzeln geborjteter Warzen über den Nücen und einer Neihe dunkler Pünktchen über den gleichfalls dunfeln Luftlöchern; der Kopf und das durch drei weiße Längslinien geteilte Halsſchild find ſchwarz. Sie jucht nun die Erde auf, fertigt ein eiförmiges, im Innern ſehr zart mit Seide austapeziertes Gehäufe und bleibt in demfelben als Naupe während des Winters liegen. Erſt einige Wochen (26 Tage) vor dem Erjcheinen des Schmetterlinges, aljo im Mai, erfolgt die Ber: wandlung. Die gelorote Buppe ijt in der Mitte am breitejten, am Kopfe jtumpf jpikig, am kolbigen Hinterende mit breitem Aftergriffel verfehen. — Das ähnliche Räupchen des Hirjezünslers (Botys silacealis oder lupulina) lebt bohrend in den Hirjehalmen oder in den Stengeln des Hopfens oder Hanfes und kann diejen Pflanzen ſchädlich werden. Die Rüſſelmotten (Crambidae) beleben den ganzen Sommer hindurch die Wieſen und mit Gras bejtandene Blößen der Wälder und fahren rechts und links aus der Pflan— zendede, wenn fie der Schritt des Fußgängers aufjheucht, um ſich entfernter von neuem zu verjteden und mit mantelartig den fchlanfen Leib umhüllenden Flügeln zu ruhen, bis die Abenddämmerung fie zu freiwilligen Umflügen auffordert. Die Tafter find lang und ftehen wagerecht vor wie ein Rüſſel, die pinfelförmigen Nebentafter liegen ihnen auf. Die langen und ſchmalen Vorderflügel werden von zwölf, jelten von nur elf Rippen geitüßt, deren erjte nicht gegabelt ift, und fallen bei vielen duch weiße Längsftriche oder Keilflede ‚Nübfaatpfeifer. Hirfezünsler. Nüfjelmotten. Wachsſchabe. 461 auf mehr oder weniger dunflerem Grunde oder durch metallifch glänzende Linien, bejonders Franſen des Saumes auf. Die jehr breiten, einfarbig grauen Hinterflügel, welche der Länge nach gefaltet werden müfjen, um Dedung von den Vorderflügeln zu erlangen, haben eine offene Mittelzelle und an der Wurzel eine behaarte hintere Mittelrippe. Manche diefer zierlihen Schmetterlinge finden ſich nur an den trodenften, von der Sonne verbrannten Stellen in Gemeinjchaft gewiſſer Phycideen, mit denen fie äußerlich große Übereinftimmung haben, und leiten ſomit auch in der Lebensweiſe zu diefer Sippe über. Die Mitglieder derjelben unterjcheiden ſich durch die geſchloſſene Mittelzelle im Unterflügel und durch weniger (11, 10 oder 9) Rippen im Vorderflügel von der vorigen, haben hier Rippe 7 und 8 gejtielt oder vollfommen vereinigt und dort Behaarung an der Wurzel der Mittelrippe; auch zeichnen fih die Männchen vielfach durch eigentümliche Gebilde an der Fühlerwurzel ſowie Durch andere Formen der Nebentajter vor den Weibchen aus, wo diefe Teile regelmäßig verlaufen. Viele Arten ruhen bei Tage in gleicher Weiſe wie die Küfjelmotten im Grafe, an dem Laube der Eichen oder anderen Buſchwerkes im Walde, werden aber nur dann bemerklih, wenn man ihre Nuheftätten erjchüttert und fie zum Herabfliegen oder Herabfallen veranlaßt. Erſt nah Sonnenuntergang werden fie lebhaft. Zum Schluffe der Zünsler ſei noh der Wahsihabe, Honig: oder Bienenmotte (Galleria mellonella, Fig. 3—6, ©. 462), gedacht, eines Mitgliedes der leßten Elei- nen Sippe, welche folgende Merkmale kennzeichnen: die männlichen Tafter find kurz und laufen in ein jpißes, innen ausgehöhltes, nadtes Endglied aus, während fie bei dem Weibchen befhuppt vorjtehen. Im Vorderflügel fonımen 12, 11 oder 10 Nippen vor, von denen Rippe 1 an der Wurzel gegabelt, 7 und 8 geitielt find. Im Hinterflügel ift die hintere Mittelrippe an der Wurzel behaart, die Mittelzelle ganz oder nur an der hin- teren Hälfte geſchloſſen. Bei der genannten Art find die Borderflügel afhgrau, am Innen— rande levergelb, rotbraun gefledt, am furzen Saume ſchwach gejchweift und am Innen— winkel ſcharf geedt, die Hinterflügel beim Männchen grau, beim größeren Weibchen weiß— ih, die Fußwurzel bei beiden Gejchlechtern mit einem weißen Schuppenzahn verjehen. Die Motte erjcheint zweimal im Sahre, im Frühling und dann wieder vom Yuli ab. Die beinfarbene 16füßige Raupe (Fig. 4) ift am Kopfe und Nadenjchilde Faftanienbraun, lihter an der Afterflappe, auf dem zweiten und dritten Ringe jtehen gelbe, geboritete Wärzchen paarweije in einem Kranze beifammen, auf den übrigen je acht einzeln. Sie lebt in den Stöden der Honigbiene, befonders in alten Brutwaben, gerät mitunter auch in honiggefüllte und ernährt fih vom Wachje, welches fie gangartig wegfrißt, dabei eine loſe Gejpinjtröhre anlegend, welche ihre Straße anzeigt (Fig. 3). Sie ilt Ihon in fort: laufenden Bruten erzogen worden, indem die folgende fih immer mit dem Kote der vor: hergehenden ernähren mußte, welcher wenig von dem Wachje verichieden zu fein jcheint. Neaumur hat fie jahrelang mit Leder, Wollzeug, dürrem Laube, Papier und dergleichen gefüttert. Sie iſt bejonders des Nachts thätig und während derjelben vor den Nach: jtellungen der Bienen am ficheriten, Fann übrigens den ganzen Stod verderben, wen man fie gewähren läßt Die Entwidelung der Raupe geht rajch vor ſich und beansprucht im Eommer nur drei Wochen. Die legte Brut überwintert als Puppe, welche in einem dichten, geſtreckten Gejpinfte ftect, deren man meift mehrere der Länge nad) dicht anein= ander findet. In diefem Gejpinfte liegt die Naupe vier Wochen, ehe fie zu einer braun: gelben, auf dem rotgrauen Rücken gekielten Puppe (Fig. 5) wird. Hat dieje bis etwa 18 Tage geruht, jo erfcheint im Mai der Falter (Fig. 6), welcher flinf davon läuft und das Dunkle aufjucht, jobald man ihn dem Tageslichte ausjegt 462 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; zehnte Familie: Motten. Bei weiten die größere Hälfte aller Kleinjchmetterlinge ift zu der Familie der Schaben oder Motten (Tineina) vereinigt worden, die jedoch eine allgemeine Schilderung wegen des großen Wechjels in Körpertracht und Lebensweije ihrer Glieder kaum zuläßt. Stellen wir uns die Urbilder vor, jo erjcheinen die Flügel ſchmal und zugefpigt, linien- oder lanzettförmig und befommen erft durch die ungemein langen Franfen ihren einem Schmetter: lingSflügel eignen Umriß, werden gewifjermaßen erft zu Flügeln. Sn der Ruhe liegen fie dem Körper auf, deden ihn dachartig, wobei nicht felten die langen Franjen das Dad) am Ende in Form eines Kammes überragen, bei wieder anderen wideln fie fih um den Ihlanfen Körper gleich einem Mantel. Die Hinterflügel pflegen wie bei den Widlern und den meilten Eulen einfarbig, meiſt grau und unanjehnlich zu fein, während die Vorder: flügel durch ihre oft lebhaften bunten Farben, durch die in dem herrlichiten Metallglanze 1) Kornmotte (Tinea granella) nebft Raupen. 2) Naupe der Kleidermotte (Tinea pellionella). 3) Bienenwabe mit 4) Raupe, 5) Puppe, 6) der Wachsſchabe (Galleria mellonella). ftrahlenden Zeihnungen die Motten entſchieden zu den prädtigiten aller Schmetterlinge erheben. Leider wird diefe Pracht infolge der Kleinheit dem Blicke vielfach entzogen und fommt nur dem bewaffneten Auge zum vollen Bewußtjein. Die Mehrzahl trägt Borſten— fühler von mäßiger Länge; es kommen aber auch jehr lange Fühler vor, welche befonders bei gewiljen Männchen um ein jehr Vielfaches die Körperlänge übertreffen, auch trägt das genannte Geſchlecht mancher Arten ftattliche Kammzähne an denjelben. Die Tafter find meiſt ſtark entwidelt, in Richtung, Bekleidung namentlich des Endgliedes großen Schwan: tungen unterworfen und zu Erkennungszeichen von der größten Wichtigkeit; auch die Kiefertajter oder Nebentafter, wie wir fie immer genannt haben, find gleichfalls gut ent: widelt und vortretend. Die Bekleidung des Kopfes, ob bejchopft, bujchig oder glatt be: haart, die des Mittelrücdens und allerlei ähnliche VBerhältniffe, welche nur ein geübtes Auge herausfindet, müfjen berüdjichtigt werden, um die zahlreichen Gattungen und weit zahl: teicheren Arten mit Sicherheit unterfcheiden zu fünnen. Nehmen wir hierzu noch den Um: ſtand, daß im Hinterflügel Rippe 8 getrennt und entfernt von 7 entipringt, daß die Hinter: ſchienen nicht über doppelt jo lang wie ihre Schenkel, die Augen nadt find und das legte Tajterglied aufjteigt oder in der Nichtung des Mittelgliedes verläuft, jo haben wir die Punkte beifammen, die zu der Erkennung einer Motte führen. Allgemeines. Kornmotte. 468 Dieſer Vielgeftaltigfeit in der äußeren Erſcheinung der Falter entſprechen auch die 14: oder 16füßigen Räupchen mit ihrer Lebensweiſe. Die einen halten fich gejellig bei einander in einem großen Gejpinfte, mit welchem fie ganze Äſte und Kleinere Sträucher fchleierartig umitriden, andere wideln Blätter oder ein Blatt und bewegen fich in der da= durch entitandenen, vorn und hinten offenen Nöhre mit gleicher Schnelligkeit rückwärts wie vorwärts, immer bereit, an einem Faden herabzugleiten, wenn fie in Gefahr find. Koch andere (Coleophoren 2c.) leben in einem Hörnchen, welches fie aus den Abnagjeln der Zutterpflanze anfertigen und mit fich herumtragen, wie die Schnede ihr Haus, und gar verjchiedengeftaltig und verfchiedenfarbig können dieje Futterale jein. Sehr viele leben al3 Minierer zwijchen der Ober- und Unterhaut eines Blattes, eigenartige Gänge frejjend, welche natürlich mißfarbig werden und dadurch Leicht in die Augen fallen, hier verpuppen fie ſich auch (Lithocolletis) oder verlafjfen die Mine, um dies in der Erde zu vollziehen, oder auch an der Außenjeite des Blattes ein Puppengeſpinſt anzulegen, während wieder andere einfach in den verjchiedeniten Pflanzenteilen bohren. Dieje Andeutungen mögen genügen, um einen Begriff von der Vielgeftaltigfeit des Lebens diefer kleinſten Falter zu geben, denen ſich erſt in den legten Jahrzehnten zahlreichere Liebhaber zugewendet haben als früher. Kicht einmal auf die Charakteriftif einiger Sippen fünnen wir hier eingehen, ſon— dern müſſen uns darauf beſchränken, wenige, einem allgemeinen Intereſſe nahe tretende Arten in der Kürze zu bejprechen, objchon eine größere Neihe duch das Zeritörungswert der Raupen unfere Aufmerkſamkeit auf ſich zu lenken vermag. Bei der Gattung Tinea in der Faſſung der heutigen Echmetterlingskfundigen treten die ſehr entwidelten vier= bis fiebengliedrigen Nebentaiter weit hervor, das zweite Glied der Lippentafter ift am Ende beborftet, der Rüſſel verfümmert, der Kopf mit einem großen Haarſchopfe, aber feinen Nebenaugen ausgeitattet. Die Borjtenfühler erreichen nicht die Länge des Vorderflügels; diejer ift gejtredt und zugejpigt und wird von zwölf Rippen gejpannt, von denen 3, 4 und 5 gejondert entjpringen und 7 in den Vorderrand mündet. Der Hinterflügel ift gejtredt, faft lanzettförmig, beſchuppt und lang gefranft. Mehrere Arten führen fih in unjeren Behaufungen mißliebig auf. Die Kornmotte, der weiße Kornwurm (Tinea granella, Fig. 1, ©. 462), wird als Naupe, wie der früher erwähnte „ſchwarze Kornwurm“, dem Getreide auf den Speichern ſchädlich. Man kann den 13 mm fpannenden Schmetterling während des Juni im Freien allerwärts bei Tage feſt figen jehen, dachartig mit den durch die Franſen nach hinten verbreiterten Vorderflügeln den Leib dedend. Die jtumpf lanzettförmigen Vorderflügel (dieſe Gejtalt haben ſie ohne die Franfen) find filberweiß, dunkelbraun bis Schwarz marmoriert. Die Franjen und Ränder erfcheinen dunfelfledig, und ziemlich bejtändig verläuft der größte led von der Mitte des Borderrandes bindenartig bis zum Innenwinkel. Die Hinterflügel find einfarbig, glänzend weißgrau. Die fadenförmigen, Schwarzen Fühler erreichen ungefähr zwei Drittel der Vorderflügellänge, die walzigen Tajter ftehen geradeaus und wenig über den Stirnſchopf hervor. An den bläulichgrauen Beinen find die Schienen mit zwei filberweißen Eporenpaaren bewehrt, die der hinterjten mit langen, weißen Haaren bejegt. Eben aus: gekrochen paaren fich die Tierchen, und das Weibchen jucht nachher mit Vorliebe die Ge— treidejpeicher auf, wenn e3 nicht dajelbft geboren wurde, legt 1—2 Eier an ein Korn, welcher Art, ſcheint ihm ziemlich gleichgültig. Bis Mitte Juli fpätejtens beendigt es diejes Gejchäft und büßt es mit dem Leben. Dort kann man die Keinen Leichen zahlreich) in den Spinnengeweben hängen fehen. Nah 10—14 Tagen Friehen die Räupchen aus. In der legten Woche des Juli wird man fie ſchon gewahr an den Eleinen Kothäufchen, welche an den von ihnen benagten und zu drei, vier oder mehr zujammengejponnenen 464 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; zehnte Familie: Motten. Körnern hängen, fie halten fich nit an ein Korn, jondern naſchen an mehreren und verbinden diejelben durch ein Gewebe, unter deſſen Schuße fie äußerlich daran freien. Die Raupe it beinfarben, an Kopf und Nackenſchild dunkler, hat 16 Beine und erreicht in einer Länge von etwa 10 mm ihr volles Maß. Ende Auguft oder Anfang September wird fie unrubig, läuft auf dem Getreide umher, überall Seidenfäden zurüdlaffend, und jucht ein geeignetes Plägchen zur Verpuppung. Dasjelbe findet fie ebenſowohl in aus: gehöhlten Körnern, wie in den Nigen der Dielen oder Balken. Im Geſpinſte, welches fie aus den Abnagſeln ihrer Umgebung anfertigt, bleibt fie bis zum Frühlinge liegen, dann erſt wird fie zu einer bräunlichgelben Kuppe, deren Kopfende in eine ftumpfe Spibe aus— läuft. Die Gejpinfte finden fich öfter in Kleinen Gejellichaften beifammen. Von den Naupen der Kleider: oder Belzmotten (Fig. 2, ©. 462) ift befannt, daß fie in unjeren Wohnungen an Plätzen, wo fie nicht gejtört werden, als da find Kleiderjchränfe, gepoliterte Stühle und Sofas, Cchubladen, in denen wollene Stoffe aufbewahrt werden, auch in Naturalienfammlungen jeder Art, mit Ausſchluß der Steine, arg wirtjchaften und da, wo fie recht zahlreich vorfommen, über Winter an den Deden in Kleinen Säckchen hängen, welche fie al3 Wohnung aus Stoffen ihrer Umgebung anfertigten, um fich jpäter darin auch zu verpuppen. ES fommen zwei Arten durcheinander vor, die Tinea pellio- nella, gelblich feivenglänzend, VBorderflügel mit einem oder zwei dunfeln Pünktchen in der Mitte, die jedoch auch fehlen können, mit lehmgelbem Kopfhaare und grauen, gelblich jchimmernden Hinterflügeln (fie ift die Eleinere, 11—17, mm) und die 15—22 mm jpannende Tinea tapezella, deren Kopfhaare weiß, Vorderflügel an der Fleineren Wurzel— hälfte violettbraun, dahinter gelblihweiß, an der Spite mit einem violettgrauen Flecke gezeichnet find, die Hinterflügel, wie vorher, grau und gelb ſchimmernd. Sie hält fi) mehr an das Pelzwerk und die Felle ausgeftopfter Tiere. Juni und Juli umfafjen die Schwärmzeit beider Schmetterlinge, welche jedoch einzeln früher oder jpäter vorkommen, je nah den Wärmeverhältniffen der von ihnen bewohnten Ortlichfeiten. Sie find natürlich) thunlichit zu verfolgen, in der Negel aber ſchwer zu fangen, weil fie nad) Mottenart aus dem Fluge oft in eine rutichende Bewegung auf feiter Unterlage übergehen und fic) ſchleunigſt verfteden. Sobald man einzelne Motten bemerkt, find alle Gegenjtände vor den legenden Weibchen möglichjt zu hüten, die Polſter fleibig auszuflopfen, die Kleidungs— jtüde öfter zu lüften und gleichfalls auszuflopfen, wodurch man auch die etwa jchon vorhandenen Naupen, welche fih vom Auguft an finden, zum Herausfallen veranlaßt, Werden Pelzwaaren beifeite gelegt, jo muß man fie vorher jorgfältig lüften, in ein leinenes3 Tuch einpaden, am beten einnähen (mit Inſektenpulver beftreuen), und an einem gut ſchließenden oder Iuftigen Orte aufbewahren. Der Geruch von Terpentinöl und aller dasjelbe enthaltenden Stoffe jowie der verjchiedenen Nineralöle ift den Motten wie jedem anderen Ungeziefer zumider und ein gutes Schußmittel gegen diejelben. In dunkeln, dumpfen Winkeln gedeihen fie, wenn dafelbft wollene Stoffe oder andere ihnen genehme Kahrungsmittel unbeachtet liegen, am beiten, was ſchon den Alten befannt war; denn Ariitoteles (5, 26) erzählt, daß in Wolle und wollenen Zeugen Tierchen entftänden, wie beijpielsweife die Tuchmotten, bejonders wenn die Wolle ftaubig und noch mehr, wenn eine Spinne mit eingejchlofjen werde; denn diefe trodne die Wolle, inden fie alle Feuch— tigfeit, die etwa da jei, wegtrinfe. Heutigestages würden wir der Meinung jein, daß die Spinne die Motte ausjauge. Zu den mannigfadhen Genüffen, welche dem Naturfreund ein Frühjahrsgang durd) einen Laubwald bietet, gehört auch das muntere Spiel einer an Kopf und Beinen zottig ſchwarz behaarten, an den Vorderflügeln metallifch dunkelgrün erglänzenden Motte, welche man den grünen Zangfühler (Adela viridella) nennen könnte. An einem und dem Kleivermotte. Grüner Langfühler Apfelbaum-Geſpinſtmotte. 465 anderen von der Nachmittagsionne bejchienenen, das Grün des jungen Yaubes in wun— derbarem Zauber zurüdwerfenden Eichenbufche habe ich Hunderte diefer Mottchen auf und ab tanzen jehen, wobei fie ihre langen Fühler jenkrecht in die Höhe halten, die beim Weib- chen die Flügellänge merklich, beim Männchen mehr als um das Doppelte überragen und gleich Silberfäochen, getragen von den herrlich glänzenden Flügeln, fortwährend auf und nieder gehen. Es ift entjchieden der Hochzeitsreigen, welchen dieje Tierchen in lautlojer Stille nur nah dem Takte der Farbentöne aufführen; denn ab und zu begibt fih ein Weibchen mit weit ausgebreiteten Flügelhen auf eins der Blätter und winkt mit den Fühlern nad) rechts und links. Es bleibt aber unbeachtet und fliegt nach kurzer Zeit der Ruhe wieder auf, um fih von neuem unter die muntere Schar zu mischen, welche jo dicht gedrängt, als es die langen Fühler gejtatten, ihr Auf» und Abwogen unterhält. Kurze Beit ruht dann aud ein Männchen, und in diefer Weiſe geht das luſtige Spiel weiter, bis jchlieglich nach dem Scheiden der Sonne unter dem weltlichen Himmel der Knäuel ſich (öft und die einzelnen Pärchen zwifchen dem mwürzigen Laube verjchwinden. In manchen Sahren trifft man diefe Motten jehr häufig und dann an den fonnigen Nachmittagsitunden in der eben gejchilderten Weiſe, jonft träge an dem Laube fitend und die Fühler in ge: meſſenem Takte wiegend, oder in Gejellichaft anderer Brüder und Schweitern und der ver: jchiedenften Kerfe an blühenden Weidenfägchen, der um dieſe Jahreszeit am reichlichſten fließenden Honigquelle, ihr kurzes Dafein friftend. Ihre früheren Lebensverhältnifje find mir unbekannt. Die Apfelbaum-Gejpinft: oder Shnauzenmotte(Hyponomeuta malinella, Fig. 2, ©. 466) ift ein 19 mm jpannendes Mottchen von vorherrichend weißer Färbung mit Atlasglanz. Auf den geftredten Vorderflügeln ftehen drei Längsreihen Schwarzer Pünktchen, welche vor den Franſen des Saumes durch einige weitere Pünktchen verbunden find, die dunfelgrauen, an der Wurzel weißlichen Hinterflügel haben gleihmäßig lichtgraue Franſen und der Hinterleib ebenfalls graue Färbung. Ende Juni oder Anfang Juli Eriecht und ſitzt bei Tage diejer beſcheidene Falter an Apfelbäumen, fliegt jedoch des Abends umher, voraus: geſetzt, daß fich ebenda zwifchen den Aften florartige Geſpinſte zeigen und bereits früher vorhanden waren. Es find die Weidepläge jeiner bräunlichgrauen, ſchwarz bewarzten Raupe. Diejelbe wird erjt duch die zarten Gejpinftichleier bemerklich, mit denen fie die Blätter ummidelt, welche fie fich zur Nahrung auseriehen hat, und die fie nach Bedürfnis mehr und mehr erweitert. Weil mehrere Eier beifammengelegt werden, die Raupen alfo gejellig (eben und bei größerer Häufigkeit ſich mehrere Geſellſchaften nicht jelten vereinigen, jo kann e3 geſchehen, daß ganze Kite eines Apfelbaumes überfchleiert find und innerhalb diefes Ne: werfes das Grün mehr und mehr durch Skelettieren der Blätter Shwindet. Sind die Raupen, welche fich lebhaft im Nefte bewegen (Fig. 1, ©. 466), wenn ſie nicht der Ruhe nad) ein: genommenem Mahle oder bei den jedesmaligen Häutungen pflegen, einem Angriffe aus: gejegt, jo läßt fh jede jofort an einem Faden herab, um vom Boden aus in fchleunigem Laufe zu entfliehen. Sobald fie erwachlen find, jpinnen fie fich gedrängt bei einander ein, und das ganze Nejt enthält in Klumpen ebenfo viele Elebrige Hülſen, Durch welche die rötlich: gelbe, unterjegte Puppe durchicheint, al3 vorher Naupen vorhanden waren. Die befruchteten Weibchen legen ihre Eier an die Ninde eines Zweiges in länglihen Haufen. Wie behauptet wird, friechen diejelben in etwa 4 Wochen aus. Weil man fie immer erjt im erwachſe— neren Alter und durch die Gejpinite wahrnimmt, fo möchte ich glauben, daß die Eier über: wintern. Eine jehr ähnliche, aber an den VBorderflügeln licht grau angehauchte Art (H. varia- bilis) hatte fih 1888 in verſchiedenen Orten des Unſtrut- und Saalethales in verderblicher Weile auf den Pflaumenbäumen eingeniftet. Andere leben an Sträudern, namentlich am Pfaffenhütchen, deren Fleinere Büſche von den Raupen nicht jelten vollitändig entblättert Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 30 466 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; zehnte Familie: Motten. und gänzlich überfponnen werden. Da die meilten Arten nach ven Futterpflanzen benannt worden find, ſich aber nicht auf eine folche bejchränfen, fo herrichte große Verwirrung hin: fihtlic der Namen unter den Schriftitellern, bis Zeller, feiner Zeit einer unferer gründlich ften Kenner der Kleinjchmetterlinge, mehr Ordnung hergeitellt hat. Die Akereulenmotten (Depressaria) vertreten unter den Schaben die Eulen: gattung Agrotis in Nücficht auf die mehr düfteren Farben der platt auf dem breitgebrüdten Hinterleibe aufliegenden Flügel, deren vordere breit, hinten ſtark geftugt oder gerundet find, während die hinteren am Saume einen Ausſchnitt haben. Sie fliegen in derjelben Weiſe auf wie jene, wenn fie am Tage geftört werden, oder laufen dahin, um fich zu veriteden. Ihre großen Tafter ſchließen aneinander, fteigen hoc) auf und bergen einen wohlentwidelten Apfelbaum=Gefpinjtmotte (Hyponomeuta malinella), 1) ein Gejpinftftüd mit Raupen, 2) die Motte — Dunkel— tippige Kümmeljchabe (Depressaria nervosa), 3) auögebreitete und vergrößerte, 4) ruhende Motte ın natürlicher Größe, 5) vergrößerte Raupe, 6) Puppe im geöffneten Lager. 7) Gemeines Geiſtchen (Pterophorus pentadactylus). Außer 3 und 5 alle natürliche Größe. Rüſſel, auf dem Scheitel des polfterartig beſchuppten Kopfes ftehen Nebenaugen. Bon den zahl: reihen Arten, welche als Schmetterlinge überwintern, leben viele als Raupen im Blüten= und Fruchtitande von Dolden, und e3 ift als für den Feldbau ververblich zu nennen: die dunkel— rippige Kümmeljchabe, der Pfeifer im Kümmel (Depressaria nervosa, Hae- mylis daucella Hübners, Fig. 3 u. 4 obiger Abbild.). Die Motte hat wenig für ſich Ge— winnendes infolge der rötlich graubraunen Vorderflügel, welche auf den Rippen, bejonders ſaumwärts, ſchwärzlich bejtäubt find, am meilten aber durch einen lichten Winfelhafen vor der Spitze auffallen. Die Hinterflügel find graubraun, das Endglied der Tafter zweimal ſchwärzlich geringelt. Die Flügelſpannung beträgt durchjchnittlich 20,15 mm. Je nach der warmen oder fühlen Witterung kommen die Schaben früher oder jpäter aus ihren winter: lichen Verſtecken, und das Weibchen legt feine Eier mehr einzeln an Die Kümmelpflanzen, wenn es deren habhaft werden kann, wo nicht, an andere Dolden, unter denen Oenanthe aquatica (Phellandrium aquaticum) und Sium latifolium neben noch einigen anderen genannt werden. Am Kümmel wird die Raupe bemerklich, jobald er mitten in der Blüte ſteht. Sie ſitzt halb oder ganz erwachſen in den Dolden, die fie in der Kegel durch wenige Dunfelrippige Kümmelſchabe. Fliedermotte, 467 Fäden zufammenzieht, und fribt die Blüten und jungen Samen; follten beide nicht mehr ausreichen, jo nagt jie auch die zarteren Zweige an. Es find Fälle vorgefommen, in denen man den Ausfall der Ernte durch ihre Schuld auf mehr denn die Hälfte veranjchlagt hat. Das jehzehnfüßige Räupchen (Fig. 5) it ungemein lebendig, ſchnellt um fich, wenn man es berührt, oder läßt fi an einem Faden zur Erde hinab, auf der e3 eilfertig davonfriecht. In der Gefangenichaft weiß es ſich durch die engiten und verborgenften Spalten durch: zuzwängen, um ihr zu entgehen. Nach) viermaliger Häutung ift die Raupe erwachjen, wozu fie vom Ei an durchſchnittlich 5 Wochen gebraucht, wenn ungünftige Witterung ihre Ent- widelung nicht aufhält. Sie ift etwa 15 mm lang und ziemlich bunt gefärbt: ein breiter orangener Eeitenjtreifen mit den Schwarzen Luftlöchern teilt den Körper in eine blaß oliven: grüne, breitere Rüden und eine lichtere Bauchhälfte, an jener ftehen auf jedem Ringe vom vierten an in einer Querreihe vier glänzend jchwarze, weiß geringelte Warzen und je zwei noch dahinter, auf dem vorlegten Gliede nur vier in einem nach vorn offenen Halb: freife, auf dem zweiten und dritten dagegen ſechs in einer Querlinie. Kopf, Nadenjchild und Afterklappe glänzen jchwarz, beide legtere umgibt ein rotgelber Saum, jenes teilt überdies noch eine ebenjo gefärbte Längslinie. Die untere Körperhälfte zeichnen gleichfalls mehrere Warzenreihen aus. Zur Verpuppung bohrt fich die Raupe in den Stengel der Futterpflanze ein und nagt fich ein bequemes Lager aus, jpinnt das Flugloch dur ein ihräges Dedelchen zu und wird zu einer etwas flahgedrücdten Puppe (Fig. 6), welche, von einigen Seidenfädchen in der Stengelhöhlung feitgehalten, geftürzt über dem Flugloche zu liegen pflegt. Sind die Raupen jehr zahlreich, jo fann man 30-40 Köcher in einer Staude zählen, Zugänge zu ebenjo vielen Puppenlagern, und ihre hnlichkeit mit einer Flöte dürfte größer jein alS bei der vom Pfeifer angebohrten Rapsjchote. Die Raupe ift übrigens nicht leicht verlegen, wie ich ar gefangenen beobachtet habe. Hat fie feinen ges eigneten Stengel, jo verpuppt fie fich in der etwas zurecht genagten und zugeiponnenen Dolde, wie viele ihrer Gattungsgenofjen, oder auch frei an der Erde. Zur Zeit, in welcher man den Kümmel rauft, find alle Raupen in den Stengeln verpuppt, einzelne Schmetter- linge ſchon ausgeihlüpft. In den erften Tagen des Juni erhielt ich bereit3 dergleichen aus zerbohrten Stengeln, welche ich eingetragen hatte. In einem anderen Jahre traf ich dagegen am 13. Auguft noch Raupen und Puppen in den Etengeln der Oenanthe aquatica und erzog aus legteren nach zwei Tagen die eriten Schmetterlinge. So können die Ent: widelungszeiten in verjchiedenen Jahren und an verjchiedenen Futterpflanzen auseinander gehen; denn diefe Erfahrungen möchten jchwerlich zu der Annahme von zwei Bruten be- rechtigen. Vor mehreren Jahren fiel mir die Verunftaltung der Blätter an den Syringen in den ſtädtiſchen Promenaden zu Halle auf, und nachdem ich den Urheber fennen gelernt und in jeinem Treiben beobachtet hatte, leje ich in den Sigungsberichten der Wiener Afademie, dab auch dort die öffentlichen Anlagen und die Privatgärten in gleicher Weife feit längerer Zeit verunftaltet werden, und in Frankreich kommen gleiche Wahrnehmungen vor; denn ficher ift es nur Verunftaltung zu nennen, wenn die überwiegende Anzahl der Blätter eines Baumes oder Strauches nicht ihre natürliche Geftalt und Farbe hat, jondern eingerollt, zerfreſſen und ihließlih gebräunt erjcheint. Die Wirkungen der winzigen Räupchen der ebenfo winzigen FSliedermotte (Graecilaria syringella) beleidigen hier ganz entjchieden das Auge. Das jechzehnfüßige, lichtgrüne Weſen mit braunem Kopfe lebt in Gefellichaften bis zu 20, niht nur an ven Blättern des gemeinen und perſiſchen Flieders, fondern auch an denen der Eihe (Fraxinus excelsior), des Pfaffenhütchens (Evonymus europaeus), der Rain: weide (Ligustrum vulgare) und noch einiger anderen Sträucher. Sie nagen zunächit die Oberhaut weg, dann das darunter befindliche Blattfleiſch, die Haut der Unterjeite bleibt 30° 468 Dritte Ordnung: Schmetterlinge; zehnte und elfte Familie: Motten und Federmotten, immer ſtehen und bräunt fich allmählich. Nach der erften Häutung verlafjen fie die Mine des Nachts und bewirken durch gezogene Fäden, daß fich die ausgefreſſene Blattjpige auf: sieht und auftollt. So treiben fie es allnächtlich, Friehen am Tage wieder in die Rolle und verzehren die Blattmafje mit Ausnahme der unteren Haut. Zwiſchen je 10 oder 12 Tagen häuten fie fi, und zwar dreimal, hierauf juchen fie fih ein frifches Blatt, behandeln es wie das frühere und lafjen fich nach der gleichen Zeit herab, um in der Erde die Ber: puppung in einem jehr dünnen Gewebe zu bejtehen. Die gelbbraune, jpindelfürmige Puppe endigt jtumpf, die Scheiden ihrer Fühler und Hinterbeine reihen bis zur Spitze, letztere nicht genau jo weit; fte liefert in 14 Tagen (Ende Juni over Anfang Juli) den Schmetter: ling. Gegen Abend fliegen dieje um die Futterpflanze, um fich zu paaren, und jofort wird der Grund zu einer zweiten Brut gelegt, deren Naupen es vorzugsweile find, welche die oben gejchilderten Verunglimpfungen vornehmen; fie gelangen vor Beginn des Winters bi zur Verpuppung. Sm nächiten April und Mai fliegen ihre Schmetter: linge aus. Jedes Weibchen Fann durchjchnittlich 100 Gier legen. Der zierlihe Falter fteht jtaubgrau aus und hat ungemein lange, gleichgefärbte Franſen an jeinen Flü- geln, befonder3 am Innenwinkel der vorderen, die wie ein hoher Kamm hervortreten, wenn fie in der Ruhe— lage dachartig den Leib verjteden. Die Vorderflügel ericheinen geſcheckt durch jechs ſilberweiße Querbinden, deren drei hinterfte feiner und unvolljtändiger find als die vorderen. Die grau und weiß geringelten Fühler erreichen die Länge der Vorderflügel, die anliegend be: fchuppten und daher dünnen Lippentafter ſtehen ſchwert— fürmig vor dem glatten, runden Kopfe, ihr Endglied jpigt fich zu und bildet die Hälfte ihrer ganzen Länge; Cärden-Miniermotte (Coleophora larici- Rüſſel und Kiefertafter find deutlich. Eine interejjante nen - Stellunganimmit:0ds Motten am Tage ein, wenn es und anhaftenden Sädchen. fchläft. Der Körper ift jehräg aufgerichtet und ruht auf den beiden langen Vorderbeinen, deren Kniee in einer Fluchtlinie mit der Stirn liegen, die Füße greifen weiter hinten Platz, von den an- deren Beinen fieht man nichts, weil fie ſich zwiſchen Leib und Flügel verbergen, an deren Fläche nach außen angedrüdt der geringelte Fühlerfaden in fehnurgerader Linie nach hinten zieht. Die Flügelipannung beträgt durchſchnittlich 11,5 mm. Die Lärhen-Miniermotte (Coleophora laricinella) iſt jeidenglänzend aſch— grau, an den Franſen etwas matter. Die langen Tafter richten ſich auf und reichen bis zur Wurzel der Fühler, welche die Länge des Leibe haben. Sie erjcheint Anfang Juni im Gebirge und in den Ebenen Deutjchlands, wo fie ihre. Futterpflanze, die Lärche, findet, fliegt ſehr Schnell und läuft mit vorgeftredten Fühlern und mehr platten als dachförmigen Flügeln an den Nadeln auf und ab. Syn die Gegend der nächſtjährigen Triebe werden aller Wahr- ioheinlichkeit nach die Eier abgejegt. Wenn im Frühjahr die Bäume ausfchlagen, kommen die Räupchen hervor und frejjen fich einzeln an ver Spige in die Nadel ein, weldhe beim weiteren Fortwachſen zur vorderen Hälfte gelb und gefräufelt ift, und zwar pflegt Dies 203 fait alle Nadeln eines Büſchels zu treffen. Die Raupe bleibt aber nicht darin, Jondern fertigt fih aus diefen Abnagjeln ein Sädchen, welches fie beim Fortkriehen emporhält. Sie it rotbraun, faum 4,5 mm lang und zeichnet fich durch den Heinen Kopf jowie die jehr Lärhen-Mintermotte. Geijthen. Alucita polydactyla. 469 fleinen 8 Bauchfüße aus. Meiſt ſchon vor Ende Mai ift fie erwachſen, ſpinnt ſich an einer Nadel feit, fehrt fi um, verpuppt fih, und nah 2—3 Wochen fommt das Mottchen aus dem Hinterende des Säckchens herausfpaziert, ohne die Puppenhülſe mit herauszunehmen. Schließlich wollen wir noch mit ein paar Worten der Geiftchen oder Federmotten (Pterophoridae) gedenken, welche die legte Schmetterlingsfamilie bilden. Ihre Flügel iind in lange, beiderſeits gefranfte Zipfel gejpalten, jo daß fie mit den Fahnen neben- einander liegender Federn verglichen werden fünnen. Die Vorderflügel pflegen fich in zwei, die hinteren in drei oder bei anderen jeder in ſechs Federn zu zerlegen, dabei gäbe die Berihiedenheit des Aderverlaufes Anlaß genug, noch mehrere Gattungen von den ſchon vorhandenen abzutrennen. Der Körper und vorzugsweije die Beine find jehr gejtredt und zart, der Kopf ift kugelig, der Rüſſel ftarf entwidelt; die Tafter find vortretend und mit langem Mittelgliede verjehen. Nebenaugen fommen vor, fehlen aber aud. Die jechzehn: füßigen Näupchen leben frei an niederen Pflanzen oder Sträuchern und verpuppen ſich an denjelben in Iojen Gejpiniten oder auch an der Erde. Bei Pterophorus (Alueita) fehlen die Nebenaugen, die Borderflügel jpalten fich erſt vom letzten Drittel an in zwei Federn und zwar in zugejpiste, am Innenwinkel gerundete. Die jehr zahlreihen Arten wurden von Zeller in mehrere Gruppen je nach dem Aderverlauf geordnet. Eine der gemeinjten Arten, von Schonen und Gotland bis nad Sizilien und öftlich bis in das Kaſanſche ver: breitet, ijt der 22—24 mm fpannende Pterophorus pterodactylus. Körper und Border: flügel find graugelb oder zimtbraun, legtere an der Teilungsitelle und am Saume dunkler gefledt. Die grauen Hinterflügel haben an der dritten Feder jehr lange Franjen. Dies lebte Merkmal unterjcheivet die Art von dem ungemein ähnlichen P. fuscus. Sehr leicht kenntlich wird durch die Schneeweiße Färbung der P. pentadactylus (Fig. 7, ©. 466), eine der größten und am meiften verbreiteten Arten, die in ganz Europa, mit Ausnahme des hohen Nordens, vorkommt Die Raupe lebt auf der Ader: und Zaunmwinde. Die Arten, deren Flügel dadurch fächerartig werden, daß fich jeder in jechs linien— fürmige Federn bi3 zur Wurzel fpaltet, und denen gleichzeichtig Nebenaugen zufonmen, hat man neuerdings jogar zur Familie der Alucitinen erhoben. Die zierlihe Alucita polydactyla teilt das Anjehen mit mander recht ähnlichen Art. Bei ihr iſt das letzte Tajterglied aufjteigend und dem vorlegten an Länge gleich, die blaß gelbgrauen Flügel: jtrahlen erjcheinen durch mehrere dunkle Querbinden wie gewürfelt, zwei verlojchen weiß aerandete durchziehen die VBorderflügel, von denen die äußere mit einem einfachen dunfeln Flecke am Borderrande beginnt. Das 13 mm jpannende Geiftchen verbreitet fich im mittleren Europa allgemein. Die Raupe lebt in der Blüte des Geißblattes (Lonicera periclymenum), in welche fie fih am unteren Röhrenteile einbohrt, jo daß der Saum vorn nicht zur Ent: widelung gelangt, jondern gejchlofjen bleibt. Wo fie einmal haujt, findet fie fich alljähr: lih wieder. An der Erde erfolgt die Verwandlung zur Buppe. Vierte Ordnung. Die Zweiflügler (Diptera, Antliata). Müden und Fliegen find zwei bedeutungsvolle Namen, mit welchen fich ein gewiſſes unbehaglihes Gefühl verbindet, weil man zunächſt an die blutdürftige Stehmüde und die zudringliche, alles beſudelnde Stubenfliege denkt, die, wenn fie fich einmal vornahm, unjerer Naſenſpitze einen Beſuch abzuftatten, diejelbe immer wieder zu finden weiß, und wenn wir fie auch zehnmal davon wegjagten; Zähigfeit, Ausdauer in allem, was fie anfangen, liegt einmal im Charakter der Kerfe. Wenn ich das Kleeblatt vervollitändige und ein geheimes Jucken in der Haut meines freundlichen Lejers bei Nennung des — Flohes erzeuge, welcher bier gleichfalls feinen Platz angewieſen befam, jo fürchte ich doch Darum nicht, daß ſich jemand werde zurüdichreden lafjen, diejen Kerfen etwas näher zu treten. Auch te gehören in das Cıhöpfungsganze, wo fie ihre Stelle ausfüllen; auch fie haben eine Berechtigung an das Leben, wenngleich fie vielleicht dem „Herin der Schöpfung“ weniger Freude bereiten als der bunte Schmetterling oder die honigipendende Biene oder der harmloje Käfer. Daß einige unter ihnen find, welche uns perſönlich angreifen, unjer Geficht als Spielplag an— jehen, das Blut in unjeren Adern für einen Lederbiffen halten, wer möchte e3 ihnen von ihrem Standpunkt aus verdenten? Moufet in jeinem ſchon öfters erwähnten intereffanten Werke (S. 73) widmet ihnen vier lange Kapitel, in deren erſtem „über die Fliegen” er in gewohnter Ausführlichfeit nad) Anleitung der Alten ihre guten und ſchlechten Eigenschaften bejpricht, die ſich vornehmlich auf die Stuben: (und Stech:) Fliege zu beziehen jcheinen, und wunderliche Dinge über ihre Entjtehung erzählt, ſich ſelbſt jedoch die richtige Anfiht der Hauptjache nad) bewahrend. Im nächſten Kapitel behandelt er die Verfchiedenheiten der Fliegen und bildet Durcheinander Kerfe ab, welche auch jetzt noch für Fliegen und Müden gelten, neben Schlupfwejpen ver: ichiedener Art, Sforpionfliegen, Eintagsfliegen, Kleinfchmetterlingen, zahlreichen Libellen und anderen Gebilden, welche fich nicht deuten lafjen. Das längjte Kapitel CXH) handelt von dem Nutzen der Fliegen, welcher in ihrem Bermögen, künftige Dinge vorher anzuzeigen, Krankheiten zu heilen und andere Tiere zu ernähren, begründet jein joll. Durch größere Zu: Dringlichkeit gegen Menſchen und Vieh und hejtigeres Stechen ſowie durch ihren Flug nahe der Erdoberfläche Fündigen fie Negen oder Sturm an. Nach Anficht der Inder, Perſer und Agypter fteht eine Trauerbotſchaft oder eine Krankheit in Ausficht, wenn man von Fliegen träumt. Wenn einem König oder einem Heerführer an irgend einem Orte viele Fliegen im Traume erjcheinen, jo wird er hier abgejchnitten werden, oder gefallene Soldaten, ver: nichtete Schlachtreihen, einen verlorenen Sieg zu beklagen haben. Wenn ein Armer oder Gemeiner von Fliegen träumt, verfällt er in eine ſchwere, wenn nicht tödliche Krankheit. Allgemeines, 471 Wer da träumt, daß ihm Fliegen in Mund oder Nafe friechen, kann mit Angit und Schreden den von den Feinden herbeigeführten Untergang erwarten. Aber nicht bloß die Stürme des Jahres und der Tage verfünden die Fliegen, jondern fie heilen auch Krankheiten. Die nun folgenden Nezepte gegen Kahlköpfigfeit intereifieren uns nicht. Indem Moufet weiter: hin umftändlich die ſich hauptjächlich von Fliegen ernährenden Vögel und andere Tiere auf: zählt und auf die Verwendung derjelben und ihrer Maden beim Fiihfange kommt, gedenft er auch des Kunftgriffes der Fiicher in Ermangelung wirklicher Fliegen, nachgemachte an den Angelhafen zu fteden. Dieje Erfindung fei alt und nicht den englischen Fiſchern zu danken, denn nach Alian gäbe e3 im Afträos Fische, welche nach den über dem Waſſer bingleitenden Fliegen jchnappten; dies hätten die Fischer bemerkt, jene gefangen und an die Angelhafen befeitigt. Weil fie aber ihre natürlihe Farbe und die Flügel verloren hätten und dadurch zum Fiſchfange untauglich geworden jeien, jo hätten ſich die Fiſcher künſtlich nachgemachter von derjelben Geftalt und Farbe bedient, und zwar hätten fie purpurne und verjchiedenfarbige Wolle in Fliegenform zujammengedrüct und mit zwei wachsgelben Hühnerfedern ftatt der Flügel verfehen. „Wir dürfen uns nicht über die Fiſcher und über die Fiſche wundern, daß fie den Fliegen jo nachſtellen“, fährt Moufet fort, „da es jelbit Kaiſer Domitianus nicht unter der Würde eines Kaifers hielt. Diejer durchbohrte alle an den Wänden feines Zimmers figenden Fliegen mit einer eifernen Nadel und reihte fie alle aneinander, jo daß die Sklaven auf die Frage: ‚Wer ift drin beim Kaijer?‘ antworten fonnten: ‚Nicht einmal eine Fliege‘. Weiter jpricht er über die Fliegenwedel und andere Mittel, um Menſchen und Vieh vor den Angriffen der Zudringlihen zu jhüßen, die den legteren von Fliegen beigebradhten Wunden zu heilen, und gedenft auch der für Menjchen „tödlichen Fliegenftiche”, einer bis auf den heutigen Tag noch unklaren Erſcheinung. Hierauf bejchreibt er eine Menge von Fliegenarten, deren mehrere fich aus den Angaben eben nur ahnen laſſen. Das Kapitel ſchließt mit Aufführung zahlreiher Fälle, in denen Gott durd) Fliegen feine Strafgerichte über hervorragende Männer wie über ganze Bölfer habe er: gehen laſſen, zu denen auch die Agypter zu Mojes’ Zeiten gezählt werden. Im XIII. Kapitel wird in anziehender Weife über die Müden gehandelt und bei der Unterjuchung über den Namen das englifche Canopy, unjer Kanapee, vom griechiſchen konopeion abgeleitet, welches Wort ein Ruhebett mit Borhängen bedeutet, um die Müden (konops) abzuhalten. Doch genug der Abjchweifungen! Die Zweiflügler der heutigen Foricher find leicht zu erkennen an nur zwei Flügeln, einem Saugrüffel, welcher in den wenigften Fällen Blut abzapft, einem in feinen drei Ningen verwachſenen Bruftfaften und hinfichtlich der Entwidelung an wejentlich verjchiedenen Formen, in denen Larve, Puppe, Fliege auftreten. Der Rumpf der Zweiflügler jtimmt in jeinem Bau mit den beiden vorangegangenen Ordnungen überein. Der Kopf jtebt duch ein dünnes Fädchen mit dem Bruftkaften in Verbindung und kann ſich rechts und links weit drehen. Der erfte der drei Bruftringe läßt von oben meijt nur die Schulterbeulen jehen, während der zweite al3 Träger der beiden Flügel zur größten Entwidelung gelangt; das Schildchen tritt an ihm ftetS deutlich heraus und zwar meift in ſolcher Ausdehnung, daß der Hinterrüden unter ihm verfteet wird. Die Nücden aller drei Ringe pflegt man in ihrer Vereinigung als Rückenſchild zu bezeichnen. Wie bei den Hautflüglern kommen auch hier alle denkbaren Verbindungsmweifen zwiſchen Bruftkaften und Hinterleib vor. Meijt it legterer figend oder anhangend und in felteneren Fällen geitielt. Seine Gliederzahl, für gewilfe Fälle zur Unterfcheidung brauchbar, ſchwankt zwijchen vier und acht Ringen, welche auf der Nücenfeite gezählt zu werden pflegen. Sehr häufig treten die Geſchlechts— werfzeuge hinten hervor, mannigfaltig gebildet beim Männchen, als ein und ausjtredbare Legröhre beim Weibchen, und lehren neben nod anderen Kennzeichen die Gejchlechter 472 Vierte Ordnung: Zweiflügler. unterfcheiden. Auch in der Bekleidung ftehen die Fliegen den Aderflüglern am nächſten; denn wenn nicht Nadtheit vorhanden, jo finden fich nur Haare und zwar meiſt borjtige, dann und wann ein dichter Wollpelz, ebenſo wie beijpielsweije bei gewiljen Bienen, höchſt felten Degegen Schuppen, welche jo häufig den Körper der Schmetterlinge, auch den der Käfer überziehen. Die Beine find durch zapfenförmige Hüften dem Körper eingelenkt, haben einen Schenkelring, einen fünfgliederigen Fuß, deſſen erites Glied (Ferje) fich in der Regel ver: längert, und enden in zwei Klauen. Zwiſchen denjelben wird öfters eine Afterflaue be: merklich, häufiger aber noch finden fich zwei oder drei johlenartige Polſter (Paletten oder Bulvillen) vor, mit deren Hilfe die Fliegen an den glättejften Gegenjtänden mit der: jelben Sicherheit dahinjpazieren wie auf rauhen Flächen. Die Flügel, manchmal jihtlich, häufiger mikroſkopiſch behaart, erjcheinen glashell, etwas getrübt oder durch bunte Flede zierlich gezeichnet, welche, wie bei den Jmmen, in der Haut: farbe ihren Grund haben und ſich daher nicht abwischen lafjen. Bei der im übrigen großen ee — — EEE 7ER IST ı Ve Pr —— h — h — — — — — — ” — — — — — 1 ——— — 7 ES — — Zee — —_X 2 * ne 1 I —— — — EZ EN MM \ ⸗ { I { N N : I > d / \ ; 07 € \ Na N \ 2 > 5 72 f e d d — ° f u e Müdenflügel. Muscidenflügel. a) erite, b) zweite, e) dritte, d) vierte, e) fünfte, f) jechfte Längsader, x) Eleine Querader, y) vordere Wurzelquerader. Im Mus— cidenflügel: d) Spitenquerader, d‘) große Querader. — 1) vordere Wurzel-, Bajalzelle, 2) erfte Hinterrandzelle, denen im Mücken— flügel nod mehrere nachfolgen, 3) Analzelle, 4) hintere Wurzelzelle, 5) Mittel-, Discoidalzelle, 6) Arillarzelle, 7) Hinterwidelz, Lappenzelle, a) Flügelläppchen, 8) Unterrandzelle, 9, 10) Randzelle, 11) Vorderrandzelle. s) Schulterquerader. Gleihförmigfeit unter den Fliegen erhalten die Flügel dur) den Verlauf ihres Geäders eine bejondere Wichtigkeit zur Unterjcheidung und müſſen daher ihrem Weſen nad, wenn auch Furz, erörtert werden. Die Längsadern herrſchen vor, daher auch geitredte Zellen. Bei einiger Aufmerkſamkeit erkennt man, jo mannigfad) die Veräjtelung auch fonft fein mag, zwei Hauptzüge, welche jelbitändig von der Wurzel ausgehen und wenigſtens dieſer zunächſt einen jchmäleren oder breiteren Raum zwijchen fich frei laffen. Unter allen Um: tänden werden dieje beiden Hauptitämme durch eine Duerader (x) verbunden. Meift un- deutlich, bisweilen aber entwidelt, folgt dem Innenrande zunächſt noch ein dritter, jelb: tändig aus der Flügelwurzel entfpringender Stamm (g). Den Vorderrand jelbjt bildet die Randader (costa), welche an der Spige aufzuhören pflegt, aber auch um fie herum: gehen kann; die feiner werdende Flügelbegrenzung zeigt ihre Endſchaft an. Dieje Ader wird nicht mitgezählt bei der weiteren Bezeichnung der übrigen Längsadern, welche von den verschiedenen Schrijtitellern verjchieden gewählt worden ift. Man hat dabei feitzuhalten, daß drei derjelben dem vorderen, drei dem hinteren Hauptzug angehören, jo daß ſechs Längsadern überhaupt nur gezählt werden und mithin die dritte (c) und vierte (d) es find, zwijchen denen die vorher erwähnte Verbindung der beiden Hauptitämme durch die jogenannte kleine Querader, vordere Duerader oder ſchlechthin Duerader (x) erfolgt. Die erite Längsader (a) entjpringt der Wurzel des Flügels, teilt fich öfters bald in einen oberen Zweig (Viediaftinalader), welcher ftetS in den Vorderrand mündet, an einer Stelle, welche man, entiprechend dem Immenflügel, wohl auch das Nandmal nennt, ohne daß hier je, wie dort, ein Hornplättchen jteht, jondern höchſtens einige größere Borften bemerkt werden, wenn dergleichen ven Borderrand bewimpern. Der andere Teil, vorzugsweije erite Längs— ader (Subcoftal-, Unterrandader) genannt, mündet gleichfalls in die Coſta, kann ſich Bildung des Fliegen: und Mückenflügels. Stimmapparat. 473 aber auch zur folgenden zweiten Längsader (Nadialader, b) wenden, welche nie aus der Wurzel kommt, jondern fich von der erjten abzweigt und in ven Vorderrand, manchnal auch in die erfte Yängsader mündet. Die dritte Längsader (Cubitalader, c) zweigt ſich immer von der zweiten ab oder, wo dieje fehlt, von der erjten. Sie endet in beiden hier abgebildeten Formen einfach, kann ſich aber auch wiederholt verzweigen und mit dem unteriten Zweige in die folgende münden. Die vıerte Längsader (Discoidal-, Mittelader, d) it der oberjte Aft des zweiten Hauptſtammes; fie endet bei geradem Berlaufe im Nande, bisweilen beugt fie fi) gegen die dritte Yängsader auf und heißt dann Spißengquerader, welche jogar in die dritte Zängsader münden kann und in unferer zweiten Figur als ein „Aſt“ der Hauptader erjcheint. Die fünfte Längsader (Bofticalader, e) fommt aus der Wurzel jelbit, gehört zu denen, welche nie fehlen, und ijt als ftärkite des zweiten Hauptitammes die vorzüglichſte Stüße für die hintere Flügelflähe. Sie mündet in den Hinterrand oder in die ſechſte Längsader (Analader, f), welche aus ihr entjpringt und den Flügelfaum nicht immer zu erreihen braudt. Wenn hinter ihr noch eine Längsader vorkommt, jo ent: Ipringt diefe der Wurzel, gehört dem dritten Stamme an und heißt Arillarader (g). Wo eine Mittel:, Discoidalzelle (5) vorhanden iſt, wie im Müdenflügel, da ftrahlt aus ihr eine Beräftelung von Längsadern, welche nicht in der Neihe mitzählen, jondern als „zwei, drei 2c. aus der Mittelzelle entjpringende Adern” bezeichnet werden. Außer der be: reit3 mehrfach erwähnten Querader verbindet jehr häufig die Hintere oder große Quer: ader (d9 die vierte und fünfte Längsader in der Nähe des Hinterrandes und ift als Gabelalt der erjteren nad) hinten, wie die Spigenquerader nad) vorn, zu betraditen, Die vordere Wurzelquerader (y) verbindet in anderen Fällen diejelben beiden Rippen, aber jehr nahe der Wurzel, wie die hintere Wurzelquerader die beiden nächſten Diejenige, welche in ähnlicher Weije die erite Längsader mit dem Vorderrande verbindet, heißt die Schulter: querader (Humeralader, s). — Bei Bezeichnung der Zellen ſtimmen die verjchiedenen Schriftiteller no) weniger überein als bei der der Adern: doch haben wir uns bier mit dem begnügt, was die Unterjchrift unter den Abbildungen geliefert hat, und fügen nur noch hinzu, daß jede Zelle nur dann für vollftändig „geſchloſſen“ gilt, wenn jte ringsum von Adern begrenzt wird, für „offen“, jobald von der einen Seite der Flügelfaum den Ver: ſchluß beritellt. Bei vielen Familien findet fih hinter dem Flügel noch ein Eleineres oder größeres, einfaches oder doppeltes Flügelſchüppchen, unter welchem der Schwinger, Schwing: folben (die Halteren) teilweije oder ganz verborgen wird. Dieje geitielten Knöpfchen, welche leicht in die Augen fallen, jobald fie, wie 3. B. bei den Mücken, „unbedect“ find, bilden ein den Zweiflüglern eigentümliches Werkzeug, dejjen Beſtimmung auf daS ver: jchiedenfte gedeutet worden ift. Sie find ein Nudiment des bei anderen Inſekten aus: gebildeten zweiten Flügelpaares. Nach den neueften Unterfuhungen Landois' dienen die Schwinger zur Bewegung der Brummringe im Stimmapparate, wirken aber erſt in zweiter Linie duch diefe Bewegung auf das Atmen und die Flugfertigkeit. Über das Brummen der Fliegen jagt Landois etwa folgendes: Wir haben dei einem Inſekte, welches Töne hören läßt, auf die Bewegungen gewiſſer äußerer Organe Rückſicht zu nehmen und jodann auf Höhe und Tiefe des Tones. Sehen wir 3. B. eine Schmeißfliege ungehindert in der Luft umberfliegen, jo vernehmen wir einen verhältnismäßig tiefen Summton und bemerfen die heftig zitternden Bewegungen der Flügel wie der Schwingkolben. Faßt man dasjelbe Tier jo an, daß es jeine Flügel nicht bewegen kann, jo hört man einen höheren Brummton und fieht gleichzeitig, wie die Hinterleibsringe fich Frampfhaft aneinander reiben; greift man endlich die Fliege jo, daß fein Körperteil äußerlich fich bewegen kann, jo ver: nimmt man den höchſten Summton, die Fliege räjonniert gewiljermaßen inwendig. Die 474 Vierte Ordnung: Zweiflügler., tiefen Töne werden jomit erzeugt teils durch die vibrierenden Flügeljhwingungen, teils dur das Reiben der Hinterleibsglieder und des Kopfes, teils durch die vier Luftlöcher des Bruftfaftens, von denen zwei am vorderen, die beiden anderen am binterjten Ninge des: jelben figen. Die Wahrheit diefer Anficht wies Landois durch dreierlei Verſuche nad): er brachte Fliegen unter Wafjer, hinderte mithin die Bewegung der tönenden Organe und hörte dennoch Töne; er jehnitt vom Thorar einer lebenskräftigen Brumm- oder einer Schlammfliege alle Teile mit Ausnahme der Schwingfolben weg und hörte trogdem dei Rumpf tönen; als er aber die vier Luftlöcher verklebte, hörte er feinen Ton. Bei den liegen und Mücken find die Luftlöcher des Bruftkaftens in Stimmorgane umgewandelt, bei manchen alle vier, bei anderen nur zwei, entweder die vorderen oder die hinteren. Ein einzelner Brummapparat hat ungefähr folgenden Bau: die zahlreichen Luftröhren der Bruft treten allmählich zufammen, bis fie in der Nähe eines jeden Luftloches ein einziges Rohr bilden. Diejes weitet fi) am Ende in eine halbfugelige Blafe aus, deren äußere Offnung gleichzeitig der Stigmenrand ift. Die Tracheenblafe faltet fich häufig in zierliche Blättchen. Diejelben werden auseinander gehalten durch einen bejonderen „Brummring“, welcher dicht unter der Stigmenöffnung liegt. Wird nun die Luft aus den Tracheen des Körpers aus— geſtoßen oder von außen eingejogen, jo jeßt dieſelbe die Ehitinblättchen in der Brummhöhle in ihwingende Bewegung, und da der Ton durch die Atmungswerkzeuge entiteht, darf er aud) als „Stimme“ bezeichnet werden. Der Bau diejes Stimmapparates zeigt bei den verjchie- denen Zweiflüglern große Mannigfaltigfeit, doch können wir ihn hier nicht weiter verfolgen. Es bliebe nun noch der Kopf nebjt Zubehör für eine kurze Beiprehung übrig. Dei größten Teil feiner Oberfläche nehmen zumeift die Augen ein, welche nadt oder behaart jind, bei vielen Männden auf dem Scheitel zufammenftoßen, während fie beim Weibchen jtet3 getrennt bleiben, ſei es auch nur durch eine ſchmale Stirnjtrieme. Drei Neben- augen pflegen in der Regel vorhanden zu jein. Die Mundteile wurden bereit3 auf Seite 11 beiprochen; bei den Blutfaugern mehr horniger, bei den anderen fleifchiger Natur, finden fich die einzelnen Beltandteile der Beißer nur in veränderter Form vor und bilden dort einen Stech:, hier einen Schöpf- oder Saugrüffel. Man hat, um die einzelnen Gegenden des Kopfes bei einer ausführlichen Beſchreibung fürzer bezeichnen zu können, dafür ge: wiſſe Namen eingeführt und heißt die Fläche zwifchen den Fühlern, den inneren Augen: vändern und dem Mundrande Untergejicht (epistoma); findet ſich auf ihr eine bartartige Behaarung, jo nennt man dieje den Knebelbart (mystax), im Öegenjage zum Baden: bart (barba), welder fih auf den Wangen jenes unterhalb der Augen gelegenen Kopf: teiles oder auch am unteren Mundrande vorfindet. Die einzelnen Haare, welche die Seiten des Untergefichtes einfallen, heißen Knebelborjten, und jtehen dergleichen am oberen lundrande, jo bezeichnet man ihn näher als beborjtet. Zwijchen dem Borjtenhaar des Körpers, bejonders auch des Hinterleibes, fommen nicht jelten einzelne vor, welche ſich durch Dide und Länge vor den übrigen auszeichnen und, wenn fie eine bejondere Berücjichtigung verdienen, als Großborſten (Macrocheten) unterjchieden werden. In Hinficht auf die Fühler, welche ſtets auf der Grenzlinie zwijchen Untergefiht und Stirn ftehen, jedoch zu legterer gerechnet werden, kommen zwei wejentlich verjchiedene Fälle vor. Bei den darum jo genannten Langhörnern (Macroceren) beſtehen fie aus vielen (bis 36) Gliedern, welche faden=, borſten- oder jehnurförmig, bei den Männden aud) jtarf gefämmt fein können und als Geißel von den beiden dicferen, etwas anders geformten Grundgliedern unterschieden werden. Bei den Kurzhörnern (rachyceren) fißt auf zwei furzen, ringförmigen Grundgliedern ein größeres, jehr verjchieden gejtaltetes Endglied, an dejjen Nüden die Fühler: oder Rückenborſte in vielen Fällen, z. B. bei allen echten Fliegen, vorfommt. Ob ſie dieje oder jene Stelle einnimmt, ob fie einfach oder gegliedert, Kopfbildung. Fühler. Larven und Puppen. Zahl der Arten. 475 nackt oder behaart und befievert ift, dies alles wird wohl beachtet, um darauf Gattungs— unterschiede zu begründen. Zwiſchen den beiden eben bezeichneten Fühlerformen fteht noch eine dritte in der Mitte, welche jedoch zu der le&teren gezählt zu werden pflegt. In manchen Fällen nämlich erjcheint das dritte Glied geringelt, oder ftatt der Borſte hat es einen Griffel, einen anderen als boritenartigen Fortjaß, welcher gleichfalls geringelt fein kann. Nie laſſen fich jedoch bei diejer Bildung mehr als ſechs Glieder erkennen, Die fußlojen Larven (Maden) der Zmeiflügler halten fih im Waffer, in der Erde, in verwejenden tierischen oder pflanzlichen Stoffen, in lebenden Pflanzen, deren Zerjegung jie befördern, ja auch als Parafiten in anderen Larven oder an warmblütigen Tieren auf und Stellen fich in zwei wejentlich verjchiedenen Formen dar. Die mehr entwidelten der: jelben lafjen einen hornigen Kopf mit zwar ftummelhaften, aber doch in der Anlage vor: handenen Mundteilen: Ober: und Unterlippe, Ober: und Unterkiefer, Fühler und auch wohl Augen, in größerer oder geringerer Bollftändigfeit erfennen. Eigentliche Füße fehlen ihnen, jtatt derjelben finden fich aber Stadhelhaare oder beborjtete Warzen, welche beim Fort: friechen gute Dienfte leiften, die Inhaber derjelben aber nicht über den Madenjtand er: heben. Bei der zweiten, bedeutend zahlveicheren Reihe, den jogenannten Eopflojen Larven, läßt fich Fein Kopf unterscheiden, ſondern nur ein jpiges Ende auf der einen, ein ſtumpfes, meijt abgeitußtes auf der entgegengejegten Seite. Jenes, in die nachfolgenden Körperteile zurüdziehbar, bleibt durchaus fleifhig, wie der übrige Körper, oder zwei gegeneinander wirtende, weit in das Innere hineinreichende hornige Nagehafen ftellen die Munbteile dar. Diejelben dienen zum Loslöſen der Nahrungsteile und zum Anhalten beim Fortkriechen. Bei derartigen Maden finden fih am gejtugten und dickeren Körperende auf zapfenartigen Erhöhungen oder Warzen, den jogenannten Stigmenträgern, eine Anzahl von Luft: Löchern, während zwei andere Luftlochträger, jederjeitS des zweiten Ninges einer, verjteckt find. Obſchon neuere Forfchungen zwijchen diefen beiden Grundformen Übergänge auf: gefunden haben und von verjchieden gebauten Kopfjfeletten jprechen, jo fünnen wir hier unmöglich auf jolche feinere Unterjcheidungen eingehen. Die beiden eben berührten Gegen- jäge find nicht bloß äußerer Natur, jondern greifen tief in das Larvenleben ein. Denn die Kopfträger, einer weniger flüjligen Koft zugänglich, häuten fich mehrmals und werden durch Abjtreifen der legten Larvenhaut zu Mumienpuppen von oft jehr wunderlichem Anz jehen, während die fopflojen Maden wenigitens bei der Verpuppung die Haut nicht ab: jtreifen. Bei derjelben erhärtet die Larvenhaut durch Verkürzung und Breiterwerden der Zarvengeftalt, zu dem jogenannten Tonnenpüppchen oder Tönnchen, welches durch Hervorragungen die Stellen andeutet, wo bei der Zarve die Stigmenträger jaßen. Während alle außerhalb des Wafjers ruhen, bewegen fich die im Wafjer lebenden Mücdenpuppen in ähnlicher Weiſe wie ihre Larven. Die eben erörterten Unterfchiede zwijchen Larven und Puppen lafjen im allgemeinen einen Schluß auf den volllommenen Kerf ziehen. Aus den Mumienpuppen werden Zanghörner oder Mücden, aus den Tönnchen Fliegen oder Kurz: hörner, jedoch nicht ausnahmslos. Die Zahl der Fliegen läßt fich bei noch unvolllommener Kenntnis der außereuropätichen kaum ſchätzen, doch dürfte es 18,000 Arten ficher geben. Der heiße Erdgürtel enthält Feine Familie ausſchließlich, ſondern die Verbreitung derjelben jcheint eine allgemeinere zu jein al3 bei anderen Kerfen. Zweiflügler fommen auch ſchon in den früheren Schöpfungs: perioden vor, in den älteren Schichten vereinzelt und nicht hinreichend kenntlich, Dagegen zahlreich und ſchön erhalten in der Tertiärperiode mit überwiegenden Müden. Von den etwa 850 bisher im Bernftein aufgefundenen Arten find 656 ficher beſtimmt. 476 Vierte Drdnung: Zmweiflügler; erfte Familie: Stehmüden. So mannigfaltig fich auch ihre Verhältniffe in Größe, Körperbildung und Lebensweife geftalten mögen, jo lafjen fih do die Mücken (Tipulariae) leicht an dem langge- ftredten, bei den Eleineren Arten ungemein zarten Körper, an den jehr langen, fadenförmigen Beinen, welche kaum die leijeite Berührung vertragen fünnen, ohne auszufallen, an den langen Taitergliedern und den vielgliederigen, oft außerordentlich zierlihen Fühlern er- fennen. Die Zahl ihrer Arten ift jehr beträchtlich, in Europa allein mag fie ſich auf 1000 belaufen, unerhört aber die Menge, in welcher eine und diejelbe Art bisweilen fichtbar und — fühlbar wird. Co berichten beijpielsweife die Jahrbücher von Mücken, welche ſich 1736 in England in jo unermeglihen Schwärmen fäulenartig in der Nähe eines Kirch— turms bewegten, daß fie von vielen Leuten für eine Rauchſäule gehalten wurden. Ganz diejelbe Erjcheinung beobachtete man im Juli 1812 in der ſchleſiſchen Stadt Sagan und am 20. Auguft 1859 in Neubrandenburg, wo ein Müdenfhwarm dicht unter dem Kreuze des Marienkirhturmes in einer Höhe von faſt 300 Fuß fpielte, fo daß er, von unten gejehen, einer dünnen, in fteter Wallung begriffenen Rauchwolke glih. hnliche Beijpiele werden aus vielen Gegenden Europas erzählt, wenn auch in den meiften Fällen nicht feitgeitellt it, welcher Art die Schwärmer angehört haben. Am 28. September 1880 liegen fih in den jpäteren Nachmittagsitunden im vorderen Teile des Leipziger Rofen- thales über den Kronen der Bäume auf: und abwogende, jäulenartige Wolken jehen. Sie verihwanden und tauchten auf bis zu zehn an der Zahl und ftellten höchſt wahrjcheinlich die Hochzeitsreigen einer Chironomus-Xrt dar. Man hat mit den Leichen der Eleinften, bis 4,5 mm mejjenden Arten mehrere Fuß hoch die Ufer von Gewäſſern bededt gejehen. Wie fühlbar fi) andere ſolche Scharen machen fünnen, weiß jedermann, welcher fi) während eines warmen, feuchten Sommers in wafjerreiher Gegend aufbielt, während es vielleicht weniger befannt ift, daß jene blutjfaugenden Quälgeijter nur dem zarten, weiblichen Ge: ihlechte angehören, da die harmlojen Männchen nur Vergnügen am Tanzen finden. Im heißen Südamerika nennt man die Stehmüden Mosfitos, ein portugiefifches Wort, welches jo viel bedeutet wie Mücke, Fliege (musca), auch mit örtlicher Färbung „Teufelstrompeter“ in Surinam. Manche Gegenden, namentlih an den Strömen, find ihretwegen völlig un: bewohnbar. Am Drinoco ift es die erjte Frage, mit welcher man de3 Morgens einen Freund begrüßt: „Wie haben fich die Jankudos und Moskitos dieſe Nacht aufgeführt?” Fat zu jeder Tageszeit wird man dort abwechjelnd von anderen Arten gemartert. „Heut: zutage”, jagt A. von Humboldt, „Sind es nicht die Gefahren der Schiffahrt auf Kleinen Kähnen, nicht die wilden Indianer und Schlangen, Krofodile und Saguare, welche die Reife auf dem Drinoco furchtbar machen, jondern die Mosfitos.” Die Müdenplage an diefer und jener Ortlichkeit ftammt nicht aus der Neuzeit, jondern ift eine alte; denn Ihon Baujanias (7, 2) erzählt: „Die Stadt Myus in Karien lag an einem Meerbufen; der Mäander verwandelte, indem er den Eingang mit Schlamm verjtopfte, diefen Bujen in einen See. Da nun das Wafjer jpäterhin nicht mehr jalzig war, jo famen aus ihm zahlloje Shwärme von Müden und nötigten die Einwohner, die Stadt zu ver: lajjen. Sie zogen nad Milet, und zu meiner Zeit war von Myus nur noch ein Tempel des Bachus übrig.” ALS Gegenftüd erzählt von Dften-Saden eine ihm von einem amerikaniſchen Forjeher und Neifenden mitgeteilte Tatjache, daß es im Jahre 1823 auf den Sandwichinſeln noch Feine Mücen gegeben habe. Im Jahre 1828 oder 1830 ſei ein altes, aus Mexiko angefommenes Schiff an der Küfte einer jener Inſeln verlaffen worden. Bald merften die Einwohner, daß um dieje Stelle herum ein eigentümlicher, ihnen unbelannter, blutjaugender Kerf erſchien. Dieje Erjcheinung erregte einiges Aufjehen, jo daß neugierige Eingeborene des Abends hinzugehen pflegten, um fih von den jonderbaren Tierchen be: augen zu lafjen. Seitdem verbreiteten fih die Mücken über die Inſeln und wurden mit Mückenſchwärme. Oeringelte und gemeine Stechmüde. 477 der Zeit zur Blage. Es möge hieran noc eine zweite Mitteilung desjelben Forichers ge— fnüpft fein, die er einem anderen amerikaniſchen Beobachter verdankt. Beim Klange der Note a joll eine Zuckung einen ganzen Mückenſchwarm durchbeben, jo daß derjenige, welcher fich in ihrer Wolke befindet, bei jenem Tone jein Geficht von einer großen Menge von Mücken berührt fühle. Viele Mücken leben als Larven und Puppen im Wafjer. Se nachdem dieſe ftetS unter demjelben zubringen oder ſich durch Jchnellende Bewegungen ihres Körpers an die Ober: fläche erheben können, atmen fie dur äußere Kiemen oder Atemröhren. Jene fünnen haarartig und bewimpert oder blattförmig fein und pflegen, wie dieje, am erjten und legten Körperring zu fißen. Die geringelte Stehmüde (Culex annulatus, Fia. a) mag die Sippe der Culiciden vergegenmwärtigen, derjenigen Mücken, welche durch einen langen Stechrüffel, mäßig breite, in der Ruhe dem Leibe flach aufliegende, an der Spiße gerundete Flü— gel mit mindeftens ſechs gleich dicken, dicht behaarten Längsadern, von denen die des Nandes fait ringsum in gleicher Stärke läuft, durch den Mangel der Punktaugen und einer Querfurche auf dem Rüden des Bruftfaftens harafterifiert find. Nur beim Männchen verlängern ſich die rauhhaari— gen, fünfgliederigen Tafter jogar über den Rüſſel hinaus und bilden jamt den 14- gliederigen Federbüjchen der Fühler einen üppigen Haarwuchs um den Kopf. Nie h 2 8 wird man dergleichen an einer Mücke be Geringelte Stehmüde (Culex annulatus), a Weibdhen, merken, welche ſich uns auf die Hand jeßt, b Larve, c Puppe. Alle vergrößert. ihre hornige Borite innerhalb der fich ein- fnidenden Scheide in die Haut und bis zu einem Blutgefäße einbohrt (denn es find, wie wir bereit3 willen, die ſolches Schmudes entbehrenden Weibchen), wohl aber jehen, wie ihr Bauch röter und dider wird, wenn fie in vollen Zügen ſchwelgt; jeder weiß auch, daß die judende Wunde mehr ſchmerzt, wenn man die Mücke totſchlägt und die Spite ihres Rüſſels dabei in jener zurückbleibt, als wenn man fie das einmal begonnene Werk unge: hindert zu Ende führen läßt. Die genannte Art wird an den weißen Ringen von Hinter: leid und Füßen auf braunem Untergrunde, an den zwei dunkeln Striemen auf dem Nüden und an fünf dunfeln Fleckchen der Flügel leicht erfannt. Indem fie 9 mm und darüber mißt, jtellt fie die größte der heimifchen Arten dar. Die vielleicht noch häufigere gemeine Stechmücke (Culex pipiens) pflegt in ihrer Gejellichaft zu ſein; fie ift kleiner, am Hinter: leib auch heller und dunkler geringelt, aber den Füßen und braun geaderten Flügeln fehlen die dunfeln Zeichnungen. Die Zarven beider leben zu Millionen in ftehenden Gewäſſern. Es ift interefjant, dieje zarten Wejen mit dem am vorletten Leibesgliede jeitwärts abgehen: ven Atemrohr, den Kopf nad) unten gerichtet, an der Wafjerfläche hängen zu jehen. An diejem find die beiven inneren, am meiften zugelpißten und ſtark bewimperten Hervor— ragungen in unferem Bilde die Kinnbaden, welche fih in fortwährender Bewegung befinden, dadurch einen Strudel erzeugen und der Mundöffnung die Eleinen Schmußteilchen zuführen, welche den Darm alsbald jchwarz färben. In diefer Weije, oder mit dem Vorderkörper ji} erhebend und mit dem anderen Paare der Anhängjel, den Fühlern, umbertaftend, hängen die Tiere lange Zeit da, und nur wenn das eine dem anderen zu nahe kommt, zaujen fie 478 Vierte Ordnung: Zmweiflügler; zweite Familie: Schnafen. jich wohl auch an den Köpfen, ohne fich in längeren und ernftlihen Streit einzulaffen. Die leiſeſte Erjchütterung des Wafjers aber läßt fie von der Oberfläche verjchwinden, in Ichlangenartigen Windungen des Körpers fteigt alles auf den Boden hinab. Hier halten fie jedoch nicht lange aus. In derjelben Weife, wie fie untertauchten, fommt bald eins nach dem anderen wieder herauf und hängt mit dem Atemrohre an der Oberfläche. Auch ohne erjchredt zu jein, tauchen fie einzeln unter, Frabbeln am Boden umber, legen ſich auf den Nüden und — entleeren fih. So treibt diefe Geſellſchaft ihr Spiel ununterbrochen fort, bedeutend lebhafter an jonnigen Tagen, und wen e3 Vergnügen macht, deraleichen jelbit und beſſer zu beobachten, als es fich jchildern läßt, der jchöpfe ein Glas Wajjer aus einem von ihnen bevölferten Troge, aus einem Löſchkübel ꝛc. Iſt ihre Zeit gefommen, jo hängen fie in fragezeichenförmiger Krümmung ihres Zeibes an der Oberfläche, der Körper befommt hinter dem Kopfe einen Längsriß, und daraus Friecht dasjelbe Tier, der Körper nur in etwas größeren Umriffen, hervor. Die Häutung iſt er: folgt. Die alten Bälge Ihwimmen im Waffer umher, löjen ſich allmählich auf und werden von den Mückenlarven ſelbſt und von anderen Mitbewohnern des eben nicht jauberen Auf: enthaltSortes wieder verjpeift. Jede hat drei ſolcher Häutungen zu bejtehen, bis fie ihre volle Größe von durchſchnittlich 8,75 mm erlangt. Platzt die Haut im Naden zum vierten: mal, jo ift es um das bisherige Leben geſchehen, die ſchlanke Form it verihwunden und bat einer gedrungeneren, feitlih etwas zufammengedrüdten Pla gemadt. Die Puppe (Fig. e) hängt mit zwei Luftröhren, welche hinter dem Kopfe ftehen, an der Wafjerfläche und bewegt fich gleich der Larve zum Zeitvertreib auf und nieder, indem fie mit dem Schwanze gegen den Borderteil ihres Körpers ſchnellt. Jetzt wirbeln und tummeln fich Larven und Puppen in unjerem kleinen Aquarium durcheinander, die Zahl jener nimmt ab, diefe würde fi in demjelben Maße mehren, wenn nicht eine nach der anderen einem vollfommneren Zuftande entgegenreifte und nach 8 Tagen dem Mummenſchanz ein Ende machte. Auch ihr Stündlein hat gejchlagen: ein Riß der Haut befreit das Müdlein von jeiner Maske. Es arbeiten fich ſechs lange Beine hervor, ein Ichmächtiger, zweiflügeliger Leib folgt nad. Das Tierchen faßt zunächſt Fuß auf der ſchwimmenden Hülle, welche es joeben noch barg, mit welcher es, wenn ein unerwarteter Windjtoß fommt, wohl auch Schiffbruch leidet und — ertrinkt, dann auf dem Wafjer jelbit oder auf hier ſchwimmen— den Körperchen, ruht noch etwas von feiner Arbeit aus, während die Flügelchen fich voll: fommen entfalten und troden werden, und ſchwingt ſich zulegt als Müde in die Luft, um, lebendig wenigitens, in die ihm nun feindliche Heimat, das Waller, nie wieder zurüd- zufehren. Nur das Weibchen, welches fich einen Dann ertanzt hatte, kehrt kurz vor feinem Tode noch einmal dahin zurüd, um feine Eier abzulegen. Zu diefem Zwede jegt es fich an einen Pflanzenteil, von welchem aus e3 mit der Hinterleibsjpige das Wafjer erreicht, oder auf einen ſchwimmenden Gegenftand, Freuzt feine Hinterbeine in Form eines X über: einander und beginnt num in die der Leibesſpitze zugefehrte Winkelöffnung die geftredten, nad) oben gejpigten, nad unten breiteren Eier zu legen, welche mit ihrer klebrigen Oberfläche jenfrecht aneinander haften und den Winkel nah und nad ausfüllen. Sft damit erſt der Anfang gemacht, jo bedarf es der Richtſchnur und des Halters nicht mehr, weil jene ſchwim— men. Die Hinterbeine werden nun hoch in die Luft gehalten, in welcher Stellung die Müden gern ruhen. Endlich ift ein Eleines, vorn und hinten zugejpigtes, plattes Boot flott, welches 250— 350 Eier zufammenjegen. Am unteren Ende friehen die Larven bald aus, und die Eijchalen treiben auf dem Wafjer umber, bis fie von ihm zerftört werden. Wenn man berüdiichtigt, daß ein Weibchen durchſchnittlich 300 Eier legt, aus diejen in 4—5 Wochen fortpflanzungsfähige Mücken hervorgehen, jo kann man fich einen Begriff davon machen, wo die ungeheuren Schwärme derjelben herfommen, und daß feuchte Jahre, Kohlſchnake. 479 in welchen es nicht an Tümpeln und Pfützen, ihren Geburtsſtätten, fehlt, ihrer Entwicke— lung und Vermehrung beſonders günſtig ſind. Die befruchteten Weibchen der letzten Brut überwintern in den verſchiedenſten Schlupfwinkeln, beſonders gern in Kellern, um im nächſten Frühjahr ihre Art fortzupflanzen. Auf der Inſel Barbados find es beſonders die drei Arten: Culex molestus, ©. trifur- catus und O. pulicaris, weldhe als Mosfitos in Verruf Stehen. Daß man diefen Blage: geiltern auch eine gute Seite abgewinnen könne, beweilt ein Heilverfahren, welches zu Veracruz ein Arzt, Namens Delacour, mit. einer Dame einleitete. Dieje lag infolge einer Gehirnentzündung jeit 12 Stunden in tiefer Schlafjuht und trug Die Kennzeichen eines baldigen Todes an fih. Der Arzt öffnete das Bett und jeßte die Kranke zwei Stunden lang den Stihen der Mosfitos aus. Die Schlafjuht hörte infolgedejlen bald auf, und die Kranfe befand fi am anderen Tage nicht nur noch unter den Lebenden, jondern auch um vieles bejjer. Sn müdenreihen Jahren können zwar Nauch der angezündeten Feuer oder die Glimm— ftengel der Naucher die läftigen Tiere einigermaßen von einem Orte abhalten, aber nie volljtändig vertreiben. Wellen Haut gegen Nelfenöl nicht empfindlich, der bejtreiche ſich mit dem „Mückenfett“, wie es in manchen Gegenden genannt wird, und er bleibt vor Mücenftihen geſchützt, jolange das flüchtige DI noch Geruch verbreitet. Betupfen der ver- wundeten Stelle mit Salmiafgeift oder ſchwacher Karbolläure befreit am jchnelliten und iherften von dem brennenden Juden des Müdenfpeichels. Die Gattung Tipula nebſt den zahlreihen Verwandten enthält die größten Mücken, welche allgemein unter dem Namen der Echnafen over Bahmüden befannt find, ſich auf Wiejen, Gebüſch oder an Baumftämmen umbertreiben und mit ihrem furzen, fleifchigen Küffel nicht ftehen fünnen. Man erkennt fie an der deutlichen Querfurche des Mittel: rüdens, an den vieladerigen Flügeln, auf deren Verſchiedenheiten zahlreihe Gattungen begründet worden find, an dem folbigen, mit Haftzangen ausgerüfteten Leibesende des Männdens und dem zweillappig ſpitz auslaufenden des Weibchens. Don legterem Ge- Ichlechte jehen wir zwei auf unferem Gruppenbilde „Herrſchaft der Fliegen” hoch oben in der Luft. Bei der gemeinen Kohlſchnake (Tipula oleracea) bejtehen, wie bei allen Gattungsgenofjen, die furzen Fühler aus 13 Gliedern, endigen die viergliederigen Tafter lang fadenförmig und fehlen die Nebenaugen; das erſte Fühlerglied ift verlängert, das zweite verfürzt, alle folgenden tragen Behaarung an der Wurzel. Die in der Ruhelage halb Elaffenden großen Flügel werden in folgender Weife geftüßt: erite Yängsader doppelt, zweite in der Nähe der Epite gegabelt, dritte einfach, vierte im vorderen Teile vielfac) verzweigt; fie bildet eine vollftändige Mittelzelle, aus welcher ſich drei Äfte bis zum Flügel- rande fortjegen, deſſen oberiter geftielt und gegabelt ijt. Die fünfte Längsader biegt ſich nur vor der Mündung ein wenig, während die folgende gerade ift wie die Kleine Quer: ader; die große jteht jchief und bildet mit dem kurzen Wurzelftüd vom unterjten Zweige der vierten Längsader einen Winkel. Zum Unterichied von den anderen Arten hat die genannte ein graues, braun gejtriemtes Rückenſchild, einen rotbraunen Hinterleib und einen ziegelroten Vorderrand der blaßbräunlihen Flügel. Die Hinterbeine übertreffen den neun— tingeligen Hinterleib beinahe um das Dreifache; die Länge des ganzen Körpers beträgt 22—26 mm. Die Kohlihnafe gehört nicht zu denen, welche frühzeitig im Jahre erjcheinen, und tanzt nicht wie manche andere Arten im Mai an Baumftämmen auf und ab, fie entwidelt 480 Vierte Ordnung: Zweiflügler; zweite und dritte Familie: Schnafen und Pilzmüden. jich vielmehr erit im Juli und Auguft aus einer walzigen, hellbraunen Puppe, deren masfenartiger Gelichtsteil an der Stirn mit zwei faft feulenförmigen Hörnern ausgeftattet it. Geht man im September über eine Wiefe, jo fallen diefe Echnafen vorzugsweife in die Augen; überall arbeiten fie mit ihren langen Spinnenbeinen im Grafe, und auf Schritt und Tritt wird eine aufgeicheucht, welche mit etwas fchnarrendem Geräufch ihrer langen Flügel, welches zum Teil durch das Flattern im Grafe hervorgebracht wird, eine Heine Strede nahe dem Boden hinfliegt, um gleich wieder in ihr niedriges Bufchwerk einzufallen. Man weiß jo eigentlich nicht recht, was dieſes Treiben bedeuten fol. Iſt's Spiel? Dazu jheinen die unbeholfenen, phlegmatifchen Tiere nie aufgelegt, oder gehen fie der Nahrung nah? Das kann auch nicht fein, denn längſt find die Tautröpfchen, welche am Morgen ihmwer auf den jchmalen Blättchen lafteten, al3 unfichtbare Nebel in die klare Herbftluft zurüdgefehrt. Eher jollte man meinen, fie juchten lebensmüde ein ruhiges Plätzchen, um zu — jterben. Das iſt allerdings der Fall, vorher aber drüdt jede mit der Hinterleibs: jpige den Körper, faft aufrecht ftehend, in die lodere Erde, um ihr die etwas gefrümmten Eier einzeln anzuvertrauen; fie ruht Furze Zeit in diefer Lage und entledigt fich eines bis zweier, dann rüct fie vorwärts und wiederholt ihre Arbeit, bis fie die Keime ihrer Nach— fommenjchaft dem Schoße der Erde anvertraut hat. Nachdem ihr Werk vollendet ift, gebt jie heim. In acht Tagen aber jchon, bei nicht zu Fühler Witterung, werden die kleinen Körnchen lebendig, Wenn die Larven erjt etwas größer geworden find, lafjen fie fich im Wieſenboden, klarem Gartenlande, an humoſen, etwas feuchten Stellen der Wälder in den oberen Erdfchichten ohne Mühe auffinden. Sie find aſchgrau von Farbe, ſehr durchſcheinend, querfaltig, mit kurzen Borjten einzeln bejeßt und haben einen fehwarzen, in das erfte Leibesglied zurüdziehbaren Kopf, an dem zwei Kiefer und furze Fühler unterfchieden wer: den. Der Leib endet hinten ſtumpf geftußt, ift Jchwach ausgehöhlt und am Rande von ſechs Fleiſchzäpfchen eingefaßt. Zwiſchen den beiden mittleren diefer und der Fläche ftehen die beiden Träger der jchwarzen, großen Luftlöcher. Solange es die Witterung noch er: laubt, ernähren fich die Larven von der abgejtorbene Pflanzenftoffe enthaltenden Erde, er- jtarren dann und jegen im nächſten Frühjahr diefe Lebensweife fort, bis fie ſich wenige Wochen vor dem Erjcheinen der Müde in die bereits näher bezeichnete Buppe verwandeln. — Die Larven der übrigen Arten, foweit man fie fennt, leben in derjelben Weife, und mande, wie die genannte, werden den angebauten Pflanzen durch das Benagen der feinen Wurzel: faſern ſchädlich. Zu den auffälligſten und ſchönſten Mücken gehören die Kammmücken (Ctenophora) wegen der ſtark gekämmten männlichen Fühler, der pfriemförmig vortretenden Legröhre der Weibchen und der lebhafteren Körperfarben, unter welchen ſich Gelb und Schwarz vor— zugsweiſe vertreten finden. Auf unferem Gruppenbilde „Herrihaft der Fliegen“ jehen wir ein Weibchen der jchönen Ctenophora atrata unten am Eichenftamme figen, ein zweites über der Dolde fliegend. Unter der Familie der Eleinen, meift licht gelblich gefärbten Müden, deren Maden zahlreih in Pilzen leben (Bilzmüden, Mycetophilidae), gibt es aud) eine Reihe, welche man wegen ihrer dunfeln Flügel Trauermüden (Sciara) genannt ‚hat. Ihre Hüften find nicht auffallend lang, wie fie bei ven Pilgzmüden zu jein pflegen, die dünnen, fein behaarten Fühler nur aus 16, die Tajter nur aus 3 Gliedern zufammengejegt, deren legtes breit ausläuft, Nebenaugen erkennt man deutlich, zwei kurze Endjporen bewehren Kammmüden. Heerwurm-Trauermüde, 481 die Schienen der für Müden kurz zu bezeihnenden Beine; in den Flügeln, welde in der Ruhe wagereht auf dem Rüden getragen werden, gabelt fich die dritte Längsader, und eine Kleine Duerader verbindet die erite und zweite. Die überall verbreitete Heerwurm: Trauermüde (Sciara militaris) ift durchaus ſchwarz, an den Beinen pechbraun bis ſchmutzig braungelb; der fiebenringelige Hinterleib matt Schwarz, an den Verbindungsitellen der Glieder gelb, welche Farbe nad) dem Tode durch Eintrodnen mehr oder weniger ſchwindet und fi höchſtens in den Körperfeiten durch Fledchen fichtbar erhält. Er endet bei dem Weibchen (Fig. c, d) in eine pi verlaufende Legröhre, bei dem Männchen in eine zweigliederige, dide Haftzange (Fig. e), zwifchen welcher am Bauchringe zwei Spigchen vortragen. Das ſtark gemwölbte, eiförmige Rüdenjchild ift glänzend ſchwarz, ohne Quer: naht und äußerft furz ſchwarz behaart. Das unterjegte Weibchen hat kürzere, weil in ihren ovalen Gliedern gedrängtere Fühler al3 das Männchen und mißt 4—4,5, das ſchlankere Männden nur 2, — 3,5 mm. Die Larve (Fig. a) hat, wenn fie in größeren Mengen vorkommt, al3 jogenannter Heerwurm! (Kriegswurm, Wurmdrache, Heerihlange) eine gewiſſe Berühmtheit erlangt. Heerwurm=Trauermüde (Sciara militaris): a Larve, b Puppe, c weiblihe Müde, d natürliche Größe derjelben, e Hinter: leibsende de3 Männchens, f ein vergrößerter Teil des Fühlers. Außer d alles vergrößert. Sm Jahre 1603 begann, von Schlefien ausgehend, der Spuk mit diefer Erſcheinung, er: neuerte ſich von Zeit zu Zeit in den ſächſiſchen Herzogtümern, in Thüringen, Hannover, Norwegen und Schweden und dauerte, allmählich zur wiſſenſchaftlichen Streitfrage erhoben, bis zu dem Sahre 1868 fort. Dann erjt gelang e3 den unermüdlichen Forſchungen des Forſtmeiſters Beling, den Grund der Wanderungen zu ermitteln und darzuthun, daß die am Harze vorfommende Art mit der von Nowidi bei Kopalin beobachteten und als Mücke Sciara militaris benannten Art übereinjtimme, aljo nicht die Sciara Thomae jei, wie nad Bertholds Anficht jeit 1845 allgemein angenommen worden war. Wie der gemeine Mann damals und noch bis auf die neuefte Zeit wenigitens in der Tatra darüber dachte, wird uns von den Männern, welche Aufklärung juchten, mit unzmweideutigen Worten er: zählt. Die einen prophezeiten aus dem Erjcheinen des Heerwurmes Krieg, die anderen den Ausfall der Ernte, jo zwar, daß er den jchlefiihen Bergbewohnern Segen verhieß, wenn er thaleinwärts zog, Mißwachs dagegen, wenn er feinen Weg bergauf nahm; den Abergläubiihen im Thüringer Walde bedeutete jene Marfehrichtung Frieden, dieje Krieg. Noch andere benugten das Erjcheinen des Heerwurmes al3 Orakel für ihre Perjon. Sie ! Die Amerikaner haben auch einen Heerwurm, army-worm, verjtehen aber Darunter die Raupe eines Eulchens, Leucania extranea, welche Roggen:, Mais» und Sorghum: Felder verwüftet und weite Märiche da: nach unternimmt. Brehm, Tierleben. 3, Auflage. IX. al 482 Vierte Ordnung: Zweiflügler; dritte Familie: Pilzmüden. warfen ihm Kleider und Bänder in den Weg und ſchätzten fi glücklich, bejonders hoff: nungsvolle Frauen, wenn er über dieje hinkroch, bezeichneten dagegen den als einen nahen Todeskfandidaten, deſſen Kleidungsftücden er auswich. Gefeßt, es wäre Juli oder Anfang Auguft, uns würde verkündet, wie 1756 und 1774 den Bewohnern von Eiſenach, im be- nahbarten Holze zeige ich der Heerwurm, und wir gingen hinaus wie die Leute damals iharenweife, aber — vorurteilsfrei, was würden wir dann eigentlich erbliden? Cine graue Schlange, bis 376 em lang, nicht überall gleichbreit (drei Finger bis bandbreit) und etwa daumendid, bewegt fich nicht mit der jenen Kriechtieren eignen Leichtigkeit über und zwiichen Laub und Gras dahin, jondern jchleicht mit der Schwer: fälligfeit der Echnede im Walddunfel umher und hat entjchieven etwas Unheimliches in ihrer Erſcheinung. Sie beſteht aus taufend und abertaufend bleihen Maden, welche, durch ihre ſchleimige Körperoberfläche zufammengehalten, gleihjam nur einen Körper aus- machen, deſſen Schwanzende fih für einen Augenblid auf einem Stäbchen in die Höhe heben läßt. Indem in diefer Vereinigung eine jede Larve in der gewohnten Maden— bewegung die hintere Körperhälfte vorihiebt und dann taftend die vordere ausftredt, ent: fteht die Fortbewegung des ganzen Zuges, defjen Oberfläche dem Auge denjelben Eindrud hervorruft wie ein langjam dabingleitendes Gewäſſer. Je nad) den Boden: und fonjtigen Verhältnifjen erleidet der Zug manderlei Abweichungen; geringere Hindernifje werden überſchritten, arößere verurfachen eine vorübergehende Spaltung, bisweilen verjchwindet ein Teil unter dem Laube und läßt eine Zeitlang das Ganze unterbrochen erfcheinen, ein gewaltfamer Durchbruch, etwa durch die Hufe eines Pferdes, die Räder eines Wagens veranlaft, ſchließt fi bald wieder, alles jo wie bei den Umzügen der Prozejfionsraupen. Auch hat man beobadhtet, daß mehrere Züge nad) verjchiedenen Schwenkungen ſich ſchließ— lich zu einem einzigen vereinigt haben, dagegen hat es fich nicht beitätigt, daß eine be— ftimmte Zeit oder beftimmte Himmelsgegend eingehalten werde, wie joldhe Leute beobachtet haben wollten, welche die ganze rätjelhafte Erſcheinung nicht zu erklären, jondern in Zu: ſammenhang mit ihrem oder anderer Schidjal zu bringen juchten. Sorofältige und jahrelange Beobahtungen im Freien wie bei Zuchtverfuchen in der Gefangenschaft haben Beling die Überzeugung abgenötigt, daß die bisher nicht zu er- Elärenden Umzüge allerdings dem Auffuchen von pafjenden Weideplägen gelten. Die Larve, unter feuchter Laubſchicht und Abſchluß der Sonnenftrahlen aus Eierhäufchen entjtanden, ift von Natur auf Gefelligfeit angewiejen und bedarf zu ihrem Gedeihen einen ganz be— ftimmten Feuchtigfeitsgrad, zu viel Näfje wird ihr nicht minder verderblich wie zu große Trodenheit. Ihre Nahrung befteht in der auf der Erde liegenden und zwar in der Regel aus der unterjten, bereit3 etwas in Verweſung begriffenen Laubſchicht. Die Blätter werden von ihr ffelettiert, jedoh nur inſoweit, als das Blattfleiih den Grad von Weichheit be figt, welcher einer allgemeinen Auflöjung und Verwefung vorangeht. Daher find die unterften, mehr verdichteten Schihten quelliger, von Natur feuchter Ortlichfeiten, wo das Laub von mehreren Sahren ſich angejammelt hat, ihre eigentlichen Geburtsſtätten. Im Harz enthalten jolde Stellen vorherrjchend das Laub der Buchen und Hainbudhen, und in den gejchlofjenen Beftänden diejer Laubbäume find die Maden am ficheriten zu finden, zierlih an ihren mürbeften Stellen ffelettierte Blätter und feine, jchnupftabafartige Krümel, die Erfremente, zwifchen jenen, das fichere Anzeichen, daß hier Maden gefreilen haben und (find fie nicht mehr vorhanden) in nicht zu entfernter Nachbarſchaft aufge: funden werden können. An dergleichen Stellen entwideln fich die Larven in S—12 Wochen, vom Eiftand an gerechnet, zu voller Neife, verwandeln fih in Puppen (Fig. b), dieje ruhen 8—12 Tage, dann fommen die Müden daraus hervor, ftetS weit mehr weibliche als männlihe; die Paarung erfolgt ſelbſt dann ſchon, wenn das Weibchen noch Feine / m 2 ul ı / j" \ UM: EELWUTN, B * Heerwurm:-Trauermüde. 4883 vollfommen entfalteten Flügel hat, da die früher erfcheinenden Männchen in eiligem Laufe ein träges Weibchen aufſuchen, welches dann das mit ihm vereinte Männchen nah fi zieht. Nach Verlauf dreier Tage iſt feine Mücke mehr am Leben, neben ihren Leichen liegen die Eierhäufchen. Jahre hintereinander Fönnen dergleihen Dinge unter der Laub— Ichicht vorgeben, und fein Menſch hat eine Ahnung davon, daß diefe unſcheinbaren Wefen überhaupt vorhanden find, jei es an Etellen, welche jein Fuß oft genug überjchritten hat, oder an anderen, wo jo leicht Feines Menſchen Fuß bingelangt. Nach der eben in ihren Grundzügen angedeuteten Lebensweile der im Verborgenen fih vollendenden Entwidelungsgeihhichte der Heerwurm: Trauermüde iſt es eben ſehr wohl denkbar, daß in bejonderen Ausnahmefällen die Larven an die Dffentlichfeit treten und fi als Heerwurm zeigen, öfter noch als ſolcher vorhanden find, ohne gejehen zu werden. Zu diefen Ausnahmefällen gehört in eriter Linie eine ungewöhnlich) große Larvengejell- ſchaft, welde an ihrem Meideplage nicht mehr hinreichende Nahrung von der ihr ge: nehmen Art findet; je entwidelter die Yarven find, deſto mehr Nahrung bedürfen fie, dejto fühlbarer wird der Mangel, daher hat man fie meift auch im erwachjenen Alter ziehen jehen; e3 ift jogar vorgefommen, daß die Verpuppung einzelner im Zuge erfolgt. Außerdem fünnen zu viel Näſſe, zu große Trodenheit die Wanderluft bedingen, die auf vollfommen trodenem Untergrunde nicht möglich tft, weil die Larven dann leicht feitkleben. Somit Icheint jenes Nätjel in diefer Beziehung gelöft zu fein. Cine für den erften Augenblid befremdende Erſcheinung liegt in dem Umftande, daß der Kopaliner Heerwurm nur in Fichtenbeftänden angetroffen worden ift, und daß fich, wie es Nomwidi erft nad) feiner Ver: öffentlihung zu beobachten gelang, die Larve von der vermoderten Nadelftreu ernährt; bevenfen wir indes, daß der Unterſchied zwischen Zaub und Nadeln in dem von den Larven beliebten, der Auflöfung nahen Zuftand ein geringerer ift als im lebenden Zuftand, und daß ferner Mücen: und Fliegenlarven ſich in Feinerlei Weife als Koftverächter zu zeigen pflegen, jo kann uns die verjchiedene Nahrung einer und derjelben Art gleichfalls feinen weiteren Anftoß geben. E3 wäre überflüjlig, zu verzeichnen, wo und wann ein Heerwurm erjchienen, da die eben Genannten, Beling im „Zoologiichen Garten“ (Band IX u. X), die anderen in befonderen Schriftſtücken fih darüber verbreitet haben; dagegen ift die Naturgefchichte der Heerwurim: Trauermüde in einzelnen Punkten noch zu vervollitändigen. Die anfangs glänzend weißen, ſpäter ſchwärzlichen Eier find winzig Klein (15—20 fo groß wie ein Mohnforn), werden durchſchnittlich zu 100 Stück von einem Weibchen an deſſen Geburtsjtätte auf die mit Laub bededte Erde oder zwijchen die unterſte Schicht von diefem felbft gelegt und über: wintern. Während des Mai entjchlüpfen ihnen die Larven. Im erwachſenen Zuftand mißt eine ſolche durchichnittlich 7 mm, befteht außer dem hornigen, ſchwarzen Kopfe mit zwei Augen und gezahnten Kinnbaden aus 13 fleiihigen und glafigen Leibesgliedern, deren dunkler Darminhalt ftellenweife durchicheint; ſechs verkehrt tellerförmige Fleifhwarzen am Bauche der drei vorderen Ringe, zwei warzenartige Nachſchieber am Ende und ſchwarze Luftlöher an den Ceiten der fie tragenden Ringe find die einzigen Auszeichnungen der glatten und Elebrigen Oberfläche. Die reifen Larven verlieren ihr glaliges Anfehen, ent- ledigen den Darm feines Inhaltes, ſpinnen wenige Fäden und ftreifen die Haut ab, welche als ein braunes, eingeſchrumpftes Anhängjel an der Spite der Puppe hängen bleibt. Wie die gleichalterigen Larven zufammenhalten, jo finden fich auch die Puppen in größeren Partien beifammen, wenn es fein fann, in Vertiefungen, befonders in ſolchen, welche die Mäuſe auf ihren Straßen zurüdlajen. Die budlige Mumienpuppe bat das Anſehen unjerer Abbildung, ift anfangs mit Ausſchluß der Schwarzen Augen gelblihweiß, wird zulegt an den Flügeljcheiden jchwärzlih und läßt furz vor dem Ausihlüpfen der Mücke 81* 484 Vierte Ordnung: Zweiflügler; vierte Familie: Gallmüden. deren ſchwarzen Körper und die gelben Verbindungsftellen der Hinterleibsfeiten durch— ſcheinen; ſie mißt 3—4 mm, die Heineren Maße den Männchen einräumend. Alles weitere it ung bereits befannt, nur das noch nicht, daß fich zwifchen Larven und Puppen meift einige Larven der Cyrtoneura pabulorum, einer Gemeinfliege, und Eleinere Verwandte der blauen Schmeißfliege finden, welche fi von jenen beiden früheren Ständen ernähren, franfe Larven und gejunde Ruppen freiien. Die Heerwurm-Trauerfliege hat jomit nur eine Brut im Jahre, welche im allgemeinen die bereit3 erwähnten Entwidelungszeiten einhält, fih jedoch wie alle Kerfe durch die Witterungsverhältniffe einigermaßen beeinfluffen läßt, jo daß Verſchiebungen von einigen Wochen Zeitdauer eintreten können. Die eben bejprohene Trauermüde nimmt nicht allein ein allgemeines Intereſſe in Anipruch; es leben bei ung noch mehrere Birn-Trauermüden als Larven in unreifen Birnen und lajjen diejelben nicht zur Neife gelangen. Eine große Art mit gelbem Hinter: leib wird in Louiftana in auffälligen Mengen jtetS dann beobachtet, wenn böfe Fieber, namentlich das gelbe Fieber, ihre Herrichaft geltend machen. Es iſt diefe noch nicht er: Härte Erjcheinung jo auffällia, daß man die Sciara, al3 welche ſie von Djten-Saden erklärte, die gelbe Fieberfliege (Yellow fever Fly) genannt hat. Sn mehr als einer Hinficht bieten die Gallmüden (Ceeidomyia) ein nicht geringes Intereſſe. ES find kleine, oft jehr Kleine, zarte Müdchen, durch deren breite und ftumpfe, häufig behaarte, am Rande immer lang bewimperte Flügel 3, höchjtens 4 Längsadern ziehen (1, 3, 5), deren mittelfte haralteriftiih vor der Flügeljpige in den Vorderrand mündet. Die Querader pflegt jo zart zu jein, daß man fie nur bei jehr günjtig auffal- lendem Lichte bemerkt. Die mondförmigen Augen berühren einander auf dem Scheitel des fleinen Kopfes, und am dien Nüffel,ftehen nach innen die viergliederigen Tafter hervor, deren Endglied in der Negel am längjten if. Die perlichnurartigen Fühler ſchwanken in der Zahl der häufig geitielten und wirtelhaarigen Glieder zwifhen 13 und 36, und das Männchen pflegt jeinem Weibchen um eins oder einige voraus zu fein. Bei legterem jpigt fi der achtringelige Hinterleib zu, bei jenem verläuft er walzig und trägt am Ende die gewöhnliche Haftzange. Man kennt aus Europa gegen 100 Arten diejer Gattung, deren Gemeinname bejagen will, daß ihre Larven an den Futterpflanzen gewiſſe Migbildungen, Gallen, erzeugen, doch thun dies lange nicht alle, während umgefehrt wieder andere, welche man des abweichenden Körperbaues wegen nit hierher ziehen fonnte, Gallen hervor: bringen. Die zwiebelförmigen, rotbädigen Auswüchſe, um einiger der gewöhnlichjten zu ge- denfen, welche auf der Oberfeite der Buchenblätter fiten, entjtehen dur) den Stich ver Cecidomyia fagi, die faft fugeligen, welche die Blattflähe der Zitterpappel durchwachſen, durch den der ©. polymorpha. Die C. pericarpiicola erzeugt kirſchrote Kügelchen in den Blütenjtänden der wilden Möhre, und jeder andere Vflanzenteil kann von wieder anderen Arten bewohnt jein. Eine der berüchtigtiten, feine Gallen verurfachenden, hierher gehörigen Müden ift ver Ge— treideverwüjter (Cecidomyia destructor), der bisher, aber mit Unrecht, den Namen der Hejjenfliege führte, welden man ihm in Nordamerika beigelegt hat; man war näm— lich der irrigen Anficht, daß das läftige Ungeziefer im Jahre 1776 oder 1777 mit dem Ge— päde der hejjiichen Truppen dort eingejchleppt worden fei, was nad) der gleich näher zu er: örternden Entwidelungsgefhihte nicht wohl möglich fein fonnte. Die erwachſene Made (Fig. f), um mit ihr zu beginnen, mißt 3,37 mm und läßt bei guter Vergrößerung vorn ein Birn-Trauermüden. Getreidevermwüfter. 485 Paar fleifchige Taſter und an den Seiten der zwölf Leibesglieder (ein dreizehntes und vier: zehntes bildet daS Kopfende) mit Ausnahme des zweiten, dritten und legten je ein Luftlöch— lein erfennen. Diejer Umftand verweiſt fie zu den Mückenlarven, während die KRopflofigfeit fie als echte Fliegenlarve erjcheinen läßt, und wir fomit in ihr eine Art von Mittelgebilde zwijchen den vorher erörterten beiden Hauptformen vor uns jehen, welches allen Gall: müden eigen ill. Man findet dies jehr träge Tier einzeln oder in Gejellihaften bis zu neun Stüd, mit dem Vorderende nad unten gewendet, zwiihen Halm und Blatticheide, entweder unten gleich über dem Wurzelftode oder dicht über einem der beiden unterften Knoten am Roggen oder Weizen. Mit der Zeit nimmt fie infolge von reichlicher Fett: entwidelung eine mehr eiförmige Geftalt an, zieht fich im Inneren von der Körperhaut etwas zurüd, und dieſe wird zu einer allmählich fi bräunenden Hülle, zu einem Tonnen» püppchen (Fig. d), wie es eigentlich nur einer Fliege zufommt. In dieſem Zuſtand er: ED: aD Getreidevermüfter (Ceeidomyia destructor): a Weiblihe Miüde, b Hinterleib der männliden, e die im Tönnchen d eingejhlofjene Diumienpuppe, e und f Larve in verjchiedenen Größen, g Scheinpuppe im Winterlager, h gejunde, i von der Larve getötete Weizenpflanze. Auber g, h, i alles vergrößert. ” folgt die Überwinterung. Ungefähr 14 Tage vor dem Erjcheinen der Fliege findet fi im Tönnchen die Mumienpuppe (Fig. €). Die beiden jeitlihen, unteren Hörnchen am Kopfe find die für die Gallmüden in diefer Form und Lage charakteriftiihen Atmungs— röhren, die beiden oberen nur Borjten. Die Mücke jelbit muß man in ihren beiden Ge: Ichlechtern bejonders betrachten, um fie gründlich fennen zu lernen. Das weit häufigere Weibchen (Fig. a) Ändert in feiner Länge, von der Stirn big zur vorgejtredten Legröhre gemefjen, zwijchen 2,70 und 3,75 mm ab. Der Körper it vorherrſchend ſamtſchwarz, fait der ganze Bauch, mit Ausſchluß eines beinahe quadratiihen jchwarzen Fledes auf jedem der ſechs mittleren Glieder, die Gelenfeinfchnitte des Nüdens und eine Mittellinie des: jelben find blutrot; eben diefe Farbe kommt in der Negel der Fühlerwurzel und den Schulterbeulen zu, dies alles im lebenden Zuftand; nad) dem Tode gehen wenigftens am Hinterleibe durch Eintrodnen die meilten roten Stellen verloren. Kurze ſchwarze Haare bedecken überdies den Körper, rötlichgelbe die Fühler, und die Flügel eriheinen durch Härchen, welche ihre Ober: und Unterjeite deden, grau getrübt. Außer 2 größeren Grund: gliedern jegen 14—16 furzgeitielte, in der Negel 15 kugelige die Geißel zufammen. Bon 486 Vierte Ordnung: Zweiflügler; fünfte Familie: Kriebelmüden. den vier Taftergliedern wird jedes folgende etwas länger als das vorhergehende, und eine lebhaft zitternde Bewegung macht fie leicht kenntlich; zwiſchen ihnen tritt der kurze, gelbe Nüfjel hervor, der fich aber auch in die Mundhöhle zurücziehen läßt. Der neun: vingelige Hinterleib läuft in eine äußerſt bewegliche Legröhre aus. Zwiſchen den kohl— ihwarzen Krallen der jehr langen Beine bemerft man nur ein jcheibenfürmiges Haft: läppchen, hinter den Miüttelbeinen die blaßbraunen Schwinger. Bei dem Männchen be trägt die Körperlänge ziemlich bejtändig 3 mm, das Schwarz erjcheint weniger jamtartig, jondern zieht mehr ins Braune, das Rot ijt Lichter, die Körperbehaarung länger und nur an den Flügeln Schwarz, jonjt rötlichgelb. Die Fühlergeigel jegen regelrecht 16 Glieder zuſammen. Der auffälligite Unterjchied der Gejchlechter beiteht in der Form des Hinter: leibes, weldhen unjere Abbildungen vergegenwärtigen. Am ſehr verfürzten, gelbbraunen neunten Gliede ſitzt die dunkelrote Haftzange. Mit der zweiten Hälfte des April beginnt die Schwärmzeit und dauert etwa 5 Wochen, womit aber nicht gejagt fein joll, daß die Mücde jo lange lebe, jondern nur, daß fie während diejer Zeit ausfriecht, die Lebensdauer der einzelnen, welche Negen und Kälte nicht vertragen fann, umfaßt nur wenige Tage. Gleich nach dem Ausſchlüpfen, an einem warmen und windjtillen Tage, erfolgt die Paarung, und das Weibchen legt jeine Eier ohne merkliche Unterbrechung hintereinander fort, etwas mehr al3 SO und weniger als 100, einzeln oder paarweije zwijchen zwei Längsnerven eines Blattes. Sobald die Larve die Eiſchale verlafjen hat, was nad) wenigen Tagen gejchieht, gleitet jie am DBlatte hinab und gelangt hinter dejjen Scheide, wo fie ſich für immer fejtjegt. War es Wintergetreide, an welches die Eier gelegt wurden, jo wird ſie am erjten oder zweiten Knoten von unten jigen, dagegen unmittelbar über dem Wurzelitod, wenn das Weibehen Sommerjaaten zu jeinem Brutplag erwählte. In beiden Fällen gelingt es ihr für gewöhnlich nicht, die Pflanze zu töten; diejelbe gedeiht, ihr Halm ift aber an der Zagerjtätte der Zarve durch deren Saugen jo bejhädigt, daß er die Ähre jpäter nicht zu tragen, zum Teil auch nicht vollftändig zu ernähren vermag und duch den Wind leicht umgefnidt wird. Bis gegen den 20. Juni find die meiſten Maden erwachjen, die älteren bereits in Tonnenpüppchen verwandelt, aus welchen im September oder jehon Ende Auguft die Sommerbrut entjteht. Die jungen Saatpflänzhen, an denen die Maden der zweiten oder Winterbrut leben, welche den jebt ihwärmenden Mückchen ihren Urjprung verdanken, gehen falt alle zu Grunde, und hierin bejonders liegt der große Nachteil, welchen dieſe Fliege bringen kann und nicht nur in Nordamerika, jondern neuerdings bejonders im Poſenſchen, in Schlefien und anderwärts in Deutjchland den genannten Saaten zugefügt hat. Glüdlicherweije hat dieſe Gallmüde nur zwei Bruten, e3 gibt andere mit dreien und vieren; jelten jind die, welche nur eine im Jahre zu jtande bringen. Die Kriebelmüden, Gnigen (Simulia), gehören zu den kleinſten Müden und nähern ſich durch ihre budlige Körpertracht jchon mehr den Fliegen. Die breiten, milchig getrübten Flügel haben eine fajt geedte Spiße, jehr blajje, nur nach dem Saume zu deut: lichere Adern, nebenbei gegabelte und ungegabelte Falten; an den meijt gejchedten Beinen machen fich dide Schenkel und ein langes, erjtes Fußglied bemerflich. Kurze elfgliederige Fühler, dünn auslaufende, viergliederige Tajter, eine freie, dolchartig zugejpigte Oberlippe, ein zum Stechen eingerichteter Nüffel und der Mangel der Nebenaugen find als Eigentüm: lichkeiten des Kopfes zu erwähnen. Die beiden Gejchlechter einer und derjelben Art unter: iheiden ſich oft wejentlih in der Färbung und anderweitig. Die Gnitzen treten in un Columbatjder Müde März: Haarmüde. 487 geheuern Mengen auf und würden ihrer Kleinheit wegen überjehen, wenn nicht die empfindlichen Stiche ihrer blutdürftigen Weibchen die Aufmerkjamfeit auf fie lenkten. Viele der Mosfitos von Südamerika (3. B. Simulia pertinax) gehören zu diejer Gattung. Die Larven und Buppen leben im Wafjer, wo fie an Steinen, Grashalmen und Wafjerpflanzen unter tütenartigen Gehäuſen fich aufhalten. Die berüchtigtite europäijche Art ijt die Colum— batiher Müde (Simulia Columbaczensis Schönbauers), von einem Dorfe im ſerbiſchen Diſtrikte Pafjarowig jo genannt, wo fie der Aberglaube der Bevölkerung aus einer Fel3höhle entjtammen läßt, in welcher Nitter St. Georg den Lindwurm erlegte. In dergleichen Felshöhlen flüchten fich nämlich die Mücden bei Unmwettern und fommen nachher gleich Nebelwolfen daraus hervor. In den Gegenden der ganzen unteren Donau verbreiten fie Fuͤrcht und Schreden unter Menichen und Vieh. So ward 3. B. unter dem 26. Juni 1813 aus Wien berichtet, daß im Banat und in einem Teile Ungarns Horn: und Boriten- vieh zu vielen Hunderten infolge diejer entjeglihen Plage während des April und Mai (im Auguft erjcheinen fie zum zweitenmal) gefallen jei. Kaum von der Größe eines Flohes, Friehen fie in Naje, Ohren und Maul der Weidetiere, fiechen, um Blut zu jaugen, und martern dieſe dergeitalt, daß fie in wahrer Tollwut von den Weideplägen weglaufen und fich infolge des Juckens und der Ihnell erhärtenden Geſchwulſt an der gejtochenen Stelle aufreiben; das fräftigite Tier Fann fih binnen 6 Stunden zu Tode gehegt haben. Bei dem Menjchen fallen die Gnigen am liebjten in die Nugenwinfel ein. Die Columbatſcher bejprochene Art ftimmt nicht mit der Meigenjchen Simulia maculata, es wie man gewöhnlic, annimmt, überein, jondern wird von Schiner nad) Vergrögent. im Weingeifte aufbewahrten Stüden, welde Kollar an Ort und Stelle gefammelt und in der Natur beobachtet hatte, wie folgt bejchrieben: „Unter den Hunderten von Eremplaren findet fich Fein einziges Männchen, das Weibchen it ſchwärzlich, überall mit weißlicher Beltäubung und mejlinggelber Behaarung dicht bededt, jo daß das Rücken— ſchild, bejonders vorn, ein jchieferbläuliches Ausjehen erhält; der Hinterleib weißgelb, oben bräunlich, doch jo, daß die weißgelbe Farbe an den Einjchnitten noch ziemlich weit hinauf: reicht, an trodenen Stüden oft nur die Bauchjeite gelb und der Rüden jehwarzbraun. Die Fühler find ganz gelb, die Tafter gelb oder gelbbraun, die Beine im Leben weißlich, nad) demjelben gelblich, die Spiten der Schenkel und der hinteren Ferje braun, die vorderen Füße durhaus jhwarzbraun, die Flügel glashell. Der Körper mißt 3,37 bis beinahe 4 mm. Die zahlreihen Namen, welche viele Arten von den Kerffundigen erhielten, legen Zeugnis von den Schwierigkeiten ab, welche mit deren richtiger Erkennung verbunden find.“ Wem wären nicht ſchon im erjten Frühjahr die plumpen, ſchwarzen Fliegen aufgefallen, welche an den noch dürren Grasipischen hängen, über welche die rauhe Märzluft hinjtreicht, welche träge an Bujchwerf umherkriechen, bejonders da, wo ſich die Blattläuje zu zeigen be- ginnen, aber auch bei warmem Sonnenschein ſchwerfällig umberfliegen und dabei die Beine loje herabhängen laſſen? Zulegt, wenn fie fih mehren, ſieht man fie an gleichen Stellen paar: weije aneinander hängen und wundert fich über die große Ungleichheit ſolcher Pärchen. 63 ijt die März: Saarmüde (Bibio Mareci), eine durchaus ſchwarze, außerdem noch) ſchwarz behaarte Fliege. Wir ſehen fie hier S. 488 abgebildet und haben darauf zu achten, daß das Kleinere, dickköpfige Wefen, bei welchem der Kopf faſt nur ein behaartes Auge it, das Männchen, das jchlanfere, welches durch den kleinen rüffelartig verlängerten Kopf mit den Kleinen nadten Augen noch den Müdencharafter bewahrt, das Weibchen vorjtellt. Auf 488 Vierte Ordnung: Zmweiflügler; ſechſte u. ftebente Yamilie: Seidenfliegen u. Bremfen. der hinterften Ede des Kopfes laſſen fih drei Nebenaugen erfennen, am entgegengefegten Ende plumpe, neungliederige Fühler, welche halbfugelig auslaufen, und nad) unten fünf: gliederige, gleichfall$ gedrungene Taſter. Das ftarf gewölbte Rückenſchild markiert feinen eriten Ning als zwei jcharfe Kanten, welche einen jpigen Winfel miteinander bilden. An den Fräftigen Beinen, deren hinterfte die längiten, fallen die Schenkel durch ihre Keulenform, die Borderjchienen durch einen Fräftigen Enddorn, die Klauen und Haftläppchen zwijchen ihnen durch ihre Größe auf. Die breiten, vorn ftumpfen, ftarf angeräudherten, am Border: rande ſchwarzen Flügel ericheinen wie geitielt, ihre erſte Längsader mündet hinter der Flügel: mitte in den Vorderrand, die zweite fehlt, die dritte Fommt aus der Wurzel der erften, ver- bindet fich mit ihr durch eine ſchiefe Querader und ijt bis zu diefer bedeutend ftärfer als weiter bin, die ziemlich gerade vierte wird hinter der Querader plötzlich unfcheinbar und gabelt fich jenfeits, die fünfte jendet aus ihrer Mitte einen oberen Aſt aus, welcher durch die immer vorhandene hintere Querader mit der vierten verbunden ijt, daher eine vollitändige hintere Wurzelzelle bildet, welche länger als die vordere ilt. Nach der Paarung legt das Weibchen 120—150 Eier an Lauberde oder an verfaulte Pflanzenſtoffe, befonders auch an Kuh: und Schafmift; die Leichname kann man dann an jolden Stellen umherliegen jehen. Die glatten, weißen Eier jpigen ſich nad vorn ſchwach zu, fie würden ſonſt vollflommen walzig jein. Nach 3 oder 4 Wochen fommen die Maden daraus hervor, die von der doppelten Länge des Eies find. Almählich dunkeln fie, bis fie braungrau werden. In Zwiſchenräumen von 12—15 Ta: gen häuten fie fih dreimal und haben mit 15 oder 17,5 mm ihre volle Größe erlangt. Es lafjen fih an ihnen zwölf Yeibesringe unter: fcheiden, von denen fich der faſt Fugelige Kopf Icharf abjegt, und von denen jeder einen Bor: IE ftenfranz trägt. Die Mundteile beftehen aus März: Haarmüde (Bibio Marei) nebft Larve und einer in ſechs Zähnen und Wimperhaaren Puppe. Die beiden letzteren vergrößert. endenden Oberlippe, hornigen Kinnbacken und Kinnladen mit dreigliederigen Taſtern und aus einer taſterloſen Unterlippe. Fühler und Augen laſſen ſich nicht wahrnehmen. Die Luft: löcher ſtehen längs der Körperſeiten. Die Larven überwintern geſellſchaftlich in lockerer Lauberde und verwandeln ſich erſt im Februar oder Anfang März in eine etwas bucklige, in zwei Spitzchen endende Puppe von 8,75—11 mm Länge. Ungefähr 14 Tage ſpäter fommen die Fliegen aus der Erde heraus, und auf Öartenbeeten fallen dann die Löcher leicht in die Augen, wenn fie zahlreich vorhanden waren; zuerſt pflegen die Weibchen, eine Woche jpäter die Männchen zu erfcheinen. — E3 gibt eine Menge von Haarmüdenarten oder Seidenfliegen, melde in ganz derſelben Weije leben, aber alle etwa3 Kleiner find. Die Gartenhaarmüde (Bibio hortulanus) geht in ihren beiden Gejchlechtern noch weiter auseinander, indem zu einem jchwarzen Männchen ein ziegelrotes Weibchen gehört, und wird im Stande ihrer jchwärzlichen, der vorigen jehr ähnlich gebauten Larve bisweilen den angebauten Pflanzen jehr nachteilig. So hatte fie beijpielsweije bei Halle im April 1875 ein jung angelegtes Spargelbeet durch Verzehren der Pflanzenwurzeln vollitändig zerjtört. Gartenhbaarmüde. Rinderbremſe. 489 Obſchon in ihrer äußeren Erſcheinung vollfommene Fliegen, haben die Bremfen, Biehfliegen (Tabanidae) die Verwandlungsweiſe und ihre Weibchen die Blutgier mit vielen Mücken gemein und können Menſchen und Tiere arg peinigen. An der hier abgebildeten Rinderbremſe (Tabanus bovinus), einer der gemeinften der 400— 500 über die ganze Erde verbreiteten Arten, mag das Wejen der ganzen Familie erläutert werden. Körpertraht und Form der einzelnen Teile erfehen wir aus dem Bilde. An der Seiten: anficht des Kopfes ragt die große, häutige Unterlippe als Nüfjelicheive weit hervor, Tann in der Ruhelage mehr zurüdgezogen werden und birgt in ihrem inneren die Stehboriten, je nad) der Art 4-6; was wir noch darüber bemerken, find die zweigliederigen Kiefertafter. Die vorgejtredten, an der Wurzel jehr genäherten Fühler bejtehen aus drei Gliedern; weil aber das dritte manchmal geringelt erfcheint, könnte man auch von ſechs ſprechen. Charakte— riftiich für die Familie ift der Aderverlauf der in der Ruhe halb klaffenden Flügel. Shre Randader geht ringsum, die dritte Längsader gabelt fi, und der obere Aſt hat mandhmal einen rüdmwärts gerichteten Anhang. Aus der Müttelzelle jtrahlen drei und aus der hinteren Wurzelzelle noch eine Längsader nad) dem Rande, beive Wurzelzellen find gleich lang, deut: li getrennt, und die Analzelle (dritte Wurzelzelle) fait bis zum Flügelrande verlängert. Bon den fünf Hinterrandzellen jchließt ſich die erſte zumeilen. Obſchon deutlihe Flügelſchüppchen vorhanden find, werden die Schwinger doch nicht veritedt. An den unbeborjteten Beinen bilden drei Haftläpphen eine Eigentümlichfeit der Familie. Die genannte Art gehört zu den ftattlichiten bei uns einheimijchen Fliegen, hat unbehaarte Augen, welche bei ven Männchen immer auf dem Scheitel zufammenftoßen, feinen Anhang am Borderafte der dritten Längsader, hellgelbe Schienen und dreiedige Rüden: flede am ſiebengliederigen Hinterleibe, als dejfen Grundfarbe ein büfteres Wachsgelb vorherriht. Das ſchmutzige Rückenſchild wird nn Ha ——— durch gelbliche Behaarung ziemlich verdeckt. Die halbmondförmig anſicht des Kopfes. Natürl. Gr. ausgeſchnittenen Fühler ſind nie ganz ſchwarz, die Flügel bräun— lichgrau, ihr Geäder gelbbraun. Die gegebene Beſchreibung reicht aber noch nicht aus, um mit Sicherheit die genannte von mehreren anderen ſehr ähnlichen Arten zu unter— ſcheiden, doch können wir hier nicht weiter in das Einzelne eingehen. Durch kräftiges Geſumme verkündet die Rinderbremſe, wie ihre anderen Gattungs— genoſſen, ihre holde Gegenwart, iſt ebenſo ſchnell wieder verſchwunden, wie ſie kam, und umkreiſt im neckiſchen Spiele ihre Beute, das Weidevieh, welches bisweilen bluttriefend und ſchäumend vor Wut, wenn die unerſättlichen Weibchen in Menge ihre ſcharfen Klingen ein— ſchlagen und ihren Heberapparat wirken laſſen, den Weideplätzen entläuft. Das Wild ſucht ſchattiges Gebüſch auf, um ſich vor dieſen Bremſen zu ſchützen; denn dahin folgen ſie nicht, weil ſie den Sonnenſchein und ſomit offene Plätze lieben. Es iſt intereſſant, an ſolchen, z. B. auf einem breiten Waldwege, über dem die Sonne ſteht und drückende Schwüle ver— breitet, ihren wilden Spielen zuzuſchauen. Mit ſtarkem, ſcharfem Geſumme ſcheinen ſie ſekundenlang auf einer Stelle in Mannshöhe, auch um das Doppelte höher in der Luft ſtill zu ſtehen, die Schwingungen der Flügel folgen ſich ſo raſch, daß dieſe nur bei einer Seiten— wendung ſichtbar werden; mit einem Rucke aus unſeren Augen verſchwunden, ſtehen ſie im nächſten Augenblicke wieder an einer anderen Stelle. Mit dieſem wunderlichen Tanze ver— bindet ſich ein gar nicht unangenehmes Konzert, wenn zehn und zwölf Stück längs jenes Weges gleichzeitig ſich tummeln. Dem Menſchen gegenüber zeigen ſie ſich ungemein ſcheu und pflegen ſich nur dann auf ihn herabzulaſſen, wenn er bewegungslos ſtehen bleibt. An rauhen Tagen ſitzen ſie gern an den Stämmen der Bäume, aber nicht feſt; denn wenn man ſich 490 Vierte Ordnung: Zweiflügler; fiebente und achte Jamilie: Bremjen und Raubfliegen. einer jehr behutfam naht, um fie zu fangen, huſcht fie unter der Hand davon. Auch kann man fie in Menge an jchadhaften Eichſtämmen den ausfließenden Saft ſaugen jehen, in der Weiſe, wie fie zu neun Stück unfer Gruppenbild „Herrſchaft der Fliegen‘ vorführt. Die Larve gleicht denen der Erdfchnafen, hält ſich wie dieje gejellig auf Wiejen in lockerer Erde auf, wahricheinlih von Grasmwurzeln lebend, und Fann fich dur Ausreden des vorderen Körperteiles jehr verfchmälern. Der kleine, glänzend.braune Kopf trägt zwei Fühler, Freßjpigen und zwei nad) unten gefrümmte Häkchen, welche wie die jeitlihen, am Bauche liegenden Fleifchwärzchen das Fortkriehen unterjtügen. Die zwölf Leibesringe jehen graulich aus und haben jhwärzliche Gelenke. Das dide Schwanzende trägt eine jenf- rechte Spalte mit den Luftlöchern. Im Mai ift nad) der Überwinterung die Made erwachjen, jtreift ihre Haut ab und verwandelt fih in eine zolllange Mumienpuppe, die etwa der der Schnafen gleiht, grau von Farbe, am Hinterrande der (acht) Hinterleibsringe mit Franſen grauer Haare, am legten mit einem Borjtenkranze bejest iſt, mit deſſen Hilfe fie fich aus der Erde hervorarbeitet. Zwei Höder vorn dienen ihr zum Atmen. Im Juni jchlüpft die Fliege aus, und hat fie ihr Wefen in der oben bejchriebenen Weile getrieben, jo legt das befruchtete Weibchen feine Eier in Haufen von 300—400 an Orasitengel, woraus fi) nach 10 oder 12 Tagen die jungen Lärvchen entwideln, wenn nicht Eleine Schlupfweipen, der zu ſtarken Vermehrung diefer Bremſe vorbeugend, diefelben ſchon angejtochen hatten. Sp geräufchvoll ich die Viehbremſen ihren Opfern nahen, fo jtill und Hinterliftig thun es zwei andere Fliegen, die derjelben Familie angehören und großen Gejhmad an Menſchen— blut finden. Die erfte ift die prächtige goldäugige Blindbremje (Ohrysops coecutiens). Goldäugig und doch blind? Das ſcheint ein gewaltiger Widerjpruch zu jein. Man gab ver- mutlich diejer Fliege jenen Namen, weil jie gegen jede Gefahr, die ihr droht, blind ift, wenn jie fich einmal zum Saugen eingerichtet hat. Ihre Zudringlichkeit fennt feine Grenzen. Die ihöne Fliege ſetzt fih bejonders an recht drücend heißen Tagen nicht nur an die entblöß- ten Körperftellen dejjen, der einen breiten Waldweg dahinwandelt, jondern auch an die Kleidungsſtücke und verfucht hier, oft mit gutem Erfolge, die ſcharfen Klingen ihres Rüſſels einzubohren, da fie gewöhnt it, unter dem dien Felle der Ninder und Pferde die Blut- gefäße ausfindig zu machen. Sie hat etwa die Gejtalt der vorigen, nur einen hinten mehr gerundeten, in feinem Verlaufe fait gleichbreiten, gleichfall3 niedergedrücten Hinterleib und mißt nur 8,75 mm in der Länge. Der ſchwarze VBorderrand und eine jchwarze QDuerbinde über die Flügel jowie der in der vorderen Hälfte lichtgefärbte Hinterleib machen ſie auch auf der oberjten und rechtsjeitigen Dolde unferes Bildes „Herrſchaft der Fliegen‘ leicht kenntlich; die Fühler find pfriemförmig, drei deutliche Nebenaugen, welche anderen Bremjen fehlen, und Endjporen an den Hinterfchienen unterjcheiden die Gattung von der vorigen. Man findet dieje Fliege und einige andere, ſchwer davon zu unterjcheidende Arten im Mai und Juni honigjaugend auf den Blumen. Die Gemwitterihwüle jcheint ſie erit zudringlich und blutdürjtig zu machen. In den genannten Monaten erjcheinen die Mitglieder der ganzen Familie, im Juli haben fie jchon mehr abgenommen und find im Auguft mit wenigen Aus: nahmen, wozu dieje und die folgende Art gehört, fait ganz verfchwunden. Nah Jännickes Beobachtungen in Frankfurt a. M. ſcheint jedoch die glauäugige Bremje (Tabanus glau- copis) nur im Herbit zu fliegen. Kaum größer, aber jchlanfer ijt die dunfelbraune, grau gezeichnete Negenbremje (Haematopota pluvialis). Sie hat jhwarzgraue, hell marmorierte Flügel, in der oberen Hälfte purpurn ftrahlende Nebaugen, feine Nebenaugen und feine Enddornen an den Hinterjchienen. Beim Männchen ift das erſte Fühlerglied did angefchwollen, beim Weibchen lang und dünn, hier wie dort das Endglied pfriemförmig und an der Spiße dreiringelig. Die lihtgrauen Zeichnungen beitehen am Rückenſchilde aus Längsftriemen, Blindbremje. Regenbremſe. Dlandiihe Habichtsfliege. 491 - am Hinterleibe aus Bunftreihen und den Querlinien der Gelenfeinjchnitte. Ihren Namen verdankt die Fliege der befonderen Liebhaberei, fich bei Sprühregen oder aud) vor drohenden Gemwittern am zudringlihften und blutdürftigiten zu zeigen, zu 10 und 20 jammeln fie fih dann auf der Unterfeite eines aufgejpannten Regenſchirmes an, und ſchwer wird es, fich ihrer zu erwehren; an irgend einer Stelle weiß eine oder die andere, und wäre es durch die Kleidung hindurch, ein Blutgefäß zu treffen. Die Nenntiere Lapplands jollen von ihnen ganz unglaublich heimgejucht werden und manchmal von den zahlreihen Stich— wunden auf der ganzen Haut mit Grind überzogen jein. Die Entwidelung der beiden genannten Arten verläuft in derjelben Weiſe wie bei der Rinderbremſe. Blut ift, wie wir jahen, die Lofung der weiblichen Bremjen, Blut, aber fein warmes und rotes, jondern folches, wie es in einem Kerfleibe fließt, die Zofung von Männchen und Weibchen zahlreicher Arten, weldhe zur Familie der Raubfliegen (Asilidae) ver- einigt worden find. Namen, wie Habichts-, Wolfs-, Mord:, Naubfliegen und andere, lafjen uns den Charakter einzelner Stämme diejes Volkes einigermaßen erraten. Die Naubfliegen erfennt man an dem meift jchlanfen, geftredten Körper, den Fräftigen Beinen, welche zwijchen den Klauen zwei Haftlappen tragen, an dem Knebel» und Badenbarte und an dem meiſt langgeftredten dritten und legten Fühlergliede, welches eine Endborjte oder einen gegliederten Griffel trägt; der kurze, jpige Nüffel ſteht wagerecht oder ſchräg, jelten jent- recht aus dem Munde hervor, hat einjchließlich des mefjerförmigen Unterfiefer3 nur vier Borften, eine verhornte Unterlippe und ein» bis zweigliederige Tajter. Die meiſt glogen- den Augen find bei beiden Gejchlechtern durch eine Scheitelfurche getrennt, daher erjcheint der Kopf breit und kurz, und die Punktaugen jtehen zu dreien dicht nebeneinander, oft auf einer Erhöhung. Der Hinterleib gliedert ſich in acht Ringe, deren letter die Legröhre und männlichen Gefchlehtswerkeuge erkennen läßt. Wegen der Kleinen Flügelſchüppchen bleiben die Schwinger unbedeckt. Die Flügel liegen in der Ruhe platt dem Rüden auf, haben eine gegabelte dritte Längsader, eine Mittelzelle, 2—3 Unterrandzellen und ihrer fünf des Hinterrandes, von denen die dritte und vierte öfter verengert oder geſchloſſen, jelbjt geftielt vorkommen. Die Analzelle reicht bis zum Nande und jchließt ſich hier bis- weilen. — Die Larven, welche man erſt von wenigen Arten fennt, leben flach unter der Erde, bejonders in feuchtem Sande, in Wurzeln und totem Holze, von denen fie zehren, find lang— gejtredt und niedergedrüct, haben einen deutlichen Kopf und vorn und hinten Zuftlöcher. Ihre Verwandlung in eine Mumienpuppe erfolgt nach Abjtreifen der legten Yarvenhaut. Naturgemäß zerfallen die Ajiliven in zwei Gruppen, je nachdem die zweite Längsader in den Flügelrand (Leptogaster, Damalis, Ueraturgus, Dioctria, Dasypogon) oder in die erjte Yängsader mündet (Laphria, Asilus, Ommatius), die Randzelle aljo offen oder geihlojjen ift. Durch legteren Umftand wird die Flugfraft, wie man dies auch bei anderen Gattungen beobachten fann, außerordentlich verjtärkt. ES gehören demnach in die zweite Gruppe die flugfertigen kühnen Wegelagerer, denen faum eine erlefene Beute zu groß, zu ſtark oder zu fejt gepanzert ift, wogegen die erjteren im Fluge träger find, zwijchen Halmen und Blättern jtrauchdieben und ihre wehrloje Beute morden. Die 15 mm mefjende, ſchlanke ölandiſche Habichtsfliege (Dioctria velandica, Fig. 1, ©. 492), welche ihren Namen von der Injel Oland an der jhwedijchen Küjte erhals ten hat, breitet jich über ganz Europa, mit Ausnahme jeines jüdweitlichen Teiles, aus und findet fih im Sommer häufig auf Gebüſch. Lauernd figt fie auf einem Blatte in der hier wiedergegebenen Stellung und jtürzt fich auf das Mücken, die neugierige Fliege, 492 Vierte Ordnung: Zweiflügler; achte und neunte Familie: Raub: und Tanzfliegen. welche ohne Arg in ihrer Nähe Pla nimmt; auch die fette Spinne ift nicht ficher vor ihr. ° Dan erkennt fie leicht an den Schwarzen Flügeln, dem glänzend fchwarzen Körper und an den ziemlich langen, rotgelben Beinen, an welchen nur die Füße und Schienenſpitzen ſchwärz— lich find; der Anebelbart, die inneren Augenränder, einige Flede an den Seiten des Bruft: faftens und zwei Striemen auf dejjen Rücken ſchimmern mejfinggelb. Beling bejchreibt im „Archiv für Naturgefhichte”, Jahrgang 48, © 195, Larve und Puppe. — Löw nimmt jieben europäijche Arten der Gattung an, indem er ebenjo viele außerdem bejchriebene als Abänderungen in der Färbung unter jene verteilt. Sie wird charakterifiert durch die meijt einem Stirnhöder aufligenden Fühler von fait Mittelleibslänge, deren drittes, längſtes Glied mit zweigliederigem, ſtumpfem Endgriffel verjehen ift, durch einen ſchmal walzigen, eingefrümmten Hinterleib und durch die inwendig gemwimperten Hinterbeine. Auch Nord: amerifa bleibt nicht ohne Vertreter dieſer Gattung. Die Steifbärte (Dasypogon) find unterjegte Fräftige Habichtsfliegen, deren Fühler in einen ſpitzen Griffel enden; ein ftattlicher Knebelbart und ein Endhafen an den Border- Schienen unterjcheiden fie weiter von den vorigen. Die Arten finden fich zahlreich über alle Erd: teile verbreitet, in Deutſchland nicht jelten der 15—17,; mm lange deutjche Steifbart (Da- sypogon teutonus). Er ift glänzend ſchwarz, an Schienen, Schenkeln und Fühlern rojftrot, am Bruftrüden braun geftriemt, an den Seiten mejlinggelb. Den beim Weibehen mehr niederge: drüdten, beim Männchen walzigen Hinterleib zeichnen filberweiße Seitenflede aus, die Flügel eine lebhaft gelbgraue Trübung. Die laphriaartigen Naubfliegen haben zunächſt eine gejchlojjene Randzelle und am Ipindelförmigen Endgliede der Fühler weder einen Griffel noch eine Borfte, mit Ausnahme einer Art (Laphystia sabulicola) von der Heinafiatiihen Küfte. Die Mordfliegen (Laphria) lieben es, ihren überall gleihbreiten, etwas niedergedrüdten und oft bunt bes haarten Hinterleib feit an einen Baumftamm anzudrüden, den Kopf nad) unten gewendet, die haarigen Beine weit von fich zu ftreden und, von der Sonne bejhienen, das glüdlich erhaſchte Schlachtopfer zu verzehren. Nehmen wir zu diefem Bilde noch einen dichten, bis zu den Fühlern hinaufreichenden Knebelbart, jo haben wir alle Merkmale vereinigt, welche die Gattung Fennzeichnen. Bei den einen bleibt die erfte Hinterrandzelle offen, bei den anderen jchließt fie fih. Zu jenen gehört beiſpielsweiſe die im nördlichen und mittleren Europa gemeine, 13—17,;5 mm mefjende gelbleibige Mordfliege (Laphria gilva). Sie iſt durchaus ſchwarz behaart, an Kopf, Mittelleib wie an der Wurzel des Hinterleibes mijchen fich weiße (feine gelben) Härchen unter, nur von der Mitte des zweiten Ringes an beginnt ein lebhaft rojtroter Haarfilz, welcher den Seitenrand nicht erreicht und am Hinterrande des fünften Ringes entweder plötzlich abbricht oder ſich noch über die Mitte des jechjten als roftroter Schimmer fortjegt, oder endlich den echten in gleicher Weile wie den fünften bevedt. Bon den Fühlergliedern ift das erfte faft doppelt jo lang wie das zweite, daS dritte jehr Feulenförmig, länger als die beiden erjten zujammengenommen. Die Flügel erjheinen um die Adern getrübt. In der oben angegebenen Stellung jaugt diejer Fühne Räuber feine Beute in aller Ruhe aus, fliegt aber auch unter ftarfem Gejumme 1) Slandifhe Habichtsfliege (Dioctria oelandica). 2) Gewürfelte Schnepfenfliege (Empis tessellata). Natürliche Größe. ‘is Br ai ’ = E * — — J— — ni “ 4* 1 “at An h [3 Di . i RS J 0 Mi k “r) Deutjcher Steifbart. Gelbleibige Mordfliege. Hornijjenartige Raubfliege. 