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Archiv für die gesamte Psychologie

Deutsche Gesellschaft für Psychologie

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Howard Crosby Warren '89

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ARCHIV

FÜR DIE

GESAMTE PSYCHOLOGIE

ÜNTEE MITWIRKUNG

VON

Pbof. A. KIRSCftMANN ix Toronto (Canada), Fkop. E. KRAEPELIN m Heidelbkrö, Prof. 0. KÜLPE rv Wükzbubo, Dk. A. LEH^fANX IX Kopenhagen, Prof. G. MART1U8 in Kiel, Pbof. G. STOKRU^G in Z&bich, Db. W. WIRTH ut Lxipsio ma>

Pbov. W. WUNDT nr Leifszo

HERAUSGEGEBEN VON

E. MEÜMANN

O. PKOP. DSU PmLOSOPIUE D. uiii?s&&nli zObich

I. BAND

KIT 16 naUBBN III TBXT

LEIPZIG

VERLAG VON WILHELM ENGELMANN

1903

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Bs wurden Mugeeebon:

Heft 1 (S. 1—184; Litaatiu1»eRttht B. 1—90) «m 7. April 1906.

Heft 8 n. 8 (S. 186—418, litenturberielit & 81—60) «m 1& Mai 1908.

Heft 4 (S. 417—644; lateieturberioht S. 61—98) tn 86. Jtmi 1908.

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Inhalt des ersten Bandes.

Abhandlungen .

IfBüiEAinr, E.I Zur BinfUmmg 1

KBABPBEur, R, Über EimfidnogmeMimgeii 9

Fbabcb, H, Ob«r den EinlBuO ▼on Kebtnreisen auf die Reiunmliniebnaiig Sl GABlBCgBHBBHfliWiB., CberdieMöf^ehketteinerQiMotttttderToiieDipfindaiig.

(Mit 2 Figuren im Text) 110

WBEftcnxEB, A., Zur Psychologie der Aussage. (Mit einer Ablnldung) . . . 148

Lipps, Theodob, Einfühlung, innere Nachahmung und Organempfindungen. 185

Krüeger, "Felix, Differenztone und Konsonanz. Mit 2 Figuren im Text) 205

Mater, August, Über Einrcl- und Gesamtlciatunp; des Schulkiudes .... 276 Pektscilew, Christo, Untersuchungen zur Ökonomie und Technik des Lernens.

(Mit 11 Figuren im Text) 417

Du&B. K., Über die Frage des Abhäugigkcitsverhültnisaes der Logik vüu

der Psychologie. Betraciitungeu im Anscliluß au die »Logischen

Uütcniiciiui^ai« roa Edmund Husserl 587

Xiiteraturbericlit.

H. KoETTEKE.v, Poetik. Erster Teil (A. Sehrnncrt.) 1

Fort«chntte auf dem Gebiete der Erforschiuig der kindlichen Sprache in den

Jahren 1898—1902 (Hermann Gutxmann.) 7

Fortechritte auf dem Gebiete der Psychophysik der Licht- und Farben-

empfindung. [Wühdm Wirth.) 21

Fortschritte auf dem Gebiet der Völkerpsychologie, Kultur- und Gesellschafts-

lehfe. Utanturberiebt Aber dae Jahr 1908. {A. VierhandL) .... ei Die oeacren Erfidijungen tlber die SpcaehitAnmi^ Befeml

fl]>er die Jahve 1896^1900. ißermam Qvbfmmm.) 67

Ubsküll, J. von, Im Kampf um die 'TieMeele. {WHkOm AsnmU.) .... 90

vT-^* > 566276

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Zur EmfohroDg.

Die gegenwärtijre Psychologie zeigt eine ^rolic Mannie:faltic:- keit von Riehtnngeu und Standpunkten, die sich nach einer langen Periode i^eirenseiti^er Bekämpiung der Verständigung Uber ihre materialen Grundanschauungen und die Methoden ihrer Forschung zu Hähern beginnen. Diese Verfassung der Psychologie erscheint als ein notwendiges Produkt ihrer historischen Entwick- lung, denn die Anfänge nnsrer heutigen psychologischen Arbeit verhalten sich wie weit verteilte Qnellen eines Stromes, und die Verschiedenheit des Ursprungs mnfite notwendig längere Zeit in der Entwicklung der Foiaehnng nachwirken.

Während die experimentelle Psychologie wesentlich an- knüpfte an die Vorarbeiten der aUgemeinen Physiologie und ins- besondere an Spezialuntersuchungen der Sinnesphysiologen der ersten Hälfte des 19. Jahrhnnderts, zum Teil auch an Vorarbeiten der Physiker, Astronomen nnd Mathematiker, und sieb erst in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhnnderts in Fechners und Wundtfl grundlegenden Untersuehnngen zum ersten Bfal in den Dienst psycholegisoher Angaben steUte, Aifite dieintrospektiye Psycliologie anf nahezu rein philosophisohen Traditionen. Ihre mittelbaren VorUlnfer dürfen wir sndien in den Vertretern der be- schreibenden Psyehologie am Ansgaag des 18. Jahrhnnderts, ins- besondere in Tetens^ Analyse der Tstsaehen des inneren Sinnes, in der Fl^ehologie nnd Anfliropologie Kants wobei anr Eni- stehnng ihrer Mediode Kants Polemik gegen die MOgliohkeit, die Pi^hologie an einer exakten Wissenschaft sn erheben, negatiy beigetragen haben mag. Aneh die nnmittelbaren Vorlänfer der gegenwirtigen Psychologie der inneren Wahmehmnng sind sam grOSten Teil der natarwissensehaftlichen Denkweise fernstehende Phfloeophen. Sehen wir ab von einer Anzahl fast vergessener Psychologen, welche, die Traditionen der Anfkllbnmgspsychologie weiter lllhrend, den Obergaug zum 19. Jahrhundert vermitteln, so

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Zur Emtlibnmg.

sind toOs die ganze au dem KantianiBmiia herroigebende Psycho- logie> insbesondeie Fries, Herbart und der die Bedeutung der inneren Wahmehiniing ttberspumende Beneke (der Psychologie >al8 NatnrwiflseDBehaft« an behandeln meinte, wenn er sich auf innere Wafamehmiing stttizt), noch mehr die Herbartschc Schale und der zwischen allen psychologischen Richtungen yennittelnde Lotze, die fUr die Entwicklung der gegenwärtigen Psychologie der Selbßtwahrnehmimg vor allem Bedeutung gewannen. Eine ähnliche Stellung nehmen auf außerdeutschem Boden ein Maine de Birun, die beiden Mill und Baiii. Isebcii diesen Haupt- richtnngeu der gegenwartigen Psychologie finden wir die Xacb- wirkunfiren der euglischen Assoziationspsychologie in Deutöchluüd, und in direkter Gegnerschaft gegen die Kantisrhcn Traditionen entstaixl auf dem Boden des neueren Thomismus eine besondere Grupite von Vertretern einer empirischen Psycho- logie der inneren Wulirnehmung. Der philosophische UrspruTiar der neueren Psycliologie wirkt endlich in einer »philosophi- schen Psychologie« nach, die ihre Aufgahe mehr in erkenut- niötheoretischer Grnndlefrung der Psychologie als in der Analyse einzelner BewuiitseinsvorL^inge sieht.

Aber damit nicht genug! Die Physiologie wollte sich nicht iiclinicn lasseu, was ^ie einst historisch hervorbrachte, sie duldete nicht die Emanzipation ihres Kindes. Daher sehen wir, wie uebeu der ex]>erir!ieiitenen Psychol igie, die ganz in den Dienst psycho- logischer Fragestellung tritt, sich bis heute eine andre Richtung erhält, welche rein au« aTiatoTiii<Jc!i-phyaioh)|p-ischen Daten ttber nervöse Verbindmigen in der Grolihirnrinde, Uber Lokalisations- phänomenc und hypothetische Zellfunktionen - vermeintlich ohne wesentliche Zuhilfenahme selbständiger psychologischer Analyse eine »physiologische £rklärnng der psychischen Er- scheinungen« versucht.

Während die bisher genannten psychologischen Richtungen schon offen miteinander im Kampfe ia^n, bildete die fär das paycholegiaehe Studium so fimohtbare medizinische Forsohnng eine anfangs von den Psychologen nur wenig beachtete neue Methode ans, die gegenwärtig mit vollem Recht als eine besondere psycho- logische Methode neben die experimentelle und introspektive Ana- lyse tritt, wir meinen die paychopathologische Methode. In Dentsefaland bis vor kurzem noch gSnzUeh in ihrer Bedeutung ver- kannty von zahlreichen Payohologen noch immer nicht gebührend gewürdigt, fand sie hanptsftchlich in Frankreich nnd England ihre mte Ansbildnng (Handaley, Taine, Bibotn. a.}. Allerdinga

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Zur EintthniDg.

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mag die anfänglich oft sehr unexakie Art tjie zu handhaben das Mißtrauen der deatschen Psycholoiren gegen die pathologischen Beobachtungsresultate erklären, aber wer wird eine Methode für das mangelnde Geschick ihrer ersten Vertreter verantworthch machen? Neuere Arbeiten auf diesem Gebiete liaben den Beweis erbracht, daß die psychopathologische Belumdlung psychologi- scher Probleme als eine zweite objektive Metliode von größter Fruchtbarkeit neben die experimentelle Psjohologie au treten geeignet ist.

Wenn die bisher bezeichneten Richtungen in der Psychologie sich auf psychologischem Gebiete seihst bewegen, so bildeten sich teils durch die fortschreitende Entwicklung der philosophisebeD Erkenntnistheorie» teils durch Anregnngen, welche wiederum von rein natanrissenschafllicher Seite ausgingen» auch in der er- kenntnistheoretischen Frage nach der üTatnr des Ton der Psychologie bearbeiteten Erfahrnngsgehietes gmndsätzlioh verschiedene Standpunkte aus, und die methodischen Gegen- sätze, die sich bis heute als Psychologie der inneren Wahmehmong und physiologische und experimentelle Psychologie, oder als er- kliiende und beschreibende Psychologie gegenttbeistehen, haben ihre letzte Wurzel in erkenntnistheoretischen Meinungsverschieden- heiten tlber die von allen empirischen Wissensdiaflen behandelte Er&fariing. Vielleioht ist es nicht zu yiel behauptet, daß der lotste Kampf der p^ebologischen Riehtongen nnd Standpunkte auf dem Boden der erkenntnlstheoretisehen Gnmdlegnng der Psychologie ausgefoditoi weiden wird.

DaB nun bei so venchiedenartigem historischen Ursprung der psychologischen Foisdiungssweige die VeisHiadigung unter ihren Vertretern eine schwierige ist, kann nicht wunderbar sein; schien es doch manchmal ganz besonders in den Geburtsjahren der Fsychophysik und physiologischen Psychologie daB die ver- aohiedenen psychologischen Bichtnngen kaum noch das Bewußtsein hätten, an derselben Bache zu arbeiten, zu dem gleichen Ziele zu streben! Die experimentelle Psychologie spielte daher eine Zeit- lang die Bolle einer disdplina milttans, sie hatte sich schiittweis ihren Boden zu erkimpfen, es galt innere und äußere Sohwierig- keiten zu überwinden. Die innem lagen in der Notwendigkdt, das Ton den Grenzwissenschaften der Psychologie yorbearbeitete Mateiial unter den rein psychologischen Gesichtspunkt zu bringen, und die Methoden und Hilftmittel, die anfangs mehr der Besonder^ heit des psychophysischen Steifes angepaßt waren, zu eignen Forschungsmetiioden und -ndtteln des Psychologen umzugestalten.

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Zw £infilbnng.

Wir sehen daher in den Methodtu oud Verfahruii^'svveiBcn der experimeütellcn Psychologie die allgemeine Ent^ivickluugstendenz vorwalten, daß sie von rein objektiven Methoden, in denen der Nachdruck auf dem Verfahren und der mathematischen Verwertnng: der Resultate liegt, weiter gebildet werden zu jener Stellung des Experiments, in der es nur ein dienendes Instrument der Selbßt- wabmehraunfr ist freilich ein Instmiiient, das das Auge der Selbstwahruebmung erst zum zuverlässigen Sehen fähig macht. Ehen so g^roß waren die äußern Schwierigkeiten, die der experi- mentelle Fsycbolog zu Uberwinden hatte. Sic bestanden nicht zum geringsten in der Notwendigkeit, Laboratorien zu gründen und einen Nachwnchs heranzubilden, der methodisch und Bystemafisfh so vorgebildet würde, wie es das eminente Ubcrgreilen der neuen psychologischen Arbeitsweise auf Grenz- und Hilfswissensclmf^en der Psychologie erlordcrte, sodann aber auch in der irberwiti- dung der Vorurteile der »reinen Psychologen«. Bestätigte sieh doch hier die immer wiederkehrende Erfahrung, daß jahrelang von der Stndierstnbe aus (Vlt unmöglich erklärt wurde, waa die Männer der Tat längst ausgeführt hatten.

Aus diesem Stadium der gegenseitigen Bekämpfung beginnen die verschiedenen fiichtungen in der Psychologie herauszutreten und sich einander zu nähern; immer mehr ist in dem letzten Jahr- zehnt die Gemeinsamkeit der Methoden und die Einheit des Zieles betont worden. Es sind mancherlei Ursachen, die diese Annähe- rung gefördert haben. Sie durfte hauptsächlich daianf beroheDy daß die »Introspektiveiic und die »Experimentellen« voneinander gelernt haben. Die experimentelle Psychologie verwendet in aus- giebigster und systematischer Weise die Selbstbeobachtung; die Ver- wertung aller, aneh der nicht in der direkten Linie des Experiments liegenden Aussagen der YeisnehspeiBonen, und die Interpretation der objektiv konstatierten YersnehseigebniBBe durch die Anseagen des »Beobaohters« hat ein ganz andres Gewiekt bekommen, als in den Methoden des Begründers der Fsyefaophysik. Die Frage- steUnng im Experiment geht mehr, als es Feohner ttberhaapt fttr mOgÜeh gehalten bitte, direkt anf rein psyebologiseke Probleme, die anfangs dominierenden methodologiseben Fragen sbid durebaas hinter matenal psyebologisebe Probleme xnrttokgetreten. Im Zn- sammenbang der bistoriseben Entwicklung der Psychologie bedeutet das den Sieg der experimentellen Psychologie über die Fecb- nerscbe Psycbophy sik , die als bloBe Orenzwissensobaft von den Besieh nngen swisoben Leib nnd Seele natnrgemilfi unter einer zweifachen Beschränkung zu leiden hatte: der aassebliefiliebea

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Zur RjafiBining.

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Uoteniichiuig toa Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Heiz and NerreneireguDg und ihren psychischen Äqniyttlenlen, nnd der melqihysiBehen Tendenz flner Fiagestellimg. Andrerseits aber iehen wir, wie die »Introspektirenc sieh die Beenltate der experi- menleUen Psyehologie zu eigen machen nnd mehr nnd mehr SU Yerwendang der Methoden nnd Büttel der experimealellen Fftyehologie ttbeigehen, nnd die Zeit durfte nieht mehr fern leän, in der der Wmttch eines der Begründer der gegenwirtigen Peyeho* legie in ErftHong geht, dafi die Beieiehnnngeii »experimentelle« nnd »phyaiokigiBohe« Fnyohologie yerBehwinden werden, weil sie selbetTenatindlieb geworden sind.

