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Bayer. Staatsbibliothek

I Mene Litteratur

und— | | Ip, trerkunde. ' Fuͤr das Jahr 1789.

Erſter Band, ZJanuar se Suntus. d I . Ein perfodifhes Werk,

Herahögegeben

7 J. DB. d. Arhenholg,

vormahls Hauptmann in koniglich⸗ preuſſiſchen Dienſten.

——

Leipzig, £ bey ©. 3. Goͤſchen. 1789.

N eue Litteratur und Volterkunde

Fuͤr das Jahr 1789. No. l. Sanuar.

Ueber Gefhichte und Umfang des Churſaͤchſiſchen

Privilegiums , wider‘ die Appellationen an die - Reichsgerichte; zur Pruͤfung der hierüber vom Herrn Hofrarh Spittler im Görting. Hiſtor. Ma⸗ gazin (2.8. 2tes und ztes Stück) angenommenen

Grundſaͤtze, vom D. Siegmann, zu Leipzig.

Wi glaubten in Sachſen, daß unſer Fuͤrſtenhaus ſein Privilegium wider die Appellationen nach Wien und Web: far in einem eben fo ansaedehnten Umfange gewonnen har be, wie Deftreich und Boͤhmen; und wir giengen in der Einbildung fehon fo weit, daß wir alles, mas ehedem ein: ge Beyſitzer am Kammergericht hlewider einzuwenden fan— den, nicht unfrer Unbekanntfchaft mit einem der wichtigften Saͤtze des einheimifchen und Auswärtigen Staatsrechts ; fon- dern den gelehrten Vorurtheilen jener Männer, und ihrem Heinen Amtseifer zuſchrieben. Einſichtsvolle Beurtheiler

Ya - ſ(ſchienen

J J

“4 I Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium.

fehienen uns beyzuftimnten, ımd die Umftände rechtfertigten diefe Meynung, denn kaum, daß ſich bey der Nation auch nur das Andenken einer Verfaffung erhalten : hatte, die auch zum Kayfer einen Rechtsweg offen lief. Was Wun— der alfo, wenn uns eine Schrift etwas unvermuther fommt, die uns wicht bloß bemeifen will, daß wir unfer Necht durch ein halbes Dusend hiſtoriſcher Unwahrheiten vom Kayfer Ferdinand dem Erſten erfchlichen haben, fondern daß wir überdies noch Ufurpateurs find, es unredlich mißbrauchen, und weit mehr daraus folgern, als wir folten. Ihr Ver: faſſer findet nicht Eine Thatſache, die wir bey deſſen Er— werbung vorbrachten, hiſtoriſch richtig, nicht Eine reine Wahrheit unter allem, was Auguft dem Kayfer fagte:. in dem Privilegium ſelbſt ficht ‘er eine große Gränzlinie , die wir nicht bemerken, oder nicht bemerken mwolten; dem wo im Jahr 1559 unfer Territorium ſich endigte, da dünft ihn, iſt auch unſrer Appellationsfreyheit ihr Ziel gefegt: er frage nach unfern Befreyungen für alle neu erworbene Lande, für Meißen und Naumburg, und Querfurt und Merfeburg und Henneberg, und fo manches andere Laͤndchen, das wir erſt ſpaͤter hin erhielten: er beruft ſich auf Churbrandenburg, das, eben ſo hoch privilegirt als Sachſen, ſo oft ihm neue Lande anfielen, auch neue Privilegien erwirkte, auf Koö⸗ nig Friedrich, dem Großen, der um nichts zu bitten pfleg⸗ te, was er ſchon zu haben glaubte, und doch zweymahl bes fheiden um’ ein Recht bat, das Churſachſens ſchwaͤchſte Nebenlinien fehon längft als altes Recht behäupteten: "wir felbft follen vierzig Jahre nah Erhaltung unfrer Befrey⸗ ung, durch eine ftattliche Gefandfchaft, um Extenſion gebe⸗

ten,

3

I. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. 5

ten, aber nichts erhalten haben x und weil er ung gleich⸗ wohl im Beſitz alles deſſen ſieht, was er uns fo warm be« fiveitet, fo macht er uns. den unfreundlihen Vorwurf, daß wir ein Necht, welches wir vor hundert und neunzig Sahr ven erſt noch ‘zu erhalten wünfchten, und; ſeitdem nicht etz hielten, und ohne dem Kayſer kundbar nicht erhalten Fon ten, durch Schriften nah Bedürfniß. des Hofes, und nad Bedürfnig der Schriftfteler, unvermerkt in der Stille aus; bildeten, und den Baftard zuletzt gas noch Anfpruch an ak teri Adel, an: Schild und. Wapen machen liefen, So Hart diefe Beſchuldigungen find, weil wir fie nicht verdienen, und weil fie unfer Necht in einem ‚nachtheiligen Lichte zeigen: für fo gegruͤndet hält fie dennoch der Ber:

faffer, und fordert jeden auf, getroſt nach Wetzlar oder Wien zu gehen, der. ſich mis. fächgifchen Erkenntniſfen in neu era worbenen Provinzen nicht begnügen will, Wir find fehr geneigt, diefen Zuruf aus keinem andern Bewegungs⸗ grunde, als aus ſeiner gelehrten Ueberzeugung herzuleiten, da es Thatſachen giebt, die leicht irre fuͤhren moͤgen, wenn man ſie ohne Verbindung mit andern, und ohne Ruͤckſicht auf gewiſſe Rechtsgrundſaͤtze zuſammen reiht. Allein jamehr er ſich ſichtbar bemuͤht hat, durch ſeine Schrift zu und einzudringen, je leichter auch alles Eingang findet, wenn es nur Maͤnner von Celebritaͤt dem Publikum erzaͤhlen, deſto eher wird ſie an jedem ihren Bekenner erhalten, dem Zeit und Muße oder auch die noͤthige Kenntniß fehlt, um fie genau zu pruͤfen; und je groͤßer eben von. dieſer Art die Buhl der Leſer ſeyn möchte, je mehr ſcheint der Patrige As. tiemug

6 I ‚Ueber bas Churſaͤchß. Appellationspripifegium.

tismus eine Rechtfertigung zu. fordern, die wir außerdem nicht beduͤrften. Gleichwohl werde ich der vor mir lier genden Schrift nicht Schritt vor Schritt folgen, ſondern fie mehr nur im Ganzen zum Seitfaden brauchen, um über Geſchichte und Umfang unfrer Appellationsfreyheit meine Meynung darzulegen. Gebt‘ den Fürften, was der Fürften ift ; dem Kanfer, was des Kapfers ift, fagt der Verfaſſer; immer hoffe ich mit gleicher Unpartheylichkeit auch meine Ueberzeügung reden zu laſſen; wenigftens babe ich dem Vortheil auf meiner Seite, daß Leetür und Nachdenken laͤngſt vorausgegangen waren, und daß das Reſultat davon ſchon vor mir lag, ehe ich noch daran dachte, dies letztere be⸗ kannt zu machen, :

I. se

Unſer Beſitz der Appeflgtionsfreppeit iſt nicht fo alt, ‚als unfer Recht dazu, *) das koͤnnen und wollen wir nicht eugnen, ig guͤnſtig auch ſelbſt der kayſerliche Reichshof⸗ rath bereits vor laͤnger als hundert Jahren auf ſeine Pflicht te, XX) mir hätten beydes zu gleicher Zeit erworben. a... , dab auch wir durch feinen Sprung zum Ziele kamen, daß eng wir nur ngch und nach ein Privi— | —— —53 legium

» Gold. Hufe, Kap. 1.9.35. " In dem im Jahr 1653. über das Churcdinifie Geſuch um ein unbeſchranktes Apellatlonoprivilegium an den Katz fer erfatteten Gutachten: Hingegen aber militiren für u = 8 4 Ihre

1. Uebet das Churſachß. Appellationspeioitegiun. 7

legium in Ausübung zu. bringen fuchten, welches faſt alle Verbindung zwifchen dem Reiche und den Churlanden auf zuheben ſchien, und deſſen Ertheilung ſelbſt in neuſten Zei⸗

ten noch manche Landſchaft zum Widerſpruche reizte. Nur

ungerecht gegen uns ſelbſt wollen wir nicht werden, und einraͤumen, daß wir nicht früher, als ſeit Ferdinand dem Erften, zum Beſitze diefes Rechts gelangten, bis dahin aber um nichts glücklicher, als Mainz und Trier, und Pfalz und Coͤlln waren. rs |

%

Außer der Unzufriedenheit der Unterthanen waren es

vorzüglich die beftändigen Eingriffe der kayſerlichen Lands gerichte,.und der weftphälifchen Freyſtuͤhle, was in den meis ſten Churlanden den Gebrauch der Appellationsfrenheit etz

fchwerte. Im Verhaͤltniß zum hochften Neichsgericht am

kayſerlichen Hofe war es ein guͤnſtiger Umſtand, daß hier die Juſtiz ſeit Carl dem Vierten faſt beſtaͤndig im Schlum⸗ mer lag, nur dann und warn erwachte, und ſehr bald wie⸗

der einſchlief. Aber jene Land und Freygerichte betrachte

ten ihre Gerichtbarfeit als ein wohlerworbenes Recht: je⸗ 44 i der

Ihre Churfuͤrſtl. Durchl. nachfolgende rationes und Mo⸗ tiven, als ı. daß alle andere weltliche Churfütften in. ge» nere wider alle Appellationen un das kayſerliche Reichs⸗ Hofes und Kammergericht befrent find, und von den römis fchen Kayfern nach und nad, kraft der goldenen Bulle, außer Churſachſen, als welches ſich gleich von Anfang her nach der goldenen Bulle jederzeit gehalten, von neuem privilegirt worden,“ Moſer, von der deut⸗

ſchen Juſtizverf. 1. Th.

4

8 I Ueber das: Churſaͤchß. Appellationsprisilegium.

der Inhaber eines folhen Landgerichts, jeder Freygraf, vom Kayfer. belieben , hielt ſich für gleich privilegirt, und fchien faum zu begreifen.,. wie irgend ein anderes Privilegium das Seinige beſchraͤnken koͤnne. Sie fowohl, als die bes nachbarten. Prälaten behaupteten fogar eine gleichlaufende Serichtbarkeie mis. dem Landesheren; hielten fich folglih um fo mehr zur Appellationsinftanz berechtigt; und die Zeit-,

umftände kamen allen Ddiefen Anmaßungen zu fehr zuſtat⸗ ten, als daß fih mit Nachdruck etwas dagegen unternehr men ließ. Auch in Sachſen litt die Appellationgfreyheit eine geraume Zeit unter diefen Hinderniffen; aber fie litt weit weniger als irgend wo, weil man. hier ſchon das mahls, wie die goldene Bulle dies hohe Vorrecht gründete, | Bortheile auf feiner Seite hatte, die ſelbſt Folgen ſowohl ber Altern, als der damahligen Meichsverfaffung waren.

Die. Kayfer erfchienen von jeher nur- felten in diefen Gegenden ; zogen meift das füdliche und; weſtliche Deutſch⸗ fand kreuzweiſe hindurch, ehe fie etwa durch.Zufall, oder ei’ ne. beſondere Veranlaſſung nach Norden herab Famen: wer folglich bey Tandesherrlichen. Erkenntniſſen ſich nicht beruhi- gen- wolte, der gieng lieber zu dem Pfalzgrafen, den man in der Nähe hätte, als zum Kanfer, den man erft in der gerne, ‚oder gar außer den deutſchen Graͤnzen auffuchen muß te. Sehr mahrfheinlich geſchahen aus diefem Grunde ſchon frühzeitig weite weniger Berufungen von landesherrlichen Erfenntniffen, als dies vielleiht der Fall geweſen feyn wuͤr⸗ de, wenn man fie leichter hätte an den Kayfer bringen konnen, Später bin w' die afcanifchen Regenten for

| gar

+ I AUeber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. 9

gar ſelbſt Pfalzgrafen in Sachſen; eine Wuͤrde, die, wie viel davon auch fonft unter den Streitigkeiten, welche dar über. mit den neuen Sandgrafen von Thuͤringen entftanden, verloren gieng, doc immer die befte. Gelegenheit verfchafte, _ feine eigenen Unterthanen zeitig, im erfter und fester In⸗ ſtanz, an die ansfchliegende Tandesherrliche Gerichtbarkeit zu gewoͤhnen. ‚In Thüringen hatte man ſchon chedem die Pfalzgrafſchaft hiezu benutzt: Heinrich der Erlauchte und deſſen Nachfolger, die ihren Vortheil verſtanden, unterlieſ⸗ ſen wenigſtens nichts, um dieſe Gewohnheit, kraft ihrer Anſpruͤche auf die ſaͤchßiſche Pfalzgrafſchaft, nicht nur im Thuͤringen zu‘ erhalten, ſondern auch nach Meißen zu ver⸗ pflanzen: und fo, fam denn auch in dieſen Staaten ſchon alles der Appellationsfreyheit zuftatten, wie. fie durch Fried⸗ rich. den : Streitbaren mit der ſochbiſchen Chur gewonnen wurde.

Die kayſerlichen Landgerichte welche bald in bie Stelle der ehemahligen Pfalzgrafen traten, unterbrachen auch in den faͤchßiſchen Provinzen den Genuß dieſer Vortheile bey weiten nicht fo ſehr, als es wohl feheinen möchte: Sachſen, Meißen und Thüringen hatten im Verhältnig zu diefen Tridunalen eine fo glüclihe Lage, daß fie feinem derfelben untertwotfen waren. ie hatten, wie bekannt, ih⸗ ve angewiefenen erichtfprengel: felbft diejenigen, von des sen Nachbarſchaft fih noch das Meiſte befürchten ließ, ſelbſt die Landgerichte zu Würzburg und Nürnberg galten Bloß den Franken: ſelbſt der Gerichtszwang des Roth⸗

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30 4. Ueber. das Churfächß. Appellationsprivilegium.

weiler Hofgerichts *) umfaßte in ſeiner gluͤcklichſten Perio⸗ de, außer Schwaben, nur die fraͤnkiſchen und rheiniſchen Provinzen. Mochten alſo immerhin ſachßiſche Unterthanen dann und wann in erſter und letzter Juſtanz an ſolchen Landgerichten belangt, oder von Auslaͤndern dahin gezogen werden; —— die Fälle diefer Art ereigneten fich doch gewiß nur felcen, daher felbft Senkenberg **) unter feinen vielen Belegen über dig ehemalige Gerichtbarkeit diefer Tribuna⸗ fe, dennoch fein Beyſpiel liefern ‚fonnte, daß. Rechtshaͤndel fächßifcher Unterthanen daſelbſt angebrachr und entſchieden wären. Wenn felbft einige Geſchichtſchreiber unter ung PK) hierin anderer Meynung. zu feyn fcheinen; ſo ließen fie ſich wahrſcheinlich durch das Privilggium verführen, wel ches Kayfer Sigismund im Sjahr. 1423 wider -die Evocatio: nen fachkifcher. Unterthanen an auswärtige Gerichte ertheil, te. Gleichwohl beweißt diefe Urkunde nichts weniger , als daß häufige Eingriffe diefer Tribunale in die Iandesherrliche . Gerichtbarfeit. dazu Anlaß gaben; es waren gewiß ganz andere Gründe, die Friedrih den Streitbaren zu dem Ges ſuch um felbige beſtimmten, und die, wie mich duͤnkt, ſich allenfalls errathen laſſen. . Gerade um diefe Zeit ſahe es um dem kaum ergriffenen Beſitz der ſaͤchßiſchen Churmürde ſehr

Senkenberg, von der kaiſerl. hoͤchſten Gerichtbatkeit etc —G. a4l. $. 36, | RS der angeführten Abhandlung. er) Horm, in der Gefchichte Friedrich des Streitbaren, S. 393, 0. ſ. und Hellfeld, in der Gefchichte der landesherrl. Gerichtbarfeit in Sachſen, ©. 97. u. f.

7 [2

3 Ueber das Churſachß. Appellarionsprioileglunt, 11 ſehr mißlich aus: noch mußte Friedrich alles von den Wi⸗ derſoruͤchen des lauenburgiſchen Hauſes fuͤrchten: noch: fehl.

te es jelbft am der kayſerlichen Belchnung,: die immer. meh⸗ | zere Hinderniffe fand; des, Ausgangs ungeiwiß; mochte es folglich; rathſam ſcheinen, die gegenwaͤrtige Lage, wie und wo man konnte, zu beugsen. —— Zur hoͤchſten Gerichtba⸗ keit des Landesherrn tar freylich in Meißen und Thuͤrin- gen alles beſſer, als irgendwo vorbereitet; uͤber eine aus⸗ druͤckliche kayſerliche Verleihung die man jetzt gelegentlich, und auf eine feine Art, durch eine etwas ausgedehntere und allgemein gefaßte Betätigung der goldenen Bulle, erhalten konnte, war gewiß nicht uͤberfluͤßig Ließ ſich dann auch Ja die, churfuͤrſtliche Wuͤrde nicht behaupten; wman hatte wenigſtens ein treflich hohes Vorrecht der Churfuͤrſten bey “diefer Gelegenheit erworben. Vielleicht alſo, daß man lie⸗ | ber ein Privilegium ohne alle Beziehung auf die goldene Bulle zu erhalten füchte, ‚lieber ein Privilegium i in ‚einem Tone gefaßt, melcher. felbiges auch ohne: Růckſicht auf die Khurwuͤrte zu BERN und zu Pe RR: cn

Mehr litt die landechertithe Gerichtharkeit het ſaͤch⸗ ſiſchen Regenten unter den Anmaßungen der weſtphaͤliſchen Freyſtuͤhle, und der benachbarten Praͤlatenz denn dieſe wurden durch die Religionsbegriffe des damaligen Zeitals ters ‚Unterftüßt, und jene hielten’ kein Privilegium für fa ‘groß, dag nicht ihren eigenen Freyheiten nachſtehen muͤße. **)

Schon Beym Horn am andef. Orte. ©. 872, u at als "Herzog Wilhelin von Sachſen 1454. "einige untertha⸗ nen, ‚welche an den Freygraf Wyneke Paskendall "appellirt *

Er L:Meber das Churſaͤchß. Yopellationsprivifeghins,

Schon rt’ Jahr 1421 wurden von Papft Martin V, wider Evocationen und Berufungen an die geiſtlichen Tribunale Bannfluͤche erwirkt; *) und’ früher noch ließen Friedrich der Streitbare, und ſein Bruder Wilhelm ſich ſelbſt mit Freyſtuͤhlen vom: Kayſer beleihen, KK) um nur die Eingrife fe der uͤbrigen zu verhindern. : Doch. weder wider den eis nen, noch wider den andern ' Feind mochten fich viel Vor theile gewinnen laffen: beyden ftellte daher Herzog Wil helm, in den Jahren 1446 und 2454, die nachdrüflichften Ver⸗ a bote

hatten, auoeiren molte, und ſich deshalb auf Kaiſer Fried⸗ rich des Dritten Reformation vom Jahr 1442 bezog, ſchrieb Paskendall zuruͤck: „Ouch, ald uver Gnaden Brief roret- von der Keformation zu: Frankſurt, ſo en was nach en is vnſer gnadigſter Herre, Roͤmiſcher Kaiſer zur Zyt, König zu der Zyt, noch nicht wiſſent, noch Frieſchepphe, vnd die Re⸗ formation if ſunder Conſens, Wiſſen und Wort oder Zu⸗ offen der Fürften, Herren, Graven, Fryen, Edeln, Ritter und Knechte, die Stulherren find in Weſtfallen, die ir Pes hen von ‚dem heiligen Riche entphangen, gefast, und der große Kaifer Karl, der diefe Recht gefasst, und Papft eo eonfirmiret hait, haint den Weſtfeliſchen Herren ire Privi⸗ legien zu beſtedigen der frien Gerichte geben und Arfagt, dar fein König noch Kaiſer in zukommenden Zyten fein vorder Privilegie, Fryheit oder nume Recht fundiren, fer wen, oder befiedigen folde, damit die Weſtſalliſche Gerichte geſchwechet, genndert oder perdruͤcket folden oder möchten Muͤllers Reicheiagetheter unter Friedrich i. Th. ©. 494.

* Horn ©, 850. u. f. e Senkenberg am a. O. G. 62, 5,75. und So am a.O. ©. 282. | u

J. Ueber das Churfächßs Appellationsprivilegium:, 13

bote wider alle Berufungen an die geiftlihen und weſtphaͤ— tifchen Gerichte bey Achtsftvafe entgegen, *) die eben das durch, daß fie bloß gegen dieſe Gattung ausmwärtiger Tribu⸗ nale gerichtet ſind, deutlich zeigen, von welcher Seite her die landesherrliche Gerichtbarkeit das meiſte zu befuͤrchten hatte. Herr Hofrath Spittler, der nur die erſtere von dieſen beyden Landesordnungen kennt, findet gerade in ihr einen unverkennbaren Beweis, wie wenig damals der Herzog von ſeinen Grafen und Herren, von ſeinen Rittern und Staͤdten als höchiter alleiniger Richter anerkannt wur⸗ de, Es war ja, ſagt er, bloß ein Bund des Herzogs mit feiner Landſchaft, ein freymilliges Compromiß, nie vor frem⸗ de Gerichte zu geben: fie legten. ein ‚inappellaßeles Ser richt an: aber kein Gericht des Fuͤrſten felbft, fein Gericht‘ feiner Raͤthe; der Herzog gab dazu nur Einen Rath, die Grafen feßten Einen aus. ihrer Mitte dazu, die Ritterfchaft gab Einen zum Beyſitzer, und. die Städte ernannten einen Buͤrger, der nebft allen diefen zu -Necht faß, und. zu Recht fotach. Allein ich geſtehe, ich mir dieſe Aleguns nicht zu eigen machen. |

Wenn wir die Geſchichte der landesherrlichen Geſetz⸗ gebung erſt da anſpinnen wollen, wo in den Landesgeſetzen der alte biedere Ton zwiſchen Herrn und Landſchaft ſich zu verlieren anfaͤngt, wo alle Andeutung der gleich ſtarken Mitwirkung der letztern im Ausdruck verſchwindet, wo nicht

mehr

%) Stan leſe dieſe Landesordnungen beym Müller am a. O. und im Reichstagstheat. unter Maximil. J. S. 86. uf.

74 I: Weber das Churfächß. Appellationsprivilegium.

u mehr von Vereinigung und Bund, und deftomehr bloß von unmaßgeblichem Nath und Gutachten geredet wird; tie jung. möchte. dann nicht die aefeßgebende Gewalt deutfcher Fürften ſeyn? Noch) jetst entficht, bey einer wahren landfchaftlichen Verfaffiing, kein Landesgefeg anders, als durch Bereinigung des Fürften mie der Landſchaft, ohne darum weniger in det gefeßgebenden Macht des erftern feinen Grund zu "haben, Unſre Ahnherrn nannten Landesgeſetze dieſer Art, einfach und natuͤrlich, eine Vereinigung; wir unterſchei⸗ | den ‚feiner, als fie, Theilung der geſetzgebenden Gewalt zwi⸗ ſchen dem Herrn und der Landſchaft, von ſupplirender Ein- willigung der leßtern zur "Öefeßgebung des erftern, und ent- halten uns jener Benennung, um allen Mißverftand. in Thefi zu vermeiden. Ueberdem iſt ja die Urkunde, welche es bier gilt, kein einzelnes Geſetz; es ift der vollftändige Abſchied einer feyerlichen Landesverfammlung, die Herzog Wilhelm zu Weißenfee gehalten hatte, und umfaßt alle da: mahls errichteten Schlüße von fehr verfchiedenem Inhalt. War es bloß ein Bund im eigentlichen Verſtande, bloß ein Compromiß des Herzogs und ſeiner Grafen und Herren, und feiner Ritter und Städte, wenn’ alle Berufungen an auswärtige Gerichte verboten wurden; fo ift es, nach der ungezwungenſten Schlußfolge, auch alles übrige in diefem Abſchiede; fo ift es auch bloß ein Bund, was Wilhelm und feine Landfchaft wegen des Aufwandes bey Hochzeiten und Kirchmeſſen, bey Kindtaufen und Kirchgängen verords nen; ſo iſt es ferner die gleich darauf folgende Kleiderord: nung, - und fo find noch andere Polizeyverfügungen , die wir dafeldft finden, in dieſer CEigenfchaft zu „betrachten,

was

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I. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. 15

was. nun. Morht der Herr Hofrath a Be wollte. 3—

Wohl war es ein feyerlicher Bund, wenn am Ende dieſes Abſchiedes Grafen und Herren, Ritter und Staͤdte, und dieſe alle. mit dem Herzog ſich vereinigten, das. Fauſt⸗ recht aufzugeben, und dagegen vor einem gemeinſchaftlich zu beſetzenden Gericht Recht zu nehmen; denn noch ftanz, den die Befehdungen unter dem Schutze allgemeiner Neiches geſetze; fie konnten folglich nicht leicht aus landesfuͤrſtlicher Macht, ſondern nur vereinigungsweiſe, aufgehoben werden. Aber eben dieſer Landfriede ſteht doch in gar keiner Ver— bindung mit den vorhergehenden Geſetzen, als daß er mit, felbigen in Eine Urkunde, in Einen Abfchied , und zwifchen einen gemeinfchaftlihen Eingang und Schluß gebracht wor: den: eben diefe feyerliche Vereinigung zu einem neuen Ge⸗ richt, das ſtatt der Waffen entſcheiden folle, bezog ſich doch fiher nicht auf jene Verordnung wider das Appelliren an auswaͤrtige Gerichte: eben dies Compromiß ſolte doch nicht erſt die landesherrliche Gerichtbarkeit begründen; es ſol— te doch unfehlbar nur bewirken, daß die richterliche Ent— ſcheidung in jedem kuͤnftigen Rechtsfalle dem Ausſchlage der Waffen vorgezogen wuͤrde. Es iſt klar, Herr Hofrath Spittler hat hier viel zuſammengezogen, was nicht zuſam⸗ men gehoͤrt. Der Landfriede galt bloß den Herzog und die Landſchaft; es war auch nicht noͤthig, ſelbigen auf alle Un: terthanen zu erſtrecken, weil vorzuͤglich nur die Grafen und Herren, die edlen Ritter und die Staͤdte ſich untereinander befehdeten. Auch das Tribunal, deſſen gemeinſchaftliche Er» | rich⸗

16 3 Ueber das Churſachß. Appellatiousprivilegium.

richtung ſie beſchloſſen, galt daher nur fie. ES gehörte zu den nähern Beftimmungen des Landfriedens: es folte ein Surrogat der nun aufgehöbenen Entfcheidung durch die Waffen feyn: es.folte nichts weniger als ein "höchftes in, appellabeles Gericht fuͤr alle Unterthanen vorſtellen, keinen Erſatz der hoͤheren Inſtanz geben, welche durch das im Eingange des Landtagsabſchiedes enthaltene Verbot, wider die Appellationen ar auslandiſche Gerichte, verloren gieng. Waͤre dies die Abſicht geweſen, man hätte fie doch “erklär von, und die Unterthanen mit ihren Bernfungen dahin ver: weifen muͤßen, oder man hatte wenigſtens in ganz anderer Verbindung von jenem Tribunale reden follen, als hier ger ſchehen ift. *) | |

Und wenn nun dies von dem Herzog und feinen Gra⸗ fen und Herren, und Mittern und Städten gemeinifchaftlich m be⸗

*) Es heißt dafelbſt: Iſt aber die Sache wertlichen, fo doll man die anbringen vnd fordern an den wettlichen Stüden und Gerichten, darunter der Antworter gefef: fen ift, und doran die Sache gehörets für denfelben Ge: richt Soll der Cleger finer angefangin Forderung volgen, als fich geböret, Bis uff Ende, vnd ſich davor an Rechte gnoͤgen laſſin, end fich auch davon an Fein uslendifch Gericht beruffen. So fullen und wullen Wir mit allin unfern Amptluͤten, Schultheißin, Richtern und Schoppfin, die Vnſer jglichs Gericht ſitzen, ernfilichin befielenıe. Alſo folte ein jeder vor dem Gericht, morunter er gehörte, Recht nehmen und geben; und alfo ward bier Feines neuen inländijchen inappelabelen Gerichts, wohin nun die Berufungen geben folten, „gedacht ? u

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1 Meber das Churſaͤchß. Appellatiohspkioitegtund, 17

‚befeßte. Gericht » vielleicht gat nut zur Aufficht über dent neuen - Bandfrieden und zur: Beftrafung der‘ dawider unternbmme nen Fehden mithin um ſoviel weniget "ut hochſten ins appellabelen Inſtanz Für das ganze Land beſtimmt geweſen waͤre ? Sch. will nicht weiter gehen, ich glaube, ſonſt moͤch⸗ te ſich auch dies ſeht leicht erweiſen laſſen Maͤg es immer «die Eigenſchaft eines hoͤchſten inappellabelen Gerichts gehabt haben, wie kann Herr Hofrath Spittler gerade in der Theilnehmung der Landſtaͤnde an Beſetzung deſſelben eitien klaren, unverkennbaren Beweis filiden, dag damahls keine Gerichtbarkeit in letzter Inſtanz dein Herzog zuge⸗ ſtanden wurde Wenn dieſe Beweisart gelten foll, fb wa⸗ ren die Churfuͤrſten von Brandenburg noch im ſechzehnten Jahrhundert nicht Richter ihrer Unterthanen, weil -dad hoͤchſte Tribunal, das Hef⸗ und Landgericht allein von der Landſchaft abhieng, weil ſelbſt das Richteramt von ihr ver⸗

geben wurde; )ſo find es, aus eben demfelben Grunde, -

noch -jeist die - Serjoge von Meklenburg **) und Witten: berg PR) nicht; und fo Bac bis auf Heute Auch der Chur⸗ *) Mofer von der Landeshoheit in Juſtizſachen. ©: 83. uf. **) Zu dem mellenbargifchen Hof⸗ und Landgericht fielen die Ritterſchaft und Stadte, jeder Theil, ‚einen Beyſitzer; auberdem ſitzen in dieſem Gericht, bey den feyerlichen Rechts⸗ tägen deſſelben, vier Landrathe aus ‚dern Adel; ein Behſitzet wegen des Fuͤrſtenthums Schwerin, ein Buͤrgermeiſter aus

Roſtock, einer aus Parhim, und einer aus Guͤſtrow. Hofzund Laudgerichtsordn. iſter Th. iſter Tit. sa. .

**) Breyers elem/ iuris publ, Wirtemb. Tub. 1787, ©; 225. N Litt. u. Völker. I. 1. B. 8

18 1, Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium.

fürft von Braunſchweig⸗ Lünchurg keine höchfte Gerichtbar⸗ £eit, ‚weil das hannoͤverſche Dberappellationsgericht, nach des Herrn Hofraths Schlußfolge, kein Gericht des Churfuͤrſten ſelbſt iſt, kein Gericht, das er allein beſetzt und hegt, kein Gericht, dem er allein die Ordnung gab; weil es nicht allein ſeine Raͤthe ſind, vor welchen churbraunſchweigiſche Unterthanen inappellabeles Recht ſuchen; weil der Chur⸗ fuͤrſt nur vier Beyſitzer dezu giebt, und alle übrige von der Landſchaft angeſtellt werden. *) Um fo weniger kann es befremden , : wenn in der .erftern Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts Fürften oder ihre Näthe mit Gliedern der. Landfchaft, mit Nittern und. mit Bürgern zu Necht- faßen, und zu Recht ſprachen.

Doch vielleicht würde die jüngere Landesordnung vom Jahr 1454 dem Herrn Hofrath alle Zweifel über den eigent⸗ lichen Gehalt jener ältern benommen haben, wenn fie feiner Bekanntfchaft nicht ganz entgangen wäre. Ich denfe mer nigſtens nicht, daß er auch diefe würde zum feyerlichen Coms promiß hinauf gedeutet haben. Sie zeugt, duͤnkt mic, fehr einleuchtend - von des Herzogs feftem Vertrauen auf fein Recht: er allein tedet darin, wenn gleich, wie alle Für- ſten und in allen Fällen damahls zu reden pflegten, mit gutem Rath der Landfchaft, und er redet in einer Sprache, die man ſelbſt in unfern Tagen nicht ernftlicher hätte fuͤh⸗ ven ehnnen. Ohne ein neues Gericht zum Erfaß zu ge

ben,

=) Churbraunſchweig. Oberappellatlonsgerichtsotdnung.

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1: Ueber das Churſachß. Apallaronspreifegtunt. 19

ben, verbietet er alle Evocation en und Berufungen an aus⸗ vaͤrtige Dribunale; weiſt alle Unterthanen mit ihren Rechts haͤndeln, nach Verſchiedenheit ihres Gerichtſtandes, an die Amtleute, Richter und ſtaͤdtiſche Magiſtrate, und verlangt, daß jeder an dem daſelbſt erhaltenen Sptuche ſich genügen laſe. DIE Verufungen an den Herzog ſelbſt wurden damit wohl nicht gemeynt; denn’ auch diefe abzuſchneiden, konnte vielleicht kaum ein Gedanke ſeyn. Aber wer, dem Verbot zuwider, in erſter oder letzter Inſtanz an außwärtige Se: richte gehen wuͤrde, dem ward das Haͤrteſte, was man da⸗ mahls kannte, dem ward nichts geringers, als die Acht gedrohet. a u

Sogar der Mängel, den. Herr Hofrach Spittler an je⸗ ter Altern Landesordnung ſehr zu rügen weiß, wird durch diefe neuere Sanetion vollkommen erſetzt; ich meyne, ſelbſt im Verhaͤltniß zu Auslaͤndern, denen man frehlich in Thuͤ⸗

singen und im Oſterlande nicht befehlen konnte, ſuchte Wil⸗ helm dennoch auf andere Art ſeinen Zweck zu erreichen, Fremde naͤmlich, von welchen ſeine Unterthanen an auswaͤr tige Gerichte gezogen wuͤrden/ wolte er, mo: moͤglich, zur gefänglichen Haft gebracht haben; wenigſtens ſolten Amt leute, Richter und ſtaͤdtiſche Magiſtrate alle "Gefegenheit beugen, um Guͤther ſolcher Ausländer zu verkuͤmmern, oder auch Landsleute derfelben, wo man ihrer habhaft werden Ehnnte, in Arreſt zu bringen, So liegen ſich nun doch, bey der damahligen Verfaſſung in Deutſchland, unmöglich. Lanz deshertliche Rechte behaupten, wozu man kundbar nicht be⸗ fugt war. Sehr leicht kann ich uͤbrigens zugeben,

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20 1, Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium,

daß beyde Landesordnungen nicht Grafen und Herren, nicht Ritter und Stadte auch alsdann binden folten, wenn fie mit dem: Herzog felbit einen Nechtshandel hatten; und daß es wohl nicht die Abſicht war, ‚auch in folchen Fällen den > Herzog als alleinigen Richter zu erfennen: < aber damit ift auch ſehr wenig bewieſen; denn noch jet. halte ich's, in Ermangelung beſonderer Landesvertraͤge, in Thefi für ent: fihieden, daß die uneingefchränftefte Appellationsfreyheic fich doch nicht. auf eigene Nechtshändel des Landesherrn erſtre— cen läßt.

Nun mochten freylich alle diefe Anftalten, fo treflich fie waren, noch nicht zum, Ziele führen; aber fie find doch redende Beweiſe, dag man hier: zu Lande that, was man konnte, daß unſre Sürften, wenn fie damahls auch nicht : ganz waren; was fie feyn wolten und mit Recht feyn Eonn- ten, doch nicht aufgaben, es zu werden, und wirflich. ſchon weit mehr, als alle andere ihrer Genoffen waren. Ein Recht, das Herzog Wilhelm fo ernſtlich befeftigte, ward ficher auch von feinem Bruder, dem Churfürft Friedrich, behaupter, Daß wir von diefem Fein ähnliches Verbot aufzuzeigen haben, ift mwenigftens fein Beweis des Gegentheils; oder es muͤßten Umſtaͤnde bekannt ſeyn, die in den Landen des Churfuͤrſten zuſammen trafen, und ihm aͤhnliche Schritte nicht erlaubten. Je weniger dies der Fall iſt, je ſicherer mag jeder. fein Gefühl entfcheiden laſſen, ob ein Schluß von; den Unternehmungen des Herzogs auf ähnliche Handlungen des Churfürften gezwungener -ift, als die Vermuthung, daß jener Dinge rongte, die dieſer ſich bey weiten nicht getraute.

| Wie, -

1. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegum: 21.--,

Wie, der Churfuͤrſt ſolte weniger gewagt haben, als der Herzog? der Churfürſt weniger, der ſich nur dreift auf dag feyerlichffe Grundgeſetz, die. geldene Bulle, zu be rufen brauchte? Der Herzog mehr, der, wenn er. fein Hecht beweiſen wolte, ſich erſt aufs Deuten legen mußte? Ungeachtet: des Privilegiung , das Kayfer Sigismund dem ganzen ſachßiſchen Hauſe gegeben hatte, es ſchien doch wohl. noch zweydeutig, oh Wilhelm gleich feinem Vruden dem. Chuefürften, zur Appellationsfreyheit berechtigt ſey Vielleicht waren. alſo eben im dieſer Ruͤckſicht dem Herzog ernſtliche Anſtalten noͤthiger, als dem Churfuͤrſt? Vieh leicht, daß man ſchon damahls churfuͤrſtliche Praͤrogativen mehr, als ſonſt ins Licht zu ftollen. wußte; daß‘. die Ihn: ringer und Ofterländer dem Herzog nicht. fo ganz zu dem befugt hielten, was die Meißner und Churſachſen dem Char: fürfe nicht bezweifelten . Vielleicht eudlic), daß eben dieſe theoretiſchen Zweifel den geiſtlichen Herren, und den Frei— graſen treflich zuſtatten kamen, um Eingriffe in die landes« herrliche Gerichtbarkeit dreifter im Verhaͤltniß zum Herzog, als zum Churfurſt zu wagen? Ueberdem beſaß Wilhelm die ſaͤchßiſchen Lande in Franken, durch deren Lage die Evo⸗.

‚entionen und Berufungen an die fraͤnbiſchen Landgerichte freylich mehr, als in allen übrigen ſachßiſchen Staaten be: günftige wurden; ſo Fonnte ja auch- wohl dieſer Umſtand

dem Herzog : mehr Anlag, dem Churfürſt zu ——

Maabregeln geben?

Im Jahr 1488 zu einer Zeit, wo man auf Reichstaͤ⸗ gen nichts, als mißlingende Projeete zur Verbeſſerung des B3 Reeichs⸗

23 Irleber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium; Meichsjufkiziefens machte, errichtete bereits Herzog Albert von Sachſen das noch jest fortdauernde Oberhofgericht zu Leipzig, und damit vielleicht das erſte ſtehende collegialiſch geformte Gericht in Deutſchland; denn wenn es gleich, fo wie. noch jet, nur zu gewiſſen Zeiten feyerliche Sitzung bielt, fo Hatte es doc) feine ftehende Canzley, auch mußte immer ein Beyſitzer von der“ gelehrten Bank gegenwärtig ſeyn, um auf die ztyifchen den feyerlichen Sitzungen ein, fommenden Sachen zu tefolviren. x) Das Tribunal folte in erfter Inſtanz allem fchriftfägigen Adel Recht fprechen, und dann über alle Appellationen von niedern Gerichten er: kennen. Bon ihm felbft wurden weitere Appellationen an den Herzog nachgelaffen; aber dann folte es auch beym Sprüche deffelben fein Verwenden haben, und wer hier feir ner Appellation verkuftig wuͤrde, der folte. nach Verhaͤltniß des Objectes eine. —— erhalten, *8) Ich

daͤchte

+) In ber vor mir liegenden Gerichtsordnung, welche dieſes Zribunaf damahls erhielt, heißt ed; „Das zwuͤſchen der Zeit, als das Gericht nicht gehalten, durch den Richter und Beyſitzer, eyn Doctor, nebben den Schreiber zw Leipzck vers prdent werde, notdorftige Briefe aufzunehemen, und auf: zugeben laffen, vfdas die Part, eyne gewilfe Stadt zu füs hen willen, vnd nicht am Vnkoſt gedrungen werden,“

er) Oberhofger, Ordn. Wan entliche Vrteill und Rechts ipröche ergeben, der fich yinandt beſchweret beduͤnket, Adder andere rechtliche Befmerungen ymandt zwgefuͤget würden, dev mad fich dei an Vnß beruffen und appeliren, nach Sechſiſchen Rechten * App ymandt von ſolchem Gerichte mn: odder ſich berufen vnd feuner Appellation vor Vns

J. ‚Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium, 23. "dachte doch in biefer Sprache einen ſtarken Beweis zu "fins den, toie wenig man. damahls in Sachſen von einer noch hoͤhern Inſtanz etwas wiſſen mußte; oder. wie weit: man mwenigftens davon entfernt war, Berufungen an ausmärtige Tribunale zu ‚geftatten. Auch war es nicht etwa Alberts Sprache allein; die Landſchaft ſelbſt führte, fie bey. den Ber vatbfchlagungen, welche auf einem Landtage im Jahr 1487 über die Anlegung dies Gerichts gehalten wurden. Sie ließ ſich durchgehends den Plan gefallen , den ihr. Albert vörlegte, und bedang ſich nur die. Freyheit, von dem Tri⸗ bunal noch an den. Herzog ſelbſt appelliren zu duͤrfen. ) Wenn aber damahls Appellationen an auswaͤrtige kayſerliche

B— aa

Uns verlufiigf würde, Vnd fo dp Sache yodes fonfsigt Gulden wirdigck, Sal er zewene Gulden in Unger Kam: mer verfallen, Und fo dy Sache vber funfzigck wirdigk if, So faler dornoch allemene von hundert bis uf-taufent Guͤl⸗ dene, als hoch die Sache gewirdert, von dem Hundert vier Rheynifhe Gulden, in Vnßer Kammer zmwreichen vorpflicht ſeyn, Wo aber dy Sache ſich uͤbir Tawſent erſtreckte, Sal vorder ye von hundirt Gulden, zwene Gulden: geben

*) Landtagsacten vom Jahr 1487. Vmb die Gericht iſt der Herren Gedanken und Bete, daß die Gericht mit vor⸗ ſtandigen irfahren Leuten Weretlichen Doctoriſten mit Rit⸗ tern, Rittermeßigen vnd mit ſeiner Gnaden Hoferichter al⸗ fen darzu verehdt zu Leiptzk, ſo dann den Landen darzu am gelegiſten iſt, gehalten werde, beſtelle. Doch die Ordnunge

der Gericht in wellichermaße vnd wie die ſullen gehalten werden, damit dem Armen wie den Reichen was pillich und recht geſcheen muge mit gutem zeitigen wohlbedach⸗

tem Rate durch etzliche, die itzunt, ſollichs zu betrachten darzu

24 Is Ueber das Churfächß, Ypellationsprivifegium‘ Gerichte noch Furdbar erlaubt wären, die Stände wuͤrden

doch Hier gewiß nicht geſchwiegen, fie würden: doch wohl auch die N ſich vorbehalten haben.

ER feifteren Chutfürſ Friedrich * Weiſe und Herzog Albrecht, durch die vermiſchte Lage ihrer beyderſeitl⸗ gen Lande bewogen, ein gemeinſchaftliches Oberhofgericht, das abwechſelnd zu Leipzig. und zu Altenburg gehalten wer: den ſolte, und am lebten: Orte im Jahr 1493 auch wirklich eroͤfnet wurde. . Sie gaben: felbigem seine Ordnung, die .eir ne getreue, bloß. nach den veränderten Zeitumftänden modi: ficirte Copie ‚jener ‚altern. war, welche Albert fünf „Jahr früher dem für feine eigene, Sande zu Leipzig angelegten Dberhofgericht gegeben hatte, und verboten nun gar, ber \ EHurfürft wie der Herzog, der Herzog wie der Churfuͤrſt,

alle und jede Appellationen von interlocutoriſchen Senten⸗

zen, *)Ich frage, wie konnte dies geſchehen? wie konn— tem der und der Kain e geradezu ale‘ Appella⸗ tionen

darzu irnannt, vnd bin noch mein anebigen Hern Ir beden— ken zu erſtrecken, odder zu engen fuͤrgetragen werde, Aber ſo ſollichs feiner Gnaden hefellig vnd vnbeſchwerlich were, mag fein Gnade ſelbs erweſſen und Ordnung der Ges richte machen, wollen” fich die Herren aller Gebur darinnen nach feiner Gnaden gehorfamlich halten. Alz 30 doch „das der Beſchwer von demfelben Gerichte an

mein gnedigen Herm nad) Drdnunge der Rechte zu appefiren, odder zu beruffen habe ꝛc.

Bub. der Verjzog ſzo durch undderredliche Urteyll adder Jewterung geſchiedt, orden Wir, das man vor dieſem Ge⸗ richt

I. Ueber das Churfächß. Appellationsprivifegium, 25 tionen dieſer Art den Unterthanen nehmen, wenn -fie noch | das Appelliven an kayſerliche Gerichte geftatten "mußten, wo damahls der Appellationslicenz, in Beziehung auf interlocu⸗ torifche Sentenzen, wie befannt, noch fein Verbot entge—⸗ gen ftand. Hier war es’ doch nicht zu vermeiden, des Apı pellivens am den Kayfer zulerwähnen; hier mußten. fie doch gewiß Berufungen an inländifhe - ©erichte von Ap— pellationen :anı den Kayſer unterſcheiden, wenn ſie's noch nicht wagen konnten, die Unzulaͤßigteit d als bes RE vorans Zu ei 2 1

So gut war bereits um dieſe Zeit . freyheit befeſtigt, und wenn man auch dem Ziel noch nicht fo nahe geweſen waͤre, wir müßten doch erfi. Cichwies rigkeiten in der Anshbung vom’ Rechte ſelbſt behutſam un⸗ terſcheiden, ehe wir dieſes letztere ſo ganz bezweifeln koͤnn⸗ ten. Die alten Herren, welche an dem Kammergericht Kayfer Friedrich des Dritten damn und wann zu Recht ſaſ⸗ fen, und zu Recht ſprachen, kannten die zweyerley Verhaͤlt niſſe, welche bey dieſem Privilegium in Betracht kommen, in der That weit beſſer, als ihre Nachfolger, die hochge fahrten:. Docteren an Maximilians neuem Tribunale: fie begriffen deutlicher als diefe, daß im Verhaͤltniß zum Kay- fer ein folhes Privilegium immer feine Kraft behalte, wie es auch um die wogetiete Ausuͤbung in jedem 28B5 ein⸗

richt von underredlichen Urteyllen, Interloeutorien

wisht appeliren folde,s. Schoͤtigen und Kreyſig Dipfom, Nachleſe der Geſch. von Oberſachſ. iſter Th. ©. 18.

36 1, Ueber das Churſachß. Appellationspeivifegium.

einzelnen Churlande ausfehen mochte, - Es “iwar,im: Jahr

1451, als Pfalzgraf Friedrich, und Markgraf. Sacob von Das deu: die. Erbſchaft des Grafen Wallvam von Sponheim, ges gen den: Graf Gerhard zu Dauhn, in Anſpruch nahmen, und nebſt diefem den Churfürft von der Pfalz zum-Scieds: richter wählten. ‚Sie appellirten von dem- erhaltenen Spruch

an das Kammergerichtz; aber Graf Gerhard berufte fich auf..die Sanetion. der goldenen Bulle, daß von churfürftli, chen Erkenntniſſen nicht appellirt werden ſolle. Niemand beftviet dies: ſelbſt das Gericht nicht, für fo befanne ward die Sache angenommen, /Blos die Anwendung jener Sane⸗ tion auf den gegenmärtigen Fall bezweifelte man ‚mit Recht, weil dort: von landesherrlichen und nicht von fchiedsrichterlis chen: ‚Erfenneniffen der Ehurfürften die Nede feys und doch wolte das Kammergericht die Appellation nicht eher. anneh—⸗ men,’ bis per * —— isn *)

‚Alf wozu Dies eh, I 1 diefe Bis: zum 1 Schluß

bes E Jahrhunderts durchgeführte Geſchichte uns ſter. Appellationsfreyheit, wenn alle Churfuͤrſten bey der be⸗ kannten Cataſtrophe, welche die Reichsjuſtizverfaſſung im Jahr 1495 litt, Churfuͤrſt Bertholds großem. Werke ihre Apr . peſlationsfreyheit zum Opfer brachten ? Alle Churfuͤrſten, ſagt Herr Hofrath Spittler, thaten damahls Verzicht auf ihr hohes Vorxecht, daB nicht appellist werben: dürfe von

ihren Gerichten: _ manche der angefehenften Fürften Deutſch⸗ lands,

Harprechts —— des Kammergeriäs, after Th. , 82. und Nr,29, unter den Beplagem,

1... Meber das Churfächb, Appehätiönsprivilsghin. 27 lands, die dies hohe Worrecht, welches den Churtfuͤrſten die goldene Bulle gab, durch einzelne Privilegien erworben hat⸗ ten, thaten jetzt Verzicht auf ihre Privilegien; unter Ein großes, neues Gericht vereinte fih aufs neue ganz Deutſch⸗ land. Go unterwarf ſich denn auch Churfuͤrſt Friedrich der Weiſe von Sachſen, Herzog Albert von Sachſen un—⸗ terwarf fich, und jenem fo wenig als" allen übrigen Chur⸗ fuͤrſten ſcheint der Zweifel gekommen zu ſeyn daß er inap⸗ pellabele Gerichtsgewalt haben muͤſſe Schon Senken⸗ berg hat dieſe eigene Hypotheſe einem Deductionsfchriftftel: ker nachgefehrieben, *)- und die Critic Hatıfie ihm verziehen, weil er manches andere: Factum an das Licht zog, das oft wider Vermuthen wahr gefunden wurde. Laͤßt fie ſich er⸗ weiſen, fo iſt es mitt auf zweherley Art moͤglich; der Vers zicht war nämlich entweder nothwendige Folge dert mit dem neuangelegten Kammergericht veränderten Gerichtsform, oder er wurde aus beſonderm Eifer für dieſes neue Werk geleiſtet. Beydes foll hier der Fall Kiste feyn, und es verdient ſchon eine nähere DEM, in —— er es om wirklich war.

Alſo lag es ſchon in der neuen Berfaffung ſelbſt, 206 mit -ihe auch diefe Privilegien verloven gingen? alſo mußten die -Churfürften, und “wer ſonſt Apellationsfreyheic hefaß, dem neuen Gericht dies: Opfer: bringen, um der Vor— theile deſſelben cheilhaftig zu werden? alſo ließ ſich dies nicht ohne jenes denken? Alerdings oͤfneten ſich mit

ed | | diefem

) Am a. O. in der Vorrede 8.8.

28 J. Ueber das Eur Apociationspeiseghum,

Tribunal mancherley neue Verhältuiffe . aber neue Ver⸗

haltniſſe in irgend einem Theile der deutſchen Staatsver—

faſſung, waun verſchloſſen fie je noch die aͤltern, in wiefern fie mit ſelbigem in keinem Widerſpruche ſtanden, ‚nder nicht ausdruͤcklich aufgehoben wurden? So waͤre nun doch erſt

die Frage;was ſich von jenen neuen Verhaͤltniſſen mit

der: Appellationsfteyheit einzelner Landesherrn nicht vereini⸗

gen ließ 2 + Denn. fo. muͤſſen wir nun doeh wohl fin 0 um aus zu entſcheiden?

* St, od * in dem Urfprunge * nach jetzt ſtehenden Enpferlichen Kammergerichts eben viel Spy

ren von deutſchem Patriotiemus, von. Einheit in Handlung ‚gen des Kayfers und der Stände entdecken laſſen. Bey -de, der Kayſer und Die Stände, trafen freylich eudlich auf

Einen Punkt zufammen, der von dem alten Standorte der Fuͤrſten, und von dem alten Standazte des Kayſers, glei weit entfernt ‚wars aber. beyde ‚hatten. doch nichts weni

‚ger; als. einen’ gemeinſchaftlichen Zwech; beyde beſoͤrderten

doch ſicher das neue Werk ganz wider ihre Abſicht; bey— de ſuchten doch ſichtbar einander aus zuweichen, indem ſie ſich entgegen giengen : kurz, wie mie auch alles betrachten mögen,- beyde wirkten doch faſt fo. unſchuldig, als Carl der

Achte und Ludwig Sforza zur Anlegung des neuen Tri

hunals. : Schon laͤngſt hasten es die Stände erſprießlich

gefunden, beſonders über den Verfall des Juſtizweſens zu klagen, ſobald ſie irgend einer Zumnthung, die zum Beſten

des Ganzen an ſie gethan wurde, gern entgehen wolten;

und unter der vorigen Regierung war mancher, Thaler. das mit

| )

L Ueber das Churſaͤchß. Hppellatiönsprivffegilimi _ 29

wit gerettet worden. Mapimilian glaubte daher, biefem Manenvre auszuweichen, wie er in den Fall feirtes Vaters ' kam, und ;Unterftüßung feiner politiſchen Entwuͤrfe ſuchte; er ſelbſt kam in dieſer Ruͤckſicht den Ständen mic dem Er bieten zu Berathſchlagungen über die Aufrichtung des Fries dens ‚und ‚Rechtes zuvor; doch ſolten fie nur erſt von auf: fen die Ruhe berftellen helfen, Unmoͤglich konnte es ihm damit ein Eruſt ſeyn; gerade Er verlohr dabey am mei: ſten. Es ließ ſich voraus ſehen, daß eine neue Geſetzge⸗ bung im Juſtizweſen, unter keinen ihm vortheilhaftern Zeit⸗ umſtaͤnden, als den damahligen, ſich nur auf Koſten feiner öberftrichterlichen Gewalt unternehmen ließ; daß die Staͤn⸗ de das Weſentliche der alten“ Verfaſſung ſchwerlich fo durch: gehends beſtaͤtigen; daß fie vielmehr manches bisherige Privilegium zur Regel hinauf ſchwingen, und die Gelegen— "heit erſehen würden, 'einen langſt entworfenen Plan jetzt glücklich auszuführen. Und wozu. denn? Wenn er obs ne Geraͤuſch feinem . alten. Kammergericht einen beftänbigen- Sitz anwieß, und ihm: bleibende Beyſitzer gab, er hatte dann ihon viel Gelegenheit. zum Klagen, und noch mehr. Gele genheit zu Forderungen benommen, die gewiß nicht fowohl Verbefierung, als. vielmehr Umanderung der bisherigen. Vers faoffung , zum Vortheil der -Landeshoheit,, zur Abſicht hatten. | Be |

Doch die Stähde merkten nur zu bald, wo Maximi | lian hinaus wolte; fie’ Fannten fein Feuer in Ausführung politifcher Entwürfe; fie ſahen, wie fehr ihm eben damahls die italieniſchen Händel am Herz lagen, und glaubten folg⸗ . lich

30 L. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium.

lich die alte Chorde nur beruͤhren zu duͤrſen, um ihn, dee Zoͤgerns uͤberdruͤßig, auf eigene Koſten nach Italien zu ſchicken. Diesmahl hatten ſie indeß die Beduͤrfniſſe nicht

wohl berechnet, welche den Kayſer zur moͤglichſten Stand: _

haftigkeit -in feinen. Forderungen noͤthigten, und zu wenig erwogen, in. wiefern es: ihm auch „möglich war, die letztern aufzugeben, und dennoch feine Operationen anzufangen. Sie waren überrafcht, wie Marimilian, dem fein Ausiveg übrig blieb, fich in die Sache einließ, und fie wären gern zuruͤck getreten, wenn nur die Neichsftädte es nicht gehindert hat: ten, bie freylich bey dem: allen nech ungleich mehr Intereſſe fanden. : Dringend. hatten die Fürfter auf dauerhafte Ver⸗ befierung des Juſtizweſens, auf.ein. beftändiges, ſtehendes Gericht, wo fchleunige Juſtiz zu erlangen fen, angetragen. Jetzt, wie Hände an das Werk gelegt, und Berathfchla: gungen darüber eröfnet werden folten, nannten fie alle Aus: wüchfe der bisherigen Anarchie theuer erworbene Freyheiten, die fich nicht anfopfern ließen. Keiner wolte ſich dem vor⸗ geſchlagenen Neichsgericht untersverfen, Eeiner es wenigſtens

unmittelbar als: feinen ‚Gerichtftand anerfennen; alle weir

gerten fich, eine zur Gewohnheit gewordene Inſtanz aufzu⸗ geben, die als. Nethmittel bisher ihr Gutes. haben mochte, aber zu den Forderungen um eine geſchwindere Juſtizver⸗ waltung doch gewiß nicht im fchicklichten Verhältnig ftand, Ja die ganze Anftalt, welche anfangs die Nachkommenſchaft beglücken folte, wolte fih nunmehr Niemand anders, als in der Eigenfhaft eines Probeftüsts, anf fehs Jahr, gei fallen lafien. |

Es

3

"are . “.

I. Ueber: das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. 31

Es war. micht mehr auszumeichen ; ſo wolte man

doch wenigſtens das; angefangene Werk zur Einſchraͤnkung der kayſerlichen Gewalt nach Möglichkeit benutzen, und zum Gluͤck war Maximilians Geiſt ſeltner zu Worms, ab in Italien; zum Gluͤck hatte er nicht ſo viel Geduld, um auch nur Eine Forderung ſtandhaft abzuweiſen. Zwey Ta⸗

ge bedachte er ſich, um am dritten alles hinzugeben, was

ſein Vater auf mehr als einer Reichs verſammlung rund ab⸗

geſchlagen hatte, und uͤberdies noch manches einzuraͤumen,

was ehedem von. Friedrich bey weiten nicht verlangt wur:

de. Für den entfcheidendften Punet des ganzen Projects, -

für den Antrag der: Staͤnde auf die feyerlichite Aufhebung feiner . gleicylaufenden kayſerlichen Gerichtbarkeit über mit- telbare Unterthanen, hatte er nicht einmahl ein Monitum. Zürften und Fürftenmäßigen: beftätigte er ihre Austräge-mie Modificationen, - die dieſe Inſtanz zum. wahren Kleinod

machten, ſobald man nur erſt ſah, wozu fie eigentlich Führe ven kontite; und fo erimirte. er die meiften und anſehnlich⸗

fin unmittelbaren Neichsglieder von dem Gerichtszwange des neuen Tribunais; denn) Landfriedenshruchfachen - aus

genommen, folte mit Hebergehung der Aufträgalinftang Fein -

Rechtshandel der -Fürfien und Fürftenmäßigen- dafeldft. an⸗ gebracht und entfchieden werden. .-. Auch. was. den Sitz der Kammergerichts und die Anftellung feiner Glieder bedarf, mußte Marimilian ſichs fehon gefallen laffen, daß es auf immer vom Eapferlichen Hof entfernt, und die Ernerinung feiner Beyſitzer den Neichsftänden überlaffen wurde.

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Dies

J ui,

32 1. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. Dies iſt die kurze Entſtehungsgeſchichte des noch

Jetzt vorhandenen Kammergerichts, dies ſind die neuen Ver; haͤltniſſe, welche ſich tie ſelbigem im Reichsjuſtizweſen auf ſchloſſen, und ich möchte wohl ſehen, wie man daraus fol⸗ gern wolte, daß von nun an Feine Appellationsfreyheit mehr gelten konnte; daß alle dieſe Privilegien mit det neuen Berfaffung im Wiberfpruche ſtanden. Haͤtte die Kammergerichtsordnung Maximilians, anſtatt die Concur— renz des Kayſers in der landesherrlichen Gerichtbarkeit, | von, den. Churfürften an, bis zum unmittelbaren Keichstit: ter herab, aufzuheben, vielmehr die alte: Verfaſſung, woge⸗ gen bisher nur einzelne Privilegien ertheilt waren, beſtaͤ⸗ tige, hätte fie folglich die Eayferliche - Gerichtbarkeit - auch) über mittelbare Neichsglieder in erfter . Inſtanz von neuem begruͤndet; es ließe ſich dann doch eher fragen: ob damit, nach einer natürlichen Schlußfolge ‚vom Größeren aufs Geringere, nicht um ſo mehr auch die Appellations⸗ freyheit einzelner Londesherren aufgehoben worden ? und doch waͤre felbſt in dieſem Falle noch beydes nebenein⸗ ander denkbar Wie viel weniger verlangte eine Ju⸗ ſtizreform dies Opfer, wobey durchgehends die landesherrli— che Gerichtbarkeit eben ſo ſehr gewann, als der an ſeiner Reichejuſtizgewalt verlor?

Die Fortſetzung folgt im naͤchſten Stuch.)

U. Apo⸗

IE ae Apologie ded Horaz, gegen einige neuere Schtift⸗ ſteller, von D. C. H. Schmid zu Gießen;

se Menge von Feinden Hotaz ih ſeinem Lebe ge⸗ habt, erhellt aus vielen Stellen ſeiner eigenen Gedichte. Ja, er hat uns ſogar einige namentlich genannt, die, unwillig über die Gunſt des Auguſt und des Mäcen, die er in fo vorzuͤglichem Grade genoß, ihn bey aller Gelegenheit zu tas dein und zu verkleinern fuchten: Im erſten Buch feiner Satyren hat er die Namen eines Pantil, Demetriug, und Dermogenes verewigt, Einige darunter waren, nach feinem Zeugniße, fo boshaft, daß fie bey aller eignen Heber; jeugung von der Vortreflichkeit der horaziſchen Gedichte doch allerley nachtheilige Urtheile davon ins Publicum zu bringen ſich bemuͤhten. fragt er im erſten Buch der DBriefe:, od Scire velis, mea ingratus opufeula leforr - Laudet ametque, premat extra limen iniguum ? Auch ließen ſie e8 nicht an Schmaͤhungen feines perv fonfichen Charaeters fehlen, und vor allen Dingen beſchul⸗ digten ſie ihn, daß er ſeine Satyren aus bloßer baͤſterſucht geſchrieben babe: Daher warnte einer den. andern. vor dem Horaz als vor einen gefährlichen Menfchen, und fagte :

N. Pitt. u, Vollert. I, 1. V. Eee

34 II. Apologie des Horaz,

Foenum habet in cornu, longe fuge! Dummodo | rifum Excutiat fibi, non hic cuiquam pärcet amico,

So rühmlic) es ihm war, daß er fih aus der Niedrig: feit eniporgefchtoungen hatte, fo fpotteten doch jene Mißguͤn— tigen feiner niedrigen Herkunft, wie er uns im erſten Buch)

der Satyren klagt: Quem rodunt omnes libertino patre natum, Nunc, quia Maecenas tibi ſum conuittor, at olim, “» Quod.;mihi pareret legio Romana tribuno, | Selbft dasjenige, wodurch er fich das meifte Verdienſt um die roͤmiſche Dichtkunſt erworben, die neuen Gattungen von Gedichten, die er verſucht hatte, machten ihm die, die das Alte vorzogen, zum Verbrechen. Sie gaben ſich die Miene, als wolten ſie die Ehre” der altern Dichter vertheir digen, aber ihre wahre Abficht war, den Ruhm des Horaz zu fhmälern. Denn fo fagt er von ihnen: Ingeniis non ille fauet plauditque fepultis, Noftra fed impugnat, nos noftraque liuidus odit.

Eben fo ffand gegen Pope eine unüberfehbare Schaar von Feinden auf, die unzählige Läfterungen über ihm ver: breiteten, die ſehar an einem öffentlichen, Orte Gewaltthaͤ— tigkeiten an ihm veräben ließen, und endlich feinen Zorn fo ſehr veizten, daß er feiner Galle Luft machen, und fie in der Dunciade ergießen mußte. Den Trauerfpieldichter Kacine neckte ein großes Complot boͤſer Menſchen unaufhoͤrlich, und durch allerley Raͤnke ſuchten fie feinen Schauſpielen verdien« ten Beyfall zu entziehen. Diele, die den berühmten Pes

trarch

1

gegen einige neuere Shhiſtſieler. 3

trarch die poetiſche ———— misassfhten, machten ‚ihr, da fie fonft nichts gegen ihn aufzubringen wußten, nach der Gewohnheit, jener. Zeiten, zum Hexenmeiſter. - :Aber' alle dergleichen Bemühungen , den Ruhm großer. Männer zu verdunkeln, find fo nichtig und vergeblich, daß die Nachwelt nicht die mindeſte Ruͤckſicht darauf zu nehmen pflegt. So wie der große Mann ſelbſt bey feinem Leben ſich hoch über alle die Eleinen Seelen emporſchwingt, die feine Größe nicht ſaßen koͤnnen, oder mögen: ſo nöthigt die unpartheyiſche Nachwelt alle die zum Verſtummen, die nach feinem Tode 85 noch wagen wollen, gegen ihm ungerecht zu ſeyn.

——— Ganz freylich bleiben auch die Maͤnner, die die Un—

ſterblichkeit des Namens erlangt haben, auch im Grabe nicht vor Verkleinerungen geſichert, welche Tadelſucht, Paradoxie, Uebermuth und Eigenduͤnkel gegen fie wagen: Oft treten erſt nach Verlauf von Jahrhunderten Tadler auf, die ſich erluͤhnen, dem allgemeinen Urtheil einer ganzen Nation, und einem Jahrhunderte lang behaupteten Ruhme zu widerſpre⸗ chen. Sie faßen den heroſtratiſchen Entſchluß, ſich ſelbet dadurch einen Namen zu machen, daß ſie den Ruhm ſolcher Männer untergraben, die bisher nad) jedermanns Geſtaͤnd⸗ niß die. volliommenfte Bewunderung verdienten, Um durch die Neuheit ihrer Meynung allgemeine Aufmerkſamkeit zu erregen, und durch die Vertheidigung eines auffallenden Satzes ihren Scharfſinn zu beweifen, tadeln fie dasjenige; was aller Weit gefalt. So zog felbit gegen den Water dee griechiſchen Dichtkunſt, gegen den von allen Völkern, und zu allen Zeiten bewunderfen Homer ſchon zu Socrates C 2 Zeiten

36 II. Apofogie des Horaz, .

Zeiten ein gewiſſer Zoilus los, deßen Name nachher zur allgemeinen Bezeichnung aller derer diente, die große Mans ‚ner laͤſtern. Er tadelte den Homer mit folder Heftige keit, dag man ihn den rhetoriſchen Hund, und die Geißel des Homer nannte. Aſinius Pollio, der ſich zu Auguſts Zeiten durch paradoxe Urtheile auszeichnen wolte, nannte den Cicero einen aſiatiſchen Schwaͤtzer, und war der erſte und einzige, der im vius Spuren von Provinzialdiglect entdeckte. Kayſer Caligula hatte, wie Sueton verfichert, im Sinn, die Gedichte des Homer ganz zu vernichten, ja beynahe hätte er much die Schriften des Virgil und. des Livius aus allen Bibliotheken wegſchaffen laßen. Denn vom Virgil behauptete er, er habe gar kein Genie und gar feine Kenntniſſe gehabt, und den Livius tadelte er als ‚einen zu mortreichen und zu nachlaßigen hiftorifhen Schrift? ſteller. Auch in neuern Zeiten gab es von jeher, felbft ums ter denen , die fid als Sprachkenner ruͤhmten, die alten Schriftſteller genauer beurtheilen zu koͤnnen, Männer, die, undankbar gegen die ehrwuͤrdigen Reſte der alten Littera: tur, das Anfehn der Claßiker durch mancherley Tadel ſchwaͤchen, und ihre Vorwuͤrfe durch fpigfindige Sophiſte⸗ reyen zu vertheidigen fuchten. Gleich nach Wiederherftellung der Wiffenfchaften brachte Laurentius Valla, nicht ſowohl aus Liebe zur Wahrheit, als aus Tadelſucht, allerley unge: gründete Critiken über Cicero, Virgil und andre alte Au: toren vor. Scoaliger zog nicht blos den Virgil dem Homer vor, fondern füchte auch diefen auf alle Art herab: zufegen. Chriſt behauptete, die Fabeln des Phädrus ſeyn unaͤcht, ja, er wolte durch eigne Fabeln beweiſen, wie ei—

gentlich

gegen ‚einige neuere Schriftfteller, 37

gentlich der wahre Phaͤdrus hätte ſchreiben müffen. kannt genug iſt die Verwegenheit derer, die das ganze. AL terthum ſchmaͤhen, und die vortreflichften Werke deſſelben

verachten, bekannt find, die. ſonderbaren Vorwuͤrſe, die Per⸗

rault, Terraſſon und andre kranoſche Criticer dem Ho⸗ mer amane haben,

Kein under alfo, daß es auch Horazens Schickſal geweſen, von ‚einigen neuern Gelehrten unbillig und unrich« tig beurtheilt zu werden. Eben der Harduin, der keck ger nug war, zu behaupten, daß alle lateiniſche Schriftfteller,

den Plinius den ältern ausgenommen, in den Zeiten der

Barbarey wären untergefchoben morden, erfrechte fich auch, bie Latinität in Horazens Gedichten auf: alle Art verdaͤch⸗ tig zu maachen; doch feine fonderbaren Einfälle find, von Klotz in den Ledtionibus Venufinis zur Gnuͤge wider— legt worden. Denen, die den Horaz wegen der in feinen Gedichten ausgedrudten Empfindungen der Liebe und des Weins Epigurismus, ja ſogar Unkeuſchheit vorwarfen de: uen, die ihm megen des in.der Schlacht bey Philippi ver lohrnen Schildes Muthloſigkeit andichteten, denen endlich, die die Stelle, wo er von feinen fparfamen' Opfern redet, fa

mißverftanden, als wenn er ein erklärter DVerächter aller -

Religion geweſen wäre, Muͤllern (in den Lebensbeſchreibun⸗ gen roͤmiſcher Schriftfteler) Chapellen Cin den Amours

d’ Horace) und Bennern (in einer Diſſertation) hat er |

fing. feine ſcharfſi mmigen Rettungen des Horaz entgegenge- fest, Einiges zur Vertheidigung von Horazens ſittlichem Character findet man auch in einem Elsinen Auflage des

3 ver⸗

u

2 I, Apölogie des’ Horaz,

verſtorbnen Serin von Wir: Horace venge, den er im, feine‘ Bitfiofes Hiberäßren. ———— hat.

n SERVER des Horqz ſind eini⸗ ge ganz neuerlich hinzugekommen, die, wenn. fie auch gleich nicht alle das Alte wiederholen , doch Sachen vortragen, die dieem Dichter eben fo nachtheilig find. Ein unge: nannter Schriftiteller behauptete wor kurzen, der rechte Maaßſtab, wonach‘ man den Werth des Horaz beſtimmen müſſe, feyen einzig allein feine Satyren und Briefe, weit fie die treflichſten Sittenlehren enthalten, Will man aber auch den Werth eines Dichters nach dem Grade - feiner Eittlichkeit beſtimmen, fo wüßte ich nicht, ob Man miche die Oden vorziehen müßte, die weit reicher an fchöner Moral find, und fie mit ungleich mehr Fenet und Erhabens heit vortragen. Die freyen Stellen der Oden werden von ehen ſo flogen in den Satyren aufnewogen. Mit denen, die den Höraz mis Autsrfieef, oder andern eben fo unedein | Abfichten getadelt Haben, muß man den Herrn Prof. Meie, rorto nicht vermengen, der in feiner Schrift: De rebus ad autores elaſſicos pertinentibus 1785 zwar einiges gegen den Horaz, aber mit eben fo = Defkheidenheit, als Glehr— ſamkeit, vorgetragen hat. Ex iſt det Meynung, Horaz möchte wohl won feinen Zeitgenoſſen nicht fo fehr bewun— dert worden ſeyn, als wir ihn heutzutage bewundern, da wir is Ans ihm allein nur einen Begrif von det Stärke der Römer ih der Ode machen Eonnen, Nicht zu geden- fen, daß das, nicht allemal gerechte Urtheil der Zeitgenoſſen für die En feine er a. fo Ks es doch auch

Stellen

gegen einige neuere Schriftfteller. 37

Stellen in Horazend Werken felbft, aus denen man ab: nehmen Fan, daß er nicht lauter Feinde, fondern auch feis ne Bewunderer gehabt habe. So fagt er z. E. in der Ode an die Melpomene:

Quod monftror digito praetereuntium Romanae fidicen Iyrae, _ Quod fpiro et placeo, fi placeo, tuum eft.

Der eine Beweisgrund des Herrn Meierotto fuͤr ſeine Meynung, gründet ſich darauf, daß fo wenig alte Schrift⸗ ſteller des Horaz mit Ruhm gedacht haben; allein ſchon bey andern Gelegenheiten hat man Schluͤße, die von dem, was die alten Autoren nicht ſagen, hergenommen ſind, nicht uͤberzeugend gefunden. Wie manches Werk jener Zeiten mag wohl unter den unzaͤhligen andern verlohrnen Denk— maͤlern des Alterthums geweſen ſeyn, das die waͤrmſten Lobſpruͤche von Horazens poetiſchen Verdienſten enthielt! Mehr, als die ſchoͤnſten Lobeserhebungen, die vielleicht dem Horaz ins Geſicht gemacht worden, muß uns der kaltbluͤti— ge Ausſpruch gelten, den achzig Jahr nach ihm der große Kunſtrichter Quintilian über ihn gethan hat, Der ziveyr te Grund des Kern Meierotto beruht” darauf, daß die Werke der griechiſchen Dichter, die Horaz nachahmte, und die im jenen Zeiten noch vorhanden waren, feinen Gedich- ten in den Augen feiner Zeitgenoffen viel von feinem Werth hätten benehmen muͤßen. Wenn uns Horaz in fofern Doppelt. ſchaͤtzbar iſt, als wir aus ihm auf verlohrne griechi⸗ ſche Dichter ſchließen koͤnnen ſo konnte jene Nachahmung, die er ſelbſt nicht verhehlt, ihm bey feinen Zeitgenpfjen eben

84 | ſo

40 I Apologie bes Horaz,

fo wenig nachtheilig ſeyn, als dem Terenz die des Menan⸗ der oder fo vielen andern Schriftſtellern von Genie, ihre

Eopien der Griechen. Und, wenn wir auch noch jeßt den .

ganzen Alcaͤus Hätten, den Horaz felbft fein Muſter

nennt, und mit dem man ihn vorzuͤglich (nicht aber mit Pindar) vergleichen muß, fo würde eine Vergleihung zwi⸗ fhen dem griechifchen und roͤmiſchen Dichter, gengu und unpartheyiſch angeftellt, gewiß dem Horaz eben fo fehr zum Ruhm gereichen, als Parallelen zwiſchen Homer und Vir⸗ ‚gil, oder zwiſchen Horaz und Kamler dem Mufter forscht als der Nachahmung gleich ruͤhmlich find,

Doc der Endzweck meines gegenwärtigen Auffages

iſt hauptſachlich Die Heftigen Vorwürfe genauer zu prüfen, die einige: neuere Philofophen dem perfünlichen Character des Horaz gemacht haben. Der vornehmfte unter diefer Art von Tadlern iſt der Franzoſe Mercier, der allerley Rhapſodien, wahre und falſche, reife und unreife, gruͤndliche und ſeichte Ideen, bald beredt, bald nachlaͤßig unter einem, freylich wenig genierenden Titel: Die Nachtmuͤtze (Bon- net de la Nuit) vorgetragen hat, In dem erften Theil dieſer Schrift Cnach der deutfchen Ueberfegung, Berlin, 1784, ©. 19.) hat er eine eigne Rubrik vom Horaz, wo er über diefen Dichter folgendermaßen declamirt: » Was ift das „verächtlichfte Sefhöpf von der Welt? Der Dichter, weh „her Hofmann iſt, welcher fein Genie nah dem Tan ber „Kuechtfhhaft biegt, welcher duch Geſaͤnge, die erhaben „und Eriechend zugleich find, feine Niederträchtigkeit ver: „ewige, melcher des wahren Ruhms vergißt, um bie ſchaͤnd⸗

liche

gegen einige ‚neuere, Schriftfteller. . 41

„liche Bezahlung eines feilen Gedichts zu erbetteln, der eis „nem Kayfer fchmeichelt, den er fuͤrchtet, oder verachtet, „und der die Nachwelt zu betrügen fucht, da er ſich nicht felbft betrügen kann. Nun wohl, diefer Mann, diefer ver: „aͤchtliche Dichter iſt Horaz. Verſchmitzt, habſuͤchtig und „geſchmeidig, bediente er ſich der Moral, um fie zu verder⸗ „ben, fuchte feine Niedertvächtigkeit unter epichrifcher Gleich: „gültigteit zu verfappen, und befaß die Stärke der Gedans „fen eines. freyen Mannes, und den Ausdruck eines Sela: „ven. Ich weiß, daß er fein, wißig und geiftreich ift,

„und eben destwegen leide ich, mern ich ihn leſe; ev ber

„ſudelt in meinen Augen feinen- Geil. Komm, Juvenal, komm, vette mich, von dem Gifte dev Berführung; ich „koͤnnte vielleicht von feinem Wige werleiter, feine Weiſe „lieb gewinnen. Aber ich mil ihn nicht lieben! Nein! „der wahre. Satyrifer, der die Sitten angreift, der das Lafter demuͤthigt, indem er den Laſterhaften nennt, nur „der leiſtet ſeinem Jahrhundert, das er zuͤchtigte, einen „Dienft, und macht fi) der Nachwelt ehrwuͤrdig, indem ev „die Moral in ihrer ganzen Meinigkeit überliefert, die oh- „ne die Raͤcher der öffentlichen Biederheit verfälfcht wer: „den würde.“ Sehr harte Befhuldigungen! Jener Ho⸗ raz, deßen Utbanität allgemein bewundert worden, fol. hier mit arglifiigen KHeuchlern -und Friechenden Schmeichlern in eine Elaffe geworfen werden. Doch wir wollen fehen, oh die Schmähungen, die Mercier über ihn” ergießt, gegründer, oder unermweisliche Berläumbungen, in: einer‘ blendenden Ti⸗ rade vorgeträgen, ſund. Ob Horaz wirklich die: verächtliche Wolle eines Schmeichlers gefpiele Hat, koͤnnen wir am beften 5 aug

42 II. Apologie des Horaz,

aus ſeinen vorliegenden Schriften beurtheilen. Zwar fit: den fih unter feinen Gedichten einige, in denen er das Lob des Auguft, des Maͤcen, des Agrippa, des Pollio und andrer großen Männer feiner Zeit, mit dichterifchem Kener gepriefen bat, Wer wolte aber jeden Lobſpruch für nieder: trächtige Schmeicheley erklären? So twie es überhaupt die Pflicht jedes vedlichen, Patrioten ift, an feinem Theil zur: Vereroigung großer Thaten beyzutragen, fo iſt es ine befondre das Gefchaft des Dichters, das Andenken verdien: ter Männer auf die Nachwelt zu bringen; Dignum lau- de virum Mufa vetat mori, Auch bat Horaz nicht etwa . mit ungereimten und- übertriebenen Lobfprüchen, dergleichen fehjlechte Schmeichler ihren Gonnern an den Kopf iderfen, den Auguſt and feine Höflinge überfchüttet, fondern fie mit folchen Wendungen vorgetragen, daß. feine-feinen Lobeserhe: bungen ihm eben fo fehr zur Ehre gereichen, als den Mänr nern, die er gerühmt hat, Bey der Kunſt, womit gr lob- te, trachtete er nicht bloß nach der Gunft des Auguft, fondern er fuchte auch durch feine vortrefliche Heldenoden den Beyfall feiner Zeitgenoffen, und die Bewunderung det Nachwelt zu erwerben. Nie hat er etwas vom Auguft gerühmt, das ſich nicht duch Zeuguiße der Gefchichte ber befräftigen ließe, hie hat er einen des Lobes ganz unwuͤrdi— sen Mann zu erheben geſucht, nie die Thaten feines Hel⸗ den fo fehr vergrößert, daß der Lefer Unwahrheit argwoͤh⸗ nen, amd über die Rotomondaten lachen , oder fih ärgern müßte. Lieft man jene Lobſpruͤche, die Martial dem Do⸗ mitian, oder die Claudian dem Stilico gemacht hat, fo fühlt man es den daß Dichter, die ſo boͤſe Menſchen

gegen‘ einige: neuere Seife. #

Mengen. präconifiven, weder noch: Beyfall nen. Ganz anders macht es Horaz, der nur dasjenige erhebt, was ſelbſt auch Gefchichtfchreiber zur. Ehre Auguſts berichter haben, Es iſt wahr, Auguſt zernichtete vollends ganz die republicaniſche Freyheit der Roͤmer, aber eine Frey⸗ heit, in deren Genuß. die Roͤmer ſchon laͤngſt durch die Ca: bafen der Mächtigern waren gehindert worden, und die zu fo vielen Zerrhttungen Anlaß gegeben hatte, daß längft ſchon redliche Patrioten überzengt waren, Nom koͤnne nicht am

ders: mehr, zur Ruhe, als unter der Herrſchaft eines Einzi⸗

der: gelangen. "Nicht bloß die, die es mit der Parthey dee Auguft hielten, und die von ihm’zu den höchften Ehrenſtel⸗ fen twaren "befördert worden, fondern auch andre," denen das . Heil’des Staats am Herzen lag, fagten es laut, daß Au⸗ guſt durch die Umformung der römifhen Staatsverfaſſung ſich ein wahres Verdienſt erworben habe. Jeder, der ei⸗ nigermaßen mit der Geſchichte bekannt iſt, kennt die große Menge herrlicher Thaten, die Auguſt ausfuͤhrte, kennt die vielen Proben von Weisheit, Standhaftigkeit und Milde, die die Geſchichtſchreiber von ihm erzaͤhlen. Kurz nach dern Abſterben des Auguſt, zu eben der Zeit, da über deu nun todten Beherrſcher viele ſehr freye Urtheile gefälle wur⸗ den, gab es. and), wie Tacitus ſagt, viele, die ihn auf alle Weifelobten.' Viele‘ rühmten damahls von ihm, daß er den Oeean oder ferne Ströme zu Gränzen des: Reichs gemacht, Legionen, Provinzen, Flötten, kurz; alle Theile des. Staats genan untereinander verbünden, Gerechtigkeit gegen Unter⸗ chanen, Leutſeligkeit gegen verbuͤndete Voͤlker bewieſen, die Stadt Rom praͤchtig ausgeſchmuͤckt, und nur einiges wenige

ge⸗

4 . . 1, Apologie des Horaz,

gewaltſam behandelt Habe, um den übrigen Staat zu beru— higen. So wie von jedem Fuͤrſten verſchiedentlich geur⸗ theilt zu werden pflegt, wie beſonders die Urtheile bewei⸗ ſen, die Sueton jeder Lebensbeſchreibung eines Kayſers bey⸗ gefuͤgt hat, ſo wurden ſelbſt zu Auguſt's Zeiten uͤber ſeinen Character ſehr entgegengeſetzte Urtheile gefällt. Wer kann es aber tadeln, wenn Horaz fi zu. der Zahl derer geſellte, die guͤnſtig vom Auguſt urtheilten? Da die Geſchichtſchrei⸗ ber ſelbſt fo viel Lobliches vom Auguſt anführen, fo kann man nicht fagen, daß der Dichter, der an die Gefeße ber Geſchichte nicht gebunden ;war, und dennoch mit, derfelben vollfommen übereinftimmte, die Nachwelt zu täufchen vor» hatte. Eueton, der ein Gemählde von Auguft’s Tharen im Kleinen «entwirft, rühmt unter andern von ihm, er har be viele Feinde. Noms völlig befiegt, feine Nation ohne ger vechte und. dringende Urfachen ‚mit Krieg überzogen, eine allgemeine Ruhe zu Waffer und zu Lande bergeftellt, die Mannszucht bey der Armee aufs firengfte verwaltet , die Sicherheit des Staats, foviel es menfchlicher Vorſicht mög« lich war, feft gegründet, viele öffentliche Gebäude zur Zier⸗ de der. Stadt Rom, aufgeführt, viele fittenyerderbliche Dins ge abgefchaft, die Serechtigkeit: ämfig gehandhabt, Geſetze erneuert, und ganz neue: gegeben, den ehmaligen Glanz des Senats, wieder hergeftellt, viele Proben von Freygebigs feit gegeben, eine Kriegscaffe errichtet, kurz, fo viele herrli—⸗ he Thaten gethan, wovon eine allein hinreichend wäre, ei⸗ nen Regenten ſeinen Zeitgenoſſen und der Nachwelt gleich werth zu machen. Nie hat Horaz den Auguſt als einen Unterdruͤcker der Freyheit, als einen deſpotiſchen Uſurpateur,

ſondern

‚gegen einige neuere Schriftſteller. 45 fondern als den Urheber allgemeiner Ruhe ühd als Geſetz— geber gepriefen. Jeder, der ſich ein wenig in der roͤmiſchen

Geſchichte umgefeher, weiß wohl, durch welche Nänke, durch was fuͤr Verſtellung, und zum Theil durch was fuͤr Grau⸗ ſamkeit Auguſt die hbehſte Gewalt an ſich geriſſen; abet nicht die Argliſt, nicht die Gewaltthaͤtigkeit, womit er ſich der Oberherrſchaft bemeiſterte, ſondern die Weisheit und Guͤ— te, womit er nach erlangter Macht regierte, hielt Horaʒ fuͤr lobenswerth. Da die Dichter, ſo wie ‚alles, alſo auch Lohfprüche lebhaft und ſinnlich darſtellen, da fie alles, was Bewunderung erregen kann, naͤher zuſammendraͤngen, ſo koͤmmt freylich eine ſolche Zuſammenhaͤufung und Vergrobße— tung dem kaͤltern Leſer zuweilen etwas unwahrſcheinlich vbr. Boileau, der auf die Eroberung von Namur eine pinda⸗ riſche Ode fang, Woltaire, der- die Schlacht bey Fontenoh fhilderte, ftellen diefe Begebenheiten fo gtoß ver, als wenn fih nie dergleichen ereignet hätte: Es ift bekannt, daß auch in profaifhyen Lobreden alles von der großen Seite dat geftellt wird, und der Redner alle Kräfte anwendet, feinen“ Gegenftand zu vergrößern, nicht uf die Sache größer zu machen, als der Wahrheit gemäß ift, fondern nm durch fin: liche Erlaͤuterungen die Größe der Sache fühlbarer zu ma hen. Jeder Schriftfteller, der das Lob irgend, eis Mar: nes in einer ausgearbeiteten Rede ausführt, übergeht alles, was das Lob feines Helden mindern koͤnnte, entweder ganz, oder beruͤhtt es nur obenhin, verweilt fich hingegen bey als lem, mas feinen Ruhm vermehren Eann, imftändlich, und fücht immer ins Schone zu mahlen, oder, dis 70 nu- Ar, wie die Griechen. fagen. Racine Hat daher Necht,

wenn

46 21 Apologie des-Horaz,

went. er in feiner Abhandlung von den -Lebfprüchen der Dichter fagt: Accoutumes à remplis leur ftile des plus grandes hyperboles, ils repandent avec la meme profu- fion les hyperboles dans les vers qu’ils addrefient aux princes. Jedermann kennt die Stellen des Horaz: Quos inter Auguftus recumbens purpureo bibit ore ne- Kar, und: Coelo tonantem credidimus Jovem regna- re, praelens divus habebitur Auguftus, Nie bat aber Horaz den Auguft dem Jupiter gleich gemacht, oder gat ihn über denfelben erhoben, fondern nur behauptet, daß er Jupiters Stelle auf Erden vertrete: Te minor latum reget aequus orbem, Nicht zu gedenfen, daß Horqz es nicht allein. gewefen, der den Auguſt ,vergöttert ,, fon: dern daB faft alle Dichter jener Zeiten, und einige, z.B. Virgil und Ovid im noch ſtaͤrkern Ausdrücden von ihm als einem Gott gefprochen; fo darf uns eine felche Vorſtellung bey Dichtern eines Volks nicht befremden, das da glaubte, daß Sterbliche durch Tapferkeit fih in den Himmel empor fhtwingen Eonnsen, und daß Hercules, Romulus und vie fe andre Helden den Rang der Götter erhalten hätten. Da: zu fam die vom Staat felbft veranftaitete Apotheofe des Julius Eäfar, durch die eben der Caͤſar, den die Vertheis diger der Freyheit getoͤdtet hatten, unter die Götter gekom- men war. Ja, es tourden dem Auguſt noch bey feinem Leben, obgleich nicht in Nom felbft, obgleich nicht mit ſei— net Genehmigung, Tempel in den Provinzen errichtet, und wenn Gueton dies erzählt, fo bemerkt er zugleich, daß fchon vordem Statthalter von den Provinzialen mit Tem

peln wären beehrt worden. Seneca, ob er gleich in feiner Ab⸗

gegen einige neuere Schriftfkeller. | 47

. Abhandlung von der Huld manches am Auguft tadelt, fact dennod) von ihm: Deum effe, non tanguam iufli credi- - mus. So hat alfo Horaz in feinen Lobfprächen auf Auguſt feine Stimme mit der Stimme der Nation vereinigt. Wie ſehr aber Auguſt von der Nation im Ganzen geliebt wor⸗ den ſey, davon hat Sueton mehrere Beyſpiele angefuͤhrt; iunsbeſondre aber erzählt er, daß ihm der, damahls noch nicht fo gemeine, Name eines’ Vaters des Vaterlandes plöglich ein mahl und eitiheflig fey ertheilt worden. Wie feht aber die Dichter die Denkungsart des großen Haufens zu benutzen, wie sehr fie auf die Vorftellungen der Menge Nückficht nehmen, und wie fie es nach den Regeln ihrer Kunſt thun muͤßen, braucht nicht weitlaͤuftig bewieſen zu werden. Ver: moͤge der feurigen Vaterlandsliebe ‚die Horaz hegte, wolte er auch das Seinige dazu beytragen, daß, wo moͤglich, je: dermann die Herrſchaft des Auguft als wohlthaͤtig für den Staat erfennte, und daß eine fo theudiWerkaufte Ruhe, ale die war, die er nach geendigten Bürgerfriegen herftellte, von der längften Dauer ſeyn möchte, Auf eben die Art hat Virgil im Georgicon ſowohl als in der Aeneide jede Gele—⸗ genheit ergriffen, die Gluͤckſeligkeit zu ruͤhmen, die die Roͤ— mer unter Auguſt's Regierung genoßen. Eben fo befchreibt Horaz, um die Vorzüge der neuen Verfaflung zu zeigen, fo beredt die Süßigkeit des Friedens, den man ihr zu danken hatte; eben fo zeigte er damahls, als der größte Theil des _ Volks dem Geſetze des Auguft über den Ehebruch abgeneige war, die Nothwendigfeit eines folchen Geſetzes in der fech- ften Ode bes dritten Buchs. Geht man auch alle die Lob: fprüche einzeln durch, die man in Horazens Werfen auf den

48 | N, Apelogie des Horaz,

den Auguſt findet, ſo ſieht man bey jedem, daß der Dich— ter der Wahrheit volllommen getreu bleibt. Daß Auguſt nach hergeſtellter Ruhe des Reichs ſich am Umgang mit den Muſen vergnüge, verſichert Horaz im dritten Buch der Oden; eben fo ſagt Sueton, daß Auguſt die Beredſam⸗ keit und alle freye Kuͤnſte von Jugend an mit Eifer und . Begierde getrieben habe. Eben dafelbft lobt Horaz die ges linden Entſchließungen des Auguſt; eben ſo behaupten die | Geſchichtſchreiber von ihm, daß er ſeinen natuͤrlichen Hang zur Grauſamkeit aus politiſchen Abſichten zu verbergen ge ſucht. Er ließ, wie Sueton bezeugt, vielen von der Ges genparthey Verzeyhung und Heil widerfahren, und fogat die angefehenften Poften im Staate bebälten. Hotaz be: hauptet, Auguft Habe die Britten und die Parther den Römern unterworfen: Daß Gefandte der Britten zum Auguſt gekommen, die den Auftrag gehabt, die ganze Sins fel den Roͤmern zu unterwerfen, bezeugt Strabo. Frey⸗ lich iſt nicht jede ſolche Unterwerfung als eine voͤllige Un: terthänigfeit, oder Anerkennung der Oberherrſchaft auf ewig anzuſehn. Von den Parthern ſagt Sueton ausdrücklich ; Parthi Armeniam vindicahti facile cefleruht, et figna, quae Craffo et Antonio ademerant; repofcenti reddide: runt, obfidesque infuper detiderunt: Heraz rühmt es, daß Auguft, nad Art des Hercules, den Lorbeer, dei man nur mit deni Tode erfanfe, in Spanien zu erringen geſucht habe: Unter den Kriegen, die Auguft in eignet Derfon geführt, nennt Eueton ver allen den blutigen Krieg init den Kantabreiern. Sa, Horaz hat ſich in feinen Lob. fprüchen auf Auguſt fo gemäßigt, daß er ihn In zwey Stellen

feiner

gegen. einige neuere Schriftſteller. | 49

feiner Gedichte blog den herrlichen. (egregium)' nennt. Was der Dichter von den tapfern Thaten der Stieffühne ‚des Auguſt, des Tiberius und Druſus gedenft, wird alles durch das Zeugniß der Gefchichte hinlaͤnglich beftätigt. Daß Horaz nie die Abſicht gehabt, durch Schmeicheley Auguft’s Gunſt zu erlangen, \ bezeugt das tiefe Stillſchweigen, das er uͤber diejenigen beobachtet, mit welchen Auguſt Buͤrger⸗ kriege gefuͤhrt hatte. Nirgends hat er über den Brürtiß,

unter deſſen Armee er ſelbſt gedient hatte, oder über den,

mit. fo viel Laftern behafteten Anton losgezogen, ob et gleich gelegentlid) der "mit ihm geführten Kriege gedacht hat: Daher es auch nicht ai Auslegern gefehlt hat, die ihn für einen halben. Pompejanet erflärt haben, Selbſt Cleopa⸗ era wird von im als we Frau von erhabnen Seifte ges ſchildert, und er traͤgt kein Bedenken, Cato's Tod einen edlen Tod zu nennen. Die Buͤrgerkriege, und die damit verbundenen Gewaltthaͤtigkeiten und Drangſale verabſcheute

Horaz ſo ſehr, daß er die impia proelia, den coecum fu- |

rorem, und die fcelera. fraterhae necis in meht als einem fhönen Gedichte betrauert hat. Nicht aus Furcht vor ei⸗

nem Fuͤrſten, von deſſen Huld er ſo viele Proben hatte,

nicht aus Habſucht, ſondern aus wahrer Dankbarkeit, ſang er zu Ehren Auguſt's, dem er die Begnadigung nach dem Buͤrgerkrieg, ſelbſt den Lebensunterhalt, und fo Viele andre Wohlthaten verdankte. Daß er insgeheim "den Auguft verachtet haͤtte, erhellt nirgends aus ſeinen Schriften, und iſt eine Erdichtung. Einige ſagen, als Patriot und Men⸗ ſchenfreund hätte er ‚vielmehr den Auguſt tadeln follen, das aber eine fruchtlofe Verwegenheit geweſen märe, ganz

N. Pitt, u. Bälle, I. 1. B. D gegen

FR

50... 1, Apofogie des Höraz, |

gegen. alle Regeln der Klugheit. Nicht Niederträchtigkeit, fondern Eluge Vorficht ift es, dasjenige zu unterlaffen, wo⸗ zu man ſich zu ohnmaͤchtig fuͤhlt, uͤnd ſich in die Zeit zu ſchicken. Auch durch die heftigſten und bitterſten Deẽlama⸗ tionen oder Satyren wärs Horaz nicht im Stande gewe-⸗ fen, Nom die verlohrne Freyheit nieder zu geben. Mie- land und andre haben es zur Gnuͤge gezeigt, wie jener Cato zu Utika, der fich entleibte, da er die Freyheit dem Untergange nahe fah, nicht ſowohl Größe des Geiſtes, als unbiegfamen Starrfinn an den Tag gelegt habe. Hätte fih Horaz duch unbefonnene Schriften in Dürftigfeit, Ge: fangenfchaft, oder gat, wie Lucan, in Lebensgefahr geſtuͤrzt, fo hätte er durch alle feine Le’sen Rom, das ſchon zu feſt gefeſſelt war, nicht befreyen toͤnnen. Wenn ehedem in Deutſchland einige jugendliche Dichter, die ſich fuͤr Nachah⸗ mer der Barden ausgaben, viel von Freyheit lallten, und mit einem wilden Geſchrey den Parnaß erfüllten, fo hatte ihre Wuth weiter Eeine Wirkung, als dag die Vernünftigen daruͤber lachten. Nicht jeder Privgemann, nicht jeder Schriftfteller kann die Staatsverfaſſung verbeſſern, und ihr eine neue Geſtalt geben; vielmehr muß die Freymuͤthig— keit der Schriftſteller uͤber ſolche Gegenſtaͤnde ihre Graͤnzen haben, wenn ſie der oͤffentlichen Ruhe nicht nachtheilig wer⸗ den ſoll. Einige wenden ein, Horaz haͤtte uͤberhaupt vom Auguſt ſchweigen ſollen, dadurch aber rauben ſie dem Dich— ter ein erhabnes Thema, das zu vielen ſeiner erhabenſten | Dden den. Stof gegeben hat. Deswegen, weil Horaz nirgends über die Sclaverey geklagt, in die Auguſt die Römer ges

fiürze, wollen ihm einige Gleichsuͤltigkeit und epienrifchen Leicht:

gegen einige neuere Schriftfteller. St

Reichefinn beylegen. Daß er jene Gleichmuth ‚der Seele,

die der Weife im Unglück, wwie im Gluͤck behauptet, und die

er in vielen ſchoͤnen Gedichten empfohlen, ſelbſt beſeſſen, iſt gar nicht zu zweifeln, aber heitere Gemuͤthsruhe lehrte Zeno eben fo gut als Epicur, ſo, daß viele den Horaz me: gen der edlen moralifchen Stellen. zum Stoiter haben mas chen wollen, ihn, der nie. irgend einer: philofophifchen Secte anhieng. Liebe zur Freyheit hegte Horaz nicht blos insges beim, er verfchloß dies edle Gefühl nicht in ſeinen Buſen, fondern gab - es. offentlich zu erkennen, wo es ohne Gefahr gefchehen konnte. Nie hat auch Auguſt es irgend jeman- den. verargt, wenn er die Freyheit prieß, fondern vielmehr es gern den Roͤmern geftattet, folche Gefinnungen: zu äußern, damit fie ihm deſto williger. gehorchten. Aus Liebe zur Freyheit tadelte Horaz die Soldaten des Craſſus, die-- auf den Fluren der Feinde ihr Vaterland vergeffen hatten,‘ In feinen. Briefen fagt ‚er einmal: Qui, pauperiem veritus, potiore metallis libertate caret, dominum vehet impro- bus, atque ferviet aeternum, quia paruo nefeit vti. Ganz ohne Grund ift die Behauptung, ‚wenn man vorgiebt, Horaz habe zur Verderbniß der römifchen Sitten beyge— tragen, er, ber Leckerey, Ueppigkeit, geile Tänze und alle Art von Unzucht feiner Zeitgenofjen nachdruͤcklich gerügt hat, und deffen Gedichte gewiß. nicht die Schlüpfrigkeie der ovidifchen und fibullifchen Haben. Einige feiner unfchuldigen Scherze, feine Lieder von Wein und Liebe. zu vertheidigen,, wäre überflüßig, da die poetifchen Werke von der Art bereits ges nug von andern. gerechtfertigt worden find. Vielmehr ars beitete Horaz an der Sittenverbeſſerung in den.) vorttefs

D 2 lichen

pP .. I, Apologie des Horaz,

lichen Satyren, in denen er die Ausfchmweifungen feiner Zeit: genoffen nachdruͤcklich geahndet hat. Herrſcht gleich in ſei— nen Satyren nicht jener ungeftüme Feuereifer, der Juve— nal's Gedichte erfuͤllt, will er gleich mit lachender Miene die Thoren züchtigen:- fo. kann man doch dieſer Gattung von Satyren nicht allen Nutzen abſprechen, ja, es wäre noch die Frage, welche von beyden Arten für die Beſſerung der Menfchen das Meifte wirke. Wie fehr Horaz das Ge: tuͤmmel der Stadt und des Hofes verabfcheuet, wie fehr er Ruhe und Einfamkeit geliebt habe, weiß jeder, der feine Werke mit Aufmerkfamfeit gelefen hat. Die Freygebigfeit des Auguft und des Mäcen mißbrauchte er nie dadurch, daß er ungeftüm neue Wohlthaten von ihnen -erpreßt hätte; vielmehr fagt er ausdrücklich, daß er nichts mehr von ihnen verlange habe, ob er gleich gewußt, daß fie. ihm nichts wuͤr—⸗ ‚den verweigert haben. Die Götter, fagt er, hätten ihn bef: fer verforgt, als er jemals gewuͤnſcht, und fo wolle er fie um nichts mehr angehen En = | Nil fupra - Deos laceflo, nec pollentem amicum Largiora flagito, Satis beatus vnicis Sabinis,

Die Stelle eines Geheimfchreibers, die ihm Auguſt von felbft antrug, lehnte er von fich ab. Ungern und wider - Willen ließ er fih dazu brauchen, andre dem Fürften zu empfehlen. So, als Lollius dem Tiber empfohlen feyn wol te, brauchte er lange allerley Ausflüchte, um es überhoben zu feyn. So antwortet er im zweyten Buch der. Satyren

| denen,

gegen einige neuere Schriftfkeller. 53

denen, die ihm fremde Angelegenheiten übertragen wolten ; Mäcen habe ihn nur deshalb zu feinem Gefellichafter ger wählt, daß er mit ihm über Poſſen fchwagen fonne. Daß die Dichter den Hof gänzlich meiden folten, läßt fih nicht hinlänglich beweifen. Nicht von’allen Höfen find Tugend und Weisheit verbannt, und es giebt von Zeit zu Zeit biedere Fürften, die Nedlichkeit und Offenherzigkeit auch an Dichtern | zu Khäsen toiffen. Der Dichter, der fih am Hof aufhält, der zumeilen einen nähern Zutritt zu einem großen Herren hat, (qui ad principem vocafus venit) der den Beyfall ei- nes Regenten, der Kenner ift, zu verdienen fucht, braucht darum nicht alles, was ihm am Hofe mißfällt, öffentlich bes kannt zu machen, damit es ihm nicht, wie dem Ovid erge: be, der wehmüthig ausrufen mußte:

Caur aliquid vidi? Cur noxia lumina feci?

So, glaube ich, laſſen ſich die Vorwuͤrfe entkraͤften, die Mercier dem ſittlichen Character des Horaz gemacht hat. |

: i Damit ift nun auch zugleich alles dasjenige beantwor⸗

tet, was einige deutfche Schriftfteller neuerlich, zu Mercier’s Nachahmung, gegen den Horaz vorgebracht haben. Bey allen redneriſchen Aufwande, womit einige ihre Vorwuͤrfe ausdrücken, bey allem dem auffallenden unddictatorifchen Ton, deffen fie fich bedienen, fieht man doch bald, dag fie Mer: cier's Ideen nur mit andern Wendungen twiederholt ha: ben. So haranguirt z. E. Herr Klüppel in feinen Mech: ten der Menfchheit: „Unſre Zeitgenofjen ſtreuen einen D3 „Homer

54 II. Apologie des Horaz,

„Homer und Horaz Weihrauch, und: zerbrechen fich Die „Köpfe über die Phrafeologie *) diefer Fleinen Geifter, **) „deren Namen nicht in den Tempel des Nachruhms gehos

„ren. Denn fie froͤhnten Tyrannen, und mißbrauchten das,

„Talent, das ihnen die Natur verlieh, das größte Uebel, „des Menfchengefchlechtes, den Krieg als eine Wohlthat zu

„zu fehildern, und den Tyrannen den Stuhl .nächft "den.

„Göttern zu feßen. Sie fungen Triumphlieder über den „Schädeln ihrer. Brüder, und frohlocten, wo blutige Thraͤ— „nen flogen, verläugneten um feilen Gewinnftes willen „ihre Menfihheit, und priefen die Henker des menfchlichen. „Geſchlechts:“ Horaz iſt bey dieſem Schriftfteller mit dem Homer in gleicher Verdammniß. Unbekuͤmmert um dieſen unberufenen Aufſeher des Tempels des Ruhms, wird gewiß die Nachwelt Horazens Ruhm eben fo unverdunkelt erhal- ten, als Homer’s Lorbeer noch unverwelkt arünt, fo viel kleine Seifter ihn auch zu'zernichten ſuchten. Schon oft ift es bemerkt worden, daß es zu nichts nuͤtze, bey „der Be; urtheilung von den Schönheiten eines Gedichts Nücfiche auf den perfünlichen Character des Verfaffers zu nehmen, indem Die Schriften und der Wandel eines Menfhen oft in dem größten MWiderfpruche ſtehen; aber denjeniaen Char raeter darf der Kunſtrichter nie uͤberſehn, den der Dichter in ſeinen Werken annimmt, er ſey uͤbrigens wahr, oder nicht. Denn, obgleich durch Aeuſſerungen eines guten ſittlichen Cha—

racters

*) Haben alſo alle Ausleger jener aroßen Dichter nur mit Phrafeologie zu thun ? ‚2 Homer und Horaz Eleine Seifer!

gegen einige neuere Chriftftelle. , 55

racters “allein ein Gedicht noch nicht fehon wird, fo haben doch diejenigen poetifchen Werke einen doppelten Werth, die mit den weſentlichen Vorzügen der Dichtlunſt gute moraliſche Geſinnungen verbinden. Sch kann daher Herrn Prof. Engel in Mainz nicht beypflichten, der in feinem Magazin bey einer Ueberfegung von Virgil's erfter Eeloge folgendes äuffert: „Ob es nicht Herabwuͤrdigung des Talents, Pro= „ftitution der Muſe fen, den tuͤckiſchen Knaben Octavius „zu vergöttern, iſt eine Frage, die den Character des Ver⸗ „faſſers angeht, der unferm Zeitalter ziemlich gleichgültig „fen kann.“ Gleichgültig kann es uns unmöglich feyn, wenn man ung überreden will, Horaz, der fo edle Marimen fo meifterhaft ausgedrüdt bat, habe in denfelben "Werken die Nolle eines niedrigen Schmeichlers gefpielt, und gegen, feine eigne Ueberzeugung einen tuͤckiſchen Knaben als den weifeften Negenten gepriefen. . Der Horaz, der fenft, ſei⸗ nen Gedichten nah zu, urtheilen, fo vedlich, rechtſchaffen und tugendliebend war, hat ſich und ſeine Muſe unmoͤglich ſo proſtituiren koͤnnen. |

Dd4 III, Fragment

56

| IL y F ra gment aus dem Schreiben eines Reiſenden⸗

J⸗ theile dieſe Bemerkungen eines Freundes hier mit, da fie ein zwar ſehr bekanntes, aber nicht nach Würden ge: ſchaͤtztes Inſtitut betreffen, das manches tealifirt hat, was man bey andern Anftalten dieſer Art vergeblich verfuchte. Wie fehr verdienen die vortreflihen Worfteher deſſelben nicht die Achtung und Unterflügung des Publicums!

v. A.

Das Merkwuͤrdigſte, was mir, als ich über den thuͤ— ringer Wald kam, aufftieß, war die Erziehungsanftalt zu Schnepfenthal, Mit allen den Vorurtheilen, mit welchen ein großer Theil unfers Publicums gegen diefe Eleine Re— public eingenommen ift, befuchte ich fie, und brachte dafelbft einen Tag zu. Da er einer der angenehmften war, den ich auf meiner Reife hatte, fo werden Sie mir verzeihen, wenn ich ihn etwas umftändlich befchreibe,

Bey meinem Eintritte wurde eben mit einem Gloͤck— chen ein Zeichen gegeben, und da id) mic) bey dem Bedien⸗ ten erkundigte, was diefes bedeute? wurde mir gefagt, es waͤre bas Zeichen zum Morgengeſange. |

Da

JIE. Fragment aus dem Schreiben eines Reiſenden. 57

Da auf dieſes Zeichen von allen Seiten die Lehrer ka⸗— men und nad) dem Speiſeſaale giengen, two der Geſang an: geftimmt wurde; ſo bat ich einen von ihnen um die Er laubniß, daran Theil nehmen zu dürfen, und erhielt fie fo- gleih. Bey meinem Eintritte erblickte ich einen Zirkel von fechezehn gefunden und muntern Kindern. &o vielen Tadel auch Salzmanns Feinde gegen feine Anftalt ausfprengen; fo müffen fie doch eingeftehen, daß ſich feine Zoglinge durch Ge⸗

fundheit, Eorperlihe Kraft und frohen Sim, auszeichnen, -

Ich fann dies mit meinem Zeugniß beftätigen. Alle fahen aefund aus; bey Eeinem waren Spuren von, Schwächlich- Feit, Ausfchlage und dem entnervenden Affengreuel fichtbar, mit welchen viele Schulen angefteckt feyn follen.

Einer der Zoͤglinge brachte mir ganz unbefangen eine gefchriebene Sammlung von Liedern, und zeigte mir das Lied, das gefungen werden foltee Es war das Gellertiſche Morgenlid: Mein erft Gefühl fey Preiß und Danf. Es wurde von Lehrern und Zöglingen unter Begleitung ei: nes Forte piano angeftimmt, das ein Zögling fpielte. Da Sie meinen Enthufiasmus für Mufie kennen: fo Eünnen Sie leicht urtheilen, wie ich gerührt wurde, da ich den har: monifchen Gefang diefer Kleinen hörte, und dadurch über: zeugt wurde, daß fie auch in der Muſie geübt würden.

Nach geendigtem Gefange twurde wieder ein Zeichen

gegeben; ſie ſtellten ſich in eine Reihe; eine Buͤchſe mit

Tabaksaſche wurde herumgegeben, womit fie ſich die Zähne abrieben, und dann an ‚den Brunnen fiefen und den Mund Ds | aug-

„eo... *

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58 - HI Fragment aus den Schreiben eines Reiſenden.

ausſpuͤleten. Ich faßte einen bey der Hand, und fragte; warum thun Sie das, Eleiner Mann? Daß unfere Zähne feft werden follen, antivortete er, und daß wir feine Zahn: ſchmerzen bekommen. Dies bewog mic, alle Zähne zu bes obachten 5’ und ich fand, daß fie wirklich durchaus gefund und weiß waren. Mur bey dem einen bemerkte ich Schwaͤr⸗ je. Wie kommt es, fragte ih, daß Sie ſchwarze Zähne haben? Sie werden ſchon nod) weiß werden, antwortete er; ich bin erſt ein Vierteljahr Hier, Jetzo wurde das Fruͤhſtuͤck aufgetragen; es war weder Caflee, noch Thee, | noch Chocolade; fondern eine große Schüffel voll Kirfchen und ein Teller voll Brod, welches der Auffihrführende Leh— ger unter die Kinder vertheilte. Es wurde mit ſolchem Apr petite verzehrt, daß ich ſelbſt Luft befam zuzugreiffen, wenn ich mich nicht gefehame haͤtte. Während dem, daß biefes gefhahe, führte mich ein Lehrer in und auſſer dem Erzie— hungshaufe herum.

Sch fahe den Schlafſaal, in dem Ordnung und Rein⸗ lichkeit fichtbar if. Er hat die angenehmſten Ausſichten nach drey verfchiedenen Gegenden; und wird den ganzen Tag von der Luft durch die geofneten Fenfter ducchftrichen. Seder Zoͤgling ſchlaͤft in einem befondetn Bette unter einer Matratze. Auch fchlafen hier die Lehrer mit; welches mir fehr wichtig zu, feyn feheint. _

Der Betſaal ift Aufferft einfach und mit einer Orgel verfehen. Unten hält Salzmann feinen Vortrag im Zirkel feiner Gefellfhaft, und auf der Emporkirche ftehen die Frem⸗

Ä a den

1

II. Fragment aus dem Schreiben eines Reiſenden. 59

den, die ſich Hier oft fehr zahlreich einfinden ſollen. Da meine Reiſe eilfertig war; fo Eonnte ich. feiner, Gottesver— ehrung beywohnen. dan verſicherte mich aber, Salzmann hielte fie noch eben ſo, wie ehemals in Deſſau. Sie kön— nen ſich alſo davon aus ſeinen, von ihm herausgegebenen,

Gottesverehrungen eine Vorſtellung machen; die er jetzo | dunch -einen neuen, Band, der die Gottesverehrungen in‘ Schnepfenthal enthält, vermehrt haben fol.

Das Naturaliencabinet ift klein; aber für einen Pri— vatmann, der erſt ein Paar Jahre daran gefummelt ı bat, immer woß genug.

* Bibliothee wolte man mir nicht zeigen, und

ſchuͤtze vor, ſie ſey noch zu unbedeutend, als daß ſie die Auf— merkſamkeit der Fremden verdiente.

Da ich mich noch "im Naturaliencabinettchen befand, gab ein Gloͤckchen das Zeichen, dag die Lehrftunden anfien⸗ gen; und ich ‚befuchte fie. |

. Da ich feine Nachrichten aus Schnepfenthal, ſon⸗ dern nur einen Brief ſchreibe, fo muß ich mich kurz faſſen. | er |

Ueberhaupt bemerkte ich, daß zwifchen Lehrern und Zöglingen ein fehr-guter Ton herrſchte. Die Letzteren frag. ten immer, wenn. fie etwas nicht verftunden; und machten auch bisweilen Einwendungen, und diefe beantworteten - jene fehr freymuͤthig. Vorzüglich fiel es mir auf, daß einmal ein Kind eine Frage that, die der. Lehrer nicht zu. beanttoorten

| J wußte,

6e II, Fragment aus dem Schreiben eines Reiſenden.

wußte, und diefer ganz treuherzig fügte: Mein Kind,

daß weiß ich nich,

Ferner bemerkte ich, daß jeder Lehrer dem Fache, in dem er Unterricht ertheilte, gewachſen war.

Die nachtheiligen Urtheile, die im, Publieum gegen diefe Anſtalt herumgehen, find durchgängig Berleumdungen ; und ich halte es für Pflicht, die man der gefränften Une ſchuld ſchuldig iſt, Ihnen dieſes zu ſchreiben. |

Falſch iſt es, daß hier die lateiniſche Sprache vernach laͤßiget werde. Sie wird von dreyen Lehrern in dreyen Claſſen gelehrt. Der Anfang geſchieht mit, Sprechen; dantı werben leichte moderne Schriftfteller, z. B. Gedikens latei- nifches Leſehuch, und die Lieberkühnifche Ueberfegung vom _ Campſchen Robinfon, gelefen; und dabey Grammatic ge: trieben. Dann fehreitet man zur Erklärung der Alten fort. Diesmal wurde der Cäfar, einige Stellen aus dem Plaus tus und Virgil gelefen. Die älteften Zöglinge, die zum Studiren beftimmt find, leſen auch griechifche Schriftfteller. Wenn ich die Jugend der Zöglinge mit in Anfchlag bringe, fo glaube ich immer, daß fie ſich im Lateinifchen, caeteris paribus, mit den Schülern . der vorzüglichften Tateinifchen Schulen mefjen Eonnen; |

Falſch ift es, daß hier die feanzöfifche Sprache nicht getrieben würde, Ein gebohrner Strafburger , der einige Zeit in Frankreich lebte, und die ächte Pronuneiation hat, lehrt fie, und bedient fih im Umgange mit den Kindern feiner andern Sprache, als diefer.

# Auch

x

III, Fragment aus dem Schreiben eines Reiſenden. 6:

"Auch ift es falfh, wenn man fagt, daß die gymna- ftifchen Uebungen fo gefährlich wären. Der Augenfcein fpricht ja dagegen. ' Sch habe fo manche „Schule befucht, wo feine gymnaftifchen Uebungen gewoͤhnlich waren, und immer bemerkte ich da einige Gebrechliche. Freylich find andere Schulen zahlreicher ; aber wenn die Gefahr der gymnaſti⸗ fhen Uebungen wirklich fo groß wäre, als man fie vorgiebt, fo müßte doch einmal wenigſtens ein Unglück gefchehen

Sch will fie Ihnen doch befchreiben. Der dazu ber finmte Plag war ein großer Raſenplatz, wo man, ohne alle Gefahr, fallen Eonnte. Die Mebungen felbft beftunden im Wettlaufen, Ringen, Springen über eine beffimmte Weite und Höhe, wobey weiter gar Eeine Gefahr war, als auf | weichen Rafen zu fallen. Wirklich gekhahe dies auch ein- Paarmal, und der Fallende lachte. | |

Die gefährlichfte Uebung ſchien mir zu feyn, daß die Rinder auf einen runden, ſchwankenden Balken giengen. Ich muß Ihnen geftehen, daß mir diefes fo nefährlich ſchien, dag ich mich fogleich an den Auffeher über dieſe Urbungen wen— dete, und fagte: Aber nehmen die Kinder Eeinen Schaden ? ‚Er lachte, und fagte: Sehen Sie doch felbft, was für Schaden fie nehmen! Einige liefen wie die Katzen bis zur Spitze des Balkens, und giengen dann zum Theil wieder rückwärts. Andre wankten, wenn der Balken zu ſchwanken anfieng, fuchten fich wieder in das Gleichgewicht zu bringen, und, wenn es nicht möglich war, lachten fie, und fprangen herab, |

Mir

62 II, Fragment aus.dem Echreiben eines Keifenden.

Mir, der ich zu dergleichen Uebungen nicht "gewohnt bin, kam dies freylich gefährlich. vor; . ich muß Ihnen aber auch fagen, daß ich zittere, wenn ich Sjemanden ein -vafches Pferd .befteigen .fehe. Soll denn deswegen Niemand mehr reuten lernen, weil ein Anderer, der es nicht: kann, es für gefahrlich. halt?

Genug ich war am Ende der Gymnaſtie aufferordent lich erfreut über die ausnehmende Behendigkeit und Ge— ſchwindigkeit des Koͤrpers dieſer Kinder.

Zetzo wolte ich Abſchied nehmen, und ihn wirk⸗ lich: Ein Lehrer fragte En aber , ob nicht ‚Luft hätte mit zu fpeifen.

Vielleicht war es ein bloßes Compliment genug ich nahm es an. ER Die ganze Mahlzeit war zivar hoͤchſt einfach, aber ſchmackhaft, wenn anders, ſchmackhaft ift, was. gut ſchmeckt. Genug, der ganzen, Geſellſchaft ſchmeckte es ſehr gut, und mir auch. Schon der Anblick des Appetits, mit welchem Alles verzehrt wurde, machte, Appetit.

| Bey der Madtzeit wide ich fehr überrafht, da man Bücher herumgab, und unter Begleitung des Forte piano, das wieder ein Zoͤgling fpielte, einen Geſang anſtimmte. Es war das belaante Lied: Suͤße, heilige Natur.

Nach Be deflelben trat. wieder auf, und lasfeine Beſchreibung einer Reiſe ab, die fie vor Eur: zem gemacht hatten. Nach Endigung der Mahlzeit, auf

| | welche

II, Fragment aus dem Schreiben eines Neifenden. 63 welche wieder ein Geſang erfolgte, welte ih mich im Ernſte empfehlen. Sch hatte ſchon den Hut und Stock in der

Hand, als mich ein Zögling fragte: Wollen Sie diefen Abend nicht’ mir tanzen. ”"

Dies Hranlagte mich, mic, bey einem Lehrer deswegen zu erkundigen. Da ich nun erfuhr, daß bisweilen den Kin.

dern zu ‚ihrer Aufheiterung ein Eleiner Ball gegeben würde, -

und daß dieſes heute geſchaͤhe: ſo reizte mich die Neugier de, mich zu diefem Valle einzuladen; , und meine Cinla: dung wurde ohne Schwierigkeit angenommen.

‚Hier haben Sie die Befhrelbung davon.

Sobald bie gehrftunden geendigt waren, und das Veſperbrod verzehrt war, commandirte ein, Lehrer: fammelt euch; < ftellt euch; links um kehrt euch; marſch! Sogleich befolgte Alles das Commando. Nachdem ſie alle eine gera⸗ de Linie formirt hatten, ſchwenkten fie ſich, marfchirten fort, einer trug eine Fahne vor, der andre. trommelte einen Marfch, md einige. Muficanten aus dem nn Walterſtedt ſtimmten dazu ein.

"Sie zogen nah dem weiblichen Inſtitute zu, daß der Kath Andres dirigirt. Hier nahmen die älteften Zoͤglinge

jeder fein Frauenzimmer an die Sand, und führte eg unter‘,

Trompeten» und Trommelſchall· nach dem männlichen Erzie- hungshauſe zu.

Sobald ſie in den Tanzlaal getreten uͤbernahin Andre die Direction des Tanzes. Sch

64 M. Fragment aus dem Schreiben eines Reiſenden.

Ich war ſehr vergnuͤgt, da ich groß und klein, alt und jung, männlich und weiblich Geſchlecht ohne allen Zwang, manche der Kleinen auch mit vieler Delicateſſe, tanzen ſah. Sie muͤſſen im Tanzen wirklich ‘einen guten Lehrmeifter Gaben. Wer er ey? babe ich mich zu erkundigen ver: gejlen. . 2 |

Da ein paar Stunden war getanzt worden, wurde kalter Braten, Kuchen, Obſt und Wein ſervirt; dann wie— der getanzt.

‚Andre war gemeiniglich Vortaͤnzer, und führte einige wirklich ſchwere englifche Tänze auf, an denen ich beſtmoͤglich Tpeil nahm.

Gegen eilf Uhr kuͤndigte das Stiekchen das Zeichen zum Abmarkh an:

Macht euch) fertig! rief ein Lehrer; ſogleich Funden alle Zöglinge in einer geraden Linte. Schwenkt euh! Marſch! fogleih waren alle männliche Zöglinge verſchwunden.

"Yun entfernte ſich auch das weibliche Inſtitut, und id) mich mit ihnen, und fehlief dem Wirthshauſe des Dorfes.

Ich habe mich bey dieſem Tanze ſo als vielleicht auf einem, Aber ehen deswegen möchte ich partheyifch feheinen, wenn ich darüber urtheilen wolte. Ich überlaffe es Ihrer eigenen Entfcheidung, ob nicht, zwifchen der Eloftermäf figen Entfernung vom Srauenzimmer und der freyen Belu⸗ ftigung mit verbuhlten Weibern und Mädchen, fo ein Ball

unfer Aufſicht mit moraliſch gutem Frauenzimmer, die gluͤck— lichſte Mittelſtraße ſey.

IV, An

}

| IV, _ An die Freundſchaft.

Ene Hymne, Goͤtterkind! dir bringen War mein Streben, hätt’ ich Pindars Flug, Dann nur würde mir ein Lied gelingen Das ich laͤngſt für dich im Kerzen trug. Galt dir jemals der Empfindung Lallen Das ein dir geweihter Buſen bringt,

DI fo laß dir jetzt den Ton gefallen

Der für dich aus meinem Munde. dringt.

\ G

Du giebſt Wonne jedem Erdenfohne,

Der ein Herz fie zu empfinden bat, Mide wird ein Kayfer feiner Erone,

Aber wer wird deiner Wonne fatt ?

Du giebft Vorgefühl der Seligkeiten

Die die. Hofnung jenſeits und gebeut, Hilft die Lebensdornen uͤberſchreiten

Die der Sturm auffunfre Wege freut,

Unſer Leben hat der Sorgen viele, Unfer Gluͤck des Wechſels mancherley, Unfee Role hier auf Erden Spiele Dft fo febön, doch nicht von Stuͤrmen frey. Dann koͤmmſt du, von einem Stamm entſproſſen Mit der Lieb’, an einer Bruſt geſdugt, Ebneſt Berge, hemmſt die Wuth der Schloßen Die oft ſchnell um unſre Freude ſtreicht. N. Pitt, u, Voͤlkerk. 1, 1, Wohl

66 V. Eliſe. Wohl! dem, der ein Herz dich zu Wehe! dem, der keines fuͤr dich hat, Du nur lehrſt den Werth des Lebens finden Daß des Werthes ſonſt fo wenig bat. Leite, Teite mich auf meiner Reife | Theil.die Wolfe, die den Weg mir trübt, Reiche mie auf diefee fihiefen Pelle Deine Hand, die immer Blumen giebt.

Foͤlle mir den Becher deiner Freude, Sächle mir auf diefer Pilgerbapn, Sey mein Schußgeift, daß ich, ‚wenn ich Teide, Meinen Weg mit Muth vollenden fann, Harre, harte mein am Scheidewege Trokne da der Trennung Thrane ab, Daß ich froh die Rolle niederlege Die die Welt mir hier zu ſpielen gab;

Mannoviusd. Ye Elife

J, jängf, Natur! dein fchöpferifcher Ruf Das Herz Elifens- fihuf, Da fand vor deinem Blick Der Schöpfung Meiſterſtuͤck. | "Wal, fprachft du, mir netreu durchs Leben hin, Denn du bi meines: Tempels Prieſterin. | Durch

\ Be | VI, An ein. Herbftläftchen. 67 Durch dich wird einſt dem Sterblichen auf Erden | Der dich erringt, die Welt ein Himmel werden, Und wehe! ihm, wenn er dir, dir zur Seite Das Leben noch mit einem Wunſch entwiehte. | | Kanhoviug,;

VI. An ein Herbftlüftchen:

——— Luͤftchen woher Ueber das Stoppelfeld, Suͤtß und duftig dein Odem Wie von tauſend Kuͤßen der Moyenflur?

Ha! ich ahnd' es: _

Du faheft 4 Sinn, am üfer des Okat, Ihre gluͤhende Wange

Heimlich und ſtillbetruͤbt

Auf Ihren Schwanenarm gebeugt, und raubtefk mit

Wolluſtzuͤgen

Ihres roſigen Mundes

Heiligen Dufthauch !

Kebrit du mieder zuruͤck So fag’ ihr: u €: Ich

68 Viſl. An meine Lieblingsquelle Ich fand tm Dunkel des Schaurigen Elmes *) Deinen Geliebten, Sein Auge in Thränen, und deinen | Namen auf feinen Eippen !

Earl Keinhard,

vil. An meine Lieblingsquelle im fogenannten Knuͤttelholze, bey Zeiz.

am in deinen Schoos, o! lieber Schwermuthsvoller Ort! mich ein, Und dein Weſtwind wieg' hinüber Mich in Liebesſchwaͤrmereyn:

Du, vertgaute Eilberquelle !

Fluͤſtre ſanft in meinen Schmerz, und erheitre und erhelle

Mir mein truͤbumwoͤlktes Herz.

Manches ſchoͤne Bluͤmchen pfluͤckte Ich an deinem Waſſer mir, Manchen Kummer, der mich druͤckte, Ach! vergaß ich oft bey dir! Hier an deiner Felſenhoͤhle Find

*5 Ein grauer Hain, der Helmſtadt den Namen gab, duch Mo⸗ numente des Alterthums berähmt.

im fogenannten Knuͤttelholze bey Zeiz. Find’ ih manches Ständen Ruh:

- Denn bier flüftert: meiner Geele . . Deine Gottheit Troͤſtung zu.

Dir, nur dir, Najade! Flage Ih den Schmerz, der mich verzehrt, Und den Frieden meiner Tage,

Ah! auf ewig ınie zerſtoͤrt;

Wenn ich ſeufze, wenn ich weine, Dann verſteheſt du nur mich,

Und von Mitleid miſchen deine Thränen in die meinen fich,

Ach! | mit bofnungslofem Sehnen Piebteft dur vielleicht, wie ich,

Und verwandelte in Thraͤnen

Eines Silberquelles dich;

Nun, fo quelt aus meinem Herzen. Ihr, ihr Thranen! Tan und Nacht, Das, gerührt yon meinen Schmerzen, Mich rin Gptt zum Quell auch macht!

Floͤß' ich nun in diefem Haine Auch ald Duell, und feste dann Sich an meinem Fels die Eine, Ach! Die ich nicht nennen fann ; Dann vielleicht koͤnnt' ich ihr fagen, Daß die Liebe mich verzehrt, > Ihr vorliſpeln meine Klagen, Die fie frevlich jetzt nicht hört,

3

Erdnfen

70 VIE An meine Lieblingsquelle xc, Tränfen mwolt ich und - ernähren Dann die Blumen um nic) her, Daß,'getränft von meinen Zahren, Jedes Bluͤmchen ſchoͤner war, Und in jedem Bluͤmchens Kelche, Das fie pfläckte, fände fie Eine von den Thraͤnen, melche Meine Liebe weint: um fie,

Ind im fühlen Weſte folte Sie umwehn mein Genius, Und in jedem Lüftgen wolte Ich ihe geben einen Kuß, Wolte ihre Wange kühlen, Die mir fo gefährlich mar, Wolt' um ihren Bufen fpielen Und ums blonde Lockenhaar.

Don dem Schatten: diefer Bdume

Bolt’ ih Schlummer auf fie wehn,

Und in: jedem ihrer Träume

Meine Liebe ihr geſtehn: |

Wolt ihr fagen: >, in dem Quelle „Lieb', o holdes Mädchen! mich!

„Denn bier fließet rein und helle

„Ewig meine Thrdn® um dich!“

39 1

Doch wohin, wohin, ach! legen - Meine kuͤhnen Schiwdrmeregn," --

Und in melde Traume wiegen

*

Sie

x

*

VIII. Einzelne Gedanken uͤber den Gartenbau. 71

j | Sie den luhen Wapnfinn en? Ach! zu bald wird "aus dem Schlummer -

Meine Phantafie gefhreckt, und zu hofnungslofem Kummer Mein getdufchtes Herz erweckt,

Gute acht denn dir, Najade!

ungern nur verlag ih dich,

Bad' in. Richesthränen, bade

Dich nur immer, mie ich mich !

Kömmt das Mädchen. her, fo füge

Ihr von meinen Thränen du!

Fluͤſtre meiner Liebe Klage | * Ihr in ſanftem Murmeln zu!

ym. Eignjelne Gedanken über den Gartenbau,

- (Aus dem; Englifchen bes Shenftone.)

HN. Gartenbau täßt fi, in drey Gattungen eintheifen, in pen Kuͤchengartenbau, in den Blumengartenbau, und in den landſchaftlichen, oder mahlerifchen Gartenbau; letzterer ſoll der Gegenſtand meiner Betrachtungen ſeyn. Sein End, zweck beſteht darinnen, die Einbildungskraft durch Scenen von Groͤße, Schoͤnheit und Mannigfaltigkeit zu vergnügen, Der Nutzen und bie Bequemlichkeit koͤmmt hier nur in ſo⸗

E 4 fer

72 VII, Einzelne. Gedanken über den Gartenbau,

fern in Anfchlag, als fie mit dem der Phantaſle beſtehn koͤnnen. 1%

Vielleicht ift die Eintheilung von den Vergnuͤgungen der Einbildungskraft, je nachdem fie von dem Großen, dem Mannichfaltigen und dem Schönen. erregt werden, zu Mei: ner gegenwärtigen Abficht genau genug; warum jedes von dieſem uns mie Vergnügen erfüllt, Eann man in andern Schriftftelleen z. E. Burke, ee ; Gerard ınad; fehn, "

Indeſſen ſcheint es doch einige Gegenſtaͤnde zu geben welche ein Vergnügen gewähren, das fich nicht unter eine von den übrigen Rubriken bringen läßt. Cine Ruine zum Erempel, kann für uns weder neu, noch majeftätifch, noch ſchoͤn feyn, und doc) jene angenehme Melancholie bervorbrin: gen, die von der Betrachtung verfallner Herrlichkeit ber: rührt, Ein gefchickter Gärtner Eonnte alfo Gegenftände be: nutzen, die an fich vielleicht wenig Eindruck machen , die aber eine Verbindung von Ideen bewirken, aus denen ans genehme Borftellungen entfpringen,

Die Segenftände folten in der That weniger darauf abgielen, unmittelbar ‚auf das Auge, als vielmehr auf die | Urtheils⸗

PR) Gartenſcenen laſſen fich vielleicht in erhabne, ſchoͤne und melancholiſche oder tiefſinnige eintheilen; ich weiß nicht, ob man nicht den Testern den mitlern Pas zwifchen den andern beyden anweiſen folte, indem fie geiviffermäßen aus benden aufammengefest find,

" Eine Gebanken ber den Bastenban, 7 |

Urtheilskraft, oder auf die gebildete Phantafie Eindruck zu machen, eben for wie in der Mahlerey.

Es ift Fein Einwurf gegen. das Vergnügen der Neu— heit, daß es. einen haͤßlichen Gegenftand noch unangenehmen macht. Es ift genug, daß es unter Dinden, die in.anderer Ruͤckſicht völlig gleich find , dem einen den Borzug ‚giebt, Ja, es feheint bey manchen Gelegenheiten noch mehr zu thun. Giebt es nicht abgebrochne Felſen und rauhe Ger genden, denen man ſchwerlich Schoͤnheit oder Groͤße beyles gen. kann/ und die dennoch, wenn fie in einer ‚großen Ebne angebracht find, ein Vergnügen gleich. reizendern Gegenden gewähren? So kann eine Reihe von ebenen Ländern, fo ſchoͤn fie auch fonft ift, Sättigung und Ueberdruß hervor: bringen, wenn das Auge nicht von wildern Scenen zu ih—

nen übergebt, und dann befommen fie den Reiz der Neus beit,

Die Mannlsfoitiehi fheine mir einen Theil ihrer Wirkung von der Neuheit zu erhalten, indem das Auge, da es von einee Form oder Farbe zu einer ganz andern Form oder Farbe uͤbergeht, einen Grad von Neu⸗ heit in ſeinem gegenwaͤrtigen Haken, der fogleich Vergnügen erweckt.

Indeſſen kann doch im manchen Fällen die Mannig⸗ faftigfeit fo weit getrieben werden, daß fig ihre ganze Wirr kung verliert, Ich habe Decken gefehn, die: jo mit. Stuf- katurverzierungen überhäuft waren, die, obgleich von ver— ſchiedner Art, doch Einfoͤrmigkeit hervorbrachten. Eine bin-

A | s aͤng⸗

74 VIII. Einzelne "Gedanken über den Gartenbaug

fängfiche Menge von unverziertem "Narme ift nothwendig, wenn ſolche Verzierungen gute Wirkung thun ‚follen,

Zuerſt ſolte man den Grund und Boden in Ruͤckſicht auf ſeinen beſondern Character betrachten, ob er etwas Großes, Wildes, Lebhaftes, Melancholiſches, Schauderhaftes oder Schönes an ſich hat. Nachdem der eine, oder der _ andre diefer. Character vorwaltet, Eann man feine Wirkung gewiſſermaßen verftärten, wenn man jedem Theile ‚eine ge— soiffe Benennung giebt, und dann den Namen durch ſchik— fiche Zufäge unterſtuͤtzt; fo kann z. €, ein Gang, den man den Gang der Verlieben ‚nennt, durch die Kunft Sige mit Mottos, Urnen zum Andenken trener. Liebhaber, . Blumen fränze u.f. w. erhalten.

Welch einen Vortheil muͤſſen mande italienifche Land: fie von dem Umftande erhalten, daß fie auf einem Grund und Boden liegen, deffen in den klaßiſchen Schriftftellern gedacht wird! Und felbft in England, wo es fi trift, daß ein Park, oder ein Öarten der Schauplag irgend einet i Begebenheit in der Geſchichte gemefen iſt, da folte man in der That ſich dieſen Umſtand zu nuße machen, um den Ort für die Einbildungskraft mehr Intereſſe zu geben, Mottos folten darauf anfpielen, Säulen u.f.w. daran er: innern, Verſe darüber moralifiren, ‚und die Neugierde ihren Theil von Unterhaltung bekommen. |

Kenn man den Plan zu elnem Landhaus und ei« nem Garten entwirft, fo ift es gut, wenn es der Plag er- laubt, eime Unterordnung der Theile zu behaupten; wenn man

VIH, Einjzelne Gedanken über ben Gartenbau. 75

man das’ Haus fo glücklich anbringen Eann, daß man von da aus eine Ueberſicht des Ganzen hat. - ch Habe zu: weilen “gedacht, man fonne hier den Plan eines epiſchen, oder dramatifchen- Gedichts nachahmen. Es iſt mehr wun« ſchenswerth, als nothwendig, daß die frappantern Seit en folche folgen‘, die es minder *

Der Geſchmact hängt, ſehyr vom Temperament ab. Einige ziehen den Tibull dem Virgil vor, und den Virgil | dem Homer; Hagley Persfield, und Dersfield den Walk: fer Gebirgen. Dies, verurfacht den mancherlen Vorzug, , den man dieſer oder jener Lage giebt. Kin Gatten macht den ſtaͤrkſten Eindruck, wo ‚das Große und des Angenehme aufeinander folgt, ohne miteinander, vermiſcht zu feyn.

Indeſſen glaube ich, das Erhabne thut insgemein et ne ftarfere Wirkung, als das bloß Schoͤne.

Sch brauche die Worte Landfhaft und Proſpect, jenes um nähere Seenen, diefes, um fernere Bilder auszudruͤ— den. Der Profect ſolte auf blaue ferne Hügel gehn, die doch aber nicht fo entfernt find, dag man fie nicht von. den Wolfen unterſcheiden kann. Aber blos die weite Aus: dehnung iſt es was ber große Kaufen am Profpeez ſchaͤtt an

Die ſolte Mannigfaltigkeit genug um ein. Gemälde auf der Leinwand bilden zu koͤnnen, und dies ift, glaube ich, feine boͤſe Probe, da ja: der Landſchafts⸗ mahler am beſten im Stande: ift, einen Entwurf für, den

Gaͤrt—

76 VII, Einzelne Gedanken über den Gartenbau,

- Gärtner zu machen. Das Auge verlangt bier eine gewiſſe Harmonie, die doch nicht fo weit gehn muß, daß darunter die natürliche Wahrfcheinlichkeit leider. Ein Wald, oder ‚ein Hügel, kann einem Haufe oder einem. Obelisf entfpre- chen, denn allzugroße Puͤnetlichkeit würde mißfallen. Wir bilden unfre Begriffe nach dem, was wir gefehn haben, und würden wir gleich, wenn wir das Univerfum” überfes ben fonnten, es vielleicht durch und durch ganz vegelmäf fig finden, fo gewöhnen doch die Stücke, die wir davon fehen, die Phantafie zum Gegentheil,

Das Auge folte immer auf Waffer herabfehn, die Ger wohnheit in der Natur macht es notwendig. Ich wüßte nichts, das augenſcheinlicher mißfiele, als die. große jebene Fläche in des Herrn T Garten, die zwiſchen ſeinen Bee⸗ ten und ſeinen Teichen it, |

Man kann es ſich ſchwerlich erklären, warum man in ehmaligen Zeiten fo ſehr die geraden Zugänge zu den . Käufern, die geraden Wege durch, die Wälder, Furz, alles in gerader Linie liebte, wo der Fuß basjenige zu durchwan⸗ dern hat, mas das Auge fehon vorher durchlaufen, Dies ift ein -Finmwurf gegen diefen Geſchmack. Ein andrer eben fo wichtiger ift der, daß eine lange Strecke Weges immer derfelbe Segenftand , immer ein Baum nad) dem andern wiederholt wird. Ein dritter‘ iſt der, daß man dieſes Ei⸗ nerley auf Koſten der Mannigfaltigkeit erlangt, die eine ‚natürliche Gegend aller Orten, in groͤſſern oder geringern Grade, gewährte, Stille zu ftehn, und ſolche Gänge zu

x | über»

VIII, Einzelne Gedanfen über den Gartenbau. 77

überfehn, "mag einiges geringe Vergnügen durch’die Abwechs-⸗ lung erregen, die aus dem Profpect entfteht, aber fih ims mer- fortzubemegen , und nicht die geringfte Veränderung der Scene fich bey der Verändrung des Orte begleiten zu ſehn, muß einen Mann’ von Geſchmack wahren Verdruß machen. Für einen ſolchen muͤßte es, wenn man ihn ver— dammte, in einer Richtung mit der berühmten Vue von *) Mofcau bis Petersburg, oder von Agra bie Labor in Sn‘ - bien zu Mandern, ein eben fo unangenehmes Urtheil feyn, als wenn man ihn sur Saleere verdammte. Don dem, was er fühlen müßte, fonnte ich mir einige dee machen, als ich nur einige Minuten, wie eingemanert, zwi⸗ ſchen des Lord D. hohen geſchornen Epheuhecken. ſpazieren gieng, die in einer Weite von ungefehr sehn Fuß vollkom⸗ men parallel laufen, und fo befchaffen find, daß fie alle an⸗ dre Arten von Gegenftänden ausfchließen.,

x

Wenn eitt Gebäude oder ein andrer Gegenftand ein⸗ mal aus dem rechten Geſichtspunet iſt geſehn worden, folte der Fuß nie auf demfelben Wege dahin gelangen, den das Auge vorher durchlaufen hat. Man muß den Gegenftand aus den Augen verliehren,, und ihm unbemerkt näher fommen.

Die Seitenbäume in Allen folten fo angebracht feyn, daß es mahrfheinlich duͤnke, als wenn fie von Natur da

gewachfen wären. Truͤmmern

H f, Montesquieu über den Geſchmack.

78 VI Einzelne Gedanken uͤber den Gartenbau.

Trümmern von Gebäuden feheinen ihre Kraft zu ver: gnuͤgen von der Unvegelmaßigkeit der Oberfläche, die Man— nigfaltigkeit beroirkt, zu erhalten. Dazu kommt der Raum,

den fie der Phantafie geben, fich eine groͤſſere Ausdehnung |

ihres Umfangs zu denken, oder fich gewiſſer Begebenheiten und Umſtaͤnde zu erinnern, die fich auf ihre ehmalige Groͤſ—

fe beziehen; und fo erregen fie Ideen von Groͤße und

Feyerlichkeit. Das Abgebrochne an denſelben muß ſo unre— gelmaͤßig als m utzlich feyn: -— . Hat man blos Schönheit dabey zur Abſicht, welches aber doch ihr eigentlicher Vor— sug nicht jeyn ſoll, ſo wird die Wellenlinie und leichtere Uebergänge von groͤſſ erer Wichtigkeit ſeyn. Begeben⸗ heiten, die ſich auf ſie beziehn, eonnen durch unzählige klei⸗

ne Kunftgriffe angedeutet werden, dech muß man fich ims mer erinnern, daß hohe Hügel und jähe Ashänge fih am .. beſten für Schlöffer ſchicken, fruchtbare Thaler hingegen, in -

der Nähe von Waldung und Waffer, am beften die gewoͤhn⸗

liche Lage von Adteyen und Cloͤſtern nachahmen. Beſon⸗

ders gehören zu dem legten weſentlich große Eichen, deren weit ausgedehnte Arme, wie der Poet fagt, und deren ehr— wuͤrdige Haͤupter nur ein, religiofes Dammerlicht zulaffen:

Eine Hütte ift ein veisender Gegenſtand, zum Theil tvegen der Mannigfaltigkeit, die fie heivorbringen kann, tvegen der Ruhe, die darinnen zu herrſchen fiheint, und ich fürchte, vielleicht auch wegen des Stolges der menfehlichen Seele: Loge alterius ſpectare laborem,

Sn einer Scene, die man dem Auge darftellt, folten die Gegenftände nie weder fo fehr zus Nechten, noch fe fehr u zur

Mn rn m

VIII. Einzelne Gedanfen.über den Gätrehbau. 79

zur Linken liegen, daß es unbequem wird, fie zu unterfür en. Doch kann es zumeilen beffer feyn, ſſchaͤtzbare Ge: genftände auch’ mit diefem Nachtheil anzubringen. Sonſt aber ‘werden fie fiber einen gewiſſen Winkel hinaus gar nicht gefehn werden. Das Auge muß erft Bequemlichkeit haben, ehe es Vergnügen genießen kann:

Das altein macht das Angenehme nicht aus, wenn man von dem einen Theile. des Gartens zu dem. andern durch ſanfte Kruͤmmungen gelangt, das Auge verlangt auch ein Gleichgewicht, das iſt, einen gewiſſen Grad von Ein: formigfeit, ‘doch muß diefe Regel mit Einſchraͤnkung ver— ftanden werden , und man kann jene Einformigfeit auch duch andre Mittel beivirken,als daß, wie der Dichter ſagt, jeve Allee ihre Schweſter hat, und die eine Haͤlfte des Grundriſſes vollkommen der andern entſpricht. Laßt uns doch ſehen, was ſich fuͤr die Regelmaͤßigkeit ſagen läßt, die, Pope tadelt. Könnte er nicht eben. fo ſcheinbar die Ein zichtung des menfchlichen Sefichtes radeln, weit es ein Au⸗ ge, oder eine Wange hat, die das. Ebenbild von der au— dern iſt? Oder ſcheint es nicht, daß die Vorſehung, die dieſe Regelmaͤßigkeit in dem aͤuſſern Dan unſres Coͤrpers beobachtet, und bey dem innern Bau nicht darauf geſehn, es fuͤr eine Schoͤnheit gehalten hat? Die Arme, die Gliedmaßen, und die verſchiednen Theile derſelben, haben jedes einen Pendant aber: nicht fo iſt es mit dem Hals und dem Bauche. So viel ich weiß, bey einer Landfchaft ift man insgemein auf eine Uebereinſtimmung bedacht, und wenn ich mich nicht irre, fo fuchen die Mahler in der Regel | fie

go VM. Einzelne Gedanfen über dein Gartenban.

fie zu bewirfen, und laſſen z. E. ein Gebäude auf der einen Seite mit einer Gruppe von Bäumen, einer großen Eiche, oder | einen hohen Huͤgel aufder andern abwachſen. Woher koͤmmt diefer Geſchmack anders, als von unfrer Liebe zu Regelmaͤſ⸗ figkeit und Vollkommenheit? Dem fey nun wie ihm wol, le, was die Gärten betrift, ſo muß die Geftalt des Bor dens, die Stellung der Bäume, und die Figur des Waſ— fers der Natur sebeiligt feyn, man: mu; Feine Formen 96: ſtatten, welche Kunft merken laſſen.

Alle Baͤume haben einen Character, der einem menſch⸗ lichen Character entfpricht. Die Eichen find in allem de tracht ein vollfommnes Bild von dem männlichen, in ehma⸗ ligen Zeiten wuͤrde ich gefagt , und in gegenwaͤrtigen bit ich, glaube ich, berechtigt zu fageh ‚von brittifchem Cha: Yacter. So wie der vechtfchafne Mann weder plöglich durchs SGluͤck uͤbermuͤthig gemacht, noch durch Unglück niederge druͤckt wird, ſo entfaltet die Eiche ihr gruͤnes Gewand nicht auf die erſte Annaͤherung der Sonne, und laͤßt es auch nicht bey ihrer erſten Entfernung fallen. Man denke ſich zu ihrem majeſtaͤtiſchen Anſehn die rauhe Größe ihrer Min: de, und den weiten Schirm ihrer Zweige.

Eine große, aͤſtige, alte Eiche iſt vielleicht das ehrwuͤr⸗ digſte unter allen lebloſen Dingen.

Urnen ſind feyerlicher, wenn ſie groß und einfach, f e . find ſchoͤner, wenn fie Elein und verziert find. Feyerlichkeit tft vielleicht ihr Hauptendzweck, und ihre an folte die

‚fen befördern helfen, | Ich

VII, Einzelne Gedanken über den Gartenbau.

Sch wundre mich,- daß bieyerne Statuen in unſern neuern ©ärten nicht ftärfer Mode find. O6 fie gleich die feinen Züge-des menfhlichen Coͤrpers nicht ausdrücken md. gen, fo feheinen fie fich doc wegen ihrer Dauer fehr gut . dazu zu ſchicken, Landfchaften zu verfhönern, wären fie auch noch um einige Grade fhlechter, als wir fie insgemein fe hen. Eine Statue in einem Bimmer veizt zur Unterfur hung, und verdient als Statue Eritifch geprüft zu merden. Eine Statue in einem arten muß als ein Theil einer Scene oder Landfchaft angefehen werden, die Eleinern Züge ſind Hierbey ihr eben fo wenig weſentlich, als fle ein guter Landſchaftsmahler dafiir halten wuͤrde, wenn er in feinem Se, re eine Statue anbrächte.

Sqeinbate Kunſt iſt am rechten Orte faſt eben ſo wichtig, als ſcheinbare Natur. Sie contraſtiren auf eine angenehme Art, aber ſie muͤſſen ſtets von einander abgeſon⸗ dert erhalten werden. |

Manche künftlihe Schönheiten find fo gefchickt ausger . führt, daß, man genöthigt wird, ſie für natürlich zu Halten, manche natürliche find fo vortreflih, daß man —— möchte, fie waren kuͤnſtlich.

Was ganze Scenen betrift, je ungewöhnlicher ſie auss ſehen, defto beſſer; vorausgefegt, daß fie ein Gemälde formis zen, und nichts enthalten , was für ein Product der Nas tur angefehen ſeyn will, und es nicht if. Die Geftalt des Bodens, die Stellung der Bäume, und der Fall des

M. Litt,u.Bölferf.L 1. B. > Waſſers

82 VIII. Einzelne Gedanken über den Gartenbau.

Waſſers gehören in das Fach) der‘ Natur,- alles, was fie hindert, iſt verwerflich.

Auf der andern Seite haben Gebaͤude und Werke der Kunſt keine Beziehung weiter auf die Natur, als daß fie daS äuaegwov hervorbringen, wodurch der menſchliche Geiſt vergnuͤgt wird. |

Der Kunft folte man nie erlauben, einen Fuß in dag Gecbiete der Natur zu feßen, anders, als insgeheim und bey Nacht. Sobald man der Kunft erlaubt, öffentlich im Ge: biete der Natur zu erfcheinen, und die Menfchen anfan« gen, den Unrerfchied zu verkennen, kommen gothifcher Ger ſchmack, Verwirrung und Chaos zuruͤck.

Zu ſehen, wie unſre Urnen, Obelisken und Fontainen ſo ganz blos da ſtehn, wie die Nacktheit unſrer geliebten Schoͤnen, der Najaden und Dryaden von dem tyranniſchen Winter jedermanns Augen blos geſtellt wird, das iſt ein empfindlicher Anblick, über den man ſich kaum vermittelſt eines warmen Ofens, einer angenehmen Geſellſchaft, und einer Flaſche guten Burgunder tröften kann.

Die Werke eines Meenfchen, welcher baut, fangen. fos gleich wieder an zu verfallen, da hingegen die Werke def fen, der pflanzt, fogleicd) anfangen, zuzunehmen. Sn fofern verfpricht das Pflanzen ein dauerhafteres Bergnügen als das Bauen ; denn blieben auc Gebäude immer in deriels ben VBollfommenheit, fo würden fie doch: wenigftens ihren Glanz verliehren, und nach unſrer Einbildung Reparatur

brauchen.

Al. Einzelne Gedanken über den Gartenbau, 63

brauchen. Bäume aber haben etwas, das. mit unſerm Ge ſchmack uͤbereinkommt, nämlich die jährliche Weränderung. Es ift in der That unfchicklich, wenn fie machen, daß unfre giebe zum Leben mit ihnen Wurzel fihlägt und blüht, da doch unfre Gebäude fihon dadurch, daß fie immer dieſelben bleiben, ohne den Gedanken an ihre Hinfaͤlligkeit, uns von der Zuneigung zu ihnen entwoͤhnen.

In manchen Laͤndern iſt es uͤblich, daß man uͤbel von denjenigen nach ihrem Tode urtheilt, die weder einen Baum gepflanzt, noch ein Kind erzeugt haben,

Der Geſchmack des Bürgers und des bloßen Lands manns iſt in allen Stücken derſelbe. Jener vergoldet fels ne Kugeln; mahlt fein Mauerwerk und feine Statuen weiß, pflanze feine Bäume in geraden Linien, oder im Zirkel, ſchneidet feine Taxus viereckigt, oder coniſch, oder giebt ih— nen, ſoviel als moͤglich, Aehnlichkeit mit Voͤgeln, Thieren oder Menſchen, ſpritzt feine kleinen Bäche durch Spring: Brunnen in die Höhe, kurz, bewundert nichts in der Natur, als in fofern es fich durch Kunſt bearbeiten läßt, und lege alles zur Schau, was fehimmert, was Koften vorausfegt, der was Erftaunen erregt, weil es unnatärlich if: Der Sandmann ift fein Bewunderer. A

Bey dei Gartenbau folte man fih ſtets erinnert, dag Erhabenheit und Pracht von Schönheit und Mannige faltigkeit ſehr verſchieden iſt. Jede Scene, die wir in der Natur ſehn, iſt entweder kalt und unſchmackhaft, oder dar⸗ ans zuſammengeſetzt. Es ereignet ſich oft, daß derfelbe

da Boden

84 VII. Einzelue Gedanfen über den Gartenbau.

Boden vermittelft der Kunft entweder gewiſſe Grade von Erhabenheit und Pracht, oder gewilfe Grade von Mannig— faltigkeit und Schönheit, oder eine Mifhung von beyben erhalten fann, In dem Fall muß man nur überlegen, in welchem Lichte er fih am beften auszeichnen laffe, ob als Gegenftand der Schönheit, oder der Pracht. Sogar die Gemuͤthsart des Eigenthümers darf nicht ganz aus den Au: gen gefeßt werden, dern manche Temperamente ziehen einen Drangen: oder Myrthenbaum einer Eiche oder Ceder vor. Dies muß indeß den, der einen arten anlegt, nicht ver: leiten, eine große Ebene durch Beete mit Eleinen Gefträu- chen zu zerfiückeln, oder einen Berg mit Nofen zu befegen. Dies hieße einen Niefen’ in einem, taffetenen Rock kleiden, oder den Kopf eines Sararenen in eine Haube mit Spi⸗ Gen ficken. In der That die Eleinen, im Kreis gefeßten, Haufen von Tannen, die. ich zuweilen am Eingang von großen Landhäufern gepflanzt fehe, kommen mir vor, tie eine Eleine Wapenfrone, die man auf dem Nücen eines Elephanteu oder eines Cameels anbrächte. Wer einen Gar: ten anlegt, darf dies nad) meiner Meynung eben fo wenig thun, als ein Poet es wagen dürfte, vom König von Preuſ⸗ fen in Philipps Manier zu fehreiben. Auf der andern Seite, was würde aus Lesbiens Sperling werden, wenn man ihn in eben der Sprache, wie den Zorn des Achill ber handeln wolte? J Die Gärtner laſſen ſich in’ drey Arten eintheilen, in den Landſchaftsgaͤrtner, in den Blumengaͤrtner und in den Kuͤchengaͤrtner, vermoͤge unſrer obigen Eintheilung von Gaͤrten. Ich

VII. Einzelne Gebanfen über den Gartenbau. 85

\ Ich habe das Wort Landſchaftsgaͤrtner gebraucht, weil nad) unferm jegigen Geſchmack im Gartenbau jeder guter - gandfchaftsmahler mir am beften im Stande zn feyn ſcheint, den Riß zu einem Garten zu machen. Das Ungluͤck ift nur, daß. diefe Mahler meiftens geneigt find, ‚mehr auf die Ausführung ihres Werks, als auf die Wahl des Sujets zu fehn. - Die Kunft, su entfernen und zu nähern, gehort recht eigentlich in ihre Sphäre; das erſtere gefchieht durch eine ſtufenweiſe Verminderung der Deutlichkeit und der Größe, das andre durch das Gegentheil. in Gang in gerader Li⸗ nie, der im Eingang ſehr weit, und erſt mit Eibenbaͤumen, ſodann mit Tannen, und immer ſofort mit lichtern Baͤu⸗ men bepflanzt iſt, bis zuletzt Silberweiden ſtehn, wird eis ne aufferordentliche Taͤuſchung von der erften Art bervors bringen, und diefe Täufhung wird noch ftärfer feyn, wenn die hähern dunkeln Bäume verhältnismäßig und wirklich größer find, als die lichten am Ende des Ganges:

Um ein Gebäude zu entfernen, pflanze man fo nahe ale moͤglich am daffelbe zwey oder drey Kreife von Baͤu— men, die ein verfchiednes Grün haben. Die immer gruͤnen Bäume find zu allen folhen Abfichten die beften. Man mar he alfo z. E. den äuffern Kreis ‘von Stechpalmen, den folr genden von Lorbeerbäumen uf. w. Die Folge wird feyn, daß die Einbildungskraft ſogleich einen Raum zwiſchen jeden dies fer Kreiſe, und einem andern Raum zroifchen ihnen und dem Haufe annimmt; da nun Diefer eingebildere Raum unbe: fiimmt - ift, fo mind: das Gebäude, wenn es einen dunkeln

e x 5 3 | Anftrich

86 VII, Einzefne Gedanken über den Gartenbau. Anftrich Hat, von. ziemlicher Größe zu ſeyn ſcheinen. Die

Einbildungskraft vergroͤſſert mehr, als das beſte Microſcop. Ich habe, was das betrift, Faͤlle geſehn, wo, weil man den zwiſchenliegenden Platz uͤberſehen konnte, die Entſernung viel geringer ſchien, als wenn eine Hecke, oder ein Luſtwaͤldchen

ihn verborgen hatte,

Hoden, wenn fie als Heden in die Augen fallen, tamı

gen überhaupt nichts, Sie entdecken Kunft im Gebiete der Matur, Baͤume in den Hecen, befommen gleichfalls ein Fünfte liches Anfehn, und werden ein Theil davon. Es läßt ſich nicht geſchwinder und leichter abhelfen, als wenn man die Hecke wegnehmen, nnd die Baͤume ſtehen laͤßt, doch nicht fo, daß man die vorige Hecke noch merkt.

Waſſer ſolte ſtets wie ein unregelmaͤßiger See, oder wie ein ſich ſchlaͤngelnder Bach angebracht feyn. =

Inſeln geben Schönheit, wenn das Waffer groß genug

iſt, aber fie vermindern die Größe durch die Mannigfaltige _

feit.