493 davon, wenn man ihm zu nahe fommt. Auf unjerem Gruppenbilde „Herrichaft der Fliegen“ jehen wir eine gelbleibige am Eichenjtamme. Ihre Zarve lebt hinter Kiefernrinde und wird von Beling nebſt der Puppe in der oben angeführten Zeitjchrift befchrieben. Die afilusartigen Raubfliegen endlich unterjcheiden fich von den vorigen durch die End— borfte des dritten Fühlergliedes. Die Fliegenfenner, wie ein Wiedemann, Macquart und Löw, haben die vielen Hunderte von Arten, welche fich auf der Erde verteilen, nad der Geſtalt des Hinterleibes und dem Flügelgeäder, ob drei Unterrandzellen oder nur zwei vorhanden, oder ob die zweite mit Aderanhang verjehen oder ohne ſolchen ift, und nad) ähnlichen, noch feineren Merkmalen in zahlreiche Gattungen gejchieden. Die Naubfliegen im engeren Sinne (Asilus) haben mit den laphriaartigen die geſchloſſene Nandzelle ge- mein, zeichnen ſich aber durch zwei Unterrandzellen (Zelle 8 im Müdenflügel S. 472) aus, indem fich die dritte Längsader gabelt, während die zweite feinen Aderanhang hat; ferner durch die nacdte Fühlerborite oder, wie man jagen Fünnte, den „borjtenartigen Griffel“, deſſen erites Glied viel fürzer als das zweite ift, und durch den Mangel der Enddornen an den Mitteljchienen, während jonft die Beine an Stacheln und Haaren eher Überfluß haben. ES find einige hundert Arten aus allen Weltteilen befannt, von denen auf Europa allein an hundert fommen, faft alle von jchlihtem, braungrauem Gewande. Am fennt: lichiten macht fi) durch ihre graugelbe Färbung die in ganz Europa bis tief nad) Aſien hinein verbreitete Hornijjenartige Raubfliege (Asilus erabroniformis); an Kopf, Cchulterbeulen, einigen Rüdenftriemen, den Beinen abwärts von den Echenfeln und den legten Hinterleibsringen geht die Grundfarbe in reineres Gelb über, und an der Wurzel des Hinterleibes weicht fie einem braunen Samtſchwarzz; auch die roftgelblichen Flügel haben an der Spige und am Hinterrande einige dunklere Fledchen. Die Art ericheint gegen andere arın an Haaren, Man trifft die in ihrer Länge zwiichen 15 und 24 mm jchwanfende Art nicht felten an, wenn man an einem Stoppelfelde vorübergeht. Wenige Schritte vor unjeren Füßen jummt fie mit ftarfem Geräufche unerwartet in jähem Fluge auf, flach über den Boden hin und jucht Schuß vor etwaigen Angriffen an einer Stoppel mitten im Felde. Gegen Abend ruht fie gern an Baumftämmen. ch traf einft eine an einem vereinzelten Weidenbüſchchen eines Wiejenrandes an, die Krallen nahe bei einander, die Beine fteif, die Spitze des Hinterleibes eingezogen und die Flügel platt auf den Rücken gelegt, hing fie da, eher einem toten als einem lebenden Wejen gleihend. Ich faßte fie, um mich zu überzeugen, ob noch Zeben darin jei. Sofort drang aus der Leibesſpitze, den Seiten und den Fußgelenken eine milchige, efelhafte Flüffigfeit in feinen Tröpfchen heraus, was mid) unwillfürlich veranlaßte, die unangenehm werdende Fliege, welche fih im übrigen faum regte, in das Gras zu Jchleudern, was fie teilnahmlos über fich ergehen ließ. Ohne Ge- zappel und bijjiges Weſen hatte ſich der offenbar jchlafende Näuber auf diefe Weife feines Ruheſtörers entledigt. Überall auf Buſchwerk, auf Wegen, an jandigen Hängen oder Baum: ſtämmen lungern die Arten nad) Beute umher, hafhen in jprungartigem Fluge nad ihr oder ſchmauſen bereit, diejelbe zwijchen den VBorderbeinen haltend. Bon der Gefräßig: feit und Spinnennatur diefer Fliegen zeugt die Bemerkung: „das Weibchen hat nad) der Begattung das Männchen getötet und ausgeſogen“, welche na Jänickes Mitteilung unter einem Pärchen von Asilus eyanurus in von Heydens Sammlung zu lejen it. Die Tanzfliegen (Empidae) bilden eine von anderen zwar jcharf abgegrenste, unter ſich aber weniger einförmige Familie. Ein faſt fugeliger, Eleiner, vom Bruftfaften daher jehr entſchieden abgefhnürter Kopf, deffen horniger, ſpitzer Nüffel wie ein Schnabel 494 Vierte Ordnung: Zweiflügler; neunte und zehnte Familie: Tanzfliegen und Schweber. nad unten ſteht, die jchlanfe Körpergeftalt, befonders des Hinterleibes, weldher beim Weibchen ſpitz, beim Männchen mit verfebiedenen auffälligen Anhängſeln endigt, die völ- line Nadtheit des Körpers und verlängerte Hinterbeine geben dieſen Naubfliegen teilmweife ein jchnafenartiges Anjehen; nur vier Hinterrandzellen, eine gegabelte dritte Längsader und eine meift jehr Furze und gejchloffene, immer langgeftielte Analzelle fennzeichnen ihre Nlügel. Vom eriten Frühjahr an fallen ihre Tänze und Sagden auf, welche fie unter Bäumen, neben Buſchwerk oft in Scharen ausführen. Während jener paaren fie fih, und gar nicht jelten fieht man den einen Gatten, wie er ein gewürgtes Inſekt zwiſchen den Vorderbeinen hält und gierig daran jaugt, ſchwelgend in dem Doppelgenufje, welcher den Kerfen überhaupt nur für ihre furze Lebenszeit geboten wird. Da dieje Fliegen ihre Beute, welde nur in kleinen Kerfen befteht, mit den Beinen ergreifen, wie alle echten Raub— fliegen, jo erfahren dieſe allerlei Umgeftaltungen: man erblidt auffallend verdidte Fuß: glieder, dicht gefiederte Beihuppung an Schenfeln und Schienen, Krümmungen einzelner Teile, kurz eine Mannigfaltigfeit in der Bildung der Beinchen, wie fie bei feiner zweiten Familie wiederfehren dürfte. Manche Arten befuchen auch gern Diſteln, Schafgarbe, Flock— blumen und andere Forbblütige Pflanzen, aus denen fie nicht jelten, über und über bis zur Unfenntlichfeit mit Blumenftaub bededt, wieder hervorfommen. Die einen erjheinen im erften Frühling, andere erſt im Herbſt; die einen tanzen am Tage, andere nad Müden: weife des Abends; die Mehrzahl ift den Fälteren Gegenden und dem Gebirge eigen. Die wenigen Larven, welche man bis jett kennt, zeichnen fih durch jehr ftarfe Einſchnürung zwiſchen den Leibesgliedern aus und leben in der Erde. — Nach der Verichiedenheit des Alügelgeäders innerhalb der gegebenen Grenzen gliedert fich die Familie in zahlreihe Sippen und dieje in eine Menge von Gattungen. Statt aller möge eine unferer größten Arten, die gewürfelte Schnepfenfliege (Empis tessellata, Fig. 2, ©. 492), den Familien- harakter verfinnlichen. Sie iſt bräunlihgrau, auf dem Rückenſchilde in drei Striemen ihmarz, an der Wurzel der hellbraunen Flügel gelb und ſchillert auf dem Hinterleibe würfel: artig lihter. Beim Männchen läuft der walzige Hinterleib in eine beilföürmige Zange aus, und die Augen ftoßen auf dem Echeitel zufammen. Die 13 mm lange Fliege erjcheint im Mai und Juni. Shre Larve findet fih jamt der Ruppe in oben erwähntem Archiv auf ©. 205 von Beling bejchrieben. Der gemeine Trauerjchweber (Anthrax semiatra oder morio Linnes) it durchaus jchwarz und ebenfo behaart, nur vorn am Bruftlaften und an der Wurzel des Hinterleibes herrihen fuchsrote Haare vor. Die ſcharfe Grenze der ſchwarzen Flügelzeich: nung iſt aus unferer Abbildung erfichtlih. Im übrigen charakterifieren die Gattung noch folgende Merkmale: Aus der großen Mundöffnung des halbfugeligen Kopfes ragt der jpite Rüſſel mäßig lang hervor; die weit voneinander entfernten Fühler beſtehen aus einem walzigen eriten, napfähnlichen zweiten, zwiebel- oder fegelförmigen dritten Gliede, deſſen Endgriffel wiederum zweigliederig ift. Die Negaugen ftehen beim Männchen oben auf dem Scheitel einander näher als beim Weibchen, überdies finden fich deutliche Nebenaugen vor. Der fiebengliederige Hinterleib drüdt fih etwas nieder und wird in der Nuhe von den balboffenen Flügeln nur teilweife bevedt. Dieſe find bei anderen Arten, deren die heißen Länder eine große Menge jehr ftattliher ernähren, wieder in anderer Weiſe ſchwarz ges zeichnet, ihre dritte Längsader gegabelt, der obere Zinfen ftarf S-fürmig geſchwungen, am Grunde bisweilen mit einem Aderanhang verjehen; die zweite entjpringt jcheinbar aus der dritten, die Feine Querader ſteht auf der Mitte der Mittelzelle ſenkrecht oder rüdt wohl auch der Wurzel etwas näher; die genannte Zelle entjendet drei Adern, die legte Gemwürfelte Edhnepfenfliege. Gemeiner Trauerfhmweber. Gemeinſchweber. 495 aus der Nähe der Wurzelzelle; vier offene Hinterrandzellen, eine bis zum Flügelrand reihende Anal: und zwei Unterrandzellen fommen bier in Betracht. In bevähtigem, aber gewandtem Schwebfluge zieht dieje Fliege und andere Arten diefer Gattung über der Erde hin, am liebften an recht dürren, fonnenverbrannten Ort: lichkeiten, jeßt fi) von Zeit zu Zeit auf einen Stein zum Ausruhen oder ſaugt mit dem Rüſſel an einer feuchten Stelle, um fi zu erquiden. So fieht man fie in fortwährender Gejchäftigkeit an Wegen und in öden Sandgegenden, jolange die Sonne ſcheint. Bei rauhem, unfreundlihen Wetter ſitzt fie feft auf Blättern, an Gras, auf der Erde, mehr oder weniger verftedt und läßt alles über fich ergehen. Die Trauerfliegen ſchmarotzen bei Erdbienen, anderen Hautflüglern und wohl aud in Schmetterlingsraupen; Einzelheiten aus ihrem Leben find mir nicht befannt geworden. Ich erzog die hier abgebildete am 13. April 1858 aus dem danebenliegenden, geiponnenen Gehäufe, defjen Urjprung ich aber nicht angeben fann, weil ich es unter Gebüfch in einem Walde aufgelejen hatte. Daß die Larve verſchiedene Wirte bewohnen muß, geht aus der verjchiedenen Größe der Fliege her: vor, die zwifchen 4,5 und 13 mm ſchwankt. Andere Arten ſchweben an alten Lehmwänden, welche von Smmen reich bewohnt find, auf und nieder, entichieden um ihre Eier unterzu= bringen, oder zur Stärkung ihrer Kräfte an dem Raſen des blühenden Quendels. Es gibt auch unter den Trauerſchwebern größere Arten, welche die Trauerfarbe mit Fuchsrot vertauscht haben und fo zu den folgenden überführen. Eitmas vericiebene Mörpertacht zeigen Semsinst Franerlänsber Anthrer senlk) nit die Gemeinjhweber (Bombylius), welche ſchlüpft ift. Natürliche Größe. ih in mehr als 100 Arten über die ganze Erde verbreiten, gedrungener von Körperbau, teilweife hummelartig find und auf dem Körperrüden ein dichtes, ungemein hinfälliges, gelbliches, graues oder anders gefärbtes Haarkleid tragen. Von den Trauerfchwebern unterſcheiden fie fih durch den verhältnis- mäßig viel Eleineren Kopf, die nahe zufammenftehenden Fühler, deren drittes Glied Fegel-, pfriem= oder blattförmig ift und einen dreigliederigen Endgriffel trägt, und durch den langen, wagerecht vorjtehenden Rüſſel. Im erſten Frühjahr ericheinen die Gemeinſchweber an gleichen Stellen wie die vorigen, fteden aber ihren langen Rüffel häufig in eine Blumenfrone und lafjen dabei einen jcharf pfeifenden Ton hören. Sie erinnern in diefer Beziehung an die Schmwärmer unter ven Schmetterlingen; man fieht fie nämlich hierbei nicht figen, jondern jtet3 in [hwebender Bewegung. Sie ruhen aber auch auf Blättern, an der trodenen, dürren Erde aus und figen, wenn die Sonne nicht jcheint, an gleichen Etellen regungslos feit. Der Bombylius venosus jtedt auf unjerem Frühlingsbild als mittelftes der drei höchſten Kerbtiere jeinen langen Rüfjel in ein Weidenfäschen und gehört zu den in Europa jehr verbreiteten, überhaupt bedeutend überwiegenden, graugelb behaarten Arten, und zwar zu denen, wo der Hinterkopf lange und die Stelle hinter den Augen noch längere, ſchwarze Haare trägt. Die Entwidelungsweife haben die Gemeinjchweber mit den Trauerflieger gemein, fie Shmarogen bei verſchiedenen Hautflüglern. 496 Nierte Ordnung: Zweiflügler; elfte Familie: Waffenfliegen. 56 war am 27. Juli 1856, al$ ich einen dem Inſektenfange geltenden Ausflug unter: nahm. Der Tag war heiß, und Kerfe allerlei Art, befonders Fliegen, umjchwärmten ge: ihäftig den bunten Teppich eines reichen Pflanzenwuchjes. Eine ungemein zierliche Fliege (Stratiomys furcata) jaß am Nande eines kleinen Wafjertümpels ruhig auf der Unter: feite eines Schilfblattes, etwa in Manneshöhe über dem Spiegel des nicht jpiegelnden, mebr ſchlammigen Loches, und zog um jo mehr meine Aufmerfjamfeit auf fih, als id) diefe Art bisher nur in jchnellem, aber geräufchlofem Fluge Blumen aufjuchen jah und dort mit großer Ausdauer und Vorficht auch einige Stücke erbeutet hatte. Won der Schüch⸗ ternheit und Eile dieſer Art vollkommen überzeugt, nahte ih mich mit der größten Vor: ficht und erreichte meinen Zwed. Die Fliege blieb nicht nur figen, ſondern fuhr in ihrer Beihhäftigung, Eier zu legen, fort. Ein anfcheinend filziger Klumpen hinter ihr wurde größer, indem fie mit der ſonſt zurücgezogenen, jest bemerkbaren Spite ihres Hinterleibes mehr und mehr vorwärts rüdte. Weiteres zu beobachten war mir bei der Entfernung nicht möglich, der unfichere Boden unter meinen Füßen erlaubte Fein weiteres Vordringen, und diefes würde, wenn es möglich) gewejen, die Fliege ficherlich verfcheuht haben. Ich fing fie jchlieglih und bemächtigte mich des Blattes mit den Eiern. E3 mochten einige hundert walzige, grünlichgraue, etwa 2,25 mm lange Körnchen fein, welche gedrängt nebeneinander ſchräg aufrecht ftanden, von einer grünlichen Salbe feitgehalten und in fie ein- gebettet waren und in ihrer ganzen Erjcheinung große Zartheit ver: Weibchen der gemeinen teten. Ich nahm fie mit heim und bemerkte, daß jie bald dunkler Waffenfliege (Strati- wurden. Sie famen in Vergefjenheit, und nad) etwa 10 Tagen er users Natur- fanden ſich wenige winzig Heine, lanzettförmige, tote Lärvchen in der Schadtel. Ein anderes Mal trug ic) am 29. Mai eine Menge von Schilfſtengeln ein, an welchen die Eier der Stratiomys longicornis angeflebt waren; nad) 8 Tagen frochen die Yarven aus, befamen Waſſer, wollten aber nicht gedeihen. Cie hatten ganz die Form der ausgewachjenen Zarve und krochen gern an den Wänden des Glasge— fäßes über das Waſſer in die Höhe. Eine erwachjene Stratiomys-Larve ſpitzt ſich nad den Enden und jchärft ſich an den Seiten zu, jo daß ein Querjchnitt derjelben ungefähr dem einer Linſe gleicht. Yon den zwölf Leibgliedern dedt an den vier vorderiten der Vorder: rand des nächiten allemal den hinteren Rand des vorangehenden Gliedes, das vierte da: gegen aber auch mit feinem Hinterrande den Vorderrand des folgenden, und in diefer um— gefehrten Weile geht e3 bis an das Ende. Will man den Bau des Leibes mit der Einrich— tung eines Fernrohres vergleichen, jo würde aljo vom legten bis zum vierten Gliede jedes in das vorhergehende und von der anderen Seite das erjte wieder bis zu demjelben vierten fich einſchieben laſſen. Sie alle find bräunlich erdgrau gefärbt und erjcheinen bei näherer Betrachtung durch ſchwärzliche Längsſtriche und Pünktchen auf ihrer Oberfläche wie hagri= niert. Die äußerite Schwanzſpitze führt eine Offnung, nicht als Abzugsfanal der Auswürfe, defjen Mündung etwas weiter nad) vorn liegt, fondern zum Atmen, und ift mit einem Kranze zierlich gewimperter Härchen umgeben. Dieſe breiten fich fternartig aus oder klappen fid), nad) oben mit ihren Spigen zufammenftoßend, in der Weije zufammen, daß fie einen hohlen, fugelähnlihen Raum einfließen, weil fie Bogenlinien darftellen. In ihren Bewegungen haben dieje Larven viel Ähnlichkeit mit den oben erwähnten Larven der Stehmüden. In S- und O-förmigen Windungen, das Schwanzende nad) oben, den Kopf nach unten, ſchlän— geln fie fich auf und nieder und hängen oft auch jenfrecht mit ausgebreitetem Schwanz— ftern an der Oberflähe. Sobald fie untertauchen, nimmt legterer die erwähnte Kugel: gejtalt an und jhließt ein filberglänzendes Luftbläschen ein, einen Vorrat zum Atmen und dazu geeignet, diefen Larven einen längeren Aufenthalt unter dem Wafjer zu geitatten. Gemeine Waffenfliege. 497 Am Schwarzen, hornigen Kopfe ftehen zwei einfache Augen, vorn eine Art Schnabel und daneben ein Baar beweglicher Kiefer, Fühler, oder wie man jonft die gezahnten und be— wimperten Werkzeuge nennen mag, welche ſich in fortwährender Bewegung befinden. Beim Fortkriehen im Schlamme werden fie zum Einhafen gebraucht, jo daß die Larve dabei an die Gewohnheit eines Bapageien erinnert, der fich feines Schnabels als dritten Fußes zu bedienen pflegt. Sie häutet ji mehrere Male. Zur Verpuppung reif, verläßt fie das Waſſer und juht Schuß unter einem Steine. Unter einem ſolchen fand ich am 12. April einige Larven mindeſtens 2 m entfernt von Wafjerjpiegel eines Teiches und an einer Anhöhe, die an 2 m über demjelben lag; bemerkt jei no, daß der Teich im voran- gegangenen Sommer einen fehr niedrigen Wafjeritand gehabt hatte und auch beim höc)- jten jenen Stein nimmer hätte erreichen fünnen. Sch brachte fie im geheizten Zimmer auf ziemlich trodene Erde, unter welde fie fih etwas eingruben, und am 14. Mai erjchten die erite Fliege, ein Männchen der Stratiomys longicornis. Das Herausfriechen der Larve aus dem Waffer ift jedoch nicht unumgänglich notwendig, denn man findet die Puppen auch an dejjen Oberfläche zwijchen Meerlinjen und anderen ſchwimmenden Wafjerpflanzen. Die: jelben gleichen einer zufammengejchrumpften, verfürzten Larve, deren Vorderteil fich vor: zugsweije zurüdzieht, jo daß er etwas edig wird und die Hornhafen des Kopfes wie ein Zäpfchen vorjtehen. Troß der, wie man meinen jollte, gegen Schmaroger geſchützten Lebens: weije find auch dieje Larven nicht ficher vor ſolchen. Ein Dickſchenkel aus der Familie der Chalfivier (Smicra clavipes, Fig. 1, S. 325) verdankt ihnen feinen Urjprung. Was nun die Fliege jelbit anlangt, jo jehen wir hier in der gemeinen Waffen: fliege (Stratiomys chamaeleon) eine der verbreitetiten Arten. Der Kopf iſt an den dicken Baden, welche etwas leiftenartig hervortreten, lebhaft gelb gefärbt und ebenjo das Gefiht mit Ausschluß einer ſchmalen, ſchwarz glänzenden Längsitrieme. Die Nebaugen berühren fich beim Männchen auf dem Scheitel. Das Endglied der vorgejtredten Fühler erjcheint fünfringelig und etwas breitgedrüdt. Der gefniete, fleifchige Rüſſel wird in der Ruhe eingezogen getragen und birgt in feinem Inneren zwei furze Boriten, welche nie itechen; jeine Eleinen Taſter find zweigliederig. Die Fliegen erhielten ihren deutichen Namen von dem mehr over weniger gelb gefärbten Schildchen, welches an jeinen abgerundeten Hintereden mit je einem jpießartigen, ſchräg aufjteigenden Dorne bemwehrt it. Auch die Beihnungen am breiten Hinterleib und die Beine find, bis auf einen ſchwarzen Ning um die Schenkel, gelb. Die Flügel liegen in der Ruhe platt auf dem Körper, welchen fie jeiner Breite wegen an den Seiten nicht deden, ihre Nandader reicht nur bis zur Spitze, und Die vorderen Längsadern drängen fich aneinander, jo daß die Mittelzelle weit vorrüdt; fie ent— endet vier blajje, ftarf gebogene, den Flügelrand nicht volllommen erreichende Längsadern. Die dritte Längsader gabelt fih. So geräuſchlos die Waffenfliegen von Blume zu Blume, bejonders der Dolden, fliegen, jo ſtarkes Gebrumm erheben jie, in die hohle Hand ein— geſchloſſen. Zahlreiche andere Gattungen, deren Larven meiſt nicht im Waſſer leben, reihen jih noch der über alle Erdteile verbreiteten Familie an. Sämtliche bisher beiprochenen Dipteren nebjt zahlreichen nicht erwähnten werden als Ortorrhapha zujammengefaßt, weil die Buppenhaut ſich unregelmäßig oder in einer Längs— ipalte beim Ausſchlüpfen des Gejchlechtstieres öffnet; überdies haben die Yarven einen ab: gejchiedenen Kopf. Alle folgenden bilden die Gruppe der Oyclorrhapha, wo die Larven fopflos find und die Buppenhaut fih in Form eines Dedels abhebt. Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 32 498 Vierte Ordnung: Zmeiflügler; zwölfte Familie: Schwirrfliegen. Durch Neihtum an auffälligen, nirgends fehlenden Arten zeichnen fih die Schwirr- fliegen oder Schwebfliegen (Syrphidae) aus und bilden eine der größten Fliegen: familien. Im einzelnen verjchiedengeftaltig, erkennt man die Glieder derjelben an einer überzähligen Längsader, welche, die Feine Querader durchſchneidend, fich zwiſchen der gewöhnlichen dritten und vierten Längsader einjchiebt; jene ift nie gegabelt, wohl aber im legten Drittel zuweilen buchtig geſchwungen, am auffälligiten in der Sippe der Griftalinen. Die erſte Hinterrandzelle ift immer geſchloſſen, die Analzelle bis oder falt bis zum Flügel: vand verlängert. Bei allen erreicht der halbfugelige Kopf die Breite des Rückenſchildes, höhlt fich unter den dreigliederigen Fühlern etwas aus, tritt im Untergeficht nafenartig hervor, trägt auf dem Echeitel drei deutliche Nebenaugen, die Neßaugen beim Männchen aber in enger Berührung und birgt in der großen Mundöffnung meilt vollftändig den fleiihigen, mit breiten Saugflächen und ungegliederten Taftern ausgerüfteten Nüfjel. Die Schwebfliegen find fleifige Beſucher von Blüten und verlauftem Gefträuch und zeichnen fich durch ihren gewandten, zum Teil wilden Flug aus. Sn der Hauptjache grün gefärbte, die einen reiner, die anderen mehr grau getrübt, den Blutegeln an Geftalt und Bewegungen ſehr ähnlihe „Würmer“ (Fig. 3, ©. 499) fieht man im Sommer auf den Blättern zwijchen Blattläufen figen. Es find die den zahlveihen Syrphus-Arten angehörenden Maden. Ihre Gejchmeidigfeit und Gewandtheit erreicht einen hohen Grad, denn fie veritehen es, ihren Körper jpig vorzuftreden und wiederum von beiden Enden jo nad der Mitte zufammenzuziehen, daß er beinahe die Ge— jtalt eines Dvals annimmt (Fig 4), jobald man fie anfaßt. Mit Fleifhwarzen am hinteren Körperende halten fie ſich feit, während die größere Borderhälfte taftend und immer dünner werdend in der Luft umherſucht. Am vorderen Ende unterjcheidet man nichts weiter als zwei Hornhäfchen und dazwiſchen ein dreiſpitziges Hornplättchen. Mit jenen hält fich die Larve feit, wenn fie den Körper lang ausgejtredt hat, um mit dem Hinterende loszulaffen, es nachzuziehen und auf dieje Spannende Weife fich fortzubewegen; mit diefem jpießt fie ihre Beute, die wehrloſe Blattlaus, an, zieht den Teil dann etwas in den Körper zurüd, jo daß die Blattlaus fih an den dadurch entitehenden Nand legt und gleich einem Pfropfen auf der Flajche einen Verſchluß bildet. Wie der Kolben einer Pumpe bewegt fi der vorderjte Körperteil, welchen wir füglih nicht als Kopf bezeichnen dürfen, vor: und rüdwärt3 und pumpt den Saft förmlich aus. Wenn die Larve Hunger bat, iſt nach einer Minute nichtS mehr übrig als der Balg, welchen fie abſtößt und durch eine zweite Blattlaus erjegt; die jehr jungen Larven heften fich einer jolhen gewöhnlich) auf den Rüden, um fie auszufaugen. ES macht einen höchſt eigentümlichen Eindrud, dieſe vollfommen unſchuldig ausjehenden Wüteriche unter den arg: und wehrlojen Blattläufen haujen zu jehen. Eine nach der anderen fpiegen fie ohne Erbarmen an und jaugen fie aus mit derjelben Ruhe, mit welcher die anderen fortweiden, über ihren Feind weglaufen, friedlich daneben figen bleiben und nicht ahnen, daß der nächſte Augenblid der letzte ihres Lebens fein kann. Fürwahr, ein Bild rafcher Zerftörung durch Mord unter der Masfe barmlojen und friedlihen Beilammenjeins! 20—30 Schlachtopfer zu einer Mahlzeit ift der ſchon erwachſenen Larve ein Spaß, und folder Mahlzeiten hält fie viele während des Tages, bejonders nur um die Mittagsitunden ausruhend. Pan darf fich über dieſe Freßgier nicht wundern, wenn man bevenft, daß die Larve in wenigen Wochen vom Ei an ihre volle Größe erlangt. Iſt dies gejchehen, jo verläßt fie die Stätte ihrer Thaten und Friecht, meiſt zur Abendzeit, an die Nüdjeite eines Blattes, an die Spige einer Kiefernadel, an einen Stengel oder Grashalm in der Nähe. Bald darauf findet man ſtatt ihrer ein bräunlich- grünes Gehäufe von der Form eines fallenden Tropfens, einer Thräne (Fig. 5 u. 6, ©. 499), mit der Innenſeite an den früher gewählten Gegenjtand angeleimt, und man würde Jchwerlich Mondfleckige Schwirrfliege. 499. geneigt fein, diefen Körper mit der Made von vorgeitern in Verbindung zu bringen, wenn nicht die gemachten Erfahrungen dazu nötigten. In diefem Tönnchen entiteht die gemeißelte Puppe. Allmählich färbt es fich dunkler, und nad kaum 14 Tagen hebt fich vom dideren Ende ein Eleiner Dedel ab, um dem neugeborenen Wejen den Weg ins Freie zu bahnen. Die mondfledige Schwirrfliege (Syrphus seleniticus), welche auf diefe Weiſe das Licht der Welt erblidt hat, ift an Kopf und Bruſtkaſten metalliich blau— grün, am durchlichtigen Schilochen bräunlichgelb, fein behaart, die Augen nicht ausgenommen; auf dem platten, glänzend jchwarzen Hinterleib ftehen drei Paare weiber Mondfleckchen; bei einer jehr ähnlichen, in ganz Europa (außer in Lappland, Agypten, Algerien) und in Nordamerika von Colorado bis Californien vorkommende Art (Syr- phus pyrastri) jehen fie lichtgelb aus und haben teil: weiſe eine etwas veränderte Lage. Die dunfeln Fühler enden mit einem ovalen Gliede, welches an der Wurzel eine nadte Borjte trägt. Die glashellen, gligernden Flügel charakterifieren, wie bei allen Gattungsgenofjen, eine fait gerade, dritte Längsader, eine in die vordere Hälfte der Mittelzelle mündende Fleine Querader und eine offene Nandzelle. Die Mittelzelle hat faſt die Länge der eriten Hinterrand- zelle, deren oberer Vorderwinkel ftets ein jpiger iſt. Sm Sonnenſchein ſchwirren diefe Fliegen ungemein lebhaft, aber faſt geräufchlos und in einer Weife, welche allen Syrphiden zu eigen it. Sie jtehen nämlich längere oder Fürzere Zeit auf einem Punkte in der Luft, unaufhörlich mit den herabhängenden Beinen quirlend, und laſſen fich, aber nicht ſtoßweiſe, auf ein Blatt, eine Blume nieder, um flinf, wie fie famen, wieder aufzufliegen und ihr altes Spiel zu erneuern. An trüben, rauhen Tagen zeigen ſie fich, wie alle Fliegen, in dem Maße faul und Fchwerfällig, wie vorher unermüdlich und gewandt. Das Weibchen legt jeine Eier einzeln an Blätter, auf denen Blatt— —— läuſe wohnen. Daß bei der ſchnellen Entwickelung —— —— 2) rütefnde Gliege 3) gar. mehrere Bruten im Sabre vorfommen, läßt fich er: ven auf der Blattlausjagd, 4) zujanmengezogene warten und daher auch nicht genau feititellen, auf 2 ern ur welcher Entwicelungzftufe die Überwinterung erfolgt. Halb erwachſene Larven habe ich jchon bei den Frühjahrsüberihwenmungen aus dem Wafjer gefifcht, woraus deren Überwinterung zweifellos hervorgeht. Am 4. Dezember 1865 fand ich ein noch jehr jungfräulich ausjehendes Weibchen, welches fich in eine jeichte Ver: tiefung einer Lehmwand gedrüdt hatte; ob es den böjen Winter dort würde überlebt haben, wage ich nicht zu entjcheiden, glaube eher, daß dies bei manchen Puppen der Fall it, weil man jehr früh im Sabre oft friſch ausgefrochenen Fliegen begegnet. Wird bei den wie zum ewigen Umberirren zwifchen Blumen und Gras verurteilten Melitreptus-Arten, bejonders Melitreptus seriptus, M. taeniatus und anderen, der Körper ichon lineal und ftiftförmig, wie fi) am Gruppenbilde „Herrichaft der Fliegen” erfennen läßt, das an der Dolde noch mehrere Familiengenoffen vergegenwärtigt, jo erreicht bei Baccha die Berdünnung den höchſten Grad, denn wir begegnen hier einem gejtielten 32* 500 Bierte Ordnung: Zweiflügler; zwölfte Familie: Schwirrfliegen. Hinterleib, geftielt in der Weije, wie bei Ammophila und Trypoxylon unter den Mord: welpen. Hierzu im geraden Gegenfage jtehen durch ihren breiten Körperbau die unterjegteiten unjerer heimischen Syrphiden, die Flatterfliegen, Federleidhtfliegen (Volucella), deren mehrere durch die ftarfe Behaarung einer Hummel ungemein ähnlich fehen; überdies macht fie eine geſchloſſene Nandzelle und eine lange, herabhängende, ſehr lang ge— fiederte Rückenborſte an der Wurzel des dritten Fühlergliedes, welche beim Weibchen etwas kräftiger und länger behaart ift als beim Männchen, leicht kenntlich. Dieje Fliegen zeigen ſich Scheu und flüchtig. Ziemlich geräufchlos fliegen fie von Strauch) zu Strauch, um deren Blüten auf ihren Honiggebalt zu erforfchen. Manchmal aber bemerkt man, wie fie, ſtark jummend, ähnliche Schwenkungen in der Luft ausführen wie die Bremjen, und ich möchte dies Gebaren für wilde Tänze zur Feier ihrer Hochzeiten halten, welche fie an recht jonnigen Tagen veranftalten. Schon Degeer und Neaumur fanden in Hummel» und Wejpen- nejtern die Maden der Flatterfliegen, und zwar zweier Arten: Volucella bombylans und V. plumata. Erichſon, im Befit von Übergangsformen, zweifelte bereits die Artrechte beider an und hielt die lettere nur für eine Abänderung der erfteren, zumal beide von Boje aus einem und demjelben Nejte der Steinhunmel erzogen worden waren. Nehmen wir hinzu, daß Zeller Ende Mai, Anfang Juni die vermeintlichen Arten in Vereinigung fing, und zwar Männchen von V. bombylans mit Weibchen von V. plumata und um: gekehrt, jo dürfen wir nit daran zweifeln, daß ihr Artunterjchied Fein berechtigter und der eritere der beiden Namen, als der ältere Linnejche, allein beizubehalten ift, den man im Deutichen durch Hummelartige Flatterfliege am beiten wiedergeben fann. Die ftatt« lihe Fliege wird leicht erfannt an dem dicht pelzig behaarten Körper, wodurd fie einer Hummel ähnlich und dem eierlegenven Weibchen der Zugang zu deren Nejtern nicht ver- wehrt wird. Der Körper iſt entweder ſchwarz, Geficht und Stirn wachsgelb und die lebte Hälfte des Hinterleibes gelbbraun, fuchsrot behaart, oder das Rüdenjchild ift gelb behaart, in der Mitte ſchwarz, das Schildchen gelb in der Grundfarbe; der Hinterleib hat an der Wurzel gelbe Seitenflede, gelbe Behaarung, und die legten gelben Leibesringe find noch liter, fait weißlich behaart (V. plumata); durch den Flügel zieht von der Vorderrandsmitte eine abgefürzte, dunkle Binde, und auch die Querader vor der Spitze bejäumen dunflere Schatten; die Länge beträgt reichlich” 14—16 mm. Bon gleicher Größe und noch viel ge: meiner tft die — Flatterfliege (Volucella pellucens, Fig. 2, ©. 501), fenntlic an der weißen Wurzel des nadten Hinterleibes und der gelben der dunfelfledigen Flügel. Die zahlreichen Eristalis-Arten unterjcheiden ſich im wejentlichen von voriger Gattung dadurch, daß die Eleine und ſchiefe Querader hinter der Mitte der Mittelzelle mündet, und daß die dritte Längsader fich jehr tief nach dem Innenrand hin einjenkt; wie dort iſt auch hier die Nandzelle gejchloffen. Die Fühlerborfte bleibt bei den einen nadt, bei den anderen verjieht fie fih mit kurzen Fiederhaaren. Die Schlammfliege (Eristalis tenax, Fig. 1, ©. 501) findet fih in ganz Europa, im Norden und Süden Afrikas, in China und Sapan und jeit einigen Jahrzehnten in allen Teilen der Vereinigten Staaten Nordamerifas. Cie eriheint im erften Frühjahr und gehört zu den legten der Inſekten, welche vor dem Winterjchlaf der Natur die vereinzelten Blümchen befuchen; am 6. Dftober, dem ſchon einige Nachtfröfte vorangegangen waren, fand ich eine eben ausgefchlüpfte Fliege mit no unentwidelten Flügeln. Wer es nicht befjer verjteht, hält jie für eine Drohne, io ähnlich ift fie ihr in Größe, Geftalt und Gejumme, wenn man fie anfaßt, doch ergibt fich ihre Fliegennatur bei einem flüchtigen Blide aus dem VBorhandenfein von nur zwei Flügeln, und deren Bau läßt fie jofort als eine Eristalis erfennen, eine nadte Art mit nadter Fühlerborfte auf dem Rüden des fait freisrunden Endgliedes. Wie bei allen Hummelartige und durchſcheinende Flatterfliege. Schlammfliege. 501 Gattungsgenofjen überzieht die Augen ein feines ſchwarzes Haarkleid, welches fiher nur unter dem Vergrößerungsglas entdedt wird; den übrigen Kopf, mit Ausſchluß einer glänzend Ihwarzen Gefichtsitrieme, deden braungelbe Härchen, ebenſo das Bruftftüd. Der dunkel: braune, fünfgliederige Hinterleib hat an jeinen vorderen Gliedern mehr oder weniger deut: lihe gelbliche Seitenflede und ift nach) außen, beionders aber am etwas hohlen Bauche, ebenfall3 behaart. Die Hinterichenfel, wenig länger al3 die übrigen, find wie ihre ge: frümmten Schienen (gleichfalls eine Eigentümlichfeit der ganzen Gattung) an der oberen und unteren ante mit einer Reihe ſchwärzlicher Borſtchen bejeßt. Woher aber der wenig zierende Name „Schlammfliege” für ein jo jauberes, die Blumen liebendes Tier? Sie hat ihn ihrer Larve zu danken, welche im Schlamme, bejfonders an jauhigen Plägen neben Viehjtällen, in Rinnſteinen, wo fih Bodenſatz ablagert, und an ähnlichen ſchmutzigen Drten ihre Wohnung aufſchlägt und als „Rattenſchwanzmade“ hier, als „Mäuschen“ da, nop3artige Stielhornfliege (Ceria conopsoides). Natürliche Größe. wie in Schleſien, befannt ift, ohne daß man weiß, in welches geflügelte Wejen fie ſich ver— wandelt. Ausgewachjen mißt die ſchmutzig graue, walzige Larve, deren Eingeweide von außen fihtbar find, 17,5 und der fadenförmige Schwanz in jeiner vollen Länge noch 19,5; mm. Das Vorderende ftülpt fih etwas faltig ein und hat die gewöhnlichen zwei Hornhafen, der Bauch Borftenreihen, welche bei der Fortbewegung dienen, bejonders auch beim Kriechen nach trodenen Stellen, bis zu geringer Höhe an den Wänden empor, wenn die Verpuppung bevorjteht. Der Schwanz endet in eine dünne, aus- und einziehbare rötliche Spige. Wenn ich die Made in mehr wäſſeriger Flüffigkeit aufhält, hängt fie, gleich der Mückenlarve, mit ihm an der Oberfläche, um zu atmen. Wo man viele diejer Maden findet, zeigen jich jpäter, und zwar an trodneren Stellen, erhärtete Gebilde, denen man anjieht, daß fie aus jenen entjtanden; es find die Puppen, die erhärteten, ſtark querfaltigen „Mäuschen“, welche vorn ein Baar ohrartige Anfäge als Atmungswerkeuge tragen. Nach 12 oder 14 Tagen löft ſich ein Dedelchen ſamt diefen los, und die Fliege kommt hervor. Die im eriten Frühling an Weidenfägchen ſchmauſenden Stüde halte ich für überwinterte Spätlinge des vorigen Jahres, möglichenfalls find es auch eben den Puppen entjchlüpfte Ankömmlinge; überdies dürfte die Fliege auch im Eizuftand überwintern. Die genannte Art Fommt indes nicht allein aus den wunderlihen Maden, fondern noch andere derjelben und nächit verwandten Gattung Helophilus, welche fih durch die offene Nandzelle und etwas didere, jedoch nicht gezahnte Hinterfchentel von Eristalis in der Hauptſache unterjcheidet. Arten, wie Helophilus pendulus, H. trivittatus, welche fih durch einen gelbitriemigen Nüden und gelb gefledten, wie gebänderten Hinterleib auszeichnen, treiben ſich gleichzeitig mit der 502 Vierte Ordn.: Zweiflügler; dreizehnte u. vierzehnte Familie: Dickkopf- u. Dafjelfliegen. CS chlammfliege im Hochjommer auf Feld und Waldblumen in Menge umher und unter: jcheiden fie in ihrer Aufführung in nichts von ihr. Ich kann nicht von den Syrphiden ſcheiden, ohne noch der ungemein zierlichen conop3= artigen Stielhornfliege (Ceria conopsoides, Fig. 3, ©. 501) zu gedenken, welche man oft neben den Flatterfliegen auf blühendem Liguſter antrifft; auch andere blühende Sträucher und Franke Stellen an Baumjtämmen, denen der Saft entquillt, bejucht fie, die überall nur einzeln Vorkommende. Der lange Stiel, auf welchem die Fühler ftehen, und die aelben Zeichnungen auf mattichwarzem Grunde zeichnen die genannte Art aus ſowie ein dunkler Strahl von brauner Färbung die halb gehobenen, halb Elaffenvden Flügel. Die Gat— tung Ceria erfennt man an dem bier weißen Endgriffel des legten Fühlergliedes und an der in der Mitte verengerten und durch einen der dritten Längsader entipringenden Ader: anhang in zwei Hälften geteilten erjten Hinterrandzelle. Abgejehen von den auf dem Scheitel zufammenftoßenden Augen, unterjcheidet fi) das Männchen vom Weibehen durch den vollfommen walzigen Hinterleib, der fich bei legterem in der Mitte Schwach erweitert. Die Larve, welche im Mulme alter Baumftämme lebt, hat ÄAhnlichkeit mit den Syrphus- Larven, jtatt des Schwänzchens aber einen griffelartigen Stigmenträger und eine wie dur) Dörnchen rauhe Oberfläche. Durch Körpertracht, Zeichnungsanlage und bejonders Durch die Form der Fühler, welche wie gejtielt ausjehen, irre geleitet, fünnte man die Didfopffliegen (Conops) leicht mit der vorigen Gattung verwechjeln, wenn fie fich nicht in anderer Rückſicht jo weſent— ih voneinander unterfchieden, daß man fie jogar einer bejonderen Familie (Conopidae) hat zumweifen müſſen. Der große Kopf iſt breiter als das Halsſchild, geht wenig unter die Augen herab und zeichnet fich durch ein gedunfenes Untergefiht aus. Wenn fidh dieſes bei den Schwebfliegen glatt und in der Mitte nafenartig erhaben daritellt, jo zieht fich hier eine Yängsfurde, welche beiderſeits von einer nach oben breiter werdenden Kante be- grenzt wird, bis zu der großen Mundöffnung herunter, aus welcher ein gefnieter, hor— niger Rüſſel mit jehr Eleiner Saugflähe wagerecht und meijt lang hervorragt. Die hinter den Fühlern eingedrücdte Stirn ift bei beiden Gejchlechtern breit, am Scheitel mit einer durchſichtigen Blaſe verjehen, welche die Nebenaugen verdrängt hat. Auf einer Er: höhung ftehen dicht bei einander die langen Fühler, deren erites Glied am kürzeſten ijt, während die beiden folgenden zufammen eine jchmale Keule bilden, welche ſich jedoch dur) den dreigliederigen Endgriffel wieder zufpigt. Der geftredte, beim Männchen Folbige und vorn verengerte, beim Weibchen mehr walzige Hinterleib biegt ſich an der Spige nad) unten um und trägt bei legterem am Bauche ein hornartiges, oft weit vorgejtredtes Organ. Wenn nicht hierdurch, jo unterjcheiden fich die Weibchen durch geringere Länge der Haft: läppchen und Fußklauen oder durch verhältnismäßige Kürze des fünften Ninges vom anderen Geſchlecht. An den ziemlich langen und dünnen Beinen verbiden fich die hinter: jten Schenkel ſchwach und ganz allmählid, und zwiſchen den Krallen aller Beine Tommen ſehr entwicelte Haftläpphen vor. Die langen und jchmalen Flügel haben eine doppelte erite Längsader, deren beide Zweige vorn durch eine Querader verbunden find, eine ein: fache dritte, eine geſchloſſene und geitielte erjte Hinterrandzelle, eine bis nahe zum Rande verlängerte, ebenfalls geſchloſſene und gejtielte Analzelle und große Lappen. Daß die alten Griechen den Gattungsnamen zur Bezeichnung der Stehmücden gebraucht haben, wurde früher beiläufig erwähnt. Die hübſchen Fliegen finden fih auf Blumen ein und erjcheinen mehr träge als leben: dig. Von mehreren Arten weiß man, daß fie ſchmarotzend in den Hinterleibern gewiſſer Conopsartige Stielhornfliege. Gejtreifte Dickkopffliege. NRoftroter Blafenfopf. 503 Aderflügler ihre Entwicdelung durchgemacht und fich oft ein halbes Jahr und länger nad) dem Tode des Wirtes zwiichen den vorderen Ningen des Hinterleibes herausgearbeitet haben. Ich entdedte im Naden eines Bombus elegans, welcher mindejtens die angegebene Zeit in meiner Sammlung gejtedt hatte, ein Loch mit halb hervorragender Buppenhülfe, und in demfelben Kajten die Leiche des Conops vittatus. Diejelbe Art wurde auch aus Eucera antennata und aus einem Grashüpfer (Oedipoda cyanoptera) erzogen, Conops rufipes aus der Erdhummel, C. flavipes aus einer Osmia, ©. chrysorrhoeus aus Bembex tarsata. C. auripes aus einer Hummel und nit genannte Arten aus Vespa, Oedinerus, Pom- pilus audax, Sphex flavıpennis. In betreif der übrigen Umftände, namentlich) wie der Schmaroger in den Wirt gelangt, ift noch nicht3 näher ermittelt, höchſtens zu vermuten, daß hier nicht die Zarve, jondern das fertige Kerbtier von dem Schmaroger beehrt wird. Außerdem jcheint die jchwanfende Größe der Fliegen ein und derjelben Art dafür zu ſprechen, daß jede nicht auf eine Kerfart angewieſen ift, jondern bei verjchiedenen ſchmarotzt, wie dies von der gejtreiften Dickkopffliege (Conops vittatus) bereit nachgewiejen worden it. Höchſt wunderlih nimmt es ſich aus, die Arten der nahe verwandten Gattung Bla: jenfopf (Myopa) in der Ruhe an einem Zweige figen zu jehen, wovon auf unjeren Srühlingsbilde der roftrote Blajenfopf (Myopa ferruginea) rechts auf der oberiten Weidenknoſpe eine Borjtellung gibt. Sie wirft ihren aufgeblajenen, dicken Kopf noch mehr nach hinten und hat in ihrem ungeſchlachten Anſehen viel Herausforderndes und Drohendes, objhon ihr Weſen vollfommen harmlos und friedlich it. Vom Dickkopf unter: cheivet fi) der Blaſenkopf durch eine zweigliederige, kurze, griffelartige Rückenborſte der Fühler, dur) das Vorhandenjein von Nebenaugen und durch einen doppelt gefnieten Rüſſel, welcher der Gattung wohl auch den Namen Tajhhenmejjerfliege eingetragen hat. Die genannte Art, eine von einigen 20 Europäern, ift glänzend roftrot, im Gelichte goldgelb, am Rückenſchild mit drei Längsitriemen, am Hinterleib mit weiß jeidenglänzenden Quer: binden gezeichnet. Auch diefe Kerfe, welche zeitig im Frühjahr fliegen, jcheinen bei Jmmen zu ſchmarotzen— Sn wejentlich verichiedener Form tritt das Schmarogertum bei einer Eleinen Familie auf, welche man Dajjel:, Biesfliegen oder Bremen (Oestridae) genannt hat. Die Arten Juhen in verjchiedener Weiſe und vorherrſchend die behuften Haustiere und das. Hohmild heim, einzelne haben fih auch als Paraſiten von Beutel: und Nagetieren er: wiejen, und es dürften gewiß noch andere Säuger von ihnen geplagt werden, nur ent: zogen ſich bisher die Fliegen der jehr jchwierigen näheren Beobachtung. In den heigen Ländern wird bisweilen auch der Menſch von Bremen heimgejucht, deren Larven in der Kopfhaut, der Najenhöhle, dem äußeren Gehörgana, ja auch im Magen gefunden worden ind, in Brafilien Ura, in Cayenne Ver macaque, in Cojtarica Torcel, bei ven Maynas— indianern Suglacuru, in Neugranada Gusano peludo oder nuche heißen und einem Dienjchenöftriven (Oestrus hominis) angehören jollen. Dem ijt jedoch nicht jo, jondern eine und die andere Art, welche bei Rindern, Hunden, Pferden, Maultieren ꝛc. ſchmarotzt, hat ji in ven vorliegenden Fällen einmal zu einem Menſchen verirrt. Die Larven der in Nede jtehenden Fliegen leben entweder unter der Haut und ernähren ſich von dem Eiter der Beulen (Dajjelbeule), welche jie erzeugen — Dies die Hautöjtrivden —, oder jegen fich an die Innenwände des Magens, auch der Gedärme, Magenöſtriden, noch andere endlich, die Najenbremen, kommen in der Naſen- und Nachenhöhle vor. An vielen diefer Larven hat man mehrmalige Häutungen und damit 504 Vierte Ordnung: Zweiflügler; vierzehnte Familie: Daffelfliegen. verbundene unbedeutende Formveränderungen beobachtet; ind fie reif, Jo verlafjen ſie das Wohntier, um fih auf oder flach unter der Erde in ein Tonnenpüppchen zu verwandeln. Die Fliegen jelbit haben eine kurze Lebensdauer, während welcher viele von ihnen im Sonnenschein auf kahlen Höhen unter ftarfem Gejumme umberfliegen. Die hölzernen Gerüſte in Gebirgsgegenden, welche 3. B. im Harz an verjchiedenen Punkten eine Weitjicht ermöglichen jollen, gehören zu den beiten Fangplägen. Körperlich zeichnen ſich die Dajjel- fliegen durch warzenförmige, in einer Stirngrube eingejenkte Fühler aus, welche mit einer Borfte enden, und dur den ungemein verfümmerten, zur Aufnahme von Nahrung kaum geeigneten Rüſſel. Nebenaugen find vorhanden. Der jechsgliederige Hinterleib endet beim Männchen ftumpf, beim Weibchen in eine lang ausitreebare Legröhre. Das Flügelgeäder ftimmt am meijten mit dem der Familie der Musciven, welche wir folgen lafjen, überein. Der Linnéſche Gattungsname Oestrus blieb heutzutage nur noch wenigen Arten, denn je nach dem Aderverlauf der Flügel, der Bejchaffenheit der Fühler, des Mundes und des Gefichtes hat man noch 13 andere daneben aufgeitellt. Da wir diejem jo bochwichtigen Gegenitand hier unmöglih den Raum widmen fönnen, welcher ihm gebührt, jo verweijen wir e auf die Forihungen Fr. Brauers, denen wir viele Auf: Elärungen auf diefem geheimnisvollen Gebiete zu ver: danken haben, und die er in jeiner „Monographie der Dftriden” (Wien 1863) niedergelegt und durch jpätere Nachträge in den „Verhandlungen der k. k. zoologiſch— botanischen Geſellſchaft“ ergänzt hat. Die Magenbreme des Pferdes (Gastrophi- lus oder Gastrus equi) gehört unter die häufiger vorfonmenden Arten. Die Stirn, beim Weibchen breiter als beim Männchen, jowie der Nüden des Nittelleibes Be find mit einem dichten bräunlichgelben Pelze befleidet, Magenbremedes Pferdes (Gastrophilus Welcher nur vor den Flügeln in eine ſchwarze Binde ar Re — a übergeht. Die übrigen Teile tragen lichtere und ſpär— ufe, e Tönncen. Alle vergrößert. lihere Behaarung, die Beine und der größte Teil des Hinterleibes dunkel wachsgelbe Hautfarbe. Die ſchwach getrübten, mit einer verwijchten dunfleren Querbinde und einigen Fledchen gezeichneten Flügel find von einer vollfommen geraden vierten Längsader durchzogen und haben weder eine Spibenquerader, noch eine verengerte oder gejchloffene erſte Hinterrandzelle. Die 13— 17,5 mm lange Fliege ruht mit eingefrümmter Leibesjpige und halb Elaffenden Slügeln. Hat fie in den erſten Morgenftunden an einem ſchönen Tage ein Dedelden von der Tonnenpuppe abgejtoßen, jo fällt an ihr eine große, abwechjelnd anjchwellende und zujammenfinfende Blaje auf, welche die ganze Stirn bis zum Genid bedeckt und durch— ſichtig iſt. Man meint, dieje Blaſe, welche man auch bei Tachinen und anderen Musciden im Jugendalter wahrnehmen fann, leifte beim Abjtogen des Dedels gute Dienfte. Mit dem vollfommenen Abtrodnen der neugeborenen Fliege verſchwindet diejelbe, und die Breme fliegt nun unter Gebrumme aus, um fich zu paaren. Cie gehört zu denen, welde hohe Punkte lieben. Auf einer Zahlen Anhöhe, welde nie von Pferden beſucht wird, umſchwärmte mid am 6. Auguft eine Pferdemagenfliege, feste fih an meinen Rod und ließ fich fangen. Das befruchtete Weibchen geht nur bei heiterem, warmem Wetter an feine Arbeit. Flüchtig — — PP er le Magenbreme des Pferdes. 905 und unftet umfhwärmt e3 das Pferd, welches ihm auf der Weide, dem Ader, der Landitraße zugänglich wird, umklammert fein Haar, jolange es nötig ift, um ein Ei (Fig. b, ©. 504), auch wohl einige, daran zu leben, fliegt auf, kommt in derjelben Abficht wieder und fährt damit fort, folange Witterung, Tageszeit und der Aufenthalt des Pferdes, Ejels oder Maul— tieres im Freien es ihm geftatten; in den Stall oder in das Wafjer folgt e3 niemals. Der weibliche Hinterleib enthält ungefähr 700 diejer jonderbar geftalteten, erſt weisen, jpäter gelblijen Eier. Aus ihnen riechen nad) wenigen Tagen die Larven aus, indem fie oben das Dedelhen abftogen, in ihrer Entwidelung dur) die Wärme der Luft und die Ausdünftung des Roſſes begünftigt. Inſtinktmäßig jhlängeln fih die jungen Maden (Fig. d) nad) den Lippen des Tieres oder werden wegen des Hautreizes, welchen fie erzeugen, von denjenigen Stellen weggeledt, welche die Zunge erreichen kann, und verjchludt. Bei der Schwierig: feit, an den Ort ihrer Beftimmung zu gelangen, infolge deren manche Larve zu Grunde geht, jtattete die Natur den weib- lichen Eierſtock jo außerordentlich zahlreich mit Giern aus. Nach zweis maliger Häutung nimmt die Larve die Form von Fig. c an, iſt fleiſch— rot von Farbe, etwas niedergedrückt und an den Leibesringen, mit Aus- ſchluß der legten, durch doppelte, nach hinten gerichtete Stachelkränze rauh. Vorn unterjcheidet man zwei aus: und einziehbare Wärzchen an der oberen und zwei queritehende Hornhafen, die zum Feithalten die— nen, an der unteren Seite; zwiſchen beiden öffnet fich der Mund in einer Längsſpalte. Am ftumpfen After: ende liegen in Querfurden die Schwer zu erfennenden Öffnungen der Luftlöher. Zm Magen hafen fi die Larven feit, einzelne aud im Schlunde, und man findet fie in von ihnen gebildeten Gruben oder Zellen, bejonders bei Weidepferden nicht jelten im förmlichen Neftern von 50— 100 Stück beifammen, größere und £leinere. Sie faugen an der Schleim: haut wie Blutegel, erzeugen Grübchen und nad) und nad) größere Höhlungen, welche eine eiterähnliche Flüffigkeit als ihre Nahrung abjondern. Dieſe Stellen vernarben wieder, wenn fie von den Larven verlaffen find. Anfangs wachjen die Maden jehr ſchnell und ändern bisweilen auch ihren Aufenthaltsort. Haben ſie durchſchnittlich etwa 10 Monate hindurd) ihr Unwesen im Magen getrieben, jo verlafjen fie das gequälte Tier im Laufe des Mai, Suni oder Zuli mit deffen Auswürfen. Auf ihrem langen Wege durch die Därme, welchen fie, unterftüßt durch die periftaltiihen Bewegungen derjelben, in verhältnismäßig Furzer Zeit zurüdlegen, ſcheinen fie ihre legte Entwidelung zu erlangen, wenigitens hat es in nur äußerjt jeltenen Fällen gelingen wollen, aus ſolchen Larven Fliegen zu erziehen, welche dem Magen zu Grunde gegangener Pferde entnommen worden find. Auf der Erde ans gelangt, gräbt ſich die Larve ſenkrecht in diefelbe, bi das Ende des Leibes davon bededt iſt, kehrt fih um, ſchrumpft ein und wird zum harten Tönnchen (Fig. e, ©. 504), dejjen vordere Atmungswerkzeuge wie zwei Ohren hervortreten. Zur Ausbildung der Fliege find bei einigermaßen günftigen Witterungsverhältniffen durchſchnittlich 6 Wochen ausreichend. Man kennt noch jechs andere Magenöftriden, welche fait alle im Pferde, überhaupt aber nur in Einhufern leben. Nafenbreme des Schafe (Oestrus ovis): a Fliege, b Larve don der Rückenſeite, e Buppe von der Bauchfeite. Alle vergrößert. 506 Vierte Ordn.: Zweiflügler; vierzehnte u. fünfzehnte Fam.: Daſſel- u. Gemeinfliegen. Die Shaf:-Daffelfliege, Najenbreme des Schafes (Oestrus oder Cepha- lomyia ovis, Fig. a, ©. 505), gehört zu einer zweiten der oben gekennzeichneten Gruppen. Sie iſt ein brauner, faſt nadter Kerf, deſſen Hinterleib durch ſchwache Seivenhärchen ges würfelt erfcheint. Stirn und Rückenſchild find dur ſchwarze Wärzchen rauh und die Flügel mit einer Spigenquerader verjehen. Man findet die Fliegen im Auguft und September an Stellen, wo Schafe zu weiden pflegen, in Mauerlöchern, zwijchen Rindenrifjen der Baum— ſtämme ftill fißend, jo daß man fie wegnehmen kann. Das befruchtete Weibchen legt die Gier an die Naſenlöcher der Schafe. Die daraus hervorjchlüpfenden Lärvchen arbeiten ſich in der Nafe in die Höhe bis zur Stirnhöhle und ernähren ſich vom Schleim, dejjen Ab: jonderung durch fie vermehrt wird; man findet jelten mehr als 7—8 diejer jogenannten „Grübler“ in der Nafe eines Schafes, und zwar von verjchiedener Größe. Zwei Hornhafen dienen zum Feithalten. Nach ungefähr 9 Monaten find fie erwachjen, dann lafjen fie fich herausniejen, gehen ſenkrecht in die Erde und verwandeln fich in eine Tonnenpuppe (Fig. €), welche 7—8 Wochen zu ihrer Entwidelung ge— braucht. Daß die Dreb- franfheit der Schafe nicht von den Grüblern herrührt, wie man frü— her meinte, ift jchon längit erfannt worden. — Sngleicher Weijelebt die Xarve von Oestrus maculatus in der Na— jenhöhle des Büffels \ und Kamels, die der Hautbreme des Rindes (Hypoderma bovis): a Fliege, b Larve, e Puppe, beide von Pharyngomyia picta der Bauchſeite. Alle vergrößert. in der Naſe und Rachen— höhle des Edelhirjches, die der Cephenomyia rufibarbis desgleichen, die der C. stimu- lator beim Rehe, der C. trompe im Nenntier. Um jchlieglih auch einen Bewohner von Dafjelbeulen vorzuführen, wurde die Rinds— biesfliege, Hautbreme des Nindes (Hypoderma bovis, Fig. a obiger Abbild.), gewählt. Der Kerf iſt Ihwarz, an Schienen und Füßen rotgelb, der Körper dicht behaart, am zweiten und dritten Hinterleibsringe ſchwarz, an der Spite gelb, jonjt weiß oder grau— weiß; auf dem Nüdenjchilde treten einige jtumpfe Längsleiſten deutlich hervor. Dieſe wie die verwandten Arten ſchwärmen lebhaft auf hoch gelegenen Punkten um: ber. Die Weibchen legen ihre Eier, wie alle übrigen, an die Haut oder die Haare der Wohntiere, nicht in diefelbe. Die ausgejchlüpfte Larve, mit Bohrzeug vorn ausgerüjtet, arbeitet fi) jtoßweije in daS Zellgewebe der Unterhaut. Erſt mit der Zeit entjteht die nah außen geöffnete, eiternde Dajjelbeule in der Oberhaut. Die reife Made (Fig. b) verläßt früh zwiſchen 6 und 8 Uhr die Beule, bleibt auf der Erde liegen und wird zur Tonnenpuppe (Fig. c), welche je nach den Umftänben 4—6 Wochen zu ihrer Ent: widelung bedarf. — Ebenjo leben die YZarven von Hypoderma Diana und H. Actaeon, jene am Rehe, dieſe am Hirſche, H. tarandi in den Dafjelbeulen der Nenntiere. Auf die eine oder andere Weiſe werden die genannten Tiere heimgejucht, jelbjt Nashörner und Elefanten werden von ihnen nicht verjchont, und Brauer hat den aus dem Rachen des afrikanischen Elefanten entjtammenden Pharyngobolus africanus bejchrieben. Najenbreme des Schafes. Hautbreme des Rinde. NRaupenfliegen. 507 Es ift ſchwierig, bei dem beſchränkten Naume eine Auswahl aus dem größten Heere der Fliegen zu treffen, welche die Syjtematifer zu der Familie der Gemeinfliegen (Muscidae) vereinigt haben, jener Taujende, welche nicht minder reich an Formen wie an Arten find und dabei doch in gewiljen Beziehungen jo viel Übereinftimmung zeigen, daß jede Art ſcharf und umſtändlich charakteriſiert jein will, um fi aus der Beſchreibung auch mit Sicherheit erkennen zu laſſen. Die allbefannte, überall hin auf der Erde dem Menſchen folgende Stubenfliege, der blaue Brummer, vor welchem wir unfere Fleisch: waren im Sommer nicht genug verwahren fönnen, die goldgrünen Fliegen, welche zu Scharen im Freien eine ihnen dDargebotene Gabe im Nu bedecken, alle jene Yunderte von Arten, welche für das ungeübte Auge Stubenfliegen zu jein jcheinen, gehören hierher und führen uns den Familiencharafter vor. Soweit derjelbe das Flügelgeäder betrifft, ver: weijen wir auf den Muscivenflügel ©. 472, wonach) jehr vieler, wenn auch nicht aller Flügel gebildet find, namentlich fann einer Reihe von ihnen die Spigenquerader fehlen. Weiter ftimmen fie in folgenden Punkten überein: die mehr oder weniger gejenften oder niederliegenden Fühler find immer dreigliederig, daS legte ver: ſchieden geformte, aber ſtets breitgedrücte Glied hat eine ge— gliederte oder ungegliederte, nadte oder behaarte Nüdenborite. Der gefniete Nüfjel, in feltenen Fällen hornig und ftechend, trägt vorherrjchend breite Saugflächen, ungegliederte Tafter und A IE zwei Borjten im Inneren. Auf dem Nüdenjchild gehört eine = ——— Quernaht zu den Erkennungszeichen, und an den Füßen außer — den einfachen Klauen zwei Haftläppchen, welche beim Männchen Wilde Raupenfliege (Echi- 2 7 > : s - nomyia ferox) nebjt Larve und öfters ftärfer zur Entwidelung fommen als beim fait immer Puppe. Natürliche Größe, größeren Weibchen. Wenn man in Nüdficht der jehr entwidelten, die Schwinger verjtedenden Flügelihüppchen bei den einen und deren Wangel oder Ver: fümmerung bei den anderen die Gemeinfliegen in zwei große Gruppen (Muscidae calyp- terae oder acalypterae) und jede wieder in zahlreiche Sippen gegliedert hat, jo gejchah dies weniger, um dadurd eine natürliche Einteilung zu erzielen, als um einen Anhalt für die jo vielen, jonft eben wenig ausgezeichneten, bejonders in der Färbung überaus eintönigen Gattungen und Arten zu gewinnen. Die Schnelle, Mord:, Naupenfliegen, von der Gattung Tachina, um welche fich eine Anzahl anderer hart, auch Tahinen genannt, gehören entjchieden zu den wich- tigiten aller Fliegen, zu jenen Eleinen und fiheren Wächtern, welche die Natur ſchuf, um der Störung des ©leichgewichtes in ihrem unendlich geglieverten Haushalt entgegenzu: treten, indem ihre Larven al3 Schmaroger, meiſt mehrere auf einmal, in anderen Larven, in denen von Blattmejpen, Ohrwürmern, Käfern, vorherrichend jedoch in Schmetterlings: raupen leben und deren allzugroßer Vermehrung vorbeugen. Darum fallen uns die Fleineren von ihnen wenig in die Augen, denn fie jehlüpfen, unverdroſſen ſuchend, im Graſe und zwijchen Gebüfch umher, wo die Weibchen ihre Schlachtopfer zu finden willen. Die kräf— tigeren Arten wird man eher gewahr und erfennt fie am hajtigen, jeheuen Fluge, an ihrer Wildheit, worauf der erjte jener deutjchen Namen und die wiljenjchaftlichen Benennungen, wie Echinomyia ferox, E. fera und andere, hinweifen. Das Verhalten der Larven zum Mohntier ift bei den verfchiedenen Arten ein verjchiedenes. Die einen bohren jich aus dem Raupenkörper und gehen zur Verpuppung in die Erde, die anderen thun dasjelbe, nachdem jich die Naupe verpuppt hat, noch andere verwandeln fich in dev Schmetterling$- puppe oder im Geſpinſt der Blattwejpenlarven zu Tönnchen, manche endlich werden als Larven vom Weibchen geboren und nit in Eiform dem Wirte übergeben. Alle Tahinen ſtimmen überein in der deutlichen Spigenquerader, in der nadten oder mindeitens jchein: 508 Vierte Ordnung: Zweiflügler; fünfzehnte Familie: Gemeinfliegen. bar nadten, aegliederten Fühlerborſte und in dem vierringeligen, kurz eiförmigen, fegeligen, jelten walzenförmigen Hinterleib, der im legten Fall dann hinten wie eingebogen er: icheint. Nur wenigen Arten fehlen die ftarfen Borjten (Macrocheten) am Körper. Die Augen ftoßen auf dem Scheitel nicht zufammen. wenn fie fich auch beim Männchen nähern, fommen bald kahl, bald jamtartig behaart vor. Als größtes einheimifches Familienglied führen wir im Vordergrunde des Gruppenbildes „Herrſchaft der Fliegen“ die reichlich 17,5 mm lange, dabei im kurz eiförmigen Hinterleib 11 mm breite größte Raupen— fliege (Tachina oder Echinomyia grossa) vor. Sie iſt glänzend ſchwarz, jehr dicht jtachelborftig behaart, am Kopfe und der Flügelwurzel rotgelb; das roftrote mittlere Fühlerglied übertrifft das vieredige, Schwarze Endaglied um das Doppelte. Die Augen find nadt, Wimpern dem Untergeficht vorenthalten. Die wilde Raupenfliege (Tachina oder Echinomyia ferox, Abbild. ©. 507) vergegenwärtigt an diejer Stelle die Körper: tracht der in Nede ftehenden Schmaroger. Eie ift braun, am Hinterleib durchſcheinend roftrot, mit Ausſchluß einer ſchwarzen Mittelitrieme. Die graue Fleijchfliege (Sarcophaga carnaria, Fig. 6, ©. 510) begegnet uns für gewöhnlich nicht in den Häusern, dejto häufiger aber vom Mai ab das ganze Jahr hindurch draußen im Freien, an Baumftämmen, auf Blumen, an Wegen und befonders überall da, wo fich verwejende Tier: und Pflanzenftoffe vorfinden. Sie wechjelt jehr in der Größe. Das immer Eleinere Männchen übertrifft manchmal faum eine recht feilte Stubenfliege, während das Weibchen in der Regel reihlih 15 mm mift. Das blaßgelb jchillernde Geficht, der lichtgraue, ebenjo jchillernde, mit ſchwarzen Striemen wechjelnde Rüden, der braune, ſchwarz und gelb jchillernde, würfelig gezeichnete Hinterleib und die Jamtjchwarze Stirnftrieme machen fie in Hinficht auf Färbung fenntlid. Weiter hat die Fliege eine an der Wurzel: hälfte dickere, hier dicht befiederte Fühlerborfte, gefeulte Tajter am kurz vortretenden Nüfel und wenig auffällige Großborften am geftredt eifürmigen, beim Männden fait walzigen Hinterleib. In den großen Flügeln mündet die erjte, offene Hinterrandzelle weit von der Spiße, während die vierte Längsader (Spibenquerader) winfelig abbiegt und fi) als Falte hinter der Beugung noch fortjegt. Dieje und alle ihrer Gattung angehörigen Fliegen legen feine Gier, jondern gebären Maden, welche aus jenen bereit im Leibe der Wiutter ausgejchlüpft find. Schon Neaumur bemerkte diefe Thatjahen an der grauen Fleilc)- fliege und unterfuchte fie genauer. Der Eierftod eriheint als ein Gefäß, dejen Wandungen wie ein Band geformt und jpiralfürmig zufammengerollt find. Widelt man eins auf, jo ergibt fich eine Länge von ungefähr 65 mm, während die Fliege ſelbſt nicht viel mehr als 15 mm mißt. Der Breite nad) liegen 20 Maden und auf einer Länge von 6,5 mm 100 nebeneinander, mithin in einem Bandftüd von genannter Länge 20 >< 100, was für den ganzen Eierſtock 20,000 Larven betragen würde, welche einzeln in einer dünnen Eihaut eingejchloffen und auf diefe Weile in Ordnung erhalten werden, am Ende des Gierjtodes auch weiter entwidelt find als an dem von den Eileitern entfernteren Teile. Angenommen, daß nicht die Hälfte der ungeheuern Zahl zur Entwidelung gelangt, wozu eben fein Grund vorliegt, und etwa nur 8000 geboren würden, jo ift die Fruchtbarkeit diejer Fliegen immerhin noch eine Schreden erregende. Die Neugeborenen wachſen wie das ihnen verwandte Ungeziefer jehr jchnell und haben nad) 8 Tagen ihre volle Größe erlangt. Sie find Fegelförmig, Ihmusig weil, mit zwei ſchwarzen Hornhafen am vorderen, zugejpigten Teile und zwei Fleifchipischen darüber verjehen. Das abgejtugte Hinterende böhlt fich aus, wird von zujammenziehbaren Warzen umgeben und enthält im Innen— raum, anjcheinend als zwei dunkle Punkte, in Wirklichkeit als dreilapp=herzförmige Flächen, je drei Luftlöcher; noch ein gezahntes Luftloch befindet fich jederjeitS vorn. In irgend einem Winfel oder flach unter der Erde wird die Made zu einem ſchwarzbraunen Tönncden, Größte und wilde Raupen, graue Fleiſch-, Stuben: und Schmeißfliege. 509 deſſen jehr unebenes Leibesende durch eine Scharf gefantete Aushöhlung die entiprechende Stelle der Larve andeutet. Bouchés Erfahrungen ftimmen nicht mit denen Neaumurs und Degeers überein, indem er eine Puppenruhe von 4- 8 Wochen, ebenjo eine längere Entwicelungszeit der Larve und nur in faulenden Pflanzenftoffen, nicht im Fleifche be- obachtete und darum eine teilmeije Verwechjelung mit der blauen Schmeißfliege vor- ausfeßt. Fortgeſetzte Beobachtungen an verjchiedenen Gemeinfliegen haben außerordentlich verſchiedenartige Entwidelungsorte einer und derjelben Art erkennen lafjen, und ſelbſtver— ftändlih it troß ihres Namens die in Nede ftehende Art als Larve am mwenigiten auf Fleiſchkoſt angewieſen, da fie jolhe im Freien nur jparjam finden würde. Daß Ausnahme: fälle vorkommen können, werden wir nachher ſehen. Kein Tier — das kann wohl ohne Übertreibung behauptet werden — ift dem Menſchen ohne fein Zuthun und ohne ihn ſelbſt zu bewohnen, ein jo treuer, in der Regel recht Läjtiger, unter Umſtänden unausftehlicher Begleiter, als die Stubenfliege (Musca domestica. Fig. 8, ©. 510). Sie verjteht es ebenjoaut, ſich im falten Lappland häuslich einzurichten, wie die Annehmlichkeiten der Länder unter dem heißen Erdgürtel zu würdigen. Wir alle fennen ihre ſchlimmen Eigenjchaften, die Zudringlichkeit, Nafchhaftigkeit und die Sucht, alles und jedes zu bejudeln; eine Tugend wird niemand von ihr zu rühmen wifjen. Bejonders gegen Ende de3 Sommers, wo fie die Fühlen Nächte und Morgen mafjenhaft in die Häufer treiben, wird fie in den Zimmern am läftigiten, doch für den Nordländer und Be: wohner des mittleren Europa noch nicht in dem Maße wie für den Südländer. „Sch traf”, erzählt A. Young in jeiner interefjanten ‚Reife durch Frankreich‘, „zwiſchen Bradelles und Thuytz Maulbeeren und Fliegen zugleid. Unter dem Ausdrud ‚Fliegen‘ meine ich jene Myriaden, weldhe den unangenehmiten Umstand des jüdlichen Klimas ausmachen. Sie find die vorzüglichiten Qualen in Spanien, Stalien und den Dlivendiftrikten Frankreichs, nicht, weil fie beißen, ftechen oder verlegen, jondern weil fie ſummen und neden. Mund, Augen, Ohren und Naje werden einem voll davon, fte ſchwärmen über alles Ehbare, Obſt, Zuder, Mil. Jedes Ding wird von ihnen in jolden zahllofen Heeren angefallen, daß es unmöglich ift, eine Mahlzeit zu halten, wenn fie nicht von jemand, der nichts anderes zu thun hat, unabläfjig vertrieben werden. Auf zubereitetem Papier und mittel3 anderer Erfindungen werden fie mit ſolcher Leichtigkeit und in jolcher Menge gefangen, daß es bloße Nadhjläffigkeit ift, wenn fie jo unglaublich überhandnehmen. Wenn ich in diejen Gegenden Landwirtichaft triebe, jo würde ih 4—5 Morgen alljährlich mit toten Fliegen düngen” Obgleich jpäter im Jahre eine Zeit kommt, in welder fie verihmwunden find, erhält fi) doch die eine oder andere auch während des Winters in unferen Zimmern, noch mehr aber in den warmen Ställen, und es bedarf nur einiger Schönen Tage im jungen Sabre, jo lafjen fie fih hier und da auch im Freien von der Frühlingsfonne befcheinen. Eine ganz eigentümliche Todesart unter ihnen fällt einmal mehr, das andere Mal weniger in die Augen: mit ausgejpreizten Beinen trifft man fie an den Wänden oder draußen an beliebigen Gegenftänden, der Hinterleib ift ihnen angejchwollen, die Verbindungshaut jeiner Glieder tritt als leijtenartiger Schimmelftreifen auf, jo daß der Hinterleib braun und weiß geringelt erjcheint. Beim Offnen findet man denjelben hohl und gleichfalls ihimmelig. Selbſt die Stelle, an welcher fie figen, ift mit einem Anflug jenes Bilzes überzogen, welcher den Leichnam feithält. Die Stubenfliege hat eine bis zur Spiße beiderſeits gefiederte Fühlerborjte, Feine Großborſten auf dem Rücken der vier Hinterleibsringe, eine winfelig zur dritten auf: gebogene vierte Längsader und feine einzelnen Borften an der Innenſeite der Mitteljchienen. Letztere kommen vor bei der ſchwarzblauen Schmeißfliege, dem Drummer (Musca oder Calliphora vomitoria, Fig. 1, ©. 510). Schwarze, rot behaarte Baden, vier ſchwarze, 510 Vierte Ordnung: Zweiflügler; fünfzehnte Familie: Gemeinfliegen. nicht eben jehr deutliche Striemen über das Rückenſchild, auf welchem nur Boriten, feine Haaren ftehen, rotgelbe Tafter, Schwarze Beine und ein ftarf weißer Schimmer am blauen Hinterleib und an dem fchwärzlichen Untergefiht machen dieje fenntlih, das Weibchen überdies noch eine fehr breite jchwarze, an den Seiten grau jchillernde Stirnitrieme. Wer jollte fie nicht Schon geſehen und gehört haben, jene große (8,75—13 mm mejjende) Brumm: fliege, welche ſich jofort einftellt, wenn fie aus weiter Ferne Fleijch wittert, um ihre Eier (Schmeiß) daran zu legen, und in unferen Wohnzimmern unter bejtändigem Näjonnieren gegen die Fenfterfcheiben rennt, als wollte fie fih den Kopf einftoßen. Die Fruchtbarkeit beider Arten erreicht eine außerordentliche Höhe durch die Menge der Eier, welche Die Weibchen abjegen, und durch die Schnelligfeit, mit welcher die Brut fih entwidelt; leßtere wird nad Davidjons Beobadtungen durch Dunkelheit und Wärme bei der Schmeißfliege begünftigt. Die Stubenfliege legt deren in Klümpden von 60—70 Stüd in Zeit einer Biertelftunde. Von Geftalt find fie faft walzenförmig, nur vorn, wo die Made heraus: kommt, etwas jpißer, ihre zarte Haut glänzt wie Rerlmutter. Die der Schmeißfliege haben die etwas gekrümmte Form einer Gurte und an der eingebogenen Seite eine Länggleifte, Schmeißfliege (Musca vomitoria): 1) Fliege, 2) Tier, 3) Larven, 4) Tonnenpuppe. 5) Graue Fleiſchfliege (Sarco- phaga carnaria): 6) neugeborne Larven, 7) erwachſene Larve derjelben. 8) Stubenfliege (Musca domestica) nebft Larve. 9) Wadenfteher (Stomoxys ealeitrans). 10) Kopf der Etubenfliege. 11) Vorderes Fußglied der grauen Fleiſchfliege. 12) Bon Pilzen getötete Stubenfliege. Nur 10 und 11 vergrößert in welder fih die Schale öffnet; auch fie werden zu 20—100 auf ein Häuflein gelegt, bis 200 von jedem Weibchen, vorzugsweife an Fleifch, die der Stubenfliege bejonders an Miſt, jedoch find beide Mütter nicht gerade wähleriſch; die Stubenfliege verſchmäht das Fleiſch nicht, legt ihre Eier auch an verdorbenes Brot oder Getreide, Melonenjchnitte, tote Tiere, in nicht rein gehaltene Spudnäpfe, ja, an den Schnupftabaf in den Dojen, wenn man fie ihr offen ftehen läßt; die Schmeißfliege geht an alten Käfe (die jpringenden Maden desjelben gehören aber nicht ihr, jondern zu Piophila casei), an Aas, irre geleitet durch ihren jehr ſcharfen Geruchsfinn an die jonderbaren Blüten der Naspflanzen (Stapelia) und dergleichen. In höchſtens 24 Stunden friehen die Maden aus; fie find weiß, fegelförmig von Geftalt, hinten gejtußt, beide aber an ihren Enden von verjchie- denem Anjehen. Die Maden der Stubenfliege feheinen nur einen ſchwarzen Hafen im Munde zu haben, weil beide, wie bei manchen Blumenfliegen, vollfommen gleich find und dicht nebeneinander liegen; die der Schmeißfliege haben zwar zwei gleiche, aber durd) eine Art von dazwischen liegendem kurzen Pfeil getrennte Hafen. Der flüffige Unrat, Schmeißfliege. ll welden die Maden von fi) geben, fcheint die Fäulnis ihrer Nahrung, bejonders des Sleifches, zu befchleunigen. Bald find die von ihnen bewohnten Gegenftände durchwühlt; denn, obgleich ohne Augen, fliehen fie das Licht und arbeiten fich daher jchnell in jene hinein. Ein Beobachter ließ eine Schmeißfliege ihre Eier an einen Fiſch legen. Am zweiten Tage nach dem Ausihlüpfen waren die Maden jhon noch einmal jo groß, aber immer noch Klein genug, daß ihrer 25—30 zufammen faum 1 Gran wogen, am dritten Tage 1009 jede für fich fhon 7 Gran, war alſo binnen 24 Stunden gegen 200mal jchwerer geworden. Sn England trug fich vorzeiten eine grauenhafte Gejchichte zu, welche von ver: ſchiedenen glaubhaften Seiten beftätigt wird, und anderwärt3 haben ähnliche Erfahrungen den Beweis für das jchnelle Wachstum ſolchen Ungeziefers und feiner Gefährlichkeit ges liefert. Ein Almofenempfänger, welcher infolge feines unruhigen Wefens nicht Luft hatte, im Arbeitshaufe feiner Pfarrei zu bleiben, fondern es vorzog, in den benachbarten Dörfern bettelnd umberzuftrolhen, erhielt milde Gaben, meiſt aus Brot und Fleiſch beſtehend. Wenn er feinen Hunger aeftillt hatte, pflegte er das Übrigbleibende, befonders das Fleisch, zwilhen Haut und Hemd zu ſtecken und auf der Bruft zu tragen. Nachdem er einit einen beträchtlihen Vorrat davon gefammelt hatte, wurde er unpäßlich und legte ſich auf einem Feldweg nieder, wo von der Sonnenhige jener Jahreszeit (es war Mitte Juni) das Fleiſch bald in Fäulnis überging und voll Fliegenlarven wurde. Dieje fuhren nicht nur fort, die unbelebten Fleiichjtücte zu verzehren, jondern auch der lebende Körper blieb nicht ver: ſchont. AlS der Unglüdliche zufällig von einigen VBorübergehenden gefunden wurde, war er jo von den Maden angefreffen, daß jein Tod unvermeidlich jchien. Nachdem man, jo qut es gehen wollte, diejes efelhafte Geziefer entfernt hatte, führten ihn die barmberzigen Samariter in ihre Heimat und holten jogleich einen Wundarzt herbei, welcher erklärte, der Körper befände fich in einem ſolchen Zuftande, daß er den Verband nur einige Stunden überleben würde. Wirklich ftarb der Unglückliche, angefreffen von Fliegenmaden. Da die Zeit nicht angegeben ijt, wie lange er dagelegen hatte, und nicht anzunehmen, daß es mehrere Tage gewejen, jo dürfte hier feine der beiven Musca-Arten in Betracht fommen, jondern eine lebendig gebärende Sarcophaga. In Paraguay find Fälle vorgefommen, wo Leute von heftigem Kopfweh nach Najenbluten während des Schlafes befallen wurden und nicht eher Srleihterung fanden, bis fie einige Fliegenmaden herausgeniejt hatten. Fieberfranfe auf Samaifa müfjen mit größter Sorgfalt beobachtet werden, damit ihnen nicht eine große blaue Fliege ihre Eier in die Naje oder an das Zahnfleijch lege, von wo aus einzelne Maden ſchon bis zum Gehirn gelangt find und dem Unglüdlichen einen entjeglichen Tod gebracht haben. Lafjen wir es dahingeitellt fein, ob die verderblichen Fliegenlarven gerade die hier bejprochenen Arten find, da es noch jehr viele andere gibt, welche ganz ebenjo leben. Erwieſen ift 3. B., daß die Maden von Sarcophaga latifrons aus Ohrgeſchwüren herausgejchnitten worden find; ich befige deren zwei, welche durch Behandlung mit Benzin aus einem jehr jchmerzhaften Ohrgeſchwür eines Knaben herausgefommen find, und in einem anderen Falle war es mit großer Wahrjcheinlichkeit eine Fleifchfliegenlarve, welche den inneren Augenmwinfel eines anderen Knaben, der im Freien eingejchlafen war, in einer Weije verlegt hatte, daß er die Sehfraft verlor. Unter allen Umftänden geht aus den angeführten Beijpielen hervor, wie gefährlich es ift, während der warmen Jahreszeit im Freien zu ſchlafen, da die von feiten an fi) harmlojer Gejhöpfe uns drohenden Ges fahren größere Bedeutung haben, als wir zu glauben geneigt find. Die mediziniſche Wiſſenſchaft hat ſchon ſeit länger gewiſſe Krankheitsericheinungen als Wiyiajis bezeichnet, welche durch Fliegenlarven am menſchlichen (und tieriichen) Körper hervorgerufen werden und in erjter Linie die Sarcophaga (Sarcophila) magnifica oder Wohlfahrti als die Urheberin angeführt. 513 Vierte Ordnung: Zmweiflügler; fünfzehnte Familie: Gemeinfliegen. Lorzeiten hat e3 nicht an Leuten gefehlt, welche behaupteten, dergleichen Maden entjtänden von jelbjt an faulenden Gegenftänden, und die einen Toten aufzehrenden jo: genannten „Leichenwürmer“ jeien nichts weiter als die fihtlichen Zeichen feines ſündhaften Yebens. Heutzutage glaubt fein vernünftiger Menſch ſolchen Unfinn mehr, jondern weiß, daß dieſe oder andere Fliegen ihre Eier an den Leichnam abjeßten, wenn e8 auch niemand mit angeſehen bat. Je nach den Umjtänden: günftige Witterung und nahrhafte reichlihe Koſt, find die Maden in S—14 Tagen erwachſen. Zeudart hat die interejjante Beobahtung an denen der Schmeißfliege und der jchönen großen Goldfliege (Musca caesarea) gemacht, welche ſchon bei den Oftriden und den bald zu erwähnenden Bupiparen angeitellt worden waren dab während ihres Wachstums Veränderungen an den Mundteilen und Luftlochträgern vorgehen und in diefer Hinficht drei Stufen anzunehmen feien, derem erite 12, deren zweite 36 Stunden und deren dritte von da bis zur Verwandlung dauert. Behufs diejer gehen fie auseinander und juchen, wenn es jein kann, die Erde auf; fie bringen die Verpuppung auch ohne dieje fertig, aber nach großer Unruhe und merklichem Unbehagen. Nach durch: chnittlich 14 Tagen hat fih im Tönnchen die Fliege jo weit entwidelt, daß fie durch Auf: blähen ihres Kopfes dasjelbe jprengt und daraus hervorfommt, was ftet3 am Tage, nie des Abends oder Nachts gejchieht. ES veriteht fich von felbjt, daß die im Spätherbft erit erwachjenen Maden als Ruppen überwintern, daß fie aber in milden Wintern jehr zeitig die Fliegen liefern, dürfte weniger befannt jein, wenigitens war ich im höchiten Grade überrajcht, al3 ih am 15. Januar 1874 früh 9 Uhr in meinem Hofe eine Schmeißfliege antraf, deren noch zuſammengeſchrumpfte Flügel darauf hinwiejen, daß fie eben der Puppe entſchlüpft ſein müſſe. Dieje Vorausjegung wurde zur Gemwißheit, als ihr, der in die warme Stube Mitgenommenen, bis Mittag die Flügel vollfommen entfaltet waren. Weiter geht aus dem Gejagten hervor, daß bei mehreren Bruten im Jahre das Fliegenvolf zu einer unermeßlichen Zahl heranwachſen müßte, wenn Tiere und Menjchen ihm nit auf- ſäſſig wären. Im Spätjommer pflegt ſich noch eine andere Art von Fliegen in den Zimmern ein: zuftellen, beſonders wenn Biehitälle nicht fern find, welche von ihrer blutjaugenden Eigen: Ichaft den Namen Stehfliege, Wadenfteher (Stomoxys caleitrans, Fig. 9, €. 510), erhalten hat. Die graue Fliege gleicht in Körpertradht und Färbung ungemein der faum größeren Stubenfliege, von welcher fie fich jedoch durch den wagerecht aus dem Maule vor: jtehenden Stechrüfjel leicht unterjcheidet,; überdies trägt fie eine gefämmte, will jagen, nur an der Oberjeite gefiederte Fühlerborjte und hat auf dem Nücenjchild drei breite weif- liche, an der Naht unterbrochene Striemen; ſodann wird noch behauptet, daß fie beim Ruben ſtets mit dem Kopfe nach oben fiße, während die Stubenfliege die entgegengefeßte Richtung einhalte, ein Verhalten, an dem die ruffiihen Bauern beide Arten in ihren Zunmern leicht zu unterjcheiden wifjen. Die fegelförmige, hinten abgerundete Larve ift milchweiß, glatt und glänzend, vorn zweiteilig, die ungleihen Hafen des jtrahlenartig gerunzelten Mundes jehen troßdem bei ihrer großen Nahbarjchaft wie nur einer aus. Am Vorderrücken erjcheint der ringförmig aufgetriebene VBorderrand jcharf, die gelben, mujchelförmigen Stigmenträger zerfallen in je ſechs feulenförmige Teile, die des halbfugelfürmigen legten Gliedes bilden ziemlich große, Ihmwarzbraun eingefaßte, freisrunde Flächen, auf weldhen je drei Luftlöcher im Dreied jtehen. Die Made ift 8,5 mm lang und lebt im Sommer und Herbit gejellihaftlich mit den Stubenfliegenmaden im frijchen Pferdemift, entwidelt fich aber langjamer als dieje. Die Puppe ift bla rotbraun, fein in die Quere gejtrichelt, und die vorderjten Luftlöcher der fünftigen Fliege erfiheinen, wie bei allen Gemeinfliegen, am Hinterrand des vierten Stechfliege. Tjetje: Fliege. Blumenfliegen. 513 Zeibesringes als fegelfürmige, nach vorn gerichtete Hörnchen, während die hinterften da liegen, wo fie die Wade hat. Die Puppenruhe dauert 4—6 Wochen. Eine unjerem Wadenjtecher nahe verwandte, entjchieden Tchönere Art ift die Tſetſe— Sliege (Glossina morsitans), welche im heißen Gürtel Afrifas vom Limpopo bi3 zum Tanganjifajee wegen ihres den Haustieren tödlichen Stiches jo gefürchtet ijt, daß die von ihr bewohnte Gegend als „Sliegenland” mit Weidetieren wie die Peſt gemieden und höchftens zur Nachtzeit durchzogen wird. Wie unfere Stechfliegen ernähren fich diefe Fliegen vom Blute des Menjhen und warmblütiger Tiere und dürften an gewitterſchwülen Tagen am meiften nach demjelben, ihr Opfer mit gleicher Hartnädigfeit verfolgend wie die bei uns heimifche Art. Dem Menſchen und den Tieren des Waldes jowie von den Haustieren den Ziegen, Ejeln und jaugenden Kälbern bringt der Stich) feinen Schaden, allen anderen Haustieren aber nad) längerer oder Fürzerer Zeit, zumeiſt kurz vor dem Eintreten des Tfetje-Tliege (Glossina morsitans): a Kopf mit den Mundteilen in der Seitenanfiht, b Yühler. Alles ın verichiedener Stärke vergrößert. Regens oder mit der Negenzeit, einen fiheren Tod. Verſchwellen der Augen, wäljerige Abjonderungen aus denjelben, Verfchwellen der Zungendrüfen find die eriten äußerlichen Krankheitserfheinungen. Nach dem Tode findet fi) das Fleijch wäſſerig, das Herz bejonders weich, das Blut vermindert und durch Eiweißitoff verdicdt, außer dem Herzen auch Leber und Lunge oder einer von dieſen Teilen allein frank, während Magen und Eingeweide feine Spur von Störungen zeigen. Ein Hund joll jchon verloren fein, wenn er von der Milch einer Franken Kuh ſäuft, während das Kalb diejelbe ohne Schaden genießen fann. Diefe in ihren Wirkungen jo rätjelhafte Tjetje-Fliege übertrifft an Größe unjere Stuben= fliege und hat an der Wurzel des langen, mejjerförmigen Endgliedes der angedrüdten Fühler eine lang gefämmte Borfte, auf dem grau bejtäubten, kaſtanienbraunen Nüden: jehilde vier beiderſeits abgekürzte ſchwarze Längsſtriemen, auf dem ſchmutzig gelben Schild- chen zwei dunkle Wurzelflecke und kräftiges Borſtenhaar. Der fünfringelige Hinterleib in der hier vorgeführten Zeichnung iſt gelblichweiß und dunkelbraun gefärbt. Die Beine ſind gelblichweiß, an der Außenſeite etwas gebräunt, und die Flügel angeräuchert. Die wenigen näher beſprochenen Gemeinfliegen treten nebſt ihren nächſten Verwandten in den Hintergrund gegen das große Heer der Blumenfliegen (Anthomyidae), welche in ihrem äußeren Wejen und meift auch in der Färbung dem Blid des Unkundigen nur Stubenfliegen zu jein ſcheinen, fich aber bei näherer Betrachtung durch den Mangel der Spißenquerader von ihnen unterjcheiden. Sie find die echten Proletarier unter den Fliegen, welhe man verhältnismäßig am wenigften der Beahtung würdigt, und welche ihrer Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 33 514 Vierte Ordnung: Zweiflügler; fünfzehnte Familie: Gemeinfliegen. Ginförmigfeit halber jelbft dem Forſcher große Schwierigkeiten bereiten. Allein von der Gattung Anthomyia fennt man über 200 Europäer, deren Larven teilweije Unfug an den verſchiedenſten Kulturgewächſen treiben. So findet man Anthomyia fureata einzeln im Herzen der Speifezwiebeln (Allium Cepa) und die Zwiebelfliege (A. ceparum) in 2—3 Bruten vom Mai bis Dftober aleihfalls da, aber in anderer Art. Sie arbeitet nämlich Gänge in der Nähe des Zwiebelbodens und vernichtet dadurch jehr viele Zwie— bein. Die Kohlfliege (A. brassicae) durchwühlt al3 Larve vom Juli bis November die Kohlſtrünke und tötet die jungen unter ihnen; die Nadieschenfliege (A. radicum) zerſtört die befannten Radieschen; die Made dev Nunkelfliege (A. conformis) miniert in den jungen Nunfelblättern; die der Lattichfliege (A. lactucae) frißt im Auguft und September die Samen der Salatarten aus, und andere leben in gleicher Weile in anderen Gewächien, die meiften jedoh halten fi in faulenden Pflanzenftoffen auf. Sie alle und Hunderte von anderen Arten und Gattungen gehören zu denjenigen Fliegen, bei denen die Flügelſchüppchen die Schwinger mehr oder weniger volljtändig bededen. Weit mannigfaltiger find die Mitglieder der anderen Gruppe, bei welcher jene frei liegen; einige derjelben müfjen hier gleichfalls vorgeführt werden. Von den zahlreichen Arten, welche fi durch negartig oder ſonſtwie zierlich gezeichnete, bisweilen auch durhaus dunkle Flügel, durch eigentümliche Bildung ihrer dreigliederigen Fühler oder die Geltalt des Kopfes auszeichnen, wollen wir nur der hübſchen Bohrfliegen (Trypetinae) gedenken, bei welchen der weibliche Hinterleib in eine lange, ges gliederte Legröhre ausläuft, womit fie ihre Eier in die verschiedensten Teile lebender Pflanzen, wie z. B. an den Fruchtboden der Dilteln und anderer Korbblümler, legen, damit fich die Larven von deren Samen ernähren. Neuerdings hat die Made der Spargelfliege (Platy- parea poeciloptera) tellenweije vie Aufmerkſamkeit der DT Gärtner auf ſich gezogen. Bald nad) dem Erjcheinen der REAL en eriten Keime des Spargel3, aljo Anfang Mai, ftellt "von oben. Ules Bergrögert. fich die Fliege ein und legt ihre Eier zwiſchen die Schup- pen des Pflanzenfopfes. Nach 14—21 Tagen, je nad) der Witterung, friehen die weißen Maden aus und freffen fih von oben herab durch den Stengel bis auf defjen unteren holzigen Teil. Diefe Wanderung iſt nad etwa 14 Tagen beendet und die Made dann in der Länge von 6,5 mm erwachſen und zur Verpuppung reif. Dieje beginnt aljo Mitte Juni und ift bis Ende des Monats bei allen Fliegen erfolgt, deren bis acht und mehr in einem Stengel figen können. Die von Maden be wohnten Spargelpflanzen zeigen ſehr bald ein krüppelhaftes, meift oben gebogenes Wachs: tum und werden gelb und faulig, no ehe die Verpuppung vollendet ift. Das Tonnen- püppchen, an den äußerjten Enden jchwarz, ſonſt ziemlich glänzend bräunlichgelb, erjcheint am Nüden etwas gewölbter als am Bauche. Das Hinterende trägt ein anferartiges, Furzes Doppelhäfchen, das vorn mehr oder weniger gerade abgejtußte VBorderende tft etwas runzelig eingefhnürt. Im nächſten Frühjahr ftößt die Fliege eine Schuppe in der Nadengegend los und fommt zum Vorſchein. Diejelbe erreiht kaum die Größe unjerer Stubenfliege, it am Kopfe, an den Bruftfeiten und Beinen glänzend brauntot, da3 Gejiht mit den Baden, Mundteilen und Fühlern am helliten, mehr roftgelb. Das Rüdenjchild ift zart gräus [ih bereift, von drei ſchmalen, mehr oder weniger deutlichen, ſchwarzen Längsſtriemen durchzogen, das Schildchen glänzend ſchwarz, der Hinterleib bräunlihihwarz, an den Anthomyia-Arten. Spargelfliege. Kirſchfliege. Bandfüßiges Grünauge 515 Hinterrändern der Ringe grau, bei dem Weibchen zugeſpitzt und tief ſchwarz, die Legröhre dagegen rojtgelb, bei dem Männchen ftumpf, im ganzen Verlaufe walzig. Die Flügel find gleichfalls bräunlichſchwarz und glashell in der zadigen Anordnung, wie fie unjere Ab: bildung erfennen läßt. Die eher plump als jchlanf zu nennenden Beine tragen gleich den Hinterleibsfeiten einige ſchwarze Borftenhaare. Die Länge beträgt 4,5— 5,17 mm. Auch die Maden, weldhe in manchen Jahren die Herz: und Weichjelkirfchen bewohnen, in der Kegel in jeder Frucht nur eine, gehören einer Bohrfliege an. Das Weibchen diejer Kirihfliege (Spilographa cerasi) legt Anfang Mai jeine Eier, wie es ſcheint, nahe der Stelle, wo der Stiel angewachſen ift, an die unreife Frucht, welche nachher von der aus: geihlüpften Made angebohrt wird. Diejelbe hat fich jedoch auch noch in den Früchten einiger Geißblattarten (Lonicera xylosteum und tartarica) und des Sauerdorns (Berberis vul- garis) gefunden. Hat fie am Fleiſche der reifenden Frucht ihren Hunger gejtillt und ihre volle Größe erlangt, jo bohrt fie fich heraus, läßt fih zur Erde herabfallen, windet fich dort noch einige Stunden umher und wird zu einem gelben Tönncen, aus welchen erjt im nächſten Sahre zu der bereit3 angegebenen Zeit die zierliche Fliege zur Entwidelung fommt. Dieje ijt glän: zend jchwarz, das Rückenſchild zart bräunlichgelb bereift, dreimal Schwarz gejtriemt, an den Schulterbeulen, zwifchen diejen und der Flügelwurzel ftriemenartig, an dem Schild: chen, dem Kopfe, mit Ausnahme feines hinteriten Teiles, und an den Beinen von den Schienen an gelb. Am Vorder: rand der Flügel, welche den Hinterleib überragen, hängen Bandfüßiges Grünauge (Chlorops drei dunkle, faſt gleichlaufende Querbinden, die beiden erſten vr eher sSeitem gefürzt, die dritte aber vollitändig und vorn zu einem gleich: breiten, bis wenig über die vierte Längsader reichenden Spitenfaum erweitert. Die erite Längsader iſt doppelt und fteigt mit dem Borderafte fteil zum Rande hinauf, jede der beiden Dueradern auf der Flügelmitte der anderen nicht genähert, die Analzelle fürzer als die davorliegende Wurzelzelle, hinten zipfelig ausgezogen. Das hübſche Tierchen erreicht nit ganz die Größe der Spargel: Bohrfliege. Grünaugen (Chlorops) nennt man Eleine oder ſehr kleine Fliegen, die wie ihre nächſten Berwandten (Oseinis) einesteils durch die ungeheuern Mengen, in welden fie manchmal ſchwärmen oder in den Zimmern erjcheinen, andernteils durch die Beſchädigungen des Getreides die Aufmerkſamkeit mehr auf fih gelenkt haben, als wohl ſonſt folch Eleinem Geſchmeiß zu teil wird. Die Stirn iſt bei beiden Gejhlechtern breit, feinhaarig, hinten mit drei Nebenaugen bejegt, welche auf einem dreiedigen ſchwarzen Flede (Scheiteldreiec‘) jtehen, je nach) der Art mehr oder weniger ausgedehnt und vollfommen. Die jonjtigen Formverhältnifje lehrt unjer Bild. An den verhältnismäßig furzen Flügeln reicht. die Nandaver nur bis zur Spiße; die erite Yängsader ijt einfach, die drei folgenden verlaufen ziemlich gerade, und die beiden Queradern nähern fich einander auf der Flügelmitte; Anal- und hintere Wurzelzelle fehlen. Sr der Ruhe werden die Flügel gleichlaufend dem Hinterleib aufliegend getragen. Die zahlreihen Arten lafjen fi ſchwer unterfcheiden. Das band: füßige Grünauge (Chlorops taeniopus) ijt in der Hauptjache glänzend gelb, an den ganzen Fühlern und an den Stellen, wo es die Abbildung zeigt, ſchwarz und außer: dem noch an Strihelhen vor der Flügelwurzel und an Eleinen Fleckchen der bleicheren Bruftjeiten, je einem über den Hüften. Cine Bogenreihe ſchwarzer Börftchen faßt das Schildchen ein. Die Fußgliever der gelben Beine erjcheinen dunfel, die vorderiten ſchwarz, haben jedoch bei dem Männchen einen gelben Mittelring. Die Flügel find glashell, ihre Schwinger weiß. 33* 516 Vierte Ordn.: Zweiflügler; fünf: u. fechzehnte Jam.: Gemeinfliegen u. Buppengebärer. Die weiße Made der Sommerbrut veranlaft durch ihr Saugen am Halm des Weizens (und der Gerfte) eine Werunftaltung, welche die Engländer als „Gicht“ oder „Podagra“ bezeichnen, und die darin befteht, daß um die flache Furche, welche fie in der Negel von der Ahre bis zum erjten Knoten verurfacht, die Zellen anjchwellen, der Halm wie ge fnittert erjcheint, an der gegenüberliegenden Seite weich und dünn bleibt und zur Fäulnis neigt. Infolgedeſſen fommt die Ahre entweder gar nicht volljtändig aus der Blattjcheide heraus oder erlangt nicht die volle Entwidelung, wenn fie ſich aus jener mühjam here vordrängt. Die mit 4,5 mm Länge erwachjene Larve verpuppt fich in der Regel nahe dem oberiten Knoten zwiſchen Halm und Blattjcheide, wo man fie meilt einzeln antrifft, ausnahmsweile auch in der Ahre. Nach 17—21 Tagen Puppenruhe entfaltet fich die Fliege im Auguft. Das Weibchen legt jeine Eier jet an die Winterfaaten, an welchen die Larve in derjelben Weiſe auftritt wie die des Getreideverwüſters, der früher er— wähnten Cecidomyia destructor, und unter Umftänden die zarten Pflanzen noch vor Eintritt des Winters tötet. Die Fritfliege (Oseinis frit) ift eine faum 1,7 mm mefjende, genau ebenjo ge: baute, alänzend jchwarze Fliege, welhe nah Haberlands Beobadhtungen, in Böhmen wenigftens, drei Bruten zu ftande bringt, deren erite die Frühlingsjaaten, die zweite die reifenden Haferförner und die dritte die Winterjaaten beſchädigen joll. Beide Arten werden in Schweden unter dem Namen „Korntlugan“ zufammengefaßt, und der von ihnen ans gerichtete Schade zeitweilig bis auf 500,000 Kronen berechnet. — Höchſt auffallend wird das bisweilen mafjenhafte Schwärmen mancher Grünaugen, ohne daß damit bemerfbare Chädigungen durch ihre Larven verbunden find. Eo ftiegen im Spätfommer 1857 von dem Dache eines Haufes in Zittau dichte Wolfen auf und glichen jo täuſchend auf: wirbelndem Nauche, daß man mit Sprigen und Waſſer herbeieilte, um das vermeintliche Feuer zu löſchen. Die genaue Unterfuhung ergab, daß Millionen der Kleinen Chlorops nasuta aus einer durch einen abgebrochenen Ziegel entjtandenen Dachlüce hervordrangen und den Irrtum veranlaßten. Gleichzeitig fand fich diejelbe Fliege in und an einigen anderen Häufern der Stadt in ungeheuern Mengen. In der zweiten Hälfte des Sep: tember 1865 traf ih an der Dede einer Sommerwohnung im Harze (Suderode) während einiger Tage wahrscheinlich diefelbe Art in jolden Mengen, daß jene große, jchwarze Flede zeigte; alS e8 wärmer wurde, famen die Fliegen an die Feniter herab und färbten dieje gleichfalls ftellenweife ſchwarz. Ähnliche Wahrnehmungen, wie die erwähnten, gehören hier und da nicht eben zu großen Eeltenpheiten. Als wunderliches Fliegenvölkchen empfehlen fi) uns zum Abjchiede die Arten der Gattung Phora und ihre nächſten Verwandten. Die Kleinen, budligen Tiere rennen mit einer gewijjen Wut, einem Eifer, deffen Grund man nicht recht begreift, auf Blättern der Gebüjhe, an Planken und mitunter auch an Fenfterjcheiben umber, fliegen wenig und ohne Ausdauer und fommen in mehr denn SO Arten über ganz Europa verbreitet vor. Der Kopf ift gejenkt und kurz, der Bruftfaften hoch gewölbt und der Hinterleib abihülfig, wodurch eben das budlige Anjehen des ganzen Körpers bewirkt wird. Der Kopf trägt kurze, warzenförmige Fühler, deren große, bald nacte, bald befiederte Rückenborſte ſich hoch auf: richtet; die borftigen Tajter ftehen gleichfalls hervor. Durch verlängerte Hüften und breit: gedrüdte Schenkel ericheinen die Beine Fräftig. Bis zur Mündung der ftarf verdidten zweiten Längsader trägt der Vorderrand der großen Flügel Stachelboriten. Bei genauerer Betrachtung hat man die eben genannte Ader für die dritte anzujehen, welche jich vorn öfters gabelt und zwei blafje Afte in die Fläche fendet; von dem hinteren Aderftamm find nur zwei vorhanden, die Analzelle fehlt ftets. Die dide Budelfliege (Phora in- crassata) it glänzend jchwarz, der Hinterleib matt grau, fein erjtes Glied am Ende Sritfliege Dide Budelfliege. 517 weiß gerandet. Die Augen find jehr fein behaart, die glashellen, an der Wurzel gelb- lichen Flügel werden nur von vier Längsadern durchzogen, deren erjte (der obere Aſt der dritten) mehr gerade erjcheint und nicht S-fürmig gebogen ift. An den pechjchwarzen Beinen, deren vorderjte von der Borderhälfte der Schenkel an gelblich werden, fällt die träftige Borjtenbewehrung, bejonders auch an den Hüften, bei diefer Art in die Augen. In den meijten Gegenden Deutichlands, in Schweden und Rußland fommt die Fliege den Sommer und Herbit hindurch auf Gefträuh und an Planken vor und friecht in die Bienenjtöde, um den ziemlich erwachlenen Larven in den noch nicht gededelten Zellen je ein Ei unter die Haut zu legen, und zwar jo, daß ſie die Legröhre zwilchen zwei Leibes— ringen einführt und das Ei gleichlaufend mit der Längenachje der Dienenlarve abjett, das Kopfende desjelben nach dem Kopfende diefer gelegen. Die Made muß im Ei jchon fait voll- fommen entwidelt fein, denn nah 3 Stunden durhbricht fie die Eihülle und bohrt fich jofort in den Fettförper der Bienenlarve ein, von welchem fte lebt. Sie wächſt ungemein jchnell; 48 Stunden nach dem Ausjchlüpfen häutet fie ſich zum eriten Male, und num ijt fie fein bejtachelt; 24 Stunden nad der eriten Häutung hat fie eine auffällige Dide erlangt; nach weiteren 12 Stunden erfolgt die zweite Häutung, und das Wahstum verdoppeli fih, jo daß fie 24 Stunden nad) diejfer eine Länge von noch nicht 2,5 mm erlangt hat. Nach abermals 24 Stunden mißt fie faft 3,5 mm, häutet fi) zum drittenmal und ift voll: fommen erwachjen, vorn zugejpist, hinten geitußt mit Endborjten und den beiden Luft: lochträgern verjehen, die des Vorderrückens treten pyramidenförmig heraus. Ungefähr 12 Stunden nach der legten Häutung verändert fie ihre Richtung in der Bienenlarve, welche ſcheinbar gefund iſt, nun gleichfalls ihre Neife erlangt und ſich eingefponnen hat, dreht fich ebenfalls in ihrer Zelle, dem Dedel den Hinterteil des Leibes zufehrend. Hat fich die Schmarogerlarve umgemwendet, jo bohrt fie fich mitten durch das Leibesende ihres Wohntieres, durch den Wahsdedel, welcher die Zelle verſchließt, läßt ſich herabfallen und wird auf dem Boden des Stodes im Mulm zu einem Tonnenpüppchen, oder windet ſich zum Flugloch heraus und verwandelt fi in der Erde. Zwölf Tage darauf Friecht die Fliege aus, welche hinter Rindenſchuppen überwintert. Dieje intereflanten Beobachtungen wurden von Aßmuß angeltellt. Die verlafjene Bienenlarve ftirbt und geht in Fäulnis über. Die Phora ift jomit ein gefährlicher Schmaroger unferer Honigbienen und die Ber: anlafjung der einen Art von jogenannten „faulbrütigen” Stöden. Andere Budelfliegen leben als Larven in faulenden Pflanzenſtoffen, wieder andere wurden als Schmaroger bei Schmetterlingsraupen, Käferlarven und Schneden angetroffen, jo daß die Gattung, wie in der Bildung des Flügelgeäders, jo auch in der Lebensweiſe der verjchiedenen Arten wenig Übereinftimmendes bekundet. Abweichend von allen bisher betrachteten Müden und Fliegen ſowohl in Hinficht auf ihre äußere Erſcheinung als auch bezüglich ihrer Entwidelung ftehen die jogenannten Buppengebärer (Pupipara) einzig unter den Zweiflüglern da, und e3 ließe fich von ihnen allein ein dickes Buch jchreiben. Das Weibchen bringt jedesmal nur einen Nach- fommen in Form einer Larve zur Welt, welche fich bis zur Puppenveife im Xeibe der Mutter entwickelt hat und fat unmittelbar nach der Geburt wirklich zur Puppe wird, weshalb der gewählte Name für dieſe interefjante Abteilung nicht ganz zutreffend erjcheint. Die hierher gehörigen Tiere leben ſämtlich im vollkommenen Zuftand als Parafiten auf anderen, meijt warmblütigen Tieren und gliedern fih in drei Sippen: Lausfliegen, Sledermausfliegen und Dienenläufe. 518 Vierte Ordnung: Zweiflügler; fehzehnte Familie: BPuppengebärer. Die Lausfliegen (Coriacea oder Hippoboscidae) haben einen hornigen, am Hinterleib mehr lederartigen und dehnbaren plattgedrücdten Körper. Der wagerechte, quer— eiförmige Kopf ſchließt fih mit feinem Hinterrand eng an den Bruſtkaſten, trägt an den Seiten große Augen, ſehr kurze, walzenfürmige Fühler, welche man leicht überjieht, weil fie fich andrüden, und umgibt die Mundöffnung mit einem wallartigen Rande. Den Saug— rüſſel bildet hier die Oberlippe und die fie feheidenartig umſchließenden Unterfieferhälften, die Unterlippe ift jehr kurz, und die Tafter fehlen gänzlid. Die langen Flügel zeigen meift nur am Außenrande deutliches Geäder, fallen bisweilen leicht aus oder verfümmern, Die jehr Kleinen Schwinger bleiben immer frei und ftehen ungewöhnlich tief. Wegen des breiten Bruftbeines rücen die Beine weit auseinander; ihre Schenkel find flachgedrüdt, die Füße furz und derb, das Endglied am längiten, feine zweiteiligen Klauen jehr kräftig. Durch jolde Bildung werden dieje Fliegen befähigt, mit ungemeiner Gewandtheit und Schnellig- feit vor-, rüd- und jeitwärts am Pelze von Pferden, Hirfchen, Nehen und anderen Säugern, zwiichen den Federn der Vögel umberzulaufen, vielleicht NN ir richtiger gejagt, umbherzufrabbeln. In der Kegel lebt eine I NN Art auf einem bejtimmten Tiere und jaugt dejjen Blut, nur Lipoptena cervi macdt eine Ausnahme: jolange fie Flügel bat, hält fie fih als die Ornithobia pallida Meigens bis zum Herbit auf Vögeln auf, jpäter (nad) der Begattung?) verliert das Weibchen die Flügel und Ihmarogt dann auf dem Edelhirih, Neh und Eber, wo man während des Winters flügellofe Männchen auf der: gleichen Weibchen figend finden kann, ohne gepaart zu ſein. Im Herbſt fliegt fie ftellenweife in Wäldern nicht jelten \ umber, jest fih in das Geſicht vorbeigehender Menſchen und an deren Kleider, wie mir jheinen wollte, vorzugs— Pferde-Lausfliege (Hippobosca weiſe an braun gefärbte Gegenftände. Wenn ich mit einem une Freunde in von ihnen bewohnte Gegenden fam, wählten fie deſſen braun gefärbten, Tangfilzigen Hut, während ich immer von ihrer Zudringlichkeit verjchont blieb. Ihr Umbherkrabbeln im Geficht gehört durchaus nicht zu den angenehmen Empfindungen. Der Inhalt des weiblichen Eierftodes veicht bei der flügellojen Schafzede, Teke (Melophagus ovinus), zu acht Eiern aus, und die Nachlommenschaft einer einzelnen von allen diejen Fliegen bejchränkt fih auf eine nur jehr geringe Anzahl. Cine große, baumartig verzweigte Drüfe jondert eine Flüffigkeit ab, welche die in der Entwidelung begriffene Larve gierig auffaugt. Wenn fie geboren wird, ftellt fie einen glatten, ovalen Körper ohne jede Gliederung dar, der anfänglich weiß ausſieht und fich allmählich dunkler färht. Die Pferde-Lausfliege (Hippobosca equina) behält zeit ihres Lebens die Flügel, welche fünf die Längsaderın am Außenrand fennzeichnen; die erjte ift doppelt, die zweite und dritte find einfach, leßtere fommt fait in der Flügelmitte aus der zweiten und trifft am Rande mit dejjen Ader weit vor der Flügeljpige zuſammen, die vierte und fünfte Längs— ader erjcheinen in der Nähe der Eleinen Querader plöglich wie abgebrochen, weiterhin jehr blaß. Der Körper ift glänzend vojtgelb, auf der Scheibe des Mittelrüdens Fajtanienbraun, am Schildchen blaßgelb; die ungleihen, gezahnten Fußflauen find ſchwarz. Die Neben: augen fehlen, der furze Rüſſel endet ftumpf. Die Art findet ſich auf Pferden (und Rindern) nicht jelten, befonders an den haararmen Körperteilen, ift aber wegen ihrer jchlüpfrigen Oberfläche und der Gewandtheit, nad) allen Seiten hin zu entwijchen, ſchwer zu erhajchen. — Schafzecke. Pferde: und Shwalben-Lausfliege. Fledermausfliegen. Bienenlaus. 519 Bei der Gattung Lipoptena lafjen ſich deutliche Nebenaugen erkennen, auf den fpäter an der Wurzel abbrechenden Flügeln aber nur drei zarte Längsadern. Die auf der Haus: und Mauerfchwalbe nicht jeltene Schwalben=-Lausfliege (Stenopteryx hirundinis) zeichnet fich durch die ſchmalen, ſichelförmigen Flügel aus, die faum zum Fluge befähigen dürften. Im Juni fand ich einen der zulegt genannten Vögel, welcher ermattet zur Erde gefallen war und ſich greifen ließ. An jeinem Körper jaßen 24 Stüd der genannten Laus— fliege, und zwar ausſchließlich hinten ſtark angejchwollene, ſchwarz ſchimmernde Weibchen, welche dem Legen jehr nahe jtanden. Wenn die bereit erwähnten Arten in ihrer äußeren Erſcheinung ſchon an die Spinnen mahnen, jo in noch weit höherem Grade die ungeflügelten, langbeinigeren, mit gefrümmter und verlängerter Ferje verjehenen Fledermausfliegen. Auch ihr Körper ijt hornig und flahgedrüct, der Kopf becherfürmig, jehr frei beweglih, nach rückwärts in eine tiefe Aus— höhlung der Oberjeite des Mittelleibes einfchlagbar. Die Augen find punktförmig oder gänzlich fehl gejchlagen, die zweigliederigen, fingerfürmigen Fühler unter dem Kopfrande eingefügt. Der fadenförmige Saugrüffel zeichnet fich durch jehr große, etwas gefeulte Taſter aus, die Schwingkolben enden in einen fugeligen Knopf und find der Rückenſeite angeheftet. Unter und vor der Einlenfung der Mittelbeine fiten am Rande einer Aushöhlung zwei eigentümliche, fammähnliche Werkzeuge, welche verjchiedene Deutung erhalten haben und, wie e3 jcheint, hauptſächlich zum Schuge der benachbarten Zuftlöcher dienen. Die meift nur 2,25—4,5 mm langen Tarafiten von ledergelber Färbung leben in verjchiedenen Arten auf den verjchiedenen Fledermäuſen. Stedt man mehrere in ein Gläschen, an dejfen Wänden fie nit haften können, jo juchen fie fich aneinander zu halten und zappeln jo lebhaft, daß es beinahe jcheint, al3 flögen fie im Kreife umber. Die verjchiedenen beiprochenen Sonderbarfeiten finden fih am auffallendften bei der flügel-, jhwinger: und augenlojen Bienenlaus (Braula coeca, Fig. G, ©. 218), welche auf der Honigbiene jchmarogt und mit der erjten Larvenform der Maiwurmfäfer (Meloe) nicht verwechjelt werden darf. Ihr Kopf ift deutlich vom Bruſtſtück getrennt, jenfrecht, drei: edig, mit feinen gelblihen Börftchen bevedt, das Untergefiht von der Stirn durch eine dunflere, wenig erhabene Kante getrennt, in der Mitte mit einer ſchwachen Linie bezeichnet, unten tief ausgejchnitten. Hier liegt das hornige, halbmondförmige Kopfjchild, beiderjeits, etwas nach) unten, die kurzen, Eolbigen Tajter und zwiſchen ihnen der kurze, häutige Rüffel: die von den Kinnladen röhrig. eingejchloffene Oberlippe. Genau da, wo bei anderen Fliegen die Augen ftehen, finden fich zwei große Gruben, in welche die dreigliederigen Fühler bis zum beinahe fugeligen, eine gefiederte Rückenborſte tragenden Endglied verjenkt find. Die drei Bruftringe verſchmelzen zu einem gemeinfchaftlihen kurzen Mittelleib, welcher vorn faum breiter al3 der Kopf wird, nach hinten fich aber ſchwach erweitert und fein Schild: hen unterjcheiven läßt; an jeiner Unterjeite treten die Hüften näher zuſammen als bei den übrigen Pupiparen. Die Beine unterjcheiven fi) wenig voneinander, auch nicht in der Länge, bejtehen aus diden Schenfeln, etwas gebogenen Schienen, fünf Fußgliedern, deren vier erjte quer find, das fünfte ſtark erweitert ift und an ſeinem Borderrand etwa 30 borjtenartige Zähnchen trägt, welche fich zu einem Kamme aneinander reihen und eins gejchlagen werden fünnen; fie vertreten die Stelle der Klauen. Vor ihnen, aljo der Außen: jeite des legten Fußgliedes angeheftet, fißen noch zwei dünngeftielte, folbige Hautläppchen mit Drüfenhärhen. Der Hinterleib endlich wölbt fich hoch eiförmig und wird von fünf Ningen zufammengejegt. Der Körper ift mit Ausschluß der honiggelben Fühler glänzend rotbraun, hart und 1,5 mm lang. Das eben bejchriebene Tierchen lebt meift einzeln auf Honigbienen, Arbeitern, Drohnen, am liebjten jedoch, wie es jcheint, auf der Königin, welche manchmal von größeren Mengen 920 Vierte Ordnung: Zweiflügler; fiebzehnte Familie: Flöhe. bewohnt wird und bald wieder aufs neue damit bejegt gewejen fein joll, nachdem man die alten entfernt hatte, Die Bienenlaus wählt das Rüdenfchild zu ihrem Tummel- und Weide: plaß, wandert bisweilen auch bei der nahen Berührung, welcher die Bienen im Stode ausgejegt find, von einer zur anderen über. Wenn fie fi) mit dem Nüfjel dort feitgejogen, fist fie ftundenlang auf einem Fleck, entfernt von ihrem Wirte ftirbt fie nach einigen Stunden, und nur die jungen, eben aus der Puppe entſchlüpften Bienenläuje beſitzen mehr Lebenszähigkeit, weil fich ihnen nicht immer gleich die Gelegenheit bietet, eine Biene zu beiteigen. Da nämlih das Weibchen, welches in jeinem doppelten Eierftod nur vier Keime birgt, die von feiner Milchdrüſe im Innern gejättigte, reife Larve fallen läßt, dieſe mithin für gewöhnlich auf den Boden des Stodes, mitunter auch ins Freie gelangt: jo muß der vollfommene Kerf die zufällige Annäherung einer Biene erwarten. Bei der Geburt ift die Larve weiß und weich, verhärtet aber und dunfelt nach Furzer Zeit, jo daß man nachher ein elfglieveriges Tönnchen vor fich zu haben meint, wenn man es unter dem Mikroſkop betrachtet. Ungefähr 14 Tage jpäter hat die Fliege ihre Ausbildung erlangt. Man kennt bisher nur dieje einzige Art, die in ganz Deutſchland, Frankreich und Stalien vorfommt, in Rußland, mit Ausnahme der Djtfeeprovinzen, noch nicht beobachtet zu jein jcheint. Schon Degeer und andere Forſcher nad) ihm haben die Flöhe nicht mit den Fliegen vereinigen, jondern zu einer felbjtändigen Ordnung als Suctoria oder Aphaniptera erheben wollen, und mit vollem Nechte; denn die einfachen Augen, die hinter venjelben entipringenden Fühler, welche fich in eine Furche verjteden können, der mit feinen Hinter: rändern über den Vorderrüden übergreifende Kopf, die drei bei feinen anderen Inſekten voneinander gejchiedenen Thorarringe mit je einem Paar von Luftlöchern und der voll- ftändige Mangel der Flügel jeheiden fie wejentlih von den Zweiflüglern. Trotzdem fügen wir fie hier anhangsweije bei, namentlih um Naum zu jparen und weil wir dann auch die jpäter zu erwähnenden Strepfipteren mit demjelben Rechte als bejondere Ordnung aufführen müßten. Der ſeitlich zufammengedrüdte Körper und die bejtachelten kräftigen Beine, deren Hüften ungemein weit vortreten, vollenden das Bild der Flöhe, derer Sprung: fertigfeit von feinem zweiten Tiere nur annähernd erreicht wird. Glücklich drum preif’ ich den lockeren Gejellen, Nuler, den Turner im braunen Trikot, Wenn er in Sprüngen, verwegenen, jchnellen, Himmelhoch jauchzet friſch, fromm, frei und froh! Die Flöhe leben jchmarogend auf warmblütigen Tieren und nähren fi) von deren Blute, ihre Larven dagegen von allerlei faulenden Stoffen, befonders vom Mifte. Früher rechnete man alle zu einer Art, es ift aber erwiejen, daß faſt jedes von Flöhen bewohnte Tier feine eigne beherbergt, jo daß neuerdings nicht nur zahlreiche Arten, jondern auch mehrere Gattungen aufgejtellt werden mußten und eine Scheidung in zwei Familien, Pulici- dae und Sarcopsyllidae, gerechtfertigt erſchien. Zu erjterer gehört der nebenftehend ab» gebildete gemeine Floh (Pulex irritans) des Menjchen, als Weltbürger hinreichend befannt und bejonders von reizbaren, empfindlihen Naturen gefürchtet. Die Mundteile find in ihrer Gliederung abgebildet; es ſei nur noch darauf aufmerkſam gemacht, daß die Kiefertafter aus vier Gliedern beitehen, während fie bei anderen Arten wieder anders ges bildet find. Im Auguſt und September werden dieſe Tiere bejonders läftig und in warmen Ländern mehr noch als in unferen gemäßigten Himmelsjtrichen. Ein befruchtetes Weibchen legt etwa 12 verhältnismäßig große, länglich ovale Eier zwiſchen die Nigen der Dielen oder Gemeiner Floh. 521 in ftaubige, ſchmutzige Eden. Dergleichen Brutjtätten, befonders in Kinderftuben, aber auch in neugebauten Häufern, haben vorzeiten zu dem Glauben Anlaß gegeben, die Flöhe entitänden aus Sägejpänen unter den Dielen, wenn fie mit Harn begoffen würden. Das Nichtige bei diefer Sache bleibt, daß Stubenfehricht, der an vielen Orten mit feuchten Sägeſpänen, welche man vorher zum Sprengen gegen den Staub anmwendete, gemengt ift, eine befondere Anziehungskraft für die von Eiern gejchwellten Weibchen ausübt. Sm Sommer genügen 6 Tage, während des Winters im geheizten Zimmer die doppelte Heit, um im Ei die Larve (Fig. 2) zur Entwidelung zu bringen. Sie erjcheint als ſchlankes, weißes Würmchen mit Fühlern und zwei Freßipigen, aber ohne Augen. Zwei Nachſchieber am Leibes— ende und jeitliche Börſtchen unterjtügen ihre jchlangenartigen Windungen und bringen fie ziemlich jchnell von der Stelle. Röſel fütterte fie mit Stubenfliegen, getrocdneter, auf angefeuchteten Mulm gejchabter Blutmafje und dergleichen, wodurch fie fich fichtlich färbten. Gemeiner Floh (Pulex irritans): 1) Ei, 2) Larve, 3) Puppe, 4) der Floh: a Oberlippe, b Kinnbaden, ce Tafter der Unterlippe, d diefe jelbit, e Taſter der nicht. fichtbaren Kinnladen. Alles vergrößert. 5) Kraftleiftungen dreffierter Flöhe. Nah 11 Tagen find fie erwachſen, geben den Unrat von fi, werden wieder weiß und bereiten fih an ihren Aufenthaltsorten eine Fleine Höhlung zur VBerpuppung. Wenn die Made ihre Haut abgeftreift hat, welche ſich hinter ihr findet, ift fie zu einer weißen, munteren Puppe (Fig. 3) mit zwei zangenartigen Schwanzipigen geworden, an der man die einzelnen Teile des Fünftigen Kerfes wohl unterjcheidet. Nach und nach färbt fie ſich dunkler, bis im Sommer nad) 11 Tagen der gewandte „Turner“ daraus hervorfommt. Somit währt die ganze Verwandlung etwa 4, im Winter unter günftigen Verhältnifjen 6 Wochen. Der Neugeborene bedient fich fofort feines Vorteiles, der Fräftigen Hinterbeine, und vom Blut: durſt getrieben (er kann lange hungern, fticht aber dann um jo empfindlicher), ſucht er in langen Sägen den Gegenftand, der ihm Nahrung bietet. Da er unter Menjchen und Tieren geboren wurde, jo dürften feine Bemühungen bald belohnt werden. Mit meijterz bafter Fertigkeit bohrt er feine jpigen Klingen ein und jaugt in vollen Zügen, ſtets der Gefahr ausgejegt, in feinem Behagen gejtört zu werden, oder gar jeine Luſt mit dem Leben büßen zu müfjen. Hat er ſich wader durchichmarogt, ift er den allabendlih auf ihn an— gejtellten Jagden glüdlich entgangen, und hat er den Gegenjtand feiner tieriichen Liebe gefunden (die Männchen find bedeutend Kleiner als die Weibchen und figen bei der Bes gattung auf diefen), jo erfüllt er den Lauf der Natur. Bekanntlich gibt e3 Leute, welche ſich durch Abrichten von Flöhen (Anſpannen ders felben an kleine Wagen 2c.) ihren Zebensunterhalt verfchaffen. Juden fie die Tiere längere Zeit in flache Döschen einjperren, wo fie fich bei Springverjuchen jedesmal derb an ven 522 Vierte Ordnung: Zweiflügler; fiebzehnte Familie: Flöhe. Kopf ftoßen, gewöhnen fie ihnen diefe Unart ab, und durch Anfegen an einen ihrer Arme belohnen fie einen jeden nad) der Vorftellung ftet3 mit jo viel Blut, al3 er trinten mag. Wir haben hierin einen neuen Beweis dafür, daß den Tieren, den unbedeutenden Kerfen, eine gewilje höhere geiftige Fähigkeit innewohnt, welche unmöglich durch den bloßen Natur— trieb erklärt werden kann, wie von gewiſſen Seiten verfucht wird. Die Nerlümmerung der Augen oder ihr gänzliches Fehlen, die Form des Kopfes, Vor— handenjein oder Mangel von Stachelfämmen auf dem Rüden der Leibesgliever, die Form des legten, dritten Fühlergliedes und anderes find in Betracht zu ziehen, um die bisher näher befannt gewordenen Arten, ungefähr 20 an der Zahl, zu unterjcheiden. Die zweite Familie der Sarcopsyllidae ift zunächit auf den Sandfloh, Chigger, Nigua, Bio (Sarcopsylla penetrans) oder wie diejer im tropifchen und jubtropijchen Amerika und Afrika gefürchtete Kerf noch heißen mag, gegründet. Cr findet fich überall in der Nähe menschlicher Wohnungen oder verlaffener Wohnftätten, wo Trodenheit und Wärme, die er beide liebt, nicht fehlen. Nur die befruchteten Weibchen bohren fih in die Haut warmblütiger Tiere und der Menſchen, hier vorzugsweife unter die Nägel der Füße oder an anderen Stellen diefes Körperteiles ein; die Männchen und nicht befruchteten Weibchen nähren fi vom Blute wie die anderen Flöhe; ihre Körperfarbe it, abgejehen vom durch— iheinenden, dunfeln Darminhalte, gelblich, bei den eingebohrten fait rein weiß. Anfangs gleichen die beiden Geſchlechter einander an Größe und mefjen durchichnittli 1 mm, aljo die Hälfte unferes gemeinen Flohes, fünnen jpringen, aber nicht jo weit und hoch wie diefer, und geben ungefähr dasjelbe Bild wie er, nur mit dem Unterjchied, daß der ver: hältnismäßig große Kopf auf der oberen und vorderen Seite edig, das legte Fühlerglied ohne Einjhnitte und die Mittelleibsringe jehr ſchmal find; auch die Bildung der Mund: teile weicht etwas von der der Puliciden ab, jowie die Anzahl der Luftlöcher, welche dem zweiten und dritten Hinterleibsgliede fehlen. Solange das eingebohrte Weibchen ungejtört in der nicht durch Drud und Reiben gereizten Haut fißt, ſchwillt es im Hinterleib bis zur Größe einer Kleinen Erbſe (5 mm) im Durchmefjer an, verbleibt in diefem Zuftand eine längere Zeit und bringt weiter feine bemerkbaren Nachteile, al3 ein leichtes Juden und Grröten der Stelle hervor. Durch Reiben und Kragen der judenden Stelle fteigert ſich indes die Entzündung bedeutend und hat bei Vernachläſſigung die Wirkungen, welde von faft allen Bericterftattern angegeben werden, bejonders auch darum, weil ein zweites und drittes Weibchen eine ſolche Stelle für befonders geeignet findet, fich daneben anzufiedeln. Bösartige Eiterungen und dazu fommender Brand nötigen, die Zehen abzunehmen, und haben jogar in einzelnen Fällen den Tod zur Folge gehabt. Das Anjchwellen des in die Haut eingenifteten weiblichen Flohes geht ſehr raſch vor fich, erit aber muß er fich bis zur After: jpie eingearbeitet haben, welche nad außen den Verſchluß feiner Wohnung bildet. Die jehr zahlreichen Eizellen, die fich in den cylindrifchen Schläuchen des einfach gegabelten Eierſtockes befinden, entwideln fih nun hier allmähli in der Weije, daß das reifite Ei ftetS neben dem Ausgang liegt und durch den Drud der übrigen nahmwachjenden Eier hervorgetrieben wird. Das Muttertier bleibt, wenn e3 nicht gejtört wird, an jeinem Wohn— fit jo lange unverändert, bis alle Eier abgejeßt find, die mithin herausspringen und nicht in den Körper des Wohntieres gelangen, wie fih aus der vorher bejchriebenen Ruhelage des häuslich eingerichteten Flohes ergibt. Hierauf ftirbt, wie zu erwarten jteht, der mütter: liche Körper ab und fällt heraus. Die weitere Entwidelung und Berpuppung der Larven bietet feine wejentlihen Verfchiedenheiten von dem Hergang bei unjerem Flohe. Unter allen Umftänden ift es nicht geraten, feine Haut geduldig al3 Wohnung für das legende Weibchen herzugeben, denn es gehört immer eine gewijje Willensſtärke dazu, um da nicht zu Fraßen, wo e3 judt; überdies fann der Drud von außen, wie wir jahen, Sandfloh. ; 523 die Wunde verichlimmern, und endlich weiß nicht ein jeder im voraus, wie widerftands- fähig jein Körper gegen dergleichen Berwundungen ift. Darum werden für die Bewohner jener Gegenden durch die Erfahrung gelehrte Vorfichtsmaßregeln unerläßlid. Den im Ein: bohren begriffenen Floh zu verfolgen, wird nicht angeraten, weil er fich mit feinen Mund: teilen in jeinem Eifer, ein gutes Plätzchen zu erlangen, weiter arbeitet und daher leicht zerreißt und nur ſtückweiſe herausgebracht wird, was die Wunde verfhlimmern würde. Vielmehr läßt man ihn jich erft feitiegen und hebt ihn dann, wenn er ſchon im Anjchwellen begriffen iſt, vorfichtig aus der Wunde, hütet fih aber wohl, den jetzt dünnwandigen, ans gejchwellten Hinterleib zu zerreißen, da unter allen Umftänden ein von ihm zuriüdbleibender Teil der wunden Stelle Nachteile bringen würde. Wenn wir übrigens von joldhen Ge— jhichten hören, jo wollen wir nicht murren und in Demut die Quälereien hinnehmen, zu denen unſer Floh uns verdammt: fie find läftig, aber unter Umſtänden fogar vielleicht heilfam und nie gefahrbringend. Schließlich jei noch bemerft, daß der Sandfloh 1873 durch ein Segelſchiff von Bahia nad Afrifa verfchleppt worden ift und ſich hier in kurzer Zeit am Kongo und in Gabun angefievelt hat. Aus diefer Familie ift noch eine weibliche Sarcopsylla gallinacea am Huhne auf Ceylon, das Weibchen der Rhynchopsylla pulex aus Südamerifa und der Vermipsylla Alakurt auf Pferden, Schafen, Kamelen in den Thälern von Tienfehan befannt. Nähere Auskunft über die Flöhe gibt O. Taſchenberg in feiner Halle 1880 erjchienenen Mono: graphie: „Die Flöhe. Die Arten der Inſektenordnung Suctoria,; mit vier lithographi- ſchen Tafeln.“ Fünfte Ordnung. Die ,Netz- oder Gitterflügler (Neuroptera). Linné vereinigte bei Begründung der nunmehr zu beſprechenden Ordnung alle die— jenigen Kerfe, deren Flügel der Benennung gemäß von einem mehr oder weniger voll— ſtändig gegitterten Adernetz durchzogen werden, und deren Körperbeſchaffenheit in den weſentlichen übrigen Punkten, beſonders in der Bildung der Mundteile und dem loſeren Zuſammenhang des vorderſten mit den beiden folgenden Bruſtringen übereinſtimmt. In— folge davon wurden Kerfe mit außerordentlich zierlichem Maſchennetz, wie die Waſſer— jungfern und einige Verwandte, deren Verwandlung die drei Hauptſtufen einer voll— kommenen nicht erkennen läßt, zu anderen geſtellt, bei welchen dies der Fall iſt. Man fühlte dieſen Übelſtand und erklärte die ganze Ordnung wegen der Verſchiedenartigkeit ihrer Beftandteile für eine Übergangsgruppe. Doch Lafjen fih, befonders auch im Einklang mit dem inneren Bau, die Neßflügler mit unvollfommener Verwandlung ausjcheiven und zu der folgenden Ordnung ziehen, wie dies hier nach Erihjons Vorgang geichehen und wodurch der Vorteil erlangt worden iſt, daß nun dieje wie die folgende Drdnung eine ihärfere Unterjcheidung zuläßt, als bisher unter vorwaltender Berüdjichtigung der Flügel- bildung möglich war. Ohne daß wir alſo den alten, üblichen Namen fallen lajjen, werden hier mit der angegebenen Beihränfung unter den Nepflüglern alle diejenigen Inſekten begriffen, welche eine vollfommene Verwandlung beftehben, beißende, größten: teils jedoch ſchwach entwidelte Mundteile, eine freie Borderbruft und gleiche artige, Häutige Border: und Hinterflügel haben. Abgeſehen von der nicht eben jehr in die Augen fallenden freien VBorderbruft ſtimmen die Merfmale dem Wortlaute nad) mit denen der Hautflügler überein, und doch wird man nicht leicht die Glieder beider Ordnungen miteinander verwechjeln fünnen. Die Gitter: flügler, ſämtlich langgeftredte Kerfe, find zarter, weicher Natur, und feine einzige Art wird von jo feiter Chitinmafje bedeckt, wie die Hautflügler bis zu der kleinſten Art hinab. Hiermit im Zuſammenhange jteht auch die Entwicdelung der Mundteile, welche ihrem Baue nah mit Recht zu den beifenden zählen, häufig aber ihrer Weichheit wegen nicht zum Beißen gebraucht werden fünnen. Weiter lajjen die mit bedeutend zahlveicheren Zellen ver: jehenen, meijt viel gejtredteren, unter ſich faſt gleihen Flügel jowie die Bildung des Nittel: leibes unmöglich eine Berwechjelung zwijchen den Gliedern beider in Rede jtehenden Ord— nungen zu. Eher könnte es dem Unfundigen begegnen, gewilje Gitterflügler, deren Flügel dur bunte Haare gemujtert erjcheinen, für Kleinfalter zu halten. Mögen auch bei beiden die Mundteile verfünmern, jo gehört doch wenig Scharfblid dazu, den wejentlichen Unter- ſchied dieſer und überdies noc die Verſchiedenheiten in der Geftaltung des Bruftkaitens zu Gemeiner Ameijenlöwe, 525 erkennen, und jeden Zweifel zu beſeitigen, ob man ein Neuropteron oder ein Mikrolepi— dopteron vor ſich habe. Die vollkommenen Inſekten dieſer von der folgenden Ordnung allemal mit Sicherheit zu unterſcheiden, kann mit Schwierigkeiten verbunden ſein, weil eben das Hauptmerkmal beider in der Verwandlung beſteht, die man dem vollendeten Kerb— tier leider nicht anſieht. Wenn man ſich aber merkt, daß die Waſſerjungfern und Ein— tagsfliegen mit ihren nicht zu verkennenden nächſten Verwandten nur eine unvollkommene Verwandlung beſtehen und mithin nicht mehr dieſer, ſondern der folgenden Ordnung bei— gezählt werden, jo ſchwindet auch dieje Schwierigkeit, und der in Rede ftehenden Ordnung find die erfennbaren Grenzen gezogen. Sie ift die Eleinfte von allen, umfaßt durchjchnitt: lich 1000 Arten und fehlt auch in den früheren Schöpfungsperioden nicht. In den älteren Gemeiner Ameijenlöwe (Myrmeleon formicarius): a Imago, b Larve, ce ausſchlüpfende Puppe. Natürliche Größe. Schichten treten die verfteinerten Überrefte nur ſparſam auf, was bei der Zartheit des Baues diejer Kerfe nicht wundernehmen darf, im Bernftein dagegen haben ſie ſich ziemlich zahlreich erhalten. Die intereffanten Ameifenlöwen (Myrmeleon oder, richtiger gebildet, Myrmeco- leon) erkennt man leicht an den furzen, plattgedrücten, nach vorn feulenförmig erweiterten Fühlern und an den langgeitredten, in eine Spite ausgezogenen, unter jich fait gleichen vier Neßflügeln; die Spitze diefer und die Fühlerbildung find die beiden jofort in die Augen jpringenden Unterjcheidungsmerfimale zwischen dieſen Kerfen und den in der Körpertracht am nächjten jtehenden Wafferjungfern. Die runden, ungeteilten Augen quellen ſtark her: vor und lafjen den furzen Kopf breit ericheinen, feine hornigen Kinnbaden befähigen jehr mwohl zum Beißen. Das zweite und dritte Glied der unter fich gleich gebildeten Füße iſt viel fürzer als das erite, und die Endjporen der Schienen biegen fich nicht hafig um. Beim gemeinen Ameijenlömwen oder der Ameijenjungfer (Myrmeleon formicarius) bilden einige dunkle Fleckchen auf den Flügeln, die abwechjelnd heller und dunkler gefärbten Adern derjelben und die im Bergleich zu Kopf und Mittelleib zufanımengenonmen Fürzeren 526 Fünfte Ordnung: Netflügler; erfte Familie: Megalopteren. Fühler die Artenmerkfmale Das ganze Tier ift vorherrfchend graufchwarz, an Kopf und Bruftfaften gelbfledig, an den Hinterrändern der Leibesringe ebenfalls licht: und an den Beinen gelbbraun. Es hält fi vorzugsweije in den Nadelwäldern des mittel und ſüd— deutichen Sandlandes auf und ſchwärmt vom Juli bis in den September. Am Tage ſitzt es ftill mit dachartig über den Hinterleib gelegten Flügeln, wenn aber die Sonne finft, wird es lebendiger und bewegt fich in langjamem, taumelndem Fluge, Nahrung und jein anderes Ich ſuchend. An fonnigen Hängen, befonders unter dem Schuße hervorftehender Baummurzeln, ſchlägt die Larve ihre Wohnung auf, welche in einem Kleinen Trichter be= jteht, in deſſen Grunde fie verftedt, mit emporgeftredten Zangen auf Beute lauernd, fißt. Dieje beiteht in Ameifen und anderen Kerfchen, welche durch einen Fehltritt in den Trichter binabrutichen. Sofort werden fie ergriffen und ausgejogen. Wir jehen fie, dieje drohen- den Zangen, in der umſtehenden Abbildung und würden bei näherer Unterfuhung ihren merkwürdigen Bau richtig deuten. Der obere Teil derjelben ftellt den innen dreizähnigen Oberkiefer dar, welcher an der Unterfeite ausgehöhlt ift, um die feinen, borjtenförmigen Unterkieferhälften aufzunehmen, mit welchen zufammen das Saugwerk hergeftellt ift. Die Tafter an legteren fehlen, die der Lippe dagegen bejtehen aus einem auffallend großen, elliptijchen Grundgliede, dem drei Kleinere, cylindriſche Glieder folgen, und befinden fich nicht zwiſchen den Kiefern vorwärts gerichtet, ſondern jeitlih unter ihnen. An den Eden des großen, nahezu herzförmigen Kopfes figen je fieben Augen und Fühler, welche die Länge der Lippentafter nicht erreihen. Die Beine enden in zwei große Krallen ohne Haftlappen. Am plumpen Körper fallen der halsartig verdünnte VBorderbruftring, die ftarfe Behaarung, welde jeitwärts an Warzen büfchelartig auftritt, und die budlige Höhe der Hinterleibg- wurzel jogleich in die Augen. Das leßte fugelige Leibesglied läuft nicht in Hornplättchen, jondern in beborjtete Warzen aus. Der eben bejchriebene „Ameiſenlöwe“ legt unter ftoßweißen, rückwärts gerichteten Be— wegungen feinen Trichter an. Er beginnt den Bau mit einem freisförmigen Graben, deſſen Größe durch jeine eigne bedingt wird, und deſſen Außenrand gleichzeitig den der fünftigen Wohnung abjtedt. In der Mitte fteht demnach) ein jtumpfer Sandfegel, welchen er auf eine ebenjo fördernde wie finnreiche Weije zu bejeitigen verjteht. Er wühlt ſich da, wo er den eriten Kreis eben vollendete, mit dem Hinterleib in den Sand, und in einer immer enger werdenden Schraubenlinie zurücweichend, bringt er mit dem nad) innen liegenden Vorderfuß den Sand auf jeinen breiten, jcehaufelartigen Kopf und wirft ihn mit demjelben jo gewandt und mit folder Gewalt über den Außenrand des erjten Grabeng, daß er mindeftens 5 cm weit wegfliegt. Dann und wann ruht er aus; ift er aber bei der Arbeit, jo erzeugen die flinfen Bewegungen einen ununterbrodhenen Sandregen. Der innere Kegel nimmt mit jedem Umgang immer mehr ab, wie fi) von ſelbſt verfteht, und ſchwindet vollftändig mit der Ankunft des Kleinen Minengräbers im Mittelpunkt, wo er fih mit Ausſchluß der Zangen einwühlt und Platz greift. Um fich die Arbeit, welche eine bedeutende Muskelkraft in Anſpruch nimmt, zu erleichtern, geht er nicht von Anfang bis zu Ende in derjelben Richtung, ſondern dreht ſich von Zeit zu Zeit um, damit einmal das linfe Bein Handlangerdienfte verrichte, wenn es bisher das rechte gethan hatte. Kommen gröbere Sandkörner in den Weg, was nicht ausbleibt, jo werden fie einzeln aufgeladen, noch größere, welche fich nicht werfen lafjen, wohl gar auf dem Rüden hinausgetragen. Man hat beobachtet, daß in diejer Hinficht mißlungene Verſuche öfter wiederholt wurden, und daß erjt dann, wenn ſich alle Bemühungen erfolglos zeigten, ein anderer Plaß in der Nachbarſchaft ausgejucht wurde, um hier die Arbeit in Erwartung eines glüdlicheren Er: folge von vorn zu beginnen. Weil der Körperbau den Ameijenlöwen zu weiteren Wande- rungen nicht befähigt, jo jorgte die umfichtige Mutter ſchon dafür, daß fie nur an ſolchen Gemeiner Ameijenlöme. 