Aber diese AmAhemng m dem Charakter der Untettoohnng»- meflioden iet dniehans nicht das einzige Momenti das die Flsyeho- kgen Tersdiiedener Tradition nnd Biehtong anf den gleichen Weg weist; mehr noeh seheint nne der Ausgleich der Gegensitu an- gebahnt zu werden dnroh die fortaohreitende Erweitemng des Anwendungsgebietes und der theoretischen Bedeutung der ezperi- meatdlen Methoden selbetf Die ürllher oft g^ufierte Meumng, die experimentelle Ffeiyehologie werde auf die Elemente des Seelen- lebens, insbesondere auf die Empfindungen als eine Art »Psycho- logie nnd Physiologie der Sinnesoigaae« besehribikt bleiben, wird beute wohl niemand mehr vertreten wollen. Nicht nur, daS sieh auch kompliziertere psyehiache PhSnomene, wie Aifekte, Willens- liaadlnngen, ReprodnktionsYorgänge und Reprodnktionsgmndlagen, GedSohtnialeistnngen, Lernmethoden, Lesen, Schreiben, Sprechen, die yerwickdten Bedingungen »geistiger Arbeit«, ferner die Grund- lagen der menschlichen Individualität uud ueuerdings Aussage, Frage nnd Urteü als dem Experiment zu^räuglich erweisen es liegt vor allen Dingen eine prinzipielle Verki-niiimg der Tragweite des Experiments iii jcuem Vorwurf. Es Bind nicht sowohl dir ele- mentaren, als vielmehr die fundamentalen Probleme, die für den Aufbau der ganzen Psyeh dogie nnd die Analyse der zu- sammengesetzten Phänomene entseheidenden Grundtatsaclien, die elementare Gesetzmäßigkeit des pgyrhischen Lebens, ohne deren Erkenntnis keine analytische Psyt hologie die zu- sammengesetzten Phänomene zu behandeln vermag, welche das psychologische Elxperiment in Angriff nimmt. Die experimentelle Behandlung des Gefühls z. B. sucht mittels der Ausdrncksmethodea direkt zu eutsciieideu, die Frage nach der Anzahl elementarer Geftiblsrichtangen, die Möglichkeit >gemi8chter Geftible«, die Ab- bSngigkeit aller Geftihle vom Gesamtbewußtsein, die Beziehunß:en zwischen Gefühl uud Aufmerksamkeit, die physischen Grundlagen

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Zur TSnffihniiig.

der Gefühle n. a. m. Fragen also, tod denen die gesamte Ge- ftthlspsychologie bei jedem Schritt abhängig ist.

Je mehr sich diese Erkenntnis Bahn bricht, daß die Bedentong des EIxperiments in der Psychologie eine fundamentale, nicht eine »elementare« ist, desto mehr wird auch der nioht-experimentelle Fftycholog bereit sein, mit den Beaohaten des psyehologiMsheii £zperimentB m lechnen.

Nicht nur unter den Psychologen von Fach bat sich das Be- wußtsein gemeinsamer Arbeit and gleicher Ziele herausgebildet^ aneh in den Anwendungsgebieten der Psychologie werden die Bestrebungen, die eine Zeitlang völlig der Zerqtlitterung anheim- fieien, immer konveigenter.

In der psyehologiseben P&dagogik ist eine umfangreicbe Fersebnng entstanden, die sieh der Sjrstematisehen Beobaehtong und des EiperimenlB bedient und die Hedioden der eiperimen- teilen Fliyehologie ftr die Behandlung pttdagegisefaer Probleme umsugestalten und an die Besonderheiten des Gebietes und des Objektes auBUpassen bemttbt ist

In der Ästhetik bat die psyebologische Analyse des Sstheti- sefaen Verhaltens TorlSafig nabesu alle andern ftsthetiscben Metho- den verdrlngt; und wenn die psycbolegisebe Püdagogik gerade in der Anwendung des Experiments ihre Stibrke sucht, so ist es der rem analytisehe Weg der Zergliederong istfaetiBober Eindrucke und ästhetischen Geniefiens, der ^ Torlttufig wenigstens auf diesem Gebiet die größten Erfolge su Teizeiehnen bat

Auch die psychologisehe Grandlegnng der Erkenntniswiasen* sehaften und der Ethik gebt immer mehr in die Bünde des Faeh- Psychologen Aber, und in diesen Gebieten dttrfte trots mancher boflhnngsYoUer Ansfttse des erkenntnistheoretisohen Experiments wiederum der Hauptantefl an den bisher erreiebten Besultaten der reüi analytischen Psychologie zufalien.

So ist auch der Stand der Forschung in den Anwendungs- gebieten der Psychologie geeignet, zur gegenseitigen Anerkennung und zur Betonung der Einheit des Forschens zu mahnen.

Einigung der Arbeit verlangt aber nicht minder der wissen- schaftliche Fortschritt in den Grenzgebieten der Psychologie; umso mehr, als ihr Verhältnis zu diesen ein wesentlich andres ist, als zu ibren Aiiweudungsgebieten. Wäbrend sich dort die Psycbob)gie wesentlicb gebend und anregend verhalten hat, dürfte sie von der Paycbiatrie, der Rriminalpsychologie, der psychologi- seben Bebandlungaweise natioualökonüuiiscber Probleme eine Rück- wirkung, uamentlich eine Befruchtung uacb der metbodiscbea Seite

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Zur Ebifllhnuig.

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hin erfabrcu haben, die ihrem eignen Beitrag zur FOrdenmg jener Wissenschaften mindestenB gleiehwcrtig ist. In den Untersnchnngen Uber die Bedingungen geistiger nnd körperlicher Arbeit, die bisher wesenilioh Ton psycbiatfisober Seite ausgingen, in den psyehlairi- schen Intelligenzprltfiingen, in der pathologischen Symptomatik des nlmormen SpiedienS) Lesens und Schrdbens, sehen wir Unter- snebongsmeOioden entstehen, die ihrer Aosbeotnng Air rein psyelio- logische Zweeke noeb warten, und die statistisehen, die zählen- den Methoden eatgtaam in willkommener Weise das messende Vei&hren des psyehologisdien Eiperiments. Wir bnmehen end- lieh wohl kaum daianf hinroweisen, daß es in der Tendens des Sipeiimentes selbst liegt, sn gemeinsamer Arbeit anzuregen. In- dem die Arbeit des Fsydiologen EzpenmentaUbnehnng geworden ist, kann sie sieht mehr das PriTÜ^nm einzehier besonders yer^ aolagter Geister bleiben; es vennag sieh jeder mit Brfolg in ihr in betitigen, der die FiÜugkdt der Beobaohtong, dar nnTorein- genommenen Analyse der TaJaaehen nnd der Anwendung exakter Methoden bestizt Diese Verteilang der Arbelt anf sstdieiehe Kiifte ist zugleich die unerlttfiliche Bedingaug des i^rtsdiritts einer empirisdien Forschung, die vor einer solchen Fülle veiy wiekelter TatbestBnde steht, wie die Psydiologie.

Als dn Dokument dieses wachsenden BewuBtseins der Qemein- samkeit der Arbelt und der Gldchheit der Ziele will das Arehir für die gesamte Psychologie betrsditet sein. Es tritt nicht als eine neue Zeitschrift unter zahllosen andren anf den Plan, sondern als die erweiterte Fortsetzung der Philosophischen Stadien^ die lange Zeit als das alleinige Organ ftlr die Ver- öffeutlic'hung experimentell -psychologischer Arbeiten dastanden. Die 'Studien* Wuudts waren, entsprechend der Entwicklung tief cxfieriraeütellen Psychulogie, anfangs ein Kampforgan, (I.lh der neuen psychologiscbeii Methode die Wege baünen sollte und ge- bahnt bat. Durch die Erweiterung ihres Programms zu einer all- gemein psychologischen Zeitschrift möchten die Herausgeber be- kunden, daß sie die Zeit ftlr gekommen erachten, um auf dem einstigen Kampfesboden zahlreiche Psycholageu zu gemeinsamer Arbeit zu vereinigen.

Damit aber dtlrftcn die Bedtirfiiisse nicht erschöpft sein, denen eine allgemeine psychologische Zeitschrift in unsrer Zeit zu dienen hatl

Der heutigen Psych ologie droht eine andre größere Grefahr als der Maiii^el an Einierkeit unter den Psychologen: es ist die Zer- äplitteiaug der psychologischen Einzelforschung, die einerseits

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Zur Wnfltliwiiig-

dorch die immer weiter getriebene Spezialisierung der Probleme, sodann aber mindesteoB ebenso durch die beständig fortschreitende Erweiterung des Umfangsbereichs der psychologischen Forschung, den Uberblick Uber das Ganze immer schwieriger macht Nicht nnr, daß neben die fast nnttbersebbare Stoffmenge der Indiyidaalpsycho- logie das weite Feld der TülkeilMyehologischen Untersncliiingen ge- treten ist, wir müssen sogar auf fernere Gebietserweiterangen hoifeii, auf den Anbau der Einderpsychologie, der Tierpsychologie und der Sklwiekliiigspsycbologie. Zn dem Ruf nach Einheit und Veratfn- dignng gesellt sich so daa lebhafte Verlanen nach Konsentration der Forschung! Die Zusammenfassung der gesamten psychologi- aehen Arbeit wird allmtthlich eine Lebensfrage der Psychologie. Ihr werden zwar in letzter Linie nur Übersichtliche Kompendieii und ersohi^feiide und zugleich sichtende Gesamtdarstellungen dienen können, aber das yorbecotonde Organ fUr dieie ist di6 lenlniltaierende Zeitschrüll

Im Intereeae der Einigong und Eonzentcitloii der peyefaolegi- Boben Arbeit will das AiehiT für die geeamte Peyehologie sn wtrkeo sneben. Aber damit soU nioht einem flimibMMiL Sammeln ▼Oll Elaielbeitep ud einem priniiplosen EUektizismne das Wert geredet sebi! Die Hemsgeber hoffen niebt nur dem Verlangen nach Konaentration, sondern auch den Anfovderangen an eine kri- tisebe l^ditiing der Ergebnisse der payohokgiseben Einxelarbeit dnreh die Snßere Einriehtoiig des Arehivs gereeht m werden. Neben Abhandlungen ans allen Gebieten der Psyehologie wird das AvoMy ansfllbrliehe kritisebe Beapieebin^en wiobtiger Werke und in insammenfassenden Literatnrberichten eine Obersiebt Itber den Fortsehritt der Forsebang im ganzen Interessenbereiobe des Pi^cbo- logen an geben Teisooben, Beriebtent denen ebensowohl die Auf- gabe der ZnsammenÜMsnng des Wertvollen, wie die Anssobeiduig des Minderwertigen obliegt.

Hnn.

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über ErmädoiigsmesBUDgen.

Von

Emil KnepeUn«

Die außerordentliche Sohneiligkeit, mit der sieh die ans der itten Welt veipflaiizte junge Wissenschaft der expeiimeotellen Fkyehologie in Amerika eoMekelt lia^ findet ihie Erklinoig nm gVton Tdl in der Bedeutung, die man ilur dort fibr die LOenng ynktiseher AnQiaben somiBt Bei nn«, im elgentliehen Tateilaiide jener Wiseenscliaft, sind ibre Ziele bisher wesentiieb auf die reine Erkenntnis der Gesetze des Seclcnlebciis bescbrünkt geblieben. Mich selbst trieb freilich schon vor mehr als 20 Jahren die Hotfiuiuir in Wundts Laboratorium, auf irgend weleheu dunkleu Weircn den psychologischen Versuch ftlr das VerBtäudnia der Geisteastö- rasgen nutzbar machen zu können. Aber derartige BestiebnngeD biben sicli bis heute der Beachtung oder gar Wertschätsnng mei- aer Fadigenoasen nur in sehr beeeheidenem Mafie an erfirenen gMbt, obgleiefa sie ebne Zweifid das dnzige IGttel darstellen, an sner braoelibaren Psjchopalliologie an gehiqgett.

bst in aflemenester Zeit briebt sieh aneb bei ans die Erkenntnis iiM'hr und mehr Bahn, dah die experim enteile Psychologie weit mehr i-t, [ih dm Steckenpferd einiger ukadcmischen Gelehrten, daß sie vieimehr in erster Linie lierufeu ist, anch in zahlreichen Fragen den praktischen Lebens die Entscheidung zu bringen, in denen es sich un die Beziebongen zwischen Ursache und Wirkong anf geistigem Gebiete bändelt Wenn wir hier die Anflülningen anfier aobt bM«n, die nne der psyebologisdie Venneb in der Frage der psy- sUieben Alkobol^HriLnngen gebraebt bat, eo sind ea namentlieh die Bedtirfiusae der Sebnlmünner, welobe die Anfinerksamkdt anf snsere WissenscbafI gelenkt beben. In der Tat ersebeint sie geeignet, wie erst jungst wieder Meiimauu^) dargetan hat, gerade

1) Entstehnn? \\r\(\ Ziele der esperimeatellea Pidagogik. Die deotsehe Schule V, Heft 2-5. 1901.

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Emil KnepeUa,

ftr die Lehre vom Lernen and Erziehen die allerwichtigsten Grimd- lagen zu liefeni.

Cranz besouders ist es die fVage der Ermttdangsmessuu^en gewesen, welche die Notwendigkeit einer experimentellen Behand- lung nahe gelegt hat. Die einschneidende Bedeutung, die der £r- mUdmig im UntemchtBbetriebe snkommt, muBte den Wnnfleh leb- haft herrmrtieten laBsen, die GiOBe ihrer Wirkungen m heetimmen, sobald nur liigendwie die HOgliehkeit emer solehen Messung anf- tanehte. In dieser Riehtang haben sieh daher aneh bis jetet die meisten der von Schalmänneru selbst durchgeführten Experiraental- uütersuchnngen bewegt. Dabei ist es klar geworden, daß hier zwei Hauptfragen zu beniitworten sind, deren Lösun-r auf ver- schiedenen Wegen in Angrill genummen werden muß. Es handelt sich nämlich einmal um die Frage, welche ErmUdungswirkungen eine Ttttigkeit ven yerBohiedener Art und Dauer auf dieselbe Person ansübt, sodann aber um die pers5n]iohen Unterschiede der Er- mlidbarkeit bei versebiedenen Sehlllem nnter dem Einflnsse der- selben Arbeit Diese beiden Richtungen der Unteisaehnng ent- sprechen den beiden Seiten der ÜberbttrdiingsiTage, der stoffliehai und der persönlichen. Dort ist das Ziel eine richtige Beniessoug des Stoffes und der Dauer des Unterrichts, hier die öonderuug der ScIiUler nadi ihrer Eicenart.

Entschieden im Vordergmude des Interesses hat bisher die erstere Frage gestanden, der ja auch wohl die allgemeinere Be- deutung zukommt. Ich betrachte es indessen hier nicht als meine Aufgabe» auf die einaefaien Arbeiten ttber die EnnUdnngswixknng der Schnlstnnden einzngehen, sondern möchte mich anf einige grnndsätdiche Darlegungen ttber derartige Messungen beschränken <J. Es liegt auf der Haud, daß es ganz allgemehi zwd Verfehren geben kann, die Größe der durch den Unterricht bewirkten Ennlidimg festzustellen. Entweder wird dazu die Leistung wäLiund der Schulstunde selbst benutzt, oder es werden vor und nach der Stunde andersartige Arbeiten von den Schülern verlangt, aus deren Ausfall dann die Schlüsse ttber den in der Zwischenzeit erreich- ten Ermttdnngsgrad abgeleitet werden.

1 Dabei ^n^d sich eine toilwoise Wiederholung früherer Erürtcrnngen nicht ^'anz umgehen lassen. Vgl. Kraopeli u. Znr Überblirdniigsfrage. 1897; Über die Measnng der geistigen Lei»timgeifäbigkeit und Ermüdbarkeit, Bericht Qber die Natoifoncherversammlang in Düsseldorf, S. 217.