, * Es war eine weiſe Bemerkung irgend eines ſcharfſin-

nigen Beobachters, daß Familiaritaͤt meiſtens Verachtung hervorbringt. Scheußliche Tochter einer liebenswuͤrdigen Mutter! Was fuͤr ungluͤckliche Geſchoͤpfe ſind wir, daß un⸗

ſre Genieſſungen eutweder unterbrochen werden muͤſſen, oder

ſich ſelbſt zernichten! Unſre Leidenſchaften dürfen das Ver gnuͤgen nur ein wenig koſten; erlaubt man ihnen zu viel Genuß, fo. verloͤſchen fie wie eine Lampe, die man mit Del

übers

-

VII. ‚Einzelne Gedanken über den Gartenbau: 87

überfüllt. Daher werden mir Ealt gegen das Schoͤne, wo⸗ mit wir vertraut geworden, und Fein Zufag, den es be⸗ fommen £önnte, würde den Bortheil aufiviegen, den es bey dem erſten Eindrucke hatte. Nur zu oft alſo vernachlaͤßigen wir Reize, die das Verdienſt der Realitaͤt haben, und ziehen eingebildete vor, die bloß durch die Neuheit an ſich ziehen. Daher kann man im Allgemeinen es erklären, warum man | in unfern altmodifchen Gaͤtten die Kunſt der *— ſo ſehr vorgezogen hat.

| Zwar wird oft Kunft erfordert, um die Schönheit der Natur zu fammeln, oder gleichfam in Auszug zu bringen 3 aber man folte der Kunft nie erlauben, ihre Gepraͤge auf die Werte der Natur zu drücen, nämlich in folhen Stuͤ⸗ een, die ganz. in das Zac) der Natur gehören , bey der Form des Bodens, bey der Pflanzung dev Bäume, und bey der . Anlage von Seen und Baͤchen. Es werden doch Puncte ‚genug verkommen, bey denen man die Kunft, jedoch verfiohlner Weife, muß onordnen laffen, und. dag aus. folgen: der Urfache. Der Menſch ift nicht im Stande, das Gan— ze mit.einem Blick zu überfehen. Hätte er das Vermoͤ— gen dazu, fo konnte man ihn allerdings tadeln, wenn er ſelbſt im Kleinen Anordnungen machte. Das wäre daſſel⸗ Be, als, wenn er, in feiner jetzigen Lage Vergnügen drinnen, finden wolte, den Bau, von einem Ameisnefte, oder die Ab⸗ theilungen ‚von. einem Bienenſtocke nachzumachen. ber wir find in-einen Winkel der Erde hingeftellt, und haben weder die Oxgane, nod den Stand. dazu, um das Ganze zu überfehn, um die Mannigfaltigkeit, die Anordnung, und 4 die

gg VIE, Einzelne Gedanken über den Gartenbau.

die Verhältniffe des Ganzen zu beurtheilen. Wir bemerken im Einzelnen manche Lücken und Mängel, manche vernachlaͤſ⸗ fiste Stellen ohne Mannigfaltigkeit, die uns im Ganzen ontweder unmerflich, oder fchön vorkommen würden. Man koͤnnte mit eben fo viel Grund erwarten, daß fich eine Schnes - de an der Schönheit unſrer Beete und Terraffen vergnäg

te, oder daß eine Ameife unſre Gebäude der Anordnung ih:

ver Kornfammern vorzöge, als daß fich der Menſch beruhis gen folte, ohne je den Gedanken zu haben, daß er das Stüd Sand, das ihm zu Theil wird, verbefiern kͤnne. Wenn um aber gleich die Kunft nothivendig ift, um die Schon: heiten der Natur zu fammeln, durch was für, Gründe kann fie berechtigt werden, die Natur zu verderben, und fi) ihr zu miderfeßen? Warum beftrebt fie ſich aus bloßer

Griffe, den Pflanzen menfehliche Geftalt zu geben, aus des non die Natur, die weife Natur es für gut fand, Bäume zu machen? Warum giebt fie der Pflanze Flügel, die bie Natur an den Boden gebefter hat? Hier feheint die Kunft mit Affeotation den Fleiß zur Schau zu ftellen, def: fen Verbergung ihr Ruhm if, Der Stein, der einem - Stern vorftelle, wird ‚blos aefchäßt, teil er ein Product der Natur if, und niemand fieht die änaftlich gearbeiteten Schnoͤrkel und den traurigen: Fleiß der gothifhen Künfkler gern. Mir weit mehr Vergnuͤgen betrachtet man eine ſim⸗ ple griechische Arbeit, mo die Kunft: eben fo großen, aber minder ſichtbaren Fleiß angewandt hat. So bewundern wir zwar das glaͤnzende Gewebe eines Seidenwurms, aber der ſchlechte Urheber dieſes Gewebes iſt uns zuwider, wenn

*

J

VIII. Einzelne Gedanken uͤber den Gartenbau. 89

er ſich zeigen, und uns einen ſo re Wurm vor Aus gen bringen will.

Doch dies alles iſt bloß in den Puneten wahr, die in das Gebiete der Natur gehören, wo die Kunſt nur als ein unterthäniger Vaſall erfcheinen kann, und daher beffer chä- ke, wenn fie gar nicht erſchiene. Ein ganz andrer Fall ift

es, wenn did Kunft die Beſorgung von Gebäuden, fie ſeyn

zum Nutzen, oder zur, Pracht, hat; alsdann macht fie bey Tempeln vielleicht: eben ſoviel Anfpruch auf Ehre, als die Gottheiten, denen fie gerwidmer find. Hier liegt nun der Kumft alles daran, foviel als möglich, defehen zu merden, und obgleich die Natur noch einmal fo fhon durch den Cor traſt ericheint, den die Werke der Kunſt erregen, fo kann doch die Kunft nicht leicht der Natur einen Vortheil ger währen, den diefe nicht zu vergelten im Stande wäre. Eine ländliche Gegend ift in meinen Augen niemals volltommen, wenn nicht noch irgend eine Art von Gebäude

hinzukommt; in der That ‚habe ich gefehen, daß fchon ein

Stuͤck Felfen im Stande war, den Mangel von Gebäuden zu erfeen. Es ift bey dem Gartenbau feine geringe Sache, wenn

man Groͤße oder Schoͤnheit durch Ueberraſchung verſtaͤrkt,

z. E. durch einen ſchnellen Uebergang von dem Gegentheil auf ſie. Aber bloß die Ueberraſchung zu ſuchen, z. E. dieje⸗ nige, die durch ein, wie man es in der Gartenkunſt nennt, Aha bewirkt wird, ohne zugleich einen: edlern Endzweck da: bey zu haben, ift ein Kennzeichen. eines: ſchlechten Geſchmacks und ein allzugroßer Hang zu bloßen Spielereyen,

u Größe

90 VII Einzefne Gedanken über den Gartenbau, Größe und Schönheit find ſich ſo entgegengeſetzt, daß

man oft die eine in dem Maafe vermindert, indem: man die andre vermehrt. . Meannigfaltigkeit verträgt füch mehr mit der letztern, und Einfalt mit der erftern.

Man denke fi einen großen Hügel, den die Kunft ‚durch große Flecken mit Bäumen von verfchiedner Farbe, durch abgebrochne Selfenftüce, durch. Kalfgruben, durch ein Dorfchen, ‘oder durch. Meyereyen mannigfaltig gemacht hat, and man hat eine ſchoͤnere Gegend, aber fie ift minder groß, als zuvor. -

In vielen Fällen ift es am rathſamſten, die Land« | ſchaft aus Schönheit und Größe zufammen zu feßen. Ges fest, ein prächtiges Gewaͤſſer entfpränge in einem fehr man niofaltigen Thale, fo würde es nachtheilig feyn, feine Schon heit‘ durch Mittel zu erhöhen, die feine Pracht vermehrten. Es kann zumeilen, doc) ereignet es fich felten, nöthig ſeyn,

Thaler mit Bäumen, oder mit fonft etwas auszufüllen. Meiftentheils ift es die Pflicht des Gaͤrtners, Bäume, oder was fonft die Tiefe ausfült, wegzufchaffen, und fo weit es die Natur erlaubt, der Höhe eine Eünftliche Bergeöfferung zu geben.

Die heckenartigen Reihen von Aepfelbaͤumen in Her⸗ fordſhire, machen, eine; fehr fehone Scene: zu der Zeit, wenn ſie in der Bluͤthe ftehen, aber der Anblick würde noch mehr wahre Größe haben, wenn es bloß Laubwerk wäre, Aus derfelben Urſache ift eine große Eiche oder Buche im Herb⸗ fte ein erhabnerer Gegenftand, als im Fruͤhling. Das leb⸗ hafte Gruͤn iſt alsdann dunkler geworden |

VII, Einzelne Gedanken Aber ben Gartenbau. gr

Geradheit und leichte Uebergänge find feine, geringen Spngredientien des Schönen; abgerißne und vechtwinklichte Stuͤcke Land haben mehr von dem, Erhabenn. Go ift vielleicht eine Spigfäule ein fhonerer, ein Thurm, ein er- habnerer Gegenftand, Diele von den verfchiednen Meynungen in Anfehung: des Vorzugs, der gewiffen Landgüthern oder Landhäufern gebühre, rühren daher, daß man das Schöne und das Praͤch⸗ tige nicht unterſcheidet. Sowohl diefes als jenes, gefällt, aber es giebt Phantafien, die mehr für das eine, oder für: das andre gemacht find.

Addiſon glaubte, eine ofne uneingeſchloßne laͤndliche Gegend mache die beſte Landſchaft. Aber es iſt etwas ba: bey zu bedenken. Große, fimple Gegenftände ohne viele Abwechslung ‚Haben die ftärkften Anfprüche auf Erhabenheit, Ein großer Berg, auf deſſen Seite feine Abaͤndrung von Gegenftänden ift, hat mehr Großes, als ein andrer, der unendliche Mannigfaltigkeit hat, aber feine Schönheit ift ver- hältnismäßig geringer.

Inndeſſen glaube ich.doch, eine weite Fläche giebt, wenn fie dem Auge nahe ift, eine Art von Freyheit, die es liebt, und dann muß jedes Gemählde, man mag das Große oder das Schöne vorziehn, in der gehörigen Entfernung gehalten werden. Mannigfaltigfeie ift das vornehmfte Ingredienz hey der Schönpeit, nnd Einfalt ift der Größe wefentlich.

Beleidigende Gegenftände erlangen. in einer. gehörigen Entfernung fogar einen Grad von Schönheit, z. €, Stoppeln, Brachfeld, und dergleichen, |

messen > A

IX, Pro,

02

IX.

Probatum eſt.

Nah dem Martial,

H, wuͤnſcheſt dag mit feiner Liebe Lucillo dir vom Halfe bliebe?

und meift kein Mittel? bit fo fchlau ! Das Beſte: merde feine Fran. | | J Sattler.

ur 2.0 J Der falfſche Titel.

Mn thbeures Porchen nennt Kerr Katt Sein Mädchen, wie ihr wißt; und dennoch fagt die ganze Stadt,

Daß fie ſehr wohlfeil if. | Sattler;

| ‚XI Die Borfidt

A. Stolz, denkt man, ſchaft ſich Sylvan So jung ſchon Kutſch' und Pferde an? | Nein! er will bloß die Füße wohl. bewahren, Weil er fehon merft: er wird nicht lange fahren. Sattler,

XI, Der

XI

Der Hund und. der Kater. Eine: Faber,

| Hans Spis und Kater Hinz, nach der großen Bet, Wo man fo leicht den Schein Münze halt, Sehr fein zu leben wußten, | Vertrugen ſich dem duffern Anfchein nach Sehr gut. Bekam Hund Spitz den Huſten:

So ſchien des Hundes ungemach

Dem Kater Hinz das Herz zu rühren;

Treu nahm er. fiih des. franfen Freundes an,

nd bracht ihm oft, fein Webel zu curiren,

Manch füßes Stuͤckchen Marcipan.

Nicht minder freundſchaftlich bewie ſich auch der Hund, Mar Hinzend Ohr und Kehle wund; So fand er neben ihm mit tiefgeruͤhrtein Herzen, Nahm an des Breundes Leid und Schmerzen Den zaͤrtlichſten, dem freundſchaftlichſten Theil md leckte gar die Wunden heil, Die manche blutge Katzenſchlacht Dem armen Hinzen beygebracht. | Kurz, beyde fhienen ſich mit gleichen Trieben Als Freunde beüderlich zu lieben; Und dennoch liebten fie fich nicht, Denn tief im Herzen haften beyde N

Wie

“,

94 XI, Eoifi a an einen Sreund,

Wie Hund und Katze fh. Im hamiſchen Sefi che Den Ausdruck falfcher Schadenfreude

Sprach einer heimlich von des andern Noth, und Bun ihm nicht den Heben Sifen Biod, |

—— *

So giebt's Collegen, die zu leben wiſſen, Sie ſcheinen tief geruͤhrt, bep ihres. Bruders Noth, Umarmen ſich mit brüdertichh Küffen, und haften heimlich ſich bis auf den Tod,

C. F. Pockels.

- Ben - -3

XI, Epiftel an einen Freund, über die Ausgabe dur | Gedichte meiner. Tochter,

Im Auguſt 1788,

D. koͤmmt nun endlich, beſter Mann

Don hundert Biedermdnnern,

Das laͤngſt verfprochne Werklein an

Den Kennern und Halbfennern

gur tieberficht und zur Cenfur

Koch find. viel Fehler drinnen So fireng ald auch mit ſich die Dichterin verführt Des Beyfalls Ehre zu geivinnen |

Vom hochgefpästen Publteum;

Es if ein Weib, Sie bleibt darum

Koch immer unvollfommen,

Doch ohne Muttergunf darf ich Dir

über die Ausgabe ver Gedichte meiner Tochter, d5 Die dennoch fagen, daß Sie fi Gemagt, und manches Blatt genommen Aus audrer Dichterinnen Cranz. Biel Lieder werden wohl behagen Und Hin und wieder wird man fagen Hm! das gefällt mir nicht fo ganz Das Eonnte Sie zerreiffen Tun‘ diesmahl werd’ es Ihr verziehn, Ein Blumenforb magd Büchlein heigen Da giebr ed Roſen und Jeßmin und bunte Nelken bey ſchneeweißen, Duftloſe Tulpen, und auch falben Roßmarin Ben Lieblihen Vergißme innichtchen And Myrthen und Drangeblüth Und Goldlack, der wie Goldſtaub gluͤht, Des Wohlgeruch umher wie Ambradüfte flieht So zeigt das Büchlein die auch mancherley Von ungerfchledner Melodie Bald tiefer Ernit, bald Ironie Bald zaͤrtlich wie das Liebegirren | Der Nachtigallen fpdt und fruͤh und hie und da gleicht manches Piebchensd Klang Den Lerchen oder Grafemücenfang Auch dann und wann der Grile Schwirten, = + Sch hoffe dag man fo. vorlieb Wird mit den Büchlein nehmens Ein mitgebohrnes Feuer teich Bey ziemlich rauhen, unbequemen Verhaͤltniß, eben fo wie mich

Die Tochter an, fih zu erlaben i Au

6 XII, Epiftel an einen Freund 2c,

Am Born der Muſen ſo wie ich,

Denn alle Tagesſtunden gaben

Ihr haubliche Geſchaftigkeit

Bald mit der Nadel, bald am Heerde, Und immer lag ihr Herz im Streit Mit finſtrer Grambefchwerde,

Denn Hymen bracht ihr bittres Leid. Sum Glück blieb ich noch auf der Erde, Doch glaube mirs beym deutichen Eyd Bey ja und nein, daß ich die Leyer Ihr nie geffimmt, ihr feinen Viertelton Hab angegeben, weil: Sie Hohn

Sich felber ſprache, wenn Sie Teuer Geborgt von einem andern Heerd

Gie haft die Lügen, und gelogen

its, wenn ein Fremder und die Saiten aufgezogen; Dann iſt der Klang nicht lobenswerth. Doch künftig wird Gie ſich befireben Mit noch viel größerm Fleiß

Zu forſchen vb ein Lorbeerreiß

Ihr die Critie wird geben.

A. L. Karſchin.

XIV. Schrei:

XIV, Schreiben eines Reifenden. M*, am ı5. Nov. 1788. J. komme eben von einer geſellſchaftlichen Waſſerjagd auf

dem Rhein, und gebe Ihnen von einem ſonderbaren neuen Verſuche Nachricht, der hierbey von einem meiner ' Sreunde aus Frankreich gemacht worden: ift.

Diefer hat ein Eleines Schifgen zu 4 bis 6 Perfoneit erfunden, welches mit einer fehenswerchen Mechanie fo ger bauer ift, daß es im einem Quadrat von anderthalb Schuhen ganz zufammengelegt, und dan füglich von einem Dann an jeden Ort der Nothdurft getragen werden kann; der Grod oder das Serippe deffelben ift dünnes, kaum Zolldickes Holz in Gewerbern, und der Boden fo, wie die ganze Beklei— dung nur bloßer mit elaſtiſchem Gummi überzogener Lein⸗ wand, hat Maft, Segel, Ruder und alles, toas zu einem auf dem Rhein üblichen fogenannten Eleinen Nachen gehört, und das Ganze wiege überhaupt nur hundert Pfunde.

Mit diefem Schifgen wurde heute bey unferer Jagd der erfie Verſuch gemacht, von meinem Freunde der Fluß aufs und abwärts befahren, und endlih von den unferer Stadt gegenüber liegenden Inſulen, die ganze Breite des Rheins, und fogar gegen den Wind, bis an dag diefeitige Geſtade überfchift, ohne das nur ein Tropfen Waſſer ein- drang, ober das mindefte daran leck oder befchädigt worden.

N. Litt. u. Voͤlkerk. I, 1. B. Man

yalische Stuystunhiälksk

08 XIV. Schreiben eines Reiſenden.

Man muß berzhafte Entſchloſſenheit haben, fih zuaf in einem ſolchen Leinwandfaften, auf einen fo tiefen Fluß zu wagen, uud ſolchen Standenlang zu beſchiffen; fo wagten es die erften franzoͤſiſchen Luftfchiffer, und jetzt wagt es noch Blanſchard, mit Huͤlfe eines eben ſo gummirten Taf⸗ fents und der brennbaren Luft ſich in die unermeßliche Luft— atmoſphaͤre zu erheben, und ſolche zu durchſchiffen; und fo Hat M** es heute zum erſtenmal unter Menſchen ge— wagt, auch den Rhein in feinem gummirten Leinmwande: ſchifgen zu bejchiffen, und über folhen bei det, größten Brei: te zu feßen.

Diefe neue Erfindung iſt noch in ihrer Kindheit, mag aber in der Folge dem Mienfchengefehlechte viel’ nüßlicher werden, als die bisherige Luftſchifferey, wann fie zumal durch mehrere und wiederholte Verſuche vollkommener gemacht wird, und das Kind fein männliches, brauchbares Alter ers

reicht. Sch bin u. ſ. w. FEB

J

No, I

M. Hat milch öfters ſchriftlich und mündlich aufgefodert und gebeten, des Hertii Kreisſteuet » Einnehmier Weife Brief ‚toechfel der Familie des Kinderfreundes, wovon bis jest 8 Thefle erfhienen find, denen noch 4 Theile folgen und das Ganje ber ſchließen werden, im Pränumerationspreiße zu etlaffen. Mie ſcheint es Pflihe zu feyn, die Wuͤnſche fo vieler Berehter des wuͤrdigen Herrn Verfafers zu erfüllen, die fie für die wohlfei⸗ fere Anſchaffung diefes Werkes, das eine Forttſetzung des Kim detfreundes ift, geaͤuſſert Haben. In diefer Ruͤckſicht mache ich denn ſtatt fcheiftlicher Antwort hierdurch öffentlich bekannt, daß die erfien 8 Theile diefes Werks auf Schrelbpapier mit Rupfern um den Pränurmeratiohspreis für jeden Theil 3 30 Sit, gegeben werden, wenn man die Güte hat feine Beſtellung bie zu Ende der Ofterrheffe fünftigen Jahres ju machen, _ Beh der Ausgabe auf Dtuckpapier ohne Kupfer findet der Praͤnu⸗ u merationspreiß gleichfalls unter vorgehännter Bedingung ſtatt, der für jeden Theil i2 Ger. beträgt. Für denjenigen, der auf einmal 6 complette Erempflaria nimmt, beftimme ich ein ztes als ein Freyeremplar: Leipzig, den aten Sept. 1788. Siegfried Lebrecht us.

No, à. In der Waltheriſchen Hofbuchhandlung in Dreßden, ſi nd nachſtehende neue Bücher zu haben: Abhandlungen der böhmifchen Geſellſchaft der Wiſſenſchaften, mit, ausgemahlten umd andern Kupfern. ster Jahrgang, ato 1798. 3 Rehle. 8 Ggt. | Anhang. Jar. 89. a. Beyers

=

2 Aunhang.

Beyers Schauplaz der Muͤhlenbaukunſt, zter Band in 2 Ab⸗ theilungen mit Rupfern, Fol, Rthlr.

Des Strafen, A. 5. von Br. theatralifche Deluftigungen 4 ter Band, 8. ı Rthlr.

Deſſen Luſtſpiel: So zieht man dem Betruͤger die Larve ob, 8. 10 Bar,

Die Erbfchaft, oder das munderliche ceſtament, 8. ıo Gyr.

Erſt geprüft! 8. 4 Gar.

Fuß topographiſche Beſchteibung des Niefengebirges in Böhmen, mit phyſikaliſchen Anmerkungen 4. 6 Ggr.

Lempe Magazin der Bergbaufunde, mit Kupfern, zter Band, gr. 8, ı Rthlr. Ä

Mitlar’s phyſikaliſche Erdbeſchreibung, mit Kupfern aus dem Engliſchen mit Anmerkungen gr. 8. 1Rthle.

‚Müplenordnung für Kochliger Amts · Mühlen, Folio. 3 Ger.

Interims Regulariv, für-die Mühlen an der ſchwatzen Eifter, Folio. 3 &g . |

Der Minifter, ein Schaufpiel des Freyherrn von Gebler, N. A. 8. 5 Ggr.

Des Grafen Rasumowsky, Mineralogiſche und phnfifalifche Reifen ; aus dem Franzoͤfiſchen mit Anmerfungen, gr. 8. 16. Ggt.

von Sande und D. Hanemanns Kennzeichen der Güte und

Verfälfhung der Arzneyen, gr. 8. 1 Nrhir. Des Grafen Fr. von Schafgotſch, X6Gandiung. über die Berech⸗ niung ber Ephemeriden, mit Kupfern, 4. 10 Gar. Schriften der Leipziger oͤconomiſchen Societaͤt, 7ter Band mit

Kupfern, gr. 8. 20 Gar,

° Meber die Taration und Veranſchlagung der Güther nach den -

neueften und beften oefonomifchen Grundfäzzen, ıc. nebſt dazugehörigen Anſchlaͤgen. 4. 1Rthlr. 16 Get.

Des Feldmarſchalls Srafenvon Veterani, Feldzüge wider bie Türfen, in Ungarn und angrenzenden Rändern, mit Anmet⸗ ungen und Beyſpielen aus der neuern Geſchichte, mit Plans, gt. 8. 20Ggr.

Des

Anhang. *

Des P. Voigt, Abhandlung über den Gelft der boͤhmiſchen Geſetze, in den verſchiedenen Zeitaltern. Eine Preisſchrift, 4. 1Rthlt. Weinholds Vergleichung der gewoͤhnlichen Moafe, Gewichte, und Münzforten aller Länder ıc. 4. 16 Ggr. Deſſen Gebrauch einer ſehr nüglichen Nechnungs s Tabelle, 4. 2 gr. Schulz ab Afherade Res fuo evo gestas memori& tra- didit, 8. 18 Gar, j | Cours &lementaire et pratique de la Langue francöiee par Mr, Belin 2 Tomes, 8. :o Sur. Ä Evelina. or the History of a young Lady’s entrance into the World by Mifs Burney, 3Vol, 8. 2thle. g gr. MElanges de vers et de Prose, ‚par Ms. le Comte Fr. | .. de Hartig, ar. 8. Epitre à Mr, le Comte de Hartig, sur. la Mort du Com- te de Buffon, par de Cubiere, gr.98. 2 Gar. s Livre pour apprendre A bien lire en frangois; avec les Prineipes de la Langue et de l’‘Orthographe. . Edition augmente, 3. 5 Ger. Ä

No. 3.

Der erhabene Schriftfteller Friedrich der Einzige giebt imIV. Tome feiner zu Berlin gedruckten Oeuvres posthumes pag. 160 fegg. von der unter hoͤchſt eigner Anführung ſei⸗ ner Truppen gegen die Kayſerl. Königl. Völker bey Torgau am zten Nov. 1760. gelieferten Schlacht eine Befchreibung, welche mit jener volltommen übereintrift die dem vom damaligen Saͤchſ. Ingenieurs - Hauptmann After auf einen Regal- folios Bo» gen bekanntgemachten Plane von diefem Treffen in deutſcher und franzoͤſiſcher Sprache beygefügt iſt.

Da nun kein kraͤftigeres Zeugniß fuͤr die Richtigkeit und

Wahrheit diefes ſchoͤnen Planes gefordert werden tann, ſo laͤßt ſich muthmaßen, daß ein oder andere Beſitzer jener Oeuvres

posthumes, welchet Plan noch nicht einmal kennt, gerne Ar - ver»

4 Unhbang vernehmen werde, tie noch eine-geringe Anzahl Exempiare deſſelben vorhanden ift, falls er Ihn dabey zu haben wuͤnſchet und ſich ein Eytmplar in einer von beyden Sprachen anſchaffen will. Wiebhaber Eonnen ſich diesfalls in Zeiten, an jede große Buchhandlung in Deutſchlands Städten wenden, welche dieſen Plan aus der Waltheriſchen Hofbuchhandlung zu Dresden gegen ‚&elegung 3 Rihl. Conventionsgelb jedesmal nad) erhalten werden ; nach Verkauf diefer wenigen Eremplare aber möchte ſchwerlich eine neue Auflage zu gewarten ſeyn. ‚Dresden, d. 15. Nov. 1788.

No, 4.

In der Waltherſchen —— zu Erlangen iſt dag dritte Quartal der Bafigen gelehrten Zeitung, unter dem Titel: Annalen der geſaminten Litteratur, fertig geworden und in allen

Hherdlungen um 16 Gor. zu haben. Das ate Quartal vers laßt mit dem Jahresſchluß die Preffe, urd die resfp. Herren Liebhaber ehalten in dem ganzen Jahrgang nach dem erweiterten Mlan uͤber orttthalbtouſend Artikel, die Nachrichten von Befoͤr⸗ derungen, Todesfällen ꝛc. nicht dazu gerechnet. Die eigenen Anzeigen in den Anmeifungen diefer gelehrten Zeltung fprechen felbft fait durchaus für ihre Genauigkeit und Unpartheilichkeit, In den Beytraͤgen, die zur Erreichung deg ausgebreiteten Plans unumgänglich noͤthig ſcheinen, iſt darauf vorzuͤglich Ruͤckſicht ge⸗ nonmen worden, daß theils alles, thells ſo hald es möglich war, angezeigt würde,

Da hiedurch ein refp. Publikum ine moͤglichſt vollſtaͤn⸗ dige Ueberſicht der geſammten deutſchen Litteratur, und zum Theil auch der auslaͤndiſchen, erhält; fo Hat man die gegruͤndete Hoff⸗ nung, daß daſſelbe dieß muͤhſame Unternehmen auch fuͤr die Zu⸗ kunft beguͤnſtigen werde. Der Preiß bleibt im künftigen Sabre, wie in diefem, allhier auf dem wohlloͤbl., KR. Poffame afl. und man erhält "dagegen alle Wochen einen und einen hal⸗ ben Bogen; wer es aber quartaliter haben will, beliebe ſich an eines Jeden Orts Buchhandlung zu wenden, wort man das

Kruartal um 16 Ggr. oder ı fl. rhl. haben kann. Erlangen, ben 29. Nov. 1788. No.ꝶ ·

Anhang. a EEE WR | Beytraͤge zur Naturgeſchichte.

Unter dieſem Titel denke ich Beſchreibungen unzulaͤnglich beſchriebner, oder ganz neuer Arten von Thieren, Pflanzen und Mineralien zu liefern, und diefelben in guten, der Natur ge⸗ | . treuen, illuminirten Abbildungen darzuftellen; doch fo, daß alle, die Zergliederung betreffende Figuren, wenn nicht befondere Um⸗ ftände das. Ausmahlen -derfelben erfordern, ſchwarz bleiben, weil ſie ſo leicht durch das Auftragen der Farben an Deutlichkeit ver⸗ lieren, und hoͤchſt ſelten dadurch gewinnen. Abbildungen von Mineralien haben nur dann einigen Werth, wann diefeiben et wos auffallend unterfcheidendes in ihrer äuffern Bildung odes ihren Farben haben, welches ſich duch Worte nicht deutlich ge⸗ nug ausdruͤcken läßt, mehrentheils find fie daher, da dies fo felten der Fall iſt, unnuͤtz und hoͤchſt entbehrlich: alfo auch nur dann, mann diefez genannte Fall wurklich eintritt, werde ich Zeichnungen derſelben mittheilen. Vierteljaͤhrlich ſoll Ein Heft von zwoͤlf Kupfertafeln, mit einer ohngefaͤhr gleichen Bo: genzahl Text in ganz kleinem Folio erſcheinen, und zwar auf Pränumeration, das Heft zu ſechs Rthlr. in Ld'or zu 5 Kehfe., oder Dycaten zu 2 Rthlr. 20 Ggr. Die zur Neujahrsmeſſe ſteht der Pränumerationstermin auf das erſte Heft ofen, wel ches ich, ween ſich bis dahin eine hinlängliche Anzahl von Bra numeranten gemeldet haben fplite, aut Leipziger Oftermeffe des folgenden Jahres herauszugeben hoffe. Nachher kann ich Fein Exemplar unter neuy Rthlen. erlaften. Die erften Hefte, wOr rinn ich wid nur mit Schlangen und Eidechfenarten, beten Geſchichte noch fo ſeht im Dunkeln llegt, beſchaͤftigen werde, follen auch befonders unter dem Titel: : . | N,

Beytraͤge zur Geſchichte der Amphibien. erfcheinen : wer auf.diefe.allein, und nicht auf das Ganze pränus weeriren will, bezahlt zu einiger Entfhädigung ſtatt ſechs, ſieben Kehle. im voraus, Pränumerationen nehinen an, in Berlin Hert Doct Vloch in Bremen Herr Subtzctor Bredenkamp/ in Duͤſſeldotf

| | SH

6 Ä Anbang.

Herr Hoffammmerrach Beuth auf dem Walle, in Frankfurth an der Ober Herr Profeffor Schneider, in Göttingen Herr Prof, Heeren, in Jena die Erpedition der allgemeinen Literatur⸗ zeitung, in Leipzig die J. G. Muͤllerſche Buchhandiung, in Weſel Herr Bachhaͤndler Köder. Liebhaber, denen kemer dieſer Oertet gelegen iſt, belieben ſich geradesweges an mich zu wenden, doch muß ih mir Briefe und Gelder poftfrey erbitten. Die Namen der Pränumeranten bitte id) mir mit ihren Titeln vor Abfhluß des Pränumerationstermins richtig aus, um fie dem “PER Hefte vorfegen zu können. Duisburg, den 1. October 1788.

= Dlafius Merrem. —F der Weltw. Doet. der Mathem. und Phyſ. ordentl. Prof. der Berl. Geſellſchaft naturſ. Freunde Eh⸗ renmitglied, der Koͤnigl. Geſellſchaft der Wiſ⸗

ſenſch. zu Goͤttingen Correſpondens.

No. 6. Ankuͤndigung einer Cronik der vornehmſten Weltbegeben⸗ heiten mit erklaͤrenden Anmerkungen.

Bey der Menge von politiſchen Zeitungen und Jour⸗ nalen, die wir aufweiſen koͤnnen, iſt dennoch nicht fuͤr das eigentliche Beduͤrfniß des groͤßern Theils des Publikums ge⸗ ſorgt, deſſen votzuͤgliche Lektuͤre in ſolchen Blaͤttern oft garız allein befteht. In allen wird eine Menge biftorifcher, geo« graphiſcher, ſtatiſtiſcher und anderer Kennenifje vorausgefezr, die oft nicht jeder Gelehrte, geſchweige andere Stände haben koͤnnen, und ohne welche doch viele Weltbegebenheiten unver _ ſtaͤndlich Bleiben muͤſſen, und überhaupt das Lefen ohne Nuz⸗ zen iſt. Dieſem Bedürfniß einigermaßen abzubelfen, kündigen wir eine neue periodifche Schrift an unter dem Titel i

Kronik der vornehmſten Weltbegebenheiten. Säpelie erfcheinen 13 Stücke oder Numern in einem farbigen Ums fhlage gehefter, und: machen 2 Bände. Jede Numer enthaͤlt, nach Maaßgabe der Wichtigkeit der Materien, auf 3 bis 3 Bogen in Octav alle wichtigen Ereigniſſe unpartheyiſch und zuſam⸗ menhaͤngend erzaͤhlt. Es iſt en dofür geſotgt, daß

die

Anbans 2

die Neugierde ber Leſer ſehr bald befriedigt werden kann. Wo es die Umſtaͤnde erfordern, bey Vorfaͤllen, Worten ıc. follen erklärende und. belehrehde Anmerkungen dem weniger

unterrichteten Leſer zu Huͤlfe kommen, um ſich von allem eine

richtigere Vorftellung machen zu koͤnnen. Bermöge diefer Einrihrung wird es zugleich eine nüßliche Lektuͤre für die erroachfenere Jugend.

Mit Ende des Februar erſcheint die erſte Numer. Wir beſtimmen den Preis eines Bandes oder von 6 Numern nicht hoͤhet als 18 Ggr. Conventionsmuͤnze oder den Louisd'or 5 Rthl. Praͤnumeration, welche bey Empfang des zweyten Stuͤcks bezahlt wird. Niemand verbindet ſich durch die Abnahme

des erſten Stuͤcks anf die folgenden; wem Inhalt und Behand⸗ fung nicht gefaͤllt, bezahlt das erſte Stuͤck mit 4 Ggr. und ſagt

die Subſeription ſogleich auf, geſchieht das nicht, ſo macht man ſich wenigſtens zu einem Bande verbindlich. Der nach⸗ herige Preis eines Bandes iſt 1. Thaler. Wir hoffen auf

dieſe Weiſe der Klage uͤber das a der Vorausbezah⸗

fung auszuweichen.

Liebhaber unferer Arorit koͤnnen ſich in allen Buchhand · lungen, auf den Poſtaͤmtern, Zeitungs» und Adreß- Komtoi⸗ sen melden, um fie ſogleich zu erhalten, und die Vetlagshand⸗ lung einigermaßen in-den &tand zu from die Auflage zu beſtimmen.

Die Anzahl der Liebhaber wird ob role zu weilen eine Landkarte, Plan ıc. liefeen fönnen.

- Herausgeber und Verleger wetden fich vor der Hank nicht nennen; erfuchen aber hiermit alle Erpedisionen , die ſich mit petioobiſchen Schriften befaffen, um die beſte Bekanntma⸗ hung. In Wien, Berlin, Leipzig, Hamburg und andern Städten werden wir unfere Niederlage haben, und die Kaiſerl. Reichspoftämter in Bremer und Baimar, das Königl, Preuß. Graͤnzpoſtamt In Halle und dle Chusfürfll. Saͤchſ. Zeitungse

Erpedition in Leiogig werden wir um den |

Geſchtieben im Januar 1789 | ot | No, 7.

=

8 | | Anhang.

No. 7. Mufifalifche Anzeige,

In der Breitkopfifhen Buchhandlung zu Leipzig, wird unter dem Titel: Terpfichäre zu Neu Jahr 1789. eine Samms lung von Zänzen von C. G. Breitkopf dem jünggen, im Cla⸗ vierauszuge und im Stimmen für ein vollftändiges Drchefter in einem bequemen Formate gedruckt erfcheinen. Anglaiſen, Suiten von, Walzern, Frangaifen, Menuetten, caracteriſti⸗ ſche Tänze und Eleine Balette für . freundfchaftliche Perſamm⸗ lungen werden mit einander-darinuen abwechſeln. Wer darauf in oberwähnter Buchhandlung pränumeriren will, der erhält den Clavierauszug, welcher im Hillerfchen Operettten Formate 10, bis 12, Bogen flark wird, bis Nen Jahr 1789. um'ı2 Gr. und die Stimmen, mit beygefügten Figuren und deren Erklaͤ⸗ rung, welches zufammen einige dreyßig Bogen in einem beque men Formate ausmachen wird, um Rthlr. 4 Gr., und wer auf Beydes zugleich praͤnumerirt, um ı Kehle, 8 Gr, Melt ent fernte Theilnehmer, welche fich des kurzen Terming wegen erſt nah Neu Jahr einfinden folten, erhalten die verlangten Erem« plare auf beiderlei Art noch bis Ende des Januarg 1799. um den Pränumerations » Preis, nachher aber wird der Preis ers höher werden. Sollten diefe Zänze Beifall finden, fo wird man diefe Samtmlung unter obigem Tittel und unter ebendenen« felben Bedingungen, auf gleiche Art arrangirt, fortfegen. Drerjenige, welcher auf 10. Eremplare pränumerict, erhält für feine Bemühung dag ıote Er. frey, oder ziehet 10. pro Cent baar ab, und da der Clavierauszug in beiderlei Schlüffel gedruckt wird, fo bittet man bey Beftellung der Eremplare um die An; geigung des Schluͤſſels. Leipzig, im October. 1788,

No, 8, Mufifalifcher Pot - pourel. J Unter dieſem Titel kuͤndiget die Breitkopfiſche Buchhand⸗ kung ‚in Leipzig eine Sammlung Muſikalien für Clavier und * Befang an, die aus Sonaten mit und ohne Begleitung, aus Ein

Anhang. | 9

1

| Sinfonien, Eleinen Cantaten, Arien, giedern, Eleinen Clavier⸗

ftäden und Taͤnzen ıc. von verfchledenen Componiſten beſtehen

und Bierteljährig in Einem vonzehn bis wölf Bogen in gtoe quer Folio herauskommen ſoil. Um zu erfahren, ob dieſes Unternehmen ſich den Beyfall

des Publikums verſprechen darf, und zngleich denenjenigen,

welche daffelbe unterftügen wollen, einigen Vottheil zu gönnen,

fo nimmt obenerwähnte Buchhandlung auf den erften Heft, bis

Februar 1789. 16 Groſchen Praͤnumeration an. Nach Verlauf

dieſer Zeit wird kein Exemplar unter ı Thaler verkauft. Wer auf 10 Exemplare praͤnumerirt, erhält das zehnte und bei 6 Ex⸗ empl. das ſechſte halh, frey. Man wird ſowohl dafür Sorge

tragen, daß in dieſer Sammlung nichts aufgenommen werde,

das nicht einigen Werth haͤtte, als auch auf die Befriedigung ſowohl geuͤbter als ungeuͤbter Epheler bon Inn. " Leipzig, im October. 1788. No, 9 | Gotha. In der Ettingerſchen Vuqhandlung if, * qusgekommen und in allen Buchhandlungen iu haben: Thea«.

terfalender auf das Jahr 1789. 12,. 16. Gar. broſchirt.

Es iſt diefeg ſchon die ſiebzehnte Fortſetzung des bekann⸗ ten Theaterkalenders. Die Eiurichtung deſſelben iſt ang

ben vorigen Jahrgaͤngen zur Genüge bekannt, und ſeine maͤhrige Dauer der beſte Beweiß ſeiner Guͤte. Die Kupfer ſind diesmal aus den Costumes du grand Theatre de Paris, und kolorict, und, werden den Liebhaber um beite, angenehmer. ſeyn, da gedachtes Werk wegen feiner Koftbarkeit in wenig. Hände kommt. Das Titel» Kupfer ift das fehr fchön geftochene

Porträt des beruͤhmten Glucks. Die Abhandlungen enthalten

viel intereffante Materien, die alle auf das Theater Bezug har ben. Unter den Gedichten find verfchiedne artige. Die Ans, zahl der deutſchen Schaubuͤhnen und Schauſpielet, ſo wie auch

dre nenen Stuͤcke, ſcheint in dem Jahr 1788 mehr zu » als ab» genommen haben, und find ein Beweis, daß ſich der Geſchmack . | | eu

vo Anhang.

am Theater (man Fan fiher hinzuſetzen, ber gute Seien)

immer mehr ausbreitet. Die Nachrichten vors Theater find

fehr ausführlich. Auf die Art mie diefer Theaterkalender eine _ gerichtet ift, kann man ihn als einen ſichern und jährlichen Maas ſtab des deutfchen Buͤhnenweſens anfehn, und den Dilettanten

umd ERROR empfehlen. | A

No, 10.

Ankündigung der Annalen der neueſten Tel und Voͤlkergeſchichte. |

So viele vortrefliche, inländifche und —— Sam fungen von Nahrichten und Urkunden zur neueiten Weltges fhichte wir auch haben, fo Eönnen fie doch ihrer Einrichtung und Beftimmung nad), weder fo vollftändig als es mögkich iſt, noch in dem Zufammenhange, welcher der Erzählung neues Intereſſe giebt, die Gefchichte eines ganzen Jahres darſtellen, und es fcheint uns noch nach dem Verlauf eines Jahres, ein Werk zu wuͤnſchen zu feyn, welches für die Geſchichte deffel: ben das feiftete, was Herr Profeffor Remers Tabellen für die Statiftik leiften, nur mit dem Unterſchiede, welchen Ge⸗ ſchichtserzaͤhlung und Tabellen nothwendig machen. Denn die Ueberſicht der Begebenheiten, mit welcher jeder Jahrgang des politiſchen Journals anfaͤngt, iſt zu kurz, und das Ännual-Regifter (oder die Weltbegebenheiten im Großen) blelbt immer einige Jahre zurüd, und ift zu uniftändlich bey der. Geſchichte Englands. Dies veranlaßt mich eine foldhe, von einem einfichtsvollen Gefchichrforfcher mit Beyhuͤlfe anderer "Mitarbeiter beforgte, beurfundete, zweckmaͤßig kurze, zufam: menhängende und lehrreiche Geſchichte der Weltbegebenheiten eines ganzen jahres dem Publikum anzufündigen, die, wenn ih durch Praͤnumeration hinlaͤnglich unterftügt werde, jaͤhr⸗ lich erſcheinen ſoll unter dem Titel: |

Jahrbuͤcher der neueften Weltbegebenheiten aufdas Jahr «=... * er

Anhang. Hi

OL Der Inhalt ſoll diefer ſeyn: 1.) Alle wirkliche, große Weltbegebenheiten werden umſtaͤndlicher, mit allen ihren Veranlaſſungen und nähern Folgen, in fo ferne man fie beurtheilen kann, erzählt, auch zum richtigen Urtheil darüber Anmeifung gegeben. Vornehmlich wird die Gefchichte eines Kriegs oder der Kriege, am welchen mehrere Reiche Ancheil nehmen, in einer fortiaufenden Erzaͤhlung dargeſtellt werden.

2.) Die‘ politifchen Begebenheiten, - welche nur ein | Volk oder Land angehen, und von Nicht fehr großem, Eins fluffe find, werden Eürzer behandelt; aber die Veränderuns. gew, welche ſich in. feiner Staats - und Sinanzverfaffung zu⸗ tragen werden, mit ‚allen ihren Umftänden genau aufgezeich- net werden. Man wird auch nicht unterlaffen, die häuslis hen Veränderungen großer und Fleiner Regenten, die Ges nealogie und Schickſale berühmter Staatsmänner, Feldherrn, und anderer ſehr verdienter Maͤnner, zu bemerken.

3.) Alle für die Menſchheit wichtige neue Entdeckun⸗ gen und Erfindungen, ſie moͤgen den Ackerbau, Handel, Schiffarth, und die verſchiedenen Gewerke, oder die Wiſſen⸗ ſchaften, die Kuͤnſte, den Luxus, oder die Staatsregierung und die kirchliche Verfaſſung angehen, werden mit zweckmaͤßi⸗ gen Anmerkungen uͤber ihren Werth und Wichetzteit ar ſtellt werden.

4.) Eben fo forgfältig und. genau follen alle erhebliche und denfwärdige Beränderungen.in det Litteratur, den Kennt⸗ niffen, denXeligionsbegriffen und Keligionsübungen, der Eul: fur, den Sitten, der Denfungsart,, des ganzen Zeitakters‘ _ überhaupt, oder einzelner Völker und Länder insbefondere in diefen Jahrbuͤchern aufbewahret werden. Man wird dabey vorzüglich auf das Ganze der Schriftftellerey, aufdie Summe des Gewinns oder Berlufts einzelner Theile der Litteratur Rücficht nehmen, und übrigens nur einzelne ſehr wichtige Schriften befonders anzeigen. Von Aeufferungen oder Hatıda lungen: einzelner Perfonen werden nur. felche in diefe Annalen

aufge:

2 Anhang

aufgenommen werden, die zur Schilderung des —— An

unferer Zeit dienen Eonnen.

11. Was die Methode anbetrift, fo wird man theils im Allgemeinen, theils bey manchen befondern Nachrichten alles mal die Quellen anzeigen, aus welchen gefchöpft worden iſt. Die Verfaſſ er aber werden alle die vornehmſten infändifchen und auslaͤndiſck u Sjournale und Zeitungen von jeder Art und Gattung forgfältig und mit aller Pruͤfung benutzen. Es wuͤrde zu weitlaͤuftig ſehn, ſie hier anzuzeigen; Kennern ſind fie nicht unbekannt, und ih dei Einleitung zum erſten Bande follen fie genennt werden. Man wird aber aüch vor eignet Correfpondenz vorfichtigen Gebrauch machen. Wich⸗ tige Urkunden, wie Friedensfchlüffe, . Allianztractate, vor⸗ zuͤglich merkwuͤrdige Ediete ꝛc. ſollen Fedesinäl in der Srigis nalſprache (mit einer deutſchen Ueberſetzung begleitet, wenn es eine auslaͤndiſche Sprache iſt) an Ende des Bandes ans gehängt werden. Die Erzählungsart wird der Würde det Geſchichte und der Unterhaltung der Leſer gleich angemeſſen, mehr gedrängt, als weitſchweifig ſeyn; alle Urtheile werden unpartheyiſch und mit der Achtung welche man Voͤlkern, Re⸗ genten und Privatperſonen ſchuldig iſt, abgefaßt werden; aber durch keine Verhaͤltniſſe, durch keine Furcht wird man ſich abhalten laſſen, der Wahrheit treu zu Bleiben, und irrige Bes griffe in der Staatsregierung, der Geſetzgebung, der Hans dels » und Finanzpofitit u. fi fe fo wie fie find darzuftellen, und an ihrer Verdrängung zu arbeiten, Manche, gewiſſen Elaffen von Lefern unverftändfiche Begebenheiten, roird man durch Anmerkunge aus der Geographie, Statifif, der Ala tern Voͤltergeſchichten und verſchiedenen anderer Wiſſenſchaf⸗ ten, erlaͤutern und deutlich machen. Jedem Bande ſollen auch neue Charten von den Laͤndern und Gegenden, wo wich⸗ tige Weltbegebenheiten ſich zutragen, und Kupfer, wenn ſie noͤthig ſind, beygefuͤgt werden.

Man gedenkt mit dem gegenwaͤrtigen Jahr 1788 den Anfang dieſer Annalen zu machen. Was aus der Geſchichte

Ya des

An h anm g⸗ | | 13

des vorigen oder einigen vorigen Jahren zut Einſicht in die diesjährigen Begebenheiten zu wiffen noͤthig ift, "Wird dabei

kurz nachgeholet iverden. Diefer Band wird erſt zu Johan ·

nis fünftigen Jahres erfeheinen Eünnen , aber im Zukunft follen in der Oftermeffe eines folgenden Jahres allemal die Annalen des vorhergehenden ausgegeben iverden, Denn da man ehemals die Genealogiſchen Nachrichten begierig gele— fen hat, da man noch die Frankfurter Meß⸗Relationen haͤufig kauft, ſo darf ich wohl hoffen, daß meinem Unterneh⸗ inen die noͤthige Unterſtuͤtzung auch für bie Zutunft nicht feh⸗ ken wird. Wegen des dabey nothwendigen ſehr ſtarken Auf— wands ſehe ich mich gezwungen dieſe Jahrbuͤcher auf Praͤnu⸗ meration anzukuͤndigen. Die Staͤrke eines Jahrgangs oder Bandes laͤßt ſich nicht ganz genau beſtimmen. Allein ich verſpreche den Praͤnumeranten das Alphabet in groß 8. mit deutlicher Schrift um 16 Ggr. ſaͤchß. zu geben, und verlange auf den erfien Band ı .thlr. Boransjahlung: Bom Erfolg diefer Ankündigung wird die Ausfuͤhrung des Unternehmens abhängen und da der Pränumerationstermin mit dem Mos. nat Februar 1789 geendigt ift, fo bitte ich das Publifum, und meine Freunde insbefondete durch gefällige Bekanntmachung baldige freye Einfendung der Gelder nebft Liften der Prä- numeranten, welchedem Werfe vorgedruct werden follen,- mid) in den Stand zu ſetzen, daß ic) ‚bekannt machen Fan, ob ich durch den Verlag diefer Jahrbuͤcher mic) dem Publikum nüglich machen koͤnne, welchem ich hiermit die Verfichrung gebe, daß bey fortgehender Unterftüßung, diefe Jahrbücher: ger wiß mit jedem Jahre, an innerer und aͤuſſerer Volltommens beit zunehmen folfen. Leipzig Im Nov. 1788. -

Johann Benjamin Georg Bo. NEN

No, I:

14° Anhang - #- j No. II.

Preußifche Armee» Uniformen, 12 $ieferungen, von ıı Blättern, ſehr ſauber illuminirt, auf jedem Blatt ein Officier und ein Gemeiner, in ganzer Figur, mei⸗ ſterhaft gezeichnet, find bey, Horvath in Potsdam heraus: gekommen, und in allen Buchhandlungen für 14 Rthlr. 16 Gr. zu haben.

Wir müffen dem Herrn Verleger die Gerechtigkeit R wiederfahren laffen, daß diefe Preußifche Armee-Lieferung die fehönfte ift, die wir von allen bisher herausgegebenen Armeen gefehen haben, meil felbige dem Liebhaber die voll: fommenfte und richtigfte Vorftellung von jedem Regimente giebt. Die andern Armee : Ausgaben ſowohl in Mahlerey als Zeichnung fehr fehleche gerathenen ftehen gegen felbis ger in gar feinem Vergleich.

Auch find bey eben dielem Verleger fertig worden: Preußiſche Civil - Uniformen, 2 Kefte von 12 Blättern, fauber iffuminirt, in ganzer Figur, 2 Rthlr.

No. 12.

Da ſich der Herr Domprediger Foͤrſter auf vieles An⸗ ſuchen entſchloſſen, zu feinem Lehrbuche der chriſtlichen Re: ligion Fragen drucken zu laſſen, und dieſes ganz fuͤr den u“ abgefaste Buch nun unter dem Titel:

„Fragen über das Lehrbuch der riftlichen Religion nach „Anleitung des Katechismus Lutheri, von J. C. Forfter ; „als ein verlangter Anhang zu jeder Auflage pafjend, * die Preſſe verlafien hat, fo biete ich diefes Buͤchelchen von 7 Bogen engen jedoch leferlihen Druck den Lehrern für Vier gute Srofchen an. Der Ladenpreiß des Lehrbuchs ſelbſt ift zwar 9 Ggr. allein wer es in Schulen einführt und fich di- recte an mich wendet, Eann einiger Vortheile in Anfehung des Preifes verfichere feyn. - Weißenfels, im December, 1788. Friedrich Severin. No, 13.

Anbau a: 7 rt Eee ——— No ED nt

* gehören * zu den ——— —8 des Alterthums. Ihr Werth iſt langſt ent⸗ ſchieden, fie follten alſo jungen Freunden dev alten Litteratur miehr empfohlen, von JJ weit mehr geleſen werden, F als es Ay en . ** ‚daher eine Hand⸗ aus ser ſhen Eharaetere an, die jür. Oſter⸗ "nel ir —* ſieh wird, Bey der ich beſonders "Mein f Ein chten —8 ſie oh allen Eriti. ſchen Prunf und fo korrekt als moͤglich zu tiefetn. Die fonft ſo ſchaͤtzbare Fiſcheriſche Ausgabe iſt fuͤr Juͤnglinge auf Schu⸗ len viel zu theuer, und wegen ihrer kritiſchen Bearbeitung nicht fo brauchbar. Denn lange und uͤberhaͤufte kritiſche Noten und wenn ſie Heinſius und Heyne gearbeitet haͤtten Helfen wie Herr Degen ſehr treffend ſagt, Juͤng⸗ lingen wenig; bey dieſen muß man mehr auf eigentliche Sach: und Sprachtenntriffe und auf richtige‘ Faſſung des Sohriftſtellers ſehen. Ich werde mich daher nur. ‚auf folche 2 Aunmerkungen einfhtänfen, welche zur deutlichen. Einfi icht des Wortverſtandes und der Eigenheiten der griechiſchen Sprache beytragen koͤnnen. Uebrigens wird ein griechifch » deutſcheb Wortregiſter hinzukommen, welches ſo vollſtandig als Bud

| * ſeyn wird. Joh. Friedr. Leonh. Menzel.

= Unterzeichnete Verlagshandlung wird den Druck diefer Ausgabe fo korrekt und gut als möglich beforgen, und einen billigen Preiß machen. Bayreuth, den 7. Nov. 1788,

Joh . Andr. Labecks Erben.

No. 14.

Die Sebauerfche Buchhandlung in Halle wird eine volls ſtaͤndige Geſchichte der fiebenjähtigen Verwirtungen und der neuen Revolution in den vereinigten Niederlanden, die der

Anhang . Jan. 89. B Herr

16 | Anhang. \;

Here Superintendent Jacobi zu Trannichfeld ausarbeitet, von der nähfttommenden Leipziger. an in zwey Aelen heraus geben.

No. 15.

Ber Johann Jacob Gebauer zu Halle i im Werbe gifchen find in der letztverwichnen Leipziger Michael: meffe nachftehende neue Verlagsartikel herausge- fommen, als:

Fortfegung der Allgemeinen Welthiftorie durch eine Geſellſchaft von Gelehrten in Deutfchland und England: ausgefertiget, safter Theil. Verfaffee von J. ©. A. Galletti. gr. 4 2 Rthlr. 16 Sr.

Ebendiefelbe unter dem Titel der Neuern Hiftorie, 2 Se gr. 4. 2 Thle. 16 Sr.

Auf den folgenden Theil, fo wohl der alten als neuen Ge⸗ ſchichte, kann noch niit ı Rthl. 18 Groſchen praͤnumeri⸗ ret werden.

Ebendieſelbe in einem vollſtaͤndigen und pragmatiſchen Auszuge. Neueſte Hiſtorie 22. Theil. Verfaſſet von D. J. F. Le Bret. ar.g. 1 Rthlr. g Gr.

Deſſelben 23. Theil. gr. g. 1Rthlr. 3 St.

Auf den 24, Theil fann mit 1Xthlr. pränumeriret werden,

Eberhards, Joh. Aug., philoſophiſches Magazin, ı St. 8. 8 St. Fu

Elementarwerk, neues, für die niedern Klaffen lateinifcher - Schulen und Gymnaſien. Herausgegeben von D. S. Sem⸗ ler. und Chrift. Gottf. Schuͤtz. Meunter Theil, Geo - graphifches Lehrbuch für den zweyten Curſus. Erſter Band. Zwote verbeſſerte Auflage. gr. 8. 16 Gr.

Zabers, J. E., Elementargeographie, 2. Theil, oder des Zemler⸗Schuͤtziſchen Elementarwerks neunten Theils erſter ind unter einem beſondern Titel. gr. 8. ı6 Gr.

i, J. G. A., Geſchichte Deutſchlands, ater Band,

. 4. 2 Kehle, 16 Sr.

Harris,

u Anh ang. | 17

Harris, Id, Hermes, oder philofophifebe Unterfüchung der Sprache und allgemeinen Grammatik, üerfetzt ven C. G. Ewerbeck, und mit Anmerkungen vom Herrn Profeffor Wolf und dem Ueberfetzer verfe-

hen. gr. 8. 1 Rthlr. 4 Gr. |

Handbuch für Bücherfreunde und Bibliothekare, von Heint. Wild. Lawaͤtz. Erſten Theils zweprer Hand. on der Gelehrſamkeit uͤberhaupt. gr. 8. 1 Rthlr. 12 Gr.

Moral in Beyſpielen, Herausgegeben von · H. B. Wagnitz. Dritter Theii gr. 8. 16 Gr.

Beyſpiele zur Erlaͤuterung des Katechismus. Fuͤr Prediger,

Schullehrer und Catecheten. Herausgegeben von H. B.

Wagnitz. Erſter Theil: gr. 8. 16 Gr. Diefes iſt der dritte Theil der. Moral in Beyſpielen unter | einem beſondern Titel. |

Murners,, Thomas, der. heil. Schrift und beyder Rechte Doctors, Schelmenzunft aufs neue mit Exläuteruugen here ausgegeben. 8. 8 Gr. |

Zur vaterländifhen Geographie und Sefhichte. Erläuterung _ einer Heinen Handfarte, welche unter andern das Krieges theater. Friedrichs des Großen und den Schauplag des gegenwaͤrtigen Oeſterreichiſch Tuͤrkiſchen Krieges enthaͤlt. Nebſt einer Anleitung zum zweckmaͤßigen Gebrauch dieſer Karte zum Behuf des Studiums der vaterlaͤndiſchen Seo graphie und Geſchichte. Bon J. M. F. Schulze 8. ı Rthir. 66. N

An ©. 8. Heheit Prinz Ferdinand von Preußen, von D. J⸗ S. Semler, als er, 13 Grane Luftgold einſchickte. 4. 2 Gr.

Bartro, M., Bud von ber Landwirthſchaft, Überfegt und mit Anmerkungen: aus der Noturgefhichte und ben Alter⸗ thuͤmern verſehen von Gottfr. Große. Mit einer Kupfeb⸗ tafel. 3. 1 Rthle. 8 Gr. u

Bertheidigung. des Wuchers, worin die Unzuträglichkeit der gegenwärtigen gefeglichen Einſchraͤnkungen der Bedingun⸗

gen beym Geldverkeht bewieſen wird. In einer Reihe | 2 yon

18 A nhang.

‚von Briefen an einen Freund. Nebſt einem Briefe ‚am: D. Adam Smith, Efg. über: die. Hinderniſſe, die durch obengenannte Einſchraͤnkungen dem Fortgange der Induſtrie in Weg gelegt werden, Aus dem Engl. 8. 10 Gr.

Weftphal, D, Ernefti Chriftiani, Orationes duae, . Al- tera de orthodoxia. religienis,. Jureconfultis recens a nonnullis exprobrata..: Alterade vera Dei cogni- tione et reverentia. rebuspublicis ehriftianis necefla- ria. Accedit cenfurae edieti regii hajus. anni, quo in facris docendi licentia ‚coercetur, ãA— B mai. 3 Gr. | 3

‚No, 16.

Wir hoffen ben. Freunden bibliſcher Lectuͤr⸗ feinen. unan⸗ genehmen Dienſt zu erweiſen, wenn wir ihnen von denjenigen Schriften, welche det wuͤrdige Here Diacon. Heß ſeit den Jahren 1768 738 über die ganze Bibel herausgegeben, eine vollftändige Nachricht mietheilen. Die erftern Schriften dies fes Verfaſſers, nehmlich deſſen Verſuch uͤber den Plan der Goͤttlichen Anſtalten und Offenbarung als eine vollſtaͤndige Einleitung zu allen ſeinen nachherigen Schriften über‘ die Bis bel, und defjen Lebensgefchichte Jeſu, wie auch: NUeber die Lehren, Thaten und Schickſale unſers Herru; * ein Anhang zu detſelben, nebſt der Geſchichte und Schriſten der Apoſtel Jeſu, als der Schriften des Nenen Teſtaments, find ſchon nach" den da von gemachten mehrern Auflagen viel zu aligemein zu ihrem Vortheile bekannt, als daß es nöthig feyn dürfte, das Publl⸗ kum erft darauf aufmerkfam zu machen; nem, Theologen fo wohl als andre Freunde von dergleichen Lectüre wiſſen die Ber - handlungsart und den Werth; jener Werke zut Genuͤge. Die Abſicht des Herrn Heß gieng dahin, auch das ganze Alte Teftament nach. der angefangenen Methode zu bearbeiten, und kuͤndigte deshalb im Jahre 1775 feine Geſchichte der. Iſraetiten vor den Zeiten Jeſu auf a. at. Diefes Ber ſprechen hat er nun ganz erfüllt, und es iſt nicht: unwahrſchein⸗

z lid), --

Angang a 2

u, daß diejenigen, kei: welchen die Heßi⸗ ſchen Schriften uͤber das neue Teſtament und die zuvor genannte Einleicung: Ueber den Plan der Goͤttlichen Veranſtaltun⸗ gen, Beyfall gefunden, auch Neigung haben werden, die Leetuͤre der Schriften des Alten Teſtaments nach dem naͤmli⸗ chen Plane, damit zu verbinden. Der Verfaſſer ſchrieb nicht blos fuͤr Theologen, ſondern er ſuchte auch allen denen, welche ſo wohl uͤber den Zuſammenhang des Alten Teſtaments mit dem Neuen, als uͤber den Plan, welchen die Vorſehung ben ber Erziehung des Menſchengeſchlechts befolgte, über: die (okae

len Borftellungen- der aͤlteſten Zeiten, von. der Gottheit, über .

die Tugend und Untugend; jener Zeiten, über den Gelft-Mofes

und feiner Gefeggebung, über den Werth und das Paffende .

‚feiner Gefege und feines Bottesdienftes für die damaligen: Zekr

ten, über dem Geiſt der jüdifchen Regenten, über die Veraͤn⸗

derung ihrer Staatsverfaſſung, über die verfchiedenen Epoken des Meiche, unter den Königen, über ihre Propheten und deren

Schriften, Über den Verfall ihres Landes, -und.defjen Yınfturz

durch die Babyloniſche Gefangenfchaft uf. m... - allen denen,

die über; diefe und ähnliche Dinge gründliche und. deutliche Bes lehrung wuͤnſchen, fuchte er feine Geſchichte der Iſtaeliten fo nutzbat als möglich zu machen. . Sie zerfällt der Ordnung

nach in folgende Unterabtheilungen : 2:4 53

1,) Geſchichte der Patriarchen, 2 Bände, 8. 2 Alphabet 10 und einen halben Bogen, nebſt einer Korte vom Lande Kannan und umliegenden Ländern,

Hierin ift kein einziger Umftand in dem Leben der Patriarchen,

welcher von Bedeutung iſt und mit der. Hauptgefchichte in Wer»

bindung fteht, Übergangen worden, fo daß mitten im Detail

der’ Lefet Immer auf den. Plan der göttlichen. Regierung *

Großen aufmerkſam erhalten wird.

2.) Geſchichte Moſis, 2 Bände, - 2 Alphabet ı u und * ben Bogen, vebft ı. Karte, welche die Züge der Iſrae. liten in der Wuͤſte, folglich einen. Theil Arabieus und ber angrängenden; Gegenden enthält. I Tr

ea. re Diefe

20 | i Anhang.

Diefe zivey Bände gehoͤren wegen den Erklärungen fo mancher unzweckmaͤhig ſcheiuenden Geſetze, und wegen des Geſicht⸗ punktes, aus welchem der Besfafee bas ‚ganze angefehen dat, unter die intereffanteften. * 3) Geſchichte Joſua und der Heerfährer, 2 Bände, 8 Alphabet 22 Bogen, nebſt einer Karte vom Birken Rande in XII Stämmen abgerheilt. - - Hier fängt eine neue Epoke an, nämlich die Einrichtung der ° Jůdiſchen Republik in Paleſtina. | a „» Geſchichte Davids und Salomons, 2 Bände, g. 2 Alphabet 26 und ı halben Bogen, nebft ı Karte vom Konigreiche Iſrael und den neu eroberten Länder unter den’ Königen Saul, David und Salome, | Diefe zwey wichtigen Männer im jüdifchen Lande konnte der Berfaffer nicht Fürzer behandeln, da er nicht blos mit ihrem Karakter, ihren Schickfalen und ihrer Regierung, fondern auch, was eben fo wichtig iſt, mit ihren Schriften, den Pfalmen und den Büchern Salomonis zu thun hatte, 5.) Geſchichte der Könige Juda und Iſraels, 2 Bände, 8.

2 Alphabet 18 Bogen, nebſt ı Karte der beyden Könige

reiche Juda und Iſrael nach Salomons Tode.

Da die Zeit der Propheten in dieſe Epoke groͤßtentheils faͤllt,

fo ift das Noͤthige hierbey mit abgehandelt worden , befonders

was den Sefajas und Jeremias betrift,

6.) Sefchichte der Megenten, 2 Bände, 8. : 2 Alphaber 20 Bogen, nebft ı Karte von Judaͤa oder dem füdlichen Theile von Paleftina, _

Die Quellen, woraus hierbey der Verfaſſer vorzüglich ſchoͤpfte

und fchöpfen Funtite, find, auffer den Büchern der Makkabaͤer

Vorzüglich das erfte Buch die Schriften des

Geſchichtſchreibets Joſephus.

Dieſes ganze Werk von 16 Alphabeten, und

wovon jede dieſer Abtheilungen mit einer ungemein richtigen

Karte zur geographiſchen Kenntniß des Leſers verſehen iſt, koſtet

u Rthlr. 7 Gr. Zuͤrich, im Der. 1788.

Orell, Fuͤßli und Comp. No. 1 3%

.. Anhang. ee. 2 No. 17. ‚Eine Geſellſchaft Gelehrter beforge, im Fall ſch nur eini⸗ germaßen Subftribenten finden, eine in Deutſchland gedruckte, ‚und mit aller typographiſchen Schoͤnheit begabte Sammlung der allerneueſten und beſten engliſchen und franzöfi fhen Schriften, wol in. den Sprachen ſelhſten, ‚als auch in guten Ueberfegungen, | Das erfte Werk, wird: die demnaͤchſt in London erfcheinende ſehr intereſſante Lebensbeſchreibung des Grafen von Chatam in engliſcher Sprache ſeyn; das dem nachfolgende erſte franzoͤ⸗ ſiſche Werk aber ſoll ebenfalls naͤchſtens angekuͤndigt werden. Die Schriften werden zwar aus allen Faͤchern der Wiſſenſchaften gellefert, doch aber ſoll ‚anf das Fach der ſchoͤnen lfemfseften | ‚vorzüglich Rruͤckſicht genommen werden. Man ſubſtribirt nur blos auf jedes vorher angekuͤnblgee Werk, und kann daher die nicht anſtaͤndigen Schriften uͤbergehen und bey den beliebigen wieder eintreten. Die Subſtribenten erhalten das Alphabeth, oder 23 Bogen, auf ſchoͤn Schreibyapier | für 8 Ggr. in Louisd’or zu s Rehle, oder Ducaten zu 2 Rthlt. 20 Ggr.; dagegen die Michtſubſtrihenten ſich mit Drudhapier begnuͤgen —* | | Die Buchhandlung der Litterarifch + typographiſchen Ge⸗ ſellſchaft zu Pappenheim in Franken, hat die Generalſpedition und Hauptkorreſpoudenz uͤber ſich genommen. Man wendet ſich mit portofteyen Briefen dahin, oder an eine der ſich naͤchſt⸗ - gelegenen Buchhandlungen, Wen Leipzig näher liegt, oder dem es fonft aus einem Grunde bequemer ift, kann ſich an den Buchs händler Ernft Martin Graͤff dafelbft wenden, welcher zu feiner Zeit ö die Ereniplare portofrey ausliefert; Pappenheim in Franken, im November 1788, Zar No, 18. Bey Krieger dem jüngern in Gießen ift herausgekommen: £. Benj, Duvrier Seldftprüfung: und fromme Entſchließungen

ein Selbſtgeſpraͤch 8. 18 gr. Ptedigten uͤber die ganze chriſtliche Moral, aus den Werken der beſten Redner. av Band. gr. 8 ıctl, 8 gt.

No, 19.

22 Anhäng. No, 19. In ben Buchhandlungen iſt Zu Haben: tif Erklärung über das Buch: Irrthum und

Wahrheit, vom Verfaſſer ſelbſt. Nebſt Originalbrie⸗

fen über Katholizismus, Sreitnahrerei Schwaͤrmerei,

"Magie, Starken, Lavatern, Slynsedeiiborg,, Caglioſtro,

Echroͤpfern/ Mesmern und Magnetismus. Zur Beru— = —— der allarmirten Proteſtanten. Wittenberg, Zu— u Bi und Rom. ‚1789. 9 Gar. 6 —— No. 20.

Von dem in verſchiedenen Zeitungen angekuͤndigten Journal: Jugendfreuden, eine Monatſchrift für Kin⸗ der von 8 bis 15 Jahren, iſt das erſte Stuͤk oder der Januar erſchienen. Der Inhait iſt folgender: | 1 Einleitung. 2. Der Schlüßel. 3. Wie groß bie Erde und wie viel Menfehen fi fie bewohnen. 4. Der Sieg des guten Herzens, eine Erzählung., 5. Dnfel Tobi feinen

‚jungen Lefern zum neuen Sabre. 6. Der befhamte Großs

prahler. 7. Glaubhafte Erzählung eines Reiſenden. 8. Das Vertrauen auf die Vorſehung. Schwerlich dürfte es Eltern gereuen, wenn ſie dieſe

Monathſchrift kaufen und ihren Kindern in die Haͤnde ge— ‚ben, Der Inhalt iſt lehrreich und angenehm, der Preiß ge⸗ ringe, und auf das ganze Jahr, oder für i2 Monatſtuͤcke Ein

Thaler Saͤchſiſch, der bey Empfang des erſten Stuͤcks, oder

wenn es beſtellt wird, voraus bezahlt werden muß; wem das Vorausbezahlen nicht anſtaͤndig iſt, giebt jährlich 6 oder 8 Gro⸗

ſchen mehr. Fr No. 21. * In der neuen 1 acabengifchen Buchhandlung in arhung ift fertig worden :. Virgils Hirtengedichte in deutſchen Jamben und Hexameter frey uͤberſetzt, und mit Anmerkungen von A. Weinrich. 8. 8 8

Erſter Reeligionounterricht fuͤr Schulen. ———

Slegfrled Lebrecht Eruſtus in Leipzig hat für die Michaelis: Meffe 1788. folgende neue Bücher verlege die in allen Buchhanolungen ‚um beygejeßte Preife

zu haben find, .

Gerliniemus, der, oder Kreundichaftsgefpräcd über D: Stark und feine Gegner, ein Auszug aus allen bisher erſchienenen Sch iften über den Catholicismus, beſon⸗ ders aus Dr. Starks Werke, 8 6. Gr. Beichreibung des Fürftl. Anhalt Deffauifehen gandhaufeß und englitchen Gartens zu Wörliz von Auguft en - ohne Kupfer, ar. 8. 16 5 Ebendaffeibe mit 5 groß Kolio Kupfern. 3: kt. j —— freimuͤthige, uͤber das Edikt gen lius 1788 die Refigionsverfaffung i in den preufüicet taaten betreffend, 18 u. 28° Stuͤck, 8. Bentie, unumift ßlicher, daß alle Aufklärer ein find,

| Bene, J RG, Auszug aus dem Handbuche —* Rins " der und Rinderlehrer über den Katechismus a

Beoet 5.6., Unterricht in zimmer und Nichtſtudierende,

—**— iur Berbefferung des Üfenttichen TR ſtes der-Ehriften von Hermes, Fiſcher und Salzmann, des Aten Bandes ꝛtes Stück, 8. 12 Gri

Briefe eines amerifanifhen Landmannes an den Ritter

W. S.* vom Jahr 1770 1781. aus dem Engliihen

ins Franjoͤſiſche von *** und jetzt aus dem Franzoͤſi⸗ ſchen uͤberfetzt und mit einigen Anmerkungen begleitet,

von J A. E. Goͤtze, ze Dand, 2. 1 Thlr. 4 Gr.

EHriftiani, Wilh. Ernſt, Geſciote der deneien Weltbeges

benheiten vondem Achner Krieden 1748. bis auf gegen

» wärtige Zeit, ıter Band, gr. 8. «ift mit Mıllots Unis

verialbiftorie, ıor Theil eineclep Bub.) 2 Thle.4 Gr.

Geficrserzäglung geündliche, von den Rechten der Erzbiſchoͤfe alter und neuerer Zeiten zur Erläuterung ihrer Streitigfeiten mit dem römifchen Hofe, 8. 12 Gr.

Heiltwerth, Emanuel, eine Ge Site aus dem deutichen

aterlande, vierter und legter Theil, 8. 14 Gr.

Koh. Chr. Friedr,, Reden und Betrachtungen uͤber Gegenſtaͤnde der Ratur, der Wiſſenſchaften und Sgiehee zum Sebrauch junger Leute auf Schulen, ate ——— 8. 1242Gr-

Runfer zu Salmanne moraliſchen Elementarbuche, ce 2

Leprbinber für die Jugend in Nordearolina, EL : ben. von einer Geſellſchaft Helmſtaͤdtiſcher Profeſſoren, dritte Lieferung Religionegeipicpte und geograph iſches Hondbuch, 8. 22 Gr.

Die Religionsgeſchichte von Herrn Hente. RG

"Das geographiihe Handbuch von Herrn Bruns 14 Br.

Magazin, deutfches gemeinnügiges, heransgegebin vom

- Hof. Fggere in Koppenhagen, 48 Quart. gr. 8. 208% _

Marſhats Humphry, Beſchreibung der in dem vereinig⸗

- ten Staaten von Nordamerica wildwachſenden Baͤume u Stauden, * Engl. mit Anmerk. u. Zuſaͤtzen

.Hoffman 86m

mie, gt. v., Zeent der Infanterie, rs und A llerie, ar Theil, ge. 8, * lr. 4 Gr. Sbendaſſelbe i in fran zoͤſiſcher Sprache, 2ter * —2 | hie. 4 Gr. Millor, des Herrn Abt, Univerfalhiftorie, alter, und neuerer Zeiten, aus dem Franz. 1or Theil mit Zufägen und Berichtigungen und nun aud mit einer Kortfegung bis auf ‚gegenwärtige Zeit von. W. E. ——— Be hle. 4 Allgemeines Regiſter über die erſten gBände des Millor en ee uͤberſehen und. Bepausasarbentvon * Chriſtiani Mund, S. F. G. ndphnthidaſuthea Maga ir Ich. 26 Suanttal, gt. Plancks Gefchichte der Entſtehung, der Veränderung pie » der Bildung unſers proteftantifchen kehrbegriffs vom Anfang dee Reformation Bis zu der Einführung der Koncordienformel, zr Band te Abtheil. gr. 3.. 1Thlr. lefing 8, Fr. W.L., Verſuche zur Aufflärung der Philos fophie des älteften Alterthums, se B. gr. 8. ĩ Thle.6 Gr. - Reibard, M. 9. &., Nachahmung von Lyocophrons Caſ⸗ - fandra, zu mehrerer Emp ehlung * Originals,

Gr. Reißig, M. oh. Sauptſtͤcke der chriſtiihen Lehre, 8. Ar Religionscantaten nach Anleitung der evangelifhen Sefts terte aufs ganze Jahr nebft abwechfelnden Religionss gefangen und einem Anhange einiger Cantaten before dern Feyerlichkeiten gewidmet, 8. 6 Gr. Retzii, Andr, Ich. , ‚Obleer, botanicae , faſc. V. fol.

16Er.

Chr. Gotil, Bote aus haringen, eine Wo⸗ nn 2# u. 36 Bierreljaht, 8. Praͤnumerot ions⸗ preiß für. jeden 4 Br. 6 PR . Schiller, Kr, Äbfall der. bereinigten Nieder lande von der Spaniſchen Regierung, ir Band, ar. 8. 1Thlr. 12 Gr. Gbervefleiben Geſchichte merfwärdiger Verſchwoͤrungen u Rebellionen aus mittlern u. neuern Zeiten, 8. 18 Gr.

MWoleke, C. H. premieres connoiſſances pour Ja jeuneſſe,

‚ou defcription de cent et foixante figures gravées en taille- dauce uſage des. jeunes gens, qui. veulent apprendre P’Allemand, le Rufle et le Francois, traduit de Pallemand gr. im 3. avec des figures enluminẽes 186 Le meme livre avec des figures non enlumindes, 12 Gr. Beitung, deutibe, für die Jugend hiraufgrarben von Herrn Rath) —— in Gotha 1738: 28 u; 38 Quartal, 4. Fedes Quartal : 126Gr. Anmales litterarii, cura Ch. Aug. Güntherj od annım 1798. 14 usque ad 8. Helmftadü. 1 Thle. 16Gr.

Commiſſionsartitel

Anmerkungen, einige, zu den Weißmanniſchen Bemer⸗ kungen uͤber das Refultat des Embſer un

88 ehlätung: zu einem Dane den Größen diefer Erde, fo I wie allen Ständen der Menfchheit gewidmet, 8. 6 Gr. Li Cardinali. gr, 8. Londra, Auf Holl, Pappier. 38* af Druckpappier. 6 Epentafelbe demtfch, 8. 5 Sr Hofmann (Antonii) de Ve&igalium jure in generc, in Spe · eie werd: de Vedtigalibys fubfidiariis vulgo von den Wehr

: aöllen, 4 4. ' 6 Sr. Mewoires:aux fujets des Proteſtants ecrits en 1785 et 1786. 2 Vol. g. ı The |

Montravel Verſuch über die Theorie des ——*

Somnambulifn, aus dem Kranzöfifhen, gr. 8. 9 Gr. v. Pfeifer Grundfäge der Staatewirthichaft, ** von Niklas Moſer, mit dem Bildniß ya Bere ers, 8. Keichsgeundgefeke (die zwey wichtigſten) die Kaiſerl. Wahlkapitulation und der Weſtphaͤliſche Friede mit aͤnßerſter Korrektheit nach den im Reichsardhioe befindli den Deiginalien abgedruct und herausgegeben von a al J 8. 14 Gr.

Rölfmann. de ‚Süedellone ortcıibinak r "Tola Auperfes —F 8. 4Gr.

Roth, J. R., Staatsrecht deutfiher Reichelande, ıt®

| ſammt einem Abdruck der neueften Kaijerl: Wahlkap) : Jarion und dis Weſtphaͤliſchen Friedens wach dem im Reichs archive befindlichen Originalien mit aͤußerſter Korrektheit abgedruckt, gr. 8. 1Thle, 8Gr. Sambuga Gebete zum Gebrauche katholiſcher Sen, $. r.

3 Schütze, Aug., de methodi in :morbis expeütandi * tia, 8.

Soͤmmering, Th., vom Hirn u. Rücenmarf, 8. Schreib, pappier.: 8 Ge. —— P. Ph. Handburb der neueſten Erd⸗ und Bit

ferfund: ous den vorzäglichften und neueften Quellen mit Ruͤckſicht auf kirchliche, politiſche, oekonomiſch x militaͤruche und häusliche Verfaſſung auf Sitten u

Gebräuche, Münzen, Handlung, Gefwichte und-Altere

Geographie jeder Nation ainſres Erdkreiſes. Des » zweiten Theils erſte Abrheilung, welcher Großbrit⸗ tannien, die daͤniſqher en Staaten in und Schweden

enthält 8.. |

abe und Eorspapaie in 1 ©. Gallen 2 gabe um gedrudt.

| auf Zolikofers Tod 9 Sammlungen, 8. —E

Betrachtungen auf die feſtlichen Zeiten der Chriſten aller⸗ meiſt nach Anleitung der evangeliſchen Geſchichte vom Prof Zollikoffer, 2 Theile. ı Thlv. 16 Gr. der Statthalterſchaft der vereinigten Prooins jen von ihrem Urfprung big Anno- 1747. 0 d. Kranzöf, des Heren Abt Rapnal, 8. 7 Sr. den für Kinder, und Kinderfreunde,, dem fronzoͤſi chen F Frau de la Fite, bearbeitet —— ig ee R Borlefung fir di ob * Ueber Aufklaͤrung, eine Vorleſung ie togg Burg e "male Geſellſchaft, 8. 3 ©r 17

BR Renee und Volterkunde.

Fir das Jahr 1789. Nalll: J ebruan.

i. An alle Dichter: R | Als einer ein, Heldengedicht vom Einzigen ankuͤndigte.

Man: Birgit! Horaz! Ihr Dichter aller Zungen! Die thr die würdigiien der Menichen habt gefungen: | Im Heldenlied! in Od', im Trinklied, uͤberall

Mit einer Beldfhalmen und einer Paufe Schal

So ſchoͤn, daß wir noch jest auf beyden BERNER Bon ihren Tharen boͤren!

Bey Seit ihr Herrn! "bey Seit mit eurer Heldenſchaat⸗ Von weichen mancher gruß: und keiner meiner war.

Ha! meiner!‘ meiner if, es mög? euchnicht gefallen, Das Ideal von allen! u ;

Iſt mehr als Hector: und Acht .* F und Herman! Wer mit ihm die andern gleichen ih Sey's Klopſtock, ſey's Arift, der molle fich beinuͤhen Vom zu vergleichenden den Zuſatz abzuziehen:

Di Elt, ns, Bölferk, IL, z, B. E J J wi⸗

100 II, Ueber das Schrittſchuhlaufen.

Wie Flein, mit Augen kaum zu fehn, |

Wird mancher großer Held bey meinem Zriedrich ſtebn, Der, mie fein Grenadier im Giegeston ihn fingt,

Ind mie fein Feld - Plutarch *) ihn auf die Nachwelt bringt, Wahr if! Wie man nicht ſagt: Meßias ein Gedicht ! So paßt zu Dichtung auch mein Held der wahre nicht!

und alſo weg Ihr Herrn! mit eurer Dichtung! dichtet, Wo Großem Großes fehlt. An meinem Friedrich ſichtet Ihr Herrn! wenn Ihr von ihm ſingt, redet oder ſchreibt Sie ſo, mit ſolchem Fleiß, daß keine Luͤge bleibt!

Me 6leim.

ı. Ueber dag Schrittſchuhlaufen.

Ein Verſuch, in einer Geſelſchaft von Freunden Deſau, den iſten März, 1788,

Meine Herren! !

enn irgend eine Materie Anſpruch machen kann, in unſern Zuſammmenkuͤnften erörtert zu werden, fo iſt es ge⸗ wiß diejenige, in welcher ich Ihnen heute einen Verſuch vorzulegen die Ehre haben werde. Bedarf es Beweisgruͤn⸗ de,

*) Herr v. Archenholß, der unter ihm focht, und unter ihm die Feder führte, |

| Anmerk. des Dichters. y

I. Meber das Schrittſchuhlaufen. 10t de, um. uns zu uͤberzeugen, ‚von welcher Wichtigkeit das Schrittſchuhlaufen fey ? Oder iſt es etwa nicht ſchon genug zu ſagen, daß faſt wir Alle, meine eigne Wenigkeit mitge⸗ rechnet, es gewuͤrdigt haben, unter unſern Lieblingsvergnuͤ⸗ gungen oben an zu ſtehen? War es nicht von jeher eine der vorzuͤglichſten Leibesuͤbungen, die nur dein robuſtern Norden vergönnt war, und die dem weichen Südländer un bekannt it? Würden nicht Homer und Virgil, welche den leichten ſchwebenden Gang ihrer Gottheiten: beym Cr feinen und Verſchwinden nicht fon genug mahlen koͤn⸗ nen, würden fie nicht glauben, Apoll und die Mufen in phi⸗ lantropiſcher Verkleidung, erſchienen ihren ſtaunenden Au⸗ gen, wenn ſie aus ihren Graͤbern oder Urnen aufſtehen, und einen Blick auf den gefrornen Stilling *) werfen koͤnn⸗ ten? Und der Deutfche Homer und Pindar zugleich vweihte er nicht feiner ſchoͤnſten Oden etliche, dieſer ed, len Kunft, worin er felbft Meiſter iſt? Giebt es außer ihr eine befjeve Stärkung des ganzen Körpers, wo reinere Luft mit raſcherem Spiele der Muſteln verbunden waͤre auſſer ihr ein beſſeres Mittel den motum periftalticum zu befördern, oder den Appetit zu reizen? Wer fühlte nicht während diejes mehr als irdifhen Laufes eine erhöhte Ela; ftieität aller Fibern, wer empfand nicht eine Art von Ent: zuͤcken, wenn bie Wirkungen der Schwere und det Friction, bie fonft dem Körper nur langfame Bewegungen geftatten, aufzuhören ſchienen, und ev in Stellungen die nur dem Eis; laufer möglich find, mit pfeilfchneilen Schwunge davon

| | Ha : fliegen »

*) Ein Teich bey Deſſau—

J

\

102 II, Ueber das Schrittſchuhlaufen.

fliegen Fonnte? Und nachher nennen Sie mir irgend eihe -Frmattung, die füßer, die behaglicher wäre, als. wenn wir nach geendigtem Laufe der Ruhe pflegen? wenn ‚es nicht, etwa jene ihr aͤhnliche if, welche wir, wo ‚nicht. aus Erfahrung, doch aus Ovids und Wielands reizenden Schils derungen Eennen!: Man ruͤhme mir immerhin den May und feine Blumen, und die Trauben des Herbftes! wann oͤfneten fie fo viele Quellen des Vergmügens zugleich, ale ein heiterer Decembertng? - Wann fahen wir auf der Pros menade, dem Ausftellunasplage mancher ſeynwollenden Gra-

zie, fo viel wahre Anmuth, als in den Schwebungen des

Eislaufs? Man rühme. mir immerhin den glänzenden laͤr⸗ menden Dal nebft Gelächter und Witzreden ?. wann um mit Klopſtock zu reden zeigte ſich Noſſa die. Göttin der Anmuth, uns mehr? in den gezierten, trippelnden

und häpfenden Caprielen der Eſcarpins junger. Stutzer, die

wir auf zwey, oder (nach der, bier neulichft eingeführten Mode) gar auf einem. Deine, Cotillons tanzen ſehen?

oder in dem maͤnnlichen, weit umherſchweifendeu Schwun⸗ ge des Waſſereothurns? Und nehmen Sie nun vollends was allem Uebrigen erft den größten Reiz giebt, und. bier mangelt ein fanftes, volles Mädchen, im warmen, feidnen Pelze gehuͤllt in einem leichten, zierlichen Schlitten, vor ſich her fliegen zu machen, mit ihr wie auf Flügeln - der Winde die fpiegelhelle Bahn hinabzueilen, und für dle füge Mühe, mie einem noch füßern Lächeln belohnet wer⸗ den! Nur eine ſolche Fahrt, wie Die, deren Bild ſich

mir. bier, aus den Zeiten der früheren Jugend darſtellt,

wuͤnſchte ih Ihnen, wenn Sie anders nicht auch ähnliche mach⸗

I. Ueber das Schrittſchuhlaufen. 103

machten und Sie toürden mir beyftimmen, daß eine gute Eisbahn, unter gehorigen Umſtaͤnden, alle Tansfäle der Welt überwiege, Noch ſchwebt mir jener bunte Rei— ben Schlitten vor der Phantaſie, wie wir auf einem Ca— nal nach einem, eing Meile von der. Stadt an der See gelegenen Hafen Jeverlandes fuhren! Noch fehe ich den wirklich bezaubernden Anblick, wie die Maſten der Schiffe, eben noch unfichtbar, jegt aus blauer Ferne ſchnell hervor⸗ giengen, und Ufer nnd Stadt von ung zuruͤckſlogen!

„Schnell wie der Gedanke, ſchwebten wir in weit auskreiſena den Wendungen ſort

» Wie im Deere die Riefenfihlange fih waͤlzt,“ Klopf.

Noch hoͤr' ich das muntere Getöne der Bahn und die feohen Scherze und Gefange ber Belek: Doch wohin ?

Verzeihen Sie dieſe Erinnerungen meine Herren! Bey wen ketteten fich nicht Scenen der Vergangenheit, faft an jede analoge Situation der Gegenwart, Bey der Mes fodie eines Kuhhirtenliedes, iſt der Schweizer etwa an den romantiſchen Ufern der Aar; eben ſo wenig kann ich es hindern, wenn vom Eislaufe die Rede iſt, auf der vortrefz _ lihen Bahn des Hookstiefes in meinem Vaterlande zu ſchweben. = | Shader ewig Schade! daß wir nicht mehr von der Geſchichte einer Erfindung wifen , welche dem Knast

manche Ergoͤtzung gewährt. 93 „Ber

104. L. Ueber das Schrittſchuhlaufen.

„Vergraben iſt in ewige Nacht „Der Erfinder großer Name zu oft | „Was Ihe Geift aräbelnd entdeckt, nusen wir, „Aber belohnt Ehre fie auch? |

f

„Wer nannte die den Fühnern Mann »Der zuerft am Mafte Segel erhob?

„Ach! vergieng felber der Ruhm deffen nicht 3, Welcher dem Fuß,/Fluͤgel erfand ?

„Und folte dee unfterblich nicht ſeyn

„Der Gefundheit ung, und Freuden erfand

„Die das Roß muthig im Pauf niemais gab „Welche der Ball ſelber nicht hat!

Klopſt.

Soviel ſcheint indeſſen gewiß, und iſt aus der Natur des Clima ſchon zu vermuthen, daß die Voͤlker des Nordens die⸗ ſe Erſindung am erſten kannten. Nach der alten Mytho— logie derſelben, ſoll ſie vom Braga ſelbſt, dem beruͤhmten Gott der Dichtkunſt, abſtammen. Walhalla's Saͤnger ſo laͤßt ihn Klopſtock ſingen

» Walhalla's

„Sanger, umdranget von Enherion *)

„Ich! der Begelſterer des Barden und des Sealden ich „Toͤn' es, Telyn, laut, hör es du am Hebrus, erfand „Bor der Lanz” und dem Sturm vorbey

»Gingend zu fhmeben!

Klopf . 8

#) Die Helden in Walhau. Uller

II. Ueber das Schrittſchuhlaufen. ro

Uller, der Sohn Eiphia ein Halbgott, deffen Attribu⸗ te, Schönheit, Pfeil und Schrittſchuh find Tialf der Begleiter Thorrs, und Harold ein Konig des Nordens werden als feine Schüler angeführt; von dem zweyten hat auch der Eislauf in der Sprache unferes vaterländifchen Homers den Namen Tialfstunft. Mofa die fhönfte der Goͤttinnen, welche von den Barden und Scalden genannt yoird, fo oft fie Reiz und Anmuth ausdruͤcken wollen, wur: de, wie man leicht denfen kann, für eine große Freundin und Beſchuͤtzerinn des Eislaufs angefehen. Vielleicht fan gen ehmals die Barden paffende Lieder Hezu, wie man aus den Ausdruͤcken Tanz der Barden, Bardenliedertanz ſchlieſ fen koͤnnte, wenn fie in alten Gedichten vorfämen, Wie viel Werth in dieſem ehrivärdigen grauen Zeitalter unfre Vorfahren auf die Gefchicklichkeit des Schrittſchuhlaufens ſetzten, tft fhon daraus flar, daß fie Götter zu Erfindern, und Ghttinnen zu. Beſchuͤtzerinnen defjelben machten, und eine andre Beſtaͤtigung giebt ein Lied des vorerwaͤhnten nordifhen Königs Harold, worin dieſer Günftling der Moffa ſich über die Grauſamkeit feiner Geliebten beklagt, „AH „bin furchtbar im Stteit (finget ex). Ich zwaͤnge mein „Roß ohne Mühe, ih ſchwimme, ich laufe auf Schrift: „ſchuhen, ich werfe die Lanze, und dennoch liebt mic dag „rußifhe Mädchen nicht,

Möchte es doc einen beſſern Kenner der alten Ge; fhichte als ich, in umfrer Gefellfhaft gelingen, Spuren anf- zufinden, tworaus ſich der Urſprung, und die aflmähligen Fottſchritte dieſer kuͤhnen Erfindung darthun liehen

5 | In

106 U. Ueber das Schrittſchuhlaufen.

In der heutigen Weltzsfind die niedlichen Kuͤſtenbe— wohner Deutſchlandes und Hollands nis bierdeften Schritt ſchuhlaͤufer bekannt, woruuter beſonders Die Schiffer, theils durch Kuͤhnheit der Wendungen, theils durch ihre faſt une glaubliche Schaelligkeit in der That Bewunderung erregen. Ihr Koͤrper zu ſtarten und nellen bey der Schifsarbeit gewoͤhnt, hat ſichi in A noch fo gewagten Std fung in feiner Gewalt, und bleibt mit der größten Leichtig⸗ keit im Gleichgewichte. Sie theilen ſich in zwo Seeten, Bogenlaufer buten· beens-looper) und Schieber (Schu- ver). Jene mälhen Zierlichkeit, diefe aber Schnelligkeit zu

ihrem Endzwecke, und die Legtern haben ihre Benennung daher, weil fie gewöhnlich gebraucht werden, die Schlitten der Dames zu fchieben. Ich kenne deren einige, die we— nigfiens viermal des Tages, einen KHin-und Ruͤckweg von zwo Meilen machten. Ehmals war es gervöhnlicher als jest, daß felbft Rrauenzimmer Schrittfhub anfchnallten. Nch thun es die Helländerinnen. am häufigften, und man Eann fih in der That kaum mehr Grazie vorſtellen, als in den ſanften leichten Bewegungen eines ſchrittſchuhlaufenden Maͤd⸗ chens, welches wie eine Gottin über der kryſtallenen Flaͤche zu ſchweben ſcheint. Bey den Bogenlaͤufern macht die Schönheit der Stellung und der Bewegung eine Art von Studium aus, worin der Schrittihuhprofeffor in Göttingen, der aber doch gegen manche jener Schiffer nur ein Pfuſcher war, für. ein honettes Honorarium praenumerando den noͤthigen Unterricht gab; immer wuͤrde ich ihm wenige fiens vor den engliſchen Boxprofeſſoren, die fi für die Stun— de 3 Nthl, und drüber bezahlen laffen, den Rang einräumen, ' ® Die

I Ueber dag Scheittſchuhlaufen. 107

Die Kegeln des guten Schrittſchuhlaufens kommen | ziemlich mit denen des guten Tanzes überein, und dürften

etwa auf folgende Hauptregeln zuruͤckgebracht werden koͤnnen. 5

1.) Der Kopf muß gerade gehalten werden, nur wie gleich die Natur der Sache giebt, mit einer Eleinen Neigung gegen die : Schulter auf derjenigen Seite, wo man fein a plomb madıt.;

x. 2) De Rücken muß nothwendigerweiſe ſteif bleiben, weil ſonſt der Schwerpunet alle Augenblicke wanken, und folglich unmoͤglich beſtimmt unterſtutzt werden koͤnnte.

3.) Eine der Hauptzierden liegt in der fchönen Form des Bogens, welcher von dem flreichenden Fuße befchrieben wird. ‚Er muß nämlich nie zu Eurz feyn, das heißt, kei⸗ ne zu enge Kruͤmmung machen, weil dann die Bewegung des Körpers mehr ſchaulelnd als wiegend wird. Die laͤng— lichte Kruͤmmung wird aber dadurch erhalten daß man den ſtreichenden Fuß nicht zu fruͤh einſetzt; dies muß nem— lich gerade in dem Augenblicke geſchehen, da der andere Fuß den vorigen Strich vellführe hat, und nun chen den legten Stoß geben wills und zwar ziemlich nahe vor. die- . fem andern; - ferner, daß man, wenn 5. BD. der vechte Fuß, der freichende ift, die liuke Schulter zuxuͤck, die rechte aber vorziehet, und in diefer Stellung ben Körper in einer ges raden Linie ſchraͤg vorwärts legt, i | |

4) IE ein Haupterforderniß die Schwingung des ger hobnen Fußes. Sie ift, wie wir bald ſehen werden, zum | 5 DM

|

108 ML, Weber das Schrittſchuhlaufen.

Bogenlaufen ſehr wichtig. Der Fehler, den Fuß fehnell und gleich nach geſchehnen Stoße vorwaͤrts zu ſchwingen, und dieſen Schwung hoch in der Luft zu vollfuͤhren, iſt ſehr ges woͤhnlich, weil Wenige Aftherifhes Gefühl genug Haben, um nicht durch gezmungene zu gerdaltfame und uͤbertriebene Bewegungen auf Bewunderung Anſyruch machen zu mol: len. Aber dem Kenner wahrer Schönheit iſt es ſehr an⸗ ſtoͤßig. So wie hingegen ein Veſtris fein Entrechat fi niedrig wie möglich battist, fo auch der Achte Schrittſchuh⸗— däufer, ähnlichen Kegeln wie eines Noverre getreu, ſchwingt er dem nachläßig gehobenen Fuß mit gefenfter Schuhfpige nahe an ‘ber Eisfläche mit einer zierfichen Wendung her um, nachdem er ihn anfangs etwas hinter dem fteeichenden Fuß zuruͤckgehalten. Ueberhaupe iſt

stens das eine allgemeine Negel, des Ballets ſowohl als des Bardentanzes, die Fuͤße zuſammen zu ziehen (effaçer) ſo viel es naͤmlich die des Gleichgewichts wegen nothwendi⸗ ge Entfernung erlauben will, wobey denn

tens die Kniee, zwar nicht ſtelzenmaͤßig ſteif, aber noch weniger zu fehr gebogen ſeyn muͤſſen, wie es die Schies ber zur Beforderung der Schnelligkeit zu thun pfle« gen. Die =

te Regel liegt fchon von felbft in dem Striche des Bogenlaͤufers, nemlich daß der letzte Stoß, des nun ſich he— benden Fußes fehräg, das heißt Halb Hinterwarts und halh ſeitwaͤrts gefhehe, weil nur unter diefen Umpftänden . die anzunehmmende ſchraͤge Lage des Körpers nach der andern | Seite

v

I, Ueber das Sthrietſchublauſen. 109

Seite moͤglich Arche welche der folgende Si niemals bie gehoͤrige Richtung behaͤlt.· Die » | in asanflor 117 I TE BB

‚Be, und, ger Regel, find, zwey Erfoderniffe, welche N

verre für den guten Fänger, anfuͤhrt, und welche für den gu

ten Bogenlaͤufer DE fr unentbehrlich find, namlid die

Hchentel zu einer auswaͤrts drehenden Bewegung zu 98

mögen, und feſt auf den Nieren zu feyn, Hier. find fie

‚den eignen Worten dieſes berühmten Tanzers, aus kt ‚nen Lettres fur la Datife; Lr. XIlme.

| Rien n’eft fi neceffaire que le tour de la cuiffe en dehors pour bien danfer, & rien n’eft fi naturel aux hommes, que la pofition contraire. Un danfeur en de- dans eft un danfeur mal-adroit & desagreable, L’at- titude contraire donne de 1 aiſance, & du brillant, elle | repand desgracesdansles pas, dans les deyeloppemens & dans les pofitions, |

Ferner: On ne peut etre excellent dahfeur, fans etre ferme fur les reins eût on même toutes les quali. tês effentielles A la perfeftion de cet art. Satıs ce- la il &ft impoflible de fe foutenir dans une ligne droite et perpendiculaire. La vacillation & inftabilit@ de cette partie f”oppofent à la - plomb &a la fermetẽ. Le corps perd à chaque inftant le centre de grauvite, & il ne retrouve enfin fon equilibre, qu’apres des ef- forts & des contorfions, qui ne peuvent s aſſocier aux mouvemens gracieux & harmonieux de la Danfe,

k

10.) Die

no IT, Weber das Schrittſchuhlaufen.

10.) Die Tragung der Arme iſt nichts weniger als gleichgültig, Hier geht aber die Vorſchrift der Eisbahn von den Geſetzen des Tanzbodens ab, Ein’ porte-bras dem geſellſchaftlichen und noch mehr dem theatraliſchen Tanze, wenn ‚ich das englifche Solo ausnehme, nothwendig, wuͤrde im Tanze der Lehrlinge Tialfs, wenigften! fo wie er.jezt iſt, ganz widrige Wirkung thun. Hier müffen die Arme auf irgend eme Art am Leibe ruhen und unbeweglich feyn; Nachlaͤßig Über einander geſchlungene Arme, oder eine Hand im Buſen, die andere in dev Rocktaſche in. feinem Fall aber hohe Schultern = möchten wohl in diefer KHinficht die befte Stellung feyn, weil dabey der größte Anfchein von Leichtigkeit und Nachhaßigkeit ſtatt findet, in foferne das letz | tere Wort das Gegentheil von Anftrengung bedeutet, und auch deswegen, weil der Schwerpunct dadurch feine beſtimm⸗ te bleibende, Lage erhält, auch mehr nach oben in den Koͤr⸗ per fälle, welches alles den freyen Schwing erleichtert. Dagegen die Arme ; fobald fie frengelaffen werden, in ein Fortrudeen gerathen, welches wegen der Natur der wech— ſelnden Bewegung der Füße und des Korperbaues dem Ans fänger zu natuͤrlich iſt, als daß er es ſich nicht ſehr ſchwer wieder abgewoͤhnen ſolte. Beym Gehen beleidigt e8 das. ‚Zuge bey weiten nicht fo fehr als beym Schrittſchuhlaufen Der Grund davon liegt am Tage,

u) Ungeftüme Schnelligkeit verträgt ſich mit der. Schönheit niemals, wie uns unfer eigenes Gefühl gewiß ſchon längft gefagt hatte, ehe wir Platnern hörten, oder die Schriften eines Burke, Hogarth und andrer Kenner lafen.

Dies

IT, Ueber das Schrittfthuhfaufen; ii

Dies ſey alfo die lette Kegel für wahre Lehrlinge Tialfs: nie laſen Sie uns denn wolten wir nicht die Schoͤnheit der Schnelligkeit aufopfern zu jenen gehoͤren, den Fall ausgenommen, daß wir dadurch einer andern im Schlitten ſitzenden Schönheit einen Gefallen erwieſen, „die den fluͤch⸗ tigen Stahl liebte.“ Aber warum nehme ich nicht die Worte des verehrten Dichters, durch deſſen Strophen ich ſchon vorhin meinen Aufſatz verſchoͤnerte, oder vielmehr ver⸗ dunkelte: Hier ift der Anfang. des vortreflichen Bardenge⸗ fanges, worin Wliid, Haining und Wander die Kunft Tialfe befingen. Wliid fängt an zu feinem Gefährten Haining —Biiid.

Wie das Eis Halt! Töne nicht vor! ich dulde das nicht Wie der Nacht Hauch glänzt auf dem ſtehenden Strohm

ie fliege du dabin! Mit zu fehnellem Flug Scheucheſt du Noſſo weg! —Haining. Sie ſchwebet ſchon nach! Bardenliedertanz Haſcht Pfeile wie der Juͤnglinge Bogen ſie entfliehn { Wie rauſcht ihe Gefieder ! Ereile fie vor mir ! Noſſa ſchwebet ſchon nach ! Weliid. Pfeilverfolger, reise fie nicht! Verachtet kehrt ſie nicht um! Ich ſeh' es, halt inn’, ich ſeh' es, fie sent 2

"Das Wölkchen Laune Dammert ſchon auf ihrer Stien. N

Haining.

112 U. Ueber Ans Schrittſchuhlaufen.

Haining. Sieheſt du fie kommen bey dem Felſen herum In dem hellen Duite des fihönften der Decemberrmorgen ? Wie fchmeben fie daher! Beſauftigen fol Kir Braia die Zürnende! \

Laffen Sie mid) aufböten, meine Herren. Schon kann ich faft der Verfuchung nicht mehr widerſtehen, das ganze Gedicht abzufchreiben. Aber ter ertrüge dann noch die Monotonie einer Vorlefung, wenn der Allhend *) eines Klopſtockſchen Gedichtes die Seele füllt ! |

Dbiges wäre denn eine unvollkommene Theorie des aus; übenden Schrittfhublaufs,, die vielleicht einer ausführlichern Behandlung fo fähig als werth wäre, Laſſen Sie mid nur noch eins hinzuſetzen:

Zur Vervollkommnung einer jeden regelmäßigen Ber wegung, ift Rythmus das vortreflichfte Mittel; das beweiſt nicht bloß der Tanzſaal; das beweiſen Seiltaͤnzer und Vol— tigeurs, denen Muſie unentbehrlich iſt, ihren gefahrvollen Bewequngen und dem Galop ihrer Pferde das noͤthige be ſtimmte Maaß zu geben. Schon jetzt iſt der Eislauf eine reiche Quelle des Vergnuͤgens was wuͤrde er nicht werden, wenn Muſie den langen Linien der Schoͤnheit angemeſſen, ſich mit demſelben vereinigte, und durch Taet und ſchwebende Melo— die, den Schwung des Stahles beſeelte. Beſſer und fehnel: fer würde der Anfänger lernen, und der Meifter würde fich ſelbſt übertreffen. Stellen Sie fid) vor, welch ein Gefühl! | beym

*) Doße Harmonie eines Gedichts.

II. Ueber das Schrittſchuhlaufen. 113

beym herzerhebenden Schalle der Hörner ; fih in wolluͤſti— gen Wendungen gleihfam auf Luft zw wiegen, fo. wie Geis ſter im ätherifche Körper ie auf Wolten daherſchwe⸗ ben! J

Ich veilaſt dieſe Anaf ht eines Fünftig verfchönerten Eislaufs, und wende mic zu bet genauern Betrachtung biefer Bewegung, in foferne fie ein Gegenftand mathema— tifch phyſicaliſcher Unterfuhung iſt. Für den Freund der erhabnen Wiffenfhaft die diefen Namen vorzugsweiſe führt, bat jede neue Anwendung derfelben auf Gegenftände des ger meinen Lebens, die er täglich wahrzunehmen Gelegenheit hat, ungemeinen Reiz; iſt der Gegenftand ſelbſt Vergnuͤ⸗ gen, und ein ſolches wie dasjenige, welches wir hier behan⸗ bein: 6 wird jener dei verdoppelt.

Einige der erſten Grundgefege der Bewegung wer: den uns zus Erörterung der Umftände behilflich ſeyn, wel: de beym Schritefhuhlaufen vorfommen. Das

uſte fey das Geſetz der Trägheit: Jeder Körper, der einmal durch irgend eine Kraft in Bewegung geſetzt ift, be: wegt ſich mit immer gleicher Geſchwindigkeit, und nach der einmal erhaltenen Richtung fort, bis eine neue Kraft auf ihn wirkt, welche ihn noͤthigt, entweder ſeine Richtung oder feine Geſchwindigkeit abzuändern, oder feine Bewegung gaͤnz⸗ lich hemmt. Diefe neue Kraft kann ein bloßer Widerftand ſeyn, wie z. B. aus der Frietion entfteht. Ob gleich die meiften Demegungen welche wir wahrnehmen fehr bald auf hören, weil jener Widerſtand faſt bey allen eintritt, fo iſt doch

e'

114 IT; Weber das Schrirtfehuhlaufen:

doch das ben angefuͤhrte Geſetz dem nachdenkenden Verſtan⸗ de eben fb einleuchtend, als das, welches die Erfahrung allaugenblicklich beſtaͤtiget, daß ein ruhender Korper in Kur he bleibe, bis eine Kraft iyn in Bewegung feßt. Das

ate fen dns Geſetz, nach welchen confpirirende Kräfte, auf einen Körper wirken. Raͤmlich: wenn zwo Kräfte auf einen Körper fo wirken, daß ihre Nichtungen einen Win: kel einſchließen; ſo heben ſie eine in der andern etwas auf, und noͤthigen den Körper eine mittlere Richtung zu neh— men. Diefe leßtere findet man.äber, wenn man von den beyden Kräften, deren Größe ſowohl als Richtung, ſehr be— quem durch Linien ausgedrückt werden kann, unter dem ger hörigen Winkel ein Parallelogrgm macht, und deffen Dias gonale zieht, welche die verlangte mitlere Richtung feyn muß. Der Beweis davon ift nicht für dieſen Ort. Je ſtumpfer der Wiukel beyder Kraͤfterichtungen iſt, deſtomehr wirkt eine der andern entgegen, oder deſtomehr hebt eine in der andern auf, defto Eleiner muß ihre gefammte Wir: fuingy das heißt, defto Fleinet muß bie mittlere a ausfallen.

>.) In jedem ſchweren Körper iſt ein Puuet; um ben

die Maſſe des Koͤrpers immer nach zwo entgegengeſetzten Richtungen betrachtet gleich vertheilet iſt. Dieſer Punct heißt der Mittelpunct der Maſſe oder auch der Schwer: punct. Wenn dieſer Punet unterſtuͤtzt iſt; ſo iſt der gan⸗ ze Koͤrper unterſtuͤtzt, und für den Fall geſichert. m Ge: gentheil mag gleich ein Körper an andern Theilen unters fügt

N. Ueber das Schrittſchuhlaufen. ag

ſtuͤtzt ſern wenn die Perpendicufaitlinie auf die Hori⸗ zontalflaͤche vom Schwerpunet aus, nicht in die Grundflaͤ⸗ che der Unterſtuͤtzung, ſondern außer derſelben eintrift, ſo muß der Körper fallen. Auf den Schwerpunct iſt bey der Bewegung der Körper alfo vorzüglich Ruͤckſicht zu neh men: A —W

Noch iſt zu bemerken, daß der Schwerpunet, (dei duch Hin und Herfchieben- auf: einer geraden :Rante wie z. E: ‚eines dreyeckichten Priſma am getwöhnlichfien gefuhden wird) bey dem menſchlichen Körper in der Gegend, des Nabels befindlich ift.

4) Wenn ein Koͤrper ſich in einer krummen Linie bei ‚wegt, fo muß gewiß mehr als eine Kraft: es muͤſſen Kräfte in verfchiedenen Richtungen (eonſpirirende Kräfte) auf ihn wirken. Zwar koͤunen dieſe auch mit einer. geradlinichten Bewegung wohl. befiehen, Allein in dem Falle, wenn die eine Kraft einen Körper beftändig nad) einem feſten Puncte zu, die andere ihn aber ſeitwaͤrts von dem Puncte forttriebe; _ müßte die Bewegung Frummfinicht werden: Ein Stof von dee. Hand der Allmacht, der den Planeten feitwärts von ſei⸗ ner. Sonne trieb, und. eine beftändige Gravidation deſſel⸗ ben gegen eben dieſe Sonne, dieſes mit dem Geſetz der Traͤgheit zuſammengenommen war hinlaͤnglich, daß er ſich in ewig kreiſender Bahn herumſchwaͤnge. Centralkraͤfte, d. he Centripetal⸗ und Centrifugalkraft (die Ausdruͤcke find von ſelbſt klar) ſi ind eifo nöthig zur Erummlinichten Bervegung.

N, Litt. u. Böker, I ©, 3 je

116 UII. Ueber das Schrittſchuhlaufen.

5.) Ein fallender Körper fälle mie befchleunigter Be. wegung. Unſre Abficht fodert es nicht, zu erwähnen, er dieſe AIR

nun zum Grunde gelegt, erlauben, Sie mir eine Anwendung davon auf unſern Gegenftand zu were

ſuchen.

Wir die in Eintheilung in den geradlinichten and bogenfoͤrmigen Lauf hiebey benutzen, um unfte Betrachtung von jenem zu dieſem, das heißt, von dem leichterem zum ſchwererem fortzufuͤhren.

In der erſten Figur, welche ich Ahnen bier vorzulegen die Ehre: habe, macht ein Schieber feinen geradfinichten Gang. Der Körper ift fo weit vorwärts gelegt, daß ber ‚Schmwerputiet G vorwärts der Bafis des Läufers fallt, Letztere it fehr klein, naͤmlich nur die kurze Linie, im welcher der .

Schrittſchuh des ftreichenden Fußes B: das Eis berührt. Da

die Perpendieularlinie vom Schwerpimet auf die Eisfläche GE alſo nicht in diefe Linie eintrift; fo müßte der Körper fallen, : und würde, wenn der Fuß B auf einer Stelle ffill: ſtehen bliebe, der Schwerpunet G unftreitig im dem Bogen GD herunterfinfen, vorausgefeßt , daß der Radius GB fich gleich: bliebe. Dieſes Sinken wird aber durch den Stoß des’ Fußes R verhindert, denn dadurch wird der Körper in eben dem Angenblick nach der Richtung BD fortgetrieben, in welcher der Schwerpunct finfen würde. Diefer wird alfo in jedem Augenblicke fallen, und in jedem Augenblic . Ars durch

H. Ueber das Schrittſchuhlaufen. , ir)

durch das Nachgehen des Fußes B in derfelben Le Bleiben müßen.

Hieraus iſt klar: je mehr der Schwerpunet geneigt iſt, d. h. je mehr der Körper vorwaͤrts gelegt wird, defto ſchnel⸗ ler wuͤrde er fallen wollen, alſo: deſto ſchneller muß auch der Fuß B nachgehen, d.5. deſto ſtaͤrker muß der Stoß des auf⸗ gehabnen Fußes R geivefen ſeyn. Viele wiederholte Uebung lehrt den Schrittſchuhlaufer, die für jede Neigung des Koͤr— | pers nöthige Stärke des Stoßes, und umgekehrt die für: jede Stärke des Stofes nöthige Neigung des Körpers, mit bewundernswürdiger Genauigkeit abmeſſen. Iſt hier ein Mißverhaͤltniß, ſo iſt Aengſtlichkeit der Stellung, Wanken, oder gar der Fall eine unvermeidliche Folge. Waͤre die Neigung zu ſtark gegen den Stoß, ſo liefe die Tobakspfeife und die Naſe die groͤßte Gefahr, und waͤre der Stoß zu ſtark gegen die Neigung, fo wiirde ein anderer Theil des Körpers fi ch bald ſehr unſanft hinfetzen. Die Staͤrke des Stoßes, mithin die Groͤße der Neigung, findet aber bald ihre Srängen: nicht ſowohl wegen der Muſteln der Wa⸗ de und des Schenkels als deswegen: weil ein ſehr ſtar⸗ ker Stoß, auch eine ſehr große Neigung, eine fehr ſchiefe Lage des Körpers erfodert, und folglich unter einem fo, Eleis, nen Winkel auf der Eisfläche gefchehen müßte, daf feine ber fie Wirkung verlohren gienge. Der Stahl wuͤrde das Eis nicht ſicher genug faßen koͤnnen, ſondern ausglitſchen. Die Neigung fonnte alfo wohl nicht viel größer genommen wer⸗ den als die Figur angiebt, weil dann der Stoß des Sußes, R nicht ftarf genug vollführt werden konnte, ‚um mit, der

Groͤße der Neigung übereinzuftimmen, Be J 2 So

ng II, Weber das Schrittſchuhlaufen.

So ganz gerade aus wie ic, hier angenommen habe, fann nun zwar eigentlich Niemand laufen, weil der abſtoſ⸗ ſende Fuß immer etwas quer. gefeßt werden muß , damit die Kante des Stahls gegen das Eis wirken koͤnne, und eben - Deswegen der Körper einen Theil des Stoßes, zur Seite befümmt. - Dies konnen wir. aber hier noch füglih aus der Acht laſſen; denn wir müßten dann auch eine Neigung des Schwerpunets zur Seite angenommen haben, und die⸗ ſer Fall kommt nagber vor, wo er merklicher wird.

Nu zu dem Schwunge des BSogenläufere in der zwoten Figur. Daß feine Bahn krummlinigt fey, ift ein Er⸗ fahrungsfaß , fie muß alfo wohl von Centralkraften gewirkt werden. Wir wollen die Bahn in verſchiedene Elemente von gleichen Zeiten, z. B. Secunden, nach Ordnung det Buchſtaben BDEF, zerlegen:

Sm Anfange der erften Secunde, gab der Fuß R dein Körper, mithin beffen Schwerpunct G der bey gehöriger vor⸗ waͤrts gerichteter Neigung in den Punet 8 fallt, einen Stoß nach der Richtung By: fo daß der Schwerpunet G vermdge dieſes Stoßes allein den Raum Kn in der ıften Secunde durchlaufen müßte. Allein der Bogenlaͤufer lehnt zugleich feinen Körper ſtark auf die Seite nad) C hit, die Schwer: punetsperpendieulaͤre GI fällt weit Auffer ber Unterſtuͤtzung B in die Horizontalfläche ein. G muß alfo in den Bogen GT _ herabſi nken. Geſetzt, dies geſchaͤhe in der erſten Secunde bis i. Hier haben wir eine zuſammengeſetzte Bewegung des Schwerpunets, die eine durch Qu wegen des Stoßes, die an⸗

H. Ueber das. Schrittſchuhlaufen. 119

andere durch Ps wegen des Falles in einer und eben derſel⸗ ben Zeit. - Machen wir das Parallelogramm - der Kräfte, deren Richtung und Größe durch die genannten Linien aus- gedrüdt find, fo ergiebt fih, daß der Schwerpunet in der er⸗ ſten &ecunde die Diagenallinie ßd durchlaufen müffe.”Dier fe Bd ift alfo das erfte Element der Bahn des Schwer⸗ punets.

Nun koͤnnte zwar demungeachtet der Fuß B wohl bloß dem erhaltnen Stoße nah BH felgen, fo daß er am Ende der erften Secunde in Hl wäre, indem der Schmerpunct in d läge. In diefer fehe fchiefen Enge wuͤrde fich aber der Körper unmöglich erhalten koͤnnen, fondern feitwärts hin« ſtürzen ein Fall, der fih bey Anfängern im Bogen⸗ laufen oft ereignet, Durch Erfahrung Hug gemacht, lernt man.aber bald den ganzen Körper, und den ſtreichenden Fuß der Richtung nach) zu drehen, die wir eben für den Schwer— punet ‚beftimmt haben; und hiezu Hilft ungemein viel der ‚gehörige Schwung des aufgehabnen Fußes R in dem Bogen RS. Dur dieen Schwung erhält der Körper ohne Muͤ— be die gehörige Wendung, fo daß alſo der ftreichende Fuß B in der erften Secunde ebenfalls, eine der obigen * che Diagonale BD beſchreibt.

Jetzt ſind wir am Anfange der zwoten Secunde, und luchen von neuem nach den noͤthigen Kräften, |

Die Centrifugalkraft, welche vorhin der erſte Stof tar, wird jeßt aug dem Geſetze der, Trägheit gefunden wer;

den. Der Körper Schwerpunct und Fuß beyde) Hatte am 33 En⸗

120 I. Ueber das Schritefehublaufen,

Ende der erften Secunde die, Richtung G03 BD. Wermöge des Geſetzes der- Trägheit würde er nun. mit gleicher Ge⸗ ſchwindigkeit immer in dieſer erhaltenen Richtung fortgehen. Der Schwerpunet wuͤrde demnach in der zwoten Seeunde nach der Linie dA hinlaufen, und eben ſo der Fuß nach der Linie D L.

Die Centripetalkraft des Schwerpunets, iſt wieder das Beſtreben zu fallen. Weil der Körper waͤhrend der er: ſten Secunde die gehörige Wendung nahm, fo muß nothwen⸗ dig die Richtung nach welcher er fallen wuͤrde, eben ſo wie vorhin nach C zugehen, fo daß alſo jetzt der. gig nach dx herabſinken würde.

So wäre die Richtung beyder Centralkräfte gefun: ven —7 | | Aber die Größen derfelben find nicht. die nämfichen geblieben ie in der erſten Secunde, ſondern haben folgende Veraͤnd derung erlitten: |

Die Centrifugalkraft iſt durch die Frietion des Schrittſchuhes am Eiſe betraͤchtlich vermindert.

Dagegen iſt alſo die Centripetalkraft des Schwer puncts verhältnismäßig beträchtlic vermehrt worden, Man fonnte vielleicht Tagen , fie ſey auch an ſich größer gewor⸗ den, weil Körper, welche ſinken oder fallen, eine beſchleu— nigte Bewegung haben. Ich zweifle aber, ob fich von die: fem Gefege hier eine Anwendung machen ließe, weil der Schwerpunet während der erſten Secunde ungeachtet ſeines

Be:

U, Ueber das Sährittfhublaufe, 121

—— zu fallen, doch eigentlich um nichts tiefer ge:

kommen ift, indem der ftreichende Fuß durch. fein Nachgehen:

ihn in jedem Eleinften Moment immer wieder in die vorige? Lage brachte. Vielmehr ift wohl nicht zu laͤugnen, daf | auch diefe Centripetalkraft nach und nad) -Eleiner werde, denn wir fehen, daß der Bogenlaͤufer am Anfange feines: + Bogens die ftärkfte Neigung macht; ſich aber im Fortger ben durch Huͤlfe des gehobnen Fußes nach und nach auf- richtet, fo daß er am Eude..des Bogens wieder gerade ſteht. Es leuchtet von felbft ein, daß fonft der Fall unver; meidlich feyn wuͤtde. Allein diefe Verminderung der Een. tripetalkraft beträgt dennoch bey weitem nicht foviel als ies ne der Eentrifugalkraft durch die Friction. Letztere muß nothwendig ſehr ſtark ſeyn, weil wegen der ſchiefen Lage die Schaͤrfe des Stahls in das Eis einſchneidet, und uͤberdem ſich noch wegen der krummen Bahn, auf dem Eiſe drehen Beziehlich auf einander, bleibt es immer richtig, daß die Centrifugalkraft nach und nad) kleiner, die Centripetal⸗ kraft groͤßer werde. |

9

Alſo muß dA fuͤr die zwote Secunde viel kleiner, als Bu für die erſte Serunde, dagegen aber dx -für die zwote Secunde nur um wenig kleiner als Bi für die erſte Secun⸗ de gezeichnet werden, (wie viel dieſe Aenderung betrage, wuͤr⸗ de viel zu weit führen). Zeichnen wir nun dem zufolge‘ das Parallelogramm der Kräfte dAex und ziehen defien Diagonale de, ſo würde: vu das mweyte Element der ar fern. N 4 Die

122 IH. Weber das Schrittſchuhlaufen.

Die Wendung des Körpers ,. - mithin die Bahn des ſtreichenden Fußes, durch Huͤlfe der Schwungbewegung des Fußes R, iſt der in der erſten Secunde aͤhnlich.

Eben fo fände man nun ferner die Übrigen Elemente der Bahn, für die dritte und folgende Secunden, beftändig Ruͤckſicht auf den Umſtand genommen, daß die. Eentrifugals Eraft gegen bie Centripetalkraft immer Eleiner werde, unge⸗ achtet abſolute auch die letztere abnimmt.

Aus diefer legtern Betrachtung wird aber hinlaͤnglich erhellen, daß der Schwerpunct G, mithin der ihm nachfolgen; de fireichende Fuß -B, am Ende jeder folgenden Secunde der.

2 Gegeud C näher fommen muß. Die Bahn des Dogenläus . fers ift alfo eine Spirallinie, wie die dritte Figur fie im Grundriſſe zeigt, wo dann die ſchnellere Abnahme der Linien Af; Bf; DI; Ef; ; u. ſa w. welche die Centrifugalkraͤfte vor: ftellen, und die langfamere Abnahme der. Centripetalfraft Ap; Bp; Dp; Eps u.f. w. in die Augen fällt, bis fie beps de in C—= o werden. Es gehört zu der Kunſt des 90: genläufers , zu bewirken, daß beyde zu gleicher Zeit 0 werden, denn immer entſteht eine Unregelmaͤßigkeit in der Bahn, mern dies nicht iſt. Laͤßt man die Centripetalkraft bes Schmwerpunets fhneller abnehmen, indem man den Kir, per, tie -Anfanger aus Furchtſamkeit zu thun pflegen, zu fruͤh wieder in die perpendiculäre Lage zu Bringen fuche, fo erfobert dies; auch eine ſchnellere Abnahme der Centrifugal⸗ kraft, als. von felbft erfolgen würde, Die dann nur dadurch bewirkt werben kann, daß man die Friction ſehr vermehrt, in«

IN Ueber das Schrittſchuhlaufen 123

indem man die Hintere fharfe Ede des Stahle in das Eis rigen läßt. Thaͤte man dies nicht, fo würde bald aus dem “angefangnen Bogen ein zum Theil gerader aber unregel⸗ mäßiger Strich entſtehen. Im Gegentheil, wenn noch et—⸗ was von der Gentripetalfraft übrig bleibt, nachdem die Centrifugallraft ſchon = o geworden, fo entſteht daraus entweder ein angſtliches und unangenehmes Greifen mit den Händen, um gleichfam den Ort der Ruhe für den Schwer: punct zu erhaſchen, oder bey denen, die fich ſchon etwas beſ⸗ ſer zu helſen wiſſen, ein mit der Schoͤnheit auch nicht ganz vertraͤgliches Ueberſchlagen des gehobnen Fußes über den ſtreichenden, wodurch denn die noch uͤbrige Centripetalkraft ploͤtzlich und etwas gewaltſamerweiſe o gemacht wird. Solche plögliche Uebergaͤnge haben nie Grazie, und uͤberdem ift noch in diefem Fall Gefahr da, ſich beym Ueberfchlagen mit den Schrittſchuhen zu verwiceln, wobey denn der gana je Korper eine ſehr armfelige Rolle ſpielt. Jene Fehler ſind aber dem Anfaͤnger ſo gewoͤhnlich, wie das Wanken des Schwerpunets, welches immer eine Bahn im Zickzack zur Folge hat; und die Vollkommenheit des Meifters in der Kunſt, die Spirallinie nach dem Geſetze der Stetigkeit fortzuführen, die beyden Kräfte harmoniſch miteinander ab⸗ nehmen zu laſſen, iſt nur das Werk einer langen und nicht übereilten Hebung mit Kühnbeit verbunden,

In der zwoten und dritten Figur find die ER ſelbſt krumm gezeichnet, wozu man aber berechtigt iſt, weil ‚die Aenderung der Richtung in jedem Fleinften Moment geſchieht en . |

Ss Ich

124 . Ueber das Schrittſchuhlaufen.

—Ich uͤbergehe jene Kuͤnſteleyen, die man noch mit den Schrittſchuhen machen kann, weil fie theils wegen der Ge⸗ fahr, die mit manchen derſelben verbunden iſt, nicht zur Ue⸗ bung anzurathen ſind, theils auch nie ſo viel wahre Schoͤn⸗ heit haben als die Spiralbewegung. Unter die beſten der⸗ ſelben gehört z. B. die Figur eines geſchriebnen lateiniſchen . Der Anblick zeigt ſchon, welch einen gewaltſamen Schwung die mitlere, enge Kruͤmmung erfodern muß, wenn uͤberdem noch Kraft. für den legten Bogen übrig bieiz, ben ſoll.

| An die bisherigen Hetrachtungen der Spiralbermegung

wide fi ch ein großes Gefolge anderer, die eigentlich nicht zu unfern Zweck gehören , anfchließen koͤnnen. Nur zwo derfelben wage ich) bier kurz zu erwähnen , damit ich bie Aufmerkfamteit, welche Sie meiner Materie zu ſchenken die Guͤte haben, nicht mißbrauche.

Wir finden diefe Spiralberwegung auch bey einer runden Scheibe, (3. B. einem Stüde Geld oder einem Neifen) tmel« che wir etwas. zur Seite geneigt, vorwärts nach der Rich⸗ tung BM in der gten Figur fortrolfen machen. Die Kraͤf⸗ te, welche hier die Spiralbewegung des Schwerpuncts G

bewirken find die nämlichen wie beym Bogenläufer, nur

mit dem Unterfchiede (der zugleich zur Beſtaͤtigung - der obigen Bemerkung dient) daß bier die Centripetalkraft des Schwerpunets immer ſtaͤrker wird, und die Scheibe endlich mit einer wirbelnden Bewegung hinfällt. Daß aber. der

Rand der Scheibe oder der Punet B (po er der jedesmas lige

II, Ueber das Schrittſchuhlaufen. 125

lige augenblickliche Fußpunet beym Fortrollen) eine ähnliche Linie-befchreibt (welches beym Bogenläufer durch das will: Führliche Drehen des Körpers, und durch Schwung des’ ge- hobnen Fußes geſchah) läßt ſich hier Teiche daraus erklären, daß der Punet n des Randes der Scheibe, wegen der Nei⸗ gung der letzteren ſchon etwas uͤber die Linie BM uͤberhaͤngt, und er alſo, wenn er beym Fortrollen B wird, (d. h. den Boden berührt) unmoͤglich mehr in der Linie BM etwa in o, fondern nicht anders als in dem Punct m in der Linie BD auftreffen kann. Diefe Betrachtung für die folgende Elemente der Bahn fortgefegt, fo ergiebt fich, daß B fo wie G:feine Bahn in der oftgedachten Linie fortführen müffe. Die Erläuterung davon, daß die Spirallinie des Fußpuncts von der des Schwerpunets allerdings etwas verfchieden feyn müße, umd daß dieſe Verſchiedenheit beym Scrittfhuhläu fer wieder ganz anders fey als bey der Scheibe, würde mic) über die Graͤnzen diefes Auffages binausführen.

Alle Planeten würden aus der Ellipſe in die Spirale, fallen, und alfo endlid) in die Sonne ſtuͤrzen, ſobald ſie Friction in ihrer Bahn erlitten.

Wenn es auch fuͤr dieſe Stelle nicht unſchicklich waͤre, fo waͤre es doch“ überflüßig, zum Schluſſe die beſten Arten von Schrittihuhen zu bezeichnen. . Sudeilen gehört vorzuͤg⸗ lich hieher, daß bey guten Schrittſchuhen, die zum Bogen— laufen sangen follen, die Schärfe des Stable, ih meyne die ganze untere Kante, nicht in einer geraden Linie fortgehen

muß, fo daß, wenn man beyde aneinander. hielte, die Kanten allent⸗

!

126 IM. Schreiben mR

allenthalben aneinander ſchließen, Vielmehr muͤſſen dieſe

Kanten ſelbſt einen obwohl flachen Bogen machen, ſo daß

fie aneinander gehalten, ſich nur in einer kleinen Stelle bes sübren. Der Grund davon iſt zu leicht einzuſehen, als daß es weiterer Erörterung beduͤrfte.

G.U. A. Vieth.

| Schreiben an R— . Ueber den Werth der Wuͤnſche.

* ————⸗ 2 ..

N, Gebrauch fich Eins zu wünfhen, liebe R— gehört ohne Zweifel mit zu der verfehrienen Erbſuͤnde, die das Kerbholz unfers Stammvaters Adam vergröffert.. Denn zu

allen Zeiten, fo weit man hinausdenfen kann, ift diefe Sit.

te wie eim unächtes Kind genähre und gepflegt worden, "nd nicht wenig hat man fich auf diefe chriftliche Milde zu gut gethan. Da der Menſch es fuͤhlen lernte, wie ſchwer der Fluch auf ſeinem Herzen lag, ſucht' er in Wuͤnſchen Mittel und Wege, ſeiner natuͤrlichen Schwachheit aufzuhel⸗ fen, und ſich um bey der erſtern Metapher zu bleiben den Mangel an natuͤrlichen Kindern durch untergeſchobene, durch Findelkinder zu erſetzen. Er legitimirte ſie, zog ſie ſchlicht und recht groß, und troͤſtete hiedurch ſich und ſei⸗ nen Nachbarn, der am Verluſte ſeines einzigen Sohnes hart darnieder las Allein dieſe Kinder geriethen gleich den nas

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\ . f über den Werth der Münfcher 127 * tuͤrlichen, aller angewandten guten Erziehung unerachtet, nicht immer wohl, fie ſchlugen gleich dieſen aus der Art, und ſo mußte denn eine ſichtliche Unart die andte decken. Dan legt ihnen Feyertleider an, ſtreute Puder auf ihr Haupt, und das ſo leicht zu beſtechende Auge ſah vor dieſem aͤuſſern Prunke keinen Flecken, keinen Fehler, oder des Etwas. Man gieng ı unvermerkt von der Natur zur Unnatur über, und machte, einen ſtillſchweigenden Contract, die natürliche Bloße durch unnatuͤrliche Schminke zu heben. Wenn man dem Gange aller menſchlichen Erfindun⸗ gen nachgeht, ſo iſt Erfinden und Verbeſſern beynah' Eine. Jede Erfinduing hat viel Unvollkommenes, viele Schladen, die durch nähere Bepruͤfungen gelaͤutert ſeyn wollen. Sie gleicht einem neugebohrnen Kinde, das gewiß aller menſchmoͤglichen Wartung und Pflege bedarf, che es ſelbſt ſich nur fortheifen kann. Dieſe Vervolkommnungen, dieſe Verfeinerungen indeſſen muͤßen, wenn fie Herzensſa⸗ che ſind, die Natur mit ihrer Stimme nicht ausſchließen; vielmehr ſie zur Vorſitzerin auf und annehmen. Wenn un⸗ ſre Vorfahren mit einem: Gott grüß euch; Gore helf; Gott fegne euch ! fi ich einander bewilllommten, und der Mund dieſen Anwunſch mit dem Druck der Rechten begleis ‘tete; befiegelte das Herz dieſe Worte mit mehr denn ſi ie ben Siegeln, Ihre Empfindung, ihr innres Gefühl. bey dem „Leiden ihres Nächten gieng in Thätigkeit über, ind ba, wo die freundſchaftliche, milde Hand aus Unvermögen zu ſeegnen und wohlzuthun ſich verfchloß, brach der gute Wille, das unverdorbene gute Herz durch, es war frͤhlich mit dem Froͤh⸗

128 in. Schreiben an R— |

Froͤhlichen, und weinte mit dem Weinenden. Das Schick⸗ ſahl ſeines Nachſtenn war das Seinige. Kummer und Freu⸗ de waren getheilt. Bey ſolch einer Gemeinſchaft, wo Gott und dem Herzen bie Ehre gegeben ward, die ihnen ı eignet und gebühtte, wat ein chriſtlicher Anwunſch lautes Ge: bet zu Gott, und Linderung für die‘ ;gefchlagene Wunden feines Nächften. Das Herz redete mit Gott, und bekuͤm⸗ merte fih nicht um den Mund. "Vielleicht und ſehr wahr⸗ ſcheinlich iſt es das Werk des erſten Heuchlers, der das Herz dem Munde unterwuͤrfig machte, und je weniger jenes empfand, deſtomehr dieſen in zierliche Falten legen lernte. Er wolte ſein Beyleid bey dem traurigen Schickſale ſeines Nachſtens zeigen; allein wie? da das Herz nichts mitem— pfand, nicht reden Eonntes mußte der Mund, fein Stell: » vertreter ſeyn. Ein Schwall von Worten, ein Oalimathias von erfünftelten Tropen und Figuren vertrat die Eunftlofe

Wahrheit,

Sie koͤnnen leicht denken, liebe R— wie unbeholfen und fremde dieſer junge Kuͤnſtler in ſeiner Maſke ſich ſelbſt gefunden, wenn ſie erwaͤgen, was fuͤr eine ſchwere Rolle es ſelbſt fuͤr unſre aufgeklaͤrte Schauſpieler iſt, da zu handeln wo der Dichter blos kalte Worte ſagte; ſeine Empfin⸗ dungen auf ſeinem Geſicht ſo abzudruͤcken, daß der Zuſchauer ihn verſtehen kann, ohne daß er den Dichter aus ihm hoͤ— ret. „Worte“ ſagt Shakeſpear „find falſche Muͤnzer vom Herzen,“ der Schaufpieler iſt des Dichters Dollmetſcher, oder ſolt' es wenigſtens ſeyn. Jedem Worte haucht er le⸗ u

bendigen Odem ein. Auf die Art hilfe er dem Dichter‘ zu feinen

über den Werth der Wanſche. 129

feinem Rühm er macht ihn unſterblich. Er handelt, er ſpricht, ohne daß er ſeinen Mund ———

Doch davon bey einer andern Gelegenheit.

Wie die Sachen jezt ftehen,. liche R— fo find fie gut, und bie Gut; weil unfer Herz da reden kann und darf, two der Wille nicht zum lebendigen Worte kommen fann, weil wir aus. Grund des Herzens wuͤnſchen koͤnnen, too. unfte Ohnmacht thatige Hülfe verfagt. Voͤſe; wenn wir mit klagen und bloß wuͤnſchen, wo wir helfen: Faſt ſcheint es, daß Klagen und Ren Beduͤrfniſſe des menfhlichen Geiſtes find. | sg

Wie ſchwer pälts ihr bod),. die Mittelſtraße zu bat ten, und nicht 3 wanten von der Rechten ‚she Eiufen.

—* ihm wohl; ſinnt er auf Mittel, ſich aus dies ſem Gleichgewicht heranszubringen. Gehts ihm, uͤbel; hat ein Kyrie vor dem andern nicht Raum. Er zankt mit fich ſelbſt er vertraͤgt ſi ch auch wieder. Er klagt, er rich— tet. Er verwirft, er nimmt an. &o Eonnte man auch von dem unthaͤtigſten Menſchen behaupten: er ſey ſtets in Thaͤtigkeit, weil er ſich ſelbſt immer zlım Gegenftande Se, Eine Leidenſchaft nach der andern macht ihm die Viſite. Je— de verſucht ihr Heil, die Vernunft aus ihrem Tempel zu ja; gen, und fie oͤffentlich zur Schau zu ftellen. Jede trägt den Sieg davon. Denn bie Vernunft, gleich einem fanf: ten, duldenden Weibe, giebt gern nach, verrichtet Hausdien⸗ ſte, * die Leidenſchaften auf ihre Koſten wohlleben.

Das

1

150 IL, Schreiben an R—

Das Klaglied tönt. endlich hinten drein. ‚Mit einem Worte: Der Menſch ift der offenbarfte, lebendige Widerſpruch. Er klagt, wo er Gott danken, er wuͤnſcht, wo er genießen koͤnnte. Zi

Man könnte behaupten: Unſer ganzes Leben wäre ein länger Wunſch. ° Jeder Vorfall, der den Menichen aus feinem Schneckengehaͤuſe abſchreckt, Kat ſeinen eignen Wunſch, wie jede Jahreszeit ihr eigen Gericht, dus hur zu biefer Zeit zu einem Genuße mit Wohlgefallen einladet, wuͤrd ich Hinzufügen, wenn dieſe Abſpeiſung mit Iteren Worten den Menſchen ſaͤttigen uns traͤnken moͤthhte. Mit kommen wir gehen. Wuͤnſche empfangen ins in dieſe Welt; Wuͤnſche begleiten uns zu Grabe. „Das Kindlein folk „groß und ſtark und fromm. werden , zur Ehre Got: „tes und der Menfchen. Der Berftorbene fol „dort die Krone des Lebens empfaben, un Feine „Quaal ihn anruͤhren.“

Herrliche Wünfhei Nur ſchade, daß die Mutter des neugebohrnen Kindleins bey der Erziehung oft anders hinaus denkt nur ſchade, daß der Geligverftorbene hier fo viele Gläubiger zurückläßt, die dieſet Wunſch nicht befrie, digen kann! Wie die Saat, fo die Erntet Wie gelebt, ſo geſtorben! Drer Tod deckt alle unfe Fehler mit ein wenig Erde: zu; allein er. verivandelt die fehlechte . Frucht eines fehlechten Baumes nicht, wenn ein Pfropfreis fie nicht veredelte: |

Mode

über ben Werth der Wünfche. 231

Mode, ift eine lebendige Puppe; der jede Nation. epfert. -Sie privilegirt oft die geſchmackloſeſten, abſurdeſten Dinge. Daß fie keinen geringen Antheil auch an vielen unfern Altags » Sontags- und Feſttagswuͤnſchen habe, wißen Sie, liebe R— aus felbft eigener Erfahrung Eine Höflichkeit erfoders bier die andre, Wer da Ausnahmen von der allgemeinen Regel machte, hieße, um mic, glimpfe lich auszudrüden: ein Sonderling ſeyn. Um dieſem Scheltworte zu entgehen, folgt auch einer dem andern nach und ſo legt einer dem andern den klareſten Beweis ab, daß doch Ein Ding in der Welt es vermag, ſo viele widrig geſinnte Köpfe unter Einen Hut zu bringen. Was Ver: ftand und Vernunft alfo nicht zu Stande bringen Fann, muß Eitelkeit hun. Allen diefem unbefchabet, gereicht es der Menfchheit zur Ehre, wenn fie bey den vielen Vorfällen, denen der Menfch ausgefegt iſt, zeigt, daß fie ‚menfchliches Gefühl hat. _ Es gereicht ihr zur Ehre, wenn fie der Zeit Feſte feyert, bey denen fie vereint Gott für die empfangene Güte dankt, fi ihres Lebens ihres Sterbens erinnert, | und im neuen Jahr ein veines Herz, einen neuen Sinn zu fagen ſich umzufchaffen angelobet, und in diefer Sinnes: "und Willensänderung auch feinem Naͤchſten hiezu Gluͤck wuͤnſcht, und alles Uebrige Gott dem Vater anheim— giebt.

Wer aber einen Accent auf ſeine Wuͤnſche ſetzt, wer glaubt, daß Gott durch Opfer ‚und Geluͤbde zu gewinnen und zu. behuemen feyn werde, von feinen gefaßten Rathſchluͤß pen: abzugehen. Wahrlich! was fol man von dem Kindlein

N. kitt. u. Bölterk, 1,1. B. K denken?

132 III. Sheibennf—

denken? Und was davon? Wenn der Menfch Gott unter der Hand zu beftehen waͤhnt; wenn er den Dienet des göttlichen Worts zu feinem Fürbitter gebraucht, und dieferhalb ihn und den Seckel ſeegnet? Warum Schleichwege? Darf man mit Gott wie mit unfer Einem .- complimentiren ? Darf man feine Worte nach Noten fegen, wenn man an ihn fich wendet? Gott ift jedermans Gott, des Vornehmen und des Geringe. Das Herz darf nur reden, der Mund muß nicht plappern. Er will nur das Herz, und felbft diefes, ohne Ziererey, ohne Berftellung: Der foll etwa eine bezahlte Fürbitte,cher zum erwuͤnſch ten Ziele helfen? Kleinglaubiger ! Gott fell fo menſch⸗ lich denken, und um deines Scherflein willen, daß du in den Gottesfaften legſt, feinen meifen Plan verändern ? Wohl dirt dag du zu ohmmaächtig bift, deinen geheimen Gedanken Leben und Odem zu geben. _ Wie verworren wuͤr⸗ deſt du deinen Lebensknaul die wickeln! Erkenne viel— mehr mit Dank, daß Alles was geſchieht, geſchehen muͤße. Gott regieret Alles, und führet Jedes herrlich hinaus. Wenn Seelmeſſen die Ruhe der Verſtorbenen befoͤrdern koͤnnten, ſtuͤrbe jedes nad) Verhaͤltniß der klingenden Muͤn-⸗ ze ſelig und reſpective hoch: und hoͤchſtſelig. Wenn Wuͤn⸗ ſche uns unſerm vorgeſteckten Ziele naher braͤchten, würde Jedes die Haͤnde in den Schooß legen und ein unnuͤtzer Tag— dieb werden. Ergreift dich eine Noth, wende dich gerade zu Gott, und verſtecke dich nicht unter deine bezahlten Für: bitter, wie Adam unter die Bäume im Garten; fag ihm dein- Anliegen geradezu ins Geficht. Gott ift überall; in deinem Kämmerlein wie im Tempel, Der Ort heiligt dich | | nicht

# über den Werth j der Wuͤnſche. er!

nicht, dein Herz muß es than, Wir feßen auf nichts fo geringen Werth, als auf unfre ſelbſt eigenen Wünfhe; weil wir die Geringbaltigkeit derfelben auf ein Haar Eeris nen, ohne uns nad) einem -Probierftein umſehen zu dürfen, Wuͤnſchen wir uns felbft ja Etwas; fo ifts gewiß ein Et- was; daß ſich hören und fehen läßt. So wuͤnſch' ich mit oft und viel, eine acht und achtzigaͤhrige Wittwe, mit acht und achtzigtaufend Thalern, nur blog des Wünfchens, dee Neuheit, des Seltenen wegen.

Das Refultar? Laſſen fie ins den Waizen vor dem Unkraut, das fo dutch und ineinander waͤchſt, feheiden. Wuͤnſche an und fuͤr ſi ch haben zwar keine Realitaͤt; allein wenn Herz und Mund ſich dabey vermaͤhlen; wenn Natur und Wahrheit das Pathenamt übernimmt dienen fie unſret gegenwaͤrtigen Ohnmacht zur reinen Folie, und Iindern durch den damit innigft verbundenen fichtlichen Ans theil das Leiden unſres Freundes, Sie find Rath und That. In Hinſicht der täglichen Leibes » Nahrung und Nothdurftswuͤnſche laffen fie ung zufrieden feyn, ihren Gehalt zu kennen. Mode hat fie zur feinen Lebensart privilegirt und zum großen Handlungsartickel erhoben. Sie ſind all⸗ gemein gang und gaͤbe. Laſſen ſie uns verjaͤhrte Schulden gutwillig bezahlen, wie man ſie uns bezahlt mit Rechen⸗ pfennigen/ reichlich und taͤglich Oder auch, wenn das neue Jahr alles in und auſſer Athem ſetzt; auch mit einem zierlich eingefaßten Reimlein fein. Spielzeug muͤſſen wir großen Kinder doch haben und dies läßt uns ja alle in Würden und Ehren; ja die Sache ſelbſt bleibt wie fi fie ift.

K 2 8* Un⸗

134 W. Die Gräber der ägnptifchen Könige.

Unſre gewöhnliche Alltagswünfche find Eurz ımd gut: Einfaffungen eines Anfangs und, eines "Endes, einer. kurzen Geſchichte traurigen oder froͤhlichen Gehalts, die oft durch die Einfaſſung, wie ein Mädchen duch ihren Putz verſcho— nert, oft aber auch ſo ins Dunkel geſtellt wird, daß vor der Einfaſſung, vor dem beladenen Putz weiter nichts ſtchtbar iſt.

Oder endlich, damit ich alles zuſammenfaſſe. Wuͤn⸗ ſche find Cireumſlexe. Wenn ein Gebäude fertig iſt, ſorgt man für den Abputz, für Eleine Zierrathen. Das ‚Ganze endigt ſich in einer Spige, Diefer Spige gräbt man noch ‚ein Laus Deo ein, oder man feßt ihr eine menfchliche Figur auf, einen pofaunenden Engel, einen Wetterhahn, oder des⸗ gleichen, um des Endes Ende zu bezeichnen. Und fo fey aud) hier das Ende diefes. langen. Briefes ein Circumflex.

. 396.

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| IV, / Die Gräber der Agyptifchen. Könige. :

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ad den Catacomben findet fich auch der Name Ramefı fis. III, von welchem, König man weis, daß er mit feinen ganzen Heere im Nil ertrunken ift.

Ueber den Sarg haben ſich die aͤghptiſchen Prieſter, die doch, wo es darum zu thun ift, dem gefunden Menſchen⸗ de ver:

IV, Die’ Gräber der aͤgyptiſchen Könige, 135 ı

verftand im das Geſicht zu widerſprechen, fehr gerne gemeins ſchaftliche Sache machen, . nimmer vereinigen koͤnnen. Der Leichnam des Königs iſt von Wellen verſchlungen wor⸗ den, das haben ſie ſorgfaͤltig in ihre Jahrbuͤcher aufgezeich⸗ net. Aber er muß im Sarge liegen, weil der Sarg da ſteht darüber iſt nie ein Zweifel geweſen; nur fragt fih’s, wie er in den Sarg gekommen ift, |

Durch das Gebet der frormmen Prieſter der großen is können Wunderwerke gefchehen alfo iſt aus den ins nern Theilen des Sarges der Leichnam des Königs: entſtan⸗ den das ift die Meynung der alteften Secte, die noch in den Zeiten geftiftet worden, wo fich das Volk fagen ließ, dag unter gewiſſen Umſtaͤnden ein Meerzwiebel etwas an: ders als ein. Meerzwiebel feyn kann. y

Mährchen! fehreyt eine neuere Schule frehlich iſt der Leichnam darinnuen das wiſſen wir, ‚weit wir es alle glauben; wie es zugegangen ? wer wird fich den Kopf zer: brechen. | | a

Ob der Sarg etwa nur da ſteht, u um in det ex Heiße feine Lücke zu laffen fragt ihre gleichzeitige Nebenbuhferinn, und ehrt deffen Sarg fo gut, als wenn er wirlſick die Reſte des Koͤnigs enthielte.

Oefnet ihn, und ſehet erſt au, ob er Hirnfchedel, Kno⸗ chen und Menſchenreſte enthält, oder ob vermoderte Lein⸗ wand und vermorſchte Bretter vom Sarg da liegen dann

moͤget ihr zanken, wo fe, ie hergefommen find, =, 83 Gott:

36.» ..V. Die Gebure der Siebe,

Sottlofigkeit! riefen alle drey Partheyen, uud ſteinigten den Griechen, der ihnen den Rath gegeben hatte der meines Erachtens unter dieſen Umſtaͤnden doch der einzige war.

Die Geburt der Liebe. Nah dem Te

Du im belaubten Birkenfchatten Der Schönheit, laß die Phantafie Sich mir der Mufen Schönfter gatten Und freundlich fcherzend fingen, mie Uns Zeus den Piebesgott verlieh.

In Flora*s Wangengrüdchen fand | CEs war der Goͤttin erſtes Laͤcheln) Durch Sympathie zu ihr geſandt, Des Holden Zephyrs Ieifes Facheln Das Kind, in Rofen eingehüßt, Bon ihres Bufens Schönheit trunfen War es an diefen hingefunfen Und deckte, keines Schalks bewußt Der Fruͤhlingsgoͤttin Schwanenbruſt Mit ſeinen kleinen Purpurſchwingen. Mit Kuͤßen, die ihm Leben bringen Und mit des Morgens Gilberthaue Gendprt, wuchs biefer kleine Schlaue Gar Bald zum Liebesgott empor: Be⸗

VI: Auszug eines Schreibens: aus M*, 197 Bewafnete fein Lilienhaupt Ringsum mit gluͤhen Feuerfunken, | Die er dem Gotte Sol geraubt; Zogs ſeine Strahlenpfeile vor And tauchte in Benierde, ſie! Daher entſtand nun Freude, die | Sich auf des Windes Flügeln naht Und immer zeigt der Hofnung Pfad Den Fiebenden ein fernes Licht, Dos nie des Zutrauns Felſen bricht. Verzweiflung fhaft für unfre Thränen Uns eines Nebenbuhlers Neid; und fanftes Mitleid mildert denen , Die Elagend feufzen, Furcht und Leid.

% Kleiſt.

Ausdzug eines Schreibens aus MH Am" zoften October 1788.

R,, muß Ihnen von einet neuen chemtſchen Entdeckung Nachricht geben, die mich der Zufall kennen ließ, und eben ſo ſonderbar, als gefaͤhrlich und ſchreckbar in ihrer Wirkung iſt; Sie ſollen davon die zufaͤllige Veranlaſſung, die ganze Verfahrungsweiſe, und ihre allenfallſige Theorie ausfuͤhrlich wiſſen, und, dann ſelbſt urtheilen, ob. ich in dieſer Vorausſe⸗ tzung zu viel geſagt habe, oder nicht. | i R | Kk Sie

38° VI Auszug eines Schreibens aus M*,

Sie willen, was für betruͤbte und ſchreckliche Wirkun⸗ gen das Schießpulver macht, und daß das chemiſche Schlag- gold, wann es nur nicht fo koͤſtlich wäre, noch vielmehr, als diefes, leiften kann; von einem Schlagſilber aber werden Sie noch nie gehört haben, und doch iſt es wovon ch Ihnen nun reden will.

Einige chemiſche Derfüche, die ih ohnlaͤngſt verhaßn; veranlaßten mich zu Miſchungen verſchiedener Salien, mit denen ich auch feines Silber verſetzte, und eine derſelben gab durch die ledigliche Beruͤhrung eines kalten Koͤrpers eine ſolche augenblickliche Entzündung und fo großen Schlag, daß ſie nicht allein das Gefaͤß, worinn ſie enthalten war, in vie— le Stuͤcke zerſchlug, ſondern auch, ohne genommene Vor: ficht, mir: ſelbſt Hätte gefährlich werden können,

Ich werde Shnen daher die. ganze Berfahrungsart mit allen ihren Wirfungen ganz forgfältig befchreiben, weil fie vielleicht ein. großes Licht über eine neue cheinifhe Theo vie verbreiten kann, und damit Sie, oder ihre Freunde, wann Sie diefen Verſuch jemaͤhls wiederholen wollen, doch von allen widrigen Zufällen zuvor belehrt find, welchen Sie. ſich ausfegen würden, wann Ste zum Verfuche fchritten, ohne defjeh genaue Zergliederiing und unerwartete Wirkun. gen au kennen. Alfo zur Sache:

nehme feines Capellenſilber, lbſe ſolches in „Salpeterſaͤuere (Acido nitri) wie gewoͤhnlich auf, ſchla⸗ „ge dieſe Aufloͤſung mit Kalkwaſſer nieder, gieße das fluͤßi⸗ | - „gr

%

VI. Auszug eines Schreibens aus M*. 139

„ge vom Niederſchlage langſam ab, und ftelle dieſen Nie⸗

„derſchlag drey Tage lang in die Tagsluft, damit er ſich „mit dem Einfluß des Lichts ſchwaͤngere, und ganz trocken „werde; dann vermiſche man den trockenen Niederſchlag „mit der Salmiacfäuere, (alkali volatili eauftico) und „es wird fich ‚ein, ſchwarzes Pulver ergeben, fchütte hiernach „die. Flüßigkeit davon fanft ab, laſſe ‚es wieder in der Lufe

„laugfam trocknen, und nun ift das Schlagfilber fertig, I ich Ihnen gegenwärtig, vet,

Ich Ihnen 4 wohl A⸗ zu | ben, daß man dieſes Schlagfilber-in der geringſtmoͤglichſten Quantitaͤt nur verfertige, es in einer kleinen glaͤſernen, beſſer

aber, der Sicherheit willen , in mehreren kleinen metallenen

Capſuln trockne, ſolche unbewegt ’anf dem nämlichen- Platz

ſtehen laſſe, alle weitere Berührung eines fremden Koͤrpers

forgfältig verhüte, und bey Verfertigung deſſelben ſich das Sefiht wohl verdecke und verwahre, endlich daß man bie ‚Entzündung und den Schlag nur mit der geringften Auan- tität, mit einem Gran, verfüche, fonft Eonnte man eine leicht —— Erplofi ion veranlaffen.

BER und Schlag wird u * Stelle dadurch veranlaßt, wann mehrgeſagtes Schlagſilber nur mit einem fremden, Falten Körper in unmittelbaren Contact fommt, da doch das Schießpulver einer Berührung. des Feuers, und das Schlaggold eines gewißen Grades von Er hitzung bedarf, wann beyde ihre Wirkung machen follen; und hören Sie nun davon auch meine Erfahrungen, |

8 5 Ein

4a WI Auszug eines Schreibens aus Mr

Ein Gran von dieſem Schlagfilber war‘ in einer Ölas« fihanle, es fiel von ohngefehr ein Tropfen Waſſer darauf, und die augenblickliche Entzuͤndung und der Schlag war fa groß, daß er' nicht allein die Glasſchaale zu Pulver, und in fait unbegreifliche Stuͤcke zerfhlug, fondern auch die Stuͤcke in den Tiſch von Holz, worauf die Schaale ſtand, tief hin⸗ ein fchleüderte; - einige Etäubehen von erwähnten Schlag: fiber aber ſtieß ich, ohne es zw woilfen, mit der Hand vom Tiſche, und diefe fihlugen nice allein gleich aus; ſondern das naͤmliche thaten auch die Staͤubgen, die davon im Fallen die Erde beruͤhrten; und was hierbey das Sonderbarſte ift, fo findet man nach der Entzündung und nad) dem Schla- ge’ immer. das Capellenſilber wieder weiß, rein und in’ dev nämlichen Geſtalt und Verhalten fo vor fich, tie es vor dem anfänglichen chemifchen : Miederfchlag geweſen ift.

Ich Habe Ahnen nun alles gefagt, was zu einem. glück lichen Verſuche mit dieſer höchitgefährlichen Miſchung noͤthig iſt, und jetzt nur noch zwey Worte uͤber die a Theorie davon:

Diefe if faft die nämliche, wie beym Schlaggolde. Das Acidum, welches ſich an das niedergefchlagene Silber an- hänge; und feftgeheftet hat, vermiſcht ſich mit denen Waſſer⸗ theilen des Salmiacs, und aus diefer Verbindung entjteht ei⸗ ne in Duͤnſte gewickelte Fluͤßigkeit, dieſe hat alle Elaftici- tät, amd Ausdehnungsvermögen, die ihr eigen iſt, und wirkt nach derfelßen bey der durch die Aus duͤnſtung wit ſo Erfolge.

Ich

*

"VE, Der alte im 141

| Ich vernehme fo eben aus Paris von einigen Freuns den, denen ich diefen Verſuch ohnlaͤngſt mitgetheilt hatte, daß der gefchickte Chemiſt Herr Bertholes daſelbſt, der uns ſchon im Jahre 1785 die Theorie des Schlaggoldes gegeben bat, ſich auch mit dieſem Berſuche und feiner Vollendung abgeben tolle, und ich ziveifle nicht, daß er noch weiter fort: geſetzt werden koͤnne; bin aber auch uͤberzeugt, daß hiermit dem wißbegierigen Menſchengeſchlechte kein ſo ſchaͤdliches und betruͤbtes Geſchenke gemacht werde, als ehemals der Moͤnch Berthold Schwarz mit dem Schießpulver that; da es ei⸗ ne platte Unmoͤglichkeit iſt, von dieſem Schlagfilber eine große Quantitaͤt auf einmal ſo zu machen, und ſie ſo lange aufzubewahren, daß ſie zu einem allgemeinen menſchenfeind— lichen Gebrauche verwendet werden koͤnnte. Sch bin u, ſw.

= Krk ge,

Der alte Loͤwe. Eine Fabesh.

CA alter Loͤwe hatt’ in mancher blutgen Schlacht . Unfterblich fich beruͤhmt gemacht, Ind hörte nah fo vielen Giegen

Am Ende mweislich auf zu Friegen;

Entflop auf einmahl dem Gerduſch der Welt

Hin / in fein Felſenſchloß, als Sieger und als Held, And ruhig ſieht man ihn auf feinen Lorbeern liegen.

Sein

142 - VII, Herillas Wig.

Sein Volk erffaunt darob, und fann

Dem großen. thatenseihen Dann

Die fiolge Ruhe kaum vergeben.

Das dumme Bol! der große Wann Hat drum zur Ruhe fich begeben,

um ſich nicht felb zu überlchen.

R) möcht? er manchen andern großen Mann Hiedurch ein lehrreich Beyſpiel geben !! | C. 5. Pockels.

Herillas Wis. .

Frage: W | a rem ähnlich fcheint Herilas Wis zu ſeyn? Antw. Der Haut von einem Stachelſchwein, Denn daß von ihres Witzes Borſtenſpitzen Zu ſtumpf um nur wie Nadeln des Genies zu ritzen, Blos eine mit der ſcheußlich krampfigſten Geberde | Herausgedruͤckt umd abgef&offen werde Muß fie fo wie ein grunzend Stachelſchwein *) Gehonekt und erboßt erſt ſeyn.

*) Daß die Stachelſchweine, wenn fie zum Zorn gereizt werden, ihre Stacheln gegen die Beleidiger abſchießen, iſt eine bekannte Fehauptung vieles Naturkündiger.;

IX, An

IX. An den Gott der Träume.

O du, mit dem die Stunden Dies Erdenleben theilt,

Der unfern Herzen Wunden

- Bald fcehldget und bald heilt, Zum Trofte und zur Strafe ‚Ward uns dos Loos beftimmt, Das deine Macht dem Schlaſe Das Bid des Todes nimmt,

Du, bald im Nachtgeſichte

Ein fuͤrchterlicher Gnom,

und bald im Roſenlichte

Ein lachelndes Phantom, Der mit des Wunderſtabes Allmaͤchtger Zauberkraft

Bald Schreckniſſe des Grabes, Bald Paradieſe ſchaft.

Von roſigem Gefieder Zräufit du bald in das Herz Des Kranken Troft hernieder Und Linderfi feinen Schmerz, Er hebt auf. deinen Schwingen Gen Himmel ſich empor

| tind

144

- IX, An’ den Gott der Träume, *

und hoͤrt die Sphaͤren ſingen Mit zaubertrunknem Ohr.

Doch bald nimmſt du ihm wieder Zu groͤßrer Peinigung

Den Troſt, und ſchlagſt ihn nieder Bis zur Verzweifelung,

Sein angſtliches Gewiſſen

Qualſt du mit Hoͤllenpein, Huͤllſt ihm mit Finſterniſſen

Die letzte Hofnung ein.

Als ein Geſpenſt mit Ketten

Und ſchwerer Alp druͤckſt du Der armen Kinder Betten und angſtigſt ihre Ruh:

Des Miſſethaͤters Strafe Bertaujendfültigt du,

Und führt mit jedem Schlafe Shn dem Schafotte zu.