527 Stellen ihre Eier in den Sand ausftreute, wo der Nachkommenſchaft die Möglichkeit ge geben ift, ven zum ferneren Gedeihen nötigen Bau ausführen zu können. Es bedarf wohl faum der Erinnerung, daß der Ameifenlöwe nicht einen und denjelben Trichter für immer bewohnt; wird er größer, jo bedarf er eines umfangreicheren, ganz abgejehen von Un: glücksfällen mancherlei Art, welche denjelben zeritören, oder von vem Mangel an Nahrung, welche zur Anlage eines neuen auffordern. Der Trichter einer erwachſenen Larve mißt 5 em in die Tiefe und etwa 7,s em im Durchmefjer des oberen Randes, doch find dieje Berhältniffe nicht beftändig und richten ſich gewiß teilweiſe nad) der Bejchaffenheit des Bodens. Nicht immer erlangt der unten im Grunde des Trichter verborgene Räuber feine Beute ohne Mühe und Kraftanftrengung; eine kleine Raupe, Afjel, Spinne oder andere größere Tiere, welche jo unglüdlic) waren, in den Abgrund zu rutjchen oder durch einen Sandregen zum Herabgleiten gebracht wurden, wenn für fie noch Ausficht vorhanden war, fih oben zu erhalten, jegen natürlich mehr Widerftand entgegen und wehren fich tapferer als eine Ameife oder ein ihr gleich großes Käferhen. Bonnet erzählt ein interefjantes Beijpiel, welches nicht minder die Zähigfeit des Ameijenlöwen als die rührende Fürjorge einer Spinne für ihre Eier befundet. Eine Art (Pardosa saccata) diejer jo mörderischen Gejellihaft lebt unter dürrem Laube und zwiihen Gras und ijt leicht an dem weißen, fait erbjengroßen Eierfad zu erkennen, den fie im Frühjahr an dem Bauche angeflebt mit fi herumträgt und mit mehr Ingftlihfeit überwacht als der größte Geizhals jeinen Geld: haufen. Ein ſolches Spinnenweibchen trieb Bonnet in die Grube eines erwachjenen Ameifenlöwen. Diejer ergriff den Eierjad fehneller, als die Spinne dem gefährlichen Winkel entrinnen fonnte. Er zog nah unten, fie nad) oben, und nach heftigem Kampfe riß zuletzt ver Sad ab. Die Spinne war indes feineswegs gejonnen, ihren Schaf im Stiche zu laſſen. Sie faßte ihn mit den Fräftigen Kiefern und verdoppelte die Anftrengungen, ihn dem Gegner zu entwinden. Aber troß aller Gegenwehr und allen Strampelnz ließ ihn zulest der überlegene Feind unter dem Sande verſchwinden. Mit Gewalt mußte fich jetzt Bonnet in das Mittel jchlagen, damit die unglückliche Mutter nicht ihrer zukünftigen Brut zuliebe auch noch ein Dpfer des Siegers werde; denn freiwillig ging fie nicht von der Stelle, wo fie ihr Teuerites begraben wußte, und wäre jedenfalls jpäter auch noch verjpeijt worden. Mit einer Biene, welcher man die Flügel ausgerifjen hat, balgt ſich der Ameijenlöwe eine Viertelftunde umher, und wirft man ihm jeinen Bruder vor, jo gilt ihm das auch gleich: er, feit im Sande ſitzend, befindet fich ftet3 im Vorteil. Die ausgejogenen Tierleihen werden herausgejchleudert, damit fie ihm nicht im Wege find. So müſſen Ausdauer und Schlau: heit erjegen, was dem Ameijenlöwen durch den Mangel anderer Naturanlagen verjagt worden ift. Mit Anfang Juni beginnen fi die erwachſenen Larven zu verpuppen. Zu dem Ende graben fie fich etwas tiefer unter die Spitze ihres Trichter ein, ziehen das Ende ihres Hinterleibes wie ein Fernrohr in eine weiche, beweglihe Röhre aus und fpinnen damit weißſeidene Fäden, welche die benachbarten Sandſchichten in Form einer lockeren Kugel zu: jammenhalten. Die Innenwand iſt zart und dichter austapeziert. Nun reißt die Zarven- haut im Naden und die Puppe drängt ſich daraus hervor. Sie ift jchlanfer als die Larve, gelblich von Farbe und braun gefledt; die Scheiden der Flügel, Füße und Fühler hängen frei an ihr herab, wie bei jeder gemeißelten Puppe, und der ganze Körper ruht in ges frümmter Lage, damit ihm der Pla in der hohlen Kugel nicht mangele. Ausgebrütet durch den oft glühend heißen Sand, jprengt nad 4 Wochen das fliegende Infekt feine Buppenhülfe und nimmt fie beim Ausjchlüpfen zur Hälfte aus dem vorher durchbohrten Gehäufe mit heraus. Die jchlanfe „Ameiſenjungfer“ erblidt das Licht der Welt nur in den Abendjtunden, zum ficheren Belege für ihre nächtliche Lebensweije. Ich hatte in einem 528 Fünfte Ordnung: Negflügler; erfte Familie: Megalopteren. Sommer zahlreiche Kugeln eingetragen und fand allabendlich bis 8 Stück Neugeborene in der Schachtel, Fonnte aber fihher darauf rechnen, daß am anderen Morgen einige davon verjtümmelt waren, wenn ich ſie über Nacht beifammen ließ. Die wenigen ihnen ver: gönnten Lebenstage fallen dem Fortpflanzungsgefchäft anheim. Das befruchtete Weibchen legt eine geringe Anzahl von ungefähr 3,37 mm langen, 1,12 mm breiten, hartjchaligen Eiern. Diejeiben find etwas gebogen, gelblih von Farbe, am dideren Ende rot. Bor Winters noch Friechen die Lärvchen aus, richten fi) in der angegebenen Weiſe häuslich ein und verfallen in der futterlojen Zeit tief unten im Trichter in den Winterfchlaf. Sie find wahrfcheinlih im nächſten Juni noch nicht erwachjen, da ſich gleichzeitig Larven ver: ichiedener Größe und Puppen vorfinden. Häutungen der Zarve wurden meines Wiffens nicht beobachtet. Ganz in derfelben Weife lebt die jehr ähnliche, nur am Kopfe unmerflich abweichende Larve der ungefledten Ameijenjungfer (Myrmeleon formicalynx), welde mit der vorigen Art in Deutjchland vorkommt und fich leicht an den ungefledten Flügeln von ihr unterjcheiden läßt. Dagegen kommen in jüdlicheren Teilen Europas auch Arten vor, deren Larven feinen Trichter anfertigen, Jondern ſich einfach im Sandboden verbergen. Dahin gehört 3. B. der langfühlerige Ameijenlöwe (Myrmeleon tetragrammir cus), bei welchem die Fühler mindejtens die Gejamtlänge von Kopf und Mittelleib erreichen und die Eporen der Vorderjchienen ſich Frümmen. Die Larve unterjcheidet ſich äußerlich injofern von der vorigen, al3 die Augen auf einem Kleinen Hügel ftehen und das Fugelige Endglied des Leibes unten am Hinterrande mit zwei hornigen, gezahnten Plättchen ver: ſehen it; fie geht ebenjowohl vor= wie rüdwärts. Dieje Art findet fich übrigens auch einzeln in der Provinz Sachſen (Stolzenhayn). — Sn mwärmeren Erdgegenden gibt ea Ameijenjungfern, welche die inländischen falt um das Doppelte an Größe übertreffen. ALS nahe Verwandte leben im Süden von Europa die Schmetterlingshafte (Asca- laphus), welche fich jedoch durch die förperlangen oder noch längeren borftigen, in einen breitgedrücdten Knopf endenven Fühler, durch geteilte Nebaugen und die dicht und lang: behaarte Stirn nebjt Echeitel von den Ameifenjungfern unterfcheiden. Je zwei Fräftige Klauen und Endjporen der Echienen charakterifieren die furzen Beine. Weil die Flügel, deren hinterſte nahezu dreiedig find, nur gefärbt vorkommen und die Fühler denjelben Werkzeugen mander Tagfalter ähneln, jo hat man den hübſchen Tieren obigen deutjchen Namen beigelegt. Die Männchen führen am Hinterleib Haftzangen, mit welchen fie bei hohem, rajchem Fluge die Weibchen erfafien; gepaart lafjen fie ſich dann auf eine Pflanze nieder. Im Wejen gleichen ihre Larven den Ameifenlöwen. Der Kopf ijt faſt quadratijch, an den Hintereden rundlich jtark aufgetrieben und mit je 6 Augen verjehen, welche einer Erhöhung an jeder Seite hinter den Saugzangen auflisen. Die Leibesipite jteht in faſt walziger Form vor und die Seiten des Leibes tragen mit Ausſchluß des Halsringes auf geftielten Warzen jcehuppenartige Borften. Die Tiere leben zwijchen Gras und anderen Pflanzen von Inſekten und jpinnen gleichfalls im Juni ein weiches Kugelgehäufe für die Puppe. Am weitejten nördlih (bis Mödling, Baden ac. im Ofterreichifhen) fommt das bunte SchmetterlingShaft (Ascalaphus macaronius) vor. Es mißt 19,5; mm in der Länge und jpannt ungefähr 44 mm, iſt jchwarz, überdies ſchwarz behaart, nur im Gefichte goldgelb; die am Grunde breit gelben Vorderflügel zieren zwei große braune Flede auf dem angeräucherten Saumfelde, die jchwarzbraunen Hinterflügel eine Mittelbinde und ein runder Spigenfled von lebhaft gelber Färbung. * Ungefledte Ameifenjungfer. Buntes Schmetterlingshaft. Gemeine Florfliege 529 Die Florfliegen, Blattlausfliegen, Goldaugen (Chrysopa), ſind Fleinere Netzflügler, welche fich durch die borftigen, an der Spite nie gefnopften Fühler und im Zarvenftande dur) die ungezahnten Saugzangen wejentli von den Ameijenlöwen untericheiden. Wer jollte e3 nicht Fennen, jenes goldäugige Tierhen mit den zarten, in KRegenbogenfarben jpielenden Flügeln, das jo gern in Gartenftuben jein Winterquartier aufſchlägt? Mit dachartig den ſchlanken, lihtgrünen Leib umſchleiernden Flügeln wartet e3 hier oder an anderen gejhüsten Orten das Frühjahr ab, um dann in feiner wahren Heimat, in dem arten oder auf den Gebüjhen im Walde dem Brutgejchäft nachzugehen. Bon da ab läßt es fich den ganzen Sommer hindurch bis jpät in den Herbit hinein jehen, und jegt fällt eS bei der Armut an anderen Kerfen ganz bejonders auf Eichengebüfch durch feine Menge in die Augen. Im warmen Sahre 1865 traf ih am 7. November eins an, welches joeben erjt jeine Puppenhülje abgejtreift hatte. Dem geübten Blide kann indefjen Gemeine Slorfliege (Chrysopa vulgaris): a Fliege, b Tlügelfpige, c Larve, d Puppe, e geſchloſſenes, £ geöffnete3 Gejpinft,g Ei. hRauhe Qandjungfer (Hemerobius hirtus). a, b,c,d,g, h vergrößert. nicht entgehen, daß fi) die vielen Goldaugen weder an Größe noch in der Färbung einander vollfommen gleihen und al3 mehrere Arten unterjchieden werden müſſen. Die gemeine Slorfliege (Chrysopa vulgaris, Fig. a), von Linne mit Beimiſchung anderer Arten Hemerobius perla genannt, zeichnet fich durch glashelle Flügel, deren Geäder einfarbig grün, grüngelb oder fleiichrot ausfällt, durch einen grasgrünen Körper, über den eine weite oder gelbliche Längslinie läuft, und durch blaßgelbe Fühler, Tafter und Fußglieder aus. Die Wurzel der Klauen erweitert fih hakig, die Oberlippe ift nicht ausgejchnitten, und zwiſchen den Fühlern jteht Fein Schwarzer Punkt. Sonderbar erjcheint die Art, wie die Fliege ihre weißen Eier (Fig. g) an Blätter oder Baumftämme legt. Zunächſt drüdt fie die Hinterleibsipige an den betreffenden Gegenitand, hebt diejelbe dann jo hoch, wie e3 eben gehen will, ein fteifes, weißes Fädchen herausziehend und dasjelbe zulegt mit einem Knötchen, dem Ei, verjehend, welches wie ein geitielter Pilz ausfieht und früher als folder unter dem Namen Ascophora ovalis auch bejchrieben worden ift. Alsbald jpaltet fi) das Ei oben, und ein jchlanfes Tierchen fommt daraus hervor, welches, wenn es erſt etwas größer geworden, zwiſchen Blattläufen nicht ſchwer aufzufinden ift und darum Blattlauslöme (Fig. e) genannt wurde. Unjere Abbildung läßt die Ähnlichkeit mit dem Ameifenlöwen nicht verfennen, nur fommen dem Blattlaus- lömen, wie bereits erwähnt, ungezahnte Saugzangen zu und Lippentalter, welche zwijchen denjelben hervorragen und die Länge der borftigen Fühler nicht erreichen. Der Körper bat ſchwächere Behaarung, größere Schlankheit und eine als Nachjchieber dienende, fort: während um fi) taftende Leibesſpitze. Durch ſchmutzig gelbe Grundfarbe mit violettbraunen Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 34 530 Fünfte Ordnung: Negflügler; erfte und zweite Familie: Megalopteren und Sialiden. Flecken jtimmen alle Arten überein, und nur die Abänderung in den Fledenzeichnungen, namentlich des Kopfes, läßt die einzelnen nicht ohne Schwierigkeiten unterjcheiden. Wir lernen in diefen Tierchen eine dritte Neihe von Larven fennen, welche fich vorzugsmweife von Blattläufen ernähren und in Gemeinschaft mit jenen der übergroßen Vermehrung diefer ſchäd— lihen Saftjauger zum Heile der Pflanzenwelt entgegenwirken. Da fie bei reicher Koft und warmer Witterung ſchnell wachlen, werden mehrere Bruten im Jahre möglich, und daraus erklärt fih nad einem günftigen Sommer auch die große Anzahl der zur Überwinterung bejtimmten Fliegen. Die erwachſene Larve jpinnt an einem Blatte (Fig. e, ©. 529), zwijchen Kiefernnadeln (Fig. f, ©. 529), oder wo fie fih ſonſt zulegt aufhielt, aus ihrer Leibesjpige mehrere Seidenfäden und jodann ein ziemlich fejtes, falt fugeliges Gehäufe um fih, worin fie zur Buppe wird. Beide bevürfen feiner weiteren Erörterung, jondern nur eines Blides auf unjere Abbildung. Nach meinen Erfahrungen fertigen übrigens nicht alle Arten ein Gejpinft. Die gemeine Florfliege ift über ganz Europa ausgebreitet und fommt auch am Kap der Guten Hoffnung vor, andere Arten leben in Europa und wieder andere in den übrigen Erbteilen. Man würde die Landjungfern (Hemerobius) falſch beurteilen, wenn man infolge des wiljenjchaftlihen Namens ihren Arten eine nur eintägige Lebensdauer zujprechen wollte, vielmehr finden fie fi mit den Goldaugen zufammen, nur nicht jo zahlreih, und etwas höher oder verjtedter im Gebüſch und zur Überwinterung bereit. Die Tierchen tragen ihre breiten, häufig gefledten oder durchaus gefärbten Flügel ungemein fteil dad: artig; die Nandader der Borderflügel läuft nicht gleihmäßig neben der Unterrandader hin, jondern bildet nahe der Wurzel nach außen einen Bogen, und die nächſte Längsader (der Radius) fendet nah der Innenfläche wenigitens zwei unter fi gleichlaufende Aſte (Sektoren) aus. Je nach der Anzahl diefer und dem Verlaufe der erjten Duerader zwijchen Rand- und Unterrandader hat man neuerdings mehrere Gattungen aufgeftellt. Die rauhe Yandjungfer (Hemerobius hirtus, Fig. h, S. 529), welche vom Juli ab in Deutſch— land nirgends auf Gebüſchen fehlt, ijt leiht an den fünf gleichweit entfernten und gleic)- laufenden Äften des Radius und an den abwechjelnd gelb und ſchwarzbraun gefledten Adern der Vorderflügel zu erkennen, von denen man in der eriten Neihe der querjtehenden 11, in der zweiten 18 zählt. Die Fliege ift mit Ausſchluß der braungelben Beine und des ebenjo gefärbten Vorderrüdens ſchwarzbraun, bis 6,5 mm im Körper und 8,75 mm im Vorderflügel lang. Die Fühler gleichen hier wie bei allen anderen Arten einer feinen Perlenjchnur. Die Larven der Landjungfern ähneln den Blattlauslöwen, deren Xebensweije fie führen, haben aber jehr furze und breite Saugzangen, dide Fühler und dide, furze Haft: lappen an den gedrungenen Beinen. Manche von ihnen hüllen ſich in die ausgejogenen Bälge der verſpeiſten Blattläuje und könnten bei der wolligen Beitäubung derfelben jelbft für Blattläuje gehalten werden, wenn nicht die vorn hervorragenden Saugzangen zu ihren Derrätern würden. — Mehrere höchit interejjante jüdliche Formen müſſen wir mit Still ſchweigen übergehen. Die Kamelhalsfliegen (Rhaphidia), wegen des geſtreckten, jehr beweglichen erften Bruftrings jo genannt, welcher übrigens nicht, wie bei den vorigen, eine gejchloffene Walze daritellt, jondern die Seitenränder des Nüdenteiles frei läßt, mögen in ihrer Eigentümlic): feit duch die didfühlerige Kamelhbalsfliege (Rhaphidia oder Inocellia crassi- cornis, Abbild. ©. 531) vorgeführt werden. Der Mangel der Nebenaugen und der Quer: ader in dem dunkel rotbraunen Male der jonjt glashellen Borderflügel zeichnet fie vor allen Rauhe Landjungfer. Didfühlerige Kamelhalzfliege. 531 anderen Arten aus und veranlaßte Schneider, fie bei jeiner monographiſchen Bearbeitung diejer Gruppe zu einer bejonderen Gattung zu erheben. Die Fliegen friechen im Frühling, die difühlerige erft im Juni, an Baumſtämmen, vorherrihend an Eichen, umher und ſchauen nad) Kleinen Beuteferfen aus. Bemerkt die Raphidie ein Mückchen, eine Fliege in ihrer Nähe, jo richtet fie die Vorderbruft hoch auf, jenft den Kopf und wagt mit ihren Zangen in diefer grimmigen Stellung einen Angriff. Bewegt ſich das auserfehene Schlachtopfer in diejem Augenblide, jo prallt fie wohl auch erft einmal zurüd, ehe fie zupadt. Dann bohrt fie ihre Zähne gierig ein und faugt, zieht fie dann und wann wieder heraus, bewegt fie raſch gegeneinander, al3 wenn fte fie wegen wollte, und fährt in ihrer Arbeit fort, bis nichts oder nur die Haut und die härteren Teile ihres Opfers noch übrig find. Hält man ihrer zwei in einem Naume gefangen, jo weichen fie ſich anfängli aus, bald aber beißen fie fich, und zulegt frißt die ftärfere die jchwächere auf, wenn nicht für andere Kojt geſorgt worden iſt; eine einzelne fann mehrere Wochen falten. Ihr hinten halsartig verlängerter und flachgedrüdter Kopf er: reicht durch die glogenden Augen jeine größte Breite und trägt zwiſchen ihnen die kurzen, fadenförmigen Fühler, welche aus zahlreihen Gliedern bejtehen. Die Mundteile treten ihrer Kürze wegen wenig hervor und haben fadenförmige, fünfgliederige Kiefer-, Dreigliederige Lippentafter. Eine lange, aufwärts gebogene Legröhre unterjcheidet das Weib: chen vom Männchen und große Beweglichkeit aller Glied- maßen beide Gejchlechter von den meilten anderen Gitter: flüglern. Durch die fühnften Windungen und ein Gebaren, als wollten fie alles mit ihren dreizähnigen Zangen ver: nichten, juchen ſie fi) zu befreien, wenn man fie zwijchen den Fingern hält. Die Larve lebt unter Baumrinde oder unter deren Moos: und Flehhtenüberzug, um ſich von dem Geziefer da= — —— men jelbft zu ernähren. Sie ift ein fchlanfes und gewandtes, (moceilia erassicormis) Natürl. Gröhe, durch die nahezu quadratiiche Form des Kopfes und eriten Bruftringes wie durch deren alleinige Chitinbededung ausgezeichnetes Tier. Vier Augen (zwei oder fieben bei anderen Arten) und viergliederige Fühler figen jederjeits des Kopfes. Die kurzen Beine bejtehen außer den Hüften aus nur drei Gliedern und enden in je zwei Krallen. Wegen des verborgenen Aufenthalts befommt man die vorn heller oder dunkler braun, am Hinterleib meift licht geftreifte Larve jelten zu jehen, und erjcheint fie ja ein- mal unter Mittag auf der Oberfläche, jo jucht fie fich jofort zwiſchen Rindenſchuppen zu verbergen, wenn fie fih beobachtet glaubt. In der Negel bewohnt nur eine einen Stamm. Schneider bemerkte bei einer Larve eine zweimalige Häutung und vermutet eine öftere Wiederholung derjelben. Gleichzeitig ward dabei die interefjante Beobahtung gemacht, daß fih ein Fuß: und ein Fühlerglied, die beide durch die Bilje einer zweiten Larve verloren gegangen waren, bei der legten Häutung wieder erjegt hatten. Vor Beginn des Winterſchlafs ift die Larve erwachſen, und im nächſten Frühjahr erweitern ſich auch die beiden anderen Bruftfaftenringe, um die Verpuppung vorzubereiten. Im April oder jpäter wird die legte Larvenhaut abgelegt. Die Puppe unterjcheidet fich genau genommen von der Fliege nur durch die Ruhe, die wenig nach vorn gebogene Körperftellung und durch die noch unentwidelten Flügel; bei dem Weibchen ſchmiegt fi der Bohrer in feiner größeren Länge ebenjo an den Nüden an wie die Wurzel desjelben am Baude. Am 11. oder 13. Tage ilt fie ausgefärbt, dann 34* 533 Fünfte Ordnung: Netflügler; zweite u. dritte Familie: Sialiden u. Panorpiden. iheint fie zu erwachen und hat feine Ruhe mehr. Die bisher angezogenen Beine ftreden ih und fangen an zu zappeln, jchlieglich jtellt fich die Nymphe auf diejelben und — läuft davon. Wo aber läuft fie hin? Es ift nicht weit; fie fucht nur das Freie und findet das Tageslicht bald. Jetzt ſetzt ſie fich feſt (die Flügelicheiden ftehen ihr jchon mehr vom Körper ab) und verherrt in diefer Weile 6—8 Stunden, gleichjam als wollte fie Kräfte jammeln zu ihrem le&ten, dem Befreiungsfampf. Diejer beginnt endlich. Mit Hinter: leib und Flügeljcheiden ſtemmt fie fih an die Unterlage, dreht und wendet den Kopf und ven langen eriten Ning des Mittelleibes, die— jenigen Teile, weldhe nun einmal die Haupt: rolle bei allen Bewegungen des volllommenen Kerfes jpielen, und beißt mit den Freßzangen um fi, al3 wollte fie ihrer bevrängten Lage Luft verihaffen. Endlich reißt denn auch die Haut im Naden, und die Geburt erfolgt wie bei jedem anderen Kerfe. Außereuro— päiſche Gattungsgenoſſen find wenig befannt. Die gemeine Wafjerflorfliege (Sia- lis lutaria) erinnert in ihrer Körpertracht an die bald näher zu befprechenden Köcher: bafte, in deren Gejellihaft fie fih an jtehenden wie fließenden Gewäſſern umber: treibt, in den Stellungen, wie wir fie hier jehen, an Pflanzen, Baumſtämmen, Blanfen, Wänden ruht oder auch ſchwankend und ſchwer— fällig fliegt, wenn fte die wärmenden Strah: len der Sonne dazu auffordern. Obſchon fie außerdem manchmal eine Strede von ihrem Ruheplätzchen flink fortläuft, jo macht fie doch den Eindrud eines trägen, plumpen Tieres, welches fich leicht ergreifen läßt. Die Körper: form und das Flügelgeäder vergegenwärtigt — Be a a ar unfere Abbildung, zu deren Erläuterung nur — noch hinzugefügt ſein mag, daß den Scheitel eine Längsfurche, aber keine Nebenaugen, den Unterkiefer eine ſchmal lanzettförmige innere Lade und lange ſechsgliederige Taſter aus: zeichnen. Weil die Schulterbeulen Eräftig hervortreten, erjcheint gegen das an fich breite Mittelbruftftüd der nad hinten etwas verjchmälerte erſte Ring wie ein Hals. Die ftark angeräucherten Flügel bleiben dabei durchlichtig und werden von dien Adern durchzogen, alles Merkmale, welche den Köcherhaften fehlen. An den Beinen erweitert fi) das vor: legte, vierte Fußglied herzförmig. Die Wafjerflorfliege ift matt braunfchwarz, nur die Randaderwurzel der Vorderflügel braungelb. Im Mat und im folgenden Monat findet fich diefe düftere Fliege an den bezeich- neten Stellen durch ganz Europa meift jehr häufig. Das befruchtete Weibchen legt an Pflanzen oder andere Gegenftände in der nächiten Nähe des Wafjers in gereihten Haufen bis 600 Eier (Fig. 1). Diejelben find braun, ftehen ſenkrecht auf der einen gerundeten Endflähe der Walze und enden oben in einen lichten, ſchnabelartigen Anfag. Nach wenigen Wochen jchlüpfen die winzigen Lärochen aus und gleiten hinab in das Waffer, wo fie Gemeine und rußfarbige Wafferflorfliege. Gemeine Sforpionfliege. 533 fih vom Raube ernähren und fich Friechend und ſchwimmend in fchlangenfürmigen Win: dungen jehr lebhaft bewegen (Fig. 2). Der grobe Kopf und die drei Bruftringe find hornig, alles übrige weih. Die röhrenartigen, beweglichen Seitenfortfäge (Kiemenfäden) und der lange Schwanz dienen zum Atmen, gleichzeitig mit den Beinen aber auch zum Nudern. März oder April des nächſten Jahres find die gelbbraunen, dunkler oder heller. gefledten Zarven bei 17,5 mm Länge, den Schwanz abgerechnet, erwachjen. Jetzt verlaffen fie das Waſſer, um fi in der feuchten Erde des Ufers zu verpuppen (Fig. 3). Eine zweite, jehr ähnliche Art, die rußfarbige Wafjerflorfliege (Sialis fuli- ginosa), unterjcheidet fih von der gemeinen nur durch dunflere Färbung, etwas anderes Flügelgeäder und die abweichend gebildete Spite des männlichen Hinterleibes; fie erfcheint in der Kegel einen halben Monat nad) der vorigen. Einen abermals anderen Formfreis eröffnet die gemeine Skorpionfliege (Pan- orpa communis), ein wunderbares Inſekt, welches in jeiner Körpertracht einigermaßen Gemeine Storpionfliege (Panorpa communis): a legendes Weibchen, b Männden, ce Larve, d Puppe. (a und b faum vergrößert.) an einen Glasflügler erinnert und während des Sommers die Gebüjche für die übrigen Kerfe unficher macht. Seine deutſche Benennung erhielt es, weil das Männchen zwar nicht in einen Fnotigen Giftſtachel endigt, wohl aber in eine gefnotete Haftzange, welche in drohender Stellung nad) oben gerichtet it. Die Schlanfheit des Körpers, der Beine und Fühler, die jchnabelartige Verlängerung des Kopfes und die verhältnismäßig wenigen Dueradern in den hinten ftumpf gerundeten, faum voneinander verjchiedenen vier Flü— geln, alles diejes läßt die Abbildung erfennen. Überdies verdienen no die kleinen und gefämmten Fußklauen, die fräftigen Endſporen der Schienen und die deutlichen Neben: augen Beachtung. Von obenher bildet das langdreiedige Kopfihild, von untenher der verlängerte Unterkiefer und die damit verwachjene Unterlippe den Schnabel, jene mit fünfgliederigen, dieje mit dreigliederigen Taftern verjehen; die Kinnbaden erjcheinen Elein, Ihmal und zweizähnig. Das 13 —15 mm mefjende Ungetüm verleugnet feine glänzend ſchwarze Grundfarbe an Schildchen, Beinen, Schnabel und den drei legten Gliedern des männlichen Hinterleibes, indem die beiden erftgenannten gelb, die legteren rot find. In der Gefangenjchaft läßt fich die Skorpionfliege mit Apfeln, Kartoffeln, rohem Fleifche füttern, verrät mithin feinen wähleriſchen Geſchmack; in der freien Natur entwidelt fie ihr unerjchrodenes Wefen, ihre ungezügelte Frechheit. Denn fie jcheut fich nicht, eine viel: mal größere Wafjerjungfer anzufallen, zu Boden zu werfen und ihr den Schnabel tief in den Leib zu bohren. Lyonnet war Zeuge jolcher Kühnheit. So frank und frei die Fliege lebt und den Sammler manchmal erjchredt oder täufcht, wenn fie unerwartet zwijchen den Blättern herausfährt, jo verjteckt leben LZarve und Puppe, und erit nach vielen Be: mühungen gelang e3 den Forichern, diejfelben ausfindig zu machen. Vier Tage nach der 534 Fünfte Ordnung: Negflügler; dritte u. vierte Familie: Panorpiden u. Köderfliegen. Paarung legt das Weibchen, beweglich wie es ift, mittels der vorftredbaren Leibesipite ungefähr 2,25 mm tief unter feuchte Erde ein Häuflein Eier, größer, als man jeiner Per: jönlichfeit nach vermuten ſollte. Anfänglich find diejelben weiß, von erhabenen Adern neßartig überzogen, allmählich aber werden fie grünlichbraun. Nah 8 Tagen befommen jie Leben. Die Larve (Fig. c), nur am Kopfe und an dem vorderen Brujtteil haarig, ernährt ſich von verwejenden Stoffen und erlangt durdhjchnittlich in einem Monat ihre volle Größe. Der rotbraune, herzförmige Kopf trägt dreigliederige Fühler, zwei hervor: quellende Augen und Fräftige Freßwerkzeuge, deren Kiefertafter lang hervorragen. Yon den übrigen 13 haarig bewarzten Leibesringen führen die drei vorderiten hornige Brufts, die acht folgenden fleiſchige, kegelförmige Bauchfüße und alle, mit Ausjchluß des zweiten und dritten, je ein feitliches Luftloh. Aus dem Endgliede fann die Larve vier kurze Röhren bervorftreden, welche eine weiße Flüjfigfeit abjondern. Troß ihrer jonftigen Trägheit weiß fie Verfolgungen gewandt zu entgehen. Zur Verpuppung fteigt fie etwas tiefer hinab unter die Erde, höhlt diefe eiförmig aus und verweilt hier noch 10— 21 Tage, ehe fie fih dazu entjchließt, die Larvenhaut abzuftreifen und in der liebenswürdigen Geftalt (Fig. d) zu erjcheinen, welche wir vor uns ſehen. Ungefähr nach weiteren 14 Tagen arbeitet fich diefe an das Tageslicht und gebiert die Fliege. Weil durchjchnittlih 9 Wochen zur vollftändigen Verwandlung genügen, jo werden vom Erjcheinen der eriten Sforpionfliegen Anfang Mai zwei Bruten fehr gut möglich, von deren legter teil Larven, teils Puppen überwintern. Weftwood führt in einer Monographie diejer Gattung 19 Arten auf, von welchen 3 in Europa, 7 in Amerika, 2 auf Java, 1 auf Madras und die übrigen in Afrika leben. Noch zweier intereffanter Erfeheinungen jei gedacht, welche wegen der jchnabelartigen Verlängerung der Mundteile und der übrigen Merkmale in nächiter Verwandtjchaft zu der vorigen ftehen. Die müdenartige Schnabeljungfer (Bittacus tipularius) des jüdlihen Europa, befonders Frankreichs (it aber auch im Harz gefangen worden), ein 26 mm langer Kerf, wenn man von der Stirn big zu der Spige der ruhig auf dem Rüden liegenden Flügel mißt, jheint infolge der langen dünnen Beine, des linienförmigen, an der Spite etwas geſchwollenen und aufgebogenen Hinterleibes und der ſchmalen gelblichen Flügel auf den erjten flüchtigen Blick eine Mücke zu jein. Fadenförmige Kiefertajter, Fühler wie Nebenaugen kennzeichnen neben der jehnabelartigen Verlängerung nad) vorn den Kopf, lange Schienendornen und nur eine Kralle die Beine, eine rojtgelbe Farbe, welche auf dem mittleren und hinteren Bruftring jowie an den Spigen der Schienen und FJußglieder ing Braune übergeht, den Körper. Zitternd und unſtet fliegen die Schnabeljungfern wäh: vend der Dämmerung umher, hängen fi mit den langen Vorderbeinen an ein Äftchen und fangen mit den Hinterbeinen die ihnen zu nahe fommenden Inſekten. Bei diejer Gelegenheit finden fi) auch die Geſchlechter zuſammen, paaren fih, Bauch gegen Bauch gewandt, und verzehren dabei die erhafchte Beute. Außer der eben bejprochenen kennt man noch einige andere Arten in Auftralien. Die grillenartige Schnabeljungfer, der Gletfchergaft (Boreus hiemalis) ijt ein nur 3,37 bis faum 4,5 mm mefjendes Wejen, welches die Kälte liebt, denn es kommt vom Oktober bis zum März und jogar bisweilen auf dem Eije der Gletjcher vor. Zu diefer Sonderbarfeit in der Erſcheinungszeit gejellen fich noch andere in Anjehung des Körperbaues. Zunächft werden die Flügel bei dem Weibchen durch zwei Schuppen, bei dem Männchen durch zwei Eauenartige, aufwärts gebogene Anhänge vertreten; jodann verlän: gern fich die Hinterbeine bedeutend und befähigen zum Springen, weshalb Panzer das Tierhen auch Schnabelgrille (Gryllus proboscideus) genannt hat, und e3 läßt ſich in der That eine gewiſſe Ähnlichkeit mit einer jehr jungen Grashüpferlarve Teines- Mücken- und grillenartige Schnabeljungfer. Rautenfledige Köderfliege. 535 wegs verfennen. Das Weibchen endlich hat eine lange Legröhre; Nebenaugen fehlen. Die metalliih dunfelgrüne Grundfarbe wird an den Beinen, den Flügelitumpfen und an der Legeröhre des Weibchens durch ein bräunliches Gelb verdrängt. Vor mehreren Jahren erbeutete ich bei Halle einige Schnabeljungfern in einer ſandigen Einſenkung desjenigen Teiles unſerer Kiefernhaide, welcher durch den Kohlenbau vollftändig untermintert ift. Die zwiſchen Moos lebenden, zur Verpuppung trodene Erde aufjuchenden Lärvchen jollen denen der Sforpionfliege jehr ähnlich jein. Eine zweite Art hat man im Süden von New York auf Schnee entdedt und mit dem Namen Boreus nivoriundus belegt. Mährend bei allen bisher betrachteten Gitterflüglern Gleichartigfeit der vier Flugwerk— zeuge, vor allem feine Faltung der hinteren, und hornige Kinnbaden zum Charakter gehören, = — — — — Nautenfleckige Köcherfliege (Limnophilus rhombicus): 1) Larve, 2) Puppe, 3) Larve in ihrem Gehäuſe, 4) Imago, Letzteres vergrößert. treten bei der nun zu erwähnenden Familie der Köcherfliegen, Frühlingsfliegen, Waſſermotten, Schmetterlingshafte, Pelzflügler, Faltflüglerzc. (Phryganeo- dea) weſentliche Änderungen gerade in dieſen Beziehungen ein. Von den behaarten oder beſchuppten, nichts weniger als gegitterten Flügeln falten fich die bedeutend breiteren Hinter: flügel fächerartig, um von den meiſt bunt gefärbten Vorderflügeln bedeckt werden zu können, welche in der Ruhe wie ein Dad) dem Leibe aufliegen und denjelben hinten überragen. Die Mundteile verfümmern, bejonders bleiben die Kinnbaden häutig, Unterkiefer und Unter: lippe verwadjen, und an jenem lafjen ſich feine Laden unterfcheiden; die Tajter an ihnen find 2—5oliederig, an den Lippen beftändig dreigliederig. Je nach der Anzahl der Schienen: jporen an allen Beinen, welche in verjchiedener Zahl und Verteilung an den verjchiedenen Paaren auftreten, haben Mac Lahlan, Hagen, F. Müller u. a. die urjprüngliche Linnéſche Gattung Phryganea und einige nad ihr aufgeftellte andere Gattungen nad) und nad in ungemein zahlreiche zerlegt, auf welche hier nicht näher eingegangen werden fann. Dafür möge die rautenfledige Ködherfliege (Limnophilus rhombicus, Fig. 4) die ganze Familie veranfchaulihen. Sie macht fih an den zwei Fenfterfleden auf jedem der gelbbraunen Vorderflügel leicht Fenntlich, ihre artenreiche Gattung aber an folgenden Merkmalen: bei dem Männchen jegen drei, bei dem Weibchen fünf Glieder die Kiefertafter zufammen, die Nebenaugen find deutlich, die Boritenfühler jo lang wie die 536 Fünfte Ordnung: Negflügler; vierte Familie: Köcherfliegen. ſchwach behaarten, an der Spiße ſcharf abgeitugten VBorderflügel, die Vorderichienen mit einem, die mittleren mit drei und die hinterjten mit vier Sporen bewehrt. Sn der Lebens: und Entwidelungsweife, jomweit leßtere befannt ijt, ftimmen alle Frühlingsfliegen der Hauptſache nach überein. Im Mai und Juni treiben fic) die meiften an fließenden und jtehenden Gewäfjern umher und beleben deren Ufer, ohne fich dem Natur: freund gerade jehr bemerklich zu machen, es fei denn, daß er ihnen befondere Aufmerkjam: feit widmet und ihnen mit Vorliebe nachſpürt; denn ihre Beweglichkeit beginnt erjt mit einbrechender Dunkelheit, und dann fönnen fie fogar läftig fallen, wenn fie mafjenhaft vor: handen find und durch Lampenlicht angelodt werden. Bei Tage fißen fie an Wafferpflanzen, Planken, äußerlih an Baumftämmen oder verftedt öfter in großen Geſellſchaften hinter ab— gelöften Nindenftüden derjelben. Werden fie geftört oder irgendwie von außen her be— unrubigt, jo entziehen fie fich in rajchem, fahrigem, aber kurzem Fluge der Nadjitellung, jegen ſich an gleichen Stellen von neuem feſt oder fallen in das Gras nieder; will man fie hier ans greifen, jo wiſſen fie fich durch halb rutfchende, halb hüpfende Bewegungen, welche fie ohne Anwendung der Flügel nur mittels der langen, in der Mittellinie der Bruft zufammen: jtoßenden Hüften ausführen, tiefer in das Gras zu verbergen oder auf glattem Boden der Gefangennahme zu entwijchen. Andere juhen an den Blättern unter lebhafteren Be: wegungen im Sonnenſchein nad Feuchtigkeit, welche fie aufjaugen. Sie alle erjcheinen aber mehr träge und jchwerfällig in ihrem Gebaren und ziemlich teilnahmlos der Außen: welt gegenüber. Der Name „Frühlingsfliegen” paßt auf die meilten, einzelne fommen jedoh erit im Herbit und dann nicht jelten auf Eichengebüſch, Kiefern und anderen Höl- zern an weit vom Wafjer entfernten Waldjtellen zum Vorſchein. Flogen fie des Nachts dorthin oder begnügen fich ihre Larven mit bloßer Feuchtigfeit? Ich wage Feine bejtimmte Antwort auf dieje Frage zu geben, glaube mich aber für die zweite Möglichkeit entjcheiven zu müſſen. Die Larven der meiften Köcherfliegen leben nämlich im Waffer, und zwar in jelbit- gefertigten Gehäufen. Dieſe „Wafjerraupen”, wie fie Röjel nennt, erinnern lebhaft an die Sadträger unter den Schmetterlingen, wie mande der vollfommenen Kerfe an die Motten, und es ericheinen darum die Bezeichnungen „Köcherfliegen, Wafjermotten“ und einige andere dahin zielende vollfommen gerechtfertigt; in gewiljen Gegenden Deutjchlands fennt man die Larven auch unter den Namen: Kärder, Sprode, Sprodwürmer, Hülfenmwürmer. Die umftehend abgebildete baut ihr Futteral aus fehr verjchiedenen Stoffen, bald aus feinen, quergelegten Grashälmchen, bald aus dideren Halmen, wie e3 die Abbildung (Fig. 3, ©. 538) vorführt, bald aus längeren, der Länge nad) geordneten Halmen, endlich aud) aus Spänen von Holz oder Rinde, die durcheinander gemengt und vollfommen ungeordnet find. Als Einwohner aller diejer Gehäufe ſtellt fich die grünliche, vorn, ſoweit die ſechs Beine reichen, dunkle Larve (Fig. 1, ©. 538) dar, welche, gleich allen anderen, hinten mit zwei Hornhafen zum Fefthalten ihres Häuschens verjehen ift. Sie hält fih in der Nähe von Schilf auf, und zwar nahe der Oberfläche des Waſſers. Ende April oder erit im Mai fpinnt fie fih an Waſſergewächſen an, verjchließt die Wohnung und wird zu einer gejtredten, jehr beweglihen Puppe (Fig. 2, ©. 538), aus welder nad) 14 Tagen die Fliege zum Vorſchein kommt. Die Larve der zweipunftigen Ködherfliege (Phryganea bipunctata Ketz), einer in Deutjchland nirgends feltenen Wafjermotte, ift im April erwachſen. Sie trägt am eriten Bauchringe fünf Warzen, welche fich erheben und einfinfen können; nimmt man fie aus dem Wafjer, jo werden diefe Warzen durch eine von ihnen abgejonderte Feuchtigkeit naß. Auf allen anderen Ningen bemerkt man zwei Büfchel fleifchiger Fäden, welche feder— bujhartig aufgerichtet werden können und zum Atmen dienen. Freiwillig verläßt dieje Larve jo wenig wie ein anderer Sprodwurm ihr Gehäufe; will man fie heraushaben, ohne Zweipunftige Köderfliege. 997 diefes und fie ſelbſt zu verlegen, jo muß man fie allmählich und behutyam von hinten mit einem Nadelfnopfe vorſchieben. Sie läßt ſich auf diefe Weife mit Widerjtreben heraus: treiben, friecht aber fogleih mit dem Kopfe voran wieder hinein und Fehrt fich jodann um, wenn man fie gewähren läßt. Bringt man fie nadt in ein Glas mit Wafjer, auf welchem allerlei leichte Körper, welche fie zum Bauen eines Häuschen verwenden Fönnte, um: herſchwimmen, jo bewegt fie ſich ftundenlang unter denjelben umher, ohne fie zu ver: wenden; wählt man aber Stüdchen alter Gehäufe, Splitter und Pflanzenteile, welche, von Waſſer durchdrungen, zu Boden finfen, jo macht fie fich ſogleich daran, ſetzt ſich auf eins der längften Stückchen, Jchneidet von den Spänen over Biättern Teilen ab, heftet fie hinten an die Seiten des Grundftüdes faſt jenfrecht, läßt andere nachfolgen, bis ein Kreis und mit ihm der Anfang des Futterales fertig ift, welches nach und nad) wächſt und die Länge der Larve befommt. Anfangs finden fih noch Lüden, welche allmählich ausgefüllt werden und verſchwinden. Erſt dann, wenn alles von außen nah Wunsch geichlofjen er: ſcheint, wird das Innere mit einer zarten Seidenwand austapeziert. Die Seide aber zum Aneinanderheften der äußeren Bekleidung und der inneren Tapete fommt wie bei den CS chmetterlingsraupen aus den Spinndrüjen, welche in der Unterlippe zwifchen den walzen- fürmigen Unterfiefern ihren Ausgang finden, und die Fräftigen Kinnbaden am hornigen Kopfe zerlegen den Bauftoff, Jo oft dies nötig wird. Bor der VBerpuppung heftet die Larve ihr Gehäuſe an einen Stein oder an eine Waller: pflanze und verjhließt dann die beiden Enden mit einer Art Gitter aus Seidenjchnüren, damit das zum Atmen nötige Waller frei durchdringen, aber fein feindliches Raubinſekt an die wehrloje Puppe gelangen könne. Da man ſchon im März dergleichen vergitterte Gehäufe findet, jo jcheinen einzelne Buppen zu überwintern, was in der Kegel auch von der Zarve gilt, welche fich meift im Juli einjpinnt. Die gelblihweiße Buppe hat einen ſchwarzen Geitenitreifen an den vier legten Gliedern, auf dem Rüden die Kiemenfäden und am Ende zwei Fleifhzäpfhen. Am Eleinen Kopfe fallen die großen Schwarzen Augen, vorn eine Art von Schnabel und darüber ein Haarbüjchel auf. Den Schnabel bilden zwei ſich freuzende Hafen von brauner Farbe unter der vorjpringenden fleiſchigen Oberlippe; fie jtellen, wie es jcheint, den Oberfiefer dar und dienen wohl zum Durchbrechen des Gitters, denn beim Ausjchlüpfen der Fliege bleiben fie zurüd. Dieje hat ungefähr die Größe der vorigen abgebildeten Art, als Genoffe der heutigen Gattung Phryganea dicht anliegend behaarte und Furz gewimperte Flügel, faſt nadte Kiefertalter, Nebenaugen, 2—4 Sporen an den Schienbeinen, von dem vorderiten Paare an gerechnet, und den hinteren Ajt der Unterrandader (KRubitus) im Vorderflügel einfach bei dem Männchen, gegabelt bei dem Weibchen. Unjere Art ift am Körper dunfel pehhbraun, die braunen Fühler find ſchwarz geringelt, die Hinterflügel einfarbig braun oder ſchwarzgrau, die vorderen hellzimtbraun mit zwei weißen Punkten und bei dem Weibchen mit furzer und unterbrocpener Schwarzer Längsftrieme verziert. Der Verlauf des Flügelgeäders muß bei allen dieſen Tieren genauer unterſucht werden, al3 hier darauf eingegangen werden fann. Um einen annähernden Begriff von dem verjchiedenartigen Bauftoff und Bauftil zu geben, weldhe die Sprodwürmer anwenden, wurde eine Anzahl von Gehäuſen zuſammen— geftellt. Hier find es feine Sandkörnchen (Fig. 1, 2,5, ©. 538), welche zur Verwendung fommen, oder größere Steinen (Fig. 3, 4), dort Schnedenhäufer (Fig. 6), bejonders der Gattung Planorbis angehörige, die zum Teil noch bewohnt fein können, oder die Schalen der kleineren Muſcheln, in einem anderen Falle wieder zurechtgebiljene Bilanzenteile (Fig. 7—10), unter denen Gras, Schilf-, Zweig: und Rindenſtückchen, Meerlinfen und Baumſamen je nad) den Ortlichfeiten eine Hauptrolle ſpielen. Mit Ausihluß von 1 haben wir Gelegenbeit, in unjeren deutſchen Bächen, Gräben und ftehenden Gewäſſern, welche mit Pflanzen ver: 538 Fünfte Drdn.: Netflügler; vierte u. andangsweife fünfte Fam.: Köcherfliegen u. Fächerflügler. jehen find, alle dieje Formen jelbjt im Freien zu beobachten. Man hat fich davon überzeugt, daß die Nahrung der Wafjerraupen in erjter Linie aus Pflanzenftoffen und nur unter: geordnet auch aus tierifchen Überreften beiteht. Daß eine und diefelbe Art nicht überall und immer genau denjelben Stoff zu ihrem Haufe verwendet, läßt ſich wohl erwarten; aber entſchieden baut jede in derjelben Form und weicht nur infofern unbedeutend davon ab, als das verschiedene Baumaterial dazu nötigt. Übrigens find die jehr zahlreichen Arten noch lange nicht mit der Genauigkeit und in hinreichender Bollitändigfeit beobachtet worden, um aus dem Gehäuje die Fliege zu erkennen oder gewiſſe allgemeine Gejege über jenes — —— — = * e = —— FEN, = — — Verſchiedene Phryganiden-Gehäuſe: 1) Schneckenhausförmige aus Tenneſſee, 2) köcherförmige in Forellenbächen, wie die vorigen und 5) aus feinen Sandkörnchen beſtehend, 3 und 4) Gehäuſe in Bergflüſſen aus Steinen, 6) aus Planorbis— gehäujen, 7—10) aus Pflanzenteilen zufammengefeßte Gehäuſe. aufitellen zu können. Mit dem zierlichen ſchneckenförmigen Gehäuſe 1 hat es eine ganz bejondere Bewandtnis. Dasjelbe ftammt aus Tenneffee und wurde vondemnordamerifanischen Schnedenfenner Lea für das Erzeugnis einer Schnede (Valvata arenifera) gehalten, bis der ſchweizeriſche Forſcher Bremi es als das Kunftwerk einer Köcherfliege erkannte, welcher er den Namen Helicopsyche Shutleworthi beilegte. Wie mir Fri Müller aus der Kolonie Blumenau mitteilte, hat derjelbe auch gejellfchaftlich beifammen [lebende Phry— ganiden beobachtet und die Gattung Rhyacophylax genannt. Ein Dugend Larven haben jih nebeneinander quer über einen Stein angefiedelt. Die feſtſitzenden Röhren find ziemlich roh aus Pflanzenfajern und Steinchen gebaut, vor jeder befindet fich eine trichterförmige Vor- halle, überdacht von einem zierlichen Netze, deijen feine Spinne fich zu ſchämen braudt. Die Larven leben in rajch über Steine fliegenden Bächen, deren Lauf die Trichter entgegen: gekehrt jind. So wird alles Geniegbare aufgefangen, was der Bach mit fich führt. Phryganidengehäufe. Fächerflügler. 539 Wenn auch die verjchiedenen Arten im einzelnen voneinander abweichen, jo finden jich bei ihnen allen die Freßwerkzeuge, bejonders die Kinnbaden, entwidelter als nachher bei der Fliege; ihre Fühler find klein oder fehlen gänzlich, auch die Augen laſſen fich ſchwer erfennen. Die fieben erjten weißen und weichen Hinterleibsglieder oder ebenfo viele vom zweiten ab tragen bei den meilten jederjeits 2—5 anliegende oder abjtehende Kiemen— fäden oder Kiemenbüfchel al3 Werkzeuge zum Atmen. Die Tiere häuten ſich während des Wachstums mehrere Male und arbeiten dabei gewiß das alte Gehäuje nur um, wenn ihnen erweiterter Anja am Rande nicht den nötigen Raum verſchaffen kann; daß fie ein ganz neues anfertigen, wie Röſel meint, ift faum denkbar. Bald nach dem Erwachen im Frühjahr find die Larven erwachſen, und vom Mai an ericheinen die Köcherfliegen. Jene jpinnen ſich dann an eine Wafjerpflanze feit und beide Öffnungen des Gehäufes zu, manche jollen jogar noch ein bejonderes Innengehäuſe anfertigen. Schon nach wenigen Wochen entläßt die gemeißelte Puppe das geflügelte Wejen. Die befruchteten Weibchen legen die Eier als Gallertklümpchen an Waferpflanzen und andere dem Waſſer zunächſt ftehende Gegen: fände. Man jollte meinen, die Larven der Wafjermotten wenigjtens wären vor den feind- lihen Nachſtellungen der Schlupfweipen gejichert. Dem ift aber nicht jo, wie die über: raſchende Entdedung von Siebolds bewiefen hat. Einige der Gattung Aspatherium angehörige Bhryganiden nämlich, welche ein walziges, glattes Haus bewohnen, werden von einer Schlupfwejpe, dem Agriotypus armatus, heimgeſucht. Das Weibchen diejes Fleinen Schmarogers taucht unter Wafjer, verweilt längere Zeit in demjelben, um mittel feines furzen Bohrers die Eier der Zarve einzuverleiben. Dieje entledigt fih vor ihrem Abjterben im erwachſenen Alter des Spinnftoffes, welcher in Form eines langen Bandes aus dem Kopfende des Gehäuſes hervordringt und dadurch zum Verräter jeder angeftochenen Larve wird. Obſchon die Phryganeen in allen Erdteilen vertreten find, jo herrichen fie doch in den gemäßigten Gürteln vor. Mehr anhangsweije als unter Annahme unzweifelhafter Verwandtſchaft ſei an dieſer Stelle der eigentümlichiten aller Schmarogerferfe, der Fächer: oder Drebflügler (Strep- siptera, Rhipiptera, Stylopidae), gedacht, über deren Stellung im Syitem ſich die Gelehrten noch nicht einigen fonnten. Die einen, bejonders die Engländer, wollen fie zu einer bejonderen Drdnung erhoben wiljen; andere, darunter auch neuerdings Lacor— daire, rechnen fie zu den Käfern; wieder andere, wie A. Gerftäder, behaupten, es dürfe ihnen nirgends anders als hier bei den Nebflüglern ein Pla eingeräumt werden. Die Strepfipteren wurden lange Zeit nur von den Engländern der näheren Betrachtung gewürdigt, bis ihnen von Siebold unter den Deutjchen vor länger als einem Viertel- jahrhundert feine bejondere Aufmerkſamkeit jchenkte, ihr Wejen mit Eifer ftudierte und manche den Forjehern bis dahin entgangene Wahrheit aufdecte. Die männlichen Buppen oder die lange verfannten wurmförmigen Weibchen, welche ſich beide mit dem Kopfbruſt— ſtück zwiſchen zwei Hinterleibsgliedern gewiſſer Hautflügler herausbohren, führten zuerjt zu der Entdedung dieſer intereffanten Kerfe. Bei Andrena, Halictus, Vespa, Odynerus, Polistes, Sphex und Pelopoeus fand man vorzugsweije die Spuren jener Schmaroger, einen, höchſtens zwei an einer Wejpe, welche deshalb auch „Itylopijiert” genannt wird. Acht bis zehn Tage jpäter, nachdem fich die reife männliche Larve zur Verpuppung aus dem Hinterleib des Wohntieres teilweiſe herausgebohrt hat, hebt ſich der vordere Teil des hornig gewordenen ſchwarzen Kopfbruftitüdes wie ein Dedeldhen ab, und das neugeborene Männchen kommt zum Vorſchein. Ihm find nur wenige Stunden Lebenszeit vergönnt 540 Fünfte Ordnung: Negflügler; anhangsweile fünfte Familie: Fächerflügler. welche auf das Begattungsgejchäft verwendet werden. Während diefer kurzen Frift befindet e3 ſich in großer Unruhe, fliegt oder Friecht beftändig umher, in welch leßterem Falle gleich- wohl die ftummelhaften Vorderflügel (a) wie die längSgefalteten, umfangreichen Hinterflügel in jteter Bewegung bleiben. Beim Fliegen fteht der Körper ſenkrecht, mit der Spige nad) oben gebogen, jo daß fich ein zierliches Bildchen in Fragezeichenform darftellt. Auch beim Kriechen halten fie, wie jo häufig die Staphylinen, die Schwanzſpitze empor, jchreiten wader mit den vier vorderen Beinen aus, während die hinterften, welche mehr zur Stüße des Hinterleibs zu dienen jcheinen, nachgejchleppt werden. Bei Betrachtung diefer Jonderbaren Tiere unter Anleitung des abgebildeten Xenos Peckii fallen die unverhältnismäßig großen balbfugeligen Augen mit jehr groben Feldern und die 4—6gliederigen, meiſt gegabelten Fühler auf. Um den jenfrechten Kopf legt ſich in engem Anſchluß der jchmale Halsring. Das Mittelbruftitüd al3 Träger der verfümmerten Vorderflügel (a) gelangt am wenigſten zur Entwidelung, während der hinterfte Ring des Bruſtkaſtens zwei Drittel der ganzen Körperlänge einnimmt und von oben und unten die Wurzel des Hinterleibs bededt, dort durch einen fegelförmigen Fortſatz, welchen eine Quernaht vom übrigen Hinterrüden trennt. Border: und Mittelhüften treten als frei bes wegliche, jenkrechte Walzen hervor, wogegen die hinterjten klein und eingefeilt erjcheinen. — ⸗ Schenkel und Schienen ſind kurz und breitge— —— a! drüdt, die Füße nach vorn verbreitert und or berzförmig, an der Sohle häutig, aber ohne DS « £ jede Spur von Krallen. Wenige Adern jtüßen ftrahlenartig den an der Wurzel breiten Hinter: 1) Pets Immenbreme (Xenos Peckii): a verfümmerte flügel und geben ihm das Ausjehen eines Bee ee a RS) Der vierglieberige Ginterleib enbet in die hafenförmig heraustretenden Gejchlecht3- teile, welche fich in der Ruhelage nach oben und innen umjchlagen. Die leere Puppen— hülje, welche in dem veritedten Teile die weicyhäutige Bejchaffenheit der Yarve beibehielt, bleibt im Wohntier fißen und bildet an dejjen Hinterleib eine flaffende Stelle zwijchen zwei Ningen. Wie bei gewiljen Sadträgern unter den Schmetterlingen, jo haben die Weibchen der „Ssmmenbremen” ihren geflügelten, beweglichen Männern gegenüber einen weſentlich anderen Charakter. Die reife Larve bohrt fich gleichfalls mit dem Kopfbruftitüd heraus und ijt bereits zur Schwärmzeit des Männchens zum volllommenen Inſekt entwicelt, welches fih aber nur wenig von der Larvenform unterjcheidet und an jener Stelle, einen Freier er= wartend, fteden bleibt. Wegen diefer Larvenähnlichkeit der Weibchen fonnte man lange Zeit hindurch mit der Entwidelungsgefchichte nicht ins Elare fommen, bis dem oben genannten deutſchen Foricher der Nachweis gelang, daß es für jene eben feine vollendetere Form gibt. Das Kopfbruftftüd, bei anderen Arten nach hinten mehr eingefchnürt als bei Roſſis Immen— breme, muß man fich al3 eine hornige Schuppe denken, welche gegen den übrigen walzen= fürmigen Körper zurüdtritt. ES bejitt an feinem Vorderrand eine halbmondförmige Mund— öffnung, welche durch einen engen Schlund in einen weiten, einfachen Darm leitet, defjen blindes Ende faſt bis zur Xeibesjpige reicht. Dicht hinter diefer Mundöffnung zieht eine Querjpalte über das Kopfbruftftüd, deren Nänder anfangs aneinander jchließen, jpäter in Form eines Halbmondes Elaffen. Durch dieſe Spalte, die Geſchlechtsöffnung, wird der Zu: gang zu einem weiten Kanal erjchlojfen, welcher unter der Haut bis ziemlich zum Leibes— ende hinläuft und fich durch jeine jilbergraue Färbung gegen das Weiß des übrigen Hinter: Pecks und Roſſis Immenbreme. 541 leibs ſcharf abhebt. Derſelbe ſteht mit der übrigen Leibeshöhle durch 3—5 nad) vorn um— gebogene kurze Röhren in Verbindung, welche frei in jene hineinragen und auf unſerem Bilde durch die vier lichten Punkte angedeutet werden; von Siebold hat ihn den Brutfanal genannt, weil er jpäter die Brut aufnimmt. Die Entwidelung der Eier, welche fih im ganzen Körper zerjtreut finden, geht jehr langſam von ftatten, erfolgt aber im Leibe der Mutter, und zwar entfteht daraus eine ſechsbeinige Larve von geftredter Körperform, ohne Krallen, aber mit zwei Schwanzborſten und jehr unvollfommenen Freßwerkzeugen aus: gerüftet. Dieje Larven verlafjen den Brutfanal, fpazieren auf dem Wohntier der Mutter umber, ihm bei flüchtigem Anblid ein mit Staub bededtes Anſehen verleihend, und wur: den früher für Schmaroger des Schmarogers gehalten. Spätere Beobachtungen haben jedoch gelehrt, daß fich diefe Larven ganz ähnlich verhalten wie die erfte Form der Maiwurm- larve, welche wir (©. 135) kennen lernten, ſich in die Nefter ihrer Wohntiere, und zwar je eine an eine Larve derjelben, tragen lafjen und in diefe einbohren. Hier häutet fich die Etrepfipterenlarve nad) ungefähr 8 Tagen, nimmt Wurmform an, befommt eine deutliche Mundöffnung mit zwei verfümmerten Kiefern, einen blindfadförmigen Darm ohne Spur von After, beiteht zulegt aus zehn Ringen, von denen der erfte und größte das ſchon mehr: fach erwähnte Kopfbruftitüc bildet. Bei der männlichen Zarve, welde in ein Schwanz ipischen ausgeht, iſt dieſes gemölbt oder fegelförmig, bei der weiblihen, wie ſchon erwähnt, platt gedrüdt und das Leibesende ftumpf. Ebenjo, wie fih äußerlich der Unterfchied der Geſchlechter ausprägt, ſchreitet auch im Inneren die Entwidelung der Fortpflanzungsteile vor. Sie hält mit der des Mohntieres jo ziemlich gleichen Schritt und liefert einen Be: weis dafür, daß es auch) hier Schmaroger geben kann, welche fih ohne Vernichtung ihres Wirtes ausbilden, wenn fie denjelben auch in jeiner äußeren Erjcheinung verändern fönnen, wie Schmiedeknecht an mehreren Andrena-Arten nachweilt. Bald nachdem die junge Biene oder Weſpe die Puppenhülle verlafjen hat, fommt die reife Drehflüglerlarve in der früher angegebenen Weije hervor. Von Siebold vermutet, daß bei den Drehflüglern auch die Fähigkeit vorhanden fein fönne, ohne vorausgegangene Befruchtung entwidelungsfähige Eier hervorzubringen, von denen vielleiht nur die viel häufigeren, aber jehr kurzlebigen Männden herrühren. Man hat die bisher befannt gewordenen Arten nad der Verſchiedenheit der Männchen auf vier Gattungen (Xenos, Stylops, Halictophagus, Elenchus) verteilt. Sechſte Ordnung. Kaukerfe oder Gerapdflügler (Gymnognatha, Orthoptera). Alle bisher betrachteten Kerfe leben, wie man ſich erinnert, erſt als Larve, dann als davon verſchiedene, ruhende Puppe, bis zuletzt Käfer und Schmetterling, Imme und Fliege, zu ſtande kommt; jedes aber läßt ſich ohne weiteres als das erkennen, was es eben iſt, weil ihm die Merkmale ſeiner Ordnung kurz und bündig an der Stirn geſchrieben ſtehen. Bei den Netzflüglern waren dieſe ſchon weniger ſcharf ausgeprägt, man fand ſie nicht entſchieden ausgeſprochen in der Flügelbildung, nicht deutlich erkennbar in dem Ver— halten des erſten Bruſtringes zu ſeinen beiden Nachbarn, ſondern nur in den beißenden Mundteilen und in der vollkommenen Verwandlung. Das große Heer der noch übrigen Kerfe entſteht durch unvollkommene, bisweilen ohne jede Verwandlung; es hat entweder beißende, und zwar oft ſehr kräftig beißende, oder ſchnabelartige, zum Saugen eingerich— tete Mundteile, und hierin liegen die weſentlichſten Unterſcheidungsmerkmale der beiden noch übrigen Ordnungen. In jeder derſelben finden ſich neben den geflügelten auch flügel— [oje Arten, unter erſteren ſolche, bei denen die Vorderflügel mehr hornige Decken dar— ftellen, neben anderen, bei denen alle vier Flügel aus dünner Haut mit oder ohne Machen: ne beftehen. Nach der hier feitgehaltenen Auffaffungsweije gehören alle Inſekten, welche unvollfommene oder gar feine Verwandlung beftehen und beigende Mund: teile aufzuweifen haben, zu den Kauferfen. Außer diefen zwei, allen Oxthopteren gemeinfamen Merkmalen zeigen fie in der Bil- dung der Unterlippe wie in der Gliederung des Hinterleibs noch zwei andere Überein- ftimmungen, die nur mit wenigen Worten angedeutet werden können. Dadurch nämlich, daß bei allen echten Linnéſchen Geradflüglern die vier Laden der Unterkiefer, zum Teil fogar ihre Stämme, getrennt auftreten, bei den anderen (hier hinzugenommenen) durch einen Schlitz in der Mitte des Zungenteiles zwei Seitenhälften wenigſtens angedeutet werden, jpricht fih in diefer Ordnung das Streben aus, zwei Unterkieferpaare herzuftellen, wie fie bei den Krebjen wirklich noch vorhanden find. ine weitere, der Drdnung zufommende Eigentümlichfeit bildet das Auftreten von elf, allerdings nicht überall äußerlich fichtbaren Hinterleibsringen und die damit im Zufammenhang ftehende Verteilung der Gejchlecht3- und Afteröffnung auf zwei verfchiedene, bezüglich den drittlegten und legten derjelben. Die Larve hat bekanntlich feine Flügel, jondern befommt erjt nach mehrmaligen Häu— tungen die Anjäge dazu, wenn der vollfommene Kerf geflügelt it; daher unterjcheidet fie fi auch ohne große Mühe von diejem. Bleibt legterer aber flügellos, was nicht jelten vorkommt, jo wird die Unterfheidung beider fehwieriger, denn dann weicht die Zarve nur durch die geringere Anzahl der Fühlerglieder und Augenfelder, zweier jchwierig feitzuftel: Allgemeines. Afterfrühlingsfliegen. Zweiſchwänzige Uferfliege. 543 lender Merkmale, vom vollfommenen Inſekt ab. Manchmal hat diejes nur ftummelhafte Flügel, deren vordere aber auf den hinteren liegen, während bei der Larve die umgekehrte Lage jtattfindet. Die Kauferfe, vorwiegend von geitredtem Körperbau, liefern im Verhältnis zu ihrer Gejamtzahl, welche man auf 6000 jchägt, viele in Hinficht auf Form, Färbung und Größe anjehnliche Inſekten und breiten ihre Arten über die ganze Erde aus, wenn auch gewiſſe Familien vorherrichend den mwärmeren Erdgürteln angehören. Manche fallen durch die ungeheure Mafjenvereinigung einer und derjelben Art auf und werden, jofern fie Pflan: zenkoſt zu fih nehmen, der menſchlichen Wirtſchaft im höchſten Grade verderblih, da fie in beiden Ständen rücjichtlic der Gefräbigfeit feinem anderen Kerfe etwas nachgeben. Diejen Pflanzenfreſſern gegenüber durchſchwärmen andere als unerjättlihe Näuber die Lüfte und nügen durch Vertilgung gar manchen Ungeziefers. Berfteinerte Überrefte kommen be: reits im Kohlengebirge vor, wo fie alle anderen überwiegen; weiter hat man fie im lithographiichen Schiefer, bejonders zahlreich aber in der Tertiärperiode und im Bernjtein aufgefunden. Am zweckmäßigſten jtehen diejenigen Kauferfe an der Spitze, welche früher von den meijten Schriftitellern zur vorigen Drdnung gezogen wurden, fich durch ihre vier gleichartigen Flügel als Geſchlechts— tiere und durch ihr Wafjerleben als Larven auszeichnen. Als Vertreter der Afterfrühlingsfliegen (Perlariae oder Semblodea) jei zunächjt die zwei: — - = ſchwänzige Uferfliege (Perla bi- Zweifhwänzige Uferfliege (Perla bicaudata): 1) Larve, caudata) genannt. Sie hat einen 2) ausjhlüpfende, 3) vollendete Fliege. Natürliche Größe. braungelben, zweimal dunfelgefledten, dur die Mitte dunfelgejtriemten und ebenfo eingefaßten Vorderrüden, einen rotgelben Kopf und am übrigen Körper eine mehr braungelbe Färbung. An den gelblihen Beinen find die Spißen der Schenfel und Wurzeln der Schienen dunkler. Bei dem Männchen biegt fi die gejpaltene, flache neunte Nücdenplatte des Hinterleibs am inneren und hinteren ande zu ſchmalen Leiſten auf, bei dem Weibchen teilt fie fich dagegen durch jeichte Grüb- hen wie in drei Läppchen, während die achte Bauchplatte bei demjelben Geſchlecht gerade abgejtugt ift. Hier beträgt die Körperlänge fait 22, die des Männchens reihlid 15 mm, dem entjprehend die Maße eines Vorderflügels 28,25 und 22 mm. Überdies muß noch be- merkt werden, daß fih als Gattungscharafter zwilchen dem Radius und feinem Aſte im legten Drittel des Vorderflügels nur eine Duerader, zwijchen dem Radius und der Nand- ader, außerhalb der Einmündung der Unterrandader, dagegen mindeftens drei Querrippen vorfinden, daß ferner die Kinnbaden jehr klein und häutig, die Endglieder der Kiefertafter verdünnt jind und das dritte Fußglied die Gejamtlänge der beiden vorhergehenden über: trifft. Unter Berücdfichtigung aller diefer Merkmale wird man die genannte Art von vielen ehr ähnlichen unterjcheiden können, welche neuerdings auf zahlreiche Gattungen verteilt worden find. Die zwei Schwanzboriten, welche den Beinamen veranlaßten und unter der Bezeihnung „Raife” den meilten Drdnungsgenofjen zukommen, finden fich bei jehr vielen Afterfrühlingsfliegen wieder, ebenfo die allgemeine Körpergeitalt, von welcher die faſt gleiche 544 Sechſte Ordnung: Kauferfe; erfte u. zweite Familie; Afterfrühlingsfliegen u. Hafte. Entwidelung aller drei Bruftfaftenringe zu dem bei geflügelten Kerfen nur jelten zu beobadhtenden Familiencharafter gehört. Schon hier beginnt der fich ſpäter häufig wieder: holende Umstand, daß bei bejtimmten Arten regelrecht oder bei Einzelwejen ausnahms— weiſe die Flügel verfümmern. In dieſer Familie trifft diefe Kürzung die Männchen ges wijjer Arten. Mit den Köcherjunafern und Wafferflorfliegen zu gleicher Zeit und an gleichen Orten fiten die Kerfe mit platt auf den Rücken gelegten Flügeln, oder ſie laufen eine Strede, wenn fie gejtört werden; die Flugbeweaungen halten nur furze Zeit an und werden erſt des Abends lebhafter. Die Weibchen Kleben die Eier an eine Vertiefung ihres Bauches und lafjen fie Elümpchenweife in das Waffer fallen, wenn fie darüber hinfliegen. Die ihnen entjchlüpfenden Larven haben, wie dies im Begriffe der unvollfommenen Verwand- lung liegt, große Ahnlichkeit mit der ausgebildeten Fliege, nur feine Flügel und lange Wimperhaare an Schenkeln und Schienen, um beſſer rudern zu können. Bei den meilten erkennt man unten auf der Grenze der Bruft die Kiemenbüjchel, durch welche fie atnıen. Sie halten fich vorzugsweiſe in fließenden Gewäſſern auf, am liebjten in reißenden Ge: birgsbähen unter Steinen oder an Holzwerf, und nähren fi) vom Naube, weshalb ihre Kinnbaden jegt manchmal härter und fräftiger entwidelt find al3 nad) der Verwandlung. Zur Ausbildung bedürfen fie eines Jahres, wenn nicht noch längerer Zeit, befommen allmählih Flügelitumpfe und kriechen zulegt an einem Pflanzenftengel oder einem Steine aus dem Waſſer, um im Drange nach Freiheit den unvermeidlihen Riß im Naden zu veranlajjen und als entjchleiertes Bild ein furzes Dajein zu friften. Pictet bearbeitete 1841 dieje Familie im bejonderen und widmete den früheren Ständen vorzügliche Auf: merfjfamfeit. Er bejchreibt darin 100 ihm befannt gewordene Arten, gedenft noch wei: terer 28, welche von anderen Schriftftellern benannt worden, ihm aber unbefannt ge: blieben find. Von jenen verbreiten fich 27 über den größten Teil Europas. Die Hafte, Eintagsfliegen (Ephemeridae), gehören einem zweiten Form freife an, welcher bei aller Verwandtſchaft mit dem vorigen zahlreiche Merkmale als Eigen: tümlichfeiten für fi beanſprucht. Den ſchlanken, faſt walzigen Körper diejer Fliegen be— det eine ungemein zarte Haut, und drei, mitunter auch nur zwei gegliederte Schwanz- boriten verlängern ihn nicht jelten um das Doppelte. Die furzen Borjten vorn, welche die Stelle der Fühler vertreten, würden leiht ganz überjehen werden, wenn fie nicht auf ein paar Fräftigen Grundgliedern ftänden. Nebenaugen fommen groß, oft aber nur zu zweien vor. Das mittlere Bruftftüd erreicht faft die Länge des vorderiten. Dem zarten Bau entiprechen auch zarte Beine, welche in vier oder fünf Fußglieder auslaufen. Auf ihrer Bildung beruht der eine Unterſchied zwiſchen den beiden Gejchlechtern, indem ſich an den vorderften der Männden Schienen und Füße in einer Weije verlängern, daß man diefelben, wenn fie in der Ruhelage nebeneinander geradeaus weit vorftehen, bei einem flüchtigen Blide für die Fühler halten möchte. Die vorgequollenen, beinahe den ganzen Kopf einnehmenden Augen geben für das männliche Gejhleht ein zweites Erkennungs— zeichen ab. Da die Eintagsfliegen den Namen in der That verdienen und mitunter kaum 24 Stunden leben, jo bedürfen fie der Nahrung nicht und widmen ihre furze Lebens— dauer nur der Fortpflanzung; daher bleiben die nach dem Plane der beißenden angelegten Mundteile unentwidelt, und ihre Stummel veriteden fich hinter ein großes zweilappiges Kopfihild. Die zierlihen Nepflügel endlich werden in der Ruhe jenfrecht nad) oben ges tragen, in inniger Berührung ihrer Oberflächen, und unterfcheiden fich bedeutend in den Eintagsfliegen. 545 Größenverhältniffen, denn ein vorderer übertrifft den Hinterflügel durchſchnittlich um das Vierfache oder verdrängt denfelben in einigen Fällen gänzlid. Das Intereſſanteſte an den Ephemeren bleibt ein Zug aus ihrer Entwidelungsgejhichte, der ſonſt nirgends weiter vorfommt. Sobald die Fliege nämlich dem Wafjerleben entjagt hat, nach den jonjtigen Begriffen vollfommen ift, ftreift fie noch einmal ihre Haut ab und jogar aud von den Flügeln. Nachdem das jogenannte „Subimago” kurze Zeit mit ſtark wagerecht ges lagerten Flügeln ruhig gejeilen, fängt es an, dieſe in andauernd zitternde Bewegung zu verjegen. Gleichzeitig Löft fich unter fortwährenden feitlichen Bewegungen des Hinterleibes zuerft das letzte Schwanzende und jchiebt fih in der Haut langjam nad) vorn, wobei die Seitendörnchen an den Hinterenden der Leibesringe einen wejentlichen Vorſchub Leilten, denn fie verhindern das Zurücgleiten der vor: dringenden Teile. Durch dies gewaltjame Drängen des ganzen Tieres gegen Kopf und Bruft wird die feine Haut auf dem Rücken des Mittelleibes in der Mittellinie zunächit ſtark angejpannt und endlich geiprengt. Sie zieht fich immer mehr gegen die Flügel zurüd, und der Mittelleibsrüden des vollfommen ent= widelten Haftes erjcheint blank und glänzend in ihrer Mitte, bis unter fortgejeßtem Drängen der Kopf heraustritt. Die Flügel jenfen fi) dann dachförmig an den Leib herunter, und e3 werden aus ihnen die Flügel des Imago und die Vorderfüße fait gleichzeitig hervor- gehoben. Lebtere, dicht unter dem Leibe zu: fammengejchlagen, ftreden fich faſt im gleichen Augenblid, in welchem die entwidelten Flügel fich fteif in die Höhe richten, und Flammern ih feſt an den Gegenſtand, auf welchem das — te — —— — Subimago ſitzt. Nun ruht das Tier einige nn ae ne Dee ar Sekunden und befreit ſchließlich den Hinter: leib jamt den Borjten jowie die Hinterbeine, als die allein noch umſchloſſenen Teile, pußt den Kopf und die Fühler mit den Vorderbeinen und entflieht rajch dem Auge des Beob- achters. Die Haut allein bleibt figen mit zufammengejchrumpften Hinterrändern der Flügel- ſcheiden. Diefer Umftand dürfte ven Namen „Haft“ veranlaßt haben und nicht, wie Röſel meint, dag Klebenbleiben an friich geteerten Cchiffen. Mir ift aus meiner Jugendzeit, wo ich dergleichen Dinge mit anderen Augen anjah als heutigestags, noch in der Er- innerung, eine ſolche Häutung in der Luft während des Fluges wahrgenommen zu haben. War es Täufhung, war e3 Wahrheit? Nach dem eben gejchilderten Hergange jcheint mir die Möglichkeit eines ſolchen VBorfalles nicht ausgeſchloſſen. Die Verſchiedenheiten zwijchen Subimago und Imago aufzufinden, ſetzt einige Übung voraus. Jenes ericheint wegen der ichlotternden Haut plumper, feine Glieder find dicker und fürzer, befonders die männlichen Borderbeine, die Färbung ift unbeftimmter und jehmugiger; bei dieſem treten alle Umrifje und Formen fchärfer, die Farben reiner hervor. Alles ift glänzender und friicher, das „Bild“ jeßt erft Elar und wahr. Übrigens geben die Flügel untrügliche Merkmale ab, wie Pictet ausführlicher auseinandergejekt hat. Die Eintagsfliegen waren den Alten nicht unbekannt. Aristoteles erzählt, daß der Fluß Hypanis, welcher fih in den cimmerifchen Bosporus ergießt, zur Zeit der Sommer: Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 35 zul 546 Sehfte Ordnung: Kaulerfe; zweite Familie: Hafte. Tag: und Nachtaleiche Dinge wie Säckchen von der Größe der Weinferne mit fich führe, aus welchen ein geflügeltes, vierfüßiges Tierchen Frieche, welches bis zum Abend herumfliege, dann ermatte und mit der finfenden Sonne fterbe; es heiße daher Eintagsfliege. Aelian läßt fie aus dem Weine geboren werden. Wird das Gefäß geöffnet, jo fliegen die Eintags— fliegen heraus, erbliden das Kicht der Welt und fterben. Die Natur befchenkt fie mit dem Leben, entreißt fie demjelben aber jo ſchnell wieder, daß fie weder eignes Unglück fühlen, noch fremdes zu jehen befommen fönnen. An einem ftillen Mais oder Juni-Abend gewährt es einen zauberhaften Anblid eigen: tünnlicher Art, dieje Sylphiden im hochzeitlichen Florkleide, bejtrahlt vom Golde der finfenden Sonne, fih in der lauen Luft wiegen zu jehen. Wie verflärte Geifter fteigen fie ohne ficht: lihe Bewegung ihrer gligernden Flügel auf und nieder und trinken Luft und Wonne in den wenigen Stunden, welche zwijchen ihrem Erjcheinen und Verſchwinden, ihrem Leben und Sterben liegen; denn fie führen den Hochzeitsreigen auf, wiewohl mertwürdigerweife unter Taujenden von Männ— den nur wenige Weibchen vorfommen. Man Ffann dieje Tänze bei uns zu Yande am beiten an der gemeinen Gintagsfliege (Ephemera vulgata) beobachten, weil ſie die größte ift, am häufigſten in Deutjchland, und zwar ſchon im Mai vorlommt und fich infolge ihrer dun— keln Färbung am Ichärfiten gegen den Abendhimmel ab: grenzt. Sie mißt reichlich 17—19 mm ohne die Schwanz: boriten, welche beim Weibchen eine gleiche, beim Männ— chen faft die doppelte Länge haben, und ift dunfelbraun; einige gereihte, bisweilen zufammenftoßende Flede von pomeranzengelber Farbe auf dem Hinterleibe, abwech: jelnd lichte und dunkle Ringel der drei unter fi — = — gleihen Shwanzfäden verleihen dem düfteren Ge — en wande einigen Schmud, ſowie eine braune, gekürzte Sn ee Mittelbinde auf den dreieckigen Vorderflügeln den dicht netzförmig und dunkel geaderten, in den Zwiſchen— räumen durchſichtigen Flügeln etwas Abwechſelung. An jedem Beine zählt man fünf Fuß— glieder, deren zweites das erſte beinahe um das Achtfache an Länge übertrifft. Die geſperrt gedruckten Merkmale kommen der ganzen Gattung Ephemera zu, die nach der jeßt leider herrichenden Liebhaberei in mehrere Arten zerlegt worden ift. Fragen wir nun: wo fommen fie ber, jene ephemeren Erjcheinungen? Sie entfteigen, gleich den vorigen, dem fließenden Wafjer, wo die Larven ihre Lebenszeit mit Raub ver: brachten, nachdem die Weibchen die Eier in dasjelbe ausgeftreut hatten. Die geftredte Larve unjerer Art hat auf jeder Eeite des Hinterleibes jechs Kiemenbüfchel oder Queften, Feine Kiemenblättchen. Der Kopf läuft vorn in zwei Spißen aus, trägt fein behaarte Fühler und lange, fihelfürmig nach oben gefrümmte Kinnbaden und Kiefertafter, welche dreimal länger als die Lippentafter find. Die einklauigen Beine find glatt und bewimpert, Schen= fel und Schienen der vorderiten ftärker und zum Graben eingerichtet, denn fie arbeiten mit ihnen in die jandigen Ufer, der Bäche lieber als der Flüffe, wagerechte, bis 52 mm tiefe Röhren, meilt zwei dicht nebeneinander. Die Schmale Scheidewand ift im Hintergrunde durchbrochen, jo daß die vorfriechende Larve ſich nicht umzumwenden braucht, wird indes duch das Wafjer oder infolge des Vorbeikriechens oft zerftört. Die Larven der Gattung Palingenia graben auch, unterjcheiden ſich aber äußerlich von der vorigen durch zwei gewimperte Kiemenblätthen an den Ceiten der meijten Lıl c3 Lil —J Li cn 4, ar A en N: U nr fs zy ve ws - * — = ' an P B ; — = R : R es Sennar. in gel fenhü . (WErMI — Wirkungen der Termiten. 267 Die Kotbefleivungen der benachbarten Räume würden unmittelbar aneinander ftehen und jo die Zwiſchenwände ftatt des Holzes darftellen. Diefen allmählihen Übergang von weit getrennten, das Holz durchziehenden Gängen zu Kotanhäufungen, die in ihrem Gefüge an lodere Brotfrume oder an einen Schwamm erinnern, kann man in Baumſtämmen be: obachten, welche von einem mit Termes Rippertii nahe verwandten Eutermes bewohnt werden. Beſchränken fich diefe Kotanhäufungen nicht auf das Innere des Baumes, treten fie vielmehr aus demjelben heraus, jo entjtehen die „Eugeligen Baumnefter”, welche alfo urſprünglich nichts anderes find, als der gemeinfame Abtritt eine3 Eutermes-Volfes, dann aber auch al3 Brutjtätte für die Eier und als Aufenthalt für die Larven benußt werden. Dieje Nejter werden aljo aus dem Baume heraus:, nicht an denjelben heran: gebaut. Schneidet man ein Stüd des Nejtes ab, jo ziehen fich die Arbeiter au den dadurch geöffneten Gängen zurüd; an denjelben erſcheinen Eleine jpisföpfige Soldaten in großen Mengen und laufen eifrig hin und ber, fortwährend mit den Fühlern taftend. Nach einiger Zeit ehren die Arbeiter zurüd. Jeder betaftet zuerft den Rand der zu ſchließenden Öffnung, dreht fih um und legt ein braunes Würftchen auf diefen Rand ab. Dann eilt er entweder jofort in das Innere des Neftes zurüd, um den anderen, die ihm dicht ge— drängt folgen, Pla zu machen, oder er dreht ſich nochmals um, damit er jein Werk betafte und nötigen Falls zurechtdrüde. Einzelne Arbeiter bringen auch wohl zwijchen den Kinnbaden Heine Bruchftüde der alten Wand, die beim Dffnen des Neftes in dasjelbe gefallen find, und fügen fie in die im Baue begriffenen, noch weihen Wände ein. Die Soldaten haben fi beim Beginn der Arbeit meift wieder in das Innere zurücdgezogen, bis auf einige, welche ab und zu die Arbeiter mit den Fühlern berühren, al$ wenn fie diefelben zurechtweijen und aufmuntern wollten. An diden Stämmen nimmt das Neft nur eine Seite ein, an dünneren geht es ringsum, an den Spiten alter Stubben bildet es eine rundliche Kuppel; eins der größten von Müller beobachteten Weiter jtellte eine un— regelmäßige Mafje von 94—125 cm Durchmefjer dar, welche zwei an der Erde liegende Cangeranaftämme umjchloß. Die Oberfläche zeigte flache, unregelmäßig ineinander ver: fließende Erhöhungen, die im Verein mit der Jchwarzen Farbe und der Fugeligen Form den oft gehörten Bergleih mit einem Negerfopf rechtfertigen. Se älter ein Neft, deſto dunkler, deſto feſter iſt es. Bei alten Nejtern muß man zur Art greifen, um Stüde davon loszutrennen. Der oberflächliche Teil enthält nur Arbeiter und Soldaten jowie furz vor der Schwärmzeit im Dezember geflügelte Termiten; dann folgen Zarven, die nad innen zu immer fleiner werden, im Herzen in durch nichts ausgezeichneten Räumen ungeheure Maſſen von Eiern; jchlieglih König und Königin. Mögen aud die Anfichten der verjchiedenen Schriftiteller in einzelnen Punkten bin: fihtlich der Lebensweije der Termiten weit auseinander gehen, in dem einen jtimmen fie alle überein, daß viele Arten von ihnen, vielleicht am wenigjten die Hügelbauer, zu den Schrednijjen der heißen Länder gehören, welche jeden Neifenden in Erjtaunen ſetzen. Zwar greifen fie die Berjon desjelben nicht an, wie jo vieles andere unnüge oder giftige Geziefer, aber in ungeheuern Scharen fommen fie angezogen, um in fürzejter Frijt fein Eigentum, Kleider, Bücher, Hausgeräte, jelbjt das Gebälk jeiner Wohnung zu zerjtören und jo im geheimen, jo hinterliftig, daß er den Schaden erſt merkt, wenn er nicht mehr abzuwenden ift, daß ihm das Dach über dem Kopfe zufammenbricht, ehe er eS fich verfieht. D’Escayrac de Lauture verbreitet fich in feiner „Neife durch Sudan“ ausführlich über die weißen Ameiſen, dort „Arda“ genannt. Sie haben die Größe einer gemeinen Ameije und nähren ſich vorzugsweiſe von Holz, zerfrejjen übrigens alles: Leder, Fleiſch, Papier ꝛc. Bücher und Fußbekleidungen lafjen jich jehr ſchwer vor ihnen jehügen. In einer Nacht 568 Sechſte Ordnung: Kauferfe; fünfte Familie: Termiten. zerftörten fie einen Fartonierten Atlas und das Futteral eines Fernrohres zur Hälfte. Die Zeritörung des erjtern wurde erit bemerkt, al3 man ihn zum Nachſchlagen aufnahm. Die Ardas hatten, um zu ihm zu gelangen, den Boden des Gemaches und eine Erdbank durch: bohren müfjen. Außerlich ließ fich Feine Verlegung wahrnehmen, fie waren von unten in den Atlas gedrungen und hatten faſt den ganzen Dedel und die nächſten Blätter zeritört. Die Nubier ſchützen ihr Eigentum dadurch, daß fie es auf Bretter legen, weldhe an Striden vom Dach des Haujes herabhängen. In anderen Gegenden verwahrt man die Haus: geräte vor den jcharfen Zähnen diejer gefräßigen Beitien dadurch, daß man fie mit den Füßen in Gefäße voll Wafjer jtellt. Ein Araber ſchlief bei Burnu auf einem Termiten: neite, ohne es zu ahnen, ein und wachte des Morgens — — nadt auf, denn alle feine Kleider waren zeritört. Nah A. Brehms Mitteilungen hatte am 15. Auguft 1850 zu Chartum im Diwan des Latief-Paſcha das Grundwaſſer des hoch geitiegenen Blauen Nils tags vorher eine Termitenfolonie in die Höhe getrieben, welche fich jegt durch den Eftrich- boden des Saales einen Weg gebahnt und ihre Mitglieder in ſolcher Zahl herausgejendet hatte, daß alle Anwejenden flüchten mußten. Am folgenden Morgen ließ der Paſcha ein tiefes Zoch in das Erdreich graben, um das ganze Neft vertilgen zu fönnen. In der Tiefe des Stromſpiegels fand man einen mächtigen, lebendigen Klumpen, der nur aus Termiten beitand. Er ſchien der Mittelpunkt der Kolonie zu jein, und von ihm liefen nad) allen Seiten höhlenartige Kanäle aus, durch welche fortwährend neue Haufen zu: und abzogen. Der Klumpen wurde erjäuft und die Grube mit Kalk gefüllt. Abends aber kamen die Tiere aus drei Löchern in noch weit größerer Anzahl hervor. Mehrere Diener arbeiteten bejtän- dig, um fie zufammenzufegen und in Gefäße zu jchaufeln. Forbes fand bei der Befichtigung jeines Zimmers, das während einer Abweſenheit von wenigen Wochen verſchloſſen geblieben war, einige Möbel zerftört. Er entdedte eine Menge von Gängen, die nad gewijjen Bildern an der Wand hinführten,; die Gläjer er: jchienen jehr dunkel und die Rahmen mit Staub bevedt. Als er verſuchte, ihn abzumwifchen, war er eritaunt, die Gläſer an die Mauer angeflebt zu finden und nicht mehr eingerahmt, jondern völlig umgeben mit einem von den weißen Ameijen herrührenden Kleifter. Die hölzernen Rahmen, Hinterbretter und der größte Teil des Kupferftiches war aufgezehrt und das Glas durch den Kleifter oder die bedeckten Gänge feitgehalten. Nach dem „Morning- Herald“ (Dezember 1814) joll ſogar die ftolze Nefivenz des Generalgouverneurs in Kal: futta, welde der Dftindiichen Gejellihaft ungeheure Summen gefojtet hat, durch Ber: jtörung von Termiten ihrem Einfturze nahe gewejen jein. Auch in einem britiſchen Linien— ſchiff, dem „Albion“, hatten fie fich jo eingebürgert, daß es auseinander gejchlagen werden mußte. Bory de Saint-Vincent fand auf Sle de France in den Forften der Inſel an den Stämmen der Bäume große Nefter, welche feiner Meinung nach dem Teermes destructor angehörten, dort „Karia“ genannt. Dieje Termite zerjtört oft die jehönften Bäume und Balken in furzer Zeit, jo daß ein Beamter, um einen bedeutenden Holzdefekt in den fünig- lihen Magazinen zu deden, ihren Verluft durch Termiten in Rechnung ftellte, worauf ihm der Minifter eine Kite mit Feilen zujandte, damit er den Karias die Zähne abfeile, weil da3 Gouvernement ferner nicht gejonnen jei, derartige Verwüftungen zu dulden. Aber nicht bloß betrügeriſche Beamte, jondern auch die Eingeborenen jener Länder, wo die Termiten vorfommen, machen ſie ſich zu nuße, indem fie diefelben verjpeifen. Man fängt fie zur Schwärmgeit, hält Grashalme in die geöffneten Bauten, an welche ſich die Soldaten einbeißen und herausziehen lajjen, gräbt Löcher in die Wohnungen der unterirdijch leben- den, in welche fie bei ihren Wanderungen durch die fich vielfach Freuzenden Gänge fallen müſſen, oder jucht ihrer jonjtwie habhaft zu werden. In verjchiedenen Gegenden Savas verkauft man fie auf dem Markte unter dem Namen „Laron“, auch ſucht man die Nefter Gelbhalfige Termite, 569 auf, um die junge Brut den Hausvögeln als nährende Lederbiffen darzureihen. Daß fie zahlreichen Tieren zur Nahrung dienen, wurde oben erwähnt, und es mag hier nur noch daran erinnert jein, daß unter den Säugern die Gürteltiere und Ameifenfrefjer von ihnen mehr al3 von den Tieren leben, nad) welchen man die legteren jonderbarerweife benannt hat. Hierdurch ſowie in ihrer Eigenjchaft als eifrige Zeritörer faulender Pflanzenüberrefte bilden die Termiten ein wichtiges Glied im Haushalt der Natur, wenn fie aud), wie jo 4) Shredlide TZermite (Termes dirus), Männden von oben, a von der Seite gejehen, b Kopf dezjelben, c Arbeiter, d der: felbe von vorn, e Soldat, f derjelbe von vorn. 2) Kriegerijhe Termite (Termes bellicosus), Arbeiter, g Nymphe 3) Weibden von Termes regina. (b, 2, g vergrößert.) manche andere, dem „Herrn der Schöpfung”, dem ihnen gegenüber fo ohnmächtigen Menfchen, nicht gefallen mögen. Die nahe an 100 Arten von Termiten, welche Hagen nad) einem oder dem anderen der Stände beſchrieben hat (vollftändig kennt man bis jegt noch ſehr wenige), zerfallen in vier leicht zu unterjcheidende Gattungen. Bei zweien kommen Haftlappen zwijchen den Krallen und Adern im Saumfelde der Flügel vor; von ihnen hat Calotermes Nebenaugen, Term- opsis dagegen feine. Hiervon unterjcheidet ſich Hodotermes durch den Mangel der Haft: lappen, und die bei weitem artenreichite Gattung Termes erkennt man an dem Vorhanden— jein von Nebenaugen und an dem Mangel der Haftlappen zwiſchen den Strallen, wie der Adern im Nandfelde der Flügel. Die gelbhaljige Termite (Calotermes flavicollis), eine Bewohnerin der Mittelmeerländer, ift dunkel Faftanienbraun, an Mund, Fühlern, Beinen und am erjten Bruftring gelb, an den bis 20 mm Spannenden Flügeln leicht angeräuchert. Die um 2 mm längeren, 7—9 mm mefjenden Soldaten harafterifiert ein auffallend lang vierediger Kopf 570 Sechſte Ordnung: Kaukerfe; fünfte Familie: Termiten. mit breiten Kinnbaden, die innen gezahnt, außen an der Wurzel geedt und von halber Kopflänge find. Eine zweite, in Europa vorkommende Art, die gelbfüßige Termite (Termes flavipes), um den Mund und an den Füßen und Echienen bleichgelb, ſonſt ebenfalls ſchwarzbraun, ift bis Wien vorgedrungen, wo fie in den Treibhäufern der kaiſer— lihen Gärten Unfug angerichtet hat. Sie jcheint dort aus Brafilien eingejchleppt zu jein; denn dafelbit fommt fie auch vor und ift als Zerftörerin lebender Bäume (Acer rubrum) beobachtet worden, deren Blätter infolgedejjen jo verändert wurden, daß fte jelbjt für Botaniker zur Erkennung der Bäume nicht mehr geeignet waren. Die Eriegerifche Termite (Termes bellicosus Smeathmansg, ſ. ©. 569, Fig. 2 u. g), welche von der verhängnisvollen (T. fatalis) des Fabricius nicht unterjchie- den ift, fommt an der ganzen Oſtküſte Afrikas von Abejjinien herab und ungefähr in den entiprehenden Breitengraden an der Weſtküſte vor und gehört zu den größten der befann- ten Arten, indem fie 18 mm im Körper und 65—80 mm von einer Flügelipige bis zur anderen mißt. Man fennt die Art in allen Ständen. Die Ihredlihe Termite (Termes dirus Klug) lebt in Brafilien und Guayana, nah Burmeifter in Erdlöchern und unter Steinen von den Wurzeln verfaulender Bäume. Puppen und Königin find noch nicht befannt, Männchen, Arbeiter und Soldaten vergegen- wärtigen die Figuren 1a bis f (S. 569). Eine faffeebraune Färbung, einfchließlich der Flügel, fowie ein Fleck auf dem Scheitel zeichnet die Art aus; Fühler, Halsſchild, Unter: jeite des Leibes und die Beine find gelbrot. Die lihtiheue Termite (Termes lueifugus oder T. arda) ift die dritte ſüd— europäische Art, welche häufig mit der ihr ſehr ähnlichen gelbhalfigen zufammen die Mittel: meerländer bewohnt, noch 1094 m über dem Meeresipiegel auf Madeira lebt und bis nad) Rochefort und Nochelle in Frankreich vorgedrungen ift, in welch legterer Stadt fie an den ihre Grundlage bildenden Pfählen arge Verwüftungen anrichtet. Diejer Umftand wird um jo intereffanter und auffälliger, als alle Arten in den übrigen Erdteilen nur bis zum 40. Breitengrade nördlih und ſüdlich vom Gleicher angetroffen werden. Das Tier ift dunkel Shwarzbraun, braun behaart; die Spigen der Schienen und der Füße find gelblich, die Spiten der Fühler: und Tafterglieder weißlich gefärbt, der Körper mißt 6—9, die Flügelipannung 18—20 mm. Eeine mehrfach erforjchte Naturgejchichte ward von Lespes mit großer Sorgfalt dargelegt und joll zum Schluß noch in ihren Grundzügen mitgeteilt werden, da den europäiſchen Kerfen immer der Vortritt eingeräumt worden it. Die eben bejchriebenen Gejchlechtstiere entjtehen aus zwei Puppenformen, deren eine ſich durch lange und breite, den vorderen Hinterleibsteil ganz bededende, die zweite jeltenere und dickere, durch ſehr kurze, zur Seite gelegene Flügeljcheiden auszeichnet. Beide beginnen vom Juli ab im Nefte fichtbar zu werden, überwintern alfo, und die eriteren verwandeln fi) Ende Mai in den geflügelten Kerf, die der zweiten Form erſt im Laufe des Auguft des nächſten Sahres, bedürfen jomit durchfchnittlih 20 Monate vom Ei ab. Eine gleiche Zeit rechnet man auch auf die „Neutra“, wie die gefchlechtlich unentwidelten Arbeiter und Soldaten im Gegenjag zu jenen mit gemeinfamem Namen genannt zu werden pflegen. Vom Winter bi3 zum März findet man im Neft die jüngiten Larven jeglicher Kafte, welche Lespes als erite Altersitufe bezeichnet. Sie find träger Natur, lehnen an den Wänden umher und jehen einander, wenn fie die Yänge von 2 mm noch nicht erreicht haben, jo ähnlich, daß man noch nicht wiſſen fann, was fich aus ihnen entwideln wird. Die Larven der zweiten Altersjtufe, die fih aljo einmal gehäutet haben und 2 oder 3 mm mefjen, lafjen ſchon zwei Formen unterjcheiden. Die einen ähneln im Mittelleib den Arbeitern, find an ihrer Geftalt, ihren langjamen Bewegungen und an ihrem Eleineren, mattweißen Sopfe leicht zu erfennen und verwandeln fih im Juni zu Arbeitern und Soldaten. Die anderen jehen Kriegerifche, jhredlihe und lihtiheue Termite. 571 binfichtlich des breiteren Mittelleibes und der beiden folgenden Ringe, indem die Erweiterung nach hinten zu den nachmaligen Flügelfcheiden bereits beginnt, den Gefchlechtstieren ähn— licher. Dieſe zweite Altersitufe zeigt fich einzeln jchon im Winter, herrſcht aber vor, jobald die erjte verſchwunden ift, eben weil fie aus ihr dur Häutung hervorgeht. 4—6 mm große Larven, in der erjten Form einem Arbeiter und Soldaten ſchon jehr ähnlich, in der zweiten den Nymphen, bilden die dritte Altersjtufe, welche die zweite bald verdrängt. Die Larven der eriten Altersitufe haben 1Ogliederige, die der zweiten 12— 14 gliederige, die der dritten 16 gliederige Fühler. Arbeiter und Soldaten finden fich das ganze Jahr im Net, fie werden aber gegen Juni hin feltener; zuerft magern die Soldaten, dann die Arbeiter ab und tragen die Spuren der Altersihwäde an jich, denn es ift für fie die Zeit gefommen, dem neu herangereiften jüngeren Gejchlechte das Feld zu räumen. Wie die all- gemeine Schilderung ſchon hervorhob, unterjcheiden fih die Soldaten von den Arbeitern nur duch die gewaltige Größe des Kopfes und der Kinnbaden; jener ift noch einmal jo lang als breit und walzig, dieje find jchwarz, jäbelförmig nad oben und innen gebogen, innen ungezahnt und von halber Kopflänge. Die Arbeiter, auf denen fajt allein alle Sorgen um den Staat lajten, haben die Gewohnheit aller Gattungsgenofjen, fih nur unter bedeckten Gängen zu bewegen, was fie jedoch nicht des Lichtes wegen, jondern um den Zutritt der friſchen Luft abzufperren, thun mögen. Lespes nämlich trug verjchiedene Nejter in gläjerne Gefäße ein und bemerkte nicht, daß ſich die Arbeiter dur) daS von der Glasfeite eines Ganges einfallende Sonnenlicht beirren liegen. Gewöhnlich legen fie das Neft in einem alten Fichtenftumpfe, mitunter in Eihen, Holunder, Tamarisfen an, jedoch jtet3 in abgejtorbenem und feuchten, unter oder wenig über der Erde gelegenem Holze. Kleine Gejellichaften, die ſeit einem oder höchſtens 2 Jahren beftehen, halten ſich hinter der Rinde auf, dann aber gehen fie das Holz an. Die Gänge werden von dem Umfang nah dem Mittelpunkt geführt und gleichzeitig die bei den Fichten flach unter der Erdoberfläche verlaufenden Wurzeln in Angriff genommen. Sie find nicht regelmäßig, und jehr oft bilden holzfreſſende Larven, bejonders die der Bohr- fäfer, die Pioniere der Termiten, während die weitern Höhlungen der Bodfäfer zu großen Zellen benugt werden. Ohne dergleichen Vorarbeiten führen fie die Gänge injofern in einer gewiſſen Regelmäßigkeit durch, als fie diejelben zwijchen den Jahresringen anlegen und dieje als die härtern Teile ftehen lafjen. Runde Offnungen, groß genug, um einen oder zwei Arbeiter nebeneinander durchzulaffen, vermitteln zwijchen ihnen die Verbindung. Die ganze Innenſeite des Neſtes ijt mit einer hellbraunen, glatt polierten Schicht überzogen; daß dieje aus den Erfrementen beiteht, jtellte jich bei der Beobachtung in der Gefangen: Ihaft heraus. Lespes fand in einzelnen Baumftümpfen neben den Termiten auch ein Ameijennejt, beide nur durch eine dünne Scheivewand getrennt, eine Beobachtung, welche auch von andern Seiten bei ausländiihen Baumtermiten gemacht worden ift, und welche beweilt, daß die ärgite Feindichaft, in welcher beide Tiergruppen leben, den Trieb zum Nejterbauen nicht zu jtören vermag. Jederſeits werden an der pafjenden Stelle die Kolonien gegründet, unbefümmert darum, ob der Feind in nächſter Nachbarſchaft gleichen Intereſſen nachgeht. Wenn Lespes ein Stüd Neft nebſt Inhalt in jeine Beobachtungsgläſer einkerferte, jo begannen die Arbeiter zunächit auf dem Boden des Gefäßes im Gerölle Gänge anzulegen, um jodann das Neſt an den Seitenwänden jenes zu befejtigen. In den Gegenden Frank: reichs, auf welche ſich die Beobachtungen erjtreden, fehlt es nicht an Fichtenftünpfen, weil man fie nad) dem Fällen der Bäume ftehen läßt, und dies mag der Hauptgrund jein, wes— halb die Häujer von Bordeaur jo ziemlich von Termiten verichont bleiben, objehon ſich hier und da Spuren von ihnen gezeigt haben. Zum Bauen der Wohnungen gehört auch ihre Erhaltung, und da find es eben wieder die Arbeiter, welche diefe Sorge übernehmen. Wird 572 Sehfte Ordnung: Kauferfe; fechfte Familie: Schaben. das Neft an einer Stelle verlegt und dem Zutritte der freien Luft preißgegeben, fo holen fie die verschiedensten Gegenftände aus der Nähe herbei, um den Schaden fogleich auszubefjern; darum findet man auch jelten ein Net, in welchem nicht wenigſtens einige größere oder Eleinere Näume mit den Erfrementen zum Bekleiden der Wände oder Verftopfen der Brejche angefüllt wären, welche die Arbeiter gleichfall zufammentragen. Das Ausbefjern gejchieht in der größten Ordnung und ohne die geringite Einmifchung der Soldaten; diejelben ſpielen niemals die Nolle der Aufjeher. Eine ganz bejondere Aufmerkjamkeit lafjen die Arbeiter den Eiern zu teil werden. Offnet nıan eine mit diefen gefüllte Zelle, jo kommen fie her- beigeftürzt und jchleppen 5—6 auf einmal hinweg; ja, Lespes brachte einmal eine An: zahl, welche er im Freien gefunden, in eins jeiner Gläſer, und in fürzefter Zeit waren fie im Inneren des Neftes geborgen. Einmal jah er auch eine Nymphe einem Arbeiter gegenüber ftehen und vom Futter freffen, welches jener hervorwürgte; doch hält er dieſe Erſcheinung für einen Ausnahmefall. Er fonnte außer dem eben angeführten Falle Feine Fütterung wahrnehmen, auch Feine Fürjorge für König und Königin, und doch muß wohl für die jungen Larven wenigſtens in Bezug hierauf etwas gejchehen, wiewohl es jehr große Schwierigkeiten hat, dies zu beobachten. AnderjeitS erwähnt Lespeès Beijpiele, welche die Teilnahme der Arbeiter an dem Gedeihen der Brut außer allen Zweifel jegen. Sie beledten die Nymphen, und hatte fi eine verlegt, was öfters vorfam, jo waren glei) 2 oder 3 um fie bejchäftigt. Bei den legten Häutungen von Arbeiter: und Soldatenlarven beobachtete er mehrmals Hilfsleiftungen jeitens erwachjener Arbeiter, um das alte Kleid zu bejeitigen, niemals aber, wenn fih die Nymphen zum Gejchlechtstier verwandelten, obgleich auch dann allemal bejonders reges Leben im ganzen Stode wahrgenommen ward. Eine noch nicht erklärte Gewohnheit haben die Arbeiter an fih. Mitten in einer Bejchäftigung oder auch müßig fchlendernd, heben fie fi) plöglich auf den Beinen hoch empor und Ihlagen ein Dugend Male, auch öfter, ſchnell hintereinander mit der Hinterleibsjpige auf den Boden. Die Soldaten, zum Schuß der anderen bejtimmt, erfcheinen dem Menschen gegenüber mehr drohend, oft lächerlih, aber niemals gefährlih. Lespes hielt jeinen Finger öfters bin, fie bifjen aber nicht hinein, weil fie die Zangen nicht jo weit auseinander brachten, um die Haut zu fallen. Troß ihres Mutes und Eifer find ſie infolge ihrer Blindheit ziem— lich unbeholfen und gebärvden ſich grimmiger, als fie in Wirklichkeit zu fein vermögen. Meift halten fie fi unbeweglih in den Gängen oder Zellen auf, wird aber das Neft ge: öffnet, jo rennen fie aufs Geratewohl mit geöffneten Kinnbaden umher. Sind fie gereizt, jo nehmen jie eine äußerft pojlierliche Haltung an: ihr Kopf liegt auf dem Boden mit weit geöffneten Zangen, nad) hinten hebt fi) der Leib hoch, jeden Augenblid jtürzen fie vor, den Feind zu faſſen, haben fie dies aber mehrfach vergebens gethan, jo ſchlagen fie mit dem Kopfe vier- bis fünfmal auf die Unterlage und bringen dadurch einen ſcharfen Ton hervor, der früher als „ziſchend“ bezeichnet wurde. Wenn Lespes die Scheidewand zwiſchen dem benachbarten Ameijennejte öffnete, jo entjpann fi ein wütender Kampf. Die ergriffene Ameije war ein Kind des Todes, der Soldat mußte in der Negel aber auch fterben; denn jener famen ihre Kameraden zu Hilfe und fielen in Mehrzahl über ihn her, bis er erlag. Die alten Larven halten fich gewöhnlich gedrängt bei einander in den engen Gängen, die Soldaten meift an deren Enden; jene entfliehen, jobald man dieje öffnet. Genau das: jelbe gilt auch von den Nymphen. Bei den jedesmaligen Häutungen zeigt fidy ein reges Leben, welches feinen Grund hauptjählich darin zu haben fcheint, daß die Neugeborenen, befonders die, welche nun feine Häutung weiter zu bejtehen haben, ein einfames Bläschen aufjuhen, wo fie außer dem Gewühle der Maſſe ihren ungemein weichen Körper erhärten, die geflügelten ihre Flügel ohne Störung auswachſen laſſen fönnen, was in der Zeit von Deutſche Schabe. 573 einer Stunde gejchieht. Die eben zur Vollendung gekommenen Arbeiter find, wie allez, was eben die Haut abjtreift, vollfommen weiß, und nehmen fi ein paar Tage Zeit, ehe fie fich arbeitsfähig fühlen. Die Gejchlechtstiere verlieren jehr bald die Flügel und halten fi ebenfalls dicht zufammen. Lespeès jah fie im Freien nur dann fehwärmen, wenn er zu der bejtimmten Zeit ein Nejt öffnete; jeine Gefangenen ftarben im Juli. Einmal, alz das Glas in der Sonne Stand, famen fie an die Oberfläche des Neftes, die Weibchen ver: folgt von jehr higigen Männchen, meijt von einem, feltener von zweien, und zwar fo nahe, daß man hätte meinen jollen, es habe die Hinterleibsjpige mit den Kinnbaden gefaßt. Die Paarung fonnte er weder hier noch im Freien beobachten, und ich bin nach dem, was id} darüber gelejen habe, der Überzeugung, daß fie nicht in der Luft, ſondern nad) dem Verluft der Flügel auf der Erde und zwar in einem dunfeln Winfel oder während der Nacht erfolgt. Diejes emſige Nachlaufen des Männchens, was auch bei andern Arten beobachtet wurde, die Licht und Luftſcheue der Tiere, weldhe fie während ihrer ganzen Lebenszeit als Eigen: tümlichfeit bewahren, läßt mit voller Beitimmtheit erwarten, daß fie e3 nicht den Honig- bienen, den Kindern des Lichtes, nachthun. — Wie e3 jceheint, find Königinnen felten auf- zufinden, und was Xespes über fie berichtet, enthält zum Teil Widerſprüche. Er traf wohl Eier, allemal in Klumpen vereinigt, an, niemals aber eine Königin dabei und meint, dag fie von den im Auguft ſchwärmenden Gefchlechtstieren gelegt fein müßten. Nach eifrigem Suchen gelang es ihm endlih, am 28. Juli zwei Pärchen, und zwar in einem und dem: jelben Baumftumpf, anzutreffen, jedes aber in einer bejonderen Zelle, die beide in einem Zujammenhang ftanden und die Vermutung nahe legten, daß hier zwei Kolonien neben- einander haujten, wie im oben erwähnten Falle eine neben einer Ameifenkolonie. Arbeiter und Soldaten leifteten Gejelljchaft jowie Larven und — Eier, aber feine Nymphen. Daß die Eier nicht von dem Weibchen jein fonnten, ergab deſſen anatomijche Unterfuhung. Auch im November fand fich ein derartiges Pärchen in einem Eleinen Nefte, deſſen Weibchen im Eierftode Eier mit Schale hatte. Königinnen wurden im Dezember, März und Juli in Gejellihaft eines Königs oder ohne jolhen angetroffen. Jene wachen mehr und mehr, je älter fie werden, halten fich in Feiner befonderen Helle, jondern nur in einer tiefer ge- legenen Galerie mit dem jehr lebhaften Könige zufammen auf, Eriehen troß ihrer Wohl- beleibtheit behende umher und beginnen erjt ein Jahr nach der legten Häutung mit dem Legen der Eier, was nur kurze Zeit und zwar im Juli gejchehen dürfte. Wie ungeachtet der eifrigen Forſchungen Einzelner die Natur in ihrem Walten der Geheimnifje noch gar viele birgt, auch ſolcher, welche der menſchliche Scharfblid durch un— ermüdliche Beobachtung zu enthüllen vermag, hat wiederum das Leben der „weißen Ameiſen“ bewiejen und den Mahnruf an alle Strebjame erneuert: „Suchet, jo werdet ihr finden!” Preußen nennt in Rußland der gemeine Mann Tiere, welche der oberöfterreichifche Bauer al3 Ruſſen bezeichnet, und welche hier wie dort und noch anderwärts in den Häufern ungemein läftig fallen. Die Ruſſen meinen, diejelben jeien durch die nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges aus Deutjchland zurücfehrenden Truppen eingejchleppt worden, bis dahin wenigitens habe man fie in Petersburg noch nicht gefannt. Die Ofterreicher recht fertigen ihre Benennung mit der Anficht, die Tiere jeien durch Teichgräber aus Böhmen nad) Oberöfterreich (Traunfreis) gebracht worden und dorthin vorher durch ruſſiſche Unter: thanen gelangt, welche zum Stödeausrotten von böhmiſchen Glashüttenbefigern als Tages löhner verwendet worden jeien. Wie leicht ich die deutihe Schabe (Blatta germa- nica), um welche es fich hier Handelt, von einem Orte zu einem anderen verjchleppen läßt, 574 Sechſte Drdnung: Kauferfe; ſechſte Familie: Schaben. davon legt folgende Thatſache Zeugnis ab. In einer Brauerei zu Breslau hatten die Schaben jo überhandgenommen, daß fie auf den Tiſchen der Bierftuben umbherliefen, den Gäften an die Kleider Frochen und fich befonders gern unter die Rockkragen verftedten. Sie fommen auch in Eyrien, Ägypten, in dem nördlihen Afrifa und in den verjchiedenften Gegenden Deutihlands vor. In Nordhaufen fennt man fie feit etwa 65 Jahren und findet fie in den Branntweinbrennereien oft recht läftig; in Halle fommen fie in den Frandejchen Stiftungen vereinzelt, in der ungefähr erſt drei Jahrzehnte bejtehenden und außerhalb der Stadt gelegenen Zuderraffinerie majjenhaft vor; in Hamburg fallen fie in vielen Käufern jehr läftig, und Walt! in Paſſau bemerkt, daß fie bei ihm zu Lande ein jehr unangenehmes Hausungeziefer jeien, welches nicht jelten die Leute zum Ausziehen nötige. Man geht im falten Winter von dannen, läßt alles offen, und nad) ein paar Tagen findet man die ver: weichlichten Tiere wahrjheinlich durch den jehnellen Übergang von der Wärme zur Kälte N \ N TI " —— 9 N —— 1) Deutihe Schabe (Blatta germanica), ein Weibchen und ein Männchen. 2) Lappländiſche Schabe (Blatta lapponica) Alle in natürlicher Größe. tot und bezieht das Haus wieder. Daß eben nur der Temperaturwechjel oder der Talte Zuftzug, gegen den fie empfindlich zu fein jcheinen, fie tötet oder vielleicht nur vertreibt, und nicht die Winterfälte al3 jolde, geht aus ihrem Leben im Freien hervor. Denn fie finden fich vielfah in unferen deutſchen Wäldern; ic) habe fie einzeln bei Halle, einer meiner Freunde hat fie bei Leipzig gefangen. Das in Nede ftehende Tier ift lichtbraun, das Weibchen etwas dunkler als das Männchen und auf dem Halsjchilde mit zwei ſchwarzen Längsftrichen gezeichnet. Der flache, gelbliche Hinterleib des Männchens wird mit Ausſchluß der beiden Afterplatten von den Flügeln vollftändig bededt, während der braune, vorn ſchwärzliche des Weibchens beiderfeits etwas über die Flügel hervorragt und ihre Länge nicht erreicht. Wie e3 jcheint, macht diefes auch weniger Gebrauch von feinen Flugwerk- zeugen als das andere Geflecht. In einem Alter von 14 Tagen bewirbt e3 ſich um Die Gunft eines Männdens. Beide Gejhlechter nähern ſich von hinten durch Zurücdjchieben des Körpers, bleiben aber nicht lange vereinigt. Bald darauf ſchwillt der Hinterleib des Meibhens merflih an, die Verdidung drängt nach hinten, und nad) ungefähr einer Woche wird an der Leibesjpige ein gelber, rundlicher Körper fihtbar, welcher das Beitreben zeigt, fi Herauszudrängen. Man muß ihn für ein Ei halten, welches allerdings im Vergleiche zu dem Muttertier eine befremdende Größe zeigt. Wie lange legteres diefes vermeintliche Ei jihtbar mit fich herumträgt, ift noch nicht genau ermittelt worden, entjchieden mehrere Wochen und länger als die andere, gleich nachher zu beſprechende Art. Schließlich läßt Deutfhe Schabe. 575 e8 dasjelbe in irgend einem Winkel fallen und ftirbt bald nachher. Man hat zwar be: obachtet, daß Weibchen ein weniger entwideltes Ei ablegten und darauf noch ein zweites, vollfommeneres; al3 Negel muß aber angenommen werden, daß fie nur einmal legen. Bei genauerer Unterfuhung diejes 6,5 mm langen, halb jo breiten und braun gefärbten Eies, welches fast diejelbe Gejtalt wie das weiter hinten abgebildete zeigt, finden fich äußer: lich eine geflochtene Naht an dem einen langen Rande und deutliche Duerriefhen an den Geiten. Im Inneren aber ift e3 von wunderbarem Baue. Durch eine Längsſcheidewand wird es in zwei gleiche Hälften zerlegt, deren jede 18, den äußeren Quereindrüden ent- Iprechende Fächer mit je einem weißlichen, längliden Ei oder, wenn es jchon weiter ent: widelt war, mit einem weißen Lärvchen enthält, welches mit jeiner Bauchjeite der Längs— ſcheidewand zugefehrt liegt. Die Mutter bettet alfo in diejer Weife ihre 36 Kinder in eine große Eikapſel regelmäßig nebeneinander und dürfte diefelbe nur Furze Zeit vor der Ent: widelung der Zungen fallen lafjen. Diefelben arbeiten fih, wenn fie reif find, an der geflochtenen Naht aus der Eifapfel heraus. Hummel in Petersburg fand vorzeiten Ge: fegenheit zu einer höchft intereffanten Beobachtung. Er hatte, um das Leben diejer Schaben fennen zu lernen, bereits länger als eine Woche ein Weibchen, an welchem die Eifapfel hinten ſchon ſichtbar war, in ein Glas eingejchloffen, als man ihm am Morgen des 1. April eine, wie er jagt, anjcheinend ganz frijche Eifapjel brachte, welche er zu jenem Weibchen in das Glas legte. Kaum war dies gejchehen, jo näherte fich die Gefangene derielben, betaftete und fehrte fie nach allen Seiten um. Schließlich hielt fie diefelbe mit den Vorder- füßen feſt und öffnete fie an der gedrehten Naht von vorn nach hinten. Sobald ſich der Spalt erweiterte, drangen die weißen Lärvchen hervor, deren immer zwei und zwei auf: einander gerollt waren. Mit den Kiefertaftern und Fühlern half das Weibchen diejen nad), und in wenigen Sekunden liefen fie munter umher, ohne daß fich Die Pflegemutter weiter um fie kümmerte. Es waren ihrer 36, alle weiß mit ſchwarzen Augen; doch wurden fie alsbald grünlich, dann ſchwarz und grünlichgelb gemiſcht. Sie jegten ſich an die der Alten zum Futter vorgelegten Brotkrümchen und ließen fich diejelben jchmeden. Dies alles war das Werk von 10 Minuten. Wenn die Larve ſechs Häutungen, bei welchen jedesmal die urjprüngliche weige Farbe auf furze Zeit wiederfehrt, überjtanden hat, ijt die fortpflanzungsfähige Schabe geboren. Genau genommen müßte man von fieben Häutungen ſprechen, das erite Gewand bleibt nämlid in der Eifapfel zurück und wird daher leicht überfehen. Nach 8 Tagen erfolgt die erfte (richtiger alfo zweite) Häutung, nad) 10 weiteren Tagen die folgende, ungefähr 14 Tage darauf die dritte. Beim Ausfriehen aus der alten Haut, welche wie immer auf dem Nücken reißt, erjcheint die Larve anfänglich dünn und Shmächtig, nimmt aber jchnell ihre platte Form, ſchon weniger rajch die dunflere Färbung an, der gelbe Nand des Hals: jchildes und die beiden folgenden Ringe des Mittelleibes jegen fich jet ab. Mit ver vierten Häutung, ungefähr 4 Wochen jpäter, prägen fich alle diefe Teile noch mehr aus. Nach abermals 4 Wochen fommen mit der fünften Häutung die Flügelltümpfe, die Larve wird zur jogenannten Nymphe und lebt als jolche eine gleiche Zeit oder 6 Wochen. Nach: dem fie das legte Kleid ausgezogen hat, braucht die Schabe 10— 12 Stunden, um ich, mit Beinen und Fühlern beginnend, auszufärben. Das Wachstum erfolgt hier, wie bei allen Kerfen, nicht gleichmäßig. Die deutihe Schabe frißt ſozuſagen alles, was ein Kerf überhaupt verzehren kann, vornehmlich Brot, weißes lieber als jchwarzes, dem Mehle dagegen geht fie nicht nach, und auch Fleiſch verſchmäht fie jo lange, wie fie etwas anderes hat. Hummel jah fie zu Taufenden in Flaſchen ftürzen, in denen DI geweſen war und die Stiefelwichje bis zum Leder vom Schuhwerke abſchaben, nie aber, daß eine die andere aufgefreſſen hätte. 576 Sehfte Ordnung: Kauferfe; ſechſte Familie; Schaben. Chamiſſo erzählt, daß man auf offener Eee Ballen öffnete, welche Reis und Getreide enthalten jollten, und ftatt deſſen deutſche Schaben gefunden habe. Sie können übrigens auch lange hungern. Unter den zahlreihen Gattungsgenofjen finden fih noch einige Schaben, welche, die Häufer vermeidend, nur Wälder bewohnen und durch die verjchiedene Bildung der Flügel unterichieden werden. Eo reichen bei der lappländiſchen Schabe (Blatta lapponica, Fig. 2, ©. 574) die gelben, ſchwarz punftierten Flügeldeden, wie die Hinterflügel, bei dem Weibchen nur bis zum Ende des Hinterleibes, bei dem Männchen dagegen über diejes hin- aus. Das heller oder dunkler braune Tier zeichnet fich durch einen lichten, durchſcheinenden Saum des Halsfchildes aus und wird nur 7,17 mm lang. Man findet die Schabe überall bei uns in Wäldern, fängt fie aber ihrer Gefchwindigfeit wegen jehwer. In Lappland fommt fie in die Wohnungen und fann in Gemeinjchaft mit einem Aaskäfer (Silpha lapponica) die ganzen Vorräte an gedörrten Fiſchen aufzehren. — Bei der nur 6, mm mejjenden, bald ebenfo breiten gefledten Schabe (Blatta maculata) bleiben die Hinterflügel merklich kürzer als die mit der Leibesipige abjchneidenden Deden. Das ovale Tieren ift dunkelbraun, an den Spiten der Hüften lichter, an dem Außenrande de3 Halsſchildes und an den Flügeldecken, mit Ausſchluß je eines jchwarzen Fledes ihrer Hinterhälfte, gelb gefärbt. Sch traf es bei Halle in manden Jahren zahlreih ſich auf Brombeergebüfch lebhaft tummelnd. Als Merkmale der Gattung Blatta gelten folgende: Der Kopf verſteckt fich vollftändig unter dem breiten, hinten weder aufgeworfenen, noch winfelig vorgezogenen Halsſchilde; er fteht, wie bei allen Echaben, mit dem Scheitel am weiteften nad) vorn, mit den Frefwerkzeugen dagegen am weitelten nach hinten und trägt im Ausichnitte der nierenförmigen Augen Borftenfühler von mindeftens Körperlänge. Die vier Flügel, deren vordere Iederartige Deden mit hervorragenden Adern bilden, liegen platt auf dem flachgedrückten Hinterleibe auf, indem die linfe Seite mit dem Innenrande über die rechte übergreift und die breiten Hinterflügel fi durch Längsfalten verſchmälern. An den breitgedrüdten Echenfeln der jchlanfen Beine fien immer einige Stadheln, zahl: reichere an den verlängerten Echienen und am fünften Fußgliede außer den feinen Krallen ein Haftläppchen. Die Männchen unterjcheiden ſich durch geringere Größe, jchlanfere Ge: ftalt und einen überzähligen (8.) Hinterleibsring vom Weibchen; übrigens ift die lebte Bauchichuppe bei beiden Gefchlechtern gleich geformt und platt, beim Weibchen nur breiter, hier wie dort fommen lange, gegliederte Naife an der Hinterleibsjpige vor, aber Feine Griffel beim Männden. Die Küchenſchabe, der Kakerlak (Periplaneta orientalis), ijt ihrer äußeren Eriheinung nad mindeftens allen denjenigen befannt, welche in einem Bäderhaufe, einer Mühle, Brauerei ꝛc. wohnen; im Freien trifft man diefe Art niemals an, ſondern ſtets nur in menjchlichen Behaufungen und zwar zum Leidweſen von deren Bewohnern. Während des Tages fommt fie nicht zum Vorſchein, bleibt vielmehr in Mauerlöhern und dunfeln Winkeln verborgen. Beim Neinigen eines wenig gebrauchten Zimmers meiner Wohnung fand fich mitunter ein vereinzeltes Männden oder Weibchen, oder auch eine Larve, aber immer nur ein Stüd unter einem Fußteppiche, und wir wußten uns ihr Erjcheinen nicht zu erklären, weil die jämtlichen übrigen Räume frei davon waren. Immer zum Einfangen herbeigerufen, wenn fich der Bejuch zeigte, verfah ich e3 eines Tages und ließ das Tier entwiſchen. Mit Bligesjchnelle lief es auf der Scheuerleifte einer Wand entlang und ver: ihwand in deren Ede durch ein bisher unbemerkt gebliebenes, winziges Loch am Ende der Tapete. Wie ein Mäuslein wußte die Schabe ihren Weg wiederzufinden, dem fie ge fommen war, und wurde jo zur Verräterin ihres eigentlihen AufenthaltSortes. Unter der Stube befand fich nämlid eine Viktualienhandlung, wo die Schaben ihre Nahrung Sappländijche und gefleckte Shabe Küchenſchabe. 577 fanden. Auf ihren nächtlichen Streifzügen hatten fie ſich allmählih nad oben durchge arbeitet und ohne Erfolg die ihnen eröffnete Stube durchirrt, einige waren jogar darin verhungert; denn 3—4Amal fand fich eine tot in den weiten Maſchen der Fenjtervorhänge. — Des Abends, befonder3 von 11 Uhr ab, kann man dieje nichts weniger als liebenswür- digen Tiere, wo fie fi einmal eingeniftet haben, in Scharen herummandern jehen, gleich den Heimen, und da fie wie dieje die Wärme lieben, find Küchen und in der A R | N II N II / Eine Gejellihaft von Küchenſchaben (Periplaneta orientalis) auf verſchiedenen Altersftufen. Natürliche Größe. Nähe von Backöfen und Braupfannen gelegene Räumlichkeiten ihre liebſten Tummel- pläge jomwie Juni und Juli die Hauptmonate ihres Ericheinens. Betritt man zu Diejer Zeit einen von ihnen bewohnten Platz, jo fieht man fie in allen Größen, zwijchen der einer Fleinen Bettwanze und der Länge von 26 mm, allerwärts umherſchnüffeln und be- jonder3 da gruppiert, wo fich ihnen eine feuchte Stelle, Brot oder andere Nahrungsmittel darbieten. Erjcheint man nicht jehr geräufchlos, jo laufen fie mit einer Eile und Ber hendigfeit davon, welche ihre Furchtiamfeit beweilt, für den Befchauer bei allen damit verbundenen Nebenumftänden aber auch ein unbehagliches, faft unheimliche Gefühl erz wedt. Die plögliche Erſcheinung von Licht jagt fie weniger in Schreden als das unerwartete Geräujch des Eintretenden, wie man ſich leicht überzeugen kann; denn eine vorbeijunt mende Fliege, eine plößlich vorüberlaufende Kelleraffel, ein Heimchen können fie gleichfalls außer Faljung und zum Ausreißen bringen. Sn den Eleinen erblidt man die flügellojen Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 37 8 Sechſte Drdnung: Kauferfe; jehite Familie: Schaben. Larven, in zwei verjchiedenen Formen die erwachienen Schaben. Diejenigen, deren Hinter: leibsrücken, wenn auch nicht vollfommen, von pehbraunen, am Hinterende faft fächerförmig geäderten Flügeln bededt wird, gehören dem männlichen Gejchlechte an, während die durchaus jchwarzglänzenden, auf deren Mittelrüden man ftatt der Flügel nur jeitliche Lappen wahrnimmt, die Weibchen find. Im wejentlichen unterjcheidet fi) Periplaneta von Blatta nur dadurd, daß beim Männchen der eriteren Gattung die le&te, ziemlich platte Bauchichuppe mit zwei langen Griffeln verjehen und dasjelbe Glied beim Weibchen fiel: artig erhoben ijt. Wenn mit dem April die Zeit zum Eierlegen gefommen ift, ſchwellen die befruchteten Weibchen an ihrer Hinterleibsjpige merklich an, die vorher erwähnte Eifapfel zeigt ſich und rückt in dem Maße weiter aus der Leibesſpitze heraus, als fie ſich erhärtet und aus der bellbraunen allmählich in die ſchwarze Farbe übergeht. Diejelbe hat gleichfalls eine Längs— jcheidewand, in jedem Face aber nur acht Eizellen; fie wird bis zum Auguft abgelegt und joll nach der Anficht der einen jehr bald nachher, oder wie andere, denen ich jedod) Fikapfel der Küchenſchabe (Periplaneta orientalis), oben in natürlicher Größe, in der Unterreihe vergrößert und in den verjchiedenen Anſichten. nicht beipflichten möchte, meinen, exit nad) faſt Jahresfriſt die Lärvchen entlafjen. Auch bei diejer Art iſt mir ein Weibchen vorgefommen, welches zwei Eikapſeln legte, die erite am 21., die zweite am 29. uni; zwei Tage jpäter lag es tot in dem als Gefängnis dienen: den Glaſe. Beim Ausſchlüpfen der Jungen bleibt die erſte Haut zurüd und ein ſechs— maliger Wechjel folgt nad), aber in viel größeren Zwiſchenräumen als bei der deutjchen Schabe, wie man behauptet: zunächſt nah 4 Wochen, dann immer erft nad) je einem Sahre, jo daß die Larve im zweiten Sommer die dritte Häutung bejtände und jo fort im jechiten die legte, die Schabe aljo 5 Jahre alt werden müßte, ehe fie fich fortpflangt. Ich habe feine eignen Verſuche darüber angeftellt, finde aber die Angabe des Alters etwas ſehr hoch. Die Küchenſchabe, welche man wohl auch „Schwabe“ oder „Käfer“ nennen hört, müßte ihres wiſſenſchaftlichen Beinamens zufolge aus dem Morgenlande ſtammen, jedoch fehlen die Beweiſe, um dies mit voller Beſtimmtheit ausſprechen zu können. Man weiß nur, daß ſie ſich in Oſtindien wie in Amerika, nicht bloß in Küſtenſtädten, ſondern auch im Binnenlande und in ganz Europa mehr oder weniger häufig findet, daß ſie ſich gern auf Schiffen aufhält, und daß ſich endlich ihre Entwickelungsweiſe durch die Eikapſel ganz vorzüglich dazu eignet, da dieſe durch Warenſendungen überallhin verſchleppt werden kann. Zuverläſſige Nachrichten über ihr Vorhandenſein in Europa reichen etwa 150 Jahre zurück. Ob es wahr ſei, daß ſie hier und da durch die deutſche Schabe verdrängt worden, wie man behauptet, wage ich ebenfalls nicht zu entſcheiden, weiß nur, daß beiſpielsweiſe zur Zeit beide Arten nebeneinander den Hamburgern läſtig fallen. Die Liebhaberei der Tiere, naſſe Stellen aufzuſuchen und beſonders gern Bier zu lecken, kann zu ihrem Verderben benutzt werden, wenn man feuchte Scheuerlappen auslegt, neben und unter welchen ſie ſich anſammeln, und dieſe dann mit Holzpantoffeln gründlich bearbeitet. Beim Zertreten Küchenſchabe. Amerikaniſche Schabe. Rieſenſchabe. Gottesanbeterin. 579 eines Schabenweibchens hört man einen kräftigen Knall, dem ähnlich, welchen das Zer— treten einer kleinen Fiſchblaſe erzeugt. Auch die größere amerikaniſche Schabe (Periplaneta americana), deren Weib: hen mit vollkommen entwidelten Flügeln ausgeitattet üt, bat fi in europäiſchen Sees jtädten, hier und da auch im Binnenlande, angeftedelt und in den Warmbäujern Schaden angerichtet. Bon Frankreich ber find hierüber Klagen laut geworden, und bei Borjig in Moabit haben die amerikaniſchen Schaben zeitweilig die jungen Wurzelipigen und Blüten der Orchideen weggefreſſen. In Tabaksballen kommen ſie als Leichen nicht jelten nad Europa herüber. Eine rotbraune, auf der Unterjeite lichtere Färbung Fennzeichnet ihren ca. 34 mm mejjenden Körper ſowie eine belle Binde vor jeinem Hinterrande das Hals: jchild, welches in den Umriſſen dem der Küchenjchabe ähnlich ill. Die Rieſenſchabe (Blabera gigantea), in Wejtindien auch der „Trommler“ ge nannt, weil fie bei ihren nächtlichen Umzügen ein Geräuſch bervorbringen joll, welches dem Knaden mit den Fingern gleich Fommt, umgibt ihr quer elliptiiches Halsſchild mit einer feinen Nandleifte und bat weder Stacheln an den Schenkel, noch Haftlappen zwiſchen den Krallen, aber deutliche Fußloblen. Die nahezu 52 mm meſſende Schabe it geitvedt und jehr flach, ſchmutzig braun von Farbe, mit einem leichten Schattenftreifen über Die Mitte der Deckſchilde und einem fait quadratiidben ſchwarzen Flecke auf der Mitte des Halsſchildes gezeichnet. Im ſüdlichen Amerika jtellt ſich dieſer Rieſe nicht jelten in den Häufern ein. Zahlreiche ausländijche Arten ſchließen fib ihm als nächſte Verwandte da: durch an, daß die Haftlappen feblen, beiden Gejchlechtern jedoch Alügel zufommen. Es gibt noch andere Arten, deren Weibchen allein oder gleichzeitig auch den Männchen die Flügel mehr oder weniger mangeln. Hier wie dort hat es dann feine Schwierigkeiten, die Larve vom volllommenen Infekt zu unterjcheiden, objehon einige Kennzeichen von den Forſchern aufgefunden worden find. Die Geſamtheit der Schaben oder Kalerlafe (Blattidae) gebört aleich den Ter- miten, wenigjtens in ihren auffälligen Formen, den beißen Evdjtrichen an, treibt wie diefe der Mehrzahl nach, ſcheu vor dem Lichte, ihr Wejen im Verborgenen und gleicht ihnen, wenn auch nicht dem äußeren Anjeben nad, jo doch wejentlich im inneren Bau, In den vorgeführten Formen kommen alle Schaben jo ziemlich überein; befonders find es die Stellung des Kopfes, welcher nicht immer vollſtändig vom Halsſchilde zugedeckt wird, die Länge der breiten, häßlichen Beine, an denen ausnahmslos fünf Fußglieder vorfonmen, der plattgedrücte Körper, die langen Borjtenfübhler, die jedoch letzteren an Länge nicht zu erreichen brauchen, als vordere, die gegliederten Naife als hintere Anbänge, welche in ihrer Gejamtheit den Tieren ihr eigentümliches Gepräge verleihen. Die Mundteile, um diejer noch zu gedenken, gelangen bei allen zu einer Fräftigen Entwidelung: 4 Özäbntge Kin baden, eine ſchnabelförmig ausgezogene äußere Lade des Unterkiefers, dem fünfgliederige Tafter nicht nur in diefer, fondern auch in den folgenden Familien angebören, eine vier lappige Unterlippe, deren äußerer Lappen doppelt jo groß wie der innere it, und drei— gliederige Tajter kennzeichnen die Kakerlake als Kaukerfe erſten Ranges. Die Gottesanbeterin (Mantis religiosa) gehört ihrer äußeren Erſcheinung nach entjchieden zu den abentenerlichiten Kerfen, welche in Europa gelunden werden, und hat auch ihres Namens wegen zu jonderbaren Vermutungen Anlaß gegeben, Bei den Griechen bezeichnete nämlich dag Wort mantis männlichen Geſchlechts (0 wawzrıs) einen Eeher oder Propheten, fie gebrauchten es aber auch im weiblichen Geſchlecht und verjtanden B7> 580 Sechſte Drdnung: Kauferfe; fiebente Familie: Fangſchrecken. darunter das eben genannte Tier oder eine jehr nahe ftehende andere Art. Der bereits öfters erwähnte engliihe Foriher Moufet aus Dem Ende des 16. Jahrhunderts jucht nun nad Gründen für dieje Benennung und führt deren drei auf. Die Tiere feien Ber: fündiger des Frühlings, weil fie als die erſten erichienen. Er beruft fich hierbei auf den Dichter Anafreon, irrt aber jamt diejem, wie das Weitere ergeben wird. Sodann follen die genannten Kerfe nah Cälius und der Scholaftifer Weisheit VBerfündiger von Hungersnot jein. Auch hier liegt ein Irrtum und höchjt wahrfcheinlich eine VBerwechjelung mit den nahe verwandten Heujchreden zu Grunde, deren Erjcheinen leicht Nahrungsmangel zur Folge haben kann. Eher läßt ſich die dritte Erflärungsweije hören, welche auch dem deutjchen Namen „Gottesanbeterin“, der Bezeichnung des Tieres jeitens der provençaliſchen Bauern als pregadiou (prie-dieu), dem Louva dios der Spanier und anderen Benennungen SotteSanbeterin (Mantis religiosa) nebft einem Cierpafet, aus welchem einzelne Larven hervorfommen. Natürliche Größe. zu Grunde liegt, daß der Kerf den Namen Mantis erhalten habe, weil er die Vorderbeine, wie der Bittende die Hände, vorftredt, nach Art der Propheten, welche in ſolcher Stellung Gott ihre Gebete vorzutragen pflegen. Die Mantis joll aber nicht bloß durch ſolche Stel: lung an den Seher erinnern, ſondern auch durch ihre Haltung überhaupt; denn fie jpiele nicht, wie andere, hüpfe nicht, jei nicht mutwillig, jondern zeige in ihrem bevdächtigen Gange Mäßigung und eine gewilje würdevolle Ruhe. Sie werde bis zu dem Grade für weisfagend (divina) gehalten, daß fie einem nad) dem Wege fragenden Knaben durch Ausjtreden des einen oder des andern Vorderbeines den richtigen zeige und jelten oder niemals täufche. Anihauungsweijen, wie die zulegt ausgejprochene, fonnten nur zu einer Zeit und unter Völkern entjtehen, wo man alles Gewicht auf den äußeren Schein legte und denjenigen für fromm und brav hielt, der joldhes Weſen zur Schau trug. Bei unjerer Mantis lauert hinter jener Stellung, welche bei einem Menfchen Andacht bedeuten kann, nur Tüde und Verrat. Grün von Farbe, wie die Blätter, zwijchen denen fie ſich auf Buſchwerk aufhält, fist Ste jtundenlang ohne Regung in der gedachten Stellung, den langen Hals aufgerichtet, die eigentümlichen „Fangbeine“ erhoben und vorgejtredt, und entwidelt ebenfoviel Aus: dauer wie Lit. Kommt eine argloje Fliege, ein Käferchen oder ſonſt ein Kerf, dem fie ih gewachjen fühlt, in ihre Nähe, jo verfolgt fie ihn, den Kopf hin und her drehend, mit dem Blicke, jchleicht auch mit größter Vorficht nach Katzenart heran und weiß den richtigen Zeitpunkt abzupafjen, in welchem fie der Gebraud) ihrer Werkzeuge zum gewünſchten Hiele führt. Das unglüdlide Schlahtopfer tft zwijchen den Stadheln eines der Fangarme Gottesanbeterin, 581 eingeflemmt, der zweite greift zu und verdoppelt die Haft, To daß ein Entrinnen unmög: lich wird. Durch Einziehen der Arme wird nun der Raub. den Freßzangen zugeführt und in aller Behaglichkeit verzehrt. it dies geſchehen, jo reinigt die Gottesanbeterin ihre Fangarme mit dem Maule, zieht die Boritenfühler zwiſchen jenen durch, mit einem Worte, fie „pußt fih“ und nimmt, auf neue Beute lauernd, die frühere Stellung wieder ein. Sn den legten Tagen des August 1873 traf ich unfere Art ziemlich häufig, teilmweije noch al3 Larve, auf dem injeftenreichen Kalvarienberge bei Bozen. Sie trieb ich vor: herrichend im dichten Brombeergejtrüpp und auf anderem Buſchwerk umher, welches der Berg in großer Auswahl bietet. Wenn ich eine und die andere ergriff, Elammerte fie fi) jo feft mit ihren Sangarmen an die Finger an, daß einige Borficht dazu gehörte, fie wieder los zu befommen, ohne den jonjt zarten und weichen Körper zu verlegen; denn wie eine Klette immer wieder an den Kleidern haftet, jo wurden die Finger immer wieder an einer anderen Stelle erfaßt, wenn fie an der eriten befreit waren, ohne jedoch jchmerzlich be- rührt zu werden. Die Art kommt im ganzen jüdlichen Europa und in Afrika vor, wurde bei Freiburg 1. Br., bei Frankfurt a. M. beobachtet, und diefe Punkte gelten, wie weiter nad) Diten Mähren, al3 die nördlichſte Grenze ihrer Verbreitung. Unjere Abbildung läßt die große Beweglichkeit der vorderen Körperteile und die harakteriftiichen Merkmale der artenreichen Gattung Mantis.erfennen. Der dreiedige Kopf ijt wie bei den Echaben geftellt, der Scheitel zuvorderit, der Mund zuhinterſt, trägt drei Nebenaugen und vor denfelben die Borftenfühler. Der jtabförmige erſte Bruftring it 1!/.