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über ErmUdungsmesBangeiL

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Das erste dieser beideo Yerfalireii entspricht denjenigen, wel- ches wir am bäniigsten im Laboratorinm anwenden, indem wir eine l)€8timmte Zeit bindnreh Reihen gleichartiger, einfacher Arbeitsaaf-

gabt3u lüseii Uibfeeü, liechneü, Lesen, Lcrucii, Schreiben, Bnchsüibeu- zäblen oder dergl. Der Unterschied der Leistimg am Anfange und am Schlüsse der Arbeitszeit enthält dann auch den Ausdruck der ErmUdungswirkung^. Allein mit ihr verbindet flieh untrennbar der Übmigsfortschritt, dessen Größe sieh leider nnr durch besondere, smfangreiGhe YerBnehe mit einer gewissen Annlhemng feststellen läSi Zn dieser Schwierigkeit kommt im Unteiriehtabetriebe der Sehsle noch die weitere hinzu, daB hier niemals diejenigen Be- dmgnngen obwalten, welche eine raverlässige Messnng der Leistung in den einzelnen Abschnitten der Stunde ermOgfiohen. Stets schie- ben sich Pausen, Störungen und Unrcgclmüßigkeiteu aller Art ein, die den Gang der Arbeit in der allcrmannigfaltigstcn Weise he- omüussen und jeder Berechnung spotten. Aus diesen Gründen haben auch die bisher angestellten Versuche, durch fortgesetztes itechnen oder Diktieren in der Schalstande die Grülie der Enntt- dsng za bestimmen, wesentlich nnr ein regeUoses Gemisch von Übsngs- nnd EnnttdnngserBcheinnngen ergehen, ohne daß ans den Zahlenwerten irgend welche Schltlsse anf die reine lirmttdnngs* Wirkung der bestimmten Arbeit gezogen werden könnten. Zn den g:leiehen Erfahrungen haben schon die Versuche Oehrns*) geführt, bei denen sich zeigte, duli ein Sinken der Leistung einerseits bei wenig ermüdenden, aber sehr eingettbten Arbeiten eintreten kann, während es andererseits auch bei sehr ermüdender Leistaug nicht selten durch starke Übungswirkongen verhindert wird.

Will man daher die Veränderung der LeistungsfUhigkeit durch eine bestimmte geistige Arbeit messen, so bleibt nichts ttbrig, als n dengenigen Yer&hren zu greifen, das ich als das Stiehproben- Tcrfiduren beseichnet habe, d. b. man mnB Tor und nach der Er- mttdnngsarbeit gleichartige Aufgaben lUaen lassen und ans dem Unterschiede im Ausfalle der Arbeit ein Urteil ttber die inzwischen erfolgten Wandlungen ableiten. Die Probeleistuugen selbst mUsseu möglichst wenig ausgedehnt sein, um nicht ihrerseits unberechen- bare übungs- und ErmUdungswirkungen in den Versuch einzu- nUiren. Ans demselben Grunde werden tlü: diesen Zweck nur

1) Kraepolias psychologiiche Arbeiten 1. S. 93.

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Entil Knopelin,

solche Arbeiten geeignet sein, die schon selir eingeübt sind nnd demnach durch die Wiederkoluag seibat nicht mehr ueuneoswert verändert werden.

An dieeem Punkte erhebt flieh eine Frage, von deren Beant- wortung es flehr weaentiioh abhängt, ob eine piaktiach branohbare LQanng der hier gestellten Aalgabe ttberhanpt mOgUeh ist. Es darf Ton vomherdn zweifelhaft eraeheinen, ob die im Unterrichte auftretende Ermttdnnf^ nnr der GrOBe oder aneh der Art naeh mit der Verschiedenheit der Gegenstände oder des Lehrbetriebes wech- selt- InsbeöoiKU'i e kann mau daran denken, daß Je nach der stär- keren Beausprucliung der Anffaösung. den Gedär htiii^ses, des Ur- teila 0. 8. f. die Ermüdung sich auf ganz yerachiedeuen Gebieten der geistigen Arbeit geltend machen werde, ganz abgesehen ron den besonderen Wirkangen jener Unterriohtaatonden, bei denen ktfrperliohe Leistungen im Vordergrunde stehen. Eratreekt flieh die Ermttdnng dureh den Unterricht jeweUs aussehlieBlieh öder Yonugswdse auf ganz beatimmte Arbeitsgebiete« ao wird sieh offen- bar anch die Probearbeit, welche sie aufdecken soll, jedesmal auf denselben Gebieten bewegen mtlssen. Wir würden also in diesem Falle streng genommen so viele verschiedene Probearbeiten in Anwendung zu ziehen liabcu, wie es Unterrichts<rejren8tHnde gibt, und jede dieser Arbeiten hätte sich genau dem betretfenden Schul- betriebe anzupassen. Daß dadurch die Schwierigkeiten der Mes- sung selbst wie einer Vergleichong der Ergebnisse untereinander 80 ziemlieh bis zur Undurehftihrbarkeit steigen würden, bedarf keiner weiteren Auaftihmng.

Die Annahme hat in der Tat riel ftr aich, daß der geistige Gesamtzustand des Schillers sich naeh verschieden ausgeftlllten Stunden recht verschieden gestaltet. Vor allem dürfte, soweit die hisher vorliegenden Versuche ein Urteil zulassen, jede mit leb- haften Bewegungsautriebeu verbundene Täti.irkcit iJiTiccre Zeit hin- durch eine gewisse psychomotorische Erregung zurllckiassen. Wahr- seheinlieb trifiPt das nicht nur für körperliche Leistungen im engeren Sinne, Marsehieren, Turnen, Singen u. dergl zu, sondern auch für di^enigen geistigen Arbeiten, bei denen psyehomotorisohe HlUa- mittel, insbesondere Sprachbewegnngen, eine herrorrsgende BoUe spielen, wie beim meehanischen Lernen, fltlstemden Lesen und Rechnen. Die durch solche Leistungen erzeugte Erregung kann l'rUluugsarbeiten, die sich auf dem gleichen Gebiete abspielen,

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erleichtern, auch wenn daucbeo starke ErmttdnTig: bcBteht, die durch eine anderweitige Probe Tielleieht klar zu Ta^e tretea würde. Umgekehrt sprechen manche Erfahrmg^cn dai^r, daß eine TMigknt, die eine einaeitige Ktchtnng der Aufinerksamkeit auf Sümeseiiidraeke oder reine Veistaodeelelfltiiiigen erfordert, gerade- Sil einen hemmenden EinflnB anf die AnslOBong von Bewegmigs- «Dtrieben anattben kann. In einem soldien Falle konnte eine PtttAmgmTbeit, die psychomotoriielie Hilünnittel in Anspruch nimmt, unveriictltmemäßig stärker beeinträchtigt erscheinen, als es der ein- fachen Ermttdungswirkuüg entsprechen würde.

Gegentiber diesen ErwHgun^^eu ist jedoch auf die schon von Mos so und seinen Schülern festgestellte Tatsache hiuzuweiseu, dafi körperliche und geistige Ermüdung in nahen Weclisolbezie- koBgen ra einander stehen. Angestrengte rein geistige Tätigkeit kann die MnakeUeistong herabsetaen, und kOrperüehe Arbdt iSfit aaeb auf geistigem Gebiete deatliebe ErmUdangszeiehen sorllek. Abweichende Versacliaergebuisse «rldSren sieb nngesEwungen ans der gelegentlich die Ermüdung überwiegenden psychomotorischen Erregung:, die je nach der Art der Ermüduiigsarbeit stärker oder schwächer hervortritt. Den Beweis fllr die Richtigkeit dieser Deu- tung liefert unter Umständen die Messuni:. da die Zeichen der Erregung in der liegel weit flüchtiger sind, als diejenigen der Er- müdung. Unter solchen Bedingnngen ist nach emiger Zeit eine Herabsetsnng der Probeleistnng naehweisbar, wiihrend znnMebst eme Steigerung derselben Yorhsnden war. FreiHoh ist es zur Anf- deckang dieses Verbaltens nOttg, die Mfimg nicht nnr nmnittei- bar naeb Beendigung der Ermttdnngsarbeit vorzunehmen, sondern sie in rerBchiedenen zeitlichen Absfänden nach derselben xu wie- derholen.

Aus den angeführten GrUuden erpbt sich, daß tsich zur Mes- sung peisti^rer Ennüdung^ solche Prüfungsarbeiten wenig; eignen, die sich ganz vorzugsweise auf psychomotorischem Gebiete ab- spielen. Mindestens dürfte die Frobe erst einige Zeit nach Been** digong der Bimttdnngsarbeit Yorgenommen werden, wenn die etwa bestehende Erregung im wesenflichen sur Buhe gekommen oder eme Hemmungswirkung geschwonden wSre. Da sich aber in der Zwischenzeit auch die Ermüdung bis zu eüiem gewissen Grade aasgleicht, so würde die Messung nur ein sehr unvollkommenes ßild ihrer wirklichen Größe liefern können. Andererseits ibt es

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Emil Kröpelin,

sicher, dafi anch die rein listige Tätigkeit flir knrze Zeit eine Arbeitserlei chtenmg zurUt klälU, die nichts mit der Übung zu tun hat, aber cbriifalls einen Teil der EnnUdung^wirkung verdenken kann. Dan Wesen dieser vorübergehenden ArbeitHerleiehterun^, die wir einstweilen als Auregimg bezeichnen, ist noeh unklar. Da schließlich alle geistige Arbeit anch Willenstätigkeit ist, haben wir es bei der Anregung teilweise vielleieht mit Mlmlieheii Naefawir- knngen wie der Erregong nach kOiperlieher AnstrengoDg za tun, deeh fehlen bei ihr dvrehans die dort beobachteten Zeichen erleichterter BewegongsansKtonng, wie das Antreten ron Klang- assoziationen und Fehircaktionen.

Immerhin wäre es wUnsciienswert, auch den Einfluß der An- regmig ans den ErmUduug^&nicssungen uach Mügliehkeit zu besei- tigen. Einer Einschiebun^ von Pansen zwischen ErniUdungsarbcTt und Frobeleistnng atchcn die soeben schon berührten Bedenken gegenüber. Dagegen dürfte ein wesentlicher Teil der Anr^goog dueh einen Wechsel der Tätigkeit beseitigt werden. Genaneies darüber wissen wir zwar noch nicht) aber die tlgliehe Erfahnmg lehrt znr geniige, daß wir nns beim Obergang yon einer Tätigkeit znr andern erat wieder in die neue Arbeitsweise mit ihren ver- llnderten Bedingungen hineinfinden müssen. Anch die von Wey- gundti) beobachtete Tatsache eines > Wechselantriebes« spricht dafUr, daß heim Arbeit^^wechsel Sehwierigkeiten zu ttberwindca sind, die eben durch Verlust der Anregung entstehen. Welcher Art daher auch das Tieileicht sehr verwickelte Wesen der Anre- gung sein mag, so wird doch sicher mindestens ein Teil derselben durch den Wechsel der Tätigkeit Temiehtet Unter diesem 6e- sichtsponkte werden whr za dem Sehhisse konmien, daB die Pttt- ftmgsärbeit gerade nicht dieselbe sein sollte wie die Hanptarbeity wenn wir ein mißlichst reines Bild Ton deren Ennttdongswirknn- gen gewinnen wollen. Dadurch wird zugleich ein ÜbnngseinflnO der ErmUdungsaibt'ir auf die Prüfungsarbeit veriaieden.

Daß aber die durch geistige Arbeit erzeugte Ermüdung min- destens innerhalb sehr weiter Grenzen die gesamten geistigen Leistungen in Mitleidenschaft zieht, haben die umfangreichen Ver- snche Weygandta über den Ar])eitswechsel>) erwiesen. Dabei zeigte sich dnrehweg, daß die Wirkung einer Arbeit auf eine

1) Psychologiache Arbeiten U. S. 197. 2] Ebenda S. ua

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andere gar nicht von der pHychologischen Verwandtschaft oder Verschiedenheit beider, sonderu nur von ihiem Ermllduu^^swcrte nlthäD^ig war. Leichtere, d. h. wenic:er erniüdende Arbeiten wirk- ten erholend; schwerere steigerten die Ermüdung, einerlei ob sie dieaelben oder andere psychische Hilfsmittel in Bewegung Betasten, alB die Torheigehende Utigkeit Damit ist nicht gesagt, daB die Alt der Arbeit ftr ihre Wuknng auf die Leistonggfilhigkeit völlig gleiehglUtig ist Fttr praktimhe EimtldiiiigBmeflBangen aher aeheint in der TU nur die Schwierigkeit der ErmttdnngBarheit in Betracht zu kommen, während ihre sonstigen Eigenschaften in dieser Hin- sicht keiiic wesentüche Kolle spielen. Mit andern Worten, die geistige Arbeit bewirkt eine allgemeine, nicht auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Ermüdung, ein Satz, der »ich mit den Eriahmngen des täglichen Lebens leobt gut decken durfte. Ist er aber richtig, so füllt ifür unsere Ermttdungsmewniigen die KOtigiuig forti die PrOfnngBarbeU jeweUa der EnnttdnngBarfoeit an« sii|Munen. Wir kllnneii qhb viehnehr daranf baaehränken, eine oder einige wenige geeignete FMlfnngaarbeiten aUgemein zur An- wendnng sn bringen, ganz gleich durch welche Leistungen die Ermtldung herbeigeführt wurde, die wir messen wollen.

In der Tat sind auch die meisten Versuche, die Ermliduugs- wirkung einer Schulstunde zu bestimmen, von der Annahme aun- gegangen, daß ein einheitliches Verfahren für alle Fälle geuUge. Die Wahl der Prtlfungsarbeit wird dabei grundsätzlich weiten Spielraiiin haben. Alle Probearbeiten, die durch die Eimüdiing in gesetzmitfilger Weise beeinflnfit werden, kOnnen Tcrwendet werden, sofern sie sich in zahleninttfiige Bestimmnngen fassen lassen. Man kann also Aafßusnngs- vnd Unterscheidnngsvorgänge, die Zeitdaner der verschiedensten Beaktionen, GedHehtnisleiBtungen, Assoziationen vnd viele andere Proben benutzen, um an ihnen die Wirkungen der Ermüdungsarbeit zw messen. Am wenigsten eignen sich dazu aus fiüher erörterten Ortinden ausgesprochen mütorische Leifltnn£:cen.

Merkwürdigerweise sind illr unseren Zweck bisher am meisten fiestimmnngen der Raumschwelle der Haut herangezogen worden, wesentlich infolge der besteehenden Ergebnisse^ die Griesbach mit ihrer Hilfe erhalten hat Wenn man den Angaben Gries-

1] Eaeigetik «nd Hygiene des Nerrensystems in der Schule. 1895.

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Emil Kraepelin,

bach0 und Wagners^) yertranen wollte, «o wSre die Frage der

ErmUdung;8me88ung^ bereite gelöst und der EmiUdungswcrt uicht nnr Jedes Unterrichtsge^^eustandes, soudern auch der persönlichen Eiirenart jedes I^ehrers leicht festzustellen. Zu meinem lebhaften Bedaueru muß ich mich indessen nach den eingehenden Unter- saohungen, die von Lenba^) und Bolton^) bei nns Uber den Wert des Öriesbaeh sehen Ver£fthien8 nngestoUt wurden, dem ableh- nenden Urteile Menmanns*) dnrcbanB aoBcUiefien. Abgeaeben davon, daB die anTeilinige Beetunmnng der RamnaehweDe ebier HaniBteDe wegen der gewaltigen Sebwanknngen der Ehnelwerte efaae ungemein zeitranbende nnd ermüdende An%abe ist, hat sieb vor allem hcruusi;estellt , daß innerhalb sehr weiter Grenzen eine bestimmte zahlenmiiiiige Beziehung zwischen Ermüdungsgrad nnd RaumschwellengröBe überhaupt gar nicht nachzuweisen ist. Alle die zahlreichen und weitgehenden ächlUsse, die aus derartigen Vennehoi bereits gezogen wurden, stehen demnach emfach in der Laft nnd sind niehts, als der uiwiUkQrliche Ansdmck der Meimingep, mit denen die Untersnoher an ihre Anfgabe herangetreten amd.