Doch größer find die Freuden, Womit du uns begluͤchſt,

Im Drucke ſchwerer Leiden Das kranke Herz erquickſt: Oft trinkt der Geiſt, getragen Don deiner guͤtgen Hand, Bergefienheit der Klagen An Lethens Blumenfirand.

Dich hat der Ruderſelave

- Zum einz’gen Sreund: denn du,

Du

IX, An den Gott der Traͤume—

Du weher ihm im- Schlafe Wohlthaͤt'ge Kuͤhlung zu:

Zum Troſt reichſt du dem Armen

Mitleidig deine: Hand, und tragſt in deinen Armen Ihn in fein Vaterland.

Dort drückt er vol Entzuͤcken Sein fiebehen an das Herz, iind fieht in ihren Blicken Getrennter Liebe Schmerz, Und mit dem Tröpfchen Wonne Trinkt er ſich Muth und Kraft, Wenn drauf die Morgenjonne Shm neue Dualen ſchaft.

Und auch mein Herz vol Kummer Staͤrkſt und erquickeſt du, Wehſt ihm im Morgenſchlummer

Manch Hofnungsluͤftchen zu: ni

Was wire font mein Leben, Ach! dem das Mißgefchick Kein Blümchen hat geneben Und keinen Sonnenblick?

Zu ihr, die meine Schmerzen -. Mit jeden Tage mehrt,

Die Ruh in meinem Herzen Auf ewig mir zerfört,

Zu ihe traͤgt mich dein Flügel, Du, meiner Siehe Freund!

f

145

146

XI. An den Gott der Träume.

| Wo auf die Rebenhuͤgel Die Sonne ſchoͤner ſcheint.

Mit brennendem Verlangen Flieg' ih in ihren Arm Ind hing’ an ihren Wangen Dergeffend Gram und Harm : In ihrem- feuchten Auge Schwimmt meiner Piebe Glück, Und Simmelswonne jauge Ih aus dem Tpränenblid.

Es fühlt zu neuem Leben

Mein Geift erhoben fich,

Denn ihre Küße heben

Empor gen Himmel mich,

Bis unter Kup und Scherzen Der Morgen mich aufichreckt, Und im getäufchten Herzen Den Kummer wieder medt,

Gern fagt’ ih mich auf immer Dom wahren Leben los,

Wird’ ich, o Traumgott! nimmer Geweckt aus deinem Schooß,

und was iſt auf der Erden

Der Tropfen Leben, kaum Werth, ſo genannt zu werden, Was iſt er mehr, als Traum.

——

X. Ueber

147

ueber Geſchichte und Umfang des Churſachſiſchen Privilegiums, wider die Appellationen an die Reichsgerichte; zur Prüfung der hierüber vom Heren Hofrath Spittler im Götting. Hiſtor. Mas gazin (2. B. 2tes und 3tes Stuͤck) angenommenen Grundſaͤtze, vom D. Siegmann, zu zeipzig.

Fortſetzung.

©, war es wohl gerade Eeine nothwendige Folge, daß wer ſich der Kammergerichtsordnung vom Jahr 1495 unterwarf, zus gleich auch ſeiner Appellationsfreyheit entfagte? . ‚Aber viel leicht thaten die Churfürften in einer guten Laune freywillig, was Niemand von ihnen verlangte; vielleicht ließen fie. fich durd) Churfürft Berthold von Mainz bereden, ungedrangt auf ihr treflich Hohes Vorrecht Verzicht zu leiftens die mehre: ſten hatten ja bisher ohnehin gegen ihre Landfchaften damit nicht durchdringen koͤnnen, Sachſen und Brandenburg aber mußten ſich ja wohl gefallen laßen, was Mainz und Trier, und Colin und Pfalz befchloffen hatten? Geftanden fie doch feldft acht Jahr nach Errichtung des Kammergerichts, daß fie, mit Nachlaffung ihrer churfürftlichen Freyheit, ſich dem neuen Tribunal unterworfen hatten; und wo von anders, als ihrer Appellationsfreyheit Eonnte denn hier die Rede feyn? & ſchloß wahrſcheinlich der Donauwoͤrther Deduetions⸗ ſchriftſteller, ſo folgerte mit ihm Senkenberg, und ſo mit beyden auch Herr Hofrath Spittler.

Sonderbar genug, wenn es mit dieſem Verzicht ſeine Richtigkeit hätte; Kayſer Maximilian mußte dann gewiß feinen Vortheil ſehr ſchlecht verſtehen, und fuͤr die Eiferſucht der Stände mußte dies churfuͤrſtliche Praͤrogativ gerade da

N. gitt, u. Völferk, 1. a | L mahls

i

148 X. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium.

mahls viel weniger Reiz, als zu "anderen Zeiten haben, dag. man . diefes Verzichts auch nicht mit Einem Wort in der Kammergerichtzordnung erwähnte. Dies allein macht jene Hypotheſe ziemlich verdächtig; es fehen ihr aber aud) fo viel bekannte Thatfachen entgegen, daß ich mic) wundere, | wie Herr Hofrath Spittler ihr feinen Beyfall geben , und jum Theil feine ganze Ausführung darauf gründen Fonnte. Eher war fie Senkenberg zu verzeihn, der fie nur gelegent« lich erwähnte, ohne irgend etwas wichtiges daraus zu fol- gern. Wenn bie Churfürften im Sahr- 1503 dem Kayfer ſchrieben, *) es fey ihm nicht unbekannt, auf welche Art fie fich dem neu angelegten Kammergericht, mit Nachlaffung ih⸗

rer churfürftlichen Freyheit, unterworfen hätten, was mag ung

=) Harprecht am a. O. ater Th. 9.235. » maaßen Ihro Mas jeſtat nicht unbekannt ſey, auf mas Maasß die Churfuͤrſten ſich dem zuerſt angeordneten Cammergericht mit Nachlaſ⸗ ſung ihrer Churfuͤrſtl. Freyheit unterworfen haͤtten; welche Maaß aber bisher nicht gehalten worden, geſtallten das Cammergericht nicht aufhoͤre, wider ihre Perſohnen und Guͤther fuͤr und fuͤr zu procediten, und zu urtheilen: hierzu komme, daß mehrgedachtes Gericht wider der Chur— fürſten Unterthanen in der erſten Inſtanz verfahre, wele ches den gemeinen Rechten ungemaͤß, auch den zu Worms und Augſpurg aufgerichteten Reichsordnungen ganz zuwider⸗ lauffe, weßhalb ſie Ihro K. Majeſt. bitten ließen, bey ihrem jetzigen Cammergericht ernſtlich zu verfügen, damit daffel- , be ſich wider fie weiteren Procedirens und Urtheilend ent= halten, und bis zu ndchft Fünftinem Reichstag in Ruhe eben, nicht weniger gegen ihre Unterthanen in der erflen Inſtanz feine Sachen annehmen, fondern ſolche ihre gebührliche Rechtfertigung vor ihnen den Churfürften, oder ‚ihren ver- orbneten Gerichten, wohin fie auch in der erfien Inſtanz or⸗ dentlih gehörten, nehmen Laffen folle.- Ä

X. Ueder das Churfächß Appellationsprivilegium. 149

uns berchtigen bies gerade von der Appellationefreyheit auszulegen? Bis zur Anlegung des Kammergerichts im Jahr 1495 war es hoher Vorzug. der Fürften, daß fie bloß vor einem, mit Perfonen von ihrem Stande beſetzten kay⸗ ſerlichen Gericht Recht zu nehmen und zu geben verbunden waren; *) wie ſelten fie auch, wegen des Fauſtrechts und

der ſo ſehr zur Gewohnheit gewordenen Auſtraͤgalinſtanz, da-·

von Gebrauch machten. Schwer entſchloſſen ſie ſich zur Un— terwerfung unter das Kammergericht; alle beriefen ſich auf ihre fuͤrſtlichen Freyheiten, auf jenen hergebrachten Gerichts, fand, wie fie einmahl nicht mehr ausmeichen, wie fie die Anlegung des neuen Gerichts nicht mehr hindern konnten. Wirklich mußten ihnen auch ihre Austraͤge gelaſſen werden; allein ſie glaubten doch immer noch ein betraͤchtliches Opfer zu bringen, indem fie das Kammergericht als Appellations, inſtanz anerkannten, und in Faͤllen eines Landfriedenbruchs ſich ſelbigem ſogar unmittelbar unterwarfen. Sie begaben

ſich alſo nicht bloß des Fuͤrſtenrechts; ſie thaten vielmehr,

unter der oben genannten Bedingung, auch auf die Auſtraͤ⸗ galinſtanz Verzicht; und wenn fie bisher die bündigften Privilegien über ihre ausfchließende landesherrlihe Gericht. barkeit in erfter Inſtanzebeſaßen, fo entfagten fie felbft die-

jen, fo oft ihre Unterthanen als Landfriedensbrecher wuͤr⸗

den belangt werden. Dies dünft mich, war genug, worauf fih jene Aeuſſerung beziehen konnte. Waͤre durch die Kam—⸗ mergerichtsordnung, oder durch andere Belege es eben ſo

doß ſie damahls auch der Appellationsfreyheit L 2 ent⸗

“) Ebendaf. 5.8.

4

150 X. Ueber bas Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. |

entfagtens es ließe ſich dann nicht bezweifeln, daß auch von diefem Verzicht die Rede war: nur wie er aus jener Aeuſſerung allein zu erweiſen feyn möchte, dies vermag ich mir nun doch nicht zu erffäten.- Wenn fie von Anfopferung churfuͤrſtlicher Freyheiten ſprachen, ſo folgt doch bey weiten nicht, daß ſie allen ihren Vorrechten entſagten, die ihnen im Verhaͤltniß zur Reichsjuſtizverfaſſung zuſtanden? Sehr wohlbedaͤchtig hieß es im einem andern Collegialſchreiben,

welches ſie bereits vorher, in Verbindung mit den Fuͤrſten,

an den Kayſer erlaſſen hatten,. „welchem Gericht ſich Chur und Fürften um eine Anzahl Sahre mit’ Begebung dero Churfuͤrſtenthum und anderer Freyheit, nach Ausweifung und Maaf der Ordnung’ -unterworfen hätten. **) Sie verftanden es alſo nur von Fteyheiten, über deren Aufopfe- rung die Ordnung des Kamniergerichts Aufſchluß gab: und nach dieſer hatten fie freylich ihrem fogenannten Fuͤrſten⸗

recht entſagt; fie hatten ſich manche Modification ihrer - Auſtraͤgalinſtanz gefallen laſſen; fie hatten. ſogar ihre Une

/

ter⸗

x) Ebendaſ. . 234. „welchermaaßen K. Maieſt. annoch in guter Gedachtnuͤß haben wuͤrden, aus was merklichen Urſa⸗ chen auf dem Reichstag zu Worms mit Rath und Willen der Stände das kayſerl. Kammergericht mit guter Ord— nung aufgerichtet, bejest, und als es wieder in Abgang kom⸗ men, zu Augfpurg abermahls mit Rath und Willen der. Stände mit voriger, und anderer äugefehter neuer Ordnung wiederum aufgerichtet, befekt, und zu Nürnberg eine Zeit:

lang löblich gehalten worden, welchem Gericht fih- Chur s

und Fürften um eine Anzahl Jahre mit Begehung dero . Ehurfürftenthum, und anderer Freyheit nach Ausweiß und Maaß der Ordnung unterworfen hätten:

X, Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. ı51

terthanen, im Falk eines Landfriedensbruche, dem Kammer, gericht unterworfen: aber man ſieht num doch nicht aus der Ordnung, daß fie eben fo auf ihre Appelfationsfrepheit Ver: zicht geleiftet hätten. Auch konnten fie von diefem Vor recht unmöglid in Verbindung mit den Fürften die —— natuͤrlich kein Intereſſe

Es iſt indeß leicht zu wie man auf dieſe un⸗ richtige Interpretation jener churfuͤrſtlichen Aeuſſerung ver⸗ fallen mochte. Es ward darin als eine vorzuͤgliche Be⸗ ſchwerde angeführt, daß am Kammergericht ſelbſt in erſter Inſtanz wider churfürftliche Unterehanen Rechtsſachen ange—⸗ nommen wuͤrden, und die Churfuͤrſten drangen darauf, daß in erſter Inſtanz angebrachte Rechtshaͤndel ihrer Unterthas nen daſelbſt nicht angenommen, ſondern an fie die Chur— fürften, ‚oder ihre verordneten Gerichte, wohin fie auch im erfter: Inſtanz ordentlich gehörten, verwieſeh werden ſolten. Hieraus folgerte man wahrfheinlich, daß bie Gerichtbarkeit des Rammergerichts über churfuͤrſtliche Unterthanen nur in erfter Inſtanz beftritten,. und. dagegen in Appellasionsfachen nicht bezweifelt wurde. - Aber immer war dies ein irriger

Schluß. Selbſt ſeit die Churfürften neuere ausdruͤckliche

Privilegien über ihre Appellationßfreyheit erhalten hatten,

wagte das Kammergericht noch hin und wieder folche Eins

griffe in erfter Suftanz, welche zu Beſchwerden und fogar zu neuen Gvocationsprivilegien. Anlaß: gaben. f Ueberdem hatten die drey geiſtlichen Churfuͤrſten und Pfalz um dieſe Zeit ihre Appellationsfreyheit, wegen landſchaftlicher Wider⸗ ſpruͤche, wirklich noch nicht in Ausuͤbung bringen koͤnnen;

23 denn

152 X, Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium,

denn noch lange hernach begnügten: fie fich mit eingeſchraͤnk⸗ ten, bloß auf eine gewiſſe Summe gerichteten Privilegien, um ihre Unterthanen wenigſtens in minder wichtigen Rechts⸗ haͤndeln vom Appelliren an das Kammergericht abzuhalten. Man müßte fich alfo wohl in jenem churfürklihen Colle⸗ gialfchreiben auf eine Art ausdrüden, die zu der Verfaſ— Aung derjenigen Churlande, aus welchen damahls an die Reichsgerichte appellivt wurde, in einem fchicklichen Ver. haͤltniß fand, Churfürft Friedrich der Weile von Sad fen war ohnehin nicht einmahl gegenwärtig, twie dies Schrei⸗ ben zu Frankfurt entworfen wurde; vielleicht fehlte auch Joachim von Brandenburg, vielleicht waren es nur Mainz and Trier, und Colln und Pfalz, die an den Kayſer fchries ben, und noch zur Zeit freylich bloß in Beziehung auf die erſte Inſtanz von einer ausfhließenden - landesherrlichen Gerichtbarkeit ſchreiben konnten; vielleicht war dies auch die wahre Urfach, warum gleich nachher Friedrich der Weiſe und alle übrige Herzoge von Sachſen, unzufrieden mit diefer Erklärung der Churfürften, fih ganz und gar vom Kammergericht losfagten ? | |

Doch die ganze. Gefihishte beweißt es; Fein Chur⸗ fürft that bey Anlegung des Kammergerichts auf feine Aps pellationsfreyheit Verzicht; ſelbſt zu Mainz und zu Trier, zu Bonn und zu Heidelberg, mag man kaum daran ges dacht Haben; wie wenig man auch dafelbft im Genuß’ die: fes Vorrechts war. Noch war kaum ein Jahrzehend feit Antegung des Kammergerichts verfloffen, fo. erhielten bereits mehrere Stände bald mehr, bald weniger. eingeſchraͤnkte | = Pri⸗

x. Ueber das Churfächß. Appellationsprivilegium. 153

Privilegien wider das Appelliren ihrer Unterthanen an das neue Tribunal: die Reichsſtaͤdte Nürnberg und Frankfurt, and Lindau und Worms bekamen, nebſt Coͤlln, unter gewif: fen Einfchränfungen, inappellabele Gerichtsgewalt; *) der Herzog von Bayern erhielt fie, #9) und früher noch, als alfe dieſe, gleich bey Errichtung des Kammergerichts, foll fie fogar der neue Herzog Eberhard. von Wirtemberg unbes ſchraͤnkt erhalten haben. . Herr Hofrath Spittler hat uns längft eine £leine Schrift Über die Gefchichte der wirtem— berger Appellntionsfreyheit geliefert, die ih, alles Nachſu⸗ dens- ungeachtet, nicht zu Geficht . befommen konnte. Sch denfe nicht, daß er darin der vaterländifhen Sage eine - Apologie geſchrieben, und Wirtembergs altes Privilegium _ vom Jahr 1495 mit Burkhardt und Ludewig, mit Limnaͤus und Breyer von der Appellationsfreyheit verftanden haben wird; **) es wäre mwenigftens in allem Betracht unver ˖ einbar, wie. er dies behaupten, und fid) dennoch überzeugen konnte, daß um eben diefe Zeit, wo der neue Herzog von Wirtemberg fo Hoch privilegiet. wurde, die Churfürften auf - inappellabele Gerichtsgewalt einen Verzicht leifteten, ber nicht einmahl wilfführlich, fondern fo nothwendig ‚als die neuen DVerhältniffe geweſen ſeyn foll, welche fih mit Anle— gung des oͤfneten. Sch glanbe um fo viel

24 | mehr,

*) Ebendaſ. 3. Theil, 6. 51.133. 147

**) von Kreittmayr ad cod, iud. Bavar. Cap. 15. 54.

***5) Burkhardts Wirtembergfches Kleeblat Kap. ız. ©. 76 u.f. Ludewig in der Differt. de praerogat, Würtenberg Duc, Sect. II. c.2. Limnaͤus ad A. B. c. 8. obf. 1.

Breyer am a. O. $. 9%

154 Kleber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium.

| mehr, daß er ſelbiges bloß fuͤr ein Privilegium wider die Evocat'onen in erſter Inſtanz haͤlt, da ihm das füchftiche Privilegium vom Jaͤhr 1495 in feiner. andern Eisenfchaft erſcheint, ungedchtet es, wie ic) unten seigen will, weit vor» theilhajter fürs‘ Hinaufdeuten zur Appellationsfreyheit ges faße it. Wenn er es aber auch aus dem wahren Geſichts⸗ punct anficht, wie mag es nun in fein Syftem paſſen, daß fihon Nürnberg feit 1508 und bald darauf'die übrigen vor— hin genannten Reichsſtadte, daß ferner noch vor dem Jahr 1521 auch Bayern eingeſchraͤnkte Appellationsfreyheit erhiel⸗ ten? Man finder doch: nicht, dag um dieſe Zeit irgend ein Churfuͤrſt auf gleiche Art wäre. privilezirt worden; mat weiß doch vielmehr, daß die eingeſchraͤnkten Privilegien, wel he Trier -und Coͤlln, fo wie Pfalz erhielten, nur erſt in ſpaͤtere Zeiten falen? Wer mag glauben, daß ſich die Ehurfürften eines ſo wichtigen und längft erworbenen Vor— rechts begaben, toelches gleich darauf etivas modificirt an geringere Stände, und ſogar an Neichsftädte verliehen wur⸗ de? . Das möchte nun doch ſelbſt Churfurſt Berthold, bey allem Enthufiasmus für das Rammergericht, nicht ohne Unluſt angefehen habın?

Die Sache ift flar, Herr. Hofrath Spittler hätte ganz andere Beweiſe beybringen müßen, um eine fo wichti— ge Behauptung fo als ausgemacht aufzuftellen, und was noch mehr fagen will, um fo viel daraus zu folgern , als von ihm gefhehen ift. Es feheint ihm alles entgangen zu feyn, was ihn wenigſtens gegen feine Meynung hätte. miß— trauiſch machen können; und doc). mußte ihn die Lectuͤr

u über

/ \ x. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. 155

uͤber ſeinen Gegenſtand faſt nothwendig darauf führen.’ Im Jahr 1521, gerade wie man anf dem Reichstag zu Worms das Kammergericht neu errichtete; wie eben: alle Churfuͤr⸗ ſten von neilem in ſeine Fortdauer willigten, und folglich, wie Herr Hofrath Spittler meynt, auch von neuem ſich ih⸗ rer Appellationsfreyheit begaben, gerade um dieſe Zeit gab CHurfürft: Albrecht von Mainz feinem Hofgericht eine neue Ordnung, worin er als bekannt voraus feste, daß ihn die goldene: Bulle zur inappellabelen Gerichtsgewält berech⸗ tige, auch ſich ſelbiger bloß in ſolchen Rechtshandeln begab, deren Gegenſtand die Summe von 400 Gulden nicht errei⸗ chen wuͤrde. *) Eigentlich wars freylich die Anhaͤnglich— keit dev. Landſchaft an den Reichsgerichtlichen Inſtanz, was den Churfuͤrſt zu dieſer Freygebigkeit beſtimmte: wenn er nun aber bei bffentlich in-einem Laudesgeſetz, das ſelbſt dem 483274 Kam⸗

*) Pfeffinger 3%. ©. Ham „Wiewohl fi, Inhalts Unſerer und Unſers Stiffts Maynz Churfuͤrſtl Freyheit und Gerechtigkeit, in der Guͤlden Bullen, von den Urtheilen, ſo durch Uns, oder ohne Mittel in Unſerm Nahmen, geſpro⸗ chen werden, Niemands weiter zu beruffen, oder zu appel⸗ liren gebuͤhrt; ſo haben Wir doch, damit Niemand ſeines Rechts, unbilliger Weiß, verkuͤrtzt werde, in etwas milder

und gnaͤdiger zu handeln bedacht, und alſo daß, Wir männiglichen von dem Bey⸗ und End - Urtheilen- deren Hauptfach vier Hundert fh: wehrt, und nicht darunter bes ruͤhret iſt, auch die Kayſerlichen ‘Recht zu appelliren geftats ten, ſo durch Uns, oder Unſer Hoffgericht geſprochen werden, Unſer Ehurfürftlichen Freyheit, und Gerechtigkeit: damit doc) fonft ganz umbegeben,) auf nachfolgende Maag und Form, appelliren zulaſſen ‚und geftatten wollen,

156 X. Ueber bas Churſaͤchß. Appellationsprivilegium,

Kammergericht bekannt werden mußte, ſich auf fein wohl er— worbenes Necht berief; _ wenn er fich felbiges feyerlichft vor⸗

behielt; wenn alles, was er davon nachließ, nur als ein

freywilliges Opfer betrachtet werden ſolte, wie konnte er bey Anlegung des Kammergerichts, wie konnte er nur erſt | jüngfthin, nur erſt jege bey Erneuerung des Gerichts, nebſt

feinen Mitchurfürften, fich dieſes Rechts begeben haben? Noch mehr. Schon im Jahr 1526 geſchah vom Kammergericht bey der Reichsverſammlung die Anfrage: ob es in Strei⸗ tigfeiten über die Competenz’ der landesheirlichen Gericht: “barkeit, auch aus denjenigen Ehnesund Fürftlichen Landen Appellationen annehmen dürfe , wo fonft Feine Berufungen an das Kammergericht geſtattet würden. %) Daß doc Graf Adam von Beuchlingen und feine Beyſitzer nicht mehr mußten, was für ein Opfer die, Churfürften, und wer fonft Appellationsfreyheit befaß, erft noch vor s Jahren dem - Tribunal gebracht hattent Sie nahmen doc) hier fihtbar als bekannt an, daß nicht alle Churfürften,, dag ſelbſt nicht - alle Fürften *8) Appellationen an das Kammergericht ges ſtatteten, und auch hiezu berechtigt waren. Warum bathen | fie

*) Harprecht am a.D. zter Th. ©. 219. „Item, dieweil etliche Chur s und andere Fuͤrſten der Appellation nicht ſtatt neben, aber im al, wann ein Parthen vermeint demfelben

Gerichtszwang nicht zugehörig noch unterworfen, und des= halb a Competentia appellivt, daß fie fich des der Gebühr nach nicht befchweren, dann Cammerrichter und Beyſitzer wiſſen ihren Pflichten nach folche Appellation ohne recht: liche Erkenntniß nicht abzufchlagen. |

+) As Defeeich, Lottringen, Sachſen, Wirtemberg.

*

\

X. Ueber das Churſaͤchß. Appellationspriyilegium, 157

fie denn fo bedenklich ſelbſt im einem Falle um BVerhaltungs, maaße, wo ſchon der Natur der Sache nad die Appella- tionsfrepheit nicht gelten konnte? Waren fie doch wohl fonft gegen Privilegien diefer Art mißtranifch genug; erkun⸗ digten fie fich doch zu eben diefer Zeit fo forgfältig nach der wirtembergiſchen Appellationsfreyheit, uͤber deren Exiſtenz ſie Zweifel hatten? *) Und geſetzt auch, ſie waͤre noch etwas zweydeutig dieſe Anfrage des Kammergerichts, wie leicht alles zweydeutig ſcheint, wenn wir ſelbiges bezweifeln; geſetzt auch, man ſaͤhe daraus noch nicht ſo deutlich as | damit das Kammergericht den Churfürften zugeftehen wol⸗ te; es iſt dennoch unverkennbar, daß darauf zu keiner Zeit Verzicht geſchah. Noch lange zuvor, ehe die Churfuͤrſten neuere Privi⸗ legien erwarben, wie ſie noch auf nichts, als auf die gol⸗ dene Bulle ſich berufen konnten; ſchon damahls ſprach man ſelbſt in Reichsgeſetzen von dieſer Freyheit einzelner Staͤnde, wie von bekanntem Recht; ſchon damahls mach⸗ te man fie zur ausdruͤcklichen Ausnahme von der Regel, fein Unterthan folle mit Gewalt vom Appelliven an das Kammergericht zurückgehalten werden. **) Wahr iſt's, * | dies

*) Harprecht am a. O. ©. 218. Item, wann vom Regiment

| oder Hofgericht, des Fürftenthums Würtemberg appellirt würde, ob Salitmereichter und Benfiger folcher Sachen ſich unterfangen mögen. | “ws, Reichsabſch. vom Jahre 1532, tit, 3. $.12. ,, Nachdem auch etliche Stände ihre Unterthanen mit dem Eid zwingen, von ihren geſprochenen Nrtheilen nicht zu appelliten, u

. 0

158 X. Ueber das Churſaͤchß. Appelfationsprivifegium.

dies galt nicht allein die Churfuͤrſten; es galt eben ſo gut die Haͤuſer Oeſtreich und Wirtemberg; es galt auch die Herzoge von Sachſen, die immer unbeſchraͤnkte Appellations⸗ freyheit behauptet hatten; und der Herzog von Bayern,

die Magiſtrate zu Nuͤrnberg und zu Frankfurt, zu Lindau

md zu Worms, und wer fonft eingefchrantte Appellations⸗ frenheit beiaß, waren ſicher davon nicht ausgeſchloſſen: aber eben fo gewiß war nun doch auch der Churfuͤrſten in appellabele Gerichtsgewalt in dieſer Garantie begriffen; eben fo gewiß verficherten diefe leßtern num doch nicht ars dern Ständen, was man ihnen felbft nicht zugeſtehen toolte, Dicht erft die Kammergerichtsordnung vom Jahr 1555 enthielt diefe Clauſel; nicht erft Churfuͤrſt Auguft von Sachen beftand darauf, daß in dem Artikel wegen der Apr pellationen jedem feine Privilegien und Freyheiten, vorbes halten wurden; fihon feit 1532 war fie-gefeglicy begruͤn⸗ det, und ſchon feit 1548 ſelbſt in Carl des Fuͤnften einſeitig gefertigte Kammergerichtsordnung aufgenommen worden; *) > | jeder ſo die Partheyen daruͤber appelliren, daß ſie als meineidig geſtraft werden follen, welches den geineinen Rechten zus wider, und Unferm £anferl, Cammergeriht, und deffelben Dbrigfeiten abbruͤchig: Derhalben ordnen und fegen Wir, dag hinführo Feiner aezwungen werden fol, fih des Ap— pellirens zu enthalten, ober von gethaner Appelation abs äuftehen, es waͤre denn Sach, daß ſich einer vorhin der Appellation begeben, oder aber, daß er, vermoͤg rechtmäfs figer Privilegien feiner Obrigkeit oder Richters, auch fon

yon Rechtswegen nicht appelliven koͤnnte oder moͤchte. In einer Beſchwerde, welche im Jahr 1551 Churfuͤrſt Mo⸗ ritz

x. ucher das Appellarionsprioifagium.

jeder, der dab ey gewinnen konnte, mochte das Seinige das

zu bengetragen haben; kurz nur ermeuert-ward fie, wie der

Kayſer und die Stände im Jahr 1555 jene Ordnung verbef- ſerten. Zwar war ſie nicht gleich vortheilhaft fuͤr alle, wel⸗

che ſie betraf; zu Mainz und zu Trier, zu Bonn und. zu, Heidelberg mag. fie wenig gefruchtet haben : viel war indeß

getwonnen, wenn, man wenigftens im Berhältniß zum Kay

fer, und zu deſſen oberftrichterlicher. Gewalt fein Recht nicht

finken ließ; man fah. dann fehon im Geiſt, auch für die . ungeftorte Ausübung, dejjelben guͤnſtigere Zeitumſtande ſich

vereinigen. Wirklich waren es ſehr verſchiedene Verhaͤlt⸗

niſſe, die bey dieſem Privilegium in Betracht kamen; denn

ſchwerlich wird Jemand behaupten, daß Churcolln inappella—

bele Gorichtsgewalt nur erſt ſeit dem Jahr 1786 erhalten

habe, weil eher nicht die Widerſpruͤche unterdrückt werden

konnten, ‚welche die Landſchaft ſelbſt gegen das neueſte Pri⸗

vilegiun? ,, vom Ferdinand dem Dritten, erhoben hatte?

Und wie, wenn uns die aͤltere Geſchichte nun gar noch | auf Faͤlle führt, wo die Churfürften felbit gegen den Kayfer, gegen ihre fümmtlihen Mitftände, und gegen das Kammer

ri nebſt feinen Vettern, den Herzogen von Sachen, gegen

den Kayſer über Eingriffe des ‚Kammergerichts in ihre Ap= pellationsfrepheit führten, hieß es unter andern: „, Auch inn

Züngfter Cammergerichtsordnung ſolch befteyung und

Privilegia, der Appellation halben, under der Kubrica, von Welchen Richtern, In was Gachen, und von welchen vers teilen an das kayſ. Cammergericht appelliret werden folte ir,

"ausdrücklich vorbehalten, * Yus Archival. Nachrichten,

J * *

160 X: Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium.

gericht ſich nachdruͤcklichſt auf inappellabele Gerichtsgewalt beriefen; wo ſie ſelbige lediglich auf die goldene Bulle gründeten; wo ſie deutlich erklärten, man folle nicht etwa glauben, fie: hätten ſich diefes Vorrechts begeben: wo ferner das Kammergericht ernftlich angewiefen wurde , nicht wider babende Privilegien und beftätigtes altes Herfommen Ap- pellationen anzunehmen; und mo endlich die Affefforen keine Replic, als die Entfchuldigung hatten, fie Eormten fich nicht - erinnern, dies je gethan zu haben? Man weiß doch; es war ein Hauptpunct unter den Beſchwerden wider das Kammergericht, welche die Stände im Jahr ı552 zu Paffau übergaben, daß wider die goldene Bulle aus churfürftlichen Landen dafelbft Appellationen angenommen würden; *) und fhon im Jahr 1556,“ wie eben eine Vifitation des Kammer gerichts gehalten twurde, - wiederholten fie diefe Beſchwerde fo nachdrücklich und enefcheidend,, daß die Hypotheſe, welche es hier gilt, hiedurch allein ſchon entkraͤftet wird, fo lange ‚man £einen befjern Beweis für fie beybringen kann, als die fo vieldeutige Aeufferung der Churfürften, dem Kayſer fey befannt , auf welche Art fie fih) dem Kammergericht mit Aufopferung ihrer churfürftlichen Freyheiten unterworfen hätten. Hier war es, wo fie feyerlichit erklärten, FF) fie

| j hätten

*) Limnaͤus ad Capitul, Carol, V. Mant. 3. p. 389.

#*) Harprecht am a. O. 6. Th. ©. 514. Daß wiewohl ſich dieſe Ordnung dahin ſtrecket, daß alle immediatae perſo- nae und fpeciales cauflae ad Cameram gehören, daß doch propter parenthefin, und durch fonderbare Austräge ıc.

eben dieſelben Perfonen wider die Austräge oder ihre Priz vile=

X, Ueber das Churfähß. Appellationsprivilegium. 161

hätten nie auf ihre durch die goldene Bulle erworbene Frey« heit Verzicht gethan; mie fich des Nechts begeben, daß fein - Unterhan, dem Juſtiz nicht -verfagt worden, an kayſerliche Gerichte gezogen werden duͤrfe; nie fich der . Ramtmerge, - tichtsordnung in. diefer Beziehung unterworfen; fie würde | auch künftig nichts wider jene Sanction der goldenen Bul⸗ fe, wider Freyheit und altes Herkommen ſich gefallen laſ— ſen; vielmehr wollen ſie wider alles, was dagegen unter— nommen werden moͤchte, feyerlichſt proteſtiren. Man fieht. freylich nicht, warum fie dieſes Monitum gerade beym 27ften Titel im zweyten Theil ‘der Kammergerichtsordnung anbrach- ten, da es eigentlich zum gleich darauf folgenden Titel, von welchen Richtern und in welchen Sachen an das Kammer:

| gericht

vilegien ꝛe. wie dann ber Fälle viel fenen, nicht dahin ger zogen werden folen, derhalben folhen Articul auch von der Gulden Bull-zu verfiehen. Das nämlich die Chur: fürften und die fhre, in was Sachen das wäre, mit nichten dahin fürgenommen , fondern die Proceß - aberfand und auf der Ehurfürften Abforderung Sie bey ihrem Gerichts- zwang und der Gulden Bud frey aelaffen, und fein Chur⸗ für, fo mider Ddiefelb am Cammergericht Rechtens zu ſeyn, nifi deneget juftitiam , gedrungen, auch Ihnen die Cammergerichtsordnung wider die quldene Bull, deren im dieſem Articul ausdrücklich vorbehalt befchehe, nicht binden, oder daß die Churfürften fich der Bulle verzies hen haben, mit nichten verftanden, Wie man auch in foichen Fällen mit nichten und in feinem mwege etwas zu der gulden Bulle, derer Privilegien, Sreiheiten und alt Her—

kommen zumider confentiren noch bemilligen, fondern dage⸗ gen zum eifrigften ‚proteffiren wolle, |

t

162 X. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium.

gericht appellirt werden möge, gehörte; allein ſolche Eleine Inconſequenzen find in unfrer Reichspractie nicht ungewähns lich, und ich werde meiter untennoch eine Ähnliche zu bes merken Anlaß haben : -auffallender ift vielleicht der Umſtand, daß Ludolf, welcher jene, der Vifiration des Kammergerichts übergebene Beſchwerden zuerſt bekannt machte, felbige, mit Uebergehung diefes wichtigen Punets, nicht chen fo aufrich® eig, als Harprecht lieferte, Indeß war bier ficher von der Appellationsfreyheit die Nede. Wider die Evocatienen ih⸗ rer Unterthanen im erfter Inſtanz hatten fie nicht Urfach, ſich, mit Berufung auf die goldene Bulle, fo feyerlich zu verwahren, da diefe in der Rammergerichtsordnung felbft vers - bothen wurden; und noch mehr erhellt es aus dem gleich darauf folgenden Monitum, daß die Appellationen an das Kammergericht wider habende Privilegien, Freyheiten und beſtaͤtigtes altes Herkommen nicht angenommen, ſondern an ihren Ort verwieſen werden ſolten.)

Es mag immer feyn, daß die vorzügliche Sorgfalt, ‚welche die Churfürften und Herzoge von Sachen beitandig . auf die Erhaltung ihrer Appellätionsfreyheit verwandten, zu diefen Aeufferungen viel Anlaß gab, indem fie die uͤbri⸗ gen Churfürften .wenigftens auf ihr Necht mehr aufmerks " fam machte, wenn auc) defien Ausübung nicht »eben fo wie in Sachfen zu bewirken war. Aber genug, daß jebt alle Ehurfürften dies Recht als altes, nie vergebenes Recht oͤf⸗ fentlich behaupteten; daß Niemand etwas dagegen zu er⸗ innern hatte, und daß ſelbſt das Kammergericht in ſeinem

na LE Der

*) Ebendaf, ©, 515.

x. Uber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. 163

Bericht über jene Reichsſtaͤndiſche Beſchwerden es in Anſe⸗ hung, dieſes Punets bloß bey der Vertheidigung bewenden ließ, man habe jederzeit auf vorgebrachte Privilegien und alt Herkonimen gehoͤrige Ruͤchſicht genommen, * und ges dächte, es auch ferner chen fo zu halten. Ich geftehe, es laͤßt ſich ſchon etwas auf die Unkunde der damahligen Herren Affefforen rechnen, da fie all ade um dieſe Zeit erft an das Kammergeriht gekom waren; doch iſt es, dünfe mich, kaum denkbar, auch nicht Einer habe den Verzicht gekannt, welchen die Churfuͤrſten, wie Herr Hofrath Spitt⸗ fer glaubt, nur erſt vor fünf und dreyßig Jahren feyerlichſt erneuert hatten; und was aud die neuen Beyſitzer des Tribunals nicht wußten, daß wußte nun doch wohl Cart der Fünfte, wenn es fo unmittelbar: feinen Vortheil galt, Herzog Chriftoph von Wirtemberg war mit unter den De⸗ putirten bey dem Viſitations congreß, und Wilhelm von Neuhaus, bald darauf herzoglicher Oberhofrichter, hatte eben reſignirt, und das Kammergericht verlaſſen. Von dieſem Mann verlangte der Herzog, um ſich zu dem Rifitations, geſchaft vorzubereiten, ein Bedenken über die eigentliche Be⸗

ſchaf⸗

. *) Ebendaſelbſt ©, 554. „Vermoöge gemeiner Rechten fol feine Sache ad ludicem, der einmal die Partheyen mit feiner Erkdnntniß gravirt, wiederum remittitt werden, dem⸗ felben geindß hat man fich hierzu mit den Appellationibus ab 'interlocutoriis auch expenfis, und fonft mit. den Remiſſio- ribus auf fürbracht Privilegien und alt Herkommen der Gebühr nach biähero gehalten, —— es auch hinfuͤhro zu thun.

N. Sit, u. Völker, 11, 1,8. M

64 X. Weber das Churfächh. Appellationsprivilegium. fehaffenheit jener mannichfaltigen, wider das Kammergericht erhobenen Beſchwerden und Neuhaus antwortete auf den HPunet wegen - der Appellationsfreyheit, es hätten befonders die geiftlichen Churfürften fh ihres Rechts begeben, und von langen Zeiten her gutwillig die Appellationen aus, ih⸗ ven Landen geftatter. *)

Es war ihm alſo allen Churfuͤrſten bekannt; fie. wußten es am Kammergericht nur beſonders von den geiſtlichen Churfürften und auffer diefen bloß von Pfalz; ihnen war fremd, daß ein Gleiches auch von Sachſen und Brandenburg gekhehen ſey. Selbſt, was das Begeben der geiſtlichen Ehurfürften und Pfalz betraf, es hatte damit eine ganz andere Bewandniß, als es uns fo zu bar ben fcheint, wenn Affeffor Neuhaus Eurz und rund verfli. chert, aſie hätten ſich ihres Rechts begeben. Wohl hatten. ſie ſich deſſen begeben; allein nur im Verhaͤltniß zu ihren Unterthanen, die ſich noch nicht daran gewoͤhnen wolten: wohl hatten fie dem Appelliren an das Kammergericht nach- gefehen, weil es damahls nicht Teiche zu Ändern war; aber ihr Recht ſich doch) fiher bis zu günftigern Zeitumftänden vorbehalten. Churfuͤrſt ii von Mainz hatte ſich hier: | über.

| 9 Ebendafſelbſt $.145. „VBelangend die Privilegia de non appellando, fo hätten befonders die geiſtliche Churfuͤrſten ihrer Freyheit fich freymilig begeben, und von langen Zeis ten her den Appellationen yutwilig deferirt, und die Acz ten ohne Widerfpruch eingefchichet: einige Stände hätten Privilegia ad certam Summam, mären folche infinuirt worden, fo habe man darauf vefeetirt.

f X. Ueber das Churſaͤchß. Appellationeprivilegium, ib uͤber ſchon in ſeiner Hofgerichtsordnung vom Jahr isar aus⸗ druͤcklich erklaͤrt; auch Pfalz that es hernach bey ähnlicher Gelegenheit, *) und Trier ind Colin haben wenigſtens nichts anderes im Sinn gehabt: kurz, fie begaben fich ihrer Frey:

| beit gerade fü, tie. fich Chureblln derſelben nur erſt ſeit ſei⸗ nem neueſten Privilegium, und bis auf unſre Tage begeben hatte. Es waͤre doch auffallend, wenn Herr Aſſeſſor von Neuhaus den Wirkungskreiß des Tribunals, an dem er ſaß, weniger, als Herr Liceneiat Helfmann gekannt hätte, wel— cher im Jahr 1554 an den Churfuͤrſt Auguſt von Sachſen zu berichten wußte, daß zwar von den Hofgerichten der vier Chutfuͤrſten am Rhein, der drey Geiſtlichen und des Chur; fürft von der Dial; nicht abet von des Churfuͤrſt zu Brandenburg Hofgericht, und von dem Oberhoſgericht des Hauſes Sachſen an das Kammergericht appellirt werde, und wenn es geichähe, würden die Appellationen zum böchiten deſtritten. | EEE Mi Ä . Mir

* In der Hofgerichtsordn. vom Jahr 1594. Tit. 42.“ Wiewohl Unſer Vorfahren loͤblicher Gedachtniß, auch Wir, als Churfuͤrſten und Pfaltzgraffen bey Rhein, Inhalt und vermoͤg Unſer Churfuͤrſtlichen Freyheit, auch Guͤlden Bul⸗ len, allerdings kein Appellation von Uns und Unſerm Hofgericht zu geſtatten, ſchuldig geweſen, ſo haben Wir doch, daimit ſich Niemandt Verkuͤrtzung ſeines Rechten zu beklagen, bis dahero manniglichen, von den Bey⸗ und End⸗ urtheilen, (Unſer Churfuͤrſtlichen Freyheit

und Gerechtigkeit damit doch ganz unbegeben,) zu ap⸗ pelicen gegoͤnnet, und zugelaſſen ır,

Aus Aichival. Nachrichten.

166 X. Ueber. das Churfächß. Appellationsprivilegium, -

Mir fchien es nicht unintereffant, die. bisher widerleg⸗ te Hypotheſe näher an das Licht zu stehen, font märe es. eben nicht nothwendig geiwefen, den twie viel unrichtige Fol- gerungen aus diefem unrichtigen Vorderſatze gezogen wor⸗ den, fo ift es doch Elar, daß wenigſtens Sachſen ſich feines Vorrechts nicht begab, geſetzt auch, die Churfuͤrſten haͤtten im Jahr 1495 ein Opfer gebracht, das ihnen, wie Herr Hofe rath Spittler glaubt, gerade damahls fo reichlich gelohnt werden folte,

Ich geftche, die Erneuerung der Sigismundiſchen Ur: kunde, welche Sachſen, felbft während der Wormſer Reichs: verfammlung im Jahr 1495° vom Kayfer Maximilian erwirk⸗ fe, *) iſt es gerade nicht, worauf ich mich bier zuerft berus fen möchte. Ich glaubte, wie oben bemerkt worden, nicht unwichtige Gründe zu haben, um das Privilegium vom Jahr 1423 als Beftätigung der dem neuen Ehurfürft, ſchon kraft der goldenen Bulle, zuftehenden Appellationsfreyheit, - und als Ausdehnung bderfelben auf alle ſaͤchſiſche Regenten, und. deren Lande zu betrachten: aber dieſe Gründe waren fo ganz aus dem, Eigenthümlichen der damahligen Zeitum: ftände hergenommen, daß fie mich jeßt nicht eben fo gut be: vechtigen, auch dies neuere Privilegium fo Hoch hinauf zu deuten. Der Verfolg lehrt, indem man fi) hierum bes warb, wolte man ficher nicht auf inappellabele Gerichtsge⸗ walt Verzicht thun; es war ‚gar nicht widerſprechend, über die ausſchliegende in erſter Inſtanz ein neues

Pri⸗ v) Müllers Reichstagstheater unter Maximilian, ıfer Th. ©. 531.

x. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsbrivilegium. 167

Privilegium zu ſuchen, ohne zu gleicher Zeit die Appella⸗ tionsfreyheit auf aͤhnliche Weiſe zu befeſtigen: ſchien es doch noch ſeit Ferdinands neueftem Privilegium wider bie Appellationen nicht ganz unnuͤtz, die im Jahr 1597 geſuchte Erlaͤuterung deſſelben auch auf die Evocationen richten zu laſſen; wie vielmehr Anlaß konnte es nicht hundert Jahre fruͤher geben, ſich dawider durch beſondere Privilegien, auch neben der Appellationsfreyheit, zu ſichern. Nur, duͤnkt mich, enthaͤlt dieſe Urkunde, genau genommen, nicht mehr, als al« fe übrige Privilegien, welche wider die Evocationen in erſter Inſtanz ſchon feit dem dreyzehnten Jahrhundert fo Häufig ertheilt wurden; daß es im vwierzehnten kaum noch eine. Keichsftade gab, die nicht anf diefe Art gefreyt geweſen waͤ— ve; *) und wo würden wir hin gerathen, wenn alle diefe Privilegien, auf) von den Appellationen verftanden werden folten. Wer indeß das töietembergifche Privilegium, wel⸗ ches Herzog Eberhard um eben dieſe Zeit erhielt, ſo hoch deutet, der muß ſichs unbedingt gefallen laſſen, auch unſer ſaͤchſiſches aus dieſem Geſichtspunet anzuſehen. Es iſt ein eigenes Gluͤck jener alten wirtembdergiſchen Urkunde, daß ſie ſelbſt zu Wien ſo hoch verſtanden wurde, und Earl der Fünfte fie in dieſem Sinn beſtaͤtigte; x*) daß Kayſer Leor pold fi darauf berief, **) und Earl der Sechſte im Mi; Seht

4

*) Man vergleiche hiemit Pfeffinger 3, Th. ©. 1160, u. f.

”) Dur Beſtatigung der Wirtembergichen Hofger. Ordn. vom Jahr 1555, worin die Appellationen in en auf dies Privilegtum verboten waren.

©) In der Gptenflon auf die ompelgatdſchen Lande vom

Jahr 1676,

268 X. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium.

Bahr ızı2 *) nichts dawider einzumenden hatte; furz, daß man erft zwanzig Fahr nachher am Reichshofrath zu zwei⸗ feln begann, was wirtembergifche Appellationsfreybeit denn wohl feyn möchte. KK) Wie das Kammergericht und Reichs⸗ gegiment im Jahr 1526 hierüber dachten, lehrt die ſchon oben erwähnte Anfrage des erſtern: wie Rammervichterund Beyſitzer fi) bey Appellationen vom Hofgericht des Fuͤrſtenthums Wir temberg zu, verhalten hätten ? und der Beſcheid des letztern, die Sachen folten, wie nah altem Herkommen, bafelbft an« genommen werden. Allein ganz anderer Meynung war Kayſer Carl der Fünfte; denn feit 1520 war Wirtemberg - in oͤſtreichiſchen Händen, und was öffreichifche Freyheit hieß, das folte nun nicht weniger als wirtembergiſches Vorrecht gelten, | er.

Eigentlich fah es damahls auch um Oeſtreichs Appel: lationsfreyheit ſehr mißlich aus; die Haupturkunde vom Jahr 1361 verlieh fo wenig,, als die unter Sigismund und Friedrich dem Dritten erwirkten Erneuerungen derſelben ir⸗ gend etwas mehr, als Befreyung wider die Evocationen in erſter Inſtanz; ***) und das bizarre Privilegium vom

| u Jahr H Im neueften Privileglum von diefem Jahr.

“) Bey Gelegenheit des Wirtembergiſchen Declarationsgeſuchs inm Jahr 1732. Moſers deutſche Juſtizverf. 1. Th. S. 224.

er). Pfeffinger 3. Th. S. u67. „Daß Niemandt Ihre - "Lands Herven, Ritter oder Knecht, Mann, Leuth noch Die⸗ ner, Edel noch Bürger, oder wie fie genannt ſeyn, auſſer Aren Landen und Gtätten au Heſterreich und was Ä | su

X, Ueber das Cpurfächß. Appellationspioilegiun. 169, Sahr 1530, womit ſich Karl der Fünfte ſelbſt begnadigte, und,

feine Erblande aller kayſerlichen Gerichtbarkeit entzog, er⸗ ſchien erſt drey Monath nachher, als er in ſeinem Reſcript an das Kammergericht öftreichifche Appellationsfreyheit auch für Wirtemberg behauptet harte. +) Doc Deftreich ver⸗ ftand fie ſo jene ältern. Privilegien, und dem Herrn Hofrath Spittler fann es zum Beyſpiel dienen, daß man aud) aufs fer Sachfen, fo getroften Muths, ſo froben, forgelofen Sins nes war, um in feinem Priyilegium zu ſuchen, was woͤrt lich micht darin fand. Unfehlbar war's Diet Erteus fion der vermeynten oͤſtreichiſchen Appellationsfreyheit, mas in Wirtemberg dies Vorrecht gründete, Seit dem Cadaner Frieden mochte man zu Stuttgardt mit dem wieder er⸗ langten Beſitz des Herzogthums auch dieſe Freyheit, gleich einer Melioration, erlangt zu. haben glauben ; unter Ferdi⸗ nand von Deftreih waren, bie Unterthanen daran gewöhnt werden; was brauchte es mehr, als ſie in dieſer Ge⸗ wohnheit zu erhalten? dennoch mußte Marimiliang Ur

| M 4 kunde

zu denfelben danden gehört, geladen noch gezogen werden ſolle, aus der genannten Herzogen zu Oeſterreich Gerichten umb keinerley Sachen, für Unfer Hoff-Gericht, noch fuͤr feinen Unſern Landt⸗Fried, noch, mit Nahmen, für linfer

Land = Gericht Rothweilen, oder für khein ander Unſer Dings Statt und Gerichte, wo wir bie, von des h. Keichs we⸗ ‚gen, haben; noch für fein frembdes Gericht 5 ed were denn, dag Jemand in derfelben Herzogen von Defterreich Gericht, ‚wechtfoßt gelaffen würde und das. gar kuͤndlich, und, ohne Gefehrde 0... j

*) Man leſe dies Reſcript hehin Mofer am a. O. 1. Th. S. 34%

170 X, Meber das Churſaäͤchß. Appellationsprivilegium, kunde vom Jahr 1495 zum Belege dienen, wie 1555 in der wirtembergiſchen Hofgerichtsordnung das Appelliren gerade zu verbothen, und von Carl dem Fuͤnften Eayferliche Beftäs tigung geſucht und erhalten ward. Und mas gemwährte fie diefe Urkunde? Nichts, als ausfchliegende Gerichtbar. keit in erfter Inſtanz; uud dies fo deutlich, als vielleicht in wenig Privilegien diefer Art je gefchehen feyn mag; es

heißt wörtlich, wer von twirtembergfchen Unterthanen an den Andern rechtliche Anfprüche habe, der folle felbigen anfäng- lich, das ift, in erfter Inſtanz vor deſſelben ordentlichen Richter und nirgends anderswo belangen.*) Wenn nun | gedeutet werden folte, wer hatte‘ da wohl mehr echt zu beuten?, Der Herzog von Wirtemberg, der noch Fein Meivilegium für fih hatte, von deſſen Erneuerung er das Gegenwaͤrtige verftehen Eonnte, oder der Churfürft von Sachſen, dem ein feyerliches rundgefeg inappellabele Ge: richtsgewalt gewährte, und feine Vettern, die Herzoge, die aus den fhon angeführten Gründen das Privilegium des Kayfer Sigismund vom Jahr 1423 als Eprtenfion der golde— nen Bulle, auf alle ſaͤchſiſche Regenten und auf alle fächfifche Sande, betrachten konnten? Auch mußten fie in diefer

9) Pfeffinger a. a9. Sur „Mer aber zu andern Iren Leuten, Interfafen, und denen, fo Inen zu verfpres chen fiehen, etwas zu fprechen, oder Zu Klagen hat, oder ges winnet, warumb das ift, nichts außgenommen , der fol anfänglich Recht vom denfelben fordern und nemen. an den Enden und Gerichten, dahin und in die fie gehören, und darin fie geſeſſen find, und nirgends anderswo ıc.

4

X, Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. 178

Meynung allerdings duch die allgemeine Beftätigung ihrer _ Privilegien beftärke werden, weiche fte zu gleicher Zeit vom

| Kayfer Marimilian erhielten, und worin nahmentlich auch

die von Carl-dem Vierten’ erlangten Freyheiten des Haufe | Sachſen erneuert wurden. *)

8

wie man ſch bey dieſer urtunde nur ger dacht haben mag; die folgende Geſchichte , zeugt klar ge⸗ nug, tie ununterbrochen in Sachſen die Appellationsfreyheit behauptet wurde. Gleich mie die alte, zu Worms ge machte: Ordnung des Kammergerichts zu ſchwanken anfieng, wie dies letztere dann und wann feine Graͤnzen zu vergef fen fchien, und die Fürften zu den nachdruͤcklichſten Beſchwer⸗ den reiste; gleich ließen: die ſaͤchſiſchen Negenten dem Kam, mergericht . alle Verbindung mit.felbigem, alle. Unterwerfung auffündigen, *F) Ich meiß..nicht, ob es bloß bey diefer ' Drohung blieb, oder, ob man fie wirklich zur Ausführung brachte? aber darang, daß fein ſaͤchſi iſcher Beyſitzer ſich am

Ms 3 Kam⸗ Beym Muͤller am a. O. ©, 528. | ++) Churfuͤrſt Friedrich der Weiſe ſchrieb damahls an Chur⸗ mainz: „er habe ſich dem Cammergericht nicht fo blos pin, wie in der Inſtruction (in dem churfuͤrſtlichen Colle⸗ gialſchreiben) angezogen, fondern nur, auf gewiſſe Zeit uns terworfen,, fo lange naͤhmlich Die. zu Worms. aufgerichtete Reichsordnung ſtehen würde, nachdem aber nicht allein die Zeit. der Ordnung verfloffen, fondern auch bekannt, wie ſel⸗ bige gehalten worden, überdies: zu beforgen, es möchte die feenere Einmwiligung ihm, feinen. Bruder und, Bettern, wie auch beyderſeits Landen und, Inwohnern mit der Zeig zum VPrde

%

72 X. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium.

Kammergericht befand, läßt fich dag Letztere nicht beweiſen; nur auf vier Jahr war die Unterhaltung. des Tribunals aus dem gemeinen Pfennig bewilligt worden; nicht einmahl vier. Jahr hatten die Stände ihr Wort gehalten; auch von der neuen Bewilligung, die im Jahr 1500 zu Augs⸗ burg gefehah, ward nur ſehr wenig entrichtet; der Kayſer allein unterhielt - und beftellte folglich gerade bamahls bie

Affefforen,; - Sobald das Kammergericht im Jahr 1507 auf

dem Koftniger Meichsconvent yon neuem aufgerichtet ward, erfchien Doctor Beſſerer -als ehurfächfifcher Beyſitzer; und wenn Sachfen ſich wirklich vier: Jahr vorher vom Kammer gericht losgeſagt hatte, fo willigte es jetzt wahrſcheinlich in

die Wiederaufrichtung deſſelben; eine Vermuthung, Die ich

nicht ſowohl auf die von neuem unternommene Praͤſenta⸗ tion eines Beyſitzers, als vielmehr auf ein anderes Faetum gründe; *) denn fo wie noch jetzt Böhmen und Deftreich an | | | Br

Prejudiz ihrer hergebrachten Brenpeiten gereihen, als wolte er nebft andern Herzonen zu Sachſen daran nicht weiter gebunden feyn, fondern. ſich jeiner Freyheiten, wie vormals, bedienen. Harprecht am a. O. 2,5 5.236.

H Aus Archival. Nachrichten. In einer Inſtruction, wel⸗

che Herzog Georg feinem auf den Viſitationsconvent zu

Regensburg im Jahr 1509 abgefchickten Gefandten, Hertz

mann von Pad, gab, hieß es unter andern: „Würde .

dorauff vom Cammergericht zu handeln vorgehommen, und begert davon zu Ratſlahen mie es worder folle oder möge erhalden werden, darzu iſt zu reden in der Zeit als zu uf⸗ richtung des Cammergerichts vfm Reichstag zu Coſtnitz tractirt ſey haben wir und horen laſſen, Ob wohl und oder

den

X. Ueber das Churſaͤchß EEE EN 7 |

Befegung des Gerichts Antheil nehmen, ehne ſich ihm u antermerfen, fo‘ fonnte da auch bie fächfifche Exemtion noch immer ihre Dauer behalten. Auch ſtarb Doctor Ber ferer ſchon 1509, und.erft im Jahr ıszr ſcheint Andreas von Könnerig feine Stelle erſetzt zu haben. ch. glaube nicht, daß darum der Ehurfürft und die Herzoge in diefer Zwi— ſchenzeit weniger, ‘als vorher mit dem Kammergericht in Berbindung ſtanden; - aber dem Herru Hofrath Spittler ſcheint «8, als ſey jege das neu geknuͤpfte und faft feftger ſchlungene Band auf einmahl wieder gelößt worden. Ein Augenblick politifher Entfchloffenheit war's, der dies, feiner Meynung nad bewirkte; ein fremder Reiz war’, der das - zwiſchen kam; eine gelegentliche Erbitterung, die zwar auch gekommen feyn wuͤrde, wenn nie ein kayſerliches und Reichs: kammergericht entſtanden wäre, bie aber jährlich wiederkom⸗ men, und. jährlih immer, heftiger: fommen mußte, fo bald num ein Eayferliches und Neichsfargmergericht da war; bag heißt ganz kurz, der einzige, Umftand war's, da man in den Steuerrollen zum Unterhalt des Kammergerichts ſaͤmmtliche fächfifche Biſchoffe und Grafen, als unmittelbare Reichsglieder, ap Reicefhagung gejogen hatte.) So hoch allers

den vnſern als die vorgemelt Garninergesicht aus alt⸗ herkommender freiheit nicht gehorenn vnnot, So es aber, vor gut angeſehen, haben wir vns doch das Cams mergericht gefallen laffen, vnd gleich andern des heili- gen Reichs fienden, lauts der Ordnung Diezceit daro⸗ ber begriffen, darbey zu thun bewilliget x.

Auch Harprecht bqt dies in ſeinem Stontdarchiu 5. Th. $. 33.

174 X, Ueber das Churſaͤchß. Appellatjonsprivilegium.

allerdings das ganze fäshfifche Haus dieſe Eingriffe in feine längft behauptete Landeshoheit aufnahm, ob fie. gleich zu— naͤchſt nur den Herzog Georg von Sachſen trafen; fo wer nig kann ich ‚mich doc) überzeugen, daß gerade diefer Um- fand eine neue Loßfagung vom Kammergericht veranlaßt haben folte, und um fo mehr werde ich hierdurch beftimmt, fie vollig zu bezweifeln. Wohl droheten die fächfifchen Ne genten mit dieſer Bosfagung vom Rammergeriht, feit man in dem Coſtnitzer Matrickulanſchlag die ihrer Landeshoheit untersvorfenen Bifcheife und Grafen als unmittelbar zur Uns terhaltung des Kammergerichts gezogen, und fogar den Neichefifenl zur Eintreibung ihrer Anfchläge gegen fie exci⸗ tirt hatte. : Allein in dem Matrifel vom Jahr i521 gefchah ja das naͤhmliche; und doch glaubt Herr Hofrath Spittr ler felöft, daß um diefe Zeit das Band zwifchen Sadhfen und dem ‚Kammergericht von neuem gefnupft, und ſeitdem nie wieder zerriffen worden,

Eg liege indeß wenig daran, ob Sachſens Verbin⸗

dung mit dem. Kammergericht in dem Zeitraum von 1503 bis ı52ı zuweilen geloͤßt, und dann wiebgg von neuem ges fchlofjen wurde; oder ob fie fih in ununterbrochener Dau— er erhielt: aber defto wichtiger ift eg, daß Sachſen fhon im. Jahr 1508 feine Appellationsfreyheit öffentlich gegen das Kammergeriht behauptete; denn in der That wäre noch etwas mehr, als politifche Entfehloffenheit nöthig geweſen, Ä um

z. 33, gewaͤhnt, und vielleicht hat der Here Hofrath dies ff ganze Vermutung von ihm entlehnt,

X. Ueber. das Churſaͤchß. Appellatiensprivilegium.. 175

um ſich fo dreift und unbewunden auf dies Necht zu beru⸗ fen, wenn es damahls kundbar nicht. gegründet war... Ehen in jenem Streit über die Unmittelbarfeit. der ſachſiſchen Bi⸗ ſchoͤffe und Grafen geſchah dieſe Behauptung ;*), und. toäre, das Recht weniger klar und entſchieden geweſen, haͤtte man irgend Urſach gehabt, Widerſpruͤche zu fuͤrchten, man wuͤr⸗ de ſich ſicher nicht darauf berufen haben; fie lag fo fchon etwas. außer dem Wege jene Behauptung; denn Sachſens Appellationsfreyheit war natürlich von ‚feinem Einfluß auf die zweifelhafte Frage: vb am Kammergericht gegen ſaͤch⸗ ſiſche Bifchöffe und Grafen - auf- die Zahlung ihrer Matri. ckularanſchlaͤge geklagt werden Ebnne? Here Doctor Hiero⸗ nymus von Croaria, der, als diſal des Tribunals, damahls auf alles antwortete, was Sachſen excipirte, auch auf das, was außer. dem Wege lag, und keine Bloͤße unbenutzi ließ, die ihm gegeben wurde, wußte hierauf ganz und gar nichts zu erwiedern, als daß dies auf die ſaͤchſiſchen Biſchoͤffe und Grafen fih nicht anwenden laffe, weil hier erſt die Praͤ ju⸗ *) Ebendaſ. am a. O. 3. Th. S. 79. „Item, dab darüber ‚das loͤblich Haus von Sachſen und auch Ihr anddiger Herr, Herzog Georg inſonderheit vom heiligen Reich und Kay⸗ ſerlichen Majeftdten uͤber verwährte Zeit. befreyet geweſt, und find bey altem Herkommen und Gewohnheit zu laſ⸗ fen, mit namhaftiger Ausdruckung, Ihre Gnaden, noch ihr Unterthan und Verwandte, wieder auf fehlechte weife und per modurh fi mplicis jurisdidionis noch vis querelae noch auch durch Appellation oderander derglei- chen weg, weder vor das Cammergericht, oder alle Wmbere Gerichte zu ziehen und au nötpigen ee;

176 X. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium, judicialpunet auszumachen ſey: im wie fern ſelbige als ſachſi⸗ ſche Unterthanen zu betrachten wären? Er hatte folg— tich wider die Nichtigkeit des Satzes ſelbſt nichts einjumen. den; und mich duͤnkt, dies wuͤrde nun doch wohl nicht der Fall geroefen ſeyn, wenn es wirklich etwas dawider einzu keden gab: Hieraus erklärt ſich nun fehr leicht die Verfiche: rung, welche Maximilian im Jahr izie dem Haufe Sachſen | daß durch die gegebene Einwilligung zur Kam⸗

) Mir von gots anaden Erweiter Nö. keyſer ic, Bekennen als vor etlichen verſchidnen Jaren auf dem Erſt gehallten Reichstag zu Worms ein ordnung, vnd nemlich mwelchermaffen es mit vnſerm key. Cammergericht gehalten iverden ſoll aufgericht, die auf nachfolgenden Reichstagen nd nun am lecjten zu Augsſpurg durch Churfuͤrſten fur: fien vnd andere ſtend des Reichs eine Zeit: larig erſtreckt if, Darein dan ber. hochgeboru Friederich Herczog zu Sachſſen Landgraf In Duringen und Morggraff zu Meyhſ⸗ fen des Heiligen No: Reichs Exezmarſchalekh onſer lieber Shonn Churfurſt Kat und Kathalder und andere Herczogen _ von Sachſſen auch verwilliget, Das wir demnach dem bes melten vnſern Oheim Herczog Friedrich zugeſagt haben wiſ⸗ ſentlich In crafft dies briefs alſo das ſollich ſein vnd ande⸗ ve Herczoge von Sachſſen verwilligung der gemelten ord⸗ nung des Cammergerichts halb ſeiner lieb vnd dem Hawß Sachſſen an ten freyheiten geprauch vnnd herkomen vnuergrifflich und unfchedlich ‚fein ſoll, Vngeuerlich mit Bes Eund diß Briefs, Geben zu der Nemftat am neuntzehen⸗ den tag, des Monats Februarii nah Chriſti gepurt puf und Im xij vnnſers Reichs des Ro, Im xxvj und des hun: gerifcben Im xxij Zaren, Corp: iur: cameral, im An; bange ©, 42: ie ER:

. X, Ueber das Churſachß. Appellationsprivil egium. ir?

Kammergerichtsordnung an feinen Freyheiten und Herkom · men nichts benommen ſeyn ſolte. Die Urkunde iſt gar nicht zweydeutig; fie bezieht ſich nicht auf dem kaum erwaͤhn · ten Streit über die Landſaͤßigkeit der ſachſtſchen Biſchoͤffe tird Grafen; Marimilten ſpricht darin von Einwilligung des, Hauſes Sachſen in die Ordnung des Kammergerichts; galt fie aber jenen Streit, tie konnte denn da jene Einwilligung ein Praͤjudiz betoitfen ? wie konnte denn daraus eine ſtille Renunciation der behaupteten zeholgert werden?

Wie das a anf dem * zu Worms

Im Jahr iszı abermahls nen aufgerichtet ward, willigte auch Churfuͤrſt Friedrich der Weiſe wieder in die Ordnung deſſel⸗ ben; auch die Herzoge von Shchfen liegen ſich ſelbige ge fallen; ohne kayſerliche Garantie ihrer Appellationsfreyheit hahmen fie an der Wiederaufrichtung des Teibwnals und feiner Befegung Antheil. Wann num aber Friedrich, ſagt Herr Hofrath Spittler, wicht profeftirte; wenn der Kanfer feine neue Erklärung gab; wenn dody das Kammergericht

. das jet errichtet rourde, ein neues Kammergericht war; wenn doch Friedrich an diefem neuen, auch durch feinen Cons fens beftehenden Kammergericht fo indigen Theil nahm, daß er, was zwoͤlf Jahr vorher niemahls geſchehen war, ſelbſt einen Aſſeſſor präfentirte, wer kann glauben, daß er ſich und fein Sand für gerichtlich exemt hielt? wem muß nicht ſcheinen, daß ein, neues Band zwiſchen Sachen und dem . Ratnmergericht nun geknuͤpft worden ? daß, wenn ja dile Verbindung laͤngſt nufgelöße war, daß nun doch das neue Ge⸗

178 X. Ueber das Churfächß.- Appellationsprivilegium.

Bericht in ‚neue Verbindung mit Sachen gefommen ? Nichts ift an dieſer Schlußfolge auszuſetzen; aber fragen aaͤßt ſich s wohl, was fie nun eigentlich bier fruchten ſolte? Nie haben ſachſiſche Regenten ſeit 1521 ſich und ihr Land für gerichtlich, exemt gehalten; . denn völlige. Eremtion und Ap⸗ pellationsfreyheit ſi nd bekanntlich ſehr verſchiedene Dinge, Wenn Sachſen vor 1521 in feiner Verbindung mit dem Kam | mergericht Fand, und ſich ſelbigen nunmehr wieder unterwarf, fo folgte daraus noch, keinesweges, daß es fich zugleich auch feiner Appellationsfreyheit begab. Um fo zu ſchließen, muß der Herr Hofrath erft einen Beweis führen, den er feinen Leſern noch fhuldig iſt; er muß zeigen, daß Einwilligung in. die- Ordnung des Kammergerichts, ohne Verzicht auf die Appellationsfveyheie zu -leiften, nicht gefehehen konnte; oder, daß man -diefen Verzicht im Jahr 1495 freproillig that, und ihn folglich bey jeder neuen Unterwerfung ‚unter das Kam⸗ | mergericht ſtillſchweigend erneuerte, Nun war aber, wie ich vorhin erwieſen zu haben glaube, in der Ihat weder das Eine, noch das Andere der Fall; natürtich hatte alfo auch | weder: Sachſen, noch fonft Jemand, der Appellationsfreyheit beſaß, Urfach, dies Vorrecht durch Proteſtationen zu ver⸗ wahren, ſo oft das Kammergericht neu aufgerichtet, und in die Ordnung deſſelben von neuem gewilligt wurde. Wer fih einem Geſetz unterwirft, opfert nie ftilljchweigend ein Recht auf, deſſen Aufopferung nicht nothwendige Folge der Unterwerfung iſt; das iſt fie aber, der Natur der Sache nach, nur alsdann, wenn dies Recht in dem Geſetz ausdrück lich aufgehoben worden, oder ſich mit felbigem nicht vereinie gen laͤßt. Wenn Sachſen im Jahr ıszı nicht proteftirte, fo

galt

u X. Ueber das Cpücfächß. Appellationsprivigggiufn. «79

galt fein Nichtprotefiiren ungezweifelt als Einwilligung in die allgemein wirkſame Ordnung ‚des neuen. Gerichts; —— aber es galt nicht eben fo gut als Begebung ver Appella⸗ tionsfreyheit, weil dies die Ordnung nicht verlangte. Hat: te man eilf Jahre vorher, bey aͤhnlicher Gelegenheit, ſich hiewider ausdruͤcklich verwahrt, und. die oben erwaͤhnte Ur kunde von Maximilian erwirkt, mußte man nun darum ‚in allen kuͤnftigen Fällen dieſer Art von neuem proteftiren; - oder fonnte man nunmehr nicht: eben fo gut fich an- jener erlangten Verſichrung ſeines Rechts genuͤgen laſſen?

Gewiß, es lag nicht an dem Schein, wenn der Here Hofrath ſi ch „dennoch täufchen ließ; gewiß, es war fein Schein, det, wie er ihn befchreibt, alle Farben der Wahr⸗ heit trug. Auch iſt es nicht ſo auffallend, daß um dieſe Zeit noch kein Landesgeſetz die Appellationen an das Kam⸗ mergericht woͤrtlich verbothen hatte. Eingewickelt, wenn dleich nicht woͤrtlich, lag ein ſolches Verboth, wie ich oben bemerkte, ſchon in der aͤlteſten Ordnung des Leipziger Ober⸗ hoſgerichts vom Jahr 1488. Erneuert ward es nachher auf gleiche Weiſe in der Oberhofgerichtsordnung vom Jahr 1548, indem ſie alle... Appellationen von den. Erkenntniſſen dieſes Getichts nur allein an den Churfuͤrſt, oder das an ſeinem Hoflager angelegte Hofrathscollegium verwieß; *) und noch deutlicher tedete die bald darauf verbeſſerte Ordnung des

H Lanigs God, Augufi, &.1287. „Wann entries theil und Genteng ergehen, derer fich iemands befchinehrer

bevündt, und andere rechtliche Beſchwehrung, darvon an N. kitt. u. Voͤlkerk. Il, I, B. N ſich

we

* ago .X. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium,

im: Jah 1529” fuͤr die) Churlande angelegten Hofgerichts zu Wittenberg, welche jedem mit Leibesftrafe drohte, der von einer an dieſem Tribunal: beftätigend ausgefallenen Leute⸗ rungsſentenz noch weiter an den Churfuͤrſt appelliren, und ihnen dieſem feinen. abgeaͤnderten Spruch erhalten wuͤr⸗ de Nun in dieſer Verordnung lag, duͤnkt mich, mehr, als in elnem foͤrmlichen Landesgeſetz wider die Appellatio⸗ nen an das Kammergericht nur liegen konnte; denn ſicht⸗ bar ward darin die Unzulaͤßigkeit derſelben ſchon ats bekatint ELSE ae a 4. vor⸗ ſich im Recht berufen ‚möge, iemand zugefuͤgt werden, der mag ſich des an Uns beruffen, und appelliren, nach Sachſiſchen Rechten; und ſonderlich in der Geſtalt: Das der Beſchwehrte alsbald denſelbigen Tag, in dem das urtheil geſprochen iſt worden, das Urtheil ſtraffe, und vor dem Dbers Hof⸗ Gericht ein beſſeres finde, und das in das Gerichte ſchreiben laſſen, mit Bitte und Begehr, beyde Ur: theil an Uns zu ſchicken, Eins unter ihnen zu bekraͤftigen; Aber dag der Befchmehrte,, nach Ordnung derer Kanfer # Rechte in zehen Tagen an Uns BIO, und feine: ar pellation mit ‚Rechte verführe.

#) Ebendafelbft @.1345. „ind nachdem aus Gewohn⸗ Heit, über End Urtheife. auch Lauterung zugelaffen, fo or? denen Wie, wo durch das Pduterungs « Urtheil ‚vorige Sens - ten; von Unſerm Hof? Nichter und Benfiger, befrdftiner, und einer wird von ſolchem Iduterungss und befedftigtem urtheil, dennoch meiter an’ Und appelliren, ſo derſelbige des Artickels, auch vor Uns fdlig erfannt, und durch uns daffelbe Lauterungs-Urtheil auch beſtaͤtiget würde, daß er, uach unſerm willkuͤhrlichen Ermeſſen, umb eine GeldsBuß fe oder, wo er die nicht vermag, am Leibe fol geſtrafet wer⸗ den, zu Verhuͤtung des muthwilligen Zancks.

X. Wober das Churſachß. Appellationsprivilegium. - 1gr

vorausgefeßt, wweil man vielleicht nirgends weniger, als in \ Sachſen durch Pönalfanetionen landesherrliche Möchte! gründen furhte, die ſich noch ſtark bezweifeln, und ne auch zu keiner Zeit weniger, als gerade damahls auf dien fe Arc ſich gruͤnden ließen. Geſetzt aber, Churfuͤrſt Mo⸗ ritz haͤtte wirklich mehr verbothen, als er Hätte verbiethen ſollen, fo widerlegt fein Verboth wenigſtens die Be⸗ hauptung, nur erſt im Jahr 1521 habe Sachen ſich feiner Appellationsfreyheit begeben. Und was fommt überhaupt darauf an? Noch jetzt haben wir in Churſachſen Fein fo sohreliches Werboth, "als man fihs allenfalls denken koͤnnte, und wie es in den herzoglichen Landen im Jahr 1556 wirk⸗ lich erlaſſen ward: *) ſelbſt ſeit dem neueſten Privilegium som Jahr 1559 hat man ſich damit begnuͤgt, ſelbiges auf Landtaͤgen bekannt zu machen, und es den Juſtizſtellen zu ihrer Nachachtuͤng mitzutheilen ; der Appellationsgerichts⸗ ordnung: vom Jaht 1605 iſt es bloß angehängt, in ‘der Ord⸗ 2 a“ nung

* Der Durchl Sehe. Gänften und Dem Herm Jo⸗ hann Friedrichs, des Mittlern, Johann Wilhelms, und Johann Friedrichs des Juͤngern Policey und Lan⸗ des-⸗Ordnung gedruckt zu Ihena durch Chriſtian Rddinger 1556. 4. Art. XI Were es auch! Sache, das ſich jemands in unſern Landen geſeſſen an den or⸗ dentlichen Gerichten in unſern Bande nicht würde begnuͤ⸗ gen laſſen, Sondern davon berufen und Appellicen ober ſonſt Nauslandiſch Gerichte wider die unfern, zuwieder der [öblis chen?’ und im Haus zu Sachſen wohlhergebrachten Bes freyung und. Gewohnheit, ſuchen, der folle feiner Sehen, und Erbgütper verlufig ſeyn, oder in mansel derſelben am Leibe geſtraft Werden. |

182. X. Ueber das. 5 Epurfüchß, Appellationsprivifegium,

nung ſelbſt aber iſt der inappellabelen Gerichtegewalt mehr im Allgemeinen, als in Beziehung auf. jenes Privilegium als eines unbezweifelten, Rechts erwähnt worden, Endlich undet ſich auch wider die Evocationen der Unterthanen in erſter Junſtanz Fein beſonderes Landesgeſetz; wuͤrde Sierr, aus dee. Here Hofrath etwa auch auf die ſaͤchſiſche Evoca⸗ tionsfreyheit in jenen Zeiten einen nachtheiligen Schluß ziehen?

Ich wuͤnſchte, es waͤre aͤber das ganze fächfifche. Staatsrecht ‚in Altern Zeiten fo viel Licht geworfen, als über denjenigen Theil deffelben, wovon bier die Rede if. Wer die lächerlich verkehrten Begriffe kennt, welche im fechzehnten Sahrhundert über Gegenftände des deutfchen Staatsrechts in den für nichts, als roͤmiſche Formeln empfaͤnglichen Köpfen der deutfchen Nechtsgelehrten herrfchten, den kann es nicht befremden, wein dann und warn auch im Sachſen zum Nachtheil der Appellationsfreyheit roͤmiſches Recht auf deut: fhe Verfaffung 'gepfropft, und von landesherrlihen Spruͤ⸗ chen Recurs an das Kammergericht genommen wurde, Nicht ſowohl die Uuterthanen,‘ als die roͤmiſch verſchobenen Köpfe ihrer Eonfulenten gaben dazu den Anlaß; und Verfuche diefer Art. fanden dann freylich am Kammergericht Prote: etiongenugs denn die Herren Affefioven waren eben fo röͤmiſch⸗ rechtlich gewandt, als bie Advocaten, bie an fie ap: pellivten, Bey dem allen muͤſſen ſolche Appellationsfälle aus den fächfifchen Landen doch nur fo fparfam; vorgefom: men feyn, daß die alten Sammler fammergerichtlicher Bes fcheide und —— entweder keine Beyſpiele davon

fan⸗

X. Ueber das Churſachß. Appellationsprivilegium. 183

fanden, oder doch feine, tie fie felbige ſuchen mochten, Eeine "nämlich, die zum Beweiſe dienen konnten, daß der Hof folche Appellationen geduldet habe. Es iſt immer einer Betrach⸗ tung werth, daß ſogar Harprecht, der gelegentlich manches huͤbſche Beyſpiel von Appellationen aus den Landen der Churfuͤrſten · von Mainz und Trier, md Cblin und Pfak zu liefern. vermochte, *) auch nicht‘ ein einziges für Sachſen und Brandenburg in Bereitfchaft hatte; und es läßt fich wohl nicht ohne Grund vermuthen, er würde ein. Allegat dieſer Art nicht vergeſſen haben, wenn ihm feine: archives liſche Lectuͤr dazu verholfen haͤtte; zumahl da ihm ſelbſt die alten Verhaͤltniſſe zwiſchen Sachſen und dem Kammer: gericht nicht klar genug ſchienen. Wohl aber ſchrieb ſchon inger, ku der längft fein Aſſeſſorat am Kammergericht

N ‚altbene

*) Am D zum, Benfpiel, in der Voerede nah und im Werke ſelbſt, im 2. Theil ‚©. 163, im 4, Theil 1. Abtheil. ©. ‚95. ® 130, 2, Abtheil, ©. 79 en

+) Cent. 5, Obferv, 58. Omnes Principes et culus« cunque ftatus homines, ratione publicae pacis, ſubiecti ſant furisdi@ioni Camerae: hoc eft, non obſtante vllo ipforum: privilegio , quo‘ declinare alias. forum poflent, ob violatam «pacem publicam in Gainera conveniuntur. Vnde eriam Dux $axoniae, Marchio Brandenburgenfis,

' tamquam Principes et Eleftores Imperii, et. Dux Lo- tharingiae, qui privilegio. Imperatorio ex. iudicio Cameraq axemti ſunt, fi ipfi eorumve: fubditi pacem publicam ‘wioläfent-conveniri in Camera poſſunt. Ita’etiam do» . snusAuftriaca, - etiamſi exemtionem haber 3 tribunali Camerae;-tamen in hoc fractae publicae pacis caſu, Ca- mer

234 X, Weber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium,

niedergelegt hatte, ehe. Sachen und ‚Brandenburg an. neue Privilegien über ihre Appellationsfreyheit vielleicht nur dachten, ſchon Mynſinger, ſage ich, ſchrieb wie von einer ausgemachten Wahrheit, daß Sachſen, Brandenburq und Lothringen in Anſehung ihrer landesherrlichen Gerichtbar- keit dem Kammergericht nicht untetworfen waͤren, worunter er unſtreitig die Appellationsfreyheit verſtand, weil Sachſen und Brandenburg nie voͤllige Exemtion behauptet hatten. Selbſt einige Beyſpiele, die man wirklich von Appellationen, welche aus Sachſen an das Kammergericht - giengen, findet, find vielmehr; wegen des allemahl nachdruͤcklichſt eingelegten Widerſpruchs der Fürften, gerade die treflichften meines Sees. |

Gleich feit der Wieberaufrichtung 'des Tribunals im Jahr ‚ısar ereignete ſich ein ſolcher Fall in den herzog⸗ lichen 'Sanden, mithin zu einer Zeit, wo man den Verzicht wohl noch nicht ignoriren konnte, der, wie ‚Betr Hofrath ie will, fo Folge der neuen ſͤchſiſchen Ein⸗

Bil

merse iudicio ſubiecta eſt ‚Säle; domun:Burgandica,

etiam in hac fpecie cum ſuis Ducatibus libera, eſt, prout

ex concordia Auguftae Vindelicorum, an: 1548 ‚in ma- ‚gnis Comitüis« inter. Carolum V. ec flarus Imperii edira, pater. —— - Bon der, Evocationsfreyheit der Ehurfürften som Sachſen und Brandenburg, des Herzogs; von Lothrin⸗ gen und. des Haufes Oeſtreich konnte nun. doch hier nicht die Rede ſeyn; denn dieſe war Fein Vorrecht der genann⸗ ‚sem Fuͤrſten; dieſe hatten fie mir. allen Ständen, —— densbruchs ſachen ———— gemein.

x," Ueber das Churſachß. Appellationsprivilegium. 185

willigung in die Ordnung des Kammergerichts war. Balz’

thaſar Wormb appellirte im Jahr ıs2s in einem Rechtshan⸗

del, wobey, wie es ſcheint, eigentlich ſein Sohn, das Haupte intereffe hatte; und meil es beyden - Herzog Georg etwas

entgelten laſſen mochte, ſo beſchwerten ſie ſich hieruͤber noch

beſonders bey Kayſer Carl dem Fuͤnften. Auf das von die⸗

ſem letztern erlaſſene Reſeript erfolgte nun eine Gegenvor⸗ ſtellung, *) woran auch das Churhaus Antheil nahm, und worin 'die Appellationsfreyheit als kundbar wohl gegruͤnde⸗ tes Recht des ganzen ſachfiſchen Hauſes behauptet ward. Eben fo hatte man , wie aus dieſer Vorſtellung erhellt, auch dem Kammergericht geſchrieben, and von dieſem Schrei⸗ ben dem A eine Abfchrift beygelegt, Wie einverftan:

Na, 0, den

m llerdurchleuchtigſter Großmechtigſter Kaiſer, ewer Are Maieftat fein vnnſer vrinderthenig gehorſam willig diennſt “mit allem vleis zuuor, allergnedigſier Hert, Ewer kaiſerll⸗ chen Majeſtaͤdt ſchreiben mit Anzaig mes ſich Baltaſar wormb gegenn Ewer kav. Mat, vnnferthalben, ols ob er

von deswegen, Das er an Ewer fay. Mat. von ung Ap⸗

pellirt fampt feinem fone In vnfern Furſtenthumben vnd Lannden vnſicher fein muͤße beclagt, haben wir ſampt Ewer kay. Mat. beger vnnd des wormbs clagſchriefft Damit er on Ewer feiferlide Mat. gelangt alles Innhalts verleſen, Vnnd tragen ſolchs ſeins beclagens, fo er an Ewer kay. Mat. gethan, nit wenig befrembden, Zweiuelen au nit, ſo er E. kan. Mat. gelegenheit des „Handels grunntlich ber richt, diefelb würde fih zu beruͤrter ſchrifft gegen ung nit „haben, bemegen laſſenn; - dann wiewol genanter wormb, als vnnſer vnderthaner, vnd der- uns. mit eiden und »pflichs ten verwandt, weiß, das ane hergebrachten freiheitten vnd gewonheitten fo bey Ewer kay. Mat. vorfaren bis auff

J

186 X, Ueber das Churfähß. Appellationspsivilegium,

den die ſaͤchſiſchen Unterthanen hieruͤber mit ihren Fuͤrſten waren, und wie wenig ſie bezweifelten, was jene für Fund. bar hielten, dies bemeißt eine fehr merkwürdige Er· Ä klaͤrung der Ritterſchaft, *) die ſich in den Acten des bald nad) dieſem Vorfall, im Jahr 1527, zu Dresden gehaltenen Landtags findet, und wahrfcheinlich auf jenen Appellatious⸗ fall einen Bezug hatte. Der Adel Elagte uͤber die Koſt⸗ barkeit der Juſtizpflege an den Oberhofgericht, das damahls abwechſelnd zu Leipzig und zu Altenburg gehalten wurde. Ber nicht viel Vermögen befäße, fagten Die Nitter, müßte mohl das Einkommen von einem Jahr an Advoraten und Procuratoren wenden; ſie meynten, eg waͤre beſſer, das

auff E. k. Mat. bis anher, durch vnſere vorfarn vnd vns herpracht, wie wir denn auch auff allen reichsta⸗ gen, ſolchs erhalten, ſich nit gepurt yon vns Furſten von Sachſſen ıc. furder zu appelliven, «— Aus Archi⸗ val. Nachrichten. men

») Landtagsacten vom Fahr ıs27. Diemeil denn nun die von der Ritterfchaft und wir alle unfern gnddigen Fürs fen und Herrn, für unfern billigen pröentlichen Richter erfennen; So bitten wir ganz ünterthdniglich, Sr. Fuͤrſtl. Gnad. wolt uns allen vors Hofgericht dermaaßen zu uns fern Verderb nicht mehr ziehen lagen, und uns in unfern Gebrechen vor Gr, 8. G. felbft erfordern und befcheiden.

- &o wollen wir una alle, umviderfeglich Sr. 5, G. was diefelbig vor Billig erkennt weifen Jafjen, und obgleich ein Muthrwilliger, Er, 8, G. Weifung oder Erfennts | niß nich terdulten wolt, iſt gemeine Ritterfchaft erbö-

thig, den ober’ biefelbigen zu gebährlichen Gehorſam

belfen zu Bringen, «_ ° ° a

X. Ueber das Churſachß. Appellationsprivilegium. 187

Hofgericht würde ganz eingeftellt, und dem Adel’ fein Ges richtsſtand vor den Fürften felbft angewieſen; möchte dann auch die,erfte Inſtanz dadurch verloren ı geben, fie wolten ſich dennoch an den Spruch. des Werzogs, als: ihres alleints, gen Richters, genügen laſſen, und wenn irgendein Much, williger ſich dabey nicht beruhigen wuͤrde, ſo wären fie er: börhig, felbigen zu gebuͤhrlichem Gehorfam bringen zu hel⸗ fen. Wenn ſolche Geſinnungen ſelbſt damahls unter dem Adel des Landes herrſchten, wie viel weniger mochte unter den übrigen Volkselaſſen die inappellabele Gerichtsgewalt der Landesfuͤrſten bezweifelt werden ? Eben fo nahdrärlich ward hernach dies Vorrecht bey zwey andern Appellations- füllen geltend gemacht, die fich fpäter hin, aber noch vor dem Jahr 1550 ereigneten ‘, ‚und der eine Fall ift um fo wich⸗ tiger, *) theils, weil fo gar der Churfürft von Mainz, wel:

| Rs 55 cher

%) Exceptiones deolinatoriae fori, Heimburger. vnd ges meine zu Obern vnd Nieder, Dorlauw contra dem Gardinal vnd Erzbifchoffen zu Mens. Pre, Spirge +3,

- Februarii 1542. Wolgeborner Kay. May. Cammerrichs ter 9.5. Sindieus Heimburgen und gemein der benden

Dorffer Obern vnd Niddern Dorlam repetirt anfengklich widder fein gſtl. Gnd. den Cardinall und Erzbiſchoff zu Meng ıc. Die Proteſtation in e, gl. vnd diß löblihen Canıa - mergerichts gerichtszwangk von wegen feiner Prinzipal nit

weiter zu willigen, dan fie in recht fchuldig den 23ften ybris gefhehen bedings fich auch hiemit offenslich, das er dusch machuolgende oder künftige Handlung darvon nit weichen, Sondern denfelben alweg anhengen auch nachfols gende abweichliche Erceptiones und contra formalia appels lationis wider Hospermelteßen Tardinan und Erabifchof ic,

farfipt

89 X. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprisilegium. cher in einem Rechtshandel mit der Gemeinde zu Ober sund- Pieder» Dotlau einen ungünftigen Spruch erhalten Hatte, der, Appellant war; theils weil’ hier ſelbſt von der beklag⸗ ten Gemeinde die ſachſiſche Appellationsfreyheit vertheidigt‘

wirde m dem en lieg Herzog Moris am: Kam⸗

haindt vnd londerlch vbergeben vnd hochermelteſten ide F dertheill darauff durch dus Wort, alaub war oder nit war one anhang Zu anttmortten anzuhalten gepetten,, und die verneinten Cone vberflus) zu bemeifen ſich etbotten vnd alle mittell rechtens ime yorbehalten haben wolle; —= Zum 7. das bee Chur und furften zu Sachffen. Oberhoffge⸗ richt ein; befonderlicher verordenter gerichtögradt und Tei⸗ bunall iſt, darvon vber zehen zwanzig 30. 40. 50. 60 jar and dieweil das oberhoffgericht geſtanden, alweg an die Chor vnd furſten zu Sachſſen ꝛc. als die nehere Oberkeit vnd ſonſt nirgents anderd wohin appellirt worden noch ap— pellirt werden mag. Zum achten war, das im Haus zu Sachſſen bey Chor unnd furften gemeftes hauß 10. 20. 30. 40. 50.60. 70. und hundert jat daruber, und darunder auch Tens e dan Menfchen gedenken fich eritredt herbracht, ge⸗ braucht und gehalten worden, das man von ihr Chor vnd

f. gl. vrtheil, beſcheiden oder deceeto nit appelliert habe..“

Ans archival. Nachrichten; f

*) x. K. Mayt Genedi⸗ ‚ger Herr. AB verſchiener Zeit ein Angemaſte Appella⸗ tion ſache In Namen Petter von Heimbach vermeinten Ap⸗ pellanten eins, widder Hieronymen Zinſer vndt deſſelben angemaſte glaubiger · gerichtlich mit deßwegen vermeinlich erfairgten Proeeß eingeſurt, Berner auch kurtzlich ein beſon⸗

dher Gupplication prõ compulforialibus. furbracht. Daruff

gne⸗

X. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. 189

Rammergericht abermahls eine Proteftation einreichen, und compromittirte auf das eigene. Bewußtſeyn der Affefforen, daß man an dem Tribunal nie Appellationen von ſaͤchſi⸗

Wer Gerichten angenommen, ſondern ſelbige ohne alle Bu j ftifieation zurück gewieſen habe.

gnediger her erſcheindt des Durchleuchtigſten hochgebornen Furſten vndt Hern, hern Moritzen Hertzogen zu Gachfenn ꝛc. Churf. ꝛc. Anwalt vnd thut auß entpfangenem beſondern befelh E. ©. vndertheniglich erinnern, wie ohn zweiffel €. ©. ſelbſt gut wiſſen tragen vndt Jnen vnuerborgen ſein mag, das das loblich Haus zu Sachſen dermaſſen befreyhett, das do dannen nicht geappellirt werden khan,

wie dan auch ſolch oder dergleichen Appellationes, wo die gleich de facto furgenommen, hieuor niemals von E. G. vndt an dieſem hochloblichen key. Camrt. Ange— nommen, Sonder ane alle Juſtification wider zuruck gewieſen, vnd remittirt ſeien. Archival. Nach⸗ richten. |

dr

{ ———

Die Fortfegung folge im naͤchſten Stůch)

ER | Ep #7

+

J

4

199

-

xt, 2 Ferdinandinens Klagen, beym Abſchiede ihres Sr liebten ABG L. Re

I, ihr wißt es Hayn und Fluren

Und du holdes Fruͤhlingsthal! |

Wißt's wie wir uns Liebe ſchwuren | Beym Gefang ‚der. Nachtigal !

Aber ach! fein fehnelles Scheiben. --

Trübt mein’ alzugdrtlih Kerl, Giebt nach kurzen fügtgen Freuden

Mir der Trennung. ew'gen Schmerz!

Sa ich mit ihm in der Laube

Wiegt' ich mich auf feinem Knie;

Särtlicher. ſchmiegt ſich die Taube

An des Taͤubers Bufen nie!

D mie ſtahl er meinem Munde = | Feur ger Kuͤße doch fo viel fe

Und wie fihmand mir da die Stunde

Fichefeiig ohne Ziel!

Ah! und ihre raubt' ohn' Erbarmen Des Geſchickes ehrne Hand Aus des Madchens fanften Armen Die fie troßlos um ihn wand! Einfam wand ich nun und trübe Ben des Mondes blaßen Schein,

. And

gang. wird mic der Augenblick

XI, Ferdinands Klagen ic, agi

und der Schutzgeſ meiner Liebe Huͤllt in Lraurigkeit fih ein.

Schickſal! rühren dich bie Thranen

Eines Madchens das ſich Audit,

Die getruͤbt von bangen Sehnen Keinen frohen Zug mehr zählt:

O ſo für auf Blumenmegen Ihn in meinen Arm zuruck!

gaut ſchlaͤgt ihm mein Herz entgegen: "

Da fih Arm' um Arme mwinden Unſre Wangen feut'ger gluͤhn,

Seelen ſich auf Lippen finden, JFunken unfre Kuͤße ſpruͤhn! Dann vergeh” beym Sturm ber Betten. ler. Erdenfreuden Tand! Start if ſelbſt für Emigfeiten

unſer demantfehes Band,

XII, Mache

193 J Rt

x. | Nadrihren.

Folgendes wird auf —— eingeruͤckt, und zwar dem Wunſch des Herrn Einſenders zufolge in der Originalſprache.

Le feu Roi de Pruſſe dans les oeuvres qui ont &re imprimes apres fa mort, a permis ä chacun de relever les meprifes qui auroient s’y gliffer; l’avant-pro- pos pag. I2. y invite,

Jen ai trouv& une qui me concerne, Elle a paroitre très peu importante pour ce grand Prince, de meme pour le Public; mais elle P eft infiniment pour

moi, qui n’ai rien A perdre.

Il eft dit page 337. tome m. que le detachement que je commandois, avoit et€ enlevé en entier, Le fait eft, que je fus attaquẽ, mais ce d&tachement ne fut pas pris. Il foutint l’attaque pendant deux heures, apr&s quoi l’ennemi fe retira, Je ne fus renforc& que le lendemain par quelques bataillons de l’arımee, & je restois encore pendant trois jours dans la m&me po-

fition, La tendreffe fraternelle m’oblige à relever encore

une äutre meprife, tome IV, page 240, ou il eft fait men-

XIL Nachrichten, oa

"mention que feu mon frefe. en wa hommes & fix |

eänons, Il vint feulement au fecours d’un d&tachement qui avoit, perdi un canon & une. vingtaine d’hommes, & il maintint, le: -pofte plufieurs jours.

_ Feu mon frere ne, commanda pas du tout au choe 32 il eſt pariẽ dans Ia fuite,

‚Fred, Guill, Prince de Heffenftein.

Bon ohngefähr fand’ ich in dem zuffen Stüd der Erfüre eher gelehrten Zeitung 1788. ©. 248 unter der Rubric Dreßden, folgende Zeilen: |

„Nicht der bekannte Schriftfteller det ariegerſere

„taͤr Neumann allhier, iſt der Verfaſſer des elen⸗ „den Schauſpiels Gottfried von Bouillon, ſondern „ein gewiſſer Schauſpieler des Namens, welcher

„ſich bey der Bellamoiſchen Schauſpielergeſellſchaft

„aufhalten ſoll.“ Ich fchliege daraus, daß diefes Schaufpiel irgendwo auf meine Rechnung hat gefchrieben toggben wollen, und danfe dem wohlthätigen Unbekannten herzlich und verbindlichit, der diefen drückenden Verdacht fo unaufgefodert von mir abge lehnt hat. Nie Habe ich ein folches Stück gefchrieben, noch fchreiben wollen. Dreßden, den 28, Sept. 1788. L. Neumann.

Einem

194 X Nachrichten.

EEinem Corvefpondenten, der feine Briefe der notbifche Cosmopolit unterzeichnet, antworte ic) hiermit, daß ich die Urſache feines Incognito nicht enträthfeln Fan, Ein Mann, der Kenntniſſe, Geſchmack und Erfahrung zeigt, und nicht un« ſchickliche Anträge thut, darf ja feinen Namen nicht verbet, gen. Eine nähere Bekanntſchaft mit ihm, wobeh ich jedoch die Briefe zu franfiren bitte, wird mir angenehm feyn, wenrt ich gleich von den angetragenen Manuferipten feinen Ges brauch machen folte, | i ==

v. Archenholtz.

23

us Fi Anhang. No. I. «

PB. 8.5. Goͤſchen i in Leipzig ſind ſeit der Mi⸗ chaelismeſſe erſchienen. u

Soll und kann. die Religion Zefus allgemeine Religion feyn ? Parallele zwifchen Chriſtenthum und ——— von 3J. L. Ewald 8. 6 Gr.

Kleine Romane von Friedeih Schulz * Th. 8. Dieſer ent haͤlt: Leopoldine, das Gegenſtuͤck des kleinen Moritz von eben dieſem Verfaſſer, wovon ein Theil in Herrn Wielands deutſchem Merkur bereits abgedruckt iſt, und allgemeinen Beyfall erhalten hat. 20 Gr.

Deutſche Geſaͤnge mit Clavierbegleitung von Johann Friedrich Reichatdt, koͤnigl. preuß. Capellmeiſter in Berlin, 4. Die Lieder ſind von Goͤthe, Sacobi, Voß, Klopſtoc Rudolphi und andern Dichtern. 20Gr.

Repertorium der theolog. Littetatur, ater Th. Hr. Dieſer Theil enthaͤlt alle theolog. Schriften vom Jahr 1786 mit den Urtheilen der beſten Joutnalen und Seitungen,; und foftet 12 Gr.

Gedichte von Filidor. Mit Muſik, ge. 8. Das Publikum kennet einen Theil diefer Gedichte aus dem Bürgerifchen Mufenalmanah. Die Compofitionen find von Herrn

Sterkel, Stahl und Witthauer.

Phaͤdon und Naide, ober. der redende Baum. Ein Singfpie in 3 Aufzügen, von J. G. Jacobi, 8. 6Gr.

Nachdem das Publicum lange Fein neues Produkt von dieſem Dichter der Grazien gelefen bat, erhielt es diejes rei⸗ gende Geſchenk feiner Muſe.

Anhang, Febr, 89 Kri⸗

24° Andbang. Kritiſche Ueberſicht der neueſten ſchoͤnen Litteratur der Deuts ſchen, ter B. iſtes St. gr.8. 10 Gr.

Dieſes periodiſche Werk enthaͤlt ausfuͤhrliche Critiken der guten Schriften mis dem Fache der ſchoͤnen Litteratur. Das mittelmäßige wird furz angezeigt, und das elende, wenn es in feiner Art auſſerordentlich if, wird zuweilen eben fo umſtaͤndlich eritifire, als die ſchoͤnſten Werke der Kunft.

‚Horiprie Warren, 3 Theile. Eine Geſchichte ang den Enölis ſchen. Ein fröhlicher wigiger Franzofe, und ein gefühl: voller denfender Engländer, Miß Warren, das unſchuldig⸗ fie, liebenswuͤrdigſte Mädgen, und Lady Bembridge, eine Dame von glänzendemPBerftande und gutem Herzen, aber durch “die große Welt verdorben, find die Haupteharactere der Gecchichte. Außer den mannigfaltigen erdichteren Begeben⸗ heiten, worin jeue Perfonen dargeſtellt werden: find Be⸗ ſchreibungen wahrer intereßanter Dinge mit eingeflochten, z. B. die Beſchreibung der ſieben Thuͤrme in Conſtanti⸗ nopel, welche die Wißbegierde reizen und unterhalten. Auguſt Lafontaine Scenen, 2 Theile, 8. 1Thlr. 14 Gt. Der errte Theil enthält: Brutus, oder die Befreyung Roms, der zweyte Theil Klaomenes. Beydes find Gemählde großer Charactere und Handlungen, dramatiſch dargeſtellt. Die Jeſuiten vertrieben aus ber Freymaurerey und ihr Dolch 1: 3erbrochen durch die Freygmaurer,2 Theile iRthl. Der erſte Theil hat auch den beſondern Titel: Die ſchottiſche Maurerey, verglichen mie den drey Ordensgeluͤbden, und das Geheim⸗ niß der Tempelherren aus dem vierzehnten Jahrhundert. Der te Theil hat auch den Titel: Einerleyheit der vier Gelübde bey der Gefellihaft des heiligen Ignaz und. der vier. Stade in der Freymaͤurerey des heiligen Johannes.

—hr ——

'No, 2.

Anhang. 22 No,“ a, Bon demfo eben i in Paris erfehlenenen Bude: - Vorige

"du j jeune Anacharfis en Grece dans le milieu du qua-

trieme Siecle avant l’Ere vulgaire , 'par Mr, I’Abbe Barthelemy 7 Vol. gr. 8. avec grand nombre de Car- tes, Plans, vues er medailles &c. werben die erften Bände der von ung ſchon längft verfprochenen und, mit Churs fürftl. Saͤchſ. Privilegio verſehenen deutſchen Ueberſetzung, in kuͤnftiger Oſtermeſſe 1789 gewiß erſcheinen. Ein hleſiger ruͤhm⸗ lich bekannter Gelehrter iſt der Ueberſetzer dieſes vortreflichen Werks eines der gelehrteſten Männer Frankreichs, welches im Driginal mit der ihm würdigen typographiſchen - Schönheit gedruckt worden, und worauf bey der Ueberfeßang von den —— vorzuͤglich Ruͤckſicht genommen werden wird.

und SEN, |

No. | 3.

"Here Paſtot Beyer in Schwerborn, der ſich dutch das

Handbuch über den Katechismus Lutheri, dann wieder durch

2 Bände Predigten zur Aufklärung der. Volksreligion und,

durch zwo Abhandlungen über die Strafen der Verdammten und deren Dauer ruͤhmlichſt bekannt gemacht hat, ‚wird in Verbindung mit mehrern angefehenen gelehrten Männern eine periodifche Schrift herausgeben, die den Titel führe: Allges meines Magazin für Prediger, nad) den Bebürfniffen unferer Zeit, wovon in der Oſtermeſſe diefes Jahres dag

erfte Stuͤck erſcheinen wird. Diefe periodiſche Schrift fol nicht blos ein Magazin von Predigten oder Predigtentwürfen ſeyn, wie das homiletiſche Magazin und das Magazin für

Prediger, welches legtere auch wegen des ganz eigenen Sys

ſtems des Verfaffers nur zum Theil brauchbar iſt, fondern es fol eine Borrarbsfammer werden, in welcher der Prediger

u Faͤllen und Verrichtungen feines Amis nachſuch en 2 und

Pr

und für fein jedesmahliges Beduͤrfniß etwas Brauchbares fin⸗ den kann, das zugleich unſern Zeiten angemeſſen iſt. Den Verlag davon hat die Cruſiusſiſche Handlung fu Leipzig übers nommen, die ſowohl als auch alle übrige Buchhandlungen Deutfchs lands den aus acht Stuͤcken beftehenden Jahrgang für 2 Rtihl. verkauft, wenn man fich für diefe periodifhe Schrift bie zu Oſtern dieſes Jahres unterzeichnet, der Verkaufpteis dürfte nachher 2 Rthl. ı2 Gr. ſeyn. Eine‘ ausführliche Befaunts machung, die den ganzen Plan in ſich faßt, den das allge⸗ meine Magazin für Prediger bezweckt, wird von allen Buch⸗ handlungen gratis vertheilt. | /

Anhang.

ı

| No. ° . ,. | Sr der Nichterifchen Buchhandlung in Celle, im Luͤne⸗ burgiſchen, ſoſlen Michaelmeffe 1789, heilfame Wahrheiten aus den Sonn» und Fefttagsevangelien, Paßions und Qußrerten, zur Befördrung der Hausandacht und zum orlefen beym öffentlichen Gottesdienfte in Abweſen⸗ beit des Predigers in 4 Theilen gegen 1 Rthl. Pränu- meration auf den erften Theil in median 8. den Band zu 12 Alphabeth erfcheinen. Die nähere Anzeige ift in allen Buchhandlungen zu finden, wo auch DVorausbejahlung angenommen wird, * Zu E. Richter. No. 5. 10 u Herr D. Hermbſtaͤdt in Berlin Fündige dem ges. lehrten Publikum des berühmten Naturforſchers und Chemiften . | Scheelens Hinterlaffene pbufifch = chemifchen Arbeiten in. chronologiſcher Ordnung bearbeitet, und mit. wichtigen Zuſaͤtzen bereichert, „in. einer deutſchen Ueberſetzung an. - Das ganze; Werk wird aus drey Bändchen, jeder zu 10 Bogen, beftehen, . und der erfie Band Eünftige Michaeligmeſſe im Verlag der Auguſt Myliuſiſchen Buchhandlung, fanber gedruckt erfcheinen, BE No. 6.

ai , 27

No. 6 6.

Allen Llebhabern der vaterlaͤndiſchen Geſchichte hat es nothwendig aͤuſſerſt unangenehm’ fallen muͤſſen, die Haͤberli⸗ niſche Reichshiſtorie durch den Tod ihres würdigen Ver⸗ faſſers, und zwar eben zu der. Zeit, wo fie durch die Annähes zung gegen den dreyßigjährigen Krieg, am wichtigſten zu wer⸗ den anfängt, unterbrochen zu ſehen. Vielleicht wird es daher dexienfelben nicht unangenehm ſeyn, zu wiſſen, daß der Herr Regierungsrath Baron. von. Senkenberg zu Gießen, der ſchon dem fel. Geh. Juſtizrath Häberlin, ducch Mitthei⸗ lung mancher ſchaͤtzbarer Manuferipte öfters bey dieſem Werke behuͤlflich geweſen, nunmehr ſelbſt die Fortſetzung dieſer Ge-

ſchichte bis auf die neueſten Zeiten unternommen bat.

Der erſte Theil, zu welchem der fel, Häberlin noch 56 Bor . gen ausgearbeitet hinterlaffen bet, fol G. ©. im kuͤnftigen ı790ften Jahre erfcheinen, und bis auf das Jahr 1600 die Ge - ſchichte fortführen. Sodann hat der neue ‚Here Verfaſſer ſich zum Beſten der fämtlihen bisherigen Käufer biefes Werkes dahin verſtanden, der gar zu großen Weitlaͤufigkeit des bishe⸗ rigen Plans Graͤnzen zu ſetzen, und zu dem Ende die Ge⸗ ſchichte weiterhin nach Jahr zehenden auszuarbeiten, alfo, daß | ohugefaͤhr in jedem Band, wo es nicht. die Auferfte Richtige keit der Materien verhindert, zehen Sahre abgehandelt were den follen. Da folchergeftalt jeder Käufer obngefähr den Ue⸗ berſchlag machen kann, anftatt eine, wie, bisher der Hal war, ins geängenlofe gehenden Art Ausgabe, nunmehr etwa noch für zwanzig Bände fein Geld aufwenden zu muͤſſen, fo hoffet Endesunterſchriebner Verleger um ſo mehr, daß von den bis⸗ herigen Hrn. Praͤnumeranten nicht nur keiner zuruͤcktreten, ſondern auch, zumahl bey immermehr zunehmenden Intereſſe der Begebenheiten, ſich noch neue dergleichen finden werden. Der Praͤnumerationspreis iſt wie ſonſten, und alle Jahre fofl, ganz unvorgefehene Zufälle ausgenommen, ein Band erſcheinen.

Sale, den 6, Febr. 1789. N | ! Johann Jacob Gebauer. 6.3. No, 7x

ss Anhang.

No. 1.

Von dem Handbudhe für Officiere hat der te Theil in der Helwingiſchen Hofbuchhandlung nun auch die Preſſe *

Der erſte enthält die Artillerie, der ste die Verfhane zungsfunft, der 3te die Taetik, und die übrigen den Feſtungs⸗ und Feldfrieg. Der Here Verf. hat durch daffelbe zuerft den

Verſuch gemacht, fuͤr den Officer ein Lehrbuch zu entwerfen, welches das Wichtigſte und dar der ——— ſchaften enthaͤlt.

Ohne uns bey dem Inhalt und = des Plans aufzuhalten, zeichnen wir das Neue der beyden erſten Theile hier aus. | In dem erften Theile wird 1. eine zuVerläßige Nach⸗ sicht von der Einrichtung der Preußifchen, Defterreichifchen, Saͤchſiſchen und Franzöfifchen Artilerie, welche der Hr. Verf. bey diefen Korps ſelbſt gefammler hat) und 2. eine eins fache Methode der Beftimmung der Wirkung ‘des Geſchuͤtzes gegeben. Diefe macht dag Wichtigfte diefes Theil aus, und enthält eine Menge noch ungedruckte Verfuche und Erfahruns gen, welche über den Gebrauch der Artillerie ein neues Licht verbreiten. Denn aus diefen werden die Regeln für die Plar cirung und fir dag Verhalten des Geſchuͤtzes in Actionen ıc, gezogen, und dadurch wird dies Buch ein Gegenſtand der hoͤ⸗ Hern Taktik; und wer daher die Artillerie in Ruͤckſicht der übrigen Theile der Krienskunft ſtudiren will, und in den Stand fommen fan, mehrere Gattungen von Truppen zu fommans diren, der wird bier im dem, was auf die Artillerie Beʒug hat, gruͤndlich vorbereitet.

Der 2te Theil giebt zuerſt eine neue Aufloͤſung der Auf⸗ gabe: die Entfernung des Feindes zu beſtimmen. Dieſes, den Artilleriften und jedem andern Dfficier fo wichtige Pros blem, ift hier fo aufgelöfer, daß jeder von ihm wird Gebrauch aden koͤnnen.

Der

Anhang J me“

: Der vornehmſte Gegenſtand dieſes Theil⸗ iſt die Ver⸗ |

ſchanzungskunſt. marzım. 2 en ni en Der Here Verf thut hier verſchiedene eigene Vorfchläge: zu einer zweckmaͤßigeren Anbringung: der Palifaden, welche den Flind in swiekfamen Feuer am Rande des Grabens aufhalten. Zur Verſtaͤrkung der gewoͤhnlichen Reduten; zur vor⸗ theilhaften Einrichtung der groͤßern Schanzen, und zu einer mehr auf die Natur der ‘Sache. gegründete Einrichtung der groͤßern Verſchanzungen und der Vertheidigung der Schanzen Merbaupk: .. .- iirnt a Ä je MMNoch gehören hier her verſchiedene Bemerkungen über die Blockhaͤuſer, über die Colberger und Bunzelwitzer Ber ſchanzung, ‚mehrere Beifpiele der Befeftigung der Läger und Poſten und der Angriffe derfelben 27. Er Bey dieſen Vorfhlägen hoft der Here Verfaſſer zugleich das Wefentlichfte der Verſchanzungskunſt, det Vertheidigung und des Angrifs der Schanzen und Verſchanzungen uͤberhaupt vereiniget zu haben, welches nicht anderswo mit den noͤthigen Beyſpielen und mit dee Anfuͤhrung der beſondern Meinung der.

Ingenieure geſchehen iſt. | |

No. 8. Mn ehe ke

Auf Verlangen. einiger mie fehr ſchaͤtzbaren hier ſtudiren⸗ den jurigen Männse babe ich diefen Winter über das Chur⸗ ſaͤchſiſche Criminalrecht befondre öffentliche Vorleſungen gehal⸗ ten, "Der Mangel eines Lehrbuchs, das: ich dabey hätte zum: Stande legen können, . veranlaßte mich, das, mas ich über dieſen Gegenftand bereits gefammelt hatte, in Ordnung zu

bringen und zu vervollftändigen. Diefer Umftand gab mir Gelegenheit, über die Vortheile der abgeſonderten Behandlung

diefes wichtigen Fachs unfter einheimifchen Rechtsgelehrſamkeit

nachzudenken, und mich von dem auffallenden Nutzen zu uͤber⸗ zeugen, den ein Werk dieſer Art, nicht blos fuͤr den ſtudiren⸗

den Juͤngling, ſondern auch überhaupt fuͤr einen jeden Sachſen, ra Ä haben

- Anhang.

haben muͤſſe, ber als juriſtiſcher Geſchaͤſtemann, oder auch blos als Staatsbürger, einer genauern Kenntniß der-vaterläns diſchen Strafgefege bedarf. Won diefen Gründen beftimme, wage ich es daher, dem Publikum ein F |

Handbuch des Churfächfifchen peinlichen Rechts anzukuͤndigen, in welchem ich eine fuftematifche Darftellung des auf urſpruͤuglich Saͤchſiſche bey: ung ‚geltende Gefege und Ges wohnheiten gegründeten Griminalrechts, verbunden mit kurzen litterariſchen und Hiftorifhen Anmerkungen, liefern: zugleich aber auch den Churſaͤchſiſchen Criminalprozeß, mit Ruͤckſicht auf Das neueſte Generale vom Verfahren in Unterſu⸗ chungsſachen, abhandeln werde. Zur mehrern Bequemlich⸗ keit ſollen, auſſer den unter den Paragraphen woͤrtlich ange⸗ fuͤhrten Geſetzſtellen, die merkwuͤrdigſten Criminalgeſetze in einem beſondern Anhange, theils ganz, theils im Auszuge, ingleichen die nöthigen Sad) » und Namenverzeichniſſe, beygefuͤgt, und‘ uͤberhanpt nichts unterlaffen twerden, um dem Anfänger ein faßliches Lehrbuch, dem Gefhäftsmanne aber ein bequemes Hondbuch zu liefern. Ueberzeugt, daß man über Gegenftände urfprünglicdy deutfcher Verfaffungen und Rechte ſich nur allein in der Mutterfprache ganz deutlich und beſtimmt ausdrücen koͤnne, zugleich aber auch in der Abſicht, nicht blos dem ‚Se lehtten, fondern auch unftudirten Gerichtsperfonen in den Städten und auf dem Sande eine planmaͤßige Darſtellung ber Churſaͤchſiſchen Gefege Über Verbrechen und Strafen in die Hände zu geben, habe ich die deutſche Sprache gewaͤhlt, und ich hoffe, daß felbft die feidenfchaftlichften Liebhaber der lateiniſchen diefes aus den angegebenen Sründen nicht mißbili« gen werden. Wenn ich mir fchmeicheln kann, daß das Publi⸗ kum ſich von diefer Unternehmung einigen Vortheil zu verfpres hen habe: fo kann ich auch von jedem billigdenkenden Dante, am meiften aber von jedem meiner Gönner und Freunde, bofs fen, daß er mir für diefe Arbeit die möglichft. proportionirte Vergeltung und Ermunterung wuͤnſchen, und. in diefer Ruͤck⸗ ſicht ſich für die hiermit eröfnete Subfeription guͤtigſt verwen. | den _

Anhang. ai. \

den werde. Mer anf diefes Werk, (welches ein Alphabet und drüber In groß Octav betragen und auf naͤchſtkommende Oſtermeſſe unfehlbar erfcheinen wird,) bAnnen jhier und dem erften März 1785 ſubſcribirt, erhält das Exemplar auf Schreibepapier für 20 Gr. den Louisd’or zu 5 Rthlr. Convens tionsmünze gerechnet. Nachher Fofter das Eremplar auf Schreibepapier ı Rthl. 4 Gr. auf Drucpapier ı Reyl. Die Namen der Herten Subferibenten werden vorgedruckt, daher ich mir diefelben fpäteftens ache Tage nach Oftern erbitte. Alle Churfuͤrſtliche Aemter, fo role alle Poftämter und Buchhands "lungen werden erſucht, Subſcription anzunehmen. Hier in Leipzig kann man bey mic felbft, ingleihen bey €. loͤbl. Zei⸗ tungserpedition fubferibiren. Wer so Exemplarien nimmt, erhält das rıte unentgeltlich, Briefe und Gelder erbitte ich mir poftfrey. Leipzig, am 29. Dec. 1788. Dr. Ehriftian Daniel Erharb, Des Churfuͤrſtl. Sächf. Landgerichts im Markgrafthume Niederlauſitz Beyſitzer, Profeſſor der Rechte auf der univ. Leipzig, Kaiſerl. Pfalz-⸗und Hofaraf, > auch Oberhofgerichts⸗ und Conſiſtorial⸗ advocat alhier,

No, 9. N Den Wenigen, die meine, thells in Journalen befind⸗ liche, theils befonderg abgedruckte Poefien gelefen, und nich ungern gelefen haben, zeige ich hier an, daß ich zur Lünftls gen Oſtermeſſe eine Eleine beſten und aus⸗ gearbeiteten Gedichte herausgeben we | Schon vor ohngefaͤhr drey Jahren gab ich eine ähnliche Sammlung unter dem Titel: Oden eines Preuflen, ber- aus; allein dies waren größtentheils nut erſte Verſuche. Es waren Kinder der froͤhlichſten Augenblicke meiner fruͤhſten Sünglingstage ; und weil fie mich immer fehr lebhaft an jene Zeiten erinnerten, und in diefer Erinnerung mein ganzes Gluͤck beftand; ſo mocht «8 vieleicht ſehr natuͤrlich ſeyn, daß dag. €; Anger

32. Anhang. Angenehme jener Erinnerung, verbunden mit der Schoͤpfer⸗ und Vaterliebe, die auch ih, wie jeder ſterbliche Autor, zu meinem Werkchen trug, mich eine geraume Zeit taͤuſchte, ‚mie ftatt des wahren innern Werthes meiner Arbeit felbft galt, und ich fo verleitet ward, fchon in teifern Jahren und bey mehr gebildetem Geſchmack, noch meine Knabenverfuche der Welt mitzutheilen.

Ob nun gleich manche gelehrte Zeitungen, beſonders die Allgem. Literat. Zeit. und die allgem, deutſche Biblio-

* thek dieſen Verſuchen weit freundlicher begegnet haben, als

ich ſelbſt haͤtte erwarten ſollen; ſo ſehe ich doch jetzt ſehr wohl, daß dieſe Behandlung nicht viel mehr als Nachſicht und Scho⸗ nung ſeyn kann! und damit (warum ſollt' ich das nicht ge⸗ ſtehn?) iſt meinen ſonſt ziemlich beſcheidenen Wuͤnſchen nicht gedient.

Ich beruͤhre dies hier, weil ich glaube: der Leſer werde daraus ohngefaͤhr auf den Gehalt meiner jetzigen Gedichte, wenigſtens auf den Fleiß, womit ich fie cheils- ganz umgear⸗ beitet, theils nur gefelle und ausgearbeitet habe, ſchließen koͤnnen. So viel kann ih ohne vor mir felbft zu erroͤ⸗ then verfichern,, daß die darin theils dargeftellten, theils gefchilderten Empfindungen, weder Empfindungen eines Kraft« genies, noch eines tändelnden Kindes, noch auch bloße Worte find; ‚daß die Sprache nicht unrein; der Styl und die Diction nicht unedel und nicht ungleich ift: doch freylich gäbe die Abmwefenheit aller diefen Fehler noch lange Eein gutes Gedicht.

Die Sammlung wird fih in zwey Eleine Octavbänd« chen theilen, wovon das erfte in der künftigen Aermehe bey Stande und Bispink in Halle erfcheint,

Aus mancherley Urſachen mwünfche ich mir, wenn aud wur eine ſehr mäßige Sammlung Pränumeranten. Der Pränumerationspreis des erſten Baͤndcheus iſt zwölf gute Groſchen, da der Ladenpreis ı6 Gr. feyn wird, Meine ause waͤttigen Bekannten und Freunde, fo wie die refpectiven Her⸗

ven Buchhändler erfuche ich (gein zu gegenfeitigen Dienften bereit,)

Xasana ——

bereit) um die Gefaͤlligkeit; Praͤnumeration anzunehmen. Fuͤr neun Exemplare erhält man dag zehnte, als Honorar. |

+. Die‘ Namen der Pränumeranten werden. an die Herten Verleger, Grande und Bispink in Halle bis zum ı, März 1789 eingefandt; damit ſolche vorgedruckt werden konnen. In der Oſtermeſſe werden die Exemplare franco Leipzig geliefert.

Druck und Papier ſollen ſo elegant und cortect als moͤglich ſeyn. Der Titel wird geſtochen, und erhaͤlt ein ſeingearbeitetes allegoriſches Titelkupfer.

Halle, den ıR. Dez. 1788.

No. .10.

- Die von der Sleifherfihen Buchhandlung zu Frankfurt angekündigte Ausgabe der Flora roflica des Herrn Cofles gienrath Pallas, wird blog in) einem unveränderten Abdruck des Tertes in groß Octav, mit Weglaffung ‚aller ‚Abbildungen beſtehen, von weldyen die Handlung. den. erften Heft in der- bevorfteheniden Oſtermeſſe zu liefern geſonnen iſt. Ohnerach⸗ tet die Handlung entſchloſſen war auch die Abbildungen unter einer moͤglichen Abkuͤrzung zu liefern, ſo zeigte doch nachher die Einſicht des Originals, daß dies Unternehmen mit zu vielen Koſten verbunden ſeyn wuͤrde, und konnte ich daher, ſo ſehr auch vielleicht die Copien der Tafeln unter den Haͤnden unſerer hieſigen Kuͤnſtler gewonnen haben moͤchten, doch nicht zu den großen Aufwand rathen, zumal da das Original jetzt kaͤuflich in Petersburg zu erhalten iſt, auſſerdem aber auch von dieſem Werke nur noch der erſte Heft erſchienen, und die Zeit der Fortſetzung und Beendigung ungewiß bleibt. Die Abkürzung der Tafeln würde übrigens immer. ein bedenfliches Unterneh⸗ men geblieben feyn, da nach dem Plane des Originale an 600 Tafeln erfcheinen follen, welche durch Weglaſſung einiger zu befannten Abbildungen, fo. wie auch durch Vereinigung meh— verer Figuren auf eine Platte, doch kaum auf 300 Tafeln zw ver⸗

34. Anhang.

vermindern feyn möchten. Da ſich aber lowehl gMeatli⸗ al⸗ anſehnliche Privatbibliotheken ohnehin das kaͤufliche Original _ anfchaffen werden, wo eim jeder die Tafeln zu benugen Geles genheit findet, fo habe ich ftatt jenes foftbaren und gemagten Unternehmens, der Handlung den unveränderten Abdruck des Tertes angerathen, welcher auch fo mie ein neuer Heft des Originals erfcheint, von ihr beforge werden wird. Heidelberg, den 6. Dec, 1788. | D. Suckow, Hofrath und öffentl ord, dtrofeffor der Chur⸗ pfaͤlz. Staatswirthſchafts⸗Hohenſchule.

No, 11.

Philofophifche Blicke auf Wiffenfchaften und Meüfchen« leben für reifende Jünglinge, herausgegeben von Heinzelmann und Vofs, Lehrern am K. Pädagogio zu Halle 1. B. 1. $t, 8. 124 Bog. (9 Gr.)

inhalt: 1) Leber den wahren Begtif der Gelehrſam⸗ feit, vom Herrn D. Möbel, 2) Wovon hänge im Allges meinen und Befondern die Entwicklung des menſchlichen Gels ftes ab. 3.) Handel und Wandel. 4.) Nömifcher Luxus. 5.) Ueber A. H. Frankens Leben und Verdienfte, . von Herrn Mrofeffor Niemeyer. 6.) Etwas über Toleranz und ihre Schranken, 7.) Ueber deutfhe und italienifche Singkunſt. 3.) Chorgefang aus der Hekuba des Euripides, 9.) Das Gericht, ein Dialod, 10.) Weber Horazens 2gte Ode des erften Buchs. 11) Aus einen Briefe. 12.) Ein Beytrag zur Gefchichte der Näthfe. 13.) Einige Bemerfungen über junge Dichter und ihre Berführumgen, von Hrn, M*xch.

Man fann diefe Schrift, wovon bey unten bemerften Verlegern jährlich 4 Stuͤck erſcheinen werden, in allen Buch⸗

handlungen haben. | Hemmerde und Schwetſchke, Buchhaͤndler in Halle. No, 12.

J

Ada 33 * un NO. 12.

; * Sof. Em Fleiſcher in aM, erfcheine eine deuefche Üeberfegung mit Churſachſiſcher Stenheit v von

folgendem wichtigen Werke:

Defeription des 'Gites de Minerai, ‚des ER & ‚des Salines des Pyrenees, fuivie d’obfervations, ſur le fer maze & fur les mines des Sards en Poiton

„par ‚Mr, le Baron de Dietrich |

| arelee 1786 zu Paris in 2 Thellen of. Sn in gr. 4.

x

mit ‚Plane berausgefommen iſt. Im Jänner 1789.

No, I 3+

Wöchentliche Nachrichten und Ankündigungen, von. Buͤchern und neuen Schriften, Yugsburg, bey Eberhard Kletts Wittwe und grand, | Unter diefem Titel wollen wir fimftig alle Wochen einen halben Bogen, gleichſam als eine Zeitung litterariſchen San beſonders fuͤr unſere Gegend herausgeben. Die Einrichtung ſoll dieſe ſeyn: Zuerſt werden bie Titel von den neu angefommenen Büchern geliefert, der Drucks ort und die Verleger dabey genennt und die Preife beſtimmt. Dem Bürherverzeichniß folgen Anzeigen und Nachrichten von Schriften, welche herauskommen ſollen, und in Ermangelung diefer Eurze uns eingefandte Necenfionen. ? Um diefe Zeitung ganz nüßlich: zu machen, werben wir am Ende jeden Jahrgangs ein doppeltes Regiſter in alphaberts fher und Elaßifcher Ordnung liefern. Der Inhaber ſammlet ſich demnach: zugleich. Fomplette Kataloge , welche ihm für im⸗ merdar brauchbar bleiben. Die hieſige Oberpoflamts; Zeitungdenpedition Aberhtmme

Be Man kann fi alfo an das naͤchſte Poſtamt

wenden; der Preis für den ganzen Jahrgang ift nur 12 Sr und für biefige Gegend 45 Kr. Diefer Preis gill aber nur: Si Fa. bier

36 Anhang.

hier, bey uns und in der hieſigen Oberpoſtamtsexpedition, von dieſer muͤſſen es auswaͤrtige Poſtaͤmter nehmen und um den Preis bezahlen, dieſe muͤſſen alſo den Paus * der nung des Orts erhoͤhen.

Wir erbieten uns alle Anzeigen und Detanntmochunger welche in dieſes Fach einſchlagen, anzunehmen und einzuruͤcken, und Commißions, Subſeription, Praͤnumeration ıc. in hie⸗ figer Gegend zu beforgen. Niemand: hat alfo noͤthig fih an Privatperfonen zu menden, wodurch ohnehin nur Verdruß u und Feindſchaften erzeugt werden.

Wollen uns Gelehrte mie Nachrichten zum Behuf un⸗

ſerer Zeitung beehren, ſo werden wir ſolches dankbar erkennen. Buchhandlungen verweiſen wir wegen Bedingniſſe bey Bes Fanntniachungen auf unfre ausgegebene gedruckte Briefe und der folchen bepgelegten weitläuftigern Anzeige, Witr ſchlleßen Hier, in der Erwartung einer gütigen Uns terftügung unfers Unternehmens und den Befehlen geehrter Befoͤrderer der Litteratur. In dieſer ſchmeichelhaften Hofe nung empfiehlt ſich und ihre Dienſtbeſllehenheit

Augsburg, im Der. 1788. ' Die Valagebuchhandlung.

No. 14, WVon Oſtern 1789 an,» wird bey uns ein allgemeines - Magazin für die bürgerliche Baufunft herauskommen, welches Hr. Mag. Huth in Halle beforge, und an welchen auffer ihm mehrere der geſchickteſten Bauverftändigen in Deutfche

laand arbeiten werden.: Den Inhalt defjelben werden ausma⸗ chen: Ausfuͤhrliche Abhandlungen über wichtige Gegenſtaͤnde,

irgend eines Theile in der bürgerlichen Baukunſt, welche bie ·

ber, entweder nach unrichtigen Grundfägen, oder noch zu un⸗

vollfommen behandelt werden, kernhafte Auszüge, theils aus

groͤßern Eofibaren Werken der Baufunft; und den Abhandluns

gen der Akademien, theils aus Reiſebeſchreibungen, die ad i er

| Anbang.. 37 Über Werke der Baukunſt verbreiten, theils aus Baubuͤchern, in fremden Sprachen geſchtieben, uͤberſetzt und mit Anmerfuns gen und Zufägen begleitet, gelegentlich gemachte Bemerkungen, Bey Lefung älterer-und neuerer Bauſchriften, und bey Beſich⸗ tigung merkwuͤtdiger Gebäude alter und neuer Zeit; Nachtich— gen von jegt unternommenen merkwürdigen Bauarten und dabey getroffenen Veranftaltungen , und gebrauchten Mitteln

zur Abhelfung fih ereigneter Schwierigkeiten und Hinderniſſe

u. ſ. iv. Nachrichten von guten Bauordnungen und dabey von Zeit zu Zeit vorgenommenen Verbeſſerungen an verſchied⸗ nen Orten; Nachrichten von neuen Erfindungen, Verſuchen

und Vorſchlaͤgen in Bauſachen; von Preißen der Baumate⸗ riallen, und des Arbeitslohns von den, mit jeder Meffe heraus gekommenen Schriften im :Baumefen, nebſt kurzen Recenfio«

nen; fo wie auch Anzeige künftig herausfommender Schriften,;

Von dirfem Magazin wird mit jeder Meffe ein Theil von 24

Bogen mit den nörhigen Kupfern erfcheinen, deffen Preiß uoch

nicht 1Rihl. betragen fol; 2 Theile werden einen Band aus⸗

machen, welcher mit einem Spnhaltsregifter „begleitet werde

ſoll. Da fih das Magazin ſowohl über das Dekonomifche und

Techniſche, als uͤber die Philoſophie und Aefthetik der Bauer

kunſt verbreiten wird, ſo werden ſowohl Daumeifter und Ar⸗ chitecten von Profejfion, ‚als such Deconomen, Cameraliften’ und Liebhaber der Baukunſt, ſelbſt Handwerksleute im Bau⸗

weſen in demfelben Nahrung für ihre Wißbegierde finden,

Auch fol das Magazin nach des Herausgebers Abſicht, keine: . bloſſe Zeitſchrift, ſondern eine. wahre Sammlung, flets und: immer brauchbarer Kenneniffe in. Bauſachen werden. Es wird daſſelbe nach Oſtern 1799 in allen den vornehmen Buche: handlungen Deutſchlands angetroffen werden, ‚bey denen man es vor der Meſſe beſtellen kann, damit ſich jede Handlung hin⸗ laͤnglich mit Exemplaren verſieht. ‚Nachrichten und brauchbare | Hepträge, wenn fie fruͤhzeitig genug und poftfcey an den Hers ausgeber, oder an die Berlagshandlung eingefande werden, fols len in das Magazin aufgenommen werden; letztere aber muͤſ⸗ ſen

38 Anhang.

fen nie Streitfchriften feyn, und nie Angriffe auf Perſonen enthalten, aber wohl fcharfe Kritit der Werke, Gedanken

| und EEE Hoffmannifche Hofbuchhandlung in Weimar. No. 1 5. Seſhichte von Miß und. der ſchoͤne Sud. Mit Kupfern.

Uunter dieſem Titel gedenke ich kuͤnftige einige Erzählungen im Ettingerfchen Verlage herauszugeben. Die Pflicht der Beſcheidenheit verbietet mir über ihren Inhalt und Character mich weitlaͤuftig zu erklären... Ich bemerke daher blos, dag mir immer fo.audy diesmal nicht Unterhaltung allein, ſon⸗ dern zunächit Bildung des Verſtandes und Herzens mein Zweck

war, und daß ich hoffen darf, diefe edle Abficht, went auch

sicht überall auf das vollfommenfte erreicht, doch wenigſtens

“ice: gänzlich verfehle zu haben, Mehr als: eine Lirfache,

welche von Edlen Menſchen gut gefunden, worden, beſtimmt mich, für jest den Weg der uͤnterzeichnung zu waͤhlen. Ich erfuche deshalb alle meine Freunde und Freundinnen, die Eleine Muͤhe des Sammelns auf fid zu nehmen, mit der. Verfiches

rung, daß fie fich Hierdurch ‚Feiner Undankbaren verpflichten,

Das Ganze wird ohngefähr 16 Bogen in groß Octav auf fein Schreibpapier betragen, und mit zwey von Herrn Profeffor Langer; zu Düffeldorf gezeichneten, und von Herrn Thellot geftochenen Kupfern geziert werden. Der Subferiptionsters min ſteht bis Oftern offen. Der Preis, der aber nach der Verflieſſung dieſer Zeit, wie gewöhnlich ſteigt, de 16 Groſchen

Gaͤchſiſch, oder 1 fl. 12 Kr. Reichemuͤnze.

« Offenbach, den 16, Jar. 1789. Sophie, Bine von la Rocher

No, 16,

| Anhang 39. Nö. 16, |

Endesunterzeichneter macht hiermit betannt, daß von Oeuvres de Voltaire T. 55. 56. 57.und 58 bereits bey ihm fertig’ liegen, T. sg und 60 aber im Monat Kebr, die Preſſe verlaffen, und alfo im Monat März diefe legten Sechs Bände nebft 2 Portraits abgeliefert werden Eonnen Er ſchmeichelt fih, daß die Litteraturbeſchuͤtzer und Freunde, die diefe Ecfibare Unternehmung; durch Subfeription und Pränus meration befordert haben, mit der Erfüllung feiner Verbind⸗ lichfeiten volfommen zufrieden zu ſeyn, Urſache haben, und ı“ ergreift diefe Gelegenheit mit Vergnügen, ihnen für ihre thaͤ⸗ tige Unterſtuͤtzung den fhuldigften Danf nochmals‘ dffenelidy: abzuſtatten. < Zugleich hat er’ dfe Ehre, das Publikum zu bes z nachrichtigen,: daß er fich in den Stand geſetzt ſieht, zu’ jener‘ Ausgabe noch einige Supplementbände zu liefern; in denen die Folge des Volcairifchen Briefwechſels größtentheifs aus’ den letztern Lebensjahren des berühmten Mannes enthalten if; In der Vorausfegung, daß den Verehrern ſeines Nahmens diefer in jedem Betrachte ſehr inteveffante Nachtrag nicht un⸗ willkommen feyn wird, bietet man denfelben hierdurch in Bänden gegen Vorausbezahlung von 7 Rthl. 16 Sr. in Louisd’or a5 Kehle. an. Der Termin der Subfeription bleibt His zum Ende des Monat Apeil’d. J. offen, die Ablieferung ſaͤmmt⸗ licher 9 Bände aber full in der nächften Michaelsmeffe erfols gen. Da man fich mit der Auflage, deren tupograpbifchen Einrichtung übrigens mit den 650 Bänden det Ocuvres completes &c, volllommen übereinftimmen fol, lediglich. nad der Zahl der Subferibenten,, die fi bis Ende Monats‘ Aptil finden wird, zu-richten gefonnen ift, und der Anfang des Drucks nicht länger als bis dahin verfchoben werden kann: fo haben es diejenigen, die den Zeitpunft der Beſtellung und Praͤnumeration verſaͤumen, ſich ſelbſt zuzuſchreiben, wenn ſie nach Erſcheinung des Werks nicht mit Exemplaren verfehen‘

Anhang. Febr. 89. D wer

werden Ennen. Die Subferibentenlifte wid mit dem Soften

Bande des ganzen Werks oder dem gten Supplementband aus gegeben. Gotha, den 26. Jänter, 1789.

| Carl Wilhelm Ettinger. No, 17. Nachriche.

Der Rechtsgelehrte als Menſch ꝛe! Bat nun die Preſſe verlaſſen, iſt 55 Bogen und 9 Tabellen ſtark, und kann, gegen 8 Gr. Nachſchuß, von den Herrn Praͤnumeranten ab⸗ geholt werden. Der ordentliche Preis dieſer Schrift iſt nun⸗ mehr Thaler 12 Gr, und iſt vor jetzt bey mir, als Selbſt⸗ verleger, allein zu haben. Auch werden diejenigen, welche mich bisher mit Briefen guͤtigſt beehrt haben und ſonſt noch beehren wollen, gehorſamſt erſucht, ſich auf den Aufſchriften zugleich meines ganzen Vornahmens zu bedienen.

Dresden, am 29. Januar, 1789.

Advok. Friedrich Auguft riſthe,

wohnhaft auf der Zahnsgaſſe im Haaſlſſchen Haufe 2 Treppen,

No. 18. PR

Die allgemeine Handlungszeitung, welche 1786 in Leipzig in der Schwickertſchen Buchhandlung ihren Anfang nahm und bis jezt mit ſteigenden Beyfall fortgeſetzt wurde, geht nun mit dleſem (1789) Jahr ununterbrochen in dem Verlag der Beer⸗ ne Handlung dafelbft fort. Ale Wochen erfcheint ein

gen in gr. 8 Durch Unterffügung der Herrn Correfpons denten in verfchiedenen Ländern liefert fie alles, was nur im⸗ mar

Anhang. J | mer "den Handel und den Nahrungsftand nein kann, mit moͤglichſter Geſchwindigkeit.

Der Preis fuͤr das ganze Jahr iſt a Rthlr. Pe kann man fie in allen Buchhandlungen haben, wen aber an wöchentlicher Erhaltung gelegen iſt, der beliebe ſich an das

„Am naͤchſte Poſtamt zu wenden.

Beytraͤge wird man gern annehmen, und von zweckmaͤ⸗ ſigen Gebrauch machen, indeſſen erbittet man ſich alles franko und nichts anonym, unter dieſer Adreße: An die Beerſche - Buchhandlung in Leipzig für die HandIungszeirung.

No, 19.

| Leben, auch ſeltſamliche ——— mus Schleichers, eines Erſter Theil..

Erſcheint, naͤchſtkuͤnſtige Oftermeſe, in der Fleiſcherſchen Buch⸗ handlung zu Leipzig, und der zweyte Theil folgt zu Michael.

Nicht jedes Ding in der Welt iſt das was es ſcheint; ſo iſt auch das Leben, Meinungen ꝛc. dieſes Mechanikus, nicht, wie es ſcheint, ein Roman, ſondern Anekdoten, Wendungen der Kabale, und wirkliche kritiſche Vorfaͤlle, aus den geheim⸗ ſten Schlupfwinkeln eines guten Theils unſers erleuchteten Europa. Das Gewand, welches ſich in Ruͤckſicht auf Ernſt und Laune, nach den Gegenftänden richtet, iſt nur das Vehi⸗ kulum, in dem der Verfaffer die freylich fo bittre Wahrheit dem eigenfinnigen Kinde „Welt“ einzugeben gedenft. Ä

No, 2 9

422 Anhang No. 20,

Von dem Journal: Jugendfreuden, eine Monat⸗ ſchrift für Kinder von 8 bis 15 Jahren, if das ate Stuͤck oder der Februar erfchienen. Der Inhalt ift folgender:

1.) Der Sleg des guten GBeſchluß.) 2) Ueber den LUefprung des Menfhen. 3.) Der reihe Vater an felnen Sohn. 4.) Das härt’ ich nicht gedacht! 5.) DBrüs derliche Uneinigkeit. |

Man wird finden, daß diefes are. Stuͤck dem erften an. - Güte niches nachgiebt, fondern es vielmehr uͤbertrift. Es ift, mie das erfie Stuͤck, in allen Buchhandlungen Deutſch⸗ lands zu haben; und an Drten wo feine Buchhandlungen find, wird mau: es auf den löblihen Poftämtern befommen "ehntien, oder man wendet ſich franko an den Verleger Ben

Severin in a icltenfes, » |

Neue

gitteratur und Bölterfunde J

Fuͤr das Jahr 1789: Noll. *Maär z. 73

7 L / 3* ı

Reife eineg , framoͤſiſchen RMoer im Regiment La Mark ‚, don Dbo nah Darmftadt.

'Amieus. Plata, amicus Ariftoteles; fed magis..amiea veritas,. Vorbericht. |

© amitiensngetegenpeiten denn mein Vater war ein gebohrner Finne riefen:im Frühling des. ‚verwichenen Jahres mich- nach Obo, und. was: ich auf diefer Kreuzfarth fah, und hörte, das theilerich ‚hier' gedruckt mit. Länderkunde ift num einmal doch deutſches Modeftudium, und von den Ger ‚genden, :.die, ich ducchwanderte, kann ich vielleicht manches berichten, was nicht. jedermann weiß. Gebrechen der Schreib⸗ art und Sprache, auf die man ſtoͤßt, werden uͤbrigens, hof⸗ fentlich Verzeihung finden. Von Abkunft ein. Schtwede, von Geburt ein Deutfher, der Erziehung nad) ein Sranzofe,, J uͤberdies von Jugend auf Soldat braucht es mehrerer Reit, m Volkerk. I, 9 Ente

196 1. Reife eines feanzöfifchen Officiers,

Entſchuldigungsgruͤnde, wenn man den Vortrag und Aus⸗ druck des Gelehrten, oder Schriftſtellers vom bey mir vermißt?

Mit der gewoͤhnlichen Poſt gieng ich in der Mitte des Maͤrzmonats uͤber Manheim, Mainz, Frankfurt, Caſſel u. ſiw. aus meiner Garniſon, Strasburg, ab. In Eimbeck, einem hannöverfhen Ort, 4 Meilen von Goͤt— fingen, an der Ilm, traf ich Offieiers"vom Regiment Ro: pal Deuxponts, die ihren Wagen. beffern ließen. Sie wolten gleichfalls nach Schweden, und fehon bekannt mit der Unbequemlichkeit der” niederfächfifchen Poftfuhrtwerte; nahm ich den Plag, welchen fie mir bey ſich in der Kutfche bo« ten, mit Vergnügen an. Der Weg bis zur nächften Sta; tion Brügge, war abſcheulich, und von großem Gluͤck hat- ten wir zu ſagen, daß wir bey jedem Schritt nicht umwar⸗ fen, und Hals und Beine brachen. Inzwiſchen von Bruͤgge aus ward er beſſer. Das Land fängt dort an, ſich zu ebnen. Die Gebirge höreh auf, und man findet wieder Chauſſeen, die freylich aber den franzoͤſiſchen oder ſchwediſchen nicht gleichen, und meiſtens nur noch erſt im Werden ſind.

Zu Hannover raſteten wir, aber nur einen einzigen Tag, und fo lernte ich von dieſer Hauptſtadt des Landes nichts, als die Auffenfeite, kennen. Sie liegt in einer an: genehmen Sandebene an der Seine, ft jedoch weder groß, noch ſchoͤn, und foll feine 20,000 Bewohner haben. Der neue Plag auf der Calenberger en mit dem darauf un

von Obo nach, Darmſtaßt. 197 befindlichen, nimmt. ſich nieht übel aus. Das Schloß iſt geraͤumig, liegt aber zu verſteckt, und faͤlt daher nicht ins Auge: Den fogenannten landftändlichen Hof halten. die Hannöveraner für , ein ſchoͤnes Gebaͤude; | mir hingegen, doc) vielleicht verftehe ich mich nicht darauf, dünfte, er das nicht. Weit vor zog ic) ihm wenigſtens das. Archiv, das Zeughauß und die koͤniglichen Staͤlle, die je’ doc) zux Zeit Georgs II. beſſer ſollen beſetzt geweſen ſeyn. Ueberhauyt erlebte Hannover; ſein goldenes Seculum un⸗ ter dieſem Monarchen. Bis in’s jpätefte Alter bettachtere ee es, wie feine Heimath, gefiel ſich in ſeinen deutſchen Staa ten unendlich beſſer, als in England, beſuchte ſie jaͤhrlich, und brachte Guineen dahin, die den Hannoveraner unge: mein wohl betamen. Der jetzige König ſah fein Churfuͤr⸗ ſtenthum bisher mit keinem Auge Auch wanderten unter ihm wenigſtens hereits 9 Millionen Reichsthaler daraus nach sonder, wodurch denn dies an Reſſourcen nicht uͤbermaͤßig fruchtbare Land nad) und nach ſchon zu verarmen -anfängf. Und wenn gleichwohl die Einwohner fih nicht beflagen ; fo gefchieht das, wie es fcheint, bloß aus unmillführlicher Gutmuͤthigkeit. Georg II: Hingegen ift und bleibt, ſelbſt im Grabe noch, ihr Held aus Grundſatzen.

Der Palaſt des Herzogs von Vork ift äufferft praͤch⸗ tig und geſchmackvoll moͤbliret. Dieſer Prinz wird feiner vortreftichen Eigenſchaften wegen, obſchon er fich nicht mehr an Ort md Stelle aufhält, immer nody allgemein geliebt. Er war. Protector des Clubbs, der jeden Sonnabend um fünf Uhr im der heuen Scheute uſammen tͤmmt, und ohne

O 2 r Ruͤck⸗

198 I. Reife eines frangäfifhen Offleiers,

Ruͤckſicht auf Stand und Nang aus beynahe 120 im: befteht, die nach Gefallen Taback rauchen, Thee teinken, ſpie⸗ fen, alle mögliche Zeitungen und Journale leſen, fid) von Welthaͤndeln, Neuigkeiten und Litteratur befprechen, fpeifen, oder nicht / und um eilf Uhr mieder auseinander gehen. Auch erwieß er Hannover die Wohlthat, daß’ er dur) feine Popularität den hohen Ton des dortigen "Adels, der ehedem fo manchen Frentden flies, merklich herunter ſtimm⸗ te. So leicht bilden die Großen Seringere um, wenn fie ſelbſt gebilder find! Und was fünnten fie nicht ausrich— ten, wenn’ fie e3 anzugreifen wuͤßten, und Volkserziehung ihnen ein’ Ernſt wäre! Herrenhauſen und Mont- brillant fah ich nicht, weil mir's an Zeit gebrach. Die oͤf⸗ - fentliche Promenade mag fm Sommer: und. Herbft anmur thig genug feyn. Sie lauft faft rings um die Stadt, ward damals aber der Witterung halber, da bier der Frühling bey weitem unmilder ift, als im Elſaß, noch gar wenig befucht. Werlhoffs Denkmal am Eingange des großen Kirchhoſes #) "gefällt infonderheit durch Simplicitaͤt, und wer diefen ent: ſchlafnen Edlen, als weifen Arzt, thätigen Menfchenfreund und verdienten, fhäßbaren Staatsbürger kennt, geht. ſchwer⸗ lich vorüber, ohne feiner Afche das innigfte: ——— in pace! zu weihen.

Gleich Hinter Hannover wird das Land, heidenttig, und fo bleibt es bis etwa eine Meile jenſeits Uelzen. Daß Ä ‚aber

9) Man findet es, wenn ich nit irre, im Jourdat von und Es Deutſchland beigeieden, |

.. von. Obo: nach, Darmſtadt. 17199

aber dieſe Feldmarken platterdings nicht ſolten anzubauen

ſeyn, wie der Urheber der Briefe eines reiſenden Franzoſen

über Deutſchland *) vermeint; wer beredet fi) das? Viel,

leicht ſind die Eigener und Anwohner derſelben nur zu traͤg, oder verſtehen auch ihr Handwerk nicht. Wenigſtens ‚fin. det man doch ganze Strecken dieſer Saudheiden mit Eichen bepflanzt, die ungemein gedeihen; und wo dieſe fortkom⸗

*

men, da hat die Natur nicht Schuld, da mangelt es dem

Boden gewiß nicht ganz an Fruchtbarkeit.

In Selle zwang dag Andenken jener Farſtin die in der Bluͤthe ihres Lebens dort der Gram

tödtete,, mir: Zähren des Mitleids ab Karoline Mathil:

de, das ebelfte, tugendhaftefte, vortreflichfte Weib, die Schwes fer und Gattin großer. Könige, jung, ſchoͤn, liebensmwürdig, voll Geift, angebetet von einem jedweden, der ihr nahe ges ung Eam, ward ein Raub des ſchwaͤrzeſten Complots, dag je die. Hölle bruͤtete. Vielleicht ftieg Struenſee zu ſchnell und zu hoch, und fie und er ſchaͤzten gewiße Dänen zu we⸗ nig; ſchuldlos aber waren zuverlaͤßig beyde: Und doch ſtarb jener auf dem. Schavot, dieſe lief Gefahr, im Ange⸗ fiht von. ganz Europa zur Mifferhäterin berabgewürdfist zu werden , hätte der.englifche Minifter Keith dem d&: iſchen Staatsrathe nicht das Bombardement Copenhagens er⸗ klaͤrt, falls man der Königin von der ihr fhuldigen Ad: tung das geringite entzoͤge. Es heißt, Struenfee habe ge— mußt, was man gegen: ihn im Schilde führte War das:

J O fr

*) 2.9. ©. 334, der Auflage von 1783.

308 I. Reife eines franzöfifchen Sfficiers, (6 handelte er” uünverantwortlich, daß er dem Geſandten fich nicht erbfnete ihn jene Erklärung früher abgeben ließ, und dadurch die ganze Cabale in ber Geburt erſtickte. Denn dag im Berfolg, als die Monarchin aus ihrem Path: mos nad Stade gieng, und die Danen mit 27 Kanpnen« ſchuͤßen fie begrüßten , das brittiſche Schifsgefhtoader dies Compliment nicht erwiedette, oder der Copenhagener Hof, ſeitdem Struenſee's Reformen, wiewohl unter andern Ma⸗ men und Geſtalten, meiſtens volljog, war für feinen Kopf und die hefleckte Ehre Marbildens *) nicht Erfag genug. Doch ziehen wit die Decke vor fo granfe Scenen, bie einen Theil der dänifhen Nation ewig brandmarken, und die Chriftiang Thronerbe, däfern er die Aſche feiner Mutter ehrt, gewiß dereinft an ihren Urhebern raͤcht! Das Schloß, die franzofifche Neuftadt , der Marſtall, der herrſchaftliche Garten, machen Celle ſo wohl zierlich, als angenehm. Wenigerer Luxus und Wohlfeilkeit ziehen viel Perſonen vom Stande dahin, die nicht bemittelt genug ſind, um ihrer Geburt gemäß in Hannover zu leben; und diefe nebſt verfchiedenen Fabriken , fo wie das Oberappellationsgericht der churbraunſchweigſchen Staaten, das hier ſeinen Aufent⸗ halt hat, ſind vermuthlich die Hauptquellen des Flors, worin dieſer Ort ſich zu befinden ſcheint. Auf fiel mirs, daß derſelbe Feine ie hatte, ein Prunk, den in

Deutfch:

*) „I mourn my murdered reputation, antwortete die ſich ihter Unſchuld bemußte Dulderin, als fie eines Tages zu Eronenburg In Zeauerkleidern erſchien, und man fie um die Urſache fragte. x

FP

von Obo nach Darmſtadt. 201

Deutſchland ſich kaum Doͤrfer verſagen. Noch mehr aber uͤberraſchte meine Gefaͤhrten und mich eine niedliche Fresco⸗ malerey am dem Laden eines Wuͤrzkraͤmers, die mit un⸗ glaublicher Taͤuſchung die Kennzeichen feines Gewerbes, Zu: ckerhuͤte, Knaſterrollen, Pfefferbuͤchſen u. ſ. w. darftellte. Uns weit der Stadt befindet ſich der ſogenannte Reiherpfahl, eine ſteinerne Saͤule mit Baͤumen umpflanzt, woran man lieſet, daß im vorigen Jahrhunderte daſelbſt eine Falken⸗ hecke war, und Se. Durchlaucht hier 1669 den erften Reiher fiengen. . Durch dergleichen Heldenbefchäftigungen zeichneten die deutſchen Fürften. der Vorzeit fi aus, wenn ihnen ber Erbfeind der Chriftenheit dazu Muße goͤnnte. Das cellie fhe Monumente nennt zwar den erhabenen Falkenier nicht, dem es errichtet ward. Ohne Zweifel aber war's Herzog Georg Wilhelm, der letzte maͤnnliche Zweig des Braun— ſchweig⸗ Cellifchen Hauſes, vermaͤhlt mit Eleonore D’DL: breufe, einer Franzoͤſin aus Poitou, und Vater und Erblaſ— fer der befannten Prinzeßin von Ahlen, die Georg I. viele leicht zum Lohn dafür verftieß, dag fie ihm zum Brautſchatz mehr Laͤnder mitbrachte, als er ſelbſt beſaß.

Von Celle bis Schaafſtall, 3 traurige Meilen, zeigt ſich nur ein einziges Dorſ. Alles uͤbrige iſt Heide, oder Wald, worunter ſich inſonderheit ſchͤne Eichen » und Tannen, pflangungen ausmerken, die der einzige Reichthum diefer Gegend find. Eine Strecke ‚hinter Uelzen fieht man zwar . wieder Acerfeld, und das läuft fort bis an die Grenze, je: doch nach wie vor, mit Sand und Heide vermilcht.

® 94 | Bey

202 I. Reife eines franzöfifchen Afficiers,

Bey Doͤmitz geht man uͤber die Elfe. Die Anfurth vom Fluße nach der Stadt if, unerachtet der. nicht geringen Paſſage, aufferordentlih ſchlecht und unbesuem. -.Der Ort ift Mecklenburgifh, und foll eine Feſtung ſeyn. Herzog Carl Leopold hielt ſich mehrere Jahre in einer Art von freywilliger Verbannung hier auf, als‘ die Neichsgerichte ihn wegen Mißhelligkeit mit feinen Landftänden der Regierung entfeit hatten, und er vor Schulden und Erecutionstruppen nirgends ſicher war. Die jegigen Furſten ſchicken ihre - Staatsgefangenen und Züchtlinge dahin. Ein Gluͤck iſt's, daß diefen Böſewichtern es nie einfiel, ihre Kerker- zu rau, men, und fich des Platzes zu bemeiftern ;.. denn die Beſa⸗ Kung iſt fo ſchwach, die Werke find ſo verfallen, die Ver⸗ theidigungsanftalten - fo jaͤmmerlich, daß der. Commendant, und wäre-er der bravſte Dfficier unter der Sonne, in einer halben Stunde fih den 80 Schelmen auf Diferetion würs de ergeben müſſen, die er ungefehr in Verwahrung bat,

B Grabow, ein nahrhaftes Städtchen, 2 Meilen von der Elbe, brennt, und vertreibt vielen Brantewein nad) dem Drandenburgifchen. Ueberhaupt wird dies Getraͤnk im nordlichſten Deutſchland auſſerordentlich geliebt. Im ſuͤdli⸗ chern begnuͤgen mehrere Perſonen ſich mit einem einzigen Släschen.. Hier ſticht eine allein ſchon ganze Noͤßel aus.

Beſonders thun fi) in dem Handiverke zum nicht geringen

Verdruß der Reiſenden, die Poftillions hervor. - Sie fahren

keine Schenke vorbey, ohne fih mit ihrem Lieblingscordial, -

man mag-fo ungeduldig werden, wie man will, wacer zu fäben. Vielleicht erheiſchen dies Digeftiv die harteren Speiſen,

*

4 N von Obo nach Darmſtadt. 2403

Spyeiſen welche der gemeine Mann dieſer Gegenden ge— | nießt; "denn in Mecklenburg, , Pommern, Lüneburg;und der. Mark verzehrt er mehr Speck, Wurſt, Rauchgaͤnſe, geſalzene Fiſche, Fleiſch, Kloße, Butter und grobes Brod in einem Tage, als der: Heſſe, Schwabe, Rheinlaͤnder in ganzen Wo⸗ chen, und dergleichen will perdauet ſeyn. Ob uͤbrigens aber Brantewein der Geſundheit fo ſehr ſchade, wie die Aerzte zum Theil glauben, bezweifle ich faſt. Die Menſchen fer ben doch da, wo man ihn haͤufig trinkt, eben ſo lange, als anderwaͤrts, und bereitet, wird er ja aus dem geſundeſten aller: Nahrungsmittel, Getreide, es müßte denn ſeyn, daß dies letztere gleichfalls ſo viel, Unheil ftiftete , wie Linguet behauptet... Doch. hierüber gründlich zu ſchwatzen, bin ich ſo wenig. Kunftverftändiger genug, als vielleicht Menge Sophift: -

3

Von Grabow * wir unſern Weg uͤber Steinberg |

und Buͤtzow nah Wismar fort, wo meine Gefährten ſich von mir- trennten. Am erſtern Ort werden ein Jahr ums andere die mecklenburgſchen Landtage gehalten, und dies mag wohl die Urſache ſeyn, daß hier mehr" Lurus herrſcht, als in den uͤbrigen kleinern Staͤdten dieſes Fuůͤrſtenthums.

Die Buͤtzowſche Univerſitaͤt wird nach einem ſchweren Kampfe des Landesherrn mit Roſtock auf kommende Oſtern endlich nach dieſem ihrem Stammorte-zurüd verlegt, Unter den. Lehrern iſt, anffer den Herren Toze und Tychſen, Feiner von Ruf. Was Wunder alſo, daß die hehe. Schufe fters eine litterariſche Wuͤſte blieb! Ob Roſtock feinen ehemali⸗ gen Glanz wieder erlangt, wird ſich zeigen. An beruͤhm⸗ ten Namen, worauf bey Univerfi täten fo viel ankommt, fehle

D 5 es

354 I, Reife eines franzoͤſiſchen Officiers,

es auch da ſchon lange. Doctor Döderlein,; erſter Pro⸗ feſſor der Theologie zu Buͤtzow, *) fand unter dem vorigen ‚Fürften ‘viel Geber, und fol ander Andächteley - infonders heit Schuld gehabt haben, welcher wegen Mecklenburg da- mals fo berüchtigt war. Der verfiorbene Herzog liebte Tur gend und Nefigien, Allein feine Höflinge und Geiftlichen verftanden ihn unrecht, und fo hieng, wer ihm zu gefallen ſuchte, den Kopf, und heuchelte Frömmigkeit. Sobald der etzige, ein Herr von Aufklärung. der fih in Laufanne und Genf bilder, **x) und die Froͤmmler für das nimmt, was fie find, zur Regierung kam, hielt Doͤderlein für gerathen, feinen Abfchied zu Begehren, und eben das haben einige fei« ner Coflegen vor, die zwar nicht Kopfhaͤuger find, äber doch in Buͤtzow, wo ſie ſich angekauft haben, lieber Kartoffeln bauen, als in Roſtock Menfchen erziehen molfen,

Wismar ***) liege in einer der fruchtbarften Gegen⸗ den Mecklenburgs an der a und gehörte vor Zeiten zu dieſem

*) Man wies uns ſein Haus. Es war uͤber und uͤber mit Spruͤchen aus der Bibel bemahlt. Dies machte uns nicht hegierig, den darin wohnenden naher kennen zu lernen.