—Smal jo lang wie die beiden anderen zujammengenommen, hinten gerundet, an der Seitenfante gejchweift und über der Anheftungsitelle der Vorderbeine am breiteften. Dieje beitehen aus jehr langen, dreijeitigen Hüften und aus Schienen, welche wie die Klinge eines Tajhenmefjers gegen feinen Stiel in eine Doppelreihe von Stacheln an dem breit: gedrückten Schenkel hineinpafjen, in einen fichelartigen Dorn auslaufen und fo das gefähr: liche Greifwerkzeug bilden; die fünfgliederigen Füße erfcheinen wie ein dünnes, überflüjjiges Anhängjel, welches jeitlich abjteht. Der gejtredte Hinterleib läuft bei beiden Gejchlechtern in zwei gegliederte Naife aus und birgt bei dem ſtets dicferen und plumperen Weibchen in einem tiefen Ausjchnitte der vorlegten Bauchſchuppe eine kurze, hakenförmige Legröhre, während beim Männden am Ende zwei Griffel ſichtbar werden, welche im trodenen Zu: ftande leicht abbrechen und daher den Stüden in Sammlungen häufig fehlen. Die Flü- gel und ihre Deden, jehr verſchieden in der Form und legtere zum Teil auch in der Derb: heit, jtimmen nur im Verlauf der Adern miteinander überein, indem fie von ſtärkeren der Länge nad), von ſchwächeren in der Quere durchzogen werden, welche in ihrer Ver: einigung meiſt vieredige, aber auch unregelmäßige Maſchen darftellen. Beide Flügelpaare find manchmal fürzer als der Hinterleib, in der Regel aber, wenigftens beim Männchen, länger und geben gute Unterjchiede bei Gruppierung der Arten ab. Die Gottesanbeterin gehört zu denen, welche wegen der etwas lederartigen Bejchaffenheit getrübte Vorderflügel und einen gleichgefärbten Hornfled hinter der Hauptlängsader, das Randfeld nicht derber als den Raum unmittelbar hinter jener und dies alles gleichfarbig haben, dagegen wird das Nahtfeld, d. h. der größere, hinter der Hauptader gelegene Flügelteil, allmählich gegen den Hinterrand heller und hier glasartig. Bei ihr ift die Körperfarbe vielfachen Abände: rungen unterworfen: bald ift jie durchaus braungelb, bald durchaus grün und an den Rändern der Flügel, des Vorderrückens und an den Beinen bräunlichgelb. Die zwei hinteriten Paare diejer legtern find bei allen Mantis-Arten lang und dünn und mit fünf Fuß: . gliedern ausgeitattet. Bon der Wildheit und Gefräßigfeit der Fangſchrecken (Mantidae), wie man die ganze, hauptjädhlich den heißen Erdſtrichen angehörige Familie genannt hat, überzeugten 582 Sechſte Ordnung: Kauferfe; fiebente Familie: Fangſchrecken. ſich verjchiedene Beobachter. Röſel ließ aus Frankfurt einige Gottesanbeterinnen kommen, um die Baarung zu beobachten. Er jperrte einzelne Bärchen mit wilden Beifuß oder an— dern Pflanzen, auf welchen jie gern figen, zufammen, mußte fie aber bald wieder trennen. Denn anfangs jagen fie fteif und bewegungslos einander gegenüber, wie Kampfhähne, er- hoben aber alsbald ihre Flügel, hieben bligichnell und in voller Wut mit den Fangarmen aufeinander ein und bijjen fih unbarmherzig. Kollar war nicht glüclicher mit dem: jelben Verſuche: er fand die Tiere vereinigt nebeneinander figend, wie es die Skorpion: fliege auch thut. Hierauf aber verjpeilte das Weibchen das Männchen und jpäter noch ein zweites, welches in den Behälter eingejeßt worden war. Hudjon faß, wie uns Burmeijter berichtet, am Abend zwijchen 8 und 9 Uhr vor der Thüre feines Yandhaufes nahe bei Buenos-Aires, als plöglich das laute Gefreijch eines Vögelchens (Serpophaga suberistata) von einem benachbarten Baume ber jeine Aufmerkſamkeit auf legtern lenkte. Er trat näher heran und bemerkte zu feinem nicht geringen Erſtaunen, daß der Vogel an einen Zweig angeflebt zu jein ſchien und heftig mit den Flügeln flatterte. Um bei der Entfernung und der bereit3 vorgejchrittenen Dunkelheit der jonderbaren Erſcheinung auf den Grund fommen zu fönnen, hatte Hudſon eine Leiter herbeigeholt und ſah nun, wie ih eine Fangichrede mit ihren vier hinteren Beinen feit an den Zweig angeflammert und mit den vorderiten das Vögelchen jo feit umarmt hatte, daß Kopf an Kopf jaß. Die Kopfhaut war bei dem Vogel in Feen zerriffen und die Hirnfchale angenagt. Hiervon überzeugte fih Burmeijter jelbit, dem am folgenden Morgen beide Tiere von Hudjon jamt dem Berichte überbracht wurden. Der genannte Forfher bejchrieb darauf dieſe Art in beiden Gejchlehtern (die Vogelwürgerin war ein Weibchen) als neue, fledenlofe Art von 78 mm Länge und lichtgrüner Farbe und gab ihr den Namen: argentinifche Fangſchrecke (Mantisargentina). Das Männchen hat glashelle, ven Hinterleib wenig überragende Flügel mit grünen Adern, wenn man von der gelblichen vorderen Hauptader abjieht; das flügellofe Weibchen nur ftarf gegitterte, lederartige Xäppchen von 26 mm Länge an Stelle der Deden. Dieje Mitteilung jtellt aljo die Thatjache feit, daß Fang: ichreden Fühn genug find, um jchlafende Vögel zu überrumpeln und zu töten, auf die Gefahr hin, von ihnen durch ein paar Schnabelhiebe abgefertigt und für fernere Zeiten unjchädlich gemacht zu werden. Die Fruchtbarkeit der Fangjchreden ift ziemlich bedeutend, und die Art, wie das Weibchen jeine jehr lang gejtredten Eier in Eleinere oder größere Pakete an einen Stengel oder an einen Stein anklebt, nicht ohne Intereſſe. Die Eier werden ziemlich regelmäßig reihenweije nebeneinander geftellt und durch eine jchleimige Abjonderung, welche teils ſchuppig, teils blätterig erhärtet, miteinander verbunden. Indem das Weibchen ungefähr 6—8 Eier in eine Querreihe aneinander ftellt und hiermit von unten nach oben fort: ihreitet, 18—25 ſolcher Neihen vereinigend, entjteht ein Bündel von Eiern, wie es unfere Abbildung (©. 580) wiedergibt; diejelben find mit ihren Kopfenden nach oben oder wenig: tens nach außen gerichtet und ſtecken in dem verbindenden Schleime wie in einem Fach— werk. Die mehr jchuppige Außenfeite zeigt ſeichte Längsfurdhen, welche die Kopfenden der Eierreihen markieren. Dergleihen Bündel nehmen an der ebenen Fläche eines Steines eine mehr platte, an dem runden Stengel einer Pflanze eine gewölbte Oberflähe an, mögen fie jih auch in Färbung, Gefüge und Grundform je nach den Arten unmejentlich unterjcheiden. Das ein Weibchen nicht bloß einen Packen fertigt, ließ ich nach dem Vorgange anderer Kerfe, welche gehäufte Eier legen, vermuten und ift von Zimmermann an der caro— liniſchen Fangjchrede (Stagmomantis carolina) in Nordamerika unmittelbar beob- achtet worden. Der Genannte erhielt die Fangjchrede am 2. Dftober, ſetzte fie in ein großes Argentinifhe und caroliniſche Fangſchrecke. 989 Glas und fütterte fie; am folgenden Tage legte fie Eier, ftarb aber nicht, wie er erwartet hatte, jondern verzehrte nach wie vor täglich einige Dugend Fliegen, zuweilen auch mächtige Heuſchrecken, dann einige junge Fröſche und fogar eine Eidechſe, welche dreimal jo lang wie fie jelbft war. Was fie einmal beim Frefjen verlaffen hatte, nahm fie nicht wieder an, weil es fein Leben mehr bejaß. Bald ſchwoll der Hinterleib bedeutend an, und am 24. Dftober legte fie zum zweiten Male, aber ein weit Fleineres Bündel. Nach Beendigung dieſes Gejchäfts, welches mehrere Stunden in Anſpruch genommen hatte, fing fie aber: mals zu ſchmauſen an, was ihr an lebenden Wefen vorgeworfen wurde. Wiederum jchwoll der Leib an und ließ einen dritten Gierpaden erwarten. Wie es jchien, verzögerten und verhinderten die falten Novembernächte das Ereignis, und ohne daß ein joldhes eingetreten war, ftarb die Fangjchrede am 27. November. Am 26. Mai krochen die Eier des erjten und ſchon am 29. die des zweiten, drei Wochen jpäter gelegten Bündels aus. Dieje Be: obachtung teilte Zimmermann damals brieflich an Burmeifter mit und jchicte die Beleg— ftücdfe dazu ein, welche noch bei den reichen Schägen des Föniglichen zoologijhen Mufeums zu Halle aufbewahrt find. Die Eipaden fommen der Kugelform näher als andere, welde ich gejehen habe. Nach der Überwinterung Friechen die Tierchen aus ihrer Wiege, in der Weife, wie die Abbildung ©. 580 zeigt, und häuten fih zum erjten Male ſchon, während fie die Eifchale verlaffen. Bor Jahren brachte mir ein Freund ein Gierbündel genau von der abgebildeten Bejchaffenheit aus Spanien mit. Als Ende Juni, Anfang Juli eine Anzahl Gottesanbeterinnen zum Vorſchein fam, war ih um jo überrafchter, als ich nicht im entfernteften an die Lebensfähigfeit der Eier gedacht hatte, Mit den Jungen ging e3 mir, wie weiland Röſel: jie biſſen fich untereinander, wollten aber die Heinen Fliegen, welche ich für fie Hurbeifchaffte, ebenfowenig ergreifen, wie andere nad) eigner Auswahl, als ich fie frei auf der Fenfterbrüftung umberlaufen ließ, und ftarben nad) wenigen Tagen, nachdem fie durch ihre posfierlichen Stellungen, ihre Munterfeit, ihr Zucht und Kedheit zu: gleich verratendes Wefen beluftigt hatten. E3 gelang Bagenjtecher, die jeinigen wenigſtens bis zum Auguft mit Blattläufen zu ernähren und einige fernere Häutungen zu beobachten. Etwa 14 Tage nach dem Ausſchlüpfen erfolgt die zweite, nad) Verlauf einer gleichen Zeit die dritte Häutung, und jo mögen fie deren fieben zu bejtehen haben, indem jich mit jeder folgenden die Fühlerglieder vermehren und allmählicy die Flügeljcheiden jowie gleichzeitig mit ihnen die Nebenaugen fichtbar werden. Die Fußglieder fommen gleich anfangs in ihrer Fünfzahl vor. In Sahresfrift vollenden mithin die Fangſchrecken ihren Lebenslauf. Zahlreiche Arten, welche im wejentlichen denfelben Bau haben, aber am Kopfe einen nach vorn gerichteten dolchartigen, auch zweilpigigen Fortjag und am Ende der Schentel einen nad) hinten gerichteten Hautlappen führen, find unter dem Gattungsnamen Vates von Mantis abgejchieden worden, und wieder andere, bei denen ſich die männlichen Fühler durch eine Doppelreihe von Kammzähnen auszeichnen, bilden die Gattung Empusa, welche mit einer Art (Empusa pauperata) auch im jüdlichen Europa vertreten iſt. Außer der genannten werden von Saufjure noch an 80 Gattungen unterfchieden und in vier Sippen: Orthoderina, Mantina, Harpagina und Empusina, georonet. Die Gefpenftfäreden (Phasmidae), mit den vorigen innig verbrüdert in dem Gebundenfein an mwärmere Erdftrihe und im jonderbaren Ausjehen, waren im Syſtem auch lange Zeit mit ihnen vereinigt, enthalten aber der abweichenden Merkmale zu viele, um e3 nach dem heutigen Stand der Wiffenfchaft ferner bleiben zu können. In der vor: herrjchenden Entwidelung des Mittelbruftringes auf Koſten des vorderen, in dem Mangel 584 Sechſte Drdnung: Kaukerfe; achte Familie: Gejpenftfhreden. der Naubfüße, meilt auch der Flügel, und in der jtabförmigen Geitalt der meijten oder der blattförmigen einiger liegen die ohne weiteres in die Augen jpringenden Unterjchiede. Der in der Negel eifürmige Kopf jteht hier allerdings auch jchief, jedoch mit dem Munde nad) vorn, trägt nur, aber nicht immer, bei den geflügelten Arten Nebenaugen, mitten im Ge- jicht vor den vorquellenden Neßaugen die 9—30gliederigen Fühler, welche einen Furzen Faden darjtellen, und ſtark entwidelte Freßwerkzeuge; an diejen überwiegt die Unterlippe mit ihren großen äußeren Lappen und den Tajtern, welche die kleinen Kiefertajter voll: jtändig zur Seite drängen. Der zweite Brujtring erlangt in der Negel den ftärkiten Um— fang, bleibt aber dem Bildungsgeſetz der übrigen Körperteile treu, drehrund oder platt, je nachdem das ganze Tier dieſe oder jene Gejtalt hat; Beine und Flügel, wo leßtere vor: handen find, ftehen am hinterſten Ende desjelben. Nur bei einer geringen Anzahl Ge— ipenjtichredfen (Phyllium) it der legte Bruſtring jo groß wie der mittlere, bei den un— geflügelten kürzer und ebenfo gejtaltet wie der vorhergehende, bei den geflügelten länger. Der Hinterleib pflegt drehrund zu jein wie der Mittelleib, platt gedrücdt, geradezu jo dünn wie ein Blatt, wenn diejer es ift, und läßt auf dem Nüden neun, am Bauch nur fieben oder acht Ninge unterjcheiden, was daher fommt, daß beim Weibchen die fiebente große und jhaufelförmige, beim Männchen die achte Bauchplatte lang genug wird, um den legten Ning zu bededen oder gar noch zu überragen. Ein zweiter Gejhledhtsunterjchied beiteht darin, daß beim ſtets Eeineren Männchen die Offnung für die Geichlechtsteile in der vorlegten, beim Weibchen in der drittlegten Bauchplatte angebracht ift. Wie jchon er: wähnt, fehlen vielen Arten die Flügel auf allen Altersftufen, und es treten daher diejelben Schwierigkeiten wie bei den Schaben ein, wenn es fi) um Unterjheidung von Larve und ungeflügeltem Gejchledhtstier handelt, ja ſie mehren ſich hier noch bedeutend, weil hei vielen Larven Stadheln und lappige Anhänge an verjchievenen Stellen des Körpers oder an den Beinen auftreten, welche jpäter wieder verfhwinden und jo die Zuſammen— gehörigfeit der unreifen und reifen Zuftände verwijchen. Die Borderflügel pflegen kurz zu jein und nur die Wurzel der hinteren zu beveden, dieſe dagegen reichen nicht jelten bis faſt zur Leibesjpige, haben ein jehr jchmales, pergamentartiges und gefärbte Nandfeld, dagegen ein breites, häutiges Nahtfeld, in beiden aber ein falt quadratijches Aderneg. Große Mannigfaltigkeit herrjcht Hinfichtli der Beine, indem fie entweder lang und dünn, oder an ihren verjchiedenen Teilen breit und durch Anhänge blattartig erjcheinen; nur in den fünf FJußglievern, deren erites das längite, und in einem großen runden Haft: lappen zwijchen den Krallen ftimmen alle überein. Die dünnen VBorderbeine haben meift am Grunde ihrer Schenkel eine tiefe Ausbeugung für den Kopf, damit fie in dichtem An Ihluß aneinander jteif vorgejtredt werden fünnen, eine Stellung, welde die Tiere beim Ruhen jehr lieben und die ihnen bei der bräunlichen Farbe die größte Ähnlichkeit mit einem dürren Ajte verleihen. Hierin ift eins jener Schußmittel zu erfennen, welche die Natur nicht ſelten, und zwar vorzugsweife bei den wehrlojejten Kerfen anwendet, um fie an ihren Aufenthaltsorten den Augen der Feinde zu verbergen. Die Gejpenftihreden bewohnen nämlich Gejträuhe und Bäume, deren Blätter fie in der Nacht verzehren, wodurd) fie in einzelnen Orten bisweilen großen Schaden anrichten; den Tag verbringen fie in träger Ruhe. Die Weibchen lajjen die Eier, aus denen die fehr ichnell heranwachjenden Jungen nad) 70—100 Tagen ausfriechen, einzeln fallen. Bon den zahlreichen Arten gehören nur zwei dem jüdlihen Europa an, faft alle übrigen dem heißen Erdgürtel. N. Gray bejchreibt in einer Arbeit über diefe Familie (1833) 120 Arten. Wejtwood hat dieje Zahl in jeinem Katalog des Britifhen Muſeums (1859) nicht unbedeutend vermehrt; der jpätere Zuwachs dürfte nur ein geringer jein. Der dritte Teil jener fommt auf die weftliche, die übrigen zwei Dritteile auf die öftliche HalbEugel, Dornfüßige und Roſſis Gejpenftigrede. Wandelndes Blatt. 585 beiderfeit3 überfchreiten fie den heißen Gürtel nur in wenigen ungeflügelten Arten und nehmen um jo mehr an Körpergröße und Ausbildung der Flügel zu, je näher fie dem Gleicher fommen. Es erſcheinen unter ihnen ftabartige Formen, weldhe von feinem anderen Kerfe an Länge des Leibes auch nur annähernd erreicht werden. So wird das mit ftummelhaften Flügeln ausgerüftete Weibchen der in Java einheimifchen dornfüßigen Geſpenſtſchrecke (Cyphocrania acanthopus) bei 6,5 mm XLeibesdurchmeffer 215 mm lang, das eben: falls ungeflügelte Weibchen der geöhrten Stabjehrede (Bacteria aurita) im Innern Brafiliens bei 3,25 mm Breite gar 246 oder 314 mm (1 Fuß), wenn man die vorgeitredten Beine mit mißt; am Kopfe hat es ein paar große und breite, ohrartige Anhänge und auf dem Rüden, mitten zwijchen den hinteren Beinen, einen gewaltigen, aufrecht ftehenden Dorn. Keine von beiden würde mithin in gerader Richtung al3 Bild natürlicher Größe hier Platz finden. Roſſis Gefpenftihrede (Bacillus Rossii), eine der wenigen europäifchen Arten, lebt in Italien und dem ſüdlichen Frankreich. Dem dürren Körper fehlen die Flügel, jeg- SZ Tal Alm Roſſis Gejpenftihrede (Bacillus Rossii) nebft Larven. Natürliche Größe, lihe Stadeln und Lappenanhänge, den Kopfe die Nebenaugen. Dieje Merkmale fowie kurze, ſchnurförmige Fühler, ein bei dem Weibchen zugejpistes, bei dem Männchen folbiges Hinterleibsende charakterifieren die Gattung, ein glatter und glänzender Körper von grüner oder bräunlicher Farbe, ein ſchwach erhabener Mittelkiel auf den kaum geförnelten beiden hinteren Bruftringen, 19gliederige Fühler, 3—4 Zähne an der Unterfeite der mittleren und 6 ebenda an den hinteren Schenfeln die Art. Das Männchen wird 48, das Weibchen 65 mm lang. Die jehr artenreihen Stabſchrecken (Bacteria) unterſcheiden ſich von ver vorigen Gattung durch borjten= oder fadenförmige Fühler, welche mindejtens Mittelleibslänge er: reihen, und dadurd, daß das erite Fußglied länger als die drei folgenden zufammen ift, von den übrigen ungeflügelten. Die Stodjhreden, Kahlſchrecken (Phasma), find in der Regel buntgefärbte Arten, welche auf den Sunda-Inſeln und in Südamerika leben und an den jehr langen Boritenfühlern wie an den unter fich gleich langen Flügeln er: fannt werden. Während alle bisher beiprochenen Gefpenftichreden als „wandelnde Aſte“ bezeichnet werden fünnen, jo müfjen die noch übrigen ihrer niedergedrüdten, breiten Form und der ebenjo geitalteten Beine wegen wandelnde Blätter heifen, wie die hier vorgeführte Art (Phyllium siceifolium) aus Oftindien und den zugehörigen Inſeln unzweideutig 586 Sehfte Ordnung: Kaukerfe; neunte Familie: Feldheujhreden. beweift; feine wie aller Arten grüne Körperfarbe bleicht aber nach dem Tode in Gelb aus; es wird vor den anderen durch die fünf Zähne vorn an den rautenförmigen Vorder ichenfeln und am Mangel der Hinterflügel des Weibchens kenntlich. Guillot erhielt 1889 von den Seychellen-Inſeln ein Männchen, drei Weibchen und eine Larve lebend nad) Paris geſchickt und ernährte diejelben einige Zeit mit den Blättern Des Hafelnußitrauches. Die täuschende Ähnlichkeit mit den den Tieren in ihrer Heimat zur Nahrung dienenden Blättern geht hier jo weit, daß auch die reihenweife von den Weibchen abgelegten Gier gewiſſen Pflanzenſamen gleichen, jo daß man diejelben, wie Guillot meint, nicht für Inſekteneier halten würde, wenn man nicht geſehen, daß ſie von jenen Weibchen gelegt ſeien. Einer Wandelndes Blatt (Phyllium siccifolium). Natürliche Größe. zweiten Gattung (Prisopus) wachſen die fadenförmigen Fühler über den Kopf und werden länger als der halbe Mittelleib. Es folgt jetzt das große Heer der ſpringenden Geradflügler, welche die Volksſprache mit den verſchiedenſten Namen, wie Heuſchrecken, Graspferde, Grashüpfer, Heu— pferde, Sprengſel, Grillen und anderen zu bezeichnen pflegt. Sie alle ernähren ſich vorzugsweiſe von Pflanzen, und manche können durch ihr maſſenhaftes Auftreten der menſch⸗ lichen Wirtſchaft zeitweilig im höchſten Grad verderblich werden, verſchmähen jedoch in ihrer Gefräßigkeit weder ihresgleichen noch andere Kerfe. Als unermüdliche Muſikanten beleben ſie im Hochſommer und Herbſt Wald, Feld und Wieſe, die eine auf die eine, die andere auf eine andere Art und eine andere Weiſe geigend. Daher der Name „Schrecke“; denn ſchrecken heißt urſprünglich ſchreien, ſchwirren, knarren. Sie ſind, wie wir erwarten können, aus den älteſten Zeiten bekannt, natürlich aber vielfach miteinander vermengt worden, wie aus den Mitteilungen eines Ariſtoteles hervorgeht, der erzählt, daß ſie ihr Zirpen durch Reiben mit den Springbeinen hervorbringen und die Eier vermittelſt einer Bau der Feldheufchreden. 887 Legröhre unter die Erde betten, wo fich die Jungen entwickeln. „Kommt die junge Heu: ſchrecke aus der Erde hervor, jo ift fie Klein und ſchwarz, bald aber zeripringt die Schale und fie wird größer.” Die heutigen Entomologen verteilen alle Schreden auf die drei Familien der Feld, Laub: und Grabheuſchrecken, und in diefer Reihenfolge wollen wir ung wenige Arten jet genauer anjehen. Alle Grashüpfer, deren deutlich gegliederte Fühler die halbe Länge des geftredten Körpers nicht überholen, deren durchaus gleich gebildete Füße aus drei Gliedern beftehen, und deren hinterite Beine infolge des verdidten Schenfels und der langen Schiene zum Sprunge befähigen, gehören zu den Feldheujchreden (Acridiodea) oder den Heu: Ihreden im engern Sinn des Wortes. Sie find die beiten Springer in der Familie und jchnellen fih, wie der Floh, ungefähr um das Zweihundertfahe der eignen Länge fort. Ihr Rumpf, von den Seiten merklich zufammengedrüdt, erjcheint mehr hoch als breit. Der Kopf fteht jenfrecht, die Stirn aber nicht immer gerade nad) vorn, weil fie fi bisweilen (Truxalis) mit dem Scheitel zufammen in einen fegelfürmigen Fortjat verlängert. Nebenaugen fehlen nur wenigen; den beiden oberften zunächit figen auf einem becherförmigen Grund» und einem napfähnlichen zweiten Gliede die 20= bis 24gliederigen Fühler, verfchieden in ihrem Ausjehen. Wenn die in der Mitte eingefchnittene Oberlippe an die ſcheinbar nur zweilappige Unterlippe, deren innere Lappen jehr Klein und verftect find, anjchließt, bemerkt man wenig von den ungemein Fräftigen übrigen Kauwerkzeugen, den jhwarz bejpigten Kinnbaden und der in zwei ſchwarze Zähne ausgehenden inneren Lade de3 Unterkiefers, dejjen äußere Lade helmartig über jene gelegt werden fann und daher auch der Helm genannt worden ift (©. 8, Fig. 3). Bon den drei Bruftringen entwidelt fich der vorderfte am meiften und nimmt bei den verjchiedenen Gattungen immer wieder eine andere Form an, zeigt aber vorherrichend das Streben, fich nad) Hinten über den Grund der Flügel auszudehnen und auf der Rüden: fläche in drei Längsfanten vorzutreten, deren mitteljte die Fräftigite ift. Wie hier der Rüdenteil die Bruft wefentlich überwiegt, jo dieje bei den beiden folgenden fürzern Rin— gen jenen. Der fegelförmige Hinterleib erſcheint am Bauche mehr oder weniger platt ge: drüdt, wie die Bruft, verjchmälert fih allmählich nad) oben und befteht bei beiden Ge- jhlechtern aus neun Ringen, deren eriter bejonders unten eine jehr innige Verbindung mit dem Mittelleibe eingeht. Am Hinterleibe unterjfcheidet man ficherer als anderswo Männchen und Weibchen. Dort, wo er jehlanfer und jpiger, bildet die neunte Bauch— ſchuppe eine ziemlich große, dreiedige oder zadige Klappe, welche fich mit der Spite nad) oben wendet und die Gejchlechtsteile aufnimmt. Neben ihr ragen die beiden furzen, ein- gliederigen Raife hervor, und zwiichen ihnen am Grunde jchließt eine andere, Eleinere, drei: edige Klappe den After von oben her. Die weibliche Legröhre ragt nie über die Spitze hinaus und bejteht nicht aus jeitlichen Klappen, jondern aus zwei oberen und zwei unteren Griffeln, die in einen ftumpfen Hafen enden, jo daß die Scheide beim Schluffe mit vierjperrig auseinander jtehenden Hafen bewaffnet erjcheint. Alle vier Flügel haben meilt eine gleiche Länge, aber verjchiedene Breite, indem die vordern wenig breiter werden, al3 da3 Randfeld der hinteren; beide find von Adern negartig durchzogen, und weil die vordern, ganz oder teilweije lederartigen, al3 Deden dienen, müſſen fich die hinteren der Länge nach falten und mit den Hinterrändern übereinander greifen. Bei nur wenigen Gattungen verfümmern die Hinterflügel ausnahmsweije, bei einigen fehlen fie gänzlich, den Weibchen allein oder gleichzeitig auch den Männchen. Von den drei Fußgliedern hat das erjte längfte an der Sohle drei, das folgende einen politerartigen Hautlappen, das dritte einen runden zwijchen beiden Krallen. Mit den Schenfeln der Hinterbeine geigen die Männchen, aber nur diefe, an den Flügelveden 588 Sechſte Ordnung: Kaukerfe; neunte Familie: Feldheufhreden. und bringen dadurch die Tchrillenden, wenig anhaltenden Töne hervor. Die Innenſeite jener iſt nämlich mit einer ringsum laufenden Leite verjehen, deren unterer Teil fich vorzugsweije erhebt. Unter dem Mikroſkop zeigt dieje Leilte an ihrem Wurzelteile, ſoweit diefer mit den Flügeldeden in Berührung gebradt werden kann, eine Neihe lanzettför- miger ftumpfer Zähnchen, eingejentt in Grübchen. An den Flügeldeden jpringen die Längs— adern, bejonders eine, Fantig hervor. Durch jehr raſche Neibung der Schenkel an den Flügeldeden werden dieſe als dünne Häute in jchwirrende Bewegung gejegt und tönen nad) denjelben Gejegen, wie die mit dem Bogen gejtrihene Saite. Beim Zirpen halten die Tiere ihre Flügeldeden etwas loſe, wodurd der Ton heller wird. Seine Höhe rich): tet fih nad) der Größe und Dide der Flügeldeden, größere Schreden tönen tiefer als klei— nere, und auf die Klangfarbe wirkt wejentlich die größere und geringere Anzahl der Adern im Flügel ein. Die verjchiedenen, jehr zahlreihen Arten geigen jede ihre eigne Weiſe, jo daß ein auf dergleichen Dinge geübtes Ohr eine und die andere wenigjtens, befonders von der Gattung Gomphocerus, an ihrem Geigen erkennt. Die beiten Muſikanten müfjen demnach diejenigen fein, deren Organe am meijten entwidelt find, wie beijpielsweije der Gomphocerus grossus. Bei den Weibehen figen die Zähnchen der Schentelleifte in der Regel zu tief, um damit mufizieren zu Fönnen. Eine andere, höchſt interejjante Eigentümlichkeit bejteht ferner in der von einem Horn— ringe umgebenen und mit einer zarten Haut überjpannten Grube, welche fich beiderſeits dicht hinter dem Hinterrüden am Hinterleibe der Acridier vorfindet. Zwiſchen zwei von der Innenſeite der Haut entjpringenden hornigen Fortjägen liegt ein zartes Bläschen, welches mit Flüffigkeit gefüllt ift und mit einem aus dem dritten Nervenfnoten der Bruft ausgehenden Nerv in Verbindung fteht, der hier einen neuen Knoten bildet und in feine Nervenſtäbchen endigt. Nach den Unterfuhungen von 3. Müller, weiter ausgeführt durch von Siebold, läßt fi) diejfe Einrihtung nur auf das — — Gehörwerkzeug der Heu: ſchrecken deuten. Die Entwidelung aller Feldheufchreden, der europäiſchen wenigftens, ftimmt überein und läßt fich furz in folgende Säße zufammenfalfen. Im Herbit werden vom befruch: teten Weibchen die Eier, deren eine Anzahl durch erhärtenden Schleim in Klümpchen ver: einigt find, teil an Grashalme, teils flach unter die Erde gelegt; die größern Arten icheinen die legtere VBerjorgungsweile der erjtern vorzuziehen. Die Mutter ftirbt, ihre Eier überwintern, nur in füdlihern Gegenden Fönnen die Larven vorher noch ausſchlüpfen. Für gewöhnlich geſchieht das aber erjt im nächiten Frühling. Durch unbeitimmte Farben, den Mangel der Flügel und etwas plumpere, fürzere Fühler unterjcheiden fie fih außer durch die geringe Größe von der volllommenen Schrede, reifen aber unter mehrmaligen Häus tungen Ende Juli oder im Auguft zu folder heran. Zu diejer Zeit beginnt ihr Gejang, welcher ihre Hochzeitsfeier anfündigt. Nur die Feldheujchreden find es, welche fich bis: weilen jo ungeheuer vermehren, daß fie in Schwärmen erjcheinen und zur Geißel größerer oder kleinerer Länderſtrecken werden. Afrika Scheint den Verwüſtungen jeitens diejer Tiere, von welden ſchon die Bibel, Plinius und Baujanias berichten, von jeher bejonders ausgejegt geweſen zu fein. Als Adanjon 1750 am Senegal angelommen war, erichien, während er ſich noch auf der Reede befand, früh 8 Ahr ein dides Gewölk, welches den Himmel verfiniterte. Es war ein Schwarm Heufchreden, welche ungefähr 20— 30 Toijen, aljo jehsmal jo viel Fuß, über der Erde ſchwebten und eine Strede von etlichen Meilen Landes bevedten, nachdem jie wie ein Wolfenbruch herabgefallen waren. Hier ruhten fie aus, fraßen und flogen weiter. Dieje Wolle wurde dur) einen ziemlich ſtarken Oſtwind herbeigeführt und zog den ganzen Morgen in der Gegend umher. Nachdem die Tiere das Gras, die Früchte und das Laub Heuſchreckenſchwarme. 589 der Bäume abgefreſſen hatten, ließen fie ſelbſt das Rohr nicht verſchont, mit dem die ‚Hütten gededt waren, jo dürr es auch fein mochte. — Gegen Ende März 1724 zeigten fi in der Berberei die erſten Heujchreden, nachdem längere Zeit Südwind geweht hatte. Mitte April hatte ſich ihre Zahl derartig vermehrt, daß fie Wolfen bildeten, welche die Eonne verfinfterten. Vier Wochen ſpäter breiteten fie ih in den Ebenen von Metidja und der Nahbarichaft aus, um ihre Eier abzulegen. Im folgenden Monat jah nıan die junge Brut Hunderte von Quadratruten bededen. Indem fie ihren Weg geradeaus nahmen, erflommen fie die Bäume, Mauern und Häufer und vernichteten alles Laub, das ihnen in den Wurf fam. Um fie aufzuhalten, zogen die Einwohner Gräben und füllten dieje mit Waſſer oder zündeten eine Linie von Holzhaufen und anderen Brennjtoffen an, aber alles war vergeblid. Die Gräben füllten ji) mit den Leichnamen an, die Feuer erlojchen, Nach einigen Tagen folgten neue Scharen eben erſt ausgekrochener Heujchreden nad. Sie zernagten die kleinen Zweige und die Rinde der Bäume, von denen ihre Vorläufer die Früchte und Blätter gefrejjen hatten. So verlebten die Plagegeilter ungefähr einen Monat, bis fie völlig erwachſen waren, wurden noch gefräßiger und beweglicher, doch zerjtreuten jie fih nun und legten Eier. Ein Bericht aus neuerer Zeit bezieht fih auf die jüdafrifanijhe Wanderheu: jhrede (Gryllus devastator Lichtenfteins) und jcheint um jo interejjanter, weil er Aufihluß über die Lebensverhältnifje diefer in gewiſſen Zwiſchenräumen ſtets wieder: fehrenden Zandplage gibt. Fritſch jagt: „Die Eier der Wanderheujchreden werden, etwa zu je 30—60 an Zahl, eingehült in einen braunen, majchigen Überzug, von dem Weib: hen in fleine runde Erdlöcher verſenkt. Dieje Röhrchen finden fich ſtets in großer An— zahl vereinigt an dem Abhange eines unbedeutenden Hügel oder auf einer janften Boden— erhebung, wahrjcheinlih um die Eier vor dem jehädlichen Einfluffe plöglicher Regengüſſe zu jhügen, und geben dem Plage ein jiebartiges Anjehen. Die Löcher werden wieder zus geſcharrt, verwehen auch, und der Boden jchließt ſich dicht über den länglihen Eiklumpen, welche jo mehrere Jahre liegen können, ohne die Entwidelungsfähigfeit zu verlieren. Sie liefern aber auch ſchon in der nächſten Negenzeit, aljo, da das Land deren zwei hat, bereit3 nad) einigen Monaten die Jungen, jo daß die Gegend, welche ſich faum von den Zeritörungen diejer gefrügigen Inſekten erholt hat, aufs neue überflutet wird. Die Feuchtigkeit jcheint bei ihrer Entwidelung von wejentlicher Bedeutung zu jein; denn in einer Reihe von trodenen Jahren, in denen die frühe Regenzeit im Auguft gar nicht, die Hauptregenzeit im November und Dezember nur jhwach eintritt, hört man nichts von den Wanderheujchreden. Der Schafzüchter, welcher durch Wafjermangel vielleicht den größten Teil jeiner Herden verloren hat, begrüßt alsdann das Wiedererjcheinen der Heu: jhreden mit einer gewiſſen Freude, als ein Zeichen bejjerer Zeiten, in denen die perio- diſche Trodenheit vorüber ift, und opfert lieber den geflügelten Plünderern jeinen Eleinen, mühſam gepflegten Garten, wenn nur die Herden gedeihen und die verjiegten Quellen der Farm wieder hervorbrechen. „sm Sahre 1863 endigte eine mehrjährige Periode von Trodenheit in Südafrika, während welcher ji) nirgends Heujchreden gezeigt hatten. Bon 1862 — 65 drohte der furchtbarſte Wafjermangel alles Leben zu vernichten, und weit und breit war fein Inſekt auf dem tennenartigen Boden zu entdeden; trogdem braden am Ende des Jahres 1863, als die Regen in ungewöhnliher Stärke einjegten, die Heufchreden in jo zahllojen Maſſen hervor, wie fie kaum je vorher beobachtet worden waren, und bevedten als Larven große Länderitreden. Dieje haben im YJugendzuftande jchwarze Zeichnungen auf braunrotem Grunde, erjcheinen daher bunt und werden vom Bur ‚Rooi Batjes‘, d. h. Notröde, oder ‚VButganger‘, Fußgänger, genannt, weil fich bei ihnen ſchon in der Jugend der Wandertrieb 590 Schfte Ordnung: Kaukerfe; neunte Familie: Feldheuſchrecken. unverkennbar ausipricht. Die erfte Benennung enthält zugleich eine feine Anfpielung auf die rot uniformierten englifhen Soldaten, ein dem afrifanishen Bur bejonders ver: haßtes Gejchlecht, und die Vergleihung wird um fo treffender, als die jungen Heujchreden fich ebenfalls zu Zügen ordnen und gejchloffen über die Gegend marjchieren. In ihnen günſtigen Jahren fieht man ganze Armeen derjelben auf dem Mariche, die meilt eine be jtimmte Nichtung einhalten und diefelbe nicht gern aufgeben. Kommen die Tiere an Stehen: des Waſſer, fo pflegen fie hindurchzugehen, indem die Nachgänger ihren Meg über die Leichen der Vorgänger fortfegen, fliegendes Waſſer dagegen jcheuen fie. Am Abend machen die Neifenden Halt, lafjen fich auf den Geſträuchen der Nachbarjchaft nieder und vertilgen alles Grün. Sieht der Farmer, daß die heranrüdenden Scharen eine Richtung verfolgen, die feinem Garten gefährlich werden könnte, fo ſucht er diejelben von ihrem Laufe ab- sulenfen, indem er zu Pferde von hinten her in diefelben hineinjprengt und dabei nad) rechts und links ein großes Tuch ſchwenkt. Bei jedem Durchreiten dreht eine Anzahl der Feinde um, und jenes läßt fich jo oft wiederholen, bis der ganze Schwarm abgelenkt ift. Keitet man von vorn her in den Zug hinein, jo jpringen fie wohl zur Seite, aber die Nachfolgenden drängen die Vordermänner, und e8 jchließt fi der Strom hinter dem Neiter von neuem. „Unter mehrfachen Häutungen wachſen die ‚Notröde‘ fehnell heran, bis fie endlich bei der legten Häutung ihre befannte graurötliche Färbung und die Flügel befommen, durd) welche fie ihrer Reiſeluſt in noch viel befriedigenderer Weife Rechnung tragen können. Im vollfommenen Zuftande nennt fie der Bauer „Sprinkhanen“ und ſchaut ängftlich nach ihnen aus, falls ihm irgend fein Garten lieb ift; denn er weiß, daß ihr Erſcheinen Verderben über den Schmud der Felder bringt. Sieht er die düjteren Wolfen der Sprinfhanen am Horizonte auftauchen, jo greift er zum legten, verzweifelten Hilfsmittel: er zündet um jeinen Garten möglihjt viele Feuer an, um durch den Rauch die Heufchreden davon ab- zuhalten; doch ift auch dieſes Mittel häufig nur von geringem Erfolge. Weht der Wind frisch, Jo ziehen fie hoch und frei und können ficher bedeutende Streden zurüdlegen; denn ſie laffen fich dann vollitändig treiben, während fie bei mäßiger Luftftrömung mehr oder weniger dagegen fteuern. Bei Windftille ift ihr Flug nur ein langfames Schwärmen ohne bedeutende Erhebung vom Boden, indem ſich aus den vorderen Gliedern ftet$ ein Teil nieder- läßt und fi hinten wieder anjchlieft. Das ewige Auf: und Nieverfteigen, das Schwirren der Taujende von Flügeln und das Knirſchen der gefräßigen Kinnbaden am Boden ver: urjacht ein eigentümliches, ſchwer zu bejchreibendes Geräujch, welches fich mit dem Rauſchen eines ftarfen Hagelfhauers noch am beften vergleichen läßt. Auch die Folgen ihres Auf tretens gleichen den furchtbaren Wirkungen der eben erwähnten Natureriheinung.“ Um diejen Eolofjalen Verluft an pflanzlichen Stoffen wieder etwas auszugleichen, bes wahrheitet man an den Zerftörern den bibliihen Ausſpruch: „Speife ging aus von dem SFreffer“, indem Menſchen und Tiere diefelben als Nahrungsmittel verwerten. Die Ein- geborenen röften die Heufchreden ſchwach am Feuer und verjpeifen fie in unglaublichen Mengen, nur Hinterbeine und Flügel oder auch gar nichts übriglafjend. Der Geſchmack ift widerli und die ernährende Kraft ehr gering. Bei Pferden fchlagen fie jedoch beſſer an; denn dieje werden fett davon und freffen fie auch gern; merfwürdigerweife ift der Bur ganz allgemein der Anficht, daß der Genuß von denjenigen Weibchen, welche ihre Eier abgelegt haben, für die Pferde giftige Wirkungen hervorbringe. Schon dem Diodorus Sicu— [us (zu Zeiten Julius Cäſars) war diefe Verwendung der Heufchreden befannt; denn er erzählt (3, 28): „Die Heufchredenefjer find ein afrifanijcher Negerftamm an den Grenzen der Wüſte, Heine, magere, außerordentlich ſchwarze Leute. Im Frühling führen ihnen die ftarfen Weſt- und Südweſtwinde zahllofe Heufhredenihwärme aus der Wüfte zu. Dieje Heuſchreckenſchwärme. 591 Tiere ſind außerordentlich groß, und ihre Flügel haben eine ſchmutzige Farbe. Sie geben den Eingeborenen das ganze Jahr hindurch reichliche Nahrung und werden auf folgende Art gefangen. Ein großes Thal wird mit wildem Holze, woran im Lande großer Vorrat, bedeckt. Sobald nun die Heuſchreckenſchwärme kommen, wird es in Brand geſetzt, wodurch ein ſo gewaltiger Rauch entſteht, daß die über das Thal hinfliegenden Heuſchrecken zu Boden fallen. So fährt man mehrere Tage lang fort, bis ſich große Haufen von Heuſchrecken am Boden gejammelt haben. Dieje werden nun eingejalzen und hierdurch vor Fäulnis geſchützt; das Land ift nämlich jehr jalzreich. Die genannten Leute bejigen weder Vieh, noch andere Nahrungsmittel als Heufchreden.“ Auch Amerika, beſonders das jüdliche, ift nicht frei von jener Landplage, namentlich von (Acrid.) Schistocera peregrina, eine Art, welche auch im Norden Afrifas und in Aſien vorfommt. „Gegen Abend”, erzählt Temple in jeiner peruanifchen Neife, „hatten wir in einiger Entfernung von uns auf der Fläche des Landes einen ungewöhn: lihen Anblid: ftatt der grünen Farbe des Grajes und der Baumblätter in allen chat: tierungen bemerften wir eine gleichförmige rotbraune Waffe, jo daß einige von uns glaubten, e3 jei Heide, auf welche die Sonne jcheine; in der Wirklichfeit waren es aber — Heu: johreden. Diejelben bededten buchitäblich Erde, Bäume und Sträucher, jo weit das Auge reihte. Die Zweige der Bäume bogen ſich unter ihrer Menge wie bei ftarfem Schnee: fall, oder wenn fie mit Früchten überlavden find. Wir paffierten mitten durch den von ihnen eingenommenen Raum und brauchten eine volle Stunde, ehe wir an das Ende kamen, während wir mit unjerer gewöhnlichen Schnelligkeit reisten —.” Ein Engländer bejaß zu Conoho3 in Südamerika beträchtliche Tabakspflanzungen. Da er bei feiner Niederlafjung in jener Gegend gehört hatte, daß fih dann und wann verheerende Heuſchreckenſchwärme in derjelben gezeigt hatten, jo vereinigte er alle Tabakspflanzen, 40,000 Stüd an der Zahl, bei jeinem Haufe, um fie befjer jhüten zu fünnen. Hier wuchjen und grünten fie vor: trefflih und hatten etwa die Höhe von 30 cm erreicht, als eines Mittags der Auf ericholl: „Die Heujchreden kommen!“ Der Pflanzer eilte vor das Haus und jah fie in eine dichte Wolfe rund um dasjelbe geihart. Der Schwarm verdichtete ich unmittelbar über dem Tabafsfelde, fiel plöglich in dasjelbe und bededte es jo, al3 wenn ein brauner Mantel darüber gebreitet worden wäre. In etwa 20 Sekunden, aljo nad feiner halben Mi— nute, erhob fi der Schwarm ebenſo plötzlich wie er gefommen war und jegte feinen Flug fort. Bon den 40,000 Tabakspflanzen jah man aber feine Spur mehr. Bei Doob (Kal: futta) bemerkte Blayfair auf einem Spazierritte in der Nähe eines Sumpfes eine un: geheure Menge Kleiner, Schwarzer Inſekten, die den Boden weithin bedeckten. Bei näherer Unterfuhung erwiejen fie fih als junge Heujchreden. E3 war am 18. Juli 1812, als dieje Entdedung gemacht wurde, und man erinnerte fich jehr wohl, daß vier Wochen früher (20. uni) dajelbit große Heuſchreckenſchwärme niedergefallen waren. Nach wenigen Tagen rücten dieje jungen, ungeflügelten Tiere gegen die Stadt Etaweh vor, zeritörten die Fluren und wurden bald eine fo furchtbare Plage, dab Feine Anftrengungen der Landleute, jelbit Feuer nicht, im ſtande waren, fie zu vernichten, denn immer neue Züge famen angerückt. Noch ungeflügelt hatten fie alle Heden, alle Mangobäume jchon Fahl gefrejlen. Ende Juli entfalteten fie mit dem erjten Negen ihre Flügel, die Köpfe färbten fich dunkelrot, und fie begannen in Schwärmen umbherzufliegen, als fie am 31. Juli Winde plöglich verihwinden liegen. Keine Schilderung von der Erjcheinung und den Verwüſtungen diejer jchredlichen Kerfe ift jo treffend und erhaben als die, weldhe der Prophet Joel (2, 2—-10) gibt, und die dort nachzulejen einem jeden überlafjen bleibt. Nicht nur die alten Chroniken berichten aus Europa, bejfonders aus deſſen Süden und Südoften, wiederholte Heufchredenverwüftungen, welche ſich bis Deutichland erjtredt haben, 592 Sechfte Ordnung: Kauferfe; neunte Familie: Feldheujhreden. jondern jedes Jahr bringen die Zeitungen neue Klagen. Für das füdliche Rußland allein wurden aus dieſem Jahrhundert folgende Jahre angemerkt: 1800, 1801, 1803, 1812—16, 1820—22, 1829—31, 1834—36, 1844, 1847, 1850, 1851, 1859—61 u. a. Überall ſpielt bier die Wander oder Zugheujcdhrede (Pachytylus migratorius oder Oedipoda migratoria) die Hauptrolle, al3 deren Heimat die Länder anzujehen find, in welchen jie jich alljährlich fortpflanzt; deren aber gibt es eine Menge: die Tatarei, Syrien, Klein: alten, das füdlihe Europa. Im mittleren Rußland fommt fie ftellenweife nur in jehr warmen Herbiten und Frühjahren vor, in der Mark Brandenburg erjhien fie einigemal zu Anfang der fünfziger Jahre, 1876, 1877, 1856 bei Breslau, 1859 in Hinterpommern, 1887 bei Deutjchfrone, 1888, 1891 in Algerien; 1890 fuhr das Schiff Prinzeß Amalia auf dent Noten Meere 33 volle Stunden lang dur dicht das Meer bevedende, vom Winde verwehte Heujchreden (Acridium aegypticum). Die Nordlinie ihrer Berbreitung geht von Spanien durch Südfrankreich, die Schweiz, Bayern, Thüringen, Sachſen, die Mark, Bofen, Polen, Wolhynien, Südrußland, Südfibirien bis zum nördlichen China. Sch jelbit fing einzelne Wanderheufchreden zu verjchiedenen Zeiten bei Seefen im Braunjchweigiichen und auf den Wege zwijchen Halle und dem Petersberge. Ausnahmsweije wurden Züge auch in Ehweden, England und Schottland beobachtet. Wenn man jo unerhörte Dinge über die Heufchredden vernimmt, jo könnte man vielleicht geneigt fein, mit Plinius zu glauben, es jeien Tiere von 3 Fuß Länge und von folder Stärke, daß die Hausfrauen die Beine derjelben als Sägen gebrauchten, oder Tiere, denen die Araber in ihrer bilderreihen Sprache die Augen des Elefanten, den Naden des Stier, das Geweih des Hirjches, die Bruft des Löwen, den Bauch des Sforpions, die Flügel des Adlers, die Schenkel des Kamels, die Füße des Straußes und den Schwanz der Schlange zugejchrieben haben. Bon alle: dem finden wir aber höchitens den Kopf jo geitellt wie beim Pferde, worauf einige der oben erwähnten Namen hindeuten. Die Färbung diejer größten europäischen Feldheuſchrecke bleibt ſich nicht bei allen gleich und jcheint dunkler zu werden, je weiter die Jahreszeit vorrüdt. Im allgemeinen herricht auf der Oberjeite Graugrün, unten Fleifchrot vor, jedoch geht jenes in Grasgrün oder bräunliches Grün, diejes mehr in Not oder in Gelb über. Die Hinterjehenfel find auf der Innenſeite mit zwei dunfeln Querbinden, ihre Schienen mit einem gelbroten Anſtrich, die bräunlichen Flügeldeden endlich mit dunfleren Fleden gezeichnet. Als Merkmale der Gattung gelten die fadenförmigen, nicht zugejpisten Fühler, eine glatte, nicht höderige VBorderbruft, ein vorn ftumpfer und ſenkrechter Kopf, welcher breiter als der Hals ijt, und die abgerundeten Seitenfanten diejes legteren. Die Raarung dauert 12—24 Stunden. Sieben Tage jpäter wird das Weibchen un: ruhig, frißt nicht mehr und fucht ein Bläschen, wo es jeine Eier ablegt, meiſt 39 mm tief in die Erde, welche natürlich ziemlich locker ſein muß, wenn es jo tief eindringen fol. Ein Eiklümpchen enthält 60—100 Stüd, der Eierftod im Durchſchnitt 150. Daraus ichon geht hervor, daß es wenigſtens zwei Pakete ablegen muß, wenn es alle feine Eier unterbringen will, und es wird dies beabfichtigen, wenn unfreundliche Witterung oder Diangel an Futter nicht hinderlid in den Weg tritt. Man beobachtete eine wieder: holte Paarung. Nötig wird diejelbe jhwerlih, wenn fie aber als etwas Ungewöhnliches vorkommt, jo hat fie ihren Grund in der ungewöhnlichen Anzahl der Tiere. Körte fand 1826, als die Zugheujchrede in der Mark Brandenburg jo verheerend auftrat, vereinigte Pärchen vom 23. Juli bis zum 10. Dftober, jo daß aljo das Cierlegen einen Zeitraum von fait einem DVierteljahre ausfüllt. Desgleichen erfolgt im Frühjahre das Ausſchlüpfen während 2 oder 3 Wochen, welche Zeitabjchnitte teilmeife durch die Witterungsverhältniffe beeinflußt werden; denn mehr als viele andere Kerfe verlangen die Heufchreden einen warmen, trodenen Sommer und Herbit zu ihrem Gedeihen. Treffen diefe Bedingungen am Wander: und Klapperheufchrede, 593 wenigſtens für gewiſſe Länderjtreden ein, jo haben fie auch entfchieden die Heuſchrecken— plage im Gefolge, ſofern ſich im vergangenen Jahr die Tiere gezeigt hatten. Dieſe An— ſicht ſteht keineswegs im Widerſpruch mit jener, welche oben von Fritſch angeführt wurde; denn ein warmer, trockener Sommer hat für unſere nördlichen Gegenden eine vollſtändig andere Bedeutung wie ein regenloſer für das ſüdliche Afrika. Das junge Lärvchen iſt gelblichweiß, dunkelt aber ſchnell, ſo daß es bereits nach 4 Stunden grauſchwarz ausſieht. Bis zur zweiten Häutung nad ungefähr 5 Wochen behält es dieſe Farbe, mit weißen geihnungen am Hinterleibe untermifcht, und ſucht die zartejten Keime als Kahrımg auf. Nach diejer Zeit breitet ſich die Gefellihaft mehr und mehr aus und wird auch durch ihre Wanderheuſchrecke (Pachytylus migratorius) nebft Larve; nördliche Form (Pachytylus einerascens). Natürlihe Größe. Wirkungen in dem Maße bemerklicher, in welchem fie heranwächlt, was unter noch zwei: maliger Häutung ziemlich ſchnell gefchieht. Etwa 14 Tage nach der vierten, mit weldher die Slügelftumpfe recht ftattlich auftreten, Friechen die Tiere an Halmen in die Höhe, hängen ſich an den Hinterbeinen auf, und binnen 20—40 Minuten weicht das legte Gewand, und die Flügel entfalten fih. Es mag in den meiften Fällen ſcheinen, al3 wenn Futtermangel die Heufchreden zum Abziehen nötigte, diefer dürfte aber nicht den alleinigen Grund dazu ab- geben, vielmehr jcheint ihnen, wie manchen anderen Kerfen, der Wandertrieb aus noch un: erklärten Urfachen angeboren zu fein. — Eine kleinere Form, welche, für eine andere Art gehalten, Pachytylus einerascens genannt wurde und vorherrfchend in Afrifa, Spanien, Frankreich und Süddeutſchland mit der größeren zufammen vorfommt, 1875, 1876, 1887 auch allein in mehreren preußiichen Provinzen ftellenweife verheerend auftrat, dürfte nach den neueren Beobachtungen feine jelbjtändige Art fein. Eine Eleinere, braun gefärbte Art mit dunfelroten Hinterflügeln bewohnt jonnige, dürre Hänge in unferen Gebirgen und macht fi durch das laute Geräufch bemerklich, mit welchen fie im heißen Sonnenſchein eine kurze Strede auffliegt, um ſich dem heran- Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 38 594 Sechſte Ordnung: Kauferfe; neunte Familie: Feldheufhreden. nahenden Epaziergänger zu entziehen; man hat fie deshalb die Klapperheufhrede (Psophus stridulus) genannt. Sn Deutjchland leben noch mehrere Eleinere Arten, welche ſich durch eine rauhe Körperoberfläche und einen ſcharfen Mittelfiel des Halsichildes auszeichnen, weshalb man ihnen vorzugsweife den zweiten der oben genannten Gattung: namen Oedipoda gelaſſen hat. Ihre Schwarz befäumten Hinterflügel find gleichfalls rot oder blau gefärbt. Hierher gehört die mit zwei dunkeln Schrägbinden über die Flügeldecken und meilt auch über die Hinterfchenfel veriehene gebänderte Heuſchrecke (Oedipoda fasciata) von aſchgrauer Grundfarbe. Manche Stüde haben mit Ausschluß der glashellen Spige und des Schwarzen Caumes lichtblaue Hinterflügel und werden in den Büchern all: gemein unter dem Namen Oedipoda ceoerulescens aufgeführt, andere find in nichts anderem unterjchieden, als daß der blaue Flügelteil rot ift; dieje erhielten den Namen O fasciata oder germanica. Abgejehen von der fonftigen Übereinftimmung find beide oft genug ge: paart angetroffen worden, und ihre Scheidung in zwei Arten ift darum nicht zuläflig. Sie beleben jonnige Abhänge, Waldränder und folhe Stellen, an denen fich auch die Klapperheufchrede findet, niemals Wiejen, beſchränken ſich aber nicht auf die Gebirge. Die Gattung Gomphocerus (Stenobothrus Fiſchers) umfaßt unjere Eleineren, be ſonders Wiejen und Graspläge bevölfernden Arten. Sie haben eine platte, niemals raube oder tief punftierte Oberfläche des Körpers und lafjen fich meiſt an dem viel ftärfer hervor: ragenden Vorderfopf erfennen, welder an der Grenze des Echeitel3 vor jedem Auge ein ichmales, längliches, ziemlich tiefes Grübchen oder, wo es fehlt, einen ſcharfen Scheitel: vand aufzuweilen hat; bei manchen (Gomphocerus rufus und G. sibiricus) erweitern fich die kurzen Fühler vor der Spiße, jo daß fie ſchmal lanzettförmig werden. Im übrigen jtimmt diefe Gattung mit der vorigen überein. Gemein auf allen Wiefen, manchmal jo häufig, daß es von den durch den Fußtritt des Dahinjchreitenden aufgefheuchten und auf- Ipringenden Tieren wahrhaft rafjelt, ift der 13 bis reichlich 18 mm lange liniierte Gras: büpfer (Gomphocerus lineatus). Das rotbeinige Tier trägt fih an der Außenfeite der Hinterjchenfel grün, wie am ganzen übrigen Körper, mit Ausnahme der gelben Längs— linien, welcde über Ccheitel und Mittelleib verlaufen; die Flügeldeden reichen bis zur Leibesſpitze, untericheiden fih nicht nach den Gejchlehtern in ihrer Bildung und führen auf rußigem Grunde einen jchrägen, weißlihen Fled. Die Grübchen am Scheitelrande find deutlich ausgeprägt, und die Stirnjchwiele reicht bis zum Munde. — Nicht minder häufig tummelt fich zwijchen den eben bejchriebenen auf den Wiejen von ganz Europa der dide Grashüpfer (Gomphocerus grossus). Bei ihm findet fich ftatt der Gruben am vor: Ipringenden Echeitelteile jederjeits ein ſcharfer Nand, ebenjo einer zu beiden Seiten der Stirnjchwiele, welche biS zum Munde reicht, und eine weniger jcharfe Leifte an den Baden hinab, jo daß eine Längsmulde, welche oben mit der Fühlergrube beginnt, die Geſichts— jeiten geradlinig durchzieht. Von der olivengrünen Körperfarbe ſchließen fich die Hinter: ichenfel an der blutroten Unterjeite und ihre gelben Schienen aus, auch die den Hinterleib überragenden grünen Flügeldeden haben einen gelben Außenrand. Die Körperlänge be— trägt 15—26 mm. Die zahlveihen anderen Arten erheifchen zur fiheren Unterjcheidung eine jehr umftändliche Bejchreibung. Die italienijche Heujchrede (Caloptenus italicus) fommt nicht bloß in Stalien vor, jondern findet jih aud im Süden Rußlands bis Sibirien, in Deutjchland, jo in der Park, in Schleſien, Sachſen, Djterreich, und trat unter anderen 1863 in der Krim mafjen: haft auf. Weil fie fi) vorzugsweile in den Wäldern und waldigen Gebirgen entwidelt, wird fie den Bäumen und, mo fie diejelbe findet, der MWeinblüte, weniger den Gräjern und dem Getreide nachteilig. Schon im April oder noch früher fommen die Larven aus den Eiern. Pallas hat diejelben im ſüdlichen Rußland beobachtet und ungefähr folgenden Gebänd. Heufhrede. Liniierter u. dider Grashüpfer. Stal. u. tatar. Heujhrede. 595 Bericht über fie erjtattet. Bei heiterer und warmer Witterung find fie früh, fobald der Tau verdunftet ift, in voller Bewegung, ſchon mit Sonnenaufgang, wenn e8 nicht ge: taut hat. Erjt fieht man einige wie Boten zwifchen den noch ruhenden Schwärmen auf: und abgehen, welche teil3 auf der Erde, jehr gern am Fuße Keiner Hügel dicht aneinander gedrängt liegen, teilg fi an allerhand Pflanzen und Gefträuchen gruppenweije verteilen. Bald darauf ſetzt fi das ganze Heer in Bewegung, und zwar jo in einem Striche, daf man kaum eine Abirrung bemerkt. Cie gleichen einem Schwarm von Ameifen, und alle nehmen, ohne fich gegenjeitig zu berühren, denjelben Weg, ſtets in. geringer Entfernung voneinander. Raſtlos und mit aller einem Kerfe möglichen Schnelligkeit im Laufe fteuern fie einer Gegend zu, ohne zu jpringen, außer in dem Falle, wo fie verfolgt werden. Dann zerftreuen fie fich, aber bald fieht man fie wieder zufammenfommen und auf dem vorigen Wege ihre Reife fortiegen. So marjchieren fie von Morgen bis Abend, ohne Halt zu machen, und legen häufig einen Weg von 100 Faden und darüber an einem Tage zurüd. Cie gehen jehr gern auf ordentlich gebahnten Straßen und freien Feldern fort, wenn ihnen aber ein Geſträuch, eine Hede, ein Graben in den Weg kommt, jo wandern fie, wenn irgend möglich, gerade darüber oder hindurd. Bloß Sümpfe und Flüffe können fie aufhalten, vor dem Naßwerden ſcheinen fie einen entjchiedenen Abjcheu zu haben. Doch verjuchen fie oft auf überhängenden Zweigen an das jenjeitige Ufer zu gelangen, und wenn Pflanzenitiele und Stämme gerade über das Wafjer liegend eine Brüde bauen, jo benugen fie diejelbe in dichten Kolonnen. Dft jieht man fie darauf ausruhen, als ob fie fih an der Kühle des Waſſers labten. Gegen Sonnenuntergang löſt fi) der ganze Schwarm in kleine Partien auf, um Nachtquartier in der gewohnten Weije zu nehmen. An Falten, regnerifchen Tagen wandern fie nicht. Die eben gejchilderte oder eine jehr ähnliche Lebensweise führen indejjen nicht bloß die Larven der italienijchen Heujchrede, jondern diejenigen aller Arten, welche im volllommenen Zuftande al3 Schwärme ſich erheben. Von Mitte Juli ab befommen fie die Flügel und zerjtreuen fich dann mehr; es folgt die Baarung und das Eierlegen, und daher jchlüpfen einzelne Junge unter günftigen Verhältniffen ſchon im Herbite aus. Die Art fteht der vorigen in Größe und Körpertracht jehr nahe, macht ſich aber jofort durch einen warzigen Höcker zwijchen den Vorderhüften ſowie durch einen weniger vorjpringenden, gerundeten Echeitel, einen breiten Borverrüden und eine fugelige Verdidung der männ— lihen Hinterleibsipige al3 Gattung kenntlich. Bei der genannten Art entwiceln fi alle drei Kiele des Halsſchildes ziemlich gleichmäßig, und die drei welligen Quereindrüce des: jelben fallen noch in feine vordere Hälfte. Der Körper und die mit feiner Spike ab: Ichneidenden Flügeldecken werden auf ſchmutzig gelbem Grund durch braune Sprenfel dunkler. Der Innenrand der Hinterflügel färbt fich breit rolenrot, wie die Innenſeite der Hinter: jhentel, während deren Außenjeite einfarbig gelblich bleibt oder mit dunkeln Binden ge- zeichnet iſt. Den alten Gattungsnamen Acridium behielten nur die größeren Arten, deren kurze Fühler ſich vorn nicht zujpigen und deren Vorderbruftring unten bewarzt, oben zu einem ftarfen Mittelkiele gleihmäßig oder nur vorn in noch erhöhetem Maße fammartig erhoben it. Die einzige Art, welche ihr Verbreitungsgebiet bis zum Süden Europas erjtredt, ift die tatariſche Heufhrede (Acridium tataricum), einer Gruppe angebörig, bei der der Kiel den Vorderrüden gleichmäßig durchläuft und vorn durch die 3 Quereindrücde ges zahnt erjcheint, fich überdies der Brufthöcer als ein vorn etwas verdicdter gerader Zapfen darftellt; daS gelblichgraue Kleid wird auf den Flügeldeden fledenartig verduntelt, und im Kahtfelde der Hinterflügel grenzt fi) ein dunkler Bogenfled wenig Scharf ab. Das Männchen erreicht eine Körperlänge von 3,9, das Weibchen von 6,5 cm. In der Sammlung des Muſeums zu Halle befindet fih ein Stück des jehr ähnlichen Acridium peregrinum, 38* 596 Sechſte Ordnung: Kauferfe; neunte und zehnte Familie: Feld- und Laubheuſchrecken. welches über ganz Afrika verbreitet iſt, mit dem Vermerk: „Gefangen im März auf der Sun (der nicht recht leſerlich geſchriebene Name eines Schiffes), 40 Meilen weſtlich von den Kanariſchen Inſeln, in großen Zügen aus Afrika kommend.“ Neuerdings hat man leider eine Gattungsſpaltung vorgenommen, welche das Studium unmöglich erleichtern kann. Weſentlich anders nehmen ſich durch ihre ſonderbare Kopfbildung die artenreichen Schnabel: oder Turmſchrecken (Truxalis) aus. Der genannte Körperteil erhebt ſich nämlich nach vorn und oben mehr oder weniger hoch in einen am Gipfel dreiedigen und an der oberen Fläche entweder ausgehöhlten oder gewölbten Kegel, welcher fic) jeitlich tief einſenkt und hier die platten, dreifantigen, der Spige eines Stoßdegens ähnlichen Fühler trägt. Dieſe fehren ihre breitefte Fläche nad) oben, die ſchmalſte nach innen. Der Körper ericheint ſchwächlich und geftredtt, die ihn überragenden Flügel jpigen ſich am Ende zu, und die gefanteten Hinterſchenkel verdiden ſich nur mäßig, jo daß fie, wie alle angegebenen Merkmale das ihrige dazu beitragen, die Schnabeljchreden bejonders Dürr und geſpenſterhaft erjcheinen zu lafjen. Im ſüdlichen Franfreih, in Italien und Ungarn lebt die europäiſche Naſen— jhrede (Truxalis nasuta), bei welcher der über den Nand des Vorder: rücens vorragende Kopfteil mindeftens | RE EFHBR- ebenjo lang ilt wie die jtärfer heraus: a RR u Es tretende Mittellinie jenes, welcher feinen — — — 6GSinterrand gleichfalls winkelig auszieht. RN Der Kopfzipfel erjcheint an jeinen drei Seiten gleichmäßig gehöhlt, vorn ftumpf Gemeine Dornfhrede Metrix subnlata). Natürlihe Größe. zugeſpitzt, und die Vorderbruft bleibt ohne Höder. Das 3,9 cm mejjende Männchen ift grün, mit Ausnahme der lichtgelben Wurzel an den glashellen Hinterflügeln, das 13 mm längere Weibchen ericheint dagegen am Mittelleibe und an den Flügeldeden braun gebändert und an den Binden der legteren weiß gefledt. Mährend fich bei allen bisher bejprohenen Arten das Bruftbein vorn abjtugt und dem Kopfe volle Freiheit gewährt, erhebt fi) bei einigen der Vorderrand desjelben, jo daß ſich der Mund dahinter verſtecken ann. Hierher gehören unter anderen die Dornjhreden (Tetrix oder Tettix), wo fi der Hinterrand des Halsjchildes bis zum Leibesende oder noch darüber hinaus erſtreckt. Die Flügel find von diefer dreiedigen, in der Mitte ſpitz auslaufenden Verlängerung des Halsjchildes jo gut wie ganz bededt, daher auch die fie ſchützenden Vorderflügel als überflüffig bis auf ein Hornplättchen verfümmern. Mit ihnen geht natürlicy auch das Zirpvermögen verloren. Die Negaugen quellen hoch oben am Kopfe unmittelbar vor dem Vorderrand des Halsjchildes und neben den fadenförmigen Fühlern itark hervor. Die Hinterfchenkel verdiden fich gewaltig. Wegen ihrer Kleinheit und des jehr verborgenen Lebens erinnern die Dornjchreden einigermaßen an die Flöhe. Die gemeine Dornſchrecke (Tetrix subulata) ift unter den deutjchen noch die größte (bis 11 mm) und überall nicht felten. Das Halsihild ftußt fih vorn gerade ab, erhebt ſich in einen nur ſchwachen Mittelfiel und ſpitzt ſich dornartig weit hinter der Leibesipige zu. Die Seiten feines Hinterrandes, welche an der Verlängerung nit teilnehmen, erjheinen als je zwei regelmäßig dreiedige Zähne. Häufig, nicht immer, überzieht den Rüden des graubraunen Körpers eine bleihgelbe Färbung, welde fi an den dunfelbejpigten Fühlern Europäiſche Najenihrede. Gemeine Dornſchrecke. 597 als Negel wiederholt. Ich habe häufig überwinterte Larven angetroffen, fo, daß ich hier diefe Entwicelungsweije für die gewöhnliche annehmen möchte. Die LZaubheufhreden oder Säbelſchrecken (Locustidae) lafjen fich an den langen und borftigen, in ihren Gliedern nicht unterſcheidbaren Fühlern und an den vier Gliedern aller gleichgebildeten Füße auf den eriten Blick erkennen. Der Kopf fteht ſenkrecht, tritt am Scheitel zwijchen den halbfugeligen Augen mäßig hervor und läßt meilt die Punktaugen vermiljen. Der ſattelförmige Vorderrüden pflegt ſich nach hinten über die äußerite Wurzel der Flügel auszubreiten. Diefe nehmen der Hauptjache nach die Seiten des Körpers ein, greifen mit den ſchmalen Innenrändern übereinander und bilden ſonach oben in ihrem Wurzelteil ein ſchmales, plattes Dach über dem gerundeten, in der Mitte den größten Umfang erreichenden Hinterleibe. Lebterer endigt beim Männchen in oft hakig gekrümmte Kaife, beim Weibchen in eine längere over fürzere ſäbelförmige Legröhre, jo daß der Unterjchied der Geſchlechter jchon aus der Ferne wahrgenommen werden fann. Dem legten der Fußglieder fehlt der Haftlappen zwijchen den Strallen. Die Männchen verwenden hier nieht ihre Hinterjchenfel zum Mufizieren, jondern bringen die wegenden, jchrillenden Töne durch das Reiben der Flügeldeckenwurzeln aneinander hervor. Die linke, zugleich obere Flügeldede enthält an ihrem Grunde eine Fräftige Duerader von nahezu der Form eines Paragraphzeichens ($), welche auf der Unterjeite mehr heraustritt al$ oben und durch zahl: reihe Querferben rauh wie eine Feile wird. Der dreiedige Teil der rechten Flügelvede darunter, welcher wagerecht auf dem Rücken liegt, zeigt einen dünnhäutigen, ringsum von fräftigen Adern eingejchlofjenen Fled, den jogenannten Spiegel, dahinter einen Eleineren von gleicher Form und Durdfichtigkeit. Werden nun die Deden beim Zirpen gehoben und mit den Schrillleiften der linken jchnell hintereinander die Ränder des Spiegels geweßt, jo wirken die feinen Häute wie ein Nejonanzboden und veritärken den Ton. Eine Aus: nahme von der Regel bilden einige Arten mit blafig aufgetriebenen Flügeldeden, bei denen auch die Weibchen loden können und die gegenjeitige Lage der Deden eine durchaus gleich: gültige it. Bei den Säbeljchreden haben die Beine, und zwar die vorderiten, in anderer Beziehung ihre Eigentümlichkeit. An der Wurzel der Schienen bemerkt man außen ein tiefes Spalten: oder Grubenpaar, welches im Inneren von zarter Haut geſchloſſen wird. Zwiſchen beiden Offnungen erweitert fich der Hauptftamm der den Vorderbeinen angehörigen Luftröhren blajenartig, und ein aus dem erſten Markknoten der Bruſt entjpringender Nerv jchwillt ebendajelbit zu einem Knoten an, von welchem eigentümlich gejtaltete Nervenelemente abgegeben und in reihenmweije geitellte, waſſerhelle Bläschen eingejchloffen werden. Diejes Gebilde hat von Siebold in feinem Baue jorgfältig unterfucht und für das Gehörwerk— zeug diefer Familie erklärt. Die Entwidelung diefer Heujchreden unterjcheidet fich im wejentlichen nicht von der der vorigen; die lange Legröhre der Weibchen weiſt darauf hin, daß fie ihre Eier nicht an Grasjtengel legen, jondern tiefer in die Erde als die Feldheujchreden. Die Laubſchrecken breiten jich ſamt diejen über die ganze Erde aus und halten fich, befonders die grün gefärbten, vorherrjchend auf Buſchwerk und Bäumen auf, deren Laub fie freſſen, während die braunen und graubraunen mehr nieveren Pflanzen nachgehen, was bei beiven vorzugsweije während der Nacht geſchieht. Weil nur wenige dieſer Tiere hier zur Sprache gebracht werden Fünnen, jo ſcheint es ratjam, ein paar jehr entgegengejegte Formen durch Abbildungen zu erläutern. Das plumpe, ungeflügelte Wejen (Fig. 1, ©. 598) it feine Larve, jondern ein ausgewachjenes Weibchen des in Syrien und Arabien heimijchen Hetrodes spinulosus (horridus Klug). 598 Sechſte Ordnung: Kaukerfe; zehnte Familie: Laubheuſchrecken. welchen Namgn ich durch bedornte Einhornjchrede verdeutjchte. Die dünnen Hinterjchenkel, die äußerft Schwach bewehrten Schienen, die verdecdte jehwielige Grube am Grunde der vor: deriten derjelben und die furze Legröhre unterjcheiven dieje die gelbe, an Hinterrand und Stacheln des Halsjchildes gebräunte Art von den übrigen Genofjen der Gattung. Dieſe ſelbſt aber wird durch vollfommene Flügellofigkeit in beiden Geſchlechtern, durch die mitten auf der Stirn, unter den Augen eingelentten Fühler, durch den Zapfen zwijchen ihnen, die Dornen des großen Vorderrüdens und endlich durch die breiten, vorn geftugten Mittel- und Hinter: bruitbeine harakterifiert. Noch mehrere andere Laubheuſchrecken ſchließen ſich dieſem Körper: daue an, erheben ſich aber allınählih zur Andeutung von Flügeln. Das jchlanfe, gelbgrüne Tierchen, welches wir in Figur 2 auf unjerem Bilde in beiden Gejchlechtern erbliden, hält fi nur auf Eichbäumen auf, weshalb ich e3 die Eichen: ichrede nennen möchte, bei den Entomologen heißt es Meconema varium und hat — — — = — — — — — — — =“ = = = — — 1) Weibchen der bedornten Einhornſchrecke (Hetrodes spinulosus). 2) Eichenſchrecke (Meconema varium) in beiden Geſchlechtern. Ale natürliche Größe. a feinen zweiten Sattungsgenofjen. Bei Halle ift es jehr gemein und wird als Larve ziem: lich früh im Jahre angetroffen. Es zeigt, wie alle Laubheufchreden, eine gewiſſe Trägheit und Schwerfälligfeit. Ich jah es nie fliegen. Bei Erjchütterung der von ihm bewohnten Bäume fällt es herab, ohne die Flügel während der Luftfahrt in Anjprud zu nehmen, auch hörte ich es nie zirpen, was es vielleicht nur oben im grünen Laubdache thun mag, häufig genug friecht e3 aber an den Stämmen auf und nieder. Ginmal beobachtete ich, und zwar am 15. Dftober, wie das Weibchen feine ftarf gefrümmte Legfcheide zwiſchen Rindenſchuppen tief eingejtedt hatte, um Eier zu legen, ein andermal erzog ich im Früh: jahr eine Larve aus im Herbite eingetragenen, von ihren rehtmäßigen Bewohnern ver: lafjenen Gallen der Schwammgallweipe. Die Eichenfchrede eröffnet eine lange Reihe jolcher Arten, deren Fühler zwijchen den Augen, an der Spige der Stirn fißen, und deren Gehör: gruben einen elliptijchen Umkreis haben; die genannte Art zeichnet überdies eine wehrloje, vorn geitußgte Bruſt und ein jtumpfer Stirnzapfen aus. Die nur grünen Arten der Gattung Phylloptera find Blätter, welche auf der fehmalen Kante wandeln, wie gewiſſe Gejpenitichreden (Phyllium) auf der breiten Fläche, indem die Flügeldeden, abgejehen von der dreiedigen Nücenflähe mit den Reſonanzböden an ihrer Wurzel, ſich wie ein ſchön grünes, lanzettförmiges Blatt längs der Körperfeiten hin- ziehen, den Leib weit überragend, meift jedoch von den jpigen Zipfeln der Unterflügel- jpige überragt. Manchmal find diefe Blätter ftarf mafchenartig gerippt, wie bei dem hbüpfenden Myrtenblatte (Phylloptera myrtifolia) Südamerifas, manchmal Einhornſchrecke. Eichenſchrecke. Myrtenblatt. Blattfhrede. Warzenbeißerze. 599 außerordentlich zierlih mit bunten Augenfleden bemalt, wie die mindejtens noch einmal jo große (7,8 em lange), an den Hinterjchienen durch Dornenfnoten noch bejonders be: wehrte gefenfterte Blattjchrede (Phylloptera fenestrata) von Borneo, meilt aber werden fie von einer Längsader als nicht in der Mitte liegenden Mittelrippe durchzogen, welche einige weit ſchwächere Aſte ausjendet. Merklich zahlreicher find die auf viele Gattungen verteilten Arten, bei denen die Ein- lenkungsſtelle der Fühler diefelbe bleibt, die Gehörgänge an den Vorderſchienen aber als ihmale Spalten erjcheinen. Hier fei nur zweier, und zwar der gemeiniten europätjchen Gattungen gedacht. Die eine, Decticus, erfennt man an dem jtumpfen, das erite Fühler: glied nicht überragenden Gipfel des Kopfes, an den langen, beweglichen Dornen, welche die Sunenfeite der Vorderjchienen bewehren, und vor allem an den zwei freien Haft: lappen, mit welchen das erjte Glied der Hinterfüße verjehen ift. Die Arten haben alle eine grünlich- oder graubraune Farbe, einige verfünmerte Flügel. Die größte von allen, der 26-30 mm meffende Warzenbeißer oder das große braune Heupferochen (Dectieus verrucivorus), ift über das nördliche und mittlere Europa verbreitet und findet fih auf Wiefen und Kleefelvern. Vor einigen Jahren traf ih ihn hier häufig in den angebauten Zichorien; an Buſchwerk hält es ſich, joviel mir befannt, nicht auf. Die vier Kanten der Hinterjchienen find an der unteren Hälfte mit fräftigen Dornen bewehrt, die vorderften mit drei Neihen bewegliher Stacheln und die zugehörigen Hüften mit einem einzelnen Dorn. Scheitel und Stirn trennt eine Querlinie in der Höhe der Fühlerwurzel; den Vorderrüden durchzieht eine Längsleifte. Außer den beiden Naifen überragt eine mäßig aufgebogene Legfcheide die weibliche Hinterleibsfpige, zwei Griffel die männliche. Die Körperfarbe ändert mehrfach ab, helleres oder dunkleres Grün herrſcht vor, zeigt bis- weilen einen rötlichen, häufiger einen braunen Schimmer und geht ftellenweije in braune Flecke über, befonders auch auf den langen Flügeldeden in gewürfelter Verteilung, während die Unterfeite, befonders der Bauch, heller, mehr gelblich bleibt. Durchfchnittlich in der zweiten Hälfte des April ſchlüpfen die Larven aus den Eiern; in Zwifchenräumen von ungefähr vier Wochen häuten fie ſich, jo daß fie mit der eriten Hälfte des Juni zum zweiten Mal das Kleid gewechjelt haben. Jetzt kann man die Ges ichlechter äußerlich an der furzen Legröhre des Weibchens unterjcheiden. In der eriten Hälfte des Juli erjcheinen fie nach der dritten Häutung mit den Flügeljcheiden und Anfang Auguit durch die vollkommene Ausbildung diefer als vollendete braune Heupferdchen. Alsbald beginnen die Männchen ihren Gejang. ES naht ſich das Weibchen und zeigt ihm jeine Gegenwart dur Hin= und Herjchlagen mit den langen Fühlern an. Das Männchen ver: ftummt, legt die Fühler nach hinten und unterjucht, ob man fich ihm in freundlicher oder feindlicher Abfiht nähert. Überzeugt es ſich von erſterem, jo bewillkommt e3 die Ange: kommene mit janften Zwitjchertönen. Wenige Tage jpäter jucht das Weibchen eine lodere Stelle, am liebjten im Grafe, bohrt feinen Säbel hinein und läßt 6—8 weißliche Eier durch denjelben gleiten, welche Arbeit jo und jo oft wiederholt wird, denn jeder der beiden weib— lichen Eierjtöde enthält ungefähr 50 Eier. Fängt man eine erwachjene Heuichrede, jo beißt fie heftig, daß die Haut des Gebijjenen mit Blut unterläuft und Kopf jamt Schlund von ihr hängen bleibt, wenn man fie jchnell abreißt. Beim Beißen läßt fie einen braunen Saft ausfliegen. Ob diejer wirkfam beim Verſchwinden der Warzen iſt, in welche die Heujchrece gebijjen hat, und ob überhaupt eine ſolche Wirkung ftattfindet, laſſe ich aus Mangel an jeglicher Erfahrung dahingejtellt fein. Noch bekannter ift das etwas ſchmächtigere, 26 mm lange, große grüne Heupferd (Locusta viridissima), welches hier und da z. B. in Leipzig von den Kindern in eigens dazu fäuflichen Drahthäuschen gefüttert und deshalb auf Kolten der reifen Getreide: 600 Sechſte Ordnung: Kauferfe; zehnte und elfte Familie: Laub: und Grabheuihreden. felder in denjelben aufgejucht wird. Man ergögt ſich am Gejang, welcher, genau genommen, nur in den einzelnen Tönen „ziel zit!” bejteht. Die langen, gleichbreiten Flügeldeden, wie der Körper von jaftgrüner Grundfarbe, bräunen nur am wagerechten Nüdenteil und überragen den Hinterleib um das Doppelte. Auch der Kopf und der Vorderrüden, meiſt in einer Längsſtrieme, erfcheinen nicht jelten rojtrot. Die falt gerade Legicheide des Weib: chens erreicht die Körperlänge mit Ausjchluß des Kopfes. Das Tier meidet den Sonnen: ſchein und figt daher während desjelben tiefer an den Bilanzen, Friecht aber im Schatten bis zu ihren Spitzen, fliegt auch eine Strede flah über der Erde hin, um Nachitellungen su entgehen, und verurjacht dabei ein jchwirrendes Geräuſch durch das Schlagen jeiner Flügel. Wenn ihm durch die Ernte jeine Lieblingsörter genommen find, jucht es Weiden, Birken und andere Bäume auf und figt namentlich in den Abend: und erſten Nachtjtunden, munter zirpend, jehr hoch oben in denjelben. Noch zwei andere Arten von gleichfall3 grüner Farbe und minder allgemeiner Ver: breitung dürfen nicht mit der eben bejprochenen verwechjelt werden: das gejhwänzte grüne Heupferd (Locusta caudata), welches, abgejehen von einigen DVerjchieden- heiten im Bau der Hinterleibsjpise, deren Darlegung eine ausführlichere Bejchreibung beider Arten vorausfegt als wir hier geben fünnen, einen wejentli anderen Gejang hat: ein eigentümliches Schnurren (trrt und 8), das feine Einzeltöne unterfcheiden läßt. Die Zwitſcherheuſchrecke (Locusta cantans) unterjcheidet fi, abgejehen von den äußeren Berjchiedenheiten, wie die durchaus lauchgrüne Körperfarbe, die Furzen, die Hinterleibsipige des Männchens wenig überragenden Flügeldeden, die geringere Größe (22 mm) und anderes mehr, auch durch Betragen und Gejang von L. viridissima. Sie friecht weniger bis zu den Epigen der Pflanzen (Hafer, Gerjte, Weizen, Widen, Klee und andere), jondern verweilt am liebiten in der Mitte derfelben, it jehr ſcheu und bemerkt die Annäherung des Menschen leicht, was fie durch Jofortiges Verftummen ausdrüdt. Wegen diejer Vorficht und wegen ihrer Farbe findet und fängt man fie ſchwer. Weil fie vor und mit der Ernte fingt, jo nennt man fie in manchen Gegenden auch „Erntevogel“. Ihr Zirpen läßt fich befonders nah Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang hören und findet oft fein Ende. Die Töne folgen jehr ſchnell aufeinander. Nach zwei, drei oder vier Takten, deten jeder vier Sechzehntelnoten enthält, folgt ein etwas höherer, gedehn: terer Ton und eine Pauſe, auf welche das Gezirp von neuem beginnt. Der Klang läßt fich etwa mit „rrss 'ss' ss' ... ſſit“ wiedergeben. Das Zirpen wechſelt mannigfach ab, namentlich in der Gefangenschaft. Dieje Art ſcheint vorherrihend in der Schweiz, in Wejtfalen und Holjtein verbreitet zu fein, fommt aber auch anderwärts, wie in der Pro— vinz und im Königreih Sachen, vor und ijt z. B. bei Tharant häufiger als Locusta viridissima. Die ganze Gattung unterjcheidet fih von der vorigen nur dur den Mangel der beiden Haftlappen am Grunde der Hinterfüße, durch jchmäleren Gipfel des Kopfes und durch längere Aftergriffel. Auf dürren Heiden, jandigen Feldern, von der Sonne bejchienenen Berglehnen Europas und des vorderen Aſien gräbt der ſchwarze Didkopf, welchen wir auf der folgenden Seite ab— gebildet jehen, Möhren in die Erde, um ſich bei nahender Gefahr hineinzuflüchten, rauhe und regneriihe Tage darin zu verbringen und ſchließlich die Brutftätte dafelbft zu begründen. Der Dichter, welcher ihn befingt, nennt ihn mit vollem Necht die „faule Grille”, der nicht moralifierende Forjcher die Feldgrille, der ARheinländer Kaide oder Kedelmäuschen, der Pfälzer Krifjel over Hämel (aryllus campestris). Die Löcher, nicht viel weiter Gejhmwänztes grünes Heupferd. Zwitſcherheuſchrecke. Feldgrille, 601 als der Umfang des Tieres, gehen erſt wagerecht in die Erde und jenfen fich weiterhin etwas nad) unten. Sie werden vorzugsweile zu der Zeit angelegt, wo von jeiten des Männchens der Geſang beginnt, aljo ziemlich zeitig im Frühjahr, und nur von einem Tiere bewohnt. Dabei entjtehen häufig Kämpfe, denn jede Grille benugt gern einen vorhandenen Bau, begegnet fie darin aber einer anderen, die ihn entweder anlegte oder als verlajjenen früher bezog, jo weicht feiner von beiden Teilen freiwillig. Man beißt fich, jtößt mit den Köpfen gegeneinander, und ijt der Sieg auf der einen Seite jo vollitändig, daß der Gegner auf dem Kampfplaße bleibt, jo wird jeine Leiche — — aufgefreijjen. Das Männchen jtedt gern den Kopf aus feiner Höhle heraus und jtimmt jein Liedchen an; weit weg davon geht es nie, um ftetS hineinhujchen zu können, was mehr im Laufen als durch Springen gejchieht, wenn eine Eidechje, ein injektenfreffender Vogel naht, die Fußtritte eines Menſchen den Boden erjhhüttern 2c.; denn die Grillen entwideln eine außerordentliche Vorſicht, die wohl Teldgrille (Gryllus campestris): 1) Männden, 2) fämpfende Weibchen, 3) Hleinfte Larven, 4) eine Larve vor der letzten Häutung. 5) Männchen der Hausgrille (Grylius domesticus). Ale natürliche Größe. Surchtjamkfeit genannt werden kann. Bringt das Männden dem in der Nahbarichaft wohnenden Weibchen, um es herbeizuloden, ein Ständchen, jo ſitzt es mit gejpreizten Beinen da, drüdt die Bruft gegen den Boden, erhebt die Flügeldeden ein wenig und wegt fie mit ungemeiner Haft gegeneinander. Unterfuht man diejelben etwas näher, jo findet man, daß die zweite Querader (Schrillader) der rechten Flügeldecke auf der Unterjeite vorzugsweife hervorragt und mit vielen kleinen Stegen querüber bejegt it; diejelben werden gegen eine nahe dem Innenrande gelegene Ader der linfen Dede eine Zeitlang im Herunter: und dann abwechſelnd wieder im Heraufitriche gewegt, wodurch der Ton ſich verändert. Nur wenn die Grille aufhört, legt fie die Deden zufammen, der Widerhall, welhen die dünnen Häute erzeugen, ſchwindet dadurch, und der legte Laut wird viel ſchwächer. Es findet fich jomit dieſelbe Einrichtung wie bei Laubheufchreden, nur ver: taujchen die beiden Flügeldeden ihre Rolle, weil hier die rechte, dort die Linke die oberite it. Das Weibchen vernimmt die Locktöne an derjelben Stelle wie die Acridier, aljo an den Vorderfchienen, es kommt herbei, ftößt das Männchen mit feinen Fühlern an, damit dieſes jeine Gegenwart bemerfe, diejes ſchweigt dann, erwidert wohl die Begrüßung, duckt fich, ftredt und redt fi, dreht den Kopf hin und her, und die Vereinigung erfolgt, indem es fich vom Weibchen befteigen läßt, eine Sitte, welche bei allen Schreden üblich zu fein ſcheint. Acht Tage fpäter beginnt das Weibchen im Grunde feiner Höhle mit dem Legen der Eier, bis 30 auf einmal. Sein Eierftod enthält deren etwa 300, und ehe dieje alle entleert find, joll es öfters mit dem Männchen zufammenfommen. Nach ungefähr 14 Tagen 502 Sechſte Drdnung: Kauferfe; elite Jamilie: Grabheuſchrecken. ſchlüpfen die Larven daraus hervor und halten fich zunächit noch zufammen, fangen aber Ihon an, Echlupflöcher zu graben. Nach der eriten Häutung zeritreuen fie ſich mehr, ohne weitere Wanderungen von ihrer Geburtsjtätte vorzunehmen, juchen auch Verſtecke unter Steinen und gehen der Nahrung nach, welche aus Wurzeln befteht, jolange es die Witterung erlaubt; wird diefe unfreundlich und für das meilte Geziefer unangenehm, jo juchen fie ſchützende Pläschen zum Überwintern. Sie beziehen in fehr verjchiedenen Größen die Winter: quartiere. In dem der Entwidelung gewiß nicht günftigen Jahre 1867 traf ich in der erjten Hälfte des Oktober an den jchönen, jonnigen Tagen, welche er noch brachte, Larven mit Flügelitumpfen und furzer Legröhre, welche alſo meiner Meinung nach vor der legten Häutung jtanden. Friſch und Nöjel find der Anficht, daß das Inſekt mit der vierten volllommen werde; neuerdings wird dagegen behauptet, die Yarve häute fich zehnmal, was mir nach allen ſonſtigen Erfahrungen entſchieden zu hoch gegriffen zu jein ſcheint. Wit dem jungen Jahr erwachen auch unfere noch unreifen Grillen, eine jede denkt nun ernitlicher daran, fich ihren eignen Herd zu gründen, was, wie bereitS erwähnt, hier jo viel jagen will, al3 eine Wohnung für fih allein zu beziehen. Keine Feldgrille über: wintert im erwachfenen Zujtande; nach Beendigung des Brutgejchäftes geht es mit dem Schlaraffenleben zu Ende. Sie hält fich glücdlicherweije auf ſolchem Boden auf, mit dem der Menjch nicht viel anfangen kann, ſonſt wäre fie wohl im ftande, durch Abfreſſen der Wurzeln jeinen Kulturen nachteilig zu werden. Über die Bejchaffenheit ihres Körpers, welchen wir auf ©. 601 erbliden, braucht nur bemerkt zu werden, daß die Farbe glänzend jchwarz an der Unterjeite der Hinterfchenfel, beim Weibchen wohl auch an den zugehörigen Schienen rot und an der Wurzel der braunen Flügeldeden gelblich it. Obgleich eine Berwechjelung mit einem anderen Tiere ausgeichloffen ſcheint, muß doch auch der Gattungscharafter feitgeitellt werden, welcher jih auf 15 europäijche und zahlreiche ausländische Arten bezieht. Man erkennt fie an dem dien, gerundeten Kopfe, dem quadratijchen Vorderrüden, dem dreh: runden, plumpen Körper, welcher in zwei lange, gegliederie Raife und beim Weibchen außerdem noc in eine gerade Legröhre ausläuft, an den drei Fußgliedern aller Beine, deren hinterjte zum Springen befähigen, und endlich an den eigentümlich gebildeten Hinter: flügeln. Diejelben laufen nämlich am hornigen Borderrand in eine Spige aus, und jeder faltet jich unter diejer „Gräte“ zufammen, welche mehr oder weniger über die dem Nüden platt aufliegenden, gegitterten Deden hinausragen. Das Heimchen oder die Hausgrille (Gryllus domesticus, Fig. 5, ©. 601), Kleiner und zierlicher al3 die vorige, von lederbrauner Farbe, an den Beinen und dem Kopfe Lichter, mehr gelb, trägt auf leßterem eine braune Querbinde und auf dem Halsjchilde zwei drei: edige, braune Flede. Die Gräten der Hinterflügel ragen über den Körper hinaus und vermehren beim Weibchen die drei Anhängjel um noch zwei. Die Länge des Tierchens beträgt 17,5 — 19,5 mm. Sm gejelligen Beifammenfein, in den nächtlichen Ausbrüchen aus jeinen Verjteden, den Aufiuchen der Wärme und derjelben Nahrungsmittel erinnert das Heimchen lebhaft an die Küchenjchabe, in deren Gejellichaft es nicht jelten in Badhäufern, Mühlen, Brauereien, Kajeınen, wo es mitunter als „Eeine Krebſe“ die langen Brühen der Suppen würzt, in Hofpitälern und anderen ähnlichen Ortlichfeiten zu finden ift. Ein ein: zelnes unterbricht mit jeinem melancholiſchen Gezirpe die nächtliche Ruhe auf nicht unanger nehme Weije, die vieljtimmigen Konzerte aber können diejenigen zur Verzweiflung bringen, welche jie allnächtlic mit anhören müſſen. Die Töne werden von den Männchen in der: jelben Weiſe hervorgebracht wie von der Feldgrille, nur find fie infolge der geringen Größe de3 Muſizierenden und der dichter jtehenden Stege an der Schrillavder Ihwächer und höher. Nie in meinem Leben hatte ich bejjere Gelegenheit, die Heimchen in ihrem Treiben zu beobachten, als in meiner Kindheit, wenn ich die HYundstagsferien bei den Großeltern Heimden. Maulwurfsgrille. 603 verbrachte. Die düftere Küche der alten Pfarrwohnung in Großgörjchen war für die Heim— hen eine wahre Reſidenz. Durch fie nahm ich dann und wann mit der Großmutter meinen Meg, wenn wir uns zur Nachtruhe begeben wollten. Taujende von Heimchen tummtelten fih hier, manche noch nicht jo groß wie eine Stubenfliege, Eeinere und größere bis zu vollfommen Erwachſenen, je nach den verjchiedenen Altersitufen. Aus allen Winkeln zirpte e3. Hier füllte das Mauerloch ein dider Kopf aus, dejjen lange Fühlfäden ſich jharf gegen das verrußte Geftein abgrenzten, zog fich aber ſcheu zurüd, Jobald das Licht in die Nähe fam; dort fpazierte eine Herde Junge, nach) Nahrung juchend, Fed umher, verriet aber bald, daß Furchtſamkeit jedem einzelnen angeboren it. Mit den Händen eins der frei umherſchweifenden Tierchen zu erhajchen war beinahe ein Ding der Unmöglichkeit, und ges lang es ja, jo war der blinde Zufall dabei im Spiele, welcher bei der großen Menge einmal eins zwiſchen die Finger trieb, auf welches es nicht abgejehen gemwejen war. Sie werden in diejer Hinficht mehr durch ihre große Gewandtheit und Schnelligkeit im Laufen geſchützt, als durch das Springvermögen, welches fie natürlich auch zu Hilfe nehmen, wobei man ihnen aber anfieht, daß ihnen der feifte Körper hinderlich ift und größere Sätze ihnen fauer werden. Eine Stelle ward ausgemittelt, wo der Fang feine Schwierigfeiten hatte. Sm Herd war nämlich ein fupferner Keſſel eingemauert und mit einem jchlecht jchließen- den Holzdedel verfehen. Wenn nun zu irgend einem wirtjchaftlichen Zwede hier einmal den Tag über Waffer heiß gemacht worden war, von weldhem immer auf dem Boden etwas zurüdblieb, nebjt einer behaglichen Wärme in der Umgebung, jo jagen die Heimchen in jolden Mengen im Grund des Kefjels, aus welchen fie natürlich nicht wieder heraus Eonnten, daß man fie mit den Händen greifen konnte. Sch verjchaffte mir manchmal das Vergnügen und fperrte die auf ſolche Weife in meine Gewalt gefommenen über Nacht in ein Zucerglas, welches oben wohl verwahrt wurde. Am anderen Morgen war ein heiles Heimchen eine Seltenheit. Gewöhnlich fehlten Beine, Fühler, ja ſelbſt Stüde aus dem Leibe. Die Springbeine, welche fih die Schreden in der Gefangenjchaft leicht abjtrampeln, und andere Glieder waren größtenteils verſchwunden. In ihrer Gefräßigfeit und dem Ärger über das unfreiwillige enge Zuſammenſein hatten fie fich einander angenagt. Hätte ic) damals gewußt, was ich jpäter erfahren, jo hätte ich jelbjt die Behauptungen anderer prüfen können: die Heimchen jollen nämlich wie die Krebje bejchädigte oder ganz fehlende Glieder wieder aus fich heraus erjegen können, jolange fie noch in der Häutung begriffen find. Da meine Küchengänge und Heimchenjagden in den Juli fielen, jo kann ich nad) dem, was ich jah und eben erzählte, den Anfichten derjenigen nicht beipflichten, welche meinen, in diefem und dem folgenden Monat allein würden die Eier gelegt, jondern nehme an, daß e3 in der ganzen Zeit gejchieht, während welcher ſich das lebhafte Zirpen ver: nehmen läßt. Die Paarung erfolgt in derjelben Weiſe wie bei der Feldgrille Mittels feiner dünnen, geraden Legröhre bringt das Weibchen die gelblichen, länglichen Eier im Schutte, Kehricht oder in dem loderen Erdreich innerhalb jeiner Veritede unter, aus ihnen ſchlüpfen ſchon nad) 10—12 Tagen die Lärvchen. Sie häuten fich viermal und überwintern in ihrem unvollfommenen Zuftande. Nach der dritten Häutung erjcheinen die Jlügeljtumpfe und bei den Weibchen kurze Legröhren. Man nimmt an, daß die Lebensdauer ein Jahr nicht überjchreite, während deſſen das Weibchen ficherlich mehrere Male Eierhäufchen abjegt; e3 jtirbt, wenn der Vorrat im Eierjtod erjchöpft tit. Die zahlreichen volfstümlihen Namen, wie Werre, Neutwurm, Neitlröte, Erd: wolf, Moldworf, Erdfrebs und andere, womit man die Maulwurfsgrille (Gryllo- talpa vulgaris) belegt, deuten darauf hin, daß man jich um diejes Tier kümmert, jei es wegen des Schadens, den e3 anrichtet, ſei es wegen jeines wunderlichen Ausjehens, durd) welches es ein Zerrbild des Maulwurf daritellt. Vom Körperbau jei nur bemerkt, daß 604 Sechſte Ordnung: Kauferfe; elfte Familie: Grabheuſchrecken. hinten die vom Rüden herab zwiſchen die Naifen gehende Bogenlinie die Gräten, aljo die Spigen der Hinterflügel find, vorn außer den Fühlern die fünfgliederigen Kiefertafter auf: fällig hervorragen und auf dem Scheitel zwei glänzende Nebenaugen ftehen. Der braune Körper ift mit Ausnahme der Augen, der Bewehrung an den Beinen, der Flügel jowie des durch ſie geihügten Nücdenteiles von einem rojtbraunen, feidenglänzenden, ungemein kurzen Filze bevdedt. Das Weibchen hat feine Legröhre und unterjcheidet fich vom anderen Geichlecht durch etwas anders gebildete legte Bauchichuppen. Die Maulwurfsgrille bewohnt nach den vorliegenden Erfahrungen vorzugsweife einen loderen, bejonders jandigen Boden und zieht trodenen dem nafjen vor; im jogenannten fetten, jchweren Erdreich trifft man fie jelten und vereinzelt an. Im norddeutjchen Tief: lande dürfte fie daher eine allgemeinere Verbreitung haben als im hügeligen oder ge birgigen Süden. Sie iſt, wo fie einmal hauft, gefürchtet, und mit Recht, nur gehen die —— —— x = _ — = — — — 7 — Sen r u 7 — nm: >... Zu, 1! I I ul l all ll Im 2 90 DR —— (Gryliotalpe — Eier und — ee m Anfichten über die Veranlaffung des Schadens auseinander. Der bisher geltenden Meinung, daß fie die Wurzeln verzehre, treten in neueren Zeiten mehrere Beobachter mit der Ber hauptung entgegen, daß fie Gewürm, Engerlinge, ja ihre eigne Brut zur Nahrung wähle und nur die Wurzeln der über dem Nejte befindlichen Pflanzen abbeiße, außerdem aber noch durch das fortwährende Durhwühlen und Auflodern diefer Stelle dem Pflanzenwuchſe nachteilig werde. Beide Teile dürften recht haben. Wie die übrigen Schreden Pflanzen: nahrung zu ſich nehmen, ohne andere ihnen zu nahe kommende Kerfe zu verjchonen, jo auch die Werre. Da fte fich faft nur unter der Erde aufhält, jo fallen ihr die unterirdifchen Larven und Pflanzenteile anheim. Von ihrer wahrhaft unnatürlihen Gefräßigfeit erzählt Nördlinger ein jchlagendes Beijpiel. Eine in einem Garten betroffene Werre follte mit dem Grabjcheit getötet werden, wobei man fie zufällig jo traf, daß fie in eine vordere und hintere Hälfte gejpalten wurde. Nach einer Viertelftunde fiel der Blick des Vertilgers auf das vermeintlich tote Tier; wie groß war aber jein Entjegen, als er die vordere mit dem Auffrejfen der weicheren hinteren Hälfte bejchäftigt fand. Wie alle Grillen ift aud dieje außerordentlich ſcheu und vorfichtig und zieht fich bei dem geringften Geräufch, der ge: ringiten Erjchütterung desErdbodens, welche herannahende Fußtritte hervorbringen, jchleunigft zurüd oder verfriecht fich Jofort wieder, wenn man fie aus der Erde hervorholt, ‚oder bei ihren abendlichen, der Begattung geltenden Flugverſuchen niederjchlägt. Die Flugübungen unferer Art laſſen fich wirklich nur Berfuche nennen; eine andere in Japan und im Indiſchen Archipel Maulmwurfsarille. 605 Icheint gewandter hierin zu fein, denn E. von Viartens erzählt, daß fie dort öfters des Abends in die Wohnungen geflogen käme. Eine höchſt intereffante Beobachtung teilt mir Herr A. Schmidt aus Marienhof bei Mährijch- Friedland unter dem 15. Juli 1877 mit, welche Zeugnis von der nicht unbedeutenden Schwimmfertigfeit der Maulwurfsgrille ablegt. „zandwirte und Jäger“, berichtet derjelbe, „machen mitunter Beobachtungen im Tier: und Pflanzenveich, welche dem Gelehrten verborgen bleiben und daher jeiten in Büchern zu finden find. Eines ſchönen Sommertags auf dem Hügel am Ufer eines über 100 Morgen großen Sees ſitzend, gewahre ich, daß mitten auf dem ruhigen Epiegel des Sees ein Tier ſchwimmt und jehe zugleich aus der Spitze des Wellenwinfels, die mir zugefehrt ift, daß es auf mich zuhält. Neugierig, welcher Art dies jehr langjam ſchwimmende Tier angehören möge, warte ich beinahe eine halbe Stunde und ermittele endlich, daß der Kleine Schwimmer eine große Maulwurfsgrille, wie wir fie hier nennen, ein Spigwurm, jei.” Auch von anderen Seiten ilt das Echwimmvermögen diejer Grille beobachtet worden. Die Begattung fällt in die zweite Hälfte des Juni und die erjte des Juli. Die Paarung erfolgt während der Nacht und gewiß auc an verjtedten Orten, weshalb fie noch nie beobachtet worden ijt, wie bei jo vielen Kerfen, welche in dieſer Hinficht bejonders den Haustieren mit ihrer Verjchämtheit ein nahahmungswürdiges Beiſpiel geben. Die Männ- chen lafjen, jolange die Sonne nicht über dem Horizont jteht, einen leife zirpenden Ton hören, den man mit dem entfernten Schwirren des Ziegenmelfers (Caprimulgus euro- paeus) verglichen hat. Gleich nach der Paarung beginnt das Brutgeſchäft des Weibchens. Um jeine zahlreihen Eier abzulegen, bereitet e8 ein förmliches Neſt, indem es einige Ihnedenfürmig gewundene Gänge und in der Mitte derjelben, bis etwa 10,5 em unter der Erde, eine Höhlung von der Geftalt und Größe eines Hühnereies gräbt. Die Wände werden mit Speichel befeuchtet, gut geglättet und auf ſolche Weiſe gewiſſermaßen ausgemauert, jo daß man bei gehöriger VBorficht das ganze Neſt als eine hohle, gerundete Erdicholle herausheben fann. Yon ihm aus führen nad) verjchiedenen Eeiten einige mehr oder weniger gerade, flache Gänge, die ſich al3 etwa 19,5 mm breite Aufmwürfe kenntlich machen, außer: dem einige jenfrechte nach unten, die teils dem Weibchen als Zufluchtsort bei nahender Gefahr, teild der Brutjtätte zum Abzug ftarker Näſſe und zum Trodenhalten dienen. Ein jolder Bau wird an einer offenen, unbeſchatteten Stelle angelegt und der Naum über dem: jelben durch Auflodern des Erdreich und durch unterirdifches Abfreſſen des Pflanzen: wuchſes dem Einfluß der Sonnenwärme erjchlojien. Das plagweile Abjterben der Bilanzen, unter denen zolldide Stauden jein fünnen, verrät am beiten einen Brutplaß. Die Zahl der Gier, welche man in einem Nejte findet, bleibt fich nicht gleich, durchichnittlich faıın man 200 an: nehmen, hat aber auch jchon über 300 angetroffen; eine bedeutend geringere als die erite Zahl weilt darauf hin, daß das betreffende Weibchen mit jeinem Gejchäfte noch nicht zu Ende war, da dasjelbe nicht auf einmal abgethan ift. Nach Beendigung desjelben ftirbt es nicht, hält fich vielmehr in der Nähe des Neſtes in einem jenfrechten Gange, mit dem Kopfe nad) oben jigend, wie Wache haltend, auf. Wenn man deshalb behauptet hat, es „brüte“, fo liegt darin mindejtens eine zu Jrrungen Anlaß gebende ungejchiette Ausdrucksweiſe, Richtig ift, daß es noch lebt, wenn die Jungen ausfriechen, und daß e3 viele derjelben auffrißt; ob es aber, wie gleichjall$ behauptet wird, in fait fenfrecht angelegten Nöhren tief unter der Erde mit dem Kopfe nach oben überwintert, bezweifle ich, glaube vielmehr, daß es vor Anfang des Winters ftirbt. Drei Wochen etwa liegen die grünlich gelbbraunen, feſtſchaligen Eier von länglicher, ſchwach gedrüdter Geftalt, ehe die Larven ausjchlüpfen. Yon Mitte Juli an pflegt dies ge- ſchehen zu jein, doc) beobachtet man auch von jegt ab noch hier und da jriich gelegte Eier, ja Ratzeburg fand folde einmal noch am 6. Auguft. In den eriten 3—4 Wochen bleiben 606 Sechſte Ordnung: Kauferfe; zwölfte Familie: Ohrwürmer. die Jungen beifammen, wühlen nicht und ernähren fich von den Pflanzenreiten in der Sartenerde oder den lebenden Würzelchen in der Umgebung ihrer Geburtsftätte. Jetzt häuten ſie jich zum erſten Male, werden lebhafter und zerftreuen fi. Ende Auguft, aljo abermals nad) 3—4 Wochen, erfolgt die zweite Häutung und Ende September die dritte, nad) welcher jie eine durchichnittliche Größe von 26 mm erlangen. Zum Winterſchlaf graben fie fi etwas tiefer in die Erde ein. Bald nach dem Erwahen im Frühjahr häuten fie fih zum vierten Wale und befommen dabei die Flügelfcheiden. Ende Mai over etwas jpäter erjcheint der vollendete Erdfrebs, jo genannt wegen des großen Halsſchildes. In allen übrigen Groteilen leben jehr ähnliche Arten. — Die beiprochene und noch zahlreiche andere Gattungen bilden in ihrer Geſamtheit die dritte und legte Familie der fpringenden Kaukerfe, die der Srabheujhreden (Gryllidae), melde fih in ihren Grundformen durch die in der dveutichen Benennung ausgejprochene Lebensweiſe ſowie dadurd, daß fie nicht im Eiftande überwintern, und durch den drehrunden, plumpen Körper von den vorangegangenen unter: ſcheiden, aber auch eine Menge von Übergangsformen zu den Locuftinen aufzuweiſen haben. Der große Ohrwurm (Forficula oder Labidura gigantea, Fig. 1, ©. 607) von 11 bis 13 mm Länge mag uns hier im Bilde eine Eleine, über die ganze Erdoberfläche ver: breitete Familie Forficulidae (Dermaptera) vergegenwärtigen, welde engliiche Forſcher zu einer eignen Ordnung erhoben wiſſen wollen, während Leute, welche e3 nicht befjer ver- jtehen, Käfer daraus machen möchten, was ihnen nicht zu verdenfen, da Fueßlin fie noch 1775 als „Zangenkäfer“ an das Ende diejer Ordnung ftellt. Als ih Mitte Juli auf einer öden Sandfläche in der Nähe von Halle mehrere vereinzelt umherliegende Steine aufhob, fuhr hier und da, durch die plögliche Helligkeit erfchredt, das abgebildete Tier hervor, um möglichft ſchnell einen anderen Verſteck in der Dunkelheit aufzuſuchen, was ihm aber nicht gelang; auch einige Kleinere Weibchen und Larven famen zum Vorſchein, und die noch lichte Farbe der Erwachjenen wie le&tere lieferten den Beweis, dab die rechte Zeit für die Tiere noch nicht gefommen war. Der Körper war mit Ausnahme der Augen, einer braunen Mittel: partie des Hinterleibes und eines Striemens von gleicher Dunkelheit über jeder Flügeldede, welche ſich mit Unterbrehung auf das Halsichild fortjegte, licht gelb gefärbt. Die Zange der Yeibesipige macht jeden Ohrwurm als folchen kenntlich. Diejelbe dient zur Verteidigung, denn fie kneipen mit ihr wütend um fi, wenn fie am vorderen Körperteil erfaßt werden, aber auch gleichzeitig zum Entfalten und Zujammenlegen der Flügel. Wer fi darüber wundern jollte, wenn er hört, daß die Ohrlinge fliegen, der betrachte nur ihren Nittel: rüden etwas genauer. Hinter dem Halsjchild bemerkt man zwei vieredige Blatten, offen: bar die mehr lederartigen Flügeldeden. Diejelben ſcheinen einzeln in ein ſtumpfes Spigchen von lichterer Farbe auszulaufen, welches auf unferem Bilde deutlich hervortritt. Diefe Anſchauungsweiſe beruht aber auf Täuſchung. Vielmehr liegen die beiden derben Spitchen unter jeder der gerade abgeftugten Deden und find der allein fihtbare Teil der außer: ordentlich breiten, auf das zierlichite zufammengefaltenen Hinterflügel. Ein jeder derjelben beitehbt aus eben diejem lederartigen Teile an der Vorderrandwurzel und aus einem drei: mal jo langen, in ver Spannung halb ovalen, häutigen Teile. An legterem wieder läßt jich ein vorderes Feld von der doppelten Breite der Lederſchuppe, nach hinten durch eine träftigere Längsader begrenzt, von dem übrigen, ftrahlenartig geaderten Stücke unter: ſcheiden. Die acht Strahlen entjpringen aus der Hauptader und zwar am Ende der Leder Ihuppe, wo jene ein Gelenk hat, find einzeln hinter ihrer Mitte Schwach geknickt und mit einem Hornfledchen verjehen; regelmäßig geftellte Queradern ftügen die Haut nad der Großer und gemeiner Ohrwurm. 607 anderen Richtung. Sol nun der Flügel gefaltet werden, fo ſchlägt fich der Hinterrand bis zu den Hornfledcehen der Strahlen nad) oben um (erite Zage), dann der jo gefürzte Flügel vom vorderen Gelenke aus fäherförmig zufammen (zweite Lage), diefer Fächer unter das breite Stücd des Vorderfeldes (dritte Lage), und zuletzt jchiebt fich diejes der Länge nad) zujammengeflappt unter die allein fihtbare Lederjchuppe (vierte Lage). Wer mit Aufmerf: ſamkeit den Flügel eines Ohrlinges entfaltet und wieder zufammenlegt, kann fich bei großer Vorſicht jelbit von der Nichtigkeit dieſes Faltenlabyrinths überzeugen, wie es die au$- gebreiteten Flügel des gemeinen Ohrwurmes in unjerer Abbildung vergegenmwärtigen. Was die übrigen Körperteile anlangt, jo iſt der freie, etwas geneigte Kopf herzförmig, trägt Feine Tunftaugen, an den Seiten aber runde Netaugen, unter denen fich die 12 — 40 gliederi- gen Fühler einlenfen. Die Mundteile weichen im wejentlichen nicht von denen der vor: angegangenen Geradflügler ab, nur daß das große, vieredige Kinn faft die ganze Unterfeite des Kopfes dedt und die Unterlippe bloß aus zwei gerundeten Zappen befteht. Den meiſt am letzten Ende etwas breiter werdenden Hinterleib, welcher ſich jeitlich rundet, jegen neun Glieder zujammen, jedoch verfümmern da— von- beim Weibchen zwei vollitän- dig und das legte am Bauche. Die zahlreichen Arten unterjcheiden fih an den Zangen, welche jogar für die Gejchlechter derjelben Art abändern, an den Fußgliedern, der vollfommneren oder mangelhaften Flügelbildung, der Form des Rückenſchildes und anderen Merk: malen, und wurden neuerdings auf eine Neihe von Gattungen verteilt. Sp hat man beim großen Ohrwurm auf die abgebildete Form der männlichen Zange und den Zahn hinter ihrer Mitte Rücklicht zu nehmen. Bei der bedeutend Fürzeren weiblihen Zange find die Flügel am Grunde genähert und gezähnelt, aber ohne Zahn hinter der Mitte. Die Fühler beitehen aus 27-30 Gliedern. Diese intereffante Art kommt hier und da vereinzelt in Europa (Deutſchland, England 2c.), aber auch in Vorderalien und im Norden von Afrika vor. Der gemeine Ohrwurm (Forficula auricularia, Fig. 2) ift überall in Europa zu Haufe, aber nirgends gern gejehen. Der Gärtner kennt ihn als Zeritörer feiner beiten Nelfenblüten und Georginen und jeßt Blumentöpfchen oder Hornſchuhe von Klauentieren auf die jenen beigegebenen Stäbe, um ihm einen angenehmen Schlupfwinfel darzubieten, aus welchem er ihn zur Vertilgung herausflopft. Neuerdings empfehlen andere, ihn als Vertilger von Blattläuſen zu jchonen. Dem Kinde wird der Genuß der Beeren verleidet, wenn ein Ohrwurm nach dem anderen aus dem Dunkel der dicht gedrängten Weintrauben herausfpaziert,; die Köchin wirft entrüftet den Blumenkohl von fih, wenn beim Abpugen und Zergliedern des Kopfes das braune Ungetüm mit jeinen drohenden Zangen an das Tageslicht fommt. Der gemeine Mann meint, er müſſe jeine Ohren vor ihm jehügen, damit er nicht hineinfriehe und das Trommelfell zerfneipe. Aber auf unjere Ohren hat er es troß feines Namens am wenigften abgejehen. ES mag vorgefommen jein, daß er dem einen oder anderen Menjchen, welcher leichtfinnig genug war, ſich in das Gras jchlafen zu legen, in das Ohr gefrochen ift, weil er dergleichen dunkle Veritede liebt. Welche Gefahren bei der eben bezeichneten Unvorfichtigfeit noch von ganz anderen Seiten drohen, wurde ihen früher hervorgehoben, und darum feßt fich ihnen der Verftändige lieber nicht aus. 1) Männden des großen Ohrwurms (Labidura gigantea), 2) de3 gemeinen Ohrwurms (Forficula auricularia), der fliegende vergrößert. 8 Eechite Ordnung: Kauferfe; zwölſte u. dreizehnte Familie: Ohrwürmer u. Blajenfüßer. d Ö Der gemeine Obrling bat eine glänzend dunfelbraune Färbung, welche an den Beinen, den Rändern des Halsichildes und an der Wurzel der 15gliederigen Fühler durch Gelb, am Kopfe vorherrichend durch Noftrot erjegt wird. Auf dem legten Hinterleibzglied lafjen fich vier Höckerchen unterjcheiden. Die Zange des Männchens ijt an der Wurzel breitgedrüdt und innen aezahnt, dann aber drehrund, zahnlos und ftarf in ihrer Mitte nach außen gebogen. Die weibliche gleicht einer Drabtzange, indem ſich ihre Flügel an der Innenſeite berühren und mit den Spitzen janft nach oben biegen. Die Körpergröße ſchwankt zwiſchen 8,75 und 15 mm, von denen die geringeren Mafzahlen immer den Weibchen zufallen. Der gemeine Ohrwurm überwintert im vollfommenen Zuftand, um die Art im nächſten Jahre fortzupflanzen. Sein früheres oder jpäteres Erwachen in diefem hängt natürlich) von der Witterung ab; ich jah ſchon am 1. Februar ein Männchen bevächtigen Echrittes an einem Baumſtamm hinaufwandeln und fand einige Jahre jpäter (am 19. Februar 1874) unter Moos auf feuchtem Sandboden ein Häufchen gelblicher Eier und daneben einen mweib- lihen Ohrwurm. Gehörten beide zufammen, jo batte entjchieden der milde Winter die zeitige Ablage befördert. Dieſe Zulammengehörigfeit war mir aber noch nicht erwiefen, und ih nahm daher den Fund mit nad) Haufe. Die fehr elaftiichen, vollfommen trocknen Eier mußten mit einem Pinſel aus dem, auf dem Heimmege teilweife getrodneten und daher auseinander gefallenen Sande mühſam ausgelefen werden. Mit dem Eande erfüllte ih nun den Boden eines Leinen Fläjchehens, brachte den Ohrwurm hinein und ließ die Eier, 12—15 an Zahl, hineingleiten, welche fich dabei auf der Oberfläche zerftreuten. Jetzt ſollte fich entjcheiden, ob fih der Chrwurm als Mutter zu denfelben befennen würde, denn ich hatte gelejen, daß er die zeritreuten Eier auf einen Haufen zuſammentrage. E3 war Abend, als diefe Wohnungsveränderung vor fih ging, und der Ohrwurm viel zu jehr mit der Neu: heit jeiner Lage bejchäftigt, um fi) auf andere Dinge einlajjen zu können. Am anderen Morgen jedoch lagen die Eier auf einen Häufchen und wurden von der Bruft der jorg- jamen Mutter bededt. In diefer gleichſam brütenden Stellung ließ fie fich fat immer be- treffen. ALS die Eier gelegentlich durch jehr ſchiefe Etellung des Gläschens vorherrſchend auf die Glaswand geraten waren, bettete fie diejelben nach der anderen Eeite in eine vor: her auf dem Sande angebrachte, leichte Vertiefung, kurz, fie zeigte die größte Fürjorge für die Keime ihrer Nachfommen. Collte etwa Beleden oder jonjt welche Beeinflufjung auf die Eier deren Entwicelung befördern ? Die Krone einer friihen Blüte von Primula chinensis, die Meichteile einer tot: gedrücdten Fliege, welche von Zeit zu Zeit erneuert wurden, ſowie einige weiche Inſekten— larven bildeten jet und fpäter die gereichte Nahrung, von der die pflanzlichen die merk: lichiten Zeichen der Benußung an den Tag legten. Am 7. März zeigten fich die erjten weißen Lärvchen, und bald nachher waren jämtliche Gier verjchwunden. Es jei noch be: merkt, daß ihr Feiner Zwinger in der Jenfternähe eines geheizten Zimmers ftand, und daf ih früher (am 5. Mai 1866) unter einem platten Eteine eine Alte mit ihren Jungen im Freien angetroffen hatte. Die Lärvchen frochen öfters unter die Alte oder auf ihr umher, zeigten jedoch in jeder Beziehung Eelbjtändigfeit und benagten aud bald die Primelblumen. Am 30. März hatte ich den Sand angefeuchtet, und weil die Wafjerteilchen nicht fehnell genug aufgefogen wurden, mochte der kleinen Gefellichaft der Boden etwas zu feucht fein; denn fie ſaß an den Wänden des Fläſchchens, was ich von einzelnen Larven ſchon öfters, von der Alten aber bisher noch nie beobachtet hatte. Bei diefer Gelegenheit zählte ich nur fieben Larven von etwas verjchiedener Größe. Die fräftigiten maßen ohne Zange 6 mm, eine achte war aus ihrem nicht vollkommen gejchloffenen Gefängnis entwichen und fand fich ſpäter im Unterjeger eines benachbarten Blumentopfes. Daß die Alte fich an ihrer Brut vergriffen Gemeiner Ohrwurm. Blafenfüßer: Körperbau. 609 hätte, war nicht anzunehmen. Degeer hatte feiner Zeit auch eine kleine Ohrwurmfamilie beobachtet und berichtet über diejelbe, daß die Mutter nicht mehr lange gelebt habe und von ihren Nachfommen aufgefreffen worden fei, wie legtere auch die Zeichen derjenigen ihrer Brüder verzehrt hätten, welche zufällig geitorben waren. Am 21. April gab ich meinen Pfleglingen eine größere Wohnung, wobei fich nur noch drei Larven vorfanden und der Sand ſtark durchwühlt erſchien, gleichzeitig jeste ich ein hinter Baumrinde aufgefundenes Männchen hinzu. Dasfelbe verhielt jich vollkommen teil- nahmlos zu der Geſellſchaft, welche überhaupt in ihrem Gebaren einen langweilenden Ein: druck machte. Nachdem ich einige Tage nicht nach ihr gejehen hatte, fand ich am 19. Mai den vorn verftümmelten Leichnam der Mutter und die nur noch zwei vorhandenen Larven damit beſchäftigt, an gleicher Stelle den Körper des toten Männchens anzufreſſen; auch ſchienen fie die Häute verzehrt zu haben, die ich früher umberliegen gejehen hatte und jeßt vergeblich fuchte. Sie hatten eine Länge von 9 mm mit Ausihluß der Zangen er- reiht und ſchon merklich deutliche Flügelitumpfe. Ich tötete fie und bewahre fie in meiner Sammlung als Erzeugnifje eigner Zucht auf. Wir haben in dem gemeinen Ohrwurm (jedenfalls auch in jeder anderen Art diejer Fa— milie) ein weiteres Beifpiel neben der Maulwurfsgrille unter den frei lebenden und neben der Küchenſchabe und dem Heimchen in unjeren Behaufungen, wo die Mutter gegen die jonft allgemein geltende Negel bei den Kerfen, daß ſie ihre Nachfommen nicht erblidt, längere Zeit in deren Gefellihaft verlebt, ohne dab man bisher einen vernünftigen Grund für diefe Ausnahmeeriheinung hat auffinden fünnen. — Noch zwei bedeutend Fleinere und daher wenig befannte Ohrwurmarten fommen außer den beveit3 genannten bei uns vor, die jedoch mit Stillfehweigen übergangen werden müſſen, jo anziehend die Lebens: weije diefer Familie nach dem bisher Mitgeteilten auch jein dürfte. Eine Anzahl winziger Tierchen, welche hinfichtlich ihrer allgemeinen Körpertracht und der Beweglichkeit des ſchlanken Hinterleibs den Ohrlingen ähnlich find, durch den ſchief von oben nad unten und hinten gejtellten Kopf aber den Echaben gleichen, der Eigentümlich— feiten jedoch jo viele haben, daß fie weder mit den einen noch mit den anderen verbunden werden fünnen, vereinigte Haliday unter dem Namen Thysanoptera (Franjenflügler) zu einer bejonderen Ordnung. Die deutjchen Entomologen der Neuzeit jchließen fie al3 Blaſen— füßer (Physopoda) den Geradflüglern an, objhon die Mundbildung eine wejentlich andere ift und die winzigen Wejen als Bindeglied zwijchen dieſe und die folgende Ordnung treten läßt. Der Kopf erfeheint walzig, weil fih der Mund rüfjfelartig verlängert. Die Oberlippe, feitlich die Kinnladen und von der Unterjeite die die größte Partie bildende, an den Seitenrändern über die Oberlippe übergreifende Unterlippe, letztere beiden Bejtandteile mit 1—Igliederigen Taftern verjehen, bilden das fegelfürmige Futteral für die in Stech— borjten verwandelten Kinnbaden, welche den Saft jaugen, nachdem die Oberhaut der be: treffenden Futterpflanzen abgejhabt worden it. Zwiſchen den großen Augen entipringen auf dem Scheitel die höchſtens neungliederigen Fühler, und dahinter lafjen jich bei den meijten auch Punktaugen entdeden, alles dies natürlich nur bei jehr guter Vergrößerung; denn die meiften dieſer Heinen Wejen erreichen nicht die Yänge von 2,25 mm und übertreffen fie nur in jeltenen Fällen. Der vorderjte Bruftring ift ſchmäler al3 die beiden folgenden, denen die lanzettförmigen, außerordentlich ſchmalen und ftark befraniten Flügelchen anfigen. Sie alle vier bedürfen, weil derb, kaum der Adern; öfter bunt gefledt oder bandiert, liegen fie flach auf dem Hinterleib, verfümmern auch mehr oder weniger oder fehlen gänzlich. Eine Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 39 610 Sechite Oron.: Kauferfe; dreizehnte u. vierzehnte. Fam.: Blafenfüßer u. Borſtenſchwänze. weite Sonderbarkeit diejer Kleinen Weſen befteht darin, daß die meiſt zweigliederigen Füße nicht mit Klauen, fondern mit runden Hafticheiben enden, von welchen die dDeutjche Benennung „Blajenfüßer“ entlehnt ift. Nach der verjchiedenen Bildung des zehngliederigen Hinterleibes bat man die Blafenfüßer in zwei Sippen zerlegt. Bei der einen, nur zwei Gattungen (Phloeothrips oder Idolothrips) umfafjenden ericheint für beide Geſchlechter das legte Glied röhrenartig verengert, daher die Bezeihnung Nöhrenblajenfüßer (Tubulifera). Bei den weit zahlreicheren anderen, neuerdings auf mehrere Gattungen verteilten Arten birgt im weib- lichen Geſchlecht das legte Glied eine zweillappige Zegröhre (Terebrantia, Bohrblajen: füßer). Legtere jchneiden die Futterpflanze an und legen ihre lichten, nierenförmigen Eierchen in die Wunde einzeln ab, während jene die gelbbraunen oder braunen, länglich: ovalen Eier äußerlih an die Blätter oder Blütenteile einzeln, auch in Fleineren Häufchen, anheften. Die Ablage der Eier nimmt in allen Fällen mehrere Wochen in Anſpruch, wegen des allmählichen Neifens derfelben im Gieritod, die Entwidelung derjelben nad dem Ab: legen und der ihnen entjproffenen xarven ſchreitet ader jchnell vorwärts, jo daß mehrere Bruten im Kahr zu ftande fommen. Nach der vierten Häutung treten = die erſten Flügelftumpfe bei den geflügelten Arten auf, dann erfolgt no eine Häutung, nach welcher bis zum legten Hautwechjel die Larve (oder Buppe, wie andere dieſe Entwidelungsitufe nennen wollen) feine Nahrung mehr zu fich nimmt und geringere Beweglichkeit zeigt. Die In 7 Männchen jcheinen weniger zahlreich zu fein als die Weibchen und PALFR ſchwieriger aufzufinden. ae Alle Blajenfüher können Hinfihtlic ihrer Aufenthaltsorte in drei ihwänzigen Blafen- Gruppen geteilt werden. Die einen leben vorherrſchend in Blüten, be et jonders der Kompofiten (Taraxacum, Georginen u. a.), ferner Arme- vergrößert. ria, Scabiosa, Dolden, Grasähren, und bejonders find es die Blätter der Kelche und Hüllfeldde, zwiſchen denen fie fih aufhalten, und wo auch die Eier abgelegt werden. Hierher gehören die meilten heimischen Arten und viele Röhrenblaſenfüßer; fie find die lebhafteften und flugfertigiten. Cine andere Gruppe be- wohnt die Unterfeite der Blätter und zeichnet fi durch geringere Beweglichkeit aus; hierher gehören die meift eingejchleppten Arten in unferen Warmhäuſern. Andere endlich finden fih an allen anderen Pflanzenteilen, ven Wurzeln, hinter Ninde, zwiſchen Flechten und Baumſchwämmen jowie unter trodenen und faulenden Begetabilien. Die einen find auf gewiſſe Pflanzennahrung angewiefen, andere wieder find feine Koftverächter. Die frei leben: den jcheinen meift im vollfommenen Zuftande (Larven finden fi) auch) zu überwintern, die Bewohner der Warmhäufer kennen feine Unterjchiede in den Wärmeverhältniffen und jomit auch keine Winterruhe. Hier find es namentlich zwei Arten, welche den verſchiedenſten Warm: hauspflanzen zuſprechen und durch ihre Thätigkeit das frühe Abfallen der Blätter zum Ber: derben der betreffenden Pflanze veranlafjen. Der Gärtner pflegt fie und wohl noch andere unter dem Sammelnamen der „ſchwarzen Fliege“ zufammenzufafjen. Die eine, größere, durch ſchwarz gebänderte, weißliche Vorderflügel ausgezeichnete Art ift der Heliothrips dracaenae I/eeger, die andere der hier abgebildete rotſchwänzige Blajenfuß (Helio- thrips haemorrhoidalis Bouche). Diefer ernährt fich Hauptjächlich von den Blättern der Ficus retusa, Begonia cebrina und anderen. Nach S—10 Tagen jchlüpfen die Larven aus den Eiern, haben eine blaß rötlichgelbe Farbe, Feine Nebenaugen, feine Flügel und weiße, nur dreigliederige Fühler; in Zwijchenräumen von gleicher Dauer erfolgen, wie früher an- gegeben, die vier Häutungen, bei deren legter die Flügeljtumpfe auftreten, und dann die Puppenruhe“, während welcher feine Nahrung mehr genommen wird. Anfangs färbt ſich der Körper dunfel, die Gliedmaßen bleiben weiß, bis nach Verlauf von 6—8 Tagen und 249 Rotſchwänziger und Getreide-Blaſenfuß. 611 letztem Hautwechſel die Geſchlechtsreife eintritt. Das höchſtens 1,12 mm lange Tierchen ift dann am Körper mit Ausfehluß der rötlihen Leibesſpitze ſchwarzbraun gefärbt, an Fühlern und Beinen blaßgelb, an den Flügeln trüb weiß. Um auch einer einheimischen Art zu gedenken, ift bier der Getreide-Blajenfuß (Limothrips cerealium Hal.) abgebildet. Seine erite Brut, die orangegelbe, an den beiden Leibesenden ſchwarze Larve, tritt zuerit an der Innenſeite der oberiten Blatt: ſcheide auf, findet fich aber fpäter in den Ähren und an den noch weichen Körnern von Roggen und Weizen. Sm geichlechtsreifen Zuftand er: jcheint das Tierchen dunfelvoftrot bis ſchwarz, mit ftrohgelben Füßen, Vorderſchenkeln und Gelenkeinjchnitten des Hinterleibes. Nur die Weib: ben find geflügelt. Mit diefer Art untermifcht, etwas vor ihr auf: tretend, wird demjelben Getreide eine zweite, weitverbreitete Art ſchäd— lich, die Phloeothrips armata Lindemann. Die roten Lärvchen juchen die noch eingehüllte junge Ahre auf und ernähren fich von deren Säften, nachdem fie den an den Spelzen fißenden Eiern entichlüpft find. Wenn die zweite Brut zum Abihluß gekommen ift, gehen durch die Ernte von diejer wie von jener Art viele Thripfe zu Grunde, andere werden mit eingeerntet, und noch andere begeben fi nad) den noch Jaftigeren Ge— treidearten und anderen Gräjern, auf welden fie ſchon während des geibchen des Getreide Sommers angetroffen werden. Blajenfußes (Limo- Schließlich fei no) erwähnt, daß Pergande ein Verzeihnis der MP — Su europäiichen Thysanoptera geliefert hat in dem engliſchen „Pntom. Monthl. Mag.“ 1882 und Dr. 8. Sordan eine gründliche Arbeit über „Anatomie und Bio- logie der Physopoda” („Zeitjehr. f. wiljenid. Zoologie”, Bd. 47, Tfl. 36—33). Unter dem Namen Thysanura, auf deutih Borftenfhwänze, vereinigte Zatreille eine Neihe jonderbarer Wejen, welche fich durch vollfommene Flügellojigfeit, Gruppen ein: faher Augen an Stelle der zufammengefegten, durch lange Fühler und entjprechende An hänge am Leibesende, eigentümlihe Beſchuppung oder Behaarung des geitredten, un— gemein zarten und weichen Körpers und durch ihre verftedtte Lebensweiſe auszeichnen, zu einer bejonderen Kerfordnung, welde von den neueren Syftematifern angenonmen, zwijchen die Inſekten und Taujendfüßer geftellt und, um anzudeuten, daß man es hier mit den niedrigiten und älteften Formen aller Inſekten zu thun hat, auch als die der Urinjeften (Apterogenea) bezeichnet worden ift. Burmeiſter wies ihnen zuerjt bei den Orthopteren einen Platz an, wo wir fie auch belafjen. Sie gliedern fich naturgemäß in die beiden Fa— milien der Borjtenfhwänze (Thysanura) und Springſchwänze (Collembola, Poduridae). Die erftern haben einen gejtredten, oben flach gewölbten Körper, welchen meift zarte Schuppen von metalliihem Glanz in ähnlicher, hinfälliger Weiſe deden, wie die Flügel beim Schmetterlinge. An dem geneigten Kopfe figen lange, vielgliederige Boritenfühler, dahinter ein Häuflein einfacher Augen. An den Kaumerkeugen ragen die an dem Kiefer bis zu 7, an der Lippe dagegen manchmal nur aus 2 Gliedern zufammengejegten Talter hervor. Die 3 Bruftringe, bejonders der erſte, zeichnen ſich vor den 10 jolgenden des Hinterleibes durch beveutendere Größe aus und erinnern, wie die Bildung der Beine, an die Schaben. Die Schenkel find did, die Schienen furz, am Ende bedornt, die Fühe zwei: oder dreigliederig und befrallt. Die Leibesjpige läuft meijt in drei gegliederte Borſten aus. 39* 612 Sechſte Ordnung: Kaukerfe; vierzehnte u. fünfzehnte Familie: Borften: u. Springſchwänze. Zu den verbreitetiten und befannteften der wenigen Borſtenſchwänze gehört der Zuder: gaſt oder das Fiſchchen (Lepisma saccharina), ein fehr flinfes, oben jilberbejchupptes, unten, an den Beinen und Fühlern gelbliches Tierchen, welches fi) mit Vorliebe in Vor: ratsräumen und in alten Wohnhäuſern verborgen hält und nicht gern gejehen wird, denn man gibt ihm ſchuld, daß es gleich Mot: ten Wolle, aber auch Leinenzeug, Bapier, jelbjt Leder annage und durch jeine ver: borgene Thätigfeit jchädlich werde. Die drei ziemlich gleihen Echwanzboriten, zwei Glieder an den Füßen, fünfglie- derige Tafter der Kiefer, an denen ſich eine belmförmige äußere und" hafige innere Lade unterjcheiden lafjen, zeich- nen das Fiſchchen aus. Nach mehrmali: gen Häutungen, bei denen feine Form: veränderung eintritt, erlangt es jeine volle Größe und Fortpflanzungsfähig- feit. Mit einer Neihe weiterer Arten bildet e3 die Sippe der Lepismidae, welcher fich noch die Japygidae und Campodeidae anfchliegen. Zuckergaſt (Lepisma saccharina). Natürliche Größe und ver: größert. Mannigfaltiger gejtalten fi) die Formen der Springſchwänze (Poduridae), welche in der Kegel ihren Kopf wagerecht am walzigen Körper vorjtreden, dejjen erjter Bruftring kürzer al3 jeder der beiden folgenden, gleich großen zu jein pflegt, und dejjen Hinterleib aus ſechs oder auch nur aus halb jo vielen Gliedern beiteht. Born am Kopfe fißen die 4— 6gliederigen, derben Fühler, dahinter in Gruppen die einfachen Augelchen zu 4-8, jelten zu 20. Die Mundteile find zwar nachzumeifen, aber jehr jehwer zu erkennen und tajterlos im Unterkiefer. Die plumpen Beine gehen in nur ein zweilappiges und befralltes Fußglied au. Daß die Tiere jehr gut hoch und weit ſpringen können, verdanken fie nicht jenen, jondern dem gabelartigen Anhang an der Leibesipige, welchen ſie unter dieje ſchlagen und wie Springftangen benugen. Die Schnellkraft ift jo bedeutend, daß bei einer Art, dem Waſſerfloh (Podura aquatica), die Waflerflähe als Stüßpunkt dient. Im Frühjahr nämlich fieht man jtehende Gewäſſer und Pfügen manchmal mit breit ſchwarzem Nande eingefaßt, als wenn Schießpulver ausgejtreut wäre; ftört man hinein, jo hüpfen die Körn— hen jo leicht auseinander, als wären fie angezündet. Alle Springſchwänze bedürfen zu ihrem Gedeihen einen gewiſſen Grad von Feuchtig: feit, daher findet man fie unter nafjem Laube, hinter der Rinde faulender Bäume, auf Waſſer, ja auf Eis und Schnee, wie beijpielsweije die eben genannte Art. Meijt legen fie zahlreiche Eier in mifrojfopijcher Kleinheit. Nicolet, dem wir eingehende Unterfuhungen über dieje interejjanten Weſen ver: danken, fand bei einem Weibchen 1360 Stüd. Diejelben Jind glatt, bisweilen aber auch durch Behaarung raub, Gletjderfloh (Desoria glacialis). — ———— oval, länglich oder kugelrund. Vom Legen des Eies bis zur Entwickelung des Embryos vergehen ungefähr 12 Tage. Die winzigen Jungen haben einen verhältnismäßig großen Kopf und einen kurzen Hinterleib. Der nächſten Häutung, mit welcher der Körper ſeine unveränderliche Geſtalt erhält, folgen in Zwiſchenräumen von 12—15 Tagen zahlreiche weitere Häutungen nad). Zudergaft. Wafjer-, Gletfher: u. Schneefloh. Zottiger u. bleigr. Springſchwanz. 613 Zu den interefjanteiten Arten gehört der Gletſcherfloh (Desoria glacialis, Abbild. ©. 