Nicht viel besser steht es mit dem yon Kerns i es*) unter- nommenen Versnehe, die GrOBe der geistigen Emlldiuig dnreh die Mnskelleistung am Ergographen sn messen. AllerdingB «bt die geistige Arbeit ohne Zweilei wirklich einen ermüdendem Einduß auf die Oewichtshebungen aus, aber diese Wirkung verbindet sich in bisher noch 'imvi unberechenbarer Weise mit erretri ndeu, viel- leicht auch hemmenden Nachwirkungen der geiätigeu Tätigkeit, so daB die Höhe der Ergographenleistong durchaus kein klares Bild von dem Stande der Ermtldung liefert In dieser Verbin- dimg yersohiedenaitiger Wirkungen dttrfle aneh die ErUXrang für die Ton Heomann^ berichteten nnbefriedigenden VersnehseigelH nisee an snehen sein. Leider hat Kemsies bei seinen Versnehen auch eine Reibe Ton weHeren, cnfitlligen nnd konstanten Fehler- quellen nicht genügend berücköichtigt, äo daU seinti Zaiilen keiner- lei Verwertung gestatten.

Mehr auf der Stufe eines voriäutigen Versuches ist das von

1) Unterricht und Ermlldung. 1895.

2j Psychological Review VT, 6. Nov. 1899.

3) Psychologiflche Arbeiten IV. 8. 176.

4) a. a, 0. S. 83 ff.

6j Arbeitshygiene der Schule auf Grand von EnnQdnugsmessungeB. 1898. 6) a.a.O. S.8S.

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Ebbinghaus ^) Yorgesehla^eue Verfahren stehen geblieben, bei dem die SohiUer yeranlaßt werden, anflgelaMene Wöiter oder Sil- Im in «iBftminenhtogenden Loaeatttoken zu eiglioieB. Se gßfiß- ne( da» Veifidizeii xnr Kennzeioluuuig der Tenehiedenen State geiirtiger Beife, wenigsteue in einer gewinen Biehtug, eein •ekeint, so wenig dtbrfte es steh doeh ftr eigentUehe EkmUteige- messongen bewähren. Das geht ancli niB der nenen, nach die- sem Verfallreu darchgeflihrteu Uütürbiicliuii;^: von Wicrama^y her- vor. Abgesehen davon, daü bisher eine planmäßige Prüfung der Beziehungen zwischen der g:eforderteii, sehr verwickelten Leistun«? und der geistigen Ermtldimg noch gänzlieb fehlt, ist es offenbar aaeb kaum m(}gUoh, bier zn einigermaßen befriedigenden Maft- beaümmnngen n gelangen. Das Gewicht der begangenen FeUer and AnalaBHingen ist schon innerhalb deaaelben Versnehee ek so fnaoliiadaiieii daft eine ein&ohe ^^»bi™g anf die aohweiitan Be* denken siOftt, wtinend aaeh wieder eine Abitafiing dewelbea nw ganz willkürlich geschehen kOimte. Diese Übelstiinde fallen nm so schwerer in die Wagschale, aU bei einer Sticliprobe immer uur wenige Einzelleistnngen gewonnen werden konneu, ao daß eine statistische Behandlung der Zahlen ganz unsicher wird. Eher wäre das Verfahren vielleicht als fortlaufende Arbeit innerhalb längerer Zeiten an benutzen, falls eine gesetzmäßige fieziehong aeiner iirgebiuM ni geialigiii Ennttdnag klargelegt wiie. Ob ea dabei mehr leiatot, aU andere, elnfiubere fordanfende An%abany amSte der Versaeh lehren.

Anffidlenderweifle ist daa biaher im Laboralorinm am beaten durchgearbeitete Verfahren zur Messung von ErmUdungswirknngen, das fortlaufende Addieren einstelliger Zahlen, noch niemals fUr die Zwecke der Schule in Anwendung gezogen worden. Zwar hat man schon vielfach Schiller kürzere oder längere Zeit hindurch zn Vennchszwecken rechnen lassen, aber dabei wurden regel- mäßig TerBchiedenartige, mehr oder weniger verwickelte Aufgaben geatelltp ao dafi eine einfisehe nnd einbeitUefae Bereeimnng der £r^ gebniflie nnmOiglieh wnrde. Aoek eine planaallfiige Yeigieiolumg der Wirkung yenebiedener UnteniebManden anf die Beefaen- fcjrtang hat nieht stattgefunden. Die LOrang dieaer Au%abe, die meinen eigenen Plänen fern liegt, wäre gewiß nicht aussichtslos*

1) ZeHschr. t Psychol u. Physiol. d. Sfaineiorgaae. XIIL S. 401.

2} Ebenda. XXX. S. 196. im. Änhir fbr PsycIioloKie. L 2

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Emil Kiaepelin,

Das fortlaufeüde Addieren einstelliger Zahlen ist eine uDgemein einfache, dem Schalbetriebe völlig geläufige Leistung, die zudem leicht eine Prttfang der Zuverlässigkeit der Arbeit gestattet Die EinzeUeistnngen. aind praktiaeh ab gteiobartig la betraofaten und können nnflchwer In aolöher ZaU gefordert weiden, daB jedeaftUg alle kleinen Sehwaokmigen ndi genügend aaflg^eifilien. EndHcb ▼erMndet sieh bei der Addition eine Anf&Msungsleistung mit einem Gedächtnis- oder Assoziationsvorgange, während die motorischen SprachvorstelluDgeü dabei üur ausnahmsweise eiue gewiöBe Be- d( utimjr erlangen. Daß aber die Höhe der Reclu nie istung unter dem Eintiusac der Ermtidunc' recht erhebliche und leicht meßbare Schwankungen darbietet, kann nach den bereits vorliegenden, sehr ausgedehnten Erfahmngen nicht dem geringsten Zweifei unterliegen.

Es seheiat mir nnter diesen UmsOaden dnrchana m<tgUeh| ans dem Yergleiobe der Beohenleiatang Yor and nach einer üaAeiricliti- Btmide ein Urteil Uber den dnrek sie enengten ErmlldangBgrad sa gewinnen. WSklt man die FMftngaabBcknitle sehr kurz, etwa tob 6' Dauer, so werden die Ohungseinfltlsse voraussichtlich nicht allzu bturend sein. Dennoch wäre es nutig, den Versuch in gleichen Zeitabständen und natürlich zur gleichen Taireszeit mit demselben UnterrichtögegeuBtaude iiiindestens fünfmal zu wiederholen und dabei den Übungsfortschritt durch Vergleich der Anfangsleistungen jedes Tages sa berücksichtigen. VieUeicht würde es sich auch empfehlen, znnäelist die ersten Obangsstnfen daroh einige länger an^sedeknto Vorvetsaefae aa ttberwinden.« Die PrttfitngBarbeit mttfite rieh mOgliohst ebne Fe,ase an den Untenriebt ansohlieBen, weil sehen ganz kurzes Anamhen den Aas&ll des Versnebes erheblich beeinfiaasen kann, Zwischenzeiten yon wechselnder Länge aber jede Vergleichbarkeit der Ergebuisse aufheben. Da bei kurzen Arbeitsabschnitten die Antriebswirkungeu eine nicht unbedeutende Rolle spielen, würde sich die Abgrenzung von einzelnen Miuuten- leistungen empfehlen, deren Verlauf ein Urteil über da£ Verhalten des Antriebs gestattet. Dabei ist es zugleich möglich, zu erkennen, ob Bich die Leistung fortschreitend in absteigender RIchtang bewegt» ein Zeiehen ftr steike Ennttdnng, nnter Umständen aneh ftr das Bestehen einer rasoh sehwhidenden Erregnng. Der letztere Fall wird dann wahrsohehdieh, wenn die PrnftmgBleisfeang, namentlich bd vorgeschrittener Übung, deutlich über der Anfiingsleistung des Tages liegt, also gar keine Ermüdongszeichen erkennen läßt. Aller-

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dings kann anch eine im Beginne bestehende nnd durch die Arbeit beseitigte ungünstige Tagesdisposition die Ursache sein; gie wird sieh dann dnrofa den Tiefstand der AnfangBleistnng gegenüber den Naehbaitagen bemerkbar madien. Vieli^eht werden wir endlieh, beeonden naeh sehr anelraiigendem Vntenriobta» mit Kontiwt> eraehfiinnngen sn rechnen haben, Uber die aUeidings aaf nnaeiem Gebiete noeh eehr wenig bekannt ist Es ^^tre denkbar, daB der Ubergang von schwerer Ermttdmigsarbeit zn der yerhältnismäßig leichten Prüfungaaufgabe eine besonders rasche Lösung derselben beding. Tatsächlich haben wir uüö wolil vorzustellen, daß die schwierigere Arbeit eine stärkere Wiliensspannung erzeugt, die gich in gesteigerten Antriebswirkiingen aneh auf die Prttfongs- aibeit fortsetzt. Ist diese Annahme richtig, bo würden hier Kon- traat- nnd AntriebierBoheinuilgen weeenflieh mammen&Uen and au dem Yerlanfe der eimtelnftn ArbeitBabedmitte erkannt werden kOnnen.

Sehen die Uannigfaltigkeit der Bedingungen, Yon denen die OrOfie der IjeiBtnng vor nnd naeh der Ennüdangserbeit abMUigt, legt den Oedanken nahe, daß es oftmals schwierig sein wird, die Werte der Prüfungsarbeit richtig zu deuten, iiisbebuudere darüber ein Urteil zn gewinnen, wie weit sie noch durch andere Ursachen, als Übung und Ermtldung, beeiniiußt sind. Es dürfte sich daher, namentlich so lange noch nicht alle in Betracht kommenden Ver» hittnisee genügend geklärt sind, dringend empfehlen, nach knr- um, ▼QUigem Anmüien noeh einen dritten ArbeÜaabeohnitt folgen zn lanen. In der anf 6 10' an bemeseenden Bnliepanie nimmt einencÜB die enogende Nachwiiknng der ToAeigebenden Arbeit ab^ wihrend rieh andererseüs die Ennüdnng edmeO anszugleiehen beginnt. Die Lieistung wird sich demnach, wenn jene erstere zu- vor sehr stark war, jetzt ungünstiger gestalten, günstiger dagegen, falls die Ermüdnngswirkung das Bild beherrschte. Der Ausfall eines solchen Pausenyersuches wird also vielfach zu einem klare* reu Einblicke in das Zusammenwirken der verschiedenartigen £in- flttsee bei der eigentliehen Prüfungaarbeit führen künnen.

Man wird aas diesen Darlegungen nneohwer erkennen, daß aar Gewhannng bcanehbaier Ei^bnieae bei den TOigeeeldagenai Memngen die größte Sorgfalt in der Anefthrung der Venmehe nnd mllglldiet yoUkommene Gleiohheit aller ftnfieren Versaelifi- bedingnngen unerläßlich ist. Ich halte es daher ftir gänzlich ver- fehlt, sie mit ganzen SchnlkUäfien im Laufe des Unterrichts-

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betriehefl anstellen zu wollen. Es ist ja wUnscheuawert uud wohl nicht uiiiüüg^lich , daß liiau usubh gründlieber Erforöchun» der Frage aach aus zwtrkinUtji;,' angeordneten Maasen veröucheu brauch- bare Sebltlsse abzuleiten lernt. Vor der üaud i»t aber, wie ich glaabe, daran nicht im entferntesten zu denken. ViAhnehr wird et teini j6irettB2sa einer beschränkten AnsaU goom bduum- tar imd senrfiUtur MMWwiMtBr f'^?^^^^^i^r. dwoi LebüubedomiiMi wilmd te Ymndmuü gleietetig gcviqftit werden kOiuiee, gm aeeh deA 6g— diMtw 4m Lelienlonune tu «rbeiteB, am betten in der Ferienseli Mei Irittte äek eiistw^len djunit zu begnügen, in regelinäßigeni Wechsel täglich die KriLiUdiiE;::swirkung eines einzigen Lehrgegenstandes zu prUfen. Zuuiiclist kfiimtr man t;8 wohl bei der Untcrsnchnnj» der hauptsäcLlirhstcu Faciier be- wenden lassen; dabei wäre aber auch ein Tag einzoschieben, an welchem in der Zwitebeisett zwischen den beiden Prttfnngsarbei- ten eiotehee Anarahen oder aUenfails eine pm^ leiokte Beeehäf- iifug ebne UnfteniehtaliKm «n SieUe der ünnaAnagsaxbcit träte, Fknieni, VoileieB wer ewfiwben OeeeUehte, Belnehlmi von BlUem oder dei;gl. Eni danut wenn in einer soleben Venecbs- rrihe jeder LefargegenstMid mindeetene 5— 6mal in stets genau gleicher Folge aui seine Eni iluhiugs Wirkungen geprült worden wäre, könnte der Versuch geniucht werden. wenis'steiiR fUr den beBtiinintcu Unterrichtsbetriel» das diucbschnittüche Ermüdungs- gewicbt der yersehiedenen Schulstunden vergleiehend zu berechnen.

Die weitere Angabe würde dann sein, nach einem ihnlichen Veifiüuren die Wiitaigen m^iiMbidigen UnAeniebts von Tmeiue- deoer ZnaamenielKnngi die besondeien VetbAttniflee dei Vor- vitCagi- nnd Nnebnrittegiinntttriehte, endlieb den EinflnB der fortUolsnien Sefanlweebe, des Sonntags nnd der Ferien sn be- elbimen. Allerdings bildet bei der iMang der letztgenannten Aufgaben die Frage des Übungs Verlustes' eine wichtige Fehler- quelle, die sich nur auf tiehr uiUhseli^aii uud umständlichen Wegen beseitigeu läßt. Grundnlitzlich aber bleibt das Verfahren überall das gleiche. Am An£uige und am Schlnaae des Zeitabsehnittes, in dem sich die Wirkungen abspielen, die man nntaianeben will, wild die gleiche Arbeit nnegefllbrty deren Veilndening aieb ebne wettwee measen ttfii Zorn Yeigleiehe aber wird derselbe Venneb mk efaieni gleksben Zeitabeehaitte wiederbdt» in dem jene SbiflUaw ni^t wirioHun waren.

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über Bnn1idaiig8ine08ungeii.

Waiiirseliemlioii wiid man sich bei der VerwertBiig der Btgtb' vtaie Hdl der Menge der addierten ZtMm htgastigoa kOnnen. Bei der ffinfachheit der Redmaogen pSßgt der Progeutotla der FeUer, weilgstaiui bei ErwioliBttieii, nngemeiB gering ss leiii, ofai Ütn* ite&d, den icib eher Ihr efnen Vonng, als Air einen Kaebteil des VcrfahrcüB halten möchte. Immerhin wäre es möglich, daß bei x bnlkindem die Schwank unsren der Fehler stärker hervortreten. lns^)esondere wäre etwa die Treuiiuner von Denk- und Schreib- tehlem für die Kennzeichnung der psychischen Zustände zn ver- werten. Wälurend die Zahl der Fehler im allgemeilien mit Be^ MUemigmig der .Arbeit w&ehst, mit einer Vo-langiamiiiig denelbeii abBimmt, werden vir erwarten dttrfen, daB die Ermttdnng eine tMoaJbmb der DenkfeUer, die Brregflng eine eolehe der SehreHh- fcider bewirken wird.

Werden Versnobe der geschilderten Art an einer Anzahl von Sciiulkindeni durcbiretlÜHi;, so wird sich ohne Zweifel ergeben, (laß die ErmUdungswirknng einer bestimmten Uiiterrichtöötunde keine feststehende Größe ist. Zunächst dürfte die durch eine Aibeit erzeugte Ermüdung um so stärker sein, je größer die inneren Widerstände sind, die dabei Überwunden werden müssen. Mft ihnen wSehet die WilieniBpomrang, die flieh der inneren Br- ftbmig unmittelbar dqreh das Gefilbl der »Amitragimgc bemerkbar maebi Es Hegt nabe, ansonehraen, daB die venebiedene »Begar bmg« der SehlÜer sieb in der grOtteren eder geringeren Leiebtig» keit ansdrücken wird, mit welcher diese oder jene von der Schale geforderten Aufgaben gelöst werden küimcn. Wenn daher auch gewisse Unterrichtsstunden wegen ihrer Eitrenart ganz allgemein stärkere oder schwächere ErmUdnngswirkungen verursachen werden, 80 ißt doch zu erwarten, daß die besondere Veranlagung der Schüler mannigfache Unterschiede bedingen wird, je nach der I^ichtigkeiti mit der Ton den Einzelnen die gerade fllr das bestimmte Unter- Mlsfteb besondm netwendigen peyebologiseben Hflftmittel g^ handhabt werden.