*).©. Bioͤrnſtohls Brieſe, iſter B. ©. iꝛi. f,

***)Ich habe dieſe Nachrichten aus einem Aufſatze in den Zei⸗ tungen der fchmedifchen Erziehungsgefellihaft (Upfoſtrings⸗ Gälftapets Tidninger) von 1783, ©, 561, ff. und Herren von

Reichenbach$ patriotifhen Beyträgen, VII, St ©. 89. ff. Wo diefe Verfaffer mich verliehen, folgte ich fachfundigen Wismarienſern, die ich an Ort und Stelle fprach, »

von Obo nah Darmſtadt. 205

dieſem Herzogthum. Es hat einen vortreflichen Hafen, wie man ſagt, von 11 bie ie Fuß Tiefe, md trieb waͤhrend des Hanſeatiſchen Bundes, wovon es ein Hauptglied war, aus gebre tete Kaufmannſchaft. Allein ſo wie «nach und nach Europens Staaten commerzklůger wurden/ und jener Bund zu finten begann, fiel auch Wismar, und ſelitdem hat⸗ re nie wieder empertoanen Foninene EB —— | | Im weftphätifhen Frieden *) ward Die Stade nebſt

den beyden Aemtern Poͤhl und Neukloſter, an Schweden abgetreten, wogegen Mecklenburg zum Erſatz das ſaͤculariſir⸗ te Biſchofthum Schwerin erhielt, Die Schweden; machten ſie zur erſten Feſtung ihrer deutſchen Staaten, und man nanns te fie damals nur das nordiſche Dünkircheny; Allein die Antiteen erotberten fie im Jahr 916) fchleiften "die geſamm⸗ tem Werke neöft dem Fort Wallfiſch, das auf einer kleinen Inſel den Hafen vertheidigte, und gaben ſie ſo in RU; | Dir aut Seil noch ſichtbar find, 1720 uruc. |

‚Der Ort iſt mittelmäßig groß, uid nebſt Roſtock, der wackerſte im Lande. Er hat ziemlich breite und regulaͤre Gaſſen, einen feinen, geräumigen Markt, ſchoͤnes Trink, waſſer, 3 Haupt: und eben fo viel Nebenkirchen, eine gute —— **) am der vor zwanzig Jahren der bes

| ; | | ruͤhmte v)Artik. IX, 6,6. Ze Dr ee IE

x*) Rector derfelben ift Herr Denſo, ein würdiger , gelehrter | Schulmann, deflen Herr Campe (in feiner Sammlung ins terehanter Reiſebeſchreibungen, iſter Th. S. 277) mit vers dientem Lobe gedenft, obwohl et ihm zugleich wenigſtens um

* WORT zn

\ I e 206 I, Reife. eines franzöfifchen Officiers,

ruͤhmte Oberhofprediger Starck als Conrector, ſtand, und etwa 1000, .meiftens wohlgebauete Haͤuſer, aber nur wenig Einwohner, indem gar viele Haͤuſer leer ſtehen. Die Volks— menge betraͤgt kaum 6000, wobey ‚die. Zahl des weiblichen Geſchlechts zu der des männlichen ſich, wie 3 zu i, verhaͤlt, eine: Proportion, die mancher ſchoͤnen Wismarienſerin viel⸗ leicht ſchlafloſe Naͤchte macht, zumal da, wie es heißt, die jungen Männer oft unbieder genug find, fich ihre Ehehälften auswãrts iu en |

Die Sacnifon u in 100 elle aus Stralſund. Hauptſaͤchlich legt. man fie um, der Wer: ‚bung willen: dahin, indem die pommerfchen Negimenter fih zum Theil durch Ueberlaͤufer ergänzen, deren Sammelplatz Wismar von jeher war. Befehlshaber. diefes Kleinen Trupps iſt der. Oberſt von Hintzenſtern, Nitter des Schwerd. ordens, ein würdiger Offieier. Er diente vordem in Frank⸗ reich unterm Regiment Royal Suedois, und war bey der Staatsveränderung von 1772 einer derjenigen, die dem Ges nat die Degen abfordern fokten. Ein’Neft von Scheu vor den Nebenbuhlern der Mojeſtaͤt uͤberfiel etliche feiner Gefaͤhr⸗ ten vor dem Saale.“ In dem a... riß Den sr an auf, und Feiner url

Wismars FERN find das dortige Tri-

uni und fein Handel; denn der wenige Adel, der ſich aus

Mecklen⸗

10 Jahre zu alt macht. Auch arbeitet derſelbe an der Wis-

marſchen Schute nur erſt feit 1753, Vorher war er Profef? for am Gymnafium zu Stettin, .

„von: Obo nach Darmſtade 207

Mecklenburg dahin begiebt/ um in Ruhe von, ſeinen Renten zu leben, ſchadet der Stadt mehr als ex ihr nuͤtzt, indem er Ueppigkeit und Modeſucht unter die Einwohner verbreitet, womit ich / zumal das ſchoͤne Geſchlecht merklich; behaftet fand; Das. Tribunal: sft.dafelbft fein dem Jahr a653, und zwar ver⸗ möge des der Crone Schweden im weſtphaͤliſchen Frieden *) beygelegten Vorrechts der Nichtberufung. Es hatte nem⸗ lich folche waͤhrend des dteyßigſahrigen Krieges Eroberungen - gemacht, die ſie, mitten unter Triumphen, gutwillig wieder⸗ um fahren ließ. Pommern und Breinen‘ waren dafür nur | ein ſchwachet Erſatz. Am von der Gegenſeite ale Gloß⸗ muth. mit Großmuth zu vergelten, trat ihr der Kahſerhof dieſe Provinzen mit voͤlli gſter Unbeſchraͤnktheit das if, mit den Praͤrogativen der erſten Reichsfuͤrſten oder der Territo⸗ rialhoheit im weiteſten Shm, folglich auch mie dem Privi. legium ‘de non appellando, ‘ab, und ſo ubertrug Sahweden die Haudhabung des letztern Jenem Gerichts &hofe, en les zur deſto mehrern Bequemlichkeit‘ feiner alletfeitigen deutſchen Staaten in dem ihnen faſt insgeſamt gleich nahen Wismar anlegte. Fuͤr dieſe iſt er jetzt die Oberinſtanz in Htoeeß⸗ faͤllen, ein Surrogat des Wetzlarſchen Cammergerichts, und die ſchwediſchen Pommern betrachten ihn als die ſicherſte

Stuͤtze, die zuverlaͤßigſte Bruſtwehr ihrer Freyheit und ih⸗ res Eigenthums. Alle Perſonen, ale Sachen ohne Aus, ' nahme find ihm unterworfen. Selbſt die Maaßregeln des Landesheren und der Regierung darf ev prüfen , ivenn man ſich darüber bey ihm beſchwert, und die Händel, die durch den Weg der Appellation ihm zugelangen, entfcheidee er fo . un⸗

*) Art. IXx, 9. 12. *

208 1. Reife eines franzoͤſiſchen Officiers, unwiderruflich daß ſelbſt der» König feine Anfprüche nicht zu andern, oder aufzuheben vermag. Kurz, er übt, wie bie Juriſten fih kunſtmaͤßig ausdrüden, Juriscibhionem ; uni- verfalem et innimodamy und erläßt, mit dem Namen des ‚Monarchen: igeftemmpelt; Mandate; deren bg unbedingt Sr ſchuldig iſt.

Eo ‚lautet die derer, „die Sachkenner ſeyn wollen, und hiernach genoͤße Pommern ſein Nichtberufungs⸗ vorrecht ſo Ansgeseichnet, wie vielleicht Eeine deutſche Gegend. ob überhaupt es abet ſtaatstlug war, Juſtitzbefoͤrdern ſo viel Gewalt anzuvertrauen, das iſt eine hehe Stage: ‚Les Gens „de Loi patyiennent ala, longue a lutter avec le Mo- „harque, & fouvent ils le renverfent. Sous ‚un Prince „feible, enyironne de Miniftres igriorans ou avides d’är- ‚„gent, les L£gittes s’el&vent, fe fortifient pour ramour m du ‚peuple, dont ils feignent d’embrafler la caufe, &

„peu, 3 peu ils viennent à bout de renverfer. l’idole qui ’ils encenfoient publiquement ** ſchreibt ein Ver; faffer, *) ber, went er auch der große Mann nicht ſolte ge⸗ weſen ſeyn, welchen die Welt noch jetzt bewundert, und die Zuͤrſten nachahmen, aͤber Herrſchkunſt doch ſehr unbefangen denkt. Zwar der Proceßlauf gewinnt an Schnelligkeit, und die Gerichtsgebühren bleiben im Lande, wenn man dergleis hen Dberinftanzen felbft beſitzt. Gleichwohl aber, da das Recht, es mag gefprochen koerden, wo es will eine Wachs⸗ naſe, und kein Richter unter der Sonne frey von menſchli— chen Schwaͤchen iſt, er habe ſie nun am Kopf, oder am

Her⸗ *) Der Urheber ber Matines royales; G. a8.

> von. Obo nach Darmflabli : ang

Herzen, oder an benden zugleich? »°fo duͤnkt mir ‚Lagen wer nigftens dev entgegengefegte Fall um ein vieles beſſer. Der Weg nach Wien oder Wetzlar ift weit und koſtbar. Wer feiner Sache nur halb: trauet, wagt ihm ſchwerlich. richt jeder Streit über des Eſels Schatten wird alfa gerade.aufs Aeuſſerſte getrieben, und mancher ehrlicher Abderit entgeht den Händen der Damientjuftig und Formalität, die: ihn von Amts und Rechts tueden for, teefikt tunfen würden. ns

Wie dem fey, das —— Tribunal ſtand —* im Ruf der Gerechtigkeit. Einen Theil ſeiner Ausfprüche legten Mevius und von Engefdrecht der Welt vor Augen, und den Juriſten galten dieſe Werke laͤngſt für‘ ſymbol iſche Vuͤcher, gleichwie denn’ auch Siebrand und Balthaſar ih⸗ nen immer noch berühmte Namen ſind. "Unter den jetzigen Mitgliedern aber merken ſich beſonders aus der Herr von Wolffradt, ein junger Mann von vielen Verdienſten, und einer der würdigften Schuͤlet des ‚großen Puͤtters, fo wie Gerr Auiftotp, der bekanntermaßen unter die erſten Cri—

minaliften unſerer fi gehört. Und wenn ſchon je zuweilen Zeloten die Muͤndigkelt dieſes Obetrichterſtuhls auf Koſten des Landes fuͤrſte Edergeſtalt uͤber die Gebuͤhr ausdehnten, daß fie in Preußen oder Wirtemberg dafür nach Spandau oder Hohen » Afperg würdet gekommen ſeyn; wenn der Sycophant Entſcheidungen, die er dem Koͤnige nicht überfaf fen wolte, oder unmittelbare Ausfprüche der Majeftät, die er, zu befolgen nicht gefonnen war, zu Evocationen und Avocationen machte; wenn dieſer oder jener, aus Neben⸗ zwecken, dem vichterlichen Arm auch in Negimentsfachen gern

hätte

310 I. Reife eines frangsfifchen Officiers,

hätte. wirken geſehen: dennoch wer kann dafür? die bes

ften menſchlichen Einrichtungen werden ja gemißbraucht, und -

nach allem- jagt man, it doch das wismarſche Tribunal die

, Goldgrube der Advocaren , und die der

Der Sande des Ortes bedeutet, wegen der hahen Nachbarſchaft Roſtocks und Luͤbecks large nicht, was er bedeuten könnte. Jenes liegt 6, dieſes 7 Meilen von Wig- mar, und beyde reißen alles an fih, weil Eein wismarſches Comtoir Hinlängliche Selbſtkraft beſitzt. Die meiſten ſind Pilze, die zur Zeit auswaͤrtiger Seekriege jähling auffchiefs fen, mit dem nächften Frieden aber wieder zuſammenſchrum⸗ pfen, und faſt alle miteinander machen ſie entweder den Commißionair groͤßerer Handelsplaͤtze, oder den Spediteur der mecklenburgiſchen Landleute. Sie gewinnen bloß ihre Proviſion, und auch dieſe bleibt nicht einmal in der Stadt, | fondern geht für Lebensmittel und Luxusartickel, früh: oder fpät, wieder zum Thore hinaus, da denn leßtere fo viel theu— rer often, weil man fie nie, oder felten, aus. der erften, ſon⸗ dern von Hamburg, Luͤbeck, Braunfchweig, Leipzig, Ro— ſtock, beynahe immer aus der zweyten, i wohl gar dritten Hand zieht. Alſo von welcher Lebhaftigkeit kann bey dieſer Bewandniß auch die Schiffahrth ſeyn? Aus laufen jahrs lich, groͤſtentheils nad) der Oſtſee, etwa 200, meiftens Eleine Fahrzeuge mit 1800 bis 2000 Laſten Getreide, Stuͤckguͤtern fremder Maͤrkte und etlichen wenigen Fruͤchten, ein hingegen kommen ungefehr eben ſo viele mit Eiſen, Theer, Kalt, Bretern, Steinkohlen, Hering. Dies ſind die Exporten und Importen

alle.

F von Obo nach Darmſtadt. Er

alle. Aus Rußland, Holland, Frantreich gelangt et⸗ was anders, als Ballaſt, zuruͤkkt. Manufacturen aber und Fahriken giebt es vollen ds nicht, ausgenommen eine Zucker⸗ ſiederey, die unlängft der ftettinfche Kaufmann Velthufen, ein gebohrner Wismarienſer, wieder herftellte, nachdem fie über 20 Jahre brach gelegen hatte, Und ſelbſt diefe wuͤrde vielleicht ſchon nicht mehr ſeyn, wenn der Beſit ißer nicht. ein Millionär wäre, und zu Stralſund eine Niederlage hätte, die ihm Debit verichaft. Fiele Luͤbeck einmal, welches Dän- nemart ſtark zu wuͤnſchen, noch ſtaͤrker unter der Hand aber wirklich vorzubereiten ſcheint; muͤßte Mecklenburg den Warnemuͤnder Zoll *) wieder aushaͤndigen, worauf man im vermwichenen Jahre zwar miniſteriell antrug, welches durch ein Paar Fregatten, womit man den Roſtocker Hafen ſper⸗ vote, jedoch ungleich leichter dürfte zu erreichen feyn; und würde die Stadt mittlerweile zum Freyhafen: dann moͤgte fi e mit der Zeit unter den Handelsplägen der Oſtſee ſchon noch eine Rolle ſpielen. So aber, bis dies alles geſchieht, heißt es „fuimus Troés!“ wohl nad), wie vor, und das Gras, das man faft in allen Gaſſen ſo haͤufig trift, behaͤlt ſeinen ungehinderten Vache thum zuverläßig fürs erſte

noch. Auſet )Es hat ihn nur pfandweiſe für Aelceumen die es im nordiſchen Kriege an das belagerte Wismar lei⸗ >, fete. Eine Hauptbedingung war, der ſchwediſche Tarif fols te unverdudert bleiben. Mecklenburg aber minderte ihn ſchon laͤngſt. Wismar konnte darauf mit Roſtock nicht ‚Preis halten, und fo flel jenes natuͤrlicherweiſe, indem die; ſes flieg. N. Litt. u. Volkerk. II. .. ß. P

*

212 I, Reiſe eines franzoͤſiſchen Officiers,

Auſſer den beyden Aemtern, Poͤhl uud Neukloſter, gehoͤren zu Wismar noch verſchiedene, nicht unbetraͤchtliche Laͤndereyen, die theils der Commune, theils Individuen und Privatperſonen zuſtaͤndig ſind. Auch liegt nicht weit davon, im Kirchſpiel Praͤſecken, die kleine Herrſchaft Wiſch, die weder von Schweden, noch von Mecklenburg abhängt, fons dern vielleicht wußte das bisher Eein deutfcher Publicift, oder Geograph feit Kayſer Carl IV. unmittelbar reiche: frey ift, und jegt vom Fürften von Heffenftein befeffen wird. Der ganze Diſtriet ift fehr cultivirt, träge viel und herrli⸗ ches Getreide, Gartengewaͤchs, Baumfrüchte, Holz, und wirft der Crone Schweden, nad) Herrn von Reichenbach), *) dermalen 23,939 Neichsthaler ab. Davon gehen jährlich auf, 18,733 Reichsthaler. Mithin bleiben reiner Weberfchuß, 5206 Reichsthaler. Allein dagegen koſtet das Tribunal dem Koͤ⸗ nige und den 'pommerfchen Landftänden denn dieſe letz⸗ tern beſolden die Beyſitzer und Canzeley, jener bloß den Praͤſi denten und Vicepraͤſidenten - 11,391 Reichsthaler, und reichlich halb ſo viel opfern die ſtreitenden Partheyen noch an Gerichtsgebuͤhren, Advocaten und Proeuratorenbelohnun⸗ gen ꝛc. nicht zu gedenken, was der Unterhalt der Beſatzung wegnimmt. Dies feine Suͤmmchen buͤßt Pommern Jahr fuͤr Jahr an feinem Nationalvermoͤgen ein, indem Mecklen⸗ burg und andere Marktpläge es für Lebensbeduͤrfniſſe der MWismarienfer ziehen, der Seckel aber, der es bergab, keinen Kreutzer davon zuruͤck erhält. Alfo, wo bleibt der Gewinn,

den Schweden von Wismar hat? Handelt es unbillig,

wenn

®) Patrı Beott, VII, St. S, 93.

\

von Obo nach Darmſtadt. 213

wenn es dem Ort, wie Herr Campe *) es nennet, etwas ſtiefmuͤtterlich begegnet? Und waͤre wohl nicht dienſam, das Uebel wenigſtens zu ſchwaͤchen, das iſt, die Garniſon nebft dem Tribunal von dort nad) der Hauptprovinz zu ſchaf⸗ fen, da jetzt die Veranlaſſung wegfaͤllt, weshalb letzteres ſei⸗ nen Sitz ehedem gerade in Wismar bekam? Oder ſolte man nicht vielleicht das Ganze gegen ein Aequivalent, etwa das Amt Kibnig, oder dergleichen in der Nachbarfhaft von Pommern, Kberall an Mecklenburg abtreten. Herr Nu⸗ gent **) hat Recht. Der Herzog haͤtte es laͤngſt gern ge⸗ habt. | Auf den fehwedifchen Keichstägen von 1769 uud ı7Jı arbeitete er feht daran; aber ein Minifterium knickerte, und Fin Unrerhändfer verftand das Handwerk nicht.

Ich din bey diefem Ort ausführlicher geweſen, als ich bey Manchem andern es nicht feyn kann, und werde. Theile lehrte mein viergehntägigee Aufenthalt in demſelben mich ihn genauer kennen; theils aber war ich etwas Umftändlichkeit' Auch der guten Aufnahme ſchuldig, die ich dort von allem. Seiten genoß. Ueberhaupt wird Reiſenden itgend von Condition in Wismar eben die Zeit nicht lang. Man koͤmmt ihnen zuvor. Man fucht ihren Umgang. Man bes gegnet Ihnen mit aufferordentlicher Höflichkeit und Gaſt— freundſchaft. Schade nur, der Converfationston ift ein mer nig ſteif, und die Etiquette faft allzu fpanifh.

PD}, Dir 2) Sammt. Antereffanter Ketfebefhei 1.2. S. 273.

ss) In feinen Reiſen durch Deutfchland, vorzüglich Mecklen⸗ - burg, 1, Th. ©, 136,

‚214 I. Reife eines frangöfifchen Officiers,

Mit einem finniſchen Fahrzeuge, das zu Wismar uͤberwintert hatte, gieng ich am 27. April nah Nyſtadt ab. Diefe Schiffe, oder vielmehr Schifchen, denn fie ‚find nur klein, und ganz von Fichtenhofze, ohne das mindefte Eiſen— werk, aber vortreflihe Seegler , befuchen jährlich. die. deut: hen Hafen der Oſtſee, und bringen ihnen Hreter , Dalken und Holzgerath, welches letztere fie ſehr wohlfeil „verfaufen. Unfere Faxth dauerte ‚in den neunten Tag, unterfchied fich ober von, den gewoͤhnlichen Seereiſen nicht im geringſten. | Ich war in, dem engen Behaͤltniß, das eine Cajuͤte vorſtellen folte, anfferft unbequem, ſah faft die ganze Zeit bloß Luft und Waſſer, athmete, obwohl nicht feefranf, den, zumal im Frühling, hoͤchſt widerlichen. Meerdampf, und wohnte den Morgen / und Abendandachten meiner Argonauten bey, ohne ein Wort von dem zu verſtehen, was fie fangen und beteten. Ken Wunder alfo, daß ich Langeweile empfand, und. mic) herzlich wieder nach dem Lande fopnte!

| Die finniſchen Küften liegen, wie die ſchwediſchen über: _ haupt, hoch, oder fcheinen es doch wegen der fie umgebenden Scheren und Klippen. Sie find felfige, voller Waldungen, und gewähren deshald dem Auge einen zwar ‚angenehmen, aber einformigen und. befehränften Blick, für den man nur entfhädige- wird, wenn man wirklich ins Land hinein koͤmmt, und die malerifhen Erdfiriche auf mannigfaltige Art mit einander abwechſeln fieht. Gewöhnlich fährt man im April noch auf Schlitten, und das Eis dauert bis zum Anfange deb Man, vorzüglich zwifchen den Scheren, wo denn auch ich es traf. Der Winter ift kalt, aber Elar, gefund, und,

wie

von Obo nad) Darniftadt. : 215

ivie man bemerkt haben till, um 10 Grad gelinder, als in Afien, oder America unter der nemlichen Breite, indem nicht leicht ein ganzer Monath vergeht, wo es in Finland nicht etlichemal thaute, Die größte Kälte, der man fih zu er: innern. weiß, war 17377. Sie ftieg in‘ Torneo bis zum fie ben und drenfigften Grad, und wenn man ein- geheiztes Zimmer dfnete, worin Leute’ waren, ward der D Su def ben’ fogteich zu Schneeflocken. | Zu

Frühling und Herbſt hat man in Finnland beynahe gar nicht, ſo raſch geht die Witterung von der Kaͤlte zur Wärme, und umgekehrt, über. Tag und Nacht find im Som: mer gleich angenehim. Jener ift bis 23 Stunden lang, ja, in den nordlichern Provinzen ſieht man die Sonne ver« schiedene Wochen ftets am Horizont; ein fonderbares Schaufpiel für Ausländer, die nicht gewohnt find, bey: Tas ge fchlafen zu gehen. Sie. dringt daher auch ſtaͤrker in’a Erdreich, maht die Feldfrächte und. Gewächle fo viel ges fchroinder veifen, und es ift gar nicht felten, daß man ſechs Wochen nach der Saatzeit feine ganze Erndte fchon in: den en bat.

Sinnlands Flacheninhait 2000 Qua⸗ dratmeilen. *) Aber von dieſem ungeheuren Bezirk find et⸗ wa nur zwey Drittheile angebauet und bewohnt, Der Ue⸗ berreft befteht aus Gebirgen, Wäldern, Fluͤßen, Sümpfen und Seen, die das Land überall durchſchneiden. Die Frucht: barkeit des Vodens iſt vorzüglich, und dieſe Provinz ohne |

P 3 | Per. ”) 10 auf einen Grad,

916 I, Reiſe eines feangsfifchen Officiers,

Widerſpruch eine der ergiebigſten im ganzen Koͤnigreich. Sie bringt Getreide aller Art, beſonders aber Rocken hervor, den ich nie größer und ſchoͤner ſah. Die Einwohner trod. nen ihn in Defen, und machen dadurch, daf er jich beym Aufſchuͤtten länger hält, . Die Waldungen liefern Breter, Balken, Theer, Kohlen, Brennholz; doch giebt es der Eis hen nicht mehr fo viele, wie vorzeiten, da fie im legten ‚Kriege von den Ruſſen ziemlich, aufgeräumt. wurden. Ue⸗ berdies finden ſich Wildpret, Fifhe und Schlachtvieh im Ueberfluß, obwohl leßteres Elein, und nicht das befte ift, in- - dem man Kleebau und fünftlihe Wiefen bier nicht Eennt, und. das Vieh aus Mangel des Heues faft beftändig mit Stroh füttere. Am meiften indeß gebricht es an Menſchen. ! Im Jahr 1739 war die Volksmenge nur 142,606, Dermar len ift fie freylich 623,000, *) und wuͤchſe fie fo fort, wie in den neueften Zeiten; zuverlaͤßig wäre fie nach vier und dreyßig Jahren noch einmal fo ftar, Dem unerachtet aber reichte andy dies nicht hin, Finnland fo eultivire und bluͤhend zu machen, wie es werden fünnte, Denn ficheren Berech— tungen zufolge enthält daffelbe 53,571,428 Tonnen #*) Aus faat, die unter 30,000 Vollbauerhöfen- liegen. Solte damit nun verfahren werden, tie in Deutfchland oder England; fo müßte jeder Hof menigftens 100 Arbeiter haben, und fo bedürfte Finnland bloß zu feinem Ackerbau 3 Millionen Men: fihen, zu geſchweigen, was. in den Städten Handlung, Fi—

ſcherey

H upfoſtrings⸗ Salſtapets Tidningar, 1782. ©: 444.

**) 22 bi624 Tonnen, nach der Schwere des Getreides, auf eine Eommerzlah.

| von Obo nach. Darmfladt, 27.

ſcherey und. Seefahrt erheifchten. Eine Art yon Landplar ge iſt Übrigens das Ungeziefer Torrafer, eine Gattung nor: difcher Musquitofliegen. Doch beunruhigt ſolches Fremde ſtaͤrker, als die Einheimiſchen, und das Landvolk mancher Gegenden wehrt ihm dadurch, daß des ſich die Hände und das Geſicht mit Theer bechmiert.

Seit 1775 iſt es in die ſechs Sehne, oder Hauptmann (haften, Obo und Bibrneborg, Nyland und. Tavaftehus, Kpınmenegord, Savplar und Carelen, Wafa und Aleo oder Oſtbothnien yertheilt. Zur Oboſchen gehoͤrt die Inſel Dland, zur Savolarifchen ein Stück von Cajaneborg, zur Oſtboth⸗ nifchen die Sappmarf Kufamo.*) Städte befinden ſich uͤber⸗ haupt darin 21, worunter Tammerfors, Kuopio und Kasfö vom jegigen Könige ney erhanet,‘ 16 aber. See: und Stapek ftädte find. Die Nahrungszweige derfelben beftehen in Schiffarth und Handlung mit Holze, Theer, Getreide und Lebensmitteln nah Stockholm, und hölzernem Gefhirre, ſo wie die des platten Landes in Feldbau, Viehzucht, Jagd und. Fiſchfang. Manufacturen und Fabriken giebt es gar nicht, man müßte deun eine Strumpfſtrickerey zu Nodendahl, eis nem Städtchen anderthalb Meilen von Obo, dahin zählen wollen, die ſchon in catholifhen Zeiten von Nonnen eines dortigen Kipjters getrieben warb, und ſich bisher immer. noch erhielt, aber jährlich, nicht ‚viel über 125 Dutzend Zwirn⸗ Krümpfe liefert, Die Finnen find übrigens ein ſehr guter =

Schlag von Menfchen, fill, friedliehend, arbeitfam, redlich, dienſtfertig, nüchtern, frugal, aber etwas ſtarrkoͤpfig und aber⸗ | Pa glaͤu⸗

Authentiſche Staatschronik von Schweden, G.52.

218 L Reiſe eines franjzoͤſiſchen Officiers,

glaͤubiſch. Ihr Korper iſt mittelmäßig groß, robuſt und ge derungen, wiewohl das männliche Gefchlecht mehr haͤßlich, als huͤbſch, und ihre Sprache von der im fonftigen ‚Norden ganz verfchieden. Einigen Gelehrten nach bat fie Aehnlich- feit mit der hebräifhen. Meine Soldatenohren fanden das’ nicht. Inzwiſchen hatte ih auch nur wenig Gelegenheit, mit ihr bekannt zu werden, denn ſowohl in den Städten, als auf dem platten Sande, reden Leute, die irgend Lebensart haben, oder etwas bedeuten wollen, durchgaͤngig ſchwediſch.

Myſtadt, ein Seehafen, liegt 83 Meilen nordweſt⸗ waͤrts über Dbo in einer angenehmen Gegend. Der Ort ift weder ‘groß, "noch fonderlich betvohnt, und überall nur erft feit 1617 vorhanden. Die Käufer und Gebäude find, wie, auffer Stockholm, in Schweden und Finnland allge⸗ mein von Holze, und ſollen daher wärmer und trockener ſeyn, tie die fteinernen, dem Fremden aber, der nicht daran gewohnt ift, Fommen fie wie SZahrmarktsbuden vor. Auch hat er Mühe zu begreifen, warum man in einem Lande, wo es fo leicht wäre, nicht lieber von Quaderfteinen bauer. In dem Gafthofe, wo ich abgetreten war, traf ich einen alten verabjchiedeten Dragoner vom Nyländfchen Regiment. Er hatte den Feldzug unter Lewenhaupt und. den fieben- jährigen Krieg mitgemacht, war ein wenig politifcher Kan: nengießer, und konnte deutſch. Ein. Glas Brantewein, womit id ihm eine mir geleiſtete kleine Handreichung vers galt, äfnete mir fein ganzes Herz, Den Preußen war cr fpinnefeind, aus Urfache eines Saͤbelhiebes, den ein belling⸗ ſcher Huſar ihm über den Kopf verſetzt, und hielt es nicht

für

2

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von Obo nad) Darmſtadt. 219

für genehm, daß man fie in Holland fo hatte falten und

walten laffen. Hingegen Myn Heer de Gyzelaar und Eon

orten fanden bey ihm in großem Credit. Aber doch fügte er hinzu id) ſah fo manches Land, fo mancherley Menfchen, Herr Graf; *) allein bey meiner Seele, nirgends gefiel mir’s befler, wie in Nyland, und feine Menfchen fand ich .braver, als die Finnen. “. So ſehr ſchaͤtzte der gute alte Plauderer fein Vaterland und feine Mitbürger, eine. Natios - naltugend der Finnländer ohne Unterſchied. Merkwuͤrdig iſt fonft Nyſtadt bloß wegen des Friedens, der am z30. Auguſt 1721 zwiſchen Schweden und —— ee ward. |

Die ſchwediſchen Wege und Reiſeanſtalten ſind vor⸗ treflich. Ich werde davon im Verfpig mehr fagen. Bon Nyſtadt nach Obo kam ich in etwa zehn Stunden, uner: achtet die Entfernung "uber zwoͤlf deutſche Meilen. betragt, und fiebenmal Station zu halten war, Den legtern Ort, die Hauptftadt von ganz Finnland am Fluße Aurojoci,um: | geben auf der einen Seite Berge, auf der andern die Ser. So wohl im nordifchen Kriege, als in dem von 1743, behan: delten ihn die Ruffen Aufferft übel, ob zwar fie fich das letz— temal für Fiunlands Befreyer ausgaben, eine Lockfpeife, wor⸗ auf jedoch die Nation nicht achtet. Im— Jahr 1739 hatte er nur 6253 Bewohner. Hingegen: 1779 zählte man bereits 8748, im Jahr 1784. aber fogar 97. So anfehnlich mehrt unter der jetzigen Regierung ſich die Volksmaſſe. An der Ds Muͤn⸗

*) Der gewöhnliche Titel, welchen der gemeine Schwede je⸗ dem Reifenden giebt, der ihm etwas zu bedeuten fiheint,

220. 1. Reiſe eines franzoͤſiſchen fein,

Mündung des Aurojocki liegt auf einer kleinen Halbinſel eine Art von Citadelle, welche eine der aͤlteſten Feſtungen im Koͤnigreich iſt, dermalen aber "nicht viel auf ſich hat. Ueberdies iſt Obo der Sig des Landeshauptmauns, einer Univerſitaͤt, welche die gelehrte Tochter Guſtav Adolphs ſtiftete, und eines Biſchofs. Man nehme ſich indeſſen wohl in Acht, dieſe ſchwediſchen Praͤlaten den Biſchoͤfen Deutſch⸗ lands, oder auch nur Spauiens und Frankreichs, zu ver⸗ gleichen. Sie ſind weiter nichts, als die erſten Prediger ihres Sprengels, und unterſcheiden ſich von ihren Amtsbruͤ⸗ dern weder durch Geburt, noch vorzuͤgliche theologiſche Ges ſehrſamkeit, ſondern bloß durch wenigere Arbeit. und groͤßere Einkuͤnfte, die oft den Gehalt eines Reichsraths doppelt und dreyfach uͤberſteigen. |

Hier zu Obo kam am 7. Auguft 1743 ber Friede zwi⸗ ſchen Schweden und Rußland zum Stande, durch ben je: ner erſtere Staat verlohr, was Guſtav III, jest wieder zu gewinnen ſucht. In Stockholm, wo damals alles. in Aufruhr und Gaͤhrung war, erwartete man den. Austrag der Negociation mit Ungeduld, und fo überbrachte der nach⸗ malige Generallieytenant von Lingen, der Zeit ein junger Dfficier, die Friedensbothſchaft in einem Nachen, worin jed- _ weder anderer fih nicht über einen Bach, geſchweige, 40 Meilen über die offenbare See gewagt haben würde, Zum Andenfen diefes kuͤhnen Streiches wird der Kahn bis auf den heutigen Tag im Otockholmer Arſenal auf:

hewabtt. Zu

von, Obo nach Darmſtadt.⸗oi

F Ey |

Zu Obo befindet fih auch ein, Hofgericht, oder Obere tribunal für Finnlands füdliche Provinzen, Das der hprds lichen, vom jeßigen Könige 1779 errichtet, bat feinen Aufent

halt in der. Stadt Waſa. Die ſchwediſchen Nechte find

vielleicht die einfachften, vernuͤnftigſten, deutlichſten, billigſten und menſchlichſten unter ber Sonne. Das ganze Geſetzbuch

macht einen. mäßigen Octavband von 400 Seiten. Zumlirs

heber hat es den ehemaligen Profeffior Mehrman Ehren: ſtrohle zu Lund, einen Heilen, denfenden, philoſophiſchen Kopf, der, mehr das Weſen, als die Form der Juſtiz vor

Augen habend, die Tribpniane der Vorzeit ſamt und ſon⸗

ders meit hinter fih ließ, und dieſen Coder auf Befehl der Reichsſtaͤnde unterm Könige Friedrich verfafte. Er hans delt in neun Abſchnitten von Ehefachen, von. Erbgange, von liegenden“ Gründen, von Bauvorfaͤllen, vom. Handel, von Miffethaten und Strafen, von. Vollſtreckung der Urtheile,

vom Gerichtsgebrauch, und dies mit einer Klarheit, einer

Präeifion, daß der Einfältigfte, ohne Commentar, ihn vers ſtehen, anwenden und auslegen kann. Und eben ſo ſimpel und reell iſt auch die Proceßordnung. Da findet ſich kein Schlendrian, keine Willkuͤhr, Feine Chicane, kein Juſtitzbe⸗ druck, Mord oder Raub. Der Richter iſt an den Buchitas ben des Geſetzes gebunden, und niemand bedarf eines Ab⸗ vocaten, ſobald er nur. leſen kann, und zu reden oder zu ſchreiben weiß. Die.effte Inſtanz auf dem platten Lande iſt der Haͤradshoͤſding nebſt einer Jury von. zwoͤlf Bauern Maͤmd), in den. Städten das Caͤmmereygericht. Won ers ſtern gehen die Sachen au: den Oberlandrichter (Lagman), vom legtern. am den ganzen Magiſtrat. Die zweyte Apr Ä pella:

322 I. Reife eines feanzöfifehen Offieiers, pellätionsinftang bilden’ die Hoſgerichte, deten es vier im Meiche giebt, zu Stockholm, Könköping, Dbo nnd Waſa; und wer mit dem Ausfpruche derfelben noch nicht friedlich iſt, kann Reviſion des Proceſſes unmittelbar beym Könige ſuchen. - Chef des gefamniten Juſtitzweſens ift der Neichs- droft, einer‘ det erften - Senatoren, welches wichtige Amt ‚jene der Graf Cart Arel Wachtmeifter, ein Mann von noch; nicht vierzig Jahren, aber aufferordentlichen Verdien⸗ ſien, bekleidet. Die Untergerichte werden dreymal im Jahr gehalten, nemlich im Winter zwiſchen der Weyhnacht und dem April, im Sommer zwiſchen Walpurgis und’. Johan⸗ nis, im Herbſt zwiſchen dem erſten September und Novem⸗ ber. Todesſtrafen ſind ſelten. Die Strafe der Staats⸗ verbrecher iſt das Beil. Eide haben faſt gar nicht Statt; Die Folter, dies Huͤlfsmittel der Barbarey und Grauſam⸗ feit, ward 1772" abgeſchaft, indem die Gerechtigkeit an dem jeßt regierenden Könige efnen ziwar‘ forgfältigen und genau? en, aber zugleich weiſen, und ſchonenden ke ger hat.

Finnland gehoͤrt an Schweden größtentheils ſchon feit dem zwoͤlften Jahrhundert, in welchem Erich der Heilige es eroberte, md zum. Chriftenthum bekehrte. Tavaſtland und‘ Carelen kamen 1249'und 1293 durch die Reichsverweſer/ Birger Jarl, und Torkel Knutsſon, ſo wie unter dem großen Guſtav Adolph Kexholm dazu. Bis zum nordi⸗ ſchen Kriege machten ſeine Grenzen gegen Ingermanland die Fluͤße Syſterbeck und Taporajocki, gegen Rußland der FIRE nebft den Felfenräcken, die aus Lappland ben

Öneda

ni. von Obo nach Darmftade © 2223...

Ouego zulaufen. Der nyſtaͤdtſche Friedens ſchluß 3%). beftimen- ‚te ſie zwar dergeſtalt, daß Schweden einen Theil von Care⸗ len und. Kerholm- verlohr. Allein: der Diftrict war weder fonderlich groß, noch polkreich, ‚oder eultiviet, und fo beftand die Haupteinbuſſe nur in den beyden Feftungen Kerholm nd Wnburg, welches letztere Öftermann den ſchwediſchen Bevollmaͤchtigten dureh” Lift entruͤckte. Denn der Baron von Görg' Hatte Peter I. ein: für allemal "Friedeusgedan: en in den Kopf geſetzt. Der Saar mies daher feine Ge⸗ ſandten "an, freylich auch auf“ Wyburg zu Beftehen , aber doch richt To ſchlechthin/ daß der Congreß dadurch zerriſſen wirde, Oſtermann kannte indeß die Wichtigkeit des Pin- tzes, und durch 80,006’ Nubel brachte er’s fo weit, daß er er⸗ fuhr, wie in'dem Stuͤck die ſchwediſchen Inſtructidnen lan⸗ töten. Dieſe warem nun vbllig einerley mit den rußiſchen. Weil aber ſein Gehäffe Jaguſinsky bey der Unterhandlung zu figuriren ſuchte, und jener beforgte; es mögte derfelbe Pe⸗ ters: Drang, : den Krieg geendigt zu fehen, dazu benutzen, daß Man Czaariſcher Seite endlich nachgaͤbe: fo bewog er der "in Wyburg commandirenden' General Schuwalow, feinen Freund, Jagufinsky'n, der zufällig durch diefe Fer ſtung veifete, ein Paar’ Tage bey ſich zu bewirthen. Jagu— finsfy liebte den Trunk, md ſchlng ein. Schuwalow be. nachrichtigte Dftermann davon durch einen Courier. Die Ankunft deffelben verfehäfte letzterem die Gelegenheit, vorzu⸗ ſpiegeln, er habe Befehl, ſogleich abzubrechen, falls nicht im Zus ner:

#) Im VIIE Artifel, Er finder ſich in Schmaus Corp, Iu - tis gent. academ, Tom, II, p. 1847. ſeq.

u

234° 1 Reife eines frawjöfifchen Dfficiers, nierhalb vier und zwanzig Stunden der Friede erfolgte. Den ſchwediſchen Miniftern ward angſt. Sie liegen Wyburg fahren, und der Traetat war unterſchrieben, bevor‘ Jagu⸗ von erſten Be: *

A

‚Sm Sanjen bloͤßte —— “feine | etwas. Inzwiſchen ‚hatte es, doch noch die Feſtungen Fliedrichshamn Willmanſtrand und Nyſlott. Als aber der legte finnische Krieg fo Aufferft unglücklich ablief, ‚mußte es freylich⸗ geſchehen laſſen, daß Rußland im Oboſchen Frie⸗ den **) die ſeinigen oſt-Aund ſuͤdwaͤrts bis an den Fluß Kymmene oder, Keltis, nordwaͤrts bis zwey Meilen. über Nyſlott hinaus erweiterte, Die vom Stockholmer Land⸗ meſſercomtoir vor kurzem herausgegebene Charte uͤber ben finniſchen Meerbuſen, bemerkt ſowohl die Grenzen von i7aꝛ, als die von 1743 ſehr richtig und genau. Schweden kam durch den Vertrag von diefem letztern Jahr wenigfiens um 1000 Quadratmeilen Landes nebft, allen feinen. haltbaren Plägen. Wollte es nun, da Cajaneborg und Tavafteborg - zu entfernt liegen, auch leicht umgangen werden koͤnnen, gegen den mächrigften. und unzuverläßigiten feiner Nachba⸗ ren nicht ganz offen verbleiben: fo. war nichts uͤbrig, als neue zu bauen. Damit begann man 1748, und fo entſtanden feitdem die im jetzigen Kriege vorzüglich befannt gewordenen MWaffenpläge, Loviſa, Helfingfors und Sweaborg. Erſte⸗ ser, ein Seeort, zwey Meilen von der Grenze, ‚hieß vor

| mals

%

*) Manfteind M&mbires fur la Rusfie, 75:26: **) Art, VII ſ. Rouſſets bekannten Recueil, Tom. XVIII. P- ‚04 fl.

von Obo nach Darmftadt. ri ‘225

mals Degerby. König Adolph Friedrich gab ihm- feiner Gemahlin zu Ehren den gegenwaͤrtigen Namen. Helfinge fors, einer der beſten ſchwediſchen Häfen, Hat mit der Ber ſatzung 3583 Bewohner. Sowohl von der Land» als Seeſei⸗ te wird’ es durch verſchiedene Forts und Werke, alle in | Selfen geärbeitet, beſchuͤzt. Das wichtigfte darunter. iſt die Feftung Sweaborg. Sie liegt mitten im Meer, und ver- danke ihr Dafeyn dem 1772 verftorbenen Feldmarſchall, Sra fen Ehrenfivärd, einem gleich großen Ingenieur und Ge: neral, als: Patrioten, der ſich durch die Errichtung der Ga⸗ leerenflotte, die Verbeſſerung der ſchwediſchen Artillerie und dieſen Bau, in deſſen Mitte ſeine Gebeine ruhen, die ehren⸗ Dentmalet ia | Meine endigten * A fehnell als TR und da in Finnland: Gerüchte umliefen, die.mich eben nicht ‚Zum Verweilen reizten: - fo. trat ich am 30. May die. Rück reiſe über land an. Dies ift der gewöhnliche Poftweg von Obo nah Stockholm. - Man mache ihn in fehr Bequemen Barken, und nach 36 Stunden ftieg Ich bereits um ein Uhr Mittags zu Grislehamn an Land. Oland, etwa 6 Meilen lang und breit, iſt die großte jener: Inſelngruppe, die den’ bothniſchen Meerbufen zwifchen Upland und Finland bedeckt. Im dafigen Dorfe Wargat oder Loͤfoͤ, betrieb man 1718 die bekannte -Friedensnegociation. Der Baron von Goͤrtz, diefer gefchickte Staatsmann, der die Fürften lenken Eonnte, wie er wolte, hatte fi) das Jahr vorher fchon in Holland bey Peter I. das nemliche Zutrauen zu erwerben gewußt, welches er bey Carl XII. beſaß; und da, muͤde einer

226 1, Reife eines franzöfifchen Dfficiers,

einer) Rivalitaͤt, die zuletzt fle beyderfeits würde zu Grunde gerichtet haben, der eine, wie der andere, ſich nad). Ruhe ſehnte: fo. mard zu Loͤfoͤ jener Congreß verſucht. Gevoll⸗ mächtigte waren von wegen Schwedens Goͤrtz und der Graf Carl Gyllenberg, von wegen Rußlands der General Bruce und der Canzelleyrath Oſtermann, alle miteinander ſchlaue und gewandte Unterhaͤndler. Die Vergleichsbedin⸗ gungen aber beſtanden darin: 1.) Alles Geſchehene ſolte vergeſſen ſeyn, und Rußland, bis auf Wyburg nebſt deſſen Diſtriet behalten, was es. erobert hatte, jedoch Riga nur pfandweiſe gegen =: Millionen Bancothaler auf 40 Jahre, 2.) Der Czaar verſprach im näachften Frühling 12 Linienſchif⸗ fe vor Drontheim zu liefern, womit ein Corps Schweden nah Schottland gehen folte, um den Prätendenten zu un⸗ serftägen, und die Wegnahme Bremeͤns an dem Haufe Hannover zu rächen... 3.) Während des Winters bemächtig: . te Carl XII, ſich Norwegens, und es verbliebe ihm ſolches danaͤchſt unter Rußlands Gewaͤhr für feine Atfopferungen an.dies leßtere. 4.) Mit 24,000 Mann eigener - Truppen und‘ 38,000 Bayern, Heſſen, Braunfchweigern und Sachſen⸗ Gothanern"in feinem Sold wolte Carl felbit das Königreich Preuſſen, hingegen 5.) Peter‘ mit 80,000 Rufen die bran- denburgſchen Staaten in Deutfihland angreifen, auch diefer nicht eher Frieden machen, als bis der König von Schwer den Genugthuung hätte. 6.) Beyde Monarchen trügen übri- gens bey, den König Stanislaus auf dem polnifhen Thron zu defeftigen *) Dies alles war bereits völlig verabredet,

Ä N‘ und

%) Hiftorisfa Uplysnnigar om tilſtaudei i Swerige under Ko⸗ nung

von Obo nach Darmflbt A | 237

und es mangelten bloß einige Formalitaͤten; welche zu berich- tigen, Goͤrtz ſi ſich nach Norwegen begab; Allein ein uns gluͤcklicher Schuß traf Carln am 30. November 1718 des Abends zwiſchen 7 und 8 Uhr vor Friedrichshall, und die Scene ward durchaus verändert: |

Die Muthmaßungen der Autoren über diefe Ereigniß find bekannt genug. De la Mottraye, Voltaire, Wra- xall, Core, Lagerbring, Ingman, Schlözer, Thomas, Schummel, alle urtheilten nad) ihrer Weiſe davon, Bey einem der erften fchwedifchen Generale ſah ich eine Geſchichte ſeiner Zeit in franzoͤſiſcher Sprache, die aber nach deſſen Tas de nur erſt das Licht erblicken fol: Darin ‚hieß es geradezu, der König fen ermordet worden, und fogar ward der Thaͤter genannt. Doch ohne Genehmigung des Urhebers darf ic nicht mehr fagen, und fo genug für jeßt, daß dieſer beruͤhm⸗ *te Fuͤrſt, wie ich vielleicht ein andermal zeigen werde, bey weitem niche fo, deſpotiſch und ſtarrſi nnig, ſondern vielmehr gutmuͤthiger und ſtaatstlüger auch kein ſo planloſer Wag⸗ hals war, als man gemeiniglich glaubt; daß ſelbſt E;aar Peter, fein Feind ihn fehäßte, bewunderte, beweinte, *) und daß er ſeine Krieger bis zu einem Grad der Duldung und des Heroiſmus abhaͤttete, der faft übermenfchlich ſcheint. Ein Beyſpiel giebt * 1776 in Schweden verftorbene , General‘

| lieu⸗ nung Fredric I, Kegering, Stockh. 1779, ©; ız. f. Verfaſ⸗ ſer derſelben ſoll der ehemalige Reichstath, * Guſtav Bonde, geweſen ſeyn. 2) Hiſtorifka Bibliotheket, Mart. 1786,

N. Pitt, m. Völkerk. IN 1. ®, OQ

228 I, Reiſe eines franzoͤſiſchen Officiers,

lieutenant Queckfelt, deſſen Name ſonſt zwar nicht unter den Feldherren glänzt. Es befand derſelbe ſich ſeit 1705 übers all bey Carl XII. in Polen, in Sachſen, in der Ukraine, in Beffarabien, in Norwegen. Im Jahr 1708 paßirte die ſchwediſche Armee den großen maſuriſchen Wald, in welchen nie zuvor Kriegsheere ſich gewagt hatten. Sie ſetzte waͤh⸗ rend der Schlacht bey Holofzin im Angeſicht des Feindes mitten durch den Wobisſtrohm. *)Dies alles machte Queckfelt mit. | wi

Bey Pultawa ward er von einer Flintenkugel durch und durch getroffen. Den unerachtet folgte er dem Könige nach der Türkey. Der Zug geſchah bekanntermaßen durch lauter Einbden am Bug, in denen die Truppen fuͤnf Tage ohne | Lebensmittel zubrachten, und Queckfelt einen Trunk faulen Pfuͤtzenwaſſers mit 2 Carolinen **) bezahlte, feine Wunde aber in Ermangelung des Feldfheers mit zerpflückter Wer, much felbft verband. . 1710 begleitete er den Grafen Lager⸗ | berg zum Chan der crimmifchen Tataren, und wohnte un- ter des letztern Anführung dem berufenen Winterfeldzuge in

| der

2 Der König, ohne die Pontons zu erwarten, war an der Spitze des Fußvolks der erſte im Strohm. Die Garde, dag Thalregiment und die Wefimanldnder folgten ihm zunachſt. „Ein Schelm, der fihießt Burfchei* rief ihnen Cart

“rechts und links zu. Er mwolte nad) feiner Art die Kuffen lieber mit dem Degen in der Fauſt beflegen, und das glück— te ihm denn auch, wiewohl hier zum letztenmal. Anmdrks _ ningar i Swenſka Hiſtorien, ı 3, 1. Afdeln. ©, 22,

*x) Nach deutſchem Gelde ı Kanfergulden,

'

N von Obo nach) Darmſtadt. 229

der Ukraine Der Marſch gieng vom 10. Jänner big

zum 9. Februar 150 deutfche Meilen duch eine Müfte , wo

man nichts über ſich hatte, als Klauen Himmel, nichts un⸗

ter. fich, als den mit Schnee bedeckten Erdboden, und die

Nächte auf freyem Felde zubringen mußte ‚- ohne Sezelt,

oder irgend etivas, das einem Schutzdache glich. Kriege: gefährten , die ihr dies lefet, was ift dagegen die Re fie Campagne unferer Zeit!

Noch merke ic an, dag im Verfolg ein Paar Gamer Carls Namen zu Bübereyen mißbrauchten. Der eine trat 1752 zu Muͤnſter auf. Er nannte ſich Vollrath, Krons prinz von Finland, und behauptete, der Sohn Carls XII. diefes erklärten Weiberfeindes, zu feyn. ° Darüber gerieth er in Verhaft, aus dem er aber bald wiederum entlaffen ward, und nach Holland gieng, ohne daß man weitet etwas von ihm gehört hätte. K Der andere, Benjamin Düfter, ein Goldſchmidsburſch aus Lappſtrand, jest Willman- firand, harte den ganzen nordifhen Krieg mitgemacht, ward daranf aber verabfihiedet, und lebte, wie vieles feines Glei— den, im Elende und in Dürftigfeit. Um Neujahr 1725 fam er nach Upſala. Durch einige Befonderheiten an fei- nem Körper, von denen man wähnte, der verftorbene Mo— narch babe fie gleichfalls gehabt, beredete er hier einen Sols daten, er fey der König, der der \aflgemeinen Sage nad) in Norwegen erſchoſſen worden, und fertigte foldyen zum

Landshauptmann mit der Botſchaft ab, Carl fey in der |

Q2 Stadt,

*) Neue genealogiſch⸗ hiſtoriſche Nachrichten, 37. Th. ©. 231.

2

30 1. Reife eines franzöfifchen Officiers ꝛc.

Stadt, und befehle, er folle zu {hm kommen. Diefer ger horchte num zwar fofort; da aber Düfter denſelben fehr hart anließ, nahm jener, ihn beym Kopf, und ae ihn nah Stockholm.

Düfter hatte fonft ein Wetbsbild bey fih, das wäh rend feines Atreftes einen aufrührerifchen Brief an die Thal⸗ leute ſchreiben ließ. Dieſen uͤberbrachte ein Gartner und las ihn hin und wieder auf den Doͤrfern vor. Am Ende aber ward auch der erwiſcht, und nach der Hauptſtadt ge: bracht. Auſſer dieſen dreyen war noch in dem Complot ein Schneider und ein Gardeſoldat. Alle miteinander wurden zum Tode verurtheilt. Allein der König milderte die Stra: fe dahin, daß fie Gaffenlaufen, und das Land räumen muß— ten. Düfter ſelbſt ward für verrückt erklärt, drey Tage nacheinander auf öffentlichem Market mit einem Zettel am Halfe auf die Schandbühne geftelkt, fodann aber ins Tollhaus geſteckt, ‚wo. er 1730 ftatb. *) j

Grislehamn, ein koͤnigliches Poftamt 104 Meilen von der Hauptftadt, ift der gewoͤhnliche Ankerplaß der Fahrs zeuge, die zum Behuf der Neifenden, fo lange die Jahrszeit es verftattet, woͤchentlich zwiſchen Schweden und Finnland hin und wieder gehen. Ich blieb daſelbſt nur ſo lange als noͤ⸗ thig war, mich zu erholen, und eilte darauf nah Stock⸗ holm, wo id) des andern Morgens um 7 Uhr. eintraf,

Loͤnboms hiſtoriſta maͤrkwaͤrdigheter, 1. Th. ©. 5. ff. Die Fortſetzung folge im naͤchſten Stuͤck.) ii, Be:

Di

.. Ike Befuch des Königs von Pelem, bey den Engländern.

(Aus Wilfons Nacheicht von feinem Schifbruch auf den Pelewa. i infeln, nach Herrn ©. Förfterd Weberfegung.)

Mo nieg Nachmittags (8, Sept. 1783) beſuchte der König unfere Engländer, in Begleitung feiner beyden Brüder , feis nes yernehmften Miniſters, und etlicher andern Befehlsha⸗ ber. Er brachte ihnen Fiſche zum Geſchent, welche ſeine Leu⸗ te in den Canots mit dem Netz gefangen hatten. Derglei⸗ chen Netze werden hier mit vieler Geſchicklichkeit verfertigt Die Fiſche gehoͤrten zu einer beſondern Gattung, welche den Unſrigen bisher noch nicht vorgekommen war. Sie hatten mehr als drey Fuß in der Länge, und beynah einen Fuß in der Breite; der Kopf war dick und Enöchern, und die Graͤ⸗ ten fo hart, daß fie an der Art, womit man fle voneinandeg hieb, Keuerfunken gaben. An, Feftigkeit und Harte Eamen diefe Fiſche einem großen. Cabeliau gleich, und, die runden Schuppen hatten die Groͤße eines ſpaniſchen Thalers (Pias fters). Die Eingebohrnen halten diefe Art Fiſche in fehr hohem Werth, und unfern Leuten ſchmeckten ſie gefocht vor« treflich. Der ganze Fang beftand nur aus. vier Fifchen, von denen zwey den Engläudern zu Theil wurden. Der Schifsſchreiber mußte ſte fogfeich in Portionen für jede Tifch- 23 geſells

J

y u

a32 II, Beſuch des Koͤnigs von Pelem,

geſellſchaft zerlegen. Die Chinefen *) Eochten ihren Antheil auf eine befondere Art mit Reiß und anderen Ingredienzien vermiſcht, zu einem Gerichte, welches fie Tſchau⸗ tſchau nennen.

Zum erſtenmal erblickte jezt der König das neue Fahrzeug. *x) Sowohl die Größe deffelben, als die ſchnel— len Fortſchritte, die man im Bauen gemacht hatte, ſchienen ihn in Erſtaunen zu ſetzen. Er unterſuchte alles, bis auf die geringſten Kleinigkeiten, mit der aͤuſſerſten Sorgfalt und Genauigkeit, und mit einer. auf das hoͤchſte geſpannten Auf: merffamfeit. Seine eigenen Zimmerleute oder (in der fans desfprache) Taifalbys, mußten eilig herbengerufen werden, um ebenfalls den Gegenftand, der ihn fo fehr befchaftigte, genan zu unterfuchen. in nicht geringeres Erftaunen war in ihren Blicken fichtbar. Eine geraume Zeit betrachteren fie alles ſtillſchweigends Stück für Stück, und endlich zeige ten fie ihrem Herrn, wie wunderbar alles zufammengefügt, verfeilt und mit Bolzen verbunden fey. Den Nutzen und die Staͤrke des Eiſens ſchienen ſie am meiſten in Verwun—⸗ derung zu ſetzen, wiewohl das Ganze gewiſſermaßen den Eindruck von etwas Uunbegreiflichem auf fie machen mußte, Der König flieg öfters zwiſchen den Nibben des Fahrzeugs durch, von einer Seite zur andern, und bezeigte, daß er fich

un:

“) Chinefinhe Matrofen, welche Eapitain Wilfon zu Macao gemiethet hatte.

=") In Diefem aus den Trümmern des verunglädten Schifs und etwas frifhem Holz erbauten Fahrzeuge, giengen die

- Engländer nach Macao zurüc,

\ .

bey den Engländer. 333

unmoglich vorftellen koͤnne, wie man es anfangen wolle, das | Eindririgen des, Waflers zu verhindern, indem er ſichs nicht traͤumen ließ, daß dieſe Ribben mit Planken uͤberdeckt wer⸗ den ſolten. Das. Gerippe des Schifs war groͤßtentheils aus Baͤumen gezimmert worden, die man auf der Inſel gefällt hatte. Der König nahm daher die Veranlaffung, unfern Leuten eine Art von Holz zu zeigen, deren fic ſich zu verfchiedenen Theilen des Baues bedient hatten. Es thäte ihm leid, ſagte er, daß fie diefes Holz; gewahlt haͤt⸗ ten; es ſey ein Ungluͤcksholz, und koͤnne leicht ſchuld dar⸗ an werden, daß ihnen irgend ein neues Mißgeſchick zuſtieſe fe; er bäte fie daher fehr ernftlich, es heranszunehmen, und ja nicht ftecfen zu laffen. Man danfte ihm für diefen neuen Beweis feiner Guͤte und Sorgſamkeit; jedoch ber lehrte man. ihn zugleich, daß es bey den Engländern uͤblich ſey, zum Schifbau allerley Arten von Holz zu nehmen, und die Erfahrung lehre, daß ſie von dieſer Seite nichts zu befuͤrchten haͤtten. Wahrſcheinlicherweiſe beruhete die Warnung des Königs auf irgend einem Aberglauben, den die hieſigen Einwohner in Beziehung auf dieſe Gattung von Bäumen hegten. Es muchfen übrigens mehrere von diefen Bäumen auf dem kleinen Eiland Orulong.

Das nächte, was die Aufmerffamkeit des Königs auf fih 308, war unſere Barricade und die fechspfündige Cano⸗ ne. Der General betrachtete dieſe Gegenſtaͤnde zugleich mit ihm. Nachdem der König einige Zeit mit dem mas layifchen Dollmerfcher gefprochen: hatte, erkundigte er fi nach deus Gebrauch der Canone. Der Capitain zeigte ihm

24 5 die

234 II, Beſuch des Könige von’ Pelem, |

die Kugeln; und erläuterte ihm ihre Wirkſamkeit. Unter andern, um diefeg anfchaulicher, zu machen, fagte er, wenn eine Anzahl Kanpts aus Artingall oder einer andern feinds lichen Inſel fih dem Hafen nähern ſolten, fo koͤnne dieſe Mafhine fie aus dem Waſſer fprengen und in kleine Stuͤ⸗ de. zerfchmettern. Man zeigte dem Könige nunmehr auch das kleinere Geſchuͤtz, die fogenannten Drehbaffen , welche man auf abgefügten Klögen befeftigt hatte, und machte ihm - begreiftich, daß ſie nach einer jeden Nichtung, wo es noͤthig ware, gedreht werden könnten, dergeftalt, daß auch auf dem. Fall, wenn die Feinde über Land kommen wolten, unfere: Leute dennoch vermittelft diefer Einrichtung denfelben Barı theil als auf der Seeſeite behqupten würden. Während: diefer ‚Erzählung fchien die Berwunderung, womit der König, feine Brüder und die übrigen Bornehmen in feinem Ge⸗ folge die Unfrigen betrachtet hatten, gleichſam eine ſtaͤrkere Impulſion zw erhalten. - Sie befprachen fich vielfaͤltig mit: einander, und ihre Geberden verriethen jederzeit neues Erz ſtaunen. Hierquf giengen fie rund um die ganze Barriea— dr, unterfuchten fie forgfaltig, und zeigten einander, tie feft und ftark alles ſey.

Seit dem erften Beſuch des Königs hatten die Eng: länder auf ihrem kleinen Eiland Orulong fo vieles verandert und fp manche neue Borfehrungen in Beziehung. auf den Bau ihres Fahrzeugs getroffen, daß bey der jetzigen Gele— genheig noch ſehr viel merfmwürdiges zu fehen war. Nach— dem der König feinen Arbeitsleuten (oder Tarfalbys) auf getragen hatte, fih mit allem was zur Barricade gehörte,

ber

bey den Englaͤndern. J 235

hefannt zu. machen, gieng er mit feinem Gefolge in dey Bucht umber, in der Abſicht nichts aus der Acht zu laflen, Das Geräufh der Schmiede, die eben im Gange war, zog ihn bald dorthin. Der Bootsmann hammerte eben. ein ' glühendes Eifen. auf einem Block deffelben Metalls, der ihm zum Ambos diente. Diefer neue Gegenſtand, der für die biefigen Eingebohrnen in der That eine Entdefung aus der andern Wels zu fen ſchien, verfeßte fie in neues Erſtaunen. Umſonſt fagte man: ihnen, fie . möchten doc) ein wenig zuruͤck⸗ treten; fie ftellten fi nicht nur fo nahe.an den. Ambos, daß die Funken ihnen bisweilen auf den natten Leib fielen, fondern ließen fih auch hierdurch nicht abfchrecken, die leuchr senden Metalltheilchen mie fie unter dem. Hammer. hervor: fprühten, mit den Händen aufzufangen. Su. ihrer Lage mußte ihnen ‚alles, auch das alltäglichfte wunderbar vorfoms men... Nachdem man das: Eifen auf dem Ambos fo lange gehämmert, bis es feine Glühehige 'verforen “hatte und fich nicht. mehr ſtrecken ließ, konnten fie gar nicht begreifen, warum man 23 "wieder ins Feuer ſteckte, und als fie fahen, daß man ein wenig Waſſer auf die Kohlen fprüßte, damit das Feuer ſtaͤrker auflodern folte, gieng ihr Erftaunen wier der von neuem an, Cs wäre unmöglich gemwefen, fie von diefem für fie fo wichtigen und unterhaltenden Schaufpich wegzureißen, wenn nicht der Faßbinder in der Nahe, in: dem er die Waſſertonnen zum Öebraud zurechtmachte, durch feine laͤrmende Arbeit ihre Aufmerkfamkeit erregt, und fie nach feiner Hütte gezogen hätte. Er jchien fie gar bald durch eine Art von Zauberkraft au fich gefettet zu haben, als er. vor ihren Augen mit, feiner gewoͤhnlichen Behendigr

ns keit

236 I. Beſuch des Königs von Pelem,

feit und Gewandheit die Fäfer um und um drehte., die Reifen abfchlug, und in-furzer Zeit aus einem mangelhaf⸗ een, zerbrochenen Gefäß ein vollflommen ganzes rundes Faß zu Stande brachte. Da ftanden fie, und fahen einander ſtaunend an, mit Blicken, die nicht weniger Freude als Verwunderung verriethen.

Capitain Wilfon mußte endlich bemerfen, daß feine Gaͤſte, indem fie ſich durch alles, mas fie erblickten, hinteife fen ließen, die Arbeiter wirflih von ihren ©efchäften ab— hielten, ihnen Fragen vorlegten, und alles felbit artgreifen wolten. Er ließ daher ein großes Stuͤck Segeltuch an eis ner Seite der Bucht ausbreiten, woſelbſt der König mit feinen Vornehmen ſich ausruhen, und einige Erfrifchungen zu ſich nehmen Fonnte, ohne die Werkftätten aus dem Ges fihte zu verlieren, Schon führte er fie queer ‚über den Strand, als die Zimmerleute ihnen zu Gefichte Famen, die . theils mit Balken behauen, theils mit Sägen befchäftige waren. Hier mußten fie alfo wieder anhalten, nnd vor als len Dingen bewunderten ſie die Saͤge und ihre Wirkungen. Endlich gelang es dem Capitaͤn, ſie nach dem Segeltuch zu bringen, woſelbſt er ihnen Scherbet hatte bereiten laſſen. Er machte hier dem Könige ein Geſchenk mit einer chineſi— fehen Matte, die ihm zu gefallen fchien, weil fie von denen in Palew fabrieirten verfchieden mar, und er die Abfiche hate te, feine Unterthanen nach diefem neuen Mufter arbeiten

zu laffen. | Für denjenigen, der auf Befreyung und. Erlofung harrt, werden die Augenblicke zu Stunden. Kein Wunder alfo,

# : N

J bey den Englaͤndern. 237

alſo, daß unfere Engländer, deren Rettung von ihrer Ar beit abhieng ‚. den. Verluſt eines halben Tages nicht leicht verfehmerzen konnten. Kaum waren ihre vornehmen Gäfte vom Schauplag abgetreten, fo. ſchwaͤrmte die Menge dev Untergebenen:und gemeinen Leute überall umher; und mach⸗ te aller Arbeit ein Ende. Man mußte alſo den Bruder des. Königs, Raa Kuf bitten, fie auseinander zu jagen, und | nah dem. Strande hinab zu ſchicken. Bald nachher nahm der König in der beften Laune Ahfchied von den Engländern, und begab fih mit feinem ganzen Gefolge auf die andere Seite der Inſel, um dafelbft die Nacht zuzubringen.

Was man dem Könige von der Wirfung der kleinen Canonen oder fogenannten Drehbaſſen beygebracht hatte, wirkte Über Nacht in vollem Mage auf feine Phantafie. Am folgenden Morgen fam er mit feinen Leuten uͤber Land zuruͤck, und Aufferte den Wunſch, eins von diefen Stüden im nächften Feldzuge mit fich zu führen. Der Capitain gab ſich alle Mühe ihm zu beweiſen, daß dies unmöglich angehen würde, indem bie. hiefigen Fahrzeuge nicht dazu ein- gerichtet waren. Hierauf bat, fich der Koͤnig das Vergnuͤ⸗ gen aus, eine fechspfündige Canone loshrennen zu fehen. Man kann ſich vorftellen, wie der Knall auf die Eingebohr- nen wirkte, die bereits dag Feuer einer Flinte in Schrecken und Erſtaunen gefegt hatte. Während der Zeit, daß der. Conſtabel die Cauone richtete und mit dem Laden befchäftige war, entgieng ihren Augen auch nicht der £leinfte Unftand der ganzen Operation; aber als nun die Grennende Lunte zum Vorfchein kam, und im Augenblick da fie das Pulver. | be:

2338 I, Beſuch des Könige von Pelew,

‚berübrte, eine Flamme aufloderte, und ein fürchterlicher Knall erfolgte, wußten ſie ſich nichts mehr zu erklaͤren, zus mal , da fie dey dem Abfenern der Flinten nicht bemerkt hatten, daß: man Feuer hinzugebracht haͤtte. Der Knall der. Canone hatte fie ſaͤmmtlich beraubt; denn eine Vier⸗ telſtunde lang behielt jeder von ihnen den Finger im Ohr, und ſchrie: Magull! Magull! das ift, fehr übel, fehr übel! Die'Erplofion, foviel Vergnügen fieihnen auch verur⸗ facht ‚Hatte, war wirklich für ihre Organe zu gewaltfam er—⸗ | ſchutternd - gewefen, Man weiß auch, daß jo oft ungewoͤhn⸗ lich laute Schaͤlle das Irommelfell im Ohr berühren, eine porubergehende Taubheit die Folge zu jeyn pflegt, wenn gleich derſelbe Schall, in gleicher Heftigkeit, auf Ohren die daran gewoͤhnt oder darauf bereitet find; durch feine Schwingun: gen keine tachtheilige Wirkung Auffert. Das Kreifchen und Gefchnarter der Eingebohrnen ſogleich nach dem Knall, läßt ſich nicht beſchreiben; es verſtaͤrkte ſich fogar zufalligermeis fe, indem einiges von der Fütterung die verdorrten Blaͤt— ter eines Über die Bucht hangenden Baums anzundete, Die Kugel, welche in großer Ferne ins Waſſer fiel, verurſachte ihnen neues Kopfbrechen, da ſie nicht begreifen konnten, was fie fo weit fortgetrieben haͤtte; und fo wirkte dann natuͤrlicherweiſe, was ſie eben geſehen hatten, noch ſtaͤrker, als alles bisherige, den Wunſch in ihnen rege zu machen, eis ne Drehbaffe mie fich in den Krieg zu führen, um damit for wohl die Feinde felbft niederzudonnern, als auch ihr Eigenz thum zu zerftöhren,

*

RaaKuk

bey den Englaͤndern. 299

\

NaaKuf begleitete den Capitain auf den Werd, mach der dafelbft angelegten Warte, und bezeigte feine Verwun⸗ derung, ein fo großes Grundſtuͤck abgetrieben und geebnet zu, finden, Hier zeigte er Herrn | Wilfon mit der Hand die Lage verfchiedener Infeln an, und nannte fie mit Namen, obgleich nicht alle im’ Öefichtsfreife lagen. ==: Nacht dem fie, wieder herabgeftiegen waren, feste man dem Könige Scherbet ver, und bald darauf gieng er über Land an den Ort wo feine Canots lagen, zurück, um dafelbft zu Mittag zu fpeifen, Beym Abſchiede verfprach er zur. Fluthzeit mit feinen Kahnen wiederzufommen; vermuthlich molte er das mit fagen, daß er alsdenn die zu feinen Huͤlfstruppen ber | ftimmte Mannfhaft mit fi zu nehmen gedächte, und dems äufolge erhielt diefe den Befehl, ch fertig zu halten,

Nachmittags kamen einige Aogeorbnte von Abba - Thulle (ſo hieß der König) um noch einmal wegen der Drehbaffe in Unterhandlüng zu teten. Man bot alles auf, um ihnen die Unmsglichkeit, daß diefes Geſchuͤtz in ihren Canots gebraucht werden koͤnnte, begreiflih. zu machen. Bald darauf kamen abermals einige Bediente dis Königs, die einige herrliche Sifche und eine Schildkrote zum Ser fehenfe mitbrachten, und nicht lange darnach erſchien der Ko: nig felbft mit zehn oder zwölf Canots im Hafen, Sein Premierminifter mußte nochmals wegen ber Drehbaffen. die dringendften Bitten einlegen, und die Unfrigen mußten wie der von vorn anfangen, ihre ©egengründe herzuzaͤhlen. Unfere zehn Mann fanden. indes: mit. ihren Gewehren marfchfertigs und ‚Here Benger, der fie anführte, machte

| allen

⸗240 II, Der Adler.

allen ferneren Unterhandlungen- dadurch ‚ein Ende, daß er die Ordre ertheilte, nah den Canots zu marfchiren und fich

einzufchiffen. Eine Haupturfache, weshalb man dem Bern langen der. Inſulaner diefesmal nicht willfahren fonnte, war der große Aufwand an Pulver und Ammunition aller Art, den. es verurfacht haben wuͤrde. Man haͤtte ſich auch ge⸗ noͤthigt geſehen, den Conſtabel mitzuſchicken, den man als ei⸗ nen gar zu brauchbaren Mann nicht entbehren konnte. Abba Thulle ſchifte ſich alſo ebenfalls mit ſeinem Gefolge ein, wie⸗ wohl man einige Urſache zu befürchten hatte, daß die abr ſchlaͤgige Antwort ihn wicht bey der ——— guten Laune gelaffen hätte. ro,

II, Der Adler. | Eine Fabel.

„D. Adler laͤßt fh gar zu felten hören, Sprach einft ein Spat; und dennoch wolt ich ſchwoͤren! Daß er, wenn man nur in ihn dringt,

Vortreflicher als Philomele ſingt.“

Der Adler hoͤrt die lauten Schmeicheleyin, und fängt abſcheulich an zu ſchrey'n. Und wird derb ansgelacht? Ach nein! Die Vögel alle rühmten feine: Kehle. Du fragſt mein Lefer „doch nicht Philomele

' IV, Die Stoͤrche und der ee 241

Begieng die niedre ‚Schmeichelen ?— Auch dieſe ruͤhmte ſein Geſchrey, Und nennt ihn Virtuoſen, Kenner.

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O Schande! Schande! wenn ſelbſt aufgeklarte Männer Dem ungeſchick der Großen Weyhrauch ſtreun. Erniedriget ihr euch zu feilen Schmeicheley'n, Wer ſoll ſie beſſern, wer ihr Lehrer ſeyn!!

€. 8. Pockels.

m Die Stoͤrche und der Spas. Eine Fabel.

Cm ſaß ein Storch in feinem Neſte, und hatte Baſen, Vettern und noch andre Gaſte Zu einem Cranzchen invitirt.

Wohl uns! ſprach nach dem Abendſchmauſe Der ijovialiſch⸗heitre Wirth, Daß man und Störche nicht genirt, X Wir leben froh in unferm Haufe und ziehen ungefört im Schooß Des ftillen Friedens unfre Kinder groß. Die Menfchen lieben ums, Und mir SBefürchten nicht, wie manches andre. Thier, Das Feuerrohr, nicht Lifiger geinde Schlingen.

Hohl: |

242 >. Die Störche und der Spaß:

Wohlan! Laßt und die goldne Zeit Und die fo edle Mildigkeit Der Menſchen gegen uns beſi ingen!

Hoch lebe ihr Geſchlecht! | Allein,

GSreund! (aß ung ehtlich fen! - Sprach jest ein weiſer Spaß. Ein alter faliher Wahn Der Menſchen ſchuͤtzt Euch Bloß in eürer Clauſe 9) Schweig Narr! Man jagt üns fonft aus unſerm Hauſe Raunt aufgebracht das ganze Corps Der Gtörche unſerm Spatz ind Ohr, Der Herr Aufklaͤrer iſt nicht unſer Mann!

Sich Pefer hier den Grund, warum fo viele.

Bald auf der Canjet bald mit gift gem Federkiele

Die Auftldrung verfegern und verſchtey'n,

und felbit die Einfalt benebey’n,

Es iſt der ruhige Befis der lieben Polſterſtuͤhle.

C. F. Pockels.

#) Der Pobet hat den Aberglauben, daß die Stoͤrche einen Stri vor Feuersgefahe ſchuͤtzten.

V. Komal

| v. a Romal und Galmwina. Rhapfodie aus Dfians Singal, 2Geſ.

in sand: | am Ä Joh. Anton Ludwig Seidenſticker.)

Goeu dem Saͤuſeln des Regens | - Auf befonneter Lenzflur,

Iſt die Kunde von Komal, | Lieblih, aber vol Wehmuth!

Sie führt meine Seele hinüber In das Eyland der Freyheit, In die Tage die vorüber find!

Schön find die Thaten der Vorwelt, Shre Söhne und Töchter fchön ! Hof du die Kunde vernommen Don

*) Der vortrefliche Verfaſſer der goͤttingiſchen Preißfchrift: de iure emigrandi, ex moribus Germanorum, iure com- muni ac L.L, imperii conftituto auct. Je. Ant. Lud. Seidenflicker, Goettingae, 1788, 4. u |

S | Anmerk. des Einſenders.

N. Litt. u. Voͤlkerk. III. . G. R

244 Komal und Galwina.

Von Galwina der Edelsefallenen ?

Haſt du Komals Trauer gelaufcht ?

In die Klage des. Juͤnglings

Klage und Tränen gemiſcht?

Theurer, horchte dein Ohr dem

Fluͤgelſchlag des Geſanges,

Der mit dem Liſpel von Obians

Goldiger Harfe,: feiner Geele.

Klagend- entfchwebte ?

Lieblich wie Sphärerigefanagston,

Teüb’ und heimlich feiner Klage Pant, wie Wogenfeufzer ? -

‚Sn den Zönen des Biedes Find’ ich Tödtung des Grams: Gare, was trocknete fonf Meine Thränen um dich?

Nur der Hauch des Gefanges Lull't die Seele zur Ruhe, Nach den Stuͤrmen der Trennung,

Horch dem Geſange von Komal Hat nicht auch er um die Trennung Von dem Maͤdchen der Liebe geweint Wie ich um den Juͤngling der Treue?

Komm, und weine auch du, um den meine Seele geweinet, Süße Thränen der Wehmuth Auf der Liebenden Grab!

Ein

417

Des Mädchens Seele hieng an Komal; oft

V. Komal und Galwina. 245

Ein Sohn von Alblion war Komal, *) Fuͤrſt Bon hundert Hügeln. Geines Hains Gewild

Trank tauſend Stroͤhme, tauſend Felſenhoͤh'n

Verhall’ten feiner Doggen Jagdgebell. Sein Antlitz war der Jugend bieblichkeit, Sein Arm der Tod der Helden. Eine die War ſeine Liebe, die war ſchoͤn; ſie war Des algemalt’gen Konlahs **) Toͤchterlein. Sie ſchien ein Sonnenſtrahl im Dirnenkreiß, Ihr Hauptgeiock wie Rabenſittige,

Die Doggen zu dem Ruf der Jagd gewoͤhnt, Die Bogenſenne ſchwirt' im Windſtoß. Und

Begegnete ſich ihren Liebe Blick, Sie zogen ſtets ſelbander auf die Jagd, Und ſelig war ihr leiſes Huldgekos!

Doch Gormal***) buhlte um das Fraͤulein auch, Der duͤſtre Fuͤrſt des ſturmumbruͤllten Ardven; *) er Belauſchte auf der Haide ihren Gang, Des armen, thraͤnenwerthen Komals Feind.

Einſt, da der Nebel die Gefährten barg, Da kam mit feiner“ Liebe von der Jagd | N 2 In *) Ein altbritauniſcher Held, der fi unter den Kaels niedergelafen

hatte, Er ift nice mit Komal, Fingals Water, zu verwech⸗ fein. |

+) Ein iveländiiher Held, **) Ein caledonifher Held. .. Ein Gebiet zu’ Morven gehörig.

246. V. Komal und Galwina,

| In Konnan’s 9— Grotte Komal hin; es war Die Lieblingslaube Komals. Sein Geſchoß umhieng die Wände, hundert Schilde und Der Stahl von hundert Helmen glänzte drin.

‚Hier ruhe, meine Piebe, fprach er, Licht Der Grotte Konnan’s. Dort auf Mora's *) Gtirn Erſcheint ein Hirſch, ich eile hin, und bald

Kehr' ich zurück, Ä | Mir Bangt vor meinem Seind,

Dem düftern Gormal, ſagte ſie; er weilt

Hier oft. Doc harr' ich unter Waffen dein.

Ach! kehre, mein Geliebter, kehre bald! Er jagte nach dem Hirſch auf Mora; und,

Zu pruͤfen ſeine Liebe, barg Galwina En

In feine Ruͤſtung ihre Schwanenbruſt,

und trat ſo aus der Grotte Ronnan's vor.

Da mähnte er zu ſchauen feinen Feind,

Da pochte hoch das Heldenherz ihm auf,

Sein Antlitz blich, und Dunkel huͤlt fein Aug.

Er zog den Bogen, ba entſchwirrt der Pfeil

Galwina lag im Blur! Er rannt' ihr nach,

und rufte wuͤthend Konlochs Tochter. Von

Dem

*) Der Tod diefes ſchottiſchen Heiden ift der Gegenftand des neunten Fragments der alten Poeſien, welche bald nad Oi: fiang Gedichten in England erfhienen; es ift mMcht Offians Werk, wenn gleich alt, und im der Manier des Barden, Ä

=) Ein Berg-in Schottland. Das erfte Buch erwähnt auch einen gleiches Namens in Ireland.

V. Komal und Galwina. 247

Dem ͤden Felſen keine Antwort —Ach! „Wo biſt du, meine Liebe?“ da gewahrt

Zulest er ihre hochgewoͤlbte Bruſt,

Die rund den Federpfeil umzuckt. » Biſt dur, „Galwina? du ?“ und ſant an ihre Bruſt.

De Jaͤger funden ſo die Liebenden.

Er wandelte noch fuͤrder auf die Hoͤh,

Doch leiſ' und. bebend war ſein Fußtritt um

Die dunkle Kammer feiner Liebe. Sieh!

Es kamen Schiffe uͤber's Meer; *) er ſocht-

Der Fremdling floh; er ſucht' im Blutfeld Tod! Doch wer vermogte Komals Macht zu beuyen? Da ſchleudert' er den Shih hinweg, Ein pfeil Traf feine männlich = kühne -Brufl. er; | Dun ſchlaft Er. mit Galmwina, feiner Liebe, am Geraͤuſch

Der lauten Meeresſluth. Der Schiffer fieht

Die Kafengruft der Liebenden, wenn ihn |

Des Nordſtroms Woge wit Geſang umtanzt!

*) di, eine feindliche Flotte von Scamdinapien oder Lochlin.

Earl Reinhard.

N 3 | VI Der

248

- s VE Der Greis und fein Enkel, Eine poetifde Erzählung.

Gusus Stunden! wenn in der heitern Fruͤhe des Tages Sin in die ofne Natur, zum Frohſinn, ich wandle; Jedes Geſchafue mie laut den Schöpfer der Welten verkündet, Und der ſauſelnde Weſt mich Hauch des Ewigen bünfet. Dann ſchwingt innig geruͤhrt ſich hoch empor meine Seele, Bringt, durch uUnſterblichkeit kuͤhn, dem Weltbeherrſcher ein Opfer, . Dpfert ihm kindlichen Dank, und preiſt feine Weisheit und Größe; Gie vergißt im Entzücen, daß Menfchen je Elend fich ſchufen, Denkt die Welt ein Elyſium fich, o gluͤckliche Stunden!

)

Solch einer Stunde genoß ih, ald ber ätherifchen Fuͤrſtin Gluthende Strahlen juͤnaſt zur Kühle des Waldes mich führten.

. Eichen, deren mohl Manche vieleicht Jahrhunderte zählten, £uben Lifpelud mich ein, in ihren Schatten zu ruben. . R Plöglich vernahm ih vol Schrecken ein leijes Seufzen und

Klagen. Sicher bat dort einen Wandrer irgend ein Unglück betroffen, Süß iſt's, Netter zu ſeyn. ort, dacht‘ ich, fort ihm zu Huͤlfe. | Flog

VI: Der Greis und feine Enkel. u 245:

Flog zu vn bin, und i iche boch wie. wird mein Pinſel vermögen

Dieje ruͤhrende Scene mit Wurde, mit Wahrheit zu mahlen? Sieh! am Saume des Waldes ſaß auf beſchatteten Raſen Einfam ein Idndlicher Greis, Seine Mugen funfelten Klugheit; In der Miene lag Sanftmuth, Heiterkeit, Ruhe ber Geelt;

Auf der und den Wangen dämmerten Woͤlkchen des

* Alters, und fein wankendes Haupt, von Kahlheit und Silberhaar glänzend,

Gab ſeiner Seele die nahe Hinſicht auf Engelerhebung. | Hingeriffen von Ehrfurcht, fand ich ſchweigend und hörte Freudige Tauſchung nicht Töne des Jammers, nein Töne der Andacht, Zitternd entloderte diefer Anklang der Herzensempfindung Geinem falbigen Lippen. Sein Blic, feine bebende Rechte, Aufwärts gehoben vol JInbrunſt, kraͤftigten feine Gebete, Neben ihm weilte ein Entel im laͤndlichen Sommerge⸗ wande; 3 Aengſtlich * der Knabe wechſelnd den Greis und den | Himmel. Unbemerkt trat ich ndher. _ Der Greis fprach leiſe die Worte: | » Schütte, gätiger Gott! auch Auf dies Feld deinen Seegen; * ag im Schweiß meines Angefichts, doch, du weiſt's, un verdroffen „Hab' ich es. jahrlich beackert und jahrlich die Fuͤlle grerndtet. „Doch ſeit die Säfte nie ſchwinden, gedrückt durch die Kette der Jahre, „, Kann ich Teider nicht mehr im Zitfel meiner geliebten, » Guten Sinder dies Feld mit Plug und Sichel beherrfchen. | R4 „Alt

250. VI; Der Greis und feine Enkel.

» Alt und möcht”. ich num. meines Lebens winzige | Gpanne, ». Die- du, —* mir noch beſtimmt haft, in Ruhe ge⸗ nieſſen. Viele Tas⸗ haſt du mir geſchenkt, o Vater! haſt heute » Heute das weunzigſte Jahr meiner mir ge⸗ | waͤhret. Kaum entſpaun feine Seele dieſen ihr großen Gedanken, Fuͤhlte ſo ganz deſſen Umfang, da ſchlich eine Thranue der | Ruͤhrung Sanft die, Wange herab. Dann ſchloß er Augen und Lippen, Hochgefuͤhl preßte ſein Herz, und wahr ihn, fo ſchien eö, ver⸗— fummen, | Schüttelnd das Köpfchen fernt ſich trippeind das Kind und fpricht leiſe: » Senf iſt der Vater nicht aufgerdumt. Will einen Blumen⸗ Franz flechten, » nd damit, eh er ſich's ba verfieht, lachelnd und fpringend- ihn zieren. ».zenfa! dann wird er mahl lachen, erzählen, und pfeifen, : | und fpielen, «

Noch durchroßte der Greis im Geif feines Pebens Jahrzehnte Die Erlaneruns an tauſend erlebte Freuden und Leiden Ueberſtroͤmte ſein Herz mit einem Gemiſch von Empfindung. Dann blickt er ſeufzend zu Gott, und leichtert ſein Herz durch | die Norte: „Neunzig Jahre durchlebt! - o melde Wohlthat _ mein Vater! Zwar

\ \

VI. Der Greis und ſeine Enkel. 251

nicht in Beiehum, in Prunt, in Stufen des Ruhms und der Ehre, Zwar in landlicher Einfakt:bem ſauren Arbeit durchlebet x „Aber, wohl mir, mein Reichthum mar: Tugend, Zufrieden⸗ | heit, Kraͤfte. „Alles von dir; o könnt ic, Gterblicher, würdig dir danfen! und.» bieder Tehrte die» Tugend mich handeln, ©; „Dafuͤr ward mir zum Lohn, ein unbeflecktes Gewiſſen. „Stets mit der Welt, mit mir ſelbſt und meinem Looſc zu⸗ frieden, „Rahm ich an unſchuldvollen Vergnuͤgungen herstihen Antheil, » Und ertrug Unglück und Bosheit fonder Kummer und ‚Klage, ee ärdfte, von blähender, nie geſtoͤrter E Geſundheit begleitet,“ „Hielt ih moͤglichſt in Thatigkeit meinen und Anderer Nutzen > Treulich zu fördern, 9, wie 1113 if doch ſolche Erinnerung. „Und ‚wie ſhmeralich, den Wilen: zu wirken, zu handeln, im Alter » Wegen Date der Seite nicht reafifiren. zu können} » Doch ich verehre darin des Ewigen Wink, auf den-Abruf „In das kuͤhlige Grab mit jeglicher Stunde zu harren.

FR rc vieleicht ſie ‚nahe die: Stunde, meiner ; ae: | huͤllung. Wehnuth und ORION rn das weiche Herz unfers

Greiſes, Thraͤnen netzen die Bruſt, entquellen dem blinkenden Auge, und die Einpfindund des Herzens , ducch Liebe zum Leben gefachet, Sie entlockt ihm den Wunſch: „O, moͤchte dein heiliger 0 Wilke, Rs | FL) Vater

\ L

35 Vl. Der Greis und fein Enkel.

„Vater im Himmel, nur fo lang die Stunde noch.ferner, Nur.

| fo lung

Bis -mein Vo auf Erden, mein Enfel, dies Andepchen entfaltet, ".

„» Dann, darin will ich die Welt nicht ungern, ja willig verlaſſen!

Gott, role 4 er ſo ruͤhrend, ſo innig all dieſe Worte!

Deutlich * ich im BIS) in der Miene die Sprache ber

Seele.

Bruͤder! Seligkeit iſt es, ſolch eine Seene zu —— |

Seitmärts bruͤſete fih im Didigt ein mächtiger Eichbaum, Diefer barg mich dem Auge des würdigen Greifes und ließ mich Trog dem. Gang des Gefieders und Laubes Gelifpel, erhafchen Seine Worte, die lieblich den blaſſen Pippen entſchlichen. Seßt aber jhwieg er, und. winfte mit fürchtender Miene den Entel, Her, einen Blumenkranz windend, zum Greis, wie verfegen, oft blickte. Mit dem SERBIEN aranz im Haͤndchen eilte der Knabe racheind ben zitternden Vaterarmen entgegen, und ſagte: Wie mein Vater! Du weinſt? Noch nie ſah mein Auge dich weinen, Warft fonft une fo munter; erzaͤhlteſt mir oft mit Ent: | süden Bon deiner Jugend goldenen Zeit; verfpracheit, auch heute „Mir davon zu erzählen, und nun biſt du traurig! fo traurig ! p a uns ein Schaf, vicheägt das fettefle Schaf uns entlaufen ? „» Weine

VI: Der Greis und fein Enfel, 253.

Weite nur nicht, mein Vater ; eilig will ich es fuchen,

„» ih, bin gluͤcklich, es zu dir führen. —“ Güßldchelnd

verfeht'- ers

Rein, mein Son, mir wiſſend, ift uns fein Schäfchen ent: laufen,

* mein Vater, was truͤbt dich denn? Hier hab' ich

fo emfig

Kingsum Bulteuhr Krduter- und Blümchen. gefammelt, und eben

„Wolt' ich damit dich erfreuen; . aber du biſt ja zu traurig,

„» Mich erfreuen, geliebtes Kind! ach! laß dich umarmen,

», Did an die Vaterbruſt drücen. Dank fen der emigen Vorſicht,

„Daß ſi⸗ dich ſchuf, das ſinkende Sicht meined Lebend zu

, Ä hellen, -

» Daß fie die gab ein meihes, vedliches Herz. ' Möchte es

nimmer,

„Nimmer dem Laſter ſich dnen, Doch komm, unfrer harrt | deine Mütter,

„» Dort vertheitt fie das Fruͤhſtuͤk; auch für. uns iſt's bes reitet,

Langſam wankt er. dahin, mit Rährung folgt ihm mein ® Auge, Folgte lange dem morfchen Geht, dem landlichen Wölfen, Bald wird jenem Verweſung, diefen der Himmel zumwinfen. Doch wer vermag dieſem Winke froher als er zu gehörchen? Denn fein. Gewiſſen ift vom Wurme des Vorwurfs zer⸗ naget,

und ihn feſſeln nicht der Erde Güter und Sreuden

immer

!

254 tn a VIE Clarine. N wom Ball bis zur Seide, wich er vom Pfade der. Zugend, Drum ik er Beſtimmnno fuͤr Zeit und Ewigkeit gluͤcklich. O meine Bruͤder, im Gleiſe der Tugend iſt gluͤcklich!

v. |

vn. Charine,

E. lebte Clarine mit froͤhlichem Sinn Ihr Leben im Schooße der Eltern dahin, She floſſen, wie Siunden, die. Tage; Sie trug in dem Buſen ein Herzchen fo warn, War jugendlih, reizend, und fannte nicht Harm, Nicht Weinen, nicht Unmuth, nicht Klage.

Da kam in G’wändern von Seid' und von Gold Ein 'Züngling, zu ſchauen gar lieblich und hold, | Vom wonnigen Hofe der Franken; Er ſahe Clarinen bey nächtlihem Tanz, Ließ wehen der Myrthe verführenden Kranz, nd bracht: ihe die Lich’ in Gedanken.

Weg war von Elarinen der fröhliche Sinn, . Er ſchwand mie ein wehender Schatten dahin, Ihr ward in dem Herzen fo bange; Hft, wenn jie den reizenden Jüngling nicht ſah,

Ä | | Dann

Vvn. Elarine 00 455

Dann war ihre die Thrane dee Wehmuth fo nah, Dann rief fie; wo bleibſt du fo lange?

Wo bleibt du fo Lange, mein Trauter? Ich ſeh Seit Tagen dich nimmer, mie wird mir fo. weh! O Teauter, o fomm zu ‚Elarinen ! Und wenn der Geliebte, der. Traute dann Fam, Vergaß fie die Thräne, vergaß fie den Gram, ind feuchte die traurenden Minen. ——

Dann trieben ſie Minne mit zartlichem Spiel, Dann ſagten ſie ſich von der Liebe ſo viel,

Dana waren fie beyde fo ſelig; Be ii Dann tönten Elarinen die Gloden zu bel, « Dann rief fie: wie fliehet ihr Stunden fo ſchnell! D fliehet ihe Stunden doch maͤhlig!

Dft fagte der Juͤngling: bald reiſ ich von Zum Hofe der Franken, dann koͤmmſt du mit mir Zum Hofe der Luſt und der Freude;

Dann reich' ich dir feſtlich als Gatte die Hand, Dann ſchlinget um uns ſich ein zaͤrtliches Band! Er ſchwur es mit heiligem Eide.

Es glaubte das Maͤdel dem trauligen Ton, Sie waͤhnte ſich oft an dem Koͤnigshof ſchon; und als in der Stunde der Liebe Die Trauten einſt Schatten und Damm'rung umgab, - Da ſank mohl die Tugend des Mädchens ins Grab, Da keimten wohl mwildere Triebe,

Da

'

256 VII. Clarine.

Da keimten wohl wildere Triebe, da kam

Die Stunde der Liebe noch öfter und hahm

Dat purpurne Roth von der Wange; Da welfte dis Maͤdel wie Blumen- der Flur, Da fühlte fie bald der DVergehungen Spur;

Drob „ward ihr im Herzen gar bange,

| „» Mein Trauter, wenn eilt du nach Sranfen von hier, Und nimmſt mich zum Hofe des Königs mit dir? .

", Mir wird in dem Herzen fo bange;

Wenn reicht du mir feftlich als Gatte die Hand, Wenn fihlinget um uns ſich ein zdrtlihes Band? „, Dein Zrauter, o ſdume nicht lange!

Sey Madel nicht bange, bald reiſen wir hin Zum Hofe der Franken mit froͤhlichem Sinn, Doch harre noch Mädel ein Weilchen! „Weh, weh mir! mie kann ich noch harren allhier? „Es wüthet ein tödtender Kummer in mir, » Ich welke mie ſterbende Veilchen.

„Ich welfe, wie Veilchen in. glühender Hand

„und trage der Liebe neheiligtes Pfand

„Wohl unter dem Herzen fehon lange; Drum ſaume, mein Trauter, o ſadume doch nicht! Doch immer noch ſaͤumet der Juͤngling und ſpricht:

Sey thoͤrigtes Mädel nicht bange!

Es fliehen noch Tage, noch Wochen dahin, Dem Madel wird truͤber und ſchwaͤrzer der Sinn,

Ihr

VII, Clarine. 257

Ihr Auge verfieget zu Zdhren ; Doch endlich erhöret der. Juͤngling ihr Flehn: Bald, fpricht er, bald fol du als Gatten mid ſehn,

Bald eilen wir hin zu Altaren.

Es kam wohl ber Tag der Verbindung heran, Es leget das Mädel den Brautſchmuck fih an, Und barret des Brdutigams lange ; Schon finfet die Sonne, ſchon fiehet das Licht, Doch immer erfcheinet dee Brdutigam nicht; Drob ahndet’s dem Mädel gar bange,

Jetzt kommen die eilenden Boten zurüd ; D weht. es verfündet ihr thranender Blick Ein Unglück dem harrenden Maͤdel: „Ihr Boten, das Aug’ iſt von Thränen euch heil, » Was weint ihr? Mein Jüngling erkrankte wohl ſchnell „Mein Juͤngling ſo treu und ſo edel?

Dein Juͤngling ſo treu und ſo edel iſt ſchon Vorm Grauen des Morgens von hinnen geflohn Nach Franken zum Hofe der Freude; Verlaſſenes Mädel, dich ließ er allein!

Da bedte wohl fichtbar „des Madels Gebein

Im hochzeitlich rauſchenden Kleide.

Da ſank fie erfeufzend, wie Sterbende, hin, Du floh ihr das Leben, da floh ihr der Sinn, Da lag fie. im Hinbruͤten lange; Und als fie erwachet zum Leben nun war

zer:

258 VB. Clarine

Zerfleiicht fie das Antlitz, zerrauft fie dos Kant, Statt Thränen flieft Blut von der Wange,

Sie eilt in ihr, Kaͤnmmerlein jammernd hinab:

„Herr Jefu! wenn koͤmmſt bu, wenn öfnet ein Grab

„Sich nun dem verläffenen Mädel!

Wenn decfet ein Hügel mein’ modernd Gebein, Wenn nehmen die Schatten des Todes mich ein, „Wenn dörrt an der Sonne mein Schadel?

D Tochter, es höret Herr Jeſu dein Schreyn, Er kann dich von Jammer und Elend befreyn, Doch flehe den Tod nicht du. Arme! „O Mutter, o Mutter ! der Tod. nur allein Kann mich von den Dunalen des Todes befrehyn: Von Schand' und ven Schmach und vom Harme.

und als nur der Morgen nach Mitternacht graut,

Da kleidet die arme, verlaſſene Braut

Sich eilend in duͤrft' ge Gewande;

Ste flieht in der Damm'rung die ruhende Stadt, Die Schande nur für die Gefalene hat,

un Kuh auf dem armlichen Lande,

Die Erb? um fie her it fo weit und fo rund, Es mird ihe vom Gehen das Fuͤßchen fo mund, Es wanken ihr mäplig die Schritte ; | Es bricht fihon der Abend mit Schatten herein, Da nimmt fie ‚mitleidig ein Mütterchen ein Io einſamer, dürftiger Hütte,

Sie

VIT, Clarine. 259

Sie ſchenket dem Weibel ein Edelgeſtein, Drob raumt ihr das Weibel ein Kammerchen ein, Ein Kammerchen dunkel und ſchaurig Hier jammert das Madel am Tage, durchmacht Mit Geufzen und Gram die entjeßliche Nacht, Hier Erdchzet die Rabe fo traurig.

+ > „is

Hier frdchzet die Rabe fo traurig, hier ſchalt * Des uhus Geheul durch den einſamen Wald, Hier flimmert, der Irrwiſch, wie Kerzen, Her jammert das Mädel, hier rufet fie laut: " D Füngling, o fomm zur verlaſſenen Braut! Sle harret ja deiner mit Schmerzen.

Mein Juͤngling, o ſich, ich bin! So jammert fie Wochen und Monathe hin; Drob fommen die Stunden der Wehen; Sie kommen wohl eilend zur Mitternacht an, Ergreifen ſie, wie ein geharniſchter Mann, Sie jammert m mähnt zu vergehen.

Gie jammert und kruͤmmt, nie ein Wurm fich und fihreyts Das Mütterchen ſchlummert vom Mädel zu weit, Und hört nicht ihr Schrenn um Erbarmen ; Ihr flieget die Nacht in den Wehen dahin, Drauf fieht fie am Morgen: mit fterbendem Sinn Ein Knablein ihr ruhn in den ‚Amen.

Gefoltert von Schmerzen in fiebernder Glut |

Ergreift fie das Knablein und fehmettert mit Wuth Das Haupt auf den Boden ihm nieder: Nett. Böll... ß. „Nun

260 VII, Clarine.

a Nun trag” ich nicht [ange die brennende Schmad, Bald folg' ih mein ſterbendes Kndblein die nach, „Bald fehn mir bey Engeln uns wieder !

Es fprüget das Hirn Aus dem Schädel umher, Es blutet die Wurde des Knaͤbleins fo ſeht, Es zuft fein Gebein und erfaltet; Drauf rufet Elarine mit Zetergefchrey, Es eilet am Morgen das Weibel herbev, Und fieht, wie das Mädel gewaltet,

Sie ſiehet das Ändblein mit blutiget Stirn, Sein ſtarrend Gebein, fein verfprüßtes Gehirn Wohl ſcheußlich am Boden noch kleben: Herr Jeſu! mas haft du o Mädel vollbracht ? Du haft dich des Todes ja fehuldig gemacht! Das Miütterlein fprach es mit eben,

Das Mütterlein Ipräch ed mit Beben und Tief Erſchrocken zum Richter des Dörfchens und rief: Auf kommt in mein Huͤttchen zum Mädel !

Hort lieget ihr Knaͤblein In Hartendem Blut, Das Mädel zerſchlug ihm in fieberndee Wuth Am Boden den rauchenden Schädel.

Man eilte zur Hütte des Weibes hinab, Da war wohl die Zelle des Mädels. ein Grab, Hlut fah man am Boden wohl fchimmern ; Drauf teug man behende die Wöchnerfn fort, Man trug fie wohl Bin an den fihaurigen Ort,

Wo Mörder und Moͤrdrinnen wimujern, „Komm

Ex er VII Clarine 26

» Komm Juͤngling und fieh die verlafend Braut, M) Noch haft du fie nicht in dem. Kerfer geſchaut, „Komm Juͤngling zum blutigen Madel! „Bald hab’ ichs errungen, bald ſink' ich ins Grab, „Bald waſch' ich init Blute die Todeöfchuld ab, 3, Bald dörrt an ber Gonne mein Schädel: |

Komm Bräutigam, wenn dir vor Rordern nich * —Komm, ſchaue noch einmal die blutige Braut, 3, Ihe ahndets im Kerker ſo bange! * ap! es erſcheinet der Brautigam nicht ! Sie fandten das Mädel zum Todtengerichts Doq ſdumet der Todestag lange.

| Es fanfen die Eitern vor Jammet ind Grab, Sie fluchten dem Juͤngling, und ſanlen hinab,

und ſahen ihr Toͤchterlein nimmer;

Nun ſchmachtet Clarine mit Angflichem Stan

Shr Leben im Kerker noch Monathe hin

Mit Thraͤnen und Harm und Gewimmer.

Doch endlich erſcheinet der Tag zum Gericht, Sie freut ſich des blutigen Tages und feige: Beflägle du richtende Gtundt, Sach der ich fo lang’ im VBerbörgeien Fand, Beſluͤgle nun endlich den fduinenden Gang, tind heile die brennende Wunde!

Sie kleiden in Sterbegewaͤnder ſie ein,

und fahren fie in der Beoleitenden Relhn/ S 2 Dmp

262 VII. Clarine.

Dumpf tönen die Todtengeſaͤnge;

Sie eilet den Hügel des Todes hinan,

Kun blinkte das "Schwert durch die Luͤfte, nun rann hr Biut vor der ſchauenden

Das Huͤgelchen trank es begierig hinab, Man ſenkte den blutigen Körper ins Grab, Auf Säulen erhebt ſich der Schadel. Annun iſt der Kelch der Gerechtigkeit leer, Kun rufer um Rache das Kndblein nicht meht, Nun ruhet im Zobe das Mädel, |

Alein ihr Vertrauter, ihr Braͤutigam lebt Am wonnigen Hofe der Franken und ſchwebt In taumelnden raufchenden, Lüften 5 | Er meiß von der Angſt der Berlaffenen nichts, Doch iſt ihm fo meh an dem Tag des Gerichts, Ihm ahndet's von Todtengeruͤſten.

| Was wirft du mein ‚Serzchen im Buſen fo warm, Was haft du für Kummer, mas haft du für Harm? | Auf eile zum Kreis der Geſpielen! |

Doch felbit in dem Kreis der Geipielen entflicht

Die blutige Ahndung ihm nicht, es erglüht

Die Stirn ihm von Todesgefühlen,

Und als er darauf in der fchaurigen Nacht Auf einfamen Lager im Kdmmerchen wahl, 7 Da hört er ein angſtlich Gewimmer, Da höret er Jammern und Todtengeheul,

Da

-

Vliyrl. Clarine. 263

Da treten wohl rings um ſein Lager in Eil Drey Geiſter mit ſeurigem Schimmer.

l

„„ Komm Bräutigam, komm zu der blutigen Braut, _ Sie harret ja deiner fo dngitlich und haut | » Zu dir aus den Lüften heruͤber; en Komm Zünyling, heut wirft du dem Mädel vertraut, „Komm, tummle dich, ehe der Morgen noch graug!

„» Die Nacht iſt der Geiſterwelt lieber.

„Auf tummle dich, Janging wie haben noch weit „„ Zum barrenden Mädel im blutigen Kleid, » Sie weilet am einfamen Hügel ; | * Bald ſolſt du Clarinen im Brautſchmucke „Bald ſolſt du mit ihr zu dem Altare gehn, Bir leihen Dir, DEAN BR:

Der Juͤmgling —— es ſtarrt fein Gehein, 3 Er zaget, und will nicht der Braͤutigam ſeyn Vom harrenden Madel am Huͤgel; „Du haſt es geſchworen mit heiligem Eid, Sey jetzt, was du ſchwureſt, zu halten bereit, Zermalme nicht heilige Giegel!

und als fih der Juͤnaling zu weigern begann Da greifen die zürnenden Geiler ihn an i Mit dürren, erfiorbenen Armen; * | Gie führen ihn eilend ins Freye hinaus, Da tummeln ſich Geiſter in nachtlichem Graus, Da ſieht er die Tobten wohl ſchwarmen.

S 3 Es

264 | VII. Clarine.

Es funkeln am- Himmel die Sternlein fo hell, Es fliehen die Länder und Meere fo ſchuell | Hin unter der Eilenden Süßen: „» Bald kommen wir hin zu der blutigen Braut, »» Bald mirft du dem harrenden Mädel vertraut, Bald wird dich dein Liebchen begruͤßen.

Suſch geht's durch bie Lüfte, wie Pfeile, dahin, Es schwindet dem Jüngting vor Grauen der Gina: Web, weh mir! was hab’ ich begangen! » Ihr Geifter, ach if fein Erbarmen nicht mehr? e N

» Ihr Geiſter, ach helft mir, mir grauet fo ſehr,

» Die blutige Braut zu empfangen,

Wie fönnen nicht helfen, mir heifen bir. nicht,

Dich ladet der Richter vor’s Todtengericht,

Bald wirft du den Richtplatz erblicken. Sie kamen dem blutigen Huͤgelchen nah, Da ſchaute der Schädel berüber, ed ſah

Der Juͤngling begrüßend ihn nicen,

Noch blickt” er mit Beben zum Schädel empor, Da fiieg aus dem Grabe das Mädel hervor Im blutigen Gterbegewanbde : „» Hier Zängling, bier fi fi ehfi du bie barrende Braut, a Hier ſtehſt du am Altar, hier wirft du getraut, Hier knuͤpfen dich ewige Bande! |

» A mehe dem Mann, ber die Unſchuld verführt, a D weh ibm, ihr Schreyen um Rache gebiert Schon

ae VO, Clarine465

„Schon Hier ihm Entfegen und Grauen;

„O mehe dem Mann, der Meineyde ſchwoͤrt,

„» Der nicht auf das Flehn der Verlaffenen hörk, ‚w Dort wird er den Himmel nicht fhauen!

Run echte, du Jungling dem Madel' die Sand, Hier knuͤpfet ein Schwert das zerriffene Band Und ſchenukt dich dem blutigen Madel! „Nun knie du Juͤngling zum Sterben geſchwind! Er kniet, nun zucket das Rachſchwert, es rinnt Sein Blut aus dem rauchenden Schädel:

Nun ſanken die blutigen Körper ins Grab, Sie fanfen, von Geiftern begraben, hinab, Auf Säulen erhebt fih fein Schadel; Annun if der Kelch der Gerechtigkeit leer, Kup rufet die uUnſchuld um Race nicht weht. Fun ruhet der Juͤngling behm Madel. J

Es kamen am Morgen die Stadter hinaus, Da war wohl der Schädel des Juͤngliags mit BR Beym Schädel Charinens zu hauen; Ä Sie ſpuͤrten der ernſten Gerechtigkeit Hand, j Es warb, die Gefichte der. Wehmuth bekannt, Blieb lange des Hörenden Grquen,

Nun geht es am Abend beym Hochgericht um, Dann ſiehet der Wanderer bebend und ſtumm Die Schädel, mie Irrwiſche, ſchimmern; Es ftetät, wenn die Stunde der Mitternacht ruft, * Das blutige Pärchen aus modernder Gruft, |

Man hört in der Zerne fein Winmern,

y-

“266 VII, An Sen, Buchhaͤndl. Goͤſchen in Leipzig,

O Wehe dem Mann, der die Unſchuld verführt! D weh ihm, ihe Schreyen um Race aebiert Schon bier ihm Entfegen und Grauen! | D wehe dem Manne, der Meinende ſchwoͤrt, Der nicht auf das Flehnder Verlaſſenen hört, Dort wird er den Hummel nicht ſchauen!

C. F. Bentonis,

Vill. A een Herrn ——— Goͤſchen in Leipzig, yon

E. © Baldinger, zur baldigen öffentlichen Defanntmahung.

LM und allen Herren Buchhändlern in ganz Deutfch. land habe ich die angenehme. Nachricht zu vermeiden, dag 1.) in ganz Marburg alle Mitglieder der ſogenannten deut: ſchen Union bereits Michaelis 1788 ſich von der. deurfchen Union losgefagt, und daran ferner nicht den geringften Ans theil genommen. Der ungenannte Herausgeber. der Papiere Fam alſo mit. feinen Sundgriff um & Jahr zu fpär! 2.) Kein einzig hiefiges Mitglied hat je einen Federſtrich, oder ſonſt was, zur Untergrabung des Buchhandels unter—

nommen.

Laßen

von E. G. Baldinge, 267 Laßen Sie ficy erzählen } Die Einladung kam mir den, sten Januar 1788 durch Sen, Prof, med, Weber zu Halle zu Händen. \ Diefe iſt ganz unverfänglih, Die Stifter wollen bloß dem jegigen Aber; glauben , Goldmachen‘, Geiſterſehen und was dergleichen Schwaͤrmereyen mehr ſind, eine andere geheime Geſellſchaft entgegenſetzen, die in ganz Deutſchland und deſſen ange— ſehenſten Staͤdten eine geſunde Vernunft verbreiten ſolle. Ein Mittel und Zweck hierzu ſolte werden, lauter gute Schriften in Umlauf zu bringen, und alle unfihnige Schtif⸗ ten zu verdrängen; das heißt: die Alleinherrſchaft der Vernunft diefe Monarchie folte befördert werden. Auch projectirte die Geſellſchaft eine eigene Zeitung Univ. Sins telligenzblatt u.f.m. Alles loͤblich wenn NB. : die Ausführung moglich und paſſend mare,

Nun die Plane felbft dawider hate ich and mehr . Mitglieder erinnert, daß vieles ſchief, ganz die Quere, zweck— widrig abgefaßt, daß alſo das alles gleich umgeformt, und dem Genio Saeculi angepaßt werden möge. Darin hat nun der Anmerker Recht, daß der oder die Verfaſſer der Pla— ne, weder Welt noch Menſchen genung kennen, um zu wiſ— ſen, wie das Ding anzufangen. Kurz, wir fanden kein Gehoͤr! | !

Die Urheber der Plane (mir unbekannt) freuten ih; re Plane nun weiter aus, projectirten Pranumerationen, machten Finanzoperationen. Ich fchrieb, ich nehme an alle dem feinen Theil, habe Feine Zeit, Pranumerationsfachen

S5 u. ſ. w.

268 VI, An Hrn. Buchhaͤndl. Göfchen in Leipzig ac.

u. ſ. w. zu befordern. Dies "gehöre für meinen Freund, Herrn Krüger. Nach Anhalt des Neverfes fieht Jedem frey abzufreten, wenn ihm der Plan nicht gefällt. Das alles habe ich getban, und mehr nichts, als Erinnerungen überfehrieben, die man aber meder gebilligt, noch angenom- men. Beit Michagl habe ich nichts angenommen , mas deutſche Union betrift. Was hinnen der Zeit vorgegangen, das afles weiß ich nicht, verlange es auch nicht zu wiflen, henn meine Zeit ift zu Eoftbar, zu edel, ale daß ich fie mit T. 11, Gefchäften verderben koͤnnte. |

Marburg, am 16, Febr. 1789.

II. unnang

No. 1. Nachricht von einer herauszugebenden Schrift, welche den Titel führe: Theorie des Magnetismus, und

des daraus herzuleitenden Inclinations- und Decli⸗ nationsfpftems der Erdfugel,

önnte der Seefahrer, wenn anhaftende trübe Witterung feine Ausficht nach dem beſtirnten Himmel auf einige Tage verhüllet, ſich auf die Magnetnadeln verlaſſen; fo wuͤrde ev demohngeachtet im Stande ſeyn, Ort und Bahn feines Schif—⸗ fes mit Gewißheit zu beftimmen.

Halley war der erfte, der cine weite Seereife untere nahm, das Syſtem der Deelination ansfündig zu machen, aber die fogenannten Halleyſchen Linien ſind noch lange kein die ganze Erdkugel umſpannendes Syſtem. Nachher be— merkte man, daß das Deelinationsſyſtem, wenn es auch ent: deeft werden folte, ohne das Inelinationsſyſtem an und für fi) felbft nicht hinreichend fey die Lange und Breite des Standorts eines Seeſchiffes auf dem DOceane erforderlich zu beſtecken. Man fieng an, auch die Inclinasionsnadel zu Hüls fe zu nehmen. Was haben fih ein Anfon, de In Caille, Edebirg, Niebuhr, Cook, Carteret, Wallis und mehrere be:

Tuhmte Namen nicht für Muͤhe gegeben, die gemaͤchte Wahrnehmungen in ihren Reiſebeſchreibungen dev Welt mit: zutbeilen, aus welchen man zwar fo viel fichet, es fey für beyde Magnetnadeln ein Syſtem vorhanden, aber welcher? und nad was für Grundſaͤtzen richtet es fih? Bevor num leßtere nicht entziffere find, arbeitet man aus der Samm⸗

kung der Wahrnehmungen an einer ſyſtematiſchen Ordnung Anhang. März 89. E | vera

a 005 Anhang.

vergebens, zumal da viele aus Schuld der Werkzeuge nicht gar zu richtig gerathen find. 1. Diejenige Inelinationsna— ‚del, deren fih Abbe de: la Caille auf feiner Reife nad) dem Vorgebürge der guten Hofnung bediente, hatte eine Mißs weiſung von 3 Graden, und wie viele Obfervationen unter den Polen und auf. der großen Südſee ift man no) ſchul— dig geblieben, - ee |

Dieſes bewog den ımten genannten Verfaffer, die erfte

Duelle des Magnetismus, und die von dem alleriveifeften - Schopfer diefer Kraft vorgefchriebenen Wirkungsgefege aufs zuſpuͤren, und in einen fuftematifchen Zufammenhang zu brin- gen, Anfangs fchob man alle befondere ‚Dbferpationen zus ru, und wählte nur diejenigen wenigen, an deren Rich— tigkeit und Genauigkeit Fein. Zweifef-übrig war, um benden Syſtemen die rechte Stellung in Anfehung der Erde zu er« theiten. Da aber nachmals die übrigen hin und wieder in. den Neifebefihreibungen aufgefuchten Wahrnehmungen mit den gemachten Entwürfen. zufrafen: ſo blieb wohl kein ‚Zweifel übrig, daß nicht auch diefe Theovie ihre innere Nich: tigfeit haben folte, Diefe wird in drey Abfihnitten. vor: getragen ; |

1, Abfchnitt handelt von der Dynamif nicht materieller Kräfte, das ift folcher,. in welche die Eigenfchaften der Materie oder ‘Korper feinen Einfluß haben.

2. Bon dem Magnetismus überhaupt, wobey die Phäno: mene. des Magnets nach: der. Theorie des erfteren Ab: ſchnittes gruͤndlich erklärt werden,

3. Bon dem Inelinations- und Declinationsiyfteme ins— befondere, wie. ſich folhes auf der Oberfläche des Erd⸗ planetem zeiget.

Den Beſchluß macht eine Abhandlung von der bis zur Voll: fommenheit verbefferten Inclinationsnadel. Die ganze Ab- handlung wird von-eilf fauber ‚geftochnen Kupfertafeln begleis- tet, worunter fich vier illuminipte befinden. Sie iſt in la— a teinis

24

*

Anhang er

teinifcher Sprache .abgefaffee worden, nicht nur deswegen, weil man ‚glaubte, durch die allgemeine Selehrtenfprache den verſchiedenen ferfährenden Nationen gefaͤllig zu werden, ſon⸗ dern auch, weil im erſten Abſchnitte viele technologiſche Woͤr⸗ ter und" Redensarten vorfommen, fo in dieſer Sprache längft ihren genau beſtimmten Beurif und gleichfam ihr Geptaͤge erhalten haben, die ſich nicht wohl mit Wermeidung der Zweydeutigteit in andere Sprachen uͤbertragen laſſen. Sol⸗ ten indeſſen mehrere Liebhaber wuͤnſchen, das Werk in fran⸗ zöfifcher Sprache zu. lefen: ſo tan. es. auch zugleich in diefer ‚geliefert werden.

Da nun nach dlfhiehener Vorlefung in cĩuisl. Xen, demie: bereits ‘viele ‚Gelehrte gewuͤnſcht, daß dieſes befonders der Seefahrt nuͤtzliche Werk allgemein bekannt gemacht wer⸗ de;.. fo wählt der Verfaffer den Weg der Subfeription, und fobald soo fich hiezu willig finden werden,.fo foll fogleich mit | dem Druck und Abftechung der Kupfertafeln der. Anfang ges macht, und ein complettes Eremplar mit: einem hollandifchen Dufaten aus der Paulifchen Buchhandlung im Berlin ver abfolger werden. Diejenigen aber, die so Qubferibenten ſam⸗ meln, befommen das eilfte ohnentgeldlih. Finder fich seine größere Anzahl Subferibehten; fo. foll noch eine Anweiſung Hinzugethan werden, wie man ſich bey Berfertinung und Prüfung volllommener Declinations = und Inelinationsna⸗ dein als damaſcirten Stahle zu verhalten habe, und bey welchem Mechanikus diefelben. zu Haben ſeyn merden. Auch wird man 'alsdenn den Preis zu vermindern ſuchen.

Alte, Beftellungen werden in der Paulifchen. Buchhand⸗ lung in Berlin angenommen.

2 —S Koͤnigl. Preuß. Oberconſiſtorial und Geheimer Oberbau⸗Rath.

No. 2.

46, anyang Ze

No. 2: | Verzeichniß berjenigen Verla sbücher, fo,in der Aubik late⸗ Mefle 1739 in dem Pauliſchen Buͤcherverlage von Berlin neu herauskommen, und die Meſſe uͤber in der Nicolaiſtraße in der Madame Koͤhler en zu haben feyn werben,

d Des Herrn Praͤſident v. Benckendorf Aiiezug Aus beſfen Oecohomiä, forenſis, bder kurzer Jubegriff derjenigen landwirthſchaftlichen Wahrheiten, welche allen, ſowohl ho— hen als niedrigen Gerichtsperſonen zu wiſſen noͤthig, zter und leistet Band. Dieſer enthält N) die Beylagen des iſten Bandes vom großen Werke, die Butertaren betreffend: 2) Eine bollftändige Seiagraphia, und 3) ein vollfiandiges Regiſter über dieſes ganze Werk, ar: 4to. Prän, Preiß

1 Mthle. 8Gr. ord. Preiß 2 Rthfr. | | 2) Berliner Beyträge zur Landwirthſchaftswiſſenſchaft, von eben demfelben, gter und letzter Band, fo nebft andern noch in vorigen Bänden nicht befindlichen Abhandlungen auch ein vollftändiges Regiſter des ganzen Werks enthält, gr: 8. 2. Rthlr.

3) BDüffons Naturgeſchichte der vierfüßigen Thiere, 14. Band, mit 44Rupfern, gr: 8. auf. Druckpappier Pran, Preiß 12, ord. 20 Gr,

4) Daſſelbe Buch auf Schreibpappier mit ſchwarzen Kupf. Praͤn. 18 Gr. ord: ı Rthlr. 4 Gr.

MT illuminirt. Kupfern, gr. 8. Prän. Preiß, 3 Nehle: ı2 Sr: ord. Preiß, 4 Rthlr. 20 Gr.

69 zS5jctter Band mit 28 Kupfern, Druckpappiet, 91,8. i2 Gr. ord. 20 Br. |

) ter Dalıd Schreibpappier 18 Gr: ordin.

ARE, 4 Gr.

5) ıster Band Schreibpappier init illum. Kupf. gras. 2Rthlr. 12 Gr. ord. ZRH Gr.

9) Buͤffons

Anand, 04

9 Buͤffons Naturgeſchichte der Vögel, ister Band, Druck:

Praͤn. Preiß, is Gr.ord. 1Rthlr. 4 Gr

io) ztzer Band, Schreibpappier gr.s. 1Rthlr, 4 Öt. und ord. ı Rthlr. 8Gr.

i) ster Band mit illum. Kupf. ge. g.

12) Chaulners neue Art mathematiſche und aſtronomiſche In⸗

ſtrumente abzutheilen, aus dem Franz. uͤberſetzt. von J. ©, Halle, mit 10 Kupfer, gr. 4to. 20 Gr.

iz) Halle, J. S. Fortgeſetzte Magie oder Zauberfraͤfte der Natur, ſo auf den Nutzen und die Beluſtigung angewen⸗ det worden; ter Band, oder des ganzen Werks Ster Band, mit Kupfern, gr. 8. 1 Rthlr. 16 Str.

i4) Jablonski fortgeſetzt von Herbft, Natutgeſchichte aller be⸗ kannten in/ und auslaͤndiſchen Inſecten, als eine Fortſetzung det Buͤffonſchen Naturgeſchichte der Käfer; ꝛter Band, ates Heft, gr.8. mit 8 illum. 4to Platten ; Prän. Preiß, 1Rthlr. 18 Gr. ord. 2Rthlt. 16 Gr. |

i) 7 der Schmettetlinge, gter Band, ıftes ‚Heft, ge.8. mit 14 illum. ats Kupfern; Präh. 2 Rthlr. | is Gt. ord. 4 Rthlr. 46Gt. |

16) Juſti, Hr. von Abhandlung von, Manufactüren und da— briken, 2 Bande mit vielen Verbeſſerungen vetmehrt, von H. J. Beckmann in-Ödttingen, gr.s.

17) Kruͤnitz, D. J. G. Oekonomiſch⸗Technologiſche-Encyklo⸗

paͤdie oder allgemeines Syſtem der Staats » Stadt Hause und Landwirt/ichaft Ind der Kunftgefchichte in alphabeti— fher Ordnung; zofter Band, ate Auflage, gr. 8. Prän. Preiß, z Rthlr. 2 Gr. ord. 3Rthlr. 6 Gr.

18) Deſſelben Buchs azſter Band, gr: 8. Praͤn. Preiß ı Rthlr. 20 Gr. ord. 2 Rthlr. zo Br.

19) after Band mit 44 Bogen Kupf. gr. 8. Prän. Preiß, zRehlr. 4 Gr. ord. 3Rthlr. s Gr.

Aa) ea ie, en asfter Band, mit 85 Bogen Kupf. gr. 8, Prän, Preiß, Rthlr. 2 Gr. ord, 4 Rthlr. 17 Gr.

21) Kunſt

48 ‚Anbung

2) Kunft des Bleyarbeiters bey Gebäuden, Waſſerleitun⸗ gen und Springbrunnen, durch M. aus dem franzoͤſiſchen uͤberſetzt, von J. S. Halle, mit 17 Kupfer, gr. 4. 2 Rthl. 22) Martini, F. H. W. allgemeine Geſchichte der Natur in alphabetiſcher Ordnung, fertgeſetzt von einer Geſellſchaft Gelehrten, und herausgegeben von D. J. ©. Krünitz, ster - Band, mit illum. Kupf. gr. 8. 3) Daſſelbe Buch, mit ſchwarzen Kupfern, gt. 8. 24) Schauplag der Künfte und Handwerfe, oder vollſtaͤndi⸗ "ge Beſchreibung derfelben, verfertiget oder gebilliget. von den Herren der Academic der Wiffenfhaften zu Paris, " mit 38 Kupfern, 17ter Band, Überfegt und mit Anmerkun⸗ gen vermehrt von J. S. Halle, gr. ato. ran. Preiß 3 Rthir., rd: 4 Rthlr. 9 Schuͤtz, M.E. von, Auszug aus des Herrn D. J. G. Kruͤnitz Oekonomiſch— Technologiſchen Encyklopaͤdie oder all: gemeines Syſtem der Staats-Stadt-Haus-und Landwirth⸗ ſchaft und der Kunſtseſchichte in alphabetiſcher Ordnung, oͤter Band mit ı5 Bogen Kupfer. Den 22 25 Band des größern Werks enthaltend, gr. 8. Pran. Pteiß, 1Rthl. 12 Gr. ord. 2 Rthlr. 8 Gr. 26) Deſſelben Buchs zter Band, mit 4 Bogen Kupfern. Den 26— 29 Band des großen Werks enthaltend, gr. 8 Pr. Rthlr. 7Gr., ord. 2 Rihlt.

Porträts. | ı) Des Herrn Oberbergraths Serber, geftochen von Halle, 4 Sr. 2) dv. Drachroͤden, von eben demfelben. 4 Gr. ) Proſ. und Collegienrath Georgi in St. Petersb. geſt. von Penning. 4 Gt, Prof. Titius, geftochen von Halle. 4 Gr. NB, Bey :Nro: ır, 16.22. und. haben die Preife jetzt noch nicht beftimmt werden Eonnen, weil man die Staͤrke des Tex⸗ tes und die Anzahl der Kupfer noch nicht weiß, felbige _ wer: den aber noch vor der Meile angezeigt.

\

Alle

Anhang⸗ | 9

Ä Ale Sachen, die bier um Praͤnumeratlonspreiß bes kannt gemacht worden, find beym Verleger nad) u Ende Suny 1789 darum zu gt |

No. 3. | Nachricht an das Publicum, den großen Made druck der Eychklopaͤdte des Hrn. D. Kruͤnitz be⸗ treffend.

Als ich vor einigen Jahren in Erfahrung brachte, daß der Buchdrucker Traßler in Brünn mir des Heren D. Kruͤnitz öfonomifc) » technologifche Encyklopaͤdie nachdrucken wol te, ſo warnte ich das Publicum vor ſolchen Nachdruck, weil zu befuͤrchten waͤre, daß ein, zumahl beſchleunigter und uͤbereilter Nachdruck vieler Bände wenig correct gerathen dürfte, und daß dieſes inſonderheit die bey den Recepten wider Menſchen⸗ und Viehkrankheiten vorkommenden medieiniſchen Gewichtzel⸗ hen treffen koͤnnte, welche letztere Fehler bey der Verferti⸗ gung und dem Gebrauche der Arzeneyen von unausbleiblich ſchaͤdlichen Folgen find. Leider iſt diefe meine Vermuthung und Beſorgniß nur zu fehr eingetroffen. Es iſt der fechite Dand diefes Nachdruckes in meinen Händen. Sch habe detis felben durchfehen laffen, und es find bloß in der erften Hälfte diejes Bandes, folgende 48 Druckfehler vorgefunden morden; der faft unzähligen Beinen Fehler, in verkehrten Duchftaben, unrechten Unterfcheidungszeichen , falfcher Orthographie und öſterreichiſchen Previnzialismen, die ſich in dem Originale doch nicht befinden, nicht zu gedenken.

Seite 2. erbaͤmlich, an ſtatt erbaͤrmlich. 5. H.G. an ſtatt H. €, cholchieci, an ftatt colchici,

8 anhält, an ſtatt aufhält.

Anhang. März 89: 5 L Seite

50

Anhang

Seite 14, ſMatien, an ſtatt ſchwarzem

Bey

ET

II

18, Untoͤſten, an ſtatt Unkoſten.

30. 3 Unzen, an ſtatt 4 Unzen.

zi. nicht anders, an ſtatt nichts anders.

53, dedeutet, an fintt bedeutet.

57 und 59. Interreſſen, an ſtatt Intereſſen.

59. Confication, an ſtatt Confifcatien, , Vereinungsfall, an ſtatt Verneinungsfall,

75. lang ſey, an ſtatt lang feyn. |

82. Bernſtein, in der alphab, Ordnung ber At. ar ſtatt Boͤrnſtein.

34. Gerarde, an ſtatt Gerade.

102, drucken, an ſtatt gedruckten,

110. Bohnen, an ftatt Bohlen,

ri2. jede Same, an ſtatt jeder Same.

126, Schmitbohnen, an ftatt ——

133. heivon, an ſtatt hiervon.

134. Pauli, an ſtatt Paulini.

138. wenn fie groß, an ſtatt wenn fie fo groß. ö genommen worden, an ffatt genommen werden.

140. geſchrotten, an ſtatt geſchroten.

143. Schramen, an ſtatt Schrammen.

149. beſtaͤngig, an ſtatt beſtaͤndig.

150. Fig. 207, an ſtatt 297.

156. Maquis, an ſtatt Marquig,

177. conards, an ftatt canards,

185. Walbäume, an ſtatt Waldbaͤume.

i87. Lrpent, an ſtatt Arpent.

199. Bondie, an ſtatt Bondir.

201. Baetilio, an ſtatt Paetilio.

206. Guenne, an ſtatt Guienne. Mannsmuͤntzen, anſtatt Mannemuͤten.

226. Pares, an ſtatt Parcs. ze

250, Arques, an ftatt Argues.

258, Turtue, an ſtatt Tortue, Mi a Seite

Anhang.

Seite 361. Rinde, an ſtatt Ringe. 466. Bouillier, an ſtatt Bouillir, z298. Rogout, an ſtatt Ragout. Br Thierriegel, für Thuͤrtiegel. “== 303, Terre en ducre, an ftatt Terre eh gu£ret. ' und darauf, an ſtatt um datauf. 2: 536. Cepar. 3 Un;en, an flatt 3 Unzen. 538, Pappelglas und Bingelkraut, an ftatt Dappelı 0. Glas und Bingelkraut. ir, ranchure; at ftatt Branchure, | Auf dersten Kupfertafel, fteht bey Fig. 294. S. 103, an ſtatt 105, - HSierunter finden ſich Beyſpiele von falſchen Gewicht⸗ zelchen, Seite zo, in dem Recepte für die Blutſtaupe bey Pfers den; und Seite 336, in dem Htecepte für die Bräune beym Hornvieh. Einen vorjüglihen Werth ertheilen der Ency⸗ Elopädie, die darin vorkommenden mediciniſchen Artikel. Herr D. Kruͤnitz bat, aus vierzigjaͤhriger Erfahrnng, die in feiner medicinifhen Vraris bewährt befundene Curmethode der Krankheiten der Menfchen, ohne ein Geheimniß daraus zu machen, als Patriot und Menfchenfreund, infonderheit zum Nutzen der Landleute, und anderer, die einen gefchickten Arzt zu conſuliren nicht Gelegenheit haben, getreu bekannt des macht; und mas die Viehkrankheiten betrift, diejenigen Hel⸗ lungẽmittel, die er in allen über die Vieharzneykunſt gefchtier denen Wetfen auttift, und die er nach jorgfältiget. Prüfung und reifer Beurteilung als die ficherften und wirkiamften erkennt, angezelgt. Nicht nur der Herr Verf., fondern auch ih, haben Briefe in Haͤnden, darin man den gluͤcklichen nd er wuͤnſchten Gebrauch der mac) feiner Anweiſung und Vor fehrift bey Menſchen und Vieh angewandten Mittel in ver⸗ ſchiedenen wichtigen Krankheiten, und. Zufällen bejeugt , und mit den 'verdienteften Lobfprüchen belegt, welche Briefe wit, wenn Verfaffer und Verleger ruhmſuͤchtig und eitel wären, dem Pablicum. im Drud vorlegen würden; Durch dergleis theit

52 Änzang.

hen Druckfehler nun wird alfo der. Hauptnugen folcher mes dieinifchen Artikel vereitelt, der Ruhm des Verfaſſers und feiner. Arbeit geſchwaͤcht, und, was das fraurigfte iſt, Schaden bey Menſchen und Vieh angerichtet. Ich. überlaffe es alfo einem Jeden, zu beurtheilen, ob es vorcheilhaft fey, um we» niger Thaler willen, die. man etiva bey dem fo mangels und fehlerhaften Nachdrucke erfparet,. diefen dem Originale gleich zu fchägen, oder gar vorzuziehen. Freylich Fann der Nach⸗ drucker fein Werk etwas wohlfeiler geben, denn er hat bey ei- nem fo gemeinnügigen und allgemein gefchägten Werfe nichts zu rifguiren, und darf dem Verfaffer Fein Honvrarium bezah⸗ fen, Allein, ih babe bey dem Verlage diefes Werkes, vom Anfange an bis jest, die größte Uneigennägigkeit beobachtet, ob ich gleich) bey der, nach und nach dem Hrn. Verfaffer frey⸗ willig und nah Würden zuecfannten Erhöhung feines Ho⸗ norariuni (wie der Hr. Verf. in der Vorrede zur zweyten Auf⸗ lage des erſten Bandes der Encyklopaͤdie, S. XXXXI, ſelbſt bezeugt,) mehrere Koſten gehabt habe, und verhältnismäßig auch den Preiß des Werkes bilig hätte erhöhen, und mic) nach. dem jegigen Preife anderer Verleger und Buchhändler richten koͤnnen. Man bezahlt den Bogen geringer und weite laͤuftig gedruckter Schriften, die geſtern geleſen ſind, und heu⸗ te wieder vergeſſen werden, den Bogen, otdinaͤr Format, mei⸗ ftentheils mit Gr. Bon der in Medianformat gedruckten, ihren Werth und Nutzen auf viele Sjahrzebende ‚behaltenden Enchklo ädie, bekommen die Pränumeranten den Text eines jeden, aus so und mehr Bogen beftehenden Bandes, welcher aus lauter Cicero gefegt und gedruckt, über 70 Bogen, in Mebdlanoctav, betragen wuͤrde, anftatt eines dafür nod) immer billigen Preifes von dritthalb Thalern, für ı Kehle. 4 Gr., und jedes Oetavkupfer für 8 Pfennige; wozu noch Fommt, daß ich, jenes ungerechten und unnügen Nachdrucks wegen, mich erblethe, allen’ neu antretenden Liebhabern diefes Werk noch um den Pränumerationspreiß zu erlafen. Die bis ‚Jesse herausgekommenen 44 Bände betragen, nach ordinärem

Preife,

!

y

Anhang. rn

reife, 128 Rthlr. 1Gr.; ich bin aber, dieſelben noch um den Praͤnumerationspreiß, welcher nur 83 Rthlr. 9 Gr. betraͤgt,

azu verlaſſen erbörhig, Zu Soachim Pauli, Buchhaͤndler.

No. 4.

| Nachricht an das Pubficum, megen der Ueberfegung des Dühamelfihen Werfs vom Schifbau.

Im December v. 5. kündigte ich die in meinem Ver: lage hetauszugebende Fortſetzung der deutſchen Ueberſetzung der großen Defeription des arts et des metiers an, Der Bey⸗ fall, mit welchem das Dublicum die feitdem erfchienenen, vom Herten Prof. Halle bearbeiteten Bände aufgenommen hat, _ fordert mic) anf, zur möglichften Vollkommenheit und völligen Btauchbarkeit diefes Werks für Deurfchlaud, ferner alles aufs zubieten mas ich vermag, In dieſer Abſicht bin ich, mit Zus ſtimmung des Heren Profeffer Halle, (welcher die Bearbei⸗ tung des Werks der Hauptfache nach auch ferner fortſetzt) wegen der Künfte und Handwerker, melde das Seeweſen insbefondere betreffen, als: Schifbau, Reepfhlägeren, Mas ſtenſchneiden, Segelmachen ıc. mic einem deutfchen Seeofficier übereingefommen, fie dergeftalt zu bearbeiten , daß fie fir Deutfhland gemeinnägig werden. Bekanntlich enthalten die zum franzofifchen Original gehörigen, _ diefen Künften und Handwerken beftimmten Theile, Befchreibungen derfeiben, bloß fo wie fie in den koͤnigl. franzofifchen Kriegshäfen ausgeübt und getrieben werden; beynahe ohne alle andere Ruͤckſicht als bloß auf die koͤnigl. franzofifche Kriegsflotte, mit Aug ſchlieſſung aller. andern Seemächte, und vorzüglich deffen, was für Deutſchland bey der gegenwärtig beynahe allgemeinen Aufmerkfamfeit auf Seehandlung am nuͤtzlichſten ſeyn möchte, auf die kaufmaͤnniſche Seefahrt. Diefe Lücken wird die 0 | deutfche

54 5 Aubang

deutſche Ueberfegung der zum &eewefen gehörigen Theile des Schauplatzes der Künfte und Handwerker, zu ergänzen füchen, fo weit die neueften dies Fach betreffenden Schriften ‚anderer Nationen, die franzöfifchen nicht ausgefhioffen, darüber Auss kunft geben, und die durch Erfahrung gefammelten Kenntnifs fe des Ueberfogers zureichen. Um aber dadurch die Folge des | ganzen Werkes nicht zu unterbrechen, wird dies durch Eins ſchaltungen und Zufäße dergeftalt geſchehen, daß immer die Abhandlung des franzöffhen Verfaffers, ein für ſich 'befle« heudes Ganzes, und -gleichfam die Grundlage bleibt, - Webris gens werde ich bey dieſen Theilen die Einrichtung treffen, daß die Beſchreibung jedes einzelnen Handwerks oder. Kunft, ohne Rücficht auf die Folge des ganzen Werks, ala ein ei—⸗ genes Bub fir ſich wird beſtehen, und gebraucht werden fonnen. Durch diefe Einrichtung ſchmeichele ich mir , dem deutſchen Publikum auch in dieſem noch ſo wenig fuͤr daſſelbe bearbeiteten Felde, ein Werk vorzulegen, das an Volljtändige- Feit und Drauchbarkeit, dem was einzelne Nationen an Schriften diefer befondern Art befigen, wo nicht vorgezogen zu werden verdient, doch gewiß nicht nachftehen wird, _ Der erfte Band diefer. befondern Abtheilung , , der. für

ſich ohngefaͤhr 2 Bände berragen wird (der ıgte des ganzen Werkes) in welchem der Schiffbau nach Du Hamel. de

| Mongeau (mit Ergänzungen, nad) Chapmann, Vial du Clairbois, D George Juan, uud Stalkartt) enthalten it, wird, wenn Gefchäfte und Geſundheit des Ueberſetzers es er⸗ laubeu, zur Michaelisineffe 1739 fertig werden; und Diefem Die übrigen diefem Fach ausſchließlich zugebgrigen Handwerke folgen. _ Damit aber die Fortfegung des ganzen Werts ducch diefe Verzögerung nicht .aufgebasten werde, fo werden im den nächiten Meſſen vorher noch der 20ſte Band u. folg. er⸗ ſcheinen.

Solten die zum Schifften, unumgänglich erforderlichen Rune etwas im Preite diejes Dandes verändern, fo hoffe ih) durch

Anhang 57

* Preiſe ———— Vorlagebuͤchet, eine Ye. berzeugung: im Publikum begruͤndet zu haben, daß es durch. meine Forderungen niche uͤberſetzt werden kann. Die Bes dingungen Far die: Subferibenten bleiben übrigens fuͤr diefen Band in Ruͤckſicht des Preifes, für. so Bogen; Text ı Rthlr. 4 Sr. und jedes gto Kupfer ı Gr. Die nidie voraus ſub⸗ ferisiren, bezahlen für so Bogen: Text, 1 Rthlr. 20.Gr und für jedes 410 Kupfer 1 Gr.6 Pf. Diejenigen’ fo . Subferibenten ſammeln, 'befommen ar 10 m rıte Fremplar 2 ihre oe

muhuns * Joachim Pauli * AN a

PR et ee No, “a ——— oder Verzeichniß der Buͤcher, mit den Preifen, und einer kurzen Anzeige des In⸗ halte, nebſt den intereffänteften litterariſchen Mach: | richten aus Paris. VierterFahrgang. Straßburg, in ber afademifchen Buchhandlung, 1789.

Jaͤhrlich 96 Stuͤcke in g. Auf feines Pappier 12 Liv. in Stiasburg, frey bis Frankfurt sfl. 30 Kr, in den Buchhauds ‚ungen 4 Rthl. oder 6 Guld, Auf graues Pappier 8 Liv. in Straßburg, frey bis Frankf. 4 Fl. in den Buchhandl. 2Rthl. 12 Gr. odey 3Fl. 45 Kr. Man unteeſchreibt in der academi⸗ (hen Buchhandlung in Straßburg. Auf. dem löbl. Neichs» Oberpoſtamt in, Frankfurt amU Mayhn. Auf * Ib Dapı

aͤmteon, und in allen Buchhandlungen. 4 +:

Ein Zeitungsblatt, welches die Anzeige der krachen franzoͤſiſchen Buͤcher enthält, mit dem Juhalte derfelben bes kannt macht, und den Liebhabern die Buchhandlung ſowohl, wo ſie zu haben ſi ſind, als die Pteiſe, "in welchen fie geliefert werden, anglebt, das dabeh niche‘ voluminds, niedlich gedruckt

und wolfeil iſt, Eonnte nicht anders "als wohl aufgenommen werden.

56 | Anhang.

wien: Der Erfolg‘ hat der Erwartung ville und der Avantcoureur erhaͤlt je laͤnger je mehr Leſer. Nur fehlte es: bisher an einer. gefchtwinden Verbreitung defjelben, da die Preife der loͤbl. Poftämter zu theuer waren, Um auch hierinn den Freunden der franzöfifhen Litteratur gefällig zu feyn, hat die unterfchriebene Buchhandlung mit dem: löblichen Reichs» Ober» Poftamte in Frankfurt am Mayn die Meberein« kunft getroffen, daß Liebhaber ihre Eremplare von demfelben um 4 Fl. auf grauem Papier, und um s Fl. 30 Kr. auf feinem Pappier erhalten koͤnnen, und zivar alle vierzehn. Tage. vier Nummern. Um einen eben fo billigen Preiß erhält man ihn auch von dem: loͤbl. Poftamte in Kehl.

Perfonen, melde den Avantcoureur oierteljäßrig aus den Buchhandlungen erhalten, bezahlen ihn, auf feines Pappier, jährlih mit 4Rthl. oder 6 Guld. Auf graues Pappier, 2 Rthl. 12 Gr. oder 3 Guld. 45 Kr.

Von den vorigen Jahrgaͤngen ſi ind noch in den benannten Preiſen zu haben. Die beyden erſtern Jahr⸗ gaͤnge werden nicht getrennt, da fie nur 18 Monate ausma⸗ chen; fie find auch nur auf feines Pappier gedruckt worden, und Foften zufammen 6 Rthl. oder 9 Gulden.

No, 6. Be Wiener medicinifhe Monarfchrift.

Die großen Forefchritte, welche die Heilkunde nah Ih- rem ganzen Umfange zeicher in den €, E. Staaten gemacht hats der Reichthum der Beobachtungen, welche immer noc den vortreflichen ‚Anftalten in den Krankenhäufern zufolge haufig angeftelle werden koͤnnen; das Beſtreben fleißiger Natur; forfcher, Aerzte und Wundärzte, und endlich der Mangel einer. nähern Verbindung mit auswärtigen Gelehrten und einer ſchleunigern Bekanntmachung der neueften litterarifchen Pros duete ſcheint durchaus eine innlaͤndiſche mediciniſche

noth⸗

| Anhang. _ | 57 nothivendig zu machen, welche von allem dieſen zuverlaͤßige Nachrichten lieferte, und zugleich einen Weg oͤfnete, um. einzel ne Beobachtungen, Erfahrungen, Erfindungen und Verbefferuns gen. in der Arzeneyroiffenfchaft, die aufferdem unbenugt bleiben würden, fogleich öffentlich befannt zu machen: Zu dieſem Ende babe ich mich enefhloffen, in Verbindung mit einigen Aerzten und verfchiedenen in der Heilkunde und ihren Huͤlfswiſſenſchaften ‚erfahrenen Männern, obengenanute Monatfchrift herauszugeben, deren Plan folgender iſt:

1.) Soft dieſelbe enthalten bie medichnifche Geſchichte ei⸗ nes jeden Monats, worunter die Beobachtungen der Witterung, der Jahrszeit, des Barometer » und Thermometerftandes ‚der Winde und der hauptfächlihften Veränderungen in der Atmoı ſphaͤre, und - überhaupt alle ——— Beobachtungen gehoͤren.

IL) Den Einfluß der Witterung und der Sjahrszeit Übers haupt: alsdann die, in: jedem Monat vorzüglich hertfchende Krankheiten und die dabey mit dem beften erſots⸗ andewandti

Behandlungeart derſelben. III.) Medicinifhe Auffäge aus Theilen der Arie⸗ neykunde und andern Wiſſenſchaften, die darauf eine Sertbung baben.

IV, Anzeige aller in den £. £. neu erfihlettenen Schriften, die zur Arzneywiſſenſchaft im ausgebehnteften Der flande.gehören, wovon das Erheblichſte ausgejogen, oder eine kurze Veberficht des ganzen Inhalts ‚mit. angemefjenen Erlaͤu⸗ terungen allezeit dargeſtellt werden ſoll.

V. Auslaͤndiſche medieiniſche Schriften, die nach Maaß⸗ gabe ihres intereſſanten Inhalts mehr oder weniger ausfuͤhrlich angezeigt werden.

VI. Biographien beruͤhmter und verdienfkvoller innläne bifcher Aerzte und Naturkündiger, | VII, Neue Entderfungen und Erfahrungen in allen The . fen der Arzeneykunſt nebſt Bemerkungen darüber.

VI,

sg 7 Un h ang

vm. Liſten von Verſtorbenen, Neuhebohtven und Ver⸗ ehlichten, mit beſondern Anmerkungen.

IX, Mediciniſche vorzuͤglich innlaͤndiſche Neuigkeiten, Verordnungen, Inſtitute, Todesfälle, Beförderungen, ROM ten, Intelligenznachrichten ıc,

Die Gemeinnuͤtzigkeit einer ſolchen Zeitſchrift muß von felbſt hinlaͤn glich einleuchten, und jedem auslaͤndiſchen ſowohl als innlaͤndiſchen Atzt hoͤchſt willkowmen ſeyn, weil erſterer dadurch mit der mediciniſchen Verfaſſung und den litterari⸗ ſchen Neuigkeiten innerhalb Deftreich mehr bekannt, und der Innländifhe in den Provinzen Deftreichs feine Wiffenfchaft aus⸗ Übende Arzt mit der Hauprftade dadurch: gleichfam naͤher vers bunden, und von den dafelbft herifchenden Krankheiten, den abwechfelnden Veränderungen, und der Behandlung derfelben ſogleich beuachrichtigt wird, welches ihm zu weitern Bemer⸗ kungen und Vergleichungen in entlegenern Gegenden. Geles genhelt verfhaffen , und feine Erfennungsart in Behandlung der Volkskrankheiten erleichtern, feiten und unterſtuͤtzen wird; nicht zu rechnen, daß er auch mit dem Gange der medieinf« ſchen Literatur Immer vertrauter wird, und ihm noch fo mans herley andere Vortheile daraus ermachfen,

Möchten doc) edeldenkende Aerzte, Wundärzte und Nas turforfcher, die für die Verbreitung möglicher Kenneniffe in ih» rem Face nicht gleichänltig find, zu diefem gewiß lebenswer⸗ then Endzweck mitwirken, und durch Einfendung ihrer Erfah: rungen, und anderer hieher gehoͤrigen Aufſaͤtze, diefes Journal zu derjenigen Vollkommenheit, deſſen es faͤhlg iſt, bringen helfen!

Den ı0, eines jeden Monats erſcheint ein 7 bisg Bogen

ſtarkes Heft, im großen Octavformat, auf fbonem Papier. mit ganz neuen Lettern abgedruckt uud mit einem Umfchlag verſehen. Bey Heren Buchhändler Stahel in der Wollzelle der FE. Poft gegenüber, kann darauf vierteljährig mit FI. 30 Kr. bis zum 10. Febr. 1789, wo das erfte Stück ausgegeben- wird, pränumerict werden, Cinzeln Eoftet jedes Heft 36 Kr. Sarg Eenisterten. No.7

Anhang | . ‚9 No, 7. | 1

So gewiß ein jeder Lehrer und Yunendfreund, der Ges legenheit gehabt hat, ſich mit der - Zugend wiſſenſchaftlich zu bes fhäftigen, aus Erfahrung weiß, dag unter den verſchiedenen Difciplinen, worinnen die Jugend unterrichtet zu werden pflegt, Feine angenehmer und unterhaltender ach im vieler Ruͤckſt cht nuͤtzlicher für fie feg, als, Geſchichte und Geographie, befonderg die von unferm Vaterlande: fo,gewiß wird es auch keinem unbekannt ſeyn, daß zu einem zweckmaͤßig unterhaltenden und belehrenden Unterrichte in diefen Wiffenfcyaften, fleißige Vorbe⸗ teitung, viele Beleſenheit und ausgebreitete Kenntniffe erfordett werden, Wie fehr es aber, wenn ich auch nur bey der hiftori« ſchen Geographie von Deutfchland ſtehn bleibe, vielen- daran mangelt, das kann man am beften gewahr werden, wenn man dem privat und öffentlichen Unterricht der Jugend beywohnt, wo man geweiniglich finder, daß faſt jede Wiſſenſchaft lebhaf⸗ ter, zweckmaͤßiger und gruͤndlicher vorgetragen wird, als dieſe.

Mangel an Huͤlfemitteln uͤberhaupt kann nicht Schuld daran ſeyn, denn beyde, Geſchichte ſowohl als Geographie von Deutſchland, wurden zu keiner Zeit mit mehrern Fleiße und Fot⸗ ſchungsgeiſte bearbeitet, als jetzt. Geſchichtsſorſchet vom erſten Range haben die Thaten und Begebenheiten der Deutſchen und die Berfafjung unſers Vaterlandes befchrieben; und Geogta⸗ phen von gleichem Range haben zur Regentengeſchichte und Laͤnderbeſchreibung die vollſtaͤndigſten Werke geliefert, und faſt feinen Ort in Deutſchland zu unbedeutend gefunden, daß fie ihn nicht wenigftens dem Namen und der Page nad) aufnezeichnet hätten. An Hülfsquellen zur Vorbereitung und Erwerbung hie ftorifch » geographifcher Keuntniſſe fehlt es alfo nicht; allein der Aufauf derfelben ift fo koſtbar, daß fie nur von wenigen ange⸗ [haft und benugt werden Eonnen, und dies dürfte auch wohl ei» ne Haupturfache feyn, moher es kommt, daß der. hiſtoriſche und geographiſche Vortrag, ich feße voraus, daß man dieſee nicht von der akademiſchen kehrart, von welcher hier gar nicht die Rede ſeyn ſoll, verſtehe ſich öfters weiter nicht erſtreckt,

als

60 Anhang.

als was davon im Lehrbuche ſteht, welches aber die Wißbegierde der jugend, zumal da felbige in dieſer Wiffenfchaft gemeiniglich weit größer iſt, als in jeder andern, nicht allemal befriedigt, Es fehlt zwar auch nicht an hiſtoriſchen und geographiſchen Lehrbuͤ⸗ chern, allein letztere ſind gewoͤhnlich gleichſam nur Regiſter von groͤßern Werken, und euthalten zu wenig Geſchichte, welche doch zum Unterricht in dee Geographie hoͤchſt noͤthig iſt. Denn, fos bald Anfänger eine allgemeine Weberficht der Länder, Staaten and Provinzen mit ihren, verfchiedenen Einthrilungen gefaßt has ben, und felbige auf den Sandcharten zu finden wiſſen, muß die Geographie hiſtoriſch vorgetragen werden.

Da nun Geſchichte und Geographie überhaupt unter die nöthigen Kenntniſſe einer wohlerzogenen Jugend aus alleıı Stäns den ber gefitteten bürgerlichen Geſellſchaft gehört, und daher je⸗ der Vater den Wunfch äußert, daß doch feine Kinder wenige ftens in der vaterländifchen Gefchichte und Geographie, die für jedem, der nicht ganz dem Unwiffenden gleich geachtet ſeyn will, unentbehrlich iſt, nicht nur allgemeine, fondern ausgebreitete Kenntniffe erlangen möchten, fo Hoff ich der Jugend und ihren Freunden feinen unangenehmen Dienft zu erzeigen,, wenn id) das, was ich fchon feit mehren Jahren Hierzu geſamlet, und in Ermangelung eines bequemen Lehrbuchs zum Unterricht ber Jugend benußt habe, unter dem Titel: Gefchichte und Geo- graphie von Deuefchland, als Lehr- und Leſebuch für Die Jugend und zum Gebraud) für Schulen, herausgebe. Bey der Bearbeitung diefes nach den Bedürfniffen unfrer Zeit fo nüglich als noͤthigen Buchs, werde ich, ſowohl was die Wahl der Sachen als den Vortrag derfelben betrift, vorzüglich darauf Nücficht nehmen, daß es nicht nur für die Jugend, und viele andre Lefer, die dergleichen Nachrichten in großern Werken auf zufuchen, weder Zeit noch Gelegenheit haben, als ein hiſtoriſch⸗ geographifches Lefebuch unterhaltend und nuͤtzlich, fondern auch für. Schulen als Lehrbuch brauchbar werde, Ich werde in dies fee Abſicht erftlich die Geſchichte der Deutſchen überhaupt und im Zuſammenhange erzehlen, und ſelbige mit der allgemeinen

Geo⸗

| Anbang. 61 . Geographie von Dentfchland nach der gewöhnlichen Eintheilung in die bekannten Kreißländer verbinden; ſodann aber die His feorifche Geographie, oder die Regentengeſchichte und geogras phiſche Beſchreibung der deutfhen Staaten insbefondre abhau⸗ dein, und dabey die Nebeneinanderftellung der Länder jedes re⸗ gierenden Herrn beobachten. Das Ganze wird wenigftens 2 Alphabet betragen, und fich füglich in 2 Bände theilen laffen, wovon der erfte zu Michaelis, der zweyte zu Weinachten diefes Sahres abgeliefert werden fol. Um den Ankauf des Buches ſoviel als möglich zu erleichtern, und der Koften wegen doch eis nigermaßen gefichere zu ſeyn, ſchlage ich den Weg der Pränumes ration vor, und verlange für jeden Theil, der, wie ſchon gefagt, wenigfteus. ein Alphabet ſtark feyn wird, nicht mehr, als 12 Gr. Vorausbezahlung, den Ducaten zu 2 Rıhl. 20 Gr., den Louisd'or zu s Mehl. gerechnet. - Der Ladenpreiß dürfte nachher um ein ‚Drittel erhöhet werden. Sch erfuche dahero alle wohlloͤbl. Poſt⸗ ‚ömter, Zeitungserpeditionen und Buchhandlungen, wie auch alle Freunde der Gefhichte und Geographie, befonders diejeni⸗ gen, welche felbige für die Jugend benußen koͤnnen, diefe Au⸗ zeige bekannt zu machen, auch ihres Orts fubferibiren zu laffen, Wer auf 6 Eremplare vorausbezahle, erhält das zte fiey. Sol⸗ ten Lehrer in ihren Schulen hiervon Gebrauch zu machen wuͤn⸗ ſchen, und dahero mehrerer Exemplate benbthigt feym, fo wer⸗ de, wenn ſich diefe an mich felbft wenden, des Preifes wegen, mich noch billiger finden laſſen. Der Pränumerationstermin "dauert bis zum ». Auguſt d. J. Die Mamen der Hrn. Praͤnu⸗ meranten, welche dem erſten Theile vorgedruckt werden, bitte, fo wie überhaupt Briefe und Gelder, an die kurfürftl, ſaͤchß. Zeitungserpedition nad) Leipzig, welche zugleich Praͤnumeration annehınen wird, oder an mich nach. Dresden pofifrey einzuſen⸗ den. In Dresden werden die biefigen Buchhand'uugen, fo wie das Adrescomtgie und Hr. M. Lipfius Pränumeration annch- ‚men, anfferdem fann man ſich deshalb, in Braunſchweig an die dafige Schulduhhhandlung, in Breslau an Heren Korn den Ael⸗

tern, in Erfurth an die Kaiſerſche, in Gotha an die Ertingerfche, in

6 Anhang.

in Hamdurg an die Bohnſche, in Meißen an die Erbſteinſche⸗ und in Leipzig an die Boͤhmiſche und Hilicherfche Buchhandluns gen werden und dafeldft zu feiner Zeit die Irene gen laſſen. Dr, art. Febr. 1789.

| Johann ll Wirfchel,

Na, 8.. | Unter dem ängeblihen Druckort Frankfurth und Beton > 178g. hat man mie Heine, Eanders Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottſeligkeit nachged’udttz ich habe dieferhalb eine neue vor obgedachtem Nachdruck fich merklich aus⸗ deichnende Auflage gemacht, (der Nachdruck iſt Flein Octav, aͤuſſerſt fchlecht Papier, und unfauber gedruckt; meine aͤchte Edition ift groß Detav. weiß Popier, und mit det Vignette von Rosmaͤsler, wo Paulus im Gefüngniß an Ketten liegt und betet) und den Verkaufpreiß auf 12 Gr. berabgefegt, in Hofe hung, daß diefer wohlfeile Preiß mehr als alles, ohnehin vers gebliche Klaggefchrey, jenem ſchmutzigen Nachdrucke entgegen ſeyn foll. Gleichermaßen foll auch von dato an die zwehte Auflage der mit allgemeinem Beyhfall aufgenommenen neuen Morgen: und Abendandachten, fämtlihe 4 Bände in gr.y. um 2 Rthl. erlaffen werden. Ein Preiß, den für beynahe oo Bogen Im größten g. mit 2 Kupfern von Chodowiecki, wohl je⸗ der Sachkundige fehr wohlfeil finden wird. Diefes Huch ent hält auf jeden Tag im Jahr eine Morgen sund eine Abendan⸗ dacht, deren zweckmaͤßige Erbauung bereits von den mehreften Keititern beſtens beurtheilt, und als ein nüßfiches Hausans dachtebuch für ale Stände empfehlen worden. Beyde Bücher find in allen Buchhandlungen zu haben : welches hiedurch allen ‚denen befanut mache, die fich zu diefem angetrefnen Jahr ein ſolches anfhaffen wollen, Leipzig, den 2. Jan. 1789.

Friedr. Gotth. Jacobaͤer.

No, 9

\

A n b an g. 63 is No, 9. oo. Johann Ludewig Wagners,‘ gegenreärtig Eönigl. preuß. Pooſtdireetors zu Graudenz, Schickſale während ſei⸗ ner unter den Ruſſen erlittenen Staatsgefangenfchaft, - in den Jahren 1759 bis 1763, von ihm ſelbſt befchrie- ben, und mit unterhaltenden Nachrichten und Beob⸗ achtungen über Sibirien und das Königreich Cafan durchwebt. Mit Kupf. Im Anhange einige Aug» zuͤge aus den beften Neifebefchreibungen über: diefe -$änder , nebft einigen u von Rn Würger, Dr.d, Ph.