612). Sn einer Gegend, wo die Sonne nichts beſcheint als Eis, Eiswaſſer und Stein, wo fie die untere Luftſchicht kaum über den Gefrierpunft zu erwärmen vermag, da lebt das ſchwarze, durchaus haarige Tierchen, welches zu Ehren feines erjten Entdeders Dejor feinen wiljenihaftlichen Namen erhalten hat. Vor ungefähr 48 Jahren ward es am Monte Roja, bald darauf auch auf dem Unter: Nargletiher und auf den beiven Grindelwaldgletichern ges funden. Die Fühler find viergliederig, die Springgabel gerade, und die Augen gruppieren fich zu fieben jederjeits. Nicolet ftellte verjchiedene Verjuche mit den Gletjcherflöhen an und fand, daß fie fi in Waffer von +24 Grad Eelfius behaglich fühlten und erſt bei +38 Grad Gelfius ftarben; diejelben Tiere, welche der wärmeren Temperatur ausgejegt gewejen waren, ließ Nicolet bei —11 Grad Celſius einfrieren und 10 Tage im Eiſe liegen, und als er dasjelbe ſchmolz, hüpften fie wieder munter umher, ein abermaliger Beweis dafür, welche Lebenszähigkeit dem Geziefer, und oft dem zar: tejten, innewohnt, wo man fie am wenigiten ſucht. Der Schneefloh (Podura [Degeeria] nivalis) it gelbgrau und auf dem Hinter: leibsrüden ſchwarz gezeichnet. Der zottige Springſchwanz (Podura |Orchesella] villosa) gehört zu den bunte: jten, in dem dengelbroten Körper ſchwarze Bin: ven bededen; er hält fih gern im Gebüjch auf, unter dem bherabgefallenen Laube in Gejell: Ichaft des bleigrauen Springſchwanzes(Po— dura [Tomocerus] plumbea), dejjen Körper außer Haaren auch Schuppen deden; er hat jehr lange, wenn auch nur viergliederige Füh— ler, eine lange Springgabel und ein auf: fällig verlängertes drittes Hinterleibsglied. Beide erreichen eine Yänge von 3,37 mm. Beim Durchſuchen ſolch dumpfer Ortlichkeiten ftoßen uns noch zahlreiche ähnliche Weſen auf, welche in den Hauptmerfmalen fich als Springſchwänze zu erkennen geben, wenn die ein: zelnen auch wieder ihre Eigentümlichfeiten haben, infolge deren fich die Forſcher veranlaft jahen, aus der urjprünglichen Gattung Podura Linnes einige 20 neue Gattungen zu bilden und auf 5 Sippen zu verteilen. BZottiger Springſchwanz (Podura villosa). Vergrößert und natürliche Größe. Kauferfe begegnen dem forfchenden Blid auf dem Lande und auf dem Waller, an Blumen und Sträudern wie zwifhen verwejenden Pflanzenftoffen, im Dunkel unjerer Wohnungen wie im fonnendurcdleughteten Luftmeer, auf den üppig grünenden Wiejen unten im Thale wie auf den ewigen Schneefeldern der Berggipfel, ja an dem fajt allein noch möglihen Orte: auf den — — Leibern warmblütiger Tiere. Es gibt unter ihnen auch Schmaroger, welche aber nicht von dem Blute jener zehren, jondern von den Haaren ihres Felles, wie die Haarlinge, oder von den weiheren Teilen ihres Gefieders, wie die Federlinge. Die Pelzfreſſer (Mallophaga), wie man fie mit gemeinfamem Namen nennt, gleichen ihrer äußeren Erſcheinung nad) fo jehr den Läufen, daß nichts näher Liegt, als fie für ſolche zu halten, und doch darf fie der Kerffenner nicht mit diejen vereinigen, weil fie fein Blut jaugen und darum anders gebildete Mundteile haben. Die Weibchen legen ihre Eier, wie jene, an die Haare oder Federn, und die ihnen entjchlüpften Jungen 614 Sechfte Drdnung: Kauferfe; jechzehnte u. fiebzehnte Familie: Federlinge u. Haftfüßer. haben vollflommen die Gejtalt der Alten, befommen aber erſt nach mehrmaligen Häutungen die richtige Ausfärbung und Feitigfeit der Körperbevedung. Da die meiſten diejer Tiere die Länge von 2,25 mm faum erreichen, wenige diejelbe übertreffen, verborgen leben und nach den Tode ihrer Wohntiere diejelben zu verlaffen pflegen, jo fommen die meiften nur demjenigen zu Geſicht, der im befonderen Intereſſe für fie nach ihnen ſucht und die großen Schwierigkeiten, welche ſich ihrer Erforſchung entgegenftellen, nicht [cheut. Neuerdings werden jie von manden Syftematifern mit den echten Läuſen vereinigt und als legte Unterordnung (Aptera, Parasita) zu den Schnabelferfen geitellt. Den Belzfrejjern fehlen Flügel und zufammengejegte Augen, fie haben einen flachen, oberhalb ganz oder teilweije von Chitinplatten bededten, ſonſt häutigen Leib, einen gleich: falls harten, jchiloförmigen Kopf, welcher wagerecht vorjteht und die Mundteile an der Unterjeite trägt. Diejelben lafjen furze, Fräftige, bisweilen inwendig gezahnte Kinnbaden erfennen, zapfenförmige, kurze Kinnladen, eine Unterlippe, deren harter Grundteil (Kinn) feine oder viergliederige Lippentafter trägt, während der weiche, durch eine Querfalte davon geſchiedene Vorderteil (die Zunge) vorn tafterartige Anhänge trägt, weldhe früher als Kiefertafter angeiprochen wurden, aber nah Franz Großes Beobachtungen für Neben: zungen erklärt werden müſſen. Die Fühler beitehen aus 3, 4 over 5 Glie— dern und zeigen manche VBerjchiedenheit, je nach dem Gejchlecht und der Art. Den Mittelleib jegen fat immer nur zwei Ringe zufammen, weil die beiden hinterjten miteinander verjchmelzen, den Hinterleib deren = 9 oder 10, von welchen die mitteljten gleichzeitig auch die breitejten find. Pfau-Federling Die Beine pflegen kurz, aber jtarf zu jein, ihre Schenkel flachgedrüdt; ie) Wergröpet der Fuß ift zweigliederig und endigt in zwei Heinen Krallen bei den Feder: lingen, in einer großen einſchlagbaren, das Klettern ermöglichenden bei den Haarlingen. Die Belzfrejjer mit fadenförmigen, drei- oder fünfgliederigen Fühlern und feinen Lippentaftern bilden die Familie der Federlinge (Philopteridae), im Gegen: jaße zu den Haftfüßern (Liotheidae), deren viergliederige Fühler feulenförmig und deren Unterlippe mit deutlichen Taftern ausgerüftet Jind. In beiden Familien kommen Federlinge und Haarlinge in der obigen Faſſung des Begriffes vor. Die auf Raub-, Nage: und Hausfäugetieren verbreiteten Haarlinge der erjten Familie bilden die Gattung Trichodectes, durch dreiglieverige Fühler, nur eine Kralle an jedem Fuße und durch einen I—2gliederigen Naifen am drittlegten Gliede des zweilappig endenden weiblihen Hinterleibes kenntlich. Dieſem Bildungsgejeß unterwerfen fih unter anderen die Hundelaus (Trichodectes latus), durch furze Füße mit ſtark gefrümmter Kralle ausgezeichnet; der Vorderkopf ift abgeftugt und die Hinterede jedes Hinterleibsringes ſcharf. gu den ſchlankfüßigen und faſt geradfralligen Arten gehört die Ziegenlaus (Tricho- dectes climax), deren Kopf vorn breit geftugt und beide legten Fühlerglieder gleich lang find, und die Kuhlaus (Trichodectes scalaris) mit vorn verjehmälertem, drei— jeitigem Kopfe. Die Federlinge der alten Gattung Philopterus zerfallen zur Zeit hauptſächlich in fünf Gattungen. Die Kneifer (Docophorus) zeichnen fich durch einen beweglihen Anhang (Balken) vor den Fühlern aus, leben zahlreich auf Raub: und andern Vögeln, find aber noch nit auf Tauben, Hühnern und Laufvögeln beobachtet worden. Dagegen lebt der Gänſe— fneifer (Docophorus adustus) an den Federn des Kopfes und Haljes der Hausgans. Die balkenlojen Arten haben entweder in beiden Gejchlehtern gleichgebildete fadenförmige Fühler, dabei einen abgerundeten Hinterkopf und abgerundete Spiße des männlichen Hinter: leibes (Nirmus) einem jcharfedigen Hinterkopf gegenüber (Goniocotes), oder die männlichen Fühler werden durch einen jeitlihen Fortja am dritten Gliede zangenförnig. Diejenigen, -Hunde:, Ziegen, Kuhlaus. Gänjefneifer. Pfau-Federling ꝛc. 615 bei denen der Hinterkopf edig, das weibliche Endglied des Hinterleibes warzig, der männ— liche abgerundet ift, gehören der Gattung Goniodes an, während die mit jeitlich gerundetem Hinterkopf und einer ausgejchnittenen Hinterleibsipige des Männchens die Gattung Li- péurus bilden. Um wenigitens eine Art bildlich vorzuführen, wurde eine der größten, der Pfau-Federling (Goniodes faleicornis), im männlichen Geſchlechte dargeitellt. Er trägt fi gelb, an den Seiten braunfledig, jo zwar, daß auf jedem Glied des Hinterleibes ein Punkt der Grundfarbe treu bleibt. An die Haarlinge der vorigen ſchließen ſich als Mitglieder der folgenden Familie die Sprenfelfüßer (Gyropus) an, nur wenige Arten, welche fih durch einklauige Füße, den Mangel der Augen und durch eine tiefe Ausbuchtung zu jeder Seite des jchildförmigen Kopfes zum Einlegen der Fühler auszeichnen. Zwei Arten diejer Tierchen (Gyropus ovalis und G. gracilis) leben auf dem Meerſchweinchen. — Die Haftfüßer (Liotheum), artenreiche Federlinge, haben gezahnte Kinnbaden, viergliederige Lippentalter, meijt auch Augen, zwei Krallen nebft einem Haftlappen an jedem Fuß und unterjcheiden ſich in der Bildung des Mittelleibes, des Kopfes, in der Art, wie fie die Fühler tragen, und jonjt noch mannigfaltig voneinander, jo daß fie von Nitzſch in jechg Untergattungen zerlegt worden find, die hier näher zu charafterifieren zu weit führen würde. ES jei nur bemerkt, daß hierher unter anderen die in Gefellichaft mit einigen Lip&urus und zwei anderen Philopte— riden unfer Haushuhn bewohnende Hühnerlaus (Menopon pallidum) jowie der große Gänjehaftfuß (Trinotum conspurcatum) und vieles andere Ungeziefer ge: hört, das fich in diefen beiden Familien entjchieden noch bedeutend vermehren wird, wenn fie erjt mehr forjchende Liebhaber gefunden haben werden. Siebente Ordnung. Die Schnabelkerfe, Halbderker (Rhynchota, Hemiptera). Wie die vorhergehende, jo vereinigt auch diefe Ordnung Kerbtiere, welche in ihrem äußeren Anjehen weit auseinander gehen und nur in der Mundbildung und der unvoll: fommenen Verwandlung übereinftimmen. Alle Inſekten, welche einen Schnabel zum Eaugen haben, dejjen Einrichtung bereitS auf Seite 11 gejchildert wurde, und deren Larven ſich nur durch den Mangel der Flügel, unter Umftänden durch einige wenigere und didere Fühler: glieder vom volllommenen Kerfe untericheiden, gehören zu den Schnabelferfen (Rhyn- chota). Einer Anzahl von ihnen fehlen die Flügel gänzlich, bei anderen nur den Weibchen, und darum findet bei ihnen, genau genommen, auch feine Verwandlung ftatt. Die vier Flügel find, wo fie vorkommen, entweder gleichartig und dann in der Negel dünnhäutig und vorherrjchend von Längsadern durchzogen (fie können aber aud) in felteneren Fällen alle vier von derberer, mehr lederartiger Haut gebildet fein), oder fie find ungleidhartig, indem fejtere, wenigftens in der größern Murzelhälfte hitinharte, nach der Spite meift häutige Vorderflügel die dünnhäutigen hinteren verbergen, zu Flügeldeden werden, die man wegen ihrer Beichaffenheit „Halbdeden“, und die ganze Ordnung deshalb Halbdeder genannt hat, jedoch unpafjend, weil nur ein Eleiner Teil der Ordnungsgenoſſen mit der: artig gebildeten Borderflügeln ausgeftattet ift. Somit wiederholen fich hier diefelben Ver: bältnifje in Bezug auf die Flügel wie bei der vorigen Ordnung: Schnabelkerfe mit Flügel: deden und freiem Borderbruftring treten andern Schnabelferfen mit gleihartigen Flügeln und weniger jcharf abgejondertem VBorderbruftring gegenüber, und beiden ftehen vollkommen ungeflügelte zur Seite. Der Kopf figt mit feiner Wurzel tiefer oder flacher im Mittelleib und trägt bald ſehr unanfehnliche, verftecte, bald deutlich hervortretende Fühler, manch— mal nur einfache Augen, häufiger neben diefen mäßig große zufammengejegte ſowie einen entweder dem Grunde oder der Spite bedeutend näher gerücdten Schnabel, defjen ficht: barer Teil wejentlih aus der jcheidenartigen Unterlippe befteht. Den Hinterleib jegen 6—9 Glieder zufammen, deren Luftlöcher an der Bauchjeite liegen. Bei allen ericheinen die Beine ziemlich gleihmäßig entwidelt, mit einem Schenfelring und 2 oder 3 Fußgliedern verjehen; obſchon fie den meiften zum Schreiten dienen, fonımen dann und wann au Raub-, Spring: und Schmwimmbeine vor. Man kennt zur Zeit an 14,000 über alle Erdteile verbreitete Echnabelferfe. Dieje Zahl dürfte jedoch hinter der Wirklichkeit noch zurückbleiben, da bisher von den außer: europäijchen nur die anfehnlicheren Formen erforicht worden find. Vorweltliche kommen Ihon in der Juraformation, mannigfaltigere und an Arten zahlreichere aber in der Tertiär: periode und im Bernitein vor. Allgemeines. Affenlaus. Kopflaus. Kleiderlaus. 617 Es ſcheint volfommen gerechtfertigt, mit denjenigen diejer Tiere zu beginnen, welche in der Vereinigung der zuleßt bejprochenen von den Syitematifern abgehandelt worden find und neuerdings wieder werden, mit den echten Läuſen, jenen Quälgeiftern der Menjchen und Gäugetiere (alle jehsbeinigen Schmaroger auf Vögeln, welche im gewöhnlichen Leben denjelben jchredenerregenden Namen führen, jaugen fein Blut, jondern gehören den Federlingen an). Die Läufe (Pediculina) haben feine Flügel, fadenförmige, fünfgliederige Fühler, mit Ausnahme der Affenlaus (Pediculus eurygaster), wo fie nur dreigliederig find, zweigliederige Füße, deren lebtes, hakiges Glied gegen das an— geſchwollene vorlegte zurüdgejchlagen werden kann und ihnen hierdurch die Fähigkeit zum Klettern fihert. Der Kopf fteht wagereht nach vorn, trägt Feine oder jehr Kleine, einfache Augen und weit vorn die nur beim Gebraude jihtbar werdenden Mundteile. Diejelben beitehen aus einem weichen, einftülpbaren furzen Kegel, dejjen VBorderrand von Häfchenreihen eingefaßt wird. In diefer Nöhre finden fih wie in einer Scheide vier hornige Halbröhren, welche fih zu zwei und zwei zu einer engeren und weitern Nöhre vereinigen. Das innerite Rohr wird aus dem umfchliegenden äußeren weiter herausgeftredt, in die Haut eingebohrt und dient bei der Aufnahme des Blutes als Saugrohr; der Hakenkranz der äußeren Schnabelfcheide bewirkt das Feithalten und den Luftdichten Ber: Ihluß des Bumpenwerfs und verurjacht ohne Zweifel die freſſende Empfindung; denn jedermann wird jeinem Gefühle nach behaupten, die Laus freſſe und ftehenicht. Der kleine Mittelleib enthält nur eine ſchwache Andeutung von drei Ningen und jeßt ſich bei der arten: reihen Gattung Haematopinus deutlich gegen den eiförmigen oder runden Hinterleib ab, während er bei Pediculus ganz unmerklich in denjelben übergeht. Der in den Umriljen meist eiförmige Hinterleib läßt durch Einſchnürung mehr oder weniger deutlich neun Ab: ſchnitte erkennen und bleibt ziemlich durdhfichtig, jo daß der Darmkanal, bejonders wenn er mit Nahrung gefüllt ift, wahrgenommen werden fann. Die Läufe vermehren fich durd) birnförmige Eier, die jogenannten Niſſe oder Knitten, ſtark. Sie Eleben diejelben an den Grund der Haare an, und die Wärme der tierischen Ausdünftung brütet fie nad) S Tagen aus. Durch ein Dedeldhen fommt das Läuschen am oberen Ende herausjpaziert und wird in längerer oder Fürzerer Heit, aber immer jchnell genug und wahrſcheinlich ohne Häu— tungen, zu der fortpflanzungsfähigen Laus. Leeuwenhoek hat ausgerechnet, daß ein Meibhen nah 8 Wochen Zeuge der Geburt von 5000 Abkömmlingen fein könne, wonach alſo nad) dem Eierlegen der Tod nicht einträte. Eine Menge von Säugern, wie Schweine, MWiederfäuer, Einhufer, Nager, Affen, werden von Läuſen bewohnt, jedes von einer be: ftimmten, auch von mehreren Arten zugleich, jelbjt der Menſch ernährt deren drei. Die Kopflaus (Pediculus capitis, Fig. 1) tummelt ſich nur auf den Köpfen vor: zugsweije unjauberer Kinder. Sie ift graugelb von Farbe, an den Rändern der Hinterleibs: glieder dunkler und hat einen ziemlich) quadratiihen Mittelleib. Bei dem jchlanferen, Heineren Männchen ift der Kopf deutlicher abgejeßt; es wird leicht an dem jtachelartig hervorſtehenden Geſchlechtswerkzeug erkannt, deſſen Lage darauf hinweiſt, daß es ich bei der Paarung vom Weibchen bejteigen läßt. Diejes legt hierauf ungefähr 50 Eier, deren Snhalt nad) 4 Wochen wiederum fortpflanzungsfähig it. Cine zweite, etwas jchlanfere und größere, an den Hinterrändern der Yeibesringe nicht gebräunte Art it die Kleiderlaus (Pediculus vestimenti, Fig. 2), welche ſich am Leib des Menſchen, vorzugsweile an Bruft und Nüden, ernährt und in feinen Kleidern verjtedt; fie ift eS befonders, von denen die Soldaten im Felde und in den Kajernen zu leiden haben. Die Schlanfheit des Tieres wird, abgejehen von dem jchmäleren Körper, 1) Kopflaus nebit Eiern. 2) Kleiderlaus. Vergr. 618 Siebente Ordnung: Schnabelferfe; erfte u. zweite Familie: Echte Läufe u. Schildläufe. noch durch den hinten halsartig verengerten Kopf und die Gelenfeinjchnitte hervorgebracht. Die Weibhen legen ihre Eier zwilchen die Nähte der Unterkleiver, daher niltet fich das läſtige Ungeziefer bejonders bei denen ein, welche dieje nicht jo häufig wechjeln, wie es die Neinlichkeit verlangt. Bon der jogenannten „Läuſeſucht“, Phthiriafis, erzählt Moufet die grauenhaftejten Gejhichten und wunderbare Erklärungsweiſen, jo daß man einen Pediculus tabescentium angenommen hat, eine Laus, welche fein Menſch gejehen haben dürfte. Diodorus, welder die Heujchredenefjer in Afrika meilt an diefer Krankheit jterben läßt, bezeichnet daS vom Unterleib und der Bruft ausgehende, anfangs wie die Kräße judenerregende Ungeziefer als „geflügelte Läuje“. Da bejagte Krankheit jeit den Zeiten nie wieder aufgetreten it, in weldhen man vom Standpunfte der Wiſſenſchaft aus fein Urteil abgibt, jo wird jene Laus jamt ihren Wirkungen wahrſcheinlich in unergründliches Dunfel gehüllt bleiben. Die Filzlaus (Phthirius inguinalis oder P. pubis) unterjcheidet fich wefentlich in der a atom und darin von Pediculus, daß an den Vorderbeinen nur ein Fußglied jist. Das 1,ı2 mm lange und beinahe ebenfo breite, weißliche Geziefer bat einen kaum vom quadratiſchen Hinterleib zu unterfcheidenden Bruftkaften und zwiichen den Abjchnitten jenes ſeitlich vorjtehende, behaarte Fleiſchzapfen. Das widerliche Geſchöpf legt fich mit gefpreizten Deinen platt dem menjchlichen Körper auf, bohrt fich tief mit feinem Kopfe ein und verurſacht ein jehr empfindliches Juden; es lebt mit Ausnahme des Hauptes an allen ſtärker behaarten Körperteilen. Man vertrieb es jonit durch Einreiben mit Quedfilberjalbe; jeit dem Belanntwerden mit den Wi: neralölen erreicht man durch dieſe denjelben Zwed, ohne jeine eigne Haut wechjeln zu müjjen. Die durch) das bei ihr erfcheinende Verhältnis des Brujtfaftens zum Hinterleib in der bereits erwähnten Weije charakterifierte Gattung Haematopinus zeichnet ſich durch Neich: tum an Arten und als freigebige Spenderin echter Läufe an unjere Haustiere aus. Neben Haarlingen wohnt auf dem Hund die ehte Hundelaus (Haematopinus piliferus), auf der Ziege H. stenopsis, auf dem Schweine der jtattlide H. urius, auf Pferd und Eſel H. macrocephalus, und die Kühe ernähren jogar zwei Arten, die größere jpiß: föpfige Rindslaus (H. tenuirostris) und die Fleinere, breitbrüftige Nindslaus (H. eurysternus) Filzlaus (Phthirius in- guinalis), vergrößert. Wenn von dem eben bejprocdhenen Ungeziefer nichts Anziehendes und nur Echmaroger- tum in der gemeinjten Form berichtet werden fonnte, jo bietet die folgende Familie der Scharlach- oder Schildläuje (Coccina) um jo mehr Sonderbarfeiten, welche in der gänzlichen Verſchiedenheit zwiſchen Männchen und Weibchen derjelben Art nicht nur in der äußeren Gejtalt, jondern auch in der Entftehungsweije gipfeln. Die Weibchen, um mit diejen zu beginnen, bilden fi) aus beweglichen Larven, an denen fi auf der Unterfeite des Kopfes Fühler, ein Schnabel, am jhildförmigen und durch Einfehnürungen gegliederten Körper ſechs Furze, dünne Beine mit zwei oder dreigliederigen Füßen und einer oder zwei Krallen unterfcheiden laffen. Der äußerliche Schnabel, aus drei Gliedern zufammengefegt und nicht einjtülpbar wie bei den vorigen, birgt in jeinem Inneren ebenfall3 vier Borften. Dieje entjpringen am Kopfe, fteigen tief in den Körper hinein, bilden hier eine Schlinge und fehren zum Kopf zurüd. Durch) ſolche, auch in der folgenden Familie fich wiederholende Einrichtung lafjen fih die Borjten ungemein verlängern und tief in die Pflanze einftechen, von deren Säften allein die in Nede jtehenden Kerfe leben. Die Fühler find ſchnur- oder fadenförmig und nehmen bei den Häutungen allmählich an Gliederzahl zu, ohne eben lang Filzlaus. Schildläuſe. 619 zu werden. Wenn Augen vorkommen, ſind ſie einfach. Die Larven laufen in der erſten Zeit behend an der Futterpflanze hin und ber, um ein geeignetes Plätzchen zu finden, an welchem fie fich feitfaugen und an welchem ſie jpäterhin — Sterben. Haben fie es ge: funden, jo fangen fie an zu wachſen und unförmlich zu werden; Flügel befommen fie aber nie. Nach der Begattung jchwellen fie mehr und mehr an, zeigen auf der Oberfläche feine Gliederung mehr und auch Verwachſungen an der Unterjeite, wo die früher unter: Icheidbaren Fühler und Beine undeutlich werden. Jetzt legen fie, und zwar manche in einen weißen Filz, die zahlreichen Eier unter fih ab, bleiben nad) dem Tode als jchügendes Schild über ihnen figen oder löſen fich in jeltenen Fällen davon ab. Wenn jenes Seiden- poljter äußerlich fihtbar wird, der Körperrand mithin der Futterpflanze nicht mehr auf: figt, jo kann man auf den bereits erfolgten Tod der Muttertiere ſchließen. Che die den Ei entihlüpften Jungen ihre Wiege verlafjen, haben fie jih Thon einmal gehäutet. So viel int allgemeinen vom Weibchen. Weſentlich anders geftalten fich die Berhältniffe beim männlichen Geſchlecht. Anfangs eine Larve wie jenes, nur Schlanker und Kleiner, jaugt fih das Männchen auch feſt und wird größer, fertigt aber ein Gehäuſe oder jhwigt aus jeiner Oberfläche eine ſchützende Bedeckung aus, wie in einzelnen Fällen auch weibliche Larven, verwandelt ſich darin zu einer ruhenden Puppe, welche zulegt aus dem Hinterende des Gehäufes ein zartes, meiſt zweiflügeliges Wejen entläßt, ausgezeichnet durch drei Hauptabjchnitte des Körpers, borjtige oder ſchnurförmige Fühler, einfache Augen, dur) einen verfümmerten Schnabel, deutliche Füße, nicht jelten durch zwei lange Schwanzboriten und ein lang hervorragendes Geſchlechtswerkzeug zwijchen denjelben. Das Männchen fommt bedeutend jeltener vor, lebt nur jehr kurze Zeit und blieb darum von den meiften Arten bisher noch unbekannt, ja, fehlt einigen vielleicht gänzlich. Bon den eben erzählten Lebensverhältniffen weichen einige Gattungen wejentlich ab. So gleichen fich beijpielsweife bei Aleurodes beide Gejchlechter fait volllommen, bei Dor- thesia behalten die Weibchen ihre Beweglichkeit bi3 zum Tode. Aus dem Gejagten geht aber hervor, daß auch hier jpäteren Forihungen noch vieles übriggelaffen ift. Die meiſten Schildläuſe gehören wärmeren Erdjtrihen an; da joldhe aber reich an anderen, bejjer zu beobachtenden und zu jammelnden Kerbtieren find, jo hat man in diefem Umſtande einen weiteren Grund unferer lüdenhaften Kenntnifje von dieſen unfcheinbaren, aber höchſt intereffanten Weſen zu juchen, welche nach heutiger Liebhaberei in eine Menge von Gat- tungen geipalten find. Wer hätte nicht ſchon die braunen, faft fugeligen Überrejte der Gichen-Schildlaus (Lecanium quercus), zwijhen den Rindenſchuppen alter Eichſtämme oft reihenweije angeordnet und jahrelang anhaftend, bemerkt? Solange die flachſchildförmigen Weibchen leben und al3 Larven achtgliederige Fühler tragen, werden fie volljtändig überjehen; die Männden zeichnen zwei Schwanzboriten aus. Ein ganz. ähnliches Tier, die Wein-Schild— [aus (Lecanium vitis), fält an alten Weinreben dann bejonders auf, wenn ein jehneeweißes, die Eier einhüllendes Polſter, das fich in feine, den Spinnenweben ähnliche Fäden ausziehen läßt, von den weiblichen Überreften bedeckt wird. Unter den Namen Kermes, Kermsbeere, Alfermes, Karmejinbeere, Grana Chermes, Kermes tinetorum und anderen fommt aus Frankreich, Spanien, dem griecht- chen Archipel, befonders aus Kandia ꝛc. ein jchon den alten Griechen als Kokkos phoe- nillos und den Römern befannter Farbfloff in den Handel. Dieje mujchelartigen, braunen Körper, welche durch Behandlung mit Ejfig erſt eine rote Farbe geben, mit der die Kopf: bedeckungen der Griechen und Türken häufig gefärbt find, gehören der Kermesſchildlaus (Lecanium ilicis = Kermes vermilio) an. Das Tier lebt an der häufiger ſtrauch— 620 Siebente Drdnung: Schnabelterfe; zweite Familie: Schildläuje. artig als baumartig wachjenden Kermeseiche (Quercus coccifera), deren ältejte, entfräftete Büſche am meijten mit diefer Fugeligen, der Eichenjchildlaus unferer heimischen Eichen ſehr ähnlichen Schildlaus bejegt find. Ye nachdem der Winter mehr oder weniger mild ift, fallt auch die Ernte des Kermes mehr oder weniger ergiebig aus. Man rechnet auf eine gute Ernte, wenn der Frühling ohne Fröfte und Nebel ausläuft. Für gewöhnlich fommt nur eine Brut im Jahre vor, und nur in befonders günftigen Fällen wachjen die Schild: läuje zum zweiten Dale in demjelben bis zur Brauchbarkeit heran. Anfang März find die Tierchen Kleiner als ein Hirfeforn, im April erreichen fie ihre bedeutendjte Größe, gleich der einer Erbje; Ende Mai findet man 1800—2600 Eier unter der toten Hülle, den Über: reiten der bald nach) dem Legen zu Grunde gegangenen Mutter. Zu diejer Zeit wird die Kermes von Hirten, Kindern oder Weibern gejanmelt, die fi) zu diefer Arbeit die Nägel ausihwigungen und etwas vergrößerte Weibchen, auch fliegende Männchen. wachſen lajjen und es zu joldher Fertigkeit bringen, daß fie unter Umftänden in einem Tage zwei Pfund jammeln. Die berühmtejte aller Schildläufe ift die Kochenille (Coccus cacti). Das durch— aus Farminrote Männchen hat zwei getrübte Flügel, zehngliederige Fühler und lange Schwanzborſten, das ebenjo gefärbte Weibchen überzieht fich mit weißem Reif. Dieſe Art lebt urjprünglih in Mexiko auf der breiten Fadeldiltel (Opuntia coceinellifera), dort Kopal genannt. Von da verpflanzte man fie auf einige der weſtindiſchen Inſeln, nad) Malaga, Spanien, Algier, Java und zulegt nach Teneriffa. Seit ungefähr 1526 bildet diefer auf heißen Blechen getrodinete, in heißem Waſſer aufweichbare, in feinen Körper: formen dann noch zu erfennende weibliche Kerf als wertvoller Farbftoff einen bedeuten: ven Ausfuhrartifel für Mexiko. Wiewohl ſchon Acoſta (um 1530) den tierifchen Urfprung diefer rotbraunen, etwas weiß bejchlagenen Körner, deren etwa 4100 eine Unze wiegen, nachgewieſen und andere Foricher denjelben bejtätigt hatten, blieb doch die Anficht von ihrer pflanzlihen Natur lange die herrichende, jo daß felbft noch im Jahre 1725 der die legtere vertretende Holländer Melhior van Nuyjcher fich deshalb in eine Wette einlie, welche ihn um jein ganzes Vermögen gebracht haben würde, wenn nicht fein großmütiger Gegner ihn jeines Wortes entbunden hätte. Zur Entjcheidung diejes Streites wurden die Gerichte herangezogen, Züchter in Mexiko von diejen über die Natur der fraglichen Gejchöpfe vernommen und ihnen jomit die Anfprüche auf ihre Kerfnatur „von Rechts wegen zuerkannt“. Kochenille. 621 Mit Ausſchluß der Regenzeit findet ſich die Kochenille in ihren verſchiedenen Lebens— perioden an der Mutterpflanze und überzieht dieſelbe ſtellenweiſe mit ihren weißen, wachs— haltigen Ausſchwitzungen vollſtändig, zwiſchen denen die weißbereiften Weibchen ſich für das Auge manchmal kaum abheben. Letztere legen Eier, aus welchen kurze Zeit darauf die Lärvchen unter gleichzeitiger erſter Häutung ausſchlüpfen und länger lebhaft umher— laufen, ehe ſie ſich feſtſaugen. Die Larven ſehen der Mutter ähnlich, nur daß bei ihnen die Ausſonderungen aus den Wachsdrüſen eine fadenförmige Bekleidung bilden. Inner— halb zweier Wochen haben ſie unter mehrmaligen Häutungen ihre volle Größe erlangt. Die männlichen Larven ſtecken in einer hinten offenen Röhre aus Wachsfäden, welche den Eindruck eines Geſpinſtes machen, indem aus anderen Drüſen ein Klebſtoff abgeſondert wird, wie Paul Mayer in den „Mitteilungen der zoolog. Station in Neapel“, Band 10, Heft 3, berichtet. Nach der Paarung ſterben die Männchen ſofort, während den Weibchen noch eine ungefähr 14tägige Friſt zum Ablegen der Eier von Mutter Natur vergönnt iſt. Da ſomit die Entwickelung einen Zeitraum von wenigen Wochen in Anſpruch nimmt, ſo kommen auch mehrere Bruten zu ſtande, an deren Ende man allemal eine Anzahl von Larven und die im Sterben begriffenen Weibchen ſammelt. Bouché erzog in den 20er Jahren dieſes Jahrhun— dert3 in einem Treibhauje bei Berlin die Kochenille und erzielte vier Bruten durch eine beitän- dige Wärme von 16—20 Grad Neaumur. Zur Entwidelung einer Brut waren 6 Wochen erforderlih, von welchen 8 Tage auf den Ei-, 14 Tage auf den Larven-, 8 Tage auf dein Nymphenitand famen und abermals 14 Tage auf die Lebensdauer der vollfommenen Child: laus. Im Auguft entwidelt fich die legte Brut, und während des Winters liegen die Weibchen befruchtet und ſetzen erſt im Februar ihre Eier ab. Die mexikaniſchen Kochenille- züchter bringen kurz vor Eintritt der Regenzeit alles, was zur Zucht fortleben joll, jamt den jehr lange frijch bleibenden Zweigen der Futterpflanze nach Haufe in Sicherheit, um es wieder in die Kaktusanpflanzung auszufegen, jobald die Negen vorüber find. Mit größeren Beihwerden jammelt man auch von der wild wachſenden Fackeldiſtel die jogenannte wilde Kocdenille, die Grana silvestra der Mexikaner, welche noch viel häufiger geerntet werden joll und wahrjcheinlich einer anderen Art, nicht einer bloßen Abart der vorigen, angehört. Als Mexiko diefen wichtigen Farbitoff noch allein erzeugte, wurden jährlich 880,000 Pfund für nahe an 7!/s Mil. holländijcher Gulden nad) Europa ausgeführt, und N. von Humboldt gibt aus der Zeit feines Aufenthalts in Südamerifa noch eine jährliche Aus: fuhr von 32,000 Arroben im Werte von einer halben Million Pfund Sterling an. Aus Cüdfpanien, wo man, wie bereits erwähnt, die Kochenille gleichfalls bant, wie im ſüd— lihen Teneriffa, jeitdem dort der Weinbau infolge der häufigen Krankheiten der Neben nicht mehr lohnend erjchien, wurden 1850 gegen 800,000 Pfund roher Kochenille nad) England verſchifft. Wenn man weiß, daß auf ein Pfund 70,000 trodene Tierchen gehen, jo fann man fich die ungeheuern Mengen der jährlich getöteten durch ein einfaches Mul- tiplifationserempel jelbjt berechnen. Die jpanijhen jogenannten Suronen, in welchen der Handelsartifel verjchidt wird, bejtehen aus friſchen Ochjenhäuten, deren Haare man nad innen kehrt. — Die fäufliche Kochenille zeigt die kleinen, eingetrodneten Tierchen von der Größe einer halben Erbje, an deren runzeliger Oberfläche man die Quereinjchnitte des Hinterleibes noch ſehr wohl unterjcheidet. Außerlih haben fie eine ſchwarzbraune, mehr oder weniger weiß bejtäubte, inwendig eine dunfel purpurrote Färbung; auf die Zunge wirken fie bitterlih und etwas zufammenziehend, färben gleichzeitig den Speichel rot und jollen dieje Eigenschaften länger als 100 Sahre bewahren. Weicht man fie in warmem Wafjer ein, jo fann man meijt noch die Beinchen und Fühler unterjcheiden, und in der roten, förnigen Mafje, welche jih aus dem Körper herausdrüden läßt, hat ſchon Neaumur die Gier erfannt. 622 Siebente Ordnung: Schnabelferfe; zweite Familie: Schildläufe. Eine im ſüdlichen Europa häufig an Keigenbäumen, Myrten und dem Ruscus acu- leatus vorkommende Cchildlaus, welche für die betreffenden Pflanzen ſchädlich wird, er: hielt von Linne den Namen Coceus rusei, wurde aber von Signoret in die neugeſchaf— fene Gattung Ceroplastes verjegt. Die Art bietet neben ihrer Schädlichfeit ein weiteres Intereſſe deswegen, weil fi) daS bejruchtete Meibehen mit einem weißen Wahsüberzug bededt, welcher, durch Ather oder Fochendes Waffer ausgezogen, 60-65 Proz. des Körper: gewichtS beträgt. Diejes Wachs ift weit gehaltvoller als das der Bienen, indem es über 54 Proz. Cereoline enthält, gegen nur 5 des Bienenwachſes. Außerdem fennt man noch drei weitere Wachs erzeugende Schildläuſe, den Ceroplastes ceriferus, welder in Dft: indien am Celastrus ceriferus lebt, den Coccus ceriferus des Fabricius, welchen Signoret Ericerus Pe-La genannt bat, aus China. Diefe Schildlaus, deren Männchen jich durch bejondere Größe auszeichnet, lebt an den verjchiedenften Pflanzen und liefert ein vorzügliches Wachs, mit welchem die Chinejen einen einträglicen Handel treiben. Die legte Art, Coceus axin, lebt in Yufatan und Mexiko. Die Manna:Schildlaus (Coccus [Gossyparia] manniparus) haujt in der Umgebung des Berges Sinai auf der Manna:-Tamarisfe und erzeugt durch ihren Stich ven Ausflug des Zuderjaftes, welcher eintrodnet und abfällt, oder, durch den Negen ge— löft, in größeren Tropfen berunterträufelt und als die eine Art von Manna in den Handel gelangt. Die wahsgelbe Hautfarbe des Weibchens wird von weißem Flaum überzogen; das andere Geſchlecht Fennt man noch nicht. Die Lackſchildlaus (Coccus [Carteria] lacca) liefert durch ihren Körper den roten Lad und als Ausihwißungen aus ihrer Haut die in verjchiedenen Formen unter dem Namen Stod- und Schellack oder Gummilad in den Handel kommenden PBrodufte. Die wenigen Nachrichten, welche über die Lebensweiſe diejer oſtindiſchen Schildlaus bekannt geworden find, ftimmen nicht in allen Punkten überein und laffen überdies manche Lücke. Kah Kerr und Roxburgh ſchmarotzt fie auf einigen Feigenarten (Ficus religiosa und indica), auf der Ploſſo (Butea frondosa) und drei verjchiedenen Mimojen, nah) Car— ter (1860) bei Bombay auf dem jchuppigen Flaſchenbaume (Anona squamosa). Die jungen Tiere zeichnen ſich Durch lanzettförmigen Körperumriß, zwei lange Schwanzborften, ſechs Beine und mit drei altartigen Borjten verjehene, fünfaliederige Fühler aus. Sobald jich die Weibihen angejogen haben, jchwellen fie an und befommen unter Verluft der Füße und Fühler eine birn= oder faſt kugelförmige Geftalt, in legterem Falle jedoch am vorderen Ende eine bemerfbare Verengerung. Dieſe Anjchwellung hängt mit der jofort nach dem An jaugen beginnenden Ladbildung zufammen, denn diejer überzieht das Tier vollfommen, jedoch porös, jo daß eine Verbindung des Körpers mit der äußeren Luftichicht behufs des Atmens ermöglicht wird. Nah Carters Beobahtungen ſchlüpfen die Larven zweimal im Sahre aus den Ciern, das entwidelte Männchen erjcheint jpäter als das Weibchen und je nad) der Jahreszeit in zwei verjchiedenen Geftalten, im September ungeflügelt, im März geflügelt und dem Männchen der Kochenille jehr ähnlich. Gleich nad) der Paarung joll es in der raſch vom Weibchen ausgejchwigten flodigen Mafje umfommen. Die Lackfarbe wäre im weiblichen Eierjtod enthalten, das Gummi, wie bereit3 erwähnt, die Ausihmwigungen der Körperhaut, infolge des Feſtſaugens an der Nährpflanze. Aus ven Lackgehäuſen find verjchiedene Schmaroger erzogen worden. Schon lange vor Einführung der amerifaniihen Kochenille Fannte man in Europa die polniſche Kodenille, daS Johannisblut (Porphyrophora polonica), eben: falls eine Schildlaus, weldhe um Johannis gefammelt wurde, darum eben und wegen ihrer roten Körperjarbe legteren Namen befam. Sie lebt an der Wurzel einiger all gemein verbreiteter, Sandboden liebender Pflänzchen, bejonders des Knäuels (Scleranthus Mannar, Lackſchildlaus. Polnifhe Kochenille. Neſſel-Röhren-, Schöllfrautlaus. 623 perennis), des Bruchfrautes (Hermiaria glabra), Glasfrautes (Parietaria) und anderer mehr, und findet fi) bei Dresden, in der Darf Brandenburg, in Medlenburg, Pommern, Schweden, Preußen, Polen, Rußland, Ungarn und anderwärts. Das rote Männchen hat neungliederige, ſchnurförmige Fühler, körnige Augen, einfache Krallen, am Vorderrand bi3 über die Mitte haarige Flügel, kurze Schwinger hinter denjelben und endet in einen langen Fadenſchopf. Dem Halbfugeligen Weibchen von 2,25; —3,37 mm Länge fommen furze, achtgliederige Fühler und gleichfalls nur eine Kralle an jedem Fuße zu, aber breite Borderbeine. Beide Gejchlechter werden im Larvenjtand von einer dünnen, Eugeligen Haut: hülle umſchloſſen, in welcher fie unbeweglih, den Schnabel in die Wurzel der Futter: pflanze eingebohrt, feitligen. Nach 14 Tagen reißt die Haut, die Eleinere männliche vor der weibliden, und aus leßterer kommt das reife Weibchen hervor; aus der anderen das Männchen noch als Larve. Dieje umgibt ſich alsbald mit einer wolligen Mafje, wird in derjelben zu einer ruhenden Puppe, und dieje entläßt erit 14 Tage jpäter das eben bejchriebene Wejen. Che man Die bedeutend beſſere und billigere echte Kochenille Fannte, bildeten die polnijhen, in den ſlawiſchen Ländern von den Weibern und Kindern der Leibeigenen ge- fammelten Scharlahförner einen nicht unbedeuten- den Handelsartifel und jollen einem polnischen Könige nur an Abgaben für den Zoll 6000 Gulden einge: tragen haben; aus Podolien allein jollen jährlich 1000 Pfund, jedes zu einem Werte von 8—10 pol: niſchen Gulden, ausgeführt worden jein. Einen von den bisher bejchriebenen Weibchen abweichenden Anblid gewährt die dur) ihre ſchnee— weiße, jtengelige Ausjheidung den ganzen Körper mit Ausnahme der Fühler und Beine in eine Nöhre verjtedende Nejjel-Röhrenlaus (Dorthesia gBeibehen. [Orthezia] urticae), welche ſich nie jo feit jaugt, daß fie auf derjelben Stelle fiten bliebe. Der in dem manjchettenartig nad) hinten be— ſpitzten Halsſchild figende Kopf trägt achtgliederige, zugeſpitzte Fühler von ſchwärzlicher Farbe, und die gleichfalls Thwärzlichen Beine laufen in nur eine Klaue aus. Der weiße MWahsüberzug, am Bauche eine Platte bildend, biegt ſich hinten über die Nüdenpartie hin: weg und ftugt ſich breit ab; das Männchen hat neungliederige Borftenfühler, gehäufte und darum förnig erfcheinende Augen, zwei Flügel nebit Schüppchen dahinter und entjendet vom Ende des ovalen Hinterleibes einen Büjchel weißer, langer Fäden. Dieje Tierchen finden fih im Zuli und Auguft, in Deutichland ftellenweife nicht ſelten, an der großen Brenneſſel. Dadurch, daß beide Gejchlechter gleich gebildet und vierflügelig find, vermittelt die Gattung Aleurodes den Übergang zu den Blattläufen, denen fie nah Burmeifters Anficht gegen Hartig wegen der jehildlausartigen Larve nicht beigezählt werden kann; meiner Meinung nach aber jteht fie den Blattflöhen näher. Bon den ſechs Fühlergliedern erreicht daS zweite eine vorwaltende Länge, und die Füße find zweiklauig. Die nur 1,12 mm große Schöllfraut-2auS (Aleurodes chelidonii), grünlichweiß von Farbe und an den Flügeln mit zwei verlojchenen braunen Binden gezeichnet, war ſchon von Linné gefannt, als Tinea proletella bejchrieben und jomit den Motten beigezählt. Sie findet fih in Europa nicht jelten und fißt am liebjten mit dachförmig den Leib be: Neſſel-Röhrenlaus (Dorthesia urticae), Natürliche Größe, 024 Siebente Drdnung: Schnabelferfe; dritte Familie: Blattläufe. dedenden Flügeln auf der Unterfeite der Schöllfrautblätter (Chelidonium majus). Sn ihrer Nähe bemerkt man Eleine, jchwach weiß bejtäubte Kreije, an deren Umfange die zu: erit gelben, nachher braunen Eierchen liegen. Die dritte Familie, die Blattläuje (Aphididae), hat in letter Zeit zwei gründ- liche Bearbeiter gefunden: Budton („Monograph of the British Aphides 1876— 1883“, 4 Bde.) und Jules Lichtenſtein („Les Pucerons, Monographie des Aphidiens“ Mont- pellier I. part.: Genera 1885). Leider hat den Verfaſſer der legten Arbeit der Tod er: eilt, ehe er im zweiten Teil die Arten bearbeiten fonnte. Seiner Einteilung find wir bei Bejprehung der wenigen Arten gefolgt. Nicht alle deutichen Benennungen find jo bezeichnend wie die der Tannenläufe (Chermesinae) mit drei Adern im Vorder: und einer Echrägader im Hinterflügel. Die gemeine Tannenlaus (Chermes abietis) ijt im flügellofen Zuftande fo groß wie ein Sandkörnchen, gejchwollen und unbeholfen, mit furzen Beinen, langem Nüffel und einem weißlichen Wollkleide ausgeftattet. Sn der äußeren Erjheinung einem Schildlausweibchen nicht unähnlich, hat jich dieſes Tierchen an der Wurzel einer Tannenfnojpe (Pi- nus picea) fejtgejogen, die im nädhjten Frühjahr einen jogenannten „Maitrieb” entwideln joll. Hier überwintert die Gemeine QTannenlau3 (Chermes abietis): a Larve, b eben Laus. Sobald fie aus dem Winterſchlaf gehäutete Larve mit Flügelſtümpfen Puppe) und mit hinten an⸗ erwacht iſt fängt ſie an zu ſaugen, wächſt, ee ae Häntet fich dreimal, ſtets nad) dem Wechſel der Haut ihr Wollkleid erneuernd, bleibt aber immer auf derjelben Stelle jiten und legt den Grund zu der zierlihen Galle, in welcher jich ihre Nachkommen entwideln, indem fie durch ihr Saugen die Achje des Mai: triebes verkürzt. Noch hat fich diefer nicht vorgejchoben, jo beginnt die Tannenlaus mit dem Legen von 100— 150 Eiern. Ungefähr in der zweiten Maihälfte find alle Larven aus diejen ausgejchlüpft und gleichzeitig die umhüllenden Schuppen hinter dem heraus: getretenen Maitrieb zurücgeblieben. Die Larven begeben fih nun auf die Spige diejes, verjenfen ihre Rüſſel zwiſchen die dicht gedrängten und gejchwollenen Nadeln und voll: enden durch ihr fortgejegtes Saugen die von der Stammmutter eingeleitete Mißbildung. Schließlich fiten fie in zellenartigen Näumen innerhalb eines ananasähnliden Zapfens (Fig. Ad). Dergleichen Zapfen bededen manchmal die Kronen junger Fichten über und über und beeinträchtigen deren regelvehte Entwidelung gewaltig. Die in den Gallen lebenden jchwefelgelben Larven (Fig. a) ſind jchlanfer als ihre Stammmutter, beweglicher als diejelbe, indem fie ihren Platz öfters verändern, und gleich: falls, aber mit fürzeren, weißen Wollfädchen befleidet. Cie häuten ſich dreimal, befommen Flügelſtümpfe (Fig. b), nie die Größe der Stammmutter und fiten zulegt mit angezogenen Beinen, nur vom eingejtochenen Schnabel feſt gehalten, ruhig an einer Stelle, bis der Zapfen durch Vertrodnen der Nadeln regelmäßige Querriſſe erhält. Jetzt fommen fie (es pflegt in der erften Augufthälfte zu gejchehen) mafjenhaft hervorgefrochen, befteigen die Gemeine Tannenlaus Gihen-Nindenlaus. 625 benachbarten Nadeln und Kammern fih an ihnen feit, Kaum iſt dies gejchehen, jo wird das Kleid zum legten Male gewechjelt, und geflügelte Tannenläufe (Fig. e) von gelbbrauner Farbe figen gedrängt umher, zerjtreuen ſich aber nicht weit von ihrem Geburtsorte. Nach wenigen Tagen kann man einzelne in volllommen natürlicher Stellung, aber — tot und hinter ihnen ein Häuflein von höchſtens 40 mit ihren Flügeln bevedten Eiern antreffen, welche genau den Eindrud wie die von den überwinterten Müttern gelegten zurüdlaffen. Die alsbald aus den Eiern entſchlüpften, flügellojen Zungen find gelblich gefärbt, einige von ihnen, und zwar die beweglicheren mit bräunlichem Hinterleibsende, find die Männden, die andern find Weib: chen, wie Blohmann zuerit feitgeitellt hat Er beobachtete auch, wie fie fich mit den trägeren, nah dem Stamme zu abwärts wandernden Weibchen paarten. Die befruchteten Weibchen verfriehen fi in die Rindenriſſe, am liebjten jedoch hinter die unter den Nadeln figenden Schuppen, wo fie einige, in wenig weißliche Wolle gehüllte Eier ablegen. Blochmann meint nun, daß hiermit die Generation abgeſchloſſen jei, und daß aus diefen Giern die überwinternden Jungen abjtammen, von welchen unjere Betrahtung ausging. Diejer Anz fiht widerfprechen aber die Erfahrungen Dreyfus’. Derjelbe hat durch Beobachtung und Züchtung der Tiere feitgeftellt, daß die Entwidelung eine weit zufammengejegtere ijt und fih nicht in einem einzigen Jahre abjpielt. Nah ihm fommen die Männchen und Weib: chen nie aus den Eiern der den Fichtengallen entflogenen Tiere. Dieje legteren teilen fih vielmehr merfwürdigerweife in zwei ganz verſchiedene Entwidelungsreihen. Die eine Hälfte bleibt auf der Fichte und ftirbt da, wie oben erwähnt, mit ihren Flügeln 30-40 Eier bedeckend, weldhe ohne vorhergegangene Begattung gelegt worden find. Aus diejen Giern jehlüpfen die der Stammmutter gleichenden Sungen, weldhe an den Wurzeln der Fichtenfnofpen überwintern. Die zweite Hälfte verläßt die Fichte und fliegt auf Lärchen— bäume in der Umgegend, legt Eier an die Nadeln, und aus diefen fommen Junge, welche unter der Ninde oder zwiſchen Nindenrifjen überwintern und dafelbit im Frühling des zweiten Sahres (ſtets ungeflügelt bleibend und ohne fich gepaart zu haben) Eier legen. Die Nachkommen diefer dritten Brut juchen die fih eben entfaltenden Lärcheninojpen auf und wachjen auf den üppigen, jungen Lärchennadeln rajch zu einer zweiten geflügelten Generation ſchön hellgelber oder grüner Tiere heran, die als Chermes laricis bejchrieben worden find. Dieje Läufe wandern auf die Fichte zurüd, welde ihre Großmütter im vorangegangenen Commer verlafjen hatten, und erſt diefe vierte Generation (die zweite geflügelte) legt die Eier, aus welchen Männchen und Weibchen hervorgehen, mit welchen der Kreislauf von neuem beginnt. Auch von einer anderen, ebenjo häufig vorkommenden Art, der Chermes strobilo- bius, welche an den Zweigſpitzen der Fichte Kleinere, gelbliche Gallen von mehr fugeliger Geitalt erzeugt, hat Dreyfus ähnliche Wanderungen und Teilung der Neihen und einen fogar noch zufammengefeßteren Entwidelungsgang nachgewiejen, und find feine Befunde von Blohmann und Cholodovsfy auf Grund eigner Beobachtungen bejtätigt und erweitert worden. Ein folder aus „Barallelreihen” zufammengejegter Entwidelungsgang dürfte fich in ähnlicher Weife auch bei der Gattung Phylloxera finden, kann ſich aber, meiner Meinung nad, unter gegebenen Verhältniffen auch vereinfachen. Während bei der Gattung Chermes die Fühler fünfglieverig find und in den hinteren der dachartig den Leib dedenden Flügel eine, meiſt etwas verloichene Schrägader bemerkt wird, zeigt die Gattung Phylloxera nur dreigliederige Fühler und in den hinteren der wagerecht aufliegenden Flügel feine Schrägader. Die Eihen-Rindenlaus (Phylloxera quercus) hatte durch die höchſt eigen— tümliche und abweichende Entwidelungsgeihichte, wie fie Balbiani und Lichtenjtein in erjter Linie beobachtet haben, die Aufmerkſamkeit der Forſcher in ungewöhnlich hohem Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 40 626 Siebente Ordnung: Schnabelferfe; dritte Familie: Blattläufe. Grade auf fich gelenkt. Im Frühling, gegen den 20. Mai, wie legterer aus Montpellier berichtet, erfcheinen auf der Blattrücdjeite der gewöhnlichen Eichen (Quercus pedunculata und pubescens) geflügelte Käufe, welche in ihrer Geftalt an die oben abgebildete Tannen- laus erinnern. Der Mittelleib ift ſchwarz, der breite Kopf, der Hinterleib und die furzen Beine find rot, mehr oder weniger gelblid. Die Vorderflügel haben ein vötlichgelbes Rand: mal und drei jehr feine und einfadhe Echrägäfte. Die Tierchen laufen, emftg juchend, hin und her und legen in die wollige Bedeckung der jungen Blätter gelbliche Eierchen nieder. Sechs bis acht Tage jpäter entjchlüpfen diefen weiße, ungeflügelte Läufe von breiter, jchild- lausartiger Körperform. Cie jaugen fich feſt, bewirken hierdurch gelbe Flede, in deren Mitte je eine Laus fißt, die, wenn fie nach einigen Häutungen gefchlechtsreif und ſchwach warzig geworden, ringförmig um ſich 30—40 Eier ablegt. Aus diejen entjteht in gleicher Weiſe eine zweite Brut, und jo mehrere hintereinander bis zum Auguft, die jpäteren je— doch Äärmer an Zahl, und alle ohne Zuthun eines Männchens. Im genannten Monat finden ich zwijchen den ungeflügelten einige geflügelte Läuſe, die aus in der erjten Jugend nicht unterjchiedenen Larven entftehen und nur jpäter durch Auftreten von Flügeljtümpfen ein von den früheren verjchiedenes Anjehen erhalten. Sn einer Nacht gegen Anfang September verihwinden nad Lichtenfteins Bericht mit einem Male alle geflügelten Läufe und ziehen gegen Süden, wo fie fich in Mafjen auf der ftraudartigen, in den Gebirgen wachſenden Quercus coecifera wieder zufammenfinden. Alsbald legen fie einige Eier von zweierlei Größe, von denen die größeren hellgelb bleiben, während die fleineren eine rötlihe Färbung annehmen. Die fih nah kurzer Frilt aus diejen Eiern entwidelnden Gejchöpfe entjprechen in Größe und Färbung den Eiern, denen fie entjtammen, find außerordentlich beweglich, haben faum eine Spur von einem Schnabel, wohl aber gleich bei der Geburt entwidelte Gejchlechtsunterfchiede. Die Heinen find die Männchen, welche fofort mit verjchiedenen Weibchen zur Paarung jchreiten und dann ab: fterben. Die größeren weiblihen Läufe leben noch einige Tage, bis jede ihr einziges „Winterei“ zwijchen Knoſpenſchuppen oder in Nindenrifje abgelegt hat. Dasjelbe ijt verhältnismäßig jehr groß, indem es die Mitte des Körpers einnimmt, und gelb gefärbt. Mit dem nächſten Frühling befommt das Winterei Leben, nach dreimaligen Häutungen ift eine ftahlige Mutterlaus vorhanden, die in den eriten Maitagen an den Stengel oder die Blattunterjeite der eben entwidelten Knoſpe der Kermeseiche 150— 200 weiße Eierchen legt und jodann ftirbt. Vier bis ſechs Tage jpäter erjcheinen Kleine, glatte Läufe, die fih an den Blättern fejtfaugen, jehr ſchnell wachjen, nad) dreimaligen Häutungen Flügel: ftümpfe befommen und nad) der legten Gebrauch von den Flugwerkzeugen machen, um die gewöhnlichen Eichen der nördlicheren Gegenden oder ausländijche Arten in den Gärten aufzufuchen, wo wir fie im Anfang unferer Schilderung antrafen. Daß jene Wanderungen auf die ſüdlichere Eichenart zu der Entwidelung nit nötig, ſcheint aus dem Umftande hervorzugehen, daß ih Mitte Juli 1876 bei Erfurt und bei Naumburg das Inſekt gleich— falls beobachtet habe und nicht vorausfegen kann, daß es aus dem Mittelpunfte Deutjch lands nach der nur in den Gebirgen des ſüdlicheren Europa wachſenden Stermeseiche fliegen jollte. Die Reblaus, Wurzellaus der Nebe (Phylloxera vastatrix), hat jeit den jechziger Jahren durch die ungeheuern VBerwüftungen in den franzöfiihen Weinbergen all- gemein die größten Kümmernifje erregt und gleichzeitig das Anjehen der vorigen, jehr nahe verwandten Art gehoben, weil man durch dieje legtere der noch nicht hinreichend auf: geflärten Entwidelungsgejhichte des Nebfeindes auf die Spur zu fommen hoffte, was ja auch To ziemlich gelungen if. Schon länger in Nordamerika befannt (1853), erhielt diejes Ungeziefer vom Staats-Entomologen Aja Fitch den Namen Pemphigus vitifolii. Weil Keblaus, 627 die Nichtigkeit, e3 für eine Blattlaus zu erklären, angezweifelt wurde, gründete Schimer auf diefe Art die neue Gattung Dactylosphaera, welcher Name die folbigen Haare an den Füßen andeuten foll, die fi indefjen auch bei anderen Schildläufen finden. Nach: dem 1863 dasjelbe Tieren in engliihen Treibhäufern aufgefunden worden war und dem Altvater in der Kerflunde, Weftwood, als neu galt, jo belegte er es mit dem dritten Namen, Peritymbia vitisana, dem 1868 Planchon den vierten, Phylloxera vastatrix. Reblaus (Phylloxera vastatrix): 1) Wurzellau3 von der Nüden=, 2) von der Bauchjeite, 3) von der Seite und jaugend, 4) Schnabel, 5) geflügelte Laus. Alles ftarf vergrößert. 6) Stück einer Rebwurzel, an welder die Laus fit und durch ihr Saugen die Anjhmwellungen erzeugt hat; 7) älterer Wurzelſtock mit bei 8) überwinternden Läufen. folgen ließ. Letzterer Name ift bereits jo volfstümlich geworden, daß hier jehwerlich das von den Kerffennern aufgeitellte Gejeß, dem ältejten Namen das Vorrecht einräumen zu wollen, zur Geltung fommen wird. Als Phylloxera trat das Ungeziefer namentlich in der Gegend von Avignon auf, ſchritt befonders in den Flufthälern auf: oder abwärts (durchfchnittlich 20—25 km in Jahres: frift) und hatte fich in einem Zeitraum von 8 Jahren jo weit verbreitet, daß jo ziemlic) der dritte Teil (gegen 750,000 ha) des gefamten Nebgeländes in Frankreich von ihm heimgeſucht und zum Teil bereits zerjtört worden war. Als die Neblaus urplöglich 1869 weit entfernt von ihrem bisherigen Verbreitungsgebiet bei Genf aufgetreten war, juchte man diefer überrajchenden Erjcheinung nachzukommen, und begünftigt von dem Umftande, 40* 628 Siebente Drdnung: Schnabelferfe; dritte Familie: Blattläufe. daß fie fih aud in den Verfuchsgärten von Annaberg bei Bonn und Klofterneuburg bei Wien gezeigt hatte, jtellte man ihre Einſchleppung nach Europa dur amerikanijche Neben feit. Ungeflügelte, noch nicht vollwüchjige Nebläufe von bräunlichgelber Färbung überwintern zwijchen Spalten und Kiffen meift fingerdider, aber auch dünnerer Rebwurzeln. Nach ihrem Erwachen, welches von der Bodenwärme abhängt, vertaufchen fie ihre runzelige, duntlere Haut mit einer zarteren, reiner gelben, jegen fich jaugend an den Zaſerwurzeln feſt und erreichen bald ihre volle Größe von 0,75 mm oder wenig mehr. Aus der Abbildung (©. 627, Fig. 1-3) erhellt die Ähnlichkeit mit der Tannenlaus, und es fei nur noch zu ihrer Erläu- terung hinzugefügt, daß die zufammengejegten Augen deutlih und die Spiten der drei- gliederigen Fühler löffelförmig ausgehöhlt find. Alsbald enthüllen fich alle dieje Läufe als Weibchen, denn unter verichiedenen Windungen ihrer Hinterleibsjpite legt die einzelne 30—40, anfangs jcehwefelgelbe, jpäter etwas nachdunfelnde Eier, denen in etwa 8 Tagen, während der warmen Sahreszeit auch ſchon früher, gelbe Junge entjchlüpfen. Dieje zeigen fich anfangs unruhig, haben fie aber an derjelben oder einer unmittelbar benachbarten Wurzel ein ihnen zufagendes Bläschen aufgefunden, jo ſaugen fie fich feit, wachjen unter dreimaligen Häutungen jchnell heran und legen durchjchnittlich nad) 20 Tagen wieder Gier, gleich ihrer Mutter, ohne Zuthun eines Männchens. Syn diefer Weije geht die Vermehrung bis fünf und mehr Bruten hintereinander während des Sommers fort, jo daß man annimmt, ein überwintertes Weibchen fünne unter Vorausjegung der Entwidelung jämtlicher Eier im Laufe eines Sommers Stammmutter von einigen Millionen Nachfommen werden. Dieje Fortpflanzungsweie it von Boiteau 3 Sahre hintereinander beobachtet worden. Zwiſchen den Wurzelläufen jpäterer Bruten treten vereinzelte Läufe von wejentlich anderem Anjehen auf. Sie find geftredter, auf dem Rüden mit Warzenreihen verjehen, weiche bei den Wurzelläuſen nur jchwach angedeutet erjheinen, das Endglied der Fühler it länger, und den Enden des Bruftkaftens entjpringt jederjeit3 eine ſchwärzliche Flügel: icheide. Weil fih aus diejen Tierchen die geflügelten Läufe entwideln, jo hat man fie als iympbhen bezeichnet. Schon Planchon und Lichtenstein hatten 1871 eine zweite Nymphenform beobachtet, und jeitdem ift diejelbe öfter aufgefunden worden, ihre Bedeutung in der Lebensgejchichte der Phylloxera aber bisher noch nicht aufgeklärt. Dieſe Nymphen find Eleiner (0,7 mm), gedrungener, grünlichgelb gefärbt, auf dem Rücken warzenlo und mit hellen Flügel- jcheiden verjehen. Die größeren, zuerft erwähnten Nymphen find jehr bewegli und gehen meift vor ihrer legten Häutung von den Wurzeln am Rebſtock ins Freie. Nach der vierten Häu— tung ift die geflügelte Reblaus fertig (Fig. 5). Sie ift gelb, im Bruftitüd dunkler, und die hellgrauen Flügel überragen in wagerechter Lage den Hinterleib; die vorderen derjelben wieder von zwei ziemlich jtarfen Längsadern geftüßt, deren innere drei Schrägäſte entjendet, die weit fürzeren Hinterflügel nur von einer Längsader. Die geflügelte Reblaus, welche durch Windftrömungen von ihrem Geburtsort weiter verihlagen werden kann, als fie freiwillig fliegen würde, legt durchſchnittlich 4 Eier an die verſchiedenſten oberirdiihen Teile der Nebftöcde, namentlich in die Gabeln der Blatt: tippen, und verendet. Dieje Eier unterfcheiden fih in Form und fonftiger Beichaffenheit von den an den Wurzeln vorfommenden Eiern und find von zweierlei Größe. Nach durch— ſchnittlich 12 Tagen liefern die Eleineren die rötlihen Männchen, die größeren die gelb: lihen Weibchen. Beide Gejchlechter find flügellos, befigen feinen Schnabel und feine Ver: dauungsmwertzeuge, aber wohl entwidelte Gejchlehtsorgane. Sie wandern an die älteren Stammteile, paaren fih, und das befruchtete Weibchen legt nur ein, verhältnismäßig fehr Reblaus. Pemphigus spirothecae. 629 großes, jogenanntes Winterei in Spalten, Riſſe oder hinter die gelöjte alte Rinde des Stammes. Sm näditen Frühjahr liefert jedes Ei eine Laus derjelben Bejchaffendeit, wie wir fie glei) anfangs an den Wurzeln kennen gelernt haben. Balbiani hatte mehrere Gejchlechtstiere an den Wurzeln gefunden und infolge diefer Wahrnehmung auch eine unter: irdiſche gejchlechtliche Fortpflanzung angenommen, Boiteaus Beobadhtungen machen e3 wahrſcheinlicher, daß nur die rauhe Witterung diefe Tierchen von den oberirdiichen Neben: teilen nach den mit Erde bededten vertrieben hatte. Einer Erſcheinung ſei ſchließlich noch gedacht, welche einer genügenden Erklärung zur Zeit noch entgegenfieht. Bald nad) der Entvedung der Neblaus fand man an den anz geſteckten Ortlichkeiten (auffälligerweife aber doch nur an ſehr vereinzelten Stellen in Frank— reich, häufiger dagegen in Amerika) die Blattunterjeite befallener Stöde mit zahlreichen, charakteriſtiſchen „Gallen“ bejegt. Diejelben haben große Ähnlichkeit mit Mißbildungen ver: jchiedener anderer Pflanzen, welche von den noch wenig unterſuchten Gallmilben (Phy- toptus) herrühren: fie öffnen fich an der Oberjeite des Blattes, während fie ſich nach) unten in Form einer flachen Blafe erweitern, und find außen und innen mit einer Menge zot— tiger Fortfäge dicht bejegt. Der Innenraum umschließt eine flügellofe Reblaus, bisweilen auch eine zweite und dritte, und daneben eine Brut von Eiern oder Jungen, ganz jo, wie fie in früherer Jahreszeit an den Wurzeln gefunden worden, jedoch ohne die Aushöhlung an den Fühlerjpigen. Daß man es hier mit feinem anderen Tier al3 mit der Phylloxera vastatrix zu thun habe, iſt von verjchiedenen Seiten nachgewieſen worden, von feiner jedoch ſchon, welche Bewandtnis es mit diefem Vorkommen habe. Die Krankheitserjcheinungen, welche die Phylloxera an den Neben und nur an diejen hervorbringt, beginnen an den zartejten, im Frühjahr hervorjprießenden Wurzeln, welche durch das Saugen der Üüberwinterten Tiere knotig anjchwellen und die jogenannten No— doſitäten (Fig. 6) daritellen; aber auch die mitteljtarfen Wurzeln zeigen infolge des Saugens allmählich grindige, Shwammige Anjchwellungen, die man Tuberojitäten genannt hat. Sene gehen bald in Berwejung über, dieſe etwas ſpäter, und dann verliert die Wurzel ihre Rinde, wird ſchwarz und brüchig. Wenn auf diefe Weije der Stod jeine Ernährungs— organe nad) und nach verliert, jo fangen auch feine oberirdiſchen Teile an, die Krankheit anzuzeigen. Meiſt im zweiten Jahr vergilben vorzeitig die Blätter von unten nach oben, rollen fi) an den Rändern ein und fallen ab. Im nächſten Frühjahr bleiben fie gegen ihre gejunde Umgebung im Wachstum zurüd, machen kürzere Triebe, jegen weniger Traus ben an, deren jchlecht reifende Beeren einen wäfjerigen Geſchmack haben, und jchließlich hört das Leben der Pflanze ganz auf. Einige amerifanifche Sorten zeigen fih durch ihr außerordentlich ſtarkes Wurzelwerk wefentlich widerftandsfähig gegen unfere heimijchen, und man ergeht fi) jegt vielfach mit dem Verjuche, jolche durch unjere heimijchen zu veredeln, in der Hoffnung, dadurch den ſchädlichen Einflüffen der Neblaus zu jteuern. CS würde zu weit führen, alle Maßnahmen der Negierungen hier vorzuführen, um der Verbreitung dieſes Nebenfeindes Einhalt zu thun, jowie der Mittel zu gedenken, mit welchen er bekämpft wird, es jei nur noch bemerkt, daß jeine Gegenwart in allen Weinbau treibenden Gegen: den Europas zur Zeit ermittelt ijt. Die zu jpindelförmiger Galle aufgetriebenen Blattitiele der Pappeln verdanken ihren Urjprung dem Pemphigus bursarius, die etwas gewundenen Knoten ebenda dem im erjten Frühjahr eintretenden Saugen des Pemphigus spirothecae, welche beide Arten man früher nicht unterjchieden hat. Legtere jei hier allein weiter betrachtet. Sie verjchwindet allmählich in der Wucherung des Zellgewebes. Nah viermaligen Häutungen erjcheint fie in einer Länge von 2,5 mm faft halbfugelig, ſchwarzäugig und auf dem Rüden mit weißem Wollpelz bekleidet. Sept bringt fie lebendige Zunge zur Welt, welche zunächſt in ein 630 Siebente Ordnung: Schnabelferfe; dritte Familie: Blattläufe. Häutchen eingeichloffen find, aber jchon bei der Geburt frei werden und fih an die Innenwände der Galle anjaugen. Ihre Zahl Fann ſich auf über hundert belaufen. Mit der vierten Häutung befommen fie Flügel, in deren hinteren die furze Hauptader fo ziem: ih von einem Punkte aus drei Aſte ausftrahlen läßt. Ungefähr um die Mitte des Juli öffnet fich die Galle in einer Längsnaht, um ihre Inſaſſen nah und nach frei zu geben. Diejelben wandern nah Lichtenfteins Beobachtungen auf das Schimmelkraut, Filago germanica, aus, pflanzen ſich dajelbjt mit geringen Formveränderungen weiter fort, um schließlich im Herbit zur Pappel zurüdzufehren. Hier erzeugen fie flügel- und ſchnabelloſe Gejchlechtstiere, von denen das befruchtete Weibchen ein Winterei legt, dem im Frühjahr die Erzeugerin der Galle entjproßt, von welcher wir ausgingen. Ein zeit: mweiliges Auswandern mit veränderter Lebensweiſe und wieder Zurückehren zu der Futter: pflanze, wo dann Gejchlechtstiere auftreten und vom befruchteten Weibchen ein Winterei gelegt wird, iſt auch bei anderen heimischen und bei amerikanischen Arten der Gattung Pemphigus beobachtet worden. Eine andere zur Sippe der Gallenläuje zählende Gattung führt den Namen Te- traneura und unterjcheidet fi) von der vorigen im wejentlichen nur dadurch, daß von der längeren Hauptader des Hinterflügel3 weit voneinander zwei Schrägäfte abzweigen, Die äußerlich glatten, anfangs roten, jpäter mehr gelben Gallen, welche, ungefähr in Form und Größe einer Bohne, mandmal in Menge die Oberfläche eines einzigen Rüfternblattes bededen und jih im Juni unregelmäßig auf ihrem Scheitel öffnen, dürften allbefannt fein. Sie fommen in manden Jahren jo mafjenhaft vor, daß fich die Zweige herabbeugen. So: bald fich die Knoſpen der Ulmen entfalten, ericheint auf denjelben die Tetraneura ulmi als eine jchwarze, mm meſſende Laus, jchiebt fich zwiſchen die Blattfalten und bewirkt durch ihr Saugen die bald bemerkbaren Ausftülpungen nach oben, die Anfänge der fie bald ein: ſchließenden Galle. Nach viermaligen Häutungen ift die flügellos bleibende Stammmutter erwachjen und weiß bereift. Sie gebiert lebendige Junge, wie vorige Art, in Eiform (an: fangs in ein Häutchen eingefchloffen), welche fich viermal häuten, Flügel befommen und die Galle verlaffen. Die bisher vorgetragene Entwidelung beanſprucht einen Zeitraum von durchichnittlih 2 Monaten. Dieje geflügelten Läufe ſuchen nah Lichtenfteins Beobach— tungen die Wurzeln verfchiedener Gräjer auf (Mais, Cynodon dactylum), wo fie fi) weiter ernähren und fich in derjelben Weife vermehren, wie fie jelbjt durch die Stamm: mutter entjtanden waren. Im August, September fehren fie zu den Ulmen zurüd und ge: bären ungeflügelte männliche und weibliche Gallenläufe. Das von dem befruchteten Weib- hen gelegte einzige Winterei liefert im nächjten Frühjahr die Stammmutter. DieNüftern-Haargallenlaus(Schizoneuralanuginosa) wird durch ihre eigen: tümlichen Wirkungen an den Blättern der Nüftern, jedoch nur an folchen, welche in Buchform auftreten, bemerkbar. Die behaarten, blafigen, durch das Saugen entjtehenden Auftreibungen nehmen allmählich das ganze Blatt ein, jo daß ſchließlich die gebräunten Blätter wie Säde von der Größe einer Walnuß und größer von den Büjchen herabhängen und auch nach den Laubfall der gefunden Blätter noch figen bleiben Das die Galle erzeugende Muttertier ift etwas größer alS das der Tetraneura ulmi und nach hinten weniger jtumpf, ſonſt ſtimmt e3 in jeiner Entwidelung mit jenem überein. Die von ihm abjtammende geflügelte Form unterjcheidet fich durch das Flügelgeäder, indem diedritte Schrägader (Unterrandader) im Vorderflügel gegabelt, dort dagegen einfach ift, im Hinterflügel gleicht der Aderverlauf dem von Pemphigus. Durd) eine unregelmäßige Offnung im oberen Teile der Galle fommen die geflügelten Läufe ins Freie, wandern aus, wohin aber, ift noch nicht ermittelt, mehren fich weiter und fehren zur Ulme zurüd, wo fich die Entwidelung dann fo abjpielt wie bei der Blattlaus der Kleinen Nüfterngalle. Tetraneura ulmi. NRüjtern:Saargallenlaus. Blutlaus. 631 Die Blutlaus (Schizoneura lanigera), auch wohl unter dem Namen der woll- tragenden Nindenlaus aufgeführt, ift weniger harmlos als vorige Art; denn fie gilt al3 der ärgjte Feind des Apfelbaumes, indem fie, in Eleineren oder größeren Gruppen vereinigt oder in Reihen figend, Ainde und Splint des jungen Holzes ausſaugt, dadurch grindige Stellen erzeugt und allmähliches Abjterben des ganzen Baumes bewirkt. Auch an älteren Holzteilen fiedelt fie jih an, wenn diejelben durch Froſt oder andere Ber: anlajjungen bejchädigt find, verhindert die Vernarbung der Wunde und gewinnt dort wie hier Schlupfwinfel, welche ihre Verfolgung beinahe unmöglich machen. Die ungeflügelten Läufe find honiggelb bis braunrötlich und auf dem Rüden, namentlich dejjen Ende, mit weißer Wolle bekleidet, wodurch fie ihre Gegenwart ſchon aus einiger Entfernung verraten. Die Augen find Klein, die Fühler furz und blaßgell, und die durchjchnittliche Körperlänge beträgt 1,; mm. Die Ichwarzen, am Hinterleib mehr jchofoladenfarbenen, weiß bereiften und weißwolligen geflügelten Läufe zeichnen fi durch große Augen, noch kürzere Fühler und den Aderverlauf in den den Hinterleib dachartig dedenden Flügeln aus, wie er bei der vorigen Art angegeben worden ijt. Weil die Tiere beim Zerdrüden einen roten Fled zurüdlafjen, find fie mit dem Namen Blutlaus im Volf belegt worden. Daß die Blutlaus im Larvenjtand überwintert, und zwar an den mehr erdwärts gelegenen Weideplägen bis zum Wurzelhals hinab, ift wohl allgemein beobachtet worden. Se nad) den Wärmeverhältniffen im Frühjahr beginnt das Leben früher oder jpäter, und jede Laus, nachdem fie fi zum vierten Mal gehäutet hat, wozu während der Sommer: zeit durchſchnittlich 14 Tage ausreichen, fängt an, lebendig zu gebären. Die Geburten treten in Form eines waſſerhellen Tröpfhens aus der mütterlichen Leibesipige, es ift dies die Haut, in welche das Junge noch eingehüllt ift. Man hat bis zwölf Generationen vor Eintritt des Winters beobachtet. Durch dieje zahlreichen Geburten, die von den Häutunger zurücbleibenden Bälge und durch die abgejtorbenen Generationen bilden die Brut: und Weideplätze allmählich einen dichten, weißen Filz, unter deſſen Schuß die Läufe aller Unbill der Witterung Troß bieten können. Ihre Maſſe kann aber auch Nahrungsmangel eintreten lafjen, und daher fommt es, daß im Laufe des Sommers die Weidepläge immer weiter in die oberen Baumteile vorrüden und ſich mehr und mehr über das junge Holz ausdehnen. In den Baumjchulen figen fie fiher in den grubenartigen Vertiefungen, welche jich um diejenigen Stellen bilden, wo ein Seitenzweig vom Stämmchen abgejchnitten worden it. Bon der zweiten Augufthälfte an zeigen ſich auch geflügelte Käufe auf den Weideplägen zwijchen den ungeflügelten. Sie find träger Natur und bleiben an geeigneten Weideplägen unter jenen, oder fliegen davon, um an anderen Apfelbäumen Kolonien zu gründen. Sede geflügelte Laus bringt wieder Junge zur Welt, aber nur wenige (5— 7). Dieſe häuten fich viermal, ehe jie erwachjen find, haben aber weder einen Schnabel, noch befommen fie Flügel; ſie jind ſchwach weiß bereift, die einen von rotgelber Grundfarbe und 1 mm Länge des eiförmigen Körpers, die anderen, etwas FEleineren, von graugrüner Farbe und mehr wal- ziger Körperform. Jene, die Weibchen, bergen ein Ei, welches Keller nicht als Win: terei angejprochen wiſſen will, weil es noch vor dem Winter die Stammmutter für das nächte Jahr liefere. Die Blutlaus hat fich mit der Zeit immer weiter von Weiten nad) Oſten hin ausgebreitet und jteht neben der Neblaus in vielen Staaten unter Bolizeiauf: ſicht. Die Verbreitung erfolgt wohl in erjter Linie durch Verſchleppung beim Einführen von Apfelitämmchen und Pfropfreifern, durch die geflügelte Form aber auch in noch anderer Weiſe, wie eine mir brieflih von Herrn Langenbrunner in Homburg zugegangene Mitteilung ergibt. Der Genannte pflegte in jeinem Garten, welcher wie die Nahbargärten frei von der Blutlaus war, ein Zwergſtämmchen der Wintergoldparmäne mit ganz bejon- derer Vorliebe und Aufmerkjamfeit. Zu feinem nicht geringen Erjtaunen fand er eines 632 Siebente Ordnung: Schnabelferfe; dritte Familie: Blattläufe, Tages an der Nüdjeite eines Blattes eine ungeflügelte Blutlaus. Das eifrige Beitreben, dieje ihm unerklärliche Erjcheinung zu ergründen, wurde belohnt: er war Zeuge, wie nad und nach drei weitere Läuſe von je einer Ameife in den Zangen dorthin gebracht wurden. Mehrere darauf folgende Negentage legten den Ameijen, deren Neft fih im oberen Teile des Parkes befand, ihr unnüges Handwerk. Aus einem noch höher gelegenen, verwahr: lojten Garten waren die Läufe entnommen. Die fogenannten Baumläufe (Lachnus) bilden eine weitere Sippe, deren Glieder im Vergleich zu den bisherigen lang- und dünnbeinig erjcheinen, im Vorderflügel eine dreizintige Unterrand= und hinter dem linienförmigen Flügelmal eine Randader haben. Die jechsgliederigen Fühler erreichen nicht die halbe Körperlänge und jederjeits eine höcker— artige Drüje auf dem drittlegten Nücengliede. Bon den 18 deutjchen Arten möge die Weiden- Baumlaus (Lachnus punctatus) die ganze Gattung vergegenwärtigen. Diejelbe ijt aſchgrau gefärbt, an den Beinen, mit Ausſchluß der gelblihen Schenkelwurzeln, braun; über den Hinterleib laufen eine Reihe Ihwarzer, jamtartiger Punkte. Dieſe Laus findet jih vom eriten Frühjahr ab an Weidenjchößlingen der Flußufer und lodt durch ihre Ausscheidungen zahlreiche Aderflügler, jelbit Hausbienen, herbei, \ wie bereits früher erzählt worden ift. — Die Eichen= Baumlaus (Lachnus quercus) dürfte nod) all- gemeiner verbreitet jein und gegen den Herbit hin durch ihre dichten Reihen an den Eichenzweigen auffallen. Die Ungeflügelten erglänzen dunfel- braun, meſſen durchſchnittlich 6 mm und im Schna= bel nahezu das Dreifache. Die Fühler, deren jechites Glied das vorlegte an Länge übertrifft, befinden fich fortwährend in taftenden Bewegungen. Die um 1,12 mm fürzeren, geflügelten Läufe find jchwarz und behaart, die Gefchlechtstiere ohne entwidelten Schnabel. Die weitaus artenreichite Sippe find die Aphivdinen mit der Hauptgattung Aphis, Heinere, dünnbeinige, an Blättern, Knojpen, jungen Trieben frautartiger und verholzen: der Pflanzen lebende Läufe. Diejelben zeichnen jich durch fiebengliederige Fühler aus, welche die halbe Körperlänge übertreffen, und durch je ein längeres oder fürzeres Röhrchen jederjeitS des drittlegten Rückengliedes. Die Bezeichnung dieſes Anhängfels als „Saft: röhrchen” mag gelten, eine andere („Honigtrompete”) ift zu verwerfen, weil neuere Unter: juhungen ergeben haben, daß die aus derjelben zeitweilig austretende Flüffigkeit nicht honig, jondern wadhsartig ift und den Tierhen als Schußmittel zu dienen fcheint. Man hat nämlich) beobachtet, daß fie bei Angriffen ſeitens feindlicher Inſekten diefe mit der her- austretenden zähen Flüffigkeit zu bejchmieren ſuchen. Außer den nach oben gerichteten Saftröhren ragt an der Leibesjpige meilt das fogenannte „Schwänzchen“ nad) hinten heraus, welches aber erjt nach der legten Häutung volllommen frei wird und daher ein gutes Unter: ſchiedsmerkmal zwiſchen Larve und gejchlechtSreifer Laus abgibt. Das Flügelgeäder der geflügelten Form ſtimmt im wejentlichen mit demjenigen der Baumläuje überein. Die Aphisarten leben gejellig, oft in großen Kolonien beifammen, Eräufeln dur ihr Saugen manchmal die Blätter, ohne Gallen zu erzeugen, und find vielfach nah Pflanzen benannt, an denen fie nicht ausſchließlich leben. So findet fich beifpielsweife an Apfel- und Birnbäumen wie am Schwarzdorn die grüne Apfelblattlaus (Aphis mali des Fabricius), wiederum an Apfelbäumen und Eberejchen die rötlihe Apfelblattlaus (A. sorbi), die Erbjenblattlaus (A. ulmariae Schranfs) an Erbjen, Widen, Weiden Baumlau3 (Lachnus punctatus). Sechsmal vergrößert. Weiden: und Eiden-Baumlaus. Nofenblattlaus. 633 Blaſenſtrauch und zahlreichen wild wachſenden Schmetterlingsblümlern ac. ꝛc. Ich verfuche es nicht, auch nur eine einzige Art durch Wort oder Bild hier näher vorzuführen, ver: weije vielmehr auf die grüne Rojenblattlaus (A. rosae), welche der erite bejte Roſen— jtod bejjer al alles zur Anjchauung bringen kann, wenn das Gedächtnis einer folhen bedürfen jollte. Won dem größten Intereſſe kann es dagegen fein, die übereinftimmende Lebensweije der Aphis-Arten in der Kürze darzulegen. Sm Frühjahr, je nah der Witterung früher oder jpäter, kommen aus Giern, welche unter Laub und anderen gejhüsten Stellen, an den Holzgewächſen auch frei den Zweigen angeflebt überwintert hatten, flügelloje Blattläuſe hervor. Sie häuten fi viermal, ehe fie erwachjen find, ändern aber dabei ihre Körpergeftalt nur injoweit, als das oben erwähnte Schwänzchen nach der legten Häutung ſchärfere Umriſſe erhält und die Farben zulegt entjchiedener, wohl auch verändert auftreten. Das Wachstum wird begünftigt durch reihlihen Saftzufluß, durch jchwüle, feuchte, gleichzeitig ruhige Luft und kann, wenn dieſe Bedingungen zutreffen, in 10—12 Tagen vollendet fein. Die jo erwachjene, flügel: loſe Blattlaus legt feine Eier, jondern bringt lebendige Junge zur Welt, und zwar ohne jegliche Zuthat eines Männchens. Die Eleine Yarve fommt mit an ihren Leib an- gedrüdten Gliedmaßen, das Hinterteil voran, aus der eben genannten Stelle ihrer Mutter hervor; aber noch ilt der Kopf nicht frei, jo ftredt fie lebhaft die Beinchen von fi, faßt Fuß und entſchlüpft volllommen dem Schoße der Mutter; dieſe erachtet es nicht einmal der Mühe wert, währenddem ihre Saugboriten aus der Lebensquelle zu ziehen, und mag faum unter den Geburtswehen zu leiden haben. Der junge Ankömmling befindet fi genau in der Lage der Mutter, al3 dieje dem Cie entjchlüpft war, jaugt fich feit, wächſt ſchnell, Häutet fi) viermal und gebiert, wenn erwachjen, lebendige Junge. Man nimmt an, daß jede „Amme“, wie dieje lebendig gebärenden Blattläufe genannt worden find, durchſchnittlich SO—40 Junge gebiert, ehe fie ftirbt. Fehlen zeitweilig die oben näher bezeichneten Lebensbedingungen, jo verzögern fich natürlich) auch die Geburten, und jene Zahlen werden nicht erreicht. Bald müßte die Wohnjtätte von den immer dürjtenden Saugern überfüllt und ernährungsunfähig werden, da jene infolge ihrer Trägheit feine Wanderungen zu weiterer Ausbreitung unternehmen; auch könnte duch einen Unglüdsfall die ganze Ge— jellfehaft auf einmal zu Grunde gehen. Um dem Einzelwejen feine Erhaltung und der ganzen Art das Fortbeitehen zu ftchern, hat Mutter Natur weile Fürforge getroffen. Wenn die Blattlausfolonie zahlreicher geworden, jo bekommt fie ein verändertes Anjehen, inden zwiſchen den Ammen vereinzelte geflügelte Blattläufe umberkrabbeln und größere Ab: wechſelung in die einförmige Geſellſchaft bringen. Sie wurden als flügelloje Larven ge: boren, befamen mit der Zeit die Flugwerkzeuge, die ihnen anfangs in Form kurzer Stäbchen an den Nüdenjeiten anlagen, und benugen fie nun, um entfernt von der Heimat neue Kolonien zu gründen. Haben fie jich aber anderswo angejiedelt, jo wiederholen fich genau diejelben Verhältnifje wie vorher. Auch fie find Ammen und jchenten zunächit ungeflügelten, jpäter auch geflügelten Blattläufen das Leben. Dieje Einrihtung zu weiterer Verbreitung erinnert an das Schwärmen der Bienen und Ameijen, welches zwar anders zu ftande kommt, aber demfelben Endzwed, der örtlichen Berbreitung der Art, dient. Auf folhe wunderbare Weife leben unſere Blattläuſe den ganzen Sommer und Herbit hindurch, jolange diefer ihnen Nahrung bietet. Dann aber werden die Ammengeburten jparfamer, es entjtehen meijt ungeflügelte größere Weibchen und weit vereinzelter Kleinere, in der Negel geflügelte Männchen, jelbitveritändlich gleic)- falls durch lebendige Geburten. Beide nun paaren fich, und jene legen Eier an die Pflanzen: ftengel oder an andere gejhügte Stellen, je nad) der Art. Dieje eierlegenden Blattläufe find wirkliche weibliche Gejchlechtstiere, auch dem inneren Bau nad weſentlich verſchieden 634 Siebente Ordnung: Schnabelferfe; dritte u. vierte Familie: Blattläufe u. Blattflöhe, von den Ammen und Fönnen feine lebendigen Junge erzeugen. Steenjtrup vergleicht dieje Kortpflanzungsweife mit derjenigen zahlreicher niederer Tiere, bei denen fich zwifchen die geichlechtlihe Fortpflanzung eine oder mehrere Formen einfchieben, die gejchlechtslos bleiben, fich auch jonjt mehr oder weniger von den Gejchlechtstieren unterscheiden, zugleich aber die Fähigkeit einer ungefchlechtlichen Vermehrung befiten. Der berühmte dänische Forſcher hat dieje Art der Vermehrung bekanntlich unter dem Namen des Generations: wechjels in die Wiſſenſchaft eingeführt. Nachdem man aber die Fortpflanzungsweife der Rinden- und Wurzelläufe näher fennen gelernt hat, beurteilt man auch diejenige der Blatt: läuje in etwas anderer Weiſe und fieht in den lebendig gebärenden Formen nicht mehr Ammen im Steenftrupjhen Sinne, jondern Weibchen, welche fi ebenjo wie diejenigen der verwandten Pflanzenläufe, hinter denen fie in der Ausbildung der Geſchlechtsorgane allerdings zurückbleiben, durch Parthenogeneſis fortpflanzen, alfo durch Eier, welche die im allgemeinen zur Entwidelung notwendige Befruchtung eingebüßt haben. Bon diefem Geſichtspunkte aus erjcheint der Entwidelungsgang aller dieſer Schnabelferfe, ebenjo wie derjenige der früher bejprochenen Gallweipen, als Heterogonie. Weil bei den bejprochenen Blattläujen erjt mit Eintritt der rauhen Sahreszeit die Fortpflanzung durch befruchtete Eier ftattfindet, jcheint das rauhe Wetter im Zufammen- hange mit dem dadurch entitehenden Nahrungsmangel auch allein die Veränderung in den Verhältniffen zu bedingen. Für diefe Annahme fpricht auch noch der Umstand, daß in unferen wärmeren Gewächshäujern die Fortpflanzung durch Eier ausfallen fann, und daß es dem Paſtor Kyber zu Anfang diejes Zahrhunderts gelungen ift, eine Blattlausfolonie 4 Jahre hindurch nur dur) „Ammengeburten“ zu erhalten. Auch fehlt es nicht an Beifpielen, wo an bejonders geihüsten Stellen im Freien einzelne Aphis-Arten in einem anderen als dem Eiſtande überwintert haben. Gleich anderen Kerfen, welche ausnahmsweife in unzähligen Mengen erfcheinen und durch ihre Schwärme die allgemeine Aufmerkfamfeit auf ſich lenken, haben auch die zarten Dlattläufe dann und wann die Luft wolfenartig erfüllt, jo die Bappel-Gallenlaus (Pemphigus bursarius) am 7. Dftober 1846 in Schweden. Zwiſchen Brügge und Gent erihienen am 28. September 1834 Wolfen von Blattläujen und ließen fich in Gent den foigenden Tag jcharenweife von morgens 7 Uhr bis zum Abend in jolhen Mafjen jehen, daß das Tageslicht verfinftert wurde; am 5. Dftober war die ganze Straße von dort bis Antwerpen ſchwarz von ihnen. Um diefelbe Zeit zogen fie nad) Emfloo zu und nötigten die Menjchen, zum Schutze Brillen aufzufegen und Taſchentücher vor Mund und Naſe zu halten. Am 9. Dftober befand fih Hr. Mooren bei Mlaft mitten in einem Schwarm der Pfirfihblattlaus (Aphis persicae), von welcher 3 Tage fpäter zahlreiche Schwärme, durch den Wind nach allen Richtungen hingetragen, auch Brüffel be= rührten Zwiſchen dem 17. und 21. Juni 1847 ſchwärmte in verjchiedenen Gegenden Eng— lands die Bohnenblattlaus (Aphis fabae). Dieje Beijpiele mögen als Belege für dieje höchſt merkwürdige, nicht weiter zu erflärende Erſcheinung dienen. Was die jhädlichen Einflüſſe der Blattläuje auf die Pflanzen betrifft, jo iſt es klar, daß die fortwährende Entziehung der Cäfte, namentlich an den jungen und jüngften Teilen ausgeführt, eine Schwächung nicht nur diejer, jondern der ganzen Pflanze zur Folge haben muß. Dur) das gejtörte Wachstum entjtehen Mißbildungen mancherlei Art, jo das Kraus: werden der Blätter, wie wir es beijpielsweile an den Kirfchbäumen, Sohannisbeer: jträuchern 2c. beobachten können; die Blätter, die Früchte fallen ab, ohne nur annähernd zur Neife zu gelangen, in anderen Fällen wird die Ninde oder die Wurzel angegriffen, und teilweifes oder gänzliches Abjterben ijt die unausbleibliche Folge jolcher Angriffe. Keben der Saftentziehung wirken meift auch die Elebrigen, alle Spaltöffnungen verftopfenden Bappel:Gallenlaus Pfirſich- und Bohnenblattlaus. Blattflöhe. 635 Auswürfe der Blattläuje im höchſten Grade nadteilig auf die Pflanzen. Indem jene unaufhörlidh flüffige Nahrung aufnehmen, jcheiden fie auch reichlich Flüffigfeit wieder aus, Sie jprigen diejelbe als eine ziemlich wafjerhelle, Elebrige Maſſe weit von fich, bejudeln da: mit die unter ihnen befindlichen Pflanzenteile, am augenfälligiten die Blätter, welche wie mit einem Firnis überzogen erjcheinen. Der Negen löſt diefen Überzug zum Teil wieder auf, führt ihn weiter, verändert ihn wohl auch in jeiner Farbe, jo daß er 3. B. am Eichen: gebüſch als Schwarze Flece zur Ericheinung fommt, unter allen Umijtänden aber für die Blätter die notwendige MWechjelwirkung derjelben mit der umgebenden Luft mehr oder weniger lahm legt. Alſo hierdurch, nicht durch die taufenderlei herbeigelodten Smmen und anderen jüßmäuligen Kerfe, unter denen die Ameifen am häufigiten wiederfehren, erwächſt den verlaujten Pflanzen der Nachteil. Dieje allbefannte Erſcheinung, welche jtets von den Blattläujen (mit Beihilfe der Schildläufe) herrührt, ſelbſt wenn diejelben als höher jigend überjehen werden, ift als Honigtau bezeichnet worden. Die auf die eben gejchilderte Weije unmittelbar oder mittelbar von den Blattläufen beeinträchtigten Gewächje bieten in diefem unnatürlichen Zuſtand eine Bflanzitätte für die mit der Luft fortgeführten Bilziporen. Diejelben bleiben dort Eleben, finden die Bedingungen zu ihrer Weiterentwidelung und erzeugen die verſchiedenen Pilzkrankheiten, welche als Roſt, Brand ꝛc. bezeichnet werden. Objehon nicht behauptet werden joll, daß dieje Pilzkrank— beiten alle durch Blattläufe vermittelt jeien, jo befördern doch Blattläuje entjchieden manche Formen derjelben. Ob ein Pilzüberzug von weißer Farbe von diefem als Meltau be- zeichnet worden ift, während ein anderer die wolligen Überreite gehäuteter Blattläufe als ſolchen anjah, wollen wir dahingejtellt jein laffen, jcehlieglich aber noch auf die gediegene Unterfuhung über „Honigtau, biologiſche Studien an Pflanzen und Pflanzenläujfen“ von M. Büsgen (Sena 1891) aufmerkffam machen. Eine geringe Anzahl Eleiner Schnabelferfe fünnte man der Körpertracht nach für Die früher zur Sprache gebraten Holzläufe halten, jolange man ihre Mundteile außer acht läßt. Diejelben zeigen aber den die Ordnung harakterijierenden Schnabel und befähigen nicht, wie dort, zum Beißen. Beide Gejchlechter erfreuen ih der Flügel und zum Springen geeigneter Hinterbeine. Auf dem Scheitel jtehen drei Nebenaugen weit auseinander, zwei Fußglieder und Haftlappen zwijchen den Klauen fennzeichnen die nur mäßig langen Beinden. Das Springvermögen läßt feine Verwechjelung mit den vorigen zu und die längeren Fühler ebenſowenig mit den folgenden jpringenden Zirpen. Dieje Blattflöhe (Psyllidae) jaugen gleichfalls Pflanzenjäfte, und ihre Lärvchen, deren Beine noch Fürzer und deren Fühler ungegliedert find, bringen nicht ſelten Mißbildungen an ihrer Futter— pflanze hervor. Am verbreitetiten finden fich die beiden Gattungen Livia und Psylla. Jene erreicht in ihren Fühlern, deren dickes Grundglied jo groß wie die folgenden zuſammen— genommen ift, die Körperlänge noch nicht und hat flache Augen. In dem 2,25 mm meljen: den braunen, an Kopf und Mittelleib rojtgelben Binjenfloh (Livia juncorum) findet fie ihren Vertreter für Deutjchland. Diejes Tierchen, welches außerdem in der Mitte weiße, an der Spite ſchwarze Fühler auszeichnen, lebt in den Blüten der gegliederten Binfe (Juncus articulatus oder lamprocarpus) und überwintert unter Zaub; hierauf paart es fich, das Weibchen beginnt im Mai mit dem Legen der Eier, braucht lange Zeit dazu, die den— jelben entſchlüpften Larven entwideln fich jehr langjam, jo daß die jüngeren in den Miß— bildungen der Binſen überwintern. 36 Siebente Ordnung: Schnabelferfe; vierte u. fünfte Familie: Blattflöheu. Kleinzirpen. ) sırı Die andere Gattung Psylla fennzeichnen die borjtigen Fühler von mindeitens Leibes— länge, die runden, vorquellenden Netaugen und häutige Klare Vorderflügel, welche fich bei Livia meijt etwas derber al3 die hinteren zeigen. Der Ginjter-Blattfloh (Psylla senistae), welcher jeine Gattung hier in jechsfacher Ber: größerung vergegenwärtigen möge, hat einen zweihöderigen Vorderkopf, bräunlide Streifen in den Flügelfeldern und eine lichtgrüne Körperfarbe; er lebt, wie der Name andeutet, en kn auf dem Ginſter. — Auch Birn- und Apfelbäume haben ihre Flöhe. Der Birnſauger (Psylla pyri) beſchmutzt mit feinen Auswürfen die Blattjtiele und Zweige wie mit einem von Ameifen gejuchten, Elebrigen Saft; der Apfelfauger (Psylla mali) findet jich im Herbite auf Schon gelb werdenden Apfelblättern als vollkommenes Inſekt, während die Larve an Blütenftielen und Knoſpen jaugt. In den legten Jahren ift diefe Familie von Reuter, a 5. Löw u. a. eingehender behandelt und in weit zahlveichere Gattungen zerlegt worden. Die nächte Reihe der Schnabelferfe, die Zirpen oder Cifaden (Cicadina, Homo- ptera), empfing, jo mannigfach die Arten in ihrer Körpertrahht auch jein mögen, in den furzen, immer mit einer Borjte endenden, leicht zu überjehenden Fühlern, in dem weit nad hinten gerüdten, dicken Schnabel und in den vier gleihhartigen oder ungleichartigen Flügeln ſowie in der aus Pflanzenfäften bejtehenden Nahrung ihre gemeinjamen Merk male und unterjcheidet ſich in dieſer legten Beziehung injofern wejentlich von den bis— herigen Ordnungsgenofjen, als fie nie durch Feitjaugen diejelbe Stelle einnimmt, jondern hier oder da den Schnabel einbohrt und nur jelten in Gejellichaften zujammengedrängt einer Pflanze läftig wird. Die Eleinften, zum Teil winzigen Arten trennt man von den übrigen als befondere Familie der Kleinzirpen (Cicadellidae) unter folgen: den gemeinfamen Merkmalen ab: der frei vortretende, mit dem Scheitel nach oben, mit der breiten Stirn nach) vorn gerichtete Kopf trägt vor den Augen außer der Endborite zweigliederige Fühler und zwei oder feine Nebenaugen. Der in der Regel einfache erite Bruſtring reicht nach hinten nur bis zum Schilöchen des zweiten, läßt diejes aljo unbe— deckt. Lederartige Vorderflügel und in den Schienen verlängerte, zum Springen befähigende Hinterbeine vervollitändigen den Charakter diejer flinfen, meijt aus dem Sprung in den Flug übergehenden Tieren, welche in zahlreihen Arten Europa bewohnen. Stein einziges von allen rechtfertigt den Namen „Zirpe“, da alle ihre kurze Lebenszeit lautlos verbringen. Zu den zierlihjten in Zeichnung und Geftalt gehören die zahlreich in Nordamerika, Nordaſien, befonders aber in Europa vertretenen, 3 mm faum überjchreitenden Blind: föpfe (Typhlocyba), jo genannt, weil die Nebenaugen nicht fehlen, jondern überjehen worden find. Ihr Körperumriß eriheint ſchmal und ſchlank, keilförmig von vorn nad) hinten zugejpißt, der Scheitel ragt etwas vor, rundet fich aber ab, die Stirn wölbt ſich leicht und verfhmilzt mit den Nahbargegenden. Bei aller Derbheit find die Vorderflügel ungemein zart und die langen Hinterfchienen kräftig beftahelt. Manche Arten fommen mafjenhaft auf einer Pflanze vor, wie beifpielsweije die Nojencifade (Typhlo- cyba rosae) auf Rojenftöden. Man fieht die Tierchen als bleich zitronengelbe, hinten braune Strichelchen ruhig daran figen; wird der Buſch aber erjhüttert, jo ſchnellen alle herunter, umfreifen fliegend ihren Wohnplag und lajjen fi alsbald wieder auf demjelben nieder. Sm Sonnenjhein unternehmen fie diefe aus dem Sprung in den Flug über: gehenden Bewegungen zur Kurzweil aus freien Stüden. Das Weibchen hat, wie bei allen AUSLÄNDISCHE ZIRPEN. Ginfter-Blattfloh. Birn-u. Apfeljauger. Rojencifade. Ohrenzirpe. Shaumcifade. 637 anderen, eine an der Bauchſpitze fihtbare Legröhre, bohrt mit ihr in das junge, weiche Holz, beſchenkt es mit Eiern und verurſacht hierdurch allmähliche Anſchwellung. Die Heinen Lärvchen bleiben im Holze verſteckt, nähren fih vom zufliegenden Saft, erhalten nad) mehreren Häutungen Flügelftümpfe und machen fich erjt durch den Gebraud der voll- fommen entwidelten Flügel in der eben angeführten Weije bemerklich, und zwar zweimal im Sahre. Die Walzencifaden (Tettigonia) zeichnen fi durch eine blafig aufgetriebene Stirn, eine lange Fühlerborfte, quere Hinterhüften, dreifantige, dicht bedornte Hinterjchienen ſowie durch die langen, ſchmalen Flügeldeden aus. Von den mehr als 400, vorherrfchend im füdlichen Amerika vorfommenden Arten erbliden wir die vierpunftige Walzencifade (Tetti- sonia quadripunctata) nah innen auf dem Blatte unter der Paſſionsblume unjeres Gruppenbildes „Ausländiichegirpen”. T. viri- dis ift in Europa jehr weit verbreitet und lebt auf feuchten Wieſen. Auf hohem Eichengebüfch wohnt als größte deutiche Art, vom September ab im vollfom: menen Zuſtande, die Ohrenzirpe (Ledra aurita, Sig. 1 und 2). Die ohrenartig empor- gezogenen Seitenränder des Halsjchildes (Fig. 2) und der jheibenartig erweiterte, an den Seiten Tchneidig hervortretende Kopf verleihen der düſter rindenartig gefärbten Kleinzivpe ein eigentüme liches Anjehen. Die ftarf bejtachelten Hinter: Ihienen find nach außen jcharffantig erweitert und ihre Hüften in die Quere gezogen. Die Larve erſcheint jehr plattgevrüdt. Südaſien und Neuholland weiſen noch mehr Gattungs— genoſſen auf. Höchſt eigentümlich geſtaltet ſich das Lar— venleben ver Schaumcikade (Aphrophora — spumaria, Fig. 3), indem fie „die thränen- Ohrenzirpe (Ledra aurita): 1) von oben, 2) von der den Meiden” oder an einigen Wiejenpflanzen, Seite. 3) Stauncitane (Aphrophora —— beſonders der Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis en ee flos eueuli) und dem Bodsbart (Tragopogon pratense), den jogenannten Kududsjpeichel zur Aufführung bringt. Im Herbit hatte das Cifadenweibchen mittels jeiner langen, in einer Bauchſpalte verborgenen Leajcheide die Eier zwiſchen Nindenrige, bei legteren Pflanzen wahrſcheinlich an den Wurzelitod ver: ſenkt. Diejen entjchlüpft im nächſten Frühjahr eine grüne, nach hinten zugeipigte, am Bauche abgeplattete Larve, welche die betreffende Futterpflanze anfticht, um ſich zu ernähren. Die durd ihren Körper gegangenen Säfte derjelben ericheinen nicht wie bei den Blatt: läujen als kleine, Elebrige, andere Weſen anlodende Tröpfchen, jondern als weißer Schaum, wie ihn Seife oder Speichel hervorbringen, dazu bejtimmt, andere Kerfe und feindlich ge: finnte Bögel abzuhalten, indem er die Larve vollftändig einhüllt. Sigen ihrer viele auf einer alten Weide bei einander, jo fließen die zahlreichen Schaumbläschen in Tropfen zu: fammen, träufeln herab und „die Weiden thränen“, bejonders wenn ein wolfenlojer 638 Siebente Ordnung: Schnabelferfe; fünfte u. ſechſte Familie: Klein- u. Budelzirpen. Himmel warmes trodenes Wetter verfündigt. Erſt wenn die Larve ihre Häutungen beftan- ven bat, fommt fie unmittelbar vor der legten aus ihrer Umhüllung hervor und treibt fich auf Gebüſch und benachbarten Gräſern umber, jene aber verjchwindet durch Eintrodnen. Die Schaumzirpe erſcheint in Wirklichfeit nach hinten mehr zugejpigt als auf unjerem Bilde, wo ihr die Flügeldeden Kaffen, von Farbe gelbagrau, mit Ausnahme von zwei un- beſtimmt abgegrenzten lichten Streifen auf jeder Flügeldede. Sie und die übrigen Gattung$: genofjen charafterifieren der dreifeitige, dur eine jcharfe Kante von der mäßig gewölbten Stirn getrennte Scheitel, ein fiebenediges Halsſchild, die kurz Fegelfürmigen Hinterhüften jowie die walzigen, mit drei fräftigen Dornen bewehrten Schienen. — Eine einfarbig gelb- araue, etwas gejtredtere Art, die Weidencifade (Aphrophora salieis Fallens oder lacrymans EverSmanns), bringt an den Weiden im Orenburgijchen diejelbe Erjchei- nung hervor, wie die abgebildete in Deutſchland, und auf Madagaskar fißt wieder eine andere Art an den Maulbeerbäumen, von welchen bei brennendem Sonnenſchein ein förm— licher erquidender Regen herabträufeln joll, indem fich die Larven klumpenweiſe rund um die ſtärkſten Schößlinge feithalten. Bei den Stirnzirpen, Schnellzirpen (Cercopis), greift die aufgetriebene Stirn über den Vorderrand des dadurch gefürzten, im Mittelgrübchen die Nebenaugen bergenden Scheitels. Am Halsiehild, welches vorn zwei Eindrücde Fennzeichnen, zählt man nur jechs Eden, weil es am kleinen Schildchen nicht winfelig einjpringt. Wegen der ziemlich breiten, bunten Flügeldeden erjcheinen die Zirpen weniger geftredt als andere. Ihre Hinterhüften treten kurz kegelförmig heraus, und von den Fantigen Schienen werden die hinterjten am Ende von Borften umfränzt. Zahlreiche Arten dieſer Zirpen breiten fich über alle Erd: teile aus, unter ihnen die größten der ganzen Familie über den heifen Gürtel. Links auf dem Drangenblatt unjeres Gruppenbildes iſt die Doppelt bandierte Stirnzirpe (Cercopis bivittata) aus Sava dargeftellt. Sie ilt glänzend ſchwarz und an jeder ihrer Flügeldedfen mit weißen Querbinden geſchmückt. — Es bedarf jedoch nicht einer Reiſe nach fernen Ländern, um Vertreter diejer Gattung in der Natur beobachten zu Fönnen. Ein zierliches Tierhen von faum 10 mm Länge belebt ftellenweife die Gebüjche des hüge— Ligen Deutjchland. Es fißt ruhig auf der Oberjeite der Blätter und leuchtet weithin durch die drei blutroten Flede auf jeder jeiner Flügeldeden; fommt man ihm aber zu nahe, jo ver: ſchwindet es durch einen mächtigen Sprung und zwar um jo eiliger, je Jchöner jein Ge— wand in der Sonne erglänzt. Die Art führt mit Necht den Namen der blutfledigen Stirnzirpe (Cercopis sanguinolenta), hat aber noch mande ihr jehr ähnliche Schweſtern, darum ſei zu ihrer Charafterijtif noch bemerkt, daß der vorderfte der Blutflecke die Wurzel einnimmt, der folgende, runde und kleinſte die Mitte, während der hinterjte als Binde über die ganze Fläche reicht. Andere Arten, durhichnittlih nicht größer als die bereitS bejprochenen und meiſt eintöniger in der grünen oder düſteren Färbung des Körpers, hat man zu der Ya: milie der Budelzirpen (Membracidae) vereinigt, weil ihr Halsjchild in den mannig— fachiten Geftaltungen den übrigen Körper überwuchert und durch Auswüchſe und Anhängjel, oft der fonderbariten Art, als der am meijten entwidelte Körperteil auftritt. Der Kopf rückt dadurch bei allen nach unten, eine ſcharfe Sonderung zwiſchen Scheitel und Stirn, wie bisher, fällt weg, indem beide miteinander verjchmelzen; zwiſchen den Negaugen ftehen zwei Bunktaugen, und die ehr kurzen Fühler verfteden fi) unter dem Stirnrande. Häufig Weidencifade Stirn, Budel:, Dorn, Knoten-, und Schlangenzirpen. 639 bleiben die Vorderflügel ebenfo dünnhäutig und durchfichtig wie die Hinterflügel, entfchieden immer da, wo fie durch die Verlängerungen und Ausschreitungen des Halsſchildes voll- fommen unfichtbar geworden find. Die kurzen Mittelhüften ftehen nahe beifammen, und die hinterften find in die Duere gezogen. Die Budelzirpen fpringen, aber zirpen nicht, glei) den vorigen, und breiten fich fait ausschließlich über das mittägige Amerika aus. Die durch weiße Seidenbehaarung mattihwarze gehörnte Dornzirpe (Centrotus cornutus) gehört einer durch ihre Verbreitung über alle Erdteile unter den Budelzirpen einzig daftehenden Gattung an und findet ſich während des Herbtes in Deutſchland nir- gends jelten, am liebiten auf Haſelgebüſch, und foll bei Trieft unter dem Namen „Wein: teufel” den Neben mitunter ſchädlich werden. Sie endet ihr an den Schultern furz gehörntes Halsſchild in einem Fortfag wellenförmig über den Rücken bis zur Hinterleibsipige, der: artig, daß e3 über die inneren Flügelränder hinläuft und, von der Seite gejehen, zwei Durchſichten geftattet. Alle vier Flügel find getrübt und dünnhäutig. Die langen, drei: jeitigen, am Rand gezahnten Schienen hat diefe Art vor denen anderer Länder voraus, die Gattung aber erkennt man an der hier vergegenwärtigten Form; bemerkt jei nur noch, daß die Fortjegung des Halsjchildes zwar über das Rückenſchildchen hinweg: geht, dieſes aber ebenjowenig bededt wie die Wurzel der Flügeldeden. Die bunt gefärbten Larven tragen kurze Stacheln auf der Rückſeite des Körpers. Bei den Anotenzirpen (Hetero- notus), einernurin Südamerika vorkom— menden Gattung, läuft das Halsichild in feiner hinteren Verlängerung als ver: ſchieden geformteundverzierte, hohle Wal— zenanlage oder als Blaſe über den Rücken Gehörnte Dornzirpe (Centrotus cornutus). Schwach hin, bedeckt deſſen Schild vollkommen vergrößert und bringt die wunderlichſten Formen hervor, von denen eine auf unſerem Gruppenbild in der mittelſten der drei oberſten Fi— guren vorgeführt iſt. Die netzaderige Knotenzirpe (Heteronotos reticulatus), welche man daſelbſt erblickt, ſchwillt an ihrem netzartig punktierten Halsſchildgebilde in der Mitte und am Ende knotig an und läuft hier in drei Dornenſpitzen aus. Vorn wird es durch fünf weiße Längsitriemen gezeichnet, deren drei mittlere fich bis zum Kopfe erſtrecken und daſelbſt vereinigen. Die einzelnen Knoten führen einen in der Mitte unterbrochenen Duerftrich und die drei Dornen Spigen von weißer Färbung. Die bis auf den braunroten Vorderrand durhfihtigen, am Innenwinkel ausgeſchnittenen und von gegabelten Adern durchzogenen Flügeldeden verbergen den ſchmutzig rotbraunen Hinterleib. Bei anderen Arten geitaltet fi) die wunderbare Nüdenverzierung wieder anders. Wie eine Schlange, welche fih in den Schwanz beißen will, nähert fich das vordere dem hinteren Ende des breit gedrüdten Halsjchildes bei der matt ſchwarzen Hypsauchenia balista, welche ich die Schlangenzirpe nennen möchte. Sie ift die oberfte in unferem Gruppenbild und lebt in Kolumbien; eine jehr ähnliche Art, welche in Brafilien heimisch iſt, unterjcheidet fi durch einen Doppelfnoten, welcher fih mitten auf der wagerechten Stelle de3 Halsjchildes nach dejjen vorderer Spite hin auftürmt. Man fann alle diefe jonderbaren Auswüchje eben nur für Verzierungen erklären, welche in ähnlicher Weiſe bei den Blätterhörnern unter den Käfern bereits früher zur Sprache famen, hier aber als Gebilde der Fühnjten Phantafie alles Maß überjchreiten. 640 Siebente Ordnung: Schnabelferfe; fiebente Familie: Leuchtzirpen. Die jüdamerifanifhen Helmzirpen (Membraeis), an hundert der Artenzahl nach, erheben ihr Halsſchild meift hoch nach oben zu fait ſchneidiger Kante und erſcheinen daher von den Seiten her ungemein zufammengedrüdt; weiße, gelbe oder rote Bänder durch: sieben jenes auf die verſchiedenſte Weife; überdies find bei ihnen die Borderjchienen ellip- tiſch erweitert und die Hinterfchtenen mit ftarken Dornen bewehrt. Wir jehen auf unjerem Sruppenbild, oben rechts, auf der Anofpe der Paſſionsblume ruhend, die hohe Helm: sirpe (Membraecis elevata), deren matt jchwarze helmartige Erhebung vorn und hart an der Epite weiß gezeichnet ift. Bei anderen Arten findet vorn feine einfache Abrun— dung ftatt, jondern ein zahnartiger VBoriprung. Man fönnte die Membracis eruenta, welche am äußeriten Ende links auf der offenen Blüte fißt, die Phrygiſche Mütze nennen, auch bei ihr ift der Verlauf der roten Zeichnungen aus der Abbildung erfichtlich. Die beiden kleinen Stiere unter dem oberjten Dreiblatte der Budelzirpen gehören einer und derjelben Art an, welche unter dem Namen der Stierzirpe (Hemiptycha punc- tata) pajjieren mag und die größte der ganzen Familie fein dürfte; ſie ift braun gefärbt und verdedt mit dem ftattlich gehörnten, durchaus grünlich punftierten Halsſchilde die Innenränder der getrübten, etwas braunftriemigen Borderflügel, was bei feiner der vor: angegangenen der Fall war; überdies fallen bier die Hinterfühe nicht durch ihre Verkür— zung auf, wie bei den nächjt verwandten Nabelzirpen (Umbonia), wo ſich meijt auf der Mitte des Halsichildes ein Dorn erhebt. — Außerdem fommen noch zahlreihe Gat- tungen vor, bei denen das Halsjchild die Vorderflügel vollfommen verftedt. Die ange führten müfjen jedoch genügen, um den in der Familie herrjchenden Formenreichtum ahnen zu laſſen. Nie bei den Budelzirpen der Vorderrüden, jo jpielt bei der folgenden Familie, den Leuchtzirpen (Fulgoridae), der Kopf die Hauptrolle und bedingt für eine große Anz zahl ihrer Mitglieder die Körpertracht, wird aber nirgends zur Licht ſpendenden Laterne, wie man vorzeiten allgemein geglaubt hat. Obſchon diefe Kerfe weder an irgend einer Stelle ihres Körpers leuchten, noch zirpen, jo hat man doch, vielleicht aus einer gewiſſen Pietät, den obigen Familiennamen beibehalten. Wird doch die befannte Erdbeere ihren alten Namen fortführen, obſchon fie die Pflanzenkundigen längft aus der Zahl der Beeren geitrichen haben, und jo noch manch anderes Gebilde, daS man nad) jeiner Taufe rich: tiger erkannte und gern anders benannt haben würde, wenn nicht die Macht der Gewohn: heit auch daS Beſſerwiſſen beherrſchte. Die Bildung des Kopfes, deſſen Ausschreitungen nicht allen Leuchtzirpen zukommen, unterjcheidet fie doch ſämtlich von den übrigen Zirpen dadurch, daß alle jeine Teile: Scheitel, Stirn, Wangen, durch ſcharfe Leiſten voneinander getrennt werden und er da, wo Feine befonderen Umbildungen diefen Grundeharafter ver: wiſchen, das Edige als ſolchen zur Schau trägt. Neben jedem der Fleinen Netzaugen fteht nad) innen ein Punktauge, ſofern diefe nicht gänzlich fehlen, und unterhalb, an der Wange, jederjeits der Feine, leicht überjehbare Fühler. Keine Anhängfel oder Wucherungen verändern bier das einfache Halsſchild. Die Vorderflügel, bei den einen dünnhäutig, wie die Hinter: flügel, bei den anderen derber als dieſe und bei noch anderen mit ihnen zugleich leder— artig und bunt gefärbt, find an ihrer Wurzel ſtets von einem Schüppchen bededt, welches den Budelzirpen mindejtens in allen Fällen fehlt, wo das Halsſchild deren Wurzel oder ganze Fläche bedeckt. Die verlängerten Mittelhüften ftehen weit auseinander, alle Schienen jind dreifantig, häufig bedornt und die hinterjten mit einem Stadelfranz an der Spike gekrönt. Viele Leuchtzirpen jondern zwijchen den Ningen des Hinterleibes einen jchnee= weißen, wachsartigen Stoff aus, welcher diejen als Neif überzieht, oder bei größerer Fülle Helm: u. Leuchtzirpen. Gerippte u. gejäumte Miniercifade. Laternenträger. 641 in fadenförmigen Eträngen einen Endfchopf bildet, ſich auch wieder erneuert, wenn er ab: gerieben wird, wie joldhes in ähnlicher Weije ſchon bei den Blattläufen zur Sprache Fam. Auch die Leuchtzirpen gehören überwiegend den heißen Gleicherländern an und werden durch nur wenige, zwar zierliche, aber infolge ihrer Kleinheit unjcheinbare Arten in Europa vertreten. Dahin.gehört die gerippte Miniercifade (Cixius nervosus, Fig. 1), ein 7,ızmm langes, braunes, an den Kopfrändern gelbes und an den durcchjichtigen Flügeln braun gefledte3 und punftiertes Tierchen. Der jchmale, mit Neberaugen verjehene Scheitel, die rautenförmige, hochumrandete und von einer Längsleiſte halbierte Stirn und die wie ein Knöpfehen unter den glogenden Augen hervor: tretenden Fühler fennzeichnen den Kopf, die Nautenform den Bruftrücden und gabelfürmig geteilte Adern die den länglich dreiedigen Kör— per weit überragenden Flügel. Es gibt in Deutſchland noch einige ſchwer zu unterjchei: dende Arten diejer Gattung, welde Bur— meister durch weibliche Endung in Cixia um: getauft hat. Sie war früher mit Flata ver: einigt, deren Arten jedoch, manche der großen bunten Flügel wegen gewiljen Schmetterlingen gleichend, andere bejonders ſtark bereift, nur zwiſchen den Wendekreiſen anzutreffen find. So liefert beijpielsweife die gefäumte Mi: niercifade (Flata limbata) daS foge- nannte weiße Chinawadjs. Der europäijhe Laternenträger (Pseudophana europaea, Fig. 2), ein 8,75 mm langes, grasgrünes Zirpchen, deſſen durchſichtige Flügeldeden von gleichfalls grünem Geäder durchzogen werden, iſt der einzige euro- n Geriphpte Miniercikade (Cixius nervosus). 2) Eu: päiſche Vertreter einer Gattung, welche, außer ropäiſcher Laternenträger (Pseudophana euro- in Neuholland, allerwärts vorkommt, und deren Paee) oe a übrige Arten fait alle durch ihr grünes Ge- wand mit der unjerigen übereinjtimmen. Ein fegelförmig vortretender Kopf mit um: leijtetem, von einem Längskiel durchzogenem Scheitel und mit gleichfalls umleijteter, von drei Kielen durchichnittener Stirn zeichnet die Gattung aus. Der europätjche Laternen: träger findet fi) auf trodenen, bejonders an Schafgarbe und Wucherblumen reichen Wiejen und auch an anderen grajigen Stellen hier und da in Deutjchland. Er wurde bei Leip— zig und Halle, von mir bei Naumburg und von einem Freunde an der nordöltlichen Grenze der Provinz Sachſen einzeln aufgefunden, fommt aber weiter nah Süden häu— figer vor. Die Oattung Fulgora liefert die anjehnlichiten und vollendetiten Formen, einen hi: nejijhen Laternenträger (Fulgora candelaria), welcher ſich mit jeinem jäbel- förmig vorgeftredten Kopfe rechts auf dem Orangenblatt unferes Gruppenbildes voritellt. Der Körper ift mennigrot, etwas dunkler und mehr ziegelrot jeder der breit ſchwarz bejpigten Hinterflügel, während die lichten Zeichnungen auf dem jpangrünen Untergrund der Deden eine gelbe Färbung annehmen. Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 41 642 Siebente Ordnung: Schnabelferfe; fiebente u. achte Familie: Leucht- u. Singzirpen. Ö 3 Der ſurinamiſche Zaternenträger (Fulgora laternaria), aus Abbildungen hinreichend bekannt, fällt durch die mächtige, hinter der Mitte ihrer Oberfläche jattelartig eingedrüdte Keule auf, zu welcher Scheitel und Stirn angefchwollen find. Die 7,s cm mejjende, grünlichgelbe Zirpe verzieren ſchwarze Zeichnungen, vor allen in der breit ge— rundeten Außenede des beinahe zweilappigen Hinterflügels in Form eines ſchönen, großen Augenfledes. Kreideweiße Ausſchwitzungen haften reichlih am Hinterleib, ſparſamer an dem Kopffortjag. An das Leuchtvermögen dürfte heutigestags fein Forjcher mehr glauben und ebenjomwenig die Anficht der Brafilier teilen, welche das Tier unter dem Namen Jitirana Boia für äußert giftig halten und ihm forgfältig aus dem Wege gehen. Die Singzirpen (Stridulantia, Cicadidae) endlich rechtfertigen einigermaßen wenigſtens die deutjche Bezeichnung der ganzen Reihe; denn ihre Männchen bringen Töne hervor, welche als Gejang, Gezirp, Geſchwirr, Gefnarr, kurz in der verjchtedenjten Weife vom Ohr des Hörer aufgefaßt werden können. Wahrhaftig poetifch geitaltet fich die Auf: fafjung bei den alten Griechen. Nach einer ihrer Sagen hatten ſich zwei Tonfünftler, Eunomus und Arifton, in einen Wettitreit eingelafjen. Eine Cikade flog zu dem erjteren, jeßte fi) an Stelle einer gejprungenen ©aite auf feine Harfe und verichaffte ihm den Sieg. Daher galt den Griechen eine auf einer Harfe ſitzende Cifade als das Sinnbild der Mufif. Ihre Dichter verherrlichten die Tierchen in ihren Gejängen und priejen fie als die glück— lichſten und unjchuldigften Geſchöpfe. So widmete ihnen Anafreon feine 43. Ode, welche Iamler wiedergibt wie folgt: „Slüdlich nenn’ ich dich, Cifade! Und die Sterblichen verehren Daß du auf den höchſten Bäumen, Did, des Sommers holden Boten; Von ein wenig Tau begeiftert, Und es lieben dich die Muſen, Ähnlich einem König, fingeft. Und es liebt did) Phöbos jelber; Dein gehöret all’ und jedes, Gr gab dir die flare Stimme; — Mas du in den Feldern jchaueft, Auch das Alter dich nicht dränget, Was die Jahreszeiten bringen; Seher, Erdgeborene, Sänger, Dir find Freund die Zandbewohner, Leidenlos, ohn’ Blut im Fleifhe — Weil du feinem lebjt zuleide. Schier bijt du den Göttern ähnlich!“ Weniger zart erjcheint die Glüdlichpreifung von feiten des XLenarchos aus Rhodos, wenn er jagt: „Slüdlich leben die Cikaden, Denn fie haben ſtumme Weiber.‘ Virgil hatte weniger Sinn für die Cifaden, denn er jeufzte über ihre Töne, welche durch das Gebüſch „gellen“, und Berichterftatter jpäterer Zeiten waren ebenfowenig von ihnen erbaut. Wenigitens geht dies aus den Worten Shaws hervor, welche annähernd aljo lauten: „Sn den heißen Sommermonaten verurjadhen bejonders vom Mittag an bis gegen Abend die Cifaden ein jo unbändiges Gezirp und einen fo unangenehmen Lärm, daß die Ohren davon gellen. Sie find in diefer Hinficht die läftigften und unverfchäm: teiten Kerfe, welche, auf einem Zweige fiend, oft 2 oder 3 Stunden ohne Aufhören fort: queilen und das Nachdenken oder die kurze Ruhe ftören, denen man fich in dieſen heißen Himmelsjtrihen (Berberei) um diefe Stunden zu überlafjen pflegt. Die Tettix der Griechen muß einen wejentlich anderen, Janfteren und ohne Zweifel melodijcheren Laut gehabt haben, ſonſt könnten Homers vortrefflihe Nedner, welche man mit den Gifaden verglichen hat, nichts anderes als laute, ſchwatzhafte Schreier gewejen jein.” So weit Shaw. Es gilt bier genau dasjelbe, was bereits früher von unjeren heimischen Grashüpfern gejagt wurde: Surinamifder Laternenträger. Singzirpen: Allgemeines. 643 jede Art jpielt ihre Weije auf, von der Menge der Muftkanten, der zeitweiligen Stim- mung und der muſikaliſchen Bildung des Hörers hängt der Eindruck ab, welchen das Kon: zert auf ihn hervorbringt. Man nannte die Cifade, wie eben erwähnt, Tettix, welche Be- zeichnung die heutigen Forſcher den kleinen Dornheufchreden beigelegt haben, und hielt fie ihres Gejanges wegen in Käftgen, verfpeilte fie aber auch; denn Ariftoteles bemerkt, daß die Cifadenlarven am wohlſchmeckendſten feien, bevor ihre Hülle platt, daß anfangs die Männchen, jpäter die mit Eiern angefüllten Weibchen beſſer ſchmeckten. Lernen wir jetzt das mufizierende Werkzeug jelbit fennen, von dem ſchon die Alten eine Ahnung hatten, wenn Arijtoteles meint, daß die Töne vermittelit eines, an einem Zeibesringe ausgefpannten Häuthens durch Zufammenprefjen der Luft erzeugt würden, und Nelian jagt: „Andere Singvögel fingen, wie der Menich, mit dem Munde, die Cifaden aber mit den Hüften.” Zwei große, lederartige Schuppen, welche dem Hinterbruftbein ohne Einlenkung angewachſen find, nehmen den ganzen Bauch in feinem Wurzelteil ein. Sede derjelben bevedt eine große, im Grunde von zarter Trommelhaut gejchlofjene Ning- öffnung des erften Hinterleibsgliedes. Oben an der Außenfeite eines jeden Ringes jet fih nach dem Nücen desjelben hin ein horniger, mehrfach mit den inneren Wandungen verwachjener Rahmen an, welcher eine feftere, längsfaltige Haut jpannt. Nach außen Ihügen diefes Organ die Seitenflügel des auf dem Rüden vorn dreilappig auslaufenden Ringes, ohne es zu berühren. Am Grunde jener erftgenannten Dedjchuppen, unter den angezogenen Hinterjchenfeln verborgen, liegt num jederjeitS das Luftloch als eine jehr lange, mit Wimpernhaaren bejegte Spalte. Im jteifen Chitinrand find die Stimmbänder an- gebracht, deren Innenränder durch eingepreßte Luft in tönende Schwingungen verjeßt werden. Diefem auf die angegebene Weile in eine Stimmrige umgewandelten Luftloch gerade gegenüber liegt die Trommelhöhlung mit dem eingerahmten Faltenhäutchen. Durch das Ein: und Ausatmen der Luft werden mithin die Stimmbänder in tönende Bewegung ver: jeßt und das mufchelförmige Häuthen im Rahmen wie dad Trommelfell im Grunde dei großen Höhle hallen die bedeutend verftärkten Töne wider. Bei den Fliegen wurde früher im jogenannten „Brummringe” eine ganz ähnliche Einrichtung beſprochen. Die Weibchen bedürfen des Trommelapparats nicht, für fie reicht es aus, die Locktöne der Männchen zu vernehmen; dies können fie auch, wie aber, weiß man noch nicht. In Anſehung des Körperbaues verlängert fich bei ven Cikaden der Kopf ſelten nach vorn, vielmehr bejchreiben gewöhnlich der Vorder- und Hinterrand des Scheitel3 gleiche Bogen, und zwei Querfurchen teilen jeine ſchmale Fläche in drei Felder, auf deren mittlerem drei Nebenaugen jtehen. Born grenzt dieſes Feld an den oberen Rand der blafigen und querriefigen Stirn. Zwiſchen den ſtark vorquellenden Negaugen entjpringen die furzen, fiebengliederigen Borftenfühler. Am Borderrücden finden fich außer einigen Furchen Feine Auszeichnungen, dagegen fälli am mittleren das wulftige, ausgejchnittene Schildchen auf. Bon den vier Flügeln, welche dahartig über dem fegelfürmigen Leibe liegen, erreichen die vorderen eine bedeutendere Länge als die hinteren, find entweder glasartig und unbehaart oder gefärbt und behaart, legteres bejonders bei den afrikanischen Arten; das Geäder breitet ſich gabeläftig über die Fläche aus. Ein verdidter, unterwärts mit einigen Zähnen bewehrter Vorderſchenkel bleibt den Beinen als einzige Auszeichnung und als Vermächtnis der plumpen, glatten und harthäutigen Larven. Diefen dienen die Vorderbeine zum Graben in der Erde, wo die einen ihr ganzes, einige Jahre dauerndes Leben, die anderen nur ihr veiferes Alter, noch andere bloß den Winter zubringen jollen, indem fie an den Wurzeln holziger Ges wächje jaugen. Die Cifaden find ſcheue und träge Tiere, welche nur dann mehr Beweglichkeit an: nehmen, wenn fie von der brennenden Mittagsjfonne beichienen werden. Sie bohren mit 41* 644 Siebente Ordnung: Schnabelferfe, achte u. neunte Familie: Singzirpen u. Ruderfüßer. ihrem Schnabel die jungen Triebe holziger Gewächje an und jaugen den Saft. Auch nad dem Stiche fließt dieſer noch aus, trodnet durch die Luft und liefert an gewiljen Pflan- zen das Manna. Sn gleicher Weiſe bohren die Weibchen mit dem in einer Längsſpalte des Bauches verborgenen Legitachel bis zum Marke, um ihre Eier abzulegen. Die aus: geichlüpften Zungen verlafjen alsbald ihre Geburtsftätte und faugen äußerlich am Baume. Man kennt zwiſchen 400 und 500 Arten, von denen 18 den Süden Europas, die meilten übrigen aber den heißen Erdgürtel bewohnen und ungefähr bis zum 40. Grade jüdlicher Breite, nad) Norden jedoch in einzelnen Arten bedeutend weiter reichen. Die Gat: tung Cicada, von Fabricius Tettigonia genannt, wurde neuerdings in zahlreiche, hier nicht weiter zu berüchjichtigende Untergattungen zerlegt. Das farbige Gruppenbild (beiS.637) führt linf3 im Border: grund in der präch— tigen Singzirpe (Cicada specio- sa) ein überaus jtattliches, ſchwarzes Tier vor. Ein klei— nerer Fleckvorn und eine breite Binde hinten am Hals: ſchild nebſt Nücen und Bauchſeiten des 5.7. Hinterleibs⸗ gliedes ſind gelb, die Leiſten des Mit— telrückens, der Au— ßenrand der Border: flügel jamt dem Ge: 1) Mannacifade (Cicada ormi) 2) Gemeine Singeifade (Cicada plebeja) nebft Larve. äder blutrot der Vergrößert. " a äußerſte Hinterrand dDiejer und der ganze Saum der Hinterflügel weiß. Die hellen Querzeihnungen in den Zellen der Flügel deuten die Fältchen der nicht ftraff gejpannten Haut an. Diejer aus: gezeichnete Kerf bewohnt die Sundainjeln und verurfacht, wenn viele beiſammen ſitzen, ein laut jchnarrendes Geräujch, welches aus weiter Ferne gehört wird, in der Nähe aber das Ohr geradezu betäubt. Die Mannacikade, Eleine Eſchencikade (Cicada orni, Fig. 1), veranſchaulicht hier eine der europäiſchen Arten, welche bisher noch nicht in Deutſchland beobachtet worden ift, aber in den meijten jüdlicheren Yänderjtreden vorherrichend an der Manna: Ejche lebt. Aus den Wunden, welche ſie den genannten Bäumen behufs der eignen Ernährung beibringt, fließt das Manna, ein Zuderjtoff, welcher möglichenfalls auch in anderen Ejchenarten enthal: ten ilt, wie er fi im Safte der Rüben, Zwiebeln, des Spargels, Sellerie und anderwärts mehr oder weniger reichlich findet. Obſchon das feinjte Manna durch die Cikadenſtiche er— zeugt werden joll, jo gewinnt man doch das meilte auf fünftlihem Wege, indem man im Juli und Auguft der Ninde wagerehte Einjchnitte beibringt, um dieſe zum Saftausfluß zu veranlafjen, und nach den verjchiedenen Gemwinnungsarten unterſcheidet man verjchiedene Mannaſorten. Daß, beiläufig bemerkt, unjer heutiges Wanna nicht dasjelbe war, mit welchem fich die Kinder Israels 40 Jahre in der Wüſte ernährten, geht ſchon daraus hervor, daß nirgends von den abführenden Wirkungen desjelben. die Rede iſt, welche Prähtige Singzirpe. Mannacifade Gemeine Singeifade. 645 bei jo reichlihem Genuß das heutige Manna notwendig hervorgebracht haben müßte. Die eigentümliche Form des braunen, gelb gefledten und weiß behaarten Körpers der Manna— cifade, die ſchwach entwidelten, zweizähnigen Vorderjchenfel und die elf braunen Punkte auf jedem der waſſerhellen Vorverflügel charafterilieren fie. Das „ſingende“ Männchen hebt den Hinterleib ein wenig, um ihn fogleich wieder finfen zu lafjen, wiederholt raſcher und raſcher diejelben Bewegungen, bis der Ton in ein ununterbrohenes Schwirren über- geht, mit welchem der Geſang ſchließt. „„His strident arbusta Cicadis‘, jagt Linne von diejer Art, wahrjcheinlich derjelben, welche auch dem Virgil feine Bewunderung abnötigen fonnte. Von anderen, ihr in der Körpertracht ähnlichen und teilweife ſchwer unterſcheid— baren Arten beanfpruchen etwa vier das deutſche Bürgerrecht. Cicada haematodes hat ſich bei Würzburg, ©. plebeja (gemeine Singecifade, Fig. 2, ©. 644) bei Regensburg, ©. atra (gleihbedeutend mit C. concinna) beijpielsweije bei Heidelberg, Erlangen, in der Fränkiſchen Schweiz gefunden, ©. montana breitet fich über ganz Europa und den Norden Aſiens aus; denn fie ward nicht nur in einigen nördlihen Punkten Deutfchlands, wie Jena, Naumburg, Dresden, Breslau, beobachtet, jondern auch vereinzelt bei Snfterburg in Preußen, bei Peters: burg und in Schweden gefangen. An ähnlichen, aber zum Teil größeren Arten hat Amerika, bejonders das infektenreihe Brafilien, Überfluß. Den eben beſprochenen Kerbtieren, welche im ftande waren, die Dichter des Altertums zu begeijtern, ſchließen die Forſcher diejenigen Schnabelferfe an, welche durch ihr in Waſſer— löhern und Pfüsen verborgenes Schlammleben jedes poetiihe Gefühl fern halten. Die Wafjerwanzen (Hydrocores), um die es fich bier handelt, Fommen binftchtlich der furzen, 3—4gliederigen, unter den Augen verſteckten Fühler den Zirpen nahe, unterjcheiven fih aber durch die ungleichartigen, platt dem Körper aufliegenden Flügel und dadurd) wejentlic) von ihnen, daß der Schnabel nicht dem Grunde, jondern der Spibe des Kopfes entjpringt, daß fi) Scheitel und Stirn nicht voneinander abjegen, und daß bei ihnen ein Käuberleben an Stelle des harmloſen Saugens ſüßer Pflanzenfäfte tritt. Die in Farbe und Form ziemlich eintönigen Waſſerwanzen bewohnen ftehende Gewäfjer beider Erdhälften in ihren nördlichen und jüdlichen Teilen, und die unter einem glühenden Himmel gezeitigten haben weder Farbenpracht noch Formenreihtum, höchſtens bedeutendere Größenverhältnifje vor den Bewohnern des gemäßigten Europa voraus. Die im Frühjahr den Eiern ent: ſchlüpften Larven erlangen unter mehrmaligen Häutungen bis zum Herbjt meilt ihre volle Größe, indem fie ſich von allerlei Geſchmeiß ihrer reich bevölferten Umgebung, dasjelbe mit dem Schnabel anjpießend und ausjaugend, ernähren. DVerborgen im Schlamm der MWafjerlöcher verfchlafen fie nun den Winter, um im nächſten Jahre ihre Art fortzupflanzen. In diefer Weile wenigftens ſcheint ſich für die heimiſchen der Lebensfaden abzuwideln. Sei es zum Vergnügen, jei es, um andere, ihnen genehmere und vielleicht nahrungs— reihere Wohnpläße aufzufuchen, jei es endlich, um ſich auszubreiten, genug, die vollkom— men entwidelten Wanzen bedienen fich des Vorteils, welchen fie vor dem Larvenjtand voraus haben, und fliegen umher. Man hat die Wafjerwanzen in drei Familien zerlegt. Ein großer und breiter, ſchief nach unten und hinten gerichteter Kopf ohne Neben: augen, mit breitgerundeter Stirn und einem furzen und diden, nur die Mitte der Bruſt erreihenden Schnabel, mehr oder weniger breitgedrüdte, an Schiene und Fuß einfeitig oder beiderſeits bewimperte Hinterbeine und ein geftredter, plattgedrücter Körper charakterijteren die Nuderfüßer (Pediremi) oder Rüdenfhwimmer (Notonectidae). Die legte 646 SiebenteDdrd.:Schnabelferfe;neunteu. zehnte Janı.:Ruderfüßeru. Wafferjforpion:Wanzen. Bezeihnung ericheint darum weniger paſſend, weil nur wenige Arten auf die durch die: jelbe angedeutete Weiſe fich bewegen, während alle infolge der Ruderfüße geſchickte Schwim- mer ſind. Geoffroys Ruderwanze (Corisa Geoffroyi, Fig. 6, ©. 647) möge ftatt vieler ähnlichen Arten die Gattung vergegenwärtigen. Auf der platten Rücdenfläche de3 reichlich 12 mm mefjenden Körpers herrſcht ſchwarzgrüne Färbung vor, die auf dem Halsſchilde durch mindeſtens 15 feine gelbe Wellenlinien, auf den Flügeldeden durch gelbe Sprentel ihre Gel: tung verliert. Die gelbe Unterjeite erjcheint am Grund des Bauches und der Bruft ſchwarz— fledig. Durch die mejjerförmige Geftalt des Vorderfußes unterfcheidet fich überdies die genannte von den zahlreihen, jehr ähnlichen, meijt Eleineren Arten. Die Weibchen der Ruderwanzen legen im Frühjahr ihre Eier, zu platten Kuchen vereinigt, an Wafjerpflanzen. Die Eier zweier mexikaniſchen Arten (Corisa mercenaria und femorata) werden gefammelt und in verjchiedener Weiſe al3 Nahrungsmittel zubereitet. Die überwiegende Länge und fegelförmige Verdidung des dritten und gleichzeitig vorlegten Fühlergliedes, der ein- gliederige, ſtark beboritete und breitgedrüdte Vorderfuß, vor allem aber ein unfichtbares, vom Borderrüden bededtes Schildchen charakterifieren die artenreiche, joeben beſprochene Gattung Corisa. Den gemeinen Rüdenjhwimmer (Notonecta glauca, Fig. 1) beobachtet man gewöhnlich bei Ausübung feines vollendeten Shwimmvermögens in der Rüdenlage, weshalb er jeinen Namen mit vollem Necht verdient. Die gelbe, flache Bruft nad) oben, den ftumpf: fieligen Nüden nach unten gerichtet, fährt diefe Wanze, ihrer Geftalt nad) ein kleines Boot, mittel der fräftigen, elaftiihen Hinterbeine auf und nieder. Hat man fie aus dem Waſſer auf das Trodene gebracht, jo jchnellen eben dieje Beine den Körper in den unter: haltenditen Sprüngen fort, um ihn jeinem Element wieder zuzuführen; aus eignem An: trieb friecht der Rückenſchwimmer bei Sonnenjchein auch an einem Gegenftand in die Höhe und fliegt davon. Den Bauch bedecken dichte Haare, in welchen fich die zum Atmen nötige Luft fängt. Nachdem das Tier diejelbe verbraucht hat, fehrt es an die Oberfläche des Waſſers zurüd, um neue aufzunehmen; daraus erklären fich auch die auf: und abjteigenden, von ihm mit Vorliebe ausgeführten Bewegungen. Bon der grünlichgelben Rüdenfläche fticht das große dreiedige Schildchen durch ſamtſchwarze Färbung lebhaft ab. Die vier vorderen, unter ſich ziemlich gleichen Beine haben anjcheinend nur zwei Fußglieder mit zwei Klauen, bei genauerer Betrahtung entdeckt man jedoch von der Unterjeite her noch ein drittes, jehr furzes Grundglied, während das zweite, gleichzeitig auch legte Fußglied der Hinter: beine ohne Klaue endigt. Dit Beginn des Frühjahrs legen die Weibchen ihre ovalen, hellgelben Eier an den unteren Teil einer Wafjerpflanze oder auf den Boden, indem fie diejfelben reihenweije zu einer Scheibe aneinander Eleben. Nach ungefähr 10 Tagen zeigen die Gier infolge der durchicheinenden Augen an dem freien Ende hochrote Punkte. Die Lärvchen fommen wenige Tage jpäter, und zwar noch) im Mai, aus ihnen hervor, gleichen in Geſtalt und Lebensweiſe der Mutter, find aber odergelb und jelbitverjtändlich flügellos. Bis zum Auguft häuten jie fih dreimal und befommen zulegt jehr kurze Flügelftümpfe. Mit der vierten Häutung erhält der Kerf jeine volle Entwidelung, bedarf aber immer noch einiger Zeit, ehe er fi ausfärbt und vollkommen erhärtet; den Winter verbringt er im erftarrten Zuftand unter Schlamm. Simpjon will im September 1846 einen 25 englifhe Meilen langen Zug dieſer Wanzen am Miffijfippi fliegend beobachtet haben. Eine jehr Ähnliche Art nennen die Mexikaner Mojchitos, trodnen fie, um die Vögel damit zu füttern, und baden aus den Eiern eine Art von Kuchen, Hautle genannt, welcher Fiihgejhmad haben fol. Geoffroys Ruderwanze. Gemeiner Rüdenihwimmer. Gemeine Shwimmmwanze. 647 Ein Heiner, ſchmaler Kopf und das zu Raubbeinen umgewandelte vorderite Paar diefer Bewegungswerkzeuge charakterifiert die Familie der Waſſerſkorpion-Wanzen (Nepidae oder Pedirapti), von welchen ein Teil, durch die Körpertraht und die Be: haarung an den bisweilen lederartig bewimperten Hinterbeinen an gewiſſe Dytisfen unter den Käfern erinnernd, mit derjelben Gewandtheit wie die vorigen ſchwimmt, ein anderer Teil dagegen an dem flachen Rande der Gewäſſer auf dem Boden und deſſen Schlamme, Deutjde Waſſerwanzen: 1) Gemeiner Rückenſchwimmer (Notonecta glauca), fliegend und fhwimmend. 2) Grauer Wajjerjforpion (Nepa einerea), eine Libellenlarve ausfaugend, 3) feine Larve, 4) jeine Gier. 5) Gemeine Shwimme mwanze (Naucoris eimicoides). 6) Geoffroy3 Ruderwanze (Corisa Geoffroyi). 7) Stabwanze (Ranatra linearis). 8) Teichläufer (Limnobates stagnorum). 9) Sumpf:Wajjerläufer (Hydrometra paludum). 10) Eier und Larven eines Wafjerläuferd. 11) Larve von Velia eurrens. Natürliche Größe. von Zeit zu Zeit ein dünnes Atemrohr in Form eines langen Schwanzes an die Ober: fläche des Waſſers bringend, langjam umherkriecht. Zu erjteren gehört: Die gemeine Shwimmmanze (Naucoris cimicoides, Fig. 5), ein 1I—13 mm langer, in den Umriſſen eiförmiger, plattgedrücdter Kerf, welcher fih ſchwimmend zwiſchen Wafjerpflanzen umhertummelt. Die Wanze hat eine glänzend grünlichbraune, ſchwach ge: wölbte Nücenfläche, welche am Schildchen und an den Flügeldeden am dunkeliten auftritt. Die kurzen, in ein Elauenartiges Fußglied auslaufenden Schienen der Vorderbeine lafjen fi) an die dien, unterhalb filzigen Schenkel gleich der Klinge eines Taſchenmeſſers an ihren Stiel einlegen und bilden das Fangwerkzeug für den Näuber. Der Kopf gibt dem Halsſchild an Breite weniger nach als bei den folgenden, trägt Feine Nebenaugen und unter den Nekaugen, in einer Grube verjtect, die viergliederigen Fühler. Das Weibchen 648 Siebente Drdnung: Schnabelferfe;, zehnte u. elfte Familie: Waſſerſkorpion-Wanzen ze. legt gleichfalls, nachdem es fich im Frühjahr gepaart hat, feine Eier in Form eines Kuchens an Wafjerpflanzen. Jedes einzelne ftellt eine Schwach gebogene, an der freien Spige ſchräg abgejchnittene Walze dar. Die Jungen erhalten nach der dritten Häutung die Flügel- jcheiden. — Die nahe verwandte Gattung Belostoma liefert in der jüdamerifanijchen Rieſenſchwimmwanze (Belostoma grande) das größte Tier der ganzen Ordnung; denn fie mit 10,5 em und trägt am Ende ihres platten Leibes zwei lanzettförmige, mehrere Zentimeter lange Anhängjel, deren Beitimmung noch nicht aufgeklärt ift. Unter den anderen Verwandten haben einige Weibchen die jonderbare Gewohnheit, die Eier gleichfalls in Form eines Kuchens aneinander zu reihen und, auf dem eignen Rüden befejtigt, mit fich herum— zutragen, wie beijpielsweije die oſtindiſche Shwimmmanze (Diplonychus rusticus). Der anderen Sippe gehört der träge, mit jeinen langen und dünnen Beinen auf dem Boden der Lachenränder umherkriechende graue Wafjerjforpion (Nepa cinerea, Fig. 2, S. 647) an. Die Fühler beitehen aus drei Gliedern, die Füße aus nur einem, und eine einfahe Kralle bewehrt die Fangbeine Mit Ausnahme des lebhaft mennigroten Hinter: leibsrüdens, welchen man für gewöhnlich nicht zu ſehen befommt, dedt ein durch anhaften- den Schmutz häufig entjtelltes Schwarzbraun den ungemein plattgedrücten Körper. Der . ungefähr die halbe Körperlänge erreichende Faden hinten am Leibesende bejteht aus zwei nad innen hohlen Hälften, welde in ihrem gegenfeitigen engen Anſchluß das Atemrohr bilden, deſſen Spite das Tier häufig zur Aufnahme von Luft an die Oberfläche des Waſſers bringt. — Im Frühjahr legt das Weibchen feine am Ende mit fiebenftrahligen Fortjägen verjehenen Eier (Fig. 4) an Wafjerpflanzen. Die ihnen entjprofjenen Zarven (Fig. 3) haben ein weniger gejtredtes, vielmehr in die Breite gehendes Anjehen und ein bedeutend fürzeres Atemrohr als die vollfommen entwidelte Wanze. Weniger ſchlammigen als Fiefigen Untergrund der ftehenden Gewäſſer jheint die außer: ordentlich geſtreckte Stabwanze, Nadeljlorpionwanze, Schweifwanze (Ranatra linearis, Sig. 7, ©. 