Da die Itelldbarkeit mit dem Fertsefareiten der Übung ab^ nimmt müßte von Klasse zu Klasse eine fortschreitende Abnahme der durch den Unterricht erzeugten Ermüdung festzustellen sein, w^n die Aufordemngcn überall dicRclben wären. Tatsächlich wächst aber mit der Übung auch die Schwierigkeit der Aufgaben, die dem Schttier gestellt werden. Geschähe das in ganz gleichem

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Emfl KnepeUn,

Verhältoisse , so mllÜten die ErmUdung^Bwirkaiif^en einer Schul- stünde in allen Klassen dieselben sein: es hätte eine vollkommene Anpassung des Unterrichtobetriebes an die wachsende Lelstungs- fiUdgkdft der Sehltier BteUgefonden. Ob das der Fell ist, oder naeh weleher Riefatuig Abweiehnngen an Teneiehnen «ind, lieBe flieh dnreh vecgleieheiide EimUdangsmesBiingen nadi enliipreohenden UnterriehtBetunden venehiedener Klassen wahrseheinliidi klarlegen.

Indessen damit ist die Reihe der hier des Versuches harrenden Fragestclluiif^en nicht erschöpft. Vielleicht die wichtigste Tatsache, die bisher durch die Emiüdmiprsmessnuo^en des Laboratohuuis immer und immer wieder zu Tage getordert wordeu ist, haben wir in den ttberans großen persönlichen Unterschieden der Ermüdbar- keit zu erblicken. An diesem Punkte tritt uns diejenige Seite der Ober bttrdnngsfirage entgegen, die wir im Eingänge als die per- sSnIiehe beseiehnet habea Jn unseren Sehnlen findet sehen jelat eine ziemfich weitgehende Sondening der Sehttler naeh ihrer Ver- standesb^gabnng statt Je hSher die geistigen Anfordernngen wachsen, desto mehr bleiben die Minderbegabten znrQck, für deren schwächste Auslese neuerdiu^fi bekanntlich an zahlreichen Orten »choTi besondere, ihrer Eigenart angepasste Uiiterrichtsbetriebe ein- gerichtet worden sind. Aber auch nnter deujeuigen Schülern, die den allgemeinen Anforderungen gewaobseu sind, hnden sich ohne Zweifel so große Untersehiede der persönlichen Yeranlagnng. daß sie ehie fierlteksiehtigimg im Unterrichtsveifahran ▼oUanf recht- fertigen wurden. SelbstrerBtSndEch ist nicht an fordern und nicht emmsl sa wttnsehen, daS die Schule sieh jeder Eigenait ihrer Schtttslinge anpassen soD; Tiefanehr ist ron der gleichmiBigen Ausbildung eine allseitigere Entwicklung der Kräfte zu erwarten, als sie z,u weit getriebener Nachgiebigkeit für persönliche Nei- gungen gelingen würde. Die mannigfache Sondcrunf: und Grlie- derung unserer versclnedeneu Bchuiformeu dUrfte dem berechtigten Bedürfnisse vollauf genügen. Nur in einem Punkte wtlrde sich zum Nutzen der Lehrer wie der Schuler ohne besondere Schwierig keit eine wdteigehende Berttcksichtigang der persönlichen Eigenart ennSglichen husen, hinsichtlich der Ermüdbarkeit

Da sieh große Ermüdbarkeit, wie sich immer dentlieher her- ansstellt, in der Kegel mit großer Übungsfähigkeit verbindet, werden wir annehmen dürfen, daß die sehr ermttdbaren Schiller in der einzelnen Stunde zunächst rascher auflassen und lernen,

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über EmfidiiBguiMifiingeB.

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«Is ihre Kameraden, nach einer gewissen Zeit aber in ilirer Lei- stongafähigkeit immer mehr hinter jenen zurtickbleibeu. Bei dem geriogea Übnngsweite der in der Ermüdung geleisteten Arbeit wird muMlir auch nar wenig von dem Aii^seiioiiimeDeii haften. Auf Um indeieD Seite besteht hier immer eine sehr grofie Erholm^- fifaigkeit; schon naeh Inmen Rnhepansen ttdgt die Leistnng ei^ IwbUeh «Dl um MUoh möh hald wieder Ton neuem m sinken. El liegt anf der Hand» daß eine erfolgreiche AnanntEuig der Unterrichtszeit bei solchen Schülern anf ganz anderem Wege er- reicht werden muß, als bei weniger ttbnngöriibigenj aber auch \'.rniger ermüdbaren Kindern. Bei diesen letzteren sind hänfie-ere Pausen nach kurzen Unterrichtsabscbnitten , wie sie dort gefordert weiden mtisaen» geradezu vom Übel, da die Unterbrechongswir- knng der Pansen ihre Erholnngswirkong überwiegt, während bei grofier £rmlldbaKkeU das Umgekehrte der Fall ist Namcntlicb doct) wo ohnedies PaiaUdklassen emgerichtet weiden mttssen, wlie som mindesten ein Veisnch am Flatse, die Gmppiemng der Sekfllcr nach ihrer Ermüdbarkeit Torzunehmen nnd damit sngieiöh eine ihrer Eigenart angepaßte Änderung des Unterrichtsbetriebeö zu verbinden. Das dürfte sich unter anderem auch deswegen empfehlen, weil die sehr ermüdbaren Kinder vielfach auch nach anderen Kichtnngen krankhaft veranlagt sind und darum dnrcb an- zweckmäßige Verteilnng von Arbeit nnd Bnhe nnter Umständen aioht nor in ihrer geistigen Ansbüdang, sondern aneh in ihrem toondheitaanstande geschidigt werden kutanen.

AUe diese Überlegongen legen den Wmisch nahe, ein Maftyer> fthren ftr die Feststettnng der persönlichen Ermttdbarkeit an&n- isden. Unsere bisherigen ErfsJimngen spreehen dafür, daB es uch hier genügt, die Messung auf einem einzigeii Arbeitsgebiete anszuftihren, da wir es höchstwahrscheinlich mit einer Grund- eigeuschaft zu tun haben, die bei den verschiedensten Arbeiten in gleicher Weise hervortritt. Nur darauf wäre etwa hinzuweisen, dafi die Ermttdnngswirknug einer Arbeit mit dem Fortschreiten der Übung allmählich abmmmt Auch die Größe des Übnngsfort- sebxitlesi den wir nie gans ym der Ennttdnngswirknng sa trennen ▼smOgen, sinkt mit wachsender Obnng rasch. Man wird also aar ftigleiehenden Hessung der Ermüdbarkeit nicht Ldstungen be- aüWD, die bei einer Person gar nicht, bei einer anderen sehr Tollkommen eingeübt äiud. Vielmelir empüeiüt m öicb, die Ver-

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24 £inü Kiaepelin,

so die Größe der konstanten Fehler auf ein Mindestmaß herab- zndrtteken. Jeden&lk lehrt die Erfahrung, daß es möglich ist, mit Hilfe des schon oben empfobleneii fortlanfenden Addierens einflteUiger Zahlen sehr bedeutende Untenchiede in der persöu* liehen ERBttdbarkeit naehziiweuien. Ab sich eignen «ch zu diesem Zweeke natttrlicb aaeh alle möglichen anderen Formen fortlaufender Albelt, doeh dttrfte gende das Addieren dnreh die fiinfitehheit und Gkiehartigkeit der nuNli (rieli abipieteiiden Einsekn^aben, denn liehtige LOaang nidem noeli naehgeprttft werden kann» allen anderen VerfiriireB weit Torsiisiclien eoin.

Um die Emitkllnirkeit zweier Personen miteinander zn ver- gleiehevi, liegt es am nH^jbsten, das Sinken ihrer Leistung uach einer gewissen Zeit jiri eichartiger Arbeit zn messen. Bei der Ver- schiedenheit der Aosgangspnnkte wird man etwa die jeweilige Anfangsleistnng = 100 setzen und danach das Verbftitius der End- leistnng des betreffenden Arbeitsabschnittes berechnen. Eine ein- fache Oberleeang klirt indeesen, dsB die Hohe der Endldatnng nieht nnr dnieh die Ermüdbarkeit» aendem ebenao dnreh die Obmigaflttiigkeit der Versnchspersen beatimmt wird. Ein nngttn- atiges Sehlnfiergebnfs kann niefat nnr dnreb groBe Emtldbaikeit» sondern ebensu durch Geringfllgigkeit der Übnngswirknngen be- dingt sein. Das Verhältnis zwischen UbungH- nnd Ermüdung^ Wirkungen nnterliegt aber l)ei der Wiederholnng einer p-eirebenen Arbeit gewissen Veränderungen, vor allem deswegen, weil sich die Ermtldung dnrch Erholung immer wieder ausgleicht, während Sparen der Übung jeweils längere Zeh hindnreh zorttekUeiben. Ans dieaem Gnmde liefert nna der Vergleieh der An&nge- nnd Endieiatai^ dner Ermtdnngaarbeit ein immer weebaelndea Bild» je naeh der Obnngsstnfe der VerBaehsperaon. Wlhrend aaniehat die 8e1dnfileietvng wegen der Vberwiegenden Übimgswirknngen die xVnfangsleistung stark übertieffen kann, sinkt ihr Verhältnis- wert weiterhin wegen der Verkleinerung des Ubnngsfortschrittes alimählieh immer mehr, xuu sich endlich bei den höchsten Übungs- graden unter steter Abnahme der £rmttdbarkeit vielleicht wieder günstiger zn gestalten.

Es erscheint daher sehr erwOnaeht» ein Yergleiehamaft zn finden, welehea die Wirkang der Ermttdnng mUglichat rein erkemien liSi ISne befiMigende experimentelle Utanng dieser Angabe ist nach

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über EmtichiogsnietBiuigeiL

memer Obeizeiigaiig nicht möglich^ da es kein Verfafaren gibt, irelehes geetaUele, die Wirkniigeii der üimOdimg Ton denen der Übnng dnrcb den Yenndi zn trennen, ganz abgeeehen von den etaiiUle nicht ensBelieidtMuren EinflUasen det Anregung nnd der WHIenflepeiinitng. Der einzige Weg, der einlg^ermaBen gangbar erscheint, ist das VerfahrcD der günstigstcü Tause']. Da die Enntldnng sich uüch dem Aussetzen der Arbeit weit rascher ver- liert, als die Übung, mnß es einen Zeitpunkt geben, an dem die Erholung vollkommen abgeschlossen ist, während noch ein mehr oder weniger großer Rest der erworbenen Ubting fortbesteht. Vor diesem Zatpnnkte ist die Leistungsfähigkeit noch durch die lelslen Spfmen der ridi raadi aingleiehenden Ermttdnng beeintESebtigt; nadi demselben sinlct de langsam» aber nnanfhaMsam wegen des mmmehr aOein noeb die SacUage bestinunenden Obnngsreilnstes. Es gelingt nun tatsKeblieb, dnreh den Versneii eine Aibeitspause vm Ite^^tiuiniter Dauer autzuüuden, üach deren Ablauf die Wicder- auliiahme der Arbeit ein gtlnstiircres Ergebnis liefert, als bei längerer oder kürzerer Pau<?e Freilich muR e«* zweifellinft bleiben, ob das Ende dieser sogenannten gÜuBtigsteii i'ausc mit dem völligen Ansgieiche der JBimttdung genan zusammenfUlIt. Einmal ist es ans Tersefaiedenen Grttnden wahrsobeinlich, daß wSbnnd des Waebens eine ganz restlose Beseitigung der Arbeltsennllditng kanm stattfindet; sodann aber bedentet die Tatsache der günstigsten Fanse an dch niefat mehr, als daß jenseits demlben die Eiholnng sieh langsamer Tollzieht, als der Verlust der Übmig.

Trotz dieser Einschränkung läßt sich doch wohl so viel sagen, daß die gtlnstigste Pause uns das brauchbarste Maß fWr eine Er- TiiUdungsmessang an die Hand fribt, welches der Versuch Uberhaupt liefern kann. Auch dann, wenn man daran denken wollte, den Verlauf der ErmUdungswirkongen ans den Versucbsergebnissen doreh reelmerisehe Abtrennung der einzelnen, sieh liier mit einander verbindenden IHnflüsse darzustellen, würde immer der AnsfUl der Yenuehe mit günstigster Pause die wesentiichen Grundla|;en für dne solehe ftußerst Terwiokelte Untersuchung abgeben müssen. Der große Vorteil des PausenyeTSucbes überhaupt Hegt in dem Umstände , daß sich in ihm nicht, wie wilhrerul der Arbeit, die beiden entgegengesetzten Wirkungen der Übung und Ermüdung

1} Vgl hierzu Lindk y, P^ychoL Arbeiten III. 8. 486; Kraepelin, FUloiophisehe Stadien Xix', & 469.

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Emil Kraepelin,

annähenid anfheben kOnmoiL Infolge des laselien AmiglAidieB d Ennttdimg tritt deren GMe vielmelir olme weiteres zu tage, wir die unter ihrer Herrschaft and die nach ihrer Beseiti^ng ^ wonnenen Werte miteiiiaudcr vergleichen. Dieaed Verfuhren \y'i Yollkommen, wenn sich Übnng und Anre^unpr bis zum völlig Schwinden der ErmUdun^r auf ihrer Hohe crhiL'lten. Das tr leider nicht zu. Die Auregimg schwindet ganz, von der Uhu wenigstens ein erheblicher, noch dazu nnberecheubarer Teil, bei wAk der gUnatigsten Puue ist demnach der Veigleiehsweit ob Zweifel na klein; die Eimttduigswirkmg am Ende der Arbeit n betriohlilieh grOBer, als die Beuenuig der Leistong naeh < Pause annehmen lißt Immerhin ist die Höhe der Aibeitswe nach der günstigsten Pause das zuverlässigste Vergleiehsmaß, c bisher durch den Versuch erreichbar ist. Überdies liegt die nähme nahe, daß sich die Besserung der Leistung durch die Pai wenigstens annähernd im gleichen Verhältnisse vollzieht wie < wirkliche Ausgleich der Ermttdong. Insbesondere scheint sich Ubuugsfestigkeit im allgemeinen umgekehrt an verhalten wie ÜbnngsfiUiigkeit. Sehr starke ÜbnngswirkiuigeiL dürften lasc' sebwiiiden, als geringe, da Umstand, der einer AnnSberong * gemessenen Pansenwürkang an die wirkliebe Ermfldnngsgitffie gnte konmen wttide.

Die bisher dnrchgeftlhrten Versuche Uber die günstigste Pa sind noch sehr lückenhaft. Sie haben ergeben, daü die Lai derselben heim Rechnen ftir verschiedene Personen innerlialb re weiter Grenzen schwankt, die sich von etwa einer Viertelstn- bis Uber eine Stunde hin erstrecken. Sehr bemerkenswert ist £r£Ahmng) daß die Länge der voranfgehenden Arbeit die Da der günstigsten Pause gar nicht oder doch wenig an beeinfluß Bcbdni Das wird einigeimafien begreiflich, wenn wir bedenk daß diese letatere von dem gegenseitigen YerbSltnisse zwise' Eriiolnng und Obnngsrerliist abhängt, dessen gOnstigsto Gestalt recht wohl von der Länge der voranfgehenden Arbeitszeit im halb f::e wisser Grenzen unabhängig »eiu kann. Ganz uudors s es natürlich mit dem Ansteigen der Leistung nach der gUu8tig> Pause, das selbstverständlich um so beträchtlichem ist. je läi die KrmUdungsarbeit danerte, je stärker also der £nattdung8^ war. Die Länge der günstigsten Panse liefert uns somit, w wir den Gang des Übongsyeiliistes zonicbst aofier acht las

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über EimtldiiiigiiiiMtiiagen.