Der Herr Poftdirector Wagner wird von allen feinen Freun⸗ den und Bekannten wegen feines Characters geſchaͤtzt. Fried tich dev Zweyte würdigte ihn einer. befondern Aufmerkfamfeit. Er wärd im Jahr 1759 als damaliger Poftmeifter zu Pillau dag Opfer feiner Treue gegen feinen rechtmäßigen Landesherrn, und zu einem graufamen Tode verdammt, welche Strafe indeffen

in eine Vermeifung nach Sibirien verwandelt wurde: Sein . -

Schickſal machte damals in dein Preußifchen vieles Aufſehen; und er iſt noch gegenmärtig dadurch fehr vielen feiner Landsleu⸗ te und Mitbürger befannt. Er beſchreibt daffelbe hier in dem Tor eines vernünftigen Mannes , welcher fich auf Feine Arc durch feine Lebensbefchreibung geltend zu machen fucht, und ohne Anmesung auf den Character eines philofophifchen Bes. obachters. Er erzähle ohne Umſchweife, was, er fah und doͤrte,

und beftätigt oder berichtigt dadurch ohne daran zu denfen, mar:

he Erzählungen anderer Reifebefchreiber. Die überall einges freuten Anekdoten und Bemerkungen über Sitten und Ge⸗ braͤuche verſchiedener Voͤlkerſchaften find angenehm, und koͤn⸗ nen dem Philoſophen Stoff zum Nachdenken geben. Der Anhang wird das Intereſſe diefet Schrift nicht wenig vermehs fen und befonders denjenigen willfommen feyn, die niche Muße genung haben, weitlaͤuftige Neifebefchreibungen durchzuleſen, ober für die diefelben zu Eoftbar find, Auf diefes Werk, das Fünftige Oftern in meinen Verlage kEſcheinet, wird bis Ende

des

Ba, 0. Anhang, des Monate März 1Rthl. 4 Gr. Pränumerstion angenommen. Die Pränumeranten erhaften ihre Exemplare auf feines Schrei⸗ bepapier ſauber gedruckt, und die beiten Kupferabdruͤcke. Der Ladenpreis: wird wuhrfheinlih um den gten Theil höher feyn, Die Namen der Pränumeranten follen, wenn es nicht aus: druͤcklich verbeten wird, dem Werke vorgedruckt werden. Man pꝓraͤnumeriret entweder: Bey mir felbft oder auf: hiefigem koͤnigl. Hofpoftamte und auf aller Poftämtern famtlicher koͤnigl. preuß. und: churbrandend. Provinzen. Wer aufferdem Pränumeranten au fammeln geneigt‘ ſeyn folte, erhält bey ı9 Eremplaren das eilfte, hingegegen bey 20 und bey 30 vier Eremplare mehr. Berlin, am 30. Jaͤnner, 1789. = I ge. Maurer.

No. 10. Nachdem viele Jugendfreunde, beſonders wuͤrdige Schul⸗ und Privatlehrer, das kleine Journal, das ſeit dem Neuenjahre monatlich in meinem Verlag unter dem Titel:

Jugendfreuden, eine Monarfihrife für Kinder vort 8 bis 15 Jahren |

beraustömmt, geprüft und der Empfehlung würdig. Befuns den haben, fo ift dadurch die Nuflage bis auf wenig Exemplare geſchmolzen und ich werde veranlaßt die erſten Stüde noch⸗ mals zu drucken. Es würde mir lieb feyn, wenn dies jenigen, die ſich diefe Monalſchrift noch anzufchaffen willens waͤ⸗ ven ſich binnen jetzt und foäteftens Oſtermeſſe meldeten und auf den ganzen Jahrgang von ız Heften mit ı til, Saͤchß. praͤnu⸗ merirten, weil ich die. zweyte Auflage darnach einrichten will, Einzelne Liebhaber wenden fih am die Buchhandlungen oder. Poſt⸗Aemter ihres Orts, wer aber eine Parthie verlangt, directe an mich. Auf 10 gebe ich das ııte, und auf 20 deep Eremplave frey. Weißenfels im März 1789. | | Severin, e

—X

Meue

Bitteratur und Böltertunde

Fuͤr das Jahr 1789. No IV. Apeil,

. | I... ei | Ueber Johann, und Ludwig Racine.

ns Kacine ward 1639 zu Ferte- Milon von ade: lichen „Eltern gebohren, und zu Port: Royal, wohin ſich ſei⸗ me Großmutter Marie von Moulins aus dem Geräufche der Melt begeben hatte, erzogen... Er war einer der ame—⸗

Ehenſten Zoͤglinge dieſer ſo beruͤhmten und fo verfolgten

Abtey. Schon früh entdeckte ſich ſein Geſchmack an den tragiſchen Dichtern, und er irrte oft mit einem Euripides, den er ſich ſchon damals zum Muſter aufſtellte, in den Waldungen der Abtey herum. Nicht ſelten verbarg er Bücher, die er heimlich mit Begierde durchlas 5 der Küfter Ancelot, ſein Lehrmeiſter in der griechiſchen Sprache, ver⸗ brannte ihm nach und nach drey Exemplare von Heliodor's Theagenes und Chariklea, einem griechiſchen Roman, den gr bey der dritten Durchleſung auswendig gelernt hatıe.

Ritt u. Volkert. IV. 1. B. Nach

270 I Weber Johann und Ludwig Racine.

Nach Vollendung der Humanioren zu Port-Royal und der Philoſophie in dem Collegium von Harcourt, trat er mit einer Ode auf die Vermaͤhlung des Kbnigs zuerſt im Publicum auf. Das Gedicht, das er die Nymphe der Seine betitelte, ertwarb ihm ein Geſchenk von 100 Louis⸗ dor, und ein Gnadengehalt von 600 Liv., mweldes er der Gunft des Minifters Colbert zu danken hatte, Diefer gute Erfolg beſtimmte ihn für die Dichtfunft, und verge- bens berief ihn ein Oheim von ihm, der tegulirter Chorherr und Generalvicar iin Uſez war, zu fih, um ihm eine reiche Pfeünde abzutreten. Sein Talent entſchied für Paris, wo⸗ bin er fih um das Jahr 1664 verfügte, Um dieſe Zeit fchrieb er fein erſtes Schauſpiel, die Thebaide, oder die feindlichen Brüder, Nah dem Urtheile der Kunſtken⸗ ner war diefes Stück freylih nur ein Verſuch, aber der Verſuch kündigte einen Meifter an. Jocaſtens Monolog im dricten, die Zufammenkunft der zwey Brüder im vier ten, und die Erzaͤhlung des Kampfs im legten Acte find als eine gluͤckliche Vorbedeutung feines Genies anzufehen. Er ahmte in diefem Schyaufpiele Corneillens Manier nach, verließ aber, da er geböhren war, felbft ein Mufter zu ſeyn, bald die Manier, welche nicht die feinige war. Das Lefen der Romane Hatte damahls den größten Theil des franzofl. fhen Publicums für die Liebe geftimmt , und die mahlte auch das Genie unfers Racine zum Hauptftoffe feiner kuͤnf⸗ tigen Schaufpiele.

Im Jahr 1666 erſchien fein Alexander. Corneille mißbilligte dieſes Stuͤck, und ſagte zu dem Verfaſſer: er

habe

I. Ueber Johann, und $ubwig Racine. 271

habe Talent für,die Dichtkunſt, keineswegs aber. für das Theater. Indeſſen wars ganz Paris von, diefem Trauerfpiele. bezaubert, fo ftreng es von den Kunftfennern auch immer beurthellet wurde. In der That hat die Lies de, . die in. diefem Stuͤcke herrſcht, nichts tragiſches, und Alepander, wird duch Porus faft verduntelt.. Aufferdem ift die. Verfification, wenn fie gleich vorzüglicher. if, als in | der Ihebaide, doc ziemlich nachlaͤßig.

Um diefe Zeit erhiele Racine, der in feiner Jugend immer als Geiſtlicher gekleidet gieng, das Priorat von Epinay, das er aber nicht lange genoß. Man machte es ihm ſtreitig, und der ganze Vortheil, den er ans dieſem 309, war. ein Nechtsftreit, Weil aber er uud feine Rich. ter in der Sache nicht Flug werden Eonnten, gab.er ihn am Ende famt der Pfründe auf. Bald nachher hatte er ei⸗ ven andern Streit, welcher mehr Auffehen machte, Der Schwaͤrmer Desmarets von St, Sorlin, zeichnete fih un. ter dem doppelten Titel eines Dichters und Propheten duch die tollften Aberwigigfeiten aus. Der berühmte Nicole, ' der. ihn widerlegte, nannte in dem erfien feiner Briefe wir der diefen Unfinnigen, die dramatifihen Dichter Giftmifcher, die zwar nicht den Leib, aber doc die Seele anſteckten. Racine, der diefen Ausfall auf ſich zog, machte unverzüg- lich ein Sendſchreiben wider bie Lehrer feiner Jugend fund, das voll Beift und Wig, war, und von den Jeſuiten | den bekannten Lettres provinciales an die Seite ; gefegt ward. Nicole antwortete nicht: Doch Barbier D’Au- sur und Dubois thaten es für ihn, und num zog Racine

Ta gegen

J

272 : 1. Ueber Johann, imd Ludwig Racine.

"gegen dieſe in einem zweyten, nicht minder feinen und wi⸗

tzigen Schreiben los. Boileau, dem er den zweyten Brief, ehe er ihn drucken ließ, zeigte, ſagte ihm mit der Aufrich⸗ tigteit eines Freundes: Dieſer Brief wird Ihrem Wi⸗ Ge, feineswegs aber Ihrem Herze Ehre machen. Sie greifen Leute Yon den größten Verdienften an, denen Sie einen Theil von dem, was Eie find, zu danfen haben. Die Erinnerung wirkte, und Racine unterdrück- te nicht nur dem zweyten Brief, jondern nahm * alle

Spemplare des zuruͤck.

*

Auf en ſoigte Andromache, die im Jahr

1668 gegeben wurde, und dem beruͤhmten Montfleuri, der

die Rolle Oreſts ſpielte, das Leben koſtete. Racine hatte

damals kaum 30 Jahre, aber fein Werk zeugte von einer vollenderen Ausbildung in der dramatifhen Kunſt. Schres den und Mitleiden find die Seele diefes Trauerſpiels, und es wuͤrde ganz tadellos ſeyn, wenn Oreſts Verzweiflung, Hermionens Ungeſtuͤm, und Pyrrhus mit ſeiner Un— ſchluͤßigkeit die Schoͤnheit deſſelben nichl verdunkelten. Kei— ne der Perſonen iſt bloß epiſodiſch, das Intereſſe iſt nicht getheilt, und der Leſer erkaltet nie. Beſonders iſt der Styl bewundernswerth: er iſt edel, ohne N zu ſeyn,

und einfach, ohne wedeis zu werden.

Andtomache hatte den Franzoſen einen Meiſter an.

gelundigt, und die Progepfüchtigen, ein Luftfpiel, das man noch im} naͤmlichen Jahre gab, kuͤndigten denſelben -sineh

der witzigſten Köpfe an, Dieſes Stuck enthaͤlt wirklich co⸗ miſche

J. Ueber Johann, und Ludwig Racine. 273

miſche Züge, viel feinen und fhalfhaften Wig, und-teflens |

de und geſchmackvolle Scherze. Vorzuͤglich ergoͤtzte ſich das Publicum an den darin vorfommenden Anfpielungen. Man erfainte in dem Richter, det alles gerichtlich) entſcheiden will, einen gewiſſen Praͤſidenten, der für ſein Amt ſo ein⸗ genommen war, daB er es auch in ſeinem Hausweſen aus⸗

übte: Dee Wortſtreit zwiſchen der Gräfin. und zwiſchen

Chicaneau hatte ſich zwiſchen der Graͤfin von Griffe; und einem berüchtigten! Proͤceßfreund bey dem Gerichtſchreiber Boileau wirklich zugetragen. Die Rede des Beklagten, der in dem Rechtsſtreit wegen Des Capauns mit dem Eins gange einer Nede von. Cicero anfängt, iſt von ber Mede eines Sachwalters genommen, der fih in einem Rechtshan⸗

del eines Paſteteubeckers wider einen Weißbecker eben die⸗

ſes Eingangs bedienet hatte.

Die Proceßſuͤchtigen waren eine Nachahmung der Weſpen des Ariſtophanes: Britannicus aber, ‚der im Jahr 1670 erſchien, gehoͤrte Racinen ganz eigen, und er übgrtraf in dieſem Schauſpiele ſich ſelbſt. Genaͤhrt durch die Schriften des Tacitus, wußte er ſeinen Verſen und Charactern alle die Stärke diefes Geſchichtſchreibers zu ge’ sen: : Die Charactere bleiben- fih in der Entwicklung und Darftellung durch das ganze Stüd gleich, Hero if ein fich erſt bildendes, unvermerft von Stufe zu Stufe, von der Tugend zum Lafer, und vom Lafer zu Schandthaten fortſchreitendes Ungeheuer. Agrippine, Mexos Mutter, iſt ihtes Sohns würdig. Burrhus iſt ein Weiſer in der Mit— te eines verderbten Hofs. Junie erregt Theiluehmung,

| T3 doch)

274 1, Ueber Johann, und &ybiwig Raeine.

doch erweiſt ihr der Verſaſſer zu viel Ehre, daß er * als ein tugendheftes Mädchen

Berenice, welche das a Jahr auf die Bühne kam, Beftätiäte den Ruhm des Dichters bey dem Publicum, ſchwaͤchte ihn aber bey Perfonen von feinem Geſchmack. Das Stuͤck iſt ein bloßes heroiſches Schäferfpiel, es man gelt ihm am jenem Erhabenen "und: Schredlichen, : woraus die Hauptbeftandtheile des Trauerſpiels beftehen.: Es iſt zwar mit Kunſt und Lebhaftigkeit geleitet, und hat feine

Geſinnungen, und eine niedliche, edle, wohlklingende Ver⸗ fifieations allein ein Trauerſpiel im engſten Verſtande iſt es gewiß nicht. Titus iſt mehr ein Hoͤfling in Verſailles, als: ein roͤmiſcher Held; das Ganze dreht ſich um die drey Worte dee Sueton: Invitusinvitam dimifit, „Bur Hearbeitung diefes Stofs hatte Racinen und Corneillen hauptfächlich die Prinzeßin Henriette von England verleis tet, welche theils das "Vergnügen haben wolte, zwey ſo be— ruͤhmte Nebenbuhler um den Preis ringen zu. ſehen, und theils den Zwang dabey zur Abſicht hatte, den ſie ihrer eige⸗ nen —— xiv. angethan hatte. 5

Im = 1672' Raeine: im Bajazet einen. fr heren Flug. Der Stofidiefes Stuͤcks iſt die. Verſchwoͤ— rung eines Veziers, der auf: Amurats Thron deffen Bru- der Bajazet ſetzen will. » Der. Character des Veziers iſt nach dem Ausſpruche der Kenner ein Meifterftück, das. durch den Reiz der Dictiom noch erhöht wird. Man finder. darin feinen harten oder ‚matten Ders, Fein uneigentliches Wort,

feine

8; wor | I. Meber Johann, und Ludwig Narine. 275.

keine zur Unzeit angebrachte, und mithin ihren Zweck vers. fehlende, Erhabenheit, Fein: zur Sache nicht paſſendes Wort:

gepränge.. Das: Eoftüme ift vollkommen bepbachtet, und die

ganze Rolle: um fo bewundernswärdiger, da fie nur diefem

Stücke angemeffen ift, und in jedem andern übel angebracht

ſeyn wuͤrde. Ataljdens Character verdient nicht. minderes

Lob. Die Feinheit der Empfindungen, der Kampf in ihrer

Seele, ihre Beforgniffe, ihre Schmerzen entwickeln die Fal

gen chees Gemuͤths mehr als alle unſere Romane. Uebri—

gene iſt die Liebe zwar auch im dieſem Stuͤcke herrſchend,

doch iſt fie mit weit mehr Stärke geſchildert. Die Theil nehmung waͤchſt von „Act zu Art, derem jeder voll Hand; lung, und, ‚alle gut miteinander. verbunden find. Es finden ſich tveffende Züge darin, ynd mehrere Stellen find mit Wwoahrhaft tragiſcher Kraft gefchrieben. Die erfie Scene if, mie Sulzer ſich ausdrüdt , das Mufter einer. 8 guten An⸗ fündigung bes Inhalts, und die folgenden find Muſter ei⸗ nes treflichen Styls.

Mithridates, der 1673 gegeben wurde, iſt mehr im Geſchmacke des großen Corneille, wiewohl auch in dieſem Trauerſpiele die Liebe der Hauptgegenſtand iſt, und ziemlich unbedeutende Handlungen veranlaßt. Mithridates bedient ſich eines Theaterſtreichs, um. eine junge Perſon zu überrer ſchen, und derſelben ihr Geheimniß abzulocken. Voltaire hat mit Recht bemerkt, daß der Knoten dieſes Stuͤcks eben ſo gut fuͤr ein Luſtſpiel, als fuͤr ein Trauerſpiel taugen wuͤr⸗ de; denn wenn man die Worte Monarch, Kriegsheld

und Bezwinger weglaͤßt, fe it Mithridates nichts anders, * Ta als

276 . Weber Johann, und Ludwig Raeine.

als ein alter Liebhaber eines jungen Mädchens. Seine beyden Shhne lieben den nämlichen Gegenftand, und er ger braucht fich eines ziemlich niedrigen Kunſtgriffs, um aus beyden den Glüdlichliebenden zu entdecken. Gerade dies iſt auch der Knoten des Geizigen. Harpagon, und der König von Pontus find zwey verliebte alte Gecken, beyde haben ihre Söhne zu Mebenbuhlern: beyde bedienen fich der nämlichen Lift, um hinter das Verftändniß zwiſchen ih⸗ rem Sohn, und ihrer Geliebten zu kommen, und beyde Stuͤcke endigen ſich mit der Vermahlung des jungen Lieb» habers. Faſt könnte man eben dies vom Britannieus fagen. Nero iſt im dieſem Trauerfpiele ein - ungeftämer, junger Menſch, der auf einmal verliebt wird, der ſtehenden Fußes fi von feiner Gattin trennen will, und fih, un die Geſinnungen feiner Geliebten zu erfähren hinter eine Täpete verbirgt. Diefe Sucht, überall Liebe unterzumen⸗ gen, hat faft alle Haeinifche Helden herabgewuͤrdigt. Ti— us in feinem Trauerfpiele Berenice, har einen. weichlis chen und meibifchen Character.- Alerander der Große, in dem Stuͤcke gfeihen Namens, tft bloß mit feiner Liebe für die Eleine Cleophile befchäftigt, woran der Zufchaner wenig Antheil nimmt. Mithridates ift viel beffer dar: geftellt. Man fieht ihn, wie er wirklich war, glühend von Rache und Ehrgeiz, voll Muth, groß im Gluͤcke, größer im ä Unglüce, heftig, auffahrend, eiferſuͤchtig, grauſam. Diefe Schilderung würde noch ähnlicher und auffallender feyn, wenn der König nicht fo fehr geſchmachtet hätte. | Iphigenie erfchien erft 2 Jahre nach dem Mithrida, fes, und machte mehr Thränen fließen, als eines der Raci⸗ nifchen

J. Ueber .. imd'gudwig Raeine. 277

nifchen Stüde. "Die Handlung ift darin mit Kunſt vor bereitet, "und geſchickt mit: den Nebenumftänden - verwebt. Dieſes Trauerſoiel erregt jene erhabene Bekuͤmmerniß, die man bey aͤchttragiſchen Stuͤcken fordert Achills Liebe iſt nicht Schwachheit, fondern Pflicht, weil fie ale Merkmale dei ehelichen Zaͤrtlichkeit· Bar. Le Clerc, dieſer unwuͤrdige Nebenbuhler unſers Racine/ hatte die Kuͤhnheit, um eben diefe Zeit eine Iphigenie su ſchreiben: > doch feine ſtarb in der Geburt, Raeines Sphigenie aber wird lee, » lange eine an er u 2 SE . We #3. Lile!

: Nine heftige; und von Parthey | daß er ſeine Phaͤdra latige geheim Biel. Als man aber doch endlich von der Wirklichkeit derſelben Kundſchaft einzog, ſpornte dieſe Parthey den Reimſchnited Pradon an, eben den Gegenſtand zu behandeln, und dieſer elende Verſemacher war auch in weniger ale 3 Monaten mit ſeiner Phaͤdra fertig. Das Raciniſche Stuͤck wurde am ıften Jaͤnner 1667, das Pradoniſche zwey Tage nachher gegeben, und das Letztere durch niedrige Cabalen fuͤr das Beſſere er⸗ Eläver. = Die Häupter dieſer Cabale verſammelten ſich ges woͤhnlich in dem Palafte von Bouillon, und Madame Des⸗ houlieres, der Herzog son Mevers ind andere ſonſt vers dienſt volle Perſonen ſcheuten ſich nicht, dieſer poetiſchen Ver: ſehwoͤrung beyzutreten: Kenner aber ſchwiegen, und bes wunderten. Der große Arnauld, deſſen Kenntniſſe in der Litteratur eben ſo groß, als in der Theologie waren, fand nichts zu tadeln, als Hippolyts Liebe. Der DVerfaffer ants wortete ihm: Was würden unſre jüngen Stutzer von I; ihm

7

28 L Ueber und Ludwig Raeine.

ihm gedacht haben, wenn er allen Damen gram gewe⸗ fen wäre? Uebrigens ift ſowohl die Maeinifche, als Pradpnifihe Phapra eine Nahahmung der Euripidiſchen, und in beyden find die naͤmlichen Bermiclungen, Perſonen, Situationen, die naͤmlichen Grundlagen von Intereſſe, Em- pfindungen und Ideen. Pradom’s und Racin's Phaͤdra ift in Hippolytus verliebt. Theſeus iſt in beyden Trauer: fpielen in, den erften Acten abweſend, und man glaubt, daß er mit Pirithous ſich in der Unterwelt befinde. Hippo— lytus liebt Aricien, will fie fliehen, macht ihr das Geſtaͤnd⸗ | niß feiner Liebe, hört Phädrens Erklärung mit. Entfeßen an, ſtirbt an der nämlichen > Todesart, und. ‚fein Mentor ‚madyt die Erzählung dayon. ‚Der Unterfchied des Plans, in beyden Stuͤcken fällt faſt zum: Vortheile der. Pradoni- - Shen Phadra aus: > allein wie barbariſch ift feine Verfifis sation! Um seine volltommene Phadra zu haben, müßte man vielleisht. Pradon’s Pia. und 3 Verſe vers einigen.

Als Phädra, diefes größte Meiſterſtuͤck der franzoͤſi⸗ ihen Berfification- nach Athalien, im Drucke erfchien, ftreng: sen Racine's Feinde ihre. Kräfte ftärker als jemals an; fie ‚liegen eine, verfälfchte Ausgabe davon machen, worin ganze Seenen verhunzt waren, ja man ter. niedrig genug ,, feir nen glücklichen: Verſen platte und lächerlihe Reime. unter zuſchieben. Racine verdrüßlich über folhe NMiederträchtige feiten, faßte den: Entfhluß, fich der. .fo gefährlichen. Lauf bahne eines theatralifchen Schriftftellers zu entziehen, und in den Cartheuferorden zu treten; allein fein Gewiſſensrath

gab

l

I Ueber Johann,/ und Ludwpig Racine. 278

gab ihm vieltnehr den Rath, ſich in: den: Eheſtand zu bege⸗ ben. Er heyrathete auch einige Monate darauf. die: Tod:

ter eines koͤniglichen Rentmeiſters in Amiens, Romanet

getiannt ‚bie ſehr ſchoͤn und tugendhaft war, durch die er ſehr gluͤcklich lebte, und 2 Soͤhne und 3 Tochter zeugte. uUm

dieſe Zeit ſoͤhnte er ſich auch mit den Geiſtlichen in Port Royal aus, ‚die, ſeitdem er ſich der Schaubühne .gewidmer hatte, nichts mehr von ihm hoͤren wolten. In eben dem Jahre, als er fih vermählte, nämlich 1677, befam er den Auftrag, gemeinfchaftlih ‚mit Boileau die Lebensgefhichte Ludwig XIV. zu ſchreiben, und der Koͤnig fügte, als gr von dem Feldzuge diefes Jahrs zuruͤckkam, zu ſeinen beyden Ge⸗ ſchichtſchreibern: Mir iſt leid, daß Sie beyde nicht mit mir waren, Sie haͤtten einen Feldzug geſehen, ohne eine langwierige Reiſe gemacht zu haben. Eure Ma⸗ jeſtaͤt, erwiederte Racine, haben uns ja nicht Zeit gelaſ⸗ fen, Reiſekleider anzuſchaffen. EEE Br

Cabale hatte Racinen von der drqmatiſchen Dice:

kunſt entfernt, und die Religion führte ihn derfelben wie: der zu. Frau von-Maintenon hatte ihn erſucht, ein bibli⸗ ſches Stuͤck zu verfertigen, das zn Gaint-Eyr aufgeführe werden koͤnnte, und er verfaßte in dieſer Abſicht ſeine Eſther. Nach dem Bepfpiele ‚ders Alten, die ihren Schau—⸗ die Begebenheiten: ihres. Zeitalters einflochten,; mach⸗

ein diefem Stüde eine Schilderung. des ftanzoſiſchen |

Sofes, vor dem feine Eſther aufgeführt wurde. Unter

den; Namen der Vaſthi ‚war; Frau von Montefpan. ver:

* fanden, und das Gluͤck der Eſther war ein Simmbild dev

Er

385 I Ueber Johann, und Ludwig Racine.

Erhebung der Frau von Maintenon. %)- . Diefes Trauer fpiel ward 1689 in Gegenwart: des. ganzen Hofs von den Stiftsfräulein von Saint⸗Cyr vorgeftellt. Die- Anfpies kungen verfehaften dem Stuͤcke nicht wenig Beyfall. Der König ſelbſt Äufferte fih unter der Vorſtellung gegen die Frau von Sevigne auf die fhmeichelhaftefte Art, und fag- te unter andern: Marine hat doch in Wahrheit fehr ‚viel Geift und Wi. Als aber Efther nach der Hand

*) Allegorie A’Efther, Sous le nom d’Aman, le cruel "Lotwois eſt peint au naturel, _ -Vafthi trop altiere Princeffe pi Reprefente la Mentespan ; De cette infolente Maitrefle "Frangois, c’eft un rableau vivant A la prefcription. des Juifs De nos Huguenots fugitifs Je reconnois la decadence, _ Mais Efther, qui regne aujourd’hui . Dement ce Roi, dont la puiflance : Fur leur afıle, & leur appui, - \ ' Cette Either, qui tienr à nos Rois Ainfı que les -Juifs. autrefois, Eprouva d’affreufes miferes, | Mais plus dure que Pautre Either ee Poür 'chaflfer 1e Dieu de ſes Peres Elle prend la flamme, et le fer. Pourquoi donc, comme Affuerus, Notre Roi combl& de vertus N’a-t-il pas calm& fa colere? Plus heureux que des Huguenots. . Les Juifs n’eurent jamais affaire A leſuites, er a Bigots,

cd Ueber Johann, und Ludwig Racine. \ aßı \

im Drude erfhien, urtheilte man weit minder vortheilhaft. Man fand, daß der Lefer dabey ziemlich kalt bliebe, daß unter einer Menge vortriflicher Verſe -viele fehr matt feyn, und daß die Handlung gar nichts theatralifches babe. Kurz, die ſchͤnen Geifter in Paris machten das Urtheil des Hofs volltommen zu Schanden. Racine aber ward durch ein Geſchenk von 1000 Louisd'or für diefe Kritiken ent⸗ ſchaͤdigt.

Nachdem er den Auftrag erhalten hatte, ein zweytes Stuͤck von diefer Gattung zu verfertigen, ſo mählte er ſich "aus dem sten Buche der Könige eine anziehende Handlung, die einen. fo reichhaltigen Stof enthielt, daß er weder Liebe, noch Epifoden, noch Vertraute dabey noͤthig hatte ; er erfegte die Einfachheit des Knotens durch die dierlich⸗ keit feiner Poeſie, durch die Erhabenheit der. Charactere,, . | durch die Wahrheit der Empfindungen, durch die großen Lehren, die er Koͤnigen, Miniſtern und Hoͤflingen darin giebt, und durch den gluͤcklichen Gebrauch, den er von den erha⸗ benſten Stellen der Bibel macht. Athalie (dieſes iſt der Titel des Stuͤcks) wurde im Jahr 1690 gegeben, und, ob« gleich es allgemein als das Meiſterſtuͤck der franzoͤſiſchen Buͤhne erkannt wird, von Zuſchauern und Leſern ſehr kalt aufgenommen. Man ſagte: Der Stof ſey ein Gegen- ftand der Erbauung, und ein nüglicher Zeitvertreib für Kinder, Racine verlohr hierdurd) vollends alle Nei- gung für die Bühne, und arbeitete feit der: Zeit blog an der Pebensgefhichte ‚des Königs, Fam aber mic dieſem Wer, ke nicht fehr weit, es ſey num, daß er beſorgte, man würde

; ———

282 L. Uleber Johann, und Ludwig Racine.

ihn, wenn er der Wahrheit getreu bliebe, der Undankbar— ‚keit beſchuldigen, oder daß er, wenn er zu wenig tadelte, den Verdacht der Schmeicheley befuͤrchtete. Am Ende gieng dieſes Werk in einer Feuersbrunſt ganz zu Grunde. Valincourt, bey dem die Handſchrift davon lag, gab ei⸗

nem Savoyarden vergebens 20 Louisd’or, um fie aus den

Flammen zu tetfen: der‘ unwiſſende ‚Savoyard - brachte ihm ftatt der KHandfchrift eine Sammlung von franzofts fchen Zeitungen aus der Brandftätte hervor.

Racine geuͤoß ſchon eine geraume Zeit über alle. Ver⸗ gnuͤgungen, die ein wißiger Kopf an einem Hofe genießen kann. Er mar Cammerjunker (gentilhomme ordinaire)

des Königs, lebte auf dem Fuße eines Günftlings , und

fehlief während der Krankheit des. Monarchen in Ludwigs Zimmer, der ihn fehr gern fprechen, leſen und declamiren ‚hörte, weil jedes Wort in feinem Munde Leben und Seele empfieng.. Allein diefe Gunſt war nicht von . und

die Ungnade des Königs beichleunigte feinen Tod. . An

dem Widerwillen Ludwigs war eigentlich eine Borftellung Schuld, die Raeine auf Veranlaffung der Frau von Main: ‚tenon, die durch das Elend des Volks gerührt war ‚' über -diefen wichtigen Gegenftand zu Papier gebracht hatte, und die. den Monarchen, als er fie in den Händen der. Frau ‚von Maintenon fah, ſo fehr entrüftete, daß. er aus Zorn, weil fein GSefchichtfihreiber den Mängeln ſeiner Stants« verfaſſung auf die Spur kam, Racinen mit den Worten: ob er, weil er Dichter ſey, auch Miniſter ſeyn wolle, verbot, ſich vor ihm ſehen zu laſſen. Anfälle von Schwer⸗

muͤthig⸗

-

1, Ueber Joehann und Ludwig Racine. 283

muͤthigkeit, ein heftiges Fieber, und eine gefährliche Krank: heit waren die Folgen diefer Worte, und.er ſtarb an einens Lebergeſchwuͤr im Jahr im einem Alter von 60 Jahren.

Dieſer beruͤhmte Schriftſteller war von mittlerer Lei⸗ besgroͤße, und hatte eine angenehme Bildung, ein offenes Geſicht, eine freundliche und lebhafte Phyſiognomie. Er hat⸗ te die Artigkeit eines Höflings, und den Witz eines ſchoͤnen Seiftes. Sein Character war. liebenswärdig: doch hielt man’ ihn für etwas fehlau, nnd er. war unter einer anſchei⸗ nenden Sanftmuth von Natur aus ſehr beißend. In ſei— nen Trauerſpielen zeichnete er mehr als eine Perſon nach dem Leben, und der bekannte Schauſpieler Baron ſagte oft, daß er in. der Perſon des Narciß im Trauerſpiele Britannicus ihn geſchildert habe. Verſchiedene Epigram⸗ me, und eine große Menge von ſatyriſchen Berfen und Fragmenten, die man bey fetnem Tode verbrähnte, zeugen von der Wahrheit der Antwort, die Boileau denjenigen gab, die ihn für allzufatyrifch hielten. Marine, ſprach er, ift es weit mehr, als ich. Seine Neigung zur Satyre hatte oft feine Eigenliebe zur Triebfeder , die für Lob und | Tadel zu ſehr empfindlich war. Er bekannte feinem Soh⸗

Ee, dem er die Dichtkunſt mißrieth, ſelbſt, daß die elendeſte Critie ihm weit mehr Verdruß, als der lauteſte Beyfall Vergnuͤgen gemacht habe. Glaube ja nicht, ſagte er ihm, daß mir meine Werke die Schmeicheleyen der Großen zuziehen. Corneille hat hundertmal ſchoͤnere Verſe gemacht, als ich, und dennoch lieſt ihn niemand.

| | Man

| 284 I, Weber Johann, und Ludwig Racine.

Man ſchaͤtzt ihn nur im Munde der Schauſpieler. Ich unterhalte die große Welt, ſtatt fie durch Erinnerung meiner Werke, von denen ich nie etwas merken laſſe, zu ermuͤden, mit Dingen, die gefallen, und ſuche nie, die Leute fuͤhlen zu laſſen, daß ich Genie habe, ſondern ſie zu bereden, daß ſie Genie haben. Er

Ungeachtet diefer feinen Politic ſah ‚man Racinen am franzofifchen Hofe doch für einen Menfhen an ,, der mehr die Begierde, als die Geſchicklichteit hatte, ein Hoͤf⸗ fing zu feyn. As der König ihn einft mit Herrn. von Cavoye fpazieren gehen ſah, ſagte er: Diefe zwey Leute ſehe ich oft beyſammen. Ich errathe die Urſache. Cavoye haͤlt ſich in Racine's Geſellſchaft für. einen ſchoͤ— nen Geiſt, und Racine in der Geſellſchaft des Capoye fuͤr einen Hoͤfling.

Ein Beytrag zu den Beweiſen von Racine's Nei— gung fuͤr die Satyre iſt das Epigramm, das er bey der Gelegenheit machte, als der Marſchall von Erequi, der für einen Feind des weiblichen Sefchlechts galt, und der, Graf f von Dlonne, der ſich eben nicht dev Liebe feiner Gemahlin zu ruͤhmen hatte, fich öffentlich verlauten ließen, dab Ra—⸗ eines Andromache zu vomanbaft ſey. Der beleidig Dichter machte hierüber folgende 4 Verſe, worin er fi ſelbſt anfpricht

Le vrai- femblable et choque dans ta piece: Si Pon en croit & d’ Olonne. & Cregwi

Crequi

I. Ueber Jehgin, und Ludwig Racine. 085 Orchui dit, que Pyrrhus aime trop fa inaitzailfe: : „D’Olonns, = aime trop fon mari. *)

Indeſſen ——— dieſe Sehler unfere Racine ko weitem nicht feine. übrigen ‚guten Eigenschaften, un). eine. Frömmigkeit hielt immer feine bofen Neigungen im Zaum. Die Vernunft, ‚pflegte Boileau zu jagen, führt fonft die Menfchen zum Glauben, Racinen aber führt der Olau- be zur Vernunft. Er war ein.guter Vater, ein tedlicher Freund, ein wohlthätiger Anverwandter, und. ein zaͤrtlicher Gemahl, obwohl man ihm in, Abficht auf den legten Punet Schuld giebt, daß er mit der durch ihn berühmten Schau: fpielerin Champmesle einen. zu vertrauten Umgang. gepflo: gen babe.,,.. Er hatte fie.volkommen gebildet, und ihr in der Kunſt, richtig zu declamiren, die Tone mit Wahrheit zu moduliren, wozu er ſich oft ſogar der muſicaliſchen Schrift⸗ zeichen bediente, und die pantomimiſchen Bewegungen den Worten genau anzupaſſen, ſo guten Unterricht gegeben, daß fie bald ale ihre Nebenbuhlerinnen übertraf, Racine wur⸗ de von Diefer Leidenfchaft weniger durch die Gnade Gottes, . als durch) Champmesles Unbeſtand geheilt, die, den. zartlic hen Dichter mit einem rüftigen Dfficiere, Namens Tonners te verwechfelte, und Nacinen.dem Spott ausjegte: il fut

deracine par le Tonnerre, £ Als

*) Wenn Dlonne und Cregui Glauben verdienen, fo it Die Wahrfcheinlichkeit in deinem Stuͤcke beleidigt; - Crequi ſpricht, Pyrrhus Liebe feine, Geliebte, und Olonne, Andro⸗ mache ihren Gemahl au ſehr.

Hr. Litt. u. Voͤlkerk. IV, 1. B. u

286. 1. Meber Johann, und Kubi Racing.

Als Schriftſteller muß man Racinen Gerechtigkeit widerfahren laſſen, daß er in der Henntniß der Leidenſchaf⸗ ten mit den griechiſchen Tragikern beynahe wetteiferte, daß ſeine Verſe auſſetſt rein und gefeilt ſind, daß er ſich in Ruͤck⸗

ſicht auf Eleganz immer gleich bleibt, daß ſeine Stüce ſehr | viel Natur und Sprache des Herzens enthalten; daß er ſich felten, oder: nie in Deelamationen verrirtt, und daß er

vor allem Verfification, Harmonie 'und den Zauber der Dichtkunſt auf den hoͤchſten Gipfel getrieben hat. Nach Virgilnhat nicht leicht ein Dichter die poetiſche Sprache beſſet verſtanden, als er, und Corneille iſt in dieſem Stücke weit unter ihm. Man findet bey ihm nicht ſo, wie bey dem erwähnten Schöpfer ber franzoͤſiſchen Bühne; jene ge— zwungenen Antitheſen, jene ſteten Nachlaͤßigkeiten und Li.

cenzen, jene Aufgedunſenheit, und die vielen Synonymen,

die eben Rees Idee bis zum Ekel ra

Siemand hat Racine's ER Verdienſt in

ein näheres Licht geſetzt, als Je Franc in einem Schreiben an den Sohn diefes großen Dichters: „Falls dag Genie ' „darin befteht, dab man feinen Gegenftand ganz’ erſchoͤpft,

„ſolchen in ‚feinem ganzen Umſange faßt, ohne fich bey der

„Oberfläche zu verweilen, die verfchiedenen Verhältniffe defe „ſelben auf den erfien Blick überficht, und fich ihrer fo be: „mächtige, daß fie in der Seele desjenigen, der fie fich ei— „gen macht, ensftanden zu feyn feheinen: . fo glaube ich „daflelbe vorzüglich in demjenigen zu finden, der am mei. „ften Empfindung bat, da alle dieſe Kennzeichen unterfchei: „dende Merimale der Empfindung find, die, wenn auch

„ihre

J. Ueber Johann, und Ludwig Racine. 287.

„ihre Sphäre, eingeſchraͤnkter iſt, im Grunde doch die näme „lichen Eigenfchaften bat, und die naͤmlichen Wirkungen „hervorbringt. Hieraus ſchließe ich: daß Racine, der ſo „viel Empfindung zeigt, in diefem Betracht auch eines der „größten Genies ift. Horaz, fa Fontaine, Quinault, | „waren Feine fo großen Geifter } als “Homer, Birgit und -„Corneille, waren aber ‚nichts deſtoweniger Leute von Ge— „hie, weil fie in einem Hohen Grade Empfindung hatten, „Racine hatte ſie in einem noch weit hoͤhern Grade. Je⸗ - ne feine Gefchmeidigfeit, mit welcher ein großer‘ Seift feis „nen Stof zu wenden, zu beleben, und ihm einen gemwiffen „anziehenden geheimen Zauber mitzutheilen weiß, jene fanfs „te, und fich gleich bleibende Wärme, deren Quelle man „nicht in voräbergehetiden Anwandlungen der Zärtlichkeit, „fondern in dem unerfchhpflihen Reichthum eines von Na „tur empfindfamen und fruchtbaren Herzens füchen “muß, „find in Racine's Profe und Verſe gleichfam eingewebt. : „Die Liebe flößt eigentlich keine Empfindung ein, ſon⸗ „dern dieſe macht erſt fuͤr die Liebe empfang⸗ „ich.

Ein Beweis, daß Racine's ſchriftſtelleriſches Ver⸗ dienſt unter feinen Zeitgenoffen auch anerfannt wurde, iſt unter andern folgende Anecdote. Als jemand den großen Conde um fein Wetheil über Berenicen fragte, antwor« tete er mit folgenden zwey Werfen, die aus diefem Trauer ſpiele genommen find: | ar | A

Fe Bu m

Wa Depuis

1

288. 1. Ueber Johann, und Ludwig Nächte:

Depuis’deux ans entiers chaque jour je la vois, - Et crois toujours.la voir pour la premiere fois.*)

Auſſer den angeführten Schaufpielen des Racine und jeinen. von mir überfegten Briefen **) hat man noch von ihm eine Gefchichte der Abtey zu Port-Royal, deren Styl zwar fließend und der. Gefchichte angemeffen, übrigeng aber manchmal nachlaͤßig iſt; ferner eine Idylle über den - Frieden, die voll von großen Bildern und lachenden Ge— mälden ifts_einige Epigramme, die eines Marot würdig. find, verſchiedene proſaiſche Aufſaͤtze, die fein Sohn nach ſeinem Tode bekannt machte, und Hymnen, die er zum Gebrauche des Stifts Saint - Cyr gemacht hatte, und die ſehr erbauend und ruͤhrend ſind. Als eines dieſer geiſtli⸗ chen Geſange in Gegenwart des Königs gefungen vourde, Sprach Ludwig bey den Werfen:

Mon Dieu, quelle guerre cruelle1 Je trouve deux hommes en moi; L’un veut, que, plein d’amour pour toi, Je te fdis fans cefle fidele: ' L’autre, ä tes volontes. rebelle, Me fouleve contre ta loi. ***) | *

*) Zmey ganze Jahre hindurch ſehe ich fie täglich, und glau⸗ be fie doch immer erft das erftemal zu ſehen.

*#)' Des Heren Johann Racine Briefe, Wien, 1776, Zwehte fehr vermehrte Auflage, ebendaf, 1788 bey Kurzbeck, 8. sr) Mein Gott! welch ein heftiger Streit! Ich fühle zwey Menfihen in mir: der eine verlangt, vol Liebe für dich,

Fear | dir

. eher Johann, und Ludwig Nadine, 289

zu der Iran von Maintenon: Ach, Raram er zwey Menſchen kenne ich ſehr wohi.

Ludwig Racine wurde zu Paris im Jahre 1692 ge bohren. Nachdem. er feinen Vater fo frühzeitig‘ verlohr, - wandte er fih an Boileau ; der ihm zwar die: Dichtfunft widerrieth, doch feinen Hang dazu nicht. unterdruͤcken konn⸗ te. Im Jahr 1720: machte er ſein Gedicht uͤber die Gnade ‚Gottes: bekanut, das verſchiedene gluͤckliche Verſe enthaͤlt, und zugleich als ein neuer Beweis dient: wie tief die Grazie des heil. Auguſtin und Proſper als Gegenſtand der Poeſie unter Homers Grazien ſteht! Cr verfaßte es bey den Prieſtern des Oratoriums unſrer lieben Frau zu Vertus, mo, er ſich in den geiſtlichen Stand. begeben hat⸗ te. Die Unannehmlicheiten die fein Water bey Hofe er⸗ fuhr, verſcheuchten ihn von dieſem Aufenthalt; doch brachte “der Eanzler DAgueffeau während" feiner Verweiſung zu Fresnes es endlich fo weit, ihn’ mit der Welt wieder zu 'verföhnen und er verfhäfte ſich Gönner, die zu ſeinem Gluͤcke beytrugen. Der Cardinal Fleury, der ſeinen Vater gekanut hatte, brachte ihm eine Stelle bey den Finanzen

zuwege, und Racine durchlebte von nun an mit einer Gat— tin, die ihn guͤcklich machte, ruhige und zufriedene Tage. Ein einziger Sohn, der die Frucht diefer Vermählung

‚war, ı und große Hofnungen gab, kam im Jahr 1755 in der. Ueberſchwemmung zu Cadix jaͤmmerlich um. Der Vater,

den Ruf RUHR lebhaft kraͤnkte, fuͤhrte ſeit der r Zeit ein u kum⸗ dir fets getreu: zu. Bleiben, * der Aenent dei⸗

nem Willen, und empoͤrt mich wider dein Geſetz.

*

290 1. Ueber Johann, und Ludwig Racine.

tummervolles Leben, und ſtarb endlich 1765. in einem Alter von 71 Jahren.

Racine, der Sohn, war Mitglied der: Academie der Innſchriften, und machte als Dichter der Menſchheit Ehre. Er wat, wie fein Vater, ein guter Bürger, ein getreuet Gaͤite, ein zärtlicher Vater, ein tedliher Freund, und ge gen’feine Wohlthäter überaus dankbar. Bein Character wat Nechtfchaffenheit, fein Umgang gebildet obwohl er manchmal Zerfireuungen unterworfen war, feine Denkungs; und Lebensart den Grundfägen eines Chriften gemäß, und zwar bis ins Webertriebene, fo. hatte er z. B. ein Crucifir r Bette haͤngen, mit der Unterſchrift:

Tecum vivere amem, tecum obeam libens,

bildete ſich ein: dadurch dieſen Vers des Horaz gehei« ligt zu haben! Uebrigens war er fehr trocken, und hatte eine nicht ſehr glücliche, Geſichtsbildung. Kerr Robe pflegte ihn einen, Heiligen in der Geſtalt eineg Verdammten zu nennen, -"-

Seine Werke heftehen, auffer dem erwähnten Gedichte son der Gnade Gottes, in einem Gedichte über Die Reli: gion, das den Reiz der Wahrheit mit den Schönheiten der. Dichtkunſt vereinigt = und viele vortrefliche Züge und meifierlihe Verſe enthält, fih aber nicht gleich bleibt, und eine oft ermüdende Eintönigkeit hat; ferner in Oden, die zwar einen Neihthum von Reimen, viel erhabene Gedan- fen, und einen richtigen Ausdruck verrathen, zumeilen aber

** zu

I. Ueber Johann, und Ludwig Racine. 298

zu wenig Feuer haben; in Epifteln, in welden man fein- gefagte Bemerfungen und Eleganz, doch weder trefiende Züge, noch Wärme, noch Colorit findet; in Beobach⸗ tungen ‘über die Dichtkunſt bie ſich, wenn fie gleich weder neu, noch tief gedacht find, ‘doch mit Vergnuͤgen fefen laffen; in Denfwürdigfeiten aus dem $eben fei- nes. Waters, die für, Liebhaber der Litteraturgeſchichte intereſſant ſind, nicht ſelten aber Geringfuͤgigteiten ent⸗ halten, die „man nur dem Antheile, den ein Sohn an feiner Water nimmt, zu aut halten kann; in Bemer⸗ kungen über die Trauerſpiele feines Waters, die auß fer. einigen feinen Gedanken ſehr trivial find, wenig Then: _ terkenntniß und Vekanntfhaft mit dem menfchlihen Her: zen zeigen ;" endlich in einer Ueberſetzung des verlohr⸗ nen Paradieſes von Milton mit vielen Anmerkungen, worin man "die Begeiſterung des engliſchen Homer völlig vermißt, und die noch weniger, als bie Ueberſetzung des Düipre de Er. Maur geſchaet wird. ee

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Wien den 29. May, 1788.

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Ma nl, Elegie

il Elegie, am Grabe Friedrichs des Etuben |

"Amy Jan. 2789.

Ds: was raufcht dort in der Halle, wie Harfeneliſpel Aehnlich dem Sauſein des Weſts, ſchauerlich klagend und ſanft Feyerlich hallt der Silberſaiten harmoniſches Beben, Ayednen entlodt dies Gefühl, hoch! ach ein Zrauers ut geſang:

* Slage, o klage Juͤngling, dem lezten, roͤthlichem —— Glanze, Pr Welser, im nätüigen ‚Grau ». Khimmernd am Hügel, kon | ſchwebt, | 3, Klage bem peifigen Sterne, welcher fo lichthel dort fimmert, „Sriedrich der Vater des Volks, fclummert bier ewigen Schlaf.

» Staunend blickte dee Engel des Todes, im Bude der . » Zeiten u Seiner Thaten ſo viel‘, nehe als Jahrhunderte ſahn, » Schloß von ihnen auf die Lange des göttlichen Lebens, „Zuckte das fammende Schwert, ſtuͤrzte den Helden ind Grab.

» Ah! es umkrdnzte fein Haupt, zwar die Silbet⸗

crone des Alters i

‘. benno zu früp, farb erden Wuͤnſchen des Volks; 1072130, ti 5 ı N „Gleich

A⸗

U. Elegie, am Grabe Friedrichs des Einzigen. 293

„Gleich dem Gebilde des luftigen Morgentraumes enteilte, u irn wie die Stunde der Luſt, feine Regierung: dehis.

eine, o weine Juͤngling, wann dich die Samnmrung umſchauert,

, Bann * en 5508 den Morgen bezieht;

»; Weine, denn Sriedrich, die Freude feines gluͤcklichen

Volkes Ledret uns Weisheit, nicht mehr, ewig entſloh Er der Welt.

Da mo die Sorte, donnernd das Feuer ber Gar "nen gebietet, » Eiden Blicke verheert, Welten durch Winke erſchaft, | » Dhda wandelt Er jest, vom, himliſchen Lichte umddmmert, „Wandelt in Ewigkeit fort, trogend dem Sturme der Zeit,

Rife beut Äh Dee Log, dee ein den Grafen u erzeugte,

.. Heut der felige Tag, welcher die Erde begluckt,

„Ach! da einem Koͤnig, wie: unter taufend nicht einer,

„Du Jehova verlichft, ‚einen, erwartenden- Walk ;

a Heut der felige dag wo tauſender Wünfde acbohren, Tauſender Hofnungen Ziel, Einzger in dir ſich vereint, „Wo der leidenden Menſchheit, freudig ein Lebe! entſchwebte, 2 und die Weispeit ihe —— über dich ſchuͤtzend geſenkt. »» Heut der Tag, den Vorußia im Taumel der Wonne ſonſt fehert, | „Aber voß heiligen Shmen, heute nur teaurend begeht; 4 ö u s „Darum

vr J

294 IE Efegie, am Grabe Friedrich des Einzigen.

>», Darum traure auch du, o Juͤngling, am Grabe des Helben, Weine um ihn, denn Er war, Köntg durch eigenen

u erth! IR * im Schatten der landlichen Eiche ge⸗ —W bohren, Schlummernd im friedlichen Schooß, eines befruchteten a, „Blieb doch griedeid- , einzig an Weisheit und Größe der Seele,

PM Einzig 4 an Geifte, und dies, zeichnet nur Koͤnige aus.

Darum ia N) Jüngling dem lezten roͤthlichem | Glanze, Welcher im nächtlichen ern, fehimmernd am Hügel dort ſchwebt, PER dem heiligen Sterne, welcher fo lichthell dort ſlimmert „Friedrich, der Vater des Volks, ſchlummert hier ewigen Schlaf! |

Alſo hörte mein Ohr, da fan ich anbetungsvoll nieder, Klagte den Zrauergefang, meinte um Friederich laut! Bebe Thrane auch jetzt, der tiefen Rührung entfunfen, Zitternd Die Wange herab, heilig dem innigften Schmerz!

v. Kleiſt. c. 77 |

3 Sehr

Un den Herrn Abt D. H. P. R. Henke.

RE Helmftädt, im Ehriftmonat 1788.

I, ih Wahrheit 9’ wo trennt! Irrwahn - und Wirklichkeit, Licht und Schattenwerk ſich? Leben und Traum, wo ruhn Eure wilden Paniere Eure Beldgefchren, * und un ?

Wo umarmt ie euch, Wahrheit und Wohebeitsfnn.,

Mo begrüßet ihr, mo? Schwerter und Bruder we

Wo enthuͤll't ihr den Schleyer Welchen Thoren euch umgehangt?

Hat wie brannte ich dir, Wahrheit, als Knabe ſchon Heißer fragt” ich nach Die, da ich ein en Da Keine Antwort "ich hörte” - un al . Shulehwds und Cathederwahn!

| Wahrheit, Wahrheit, mo _höhnt Dummheit und Schellenprunf Deiner Prieſter dich nicht? fage, wo find ih ih? Arlſo fragte Pilatee,

So der Füngling'—- und kam zu Dit!

Was ich ſuchte, und deß nimmer mein Paan ſchweigt, Fand ich, Edler, bey Dir: Wahrheit und Wahrheitsſinn, "Wenn ich glühend zu Deinen Süßen unter den Reihen. ſaß! „Wahr⸗

1

256 II. An den Herrn Abe D. H. P. K. Henke.

Wahrheit, wie biſt du ſchoͤn, wie iſt dein Kleid fo bei, „» Wie dein dacheln fo ſuß, wie iſt dein Ernſt fo hehr „Deine Toͤchter wie ſittig, „Deine Söhne fo frey und gruß 7 nm‘,

‚som id fterben: fir dih kann ich es nicht fo laß, „Laß mich Leben für dich! Goͤttin ich hulde dir! „und der Hohn der, Zelbte „Und des Gaſſenvolks ſey mein Bohn!“

So gelobt” ich's ihr oft öfter noch a ich Die, Zeug‘ es, Wahrheit! ich ſchwur eiwigen Dank eine Ind mit ewiger Liebe L Wie die Wahrheit zu Heben Dit.

Dank Dir, Zheurer, Du Haft, weiſe und Liebevoll, 5 Mir die Höhen, gezeigt, wo mir ihr wine. Denn.ihe Adyton fpdh’te. | | Kur Dein Geniusaug* allein ! !

—2

v. Nach Dibull's 7. Elegie des IV, Buche.

L

Es kam die Schdferkunde Und nun fort von meinem Münde | Auf

»

s Nach ribul 8 2. Elegie des IV, un 297:

Auf das Bichen meiner Lieder Lachelte Erhoͤrung nieder Be rg

Cyyris lich ni ihn ereilen, gie ihn mir am Bufen weilen, und durch ihre Zaubermacht Iſt nach- tanfend kalten ‚Stunden Heil ger· Weihe vol entſchwunden Die Gdtternacht:

| Die | zu Porynens ybchſten Gaben | Nimmer noch gefeufzet haben Amors Geüftermelodie, . Kündet meiner Nerven Beben, Dieſe Ohnmacht, diefes Streben, | Dieſe ſel'ge Agonie!

Mögen‘ doch von unſern Kuͤſſen Sürber Neid und Neugier wiſſen, Mag doch jegliches Vergehn Immerhin nun ohne Giegel Bor dem plauderhuften Spiegel Der verrathnen Liebe ſtehn.

Ach! in bieſc Naen Suͤnden Kann ich einzig Ruhe ſinden, Nicht in Zucht und Nonnenart; Hat doch nie ſich eine Minne | Tür den Geiſt und für die Sinne Sompathetiſcher gepaart! | 3 GSeidenfider,

V. Gregor

298 —* Br Er

Gregor und Heinrich. (Fortſetzung des Fragments im Det. St. 1788.) | s

Indeſſen befluͤgelte Gregor ſeine Flucht nach Canoſſa, und Heinrich, der elende Buͤßer, eilte ihm nach. So behaͤlt das Laͤcherliche ſein Recht bey. den traurigſten Auftritten des Ler bens. Die zween größten Männer ihrer Zeit, durch Angit und Mißverſtand, wie feige Dummkoͤpfe, hintereinander her: gepeitfcht, müffen dem Spotte ein unterhaltendes Schaufpiel geweſen feyn. |

) I.

Gregor ermannte fich zuerſt: er hatte nun ſeinen Schutzort ereilet, und ſich wieder mit allen ſeinen Schrecken gewafnet. Bald hernach kam auch Heinrich, und bat, daß man ihn einlaſſen moͤchte. Gregor, deſſen auflebender Muth nun den Triumph wieder verlangte, der ihn in Deutſchland erwartete, ſchlug es ab, aber Heinrich hielt an, und: drang durch. Canoſſa war mit drey Mauern umgeben, deren Zwi⸗ ſchenraͤume ſoviel beſondere Hoͤfe ausmachten. "Man ließ Heinrichen nur in den erſten, nachdem man die Kayferin und fein Eleines Gefolge von ihm getrennt hatte. . Das Thor wurde gleich nach feinem Eintritte wieder geſchloſſen. Hier ftand Heinrich, der deutfche Kayfer, drey Tage lang, in ei nem wollenen Bußgewande, baarfuß, mit entbloͤßtem Haup⸗ te, drey Tage und drey Naͤchte, ohne zu eſſen, und bat feinen Feind um Verzeihung, und bat vergebene. Die

FI Des

V. Gregor und Heinrich. 299

Beſitzerin des die Graͤfin Mathilde, war der traurigen Seene zugegen. Sie war Heinrichs Verwandte, und liebte ihn; auch hatte der Bedraͤngte auf ihren Bey- ſtand gerechnet. Aber Mathilde war dem Pabſte ergeben ; fie diente ihm mit abgoͤttiſcher Verehrung. Die Ärger: lihe Chronic gab ihrer Empfindung für Gregor einen ſchluͤpfrigen Namen; doc) die aͤrgerliche Chronic log, und ſchmaͤhte im elften Jahrhundert, tie ſig noch thut. Dia thilde war die reichſte Prinzeßin ihrer Zeit, ihre Jugend war noch nicht voruͤber; ſie konnte waͤhlen. Aber ſie verfchmähte die, Liebe. Was war dieſe Leidenſchaft gegen Gregors Beyfall? Gregors, des heiligen Mannes , des Fuͤrſtenzwingers, deffen geiftliche Tochter fie war, der ihrem Rathe folgte? Welche Freude der Liebe kann die Wonne der Schwärmerey und Herrfchfucht aufwiegen? Mathilde warf fi) weinend dem Halbgotte zu Füßen, und flehte für ihren Verwandten; alle, die den Dulder fahen, baten für ihn; er felbft, müde zu bitten, verlangte nichts mehr, als daß Gregor ihn unerhoͤrt entlaffen möchte: aber um« fonft, umſonſt, die Sonne gieng auf, und gieng unter, und feitie Leiden dauerten immer, es war Winter, die Kälte vergrößerte fi, Won allen Orten war Volk hergeſtroͤmt zur dieſem fehauerlichen Auftritte. In einem feiner. Briefe ſchildert Öregor- diefe Scene mit einer feltfamen- Unbefans genheit Heinrich Fam, fehreibt. er, mit einigen Perfos nen vor Canoffa, wo ich mich aufhielt, legte das. koͤnigliche Gewand ab, erſchien baarfuß, mit Wolle befleidet, ein elender Anblick , zerfloß in Thraͤnen, und ließ drey Tage lang nicht nach, Troſt und Huͤlfe von der apoſtoliſchen Er⸗

barmung

306 V. Gregor und Heinrich— barmung zu erflehen, bis alle, die ſeine Gegenwart dahin gezogen "hatte, Durch fein Leiden geruͤhrt, für ihn baten. Sie erftaunten über meine Angewohnte Härte; - einige fagten laut, dies fey Fein apoftoliicher Ernft, fondetn tyrans rüfches* Ungefuͤhl. &o fihrieb der ſeltſam aufrichtige Mann von ſich ſelbſt. Endlich am vierten Tage winkte Gregor, Heinrich erſchien, und empfieng, was er geſucht hatte, die Befreyung vom Banne. Gregor ſprach ihn los; er nahm ihm dieſen Bann ab, um ihn bald mit einem ſchwerern zu erdruͤcken. Auch antwortete er den Geſandten der Sachſen, die feine Verfühnung mit Heinrich fuͤrchteten: Sorget micht, ich gebe ihn ſchuldiger zurüd, als er kam. Der gefährliche Mann hielt Wort. - Heinrich mußte ver- fprechen, an jedem Tage und Orte zu erfcheinen, den Gre— ger beftimmen wuͤrde, um ihm zu fagen, ob er Kayfer blei⸗ ben werde, oder nicht; _ er mußte verſprechen, ſich der kay⸗ ſerlichen Wuͤrde zu enthalten, keine Gewalt auszuuͤben, und nur foviel von den Einkünften der Crone zu nehmen , als feine dringendften Bedürfniffe foderten; ev mußte verfpres hen, feine excommunicirten Raͤthe nicht wieder anzuneh men, und erkennen, daß feine Unterthanen frey wären von ihren Pflichten gegen ihn; er mußte vor allen Dingen verfprechen, dem Pabſte zu gehorchen, wenn er bergeftefle feyn würde, und, was ihm ſchrecklicher fehien, als dies al- les, er mußte verfprechen,, fi) felbft für ercommmmicite zu halten, fobald er nur eine diefer Bedingungen unerfuͤllt laſ⸗ fen würde das alles verfprach Heinrich in der Betaͤu⸗ bung, Er und feine Begleiter, die indeflen auf Gregors Bi Befehl

A V. Bregor und Heinrich; dor - Befehl Hatten falten muͤßen, wurden nun abſolvirt Sie ver liegen Canoſſa. SL

Mit edlem Unwillen hatten die. Italiener den ſchmach vollen Auftritt geſehen. Dieſe Maͤnner ſpotteten Gregors. Viele von ihnen hatte ſein Strahl ſchon getroffen, und den a übrigen drohte ein ähnliches Schickſal; aber ihre Vernunft leitete den Blitz ab, es waren helle und feſte Köpfe, die das

Gewitter nicht fürchteten, Mit defto ieferer Verachtung!

er hiele am, er gewann fie wieder. Ploͤtzuch änderte fi

®

blickten fie auf den deutſchen Kayfet, wie er von Mathildens Schloße zuruͤck kam, und ſich nun zu ihnen wand, ie verwarfen ihn: Der Elende, der vor dem verruchten Hil⸗ debrand niedergefallen war, hatte feinen Anſpruch mehr: anf ihren Gehorfam. So ſpielte das: Hyickjal mit diefem Fub⸗ ſten. Die Deutſchen wolten ihn abfegen, weil er im Ban⸗

ne war, und die Stakiener, weil er abſolvirt war. Aus

dieſer dornichten Lage, im der vielleicht ein. uͤberlegſamer Mann verloren geweſen wäre, weil’ er. zu viele Schwierig⸗ keiten geſehen, zu viele‘ Triebfedern bewegt hätte, aus bier fer Enge wand fih der rathloſe Heinrich‘ ohne Muͤhe. Er ſtellte den Italienern vor, daß ihn die Deutſchen zu dieſer ſchmaͤhlichen Handlung gezwungen haͤtten, er verficherte, daß er Gregoren ſo : wenig als moͤglich halten wolle, er bat,

num die Seene. - Heinrich, der noch vor wenigen Tagen, von aller Welt verlaffen, zu den Füßen feines Feindes "Ing, ſtand jetzt wieder, mit: allen Schreckniſſen des Krieges ges ruͤſtet, an der Spige einer mächtigen Pasthie, - Forst kamen ſeine deutſchen Freunde, die verbannten Biſchoͤſſe, und did Malin u. Volterk. V. . 8. 7 Ritter,

| *

302 V. Gregor md. Heinrich. 2

Ritter, Cosheim, Eberhard und Berthold, ſeine Geireuen; fie hatten für ihn gelitten, und waren ihm deſto ergebener· Gregor war noch in Canoſſa, er Eonnte weder nad) Nom zuruͤck, noch nach Deutſchland; wo er ſich hinwandt, trat ihm Heinrich entgegen. Es herrſchte zwar noch ein Schat⸗ | ten von Eintracht amter ihnen, SHeinrich handelte mit - Slimpfe, aber mit dem demüthigenden Glimmfe eines übers legenen, ſchlecht verfühnten Feindes. Die deustfchen Fürften ſuchte Heinrich hinzuhalten, jo lang er konnte. Sie ſahen mit Verdruße die wechſelnden Auftritte zwiſchen dem Pabſte und ihm; ihr Ungeſtuͤm regte ſich, aber Heinrich glaubte, fie durch die Vorſtellung einzuſchlaͤfern, daß Geſchaͤfte von aͤuſſerſter Wichtigkeit ihm nicht erlaubten, Italien zu ver⸗ laſſen, und dem Neich£tage zu Augfpurg beyzuwohnen.

Heinrich betrog fih. Der Zorn dieſer Männer hatte zuviel Gehalt, um fo leicht zu verraudhen. Sie verfammels ten fih zu Ulm, überkegten, was fie zu thun hätten, nahe men ihren Entſchluß, und trennten fi) wieder. Erſt im Fruͤhjahre kamen fie zu Forchheim in Franken zuſainmen, und führten aus, was fie befehloffen Hatten. Hier ſetzten fie Heinrich, ihren König, feyerlich ab, und wählten feinen Schwager Rudolph, Herzog von Schwaben. Diefer Prinz befaß große Eigenfhaften; die deutfhen Vöͤlker ſchaͤtzten ihn hoch; er war wichtig. Gleich anfangs hatte ihn die Kayferin mit ihrem Sohne zu verbinden gefucht, und ihm in dieſer Abſicht das Herzogthum, und ihre Tochter geger ben. Aber Rudolph war ehrgeizig, Er verrieth ſich einis ‚gemal, und zerfiel mit dem Kayſer. Agnes werföhnte fie

j zwar

\ |

. * / V. Gregor und Heinrich. 303 zwar immer wieder, und im Treffen gegen die Sachſen loͤſchte Rudolph allen Verdacht aus, den er gegen ſich er— zeugt hatte, Wie aber Heinrich den Sieg mißbrauchte, fo erwachte feine Leidenſchaft wieder. Heinrich war damals ſo unklug, er begieng ſo ungeheure Fehler, daß der Beſchei⸗ denſte gereizt wurde, ſich gegen ihn zu verſuchen. Nun machte Rudolph den Entwurf, ſeinen Schwager zu ſtuͤrzen. Er bekam Anhaͤnger; der Reichstag war unſchluͤßig; ſeine Freunde arbeiteten fuͤr u drangen duch; er wurde Kayſer. | Ä |

In ber Gefchichte der. deutfchen Frenheit macht dieſe Wahl, fo regellos_fie war, eine der. wichtigſten Epoken. Rudolph mußte Verzicht hun auf das Recht, die Biſchoͤffe zu ernennen; er mußte das große Geſetz unterſchreiben, welches dieſe weiſen Empörer einfuͤhrten, das Geſetz, daß nur die freyen Stimmen der Fürften, fern von aller Ruͤck- fihe auf Erblichkeit, der Nation ihren Beherrſcher geben koͤnnten. Gregors Legat mar dabey, beſchuͤtzte Rudolphs Abſicht, und half das Geſetz entwerfen. Er wirkte fuͤr Roms Vortheil, die Fuͤrſten arbeiteten fuͤr den Ihrigen, und ſo entſtund das gemeine Beßte. |

Mrun riß ſich Heinrich los, und eilte nad; Deutſche land. Aber jegt fhien er da fo gefährlich, als vorher in " Stalin. Auch fand er. die Durchgänge wieder beſetzt, und “mußte” ſich wieder durchdraͤngen. Sein erftes war, Welfen, den undankbaren Herzog von Bayern n abzufegen. Es waͤhrte nicht lange, fo fiand er an der Spitze eines Heeres,

& 2 das

y

304 V. Gregor und Heinrich). das ihm die Edlen, die ihn Fichten, aus Bayern und Beh: men jugeführt hatten. Rudolph war ihm mit den Sad ſen bis an den Necker entgegen geruͤckt. Heinrich ſuchte ihn, fand ihn, und trieb ihn zuruͤck. Der Gegenkayſer floh nach Sachſen, und ſeine zerſtreuten Anhaͤnger verbar— gen ſich erſchrocken in ihre Schloͤſſer, denn es iſt nicht ſo leicht, als man glaubt, mit ſeinem Herrn zu kaͤmpfen.

Doch die Empoͤrer ermannten ſich wieder, und im folgenden Fruͤhjahre (1078) that Rudolph ‚einen Einfall in Franken. Heinrich, immer‘ bereit ‚zu kaͤmpfen, zog ihm kuͤ— ſtig entgegen. Bey Melrichſtadt, im Bißthume Wuͤrzburg, trafen ſie einander, und ſchlugen ſich. Die Schaaren von Heinrichs Heere, die er ſelbſt anfuͤhrte, uͤberwanden die Sachſen, die mit ihnen ſtritten; aber Otto von Nord— beim, fo tapfer als Heinrich, und weiſer, der einem andern - - Theile des -fähßifchen Heeres gebot, ſchlug die Fayferlichen.

Haufen, die gegen ihn funden; die beyden Helden ſtritten

nicht miteinander, und. der Sieg blieb unentichieden. Die Sachſen ſchrieben ihre Niederlage den Biſchoͤffen zu, die bey ihnem waren. -. Die. Priefter diefer Eriegerifchen Voͤlker zo— gen zwar oft mit zu Felde, aber die im ſaͤchßiſchen Heere, fühlten fhon das Loos eines weichern Lebens, Die Er: ſchrockenheit 'ergeif fie im Getuͤmmel des Treffens; ſie flo- hen zuerſt. Won Heinrichs Getreuen fielen einige, unter andern Eberhard, ein tapfever, Eluger: der a

‚terlich ben ihm gehalten hatte. Die beiden Kayfer zogen ſich nach der Schlacht mit den Ueberbleibſeln ihrer Heere zurück, um neue Kräfte zu ſam⸗

En

x

V: ‚Gregor und Heinrich . 3805

fammeln. Heinrich, thaͤtiger alg fein Gegner, erſchien bald

wieder im Felde. Rudolph war noch in Sachſen, und Heinrich, Eühn genug, feinen Feind im Herzen des Landes

zu befriegen, das ihm anhieng, ſuchte ihn ‚dort, zu ertei-

chen. Aber fein. Schrecken gieng. vor ibm ber; die Sad;

fen-hatten alle Zugänge befetst, er konnte nicht durchdringen...

- Nun wand er ſich nach Schwaben , gab die Güter feines

Seindes der Verwuͤſtung preis, entfeßte ihn des Herzog⸗ thums, und ernannte Friederich von Buͤren, Herrn zu Ho⸗

a a zum Ben von Schwaben.

Die: Hand einer Eapferlichen Prinzefin, die Heinrich

diefem Fürften gab, Enüpfte ihren Bund noch feſter. Frie-

derich üft der Stammvater eines Heldengeſchlechts, das die deutſche Geſchichte lang befchäftigen wird, |

Indeſſen ſah Gregor diefen ‚Scenen der Zwietracht ohne Theilnehmung zu. Nudolph mar ohne feine aug« druͤckliche Einwilligung erwählt worden , und» Heinrich. ges noß nod) die Vergebung von Canofja. Der. Regel, und ‚bem Plane getreu, den er ſich vorgezeichnet hatte , Eonnte Gregor keinen von beyden weder begünftigen, noch verwer⸗ fen, Er handelte nicht nad Leidenſchaft. Sein. Syſtem foderte ihn zum Richter von beyden, nicht zum Helfer des einen oder des andern auf. - Er fehlen gleichgültig. Hein- richs Feinde, befonders, die Sachfen, kamen außer fih über

diefen Kaltfin; er war, ihnen ein Raͤthſel. Werin wir,

aus eigenem ‚Triebe, ſchrieben fie dem Pabfte, dies vers derbliche Unternehmen gewagt hätten, fo dürften, wir. uns & 3 nicht

-

306 V. Gregor und Heinrich,

nicht beklagen , daß Eure Gravität zoͤgert, uns zu unter⸗ ſtuͤtzen. Da wir aber dieſe Laſt, bloß auf Euerm Befehl, uͤbernommen haben, ſo ſolte fie ung erleichtert werden. Wir zweifeln nicht, daß Ihr die beſten Abſichten habet, und mit tiefer Ueberlegung handelt. Aber wir unwiſſende | Menfhen begreifen Eure geheimen Maaßregeln nicht; wir fielen Euch Tharfachen vor, die aus dem: ungewiffen Hin« halten beyder Theile fließen, innere Zwietracht targer als ‚Bürgerfehden, Todtſchlaͤge, Verwüftungen, Mordbrennerey, Kirchenraub, Unterdrückung der Armen, und Verfchleuderung der Eapferlihen Güter, die, in dieſem Streite zu Grunde gehen, weil Ihr beyden Kronmwerbern Hofnung mache.

Diefe treuberzige, dringende Klage that Feine Wir fung, Der Beyftand der Sachfen war Gregoren unent: behrlich; fie waren bie einzige Nation, die dem allgehaßs ten Manne anhieng;s ohne ihre Mitwirkung war fein Entwurf nichts, als der Traum eines ehrfüchtigen Anacho— reten; denn überhaupt: that der Pabft,viel für die Freys beit der Deutſchen, ſo thaten ſie noch mehr fuͤr die Macht des Pabſtes. Gleichwohl blieb Gregor unbiegſam gegen ihre Bittes die Sachſen wiederholten fie; ihre Vorſtel⸗ lungen wurden Vorwürfe; fie fprachen heftig: umſonſt; Gregor hörte fie wicht. Foͤrmliche Unterfuchung der Sache, formlicher Ausfprud) von ihm, dem Nichter der Könige: Dos foderte Gregor, denn die Deurfchen Hatten ihn. feldft dazu berechtigt, die Sachfen, durd ihre feltfame Klage ger gen den Kayfer, diefer, durch feine * ſeltſamere Demuͤ⸗ m zu Canoſſa. | 5 * See

MW Beige und äini er 307

rest Unbeweglichkeit daͤmpfte das, Feuer des deut⸗ ſchen Buͤrgerkrieges eine: Zeitlang; während dem, die roͤmi⸗ ſchen Legaten bald Heinrichen ,. bald Rudolphen mit Hof nungen täufchten, und fich theuer nad) Roͤmerweiſe, wie ein

J deutſcher Annaliſt ſagt, ihre truͤgende Muͤhe zahlen ließen. Dies einfchläfernde Hinfehen, auf irgend ein Mittel , das Gregor angeben wuͤrde, um die Eintrache- in: Deutſchlaud herzuſtellen, verurſachte eine Stille, die das ganze Jahr dauerte. Der ſtolze Schwaͤrmer verſtand dadurch das Ges richt, das er in Deutſchland uͤber die beyden Kayſer halten wolte; das Gericht, das ſie entehrte, und das Heinrich immer zu vereiteln wußte. So verſtrich dieſes Jahr, aber das folgende war: deſto reicher am. Auftritten. Heinrich, der röoͤmiſchen Raͤnke müde, haste alle ſeine Kräfte geſpannt, und kam im Sturme uͤber ‚die Sachſen, die, es war noch Winter, keinen Ueberfall vermutheten; Sie ſtuͤrzten ihm unbereitet entgegen, und hatten ſich kaum geſammelt, als; Heinrich fie in Thuͤringen bey- Fladenheim erreichte. Er grif fie ungeſtuͤm an, und fie wichen. Da«erſchien Otto | von Nordheim an ihrer Spitze, und trieb ihn zurüc. Zum Ieytenmale uͤberwand Otto's höheres Verdienſt, und Hein⸗ rich floh. Jetzt erklaͤrte ſich Gregor. Ich habe die gerechte Sache. beſchuͤtzen wollen, aber Heinrich Hat mich vers hindert, nach Deutſchland zu kommen; feine Sache iſt böfe. Ich. excammunicire ihn, entſetze ihn der kayſerlichen Wuͤrde, des deutſchen und italieniſchen Reiches. Ich ver: biete den Chriſten, ihm zu gehorchen, und entlaſſe fie des Eides, den ſie ihm geſchworen haben, oder ſchwoͤren werden. Heinrich und ſeine Anhaͤnger ſollen im Treffen X4 keine

308 V. Gregor und Heintich.

keine Kraft: haben, das Schwert zu führen fie ſollen nie überwinden‘! Sch verwerfe ihn, denn. er iſt ſtolz,, ungehor- fom und falfch, und fhenfe Rudolphen die. Krone, wegen feiner Demuth und, Redlichkeit und feinem Gehorſam.“

Dieſer Ausſpruch ſcheint fanatiſcher als er iſt. Der Fluch gegen die Leibesſtaͤrke des Kayſers und feiner Freun⸗ de konnte dem Feigſten den Muth geben, ihn zu ermorden. Treylich wagte Gregor die Ehre feiner Untruͤgbarkeit gegen „bie ungewiffen Folgen feiner Berwünfhung: aber was war dieſer Mann nicht fähig zu wagen? Cr that noch mehr:, et prophezente, der unrechtmäßige Kayfer, und das war Heine.

rich, werde in Diefem Jahre noch fterben.. Der Schwär: ° -mer glaubte was er ſprach; denn im elften Jahthundert weiſſagte man noch, und ein heftiger Character uͤbertreibt die Fehler ſeiner Zeit, wie alles andere. Gregor betrog nicht; ſein Ungeſtuͤm litt keine Raͤnke. Ein Liſtiger wuͤrde des Kayſers Bloͤßen benutzt haben, aber Gregor entſetzte ihn, weil er ſtolz, ungehorſam, und falſch war, Vorwuͤrfe, die

der Pabſt und die Deutfchen ihm machen, konnten.

Dem Fluche für Heinrich folgte der Segen für Nur dolph. Gregor fihikte ihm eine Krone mit,dem bekannten Berfe:

Petra dedit Petro, Petrus diadema Rudolpho Nun war der Krieg erklärt zwifhen dem Pabſte und dem Kayfers die Todesfehde zwiſchen ihnen fieng an, Es war feine, von den Streitigkeiten, die Fuͤrſten durch ihre Staats’ Diener

V. Gtegor und Heinrich. 809 \ u. R J

diener und Feldherren gemaͤchlich ausfechten laſſen, wo weder der Sieger ſeinen Triumph , noch der Beſtegte feine Nie⸗ derlage fuͤhlt, kein berechneter ‚Krieg, der wie die Speculas tion eines. Kaufmanns angefangen und: gemdigt wird. So firitten. Gregor und» Heinrich nicht; der “eine Eampfte fire ‚Die Rechte der Koͤnige, der andere für. die Anmaßungen der Kirche; Tod und Verderben erwarteten den Ueberwunde⸗ nen, ſie fielen beyde, und der Streit iſt on nicht ent. |

Gregor hatte Heintichen entfet, - ‚Heinrich berief nun feine Biſchoͤffe, und ließ Gregoren entſetzen. Die verfant

‚melten Väter. erklärten ihn für seinen verruchten Sünder, der“

ſich durch Betruͤgereyen und Beſtechungen auf den paͤbſtlichen Thron gedrungen, und unſaͤgliches Unheil geſtiftet habe. Sie erklaͤrten ihn fuͤr einen Kirchenraͤuber und Mordbren⸗

ner, fuͤr einen Meyneidigen und Todtſchlaͤger, für einen

Ketzer, und damit nichts fehle, für einen- Wahrfager, Zeis chendeuter und Schwarzkuͤnſtler. Sie ſetzten ihn feyerlich ab, und waͤhlten Wigbert, Erzbiſchof von Ravenna, einen

der aufgeklaͤrten Italiener, die Gregor ercommunieirt hat:

te, weil fie ihn verachteten. ‚Der neue Pabft nannte fi Clemens, a |

Aber alle dieſe Auftritte der Erbitterung entſchieden nichts; es kam nun aufs Schwert an, den letzten Richter

menſchlicher Haͤndel. Noch im Herbſt dieſes Jahres (10o80)

drang Heinrich an der Spitze ſeines Heeres in Sachſen. Rudolph war auch geruͤſtet. Sie fanden einander bald,

& 5 und

so v. Gregor: und Heinrich.

und ſchlugen ſich mit der Wuth, die Buͤrgerkriege ſo ſchreck⸗ |

lich macht. Anfangs fiegte Heinrich, wie gewoͤhnlich, er trieb die Sachfen zurück; feine Ritter jangen ſchon Triumph⸗ lieder auf dem Schlachtfelde: Da kam Otto von Nord⸗ heim, der, wie das Treffen anfieng, einige kayſerliche Hau⸗ fen weggeſchlagen, und verfolgt hatte, der kam, und gebot

dem Siege, und Heinrich verlor das Feld. Zuu drittens

‚mal unterlag er dem ſtaͤrkern Geiſte dieſes Mannes. Er wurde aufs Haupt geſchlagen, und doch blieb ihm der Vor⸗

theil des Treffens. Gorfeled, der Befreyer von Jerufalem,

der in feinem Heere war, ſtieß in der Schlacht auf Rus dolph ; ; fie kaͤmpften einzeln miteinander im Getuͤmmel, und Gotfried ſchlug den Gegenkayfer toͤdtlich verwundet vom Pferde. Er ſtarb nach bem Gefechte. '

Für Gregor und die Sachſen hatte dieſe Kataftrophe die traurigften Folgen. Mach der Meynung, die damals herrſchte, that die Gottheit durch den Tod. der Kämpfer ihr

furchtbares Urtheil fund , über die Streithandel der Men:

ſchen. Diefen Aberzlauben hatten Gregors Prophezenyhuns ‚gen aufs höchſte gefpannt. Auch fiel. bey Rudolphs Tode fein ganzes Anfehn in Deutfhland, und in Rom zitterten feine Freunde. Sie baten ihn dringend, fih mit Heinrich zu verföhnen; gewöhnliche Menfchen, wie fie, fanden in Dies fer Verlegenheit Eein EMFRSBIC, als die Milde des Siegers.

VL Ei⸗

=._————

v1.

Einige bemerkenswerthe Wehrher Mir a, über |

Freyheit und Wohlftand in Monarchin

F hhet und Wohlſtand ſind ſo genau verbunden, daß ein verarmtes, gedruͤcktes Volk zur Freyheit unfähig, und dieſer Schatz ihm eine Laſt wird; die Leimhuͤtte in der Picardie wuͤrde das Gluͤck nicht faffen fünnen, fo wie das Wohlſtand ankündigende Gebäude des Kaufmanns in. &yon oͤde wird ' und finft, wenn feinen Privilegien‘ Einhalt gefchieht. Der wohlhabende Bürger ehrt feinen Fürften nicht mit Scla⸗ venfinn, ſondern mit jener ‚reinen, hellen Verehrung, die die Geburt der Ueberzeugung , daß es die Sau des Ä Staates fodere, if.

Wer Wohtftand will, muß gewaͤhren; Spe⸗ eulationen und Polizeyanftalten, die dagegen find, ift feheina barer Gewinn und Vorurtheil; Folge einer Taͤuſchung, ime

mer Beweiß unreifer Ueberlegung, verſchiedene Geſetze aͤlte⸗

rer Zeiten in Staaten =. werden Belege zu dem Ss | =

Wohlſtand und Reichthum verfeitet nicht zu. Empoͤ⸗ sungen, fo’ lange das Volt nicht gedrückt wird; im Gegens heil iſt Wohlftand die Frucht der Ordnung im Staat, Empörung und Gefeßwidrigfeit enden ihn öfters, fo fühlten

| | die

3ta . VI. Einige bemerkenswerthe Wahrheiten, | die vereinigte Niederlande tief die Wunde des geſetzwidri⸗ gen Partheygeiftes, man kann in diefem Fall, da von Mo: narchien die Rede iſt, doch die letzte niederländifche Unruhe » anführen, da eine, monarchifche Gefinnung in ihr flamte, Ä and die Krankheit eines menarchiſhen Staates ihre erſte | Urſache war.

Es iſt eine irrige Meynung, wenn man glaubt, Frey⸗ heit, ſo viel ſie zum Gluͤck der Menſchheit und zum Wohl der Staaten noͤthig iſt, vertrage ſich nicht mit monarchi— ſcher Verfaſſung, es iſt die groͤßte Kunſt der Monarchie, daß alle Stände gleiche Rechte und Freyheiten genießen, und an den Spitzen der Geſetze, die die Erbtheile des Volks ſind, der Fuͤrſt ſteht; gar oft if. in dem Schooß der mer | narchiſchen Verfaſſung ein ariftofratifcher . Deſpotismus ges _ Hülle, der den Druck aller Stände hervorbringe, und unge: xechter Weiſe der monarchiſchen a zugeſchrieben | wird,

Es ift ein lächerlicher das —— in der Verfaſſung nennen, wenn der zuͤnftige Buͤrger gefragt wird, ob Friede oder Krieg ſeyn ſoll, dies oder jenes Geſetz ſoll entworfen werden; ſolcher Einfluß iſt Taͤuſchung und Prah⸗ lerey, und gruͤndet ſo wenig die Freyheit des Volkes, als es den zum unſterblichen Kuͤnſtler macht, der die Farbe reibt, mit der ein Rubens

Freyheit liegt nur, ſi ind die Worte eines vortreflichen Mannes, in dem freyen, und folglich rechtmaͤßigen Gebrauch unſerer Kräfte, in fo weit fie zur Erhaltung der Menfch- heit _

'

über Srehßeit u. „Bestand in Monariel.

heit kei find; . zu unferen Kräften gehften Leibes⸗ und Seelenkraͤfte; zu jenen ſind alle Nahrungszieige, zu dies fen ift die Geroiffensfeeyheit zu rechnen; find ſle unge⸗ kraͤnkt gelaſſen, po leise der Menfch in Schranfen, und der Staat‘ erhält Wohlſtand; die groͤßten Krantheiten der Staaten, das ift, das größte Unglück der Menſchheit, ent⸗

' fund, wenn diefe. Kräfte gedrückt und zur Gegenivchreuges reizt wurden; im Fall der Gegenwehre entſtunden buͤrger⸗ liche, Kriege, oder duch Druck ſanken die Voͤlker in ce

‚und moralifches‘ Verderbniß. \

Wer Nahrungszieige und Gewiſſensfreyheit ſchůzt, die arbeitſame Bürger ungeſtoͤrt unter der Aegide der fes.

ften, nicht. leicht abaͤnderlichen Geſetze ihre Gewerbe und Wandel, und buͤrgerliche Tugend treiben laͤßt, iſt der größte Fürft; „und alles bewundrungswürdige, drückt ſich Herr

„Hennings aus, was wir uns träumen, und was uns fo. „blendend: ſcheint, iſt auſſer dieſem Folge der menſchlichen

„Schwachheit, waͤre es auch Alexanders oder Caͤſars Groͤße.

Nulli vendemus, nulli negabimus, aut differemus juſtitiam, velRectum. Magna Charta cap. XXIX, -ift der ſchoͤnſte Eid der Könige. > Een na T— us,

VI, Schrei⸗

A

J

314 VI. Schreiben an den Veberſeher

% \ ®

2 F VII. 45 Ber

Schreiben an den Ueberſetzer des Liedes Eigill Skalagrims, in der N. Sitteratur und Mötkerfunde, April 1788.

©: haben, mein Herr! erſt kuͤrzlich die Titterarifche Welt mit der. Ueberſetzung eines isländifchen Liedes befchenkt, das gewiß in unferm Sahrzehnd, da alle unfere. Barden ſtumm

ſind, und die Liebe für die Litteratur des alten Nordens fäytäft und ſchlummert, eine feltene Erfeheinung ft, und ſchen

in diefer Ruͤckſi cht Lob und Dank verdient. Es iſt Ihnen unbekannt, ob es ſchon ein Deutſcher gewagt hat, dieſen ges wiß nicht leichten Geſang mit dem Gewande ſeiner Mutter⸗ ſprache zu beſchenken; Sie wuͤnſchen daher näher davon uns terrichtet zu werden, und eine andere Ueberſetzung mit der Shrigen zuſammengeſtellt zu ſehen. Ob ich gleich keinen Beruf in mir fühle, den Litterator zu ſpielen, ſo will ich doch bis ein anderer, dem es beſſer anſtehen moͤchte, Muſe gewinnt, Ihren Wunſch zu erfuͤllen —— Ihnen einſtweilen einige nicht

unwichtige Bemerkungen darüber hier oͤffentlich mittheilen.

Das Lied des Eigill Skalagrims iſt ſchon laͤngſt von anſerm beruͤhmten Dichter. Denis in Sineds Liedern me: triſch aͤberſebt, und das haͤtte Ihnen, denk' ich, nicht.unbes Eantıt feyn follen. Seine Ueberſetzung koönnte indeſſen immer noch eine andere, richtigere und in manchen Stellen mehr poetiſche Ueberſetzung neben ſich leiden, ohne daß man einer

Auf⸗

je

des Liedes Eigill rc. |

—— beſchuldigt werden Eonnte; die Ihrige hat

dieſen Mangel nicht ganz erſetzt. Poetiſcher iſt ſie aber eben

deswegen auch oft ohne Sinn, um vieles untreuer und mit mehr Mißverſtand ausgefhmückt, als die Denis 'ſche. a. will Sie nicht laͤnger aufhalten. |

Gleich im Anfang, Sie pre eigene Phantafie der Phantafie des Dres, voraus galoppiren laſſen. Sie uͤberſetzen:

Ich ſchifte vom Abende her, und neben mir ſtroͤmte Der Empfindungen Fluth von der Herrſchaft des Odins.

Barum neben mir? Warum die Fluch von der Herrfchaft

des Ddins? Hätten Sie fi fich huͤbſch an die lateiniſche Weber:

fegung gehalten (und die war doch Ihr Steckenpferd!), ſo

wuͤrden Sie den Sinn des Dichters nicht ſo ſehr entſtellt haben. Denis hat dieſe Stelle beſſer, aber doch us ll gut überfegt:

Dom Abende trug mich ein Fahrzeug, |

Doch trag’ ich ein Meer der Gedanken

Dem Ddin geweipet in mir. + | Das „doch“ taugt nichts. Um mic nur an feine eigene Ueberſetzung zu halten, fo müßte es heißen: mich erug ein Fahrzeugs; aber ich trage ein. Meer von dem Ge— Dächtnißlande Odins. Das Gedaͤchtnißland ſi ind in der Sprache der Skalden die Gedanken, und die Gedanken Odins, des Vaters aller Dichtkunſt, ſind, wie leicht zu erachten, poetiſche alſo: ein Meer von Dichtergedanken. Das - Ganze fagt mithin weiter nichts, als: id) mar zu einem | | Ger

36 VII. Schreiben än Den. Weberfeger

Gedichte begeiftert , als. ich von Weften Herüber fuhr (von Zoland nad) Northumberland). :Das Meer von Gedan⸗

ken war. aljo nicht ‚dem Odin geweihet, wie Herr Denis

a

will, und dev Empfindungen Fluch, wie Sie uns berichten

wollen, firömte. nicht neben dem Dichter vorbey Die . Fluch‘ von der Herrtcheſt des Odins!!! Was denken Sie?

Ein paar Aalen weiter in Ihrer Ueberſetzung, und abermals ein -Eleiner Misverftand ! Worm ius übers feßt: u 1228 re | Spargo Odini mulfum

In Anglorum regem,

Laudem cantilena perfecit. \ Diele drey Zeilen uͤberſetzen nun Sie:

Weit in den Panden umher verbreit' ith die Ehre von Odin - Boltender bat mein Geſang das Lob des Herrſchers der. Brittent Und Herr D Denis: Auf der Angeln König Thau' ih Ddins Honigtranf. Skaldenkunſt erhoͤht den Ruhm.

| Beyde Ueberſetzungen fi nd fehlerhaft, aber die Ihrige

verzeihen Sie meiner Freymuͤthigkeit! am meiſten! Ueberdies verrathen Sie hier wenige Bekanntſchaft mit den

Ausdrüden der Skalden und der nordiſchen Mytholodie.

Und ich daͤchte, wenn man ein von mythiſchen Ausdruͤcken

| fo vollgepfropftes Gedicht überfegen sollte, müßte man mit

- der Dichtkunſt und Mythologie der. Norden nicht erſt von

geftern her bekannt feyn ! Odins Ehre hat Eigill nicht ver⸗

des liedes Eigil Etacrim I t m

yeröteiken wollen, (woͤrilich uͤberſetzt: Odini mulfumi) j Odins Meth! Und nun hören. Sie zu diefen paar Worten deu Eommentar aus der Edda: „Odin reiſete einsmals ins Rieſenland, und ——— durch Lift von der Liebe Gunn—⸗ loͤda's die Erlaubniß, einige Züge von dem begeifternden Meth des Niefen Futtungs za trinken. Er thats, und weil feine Züge Götterzüge waren, trank er ihn auf den drits | ‚ten Zug vollig aus, verwandelte fich in einen, Adler, und flog zuruͤck nach Ygard (der Görterftadt), wo er allen Meth wieder von ſich gab, den er getrunken hatte, Bon dieſem | Methe durften nur die Unfterblihen und die Dichter trins fen.“ Die Dichtkunft heißt daher bey den Skaldent : Ding Meth. Alfo ja nie Odins Ehre! Dichtkunſt Coder nach einer ſehr gewoͤhulichen Metonymie ein Gedicht) bringt der Skalde auf Englands König. Dies bringen, (ber ec ich bringe) überfeßt Wormius fpargo, dies fpargo Denis: auf einen thauen!! Cunerträgl, hart!) ©, umher⸗ verbreiten.

In der folgenden Zeile ſind Sie und Herr Denis ſehr weit auseinander, und beynahe gleich, weit, nur auf entge: gengefeßsten Seiten, vom Ziele entferne! Wer ſolte entdes daß durch die beyden Verſe

Vollendet hat mein Grfanga. L - Gfaldenkunft erhöht der Ruhm. | ein und derſelbe Vers des Originals überfeßt ſeyn fölte ? Freylich koͤnnte ſich auch Wormius in ſeinem Latein deutlicher ausgedruͤckt haben! Indeſſen bleibt doch trotz allen ſei⸗ nen verſchiedenen Dollmetſchern der Gedanke des Dichters Mitt Wölfe. IV. ¶ßh. 9 diefßer:

218 VII.Schreiben an den Ueherſetzer des Liedes ꝛc.

dieſer: „Einen Geſang auf Englands Koͤnig trag’ ih in meinem Bufen, und diefer Gefang ift ein Loblied,

Die Tautologie: Muthig war er dee König, von Muth entflamte dee König ! womit Sie den unfchuldigen Dichter beehren, iſt in Herrn Denis Ueberſetzung nicht. Bey ihm heißt es: Denn unaufhaltſam war der Herrſcher Sein Schlachtruf ſcholl umher.

und in der That (die beyden Woͤrtchen denn und unauſhale⸗ ſam abgerechnet, die den Sinn etwas verdrehen) iſts richtig „und poetiſch aͤberſetzt. Sie werden ſelbſt fühlen, mein Herr ! wie weit Sie hier unter Herrn Denis ftehen. Ich feße Ihnen die fünf Verſe wörtlich überfegt her, damit Sie als: denn die andern Zeilen felbft vergleichen Fönnen, Der Didys ter fing: Ä

Es wuchs der Sqwerter Klang

Am Rande der Schilde!

Gudur gebot dem Koͤnig,

Der König ſtuͤrtzte hervor |

Und fein Schlachtruf erſcholl! ö

Doch! es ift Zeit, daß ich mein Schreiben endige; ſonſt hätte ich Shen wohl nod) manches (aber wie würde der Brief anwachſen, wenn ich mich bey jeder Strophe fo fange wie bey diefer erſten verweilen wolte!) über das Kiechen der Wunden, die ehernen Flammen, das Reg⸗ nen des Bogenszblutfärben, vom Gior,; Mara und von dem frohen Gefang, der den Buſen ——— u. ſ. w.

ins

VIH. Der Gaͤrtnerknabhe. 319

ins Ohr zu fagen. Nur möchte ich Ihnen noch rathen, die Ueberſetzung von Herrn Denis in Sineds Liedern ſelbſt nachzuleſen, und dies Lied des Eigill Skalagrims nicht ge⸗ radezu fuͤr das ſchoͤnſte Gemaͤhlde der Natur, noch fuͤr das | | vorzüglichfte Hroduet der nordiſchen Dichttinſt zu halten. J— bin, u.f. w.

8—r: VAL Der Gärtnerknabe. “. Eine gabe

—_— %

Dar Friz, ein Eleiner Gartnerknabe, Ein muntrer, ſuperkluger Wicht, | Sprach eink bey fih: Die rechte Gabe, Die Blumen aufzuziehn, befist mein Water ‚nicht, Er giebt fih zwar nicht wenig Muͤh, Beſchneidet, pflegt und waſſert fie; Mein das Ding gefalt mir nicht. - Man muß fie in ein Treibhaus Bringen, Und fie dadurch zu frührer Blüte zwingen, Dadurch erfpart man ſich viel Zeit Und hat dabey Gelegenheit, ' Es weiter in, der Kunſt zu bringen, e

Der kluge Friz Eopft freudig In die Sand, und tragt zur Ananas dicht an die Dfenmwand | Zur Prob ein Relkenſtoͤckchen bin, 92 | ' Und

320 ViIllI. Der Gaͤrtnerknabe.

und ſiehet ſchon mit frohem Sinn

Nach einigen recht heißen Tagen

Ein Blümchen aus den welken Knoſpen ragen. Voll Freude auffer. ſich Iduft er zum Vater hin, Und kann ed ihm nicht Hark genug befchreiben, Wie in-dem Elima Africas x

Bey Biſangfeucht und Ananas

Die jungen Nelkenknoͤſpchen treiben.

\

Der Vater hört mit Runzeln im Geſicht Den Heinen Mann, und ſpricht: Mein guter Sohn, in wenig Tagen Wirſt du den welken Strauch beklagen; Des Ofen Waͤrm' iſt nicht fuͤr ihn. Zu fruͤh nahm ſie ihm ſeine Kräfte, und ſieh! aus Mangel guter Säfte Wird er in furzer ‚Zeit verblühn, nd nimmer, nimmer reife Nelken bringen, | ae e Nie wird's dee Modekunſt gelingen, uns reife Köpfe zu etziehn, | Die fie zu früh ins Treibhaus bringt, Ind wider die Natur fish zu entwickeln zwingt.

C. F. Pockels.

IX. Elpin.

€! p Is ni

& iſt uͤberall an Wohlgeruchen reich⸗ 2 Kings um ihn her ſchwimmt in den Lüften ! Ein unfichtbared Meer von. fühen Balſamduͤften, |

Und kurz, er ift ‚ganz, einer, Mumie gleich /⸗;: > Der einz'ge unterſchied if. nut dabey zu ſpuͤren,

Die Mumien pflegte man vorher ‚su treyaniren⸗

Ben ihm bedarf es deffen nicht, |

Da es ihm von Natur ſchon au Gehirn gebricht:

ve | Bentowit.

|

X. N An Zinni, om Abend als ü e fang 1786,

u Dans die_Abendiwipfel ichaute Freundlich Stern und Mondenfhein,. Und der Nachtigallen Haute Haingefänge tönten brein,

Puna’s Silberſchimmer maßlte In dem Thränenthau, der dir | In dem blauen Anne Mraplte, Meine blaße Wange mir; Aber Wald und Triften fehiwiegen, Und der Nachtigall Gefang, 93 Als⸗

922

X. An Jinni, am Abend als ſie ſang 1786.

Als mit ſuͤßen Zauberzuͤgen Deines Liedes Ton erklang.

Zu des Engelhaines Choͤren Fuͤhlte ſich mein Geiſt entruͤckt, Wahnte den Geſang zu bören Der des Ew'gen Ohr entzuͤckt.

Ha! dein Auge, Madchen weinte Als dein Lied von Liebe ſprach: Sag’ ed, wen die Thrane meinte

‚Die der Augen Blau durchbrach?

Darf ich kühn dem Blicke trauen Der auf mich mit Lacheln ſank, | Als ich fie von deinem blauen Yuge liebelechzend trank 2

SHa! das Eied von deinem Munde Drang mir tief ins Herz hinein; |

Ewig fol mir diefe Stunde

Diefe Thrane heilig fepn ! | | Earl Reinhard.

XI. Reife _

XI,

Reiſe eines boamnöſiſchen Dfficiers im Regiment *

La Mar, von Obo nach Darmſtadt. Fo r t ſ etz unmg.

| Scochholm, theils in der Provinz Upland, theils in Suͤ⸗

dermanland belegen, die Dauptſtadt von ganz Schweden, die

Reſidenz des Monarchen, und der Sig faſt aller Neichscols

legien, ift groß und ein fehr huͤbſcher Ort. Es dat ‚über 2 Meilen im Umfange, und prangt mit den herrlichften, fo wohl publiken, als Privatgebaͤuden. Das koͤnigliche Schloß, das Nitterhaus, dag neue Opernhaus, ein Werf des jegigen Königs, der überhaupt die Stadt ungemein verſchoͤnert hat, das Arſenal, die Bank, die Boͤrſe, das Rathhaus, der Teſ finſche Pallaſt, das Hotel des Oberſtatthalters uf. w. find

wahre Meifterftücke der Architectur. Die Stadt liegt auf

acht Inſeln, oder Holmen, die miteinander durch Bruͤcken

zuſammenhaͤngen, und beſteht eigentlich aus Stockholm an

und/fhe ſich und den beyden Votſtaͤdten, Norder und Sur J

dermalm. Sie iſt in 549 Quartiere geſondert, und enthaͤlt

4137 Haͤuſer, 20 Kirchen, 18 öffentliche Plaͤtze, nebſt einer Mens - ge regelmäßiger, anfehulicher und breiter Gaſſen. Unter

den letztern läuft die Königinnenftraße über eine Viettel⸗

meile in fehmurgerader Linie. Auf dem Ritterholmsmarkt befindet fich feit 1774 das Standbild Guſtavs I,, und ein ähnliches Ehrenmal Guſtav Adolphs komme mit der Zeit auf den des Nordermalms. Veyde find von den berühmten

dig RKuͤnſta

| 324 L. Reife eines franzoͤſiſchen Officiers,

4

Zum Tranſport derſelben wurden 1781 gebraucht 1552 Schiffe,

Kuͤnſtlern Larcheveque und Gerhard Meyer. Jenes hat ın Fuß Höhe, dieſes das Auſſerordentliche, daß es, unerachtet

feines Gewichtes von 130 Schifpfunden, mit dem Piedeftal

aus einem, einzigen Guſſe ifts ein Unternehmen, welches.

vor Meyern niemand wagte

Die Volkszahl Stockholms betrug 1735 ohne die

‚Fremden und Beſatzung, 72,444. in 11,169 Haushaltungen.

Nach Verhaͤltniß des Ortes koͤnnte fie größer ſeyn. Allein der unbemittelte Schwede ziehe nicht leicht nach der Haupt: ftadt, Ip lange er fein Brod irgend noch anderwaͤrts zu ges winnen weis. Die Großen und Reichen hingegen, wenn nicht Aemter und Bedienungen ſie mit dem Hofe verknuͤpfen, leben lieber auf dem Lande, wo fie unabhängiger find. Folglich verfhlinge Stockholm die Volksmaſſe und das Mark des Landes nicht fo fehr, wie z. B. London Paris, Wien oder Neapel.

Der Hafen iſt einer der fiherften und geräumigften in Europa, obwohl fein Einlauf wegen ber. davor liegenden

Scheeren etwas beſchwerlich Dies bildet den Ort zu eis

nen wichtigen Handelsplag, vornemlich, da ein großer Theil der DBergdiftriete ihm vor allen andern feine Ausbeuten zu« bringe. Man fchäßt den Werth der gefamnıten Aus. und Einfuhr jährlich auf anderthalb Millionen: Speciesthaler.

and überhaupt iſt der fchwedifhe Handel fo unbeträchtlich nicht, als er in manchen "unferer Zeitfchriften , vorzüglich dem Journal von und für Deutfchland, ) erſcheint. Es

| giebt *) Januar 1784, ©. 41,

%

von Dbo nach Darmftade, | | 325 i

ı giebt ſowohl zu Stockholm’ als‘ in Gorhenburg Comtoirs, die große Geſchaͤſte machen, und ſehr vermoͤgend ſind. Von 1760 big 1780 sieng die Erportation ber Metalle über go Millionen Rthlr. Species. Großbritannien allein zog ans ſchwediſchen Produeten in dem letztern Jahr fuͤr 395,206 Pfund Sterl., und lieferte dagegen Yon den feinigen nur zuruͤck für u,232 Pf., fo daß Schweden. mithin 294,974 Pf. vein gewann. In den erften Monaten des Jahres 1781 ‚trugen die damaligen hollaͤndiſchen Conjuneturen und fein hoher Wechfelegurs ihm über s Millionen Neichstyaler ein, Unter allen Neutralen trieb eg, wiewohl ganz im Stillen, waͤhrend des letzten Seekrieges das meiſte Verkehr, zumal an der Oſtſee, und das dauert ſeitdem ununter rochen fort. Die Schweden ſind jetzt ſtaͤrkere die Hol⸗ ‚länder. Unger 11,166 Schiffen, die 1783 den Sund pafirten, waren 2466 ſchwediſche, und vorzüglich geachtet iſt dieſe Flagge im mittellaͤndiſchen Meer. Bloß aus / Gothenburg iverden, ein Jahr ins. andere, wenigſtens 150,000 Tonnen Heringe verſandt, und der einzige Artikel, Eiſen, wirft dem Reich | ; gegen 10 Millionen Kupfermünze ab.‘ Den Preiß deſſelben beſtimmt der Faſtnachtsmarkt zu Chriſtinaͤhamn. Der Regel nach ſolte ein Schifpfund Eiſen ſo viel gelten, als 2* Tonnen / harten Korns. In neuern Zeiten aber hat man

ſich daran nicht gebunden, und die Nem giebt gemeiniglich der Wechſelcours.“ |

Der Kunftfleiß geht zu Stockholm weiter, wie ir⸗ gendiwo im ganzen Norden. Es find dafelbft eine Stück giefferey, 2 Fayencefabriken, 7 Zuderfiedexeyen, 19 Buchdrue

95 beereyen,

*

-

326 AT. Keife eines franzöfifchen Officer,

überdies Seiden «Woll; Cattun Baumwoll Seegel⸗ tuchwebereyen, etliche Glosbfen, eine engliſche Ledergerberey, nebſt verſchiedenen Tabats = Spiegel » ımd Tapetenfabriken. Ja, ſogar eine Rhabarberplantage hat man zu Stande ges - bracht. Sie befiridet fi unweit des Ruftfchloffes Carl⸗ berg, und ift eine Anlage des berühmten Kräuterfenners Bergius, der den Saamen dazu aus Petersburg befam. Die, Wurzel hat vollig die. Güte der Siberifhen, und wird in Schweden jest ſchon allgemein gebraucht. Der Schwe⸗ de arbeitet fonjt fo meifterhaft, als der Engländer, und gleich geſchmackvoll, wie der Franzofe. Seine Tücher weichen den englifhen fat gar nicht. ben fo vollendet find die Holz Meta s und Lederfabricate. . Zu Umeo in Weſtboth⸗ nien ward 4 eine Spiegelglashürte angelegt, die das Fahr

darauf fhon Släfer von 42 Zoll Höhe und 26 Zoll Breite

lieferte. Kurz, was die ſchwediſche Induͤſtrie unternimmt,

darin erreicht fie einen beſonderen Grad der Vollkommen—

beit. Die Stodholmer Seiden : Boll» und Baumwollma⸗

nufaeturen brachten 1779 für 821,895 Nehlr. der preiswuͤrdig⸗

ſten Waaren hervor, und in dem allgemeinen Arbeitshaufe

find mit Spinnen oft bis 1400 Menfchen beſchaͤftigt. Das

fhwedifhe Manufacturmefen - gründete übrigens der verftors

‚bene Commerzrath Ahlfirömer, die Metallfabriten im vori- gen Jahrhundert Ludwig de Geer, ein Niederländer. Se:

ner verbeſſerte zugleich die Schäfereyen, und erhob Alingſas,

ein Städtchen bey Gothenburg, zwiſchen 1727 und 1747 von

150 zu 1800 Bewohnern, die nad einer Mittelzahl jährlich

für 3 Tonnen Goldes Manufaeturproduete erzielten. Dies

® führte durch nn Arbeiter das Stangeneifen : und

Waffen⸗

von Dbo nad) Darmſtadt. 327

Waffenfhmieden, die Stücgieffereyen, dag Blech⸗ und Meſ⸗ ſingbereiten u. ſ.w. ein. Beyde Maͤnner machten ſich da— Such um den Staat unendlich verdient, und erwarben ſich in den Chroniken des ſchwediſchen Nationalfleiſſes einen Nas wen, der nie ohne Hochſchaͤtzung genannt werden wird, ſo ‚lange es Unter ihren Nachkommen gerechte, dantbare und | tugendhafte Menſchen giebt.

Stockholm it für Goembe von ———

ein ſehr angenehmer Ort. Der Schwede, von Natur Höfr lich und gaftfrey, hat fie gern um fich, und diererften Staats

beamten, Minifter und Generale dfnen ihre Käufer und Cir⸗

kel mit einer. Vereitwilligkeit, die man felten trift. Ein ſchwediſcher Reichsrath begegnet Neifenden mit mehr Her— ablaffung, als in Deutfchland der geringfte Rath des klein⸗ ften Fürften, zumal, wenn er fo glücklich mar, ein Ordens⸗ baͤndchen, wer weiß, wo, zu erſchnappen, das ihn ſeiner Meynung nach bevollmaͤchtigt, jedweden andern Erdbuͤrger um und neben: ſich kaum über die Achſel anzuſehen. Hier zu kommen Wohlfeilkeit, die vielen Luftörter inn » und auf ferhalb der Stadt, der gute Ton im Umgange, die Gegen⸗ wart eines glänzenden Hofes, und taufend Merkwuͤrdigkei⸗ ten für den Mann von Aufklärung und Kenntniffen. Kurz, nirgends kann man fich beſſer befinden, und vielleicht iſt dies die Hanpturfache, weswegen Stockholm von den Aus⸗ (ändern jetzt häufiger, tie je, befucht wird. Die ſchöne

Jahrszeit genieft der Hof und das £onigliche Haus mei⸗ ftens Auf den Luftfchlöffern. Darunter gefielen mir befon:

ders Drotningholm und Daga, nicht ſowohl wegen ihrer Pracht

*

N 2

x

328. XI. Reife‘ eines franzöfifchen Officiers, Pracht, als vielmehr wegen des ausgezeichneten Geſchmacks, woelchen fie durchaus verrathen, Dom erftern enthält Hrn. z Bernoulli’s Sammlung Eleiner "Reifen *), eine ziemlich genaue Beſchreibung. Es ward vom Reichsrath Nicode—

‚mus Teßin, dem Vater bes unfterblichen Mentors, Gu⸗ ſtavs HI, in einem herrlichen architectonifhen Styl erhauet, und die großen ſchwediſchen Mahler, Ehrenftrahl,. Lembcke,

Kraft, Eylvius, zierten eg mit den fhonften Plafonds und andern Meifterwerken aus. Letzteres iſt eine Anlage des jegigen Königs mit einem vortreflichen. eriglifchen Garten, dicht vor der Stadt. Der Monard) beſucht es immer nur mit wenigen VBertrauten, und indem er fich von der Burde des Staats zu erholen fiheint, überdenkt er bier im Stil len die weiſen, wohlthätigen Plane, die feine Regierung Bisher fo auffallend unterfchieden.

. Meberbaupt gleichen jeßt vielleicht nur wenig Herr⸗ fher dem ſchwediſchen an Arbeitfamkeit, Haftlofigkeit, Wirk⸗ ſamkeit und Thaͤtigkeit. Er iſt fich felbft der erfte Staat« rath, der erſte Financier, der erſte General. Nichts ge⸗ ſchieht ohne ihn. Alles uͤberſieht er mit eigenen Augen,

die Weltläufe feiner Zeit, die Unterhandlungen und Ver— haͤltniſſe mis feinen Nebenfürften, Eurepens Sleichgetwicht, die Ehre und Gelbftftändigfeit der Notion, die Würde ſei⸗ nes Thrones, feine Flotten, feine Armeen, feinen Hof, fein Kammerweſen, die Suftispflege , die Nahrungen und, Ge: werbe, die Künfte und Wiffenfhaften, die Erziehung feines hofnungsyollen Kronerben, fein ganzes Reich, bis auf bie Des

*) NO Band.

t 4 !

von Obo nach Darmftadl. 329

Vetriebe jedwedes einzelnen Unterthanen herab.! Da iſt kein Entwurf, keine Inſtruction für feine Heerfuͤhrer, Mi⸗ niſter, Beamte, oder Geſandten, kein Ediet, keine öffentliche Erklärung, kein Geſetz, kein Beſchluß, Fein Unternehmen von , Wichtigkeit, das nicht unmittelbar von ihm herkaͤme. Aber nicht bloß die Ideen giebt er dazu; nein, meiſtens arbei⸗ tet er alles zugleich vollig‘ aus, denn er ſchreibt eben fo ſchoͤn, als er bekanntlich ſpricht. Und dies gefchieht jo unvermerft, fo verfteckt, ſo ohne Geraͤuſch, jo gleichlam im | Berborgenen, dag man glauben fulte, er nehme an dem, tag. vorgeht, we⸗ nig oder gar feinen Theil. Denfe man nur zuruͤck, wie er an jenem kritiſchen Abend vor der Nevolution ſich betrug. Ganz Stockholm war im Aufruhr. Die Partheyhaͤupter machten Plane. Die Freunde der Ariſtoeratie bewegten Himmel und Hölle, Rußland ſpendete Geld aus, Dee König allein ſchien von nichts zu wiſſen. Und doc; veräne derte er am folgenden Morgen den Staat durchaus, entriß ihn den Feſſeln der. Fremden, wie feiner eigenen - Bürger, und legte am 22. Auguft den Keichsftänden jene weiſe, uͤber⸗ dachte Regierungsform dar, die, nach den Grundfägen fels ner großen Ahnen von ihm felbft verfaßt, unmöglich dag Werk weniger Tage ſeyn Eonnte, weil fie den Schaden des gemeinen Wefens zu gründlich heilte. Aber auch muß man hinzufegen, nur wenig Monarchen wurden fo viel Anlagen, ſolche Talente, ſo vorzügliche Eigenſchaften des Geiſtes und des Herzens, wie ihm, zu Theil, Denn unleugbar ift er unter den Negenten feiner Zeitgenoffen, der durchdringendfte Politiker, der fcharffihtigfte Negociateur, der geuͤbteſte Menſchakenner, der feinfte-Welt» und Hofmann, der unmwies i 1 der⸗

330 XI. Reife eines franzöfifchen Officiers,

| Berfteßlichfte Redner, der aufgeklärtefte, hellſte Kopf. Und dabey offen, edelmuͤthig, wohlwollend, bieder, herablaſſend, cugendhaft, leutſelig, zuvorkommend, ſanft und gut, ſo, daß man ihn ſchaͤtzen müßte, ſelbſt, wenn er bloß Privatmann wäre; wie kann unbewundert ihn der Auslaͤnder laſſen, indem er von ſeinem eigenen Volk mit Enthuſi asmus ge⸗ liebt, ja gleichſam angebetet wird! Und wenn auch ſchon hin und wieder Schweden ihn verkennen; doch ſind das nur Undankbare, irre geleitete Miethlinge. Das Gros der der Nation haͤngt ſeinem vortreflichen Koͤnige unverbruͤch⸗ ch

Was die Finnen ſich in's Ohr ——— das man in. Stockholm jetzt laut. „Rußland geht zu weit, „Es droht von neuem unferet Selbſtſtaͤndigkeit. Der KH

zig kann, ohne ſich zu compromittiren, nicht länger Zus

„ſchauer bleiben. Unfere Flotte muß auslaufen, die, Oftfee

„gefichert, unfere Graͤnze gedeckt werden. Der Seitpanct „iſt uns günftig. Haft ganz Europa fi ieht die Schritte des | „Petersburger Cabinets nicht mit Gleichguͤltigkeit an. Wir „muͤſſen diefen Umftand zu benugen, den’ hohen Ton defe

„ſelben herabzuſtimmen ſuchen, oder wit ſchweben in Ge⸗

„fahr, die alten Selaven und Söldner wieder zu werden,

„die wir waren.“ So druͤckte wehigftens ſich der größte

Hanfen aus. Freylich hieß es auh Hin und wieder:

„Wäre ber Streich nicht vielleicht zu taſch? Handelten

wir der Klugheit gemäß, wenn wir es mit einem Nach

„bar aufnähmen, der uns fo fichtbar überwiegt ? | Fruch⸗

„tete der Weg des Glimpfes wohl nicht mehr? Miſchen

*

‚von Obo nach Darmſtadt. 551

„ſich nicht zuverlaͤßig andere Mächte drein? Sind wir „einmuͤthig und beruhigt genug, um Krieg anzufangen? .

„Endigen wir der Wahrfcheinlichkeie nach, wie wir began⸗ „nen? Und dürfte der Eünftige Friede vortheilhäfter aus» „fallen, wie der Obofche? * Aber doch nach dem, was ich ſah, was ich hörte, was Perfonen mich verficherten de⸗ nen ich Unbefangenheit, Sachkunde und Faltes Blut zu:

frauen durfte: ſelbſt der Auslaͤnder konnte nicht umhin,

auf die Seite‘ derjenigen zu treten, die Krieg heifchten.

Andy gefhah der Schlag bald darauf wirklich. Die Flotte

ftah in See unterm Herzog von Südermanland., Die Armee brach unter eigener Anführung des Könige auf. Ach fah fie ſich einfhiffen.. Die Truppen waren vol Muth. Der Geiſt Guftav Adolphs und Garls XII. ſchien fie durchaus zu beleben. Jeder Soldat brannte, die Scharten von Pultama, von Willmanftrand auszumegen, und un⸗

‚ter den Aigen feines glorreihen Monarchen zu fiegen,oder frey zu ſterben. Den Erfolg bis jeßt weis die. Melt.

Minder bekannt hingegen find ihr vermuthlich theils die Bewegnuiſſe des Stockholmer Hofes, theils die verſteckten Triebfedern, durch die alles nicht beffer lief, und fo wage ich ‚bier einen davon.

| | Die’ Fortfegung folgt.

a XI, Bey:

x

332 SE

Mr

Ä XII. Beytrag zur mediciniſchen Policey.

J. mehr ein Menſchenfreund wuͤnſchet, daß alle Men⸗ ſchen immer vollkommner werden; deſtomehr muß er be⸗ dauern, daß manche wichtige Beobachtungen noch nicht zum Wohl des ganzen Menſchengeſchlechts angewendet worden ſind: deſtomehr wird er den ſchaͤtzen, der eine geringſchei⸗ nende Beobachtung zu einer nuͤtzlichen macht: deſtomehr Bald haͤtte ich durch einen Gedanken meiner Eigenliebe zu ſehr geſchmeichelt. Doch, wer kann es mir verdenken, wenn ich hoffe, daß ein Vorſchlag, den ich hier bekannt machen will, von einigen menſchenfreundlich aufgenommen werde.

Schon laͤngſt hat man nicht nur an einzelnen Men⸗ ſchen, ſondern auch an ganzen Nationen geſehen, daß eine Eindruͤckung der Hirnſchaale die Seelenkraͤfte ſchwaͤchen kann. Ob nun dieſes ein wahres Uebel ſey, oder nicht, will ich nicht entſcheiden⸗ da in der Welt fo oft ein ſchwa⸗ cher Kopf höher geſchaͤtzt wird, als ein ſcharfſiuniger, da jener oft mehr ausrichten kann, als ditker. Demohngeach⸗ get wuͤnſche ich ſehr, daß jene Beobachtung die Menſchen zuweilen vorfichtiger made, - Nach derfelben fiheint es mir - rathſam zu ſeyn, daß vie Köpfe derer, die um eine vacante _ Amtsftelle anfuchen, von Stadt » oder Land Phyficis und Chirurgis genau unterfucht würden. Denn auf die, eigene

Pruͤfung der Heren Competenten dürfte man“ ſich wohl | | | eben

XI, Beytrag zur. medicinifchen Policy, . 333. cben-fo wenig verlaffen, als auf die ſchoͤue Voxrede eines prah⸗ lenden Schriftſtellers. Solten nun unter denenſelben einige gefunden werden, an deren Köpfen eingedruͤckte Stellen fichtbar waren: ‚fo müßten diefe entweder fogleich abgewie⸗ ſen werden, oder fie müßten fich trepaniten laſſen. Aber, wer mwolte wohl blos ‚um ſeines ſhwachen Kopfes, oder um eines Amtes willen ſich einer ſo ſchaudervollen Operation unterziehen Manche werden eine ſolche Unterſuchung |

der” Köpfe für unnöthig halten, weil fie glauben, daß bey F "ans Eurspäern fehr. wenige. eingedrückte Hirnſchaalen ha⸗ gen. Ich muß aber diejenigen bitten, zu erwägen , wie, leicht es ſey, eine ſolche Eindruͤckung durch die Unvorſi ich⸗ tigkeit der Wehmuͤtter, durch einen Stoß oder Fall auf dem

Kopfe zu bekommen. Da auch fuͤrſtliche Perſonen ſol—

then unangenehmen Zufaͤllen ausgeſetzt ſind; fo ſolte ich

meynen, es wuͤrde nicht undienlich ſeyn, wenn vor der

Thronbeſteigung mancher Fuͤrſten die hohen Haͤupter der⸗ felben. befi ichtige würden, Wenigſtens wurden ihre kuͤnfti— gen Unterthanen nach einer folchen Befichtigung wiſſen, was fie von ihren Fuͤrſten zu hoffen hätten, "Wer aber könnte wohl in dieſem Falle ein beſſeres und richtigeres viſum re- pertum ausſtellen, als die Miniſter der Fuͤrſten? Sa, dieſe wuͤrden auch, wenn es erfodert wuͤrde die Fuͤrſten am be⸗ * 5——— koͤnnen. a, 2

! D. A. in Z. \ 1 )

RÜtt u. Vdlterk. IV... 8 XIII. Der

334 | \, X. Der Pick «und Der Pflaumbaum. | Eine Fabel, We guͤcklich bin ich nicht, ſprach der junge Pflaumbaum zu dem jungen Pfirſchbaum, daß ich mit dir fo genau ver—⸗

Kunden bin. Diehe, die andern Bäume in diefen Garten,

die dich Keimen, beneiden Mich, daß wir hier fo nahe bey einander ftehen. Wohlan! wir wollen immer Freunde bleiben. Nichts ſoll unſere Freundſchaft ſchwaͤchen, nichts ſie zerſtoͤren. Ja, antwortete der Pfirſchbaum, dieſes ver⸗

ſpreche auch ich dir heilig. Stets wirſt du mein vertrau⸗

teſter, mein beſter Freund bleiben. Jedes Gluͤck und Un⸗ gluͤck, das uns betreffen wird, wollen wir miteinander thei⸗ len. Unter ſolchen Sreundfchafsverficherungen nahte der Srähling heran. Und bald zierten den Pfirfhbaum eine Menge ſchoͤner Blüthen. Niemand konnte bey ihm vor⸗ übergehen, ohne diefe prachtvollen Blüthen zu bewundern, Diefes mußte vun au) der gute Pflaumbaum ben jetzt

niemand eines freundlichen Blickes würdigte, bemerten, Herzlich freue ich mich, fagte diefer zu jenem, daß man dei⸗

ne Schoͤnheiten, deine Vorzuͤge vor ſo vielen Baͤumen zu ſchaͤ⸗ tzen weiß. Schade wäre es, wenn ein Wind oder ein an⸗ derer Feind dich der Zierde deiner Bluͤthen neidifc beraub⸗

te. Halt! es fälr mir etwas ein: ic will einige Zweige

zu dir ſchicken, die dich vor deinen Feinden ſchuͤtzen ſollen. 01

\

\ xm. Der Pfirſch / und der 3

SY wie kann ich bir, der Pfirſchbaum, fuͤr den as weis deiner unfhäßbaren Freundſchaft genugfam danken!

Sch verlange feinen Danf von dir, erwiederte der Pflaum⸗ baum: und hielt bald ſein Verſprechen. Keiner von den Voruͤbergehenden konnte nunmehro die praͤchtigen Bluͤthen des bedeckten Pfirſchbaumes ſehen: kein Sonnenſtrahl, kein

wohlthaͤtiger Regen konnte dieſe erfriſchen. Demohngeach⸗ tet aber erblickte man nach einigen Monathen verſchiedene reife Früchte an dem Pfirfchbaume, Sein beſter Freund,

der noch feine Frucht ſelbſt gezeigt hatte, beobachtete Diele auch: um aber niemals wieder eine folche Beobachtung

zu machen, breitete er ſeine Wurzeln nach denen des Pfirſch-⸗

baums aus, entzog dieſen die Nahrungsfäfte, und freuete

ſah.

Eltern und Erzieher, lernt euren Kindern und Zog · lingen fruͤhzeitig, wie noͤthig es gegen die meiften miß:

trauiſch zu fon

D. A. in 3.

3 2 XivV. Die

ſich ſehr, da er ſeinen Freund nach kurzer Zeit verdorrt

4

| 6 An | . \ # rt’ br. >...

ET © \ Een = Die Maskenſchlittenfahrt. Evfter Gefang.

E. entdammerte kaum der kalte neblichte Morgen, und das Morgenroth glänzt auf den beſchneieten Daͤchern, Als vom nachtlichem Schlafe Here Erafmus erwachte,

5 Der yeit mehreren Jahren als der Kirche Juſpector Den Bewohnern der Stadt viel gute Lehren gegeben, Langſam hob er ſich auf von den elaſtiſchen Daunen, Huͤllt⸗ gerhreinder fih ein in den beblümeten Schlafrof. Alſo gieng er geputzt mit diefem Morgengewande Sn dem Zimmer umher, und fang mit heiferer Stimme Einen langen Grfang aus Forftend altem Gefongbuch’ ;

Grif nach deffen Beend gung nach dem fnotigen Kruͤckſtock“ Stampfte dreymat damit, daß dumpf Die Dielen ertoͤnten. Die geſchaftige Magd hört” die gewoͤhnliche Loſung. Flaͤchtig eilt fie hinauf, vernimt der Herrſchaft Befehle, „Anna, ſagte der Alte, „du haft heute nur wenig „Holz in Dfen gelegt, mich frieret fehr in der Stube; „Hohle harzigen Kien zu einem Eleinen Kaminfeu’r,

- Bring ihn aber nicht naß, daß es im Zimmer nicht rauchet. Anna gieng in den Hof, um den Befehl zu erfüllen, | Kam bald wieder herauf, und hatt’ Kien in der Schürze. Reat’ das Feuer nun an, und gieng den Thee zu bereiten,

Der Inſpeetor indeß ergrif die thoͤnerne Pfeiffe,

Langt die Doſe herab, von dem nüßbaumenen Spinde;

| und

XIV, Die Maskenſchlictenfahtt. 33

urd nachdem er die Peif mit gutem, Knafen aekopfet, ; ..:

Stegkt' er dampfend. ſie an, daß ihm die wicbeinden Wolfen . ,

Ptebtich”uftenden. Rauchs alsbald die Schläfe verpülten. . Hierauf rückt? cr den gepnkuft zu bein, wärmenden Feuer, 5

Setzt behutſam ſich drauf, um auf das Fruͤhſtuͤck zu ‚warten, .

Anna fam nun herein mit der porz'lainenen Kanne-

Boll chineſiſchen Thee's und den bemahleten Taken; ö N:

Det den Theetiſch „darauf mit büntdurchrunrketem Theetuch· *

Schoͤn mar dieſes gezieret mit Geſchichten der Bibl,

Denn es prangte darauf die große laſtige Teaube, Die die benden Geſandten als der. Fruchtbarkeit Zeichen . Aus dem heiligen Lande auf dee Wiederkehr brachten,

Und der oberſte Prieſter mit dem Urimumtummim. Bey der prachtigem Stifspüer” und dem ‚tauchepden Altar... Nebſt verſchiedenen qudern alten Judangebrdudben. , u

Und nachdem ſie geſchwind das bunte Theezeug geordnetz 12 Wolr fie wiederum gehen: „Haſt du, Anna, denn no Dicht Sragt’ die Herrſchaſt ſie nochmals, weite Tochter getpecket zen ». Geh und wecke fie auf, fo eben ſchlagt es ſchon achte, a. Meine Frau die ‚wird, heute etwas langer wohl ſchifen, „Geſt ern war ihr nicht wohl, denn fie hat ſich erkalßet. » Darum ſage Sridrifen, daß ſie Thee mit mir trinke. > Laͤchelnd lag fie noch da, ‚das junge blühende Madchen * In den Armen des Schlafs; ed walten braunliche keken Auf dus, blendende Weiß des halbentpäleten Buſenzs Der bie Schatten des Haars, wie oſt den Nebel der Aethetr, fen und ae derhuch der ganfeinde Craͤume Sonehten ı um M * die Bolde den Junsling Rz 33 ß Den

5.

39°. XIV. Die Maskenſchlittenfahrt.

‚Den fie lange geliebt, ben mohlgebildeten Heimhold.

Er, der einzige Sohn von einem Kaufmanm der reich war, Hatte Jura ſtudirt, und ſah mit ſichrer Erwartung

Einem wichtigen Amt' im ſtadt ſchen Rathe entgegen,

Jung und feurig war er, und liebt’ das fuftige Weſen;

Auf ver Aeadeinte hatt? er ſich zweymahl geſchlagen!

Dies erfuhr der Inſpeetor, der den Srieden ehr liebte; Dennoch hatt" er die Tochter ihm zur Ehe verſprochen, Denn im Stillen war er dem jungen Manne gewogen,

Doch er achtete ſorgſam auf die Tugend des Madchens, Wahnt im Taumel der Liebe, könne der Juͤngling ſie rauben, Drum verbot er ihr ſtreng den Umgang mit dem Geliebten, Und behieit es ſich vor, alsdann ſein Jawort zu geben,

Wenn ein Amt ihn berechtigt', um die Tochter zu werben. Doch Fridrikchen, die hatte Helmholds Wuͤnſche erhöret;

Zur Belohnung der Treu, die et ihr Lange erwieſen,

Sie erwiederte fie, und liebte brünftig ihn wieder.

Spröde fah fie herab auf jenen Haufen der Geden,

Die wie Zephir die Nofe ihre Reize umſchwebten,

Höre‘ auch nicht auf den Schwulſt von ihren Liebesharanguen 3 Nur der einzige Helmhoid hatt im Sturme die Feſtung

Ihtres Herzend erobert, war. und blieb im Beſitze.

Schuͤchtern flohen fie da, bie Schmetterlinge der Liebe, Um aus andern Blumen Herzensnahrung zu faugen. - Jetztt, da eben die Schöne von dem Liebling noch tedumte, Blidte Brahfend Aurora durch das bligende Fenſter

Auf die Wange herab, die ihren: Purpur befchamte.

Da erwachte das Mädchen, und die Traume entiwichen.

4 I.% *

Anna trot ins Gemach, und mit geſchwatziger Zunge

xIV. Die Maskeufchlietenfahrs. r 339

Ward Gridritchen zum Thee, von ihr zum Alten —*

Doch die ſchlaue Gebaͤhrde der verſchwiegenen Hausmagd, | Das bedeutende Lacheln, das ihr Antlitz umzogen.

Alles dieſes verfüundigt noch geheimere Bothſchaft.

Auf das angſtliche Fragen ihrer jungen Gebiet'rin

Warf fie endlich ein Briefchen ſchalthaft lachelnd aufs. Bette, Und mit drohendem Ringer eilt fie, ſchweigend von binnen.

Do Da bekannte Fridrikchen das gewöhnliche Petſchaft FR , Ihres Leben. Getreuen, denn ein Ginnbitd ber riebe Ted War geſtochen darauf; „wey Herzen flammten auf einem Altar, welchen: der. Eleine Gott der. Liebe bemachte, = Der mit bohrendem Pfeile, dieſe Herzen. burchfigchen.. .

Hoͤher hob iht Buſen, ärker pochte das Herz ihr,

Köthen, färbt, fich de Wange, zitternd brach fie das. Briefchen. „Ewig Theure, fo, fi ſchrieb der Liebe athmende Helmhold, »Schon am ftuͤheſten Morgen denk! ich deiner und ſehne, „Wie ber duͤrſtende Pilgrim nach der Quelle Erquickung,

Mid: nach, deiner Imarmung 5. heute muß ich. dish ſehen

Und mich meiden. am Glanz von deinen himmliſchen Biiden „Es äft alles: bereit zu einen: Schlittenfarth heutes-

Biele Freunde von mie, die. fahren: ale in: Masten. Jeder holet fein. Liebchen ab. zum. fröhlichen. Feſte.

„. Bitte, Liebe, den. Alten,.daß er bir es vergoͤnnet,

, Nur dies einzigemahl mit mir im. Schlitten zu fahren.

* a; wie könnte er die bie Heine Biite verſagen,

„Wenn bu herzlich ihn bitteſt. Sehnlich hoffet auf Xotmork. Deiner eigenen: Hand dein. bis zur Urne Getreuer.

* heſchreibt die Gefühle in dem Buſen des Madchens,

Die ben Leſung des: Briefchens fih belkampfend ethoben.

Freude and Hofnuns und Furcht, dies alles wurde num rege. 3 4, | greude,

340 XW. Die Masten, E

Freude mahit das Vergnuͤgen auf dem flüchtigen Schlitten |

In dent Arm’ des Geliebten, wie auf Fitt'gen bes Windes,

Ueber Ebnen zu gleiten, doch mit Anaſtlichem Antlitz

air die Furcht ihr ins Ohr: noch ſtill! der Alte erlaubt”s \ > nicht.

nie aber erhuß fi ch grün umfrdnzet die Kofnung,

Su der Miene Gewißheit, und die ruh’ge Etwartung.

Lieblich laͤchelnd begann fie dieſe Worte zu koſen.

„Ed was fuͤrchteſt du Holde, ſchlug dein Vater je eine „Kleine Bitte dir ab, die die Vergnuͤgen erflehte.

». Deine Liebe, die welt’ er zwar noch niemals beherz’gen », Und auch heute verlangft du die Geſellſchaft der Liebe; „Wag' es aber, vieleicht teifft du ihn heute bey Paune,

' „Und bewegft du ihn nicht, fo muß die Mutter dir helfen, - „Denn ‚Nie kennet den Mann, den deine Seele jo liebet, giebt um nat 9 u und mwähfcht ihn gerne zum

Eidam. So die oda, Die Toter eil⸗e durch fie geftärket, Su dem Vater binauf, der ſchon der Kommenden harrte. X J | Sie aadſet ·die Thure· „Guten Morgen Papachen

„Herzlich wünkbe ich Ihnen, wohlgefihlafen an haben.

5, Guten Morgen mein Kind,“ ‚To war. die Antwort des Vaters, „Rikchen, Ritchen du haſt ja heute lange geſchlafen; „Sieh, die Pfeif it bald aus, und meine Zunge ganz trocken

* Dunn’ noch) baf'du mir heute nichts zu trinken gegeben

„Und wenn: 00 mir nicht einfhenff, will der Thee wir nicht

ſchmecken. Und geisillöen grif jetzt mit bibenhanden zur Kanne⸗ Schentt die Tate denn RE und‘ d beekeit fie dem· Vater; Set

XIV; Die Mastenfhlierenfahre "94a Setzt' fi näher. zu. ihm, und faßte bebend die Rechte, Die den ſtatiſchen Bürgern. öfters Grofendsgedrohet,. Schloß fie ſeſter jest. ein in benden Händen und druͤckte 1% Mit den roſigen Lippen einen berzigen Ruß drauf, -. nu“, Sah mit ſchmachtendem Age, . das vom Himmelblau ſtrahlte tun dem Alten ind Antlitz; ldchelnd Bat: fie: mein Vater

N? unge. ber Inſpectet durch die Wimpern der

Augen Auf die und mit errathendem OA. Las den Inhalt ber Bitte er prophetiſch in ihren * Zugen; wenigßens glaubt et, ſie errathen zu Er „Sicher wilſt du mich, Kifchen, um ein Winterkleid bitten „Oder haben bir deinen Peltz die Motten zernaget? Nicht ? ich hab’ fie: getroffen Die fo druͤckende Bitte? 9. Run, noch heute will ich dig einen ſchoͤneren kqufen! Doch Fridrikchen erwiedert: „Jach dies woltꝰ Ich nicht bitten „Denn fie haben ja reichlich mich wir Kleidern verſorget, Aber wieder ſchon ſtockte hier die: bittende Schoͤne. I

„Nun, fo bitte nur dreiſt, ich will j gerne gewähren ar ‚» Wenn ich namlich nur kann“ „Ah ia! «. ermannte ſich Rikchen

Heute wolte Herr Helmhold —hier ſchon ſtutzte der Vater | „Auf den Schlitten mich fahren: / Hier verwandelt ſich pldtzlich Seine heitere Mien', und wie der Landmann das Brachfeld Mit dem Pfluge durchbricht, daß es allmahlig ſich furchet, So umwölkte ſich auch die Stirn des graͤmlichen Alten. Er erhob ſich vom Stuhl, und ſtieß, indem er jetzt qufſtand, Wit der- Hand an den Tiſch und ſich, da lag fie, die Pfeiffe. Ey da. muß ich mir nun die fehöne Pfeiffe gerbrechen,« Sat’ er, ſahe herab auf die zertruͤmmerten Stuͤcken, | 0088 ww

32 KV. Die Maskenſchlittenſahrt.

Parentirte ihr Lob in einem Tangen Germone; |

So bexhauer der Landmann die Verwuͤſtung vom Hügel

Die der Mind und Gewitter auf den Feldern verbreitel.

Endlich wandte’ er fih um und ſah das zirternde Kitchen,

‚Die ein widriges Urtheil mit. Gewißheit ſich Dachte,

Sprachloß ſtehen und bleich; da ward er wieder ‚befdnft’get _

1 Liebes Rikchen was fehlt'dir? Ey, ich glaube du haſt dich

Ben dem Zalle der Pfeiffe auch ein wenig erſchrocken.

Nu dies will ja nichts fagen , ich alleine mar Schuld dran,

„Lang indeffen mir doc noch eine andre vom Spinde.

Kitchen ſchwankte zum Schrank ‚und bracht die irdene Pfeiffe,

Sprach kein Woͤrtchen, und zuft' zur Erde ſehend am Halstuch.

Doch der Alte, nachdem die Pfeiffe wieder geſtopft war,

Wieder braͤnnte, mit fügen Wohlgeruͤchen ergoͤtzend,

Ward nun wieder ganz froh, und nun begann er den Ausſpruch:

„bLiebe Tochter, ich Hätte ch’e den Einſall des Himmels

„Als die Bitte vermuthet die du eben mir thateſt.

„Die Verfuͤhrung iſt groß; zwar iſt der junge Herr Helmholb

„LEin ganz leidlier Mann, doch hat er keine Bedienung

„und du biſt noch zu jung, um feine Gattin zu werden;

» Drum verleugne dich felbft, und herrſche über die Lüfte.

„» Aber thuſt du dies wohl, wenn du es immer begehreſt

y Mit dem Juͤngling zu schn;’ zu fahren, feiner gedenkeſt.

„Zwar ich leugne es nicht, hab’ ich noch niemals ein Mißtraun

In die Tugend gefest, die bu beikändig beſeſſen

„Doch Gelegenheit kann uns oft zu vielem verleitet,

Warte einige Zeit, und if der Jüngling im Amte

Ja, daun wollen wir fehn, was Gott der Hoͤchſte befchloffen,

So der Vater, Veſchaͤmt erwiedert Rikchen nichts-weiter, .

Doch es hand an des Thuͤr ganz ſtill und horchend die Mutter 5 h | Diefe

J

2

| )

XIV. Die Maskenſchlittenſahrt. 343 Diefe-Hatte bereits die Bitt der Tochter vernommen = Wolt’ den Akten-nicht ſtoͤren, und den Ausgang der Sache An der Thüre ‚erwarten; da fie über es hörte, Daß der Vater die, Bitte, Rikchens ihr nicht. gewaͤhrte, Trat ſie ſelber berein, an. ihrer Zochter zu helfen: „Liebes Mannchen, ſo laß dich doch von Rikchen erbittenz » Sie iſt fi ittſam und gut, und. wird fich immer betragen, Das wir Freude an Ihr in unferm ter erleben. » Und was, ziſchelte fie Heimlich in die Ohren des Alten) 3, Denf Manchen, was wuͤrde Helmholds Vater denn ſagen, „Wenn du Rikchen verſagſt, mit feinem Sohne zu fahren; » Er ein Mann bey der Städt nimmt die dies ficher ſeht über, - und wir müßen ‚doch fuchen feine Freunde zu Bleiben, a „Thu weniaftens diesmahl. Doch der fchmürige Alte . Schuͤttelt immer-derr Kopf, und dreht die Muͤtz' auf. ber Platte, Krazt ſich hinter dem Ohr’: „Kinder, Kinder es geht nicht rt Seine Gattin jedoch firich ihm die Gtoppefn des Bartes, Klopft' die Wange ihm * entküßt die Runzeln bey

Stirne;

* Fridrikchen num wieder durch die Mutter ermuntert,

Kam, —* ſchmeichelnd, heran, und kuͤßt ihm zaͤrtlich die Hände. Bat und, fiehtes da ſchmolz das Herz des ſtoͤrriſchen Vaters Wie das ſtarrende Eis vom Strahl der Sonne zerſthmilzet. „Nun es ſeh die erlaube“ ſo ſprach er, „aber nur dicsmapk, „Oeſter laß ich mich nicht durch Schmeicheleyen erbitten, „Doch betrage dich fittfam und gedenke der Lehren

Die ich eben, dir gab, denn ber Verfucher iſt liſtig. ie der Sphären Mufik Fand diefe Rede den Ohren Des ſchon traurenden Rikchens, und die Bluͤthe der Roſen Brach nun wieder hervor durch die erblichenen Wangen,

Wonmꝛ

*⁊

344 XIV. Bi; Maskenfchlistenfahrt, . Wonm enpfugfelt dem. Mag” und ug <dem. Yurpur-. der | 5. Lippen * Str hmte feuriger für die gewaͤhrete Bitte, Auf den Fluͤgeln der Piebe floh fie eilend bon hinnen In ihr Zunmer und ſchrieb aus Freude Atternd zur Antwort: 3 Eheurer, Einst ee, endlich dab, ig deſedet * mein Vater erlaubt's 1, „das du im. Sitten, un war 2 2 In88 fübhrelt » Sieh, ich zähle Miauten, zahle ale Secunden, Bis zur freudigen Stunde, bie dich, Beſter, mir" zufuhrt: Kan es wartet dein kbalion bein eo Unbenbet de A

ee 13 2 Re: . 6. Bitte:

Er Fr‘ RR we, er *

1) 2. 2

XV. Ueber

xv.

lese Seföichte und Umfang des s Ehurſichſiſchen Privilegiums, wider die Appellationen an die Reichsgerichte; zur Prüfung der hierüber vom. - Herrn Hofrath Spittler im Goͤtting. Hiſtor. Ma⸗ gazin (2,3, ates und ztes Stuͤck) angenommenen | + vom D. Siegmann, zu Leipzig.

FERNER

-

Ir ruͤhmte fi ch Sachſen keinesweges eines Rechts, das noch ungegruͤndet war, ſo oft es bey eintretenden Gele⸗ | genheiten feine Appellationsfreyheit: vertheydigte? und wie hätte es fich auch deffen fo dreift felbft gegen das Kammer gericht ruͤhmen dürfen, welches nun doch wohl wiſſen mußte, in wie fern die Practik dieſer Behauptung entfprah. Doch was vollends im Jahr 1550 heſhah,n wird endlich die | Sache * Zweifel * nr

Die welchen die Senefinfhe Linie des Hauſes Sachſen, ſeit jenem für den Churfuͤrſt ur DJohann

ME KV. Meber das Churſaͤchß. Appellationsprivileglum. Johann Friedrich fo entſcheidenden Tage, unterlag, muß— ten ſelbſt fuͤr das landesherrliche Anſehen einige nach— theilige Folgen haben. Unter der Landſchaft gab es | Partheyen toider die Söhne und den Bruder des ungfücklis dien Fürften ; was war natürlicher, als daß mancher Ritter diefe, Umftände benugte, um einem verlohrnen Rechtshandel Helleicht noch am Kammergericht eine beſſere Wendung zu verfchaffen. Es möchte bey diefer politifchen Conftellation nicht rathſam gewefen ſeyn, ſolche Unzuftiedene im Lande mie Gewalt von ihrem Schritt zurück zu halten: lieber ſuchten bie Herzoge auf andere Art ihren Zweck zu erreichen, und in dieſer Ruͤckſicht forderten ſie den Churfuͤrſt Moritz auf, über gemeinſchaftlich deshalb zu nehmende Entſchlieſſungen ſich mit ihnen zu berathſchlagen. *) Sie wußten, daß in | \ | den

*) Schreiben des Herzogs Johann Ernft an den Chur⸗ fuͤrſt Morig vom; Jahr 15514. unſer freundlich dinſt, vnd mas wir liebs vnd guts vermägen allezeit

zuvor, Hochgeborner Fuͤrſt, freuntlicher lieber herr vetter,

Als wir hivor am dato donnerſtags nach Converſionis Pau⸗ li nachſt erſchienen dieſes Jeztlauffenden Jhares E. L. ges ſchriebenn vnd freuntlichenn zuerkennen gegebenn, mie etliche vnſere vAdertane ſich vnderſtehenn woltenn, zuent⸗ gegen vnd wider des hauſes zu Sachſſenn, altherge⸗ brachten gerechtigkeiten vnd freyheiten von vns an das Keyſerliche Cammergerichte zw Appelliren, vnd domitte ſie vonn ſolchem Appellirenn abſtehen, vnd diſer nachteilige eingang verfomen werden möchte, &, L. vmb Fren vetterlichenn rath: und bedenckenn gebeten, darauff vnns dan alſo balde E. L. von Peipezig aus ben Funfftenn

. Sebrunril

XV. ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. 347

den churfürftlichen Landen die Appellationsfreyheit nicht auf gleiche Weiſe litt; ſie ſagten ſelbſt, daß nur ſie, unter den gegenwärtigen Umſtänden und als arme Fuͤrſten, ſolche Bes einträchtignngen dulden müßten: doch glaubten fie, es Eünne auch dem Ehurfürft nicht gleichaältig feyn ob die Appella- tionsfreyheit der Herzoge erhalten, oder verlohren werde. *)

| Man

gebeuarii diſes Ihare⸗ hinwider haben zuſchreybenn * vermelden laſſen, Wie mir uns gegen denfelbigen, domitte ſie von ſolchen Appelliren abſtehen möchten, erezeigen ſol⸗ ten, Sich auch ferner darinnen erbotten, do es dem hochs gebornen Furſten herrn Johans Friderichen dem mittlern, Herezogen zw Sachſſen ꝛc. vnſerm auch freuntlichen lieben vettern, vnd uns gefelligk, das dieſelbe €, 2. an gelegene malſtath und orte, Ire Kethe, zu bemelts vnſers vetternn vmd vnſern Rethen ſchigken wolten, die dinge zu berath⸗ fh lagen laſſen, domitte vnſerer vorfahrn, altherkomen freis heät und gerechtigkeit erhalten werden moͤchte. Wie wohl wir nuhen mit etlichen vom Adel und andern, die ſich Ap⸗ pellirens an berüct Keyſerlich Cammergericht vnderſtanden, ſo vil reden und handeln laffen, daß fie davon abgeſtanden fein, So wollenn doch andere mehr vber alle unfere gnes dige verwarnung vnd erinnerung Irer pflichte domitte fie: und zugetann, daffelbige auch furnemen, und von rem vnbefugtenn fürhabendenn , Appellitenn nicht Aus Archival. Nachrichten.

*) Vonn deswegenn wir dann, als ein armer Bürf hirauſſen, und ſonderlich wie die leuffte iezo geſchaffen, vor E. 8. viell anfechtens haben, zweiffeln auch nit, das durch unfere widerwertige dorinnen: vielerley vorreiczung befchee , und doran nit gefeiert wirdet, Solten wir den nuhen dadurch,

| bes

% Y

48xv. Ueber das Charſacht. Xppeilationsprivifegiui. Man veranſtaltete hierauf eine Zuſammenkunft churfürſtlicher uud herzoglicher Raͤthe: die ‚Con :ferenz ward wirklich am erſten Dezember 1550 zu Erfurt gehalten, ein gemeinſchaft⸗ liches Vorſtellungsſchreiben an den Kayſer ward entworfen, . find am erſten Februar des naͤchſtfolgenden Jahres Carl dem Fuͤnften zugeſchickt. Sie bathen darin um fein neues Pris. vilegium; fie wollten nur bey ihrer laͤngſt erworbenen F reyheit geſchuͤtzt werden; es galt bloß einen Befehl an die Rechtsſprecher zu Speyer, ‚, feine Appellation von ſachſi ſchen

Erkenntniſſen *) Wie konnte aber hier der BE ES a Eur:

des Haufes zu Sachſſen wolalthergebrachter frenheit, zus

wider, In den fachenn vnfers teils Ichtes zu befchwerlis

hen eindänge «oder neuerung einfüren laſſen, ſolchs wolte

vns keinesvegs geburen, ſondern ſeint viel- mehr gneint,

daſſelbige zu derhüten helffenn, Dieweill aber vnſer aller

notturfft hochlichen erfordert vff wege zu gedenckenn, wie

und welchergeſtalt vielberuͤrts Hauſes zu Sachſſen altherge⸗ brachte befreyhung lenger und der, nichts ent?

+.’ gogen werden möchte ıc. &

) Aterdurchlauchtinfer vnaͤberwindtlichſter Sanfei, €. kay. Mt. ſeindt vnſer vnderthenigſte gantz williaſte, und gehorfame dinſte, mit Trauem pleis zuvor, Allergnedigſter Herr, E. Kay. Mt wieſſen wir In Alle vnderthenigkeit nicht zuvorhalten, Das lunnder Andern

ldblichen Freyheyten vnnd gewonheiten, Des Chur = und

' Burflichen Haufes zu Sachen, durch -unfere vorfahren feliger und Milder nedechtnus, unnd vnns, Lepnaer dan, vber menfchen gedenden, geruglich Erfeffen vnnd herbracht, Das von denen vrteylen, fo durch fie vnnd vnns ges hprochen,. Aun E. Kay, Mt, Eammergericht nicht Aps

pelitt,

! f l

XV: Ueber das Cpurfächh. Appellationsprioilegiim. 349

Churfuͤrſt zu den Herzogen, wie konnten die Herzoge zu dem

Churfuͤrſt von dieſer Freyheit, wie von einem alten Rechte

ſprechen, wenn ſie ſelbige wirklich noch nicht hatten, wenn

fie erſt damit umgingen, ſelbige vom Kayſer zu erlangen ?

Sch gebe gern zu, was oft ein Höf- gegen den ats j dern, was oft Reichsftände gegen den Kaiſer als wohlgegruͤn⸗ detes Recht behauptet haben, mag freylich nur behntfam,; und nicht immer dafuͤr anzunehmen ſeym: aber was Fuͤrſten Eines

Hauſes unter ſich ihr altes Recht. nennen, und durch gemeirts

ſchaftlich gewählte Mittel fich ferner zu erhalten ſuchen, dem kann diefe Eigenſchaft wohl fehmwerlich bezweifelt werden ? Wenn jest bas Churhaus Braunſchweig⸗ Luͤneburg mit der herzoglichen Linie einen gemeinſchaftlichen Plan. eutwuͤrfe, unbeſchrtaͤnkte Appellationsfreyheit auch für die letztere zu’ er⸗

werben, wer mag fich’s auch nur denken, ‚daß-man hierüber

mit einandet in einem Tone reden wuͤrde, als‘ Fäme es bloß

up ie Sa darauf

Gi, fünbern ben folchen vrteylen oder beſcheiden altzeit blieben iſt, Vnnd do fich gleich Jemands des Appel⸗ lierens vnnderſtanden, So hat man zuvorhinderung ſolchs

vornehmens, bemeltes Hauſes zu Sachſſen Freiheit vvd

gerechtigkeit, ann gemelt Cammergericht gelanget, vnnd In den Sachen nichts deſtoweniger ſortgefahren, welches alßo wiſſenttlich geduldet, vnnd mit wenigſten nicht iſt an⸗ gefochten worden, vnnd IA ſolchs ohne Zweiffel -fürneme

lich, vnnd vber die freihung, damit alle Churfuͤrſten

Innhalts der guͤlden Bulle vnnd ſonderlich Ein Erz— marſchalgh des hey. Reiches, vormuͤge E. Kay. Mt. beſchriebene recht, begnadet.“ Aus archival. Nachricht. N. Litt. un, Volterk. VW; Aa

-

- .

350 XV, Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. datauf an, ben Herzogen von Braunſchweig ein Recht zu befeſtigen, in deſſen Beſitz ſie laͤngſt geweſen wären?

Die Antwort auf dieſes Geſuch erfolgte indeß nicht fo bald, als man fie vielleicht erwartet hatte. Der Kayfer war eben auf dem Neichstage zu Augsburg beſchaͤftigt, eine Tuͤr⸗ kenhuͤlſe zu bewirken, und die Proteſtanten zur Annahme ſeines Religionsediets zu bereden; ſo konnte denn leicht die Reſolution aufgeſchoben werden; ſo konnte leicht der Sommer des Jahres 1551 verſtreichen, und im Herbſt arbeitete Moritz Thon an einem: Plane, der auch ihm jenes Gefuch wohl vers geffen ließ. Auch nachher, wie der große Plan glücklich ausaeführt war, und der ſiegreiche Moritz fiegreich gewiß von Carl dem Fünften etwas bitten konnte, brachte er die Sache nicht wieder in Bewegung, weil er in feinen. Landen feinen Anlaß dazu finden mochte, Erſt im Sahr. 1553 ant: wortete der Kayſer auf eine von der herzoglichen Linie ge: fehehene Erinnerung, und überfchickte den Befehl in Abfchrift, welchen er an das Kammergericht erlaffen hatte. Sammer: richtet und Beyſitzer follten namlich die Fürften zu Sachſen nicht wider Freyheit und Herkommen beſchweren; *) und

in

H MWolgebornen Ebel, Erfam, Gelart, Lieb andechtige unnd ‚getreuenn, Als unns die hochgebornen Mauriz des heil. Roͤm. Reichs Erzmarſchalh, Johans Friederich dee mit- ler, vund Johanns Ernſt ale Herezogen zu Sachſſen vnſer Lieben ohmen, Churfuͤrſtenn vnd Fuͤrſtenn gleich— wol vorlaͤngſt hibei verwarte ſupplication ſchrifft, belan⸗ gend die Appellation, fo vonn Iren gerichtenn vnnd

vrtel an vnſer keiſerlich Cammergericht geſchehenn ‚übers geben,

or‘ J

XV. Ueber das E hurſachß. Appellärionsprivi legium Si n biefer Erklaͤrung (pt fich. keine Zweydeutigteit entdecken

wenn man bedenkt, daß ſi ſie ſich auf das ſachſſche Geſuch ber 108, welches dem Kammergericht abſchriſtlich withetheit wirde.

Wahrſcheinlich gaben übrigens jene Appeätionspi in den herzoglichen kanden auch dazu Anlap, daß Sachfen bey Verbeſſerung der Kammergerichtsoföttnng im. Jahr 15 ausdruͤcklich erinnerte, hicht etwa die CElauſet zu vergeffen, . die man ſchon im Jahr 1548 dem Artikel wegen der Appels latlönen *) angehängt hatte; die Elaußl nämlich: einem jeden feine Privilegien und Freyheiten vorbehalten. Hier ward nun freylich nicht nahmentlich der fächfifehen %, pellationsftepheit gedacht, aber dies mode man auch fiher nicht einmahl verlange Haben. War doch Sachſen nicht das einzige veichsftänd ſſche Haus, welches Appellationsfreyhelt ber hauptete that es doch auch Oeſtreich; geſchah es doch auch er: Lothringen; wolite doch auch Wirtemberg R hoch prlol⸗ Lgirt fepn; und waͤrden wohl dieſe Staͤnde nahmentiich nur dem Hauſe Sachen ein Necht augeſtanden baben, wor—

auf 0 geben, Go iſt demnach unnfer gnediger Bevehl ann euch, Ihr wollet :binfüro, do fich die felle ders. maben zutragenn „.bie.fach in berärter fupplication vor: leibt, vnnd was derhalben ‚weiter. Fürgebracht. werden moͤchte, mit vleis erwegen, vnd daranff dermaſſen gebuͤr⸗ lichs einſehenn haben, damit obgedachte Supplicirende Fuͤr⸗ ftenn ‚zu Sachßen ꝛc. wider, Jre Freiheiten vnnd alt herkommen nicht beſchwert oder vernachtöeile werden. Aus Archival. Nachrich ten.

) Eaminerger Drbn. von i555. 2. Th. Bi 28. proem. | Aa 2

x

352 XV. Veber das churſuchß Appellattionsprivilegium.

auf ſie alle gleichen Anſpruch machten? Ueberhaupt war:

dieſe Elaufel entbehrlich; denn man hatte ja ſchon, dem Reichsabſchiede von 1532 gemaͤß, in dem gleich darauf folgen⸗ den Paragraphen dieſes Titels der Kammergerichtsordnuns für. bie Appellationsfrepheit einzelner Reichsſtaͤnde geſorgt, und deren Privilegien zur ausdruͤcklichen Ausnahme von der Regel gemacht, Niemand ſolle ſeine Unterthanen vom Appel fieen an das Kammergericht abhalten. B

Bey dem allen war es immer ein treſucher Kl, wel⸗ chen die ſaͤchſiſchen Raͤthe ihren Fuͤrſten gaben, als bald dar— = auf (im Jahr 1556) eine Appellation, welche Graf Albrecht | yon Mansfeld, in einem Rechtshandel mit den Grafen von Stollberg, an das Kammergericht einwandte, neues Auf⸗ ſehen erregte. Soll man, ſagte Melchior von Oſſa, die Appellationsfreyheit ſo oft am Kammergericht vertheidigen, als irgend einem unruhigen Kopfe kein Recht dieſer Lande gefallen wollte, das-möchte diefes Vorrecht des Hauſes Sadı fen nur zweifelhaft machen. Er rieth deshalb lieber eine: Geſandtſchaft an den Kayſer zu ſchicken, ihm die Gruͤnde der Anton Freyheit genan und * ie Befehle an

*) Auch ward fe ganz am unrechten Dete ändebeacht, denn in der Sanctioh, welcher fie angehängt iſt, wird Bloß der Appellationen von den Austrägen an das Kammergericht pedächt. Aber es ging hiew gerade fo, wie in dem ndchfien Jahr 1856 mit dem oben. erwahnten Monitum , welches die‘

Churfuͤrſten beym 27ten: Titel im zweyten Theil‘ der Kam: mergerichtsordnung machten, ungeachtet es nur auf den darauf folgenden Titel eine Beziehung haben konnte.