647), zu lieben. Die Gattung teilt im übrigen die Kennzeichen mit der vorigen und unterjcheivet fi von ihr nur dadurch, daß die Hüften der Vorderbeine mindeitens jechsmal länger find als die Schenfelringe, daß die Schienen kaum den dritten Teil des Schenfels erreihen, und daß die Vorderfüße feine Kralle haben. Das im Körper walzige Tier erjcheint ſchmutzig gelbgrau, am Hinterleib oben rot, an den Geiten gelb und an den Hinterflügeln milchweiß. Gleich der vorigen fieht man auch dieje langbeinige Wanze auf dem Grund des feihten Wafjers träge umbherjpazieren und auf Raub aus: ſpähen, nicht jelten am Leibe mit Eleineren und größeren, birnförmigen, roten Körpern be: jest, den Hülſen ſchmarotzender Wafjermilben, welche der Gattung Hydrachna angehören. Das Weibchen legt jeine Eier, von oben nach unten die Blätter einer Wafjerpflanze durch— ſtechend, wo diejelben infolge von zwei haarförmigen Fortjägen hängen bleiben. Die Karven ſchlüpfen nad) 14 Tagen aus, im Mai haben fie jedoch noch nicht die Länge von 13 mm und aud) noch feine heraustretende Atemröhre erlangt; im Augujt häuten fie fi) bei einer doppelten Länge, befommen die Schwanzfäden, aber noch feine Flügeljcheiden; dieje treten erjt mit der dritten Häutung ein. Sehr ähnliche Arten fommen in den übrigen Erdteilen vor. Die bei der Bildung ihrer Geſchöpfe nirgends ſprungweiſe vorgehende Natur hat in den Wafjerläufern (Hydrometridae, Ploteres) eine Gruppe von Wanzen gejchaffen, die hinfichtlih der Lebensweiſe den wafjerbemwohnenden, bHinfichtlih der Körperbildung Wafferläufer.. Riefenihwimmmanze Grauer Wajjerfforpion. Stabwanze ꝛc. 649 dagegen den Landwanzen näher ftehen und jomit einen natürlichen Übergang von jenen zu diefen bilden. In erfterer Beziehung verhalten fie fih zu den Wafjerwanzen genau jo wie die Taumelfäfer zu den Schwimmkäfern; denn fie fommen nicht in, jondern nur auf dem MWafjer vor. Nicht anders wie im Winter eine luftige Geſellſchaft gewandter Schlitt: ſchuhläufer fih auf dem Eiſe tummelt, fo laufen dieje lang= und dünnbeinigen Wanzen ohne Eisbahn und ohne Eifen unter den Füßen auf dem ruhig ftehenden, von der Sonne bejchienenen Wafjeripiegel von einem Punkte auseinander, nach einem anderen zuſammen, freuz und quer ſich jagend und wiederum an einer Stelle fi einigend. Um zu ruhen, ftehen fie ein anderes Mal wie angewurzelt und fcheinen nur auf eine Veranlaſſung zu warten, um ihre Künfte zu zeigen; denn naht man, jo laufen fie nedijch davon und zwar gern gegen die ſchwache Strömung, wenn ein Bach ihnen zum Spielplaß dient. Daß die dem Larvenftand entwachſenen, mit Flügeln ausgerüjteten Wanzen dieſe auch gebrauchen, lehrt unter anderem das Erjheinen einzelner in mit Regenwafjer gefüllten Wagengeleifen auf den Fahrftraßen. Kleine Erweiterungen in Waſſerfurchen, welche als erite Anfänge eines Baches von den Bergen herabriejeln, nehmen fie gaftlih auf. hre eigentlichen Standquartiere bilden aber alle größeren Waſſerlachen und ruhige Stellen fließender Ge: wäſſer jeder Art, ja die Meerläufer (Hylobates) treiben auf der Oberfläche der tro— piſchen Meere ihr Weſen und follen fich dabei weit von der Küjte entfernen. Die lujtigen Umzüge diefer Wanzen dienen nicht nur dem Vergnügen, jondern auch dem Einfangen Heiner Inſekten, mit welchen fie ihren Hunger ftillen. Der Raub wird meijt mit den zum Laufen nicht verwendeten VBorderbeinen ergriffen, obgleich dieje nit den Bau von Fang: beinen haben. Bei den verfchievenen Gattungen folgen die ſechs Beine nicht demjelben Bildungsgeſetz, doch pflegen fie weit nach der Außenfeite des Körpers gerüdt zu jein und nur zwei deutliche Fußglieder zu tragen, deren legtes immer in einem Ausjchnitt vor der Spitze mit zwei Krallen verjehen ift. Bei allen erreicht der Kopf falt die Breite des vorderen Bruftrings, aus welchem er ohne halsartige Verengerung wagerecht voriteht; er trägt zwar nur viergliederige, aber deutliche, nicht verſteckte Fühler und meift Feine Neben: augen. Die Schnabeljheide reiht bis auf die Vorderbruft, liegt dem Körper dicht an, ohne einer Rinne eingepaßt zu fein, und befteht aus drei Gliedern, deren mitteljtes wenig: ſtens die vierfache Länge des legten erreicht. Den geitredten, jhmalen, nie auffällig platt: gedrücten Körper überzieht dichtes Samthaar, welches der Unterjeite in der Kegel einen lebhaften Silber: oder Meffingglanz verleiht. Die Flügel und Flügeldeden fehlen mitunter, legtere indes feltener, indem fie meift nur verkürzt find. Die Weibchen legen ihre läng- lichen Eier reihenweife an Wafjerpflanzen und umhüllen diejelben mit einem Gewebe. Den nadeldünnen Teichläufer (Limnobates stagnorum, Yig. 8, ©. 647) harakterifieren ein langer, nach vorn feulenförmig verdidter Kopf ohne Nebenaugen, dejjen vorquellende Negaugen faft bis zur Mitte vorrüden, ein wenig über denjelben hinaus: reihender Schnabel und Gleichheit in der Bildung aller Beine. Das 13 mm mejjende Tieren ift kahl und mit Ausnahme der roftroten Kopf» und Halsjchildwurzel jowie der bräunlichgelben Beine ſchwarzbraun gefärbt; auf den Flügeldeden wechjeln Längsrippen mit lichteren Furchen. Der Teihläufer kommt allerwärts in Europa vor. Bon den zahlreichen Arten der Träftigeren Wajferläufer (Hydrometra oder Gerris) lebt ungefähr ein Dutzend in Europa. Sie zeichnen fich durch die verkürzten Borderbeine, den ungeheuer großen, den mittleren bis zu der Spige des Schildchens deden: den Vorderrüden und dur den überall gleichbreiten, oben platten, unten jtart gewölbten, ichmalen Hinterleib aus. Vier ftabförmige Glieder bilden die Fühler, ebenjo viele die Schnabelfcheide, jedoch nur jheinbar, indem das frei abjtehende Kopfſchild ſich über deren Anfang legt und nach hinten umſchlägt. Zwei Nebenaugen find meift deutlich, die Flügel: 650 Siebente Ordnung: Schnabelferfe; elfte big dreizehnte Familie: Waſſer-, Uferläufer ze. deden durchaus lederartig und in der Negel bis zur Leibesjpige verlängert, diefe tief aus- geichnitten, um die beim Männchen drei-, beim Weibchen zweigliederigen Gefchlechtsteile aufzunehmen. Die von oben fichtbaren Hüften der vier Hinterbeine veranlajjen an der betreffenden Körperitelle eine merkliche Verbreiterung. Die Larven unterjcheiden ſich von ven ausgebildeten Wanzen durch eingliederige Füße wie durch Mangel der Flügel und jcheinen fich jehr ungleichmäßig zu entwideln; denn man trifft fie noch im Frühjahr an. Die Wafjerläufer leben jcharenweije beijammen und bieten vorzugsweije das oben ge- ſchilderte Schaufpiel. Eine unjerer gemeinjten Arten ift der Sumpf:Wafferläufer (Hydrometra paludum, Fig. 9, ©. 647), kenntlich an den Querrunzeln auf dem hin- teven Teil des dreimal in der Länge gefielten, vorn fnotig gehöcderten Halsjchildes und an den zwei Pfriemjpigen, in welche bei beiven Gejchlechtern das legte Leibesglied jeitlich ausläuft, beim Männchen jedoch weiter als beim Weibchen. Die reichlih 14 mm lange Wanze it ſchwarzbraun, in einer Nandlinie des Hinterleibes gelblichweiß; im Gruppenbild jist fie auf dem Blatt in der Mitte des Vordergrundes. Ber den Badhläufern (Velia) ſtoßen, wie vorher, die glogenden Netzaugen an den VBorderrand des fünfedigen Halsſchildes, welches vorn mit zwei filberhaarigen Seiten: grübchen verziert iſt und nach hinten gleichfalls das Rückenſchildchen bedeckt, aber auf dem Scheitel des dreijeitigen Kopfes fehlen die Nebenaugen, die kürzeren, unter fich fajt gleich langen Beine laufen in drei Fußglieder aus, und der gedrungenere Hinterleib ift an den Seiten nach oben leijtenartig erhoben. Der gemeine Bachläufer (Velia currens, Sig. 11, ©. 647) ift am Bauche einjchlieglich jeines umgebogenen Ceitenrandes vorangegelb, nur die Eden der Ninge nebit den faſt fegelfürmigen Ajterjpigchen bleiben ſchwarz wie die übrigen Körperteile. Die jehr dien, unten mit mehreren Zähnen bewehrten Hinterjchenfel zeichnen das Männchen vor dem Weibchen aus. Dieje zierlihen Wanzen laufen ſtoßweiſe, gern gegen den schwachen Strom, und finden fich in ganz Europa häufiger im ungeflügelten als im vollfommenen Zuftand. Im Anſchluß an die eben beiprochenen Wafjerläufer bilden die Uferläufer (Saldidae, Riparii) einen weiteren Übergang zu den eigentlichen Landwanzen. Sie leben nur am Wajjer, ebenſowohl an den Meeresküften wie an den jandigen, feuchten Ufern der Binnengewäſſer, wo fie nicht nur mit ungemeiner Schnellig- feit umberlaufen, jondern auch mit Hilfe ihrer langen, bejtachelten Hinterbeine ſich hüpfend fortjchnellen, weshalb ihr Ergreifen große Schwierigkeit hat. Dieje Gewandtheit in ihren Bewegungen und das Näuberleben in der Nahbarjchaft des Wafjers bringt fie Hinfichtlich der Lebensweije den Wafjerläufern näher als den mehr trägen, in der Hauptjache auf Pflanzenkojt angewiejenen Landwanzen. Die arten: reichite Gattung Salda zeichnet ſich durch einen dreigliederigen, bis Sierliher Kferläus zur Hinterbruft. reichenden Schnabel, durch zwei Nebenaugen, dur) jer (Salda elegantula). - - 5 - f € Adıtmal vergrößert. viergliederige, mitten vor dem Unterrand der Nebaugen eingelenfte Fühler, durch dreigliederige Füße, an deren Spige die Krallen ohne Haftlappen anfiten, und durch einige gejtredte Zellen in der dünnen Haut der Flügeldeden aus. Der Kopf erjcheint kurz und durch die vorquellenden Augen breit, immer breiter als das Halsſchild an jeinem vordern Teile, der ganze Körper oval over lang eifürmig. Der zterliche Uferläufer (Salda elegantula) gehört zu den EHleinften, ungefähr 3 mm mejjenden Arten, ift matt ſchwarz, oberhalb mit gelblihen angedrüdten Haaren bekleidet Sumpf:-Wajfjerläufer. Gemeiner Badhläufer. Zierlider Uferläufer. Radwanze ꝛc. 651 die Beine und Ringe am zweiten und vierten Fühlergliede find gelb, die Flügeldeden neben dem gelben Rande mit zwei weißen Bunkten gezeichnet. Der hinter den glogenden Augen halsartig verengerte Kopf und der durch quere Einſchnürung in eine meiſt jchmälere vordere und ausgebreitetere hintere Partie ge- ſchiedene, jeitlich gerundete Vorderbruftring bilden die beiden in die Augen fpringenden Kennzeihen der Schreit- oder Raubwanzen (Reduvidae). Die peitichenförmigen Fühler bejtehen aus vier Gliedern, zwijchen welche fich dann und warn fürzere einichieben fönnen, jo daß hierdurch jene Zahl auf 5—8, ja bei einer Gattung duch Zerfallen der Hauptglieder auf 30 anwachſen kann. Hinter einer Querfurche trägt der Scheitel auf einer Erhöhung zwei Nebenaugen. Der pfriem: förmige, meiſt furze und dreigliederige Schnabel jteht frei vom Körper ab. Von den teilweije für die Oattungen jehr charakteriſtiſchen Beinen läßt fich im all- gemeinen nur angeben, daß ſie in drei Tußglieder, das legte ohne Haftlappen, auslaufen, und daß fie fih, bejonders die Hinterjten, durch bedeutende Länge auszeichnen, ohne den Eindrud der Schwäche zu maden, indem die Schenkel verdict, auch) durch Stacheln mannigfad) bewehrt zu jein pflegen. Die jämtlichen —— — > Schreitwanzen gehen trotz ihrer langen Kotwanze (Reduvius personatus) nebſt Larven. Natürl. Größe. Beine nur langjam und gemefjenen Schrittes, halten fih am Tage gern verborgen und ſchweifen des Nachts nah Nahrung umher, welche in Kleinen Inſekten, bejonders Fliegen, bejteht. Einige ausländijche find durch ihre Vorliebe für das warme Blut von Tieren und Menſchen berüchtigt. So ſoll die über ganz Amerifa verbreitete Radwanze (Arilus serratus) durch ihren empfind- lihen Stich einen wahrhaft elektriſchen Schlag verjegen. Ob e3 dieſelbe iſt, welche unter dem Namen Winhufa in den Andes von Chile, oder Rinhufa in den argentinischen Staaten während der Sommermonate die Leute aus den Häufern treibt, wenn fie fich der Nachtruhe hingeben wollen, mag, obſchon jehr wahrſcheinlich, doch unentjchieden bleiben. Die meilten und größten Arten leben in heißen Ländern; von europäiichen führt Fieber 1861: 34 auf 11 Gattungen verteilte Arten an, legtere haben fich durch befannt gewordene ausländiihe Arten bedeutend vermehrt. Die jchwarzbraune, an den Beinen rötliche und hier ſowie an den Fühlern und auf dem vierhöderigen Borderrüden weichbehaarte Kotwanze (Reduvius personatus) verdankt ihren eben nicht jchmeichelhaften Namen der Sonderbarkeit ihrer Larve, fih nit nur in ftaubigen Winkeln umberzutreiben, jondern auch ihren ganzen Körper mit Staub und Kehricht zu umhüllen, jo daß deffen wahre Gejtalt wie durch eine Maske verſteckt wird. Auch die Art ihres Ganges hat etwas Eigentümliches. Sowie fie einen Fuß vorgejeßt bat, hält fie etwas an, rückt den zweiten nad) und läßt dabei die andere Seite ruhen; jo dringt fie jtoßmweife vor und bewegt entjprechend dabei ihre Fühler. Hält man ihr eine Stubenfliege oder ſonſt ein kleines Infekt vor, jo nähert fie fich ebenjo wie die vollkommene Wanze in Kleinen Schritten, betaftet die Beute fragend mit den Fühlern, jpringt dann auf || inldllii] HIHI 652 Siebente DOrdn.: Schnabelferfe, dreizehnte u. vierzehnte Familie: Schreit: u. Hautwanzen. fie und bohrt ihr den Schnabel fofort in den Leib. Bei uns zu Lande überwintert die Kot— mwanze im Xarvenitande. Herr Poujade fand im Auguft 1887 eine Larve, ernährte fie mit lebenden Fliegen und erhielt erit im Juni des nächſten Jahres nach nur einmaliger Häutung das entwidelte Inſekt. Die Art findet fich auch in Afrifa, wo ſich möglichen: falls die Verwandlungsverhältnifje infolge höherer Wärmegrade anders geftalten. Sie hält jich einzeln in Häufern und deren unreinlicheren Umgebungen auf und foll al3 Zarve den Bettwanzen nachſtellen, was mir nicht wahrſcheinlich ift. Wenn fie es thäte, gejchähe es nicht des mageren, jaftlofen Leibes der Bettwanzen, jondern des mit Blut erfüllten wegen; diejen edlen Saft aber fünnte fie aus der Quelle jelbit ſchöpfen und brauchte ſich nicht exit der Zwifchenträger zu bedienen. Der alte Gattungsname Reduvius verblieb neuerdings nur noch wenigen Arten, welche durch einen dornenlofen, vor der Mitte ein- geijhnürten Vorderrüden, dur am Grunde nicht gezahnte Klauen aller zum Gehen ein= gerichteten Füße und durch eine lange und ſchmale fleiſchige Sohle an der Innenſeite der vier vorderen Schienenfpigen übereinftimmen. Die ſchönſte deutjche Art ift entjchieden die blutrote Schreitwanze (Harpactor eruentus), deren 17 mm mefjender, blutroter Körper am Bauche mit drei Reihen ſchwarzer Punkte, am aufgeworfenen, jcharfen Rand des Hinterleibes mit einer Reihe ſchwarzer Flecke verziert ift; Kopf nebit Fühlern und die Kniee find gleichfalls Schwarz. Sie gehört einer ungemein artenreichen Gattung an, weldhe breite, am Grunde gezahnte Krallen an allen zum Gehen eingerichteten Füßen, zur vorderen Hälfte haarige, ſeitlich vom Hinterleibe überragte Flügeldeden, verdicdte Hinterjchenfel und ein gleich dider, hinten nur furzhalfiger Kopf harakterifieren. Ich finde die Schreitwanze nicht jelten während des Sommers im Blütenjtande jolcher Pflanzen verſteckt, welche von zahlreichen Fliegen und Immen bejucht werden, jah fie im heißen Sonnenschein bisweilen auffliegen und lernte beim Einfangen auch ihren empfindlichen Stich fennen. — Die meiften übrigen europäiichen Schreitwanzen jind Kleiner und tummeln fich verjtedt im Graje, jeltener auf Gebüſch umher, darunter auch jolche, welche fih durch verfümmerte Flügel oder Raubfüße an den Vorderbeinen aus: zeichnen. Man hat eine Anzahl durhfchnittlich jehr Feiner Wanzen, bei denen die dreigliederige Schnabelſcheide in einer Rinne an der Kehle verjtedt Liegt, die Nebenaugen meijt fehlen, die jcheinbar zweigliederigen Füße ohne Haftlappen neben den Krallen endigen und im übrigen manche und große Verjchiedenheiten vorkommen, zu einer Familie vereinigt und fie darum Hautwanzen (Membranacei) genannt, weil Borderrüden, Flügeldeden und Hinterleid gewöhnlich mit lappigen, zum Teil auch blafigen Fortjäben und Auswüchjen ausgeitattet find, welche manchen eine höchſt wunderbare Geftalt verleihen. Abgejehen von einigen wenigen Gattungen, deren wichtigſte, Syrtis, zahlreiche Ver: treter in Amerika aufweilt, bei welchen die Vorderbeine zu Raubfüßen umgeftaltet und Nebenaugen vorhanden find, wären bier zunächit die außerordentlich zierlihen Blajen: oder Budelwanzen (Tingis) zu nennen. Weil fie die Länge von 4 mm meijt Faum er: reihen, werden fie im Freien leicht überjehen. Eine ſchwielige oder blajenartige Auftreibung mitten auf dem Halsjchild, welches fich nach hinten, das Schildchen bevedend, verlängert und wie die neßförmig geaderten und gebudelten Flügeldeden an den Seiten blattartig erweitert, jowie ein knopfförmiges Ende der dünnen Fühler bilden die Eigentümlichkeiten dieſer hübſchen Schnabelferfe. Meift halten fich die zahlreichen Arten an bejtimmten Pflanzen auf. Die verwandte Budelwanze (Tingis affinis, Fig. 1, ©. 653) findet fi auf Blutrote Schreitwanze. Verwandte Budelmanze. Rinden- und Bettwanze. 653 jandigem Boden unter Feldbeifuß oder an Graswurzeln gefellig und zeichnet ſich durch braune Körperfarbe, glashelle, braun geäderte Hautfäume, dunklere Fühlerfpigen und einen fternförmigen Fled auf der Mitte jeder Flügeldede aus. Die fünf langen Stirnftadheln hat fie mit den meilten Gattungsgenofjen gemein. Die kaum Fräftigeren, ungemein plattgedrücten, auf der düfteren Oberflähe runzeligen Rindenwanzen (Aradus) leben verjtedt hinter der Ninde abgeftorbener Bäume. Shr fait rautenförmiger Kopf läuft vorn in eine ftumpfe Spike aus, an deren Grunde wie in einem Ausjchnitt die diden, viergliederigen Fühler figen. Der Schnabel reicht bis zum Ende der Borderbruft oder wenig über dasjelbe hinaus, auf dem vorn verfchmälerten Halsſchild erheben ſich mehrere Längsleiſten jowie auf dem Lederteil der Halbdeden einige Fräftige Längsrippen. Bei der gemeinen Nindenwanze (Aradus corticalis, Fig. 2) herrjcht die ſchwarze Körperfarbe vor, nur die Wurzel der Flügeldeden ift gelb: lihweiß, das Rückenſchild Hinten und die Ede der Hinterleibsglieder Ihmusig gelb. Das im Vergleich) zum zweiten merklich Fürzere, durchaus dunkel gefärbte dritte Fühlerglied, der jeitlich gejchweifte und gezähnelte Vor— derrüden und das große, an den Eeiten gleichfalls gejchweifte Rückenſchild vollenden das Bild dieſer nirgends jeltenen Art. Die Weibchen find bei allen größer und breit: leibiger al3 die Männden. Einzig in ihrer Art fteht die übel be— rüchtigte Bettwanze (Cimex lectula- rius, Acanthia lectularia, Fig. 3) da, : > — 1) Verwandte Buckelwanze (Tingis affinis). Achtmal welche ſchon den alten Griechen als „Koris „vergrößert. 2) Gemeine Rindenwanze (Aradus cortica- den Römern als „Simer” befannt war und is). Sechsmal vergrößert. 3) Bettwanze (Cimex lectula- rius). Stark vergrößert. es darum gerechtfertigt erjcheinen läßt, wenn der alte Gattungsname, welchen Linné auf außerordentlich viele, in den Formen jehr weit auseinander gehende Arten übertragen hat, ihr allein verbleibt. Ihre Eigentümlichkeiten be- stehen im Blutjaugen, in der Flügellofigkeit, in den borftigen, viergliederigen Fühlern, dem einer Kehlrinne anliegenden dreigliederigen Schnabel und dem Mangel der Haftlappen an den Krallen. Der außerordentlich platte. mindejtens 4 mm mefjende Körper ijt licht braun rot gefärbt und dicht gelblich behaart. Die runden Läppchen an beiden Seiten des Kleinen Schildchens müſſen als Reſte der Flügeldeden gelten. Das Weibchen legt im März, Mai, Suli und September jedesmal etwa 50 weiße, 1,12 mm lange, walzige Gier in die feinjten Nigen der Schlaf: und Wohnzimmer, namentlich hinter Tapeten, mit Brettern verichalte Wände oder in die Fugen der Bettjtellen, aljo an diejelben Orte, wo ſich die Warzen den Tag über verftedt halten. Die legte Brut geht jedoch meift zu Grunde, und nur die er- wachjenen Wanzen, weldhe zu ihrer vollen Entwidelung 11 Monate bedürfen, überwintern und fünnen jehr viel Kälte vertragen. Das Häßlichite an ihnen ijt das Hinterlijtige, heimliche Blutjaugen, welches fie bi3 auf die Nacht verjchieben, um den Schlafenden in jeiner Ruhe zu ftören. Daß fie, wie behauptet wird, durch die Ausdünftungen des Schläfers berbeigelodt, fih unter Umftänden aud von der Dede herabfallen lafjen, will ich gern glauben, weil ich einſt Augenzeuge war, wie eine auf eben dieſe Weile in eine dDampfende Kaffeetaſſe gelangte. Troß ihres Blutdurftes vermögen fie lange zu hungern. Xeunis hatte ein Weibchen in eine gut verſchloſſene Schachtel eingejperrt, und als er dieſe nad) ſechs Monaten öffnete, fand er es nicht nur noch am Leben, jondern von einer Schar Nachlommen umgeben, welche, gleich der Mutter, durchjichtig wie Glas waren. Ber ihrer großen Fruchtbarkeit und der Leichtigkeit, mit welcher fie verjchleppt werden fünnen, 654 Siebente Ordn.: Schnabelferfe; fünfzehnte u. fechzehnte Fam.: Wiefen: u. Langwanzen. gehören die Wanzen zu dem läſtigſten alles Ungeziefers, befonders in größeren Städten, wo die Übervölferung der Häufer ihre gründliche Verfolgung erſchwert. Daher fehlt es auch nicht an zahlreichen Vertilgungsmitteln, welche fich aber wenig bewähren, fo daß es ratfam erſcheint, alle jene Stellen, an denen fie fich gern häuslich niederlaffen, möglicht zu meiden und alle verdächtigen fleifig zu durchjuchen. Wie wirkungslos das einfache Ausweißen der Zimmer dieſem Ungeziefer gegenüber ift, davon überzeugte ich mich während meiner Studien: zeit in Berlin. In der jehr jauberen, blanfen Werkftatt eines Buchbinders ſah ich ein Wänz— chen mit weiß übertünchtem Rücken wohlgemut einheripazieren. Eine Beimiſchung von Eifen: vitriol unter den Kalk wirkt jchon beſſer, nachden zuvor alle Nigen rein ausgefragt, mit Eiweiß und Inſektenpulver, Mineralöl oder Ätznatronlauge ausgepinfelt und dann ver: ſtrichen worden find. Dergleichen Mittel, mit großer Energie angewendet, können, wenn nicht jehr ungünftige Verhältniffe obwalten, jeden in feiner Wohnung endlich vor diefem läſtigen Ungeziefer ficheritellen, feinen Reiſenden aber ſchützen, weldhen fein Unftern in ein von Wanzen bewohntes Nachtlager führte. Für diefen Fall foll, wie mir von verfchiedenen Seiten verfichert wurde, das Brennenlafjen des Lichtes die Blutfauger von dem Schläfer zurüchalten. Wo die Bettwanzen hergefommen find, weiß man nit; denn daß Dftindien, wie be hauptet wird, ihre urjprüngliche Heimat fei, bedarf noch des Nachweifes. Die alten Griechen und Römer Fannten fie, wie bereits erwähnt wurde, fürchteten fie und jehrieben ihnen allerlei Heilkräfte zu. Im 11. Jahrhundert haben fie fich in Straßburg gezeigt, dagegen wird der Behauptung, fie jeien erſt um 1670 durch die Bettftellen der vertriebenen Huge— notten nach London gebracht worden, von anderer Seite widerſprochen, weil ſchon 1503 daſelbſt ein paar adlige Damen deren Stiche für Anzeigen der Peft gehalten hatten. ALS ich vor Jahren zur Düngung meiner Fuchfien von einem Kirchboden Fledermaus: mijt jelbjt herabgeholt hatte, war ich nicht wenig erjtaunt, zwiſchen demfelben zahlreiche Wanzenbälge aller Größen zu erbliden. An jener Stelle hauften im alten Holzwert entjchieden die Wanzen und bezogen ihre Nahrung von den daſelbſt wohnenden Fleder: mäujen. Bedenkt man nun, daß fie in Hühnerftällen, auf Taubenfhlägen, in Schwalben: nejtern gleichfalls vorkommen, jo liegt die Vermutung nahe, daß fie urſprünglich als Un- geziefer der verfchiedenften warmblütigen Tiere im Freien gelebt haben und durch Ver: ſchleppung allmählich dem Menſchen nahe gebraht worden find, und zwar können die nächtlichen Fledermäuſe am beiten zu der fchnelleren Weiterverbreitung wejentlich bei- getragen haben, da ſich annehmen läßt, daß mande Wanze zum Blutfaugen aus ihrem Schlupfwinkel bereits auf den Körper einer Fledermaus gekrochen ift, ehe diefe ihre nächt— lichen Umflüge beginnt. Bon Eversmann wird eine ruffiihe Art von nur 3,37 mm Länge und lehmgelber Farbe am fast querrunzeligen Hinterleib als gewimperte Bett: wanze (Cimex ciliatus) unterjchieden. Alle die Kleinen, zarten und weichen Wanzen, welche im Sommer Blumen und Gräfer beleben, mit einer vielen anderen Drdnungsgenofjen fremden Beweglichkeit und fortwährenden Bereitichaft zu geräufchlojem Fluge hier auftreten und dort verſchwinden, folange die Sonne Iheint, und vorherrichend dem Honig nachgehen, gehören der Familie der Wiejen- oder Blindwanzen (Phytocoridae, Capsidae) an, einer Familie, die mit verhältnis: mäßig zahlreicheren Arten in den gemäßigten als in den wärmeren Erdftrichen vertreten it, von Europäern find etwa 300 befannt. Man würde diefe lihtgrünen, häufig auch une gemein zierlich bunt gezeichneten Schnabelferfe nicht haben vereinigen können, wenn fie Gejftreifte Shönmwanze. Borften: und Blindmanzen. 655 nicht auch im Körperbau miteinander übereinjtimmten. Cie haben einen dreiedigen Kopf, deſſen dreifeitiger Scheitel nur bei einer Gattung (Miris) von der Stirn getrennt, bei den übrigen herabgebogen und mit der nach vorn gewendeten Stirn verſchmolzen it. Obgleich fie Blindwanzen genannt werden, fehlen ihnen die Nebaugen feineswegs, wohl aber die Punktaugen. Die boritenförmigen Fühler, deren zweites Glied das längjte, bisweilen auch das dickſte ift, erreichen die Körperlänge oder übertreffen fie und laufen in zwei haarfeine Glieder aus. Der angedrüdte Schnabel reicht bis zum Ende der Bruft und feine Scheide befteht aus vier meijt gleichlangen Gliedern. Das nicht eben große, dreiedige Schildchen ift immer fihtbar. Die lederartigen, weichen Flügeldeden find mit einer Falte verjehen welche dem gegen das Schildchen gemwendeten Rande gleich läuft und ein eignes, länglid) trapeziiches Feld, das Schlußftüd (den Nagel, clavus), abjondert, der übrige Teil bildet ein Dreied, das Leder (corium), an deſſen kürzeſte, gegen die Spite gerichtete Seite ein durch eine Falte abgejegter, dünnerer, meiſt eigentümlich gefärbter Lappen, das Keilftüd (cuneus), auch wohl Anhang genannt, als charakteriftiiches Familienmerkmal angrenzt, von welchem fi dann die Saut (membrana) fortjeßt. Sn leßterer bemerkt man eine bogenförntige, vom Nande des Anhanges ausgehende und dahin zu: rücdfehrende Ader, welche vor dem Äußeren Ende nod) einen Eleinen Aft ausjendet und mithin zwei ungleiche Bellen bildet. Fehlt diefe Haut, jo fehlen gleichzeitig die immer ſehr zarten Hinterflügel. Die mitunter auffallend Heinen Füße zeigen drei undeutlich abgeſetzte Glieder und jehr Kleine Haftlappen zwijchen den Krallen. Eine der: artige Weichheit des Körpers und loſe Einfügung der Io ı Beine, wie fih hier findet, kommt bei feinen anderen ee m — Wanzen wieder vor. Die geſtreifte Schönwanze (Calocoris striatellus) mag ſtatt aller ein Bild von der in Nede ftehenden Familie geben. Sie gehört der jpäter vielfach gejpaltenen Gattung Phytocoris an und zwar derjenigen Gruppe (Calocoris), bei welcher die Stirn: ſchwiele winfelig in den Scheitel übergeht, der Naden ſich wölbt und Feine Leiſte zeigt, das Fühlerwurzelglied den fait fünfedigen Kopf überragt, der Schnabel bis zum zweiten Baud): ting reiht, das trapezische, vorn leiltenartig gerandete Halsſchild an den Seiten gerade vorläuft und die Fußmwurzel der Hinterbeine Fürzer als das folgende Glied ift. Den orangenen oder lichtgelblichen Körper dedt weibliche Behaarung; die ſchwarzen Zeichnungen auf Halsihild und Flügeldeden läßt die Abbildung erkennen. Die reichli 7 mm lange Wanze findet fih auf Schiemblumen durch ganz Europa. — Die ſchlanken, ſchmutzig grünen Borjtenwanzen (Miris) zeichnen fich vor den anderen durch bejondere Schmalheit und durch die verfchiedene Kopfbildung aus. Der dreijeitige, nad) vorn jpige Schädel trägt nämlich an feinem Nande die einem dien Grundglied entjpringenden Fühler. Charakteri: ſtiſch für die mehr ovalen, ſchwarzbraun oder rot gefärbten Arten der Blindwanzen (Capsus) wird dagegen das feulenförmig verdidte zweite Glied der Fühler und der grob punftierte Leib. Von den fogenannten Langmwanzen (Lygaeides) leben die meilten unter Steinen, dürrem, zerfrümeltem Laube oder unter Moos am Grunde der Baumjtämme, wo fie ge: ihäftig umbherfriehen, um andere, jedoch tote, Kerfe oder Pflanzenfäfte zur Nahrung 656 Siebente Ordnung: Schnabelferfe; fechzehnte Familie: Langmanzen. aufzujuchen, an das Tageslicht fommen die wenigften. Die größere Härte der Körperbeflei- dung, mehr, meilt fünf, Adern in der Haut jomwie der Mangel des Keiljftüdes in den Nlügeldeden und die fadenförmigen, gegen die Spige etwas verdidten Fühler zeichnen fie vor den vorigen aus. Die Fühler find den Wangen des dreiecdigen Kopfes eingefügt und jtehen meijt unter, höchltens auf der Linie, welche man fih vom Mittelpunkt eines Netzauges nad) der Schnabelwurzel gezogen denkt. Die Größenverhältniffe der vier Fühler: glieder ſchwanken ebenjo bei den verjchiedenen Arten, wie die vier Schnabelglieder, jedoch pflegt hier das vorlegte immer länger zu fein al3 das legte. Unter den drei Fußgliedern iſt das mittelfte am Fürzeiten, das legte neben den Krallen mit Haftlappen verjehen. Einigen fehlen die Punktaugen, bei den meiften treten fie jedoch deutlich auf und zwar unmittel- bar neben den Nebaugen. Zu jenen gehört die allbefannte flügelloje Feuerwanze (Pyrrhocoris apterus), eine durch ihre blutrote und ſchwarze Körperfärbung, durd) 3 den Mangel der Haut an den Flügeldeden und der ganzen Hinter: flügel zur Genüge gefennzeichnete Art, von welcher jedoch ausnahms— weile Stüde gefunden werden, deren Flügeldeden mit der Haut ver: jeben find, und jogar folche mit vollflommenen Flügeln, wie mir eine Zujendung aus Breslau bewiejen hat. Die über alle Weltteile aus: gebreiteten Feuerwanzen unterjcheiden ſich nur durch den leiftenförmig ſcharf aufgerichteten Rand des Halsſchildes von der mittelamerifanifchen Gattung Largus, mit der fie das im Vergleich zum zweiten längere erite Fühlerglied und den Mangel der Nebenaugen gemein haben. Die flügellojen Feuerwanzen, hier und da auch „Franzojen” over „Sol: daten” genannt, fien den ganzen Sommer hindurch in Scharen am oe Grunde alter Lindenbäume oder NRüftern, nehmen aber auch, wenn wanze (Pyrrhocoris Ihnen die genannten Bäume nicht zu Gebote jtehen, mit einer Mauer apterus). Treimalver fürlieb. Sobald der Winter vorüber ift, aljo in der Regel ſchon im — März, verlaſſen ſie allmählich ihre Verſtecke und ſchleichen einzeln an geſchützten, den rauhen Winden nicht ausgeſetzten Stellen umher. Je milder das Wetter, deſto mehr fallen ſie in die Augen, und von Mitte April ab pflegen ſich die vollkommen entwickelten zu paaren. Selten verbindet ſich das Männchen mehr als einmal mit einem Weibchen, während dieſes eine öftere Vereinigung geſtattet. Dieſelbe kann bis 36 Stunden andauern. Hierauf findet man unter dem feuchten Laube oder in den Erdlöchern neben den alten Wurzelſtöcken von Bäumen die perlweißen Eier und ſpäter junge, ſtecknadelkopf— große Lärvchen neben ſchon größeren Larven. Die kleineren haben einen ganz roten Hinter: leib und Schwarze Flügelanjäge. Nach dreimaliger Häutung erhalten fie ihre vollfommene Größe und Ausfärbung. Die Flügeldeden verlängern ſich dabei, vertauſchen das anfänglid) ihwarze Kleid mit dem ſpäter vorherrjchend roten, fie werden zu einem jchönen „Waffen: rocke“ mit zwei jhwarzen, wie Knöpfe gerundeten Fleden, einem breiteren over ſchmäleren ihwarzen Saume am Ende und einem Schwarzen Schlußitüc, während umgekehrt der Hinter: leib aus dem anfänglichen ot in glänzendes Schwarz übergeht, denn nur die Seiten: ränder und einige Querbinden am Ende des Bauches behalten die urjprüngliche Farbe bei. Der Kopf mit jeinen Anhängen: den Fühlern und dem Schnabel, zeigt jich glänzend ſchwarz, wenn erit das Junge, welches bleich aus dem Cie fam, ausgefärbt ift. Das vordere Brufts jtüc it oben und unten gleichfalls jehr bald Schwarz und behält nur rote Nandjäume rings— um; auch die Beine erglänzen ſchon in der Jugend durchaus ſchwarz. Die erwachjenen Feuerwanzen haben den eigentümlichen Wanzengeruch verloren, während die Larven den— jelben aus drei Drüfen auf dem Hinterleibsrüden, je eine auf der Mitte der drei mittleren Ninge, verbreiten. Neizt man eine nur wenig, jo nimmt man einen jharfen, an flüchtige Flügelloje Feuerwanze, Ritterwanze, Dickſchenkel. 657 Fettfäure mahnenden Geruch wahr und fieht aus der mittleren Drüfe ein Tröpfchen farb: lofer, nach und nach verdunftender Flüfligkeit austreten. Wird der Neiz veritärkt, indem man die Larve drücdt, ihr ein Bein, einen Fühler abjchneidet, jo ergießt fich in Form eines Kleinen Strahles aus der hinteriten, größten Drüfe eine Flüſſigkeit, welche den eigentlichen Manzengeruch verbreitet. Bei den erwachſenen Wanzen macht fih anfänglich noch ein faurer Geruch bemerflih; bald aber verſchwindet diejer und die Drüjen werden ohne In— halt befunden. Sn den verjchiedenen Färbungen und Größen tummeln fich die Wanzen den ganzen Sommer über und erjcheinen eher träge als geſchäftig; auf ihren Kleinen Spaziergängen bleiben fie öfters ftehen, aber nicht um auszuruhen, jondern um zu genießen. Zwei, drei und noch mehr find um eine größere Inſektenleiche verfammelt und jaugen fie aus, gleich- viel ob fie von einem ihresgleichen herrührt oder von einem anderen Kerfe. In der Ger fangenjchaft greifen die größeren auch die Fleineren an und jaugen fie aus. Unter den Flügeldeden der älteren Wanzen finden fich bisweilen zahlveihe Milben, welche fih auf Koften ihrer Wirte nähren. Alt und jung verfriechen fich in die tieferen Schlupfwinfel ihrer Tummelpläge, jobald die rauhe Jahreszeit dazu mahnt, und wir haben hier den bei Wanzen felten vorfommenden Fall, daß fie auf den verjchiedeniten Altersitufen über: wintern. Eine andere einheimifche Langwanze, die reichlich 14 mm mefjende Nitterwanze (Lygaeus equestris), belebt oft in größeren Gejellihaften jchadhafte, der Rinde be— raubte Eichenftämme und gehört infofern wie in Anjehung ihrer hübſchen Färbung zu den auffälligjten der ganzen Familie. Sie iſt auf ihrer lang=elliptiihen, glanzlojen Rücken— fläche gleichfalls blutrot und ſchwarz und auf der weiß umſäumten, jchwarzen Flügel: deckenhaut mit einem weißen Mittelfledehen verziert. Daran, daß die beiden innerften und die beiden folgenden Adern diefer Haut durch eine Querader verbunden find, der Leder: teil der Halbdecken mehr horniger Natur ift und daß auf dem Scheitel zwei Nebenaugen jtehen, erfennt man ihre Gattung (Lygaeus), die Langwanzen im engeren Sinne. Alle übrigen entziehen fich durch ihre verborgenere Lebensweife unferen Bliden fait gänz: ih, darunter auch die jehr artenreihen Dickſchenkel (Pachymerus), ausgezeichnet durch die nicht verbundenen Längsadern im Hautteile der jonjt ebenjo gebildeten Halbdeden und durch die mehr oder weniger verdicdten Borderjchenkel. Unter allen Landwanzen, deren Schnabelfcheide aus vier Gliedern befteht und deren Schildchen die Mitte des Hinterleibes nicht erreicht, zeigen die Nandwanzen (Coreidae) die größten Formverfchiedenheiten und laſſen ſich im allgemeinen nur dahin charakterifieren, daß die viergliederigen Fühler am Nande des Scheitels über derjenigen geraden Linie, welche man fich von der Mitte eines Negauges nach der Schnabelwurzel gezogen denft, eingelenft und die Füße neben den Krallen mit Haftlappen verjehen find. Überdies kommen ihnen immer zwei Nebenaugen und in der Flügeldedenhaut viele erhabene, oft gabelförmig geteilte Adern zu. Beide Gejchlehter find an der Form des lebten Bauchringes leicht zu unterjcheiden, indem diefer beim Männchen verdidt und wie von unten mit einer Klappe bedeckt, beim Weibchen dagegen der Länge nach gejpalten iſt. In Europa leben kaum 60 Arten, dagegen ift die Familie in Amerika zahlreicher vertreten und zwar duch Formen, welche in Anjehung der Größe und Bildung zu den ftattlichiten und ſchönſten aller Wanzen gehören; blattartige Erweiterungen an den Hinterjchienen oder an einzelnen Fühlergliedern, ein gehörnter oder lappig erweiterter Vorderrüden, übermäßig verdidte und mit Stacheln Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 42 658 Siebente Dron.: Schnabelferfe; achtzehnte u. neunzehnte Jam.: Rand: u. Shildwanzen. bewehrte Hinterſchenkel, Scharfe nach oben gebogene, die Flügeldeden überragende Seiten: ränder des Hinterleibes find die charakteriftifchen Merkmale diefer Wanzenfamilie. Wenn hierzulande das Kerfvölfchen mit Beginn der rauheren Herbittage fih von der Schau— bühne feiner Thätigfeit zurüdzieht und an geſchützten Orten, bejonders unter dem ab- gefallenen Laube, die Winterguartiere bezieht, jo gehören die größeren Nandwanzen in Geſellſchaft von Mitgliedern der bald näher zu betrachtenden Schildwanzen zu den auf: fälligiten Erjfeheinungen, jobald man an einem jonnigen, für jene Zeiten noch ſchön zu nennenden Nachmittag dergleichen Stellen etwas aufrührt und die noch nicht zur Ruhe und Eritarrung gelangten Tiere dadurch beunruhigt. Da gibt es ein Gefnilter und Ge— nijtel durch das Hin= und Herkrabbeln diejer Wanzen, welche es jehr unangenehm zu be= rühren jcheint, daß man fie in ihrer Zurüdgezogenheit ftört, und einzelne, denen die Herbit- jonne wenige wärmende Strahlen zujendet, ziehen es vor, in ftarf brummendem Fluge fih zu erheben und dem Ruhe— ſtörer ficherer und jchneller aus: zumweichen, als dies zu Fuße ge fchehen würde. Sm Sommer halten fie fih auf Buſchwerk und im Graje auf, nah Raub aus: gehend und im Sonnenſchein auch lebhaft umberfliegend, mehr aber, wie es jcheint, um Nach: jtellungen zu entgehen, als dem / inneren Drange nach ſolcher Be: NR III r BARS 1 wegungsweile zu genügen. Sie TEEN MEN NN ſchließen ſich ſomit denjenigen 1) Saumwanze (Syromastes marginatus), 2) ihre Larve. 3) Schnaken— Wanzen an, welche dem aufmerk— wanze (Berytus tipularius). Natürliche Größe. 3 jamen Naturfreunde, der nicht gerade Sammler ift, eher zu Gefiht kommen als die meilten anderen der bisher be= Iprochenen Familien. Die Hauptgattung Coreus ijt heutzutage in mehrere aufgelöft, von denen Syro- mastes mit fajt allen größeren einheimiſchen Nandwanzen derjenigen Unterabteilung an— gehört, bei welcher die Nebenaugen entfernt voneinander ftehen, das letzte Fühlerglied furz und did ift und der Schnabel in Feinheit und Länge dem der Cchildwanzen gleicht, indem er über die Mittelbruft hinausreicht. Syromastes zeichnet ſich unter diefen Gat- tungen durch einen ziemlich vieredigen Kopf aus, deſſen Fühlerhöder nad) vorn ſtark her: vortragen, hat einen breiten, die Flügel weit überragenden Hinterleib und ein verlängertes zweites Fühlerglied, welches das dritte Faum oder nur wenig an Länge übertrifft. Bei der Saummanze (Syromastes marginatus, Fig. 1) erweitern fi) die Fühlerhöder nah innen zu einem Dorn; die graurötliche Oberfläche des Körpers erfcheint durch feine, Ihwarze Punktſtiche dunkler, am dunkeliten das letzte, am lichteiten die beiden vorher: gehenden Fühlerglievder, ver Nüden des Hinterleibes am reinjten rot und die Haut der Flügeldecken bronzeglänzend. Die Wanze findet fih durch ganz Europa auf dem verjchie- denſten Gebüjch und überwintert im vollfommenen Zuftande, um vom nächſten Frühjahr ab für Fortpflanzung ihrer Art Sorge zu tragen. Die Larve (Fig. 2) zeigt, wie man dies bei allen Wanzenlarven beobachten fann, eine größere Plumpheit und in dieſer die Unreife aller einzelnen Glieder. — Die rautenförmige Nandwanze (Verlusia rhom- bica oder Coreus quadratus des Fabricius) ift höchftens 11 mm lang und an dem fajt vautenförmigen, jehr platt gedrückten und nach oben ausgehöhlten Hinterleib Leicht Saummanze NRautenförmige Randwanze. Schnalenwanze. Diactor bilineatus. 659 fenntlid. Bei ihr erweitern ſich die Fühlerhöder nicht zu Dornen. Sie hält fi am liebften in Gräben längs der Kiefernwaldungen auf, wo fie an Grasitengeln und anderen Pflanzen bei Sonnenjchein emporkriecht, oder ohne diejen mit einer gewiljen Eilfertigkeit und Furcht, wenn das fie bergende Laub aufgejtört wird. Bei Betrachtung der Schnafenwanze (Berytustipularius, Fig. 3, ©. 658), jenes ungemein ſchlanken und zartbeinigen Tierhens von lichtgrauer Färbung, welche an den Außenrändern und fünf Pünktchen der Flügeldecken wie an den verdidten Anieen und dem Endgliede der Fühler dunkler ift, findet fich jcheinbar wenig Übereinftimmung mit der Saumwanze, und doch beiteht ein harafteriftifcher Unterichied beider nur im anderen Längenverhältnis des zweiten und dritten Fühlergliedes; jenes ift nämlich hier bedeutend länger als diejes. Man fieht an diefem einen Beifpiel, wie jehwierig es ift, die Rand— wanzen in jharf begrenzte Gattungen einzuteilen, wenn fi an zwei fo verjchieden ges jtalteten, wie die vorliegenden, jo wenig Abweichendes in den weſentlichen Merkmalen auffinden läßt. Die hübſche Schnafenwanze treibt fih, wie noch einige andere nahe ver: wandte Arten, unter Heuhecheln, Wacholder, Heidefraut und anderem niedrigen Geſträuch umber und jcheint durch ihre langfadenfürmigen Beine im jchnellen Fortfommen eher bes hindert al3 gefördert zu werden; denn jie it träge und läßt fich leicht ergreifen. Um auch einen Begriff von einer der ausgezeichneten heißländiſchen Formen zu geben, wurde auf dem rechten Vordergrunde des Gruppenbildes „Ausländijche Zirpen“ (S. 637) der Diactor bilineatus (Lygaeus bei Jabricius), zu deutfch „der zweilinige Bote“, vorgeführt. Der metalliih grüne Körper ift mit gelben Zeichnungen reichlich verziert; die Beine find gelb, die blattartigen Erweiterungen der Hinterfchienen auf braunem Grunde gelb gefledt und die Flügelveden braunfhwarz Das injektenreihe Südamerika ernährt auch dieje jchöne Art. Als Schildwanzen (Scutati, Pentatomidae) werden jchlieglich alle diejenigen Wanzen 3% einer Familie zufammengefaßt, deren Rückenſchildchen wenigftens über die Mitte des Hinterleibes zurüdreicht, wenn es denjelben nicht fast ganz bededt. Am drei- eigen, biS zu den Netzaugen im VBorderbruftring ftedenden Kopfe fiten unmittelbar vor jenen die drei-bis fünfgliederigen Fühler, eine viergliederige Schnabeljcheide, deren zweites Glied das längfte zu jein pflegt, und an den wenig ausgezeichneten Beinen zwei-oder drei- glieverige Füße mit Haftlappen. Den meiften fommt ein deutlicher Chitinteil und eine Haut an den Halbdeden zu, und nur bei denen mit jehr großem Schildchen beichränft ic) die Chitinbildung auf den von legterem frei gelafjenen Vorderrand der Flügeldeden. Die allgemeinen Umrifje des Körpers entiprechen einer Ellipfe oder durch die heraus: tretenden Seiten des unregelmäßig jechsedigen Vorderrüdens einem Wappenſchilde. Am immer jehr großen Mittelleibe bemerkt man jeitlih zwiſchen dem zweiten und dritten Bruftbeine neben dem Luftloche eine große gejchweifte Falte als die Mündung der Stint: drüje. Der Hinterleib bejteht aus jechs großen Ringen, zu weldden nod die in einem Ausschnitte des legten liegenden Gejchlechtswerkzeuge als fiebentes Glied hinzukommen, und läßt eine flache Rückenſeite von einem gewölbten, bisweilen mit einer mittleren Längs— tinne, in anderen Fällen mit einem ſcharfen Kiele verfehenen Bauche deutlich unterfcheiden. Diejer Kiel verlängert fih vom zweiten Gliede an gegen die Bruft hin, ragt über den eriten hinweg und erreicht mit feiner dolchförmigen Spiße nicht ſelten den Hinterrand des Borderbruftbeines. In der Mitte jedes Bauchringes, nicht weit vom Seitenrand entfernt, befindet ſich beiderfeits ein Luftloch, nur am erften verſteckt es fich bisweilen in der Binde: haut, und am fiebenten verjchwindet es oft ganz. Die gejchlehtlihen Unterjchiede treten 42* 660 Siebente Ordnung: Schnabelferfe; neunzehnte Familie: Schildwanzen. an diefem Ninge faft in ähnlicher Weife zu Tage wie bei den Nandwanzen: als Längs- ipalte beim Weibchen, als jeitliche, oben und hinten in einen gebogenen Hafen auslaufende, die Nutenscheide bildende Klappen beim Männden. Die Shildwanzen halten ſich an niederen Pflanzen auf, einige mehr verftedt, die meilten jedoch an der Oberfläche, wo fie durch zum Teil bunte Farben leicht in die Augen fallen, die größten von ihnen leben auf Bäumen und joldhen Sträuchern, welche ſüße Beeren als Lederbifien für fie auftifchen, und pflegen vorherrichend grün gefärbt zu jein. Hinſichtlich der minder verjtedten Lebensweife, ihrer Bereitjchaft, im Sonnenſchein umher— zufliegen, und zwar mit lautem Gebrumme, jtehen fie den Blindwanzen am nächſten und fallen wegen ihrer Größe im Freien faſt mehr auf als dieje, obgleich fie nur mit uns gefähr halb jo vielen Arten (150) in Europa vertreten find. Sie überwintern im voll- kommenen Zujtand unter dürrem Laube. Das befruchtete Weibchen legt zu Anfang des Frübjahres feine ovalen oder faſt kugelrunden, mit einem Dedelchen verjehe- nen Eier, zu Kleinen Rus chen nebeneinander ges jtelt, an ſolche Stellen, wo fih die Wanzen auf: zuhalten pflegen, die einen an niedere Gemwächje, die anderen an die Blätter oder Nadeln der Bäume, und die anfangs fait kreis— runden Lärvchen wachſen unter mehrmaligen Häu— tungen, wobei ſie allmäh— lich Geſtalt und Farbe ver— MINEN 129 AN Ändern, im Laufe des aANDZIS MU a SN Sommers und Frühherb- / WI=T7 EN hr =V ze = fe zu ihrer vollen u 1) NRotbeinige Baummanze (Pentatoma rufipes). 2) Gezähnte — heran, indem ſie ſich vor— (Acanthosoma dentatum). 3) Kohlwanze (Eurydema oleraceum). 4) Spitzling (Aelia acuminata). Natürliche Größe. zugsweiſe von Pflanzen: fäften ernähren, ohne je= doch tierische Koft zu verfchmähen. Das ihnen angeborene träge Wejen verliert ſich mit der Entwidelung der Flügel etwas und kann durch die Strahlen der alles belebenden Sonne zeitweilig jogar in das Gegenteil umgewandelt werden. Die Kohlwanze (Eurydema oleraceum, Fig. 3 obiger Abbild.), ein zierlicher Kerf von 6,5 mm Länge und darüber, im weiblichen Geichlechte Durch rote, im männlichen dur) weiße Zeihnung auf metalliih glänzendem, oben grünem oder grünblauem Grunde ausge: zeichnet, wird von verjchtevdenen Seiten angeklagt, die jungen Kohlpflanzen durch Saftent— ziehung zu vernichten. Degeer verjichert, daß fie manchmal in Schweden an diefen Kultur: pflanzen bedeutenden Schaden angerichtet habe. In Deutfchland pflegt fie nie jo mafjenhaft vorzufommen, und da fie fich nicht ausfchlieglih von Kohlarten, jondern auch) von allerlei anderen Pflanzen ernährt, nicht jelten Inſekten anjpießt, wie ich öfters beobachtet habe, jo gehört fie nach meiner Meinung auch nicht zu den wahren Feinden der Landwirtichaft. Eine deutliche Querwulſt des an den Seitenrändern aufgeworfenen, aber nicht erweiterten Halsichildes, ein fleiner dreiediger Kopf, der Mangel eines Bruitlieles und zahlreicher < eg: 9.0.48 Ne Kohlwanze. Spitzling. Baummanze Stadelmwanze. Hottentotten-Wanze 661 Dornen an den Beinen, wie jolde für die Schwarzen Erdwanzen (Cydnus) charakte— riftiih find, zeichnen diefe Gruppe der Schilöwanzen aus, welde Hahn unter dem Namen Strachia von Linnés Cimex abgetrennt hat. Eine der gemeinften, überall an Grashalmen der Waldränder und Lichtungen, weniger der Wiejen und Felder, geſchäftig umherkriechenden Schildwanzen ift der Spigling (Aelia acuminata, Fig. 4, ©. 660). Er zeichnet fich durch bejondere Schlankheit und infolge: dejjen durch einen Fegelförmig zugeipigten Kopf vor allen anderen Familiengenofjen aus. Die bleichgelblihe, durch dunkle Punkteindrüde getrübte Oberflähe des Körpers wird auf dem Rüden von drei weiblichen Linien der Länge nad durchzogen. ‚ Die rotbeinige Baummwanze (Pentatoma rufipes, Fig. 1, ©. 660) unterfcheidet ſich mit einer Reihe ähnlicher Arten eigentlich nur durch die jeitliche Erweiterung des Hals: ſchildes. Den langen, dünnen Schnabel, dejjen erſtes Glied in einer Ninne liegt, den un: gefurhten und ungelielten Bauch hat fie mit der vorigen gemein. Das zweite der fünf Fühlergliever ift Fürzer als das dritte, die Oberfläche des Körpers eingeitochen ſchwarz punftiert, gelblich oder rötlihbraun mit Bronzeihimmer, der Hinterleibsrüden glänzend Ihwarz, Fühler, Beine und die Spige des Schildchens find mehr oder weniger ausgeprägt rot. Dieje gemeine Art lebt gern auf Birken, aber auch an anderem Ge: fträuche, Frieht an Baumſtämmen umher und foll fi) in den Foriten durch das Ausjaugen von Raupen nüß- li) erweilen. Wenn man eine Birke durch einen kräf— tigen Stoß erfhüttert, um das darauf befindliche Ge— ziefer zu Falle zu bringen, jo pflegt unſere Art nicht herabzufallen, wie manche andere, jondern unter Aus— breitung ihrer Flügel jummend berabzufliegen. Ein anderer Bewohner junger Birfenbäume jtellt fih uns auch von der Bauchjeite vor, damit der Bruft- raus), Natürliche Gröke, und Bauchkiel fichtbar jeien, welche bei den einheimi- jhen Wanzen jeltener vorkommen, wogegen eine Menge ausländijcher Arten, bejonders ſolche, deren Schnabelfcheide fich durch Dicke und geringere Länge auszeichnet, an der Brujt Hervorragungen in verjchiedener Form aufzuweien haben. Die in Rede ftehende Art ijt die gezähnte Stachelwanze (Acanthosoma dentatum Degeer3, Fig. 2, ©. 660), welche mit Ausnahme der roten Spiße des fein nadelriffigen Bauches gelblihgrün, auf dem Rücken durch feine ſchwarze Punkteindrüde dunkler erjcheint, am dunkelſten an den beiden legten Fühlergliedern, von denen das zweite die Länge des vierten hat, das dritte etwas kürzer ift. Diefe Wanze findet ſich durch ganz Europa verbreitet, wie es jcheint aber nur auf Birken. Bei den bisher bejprochenen Schildwanzen und ihren zahlreichen Verwandten nimmt das Schildchen den kleineren Teil des Hinterleibes ein und verbirgt das KHornitüd der Flügeldeden nicht; num gibt e8 aber eine Neihe von befonders den heißen Ländern ans gehörenden Arten, bei denen es bis zur Hinterleibsfpige reicht und nach den Seiten nur einen ſchmalen Teil der Halbdeden frei läßt, den einzigen, welcher verhornt. Die oben abgebildete Hottentotten-Wanze (Eurygaster maurus oder Tetyra maura) gibt dazu einen Beleg. Sie ift gelblich, ſchwarzbraun oder ſchwarz, mit oder ohne zwei lite Seitenfledhen an der Wurzel des durch die Mitte längsgelielten Schildchens und hält fi weniger auf Buſchwerk al3 an Gräjern, Dolden und zwiichen anderen niederen Pflanzen auf, verſteckt fih auch gern unter Stauden, Steinen ꝛc. — Einige prachtvoll ftahlblaue und gelb gefleckte oitindische Arten, höher gewölbt auf dem Nüden und am 662 Siebente Drdnung: Schnabelferfe; neunzehnte Familie: Schildwanzen. Bauche der Länge nad gefurcht, gehören einer anderen Gattung (Scutellera) an und bilden, jofern es fih um den äußeren Glanz handelt, einen würdigen Schluf, die Krone der ganzen Ordnung. Von dem noch ungezählten Heere der im allgemeinen verachteten Inſekten ging ein verjchwindend Eleiner Teil an uns vorüber und bewies zur Genüge, daß viele derfelben, jet es ihrer äußeren Erjcheinung nach, jei es in Nüdjicht auf ihren ftaunenerregenden Kunfttrieb oder auf ihr gemaltiges Eingreifen in das große Triebrad der Natur, die auf: merkſamſte Berücjichtigung verdienen. Seidenfpinner und Honigbienen, deren Erzeugniffe dem Menjchen von hohem Werte find, Heufchreden, Termiten, Wafferwanzen und andere, welche in manchen Gegenden gewiljen Volfsklaffen als Nahrungsmittel, andere, wie bei: jpielsweife die ſpaniſche Fliege, al3 wirkſames Heilmittel dienen, ftehen in erſter Reihe, wenn es ſich um ihre Nüglichkeit für ung handelt. Bei weitem länger dehnt fich die hinterjte Neihe aus, in welcher die unnüßen, läftigen und ſchädlichen vorgeführt find: das peinliche Ungeziefer an Menſchen und Haustieren, die Zerftörer des menschlichen Eigentums jeder Art, beſonders auch die Heinen Feinde der Fort: und Landwirtjchaft. Denn wie Unglaub- liches die an fi winzigen und unbedeutenden Tierchen durch Vereinigung ihrer Kräfte und durch Ausdauer leijten können, bemeijen nicht nur die Verheerungen auf Feld und Wieje, in Garten und Wald, der Käfer:, Raupen und Engerlingfraß, bemweifen nicht nur die fabelhaft bejchleunigten Auflöfungen pflanzlicher und tierijcher Leichen durch Ameisen, Termiten, Aaskäfer, Miftkäfer, Fliegenmaden und andere, jondern auch die wunderbaren Bauten gejellig lebender Inſekten, wie der beiden erjteren der eben genannten, der Weſpen und honigaufjpeichernden Bienen. Zwiſchen beiden Reihen ſteht das bisher weder für nüßgli noch für jchädlich gehaltene Synfektenvolf, darum als ein neutrales, weil e$ ung ebenjowenig Leid, wie unmittelbar in die Augen fallendes Gutes zufügt. Daß aber aud) von diejem nicht eine einzige, auch die unſcheinbarſte Art überflüffig ift, weil es überhaupt in der Schöpfung nichts Überflüffiges gibt, darin ftimmen alle Verftändigen überein. Wenn jomit die Inſekten nicht bloß als nüßliche oder ſchädliche, ſondern auch als uns Freude be- veitende, das Naturganze belebende und als feinem Haushalt unentbehriiche Wejen der Be: ahtung wohl wert erjcheinen, jo möge fie ihnen in Zukunft mehr und mehr zu teil werden als bisher, damit fich die noch großen Lücken in ihrer Erkenntnis allmählich ausfüllen. Am vollitändigiten kennt man in ihren Lebensverhältnifjen die Großjchmetterlinge und trachtet in Europa von den verjchiedenften Seiten mit Eifer dahin, auch die Entwidelungs- geichichte der Kleinjchmetterlinge zu vervollitändigen. Demnächſt wußten ſich die Käfer die meilten Freunde zu erwerben, mehr jchon die fertigen, als die erſt noch werdenden, alfo ihre Zucht. Alle übrigen Ordnungen erfreuen ſich eines nur jehr vereinzelten Snterefjes und bedürfen eines noch viel allgemeineren, bi3 ihre Erkenntnis auf der Höhe der beiden anderen Ordnungen angelangt jein wird. Wenn es auch immer fehwieriger fällt, für Europa noch einen neuen Kerf zu entveden, jo fennt man aus anderen Gröteilen bei weitem noch nicht alle, und auch für die europäifhen Arten fehlt ung die Kenntnis von der Entwidelung und Lebensweife gar vieler. Es wird mithin von den verjchiedenften Seiten für lange Zeiten der größte Fleiß und ausdauernde Beobachtung nötig fein, um die Naturgefchichte der Inſekten jo weit zu fördern, wie fie jedermann von den Nüdgrat- tieren zu Gebote fteht. Die Sanlendfüher d Spinnenltiere. Die Taufendfüßer (Myriapoda). Etwa 800 lichtfcheuen Gliederfüßern, welche in den heißen Ländern reicher an Zahl und ftattliher an Größe vorkommen al3 bei uns, hat man den Namen der Taufend- füßer (Myriapoda) beigelegt, nicht um damit anzudeuten, daß fie gerade 1000, fondern nur unbejtimmt viele Beine haben. Zahlreiche, unter fi faft gleiche, hartjchalige Glieder, die je ein Paar, aud zwei Paare gegliederter, einklauiger Beine tragen, und ein davon deutlich abgegrenzter Kopf jegen den wurmförmigen oder afjelähnlichen Körper diejer Tiere zufammen, welcher injofern äußerlich einen wejentlichen Unterfchied von dem der Inſekten zeigt, als mit Ausihluß des Kopfes alle Glieder gleichwertig erjcheinen und jomit der Gegenfag zwijchen einem mittleren, Flügel und nur ſechs Beine tragenden, und einem fußlojen hinteren Körperteil vollfommen aufgehoben ift. Der Kopf führt an der Stirne oder unter ihrem Nande zwei faden- oder borjtenförmige, jeltener nach der Spite hin unmerklich verdidte Fühler ſowie jederjeitS eine Gruppe einfacher Augen in ſchwan— fenden Zahlenverhältniffen, die hier und da auch ganz fehlen und bei einer Gattung (Scu— tigera) durch Netzaugen erjegt find. Die Freßwerkzeuge aller Taujendfüßer bejtehen im wejentlihen aus tief im Munde eingelenkten hafigen Kinnbaden und einer vierteiligen unteren Mundklappe, deren beide Seitenteile den Kinnladen, die beiden mittleren der Unter: lippe der Kerfe entjprechen. Se weniger die Taufendfüßer der äußeren Erjcheinung nach mit den Inſekten über: einftimmen, deſto mehr nähern fie fih ihnen durch den inneren Bau des Körpers. Zu: nächſt durchziehen diefen verzweigte Luftröhren (Tracheen), die ſich nad) außen im deut: lie, wenn fie in der Bindehaut zwiſchen den Rücken- und Bauchplatten liegen, oder unter den Ningen mehr verftedte Luftlöcher (Stigmen) öffnen. Der Darmkanal entjpricht fait durchweg der Körperlänge und verläuft dann in gerader Nihtung vom Munde bis zum After. Das Herz wird duch ein Nüdengefäß vertreten, dejjen Kammern ſich in der Zahl nad) derjenigen der Körperringe richten. Am Bauche entlang zieht der Nervenftrang, hier mit zahlveicheren und einander mehr genäherten Knoten verjehen als bei den Kerfen, wie die bedeutend größere Anzahl der Ninge von vornherein erwarten ließ. Nicht minder wiederholt fich in der Einrichtung der Speicheldrüjen, der Harn- und der Geſchlechtswerk— zeuge die Übereinftimmung mit der vorangegangenen Abteilung. Aus den Eiern, welche von den Weibchen der Taufendfüher in ihre dumpfen Aufent: baltsorte, unter Steine, nafjes Laub, in faulendes Holz, alte Baumſtämme 2c. gelegt und von manchen Arten bewacht werden, entſchlüpfen, joweit die noch lüdenhaften Beobachtungen reichen, teils fußloje Junge, weldhe mit der erjten Häutung drei Paar Beine erhalten, 666 Ordnung: Einpaarfüßer; erfte und zweite Familie: Schild: und Bandajfeln. mit jeder folgenden einige mehr, die ich ſamt den fie tragenden Gliedern zwijchen Die bereit3 vorhandenen einjchieben, teils bringen fie deren 6—8 mit. Nach Gervais und Lucas joll die Gattung Scolopendra Junge mit vollzähliger Körpergliederung gebären. Indem ſich durch die wiederholten Häutungen auch die Augen vermehren, jcheint vorherr- ichend bier die Entwidelung vor fich zu gehen, wie fie bereit3 früher bei den Spring: ſchwänzen unter den Inſekten zur Sprade fam. Weil aber eine und diejelbe Art je nad) ihrer Entwidelungsjtufe mit weniger oder mehr Gliedern und Beinen ausgejtattet ijt, jo jcheint der von einigen Syftematifern gemachte Verſuch, eine Gattung nach der Anzahl der Beine zu charakterifieren, auf jehr unficheren Füßen zu jtehen. Die Taujendfüßer find zum Teil Pflanzen-, zum Teil Sleijchfreffer. Über die Stellung der Myriapoden zu den übrigen Gliederfüßern haben fich die For: iher noch nicht einigen können. Die einen verbinden fie mit den Krebſen, indem fie die harte Körperbededung, den Reichtum an Beinen und die äußere Übereinftimmung gewifjer Formen unter ihnen mit den befannten Kellerafjeln zur Begründung ihrer Anficht hervor: heben. Die anderen vereinigen fie mit den Spinnen oder reihen fie einer nicht$ weniger als natürlichen Klafje der Ungeflügelten an, was aber von jeher in Deutjchland weniger Anklang fand als in Frankreih und England. Hier wurde es vorgezogen, fie nach dem Vorgange von Leach als befondere Klafje aufzuftellen, welche fich entſchieden an die Kerfe anjchließt, den Übergang zu den Krebjen vermittelt und dahin zu charakteriſieren wäre, daß die Taufendfüßer landbewohnende Gliederfüßer darftellen, welche einen getrennten Kopf mit zwei Fühlhörnern und beigenden Mundteilen, zahlreiche, faſt völlig gleiche Körperringe mit wenigftens je einem Baar von Gangfüßen an den meijten und feine Flügel haben, durch Luftröhren atmen und dur unvoll- fommene Verwandlung zur Gejhlehtsreife gelangen. Foſſile Reſte haben ſich vereinzelt in den Juraſchichten gefunden, zahlreicher im Bern— ftein; die noch lebenden Arten find neuerdings auf vier Ordnungen verteilt worden. Ordnung. Die Einpaarfüßer, Lippenfüßer (Hundertfüßer, Chilopoda oder Syngnatha,. Ein plattgedrückter, langer Körper, deſſen Glieder faſt ohne Ausnahme je ein ſeit— wärts weit heraustretendes Fußpaar tragen, und ein ſchildförmiger, wagerecht ſtehender Kopf charakteriſieren die Hundertfüßer (Chilopoda). Unter dem Stirnrand find die 14—20glie: derigen jcehnurförmigen oder oft aus viel zahlreicheren Gliedern zufammengejegten und dann fadenförmigen Fühler eingelenkt. Bon den Freßwerkzeugen ift das Kinnbadenpaar mäßig entwidelt und der Mittelteil der Mundflappe auf zwei Eleine, nebeneinander ſtehende Stämme bejchränft, während die feitlihen Teile aus einem größeren Grundjtüd und einer zweigliederigen, mit ſchräg abgeſtutzter, ſchwammiger Endfläche verjehenen Lade beitehen. In den beiden vorderjten Fußpaaren (1 und 2 der Abbildung, Fig. b, ©. 668) erhalten die Mundteile wichtige Hilfswerkzeuge. Das vorderfte, nur ſchwach entwicelt, befommt dur) Verwachſung feiner Hüftteile das Anfehen einer zweiten Unterlippe, an weldyer die übrigen, Allgemeines. Spinnenartige Scildaffel. 667 frei bleibenden Enden jederjeitS gewiljermaßen wie Tafter erjcheinen. Die beiden folgen: den Füße (2) gleichen einer kräftigen Zange, deren Elauenartige Spiten aus einer feinen Durhbohrung ein Gift in die Wunde fließen laffen, welches für Menſchen ſchmerzliche Ent- zündung, wenn auch nicht den Tod, herbeiführt. Alle übrigen Füße von 3 an find bis auf die beiden legten Paare in der Regel einander gleich und ſämtlich mehr nad) hinten gerichtet. Das vorlegte Paar erjcheint länger, in noch erhöhterem Maße aber das über die Hinter: leib3jpige gerade hinausftehende legte, an deſſen kräftigem Schenkelteil meiit zahlreiche Zähne figen, jo daß durch Bewehrung und Richtung diefe Beine das Anjehen eines Fangwerk zeuge3 annehmen, al3 welches fie unter Umftänden auch verwendet werden. Jeder Körper: ring befteht aus einer Rüden: und einer Bauchplatte, welche beide an den Seiten durch eine weiche Haut, die gleichzeitige Trägerin für die Beine, und an einem Gliede um da3 andere für die Luftlöcher, verbunden werden. Die Gejchlechtsorgane liegen über dem Darme und münden am vorlegten Leibesgliede; den männlichen fehlen äußere Haftorgane behuf3 der Paarung. Eine ſolche erfolgt nah) Fabres Beobachtung auch nicht, jondern die Männchen jegen ihre Samenflüffigfeit an Fäden, die fie nach Spinnenart am Erd» boden ziehen, ab, damit fie von den Weibchen in die Gefchlechtsöffnung aufgenommen werden könne. Die Chilopoden bewegen fih unter jchlangenförmigen Biegungen ihres Körpers jehr ſchnell auf den Beinen dahin, wenn fie in ihren Verſtecken aufgejcheucht werden, und juchen jofort die Dunkelheit von neuem auf. Ihre Nahrung befteht vorzugsweife aus Spinnen, Milben, Heinen Kerfen aller Art, welche fih in ihrer Nachbarſchaft umbertreiben und jcehnell von ihrem giftigen Biſſe Sterben. Sn mehr als einer Beziehung ftehen die Schildafjjeln (Scutigera) unter allen Taufendfüßern einzig da durch die vorquellenden zufammengejegten Augen, die über: aus langen Fühler und Beine, welche nad) hinten zu immer größer werden, bis die le&ten gleich zwei langen Fäden den Körper mehr als einmal an Länge übertreffen, und durch die oben auf der Mittellinie des Rückens an den Spigen der einzelnen Platten angebrachten Luftlöcher. Der Kopf it zwiſchen den Fühlern und beiderjeits hinter den Augen aufge trieben, der Körper in feiner Gliederzahl verjchieden, je nachdem fie von oben oder von unten bejtimmt wird. Man unterjcheidet nämlich 8 Rüden: und 15 ſchmale, den Seiten- rand nicht erreihende Bauchplatten. Überdies fallen vom 3.—5. Gliede der Beine fcharfe Enddornen auf. Die Shildaffeln find in wenigen Arten über alle Erdteile ausgebreitet, fommen mit Ausnahme zweier europäijchen nur in den wärmeren Gegenden vor und halten ' fich gern in altem Holzwerf auf; mit großer Behendigfeit Eriechen fie an jenfrechten Wänden in die Höhe, wenn fie des Nachts ihre Verſtecke verlaffen. Die Beine gehen ihnen jehr leicht verloren, und daher eignen fich diefe Tiere im getrodineten Zujtande wenig zur Auf: bewahrung in den Sammlungen. Die Spinnenartige Schildafjel (Seutigera Goleoptrata oder Cermatia araneoides), welde noch eine lange Neihe anderer Namen führt, lebt im ſüdlichen Europa und nördlichen Afrika, wurde jedoh von Perleb auch in Frivburg (Württemberg) unter Dielen aufgefunden. Der blaßgelbe, auf dem Rüden mit drei blaufchwarzen Längslinien gezeichnete Körper ift 2,6 em lang; an allen Beinen ift das dritte, an den hinteren auch das vierte Glied blauſchwarz geringelt. Die Bandafjeln (Lithobiidae), welche fich in Deutjchland überall in faulenden Baumjtämmen oder an feuchten, dumpfen Stellen zwijchen abgefallenem Laube unter 668 Drdnung: Cinpaarfüßer; dritte und vierte Familie: Zangen: und Erdafjeln. Steinen finden, und zwar nicht nur in der Ebene, fondern auch auf höheren Gebirgs— gipfeln, wie in den Alpen, gehören der Gattung Lithobius an. Man erfennt diejelben im volllommen entwidelten Zuftande an den 15 Paar Laufbeinen (die legten eingerechnet), an den meilt mehr als 20gliederigen Fühlern von ein Drittel der Körperlänge und an der in der Mittelbucht dreizähnigen Oberlippe. Von den weit über 100 Arten ift der über Europa, Nord» und Südamerika weitverbreitete braune Steinfrieher (Lithobius forficatus, aud L. foreipatus) wohl die gemeinfte; er wird 2—3 cm lang und er: glänzt am Kopfe braun, auf der Rüdenfeite und an den Fühlern in rotem Schimmer. Lestere find aus zahlreichen Gliedern zufammengejegt und mit furzen Härchen befleidet. Unterhaltend find die jchlangenförmigen Windungen und die Eile, mit welcher ſich die ges ftörten Tiere dem Lichte zu entziehen ſuchen und dabei, wenn man fie berührt, mit gleicher Gewandtheit rüdwärts Friehen, indem fie die für gewöhnlich nachgefchleppten vier Hinter: beine zu Hilfe nehmen. Einige im übrigen mit Lithobius übereinftimmende Arten hat a Brauner Steinfrieder (Lithobius forficatus). b) Die beiden erften Glieder von Scolopendra insignis von der Ober: und Unterjeite. Alles natürliche Größe. man al3 bejondere Gattung Henicops davon abgejchieden, weil fie auf jeder Seite des Kopfes nicht eine Gruppe, jondern nur ein einzelnes Auge aufzumeijen haben. Zangenaſſeln, Sfolopender, Bandaſſeln im engeren Sinne (Scolopendridae) nennt man gegenwärtig diejenigen Arten, welche von den vorigen fi durch weniger Fühler: glieder, weniger Augen und zahlreichere Körperringe unterfcheiden. Die Fühler find aus 17—20 Gliedern zujammengejegt; die übrigen Hauptmerkmale bejtehen in vier Baar Augen, 21 und mehr Beinpaaren und ebenjoviel Körperringen, von denen der zweite immer merk: lih jchmäler als die folgenden if. Die Giftzange entwicelt fich bei ihnen Fräftig. Im einzelnen bieten die jehr zahlreichen Arten wieder jo viele Bejonderheiten, daß ſich die Syſte— matifer genötigt gejehen haben, die urfprüngliche Gattung in mehrere zu zeripalten. Alle jind räuberifhe Tiere, welche vorherrfchend den heißen Ländern angehören und öfter eine beträchtliche Größe erlangen. A. von Humboldt jah afrifaniiche Kinder 47 em lange und mehr als 13 mm breite Bandafjeln aus der Erde ziehen und — — verzehren. In Deutjchland kommt Feine einzige Art vor, wohl aber mehrere im jüdlichen Europa. Die Lucas-Bandaſſel (Scolopendra Lucasi, S. borbonica Blanchard) möge in einem verkleinerten Bilde die Gattung hier vergegenwärtigen. Der etwas herzförmige Kopf und der Körper jind rojtfarben, auf dem Rüden der einzelnen Glieder bemerkt man mit Ausnahme der beiden legten je zwei auseinander gehende Linieneindrüde, ähnliche auf Brauner Steinfrieher. Lucas: u. a. Bandaffeln. 669 der Bauchjeite, welche jedoch Feine zufammenhängenden Linien bilden. Die Körperjeiten find gerandet, und die Seitenteile der hinten ſchwach gerundeten Afterflappe laufen in einen einfachen Dorn aus. Die unmerklich zufammengedrückten, verhältnismäßig ſchlanken Hinter: beine find am Schenfelteil nah oben nicht gefantet, nur mit 2—3 Dörnchen bewehrt, auf der Unterflähe mit zwei vergleichen; die Platten der beiden vorderften, dem Munde dienenden Fußpaare find je fünfzähnig. Diejer Skolopender findet fich auf Ile de France, Bourbon und auf anderen Inſeln des Indiſchen Ozeans. — Eine ähnliche Art aus Süd— amerifa, wahrjcheinlich Scolopendra Brandtiana, fam mir vorzeiten lebend in die Hände, indem fie duch Farbholz eingejchleppt worden war. Während bei den meilten Bandaſſeln ſich die Luftlöcher in der gewöhnlichen Knopf: lochform öffnen, fommen fie bei einer Anzahl vorherrſchend neuholländifcher und hinefiicher Arten in Siebform vor, welche darum von Gervais unter der bejfonderen Gattung He- terostoma vereinigt worden find; einige andere, darunter auch europäijche, entjprechen vollkommen den echten Band afjeln, wurden aber wegen Van: gels der Augen al3 bejondere Gattung Cryptops ausgejchieden. Auch gibt es Arten mit 23 Fuß: paaren, jo die Bandalfel von Bahia (Scolopendropsis bahiensis) mit vier Augen je: derjeitsS, die rote Bandaſſel (Scolopocryptops rufa) aus Afrika, ohne Augen; ja, es fehlt — nicht an Arten mit 30 Fußpaaren Lucas-Bandaſſel (Scolopendra Lucasi). 1/amal verkleinert. (Newportia). Höchſt intereſſant wird endlich die klappernde Bandaſſel (Eucorybas crotalus) von Port Natal da— durch, daß ſich die drei letzten Glieder der Hinterbeine blattartig erweitern und einen An— hang bilden, mit welchem das Tier durch Aneinanderreiben ein knarrendes Geräuſch her— vorbringt. Sein roſtfarbener Körper mißt 9 cm in der Länge und wird auf dem Rüden von ſieben Längskielen durchzogen. Die Erdafjeln (Geophilidae) find lange, jehr ſchmale, faſt linienförmige Hundert: füßer, die 40—90 Leibesringe, 14gliederige Fühler und feine Augen haben. Die Körper: ringe ſcheinen auf dem Nücden einzeln aus zwei ungleichen Stüden zu beitehen, während die Bauchplatten einfach bleiben. Das letzte Fußpaar endet in dem einen Falle in Krallen, in dem anderen nimmt es einen mehr talterartigen Charakter an, und die Ktralle fehlt. Einige Arten leuchten im Dunkeln mit Bhosphorjchein, andere, wie beijpielsweife Gabriels Erdafjel (Himantarium Gabrielis), ein Bewohner der Mittelmeerländer mit mehr al3 160 Fußpaaren, jondern aus punktförmigen Drüfen der Bauchjchuppen eine reichlich fließende, purpurrote Flüffigfeit ab. Außer im mittägigen Afrifa und auf Madagaskar haben ſich überall Erdaffeln gefunden, befonders zahlreich in Europa. Die Länge der Fühler, die Form des Kopfes, die Entwidelung der Mundfüße und die Anzahl der Körperringe bedingen allerlei Unterſchiede unter den vielen, oft recht ähnlichen Arten, von welchen für Deutichland die langfühlerige Erdafjel (Geophilus longicornis) zu den gemeinjten gehört. Die feinbehaarten Fühler übertreffen den eifürmigen Kopf etwa um das Bierfache, 670 Ordnung: Einpaarfüßer; vierte Familie: Erdajjeln. indem ihre Glieder entjchieden länger als breit, nicht wie die Perlen einer Schnur ge: bildet, und die 3 oder 4 legten dünner al3 die vorhergehenden find. Das gelbe Tier: hen hat ungefähr 55 Paar Gangbeine und wird 7,s cm lang. Es findet fih an den Wurzeln und Knollen verſchiedener Pflanzen, wie Kartoffeln, Paſtinaken, Möhren, und joll nah Kirbys Beobachtungen das Abjterben der legteren veranlaßt haben, wenn e3 in großen Mengen vorhanden ift und in die fleifchige Wurzel nach allen Seiten hin Gänge arbeitet. Dabei wird es wohl auch durch die platte Randaſſel und allerlei anderes Ungeziefer unterftügt, welches ſämtlich durch die minengrabende Thätigkeit und durch den Kot eine schnelle Fäulnis herbeiführt. Auch kommt unfere Erdafjel wie die Negen- würmer aus den Schlupfwinfeln hervor, wenn lange Zeit alle Kreatur nach erfrifchendem Naß geihmachtet hatte, und dann kann es gejchehen, daß fie in ihrem Wohlbehagen oder im brennenden Verlangen der vielleicht lange unthätigen VBerdauungswerkzeuge über einen zehnmal größeren Regenwurm herfällt, denjelben troß allen Eträubens und frampfhaften Umfichherichlagens umwindet wie die Kiefenfchlange ihr unglüdliches Schlachtopfer, ihn aber nicht erdrückt, wie dieje, jondern ihn zwicend, beißend und begeifernd endlich ermattet und durch ihr Gift tötet. Scoutetten erzählt in einer medizinischen Zeitſchrift von Meg einen höchſt eigen: tümlichen Fall ungefähr in folgender Weiſe: Seit mehreren Monaten litt in der Nähe von Dieb eine 28jährige Frau an einem ſehr unbehaglihen Kribbeln in der Nafe, welches mit reihlihen Schleimabjonderungen verbunden war, und jpäter gejellte ſich häufiges Kopf- weh zu diefen Krankheitserfcheinungen. Die anfänglid noch zu ertragenden Schmerzen wurden bald heftiger und fehrten häufig wieder. Diefe Zufälle waren weder in ihrem Erſcheinen nod) in der Dauer regelmäßig; für gewöhnlich traten fie al3 mehr oder weniger heftige Stiche auf, welche die Najenwurzel und mittlere Stirngegend einnahmen, aber auch als jchneidender Schmerz, welcher ſich von der rechten Stirngegend nah der Schläfe und dem Ohre derjelben Seite und jchließlich über den ganzen Kopf ausbreitete. Die reiche liche Cchleimabjonderung nötigte die Kranke zu fortwährendem Schneuzen, wobei Blut und unangenehmer Geruch zum Vorſchein Famen. Thränen der Augen, Übelkeit und Er: brechen waren nicht jelten im Gefolge jener Anfälle. Ginigemal waren die Schmerzen fo heftig, daß die Kranke meinte, es würde ihr mit einem Hammer auf den Kopf geſchlagen oder das Gehirn durchbohrt; dann waren die Gefichtszüge entftellt, die Kinnladen zufammen: gezogen, die Adern der Schläfengegend in der heftigiten Bewegung und die Sinne des Ge— hörs und Gefichts fo reizbar, daß das geringfte Geräuſch und das Licht unerträglich wurden. Ein andermal verfiel die Unglüdliche in ein wahres Delirium, preßte den Kopf in die Hände, jtürzte aus dem Haufe und wußte nicht, wo fie Hilfe ſuchen follte. Diefe Anfälle Zangfühlerige Erdaffel. Symphyla. Pauropoda. 671 wiederholten ſich fünf- oder ſechsmal, bei Tage oder in der Nacht, einer derjelben hielt ſogar mit geringen Unterbrechungen volle 14 Tage an. Methodiſch ärztliche Behandlung war nicht angewendet worden. Endlich, nad) einem Fahre der Leiden, hörten dieje außer: gewöhnlichen Krankheitserjcheinungen plöglich auf duch das Ausniefen eines Inſektes, welches, auf den Boden gefallen, ſich uhrfederartig mit großer Beweglichkeit aufrollte, in wenig Wafjer gethan mehrere Tage fortlebte und erſt ftarb, als man es in Weingeift ſetzte. Es war 5,5 em lang, gelb von Farbe und aus 64 fußtragenden Leibesringen zufammen- geſetzt. Sachverſtändige gaben es für einen Geophilus electricus aus. Die einzige Oattung Scolopendrella mit wenigen jehr zarten, an Springihwänze erinnernde Arten, welche zum Unterjchied von den vorigen nur ein Baar Unterkiefer und feine Kieferfüße haben, hat man neuerdings unter dem Namen Symphyla zu einer Ord- nung erhoben. Ihr ſchließt fich eine weitere Drdnung Pauropoda an, deren wenige, auf drei Gattungen verteilte, zarte Arten in gegliederte Geißeln auslaufende Fühler und die Gejchlehtsöffnungen an der Wurzel des zweiten Beinpaares tragen. Ordnung. Die Zweipaarfüßer, Tanfendfüßer, Schnuraſſeln (Diplopoda, Chilognatha) Sn der äußeren Erſcheinung unterjcheiden fich die Chilognathen von den Mitgliedern der vorigen Drdnung wejentlih durch den jenkrecht gejtellten Kopf, den drehrunden oder halbwalzigen Körper, dejjen mehr oder weniger zahlreiche Ninge vom fünften oder ſechſten an je zwei Paar Gangbeine führen. — Der verhältnismäßig große Kopf zerfällt in einen oberen und vorderen, mit freiem Nande endenden Scheitelteil und in zwei unterhalb liegende, an jenem etwas beweglich angefügte Badenteile. In zwei Stirngruben jtehen weit von: einander entfernt die meiſt ftebenglieverigen, in der Negel nah vorn fhwach verdicten Fühler, über oder Hinter ihnen die gehäuften, auch gereihten einfachen Augen, fofern fie nicht gänzlich fehlen; im erjteren Falle drängen fie fich nicht jelten jo zufammen, daß fie dem Äußeren Anjchein nah für Nebaugen gehalten werden könnten. Den Mundteilen fommen bier die vier vorderiten Beine nicht zu Hilfe, jondern fie bejtehen aus jederjeits einer poljterfürmigen Scheibe als Kaufläche, einem deren oberer Spitze eingelentten, die Kinnbaden bildenden Zahne und aus der unteren Mundflappe. Die Körperringe ſchwanken in der Zahl von 9 bis mehr als SO und bleiben infofern für eine und diefelbe Art nicht bejtändig, al3 fie fi) mit zunehmendem Alter mehren. Jeder nimmt mit feinem Hinter: rande den falzartigen Vorderrand des folgenden in wenig dauernder Verbindung auf; denn nach dem Tode wenigftens fallen die Ninge ungemein leicht auseinander. Je nachdem jeder derjelben Freisrund und nur am Bauche durch eine feine Spalte ungejchloffen ift, einen Halbfreis bildet oder über den Seitenrand noch übergreift, ergeben fich die hier vor: fommenden, dem Körperbau zu Grunde liegenden drei Grundformen. Weil die Vorderbeine nicht zu Munbdteilen werden, jo gelangen die Rüdenteile ihrer Ninge auch zu vollitändiger Entwidelung und verfümmern nicht teilweife wie bei ven Einpaarfüßern, objehon fie und einige der folgenden nur je ein Paar kurzer und zarter Gangbeine tragen, von derſelben 672 Ordnung: Zweipaarfüßer; erjte u, zweite Familie: VBielfüßer und Randaſſeln. Beichaffenheit wie die übrigen, welche in doppelter Zahl den folgenden Leibesringen ent- Ipringen. Die Luftlöcher liegen verborgen in der Nähe der Fußmwurzeln und entjenden die Nöhren büjchel- oder paarweije zu den inneren Organen. Die Öffnungen auf den Seiten des Rückens aller oder einzelner Ninge, welche Treviranus für die Luftlöcher angefprochen bat, jondern zur Verteidigung einen ägenden Saft aus, wenn die Tiere angegriffen werden. Cigentümlich gejtalten ſich hier die Verhältniſſe der Fortpflanzungswerkzeuge. Bei beiden Gejchlechtern liegen fie unter dem Darm und münden zwijchen dem zweiten und dritten Beinpaare, bei den Weibchen in zwei jadförmigen Echeiden und bei den Männchen nur in der Familie der Juliden in zwei Nuten. Hier jowohl wie bei den anderen Familien, wo dieje fehlen, dienen fie nicht zur Paarung, jondern hierzu find ein Baar Kopulationg- füße vorhanden, welche bei den Bolydesmiden und Juliven am fiebenten, bei den Glome: riden am vorlegten Körperringe fißen. Diejelben find jelbjt bei ein und derjelben Gat- tung jehr verjchteden geltaltet. Bor der Kopulation müfjen fie alſo erſt Samen aufnehmen. Die Paarung erfolgt im Frühjahr und auch im Herbit nach den Beobachtungen von D. vom Rath, und es vergehen nach derjelben bis 30 Tage, ehe das Weibchen feine Eier ablegt, wozu die der Juliden und Polydesmiden von Erde ein Neſtchen anfertigen, welches ihlieglih mit Erde bededt ift und in glodenförmiger Geftalt mit Eleiner oberer Offnung das bis über 100 Stüd haltende Eierhäufchen umſchließt. Die ausgejhlüpften Jungen find den erwachlenen Tieren noch nicht ähnlich, alfo von Larvenform, und nehmen erjt nach wiederholten Häutungen ihre volle Geftalt an. Die Zweipaarfüßer breiten ſich über alle Erdteile aus, erreichen aber in Europa und den gemäßigten Erdftrichen überhaupt nur unbedeutende Größe, während heiße Länder bei: nahe fußlange und fingerdide Arten aufzuweiſen haben, welche gewiſſe Schlangen an Größe entjchteden übertreffen. Ohne Tierleihen zu verſchmähen, begnügen fie ſich vorzugsmeije mit Pflanzenkoſt; fie halten fi an dunfeln Beriteden auf, wenn auch nicht mit jolcher Entjchiedenheit wie die Einpaarfüßer. Die Bielfüßer (Julidae) bilden die artenreichite Familie, deren Mitglieder fich durch einen drehrunden Körper auszeichnen, den 30O—70 und mehr Ringe zufammenfegen, durch verhältnismäßig furze, dünne Beine und Fühler, deren zweites Glied das längite ift. Die aus dem Ei gejchlüpften jungen Tiere find madenartige, unbeweglidhe, in eine Haut eingejchlojjene Wejen, welche erſt nach Abjtreifung diejer Haut Gliederung und vorn drei gegliederte Beinpaare zeigen. Nach der nächiten Häutung befiten fte deren 7 und 13 Körper: ringe, und jo wachſen beide immer mehr an der Zahl, bei den verjchiedenen Arten in vers Ichiedenen Verhältniſſen. Die gemeinjten heimijchen Arten der Öattung Julus find von den verichiedenen Schrift: jtellern mehrfach verkfannt und daher in der Namengebung verwechjelt worden, bi$ Dr. Latzel in feinem verdienftvollen Werke: „Die Myriopoden der Ofterreichifch- Ungarifchen Monardie”, 2 Teile, Wien 1880 und 1884, Aufklärung herbeiführte. Die Sandafjel (Julus sabulosus Z., Abbild. S. 673) führt noch zahlreiche andere Namen, weil fie vielfach abändert, und ift über ganz Europa verbreitet. Sie glänzt jehr ſtark, it dunfelbraun bis ſchwarz gefärbt, nach den Beinen zu meift heller und mit zwei gelben Längsitreifen am ganzen Rüden gezeichnet. Auf dem Scheitel fehlen Grübchen, und die legte Rückenſchuppe läuft in ein ſchräg nach oben gebogenes Spischen aus. Das Männchen mist 20-40, das Weibchen 3O—46 mm. Wenn ich Ende Frühjahr unter Steinen auf einem kahlen, dürren Berge nach Raupen Juchte, fand ich die Leichen dieſer Tiere häufig Allgemeines. Sandajfel. Getupfter Vielfuß. 673 in größere oder kleinere Stüdchen von bleigrauer Farbe zerlegt, und beim Erfehüttern von Eichenftangenholz, um wiederum Raupen oder Schmetterlinge zu Falle zu bringen, fommen diejelben Tiere, aber lebend, nicht jelten herab und Liegen, ſolange fie ſich in Gefahr wähnen, wie Uhrfevern zujammengerollt, den Kopf im Mittelpunkte, ruhig da. Läßt man fie in Frieden, fo erholen fie fich allmählich von ihrem Schreden, ftreden ſich und nehmen eine halbe Wendung, um auf die mehr als 100 Beinchen zu Eommen, welche in der Mittel: linie de3 Bauches aneinander ftoßen. Wie eine Schlange gleitet der wurmähnliche Körper über die Oberfläche der Erde oder des Baumſtammes dahin; nimmt man die Art der Be wegung näher in Augenjchein, jo bemerkt man, wie abwechjelnd eine Gruppe der Beinchen über die Grenze des Leibes hinausgeftredt wird, jo daß fie mit demjelben einen ftumpfen Winkel bilden, während die in den Zwilhenräumen ihre jenkrechte Richtung beibehalten. Indem ſich auf dieje r Weiſe abwecjelnd kleine Fußbündel von vorn nach hin— ten aus= und ein— wärts geſtreckt zei= gen, entſteht eine ſanft wellenförmige Bewegung, welche am Kopfe beginnt und nach und nach gegen den Schwanz hin ſich dem ganzen — — eu Körper mitteilt. Der Sandaſſel (Julus sabulosus). Zwei Stück vergrößert. Julus terrestris it bei Latzel verſchwunden, und ftatt jeiner find zwei Arten unterjchieden: J. fallax und scandinavicus, deren nähere Charakterilierung ung bier zu weit führen würde. Der getupfte Bielfuß (Blanjulus guttulatus), eins der fleinften, dünnfaden— fürmigen Samiliengliever, von blaßbrauner Farbe und mit einer Reihe faſt blutroter Flecke an jeder Seite des Körpers gezeichnet und augenlos, fommt hier und da in größeren Mengen in Gärten oder auf Feldern vor und richtet dann nach verjchiedenen Seiten hin Schaden an. Am empfindlichiten wird er durch das Ausfrejjen feimender Samen, jo daß die gelegten Bohnen-, Kürbis: oder Gurfenferne, beſonders auch die ausgejäeten Rüben, nicht zum Aufgehen gelangen. Weiter frißt er die fleifchigen Wurzeln des Gemüfegartens an, benagt herabgefallenes Obft; noch unangenehmer wird er aber dadurdh, daß er fich in die reifenden Erdbeeren, und zwar die größeren Sorten, jehr gern einbohrt und von den faftigen Fleijche zehrt. — Man fennt noch zahlveiche, wohl an 150 Arten mit oder ohne Enddorn, welche alle darin übereinfiimmen, daß die Augen in Mehrzahl vorhanden, die Fußplatten unbeweglich find und der erjte Körperring die übrigen an Länge übertrifft. Andere, der äußeren Erſcheinung nach faſt ebenjo gebildete, aber durch längere Fühler und Beine, bewegliche Fußplatten und duch noch andere Merkmale von jenen verjchiedene Arten find neuerdings auf mehrere Familien und Gattungen verteilt worden. Eine wefentlih andere Körperform erhalten die Randaſſeln (Polydesmidae) da= durch, daß die Ringe, welche in der bejchränkteren Anzahl von 20 aufzutreten pflegen, Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 43 674 Ordnung: Zweipaarfüßer; dritte u. vierte Familie: Saugafjeln u. Rolltiere. infolge jeitliher, plattenartiger Ausbreitungen und Kanten den drehrunden Umriß auf geben, und daß die Beine nicht in der Mittellinie des Bauches zujammenftoßen, mithin auch an den Körperfeiten deutlicher fichtbar werden. Augen fehlen. Das befruchtete Weib: hen baut um ein Häufchen abgelegter Eier, diefelben während des Bauens noch vermehrend, aus Erde ein Neftchen. Die Erde wird von ihm eingenommen und tritt in Schüppchen aus dem ausftülpbaren After aus, welche nah und nad einen Wall um die Eier daritellen, ſich allmählih um diefelben wölben und in einer oben offenen Pyramide enden. Diejes Erdhäufchen wird fchließlich mit Ausschluß des pyramidenförmigen kurzen Auffages äußer: lih mit Steinchen, Moos und jonjtigen Pflanzenrejtchen umbkleidet, ſo daß der ganze Bau unten einen Durchmeſſer von etwa 8 mm und eine Höhe von 7 mm beanſprucht. Während der Arbeit hat das Weibehen eine eingefrümmte Lage und bedient fich des Afters zum Aufbau. 12—15 Tage nad) Vollendung des Nejtes jchlüpfen die Zungen aus und ver: laſſen dasjelbe. Sie befigen außer dem Kopfe 7 Körperringe und an den vier eriten derjelben 6 Beine, nad) der erften Häutung 9 Ninge und 12 Beine, nad) der zweiten 12 Ringe, die Männchen 20, die Weibchen 22 Beine ꝛc, die neuen Glieder treten immer zwilchen dem vorleßten und legten Körperringe auf, welcher ohne Beine bleibt. Der ausgewach— jene Polydesmus complanatus, wel: chen unſer Bild vorführt, - beiteht aus 20 Leibes— Platte Randaffel (Polydesmus — Vergrößert. ringen, die beim Weib— chen 31 Beinpaare, beim Männchen außer den Begattungsfüßen 30 Baare tragen. Die plattenartig heraustretenden Ceiten der Ninge find vorn gerundet, hinten geedt; die vorlegte tritt in einem jtumpfen Pittelzahn etwas über das Afterglied hinaus, und die bräunlich ſchiefergraue Oberfläche aller ericheint durch Schwache, punktartige Erhebungen etwas uneben. Dieje Randaſſel findet fich überall in Europa unter feuchtem Laube, Steinen, hinter Baumrinde, mitunter an Jaftigen Wurzeln, wie Möhren, frefjend, und widelt fi, wie die Julus-Arten, gleich einer Uhr: feder auf, wenn fie in ihrem Verſteck gejtört wird. Die Gattung ift reich an Arten, welche in den heißen Ländern zum Teil beträchtliche Größe erlangen, fich durch die Geflalt des Plattenrandes, die Spitze des vorletzten Rückenringes und ſo manches andere untergeord— nete Merkmal voneinander unterſcheiden und neuerdings zahlreichen Untergattungen zus geteilt worden find. Einige interejjante Taujendfüßer unterjcheiden ſich von allen anderen durch das Fegel- förmige Kopfichild, welches in Verbindung mit den verwachfenen Mundteilen eine Saug: röhre bildet, und wurden deshalb unter dem Namen der Saugaſſeln (Polyzonidae) als bejondere Familie abgejchieden. Die einzige europäische, bisher in Deutſchland, Frank: reich, Volen, Ofterreih-Ungarn und im Kaukaſus beobachtete deutſche Saugafjel (Poly- zonium germanicum) erreicht nur 13 mm Länge, ift etwas platt gedrüdt, ungefähr 50gliederig und jehr weich, oberhalb glatt und hell roftfarben, unterhalb weißlich. Die Platte Randafjel. Deutſche Saugajjel. 675 Körperringe, weldhe mit Ausnahme der drei eriten einpaarfüßigen und der drei letten fußlojen je zwei Paare von Beinen tragen, ftellen im Querjchnitt feinen Kreis, jondern eine Ellipje dar, indem fich der Rüdenteil feitwärts in eine Rundung nad) unten umbiegt, ehe er an der Einlenfungsitelle der zarten, von oben nicht fihtbaren Beinchen aufhört. Die Augen liegen in zwei Gruppen zu dreien an der Stirn, und die Saugröhre ift hier fürzer als bei den übrigen ausländiſchen Familienglievern, mit denen die genannte Art das Vermögen gemein hat, zwilchen den Leibesringen eine milchige Flüffigfeit hervortreten zu lafjen. Bei der Schwierigkeit, die Tierhen in der Gefangenschaft lebend zu erhalten, hat es nicht gelingen wollen, die Entwidelung vom Ei an volljtändig zu beobachten. Waga, welcher fid) darum bemühte, fand eines Tages in ven mehrere Stücke verjchiedener Größe bergenden Glaſe ein Weibchen, welches jpiralfürmig um ein Häuflein ehr Kleiner, Lichter Gierchen gewidelt da lag. Diejelben hingen nur lofe zuſammen, teilten fich bei der Berührung in mehrere Partien, und nur die an der Kehle des Tieres liegenden, von jeinem Körper bededten verblieben in defjen Bereiche. Acht Tage jpäter (7. Juni) traf Waga das Mutter: tier noch in derjelben Stellung an, aber die Eier waren faft alle zerjtreut und beliefen fih ungefähr auf 50 Stüd. Unter dem Mikroſkop ließen fih an einzelnen nur dunflere Chatten unterſcheiden; aber jhon nah 3 Tagen wurde mit unbewaffnetem Auge er: fannt, wie fich einige der Eier in zwei Teile auflöften. Zwiſchen den Schalen eines jolchen ward ein weißer, flacher, fajt zu einem Kreife zujammengerollter Körper jichtbar, welcher den Eindrud machte, als wäre er an einer Stelle jeines Umkreiſes ausgejchnitten, etwa wie ein feimendes Samenkörnchen einer hülfenfrüchtigen Pflanze. Er erwies ſich alsbald als ein jchuppenartiges, faft jo breites wie langes, gebogenes Wejen mit ſechs Beinen und mit Fühlbörnern; auch liegen fich die Anfänge der Augen und einige kurze Härchen als Bededung des halb durchlichtigen, fünfgliederigen Körpers erkennen. Auf diejer Alters: ftufe bewegte das Tierchen unaufhörlich feine Fühler, konnte aber ſeine Beinchen, deren binterfte unbeweglich waren, noch nicht ordentlich gebrauchen und fich, wenn es auf dem Rücken lag, nicht umdrehen. Am 25. Juni fanden fich noch gejchlojjene und eben gelegte Eier, ſechs- und achtfüßige Saugaffeln in dem Glaſe vor; da diejes aber zufällig in die Sonne geriet und derjelben auf längere Zeit ausgejegt blieb, jo ftarben jämtliche Tiere ab und machten weiteren Beobachtungen ein Ende. Die bisher betrachteten Taufendfüßer befigen wenig Anziehungskraft und wiſſen durch das Schlangen: oder Wurmartige in ihrer äußeren Erjcheinung dem Befchauer mehr oder weniger Zurücdhaltung einzuflößen, was nicht in dem gleichen Maße von ihrer legten, noch mit einigen Worten zu beiprechenden Familie, den Nolltieren (Glomeridae), gilt. Man denke fich eins jener Gürteltiere, welche fich zufammenfugeln, aber ohne Schwanz und vor: tretende Schnauze, dafür mit zahlreicheren Beinen und in der einem Kerbtier dem Rückgrat— tier gegenüber zufommenden Kleinheit und Zartheit des Körpers, und man hat ein Bild von diejen Jonderbaren Gefchöpfen. Von obenher find fie hoch gewölbt und hartichalig, auf der (Armadillo) unter den Krebſen, und doch lafjen fich diefe aus mehr als einem Grunde, bejonders wegen der vier Fühler, der geringeren Anzahl der Beine, der griffelfürmigen Anhängfel am Leibesende, nicht mit den in Nede ftehenden vereinigen. Unjere Rolltiere beftehen außer dem nad unten gewendeten Kopfe aus 12—13 Ningen, deren zweiter und legter länger, deren erjter ſchmäler und kleiner als alle übrigen ift, und die ſich alle nad) 43* 676 Drdnung: Zweipaarfüßer; vierte Familie: Rolltiere. den Seiten hin gejchweift verſchmälern. Wenn ſich die Tiere in Gefahr befinden, rollen fie fich zu einer Kugel zufammen, wobei das legte Glied mit jeinem Hinterrande über den Vorderrand des großen zweiten übergreift und an den Eeiten alles jo genau in= und auf: einander paßt, daß nirgends eine Offnung bleibt, ſondern die ganze Oberfläche des Körpers einen fugelrunden, fejten Panzer darftellt. Abweichend von allen übrigen Taujendfüßern finden Sich hier bei den auffällig Kleinen und ſchlankeren Männchen am Ende des vor: - legten Ninges die Kopulationsfüße, während die Gejchlechtsöffnungen regelrecht bei Männz hen und Weibchen unter einer Art von Schuppe am Grunde des zweiten Beinpaares an— gebracht find. Daher liegt bei der Paarung das Männchen mit dem Kopfe am weiblichen Hinterende Bauch an Bauch, wie D. vom Kath zuerit beobachtet hat. Die heimischen Arten der ganzen Familie gehören der Gattung Schalenafjjel (Glomeris) an, welche durch 12 Körperringe, 17 Beinpaare im weiblichen und 13 Ringe mit 19 Beinpaaren im männlichen Gejchlecht jowie jederjeits durch eine Bogenreihe querge: jtellter, einfacher Augen charakterijiert ift; die Fühler figen auf der Stirn und zeichnen ſich durch Verlängerung des dritten und jechiten Gliedes aus. Man findet dieſe vollfommen barmlojen Schalenafjeln einzeln oder in kleinen Geſellſchaften und dann in verjchiedenen Grö— Ben unter Steinen, abgefallenem Laub, an feuchten, reihlih mit Dammerde verjehenen, unbebauten Orten, aljo vorherrjchend in den Wäldern. Es find ungemein träge Tiere, — welche meiſt zuſammengekugelt in ihren Ver— (Glbmörle'nareinate) ſtecken ruhen, und zwar in einer Höhlung der Natürliche Größe. lockeren Erde, die von einer oder mehreren aus— gefüllt werden. Jedoch ſieht man fie auch lang: jam in gerader Richtung mit vorantaftenden Fühlern dahingleiten nach Art der Juliden, nur ohne Wellenbewegung auf ihrem beveutend fürzeren Rüden. Sobald jie aber eine Ge— fahr ahnen, kugeln ſie fich zufammen und bleiben lange in diefer Stellung liegen, benugen diejelbe wohl auch, um über abſchüſſigen Boden jchneller Hinwegzufommen, fi) — herab: rollen zu laſſen. Ihre Nahrung bejteht vorherrjchend in verwejendem Laub und Moos. Nach der Paarung, welche in das Frühjahr und Sommersanfang fällt, vergehen 3—4 Wochen, ehe das Weibchen feine Eier in größeren Zwiſchenräumen ablegt. Diejelben werden einzeln abgejeßt und jogleich mit je einer erhärtenden Erdhülle umgeben. Nach etwa aber: mals 4 Wochen jchlüpft die weiße Larve aus und zeigt außer dem Kopfe acht Körperringe mit drei Baar gegliederter und fünf Baar ungegliederter Stummelbeinen. Nach der nächften Häutung find legtere vollkommen entwidelt, und ein neuer Körperring ift hinzugefommen. Set erjt frißt fich die Larve aus ihrer Wiege heraus und bedarf längerer Zeit, ehe fie mit elf Beinpaaren und vier Bunktaugen jederjeits, jtatt der anfänglichen drei, in das nächſte Stadium übergeht. Sp geht durch Häutungen die Entwidelung und Vervollkommnung bis zur Gejchlehtsreife fort, ja vom Nath hat jogar noch nad) dem Eintritt diefes Zuftandes, namentlich nad) der Paarung, bei beiven Gejchlehtern Häutungen beobachtet und wie fie zum Schuße der jungen, noch weichen Haut wieder in die alte hineinkriechen. Bon den beiden in Deutjchland allgemeiner verbreiteten Arten it hier die nirgends jeltene gejäumte Schalenajjel (Glomeris marginata) dargeftellt. Sie ift durch— aus glänzend ſchwarzbraun und an den fichtbaren Nändern ſämtlicher Rückenſchilde gleich Gejäumte und getupfte Schalenaffel. Anhangsweije Peripatus. 677 mäßig gelb eingefaßt, ändert aber im Tode ihre Farbe mehrfah. Sie geht ſüdlich bis Stalien und Kleinafien. Eine zweite, jeltenere, die getupfte Schalenafjel (Glomeris pustulata), iſt etwas kleiner, ziemlich ebenfo gefärbt, aber mit vier gelbroten Punkten auf dem erjten Ringe und je zweien auf jedem der folgenden gezeichnet, mit Ausschluß. einiger vor dem letzteren. — Außer den beiden genannten kommt noch eine und die andere Art vereinzelt im ſüdlichen Europa vor, nebit der Gervaisia costata, einem bis 5 mm langen, rauhen Tierchen von ſchimmelgrauer bis weißer Farbe. Bedeutend größere als die europäijchen, bis über 5 cm lange umd entjprechend breite Kolltiere leben im heißen Afrika wie in Afien und unterjcheiden fich durch 13 Körperringe, 21 Beinpaare, runde Augengruppen auf jeder Seite des Kopfes und meiſt mehr Feulen- förmige Fühler. Sie gehören den Gattungen Sphaerotherium, Zephromia u. a. an. Anhangsweile jei hier noch mit wenigen Worten einer kleinen Zahl von Tieren ge dacht, die einer einzigen Gattung (Peripatus) angehören und dennoch eine bejondere Klaſſe innerhalb des großen Kreijes der Gliederfüßer vorftellen. Sie vereinigen Merk: male diejer mit jolchen der Gliederwürmer, zu welchen man fie früher geitellt hat, ehe man wußte, daß fie durch Tracheen atmen. Der wurmartige Körper ift in Kopf und Rumpf gejondert, trägt an erjterem ein Fühler: und ein Kieferpaar und an den 14—42 Segmenten des legteren je ein Baar ftummelförniger, mit zwei Krallen endigender Glied: maßen. Dieje haben unjeren Tieren den Namen der „Krallenträger” (Onychophora) eingebracht, während eine andere Bezeichnung (Protracheata) andeuten foll, daß man e3 hier mit Borläufern der dur Tracheen atmenden Gliederfüßer zu thun hat. Be: ſondere Eigentümlichfeiten der inneren Organifation beftehen in den beiden auseinander gerüdten und nicht zu deutlichen Knoten angejchwollenen Längsnerven des Bauchmarfes und in den Harnmwerkzeugen, welche ähnlich den Cegmentalorganen der Ningelwürmer zu je einem Baar in jedem Körperringe liegen und am Grunde der Stummelbeine ausmünden. Die Tracheen nehmen ihren Urjprung von zahlreichen, bejonders in der Mitte des Bauches gelegenen, aber auch jonft über den Körper zeritreuten Poren. Die Gejchleht3: werfzeuge find auf zwei Einzelwejen verteilt, ihre Öffnungen liegen bei. beiden an der Bauchjeite zwijchen dem vorlegten Beinpaare. Die Weibchen gebären lebendige Junge. Die wenigen bis jeßt befannten Arten der Gattung Peripatus leben an ähnlichen Ort: lichfeiten wie die Taujendfüße in Süd- und Vlittelamerifa, am Kap und in Neuholland. Die Hpinnenfiere (Arachnoidea). Dei den Kerfen gliedert fi), wie früher gezeigt wurde, der Körper in drei verfchieden: artige Teile, von welchen der mitteljte die ſechs Beine und meilt auch Flügel trägt, bei ven Taujendfüßern in zahlreiche, gleichartige Ninge mit entfprechend vielen Beinen und einem deutlich) davon abgejegten, Fühler tragenden Kopfe; bei denjenigen Gliederfüßern, welche die Forjcher al$ Spinnentiere (Arachnoidea) zuſammenfaſſen, geftalten fich dieje Verhältniffe abermals anders. Der Körper zerfällt hier in ein vorderes Stüd, den jogenannten Kopfbruftteil (Kopfbruftftüd, cephalothorax), und in den Hinterleib. Jener erjcheint mit wenigen Ausnahmen, in welchen er aus vier ganz gleichen Ningen be: jteht, al3 ein ungeteiltes Ganzes, dejjen Nüdenplatte ein großes, mehr oder weniger ge wölbtes, den Urſprung jämtlicher Gliedmaßen überdedendes Schild darftellt, während fein von den Hüften der Gliedmaßen rings umgebener Bruftteil meilt auf einen geringen Umfang bejchränft bleibt. Die Augen find nur einfacher Art, ſchwanken zwiſchen zwei und zwölf, fehlen auch gänzlich und nehmen feinen bejtimmten Platz ein, jondern gruppieren fich für die ver: ſchiedenen Arten in jehr harafteriftiicher Weile über die ganze vordere Breite des Kopfbruft- ſtücks. Unter dem freien Vorderrande des legteren lenkt fich ein bei den verjchiedenen Spinnen: tieren verschieden gebildetes Gliederpaar ein, welches feiner Verwendung und äußeren Er: iheinung nad für den Oberkiefer gelten muß, ohne jedoch dem Weſen nach ein jolcher zu jein; denn es entjpringt über der Mundöffnung und befommt feine Nerven von dem oberen Kervenfnoten, wie bei den bisher betrachteten Glieverfüßern die Fühlhörner. Man hat darum dieje mit den Verrichtungen der Kinnbaden betrauten Fühler nicht unpafjend als Kiefer: fühler bezeichnet und fie als charakteriftifches Merkmal der Spinnentiere angejehen, denen die Fühler im bisherigen Sinne fehlen. Außer den Kieferfühlern fommen noch fünf Paare von Gliedmaßen vor, von denen die vier hinterjten ganz das Anfehen von Gangbeinen haben, die drei legten auch entjchieden denjelben Werkzeugen bei den Inſekten entfprechen. Weil aber die vorderen die Stelle der Unterkiefer vertreten und in den verjchiedenen Ordnungen immer wieder anders gebildet jind, jo kommen wir bei Beſprechung der legteren nochmals auf alle dieje Verhältniſſe zurüd. Hier jei nur bemerkt, daß die Freßwerkzeuge bei der Mehrzahl der von tieriichen Stoffen lebenden Spinnentiere Giftwaffen enthalten, mit denen fie ihre Beute Iihnell töten. Der Hinterleib it bisweilen gegliedert, aber häufiger aus einem einzigen Stüde gebildet und niemals mit Beinen verjehen, wie jo häufig bei den Krebjen. Das Atmen erfolgt durch jadartige, in Falten gelegte Lungen, duch Zuftröhren oder auf der niedrigiten Stufe durch die Haut. Somit begreifen wir, um das Gejagte nochmals kurz Walzenfpinnen. 679 zufammenzufafjen, unter den Spinnentieren diejenigen Gliederfüßer, welhe am KRopfbruft- ftüde fieferförmige Fühler, einfache Augen, höchftens vier Baar Beine, feine dergleihen am Hinterleib tragen und durch Lungen, Luftröhren oder die Haut atmen. Eine Formveränderung während der Entwidelung kommt bei ihnen im Sinne der vollfommenen Kerfmetamorphoie nur vereinzelt vor. Erſte Ordnung. Die Gliederfpinnen (Arthrogastra). Ein deutlich gegliederter, meijt in jeiner ganzen Breite dem Kopfbruititük an: gewachjener, mithin jißender Hinterleib charakterijiert die höchſte Stufe der Spinnentiere, deren äußere Erjceheinung und fonftiger Bau wiederum jo große Mannigfaltigkeit zeigt, daß die neueren Syitematifer diefe eine in vier Ordnungen zerlegt haben. Bei dem über: mäßig bejehränften Raume, der ung für die ganze Abteilung zugemefjen it, können wir fie hier nur als Familien der Gliederjpinnen behandeln. Die Walzenjpinnen (Solifugae als Ordnung, Solipugae als einzige Familie bezeichnet) weichen von allen Abteilungsgenoffen dadurch wejentlich ab, daß ſich vie Gliederung nicht bloß auf den Hinterleib beſchränkt, jondern fich auch über den Vorderteil des Körpers ausdehnt. Derfelbe bildet nämlich einen eiförmigen Kopf, wie man dieſen Teil geradezu nennen fönnte, dejjen größere VBorderhälfte aus den lotrecht geitellten, ungemein fräftigen Scheren und der blajig aufgetriebenen Wurzel der Kieferfühler beiteht. Der untere Scheren finger, gleich dem oberen am Innenrande mit Fräftigen Zähnen ausgeitattet, arbeitet in jenfrechter Richtung gegen diejen; überdies fünnen beide Scheren gegeneinander bewegt werden. Oben trägt diefer Kopfteil, und zwar mitten am Vorderrande, die beiden Augen, an der Unterjeite die krallenloſen, im übrigen wie die Beine gebildeten beiden anderen Kieferpaare oder richtiger deren Tafter. Jedes der echten, in je zwei lange Krallen aus— laufenden Beinpaare heftet jih einem bejonderen, an der Bauchjeite deutlicher als auf dem diht behaarten Rüden abgefchiedenen Gliede des Mittelleibes an. Der Hinterleib iſt neun: aliederig, ihn wie den ganzen Körper deckt dichter Filz, während die Öliedmaßen von langen, ſpröden Haaren bejeßt find, unter denen einzelne bejondere Länge erreichen; außerdem bemerft man an den Hüftgliedern der Hinterbeine unterwärts zarte Hautgebilde, welche in Form dreiediger Platten an einem dünnen Stiele figen; das Atmen erfolgt durch Luft— röhren. In ihrem gefamten Körperbau halten die Walzenjpinnen die Mitte zwijchen den Inſekten und Spinnen. Die S. 680 abgebildete Art erkläre ich für die gemeine, jüdruflische, die nad) Pallas auch in Agypten vorkommt, von wo das Eremplar herftammt. Sie ift durchaus rojtgelb, nur vorn an den Scheren braun, am Hinterleibe roftbraun und an den auf der Unterjeite mit ftarfen Stacheln bewehrten Kiefertaftern olivenbraun gefärbt. Koch hat eine Menge von Arten, die fich meift jehr ähnlich jehen, abgebildet; da das aber nur nad) trodenen oder in Weingeiſt aufbewahrten Stüden der verjchievenen Sammlungen gejhehen, jo fragt es fich, ob das Artrecht einer jeden auch begründet, ob beijpielsweile ein Galeodes arabs von G. araneoides wirklich verjchieden: ift. 680 Erjte Ordnung: Gliederjpinnen; erfte Familie: Walzenjpinnen. Pallas erzählt wunderliche Dinge von unſerer Walzenfpinne, welche nach neueren Unterfuhungen aber auf Verwechjelung mit der jpäter zu erwähnenden Malmignatte zu beruhen ſcheinen, während die Giftigfeit der Solpugen noch nicht feftgeftellt ift. Da fich die Walzenjpinnen gern zwiſchen Schilf aufhalten, jo fommen fie mit diefem in die daraus erbauten Hütten und mit den Menſchen in nähere Berührung, als fie jelbft beabfichtigen, Gemeine Walzenfpinne (Solpuga oder Galeodes araneoides) im Kampfe mit einem Skorpion. Natürliche Größe. verfriechen ſich gleich den Skorpionen in die Kleider und führen überhaupt ganz deren Lebensweiſe. Die Walzenſpinne bewohnt Erdriſſe in thonigem Boden, ſchilfreiche Gegenden, wie bereits erwähnt wurde, oder ſitzt unter Steinen und hält ſich bei Tage verborgen, es ſei denn, daß fie ſich in einem dunkeln Keller einguartierte, geht dagegen in der Nacht auf Naub aus, während welcher fie in den großen Sfolopendern und einem jehwarzen Raub— fäfer ihr ebenbürtigen Feinden begegnet. Die fußartigen Kiefer befinden fich in ftet3 tajtender Bewegung. Berühren fie einen Gegenftand, jo joll ein phosphoreszierender Licht: Ihein von ihnen ausgehen. Wie der Elefant feinen Nüffel hoch emporhebt, wenn er mit ihm einen Gegenftand berührte, deſſen er nicht ſicher ift: jo wirft die Walzenjpinne ihre Zajter in die Höhe; hat fie aber eine Beute ermittelt jo ftürzt fie mit einem Sprunge auf diejelbe los und bohrt ihre Scheren in diejelbe ein. Man hat verjhiedene Verjuche angejtellt, welche die Wildheit der Walzenjpinnen beweifen. Eine war im Körper 52 mm lang und griff jedes ihr vorgeworfene Inſekt an; einer ohne den Schwanz 78 mm mefjenden Gemeine Walzenſpinne. 681 Eidechſe ſprang ſie auf den Nüden, hieb ihre Zangen in den Naden ein und fraß, nur die wenigen Knochen zurücklaſſend, den Leib auf. Eine noch blinde, jehr junge Moſchus— rotte wurde von ihr getötet und in Furzer Zeit vollftändig vertilgt. Weiter ließ man fie gegen eine 105—131 mm jpannende Fledermaus los, und obgleich ſich dieje ſehr lebhaft bewegte, jo jprang die Solpuga auf fie und biß fich jo feſt in den Hals ein, daß fie troß allen Flatterns der Fledermaus nicht abgejchüttelt werden fonnte. Einen 105 mm langen Skorpion faßte fie an der Wurzel des Schwanzes, biß diefen ab und verzehrte beide Teile, doch war diejer Sieg nur ein zufälliger; denn einen zweiten Skorpion, mit dem man fie jpäter zujammenbrachte, griff fie von vorn an, wurde aber von dejjen Scheren erfaßt, mit dem Giftitachel verwundet, und nun war es um fie geichehen: fie zudte ein paarmal frampfhaft zufammen und war ein Kind des Todes. Auch Kapitän Hutton teilt über eine indische Art, für die er den Namen Galeodes vorax vorjchlägt, möglichenfalls diefelbe, welche Herbit G. fatalis nennt, intereffante Beobachtungen mit, die hinfichtlich der Kühn heit und Gefräßigfeit daS eben Mitgeteilte nur bejtätigen. Die gewöhnliche Nahrung be— jteht aus Inſekten aller Art, welde nicht nur ausgejogen, jondern vollitändig zerfaut werden. Auc einander verjhonen die Walzenjpinnen nicht, Fämpfen auf Leben und Tod, wobei der Sieger die Beltegte auffrißt. Dagegen hütet nad) Spinnengewohnheit die Mutter ihre Jungen mit der größten Sorgfalt. Hutton hielt ein Weibchen gefangen, welches ſich jofort einen Gang in die Erde grub und über 50 weiße Eier legte, die es regungslos be- wachte. Nach 14 Tagen famen die Jungen daraus hervor, welde 3 Wochen hindurch bis zur erſten Häutung ohne Bewegung blieben, dann umberliefen, zufehends wuchjen, ohne daß bemerkt werden konnte, wovon fie fich ernährten. eben Galeodes araneoides kommt eine zweite Art, G. graeca, in Europa vor, und eine diejer beiven Arten dürfte es auch fein, auf welche fich einige dürftige Mitteilungen des Aelian und Plinius beziehen, wenn eriterer jagt: „Naturforicher behaupten, daß auf Zakynthos die von Phalangien Gebijjenen am ganzen Leibe eritarren, zittern, ſchaudern, daß fie Erbrechen und zugleih Schmerz in den Ohren und Fußſohlen befommen. Noch wunperbarer ijt der Umſtand, daß diejenigen, welche in Waſſer treten, mit welchem ich die Gebijjenen gewajchen, diejelben Zufälle erleiden.” An einer anderen Stelle berichtet derjelbe Schriftiteller, daß in Sndien ein Land am Fluſſe Aitabas liege, welches die Einöde heiße und menjchenleer jei. Im beißen Sommer verfinjtern dort Müden die Luft, und zahlloje Skorpione und Phalangien haufen dajelbit. Anfangs jollen dort Menſchen gewohnt und eine Zeitlang das Übel ertragen haben. Als es aber immer ſchlimmer wurde und ganze Familien ausjtarben, verliegen ſie ihr ſchönes Vaterland. Plinius berichtet von den Bhalangien, daß die Weibchen in ihrer Höhle eine große Eierzahl bebrüteten, in Stalien jeien fie unbekannt. Habe ſich jemand durch einen Stich vergiftet, fo heile man ihn, in- dem man ihm ein anderes Tier derjelben Art zeigt. Zu diefem Zwede bewahrt man tote auf; auc) zerreibt man die Haut, welche fie beim Häuten abjtreifen, und trinkt fie al3 Heilmittel, oder wendet junge Wiejel an. Aus diefen und ähnlichen Berichten gebt zur Genüge die Furcht hervor, welde man von alters her gegen derartige Spinnen: tiere hatte. Simon hat ungefähr 60 Arten auf 10 Gattungen verteilt und dabei namentlich die Bildung und Bewehrung der Beine und der Scheren als unterfcheidende Merkmale benutzt. Hiernach ijt der ältere Gattungsname Galeodes nur denjenigen Arten verblieben, welche beborjtete Krallen an den Beinen und gezähnelte Kämme an den Luftlöchern des Hinter: leibes haben. Neuerdings find jene Gattungsnamen durch Karſch teilweife verändert und auch vermehrt worden. 682 Erjte Ordnung: Gliederjpinnen; zweite Zamilie: Sforpione, Es findet fich wohl kaum unter den Gliederfüßern ein zweiter, über welchen von alters ber To viel gefabelt worden ift wie über den Skorpion. Er ilt feinem ganzen Weſen nach unjtreitig dazu angethan, als Sinnbild giftiprühender Tüde und Boshaftigfeit zu gelten und dem böfen Genius Typhon in der altägyptijchen Mythologie zur Seite geftellt zu werden. Einige der griechiichen Philoſophen lafjen die Sforpione aus faulenden Kro- fodilen entjtehen, Plinius aus begrabenen Seefrebjen, aber nur dann, wenn die Sonne durch das Zeichen des Krebjes geht; nach der Lehre des Paracelſus werden fie aus faulenden Skorpionen wieder erzeugt, weil fie ſich ſelbſt töten follen; es ging nämlich die Sage, daß ein von einem Kreije glühender Kohlen umgebener Skorpion, wenn er die nicht zu vermeidende Wirkung der Hige merkt, fich lieber mit jeinem Stachel totjticht, ftatt jener zu unterliegen. Neuerdings von verjchiedenen Seiten angeltellte Verjuche haben die Richtig: feit diefer Anficht beftätigt. Starker Hiße und ſonſtigen Quälereien ausgejeßt, laffen fie ſich zum Selbjtmorde verleiten; der Tod erfolgt wenige Minuten nach dem fich beigebrachten Stiche. Weiter werden von zum Teil jpäteren Schriftſtellern Sforpione mit mehr als jehs Schwanzgliedern, ja mit zwei Schwänzen erwähnt, von Moufet fogar einer mit Flügeln abgebildet. In vielen Schriften jpielt der Gebrauch von Bafilienfraut eine große Rolle, um tote Sforpione wieder lebendig zu machen, jo daß der berühmte A. von Haller in der eriten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, um dergleichen Thorheiten zu geikeln, meint, e3 jei jemandem durch den vielen Gebrauch des Bafilienfrautes ein Skorpion im Hirne gewachjen. Dieje und ähnliche Anfichten vom Skorpion und der Umstand, daß man ihn jogar unter den Sternbildern erblict, beweijen die große Teilnahme, welche ihm von jeher jeitens der Menjchen zu teil ward, die ihn jedoch nie liebten und nie lieben lernen werden, jondern nur fürchten, teilweife allerdings mit Übertreibung, wie die zahlreich an: geitellten VBerfuhe und Erfahrungen mit der Zeit nachgewiefen haben. Die Sforpione führen in dem gefrümmten Stachel an ihrer Hinterleibsipige eine für Gejchöpfe ihres— gleichen unfehlbar tödliche Giftwalfe, die für größere Tiere und den Menfchen nur in be— jonderen Fällen nachhaltige ſchlimme Wirkungen oder wohl auch den Tod herbeiführen fann. Bei Montpellier gibt es zwei Arten, den kleinen Hausjforpion (Scorpio europaeus), von welchem die Leute im jüdlichen und mittleren Frankreich häufig geftochen werden, ohne nachteilige Folgen, indem das „huile de Scorpion“ den Schaden jchnell heilt. Der Feld- jforpion (Buthus oceitanus) ijt weit größer und bedeutend gefährliher. Man ließ von ihm einen Hund viermal am Bauche ftechen. Eine Stunde nachher ſchwoll er, fing an zu wanfen und gab feinen ganzen Mageninhalt, weiter einen Elebrigen Stoff von fi. Endlich befam er Krämpfe, jehleppte fich auf den Vorverfüßen hin, biß in die Erde und verendete 5 Stunden nach der Vergiftung. Ein anderer Hund wurde jehsmal geitochen, ichrie jedesmal auf, blieb aber gefund; 4 Stunden nachher ließ man ihn von mehreren Skorpionen zehnmal jtechen, er befand fich wohl, nahm Nahrung zu ſich und Fam immer wieder, wenn man ihm etwas anbot, obſchon er wußte, daß er gejtochen werden würde. Bei einem weiteren Verſuche brachte man drei Sforpione mit einer Maus zufammen. Sie ward gejtochen, quiefte, biß die Sforpione tot und ftarb — nicht. In einem anderen Falle war ein Mann von derjelben Art 18 Stunden früher, al3 der Arzt berbeifam, in den Daumen gejtochen worden. Der Arm war jo ſtark angejchwollen wie fein Bein, die Haut rot und entzündet. Heftige Krämpfe peinigten den Verwundeten, er phantafierte, brad) häufig und fiel aus einer Ohnmacht in die andere. Nah 5 Tagen befjerte fich der Zuftand, doc dauerte es lange Zeit, ehe vollflommene Genejfung erfolgte. Guyon berichtet von fünf Fällen, wo der Tod 12 Stunden nach dem Stiche, feitens größerer Arten von einem, wo er jofort erfolgte. Das Gift ijt eine wafjerhelle, leicht eintrocknende, jauer reagierende Flüſſigkeit. Es ift in Waſſer löslich, nicht löslich im abfoluten Alkohol und Äther. Allgemeines. Lebensweife, 683 Die Skorpione halten fih wie die Taujendfüßer unter Steinen, im faulen Hole, in Mauerlöchern und ähnlichen dunfeln Verjteden auf; da fie aber die Wärme ungemein lieben, jo dringen fie auch häufig in die menschlichen Wohnungen ein, verfriechen fich in die Betten, in Kleider und Fußbededung, welche fie vorfinden. Wenn eine Neijegefell: ſchaft beim Übernachten im Freien das unentbehrlihe Feuer angezündet hat, erjcheinen außer anderen nächtlichen Glieverfüßern immer auch Skorpione, deren man fich auf die eine oder andere Art zu erwehren hat. Auf dieje Weiſe oder bei gewiſſen Beichäftigungen im Freien fann ihnen der Menfch unbemerkt zu nahe fommen, und dann pflegt ein Stich ihrerjeit3 unvermeidlich zu jein, denn fie meinen fich verteidigen zu müfjen. Der Stich it ungemein jchmerzhaft und brennend, erzeugt örtlihe Entzündung, Lähmung, Fieber, Ohnmacht und Übelkeit, je nad) der Größe des Tieres, durch welche ein Eräftigerer Stich und mehr Gift bedingt wird, je nad) der Neizbarkeit des Werwundeten und je nad) den Witterungsverhältniffen der Gegend ; denn befanntlich nehmen alle Entzündungen in heißen Ländern einen bösartigeren Charakter an als in gemäßigten Gegenden. Die europätichen Arten verwunden am Shwädhjlten, die afrifanifchen und aſiatiſchen, vielleicht wegen ihrer bebeutenderen Größe, am heftigiten. Sonit pflegte man das ſogenannte Sforpionöl, Olivenöl, worin man einige Sforpione hat jterben lajjen, zum Beitreichen der Wunde zu verwenden, und man verwendet es da noch, wo Hausmittel überhaupt mehr als ärztlihe Verord- nungen gelten. Alfaliiche Heilmittel, wie Ammoniak, Tabaksajche, lindern den Schmerz und die Gejchwulft am beften, wie eine geringe Gabe von Specacuanha die Übelfeiten. Die Eingeborenen Afrifas, welche weit und breit vom Stiche des Feljenjforpions (Scorpio afer) zu leiven haben, legen eine Binde feſt um die Wunde und fich jelbit als Krante nieder, bis fie fich wieder wohler fühlen. Merkwürdig ift die Erfahrung, daß fich der menjhlide Organismus mit der Zeit an das Gift des Sforpions gewöhnt. Eine zweite Verlegung wirkt weniger heftig und nachhaltig als die erfte und eine dritte abermals ſchwächer al3 die zweite. ES wird erzählt, das jemand, der diefe Erjcheinung an fich jelbit abprobieren wollte, es bald dahin brachte, daß er nur den durch den Stich verurjachten, vorübergehenden Schmerz und nicht3 weiter empfand. Sn einem anderen Verhältnis jtehen die Sforpione zu Inſekten aller Art und Spinnen, ihrer Lieblingsſpeiſe, welchen fie auf ihren nächtlichen Beuteumzügen begegnen. Sie laufen dabei jehr jehnell und gewandt, manchmal auch jeitwärts und rüdwärts, halten den Schwanz nach oben und vorn über den Rüden gebogen, um jederzeit die Waffe zum Stoße bereit zu haben, und ergreifen von diefen Tieren mit ihren Scheren, was ich greifen läßt. Hierauf wird die Beute troß allen Zappelns und Widerjtrebens empor— gehoben, mit den nad) oben gerichteten Augen bejehen und durch einen ficheren, von hinten fommenden Stich in die Bruft widerjtandslos gemacht. Einige Frampfhafte Zudungen, und das Opfer ift tot; es wird nach dem Maule geführt und ausgejogen und unter Um— ſtänden auch zerkleinert und vollitändig verzehrt. Die Sforpione leben vorzugsweile in heißen Ländern und in den wärmeren Teilen der gemäßigten Erdftridhe; viel weiter als bis zum 45. Grade nördlicher Breite dringen fie nicht vor, jo daß fie im nördlichen Deutjchland gänzlich fehlen. Eine der gemeinften ſüdeuropäiſchen, in Frankreich, Spanien, der Berberei, überhaupt in allen Mittelmeerländern lebenden Arten, der Feldjforpion (Buthus oceitanus, Abbild. ©. 684), möge ftatt aller den nicht zu verfennenden Körperbau der Kamilienglieder vergegenwärtigen. Die beiden großen Krebsjcheren ftellen die Tajter des Unterkiefer, ihr furzes, dies Grundglied, welches von obenher unfihtbar bleibt, diejen jelbit vor. Das zweite Kieferpaar erjcheint als vorderite Beine, deren plattenartige Hüfte nebjt der des folgenden, echten Beinpaares einen Fortjaß nad vorn als Unterlippe entjenden. Dieje beiven erjten 684 Erfte Ordnung: Gliederjpinnen; zweite Familie: Skorpione. Paare ftoßen in der Mittellinie des Körpers zufammen, während die noch übrigen zwei Paare auseinander gerüdt find und ein bei den verjchiedenen Arten ſehr verfchieden ge— jtaltetes Bruftbein zwijchen fi) aufnehmen. Alle acht laufen in je zwei Klauen aus. Wenn die Scheren auf den erjten Blick lebhaft an die der Krebje erinnern, jo unter: ſcheiden fie fid doch von dieſen wejentlich dadurch, daß der äußere Finger gegen den mit der Hand verwachjenen inneren durch ein Gelenk beweglich ift, nicht wie dort um: gekehrt der innere Finger gegen den feitgewachfenen äußeren. Die beiden Spischen, welche die Begrenzung vor dem Borderrande des Kopfbruſtſtückes bilden, find die dreigliederigen, an der Epite gleichfalls jcherenförmig endenden Kieferfühler. Der Numpf des Skorpion zerfällt in ein vierediges, nach hinten etwas breiter werdendes ungeteiltes Kopfbruft ftüd und in einen 13gliederigen, von diefem nicht abgejegten Hinterleib, deſſen ſechs legten Ringe einen knotigen, in den gebogenen Giftftachel aus- laufenden Schwanz bilden. Die doppelte Öffnung des die Giftdrüſen bergenden Stachels ift mifroffopiieh fein. An ver Bauchjeite des eriten Hinterleibsgliedes liegen, von zwei Platten bededt, die Gejchlehtsöffnungen, am Ende des nächſten Gliedes die jogenannten Kämme (oberiter Teil von Fig. a). ES find dies an mehrgliederige jchmale Platten einem Kamme ähnlich gereihte Zähne, deren An: zahl nad) den Arten und dem Alter einer und derjelben Art mehrfah ſchwankt. Diejelben enden am äußeren ande jaugnapfartig und find an oder zwiſchen ihren Wurzeln aus und inwendig durch) dreiedige, Tegelfürmige oder Fugelige Knöpfchen geftüßt. Ihre eigentliche Bedeu: tung fennt man noch nicht; von den aufgeftellten Ber: mutungen haben die beiden, fie möchten bei der Paarung verwendet werden oder zum Drehen des Körpers und zum Feſthalten an fteilen, glatten Wänden, jomit zur Unter: ſtützung der Füße dienen, noch den größten Schein der non N Wahrheit für fih. Hinter den beiden Kämmen, welche Geldjtorpion (Buthus oeeitanus); feinem Skorpion fehlen, bemerkt man an den vier fol- a fein Baud mit den Kämmen und A ; ; ” Ber Zuftlödern. Natürlire Gröge, genden Bauchringen je ein Baar ſchräge Spaltöffnungen, die nach den vier Paaren der faltigen Lungenjäde als die Luftlöher führen. Stets oben auf dem Kopfbruftftüc ftehen die Augen, zwei größere, die Scheitelaugen, in der Nähe der Mittellinie, meift an den Außenfeiten zweier Yängsfanten 2—5 Eleinere jederjeitS des Nandes, die in der Anzahl jelbit bei einer und derjelben Art, ja auf der rechten und linken Seite nicht beftändig zu fein brauchen und, wenn fie in einer Reihe jtehen, al Haupt-Seitenaugen von anderen entfernteren oder anders gerichteten, den Neben-Seitenaugen, unterjchieden werden können. Übrigens bedarf es bei der förnigen Oberfläche des Kopfbruftitüces großer Aufmerkſamkeit, um die Seitenaugen nicht zu überjehen. Die Leibezbevedung beſteht aus harten Chitinſchildern; auf jedem Gliede be: findet fich ein oberes und ein unteres, die mit ihrer Nachbarſchaft durch weiche Häute ver: bunden find, nur die des härteren Schwanzes mahen hiervon eine Ausnahme. Die Ober: fläche erfcheint glänzend oder matt, meilt rauh, förnig oder warzig, mit Leiften oder Kanten verjehen, ftellenweije auch mit Borjten befegt. Als Farben kommen Blaßgelb durch Braun hindurch bis zum tiefiten Schwarz und höchſtens Schwarze Zeichnungen auf lichtem Grunde vor. Das Männchen unterjcheidet fih vom Weibchen durch den längeren Schwanzteil, breitere Scheren und zahlreichere Zähne an den Kämmen. Körperbau am Feldjforpion erläutert. Entwickelung. 685 Der Darm der Sforpione, um auch der inneren Organijation flüchtig zu gedenken, ftellt ein einfaches, ziemlich walziges Rohr dar, welches an der Spite des vorlegten Schwanz: knotens nad außen mündet. Das achtkammerige Nüdengefäß bildet ein wahres Herz, welches nit nur aus jeinem vorderen und hinteren Ende, jondern auch beiderjeits ftarfe Adern (Arterienftämme) nad den Hinterleibsorganen, befonders aber nad den Atmungs- werkzeugen abgibt, und welchem das aus dem Körper zurüdlaufende Blut dur befondere Adern (Venen) wieder zugeführt wird. Es findet mithin ein völliger Kreislauf ftatt, in einer Vollkommenheit wie bei feinen anderen Gliederfüßern, und ein damit verbundenes Atmen dur Lungen. Diejelben bejtehen aus vier Paaren dünnhäutiger Säcke, deren Außenjeiten dicht aneinander liegende Falten, die jogenannten LZungenplatten, bilden. Auf den großen Nervenfnoten im Kopfbrujtitücd, welcher Taſter und Beine mit Nervenäften verjorgt, folgen noch jieben kleinere, von denen die vier legten dem Schwanzteil ange- hören. — Die weiblichen Fortpflanzungswerkzeuge liegen als drei enge, durch Querröhren verbundene Längsſchläuche im Hinterleib und dienen nicht nur den aneinander gereihten Eiern, jondern auch den Zungen zur Entwidelungsftätte. E3 gebären nämlich, wie ſchon Ariftoteles wußte, die Skorpione lebendig. In den eriten Wochen jcharen fich die weihhäutigen und blonden Jungen um die Mutter, ohne daß man fie fich ernähren fieht. Jene magert immer mehr ab und ftirbt, ſobald fich dieje in größerer Selbitändigfeit zer: ftreuen. Es gewährt einen ganz eigentümlichen Anblid, eine Mutter an allen ihren Körper: teilen von ihrer zahlreichen Familie (20—50) in den verjchiedeniten Stellungen beſetzt zu jehen, und das friedliche Beifammenfein von Tieren zu beobachten, deren innerfter Natur im übrigen jede Gejelligfeit widerftrebt. Man hat die verichiedeniten Verſuche angeftellt, um die Zwifchenräume zwijchen den Häutungen und die Lebensdauer der Skorpione zu ermitteln, aber immer erfolglos, weil fie fich in der Gefangenſchaft mit der Zeit troß reichlichen Futters nicht wohl befinden. Füßly hatte einige ſchweizeriſche Skorpione, die er ihres dicken Leibes wegen für be— fruchtete Weibchen hielt, jorgfältig gepflegt. Vier Monate hatte er vergeblich gewartet, als er zu Anfang des Auguft das eine über und über mit weißen, an der Schwanzſpitze und um die Augen etwas bräunlichen jungen Skorpionen, etwa 20 an der Zahl, bejett fand, die bis auf die hellere Farbe und die geringere Größe der Mutter vollflommen gleich gebildet waren. Sie ſaßen feit an ihr, die einen erjchienen bald auf dem Rüden, bald wieder am Bauche, und nie jah er einen losgehen, jo munter jie umberfrochen; vielleicht eine Wirkung der Kämme. Ungefähr 12 Tage nach ihrer Geburt häuteten fie ſich zum eriten Male und befamen eine etwas dunflere Farbe, fingen nun an, die Mutter zu ver: laffen und ſich überall im Glaſe zu zerftreuen, in welchen bei mulmigem Holze die Familie gefangen gehalten wurde. Die Alte ftarb alsbald jehr abgemagert; ebenjo ging es einer anderen, die nur vier Kinder geboren hatte, obgleich fie reichlich mit Kellerafjeln verjorgt wurde, bei welhem Futter fie fih 6 Monate lang jehr wohl befunden hatte. Die jungen Tiere blieben munter, ihre Zahl verminderte fich aber, wahrjcheinlich durch gegen- jeitiges Auffreffen, obwohl ihnen andere Nahrung nicht fehlte. ES liegen fich Feine ab: geitreiften Häute entdeden. Nach 8 Monaten war feins über die Hälfte größer geworden, die Farbe noch eben diejelbe, nur an den Scheren mehr in Not verwandelt. Daß die Sforpione jehr langjam wachſen und für einen Glieverfüßer ziemlich lange leben, gebt aus diefen und anderen Verjuchen zur Genüge hervor. Die Skorpione unterjcheiden fich äußerlich durch die gejtrecitere oder gedrungene Form der Scheren, dur) die Schlanfheit oder Dice des Schwanzes und durch die hellere oder dunflere Farbe des glätteren oder rauheren Körpers. Obgleich die bisher befannt ge: wordenen Arten die Zahl 100 noch nicht erreichen, wurden jie doch jchon früher von 586 Erfte Ordnung: Gliederfpinnen; zweite u. dritte Familie: Sforpione u. Afterjforpione. Ehrenberg in mehrere Gattungen zerlegt, von denen Scorpio die jechsäugigen, Buthus die achtäugigen, Centrurus die Arten mit 10 und Androctonus die mit 12 Augen um: fafjen. Einige diejer Gattungen zerfallen nach der gegenfeitigen Stellung der Seitenaugen oder dem Borhandenjein oder Mangel der Kiele auf dem Schwanzfnoten in einige Unter: gattungen. Peters („Berliner Monatsberichte” 1861), auf die Unbeftändigkeit der Augen zahl hinweifend, verjuchte eine neue Einteilung unter Berüdfihtigung des Bruftbeines und der Kieferfühler und stellte hiernacdh vier Gruppen auf. Die erite (Tlelegonini) umfaßt alle diejenigen Skorpione, deren Brufibein eine linienförmige Sichel bildet. Dasjelbe biegt ſich ein, trägt in jeiner Vertiefung die Dedplatten der Geſchlechtsöffnung, jo daß dieje un: mittelbar an die Wurzel des zweiten Fußpaares zu ftoßen und Teile des Bruftbeines gänz: (ih zu fehlen jcheinen. Beide Finger der Kieferfühlericheren find nur mit je einer ein- zigen Neihe von Zähnen bewehrt und die jehr Kleinen Seitenaugen, ihrer 2 oder 3 jeder: jeits, auf eine Erhebung zujammengedrängt. Die nur in Amerika und Neuholland lebenden Arten, welche ji) außerdem durch eine fait glatte und glänzende Körperoberfläche aus: zeichnen, find den älteren Echriftitellern nicht befannt gewejen. Es gehört unter anderen der verjchiedenfarbige Skorpion (Telegonus versicolor Kochs) aus Brafilien hierher, ein glänzend ſchwarz- und gelbjchediges Tierchen von nur 28 mm Länge mit einem jehr diden Schwanze, deſſen Spiße jowie die Finger der Hände eine mehr rote Färbung annehmen. Zu der zweiten Gruppe (Scorpionini) gehören die bei weitem zahlreichiten, auf zwölf Gattungen verteilten Arten. Ein großes, vier: oder fünfediges Bruftbein, eine Zahnreihe an jedem Finger der Kieferfühler, 2 over 3 Hauptjeitenaugen, 1 oder 2 Nebenjeitenaugen bilden die allen gemeinfamen Merkmale. Bei einigen amerifanifhen Arten find die Hände der Scherentafter jpindelförmig, nicht breiter als hoch, das Bruftbein doppelt jo breit als lang, die Hauptjeitenaugen zu zweien, die Nebenfeitenaugen einfach oder paarweife vor— handen. Cie bilden die Gattung Vaejovis, von der Koch drei Arten bejchreibt. Bei allen übrigen erjcheinen die Hände der Taftericheren breiter als hoch. Eine Anzahl von Arten hat nur zwei Hauptjeitenaugen, wie der längit befannte, dunfelbraune, am Bauche gelbe Mohren-Skorpion (Brotheas maurus). Er mißt nur 52 mm, gleicht in der Schwanz: bildung der auf ©. 