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annähernd ein Bild von der Schnelligkeit, mit der sich die Er- mtldong ausgleicht} also der ErholuDgsrähigkeit, während die Aufl- ^ebigkeit der erzielten Bessemng in dem oben umschriebenen Slmid als Anadniek der Torber bestehenden Ennttduig bettsefatet werden ßstt

AlMings werden Lftnge der gQnstigBten Psnse wie GiOBe Ihrer Wirkung sehr wesentlieh beeinflnßt dnnsh das Veibalten des

CbaiigBverlnstes. Je rascher sich derselbe vollzieht, desto früher wird der Tunkt erreicht, an dem er das Ubergewicht Uber die ErholnngswirkEüg der PanBe frewimit, und umgekehrt. Zugleich wird die Leistung nach der günstigsten Pause niedriger liegen, wenn die Obnng rasch, als wenn sie langsam schwindet Auf der snderen Seite sebeinen sich, wie schon erwähnt, gerade sehr starke Obongswirknngen schneller zu yerlieren, als schwXehere, so daß dsdnreh ein gewisser Ansglelob jenes FeUers geboten wird. End- U dürfen wir annehmen, da& deiselbe sieb verringert, je hoher der bereitB erreichte Obnngsgrad war, je geringftlgiger also die Obnngs- wirkung dcB voraui^^ehendeii Arbeitöabschnittes sich gestaltete.

Aus diesen Erwägungen geht hervor, daß die Besserung der L*ei- stimg nach der güuatii^steii Pause liei solchen Personen ein ziemlich gutes Vergleichsmaß der Ermüdbarkeit abgeben würde, bei denen jese Panse die gleiche Daner aufweist Freilich würde es auch dann nOftig sem, den Fehler des ÜbnngSTerlustes dnrch Erreichen eines hoben Übnngsgrades mOgliobst nnsobftdlieb an maehen. Hat aber die gBnstigste Fimse eine yenehiedene Lunge, so mnB selbst bei ganz gleidiem Gange des Obnngsveiinstes die Leistung nach der längeren Pause offenbar TerhSltnismäBig niedriger ausfallen. Andererseits kann die Verlängerung der günstigsten Pause gerade durch besonders langsames Schwinden der Übung bedingt werden. 0)) dieser Umstand oder starke, sich nur langsam ausgleichende iurmüdang die Ursache der Verlängerung bildet, läßt sich ohne weiteres gar nicht entscheiden. Immerhin könnte der Vergleich der Leistong naeh der glinstigsten Pause mit der Anfangsleistang des nüebsten Tages einen Anbait daftr geben« ob sieb der Obnngs- Tsilnst laseh oder langsam yoUsogen bat

An diesem Ponkte liegt bis heate die grondsStsliehe Sebwierig- keit der Messung der perstolichen Ermttdbarkdt. Bs Ist ni9giioli, daü sie sich leidlich gut lösen läßt, sobald einmal zahlreichere und genauere Erfahnmgen über die gegenseitigen Beziehungen der

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EbB SrM|i6llB|

hier in betracht kommenden Größen ^sammelt sein Namentlich WHre es wichtig, die Wirkung von ZywiRchenz» mitersnehen, die länger sind, als die gtlnstigste Pause. Wl bis jetst noek keine gentlgende Vonrtellang Ton den Verä.nd( der LeiBinng, welehe sie bedingen. Man kann vieUeioht daB Biek| wem muk ent die GfOie der Sekwasikiiii^en eine Fuue «nflbden ÜBt, Ar iretehe die Felderquella de fleldeden nsebea ObiiBgsyerlwtes gegenüber den Eriic^im knngen znrllcktritt; mOglicberweise ist das Beb<ni bei der ^ 8ten Paui^e selbst der Fall. Im schlimmöten Falle mußt* nngefiibre Verlauf des ÜlmDgaverluates durch besonderf^ Paust suche ftlr die erste Zeit annähernd bestimmt und bei der BteUimg des Vergleichsmaßes an der Hand allgemeiner £ rangen mit in Anschlag gebracht werden.

So nel glaabe iob auf Grand der biaherigen UnterBadmogeii BiemKeher Bestfmmtbdt engen m kOmieD, daB efaae eiBlgmii brandibare Mewoag der pefMnlicben BStmlldbarkeit nur mit l des PtoNnyerBaobeB m(5glieb fei Zngleteh aber ist m betonen, bis znr Erreichung dieses Zieles noch eine sehr eingehende Doreb: schung der Wirkung kürzerer und längerer Arbeitspausen bei m liehst vielen Personen imtwendig ist. Erst dadurch werden wir nnsi diesem schwiei itrea Gebiete mit etwas größerer Sicherheit beweg lernen. Jede solche Uutersucbong erfordert aber Wochen n Monate, so daß naturgemäß von einem raseben Fortsohritte d f^kenntnis gar keine Rede sein kann. Massenvemidiei aaoien lieb an Sefailkindern, sind ebistweilen glmUob zwecklos, dt w; ibre Febler Boeb gar uiebt m llberseben, ibre Etgebnisw M zu dealeii Tersteben. Zudem ist das ganze Verftbien, welche ▼ielfaefae Wlederfaohing der Yersnchsreihen nnd genaueste BiB- haltung aller Vorsieh tsmaßre^ in erfordert, zunächst noch sc schwerfällig, daß es aussichtslos erscheint, in wenigen Versucltf- tagen \erwertbare Erfahrungen gewinnen zu wollen.

Trotz aller dieser Schwierigkeiten, die zunächst zu überwinden sind, halte ich es dennocb Air möglich, einmal zu einem VerfabreB der £nnttdbarketlsmesBnng za gelaiigen, das aaoh Ar die prak- tiseben Zweeke der Sobole geeignet ist, ja, iob gUnbe, dtfi wir diesem Ziele bereiii eni wenig nUher gekommen sind. Von be- sonderer Bedentuig ersebeint mir namenfUob die Erfthmqg^f iai die LSage der gUasttgsten Pause durch die Daner der twImf-

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geiModen Arbeit nicht aelir beeinüiiüt wird. Bewährt sich dieser 3Atz aach bei weiterer, mnfaaieiidv Prttfaag, so wttidoB wir die Wiitaig der gttnetigBten Pause aaeh nmk gtau kurzen Aibeits- imImi fiNtatdleB kffniMD, die biahcf bbii weojgiteui flu die Untar- mAmg TAB Ennlldiiiigaenolieiinuigeii ungoeigiiAt «ciolii«imi wam. Selm ftsf mnnten Arboft wttiden Air dlem Zweek geuu^cu, «ine wkr wesentHobe VerolB&elniiigr dei Yerfiihfetis gegenttber den frttber immer b^uützteu lialbßtlindigeu Arbeitazeiteu. Ailerdiuirö ist es auch so noch eine üiiUcrBt zeitraubende und umstandliuhe Aufgabe, Dauer imd Wirkung der günstigsten Pause zu biHtimnien. Es besteht aber eine gewisse AnsBicht, daß sich zwischen der Wirktuig kttnerer und Ittiigerer Pansen allgemeinere Beziehiuigiii anftndfln Umtm weidoB. SokoD jetH wueen wir, daB der gttih iifgilen P«ue eine nngtbutigate mid «ine weitere gUnatige in ge- wiiieni Abetonde TWin^eiii Yttfllgen wir eher eiiiMel Uber ub- &agieielMM VewndwreihMi avf dieieit Gebiete, ee wird lieh vielleicht heranssteUen, daß sieh die Wirknog einer oder mehrerer kteerer l'aoben uns bereits ein pcwisses Urteil über die durch die Versnchsarbeit bewirkte Ermüduna: gestattet Natttrlieh wird der 80 gewonnene Maßstab «^ieh noch weiter von der absoluten Giöße der Ermüdung entfernen, als der ans der günstigsten Pause gewomMDie^ allein darum könnte seine Veiigßeiehbariuil doeh nioht ■iader sureililMig Bein, mud bei kniMm Pamn wenigtea der Felder dee AnregnngiTerinstM geiiBger adn wBide.

Der ftr die Ummatg der peraOaUeiieB EimUdboikeit vorge- ■ckinete Weig ittrt deMincb Tor allem su einer mOgÜeiiet grttnd- liehen Untersuchung der Whrkung, welche kttrz^ und längere Arbeitspausen, namentlich oach kurzen Arbeitszeiten, bei verschie- denen Menschen auf die Leistungifahigkeit ausüben. Insbesondere »t dabei die ßeeiudussung dieser Wirkung durch den Ablauf des Ubangsverlustes zu Yecfolgen. Weiterbin wttrde £ostsBBteUen sein, m weklien Beaiehmgen die Wirkung künerer Fanien zu der^ jenigen der gttnatigsten oder irgend einer anderen stebt, die den bdloi Aanibenuigewert für den yoUkoHniencn AiBgMeh der Arbeitaermttdung liefert Ergeben a&oh eeklie Befliebnagen, 99 mt itnm dit^enige Oertakung des Pansenrersnebes abmldien, welcbe mit dem geringsten Aufwände an Zeit und Mühe ein möglichst zu- Terlässiges BUd von der persönlichen Ermüdbarkeit, wenn auch in rerkieiaCTtem Mafistabe, vermittelt Es ersolieint nicbt undonkhar, dafi

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90 ^BoSL Knepdin, Ober Enii1ldiiflgimfl0muig«i.

diesen Anforderimgen schließlich eine Versnchsanordnung kann, die nicht mehr als 15 20 Minaten Zeit in Anspiuc

Allofdings wird dabei ein einielDer Veisaeh immer wenig bedeuten. Wie bei der Meoamig der Ennttdongf ebier SohnUrtonde wird aneh in dieser Fkage eine vielfiudie holnng des YenmoheB nOtig s^, vor allem, um die VerSnc der Werte nnter dem Einflnsse der fortschreitenden Übnn aber, um die unvermeidlichen zutälligen Fehler anszQ| Insbesondere wird anch hier wohl eine vorheripre pliiuuiäü ttbung der Ver8nchs})ers(tm'u mif die YLTSiicbsarbcit zwe< sein. Jedenfalls wird es niemals möglich sein, wie das bei < stellnng der sogenannten »mental tests« bisweilen gefordert ist, etwa in einer einzigen Sitzung aneh nur Uber die einfiu saehe der peieOnlieben Ennttdbarkeit m einem bianohbaien nisse zu gelangen. Anf der anderen Seite ist aber die Fraj so wiebiig, dafi ibre Beantwortnng wobl den tS^eben Anfwt einer Tiertelstonde einige Woeben blndnrdi lobnen würde.

Indessen, anch wenn flieh die Hoffhang erfhllen sollte, in mäfiig angeordneten rnusenversuchen ein Hilfsmittel znr muüg der perBöniichcu Ermlldbarkeit zn finden, wird die 2 Maßsenuntersnchnngen ganzer Schnlklassen keineswegs ge>; sein. Vielmelui werden wir dann unbedingt erst dnrch sor, Laboratoriunsyersnche feststellen mUssen , in welchem U die am Erwaebsenen gefundenen QesetamäBigkeiten anf j liebe Personen ftbertragen werden dürfen. Wenn wir ancb nehmen bereebtigt ^d, daß in diesen Fhigsn tiefigifeifeiide sStsfiebe Untersebiede bei den einzelnen Altersstofen nlobt be wird doch die Größe der übungs- und ErmUduugswerte wesentlichen Veränderungen unterlieo:eii. Dadurch wiir(l( unter ümstiindeü die besondere Anurdimn^" der Versuche erl beeinflußt werden. Neben der Gewinnung eines zuverlässige einfachen Mafiverfahrens, dessen Erprobung nur durch planr Erforschung am Erwaebsenen gesobeben kann, ist demnael ▼eigleiobende Unfteisnebnng der geistigen Arbeitsbedbigong« yersdiiedenen Altersstufen nnerlftfilidi, wenn wir einmal kommen wollen, den Uessnngen der persSnlieben Enntldb im praktiseben Sebnlbetriehe diejenige Bedeutung zu versoi die ihiicii bei der Tragweite der Ermüdungssfrii^re für die g( AoBbildong nnd die Wohlfahrt der Jugend ohne Zweifel znk«

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über den Enflnfs von Nebenreizen anf die

Baumwakmehmong.

Von

Hay wood J. Fearce.

(Aus dem Psycbologifichen Institat der Universität Wttnborg.)^)

MH 4 Figuren im Test

Eiuleitimg.

Man ist wolil bereohtigt sv tagen, daB der grVfite Teil der Ldrtnngm der modernen, experhnenteltoi Psychologie in HewimgeD

der Emptiiidüclikeit uüd der Unterschiedsempfiudlichkeit besteht. Der Wert dieser Messungen liegt nicht allein oder hauptsächlich in der Wichtigkeit der durch sie zur Erkenntnis kommenden Tat- sachen, sondern yiekuehr in den Folgenmgen, welche sie uns bei der Uotersnchnng der Nator nnd der Gesetzmäßigkeit des mensch- lidieii Geistes ermöglichen. Die experimentelle Arbeit, von der ich m diesen BUittem beriehten will, hat ebenfidls diese An^be und toeaZweek. IKe Besoliato an sieh sind im hOdisteo Grade einfiMdi nid evseheinen von Tom herein als ganz gewöhnliebe Tstsaeben, mit d^ien man yen Kindheit auf yertrant gewesen sein sollte, und deren Erklärung bclbstverständlich ist Der Wert eines Prinzips besteht indessen nicht in seiner Seltenheit oder Fremd;irti«rkeit, sondern vielmehr in seiner re^a'lmiißi^aMi (reltuiig, nnd die 'iatsache, daß es uns zu vertraut geworden ist, um als Prinzip angesehen zn werden, ist geeignet, Air seine höchste Wichtigkeit zu sprechen. Das Sinnesoigan, mit dem sieh nnsera Experimente beeehttfligt haben, ist die Bant, dieses wichtige Hilfsmittel der Orientierong.

Die EmpfindMebkeit nnd Untersebiedsemp&idliehkmt der Hant iat in Tenddedenster Weise nntersneht worden. Die experimentelle

1) Obonetat aas den Eagliichen ▼on FrL 0. a. M. Kfllpo.

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U»jrwood J. Pearce,

Psychologie hat mit solchen Experimenten Überhaupt b ßud das Grebiet ist uocb lange nicht datür erschöpft. Da Interesse konzentriert sich dabei auf die Schwelle der Sin Scheidung:, en^ verbunden mit der ganzen Fra^^^e der Wahr und Übertragung der SinneBreize. Eine der Hauptmethc iUr diem Zweck angewanit werden, iit die Lokalisationf indem man annimmt, daaa die Summe der LokaliBati dlTidieit dmeh ihre Zahl den MaBstab ftr die Feinheit beatinmrang dwntelit. Man ist natOrlieh dabei beBoigt alle Nebenreiie nnd seninnenden Eäailaae anssiBehUel meinen Experimenten habe ieh aber rorsfttzlieh einen Ni eini;crulirt, mit der Absicht, festzustellen, was für eiueu E sidcher hat, ob er die Reaktion nur veränderlicher oder unb macht, oder sie in ihrer ganzen BeHchaiyciihcit uiuiiestulte mau darnach sacht, so findet man iu der täglichen Erfah Menge Tatsachen, welche den Gegenstand, den ich ante mentelle Beobachtung gestellt habe, in seinem weitem S irtrieien.