‚XV. Ueber das Ehurfäch Aperlnepbieglum: 3

. an dag Kammmergericht zu dringen, damit aus Sachſen äfe wieder Appellationen daſelbſt angenommen würden, ) Die Legation unterblieb damahls, aber man erließ eine weit⸗ laͤuftige Vorſtellung an den Kayſer, welche Carl der Fünfte zwar binnen wenigen Wochen, aber auf eine Art beqntwor⸗ gete, die allerdings eine geroiffe Verlegenheit verraͤth, worin et ſich befand. Die Ordnung des Kammergerichts, ſchrieb

er zuruͤck, verpflichte ihn, die Gerichtbarkeit dieſes Tribunals nicht einſeitig zu beſchraͤnken; quch pflege man zu Speyer auf ſeine Befehle nicht ſonderlich zu achten, daher dem Haufe Sachen wenig damit geholfen, das Eaiferliche Anfehn aber nur dadurch gefchmählert werden moͤchte. Dennoch fand er die ſaͤchſiſche Forderung zu gegruͤndet, um ihr alle Unter⸗ ftügung zu verſagen: er fchikte einen Befehl in Abſchrift, den er.an das Kammergericht erlaffen hattes er hofte, die Wirkung deffelden werde jenem Geſuche und. der Billigkeit ‚defiel5en entfprehen, und zugleich follte Sachfen daraus wahrs nehmen, tie fehr der Kayfer ihm Mn allen nur möglichen Dingen gnädig zu willfahren wünfche, . Wirklich ents

hielt

*) Aus archival. Nachrichten. vᷣc) Go mögen wir doch D. 8. anediger mainung nicht bergen, das wir ung biezher vnnd ſonderlich nach Juͤngſter Im nechfiuerfihinen 48ten Jars ber geringern Zall erneuwer⸗ ter vfgerichten Chammergerichts Ordnung vnſerm Kaiſer⸗ Uichen Chammergericht Im hailigen Reiche Ichts In ſpecie zu bevelhen, vnnſers wiſſens Jederzeit (nicht allein von ‚wegen, das unfers vnnd des Reichs alte vnnd neve Cham⸗ mergerichts Ordnungen, (vf welche wir vnnd dan ſelbſt mehr dan ainmal Inſonderheit verpflichtet) aufrüteit Hay vere

354 XV. Ueber das Churſachß. Appellationsprivilegium.

hielt diefer Befehl alles, warum man gebethen hatte. Das ſachſiſche Geſuch war darin woͤrtlich eingeruͤckt; der Kayſer ertlarte, er halte es fuͤr billig, den Churfurſt und die Her⸗ —— JF * | zoge,

vermögen, das dem gericht ſein ſtracker frener Lauf gelaſſen werden, vnnd nichts dagegen ausgchen fol, das ſolchen "ik ainigemwege verhindern oder vfhalten thue, ſondern auch mp wir demielben zugegen etwas fürnemen wuͤrden, das nicht vnzeitlich zu beſorgen, ſolches ain ganz beſchwerliche volg nach. Ime ziehen vnnd vil andere mehe,.die villeicht Irer ſachen gar nicht vbefugt, ſich dadurch. vnterſtehn moͤchten gemeltes Chammergerichts Authoritet vnnd macht zu ent⸗ pfliehen) zum hoͤchſten enthalten, dieweil dann durch der— gleichen bevelch in ſpecie D. L. nicht ſonders geholffen werden kann, In anſehung das tie bemelten Cham— merrichter vnnd beiſizer vnnſers Kaiſerlichen Cham: mergerichts in kraft beruͤmter Reichs Ordnung, vnnd Irer darauf gethaner Pflicht, ſolche vnnſere benelch nicht in ſonderer achtung haben, vnnd alſo wenig aͤn⸗ ders, dan allain das vnſer Kaiſerliche Authoritet dar- durch etwas geſchmelert, vnnd doch D, Lawenig fur⸗ treglich ſein khoͤnte, damit ausgericht werden würde, So haben mir gnediger guter maynung nicht unterlaffen wollen D. 8, aines ſolchen vnud was mir hierin für ain bedenken haben gnediglih vnnd freuntlih zu erinnern. Damit aber D. 8. dannocht fehen vnnd ſpueren möge, das wir derfelben in allen mögelichen dingen, anediglich zu wills fahen genaigt, So ihreiben wir hieneben deßhalben an ge= melte Chammerrichter unnd beifizer, wie D. 2. aus Inge⸗ ſchloſſner Abſchrift deffelben nottuͤrftiglich zuſehen, der gne⸗ digen zuverſicht, ſolches ſolle und werde one das den effectum haben, ſo es vf D. L. begern vnd der billigkait noch haben ſoll, Vnnd D. L. ſich deſſen ſonder Zweifel gehorſamblich vnnd mol ſettigen Laffen. Aus archival. Raͤchrichcz;

* X

xv. Ueber das Churſaͤchß. Appelltionspeigifegium. 255

3098, bey ihren loͤblich erlangten Privilegien und ihrem alten Herkommen gebuͤhrend zu fhügen, und. befahl dem Kammer⸗ gericht ernſtlich, kuͤnftig weder dem Haufe Sachfen noch fonft Semand zu folgen Omen. Gelegenpeit zu geben. *)

Det

*2) unnd vnns darauf demuetiglich angerueffen vnnd ge⸗

betten, das wir DL, yond Euch die ausgangnen Manda⸗ ten, Inhibitiones vnnd Compulſorial wiederum au caßle⸗ ten vnnd vfzuheben, vnnd das binfürter dergleichen Mans daten Inhibitiones vnnd Compulforial, nicht mehr aus: gehn, vnnd dem Haufe zu Sachffen, An An vielgedachten ſei⸗ nen Freihaiten vnd gerechtigkeiten, durch Graf Albrechten von Mansfeldt und andern kainen einhalt thuen zu laffen, mit ernfi Zubevelhen anediglichen geruechten. Dieweil wir nun fuͤr ganz billich anſehen, was gemelter vnſer

lieber Ohaim vnnd Churfuͤrſt ſampt dem Churfuͤrſtlichen hauſe zu Sachſſen, fuͤr loͤbliche erlangte Privilegien, Frei⸗

haiten, guet gewonheiten vnnd alt herkhomen haben, daz Sy ruehiglich daben gelaſſen Auch aebuerlicher Weiſe geihü= get vnnd aehandhabt werden, unnd dan fonft ſ. 8. vmb derſelben und vnnd dem Hl. Reiche biczher mit allen vnter⸗ thenigen treuen erzatgten gehorfambs vnnd ſondern wolhal⸗ tens willen, deſſen Sy ſich vor andern mit beſtendigem ernſt befliffen, mit allen gnaden Inſonderheit geneigt find, Auch u allen deme darzu Sy fueg vnnd Recht hat anediglich gern befuͤrdert ſehen volten, So iſt bemnach vnnſer anedig begern an D. A. vnnd Euch hiemit ernſtlich beuelhendt,

D. A. vnnd Ir woͤllet das Ihenis, wie obuermel⸗

det vnnd dan was gedachter vnnſer lieber Ohaim vnnd Churfuͤrſt biezher deßhalben vor Euch einbringen. vnnd fürs wenden Läffen, oder noch Fhünfftiglich thuen möchte, ſtat⸗ lich vnnd mit aller fleis bedenfen, vnnd Euch darauf vnſern gnedigen vertrauen nach, wie Ir Euch one das Ewer

Pflicht aach Wein. wol aller ‚gebüer zuuet halten wiſt, mit a4 etant

356 XV, Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium, Der hier gemeynte Senland war vermuthlic der Erzherzog Ferdinand von Deftreich; denn troß des größten Priviles giums vom Jahr 1530, das nur ein Reichsſtand erlangen - fonmte, mochte gewiß auch aus Deftreih noch dann und | - wann eine Appellation an das Kammergericht gebracht und dafeldft angenommen werden; es. miochte- zweckmaͤßig feyn, gelegentlich einen Wink zu geben, ver wem man fich auch noch fonft vorzufehen habe, Kurz, mic duͤnkt, das Reſeript war nachdruͤcklich genug; aber vielleicht würde es auch bey allen Bedenklichkeiten des Kayfers, ob er den Kammerge⸗ richt einfeitig befehlen kbnne oder nicht, noch ernſtlicher aus gefalfen feyn, wenn ein anderer Appellationsfall felbiges ver: anlaßt hätte. Wenn er geradezu befahl, die Appelfation des Grafen von Mangfeld abzumeifen ; räumte et nicht feyer⸗ lich die ſaͤchſiſche Landeshoheit uͤber den Grafen ein, und iſt es wahrſcheinlich, daß er dieſes thun wollte? alſo nahm er eine ſehr natürliche Wendung, wenn er dag Gericht anwieß, in dem gegenwärtigen Falle die fächfifche Freyheit ſtattlich und mit allem Fleiße zu bedenken. 9

Allein

erkantnus der Prokeß vnnd verfafſung ber vrtheil, ders maßen erczeigen vnd beweiſen, daS weder fs L. der Chur⸗ fuͤrſt von Sachſſen ꝛc. noch ſonſt Jemandt anders ſich deſſen billig vnd mit fueg nit beſchweren mdge. Aus

archival. Nachrichten. | 2) Auch ald Churcoͤln ſich im Jahr 1687 befchwerte, bag am Tammergericht ungeachtet feines erft neuerlich erlangten- Privilegiums Appellationen angenommen. würden, refett? birte der Reichshofrath dem, Cammergericht: daran zu ſeyn, damit der Herr m. zu en gegen Kaiſer⸗

XV, Ueber das Churſachß Appellatlonshrivilegium. 357

== Allein es traf nur / gllzuſehr ein, was Carl geahndet hatte, daß naͤmlich die Rechtſprecher zu Speyer auf ſeinen Befehl nicht ſehr achten wuͤrden. Ste thaten, als haͤtten ſie gar kein kayſerliches Reſeript von Bruͤſſel aus erhalten ; | und noch im nächftfolgenden Jahr 1557 ward Churfuͤrſt Auguſt “zu einer ausfuͤhrlichen Proteſtationsſchrift in diefer- Sache genoͤthigt. Ey gründete darin fein Recht vorzüglich auf die Sanction der goldenen Bulle, daß von churfuͤrſtlichen Er— fenntniffen nicht appellirt- werden folle ‚, und, dann auf ein ununserbrochenes Herkommen, welches dem. ganzen Haufe Sachſen dies Vorrecht gewährte: er (äugnete gar nicht, daß dann und warn von fächfiihen Erkenntniſſen wäre appellirt worden, aber er berufte ſi ch dreiſt auf die Annalen der Kam⸗ mergerichts⸗Juris dietion, daß in allen ſolchen Faͤllen es, der ein⸗ | gelegten Wiberfprüche halber, nie zum Spruche uͤber die ergrif— fene Appellation gekommen ſey: endlich gab er den Affefforen ° zu bedenken, wie wenig er etwas fordere, was Nicht auch von Churbrandenburg, was nicht auch von Deftreich, und einigen andern Fürften, als unbeftrittenes Recht behauptet werde. *) Auf ließ er fich durch die eingewandte Appel lation

Kaiſerlichen Privilegia nicht beſchweret werden, ſich zu beklagen gegruͤndete Urſach haben möge. Sollte

man vielleicht auch damald die. Fölniihe Appellationsfreye heit am kayſerlichen Hofe bezweifelt haben, die man nur erſt 1653 unbefchräntt ertheilt hatte? Mofer von der deutfch. Juftizverf. 1. Th. ©. 198,

*) Zum Virden war, Das bie Churfuͤrſtliche henſer in der guͤlden Bulle befreiet, das von Iren Churf. g. nicht fol Appelirt werden, Item war, dad in der gülden

00 Bulk

ꝓgxv. Ueber das Churſachs. Appellationsprivilegium. |

lation gar nicht abhalten, ſein Erkenntniß/ vermittelſt der

greeution, gegen den Grafen von Mansfeld geltend zu mar

hen,

Bulle in der Rubrie von der Ehurfürften. freiheit, elerli⸗ chen verordnet vnd aufgeſazt, das alſo lang von einem

Churfuͤrſten das Recht nicht vorſaget wirt, man ſich von

Ihren Churf. g. nicht beruffen noch die darwider beſche⸗ hene Appellation annehmen ſol, ſonder es fol dieſelb Appels lation nicht tugen abſein vnd vor nichtig gehalten werden. Item war, das fich die Cpurfürften zu Brandenbutg

; folcher nerechrigfeit und Privilegii Des nicht appellirens biffe

damit nicht gehindert oder zurüttet worden, Item war

her offtmals nebrascht und noch brauchen. Item war, ob villeicht bei ecalichen Churfoͤrſten anders eingefürt vnd die Appellationen mögen vorflattet fein worden Das doch

‚gancz one, das folches in dem Churfürftlihen Haus zu

Sachſſen nachaelaffen worden, das auch der-andern Ehurs fürten vorfattung dem haus zu Gachffen nichts praiudici⸗ ven kome. Item war, Das es menniglich denen der Chur: und fürfen zu Sachſſen berlideit nnd gerechtikeit bewuſt Je vud allewege dofür gehalten, Auch von eltern und Iren vorfaren alfo berichtet, Das man von der Chur und fürften zu Sachſſen vrteln und Desreten nicht Appelli gen dörfie. Item Das niemals erfaren worden, auc | nimands gedenft Das ein vrtell ſo durch die Chur und fuͤr⸗ ſten zu Sachſſen geſprochen, Durch eines teils Appellation an das Commergericht zurdek getrieben oder deſſelben haus fed zu Sachffen Juriſdietion dadurch verhindert worden. tem mar, ob fich gleich Je Zuczeiten ecxliche mutwillige Dartheien von hochgedachten Chur: und. fürften zu Sachſ⸗ fen zu appelliren vnderſtehen wollen, Das ‚doch folche Ire

"Chur und fürfifichen hergebrachten befreihung zuwidder

niemals geſtattet oder Derfelben zuentfegen etwas ausges eicht Und alſo Ire Ehur und f. g. vrtel und weifungen |

Das

| &V. Ueberdas Churſachß Appellionspieilegium. 359 '

Ken, worauf biefer endlich fi ich beruhigte, und ſeiner Appel, lation entſagte. Vielleicht haͤtte man nun auch von Sei—

ten des Hofes ſich beruhigen koͤnnen, denn allemahl war

bey diefem Ausgange ber Sache beträchtlich gewonnen : aber der Amtseifer, den das Kammergericht bey dieſer Gelegen⸗ heit verrieth, mochte zu ſtark aufgefallen ſeyn, um alles ſo⸗

gleich zu vergeſſen, und nicht vielmehr auf Mittel zu dent ·

Een, um für, die Zukunft alle ähnliche Auftritte dieſer Art zu verhindern. In dieſer Rockſ cht fuͤgte ſich's ſehr gut, daß gerade um dieſe Zeit eine Conferenz zwiſchen xhurfuͤrſt ·

lichen und herzoglichen Raͤthen zu Merſeburg gehalten wer⸗ | den folte. Hier Eonnten beyde fächßifche Käufer Materialien

zur Sefchichte und Begruͤndung ihres gemeinſchaftlichen ho⸗ hen Vorrechts zuſammentragen; hier konnte man wechſel⸗

ſeitig einander Auſſchluß und Belege geben; hier konnte

man, alles gemeinſchaſtlich ordnen, uͤberlegen, beſprechen, und ſich über die Mittel zu ‚Erreichung feines Zwecks vereinigen.

Nun zu dem allen erhielten die abgeſchickten Närhe von,

ihren Höfen Auftrag, und am 21. Auguft ward die Confes renz eröfnet. Sie hatten, wie fie in ihrem nachher erſtat ·

teten Berichte fagten, %) was den Punet wegen der Apr

pella⸗

Das auch andere fuͤrſtliche heuſer im heiligen Reich als bie Erczherczogen zu Dfterreich und andere Fürften fo fonft der Key. Mat. und dem heiligen Reich vnderworffen und daſſelb erkennen und recognofeiren, Gleichwol dergleichen gerechtigfeit des nicht Appellirens bergebracht und bet folcher befreihung von dem Cammergericht vnd ſonſt gelaſſen ſein

vnd noch werden. Aus archival. Nachricht. *) Der durchlauchtiaſten und dutchlauchtleenn hochgebornenn Fuͤrſtenn

380 xv. Ueber das Eourfäch, Yppellationsprivifeglum.

\

relattonfrehheit betraf, viel alte Briefe geleſen, ſie hatten die von beyden ſaͤchſiſchen Haͤuſern vorgelegten alten Kanz⸗ leybůcher, Schriften und Verzeichniſſe durchgegangen, genau erwogen, und alles beſtaͤtigt gefunden, was man bisher zur Vertheidigung dieſes Rechts gegen den Kayſer und das Kam⸗

mergericht hatte: *) F riethen zu einem allge⸗ meinen

Furſtenn vnd hern hern Auguſti des hay. Roͤm.

Ertzmarſchalchs ꝛc. hern Johans friederichs des mittlern

vbeider Hertzogenn zu Sachſſen Lundtgraven jnn Durin⸗ gen ꝛc. vnſer gnedigſtenn unnd anedigen hern, Wir JIrer

Chur vnd F. gn. Itzo anhero gegenn Merſeburgk verord—

nete Rethe, Eraßmus von Konritz Churfuͤrſtlicher Sechſ⸗ ſiſcher oberhoffrichter, Lorentz Lindemann der Rechten Doetor und Ordinarius zu Wittenbergk, Friederich von Wangen⸗ heim zu Beringen, Chriſtianus Bruck, der Rechten Doetor Cantzler und Heinrich Munnch zw Bernßdorf, haben vnfern

bevehlichen und Inſtructionen nah etzliche punetenn

zu erwegenn und zu beratſchlahen fürgenommen Vnnd aus den vorgelegten beiderfeits alten Cantzlej vegifteirten

vuͤchern, fehrifftenn, vnd verzeichnüffen ‚befunden, -

das ꝛc. Aus arhival Nachricht,

») Dietveil wir denn aus denn hendel (ſonil mir der ige alhier zur fette gehabt) befunden, das die Chur und. fürs

ſtenn zu Sachſſen ſolche appellation an das Cammergerich

oder ſuhſtenn keynem vnderthanen, Er fen groß, ber, Adel buͤrger pder pauer, Niemals vorftadtt, Sonder daffelbige Ernflich geftraft habenn, Vnd do ſich gleich etliche per= fonen deffelbenn aus muttwillenn ynterftändenn fich fempt=

kich oder fonderlich, dawider geſetzt vnnd nebenn nottuͤrf⸗

tiger. vormendung gegen dem Cammergericht, durch gebürg

er lich

*

| XV, Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. 361

1

* - .

r

meinen Landesverboth wider das Appelliten, noch mehr aber“. zur Bewerbung im ein Privildgium , welches jedod) bloß als Beſtaͤtigung des ſchon etivorbenen Rechts gefucht und ertheilt werden muͤſſe.) Diefer leistete Kath fand Eins gang, und fo wären wir nun an dem Zeitpuncte, wo ſich die Geſchichte der fãchſi iſchen Appellatiönsfrepeit entwickelte.

Wohl war es ein kluger Rath, den hier Eras tums von Koͤnneritz und die uͤbrigen Raͤthe gaben. Mas, ‚ließ e ſich nicht alles fuͤr die Erhaltung einer Freyheit fuͤrchten, J welche die Herzogliche Linie des Haufes Sachſen nur Auf eine e nicht sans, deutliche Urkunde und ein altes Heriommen | druůn⸗

liche wege die vermeinta appellation Jebeßmals zuruͤcke ge» fest vnnd abgeſchaft, auch iſt dardurch das haus zu Sachſ⸗ fen ann dieſer feiner iurisdietio vnnd gerechtigkeitt, geruig⸗ lich vnnd vnuorhindert plieben und gelaffen mwordenn,

u) Sb auch fölche des Haufes zu Sachffenn Nachipeilige Kreuzung der vormeinten Appelationenn durch eynn offenn

vunnb femptlichs ausichreibenn zuliorfommenn ynd abzuivens denn ſeynn folte, das werden Ihre Chür und fürftiche gnadenn alödann zu Irer Zufammenfunft zu beratichlagen, vnnd fich deshalbenn mit eynander freuntlich zuuergleichen wiſſen So fonte auch nicht fhadenn das Fre Chue vnd f. g. bey der Rohmifchenn foniglichen Mayt. vmb

eine Confirmation berünts Hauſes zu Sachffenn Alte * hergebrachtenn Gebrauchs anfuchenn teten, doch das ſollche Confirmation nicht das anfehenit hette eineg som Nauwen außgebrachtenn privilegii, fonder allein - einer Beftetigung ded Haufes zu Sachſſenn Aftherges brachter gerechtigfeitt wehre. ꝛc. j

. 362 XV. Ueber das Epunfäch, ——

gruͤnden konnte, denn die wehen⸗ Bulle kam natuͤrlich nur dem Churfuͤrſt zuſtatten? Man fieng ſchon an, über bie Rechtskraft eines ſolchen Herkommens Fragen aufzumerfen ; man zweiſelte ſchon, ob ein langer Beſi itz, ob romiſche Pre feription die Appellationsfrepheit, verfchaffen koͤnne; man glaubte wenigſtens, es koͤnnten nicht bloß die appellirenden Partheyen ein ſolches Herkommen einführen, es müffe, auch der Oberrichter dazu mitwirken. Aus den bisher ange- fuͤhrten Thatſachen ſah man zwar deutlich genug, was nicht nur die Churtfürſten rt fondern was auch die Herzoge von Sachſen zu allen Zeiten als ihr Recht gefordert, und in

J dieſer Elgenſchaft behauptet hatten; man ſah hingegen noch

nicht fo klar, als eg, um allen Widerfpruch zu heben, no⸗ thig ſchien, was der Kayſer eigentlich zugeſtehen wolte. Zwey⸗ mahl hatte ſich Carl der Fünfte hieruͤber vortheilhaft erklärt, zweymahl hatte er dem Kammergericht befohlen, die ſaͤchſiſche ‚Breypeit i in Acht zu nehmen; nur wer einmahl Zwei⸗

fel

In der Inſtruetion, die der Churfuͤrſt Auguſt ſeiner im

Jahr 1559. mit dem erlangten Pribilegium an die Herzoge der Erneftinifchen Linie gefchickten Näthen gab, hieß es uns ter andern: „Nichts befio meniger aber where und aleichwohl im Wege gelegen, daß wir berichtet, als ſollte zu Recht diſputirlich ſeyn, ob eine ſolche Gerechtigkeit des nicht Ap⸗ pellirens durch eine verjaͤhrte Gewohnheit ohne ausdruͤckliche Conceſſion des Oberrichters eingeführt werden möcht, Vnd wann gleich eine ſolche Gewohnheit zu Recht beſtandig mher, daß doch zu Einfürung derfelbigen nicht allein der appelliren⸗ den Partehen, fondern aus) des Oberrichters Wiſſen und VPatientia erfobert würde,

XV. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. 363 fel fuchte, und Zweifel unterſtuͤtzte, konnte noch immer in jedem vorkommenden Falle Stof dazu finden. Das Chut- haus war hinlaͤnglich gedeckt, die Sanection der goldenen Bülle ließ ſich nicht beſtreiten; Aber- den Herzogen war ein ausdtüctliches Privilegium nicht ganz gleichgültig; dent von jeher hatten fie ſich zu diefem churfürftlichen Vorrecht, als Prinzen ans dem Churhanfe entfproffen; berechtigt ger gehalten, und. doch gab biefes Argument nicht völlige Sicherheit, doch ſprach das vom Kayfer Sigismund dem: gan⸗ zen ſachſi ſchen Hauſe ertheilte Privilegium, wie Maximilians Urkunde vom Jahı'ags, nicht fo deutlich, als man wuͤnſchen rkonnte; doch mußten beyde erſt interpretirt werden, um die Appellationefreyheit auch für die Herzoge zu erweiſen Nichts blieb aͤrig als das Herkommen, bey weiten nicht der. ſicherſte Grund’ deutſcher Staͤatsgerechtſame; es ſcheint fat, mie nachdruͤcklich man auch in jedem eintretenden Falle ſeine Appellationsfreyheit gegen das Kammergericht gel⸗ ‚end gemacht hatte, das Kammergericht allein konnte durch ſein Nachgeben kein Herkommen begruͤnden.

Alle dieſe Umftände machten ram, um jeden Wis derſpruch in Zukunft zu verhindern, ein Privilegium zu ſu⸗ ‚hen. Am 27. Auguft 1557 hatten Die ſaͤchſi ſchen Raͤthe ihr Bedenken. ausgeſtellt; ſchon wenige Monathe darauf zeig⸗ te. fi) die beſte Gelegenheit, den gemachten Plan gluͤcklich

auszuführen. Carl mwolte dem Reiche ein feltenes: Beys fpiel geben, daß ein Regent des Herrſchens uͤberdruͤßig wer⸗ den koͤnne; alle Churfuͤrſten waren auf den 25. Februar 1558 nach Frantfutt berufen worden, um ſeine Refignation-

Ä auf

}

464 xv. Ueber das Cpurfächß: Appelationsprivifegium. |

auf die Kayſerwuͤrde anzunehmen;alle Churfuͤrſten hatten ſich diesmahl perſoͤnlich eingefunden; auch der neue Kayſer Ferdinand war gegenwaͤrtig. Hier konnte der ſachſi ſche Auguſt, wie er ſich nachher ſelbſt ausdruͤckte, *) allerley Gelegenheiten erſehen; uſd es entſprach der Klugheit die⸗ ſes treflichen Fuͤrſten, daß er dieſe Zeitumſtaͤnde gut zu be⸗ nutzen wußte. Materialien zur Rechtfertigung der ſchſi⸗ ſchen Appellationsfreyheit hatte man ſchon fangft geſammelt und geordnet; Raͤthe, ſo politiſch und rechtlich gewandt, wie ſie ein Fuͤrſt in jenen Zeiten nur wuͤnſchen mochte, Chri⸗ ſtoph vor Carlowitz und Doctor Ulrich Mordeyfen, waren zu, Frankfurt anmefend ; was mündlich fi nicht ausrichten ließ, das Fonnten dieſe Männer ſchriftlich recht uͤberzeugend darſtellen, und was ſie ſchtiftlich deducirt hatten, das

konnte Auguſt noch mündlich erlaͤutern; kurz, die Gele⸗

gene

—* „Weit wir dann dafüͤr gehalten, daß eine folche Ge⸗

rechtigkeit des Nichtappellirens heſtandiger und kraftiger durch ein Ptibilegiuin eonceditet, denn durch eine Gewohnheit ein⸗ gefüret werden fönne, wie dann unfre Rethe zu Merſeburgck ſich aueh. deſſen alſo mit einander vnterredet, vnd ſolchen

Weg fuͤr den bequemſten angeſehen; und es ſich aber jungſt . der Fall wie Ihr Lbd. wuͤſten mit der vorigen Küh. Meit.

Kefinnation vnd diejer itzigen Annehmung zuneträgen, Als wir denn derhalben gegen Frankfurt neben andern’ Churfuͤt⸗

ſien erfodert. Go herteh wir, daſelbſt allerley Gelegen⸗

heit etſehen, vnd bey der Key. Mait. vmb ein Privilegium,

ſo zu Bekreftigung vnd Sterkung obberoͤrter Gerechtigkeit

nicht allein uns vnd vnſern Erben, fordern auch Ihren Ebd.

und derfelbigen Erben, und alfo dem ganzen Haͤus zu Sach⸗ ſen zu guft gelangen möcht angeſücht.“

d

XV. Ueber das Churſaͤchß. Appellarionsprivilegium. 365 genheiten waren fo gut, daß der Churfürft, um nichts: Ju verfäumen, ohne weiter mit den: Herzogen über die Sache zu rathſchlagen *) das: Gefchäft Betrieb: mozu -täre es ‚auch nöthig geweſen, da er den Entwurf nur ausführte, den- . die. Näthe beyder Haͤuſer gemeinfchaftlih zu Merfeburg gefaßt hatten, und da die Herzoge von allen, was duch ihn geſucht und erhalten wurde, den größten Vortheil zo⸗ gen? Er übergab am ‚ıflen März eine umſtaͤndliche Des duetion der ſaͤchſi ſchen Appellationsfreyheit, die größtentheils -aufsdas gebaut war, was man’fchon! im Jahr 1556 dem Rays. · ſer / vorgeſtellt hatte, und der. Schluß enthielt das Gefuch um eine. unbeſchraͤnkte Beſtaͤtigung dieſes alten Nachts durch ein Peivilegium H Allein wenn Churfürſt Auguſt auch nicht | ſelbſt Hu Mir hetten aber däneben auch gern fehen milgen, daß wir diefe Ding zuvor mit ren L. beratſchlagen laſſen, Vnd Ihre Leneben ung bei der Key. Matt. darumb anfuchen koͤnnen, Es wheren aber die ſachen vnuorſehen fuͤrgelauf⸗ fen, und mir hetten die, gute gelegenheit nicht verfeumen - wollen, funderlich weil auch die Ding den Churfuͤrſten zu berathſchlagen vntergeben, welcher Conſens collegialiter geſchehen muͤſſen, Derwegen wir auch Fuͤrſorge getragen, ek möchten zur ander Zeit die Churfuͤrſten perſoͤnlich alfe _ balde nicht zuhauff kommen, und bei deren Rethen in ans dern zubaufffunften nicht foviel als dei Ihren 8, er ſt er⸗ halten werden muͤgen.

*2 Denn ob ich wol, aus angezogener des zu Sach⸗ fen gerechtikeit ſolchenn mutwillenn in meinen Landen bif- anhero nicht geſtattet auch daffelbige ferner nicht nachzulafs ſenn gut fug vnnd macht habenn, domit aber gleichwol meine vnnderthannenn ſolchs fih defioweniger vnnderites

benn

0,0, Dilkat, IV, 1 VE; 6

366 XV. Ueber das Epurfächh. Appellationgpeioilegium:

| ſelbſt geftanden hätte, daß der Rayfer die Sachen etwas hoch beſchwert und biffieuftict habe *) man fähe ee dennoch aus’ ber ganzen’ Sefchichte der Unterhandlungen ,' und man koͤnnte es ſchon vermuthen, daß viel negoeiirt wurde, ehe fi) Ferdmand der Erſte gewinnen ließ. Niche- - bloß das Churhauß foderte dieſe feyerliche Beſtaͤtigung / der Appellationsfreyheit alle Herzoge von Sachen thaten es, auf ihr altes Herkommen geſtuͤtzt: dem ganzen Kaufe und | fuͤr alle ſaͤchſiſche Lande ſolte das Privilegium unumſchraͤukt ertheilt werden. Oeſtreich ausgenommen, war noch keinem Hauſe eine ſo weit ausgedehnte Freyheit von der Reichs— BE zugeftanden worden; was Wunder, wenn

fi,

henn duͤrffen Auch ich deſtomeher vrſach boben moͤge vber des hauſſes gerechtikeit zu halten, So bitt E. Roͤm. Key, Mat. ich vnnderthenigſt E. Rom. Key. Mat. woltenn die Gerechtikeit ſolchs haus Sachſſenn des nicht Appelireng balz benn vonn Irenn Vrtelen vnnd Decreten one das befugt und biſher loͤblich erhalteun vnnd hergebracht mit einem ſonderlichen Privilegio beanadenn vnnd ſterken.“ Aus archival. Nach richt. |

) In der vorhin erwähnten Inſtruction.“ Wiewohl aber Ihre Mait. die ſachen etwas hoch beſchweret und diffi— cultiret hette, Auch ohne ſunderlich Conſens aller Chur— fuͤrſten darinnen nichts thuen wollen, Vnd derwegen Solche ſachen den Churfuͤrſten zu berathſchlagen vntergeben, So hetten mir doch durch vleiſſige und auffuͤrliche anſuchen vnd anhalten bei vnſern Mit-Churfuͤrſten alſo viel erhalten, daß Ihr L. decretiret, daß die Kan. Mait. nach geſtalt des ‚berichts daß hauß zu Sachſſen mit dem gefushten ie wol begnaden möchte, F

\

XV. Ueber das Churſachß. ppellationspripilegium: 367,

ſich Ferdinand nicht ſo ſchnell entſchloß, als Auguft, es

wünfchte, ‚und auch wuͤnſchen Eonnte, ‚weil er wirklich nichts, begehrte, was Sachſen nicht ſchon längft mit Recht zu har |

ben ſchien. Ohne Einwilligung der Churfürften wolte er

nichts in. der Sache thun; allerdings war daher. für. Au⸗ guft viel , gewennen, daß er alle feine Mitehurfürften in

Perſon zu: Frankfurt traf, und viel bey felbigen. bewirken konnte, was ihre Raͤthe vieleicht: nicht eben ſo bewilligt

| hätten. Freylich ſolte man wohl glauben hatten

eher die Sache erleichtert als erſchwert, fie hätten alle sefehen, wie felbit ihnen das fächfifche Privilegium Mit der Zeit nüßlich werden köͤnne; es hatte doch einer fich feines durch. die goldene Bulle erworbenen Vorrechts bege⸗

ben; ſie Hatten ſich ſelbiges vielmehr ausdruͤcklich vorbe

‚haften; fie waren nur nicht alle fo gluͤcklich geweſen, es im Verhaͤltniß zu ihren Unterthanen in Ausübung zu brin⸗ gen; ſi ie hoften alle auf guͤnſtigere Zeitumſtaͤnde, um zu werden, was ſie ſeyn wolten: aber geht es mit dem menſchlichen Beſireben nicht oft wunderlich? vertreten wir

and. nicht oft den Weg zu unferm Ziele, um nur keinen Andern auf eben dieſem Wege zu dem feinigen vorausgehen

zu laffen ? Endlich gelang es dem Churfürft Auguft, durch

fleißiges und ausführliches Anſuchen wie et es nannte, Bin

Deoret von ihnen zu erhalten, daß bie kayſerliche Maje⸗

ftät das Haus Sachfen mit dern gedachten Privilegium

dem Herfommen gemäß mohl begnadigen möchte. ) a Den⸗

5) Auff der Churfdeften zu Sachſſen Guppficatton Bedenken, die Churfuͤrſten Dieweil vhn ſolcher Supplieativn unter Bb 2 8 | an⸗

-

’! * 0 i

5,368 XV. Ueber das Churſachß. Appellationsprivifegium,

Dennod) veifte Ferdinand von Frankfurt ab, ohne die⸗

ſe Begnadigung ertheilt zu haben, wie ſehr er ſich nunmehr auch dazu geneigt erklaͤrt hatte, wenn man ferner darum

anſuchen wuͤrde. Dies moͤchte nun wohl bald genug geſche⸗

hen ſeyn, aber audere wichtige Geſchaͤſte hatten es gehin⸗ dert, auch woltg der Churfuͤrſt erſt die Genefung des, Rays fers abwarten, der ſich feit einiger Zeit nicht wohl erfand. *) Erft im Monath Auguft gieng Dotor Kramm nach Wien, um die Sache ‚zu betreiben. Wenn er, hieß es in feiner

ea F In⸗

|

andern vorbracht daß daß Churfuͤrſtlich Haus zu Sachſſen

yyhn herkommen vnd gebrauch ſeh daß von vhren Oberge⸗

richten weyder nicht appelliret werden moͤge welchs auch

vber vorwerte Zeyt alſo hergebracht und geuͤbet worden bag

die Kaiſ. Mait. dem Haus zu Sachſſen daß begerte Priuiles gium pumaffen es hergebracht allergnedigſt erteplen möcht, aus archival. Nachricht.

Wiewol wir nun derhalben bei ihrer Kay. Mait. vor⸗ lengſt gerne widerumb untertheniglichen anregen tollen, So wern wir doch bisher anderer fachen halb doran verhins dert vnd ſonderlich auch ein Zeit her berichtet worden, Das ihre Mait. etwas mit Leibesſchwachheit beladen, welches vns zum hoͤchſten befommerlich,, und in derfelben Gelegens heit ihre Mait. mit nichts bemühen und beladen sollen, Weil wir aber numer in erfarung kommen, Das ed fich got {ob mit ihrer Mait, Gebeffert, welchs wir dan mit ſonderll⸗

hen freuden vornommen, Go hetten wir nicht lenger vndter⸗ laſſen wollen, ſolche fachen halb ferner bey ihrer Mait.

vndtertheniaft⸗ anregung zu shun, Aus archival. Nachrichten.

4 F

XV. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium. 369 Inſtruction, *) beym Kayſer· Audienz gehabt, und das Ge⸗ ſuch ihm vorgetragen habe, dann ſolte ex ſich vorzüglich an den Vicekanzler Doctor Jonas wenden und ihm fagen, ob⸗ wohl der Churſuͤrſt dem Kayſer die Form, in welcher das geſuchte nn zu ettheilen feyn möchte, nicht vorzus

| ſchrei⸗

*) „Wenn er nhun darauf von der Kay, Mait. snetiehe Antwort erlangen würde, das Ire Kay. Malt. Ans mit fol, chem Priuilegio anedigſt willfahren wollten, So ſoll er Doe⸗ tor Jonas dem Vice Canzler weiter vormelden, OB wir wel nicht gemeinet, Ire Roͤm. Kay. Mait, vorzugreiffen, und vorzufchreiben, Wie und mwafergeftalt ihre Mait, ſolchs Pri⸗ vileglum in ihrer Mait. Canzlei faffen und ftellen laſſen wolls ten, So hetten wir doch durch unfere Kethe fo unferer Tand Rechten, gebrauch, vnd gerichtlich Proces berichtet weren, eine Notel begreiffen laſſen, wie wir achteten, dad uns fols des Privilegium, nad gelegenpeit unferer Lande vnd der— bigen gerichte, nuͤtzlich feyn möchte, Solche Copey Liffen wir ihme zum bericht vnſerer Landesbreuch vbergeben, vnd zwei⸗ felten gar nicht, er wurde vnſerm ‚gnedigen Vertrauen nach dife Dinge dahin zu richten miffen, das vns folchs Privi⸗ legium in der befien form von der Kay, Maik. mitgeteilet würde, Das mweren ıwir in gnaden und allem gutten gegen ime zu erfennen geneigt” Was nun vf folches alles

dem gefandren von der Kay. Mait, und dem Dice» Cangler zur Antwort gegeben mwirdt, Sol er vleiffig vffmerken und

ſich daneben in der Kay, Canzlen bei den Gecretarien Kirſche lagern⸗vnd Vngeltern erkunden, Wie folchs Privilegium ger ſtalt werden möchte, Vnd fonderlich darauf gute Achtung geben, das ed auf keine gewiſſe Summa gelts refiringirt

oder einige Condition, fondern indefinire, vnd obgemelter vnſer gefielten Notel gemeß gerichtet werde, |

F

370 XV. Ueber bas Churſaͤchß. Appelationgprivilegium.

EN ſchreiben —*** ſo wolte er doch dem Kanzler einen Ent wurf dazu mittheilen, ſo wie er ſelbigen der ſaͤchſiſchen Lan⸗ des: und Gerichtsverfaſſung angemeſſen faͤnde. Auf alles, was vom Kayſer und dem Vieekanzler zur Antwort gege⸗ ben wurde, folte der Geſandte genau Acht Haben‘, auch ſich in der £ayferlichen Kanzley fleißig erkundigen, wie man dag

Privilegium fallen werde, und fchlechterdings nicht zugeben, . | daß felbiges auf irgend eine Ark befchränkt würde; - wäre es nicht mit dem übergebenen Entwurfe im Wefentlichen gleichlautend, fo folle lieber. die ganze Sache bis zum naͤch—⸗ ſten Reichstage ruhen. Dieſe Vorſicht war ſehr noͤthig; es gieng in jenen Zeiten mit Ausfertigung der Privilegien am kayſerlichen Hoſe oft nicht ſehr ordentlich zu; nach einem Formular, wie es ſich eben über eine. ähnliche Befreyung vorfand, ward gewöhnlich auch die neue Urkunde ausgefer- . tigt, und fo erhielt Jemand nicht felten bald mehr bald we⸗

niger, als er felbft verlange hatte; ein Umſtand, woraus

ſich leicht manche. Widerſpruͤche in kayſerlichen Pri— vilegien erklaͤren laſſen. Sie ward noch mehr durch den Character des Mannes gerechtfertiget, dieſe Vorſicht, mit welchem man zu thun hatte. Doctor Jonas gehörte zu dem Raͤthen, die ſolche Gelegenheiten gern zu benutzen pflegen. Doctor Kramm merkte ſehr bald, wie die ſaͤchſiſche Freyheit dem Vicekanzler klar werden koͤnne; er berichtete deshalb an feinen Hof, man möchte ihn für Jonas mit einer gnädi- gen Verehrung verfehen, wenn er die Sache mit mehrerm Ernft, als zu Frankfurt bey dem Kayſer befordern ſolle. Als fein man mochte zu Dreßden glauben, daB man ein Recht nicht zu erkaufen brauche, dem Churfuͤrſt ſchon das

feyer⸗

XV: Urberdas Churſachß. Apseacinepiifglum. 3q1

feherlichſte Grundgeſetz verlieh, und welches die Herzoge duch allenfalls ferner, ohne ein neues Privilegium, behaup: ten onnten: ſelbſt Doctor Kramm hielt es gerade nicht für hothwendig; er meynte nur, es wuͤrde gute Dienſte thun, ſonſt aber wolle er unmittelbar zum Kayſer gehen, und das Gefuh mit allem Fleiß betreiben, %) und than ſieht hieraus, daß Sachſen ben allen politischen Wendungen; die es nahm, dennoch um fein. Recht, nichts weniger, als verlegen wor. Dafür kam aber auch die Sache damahls wirklich nicht zu Stande; Jonas machte einen Entwurf ‚zum neuen Privileginm, der zu Drefden nicht gefallen wol⸗ te; man beftand darauf, daß noch eintge Claufeln eingeruͤckt wuͤrden, die der Kanzler vielleicht nur ausgelaſſen hatte, um noch deutlicher zu verſtehen zu geben, wie fie durch ihn hin⸗ ein zu bringen wären. "Ehe man ſich noch daruͤber mit ihm berglejchen konnte, ſtard er, und nun blieb das ganze Ge ſchaͤft bie zum —** im Jahr 1559 ausgefeßt, wo Do& tor Kramm bey dem neuen Vicekanzler, Dector Seld, faft noch mehrere Schwierigkeiten fand. Vielleicht daR auch | auf ihm, etwas von dem Geiſte des feligen Kanzlers ruhte; | vielleicht aber auch, daß er mit der ganzen Lage der Sache noch zu wenig befannt war, um ſich willfaͤhriger zu bejel gen. Doc nun ſchien Churfürft Auguft alle Geduld zu vere fieren: er erklärte, was noch fein Fürft, der ein Privilegium

. ſuchte, dem Kayfer je erklärt Haben mochte; er wundere ſich,

fehrieb er, daf man die Beftätigung eines Rechts, welches alle feine Vorfahren ruhig und wohl Hergebracht ausgeübt | \ at ke

H Aus archival. Nachrichten.

%

372 XV. Ueber das Churſaͤchß. Appellationsprivilegium.

hätten, ihm fo fehr. erfchweren wolle; waͤre dies zu Frank⸗ furt voraus zuſehen geweſen, ſein Geſuch haͤtte wohl unterblei⸗ ben ſollen, uͤberzeugt, er wuͤrde die ſaͤchſiſche Appellations⸗ freyheit, gleich ſeinen Vorfahren, auch ohne ein neues Privi⸗ legium gegen muthioilige Appellanten ferner zu erhalten vermoͤgend geweſen feyn. Wirklich machte diefe Erklärung, worin wenigftens nicht die Sprache des Bittenden zu leſen war, ftarfen Eindruck; ſelbſt Doctor Seld mochte es num der Eayferlichen Majeftät für anftändiger halten, das geſuchte Recht zu verleihen, als zuzuſehen, wie es die Suchenden, auch wenn die Bitte wäre"abgefchlagen worden, nichte. deſto

weniger behauptet haben wuͤrden; und ſo ward denn end⸗

lich noch waͤhrend des Augſpurger Reichstags, am 2. May 1559 das Privilegium unter allen Elaufeln, unter welchen es Auguft, verlangt hatte, unbefchränft ertheilt, und den Hers zogen von Sachfen in einem eben ſo weiten Umfange, * dem a gegeben,

(Die Fortfegung folgt.) -

a, A

No, tr.

I, Siegfried Lebrecht Cruſius in Leipzig wird naͤch⸗ ſtens eine deutſche Ueberſezzung der Etudes de la Nature par Mr. de Saint Pierre erſcheinen. Sowohl in Frankreich als ‚in Deutſchland, hat man dies angenehm und unterhaltend ges

ſchriebene Wert mit ungemein vielem Beyfall aufgenommen, das ganz neue Blikke in die Natur enthält und ganz neue Ges fihtspunkte eröfnet, Die um fo richtiger find, weil: der Herr Verfaſſer mit vieljaͤhrigen Forſchungen in der Natur viele Er⸗ fohrungen von feinen meitläuftigen Reiſen verbindet. Die in ber franzöfifchen Originalausgabe befindlichen Kupferblaͤtter ner, den der Weberfezzung gleichfalls bengefügt werden.

No, 2,

Das Publicam hat die in meinem Verlage berausgefoms mene Colle&tion d’Auteurs claffiques frangois mit folden Beifall aufgenommen , daß ich mich genoͤthigt fahe, von dem erſten Bande, welcher die Oeuvres de M. Boileau De. ſpréaux in zween Theilen enthält, eine neue Auflage zu ver anftalten, die zu Michaelis vorigen jahres erſchienen iſt. Dieſe Gelegenheit habe ich benutzt, theils ein nach Moͤg⸗ lichkeit fehlerfteie Ausgabe zu liefern, theils eine zu mehrerer Verſtaͤndlichkeit der Werke des Boileau noͤthige Erklärung hin⸗ zuthun, welche für die Beſitzer der erſtan Ausgabe fowol. alg der jetzt angezeigten neuen, unter dem Titel: Remarques fur les. Oeuvres de Boilean Defpreaux, par Mrs, de Re- ; naudot & de Valincoyr, de J’Acad, frang, für: zwölf Anhang, April, 39, 8 Srofchen

66 F Anden.

Sroſchen zu haben iſt denen ER N Öle Collection

aber für acht Groſchen uͤberlaſſen wird.

Eine wiederholte weitlaͤuftige Anpreiſung dieſes Unter nehmens würde umfo überflüffi iger ſeyn, da das Publikum be: reits durch die erſchlenenen ſechs Wände, welche die Oeuvres de Boileau in zween Thellen, die Oeuvres de J. Racine in ſechs Theilen, und vier Theile von ven Oetyres de Moliere ent⸗ halten, binlanglidy in den Stand gefekst it, mit Renntnif der Sache und aus eigner Ueberzeugung, zu uͤttheilen.

AIch fahre‘ aiſo, in -dem Vertrauen, daß das Publikum mich bei dieſer Unternehmung, wobei ich weder Koſten noch Mühe ſpare, aufs neue thaͤtig unterſtuͤtzen wird, in der Arbeit fort, und werde zur Dftermeffe diefes Jahres den fünften und fehften Theil der Werke’ des Molitre , die ſchon unter det Preſſe fird, liefern.

Auf den Falt, daß die crfte Antuͤndigung der Herausge⸗ ber noch wicht dem ganzen leſenden Publikum zu Geſicht ges fommen fenn ſollte, wiederhole ich bier zum Theil die Ankiıv digung der Herausgeber.

„Wir find entfchloffen, eine hͤchſt wohlfeile und korrekte Ausgabe franzöfifcher Flaffifcher Autoren auf Pränumeras fion herauszugeben, und zweifeln nicht an dem Heifall des

Publikums, da die fi anzoͤſiſchen Ausgaben in Deutſchland in ſo

hohem Preiſe ſind. Wir muͤſſen aber, wenn wir dies Unter .

nehmen ausführen ſollen, durch eine hinlaͤngliche Anzahl Ptaͤ numetanten unterſtuͤtzt werden. Um eines allgemeinen Beiſalls gewiß zu ſeyn, wollen wir nur die hoͤchſt billigen Bedingungen anführen, daß wir unſern Landsleuten dieſe Sammlung franz ſiſcher klaſſiſcher Schriftſteller, eben fo ſchoͤn gedruckt, und mer nigſtens um die Haͤlfte wohlfeiler, liefern wollen, als ſie bishet "Vie Luͤtticher und andere ſchoͤne und niedlich gedruckte franzofir ſche Driginalausgaben,, kaufen konnten. Alle Wierteljahre fol. len ein oder zwei Theile, jeder von 16 bis 18 halben franzoͤſiſchen - Bogen, erſcheinen, in kleinem Format und auf feines Schreib- papier gedruckt. Die bezehlen fuͤr jeden Theil nicht

14

v

Anhang . 6

3

nicht mehr als 8 Groſchen, mithin auf zwei Theile, welche eis . nen. Baud der ganzen Colle&tion ausmachen, 16 Groſchen,

voraus. Der nachherige Ladenpreiß iſt ı2 Groſchen, oder

mehr. Die poetifchen Werke des Boileau, aus zween Theilen . beftehend, Molicre, Racine, Corneille, Montefquieu, und

Theile eines Werkes praͤnumerirt, bei Ablieferung der vorher _ ‚gehenden auch, auf die folgenden woraus zu: bezahlen gehalten

/

andere mehr, werden ihnen folgen. Man wird "vorzüglich dies senigen wählen, welche auch beim Untertichte der Jugend ges

"braucht werden Eonnen.“ Die beften Originalausgaben werden

jederzeit zum Grunde gelegt, und jedes Autors Werke mit ſei⸗

nem nach franzöfifchen Originalen‘ von einem guten in |

Kupfer geftochenen Bildniffe aezlert.

Es iſt zwar Fein Abonnent genoͤthigt, die ganze Sonn fung zu nehmen; aber als eine Bedingung muͤſſen wir voraus ‚bekannt machen, daß jeder Pränumerant, der auf die erſten

fey, bis das Werk eines Schriftftellers geendigt iſt.

}

Die Nahmen der Pränumeranten werden jedem erſten

Bande vorgedruckt. Man pränumerirt in Friedrich Mau⸗

rers Buchhandlung allhier, oder auf dem Koͤnigl. Hofpoſt⸗ ; amte. Auswärtige Liebhaber. belieben ſich an die Poftämter | ihres Ortes. zu wenden. Wer ſonſt die Güte hat, Pränume

vanten zu fammeln , erhält bei zehn das eilfte, Bei funfzehn

Zwei, und bei zwanzig drei Frelexemplare. Briefe und Gelder erbittet man fi poſtfrei.“ |

Die Herausgebers -

Weer bis jetzt noch nicht praͤnumerirt hat, von jetzt an aber eintreten will, und auf den zten Band der Collection, oder den sten und 6ten Theil des Moliere 16 Gr. vorausbes

zahle, erhält auch die ſchon herausgekommenen Theile noch um

den Pränumerationspreig, die aufferdem um ein Drictheil theus ret Dep Verlin, den ſten a 1789. a en Man Ä

** * G 2 | No. 30

6 - | Anhang. * No. 3 | Nicfttommende Leipziger Oſtermeſſe werde id) eine von

mehrern. Gelehrten laͤugſt gervünfthte Ueberfezzung der im Jahr 1736 87 zu Paris in s Dctavbänden herausgefommenen

Hiftoire d’Elifabeth , Reine d’Anglettere &c. Par Mademoifelle de Keralio, unter dem Titel:

‚Gefchichte der Königin Eliſabeth von England, aus bisher nod) unbefannten englifchen Hriginalfchrif- | ‚ten, Akten, Urkunden, Briefen und Manuferipe ten. Von Demoifelle von Keralio; mit dem Portrait der Königin Elifaberh , liefern.

Der Jahalt und Werth diefes vortreflihen Werkes, iſt

49

aus der allyemeinen Litteraturzeitung 1788 März No. 65 b) und

No. 270fowol ale auch aus andern Nezenfionen ſchon zu bekannt, um hier noch einer Erwähnung zu bedürfen. Der Ueberfeger bat hin und wieder einige Abfürzungen zu machen für gut bes funden, die diefer Geſchichte einen noch groͤßern Werth neben, ‘und ich werde auf die Äußere Schönheit beim Druck eben fo viele Sorgfalt wenden, als er auf den innern Gehalt der Lies berfeßung zu wenden befließen gewefen ff, Der erfte Band iſſt bereits unter der Preffe und die übrigen follen aufs

nachfolgen. Berlin, am 20. > Jänner 1789.

Friedrich ——

No. 4. Da es jemand aus der ehtloſen Zunft der Nachdrucker gefallen hat, die in meinem Verlage erſchlenene

Schilderung Friedrichs des Großen nad) den intereffanteften und glaubwürdigften Anekdoten feines öffentlichen und Pl vatlebens entworfen von S. F. Bourdais g.

nachzudrucken, und diefen feinen Raub im 26, Stuͤck ber neuen

Hamburger Zeitung, das Eremplar zur Mark ı2 Sch, öffent» lid)

| ‚u augbietet‘, fo habe ih um dem Dieb die ihm gebuͤhrende

Begegnung nicht zu entziehen, dem Publico hiermit anzeigen wollen, daß erwaͤhnte Schrift von nun an in allen Buchhand⸗

lungen, flatt zu den ſonſtigen Preiß von is gr. für 12 gr. zu haben ſeyn werde. Ich hoffe, daß die Liebhaber dieſes an ſich wirklich vorzuͤglichen Werks, ſich die Originaläurgabe, welche vor dem ſchmutzigen Nachdruck namhafte Vorzuͤge hat, an⸗ ſchaffen werden, un ſo mehr da ihnen ſelbige nun noch wohl⸗ er als jene angebothen wird. Berlin, im April 1789.

dr. de fa Garde, . Buchhändler" in Berlin,

!

yage du jqune Anacharfis en Grece dans le milieu du quatrieme Siecle avant PEre vulgaire, par Mr. ’Abbe

' Barthetemy 7 Vol. gr, 8 avec grand nombre de Car-

tes, Plaus, Vues.& medailles.&c, wird der. erſte Band, der von uns ſchon laͤngſt verſprochenen und. mit Churfürftl,

Von dem b eben. in Paris erfchieneten Buche : Vo-

an S; r, “, \ *— 9 48, ? »An hange

Saͤchſiſchen Privilegio verſehenen deutſchen Ueberſetzung ꝓnebſt

den dazu gehörigen Karten und Kupfern in. Fünftiger Oſter⸗ meſſe gewiß erſcheinen, welchem die uͤbrigen Baͤnde bald nach⸗ folgen ſollen. Ein hieſiger ruͤhmlich bekannter Gelehrter iſt der Ueberſetzer dieſes vortreflichen Werks, eines der gelehrteſten Maͤnner Frankreichs, welches in Originale mit der ihm wuͤr⸗

digen typographiſchen Schoͤnheit gedruckt worden und worauf

bey der Ueberſetzung von den Verlegern vorzuͤglich Ruͤckſicht ge⸗ nommen werden wird⸗ $agarde und Friedrich.

laſſen: Souvenirs d’un Citoyen (par Mr. Formey) le moment gu j'eris, oft dejaloin du vici. 2 Vol; 8.1789.

Diefes

In eben Siefe Handlung hat vor kutzem die Preſſe dei 4

za ar : An b and,‘

Diefes Merk, welches interefjante Auffäge, Briefe, Anke.

doten Charakterzüge ꝛc. von Friedrich dein Großen, vielen etz

fonen der Königlichen Familie und von großen meiftens franzde fifchen Gelehrten, , die feit mehr als sb in der ‚gelehrten. Welt gebluͤhet haben, enthaͤlt, kann dem Publico nicht anders als willkommen ſeyn. Man findet hierinnen außer den noch uns bekannten, Derichtigungen ſchon bekannten Anekdoten, welche um fo zuverlaͤſſiger find, da der Here Verfaſſer alle, in diefem Merk benannte Perfonen perfonlich gekannt, und nichts aufs genommen hat, was einen Zweifel an der Zuverläffigfeit uns terworfen ſeyn Eonnte, Das Werk ift auf Schreibpapier ge⸗ druckt md mit "einem Tirelfupfer nach der Zeichnung. des ge⸗ ſchickten Herrn Barbiez gezlert, und ‚Spa in allen Buch .

handlungen ı thlr, 20 gr.

No. 5. _ x

*

| Verzeichniß ber Verlagsbuͤcher, welche in der Univerſi⸗

„tärsbuhhandlung in Mainz zu haben find

Brauburger., Andr,, de fo-mula reformationis ecelef,

ab Imp. Carolo V. A, 1548 ftatibus ecclef. oblata

- &te..commentatio juris'ecclef. 3. ggr.

Dorſch. A, J. Wie fol man Philofophie auf Akademien ſtudiren, gr. 8. 2 gr.

Hocks., J. Ir Abhandlung von Verſteinungen, Befchreis bungen, Verzeihnungen und Beziehungen der Gränzen zum

Gebrauch eines Beumten und Seometers nad angewands ten rechel, und mathem. Grundfäzzen, 8.. 5 gr.

KHofmanns. , C. L., DBeftättigung der Nothwendigkeit, einem jeden Kranken in einem Hoſpitale fein eigenes Zimmer zu geben, gr. 8. 10 gr.

Nau., B. S., Anleitung zur deutſchen Landwitthſchaft,

gt. 8. 20 gr.

| —— zur Bernunfenifenfgaft ıfker Sant, 91.8. 20 ge,

Unter

pr

| 2 } | / } Anh angg RE ı

Unter der, Preffe iſt:

* M A, Verſuch eines Sufektenfalenders fie Sammler und Oekonomen, ı Th. gr. &

Briefe über Stalien, von Hrn. du Paty, ans bem Eranzöfi ſchen überfegt, . von Hrn. Georg Forſter, 8 Huſſeys. Gaeret., Unterfuchung über die Urfache und Selle art der. Sieben, aus: dem Englifhen, gr. 8. \ Koͤhlers., P. G. Auleitung zur praktiſchen Bildung tanfu⸗ ger in dem Mainzer hohen Erzſtifte anzuſtellenden Seelſor .. ut, 9. : Möitere., I. ©, Oalendbatelhe⸗ m Leſet aus Staͤnden, gr. 8.

No. 6. Ankuͤndigung. Von den Lettres ſur l'Italie en 17854 welche den verſtorbenen Parlementspraͤſidenten Dupaty zum Verfaſſer has ben, kommt in dem Verlag der Endesunterſchtiebenen Buch⸗ ‚handlung eing Ueberſezzung heraus. . Der allgemeine Beyfall, womit dieſe meiſterhaft geſchriebenen Briefe, in Frankreich aufs genommen wurden, das warme Gefuͤhl fuͤr die Schoͤnheiten der Natur und Kunſt, welches ſie auf eine, dem Verfaſſer ei⸗ genthuͤmliche Art athmen, die Gabe der lebendigen Darſtel⸗ lung, worinn er Meiſter iſt, alles berechtiget uns, zu hoffen, daß die Ueberſezzung, welche Herr Hofrath und Oberbibliothe— kar Forſter in Mainz uͤbernommen hat, dem deutſchen Publi⸗ kum eine willkommene und angenehme Unterhaltung benaten “id, Main, im Jänner 1789. N,

Uniofetebuhanung,

Nor 7 en Anpang

N 0, 70 Von der, vor einigen Monaten in Vlat⸗ tern, angekündigten Kronik der vornehmſten Weltbe⸗ gebenheiten, mit erklaͤrenden Anmerkungen, hat die erſte Numer die Preſſe verlaſſen, und iſt auf allen Poſtaͤmtern und in allen bekannten Buchhandlungen, auch ſonſtigen Expedi⸗

tionen, die ſich mit dergleichen beſchaͤftigen, zu haben.

*

Als Einleitung der Geſchichte des laufenden Jahres geht voran z u.) Freimuͤthige Blicke auf die politifche Lage zu Anfang des

Sahres 89, und dann folgen 2.) politifche Ereigniffe: Türe

kentrieg, nordiſcher Krieg und- das Neueſte aus Oeſtreich,

Preußen, Deutfchland, Polen, Frankreich, England, Holland, Spanien, Genf. Alles iſt zufammenhängende Erzählung, und überall find die Verfaſſer durch Anmerkungen dem richtigen Verftändniffe zu Huͤlfe gekommen, wodurch ſich unffreitig diefe Kronik von allen andern politifhen Blättern unterfcheidet, und dadurch unterhaltender und lehrreicher wird, da fie von man⸗ hen Verhältniffen und Sachen bey dem ungelehrten Lefer und bey der jugend richtigere Begriffe veranlaßt, die fonft dunkel

oder unverftändlich bleiben. Sechs Numern machen befannt«

fich einen Band, und auf jeden Band wird mit 18 Ggr. Saͤchß. pränumerket. Zu jedem Bande foll ein Hauptregifter kom⸗ men, damit diefes Werk auch als Geſchichtsbuch einen blei⸗

benden en behält,

"> u. |

55 ee «No: L.. u $ ragmen e eines Briefes an einen deutfchen Schrifiſtelle J über | Schillers Götter Griechenlands.

um Hm Wahrheitfuchenden gefäte die frey⸗ muͤthige Aeufferung Ihres misbilligenden Urtheils über Schil⸗ Vers neues Gedicht; denn jeder hat das Recht, feine Mey⸗ nung nicht nur fuͤr ſich zu hegen, ſondern auch frey zu be⸗ kennen und mit Gründen zu rechtfertigen. Wir ſuchen Die Mahrheit jeder mit eigenem Gefühl, jeder mit Geifiegfräfs zen, die für ihn unfehlbar find und ſeyn müffen. Giebe es aljo eine allgemeine, von alien anzuerfennende Wahrheit, ſo führe kein anderer Weg zu ihr als dieſer, daß jeder fage und vertheidige, was ihn Wahrheit duͤnkt. Aus der freyen Aeuffes sung aller verfchiedenen Nieynungen, und ihrer eben fo freyen Prüfung muß endlich, infomweit dieſes eingefchränfte, kurze | ſichtige Gefchlecht überhaupt zu einer ſolchen Erkenntnis ges fhite ift, die lautere Wahrheit als ein jedem Sinne faßliches und willtommnes, jeden Sinn erfuͤllendes Reſultat hervor⸗ gehen, freywillig von allen angenommen werden, und dann im Frieden allein uͤber uns herrſchen.

N. Lite. u. Volkerk. V. 1. B. Cc Der

37%, 1. Fragment eines Briefes

Der Zeitpunkt dieſer allgemeinen Uebereinſtimmung if noch nicht gekommen. Die Syſteme von Gefuͤhlen und Schluͤſſen, worin jeder lebt und webt, und die allein ver⸗ moͤgend ſind, ſein Weſen mit Genuß zu erquicken, wider⸗ ſprechen einander oft in allen weſentlichen Punkten; und den⸗ noch ſucht ein jeder die Ueberzeugung die ihn gluͤcklich macht, auch andern mit Begeiſterung anzupreifen, um auch fie an feis nen Greuden Theilnehmen zu laffen. In diefem Triebe unferes Herzens, fich alles zu verähnlichen und Das Verſchiedene gleich⸗ artig zu machen, fehen wir auch bis dahin nichts firafliches, fondern vielmehr etwas edles, menfchenfreundliches ,. gutes; und gäbe es ein Land, wo die Gefege jedem Bürger in Be- ziehung auf diefen Trieb völlig gleiche Rechte zugeſtuͤnden, fo würde dort vielleicht die Wahrheit am erften allen und jeden feuchten, und ihr meifes, Tliebewolles Reich beginnen: gewiß aber blühete dort das allgemeine Wohl, die Menfchenliebe und die Achtung für den Adel unferer Natur. Liegt gleich ein fol- cher Staat bis jegt noch im Reiche der Möglichkeiten, fo bes lohnt fich doch ſchon Die Annäherung zu feinem Regierungsſy⸗ ſtem durch heilfame Wirfungen. Es darf fogar eine gewiſſe Form der Glücfeligkeit den übrigen vorgezogen, und Des nen, die fich dazu befennen, ein Vorrecht über ihre Mitbuͤr— ger eingeräumt werden: fo wird dennoch, fo.lange hur pers föhnliche Freyheit und Eigenthum dadurch unangefochten bleis ben, fo lange Wahl, Befenntnis und Prüfung frey geſtattet werden, der Geift der Vaterlandsliebe (wiewohl in etwas ges ſchwaͤcht,) die Gemuͤther einigen, die in ihren Gefuͤhlen und Begriffen hundertfaͤltig von einander verſchieden ſind. Der unrechtmaͤßige Vorzug, den eine Meynung vor den andern er⸗

haͤlt⸗

über Schillers Götter, Griechenlands, 375

Hält, vie Wiigerechtigfeit, gleichen Bürgernigleiche Rechte vor. zuenthalten, ; weil ihr Gefühl und. ifre Vernunft; in Sachen jenſeits ihres. gefelfchaftlichen Verhaͤltnißes, nicht übereinffimmen, Diefe Sünde wider die Menfchheir ‚entgeht

indeſſen ihree Strafe nicht, denn von. einer fo fehlerhaften

Grundverfaflung erwarten zu fönnen, Daß fie Die Wahrheit. am Ziel erreichen werde, bleibst DaB: ‚alten Eehe des Dentens ein Widerſpruch.

Insgemein überfchreitet n man aber auch. nn außerſte

Graͤnze. Die gutmüthige Abſicht, für die Gfückfeligfeit ans.

derer forgen zu wollen, oder die hinterliftige Herrfchfucht, die ſich diefer Larve bedient, äußert ſich nur gar zu oft in Zwang⸗ mitteln, um jene beguͤnſtigte Form zur einzigen zu erheben, alle andere neben ihr zu vernichten, und ſie, die einzige, ewig unveraͤndert zu erhalten. Dieſe Anmaſſungen beruhen

gleichwol auf der ganz irrigen Vorausſetzung, daß die Geſetz⸗ gebung eines Staats deſſen Gluͤckſeligkeit und Moralitaͤt bewir⸗

ken koͤnne; da doch nichts mit ſiegreicheren Gruͤnden erwieſen

ward, als daß Selbſtbeſtimmung, oder mit andern Were ten, moralifche Freyheit, die einzigmögliche Quelle der menſch⸗

lichen Tugend ift, und alle Funktionen der Gefege, fo wie fie aus diefer Freyheit gefioffen find ,; fich auch einzig und allein suf ihre Befchirmung einfchränfen müflen. „Derjenige 3 Imwang“,

ſagt ein vortreflicher Denker, „ohne welchen die Geſelſchaft „nicht beſtehen kann, hat nicht, was den Menſchen gut, „ſondern was ihn boͤſe macht, zum Gegenſtande; keinen po⸗ „ſitiven, ſondern einen negativen Zweck. Tiefer kann durch

„eine aͤußerliche Form erhalten und geſichert werden; und alles „Poſitive, Tugend und Glüdfeligfeit, entſpringen dann

Ca a aus

76 1. Fragment eines Briefes

„aus ihrer. eigenen Quelle. Menfchlicher Eigenduͤnkel, ‚mit der Gewalt verfnüpft, audere nach ſich zu zivin- Igen, es ſey nun, daß er ſich in Auslegung und Handha⸗ „bung natürlicher oder offenbarter Geſetze an den Tag lege, „kann überall nur böfes ftiften, und har es von Anbeginn ger flifter. Eben diefer tiefſinnige Philofoph bemerkt daher , daß jene Zeiten, mo die Hierarchifche Form die herrſende, beynah die einzige der Menſchheit war, und alle uͤbrigen ver⸗ ſchlang , an Graͤueln, und an Dauer dieſer Graͤuel, alle an⸗ dere Zeiten uͤbertrafen. „Wenn aber, * fo faͤhrt er fort, „diefe gräsliche Epoche meift vorüber iſt; wen haben wir es: zu verdanfen? Etwa irgend einer neuen Form, irgend einer „gewaltthätigen Anſtalt? Keinesweges. Zu verdanfen ha⸗ „ben wir eg jener unfichtbaren Kraft allein, melche uͤberall, „two Gutes in der Welt gefchah, und Boͤſes ihm die Stelle „räumen mußte, wenn nicht an der Spitze, wenigflens im „Hinterhalte war, dem niemals ruhenden Beſtreben „der Vernunft, So unvolltommen die Vernunft ſich auch „im Menfchen zeigt, fo iſt fie doch das _befte was er har, das „Einzige was ihm wahrhaft hilfe und frommet. Was er aufs „fer ihrem Lichte fehen fol, wird er nie erblicken; was er un. „ternehmen fol, von ihrem Math entferne, das wird ihm nie „gelingen. Kann wohl jemand weiſe werden anderswo als im „Verftande? im Verſtande, den er felber hat? Kann „er glücklich werden außer feinem eigenen Herzen? * Sn der hat, fo wenig wie ein Menfch dem andern den Auftrag geben Tann, ftatt feiner zu empfinden und zu denfen, fo wenig fann der Bürger die gefengebende Macht bevollmaͤchtigt Haben, ihm glücklich zu machen, wozu er eigener Gefühle und Einfichten | bedarf:

über. Schillers Götter Griechenlands, 377

bedarf. Dieſe Vollmacht aber von der Borausfegung abzulei- ten, daß Glüdfeligfeit und Tugend nur mit den. ſpekulativen Meynungen des Geſetzgebers beſtehen, wäre nun gar der aus genſcheinlichſte Zirkelſchluß. Gaͤbe es ein Symbol, welches allen wahr, allen alles ſeyn koͤnnte, ſo wiſſen wir doch mit apodiktiſcher Gewisheit, daß jedes Symbol, welches mit Gewalt aufgedrungen werden muß, dieſes aͤchte nicht ſeyn kann. Zwang iſt hier das Kennzeichen des Betrugs. Kennen wir gleich, wie Leſſing ſagt, bey weitem nicht das Gute, ſo traͤgt wenigſtens das Schlimme ſein —— mal an der Stirne.

Wer demnach die moralifche Freyheit Eränfe, und Mey⸗

\ mungen nachdruͤcklicher als mie Gründen verſicht, fen er Kö- ‚nig und Priefter, oder Bettler und Laye, er iſt ein Störde der Öffentlichen Rufe. Ein Sag, an welchem auch wur ein einziger noch zweifelt, iſt wenigſtens für dieſen ſeinen noch ‚nicht ausgemacht, betraͤfe es auch das Daſeyn einer erſten Urfach oder die ewige Fortdauer unferer Eriftenz. . Giebt es etwa ein Mittel, jemanden feine Ueberzengliiig zu nehmen‘, ihm eine andere einzuimpfen, wenn die Vernunft der. andern ihm immer: nicht unfehlbar , oder wohl gar intonfequent zis feyn fcheinee ?: Man wird ihn: von Aemtern und Würden aus⸗ ſchließen, ihn verbannen darben laſſen, vieleicht martern and erwuͤrgen; nur überzeugen kann man ihm durch Diefes als les nicht. Es ift daher unmöglich, auch nur einen ſpeku⸗ Sativen Sag zu geftatten , deffen Annahme Blindlings und un⸗ bedingt gefordert werden koͤnnte, ohne zugleich Die Mechte der Menfchheit bis- in ihre Grundfeften zw erſchuͤttern, und alle Graͤuel der Gewiſſensſklaverey wieder über uns zurückzufuͤh⸗ Cc 3 ren.

/

378 —1. Fragment eines’ Briefeg y

ren. Wenn nicht alles, was diefem oder jenem für wahr gelten mag, Wahr ſeyn fol, fo iſt die Wahrheit alfo noch nicht gefunden. Jeder hat fein Roos in diefer großen Lotte⸗ rie, und jedem bleibt e8 unbenommen, mit fefler Ueberzeu⸗ gung fich des höchften Gewinnes im Voraus verficherf zu hak⸗

ron. Kann er diefe Hofnung, die ihm begluͤckt, in feinen Herzen nicht verſchließen, ſo mag er’ es verſuchen, die ande⸗ ren zur Wegmwerfung ihrer Looſe zu bereden, ſich aber zugfeich

mit Geduld wafnen, wenn mancher, ben voͤllig gleichen An⸗ Sprüchen, feine @infalt belächelt. Gent er Hingegen’ jeden, der ihm in den Weg kommt, das Piftol duf die Bruſt, und ertrotzt Das Bekenntnis, daß nur dieſe Nummer die gluͤckli⸗ che ſey, wen empoͤrte nicht dieſes EN - Menſchheit?

Jetzt kehre ich von einer Abſchweifung ſowohl J unſere Materie, als wegen einiger neueren Attentate gegen die Denk⸗ und Gewiſſensfreyheit wichtig iſt, zu Ihnen zuruͤck. Noch einmal, im Namen aller, die mie ung die Freymuͤthig⸗

» Feit lieben, Hiben Sie Dank, daß Sie es waäten, ein all ‚gemein bewundertes Gedicht zu tadeln, weil es Ihrer Ueber- Zeugung ‚und Ihren Grundfägen widerſpricht. Ohne Ihren befonderen Meynungen beyzupflichten, dürfte mancher fich in einem -- ähnlichen: Falle befinden; allein wer hätte gleich den Muth, über einen Dichter, der Apollons immer fraffen Bo- gen führe, öffentlich und keck den Kopf zu ſchuͤtteln? Doch Sie, mit Lorbeer auch umfränze, treten hervor, den goldenen Geſchoſſen Hohn zu bieten. Nun wird fich leicht ein ganzes Heer zu ihrer Fahne ſammlen, und. den griechifchen Göttern

tapfere Gegenmehr leiſten. Wie reijend in, der Phantafie J die

über Schillers Götter Griechenlands, 379

‚Die Regierung jener „fchönen Weſen aus dem Fabelland een, ſcheinen mag, ſo paſſen ſie doch, denke ich ſelbſt, nicht in unſere Zeiten, und hoͤchſtens kann man ihnen noch in unſeren Parks und Pallaͤſten, wo ſie zieren und nicht nn Nifchen und Fußgeſtelle vergönnen. - "

Es wäre uͤberfluͤſſg, Sie an die erſte Feldherrnregel zu erinnern: Ihren Gegner nicht fuͤt ſchwaͤcher zu haften als er

iſt. Sie kennen nicht nur Die Macht ver Dichtkunſt aͤber die Gemuͤther) ſondern auch den unnachahmlichen Zauber, den insbeſondere dieſer Goͤtterfreund feinen hohen Geſaͤngen einhau⸗ chen kann. Alles hoͤrt ihn mit Entzuͤcken; allen um ſich her theilt er die Glut der Begeiſterung mit; dergeſtalt, daß Sie im Ernſt zu beſorgen ſcheinen, man werde ſeinen Goͤttern wie⸗ der Altaͤre bauen, und jede andere Sekte muͤſſe unterliegen, die in der Wahl ihrer Empfehlungsmittel minder gluͤcklich iſt. Zwar mit gewafneter Hand wird er fie nicht einfetzen wollen; und daß Sie ihm nicht wehren können, von ihrer Rechtmã⸗ Figfeis überzeugt zu ſeyn, verſteht ſich vor felbſt. Auch iſt fein: Recht, die Gruͤnde ſeiner Ueberzeugung an den Tag zu legen, dem ihn mit zu beſtreiten/ voͤllig gleich.

Iſt Eger gegründet, iſt der Vaſeſe im Herzen ein Heide, der nur Gelegenheit fuhr, den ganzen Oihmp wie⸗ der in Beſitz ſeiner ehemaligen Wuͤrden zu ſetzen, und fuͤhlen Sie ſich berufen, Ihre Mitbuͤrger dawider zu. warnen; ſo muß Ihnen alles daran liegen, Ihren Gruͤnden das Vollgewicht zu verſchaffen, welches freywillige Ueberzeugung nach ſich zieht. An ihres Gegners Gedicht und an ſeiner Methode uͤber⸗

daupt Sie die unhaltbare Seite erſpaͤhen, nnd dort mit ES Cc 4 unwt ·

380, I Fragment eines Briefes

unwiderſtehlicher Macht auf ihn eindringen. . Ein Faltblüriger Zuſchauer ficht.indes oft befler, als die in Fehde begriffenenPar- teen felbft, welche Wendung der Streit zu nehmen fcheint ; und wenn er aus freuherziger Meynung einen Wint ertheilt,, gg. Welcher Anleitung geben faun, eine unvortheilhafte Pofition * zu veraͤndern, bey dem glaubt er um ſo mehr auf Gehoͤr rech⸗ nen zu duͤrfen, als er ſich dadurch gewiſſermaßen auf ſeine Seite zu lenken ſcheint. Schon der erſte Ausfall, gegen die Moralitaͤt der grie⸗ chiſchen Goͤtter, ſo arg es auch damit gemeynt war, mußte Ah⸗ nen gaͤnzlich mislingen. Wir wollen einſtweilen annehmen, daß ihre Beſchuldigungen gegruͤndet ſind, ſo beweiſen ſie zuviel, und folglich gar nichts. Wie konnte eg Ihnen entgehen , daß in allen möglichen Syſtemen, die Pegriffe, aus: welchen mare die Gottheit conſtruirt, vom Menfchen abgezogen find ;: mit⸗ bin, dag überall die anthropomorphiftifche Vorfellung der Gottheit, durch Raum und. Zeit begränzt, feine andere Defis nition giebt, als diefe, eines nach.Umftänden und mit Leiden» (haft handelnden Weſens? Die Rachfucht, der Haß, ja die Liebe ſelbſt, find es nicht Leidenfchaften, ſobald wir uns: et» was dabey denfen? Uebrigens wiflen Sie ja, daß wo man im⸗ mier den Unbegreiflichen begreiflich zu machen geſucht, man ihm die Menſchheit beygelegt hat. , Vielleicht verleitete Sie der Gedanke „daß die Moralicäg der Bölfer von der Moralitaͤt ihrer Götter abhängt. Allein Davon giengen wir aus, meyne ich, dag fein Symbol, fein Glaubensſyſtem eine ſolche Beziehung haben kann. Noch heu⸗ tiges Tages giebt es große Staaten, deren Religionsſyſtem Ver⸗ brechen um Geld verzeiht, oft gutheißt, ja ſogar zuweilen ge⸗ bietet.

| über Sällers Goͤtter Gtiechenlande. aBr |

bietet. Wird aber wohl billigerweiſe jemand. behaupten , deß | dieſe Staaten vor allen andern in Bafter verfunfen ſind? So wenig hängt die Moralität der Menfchen von ihrem: Wähnen über Dinge ab, die jenfeits.ihrer Erfahrung und Erfenntnis fiegen! Man fchüte Die ;perfönliche Freypeit und das Eigen» thum, fo wird die Tugend ans der innern Energie ‘der menſch⸗ lichen Natur hervorgehen, die Menfchen werden vom äuferli- chen unabhängiger‘, ‚das it moralifch frey werden, der Ver⸗ nunfe zu gehorcheg, -und ihrem eigenen, wie aller Vortheil nachzuſtreben. Nerinen Sie daher die griechifche. Fabel fo aus. fchweifend, wie Sie wollen, fo beweifen Sie damit. nimmermehr, daß es in Griechenland an Flaren Begriffen von Tugend und Verbrechen fehlte, oder daß das Laſter dort ungeftraft mit fre- her Stirne einhergieng. . Eine menfchliche Gefellfchaft mit fol- hen Grundfägen fönnte feinen Augenblick beftehen ; wie die Tadmeifche, aus Schlangenzähnen. entfproffene Brut , würde, fie fich ſelbſt aufzehren. Die Griechen hingegen, giengen in manchen Fällen weiter als wir, und indes unfere Gerechtigfeie nur das Schwerd ausreckt, hielt die: ihrige mit der andern Handauc den lohnenden Kranz. Die Entſcheidung der Frage, ob die Welt jegt tugendhafter als vor dieſem iſt, beruht übrigens auf einer allzufubtilen Berechnung, wozu die meiften Date ung fehlen. Weit entfernt, den Zweck der griechifchen Fa⸗ bei für unmoralifch zu halten, finge Schiller vielmehr: Sanfter war, da Hymen es noch fuüpfte, heiliger der Herzen ew'ges Band. Wie gegründer diefe Aeußerung feyn moͤge, gehört niche hie ber; fie fol Hier nur darthun, daß der Dichter von einem wachtheiligen Einfluß feiner Goͤtterlehre auf menfchliche Hand. ec 5

ya ¶geragment eines Vticfe lungen ſich nichts traͤumen ließ; und mir kur Anlaß geben zu erinnern, daß Sie im war * erwieſen

Eine ahnliche Bewandnis hat es mit Aea Beſchul⸗ digung, das Gedicht Ihres Gegners verletzte die Wahrheit. Bey: allen Grazien! dies iſt ſeine unuͤberwindliche Seite. Welch ein eigener Unſtern mußte Sie regieren, ihn gerade von teiner andern anzugreifen? Nur das Zeugniß der Wahr⸗ beit felbft kann Ihre Anklage erhärten. Getrauen: Sie Sich, dieſe jungfräuliche Zeugin, Die‘, noch niemand erkannt Hat ;:vor Gericht zu ftellen? ch muß beforgen, Sie unter ‚nehmen das Unmoͤgliche. Unſer Philofoph ſagt ſogar: „ich begreife nicht einmal den Stolz, der ſich Wahrheit zu ver- „walten unterſteht. Das iſt Gottes Sache. Alſo laßt uns „ehrlich nur bekennen, was wir ehrlich glauben. Er wird „ſchon zuſehen!“ - Gleichwal fcheinen Sie Ihrer Sache ziem- ich gewiß, und: wenn: ich.:recht verffehe, geben Eie nicht ‚amdeutlich zu. rathen, daß die Wahrheit insgekeim mit Ihnen „Des vertrauteſten Umgangs pflegt. : Gluͤckſeliger, und "muß ich hinzufügen? ; indisfreter Sterblicher!) Doch. was fehe ih? Sie guter Mann laſſen ſich taͤuſchen, wie ein an derer Ixion. Ihre Heberzeugung nennen Eie alſo Wahr⸗ heit? Inden nämlichen Augenblick, wenn Sie Damit int Ger richtsfaal auftreten, werden ganze, Schaaren ähnlicher Wols Fengeftalten erfcheinen, Amfonft rufen. Sie, bie Ihrige fey allein die ächte: Hundert andere Stimmen erklaͤren ſich lauf, «ine. jede für "eine verſchiedene vermeyntliche Wahrbeit. Sie jene anderen alle EN So wuͤnſcht man Ihnen

J

Bun 5 über Schillers Götter Griechenlands. 383

Ihnen Glůck zum großen Looſe und jeder lacht oder ziſcht nachdem Sie ihm Milz oder Galle erregen.

Der Eifer um die vermeyntliche gute Sache kann vom Ziele Führen’; der Zorn aber: ift ungkrecht er beleidigt und empoͤrt Wird Man Sie wohl von dieſem Affeke ganz Frey ſprechen koͤnnen? Statt der Gruͤnde, ſind Ihnen Ausdrücke entfahten, welche man nur denen, die den Kuͤrzern gezogen Haben, gleichſam zur Entſchaͤdigung, zu'vörzeihen pflegt. Sit Hatten in der That alle Faſſung verloren. "Sie fuchten ein Schimpfwort! und fanden feines‘ wegwerfend und ver⸗ auͤchtlich genug. Spaͤterhin, gab Ihr Gedächtnis doch noch eines her z und wie der Blitz! flog dem Dichter: ver Natu⸗ raliſt nach dem an E⸗ giebt ee: ge ,

tigenen *58 aeg nennt)’ Allein mich duͤnkk, ich füge Ihnen etwas allbefanntes, wenn ich hinzufege, daß die Vielgoͤtterey und der Maruralismus ganz gerrennte Dinge. find. Uebrigens iſt es eine verungluͤckte Erfindung um diefe Kunſt, die Leute mit ihren eigenen Namen zu ſchim⸗ Hrn. Im Vertrauen! wiederholen Sie nie dieſen Ver⸗ ſuch. Ich erſparte Ihnen und min gern das unangenehme ‚Gefühl, welches Sie uns doch ſelbſt bereitet Hätten, falls Ihr Gegner den Stein, ver ihn verfehlte, auf Sie zuruck⸗ ſchleudern, und in ven einzigen Ausruf: Chriſt! fiüch ". uUnwillen zuſammenpreſſen follte

Was die Menſchen für Tugend haften, iſt gewoͤhn⸗ 8 deſſen Ausübung ihnen am ſchwerſten fäilr. Daher mag es wohl kommen, daß Duden, Demuth und Saffung da ſo aͤuherſt ſelten angetroffen werdet, mo nian fie u für

384 1. Bragment eines Brieffte

fuͤr verdienſtlich Hält, ihnen eine befondere Wichtigfeit Bey» legt, und fie als mefentliche Hauptſtuͤcke der Gittenfehre empfiehlt. . Wo hingegen eine richtige Schägung der Dinge von ſelbſt zu einer gewiſſen Billigkeit im Denken und Hau⸗ deln führt, dort werden dieſe fogenannten Tugenden zwar ausgeübt, jedoch. ohne alle Zurechnung und. Anmaßung. Bon Ihnen, zu welcher Klafle Sie auch gezählt ſeyn wollen, erwartet man aber ‚diefe Eigenfchaften,. es fey als Zolgen Ihrer Glaubensregeln: oder Ihrer Lebensphiloſophie. Denn wer, wie Sie, in die Schranken tritt, um ſeine Ueberzeu⸗ gung geltend. zu. machen, muß weit entfernt ; beleidigen zu wollen, vielmehr gefaßt ſeyn, Beleidigungen, die nicht zur Sache gehören, mit Gelaffenheit zu ertragen; er ‚darf ſich Feine Nechte anmaßen, die er nicht auch jedem Andersgefinn- sen einzuräumen gefonnen iſt, und er ifE der Gottheit oder dem Schickſal dieſes Bekenntnis als ein Opfer der Demurh fchuldigz Daß wo feine Gründe feinen Eingang finden, feine’ Ueberzeu⸗ gung aufhöre Wahrheit zu feyn. - Sie haben bisher, dieſer Verhaltungsregeln uneingedenk, einen Ton angenommen, der Ihren Gegner bexechtigen koͤnnte, Ihnen vielleicht mit Em⸗ pfindlichfeit zu antworten. Das, worauf ich Sie jetzt auf⸗ merkfam machen werde, leidet kaum Entfchuldigung. Einem Menſchen, welcher uͤber ſpekulative Gegenſtaͤnde anders denkt, als Sie, duͤrfen Sie oͤffentlich nachreden: er laͤſtre Gott? Es

iſt wahr, genau unterſucht, hat dieſer Ausdruck keinen beſtimm⸗

ten Sinn; allein die Emphaſe, womit Sie ihn niederſchrie⸗ ben, zeugt offenbar, daß Sie keinen leeren Schall zu ſagen

vermeynten und wiſſen Sie nicht, welch eine Bedeutung die

Bospeit ihm unterſchiebt, um die Dummheit zu ihren Endzwe⸗ | den

über Schillers Goͤtter Griechenlands, 385 cken anzuſpornen? Sie bekennen ſich zu einer Partey, Deren Meynungen die herrfchenden find, ohnerachtet Meynungen nie herrſchen ſollten. Deſto ſorgfaͤltiger muͤſſen Sie aber den erniedtigenden Verdacht vermeiden, als wollten Sie mir ver überlegenen Macht Ihres Haufens drein fchlagen, und wo es Vernunftgründe gilt, die Keule der Unfehlbarfeic ſchwingen. Sie find Manns genug, um fich einer Helfershelfer, feiner unerwieſenen Behauptungen, ‚feiner: Schmähungen zu bes dienen, . Ergreifen Sie die rechtmäßigen Waffen, fo haben Sie, wenn Sie auch unterliegen ſollten, wenigftens Ehre von dem Kampf. Aber freylich! gegen den täflerer brauchen: Sie ſich nicht zu fteßei; mit dieſem einzigen Worte ziehen Sie füh behenQ aus der Sache, und uͤberlaſſen den friedlichen Streit der Vernunft einer heiligen Hermandad , die ihn etwa mit dem Holzſtoß entſcheidet. Nennen Sie dieſes prüfen? Dies waͤ⸗ ren die Gründe, womit Sie ſich der Götter Griechen, lands erwehren wollen? Doch genug! Sie entfegen fich ges wiß vor den möglichen Folgen Ihren KHeftigkeit. Nie fonnte es Ihre Abficht ſeyn, unedel und umritterlich, felbft an einen Zeinde zu handeln: nur im Augenblid ver Leidenfchaft konnten Sie ſich ſelbſt ſo weit vergeſſen, die einzige That zu begehen, die. man Gotteslaͤſterung nennen koͤnnte, teil fie an feinem Bilde gefchieht. | Jetzt müflen Sie noch erfahren, daß auch diefer Wurf das Ziel verfehlte. Ich will über die Bedeutung jener Redens⸗ art nicht rechten, nicht. unterfuchen, mie die Gottheit mit fich felbft uneins ſeyn koͤnne, nicht die endlofen Labyrinthe der Fra⸗ gen vom freyen Willen, vom Urfprung des Uebels, vom Fall der Engel, von der Erbfünde, durchirren; alles, fogar die A Ans

386 * nl Fragment einge Btiefe /

Anwendung des abſcheulichen Worts, mögen Sie nach Ihrer Art rechtfertigen koͤnnen; aber. : Ihren Gott hat denn doch der Vertheidiger der olympiſchen Götter nicht gelaͤſtert? Seine Seitenblirte find auf den philofophifchen Gott ge⸗ richtet, das Bf des “wie er ihn ausdruͤcklich nennt. a

Sreundlos, ‚ohne Bruder Gleichen,

feiner Göttin, Feiner. Irrd ſchen Sohn,

herrfcht ein. Andrer in des Aethers Reichen, ıc. - - Mar es möglicy diefe Stelle zu leſen, und fich nur. einen Aus genblick träumen zu laſſen, ‚daß fie auf: einen wirklich exiſti⸗ renden, geoffenbarten Gott gienge, deſſen Sohn auf Erden gewandelt hat, und deſſen ganze Familie weltbefanne tft? "Bon feinen ‚Göttern ruͤhmt der Dichter: ü

Selbft des Drfus firenge Richterwaage

hielt der Enkel einer Sterblichen; - um den Vorzug diefes Anthropomorphismus vor einem meta⸗ phyſiſchen Hirngefpinfte zu behaupten, alſo keinesweges, um einen andern anthropomorphiſtiſchen Lehrbegrif zu beſtreiten. Haben Sie es vergeſſen, daß unſer Weltrichter um einen Grad näher mit dem Menſchengeſchlechte verwandt iſt ? Jetzt werden Sie alſo Ihr Unrecht tief. empfinden. "Den Mann, der die demonſtrirte Gottheit, das iſt, mit andern Worten ‚den Atheismus fo.eifrig angreift, den Mann, der das Gefühl, und nicht die falte Vernunft zur Quelle der Gortesverehrung erhebt, den fchimpften Sie einen Läfterer und Naturaliften ? Sowohl das Syſtem, welches der Dichter vertheidigt, als je— nes, welches er erfchüttert , find im Weftphälifchen Frieden wicht begriffen, und man könnte fein Gedicht von Diefer Seite

mie

u ——

L über Schillers Goͤtter Griechenlands. 387

mit den Todtengeſpraͤchen in eine Klaſſe gellen. Es iſt darin

nur von den Todten die Rede, denen Konſtantin der Große und Kant das Reben raubten, . Nunmehr dürfte es Ihnen ſelbſt vielleicht. feltfam-vorfommen;, , dag Sie ein Meiſterſtuͤck Der Fiktion nicht auch als Fiktion behandelten. Was ich Ihnen big hieher geſagt habe, * aber, * das Gehoͤr zu erbitten.

144 J u

Eine ſchoͤne, "lange Reihe von —— dies * Ih⸗

nen fo. menig als mir entgangen ſeyn ar Griechenland

Höchft beglüdt unter der Herrſchaft feiner Goͤtter; ; und wenn Rom zuiezt dieſe herrlichen Freyſtaaten verſchlang, ſo war das ſchwerlich Jupiters oder Apollons oder irgend eines Olymmpiers

Schul; fondern der Wohlffand, nach welchem alle Volker

ſtreben muͤſſen, und der ſie alle, ſobald ſie ihn erlangt haben ,

innerlich verzehrt, Diefer rafte auch die ſchoͤnſte Blüche der Menſchheit dahin. Jenen Zeiten, wo die Geiftegfräfte dig edelften Menfchenffammes fich unter den günftigften Verhaͤlt⸗ niſſen entwickelten, jenen Zeiten, die nie wiederkommen wer⸗

den, verbanfen mir doch alles, mas wir bis jezt geworden ſind. Mehr als eine Mutter und Amme war unſerm Geiſte - Griechenland ; und ob ich gleich die Zumuthung aͤußerſt unbiäig

finden würde, mich nie der Geſellſchaft meiner Amme entzies ben, ihre Mährchen fters andächrig nachberen, und ihre Uns fehlbarfeit nie bezweifeln zu müffen ; fo geſtehe ich doch gern, daß die Erinnerung an meine Kinderjahre mir oft ein lebhaftes Vergnuͤgen gewährt, und daß ich nicht ohne Ruͤhrung und Danf:

begierde am die gufe, wenn gleich nicht immer weife, Pfle⸗

gerin denke.

In

388 1 Fragment eines Briefes In diefe Klaſſewon Empfindungen fetge ich das Entzücken , womit ich Schillers Gedicht unzäligemal nach einander las, und womit es von meinen Freunden und Bekannten, ja überall, wohin es nur gefommen iff, 'gelefen ward. Mit jugendlich glühender Phantafie verſetzt ſich der Dichter in die Zeiten der Worwelt, in ihre Dehfungsart. Er wird hingeriffen von den poetifchen Schönheiten einer Fabellehre, welche der Jugenddes Menfchengefchlechts angemeflen ift, lauter Scenen des thätigen, Teidenfchaftlichen Lebens ſchildert, nicht in tranfcendenten Wor- ten ‚, fondern in anfchaulichen Bildern, das Gefühl und niche das Abſtractionsvermoͤgen beſchaͤftigt, und ſtatt Verneinun⸗ gen begraͤnzte Ideale von menſchlicher Schoͤnheit und Volle Tommenheit aufftellt. Indem ihn dieſe Geftalten der Einbil- dungsfraft umfchmeben , kommt der Geift der Lieder über ihn und kleidet feine Anfchauungen in Worte. Wer fennt den Zu⸗ fand der Begeifterung befler als Sie, da Sie ihn alsEntäuf- ferung feiner felbft fo treffend befchreiben? Wir hören nicht mehr unfere teutfchen Mitbürger ; ein Grieche würde fo klagen, der nad) Sahrtaufenden erwachte, und feine Götter nicht mehr fände: ein Grieche, deflen junge, in Bildern fpielende Vernunft noch feinen Sinn hat für einen metaphyſi (chen Gott. Dies ift ‚das hohe Vorrecht des Dichters, mit jeder Seele ſich identifi- ciren zw koͤnnen. Dachten fich wicht die Schaufpieldichter fo andie Stelle eineg jeden neuenCharafters in ihren unfterblichen «Merken? Ben Ihrer Srage: „hat der Dichter zwo See— fen? waren fie uneingedenf eines Vorrechts, das Ihnen felbft wohl eher zu flatten fam, und ohne welches wir Feine les bendige, poetifche Darftellung hätten.

Da

über Schillers Goͤtter Griechenlands, 389

- Da die Wahrheit, telhe Sie in Schillers Ge, Dicht vermiſſen, im jedem Kopfe anders modificirt erfcheine, mithin als. abfolue für die jetztlebe nde Menfchheit nicht eriftire, warum follte ich mich nicht an die relative Wahrheit halten, welche der Dichtung eigen if,‘ und welche gerade in diefem, Ihnen fo misfälligen Werfe des Genies, allgemeines Entzücen ‚erweckt ja Ihnen felbft mit unwie⸗ derſtehlicher Anmuth den Tribut der Bewunderung entlockt? Die Weſen des Dichters find Geſchoͤpfe der Einbildungskraft, welche das wirklich Vorhandene innig auffaft, und wieder zu hellen, lebendigen Geſtalten vereinigt. Natur und Geſchichte ſind die nie verſiegenden Quellen, aus welchen er ſchoͤpft; ſein innerer Sinn aber ſtempelt die Anſchauungen, und bringt ſie als neugepraͤgte Bilder des Moͤglichen wieder in Umlauf. Kei⸗ nen Gegenſtand giebt es daher im weiten Weltall und in den mannichfaltigen Ereigniſſen der Vorzeit, deſſen Darftellung, nicht durch eines Dichters reines Feuer geadelt wuͤrde; aber auch keinen, der einer beſudelten Einbildungskraft nicht fri⸗ ſchen Zunder reichte. Aus derſelben Bluͤthe bereitet die Biene ſich Honig und Gift. Dem Menſchen iſt die freye Wahl ges laſſen, welches von beyden er aus den Bildern, die fich feis nem Anfchauungsvermögen aufdringen, für fich einſammlen will. In dem vor uns liegenden Falle fchuf der Dichter aus Götternamen und perfonificirten Eigenfchaften der Gottheit ein Ganzes, mit einer in Bildern fchwelgenden, aber feiner verderbten Vorftellung fähigen Phantafie Was geht es ihn an, tie tief hinab fich mancher mythologiſche Dichter fenfte? Was würden fie zueiner Meffiade fagen, die ihre Bilder aus dem Zoldos Jeſchu entlehnte? | | | od Lehr⸗

390 „I Sragment eines Briefes

Lehrreich foll ung eine jede Dichtung ſeyn; fie fol ung mie neuen Sdeenverbindungen bereichern, das Gefühl des Schönen in uns wecken, unfere Geiftesfräfte üben, fcharfen, ftärfen, durch ihre glühend lebendige Darftellung, uns Be— ‚griffe des Wirklichen in dem Gemahlde des Möglichen zeis gen. Die Gewalt des Dichters über die Gemuͤther beftehs gänzlich in diefer fihaffenden Energie feiner Geelenfräfte ; durch fie rührt und erfchüttert, oder erweicht und entzuͤckt er die harmoniſch mit ihm fühlende Seele, nicht durch fein Lehr ſyſtem, nicht durch einen befondern äfthetifchen Satz, den er etta bemweifen will. Ließt wohl jemand Klopſtocks Epopee als einen verfificirten Katechismus, und gefällt die Gieruſa⸗

femme nur als ein Compendium der chriftlichen Moral ? Vielleicht iftes mir gegluͤckt, befriedigend genug zu zei« gen, daß man Schillers Görter Griechenlands bewundern Tonne, ohne ihre fabelhaften Urbilder anbeten zu. wollen. ch mwünfchte hier, wie überall, den Misverſtand hinwegzuraͤu⸗ men. Nicht die Aeuferung Ihres Misfallens, wofür ich Ih— nen als freyer Mann Danf weiß, fondern Die Art des Ber nehmens, welche für Gie und andere von nachtheiliger Wir⸗ fung ift, veranlaßte diefe gutgemennten Winfe. Ihre oͤffent⸗ liche Darlegung ift Barmherzigkeit, verübt an manchem zarten Gewiſſen, welches vor dem fchrecklichen Ruf des Waͤchters äufammenfuhr, und alle Die zerrüttenden Folgen empfand, die von der Entdeckung einer zuvor an ſich ſelbſt ungeahndes sen Sündlichkeit unzertrennlich find. Mein fey der füfle Lohn, den fehüchternen Kindern eines gütigen Vaters die Ueberzeu⸗ gung wiedergefchenckt zu haben, daß ihre Freude über ein Schönes Gedicht ihn Findlicher, als die knechtiſche Furcht oder der

über Schilers Götter Griechenlands, 391

der unbefugte Eifer, ehrt: denn die Quaalen des Zweiflers, wenn fie auf jemanden zurückfallen muͤſſen, fo fallen fie nicht auf den, der einen Wahn 'beftreitet, fondern auf den Feind des Menfchengefchlechts, der Seligkeit und Verdammniß dar- an knuͤpfte. Auf ihm allein haftee das Wehe! über den der Aergerniß giebt; fonft Hätte die Weisheit fich felbft verdammt, und der Weg zur Wahrheit bliebe auf ewig verfchloffen. Iſt aber nür die leere Furcht vor felbftgefchaffenen Schreckniſſen be fiegt, fo können wir wieder ruhig empfinden,» prüfen, über Regen, mit unferm Sinn und.unferm Herzen zu Nathe gehen. Am Ende halten wir ung doch an unfer Gefühl und unfere Eins fiht, in Ermangelung einer beffern, und weil Sinn und Ver⸗ fland eines andern nicht die unfrigen find; mir fordern ‚aber auch von niemanden Gleichheit der Denkungsart und Glaubenseinigfeit, und feinden niemanden am, der anderes Sinnes iſt; nicht, daß wir den Indifferentismus affektir- sen, ſondern weil wir uͤberall das Bild der Wahrheit im Epiegel ver Vernunft, bald mehr bald weniger verzerrt, auch in;der ſeltſamſten Strafenbrechung noch ehren, und von unſerer eigenen Vernunft, ohne die Fächerlichfte Inconſequenz nicht glauben duͤrfen, daß ſie allein und ihr Spiegel allein geradflaͤchig ſey.

Fühlen Sie dem ungeachtet den Beruf, die Ehre, niche ſowohl der Gottheit, als Ihrer Vorffellungsart zu retten ? So würde ich Ihnen wenigftens wünfchen, daß Sie mit eis nem fo delifaten Subjekt als der Anthropomorphismus, aͤuſ⸗

ſerſt behutſam umgiengen, und fich ja wohl bevächten, was für einen Sie dem griechiſchen entgegenſtellen. Der Be⸗ griff des Seyns, bleibt leer für uns, ſolange wir nichts Dd 2 relatives

“399% 1. Fragment. eines Briefes u. f iv,

relatives Hineinlegen; obſchon das Seyn alles erfchöpft: Denken Sie ſich aber einen Gott mit Attributen, fo wird er menſchlicher, Sie bringen Ihn ſich, und ſich Ihm und Schillers Worte werden wahr; -

Da die Götter menfchlicher noch waren,

waren Menfchen göttlicher. Fuͤr den erfünftelten Zuftand der Falten Befonnenheit gehört freylich dieſe Vorftellungsare nicht; allein die leidenſchaftli— then Stunden, wo wir alles. perfonificiren, find. nicht Die ungluͤcklichſten für phanrafivende Gefchöpfe wie wir. Jeder Fruͤhling und jede Blüte, der Mann von Genie und feine Dichtungen, alles, alles ift für mich in. folchen Stunden :eine herrliche. Offenbarung !

Gnuͤgen Ihnen Diefe Dffenbarungen und meine Erinne⸗ rungen nicht, ſo bleibt Ihnen ein ziemlich unbetretener Weg noch "übrig. Seren Sie Ihren Lehrbegrif in das hellekicht, welches jetzt die Götter Griechenlands in Schillers Liede umfließt; bieten Sie alle Kräfte auf zu einem unfterblichen Gefange, der Ihres Gegners Talente verdunfele, und feinen Zauber aufloͤßt. Den Beyſtand der neun Schweſtern dürfen Gie zwar · nicht Dazu erflehen ; allein, wer weiß, ob nicht eine, ung unbekannte Mufe auch in Ihrem Himmel wohne?

*

393

I:

Fragmente einer neuen Reiſe nach Spanien.d

Es curial.

1. den Transport ber Steine zu erſparen, ließ Philipp I. das Escurial in der Mitte von vier Gebirgen bauen, die die: ſes Schloß verbergen und rund um ſolches herum und oben auf

den Daͤchern eine ſolche Menge Schnee haͤufen, daß die Son⸗

ne ungen mit, ihren Strahlen wirkt, und nie ihn abthauet,

Diefer berühmte neblichte traurige Ort Bat ſechug Millionen gekoſtet.

Par und Gärten find ungeheuer. ae Das Pantheon ift eine unteriedifche Kapelle , wo

man die Könige, Königinnen und Infanten von Spanien .,

beyſetzt. Ich ſtieg hinab, und beſah bey dem Schein einer brennenden Lampe, die auch ſchon alles geſchwaͤrzt | | a bat;

*)) Dieſe Fragmente ſind aus dem Voyage en Efpagne 2 Msr. leMarquis deLangle überfegt, Oft urtheilt freplich

der Berfaffer etwas fchief; aber mer verzeiht diefed, wie

die Herausgeber in der Vorrede fagen, dem jungen Manne nicht, der mit Freunden zu ſcherzen, der nur für dinen haͤußlichen Eirkel zu fchreiben fiheint. er | Klaußner. N. Litt. u. Voͤlkerk. V. 1. B. Ee

394 . Fragmente einer neuen Reife nad) Spanien,

hat, die Gräber und Basreliefe, und las die Iufetiptionen und Grabſchriften. Man krage die Namen, Beynamen, Titel und Data aus, und meine Hand foll verdorren, meine Finger verlahmen, wenn dann nod) ein rss; Wort wahr davon ift.

Kein Todter von einem andern Range, ift in dieſer Höhle beygefeßt 5 fie ift nur das Familienbegraͤbniß der Könige; denn Pizarro und Kortez wurden in ein Loc) verſcharrt, und ſelbſt Vendome, der Philipp V. wieder auf den Thron half, Vendome, der die Schlacht von Villavi⸗ cloſa gewann, Vendome, der Wiederherſteller der ſpani⸗ ſchen Monarchie, der Raͤcher ſeiner Könige ward nicht wuͤr⸗ dig gefunden, neben ihnen zu vermodern.

Das Dorf, von dem Kscurial dem Namen führt, heißt el Escorial, dag von Escoria herfümmt, welches Mies tallſchlacken bedeutet, weil ehemals hier a waren, die bearbeitet werden.

Das Kloſter wird durch zweyhundert Hieronimiten bewohnt. *) Dieſe Mönche "haben in Spanien eine unbe⸗ graͤnzte Achtung, leben ohngefähr wie die Carthäufer , find eben fo gefleider und bethen wie jene viel, eſſen beynahe nichts und ſprechen wenig.

Die dem heiligen Lorenz geweihte Kirche iſt groß und ſchoͤn. Man ſieht hier bewundrungswuͤrdige Gemaͤlde von | ‘Yuan

) Diefer Drden weil er dem Cardinal Baroineo nach dem Leben getrachtet, hatte, aus Italien verbannt.

II. Stagmente einer neuen Keife nad) Spanien. 395

Juan Hernandez, Zimenes Navaretto, mit dem Bey⸗ namen el mulo (der. Stumme).

Der Plafond des Chors der den often Himmel vor⸗ ſtellt, iſt von Lucas Cambiaſi auf naßen Kalch gemalt. Dieſer Maler hat ſich ſelbſt zur Rechten des ewigen Vaters eine Stelle angewieſen

Philipp II. ſtarb vor dem Hochaltare, und man zeigt den durch ein Gitter eingefaßten Platz, wo er verſchied. ‚Man darf nicht nahe hinangehn. Mönche und Volk find überzeugt, daß der Geift diefes böfen Mannes alle Nächte in den Kreuzgaͤngen des Kloſters herumſpukt, ſeufzt und heult.

Unter dem Platz, den der König im Chore einnimmt, iſt ein heiliger Jeronimus, der die Augen auf eine Wand⸗ uhr heftet. Diefes Originalgemälde des Titian ift bis auf die Uhr vortreflich; denn Jeronimus hatte weder Wand⸗ uhr noch Sackuhr. Zu ſeinen Zeiten gebrauchte man zur Zeitme ſſung nur Tag, Nacht, Appetit, Schlaf } Baer und Sand,

Im Speifefanl der Brüder fiel mir ein —— auf. Dieſer Chriſtus iſt blutig, und Maria weint zu ſeinen Füßen. Warum aber mag fie weinen, da fie doch weis, daß ihr Sohn nur pro Forma geftorben iſt, und auferſteht, wenn es ihm gefaͤllt!

Das Waſſer des Escurials fol vortreflich ſeyn. & ift ohne Geſchmack, ohne Geruch, ſuͤß und klar; wird Ee 2 leicht

396 1. Fragmente einer neuen Reiſe nach Spanien. leicht warm und leicht wieder kalt. Fleiſch: und Gemüuͤe, welches man darinnen kocht, wird her weich, und das Lei⸗ nen, welches man darinnen wäfcht, befer weiß. . Kreße;, Beckabunga und Warzenkraut wählt, mo dieſes Waſſer ſtroͤmt, häufig. ER .

Caſa del Campo.

Man bewundert Phitipp IV, Statue zu pferde. Vor⸗ zuͤglich das Pferd iſt ſo fchön gearbeitet, daß man, ern es Gehör hätte, fagen könnte: Lauf, weil du lebſt. Carl Moratos ſagte faſt eben das, als die Statue des Mar: kus Aurelius in Rom betrachtete SB;

Auf dem. Cafa del Campo unterhält man einen n Eofle baren Baum. Nie ſah ich einen fhönern, nie einen zweig⸗ reichern. Man ſteigt auf einer Treppe hinauf, und findet oben feſtgemachte Bänfe und Stühle, worauf fih am Sonn: tage die jungen Mädchen und Burſche aus der Gegend ver: ſammlen, ſcherzen, kuͤßen, und ſich Verſprechungen und Schwuͤ⸗ ve thun, denen die Liebe zulaͤchelt, und die die Winde verwehn.

Schoͤne Baͤume werden jetzt rar; warum? weil wir fie nicht überleben kͤnnen: find wir neidiſch genug, fie zu fällen, und der Nachwelt zu rauben. |

Mapdrids Clima. Obgleich Madrid in Vergleihung mit den Konigreichen

un und Grenada fo zu fagen an Spaniens Gränzen liegt:

-

U... Fragmente einey;neuen ‚Reife nach Spanien: 397 -

liegt; ſo genießt; man, doch hier beftändig des ſchoͤnſten Him⸗ mels der. Welt. Zu allen Jahreszeiten kann man bier Erdbeeren effen, im Schatten figen und Roſen brechen, .

Oefters aber find hier doc) Scharfe Nordoſtwinde die die Luft erkaͤlten, Baͤume entblaͤttern, Zweige zerbrechen, Blumen —5 und Fruͤchte abſchlagen c „dafür, —* die Luft, erhellen den Tag und verdoppeln ober veidleyſa⸗ chen den Glanz der Sonne. | u

Nichts geht über die Schönheit der Nächte in Ma- drid. Man athmet den Duft der Bergamotte, der Nelke und ber, Orangenbluͤthe. Die ganze Armofphäse haucht Balfamı,. und auf aflen Plägen, auf allen Balkons hört man. Geſang, hört die Guitarra oder, die Floͤtt. Nein, meint nie werden die Ufer. der Seine, nie die Wälder zu Wals- eck, *) nie der See zu Bienne **) mir diefe Freuden ger, ben, die eine einzige Nacht zu Madrid mir verurjacht. Aber man muß nur zwanzig Jahr alt ſeyn; Wenn im, dreyßig⸗ fteu wuͤrde es einem zu kalt, zu: warm ſeyn; man , würde. Luſt zu ſchlafen haben; denn im dreyßigſten Jahre ſchrumpfen uufre Fiebern fchon zufammen und werden ſtumpf. Die Lebhaftigkeit des Geiſtes iſt geſchwaͤcht, unſer natuͤrli⸗ ches ge nimmt ab, verfliegt, und wir haben nicht mehr

—* Eee | dieſes Schloß, zweytaufend Sritt von Soleurn. ) Keiner hat vieleicht je von, dieſem Se gehört, Aber ich, ich kenne ihn wohl.

398 II. Fragmente einer neuen Reife nach Spanien;

‚diefes zarte Gefühl, nicht mehr diefe allumfaſſende Empfin⸗ dung. Ach! ſchon im dreyßigſten Jahre wird mir dieſe ſchoͤne Blume nicht mehr ſeyn, was ſie mir jetzt iſt, werd ich dieſes raſche Feuer, das jetzt mich verzehrt, das jetzt in meinen Adern rollt, verlohren haben! Der ſanfte Strahl des Monds und, der Sterne wird nicht mehr den Reiz für mid) Haben ;. die Welt wird entfaͤrbt ſeyn; und dann den ſchonen Tagen, den ſchoͤnen Nächten Lebewohl ges

fagt! Der Winter des Lebens fängt an, und man ‚muß ſchlafen.

GStiergefedte.:

Und wenn ‚ich tanfend Jahr Tebte, und alle Tage daruͤber nachdaͤchte fo wuͤrde ich dennoch nie begreifen koͤnnen, wie 'man etwas Anziehendes, etwas Amüfantes an diefen ſchrecklichen Gefechten finden fann. Alles dabey em⸗ poͤrt. Die Stierfechter erregen Abfcheu, und die Stiere Mitleid. Bon Stein muß der Mann feyn, dem das Waffer nicht in die Außen kommt, wenn er zwölf bis fünfzehn Meuchelmoͤrder ficht, die mit altem Blute ein unglückli« ches Thier töbten, das ein Knebel in der Kehle, und ein

Naſenband an feiner Vertheidigung hindert, ihn ſelbſt ſei⸗ ü ven Mörder füchen *

Was die Abſcheulichkeit dieſes Kampfs noch —* ſind der Beyfall , dag Freudengefhrey eines unzählbaren Volks, find das Beyfaliklatſchen von mehr denn zwanzigtauſend Haͤnden ‚das Getrammple von mehr denn

zwan⸗

1. Fragmente einer neuen Seife nad; Spanien. 399

zwandigtauſend : Fügen -in den Augenblick wo der toͤdtlich versvundete von Muth erſtickte Stier. taumele, ‚fällt, die legten Seufzer ausbruͤllt, ſich ausftreckt, ftrampelt, fih er: hebt, wieder fallt, ſich waͤlzt, fhäumt, und fein Blut im Sande vergießt, wo dann die lernenden Kinder der Stier sehter fih um. den Ruhm bed (een: Stoßes zanken.

Und Weiße, die beym Hetabfallen eines Blatts er zittern, Weiber, die beym Hauch eines Blumenſtraußes er⸗ blaſſen, Meiber, die bey einem Wetterſtrahl laut ſchreyen ſi nd bey dieſen Metzeleyen gegenwaͤrtig, heften ihre Augen auf ein leidendes Thier, das zu ihren Fuͤßen blutet, zuckt und verſcheidet! Weiber ſcheinen ſeine Klagen, ſein Ser fhrey, jeden Tropfen feines Bluts zu zaͤhlen, und zu bekla. gen, wenn es denn endlich ſtirbt, daß es nicht noch ſi J waͤlzt,/ ‚it er noch) ———

| Alle Stiere zu dieſen Spektakeln werden aus den | m. * seen und ——— gebracht... iin

Man füher, um diefes Thier aus den Bäldern ; zu cken, Kuͤhe hin, und in dem Augenblick, da es gereizt von Liebe und Begierde aufſpringen will, greifen es im Hinterhalt liegende Bauern bey den. Hoͤrnern, binden, Shen. und ‚fchleppen es mit fort, |

Dies find die Gefechte, von denen fo viel geſptochen | wird, die verfhiedene Könige und Paͤbſte bunderemal ba’ ben abſchaffen wollen. Aber es tar vergeblich; deiin- allemal fief das Bofe drohend zuſammen, und oft mußten

Ee 4 funfzig

400: 11; ‚Fragmente einer neuen Reife nach Spanien.

funfzig bis fechzig dieſer Thiere geopfert wen. ehe es ruhig wurde. |

Mein Bogel.-

Ueber meinem Fenfter habe ich einen niedlichen Vo— gel, deßen Art in Frankreich unbekannt if. Mein Vogel ift fo dick wie eine Lerche, wiegt weniger, wiegt.nur eine _ Unze. Sein Schnabel, feine Kehle find taufendfchon; fein Hals iſt apfelgruͤn, ſeine Fuͤße ſind rabenſchwarz, und ſein

Auge iſt feuerfarb. Ein purpurnes ſeladonblaues roſenar⸗ tiges Kaͤppchen verfchönert feinen Kopf, und er fingt zum Entzüden. Es giebt keinen verliebtern, feinen zärtlichern, feinen feurigern, keinen munterern Vogel. Morgens um drey Uhr, es ſey Tag oder Nacht, wacht er ſchon, naͤhert ſich ſeinem Weibchen, und fodert ſi & zur Liebe auf. Zaͤrt— liche Schmeicheleyen, füße Gebehrden, ftille Küße und Eleine Schnäbeleyen find jederzeit Vorläufer der, legten Gunſtbe— zeugung. Mein Vogel hat einen fonderbaren Geſchmack. Er naͤhrt fich gewoͤhnlich von Zuckerbrod, vom Gelben des Eyes; aber er laͤßt alles liegen, wenn er Sommervoͤgel, Veilchen, Orangen und Fliegen haben kann. Nie ſah ich einen fo reinlichen Vogel.‘ Er niſtet auf. Baummolle, ba- det fih Abends und Morgens, und fein Bauer muß täg- li) gereinige werden. . Sn, der Liebe ift er fehr beftändig, und würde fein Weibchen, die eben geftorben it ats bethen. Seit ihrem Tode finge mein Vogel nicht mehr, ißt nicht mehr, fhläft nicht mehr; . figt den ganzen Tag oben

-

IL Zeosmente einer neuen Reiſe nach Spanien. 401

oben im Dauer, —— und ich fuͤrchte, daß er bald aus Liebe, Gram oder Schlafloſigkeit ſterben wird.

Aber nein, nein ich will nicht, daß er ſtirbt; ich will ihm die Freyheit, will ihm freyen Flug in der Luft gen ben, Er mag ſich ein neues Neſt, eine neue Gattin, ein neues Hausweſen ſuchen, und dann fingeu, dann Junge er ziehn und glücklich feyn.

Kriminaljufiz;. In Spanien laͤßt man eine große Menge: Boͤſewich⸗ ter am Leben , die in Andern Ländern mie dem Tode hei firaft werden würden, Sind fie jung: ſo ſchickt man fie zum Arbeiten nad) Oran, *) nach Puerto⸗riko; **) find fie aber alt: fo läge man fie im Kerfer umkommen. Wer: bindet die Größe des Verbrechens den Richter , auf die Todesftrafe zu erkennen: ſo Eommt der Verbrecher mit dem Strange davon. Man viertheilt zwar noch; aber nur , bey aufferordentlichen Miſſethaten; und ddieſe Strafe, die die Einbildungskraft ſo ſchrecklich macht, bey der die Haare zu Berge ſtehn, iſt die leichteſte Todesart.

Ee5 | I Der

*) Eine Stadt in Afriea auf ber barbarifchen Küfte im Kö⸗ nigreihd Tremacen, welches den Gpaniern gehört,

. #) Eine Inſel bed mittdglichen America; eine der Antillen, Yuertosrito von der fie den Namen führt, if ihre Hauptkadt, und mit hohen Gebirgen umgeben, auf deren

zipfel Minen find, die durch dieſe Volewichter bearbeitet werden.

422 1. Fragmente einer neuen Reife nach Spanien.

Der Henfer, mit einer Keule und einem Meffer bes

wafnet, ſchlaͤgt den Verbrecher in die Schlaͤfe, ſtreckt ihn

todt danieder, fehle ihn ab, tritt ihn mie Füßen, hauet den Leib in vier Stüde bängt fie an Hafen, oder ſchmeißt

fie ins Feuer. Dieſe Megeley, die drey Secunden dauert,

a nicht mehr ift. *)

erſchreckt und erſtarrt alfe Menſchen. Kinder ſchreyen noch laut, Weiber erblaſſen noch furchtſam, wenn der Leidende

Statt allemal neue Martern zu erſinnen, ſtatt bins ter den Gebirgen noch grauſamere Henker herzuholen, *%*) laßt. ung, kuͤnftig lieber, ohne Ausnahme für dd Verbre: chen viertheilen. | ern

Aufferdem, daß der Tod auch ohne Schmerz ae ge:

= mug. ſtraft, ſchon genug Uebel thut: ſo iſt ein verurtheilter

J

Straßenraͤuber auch fein Verbrecher mehr; fondern ein Krähker. Es ift abſcheulich, feinen Todeskampf zu verlan⸗ gern, abſcheulich, daß er das Crucifix, welches man ihm giebt und anrufen heißt, mit Schaum und Speichel bede⸗ den muß. | |

!

—— Weder

*) Nicht in Ssanien, fondern zu Melia ſah ich vier⸗ theilen. Der Ungluͤckliche ward nach dem Schaffot ge— fuͤhrt, und mit verbundenen Augen todtgeſchlagen. Dieſe Handlung der Menſchheit iſt der Nachahmung wuͤrdig. Verbeſſern koͤnnen wir ſie noch, wenn wir den zum Tode verdammten Verbrecher, ehe wir ihn toͤdten, einen Schlaf; trunk geben.

um Damien hinzurichten, lieb man mit großen Kofen Henker von Perpignan kommen. F

I. Sragmente einer neuen Reife nach Spanien, 403 > Meder Jugend nach Schönheit koͤnnen die Richter entwafnen; und Kindermoͤrderinnen werden gehangen. Man ‚befolgt Hierin ſelbſt das Geſetzbuch Carls V. nicht, der die Mutter am Leben läßt, wenn das Kind, che es gebohren wird, ſtirbt. NVetzt eben ward ein niedliches, reizendes Mad⸗ chen gehangen, und die won des Henkers zitterte dabey. u Die Blicke dieſer Unglüdticen Bundhierten die der Zuſchauer, ſchienen den Vater des Kindes zu ſuchen, zu rufen, zu erwarten. Du, den vielleicht mehr ‚Bedürfnig, Langeweile und Ohngefaͤhr als Liebe reizte, hefte deine Dlie cke auf dieſen Galgen, ſieh dieſe Ungluͤckliche, die du mit Schmeicheleyen uͤberhaͤufteſt, die du an deinen Buſen drücke teft, die du mit Kuͤßen faſt erſtickteſt, ſi ſieh ſie hier verſchei⸗ den! Zwanzigmal, hundertmal verſicherteſt bu. ihr, das mals, daß du für fie fterben wolteſt, dich) müßte man alſo jetzt für das Verbrechen ftrafen,. dich deines: are eueledis gen, Lich an den Galgen Bee

Ein Miͤdchen, die —*8 man ſtoͤßt man mit Knuͤppeln todt. *).,

4 ı

Warum wird doch dieſes Verbrechen mit ſolcher Strenge beſtraft? Das Abortiren verdirbt nichts, ößt eine Maſſe von Fleiſch, die weder Leben noch Empfindung dat, auf, vernichtet ein Fleiſchgewaͤchs im Werden, zerbricht ein Ey. Aber nein, in diefem Ey athmet ja ein Kind, und deswegen war die Mutter ſchon Mutter, und muß ſehr ſtrenge befraft werden,

| In 9 Dieſe Strafe ik abgedndert,

404° I. Fragmente einer neuen Reiſe nach Spanien.

In einem ſo heißen Clima, wie Spanien hat, in einem Clima, das ganz fuͤr die Liebe gemacht iſt, wolte Carl V. ehebrecheriſche Weiber mit: dem- Tode beſtrafen. Ein fols ches Geſetz exiſtirt in einem Lande, wo die Ausſchweifungen der Maͤnner den Weibern nur traurige Ueberreſte laffen 5 in einem Laude, mo oft eiunjiinges Mädchen von. ihrer Samilie gezwungen wird, einen Greis zu heyrathen, ihn zu umarmen, zu erwaͤrmen, zu befekicen, Leben einzathmen, ih⸗ ren Mund auf den Mund eines Ungeheuers, eines Satirs, eines abgeſtorbenen Ehemanns, der Geld hat, zu drücken! D Sophie, Sophie, thenerfte Sophie! Geld, Geld! du gebährft, du ernährft alle Uebel, alle Plagen diefer Welt! Um alles Elend der Welt auszudrücken, bedarf es nur eis nes Morts, nur eines einzigen Worts! und dies Wort it Geld. | | * 2

| Man entkleidet bie reibt ſie mit Honig, peitſcht ſie, brandmarkt fle, putzt fie mit. Federn, und läßt ſie ſo von dem Henker durch die Stadt fuͤhren. * Wenn ein Tiger nur etwas Vernunft haͤtte: ſo würde er nie befehlen, den Gottesläfterern die Zungen aus: zufhneiden. Gin ottesläfterer thut niemanden etwas zu Leide, ſchmaͤhet nur Gott, der in feiner Rechten den Tob und den Donner zur Seite hat. |

Das Gefängnig für die Edelleute ausgenommen, find alle andre in Madrid Kirhhöfe, Hier ift wiſchen dem gefangenen vun. und dem Ungluͤcklichen Eein Unter:

>. ſchied;

H.’&tagihenfe einer neuen Reiſe nach Spanien. 405

ſchied; Hier wirft man alle untereinander, und oft liegt der ganz verftockte Straßenraͤuber, der angehende Betruͤ— ger, der Schuldner und der Ungluͤckliche, der ein Rebhuhn toͤdtete, auf e einem Bunde Strob.

Pratiger, Brandmark *) peitſd⸗ und die Drei idez ſind die Strafen fuͤr leichte Vergehungen.

Die Preſidez ſind die Galeeren, worauf man jeden, ſelbſt die Officiere ſchickt. Waͤhrend der Zeit, daß fie hier rudern oder ſiſchen, geht ihr Dienft fort, und fie treten, wenn fie zuruͤckkommen, in ihren Rang ein. Alles Eommt auf die Gewohnheit an.’ Taufend aber wuͤrden der Ber fhämung, auf die Galeeren zu gehn, hier Kleid, Muͤtze, kurz den ganzen Appatar eines: Galeerenſelayen zu tragen, ben Tod vorziehn, würden lieber den Karpen des: weißen Meers, lieber den Fiſchen im re Meete ee Beute werden. Die ſpaniſche Gerechtigkeit, bey gewiſſen Vergehun— gen ſo nachſi chtig, iſt bey Kirchenraub unerbittlich. In Ma— drid und überhaupt in ganz Spanien ift der Strafen. raub, der Menſchenmord minder ftrafbar als der geringſte Kirchenraub, als eine Nadel, ein Armband oder ein Bluͤm⸗

- hen, das der Jungfrau geſtohlen iſt. | klar * In

*) Was auch der achtungswuͤrdige Verfaſſer des 2440 Jahres davon fagen mag: fo behaupte ich doch, daß man feinen, weder auſ die Schulter» Stirn, Ohr noch anderswo brands marken muß. Es iſt ungerecht, daß ein Menſch, der ſich poch beſſern kann, das Zeichen feines Verbrechens Lebens⸗ lang trage.

406 I. Fragmente einer neuen Reife nad) Spanien

» Su Spanien, two die Fünftige Generation noch die Schulden der; jeßigen büßt, verwandelt ber König oͤfters darum die Todesftrafe in Lebenslanges Gefaͤngniß.

Br Gluͤcklich find die Gegenden, wo das Verbrechen eis

nes andern auf fonft Niemand fällt, wo der, der erröthen muß, allein erroͤthet, wo der Souverain keine Gnade er⸗

zeigt! = Welche Gnade ift das! Man frage diefe Um - glücklichen, denen das Leben geſchenkt worden iſt, wie gern ſie die Luft athmen, die durch ein Deckenloch koͤmmt, wie gern ſie den Tag ſehen, der ihnen Ratzen und Maͤuſe zeigt, die an ihrem Stroh nagen und im modrigen Kerker herum⸗ laufen; man frage ſie, ob ſie den Tod fuͤrchten, und wird dann erfahren, wie ſehr ſie dem Kerkermeiſter danken wuͤr⸗ den, der fo menſchlich waͤre, in ihre Koſt Sifteraut oder freßenden Mereur zu miſchen.

Weil ein Leichnam zu nichts gut iſt: ſo hoͤrt man nicht auf zu ſagen und zu ſchreiben, daß man die Todes⸗ ſtrafen abſchaffen muͤſſe, daß man den Menſchen verſtuͤm⸗ meln, ihn zum Thier machen, ihn an den Karren ſchließen

| muͤſſe. O lage uns menſchlicher, laßt uns aus Menfchlich feit firenger feyn! laßt uns die Kerker leeren, die Galee⸗ ren abſchaffen, und für jedes Verbrechen augenblicklich bie Todesfirafe erkennen, die Todesftvafe ohne Weh zu thun?

: An einem Sahrhundert, wo man von nichts als Wohl thun ſchwatzt, wo man der Wohlthätigkeit Preife ſetzt, mo | un tests, 3 E 5 , f alfe

IL. Fragmente einer neuen. Keife nach Spanien, 407

alle Soupees, alle Zirkel das Wort Wohlthaͤtigkeit wie⸗ derhallen, warum ſetzt man da nicht Penſionen aus, warum verſchaft man den Straßenraͤubern, die die Waͤlder verlaſ— fen wollen, keine Arbeit! | |

| Elend, Mangel an Arbeit bewölkett die Wälder ; Elend, Elend west die Doldye, Stilets und Meffer; und von tau⸗ ſend Ungluͤcklichen, die woͤchentlich von Abo bis zum Cap Finis⸗ terra erdroſſelt werden, haben ſich drey Viertheile Bonn laſſen, weil ſie nice aus Hunger dein wolten.

in. fedb li... Spanien ift -mit Eremiten uͤberſchwemmt; einer Art Leuten, die von Stadt zu Stadt gehen, nicht der ger ringſten Negel unterworfen find, und das feyerliche Gelübde gethan Haben, auf andrer Unkoften’ zu leben. |

Man erkennt diefe Leute an einem fangen, ſchmutzigen Bart, an einem Sackrock, gefhornem Kopfe, ungeheurem Rofenkranze, und einer kuͤpfernen, hulzernen, thönernen Mas donna, die fie jedem Reifenden, ei Vorübergehenden zum Kuße darbiethen. ER \ —F

Dieſe Einſiedler belagern die Herbergen. Die Jüng- ſten und Furchtſamſten bleiben auf dem Hofe oder auf der Treppe, und die andern fommen in die Zimmer. Warum werden diefe Spigbuben nicht dazu angehalten, daß fie ſich den Bart ſcheeren, eine Perräde tragen , ſich wie andre Leute Eleidon , huͤbſch zu Haufe bleiben, und zum Zeits

| | vertreib

ä

408. II, Fragmente einer neuer Reife nach Spanien.

vertreib Struͤmpfe Stiefeln fliten , und Körbe flechten ?

Es giebt noch eine andre nicht unbetraͤchtliche Anzahl Eremiten, die zu Haufe bleiben und Lebenslang betteln, weinen, Roſenkraͤnze machen, Bilder mahlen, und nie weder reden noch fich ſehen laſſen wollen.

Ka f f ee.

Madrid glaube ich, iſt der Ort, wo auf dieſer Belt

der befte Kaffee getrunfen wird. Wie koͤſtlich iſt auch die, fes Getraͤnk! koͤſtlicher, hundertmal koͤſtlicher als alle Liqueurs der ganzen Welt! Wein rauſcht, Bier macht dumm, Cider macht ſchlaͤfrig, Brantewein brennt, Opium ſchadet, toͤdtet; aber Kaffee macht munter, luſtig und elec⸗ triſirt. Dem Manne, der viel Kafſee getrunken hat, fehlt nichts als ein Weib, eine Feder und Tinte,

Schauſpiele. dadrid hat zwey Schauſpielhaͤuſer, die ſo wenige, ſo kleine und for enge Thuͤren haben, daß eine ganze Stunde vergeht, che fie voll, und wieder eine, ehe fie leer. werden. Auffer einigen Stüden von Calderon, Morato,. Lopez und einigen ins Spanifche überfegten Racinifchen Trauerſpie⸗ fen werden nur Poffen gegeben.

Gewoͤhnlich dauert die Vorſtellung drey Stunden,

während derfelben dann lopez Calderon und andre Schrift· ſteller

II, Sragmente einer neuen Reife nach Epanien, 409 fleller die. Schaufpieler die Reife um die Welt machen (af, fen. Oefters ift ihnen unfer Erdrund auch noch zu Elein; und dann müßen die Schäufpieler und Schaufpielerinnen auch had dem Himmel oder der Hölle reifen, Heilige, Teu⸗ fel und Apoftel holen, um mit ihnen zu weinen, zn lachen, fich zu Klagen, und das Stuͤck zu beſchließen.

gn St. Amoro, Trauerſpiel von Solis, das am Sonn. tage gegeben wurde, ift die Scene abwechfelnd in der Schweiz, in China, in Genf, in Peru, in der Hölle und ; endlih im Kimmel, wohin Engel den König tragen, In den Zwiſchenacten werden Toradillas, die fih gut anfehn laffen und fehr mwolliftig find, gegeben. Alle Augenblicke giebts dabey geraubte und mit ganz eigner Welluſt geſogne Kuͤße. Die Aetricen überhaupt ſind ſehr niedlich; aber die Aeteurs ſchwarz, klein und die, vorzuͤglich wenn fie lachen oder weinen, Furcht erregen. Sm Partetre ſitzt man, ſchwatzt wie auf der Straße, und ſtiehlt uUhren.

Das Orcheſter iſt nie einig; und der Vorſager kann nicht leſen.

Prieſter, Moͤnche und Kloſterherren gehn ins Schau⸗ ſpiel, und man ſieht öfters in einer. Loge zugleich Cocarden, Capuzen, Schleyer, bloßen Hals, Nimphen, Federbuſch, runs den Huth, platten Huth und Blumenhuth beyſammen.

Hier wird fein: Coſtuͤme beobachte, und die Schau⸗ fpieler Eleiden ſich wie zu Haufe: Oft iſt ein Tankred in der Weſte, ein Orosmann im Reiſemantel, Zaire in der

23. Bitt, u Dölfe VB Ff Nacht⸗

mo I. Fragmente einer neuen Reife nad; Spanien.

| Nachtmuͤtze, Bajazet im ſchwarzen Kieide, und ein Titus paradirt mit einer Perruͤcke.

Es ſind wenig Actricen, und die Maͤnner muͤßen die Weiberrollen ſpielen. Oft vergeht daher eine Stunde, ehe der Vorhang gehoben wird, weil die Duegna, die Ko: nigin, Kammermädchen oder die erfte Liebhaberin ſich den Bait noch nicht hat putzen laſſen.

Die ſpaniſchen Trauerſpiele ſi nd abſcheulich, ihre Ent wickelungen ſchrecklich und abgeſchmackt; und Acteurs, Actricen, kurz alles, alles ſtirbt auf der Bühne.

. Parterre And Logen find fehr unbändig und pfeifen, daß alles‘ brechen’ möchte. : Die Wache ſchreyt und drohet vergeblich, und pfeift ofters, des Schreyens endlich gar noch mit.

Weder Jugend noch Schönheit kann: die Cabale ent: wafnen. Sch habe eine niedliche, halbkranke Aetrice aus: pfeifen hoͤren; und noch geſtern dauerte das Spottgelaͤch⸗ ter vom Anfang bis zum Ende des Stuͤcks. Ale Schau⸗ ſpieler wurden ausgepfiffen, ein einziger ausgenommen, den man ſicher nur aus Achtung fuͤr ſein Alter verſchonte.

Die Schauſpieler koͤnnen Eide ablegen, Zeuge leiſten, in die Kirche gehn, Meße hoͤren, und nach Gefallen zum Nachtmahle gehn. Nichts unterſcheidet ſie im Leben von andern Chriſten, nichts beſchimpft ſie nach dem Tode. Die Spanier uͤberlaſſen es Gott, uͤber ihre Seele das Urtheil und den ak zu fälen, und find nicht wie wir po

graufam

H, Fragmente einer neuen Reife nach Spanien. at

grauſam dumm; ihrer Aſche, die michts fühle, nichts: ſieht, eine Meſſe, ein Loch, ein Gebeth und einige Waſſertropfen abzuſchlagen.

| hr, großmuͤthige Engländer, machts beffer wie wir! Statt wie wir die entſeelten Ueberreſte einer ſchoͤnen le Couvreur nach den Schindanger zu ſchleppen, begrabt ihr die Ofield lieber in Weſtmuͤnſter zwiſchen Carl II, und Marlborough. |

Meine Reife nach Taveyra de la Reina.

Die Achſe zerbrach, und ich ward umgeworfen. Vier Daumenbreit naͤher: ſo waͤre ich in einen Abgrund geſtuͤrzt, mo ich jetzt ſchon moderte.

Ich habe die Reiſe mit Donna Clara, der geizendften Perſon von Madrid gemacht.

Zwoͤlf Stunden fah ich den ſchönſten Buſen Caſtiliens, den ſchoͤnſten Buſen Spaniens vielleicht.

Geſtern beym Abendeffen empfahl mir Donna Cla⸗

ra's Vater feine Tochter. Mir, mir eine junge Perfon zu empfehlen, mir die Schoͤnheit unter die Aufſicht zu geben! Wohlan dann, er wage nichts! Das Zutrauen ei—

nes Vaters entwafnet mich, macht mich unempfindlich, blind und ſtumm; die Schoͤnheit ruͤhrt mich nicht; und geſchaͤhe

es doch: ſo ſage ich es wenigſtens nicht. Ihr, ſtrenge

Richter; ihr QTugenddragoner, würdet ihr an meiner Stelle

beffer Handeln Einnen? | | Sf | Das

\

412 II. Fragmente. einer neuen Reife nach Spanien,

Das Zollhaus. Das. Pofthaus. Das Klofter. Es— cab |

Das Zollhaus ift eines der fehonften Gebäude in Das.

drid, und vor funfgehh Jahren von Auaderſteinen erbauet.

Es hat in der Vorderfront achtzehn Fenſter, zwolf Thuͤren

und vier Stod. |

Briefe werden nie frankirt. Das Poſthaus iſt fehr groß, gut gebauet, gut eingerichtet, und mar, wie man fagt, eben fertig, als man erft gemwahr wurde, daß die Treppe vergefien ſey. Alles mußte wieder eingeriſſen und neu gebauet werden.

Das Kloſter Escaleßas iſt ein Maͤdchenkloſter, und diente den Koͤnigen, den Infanten und Großen ehemals zum Harem; iſt auch jetzt noch wegen den Liebesintriguen dieſer goͤttlichen Braͤute beruͤhmt, die ſehr oft, wie man mir ſagt, Kinder bekommen, die nicht von ihm ſind.

Lebensmittel.

Die Lebensmittel ſind nicht ſehr theuer. Vier Per— ſonen koͤnnen ſich recht gut mit ſieben Franken die Woche erhalten. | ! |

Friſch oder gepbckeltes Hammelfleiſch mit gelben Ruͤ⸗ ben, Zwiebeln oder Erbſen gekocht iſt die gewoͤhnſiche Nah— rung des Volks. Die Armen eſſen Erdtoffeln.

Sey berühmt auf immer, koͤſtliche, fruchtbare und ger funde Wurzel! du, taufendmal Eoftbarer, als alles Gold

Pi £ \ \ der

- II ‚Fragmente einer neuen Reife nach Spanien. 413

der neuen Welt, Apfel der Erde, vermehre dich, Eeinie, reife after Orten! Sey immer das geheiligte, das ſichtbare Zei: chen der Eriftenz eines Gottes, der allen lebenden ee feine Speife giebt !

.

Yuto-da=-Fee,.

Seit einem Jahrhundert werden die Auto = da = Tees feltner, und die Spanier verbrennen jegt nur dann und wann och, um das DVolE zu befuftigen, um die Henker: nicht ver⸗ roſten zu laſſen, um vom Himmel Regen oder ſchoͤn

zu bekommen, einige Zauberer. fi

Bor zwey Jahren wurde zu Sevilla” ein ſchoͤnes, juns ges Weibchen verbrannt, die der Liebe zum Teufel und: det Vorherſehung der Zukunft überführt worden war. '

Es find zwanzig Tage, da ein Schneider, ebenfalls Zauberer, aber ein gluͤcklicherer, mit der Peitſche davon Die Inquiſition waͤhlt aHemak- den erſten Tag: "des Sahres zu ihren Erecutionen, um, wie es ſcheint, Gott dieſe Opfer zur Huldigung und zum Neujahrsgeichent Darm biethen.

Die Urtheile werden in der BDomintoanerficche gefällt and vorgelefen, und der Strafbare wird nach einer Predigt auf den großen Platz gefchleppt, um die Meſſe zu hören, zu eommunieiren und verbrannt zu werden, - Zu diefem Ends zweck wird ein Schaffor, ein Altar und ein Scheiterhaufen

1 Su er—

414 II. Fragmente einer neuen Reife nad) Spanien.

errichtet, Ite miſſa eft, ift das Signal, den Unglücklichen ins Feuer zu werfen. . Man befprigt den Scheiterhaufen, den Altar, die Menge des Volks und den Deliquenten, und ſingt das Miſerere. Der Henker wirft die Aſche in den Wind, das heilige Gericht zieht ſingend ab, und zwanzigtau— fend Seelen. waren Zeugen diefes abfcheulihen Schau:

ſſpiels.

a a ———

Die ſpaniſche Legende krimmelt und wimmelt von ſo viel Heiligen, die kein ander Land kennt, noch ihre Feſte feyert. | Er

Wenn man den mehreften Einwohnern von Madrid glauben will: fo Haben fie alle einen Keiligen in ihrer Familie; und ich Eenne hier wol zwanzig Weiber , die das unſchaͤtzbare Glück haben, Mutter, Schweftern oder Niecen eines Heiligen zu feyn.

Benedict XIV. fagte beftändig: Nom foll nicht be= fchuldiget werben, die Thore des Himmels den Meift- biethenden zu Öfnen. Nichts in der Welt ift theurer als Canoniſation; und alles Geld dafür geht nach Nom, bleihe in Rom, und gehört dem Pabſte oder feinen Helfershelfern.

Send ehrliche Leute, nie Heilige, fagte oft zu ſei⸗ nen Kindern ein Onfel des Cardinal Borromes; Denn die Sanonifation eines Wetters, die Wuth Wunder zu thun, bat die Familie, hat euch an den Bertelftab gebracht.

Zum

U, Fragmente einer neuen Keife nach Spanien. 415

- Zum: Glaͤc aber ſind, ſeitdem die heidniſchen Scharf⸗ richter das Paradies nicht mehr mit Martyrern bevoͤlkern; faulenzende Könige und La: idftreicher nicht mehr beym heili? gen Stade Himmel, Ablaß, Erfcheinungen m Peft fuchen, die Canonifationen var geworden,

Demohngeachtet aber hat man eben zu Madrid einen Hieronomitermoͤnch canoniſirt, weil er dreyßig Jahr, ohne ſich zu waſchen, zu ſcheeren, zu lachen und zu reden in ſei⸗ ner Zelle blieb.

Dies ſind die Tugenden, die der Himmel belohnt; dies die Leute, die man verehren, bitten, anrufen muß; denn ich fodere jeden auf, mir ſeit der Erfindung der Car , ‚nonifation, einen nüßlichen, liebenswuͤrdigen, kurz einen Mann anzuführen, den ich zu meinem Freunde. mir wünfhte. So oft ich. im Calender die Namen Leon, Gorgon, Pantaleon finde, möchte ich die Seite qusreißen. Warum fegt man ſtatt düefer Namen nicht den eines Roußeau? Ich ſeh es Märtyrer, Apoftel, Jungfrauen, Beichtväter, Heilige aus allen Zeiten, von jedem Nange, jedem Alter, ich fehe eg, wie ihre die Stirne runzelt! Was! Roußeau unfer Mits bruder, Roußeau unter uns! ein Heiliger der Öenfifchen Kommunion, ein Heiliger , der nie ein Scapulier um den Hals, nie einen Rofenkranz in der Taſche, nie Bilder in, feinem Gebetbuche gehabt hat! Freylich fafteten, be⸗ teten, peitſchten ſich Pacomus, Jeromius, Willhelmus; aber was thaten ſie, was ſchrieben ſie zum Wohl der Menſchheit?

1 7 Auffer

416 Il Fragmente einer neuen Reiſe nach Spanien.

Auſſer der Bibel zerreiße man alle philoſophiſche, geift- liche, moraliſche Werke, und bewahre mur einzig Noußeaus - Werke auf, denke immer daruͤber nach, und man wird Gott fuͤrchten, ihn anderen und die Menfchen lieben,

Lieben und geliebt feyn, allgemeines: Wohlwollen *), welches fih vom Erzengel bis. zum Engel, bis zum Mens ſchen, bis zum Wogel, bis zur Milde erftreckt, ift dies nicht mem Gott deine Moval, ift dies nicht der Tert, der Com— mentar, der Auszug, das erfte und letzte Wort deines Evan⸗ geliums? Iſt dies wicht dein ganzes Evangelium, wie es aus deinem Munde kam, wie du es vorfchriehft, und wie Roußeau es. auf jeder Seite lehrte!

Smmer ift.er in feinen Werfen mie in [feinem Leben,

mitten in Paris wie zu Clatence auf feinem Boden; _ im

Cabinet wie in den Armen einer Julie, der gute, liebens: wuͤrdige, eimpfindfame, wohlthatige Koußeau.

Dir dank ich, geheiligte Tugend, dir du Gabe des heiligen Geiftes, zufriedne fanfteMiene, heilige Menihheitt denn du machft mein Gluͤck, du allein machft mic) glück: lich, taufendmal glücklicher, als man ſichs denken kann! Der Mann, der das Gold haft und verachtet, fpeyet eine Million an, giebt immer fein Geld, feine Kleider, giebt. al:

- | les

*) Man muß diefed allgemeine Wohlmollen, von dem ich hier rede, nicht mit der erzwungenen Empfindfamfeit verwech⸗ feln, mit diefem philofophifchen Egoismus, der, um Water,

Mutter und Kinder nicht zu lieben, die Welt im allges weinen liebt.

\ / , | II. Sragmente einer neuen Reife nach; Spanien, 4ı7

.r les was er Hat dahin; uud. feßt dern ſuͤßen Vergnügen zu geben Feine andre Graͤnzen als Unvermögen, *)

/ ! . —— ——

Bapnfenhbau 8%

Diefes Gebäude ift nicht groß genug, um alle ausge⸗ ſetzte Kinder aufzunehmen. Madrids Straßen fi nd voll von - bettelnden Kindern.

Ein nacktes, fehreyendes und er weinendes ‚Kind macht unter allen andern Anblicken, dem menfchlichen Herzen: den größten Vorwurf:

Die Natur, gerechter als man glaubt, hat fein leben⸗ des Wefen enterbt, hat niemanden verdammt, von Almofen zu leben. Jedes gebohrne Weſen,wird von dem Augenblick an, da es athmet, gebohrner Eigenthümer von allen dem, was eg nöthig hat. Dies ift ein ſtillſchweigender Vertrag zrifchen Gott, der Borfehung und dem Geſetze. Vater und | Mutter Eonnten aus Nachlaͤßigkeit, aus Dummheit oder we: gen übeln Lebenswandel ihre Güter verkaufen, verfchleudern, . oder verfchwenden; deswegen aber bat das neugebohrne Kind nichts verlohren, nichts: verkauft, Fein Gewerbe, Wech: fel oder Handel getrieben, - Leben und nichts su (eben has ben, iſt ein Widerſpruch. Gott fagte, als er die Wels ſchuf:

MR Eu ie Ich

*) Noch hat man nicht genug die erhabnen Worte eines Antonius nach ſeinem Ungluͤck eitirt. Ich habe weiter nichts mehr in der Welt, ſagt er, als das, was ich weggegeben rn

\ \

ag U. Fragmente einer neuen Reife nah Spanien.

Ich bewillige, daß Bas Chaos fich (heiße, beroiflige dem Werdenden Befruchtung, dem Menfchen, Bildung und Befeelung; doch unter der ausdrüclichen Bedingung, daß er bey der Geburth in feiner Wiege eine Anwei— fung zum geben, die Vorſehung unterzeichnet, finde,

| Kindermörderinnen werden gehangen, Weiber und Maͤdchen, die abortiren, gepeitſcht und eingeſchloſſen; und doch ſterben taͤglich in den Scheunen und Kellern zu Mas drid wegen Mangel: an Windeln und Mild) eine Menge Kinder, die die Augen noch nicht genfnet Haben, Wen fol man nun hängen, wen peitfchen, wen anklagen?

Weiſen der Erde, Philoſophen aller Nationen, acade⸗ miſche Mitglieder der ganzen Welt, laßt eure Saͤle nicht mehr von den Abhandlungen uͤber Monaden, Atomen, uͤber ſubtile, ſchwere und anatomiſche Materie, nicht mehr uͤber den Lauf der Geſtalt der Erde wiedertönen! denn was geht es ung, euch, mir, diefer Mutter, diefem Kinde an, ob die Erde die Geftalt einer Orange, eines Bilboquetg oder _ einer Trommel hat ? Laßt lieber die Mauern, die euch um⸗ ringen, vom Vernünfteln über das Geſchrey eines gebohrnen Kindes, das durftet und fterben will, weil e8 nicht getrun⸗ ten hat, ertöonen! Laßt eure Säle von dem Hechzen eis nes Weibes unglüclicher noch als die Loͤwin, die doch in dem Augenblik , da fie Mutter wird, Nahrung und Bedeckung für ihre ungen hat; miedertönen! .

Kurfchen.

U. Fragmente einer neuer Reife nach Spanien. 419

K u er en,

| Seit fünf Sahren erft fängt man an, den Kutſchen eine elegante Form zu geben. Hier werden die Equipagen dich Mauleſel gezogen; und die ſpaniſchen Grandez und die Caſtilianiſchen Titulados haben allein’ das Recht, mit vieren zu fahren. Langes Gefpänne (tiros largos) ift auch ein Kennzeichen des Ranges, Der Kutfcher ſitzt auf einem der Mauleſel; der Wagen hat aber dennoch ſeinen Bock. Dieſe Gewohnheit iſt ſeitdem eingefuͤhrt, da der Kutſcher des Grafen Olivarez, als er ſeinen Herrn fuhr, ein gehört. tes Bei verrieth.

Verliebte Zuſammenkuͤnfte.

Am Ufer des Manzarenes, am Thore d'Atocha iſts, wo die jungen Herrn von Madrid des Nachts ihre Ge: liebten erwarten oder fuchen. Bey Tage gefchehen die "Rendezvous in den Kirchen, am Fuße des Altars. "Hier werfen fich einige Dutzend Liebhaber nieder, vergeffen Gott, feine Heiligen und die Sungfrau, und kuͤßen die Stellen, wo der Eindruck der - Lippen von- ihren Geliebten noch ſicht⸗

bar if. |

Mit welchem Vergnuͤgen wuͤrden diejenigen, die vor⸗ ſchlagen: Liebe Gottes durch ſinnliche Cultur zu bilden, die in dem Wohlgefallen des Ewigen eingedrungen ſind, die behaupten, daß ihm kein Anblick ‚angenehmer, feine Hat ‚monie ihm würdiger fey, als dag Geraͤuſch der Seufzer, der Küße, der Streit der Liebes einen Haufen Anbeter in

%

| Größe, Glü und Macht zu buhlen.

420 I. Fragmente einer neuen Reife nach) Spanien.

in den Tempeln zu Madrid fehn, die durch Juſtinet, durch eine Art görtlicher Infpirarion geleitet, hierher fommen, um Gott anzubeten, Gott zu verehren, und wenn man es wagen darf,. fih fo auszudrücken? um mit ihm um 2

SS unde.

Die fpanifchen Hunde find dem Anfehn na ſchon, und man findet viele, die die Groͤße eines Wolfes haben. Gewoͤhnlich aber Haben fle weniger Gelehrigfeit , weniger Geruch, weniger Inſtinet als die unfrigen; und da fie we⸗ der ſanft noch ſchmeichelnd find, fo fehlt ihnen die Zunei— gung. Sie apportiven ſchlecht, find minder treu, und nie wird ein ſpaniſcher Hund auf dem Grabe feines Herrn vor Gram ſterben. Die Anhänglichkeit einiger. Spanier zu dies fen Thieren fteigt deswegen aber doch üfters bis zum Un— finn. Ich werde e8 nie vergeffen, wie Don Franciſco P.. mich zum erftenmale empfieng. In jeder Hand hatte er eis

nen Fleinen Hund, einen andern auf dem Schooße, zwey

A Windfpiele bafgten fich in der Stube herum, ein Wachtele

hund jappte unter den Betten, und drey Spuͤrhunde Fraßs ten an die Thuͤre, um eingelaffen zu werden,

El Penfador, Der Denker So heißt ein politifches Sournal, das hier erfcheint.

Wer Galimathias Gewaͤſche uud eitle Speculationen liebt, er dem

I. Sragmente einer neuen Reiſe nach Spanien, 421.

dem wird dieſes Journal, von dem Herr lavige der Her⸗ ausgeber iſt, ſehr behagen.

Dieſes Werk wird wie der Mercute de France auf Befehl und unter der Aufſicht des: Minifteriums gedruckt,

Noch erſcheint zu Madrid-ein periodifches Blatt, wel⸗ ches Anfündigungen, Affifchen, verfchiedene Nachrichten betitelt ift. iefe Zeitung fehlägt etwas ins Fach der Lit: teratur. Man findet darinn Salambours, Charaden, Nor tigen und Raͤthſel. Herr Clavigo ift ebenfalls Berfar. davon.

Einige Zeitlang waren die Journale voll von dem Proceffe, den Clavigo mit dem Herrn DBeaumarchais hat: - te, der bald’ Uhrmacher, bald als Dierfiedler, Litterator, Ads _ vocat, Banquier, Buchhändler in Spanien fowol: wie in England. und andern’ Orten das Aergerniß der Regierung . war.

J Der tee

Wird angebetet, und befindet ſich deswegen he - wohl; denn nichts ir rs als ‚geliebt zu ſeyn.

Straßenpredigen.

Heilige Woche, - Morgens und Abends, alle Tage und an allen Orten - fann man zu Madrid das Wort Gottes hören,

Ein

423 I, Fragmente einer neuen Reife nach Spanien,

Ein Möndy bemächtiger ſich eines Winkels, fteige auf eine Bank oder einen Stein, predigt und entlockt dem Por bel und den -Vorübergehenden Thraͤnen.

Der Zulauf des Volks iſt oft ſehr groß, und dies koͤmmt den Spitzbuben und barmherzigen Schweſtern ſehr gut zu ſtatten. Jene leeren die Taſchen, und dieſe accordi⸗ ren; und die Predigt endiget ſich allemal mit Diebſtahl, Heyrathen und Almoſenſammlungen, waͤhrend derſelben der Prediger mit ſchrecklicher Stimme den verhaͤrteten Süns dern, die nichts geben würden, das Anathema zuruft.

Nie wird man begreifen Eonnen, wer diefen Markt: fehreyern die Quodlibets, die Smpertinencen, die fie aus— kramen, gelehrt Hat. Ihre Erklärungen und Auslegungen find unerhoͤrt. Predigen fie vom Leiden oder der Geburt Ehrifti: -fo ſcheint es, als wenn fie dabey gewefen mären, alles gefehn, alles gehört hätten. Sie bezeichnen, Herodes, Pontius Pilatus, fagen, wie Maria, Joachim, die Amme und die Bademutter Ausgefehn; und nad) ihren Reden zu urtheilen, haben fie mit den Weiſen geplaudert, den Stern geſehn, das Kind aus den Windeln gewickelt, und es gewiegt und umarmt. Hoͤrt man fie von Nazareth und Tabor ſprechen: ſo ſolte man glauben, daß die Felſen vor ihren Augen zerſpaltet, und der Vorhang in ihrer Ge⸗ genwart zerriſſen waͤre. Keck wuͤrde man wetten, daß ſie alle Straͤuche und Winkel vom Libanon und Golgatha kenn⸗ ten, hier geluſtwandelt und gejagt haͤtten, und eben erſt von dort zuruͤckgekommen waͤren. |

Auſſer

U, Sragmente:einer neuen Reiſe nach Spanien. 423

> Auffer diefen Straßenpredigern hät Madrid arich noch eine heilige Woche, worinn die ganze Stadt ſchwarz behan⸗ gen, alle Schauſpiele geſchloſſen, und die Kaffeehaͤuſer leer find. Das Volk ſtroͤmt in die Kirchen, und alle Straßen find mit Altaͤren und heiligen Gräbern wie überfäet. Man gehe zu welcher Zeit man will in diefem oder jenem Viertel der Stadt, oder trete nur ans Fenfter, und man wird Kreuße sorbeyfchleppen, Madonnen und Reliquien voruͤbertragen ſehn. An Leuten, die ſich geiſſeln, und an grauen, ſchwar⸗ zen, blauen auf die bizarreſte Art gekleideten Buͤßern fehlt es auch nicht; und es ſcheint, daß dieſe es gauz darauf anlegten, Lachen oder Furcht zu erregen,

So lange die Paßion dauert, ſo lange die Mißionaͤ⸗ re predigen, beten Große, Titulados, Hidalgos, Buͤrger, tkurz jedermann. Alles weint, alles iſt traurig. Die Weir ber gehn zur Fuß ohne Federbuſch, ohne Schmuck und Haar: putz; denn die Schleyer, Mantillen und die Haufenweis liegenden Halstücher verbergen Gefiht, Bufen, Taille und Haare fo gut, daB man nicht weis, ob man einen Mann, ein Weib oder einen Affen fieht.

Kaum aber find die Mißionäre aus dem Thore: fo werden bie. Schaufpielhäufer. wieder geoͤfnet, die Kaffechäur fer wieder voll, die Schleyer verſchwinden, und die Hals⸗ tuͤcher werden weggeworfen. |

Und in der That, melden Nuten kann man auch von diefen Predigten, von diefen- Untersichte hoffen , da na Manner

«

424 II. Fragmente einer neuen Neife nad) Spanien. Männer fie halten und ihn geben? Den Männern koͤmmt das Predigen nicht zu, fondern den Weibern; denen Gott die Gabe der Ruͤhrung und Ueberredung geb. Ohne Weiber wäre ſo weiſe und erleuchtet die Apoftel auch ſeyn mochten das. Heidenthum nie abgeſchoſt/ haͤtte nie

Maͤrtyrerblut gefloſſen.

Wenn Weiber in Zukunft den Leib und Blut des Er⸗ retters einfegneten, wenn Weiber künftig Gott die Opfer feines Volks brächten, wenn Weiber uns die Sarratnente

reichten, fo würden vom Morgen bis zum Abend die Tem⸗ | pel und Füße der Altäre voll ſeyn, ſo wuͤrde es keine Um gläubigen, keine Atheiſten mehr geben, und La Sande wuͤr⸗ de auf die Knie fallen.

Kleidung des Henkers.

In Spanien haben alle Henker einerley Kleidung, und ſo ſolte es durchgaͤngig ſeyn; denn es iſt unſchicklich, daß dev Henker wie ich gekleidet ſey.

Diefer Abend:

Es war heute eine brennende Kite, Sekt ift es ſie⸗ ben Uhr, und die Scheibe der Sonne vergröffert fih mit . jeder Stunde, und in zwanzig Minuten wird diefes Ges ſtirn zur Ruhe ſeyn. Ich bin im Mittelpunet einer un überfehlichen Pläne, Alles um mich. ift fchön, alles frifch,

alles

D.. Fragmente einer neuen Reife nad). Spanieii, "495

alles: grün, Keine Berge, Fein: Gewoͤllke; ſchn. wier fie iſt die Natur, ganz wi Ra beſeh, beruͤhr ich ſe.

t1®e "08

Aufnelt bereitet. Hier if es, wo fie ie fi ich in ihrer. größe ten Majeſtat blicken läßt, wo fie in Ueberfluß ihre Gaben austheilt, wo fie jeden ihrer Reize entfaltet, wo man ſie lieben muß, ohne es ſelbſt zu wollen.

*

B e v * k er un 3°. en

Mm Madrid fi ind: hunderttaulend Seelen, | Dierum cn Gegenden . der Stadt fi ind oͤde. Deſto beſſer fuͤr Spanien, daß es nicht bevoͤlkert iſt! Den Leuten iſt fo. beſ⸗ ſer; denn es find fo. ſchon zuviel in der Welt. Dies glaubt ich ſchon laͤngſt, und werde es ferner noch glauben, ſo lan⸗ ge ich volle Hoſpitaͤler, Muͤßiggaͤnger, Commis, die. mich ‚am Thore anhalten, Monde im ae und Soldar Teen exercieren ſehe.

. $romme Vermaͤchtniße.

Hier laͤßt ſich jeder ‚im geiſtlichen Kleide begraben, Maͤnner werden als Capueiner, Weiber als Viſitandinen, und Mädchen als graue Schweſtern gekleidte..

Auffer dem Habit beladet man den Todten noch mit Eordons, Agnyge und Roſenkraͤnze, die ihm um den Hals, N. Litt. u. Völker, V. 1. B. Sg um

4

6 H; Fragmente einer neuen Neife nach) Spanien,

um. den Arm gehangen, in die Xermeln in bie Eapüze, ir die Tafchen und in die Muͤtze geftedt werden.