684 abgebildeten Art, unterfcheidet fich aber, abgefehen von den bereits angegebenen Gruppenmerfmalen, durch Ddidere Hände der Echeren. Die Scheitelaugen vor der Mitte des Kopfbruititüdes, während fie bei dem ſehr ähnlichen Felfenjkorpion hinter ihr figen. — Auch der Hausſkorpion, karpathiſche Skorpion (Scorpio car- pathieus Linnés oder S. europaeus Latreilles), nebjt einer Art vom Himalaja (Scorpiops Hardwicki) und eine von Neuholland (Urodacus hollandiae) gehören hier: her. Der Hausjforpion mißt nur 35 mm, iſt rotbraun, an den Beinen, der Schwanzſpitze und unten gelb gefärbt und verbreitet fich über das ganze jüdliche Europa bis zu den Tiroler Alpen und Karpathen als nördliche Grenzen. Alle übrigen haben drei Hauptjeiten- augen. Sch erwähne außer dem größten aller, dem fehwarzen, 13 bis fat 16 cm mefjenden, in Afrika, Oftindien und den benachbarten Inſeln lebenden Felfenjforpion (Scorpio afer) nur noch den Gapenjer Sforpion (Opistophthalmus capensis), der wie alle jeine Landsleute für jehr giftig gilt. Er erreicht ziemlich) 8 cm Länge, ift matt röt- lichgelb, vorn bis zu den auffällig weit zurüdgerüdten Scheitelaugen ſowie auf dem breiten Hinterteile der Hände lebhafter und reiner gefärbt. Die Stirn iſt vorn breit rinnenförmig ausgehöhlt, jo dab der Vorderrand in der Mitte ausjchweift, an den Ceiten ftumpf ge: rundet erjcheint. Seine Oberfläche ift auf der lebhaft rot gefärbten Mitte glatt und glänzend, zwiſchen ihr und den Eeiten jehr rauh und dunkel durch Schwarze warzige Hervorragungen, wie die Kanten der Arme, der Hände und deren Finger. Mitten auf dem Rücken jedes \ Berihiedenfarbiger, Mohren:, Haus-, Feljenz 2c. u. Feldfforpion. Büderfforpion 687 Hinterleibsgliedes macht fi vom zweiten ab je eine abgebrochene Erhöhung bemerflich, während die Hinterränder etwas leijtenartig emporftehen. An der Unterjeite des Enotigen Schwanzes erheben ſich vom zweiten Gliede an außer je einer Geitenleilte drei dergleichen längs der Mitte. Alle Glieder, bejonders aber die Scheren tragen lange Hottenhaare. Diefe Art, durch die weit hinten ftehenden Scheitelaugen und die ſchön roten, von ſchwarzen Linien durchzogenen, ſtark behaarten Hände befonders auffällig, wird jehr ausführlid von Herbſt bejchrieben. Merkwürdigerweije paßt die Bejchreibung in allen Einzelheiten auf drei Stüde der Univerfitätsjammlung zu Halle, welche Burmeifter aus Brafilien mit: gebracht hat. Die dritte Gruppe (Centrurini) vereinigt folgende Merkmale: ein Eleines dreiecdiges Bruftbein von bedeutenderer Länge im Vergleiche zu jeiner Breite, deſſen Seitenränder fih nad) vorn nähern und dejjen Hinterrand ungeteilt ift, zwei Neihen von Zähnen am beweglihen, nur eine Neihe am unbeweglichen Finger der Kieferfühler, ein gerader Borderrand des Kopfbruftitüides, ein Dorn unter der Wurzel des Giftjtahhels, je drei größere Hauptjeitenaugen, eins oder zwei daneben und jpindel: fürmige Hände der Scherentafter. Hierher gehört unter anderen J der ſehr jchlanfe amerifanifhe Skorpion (Centrurus X americanus). Er ift in allen feinen Gliedmaßen dünn, auf graugelbem Grunde jhön Thwarzichedig und etwa 37 mm lang. Bon dunklerer Farbe und Fräftigerem Bau, aber gleichfalls jehr ſchlank, erjcheint der bis 105 mm meſſende Hottentotten- Sforpion (Centrurus hottentottus). Der auf ©. 684 vorgeführte Feldjforpion (Buthus occi- tanus), welden Herbſt auch unter dem Namen Scorpio tune- tanus bejchrieben und abgebildet hat, gehört der legten Gruppe (Androctonini) an, bei welcher ſich das kleine dreiedige Brujtbein vorn zujpigt oder abjtumpft, hinten ganzrandig verläuft, beide Finger der Kieferfühlerjchere mit je zwei Zahnreihen bewehrt, die Taſter— jcheren jpindelfürmig und die Atemlöcher groß find. An den Seitenrändern des vorn gerade abgejchnittenen Kopfbruftjtüdes ftehen je 3 Haupt: und außerdem noch 2 Nebenſeiten— augen. Die Körperfarbe bejteht bei der in Nede jtehenden Art in einem lichten Gelbrot, und 3 Kiele laufen über den Nücden des Hinterleibes, auf deſſen legtem Gliede ſich die beiden äußeren einander nähern. Ebenjo bilden Reihen perlenartiger Körnchen zierliche Figuren auf dem Rücken des VBorderleibes, befonders zwei von der geraden, leiltenartig aufgebogenen Stirn bogenförmig ausgehende, zwiihen den Scheitelaugen durchlaufende und fich dahinter in einem Bogen einigende, jo daß fie ungefähr die Gejtalt einer in der titte nicht gejchloffenen 8 bilden. Hinter den Ceitenaugen beginnt jederjeits eine andere Leifte, welche anfangs geradlinig nach hinten verläuft, fich in einem janften Bogen nad) innen wendet und dann abermals gerade bis zum Hinterrand geht. Die neueren Bear: beitungen haben wieder verändert, jo daß die Artennamen immer unficherer geworden find. Bücherſtorpion (Chelifer cancroides). Stark vergrößert. Hinfichtlih der großen Scheren erjcheint der Bücherfforpion (Chelifer can- croides) wie ein ungejehwänzter Skorpion, während er ohne jene in Anfehung der Größe, der Färbung und der allgemeinen Umrifje des ſtark flachgedrüdten Körpers an die Bett: wanze erinnert. Sein Hinterleib bejteht aus elf gleichlangen Ringen, das nur mit zwei Augen verjehene Kopfbruftftük erjcheint querfurdhig, das Tajterpaar der Unterkiefer als gewaltige Scheren, dagegen find die Kieferfühler verkfünnmert, nicht zum Kauen, jondern nur 88 Erfte DOrdn.: Gliederfpinnen; dritte u. vierte Fam.: Afterftorpione u. Sforpionjpinneu. (er) zum Saugen eingerichtet. Nicht nur der Mangel der Kämme am Grunde des Bauches und der Giftorüfen an irgend einer Stelle ihres Körpers unterjcheidet diefe Afterjforpione oder Familie der Chernetidae von den echten Skorpionen, fondern auch der allerdings noch nicht vollftändig unterjuchte innere Bau. Sie atmen nicht dur Lungen, jondern mittel Xuftröhren, welche von zwei jeitlichen Luftlöchern am erjten Hinterleibsringe als furze, weite Stämme ausgehen und fich durch den ganzen Körper fein veräjteln. Der Darm verläuft gleichfall8 nicht gerade, wie dort, jondern bildet vor dem ſackartig erweiterten Maft- darm eine Schlinge; überdies befigen die Afterjforpione Spinndrüjen, welche nahe bei den Geſchlechtsöffnungen am Bauche des zweiten Hinterleibsgliedes münden; fie jtehen in ihrem inneren Bau überhaupt den Milben viel näher als den Sforpionen, von denen fie bereits al3 bejondere Ordnung unter dem Namen Pseudoscorpionina getrennt worden find. = \ = — NW 3— — — II —3— MW — 4 I N SS : IIIUQ I Y — Geſchwänzter Fadenſkorpion (Thelyphonus caudatus). Natürliche Größe. Der Bücherſkorpion hält ſich in alten Häuſern, zwiſchen ſtaubigen Büchern, den Mappen von Herbarien und in den Kaſten der Inſektenſammlungen auf, den Staubläuſen, Milben ſowie anderen kleinen Inſekten nachgehend und mithin in letzteren durchaus keinen Schaden anrichtend, ſondern vielmehr des Hegens und Pflegens wert. Einen ſonderbaren Anblick gewährt es beim Offnen eines ſolchen Kaſtens, dieſes Tierchen in einem der Winkel umher— krebſen zu ſehen; denn es bewegt ſich rückwärts und ſeitwärts mit eben ſolcher Leichtigkeit wie vorwärts, telegraphiert mit ſeinen Scherentaſtern bald rechts, bald links und iſt gegen die ihn etwa fajjenden Fingeripigen volllommen wehrlos. Das Weibchen legt ungefähr 20 Eier. Sehr ähnliche, gleich große Ajterjforpione, welche unter Moos, Baumrinde 2c. im Freien vorkommen, gehören anderen Arten an, jo beijpielsweije der wanzenartigen Sforpion: milbe (Chernes cimicoides) mit fürzeren Echerentajtern, ovalem Hinterleib und ohne Augen, oder dem Nindenjforpion (Obisium muscorum oder O. corticale), bei Gejhmänzter Fadenfforpion. Langarmiger Tarantelfforpion. 689 welchem das Kopfbruftftücd feine Querfurche, aber vier Augen zeigt, der zarte Körper ſchwarzbraun erglänzt, lichter an den Fangarmen und beinahe weiß an den Beinen, und andere mehr. Syn gleicher Weiſe lebend find ähnliche Arten über die ganze Erde verbreitet und famen bereits in untergegangenen Cchöpfungsperioden vor; denn man findet der— gleihen nicht ſelten al3 Bernſteineinſchlüſſe. Einige höchſt intereffante Formen, von denen man leider nicht viel mehr als eben diese, und zwar ſchon länger fennt und früher unter dem Gattungsnamen Phalangium zufammen: gefaßt hat, fommen in den heißen Ländern beider Erdhälften vor und jollen hier nicht mit Stillihweigen übergangen werden. Der geſchwänzte Fadenjforpion (Thelyphonus caudatus, Abbild. ©. 688) oder der geſchwänzte Weibertöter, wenn der wiljenfchaft- liche Name verdeutſcht wird, möge die eine diefer Formen vergegenmwärtigen. Das dunkelrot— braune Tier von 32 mm Körperlänge fommt auf Java vor und wird ſamt feinen Gattungs- genofjen in anderen Ländern wegen feines Stiches gefürchtet. Derfelbe kann indes nur mit den zweigliederigen, wie bei unjeren Spinnen in eine Klaue auslaufenden Kieferfühlern aus: geführt werden, da der Öiftftachel am Ende des Schwanzes fehlt, dieſer vielmehr eine P_ SA J Stinkdrüſe beſitzt. Die Unterkiefertaſter FF INA treten hier als äußerſt gedrungene, kräf— N ? RE tige Arme von der Länge des Kopfbruſt— \ jtüdes auf, welche fih am Echenfelhals nach innen zadig erweitern, am Schenfel- teil einen einzelnen fräftigen Dorn tragen und in dide, kurze Scheren endigen; ihr Wurzelteil, die Kinnladen, find mitein- ander verwachſen. Das zweite Kiefer: tafterpaar, obſchon Beinen ähnlich, it bedeutend länger und dünner als dieſe und läuft in achtringelige Füße aus. Der eiförmige Kopfbruſtteil tragt acht Augen, Langarmiger Tarantelſkorpion (Phrynus lunatus). von welchen ziper wie bei den Storpionen Natürlihe Größe. a Vergrößerte Anordnung der Augen. den Scheitel, je drei den Eeitenrand ein- nehmen, und mit nur ſchwacher Einihnürung fügt ſich ihm der fajt ebenfo geitaltete, zwölf— ringelige Hinterleib an, deſſen drei legte Glieder fich zapfenartig verengern und einen ge- gliederten Faden ausjenden. Wenn jo die äußere Erjheinung die Skorpionähnlichkeit nicht verleugnet, fo laſſen die inneren Organifationsverhältniffe diejelbe noch mehr hervortreten. Am Grunde des hier platten Hinterleibes zeigen fih nämlich zwei Luftlöcherpaare, welche die Ausgänge für ebenjo viele Lungenſäcke bilden, dagegen fehlen hier wie bei der folgenden Gattung und abweichend von den Skorpionen die Nervenknoten im Hinterleibe. Aus dem großen VBorderleibsfnoten gehen zwei Hauptitränge nach dem Hinterleibe, weldhe nur am Ende zu einem Eleinen Knoten anjchwellen. Bon Betragen und von der Lebensweije diejer Sforpione, deren eine Art in Merifo und noch einige ſehr ähnliche im heißen Aften heimaten, it nichts befannt geworden. Der langarmige Taranteljforpion (Phrynus lunatus) vergegenmwärtigt die andere, ſchon mehr jpinnenartige Form. Auch hier treten die zweiten Kiefer als lange Geißeln auf, das erſte Paar als längere oder Fürzere, mehr oder weniger bedornte Arme, Brehm, Tierleben. 3. Auflage IX. 44 690 Erjte Ordnuna: Gliederfpinnen; fünfte Familie: Afterfpinnen. welche in eine einfache Klaue auslaufen. Zwilchen dem die Kinnladen bildenden Wurzel: teil beider Arme fteht ein beweglicher Kinndorn, die Kieferfühler enden gleichfalls in eine einfache Klaue und bergen wahrjcheinlich die Giftdrüſen. Am beinahe nierenförmigen Kopf: bruftftücd verteilen fich die Augen, wie die vergrößerte Figur zwiſchen den Geißeln anzeigt. Dadurch, daß der elfgliederige Hinterleib vorn eingeſchnürt ift, entiteht die Spinnenähnlich: feit in der Körpertradt. Die Phrynen atmen jedoch gleichfalls durch Lungen, welche an der Bauchwurzel in vier Luftlöcher münden, und die Weibchen gebären lebendige Junge, wodurch ſich die nähere Verwandtſchaft mit den Skorpionen befundet. Bei der hier ab- gebildeten fahl braungelben Art, welche in Surinam lebt, ift der Schenfelteil der Scheren- arme bedeutend länger als der entiprechende an den Beinen und unbewehrt, der Schienen: teil fajt ebenjo lang und vor der Spige mit drei jehr langen Dornen verjehen. Un: begreiflicherweife bildet Gervais diefe Art unter dem Namen Phrynus reniformis ab und verweilt dabei auf eine andere Abbildung von Herbſt, welche aber bewehrte Arme hat und der jeinigen nicht im entfernteften ähnlich fieht. Unjere Art wurde 1872 lebend in der Schrammſchen Farbenfabrif bei Offenbach aufgefunden, wohin fie au$ San Domingo mit Blaubolz eingefchleppt worden war. Die anderen Arten unterjcheiden fich hHauptjächlich durch die Bildung der kürzeren, ftärker bedornten Arme der Kiefertafter und erjcheinen der fräftigen Dornen wegen noch drohender. Der Zahl nad) ſind es etwa 20, die man auf vier Gattungen verteilt hat. Die Phryniden und Telyphoniden hat man mit den fühlerartig verlängerten Vorder: beinen, den Klauenkiefern und dem 11—12gliederigen Hinterleib als gemeinjamen Merk— malen zu einer Ordnung, den Sforpionjpinnen oder Geißeljforpionen (Pedi- palpi), zufammengefaßt. Wenn die bisher beiprochenen Spinnentiere faſt ausjchließlih nur dem Süpdländer und den Bewohnern heißer Erdftriche im Freien zu Gefiht fommen und als Nachtwandler auch diefen nur ausnahmsweije und zufällig, jo bilden die jeßt zu bejprechenden, weniger versteckt lebenden die über die gemäßigten Erdgürtel und über ganz Amerifa ausgebreitete Familie (Ordnung) der Afterfpinnen (Phalangidae oder Opiliones). Die ungemein lang= und dünnbeinigen Tiere, weldhe in Deutſchland nicht minder wie in den nördlichen und füdlichen Teilen Europas und in Nordamerika ihren kleinen eirunden und gegliederten Leib in der Schwebe tragen, wenn fie an einem Baumftamm, einer Mauer, auf dem Boden entlang friechen, denjelben aber mit dem Bauche auflegen, wenn fie mit lang ausgejtredten Beinen der Ruhe pflegen, kennt jedermann, wenn nicht unter diefem, jo doch unter jenem Namen, wie Weberfneht, Kanfer, Schneider, Schuſter, Geift, Tod, Faucheur der Franzofen, und anderen. Die Buben erzählen fich von ihnen, daß der Rumpf ſüß ſchmecke wie eine Nuß, und es fehlt nicht an lüfternen, welche den Verſuch machen und ihren Kame: raden die VBerfiherung geben, daß die Sache ihre Nichtigkeit habe. Dabei erfahren ſie auch, daß die langen, dünnen Beine vom fleifchigen Hüftteil jehr leicht abfallen und ſtunden— lang nachher noch frampfhaft zuden, al3 wenn immer noch Leben in ihnen wäre. Man jieht die Tiere bei Tage in dunfeln Winfeln der Häufer, aber auch draußen im Freien allerwärts und eben nicht jehr verftedt fißen, fich auch träge wie auf Stelzen fortbewegen; doc erjt mit anbrechender Nacht erwachen fie aus ihren Träumereien, treiben allerlei Kurz weil, ſich gegenjeitig nedend, mit den Beinen ineinander veritridend, eins das andere von jeinem Plage herabwerfend, hauptjächlich aber juchen fie jegt Kleinere Snfekten und Spinnen zur Nahrung auf. Wie eine Kate jpringt der Echneider auf die Beute und verarbeitet fie Ihnell mit jeinen Mundteilen. Nah Gödarts Anficht dauert es drei Jahre, bevor die aus Weberfneht. Eis-Kanker. 691 den weißen Eierhen entjchlüpften Weberfnechte ihre vollfommene Größe, und zwar unter wiederholten Häutungen, erlangt haben. Die Kälte jcheint fie wenig zu belältigen, denn man findet fie hoch oben auf den Bergen, ja in den Schweizer Alpen beobachtete man den Eis-Kanker (Opilio glacialis) in einer Höhe von 3344 m. Die Tiere wurden früher mit den vorherbejprochenen unter dem Gattungsnamen Phalangium vereinigt, jpäter trennte man fie, die einen unter Beibehaltung des Namens, die anderen unter dem Gattungsnamen Opilio, welcher in neueren Zeiten nicht für ausreichend befunden wurde, und für gewiſſe Arten noch andere neben ſich erhielt. Die Weberfuechte, für die wir den Herbſtſchen Namen Opilio feithalten wollen, ftimmen in folgenden Merkmalen überein. Strahlenförmig von den langen Beinen umgeben, zeigt der feilte Körper, welcher am Kopfbruftitüc etwas uneben it, die Eiform, aber nicht immer deutlich die ſechs Ninge am gewölbten Hinter: leib. Die Natur hat ihn in manchen Beziehungen etwas ftiefmütterlich ausgeftattet: nur zwei Augen ftehen jo ziemlich in der Mitte des Kopfbruftjtüces, zwei unter den Hüften der hinterften Beine gelegene Luftlöcher bilden die ein- zigen Ausgänge für die Luftröhren, durch welche hier das Atmen bewirkt wird. Die dreigliederigen Kieferfühler hängen vor der Mundöffnung herunter und endigen in eine Eleine Schere; die Kiefertaiter bejtehen aus jechs fadenförmigen, nit bedornten Gliedern, von denen \\ das erjte an der Außenfeite der Kieferfühler eingelenkt IST it, das leßte in eine feine Kralle ausläuft, wie das bein: förmige nächſte Kieferpaar. Diejes und die echten Beine erreichen eine Länge, wie bei feinem zweiten Gliederfüßer, und obſchon fie in 10—15 haarfeine Fußgliever aus: gehen, enthalten fie als Tajtwerkzeuge zahlreiche Nerven, wie auch das ftundenlange Zucken der vom Körper ge trennten Beine beweilt. Sie alle find fleiſchigen Hüften a angefügt, welche gedrängt hintereinander ftehen und deren Männden de trummbeinigen Gony— letztes Paar weder durch Dicke, noch durch breiteren Ab- ebtes a na BE ſtand voneinander vor den übrigen etwas voraus hat. Sm inneren Körperbau ſtimmen die Afteripinnen der Hauptjache nach mit den Spinnen überein. Bon den zwei Nervenfnoten über und unter dem Schlunde verfieht der leßtere, größere, die Beine und den Hinterleib mit Nervenfäden. Der im Vorderleib gelegene Magen jendet zahlreiche, blindjchlauchartige Fortjäße aus und zwar vom oberen Teile vier Reihen furzer, von den Seiten drei Baar langer, den ganzen Hinterleib durchziehender. Das Rückengefäß befteht aus drei Kammern und geitattet nur aus feinen zugejpigten beiden Enden dem Blute einen Ausweg. Wie bei allen Gliederipinnen öffnen fich auch hier die Gejchlechtsteile an der Wurzel des Bauches, und das Männchen befigt die Eigentümlichkeit, ein zapfenfürmiges Organ herausftülpen zu können, das Weibchen eine lange Legröhre. Die Forſcher unterſcheiden etwa 250 Arten und verteilen fie auf mehr denn 50 Gattungen. Das mit obigen volfstümlichen Namen belegte Tier (Fig. 4 auf ©. 709) wurde von Linné Phalangium opilio, von Herbjt Opilio parietinus genannt, mißt im grauen oder graugelben Leibe reihlih 5 mm, trägt an Hüften, Schenfeln und dem Kopfbruftitück feine Dörnchen und ift unter anderen Mafjenvertilger der Schildlaus Chermes coccinea auf Fichten. Eine ſehr ähnlihe Art, von manden für das Männchen der vorigen gehalten, ift der Opilio (Cerastoma) cornutus, ausgezeichnet durch einen hornartigen Anſatz hinter der Scherenmwurzel der Kieferfühler. Noch zahlreiche ähnlihe Kanker leben in Europa und Amerika. 44* 692 Afterjpinnen. Zweite Ordnung: Webjpinnen. Andere Arten, von denen jedoch feine einzige in Europa vorfommt, zeichnen fich durch abgerücte Hinterbeine mit verdidten Schenfeln, breitgedrücdte Tafter ohne Stachelboriten und durch einen gegen den vieredigen Vorderleib jehr in den Hintergrund tretenden, Kleinen Hinterleib aus. Cie gehören der Gattung Cosmetus und einigen zunächjt verwandten an. Die jonderbariten Familienglieder weilt aber Südamerika in der Gattung Gonyleptes auf, wie der umftehend abgebildete Gonyleptes curvipes beweijt. Diejes „Krummbein“ ift im braunroten Numpfe ein faft ganz hartichaliges Kopfbruſtſtück; denn der Hinterleib wird von dieſem fo ziemlich vollftändig bededt; dichte, Lichtgelbe Körnchen und zwei Dörnchen auf dem Augenhügel in Form einer Gabel machen die Oberflähe rauh und bunt zugleich. Wie bei allen Gattungsgenojjen treten die verlängerten Hinterbeine weit auseinander, kommen aus ftarf verdicten Hüften und tragen fräftige Dornen, jedoch) nur beim Männden. Das Weibchen läßt faum eine Spur davon erkennen, dafür aber einige Ninge des Hinterleibes mit dornigen Warzen. Das „Krummbein“ ift in Brafilien und Chile zu Haufe, doch ſcheinen die zahlreichen Gattungsgenofjen ein nicht eben ausgedehntes Verbreitungsgebiet zu haben und vertreten in demfelben durch ihre Lebensweiſe unjere Weberfnechte, jedoch jeltener in den Häufern vorfommend wie diefe. Als nächtliche Tiere halten fie ſich bei Tage hinter Baumrinde, unter gefüllten Stämmen, in Erdlöchern und ähnlichen Berfteden der Finiter: linge auf, wo fie auch andere Gefinnungsgenofjen finden, welche ihnen zur Nahrung dienen. Man trifft fie dafelbjt zu kleineren Gefellichaften vereinigt, jo daß auch fie einen gemwiljen Gejelligfeitstrieb an den Tag legen. Zweite Ordnung. Die Webfpinnen, echten Spinnen (Araneina). Das tüdische Lauern auf Beute in einem verborgenen Hinterhalt und das gegen jeitige Befeinden, befonders der Weibchen und Männchen, welches ſprichwörtlich geworden it, jo daß „Ipinnefeind“ den höchſten Grad der Leidenſchaft zwijchen zwei Menfchen an— deutet, charakterifieren jene Keinen Finfterlinge, welche man Spinnen nennt. Dieje beiden Charafterzüge jo wenig wie ihre äußere Erjeheinung fünnen fie dem Menfchen lieb und wert machen. Man flieht und verabjcheut fie vielmehr, jedoch mit Unrecht und aus Vor: urteil. Wenn ich jegt verjuche, als ihr Lobredner aufzutreten, jo werde ich zum Teil nur dem Grundjag gerecht, welchen mich meine unvergeßlihe Großmutter lehrte, als ich noch ein Knabe war. Diejelbe ging von der Anficht aus, daß man dem Menjchen und vor allem dem Kinde jede unbegründete und darum alberne Furcht vor Ammenmärchen und bejonders auch vor dem Eleinen Geziefer nicht nur dur Belehrung, jondern auch durd) das Beijpiel benehmen müſſe. AS fie einft mein Entſetzen und die Außerung desjelben nach Kinderart bemerkte, welches eine am äußerjten Zipfel meines langen Hausrodes ligende, feilte Kreuzjpinne hervorgerufen hatte, jchalt fie mich nicht nur tüchtig aus, ſon— dern juchte mir zugleich das Thörichte meines Benehmens begreiflich zu machen. Sie nahm eins dieſer Tiere, die fih an der einen, rebenumrankten Wand des alten, ſchon einmal erwähnten Pfarrhauſes zahlreich angefievelt hatten, in ihre Hand, um mir feine Unſchäd— lichkeit darzuthun, wies mich auf das kunſtvolle Nejt desjelben und auf jeine Jagd nad) läjtigen, den reifen Trauben jpäter nachteiligen Fliegen hin und jegte es dann wieder an Krumbeiniger Gonyleptes. Webfpinnen: Allgemeines. 693 feinen Bla. Möchten doch alle Erzieher und Erzieherinnen in diefem Sinne wirfen, und die aus Albernheit und Unkenntnis nervenüberreizten Naturen, welche beim Anblid einer Raupe, eines Maifäfers 2c. in Krämpfe fallen wollen, würden ſeltener fein, als fie heutiges- tags leider noch find! Troß ihrer rauhen und abſtoßenden Außenfeite, troß einiger unangenehmer Eigen: Ichaften, mit denen fie jedoch den Menjchen Feineswegs zu nahe treten, bieten die Spinnen nicht weniger im Körperbau, als in ihren Lebenseinrichtungen des Snterejjanten genug, um fie der Beobachtung wert und den übrigen Gliederfüßern ebenbürtig ericheinen zu lajjen, was ſelbſt ſchon von den Alten anerfannt worden ift. Nach einer griechiichen Sage hatte Arachne, die Tochter des Burpurfärbers Idmon, von Ballas: Athene die Kunft des Webens erlernt und ſich erfühnt, ihrer göttlichen Lehrmeijterin einen Wettitreit anzubieten. Umfonft mahnte die Göttin in Geftalt einer alten Frau davon ab. Der Wettjtreit be: gann, und Arachne fertigte ein Funftreiches Gewebe, welches die Liebesgejchiehten der Götter darjtellte. Athene, hierüber erzürnt, zerriß das Gewebe, und Arachne in ihrer Verzweif— lung erhing fih. Die Göttin gab ihr zwar das Leben zurüd, aber in der Gejtalt — der Spinne, damit fie nad) Belieben hängen könne. König Salomo empfahl feinen Hofleuten die Spinne al3 ein Vorbild des Fleißes, des Kunjtlinnes, der Klugheit, Enthaltjamkeit und Tugend. Auch Ariftoteles, der ältefte Naturforjcher, jchenkte den Spinnen jeine Aufmerkſamkeit und erzählt von ihrer Entjtehung, Ernährung, Paarung, ihren Geweben und Feinden. Es fei ein Zeichen von Trübfinn, Weichlichkeit und Schwäche, ſchrieb Moufet im Sahre 1634, die Spinne zu verabjcheuen, und eine nicht geringe Geiſteskrankheit, ihre Ihönen Werfe zu verachten und vor dem Anblid einer ſo geſchickten Weberin zu ſchaudern. Der äußere Bau ift jo weit befannt, daß jedermann beim Anblid der acht Beine, des in einen Vorder- und Hinterleib zerlegten, nicht weiter gegliederten Körpers eine Spinne vor fih zu haben gewiß ift. Auf der Oberjeite des Kopfbruftftüdes jtehen gleich gefaßten Perlen die einfahen Augen. Man hat auf ihre Anzahl, gegenjeitige Stellung, Entfernung, Größe und Richtung genau zu achten, wenn man die vielen Oattungen unter: ſcheiden will. Die Zahl der Augen beträgt bei den meilten Spinnen acht, es kommen jedoch auch ſechs, in ſeltenen Fällen zwei und bei einigen Höhlenbewohnern (Anthrobia mammuthica, Stelita taenaria, Hadites tegenarioides) gar feine vor. Die Kieferfühler bejtehen aus einem fräftigen, an der Innenſeite gefurchten Grundglied und einem klauen— förmigen, einjchlagbaren Endglied, welches gleich dem Giftzahn der Schlangen durchbohrt ijt. Zwei Giftdrüjen in Form längliher Blindſchläuche (Hehe Fig. 6, S. 694) ergießen beim Bifje mit jenen Klauen eine ſcharfe Flüjfigkeit in die Wunde. Die Kiefertafter bejtehen aus ſechs Gliedern und bilden in ihrem Grundteil, wie bei den Skorpionen, den Unterkiefer ſelbſt. An diefen Tajtern kommt die eine Eigentümlichfeit der ganzen Ordnung zur Ent- widelung. Beim Weibchen enden fie jtetS in eine gezahnte oder ungezahnte Kralle, nur jehr jelten beim Männchen, wo ſich das Endglied vielmehr allmählich Eolbenartig verdickt und mit einer halb duchlichtigen Flüffigkeit im Inneren erfüllt. Nach der vorlegten Häu— tung entftehen hier die verjchieden geftalteten Übertragungswerkzeuge de8 Samens und treten nach der legten durch Spaltung der äußeren Haut zu Tage. An dieſer Umwand— lung nimmt das vorhergehende Glied durch Anja von Borſten, Stacheln, Zähnchen und anderen hornigen Gebilden mehr oder weniger Teil. Welche Bewandtnis e3 mit dem eben genannten Werkzeug hat, wird gleich gezeigt werden. Das nächte Kieferpaar endigt wie die eigentlichen Beine in zwei fammartig gezahnte Klauen, nimmt aud im übrigen voll fommen die Gejtalt jener und Teilung in jieben Glieder an, jo daß man es als Beine bezeichnet und den Spinnen ohne weiteres acht Bewegungswerkzeuge zufpricht. Wie fich aus Figur 7 ergibt, fteht am Grunde der beiden großen noch eine ebenjo gebildete Eleinexe, 594 Zweite Ordnung: Webſpinnen. die jogenannte Vor- over Afterflaue; welche nur gewifjen Spinnen fehlt. Am Grunde des durch ein Furzes Stielchen mit der vorderen Körperhälfte zufammenhängenden Hinter: leibes befinden fich zwiſchen den Luftlöchern für die Lungenjäde die Gejchlehtsöffnungen, welche bei den Weibchen als Querjpalte die queren Luftlöcher miteinander zu verbinden pflegen. Unmittelbar vor dem etwas röhrenförmigen After tritt in dem wunderbaren Spinn= werkzeug die zweite Eigentümlichfeit der ganzen Ordnung auf. In ſehr mannigfaltig geformten, zwijchen den Eingeweiden verjchiedenartig gelagerten Drüjen, deren es nad) von Siebold fünferlei gibt, entwidelt ſich eine Flüffigfeit, welche unter Zutritt der Luft zu einem zähen, trodenen oder Elebrigen Faden, wohl auch zu einer Art von Firnis erhärtet, 7, VI Kreuzſpinne (Epeira diadema): 1) Weibden, 2) Männden, 3) einzelnes Spinnröhrhen, 4) Spinnwarzen, 5) Kiefer⸗ klauen und Augen, 6) aufgeſchnittener linker Kieferfühler, um den Eintritt in die Giftdrüſe zu zeigen, 7) äußere Spitze eines Fußes, 3—7 ftark vergrößert. in ähnlicher Weife wie der aus der Unterlippe der Schmetterlingsraupen heraustretende Seidenfaden. Hier kommt aber der Spinnftoff aus zahlreichen mikroſkopiſchen Löcherchen, mit denen die jogenannten Spinnwarzen (Fig. 4) wie ein Sieb überfät find. Meift finden jich jech8 Jolcher Warzen und zwar paarweife, zwei vorn, zwei hinten und die beiden leßten jeitwärts, aber auch weniger an Zahl und verſchieden an Geftalt vor; durch die Mustfel- kraft können fie vor: und rückwärts, ein: und auswärts gewendet, hervorgepreßt und ein: gezogen werden. Bei manchen Spinnen gibt es ein Baar mehrgliederige, wie Schwänzchen über die Leibesjpite hinausftehende Spinnwarzen, welche wahrscheinlich bei der Anordnung der Fäden eine Rolle jpielen, aber ſelbſt feine von fich geben. Die wahren, eigentlichen, fegelförmigen oder cylindriſchen Spinnwarzen beftehen aus einem größeren unteren, von einem Hornring umfaßten und behaarten Teile und einer etwas gemwölbten Oberfläche, die wie eine Bürjte mit einer großen Menge eigentümlich geformter Spiten, den Spinn: boriten oder Spinnröhren, bejegt find. Diejelben ftehen häufig in fich einfchließenden Jüngen oder auch unregelmäßig, die größeren mehr vereinzelt, und bilden die Ausgänge für die Spinndrüfen, „das Sieb”. Wie fie in Weite und Anordnung abwechjeln, jo auch Hußerer und innerer Körperbau. Lebensweiſe. 695 in der Anzahl nicht nur bei den verichiedenen Spinnenarten, jondern auch an den ver: ſchiedenen Warzen einer und derjelben Art. Plan findet in den Büchern nah Neaumurs Berechnung, welche fih auf die irrige Annahme der Gleichheit aller Warzen gründet, die Anzahl viel zu hoch angegeben. Nah Blackwalls Unterfuhungen erreicht fie bei Kreuz fpinnen in ungefähr 1000 ihre größte Summe; Tegenaria hat nur 400, Pardosa saccata nicht volle 300, Segestria senoculata faum 100, und manche Eleinere Art noch weniger. Auch darf man nicht meinen, daß bei Bereitung eines Fadens ftets alle Spinnröhren in Thätigfeit find; die Spinne hat es vielmehr in ihrer Gewalt, einzelne oder mehrere der: felben wirfen zu lafjen, je nachdem der Faden diejem oder jenem Zwecke dient. Die Chitinbedefung des Spinnenkörpers zeigt jehr verſchiedene Härtengrade, bei unjeren heimijchen Arten im allgemeinen mehr Weichheit al3 bei manchen ausländijchen, unter welchen jehr hartjchalige vorfommen; immer aber find die Nüdenplatte und das Bruftbein nächſt den Klauen das Feltefte am ganzen Körper. Ein dünnes oder dichtes Kleid längerer und borftiger oder fürzerer, jamtartiger Haare, bisweilen auch Stadeln, bedecken die Oberfläche und tragen oft nicht wenig zum abjchredenden Ausjehen der Spinne bei. Die durchſchnittlich düſteren, jedoch auch nicht ſelten Lichteren und bunten Farben und Zeichnungen eignen fich wenig zu Unterjcheivungsmerfmalen, weil fie bei einer umd derjelben Art, befonders je nach dem Alter, jehr unbejtändig auftreten. Was den inneren Bau anlangt, jo jei nur in der Kürze noch folgendes bemerft. Über dem Schlunde liegt das aus zwei Nervenfnoten verſchmolzene Hauptganglion, welches Fäden nach den Augen und Kieferfühlern entjendet. Das Bauchmark beiteht aus vier Knoten, welche die übrigen Gliedmaßen verforgen und zwei größere Fäden nad) dem Hinter: leib abgeben, die fih um Eingeweide, Gejchlechtsteile und Atemmerkzeuge ausbreiten. Dieje legteren geftalten fich mannigfaltiger al3 man urjprünglih annahm, und bei den verjchiedenen Arten immer wieder anders, jo daß eine Einteilung in Zungenfpinnen und Tracheenſpinnen, wie jie Zatreille anfangs vorſchlug, unhaltbar geworden ijt. In den meiften Fällen finden fich neben den Lungen auch noch Luftröhren, weshalb man geneigt iit, jene als bejondere Umgejtaltungen diejer anzujehen und mit dem Namen der „Fächer: tracheen” zu bezeichnen. Diejelben öffnen fi vorn am Bauche in zwei jchrägen Schligen, deren Vorderrand wulftig verdidt ift. Beide Fächertracheen find durch ein Band verbun- den, an welches fih Muskeln anjegen. Die Bujchipinnen haben noch ein zweites Lungen: paar, deren Ausgänge hinter dem erjten Paare liegen, während bei allen übrigen Spinnen außer dem erften Paare noch Luftröhren vorkommen, welche entweder ohne Veräſtelungen bis in die äußerften Enden des Körpers, in die Beine, Kiefer, Tafter, Muskeln büſchel— artig einlaufen, oder baumartig veräftelt bei den Thomijiven, und fi in zwei getrennten Zuftlöhern, häufiger jedoch in einer gemeinfamen Querjpalte, vor den Spinnwarzen nad augen öffnen. Als von Kerfen jeglicher Art lebende NRaubtiere Fönnen die Spinnen jo wenig wie andere Räuber gejellig verkehren, ſondern müfjen ſich vereinzeln und unter Umjtänden einander befriegen. Livingftone fand zwar in Südafrika eine Art in zahlreicher Gefell- ichaft und ihre Nefter in jo bedeutender Menge beifammen, daß das Gejpinit einen Baum: jtamm, oder die Zweige einer Hede volllommen unfihtbar machte. Auch Darwin erzählt von einer großen, ſchwarzen Kreuzipinne mit rubinroten Fleden auf dem Nüden, welche in bedeutender Anzahl nahe bei Santa FE Bajada in den La Plata-Staaten gejellig lebe, indem fie, wie alle Kreuzipinnen, ihr Net jenkrecht baue, in einer Entfernung von etwa 63 cm eine zweite das ihrige 2c., aber alle dasjelbe an gewilje gemeinjame Fäden von großer Länge anlegen. Auf diefe Weife fand Darwin die Spigen einiger großen Ge- büjche von ihren vereinigten Negen umgeben und konnte dabei feine Verwunderung über 096 Zweite Oronung: Webipinnen. diejes, von Spinnen nicht zu erwartende freundnahbarliche Beilammenfein nicht unter: prüden. Wenn man indejjen bevenft, daß in jenen an SKerfen reichen Gegenden die Spinnen auch bei engerem Zufammenwohnen vor dem Hungertod gefichert find, und daß jich bei uns zu Lande an günjtigen Stellen die Nejter anderer Arten bisweilen auch jehr anhäufen, jo braucht in dieſer Erjcheinung noch nicht einmal eine Ausnahme von der neiiichen Spinnennatur erfannt zu werden. Die Spinne gehört zu den armen Webern und arbeitet wie dieſe, um fich den Lebens— unterhalt zu erwerben, muß aber mit dem Rohſtoff Iparfam zu Werke gehen, weil diejer ihr bei quter Kojt reichlich, bei Färglicher nur jehr ſparſam zufließt und der Faden, der einmal aus dem Leibe heraus it, nicht wieder in denfelben zurüdgezogen werden Tann. Manchmal möchte es zwar jo jcheinen, wenn fie nämlich an einem Faden in die Höhe Eettert, und Ddiejer dabei immer kürzer wird, allein fie widelt ihn nur auf und nimmt ihn an den Beinen mit ſich fort. Wie von den verjchiedenen Welpen eine jede die Baus kunſt in anderer Weije betreibt, jo und noch weit mehr gehen die Spinnen in Bezug auf ihre Webereien auseinander. Die einen, wie die allbefannte Kreuzjpinne, fertigen ein Rad, die anderen, wie die gemeine Hausſpinne, dichtere Gewebe, noch andere Nöhren, Säde ıc. an, und man hat ihnen hiernach Namen wie Nad:, Neſt-, Sack-, Röhrenſpinnen und andere beigelegt. Neben jolchen Spinnen gibt es aber zahlreihe andere, welche gar feine Fall: jtridde auswerfen, um ihre Beute damit zu fangen, ſondern frei an geeigneten Ortlich— feiten derjelben auflauern und gewiljermaßen in ehrlicherem Räuberhandwerk duch Nach- laufen over im Sprunge ihr Schlachtopfer erhajhen. Eine andere Anwendung, welche die Spinnen von ihrem Spinnvermögen machen, bejteht darin, daß fie fih an den Fäden herablafjfen und fie jomit als Mittel zu einer Ortsveränderung verwerten; ja, mande Arten fliegen an ihnen an ſchönen Herbittagen weit fort durch die Luft, wovon jpäter noch einige Worte. Alle aber ohne Ausnahme, jofern fie Weibchen find, verwenden den Spinnftoff zum Schuße der Gier, weil fie, die ſonſt graufamen Gejchöpfe, in der Mutter: liebe den zärtlichiten Kerfen nicht nur nicht nachſtehen, jondern in diefer Hinficht als wahres Muſter aufgeftellt werden können. Menge, welcher das Eierlegen in zwei Fällen genauer beobachtete, jchildert es der Hauptſache nach in folgender Weile. Wenn eine Mutter fühlt, daß ihre Zeit gekommen ift, jo bereitet fie ein halbrundes Neftchen aus Fäden, entweder frei liegend, wie die Zaufjpinnen, oder an dem Gewebe, oder an einem anderen ihr geeignet erfcheinenden Orte. Wenn das Neftchen fertig ijt, legt fie ſich mit dem Hinterleib über dasjelbe, und alsbald dringen die Eier aus der Scheidenöffnung am Grunde jenes wie in einem Gufje hervor, ein rundliches Häuflein bildend. Nach wenigen Augenbliden der Ruhe zieht fie einige Fäden, doch merkt man den unficheren Bewegungen hierbei an, daß es noch nicht in ihrer Abficht liegt, die ſchützende Dede über das Ganze zu weben, daß fie vielmehr noch andere wichtige Dinge vorhabe. Wlöglich legt fie den Bauch wieder über die Eier und überfchüttet fie aus der Scheidenjpalte mit einer Haren Slüffigkeit, welche jogleich von den Eiern aufgejogen wird, ohne das Gewebe zu benegen. Der Körperinhalt der Eier hat fich hierdurch auf einmal jo vergrößert, daß diejelben nicht mehr Blag im Leibe der Mutter haben würden. Menge it der Anficht, daß die Flüfjig: feit aus den um dieje Zeit ſtark ausgedehnten Samentajhen komme, mit dem männlichen Samen vermijcht jei und auf dieje Weije erjt die eigentliche Befruchtung bewirkt werde. Zunächſt bleibt die Spinne regungslos und abgemattet über den Eiern liegen, dann aber ſchließt ſie durch ein Geſpinſt das Nejtchen volljtändig. Dieſe ſchützende Hülle ift nur ein: jach, aber jehr dicht bei den Laufjpinnen, bejteht aus zwei in der Mitte lofe zuſammen— hängenden Halbfugeln und wird, durch einige Fädchen unterhalb des Leibes befeitigt, von der Diutter mit umbergetragen; nur wenige graben eine Erdhöhlung, in welder fie bis Lebensweife. 697 zum Ausfchlüpfen der Jungen zubringen. Auch mehrere Arten der Netzſpinnen fertigen fugelrunde Giernefthen an, melde fie an einen ficheren Ort aufhängen und bewachen, oder mit fih herumtragen. Alle dieſe werden vorzugsweije mitten im Sommer gelegt und ſchlüpfen, begünftigt von Wärme und Feuchtigkeit der Luft, nah 3 oder 4 Wochen aus. Die Springjpinnen, Sad-, Trichter und Radſpinnen legen ihre Eier größtenteils im Spätfommer und bringen das meift flach gewölbte, auch halbrunde Neftchen zur Über- winterung an geſchützte Stellen. Bon diefen Spinnen überwintern ausnahmsmeije einzelne, die ihren Lebenszwed noch nicht erreicht Haben, während von den anderen die noch nicht erwachjene Brut an den gewöhnlichen Berfteden den Winter in Eritarrung zubringt. Degeer, welcher daS Ausſchlüpfen der Eier beobachtete, hatte nicht Unrecht, wenn er meinte, die Eifchale jei die erjte Haut der jungen Spinne und das Ausihlüpfen aus dem Ei deren erſte Häutung; denn mit der Entwidelung des EmbryoS ift zulegt der In— halt des Eies und feine Schale die kleine Spinne jelbit. Sie fann fih aber noch nicht rühren, weil fie von der umjchließenden Eihaut beengt wird. Dieje reift zulegt auf dem vorderen NRüdenteil durch wiederholtes Zufammenziehen und Ausdehnen, und der mit einer neuen Haut überzogene Kopf nebjt den Augen wird fichtbar, bald nachher der ganze Vorder: förper jamt den Beinen, bis zulegt durch fortgejeßte Erweiterung des Nijjes fi) auch der Hinterleib befreit. Er umfchließt den noch übrigen Eidotter. Die neugeborne Spinne iſt noch ſchwach und ftarr, ftredt ihre Beine und Tafter von fich, bewegt ſich aber jonjt nur wenig und kann weder jpinnen, noch freſſen; denn die Werkzeuge dazu find mit Haut überzogen; ſonſt vollftändig entwidelt, Tann jie ihre Wiege nicht eher verlafjen und ver Nahrung nachgehen, bis fie eine vollitändige Häutung beſtanden hat, welche nach einigen, höchitens 8 Tagen erfolgt und von dem größeren oder geringeren Wärmegrad in der Luft abhängt. Bis zu diejer legten Arbeit, welche ihr daS volle Leben geben joll, liegt fie unbewegli mit ausgeftredten Beinen. Set zieht fie das Kleid aus und ruht kurze Zeit, um die dabei aufgewandten Kräfte wieder zu jammeln. Ginige Stunden jpäter jpaziert fie munter umher, jpinnt Fäden und beginnt ihr Näuberhandwerk. Unter wieder: holten Häutungen wachſen die Spinnen nun ziemlich raſch, wenn nicht der Winter einen Stillitand gebietet. Wie oft das Kleid gewechjelt wird, läßt ſich ſchwer ermitteln, weil jichere Beobadhtungen nur an gefangenen Spinnen angejtellt werden können, die meijten aber in der Öefangenjchaft bei der reichlichiten Nahrung zu Grunde gehen, wenn fie die jelbe nicht genau in der Weiſe erlangen können, wie es einer jeden ihrer Natur nad) in der Freiheit beliebt. Im allgemeinen nimmt man an, daß mit der vierten Häutung das Wahstum vollendet jei, aljo auch die Wiedererzeugung einzelner verloren gegangener Glieder ein Ende nehme. Der eigentliche Hergang bei der Begattung iſt gleichfalls noch nicht vollkommen auf: geklärt. Die auf Beobachtungen gegründeten Ermittelungen bejtehen der Hauptjache nad) in Folgendem. Wenn fih das Männchen begatten will, jo nähert es ſich mit großer Vor: ficht und jehr allmählich dem Weibchen, um zu prüfen, ob diejes jeine Lieblojungen freund: li) annehme oder feine Perſon als fetten Bifjen anjehen und verjpeifen möchte. Dadurch), daß es ſich mit dem Bauche nach oben gefehrt aufhängt, gibt das Weibchen feine freund: lihen Gejinnungen zu erkennen, infolgedejjen das Männchen herankommt und jchnell hintereinander abwechjelnd mit den beiven Spiten feiner Tafter, der bei den verjchie- denen Arten verichieden gejtalteten „Samenüberträger“, die weibliche Scheide am Grunde des Bauches berührt; dabei jehwellen die Tajterjpigen merklich an. Dieje Thätigkeit, während welcher beide Teile meiſt auf nichts in ihrer Umgebung achten, wird in kurzen Zwijchen: räumen mehrmals wiederholt, dann aber entfernt fich das Männchen jchleunigft, um nicht das Opfer feiner Dame zu werden. So wurde der Hergang bei Rad- und Neftjpinnen 598 Zweite Ordnung: Webipinnen; erfte Familie: Vogelfpinnen, wahrgenommen, nicht aber, daß das Männchen mit jeinen Tafteripigen nach der Wurzel jeines Bauches faſſe, um fie von dort mit Samenflüffigfeit zu verjorgen. Darum jtellte man die Anficht auf, daß ſich an legterer Stelle gar fein Ausgang fände, vielmehr die wenig gewundenen Samenjchläuche im Bauche innerlich mit den Kiefertafterfpigen in Verbindung jtänden. Indes verhält fih die Sache doch anders, und die männliche Ge: ſchlechtsöäffnung fehlt an der Bauchwurzel nicht. Man kennt zur Zeit einige taufend Spinnen, welche über die ganze Erde verbreitet find und in einzelnen Arten (Lycosa blanda, Melanophora blanda und anderen) bis gegen 3125 m hoch über dem Meere vorfommen, trogdem aber in den heißen Erdftrichen ſich wohler befinden al3 in den fälteren, wie die Mannigfaltigfeit an zum Teil großen und Schönen Spinnen in den wärmeren Ländern beweilt. Entſchieden erreicht die Zahl ver befannten und benannten Arten bei weiten noch nicht die der in Wirklichkeit lebenden, und die verjchiedenen Zeitjchriften bringen in neuerer Zeit wieder neue Arten, jeitdem ji die Liebhaber diejer interefjanten Geſchöpfe gemehrt haben. Auch ind die Überrefte ausgeitorbener Spinnen im Bernftein nicht unbedeutend. Die größten aller Spinnen, welche im Leibe bis 5 cm und darüber mejjen, wenn fie ihre dien, dicht behaarten Beine ausjtreden aber einen Längenraum von 18 em aus: füllen, leben nur in den heißen Ländern beider Erdhälften, find unter den Namen der Vogels, Buſch- oder Würgjpinnen (Mygale) befannt und übel berüchtigt, weil ihnen Stau Merian, Balijot de Beauvois und andere das Würgen und Auffrefjen Kleiner Vögel, wie Kolibris, nachſagten. Andere Foricher haben dieje nicht wegzuleugnende That: jache in Abrede gejtellt. Bates lernte eine diefer Spinnen, von welcher er unentichieden läßt, ob e3 die gemeine Vogeljpinne oder eine andere von den zahlreichen, einander jehr ähnlichen Mygale-Arten gewesen jei, bei der in Frage geftellten Beſchäftigung näher fennen. Über einer tiefen Spalte eines diden Baumftammes war ein feites, weißes Gewebe aus— geipannt, in dejjen zerrijjenem unteren Teile zwei Eleine Vögel (Finfen) hingen. Der eine war ſchon tot, der andere, unter dem Körper der Spinne unmittelbar unterhalb der Baumjpalte gelegene, dem Verenden nahe. Nachdem Bates jene verjagt hatte, fand er das bald in jeinen Händen fterbende Vögelchen mit einer ſchmutzigen Flüffigfeit wie mit Speichel bededt, „ven das Ungeheuer ausſchwitzt“. Nach diefer Mitteilung und einem unvoll- kommenen Holzihnitt ift unjere farbige Abbildung: „Gemeine Vogelſpinne“, angefertigt, die Spinne jedoch nach einem natürlichen, in Weingeift aufbewahrten Eremplar der genannten Art (Mygale avicularia) gezeichnet worden. Bates bemerkt ausdrüdlich, daß feine Be- obahtung für die Bewohner Amazoniens, welche dergleichen dort gar nicht jeltene Spinnen Aranhas caranguexeiras (Strebsjpinnen) nennen, neu gewejen ſei. Daß es nicht in der Natur vieler Vogeljpinnen liegen könne, fi von Vögeln zu ernähren, geht aus dem Aufenthalt derjelben hervor, welcher fie jchwerlich mit jenen Zuftbewohnern in engere Be: rührung kommen läßt; denn die wenigjten Arten leben auf Bäumen und Bufchwerf, jondern in Mauerlöchern, in den Dächern der Häufer, an deren Wänden man fie bisweilen zu jehen befommt, unter Steinen oder in unterirdiihen Gängen. Sn legterer Beziehung zeichnet jich eine ftarke, braune Art, die Mygale Blondii, welche an den gelben Streifen der Beine leicht erfenntlich ift und in Südamerika lebt, ganz bejonder3 aus, indem fie ihre jchtef abwärts gehende, ungefähr 63 em lange Galerie mit ſeidenen Tapeten aus: webt und fich gegen Abend am Eingang derjelben auf die Lauer legt. Erſchreckt weicht ſie beim Herannahen ſchwerer FJußtritte in das Innere ihres Ganges zurüd. Auch in Südafrika jcheinen die unter Steinen wohnenden Würgipinnen die Bujchbewohner an Dienge zu übertreffen. Mit großer Behendigfeit und fpringend ſuchen fie den Nachitellungen Gemeine Rogelfpinne, 699 zu entgehen, wenn man fie einfangen will, und zeigen fich immer bereit, ihre ſcharfen Kieferflauen in einen jich nähernden Finger einzujchlagen. Der erite Berichterftatter über die von den Brafiliern Nhamdu Guacu genannten Buſchſpinnen war Georg Marcgrave, ein geborener Sachſe, welcher 1636 in Begleitung des Grafen Johann Mori von Nafau: Siegen nach Brafilien ging. Lebterer ward nämlich von den Holländern mit bedeutender Heeresmacht dahin entfandt, um deren Er- oberungen gegen die Spanier zu behaupten. Marcgrave bejchreibt in den 10 Jahre jpäter und nad abermals 10 Jahren in veränderter Form erjchienenen mediziniſchen (vom Leib: arzt Piſo) und naturhiſtoriſchen Beröffentlihungen über Brafilien die Buſchſpinne jehr gut, erwähnt jodann, daß fie fih von Fliegen und anderen Inſekten ernähre, auch lange lebe; denn er habe mehrere fait 2 Jahre in einer Schachtel gehalten, wo fie ſich zu be— ftimmten Zeiten häuteten; der Balg aber jtelle eine Spinne dar, indem er nur „unten“ gejpalten ſei, wo fie herausfriehe. Hierbei befindet fich folgende Anmerkung des Heraus: gebers (Johann de Laet): „Ich hatte einjt dieſe Spinne lebend aus Brafilien befommen und verjuchte fie mit Fliegen zu füttern, ſah fte aber nie eine freifen, wohl aber, daß fie allmählich abmagerte und nach einigen Monaten ſtarb; in dem Behälter ſpann fie nie, jobald fie aber bei einer Gelegenheit daraus entjchlüpft und in das Fenfter gelangt war, fing fie damit an.” Langsdorf, welcher das Vogelfrejlen der brafiliihen Krabbenjpinnen, Caranguereiras, leugnet, meint, daß ihr Biß bei Menjchen zwar heftige Entzündungen veranlafje, was neuerdings Fritſch von den ſüdafrikaniſchen bejtätigt, aber weder gefähr: lich noch tödlich jei. Wie wenig gefürchtet der Umgang mit Bujchipinnen fein müſſe, be: wiejen Herrn Bates die Kinder einer Indianerfamilie, welche Inſekten für ihn jammelten. Er traf fie einft, wie fie eine große Buſchſpinne gleich einem Hündchen an einem ihr um den Leib gebundenen Faden im Haufe umbherführten. Ihn nahın das Wunder, denn er hatte ſich nach) dem Präparieren der eriten infolge der zwijchen die Hautfalten feiner Finger geratenen Borftenhaare derjelben in einer „eigentümlichen Aufregung befunden, die einen fait rajend maden kann“. Im Jahre 1862 ward in einem aus England angefommenen Kohlenjchiff zu Danzig eine lebende Mygale avicularia gefunden und dem Oberlehrer Menge übergeben, welcher die Spinne fait ein Jahr am Leben erhielt. Sch gebe jeine darüber angeftellten Beobach- tungen um fo lieber, als fie von einem unjerer tüchtigſten Spinnenforfcher herrühren. Die Spinne wurde in ein großes Cylinderglas einquartiert, dejjen Boden vorher mit Baum: wolle und Moos und darüber mit Stüden von Fichtenrinde belegt worden war. Cie hielt fih bei Tage meiſt verborgen und ging des Abends, langjam jchleichend und leiſe taftend, umher. Mit dem Finger oder mit einer Feder berührt, fuhr fie jhnell zurüd. Sie verfudte an den Glaswänden in die Höhe zu Elettern, was ihr aber nicht gelang, und deshalb fonnte man ihr Gefängnis offen laſſen, ohne ihr Entweichen befürchten zu müffen. Moos und Rinde überjpann fie allmählich mit einer Dede feiner, weiber Fäden, fertigte für fi aber feine Wohnung. Eine ihr am erjten Tage vorgeworfene Winkel: jpinne (Tegenaria civilis) zerdrücte fie ſofort mit den Kiefern und zehrte fie mit Stumpf und Stiel auf. Einer zweiten erging es nicht bejjer, von einer Kreuzjpinne wurden die Beine und ein Teil des Hinterleibes übriggelajfen; eine Schmeißfliege und ein Weberknecht wurden von der Mygale nicht gewürdigt, dagegen zehrte fie eine Ajjel (Porcellio scaber) auf. Über ein kleines, ihr mit Wafjer hingejegtes Porzellanfchälchen legte ſie ſich mit Bruft und Maul und fog deffen Snhalt ein. Am 18. September ward ihr ein Gartenfrojh von 4 cm Länge zugejellt, an welchem fie fih des Abends, jolange die Beobachtung dauerte, nicht vergriffen hatte, am anderen Morgen ward jie aber noch beim Auffrejjen desjelben betroffen, was bereit3 bi zur Hälfte gejchehen war. Sie zerfaute den Froſch zu einem 700 Zweite Drdnung: Webfpinnen; erſte Samilie: Bogeljpinnen. Brei und verjchludte ihn mit Haut und Knochen, leßtere gab fie aber in Stüden bis zu 6,5 mm Länge in ihren Auswürfen wieder von fih. Bald nachher wurden zwei junge Waſſerfröſche, eine junge Kröte und zwei kleine Tritonen zu ihr in das Glas gejeßt, die jedoch alle unangefochten blieben. Schlimmer erging es einem Fleinen, am 5. Dftober der Spinne vorgeworfenen Gartenfrojh. Nach wenig Augenbliden hatte fie ihn zwiſchen den Kiefern und deren Klauen glei am Anfang des Rückens eingejfchlagen, jo daß der Kopf des armes Wichtes recht trübjelig vorn unter dem Bauche der Spinne hervorjah. Sie faute und jog daran von morgens 9 Uhr bis abends um diejelbe Zeit und ließ diesmal Knochen, Hinterſchenkel und Eingeweide zurüd. ine Kleine graue Kröte, welche anfangs munter im Glaſe umherkroch und fich vergnügt in das mit Warjer gefüllte Schälchen gejegt hatte, wurde nach einigen Tagen mit angezogenen Beinen und platt einem Nindenftücchen aufgedrücdtem Leibe wie tot angetroffen. Beim Herausnehmen erwies fie fi) dort feſtge— jponnen und infolge einiger Bifje dem Tode nahe. Wenn fi die Spinne fatt gefrejjen hatte, jtredte fie alle Beine von fich, drüdte den Bauch platt auf den Boden und blieb tagelang in dieſer Stellung liegen, als wäre fte in tiefen Schlaf verfunfen. Sie verzehrte noch einen Froſch, mehrere Küchenfchaben, von denen fie die Hautjtüce wieder entleerte, und als Feine Fröſche mehr zu erlangen waren, einige Taubenherzen. Wurde ihr mit der Vincette eine Schabe oder Fleifchfliege vorgehalten, jo wich fie nicht mehr zurüd wie ans fangs, jondern richtete fich auf, jo daß fie faft auf den Rücken zu liegen fam, fperrte die Kieferflauen auseinander und biß auch einige Male nach der Pincette, während ſie das Tier dazwiſchen nicht anrührte. Sie hatte fih im Januar 1863 die Beugmusfeln der rechten Kieferklaue zerrijjen, wenigjtens ftand dieje jeitvem geradeaus und konnte nicht weiter ge- braucht werden. Bon dieſer Zeit an fraß fie auch nicht mehr. Die ihr vorgeworfenen Hausipinnen, weldhe anfangs vor der Buſchſpinne erſchreckt flohen, liefen jeßt ohne Scheu um und über fie hin; ja, ein Männchen erfühnte ſich ſogar, einige Male in eins ihrer ausgeitredten Beine zu beißen, jprang jedoch jedesmal jchnell zurüd, was es nicht nötig gehabt hätte; denn die Bujchipinne nahın gar feine Notiz davon. Am 13. Juni ward eins von den fünf Zungen eines Grauammerneites zu Ddiejer gejeßt, fie ließ es aber trog des jehsmonatigen Faftens unberührt. Alsbald bi ein Weibchen der Hausjpinne das Bögelchen in ven Naden und jog fic) voll, daß das Blut durch den angejchwollenen Hinterleib hindurch: ihimmerte. Als es davon ging, ließ ſich in der Bogelhaut eine reichlich) 2 mm breite Wunde erkennen. Der junge Vogel jtarb nachher, wie Menge meint, wohl weniger infolge des Bijjes als des Mangels an Wärme und Nahrung Am 28. Juli lag die Buſchſpinne wie tot auf dem Nüden, am anderen Morgen aber zeigte ſich eine wejentliche Veränderung; der vordere Körperteil hatte ſich verjüngt und feine alte Haut abgelegt, welche nur noch einen Teil des Hinterleibes umſchloß. Der Balg jtellte, nachdem ihn die Spinne volljitändig abgeftreift hatte, bis auf den zerjpaltenen und eingejchrumpften Hinterleibsteil die Geſtalt des ganzen Tieres dar. Kieferfühler wie Hüftgliever der Vorderbeine jahen ganz weiß aus, die frühere bräunliche Behaarung hatte eine jhwarzbraune Farbe angenommen, fehlte aber merkfwürdigerweife an einigen linienförmigen Stellen, welde einen ganz bejtimmten Ber: lauf an den Beinen nahmen: zwei nebeneinander oben an den Schenkeln und eine jeit- wärts, außerdem an jedem Sinie und jeder Schiene oberwärtS je zwei nebeneinander; jtatt der Franken Kieferklaue zeigte fi ein zadiger Auswuchs. Da die Spinne fait 3 Tage regungslos dagelegen hatte, wurde fie als tot in Weingeijt gejegt. Als fie fich hier etwas bewegte, wurde fie wieder herausgenommen und mit Wafjer abgewajchen, blieb aber tot. Die Bogeljpinne iſt pechſchwarz, rußbraun oder fuchsrot behaart und Fupferig rot befilzt an den erweiterten und flachgedrücten Endgliedern ihrer Beine. Als Charakter der artenreichen, neuerdings vielfach gejpaltenen Gattung Mygale gelten die faſt gleich Gemeine Bogelipinne. Sauvages’ Minierfpinne. 701 großen, in
S IE F > FEN PR Umherſchweifende Krabbenjpinne (Thomisus viatieus), im Hintergrunde Fäden ſchießend und an ihnen fliegend; im VBordergrunde Männchen, Weibchen und Augenftellung von der Hinteranfidht. Alles vergrößert. Namen belegt worden ift. Sie trägt fich gelblihbraun, in einer Gabelzeihnung und an jedem Seitenrande des Borderleibes am helliten; eine lichtere, von vorn nach hinten allmäb: li) erweiterte, jederjeit3 dreimal ausgezadte Zeichnung läuft über den Nüden des Hinter: leibes, defjen weißliche Seiten von braunen, hinter dem Nücenfelde bogenförmig nad oben gerichteten Schrägftrichen durchzogen werden. Die gelben Beine tragen beim Weibchen alle oberwärts braune Flede und Punkte, befonders die vorderen, beim Männchen find die vier vorderen von der Wurzel bis zu den Knieen rojtbraun oder Ihwärzlich, dann gelb und ungefledt wie die folgenden; das Männchen, Faum 4,5 mm lang, it im allgemeinen dunkler und greller gezeichnet al$ das reichlih 7 mm meljende, im Hinterleibe bedeutend breitere Weibchen. Den Beinen, von denen das vorderite Baar am längiten, das dritte am kürzeſten it, jedoch bis zur Schienenjpige des zweiten Paares reicht, fehlt eine Vorklaue, wie auch jedes Federhaarbiüjchel ftatt ihrer; die Zähne der Fußkrallen find gekrümmt, die der Tajter: fralle in Mehrzahl vorhanden; die vorderen Augen bilden einen kaum bemerkfbaren Bogen und die vier mitteljten, zugleich auch Eleinften, ein Quadrat. Die umberjchweifende Krabben: jpinne findet fih von Schweden an dur ganz Europa bis nach Agypten und ift wegen der nicht eben langen Beine in ihren Bewegungen eher träge als lebhaft zu nennen. Sie hält fih gern zwijchen Blättern auf, welche fie mit einigen lojen Fäden umjpinnt und im Mai oder Anfang Juni auch zum Ablegen der Eier benußt. Dieje werden vom Weibchen in ein pralles, abgerundetes Sädchen eingejchloffen und mit ſolchem Eifer bewacht, daß es 720 Zweite Ordnung: Webipinnen; fünfte Familie: Krabbenjpinnen. ji) Telbit durch Berührung nicht wegtreiben läßt. Die Entwidelung der Jungen jcheint ſehr ungleihmäßig von jtatten zu gehen. Im Herbjt fieht man fie in verjchiedenen Größen und unter denjenigen, welche an Fäden die Luft durjchiffen. Die Erjcheinung der Herbitfäden, des fliegenden Sommers, der Marienfäden (fils de la Vierge), it längit befannt, aber vielfach falfch beurteilt worden. Tauſend und abermals taujend Fäden glänzen in der herbjtlichen Sonne wie Silber und Edeljteine über den Stoppelfeldern und Wiejen, in Gebüſch und Heden, hängen als lange Fahnen an Bäumen und anderen hervorragenden Gegenjtänden, und ziehen in weißen Floden durch die unbewegte Luft, ſich jcharf gegen den tiefblauen Himmel abgrenzend. Nur befonders ihöne Witterung bringt dieje Erjcheinung mit fich, und ift fie einmal eingetreten, fo darf man mit ziemlicher Gewißheit auf Tauer der erjteren rechnen. Darum hat man dieje An— zeigen einiger im vorgerüdten Alter des Jahres erjcheinenden, in gewiſſer Hinficht den Sommer an Anmut übertreffenden Tage nicht unpafjend und ohne anzüglich fein zu wollen auch „Altenweiberjommer” genannt: Daß jene Fäden von Spinnen berrühren, weiß jedes Kind, und niemand wird fie mehr für Ausdünftungen von Pflanzen halten, wie in ver: gangenen, weniger aufgeflärten Zeiten gejchehen ift. Wie aber fommt es, wird man mit Necht fragen, daß gerade zu dieſer jpäten Jahreszeit die Spinnen in jo auffälliger Weije alles bejpinnen und warum nicht früher, warum nicht dann, wenn man in allen Winkeln, zwiichen Gebüjch und Gras den verjchiedenartigen Spinnenweben begegnet? Dem aufmerf- jamen Beobachter kann nicht entgehen, daß jene Nefter ganz anderer Natur find als die Herbitfäden. Jene, mögen fie eine Form haben, welche jie wollen, jtammen von den als anſäſſig bezeichneten Spinnen und dienen als Fangnege für deren Nahrung. Die in Rede jtehenden Herbjtfäden bezeichnen nur die Straße, welche das Heer der Spinnen und Epinn: hen wanderte, und haben feineswegs den Zwed, Inſekten zu fangen, weil die Berfertiger derjelben überhaupt nur umberjchweifen und feine Nejter bauen. Dieſe Spinnen fallen jest evt auf, weil fte zu Diejer Zeit jo weit herangewachjen find, um fich mehr zu zer: treuen und nun allmählich ihre Minterquartiere aufzujuhen und machen ſich nur bei Ihönem Wetter durch ihre Fäden bemerklich, weil feine der ganzen Ordnung bei ungünftigem Wetter jpinnt. War der Sommer für ihre Entwidelung bejonders geeignet, fo werden fie im Dftober, welcher immer noch einige warme und jonnige Tage zu bringen pflegt, auch vorzugsweije auffallen, denn fie find in größeren Mengen vorhanden als in anderen Fahren, deren Witterung ihr Gedeihen weniger förderte. Wenn e3 mithin feſtſteht, daß die Herbjtfäden die Wege fennzeichnen, welche jene umher: Ihweifenden Spinnen zurüdlegen und zwar jebt weniger, um Nahrung aufzujuchen, als um ſich mehr zu vereinzeln, oder teilweife, um die feuchteren Aufenthaltsorte mit höher gelegenen und trodeneren für den Winteraufenthalt zu vertaufchen, jo fann man auch noch einen Schritt weiter gehen und dieſen Tieren over einigen Arten von ihnen den bei manchen Kerfen bereits fennen gelernten Wandertrieb zujprechen. Als Raubtiere fönnen fie um fo weniger in gedrängten Scharen bei einander bleiben, wie ihre anfälligen Schweitern, die Rad-, Trichter-, Röhrenſpinnen und wie die Nejterbauer noch alle heißen mögen, welche doc immer eine Häuslichfeit haben, durch die fie an einen beftimmten Ort gebunden find. Da den Spinnen aber die Flügel der wandernden Snfekten fehlen, die Reife zu Fuß wenig fördern würde, jo benugen fie in ſehr finnreicher Weije ihre Fäden, um mit diefen durd) die Luft zu jegeln. Wie aber fangen fie das an? Man jchenfe ihnen nur einige Auf: merkſamkeit, und man wird bald ihre Schlauheit durchſchauen. Alle die Erde überragenden Gegenſtände, Brellfteine an den Straßen, Pfähle, die fich leicht überjehen laffen, aber auch Zweigjpisen von Buſchwerk und Bäumen wimmeln zur Zeit der Herbitfäden von ver- ſchiedenen Spinnen, welde den fich herumtreibenden Arten angehören und noch nicht völlig Zuftreifen der Spinnen. 721 erwachlen find. Während des Umherlaufens werden immer einige Fäden gefponnen, welche an dem Untergrunde haften und der Spinne zum Anhalten dienen. Hat fie nın das Ver: langen, eine Luftfahrt anzutreten, jo beftet fie an einer Stelle einen Faden feſt und geht in einer geringen Seitenwendung, die Hinterleibsſpitze hoch emporgerichtet, wenig vorwärts, dem Luftzug entgegen, und ftellt fih dann, die Beine fteif ausgejtredt und möglichit hochgehalten, feſt. Der ausfließende Faden bildet eine Schlinge, welche ſich flatternd in dem Maße verlängert, als der Luftzug ihn gejpannt erhält. So jcheint alſo die Spinne den Faden auszuſchießen. Sit er 2—-3 m lang, jo beißt ihn die Spinne am feitgeflebten Ende ab, läßt mit den Füßen los, zieht diefelben an, und langjam gleitet der Faden dahin, geführt von einer leifen Luftftrömung, die ſtets vorhanden ift und von der Spinne mit ihrem feinen Gefühl für ihre Zwecke benußt wird. Vielleicht geht die Reiſe nicht weit, indem der Faden irgendwo hängen bleibt und die Gejtrandete nötigt, wieder feiten Fuß zu faſſen. Bisweilen führt die Fahrt aber auch weiter; Darwin jah, 60 Seemeilen vom Lande entfernt, auf dem Schiffe Taujende von Fleinen rötlihen Spinnen in diejer Weije anfommen, und Liiter beobachtete ihre Flüge wiederholt hoch über ſich von der höchiten Stelle des York-Münſters. Um jedoch nicht zu ewiger Luftreife verdammt zu jein, hat die Spinne ein jehr einfaches Mittel, zur Erde herabzufommen: fie braucht nämlich mur an ihrem Faden hinaufzuflettern und ihn dabei mit den Beinen zu einem weißen Flöcdchen aufzumideln, jo fommt er allmählich, gleich dem Fallfehirme eines Zuftichiffers, auf die Erde zurüd. Die Floden fallen bisweilen in überrafhenden Mengen aus der Luft herab, und in jehr vielen Fällen wird man eine Spinne darin auffinden, in anderen auch nicht; denn der eben gejchilderte Vorgang gelingt in jo und jo vielen Fällen nicht, namentlich bei Bor: bandenjein einer jehr großen Menge von Spinnen; die Fäden vereinigen fich, bilden nach und nach den Schneefloden ähnliche Knäuel, werden vom Winde abgeriffen und in ver Luft umhergeführt. Das Ausſchießen der Fäden in der angegebenen Meije ijt jehr wohl begreiflih, nur darf man es fich nicht Jo voritellen, al3 wenn die Spinne einen Faden aufs Geratewohl in die Luft hinausfprigt. So zauberhaft am Morgen, wenn dide Tautropfen darin erglänzen, jenes Flormeer erjcheint, weldhes Stoppel-, Brachfelder und Wiejen über: jtrömt, jo läftig kann es auf le&teren in jolchen Gegenden werden, wo man erjt jpät an das Mähen des Grumts geht; denn diefes wird dadurch allmählich von Feuchtigkeit durch: drungen, jo daß e3 den Tag über nicht trodnen kann. Hierdurch werden die jonjt im Dienjte des Landwirtes ftehenden Spinnen, deſſen Feldfrüchte fie von manchem Tchädlichen Inſekt befreien, ſtellenweiſe recht läftig. Im Frühjahr, wenn die Spinnen ihre Winter: quartiere verlaffen, wiederholt fich dieſe Erjcheinung als „Mädchenſommer“, aber in weit bejchränfterem Maße und zwar nicht nur bei ung zu Lande, jondern auch in Paraguay, wo es Nengger beobachtet hat, und gewiß auch andermwärts. Mehr Luftichiffer als die Krabbenjpinnen liefert die Familie der Wolfsjipinnen (Citigradae, Lycosidae), welche gleichzeitig durch die anjehnliche Größe einzelner ihrer fräftigften Arten für unjere gemäßigten Gegenden die Buſchſpinnen der Gleicherländer ver: tritt. Die Wolfsjpinnen, um die neuerdings vielfah aufgelöjte Gattung Lycosa ſich Icharend, find auf der ganzen Erde verbreitet und durch ihre äußere Erjcheinung, ihre Größe, die Schnelligkeit ihres Laufes, welche die langen Beine bedingen, die Wildheit ihrer Bewegungen, das plößliche und unerwartete Hervorjtürzen unter einem aufgehobenen Steine oder aus einem anderen Schlupfwinfel, in welchem te gejtört wurden, mehr als die meijten anderen Spinnen dazu angethan, ein Vorurteil und einen geheimen Abjcheu gegen das Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX. 46 72 Zweite Ordnung: Webjpinnen; fünfte Familie: Wolfsfpinnen. ganze Spinnenvolf zu erweden. Fritſch erwähnt gelegentlich eine nicht näher bezeichnete rt aus Südafrika, deren Hinterleib die Größe einer ftarfen Hafelnuß und deren mittlere Beine eine Spannweite von etwa 157 mm erreichen. Die Gefahr, von ihr gebifjen zu werden, jei größer als bei den Buschipinnen, weil fie fich als wenig erfreulicher Stuben: genofje gern in Häufern einfinde. ES fei ſelbſt für den Naturfreund fein eben angenehmes Gefühl, wenn er des Abends ruhig im Zimmer fiße und, ſich nach einem eigentümlichen Raſcheln ummwendend, ein ſolches Ungetüm an den fteifen Vorhängen herabjpazieren ſehe. Diele Wolfsipinnen leben in Erdlöchern, deren Wände fie mit einem Geſpinſt austapezieren. Die einen tragen ihr Eierſäckchen am Bauche mit fich umher oder figen wie brütend über ihm; andere hängen dasjelbe, zierlihen Früchten vergleichbar, an Kiefernadeln oder niedere Pflanzen in der Weije, wie die nebenftehende Abbildung vergegenwärtigt; noch andere thun dies in ähnlicher Weife, aber das Neſtchen erjcheint weniger regel: mäßig und durch anhaftenden Lehm oder Sand nicht in jo glän: zend weißer Farbe. Einige recht augenfällige Merkmale lafjen die Wolfsipinne als folche erfennen. Der Border: leib verjchmälert fich ſtark nach vorn und erhebt ſich längs feiner Mitte in Form eines ftumpfen Kieles. Die Augen ftehen in drei Reihen, vier Kleine vorn 1) Gierfädden von Woljsipinnen, 2) Wolfsfpinne, unter einem Steine gedrängt in einer meilt geraden lauernd. 3) Gerandete een fimbriata), auf dem Linie, zwei bedeutend größere da- hinter und einander genähert, die beiden legten, aleichfall3 großen, noch weiter nach hinten und weit auseinander gerüdt. Ron den ſchlanken Beinen übertrifft das legte Paar alle anderen an Länge, aber alle laufen in die gewöhnlich gebildeten zwei Hauptfrallen und in eine meilt ungezahnte Bor: fralle aus, nur einer Gattung (Zora) feblt diefe gänzlid. Eine mehrzähnige Klaue be— wehrt die weiblichen Tafter. anche Wolfsſpinnen halten fih mit Vorliebe an feuchten und Jumpfigen Stellen auf und laufen bei Verfolgung ihrer Beute bisweilen auch eine Strede auf dem Wafjer entlang, ohne jedoch zu tauchen; dahin gehört unter anderen die gerandete Jagdjpinne (Dolo- medes fimbriata, Fig. 3). Sie ift auf der Oberfeite de3 Körpers olivenbraun, an beiden Hälften desfelben breit gelb oder weiß umſäumt. Nicht jelten unterjcheidet man auf der Mitte des Hinterleibes vier Längsreihen filberweißer Punkte, deren beide äußere, aus fieben Punkten beftehend, über die ganze Länge gehen, während die inneren ſich auf 3—4 undeutliche Punkte der hinteren Hälfte beſchränken. Die Bruft ift gelb, braun gerandet, der Bauch grau und ſchwarz geftreift. Die gelblichen Beine tragen ſchwarze Punkte und Stachelhaare. Schon im Juni treiben fi die Jungen oft in großen Mengen an den ver: ſchiedenen Pflanzen fumpfiger Gegenden umher. Das befruchtete Weibchen, welches bisweilen die bedeutende Länge von 26 mm erreicht, während das Männchen nur 11 mm mißt, hängt das Fugelrunde, von loderem und weißem Geſpinſt gebildete Eierſäckchen an einen Halm und hält Wache dabei. Der Gattung Dolomedes fommen zwei lange und krumme Zähne an der Afterklaue zu; die vier Kleinen vorderen Augen ftehen etwas hoch an der ſchräg ab- gedachten Kopfflähe, und die vier hinteren, jehr großen bilden ein furzes Trapez, deſſen Gerandete Jagdipinne Gartenluchsſpinne. Tarantel. 129 Hintereden doppelt jo weit auseinander jtehen wie die vorderen. Ein heller Seitenrand des dunfleren, famtartigen Grundes gehört zu der charafteriftijchen Zeichnung des Vorder: und Hinterleibes ſämtlicher Gattungsgenojfen. Die Arten, welche eine ungezahnte Afterklaue, einen jehr jchmalen und vorn hoch ab: gedachten Kopf haben, die Augen in der Art geordnet und eine Körperzeichnung tragen, wie die folgende Abbildung beide vorführt, hat man neuerdings unter dem Gattungsnamen Pardosa zufammengefaßt. Die verbreitetjte von allen ift die Gartenluchsſpinne, die Sadjpinne (Pardosa [Lycosa] saccata), welche im Jugendalter zu ven fühnen Luft: ſchiffern und mit Beginn des nächſten Jahres zu den eriten Gliederfühern gehört, welche, aus der Wintererftarrung erwadt, an fonnigen Stellen zum Vorſchein kommen. Die Paarung muß zeitig erfolgen, denn ſchon in der zweiten Hälfte des Mai, wenn der Winter nicht uns gewöhnlich lange anhielt, fieht man die Weibchen mit ihrem etwas plattgedrüdten Eier: fad am Bauche zwijchen dürrem Laub umberlaufen. Die ausgejchlüpften Zungen halten fi längere Zeit in demjelben auf, krie— hen aud auf dem Leibe der Mutter umher. Als id) einft mehrere dieſer Spinnen in Weingeift geworfen hatte, war ich nicht wenig erftaunt, eine große Anzahl junger in der Flajche zu finden, welche fih im Todesfampf aus dem Eierſack herausgearbeitet haben mochten. Die in Nede ftehende Art ift höchitens 6,5 mm lang, braungrau von Farbe und hat einen gelblihen Längsfleck auf dem dücken des Vorderleibes, einen ſchwar— gen Gabelfled am Grunde ſowie zwei Gartenluchsſpinne (Pardosa saccata), Weibhen mit dem Reihen ſchwarzer Flede auf dem Rücken Gierſack, Augenftellung von der Hinteranfict. Alles vergrößert. des Hinterleibes und bräunlichgelbe, ſchwarz geringelte Beine. ES gibt mehrere, jehr ähnliche und ebenjo lebende Arten (Par- dosa montana, arenaria und andere), welche ohne umjtändliche Bejhreibung nicht leicht unterjchieden werden fünnen und darum von den Schriftitellern öfters mit obigem Namen belegt worden find, ohne ihn in der That zu verdienen. Diefe Sadipinnen leben an feuchten und trodenen, jonnigen Stellen, und ich wage nicht zu entjcheiden, ob man nach dem Aufent- halt einen einigermaßen fiheren Schluß auf die bejtimmte Art ziehen Fönne, glaube viel mehr, daß fie alle mehr oder weniger untermijcht vorfommen. Es dürfte ſchwerlich über den giftigen Biß irgend einer Spinne mehr Gejchrei er: hoben, mehr Unwahres verbreitet worden fein als über den der Tarantel, einer Spinne, oder richtiger gejagt, mehrerer zur alten Gattung Lycosa gehörenden Arten. Der Name ift dem Stalienijchen entlehnt, wo man unter Tarantola uriprünglich eine giftige Spinne (au) Solofizzi genannt) begreift, welche vorzugsweife bei Tarent (Taranto) lebt, und deren Biß die wunderlidhften Erfheinungen zugefchrieben worden find. Ulyjjes Aldro: vandi, welcher in feiner Naturgejchichte der Inſekten (1602) alles gefammelt hat, was bis dahin auch über die Spinnen gejchrieben worden war, verbreitet fih ausführlic über die Wirkungen des Taranteljtiches und die Mittel, ihn zu heilen. Nach ihm gibt es kaum ein menschliches Gebaren, fo kindiſch und albern es auch jein möge, welches man nicht der Wirkung dieſes Biſſes zugefchrieben hätte, denn er jagt unter anderem von den Ge: ftohenen, „Tarantulati“: die einen fingen fortwährend, die anderen lachen, weinen, jammern; die einen verfallen in Schlafjucht, die anderen in Schlaflofigfeit; die meiften 46* 22 Zweite Ordnung: Webjpinnen; fünfte Familie: Wolfsipinnen. leiden an Erbrechen, einige tanzen, andere ſchwitzen, noch andere befommen Zittern oder Herzpochen, und andere werden von anderen Bejchwerden befallen, zu denen auch gehört, daß fie den Anbli der ſchwarzen und blauen Farbe nicht ertragen können, während die rote und grüne fie erfreut. Um die „Tarantulati‘ zu heilen, jpielt man ihnen auf irgend einem Inſtrument zwei Melodien vor, die „Paſtorale“ und die „Tarantola“, Tänze, welche aufs jorgfältigite in den verichiedenen Werfen über diefen Gegenftand aufgezeichnet find. Darauf fängt der Kranke an zu tanzen, bis heftiger Schweiß ausbricht und völlige Erz ihöpfung ihn zu Boden wirft. Man bringt ihn zu Bett, läbt ihn ausjchlafen, und nad) dem Erwachen ift er geheilt, weiß aber nichts von alledem, was mit ihm vorgegangen iſt. Es treten indes auch Rückfälle ein, welche fih 20, 30 Jahre, ja mitunter während der ganzen Lebenszeit wiederholen. Man behauptet weiter, dab der Biß während der Hundstage am gefährlichiten fei, von der einen Spinne mehr ſchade als von der anderen, daß die gefährliche Spinne von Apulien feine jehädlichen Biſſe austeilen fönne, wenn man fie nach Nom oder noch nördlicher bringe. Sole und ähnliche Thorheiten wurden bis in dieſes Jahrhundert hinein nicht nur von der Volfsmenge, jondern auch von einzelnen arundgelehrten Ärzten für wahr gehalten, hatten aber den Vorteil, daß mehr und mehr veritändige Leute fih um das fabelhafte Tier befümmerten und die Wirkungen jeines Biſſes auf das richtige Maß zurücdführten. Ein polnischer Edelmann, von Bord), vermochte gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts einen Neapolitaner gegen ein Gejchenk, ſich in jeiner Gegenwart in den Finger beißen zu laſſen. Die Hand entzündete fih zwar, die Finger ſchwollen an und judten empfindlich, aber der Kranke war bald wieder völlig her: geitellt. Leon Dufour und jpäter Joſeph Erker beftätigen nach an fich jelbjt gemachten Verjuchen die Unjchädlichkeit des Tarantelbiffes. Die Auffaffung des auf den Sommer fallenden Taranteltanzes, il carnavaletto delle donne (Eleine Frauenfajtnacht), über welchen die Nachrichten bis zu dem 15. Jahrhundert zurüdreichen, wird eine wejentlich andere, wenn man die Gejchichte des „Sommertanzes im Mittelalter” weiter verfolgt und erfährt, daß Dänemark, Schweden, England, Frankreih und Deutſchland ganz ähnliche Gricheinungen aufzuweifen haben wie die Tarantola der Italiener. Alle Tanzzüge da- maliger Zeiten werden von einem Sohannistanz übertroffen, der mit dem Taranteljtich nichtS gemein hat und 1374 am Rhein, an der Mojel und in den Niederlanden fein Un- wejen trieb. Jung und Alt, Männer und Frauen wurden von der Krankheit ergriffen, verließen Haus und Hof und zogen tanzend von Stadt zu Stadt. Aachen, Köln, Web, Maaftricht, Lüttich und andere Orte werden namhaft gemacht, wo man auf den Straßen, in den Kirchen und an anderen geweihten Plätzen mit wilden, rajenden Sätzen tanzte, bis man vor Erſchöpfung niederfiel. Zucht und Sitten famen bei diejer wilden Najerei vollfommen in Vergefjenheit. Unter dem Namen des St. Veitstanzes trat diefe Tanzjeuche anderwärts, und nach und nach an Ausdehnung verlierend, in jpäteren Zeiten, und zwar teilweife mit Wallfahrten in Verbindung, immer wieder einmal auf. Neuerdings hat man den Linnejchen Beinamen tarantula der Apulifchen Tarantel sum Gattungsnamen erhoben und unter demfelben ale Wolfsipinnen zujfammengefaßt, welche in folgenden Merkmalen übereinftimmen: die vordere Kopffläche fällt fteil ab und trägt verhältnismäßig hoch oben auf einer Duerjchwiele die vier vorderiten, falt unter ſich gleichen und Heinen Augen. Die Stellung aller gleicht fehr der der vorigen Gattung, nur mit dem Unterfchiede, daß die hinterften einander und den vorderen beiden großen Augen etwas näher ftehen als dort. Die Fühe tragen eine ungezahnte Vorkralle. Meift drei helle Zängsbänder auf dem Vorderleibe, dunkle, oft verwijchte, einander folgende Mondfledchen oder ein fegel- oder jpindelförmiger, dunkler Längsfled jtatt ihrer zwiſchen den jtaubig verdunfelten Seiten des Hinterleibes jowie oft ein ſchwarzer Bauch und meijt unten am Apuliſche Tarantel. 125 Schienbein dunkle Halbringe bilden die harakteriftiichen Zeihnungen. Das Weibchen be: fejtigt fein Fleines, Eugelrundes Gierfähhen an den Spinnwarzen. Die Taranteln lieben trodene, jonnige Stellen. Die hier abgebildete Art: die Apuliſche Tarantel (Ta- rantula Apuliae, höchſtwahrſcheinlich Aranea tarantula Linnés), lebt nicht nur in Apulien, häufig um Neapel und Tarent, jondern auch in anderen Teilen Italiens, in Spanien und Portugal, mißt im weiblichen Gejchleht bis 37 mm, it rehfarben, auf dem Hinterleib mit einigen ſchwarzen, rötlichweiß eingefaßten Queritrihen und am Bauche mit einer ſchwarzen Mittelbinde gezeichnet. Die lichten Stellen des Schwarzen Vorder: leibes haben gleichfalls eine rötliche Färbung. Dieje Spinne gräbt fih an jonnigen, unbe: bauten Hängen ein Loch in die Erde, welches etwa 30 em tief jenfrecht verläuft und nad einer kurzen Wendung in gleicher Länge fih allmählich weiter nach unten ſenkt. Der Tunneleingang wird durch einen Wall verwebten Grajes und trodener Blätter verdedt. Am Tage verläßt die Spinne jo leicht ihr Neft nicht, ſondern X, nur nah Sonnenuntergang EN legt fie fih am Eingang auf NN Vi die Lauer, und mit anbrechen: RU. —J der Nacht ſchweift ſie in der N J nächſten Umgebung nach Beute umher; hat ſie ein Inſekt er— haſcht, ſo ſchleppt ſie es heim, verzehrt es in Ruhe und wirft die ungenießbaren Teile heraus, welche manchmal den Eingang umſäumen. Mehrere Schrift— ſteller erzählen, daß ſich die Spinnen auch am Tage hervor— locken laſſen, wenn man mit einem Rohrhalm in das Loch hineinblaſe in einer das Sum— men der Biene nachahmenden Männchen der Apuliſchen Tarantel (Tarantula Apuliae). Natürl. Größe. Weiſe, was die apuliſchen Land— leute ſehr gut verſtehen. Vom Oktober bis zum Frühjahr findet man die Wohnung der Tarantel zum Schutze gegen die rauhe Jahreszeit mit einem Ballen von allerlei trockenen und durch Geſpinſtfäden verbundenen Pflanzenteilen verſtopft. Die Eier ſchlüpfen im Auguſt und September aus; die Jungen beſteigen abwechſelnd den Rücken der Mutter und krabbeln daſelbſt umher und nehmen ſamt der alten Spinne während des Winters keine Nahrung zu ſich. An einer ſolchen, welche im Februar ganz abgezehrt aufgefunden wurde, ſaßen nicht weniger als 291 Junge. Im weſentlichen zeigt mithin die gefürchtete Tarantel die— ſelben Erſcheinungen wie die vielen Gattungsgenoſſen in jenen Gegenden, im mittleren und nördlichen Europa, und iſt dem Menſchen ſo wenig gefährlich wie dieſe. Derſelben Familie, wenn auch anderen Gattungen, gehört ſicher ein Teil der aben— teuerlichen Spinnen an, von denen uns Reiſende in heißen Ländern erzählen, und die durch hornartige Höcker, blaſige Auftreibungen, Auswüchſe, Erweiterungen der Beine ſo unkenntlich geworden ſind, daß ein ſcharfes Auge dazu gehört, um ſie für Spinnen zu er— klären. Die Tiere ſuchen auch aus ihrem maskierten Weſen die möglichſten Vorteile zu ziehen: als unförmliche Klumpen zuſammengekauert, liegen ſie in einem Aſtwinkel, in einer Spalte der Rinde oder an einem ähnlichen Orte auf der Lauer, bis die Beute arglos in IN 726 Zmeite Drdnung: Webipinnen; ſechſte Familie: Springipinnen. ihren Bereich fommt. Dann aber überrajcht ihre Beweglichkeit und Gemwandtheit um jo mehr, als der formloje Klumpen nichts weniger als ein lebendiges Wejen vermuten ließ. Der Mangel der Kralle an den weiblichen Taftern und der Vorklaue an den Füßen, deren wahre Klauen jchlanf und kurz gefämmt, die Äußeren bisweilen jogar zahnlos und mit Büſcheln federartiger Haare verjehen find, das Springvermögen und die eigentüms lihen Größenverhältnifje der Augen charakterifieren die legte Familie, welche man unter dem Namen der Spring: oder Tigerjpinnen (Saltigradae, Attidae) zujammen: gefaßt hat. Die vier Augen der vorderen Reihe, bejonders die beiden mitteljten, find ſehr groß, die äußeren VBorderaugen und die hinterften Scheitelaugen in Größe und mit wenig Ausnahmen (Saltieus) auch in den gegenjeitigen Abjtänden einander gleich, während fich die fajt geradlinig zwiſchen jenen ftehenden Seitenaugen durch bejondere Kleinheit aus: zeichnen. Die Beine find ſtark und erreichen ihre bedeutendjte Länge im hinterjten Paare. Die mehr Kleinen, nicht ſel— ten zierlich bunt gezeichneten Spinnen bauen an Pflanzen oder Steinen ein jeidenes Neſt in Geſtalt eines eiför: migen oder runden Sades, in welchem die Weibchen ihre Gier aufbewahren. Schon in den eriten Frühlingstagen erjcheint an ſonnigen Mauern, Bretter: wänden, Fenjtern 2c. Die Harlefins-Hüpfipinne (Salticus [Epiblemum] scenicus). Suchend jpaziert fie hin und her, nach einer Fliege, einem Mücklein ausfchauend. Hat fie ein Opfer erjpäht, ſo jchleicht fie unter Umftänden noch etwas näher heran und ſitzt demjelben mit einem Sprunge, dabei einen ihr Herabfallen fihernden Faden hinter fich ziehend, auf dem Rüden. Ein, zwei Biſſe machen die überrafchte Fliege ſchnell widerftandsunfähig; nun fteigt die Spinne herunter, hält jene vor fich und jaugt fie aus, wobei fie, vorjichtig jeder ihr na- henden Störung ausweichend, ſich bald rechts, bald links wendet, ein Stüd fortläuft, je nachdem e3 die Verhältniffe ihr gebieten. Die Bewegungen diefer Spinnen haben teils weije etwas höchſt Komiſches; und wer ihnen einige Aufmerkjamfeit ſchenkt, wird Schlauheit und einen fürmlichen Angriffsplan, um fich einer Müde zu bemächtigen, kaum verfennen. So kann beifpielsweije die hölzerne Handhabe einer Freitreppe, eines Geländers den Schau: pla& für das Treiben der Spinne abgeben. An der Sonnenjeite jegen fih Fliegen und andere Inſekten gern an, auf der entgegengejegten Seite lauert aber ſchon eine Hüpf— jpinne, als wenn fie es wüßte, daß für fie hier ein guter Fangplaß jei. Bon ihrem Stand» punkt Friecht fie über die Handhabe hinweg, um gerade oben über der Fliege, die fie jenjeits weiß, zu erjcheinen und vom höheren Standpunkt aus auf fie den Sprung zu unternehmen. Sie hat aber die Richtung verfehlt, fommt vor oder hinter dem Schladtopfer auf der Höhe an; unvermerkt ftiehlt fie ji wieder hinab, fucht den Fehler gut zu machen und erjcheint jest, genau der Fliege gegenüber, abermals auf der Oberjeite der Handhabe. Die Fliege wandelt aber jorglos ihren Pfad und beginnt foeben von neuem damit. In gleihem Ab: ſtand marjchiert die Spinne neben ihr, dreht fi wie jene, und man jollte meinen, beide Harlefin3-Hüpffpinne (Saltieus sceniceus): a Weibchen, b Männden, ver: größert; e natürliche Größe und Augenftellung in der hinteren Anſicht. Harlefin3-Hüpfjpinne Karminrote Springipinne. 727 würden von einem Willen beſeelt. Auch fliegt jene einmal auf und läßt ſich hinter der Spinne wieder nieder. Mit Blitzesſchnelle kehrt ſich dieſe gleichfalls um, damit ſie ihr Opfer nicht aus den Augen verliere. Bei ſolchem Gebaren, ſolcher Ausdauer kommt endlich auch meiſt der richtige Augenblick, in welchem der beabſichtigte Sprung mit unfehlbarem Er— folge ausgeführt werden kann. Im Mai und Juni haben die nur 5,16 mm langen Männchen reife Taſter, welche jamt den Klauenfühlern auffällig weit vorragen. Das hübjche Tierchen ändert in den Zeichnungen etwas ab; für gewöhnlich ift der ovale, nach hinten verjchmälerte Vorderleib auf Ihwarzem Grunde durch Härhen in einem breiten Seitenftreifen, in dem Geficht bis hinter die Vorderaugen und dahinter in einem Gabelfleck, welcher jich auch kreuzförmig erweitern kann, rein weiß gezeichnet. Der lang eiförmige, auf dem Rücken famtbraun oder ſchwarz erglänzende Hinterleib führt vier weiße Bogenzeihnungen, deren beide mittlere unterbrochen find und eher Schrägftreifen gleichen, nicht jelten außerdem Eleine gelbliche Winfelzeihnungen zwilchen ihnen. Am Bauche herricht die grauweiße, an der weißhaarigen Bruft die ſchwarze, an den mitten auf den Schenfeln weiß bejchuppten Beinen eine bräun- liche Farbe vor. Das Weibchen übertrifft das Männchen um 2,25 mm in der Körperlänge. Weil die Ferſe des eriten Beinpaares unten jtachellos bleibt, ift unjere Art als Gattung Epiblemum neuerdings abgejchieden. Man hat neuerdings die frühere Gattung Salticus nach) feinen Unterſchieden, welche vorherrjchend die Nugenftellung betreffen, in mehrere geteilt und nur den wenigen Arten den Namen belafjen, bei denen das von den Augen begrenzte Nücenfeld länger als breit it, während es bei den meijten anderen unjerer heimatlichen Tigeripinnen, wie auch aus der beigegebenen Abbildung erjichtlih, ein quergeitelltes Rechte bildet. Wenn bei unjerer Art und einigen nähjt verwandten die-vorderen Mittelaugen faum um ein Viertel ihres Durchmeſſers über dem Rande der niedrigen Stirn Stehen, Jo beträgt die Entfernung kaum die Hälfte des Durchmefjers bei Attus, genau die Hälfte bei Dendryphantes und drei Biertel oder darüber bei der Gattung Euophrys. — Durch) bejondere Schönheit ihrer Arten zeichnet fich die im jüdlichen und jeltener jchon im mittleren Europa vertretene Gattung Eresus aus, welche man an dem gedrungenen Körperbau, dem fat vieredigen Hinterleib, an den furzen, dien Beinen und der von der bisherigen wejentlich abweichenden Augen: ftellung erkennt, indem nämlich die äußeren Augen der vorderjien Reihe weit von der mitt: leren wegrüden und nebjt den beiden jehr nahe zufammengetretenen der folgenden Neihe die beveutendite Größe erlangen. Die faſt 10 mm meljende farminrote Springjpinne (Eresus cinaberinus oder quatuorguttatus) gehört zu den jchönjten Spinnen Eu: vopas. Sie iſt ſamtſchwarz, auf dem Rüden des Hinterleibes brennend Farminrot und mit vier ſchwarzen, in ein Quadrat geitellten Punkten gezeichnet, die vorderen Beine jind weiß geringelt, die hinteren bis zur Mitte ſcharlachrot. Obgleich Italien nebit den übrigen ſüd— lichen Ländern als das Vaterland diejes ſchönen Tierchens angegeben wird, hat e8 9. Morin mehrmals auf dem Oberhausberg bei Paſſau unter Steinen gefangen, habe ich dasjelbe auch bei Halle gefunden und aus der Nachbarſchaft erhalten, und zwar unter Verhält- nifjen, welche darauf hinweiſen, daß e3 die ſonnigen Porphyrfelſen der Saalufer bewohnt. — Bedeutend größere Springipinnen von der Körpertracht unferer heimischen Arten, aber auch beinahe wie Ameijen geftaltete, kommen zahlreich in den heiben Ländern beider Erd— hälften vor. 728 Dritte Ordnung: Milben. Erjte Familie: Laufmilben. Dritte Ordnung. Die Milben (Acarina). So ziemlich der übrige Reſt der Spinnentiere iſt dem Namen nach als Milben und Zecken zwar allgemein, jedoch nur in ſehr vereinzelten Formen ſeiner äußeren Erſchei— nung nach gekannt und ſelbſt von den wiſſenſchaftlichen Forſchern in Hinſicht auf die Lebensweiſe zur Zeit noch ungemein lückenhaft beobachtet worden, ſo daß ſich gerade hier ein ebenſo ſchwieriges, wie nach den bisherigen Entdeckungen höchſt intereſſantes Gebiet erſchließt, welchem wir an dieſer Stelle nicht hinreichende Würdigung angedeihen laſſen können. Die Milben bilden eine überaus reiche, in ihren Geſtalten ſehr mannigfache und in ihren Lebensverhältniſſen bedeutungsvolle Welt meiſt mikroſkopiſcher Spinnentiere. Nur wenige von ihnen erreichen eine ſolche Größe, daß fie von dem ungeübten Auge als Einzel: wejen bemerkt werden; viele ericheinen jedoch Dur) das Zufammenleben ungeheurer Mengen als formlofe, fi bewegende Klumpen, als ftaubiger Überzug der verjchiedenften Pflanzen- ftoffe, zumal folcher, welche als Nahrungsmittel oder zu gewerblichen Zwecken aufgejpeichert werden. Es fei nur an die Käſemilbe und daran erinnert, daß der weiße Überzug der gebadenen Pflaumen nicht immer aus Zuder, jondern manchmal aus Millionen von win: zigen Milben befteht. Verdienen fie darum ſchon mit Recht unfere volle Aufmerkſamkeit, jo noch in weit höherem Maße wenigitens alle diejenigen, welche als Schmaroger an Menjchen und Tieren leben und nicht felten die Veranlaffung zu jchmerzhaften und Efel erregenden Krankheiten werben. Abgejehen von der geringeren Größe, unterjcheiden fih die Milben von den eigent- lichen Spinnen dem äußeren Anjehen nach leicht durch den ungegliederten Körper. Ihr Kopfbruſtſtück verichmilzt mit dem Hinterleib vollflommen, wenn nicht in einigen Fällen eine Querfurche auf dem Rücken die gegenjeitige Begrenzung andeutet. Am vorderen Rüden: ende ftehen zwei, jeltener vier einfache Augen, häufig fehlen diejelben aber auch gänzlich. Der den Körper vorn mehr oder weniger überragende, für einen Kopf gelten könnende Abjchnitt, der jogenannte „Schnabel“, find die Mundteile. Ye nach der Yebensmweije find die— jelben verjchiedenartig gebildet, zum Beißen oder Stehen und Saugen. Die Kieferfühler fommen in drei verjchiedenen Formen vor, als Klauen, Scheren oder als ftilettartige, ein- ziehbare Stechborſten, welche fich in einem von der Unterlippe gebildeten Saugrüfjel bewegen. Die Kiefertajter fönnen Elauen= oder fcherenförmig fein. Die meilt wohlentwidelten Beine laufen vorherrijchend in zwei Klauen aus, zwiſchen welchen Haftlappen oder auch geitielte Saugnäpfe vorfommen fünnen. — Der Darm der Milben verläuft vom Munde in gerader Richtung nach der auf der Bauchjeite nach vorn gerücten Afteröffnung, tritt jedoch bei den wenigften Arten als kurzes einfaches Nohr auf, Jondern in den meilten Fällen entjendet der Diagen jederjeitS drei blinddarmartige Ausftülpungen, welche duch Teilung und Rich: tung mancherlei VBerfchiedenheiten zeigen. Da, wo bejondere Atmungswerkzeuge vorhanden jind, pflegen fie ſich büfchelförmig von dem in das Luftloch mündenden Hauptitamm aus: zubreiten und nicht weiter zu veräfteln. Die Zahl der Luftlöcher beſchränkt fich auf zwei, deren Lage jehr verſchieden fein kann: dicht beifammen an der Wurzel der Außenfühler Allgemeines. Kocdenillmilbe. Ernte-Grasmilbe. 729 oder weiter nach hinten meilt zwijchen dem dritten und vierten Beinpaar an den Seiten des Körpers. Die Gejchlehtsöffnung befindet ſich bei beiden Gefchlechtern an der Bauch— jeite vor der Afteröffnung und rüdt bei ven Männchen manchmal bis zur Nähe des Rüſſels vor. Die Milben pflanzen fich durch Eier fort, ſofern diefe (bei wenigen Dribatiden) nicht ſchon im Mutterleib zur Entwidelung gelangen. Die diefen entjehlüpften Zungen häuten fih mehrere Male und weichen anfänglih nit nur in der äußeren Geſtalt, ſondern oft auch in der Lebensweiſe von den Gejchlechtstieren ab, bejonders fehlt ihnen noch das jpätere zweite Baar der Beine. Diejer Larvenftand, der bei manchen, namentlich den Wafjermilben, verſchiedene Formen, jo auch eine puppenähnliche annehmen kann, und die Verjchiedenheiten, welche öfter zwiſchen Männchen und Weibchen einer und derjelben Art vorfommen, haben eine Menge von vermeintlichen Arten und Namen für diejelben geichaffen, jo daß eine geraume Zeit vergehen wird, ehe der entitandene Wirrwarr in der alten Linneéſchen Gat— tung Acarus gelöjt jein wird. Faſſen wir alles Gejagte in eine allgemeine Charakteriftif zufammen, jo würde die— jelbe dahin lauten: daß die Milben Spinnentiere mit beißenden over jaugenden Mundteilen, ungegliedertem Leibe und bein: fürmigem zweiten Kieferpaar find, welche meiſt durch Luftröhren atmen und durch unvoll: fommene Verwandlung zur Geſchlechtsreife gelangen. Die neueren Bearbeiter, welche ſich noch nicht über ein Syitem geeinigt haben, nehmen meijt zwei Unter: ordnungen an: 1) Milben, welche durch Luftröhren atmen, Tracheata, 2) Milben, welche diefelben ent: behren, Atracheata. Zu erjteren, als den vollfom- mener entwidelten gehören die zuerit hier zur Sprache gebrachten Familien. Die gemeine Samtmilbe, Kochenillmilbe, Be. u das Samtfänferhen (Trombidium holosericeum Kl kn. L.) üt eine ſcharlachrote Milbe von etwas über 2,25 mm und auf einem Blatte in natürlicher Größe. Länge, welche vom eriten Frühjahr bis gegen den Auguft hin, namentlich nach Negen, an allerlei Pflanzen, von denen fie fich auch ernährt, ſichtbar wird. Der faft birnförmige, weihe Körper ift Hoch gewölbt und faltig. Der Rüſſel beiteht aus zwei ſehr Eleinen, Elauenförmigen, von der Unterlippe faſt ganz eingehüllten Kiefer fühlen; neben diefen ftehen die fünfgliederigen, ſchwach keulenförmigen Kiefertalter und über ihnen bewegliche geftielte Augen. Die Füße enden in zwei Krallen mit Haftlappen. Bagenfteher hat die Anatomie und die Entwidelung diefes intereffanten Tierchens auf das ausführlichfte befannt gemacht, über legtere nur noch furz folgendes: Die Ende Mai näher unterjuchten Kochenillmilben ergeben fih als mit Eiern angefüllte Weibchen. Jene werden im Juni und Juli an Pflanzen, Steinen, auf der Erde in größern Partien ver: einigt abgelegt, ſehen anfangs orangegelb aus, werden aber bald braun und lederartig und zerfallen beim Ausſchlüpfen der Zungen in zwei Hälften. Dieje find faſt Fugelig, mit nur ſechs kurzen Beinen verjehen und haben fich als die Ernte-Grasmilbe (Leptus autumnalis), die Rouget der Franzofen, zu erkennen gegeben. Als winzige vote Pünkt— hen hängen fie in großen Mengen an Grasitengeln, Getreidehalmen und gelangen jo an die Körper von Hunden, anderer Warmblüter, vielleiht auch an Inſekten, denn an jolchen finden fi ungemein ähnliche Milbenlarven, wie auch an den Körper der mit der Getreide: ernte bejchäftigten Arbeiter. Hier beißen fie fich ein, gleich den Zeden, und erzeugen heftiges 730 Dritte Ordnung: Milben; erfte bis dritte Familie: Lauf-,Waſſer- und Hornmilben. Juden, welches fich bis zu fieberhaften Erſcheinungen fteigern fan. Einreiben mit Baumöl oder noch jicherer mit Steinöl befreit von diejem läftigen Geziefer. Von einer größeren Art, dem Trombidium fuliginosum, ijt gleichfalls die jechsbeinige Larvenform befannt und als Schmaroger auf den verjchiedenften Inſekten, namentlich aber am Weberfnecht, befunden worden. In heißen Ländern fommen bis 11 mm große Arten von ganz ähnlicher Körpertracht vor; jo lebt in Guinea und Surinam die Färbermilbe, T. tinetorium, welche eine jehr brauchbare rote Farbe liefert. Einen höchſt überrafchenden Anblid gewähren bisweilen die Aſte, befonders aber die Stämme alter Linden, wenn fie von oben bis unten auf der Sonnenfeite mit einem wie Eis gligernden Gejpinjtüberzug verjehen find. Bei genauerer Betrachtung findet man Millionen gelber Milben unter diefem Seidengewebe, welche dajelbit zu überwintern be— ichlojien haben. Sie waren ſchon im Sommer vorhanden, ſaßen damals aber an der Unter: jeite der Blätter unter einem Gejpinftüberzug, ernährten fih von deren Saft und lafjen jich hier auf allen Entwidelungsftufen antreffen. Die Milbenjpinne (Tetranychus telarius oder tiliarum oder socius), um welche es ſich hier handelt, ift faum 1,12 mm lang, orangefarben, an den Eeiten des eirunden Leibes mit je einem rojtgelben Fleckchen gezeichnet und fein behaart. Die Kieferfühler find nadelfürmig und ſtechen, die Kiefertalter furz, mit dicken Klauen verjehen. Die beiden vorderiten Paare der Beine ſtehen von den hinteren Paaren weit ab; auch find am vorderen Rüdenteil zwei Hugelchen vorhanden. Schon inne wußte, daß diefe Milbe den Treibhauspflanzen gefährlich werden fann, wie fie noch heutigestags von den Gärtnern al3 rote Spinne gefürchtet wird. Diefe und noch andere Arten mit Elauen= oder nadelförmig endenden Kieferfühlern und zwei dicht beifammen jtehenden Luftlöhern am Grunde jener nähren fich im voll fommenen Zuftande von Pflanzenftoffen, viele al3 Larven jchmarogend bei Gliedertieren oder Warmblütern, und find zu der Familie der Lauf-, Land- oder Pflanzenmilben (Trombidiidae) zufammengefaßt worden. Die Waſſermilben (Hydrachnidae, richtiger Hydrarachnidae) jtimmen hin= fichtlih der Stigmenlage und der Bildung ihrer Kieferfühler mit den vorigen überein, haben aber fünfgliederige Tafter und leben im Wafjer, ftehendem und fließendem. Ihre Lebensgeſchichte ift reich an jeltfamen Erfeheinungen. So fommen beijpielsweije mehrere Arten vor, bei denen die beiden Geſchlechter in ſehr verjchiedenen Formen auftreten: während die Weibchen der herrjchenden Kugelform treu bleiben, endigen die Männchen in einen jehwanzartigen Fortfag. Dabei zeigen alle die bereit erwähnten Hauptmerkmale nebjt fiebengliederigen, von vorn nad hinten am Körper an Länge zunehmenden Beinen mit eingelenkten, aljo beweglihen Schwimmborften und zwei Krallen am Ende. Nach der oft jehr fonderbaren Begattung legt das Weibchen der einen feine Eier in angebohrte Pflanzenftengel, der anderen an die Unterfeite von Blättern, wo jie dur) Gallerte vereinigt werden. Da, wo ein Weibchen fein Gejhäft zu Ende geführt hat, fährt nicht jelten ein zweites und drittes gleicher Art fort, wodurch weitverbreitete Überzüge an den Blättern zu ftande fommen. Nach einigen Wochen jchlüpfen die Jungen aus, nur jechsbeinig und mit einem bejonders entwidelten Saugrüfjel verjehen, welchen fie in den Körper eines Mitbewohners ihres Wafjertümpels einbohren, um als Schmaroger an einem Käfer, einer Wanze ꝛc. oder deren Larven zu beginnen. Wenn jedoch ihre Zeit gefommen, verlafjen fie den Wirt, häuten ſich, wobei die Beine fürzer werden, gehen auf den Boden ihres Wafjerlohes und ruhen hier als Puppen. Endlich reißt die Haut zum legten Male, Färbermilbe. Milbenjpinne Kugelige Weihermilbe. Wajjermilben. 731 und die nun achtbeinige Milbe, deren Mundteile auf das gehörige Maß zurückgebildet ſind, ſchwimmt davon. Einige ſcheinen ſich ſpäterhin nochmals feſtzuſetzen und den ſcheinbaren Puppenſtand zu wiederholen, bis mit nochmaliger Häutung die Geſchlechtsreife eintritt. C. J. Neuman, der Bearbeiter der ſchwediſchen Waſſermilben (1880), beſchreibt einige 70 Arten und verteilt dieſelben auf 20 Gattungen, deren wichtigſter hier gedacht fein mag. Der Name Hydrachna, Weihermilbe, ift denjenigen geblieben, welche jeder: jeit3 zwei getrennte Augen, einen langen Nüffel und fcherenförmige Kiefertafter, an den Beinen des hochgewölbten Körpers überdies Schwimmboriten bejigen. Die fugelige MWeihermilbe (H. globosa Degeers) ijt rot, furzbeinig und 4—5 mm lang, ihre roten, fait birnförmigen Larven finden fich, oft mit denen der zweiten Art, H. geogra- phica Müll, untermifht an den großen Schwimmfäfern, namentlich aber an den beiden Waſſerſkorpionwanzen Nepa cinerea und Ranatra linearis und wurden in früheren geiten für Eier, jpäter als felbjtändige Milbengattung Achlysia angejprocden. Bei der Gattung Atax jchmelzen jederjeit3 die beiden Augen in eins zuſammen, find die Oberkiefertaſter nicht ſcherenförmig, das erite Beinpaar am ſtärkſten und oft auch jamt dem zweiten mit auf Hödern jtehenden Borjten bewehrt, überdies vier getrennte Hüftplatten vorhanden. Die Arten leben in grö— Beren Seen teils immer, teils nur im Larvenjtand an den Kiemen der Najaden ſchmarotzend, wie bei: ſpielsweiſe die hier abgebildete ſtachelfüßige Wafjermilbe, A. spinipes Müll; fie iſt nur 1 mm lang, Ichmußig rot gefärbt, ein weniger / lebhafter Schwimmer, der gern mit ausgebreitee Stachelfüßige Wajjermilbe (Atax spinipes) ten Beinen nahe der Oberfläche ruht. Cine cite elefüher Größe Weher Art, die didbeinige Wafjermilbe (A. cras- sipes Müll.), ift wenig größer, bläffer in der Färbung, auf dem Rücken duntel geflecdt und am Körperende geftußt. Die artenreichite Gattung, Nesaea (20 Europäer), it der vorigen nahe verwandt, hat feine Borften an den vorderen Beinen, welche alle vier von vorn nad) hinten an Länge zunehmen, die hinteren mit Schwimmbhaaren ausgerüjtet. Yon den prächtig gefärbten Arten fei nur der ſcharlachroten Wafjermilbe (N. coccinea Koch) gedacht. Sie ift jchwarzfledig, hochgemwölbt, eiförmig, am Hinterrande beiderjeits mit einem Gindrud verjehen, faft 3 mm lang; die Tajter find dider als das erjte Bein: paar und lang. Die bisher beſprochenen Milbenfamilien wurden von Kramer zu der Gruppe Prostig- mata vereinigt. Die Hornmilben (Oribatidae), eine aus ungefähr 70 bekannten Arten und 12 Gat— tungen bejtehende Familie, find die einzigen, von denen man bisher feine Schmaroger fennen gelernt hat, indem fie fich vorherrſchend von verwejenden Pflanzenjtoffen ernähren und in der Erde oder in feuchtem Mooſe gefunden werden. Nur von der Hoplophora arctata Riley wird behauptet, daß fie der Neblaus nahgehe. Die Familiengenofjen zeichnen fih durch auffallend harte Oberhaut, ſcherenförmige Kieferfühler und eine Abgrenzung zwijchen Kopfbruftftüd und Hinterleib aus. Die Luftlöcher jtehen oben auf der Seite des vorderen Körperabjchnittes, von je einem langen Borjtenhaar überragt. Bon der einen wird behauptet, daß die Weibchen lebendig gebären, von anderen, dab dies nur im Sommer 739 Dritte Ordnung: Milben; vierte und fünfte Familie: Tiermilben und Zeden. gejchehe, von noch anderen, daß dies gar nicht vorfomme, jondern daß die Eier fich erft im Körper der abgeftorbenen Mutter entwidelten. Die Tiermilben (Gamasidae) haben die Luftlöcher zwijchen dem dritten und vierten Hüftenpaare, ftechende oder Icherenförmige Kieferfühler, aus ziemlich gleichlangen Gliedern zulammengefegte und vorgeftredte Kiefertafter, haarige Beine, die vorherrichend von gleicher Länge und Bildung, außer den Krallen noch mit einer Haftjcheibe am Ende verſehen find; die Augen fehlen ihnen. Dieje Kleinen Milben bewohnen als Schmaroger, mindeitens als jechsbeinige Larven, andere Tiere und fallen auf mehreren unter der Erd- oberflädhe Iebenden Snjekten, auf Vögeln und Fledermäuſen vorzugsweije in die Augen. Sie figen nicht wie die bald näher zu betrachtenden Zeden an einer Stelle während ihres Schmarotzerlebens feit, jonr- vern laufen an den Wohn: tieren mit großer Gewandt: heit umher, dabei die Tafter fortwährend bemwegend und wohl auch mit den Border: beinen tajtend. Cine der bäufigiten Arten tft die ge— meine Käfermilbe (Ga- masus coleoptratorum), ein ziemlich hartes, rotgelbes Tierhen von durchſchnittlich 1,12 mm Länge, welches man oft in großen Mengen an Totengräbern, Miſtkäfern, Hummeln und anderen den ganzen Bauch der gequälten Inſekten einnehmen fieht, bejonders wenn diefe längere Zeit in der Erde verweilt haben. Kirby erzählt, daß nad) Beobachtungen anderer die von den Milben geplagten Hummeln in einen Ameifenhaufen gingen, dajelbjt fragten und ftampften, damit die Ameifen hervorfämen, über die Milben herfielen, die: jelben fortichleppten und auf diefe Weife die Hummel von ihren Quälgeiftern befreiten. Möglicherweife ift diefer Hergang einmal beobachtet worden, eine ermattete Hummel hat in der Nähe eines Ameifenneftes oder auf demfelben gejeffen und die Bewohner desjelben haben fich über die Milben erbarmt, aber eine Gewohnheit der Hummeln, ſich der Ameijen in dieſer Hinficht zu bedienen, darf ſchwerlich davon abgeleitet werden. Die Milbe verläßt ihren Wirt, wenn er tot ift, lebte in ihrem Jugendalter zweifelsohne in feuchter Erde und froch erft jpäter an einen Käfer, eine Hummel oder Biene, die in ihre unmittelbare Nähe famen. Die Geftalt der Käfermilbe läßt ſich aus unferer Abbildung erjehen, es jei nur nod) darauf aufmerkjam gemacht, daß die VWorderbeine am längften, die nächiten am diditen find, daß durch einen Quereindrud der Hinterleib vom Kopfbruftftücd abgejchieden und daß die große Borfte auf der Schulter beweglich ift. ES fommen noch andere Arten mit diejem legteren Merkmal vor, während den meiften übrigen die bewegliche Schulterborite fehlt. Ganz ähnliche Milben habe ich tot und meift mit der Hinterleibsfpige durch einen kurzen Faden anhängend bei aufereuropäifchen Käfern unferer Sammlungen gefunden und bes fige eine Fliege (der Gattung Cyrtoneura), welche mit Ausnahme des Kopfes, der Beine und der Flügel, jedoch auch an der Wurzel diefer, jo dicht über und über mit einer 1) Gemeine Käfermilbe (Gamasus ceoleoptratorum), ſtark vergrößert; 2) am Bauche eines Miftkäfers in natürlicher Größe. Gemeine Käfermilbe. Gemeine Bogelmilbe, 733 graugelben Milbe bejest ift, daß man auch nit ein Pünktchen von ihrer wahren Ober: fläche zu erkennen vermag. Die Milbe gehört einer anderen Gattung von mehr länglicher Form an. Außer noch anderen Gamasus-Arten führen auch die Glieder der Gattung Uropoda eine gleiche Lebensweiſe. Der kurz eifürmige Körper, auf dem Rücken urfprünglich aus vier Platten zuſammengeſetzt, läßt in der Anficht von oben den Rüſſel nicht jehen und trägt am Bauche Gruben für die Beine. Uropoda vegetans, ſchon Degeer befannt, findet fi) auf verfchiedenen grabenden Käfern, nah Megnin auch auf Säugern, und zwar dur) einen dünnen Faden an diejelben befeftigt; wie e3 jcheint jtellt diefer Faden die Erfrentente der Milbe dar. Die Uropoda americana bewohnt unter andern den Coloradofäfer und kann denjelben töten. In nächſter Verwandtichaft zu den Käfermilben ftehen die weichhäutigen, im männ— lihen Geſchlechte mit jcherenförmigen, beim Weibchen mit jtechenden Kieferfühlern ver: jehenen Bogelmilben, welche der neuerdings weiter zerlegten Gattung Dermanyssus angehören. Sie haben einen langen, beweglichen, abwärts gebogenen Rüſſel, deutlich ge- gliederte Kiefertafter mit dickerem Grundgliede als die Gamaſen, gleichlange Beine, deren vier vordere fich durch bedeutendere Stärke und größere Haftjcheiben vor den hinteren aus— zeichnen; fie alle gelenfen nahe bei einander am Bruftrande ein. Von einer Art, der gemeinen Bogelmilbe (Dermanyssus avium, auc gal- linae oder hirundinis von anderen Schriftſtellern genannt), werden bisweilen die Stubenvögel während der Nacht jehr heimgeſucht. Wenn man beijpielsweije einen Kanarien- vogel ein gewifjes Unbehagen, eifriges Wühlen des Schnabels in den Federn anmerkt und ihm hohle Schilfitengel als Stäbchen gibt, auf denen er ruht, jo kann man beim Ausklopfen derjelben die höchſt überrafchende Erfahrung machen, daß rote Milben verſchie— dener Größe aus dem Inneren des Rohres herausfallen. Dieje Tierchen verfriechen jich bier am Tage wie die Bettwanzen in ihren Schlupfwinfeln, kommen jedoch des Nachts aus ihren Verjteden hervor, um am Blute des armen Vogel ihren Hunger zu ftillen. Durch fleifiges Ausflopfen der Schilfitengel Fann man der Quälgeijter bald Herr werden, welche in manchen Fällen durch den in das Bauer geitreuten Sand an die Vögel kommen mögen. Diejelbe 1,35 mm lange Wogelmilbe joll es auch fein, welche fih auf Tauben: Schlägen und in Hühnerftällen bei Tage verſteckt hält und des Nachts an die betreffenden Bögel geht, um Blut zu ſaugen; ja, man hat fie jogar in unerträglich judenden Haut— höhlen und Beulen bei Menſchen gefunden, wie Bogel mit Beitimmtheit nachweilt. Andere Arten kommen auf anderen Vögeln vor und eine auf der Maus. Die Zecken oder Holzböde (Ixodidae) weichen in mehr alS einer Beziehung fo von den übrigen Milben ab, daß einzelne Forjcher hinreichenden Grund darin fanden, fie zu einer befonderen Ordnung der Spinnentiere zu erheben. Ihr flacher, mehr oder weniger eiförmiger Körper, obgleich mit horniger oder lederartiger Haut beileidet, bejigt einen jo hohen Grad von Dehnbarfeit, daß er bei Jeden von 2,25 mm Länge bis zur Größe einer Eleinen Bohne anjchwellen kann, wenn fie fih mit dem Blute eines Wohntieres gemäjtet haben. In den meiſten Fällen ericheint die Chitinbevdedung als ein Schild, weldes nad) hinten gerundet, übrigens bei den verjchiedenen Arten in verjchiedenen Umriſſen den vorderften Teil des Rückens deckt, fih wohl auch vorn etwas ausbuchtet, um den jehr entwidelten Rüffel aufzunehmen. Diejer fteht in der Ruhelage nad vorn vor und erjcheint 734 Dritte Ordnung: Milben; fünfte Familie: Zeden. wie ein abgefonderter Kopf, kann aber ſchon darum nur Fäljchlich als jolcher bezeichnet werden, weil die beiden Augen, falls fie vorhanden find, an einer jeitlichen Ausbuchtung jenes Hornschildes (unpafjend auch Kopfichild genannt) mehr oder weniger deutlich wahr: genommen werden. Sn anderen Fällen bededt das Hornjchild fait den ganzen Körperrüden, rundet fih aber auch hier nach hinten ab. Um den zufammengejeßten Bau der Mundteile und für denjenigen, welchen ein Holzbock ſchon einmal gezwidt hat, die Möglichkeit des ſchmerzhaften Stiches zu veranjchaulichen, wurden hier die des gemeinen Holzbodes (Ixodes rieinus) in 5Omaliger Vergrößerung und zwar von der Unterjeite abgebildet. In a er: blidt man ein Stüd Hüfte der vorderjten Beine fowie in b das zwiſchen diejen legteren und dem jogenannten Kopfe von unten fichtbare Streifchen des vorn ausgebudhteten Chitinjchildes. Die beweglich ein— gelenfte Chitinplatte (c) jtellt, wenn man fie richtig deuten will, das Kinn dar, welchem fich die übrigen Mundteile bewealich anbeften: die beiden, in der Nuhelage ange: drüdten, in der Thätigfeit aber unter einem rechten Winkel abgelenkten Tafter, die aus vier Gliedern (d, e,f, g) beitehen, und von denen das letzte (g) dem vor: legten wie ein Dedelchen aufliegt, ferner die an der Unter: jeite ihrer Spiße mit Zähnchen bewehrte, auf der Oberfeite rinnenförmig ausgehöhlte Unterlippe (h). Von den Kieferfühlern (Kinnbaden) ift hier nur die hervor— ragende, gezahnte Spiße (i) fihtbar, indem fie, jede aus zwei Gliedern beftehend, nebeneinander nicht nur die Rinne der Unterlippe ausfüllen, ſondern noch tief in den Körper hineinragen und vor: und rüdwärts gejchoben werden können. Will nun die Zede einbeißen, jo klam— mert fie fi) mit den Beinen an die Haut des Wohntieres fejt, biegt den Nüffel jenkredht herab, Itemmt ihn an die Mundteile de3 gemeinen Holzbods anzubohrende Stelle und fchiebt die Hakenſpitzen der Kie— ee "> ferfühler in das Fleiſch ein, indem fie dadurch der nad): Vorderbeine, b Chitinjhildfpige, c Kinn, folgenden Unterlippe den Weg bahnt; jene dringen im: ER RER = mer weiter ein, diefe folgt nad), und bie nach hinten ge- baden, richteten Zähne an beiden verhindern das Zurückweichen aus der entitandenen Wunde. Sft auf diefe Weije der Rüſſel bis an feine Wurzel eingedrungen, jo fehlagen fi) die Hafen der Kieferfühler anfer: artig nach rechts und links um, die Kiefertafter legen ſich beiderjeitS der Wunde feit dem Fleifche an, und die Zede, welche jegt nicht mehr gewaltfam herausgezogen werden kann, ohne daß der Rüſſel zurücbleibt, hat die ihr zum Saugen genehme Stellung eingenommen. Das Saugmwerkzeug ſelbſt befteht aus einer feinen Chitinhaut, welche fi vom Nüfjel jowie von den Seiten und dem überragenden Rande der Mundhöhle her in dieſe glodenförmig einftülpt. Die gleichgeftalteten Beine find ſchlank und am Ende außer den beiden jharfen Krallen mit einer Hafticheibe verjehen, welche der Zede das Hängenbleiben an dem ein: mal, und zwar nur mit einem Fuße erfaßten Gegenftand ermöglicht. Die beiden einzigen Luftlöcher befinden fich in einem Chitinplättchen, welches jederjeits hinter dem Hinterbein am Körperrand leicht in die Augen fällt, während die Gejchlechtsöffnung als Querjpalte mitten auf der Bruft zu ſuchen ift. Die jungen Zeden haben nur ſechs Beine und jchweifen, wie auch die weiter entwidelten achtbeinigen, an Gräjern und Geſträuch umher, bis fie ein Wohntier aufgefunden haben, an welchem wenigftens die Weibchen Blut jaugen; hier weiß ® Gemeiner Holzbod. 735 auch das immer kleinere Männchen ein Weibchen zu finden, um fich mit demjelben zu paaren. Diejer Hergang bietet ein hohes Intereſſe und wurde bis auf die neueſte Zeit nicht richtig aufgefaßt. Das Männchen bejteigt den Bauch des Weibchens, kehrt fi mit feinem Kopfende nad) dem Hinterende von diejen, breitet feine Beine platt aus, hält fich mit den Krallen und Haftlappen an den weiblichen Hüften feſt und jchiebt feinen Rüſſel in die weibliche Scheide. Hier hält es ſich genau in derjelben Weile feit, wie ein blut— faugendes Weibchen im Fleifche des Wohntieres oder Menjhen, und man nahm an, daß bei diefer Art der Verbindung, welche ſchon Degeer kannte, die männlichen Gejchlechts: teile ihren Ausgang in den Rüffel nehmen müßten. Dem ift aber nicht fo. Pagenſtecher hat vielmehr anatomiſch nachgewiejen, daß die inneren Gejchlechtsteile bei Männchen und Weibchen demjelben Bildungsgefege folgen, und daß auch bei jenem der allerdings engere und undeutlichere Ausgang an der Bruft liegt. ES ift alſo nicht anders denkbar, als daß durch die Anheftung des Männchen feine Gejchlechtsöffnung der weiblichen Scheide nahe genug gebracht wird, um die Samenflüffigkeit in diefe eintreten lafjen zu können. Der Prediger Müller in Odenbach, welchem wir zahlreiche, ebenfo integeifante wie zuverläffige, auf Kerfe bezüglihe Beobachtungen verdanken, hatte feiner Zeit auch dieſem Gegenftande feine Aufmerkjamfeit zugewendet und berichtet unter anderem eine Erfahrung höchſt eigen tümliher Art. Er beabfihtigte ein gepaartes Männchen von dem Weibchen zu trennen, um e3 mit einem zweiten zufammenzubringen, da ihm aber die Trennung nicht gelang, verjuchte er das Weibchen zu töten, in der Meinung, das Männchen würde dann freiwillig loslajjen. Er ftach zu diefem Zwede das Weibchen mit einem jpigen Federmeſſer in den vermeintlichen Kopf, ohne dabei dem Männchen irgendwie zu nahe zu fommen Cofort fing diejes an zu zittern, die Beine zu Frümmen und ftarb, mit dem Weibchen feſt vereinigt, nad wenigen Minuten unter frampfhaften Zudungen, während das verwundete Weibchen erit nach einigen Tagen zu leben aufhörte. Später jah er ein Männchen fich mit drei Weibchen nachein- ander vereinigen und auf dem legten 5 Tage und Nächte verweilen. Aus der angejchwollenen Scheide des befruchteten Weibchens dringen die Eier in Menge hervor, Eleben zujammen und hüllen es teilweije ein. Der gemeine Holzbod, die gemeine Hundszede (Ixodes ricinus), auf welche fich die vorangegangenen Beobahtungen beziehen, ward jchon von Ariftoteles unter dem Namen „Kroton“, von Plinius als „Ricinus“ angeführt; Tegterer bemerkt gleichzeitig, wie diefe Bezeichnung, zunächſt für den ölreihen Samen des Wunderbaumes aus Agypten geltend, auf diejes verhaßte Tier übertragen worden jei. Wenn Plutarch in feiner Weiſe mit dem Ricinus die Schmeichler vergleichen fonnte, die fi) mit Lob in das Ohr drängen und nicht wieder auszutreiben find, wenn fie fich einmal dort feſtgeſetzt haben, jo läßt fich wohl annehmen, daß feinen Zeitgenofjen jenes Tier ſamt jeinen Gewohnheiten nicht fremd gewejen fein fann. Nachdem Degeer den Namen Rieinus an eine Lausgattung vergeben hatte und Acarus die Milben überhaupt bezeichnete, nannte man die in Rede jtehende Art Acarus rieinus, bi Zatreille, in die Notwendigkeit verjegt, mehrere Milbengattungen zu unterjcheiden, fie Ixodes rieinus nannte. Ixodes bedeutet aber jo viel wie: „kleberig“, „anhaftend“. Die Hundszede läßt fich nicht mit wenigen Worten kenntlich bejchreiben; denn Bagenftecher nimmt in feiner trefflichen Arbeit über dieſelbe „„Beiträge zur Anatomie der Milben II.) drei Entwidelungsftufen mit fieben verjchiedenen Formen an und hält es für mehr als wahrſcheinlich, daß darunter ſolche begriffen jeien, welche von früheren Shriftitellern al3 vermeintliche andere Arten mit verschiedenen Namen belegt worden find. Sm erften Jugendzuftande (Fig. a) zeigt die Zede nur ſechs Beine, keine Gejchlechtsunter: ſchiede und feine Platte mit dem Luftloche, ja bei genauer anatomifcher Unterſuchung ftellte fih jogar der Mangel aller Atmungswerkzeuge heraus, ein Umftand, in weldem alle übrigen 736 ” Dritte Ordnung: Milben; fünfte Familie: Jeden. Arten der von Pagenſtecher unterfuhten Milben, jolange fie nur erſt ſechs Beine haben, übereinftimmend befunden wurden. Der urjprünglich platte Körper jchwillt eiförmig an und befommt dann ein wejentlich anderes Ausfehen, wenn der Magen mit Blut erfüllt ift. Pagenſtecher beobadhtete diefe unvollfommenfte Form am Gartenjchläfer (Myoxus quer- einus), am gemeinen Eichhorn und Maulwurf, jedoch nur in jehr vereinzelten Stüden. Er jucht die Seltenheit damit zu erklären, daß er überhaupt weniger Nücdgrattiere auf diefe Schmaroger als frei umherſchwärmende Zeden unterfucht habe, und daß dieje, falls fie auf der eriten Stufe frei ſchwärmen, mehr am Boden umberfriechen möchten als am Graſe und ſomit für das Streifneg unerreichbar jeien. Auf der zweiten Altersitufe (Fig. b), welcher eine, aber noch nicht beobachtete Häutung vorausgeht, finden fich die Luftlöcher : mit ihren Platten und bereits acht Beine. Durch die genauen Mefjungen der Längen aller Beine und durch andere Betrad): tungen bält fi Pagenſtecher zu der Annahme berechtigt, daß bei der Häutung das le&te Paar der Beine hinzutritt und fich nicht das in der Neihe zweite einjchiebe, wie man bisher angenommen hat. Auch auf diejer Entwidelungsitufe fehlen noch äußerlich und innerlich die Gejchlechtswerkzeuge, weshalb es gekommen fein mag, daß man die Männchen für viel jeltener als die Weibchen gehalten hat. Das Betragen der achtbeinigen, gejchlechtlich noch unreifen Zeden ſtimmt mit R — Gemeiner Holzbock (Ixodes rici- nus). a Jugendzuſtand mit ſechs Beinen, b Jugendzuftand mit act Beinen und mäßig mit Blut erfüllt, ce erwachſenes Männden, d erwachjes ne3, nüchternes Weibchen, e don der Bauchſeite vollgeiogen, f dasjelbe von der Ruckenſeite, g im Haarpelz eines Säugetieres. (Ale Figuren in zwei— nialiger Vergrößerung.) dem der reifen vollfommen überein: fie friechen bevädhtig und träge an Gras und Gebüfch der Wälder umher und hafen fich jogleih an jedem in ihre Nähe kommenden Gegenftand feit; freilich hat es jeine Schwierigkeiten, fie bei ihrer Kleinheit im Freien mit den Augen wahrzunehmen. In der einen Ge: gend halten fie fi mit Vorliebe auf, während man fie in einer anderen gar nicht findet. Ich entfinne mich jehr wohl aus meiner Jugendzeit, daß befonders ein Gehölz bei Naum— burg an der Saale ihretwegen verrufen war, wie der Steiger bei Erfurt, weil man nicht leicht einen Spaziergang durch dasjelbe unternehmen Eonnte, ohne nicht wenigftens einen Holzbod aufgelefen zu haben. Einjt empfand ich in der linfen Achſelhöhle einen heftigen, vorübergehenden Schmerz, welchen ich am beften mit einem ſo— genannten rheumatifchen Stiche vergleichen möchte. Da ich aber an der genannten Stelle noch nie von einem ſolchen heimgeſucht worden war, wurde ich nachdenklich und juchte nach einem anderen Grunde. Der eben eingedrungene Holzbod war bald entdedt, ob er fich aber auf der in Nede ftehenden Altersftufe oder auf der legten befunden hat, muß ic) dabingeftellt fein laſſen. Beiläufig fei bemerkt, daß man durch Betupfen mit ein wenig Ol am einfachſten und ſchnellſten das Tier zum Loslaffen bringt, und daß es duch Benzin fajt augenblicklich ftirbt. Hier, in der Gegend von Halle, durchitreife ich jeit manchem Jahre die immer mehr ſchwindenden Gebüjhe und Wälder, ohne je einen Holzbod am eignen Körper mit nach Haufe gebradht zu haben, wenn auch dann und wann in dem zum Ein: jammeln gewifjer Inſekten beftimmten Fläſchchen mit Weingeift. Nah Pagenjtehers Beobahtungen finden fie fi während des Sommers in den Waldungen der Heidelberger Umgebung bejonders an ſolchen Stellen, wo aud Säugetiere und Vögel, vornehmlich Eich— hörnchen und Häher, zahlreicher vorkommen, oder wo Fuhsbauten liegen, ferner an mit Gras bewachſenen Bahnen, wie fie von den Tieren des Waldes gern für ihre Wege be— nutzt werden. Von Ende September an werden die unreifen Zeden jehr einzeln und Ans fang Oktober auch reife beiverlei Geſchlechts nur jpärlih im Freien angetroffen. Auch Gemeiner, gerandeter und violettroter Holzbod. 737 vollgejogene Tiere zweiter Altersitufe und natürlich wieder von anderem Anfehen, welches nit nur nach der Menge des aufgenommenen Blutes und dem Stande des Verdauungs— prozejjes, jondern jelbit nach dem Wohntier abändert, findet man nicht jelten, den Leib ſchwerfällig nachziehend, frei umherkriechend, häufiger jedoch feitgejogen an Menjchen und allerlei Säugetieren, bejonders Hunden und Eihhörnchen, bei welch letteren fie die Nänder der Augenlider und die Lippen am liebiten zum Anjaugen zu wählen jcheinen. Die lebte Häutung, der Übergang zur Gejchlechtsreife, erfolgt während der Nacht und Fonnte daher von Pagenſtecher troß aller Bemühungen nicht beobachtet werden. Auf der legten Altersitufe tritt num zu den beiden, von der Leere oder Füllung des Darmes bedingten, auch ſchon den früheren Stufen eignen Formverjchiedenheiten noch die des Gejchlechts hinzu, indem das Männchen, welches man nie angejhwollen gejehen hat, ein anderes Ausjehen darbietet, als das nüchterne und als das wohlgenährte Weibchen. Bei ihm (Fig. c ©. 