Es ist Jedem bekannt, daB es in vnseiem Wesen e gibt, welofaes ans TcranlaBt, Ten veraddedenen gegebene den Da rehschnitt anzunehmen. Das Extrem widere

normalen Menschen. Wir mögen ein Pferd oder eine 1 ein Haus oder sonst etwa«, das weder zu f!joß noch zu wir ziehen eine Farbe vor, die weder zu hell noch zu d Musik, die weder zu laut noch za leise ist, ein Gefühl irgen Art, das weder zu stark noch zu schwach ist; so könnt« mOgHchst rencfaiedenen Gegensliadea fieihea toh Abatnfi fthren, nnd es ist mehr als wahrseheinlieh, daß eine Peison in keinem einiigen Bespiel daa Extrem wihtoi Diese TalMushe bemht mizwdfelhafl in yieien Flllen ai Gründen, als allein aaf Abwlif^ yon Zn^lligkeiten nnd keiteii zwischen den lieiden I^xtremen, aber dieses is häufig ein genügender Grund, und wo andere Gründe sind, da i^t es noch ein Bele^ ftir die Tatsache, daß selbst nach den Grundsätzen arbeitet, die den von ihr ge Menschen in seinem Handehi beherrschen, nimlich nach d( des > Mittels«.

1) Vgl. dua Eaat*8 »Normalidee« in seiner Kritik d. Urtei Bediin, 8. 82 f.

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Üb«r den EinflnO toh Nebennben anf die BaamwalinMliiiniiis; 83

Es darf daher nicht überraschen, wenn wir dasselbe Prinzip offenbart finden in der Aufnahme der firfahrong, die uns die ver- lehiedenen Sinne bieten. Wir kttnnai also gewärtig sein, zn finden, dafi iwei gleiohs6i% wahigenommene Farben sieh su «man Mittel vcfiehmelien, dafl swei Georttchey'iwd CteselunaekBqiialiiiiten, iwd Tttaie» die ffMoMg in das Bewußtsein eintreten, als ein dritter, einfaclier Beia waluqgenoaimen werden, der etwas den Mden Ori* ginalreizen Eigentttmliehes an sieh hat, aber dennoch deutlich als yon jedem verschieden empfunden wird. Es mögen verschiedene Be- gTündnneren fHr dieses Phänomen gefanden werden, in jedem Fall und in liestimniten Beispielcu. nnmentlich bei Farben, mUssen be- sondere experimentelle Bediugougeu beobachtet werden; in anderen flUen, iMSondero bei Tönen, ist es möglich, daß eine gettbto Ver- mehsperson imstande ist, den resnitierenden Beis als einen nsam- mesgseetiten in erkennen nnd die Elemente heranssnanaijBieren, ans denen die yersohiedenen Komplexe bestehen. Bei naivem Be- wflfttBein jedoeh wfirden nnzweifelliaft PliXnomene Ton der Axt, wie ieh sie beschrieben habe, demonstriert werden können. Gewiß haben alle hier angetührten Tatsachen jede ihre besonderen Ur- sachen, denen hier nicht näher nachgegangen werden kauu. Ahf-t gemeinsam ist ihnen, daß sicli bei zwei und mehr Reizen oder Toistellnngen ein »resultierender« Eindruck ausbildet, der in ge- wissen gesetzmäßigen Beziehungen au den »Komponentenc steht sid im aUgemnnen die Signatar eines »Mittels« tilgt

In dem Bereadie des Tutsinns sind solehe Iliftnomene vielleicht weniger hfofig beobachtet worden, als in ander«i Sinnesgebieten, fii ist daher interessant, die Exirtens des hier erwShnten aUg»' meinen Grundsatzes auch in dieser Sphäre aufzuzeigen. Noch in- teressanter, nach meiner Meinung, sind die möglichen Erklärungen, die mau für das hier behandelte Phänomen bieten kann, üowie der neue Standpunkt, welcher hierbei für das ganze Gebiet der Täuschungen, besonders der optischen, gewonnen wird. Die neue £Tidflns, die ans diesen Experimenten Dir die Abhängigkeit des Mrtes vom Nervensystem hervoig^gangen ist, selbst bis an dem finde, wenigstens eine Ahnung von dem Fsiallelismns zwischen der 8ehiffe od» Empfindfiehkeit anf der einen nnd dem Leistnngs- vermögen anf der andern Seite sn vemdttefai} wird, wie ieh denke, nicht als unwichtig betrachtet werden.

IkUt far Psjchologi«^ L g

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EäjwQod J. Petrae,

Erster Abscliiutt. Versache Iber 4eii Eiiülaß von Nel I. Kapitel. Lokalisationsbewegungen.

Die emle Phase dee PreblenM, webbei hier behandelt ist entwiekett worden an der UniTenitttt von Chieago, nntei Yen Prot J. B. Angell, anf deeaen Anregung ich es i nnd dem ieh fttr Tiele wertvolle Bataehläge im Verlaoi arbeiten Dank aclnilde ond hier ansspreehe. Die Rerall im I^borati^rium der Universität Chicago iiu8j2:efllhrten ß der i's^cliological Review 1902 Ö. 329 35ü mittir ( »Normal Motor Sngf^cstibility» veröffentlicht worden. In die ans hier zunächst bcschäitigeudeu Experimeute in wissen Um&ng an die frtlheren anknüpfen, wird es Z9 sdn, an dieser Stelle eine knne Ühessieht der dort erre snHate m geben.

Das sn lösende Problem war folgendes: Welehen anf die normale rftnmliehe Anffassnng eines gc Reizes hat ein zweiter Reiz gleichen Charakters. Nebenreiz, wenn die beiden Reize gleichzeitig oci einander gegeben werden?

in der ersten l^ itic der Experimente wurden zwe einer 'gewisseu Entfernang voneinander auf der Yola Yordeianns durch ein spitzes Instmment hervorgebracht, yersnohspenon mit einem in ihrer freien Band befindlic grifU einen bestimmton der beiden Beize genanlokaUsiei Der normale Lokalisationsfehler wnrde zuerst festgestellt Lokalifilerong eines einikefaen Beizes, nnd dieser Fehler ^ glichen mit demjenigen, welcher entstand, wenn der näm nnter gleichzeitiger Einwirkung eines Kebenreizes lokalisi' Die Zunahme der Fehler im zweiten Fall gegenüber c malen« ersten i^'ali wurde dem isauilaß des zweiten Rei schrieben.

In der zweiten Reihe der Experimente waren die Ii stisehe. Die Vp wurde in den Mittelpunkt eines halbrund« gesetzt; um den ftnfieren Band des TiBches wurde em TnohTorhang gezogen, um die Bewegungen des Ezperi Tor der Vp zu verbergen; der tofiere Rand des Tiscfa durch Kreidestriche in Grade eines Kreises geteilt, ü

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über den Elnflaß von Nebenreixen anf die Bnnmwahnehnmng. 85

fiidieii in der Richtnng zur Vp geftihrt und so numeriert worden, da« die Giadiablen leieitt von der Vp gelesen werden konnten. Die Bdse wwen «oliarfe, deolUehe, mit einem MetaUinstnunento lurvoigebrachte GerttiuMdie an Teiseliiedenen Punkten dieses ein- geteilten Halbkreises; die Augen der Vp waren anf die l^ull ge- ' richtet, die unmittelbar ihr gegenüber lag. Wenn das Geräasch (dug rechts von der Vp gegeben wurde) erfolgte, richtete sie ihre Angen anf den Radius, der dem Ort des Geränsches am nächsten zu liegen schien, und rief die Zahl, welche den Radios bezeichnete. Der dabei begangene Fehler worde in Graden notiert| und der Normal- fehler aof diese Weise bestimmt Dann wurden zwei Beize ge- geben: die yp mufite nun den einen (Hauptreiz) an ifarer reehten Sate lokalisieren y den Nebemreiz an ihrer linken. Der Febler inirde wieder veraeiebnet und die Zunahme desselben dem £in- fliuse des Nebenreizes zogeschrieben.

In der dritten Versuchsreihe worden optische Reize verwandt und eine der \orlicrgehenden sehr ähnliche Versuchsanordnung benutzt. Die Augen der Vp waren wieder fest auf die Noll in der Mitte des Tisches gerichtet. Ein ätUck Papier weiß mit schwarzem Rande wurde für einen Augenblick auf der reehten Seite des Gesichtsfeldes gezeigt Die Vp wandte ihre Angen nach der beseiehnelen Riehtong und nannte die Linie, Uber der das Zdeben mshien. Der Fehler wurde wieder notiert. Unter glei- chen Umstfnden wurden dann zwei solcher Zeiehen nacheinander gezeigt und die Vp mnBte das eine derselben rechts, das andere links lokaliöieren. Die Zunahme des Fehlers wurde wieder dem. fcinÜuöse des Nebenreizes zugeschrieben.

Jede dieser drei hier beschriebenen Versuchsreihen umfaßte mehrere tausend Beobachtungen. Die erhaltenen Reenltate sind iBBammengefaßt folgende:

1. Bei Lokalisierung eines einfachen Beises, ob Tast-, Gesichts- oder GehOrsreiz, wird ein Fehler in der Richtnng des Punktes begangen, anf welchen die Aufmerksamkeit gelenkt war, als der Beiz eintrat IMeser Fehler wftehst ndt der Entfernnng des Reizes ▼on dem Gegenstande der Anfinerksamkeit. Bei der Lokalisfennig des Tastreizi :uü dem Vorderann ist der Gegenstand der Auf- merksamkeit in der Regel die Hand*).

i: Vgl Henri, Baomwahmehmuiig d. Tutsüma, S. 101.

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36

Hftywood J. Pttrce,

2. Wenn ein ^ebeureiz einwirkt, so steigt sich zuerst ( gong, der damit gesetzten »Snggofitioii« zu widerstehen, al widentrebende Tendenz yeniqgert sieh, wenn des £r wiederholt wird, nnd ecUiefilieb wird der poeitive Ein Kebemeizee yoUkommen dahin anidittekhar» dafi der ] sationsfehler in der Riehtang des Kehenreiies Wenn der Nebenreiz in der Richtung des Gegenstandes i iiierküamkeit liegt, so steigert sich die absolate Größe dei sationsfehlers ; wenn der zu lokahbiereude Reiz zwisclj Gegenstande der Aufmerksamkeit und dem Nebenreiz liegt, die absolute Grüße des Lokalisationsfehlers sich verringe die Richtung desselben kann ganz yerttndert werden.

3. Der Widerstand ist am stiirkaten, wenn der Nebe der dem Gegenstände der Anfinerksamkeit entgegenge Riehtnng gegeben ist, aber sehliefilieh ist der Ne] in dieser Biehtung wirknngsToller als im nmgek Falle.

4. Variationen der Intensität und Eutferuui Ncbenreizes haben korrespondierende Variationen in ( vorgebrachten Wirkung, die nicht näher bezeichnet zu brauchen, zur Folge. Die erste Wirknng indessen irgendei lindemng der Methode zeigt widerspieehende Resnltate^).

Ii. Kapitel. Ortsyergleichnng.

§ 1. Die Wirkong eines Vebenrelaee.

In allen Ex])erimcntcii, deren Resultate hier kurz zuf gefaßt wurden, spielte eine lokalisierende Bewegung eine Rc die Anrefrnnp: von Prof. Klllpe unternahm ich daher ei Reihe von Experimenten, die unter seiner Leitung ausgefül nm diesen motorischen Faktor zn eliminieren und von reine Vefgleiehsanssagen zu alangen. Die befolgte Meth* folgende: Anf der Vohuseite des Vorderarmes, etwa 11 < dem Handgelenk nnd in der LSngsiichtiuig des Annes 11 Pnnkte, mit einem Zwiscfaenranme von 0,6 em anf d ntaikiert und mit einer schwaohen Lösung yon Silbemitrai wobei Fuiikt 1 nächst dem Ellbogen, Punkt 11 nächst den

Ij Vgl. Psycholog. Sev. IX S. 354.

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über den Einflnß von Nebenioiseii snf die Banmwaliniehinimg. 37

gelenk lag und bezeichnet wurde Eine lieihe von Experimenten wurde niin ausgeführt, wobei der Arm auf einer Filznnterlage ruhte, un das normale Verhalten wie folgt sn bestiminen. Punkt 1 wird einem spifieo, httisernen Instmmente gereist imd etwa 1' dar- aof wild Punkt 3, 1 em daranter, in gleieher Weiae gereizt Die Yp moB angeben, ob der sweite Beis Uber oder nnter dem ersten oder an der gleieben Stelle wie dieser einsnwitken sebeint, wel- ches Urteil sofort iu ciue llir dicken Zweck eingerichtete Tabelle eingetragen wird. Die Punkte 5, 9, 7 und 8 werden in gleicher Weise gereizt, gefolgt von dtii eiits})re('lienden Punkten 7, 11, 9 iiod 10. Dann werden gereizt Punkt 6, 10, 4 und 11, jeder ge- folgt von einem 1 cm höher liegenden Reiz, nämlioh den ent- sfireebenden Ponkten 4, 8, 3, 2 und 9. Naehdem das normale Ver- halten auf diese Welse bestimmt war, worden dieselben Punkte in derselben Ordnung wieder gerelzti jedoob mit HInziifllgiiQg eines Nebenreizes, der 8,5 em tiefbr (d. b. dem Handgelenk idther) and gleichzeitig mit dem zweiten der beiden zu vergleichenden Reize einwirkte. Die Vp mußte jetzt urteilen, ob dieser zweite Kelz, den von dem Nebenreiz zu unterscheiden sie natürlich imstande sein muBte und konnte, höher, tiefer oder an der Steile dos ersten Reizes einzuwirken schien. Die Entfernung zwischen den beiden zu vergleichenden Punkten yerttndert sich, wie aus den tibeliarisehen Resultaten zu erseben ist, von 0,6 bis su 3,0 em. Die Entfernung zwisohen dem zweiten und Nebenreiz bleibt kon- Stent 8,6 em, weldie Entfemung, wie sieb bei den Mberen Yei^ sndiett zeigte, fax den Erfolg des Experiments die günstigste ist Die Ordnung, in der die Reize einander folgten, sowie die Rich- tnng aufwärts und abwärts, wurden in Intervallen, ohne daß die Vp esi bemerkte, vomudert, damit keine Beeinflusbung durch das Wissen stattfinden konnte. Die Intervalle zwischen dem ersten und zweiten Reiz (eine Sekunde) und zwischen zwei aufeinander- folgenden Experimenten (6 Sek.) wurden in der Regel durch ein Metronom bestimmt, das Sekunden schlug und bei jedem seebsten Scblage eine Gloeke erklingen lieft. Die benutzten Yp

1] Bei dieiea iäq|»effimoaten wnide nicht berttcktiohtigt, ob die Punkte »Dnekinuikte« waren oder ideh^ da ieh diesen ümBtand naoh den bi^Migen

b&hningen für meinen Zweck nicht für wesentlich hielt Ob bei Wahl von tMiekpunkten die Experimente andere Besnltate ergoboi wUrden, wl&re Fnge «iner speaiellen Untersuchung.

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38

HAywood J. FeATce,

waren Prof. KUlpe (Ke), Prof. KirBcliniaiin (Ki) and Dr (M;, doueil icli für unermüdliche Geduld, LiebcuswUrdigl Rat zu Dank verpflichtet bin. Der Zweck des Experime den beiden let/ip-enaniititi Vp durchaus unbekannt, ansge inaofem, als er ümeu durch die Methode offenbar ward Apparat, welcher gebraacht wurde, am die Keize zu gel Btaad ans swei Ziikelii, so YerbandeD« dafi der eine um den gedreht weiden konnte. Anf diese Welse konnten die vier der ZiMi in Teiaehiedenen Entfemnngen geradlinig oder : eines Tiereekes ansgehreitet weiden. Für diesen Apparat dem Herrn Prof. Ktllpe zn Dank yerpflichtet.

Um die befolgte Methode vollkommen klar zu mache ich die Ton einer Yp (Ke) erlangten Resultate im Detail indem ich mich begnüge, die mit den anderen beiden V] tenen Resaltato nur in einer ZuaammenfaaBong der ii^rozei sa bringen.