& bahtſchicigi mit Reliquien gefhmüct, kann der Spanier doch noch nicht in Ruhe ſterben; denn um dieſes zu koͤnnen, um in Ruhe von binnen zu feheiden, muß er auch fromme Vermächtniffe machen. Sobald daher ein reicher Spanier gefährlic krank wird, machen ſich zwey bis drey Schaaren von Moͤnchen aus ihren Zellen auf, und halten eine nach der andern bey feinem Bette Wache. Hier giebt es etwas von Holle, Feuer, Buße und, Zorn zu hören, und der Unglücliche, Sterbenstranfe verſchwendet, um die Flammen zu Töfchen, Gott zu befänftigen ımd den Teufel zu verjagen, alle feine Guͤther ih täglichen, woͤchentlichen, jähr- lichen Seelmeſſeii/ und ſtitbt, betaͤubt, ermuͤdet und erfäuft von Drohungen, Bitten, Berlpeeimge, et N

Sr ‚oft. find die Aerzte an dem Tod des Patienten in Spanien unfchuldig; denn mancher Mann wiirde ohne diefe Wache, ohne ihren Lärm nicht fterben, und ein oder zwey Stunden Schlaf könnten ihn wiederherftellen. Aber zu feinem Wohl darf er nicht genefen, darf nicht fchlafen ; fordern muß fterben, fterben ' wie ein Bloͤdſinniger, wie ein

Kind in einer bis Über die Augen, bis über die ie Ohren ges drückten Capuze.

Mönche, Mönche! bleibet künftig in euren Kloͤſtern, komme nicht, die letzten Augenblicke zu befördern, ſchwer zu wachen !

u Fragmente einer neuen Reiſe nach Spanien. 427

Ja, ihr ſeyd es, ihr, die den Tod beſchwoͤrt, herbeyruſt, ihr, die ſeine Schrecken, ſeine Uebel verdreyfacht, hundertmal ver⸗ doppelt; ihr ſeyd es, die ihr uns oft durch die bloße Sur | davor den- Tod felbft verurſacht! *)

O mein Gott, wenn du mic, einft auflbſen willſt: ſo thue es geſchwind, ſchenk mir den Todeskampf!“ Laß mich nicht quaͤlen, zermalme mich ich beſchwoͤre dich darum zerſchmettre mich durch einen Wetterſtrahl, daß ich ſter⸗ be, ohne daran zu denfen., und. wenn es möglich ift, todt ſchon Bin, ehe ich fterbe!

Shalden,.

Für zwoͤlf Franken wird ein Schuldner in Spanien ſchon ins Gefaͤngniß geworfen, und der Gouverneur unter zeichner den Befehl dazu. |

Wenn ſich eine folhe Ordre in bie Wilder ER und ein Tyger fände fie und koͤnnte lefen, würde er. nicht fagen: Diefe Menſchen, die ſchon vor unfern Namen zittern, fi ind taufendmal granjender. und < wilder wie

wir. Jona⸗

2) Ich Habe ſehr oft von einer jungen, huͤbſchen Perſon ſagen hören: mir verurſachte die letzte Oehlung in einem hitzi⸗ gen Fieber einen ſolchen Schreck, daß ich daran zu ſterben glaubte, und auch ohne meinen Bruder, der mir alle Aben⸗ de huͤbſche Hiftoerien erzahlte, gewiß daran geſtorben ware.

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428 II. Fragmente einer neuen Reife nad) Spanien.

Jonathan Carver fagt in feiner Neifebefchreibung, nach dem mitternächtlichen America, daß die von den euro— päifhen Cofonien entfernten Indier nie haben begreifen koͤn— nen, was wir mit unfern Selde machen. Was würden fiejfagen, wenn fie wuͤßten, daß öfters an einem Thaler, oͤf⸗ fentliche Achtung, Freyheit, und oſt ſelbſt ein Menſchenleben haͤngt! RR

Madrids Bibliorbef, -

Diefe Bibliothee befteht aus beynahe vierzigtauſend Büchern, und hat auſſer ihren vielen Kandichriften, die un: ‚ter den Ruinen des Hereulanums gefunden, und unter der Hegierung des jeigen Königs nach Spanien wor⸗ den ſind, nichts merkwuͤrdiges.

| Dieſe Manuſeripte find? Rollen von Pergament, ger ſchwaͤrzt, durchlöchert, abgenutzt und auf einer Seite beichries ‚ben... Es Eoftete viel Zeit, einige davon zu entziffern. Die - fpanifchen Gelehrten‘ fäumen ſehr Tange, ehe fie uns von ‚dem gelefenen Nachricht geben.

*

Der Graf von Aranda und einige andre Einwohner Madrids. Miniſter, Generale.

Der Graf von Aranda iſt vielleicht der einzige Mann, auf den die fpanifche Monarchie jest ftolz feyn- kann. Er iſt der einzige Spanier in unfern Zeiten, den die Nachwelt einft nennen wird. Er mar es, der über allen Kirchthuͤ⸗ ven in eim und demfelben Schilde die Namen Luther, Cal-

Ä vin,

I: Stagmenfe einer nenen Keife nach Spanien. 429

vin, Mahomet und Wilhelm Pen eingraben und bereini. ‚gen laffen wolte; er war es, der’ von Navarras Sränzen bis zum Aufferften Ende der Meerenge von Cadir kund thun laſſen wolte, daß die Namen Torquemada, Ferdi⸗ nand und Iſabella unter die Gotteslaͤſtrungen gehoͤrten; er war es, dir die Garderobe der Heiligen, die Schmuck: Fäftichen der Jungfraun verkaufen, und die Kreuger, Lech ‘ter und Kelchdeckel in Drücken, Herbergen und Landſtraßen —— wolte.

Don Antonio de Ulloa iſt ein wuͤrdiger Mann, den ich “hier aus Erkenntlichkeit, aus Gerechtigkeit und aus Ach⸗ tung nenne, den man ſehen, ſuchen und kennen lernen muß.

Graf D... hat den Fehler, nur ‚die zu bemerken, die ‚hun: gefallen, und die andern für nichts zu achten.

Ich kenne keinen herablaſſendern Miniſter als den

Grafen von F.. Der Geringſte aus dem Volke darf

ſich ihm nahen, ibn ſprechen und ihm das ins Ohr ſagen, was er nicht laut ſagen will.

Vor allen andern liebe ic, den. General G... Das iſt einer der beſten Menſchen, die je exiſtirt haben. Auf der Straße ſahe ich ihn, wie er einem Greis begegnete, ‚in, ‚anfoßte und führte, |

Der Herzog. von. M... ſteht Hier in großem Anſehn; ob. er es verdient, das weis ich nicht, wol aber, daß ich ihm mein Herz ofnete und daß es mich reuet.

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‚40 II. Fragmente einer neuen Reife nach Spanien.

Der Marquis von CE... iſt aufferordentlich geizig, fechzig Jahr, und Hat, -feitdem er auf der Welt ift, noch geinem geholfen.

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Freudenmaädchen. Sobald es Nacht wird, bemaͤchtigen ſich zwoͤlf bie funf⸗ zehnhundert Freudenmaͤdchen Madrids Straßen.

Ein brauner Tein, ein niedlicher Fuß, ſchwarzes Haar, große Augen, ein kleiner gut geſpaltener fchon bezahnter ro⸗

ſenrother Mund verführt auch. Ihr erliegt, genießt und

ſo ſagt man geht krank nach Hauſe. Nichts ſoll, wie man verſichert, den Verfuͤhrungen

dieſer Venuspriefterinnen uͤbergehn. Schade, daß dieſe

Frauenzimmer ſo unſicher ſind, und euch, ſtatt zu machen, öfters den Tod geben.

—⸗—

Cano ni ei. Der Angelus.

Wenn das Gluͤck des Lebens im Muͤßiggang und Reichthum beſteht: ſo muͤßen die Canoniei von Madrid die Gluͤcklichſten dieſer Erde ſeyn. Freylich ſollen ſie fruͤh um vier Uhr ins Chor gehn; aber fie ſorgen weislich dafür, daß die Uhr zurückgehalten wird, damit es, wenn fie vier Uhr fchlägt, fieben iſt.

Nie beobachteten Abrahams Nachkommen durch die größte Geſchaͤftloſigkeit ihren Sabbat beſſer, als es die Spa⸗ nier

III. Epiftel an €, K. 431

nier thun, fobald der Angefüs fhlägt, Morgens ſchlagt er um fünf und Abends um feche Uhr. Nun ruͤhrt ſich feiner mehr bey der Arbeit; alles ift ruhig, alles bethet und Bag | der Jungfrau die Aufwartung. |

m. | Epifel « an C K. von F. S.

2. * 17. Nob. 1784.

J, werde kommen, Freund! und wöünfcht” Ich wäre

Schon bey dir, umd ich dürfte nicht

MWeggehen wieder. Freund, mer fpricht

Wie du zu mir ein, wenn des Herzens Leere Mich qudlet? Oder wenns mich brennt

Vom Kopf bis unten in die Sohlen

Und wenn den Wänden nur verfiohlen

Mein Mund geliebte Namen nennt.

Da fieh ich, Freund! o! Freund! und hoͤre

Das Pochen meines Herzens hell und laut!

- Und mancher Füngling fühlt bey meiner Ehre! 2... ".

Dft faum den zehnten Theil bey feiner Braut, (

‚Bon dem, mas jest, ein Heilig Feuer 2

Die Seele mir durchgläht, zu ſtillen Thaten mich.

Heranruft und noch ‚einmal fo theuer any

Die Tugend macht und Erbeleben dich! V

Da ſteh ich, Freund, umſchattet von Gedanfen

Die groß und heilig wie Die Zugend find!

a ſteh ih nun und möchte gerne danfen Ä 94 ind

und gerne weinen wie ein Kind! _ And blick-auf meines Herzend Wunden:

Mit Ruhe nun, nicht mehr mit Schmerz ! Und fluche' nicht, und fegne meine Stunden

Ind feane felbft mein Herz! O! wohl mir, daß ich nicht gelaufen - Den Pfad bin, der fo manchen ſchon bethört

Ach könnte doch mit Golde nun nicht kaufen

Was mir fo viele Wonne jent gewährt!

Mein Kt wäre nicht der Treue mir geblichen

Mich würde Wi jetzt nicht Lieben

Ich wuͤrde nicht von Water © * geehrt!

Nun aber? ach ich möcht’ es gerne ſagen

Wie glücklich ich durch meine Freunde bin!

Wie glühenden, wie hohen rafhen Sinn | Sch habe, nach dem hoͤchſten Ziel zujanen!r . Bey Gott und Menfchen Gnad’ undkiebe,

Selbſt frey feyn vor des Thoren Haß

Henn Weisheit und die Tugend das

Erringen kann 3- mohlan, ſo übe u

Mein Herz die Kunſt, die dieſes Gluͤck gewahrt, a; Das ſelbſt der nicht: bat, dech |

Verzweifelnd gar an Liebe, Treu an Güte Verſank ich fehon: in thatenlofen Schlaf: (Doch im Bertraun gefagt, wenhs: nicht dein Herz ſchon riethe Es war nur Strafe, die den ſtillen Stolzen traf,) Mißmuͤthig, zwar verwundet auch nicht wenig | "(Hand darum, Freund, verdammteſt du nicht gleich)

y '. \ . War

m. Epiſtel an A a 4;

War oft mein heißeftes Gebeth, der König‘. SE er Der Schatten und fein ic

Py1 du, 0! Gtimme! ‚die mid doch entfihfofen Nicht ganz und gar Kies, die fo emfig mie | Gerufen, mich nicht jelber wie ein Thor zu frafen. .. R Du liebe Stimme habe Dank dafuͤr. | Wes bit du Stimme? ha? gehoͤreſt J Du meinen erſten Freunde, meinem KE** nicht? Vernimm den Dank! wenn du nicht waͤreſt So leuchtete mir nicht das Licht Der Heiterfeit auf meines Lebens 5 Dft rauhen Pfade jest aufs neu! Kun glaub. ich wicher Lich und ‚Treu nd Herzenslohn, und Blicke, froh und, frey In diefe Welt uud jene Welt, und, finge Daß es unmöglich, ja unmöglich fen Dos nicht ſchon hier der Tugendlohn gelinge,

Ih werde kommen— Freund! nichts bev mir, nichts 0 von Schmerz; Kur Farb’ und pinſel und ein frohes Herz! So will ich, kommen und dann ſehen Was fuͤr ein Stein dein Herz die —— = Hm! Serjensangelegenhett? Kaum hatt ich has | Ki erblict, | So haͤtt' ich, gleich ſchon moͤgen "gehen Nicht gehen fliegen trau mie ward nicht wohl!“ Mas? dacht ich, folte ar flv er ken J 605 ar

434 III. Epiftel an C. K.

| Gar ein Duell auf feinem Herzen haben ?

Sich dueliren, fih begraben -

Bon einem Schurten laſſen? ad! er ik

Auch gär zu hitzig, und vergißt

Die Freunde ganz! und daß noch Liebe

. Ihn fegnen könnte, wenn er Länger bliebe.

Pifolen? ach, er ik vieleicht fon falt! Was iſts, was ich im. Briefe da gefunden ?

Ein Pulverkorn 0! war ich da! gewunden Hatt' ich aus feiner Hand das Mordgemehr! * halt! Er iſt wohl hitzig aber weiſe!

Das kanns nicht ſeyn! Doch was nicht beſſer iſt: Vielleicht beſchließt er eine Reiſe

Wo Vaterland und Freunde er vergißt!

Tach Phikadelphiat nach Cherfon! Ich muß eilen Und von der Wandrungsfucht ihn heiten!

Denn traun, es ift bey deutfchem Herz und Muth Doch nirgends ald in Deutfchland gu! So dacht ich, Freund, und quaͤlte mich mit Sorgen Bis in die Nacht, ich dummer Teufel ih! Drauf ſchlief ich ein. Am andern Morgen

Wie freut’ ich da ich großer Weiſer mich

Voll Selbſtzufriedenheit. Ein Salomo der Zweyte Verſtand ich nun im erſten Augenblick

Das große Raͤthſel! Nicht des Mondes Breite Nicht Holands kuͤnftiges Geſchick 3 Kein Mordgedanke Liegt auf. feinem Herzen!

iind feine Flucht von Hof und Haus

Bekuͤmmert ihn! ganz andre andre Schmerzen! Ein Mädchen iſts! Da wars peraus.

HT, Epiftel an C. K. 435 O! Sieh ich blicke weg, du darfſt ja nicht erroͤthen. Wie? gar noch leugnen? leugnen wilſt bu noch? Gut! leugmn es nur, ich glaube doch, —* Ind laſſe mich auf meinen Glauben toͤdten? l Ich dichte gar! Kein, Freund, das war nicht fchön ! Erſt hab ich große Luft, dein Madchen noch’ zu fehn, " Und damı und mann fie auch zu küßen! denn ich habe Kein Mddchen, Freund, ich armer Mann. Nicht hitzig! nur nicht Hisfg! auch nicht dann und wann? Gut! gar nicht! Sen nur ruhig, Lieber! Pabe | An ihrem Kuß dich ganz allein !- Doch lade mich zu deiner Hochzeit ein, ‚Und fpare ja für mich den befich Wein ! Denn wiſſe nur, ich finne ſchon bey Zeiten Auf lieblichen Gefang, und fimme ſchon die Saiten Der Harfe hell und rein we

Ach könntet du es fchlagen hören Mein treues Herz! o! Traumbild werde wahr! D! möchteft du dich, lange nicht mehr mehren! DI brachteſt du der Liebe nun zu Ehren Auch deines Herzens Opfer dar,

Es ift umfonft, und find nur Narren Lchren Der Gottheit Liebe zu entfleuhn Der Liebe, die doch ganz allein Den Erdenhimmel kann Eefcheeren,

Entfleuh ihr! räfte dich zum Streite! Sey groß! au groß für fie und kalt! | Natur,

436 . III. Erika an C. K.

Natur, Natur ſey deine Luſt! das weite, Gefilde und der dunkle Wald

Des Strohmes Raufihen und der Quelle Kraͤuſeln, Am fillen Telch des Schilfes Säufeln | Der Verde Lied, ‚der Nachtigall Gefang

Der Sterne Winfen und des Mondes Gang . Des Morgens und des Abendrothes, Schimmer

Das freuet täglich, freuet immer. :

Das trüber nie und wird nie alt!

So fprach ich, Freund, und wurde fühn und falt, Schon zog, wie in der Baumannshöhle, Gemach fih um mein Herz ein Gtein,

find triumphirend waͤhnte meine Seele

grey mie die Götter ſelbſt zu feyn.

Ich floh hinaus in ſtillen Hainen Recht fühl zu werden nicht zu meinen ! Das weite Feld durchfleich ich ganz allein, Bey naffen Sturm und Gonnenfchein !

Ha! wrah ich, laß die Knaben weinen und tanzen! Ruhe dir allein Sol jeder Tag geheiligt feyn, So lange Sonn’ und Mond mir fcheinen, So fprach ich, Freund, und flehte die Natur Zu zeigen mir der Ruhe Spur. - Doch zittre, Freund, vor dem was ich erfuhr: Mit ernfien Blick blickt auf mich die Natur? Aus ihren Hainen fam ein ſchwermuthsvolles Wehen Ich ſchauderte und mußte gehen.

Der

| 1. Epiſtel an C. K.

Der Strohm ſchoß wild und fürchterlich

Vorbey, ald wdr er böf auf mich,

Ich kam die Nachtigallen fangen

Sum Trotze mir fo ſchlecht, wo nicht

Noch ſchlechter, als ein galllſches Gedicht.

Und aus ber Roſe ſchoͤnen Wangen J

Entdufteten die Duͤfte nicht.

Bedonnert ſtand ich da! mir zuͤrnte Thal und Hagel Und einſt erblickt ich mich im Spiegel | Nicht * Diogenes Sefi ht.

Entlaufener, fo fprach mit raſchen Grimme. est eines Engels oder Gottes Stimme: | Entlaufener! wen fucheft du?

Der Liebe troßeft du ? und flucheff

Der Heiligen? der Geligmasherinn! und fucheh

Die Freude dennoch und die Kuh?

Wie? haſt du, unter allen Thoren

Der Thoͤrigſte! vergeſſen, daß Natur, gebohren, Daß die Natur der Liebe Mutter ſey?

Den Koͤnigsſtab gab fie der Tochter Handen,

Zu herrfchen Aber alle Meere ale Enden

Der Erde, gütig, aroß und frey!

Wie? weißt du nicht, dab Weisheit und die Freude und Kuh der Liebe Schwerern find? Entfleuch Gebrandmarkt an der Stirn und meide,

Wofern du kannſt, der Liebe weites Reich.

Dir zürnt die Mutter! denn es ebret

Die königliche Tochter Menſch und Thier !

41

und

8 1 Cyiſel an C.K.

und ihres Tempels Eingang wehret Entlaufener, die Ruhe dir.

Gebeugt noch Beben mir die Glieder? Gebeugt warf ich mich da aur Erde nieder | Und flehte Gnade nun von ihr. | O! rief ih, Koͤnigin! ich ehre Dein heiliges Geſetz! und du o! Ruhe, wehre Nicht mehr des Tempels Eingana mir. Erhoͤrt ward ich! die Nagtlgalen fangen, Wie und Jacobi finget oder Bo! | J Und ach! ein Strohm von Düften floß um. mich aus ſchoͤner Kofen Wangen, Don allen Wipfeln ſcholl mir nun Wie ſchoͤne Stimmen, wie ein Seegen Aus allen Buͤſchen ſcholl es mir entgegen, Vor meinem Blicke ſchien der Strohm zu ruhn. j

7

| Ich ſchwur! und Zeugin n war die: Der Biebe ewig treu zu ſeyn! Mein beſtes Leben ihr zu weihn, Und ihren Leiden, ihrer Wonne! Mag immerhin auch wohl mein Hey A Sich Angfiigen bey ihrem bittern Schmerz ! Ein Zeöpfben ihres Balſams, Freund, er heilet Die Wunden doch, und warens noch fo viel! Drum höre mich! Die Piebe fey dein Ziel! Denn Zreund, o Sreund:* das Leben eilet und ach! es if, bealänzt von Gold und Ehre Ein ſchlechtes Fuhrwerk! oft gar eine ſchwere | So

IV. Zwey nie gedruckte Briefe des großen Loke. 439°

So ſchwere Saft, und meiſt ein Trauerſpiel.

Woylan darin Freund! ſo bitte denn den alten November nur um guten Zah füemiht eu Dann To mich weiter. auch nichts balten, |

IH komme und befuche dich! mr

Da will ichs dann aus deinem: Munde hören .

Was dir am Herzen fit; und wenn ich kann,

So will ich rathen, Freund, und lehren

Ich alter Kriegesmann.

IV,

Zwey aufgefundene nie gedruckte Briefe des Loke an. D. John Mapletoft, aus dem "British Mer- cury überfegt, von Carl Reinhard. - .-.:

PER ieh. Exeter Houfe, a am 10, Jul.

Sir!

VNo eahtet der angenehmen Nachricht, welche ich hier von Ihrem ploͤtzlichen Entſchluſſe, nach England zuruͤckzukehren, erfahre, und ſo ungewiß es auch iſt, wo dieſer Brief Sie treffen werde, ſo muß ich doch in aller Eile meinen neulichen Fehler bekennen, und Ihnen die gute Nachricht von Ken, Beavis glüclicher Geneſung uͤberſchreiben. Ich weiß, daß der Tod des Lord Northumbetland Sie nur in zu tiefe Trau— rigfeit verſenkt hat, und dag Sie nicht durch einen neuen

—* Schlag

Ä

440 V. Zwey nie geörudte Briefe des

Schlag erſchreckt zu werden bedůcſen Aber ‚bey meiner zu gerechten‘ Furcht konnte mich nichts hindern, dieſe Nachricht einem Manne mitzutbeilen;. der fie. wohl: nicht. mit. Gleich⸗ guͤltigkeit anhoͤren kannte. "Nun. ift der Sturm voruͤber, und ich glaube wenn Sie mir erlauben wolten mit Ihnen zu ſcherzen Sie haͤtten in’ feinem: Lande ſeyn "tönen, wehin ich Ihnen fo breift folche ſchlimme Nachrichten ſchicken durfte, als in dem, woͤrin Sie jetzt leben, wo jeder Ort fo viele Gegengifte gegen Kummer und Sorgen hat, wo jedes Mahl beſtimmt ift, das Andenken an jeglichen Gram zu er» ftifen, und jede Unterhaltung „nur eine Ueberſchwemmung von Mepenthe if. Kann man bey der Herannahung eines nglucks döſchtecken, wenn man yon) einem Heere voller deutſcher Pokaͤle umringt und“ bewacht iſt 2 Nur ſolte ich faſt glauben, daß Sie, gleich andern unferer ‚Zunft „einigen Eckel gegen Ihre Mittel haben, und Ihre Dofis nicht fo niederſchlucken, wie Sie ſolten, und daß Sie ſich ſelbſt nicht gern zu der neuen Methode bequemen michten, die Arzes neyen Ellenweiſe einzunchmen, - Allein fo fparfam Sie auch mit Ihren Herzfiärkungen geweſen kyn mögen, fo hof⸗ ‚fe ich doch, daß die üble Nachricht, die ich Ihnen gab, nach jener erſten, welche fo ſehr das Gepraͤge der Trauer hatte, gleich aufeinen Fleck gelegter und wieder abgetiedener Wal⸗ kererde, etwas von dem vorigen Makel mit ſi ich wegnehmen, und Ihre ‚Seele heiterer als zuvor lafjen wird, ob es gleich wirkſamer geweſen ſeyn wuͤrde, wenn dieſelbe mit einer ge⸗ horigen Quantitaͤt Hochheimer eingeweicht ware, Ich weiß nicht, ob meine Scherze Sie nicht in Ge⸗ danken finden, welche zu ernſthaft fuͤr eine ſolche Unterhal⸗ tung

IV, Zwey nie gedruckte Briefe des großen Jofe!! an tung find. Ih diefem Fälle kann ich nicht ſagen/ ob es füe Sie’ nicht eben fo zutraͤglich wäre, Ihre Seele erwas auf‘ dieſen Weg zu bringen, als fuͤr nn; meine Klagen mit Ihrer Traurigkeit zu vereinigen, Jede ernſthafte Bemere kung von mir wuͤrde Ihnen; nach meiner Meynmg, nur geringe · Dienſte thun. Und wolte ih Ihnen? Gruͤnde ger den den Kummer vorhalten, oder mir einbilben, dag Sie nicht Srhile nenug hätten dent Läden zu ‚das er | Khreibe. Edben dieſe nürhterne * eb det Fran » Beavis ſo Übel, und‘ hat Ahr‘ Fo wenig: gefrommt, duß ich ſie an mie mid’ kn’ allen meinen” Freunden nicht‘ mehr fiebe, Da Sie hun einmal den‘ Brie wechfel mit mit angefangen haben; fo müſſen Sie ſchon den Nachtheil eines ſchlechten Haudels ertragen, und mit dem Getlapper der Corallen zufrieden ſeyn, da ich (wie Sie ſchon mein letzter Brief ver⸗ ſicherte) keine beſſere Waaren an Sie zu verhendeln habe. Aber, mein Herr, ſo ſpaßhaft ich auch bey andern Gelegen⸗ heiten rede, fo ernſthaft und auftichtig bin nun wenn ih Sie verfichere, daß ih. fe, ab Be 7034 Ihr gehorfamfter und ergebenfter Diener u J. Loke.

Dr. Eydeiham läge ſich Ihnen herzich empfehlen.

Frau Beavis hat ſich noch nicht fo fehr von ihrer fran⸗ sofiichen Melancholie oder engliſchen Krankheit Whohlt, daß fie es wagen koͤnnte, ſich den Gedanken anzuvertrauen, tele de. ein; Brief an Sie notwendig in ihe hervorbringen

2 Litt. us Voͤlterk. Ver a muß.

442. IN Zipen nie gedruckte Briefe des, großen Loke.

man... Das allein haͤlt ihre Hand zuruͤck. Sie wiſſen, wio reijbar dieſer Theil ihrer Seele iſt, und wie leicht ſie ſolche unangenehme Eindruͤcke empfaͤngt und behoͤlt⸗ gegen welche die Zeit bisher nur wenig thun konnte. Aber gerade als mären .fig, von. ewigem, monumentaliſchem Marmor, fo kann nur die Zeit wie fie es mit ſolchen Denkmaalen zu thun pflegt uͤber diefe, „Zodtenköpfe , an welchen. fie mit Entzuͤcken verweilt, ‚Staub hinſtreuen, welchen. jeder. Seuf⸗ zer. von, ihr wieder ſorthaucht; und der geringfie: Ges danfe dieſer Art bringe, eine Menge traurigen; ‚Gegeuftände vor ihren vollen Blick, Da Sie alfo ihre ‚Grmürhsare fo. gut kennen, und da Si⸗ wiſſen, wie ſehr ſie eines Ruͤck⸗ falls faͤhig iſt, fo zweiſle ich nicht, Sie werden ſich freuen, aß. fie: anfängt für ſich ſeldſt Sorge zu tragen, und endlich für, ihre, eigene. Ruhe fo fehr bemüht. iſt, daß ſie alle Ge⸗ legenheiten vermeidet, welche den Kummer wieder erneuern thnnen, unter welchem J ſoen zu ya und zu Pi ve ten habs | R Eor.:Dri' ‚Ihn at the Right Honourable the Lord Ambaſſadors at Copenhagen,

"Zmweyter Brief. | Sam. am 7. Ott.

"Mein lieber Herr! | :- Bi gleith vor dem’ Empfang Ihres legten Briefes Keane ch Wegen meiner langſamen Reiſe erſt dieſen Abend hier

IV. Zwey hie gedryckte Beiefe des großen Loke. 443

hiet vorfand) vollklommen von Ihrer Zreundſchaft veiſchert wars fo gewaͤhrt mir, doch die Beſorgniß, die „Ste fuͤr meine Geſundheit haben, und bie, Zärtlichkeit, womit Ste wir fo dringend die, Reife nach Frankreich empfehlen, neue und, verbindliche Zeugniſſe davon, Dies iſt ſo weit von eis. ner Beleidigung des Wohlſtandes entfernt, und bedatf ſo wenig einer Entſchuldigung, daß ich vielmehr die Verzei⸗ bung, um welche Ste bitten, für das einzige halte, das ich Ihnen Übel nehmen müßte, wenn ich einem Manne ekwas uͤbel nehmen Eonnte, der mich mit fo viel Guͤte und Auf— ‚richtigkeit behandelt. Ich eile jegt nach London zuruͤck, um Ihnen ſowohl für dieſe als ſo manche andre Beweiſe Ih— rer Gewogenheit zu danken, und dann, went ich Sie zum Nichter Über Meinen Gefundheitszuftand gemacht habe, mir Sören Rath auszubittin ; was mir am zutraͤglichſten ſey. Sie muͤßen hierbey mit eben der Freymuͤthigkeit zu Werke

gehen, da nichts über mich vermögen wird, meine Freunde in England zu verlaſſen, als wenn einige betfelßen durch? aus auf meine Abreife beſtehen.

Wie es aber auch mit mir kommt, ſo werde ich un⸗ ter den Beweiſen Ihrer Zaͤrtlichkeit leben, und die Luft von Hampftead-heath oder Monpelier genießen, wohin mich ihre Sorge und Freundfchaft verfekt, und meine Ges fundheit wird mir. um ſo willkommener ſeyn, wenn ich fie Ihrem Rathe verdanfe, und wenn fie die Hofnung mit ſich bringt, daß ich. noch länger in der Melt leben koͤnne, um Sie zu verfichert, wie groß bie Liebe und Aufrichtigfeit iſt, mit welcher ich bin, mein Hert, Ihr gehorſamſter Diener und zaͤrtlicher Freund | J. Locke. |

5 Dem

au v. An die Hofnung. J Dem Hrn. Firmin und ſeinet Gattin meine dankbare

Empfehlung. Sagen Sie der Fran Grig meinen herzlichen Gruß, und daß ihr und mein Onkel, Locke, welcher gegen⸗ waͤrtig iſt, indem ich dies ſchreibe, ſich ihrer fteundſchaftlich erinnert. Bey unſern Freunden in Northumberland⸗ Houſe dürfen Sie mich auch nicht vergeffen. - For his much honoured friend,

Dr. Iohn Mapletoft, at Mr.

Firmins, over againft the

George, in Lombard ftreet,

London, „2

v. An die Hofnung.

Wa iſt es, die im roſigen Gewande,

Von Morgenroth das Haupt umglüht, | Noch freundlich an des Grabes duͤſtrem Kande, Wenn in der Jahre Schooß mein Leben abgeblüht, Mich Armen, fanft an ihren Buſen sicht?

Mich mit dem Traum‘ von einem fernen Lande,

Wo fein erzörnter Sturm, der Freude Bluͤthen pflückt, Auch in der ſchweren Nacht des Todes noch entzädt?

Du biſt es Hofnung, Zauberin des Lebens, . Die mir die Hand am Grabe beut; Bon dir gefchägt ik jeder Sturm vergebens, Mit dem der Zorn des harten Schickſals draut: | or Dein

V. An die Hofnung. A445 | Dein Liebling lacht des wilden Strebens Der Sorgen, die mit finſtrer Grauſamkeit,

Auf unſrer Erdenbahn, wie Schlangenheere ziſchen, und in der Freude Trank, den Gift des Kummers miſchen.

Wenn tiefer Gram an unſerm Buſen nagt, Die Thraͤne uns im bangen Auge zittert, Des Echos Ruf es achzend wiederſagt, | Was mir von Schmerz, von milder Muth erbittert, Wann die Verzweiflung uns mit Feuerkraft erfchättert, Dem füllen Thal, wehmůuͤthig fanft geflagt, Dann Göttin nahſt du dich,: mit anmuthsvollem Lacheln, So fanft ald Zephurs kaum, auf Rofenbldtter vo

Du zieheſt dann mit deiner. eillenhand, Von unſerm Blick des Kummers Schleyer, Der uns mit büftrer Nacht umwand; Es gluht in und dann. dein allmachtig Zeuer, Nur ganz vom Feidenden gekannt z j Der Zukunft Dunkel liegt dann freyer, Sn veizender Geftalt, vor unfermAnblic dar, Wir fuͤhlen deine Macht, es flieht der Sorgen Schaar.

Du ſchafſt der Daꝛſtigkeit bemooßte outte Zum Wohnplatz eines Reichen um, Gemdhrii den Sterblihen auf. ihre Bitte, Die Ausficht ins Elpſium; Die Freude thront in deines Schooßes Mitte Vergnuͤgen iſt dein fihönftes Eigentum! - Du biſt ein reigend Wild, des Labevollen Schlummers, und giebſt den Leidenden Vergeſſenheit des Kummers. ha Don

446 | V. An die Hofnung.

Don deiner Zauberhand geführt, vergit

Der Selave leicht der Feſſeln Schwere,

Und ſucht auf dem empörten Meere, Die Freyheit die er laͤngſt vermißt! Von deinem Roſenmund gekuͤßt, Weiht ſich Eurbpeng Sohn dem ungefahre, | Und denkt berauſcht, daß er im der entdeckten Welt, Das lang gehofte Gluͤck, der Wuͤnſche Ziel erhält. -

_

au bem der in deö Kerkers duͤſtren Mauern, - In, fhmeren Ketten jammernd liegt; | Schleichk du am Mitternacht, wenn Geier ihn unten, Und ihm der. Freude Tester Strahl entfiegt, | Theilnehmend ſanft mit ihm zu trauen Und jeden Gram, der feine Stirne pfluͤgt, Durch deinen Labettank bezaubernd zu verſcheuchen, Und ihm im Wonneglanz, der Zukunft Bild zu reichen.

Er ſieht im Geiſt den Kerker aufgefprengt, Die Dunkelheit die ihn umſchwebte ſchwinden; ; Bon deinem milden Ruf geleitet, ſenkt Die Ruhe ſich auf ihn herab, und lentt Sein Herz, zu trüb um Troſt in fich zu finden, Nach jenen bliumenreichen Gründen, In denen Phantafie den Kofenfcepter führt, Und die Verzweiflung ſich, in ihrem Traum verliert,

Du biſt es die des Weiſen Geiſt umſchwebt, Wenn Er bey einer Rampe ſchwachen Schimmer, Den Menſchen fern, in feinem dunklen -Zimmer, Nicht fig, ame andeer Nuten lebtz

Wo er, mit unerſchrocknem Geiſt, mit vimmetr =

Raſtloſer Thatigkeit, nach jenem Ziele ſtret

Das durch unſterblichkeit den hohen Sieger lohnt,

Wo wahre Groͤbe nur, und nicht erkaufte wohnt, Wann uns das heuer ber entlammten riebe, ä en

Ermpfindungsvoll die Wange atühf,

Wann uns vom Schmerz gefoltert, "tüäbe,

Des Silberbaches Ufer fiehts |

Und fie die Quelle unſrer beiben-Leiebe, ; = + Mit fiheuem Fuß vor-unfeer Gebnfucht lieht Dann Göttin laßt du uns, zum ſeligſten Entzuͤcken, Ihr jugendliches Bild, im Hilen Bach ei:

Wir fehen dann mit möuftrinfneih Blick, In dem, durch Pwantafie e ehtflamihten Beute rs Den lang erwarteten, den fßen Mugendfik, HF mt Wenn wir, duͤrch Amors ſchnelle Slägkl, - Zu ihr gebracht, zum ewig feſten Siegel. | Der Zärtlichbeiti ad hohe Goͤttet aluck. = mi. Das fanfte Norgefuͤhl der Geligkeit ‚neulahen, in 2 u. © Und ihren —— und ihre: Wanse küsßen.

4

u}

Dem der "von Banget Krankheit abgezehtt, | a Sich auf dem Lager jammtend wlndet, a Dem feine Freude mehr die Welt gewdhrt, And der verzweiflunßsvo, nichts ala den Tod begeht, In ihm nr“ noch, die einzge Lindrung findet, Dem, -— wenn du ihm erſcheineſt ſchwindet N Sein: Airter Stötmebli, er ſieht bey deinem Zauberticht, Schon die Gefundheit nahn, und er verzweifelt nicht!

11V #4

us V. An Sie Hofnung.

ı

So lachelſt du dein Arinen wie dem Giebſt dieſem Ruhe, jenem Geld; Wenn alle Freuden unſers Lebens weichen, Der Sturm ſchon über uns laut donnernd rot, Und Screc und Furcht die Wange bleichen, Dann ſchenkſt du dem der dir o Goͤttin zollt, Das Hochgefuͤhlz dies Beben fen bie Morgenzeit, - _ Der Mittag nahe ſpat, und heiße, Ewigkeit!

So wie ein Sommer ohne Sonnenfchein, In dem mit Kegengäffen Stürme wuͤthen, So würde dann das Leben feyn, O Göttin, wolſt du uns nicht deinen Scepter Tape; Des Schickſals ‚Donner zu gebieten, FR Und vorfihtsugl den Abgrund zu verhiten‘, In den Verzweiflung uns mit Gifenbanden zieht, . Und dem man ohne dich, doch. nur vergebens flieht,

Drum fröne du mit deinen Reſenkranzen, D füße Hofnung mich, Die ich noch nie vermißt; Laß deinen Schlimmer ſtets mich fanft umglanzen, Wenn in des, Lebens labyrintiſch wilden Tanzen. Mein Geiſt den Ausgang je vergiät; | Und wenn der Tod, einft meine - Wangen fit, .. Dann Göttin lachle une mit: Eabevoller Kup, 24 Und drüde mie. die fchon —— Augen Pr :

Halberſtadt. J Kleik:

» 26

VI. Auf

Auf eine erneuete Bildfäule der Gerechtigkeit.

ng

D u! nicht Jupiters Tochter und der Themis!

Mein! der Uebermacht und des Srevels Bankart!

Sinfelhure. die jeglichem Tyrannenn. Ihren Schoo zu linmenſchlichkeiten

Sieh! im Namen beleidigeter Menſchheit |

Schlag’ ich deine vergoldte Wag' um's Maul dir;

Dig}, ‚Die ‚nicht mehr Geſetz und Sünde gleichwägt;

Sander über das Wohl und Weh der Bürger

Nur yach Wiltühr entſcheidet und nach faunent ...,

Steh; ‚im. Namen beleidigeter Menſchhelt F

Brech ich uͤbet dem ‚Kopf ‚dein goldnes Schwert dir ,

Di! N; die, uscht mehr ein brandig Glied des Staates

Mit ber Schnelle des Streihe vom Körper trennet 5 *8

Sondern, langſam mit Schand' und Striemen folteend, ...

Der Verrmeiftung den Niffeshäter zufögt ! |

Eigp!, im Nomen belcidigeter Menſchheit

Dep’ i& die ein Gewand von Gaſſenkoth an:

Dir! die nicht mehr unfhuld’gen Blutes rein if;

Sondern | ‚über und über. tropft vom Blute,

Das die unſchuld in harten Kerken meinet!

Denn das Stirnband paft du. ſelbtt wegaeworfen,

um am SKettengefliee und der Gepeitſchten

Wuthoebruͤlle dein ſteinern Ohr zu weiden,

459 VIl. Hiſtoriſche Nachrichten,

Um dein“ ſteinernes Aug an Graufamfelren Und der Sterbenden Zuckungen zu meiden! Du! der Uebermacht Banfart und des Srevels ! Nicht ws Jupiter und der Themis Tochter!

kor. Leop. Haſchkar

Hiſtoriſche Nachrichten, die Schlacht bey Haſten⸗ beck betreffend, von einem vornehmen Officier.

E. iſt in dem eten Stuͤck des zu Hannover herausgekom menen militairiſthen Journals eine fehr aurhentifehE" Rela⸗ tion von der am 24. 25. Und 26, July 1757 bey Haſtenbeck zwiſchen der alliirten und franzoͤſiſchen Armee vordefallenen Affaire gegeben worden, und gleichwie ich als ein Augenzeu⸗ ge, (da ich ſowohl vor, als in und nach dieſer Aaite, in det Suite des Herzogs yon Cumberland Koͤnigl. Hoheiten, um Hoͤchſtdero Befehle zu bringen, mid angeſtellt befunden,) die Wahrheit und Authentiecite forhanet Relation beftäti: gen kann; ſo veranlaffen mich im Gegentheil die Über dies fe Affaire in verſchiedenen öffentlichen Blättern erfhienene ſalſche Beurtheilungen, beſonders aber die in dem Portefeville vom Nov. 1786 eingeruͤckte Anecdote, uͤber das von des Hers zogs von Cumberland Königl. Hoheiten gefuͤhrte Commando der alliirten Armee etwas naͤher zu beleuchten, und dag Unwahre davon zu ‚zeigen, |

Diefe

die Schlacht bey pafleibei Gereffend, Ay

Diefe Anecdote iſt ein aufgeraftes oder wohl Teibft er fundenes Geſchwaͤtze, und man folte doch hoffen und fodern fonnen, daß wenigſteus für die lefende Claſſe unferer Mike bürger mehrere Achtung geheget würde, als fie mit + toten |

on Sachen zu unterhalten,

. Bot billiger Schonung vetdienſtvoller Heerführer, die nicht ſowohl durch Geburt und Stand, ald durch entſchie dene erhabene Eigenfhaften, allgemeine Verehrung genießen, will ich nicht einmal Erwaͤhnung thun, denn der unbefanm te Verſaſſer dieſer Schmähfchrift ſcheinet fich ſowohl über diefes als überhaupt über alfes, mas einem. wahrheitslieben⸗ den Oqriftſtelier doch eigentlich gebuͤhret, hinqusgeſeht zu haben.

Wenn es hier der Ort waͤre, ſo wuͤrde ich leichte im Stande ſeyn, aus dem bereits angefuͤhrten Grunde mit der genauen Localkenntniß der Situation von Haſtenbeck und denen daran ſtoßenden Gegenden, die eigentlichen Urſachen des ganzen Ausganges, mithin auch die, welche die Retraite der Armee zum Grunde Daun, ausführlich zu detailliren.

Sch mic, aber nur ‚einige Data zu beräß, ven, um Kennen von Metier, und befonders von Ope⸗ rationsplanen den-mwahren Geſichtspunet zu zeigen, und eis nige, der KHaupturfachen bemerflih zu machen; melde bie ‚für die alliirte Armee fp nachtheilig ausgefallene Operationes in der erſten Wampagne Yon 775% veranlaffeten, und hiezu fodern mich ſowohl Pflicht als. Wahrheitsliehe auf, aim

dig

452 VIi. Hiſtoriſche Nachrichten, >:

die oben. angeführte franz feichte Tiraden zu wie derlegen.

H Die ſogenannte alliirte Armee wurde in dieſer Cams pagnie aus 4 differenten Völkern als Preußen, Hannovera⸗ nern, Braunfchweigern und Heſſen formiret,und jedes diefer Corps ftand unter feinem General, Es fehlete das Ober; haupt, mithin die fo nöthige Verbindung des ganzen, dahero geichahe die Zubereitung aller dahin einfhlagenden Brans hen ohne Plan und Syſtem, und dieſe Armee glich in allem-der demnächft formirten Reichsarmee , deren ‚Erploits zur. betaupe * ind.

9 Dem Herzog von Cumberland wurde das Comman⸗ do dieſer alliirten Armee nur allererſt in dem Zeitraum übertragen, wie die feindlich franzoͤſſſche Armee, dem mit dem Wiener Hofe abgeredeten Operationsplan gemäß, bereits in voller Bewegung war, und fich theils durch‘ das Luͤttich⸗ fehe, theils durch den Elſaß Weftphalen näherte,

3) Der Herzog, welcher von denen in Hannover ges troffenen Maafregeln vorher nicht die mindefte Kenntniß gehabt, pafirte zwar die See auf das eiligſte, jedoch traf derſelbe allererft in Hannover ein, wie die Truppen , welche die alliirte Armee formiren folten , ſich bereits im Marfche zu ihrem Berfammlungsplage befanden.

4) Der Herzog vermochte nur menige Tage ſich in Hannover zu verweilen, um in ſolcher Zeit einige generale Kennt⸗

die Schlacht bey Haſtenbeck betreffend, - 453 Kenntniſſe von denen "gemachten Bortehrungen zu’ ges innen, |

J

5) Er. fand au Pi vieles ‚rede mangels

haft, als: s

a, Ein in möglichfter Eile zufammengeftoppeltes und Aufferft fchlecht eingerichtetes Commiffariat, das ‚beie dann auch natuͤrlicherweiſe |

b, ganz verkehrt difponitte ie

e, ein ſchlecht befpannter und der Stärke der Apr mee durchaus nicht angemeſſener Proviant⸗

train, d. eine hochſt fehlerhafte Eiarichtuns mit Ar tillerie, i »

e. einen gänzlichen Mangel an leichten Truppen, indem ſolche bey Erbfnung der Campagne nur blos aus 120 Büceburgifchen Carabiniers und _ Zägern beftanden , dahingegen die anruͤckende feindlich franzoͤſiſche Armee deren einige Tauſen⸗ de zaͤhlete.

6) Hierzu koͤmmt noch die unverantwortliche Ver⸗ ſaͤumung der ſo aͤuſſerſt nothwendigen Uebereinſtimmung mit dem Hauptalliirten, des Koͤnigs von Preußen Majeſtaͤt, wie ſolches die Data, waͤhrend des Aufenthalts des preußiſchen Generallieutenants Grafen von Schmettau in Hannover, vor Eröfnung der Campagne zur Genuͤge darthun,

ö Ä Not,

454 Vl. Hiſtoriſche wohrihem J

No Es entſtand hiedurch die hoͤchſt hachtheilige Fol. ge, daß des Königs von Preußen Mafeftät ſich ge⸗ zwungen fanden, ihre weſtphaͤliſche Garniſon aus

JWeſel zu ziehen, und dieſe Feſtung nebſt ganz Weſtphalen dem Feinde zu feiner Subfiftante ein⸗ zurtaͤumen. Wie ſehr dieſes die feindlichen Ope⸗ rationen erleichterte, und wie druͤckend es der al⸗ kiirten Armee war, bie, anſtatt Weſtphalen aus⸗

zuzehren, nunmehto von ihren Landesvorrächen

leben mußte, ward teider t durch die ſehr ie er » Ligen Folgen beftätige, a

H Gen aribers verfuhten bed Herzogs Ferdinand Durchl. Hoͤchſtwelche auf das ihnen in det folgenden Campagne Abertragene unumſchraͤnkte Commando mit der Are mee gegen den Rhein ruͤckten, Muͤnſter und Lippſtadt zu ihren Races d Armees machten, und dadurch einzig | und allein den Feind- von den hannoͤverſchen Graͤnzen

| entfernt Bielten. 2. Es war für den Herzog ein auſſerſt druͤckender Umſtand, daß deſſelben Commando ſo eingeſchraͤnkt war, um über Gegenſtaͤnde, die doch eine prompte Entſcheidung erfoderten, zuvor nähere Verhaftung aus England einzu holen, und ad interim mit der Negierung zu Hannover Nürffprache zu halten, deren: Pouvoir ebenmäßig. fehr ein⸗ gefchränkt war, zumahlen folche ben vor 2. Jahren entworfe⸗ nen Lieblingspkan die Armee im dringenden Falle unter bie Eanonen von Stade zw ſauviren, zu ihrem Hauptvorwurf nahm. ! Dies

die Schlacht. bey Haſtenbeck berezffenb. 455.

Dies find, Facta, welche klaͤrlich zeigen, daß dem Her, zoge won Cumberland uͤber die nachtheiligen Folgen; der erſten Sampıane nicht iss mindett ſey. nd : . n'R :,D

'm

| Ich ſchaͤtze mich 1* zluͤcklich, ein —7 BR jeuge, als bey Dettingen, Fontendi, Laffeld und Haſtenbeck von der kalten Gemuͤthsfaſſung dieſes Helden in den waͤrm · ſten Gefechten geweſen zu. ſeyn, dieſes Helden, der durch ſeinen Sieg bey Culloden in Schottland des Herrn Vaters | Thron befeftigte, und an der "bey Dettingen” | Bunde noch in der Afaire bey Saftenbedt bluttte

Und juſt in dieſem Zamaum, wegen fein Men Wunde verhindert wurde, alles ſelbſt zu recognoſci · ven, ſich daher viel auf fremde (öfters ſehr ſchwachſehende Geſichter) verlaſſen, und ‚auf deren ſeichte Rapports, feine Magßregeln in der Eile ergreifen mußte, wovon der, miß⸗ rathene Verhack auf dem linken Fluͤgelin der Stellung zwiſchen Haſtenbeck und dem Dorfe Vohrenberg Teider zum Deyfpiel dienen. kann.

- Sch bin völlig Überzeuget, daß dieſer wahrlich erhas * Held waͤhrend ſeines gefuͤhrten Commando in det er⸗ ſten Campagne alles gethan, was bey der fehlerhaften Eins richtung der. alliirten, faft um % ſchwaͤcheren Armee als bin | Ä feindliche, nur immer bat heſchehen moͤgen.

Es läßt ſich dahero nicht erklaͤren, wie es dem Ver: faffer der -vorerwähnten franzoͤſiſchen Anecdote in dem Por⸗ te

tefeville moͤglich geweſen ift, auf eine fo unverſchaͤmte Art, die Urſachen des mißlungenen Feldzuges lediglich dem Be⸗ nehmen des commandirenden Generals beyzumeſſen und ſo geradezu zur Laſt zu legen, ja ſogar ſich noch das haͤmiſche Vergnuͤgen zu machen, den unwiſſenden Theil des Publi⸗ cums mit Aneedoten zu unterhalten, die derſelbe durchaus nirgends anders als aus den Tagebuͤchern des Poͤbels ge⸗ ii haben kann. | Ä

Ein Schriftſteller, der ar einiges Gefühl von Schaam hat, aͤffet nie das Publicum auf eine folche freche Art, und unſerm Zeitalter gpreicht es zu Feiner Ehre, wenn einer fich erfühnet, unbedeutende Erzählungen: (die gemeini⸗ glich, wie bey diefen Anccdoten ohne Zweifel der Fall iſt, von Zuhöhern der: niedern Claſſe, ja wohl von Bedienten mißverftanden, und mit Zufägen vermehret werden) eines noch lebenden großen Herrn anzuführen, welcher doch zu der Zeit im feinen zarten Jahren, noch felbft erft im Zim« mer den Grund zu feinen nachher ausgebreiteten und mit . allem Ruhm bekroͤnten militaͤriſchen Kenntniffen legte.

Zufegt muß ih noch anführen, daß die Ceuſores die abgeſchloſſene Convention zu Zeven fehr unrichtig beurtheir fen, wenn fie ohne Kenntniß des Ganzen, folche bloß allei⸗ ne des Herzogs von Cumberland Könige, Hoheit bey⸗ meſſen.

Bekanntlich wurde dieſe Convention auf ausdruͤckli⸗ hen Befehl von England und auf Einleitung des daͤni⸗ ſchen

VIH, Briefe von Sterbenden. 457

ſchen Miniſters Grafen von Lynar geſchloſſen. Der nahm aber lediglich aus Großmuth und kindlicher Verehrung fuͤr ſeinen koͤnigl. Herrn Vater, die ganze Schuld auf ſich, um feinen König und Vater nicht noch mehr mit der engli« chen Nation zu compromittiren, als welche ſchon gegen jene Convention Aufferft aufgebracht mar,

Diefer für ben edeldenfenden Bis böchft che Schritt erregte die Aufrufung der Convention, und ein engeres Buͤndniß mit des Koͤnigs von Preußen Maje⸗ ſtaͤt, und war der Grund zu dem gluͤcklichen Surceh der

genden Campagnen.

\

VII. | Briefe von Sterbenden:

4

D. Gedanke, Perſonen in der Stunde des Todes, Brie⸗ fe an ihre zuruͤckbleibenden Freunde ſchreiben zu laſſen, iſt nicht neu. Die bekannten Briefe von Sterbenden, haben mir die erſte Veranlaſſung zu folgenden Verſuchen gegeben. Sch fand ale ich fie las, dag die Hohe Empfindung, welche darin berrfcht, einer noch größern Wirkung durch den poe⸗ tifchen Rythmus fähig wäre , und ‚r entftanden dieſe Epifteln,

‚9. Er. von Saliſch.

N. Litt. u. Vollerk. V. 1, B. St 1. An

458 VI, Briefe von Sterbenden.

1

An Guſtav.

Brauald Freund, bald bin ich nicht mehr bier, In jeder meiner Nerven fühl ih? Tod! Geh’ ich zurüc, und fehe meine Freunde An meinem Grabe ftehn, und eine ſtille Zähre Dem weihn ber nicht mehr iſt; Dann wird mir weh um’s Herz Dann nur wuͤnſch' ich den Augenblick des Scheidens ‚Entfernt, bis alle die ich. hier geliebt Vorangegangen find in’s begre Reich, wo uns

Ein engrer Freundſchaftsbund verbinden wird.

Nicht ſo wenn ſich mein Geiſt Die Seligkeit der frohen Zukunft mahlt; Dann ſchweb' ich auf des Traumes leichten Fluͤgeln “gu eure Kreiſe, Freunde, die ihr mich Am Ziel erwartet, wo der Lohn Dem wird, der ſich des Tohnes werth gemacht ! | Dann feh ich auch dich, die mein Herz erkohr, * Die du mir alles warſt, bis daß Ein unerbittliches Geſchick Den Faden trennte, der uns hier verband. Wie klagt' ich damahls nicht um dich! ich Thor und jetzt Wie freu' ich mich dich dort zu ſinden, wo | Ein unauföslich Band auf ewig uns vereint, Wo ung die Lieb' in jedem Augenblick. des Geyn’s Ein ungezähltes Heer von Freuden reicht!

Zwar

\ . 5 VIII. Briefe von Sterbenden. 459

Zwar dich, mein. Gufav, find ih noch nicht dort, doch eh’ Die uns milde Strahlen ſchenkt So biſt auch du gewiß nicht ſterblich mehr, Dann ſind auch wir, ſchon jetzt des Bundes engre Bruͤder Vereinigt zu dem Bunde der Verklaͤrten:

Wenn du dann einſt von deinem Freunde Die Todesnachricht hoͤrſt So weih' ihm eine Zahr, und ſtatt Daß Marmor von des Künftlers Hand geſchnitzt Ein Denkmahl feiner Aſche ſey: fo ſprich! Er war es werth mein Freund zu ſeyn!

u Albert an Carl. (Nach dem befannten Schaufpiel: Albert von Tpurneifen,)

Die Abſchiedsſtunde ſchlagt nur wenig Augenblicke

Und der, der mich zum Tode führt erſcheint!

Ich ſterbe, Freund; nicht wie im fanften Schlafe

Mit frohem Geift der Gute, nur entihläft!

| Ich ſterbe durch die Hand der, die vor kurzen noch | Mein Winf mit Allmachtskraft dem Tod entgegen „führte, Du ſchauderſt! ſchaudre nicht, und zürne nicht mit mie Dein Albert fehlte zwar, und fehlte ſchwer, doch ach! Vollkommenheit ward nicht dem Sterblichen zu Theil Beklasen kannſt du mich, auch nimmer lieber Carl.

Ji⸗ 2h

‚460 . VII. Briefe. von Sterbenden, Ich bin fo gluͤcklich, denn ich ſterbe für Sophiem - Fuͤr fie, fuͤr die und haͤtt' ich taufend Leben Ich taufendmal den martervollten Tod er Mit Freuden duldete! noch ſchwebt ſie meiner Geele In ihrem ſchoͤnſten Glanz, im Engelökleide dar .- ie fie das lestemahl an ihre Bruft mich drüdte - -. . t Und wie ihr heitrer Blick mir vol von Ahndung fagte: | Bald, bald bin ich bey dir!

Umiffoſſen mit dem Lichtglanz der an Sophie.

Will ich dir dann entgegengehn,

Mein Weſen an das beine fetten.

Und meine Seligkeit in deinen Armen finden!

geicht wie dem Guten fein Gemiflen

Wird das Gewand das uns umgiebt, dann feyn,

Kein Fürft wird unfrer Hülle dann gebieten

Und fagen, daß fie ſterben fol!

Ja! welche Ausſicht Carl! mie fchön lacht mir das | Thal

Die Elippenvollen Sign find überfiegen

Mein Walfahrtöziel iſt da!

Was hör ich, ha! die Sterbeglocke tönet Ein Fieberpulsfchlag ift von meinem Leben | Ein großer Theil! die Wache koͤmt Lebt wohl! Sophie, Carl! Sophie! |

IX, An

3, u BE: > 2 An ein Brautpaar.

A. weiland in dem Paradieſe Sih Vater Adam fern und nah | J umſchauen that, und auf der Wieſe Männlein und Fraulein liebeln ſah,

Auf Bläthendfien mit einander J Sich ſchnabeln holde Taubelein, und wandeln im Gebäfh ſelbander Den Löwen mit der Ldwin fein; 53*

Da wards ihm um die Bruſt gar enge, Er wußte nicht, wo aus noch ein, Und legte ſich voll Herzentdrähge Zur Kuh in einen kühlen Hain.

Dies fah ‚der Liebe ‚Gott von weiten Und machte gleich das tebel gut, Nahm eine Ribb aus Adams Geiten Und. draus ein Weiblein bilden thut,

Gar fchön und lieblich ausgeſchmuͤcket Mit weißer Bruſt und ſchwarzem Haar, und als ſie Adam angeblicket,

Er kaum mehr mußte, wo er war. 31,3 | Er

462 IX. An ein Brautpaar:

Er ſchlang den Arm ums fehlanfe Lehen Ließ feine Bruſt an ihrer ruhn und that, was ich, hatt” ich ein Weibchen, Mahrhaftig felber würde thun. -

Nun ift es immer fo geblieben,

und wer nur erſt ein Bartchen hat, 2 Will ſchon ein liebes Weiblein lieben,

Wie unſer Vater Adam that.

Ih ſtimme heut die voller Freude,

Herr Bräutigam mein Loblied an, Daß du dir auch zu Freud' und „Seide u Ein holdes zugethan. -

Denn wo fein Weibchen Wirthſchaft treibet, Wills nicht ſo recht im Hauſe ſtohn. Drum ſtets vergnuͤgt und gluͤcklich bleibet, und lauft einander nicht davon.

. Mich folt’ ed freuen, wenn ich fände Bey euch mas Kleines übers Jahr, Mein Liedel it nunmehr zu Ende; Nur nichts für ungut, liebes Paar.

Ch, €. Noak.

X. Seri-

463

Scriblifar an

feine Herren Colfegen.

Fle ruͤſtig fort, wie jetzt zu ſchmieren! Kann eine Hand ſich nicht mehr rühren,

Go nehmer fluge die andre nur.

Darum gefiel es der Natur,

Uns nur mit einem Kopf, zwo Handen zu befchenfen,

Um mehr zu ſchreiben, als zu benfen.

Che €. Noak.

Ji⸗ XI. Frag:

464

ML)

Ä | X. & Fragment eines Gefprächs, zwifchen dem alten deutſchen Helden Heremann und einem Deurfchen jegiger Zeit, in der Schattenwelt.

/

Herrmann.

W. iſt denn jetzt ein deutſches Weib? Sonſt war es edel, keuſch und gut und Männern gleich an Edelmurh.

Der Deutfde.. Jest jedes Gecken Zeitvertreib!

Herrmann, Was it ein deutiches Mädchen ? Sonft wars von früher Jugend Ein Benfpiel reiner Tugend

Der Deutfde. est ein geputztes Katchen | j Mit Banderchen und Fabchen⸗ Leicht wie ein Puppendrätchen !

Herrmann. Was find die deutfchen Züngling’ aber ? Sonit waren fie der Feinde Schreden, Ein Donner für verzagte Gecken Der

X. Fragment eines Geſpraͤchs in der Schattenwelt. 465

Der Deutfde. Jetzt finds geputzte Ndrechen Und parfümirte Herrchen, Blaß, bleich und welk gleich durrem Graſe, 1: Seig’ wie ein deutſcher Haafe! |

Herrmann. Was iſt ein deutſcher Mann? Sonſt ſeines Volkes Ehre!

\

Der Deutfde : Ich dachte was mir wäre! | Kein Deutfcher iſt er jest, Fein Gallier, fein Nachaffung jeder fremden Sitte, | Er ſey zu Haus, im Kath, im Heere | Di das iſt jest des Beutfihen Mannes Ehre!

Seremann!

Was iſt denn da ie deutfche Kericteit? Was if fie jetzt? Zu meiner Zeit War fie des deutſchen Reen Ruhm

Der Deutfge. ent nur der Dimmer: Eigenthum!

N

SIE, > XII, Anec⸗

J ' . y «- F 4 % Free aura>e Er Pre N 4 ..“h ER ei A TE As rohe u aTZ 7 zEnEn.E EZ zur » a ah )

xil. Anecdoten aus dem engliſchen Kaufen

(Bon einem Freunde eingefandt.)

i< England if ein Spruͤchwort: Wer den vergißt, bedarf eines Vormundes. Lord Klington hatte auf ſeinen Reiſen viele Gelder aufgenommen. Nach vielen Jahren fand Blingfing in. einer, Krankheit einen Mechfel, der, nicht alle Sormalitäten hatte. In Ueberei= fung zernichtete er ihn. Rechtsgelehrte bewieſen dem Blingſing, daß es doch ein Wechſel geweſen. Er laͤßt es dem Lord wiſſen, und erhielt die Antwort: |

„So ſchwach mein, Gedaͤchtniß auch iſt, ſo bedarf ich

„doch keines Vormundes, weil mein Gewiſſen gut iſt, und

„ich nicht durch sörtliche Nahe Frau und ‚Kind ungluͤck⸗

„lich machen will. Hier iſt das Geld nebſt den Zinſen,

„denn in meinen Buͤchern muß dieſer Wechſel auch ſte— „hen, weil ich ordentlich haußhalte.

Dieſe Sache hat in England das neue Syrůchwort verurſacht:

„Lord Klington bedarf keines Vormundes.“ um einen recht ehrlichen Mann zu ſchildern.

in | Solde

Fo

XI, Anetdoten aus ·dem engliſchen Kaufmann. 467

Solche - Begebenheiten pflegen fehr bald. in. London

allgemeines Aufſehen zu machen, und jederman ſprach da⸗

von in den Tavernes. In der einen befandfich aber ein gewiſſet Kaufmann Namens Burry, welcher bey einer wohlange⸗ a das Bon

2 Schwarz, auf weiß gilt B Sonfeusn, dag andıe ale les iſt Falſum. 77 J— An

* n%

rn* e⸗ 4 424 1 J 2 dir,

Die Gaſte ſtutzten und ſprachen anteteinen⸗ der leife. Als nun eine Weile darnach Burry Punſch verlangte, {0 fagte der Wirth Bur, und er befam nichts.

Wiederum Del, und er “erhielt die Antwort Bur; eurz

Burry mochte verlangen oder reden was er wolte, fo er⸗

folgte das Wort Bur darauf. - Ein Zeichen vo Vers achtung. Burry fand “für aut feinen Wägeh kom⸗ men zu aſſen und ſi ich aus der Geſellſchaft zu verfügen.

Beym Weggehen verlohr er aber ein Schreiben, und dier

fes verdient jungen angehenden Kaufleuten zur Warnung witgerheitt zu werden. |

Hier iſt der ganze Inhalt es

Mein Herr Kaufmann! u

Sle werden von allen den ſinen Sachen, die Si⸗

auf Unkoſten anderer zu ihrem Vergnügen getauft hatten,

nichts mitnehmen. Shre Pauken, Trompeten, Geigen, Flöten, Baſſons und Baͤße, ihre Menge, von koſtbaren Kupferſtichen, ihre Farbenkaſten, Tiſchlergeraͤthſchaften Drechslerzeug, ihre Angelhaaken und Fiſchernetze, ihre chi⸗

neſi⸗

468: xIl. Anecdoten · aus demenglifchen Kaufmann.

neſiſche Tuſche, Bleyſtifte, Mundleime und Pfeifenkoͤpfe, an welchen jedes: Gewerk 100 Jahr genug gehabt Hätte; bleibt alles hier, denn nackend ſind Sie zur Welt und ſo arm gehen Sie Br —8 |

Gluͤcklich waͤren Sie ı wenn ah bedacht hatten, daß ein waͤhrer Handelsmann redliche Pfflichten zu beobachten | hätte. Sie aber haben ihre Fabrike zu hoch angefane gen und Arbeitsleute gedrüdt. , , Ihrem Vergnügen und nicht. der Arbeit nachgegangen, Die Fläglichen Umftände konnten nicht fehlen, worinn Sie verſetzt wurden, daß Sie von ihrem Verfall bis „1770. ernähtt worden, und ſich fuͤr unzahlbar erklaͤren mußten. Sie haben Seufzer und Wehtlagen auf ſich; es feiner aber, dak Sie fi daran gewohnt, haben, Allein von nun an dürften Sie die Stimme, derer hören denen Sie ihr Brodt genommen gder Befoldungen gefchmälere haben; und der febrecklichfte Anblick. ihres Sohnes, den Sie wirklich zu Tode geaͤrgert haben, und bey deſſen Verluſt Sie vor Freude eine Schaa⸗ le Punſch ausleeren konnten, wird ihre Unempfindlichkeit unterbrechen, ja, mein Herr = ich fage es Ihnen zum vor: ans. Sie werden fo weit fommen, daß Ihnen auch fal- (he Eide retten werden. Ich geftehe, daß ic alle Ihre Erben beklage, an fo vielem ungerechten Guth Theil zu nehuien, ich möchte es nicht befißen, und bin zufrieden mit meinem Auskommen, und danke Gott herzlich dafür, dag - feine Seufzer darauf raften.

Ich

XII. Auecdoten aus dem engliſchen Kaufmann. 469 I babe Urſach San Sie * ſheriben, verblei⸗

be aber t. der vergnügte und vedfiche,

Jacob Amplay.

Burry ‚hat. fi auf ein Landguth begeben, und ſich gleichſam mit Bollwerk‘ dermaßen umgeben, daß es ſchwer wird. ihn, zu fehen, - Allein che er hs verfies bet, bat er auf feinem Schreibtifche und Bette ein Dur, das ihn an feine Reden erinnert. \

Man fagt, daß Burry krank geworden, und ſchwer⸗ lich aufkommen dürfte, indeſſen ſoll er die Verfügung ge: troffen haben, zu einer andern Religion überzugeben, woeinn er durch maffirte Kleidung, in den Simmel bineinzumifchen gedentt. \ |

Das. englifhe Volk ift gegen Burry fo aufge bracht, daß er dfters Briefe empfängt, worinn ihm feine Thorheiten bey lebendigen Leibe vorgelegt werden. Was wird nicht, das Epitaphium ſagen?

Den ı4ten May, 1787.

Endlich iſt Burry geſtorben, und zwar ſo, daß er ſei⸗

ne Sinne verlohr, als er noch etwas entdecken wolte. Er bar ſich ſelbſt ein Epitaphium geſetzt, worinnen er be hauptet,

470 XII. Anecdoten-aus dem ‚englifchen. Kaufmann,

hauptet, daß bie Erfennmiß' der Natur ihn zu Gott geh führe Habe. „Das englifhe Volk, das ihn jederzeit verabs ſcheute, hat hinzu gefegt:

„Das it im Epitappium eine in Un⸗ wahrheit. “—

Dieſes iſt der eines Mannes, der ſei⸗ ne" Gelder. ſchlecht erworben, und niemandes Freund ge⸗ weſen war.

XII, Nach⸗

!

471

xXHl, Nachricht.

! *

Die Herr Doctor Siegmann hat ſich auf mein Bitten geneigt finden laſſen, die Abhandlung:

Ueber Geſchichte und Umfang des Churſaͤchßiſchen Privilegiums, wider die Appellationen an die Reichsgerichte; zur Pruͤfung der hieruͤber vom Herrn Hofrath Spittler im Goͤtting. Hiſtor. Ma⸗ gazin (2.8, 2tes und 3tes Stuͤck) angenommenen Grundfäße, ! er

befonders abdrucfen zu laffen, deswegen die Fortfegung in diefem Journal unterbleibt. | | 3. ©. Göfchen.

*

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Neue,

Litteratur: und Voltertunde. |

Fuͤr das Jahr "789 No. VL. Ju niu F—

—— So treibt man die Teufel aus. Eine Ballade aus den Nitterzeiten,.

von

| Hrn. D. D'Arien.

Honny ſoit, qui mal y penſe.

Erſter Sang. a} &, liegt ein Wald im Höhmerland, Wie heißt doch gleich fein Name? Hatt' ih den Hübner nur zur Hand, Ich fagt’s Euch, ichörte Dame!

Jetzt bitt' ich, Laßt ben Namen fen, Ih weiß, mein Döhnchen wird Euch freuns .

N. tt, u Völker, VI, 1, ©. Br Te?"

474 I. Eo.treibe man die Teufel aus. 2 k

2. und freut’s Euch nicht, fo nehmt bafür Den Kubach in die Hände; . Durchbldttert den mit Zucht und Zier

Vom Anfang bis zum Ende, Das wird fiir Euch gefcheuter feyn ; Sch aber Ienfe wieder ein!

3 Sm Walde lag ein fattlich Schloß, Bon dem gieng Idngit die Gage: Es fey darin ein Unhold los, 4 Der jeden neck' und plage, Kings hört’ man drob Mirakel ſchreyn, "Doch wagte Feiner fich hinein. | 4 Der Herr des Schloſſes dacht als Mann und Achter deutfcher Ritter, Doch macht’ auch ihm der Poltrian, . Manch liebes Stündehen bitter, Zwar hatt? er noch die Kreuz und Queer, Der Güter, Thuͤrm und Schloͤſſer mehr; | 5. | Nur Feines was ihm fo behagt, . Der Forſt war recht gelegen, Zur hohen und zur niedern Jagd; Ein Paradies vol Gegen Bluͤht' überal, Ihr hättet, Traun! Gewuͤnſcht Euch ſelbſt dort anzubaun,

* ya a 4

6. Drum

I. So treibt man die Zeufelaus. 475

Rn 6. Drtum ließ er ein Gebot ergehn: „Ob einer ſich ermannet, | » Das Abentheuer zu beitehn, » Den Poltergeift verhannet‘, » Und. fdubert mir von ihm zugleich ‚n» Schloß, Gegend, Forſt und Königreich!

| Ä y » Der foll zum Lohn das fehöne Schloß, » Acht ganzer Jahr befigen, „Zoͤll und Gefaͤlle klein und groß, » Dabey nach Willkuͤhr nuͤtzen, » Er fey ein Ritter, oder Knapp! | » Darauf ih Wort und Handſchlag gab

8. Des Ritters Tochter, Adelheit In erſter Jusendbluͤte | Gar hoch geptiefen weit und breit, Ob ihres Herzens Güte, ‚Und ihrer ſchoͤnen Augen Glanz; Gelobt' ihm einen Siegeskranz:

9. Von ihrer eignen Hand mit Gold, Und Perlen ſchoͤn gezieret, Wer hatte nicht um ſolchen Sold, Das ſchwerſte ausgeführet ? Auch kamen ſtraks, von nah und fern, Biel Ritter und viel ſuͤßer Herrn! | | | | Bes 0 0.D

y

476 I. So treibt man die Teufel aus. | J u —— Die Herrchen ſchwadronnirten viel, Don Stärke, Muth und biebe;. » Und hätte Satan ſelbſt fein Spiel,

„Poz Element! ich hiebe Er,

» Sein Horn ihm aus der Gtirn heraus, » Und machte Pfelfenroͤhrchen draus !“

II.

» Doch; —— dafuͤr müß ich auch den Lohn, Zu

„» Der Minne bier genießen, „Und dich, der Schönen Preis und Kron, „In meine Ayıne fehließen! Sanftlachelnd fprach dann Adelheit: " „Hert Ritter! damit ‚hats noch Seitt«

12, Die Elügern Alten, leerten baß, Aufs böfen Geiſts Verderben, Manch vollgefültes. Mutterfal, » Denn, pohto: —- mir fterben; » So fol do,“ .. dachten fie... „der Wein, »» Zuvor erſt unfer Herz erfreun! —“

13.

Sie hatten Reht!.. Aus funfzig fam Kaum Einer Iebend mieder ind ſelbſt dem Einen, Idhme und nahm, Der Geiſt ein Dusend Glieder! und war der Spuck vorzeiten groß,

Sekt gieng er erſt gedoppelt los!

14, „» Ge⸗

ı A En

- 1. So treibt man die Teufel aus, 477

IA.

„Gemach, Herr Dichler!.. Funfzig Mann,

„So fans fagon, zu wuͤrgen!.. - » Wenns Kasen wdren; ; | * „Hoͤrt nur an! Die Chronie mags verbuͤrgen „Vielleicht mocht' auch der alte Wein, \..

*

Und etwas Zurcht im Spiele feyn, -

15.

Genug: .. ein rundes Jahr vergieng,

Kein Ritter ließ fich blicken, Und männiglich begann das Ding, Im Kopf herum zu fpäden. In Schen® und Kneipen fort und fort; Erfchol der Lirm von Drt au Ort! s 16. Nun mar nicht mehr an Minneſold, An Rheinwein nicht zu denken, „, Lind könnt’ uns einer alles Gold, Des ganzen Erdbals fchenken ; Das biögen Kopf was Gott ibm gab, „Nimmt jeder gern gefund ind Grab!

| 17T. Da kam von Prag, ohn' allen Spott, Mit Hieber, Harf' und Ranzen, Ein Mufenfohn!,. Gonf lebt? er flott, Jetzt lernt' er anders tanzen! Sonft hatt? er weiblich rennomirt, est war er leider! relegirt! $s3 18, Drum

\

»

5

i

478; 1 So treibt man bie Teufel aus.

! 18. Drum fucht er hie und da, fein Brod Durch Harfen zu erwerben,

Acht nanzer Tage litt? er Noth,

J Es hungert ihm zum Sterben; Denn wie's nun geht in unſrer Welt, Den Beutel hatt er, nur kein Geld!

19.

So klopft er Abends an die Thür

' Der alten Dorfichaftsichenke,

Beym Brantewein. und faurem Bier, War eben groß Gezanke

Dom Geiſt und feinen Neckereyn,

Zulest rief einer doch: „Herein!“

20,

Und näher trat er züchtialich, Mit mächtgen Reverenzen; Der Wirth erhob ſich kraͤftiglich: „Was habt Ihr zu kredenzen ?..

„Sagt: was Ihr wolt? und wer Ihr ſeyd?

» 3% bin hier Schulz und Obrigkeit!“

21. „Moczinsko if mein Nam’ ich bin Ein Virtuos auf Keifen, » Die Welt zu fehn, war Idngft mein Ginn, „Ich weiß, bier iſt aut fpeifen, | Drum gebt mir Brod und Nachtquartier, „Ich oral Euch ſtracks ein Lied dafür !

PR

22. „HM,

!

L ©&o freibr man bie Teufek aus. | 419

22. » Hm, orgeln bin, und orgeln her, » Steund und vergeht das Lachen, „» Wenn er ein Teufelsbanner war, » Könnt’ er fein Stück hier machen » Da ift ein Schnaps und Butterbrod, „Herr Birtuos! . . nun troͤſt' ihn Gott!

| | 23.

» Schön dank, Gevattern! feyd fo gut,

» Erzählt mir die Geſchichte;

- » Studenten fehlt ed nicht an Muth, „Auch hat mein Arm Gemichte !

„Verliehren kann ich fo. nicht viel,

0. I wagte ſchon ein mißlich Spiel!

9 24 Ar „Topp!“ ſchrie der Wirth; „da ſchlag er ein, „Wenn er ſich das getrauet, „Soll er mein Saft für heute ſeyn, „Und wenn ber Morgen grauet, Slugs ſchlendern mir sum onddgen Herrn, » Die kühnen Leute hat er gern! | | - 25. „Ja, gluͤckt' es ihm, in unferm Schloß, Den Urlan zu saufen, » So könnt’ er hier dem Gluͤck im Schooß, Acht ganzer Jahre haufen! .. „» Wer weiß, mas dann fich fonf erdugt

» Doch unfer einer denkt's und ſchweigt! Base | 7 96, Ge⸗

\

Pr

480 I So treibt man bie Teufel aus,

26. Geſagt, gethan! Moczinsky blieb, Und ließ fihs tapfer ſchmecken! An Bratwurft , Brod und Schinken, hieb Er männiglih zum Schrecken, » Zeigt er beym Geſiſt auch ſolchen Muh » Dann fprach der Wirth: Geht's lange gut!“

| 27. Der Morgen kam; und fort zum Schloß, Gieng firafs die Cavalcade, Der Burſch war nervigt, ſtark und groß, | and drob beym Vater Gnade, Die Tochter ſelbſt fühlt in der Bruſt, Ein Etwas, fonfi ihr unbewußt.

28. »» Greund, ſprach der Alte: überlegt » Zuvor, was Ihr beginnet, n Wer’s- Leben in die Schanze ſchlagt, „» Wagt mehr, als er geminnet, » Berfuchtre Ritter trugen fihon „Statt Ehre, Schmach und Spott davon!

29. 9 Gey’s wie es fey, mein gnddger Herr! » Was Liegt an meinem Leben? .. „Langſt nahrt' ich Feine Hofnung mehr, » Wofür folt ich erbeben? .. eo» Mit Freuden eil’ ich in den Tod, » Wenn Ihnen nur kein Unfall droht} |

zo. Ein

„IE treibe man die Teufel aus. asi 1 30. Ein Blick auf Fraͤulein Adelheit, Gab feinem Schwur Gewichte; Ob dieſer Blick ihr Herz erfreut, Verſchweigt uns die Geſchichte; ‚Genug: .. beym Anbeginn der Nacht, Ward unſer Held aufs Schloß gebracht!

31. Was aber weiter dort geſchehn, Weie er die Zeit vertrieben, DR ‘er den Poltergeiſt geſehn; und unverletzt geblieben... Das jetzt zu ſagen, wird zu lang, Drum ſpar ich's auf den zweyten Gang!

Zweyter Sang. L Mein Leben, wett' ich, traute Herrn! Und meine Dichterehre ; Ihr ſaͤht es ſamt und ſonders gern, Wenn's jetzt ſchhon Spuckzeit wäre, Und, Euch die Wahrheit zu geſtehn, Ich wuͤrd' es ſelbſt nicht ungern ſehn!“ | er: *Inbeſſen weiß ich Euch fürjene Nicht beſſer zu berathen, Als, daß Ihr Euch derweile ſetzt | - Ks Mb

*

483 I. So treibt man bie Teufel aus,

Und ein Paar Schock Ducaten, Damit fih Euer Müthlein kuͤhlt:

Su grande Patience verfpielt!

| u 3. —X Wo nicht; fo kommt mit mir zum Schloß, Dort geht mir ſpan'ſchen Schritten,

‚Der Held, beherzt wie ein Coloß,

Bis zu des Hauptfaals Mitten, Da fpärt? er einen leichten Grau, Drum ruht’ er wohlbedächtlich aus!

4.

Die Harfe lehnt er an die Wand.

Und nebenan, vol fanfter Zier,.

Piſtolen macht’ er fertig, Den Hieber Iegt er fih zur Hand,

Und war des Geiſts gewaͤrtig. Kings blidr im Saal cr dann umher, Und, mas er ſah behagt' ihm fehr!

5. Zwar alanzten ſeine Wande nicht, | Kai Bon Perlen und Rubinen; | Wer ſolchen Schimmer fi. verfpricht, Dem kann ich ſchwerlich dienen,

Ich bleibe gern im unfrer Welt,

Da nimmt's ein Jeder, wie es fallt! 6. 4

Dochz Ahnenbilder biengen hier

Pos Stern! mit barſchen Blicken,

Manch

| I. So treibt man, bie Teufel aus.

Manch Mädchen zum Entzucken,

Verzeibt's Ihr Schönen vorger Zeit,

Moczinsky ſah nur Adelheit.

7- Den Heldenſchwur erneut’ er dann, Den friegeifchen Geſtalten!

Und grif zur Harf’;:dag drum und dran, -

Die Wandgetdfel hallten! Bald ſchmolz ſein Lied, wie Liebesdrang,

Bald flogs im Sturm, wie ‚Schlachtgefang I,

| d. und, meil die Lampe bald erfirbt, Gebricht ihr Del und geuer, So lanqt' er, damit nichts verdirbt, Ein Flaſchgen voll Tokayer Aus einem Futterkorb' herauf,

Und ein Faſanchen oben drauf!

J 9. Die ſchickt' er dann feliciter Hinab in feinen ‚Magen, um folgends. deito rüftiger Den Geifterfampf zu wagen!

- Denn ſchwarz und immer ſchwaͤrzer fehlen,

Die Nacht den Schleyer vorzuzichn!

10. Nur Kautz und Uhu aͤchtzten jetzt Hoch um des Schloßthurms Spitze, Der wilde Jdgen treibt und hetzt,

I

483

Der Drache fährt im Blitze Dem ſcheuen Wandrer übern Kopf, Und firdubt ihm jedes Haar zu Schopf! 4 i.

Hier wankt ein Muͤtterchen umher, Mit brennender Laterne, |

Auf Baum und Heden,, freus und queer Bald näher, bald von ferne, :

Da glüht nach altem Herenbraud, 2

Des ſchwarzen Katers Feueraug!

12. ind grauſe Waͤgen rollten dort, Mit rothen Flammentaͤdern, Und Kutſchern ohne Kopf ſich fort, Als hiengen fie in. Sedern, Da dreht um einen Pfahl fih aaeı.d u Zu Pferd’ ein Biethenfcher Hufar,!'

13. Auch fpielten auf dem Kirchhofeplas in.“ Die Geifter Ball, mit Schädeln, Dort brütet über einen Schatz Ein Hund mit ſchwarzen Wedeln.

"Die Kette Eliert!— Es heult der Wind I

S iſt Mitternaht! der Spuck beginnt

14. Koch ruhte Stille rings umher Im weiten Schloßgemduer !

Moczinsky fang! Ein Dann wie er

484: I. So treibt man die Teufel aus.

Geht

Geht unverzagt ins Feuer!

Lenorens Schickſal! wunderſchön

In Bürgers Werfen nachzuſehn.

wu 5

- Balladen und Komanjen viel, Nebſt manchem Gaſſenhauer,

Auch die Aeneis des Virgil, Gemodelt durch Blumauer;

Und andre ſchͤne Sachen mehr,

Drob ward fein zweytes Flaſchgen Ieer,

16.

Auf einmal hört ers durch den.Gang Wie fchwere Ketten rafieln,

. Und im Gewölbe Idngs entlang

Ein fuͤrchterliches Praſſeln!

Im Munde ſtockt' ihm zwar das Wort

Doch harft' er immer luſtig fort!

Dee Schloghund gänft der Donner knallt,

Die Lampen leuchten ſchwacher, Es fprengi die Angeln mit Gemalt, MWiertaufend Mauerbrecher! -

Schon kommt es ndher jest ‚ganz nah!

Zur leiten Thür; Nun iſt es da!

| 18. und, Schwefel, Pech und. Pulverdampf, Erfült die Atmofphdre,. *

Als das Signal zum Todesfampf Mit hoͤlliſcher Megdre!

I, So treibt man die Teufel aus. 485

Die

| +“ 436 1.. So treibt man die Teufel aus.

Die Erbe bebt, mie zum Geriht, Nur unſer Held, erzittert nicht! |

| 19. Raſch greift er in die. Saiten drein, Als gieng's zum Steyrfihen Zanze Mifcht auch manch Artettihen ein, Aus Belmont’ und Conftanze, und die Garotte Malborough , Durch Zigaro befannt genug! | | 20. Auch aus der Coſa rara, und Den neuſten Operetten,

Das argert baß den Hoͤllenhund, Er ſchuͤttelt mit den Ketten.

„Iſts jetzt zum Spiel und Singſang Zeit? „Verwegner Sklav! halt dich bereit!

21.

Da lenkt' er ploͤtzlich wieder ein

In Euridicens Klagen, und Orpheus Zaubermelodeyn,

Wie Gluck ſie vorgetragen, Stil ſtand es; ſtaunte, horchte zu! | Und ließ dem Harfenſpieler Kuh!

22. _ R So wagt’ ers endlich umzuſchaun! | Hu! die Geftalt des Bdren, Mit breiten Pragen, fcharfen Klaun, Und Yugen zum Verzehren, Mit

!

Wit einem Balg', als datt er Ihn Vom Nordpols Wächter ſich geliehn!

* 23. Denkt Euch dazu, den Hoͤllendampf, Der aus dem Schlund’ ihin qualmte; Was giltö? dag Euch der\gieberframpf, Wie, Ihr da ſeyd, zermalmte ? Auch unfer Held, fo keck er war, Dankt ſich nicht ficher" für Gefahr ! | 24. Dog fang er fort, mit leiſem Ton, Bald ſtarker; endlich wieder Mit voller Kraft, und ſieh; der Sohn Des Tartarus lehnt nieder Auf feinen Seſſel ſich: „Es fen!

1. So treibt man die Teufel aus.

'

487

» Sehe mich die Kunſt das Gählog it feep!

25. Dhn’ aufzududen, ohne nur,

Den Blick vom Blat zu menden, Griff er bald moll, bald wieder Dur, nd zittert mit den Handen.

In jeder Ader ſtockt das Blut, Doch faßt’ er endlich friſchen Mutht 26, | „Herr Urian! erlaubt es mir, „Eur hohes Wort in Ehren, Mit diefen Pratzen wuͤrdet ihr, » Die Harfe firafs zerfiören! -

*

kaßt's |

488 I, So treibt. man die Teufel aus,

Laßt's, bit ich, nur bis Morgen ſeyn, „Vielleicht fallt mir ein Ausweg ein.

27. Gut das! Indeſſen rath ich Dir,. Nimm dein Gejchid zu Herzen! %: „Toldreiſter Erdenfopn! Mit mie „Iſt mwarlich nicht zu ſcherzen! „» So; oder ſo; Auf Wiederſehn! | Zum Spiel; wo nicpt zum Hals umdrehn!

28. Und eine Flamme fuhr empor, Dem Mordbrand gleich beym plandern, Ein Knall durchſchmetterte ſein Ohr, Gleich hundert Zwanzigpfuͤndern. - Meg ſchwand ihm Blick, Gehör und Mort, Auf fuhr der Schlund; der Spuck war fort!

? 29, Fliehn wolt' er, do, verfeinert fand, Er ſchier zwo ganzer. Stunden! Die Harfe ſank ihm aus der Hand, | | Die Zunge fihien gebunden, ap!!! rief er endlich: „Zeit bringt Kath, » Gnug: daß er mich nicht freffen that!

3% Doch; aufden Schreck ſchmeckt Speiß und Trank, Er ſprachs', und plöglich faßt' er, Das zweyte Släfchgen, und verſchlang,

Dem argen Hoͤllenlaſter

J J. & freibt man Die Teufel aus,

Bu Trotz; es fonder Weh und Ad, 6: Ein Mandel Lerchen ſchickt' er nach!

| gi 31.

& ausgeruͤſtet, blickt’ er dann

i Der Sonne froh entgegen ;

Sie kam; und bald mit Roß und en Er Der alte Ritterdegen.

An ſelnem Arm; O Seligkeit,

Das holde Fraͤulein: Adelheit!

23, Halb sitternd eilt fie vor, zur Thuͤr. Iſis möglich? Zad er Ichet ! Zwey Flammenkuͤße drückt er ihr Aufs weiße Patſchgen bebet In ſuͤßer Phantaſie zurͤch; und ahndet ſchon ſein nahes Gluͤck!

33. Erroͤthend ſchlug das Mädchen dann, Ihr Schönes Aug zur Erden, Und feufzte: „Möchte diefer Dann Einf doch der Meine werden! Der Bater fand dns Grüppchen fihön, und hieß die Knappen fuͤrbaß gehn.

34. » Moczinseyg! rief er: habt Ihr nicht „Die Sprache ganz verlohren, N, Litt. u. Vdikerk. VI, 1.8, 81

489

„Er

go 1 & treibt man die Teufel aus.

Grfattet kuͤrzlich mir Bericht: „Wie bargt Ihr Eure Ohren? Und, bleibt es mit der Spuderey | » Beym Alten? oder; ſind wir frey?

35. Srey! ober ich des Todes Raub! „In vier und zwanzig Stunden, Zerfchmettert mich der Geift zu Gtaub, Sonf iſt er überwunden! Die Würfel liegen! Diele Nacht, Wird unjre Fehde ausgemacht! | 36. und Todesblaͤſſe uͤber zog Des Fraͤuleins Roſenwange, Ben dieſen Worten; eilends flog Mit ſcheuem Blick und bange, Sie hin zum Alten: „Vater, ad: „Ich dachte doch, mir Tießen’s nach! = 2 37.. | „Was ſchwarmſt du, Kind, gieb dich zur Kuh, „Konnt' er die Pacht durchleben, „So wird er auch; ich trau’s ihm zu, „, Nicht vor der zwoten beben, „Mach nur, daß ihm’s an nichts gebricht, - 1. Fhrs andre, Liebchen! ſorg' du nicht!

| 38. „Wißt, junger Mann! der achte Muth „Gilt mehr beh mir als Ahnen,

Und |

Yan 204

I, So freibe man die Teufel aus, 491

> Und höher ſchat ich deutſches Blut

| | „Als Wappenſchild und Fahnen; —! 9 Kommt mit zum Anfand, —Adelheit Hält und iudeß ein Mahl bereit }

39.

„O onddger Herr!“ „Still, ſag' ich, fin! „Ich haſſe Wortgeklimper! u

» That macht den Mann! Mer ſchwatzen will, | ».Der, heißt ben mie ein Stuͤmber.

» He, Knappen! führt am Gartenthor,

» Mir zween der befien Kenner vor! . r 40. „Ihr, Kinder! folgt mie nah!«— Go gieng Er ſchnell hinaus zur Thuͤre,

und bald, am Arm des Juͤnglings hieng, Sich, ſanft verſchamt der Ihre. |

Ein Blick vol Slut;— und unbewußt,

Sank Adelheit an ſeine Bruſt.

41. „Schon deines Lebens! Du allein „Machſt mir das Meine theuer! n Was hör ih? Wars ein Traum? Nein, nein! „Des keuſchen Buſens Schleyer, » Die ſtumme Thraͤn' in deinem Blick, » Das all verkuͤndet mir mein Gluͤck. W 42. | > Auf dann! jegt fpott? ich deiner Wuth, | Rt Ungeheuer ! Es; ® =, Sie

492 I. So treibt man bie Teufel aus,

» Sie liebt mich, und mit frohem Muth

Eil ich durch Schwert und Teuer ! „Noch diefen Kuß! und dieſen; Sat » Wär nur bie Mitternacht ſchon da!

*

45 . „Haloh! haloh! das Huͤfthorn tönt! „Schon muß ich dich verlaſſen,

„O! wie fih meine Geele fehnt,

» Dich wieder zu umfaffen!

" „Dein DBater winkt, fort, fort 3uRoß,

» Bald wirt du mein! frey wird das Schloß!

44. . : Leb wol, GelicbterY tönte lang . Idhr Nachruf ihm zu Dhren, Kings um ihn ber. war Sphaͤrenklang, Er fühlt fich neugebohren. Bir uns Ihr Heren! iſt nichts zu thun Drum laßt uns hier ein wenig ruhn!

J Dr —— vr

FE

IV. Ele:

II.

493

Elegie, beym frühen Grabe des Fraͤulein v. S

Pd

Waaem Troſt' iſt Engelſtarkung eigen, Stärkung Gottes für ein Mutterherz,

Daß er hemme gränzenlofen Schmerz, Dos ihm laut empörte Seufzer ſchweigen?... Nicht dem meinen! Denn auch ich, ich kannte

Diefed Jammers Tiefen; fühl es noch, . Wie des Troſtes Machte, ſtaͤrker doch, Vaterſchmerz in mir einſt uͤbermannte; Weiß es, wie die tiefgefchlagne Wunde Jedes Balfams fpottet, mie die. Wuth Brennend in ihr forttöbt, wie ihr Blut Fortſtroͤhmt in der herben Leidensftunde, Wenn des Seyns, mit unferm Seyn verwebet, gelte Bande wild dee Tod zerreißt, Seinen Kaub den Liebling werden heißt, . Der dur uns, und ganz für uns, geleber! Ach! und Sie, die unter ihrem Herzen, Das ſchon da für ihn fo bruͤnſtig ſchlug, Diefen Liebling, diefes Kleinod trug, Fuͤhlt weit mehr, weit mehr, ald Vaterſchmerzen!

. Ba Ihe mard das Hochgefühl der Mütter

Nicht durch Stand, durch Ranggefuͤhl erſtickt;

Mehr durch jenes, als durch dies, beglückt Fuͤhlt fie ſich; und o! mie zehnfach bitter Sa ihr Leidenskelch! Die ſuͤß'ſte Freude

| 813

Gm)

494 I. Elegie, beym frühen Grabe des Fraͤul. von S *.

Ganz, in ihrer Fuͤlle, ſchmeckte Sie, Sdah die Kinder, die Ihe’ Gott verlieh, Beyde bluͤhend, ihrer wuͤrdig beyde: Werth des Vaters ihn, dem frey und offen Mannerſinn das Knabenauge fuͤllt; Sie, der ſanftſten Mutter holdes Bild, Ihre Luft, ihe Gluͤck, ihr ſchoͤnſtes Hoffen!

Nun ihr Sammer ! feit die frifche Bluͤthe Der Verſehrung ſchnoͤd'ſten Mebithau tranf, Und gemach des Lenzes Roͤthe fan, Die auf ihr im Morgenfhimmer gluͤhte: Seit ſie unter Thränen, unter, Kuͤßen Banger Eltern hingewelkt erblich, Ihrem Flehen, ihren Blicken ſich Schnell verlohr, vom Sturm hinweggeriſſen!

Ach! daß ſie kein Lenz Euch wiederbringet, Und mit ihr des kurzen Lenzes Gluͤck, Mo fie bluͤhte, wo mit heißem Blick Ihr fo feſt an ihren Blicken hienget! Doch, fie ward verpflanzt von diefer Erde In ein fihön’red, ew'ges Bluͤthenreich: O! daß dieſer hohe Troſt fuͤr Euch Engelkdrfung, Stärkung Gottes werde!

Efchenburs.

I.Ei⸗

III,

Einige Nachrichten von James Bruce Reiſen nach |

Aethiopien. (¶(Aus dem Engliſchen aͤberſetzt von Hrn. Schwalbe)

IS ige eutopäifche Reifende haben das Innere von Abyfr jinien befuht: man hat es immer für fehr ſchwer gehalten dahin einzubringen; und wieder zuruͤckzukehren tar, wie

495

man glaubte, unmöglih, Gleichwohl ift es befannt, daß

james Bruce, ein Schpttländer von vornehmer gutem Vermögen, nicht nur in das Innere d

K. und Landes

eingieng, fondern fi ih aud einige Jahre daſelbſt aufhielt,

und dann, mit einer Menge Merkwuͤrdigkeiten, unbeſchaͤdigt wieder nach Hauſe kam. Kurz nach ſeiner Zuruͤckkunft, gab der Graf von Buͤffon, in einem Avertiſſement vor dem dritten Buche ſeiner Naturgeſchichte der Voͤgel, folgende

4

. Nachricht: „Ein neues Huͤlfsmittel, welches ich befommen

habe, und dem Publicum nicht verfchtweigen will, ift die gü- tige und edle Mittheilung der Zeichnungen und Beobach⸗

tungen des James Bruce, Eſquire von Kinnaird, welcher,

auf feiner Rückkehr ans Numidien und Abyßinien, einige Tage in meinem Haufe abtrat, und mir die Kenntniſſe mittheilte, die er auf. feiner läftigen und gefährlichen Reife gefammelt hatte. Ich gerieth in die äufferfte Verwunde⸗ rung, da ich die unzaͤhlige Menge der, von ihm ſelbſt ver⸗

en4 fer⸗

&

&

496. II, Einige Nachrichten von James Bruce

fertigten und ausgemahlten Zeichnungen durchſahe. Er be⸗ ſitzt die vortreflichſten Abbildungen und Befchreibungen von. ‚den Vögeln, Fifhen, Pflanzen, Gebäuden, Monumenten, Kleidertrachten, Waffen, u. ſ.w. verſchiedener Völker. Alles find für uns wiſſenswuͤrdige Gegenſtaͤnde! Nichts iſt feir ner Aufmerkfamkeit entgangen, und feine Talente haben ſich alles zu eigen gemacht. Die englifhe Regierung wird ohne Zweifel die gehörigen Maaßregeln nehmen, fein Wert bekannt zu machen. Diefe mwürdige Nation, welche allen andern Völkern in Entdeckungen jeder Art vorangegangen iſt, wird auch nicht ermangeln, ihren Ruhm noch dadurch zu vergroͤßern, daß ſie der großen Welt die Entdeckungen dieſes vortreflichen Reiſenden, ſobald als moͤglich, bekannt macht. Micht bloß zufrieden mit einer genauen Beſchrei— bung der Natur, hat er noch viele wichtige Beobachtungen gemacht über den Anbau verfchiedener Getraidearten; über die Befchiffung des rochen Meeres; über den Lauf des Nilſtroms von feiner Mündung bie zurück zu feinen Quel fen, welche er zuerft entdeckt hat; und über viele andere Dinge, die für die Handlung und den Acerbau vielleicht sroßen Nugen haben können: denn, leider find diefe bey ‚den wichtigen Künfte, bey uns noch wenig bekannt und noch wenig ausgebildet; obgleich von ihnen der Vorzug einer

Mation vor der andern abhängt, und beftändig abhängen wird, J Es iſt ſehr zu bedauern, daß die Entdeckungen die⸗

es Mannes, nad) einem ſo langen Zwiſchenraum, noch nicht ns Licht getreten find. Das lange Auſſenbleiben hat ſchon | | viel

er, Reifen nad) Aethiopien. 497

viel Argwohn veranlaßt. Man hat ſogar angefangen, an der Glaubwuͤrdigkeit der Nachrichten, die ſich ausgebreitet haben und zuerſt durch Unterredungen mit ihm eingezogen wurden, zu zweifeln. Allein” feine Ehre und feine Ges ſchicklichkeit ſind zu allgemein bekannt, als daß ſie durch ſolche unbillige Zweifel koͤnnten verletzt; werden. Daß er viele Talente beſitzt, ſeine Leſer zu belehren, erhellet aus ſeiner Abhandlung uͤber die thebaniſche Leyer, welche Dr. Burney in ſeinem erſten Buche der Geſchichte der Muſie mit eingeruͤckt hat, uud in welcher er verſchiedene abyßini⸗ ſche Inſtrumente mit anfuͤhrt. Auſſerdem ruͤhmt man noch an Herrn Bruce, daß es ihm ſehr leicht werde, Sprachen zu lernen, und daß er viele, Talente zum Zeichnen beſi itze; vielleicht hatte auch kein anderer Reiſende ſo viel ſeientivi⸗ ſche Inftrumente, Dazu koͤmmt noch, daß er einen Muth und Unternehmungsgeift bat, der nicht leicht feines Gleis chen findet. Wer wird alfo nicht die baldige Bekanntma« hung einer fo intreganten Nachricht, als er uns von einem beynahe noch nie. befüchten Theile von Africa liefern kann, recht fehnlich wünfchen? Bis dahin aber dürften vielleicht folgende autheutifche Anecdoten nicht unangenehm fepn.

Herr Bruce war Conſul in Algier, und blich daſelbſt bie 1765. Im Junius 1764 dat er den Gouverneur des füdlichen Theils um die Erlaubnig zu einer Neife nad) Tunis, wo er einige Zeichnungen von den Alterthümern ohnweit diefer Stadt verfertigen wolte.

ei; ns Su

498 II. Einige Nachrichten von James Bruce

In dem leisten Briefe, den Bruce, am 29. December 1764, aus Algier an den Gouverneur fehrieb, fpielt er wies der auf eine Erlaubnig an, einige Theile des. feften Lan— des von Africa befuchen zu dürfen. Er erklärt fih zwar in diefem Briefe nicht näher, aber man vermuthet, daß er ziem⸗ lich tief in das füdliche Algier ‚eingedrungen fey, und die fo. vortreflichen Gemählde von den Ueberteften der römis fhen Baufunft verfertigt habe, welche er vielen, nad) feiner Zuruͤckkunft in Britannien, gezeigt hat. Ehe er nach Algier abreiſte, ſagte er einigen ſeiner Freunde, daß die Excurſionen, durch welche er ſehr wichtige Zwecke zu errei» chen gedaͤchte, hauptſaͤchlich der Beweggungsgrund wären, warum er das Conſulat annaͤhme.

| Wie lange er fih in Africa aufgehalten habe, bavon | konnte der Berfaffer, weil es ihm an Gelegenheit fehlte, fich

nicht unterrichten, Als Bruce aber nachher Palmyra ber fuchen wolte, fo litte er an der Küfte von Tunis Schifs bruch, und wurde von. den barbarifhen Bewohnern alles des Seinigen beraubt,

Kein DVerluft aber war ihm wohl fo fhmerzhaft, als ber Berluft feiner Inftrumente, die ihm, einem gelehrten Reifenden, fo unentbehrlich swaren. Einige fchafte er fich hernach zwar wieder an; allein andere, und unter diefen vorzüglich einen Quadranten, konnte er nicht wieder ber fommen, „Herr Bruce aber befchloß, diefen Werluft, fobald als möglich, von Franfreich aus, welches ihm viel näher war als England, zu erfegen. Er war au fo glüdlich,

einen

| Reiſen nach Aethiopien. 499

einen Auadranten von dort zu bekommen. Ludwig. XV; befchen£te ihm namlich, ben dieſer Gelegenheit mit einem _ eifernen Quadranten, den Radius zw vier Fuß: denn wahrſcheinlich hatte Bruce der Arademie der Wiſſenſchaften vorgeſtellt, wie unentbehrlich ihm- ein folches Inſtrument, während feines Aufenthalts in Abyßinien, wäre. Er brachte auch diefen befchwerlichen Meifegefährten wieder mit nad) England, und ſchenkte ihn darauf: der Univerfität Glass gow, mit einer Juſchrift folgenden Inhalts : „Dies In⸗ firument befam Bruce zum Geſchenk von Ludwig XV. Kür nig von Franfreih, Er gieng damit bis zu den Quellen des Nils, Menſchen trugen es auf ihren Schultern zu Fuß über die Gebirge in Abyßinien.“ Dieſe Nachricht: weiß man von dem berühmten Künftler Hrn. Nairne.

Wo und wenn Herr Bruce diefe Inftrumente aus. Frankreich bekam, weiß man nicht; aber weil er noch im mer Luft Hatte Abykinien zu befuchen, fo gab er Hrn. Wil. Rußel F.R.S. Commißion auf ein‘ GSpiegeltelefeope von Bird oder Short verfertigt; auf eine Uhr mit einem Se: eundenzeiger, und auf die neueften und vollffändigften aſtro⸗ nomifchen Tafeln, welhe in England zu haben wären. Dies alles folte an Arn. Fremaur geſchickt, und noch vor: dem Auguf für ihn in Alexandria bereit liegen, Im Jah— se 1768 den 29. März, Schrieb Hr. Bruce, aus Sidon an der Küfte von Syrien, und bat Hrn. Rußel noch um fols gende Inſtrumente, nämlich? ein Telefcope, das zwoͤlf Fuß. reflectirte, aus Stücken beftände, ‚wovon jedes drey Fuß lang, und durch Schrauben an. dem andern befeſtigt waͤre.

Dieks

500° II, Einige Machrichten von James Bruce

Diefes Teleſcope war noch mit zwey Thermometern und eben fo vielen Barometern begleitet. .Aufferdem meldete . Brurce Hrn. Rußel, daf er eine Reiſe nach einem Lande (naͤmlich Abyßinien) unternehmen wolle, aus welchen wenig Reiſende zuruͤckgekommen waͤren. Er wuͤnſchte alſo, daß

Rußel, oder feine philoſophiſchen Freunde, ihm ihre Auftraͤ⸗ ge geben moͤchten: denn er gaͤbe ihnen die Verſicherung, daß er ihnen in allem zu Dienſte ſtaͤnde. Bruce fuͤgte noch hinzu: wolte man ihn etwa nicht nach Abyßinien laſſen, ſo wolte er doch an der oͤſtlichen Kuͤſte des rothen Meeres ſein moͤglichſtes fuͤr die Wiſſenſchaften thun. Da Hr. Bruce beſtellt hatte, daß die Inſtrumente, zu Anfang des Augufts 1768, bey ihm in Alerandria feyn müßens fo - ift es wahrfcheinlich, daß er um diefe Zeit Kairo erreichte, von wo er über Jedda, Mazava und Arquito nach Abpf finien reiſte.

Man glaubt, daß Bruce ſich in Jedda nicht lange koͤnne aufgehalten haben, weil er die oͤſtliche Kuͤſte, bis nach Mocha hinunter, befucht Haben fol. Während diefer [Zeit verfertigte er viele Zeichnungen von feltenen Fiſchen im rothen Medre, Herr Bruce muß auch, entweder ganz am Ende des Jahres 1768, oder gleich zu Anfang 1769, nad) Abyßinien gekommen ſeyn; weil er ſchon, am funfzehnten Januar dieſes Jahres, in dieſem Theile von Africa, eine Entdeckung gemacht hat. In diefem gefährlichen Unterneh men wurde er. von einem griechifhen Sclaven, Namens - Michael, und einem italiänifhen Mahler begleitet, der ihm wahrfcheinlich die unzähligen Artikel mit abbilden half, die

| Ä einer

Reifen nach, Aethiopien. Soi einer Abbildung werth waren. Aber noch ehe Hr. Bruce inm Jahre 1773 nach Cairo zuruͤckkehrte, ſtarb dieſer an der Ruhr. Bisweilen muß Herr Bruce auch noch von vielen andern Huͤlfe gehabt haben: denn feine Inſtrumente, feis nie Geräthfehaften zum Zeichnen, und feine übrigen Bedürfe niffe Fonnten, wegen ihrer Schwere und- Größe, nicht leicht von Ort zu Dre gebracht werden, fondern erfoderten viels leicht. gar Laftthiere. Dazu muß man noch die viele Me. diein rechnen, weldie ihn im den Stand ſetzte, Curen an den Einwohnern zu verrichten, und wahrſcheinlich die Ur⸗ ſach waren, daß er hernach fo wohl aufgenommen wurde.

Doch dergleichen Umſtaͤnde werden wir beſſer Hm; Bruce's eigener Beſchreibung uͤberlaſſen, und es wird ges mug feyn, bier anzumerken, daß er unzaͤhliche Beobachtun⸗ gen machte, die Lage der Oerter zu beſtimmen, von wel—⸗ chen ein und dreyßig durch den koͤnigl. Aſtronom gepruͤft und berechnet ſind. Die erſte von dieſen Beobachtungen machte er den 10. Januar 1769, und die letzte am 5. October 1772, vom 30. bis z8ſten Grade der öftlichen Laͤnge von Green, wich, und vom ızten bis 28ften Grade der nördlichen Breite, Kaum darf ic) es fagen, daß diefe Beobachtungen, welche ein fo großes, beynahe ganz unbekanntes Land. in fich be— greifen, für die Geographie eine fehr fhäßbare Bereiches rung feyn muͤßen; und das um-fo mehr, weil die Portu— giefen, welche Abyßinien zuerft beſucht haben, weder die Laͤnge noch die Breite irgend eines Orts in dieſem Reiche angeben; und Poncet giebt nur zwey EN nämlich von. Ä Sennar und Gieſum. | Da

)

502 I. Einige. Nachrichten von James Bruce

Da Herr Bruce feine letzte Beobachtung am 5. Octo- ber 1772 machte, fo. iſt es mwahrfcheinlich, daß er damahls, durch Nubien und Dberägypten, nach Cairo zuruckkehren mochte, wo er den ı5. Januar 1773, nach einer Abweſenheit von mehr als 4 Jahren, mit ſeinem srierhifthen Selaven in ankam.

Herr Bruce blieb 4 Monate zu Cairo , und: hatte, waͤhrend diefes Aufenthalte, täglich) Mhcang mit Hrn. An: tes, Der Inhalt eines Briefes von dieſem Manne wird zugleich die beſte Widerlegung des Barons von Tott und vieler andrer fenn, welche an einer kuͤnftig zu erfolgenden Nachricht des Herrn Bruce feinen Glauben hatten.

Herr Antes mar von deutfchen Aeltern gebohren, wel⸗ he in dem hintern Theile von Penfylvanien Ländereyen bes faßen. Weil er fchon früh Anlagen zu einem Handwer⸗ ter Aufferte, fo gieng er nach Europa, wo er fich als ihre macher auszeichnete, ungeachtet er von feinem Meifter in der Kunft unterrichtet war, Er war ein Mitgkied der Kirche; die unter dem Namen Unitas -Fratrum bekannt ift, oder auch gewoͤhnlich die mährifche Brüdergemeine heißt. Er wuͤnſchte, von ihr als Mißionair gebraucht .zu werden; vorzüglich von der Drüdergemeine in Kairo, welche fic) immer eine Gelegenheit gewuͤnſcht bat, die Abyßinier zu be⸗ lehren.

Nachdem ich dieſe Etzaͤhlung vorangeſchickt habe, wie Herr Bruce und Herr Autes zuerſt mit einander bekannt ee fo will ich das RR von der Nachricht here

gen,

Reiſen nach Aethiopien. 503 feßen, welche mir Letzterer mitrheilte, der ſich jetzt zu Ful—

neck, ohnweit Leeds, aufhaͤlt, und vorher eilf Cairo gelebt hatte. |

„Here Bruce verließ Cairo 1768 und teifte von da über Jedda, Mazava und Arguito.nach Abyfinien. «

„Im Sabre ızzı kam ein Grieche aus Gondar, der Hauptſtadt in Abyßinien, mit einem Wedel, welchen Bru⸗ ce auf einen franzöfifchen Kaufmann in: Cairo, Namens Roſe, geftellt hatte, und welcher mit einigen Hundert Thar | lern auf Sicht. bezahlt werden mußte. Bey dieſem Wechſel war ein Brief von Herrn Bruce, und dies war ſeit ſei⸗ ner Abreiſe 1768 das erſtemal, daß man in Cairo wieder etwas von ihm hoͤrte.“

„Nach Heren. Bruces Zuruͤckkunft nach Cairo 1773 fabe Kerr Antes . einen jungen Armenier, nebft defien Va, ter, bey Herrn Pini, einem. italiänifchen Kaufmann “zu Cairo. Beyde kamen aus Gondar, unterhielten ſich mie Heren Bruce in Abyßiniſcher Sprache, und fehienen ſich zu freuen, daß fie ihn wieder antrafen, |

„Herr Bruce fehrte duch Nubien und Oberägypten aus. Abyßinien nach Cairo zurück. Für, die Richtigkeit dies fer Nachricht Eonnen die Francifcaner in Iſne, ohnweit Aſtyu⸗

war, bürgen. Letztere ift nämlich eine Stadt in Ober |

ägypten. | „Während Herrn Bruc’es Aufenthalt zu Cairo, wel⸗ cher nicht weniger, als 4 Monate anstmachte, Tiefen fie kei⸗

nen

504, II. Einige Nachrichten von James Bruce

nen Tag vorbeygehen, ohne ſich einander zu beſuchen. Dies fes gab Herrn Antes häufig Gelegenheit, ihn über. Abyi- nien zu befragen, welches ihn, aus der vorhin angeführten

| * intereßirte. |

Antes ſprach auch fee oft mit Michael, Hrn. Brucers griechifhen Selaven. Allein diefer hatte. nichts weniger, als eine lebhafte Einbildungskraft , fondern beja⸗ hete alle Umſtaͤnde, welche ſein Herr erzählte, vorzüglich, wenn man darauf fam, daß fie die Quellen des Nils - bes ſucht hätten, woran der Baron Tott blos destvegen zweifelt, weil er mit eben dieſem griechiſchen Sclaven geſprochen

hat.

Herr Antes fügt noch hinzu, „daß der, Baron Tott ſich nur wenige Tage in Cairo aufgehalten habe und eben, ‚weil fein Aufenthalt hier fo kurz war, manche falfche Nach— richten von Aegypten gebe. Herr Antes hingegen hatte mehrere Jahre beynahe täglichen Umgang mit Michael ger habt, und mit ihm oft über. die Quellen des Nils ge- fprochen. ® ,

. Endlich fagt.er: „Antes fey, nach Bruce's Abreife

aus-Cairo, mit andern umgegangen, welche Heren Bruce in Abyhßinien gekannt und ihm erzähle, hätten, daß er von den Einwohnern Mavlim Sacube oder Herr Sjames wäre genannt worden, *

Nach diefen gegebenen Thatfachen ſieht man, daß Niemand gerechte Zweifel hegen kann, da Bruce Abyßinien

ne

Reifen nach Aerbiopien. 360

nicht nur beſucht, ſondern - fih auch daſelbſt lange aufge:

halter. habe. Aber merkwürdig iſt es, daß die Jeſuiten

diefelben Zweifel über Poncet hatten, ‚welcher «hier beynahe

eben fo lange geweſen war, als Herr Bruce. Poncet war |

ein Laye, und die Sefuiten wolten vielleicht Feiner Nachricht trauen, welche ticht vom Vater Benevent kam, der Pon⸗

vet nach Abyßinien begleitete, aber zum. Ungluͤck daſelbſt ſtarb.

Hieran koͤnnen ſich alſo die Gegner nicht mehr ſeſt halten; aber wahrſcheinlich werden ſie ihre Zweifel uͤber einige andere Umſtaͤnde, welche ich jetzt anfuͤhren il, bey behalten.

Der erfte Umftand iſt das Bereiſen der Quellen dee Nils; „Wenn mir ung an die Nachrichten der alten Claßiker halten, ſo wird es ſchwer, ſich davon zu überzen 2 get denn die Alten Eonnten, fo begierig fie auf. diefe Ent deefung waren, doch ‚die Quellen des Nils nicht ausfpä- ben. *

*

Allein von denen Reiſenden in neuern Zeiten iſt mans

ches geleiftet, was die Alten nicht leiften Fonnten. Vieles

kam daher, weil ſie, wenigſtens als Reiſende, nicht genug

Unternehmungsgeiſt hatten, wenige Sprachen verſtanden,

und endlich, weil ſie nicht im Stande waren, ſich in ei— nem entfernten Lande Credit zu verſchaffen. Selbſt Bruee haͤtte ſich nicht ſo lange in Abyßinien aufhalten koͤnnen,

wenn er nicht zu Gondar auf einen Kaufmann in Cairo einen

Wechſel geſtellt haͤtte.

M Litt, u. Voͤlkerk. VI. 1. B. Mm Die

06 II. Einige Nachrichten von James Bruce

Die größte Schwierigkeit Bis zu den Quellen des Nils zu kommen, macht der rauhe Zuftand von Abyßinien. Der Reiſende muß gleichſam erſt gehörig eingefuͤhrt ſeyn. Hat er dieſes erſt erreicht, fo ſcheinen alle Schwierigkeiten zu verſchwinden. Dieſes ſehen wir aus Lobo's Nachrichten über dieſelbe Entdeckung, und aus Ponceet's Erzählung, wel cher zwar durch eine. Krankheit ‚gehindert wurde, diefe Ge— gend felbft zu befuchen, aber eine weitläuftige Nachricht von - einem Abyßinier gegeben hat, welcher oft da geweſen war. Poncet hatte ſogar von dem Kayſer Erlaubniß bekemmen, dieſe Reiſe zu machen, welche, nach ſeinem Bericht, nicht ſehr weit iſt. Der Kayſer ſelbſt ſoll auch nicht weit von den Quellen einen Palaſt haben. Sa

Wenn jemand zweifelte, daß Herr Bruce jede Quelle des Nils befucht Habe, fo Eonnte man antworten, daß ſich ja vielleicht Eein Engländer um die Quellen der. Themſe diefe Mühe gegeben Habe, welche wahrfheinlid auch, wie alle große Flüße, aus unzähligen‘ Quellen und Baͤchen, durch taufend Kruͤmmungen, zufammen fließt.

Der zweyte Einwurf, welchen wir oft gehört Haben,

it: „daß Herr Bruce in Gefellfchaften gefagt habe, die

Abyfinier fhnitten-fih von einem lebendigen Stiere ein

Stuͤck Fleifh ‚ab, und machten. daraus die größte Deli« catefje. * | |

Freylich betrachtet man in andern Gegenden der Erd⸗ kugel dieſe Leckerey aus einem ganz entgegengeſetzten Ge⸗ ſichtspunete! aber beynahe jedes Volk har feine Eigenhei⸗

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Reiſen nach Aethiopien. - : 07

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ten’ in der Wahl der Speifen. Denn efjen wir nicht robe Auftern in. eben der" Secunde, in welcher wir fie aus der

Schaale brechen? Werden ie und die- Meerkrebſe nicht lebendig von uns gebraten, und iſt dieſe Gewohnheit nicht eben ſo grauſam, als die der Abyßinier? Ziehen nicht die ‚Köche den Aalen die Haut ab, während: fie noch leben?

F Daß bie Abyfinier rohes Nindfleifeh effen, darin ſtim⸗ men auch Lobo und Poneet überein; und erſterer fagt, fie

efjen es, wenn.es noch. raucht und erft Son den Thieren

abgeſchnitten iſt. Herr Antes hörte uͤberdies von einem Franeiſcanermoͤnch, welcher mit ‚einer Caravane aus Abyfs ſinien nach Caito- gieng, daß er Augenzeuge geweſen wäre, daß ein Stier gefchlachtet, und unmittelbar darauf von einer Geſellſchaft, Reiſende aufgefpeifet worden wäre. Eine | Urfach zu diefer Sitte liegt vielleicht in der. großen Hitze des. Cli⸗ ma, welche nicht erlaubt, daß man das Fleifch lange genug aufbewahren darf, um es mürbe zu machen, wie zum Bey: fpiel bey uns; und es wird auch allgemein zugegeben, daß ein Vogel, der gleich, fobald er erlegt ift, zubereitet wird, weit [hmachafter ift, als wenn er 24 Stunden aufbes wahrt wird,

!

Iſt es alfo fehe zu verwundern, wenn ein abyßini⸗ ſcher Epicurer entweder wirklich findet, oder ſi ich vielleicht nur einbildet, daß ein Stuͤck Fleiſch, von einem lebendigen Thiere abgeſchnitten, muͤrber oder ſchmackhafter iſt, als wenn das Thier erſt von einem Fleiſcher geſchlachtet wurde? Ich ſetze hinzu: daß, nach der Kenntniß, welche man von dieſer

| . Mm 2 N Sache

068 IT, Einige Nachrichten von James Bruce

Sache hat, Herrn Bruce’ Nachricht von diefer Sitte durch die Gegner fehr entftellt if; denn diefe glauben, daß der Stier noch lange lebt, nachdem ihm dieſe Stücke ſchon abgeſchnitten find. Allein, wenn diefe Leckerbiſſen auf die, Tafeln der Großen gebracht werden, und dieſe ſind wahrſcheinlich nur an den fleiſchichen· Theilen abgeſchnit⸗ ten ſo ſtirbt das Thier bald darauf, ſobald die erfte _ Blutader abgeſchnitten wird, um auch das viele _Sefinde mit Speife zu verfehen. Ueberhaupt feheint es mehr Urr« | wiſſenheit als S:charffinn zu verrathen, wenn man einen Keilenden darum feinen Glauben beymißt , weil er einen Gebrauch anführt; der von den unfrigen fo weit abweicht und ohne Zweifel febr grauſam if. Dies erinnert mich an das Mißtrauen, welches ein anderer berühmter Reiſen⸗ der, Dr. Shaw, erfuhr. Er hatte in ſeinem Auditorio zu Oxford geſagt, daß einige von den Algerinen gern Lowen— fleifch aͤßen, und konnte deswegen das Zutranen feiner Ges hüffen arm diefem Collegio nie wieder erhalten, ungeachtet unter ihnen viele gelehrte Männer waren. Ob Shaw gleich diefen Umftand in feinen Neifen mit anführt,fo wird er doch, tie bekannt ift, beynahe in allen Gegenden von Europa mit vielem Lobe genannt. Sir William Temple erzählt irgendivo, daß ein hollandifcher Gouverneur von Bas tavia, welcher mit einem der angejehenften Einwohner von Java vielen Umgang hielt, fi nie das Zutrauen diefeg "Mannes wieder erwerben Eonnte, nachdem er ihm einmahl erzähle hatte, daß in Holland das Waffer ein fefter Körper ſey. Der Reifende, welcher zuerft einen fliegenden Fifch fahe, erzählte vermurhlich, fobald er einen Fuß ans Ufer

wer u *ſetzte,

x *

Reiſen nach Aethiopien | | 509

ſetzte, idem diefen metwartigen Umſtand, und ihm wurde nun wahrſcheinlich in andern Erzaͤhlungen von —— Reiſe nicht mehr getrauet.

| Die erfte Urſach, daß Miptrauen, welches beynahe jeder Reiſende erfaͤhrt, entſteht und zunimmt, ie ganz natürlich folgende zu ſeyn:

M. aus einem, ‚entfernten und fehr mwenig- bes ſuchten Lande zuriick kommt, fo ift jeder begierig feine Er zaͤhlungen zu Hören. Er wird alsdann grade die‘ auffal- lendſten Umftände-auswählen, und vorzuͤglich ſolche Gebraͤu— che, die von den unſrigen am meiſten abweichen. Einige von den Anweſenden glauben das nicht, was er erzählt, und legen ihm allerley Fragen - vor, welche ihr Mißtrauen verrathen. ine folche Behandlung bringt den: Neifenden auf: einigen giebt er verdriefliche, andern ironifche Ant: werten, und fo faßen die Fragenden endlich ein Vorurtheil gegen ihn, Nichts iſt dem ehrlichen Manne kraͤnkender, als wenn et gewahr wird, daß man ein Mißtrauen in’ feine. Berficherungen ſetzt. Dies ficht man gewöhnlich, wenn bey Unterfuchungen den Zeugen fo verwirrende ragen vor, x gelegt werden. Zu den Unannehmlichkeiten eines Reifenden nach feine: Zurüdkunft Eonnen wir auch noch rechnen, dag er. oft mit fehr einfältigen Fragen beläftige wird.

Mm; WiEin

IV. Ein Verſuch über Nichts. | In einer Rede. Nos haec novimus eſſe nihil. Mart, | u’ VBorrede. I geftehe ganz offenherzig, daß ich die Frucht, die ich zur Welt bringe, für. ein fehr wohlgeſtaltetes, artiges and mun⸗ teres Kind halte. Indeſſen kenne ich auch die blinde Lie— be und. zärtliche Partheylichkeit eines Vaters, und weiß al fo wohl, daß die Welt ſeine Verdienſte richtiger, als ich, be— urtheilen wird: Solte man daher merken, daß dies liebe Kind lahm und haͤßlich waͤre, ſo hat es meine vaͤterliche Zaͤrt⸗ lichkeit mit ein paar Kricken verſehen, damit es wenigſtens noch mit einem ertraͤglichen Anſtande durch die Welt durch huppelt.

Dieſe Kricken ſind eine Vorrede und Zueignungsſchrift. Ich machte die Ueberlegung, daß meine Rede ohne eine Vor—⸗ rede eine Sitzung im Parlamente ohne eine Rede vom Throne, ein Leichenbegaͤngniß ohne Leichenbegleiter, eine Pre- digt ohne Tert, ein vollgefhenktes Glas ohne Gefundheit, und was noch hier zweckmaͤßiger Elinge, eine Comodie ohne

Prolog feyn wuͤrde. | | Sch habe die Dewegungsgründe beherziget, warum Schriftfteller ihren Werken Vorreden beyfuͤgen, und dieſe ſind

IV, Ein Verfuch über Nichts. zn

find. ungefähr: eine Abſicht das Werkchengauszuſpinnen: eine Schutzſchrift fuͤr ihre Laͤnge, eine Erklaͤrung des Ver⸗ faffers, warum er die Welt damit beſchenkt. Dieſe Abs fichten find bey. jeder Gelegenheit die aufrichtigften und edels ften, die man fih nur vorfiellen Eann. , -Da iſt fein Ger danfe von Gewinnſucht, Befriedigung von Eitelkeit, Abſicht ‚auf Ehre oder Befall: Der Autor, aus bloßem Eifer für das gemeine Beſte, wuͤhlet verfhimmelte Bände durch, jagt durch Indexe, zermartert fein ſchaales Gehirn mit Nacht⸗ wachen, ſchreibt, corrigiret, uͤberſetzt, compilirt, ändert, ducchftreicht, flicke ein, copiret, plündert und Tügt. Allein da man es als eine Grundwahrheit annehmen kann, die . wir immer vor Augen haben folten: daß Zeugniffe, die wir. fuͤr uns felbft . ablegen, fo bald fie nicht durch einen augen“ fheinlichen Beweis konnen erhärtet werden, neunmal unter ; zehen falſch find; fo iſt es auch entfchteden, daß die meis ſten Schriftfteller, ſtatt ſolcher erhabenen Motiven, als ſie ſich andichten, eine ſtolze, eingebildete, eigennuͤtzige, unwiſ⸗ ſende, ſchmutzige, diebiſche und bettleriſche Gattung von Men⸗ ſchen ſind. 2 Man wird nun erwarten, daß ich Bie Urfachen ber kannt mache, warum ich folgenden Verſuch der Welt mit: | theife: allein, da ic) dies gerne dem Scharffinne des guͤ⸗ tigen und geneigten $efers überlaffen möchte, fo wuͤnſche Äh, daß er ihn nur durchlefen möge, und ‚. wenn er nicht hinlängliche Bewegungsgründe entdecfet, warum ic) ihn ans Licht geftellt, fo fteht es ihm frey, ihn in dem Tempel der Cloacina aufzuopfern, oder in eine bodenlofe | WMWm4 Grube

\ Av, Ein Verſuch über Nichts,

Grube zu verſzuken: es fteht ihm frey, fo viel Verwuͤn⸗ fhungen und Schmähungen gegen mid auszuſtoßen, als ihm die Geſchmeidigkeit feiner Zunge nur zulaffen wird, oder die Stärfe feiner Einbildungsfraft erfinden fann; ja, dag er durch ein Achſelzucken und durh ein Blinzeln von un—⸗ endlicher Scharffisht mag zu verftchen geben, daß diefe Re— de, die er verdamme, ein Vorbild und Vorläufer des ER un feines Verfaſſers feyn werde. |

Meine Abficht ift bey diefer Abhandlung nicht, mit- telbar Frömmigkeit, Moralitaͤt, Maͤßigkeit, Aufrichtigkeit, Herzenseinſalt, Freygebigkeit, Kenntniß oder Wahrheit zu befoͤrdern: ſondern unmittelbar, Stoltz, Pedanterey, Ge: waltthaͤtigkeit, Verfolgung, Ziererey, Unwiſſenheit, Unver⸗ ſchaͤmtheit, Albernheit, Falſchheit und Laſter ans Licht zu ziehen und zu geißeln,

Auffer den Kricken der Vorrede und Zueianungsfchrife war ich auch willens, mir einige Empfehlungsgedichtchen zu verfhaffen, die als Paßports zur Nachſicht und Hoͤflichkeit des chriftlichen Leſers dienen möchten. Doc), da ich. Nie— manden, wenigſtens im brittiſchen Reiche kenne, der genug poetiſches Feuer beſaͤße, und uͤberdies uͤberzeugt bin, wenn es dergleichen gaͤbe, daß keiner ſo ein treuherziger Narr ſeyn wuͤrde, dieſe Abhandlung zu empfehlen, ſo hoffe ich, daß der geneigte Leſer mit folgenden Verſen zufrieden ſeyn wird, die ih "zu ihrem Lobe ſelbſt entworfen babe. | Dies aber, wie ich ihn verſichern kann, hat recht das Verbienft der Neu⸗ heit, wedurch ſich es empfehlen koͤnnte ‚0b es gleich nie fo _ offenherzig iſt geſtanden worden,

Drey

1 . Ein Veſſuch über Nichts. 513

Dren der Weifen in drey gelehrten Zeitaltern gebohren, Schmuͤckten dreyfach die Welt, doch in verſchiedenen Spharen Iſt nun der erſt in Trdumen und Prophezenhung vortreflich, Go fült der ander fein Wert mit guten Paſteten und Torten; n iind man erhebt in lautem Bombaft die gethürmeten Schuͤſſeln: Aber ich uͤbertreff in Nichts, e alle zuſammen.

Seiner Großmaͤchtigſten und | fuͤrchterlichen Hoheit Br" | Bergeffenhbeig die von erſten Zeitaltern lebet und vegieret, und fo lange herrſchen wird, als die Welt ſieht, ift diefer Verſuch in tiefftee Demuth zugeeignet,

Großmaͤchtigſte Monarchin!

Obgleich mein Ruf eine fluͤchtige Zeitlang über deine Herrſchaft ſelbſt hinaus ſich erſtreckt, fo ruͤcke ich doc täglich und ftündlich deiner Hohen Gegenwart näher. Erlaube alſo, daß ich mich dir nebſt meinem Werke in Ehrfurcht, mie Abſcheu vereiniget, zu Füßen werfe, und dir mit einer Aufej igfeit, zu der deine königlichen Ohren fonft nicht ges wohnt find, die Dewegungsgründe zu Zuſchrift ‚geftehe, 2 ö

| Mms 5 | Wenn |

[2

14°. W. Ein Verſuch über Nichts,

Wenn alfo deiner furchtbaren Majeſtaͤt Wahrheit und Ehrlichkeit (honenewerth fheinen, da ich aufrichtig befenne, daß ich dich von Herzem verabſcheue, fo. wiſſe, daß ich dich aus eben der Urſache verehre, wie gewiſſe Leute falſche Got⸗ ter anbeten; nicht aus Liebe, ſondern aus Furcht.

So wie der Anblick einer nahen Auflbſung religibſe Geſi innungen einer frommen Seele einfloͤßet: ſo preßt mir die Furcht vor einem ploͤtzlichen Tode und vielleicht vor der Verdammung meines Werks, das demuͤthige Flehen ab, daß du deines Volkes ſchonen wolleſt. Wenn aber die Vergeſſenheit das einzige Elyſium it, auf das es hof— fen kann: ſo rufe mir mwenigftens Worte, wie diefe zu:

Serus in coelum redeas; dique Laetus interfis populo Quirini,

Die Größe meines Ruhms wird auch dein Reich ver mehren; denn je meniger ‚ich deiner Gerichtsbarfeit unter- | worfen bin: deſto glorreicher wird dein fpäter, obgleich ges wiffer Sieg ſeyn. Selbſt Homer, Alerander und? Maho⸗ med werden fich unter deinem eifernen Zepter beugen.

Deinen Urfprung ausfindig, zu machen iſt ſchwer, dei⸗ ne Bundesgenoffen zu überzählen unangenehm, deine Siege zu preifen unmöglih. Statt diefes erlaube mir alfo, Groß⸗ mächtigfte, eine Erfcheinung zu befchreiben , wodurch mic deine fürchterlihe Gegenwart fhaudern machte. 4

In ein finſter Gewand gehuͤllt, flog deine hohe um

ermeßliche Geftale vor mir hin. Den Raum zwiſchen bir J und

IV. Ein Verſuch über Nichts. 515 und den dich umgebenden Gegenſtaͤnden konnte ich nicht bes: | ffimmen. So oft ich nur im mindeften meinen Platz vers‘ änderte, und nun dich) mir im einer ungeheuren Entfernung: - dachte, warſt du ganz nahe bey mir. Nebel umflofien dein graues Haupt, und, indem. fie in einen fanften Thau auf die Kinder des Grams herabtröpfelten, ſchmeichelten fie ih. ren nagenden Kümmerniffen, und ihrer bitten Angft. Dein Mund öfnete ſich. Ich erwartete, daß eine laute Stimme das Gewoͤlbe des Himmels zerſprengen wuͤrde; als lein es herrſchte das tieffte feyerlichfte Schweigen. Ein Schwarm von Motten fuhr aus deinem Munde heraus, und ließ weder auf dem Felde ein grünes Gräschen, noch den prächtigen Aufputz, das Sinnbild der alten Eöniglichen Hoheit, in der Garderobe. ı Würmer wanden fich aus deir nen Lenden, und aufklaffende Graͤber umgaben deinen trau⸗ rigen Tempel. Deine rechte Hand ſchwenkte einen ſchreck⸗ lichen Säbel , deine linke hielt einen zottichten Schwamm empor, und zielte nach einer allgemeinen Herrſchaft, dein - breiter Fuß zertrat unzählige Zeitalter und Welten: eben fo unverfchonend warfſt du Thronen und Altäre um. Ein unzaͤhlbares Heer, die Werkzeuge deiner Siege waren um

dich. her verfammelt, und ich Eonnte auf ihren Pahieren in jr

fesbarer, obgleich verwirrter Schrift lefen: Unwiſſenheit, Schwachheit, Schlaf, Sterblichfeit, Trunkenheit, Haß und Mifgunft. Du und dein Heer wären in Schlachte ordnung geftellt, Ihr marfchirtet einem fehrecklichen Fein. de entgegen. Unfterblidfeit, Andenken und. Hofnung, mit ſtarken Ahndungen des Siegs, führten ihre fröhlichen Trup⸗ pen auf, dein dunkles Reich zu zerſtoͤren. Mein Herz

| £lopfete

. | "516 - IV Ein Verſuch über Nichts, Elopfete von den wärmften Erwartungen: aber das laute

Geſchrey der kämpfenden Heere und der dicke Rauch von der. Schlacht machten, ‚daß die Erfheinung verfhmand,

Ich will eine Entfhuldigung machen, daß ich deine heilige Ruhe geſtoͤrt habe, da ich überzeugt bin, dag Jeder—⸗ mann es fehr fchicklich finden wird, daß ich dies Merk der

Vergeſſenheit zueignete, Ä |

Ein Verfuch uͤbe N i ch Se * J Ich habe ; u dieſer Abendunterhaltung einen Gegen⸗ ſtand von großer Wichtigkeit gewaͤhlt, ein ſo weites Feld, daß viele geglaubt haben, es umfaſſe die ganze Natur: allein, wie es mit den intereſſanteſten Dingen in der Welt geht, ſo ſind auch hierinne die Meynungen der Philoſophen nichts weniger, als ‚einformig und uͤbereinſtimmend.

Dies rechne ich mir aber zu einem großen Vortheile an, und geſtehe, daß es ein dringender Bewegungsgrund war, warum ich es zur Unterhaltung dieſer hochgelahrten Verſammlung waͤhlte, da ich hierdurch Gelegenheit habe, meine Geſchicklichkeit in Behauptung einer Sache von der Seite zu zeigen, in der ſie mir erſcheint: oder ich werde auch vielleicht, (indem ich dem lobenswuͤrdigen Beyſpiele vie⸗ ler gelehrten Maͤnner folge, die, wenn ſie eine Seite einer Frage zu enge fuͤr ihr unbegraͤnztes Genie finden, oder durch u "die natürliche Verwirrung und Dunkelheit ihrer eigenen

Ideen

* IV, Ein Verfuch über Nichts, 517 Er | Ideen in Verlegenheit kommen, welchet ſie den Vorzug geben ſollen,) ſo, ſage ich, werde ich vielleicht mit aller mir nur möglichen Genauigkeit und Aufrichtigkeit, in tieffter Demuth, zu gleicher Zeit, die Beweisgruͤnde von beyden Seiten der Frage Ihnen vorlegen: Deweisgründe, die fo . forgfäleig follen erwogen und fo gerecht abgewogen werden, daß Sie, m H. wie ein Haufen Eſel zwiſchen zwo Wiefen, unvermoͤgend ſeyn ſollen zu —— Wear fi ie dein geben. ich, daß ic: nichts mehr fürchte, als Sie in einer leblofen Apathie und Ungewißheit zu laffen. Lieber wolte ich einen fo giftigen Zand unter Ihnen erre⸗ gen, und Sie ſo gegen einander hetzen, daß Ihnen das ei⸗ gene Objeet Ihres Zorns daruͤber entwiſchte: ſo wie ein Erzboͤſewicht durch einen gluͤcklichen Zwiſt, der zwiſchen dem Hauſe der Pairs und der Gemeinen entſteht, mit heiler Haut und Vermoͤgen davon köͤmmt. "Denn, ich müßte mid) fehr irren, wenn ith mir nicht, ehe ich diefe Abhandlung zu Ende bringe, den Zorn und Unmillen, oder die Verachtung jedes Individuums in m Geſellſchaft fee zugezogen Bohn,

Ich will damit anfangen, daß ich Ihnen die Mey.” nungen der verfchiedenen Philofophen, dajjelbe betreffend, vor, lege. Beynahe alle Schriftſteller behaupten, daß mein Subject die ganze Natur in ſich enthalte und umfaſſe: inzwiſchen iſt unter dieſer Secte ein großes Schisma ent⸗ ſtanden, * dieſe BE die gegenwärtig nach den

öffene

sig IV. Ein Verſuch über Nichts.

dffentlihen Gefegen des Staats für orthodox erfläret wor: «den, behaupten, daß mein Subject der Mutterleib der gan— zen Natur fen: dahingegen diejenigen, die man feit vielen -&enturien für heterodor erkannt, behaupten, daß es das Grab fey, in welchem die ganze Natur auf ewig verfenfe und vernichtet werde; oder, wie es Plinius ausdrüdt: „Die legte und ewige Macht, die beydes, die Götter und die Welt zugleich zerſtoͤren wird, * Die erſten, welche behaupten, daß alle Dinge aus Nichts gemacht worden; die letztern, daß alle Dinge in Nichts uͤbergehen, und wie die grundloſe Fabrik eines Traumgeſichts keine Spur zus ruͤcklaſſen werden.

Ihr, die Ahr fo genau mit den Schriften der Phir fofophen befannt feyd, und, wie die ämfige Biene, euch durch die Werke der Wiffenfchaft durchgearbeitet, und Kennt niß aus jedem gelehrten Unterricht gefchopft Habt, Ihr wißt nur zu gut, Mas für entgegengefeßte und miderfprechende Dinge-diefe ehrwuͤrdigen Weiſen vorgebracht haben. Es wird euch daher nicht Wunder nehmen, wenn ein anderer Zweig diefer erleuchteten "Zunft unfere' Eriftenz gelaͤugnet, und mit einer gänzlihen Blindheit und unbefchreiblichen Unverſchaͤmtheit behauptet hat, daß es fein folhes Object oder feine folhe Eigenfhaft in der Natur gebe, als die, die ich zum Inhalt diefer nächtlichen Betrachtung gewählt ha⸗ be, daß es bloß eine verneinende Eigenfchaft, oder, mit an⸗ dern Worten das fey, was man durch ein Abftractum aus

‚allen pofitiven Qualitäten, die in der Natur. eriftiren, ats

deute. Mit ſolchen verhärteten Ungläubigen ſich auf Be— wei ſe

w. Ein Berfuc über Nichts. © 519

weite einlaſſen zu wollen, wuͤrde meiner Meynung nad) eben - fo abgeſchmackt feyn, als wenn ich einen Tauben durch har: monifche Töne, oder den Blinden durch Schoͤnheit der Far⸗ ben entzuͤcken wolte. Sie koͤnnen mir alſo auf mein Wort trauen, daß mein Subjeet allein, (deſſen Exiſtenz ſie laͤugnen) ihren Verſtand erleuchten, oder ihre Herzen ruͤhren kann. In der That Gat, foviel ‚mir. befannt ift, diefe Mater rie mehr Streit, Zänfereyen und Unterfuchungen verans ‚laßt, als irgend eine andere moralifchen, phyſiſchen, theofor giſchen, politifchen oder literariſchen Inhalts. |

Meine Beobachtungen führen mich dahin, daß ich das Menſchengeſchlecht uͤberhaupt in zwo Claſſen theile. Naͤm— lich in ſolche, die ganz Fleiſch und fo den koͤrperlichen Freu⸗ den ergeben find, daß fie weder die Exiſtenz glanbg, oder, wenn fie es ja thun, fein ander Vergnügen, außer die Be— friedigung der finnlichen Begierden zu ſchmecken fahig find: ‘And in folche, die vermöge einer Falten Leibesbefchaffenheit,

vertrockneten Efnbildungskraft, und unempfänglihen Herzen,

| deffen Kälte noch durch verkehrte Grundfäge, und eine bes ftändige Gewohnheit von Affectation erhöhee worden, die Freuden berabzumirdigen und zu verachten vorgeben, die uns die gütige Natur verliehen, um das Gluͤck und, die Eriftenz unferer Gattung zu befördern, und an ihre Stelfe ein Häufchen phantaftifcher, ausfchmeifender, verzogener Be⸗ Zriffe von Vergnuͤgen ſetzen, die zu verfeinert fuͤr menſchliche Koſt, und nur im Gehirn ſolcher Leute vorhanden ſind, wo Kaͤlte, Finſterniß und Verwirrung ſie erzeugte, indem | -. fie

x *

520 IV. Ein Verſuch über Nichts.

ſie eine enge und ungeſunde Wohnung durchkrochen und durch⸗ taumelten.

| Da unfere Neigungen gemeiniglich auf unſer Urtheil einen großen Einfluß haben, ſo nehme ich an, daß Leute von der erſten dieſer Gemuͤthsarten, ſich ſelbſt an die Claſſe von Philoſophen anſchloſſen, die die Materie für das große und. ewige Principium in der Natur hieften; und daß unfere Ideen und Gefühle nichts als Miodificationen der - Materie find: Zum Benfpiele, dag Sympathie und Anti— pathie Artraction und Repulſion find, Hartnäcigkeit Cohaͤ⸗ ſion; Dummheit Gravitation; der Geſchlechtstrieb Ma— gnetismus; Leidenſchaft das Prineipium der Entzuͤndbar— keit, n.f.w. Dieſe aber von der legtgemeldeten Denkungs: art haben ihr Glaubensbekenntniß bloß auf Geift gebanet, 5 find darinne einverftändig, die Materie ganz abzufhaffen, fo daß fie nichts weiter ſey als eine Vereinigung von Ei— genfchaften, die fi) die Seele abgezogen hats daß aber der Begriff eines Subſtratums diefer Qualitäten ganz abs gefchmackt fey, fo Haben diefe Philofophen unter ſich beydes Materie und Geiſt verbannt, und, aufier dem Gubjecte unferer gegenwärtigen Nede, nichts in der Natur übrig gelaſſen. e Die entgegenſtehenden Secten, die fo ſehr über die Herrſchaft des Nichts voneinander abgiengen, und in Ue— | berlegung nahmen, ob es Materie oder Geift begreife, ſtritv ten mit gleicher Bitterkeit uͤber das Eigenthuͤmliche von Iwey andern ungeheuren Gebieten, wo jede von ihnen behaup⸗

tete,

IV. Ein Verſuch über Nichte. 521

tete, daß fein Lieblingsterritorium nicht unter unferer Kerr ſchaſt ſtehe, daß aber das andere derſelben unterworfen

fen; und die Ausdruͤcke: Kegerey, Thorheit und. Sottlofigkeit

, find ihnen immer auf der Zunge. Diefe weiten Gebiete

%

find die gegenwärtige, und Eünftige Zeit; oder, um mic)

roch der emphatifhern Namen diefer Philoſophen zu. bes dienen, die fich ſelbſt ungeheure Provinzen in dem legten diefer » gemeldeten Ländereyen , Zeit und Ewigkeit , ver

Die Materialiſten behaupten, daß es unſer —* ſchaͤfte ſey, das Maul aufzuſperren, zu gaffen und zu uͤberle— gen, wie wir jur. naͤchſten Station kommen wollen, und darüber in einen Graben ftürzen und uns die Knochen zer⸗ brechen, ‚weil wir nicht auf den Weg fahen, der unmittelbar

vor ung liegt; and dies um fo vielmehr, da uns gänzlich ,

unbekannt fey, was diefe Ewigkeit für ein Land iſt. &o viel wüßten wir wohl, daß ein fehr großer Ocean zwiſchen diefem und jenem Lande liege. Eben fo wuͤßten wir auch, daß eine Menge Emigranten täglih dahin gehen, die im Vorbeyaehen gefagt , ungeachter aller der Muübfeligkeiten, Über’ die fie fih in diefem armſeligen Lande beklagen , es doch nie verlaffen, Bis. ihr Pacht zu Ende gienge,

Ob dies daher kaͤme, daß alle Schiffe auf der Fahrt uhtergiehgen, oder von dem Vergnügen, das unfere Lande« leute: in ihrer neuen Wohnung fanden, oder ob fie von den dortigen Bewohnern fealpirt und gebraten wuͤrden, tie bey den Wilden in America gewoͤhnlich iſt, ſey ungewiß; doch

N. Pitt. u. Völker, VI, 1. B. Mn BR

A“

522 IV. Ein Verſuch uͤber Nichts.

fo viel ſey ausgemacht, dag man von feiner Perfon wiſſe, die ſeit 1700 Jahrhunderten zuruͤckgekommen waͤre, und hin⸗ ter dieſem Perioden ſey die Geſchichte dunkel und fabelhaft. Dies haͤtte die Aſſeeuranz der Schiffe, die nach dieſem Lande gehen, fo theuer gemacht, daß ein ſchlauer alter Burſch, mit - einer drepfachen Krone auf feinem Haupte, und einem Paar Schluͤſſel die an feiner Seite Elingeln, welcher vorgiebe, daß er mit dem Könige dieſes Landes nahe verwandt fey, Mech, fel, zahlbar auf Sicht, auf eine anfehnliche vorgeſchoſſene Prämie zöge, vermittelft tmelches das arme Volk um ihr Geld betrogen werde. Und felbft in den Landen, wo man durch die Betruͤgereyen des Alten durchſaͤhe, gaͤbe es eine gewiſſe Claſſe von Leuten, Prieſter genannt, die, ob ſie gleich nicht geradezu auf Dies Land Wechſel zögen, doc) die Emi— granten verficherten, daß ihre Worte dort mehr gelten fols ten, als des alten Sclaufopfs Briefe; ww daß fie dort auf ihr Wort seichlich folten werden.

Die Spiritualiſten verſichern hingegen, daß die Freu⸗ den und Leiden dieſer Welt, welches mit einen andern Na- men von diefem Lande die gegenwärtige Zeit genannt wird, dev Betrachtung eines vernünftigen Gefchopfes nicht werth, und foviel als Nichts fy: daß der bloße Zweck unſers Daſeyns nichts weiter ſey, als daß wir bloß bier Lehrlinge wären, und daraus folle erkannt werden , was wir nach Diefer. Zeit für ein Handwerk treiben würden. Sie fahren dann fort, durch eine mathematifche-Folgerung ung zu fagen, daß es gewiffe Data oder erfie Principien gäbe, die fih auf die einleuchtendſten Wahrheiten gründeten,

aus

I. Ein Verſuch über Nichte. ar

aus denen ſie, ſobald man ihnen dieſe zugegeben, ſie durch eine Kette von Schluͤſſen, die Richtigkeit ihres Hauptſatzes beyeiſen koͤnnten: daß, das einzige Poſtulatum, daß fie für

‚dern, bloß ber fi mple Satz ſey: daß Menfchen in alle Ewigkeit lebten; toraus dann nothwendig folge, daß der längfte Periode unfers Aufenthalts auf dieſem Schauplage, in der Leiter des Verhältniffes ein Sandkorn gegen eine Ewigkeit ſey: Oder, mit andern Worten Nichts fey, und dag die Emigkeit das beftändige Object: unferer und Handlungen ſeyn muͤſſe.

Da ich die Beweiſe dieſer tiefen Philoſophen, die ſie zu Unterſtuͤtzung ihrer verſchiedenen Meynungen vorbringen, dargelegt habe: ſo will ich auch die meinige uͤber dieſe Controvers in tiefſter Demuth anfuͤhren, ſo ungern ich mir

den Urmillen dieſer beyden moͤchte.

behaupten, ſie irrten beyde: denn in der Hitze ihres Zanks hat jede von ihnen ein ſo uner⸗ meßliches Gebiete, das weder Engel noch Menſchen feinem Unfange nach beſchreiben koͤnnen, uͤberſehen. Hier wird es nicht undienlich ſeyn, meinen gelehrten Leſern eine kleine Skitze von moͤglicher Geographie dieſer großen Reiche zu geben. Man erinnere ſich alſo, daß die gegenwaͤrtige Zeit in wirklichem Genuſſe beſteht, die kuͤnſtige auf Hofnung beruht, und die vergangene bloß in‘ dem Gedaͤchtniſſe. Mun aber iſt dies Land, Gedaͤchtniß genannt, oft mit Ne. beln umgeben, zumahl nach den Stuͤrmen der Leidenfchaft, - Nu2 die

7 vV

san 2 W. Ein Berfid) wer Br

die: die Ausſicht * die vergangene Zeit ganz verdunteln Der hitzige Streit dieſer Philoſophen hat aber einen ſolchen | Dampf. in der Armofphäte des Gedaͤchtniſſes erregt), dag man Bun oder von‘ . Lande ſehen kann; 2439) a et Daße die"; vergangene ein gar: unfers Cusjecie) ein Schatten, daß es Nichts ft, ſcheint mir jo offenbar ji ſeyn, daß es keines Beweiſes braucht, Sie davon zu uͤber zeu⸗ gen... Daß die gegenwaͤrtige. Zeit etwas verſchieden, bey ei⸗ nigen Gelegenheiten weit beſſer, und bey andern Gelegen · heiten weit ſchlimmer iſt, als MNichts, ſcheint mir eben⸗ falls einleuchtend zu ſeyn. Was die kuͤnftige Zeit betrift, ſo mag fie, oder mag fie nicht Nichts ſeyn, wenn es darzu koͤmmt: Alles was ich darüber ſagen kann, iſt, daß wir ge⸗ nau wiſſen, wie wir ſind, und nicht fo genau wiſſen, wie wir * werden: und daß Beſitz beſſer, als *

Ich chabe mich ausnehmend glücklich, daß ich auffer den großen, wichtigen und feyerlichen Dbjecken, von denen ich | bereits gezeigt habe, dag fi e ein Theil unfers Subjects find) noch die kleinen luftigen und unweſentlichen Dinger, Worte genannt, mit einſchließen kann, von’ denen man in einem ſpruͤchwoͤrtlichen Gleichniſſe ſagt: „Wotte find nichts als

„Wind,“ wodurch fie mithin allgemein für Nichts erkannt werden: denn wir vergleichen die Dinge bloß mit ſolchen Objeeten, die uns die Natur darbeut, in ſoferne fie die flärtfte Analogie und Aehnlichteit mit denjenigen haben, mit denen fie verglichen werden. Dem zufolge, wann ‚eine Perfon jene Magazitie von Born, Schutzſchriften, acade⸗

miſche

W. Ein Verſuch über Nichts. 3

miſche Reden; Zeitungen, fliegende Blätter, Monatsfhriften, Abhandlungen, Beobachtungen, critiſche Bibliotheken u. f. tw. betitelt, höret oder. liefet, und fragt: was fie enthalten ? fo iſt gewoͤhnlich die Antwort: „Nichts; inzwiſchen bes hauptet doch die Fruchtbarkeit der modernen Schriftſtellerey, aus ſehr niedrigen und ſelbſtſuͤchtigen Bewegungsgruͤnden, ein ausſchlieſſendes Eigenthum auf dieſe luftigen unweſentli— chen Dinger mit vieler Kuͤhnheit, und unterſtuͤtzet ihre Foderungen ‚mit einem: ſeltſamen, weitlaͤuftigen Geſchwaͤtz von metaphyſiſchem Unſinn.

Mit Vergnuͤgen ergreife ich dieſe Gelegenheit, die Pebfonen zu bedeuten, die. dieſe Anfoderung vorbrachten, ins dem idy eine unftatthafte und ſehr irrige Meynung berichti—

gen will, die fi fie behaupteten: „daß ihr. Anfprud) von. er „höchſten Gerichtshof ſey verachtet und verworfen worden 5 * da ſie im Grunde doch erhielten, was fie Denn da ſie ein Eigenthum in Worten begehrten, und die Worte Nichts ſind, ſo iſt dem eig nichts worden.

Mein Subjeet begreiſt ferner ein gewiſſes Ingredienz, Falſchheit genannt, die einen ſo großen Theil in jeder Zu⸗ ſammenſetzung, von dem Geiſte des Menſchen erfunden, ein⸗ nimmt, daß jederman zugiebt, ſie finde bey allen Religio⸗ nen, auſſer bey einer einzigen ſtatt. Dieſe geſegnete Reli⸗ gion ausfuͤndig zu machen, hat ſchon ſo viel Zank und Blut gekoſtet; und nach alle dem Laͤrmen und Kampf, der dar⸗ Aber entftanden, find Zwanzigtanfend gegerr Er wider jede Se Nn; Re⸗

s26 IV. Ein Verfuch über Nichts. %

Religion, die jemals auf dem Erdboden befannt und gefkifs tet worden, feldft die wirklich einzig wahre nicht ausgenom» men. Go ift ebenfalls ein großer Theil von Philofophie, Geſchichte, Reiſebeſchreibungen, Erzaͤhlungen, Auftlaͤrungen und Belehrungen darunter begriffen, hauptfächlich wenn fie mit großen DBetheurungen ‘verbunden find. Wer weiß nicht, mas. für Falſchheit in der Gefchichte geherrfcht: bat, es mögen nun darinne Thatſachen feyn vorgetragen oder Urfas hen angeführet worden, ‚die zu den Handlungen der ‚vers ſchiedenen aufgeftellten Perfonen Anlap gegeben haben, oder uͤbertriebene Lobſpruͤche der Maßigung einer aufruͤhreriſchen Parthey find ertheilet worden, die‘ mit aller nur erfinnlihen Heftigkeit, welche ein blinder Religionseifer eingeben kann, ihren Monarchen des Throns entfegte und verjagte , den naͤchſten zu ermorden fuchte, den dritten durch den hoͤchſten Gerichtshof wirklich das Todesurtheil ſprach, den vierten ins Elend jagte, Tempel zerftörte, bie, ivenn fie .auch keiner Gottheit wäten geweiht geweſen, doch als Denkmäler dee Alterthums, der Größe ihres. Landeg und ber Hoheit ihrer Bauart geſchonet zu werden haͤtten.

Das Falſchheit wirklich Nichts iſt, erhellt auch ohne Beweis, wenn ich das ſynonime Wort Erdichtung dafuͤr ſetze, oder, wie die Houyhnhmes, die “in ihrer Sprache fein Wort hatten, Falfchheit anzubeuten, ſich des Ausdrucks bes dienten: Au; was nicht iſt.“

Da ich von der Michteriſtenz der Materie und des Geiſtes, der Zeit und der Ewigkeit, und auderer wichtiger Se

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W. Ein Verſuch über Nichts. 527

Segenftände geredet Habe, fo till ich einige der Folgen ans führen, die aus diefen Sägen herfließen. Es wird dadurd) zwifchen den großen Seelenmächten der Einbildundskraft und der Vernunft Friede geſtiftet, und der langwierige Streit zwiſchen der Ertenfion und Theilbarkeit der Materie ins Unendliche aufhören, die die Vernunft für wahr hält, und von dem die Einbildungsfraft felbft die Idee verwirft und verabſcheuet. So wird die mühfame Arbeit der nuͤtzlichen und verefrungsmürdigen Glieder der Gefellfchaft, Metaphyſiker genannt , deren Feb ich nicht genug erheben - kann, verringert, indem ich ihnen das tweite Feld des Wach: forfchens verfehließe, das fie fo lange Zeit mit unermüdetem Fleiß und der tieffien Spisfindigkeit gebauet haben, nam: lich, wie Materie und Geift aufeinander wirkten; eine Un— terſuchung, die nunmehro ganz überflüßig iſt, nachdem ich gezeigte habe, daß diefe Dinge gar nicht eriftiren. Ferner wird es den fünftigen Königen und Fürften, warn fie einen Eoder von Gefegen verfaffen, die Mühe des Titels erſpa— ‘ten; de Haeretico comburendo ımd das Verbot, ſolche Berfuche, wie diefen zu lefen; Quae non per omnia ac’ praecife congruentes expofitae orthodoxae fidei, und zwar unter folgender, Bedrohung: His qui talia feripta aut tales libros habere, aut legere fuftinuerint vltimum fupplicium experituris, Es wird dadurch auf einmal der ganze Streit der 39 Artickel beygelegt werden. Was mir. aber als einen Proteftanten noch mehr Freude macht, die - ganze Snquifision wird damit ein Ende haben. ie vieler Miflionen Menfchen Leben wird dadurch nicht gevettet wer. den, indem allen Kreuzzuͤgen, Verſchwoͤrungen, Bluthoch⸗ 2 Nn4 Fu zei⸗

528 w. Ein Verſuch über Nichts. ;

Ä ‚seiten u. f. w. zu Gunſten ber: Religion EINEN

Man darf fi) eben nicht wundern, daß dies unfer Subject, (da ich gezeigt Habe, daß es beynahe die ganze Natur umfaßt) das Objeet eines. allgemeinen Beſtrebens geweſen: denn es iſt ſo anziehend, hat ſo mancherley an⸗ genehme Seiten, daß es unzaͤhliche Anhaͤnger von den ent⸗ gegengeſetzteſten Characteren gefunden hat. Der Muͤßige, der Aemſige, der Einſiedler und der Wuͤſtling, der Geizige und der Verſchwender verfolgen es mit gleicher Hitze, zwar nicht unter feiner natürlichen Geſtalt, dein dieſe iſt ſchwarz, finfter. und abſchreckend; fondern unter der mannichfaltigen kuͤnſtlichen Verkleidung, deren es ſich bedienet.

Man ftudiret ein ganzes Lebensalter hindurch, um zroifchen Wahrheit und Schein, Etwas und Nichts zu be, ffimmen : denn das Nichts nimmt fo viele Maften an, dag unzählige betrogen worden und eine Luftblafe verfolget has

ben, die fie zu ihrem gaͤnzlichen Untergange führten Die | tägliche Erfahrung bezeigt , wie fehr der Schein betrügt, Wirklich in fih ſchaͤtzbare Gegenftände verdunfeln oft eine äuffere Seftalt, die uns nichts weniger, als zu ihrem Vor—⸗ theile einnimmt, Dies zu beiveifen, Eonnte ich mich auf viele Menfihen von einem tiefen Verftande und einem edfen Herzen berufen, die aber wegen ihrer Schüchternheit und Ungefchicklichkeit Ihoren ſchienen; auf Tugenden, die mes gen des Zwangsı und der Selbſtverlaͤugnung, die fie ſich, um fie zu äuffern, auferlegen mußten, ſich verhaßt und überläftig

mach⸗

IV, Ein Verſuch über Nichts. 629

®

machten; von den delicateften Schuͤſſeln, die wir wegſcho⸗ ben, weil ſie einer gemeinen Koſt aͤhnlich ſahen; von den koſtbarſten Edelgeſteinen, die wir, weil ſie nicht geſchliffen waren, als Kieſelſteine wegwarfen. Und fo giebt es in der thieriſchen, geiſtigen und ae Welt imzaͤhlige Bey⸗ * yet Art. |

Nun aber nehmen dieſe Objecte und Eigenſchaften, ‘die in. ſich verachtungs⸗ und haſſenswuͤrdig find, den Schein ihrer entgegengeſetzten Tugenden an, und laden uns im ſchon⸗ ſten und: bezauberndſten Gewande ein. Verſchwendung nennt ſich Freygebigkeit, Geiz Wirthſchaftlichkeit; Heuche⸗ ley Religion; Dyranney ſtandhafte Aeuſſerung der hoͤchſten Macht; Anarchie und Empörung Geiſt der BEER und Bateriandsliebe,

Sich mit Nichts zu beſchaͤftigen, oder mit andern Worten Otium cum dignitate, Freude und Nude, von Geſchaͤftsplackerey ununterbrochen, ift das letzte Object un⸗ ferer Wünfche und Beftrebungen. So wie man die Freu de, wenn man ihr eine perfonliche Geftalt giebt, als ein Franenzimmer darſtellt; ſo ift.das Nichts, wenn es als die Freude erſcheint, auch weiblichen Geſchlechts und entweder eine Buhldirne, oder ein tugendhaftes Frauenzimmer. Iſt fie das erſte, fo uͤberlaͤßt fie ſich ohne Umſtaͤnde unfern Lied. kofungen, ihre Zauberblicke entkräften uns zu einem traͤ— gen Müßiggange, wir koͤnnen ung nicht ihren wolluͤſtigen Armen entreißen, unfere Zeit, unfere Perfon und unfer "Vermögen wird ihrem Dienfte aufgeopfert, bie endlich alles

Rns zu

Wi Ein Verſuch über Nichte. zu Nichts wird. Die Galanterie mit dieſer Buhlſchweſter wird Müfiggang und Serftrenung der Jugend ge⸗

Ri.” nannt.