736) wird faft der ganze Rüden von einer glänzend pehhbraunen, etwas behaarten und punktarubigen Platte bevdedt, die über die Hälfte länger ift alS die des Weibchens, und die Bauchjeite zeigt Querleiften zwijchen der Ge |, ſchlechts- und Afteröffnung; überdies unterjcheidet es ein bedeu— tend Fürzerer NRüffel vom Weibchen. Mir ſcheint der gerandete Holzbod (Ixodes marginalis) Hahns, weldhen man hier und da abgebildet findet, eben nur das Männchen der gemeinen Art zu fein. Das Weibchen (Fig. d) hat ein gerundetes, nad) vorn etwas verengertes Rückenſchild, welches den größten Teil des Leibes frei und dehnbar läßt. Vollgeſogen hat es die Geftalt von Fig. e und i f und eine vom Weiß durch das Fleijchrote bi zu Braun übergehende Biolettroter Holzbod Färbung. Sn diefer Form ift das Tier von je am meiften aufge- xodes reduvius) Der: fallen. Man findet die gemeine Hundszede in beiden Gejchlechtern un und im nüchternen Zuftande frei ſchwärmend, aber bemüht, ſich irgend einem Tiere oder dem Menſchen anzujegen, das Weibchen, um ſich hier zu mäften, das Männchen, um fi mit jenem zu paaren. Ein erwacjenes Weibchen erreiht an einem Hunde in 9 Tagen, bei entjprechender Breite, die Länge von 11 mm und wird jo elaftiih, daß es beim Herab- fallen auf den Boden wie ein Gummiball in die Höhe jpringt. Seine Farbe pflegt am Hunde eine mit Fettglanz verbundene jteingraue zu jein. Obgleich ſich die Zede unter günftigen Umftänden jchnell entwidelt, jo wird fie doch durch ihre Lebensart zu längerem Faften verurteilt und auf diefe Weije ihre Lebensdauer durchſchnittlich auf die Zeit vom Mai bis Dftober ausgedehnt. Der violettrote Holzbod (Ixodes reduvius), welder von Hahn in der bei- gegebenen Figur abgebildet und von einigen Schriftitelleen mit dem vorigen verwechjelt wird, lebt ganz in derjelben Weife, ift aber meiner Anficht nach gewiß davon verjchieden. Sch beſitze mehrere Stüde, welche ich mit Färglich genährten Weibchen der vorigen Art frei ſchwärmend eingefammelt habe. Das ganze Tier ift rot, an dem größeren Nüdenjchild und den Beinen ftellenweife wie mit weißlichem Reife bededt und am dunfleren, vom Schilde frei gelafjenen Teile in der angegebenen Art gezeichnet. Dieſe Zede joll ſich vor: zugsweile an Schafen, aber auch an Hunden, bejonders Jagdhunden, und Nindern finden, Zecken von ähnlicher Geftalt und Größe, meift aber bunter von Farbe, bejonders in verſchiedenen Tinten rot mit lichteren oder dunfleren Zeihnungen, leben jehr zahlreich im ſüdlichen Amerika und in anderen heißen Ländern, unterjcheiden ſich aber wejentlich von unferen heimifchen Holzböcken dadurch, daß fie etwa in der Mitte der Schildjeite in einer jeichten Ausbuchtung als einen lichten, matten Punkt ericheinende Augen tragen. Koch vereinigte die zahlreihen Arten unter dem Gattungsnamen Amblyomma und gibt ale Brehm, Zierleben. 3. Auflage. IX. 47 738 Dritte Ordnung: Milben; fünfte Familie: Jeden. Kennzeichen für das Weibchen einen falt einfarbigen, dehnbaren Leibesteil, aber ein mit weißen oder gelbem Schmelze bededtes und dabei dunfelfarbiges Nüdenfchild an. Dahin gehört unter anderen die ameritaniihe Waldlaus (Amblyomma americanum), welche, den volfstümlichen Namen „Nigua, Tigua, Pique“ nach zu fchließen, vielfach mit dem Sandfloh verwechjelt worden zu jein feheint, eine der gemeinften und befannteften Zecken Amerifas ift und nad) Art unjerer Holzböde Menjchen und Tiere plagt und nament- lich den Pferden in der Weichengegend viele Schmerzen verurjacht; dieſe lafjen fich die Uuälgeilter daher gern von den Hühnern ablejen. Die 2,2;—3 mm mefjende Zede ijt furz eiförmig im Umriſſe, ſchmutzig rotbraun von Farbe, auf der Oberfläche jehr fein punftiert und von einer Furche ringsum eingefaßt. Das Weibchen hat eine hellgelbe Schildchenſpitze, welche dem Männchen fehlt. Gewiß gehören auch die beiden Arten hier- ber, weldhe Bates in der Nähe von Billa Nova in Nieder-Amazonien jo zahlreich antraf. Die höher gelegenen und trodeneren Länderftriche jener Gegend find überall jandig, und hohe grobe Gräjer bilden den Saum der breiten Wege, die man dur) das junge Holz geichlagen hat. Dieje Stellen wimmeln von Carapätos, häßlichen Zeden, welche auf den Spigen des Graſes fißen und fi) an die Kleider der WVorbeigehenden anhängen. Bates gebrauchte täglich eine volle Stunde, um dieje läftigen Tiere von jeinem Körper abzulejen, wenn er von einem Ausflug zurücgefehrt war. Er unterjcheidet zwei Arten, die jedoch beide in einem furzen, dien Rüfjel und einer hornigen Körperbedeckung wie in der Lebens— weile übereinſtimmen. Sie jegen ſich auf die Haut, verjenfen ihren Rüſſel in diejelbe, um Blut zu augen, und verwandeln dadurch ihren platten Körper in einen fugelrunden, jedoch gebrauchen fie mehrere Tage dazu, bi fie fich vollgefogen haben. Man fühlt weder Schmerz noch Jucken, befommt aber durch das unvorjichtige Loslafjen derjelben jehmerzhafte Ge- Ihwüre, weil dann der Nüffel fteden bleibt. Um fie zum Loslaffen zu bewegen, betupft man fie gewöhnlid mit Tabakſaft. Sie Hammern fich nicht mit den Beinen an das Fleiſch feſt. Beim Herumfriehen an ven Grashalmen und Blättern brauchen fie nur das vorderfte ihrer Fußpaare, während die übrigen ausgeftredt und immer bereit gehalten werden, ein vorbeijtreifendes Opfer zu erfaſſen. Die Fleinere Art ift gelblich und jo zahlreich vorhanden, daß fie ſich nicht jelten Dugendweife dem Wanderer anhängt. Wenn fie fich vollgefogen bat, erreicht fie ungefähr die Größe eines Schrotfornes Nr. 8. Die größere findet fich jeltener und wird jo groß wie eine Erbſe. Aus diefen Mitteilungen geht zur Genüge hervor, daß ſich die amerikanischen Zeden durch ihre Lebensweije in nichts von unferen heimiſchen unterjcheiden. Wieder andere, meift afrifanijche, Fleinafiatijche, darunter aber auch einige füdeuro: päiſche Arten zeichnen ſich durch glänzende, halbfugelig heraustretende Augen und eine große, dreiedige Chitinplatte für die rigenförmigen Luftlöcher aus und find zu der Gattung Hyalomma vereinigt worden, während noch andere durch fürzere und von der eben be= jchriebenen Form etwas abweichend gebildete Mumbdteile weitere Trennungen nötig ges macht haben. Durd eine ſchildartige, nach vorn ſchwach verſchmälerte Nüdenflähe und durch einen der Bauchjeite angehefteten kurzen Nüffel weichen die Saumzeden (Argas) wejentlic von den bisher bejprochenen Holzböden ab. E3 gibt nur wenige Arten, von denen die ſo— genannte Giftwanze von Miana, „Malleh“, over die perſiſche Saumzede (Argas persicus) durch fabelhafte Neifeberichte eine traurige Berühmtheit erlangt hat. Nach Ab- zug aller in jolhen Fällen vorfommenden, ſchon mehrfah zur Sprache gebrachten Über: treibungen bleibt als Wahrheit von dem Betragen diejer Zede übrig, daß fie in Perſien und auch in Agypten (von da liegen mir wenigftens Stücde vor) mehr oder weniger Amerikaniſche Waldlaus. Perſiſche und muſchelförmige Saumzecke. 739 zahlreich in den Wänden der menſchlichen Wohnungen lebt und ganz nach Art der Bettwanze des Nachts die Schläfer überfällt, um ſich an deren Blut zu ſättigen, wobei ſie eine ſchmerz⸗ hafte Wunde zurückläßt, am Morgen aber ſtets ſpurlos verſchwunden iſt. Wer ſich eine Vorſtellung von der Wanzenplage bei uns zu Lande machen kann, dem wird die Angabe des jüngeren Kotzebue in ſeiner „Reiſe durch Perſien“ nicht unwahrſcheinlich klingen, daß durch dieſes Ungeziefer die ganze Einwohnerſchaft aus einzelnen Dörfern vertrieben worden ſei. Wenn dagegen Berichte aus Miana, wo die europäiſchen Geſandtſchaften zu übernachten pflegten, erzählen, daß dasſelbe Tier, „die Giftwanze von Miana“, nur die Fremden auf— ſuche und 24 Stunden nach ihrem Biſſe Todesfälle eingetreten ſeien, ſo kommt wohl im letzteren Falle das dort herrſchende, für Ausländer ſo gefährliche Faulfieber, aber nicht der Stich der Saumzecke in Betracht. Die gefürchtete Zecke hat ein etwas unheimliches An— ſehen, durch welches ich wenigſtens, vielleicht wegen der grubig-körnigen Oberfläche des ſehr platten, in den Umriſſen birnförmigen Körpers, an die häßliche Wabenkröte erinnert werde. Die ganze Rückenfläche des braunroten Körpers iſt dicht mit weißen, runden Grübchen be— ſetzt, von welchen die punktför- migen, bejonders am Rande und an der hinteren Körperhälfte in Längsreihen, etwas größere, vorzugsweije der vorderen Rük— fenfläche zufallende, mehr in Querreihen geordnet auftreten, jofern überhaupt N eueL Ord⸗ Muſchelförmige Saumzecke (Argas reflexus), von der Rücken- und nung die Rede ſein kann. Die Bauchſeite. Stark vergrößert. Augen fehlen. In diejer Be: ziehung jowie in Nüdfiht auf Bildung der Beine und des Rüſſels hat die genannte Art die größte hnlichkeit mit einer zweiten, welche als deutſche eine nähere Berüdfichti- gung verdient. Die mujhelförmige Saumzede (Argas reflexus), welde unjere Abbildung von der Rüden: und Bauchleite vergegenmwärtigt, ſcheint in fehr ähnlicher Weile wie die perſiſche „Giftwanze“ zu leben. Sie hält ſich in den menschlichen Wohnungen auf, am Tage verftet in Mauerrigen, und nährt fich bei Nacht vom Blute der Tauben, vorzugsweije der jungen, welche nicht jelten davon zu Grunde gehen. So berichtet Yatreille über dieje Milde und unabhängig von ihm ein zweiter franzöfiicher Schriftiteller, Hermann, welcher fie in feinem „Memoire apterologique“ (Straßburg 1808) Rhynchoprion columbae nennt und feine VBerwunderung darüber ausſpricht, daß fie niemand erwähnt, da fie jein Vater doch ſchon feit 30 Jahren als läftigen Parafiten der Tauben Fenne. Bis dahin wird Frankreich und Stalien al3 das Vaterland der mufchelförmigen Saumzede angegeben und von anderer Seite (Herrih: Schäffer) die Vermutung ausgefprohen, daß jie aud) in Deutfchland vorkommen könne. Dieje Vermutung hat ſich denn auch nah und nad) für verjchiedene Gegenden unjeres Vaterlandes beftätigt und zwar unter höchſt interejlanten Nebenumftänden. Zu Camen in Weftfalen fand ſich die Zede, nad dem Berichte des Dr. Boſchulte, zu Anfang des Jahres 1859 (und auch ſchon in den vorangegangenen Jahren) im oberen Teile eines maſſiven Haufes und zwar an den tapezierten Wänden verfchiedener Zimmer, vorzugsweife einer Schlafkammer, welde den mittleren zeil eines 47* 740 Dritte Ordnung: Milben; fünfte und ſechſte Familie: Jeden und Lausmilben. gleichfalls majliven Turmes einnahm und mittelS eines Fenfters bis 1857 in naher Ver— bindung mit einem Taubenjchlage geitanden hatte. Dem weiteren Berichte zufolge jaß die Bede an den Wänden Der bezeichneten Räume, jo daß man zu jeder Tages: und Jahres: zeit ohne große Mühe eine oder die andere ſammeln Fonnte, und der Umſtand, daß man Zeden von den verjchiedeniten Größen antraf, jpricht für die gebeihliche Fortpflanzung der: jelben, objhon nur wenige Bewohner im Haufe beifammen waren, feine Tauben in Ver: bindung mit demjelben mehr jtanden und angeblich alle bemerkten Stüce getötet wurden. Eine Zede, welche ich in der Fläche der hohlen Hand nahe dem Daumen feitgejogen hatte, blieb ungefähr 27 Minuten figen, nahm in merklich regelmäßigen Zügen Nahrung zu ic und ließ, nachdem fie die Dide einer Kleinen Bohne erlangt hatte, freiwillig los. Im Jahre 1863 lieferte der Prediger zu Friedeburg an der Saale zwei lebende Saumzeden an das Zoologiſche Muſeum in Halle ab und durch. jeinen Bericht abermals den Beweis, in wie naher Beziehung die genannte Saumzede zu den Tauben fteht. Bis zum Jahre 1859 war unter dem Zimmer, in welchem fich das Ungeziefer zeigte, eine Thorfahrt, und an deren Wänden waren Taubenhöhlen gewejen. Seitvem hatte man die Thoreinfahrt in eine Stube umgewandelt und die varüberliegenden Räume zu Schlafjtätten für die Kinder eingerichtet. Hier zeigten fih nun die Jeden, vereinzelt auch im unteren Zimmer. Bei Tage ließ fi) nie eine bliden, weder am Körper noch an den Stleidern oder in den Betten, Jondern nur des Abends an den Wänden oder an der Dede. Bei jeder Annäherung des Lichtes ſaßen jte fejt und wurden bei der Berührung wie leblos. In diefem Betragen fand man aud) das einzige Mittel, jte zu befämpfen. Vor den Zubettegehen wurde nämlich an ven Wänden umbergeleuchtet und verbrannt, jo viel fich ihrer zeigten, einige wenige, aber auch bis 18 an jedem Abend. ES ſei hierbei an das früher erwähnte Mittel erinnert, fi) vor den Angriffen der Bettwanzen zu ſchützen, welches aud in Perſien gegen die dortigen Saum: zeden empfohlen wird: in einem erleuchteten Zimmer zu jchlafen. Nie war zu ermitteln, woher die Jeden kamen, nie eine vollgefogene zu treffen, nie eine bejonders Heine, denn fie hatten durchjchnittlich alle die Größe zwiſchen 4,5 und 6,5 mm. Die meilten Verwun— dungen, welche fie den jchlafenden Kindern beibradhten, fanden fi an den Händen und Füßen, was darauf Hindeutet, daß fie die Bettwärme nicht mit der Vorliebe unjerer Wanzen aufſuchen. Die Verlegung erjcheint als ein unbedeutend rotes Pünktchen ohne Hof, ver: anlaßt aber ein heftiges Juden, weniger an dem Bunte jelbjt, als im Berlaufe der Adern. Co bewirkt 3. B. ein Stich zwiſchen den Fingern ein Juden am ganzen Arme bis zur Schulter hinauf, ein Stich) am Fuße bis zum Kreuze und Nüden hin. Durch) Kragen wird der Neiz immer heftiger und weiter verbreitet und die Umgebung der Adern entzündet, bejonders bei Kindern, welche bereits mit merklicher Entzündung das Bett verlaſſen. Bei einem 4—5jährigen Mädchen traten an Hand, Handgelenf und Unterarm jogar blafige Anjchwellungen hervor, gleich den Folgen von Brandwunden. Das Juden hält unter Um: jtänden 8 Tage lang an. Nach alledem dürften die Wirkungen der mujchelfürmigen Saume zede für unferen gemäßigten Himmelsjtrich kaum geringer jein als Die der perſiſchen für den heißeren. Im Jahre 1873 bemerkte ih an einer ſpaniſchen Wand in Eisleben eine ungemein große muſchelförmige Saumzede und erfuhr auf mein Befragen, daß diefe Wand auf einem Gange ihren Aufbewahrungsort habe, unter welchem zahlreiche Taubenhöhlen angebracht waren. Außer der bereits erwähnten großen Lichtjeheu jei auch einer an Troß erinnernden Bewegungslofigfeit als auffallender Eigentümlichkeit diefer merkwürdigen Zeden gedacht. Minutenlang liegen fie da, jo daß man fie für tot halten könnte, und in Wein: geijt geworfen, rühren fie fein Glied bis zu ihrem Verenden, während doch jonjt jedes andere Wejen feinen Körper faſt verrenft, um dem Tode dur) Ertränfung zu entrinnen. Meiter jollen fie nah Chilianis Beobachtungen 26 Monate hungern können. Muſchelförmige Saumzede Käfemilbe. 4] Die interejjante Zede, welche nach den mitgeteilten Erfahrungen ſich mit den Tauben entjchieden in noch anderen Gegenden Deutjchlands finden dürfte, ericheint von obenher flach ausgehöhlt und ohne jegliche Gliederung, mit einigen Ihwachen Grubeneindrücen verjehen, deren beide größten und ovalen etwas vor der Mitte ftehen, die meiften übrigen \ kleineren und weißlichen auf der Sinterhälfte ein Feld franzartig umſchließen, welches von einem deutlichen, gleichbreiten Längseindruck halbiert wird. Die Oberfläche ift roftgelb, der äußere Körperjaum, Unterjeite und Beine find gelblichweiß, ſofern Feine eingenommene Mahlzeit den Bauch anders färbt. Die Beine gelenfen an unbeweglichen Hüften nabe bei einander ein und gehen in je zwei ftarf gefrümmte Klauen ohne Haftlappen aus, welche jedoch nicht dem legten, deutlichen Fußglied anfigen, fondern durch zwei jehr dünne Ninge mit ihm in Verbindung ftehen und hierdurch entjchieden größere Beweglichkeit erlangen. Etwas vor den vorderiten Hüften liegt in einer ihm dienenden Höhlung der wagerecht aus- geſtreckte, kurze Rüffel. Derſelbe hat ganz den oben beichriebenen Bau, wenn auch die Formen der einzelnen Teile in unwejentlichen Stüden etwas abweichen, wozu die pfriem- fürmige Geftalt des legten und die ſchuppenförmige des erſten Kiefertaftergliedes gehören. Zum Gebraude richtet er fich ebenjo ſenkrecht nach unten wie bei den Holzböden, deren ſonſtiger Bau fih auch bier zu wiederholen fcheint. Außer den beiden erwähnten Saumzeden find noch mehrere Arten bejchrieben, je neuerdings zwei in Öuanajuato häufig vorkommende und vom Bolfe Turicata und Gar- rapata genannte. Erſtere, Argas turicata, lebt auf Schweinen, die zweite, A. Megnini, auf Pferden, Ejeln und Nindern, namentlich im inneren des Ohres, geht aber auch auf Menjchen über. Eine weitere Art auf Mauritius, A. mauritianus, tötet bisweilen Hühner. Sm ganzen kennt man zur Zeit etwa 100 Zedenarten. Die Lausmilben (Sarcoptidae) gehören zu den kleinſten der ganzen Ordnung und bejtehen aus einem weichhäutigen, mitunter durch einzelne Ehitinleiften geſtützten Körper von ovalen und noch gejtredteren Umrifjen. Augen fehlen, dagegen bededt nicht jelten reihlihes Boritenhaar die Oberfläche. Die Beine, wenn nicht verkümmert, endigen in je eine Haftblaje, die Kieferfühler in eine Schere oder Nadelipige und laſſen ſich im letzteren Falle in eine häutige Röhre zurücziehen. Dem unvollfommenen Bau im Äußeren diejer mikroſkopiſchen Wejen entipricht auch ihre innere Organijation. Von Atmungswerbeugen fonnte bisher feine Spur, daher atracheata genannt, vom Bauchmark nur ein einzelner, feine weiteren Aſte abgebender Nervenknoten nachgewieſen werden, und jpät erſt gelang es Leydig, VBerdauungswerkzeuge aufzufinden. Dejjenungeachtet werden gerade Dieje Milben als Schmaroger auf den verjchiedenften Nahrungsmitteln, ja jelbit auf dem menſch— lien Körper vorzugsmweife läftig und nachteilig. Die Käjemilbe (Tyroglyphus siro oder Acarus domesticus, Abbild. ©. 742) ericheint für das unbemwaffnete Auge als Lichtes, ſehr ſchwer zu erkennendes Pünktchen, für das bewaffnete in der beigegebenen Form als langbeborjtetes, gejtredtes, im feilten und glän- zenden Körper zweiteiliges Tierchen, mit jeherenförmigen Kieferfühlern und viergliederigen Beinen, die in einen langgeftielten Saugnapf auslaufen. Millionenweije bewohnt es alten, fteinharten Käſe und verwandelt denjelben mit der Zeit in Staub, der aus den Auswürfen und Bälgen der Milben befteht. Gerade dies wünjchen aber gewilje Zungen der Käſe— liebhaber, und man hegt und pflegt die Milben und ift ftolz auf von ihnen bewohnten Käfe. Dagegen fieht niemand diefelbe Art, nur unter einem anderen Namen, die Wiehl: milbe (Tyroglyphus farinae), gern, weil fie ein ſicheres Zeichen von der Feuchtigkeit 7423 Dritte Ordnung: Milben; jechfte Familie: Lausmilben. und Verdorbenheit des Mehles abgibt. Übrigens leben noch einige andere Arten an den beiden eben genannten Nahrungsmitteln. Zahlreiche Milbenarten, weldhe an den verſchie— denjten Inſekten, wie Fliegen, Bienen, Hummeln, Totengräbern u. a., gefunden worden find und fich durch nur ſechs Beine und zahlreiche Saugnäpfe an der Bauchjeite auszeich- nen, wurden von Duges unter dem Oattungsnanen Hypopus zujammengefaßt. Nun haben aber jpätere Beobadhtungen ergeben, daß diejelben Larvenformen von Tyroglyphus- Arten und Milben find, welche nicht auf den betreffenden Gliederfüßern ſchmarotzen, ſon— dern fih von ihnen nur an Ortlichkeiten tragen laffen, die für ihr Fünftiges Leben nach erlangter Gejchlechtsreife geeignet find. Der weiße Beichlag auf getrodineten ſüßen Früchten, wie Pflaumen, Kirſchen, Rofinen, Feigen u. a, entiteht nicht immer dur) Ausfchwigung des Zuderftoffes, ſondern nicht jelten durch Taujende von Milben, welche verjchiedenen Arten der Gattung Glyeyphagus (Süß: mäuler) angehören, ausgezeichnet durch nicht einfache, Jondern gefiederte Behaarung. Die näher bezeichnete Art heißt Gl. prunorum Her., domesticus Deg. Die beiden genannten Gattungen hat man neuerdings als Fa: milie der Tyroglyphiden von den Sarfoptiden abgejchieden, ebenfo die Dermaleihiden oder Bogelmilben, winzige Milben von meijt längliher Form mit fein querfaltiger Haut, ſcherenförmigen Kiefer: fühlern, meift dreigliederigen Tajtern und unter ſich meiſt ungleichen Beinen. Namentlich tritt bei den Männchen das dritte Baar nicht jelten ſtark verdict und verlängert auf und verleiht den Tierchen ein wunderbares Ausjehen. Man kennt zur Zeit etwa 12 Gattungen mit ungefähr 80 Arten, welche fait alle auf Bögeln ſchmarotzen, hier aber Käſemilbe (Tyrogiy- nicht weiter berüclichtigt werden fünnen. phus siro). Starf ver- größert. Sahrhundertelang waren die Gelehrten und unter ihnen bejonders die Ärzte geteilter Anficht über das Weſen jener läftigen und zum Teil efelhaften Hautkrank— beit, deren Name „Kräße” überall einen unangenehmen Klang hat. Seitdem die mancherlei Hautkrankheiten richtiger unterſchieden und ihre Urſachen gründlicher erforicht worden find, hat ſich unzweifelhaft herausgeftellt, daß die Kräge dur das Wühlen von Milben in der Oberhaut entjteht und daher niemals von jelbjt, jondern durch unmittelbare Anjtekung von außen oder durch von Kleidungsftüden, Betten ꝛc. vermittelte Übertragung von Kräß: milben oder deren Eiern zum Ausbruch kommen fann. Das Tier nun, welches beim Menſchen die genannte Krankheit verurjacht, heißt die Krägmilbe des Menſchen (Sar- coptes hominis, Abbild. S. 743), wenigſtens verdient dieſer von Raspail eingeführte wiljenihaftlihe, neuere Name den Vorzug vor dem älteren: Acarus scabiei des Fa— bricius, weil die unzureichende Bejchreibung diefes legteren Entomologen zweifelhaft läßt, ob er wirklich das in Rede jtehende Tier vor fich gehabt habe oder ein anderes, jehr ähn- liches, deren es noch mehrere gibt. Die Kräge zeigt ſich als zerjtreute, doch meift auf einzelne Körperteile mit dünner DOberhaut, wie Handgelenk, Ellbogen, Knie 2c., beſchränkte, Iinienförmige Erhöhungen (Gänge), deren jede für fi von einem gereizten Punkte ausgeht, und die fi in ihrer Geſamtheit je nach der verjchievenen Empfänglichkeit des Behafteten und der Hautgegend als Punkt, Wärzchen, Bläschen oder Puſtel zeigen. Wenn nämlich die Krägmilben auf die Haut gebracht werden, jo bohren fie ſich mehr oder weniger ſchräg durch eine Hautfurdhe oder neben einem Haare ein und geben dabei eine ſcharfe Flüſſigkeit von fih, welche durch ihren Reiz die erwähnten Punkte, Bläschen 2c. erzeugt. In diefen Anfängen der Krätze findet man feine Milben, weil fie fich entweder jchon tiefer gegraben oder bereits ſchon Glyeyphagus. Bogelmilben. Krägmilbe des Menjden. 743 wieder entfernt haben, denn alle jungen Milben, die Männchen jowohl wie die unbefruch- teten Weibchen, führen ein jehr umberjchweifendes Leben und verlafjen ihre Gänge ſchnell wieder, um neue zu graben. Sie find es vorzugsweile, welche das unerträgliche Jucken veranlajjen. Dagegen fertigen die befruchteten Weibchen längere Galerien (Neftgänge), welche fie nicht wieder verlafjen; fie jegen in diejen ihre Eier ab und werden tot in dem gejchlofjenen Ende des Ganges gefunden. Ebenjowenig wie in den Anfängen des Kräße: ausſchlages finden fi), wenigſtens der Negel nach, die Milben in den Schuppen und Kruften (Schorfen), und in diejen beiden Umftänden ift der Grund davon zu juhen, daß man fie jo lange nicht als Urheber der Krankheit anerkennen wollte. In der angegebenen Weife verhält es fich mit der gewöhnlichen, beim Menjchen vor- kommenden Kräße, welche da, wo die Verhältnifje der Bevölkerung beſſer find, wegen der Bejchwerlichkeit der Leiden nicht lange auf ärztliche Hilfe zu warten braucht. Indes auch im Falle der Vernadhläjligung erreicht fie nur eine bejtimmte Höhe, indem ein zu ſehr ge- jteigerter Hautreiz den Tieren nicht zuſagt und eine jtarfe Vermehrung derjelben wenig begünftigt, jo daß Menjchen angetroffen worden find, welche jahrelang die Kräße gehabt haben, ohne daß dieje einen wejentlih anderen al3 den gewöhnlichen Charakter angenom: men hatte. Wenn fich dagegen die Milben unter bejonders günftigen Umftänden befinden und die Haut infolge ihrer Beſchaffenheit weniger gereizt wird, vielleicht die übrige Kör— perfonftitution unempfänglicher gegen die Hautthätigfeit iſt und jo das Treiben der Tiere monatelang und länger durch feine Behandlung gejtört wurde, jo vermehren fie fich in das Unglaubliche. Die zahlreichen, Schnell aufeinander folgenden Bruten finden zum Anlegen ihrer Neftgänge an den Stellen, | welche jonft vorzugsweiſe dazu benugt werden, feinen Pla Krätzmilbe des Menſchen (Sar- mehr und find dann genötigt, fie auch an den übrigen, für as ee gewöhnlich verichont bleibenden Körperteilen anzubringen. Durch den bejtändigen Reiz, welchen ſie auf die Haut ausüben, erzeugen die Milben zu: gleich eine außergewöhnlich Schnelle Neubildung der Oberhautelemente, während deren ältere, von zahlreichen kurzen Galerien und Löchern durchzogene Schichten mit den abgeſtorbenen Stammmüttern jüngerer Bruten abgejtoßen werden, aber an den unterliegenden Schichten mittelS der dur) die poröje Maſſe von unten durchlidernden Feuchtigkeit hängen bleiben. Sn dieſer Schorfbildung jowie in der größeren Ausbreitung über den Körper liegt der Charakter der bei weiten jelteneren, aber auch bösartigeren „Schorffräge”, einer Form, wie fie, jedoch wieder von anderen Milben veranlaßt, bei unjeren Haustieren (Pferden, Schweinen, Hunden, Katzen, Kaninchen) als „Räude“ zu verlaufen pflegt. Dieje Form it bisher nur in wenigen Fällen, weldhe über ganz Europa zeritreut waren, in der Regel an armen und jchledht genährten, ftumpfliinnigen und apathiihen Menjchen beobachtet worden. In Norwegen, auf SSland, den Fardern und auf Grönland, im ganzen ſolchen Gegenden, in denen die Bevölkerung ſehr unreinlich ift, dürfte die Schorflräge häufiger auftreten, und jedenfalls ijt fie in früheren Zeiten, in denen das Heilverfahren der Krank: heiten auf bedeutend niederer Stufe ftand, noch verbreiteter gewejen; ob vielleicht die fabel— hafte „Läuſeſucht“, von der ältere Schriftiteller erzählen, in einzelnen Fällen wenigitens auf die in Rede jtehende Krankheit bezogen werden müſſe, wer will und kann darüber endgültig entjcheiden? R. Bergh ftattet ausführlihen Bericht über einen von ihm beobachteten Fall der Shorffräge ab, aus welchem nur einige auf unjere Milbe bezügliche Angaben hier folgen 744 Dritte Ordnung: Milben; ſechſte Familie: Lausmilben. Vierte Ordnung: Zungenwürmer. mögen. Ein Stüd des ältejten, oberflächlichen und dichten Teiles der Schorflage von etwa 1 mm Kubilinhalt und 0,0008 g Gewicht enthielt 2 Weibchen, 8 jechsfühige Junge, 21 größere und Eleinere Stüde von Jungen und vereinzelten Weibchen, 6 Eier, 58 Eifchalen und ungefähr 1030 größere oder Fleinere Auswurfsfnollen, während ein Stüdchen der unteren Schorffhicht geringeren Reichtum an tierischen Überrejten erkennen lief. Die Auswürfe find von jehr verjchievdener Form und Größe, meift rund oder unregel: mäßig länglich, glatt oder uneben, körnig und gelbbräunlich von Farbe, die Eier fait oval, etwa ein Drittel länger als breit (durchſchnittlich 0,15 mm lang), und mit beinahe farb» lojer, zwar dicker, aber durchicheinender Haut umſchloſſen. Die überall in der Schorflage zahlreich eingebetteten Überrefte der Milben beftehen vorherrichend aus den abgelegten Häuten und fallen durch die an der Bauchfläche des Tieres befindlichen Ehitinleiften, an denen fi die Gliedmaßen ſtützen, wie durch gelbliche Gliederringe jehr in die Augen; tote Milben fanden fich fat immer in volljtändigem Zujtande. Was nun die lebenden Milben jelbjt anlangt, jo fommen fie in drei verjchiedenen Grundformen und zwar als achtbeinige, an dem hinterjten Fußpaar mit Saugnäpfen aus: gerüjtete Männchen, al3 achtbeinige, mit bloßen Borften an den beiden hinteren FZußpaaren verjehene Weibchen und endlich als ſechsbeinige Larven vor. Hieraus ergibt ſich aljo, daß wir in der beigegebenen Abbildung ein Weibchen von der Bauchjeite vor uns haben. Jedes Bein des Menſchen (Demodex hominis). beſteht aus vier Gliedern, an deren letztem 60Omal vergrößert, wwei ſtark gefrümmte Klauen und dazwijchen eine langitielige Saugjcheibe oder eine mächtige Borite fißen, überdies kommen an den einzelnen Gliedern Borften in ganz bejtiminter Anzahl vor ſowie an den übrigen Stellen des Körpers. Diejen teilt ein querer Einſchnitt in zwei ungleiche Hälften. Das immer etwas Fleinere Männchen wird an den Saugnäpfen der Hinterbeine erkannt und ift auf dem Rücken mit zwei langen Borjten und drei Baar furzen dicken Zapfen in der Schultergegend, außerdem auf dem Hinterförper nach jeder Seite hin mit einer ſchrägen Reihe von gewöhnlich drei oder vier größeren, dreiedigen und weiter nad) hinten von mehreren abgerundeten Schuppen und überdies mit zahlreichen, zwiichenliegenden Falten verjehen. Beim mehr gelb gefärbten Weibchen wird hinter den Spiten der vorderen Ehitinleiften die Offnung der Scheide als Längsſpalte fichtbar (aller: dings nicht in unferer Abbildung) und die Nücenfläche ift von flachen, dreiedigen Schüpp— hen, weiter nach hinten dagegen von vier Neihen faſt walziger Dornen umgeben. Die Larven unterjcheiden fich von den reifen Weibchen durch geringere Größe, durch den Mangel der Geſchlechtsſpalte nebſt dem Borjtenpaar vor derjelben und durch mehr mufchelige Haut— falten, während diejelben dort bogig verlaufen. Bergh gibt außerdem noch feine Unter: jheidungsmerfmale zwijchen drei Altersitufen der Larven und die Mehrzahl der Weibchen gegen die Männchen viel weniger überwiegend an als andere Schriftiteller, welche ſich zum Teil duch Verfennen der beiden Gejhlehter in der Annahme, daß die Männchen jehr jelten jeien, getäufcht haben. Zu Anfang der vierziger Jahre entdedten Henle und Simon in den Haarbälgen der menschlichen Haut eine Milbe, die alsbald allgemeines Intereſſe erwedte, zahlreiche Namen, darunter Acarus folliculorum als ältejten, erhielt und in anderer Form fi) auch an räudigen Hunden, Katzen 2c. nachweijen ließ. Leydig wurde zur Unterjuchung diejer Tiere dadurch veranlaßt, daß er am Bauche einer jurinamifchen Fledermaus (Phyllostoma hastatum) eine etwa erbjengroße Geſchwulſt bemerkte, weldhe mit einer weißlihen Mafle, Haarbalgmilbe des Menſchen. Gallmilben. 745 Hauttalg und zahllofen Haarjadmilben erfüllt war; eine feine Meſſerſpitze voll ſolcher Maſſe unter das Mikroſkop gelegt, brachte immer gleich Hunderte der Tierchen (Demodex phyl- lostomatis) zur Anficht. Die Haarjad- oder Haarbalgmilbe des Menſchen (Demodex hominis) findet ih in den Haarbälgen und bejonders denen als „Miteſſer“ bezeichneten der Ohren und der Naje. Die Miteſſer find nun zwar feine Milben, fondern Talgpfropfen, deren äufßeres Ende durch Staub und Schmuß ſchwarz geworden ift, aber in der Tiefe diefer Bälge lebt die mikroſkopiſche Milbe, die wir in etwa 600facher Vergrößerung vor uns ſehen. Leydig jpricht fich über die Bildung des Mundes und der Beine weniger beftimmt aus als andere Beobachter, weil die Deutung ſolch winziger Gegenftände ihre großen Schwierigteiten hat. Der Mund beſteht aus einem Rüſſel und zwei nach vorn und unten rauhen Tajtern; die furzen dien Beine enden in je vier Krallen. Feine Querriefen, welche fih nach den übrigen Beobachtern nur über den Hinterleib eritreden, findet Leydig auch auf den kurzen Border: leib ausgedehnt und zwar bei diejer Art durchweg breiter und ſtärker als bei der Haar— balgmilbe des Hundes (Demodex canis); was jene noch bejonders charakterifiert, ift ein Hautfamm längs des Vorderrüdens und eine Eintiefung mit jehräger Leifte zwijchen dieſem und den Beinen. Einen herzförmigen Körper, der in den Haarjäden immer neben einer Milbe lag, erklären Leidig und Simon für das Ei, aus welchen eine jechsbeinige Larve ſchlüpft. Bei den beiden anderen, hier nambaft gemachten Arten hat dasjelbe eine andere Geſtalt. Wir jehen aus alledem, daß fih die Natur nicht nur mit fihtbarem Ungeziefer begnügt, welches fie auf den Menjchen und auf die Tiere feiner Umgebung feste, Jondern auch jo winziges hinzugefügt hat, daß dejjen Entvedung zu den von dem Mikroſkop her: vorgezauberten Wundern gehört. Ihrem Körperbau nach jchliegen fich bier noch die Gallmilben (Phytoptus, eine Verſtümmelung von Phytocoptes) an. Es find langgeitredte, fein quergeftreifte, mikro— ſkopiſche Milben, deren beide hintere’ Beinpaare zu Furzen Stummeln oder borjtentragen: ven Wärzchen verfümmert, die beiden vorderen fünfglieverig, am Ende mit Borjten, Krallen oder Haftorganen verjehen find. Sie alle erzeugen an den verjchiedenjten Pflanzen und Pflanzenteilen jehr mannigfahe gallenartige Mifbildungen, jogenannte Phytopto-Ceci— dien, welche man früher für Bilze hielt, weil jie meift einen Filz von fleiſchigen Haaren auf ihrer Oberfläche tragen. So fommt eine Art, Ph. vitis, an den Blättern der Wein— rebe vor, deren Gallen nicht mit denen der Phylloxera verwechjelt werden dürfen. Während lange Zeit hindurch nur ſolche Milbenerzeugnifje Gegenftand der Beobahtung waren, hat man neuerdings auch den Tieren felbit die gebührende Aufmerkſamkeit gejchentt. Es iſt namentlih Nalepa, dem wir zahlreiche Aufſchlüſſe und auch die Gründung neuer Gat- tungen neben der bisher einzigen verdanten. Vierte Ordnung. Die Zungenwürmer (Pentastomidae, Linguatulida). Eine geringe Anzahl von Schmarogern, welche man wegen ihrer wurmförmigen Ge: ſtalt und der parafitifchen Lebensweife früher zu den Eingeweidewürmern gerechnet hat, bildet jegt eine Ordnung der Spinnentiere (Linguatulida), nachdem die Unterfuchungen 746 Vierte Ordnung: Zungenmwürmer. Yünfte Drdnung: Krebsjpinnen. von van Beneden, Schubärt, Leudart und anderen diejelben dem inneren Bau nad) und infolge des Vorhandenfeins zweier Fußpaare als nahe Verwandte der Milben nach: gewieſen haben. Durch rüdjchreitende Verwandlung find dieje in der Anlage milbenartigen Weſen zur Form und Lebensart der Würmer zurüdgejunfen. Zwei Raare von fußartigen und gegliederten Klammerhafen in der Umgebung der fieferlofen Mundöffnung und der Mangel der Luftröhren charakterifieren dieſe langge: jtrediten, geringelten, nach hinten verjüngten Schmaroger, bei denen das Männchen wejent: (ih Kleiner al3 das Weibchen iſt und feine Gejchlechtsöffnung nahe dem Munde hat, wäh: rend fie bei diejem an der Leibesſpitze liegt, wo gleichzeitig der After mündet. Der bandwurmartige Zungenwurm (Pentastomum taenioides) fommt vor: herrichend in der Najenhöhle oder zwijchen den Siebbeinzellen des Hundes und Wolfes als gejchlechtsreifes Tier vor; vereinzelt hat man ihn auch bei Pferden, Maultieren und Ziegen gefunden. Die abgelegten Eier, deren einzelne Weibchen bis zu 500,000 bergen jollen, gelangen mit den Schleimabjonderungen in das Freie, alfo auch an Pflanzenteile und von da in den Magen von Kaninchen, Haſen und anderen Tieren, nur jelten in den des Menschen. Sobald der Embryo die Eihülle verlaffen hat, durchdringt er, gleich der Trichine, ven Darm und gelangt in die Zeber. Hier fapjelt er fich ein, d. h. er wird von einent Gehäuſe umſchloſſen, in welchem er, in einer der Inſektenverwandlung ähnlichen Weife, mehrere mit Formveränderungen verbundene Häutungen zu bejtehen hat. Nach Berlauf von etwa 6 Monaten hat er jich zu bedeutender Größe entwidelt, die vier Mundhafen und sahlreiche fein gezähnelte Körperglieder erhalten und befreit fih nun aus jeinem Gehäuſe. In diefem Zuftande hatte man ihn in der Leber gefunden, für eine andere Art gehalten und mit dem Namen des gezähnelten Zungenwurmes (Pentastomum denticu- latum) belegt. Auf diejer noch unvollendeten Entwidelungsjtufe beginnt der Zungen: wurm feine Wanderungen von neuem und durchjegt die Leber, dem Wirte den Tod brin— gend, wenn er in größeren Mengen vorhanden ift. "Gelangt der Zungenwurm in dieſem Zustande in die Nahenhöhle eines Hundes, der die Kaninchen= over Hajenleber verzehrt hat, jo dringt er von da in die eben erwähnten Lufträume ein und entwidelt fich im Ver: laufe von 2—3 Monaten zu dem gejchlechtsreifen bandwurmartigen Zungenwurm, der jeinen wijjenschaftlihen Gattungsnanen Pentastomum (Fünfmaul, Fünfloch) von dem Um: jtande erhalten hat, daß ich beiderjeitS und etwas hinter dem mit harter Kreiswulſt um: ichloffenen Munde je zwei fehligartige Öffnungen zeigen, aus denen die Klammerhafen hervortreten, und in welche fie zurüdgezogen werden fünnen. Der weißgelbe Körper ijt lanzettförmig, am Bauche platt, auf dem Rücken etwas gewölbt, durch zahlreiche Quer— falten geringelt und vorn an der Unterjeite mit den eben näher bezeichneten fünf Spalten verjehen. Das Weibchen wird 70—130 mm lang, während das Männchen nur deren 8 bis 10 mißt. Wenige bandwurmartige Zungenwürmer in der Nafen: oder Stirnhöhle eines Hundes erzeugen eine mit Nöte und Anjchwellung verbundene Entzündung der betreffen= den Schleimhäute, fommt eine größere Menge von ihnen vor, jo artet die Entzündung aus und wird derartig jehmerzhaft, daß der Hund beiß- und tobjüchtig wird und ſich in dieſer Hinficht wie ein von der Tollwut befallener gebaren kann. Man hat noch andere Arten unter anderen Verhältniffen, wie im Rachen des Kro— fodils, in den Zungen der Brillenfchlange, bei Rieſen- und Klapperjchlangen, auch in der Leber ägyptijcher Neger aufgefunden, fie mit Namen belegt, ohne jedoch die Naturgejchichte derjelben jo genau zu fennen wie die der vorhergegangenen doppelnamigen Art, welche bier als Beispiel diefer hHöchit interefjanten Geſchöpfe genügen mag. Bandmwurmartiger Zungenwurm. Ufer-Spindelajjel. 747 SFinfte Ordnung. dir Zrebs- oder Aſſelſpinnen (Pantopoda, Pycnogonidae). Eine kleine, noch in der Kürze zu betrachtende Gruppe von Spinnentieren ift von Milne Edwards, dem wohlunterrichteten Krebsfenner, zu den Kruftentieren gerechnet worden, und erft in neuerer Zeit, nahdem man ihre Entwidelung und den inneren Bau gründlicher er: forscht hat, fand man fich veranlaßt, fie an diefen Platz zu Stellen. Die Aſſelſpinnen (Pyc— nogoniden) finden fi an den Meeresküften unter Steinen, zwijchen dem Seetang, mit welchem fie fich umbhertreiben lafjen, oder wohl auch ange: Elammert an andere Tiere und beftehen der Hauptjache nach aus vielgliederigen Beinen, indem der Hinterleib fait voll-* ftändig verfhwindet und der Vorderteil viergliederig und nur jo weit entwidelt erſcheint, um den Gliedmaßen als Stüß- punkt zu dienen. Außerhalb eines fopfförmigen Saugrohres find die fcherenartigen, zuweilen einfachen Kieferfühler ein— gelenkt, die manchmal ſamt dem eriten Kiefertajterpaar gänz: li) fehlen, während das folgende Paar der Taſter genau — ER dem Bildungsgefege der übrigen Beine folgt, die aus 0 he he Gliedern beftehen und in eine kräftige Klaue auslaufen. Am Vorderrande des in vier Teile zerfallenden Kopfbruftitüces bemerft man, einem Köder auffigend, vier einfahe Augen. — Der Darmfanal verläuft zwar in gerader Richtung vom Munde nach dem After, bildet aber trogdem feineswegs ein einfaches Rohr, weil der jehr enge Magen jederjeit3 mit fünf blindfadartigen Ausjtülpungen verjehen it, von denen das erſte kurze Baar in die Höhlung der Kieferfühler, jedes folgende bis in das dritt: legte Glied der entjprechenden Beine hineinragt; ihre drüfenreichen Wandungen erjegen die Stelle einer Leber. Welche Bedeutung für diefe „nur Bein“ darjtellenden Spinnen (Bantopoden) die Beine haben, erhellt weiter aus der Lage der Gejchlechtswerkzeuge, welche beim Männchen und Weibchen in dem vierten oder fünften Gliede eines jeden Beines liegen, mithin achtfach vorhanden find. Während die Samenflüffigkeit an dev Spige des genannten Gliedes austritt, fommen die Eier aus einer Öffnung jedes zweiten Gliedes hervor, um einem am vorderen Leibesteil entipringenden beinähnlichen Werkzeug übergeben werden zu können, an welchem fie bis zum Ausjchlüpfen der Jungen haften bleiben. Die Organe des Blutumlaufs find erft neuerdings von Zenker in Form eines dreifammerigen Her— zens nachgewiejen worden, dagegen fehlen diejenigen gänzlich, welche dem Atmen dienen, jo daß dieſes aller Mahricheinlichteit nach durch die derbe Haut des Körpers ftattfindet. Die Zungen nehmen exit duch wiederholte Häutungen die Gejtalt der Eltern an, denn fie werden mit ungegliedertem Leibe, mit zuweilen in lange Geißeln auslaufenden Riefer- fühlern und mit nur zwei Beinpaaren geboren. Die Ufer-Spindelafjel (Pyenogonum littorale) erreicht die Länge von 15 mm und treibt fi an den Küften der europäiſchen Meere, bejonders auch der Nordjee unter Steinen und zwifchen Tangen umher; auch hat man fie mitunter auf Fiſchen gefunden. Kieferfühler und Unterkiefertafter fehlen ihr. Die Oberfläche des rojtgelben und auch 748 Fünfte Ordnung: Krebsipinnen Anhangsweife: Bärtierden. bleicheren Körpers erſcheint matt und geförnelt und das Schenfelglied der Beine jamt den beiden zunächit folgenden Gliedern an den Spißen mit je zwei warzenfürmigen Bor: jprüngen verjehen. Die jhlanfe Krebsjpinne (Nymphon graecile) unterjcheidet ſich von der vorigen durch ſcherenförmige Kieferfühler, viergliederige, dünne Unterfiefertafter und ſehr lange, fadenförmige Beine. Sie wird nur wenig über 5 mm lang und findet ſich unter gleichen Verhältniffen an den europäifchen Küften. Die in der Leibesmitte fichtbaren Krallen ftellen das mit Eierklümpchen behaftete Beinpaar vor, welches nur dem Weibchen zufommit. Über: dies jei noch darauf bingewiefen, daß ſich bei unferer Art das erſte Glied des Border: leibes auffällig gegen die übrigen verlängert und in der Mitte einfchnürt. Die vier oder fünf Hüftglieder, die ſich unterhalb des Schenfelgliedes einjchieben und wejentlich zur Ber: längerung der Beine beitragen, und Fußklauen, welche die Länge des Rüſſels übertreffen, gehören zu den Kennzeichen der Gattung. Bei Ammothoa find die Fußklauen viel Fürzer als der Nüffel und die Taſter acht- gliederig, bei anderen hierher ge= hörigen, aber mit Stillihweigen übergangenen Gattungen dieje Ver: hältniſſe abermals anders. Schließlich ſei noch darauf hin— gewiejen, daß man auch die ſoge— nannten Bärtierhen als Ord— nung der Tardigrada (Langjam- fchreiter) den Spinnentieren bei— zählt, während fie früher zu den Schlanke Krebzfpinne (Nymphon gracile). Stark vergrößert. Rädertierchen oder niederen Krebjen geitellt worden find. Der Körper diefer mikroſkopiſchen Weſen ift geftreeft und wurmförmig, läßt Feine Scheidung in Kopf: bruftftüc und Hinterleib erfennen und verlängert fich vorn zu einer Caugröhre, aus welcher zwei dolchartige Kiefer hervorgeftredt werden können. Die vier Paar Beine find jtummel- haft, ungegliedert und endigen in mehreren Klauen; das leßte derjelben entjpringt am Körperende. Den Bärtierhen fommen vorn ein doppelter Nervenfnoten nebſt Schlundring und al3 Bauchmark vier Nervenkfnoten jowie ein Darm zu, dagegen fehlen Werkzeuge für die Atmung und den Kreislauf vollftändig. Bis in die neuefte Zeit hinein hielt man die Bär— tierhen ganz allgemein für Zwitter, erſt durch die Unterfuhungen von Plate (1888) ift nachgewiejen, daß fie getrennten Gefchlechts find, Männchen und Weibchen, von denen eritere viel jeltener auftreten, find einander allerdings jehr ähnlich. Sie leben von Pflanzen oder noch winzigeren Tierhen, als fie jelbjt find, halten fi zwijchen Moos und Algen, beionders auf bemooften Dächern oder in Dadhrinnen, einige wenige aud im Waſſer auf und haben dadurd eine gewifje Berühmtheit erlangt, daß fie lange Zeit, wenn ihnen die nötige Feuchtigkeit fehlt, wie tot daliegen, aber wieder zu neuer Lebensthätigfeit erwachen, jobald jene ihnen zugeführt wird. Man unterjcheidet verfchiedene Formen, welde auf mehrere Gattungen verteilt worden find, von denen Macrobiotus eine der verbreitetiten jein dürfte. A. Aaskäfer 65. Aaskäfer (Silpha) 68. — rothalſiger 69. — ſchwarzglänzender 68. — vierpunktiger 69 Abelhas (Biene) 229. Abelha uruſſu 231. Abendpfauenauge 397. Abraxas grossulariata 451. Acanthia lectularia 653. Acanthocinus aedilis 185. Acanthosoma dentarım 661. Acarina 728, Acarus domesticus 741. Achatvogel 437. Acherontia Atropos 392. — Medor 392. Acilius sulcatus 53. Acereule 440. — rindenfarbige 442. Ackereulen 432. Acereulenmotten 466. Acer: Olattwejpe 303. Acridiodea 587. Acridium peregrinum 595. — tataricum 59. Acronycta aceris 433. Adela viridella 464. Ademonia tanaceti 199. Adephagi 49, Admiral 378. Adonis 389. Aelia acuminata 661. Aeschna grandis 556. Affenlaus 617. Afterbienen 217. Afterböde 178. Afterfrühlingsfliegen 543, Aftergallweipen 316. 321. Afterrüffelfäfer 150, Afterjforpione 688. Afterſpinnen 690. Afterweipen 291. Agelastica alni 200. Agelena labyrinthica 713. Agelenidae 714. Agenia domestica 298. — punctum 298, Aseeronia feronia 392. Aglossa pingninalis 459. Agrilus bieuttatus 107. Agrion foreipula 554. Agrioniden 593. Avriotes segetis 113. Sach-Regiſter. Agrotis corticea 442. — exclamationis 442. — pronuba 441. — segetum 441. Ahorn: Pfeilmotte 433. Ailanthus- Spinner 406. Aleurodes chelidonii 623. Alkyone 385. Alucita polydactyla 469. Alueitinen 469. Alysia manducator 331. Amazonenameife 277. Amblyomma americanum 738. Ameije, braune 282. Ameijen 208. 270, — gelbe 282. — weiße 560. Ameijenfreunde 277. Ameijenjunafer 525. — ungefledte 528. Ameijenlöme, gemeiner 525. — langfühleriger 528. Anteifenlömen 525. Ammophila sabulosa 300. Amorphocephalus coronatus 172. Amphidasis betularia 446. Andrena cineraria 244. — fulvierus 245. — ovina 245. — Schencki 244, Andrenidae 217. Andricus pilosus 318. Androctonini 687. Anisoplia fruticola 97. Antjoplien 97. Anobium paniceum 124. — pertinax 124. — striatum 124. — tessellatum 124. Anomalon cireumflexum 337. Anomma arcens 283. Anthocharis cardamines 376. Anthomyia brassicae 514. — ceparum 514. — conformis 514. — furcata 514. — lactucae 514. — radieum 514. Anthomyidae 513. Anthonomus druparum 160. — pomorum 159. — pyri 159. Anthophila 216. Anthophora hirsuta 238. — parietina 238. — pilipes 238. | Anthophora retusa 238, ı Anthrax morio 494. | — semiatra 494. ı Anthrenus museorum 77. Anthribini 173. Anthribus albinus 175. Antilopen-Lehmweſpe 256. Antliata 470, Apatura Ilia 383, — Iris 383. Apfelbaum:Gefpinftmotte 465. Apfelbaum:Glasflügler 401. Apfelblattlaus 632. — rötliche 632. Apfelblütenſtecher 159. Apfelſauger 636. Apfelwickler 458. Aphaniptera 520. Aphididae 624, Aphidier 328. Aphidinen 632. Aphis fabae 634. — mali 632. — persicae 634. — rosae 693. — sorbi 632. — ulmariae 632. Aphodius fossor 38. Aphrophora lacrymans 638. — salicis 638. — spumaria 697. Apidae 217. ı Apion apricans 148. — assimile 149. — craccae 149. — flavipes 149. — radiolus 149, — Sayi 149. — trifolii 149. | — ulieieola 149, | — ulieis 149. | Apis fasciata 229. — ligustica 229. — mellifica 218. Apoderus coryli 149, | — eygnus 150. — loneiecollis 150. Apterogenea 61l. Arachnoidea 678. Aradus corticalis 693. Araneina 692. Arctia eaja 404. — purpurea 404 Arda 567. Argas mauritianus 741, — Megnini 741. 750 Argas persicus 738. — reflexus 739. — turleata 741. Argus, ſchöner 389. Argynnis Aglaja 377 — paphia 377. Argyroneta aquatica 714. Arilus serratus 651. Army worm 438. Aromia moschata 178. Arthrogastra 679. Arthropoda 4. Articulata 4. Ascalaphus macaronius 528. Asemorhoptrum lippulum 277. Asilidae 491. Asilus erabroniformis 493. — cyanurus 493. Asopia farinalis 459. — glaucinalis 459. Aipenbod 187. Aipenfalter 382. Afjelraupen 337. Afjelipinnen 747. Astynomus aedilis 186. Atax crassipes 731. — spinipes 731. Ateuchus sacer 85. Athalia rosae 359. — spinarum 8359. Athous hirtus 110. Atlas 405. Atlasipinne 716. Atropos pulsatorius 560. Atta erudelis 284. Attagenus pellio 76. Attelabus curculionoides 150. Attidae 726. Atypus affınis 702. — piceus 702. — Sulzeri 702. Augenftößer 550, Augler 378. 384. — durchſichtige 384, — düſtere 384 — kleine 384. — ſcheckige 384. Aurorafalter 376. Ausrufezeichen 442. Außenzähnler 328. B. Bachläufer 650. — gemeiner 650. Bachmücken 479. Bachweideneule 444, Bacillus Rossii 585. Bacteria aurita 585. Balaninus glandium 158. — nucum 158. — turbatus 158. — venosus 158. Baldachinſpinne 708. Ballenbiene, große 246. Ballenbienen 245. Banchus falcator 336. Bandarqus 386. Bandafjel, Tappernde 669, — rote 669. — von Bahia 669. Sach-Regiſter. Bandaſſeln 667. Bandaſſeln (Scolopendridae) 668. | Bandit 41. Bär, Augsburger 392. | — Brauner 19. 404. Bären 402. 404, Baridius chloris 166. — cuprirostris 166. — picinus 166. ı Bärtterchen 748. Bassus albosignatus 336. Bauchſammler 246. Baumläuje 632. | Baummanze, rotbeinige 661. Baummeißling 374. Belostoma grande 648. Bembex ciliata 304. — rostrata 304. Berg-Webſpinne 708. Berytus tipularius 659. Bettwanze 653. — gemwimperte 654. Bibio hortulanus 488. — Marci 487. Bicho (Sandfloh) 522. Biene, afrikanische 229, — ägyptiſche 229. — italieniſche 229, — nordiſche 229. Bienen 208. 216. — geſellige 237. Bienenlaus 133. 519. Bienenläuſe 517. Bienenmotte 461. Bienenwolf, bunter 305. Biene von Madagaskar 229. Biesfliegen 503. Binſenfloh 635. Biorhiza aptera 320. Birkenbuſchſpanner 450. Birfenfreund 151. Birken-Knopfhornweſpe 362. Birkenknoſpenſtecher 159. Birkenjpanner 446. Birfenftecher, ſchwarzer 156. Birn:Gejpinitwejpe 354. Birnfauger 636. Birnipanner 447. Birn:Trauermüden 484. Bijambod 178. Bittacus tipularius 534. Blabera gigantea 579. Blanjulus guttulatus 673. Blaps mortisaga 126. Blajenfuß, rotſchwänziger 610. Blajenfüßer 609. Blaſenkäfer, großer 120. Blajenfopf (Myopa) 503. — rojtroter 503. Blafenwanzen 652. Blastophaga grossorum 318. Blastophagus minor 170. — piniperda 169. Blatta foetida 126. — germanica 573. — lapponica 576. — maculata 576. Blätter, wandelnde 585. Blattflöhe 635. Blatthörner 83. Blatthornfäfer 83, Bienenfäfer, rotjchulteriger 137. | Blattidae 579. ı Blattfäfer 191. Blattfräusler 156. Blattläuje 624. Blattlausfliegen 529. Blattlauslöwe 529. Blatträuber 447, Blattrippenftecher 157. Blattroller 151. Blattichaber 162. Blattjchneider 249, — gemeiner 250. Blattſchrecke, gefeniterte 599. Blattwejpe, gelbgehörnte 360. — grüne 360. Blattweipen 209. 348. — breitleibige 358. — echte 355. Blaufante, große 380. — kleine 3831. Blaufopf 432. Bläulinge 389. Blindameiſen 279, Blindbremje 490. Blindföpfe 636. Blindwanzen 654. 655. Blumenfliegen 513. Blumenkäfer 101. Blumenweſpen 209. 216, Blütenftecher 159, Blutlaus 631. Blutströpfchen 402. 408. Börde 174. Bodfäfer 174. Bohnenblattlaus 634. Bohnenfäfer 190. Bohrblafenfüker 610. Bohrfliegen 514. Bohrfäfer 122. — mejjinggelber 123. Bombardierfäfer 42. Bombus hortorum 236. — lapidarius 236. — muscorum 236. — ruderatus 234. — terrestris 235. Bombycidae 405. Bombylius venosus 495, Bombyx mori 19. 411. Boreus hiemalis 534. Borkenkäfer 168. Borfentäfer (Bostrychus) 170. — gemeiner 171. Borſtenſchwänze 611. Borftenwanzen 655. Bostrychidae 168. Bostrychus bispinus 169. — dispar 171. — typographus 171. Botys frumentalis 460. — Jupulina 460. -— margaritalis 460. — silacealis 460. Brachelytra 59. Brachinus crepitans 43. Brachkäfer 96. Brachygaster minuta 326. Brachytarsus scabrosus 174. — varius 174. Bracon palpebrator 330 Braconidae 327. Braconiden 327. Branchiata 5. Braula coeca 519. Braunwurz=Blattichaber 162. Breitbandäualer 384. Breitböde 175. Bremen 503. Bremje, glauäugige 490. Bremien 489. Brenner (Apfelblütenfteher) 159. Brenthidae 172. Brenthus Anchorago 172. Brettjchneider 550. Brillenvogel 432. Brijeis 385. Brombeer-Gallweipe 320. Brotheas maurus 686. Brotfäfer 124. Brotolomia meticulosa 437. Bruchidae 188. Bruchus granarius 190. — lentis 190. — pisi 189. — rufimanus 190. Brummer 509. Buchdrucker 171, Buchenrüßler, ſchwarzer 161. Buchenſpinner 431. Buchenſpringer 161. Buchenſpringrüßler 161. Bücherlaus 559. Bücherſkorpion 687. Buckelfliege, dicke 516. Buckelwanze, verwandte 652. Buckelwanzen 652. Buckelzirpen 638. Buntkäfer 121. — ameiſenartiger 121. Buolswickler 456. Bupalus piniarius 449, Buprestidae 104. Buprejtiden 105. — echte 106. Bürftenbiene, rauhfüßige 242. Buſchſpinnen 698. Buthus oceitanus 682. 683. 687. Byturus tomentosus 77. 6. Caecilius pedicularius 559. Calandra granaria 167. — oryzae 168. Callidium variabile 182. — violaceum 183. Callimorpha dominula 404. — Hera 405. Calliphora vomitoria 509, Calocoris striatellus 655. Caloptenus italicus 594. Calopteryx vesta 554. — virgo 554. Calosoma inquisitor 42. -— sycophanta 41. Calotermes flavicollis 569, Campodeidae 612. Camponotus herculeanus 280. — ligniperdus 280. Campylidae 110. Cantharidae 131. Cantharis vesicatoria 135. Capricornia 174. Sach-Regiſter. Capsidae 654. Carabidae 37. Carabus auratus 40. — auronitens 40. — gemmatus 39. — hortensis 39. Carteria lacca 622. Cassida berolinensis 203. — ferruginea 203. — nebulosa 203. — obsoleta 203. Catocala elocata 444. fraxini 444, — nupta 444. Cecidomyia destructor 484. 516. — fagi 484. — pericarplicola 484, — polymorpha 484. Celonites apıformis 254. Centrotus cornutus 639. Oentrurini 637. Centrurus americanus 687. — hottentottus 687. Cephalomyia ovis 506. Cephenomyia rufibarbis 506. — stimulator 506. — trompe 506. Cephus compressus 353. — pygmaeus 392, Cerambycidae 176. Cerambyx aedilis 186. — cerdo 177. — heros 177. Ceramius Fonscolombi 254. Cerceris arenaria 307. — bupresticida 307. Cercopis bivittata 698. — sanguinolenta 638. Ceria conopsoides 502. Cermatia araneoides 667. Ceroplastes ceriferus 622, Cetonia aurata 102. — marmorata 103. — speciosissima 102, Cetonidae 101. Getonie, marmorierte 103. Ceuthorhynchus assimilis 165. — macula-alba 165. — suleicollis 164, Chaleidier 324. Chaleis clavipes 326. Chalcophora mariana 106. Chalcophoriven 105. Chalicodoma muraria 246. Changeant, fleiner 387. Charaeas graminis 436. Chatergus apicalis 259. — chartarius 258. Cheimatobia brumata 448. Chelifer eancroides 687. Cheloniariae 402. Chermes abietis 624. — strobilobius 625. Chermesinae 624. Chernes eimicoides 688. Chernetidae 688. Chigger (Sandfloh) 522. Chilocorus bipustulatus 207. Chilognatha 671. Chilopoda 666. Chlorophanus viridis 33. | Chlorops nasuta 516. ı 751 Chlorops taeniopus 515. Chryfaliden 368. Chrysidae 309. Chryſippus 390. Chrysis austriaca 311. — bicolor 311. cyanea 311. elesans 311. fulgida 311. ignita 257. 311 imbecilla 311. rufa 312. unicolor 311. — Zetterstedti 312. Chrysomela >erealis 197. — diluta 197. fastuosa 197. graminis 197. Juncta 199. speciosa 197. superba 197. — violacea 197. Chrysomelidae 191. Chryjomelinen 19. Chrysopa vulgaris 529. Chrysops ceoecutiens 490 Cicada atra 645. — haematodes 645. montana 645. orni 644. plebeja 645. septendecim 25. — speciosa 644. Cieadellidae 636. Cicadidae 642, Cicadina 636. Cieindela campestris 34. — hybrida 35. | Cieindelidae 36. Cidaria chenopodiata 450. — ocellata 459. Cikaden 636. Cimbex betulae 362, Cimex ciliatus 694. — lectularius 659. Cionus scerofulariae 162. Citigradae 721. Cixius nervosus 641. Claviger foveolatus 62. 64 — longicornis 64. — testaceus 62. Cleridae 121. Gleriden 121. Clerus formicarius 121. Clidoſtomen 328. Clubiona holoserica 716. Ciythra quadripunctata 194 Clythridae 191. Ciytus arietis 183. — arvicola 184. — rhamni 184. Cnemidotus caesus 53. Cnethocampa pinivora 430. — pityocampa 480. — processionea 429. Coccina 618. Coceinella septempunctata 206, Coceinellidae 205. Coceus cacti 620. — ceriferus 622, - lJacca 622. — manuiparus 622, 752 Cocujo 112. Codrinen 323, Coleophora laricinella 468. Coleoptera eryptopentamera 139. Colias Edusa 377. — Hyale 377. Collembola 611. Colletes hirta 246. Collyris longicollis 36. Colorado : Kartoffelfäfer 197. Columbatjcher Mücke 487. Comehens 272. Conchylis ambiguella 454. Conopidae 502, Conops vittatus 508. Coreidae 697. Goreus quadratus 658. Coriacea 518. Corissa Geoffroyi 646. Cosmia diffinis 440. Cossus ligniperda 401. Crabro patellatus 308. — striatus 308, Crabronea 298. Crambidae 460. Crepuscularia 390, Crioceris asparagi 194. — duodecimpunctata 194. — merdigera 193. Crossocerus elongatus 308. — seutatus 308. Cryptidae 334. Eryptiven 334. 342. Cryptocephalidae 191. Cryptocephalus sericeus 195, Cryptorhynchus lapathi 163. Uryptus tarsoleucus 843. Öteniza todiens 701. Ctenophora atrata A480. Cucubano 112. Culex annulatus 477. — molestus 479. — pipiens 477. — pulicaris 479, — trifureatus 479, Euliciden 477. Cureulionina 139. Cybister Roeselii 53. Oyelorrhapha 497. Cycloſtomen 328, Uynipidae 313. Cynips folii 317. — gemmae 318. — scutellaris 317. Cyphocrania acanthopus 585. 9, Dämmerungsfalter 390. Danais Chrysippus 390 Daphne 378, Darjjelfliegen 503. Dasychira pudibunda 418. — salicis 419. Dasypoda hirtipes 242. Dasypogon teutonus 492, Decticus verrucivorus 599. Degeeria nivalis 613, Demodex hominis 745. Depressaria nervosa 466, Dermaleichiven 742. I} Sach-Regiſter. Dermanyssus avium 733. — gallinae 733. — hirundinis 733. Dermaptera 606. Dermestes bicolor 75. — lardarius 74. Dermestidae 73. Desmonota variolosa 205. Desoria glacialis 613. Diactor bılineatus 659. Diastrophus glechomae 320. — rubi 320. Dickkopf 421. Dickköpfe 390. Didfopffliege, geftreifte 503. Dickkopffliegen 502. Dickmaulrüßler 141. — gefurdter 142. — ſchwarzer 141. Dickrüßler 141. Dickſchenkel 657. Dicranorrhina Smithi 101. Dieb 122. Diloba coeruleocephala 432. Dinorhina 97. Dioctria oelandicea 491. Diplolepis puparum 325. Diplonychus rusticus 648. Diplopoda 671. Diploptera 253. Diptera 470. Diitelfalter 379, Diurna 369. Docophorus adustus 614. Dolchweſpe, rotföpfige 293. Dolchweipen 291. Dolomedes fimbriata 722. Donacia clavipes 192. — crassipes 192. — menyanthidis 192. Donnerfäfer (Gerber) 9. Doppelzivpe, gehörnte 639. Dorcadion atrum 185. — crux 185. — fuliginator 185. Dorngoldweipe, glänzende 310. Dorngoldmweipen 310, Dornichrede, gemeine 596, Dornſchrecken 596. Dornipinne, zangenartige 708. Dorthesia urticae 623, Dorylidae 279. Doryliven 283. Drahtwurm 11. Drassidae 714. 717, Drechsler 151. Drebflügler 539. Drehfäfer 54. — tauchender 55. Dreiborn 90. Dreizeher 30. 205. Drüfenameijen 279. Dufatenfalter 388, Dünenfäfer (Gerber) 95. Dungtäfer 88. — grabender 88. Dynastes hercules 99. Dynastidae 99. Dysteridae 717. Dyticidae 48. Dyticus dimidiatus 49, — marginalis 49, Eceoptogaster destructor 171. — scolytus 172. Echinomyia ferox 508, — grossa 508. Eeiton canadense 287. — lesionis 285. — rapax 285. Ecitons 234, Eckflügelige Falter 378. Eckflügler 378. Edelſtein-Laufkäfer 39. Gichelbohrer, großer 158. — kleiner 158. Eichen-Baumlaus 632. Eichen: Ervfloh 202. Eichen: Gallweipen 316. Eichen- Brozejjionsipinner 429, Eichen - Rindenlaus 625. Eichenſchildlaus 619. Eichenschillerchen 337, Gichenfchrede 598. Sun? chineſiſcher Le — japanischer 408. 410. Eichenzapfen-Gallweipe 318. Eierſchwamm, goldgelber 421. Eierweſpe 323. Eigentliche Bienen 217, Einhornſchrecke, bedornte 598. Ginmieter 316. 321. Einpaarfüßer 666. Eintagsfliege, gemeine 546. Eintagsfliegen 54H. Eis-Kanker 691. Eisvogel, großer 382. Glampiden 312. Elampus aeneus 312. — bidentulus 312. Elaphrus riparius 37. Elater sanguineus 114, Elateridae 107, Glefant 100. Eleutherata 29. Empidae 49. Empis tessellata 494, Gntblätterer 447. Entoma 4. Epeira diadema 703. Epeiridae 702, Ephemera vulgata 546. Ephemeridae 544. Ephialtes manifestator 345. Epiblemum scenicum 726. ı Epicauta einerea 137. — verticalis 137. — yittata 137. | Epinephele Hyperanthus 385. — ‚Janira 386. Grbjenblattlaus 632. Erbſenkäfer 189. Erbjenwicler, mondflediger 457. — rebfarbener 456. Erdafjel, Gabriels 669. — langfühlerige 669. Erdaſſeln 669. Grobiene, braungefihenfelte 245. — greije 244. — Schencks 24. Grobienen 243. Erdbock 184. Erdbock, greifer 185. — freuztragender 185. — Schwarzer 185. Erdböcke 184. Erdfahl 441. Erdfloh, bogenftreifiger 203. — gelbftreifiger 203. Erdflöhe 200. Erdhummel 235. a (Maulmwurfsgrille) 603. Erdwanzen 661. Erdwolf (Maulmurfsgrille) 603. Gremit 103. Eresus cinaberinus 727. — quatuorguttatus 727. Ergates faber 176. Eriocampa adumbrata 358. Griftalinen 498. Eristalis tenax 500. Grienblattfäfer 200. Erlenwürger, weißbunter 163. Ernte: Ameijen 284. Ernte: Grasmilbe 729. Erya 406. Eryeiniden 3%. Eſchencikade, Kleine 644. Eucera longicornis 239. Euchirus longimanus 104. Eucnemiden 109. Eucorybas erotalus 669. Eule, mattgezeichnete 435. Eulen 431. Eumenes coarctata 257. — pomiformis 257. Eumenidae 254. Eupithecia centaureata 452. — signata 452. Euprepia caja 19. — villica 19. Eurydema oleraceum 660. Eurygaster maurus 661. Evaniadae 326. Exenterus marginatorius 334. Erodonten 328. F. Fächerflügler 539. Fächerträger 129. — ſeltſamer 129. Fadenſtkorpion, geſchwänzter 689. Fallkäfer 195. Faltenweſpen 253. Falter 363. — eckflügelige 378. Faltflügler 535. Fangſchrecke, argentiniſche 582. — caroliniſche 582. Fangſchrecken 581. Färbermilbe 730. Federleichtfliegen 500. Federlinge 613. 614. Federmotten 469. Feiſtkäfer 127. Senfteripinne 711. Feldgrille 600. Feldheufchreden 587. Seldjandfäfer 34. Feld -Schmarogerhummel 251. Feldſkorpion 682. 683. 687. Feldulmen-Eule 440. Brehm, Tierleben. 3. Auflage. Sach-Regiſter. Felſen-Schmarotzerhummel 251. Felſenſkorpion 683. 686. Fettſchabe 459. Feuerfalter, geflecdter 359, Feuerfliegen 111. Teuerjchröter 79. Feuervogel 388. Feuerwanze, flügelloje 656. Fichtenblattweipe, gejellige 354. ST = Borfenfäfer, achtzähniger | Fichtenholzweipe 351. Fichtenrüffelfäfer, großer 145. — fleiner brauner 146. Figites scutellaris 322. Figitiden 322. Filzlaus 618. Fingerkäfer 44. Fiſchchen 612. Flata limbata 641. FSlatterfliege, durchſcheinende 500. — hummelartige 500. Slatterfliegen 500. Fledermausfliegen 517. 519. Fleifchfliege, graue 508. Fleiſchfreſſer 49. Fliedermotte 467. Fliege, jchwarze 610, Flodblumenjpannerchen 452. Floh, gemeiner 520. Flöhe 520. Flöhkrauteule 435. Florfliege, gemeine 529, Slorfliegen 529. Föhrenjpanner 449. Foenus assectator 327. — jaculator 327. Forfieula auricularia 607. gigantea 606. Forficulidae 606. Forleule 439. Formica pratensis 274. — rufa 280. — sanguinea 277. 281. Formicidae 279. Forſtbock 176. 153 Gallenläuſe 630. ı Galleria mellonella 461. Gallmücken 484. Gallweſpen 209. 313. ı Gamasidae 732. Gamasus coleoptratorum 732. Gamma 443. Gänſefußſpanner 450. ı Sänjehaftfuß 615. | Gänjefneifer 614. Oartenbirnipinner 421. | Garten: Doldmwejpe 293. | Gartenhaarmüde 488, Sartenhummel 236. | Garten=Laubfäfer 98, | Garten-Lauffäfer 38. 39. Gartenludsipinne 723. Gaftameijen 277. Gasteracantha arcuata 708. Gastropacha castrensis 415. | — lanestris 26. | — neustria 415. — pini 19. 413. — potatoria 19. — quereifolia 19. — quereus 19. Gastrophilus equi 504, Gastrus equi 504. Gebirgs-Goldhenne 39. 40. | Geißeljforpione 690. | Geift 690. Geiſtchen 469. | Gemeinfliegen 507. Gemeinjchweber 495. | Geoffroys Nuderwanze 646. Geometridae 445. ' Geophilidae 669. 'Geophilus longicornis 669. Geotrupes stercorarius 9. — Typhoeus 90. — vernalis 90. Geradflünler 542. Gerber 9. Gerber (Forjtbod) 176. Gervaisia costata 677. Geichloffenmäuler 328. I Frau (rotes Weiden - Drdensband) | Gejellige Weipen 257. 444 Fritfliege 516. Froſtſpanner, großer 447, — kleiner 448. Frühlingsfliegen 535. Frühlings: NRoffäfer 90. Fuchs, großer 380. — kleiner 381. Fugenkäfer 79. Fulgora candelaria 641. — Jaternaria 642. Fulgoridae 640. Furdtfäfer 199. Futtergras= Eule 435. ©. Gabelnaje 101. Gabeljchwanz, großer 450. Gabelihwänze 430. Gabriels Erdaſſel 669. Galeodes araneoides 679. Galeruca viburni 199. — xanthomelaena 200. Gallapfelweſpe, gemeine 317. IX. Geſpenſt-Laufkäfer 43. Gejpenftichrede, dornfüßige 585. | — Roflis 585. Geſpenſtſchrecken 583. | Gejpinitblattweipe, rotköpfige 354. ı Gejpinft= Blattwejpen 849. 353. | Getreide= Blajenfub 611. Getreide: Laubfäfer 97. Getreide: Lauffäfer 45. Getreideverwüfter 484. 516. | Getreidezüngler 460. Gichtweſpe 327. | Giebelftecher 156. | Giftwange von Miana 738. | Ginfter- Blattfloh 636. | Gitterflügler 524. Slanzfäfer 72. | Glasflügler 399. Slattwejpen 303. Gleißkäfer, Heiner 107. Gletſcherfloh 613. | Sletichergaft 534, | Gliederfüher 4. | Sliederfpinnen 679. Glomeridae 675. 48 154 Glomeris marginata 676. — pustulata 677. Glossata 363. Glossina morsitans 513. Glypta resinanae 346. 455. Gnitzen 486, Goldafter 420. Soldaugen 529. Goldene Acht 377, Soldeulen 443. Goldhenne 40. Soldfäfer 102. Soldrutenfalter 388. Goldſchmied 40. Goldweſpe, blaue 311. — fleiſchrote 310. - gemeine 257. 311. - fönigliche 312, - rojige 312. Soldweipen 309. Goliathus Druryi 101. — giganteus 101. Gomphocerus grossus 594 — lineatus 594. Goniodes falcicornis 615. Gonyleptes curvipes 692. Gossyparia mannipara 622. Settesanbeterin 579. Grabheuſchrecken 587. 606. Srabmeipen 293. 298. Gracilaria syringella 467. Grapholitha botrana 455. — dorsana 457. — funebrana 458. — nebritana 456. - pomonella 458. Sraseule 436. Grasfalter 385. Srashüpfer 586. — dider 594. — liniterter 594. Graspferde 586. Graurüßler, liniterter 140. Grillen 586. Srünauge, bandfüßiges 515. Srünaugen 515. Srünrüßler 148. Srünmidler 455. Gryllidae 606. Gryllotalpa vulgaris 603. Gryllus campestris 600. — devastator 589. — domesticus 602. — proboseideus 534. Gundermann: Gallmeipe 320. Gymnognatha 542. Gyrinidae 56. Gyrinus mergus 55. — natator 55. — strigipennis 54. H. Sach-Regiſter. Haematopinus stenopsis 618. | — tenuirostris 618. — urlus 618, Haematopota pluvialis 490, Haemylis daucella 466, Hafte 544. Haftfüßer 614. 615. Halbdeck-Bockkäfer, großer 181. Halbdeder 616. Halmweſpe, gemeine 352. Haltica erucae 202, — oleracea 201. Hämel (Feldarille) 600. Handwerker 177. Darlefin 451. Harlefins- Hüpfipinne 726. Harpactor eruentus 625. Harpyia vinula 430, Haſelböckchen 188, Haſel-Dickkopfkäfer 149. Haſelnußrüßler 158. Hauhechelfalter 389. Hausbiene 218. Hausbock 182. Hausgrille 602. Hausmutter 441. Hausjforpion 686. Hausfpinne 711. ‚Hautbreme des Nindes 506. Hautflügler 208. Hautkäfer, zweifarbiger 75. Hautöjtriden 503. Hautwanzen 652. Heckenweißling 374. Hedychrum lueidulum 312. — roseum 312. Heerwurm 481. — amerifanifcher 438. Heerwurm : Trauermüde 481. Heilipen 145. Heimchen 602 Seftor 371. Heldbock 177. Heliothrips dracaenae 610. — haemorrhoidalis 610. Hellwigia elegans 334. Helmzirpe, hohe 640. Helmzirpen 640. ' Helodes phellandrii 144, Helophilus pendulus 501. — trivittatus 501. Hemerobius hirtus 530, Hemiptera 616. Hemiptycha punctata 640. Hemiteles areator 343. Herfulestäfer 99. ı Herminiden 431. Hesperia comma 390. Hesperidae 390. Hefjenfliege 484. Hetaerius quadratus 71. | — sesquicornis 71. Heterogynen 291. Haarbalgmilbe des Menſchen 745. | Heteromera 30. 195. Haarlinge 613. Haarjadmilbe des Menſchen 745. Habichtsfliege, ölandiiche 491. Hadena basilinea 434. — infesta 435. Haematopinus eurysternus 618. - macrocephalus 618. piliferus 618. Heteronotos reticulatus 639, Hetrodes horridus 597. — spinulosus 597. Heulaus 559. Heupferd, geihwänztes grünes 600. — großes grünes 599. Heupferochen, großes braunes 599, Heupferde 586. | I Heuſchrecke, aebänderte 594. — italienische 594. — tatariiche 595. Heuſchrecken 586. Heumurm 454. ' Hexapoda 5. Hibernia aurantiaria 448. — defoliaria 447. — leucophaearia 448. — progemmaria 448. Himantarium Gabrielis 669, Himbeermade 78. Himmelspferde 550, Hippobosca equina 518, Hippoboseidae 518. Hirschfäfer, gemeiner 79, Hirfegrasfalter 385, Hirjezünsler 460. Hister fimetarius 71. — sinuatus 71. Histeridae 70 Höder: Drüjfenameifen 281. Holzameije, ſchwarze 282. Holzbohrer 399. Holzbohrer (Xylophagi) 125. Holzbiene, Faffriiche 240. — violettflügelige 240, Holzbienen 240 Holzbof, gemeiner 735. — gerandeter 737. — violettroter 737. Holzböde 174. 733. Holzlaus, Iiniierte 559, — vierpunftige 559. Holzläuje 559. Holzweipe, gemeine 350. Holzweipen 209. 348. Homoptera 636. Honigameije 282. Honigbiene, gemeine 218, Honiggrasfalter 385. Honigmotte 461. Hoplocampa fulvicornis 358. ‚ Hornbiene, gemeine 239. Hornbienen 239. Hornilfe 262. Horniſſenſchwärmer 400. Hornmilben 731. Hofenbiene, rauhfüßige 242. Hottentotten: Skorpion 687 Hottentotten-Wanze 661. Hügelameije 280. Hühnerlaus 615. Hülfenwürmer 536. Hummeln 208. 232. Hummeljchwärmer 398. Hundelaus 614. — echte 618. ' Hundertfüßer 666. Hundszecke, gemeine 735. Hungermweipe, Fleine 326, Hungerweipen 326. Hydrachna geographica 731. — globosa 731. Hydrachnidae 730 Hydrarachnidae 730. Hydrocanthari 48. Hydrocores 645. Hydrometra paludum 650 Hydrometridae 648. Hydrophilidae 56. Hydrophilus aterrimus 58. Hydrophilus piceus 56. Hydroporus elegans 53. Hydrous caraboides 58. Hylaeus grandis 246. Hylesinus piniperda 169. — testaceus 169. Hylobates sericeus 28. Sylobien 145. Hylobius abietis 142. 145, — pinastri 146. Hylotoma berberidis 361. — rosae 360. Hylotrupes bajulus 182. Hymenoptera phytophaga 347. Hypoderma Actaeon 506. —- bovis 506. — Diana 506. — tarandi 506. Hyponomeuta malinella 465. — varlabilis 465. Hypsauchenia balista 639. Hyptia minuta 326. SM. Ibalia eultellator 322. Ichneumon fusorius 341. — pisorius 341. Schneumonen 334. Ichneumones 334. Ichneumonidae 331. Smmen 208. Smmenbremen 540. Smmenfäfer 121. — gemeiner 122 Inocellia erassicomis 530. Insecta 4. Inſekten 5. Ixodes marginalis 737. — reduvius 734. — rieinus 735. Ixodidae 733. J0). Jagdſpinne, gerandete 722. Japygidae 612. Sohannisblut 622 Sohannisfäfer 96, Sohanniswürmden, großes 116. — fleines 115. Julidae 672. Sulodiden 105. Julodis fascicularis 105. Julus sabulosus 672. Sungfer 404. Sunifäfer 96. 8. Kabinettfäfer 77. Käfer 29. Käfermilbe, gemeine 732. Kahlichreden 585. Kahneichenwidler 455. Kaide (Feldarille) 600. Kaifermantel 377. Kaferlat 576. 579. Kalandriden 167. Kamelhalöfliege, didfühlerige 530, Kamelhalsfliegen 530, Sad:Regifter. Kammhornkäfer 83. Kammmücken 480. Kanter 690. Kärder 536. Karia 568. Karpfenſchwänzchen 398. Käſemilbe 741. Kaukerfe 542. Kedelmausden (Feldgrille) 600. Kegelbienen 253. Kellerſpinne 717. Kerbtiere 5. Kerfe 5. Kermesſchildlaus 619. Kermes vermilio 619. Keulenfäfer, gelber 62. Riefernblattweipe, große 354. Kieferneule 439. Kieferngallenwidler 455 ı Kiefern » Holzweipe 350. | Kiefern: Kammbhornmweipe 355. Kiefernmarffäfer, großer 169. — fleiner 170. Kiefern-Prachtkäfer, großer 106. Kiefern: Brozejfionsipinner 430. Kiefernrüfjelfäfer, Fleiner 146. Kiefernſchwärmer 393. Kiefernipanner 449, Kiefernipinner 19. 413. Kiefernipinner-Sichelweipe 337. | Kieferntriebmwidler 456. | Kiefernzmweiq -Baftfäfer 169. | Kiemenatmer 5. Kirſchblattweſpe 358, Kirſchfliege 515. | Klapperheujchrede 594. ı Kleidvermotten 464. | Kleinfalter 453. Kleiderlaus 617. Kleinzirpen 636. Kleopatra 376, ı Kletterlauffäfer 41. — kleiner 42. Klopfkäfer 123, — bunter 124. Kneifer 614. Knotenmeiſen 279. 283, Knotenweſpen 306. Knotenzirpe, netaderige 639, | Xnotenzirpen 639. Kochenille 620. — polnische 622. Kocenillmilbe 729. Köderfliege, rautenfledige 535. — zweipunftige 536. Köcherfliegen 535. Köcherhafte 532. Kohl-Erdfloh 201. Kohlfliege 514. | Kohlgallenrüßler 164. Ko Ijchnafe, gemeine 479. Kohlwanze 660. Kohlweißling, großer 372. | — fleiner 374. — pedhjchwarzer 58. — ſchwarzer 58. Kopfhänger 418. Kopflaus 617. Kornmotte 463. Kornwurm, ſchwarzer 167. Kolben-Waſſerkäfer, laufkäferartiger 58. ! 755 Kornwurm, weiber 463. Kofloniden 168, Kotkäfer 88. Kotſack-Kiefernblattweſpe 353. Kotwanze 651. | Krabbenfpinne, grünliche 718. — umherſchweifende 719. Krabbenipinnen 718. Krägmilbe des Menſchen 742. Kräuterdieb 122. Krebsipinne, jchlanfe 748. Krebsipinnen 747. Kreuzipinne, gemeine 703. Kriebelmüden 486. Krikſel (Feldarille) 600. Krummbein 692, oo nalen, 163. Küchenſchabe 576. Kugelbienen 248 Kugelfäfer 205. Kuhlaus 614. Kümmeljchabe, dunfelrippige 466 Kunjtbienen, einfame 237. ı Kurzflügler 59. Kurzfuß 174. Kurzhörner 143, 474, | Kurzrüßler 140. 8. Labidura gigantea 606. Labyrinthipinne, gemeine 713. Lachnus punctatus 632, — quercus 632. Lackſchildlaus 622. ı Lacon murinus 109, Lamellicornia laparostictica 84. — pleurostictica 84. Lamia textor 33. 185. Lamiidae 184. Lampyris noctiluca 116. — splendidula 115. Landjungfer, rauhe 530. Landjungfern 530, Zandmilben 730. Langfühler, grüner 464. Langhörner 174. 239. 474. Langkäfer 172. Langwanzen 655. 657. Laphria gilva 492. | Zappenrüßler 141. braunbeiniaer 143. | Läden: Miniermotte 468. | Laubheujchreden 587 Larentia chenopodiata 450. — hastata 450. - tristata 450. Lasius alienus 275. — bruneus 277. emarginatus 282, flavus 275. 282. fuliginosus 272. 275. 277. 282. — niger 275. 282. Laterigradae 718. Saternenträger, chinefiſcher 641. europäilcher 641. - furinamifcher 642. Lathonia 378, Latrodectus 710. Lattichfliege 514. tredecimguttatus 697. Yaubfäfer 85. 91. 48* 756 Läufer 35. Zauffäfer 36. 37. — goldgrüner 40. Zaufmilben 730. Läufe 617. Lausfliegen 517. 518. Lausmilben 741. Lecanium ilieis 619. — quereus 619. - vitis 619. Lederfäfer 103. Ledra aurita 637. Lehmmeipe, zahnbeinige 256. Lehmmeipen 254. Lepidoptera 363. Lepisma saccharina 612. Lepismidae 612. Leptinotarsa decemlineata 197. — juncta 199. Leptura aquatica 192. Lepturini 178. Leptus autumnalis Lestes sponsa 554. Lethrus cephalotes 90. Leucania extranea 438. Leucanien 438. Leuchtkäfer, gemeiner 115. Leuchtzirpen 640. Libellula depressa 556. — quadrimaculata 557. Lichtmotten 458. 729, Liebftöcdel-Lappenrüßler 143. Lilienhähnchen 19. Lilienfäfer 193. Limenitis populi 382. Limnobates stagnorum 649. Limnophilus rhombicus 535. Limothrips cerealium 611. Lina populi 195. — tremulae 19. Linden-Prachtkäfer 106 Lindenſchwärmer 397. Linguatulida 745. Zinjenfäfer 190. Linyphia montana 708. Liotheidae 614. Lipariden 418. Liparis dispar 19. — ochropoda 19. Lipoptena cervi 518. Lippenfüßer 666. Lithobiidae 667. Lithobius forcipatus 668. — forficatus 668, Livia juncorum 635. Livreeraupe 415. Lixus paraplecticus 144, Locusta cantans 600. — caudata 600. — viridissima 599. Locustidae 597. Locuſtinen 606. Lölcheule 435. Longicornia 174. Lophyrus pini 355. Lucanidae 83. Lucanus cervus 79. Lucas-Bandaſſel 668. Lycaena Adonis 389. — Alexis 389. — lIcarus 389. Lycosa saccata 723. Sach-Regiſter. Lycosidae 721. Lyda campestris 353. — clypeata 354. — erythrocephala 354, — hypotrophica 354. inanita 354. - pratensis 354. — pyri 354. — stellata 354. Lygaeides 655. Lygaeus equestris 697. Lythria purpuraria 452. Lytta vesicatoria 135. M. Macrocentrus marginator 329. Macrocera 239. Macrocheirus longipes 167. Macroglossa bombyliformis 398. — fuciformis 398. — oenotherae 397. — stellatarum 398. Magenbreme des Pferdes 504. Magenöfiriven 503. Maitäfer, gemeiner 92. Maiwurm, gemeiner 135. Maiwürmer 131. Malachius aeneus 120 | Malacodermata 114. Mallophaga 613. ı Malmignatte 710. Mamestra persicariae 455. Mandioc-Ameije 288. Mangolvdeule 437. Mannacifavde 644. Manna-Schildlaus 622. Mantidae 581. Mantis argentina 582. — religiosa 579. Marienkäfer, fiebenpunftierter 206. Marienfäferchen 205. Marmor, gelber 450. März: Haarmüde 487. , Massaridae 254. Mauerargus 386. Mauerbiene, gehörnte 248. — rote 248. Mauerbienen 248. Mauerfuhs 386. Mauer-Lehmweſpe 255. Mauermweipen 254. Maulbeerjpinner 19. 411. Maulkäfer 173. — meißflediger 173. Maulmurfsgrille 603. Maurerbiene, gemeine 246. Maurer-Spinnentöter 299. Mauszahnrüßler 165. — pechſchwarzer 166. — rotrüſſeliger 166. Meconema varium 598. Meerläufer 649. Megachile centuncularis 250. Megalosoma elephas 100. Mehlfäfer 128. Mehlmilbe 741. Mehlwurm 109. 128. Mehlzünsler 459. Melasomata 125. \, Melecta luctuosa 252. Melecta punctata 252. Meligethes aeneus 72. Melipona scutellaris 230. 231. Meliponen 229. Melitaea 378. Melitophila 100. Mellinus arvensis 303. — sabulosus 304. Melo& cicatricosus 194. — erythrocnemus 133. — majalis 134. — proscarabaeus 135. - variegatus 134. Melolontha aurata 103. — fullo 9. — hippocastani 92. — vulgaris 92. Melolonthidae 91. Melophagus ovinus 518. Melyriven 120. Membracidae 638. Membraeis eruenta 640. — elevata 640. Membranacei 652. Menopon pallidum 615. Merilegidae 242. Mesomphalia conspersa 204, Mesostenus gladiator 343. Metoecus paradoxus 129. Miastor metroloas 19. Micraspis duodecimpunctata 205, Microgaster glomeratus 329. — nemorum 329. Microlepidoptera 453. ı Milben 728. Milbenjpinne 730. Miniercifade, gerippte 641. — gejäumte 641. Minierjpinne, Sauvages’ 701. Minierjpinnen 701. Miitkäfer 85. Miftlieb, erzfarbener 61. Mift:Stußfäfer 71. Movderfäfer 59. — golditreifiger 60. — rotflügeliger 60. - ftinfenver 61. Mohrenkopf 417. Mohren: Skorpion 686. Moldworf (Maulwurfsgrille) 603. Moma Orion 433. Monedula signata 305. Mn Chalicodomae "248. Mooshummel 236. Mordfliege, gelbleibige 492. Mordfliegen 492, 507, Mordkäfer 41. Mordraupen 440. Mordſpinne, pechbraune 702. Mordmweipen 293. 298. Mormolyce phyllodes 43, Morphivden 383. Morpho Laertes 383. — Neoptolemus 384. Mörtelbiene 246. Moſchusbock 178 Moskitos 476. Motten 462. Mücken 476. Muffelkifer 188. Müller 128. Müllerfäfer (Gerber) 95. Musca caesarea 512. — domestica 509. — vomitoria 509. Museidae 507. — acalypterae 507. — calypterae 507. Mutilla europaea 291. Mycetophilidae 480. Mygale avicularia 698. — Blondii 698. Myopa ferruginea 503. Myriapoda 665. Myrmecocystus melliger 282. . — mexicanus 282. Myrmeleon formicalynx 528. — formicarius 525. — tetragrammicus 528. Myrmicidae 279. 283. Myrtenblatt, hüpfendes 598. N. Nabelzirpen 640. Nachtkerzenichwärmer 397. Nachtpfauenaugen 405. Nadelholzbok, furzhörniger 180. — zweibindiger 181. Nedeljforpionwanze 648. Najcher 143. Najenbreme des Schafes 506. Najenbremen 503. Najenjchrede, europäiſche 596. Nashornfäfer 100. Naucoris eimicoides 647. Necrophorus germanus 68. — humator 68. — vespillo 69. Necydalis humeralis 137. — major 181. Nematus salieis 357. — ventricosus 357. Nemeobius Lucina 390. Neoptolemus 384. Nepa cinerea 648, Nepidae 647. Nejjel:Röhrenlaus 623. Nesflügler 524. Neuronia lolii 435. — popularis 435. Neuroptera 524. Nigua (Sandfloh) 522. Niobe 378, Nitidulariae 72. Noctua fovea 392. Noctuen 431. Noctuina 431. Nomada Roberjeotiana 252. Nonagria typhae 437. Nonne 424, Notonecta glauca 646. Notonectidae 645. Nyetalemon Patroclus 446. Nymphaliden 377. Nymphon gracile 748. O. Oberea linearis 188. Obisium corticale 688, — muscorum 688. Sach-Regiſter. Obſtwickler 458. Ochſenauge, großes 386. Ochſenaugen 384. Ochtebius marinus 28. Ocneria dispar 421. — eremita 424. — monacha 424, Ocypus olens 61. Odontomachidae 279. Odynerus Antilope 256. — parietum 255. — rubicola 254. — spinipes 256. Oecodoma cephalotes 288. Dedemeriden 139. Oedipoda fasciata 594. — germanica 594. — migratoria 592. Oestridae 503. Oestrus maculatus 506. — ovis 506. Ohrenzirpe 637. Ohrwurm, gemeiner 607. — großer 606. Dleanderjchwärmer 395. Olfäfer 131. — bunter 134. Ölmütter 132. Ophion undulatus 338. Ophionidae 334. Opilio glacialis 691. — parietinus 691. Öpiliones 690. Opistophthalmus capensis 686, Orbitelariae 702. ı Orchesella villosa 613. ' Orchestes fagi 161. Drdensband, blaues 444. Drdensbänder 444, Oreina speciosa 197. — superba 197. Orgyia pudibunda 19. Oribatidae 731. Drion 433. ÖOrobena extimalis 460. ÖOrthezia urticae 623. ÖOrthoptera 542. ÖOrtorrhapha 497. Oryctes nasicornis 100. — Simias 100, Oscinis frit 516. Osmia bicolor 248. — bicornis 248, — parietina 26. — rufa 248. Osmoderma eremita 103. Otiorhynchus ligustiei 143. — niger 141. — nigrita 143. — pieipes 143. — sulcatus 142. Oxybelus uniglumis 308. Oxyporus rufus 61. Dryuren 323. Pachymerus caleitrator 353. Pachytylus cinerascens 59. — migratorius 592, | Badicour-Ameije 287. | Paederus riparius 61. Palingenia horaria 547. — longicauda 547. | Balmenbohrer 166, | Palpieornia 56. Paniscus testaceus 339. Panorpa communis 533. Pantopoda 747, Papierweſpe, franzöfilche 260. | — fandmwefpenartige 268. Papierweſpen 254. 257. Papilio Hector 371. - Machaon 370. — Memnon 18. — ÖOrmenus 18. - podalirius 371. — Turnus 18. Bappelbod, großer 187. Rappel-Gallenlaus 634. Bappelblattfäfer, großer 195. — fleiner 195. Bappelichwärmer 397. Bappeljtecher 156. ıPararge Megaera 386. ı Pardosa saccata 723. Parnopes carnea 310. Passalidae 83. ı Pauropoda 671. Pectinicornia 83. Pediculina 617. Pedieulus capitis 617. — eurygaster 617. — vestimenti 617. Pedipalpi 690. Pedirapti 647. Pediremi 645. Peitſchenraupen 430. Pelopoeus destillatorius 299. — fistularius 300. — spirifex 300. Pelzbiene, abgejtugte 238. — rauhaarige 238. Belzbienen 237. | Belzflügler 535. Pelzfreſſer 613. Pelzkäfer 76. Belzmotten 464. Pemphigus bursarius 634. — spirothecae 629. | Pentamera 30. | Pentastomidae 745. — taenioides 746. Pentatoma rufipes 661. Pentatomidae 659. Perga Lewisii 349. Periplaneta americana 579. — orientalis 576. | Perla bicaudata 543. Perlariae 543. Perlbinde, Fleinfte 390. Berlmutterfalter 377. — großer 377. Pfauenjpiegel 378, Pfau-Federling 615. Pfeifenkäfer 151. Pfeifer im Kümmel 466 Pfeilträger 327. Pferde:Lausfliege 518. Pfirfichblattlaus 634. Pflanzenfreffer 44. ı Bflanzenmilben 730. | Pentastomum dentieulatum 746 758 Pflanzenweipen 347. Nflafterfäfer 131. Nflaumenbohrer 157. Pflaumen-Sägeweſpe 358. Nflaumenwidler 458. Phalaenidae 445. Phalangidae 690. Pharyngobolus africanus 506. Pharyngomyia pieta 506. Phasmidae 583. Phigalia pilosaria 447. Philanthus triangulum 305. Philonthus aeneus 61. Philopteridae 614. Phloeothrips armata 611. Phora incrassata 516. Photinus pyralis 117. Phryganea bipunctata 536. Phryganeodea 535. Phrygiſche Müte 640. Phrynus lunatus 689. Phthirius inguinalis 618. — pubis 618. Phygadeuon pteronorum 342. Phyllium siecifolium 585. Phyllopertha horticola 98. Phylloptera fenestrata 599. — myrtifolia 598. Phyllotreta flexuosa 203. — nemorum 203. Phylloxera quercus 625. — vastatrix 626. Physopoda 609. Phytocoridae 654. Phytoecidae 188. Phytospheces 347. Pieridae 372. Pieris brassicae 372. — crataegi 374. — napi 374. — rapae 574. Piezata 208. Pillendreher, heiliger 85. Pillenkäfer 79. Pillenweſpe 257. Pilzkurzflügler, roter 61. Pilzmücken 480. Pimelia distineta 127. Pimpla instigator 345. Pimplariae 334. Pimplarier 334. 343. Pinien-Prozeſſionsſpinner 430. Pinſelkäfer 103. — gebänderter 104. — langarmiger 104. Pissodes notatus 146. Plattbauch, gemeiner 556. — vierflediger 557. Platycnemis pennipes 556. Platyparea poeciloptera 514. Pleretes matronula 392, Ploteres 648. Plusia gamma 443. — moneta 443. Pluſien 443. Podilegidae 237. Podura aquatica 612. — nivalis 613, plumbea 613. villosa 613. Poduridae 611. 612. Poecilonota rutilans 106. Sach-Regiſter. | Pogonomyrmex barbatus 284. Polistes diadema 260. — gallica 260. Polybia ampullaria 259. — cayennensis 259. — liliacea 258. — rejecta 258. — sedula 258. Polydesmidae 673. Polyergus rufescens 277. Polyommatus Phlaeas 389. — virgaureae 388. Polyzonidae 674. Polyzonium germanicum 674. Pompilidae 294. Pompilus formosus 29. — natalensis 295. | — viaticus 297. ‚ Poneridae 279, 282, Porphyrophora polonica 622, Porthesia auriflua 421. — chrysorrhoea 420. Botenftecher 151. Prachtkäfer 104. Prachtfäfertöter 307. Preußen 573. Prionidae 175. ' Prionus eoriarius 176. Proctotrupiden 323. Protracheata 677. Prozeſſionsraupe 428. ' Psammophila hirsuta 300. Pselaphidae 61. Pielaphiven 61. Pseudophana europaea 641. ' Pseudoscorpionina 688. Psithyrus aestivalis 251. — campestris 251. — rupestris 251. - saltuum 251. Psocidae 559. Psocus lineatus 559 — pedicularius 559. — quadripunctatus 559. Psophus stridulus 594. Psyche apiformis 19. —- graminella 417. — helix 416. — unicolor 417. Psychina 416. ' Psylla genistae 656. — mali 696. — pyri 636. Psyllidae 635. Pteromalinen 324. Pteromalus puparum 325. Pterophoridae 469. ı Pterophorus fuscus 469. — pentadactylus 469. - pterodactylus 469. Ptiniores 125. Ptinus fur 122. — hololeucus 123. Pulex irritans 520, Pulicidae 520, ' Pupipara 517, Buppengebärer 517. Buppenräuber 41. Burpurbär 404. Pyenogonidae 747. Polydesmus complanatus 674. Psylliodes chrysocephala 200. Pyenogonum littorale 747. Pyralidina 458. Pyrrhocoris apterus 656. O. Queckeneule 434. R. Radieschenfliege 514. Radſpinnen 702. Radwanze 651. Ranatra linearis 648. Randaſſel, glatte 670. Randaſſeln 673. Nandbandäugler 384. Randwanze, rautenfürmige 658. Nandwanzen 697. Raps-Erdfloh 200. Raps: Glanzkäfer 72. Raps-Mauszahnrüßler 166. Raſenameiſe 283. Raubameiſe, blutrote 281. | Raubameijen 277. Naubfliege, hornifjenartige 493. Jaubfliegen 491. Naubwanzen 651. Raubweſpen 209. 253. Rauhflügelweſpe 325. Naupenfliege, größte 508. — wilde 508. Raupenfliegen 507. Jaupentöter 299. — gelbflügeliger 299. — weißdurchſchnittener 299. Rebenſchneider 90. Rebenſtecher, ſtahlblauer 151. Reblaus 626. Reduvidae 651. Reduvius personatus 651. Regenbremſe 490. Reiskäfer 168. Reitkröte (Maulwurfsgrille) 603. Reizkäfer 155. Retina Buoliana 456. — resinella 455. , Rhagium bifasciatum 181. — indagator 180. Rhaphidia crassicormis 550. Rhipiphoridae 129. Rhipiptera 539. Rhizotrogus solstitialis 96. Rhodites rosae 320. Rhodocera Cleopatra 376. — Rhamni 376. Rhopalocera 369. Rhynchiten 151. Rhynchites alliariae 157. — betulae 156. ı — betuleti 151. \ — conicus 156. — cupreus 157. — populi 156. Rhynchophorus Schach 166. ' Rhynchopsylla pulex 523. Rhyuchota 616. Rlıyssa persuasoria 344. Niedgrasfalter 386. KRiefen-Fingerfäfer 44. Reutwurm (Maulwurfsgrille) 603. Riefengoliath 101. Rieſen-Holzweſpe 351. Rieſenkäfer 99. Riefenjchabe 579. Rieſenſchwimmwanze 648. Rindenlaus, wolltragende 631. Rindenfforpion 688, Nindenwanze, gemeine 653. Nindenwanzen 653. Ninderbremje 489. Nindsbiesfliege 506. Rindslaus, breitbrüftige 618. — fpitföpfige 618. Ningelihwärmer 404. Ringelipinner 415. Riparii 650. Ritter (Schmetterlinge) 370. Nitterwanze 657. Röhrenblaſenfüßer 610. Röhrenspinnen 717. Rohreulen 437. Rohrfolbeneule, gemeine 437. Kolltiere 675. Rollweipen 293. Rojenblattlaus 633. Roſen-Bürſthornweſpe 360. Roſencikade 636. Rojen: Gallweipe 320. Roſen-Geſpinſtweſpe 354. Rojenfäfer, gemeiner 102, — kleiner 98. Roßameiſe 280. Roßkäfer 89. — dDreihörniger 90. — gemeiner 90. Roßkaſtanien-Laubkäfer 92. Roſtbinde 385. Rötlinge 389. Rotſchwanz 418. Rüben-Blattweſpe 359. Nübjaatpfeifer 460. Rübfaatweißling 374. Rückenſchwimmer 645. — gemeiner 646. Nuderfüßer 645. Nundmäuler 328. NRunfelfliege 514. Rüſſelkäfer 139. — großer brauner 145. — — jchwarzer 141. Nüffelmotten 460. Auffen 573. Nüjftern-Haargallenlaus 630. Rüfterfplintfäfer, großer 172. Nuteliden 97. ©. Saatichnellfäfer 113. Säübelichreden 597. Sackkäfer 194. — vierpunftiger 194. Sadipinne 723. Sadipinnen 714. 717. Sadträger 416. — gemeiner 417. Sägekäfer 194. Sügerand 435. Salda elegantula 650. Saldidae 650. Salticus scenicus 726. Saltigradae 726. Sad:-Regifter. Samenfäfer 188. — gemeiner 190. Samtmilbe, gemeine 729. Sandajjel 672. Sandauge 386. Sandbienen 243. Sandfloh 522. Sand: Ölattwejpe 304. Sandfäfer 36. — langhalſiger 36. Sand-Knotenweſpe 307. Sandtermite 564. Sandweſpe, gemeine 300. — rauhe 300. Saperda carcharias 187. — populnea 187. Saprinen 72. Sarcophaga carnaria 508. — Jlatifrons 511. — magnifica 511. — Wohlfahrti 511. Sarcopsylla gallinacea 523. — penetraus 522, Sarcopsyllidae 520. Sarcoptes hominis 742. Sarcoptidae 741. Sarfoptiven 742. Saturnia Atlas 405. — cearpini 411. Cynthia 406. — Pernyi 407. — Polyphemus 19. pyri 411. spini 411. Yama mayu 410. Satyridae 384. Satyrus Alcyone 385. — Briseis 385. \ — Semele 385. 8auba (Zugametje) 288. Sauerdorn: Bürfthornweipe 361. Sauerwurm 454. Saugaſſel, deutſche 674. Saugaſſeln 674. Saumwanze 658. Saumzecke, muſchelförmige 739. — perſiſche 738. Saumzecken 738. Sauvages' Minierſpinne 701. Scarabaeidae 83. Scarites abbreviatus 44. — anthracinus 44. — gigas 44. Schabe, amerikaniſche 579. — deutſche 573. — gefleckte 576. — lappländiſche 576. Schaben 462. 579. Schaf-Daſſelfliege 506. Schafzecke 518. Schalenaſſel 676. — gejäumte 676. — getupfte 677. Scharlachläuſe 618. | Schaumeifade 637. Scerenäugler 387. Scedenfalter 378 Scheibenbod, blauer 183. Sceibenbodfäfer, veränderlicher 182, Schends Erdbiene 244. Scenfelfammler 242. 759 Schenfelmeipe, gelbfledige 326. — geftielte 326, Schienenfammler 237. Schildaſſel, jpinnenartige 667 Schildaſſeln 667. Schildkäfer 203. — nebeliger 203, Scdildläufe 618. Schildwanzen 659. Scilffäfer 192, — feulenbeiniger 192, Schillebolde 550. Schillerfalter 383. Schistocera peregrina 591. Schizoneura lanigera 6831. — lanuginosa 630, Schlammfliege 500. Schlangenzirpe 639. Sclanfjungfer, breitbeinige 556. — verlobte 554. Schlanfjungfern (Agrion) 555. — (Lestes) 554. Schlupfweſpen 209. — echte 331. Schlupfweipenverwandte 397. Schmalbaud 107. — zweiflediger 107. Schmalbienen 245. Schmalbock, gejpornter 179. — veränder:icher 180, — vierbindiger 179. Schmalböcke 178. | Schmaljungfer, große 556. Schmaljungfern 556. Schmalzzünsler 459. Schmarogerbienen 250, Schmaroger: Gallweipe, fürmige 322. Schmarotzer-Gallweſpen 316. 321. Schmarogerhummeln 251. Schmarotzerweſpen 254. Schmeißfliege, blaue 509, Schmetterlinge 365. Schmetterlingshaft, buntes 528, Schmetterlinashafte 528. 535. Schmied, rauher 110. meſſer⸗ Schmiede 107. Schnabelgrille 534. Schnabeljungfer, grillenartige 534. — mückenartige 534. Schnabelkerfe 616. Schnabelſchrecken 596. Schnaken 479. Schnakenwanze 659. Schnauzenbienen 237. Schnauzenmotte 465. Schneeballen-Furchtkäfer 199. Schneefloh 615. Schneewürmer 118. Schneider 690. Schnellfliegen 507. Schnellkäfer 107. - mäufegrauer 109. | Schnelljirpen 638. Schnepfenfliege, gewürfelte 494. | Schnuraffeln 671. Schöllkraut-Laus 623. Schönwanze, gejtreifte 655. Schrägkopfböcke 176. Schreiner 185. Schreitwanze, blutrote 652. Schreitwanzen 651. 760 Schrotkäfer 180. Schuſter 690. Schwalben:Laugfliege 519. Schwalbenſchwanz 370. Schwamm :Gallweipe 319. Schwammſpinner 421. Schwan 421. Schwärmer 390, — breitleibige 397. Schwarzfäfer 125. Schwebfliegen 498. Schweifwanze 648. Schwimmkäfer 48. Schwimmmwanze, gemeine 647. — oftindijche 648. Schwirrfliege, mondfledige 499. Schwirrfliegen 498. Sciara militaris 481. Scolia campestris 29. — capitata 29. — haemorrhoidalis 293. — hortorum 293. Scolopendra borbonica 668. — Lucasi 668. Scolopendridae 668. Scolopendropsis bahiensis 669. Scolopocryptops rufa 669. Scolytidae 168. Scorpio afer 683. 686. — carpathicus 686. — europaeus 632. 686. Scorpionini 686. Scutati 659. Scutigera coleoptrata 667. Seejungfer, gemeine 554. Seejungfern 550. 5583. Segestria senoculata 717. Seidenbiene, rauhe 246. Seidenfliegen 488. Seidenjpinner 411. Seladoneule 433. Selandria adumbrata 358. — fulvicornis 358. Semblodea 543. Semele 385. Segelfalter 371. Sericaria mori 411. Sialis fuliginosa 533. — lutaria 532. Sichelweſpen 334. Siebenbrüpder 404. Siebenpunft 206. Siebmeipe, gefielte 308. Siebmweipen 308. Silbermundmeipen 308. Silberſtrich 377. Silpha atrata 68. — laevigata 68. — quadripunctata 69. — reticulata 68. — thoracica 69. Silphales 65. Silphidae 69. Simulia Columbaczensis 487. Singeifade, gemeine 645. Singzirpe, prächtige 644. Singzirpen 642, Sirex gigas 351. — juvencus 350. Sisyphus Schaefferi 87. Sitaris muralis 137. Sitones lineatus 140. Spießband 450. Spießbock 177. Sfanvanger:Beete 87. 'Smerinthus ocellatus 19. 397. 'Sparassus virescens 718. | Spathius celavatus 330. 'Spilographa cerasi 515. Sad:Regiiter. Sitophilus granarius 167. Stolopender 668. Skorpion 682, — amerifanifcher 687. — capenjer 686, — karpathiſcher 686. — verjchtedenfarbiger 686. Sforpionfliege, gemeine 533. Skorpionmilbe, wanzenartige 688. Skorpionſpinnen 690. — populi 19. 397. — tiliae 397. Smicra clavipes 326. Solenopsis fugax 275. Solifugae 679. Solipugae 679. Solpuga araneoides 679. | Sommer: Schmarogerhummel 251. Sonnenſchirmameiſen 289. Sonnenmwendfäfer 96. Spalthorn 361. Spaniihe Fahne 405. Spanijche Fliege 131. 135. Spanner 367. 445. Spannraupen 367. Spargelfliege 514. Spargelhähnden 194. Spathegaster Taschenbergi 317. Spätling 448. Spedfäfer 73. 74. Sphegidae 298, Sphex albisectus 299, — flavipennis 299. — maxillosus 299. Sphingidae 390. Sphinx convolvuli 393. — euphorbiae 395. — ligustri 19. — nerii 395. — pinastri 393. Spießweſpe, gemeine 308. Spinne, rote 730. Spinnen, echte 692. Spinnenameije, europäijche 291. Spinnentiere 5. 663. 678. Spinnentöter 299. — blauer 300. — pfeifender 300. Spinner 405. Spitzböcke 184. Spigbrüftige (Sternoxia) 109. Spitfopf 143. Spigling 661. Spigmäuschen 148. — jonneliebendes 148. Spitzüngler 243. Splintfäfer 171. Spondylis buprestoides 176. Sprenajel 586. Sprenfelfüßer 615. Springſchwanz, bleigrauer 613. — zottiger 613. Springihwänze 611. 612. Springjpinne, farminrote 727. Springipinnen 726. Springwurm 454. Sprode 536. Sprockwürmer 536. Stabichrede, geöhrte 585. Stabjchreden 585. Stabwanze 648. Stacdhelameijen 279. 282. Stadhelbeer-Blattweipe 357. Stadelbeerjpanner 451. Stachelwanze, gezähnte 661. Stagmomantis carolina 582, Staphyline, furzhaarige 61. Staphylinidae 59. Staphylinus caesareus 60. — erythropterus 60. — pubescens 61. Staublaus 559. Stauropus fagi 431. | Stedjfliege 512. Stehmüde, gemeine 477. — geringelte 477. Steifbart, deutjcher 492. Steifbärte 492. Steinbrech-Widderchen 403, Steinfruchtbohrer 160. Steinhummel 236. Steinfriecher, brauner 668. Stenamma Westwoodi 277. Stengelbohrer 143. 156. — lähmender 144. Stenopteryx hirundinis 519. Sternoxia 109. Stielhornfliege, conopsartige 502, Stierzirpe 640. Stilbum splendidum 310. Stirnzirpe, blutfledige 638. — doppelt bandierte 638. Stirnzirpen 638. Stockſchrecken 585. Stomoxys caleitrans 512, Strangalia armata 179. — quadrifasciata 179. Stratiomys chamaeleon 497. — longicornis 496. Strepsiptera 539. Strepfipteren 520. Strichfalterhen 390 Striderjpinne, gejtredte 706. Stridulantia 642. Stubenfliege 509. Stutzkäfer 70. Stylopidae 539. Suctoria 520. Sulzerjpinne 702. Sumpf: Wajfferläufer 650. Symphyla 671. Synergus facialis 321. Syngnatha 666. Syntomis Phegea 404. Syromastes marginatus 658. Syrphidae 498. Syrphus seleniticus 499. 2. Tabanidae 489. Tabanus bovinus 489, — glaucopis 4%. Tachina ferox 508. — grossa 508. Tachinen 507. Tagfalter 369. Taapfauenauge 378. Tagichmetterlinge 369. Tannenfäfer (Gerber) 9. Tannenlaus, gemeine 624. Tannenläuje 624. Tannenpfeil 393. Tanzfliegen 49. Tanzkäfer 161. Tapezierbienen 249. Tapinoma caespitum 275. Tarantel 723. — Apulifche 725. Taranteljforpion, langarmiger 689. | Tarantula Apuliae 725. Taſchenmeſſerfliege 503. Tatua morio 258. Taubenſchwänzchen 398. Tauchender Drehfäfer 55. Tauchfäfer 48 Tauntelfäfer 54. Taujendfüßer 5. 663. 665. 671. Tregenaria domestica 711. Teichläufer 649. Tefe 518. Teleas laeviusculus 323. — phalaenarum 323. — terebrans 323. Telegonini 686. Telegonus versicolor 686, Telephoriden 120. Telephorus fuscus 119, — obscurus 120, Tenebrio molitor 109. 128, Tenebrionidae 125. Tenebrioniden 125. Tenthreden 360. Tenthredinidae 355. Tenthredo flavicornis 360. — sealaris 360. — viridis 360, Teras terminalis 319. Teıebrantia 610, Termes arda 570. — arenarius 564. — bellicosus 563. 570. — dirus 570. fatalis 570. flavipes 570. Lespesi 565. — Jueifugus 570, Termite, gelbfüßige 570. — gelbhalfige 569. — friegerijche 563. 570. — lichtſcheue 570. — ſchreckliche 570. Termiten 560. Termitidae 560. Tetragnatha extensa 706. Tetramera 139 Tetramorium caespitum 2853. Tetraneura ulmi 630. Tetranychus socius 730. - telarius 730, — tiliarum 730. Tetrapneumones 701. Tetrix subulata 596. Tettigonia quadripunctata 637. — viridis 637. Tetyra maura 661. Teufelsnadeln 550. Tlelyphonus caudatus 689. Brehm, Tierleben 3. Auflage. IX. Sad:Regifter. Theela quercus 387. — rubi 388. Thecophora fovea 39. Theridiidae 708. Theridium redimitum 709 Thomisidae 718. Thomisus viaticus 719, — virescens 718. Thyreopus patellatus 308. Thysanura 611. Tiermilben 732. Tigerfäfer (Gerber) 9. Tigerjpinnen 726. Tinea granella 463. — pellionella 464. — tapezella 464. — vivipara 120. Tineiua 462. Tingis affinis 652. Tipula oleracea 479. Tipulariae 476. Tod (Opilio) 690. Tomocerus plumbea 613. Töpfer, flüchtiger 307 Töpferweſpe, gemeine 307. — golditirnige 307. — meißfüßige 307. Töpferweipen 307. Tortrieina 453. Tortrix viridana 455. Torymus regius 324. Totengräber, deutjcher 68. — gemeiner 65. Totenfäfer 126. Totenfopf 392. Totenuhr 124. ' Toxotus meridionalis 180. Trachea piniperda 439. Tracheata 5 Tracheenatmer 5. Trachys minuta 107. ‚ Traubenmade 454. Traubenwickler, befreuzter 455. — einbindiger 454. Trauerbienen 252, Trauerfäfer, gemeiner 126. Trauermantel 379. Trauermüden 480, Trauerichweber, gemeiner 494. Trauerjpanner 450. Treiberameije 23. Triangulinen 132. Trichiidae 101. Trichius fasciatus 104. Trichodectes celimax 614. — latus 614. — scalaris 614. Trichodes apiarius 122. Trichterſpinnen 714. Trichterwickler 156. Trigona cilipes 231. — flaveola 230. 232. Trimera 30. 205. Trinotum conspurcatum 615. Trochilium apiforme 400. Troctes divinatorius 559. Trombidiidae 730. Trombidium holosericeum 729 — tinetorium 730. Trommler (Riejenfchabe) 579. Troßfopf 124. Truxalis nasuta 596. | Trypetinae 514. Tryphonidae 334. Tryphoniden 334. ı Trypoxylon albitarse 307. | — aurifrons 307. | — figulus 307. | — fugax 307. Tſetſe-Fliege 513. | Tubitelariae 717. ' Tubulifera 610. Turmſchrecken 596. , Typhlocyba rosae 636. Tyroglyphiden 742 , Tyroglyphus farinae 741. | — siro 741. u. Uferaas, gemeines 547. — langgejhwänztes 547. Uferfliege, zweiichwänzige 543. Uferläufer 650. \ — zterlicher 650. ‚ Ufer: Moderfäfer 61. | Ufer-Rafchkäfer 37. | Ufer - Spindelaffel 747. Ulmen-Furdtfäfer 200 ‚Unglüdshafte 560. Urinſekten 611. | Uropoda americana 733 | — vegetans 733. V. Vanessa Antiopa 379. - Atalanta 378. — cardui 379, - Jo 378. — levana 382, — polychloros 380. — prorsa 882. | — urticae 381. Velia currens 650. Verborgenrüßler 164. | — ähnlicher 165. — gefurdthaljiger 164. ' Verlusia rhombica 658. ı Vermipsylla Alakurt 523. Verſchiedenzeher 30. 125. Vesicantia 131. Vespa crabro 262. germanica 265. holsatica 265. media 265. rufa 265. — silvestris 265. — vulgaris 265. | Vesparia 253. Vespidae 254. 257. Viehfliegen 489. Vielfuß, getupfter 673. Vielfüßer 672. Viereichenfalterchen 387. Vierlungler 701. Vifitenameije 287. 288 Vogelmilbe, gemeine 733. Vogelmilben 733. 742. Vogelſpinnen 698. Volucella bombylaus 500. — pellucens 500, — plumata 500. 48° 761 =) W. Wachsſchabe 461. Wadenſtecher 512. Waffenbiene, gemeine 252. 497. — punktierte 252. Waffenbienen 252. Waldameiſe, rote 272. 280. Waldgärtner 169. Waldkäfer 176. Waldlaus, amerikaniſche 738. Wald-Schmarotzerhummel 251. Waldweſpe 265. Walker (Gerber) 95. Walzenböcke 186. Walzencikade, vierpunktige 637. Walzeneikaden 637. Walzenſpinne, gemeine 680. Walzenſpinnen 679. Wanderheuſchrecke 592. — ſüdafrikaniſche 589. Wand-Pelzbiene 238. Warzenbeißer 599. Warzenkäfer 119. Waſſerfloh 612. Waſſerflorfliege, gemeine 532. — rußfarbige 533. Waſſerjungfern 550. Waſſerkäfer 56. Waſſerläufer 28. 648. 649. Waſſermilbe, dickbeinige 731. — ſcharlachrote 731. — ſtachelfüßige 731. Waſſermilben 730. Waſſermotten 535. Waſſerſkorpion, grauer 648. Waſſerſkorpion-Wanzen 647. Waſſerſpinne, gemeine 714. Waffertreter 48. 53. Wafjerwanzen 645. Weber, chagrinierter 185. Weberknecht 690. Mebipinne, befränzte 709. Webſpinnen 692. Megtrittipanner 452. Wegweſpe, gemeine 297. natalenfiiche 295. Sad -Negijter. Wegweſpen 294, Weibertöter, gejchwänzter 689. Weichkäfer 114. — gemeiner 119. Weiden-Baumlaus 632. Meidenbohrer 401. Weidencikade 638. Weiden: Drdensband, rotes 444. Weidenrüßler 163. Weidenſpinner 419. ‚ Weihermilbe, Fugelige 731. Weinfäfer (Gerber) 95. Wein-Schildlaus 619. Weißfleck 404. Weißfleck-Verborgenrüßler 165. Weißlinge 372. Weißpunktrüſſelkäfer 146. ı Werfholzfäfer 123. — gejtreifter 124. Werre (Maulmurfsarille) 603. Weſpe, deutjche 265. — gemeine 265. — mittlere 265. — rote 265. Weſpen 208. — (Diploptera) 253. — gejellige 257, Weſpenbiene, weißfledige 252 Mejpenbienen 244. 251. Wickler 453. Widderchen 403 Widderfäfer 183. — gemeiner 183. Wieſenvogel, gemeiner 386, Wieſenwanzen 654. Windig 39. Wintkelipinne 711. Winterjaateule 441. ı Winteripanner 448. Wirbeltäfer 54. Wirbelweipe, gemeine 304. Wirbelweipen 304. Wolfsmilchſchwärmer 394. Wolfsipinne 721. MWollbienen 248. Würgipinnen 698, Wurzellaus der Rebe 626. Xiphydria 352. Xylocopa caffra 240. — Jatipes 240. — violacea 240. Xylophagi 125. Xystieus viaticus 719. | Xylotropha 399. „. Ypfilon 443. KR Zabrus gibbus 45. Zackenſchwärmer 391. 396. Zangenameijen 279. Zangenböcke 180, Zapfenwickler 151. Zecken 733. Zehrweſpen 209. Ziegenlaus 614. Zimmerbod 185. Zimmermann 176. Sirpen 636. Zirpkäferchen, zwölfpunftiges 194. Bitronenfalter 376. Zopherus Bremei 127. Zudergait 612. ı Zuderfäfer 83. Zugameije 288. Zugheuſchrecke 592. Zungenwurm, bandivurmartiger 746. — gezähnelter 746. Bungenwürmer 745. Zünsler 458. Zweigabſtecher 156. Zweiflügler 470. Smeipaarfüßer 671. Swiebelfliege 514. Zwiebelhornfäfer, aroßföpfiger 90, Zwitſcherheuſchrecke 600. Zygaena chrysanthemi 403. — filipendulae 403. Autoren-Regiſter. Acoſta 620. Chapuis, M. F. 31. 34. 191. Gemminger 88. Adanſon 588 Charpentier 554. Geoffroy 715. Adler 316. Cholodovsfy 625. Germar 45. 199. 204 Aelianus, Claudius 19. 85.279.471. | Chop 80—82, Serjtäder 133. 240, 539. 546. 643. 681. Claus 416, Servais 690. Aldrovandi, Ulyfies 723. Coquebert 293. Ghiliani 379, Ariftoteles 4. 19. 80. 103. 115. 228. | Cornelius 82, Gleditſch 66. 267. 296. 545. 586. 643. 685. 693. | Chrift 291. Gödart 234. 690, 735. Euvier 4. Solberry 563. Aßmuß 135. 517. Dahlbom 9297. 304. 310. Fravenhorſt 334. 340. Baer, Karl Ernſt von 19. Darwin 50. 281. 392. 695. 705. 721. ED, R. 584. Balbiani 625. 629, | Davidfon 510, Grenacher 6. Bar 987. Degeer 118. 192. 338, 500, 509.609. Ötoße, Stanz 614. Bates 230. 285290. 300, 304.305. 660. 661. 697. 716.731. 733. 735, Gueinzius 269. 295. 298 560. 562-564. 698, 699, 738. Delacour 479. | Suillot 586. Beauregard, 9. 136. Delefjert 440. Guyon 682. Beauvois, Palifot de 698. Dejor 613. Haaber 81. 82. Bechſtein 352. Divdorus Siculus 590. 618. | Haberland 516. Beer 124. 125. Dohrn, A. 373. Hagen 424. 535. 557. 569. 569, Beling 481-483. 493. 494. Doubleday 392, Hagens, von 277. 281. Beneden, van 746. | Dremfen 292. . | Sabn 661. 737. Bergh, R. 743. 744. Dreyfus 325. | Haliday 609, Berthold 392. 481. ı Drory 230 - 232, Haller, A. von 682. Birthlow 393, Dufour 307. 724. | Harold, von 83. Blackwall 695. ı Duges 742, | Hartig 323. 347. 623. Blanchard 668. Dzierzon 23. | Heeger 292, Blochmann 625. Ehrenberg 686. Heer 40. 44. Boden 92, Enock 702. Heinemann, von 453, Boheman 204 Epp 568. | Henle 744. Boiteau 628. 629. Erichſon 7. 34. 91. 500. 524. Herbſt 681. 687. 690, 691. Boje 500. Erker, Sojeph 724. Hermann 739, Bonnet 597. | D’Esceirac de Lauture 567, Herrich 739. Bonpland 112. Eversmann 300. 638. 653, ‚Heyden, von 493. — 1a0 Fabre 134. 137. 138. 299. 307. 667. | Oteronymus 82. Borkhauſen 389, Bory de Saint:Pincent 568. Bouché 103. 324. 509. 621. | Sabricius 34. 39. 150. 169, 293,312. | Oippoktates 135. 336. 389. 570. 629. 632. 644.658. Volfer 34 Brauer, Fr. 504. 506 699, 22. Sühner 407 "466 8 Er Se Falderman 1925. Sub 2 580 de BL Fallen 638. ı H9udfon 582. RE: veiter, 9. 45. | Fantoni 406 ı Humboldt, A. von 112.476.621.668, a ne | * 289. | —— Budton 624 Fickert 419. —— ==. ar 65 q Fr 045 Burmeifter 34. 293. 570. 582, 583. | sa Sy Imhoff 245. 611. 623. 641. 687. Sl alfa 696 Jänicke 493. Büsgen, M. 635, and, a Jordan, K. 611. 2 | Forbes 568. ee aan Büttner 82. Korel 272. Joſeph 50. 51. Gälius 580. ' Förfter 248, 317, Karſch, Ferd. 296. 681. Camerarius, Joh. 100, Frauendorf 26. Keferftein 375. 395. Gandeze 31. 109. 111. 191. ' Frauenfeld, von 248. 315. Keller 631. Garter 622. | Frisch 602. Kellner 146, Chamifjo, A. von 28. 576. Fritſch 560. 562, 589. 593. 699. 722, Kerr 629, Chapntan 130. Fueßlin 606, Kiejewetter, von 51. Chappe 558. Füßly 685. ‚Kirby 50. 670, 704. 732. 48 ** 764 Kleanthes 278. Klingelhöffer 40. Klug 291. 362. 570. 5 Kobert 710. Koch 679. 686, Kohl, F. F. 299. Kollar 352. 487. 582. König 560. Kopp 374. Kotzebue 739. Kramer 731. Kriehbaumer 241. Kyber 634. Racordaire 34. 4. 91. 143. 167. 173. 175. 188. 539. Laet, Johann de 699. Landois 38. 215. 232. 279. 392 473. 474. Zangenbrunner 631. Zangsdorf 699. Zatreille 34. 109. 282. 291. 611. 686. 695. 735. 739. Zabel 673. Lea 538. Ye Conte 34. Leeuwenhoek 617. Leichhardt 563. Zepeletier 215. 242. 257. 261. 307. Lespes 560. 561. 571—573. Zeudart 512. 746. Leunis 699. Leydig 741. 744. 745. Lichtenstein, Jules 563. 589. 625. 623. 680. Zignac 716. Lincecum 284. Zinne 4. 28. 34. 39. 85. 109. 524. 529. 535. 542. 613. 623. 653. 661. 686. 691. Liſter 713. 721. Livingitone 87. 69. Löw 493. 636. Lubbod, 3. 274. Lucas 176. &yonet 401. 533. Mach 411. Mac Lachlan 535. Macquart 493. Malinowski, von 54. Marcgrave, Georg 699. Martens, E. von 605. Mayer, Paul 621. Mayr ©. 314. 316. 319. Megnin 733. Meigen 487. 518. Meinert, Fr. 19. Menge 696. 699. 700. 706. 708 Merian (Frau) 698. Milne Edwards 747. Modeer 55. Mooren 634. Morin, 9. 176. 376. 394. 797. Morig 27. 125. 139. 305. 304. 624. 254. 278. 299. 369. 370. 446 494. 500. 645. Autoren=Negiiter. Moufet 80. 100. 111 114. 126. 127. | | 131. 136. 470. 471. 580. 618. | 682. 69. Müller 735. | Müller F. 535. 538. 560. 565 — 967. Müller, 9. 230. 231. ı Müller, J. 588. Müller, P. W. 3. 62. 263. Muljant 205. Murray, Andrew 129, Nalepa 745. Neumann, E. J. 731. Newman 241. | Newport 134. ı Nicander 132. Nicolet 612. 613 Nigidius 80, Nitzſch 615. Nördlinger 152. 155. 604, Nowicki 481. 483. Ofen 550. Dfjten-Saden, von 117. 278. 314. 476. 484. Oviedus 111. Djanari 136. Pagenftecher 19. 583. 729. 735. 737. | Ballas 594. 679. 680. 710. Ballme 565. ı Banzer 534. Baracelius 682, Pauſanias 476. 588. Vergande 611. ‘Berleb 667. | Berny, Paul 407. 408, Berroud 197. Peters 686. Pictet 545. Planchon 627. 628. | Blate 748. Blautus 267. Blayfair 591. Plinius 79. 82. 85. 681. 682. 735. Plutarch 278. 735. | Boujade 652. | | Breuß 283. Prevoſt 379. | | Razpait 742, Rath, D. vom 672. 676. NRaßeburg 143. 150. 169. 316. 323, 324. 330. 337. 338. 342. 351. 605. 706, ıNReaumur 181. 241. 242. 247. 248. 256. 264. 392, 461. 500. 508. 509. 548. 621. Redi 14. Rengger 562. 721. Reuter 636. Rocquigny-Adanſon, de 379. | Ntöjel 82. 521. 536 539. 545. 582. 583. 602. Rouget 43. Norburgh 622. Nupertsberger 31. Rupyſcher, Melchior van 620, —o mg —— Vogel Saint-Hilaire, von 231. 560. Sauſſure 256. 583. Sauvage 560. 563. 701. 702. Say 199. Schäffer 181. 739. Scheuck 5. 248. 351. 305. Scimer 697. Schimmelpfennig 425. 497. Schiödte 59. Schmidt, A. 605. Schmiedefnecht 244. 541. Schneider 531. Schönbauer 487. ı Schrader 315. Scranf 632, Schubärt 746, Scopoli 549. Seott 20. Scoutetten 670. Shaw 642, Siebold, E. Th. von 4. 18, 228. 261. 309. 539. 541. 588. 597. 694. Signoret 622, Simon 681. 717. 744. 745. Simpſon 646. Smeathman 560. 563. 565. 570. Smith, 3. 26. 250. Snellen van Vollenhoven 112, Spence 50. Speyer 369. 43), Steenitrup 634. Stone 129. 225. 54. \ Suffrian 199. Swammerdam 21. 29, Syfes 284. Zajchenberg, D. 523. Temple 541. Thylefius, Anton 115. Totti 710. Treviranus 672. Iroiövilles, de 715. 716. Uhler 558. 565. 733. Waga 675. Wagner, Nik. 19. Wagner, R. 392. Wahlberg 234. Walfenaer 715. 718. Waltl 574. Werneburg 370. Wesmael 256. 294. 340-342. Weſtwood 34. 243, 304. 534. 584. 627. Wiedemann 493. Willkomm 425. Wolff, ©. J. 216. Young, A. 509. Zaddach 362. Zeller 466. 469. 500. Zenker 747. Zimmermann 582. 583. Drud vom Bibliographiichen Inſtitut in Leipzig. u A Be ae f CART f ara a | a ‚ Ps * F w.,. > » fi «it 074 r, v i } n B i P 4 ea z iv. 2 * na We 2 al Wehe , ö ’ | — — el fi ’ 4 ® i ' ‘ J J ’ I y ee — DA m —“ — — —* ae kr i VERBREITUNG WICHTIGER v. CHARAKTE VERBREIHFUTNGS6ETERTEL, DER DERERERELLL. — —* ” Ä vr < — — | \ "oo — | DEE 2 5 — Pin Gucujo a at — ee == 7 — I — inne ee —— — | z | = J } | Reich der Spanner, Lauf-und Raubkäfer. * ” Heteromeren..(Trauerkäfer.) Termiten. Ameisenkäfer.(Paussiden .. Gespenstheuschrecken .Phasmiden.) großen Tagfalter.(Ornithoptera.) Lauf-Käfergattung-Metaglymma. Kleinschmetterlinge mit gelben Hinterflügeln Rosenkäfer.(Cetoniden.) Erryeiden, Hehiconiden und Ameisen .. Lauf-Käfergattung-Antarctia. pistelfalter mn (nen — Skorpione _ — = — . Bienenzucht Skorpione | Distelfalter | Windig [Decephi — — —⸗—, — bi n o 0 120 100 STISCHER INSEKTEN v. SPINNENTIERE. 100 120 ÖstLv: 40 Greemwich 160 180 E I- BT een — ——— us E Tan | | Windig 1 — 1) a 1 = en) han 5 STORE olpuga Ategerat 7 olias) % \ Sandkäfer gs N Z Skorpione Seynträger — — — . SIDE or Pa rt — —* SEX — — SER BER \ i N LOBATıı S) — * > .. “ or \ ME RWÄNZEN — ———— — — Biensnzucht It — — —: — = Rüsselkäfer a : r n-L. ungeflügelte Eule oe J | | | | ar | | i | | | | + + — ç ⸗ — — _—— — — — — BET; | | | | | rwotrudli ) > a —— a |. = , I ee — PR us) | — E I — — —— * — — 0 ——)⸗ — — —— ——— — er 20 4 60 80 100 120 140 160 180 titut in Leipzig: | Encyklopädische Werke. Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig. M. |P£ Meyers Konversations-Lexikon, fünfte, neubearbeitete Auflage. | Mit mehr als 10,500 Abbildungen, Karten und Plänen im Text und auf 1088 | Illustrationstafeln (darunter 164 F arbendrucktafeln und 286 Kartenbeilagen) und | | 120 Textbeilagen. | Ergänzungs- und Registerband (Band XVIII) dazu. Mit 580 Abbil- dungen, Karten und Pı: änen im Text und auf 56 Illustrationstafeln (darunter | 10 Farbendrucktafeln und 7 Kartenbeilagen) und 4 Textbeilagen. Geheftet, in 16 Lieferungen zu je 50 Pf. — Gebunden, in Halblederband . . . 110 Erstes Jahres-Supplement (Band XIX) dazu. Mit 622 Abbildungen, Karel und Plänen im Text und auf 44 Illustrationstafeln (darunter 4 oe »ktafeln | und 9 Kartenbeilagen) und 5 Textbeilagen. | I Geheftet, in 16 Lieferungen zu je 50 Pf. — Gebunden, in Halblederband . . 110 Zweites Jahres- Supplement (Band XX) dazu. Mit 675 Abhrldungen. | Karten und Plänen im Text und auf 58 Illustrationstafeln (darunter 5 Ben drucktafeln und 7 Kartenbeilagen) und 1 Textbeilage, | Drittes Jahres-Supplement (Band XXI) dazu. Mit 750 —— | Karten und Plänen im Text und auf 67 Illustrationstafeln (darunter 4 Farben: | I drucktafeln und 7 Kartenbeilagen) und 2 Textbeilagen. Geheftet, in 16 Lieferungen zu je 50 Pf. — Gebunden, in Halblederband. . . . — 10 — Meyers Kleines Konversations - Lexikon, sechste, ungear- beitete Auflage. Mit 168 Illustrationstafeln (darunter 26 F: ırbendrucktafeln und 56 Karten und Pläne) und 88 Textbeilagen. Naturgeschichtliche Werke. Geheftet, in 272 Lieferungen zu je 50 Pf. — Gebunden, in 17 Halblederbänden . . . . je Tone Geheftet, in 16 Lieferungen zu je 50 Pf. — Gebunden, in Halblederband . . . . 1 107 Geheftet, in 80 Lieferungen zu je 30 Pf. — Gebunden, in 3 Halblederbänden . . . . je 10 — (Bd. I—-III »Säugetiere« — Bd. IV—VI »Vögel«e — Bd. VII »Kriechtiere und Thbrchge —| Bd. VIII »Fische« — Bd. IX »Insekten< — Bd. X »Niedere Tieres.) || Gesamtregister zu ——— —— 3. en Da Gebunden, in Leinwand. . . Se Brehms Tierleben, Kleine —— — Volk und Schule. Zweite, von R. Schmidtlein neubearbeitete Auflage. Mit 1179 Abbildungen im Text, 1 Karte und 3 Farbendrucktafeln. Geheftet, in 53 Lieferungen zu je 50 Pf. — Gebunden, in 3 Halblederbänden . . . je 10 — Die Schöpfung der Tierwelt, von Dr. Vilh. Haacke. Er— gänzungsband zu »Brehms Tierleben«.) Mit 469 Abbildungen im Text und auf 20 Tafeln in Holzschnitt und Farbendruck und 1 Karte. Geheftet, in 13 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in Halbleder . . > 15 Der Mensch, von Prof. Dr. Joh. Ranke. Zweite, ———— — Mit 1398 Abbildungen im Text, 6 Karten und 35 Farbendrucktafeln. Geheftet, in 26 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in 2 Halblederbänden . . . . . je 15 Völkerkunde, von Prof. Dr. Friedr. Ratzel. Zweite Auflage. Mit 1103 Abbildungen im Text, 6 Karten und 56 Tafeln in Holzschnitt und Farbendruck. Geheftet, in 28 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in 2 Halblederbänden. . . . je]l16 Ausführliche Prospekte zu den einzelnen Werken stehen kostenfrei zur Verfügung. Im. [pe Brehms Tierleben, dritte, neubearbeitete Auflage. Mit 1910 Abbildungen im Text, 11 Karten und 180 Tafeln in Holzschnitt und Farbendruck. Geheftet, in 130 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in 10 Halblederbänden . . . je |15 | — Pflanzenleben, von Prof. Dr. A. Kerner von Marilaun. N | neubearbeitete Auflage. Mit 448 Abbildungen im Text, 1 Karte und 64 Tafeln | in Holzschnitt und Farbendruck. | Geheftet, in 28 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in 2 Halblederbänden . . » . . je Erdgeschichte, von Prof. Dr. Melchior Neumayr. Zweite, von Prof. Dr. V. Uhlig neubearbeitete Auflage. Mit 873 Abbildungen im Text, 4 Karten und 34 Tafeln in Holzschnitt und Farbendruck. I} Geheitet, in 28 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in 2 Halblederbänden. . . . . je | 316.7 Das Weltgebänude. Eine gemeinverständliche Himmelskunde. Von Dr. M. Wilhelm Meyer. Mit 287 Abbildungen im Text, 10 Karten und 31 Tafeln in Heliogravüre, Holzschnitt und Farbendruck. | Geheftet, in 14 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in Halbleder . . .... -.[16| — ' Die Naturkräfte. Gemeinverständlich dargestellt von Dr. M. Wilhelm Meyer. Mit mehreren hundert Abbildungen im Text und vielen Tafeln in Holzschnitt, Ätzung und Farbendruck. (In Vorbereitung.) ' Bilder-Atlas zıwr Zoologie der Säugetiere, von Professor Dr. W. Marshall. Beschreib. Text mit 258 Abbildungen. Gebunden, in Leinwand 50 vw Bilder- Atlas zıwr Zoologie der Vögel, von Professor Dr. W. Mar- shall. Beschreibender Text mit 238 Abbildungen. Gebunden, in Leinwand . .|| 2,50 Bilder- Atlas zwr Zoologie der Fische, Lurche und Kriechtiere, von Prof. Dr. W. Marshall. Beschreibender Text mit, 208 Abbildungen. Gebunden, in Leinwand... 2 2... nen. .|| 2150 ' Bilder-Atlas zur Zoologie der Niederen Tiere, von Prof. Dr. W. Marshall. Beschreib. Text mit 292 Abbildungen. Gebunden, in Leinw. || 2 | 50 Bilder- Atlas zur Pflanzengeographie, von Dr. Moritz Kron- feld. Beschreibender Text mit 216 Abbildungen. Gebunden, in Leinwand . . .|| 250 Kunstformen der Natur, von Prof. Dr. Ernst Haeckel. 100 Illu- strationstafeln mit beschreibendem Text. In 2 Sammelkasten (im Erscheinen). . je | 18 — Geographische Werke. | Die Erde und das Leben. Eine vergleichende Erdkunde. Von Prof. | Dr. Friedrich Ratzel. Mit etwa 400 Abbildungen im Text, 20 Karten- beilagen u. 40 Tafeln in Holzschnitt, Tonätzung u. Farbendruck. (ImjErscheinen.) | Geheftet, in 30 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in 2 Halblederbänden . . . . je 117 | — Afrika. Zweite, von Prof. Dr. Friedr. Hahn völlig umgearbeitete Auflage. | | Mit 173 Abbildungen im Text, 11 Karten und 21 Tafeln in Holzschnitt, Ätzung | | und Farbendruck. Nr | Geheftet, in 15 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in Halbleder . . ». 2... 2... ..,17 — Asien, von Prof. Dr. Wilh. Sievers. Mit 156 Abbildungen im Text, 14 Karten und 22 Tafeln in Holzschnitt und Farbendruck. Geheftet, in 13 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in Halbledee . . ». ». 2... ..[15| — A| Amerika, in Gemeinschaft mit Dr. E. Deckert und Prof. Dr. W, Küken- thal herausgegeben von Prof. Dr. Wilh. Sievers. Mit 201 Abbildungen im Text, 13 Karten und 20 Tafeln in Holzschnitt und Farbendruck. | Geheftet, in 13 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in Halbleder# Moe ah. urn . 15| — Europa, von Dr. A. Philippson und Prof. Dr. L. Neumann. — gegeben von Prof. Dr. Wilh. Sievers. Mit 166 Abbildungen im Text, 14 Karten und 28 Tafeln in Holzschnitt und Farbendruck. l Geheftet, in 14 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in Halbleder . 5 Australien und Ozeanien, von Prof. Dr. Wilh. Sievers. Mit 137 Ab-. bildungen im Text, 12 Karten und 20 Tafeln in Holzschnitt und Farbendruck. | Geheftet, in 14 Tiefer zu je 1 Mk. — Gebunden, in Halbleder . . . . .|116 | Meyers Hand-Atlas. Zweite, neubearbeitete Auflage. Mit 113 Karten- blättern, 9 Textbeilagen und Register aller auf den Karten befindlichen Namen. | Geheftet, in 38 Lieferungen zu je 30 PL — Gebunden, in Halbleder. . . Fr Bl. Neumanns Orts-Lexikon des Deutschen Belene Dritte, neubearbeitete Auflage. Mit 34 Karten und Plänen und 276 WenE null Geheftet, in 26 Lieferungen zu je 50 Pf. — Gebunden, in Halbleder . . . 15 Bilder- Atlas zur Geographie von Europa, von Dr. A. Geist- beck. Beschreibender Text mit — obildungen. | | | | Gebunden, in Leinwand . . . - ——— 2 | Bilder - Atlas zur — —— — —— Erdteile, von Dr. A. Be isineck: Beschreibender Text mit — Abbild. | Gebunden, in Leinwand . Weltgeschichts- und kulturgeschichtliche Werke. 50 Das Deutsche Volkstum, herausgegeben von Prof. Dr. Hans Meyer. Mit 30 Tafeln in Holzschnitt, Ätzung und Farbendruck. | Geheftet, in 13 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in Halbledee. . . . 22.2...) Das Deutsche Reich zur Zeit Bismarcks. Politische Ge- schichte von — bis — Von Dr. us um: Mit einem Porträt. | Gebunden . . . RO N nn ereschichte, s unter Mitarbeit hervorragender Fachmänner herausgegeben von Dr. Hans F. Helmolt. Mit 45 Karten und 183 Tafeln in Farbendruck, Holzschnitt und Atzung. (Im Erscheinen.) Geheftet, in 16 Halbbänden zu je 4 Mk. — Gebunden, in 8 Halblederbänden . . . . .je 10} Urgeschichte der Kultur, von Dr. Heinrich Schurtz. Mit 434 Abbildungen im Text, 1 Kartenbeilage und 23 Tafeln in Farbendruck, Holz- | schnitt und Tonätzung. Gehetftet, in 15 nen zu je 1 Mk. — Gebunden, in Halbleder. . . . ar | 17 Meyers Historisch- Geographischer Keine für das Jahr | 1902. Mit etwa 550 Landschafts- und Städteansichten, Porträts, ethnologischen, kulturhistorischen und kunstgeschichtlichen Darstellungen sowie Autographen, | Münzen- und Wappenbildern und einer Jahresübersice ht (auf dem Buckeeekel): I Zum Aufhängen als Abreißkalender eingerichtet I U ehe I 21 Litterar- und ‚kunstgeschichtliche Werke. Geschichte — — en Litteratur, von Jakob Mähly. 2 Teile in einem Band. Gebunden, in Leinwand 3,50 Mk. — Gebunden, in Halbleder | 5 Geschichte der deutschen Litteratur, von Profi. Dr. Friedr. Vogt u. Prof. Dr. Max Koch. Mit 126 Abbildungen im Text, 25 Tafeln in Farbendruck, Kupferstich und Holzschnitt und 34 Faksimile - Beilagen. Geheftet, in 14 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in Halbleder. . . . » — —— Geschichte der englischen Litteratuwr, von Prof. Dr. Rich. Wülker. Mit 162 Abbildungen im Text, 25 Tafeln in Farbendruck, Kupfer- stich und Holzschnitt und 11 F aksimile - Beilagen. | Geheftet, in 14 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in Halbleder . . « R — Geschichte der italienischen Litteratur, von Prof. Dr. B. Wiese u. Prof. Dr. E. Percopo. Mit 158 Abbildungen im Text und 31 T afeln in Far- bendruck, Kupferätzung und Holzschnitt und 8 Faksiimile- Beilagen. Geheftet, in 14 Lieferungen zu je 1 Mk. — Gebunden, in Halbleder „. . .. . 7b: Geschichte der framzösischen Litteratur, von Prof. Dr. Hermann Suchier und Prof. Dr. Adolf Birch- Hirschfeld. Mit 143 Abbildungen im Text, 23 Tafeln in Farbendruck, Holzschnitt und Kupfer- ätzung und 12 Faksimile - Beilagen. Geheftet, in 14 Lieferungen zu je L Mk. — Gebunden, in Halbleder . » »- » 2 416— ‘ @eschichte der Kunst aller Zeiten und Völker, von Prof. | Karl Woermann. Mit etwa 1300 Abbildungen im Text und 130 Tafeln in Farbendruck, Holzschnitt und Tonätzung. (Im Erscheinen.) | Gebunden, in 8 Halblederbänden . 0 . u. ua 2 ae me lee ale ee jel17| — Meyers Klassiker -Ausgaben. In Leinwand- Einband; für —— Halbleder - Einband sind die Preise um die — höher. | M.| Pf. M. |Pf. | | Italienische Litteratur. Deutsche Litteratur. | ' — } Ariost, Derrasende Roland, v.J.D.@ries, 2 Bde. Arnim, 1 Band, herausg. von J. Dohmke . Brentano, 1 Band, herausg. von J. Dohmke Bürger, 1 Band, herausg. von 4. E. Berger Dante, Göttliche Komödie, von K. Eitner | Leopardi, Gedichte, von R. Hamerling . . vrve Heine, 7 Bände, herausg. von E. Elster. Herder, 4 Bände, herausg. von H. Kurz .| E. T. A. ’Hoffmann, 3 Bde., BEER" von | — | Spanisches Theater, von Rapp, Braunfeis, — und Kurz, 3 Bände . . .!| 6 | 50 2 2 Se Chamisso, 2 „Bände, herausg. von H. Kurz) = Manzoni, DieVerlobten, von&. Schröder,2 Bde. || Eichendorff, 2 Bände, herausg. von R. Dietze|| 4| — | Gellert, 1 Band, herausg. von A. Schullerus | al Spanische und portugiesische Goethe, 12 Bände, herausg. von H. Kurz . 30 — Litteratur. || = 15 Bde., hrsg. von K. Heinemann, je|| 2 — | Camoöns, Die Lusiaden, von K. Eitner . .| 1|25 Hauff, 3 Bände, herausg. von M. Mendheim | 6, — | Cervantes, Don Quijote, von E. Zoller, 2Bde.|| # | — Hebbel, 4 Bände, herausg. von K. Zei 8 — I Cid, von K. Eitner . 1125 6 0 fen V. Schweizer . . |. 6% Französische Litteratur. H.v. Kleist, 2 Bde., herausg. von H. Kurz .\ 4\— | Beaumarchais, Figaros Hochzeit, von Fr. Körner ,_ 2 Bände, herausg. von H. Zimmer || 4| — Dingelstedt 1 Lenau, 2 Bände, "herausg. von 0. Hepp . .|| 4 — | Chateaubriand, Erzählungen, v. M.v. "Andechs L| 25 | Lessing, 5 Bde., herausg. von F. Bornmüller 12 — | La Bruyere, Die Charaktere, von K. Eitner|| 1 | 75 0. Ludwig, 3 Bände, herausg. v. V. Schweizer | | 6 — | Lesage, Der hinkende Teufel, v. L. Schücking | 1 | 25 Novalisu. Fouque, 1’Bd., herausg. v.J.Dohnke,| 2) — | Merimee, Ausgewählte Novellen, v. Ad. Laun|| 1 | 25 Platen, 2 Bände, herausg. von @. A. Wolff u. | Moliere, Charakter-Komödien, von Ad. Laun)| 1 | 75 v. Schweizer . 4 — | Rabelais, Gargantua, v. F\ A. Gelbeke, 2Bde.|| 5 | — Rückert, 2 Bände, herausg. von @. "Eitinger 4 — | Racine, Ausgew. Tragödien, von Ad. Laun,| 1 | 50 Schiller, herausg. v. L. Bellermann, kleine Rousseau, Bekenntnisse, v.L. Schücking,2Bde.)| 3 | 50 Ausgabe in 8 Bänden . . . .16 — — Ausgewählte Briefe, von Wiegand || 1| — — große Ausgabe in 14 Bänden . .28| — | Saint-Pierre, Erzählungen, von K. Eitner .| 1| — Tieck, 3 Bände, herausg. von G.L. Klee .| 6 — | Sand,LändlicheErzählungen, v. Aug.Cornelius|| 1| 25 Uhland, 2 Bände, herausg. von L. Fränkel|| 4 — Stael, Corinna, von M. Bock. i ll Wieland, 4 Bände, herausg. von @.L. Klee| 8| — Töpffer, Rosa und Gertrud, von K. Eitner 1|25 | Englische Litteratur. | Skandinavische und russische i | Altenglisches Theater, v. Robert Prölß,2Bde. || 4 50 Litteratur. | Burns, Lieder und Balladen, von K. Bartsch|| 1,50 Björnson, Bauern-Novellen, von E. Lobedanz 1125 Byron, Werke, Strodtmannsche — | | — Dramatische Werke, v. E.Lobedanz|| 2 — 4 Bände IE 8 — | Die Edda, von H. Gering a Chaucer, Canterbury - "Geschichten, von 'w. —J Holberg, Komödien, von R. Prutz, 2 Bände | "Hertzberg . . .| 2/50] Puschkin, Dichtungen, von F. Löwe. Alt. P Se | Defoe, Robinson Crusoe, von E. "Altmüller . 1/50 | Tegner, Frithjofs-Sage, von H. Viehof .. .| 1| —_ Goldsmith, Der Landprediger, von K. Eitner|| 125 | Milton, Das verlorne Paradies, von K. Eitner|| 150 Orientalische Litteratur. Scott, Das Fräulein vom See, von H.Viehof|| 1|— ! Kalidasa, Sakuntala, von E. Meier . all Shakespeare, Schlegel-Tiecksche Übersetzg.|| | Morgenländische Anthologie, von E. Meier | 1 95 Bearb. von A. Brandl. 10 Bde. | 20, — | Shelley, Ausgewählte Dinmasen, von Ad.| | Litteratur des Altertums. | Strodtmann. . - - | 150] Anthologie griechischer u. römischer Lyriker, | Sterne, Die empfindsame Reise, v. E. Eitner I 25 von Jakob Mähly . . - 92 — _ Tristram Shandy, von 'F. A. Gelbeke | 2 — | Äschylos, Ausgew. Dramen, von 4. Oldenberg 1 — Tennyson, Ausgewählte Dichtungen, von | Euripides, Ausgewählte Dramen, v. J.Mähly 1 | 50 Ad. Strodtmann » » » » - » .| 1/25 | Homer, Ilias, von F. W. Ehrenthal . . .| 2|50 — | | — Odyssee, von F. W. Ehrenthal . .| 1|50 Amerikan. Anthologie, von Ad. Strodtmann | 2| — | Sophokles, Fragödien, von H. Viehof .11 2150 | Meyers Volksbücher. Erschienen sind 1288 Nummern. Jedes Bändchen ist einzeln käuflich. Geheftet, Preis jeder Nummer 10 Pfennig. Gebunden in eleganten Leinenbänden, Preis je nach Umfang. Verzeichnisse sind in jeder Buchhandlung zu haben. Druck vom Bibliographischen Institut in Leipzig. ae u ı — — DO 8 RENNEN — 9 Sol SR EN —J nr y NER v { —* — 4 —B REEL NR BR Re — ‘Er —* RN SER N 9 RN EA Er —B — dei ie BR, — Ar —Bo RN, DNS FJ IN 3 EN IR | \ RN R — KERN 8 N} a B8 —8 VV N‘ N \ IR KERN. — SUN \ N F * 9— ee RN N —BR6 8 —8