*

gt fie aber ein tugendhaftes Frauenzimmer, 0 muß

ſie erft durch eine müpbfelige Aufmerkfamkeit getvonnen wer⸗

den. Man muß den groͤßten Theil feines Lebens durchar* beiten, ehe fie ung mit einem Eleinen Lächeln des Beyfalls beguͤnſtiget: ſelbſt ihre Perſon laͤßt fie nicht anruͤhren; fie fodert ung zu den hoͤchſten und gefaͤhrlichſten Pruͤfungen auf, und fo oft.wir ermübdet und voller Zuverfiht auf unfere Berdienfte zurückommen, treibt fie uns zu neuen Pro: ; ben wieder fort, bis uns endlih das eigenfinnige Weib, wann uns ein frühzeitiges Alter, die Folge ſchwerer, muͤh⸗ feliger Arbeiten ſtumpf gemacht und unfere Kräfte erfchöpft hat, ihrer heißen Umarmungen wuͤrdiget. Aber ah! dann find wir unfähig die Neize unferer Geliebten, oder Mein, Liebe und. Freude, ihr füchelndes Gefolge zu ſchmecken. Eine Verbindung mit diefer ehrmürdigen Matrone heißt dann, „ein Gluͤck durch Mühe und Arbeit gervonnen. 4

Zugleich muß ich hier bemerken, daß fie fehr oft einen fruͤhzeitigen Geſchmack an den betrüglichften und luͤderlichſten Burſchen findet, und mehr Gunftbezeigungen an folhe Tau genichts in ihrer Jugend verſchwendet, als die würdigen - Manner, die ihr ganzes Leben verwandt, um in ihr eine Sefährtin zu finden, jemahls erhalten konnten.

Unfer Subject fobert Liebe und Hochachtung, nicht sur als eine liebenswuͤrdige Gebieterin, fondern auch als | eine

-

V. Einladung aufs fand. 5351 eine treue und zaͤrtliche Freundin,’ Denn, wenn uns Städ und Freunde verlaffen ; soenn! wir jeder Beſitzung ‚und Freude beraubt werden: wann die Quellen des Lei bens erfchöpft find, und der flatternde Geiſt feine fterbliche Hülle verläßt; wenn wir in die fhauderhaften Wohnun gen der Finfterniß und Vergeffenheit binabfteigen, fo ift Nichts unfer Gefaͤhrte. Wir haben Nichts mit in die, Welt gebracht, und werden auch. nichts, mit uns hinaus⸗ nehmen! |

der Beſchluß folge)"

V. . i . Einladung aufs Land.

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Freunde, kommt! verlaßt das Kerkerleben! Uns winkt der ſchoͤne May,

Der finſt're Stadter mag die Stadt erheben,

Wir ſtimmen ihm nicht bey. |

Uns reizen mehr die fillen beffern Freuden Der laͤndlich Schönen Flur,

O! wer bie fühle, darf Fuͤrſten nicht beneiden, Denn jeln ift bie Natur.

Hier wollen wir beym Goͤttertrank der Reben - Uns unſrer Tage freun, und gluͤcklicher als König Cröfus leben Bey deutſcher Lich’ und Wein. Au Dit

532 V. Einladung) aufs Land.

Oft ſollen laut die vollen. wine, BUSH TE Sum Teot der. eurzenaßelt, ichs aan re hr En ſie dem Grab, uns —* zu tan, May an

Mit ſtarrem Sinn gebeut; 2 un an e 5 4

In feiner fömatzen (Bauervonen sähe & 2 |

Iſt alles freubenleer. * R u —* | be

Da ſchweigt das Zaubertied der nhilomele/ * | ni Da bluͤht die Flur nicht meh, =

Da glüht des Mädchens heitre Hofnwanae er

uns nicht zu füßer. Luf,

Da Hopft nicht mehr beym zartlichen —*— Der Holden unfre Bruſt.

er unbefannte fremde Seat keinten Rn Für uns beym: Becherfchmang, | Se Wenn erſt im Mondſchein unfee Gräber Plkkepıe | X

Die Neetarlaſchen auf, Tr 5.

l Drum Brüder, eilt; taßt uns der Zeit genießen, und fherzt, und ist, und lacht!

Kein Augenblick darf ungenuͤtzt verſtießen,

Der Menſchen froͤhlich macht!! | | | €, 3. Pockels.

Ai, _ ar we 22 a:

ME tar Ta

201: DE: Bied der Traue. 35 1:0 Tihull's 13. Elegie des IV. Buche,

\

BEER ua ns a Nime ſoll mich ein Madchen deinen Armen entreiſſen! J So beſchwur ich den Bund, als uns die Liebe geeint! Du entzuͤckſt mich allein, und auſſer dir if mir auf Erden Keines dee Mädchen N ſchon, keines mit Liebreiz ges ſchmuͤckt! Aber moͤchteſt Wr nur oo ſo ſchoͤn mir allein ſeyn, Andern fo minniglih nicht; ſicher ware ih dann! * Nicht des Neldes bedarfs und nicht des Staunens der | ‚Menge, : Weiſe wer fi 5 daheim feines Glüces een Ruhig wohnte ich fo in ſtillen, verſchwiegenen Hainen, Mo fein menſchlicher Fuß unſre Wonne beſchleicht. u Wiege meiner Sorgen, mein Stern im nachtlichen Dunkel, Du auf einſamer Flur eine Welt mir: voll uf! Be Deinem Tibullus würde vergebens ein Mädchen vom Simmel Miedergefendet, umfenfi buhlte Venus um ihn!

Siehe ich fchwör” es ben Suno’s über dich waitender Gottheit, Welche vor allen allein hehe” und heilig Be Short was begann ih? o meh mir! ich reichte ihr ſelber

Br die Waffen, | Diefer unfelige Schwur Löffe die Feſſel der Furcht!

Grauſamer nun und fühner noch wirſt du fürder mich quälen, me. .ul7 Dein °

%

234 Vill. Triumph der Siebe.

Mein geſchwatziger Mund hat mich Armen bethort!

Nun fo ſey's, ich gehorche, und bleibe dein Selave auf enig! Nimmer wi ich den Gold deines Minnedienk’s fliehn:

Aber gefeſſelt win ich Venus Altare umfchlingen,

Welche bie Grauſamen ſtraft, und den Slehenden Hirt!

Carl Reinhard. VII.

Triumph der Liebe. | Tibull's 7. Elegie des IV. Buche. \Cvon Sulpizia.)

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CAR erſchien mir die liebe; ſchamhaft fie zu verbergen _ Sen mir weniger Ruhm, als fie laut zu geiehn!

Durch die Gewalt meiner Lieder, mein, Ziehen um Liebe

geruͤhtet,

Gab Zithere ihn mir in deu harrenden Arm.

Mas fie verheiffen, hat fle erfüllt; meine Wonne verkünde, Wer dem Mädchen im Arm nimmer ihr Süßes genog !

Das Geftändnig der Liebe verwahre fein neidifches Siegel, Ale ſollen es fehn, und noch eher als er!

So genuͤgt es, zu ſallen! Was lds ich die Miene der Unfchurb, ar er meiner denn nicht, war ich ‚feiner nicht wertp ?

Carl Reinhard

VIEL Im

| \ VII. j | SsmHerbf. ab, laßt ab mir Idnger mit euten *

Himmliſch und hoͤlliſchen Traumen und allen ſchreclichen Rieſen und Zwergengeſchichten den Kopf mir zu ruͤtteln, Kinder ber ſwarzen Melancholey!

Der Herbſt erwacht! Schon fuͤllet mit großen

Trauben der fröhliche Winzer am Arme der Winzerin

Seufzende Butten ; fchon knatren die Kelter ; ſchon ſpruͤtzet unter dem Winzer der Moſt empor! |

Nun ruft, nan ruft zum ſchwaͤrmenden Tantze

‚Drüben auf goldenem Hügel, zum rauchenden Weinpocal Drunten im trunknen Gelage, zum Kuß der entfammten = Mädchen mich Bacchus und Eypria!, !

Den Gott des Weins, die Göttin der Liebe

Bil ih nun fingen. Auf! tange mir, tanjende Mufet die

Wurmenden Grillen hinweg! Denn im Wein und in Liebe Wohnet Geſang der Unſterblichkeit.

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IX, An

536 BE, u | . F

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an Ad en Eiftet. y % 3% 7 3 nr ir auf: dieſem feiedlichen Eplans, in- dieſer ſtillen Aue will ich mid) Hinfegen, und zum (egtenmal euch ſegneu, ihr

bluͤhenden Linden !euch das letzte Lebewohl ſagen, ihr ſchat· tigen Gaͤnge meiner TA.

Ihr * meine zitternde Stimme vernommen, als ich unter euren heiligen Zweigen wandelnd meiner Gelieb⸗ ten zuerſt die geheime, ſuͤße Empfindung geſtand. Der Mond laͤchelte fanft hernieder, und ich ſah die fromme Zab⸗ re, die ihrem Auge entſchluͤpfte.

he habt: den Steohm meiner Thraͤnen, das Beben meiner Lippen geſehen, Heilige Baͤume! Ihr Habt das Seufzen, meines Herzens vernommen an dem Tage, der mich auf ewig von ihr ſchied.

Send mir geſegnet, Zeugen meiner Liebe! Ihr ſtil⸗ fen Gänge meiner Einfamkeie! Aue

Unter deinem Schatten, weitarmige Linde! ich kenne dich an diefem krummen Aft, der jich zur Erde beugt raubt' ich ihren feurigen Lippen den erften Kuß. Ich ha— be fie nie mehr unter deinem Schatten gefehen, weitarmige

Linde! keinen Kuß mehr ihren fenrigen Appe geraubt!

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IX. An ber Eifer, 537

| O! che Name ach! Withelminens Same ift in deine Ninde gegraben, Gluͤckliches Baͤumchen! Ich will meinen Namen auch einſchneiden, den Namen ihres Gelich- ten, umd eine abgebrochene Roſe, die der Sturm zerknickt bat, darauf heften, und den Ort mit meinem Tuche ummins den, daß, wenn ſich einft ein liebendes Paar bicher verirrt, und das Tuch abreißt, und unfere Namen left, mit heil: ven Entzuͤcken die Liebenden ſegnet, die ſich hier ein Dentmal

geftiftet Haben ! J

Soll ich dich niemals wiederſehen, friedliches Ehlinbt das ich mir zum Sitz meiner Klagen und meiner Geſange erkohr? Soll ich nie mehr unter deinem Schatten weilen, heilige Linde! ſtumme Vertrautin meines Herzens!

So leb denn wohl, und trage das Zeichen meiner ungluͤcklichen Liebe, bis dich das Alter, wie der * mer zur Erde ſenkt!

Leb wohl, du ſtille Aue! Lebt wohl, ihr blühenden Linden! ihr ſchattigen Gaͤnge meiner Einſamkeit! fried⸗ liches Eyland! Strohm meines Aufenthalts! Leb wohl!

Den Kahn her, Fiſcher! und fuͤhre mich uͤber den Strohm ans Ufer hinuͤber! | | er Dr th

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NR Litt. u. Völker, VI, 1. B. De _ X%n

338.

. 07 X. Zuttatgene ed * ieh E ©, entichlummerte fie die junge bluͤhende Roſe, ‚er des Abendthaus Silber ihre Blätter benetzte; vachelnd winkt ihr der Tod mit ruhewehender Palme, Und fie ſchwebte hinauf in Edens Monnegeftade,

Stummen Kummer im Antlitz, ſtehn die trauernd Ver⸗ waißten PN einnet die Thraͤne von dem fuchenden Auge . iind den Schreckensgedanken kann die Seele nicht faſſen, Daß, zu ſchoͤn fuͤr die Erde, ſie die Vorſicht entriſſen.

Nimmer wird uns nun wieder von der roſigen Lippe Froher, koſender Scherz der Freundſchaft Stunden befluͤgeln; Ach! ſie rauſchten dahin die kurzen wenigen Stunden,

Und ihr banges Gedaͤchtniß ſchwaͤrzt die dammernde Zukunft.

In dem ſuͤßen Bewußtſeyn reiner Unſchuld im Buſen, Das, wie Lenzes Gefilde, ihre Laufbahn umlachte, Wallte hold die Verklaͤrte fern von Bangliher Ahndung, Daß die fproßende Bläthe ſchon zur Ernte gereifet.

Doch es nahte die trüb’ und finiterlodige Stunde Und der Dulderin rann, der Mutter zitternde Zahre Auf die bleichende Wange doch noch immer’ erbeten ei fi nfenben Blick bie ſchwachen Strahlen der Hofnung.

4 pr

Aber -

e I RR | j X, Julianens Tod, 539, Aber diefe entſloh, wie Frohe nächtliche Bilder, Die die Sinne 8 beym Erwachen entfliehen $ Denn ſchon taufchte des Todes allverheerender Fittig, ‚Und, entfeffelt, verließ ihr Geiſt Die, ſerbus⸗

er der mndemde Kat der ſeruern Zeiten fe | niemals Unfrer Stirne den Flohr der Herzenstrauer entwehen, Den uns nagender Kummer, da das Schickſal dich raubte, Unaufloͤßlich und feſt um unſre Schlaͤfe ———

* auf Erden wird nie der Thtanen Quelle ver⸗ a fiegen, Die die grünende deines Grabes benegen, Bis auch''wir einf, entfettet don den irdiſchen Banden, Dir in höhere Sphären feop entgegen und ſchwingen.

Drum, o Seit ber blicke nieder vom Throne, Wo im uchtene Gewand’ Ni Engelfreuden umgeben ; Eich die weinende Mutter fieh die traurende F Breumdfchaft, Schwebe ſchuͤtzend herab, um bie Verlaßnen zu troͤſten.

C. G. Wilke.

Ds a XI. Die,

6409

xl,

*

Die Weiberfhule.

Ein Trauerfpfel, aus dem Englifchen.

Torrington.

Perſonen General Savage. Belville.

Leeſon.

Hauptmann Savage.

Connolly.

Spruce.

Ghaſtly.

Miß Walſingham. Mſtrs. Belville. Lady Rachel Mildew. Mſtrs. Tempeſt. Miß Leeſon.

Ein Maͤgdchen.

Erſter

l. Die Weiberfihule = 54;

Erſter A Erfer Auftritt. | Ein Zimmer in Belvilles Haufe.

Hauptmann Savage und Miß Walſngbam treten

herein. |

Ha! ha! Ha! Gott Lob, Miß Walß ngham, daß die Furie geht! die hat Belville artig die Wahrheit ger.

pfiften !

Miß Walſi ing. Sie von ie bemertt,

‚Herr Hauptmann.

Hauptm. Nein, dafuͤr nahm ich mich wohl in acht:

denn ob ſie gleich meinem Vater nicht angetrauet iſt; ſo hat ſie doch zehnmal mehr Gewalt aͤber ihn, als ein Weib uͤber ihren Mann, und ſie wuͤrde mich wohl nicht wenig bey ihm verlaͤſtern, wenn ich nicht ihre Parthey naͤhme.

Miß Walſing. Es war ein herrlicher Einfall vom Herrn Belville, daß er zu verftehen gab, das arme Weiß waͤre nicht recht bey Sinnen! \

Hauptm. Und-Sie fahen doch, daß ihr brauſendes,

"ungeftümes Wefen der Belchuldigung noch. immer Wahrſcheinlichkeit gab?

Miß Walſing. Alerdings; fe waͤre beynahe wirkte

lich uͤbergeſchnappt, als ſie's merkte, daß man ſie wie ein tolles Weib behandelte, ,

ie 80 3 HGauptm.

J

542 xl. Die Beiberfule.

Sauptm, Auch Belwville's affectirter Scret war zu bewundern

Miß Walſi ing. geezich und die ſcheinheilige Gleich⸗ | güftigkeit in feinen Mienen und fein beuchlerifhes Mitleis ben mit dem atmen Weibe waren zum

Hauͤptm. gamahl da ſein liebliches von Weibe, in heiliger Einfalt, ihm Sylbe für Sylbe glaubte. .. . u ©

d

Miß Walfing. Und, anftatt nur im geringften auf die Anklage aufmerkffam zu werden, nichts als Mitleiden mit der, Klägerin fühlte. Aber erlauben Sie, bat denn Belpille Mſtrs. Tempeſt's Nichte wirklich unter dem Vor⸗

wande, ſie auf das Theater zu bringen, aug der Denfion genommen ?

Hauptm. Ganz gewiß. Befall der beftändig nad) neuen Gegenſtaͤnden aus ift, fand fie in Green » Bores, wo die Unſchuld fonft. zu Haufe gehöre: weil er bey ihr gleich einen recht Teidenfchaftlichen Hang, als Scaufpieles ein aufzutreten, wahrnahm , fo gab er ſich den Character eines irländifchen Schaufpieldirectors, füchte auf die Art bes fannter mit ihr zu werden; bis fie in voriger Nacht durchgieng, um, tie fie hoft, Heldin dem Theater in zu werden. |

Miß Walſing. Aber wenn er Mn liſtig geweſen ift, ſeinen wirklichen Namen zu verſchweigen, fo tann ihn Mſtrs. Tempeſt doch hoͤchſtens nur mit Miß Leefons Verführung in Verdacht haben.

Hauptm.

um, | Bi Die Weilbetſchule. 543

Mit weiter nichts; und auch das kann fie bloß nach der Beſchreibung derer, welche ihn mit ihr in

der Comoͤdie geſehen haben. Ich wuͤnſche nur, daß die Sa, | che £ein tragifches Ende nehmen mag; - denn ihr Bruder

J

iſt Advocat in Temple und ein junger, hitziger Mann, - dev Delville gewiß den Au: genblick, da es ihm zu Obren koͤmmt, zur Rechenſchaft fodern wird. 164, i

Miß Walſing. Aber was ſoll aus dem armen Maͤgdchen werden, wenn er ſi ſie einmahl ſitzen laͤßt? F

Hauptm. Sie wiſſen, Belville iſt wirklich mehr als

zu gutherzig, und hat noch tauſend andere Tugenden, bie

dem’ Fehler der Galanterte, welcher der einzige Schandfleck

in feinem Character it, volllommen das Bleichgewicht

halten.

Miß Walfing. Ihr Männer! ihr ihr ſeyd ſo durchtrieben, daß man nicht einen Augenblick mit euch zufrieden, aber was noch aͤrger iſt, nicht einen

ohne euch zufrieden ſeyn kann.

Hauptm. Liebe Miß! nie Sie nicht yon einem

auf alle, *

Miß Walſi ing. Ih will's verſlichen, ob ih mid) - ſelbſt täufchen Eann: aber es ift nur ein armſeliger Des weiß für eure Rechtſchaffenheit, daß andere, bey: seen Dei trügereyen, euch zu Vertrauten machen, |

Hauptm. Ich bitte Sie, Beſtel Hören Sie davon

auf. Kein ebevast lebt gluͤcklicher iufainmen , als Belville

und

544 RL Die Weiberſchule.

und feine Gattin; denn bey aller feiner Leichtfertigkeit iſt in ganz England kein Mann zu finden, der feine Gattin mit mehr Warme lichte, als er. Wollen Sie alfo freund: ſchaftlich gegen ſie handeln, ſo laſſen Sie ſie in einem Irr⸗ thume, der zu ihrer Beruhigung fo nothwendig iſt, und ger ben Sie feinem Menfchen auch nur den geringften Mint yon feinen Galanterieen,

ME Walſing. Werm es mir nicht angenehm waͤ⸗ re, Sie mir verbindlich zu machen; ſo ift meine Achtung fuͤr Mſtrs Belville zu. groß, alg dag ich Ihren Rath befols gen folte: aber wern Sie glauben, daß ich ſchweigen Fann, fo haben Sie. nicht noͤthig, mir die Sache fo ſcharf einzu: $nüpfen,

Hauptm. Sie ſind die Guͤte ſelbſt. Die Klugheit, mit welcher Sie unſer Liebesverſtaͤndniß verſchwiegen, hat mich ſchon unendlich gegen Sie verpflichtet. Geſetzt: Sie haͤtten dies Geheimniß auch nur Mſtrs Belville anvertrauet, ſo waͤr es doch nicht ſicher geweſen; vielleicht haͤtte ſie's ihrem Manne mitgetheilt, und der iſt eine ſolche Plauders taſche, daß er es doch bey aller Achtung, die er fuͤr mich hat, in irgend einer Stunde des Leichtſinns ausgeplaudert, und durch die dritte, vierte Hand bis vor meinen Vater gebracht haͤtte.

Miß Walſing. Das ganz Ih⸗ res Vaters und meine Armuth machten's mir nothwendig, unſer Verſtaͤnduiß unverbruͤchlich geheim zu halten; ich finde alſo weder in meiner Klugheit, noch in meinem eifri⸗ gen Deftreben, dem General eine gute Meynung von mir

bey⸗

Die Wesens, 545

heyzubringen, etwas Verdienſtliches, da —8 zu meinem eigenen Gluͤcke fo nothwendig war. Verachten Sie mich wegen dieſes Geſtaͤndniſſes nicht! us

Hauptm. Warlich, eine bezaubernde Beſcheidenheit! doch ich ſchmeichle mir, Ihre Guͤte in kurzen belohnt zu ſehn; Sie ſtehn jetzt ſo bey ihm in Gnaden, daß er ber ſtaͤndig von Ihnen ſpricht, und ich glaube wirklich, er ſelbſt will Sie mir antragen; denn geſtern Abend hatte er | erft wenig Minuten vorher gefagt, dag Sie einmal würden das befte Weib von der Welt werden, als er mich ganz ernſthaft fragte; ob ich Abneigung gegen den Eheftand hätte? BG 4,

Miß Walfing, Das war freylich ſchon viel! denn fouft pflegt er ſich felten fo weit herabzulaſſen, daß er bie Neigungen anderer mit au Rathe zoͤge.

Hauptm. Im Eenſt, es war sh. von im! * weil er bey der Armee an nichts, als Befehl und Gehor⸗ ſam gewohnt war, fo wolte er die Zucht von der Parade auch auf feine Familie, anwenden, und er erwartet eben fo wenig Einwendungen gegen die Befehle in häuslichen Anz gelegenheiten, als wenn er fie an der any feines Regie ments ‚austheilt,

Miß Walfing, Und gleichwohl hat Wiftrs Tempeſt die, wie Sie ſagen, ſo ſtuͤrmiſcher Natur iſt, als es ihr. Na⸗ me anzeigt; beſtaͤndig Einwendungen dagegen. !

(Belville und, Mitrs Belville treten ine Zimmer.)

DBelville, Nicht wahr, Miß Balfingdam, das war ein ae Defuch diefen Morgen ? |

Do 5 Miß

546 u XL, Die MWeiberfchule, Miß Walfing. Wahrhaftig, das. deucht mir! Ich

> Habe Herrn Hauptmann Savage fehon gefragt,. wie lange

de

die Madame ſchon verwirrt geweſen fey ?

—— Bel. Warum mag man das arme Weib noch herum⸗ | faufen. laffen, ohne ihr jemanden zur Aufficht zu geben ?

Haupem, 9! fie hat auch ihre richtigen Stum

Miß Walfing Geyſeite zum Haupt.) Ich verſichere Sie: ich werde eben ſo boͤſe auf Sie, als ich auf Belvil⸗ le bin,

Mſtrs Belv. Sie koͤnnen gar nicht glauben, wie ‚vernünftig fie anfaͤnglich ſprach! |

Belv. Ich wuͤrde die Tollheit gar nicht an ihr ge⸗ merkt haben, wenn fie mir nicht eine fo widerſinnige Wer ſchuldigung hätte aufbürden wollen!

(Es tritt ein Bedienter herein.)

ed, Lady Nachel Milde laffen Madame ihre Ems pfehlung machen, und wenn Sie feine dringende Geſchͤfte hätten; fo mwolte fie fih die Freyheit BRUINED, Huen ihre asia zu machen.

Mſtrs Bel. Wieder unſere Empfehlung, und es ſol⸗ te uns angenehm feyn, Lady bey uns zu fehen. (Der Bediente ab.)

Belv. Mich foll doch wundern: ob Lady Rachel weiß, das Torrington geftern Abend aus Bad hier FOienet angefommen iff, WMWMſtro

xl. Die Weiberſchule. 70897 Mſtrs Belv. Ach wuͤnſche, daß ihm das Bad mag recht wohl bekommen ſeyn: denn er iſt wirklich eine gute,

ehrliche Haut, und dabey jo aufrichtig und unfhuldig, tie - Adam im Paradiefe,

Miß Walfing. Lady Rachel, wird mie im Himmel,

ſeyn, ‚daß er wieder da iſt; und es wäre doch) wirklich ein lächerlicher Streich, wenn zwiſchen der alten Jungfer und

dem alten Junggeſellen eine RE gefchmiedet werden koͤnnte. |

\

Hauptm. Torrington hat in Refminfirhai zu viel Sefhäfte, als dag er daran denken folte, bey den Damen feine Devoirs zu mahen; und überdem deucht mir, ſpricht er’ zu rein von der Leber weg, als daß er kady Nachel ges fallen koͤnnte.

Belv. Weit gefehlt, Herr Hauptmann! ſie ift ganz

a ihn geſchoſſen! aber der ehrliche Torrington weiß nide

das mindeſte von ſeiner Eroberung, ſondern denkt ſo bes ſcheiden von ſich, daß er keinem einzigen Maͤgdchen in der Welt nur ein Bischen zu gefallen glaubt,

Mſtrs Belv. Aber meine ‚arme Tante fpricht wahr⸗ haftig deutlich genug, ihm eine ganz andere Deyuung ven ſich beyzubringen.

Miß Walfing, O ja! und kann ihre Heise wieder fo anpugen, wenn ſie etwa vermuthet, ihn irgendivo anzus treffen, daß ihre Backen ſo roth ſind, wie Scharlach.

Hauptm. Ih glaubte, Apollo wäre der eingige Goͤtze, den Lady Rachel anberet, und fie hätte aus Enthu—

ie

58” RL Die Weiberſchule. | | ſiasmus für die Dichtkunſt, allen weniger erhabenen Gefuͤh⸗

Im das Lebewohl geſagt!

| Belv, Das war wieder gefehlt, Herr Hauptmann! die Dichter find alle verliebt, und man kann gewiß darauf rechnen, daß fie nie im Stande find, idealiſche Leidenfchaf- ten zu befchreiben, ohne der wirklichen N zu feyn, (Der Beriente tritt herein.) | Bed. Madamer der Mann aus Tariftoofftreet bringe die Maſteradehabits und laͤßt ob or * etwas zu befehlen haͤtten.

Mſtrs Belv. & fol wir die Susi

bethn haben, (Der Bediente ab.)

Miß Walſing. Es find lauter Dominos! Belv. Das ift mir fieb! denn auf Maſteraden ift es eben fo ſchwer, einen. Character durchzuführen, als im mwirklihen Leben. Als ich, das legtemal im Pantheon war, bat mich eine Veſtalin, den Abend mit ihr zu fpeifen, und ſchwur: ein vr ihr die: Tafchen ausge pluͤndert. { | Miß Walſi ing. J nun! das wat doch nicht fo arg, als jener Geift des Hamlets e8 machte, der fich mit . Heinrich dem Achten borte, und darauf nach Nancy Daw⸗ fon’s Geige ein Paar Bäarenfprünge machte. Hat ha! ha: Wir werden Ihnen folgen, Mſtrs Belville. (gehn)

Zweyter

xl, Die Weiberſchule. 549 Zoeyter Anferi ee:

Leeſonꝰs Zimmer in Temple. Leeſon tritt herein. Leſ. Wo mag denn mein Schreiber ſeyn? Sn noliy! | Con. hinter is) Hier Po Leefon

Leſ. Du haſt doch die Eheßiſtun ſo Pair, |

wie ich fie cortigirt habe? | Es Eon. Ctommt mit ein paar Piſtolen herein) O ja, Tier ser Herr. Leeſon! ſchon vor einer Stundes | | Leſ. Und’ dir Haft die Piſtolen auch * pro⸗ Birt? Eon. Ich habe, bey meiner Seele! ſchon ſeit einer

halben Stunde dran gekrickelt, ohne ſie einmal zum Losgehn

‚au kriegen⸗

Leeſ. Sie ſind ungeheuer vertofter,

Eon. Sa, mahrhaftig! das find fie. Ich wolte ſie ein bischen abputzen; aber ich kann nichts vornehmen, mo mirs Unglü nicht einen Queerſtrich machen folte: je mehr ich dran poliere, defto toller werden fie. u

Leeſ. Connolly! es, find ja wohl wieder einige von unfern täglichen Gaͤſten bey bir gervefen , und haben Seid holen wollen ? |

Con. Ganz recht, Hert Leeſon! und drey bis viere hängen fehon wieder an der Thür, daß ich lieber wünfchte, fie hiengen fonft wo. | N

a.

Leeſ.

N

450 XL Die Weiberſchule.

Leeſ. ‚Ohne Spaß, Connollyl ich bin jetzt in einer

recht traurigen Lage.

Con. Sa; das find Sie wahrhaftig! “aber wer ift

Schuld daran? Bon ihrer Tante Tempeſt konnten Sie fo

viel Geld kriegen, als Sie verlangten ;- aber Sie teollen ſich nicht fo' weit erniedrigen, mit {ht Bekauntſchaft zu mas hen, wiewohl hier zu Lande ein Paar Leute vecht vertran te Freunde ſeyn können, ohne fi) in fieben Jahren ein ein⸗ zigesmal zu ſehn zu kriegen.

Leeſ. Haͤltſt du mich denn für kriechend genug, Wohl thaten von einem Weibe anzunehmen, die ihre Familie be⸗ ſchimpft Hat, und ſich fo weit wegwirft, als Maitreſſe braue chen zu laſſen? Du ſieh'ſt ja, daß der Umgang mit ihr

meine Schweſter verdorben hat. |

Con: Das ift nur eben viel! eine Guinee gilt darum. nicht weniger, weil fie aus fchlechten Händen fommt :

‚wenn das wäre, was folten die armen Juriſten anfangen 2?”

Ja, bey meiner Seele! _ manches Hohe Haupt in London

„würde bis diefe Stunde noch fehr niedrig feyn, wenn fie- nicht von noch weit fihlechtern Leuten, als aa N fi ind, Geſchenke angenommen haͤtten.

Leeſ. Andere, Connolly! mögen immerhin ihre Ehre fhänden, fo viel fie wollen: mir bleibt fie der größte Reich⸗ thum, über welchen ich ganz vorzuͤglich wachen werde,

Com Es iſt kreylich wohl wahr! mit dem bischen Ehre iſt es immer eine herrliche Sache! aber ich ſehe doch nicht ein, wie man ſie behaupten kann, ohne einen

Pfen⸗

XL Die Welberſchute 41

Pfennig Geld in der Taſche zu haben, Ihre Ehre iſt, ſo—

viel ich weiß, ſchon ſeit zwey Jahren nicht mehr Ihr Ei— genthum: denn Sie koͤnnen ja, hol's der Teufel! eher auf kein Kruͤmchen Brod mit Recht ſchwoͤren ‚bis Sie's erſt aus den Haͤnden ihrer Glaͤubiger kriegen.

| Leeſ. Lieber Connolly! Du haſt von mir zwar die Erlaubniß zu reden, weil ich von deiner Treue uͤberzeugt bin; aber die Freyheit, über mein Unglüc zu fpotten, hab, ih Dir nicht eingeräumt. j

Eon. Sie wiſſen, ich gäbe mich füs Sie in den Top, ; wenn ich Ihnen damit dienen koͤnnte; aber mag hilft mir die Erlaubniß zu reden, wenn ie mir beſehlen, das Maul zu halten. Es gefchichet aus lauter Liebe und Freunds ſchaft, wenn ich Sie an ihr Ungluͤck erinnere.

Leeſ. Nun, höre Connolly! wenige Tage werden mic, nach aller Wahrfcheinlichkeit, in den Stand . feßen, meine Ehre einzulöfen und deine Treue zu belohnen: die liebens⸗ wüuͤtdige Emilie hat, wie du weiſt, ſchon halb und halb darein gerdilligt, bey der eriten, beften Gelegenheit, mit tie nach Schottland zu entfliehenz; und die lumpigen ſechs Dreyer, die ich ſchuldig bin, wird A ie an ihrem N nicht einmal vermiſſen.

Con. Aber, beſter Herr Leeſon! bedenken Sie doch, dag Sie heute Abend noch einen Duell abzumachen haben } denn wenn Sie um’s Leben kämen‘, fo glaube ih, ſolt's Ihnen doch etwas ſchwer werden, mit der iebensiwibigen "Emilie noc) antgreihen,. Ä °

u Mr 8*

552 XL Die Weiberſchule. Leeſ Sterb' ih, ſo hat mein Elend ein Ende.

Tom. Aber Sie wuͤrden doch nicht ſo ganz edel han⸗ deln, wenn Sie aus der Welt giengen, ohne aa Schul⸗ den zu

J

Leeſ. Xen, Cormollyt: mie ſolt' ich denn in der Melt dauren koͤnnen, ohne Belville, für die Befüprung meiner Schivefter zu firafen?

Con. Solche Ehre hole der Teufel! ein Quentchen gefunden Menfchenverftandes ift mehr werth, als ein gan? zes Laſtſchif voll Ehre, die Kugel und Strick einem reis

genden Jungen Mägdchen und einem anſehnlichen Vet⸗ mögen vorzieht.

Keſ. Wir wollen jest davon abbrechen. Hier nimm den Brief an Belville. Du muft ihn aber ja ihm ſelbſt über: teichen Und Antwort zuruͤckbringen. Mach’ gefchtwind! denn ich gehe nicht eher vom Fleck, bis du wieder da biſt. | Con. Wahrhaftig! ich wuͤnſche nur, dag Sie dann mögen ausgehen koͤnnen doch halt! °s ift ja wahr!

Leeſ. Nun was denn? | Conn. Es faͤllt mir ſo eben ein, daß der Herr, bey dem ich zuletzt als Schreiber diente, neulich geſtorben iſt, und mir ein Legat von zwanzig Guitzeen vermacht hat. eeſ. Was! Herr Standley waͤre todt? Con. Seine Freunde find wahrhaftig ſehr unchriſtlich mie ihm umgegangen, wenn er es nicht iſt: denn vor ſechs

Wochen ließen ſie ihn begraben, | Leeſ

, \: j F j | X. Die Welberſchule . 55 Leeſ. Nun was weite? 2... Eon. Je nun! heute früh Hab’ ich mein kleines Legat

gekriegt, wenn Sie wollen ſo gut. ſeyn und es für * an⸗ nehmen, ſo ſollis mir recht lieb ſeyn.

Leeſ. Ich verſtehe dich: aber ich bin ſchon ſo tief bey Dir in Schulden, daß ich mich ſchaͤmen muß: Du haſt ja ſchon ſeit langer Zeit kein Geld von mir bekommen.

Eon. O! das hat gar nichts zu bedeuten! wenn Sie fonft nicht in dem verfluchten Duell bleiben‘, fo werden Siy genug im Stande feyn, mich zu bezahlen; und wenn Sie ja bein bleiben, fo werd ich's nicht Brauchen. | !

eeſ. Wie fo, du armer Teufel?

Con. Ich bin zwar nur ihr Schreiber, und. halte es für den duͤmſten Streich von der Welt, fich zu ‚duelliren, aber ich habe doch eben fo gut Ehre im Leibe, wie Sie, und glaube auch daſſelbe Recht zu baden, im Duell einen Mord zu begehen. | Leeſ. Mun was denn? Du haſt dich ja mit Belvill nicht gezanft ? |

Con. Sch würde mich aber verflucht mit ihm faſſen, wenn Sie um’s Leben kaͤmen. Ihren Tod will ih rächen, | darauf onen Sie ſich verlaffen ; und das mag ee jetzt Beruhigung genug ſeyn.

Leeſ. Lieber Connolly! ich hoffe, einen fofchen Beweis deiner. Liebe nicht nöthig-zu haben, Wie er mir fo ban⸗ | ge mad!

Mitt, u Vdltert. VI. 1. B. Pp Con.

J

554 RL Die Weiberſchule.

Con. Sie werden doch vermuthlich bey der Sache ei⸗

nen Secundanten brauchen? Ich habe meinem feiblihen Bruder ſchon einmal ferundirt „und ob mir’s gleich feit der Zeit Ealt überläuft, wenn ich nur an's Duelliren denfes fo will ich Sie doch, wenn Sie. etwa einen Freund noͤthig

haben, mit vielen Freuden aufs Schlachtfeld begleiten.

Leeſ. Ich danke für deinen guten Willen, Connolly ! aber mit deucht, es ift immer fehr unrecht, bey einem Streis te, der bloß uns angeht, auch unfern Freunden ‚Ungelegenz heiten zu machen; wir müßen lieber gat feine Genugthuung

fodern, wenn wir nicht felbft fo viel vermögen, unfere Sache auszufechten 5 und ich habe dich abfichtlich dazu ausgefucht, meinen Brief zu überbringen, weil man von dir am er⸗ ften denken kann, daß du imit dem Inhalte defielben unbe⸗ kannt bift, und bloß das thuft, was der gewoͤhnliche Lauf deiner Gefchäfte mir ſich bringt, a

Con. Sagen Sie davon nichts mehr, lieber Herr Leeſon! ich bin den Augenblick wieder bey Ihnen. (seht, smmt zuräd,) Die zwanzig Guineen habe ich Ahnen ſchon in die Tyſche geſteckt, ehe Sie aufſtanden: ih glaubte aber; Sie würden nad) dergleichen nicht binfehen, daher : wolt'

ichs Ihnen mur fagen. * | J (geht)

Leeſ. Der treue, gutherzige Connoliy! doc) vor Nachdenken muß ich mich hüten! Die Sache, die ich noch auszuführen habe, Hält die Probe der Ueberlegung nicht,

(ge)

Cons

XI. Die Weiberfchufe, 555

Conmnollyi trit wieder herein)

Con. Da's eine Herausford'rung iſt, fo darf ich doch wohl nicht ohne Degen gehn! komm herunter, du kleiner Kitzler! (indem er nad dem Degen greift) Mancher wird mic) nun für recht eingebildet anfehen ; aber wenn die ſchmutzig⸗ ſten Kerls hier in der Stadt ihren Schwurz an der Seite tragen, ohne angegaft zu, werden, fo glaub’ ich, wird der honette Mann fich dadurch * weniger zum Gelaͤchter

machen. (geht)

‚Dritter Auftritt. Ein Zimmer in Belville's Haufe. Mſtrs Belville trit herein.

Mſtrs Belv. Es bleibt doch mit Mſtrs Tempeſt im⸗ mer ein ſonderbarer Umſtand! daß er mir gar nicht erſt aus dem Kopfe will! da ich doch alle moͤgliche Urſach ha⸗ be, ſowohl aus Belville's Zärtlichkeit, edlem Character. und | Güte gegen mich, als and aus dem ganzen Betragen des Weibes zu.fhließen, daß die Beſchuldigung bloß die Fol⸗ ge einer verwirrten Einbildungskraft iſt, Aber,“ geſetzt, es waͤre wirklich gegründet? Jnun! geſetzt, es waͤrs! fo wuͤrd' ich mich bemühen ih glaube, fo word’ ich mich bemühen, mir meinen Unwillen nicht merken zu. laſſen. Saure Mienen haben ja noch nie.ein Herz wieder ges wonnen, das vorher durch. freundliche nicht zu erhalten war! Aber gewöhnlich, vergeffen die Damen diefen wich. tigen Artikel, bes ehelichen Glaubens. Die Würde ber R p 2 ver⸗

556 XI. Die Weiberſchuie.

verſpotteten Tugend verpflichtet fie die Rolle des Narren zu fpielen, wenn ihre Corydons den Ausgelaffenen machen und knall und fall ftürzen fie dem Verräther das Haus‘ übern Kopf, und’ folten fie durch den Einſturz auch felbft in Stüden zermalmt werden. (Ein Bedienter tritt herein.) Bed. Lady Mildew gMadame! yasni ab) (lady Rachel Mildew tritt PORN 'gaby Rach. Wie haben Sie fih befunden, meine Bes fie! es iſt ja beynahe; eine Eleine Ewigkeit, daf wir ung

nicht gefehen ‚haben. Herr Torrington, ni ich eben gehört, foll auch wieder hier ſeyn?

Mſtrs Belv. Ja, der iſt wieder hler; und wird ſich nicht wenig darauf einbilden, daß Lady ihn zum Helden Ihres neuen Schauſpiels gemacht haben. 9

Lady Rach. Ich Habe ihn geſchildert, wie er wirklich iſt, als einen ehrlichen Juriſten, und das, deucht mir, iſt kein gemeiner Character.

| Mſtrs Belv. Dabey muß auc das u fehr se: winnen.

Lady Rach. Und gleichwohl die Directoten Bender Gefellfchaften mein Schaufpiel nicht annehmen wol⸗ fen! "Haben’s durchaus nicht annehmen wollen; ob ich mich gleich erbot, es ihnen umfonft zu geben,

| Mftrs Belv. Das wundert mich fehr! zumahl, wenn Sies ihnen haben untfonft geben wollen! Lady

KR XI, Die Weiberfchufe: 557

Aady Rach. Sie geben vor : die Zuſchauer wuͤrden's müde, in den Comoͤdien zu meinen; . und wollen durchaus ‚behaupten: meine verzweifelnde Schaͤferin waͤre zu ruͤh⸗ | "rend zum Auffuͤhren. |

Mſtrs Belv. Was? ob Sie (ste einen in einem ganz neuen Lichte gezeigt haben ? TEE

Lady Rach. Freylich! und noch: dazu ein’ FEIN Maͤgdchen aus einer Penfionsanftalt- auftreten laße, die ihre Mutter maulfhellirt, und ihrer Gouvernantin ein Becken mit fiedendem Waffer über den Hals flüge!

RT Bels. Der it doch wehtheſi ganz

"herrlich! DEE

Sad Rach. Die lieben Direteurs innen ihn nicht fühlen ! Indeß, das hab’ ich mir vorgenommen: ich will's doch fhon’'irgendwo unterbringen, - Fuͤr : das Mägdchen aus dei Penfionsanftalt Hab ich einen ſolchen Schatz ausfündig gemacht, daß er le Erwartungen det Critiker - überfteige, AR FRE:

Mſtrs Belv. Da⸗ iſt viel Gluͤck! Lady Rad). Heute fruͤh war ich bey Arie (Rdn, meiner. Putzmacherin, um einige ſeidene Zeuge in Augenſchein

zu nehmen; denn Sie wiſſen: es iſt vor kurzen hier. ein fremder Miniſter Indem ich da ſitze, bir” ich

wu

vom Bande waͤre, die ihre Freunde in der Stadt ver, | Pp3 |

5 XI. Die Weiberſchule.

laſſen hatte um mit einem irlaͤndiſchen Oqaiſpieldirector auf das Theater zu gehn. |

Mſtrs Belv. ——— gegen eins! das iſt die Nichte

* uerructen Veibes, die heute fruͤh hier war! (beyſeite)

a Rad). Mſtee fe Blond ſcheint über den Direc⸗ gene einige Zweiſel zu haben, ob fi fie ihn gleich noch nicht ges sehen hat. Es iſt ihr verdächtig, daß. die Zimmer fo theuer bezahlt werden, und von einem Bedienten gemiethet wur⸗ den, der ſo feine Liverey hatte.

Mſtrs Belv. Was ſoll ich dazu is Erlaus ben Sie, Lady Rahel! da Sie mit der. jungen Schaufpieles rin gefprochen haben, fo koͤnnt' ich fie ja wohl einmal durch Sie ai ſehu befommen ?

„gaby Rach. Wenn Sie wollen, den Augenblick; ich bin ſchon ſehr vertraut mit ihr. Aber ich will Sie drum bitten, halten Sie die Sache vor ihrem Herrn Gemahl ges heim, Sie wiſſen; ſeine Witzeleyen ſind ſehr beiſſend, wenn er auf meinen Hang zum Drama zu ſprechen koͤmmt, und er wuͤrde mich jetzt halb todt damit vexiren.

Mſtrs Belvo Sie Einnen ſehr überzeugt ſeyn, daß ich | Ihr Geheimniß bey mir behalte denn ich habe noch eine ganz beſondre Urſach, Belville nichts davon zu ſagen; doch, da koͤmmt er mit Hauptmann Savage! wir wollen ihm ietzt aus dem Wege gehn. (geh ab)

Bel⸗

\ [4

XL: Die Weberfhul. 59.

Belville and Hauptmann: Savage treten herein.

2 Haupem. Sie find ein ganz fonderbarer Mann, Beks ville!” immer aͤngſtlich beſorgt für die Zufriedenheit. Ihrer Gemahlin, und gleichwohl ſind Sie's ‚der. fie durch feinen Hang zur Abwechſelung beſtaͤndig in Gefahr bringt. +.

Belv. Freylich woͤhl zwifchen meinen: Gruandfägen amd Handlungen iſt ein Widerſpruch: aber wenn Sie ſelbſt erſt einmal fo weit kommen, daß Sie heyrathen; ſo wer⸗ den Sie im Stande ſeyn ſie miteinander vollkommen zu vereinigen. Der Beſitz !a ach! der Beſitz, Savage! iſt [ey der" das traurige Mittel, die Liebe zu vermindern. Ich muß es ſelbſt geſtehn: "ich Bin ein ſo ſchwacher Held, daß heyna⸗ He nicht ein einziges Weib in.der Welt iſt die nicht: ei ſtaͤtkete Ariziehungskrafe für mich hätte, : als. Mifirs Belvilkes : 06 ich gfeich ihr Herz gegen Fein anderes Weir berherz vertauſchen moͤchte. | PTR

Hauptm. Ad werben. Sie Miß Leeſon euch wohl Bald ſatt ſeyn?

Belv. Ohne Zweifel! ih die je Babıfeit zu ſagen, meine Abſicht mit dem kleinen Kaͤtzchen noch nicht ganz erreicht Habe, Mic en N

Haupem. Aber wie, zum’ giengs zu, daß ſie Ihnen auch nur einen Augenblick in bie Haͤnde fiel?

Belv. Sanz von Ohngefaͤhr. Sie kam geſtern Abend ganz unverhoft in das Logis, weiches mein Bedienter, Spruee fuͤr ſie gemiethet hatte. Ich wurde vadurch in neue Ynruße verwickeltU "Sie verftehn mih— "hund hat

Ppa | den

660 XI. Die Weiberſchule.

den andern Morgen kaum fo viel Zeit. uͤbrig, daß ih Spruce zu der alten verdammten Tante ſchicken konnte, um ihr fa- gen zu laffen, daß ich heute bey ihr vorkommen würde, ſo⸗ boald ich nur einem a. von) meinen Geſchaͤſten abbre⸗

chen köoͤnnte. *

Hauptm. Alſo haben Sie ſich doch ſchon zum voraus —* zufrieden gegeben, ek Sie ihrer einmal werden? J

Belv. Ihrer Ich bin ja ben ſchon wieder nach friſcher Beute aus, die mich in der Stun. de des Sattſeyns ſchadlos halten ſoll. Nach einer Beus te, muͤßen Sie wißen, die auserlefen iſt! und. ich glau⸗ Berich will fie ſchon wegfapern, ob fie: gleich durch eine ziemliche Portion Jungfernſtoltz, den die Meiften von. euch lieben Leutchen für Tugend Halten, feft: verwahrt iſt.

Hauptm. Wahrhaftig? darf man denn wohl en was: das für ein Wunderthier iſt?

Belv. Ihnen kann man twohl ettvas anvertrauen; denn Sie fi nd der verſchwiegendſte Mann, den ich Eenne. Ich glaube, Sie liegen ſich lieber raͤdern, ehe ſie ein Ges heimniß ausplauderten. Was halten Sie von Mig Balfingham ?

Hauptm. Miß ———— Potz Element) (beifeite) _

Belo. ga, Miß Balfinaham? u |

Hauptm. Nun, von der kann ich doch gewißz erwar⸗ 8 daß fie Ihre Liebkoſungen ohne den geringſten Beyfall 1 | \ auf

XI. 1. Die Beiberfute 561

‚aufgenommen bat. Der. zeigte fe ihr Wohlgefallen dar⸗ uͤber? | |

Belv. Allerdings! Aber über diefe Neuigkeit wun⸗ dern Sie ſich? 3 t Hauptm. a, karte: muß ich mich wundern!

Belv. Ha! ha! ba! Ich muß lachen, wenn ich dran denke, wie glücklich Miß ingham einmal ihren Mann machen wird

Hauptm. Recht gluͤclich, wahrhaftig! | Er Belv. Sie ift ein herrliches Mädchen, „nicht wahr, Savage?.— ‚Aber es koſtet ein bischen mehr. Muͤhe bey ihr. Ein ſchones Weib erfodert mie eine befeſtigte Stadt, um mit ihrem Vater zu reden eine regel⸗ mäßige Pelagerung; und wir müßen ihr alle Honnenrs des Krieges wiederfahren laſſen, um die Größe unſers eige⸗ nen Sieges deſtomehr zu verherrlichen.

24

Hauptm. Ich kann's doch wahrhaftig nicht begreifen, wie ihr luſtigen Bruͤder die Dreuſtigkeit habt, euch an ein Frauenzimmer zu machen, die nach Grundſatzen handelt. Miß Walſingham hat doch nicht den geringſten en von Leichtſi un, |

Belv. Nein! aber Sie blieb * in meinem Hauſe, nachdem ich's ihr ſchon ins Ohr geſagt hatte, daß ich ſie liebte, und gab mir zum zweytenmale Gelegenheit, mit ihr zu ſcherzen. Konnt ich mehr Aufmunterung verlangen?

(Spruce tritt ing Zimmer.)

Belv. Nun Spruce! was ſteht zu Befehle?

| Ds Opruet.

Sf

1

A KT. Die Weiberſchule.

Spruce. Eben fi ind die snÄdige Frau mit Ra⸗ chel herausgegangen. Belv. Ich verſtehe dich ſchon.

Spruce. Das glaub’ ic gern. (beyfeite) (geht)

Bas heißen dieſe bedeutende Mienen, zwi⸗ ſchen Ihnen und Spruce, auf gut Engliſch? |

Belv. Weiter nichts, als dab Miß Walſingham al: fein iſt, und ich jetzt gute. Gelegenheit habe ‚mit ihr zu forechen: Jetzt müßen Sies mir verzeihen , bey meiner Seele ! Sie müfen mir verzeihen, Savage. ° Aber gegen Feinen Menfchen ein Wort von der Sache! denn wern id) fie mit einmal wieder vom Halſe ſchaffe, fo finden ſich viel— leicht noch Narren genug, die es wegen der Ag ehr:

lich mit ihr meynen. (geht)

Hauptm, Das war alfo eine Entdeckung! eine ſchoͤue Entdekung! Ich mußte mir den Kopf zerbrechen, meinen eigenen Vortheil aufopfern, um das Mädchen glülich zu machen; und fie gab unterdeß den Schmeicheleyen eines andern Gehör! den Schmeicheleyen eines beweibten Man: nes, der der Gatte ihrer Freundin und- der bertrautefte Freund ihres kuͤnftigen Gatten iſt! doch, nach Belville's eigener Erzaͤhlung, hat ſie ſich noch keines Verbrechens mit ihm ſchuldig gemacht. Aber, warum hielt ſi ſie mir die Sache geheim? warum blieb ſie in ſeinem Hauſe, nach⸗ dem er ihr wiederholentlich ſeine unverantwortliche Liebe declarirt hatte? Was iſt zu thun? Wenn ich's Bel⸗ ville offenbare, daß ich mich mit ihr eingelaſſen habe, ſo iſt's

gewiß,

XI, Ein Betrag zur Rockenphiloſophie. 16h dewiß, daß er den Augenblick von ihr ablaͤßt; aber dann koͤmmt nur ihre Ehte in eine aͤuſſerſt Feitifche Lage: Ach muß es verſchweigen·So fange es verborgen bleibt, _ wird Belville felbft mir alles erzählen, Zweifel in Dingen diefer Art find bey | ‚weiten „unerträglicher, als die offenbare Treulofigfeit eines Damon. in welches wir ver⸗ liebe, fi find Te ER

2 a acht) Ende ——

Ein Beytrag zur Rockenphiloſophie, yon > TI 56 =

De wohlbekanntermaßen ‚Eitelkeit, Mrengierde und Ges ſchwaͤtzigkeit drey weſentliche Eigenfihaften bey uns weibli⸗ chen Geſchoͤpfen ſind; ſo werden meine nach Stand und Wuͤrden geſchaͤtzte Freundinnen, zumal wenn ſie auch Freun⸗ dinnen des Spinnrades ſind, es ſehr natuͤrlich finden, daß ich eile, eine kleine Portion Gelehrſamkeit vor ihnen auf⸗ zutifchen, fo frifh und warm, wie ic) e ‚eben... von meinem Vater erhalten habe.

Weiſt du denn auch, frug er mich, als er mich aͤmſtg | fpinnen fah’, wie es zugeht, daß ſich der Faden aus deiner . Hand auf die Spultolle aufwicelt?

Ich.

f

564. U. Ein Beytrag zur Rockenphiloſophie.

Ich. Ich glaube, lieber Vater, Sie wollen mich auf⸗ “ziehen; ſehe ich denn nicht, wie ſchnell ſich die Spulflü- gel herumdrehen; wie waͤre es denn da anders moͤglich, als daß ſich der Faden aufwickele.

V. Meynſt du? Nimm einmal die ganze Spule heraus, und drehe ſie mit der Hand herum, oder noch be— quemer, nimm die Schnur, welche uͤber die Spulroͤlle geht; von dort weg, und lege ſie dahin, wo die andre Schnur liegt, naͤmlich uͤber die Scheibe der Spule ſelbſt. Nun ſiehſt du, die Fluͤgel und auch die Rolle drehen ſich immer noch ſchnell herum; aber aa ſich jest der Faden uf |

Ich. That,

V. Und wie meynſt du, weunn der Faden ſich fo ger fhwind aufwickelte als die Spule herumgeht, würden wohl deine Hände. mit einer gleihen Schnelligkeit. den Flachs ausziehen, und zu einem Faden vereinigen fonnen? Denk einmal barüber- nach, du wirſt die Unmöglichkeit fühlen,

Sch. & ift wahr, ich würde mit meinen Händen nicht nachkommen koͤnnen, der Faden würde alle Augenblis ‚de reißen, zumahl ‘wenn ich ihn ein wenig aufbielte, wie ich doch oft thun muß, z. B. um eine ungleiche Stelle des Flachſes zu verbeffern u.d.gl. we

V. Und niche wahr, du fiehft auch ein, daß du dann vielmehr. in einer Stunde ſpinnen müßeft, als dir wirklich bey allem Fleiße möglich if, und daß die Molle weit geſchwinder voll werden müßteft ? | Ich

XI, Ein Beytrag zur Rockenphiloſophie 565

Ich. Das ſcheint mir allerdiags fo, wiermohl:ich ed

nicht ganz deutlich einſehe, weil die Bewegung ſo ſehr ge⸗ ſchwinde iſt. Aber, lieber Vater, Sie haben mir mein Spinnrad zum Geheimniß N Sie werden mirs doch auch erklaͤren.

DB: Das Geheimniß iſt eben nicht groß; inbeffen macht es mir Vergnügen, dich Dinge einfehen zu lehren, mit denen du, täglich umgebft.

Daß ſich der Faden aufwicelt, muß, wie du vorhin faheft, wohl davon herrübren, weil die eine Schnur über die Rolle, nicht aber beyde über die Spule gehen.

Die Rolle iſt, wie du weiſt für fih um die, Are der Spule beweglich, |

Drehten fich Rolle und Spule mit gleicher Geſchwin⸗ digkeit um, fo wäre feine Aufwicdelung möglich, wie wir vorhin fahen, als du die Schnur von der Kelle wegnahmft, und beyde über die Spule legteſt; denn da drehten fi u Rolle und Spule gleicyzeitig herum. |

Ich. Hat! jezt vermuthe ich, wie Sie ferner ſchlieſ⸗ ſen werden: Die Rolle muß ſich geſchwinder herumdre⸗ hen als die Spule, und das muß durch die uͤber die Rolle beſonders gelegte Schnur bewirkt —— Habe ichs ge⸗ troffen?

V. Vollkommen und du begreifit "alfo auch, daß, wenn fi die Rolle nach eben der Richtung tie die Spule, aber etwas geſchwinder herumdrehet, der Faden, der hier

| über

B

| 466 ZI Ein Beytrag zur Rockenphiloſophie /

uͤber dieſen Holen des Spulflügels geht, ſich allerdings anf die Rolle wickeln muͤſſe.

Ich. O ja! man brauche nur die Maſchine aufmert. ſam anzuſehen, und der Bewegung nachzudenken, ſo leuchtet das ein.

V. Gut! Um es deſto beſſer einzuſehen, wollen wir einmal an dieſer Stelle des Rades, der Spule und der Rolle ein Zeichen mit Kreide machen, " Nun drehe ich das Rad ganz langſam, bis es einmal herumgekommen ift, and du giebft wie oft die Spule unterdeſſen her: umfommt.

Ich. Sechs mal.

V. Und nun bemerke, wie oft die Rolle in eben der Zeit herumgeht.

Ich. Siebenmal. |

V. Nicht wahr alfo: Da bey jeder Umdrehung des Rades, die Rolle einmal mehr herumgeht als die Spule; fo muß bey jeder Umdrehung des Nades der Faden fich einmal um die Rolle wiceln?

Ich. Natuͤrlich! Nun ift alles deutlich!

DB. Als? Wir wollen fehen. Warum ift denn die fo ſchuelle Umdrehung der Spule noͤthig, man koͤnnte ja die Einrichtung machen, daß ſich die Rolle zugleich mit dem Rade herumdrehte, und ſich alſo der Faden auf eben die Art aufwickelte, oder man koͤnnte das Rad ſelbſt langſam dre⸗ hen, und den auf Ani iii fi) ea

Ich.

Xil. Ein Beytrag zur Kortenphilofopie; se

Ich. Das würde aber wohl eine bequeme Eins richtung werden.

V. Vielleicht; aber das iſt wohl nicht die einzige

Urſache, warum es nicht geſchieht. Ich glaube vielmehr, die Spule iſt, auſſer der Bequemlichkeit in der Behandlung, auch deshalb noͤthig, damit der Faden, wie ihr euch ausdruͤ— et drall werde, das heißt um ic) felbft gedreht, und durch das Reiben an den Spulloche geglättet werde,

Ich. Aber ſagen Sie mir doch, wie koͤmmt es denn

eigentlich, daß fi ch die Rolle geſchwinder als die Spule dreht, da doch beyder Bewegung durch die Umdrehung eines ein⸗ zigen Rades bewirkt wird?

V. Die Frage zeugt von deinem Nachdenken. Fuͤr dich waͤre eine aus der Mechanie demonſtrirende Antwort unnuͤtz; alſo nur folgendes: Du wirſt es begreiflich finden, daß die Spule deswegen geſchwinder herumgeht, als das Rad, weil die Scheibe der Spule, über welche die Schnur geht, einen viel Eleinern und zwar bey deinem. Spinnrade, einen 6mal Eleinern Umkreis hat ale das Rad. Eben des, wegen geht jene 6mal gefchtwinder herum. - Nun betrachte die Scheibe der Rolle, über welche die andre Schnur geht, du wirſt finden, daß ber Diecheler diefe noch Eleiner ges macht hat. Ihr Umkreis iſt naͤmlich mal kleiner als der

Umkreis des Rades, daher geht ſie 7mal geſchwinder herum.

Du kannſt es bey Gelegenheit einmal durch einen umgelegten

goden abmeſſen.

REN

568 XII. Ein Beyfrag zur Rockonphiloſophie.

Ich. Ich haͤtte nicht geglaubt, daß die Drechsler ſo viel bey Verfertigung eines Spinnrades zu uͤberdenken und zu beobachten haͤtten!

J V. Das haben fie auch gerade nicht, denn fie ma.

| hen dieſe nüglichen Mafchinen, wie die meiften Inſtrument⸗ macher ihre Violinen, Klaviere u. ſ. w. nad) einmahl angenoni⸗ menen Maaßen, ohne fih um den Grund zu befümmern, oder ſich aud) genau daran zu halten. Freylich Eonnte Mancher hie und da eine vortheilhaftere Einrichtung an: bringen, wenn ‚er mehr theoretifche Kenntniß Hätte. Die Ehre des Nachdenkens ‚gehört vorzüglich dem Erfinder der

jeßigen Spinnräder, einem Manne, Namens Jürgens, der

ums Jahr 1550 zu Braunfchmweig lebte. Auch die Verbeſſe— rer haben an dieſer ee Antheil, Hr. Holzhauſen in Gröbzig.

Yun gieb mir ein Stuͤck Papier, wir wollen berech⸗ nen, wie viel nach dieſer Theorie und einen mäßigen Ueber: fchlag des Fleißes und der Geſchwindigkeit in einer Stunde gefponnen werden müßte. Dies wollen wir ‘mit’ deinen Erfahrungen vergleichen. Letztere werden wahrſcheinlich we⸗ niger als die Berechnung geben, die Urſache davon nach— ber. | = | SH. Sie machen mi heute ſehr gelehrt, Ticher Vater. V. Ich an, daß 'du in A Secunde drey, oder, weil doc) der Faden abreißt, zwey Tritte thueft, fo gefchähen” alfo in’ jeder Secunde zwei Umwickelungen

des Fadens um die Rolle. Weil

‚ZI. Ein Beytrag zur. Koshenpitfaphie, Ka

Weil die Rolle, jemehr ſich aufwickelt, defto Dicker wird, P wollen wir den mitlern Umkreis derſelben nehmen; er

wird ohne Fehler zu 4 Zoll angenommen wer⸗ | den kbnnen.

Alſo jede wickeln ſich 2 EB

jede Minute‘ u 8.60 = 490 u Idee Stunde ‚480. 60 ==a8,8004 oder 1200 Ellen, die Elle zu 24 Zoll gerechnet.

Ich. Das waͤre eine große Laͤnge.

V. Wie viel ſpinnſt du wohl in einer Stunde,

Ich. Ein Schock Garn.

V. Das heißt ſo viel, als & ben 60 TR ber Weife auf diefe aufroickele, viel wohl det Umfang der Meife? |

Ich. Etwa 4 Ellen.

V. Alfo ein Schock betrüge 4. == 240 Ellen.

Ich. Alfo fpönne ih nur ein Fünftel von dem, was nach Ihrer erſten Rechnnng gefpontten werden muͤſte ?

V. Nicht anders, und die Urſache davon keine m mie folgende zu ſeyn: Selbſt eine geübte Spinnerinn kann den Faden nicht. 6 geſchwinde bilden, daß bey jeder Um⸗ drehung des Rades eine Umwickelung auf die Rolle erfolg⸗ te, ſondern ſi fie haͤlt ihn immer, auch. zum Theil mit Fleiß, etwas auf, damit er deſto draller und gleicher werde.

Dieſes Aufhalten kann wegen verſchiedener Urſachen, 3. B. wegen der Ungleichheit des Flachſes, nicht gleichforiuig

ſeyn. Die Rolle dreht ſich daher bald geſchwinder bald N. Litt. u. Völkerf, VI, 1. B. ng Tange

370. . XHI. Anecbote von Heinrich Fielding.

langſamer, doch nie langſamer, als die Spule, u würde fich der Faden‘ abwickeln.

Im Durchſchnitt koͤnnte dieſes Aufhalten alſo den Er folg haben, daß die Rolle ſich nicht mal, fondern nur etwa 64 mal, key jedem Tritte berumdrebte, Das übrige wird dir num. leicht zu ergaͤnzen ſeyn.

Fange num immer deine Praxis wieder an, du wirft mehr damit gewinnen, als ich mit meiner Theorie.

Kit. | Anecdote von Heinrich Gielding.

ii und Menſchenliebe waren bekanntii die hervorſtechendſten Zuͤge in dem Character. des verftorbenen Heinrich) Fielding. Folgende eben nicht fehr befannte Anecı dote dieſes zweyten Timons, giebt hiervon einen ſtarken Beweiß. | | | Dieſer Anrufer der neun Mufen hatte es mit dem h übrigen Verfemachenden Heere, die den Parnaffus hinauf: flimmen, gemein, daß ihn die Geldminen von Potofi nicht zu Gebote ftanden. Seine Einnahme war nicht groß, aber ſeine Boͤrſe war eine offene Leihbank für Elend und Freund» (haft. Bey diefer freygebigen Characterftimmung war es fein Wunder, daß er oft wegen Geldmangel in Verlegen: heit kam, In einer diefer unangenehmen Lagen war fein Benehmen ſo freundſchaftlich und ſo wenig auf ſeinen Nu: Ken berechnet, daß es als der höchfte Beweiß der Mens ſchen

"IL. Anecote'von Heintich Fieldiagg. 57

ſchenfreundſchaft; zu feiner Ehre auf die Nachwelt gebracht‘ zu werden verdient. | |

"Fielding hatte einft die Abgaben von feinem Haufe in Beaufort Buddings nicht bezahlt, und wurde desivegen tag, raͤglich gemahnet. Endlich gab ihm der Einnehmer, der ihn ſehr hochſchaͤtzte, nicht undeutlich zu verſtehen, daß er die Be⸗ zahlung nicht. laͤnger ſtanden koͤnne Iu dieſer Noth rief der Verfaffer des Tom Jones feinen geheimen Gedankenrath zuſammen, um zw erfahren, an wen er fich menden le, der Abm auf Pfand. feiner künftigen Hirũgeburten die tbchige Summe vorfivecken würde, Der Buchhaͤndler Jaeob Tor fon: ward endlich. zu feinen Nothhelfer erwaͤhlt. Gr gienh zu ihm, und verpfaͤndete ihm die erſten Bogen eines Merkd, Das er eben: unter" Händen“ hatte, . Darauf erhieit er etwa 0 oder 12. Guineen Handgeldt Mit dieſer Summe eilte & ftoh nach Hauß; " aber fiche! das Schkffal beſchloß, ihn, in. des Geſtalt der Freundſchaft unterwegens aufzufangen, und ihn an der. glücklichen Ankunft in feinem Hauſe mit feiner Geldladung zu verhindern! Auf dem Strande wicht weit von. ſeinem Hauſe begegnete ihm ein alter Univerfi- taͤtsfreund und Stubenburſche, den er in vielen Jahren nicht geſehen hatte. Fielding wurde vom Enthuſiasmus der Freundſchaft ergriffen, und that in einem Augenblick hundert Fragen an ihn, wo er-io lange geſteckt Habe) wo er hin wol⸗ te, und was er made? u.f.w. Sein Freund fagte ihm; daß er lange ſchon von den Wellen des Misgeſchicks hin und her geworfen ſey, aber fie niemals Habe uͤbermeiſtern koͤnnen. Per varios caſus, per tot diſcrimina rerum, Den Erfolg kann jeder vorherſehn. Fielding, gluͤhend fuͤr Freundſchaft, ee ae fragte

5780 Kin. Anecdote von Heinrich Fielding:

fragte feinen.ehemialigen Seelenfreund, ob.er mit ihm auf dem naͤchſten Eaffeehaufe zu Mittag fpeifen, und bey einem Glaſe Wein von alten Geſchichten plaudern. wolle?. Die Einladung wurde angenommen, die Gerichte: aufgetragen, der. herzerfreuen⸗ de Rebenfaft blinkte im Glaſe, und die Sorgen wurden dem Winden übergeben. Die Augenblicke entſchluͤpften vergnuͤst, und beyde fehrvelgten beym Gaftmahl der Vernunft, und labten ſich am Erguffe der Seelen. * Bey dieſem Tete a tete wurde Fielding mit der Leerheit des Geldbeutels feines Freundes bekannt, und (eerte,feinen, eigenen, um dieſen zu. füls fen. Kurz vor Anbruch des Tages gieng er groͤßer und gluͤck⸗ licher als ein König nach Haufe. Bey: feiner . Zuhaufefunft fragte ihn feine Schwefter Amalie, die mit-der größten Aengſt⸗ lichkeit auf ihn gewartet hatte, two er die ganze, Nacht geſteckt Habe?. Fielding erzählte ihr fein glückliches Ebentheuer. Amalie fage ihn drauf: ber Einnehmer iſt geſtern zmey mal hier geweſen, um die Tare zu holen. : Diefe Nachricht Srachte unfern Fielding wieder auf die Erde, da er ſich mit ſeinen Gedanken ſchon in den zten Himmel erhoben hatte. Seine Antwort war laconiſch, aber merkwuͤrdig: Ein Freund hat. das Geld verlangt, und hat es erhalten; laß den Einnehmer wieder kommen. Er wandte ſich zum zweytenmale an Tonſon, der ihn im Stand ſetzte, die Taxe zu bezahlen, ſo wie er vorher ſeinem Freunde aus der

Noth geholfen hatte. K.

573

Ri eg iſter des erſten Bandes der neuen Litteratur und Voͤlkerkunde.

Januar.

I. Ueber Geſhichee und Umfang des Churſaͤchß. Privis

legiums, wider die Appellationen an die Reichsge⸗

richte, vom Hrn. D. Siegmann zu Leipzig S.3 22 JI. Apologie des Horaz, gegen einige neuere Schriftſtel ' " ler, vom Ken. D. C. H. Schmid zu. Gießen © 33 III. Fragment aus dem-Schreiben eines Neifenden s6—64 IV. An die Freundſchaft, von Hrn. Wannovins . 65.66 V. Elife, von demfelben . ge ala ın. 7: VI. An ein Herbftlüftchen, von Hrn. SoslHeinard 67. 68 VII An meine Lieblinsquelle im fogenannten Knuͤttel⸗

holze, bey Zeig 68 TI „VII: Einzelne Gedanken Über- beit Gartenbau. Aus

. dem Engl, des Shenftone f MIR: IX. Probatum eft, von Hrn. Sattter , 0,9 x. Der falſche Titel, von demfelben ei 9 XI. Die Vorfiht, von demſelben 0.9 XII. Der Hund und der Kater. Eine Fabel von

Hm. Pohl J 9. 94 | XL Epir

74° Regiſter.

XIII. Epiſtel an einen Freund, Aber die Ausgabe der Gedichte meiner Tochter von Madame Kar ſchin J a 94,—96 XIV. Schreiben eines Reienden, P 97. 98

!

Februar.

I, An alle Dichter. Als einer ein Heldengedicht vom Einzigen anfündigte. Bon Ken. Cano⸗

nicus Gleim —* 99. 106 II. Ueber- das Schrittfchuhlaufen. Mit Figuren, vom Hen. Reetor Vieth in Deſſau iodo —⸗ i26 III. Schreiben über den Werth der Wuͤnſche 126 134 IV. Die Gräber der ägypeifhen Könige 134 136 V. Die Geburth der Liebe. Nach dem Engliſchen, vom Hrn. von Kleiſt 136. 177 VI. Auszug eines Schreibens aus M*, am zoſten Dctober . 1788 37— 141 VII. Der alte. Löwe. "Eine Fabel, von Ken. €. 8. Models 28* “IA, 142 VII. Serillas Wis. Bon Ken. von Nehdiger 142 IX. An den Gott der Träume s 143 146

X. Ueber Sefchichte und Umfang des Churfächkifchen Privilegiums, wider die. Appellationen an bie Keichsgerichte, vom Hrn. D. Siegmann zu Leip⸗ zig. Sortfegung 2.2 7

XI. $er

Regiſtet. 57 xl. Sefdinafdines läge, beym & |

liebten aus L. u S190. ıı Xu. Nahreihen | | 227 n 2 dry: L.8 Bemerkungen eines Öfficiers auf einer Hefe nach —7 Bohweden und Finland, im J 1788 195 230 II, Beſuch des Königs. von Pelew, bey den Englãn⸗ | dern EI , 23,240 II, Der Adler, Cine Kabel, von Hin. C. 3. —* Hockels J— 240. 248 W. Die Störhe und ber Eheh Eine Babel von demſelben * J 241. 242

v. Komal und Gaiwina, von ‚Sen. Reinhard —E—— VI. Der Greis und fein ‚Enkel, Eine poetiſche Er⸗

J "sähfung vom Sen. von Hatıtelmann. 248 254 vi. Elarine Von a. €. 5. Verlowib 254 266 vıır Nachricht vom Hrn, Geheimenrath Baldinger ux

an Hrn. Buchhändler Site in Heipnig 266 abi

A p fr (. i Ueber Sohann, und Ludewig Racine, Bom Sm, / —* Hoſſecretar Weſeph von Retzer BER II. Elegie, am Grabe Friedrichs des Eingigen e am 24, j ; San. 1789. Bon Hrn, von Kleift 292 ak Ws m An den Hrn. Abt D. G. P. K. Henke, von Hru.

Reinhard 295. 296 Ba "IV. Nach

576 Resifter. |

IV. Nah Tibull's 7. Elegie des IV, Buchs. Von $. A C. Seidenſticker

296. 297 V. Gregor und Heinrich. (Fortfegung des Fragments im Oct. St. 1788)

298 310 VI. Einige bemerkenswerthe Wahrheiten über Freyheit . und Wohlſtand in Monarchien U 713 VII, Schreiben an ben Ueberfeger des Liedes Eigill Skalagrims in der N. Litter. und Vöͤlkerkunde,

April ung 314 319 VII. Der Gaͤrtnerknabe. Eine Fabel, von Hrn. Pockels —— 319. 320 IX. Elpin, von Ken. Benkowitz 321 X. An Yinni, am Abend als fie fang, 1786. Bon Sen. Reinhard s

321. 322 XI. Bemerkungen eines Offieiers * einer Reiſe nach Schweden und Finland, im J. 178. Fortfeg. 323— 398 XI. Beytrag zur medieiniſchen Policey. Von Hrn. D. A. in 3. | 332. 333

XIII. Der Pfirſch· und der Dflaumbaum Eine Fabel, von ebendemſelben

*

334. 335 XIV. Die Maſtenſchlittenſahrt. Von Hrn. C. G.

Wilke | s 336 340 XV, uUeber Geſchcchte und Umfang bes Churſachß. Prie = vilegiums, wider die Appellationen an die Reiche gerichte, vom Hrn. D. Siegmann zu Leipzig. en: | we J 345 372

| | May.

Regiſter. 57 M ad. 2 I. eines riele⸗ an einen deutſhen Shift ſtteller uͤber Schillers Goͤtter Griechenlands S. z23 zoe II. Fragmente einer neuen Reiſe nach Spanien 393 4j1 II. Epiftel an €, 8. von $.©..: 2.50: 149 IV. Zwey aufgefundene nie gedruckte Briefe. des groſ⸗ fen Lofe an .D; John Mapfetoft, ‚aus dem British ‚Mercury überfegt, von Carl Reinhard 439 444 V. An. die Hofnung, vom Ken. von Kleift. « 2448 VI. Auf eine erneuerte Bildſaͤule - der Bereheigkeit, von Hru. Haſchka u Bar 4449. 450 VII. Hiſtoriſche Nachrichten, die Schlacht bey Haſten⸗ beck betreffend, von einem vornehmen Officier 450457 vm. Brieſe von —— vom Gr. von Hy Saliſch RER 447 IX. An ein Brautpaar, von Hrn. Noat 461. ab⸗ x. Scriblifax an feine Herren Eollegen * ‚von dem felben | 463 xl. Fragment eines Geſpraͤchs in der Schattenwelt, | zwiſchen dem alten dentfchen Helden Herrmann

5 und einem Deutfhen jekiger Zeit . 464. 465 XI. Anecdoten aus dem englifchen Kaufmann 466 470 XIII. Nachricht Br Zn |

471

Junius.

58 Kegifter. 5 Juniuss.

J. So treibt man die Teufel aus, Eine Ballade ans ‚den von D. Din

n ©. a7 492 tt. Elegie beym fruͤhen Grabe des Fraͤuleins v. S* von Hrn. Hofr. Eſchenburs 2 4953. 94 |

IIII. Einige Nachrichten von James Brueẽ Reifen nach Aethiopien, aus dem Engliſchen uͤberfetzt, von

Ken. Schwalbe N Sr 495 509 IV. Ein Verſuch uͤber Nicht 5 V. Einladung aufs Land, von Hein. Pockels 931, 942 VL Das Lied der Treue, Tibull's tzte Elegie bes

IV. Buchs, von Ken. Reinhard 333. 34 VI. Triumph der Liebe. Tibul’s 7te Elegie des iv.

Buchs, von ebendemfelben s 534 VII, Im Herbſt, von Hrn. Wr. | das IX, An der Eier. Won ebendemfelben 336. 537 x. Julianens Tod, von Ken, Wilke —8 XI. Die Weiberſchule et 0555 XI, Ein Beytrag zur ogenphibhphi, von De

moifellek _ * ee >22). XII, Anecdote von Heinrich ‚Fielding 000970572

Ne, 3 Hin» , V. VI. * 2 Ann h am g. No. 27

Su neue Felfenbireg Mi Ä ein hiſtoriſch⸗ politiſch· ſatyriſcher Roman für unfte Sr ten. Et. Helena 1789.

D. Fatareiniger Seefahrer und die kenne ber Inſel Felfenburg durch” Albertum Julium ‚-erregte vor dreißig Jahren allgemeine Senſation, und. wird noch bie und da, des ‚Barbartfchen Styls ungeachtet, Häufig gelefen. Der; Berfaffer ‚obigen neuen Romans hat, den Werfuch gemacht, durch. Forte ſetzung des alten Romans eine gleich intereffante Geſchichte für - unfre Zeiten zu liefern. Er hat daher den alten Roman, für deſſen unfündige Lefer. , , mit der ihm eignen Laune in. einem eirazigen Kapitel feizzirt , und fodann ‚geht die. Sefhichte der ne uen Begebenheiten auf Felfenburg ununterbrochen fort. Der «Berfoffer giebt der Sinfel_ einen neuen Regenten, ein Exjeſult langt durch erdichteten Scifbruch dafelbft an, und ufurpire den Thron der Juliuſſe. Er forme- die guten einfältigen Sitten der Felfenburger im modernifirte um, und alles Uebrige wird nach europäifhen Fuß umgefehmolzen. So ſieht man in kur⸗ zer Zeit dort landesherrlihe Münzen. errichten , und Judenfa⸗ milien fi) anbauen, Landeslotterien und Armenhäufer, Nas tionaltheater und Freudentempel, entftehen. Durch neue Ana koͤmmlinge aus Europa verbreitet fih Magnetismus ; Jeſuitis⸗ mus und Journalſucht. Dieſe Mannigfaltigeele der Gegen⸗ fände, mit Wig und ſatyriſcher Laune geſchildert, gewaͤhten dem Leſer die angenehtnfte Unterhaltung. Der Druckort if die, den Portugiefen zugehörige Inſel St. Helena, von wan⸗ ‚nen es at alle deutſche Buchhaͤndler verſandt werden wird, zu

‚welchem Ende der Verfaſſer dieſen Aviſo —— laͤßt. "and, May u. Juns3. H No, 2.

4.5 Anhang No. 2,

Dosiräten J. Chrift. Kriegers des jüngern in Gießen. Jubilatemeſſe 1789: ©

Böhme Magazin für Ingenieur und Artilleriſten, XL Sand, mit Kupfern, 3. ı Rthle,

Burſerius von Kanilfeld, ‚Anleitung zus Keuntniß und Hei⸗ fung der Ausſchlagkrantheiten, iſter Band, gr. 8. ı Rthle.

v. Canerin, Abhandlung von Zubereitung. des Roheiſen in

| Schmiedeeifen, auch des Stahleifens in. Stahl, 3. 3 Ggr.

Abhandlung vom Bau der Wehre, m. K. 8. 16 Ggr.

. Abhandlung von einer feuerfeſten und am Brand erfpaten« den Feuchtdarre, m. 8.8 5 Gar.

Behytrag zum Muͤhlenrechte, . 4 Gyr,

Hin. v. Hallers Bemerkungen uͤber die Salzwerke, mit all⸗ gemein nuzbaren Anmerkungen auf die gefammte Salze werkskunde, herausgegeben von K. Chr. Langsdorf mit K. 3. ig Ggr.

Ouvrier, L. B., Selbſtpruͤfung zur Erweckung helſamer Ente ſchließungen, 8. - ı8 Ggr.

Predigten über die chriſtliche Moral, aus den Werfen der be⸗ ſten Redner, 1 ge Band, ate Auflage, gt. 8. an

Rthlir. g Ggr. Derfelben gr und se Band, gr, 8. äıthle.age.

Das preußifche Neligionsedikt geprüft und. mit höchiter Geneh⸗ migung herausgegeben vonr Oberkonſiſtorialrath Seel, g.

Religionsbegebenheiten, die neueſten, PLO.1789, 1 * Stüd, 8. à 3 Ggr. Ä N

Onel, Fr. W. D., über den mathematiſchen terricht, 2) Kants Theorie und 3) Ulrichs gie, 8. 8 Sr. j

Aus Dengelſchen erlag habe ich folgendes an mid) gekauft und iſt in biefer Mefle für berabgefezten Drei bey mir zu haben:

Clarcks Paraphraſe der vler ee ‚bey as ,

2 Rihlr. vuͤr

Ana 0.028

Fuͤrt junge ‚Heren nach der, Mode, ii 4 Gr.

J. Ande. Schmidt der Weg zur Tugend oder Handleitung⸗

wie die Vorſchriften der Sittenlehre ausgeuͤbt werden koͤnnen, 8. 178. 6 Ggr.

Theater der Deutſchen, ıst Band, 8. 16 Gar. |

De la Lande Kunft das Leder auf ungarifche: Art mibe

reiten, mit Kupfern, ge, 4. 170,0. 6 Ggr. ei

Kunſt des Weißgerbers, mit Kupfern, gr. 4. 1778. 6 Ggr.

——— du Monceau Kunſt des Zucerſedens mit Sup,

gr. 4. 17725. 8 Gr. |

Kunft türfifche Tapeten zu ten nit Ru gr. 4

1768. 4 Ggr.

Kunſt des Kohlenbrennens, mit gr. 4. 1775. 4 Öl.

der Nadler, oder die Verfertigung dar Nadeln, * Kupf. gr. 4. 8 Ka |

No. 3.

Noviätenzettel der neuen academifchen Buchhandlung in Marburg. Jubilatemeſſe 1789.

Becher, Joh. Phil., Mineralogie, nebſt einer Geſchichte des Hütten» und Hammerweſens, mit Charten und Ku⸗ pfern. gr. 8. 2 Rthlr. 12 Gar. | F Bibliothek, neue militaͤriſche, ites Bändehen, 8. . 16 Ggr.

Engelſchall, Sof. Fr., Gedichte, 8. 1 Hrhle. |

Grimm, 3. W., Erinnerungen zur Beförderung eines von nünftigen und ehätigen Ehriftenthung, 8. 8 Ggr.

Herwig, Briefe über die Berg. Hütten und Hammerweſen, % 8 Ggr.

Kerfting , Anmeifung zur Kenueniß und Hellung der Innern Pferdekranfheiten, te Auflage, 8. 12 Ggoyr.

Lederhofe , Elsine juriſtiſche Schriften, zter Band, gr, &

20 gr. i Ki

H 2 Mal⸗

Mallinkrot, Io, Frid. Theod., de Temperaniento quod medieorum eft.

Müllers, D. IJ. V., Handbuch der nedicuſthen Golante⸗ viefrankheiten, gr. 8. 20 Sa. -

Oelrich, M. L G. Arm, Commentatio de dodtrind ‘platonis de Deo.:8.:8 Gm:

Preifter S 53, Anwelfang für Prediger und die es werden wollen ,- zu einer treuen Führung ihres Amtes, - gu. & ı Kehle,

Keligionsunterriht für Schulen. 8

Robert, D. C. W., kleine juckfifche Säriften ; zu der lichen und poſitiven Rechtsgelehrſamkeit, g. 12 Ggr.

Virgils Hirtengedichte in deutſchen Jamben und Hexametern, a überfeze und mit Anmerkungen von 1 Wer.

8 Ggr.

Voelekel, Lud. ; de fontibus unde Taeitus quae. de

patria nolten tradidit hauferit. 8. 2 Ger.

Zimmermann, I. L., Commentatio de vi. atque fenfu phrafeos novi Teftamenti, 8. 5 Ggr.

| ' | No. 4 | Bey J. G. Buͤſchels Wittwe in Leipzig nd. zur Ofters meſſe 1780 folgende Bücher fertig geworden:

Sedanfen zur Prüfung von Kants Grundlegung zur Metaphific der Sitten, vorgetragen in Abficht auf die Des gruͤndung des hoͤchſten Grundſatzes des Naturrechts, nebſt einem Verſuch einer Beantwortung der Frage von den Gruͤn⸗ den und Graͤnzen der aͤlterlichen Gewalt nach dem Naturrecht, und von der im Staate rechtmaͤßigen und nuͤtzlichen Ausdeh⸗ nung und Einſchraͤnkung dieſer Gewalt, von M. C. G. Tilling, gr. 3.1 Thle. W. Falconer vom Einfluß der Leidenſchaften auf die Krankheiten des Körpers. Aus dem Engliſchen mit Anmerkungen und Zufögen von D. €. F. Michaelis, gr. 8.

mwit Churfuͤtſtl. Saͤchſ. Freyheit. Beantwortung einiger Stel⸗ ne len

*

Anhang 27

en aus der nähern Beleuchtung der dentſchen Union ‚, denen.

Die keine Kenntniffe von Freymaurerey haben, gemidmet von

€. ©. Kirtſchmannm ’g; Amalchen. Für Wiſſenſchaften und.

Geſchmack. Herausgegeben von D. Erhard. ıten Bandes ates und. ztes Stück Ari Hi jedes 8. Gr, Inhalt: ates Stück;

Gedichte von einem Fravenzimmer, vom Stampeck und von .

Hevdenreich. Ueber die Principien der Aeſthetik oder über Ben Urfprang ‚und die: Allgemeingüktigkeje der Volllommens hHeit⸗ geſetze für Werke der. Empfindung und Phantafie, -von-

Heydent eich. Jeſuitiſche Wanderungen und wichtige Ente Beskungen des.großpn, Ritters Wulnibald. ine Geſchichte

aus der heufien. Zeit: Bemerkungen - über Gegenſtaͤnde des Voͤlkerrechts. Fortſetzung. Hiſtoriſche Nachrichten,

die Eirmiſchung des rußiſchen Hofs in die innern ſchwediſchen

Staassangelegenheiten: betreffend, vom Herausgeber. Des,

merdungen: über die Hefolntion Sr. Maj. deg Kaifers ,„ die,

Buchdruckereyen und deu Buchhandel berreffend, vom 20 Nov,

‚1988. 3tes Stuͤck. Ideen über die Auftlärung, Beſchluß. Barum urtheilen die Neuern fo zweydeutig uͤber die Nuͤtz⸗ lichkeit der; ſchoͤnen Künfte für den Staat und die Menfchheit,;

welche doch die Alten fo. allgemein anerfannten? von Heyden⸗ reich. Der Rath an die Denker, vom Herausgeber.

Erinnerungen des alten Predigers zu Heren D. Semlers Ans merkungen über das Schreiben. am. den Herrn Staatsminiſtet

yon Wöllner. Paradoren aus den Briefen eines Englaͤn⸗ ders über verſchiedne Gegenſtaͤnde. Skizze zu einer Be⸗ antwortung der non der gelehrten Geſellſchaft zu. Mannheim aufgeroprfenen Preißfrage: Haben, die lebenden ausgebildeten europäifchen Sprachen: Vorzüge: vor‘ der deutſchen ꝛc. Schreiben an den VBerfaffer von Wunibalde Wanderungen Weber die Principien der. Aeſthetik, Beſchluß Bemerkun gen über Gegenſtaͤnde des Volkerrechts, Fortſetzung.

Y Er TIER

*

ri Anhang

No, 5. Verʒeichniß der Verlagsbůcher, welche i in ber Oſtermeſſ 1789, bey Georg Emanuel Dee in Leip⸗

zig zu. haben find.

Handlungszeltung, allgemeine, auf das Jahr 1589. gr. 8. Heineccii, Joh, Gott! , Elementa juris civilis ſecundum

—— E. Th. Joh., Predigten über die gewoͤhn⸗ lichen Evangelien der Sonn + und Feſttage des ganzen Jah⸗ “res, » Theile, neue Auflage. x = Rehle,

"Euripidis Alceftis, graece et latine c. Notis Barnefil,

: Mufgravii, Reifkii et aliorum, quibus et fuas adjecit C. F. Kuinoel, 8maj. 14 Gr. Sedanten , militärifche, und Kriegsregeln für junge Leute, die ſich dem Militair widmen. Aus den Papieren eines alten Churſaͤchſ. Staabsofficiers, gefammelt von®. Mit illum. Dans, gun. - | 12 Sr, Sefhichte unpartheyifhe, des gegenwärtigen Kriegs zwiſchen der Pforte, Rußland, und den theilnehmenden Mächten, Mit Karten und Kupfern, ıfles und ates’Stüd, gr.$. 16 Gt.

ordinem Inſtitutionum commoda auditoribus methodo —— ab emblematibus liberata notisque emendata » etilluftrata edidit D.Chr. Gottl.Bienerus, gmaj, ı Rthit. Hoſeas, —. mit Anmerkungen IR von €, F. Kuͤn⸗ ol, 4 ©r, c. L., die Conchylien im Cabinette des Herrn Erbprinzen von Schwarzburg-Rudolftadt. Mis illuminirten Kupfern, gr.8. 4 Thle, daffelbe Buch mit ſchwatzen Kupfern. 2 Thlr. Kees, D. Jac. Friedtich, Anweiſung zum zweckmaͤßigen Extrahi⸗ renu und Referiten der Gerichtsakten, auch zu Abfaſſung einer Sentenz dataus. Zum Gebrauch afademifcher Wortes fungen, s. ‚8. Sr. aLiune,Caroli, Syftema natürae per regna tria naturae Ordines, Genera, Species, cum Charatte-

Anhang. 29

Charactteribus, Differentiis, Synonymis, Locis, Edi- tio aufta, reformata, cura Joh. Frid. Gmelin, To- mi I, pars ııda $maj, ı Thlr. 8 Gr. Lucher: oder Auszüge aus deffen Schriften, mit einer Vorre⸗ de des Herrn D. J. G. Nofenmüller,, ıfter Theil, enthält: Verſuch eines exegetiſchen und dogmatiſchen Woͤrterbuchs uͤber das neue Teſtament, mit Anmerkungen, 8. 8 St. Der Prediger bey befondern Fällen , oder. Auswahl der beiten, und zweckmaͤßigſten Predigten und Reden, welche einem Pre diger in feinem Berufe zu halten nur vorfommen möchten, Nebſt vokangeſchickten Eurzen Erinnerungen, 2, Bände, gr. & The. 20 Gr. Derate Theil wird um Johanni nach⸗ geliefert. Puttmanui, D. I, L.E., Opufcula juris criminalis, gmaj. 1Rehlr; Roſenmuͤllers, D. 3 G., Prebigten über die gewoͤhnlichen Sonn und Feſttags⸗ Evangelien des ganzen Jahrs, ıfler und ater

Theil, gr. 8. | ı Thlr, 4Gr. Seelenruß und Menſchengluͤck im Schoos der Noderfchen Far- milie, 8. 16 Gr.

Taͤubels, Chtiſt. Gottl., orthotypographiſches Handbuch oder Anleitung zur gründlichen Kenntniß derjenigen Theile der Buch⸗ druckerkunſt, welche allen Schriftftellern, Buchhaͤndlern und Korrektoren unentbehrlich find. Mit Kupfern, &. ı Thlr, ı2 Gr Tagebuch, Leipziger gelehrtes, auf das Jahr 1788. 91.8. 6 Ss Zwanzigers, M. Joh. Chrift: Theorie der Stoiker und der Afas demifer von Perception und Probabilismus, nach Anleitung des Cicero, Mit Anmerkungen aus der ältern und neuern Philoſophie, gr.s. - 14 Gr.

An der Michqelismeſſe waren neu:

Am Ende, Joh. Gottf, Handbuch zur häuslichen Gottesverehrung on Sonn⸗ und unſtudierte Chriſten. 2. Baͤnde,

Rt. 3. Een = =

Anh; May u. Jun 89. 3 ‚Br

go Anhang

Bernoulli, Joh. Archiv zur neuern Gefchichte, Geegraphie, Na⸗ tur- und Menſchenkenntniß, gter Theil, 91.8. 18Gt. Orbis pictus, neuer, für Kinder, in5 Sprachen, 10. in. u. i2. Heft, 4. mit ſchwarzen Kupfern, ı2 Gr, mit illuminirten ı Thlr. Puͤttmann, J. L. E., über die Sattelhöfe, deren Rechte und

Freyheiten. Mit Urkunden, gr. 8. 8 Sr. Nofenmüllers, J. G, Pajtoralanmelfung zum Gebraud) academis ſcher Vorlefungen, 8. | 16 Sr. Semlers, Joh. Sat. hermetifche Briefe,roider Vorurtheile und Bes truͤgerehen, iſte Samml, 8. ' 96. Starke, 3. Aug., Auch etwas, wider das Etwas der Frau von der Rede. 3. | 12 Gr. No, 6.

Verzeichniß derer Derlagsbücher, welche bey Chriftian Gottlob Proft in Copenhagen feit der Jubilatemeſſe 1788 , bis dahin 1739 berausgefommen, und in def

ſen Laden im Gewandgäßgen in Leipzig zu haben find.

Abhandlungen, hiſtoriſche, der koͤnigl. daͤniſchen Geſellſchaft der Wiſſenſchaften zu Copenhagen, herausgegeben von W. A.

Heinze, ater Theil, m. K., gr. 8. 1Rthlt.

Adler, (J. G. C.) Novi Teftamenti verſiones Syriacae, ſimplex, Philoxeniana & Hierofolymitana denuo - eXamingtae, & ad fidem codicum. manufept. Bibl,

Vaticanae, Angelicae, Affemanianae, Medicae, Re- giae, ac novis obfervationibus atque.tabulis aeri in- cifis iluftratae, med, 4to, 2 Rthir. 12 Gr. netto.

Birch, (Audr.) Quatuor Evangelia graece, cum Varian- ‚tibus a textu Le£tionibus, codd. Mfi, Bibliothecae

Vaticanae, Barberinae, Laurentianae, Vindobonenfig, Efcurialenfis, Havnienfis Regiae, quibus accedunt Le&tiones verfionum Syrarum, veteris Philoxenianae & Hierofolymitanae Juſſu & Sumtibus Regiis, med,

‚4to. 6 Rthlt. netto.

Idem liber, median Folio, 12 Ntölr, netto, | | Blumen:

*

Anbang | 18

Blumenlele, aefiherifche, aus dem legten Quinquennid der allgemeinen deurfchen Bibliothek als unentbehrliche Beylage zu diefem angefehenen Sjournale, ge. 8. 10 Gr. Eloge de Jean Baner, Feldmarechal general pendant 1a | - Guerre de trente ans} un des plus c&lebres. Héros de fon tems, avee un Tableau biftorigue du Siecle de Guftav Adolphe ſurnommè leGrand, propofe pour prix d’Eloquence par l’Academie Royale des In- fcriptions & Belles Lettres de Stockholm, per C, J. Manderfeldt, gr. 8. 10 Gr. brochẽ. Erzaͤhlungen für Jedermann, 8. 6 Gr. Das Slaubensbefänntnig. Ein Actenſtuͤck aus ber, nifch » chirurglſchen Fehde, 8. 3 Sr. Gofch, (J. L.) Fragmente über den Ideenümlauf, nebft Bedenken darüber von B. N., gr. 8, ı2 ©r. J deſſelben Menſchenlehre, für den Weltbuͤrger und den Staatsmann, iſter Band. 8. 16 Gt. | deſſelben philofophifche Aphorismen über die Staates wirthſchaft, 8. 8 Gr. Holger Danfke, eine Oper, nach dem Dänifchen von C. F. Cramer, 8. 7 Gr. Kunzen, (F,L. Æm.) Zerftreute Compofitionen für Geſang und Clavier, 410. 2 Rihlr. Karl Reinhard, eine komiſche Geſchichte 2 Theile. ıthfe, 20. Gr, Münteri (F.) Commentatio de Indole verfionis Novi . Teftamenti Sahidicae accedunt fragmenta epiftolarum Pauli ad Timotheum ex membranis mufei Borgiani Velitris, 4t0, 1 Rthlr. | Rothe, (Tiche) Nordens Staatsverfafjung vor der Lehnszeit, | mit Adelsrecht und Volksfreyheit in der Lehnzeit, und dann adel, Gerichtsbarkeit, Frohndienſte, Leibeigenfchaft, ſammt Ariſtokratie aus dem Daͤniſchen, ater Theil, 8. ı Rthlr. Viborg, (E.) Beſchreibung der Sandgewaͤchſe und deren Au⸗ wendung zur Hemmung des Flugfandes- auf der Weſtkuͤſte von Juͤtland, mie Kupfern, gr. 8. aa Gr. | Sa Wiche,

8 Anhang

| Wiehe, . 9.) über bie daͤniſchen Bankzettel, Handelsbalam und den oſtindiſchen Handel, gr. 8.7 Gt.

Deffen, Bemerkungen über den daͤniſchen Wechſelcouts. 6 Gr.

Zoega, (I.) Etwas zur Erlaͤuterung uͤber das Muͤnzweſen uͤberhaupt und uͤber den Urſprung und die Beſchaffenheit des daͤniſchen Muͤnzfußes, uͤberſezt von Rarmmneristedtake Ramphövener, 8. 12 Gr.

Einige Bemerkungen, veranlaßt durch Hr. Finks legte Schrift über die Auswechfelung des Geldes In. den Herzogthuͤmern, aus einem Briefe von Copenhagen, gt. 8.1 gr. *

Drofpet der Rothſchilder Domkirche. 1 Rihlr.

Danſke Boger. Campe, om Opbagelſen af Amerika, 5 Dele, med, Kork, 2Rthlr. netto. = Niels Klims underjordifke Reife ved Holberg, overfat af Jens Baggefen,, med Kobber, med, 4to. 5Rthlr. 12 Gr. netto. | | Lommebog, politiff og oekonomiſk, eller Kiobenhavns Staats. og Handels⸗Veyviſer, med Srundtegning af Kiobenhavn. 16 Gr. netto. Muͤnters, (F.) Efterretninger om begge Sicilierne , ſamlede paa em Reiſe i diſſe Lande f Aarene 1785.08 1786, iſte Deel, 8. 1 ‚Rohe, ı2 Gr. netto, |

*

NMo. %

Der Herr Prorektor und Profeſſor in Breßlau beſchaͤftiget ſich mit einem deutſchen Auszuge ans dem berühmten Werke des Grafen von Meitabeatı : fur la Monarchie Pruflienne. Diefer Anezug wird, mit Wen» laſſung des taktiſchen Theils des groͤßern Werks, nut das Zweckmaͤßigſte von dem enthalten, was deutſchen Leſern einen richtigen Begrif vom dermaligen Zuſtande der preußiſchen Mos narchie geben kan. Da auch verſchiedene in preußiſchen Dienſten ſtehende ſachkundige Gelehrte dies Werk mit Anmer⸗ kungen b gleiten, in welchen die wichtigſten Irthuͤmer des

| Strafen

J

Anhang Pr 83

Grafen von Mirabeau berichtiget werden, fa fan man dem deutſchen Publikum ,- und befonders.den Einwohnern der Koͤ⸗ nigl. Preuß. Staaten, an felbigen eine intereffante und fehr mögliche Lektüre mit Grunde verſprechen. Das Ganze, wird Höchftens 4 Bände in gr. 8, ausmachen, und der ıfte Band bins . nen wenigen Monaten in untenbemerftern Verlage die Preffe verlaffen. Seplee Ivbllatemeſſe 1789. | en Gottlieb söwe,

Buchhändler in Breßlau.

No. 8.

Wererheiß der neuen Buͤcher, welche in der

1789 bey Johann Jacob Gebauer zu Halle im Magdeburgiſchen herausgekommen.

Algeweine Welthiſtotie durch eine Geſellſchaſt von Gelehrten

in Deutſchland und England ausgefextiget, in einem voll⸗ ſtaͤndigen und pragmatiſchen Auszuge. Neueſte Hiſtorie. 24. Band. Vetfaſſer von D. J. F. Le Bret gg hehe

Auf den 25. Theil kaun noch mit ı Rthlr. pranumeriret werden. Elenchi fungorum continuatio fecunda, deſeribens XLIX

fpecies et varietates totidem iconibus CLXXXIV CCXXXI repraefentatas. Auct. Aug. Fo. Ge. Car. Batfeh. Zweyte Fortfeßung nach der Natur gemahl⸗ ter und befchriebener Schwämme, welche 49 Befchreibungen von Arten und Abänderungen und eben fo viel Abbildungen von der ıg4ffen bis zur 232flen enthäle. gr. 4. 4 Rthlr.

* Compendium Juris Criminalis Romano Germanico Fo-

renfis,. 8 ma). ı Rthlr. 8 Gr. Eberhards, Joh. Aug., philoſophiſches Magajln, 2. 3. 4 St. 8. Jedes Stuͤck 8 Gr.

Jacobi’s Ad. Fr. Ernſt, voliftaendige Gefchichte der

fiebenjaehrigen Verwirrungen und der darauf erfolgten Revolution in den vereinigten Niederlanden. ‘; Erfter

Theil, nebft einigen Hauprurkunden, gr. 8. 2 Rthl.

*

ı De Anhang

Aſt die neuere bogmatlfche Darftellung der hriftlichen Religlons

lehre dem wahren Geift und Endzweck unferer fombolifchen Bücher gemäß oder zumider ? 8. 10 Gr.

Kivius, bes Titus ; roͤmiſche Geſchichte. Aus dem Latein ſchen in einer deurfchen Ueberfegung mit Anmerkungen her⸗

ausgegeben von Gottfr. Große. 1. Band 3. |

Wird kurz nad) der Meffe fertig.

Mifeellanea phyficö - medica, quae promulgat, D. .$ H. Pfingken. 3 maj. ı Rthfr.

Moral in Beifpielen. Herausgegeben von H. B. Wagnitz. Vierter Theil, gr. 8.10. Gr.

Eben Diefes, unter dem befondern Titel: Beifpiele. zur Er (äuterung des Katechismus. Für Prediger, Schuflehrer und Catecheten. Herausgegeben von H. B. men Zweiter Theil. gr. 3. 10 Gr.

Der Naturforfcher 24. Stuͤck mit illum. Kupfern gr. 2. ı Rthlr. g Gr.

Rechtsfuͤlle, merkroürbige, verhandelt bei verſchiednen Tribuna⸗ ten beſonders in Frankreich. 1. Band. gr. g. 20 Gr. Richters, C. S., Anweiſung zur guten Pferdezucht und

Wartung, auch wie man ein guter Pferdekenner werden könne, nebſt einer Beilage von den Betruͤgereyen der Roß—⸗ händler ,, wie auch von den Krankheiten und Kuren der Mferde, für Landwitthe und fonftige Pferdeliebhaber. Mit

2 Kupfern. 8. 16 Gr.

Semlers, D. J. S., Anmerkungen, zu dem Schreiben an S. Exc. von Wöllner in D. Erhards Amalthea, erſten Stuͤck N. V. 3. 6 Gr.

Troſtſchriften zur Aufrichtung fuͤr Leidende die uͤber den Tod ihrer Geliebten trauren, oder fonft Teoft bedürfen, Ein Bud) für Familien. 2. Theil, 8. 14 Gr.

Wahl's, S. Fr. Günther, Elementarbuch für die arabi⸗ fhe Sprache und Litteratur, die Sprache in doppeltem Ge⸗ fihtspunft,, als Sprache der Schrift und Sprache des Les bens betrachtet.” Zunächft zum Behuf Vorle⸗ ſungen. gr. 8, 1Rthlr. ——

—— anpane 0

Wehrs, Ge. Friedr., vom "Papier, ben vor der Erfindung deſſelben üblich gemefenen Schreibmaflen, und fonttiged Schreibmateriallen. gr. 3. 2 Rthlr. 12 Gr.

Wuͤrtembergiſche Heiligen ⸗Legende oder das Leben der heil. Tabea von Stuttgard. Als eine Deiläge zu des Herrn Duttenhoffers freimuͤthigen Unterſuchungen ‚über Pietismus und Orthodoxie. Nebſt einem von der heil. Paula. 8. 14 Gr.

No, 9

kündigung einer neuen Berbeutkhung 6 ber Richard⸗ ſonſchen Clariſſa von Ludwig Theobul Koſegarten.

Richardſons Clariſſa iſt nicht nur von des Vetfaflers eignen Produkten das Vorzuͤglichſte, ſondern auch überhaupt ein Ideal romantifher Darftellung, das ſeitdem noch nicht wieder erreicht worden if. Ganz und wahr und vollendet, ausgeführt im ganzen Umfange feines Plans und ‚ausgebildet, auf in den Eleinften Theilen, fteht es da, diefes erhabne Ges fchöpf des Menfchengeijtes, das an Einheit, Einfalt, Hobeit, Darftellung, Seelenmahlerei und immer ſteigendem Intereſſe ſchwerlich feines Gleichen fuͤrchten daff. Dies Meiſterwerk verſtuͤmmeln zu wollen, wäre Verſuͤndigung. Es umzuarbel⸗ ten zu. wollen, Vermeſſenheit. Raphaels Verklärung vers trägt feine Verjüngung, und die Iliade läßt fih nicht umar⸗ beiten,. man wolle fie denn traveftiten. | | Man Elage über die, ermüdende Weitlaͤuftigkeit des Werkes, Ich begreife Diefe Klage nicht. Dreimal hab’ ich es in der alten Weberfezzung, und als ich endlich des Originals habhaft ward, dieſes noch zweimal: durchgeleſen, und jedes— mal mit neuer Theilnehmung. Es iſt wahr, die Handlung geht, vorzüglich in den erften Baͤnden, einen äußerft langſa⸗ men Gang; aber eben diefe Langſamkeit greift in des Dichters Plan. Sie macht das Aecht ⸗Pragmatiſche feiner Erzaͤhlung aus. Sie iſt unentbehrlich, um die Triebfedern der

86 Anhang.

det Handelnden aufzudecken; um Clariſſen von allen: Seiten - und in ihrer ganzen Wuͤrdigkeit zu zeigen; um jenes mächtige Intereſſo, womit mir fie bis insg Grab begleiten, zu weffen, und um jene füße Mifhung von Schmerz und Wolluſt hervor⸗ zurufen, die bder-lejte Zweck aller aͤſthetiſchen Darftellung - ift, die aber fein Werk, fo wie diefes, würfe, Jedem Men— ſchenforſcher alfo, mein’ ih, muͤſſe eben die Langfamkeit der Haudlung hoͤchſt gewuͤnſcht feyn, und auch der, welcher nur Unterhaltung ſucht, wird, wenn er Much hat, ſich die erften Bände durchzuarbeiten, In den leztern ih überfchroenglich bes lohnt finden,

Ich Habe alfo eine neue Verdeutſchung des ganzen volle fändigen umverftümmelten Werks unternommen, und da id mein Urbild verftehe, Eenne und liebe, fo wird man mir Hofe fentlich feine unmürdige oder ungetreue Nachbildung deſſelben

zutraüen. Wolgaſt im Schwediſchen Pommern, im Maͤrz 1739.

Ludwig Theobul Koſegarten.

Dieſe Ueberſezzung wird mit einem Churfuͤrſtlichen Saͤchſiſchen Privilegio in unſerm Verlage erſcheinen, und werden wir uns beſtreben, ihr Aeußeres ſo zu veranſtalten, daß wir mit Zuverſicht auf den Beifall des Publikums rech⸗ nen dürfen, das das rühmliche Streben eines Buchhaͤndlers zu erfennen und mit Beifall zu belohnen meiß.

Das Ganze wird aus Acht Bänden auf Schreibpapier in Hein 8. beftehen, ein jeder Band zu anderthalb Alphabet gerechnet.

Der erfte und zweite Band wird in ber Oſtermeſſe 1790 erfcheinen, welchen dann von Meffe zu Meffe ein Band fols gen fol; oder falls mir es für gut finden follten, wenigftens In einer Oftermeffe zwei Bände erfcheinen zu laffen wird auch dies gefchehen, | Wir wählen, aus mehrern Gruͤnden, den Weg der Praͤ⸗ numerazion, und beſtimmen diefelbe fuͤr jeden Band mit ı Rthlr. in, Conventionsmuͤnze. Der Praͤnumerationstetmin

Anbeong | 8

auf den erften und zweiten Band dauert nur bis Ende Octo⸗ bers diefes Jahrs. Wer diefe Zeit verſaͤumt, -oder- künftig bei Empfang der heile, auf welche er praͤnumerirt gehabt, vie Praͤnumeration auf ‚dem folgenden nicht entrichtet, muß ſichs

gefallen laſſen, den um die Hälfte erhoheten Preis zu bezahlen, -

Die Nahmen und Karaktese der Praͤuumeranten, follen

dem erften ande vorgedtudt. werden; deswegen ‚bitten wit um eine deutlich geſchriebne Anzeige. derſelben.

Ä Mer die Güte haben will, Pränumeranten zu fonumeln,

bezahlt für Zehn Erempfare den Werth von Neun, und für

Fuͤnfe den Werth von Vier und einem halben. Briefe

und Gelder erbitten wir uns poſtfrei.

Noch. erfcheinen binnen kurzem. von nachſtehenden Schriften deutſche Lieberfezzungen in unferm Verlage, als: Tbeorie of morals Sentiments, by A. Smith.

Meuefter Ausgabe. Mit Anmerkungen ud Bun des Ueberſezzers. The Pupil of pleafure, by Pratt, 2 Vol.

Der Ueberſezzer ift ein Mann, den das Publikum ſchou fieb gewonnen bat. Leipzig im April 1789. ,

. Oräffiche Buchhandlung -

-

No. 10.

Eine Reife um die Welt, in den Jahren 1785 bie" 1788, mit den Schiffen, König Georg, Capitain Tortlock, and Königin Charlotte, Tapitain Diron, unter der. Aufſicht der incorporirten Geſellſchaft zur Beförderung des Kaucıhans dels, melde fo eben in London, aus der Feder eines an Bord detr Charloste befindlich gemefenen Officiers , in einem Bande, in groß Dctav erfchienen ift,, wird in Eutzem in dem endesuns "terzeichneten Verlag ins Deutſche überfeze erfcheinen. ‚Sranks furt am Mayn, den ıöten März 1789.

Andreäifehe Buchhandlung,

No, ık

sg Anbang. , No. ır.

Der Here Buchdrucker Wilhelm Diererici in Betliu, Sat eine eigne Druderei angelegte und theils zu einiger Erleich⸗ terung feines Etabliffements, thells zu Empfehlung feiner Druk⸗ Ferei fündige er eine Sammlung feiner Gedichte auf Pränumeration an. Die Sammlung befteht aus Gele genheits und andern Gedichten, wird gegen ag Bogen in g. ſtark und erfcheint im September. Die Pränumerntion iſt ‚6 Groſchen und der Pränumerationstermin iſt der Monat Auguſt. Den Sammlern wird das ımte Exempl. frey zuge⸗ flanden und die Nahmen der Praͤnumeranten werden vorge⸗ druckt, weswegen et um baldige Einſendung der Nahmen bit⸗ tet. Er erſucht alle ſeine Freunde und Bekannten, ſich dem Kollektionsgeſchaͤft zu unterziehen. Der Ankuͤndigungsbogen, den der Verfaſſer bei dieſer Gelegenheit ausgegeben hat und der Zugleich einige Gedichte enthaͤlt, kann zu feiner Empfehlung und zur Aufmunterung feine Abficht zu unterflügen, dienen.

No. 12. Mufifalifche Anzeige.

Zwoͤlf geiftliche profaifche Gefänge, mit Begleitung des Claviers, werden zu Ende des Monats Auguft diefes Jahrs, in der Breitkopfiſchen Buchhandlung zu Leipzig im Druck er-

» fheinen. Der Verfertiger berfelben ift der Dom: und Stadt: Cantor zuMeiffen, Hetr Johann Gottfried Weiske, welcher laͤngſt als ein geſchickter Compoſiteur ruͤhmlich bekannt iſt. Sie waren nicht für das Publicum , fondern einer Privatan⸗ dacht beftimmt, wegen ihrer alsbald wahrzunehmenden vor« züglihen Güte aber ward der Herr DVerfaffer um ihre öffente liche Mittheilung erſuchet und in Rücfiht, daß ihm vorges ſchlagen wurde, ſolches einigermaßen zum Beſten Biefiger Armenfchule zu thun, ließ er diefen Wunſch ftatt finden, Ich mache forhanes ihr gewidmetes Geſchenk hiermit als Vor⸗ ſteher derfelben bekanut, mit der Nachricht, daß. der Kere Santor Weiske diefe Gefänge, um das Tempo anzugeben,

| nicht

Anhang. 8

nicht mit den gewoͤhnlichen Worten: langſam, geſchwind, mäßig ꝛc. bezeichnet, fondern weil dieſe das Zeitmaas eines Stcuͤcks viel zu unbeſtimmt ausdruͤcken, als daß es fich hiernach ſtets richtig beurtheilen und finden laͤſſet, gleichwohl jedes Stuͤck feinen Werth verliert, wenn das gehörige Tempo nicht beobachtet wird, fo hat er daffelbe nach einem gewiffen us fieumente, auf eine ganz meue und dabey fo genaue und fihere Welfe vorgeſchrieben, daß es hietnach von Sedermann, auf das unträglichfte, vollia getroffen werden Fan. Weib er glaubt, daß, wenn biefes Inſtrument, in Betracht ber Menſur, gebraucht und eitigeführt werden wollte, es dem Compofiteur fo wohl, als dem Spieler fehr. angenehtne Dienſte feiften werde, fo will er fich in einem Anhande zu diefen Ger fängen darüber weiter erklären. Damit jedoch Niemand ein Werk von vielem Mechanismus erwarte, fo verfichert er, daß auf ſo verſchiedene Art es auch eingerichtet und geformt wer⸗ den koͤnne, daſſelbe doch an ſich ſo leicht, einfach und gering⸗ fuͤgig ſey, daß es ſogleich Jedermann, ohne alle Koſten, zu fertigen und dadurch, wie er die Sache mit Kennern ver⸗ ſchiedentlich erprobt; ſowehl der Compoſiteur das erforder liche Tempo, jedesmal, beſtimmt, anzugeben, als ein anderer, nach diefer Angabe, richtig zu finden vermöge. Hieraus er⸗ giebt ſich auch, daß derjenige, welcher In Anſehung des Zeit⸗ maaßes bey irgend einem andern muficalifhen Stuͤcke unge⸗ wiß ift, fich auch von einem Abmefenden, zu deffen Einfiche er Zutrauen hat, daffelbe nach diefem Inſtrumente ſchriftlich atı- weifen lafjen kͤnne. Das Eremplar diefer Gefänge, nebft dern Anhange, Eoftet 16 gl. und wird bis zum Ende des Mo» nats Suly ai, c. bier in Meißen, bey dem Herrn Verfaffer ‚and mir, dem Superintendenten, in Dresden im Adregcoms toir und im Leipzig in der Wreitkopfiihen Buchhandlung, gleichwie in den Buchhandlungen anderer Orte, als warum diefelben andurch ergebenft erfucht merden, Pränumeration angenommen. Auf 9 Eremplaria wird das ıote frepgegeben

ze = u

99 Anhang.

und, die. Namen der Pränumeranten, welche dleſes Werk be⸗ ‚fordern, werden vorgedtuckt. Meißen, den ıs. May, 1789. M. Gottlob. Siegmund, Donner.

Buperintendent, - '

m .: No, 13. . ‚Anfündigung eines allgemeinen littergrifchen Merkurs. Schriftſtellern und Buchhaͤndlern kann es nicht gleichgültig ſeyn: ob ihre Werke zeitig oder erſt fpät, nur einem Theit oder dem ganzen Publitum hefannt werden, Zwat ‚fehlt es nicht an Gelegenheiten und Intelligenzblaͤttern, worin⸗ ‚nen Ankündigungen und Movitätenzettel 20. eingerückt werden ‚Können auch giebt es Journale genung, deren Umfchläge ‚den Bekanntmachungen frei ſtehen; allein. immer mır erhält ein ‚heil des Publitums von einem. Theile derangefündigten Werke Notiz, weil:es mit mandperlei Schwierigkeiten und be« traͤchtlichen Koften verknuͤpft iſt, eine Ankündigung überall einruͤcken zu laffen, und weil von der. andern Seite die ſo zerſtreu⸗

ten Antündiaungen von allen gewiß nicht gelefen werden können.

Ohne nun noch mehrere Gründe aufzuſuchen, ift es ſchon daraus Flar,daß ein folches allgemeines kitterarifches Iutelligenz⸗ blatt, wie der gegegwärtige Merkur ſeyn fol, auf Feinen Fall

ein unnüges Unternehmen, fondern vielmehr eine Abhelfung

„eines wirklichen Mangels in der. gelehrten Nepublif ſey, und es wird nun blos darauf anfommen, ob diefem Mangel auf „eine leichte und gute Are abgeholfen werden kann. Ich gebe folgende Worfchläge : 1.) Es erfcheinee F Bogen in gr. 8. fobald Materie 96 nug da iſt, und fo wöchentlich 1, 2. oder mehrere Numern, 2.) Alle Ankündigungen jeder Art, die die Yitteratur bes ‚treffen, alle Bekanntmachungen von Gelehrten und Buchhaͤnd⸗ lern, Novitätenzettel, Nachrichten ‚von Anctionen ıc. werben - aufgenommen. 3.) Jeder Einfender zahle für die Zeile nicht mehr als 4 Pfennige oder für 3 Zeilen einen guten Groſchen Inſerations⸗ gebüße

«

Anfang Eu

Sehen‘ de ir, dem @ingefendeten beigelegt, frants einſchlkt; weniger aber als 18 Zellen werden mit 6 Gr, bezahlt. Obne beigelegtem Betrag wird nichts aufgenommen, um meitläufeige Rehhnerel zu vermeiden. 4.) Keine Parthellichkeit, eine Menſchlichkeit uͤber die Bin und wieder bei manchen Antelligenzen Klage geführt wird, findet hier Statt ; fondern fo wie die Briefe einlaufen, ſo werden fig nnmerirt, und gleich zum Abdrucke beſorgt; allein Avertiſſements vom Nachdrucker-⸗Geſindel werden nicht angenommen, 5.) Bekanntmachungen von Beförderungen, Ehrenbezel⸗ gungen, Preisaufgaben, Todeefälle, find nicht ausgeſchloſ⸗ fen, und werden gratis eingeruckt, wenn fie franco eingefen⸗ bdet werden. ° Dies ungefähe von dem Inhalte und hinlaͤng · Eich genug, um das gelehrte und mwißbeglerige Puslitum und | die Herren‘ Buchhändler auf mein Unternehmen aufmerfe

ſam zu machen; das bei leiche zu erfehenden Vortheilen ad,

- diefen hat, daß es viele vergebene Arbeiten verhütet, daß nem⸗ lich nicht Werke einetlei Inhalts zu gleicher Zeit ausgearbeitet trer- den, wo das Zavotkommen bloß den Rang ablaͤuft, welches beſonders der Fall ſehr oft bei Ueberſetzungen iſt, daß der Ueber⸗ ſezzer feine Mühef und der Verleger fein Geld, verliert. Die⸗ ſes aber ganz zu verhuͤten, verfteht es fich von felbft, daß ent» weder vom Gelehrten oder vom Verleger zeitige Anzeige gefches hen muß. Trift nun der Fall, daß von einem Wetke doppels te Anzeigen zugleich eingehen, fo laffe ich zwar beide abdiucken, um, dem Vorwurfe des Zuruͤklegens zu entgehen, ‚gebe aber auch ſogleich nach Empfang beiden Unternehmern des einerlelen Projects auf ihte Koſten ungeſaͤumt Nachticht, und dadurch Gelegenheit zu dem, was ſie nun mit einander thun wollen. Durch das Zuſammenhaͤngende, und durch Huͤlfe des Regiſters kann das Publikum das Ganze beſſer uͤberſehen, und der Gelehrte und Buchhaͤndler iſt uͤberzeugt, daß, fein Werk weit ausgebreiteter bekannt wird, als durch zerſtreute koſtſpielige Bekanntmachungen und einzelne Zettel die tige verloren gehen, | Ä Unſtrel⸗

92 | "Anhang

uibae wird das Unternehmen uͤberhaupt von der Seite wohl keinen Tadel verdienen, und zur groͤſſern Gemeinnuͤzzigkeit wuͤrde nun wohl weiter nichts, als auch leichte und geſchwinde Spedition, und niedriger Preis erfordert, daß dem Publikum ſeine Neugierde in Betref der zu erſcheinenden Werke nicht zu hoch kaͤme. Auch der letztern Anforderung hoffe id Genüge zu feiften. Da es hier. eben nicht auf den Sahrgang ankommt, fo follen so Nummern jedesmal einen Band ausmachen , einer Haupttitel und ein volftändiges Kegifter. erhalten, und für 9 Gr. Saͤchſiſch gellefert werden. Einzeln koſtet aber die Nummer 6 Pf. Auf diefe Weife Hoffe id) alles gethan zu. Baben, was die Entftehung und Dauer meines Inſtituts erleich- tert, und da der Herr Buchhändler Geverin die Commißion übernommen hat, fo ift auch für die leichte und geſchwinde Spe⸗ dition hinlaͤnglich geſorgt, wie der Erfolg ausweifen wird.

Der. Redacteur.

Sich habe bie Sommißion und Spedition Äbernommen, Die refpective Buchhandlungen, die fich durch diefes Inſtitut einen Dienft zu fchaffen glauben, belieben mir nur binnen bier und fpäteftens Ende Juli zu melden, auf wie vigl Exemplare Sie fubferibiren wollen, und ob Sie es von mir duch Ihre Her⸗ ‚ren Commißionairs in Leipzig oder den Herrn Buchhändler Rnoop in Frankfurt am Mayr, oder Herrn Buchhändler Kunze in Berlin, erhalten wollen. Alle Briefe konnen an den Redacteur des Allgemeinen. litterarifchen Diers kurs adrefire werden; um es aber noch mehr zu erleichtern, Eonnen fie auch unter meiner Adreffe, jedoh FAN Co, laufen, und in Leipzig bei dem Heren Buchhändler Beer oder in obi- gen beiden Handlungen abgegeben werden. Sch erbiete mich allenfalls zur Auslage der Ssnferationggebühren für Buchhand⸗ lungen, mit denen ih in Rechnung ſtehe; jedoch mie dem Vorbehalt des richtigen Wiedererfages in jeder Meffe. Ich glaube Gelegenheit und Privatbekanntſchaft genug zu Haben, um es auch durch andere, als dem bei Buchhandlun⸗

| gen

Anhang, = 92

gen gewoͤhnlichen Wege bekannt zu machen, wie Id es 3. B. bereits mit dem Weißenfelfer, Wocenblatte und: mehs teten made, was wenig in den Buchhandel koͤmmt. ach in den x, May 1789. . Seiedeich Severi

\ No. I 4 ‚‚

Beh Friedrich Severin in Weißenfels find fir der vorigen Micharlismefle 1788, bis diefe Ofternieffe 1789, folgende neue Verlagsbücher herausgefommen :

Almanach für Prediger die leſcꝛ forſchen und denken, aufs

Jahr 1789. 12 Ggr.

(Wird jahrlich ſortgeſetzt und ſind noch Exemplare von den drey erſten Sahrgängen zu haben.),

Apodiktiſche Erklaͤrung uͤber das Buch: Irrthum und Wahrheit, vom Verfaffer ſelbſt. Nebſt Originalbrie⸗ fen uͤber Katholizismus, Freimaurerei, Schwaͤrmerei, Magie, Starken, Lavatern, Schwedenborg, Cag« lioſtro, Schroͤpfern, Mesmern und Magnetismus.

Zur Beruhigung ber allarmirten Proteſtanten. 8. 9 Ggr.

Auch ein Wort bey Gelegenheit des Tuͤrkenkrieges, von einem patriotiſchen Invaliden-Offizier an feine Lands⸗ leute. 8. 4 Ggr.

Bertholon de St. Lazare, Anwendung und Wuͤrtſante * a:

Elektrizität, zur Erhaltung und Wiederherſtellung der Geſundheit ded menfchlichen Körpers. Aus dem Sran- zoͤſiſchen, mit neuen Erfahrungen bereichert und beſtaͤti⸗ get von D. C. G. Kühn, Prof. in Leipzig. gr. 8. Zweyter Band. Mit vier Kupfertafeln. Mit Churfl. Saͤchſ gnaͤd. PYrivilegie. Auf Schreibpapier 1Rthlr. 12 Ger. Auf Druckp. 1Rthlr. 6 Ggr. Michaelis: oder doch gewiß in der künftigen. Oftermeile erſcheint der zte und letzte Band.)

Fragen über das Lehrbuch der chriſtlichen Religion nach Anleitung de Katechismus Lutheri, von M. Johann Chri« ſtian

94 Anhang.

ſtian Foͤrſter, Domprediger zu Naumburg. Als ein verlangter Anhang zu jeder Auflage paffend. 8. 4 Ggr. Befchichten und Romane, kleine ſtizzirte, von om verſchiedenen Verfaſſern; drey Bände, 8. ni 2 Thlr.

ı (Der 4te Band eriheint Oſftermeſſe. ) | Jugendfreuden eine Monatſchrift für Kinder von 8 bis i5 Jahren. Januar bis Juny, 1Thlr. 6 Gr. Kronik der vornehmſten Weltbegebenheiten im Jahre 1789. No.1.2.3. (6 Stuͤcke machen einen Band und ko⸗ ſten ı Rthlr. Kurze aus Erfahrungen gezogene Anweiſung zum vor⸗ theilhaften Anbau der Fruchtbaͤume auf oͤffentlichen und Gemeindplaͤtzen, zum Behuf der Landleute, von einem Prediger auf den Lande, ꝛc. 8. 5 Gar. Nebenſtunden eines Staatsmanns; oder Verſuche im Geſchmack des Montagne. Aus dem Franzoͤſiſchen von Karl Hammerdoͤrfer, Profeſſor in Jena. Zwey Theile. Zweyte Auflage. Mit kurſaͤchſiſcher guaͤdig⸗

ſter Frepheit. 8. 12 Ggr. Origines Backel; eine komiſche Geſchichte. Mit einem Titelkupfer von Penzel. 8. ‚ıg Ggr.

(Michaelismeſſe erſcheint der 2te und letzte Band.)

Praktiſche Rechenkunſt für den Recbmungsführer, Oekonom und Landmann, ꝛc. 10 Ggr.

u Sonntagslieder nach Anleitung der Evangelien zur Be-

förderung Achter Gottesverehrung, neu ausgearbeitet von M. Georg Adam Horrer. Zwepte Auflage. 8. 6 Ger. Theatraliſche Reiſen. Erſter Band. 8. 18 Ggr. (Michaelismeſſe erſcheint der ate und letzte Band.) Wahrheit und wahrſcheinliche Dichtung; ein unterhalten⸗ des Wochenblatt fuͤr den Buͤrger und Landmann, aufs Jahr 1788. mit einem Kupfer, brochirt, 4to. - CDiefe Wochenſchrift wird auch in diefem Jahre fortgefeht. ) ,

Yava TehD Stanicrunfin’t

| U 20 BAFEERE I TE Dr

Verlagskatalogus

von

Shriffian Friedrich Himburg, Buchhändler in Berlin.

1789

Ab entheuer Joſeph Andrews und ſeines Freundes Abraham Adams, Fr aus dem Engliſchen des Hrn. J. Fieldings, nach derlegten Lond⸗ ner Ansgabevonnenen überfeßt, 2 Bände. 8. 1786. ırthlr. benstheurer, der, ein Auszug aus dem Engl, Von dem Weberfe: ger Des Trifiram Shandy. 2 Bände. 8. 1776. Irthlr. 12 gr. Almanach der Bellettriften und Bellettriftiinnen 8. 1782. 168. l’Art du Manège, pris dans fes vrais principes, fuivi d’une nou- velle ınerhode pour l’embouchure des chevaux & d’une connoif- . fance alırdg&e des principales maladies, par Mr, le Baron de Sind’ avec figures, gr. 8, 773. ER „„Itehlr, ger, d’Arcet, Hrn, Abhandlung über die Aa Gebirge, und Die Urfachen ihrer abnehmenden Höhe, Aus dem Franz. 8: 1779. 12 gr. fch CD. Sohn) Cund Entick) CM. John) grammatiiche Anmweiz fung ; oder eine leichte Einleitung in D. Lowths engl: Sprachlehre fur Schulen und junge Herren und Damen, die Kenntniß der Anfangsgrunde der engl. Sprache zu erleichtern 2c. 8. 1789 gar, Auszug des engl. Zufchauers, yach einer neuen Ueberſetzung des Hrn, - Prof. Ramler und Hrn. Bibliothekar Benzler. 8 Bub. 8. 1783, rthlr. 16 gr,

Bauladen und Lieder altengliſcher und altſchottiſcher Dichtart, herz ausgegeben von Urſinus. Miteinem Vorbericht von J. J. Eichen: burg, einem Frontisſpiz von D. Chodowiecki, und einer Vignette von 8 W. Meil 8. 1777. |. ırthle. ger

En e Buch auf fein holländifch Papier ırthle, 16. Gr,

Becher (Earl Anton Ernft), über Toleranz und Gewiffensfreyheit, und die Mittel beyde in ihre gehörigen Grenzen zu meifen, Den Hedürfniffen unferer Zeit gemäß. Mit einer allegorifchen Vi— gnette von D. Chodowiedi. ‚gr. 8. 1782: ı tthlr, 16 gr.

Betrachtungen, freymüthige, über Das Chriftenthunt. Zmeite vers mehrte Auflage mit Vignetten. gr; 8. 782. ırthlr Sgr,

Biondetta. Aus dem. Franzöfifchen des Gazotte, mit Wignetten.

8. . 780. ats ‚ı2gr, Blochs (D. M.E.) medieinifche Bemerkungen. Nebſt einer Abs handlung vom Pormonter Augenbrunnen. 8. 775. o gr. Bode (oh, Elert), Anleitung zur Kenntniß des geftirnten Hims mels., Fünfte fehr umgenrbeitete Auflage. Mit XV. Kupfertafelm und einer allgemeinen Himmelscharte. gr. 8. 788. 4 rthlr.

X

2 ——

Bode (Joh. Elert), Anleitung sur richtigen Kenntniß der ErdFugel mit einer Charte und Kupfern. gr. 8. 786. ı sthlr. 4er. —— Furjgefaßte Erläuterung der Sternkunde und der damit vers wandten Wiffenfchaften. = Bände, mit Kupf. 778. 1 rtbir. 12 gr. —— Befchreibung und Gebrauch einer allgemeinen Hinmelscharte, 23 Rheinländifche Zoll im Durchmefler, mit einem durchicheinem-

den Horizont. 786. 2 rthlr. Planetenfyiten der Sonne. Nogal:Fol. 1788. gar. Böhme (D. E. G.), Umriß der Heilungskunde, zu Vorleſungen entworfen. 8. 786. 16 gr.

Briefe von Hrn. Jacobi und Hrn. Gleim. 2 Theile. 8. 778. 20gt. _ an ein junges Frauenzimmer, über Schönheit, Grazie u. Ge⸗ fhmad. 8. 734. 16 gr. —— ber Sachfen , von einem Keifenden. 8. 786. 10 gr. Brieffteler, Berlinifcher, für das gemeine Leben, Zum Gebrauch für deutfche Schulen, und für jeden, ber in ber Briefſtellerey Unterricht verlangt und bedarf. Vierte aufs neue durchgefehene, verbefferte und vermehrte Auflage. 8. 789. Be 16 Gr. Broclesbn CD. Richard) deonomifche und medicinifche Beobach⸗ tungen zur Verbeſſerung der Kriegslazarethe, und der. Heilart der Krankheiten. Aus dem Englifchen mit Anmerkungen überfegtvon D. Ehr. Gottl. Selle. gr. 8. 772. 14 Ör.

andide, ou l’Optimifme, par Mr. de Voltaire. Nouvelle ẽdition, ornee de cing figures deflinees & grav&es par Dan. Chodowiecki.

8. 738. z z R . ı rıhlr. 4 gr. Comödien! Adelftan und Köschen ‚ein Zranerfpiel mit Geſang, yon Schinf. 8. 776. 3 gr.

Die Bezauberteu, eine Eomifche Oper nach Savard. 8. 777. 49Y- Die Holzhauer, oder Die drey Wünfche, eine Eomifche Oper. 8. 772. : f PRONERNEENSE: Br +$r. Die Kindermörberin, ein ZTrauerfpiel in fuͤnf Aufsugen, neue von Feine umgehrbeitete Auflage. 8. 777. 8 9r. Die Läfterfchule, 98 Luſtſpiel in fünf Aufzuͤgen. Aus dem Engl. pr die deutfche Bücher bearbeitet von Leonhardi. Mit einent itelfupfer. 8 78. ER: 10 gr.

Liebe macht den Mann, ein Luftfpiel in fünf Auffigen, aus dena Engl. des Colly Eibber frey überiest. 8. 785. 8 gr. Lina von Waller, ein Trauerfpiel in fünf Aufzügen von Schinf. r

8. 832. €. c . 8 J Das Loch in der Thuͤre, ein urſpruͤnglich deutſches Luſtſpiel Fe

fünf Anfjügen, vom Hrn. Stephant dem Jüngern, 8. 787. _8 SF. Mädchen, das gute, eine Operette in 3 Akten, nach der Muſik

der Buona Figliuola yon Nic. Piccini, 8. 778. 4 gr. Marionetten- Theater. 8. 778. 12 gr. Htto von Wittelsbach, ein Tranerfpiel in s Aufsügen, fürs Thea⸗

ter Genres vom Ritter v. Steinsberg. 8. 789. 10 gr. In harin das Gewehr! ein Luſtſpiel in zwey Aufzuͤgen, von J. H. uͤller 3

er. 8. 777. : r.

—8 und Kaliſte, oder der Triumph der Treue. Eine Bu " drey nach dem Inhalt der Spofa Fedele v. J. J. Eſchen⸗ urg. 8. 770. i un i + 9r. die falſchen, ein Luſtſpiol im s Aufzuͤgen, von Klinger, % * * & gr.

Comsdien: Theater der Dritten, = Bände, aus dem Engl. übers eßt. 8. ee j ı rthir. zo gr. Toilette, die große, ein Luftfpielin fünf Aufsugen. 3. 788. 10gr. Zugendhafte, ber fterbende, ein Drama in drey Aufjugen, von Moiffy, aus dem Franz. überfekt. 8. 772. 4gr. MNermäblungsfeyer, die Samnitifche. Ein Schaufpiel mit Ges fang aus dem Frani. 8. 780. R +88.

* %“ * *

Eramers (Heinr. Matth. Aug.) Interhaltungen zur Beförderung der häußlichen Glückjeligkeit, Mit einer Titelvignette von D. Chodowiecki. gr. 8. 781. ırthle. 8 gr.

Cuͤguot, Hrn., Beveftigungsfunft im Felde, aus einem neuen Ges fihtspunfte betrachtet, und aus Urquellen der Kriegskunſt herges

leitet. Aus dem Franz. überfest. 8. 773. ırthlr. 4gr. Danvvius (G.) Beptrag zur Statik. Mit Kupfern. gr. 8. 1780. 6 gr.

Ecole dramatique de l'homme, par Mr. de Moiſſy, = volumes. 8. 772. ırthlr. ger. Education d'une Princeffe, par Madame de Montbart. 8. 781. 12 gr.

Elöinens de Gẽométrie, ou les fix premiers Livres d’Euclide, avee leonzieme & douzieme, tradudtion nouvelle parMr. de Caftillon. gr. 8. 777. ırthir, 16 gr. V’Enl&vement de Proferpine, poämede Claudien; traduir en profe frangoife, avecun difcours fur ce Poëte & des remarques par Mr, de Merian. 8, 777. » 18 gr. Enträtien fur la pluralit@ des Mondes, parMr. de Fontenelle. Nou- velle Edition, augment&ede veaucoup de Remarques & de figures en taille dauce, par Mr. Bode, Aftronome de l’Academie Royale de Berlin. Avec un frontifpice du cel&Ebre W, Meil. 8. PRS. r ı rthir, Erzählungen, Eomifche, in Werfen, von einem Freunde froben Scherzes und heiterer Laune, Mit einem Titelfupfer von Chu: dowiecki. 8. 785. 16 gr.

F erber (Joh. Jae.), Beſchreibungen des Kayſerl. Koͤnigl. Queck⸗ ſilberbergwerks zu Idria in Mittelerayn. Mit illuminirten Kupfer⸗ tafeln. gr. 8. 774. _ 1688 Fi

—— Beytraͤge zur Mineralgefchichte von Böhmen. Mit einer großen illuminirt. Charte der Böhmifchen Bergwerke. gr. 8. 774. 1397.

Finſterniß Aufklährung Licht. Fur Denker und Beobachter- des ıgten Sahrhunderts. Vom Derfaffer des Narr Jack. 2 Baͤn—

de. 8. 1789, . .. .ıtrthle. 12 gr.

Fontana (Felix), Abhandlung über das Viperngift, die Amerikani— ſchen Gifte, das Stirfchlorbeergift, und einige andre Vlanzenz gifte, nebft einigen Beobachtungen uber den urjprunglichen Bau des thierifchen Körpers, über Die Wicdererzeugung der Nerven, und der Befchreibung eines neuen Augenkanals. Erjier und zwey— ter Band mit vielen Kupfern. Aus dem Franzöfifchen uͤberſetzt. gt. 4. 787. j 3 rthlr. 12 gr,

yon Sontenelle CBeruh.), Dialogen über die Mehrheit der Wel⸗ son, Aus dem Franz. aberfekt, und AN .. Anmerkungen u. 2 ı

Supferh erläutert von Joh. Elert Bode. Zweyte verbefferte er age. 8. 789. hir. Fragmente aus dem Tagebuch eines Geifterfehers. 8. 786. 291. von Garſault, Hrn. Unterricht für Liebhaber der Pferde und Rei— ter. Aus dem $ Franz. überfest von D. J. G. Kruͤnitz mit tapfeln. 8. 770. g—gr. von Gaudi ( Friedr. Wilh. ), ° Verſuch einer Anweifung für Officierg von der Infanterie, mie Feldſchanzen von allerhand Art angelegt und erbanet, und wie verichiedne andere Doften in Defenfionstand seient werden Eönnen. Mit 39 Kupfertafeln, 4te —— gr. 8. ı rtblr. ser. Gedichte nach dem Leben. Mit einem Titelfupfervon Chodomwiecki. . 786 2 er: Der fchöne Garten von R. 8. _— er Earl Wilhelm Meyer und Samuel Friedrich Wagner. 2 9r. Gerbardı (D ‚Carl Mbr.} Materia Medica, nn von ige toben Arzuenmitteln. Zweite vermehrte Auflage. 8. —. Beytraͤge zur Chymie und Geſchichte des Sineralteihs, 2 Bände, mit Kupfern._ gr. 8. 773 —76. zrthir. ——— Verſuch einer Gefchichte des Dfineratreiche. 2 Bände, mit vielen, größtentheilg illuminirten Kupfertafeln. gr. 8. 781 3 rthlr. Grundriß des Mineralſiſtems. gr. 8. 20 dr. > u. und Muthmaßüngen 34 den Granit den netp. gr. 8. 1779. Gilblas von Sautilana ner überfest in 6 Bänden. Mit Titeln rfern und Vignetten von D. Chodomiedi. 8. 785. 4rthir. 8 L. Grecourt's auserlefene Werke. Frey überfegt, 2 Bänchen mit teläunfern. 8. 787. ı rtbir, 18 r. Grunde ber wakten. und falfchen Staatsfunft. Won —— er des 2— ſaͤmtlicher oͤeconomiſcher und Kameralwiffen chaf⸗ ten. 2 Bande, gr. 8. 779. urthlr. 12 gr.

Ogbuch fuͤr Weinhändler, herausgegeben von I. F. =

PEN (D. Eduard) vier Abhandlungen: 1) Weber die Aha nafifche Lehre. 2) Neber die Perfon Ehrifti. . 3.) Ueber den Ur: forung, den Anwuchs, die Vollkommenheiten und das Ende des Reichs Chrifti. 4 ) leber Die Bewuͤrkung der Seelenangſt unſeres Heilandes im Garten, wahrſcheinlicherweiſe zuſammengeſtoßue Urfachen. Aus dem Englifchen mit einigen vorausgeſchickten Ans * Erlaͤuterungen derſelben, von D. Wilh. Abr. Teller.

gr. 16 gr. sch, * endant sum Ganymed, Mit einem Ditelkupfer. 8.

16 gr Heer (Joh. Wilh.) Abriß moraliſcher Vorleſungen zum Gebrauch der febranftalten. 8. 781. 6 gr. —— D. Aug. Fried. Therapia generalis, od. Handbuch der allge: meinen Heilkunde. ar. 8. 1789. urthlr. gr. Kermeb (Joh. Aug.) Handbuch der Religion. 2 Bände, zte * age. sr. 8. 2 rthlr —— zte verbeſſerte und mit Kupfern gesierte Auf⸗ Iige. 8. 787. sor.

Janin (Hru. Joh.) ————— Abhandlungen M. Beobachtungen uber das Auge und De einen Anbegrif der Operationen und Mittel, welche man su ihrer Heilung anzuwenden hat. Aus dem Franz. überfert von D. C. ©. Selle, ate Aufl, ar. 8. 788. . ırthie. Jars (Hrn. Gabr.) metallurgifche Neifen; oder Unterfuchungen u. Bemerkungen über die Eifen: Stahl: Blech und Koblenmerfe in Deutfchland, Schweden, England und Schottland. Aus dem Franz. überfegt, und mit Anmerkungen begleitet von E. Earl Abr. Gerhardt, Mit 10 großen Kupfertafeln, ır und ar an gr. * 777: 2rthlr. 1697, —— derfelben zr und gr Band, Mit großen Kunfertafeln, und einer Gebirgscharte von Freyberg und deſſen Gegenden.

Hr, 8 785. rthlr. Idylien des Bion und Mofchus, aus dem Grichiſchen überferzt, ı2.

7787 1487. Jeruſalem (Joh. Fr. Wilh.) Entwurf von dem Charafter und dem vornehmen Lebensumftänden des Prinzen Wilhelm Adolpbs von BSraunfchwein, Mit einer franz. Weberfegung, und des Prins sen Bildniß von D, Berger geitochen. gr 4. 771. , 12 gr. son Juſti (Joh. Heinr. Gottl.) Gefchichte des Erdförperd, aus

en Krankheiten. Nebſt

*

feiner außerlichen und unterirdiſchen Beſchaffenheit hergeleitet u. .

erwiefen, gr. 8, 771, urthlt.

Kandide, oder die heſte Welt, gus dem Franz. des Hrn. von Vol taire, dritte nem nberfegte Auflage, mit s Kupfer von Dan, Chor: dowiecki. 8. 785. , ırthir. 4gr.

Klimms (Niels) unterirdiſche Reiſen. Neuverdeutſcht. 8. 1788.

urthlr. 8 gr.

Landſchulbibliothek, oder Handbuch fiir Schullehrer auf dem Lan⸗ de, ır Band in 4 Stüden. 8. 780. ı rehlr.

derſelben ar Band in 4 Stücken. 8. 782, ı rthli. zgr. _

3rBand 8.785. ı rtblr, HDBand - . 788. ı vthle. Lange (Joh. Fr.), Befchreibung der Königl. Nefidensfiadt-Eopen:

hagen und der Königl, Landfchlöffer. Mit einem acuraten Plan.

gr. 8. [3% | urthlr. Bor. Leer (Joh. Dan, ) Flora herbornenfis, exhibens mass circa Her-

bornam Nafloviorum crefcentes, fecundum fyftema fexuale Lin- naesnum diftributas, cum defcriptionibus rariorum graminum, ropriisque obfervationibus & nomenclatore,. Cum CIV Iconi- us. 8. maj, 789. arthlr. 12 gr. Leibnitii, G. Guil, Opera omnia in VI Tomos diftribura. Studie Ludov, Durens. 4 maj. Colon, Allebrog, & Berplini. 178. 24 tıhlr,

The Lilliputian Librairy, or Gullivers Mufeum in 10 Volume: Contajning, Lectures on Moralyty, hiftorical pieces, interefting fables, Diverting tales, miraculeus voyages, furprifing adven- tures, remarquables Lifes, poetical pieces, comical Jokes, ufe- ful Lettres. The whole Forming a complear ſyſtem or juvenile Knowledge forıhe amufement and improvement of allitle Ma- fters and Miffes, 8. 782. _ 2 rthlr.

8

9

Linnaei (Carl) Philofophia botanica, in qua explieantur Funda- " menta botaniea cum definitionibus partium , exemplis terminorum obfervationibus rariorum adjectis figuris aeneis. Editio2da, in gra- tiam botanophilorum revifa & emendara, curant, D, Joh.Gottl, Gle- ditfch. 8 maj, 780, ırthlr. ggr,

ann von Gefühl Cder). Nach der lekten Londner Ausgabe zum drittennale nen uͤberſetzt. Mit s Kupfern. 8. 785. _ 2097. Mẽthode nouvelle & facile pour fortifier les places, dans laquelle les ouvrages s’entredöfendent, & font une longue refiftance & l’ennemi, par Mr, Pirfcher, Avec figures. gr. 8. 777. 124 gr. Höhfens (D.C. W.) Verzeichniß einer Sammlung von Bildnifs fen größtentheils berühmter Aerzte, fowol in Kupferſtichen, ſchwar⸗ zer Kunft und Holzfchuitten, als auch einigen Dandzeichnungen. Diefen find verfchiedene Nachrichten und Annerfungen vorgefest, die ſowol zur Gefchichte der Argenengelahrheit, ald vornehmlich zur Gejchichte der Kunft gehören. Mit vielen von Node und Meilradirs ten Vignetten. 4. 771. _ .. 3 rthle. son Moiſſy, Hrn, dramatifche Werke. Aus dem Franzöfifchen über: fest. 3 Bände. 8. 775° 2 rthlr. —— Gpiele der Eleinen Thalia, oder zoFleine dramatifche Stuͤcke über Spruchwörter. Aus dem Franz. überfekt. Zmeite Ruflage. 8. 775. ; ; 1697. Murſinna (Chr. Ludw.) medicinifch und chirurgiihe Beobachtun⸗ gen, nebſt einigen Anmerkungen daruͤber. 2 Sammlungen. 8.

783. 20 Ar. —— Abhandlungen von den Krankheiten der Schwangern, Su: genden und Sechsmwöchnerinnen. 2 Bände. gr. 8. 784 86.

ı rthlr. ı6 98.

Benbachtungen über die Nuhr umd die Faulfieber. Zweite fehe vermehrte und verbeflerte Auflage. gr. 8. 787. _. aSGgr. Schilderung eines Wundarztes, in einer bey feiner Einfuhrung ins £ehramt auf dem Öffentlichen Hoͤhrſaal gehaltenen Rede.

ar. 8. 787. | 39. SMufifalten: Der Kaufmann von Smyrna, eine Eomifche Oper, in Muſik gefeßt von Andr. Sr. Holy. 4. 1775. ı rthir. -— Lieder nach dem Anakreon, in Muſik gefekt von Kolle 4. 775: ER | a Vierzig Freymäurerlieder, in Mufik gefetzt vom Herrn Ka- pellmeifter Naumann zu Dresden. Zum Gebrauch der deutfchen und Franzöfifchen Tafellogen, Zweite Auflage. gr. 8. 1784. - ı rehlr. 8 gr. —— Trois Sonates pour le piano forte, accompagn&des d’un Vıo- lon, & d’un Vieloncelle, ecompofees & dedies & Son, Alteffe Royale, Madame la Princefle de Pruflfe, par Jean Louis Duffik, gr. 4. 786. ı rthir. 12 gr,

arr Jack, Welt und Hoff, einfatirifcher Roman, voll Wahrheiz ten aus dem achtzehenten Jahrhundert, obgleich überirdifche Gefchiehte. 2 Theile. 8. 788. ı rt)lv. ger. Les Nuits champe£tres, par Mr. de la Veaux, Nouvelle &dition, revue & corrigẽe par l’auteur, Avec4 figures grav&esen taille douce

' par Mr. I. W. Meil, 12. 784. 20gr,

Oerʒen (Claus Dettlof von) die Inoculation der Rindviehſeuche, als des einzigen bisher erfundenen Mittels, den betruͤbten Fols

2 3

gen, diefer Landplage zu ſteuern. Mit slaubhaften Doeumenten verfehen. 4. 780. gr,

eregrine Pickle. Neu überfegt in 4 Bänden, ate verbefferte Auflage mit 8 Kupfern. 8. 789. 4rthl. 16 gr.,

die 8 Kupfer beſonders. . ı rthir. ı6 gr. Pfaff (Joh. Fr.) Verſuch einer neuen Summationsmethode, nebft andern Damit zufammenhangenden analgtifchen Benerfungen, gr. 8. 788. BER j Zn 10 gr. Pfingſten Joh. Herm.) Sarbenmaterialien. Eine vollftaͤndige Samm— lung brauchbarer Abhandlungen und Erfahryngen für Kuͤnſtler u. Sabrifanten, die mit Farben zu thun habeit. gr. 8. 1789. zogt. Philippi (Joh. Albe I), Briefe über verfchiedene Gegenſtaͤnde, der. ERSTEN aft, Polizey und Moral. 8. 770. ı rthir. —— Der vergrößerte Staat. gr. 8. 771. 20 gr, Potts, Percival, Ehirurgifche Beobachtungen, Aus dem Engl. uͤberſetzt. 8. 776. } 8 gr. Principes, les vrais, de la Langus françoiſe, par une Sociẽté de Gens de Lettres; oder neue franzöfifche Grammatik für die Teint fhen, son einer Geſellſchaft Gelehrter beider Nationen. 8. 785.

9 gr.

Rochon (F. E. von) der Kinderfreund, ein Leſebuch, zum Ge brauch der rar are 2 Theile. 8._788. 698. Romane, Fleine, Erzählungen und Schwänfe, aus verfchiedenen Sprachen. 6 Bände. 782 89. NB. ır und ar Theil Eoftet jeder zogr. 37 6r jeder ı rthlr. Alle 6 Bände srthlr. 16 gr. Rupie, die, mit eingeftröuten Afintifchen und Europäifchen Anee⸗ doten, nebft einigen Nachrichten von den Leben des Verfaſſers und deffen Betrachtungen über Die Africaner. Aus dem Engk 3. 789. 12 gr.

age, Herrn, chemifche Unterfuchungen und Uebereinſtimmun⸗ gen Der drey Naturreiche. Aus dem Franz. mit Anmerkungen son oh. Herm. Pfingften. 3 Bände, mit Kupfern. gr. 8. 1739. unter der Preſſe.

Sauvage, Frang, Boiffier, Nofologia methodica, fiftens morborum claffıs juxtaSydenhamii mentem, & botanicorum ordinem II, Tomi, eum apparatu ad Nofologiam methodicam, feu Sinopfi Nofolo- giae merhodicae, in ufum Studioforum autor. Guil, Cullen. Editie nova , aucta (yftemate morborum ſymtomatico. A, 1.B.M. Sagar, 4. maj. 768 775. ; , 7 rthlr,

Schmidt (D,Ehr. Heinr.), Abriß der Gelehrfamkeit, für eneyklo— padiiche Vorleſungen. 8. 784. , 20 gr.

Schmund (C. G. ) Preisfchrift, eine Beantwortung, einer, von der

reien deonpmifchen Ge ellfehaft su St. Petersburg aufgegebenen rage, betreffend die Futterung und Pflege der miilchenden Kühe, welche von derfelben das Acceffit erhalten. 8. 787. 6 gr.

Scholzii, Grammatica Aegyptiaca, utriuſque Diaſecti, quam brevia- vit, illuſtravit, & edidit Carl Gottofr. Woide. 4 maj. Oxonii, 778. opusrar. , 4rthlr.

Segner ( Joh. Andr, von), Gründe der Perfpertiv. Mit 8 Kupfewe

tapfeln, 8. 779. f j 8 gr.

Selle (D. Chr. Gottl.) Urbegsiffe von der Befchaffenheit und Ente zweck der atur. 8. 776. 16 gr.

zphilo ſophiſche Geſpraͤche. a Bände. 9: 780. urthls. ıagr

8 |

Selle (D. C. Gottl.), Studium Phyfico-Medicum; od. Einleitung in die Natur u. Arzneymwiffenfchaft, ate fehr verm. u. verbefferte Auf⸗ Inge. 8. 787. RR 3 | 16gr.

—— Grundſaͤtze der reinen Philoſophie. 8. 7883. 12gr. -— Medicina elinica, od. Handbuch der medieinifchen Praxis, ste fehr vermehrte und verbefferte Auflage; auf holländifch Papier ırthlr, 20 gr. auf Druckpapter. ırthlr. 14 gr. “—— Medicina clinica, ſeu Manuale Praxeos Medicae, ex Edirıone ultima Germanica in Latinum translatum. Cum Apptobatione Autoris. 8 maj, 78%. ırchir,. i2gr, —— Rudimenta Pyretologiae methodicae. -Editio ztia emendara. ‚8m. 789 . : = ırthir. ggr. Stamm⸗ und Nanglifte aller Negimenter, der Köhigl. Preuß. Armee, für das Jahr 1789. 8. Am Schluß eines jeden Jahres erjchei? net eine neue Auflage. 14 9r.

homſons (Jae.) die Jahreszeiten, Neu überfest von Ludwig Scubart, Mit sKupfern. gr. 8. 789. zrthir. ggr. Toaldo (Hofeph) Witterungslehre für den Feldbau, eine gefrönte . PBreißfchrift, aus dem italienifchen überiekt von J. G. Steudel. . Dritte Auflage. sr. 8. 786, 8 ar.

Verſuch eines faßlichern und deutlichern Religionsunterrichts, nach den Grundfaͤtzen und der Lehrfolge des Heidelbergiſchen Ka: techismuß, 8. 781. „3.98. Vost (Jo ) Commentarius ad Pandedtas, duobus. Tomis dißribu- tum, Fol. Coloniae Allobr. 777: F grthlr Voitus (J. E. F.) zwey Reden an die jungen Wundärzte, auf ihren öfenslichen Hörfaal in Berlin gehalten. gr.8. 780. 8gr. Vorichlag, neiter, nach welcher man die Feſtungen durch eine leichtere . u. einfachere Art einrichten Fönne. Mit Kupfern. gr. 8. 772. 10gr.

| Wegueliu (Jae.) Briefe über den Werth der Gefchichte, gr. 8. ı 983, j 20 gr, al, oder das Kind der Freude, 2Bde. 8. 781 ı rthlr,

Kupferftiche in erften Abdruͤcken

ortrait Sriedrich II. zu Pferde, in Gefolge einiger Generale. Non » D. gezeichnet u. radirt. I breitu. rohoch. rrebl. Worke der Finſterniß, ein allegorifcher Kupferftich auf die Buͤchernach⸗ Edrucker, von D.Chodomwiecki. 12 Zoll breitu. 8 hoch. 16 gr. Zwoͤif Detav:Kupfer zu dem Leben und Meinungen Triftram Shandy. Nach D. Chodowiecki von Berger. zrthir. 16 gr. AchtDctavfupf. 5. Peregrine Pickel. VonBerger u. Geyſer. ırthr. 160gr. Thriſtusportrait von Genfer nad) Dolce. 8. 6gr. Portrait des Hrn. Profeſſor Bode, von Berger. 8. 3 gr. roipeet von Berlin von der Morgenſeite, von Roſenberg. 8. 6gr. Fir Kupfer zu Thomſons Jahreszeiten, nad) Woollet 8. 1 r ) r. 1

wer,

Bu. ®. J. Goͤſchen in Reipzig wird Eünftige Leipziger Michaelis-Meſſe erfcheinen:

Towers $eben Friedrich II. (im Engliſchen Origi— nal Friedrich II.) 2 Bände,

Nicht felten ift ein Ausländer fo gluͤcklich genefen, einen. intereffanten Theil unferer Gefchichte beſſer als die Innlaͤnder felbft zu befchreiben. (welches zu bemweifen Robertfons Gechichte Eat V. Hinlänglich feyn wird.) Auch jest hat ein Englärper

Joſeph Towers mit den Deutfchen einen Wettftreit angefan.

gen, Es erſcheint nämlih in London obige Lebensgefchichte Friedrich II. welche allgemeinen Beyfall erhält und beffelben wuͤrdig if. Der Verfäffer hat alles was über und von dieem großen König erſchienen ift, gelefen und verglihen, Sorgfalt, Genauigkeit und Wahrheit wird ihm niemand ftreitig machen. - Diefes iſt nicht alles. Es findet fich in ihm die genauefte Uns terfcheidung des Wichtigen von dem minder Wichtigen, die treffendfte. Darftellung dieſes auferordentlihen Königs "als

Held, als Staatsmann, als Gelehrter, als Menfch; ine

nem gedrungenen, natürlichen und Eraftvollen Ausdrucke, ganz wie ihn die Würde der Gefcichte erfodert. Man nehme hierzu das freye unparthepifche Raiſonnement des Ver⸗ faſſers, eines freyen Britten, und man wird dag Buch der groͤßten Aufmerkſamkeit wuͤrdig finden. Der Glanz,“ ſagt

Towers in ſeiner Vorrede, „der Glanz, ſeinen Helden

„umgiebt, bat feinen Geſchichtſchreiber nicht verführen Eönnen, „da feinen Handlungen zu rechtfertigen, wo fle der Öerechtig: „feit und Menfcenliebe miderfprehen. Die Rechte der „Menſchheit find unendlich wichtiger, als die Ehre und dag „Intereſſe der Künfte; und fo ſchmeichelhaft and die Dar; „felungen find, die man den Königen bey ihren Lebzeiten „geben. kann, fo dürfen fie doch fchlechterdings nicht zum Bes „truge der Nachwelt fortgefegt werden.

Bayerische Stäatebit Nothek

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