In den folgenden TabeUen I— V bedenten n, o und gl die Urtei! (d.h. üAcb dem Handgelenk xu, distal}, oben (d.h. nach dem Ellb proximar und «rleich d. h. an derselben Stelle wie der erste Reiz) in B auf die Lage des ersten Reizes. Als wurde ein Urteil gezählt,

»fjleich oder unten*. >oben oder g:1pi< h< un(i iihnlich lautete. Dar näiuücb snwfdd der einen wie der anderen Kategorie 1/2 zugeteilt, zent« sinil uiit RilckBicht anf die Gesamtzahl der VerBuche berechne sind die gl-Fälle zur Hälfte den u- und zur iiuiite den n-Faiicu worden.

Eine Untersuchung und Veigleichung der folgenden 1 zeigt:

1. Die Vp kann nieht mit Sicherheit den Ort eines Reizes Yon dem dnes vorhergehenden nnteiseheiden» w€ Entfernung swiaohen beiden nieht gri^fier ist als 0^ em, ai Unterseheidnng ist mOglieh, wenn die Entfernung 1,0 c

größer ist

2. Der Ort des zweiten Reizes ist un aUgemeinen leic erkennen, wenn er oben ist (d. h. in der Richtung deö Ell als im umgekehrten Falle.

3. Wenn der zweite Reiz unten iat, so wird er leich unten erkannt, wenn der Nebenreiz nnten einwirkt, als ; normalen Falle. Derselbe £influß ist besonders merklieh richtige UrteUe), wenn der zweite Beiz nnd der. Nebenreiz zeitig oben sind.

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44

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4. Wenn der zweite Reiz oben und der Nebenreiz unten ist. ist die Vp angeofloheinlieh in ilirem Urteil darch den Kebeiu:ei£ beeinflnßt, bo lange die Entfernung zwiscben den beiden zu Yet- gleiebenden Beiien nicht mehr betrilgt alg 2,0 cm.

In den Chioagoer Experimenten, wo die Vp den Punkt dnieh Bertthmng zn lokalisieren enehtO) variierte der dnrehscbiittlielie Ein- fluß nach uiiten bei vcrbcliitideiicu Vp zwischen 0,38 und 1,93 cm. Damach müßte man erwarten, daß ein Einfloß nach unten auf- hören mtißte, ciiH 11 koiitruilierenden Einfluß auf das Urteil zu haben, wenn die zu beurteilenden Kelze mehr Abstand von ein- ander haben als 1,93 cm. Eine solche Erwartung wird bestätigt durch d«a zn Anfang dieacB Panktee (4) erwähnte Faktum. Der Einflufi de» sweiten Beiies fthrt awdfellos fort zu wirken, nber die Bedingungen dee Experiments Inaaen deflsen Kundgehnng im Urteil nicht mehr m.

5. Wejiu der zweite Reiz unten und der Nebenreiz oben ist BO beherrscht dieser das Urteil durchaus, indem sich i^eLu Einfluß zwar in dem Maße verringert, als die Entfernung zwischen den zn vergleichenden Beizen zunimmt, jedoch noch bis zu der Ent- femnng von 3,0 cm vorhenachend bleibt

Dies stimmt insofern mit den Resultaten von Chicago llberein,

als diese ein Uberwiegen des Einflusses zu Gunsten der »Sugges- tion oben« zeigen, verglichen mit der »Suggestion unten«. Der Einfluß des Nebenreizes oben in Chicago indessen war nur 0,8 bis 2,02 cm. Das Würzburger licsultat ist in diesem besondem Falle (3,0 cm and mehr) einigermafien ttbemuchend.

In der folgenden Tabelle VI bringe ich eine Obersieht (aller naeh der beschriebenen Methode erreiehten Besnltate von den drei genannten Vp. Die Zeichen entsprechen denen in den Tabellen

I V. In Tubellc VI sind nur die Prozente mitgeteilt, welche für den Vergleich der Ergebnisse allein in Betracht kommen.

Mit einigen geringen Ausnahmen stimmen die Resultate fUr die drei Vp ttberein mit denen der Tabellen I— V. Das Faktum, daB Vp M imstande ist, mehrfach besser ohne ak mit Nebenrmz zn urteilen, selbst wenn dessen Ort mit der wahren Bichtung ttber- einstunmt, deutet an, daB der Nebenreiz ftr ihn ein störendes Element war, das subjektive Eindrücke und Mutmußuugeu etc. hervorrief, was er auch ausdrücklich angab. Andere leichte Wider-

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Sprüche und Unregelmäßigkeiten iii deu Kesultutcu dieser Vp können zweifellos derselben Ursache zugeschrieben werden.

Die Variation in der Wirkung des Nebenreizen von Zeit zu Zeit und hauptsächlich von Reihe zu ßeihe ist eine Sache von bedeutendem Intereese und tob Wichtigkeit Dies kann sehr leicht an einer Reihe von Kurven (Flg. 1) gezdgt werden.

Die Abfieiflfle ist geteilt in sehn gleiche Teile, die die zehn Expeiimentaireihen (Yp Ke.) danteilen, ans denen nnseie Besnltate hervorgegangen sind. Die Ordmaten andereneitB repräsentieren die Prozente der FeUer in den gegebenen Urteilen. Die nebenstehenden Kurven geben also eine graphische Verf^leichung der Fehler im Urteil unter normalen Umständen (punktierte Kurve; und der Fehler bei EinfHbrunjr des Nebenreizes in das Experiment (ausgezo^^eiie Kurve). Die Kurve zeigt somit den Fortschritt and die Entwick- lung von Reihe zu Reihe.

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Fig. 1.

In allen diesen durch vorstehende Kurven reprüsentierteii Fällen war der Vergleiebsreiz in Wirklichkeit oben. Daher sind die in Prozenten berechneten Fehler B&mtlich u-Fälle. Dabei ent> sprechen die Kurven I— V den Tabellen I— V. Eine Analyse der vorstehenden Kurven ergibt Folgendes:

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über cton Einflaß von Nebentaiieii wai die Barnnwihrnehmiiiig. 47

1. Die normale (punktierte; Kurve verringert sich im Wert, sowie die Entfemang zwischen den zwei Reizen wäohfit ein natttrliches fiesnltati inBofem als die Unterscheidang zweier Heize im ao lifilifirer ist, je weiter sie ToneiaaiideT eDtfemt sind.

2. Die nermale Klirre Terringert Mk im allgemeineii im Wert toh

Beihe 1 10, indem sie die vorteiHiafte Wirkung der Übung zeigt. Dies ist besonders klar, wenn die Entfernung; zwischen zwei Heizen Behr nahe der Unterflchiedj>srhwelle ist, wie bei 0,5 und 1,0 om. Die leichteu Fehler, augedeutet durch die punktierten Kur\'eu ül, IV und V in den letzten Reihen der Experimente, zeigen viel- leicht jene mibewiifite UnaelitBamkeit an, welche wohl die beste Vp befaDeo kann, wenn sie geEWimgen ist, eine laoge Zeit hin- dueh dieselben Beobaebtongen anaostellen.

3. Der Wert der Nebenreizknrren wSebfit in dem Durchschnitt

der Reihen von 1 zu 10. Eine mögliche Ausnahme ist oö'eubar in dem Fall der Kurve I (0,5 cm) und eine entschiedene Ausnahme

m dem Fall der Knrre V (3,0 cm) vorhauden.

4. Die Ziek-Zack-Eigenschaft aller dieser Kurven ist besonders beacfatenswert, sowie aneb die Ttttsacbe, dafi diese Eigensobaft mehr berrbitritty wenn die Entfernung zwischen den beiden flanpt- reisen zommmti mit anderen Worten, im Verhältnis zn der rtlnm- lieben Entferaung, welche dnrdi die EiaA des Kebenreises zu öbcrwiuden ist.

5. In alleu Kurven war der zweite Heiz tlber dem ersten uud der Nebenreiz unten. Ich zeige keine Kurven, welche den um- gekehrten Fall illustrieren. Der Einfluß des Nebenreizes oben ist so angenbiicldieh nnd best&ndigi daß die entsprechende Fehler- karre znm größten Teil eine gerade Linie ist, mit dem Durch- schnittswert Ton &st 100 %.

§ 2. Wirkung Ton swel nxid drei ITebenreisen.

Es ist vorher gezeigt worden, dafi, wenn eine Vp die Orts- besiefavng sweier snkzedierender Reize beurteilen soll, das Urteil stirk beebiflaBt wird dnreb die Gegenwart eines Nebenreiies. Es irt natttriieh anzimelimen, daß der Einflnß zweier Beize großer sein wird, als der eines einzigen, nnd daß der Einfinß znnebmen unrd im Verhältnis zu der Zahl der Reize. Als Beweis \\\r die Richtigkeit dieser Hypothese wurde folgende Gruppe von Experimenten mit

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48

Ki. ain Vp gemacht. Die einzige Veränderung in der vorher be- gchriebenen Methode ist die eben erwähnte Vanation in der Zahl . der f?tr die BQggestion gebraachten Reize. Die Resultate sind in den TabeUeu VU und Ym dugMteUt In den Tabelle VII mitge- teitten Yeraidieii nnd die Nebemeixe immer unten , wihrend eb korrektei Urteil Aber die BeUttioB swieehen den beiden Heapl- relxen oben sein würde. In den auf Tnbelle YDI daigeetellien Experimenten sind die Nebenreize immer oben, w&hrend ein kor- rcktcH Urteil Uber die beiden Hauptreize in jedem Fall uuteu Bein würde. Jede Tabelle zeigt die Resultate von 1, 2 und 3 Neben- reizen. Die Entfernung zwischen diesen war sehr klein ^ungefähr 1,0 cm). DesBeniingeachtet worden sie, wenn gie auf dem Uaud- gclenk gegeben wnrden, manchmal als getrennte Punkte erkannt Solch eine Unteiaeb^iing indeam war im allgemeinen nidit tof- kanden, indem das Waekatom der Zahl der Nebenreiae dem Be- woBtaein Wehnehr als ein Zunehmen an Stüike dea nrqnllngliohea einaigen BeizeB ersekien.

Im allgemeinen finden wir bei DnrchBicht der Torstekenden Tabellen, daß die Hypothese, von der wir ausgingen, gerecht- fertigt ist, wenn wir die Abnahme der Zalil korrekter Urteile als den Maßstab ftlr den Einfluß der Nebenreize ansehen. Dies ist indessen eine Bestätigong in negativem Sinne und von zweifei* haftem Werte. Eine positive Bestätigung wäre vorhanden, wenn die Zahl der Urteile in der Richtnng der Nebenreiae annehmen wttrde, im YerkUtnia mit der Zahl deraelhen. Die Besnltate geben indessen keine einfaeke BcmUtigiing in diesem Sinne. Wenn die ersten yier Beiken der Experimente übergangen werden, so könnte eine solche Bestfttigimg gefunden werden. Ick kabe es indessen vorgezogen, in meiner ganzen Darstellung Uber diese Experimente alle Reihen beizubehalten, indem ich sie in der Ordnung, in der sie angestellt wurdeD, vorle^a', da ich frlaube, daß die entschiedene Veränderung in dem Charakter der Urteile, welche innerhalb der ersten fUnf Reihen gewöhnlich stattfindet» von spesiellem Intereaae nnd von Wiehtigk^ ist

Das Zunahmen in der Zahl der gl-Urtelle mit der Zahl der Nebenreize ist beieiehnend ftr die wachsende Schwierigkeit, ein Urteil an bilden, die TOn den ablenkenden Ehiflttsaen abhängt. Kann eine Vp oben nnd nnten nicht unterscheiden, wenn sie eine Entscheidung treffen soll, so sagt sie eben meistcuä gleich,

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über dan Eiafliifi toh Nebeudieii auf die Baomwalmiehiiiiiiig. 49

Tabelle VIL (Yp Kl) Nebenieize raten» richtiges Urteil oben.

3 »

Zahl der f cr- mche

Urteil

(1 Nebenreiz)

1

1 Zahl

1 der , V er- suche

Urteil

{2 Nebenreize}

Zahl der V er- Sache

Urteil (3 Nt'benreizts)

n

0

gl

n

o

n

0

gl

1

6

iVi

3

4

l f

8

6

4

1 C

1

8

3

5

1

3

1

5

i

6

Vi

4

ö

5

1

2V2

5

6

Vi

ö

3

1V2

5

2

6

5

3

2

6

3«/.,

1V2,

6

1

IV2

2V2

7

6

3t/2

1

6

ö '

ö

4Va

8

5

1

4

1

6

4V2

V2'

5

4V2

V2

9

5

4

1

5

5

5

11/3

3

Vs

10

6

3

2

6

2

3

6

2

3

11

5

IVs

2

li/o

5

6

5

1

3

1

18

6

*

5

1

6

3V2

IV»

13

5

4

1 '

5

2

2V2

5

2Vf

2»/j

14, 6

4

1

6

3V2

IV2

5

2

S

8*. 70 1 191/2 1 i 11

I

|28o/o{56o/o{l6o/o

70 23 291/2 1 17V2

|33u/o^ 420/0 l2ö"/o.

55 I 4V2IBI 19' g

Tabelle VIII. (Vp Ki.)

Nebenreize oben, richtiges Urteil unten.

Zahl

UrteU

Zahl

Urteil

Zahl

Urteil

der

(1 Nebenreiz)

der

(2 Nebenreizö)

der

(3 Nebenreize}

Vei-

1

Ver-

Ver-

laehe

0

gl

suche

n

0

gl

suche

n

0

gl

1

5

V2

2V'.

2

5

5

2

5

3

2

5

4

1

3

ö

1

1

6

4

1

4

5

1

4

6

5

5

5

5

6

1

4

6

4

1

5

ö

6

ö

3

2

5

1

4

5

5

7

5

ö

6

4

1

5

1

4

5

31/2

IV2

ö

5

5

4

1

9

6

2

3

5

6

5

41/2

Vs

10

5

V2

4V2

5

1

2V2

IV2

6

5

11

5

4

1

5

Vs

3

11/2

6

3

2

ü

5

6

6

2

3

5

3

2

13

5

4

1

5

ö

ö

3

2

14

5

1

4

4

1

5

IV2

3V2

Sa.

70

4V2

741/2

18

70

21/2 1 Ö6V2 1 11

55

1

43

11

60/0

680/0

260/0

j 3o/ot81o/o|l6o/a

1

2oyo|78o/oj

200/0

Ankiv Ol Piifcholpgi«. L 4

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so

and ^> \yiX ^hL". Waibätom der Gleichbeitsfäile eia Amdmck für

LLL Kapitel EntternangiächäUaDg.

Nadiiiwi gexeigt wofden iit, daB der •djcmbtre Ort anes B6ini Tolklliid^ mkoit ward» kam iiiMg» der Eiafiduing eiaei Nebeaniict, li^ ei Bokfl^ dflD EiniaS dn« Nebemeto leMriMH» BMiDTeriiitlms Ton iwd irimiltMwn Haoptreiseii m lie-

wenn die abeolnte EDtfenmng und der relatiTe Ort ftbr beide küostaat blieb. Die beiden, die zu L>cürt<;ikiiiie Entferamig bc- irrenzcnden Paukte waren bei diesen neuen Versuchen konstant 8 cm FOD einander enttemt und aul der oberen Hälfte der Volar- oberfi&che dea Vorderarmen augebracht Es wurde ron der Vp Terlftogt, die beiden ehuiiidar folgeoden Dopi»elreize, die statt der ffOnaok eiB&ehea gegeben wurden, zu veigleiehen und m be- ftbnmen, ob die Entfenmog xwisehen den iwei Punkten die gleiche bleibt, grOBer oder kleiner iit im zweiten IUI, als im enteit Naebdem das normale Urteil anf dieie Weiee diroh eine Aniabl Ton Prttfangen festfrestellt worden war, wurde dasselbe Verfehren wiederholt mit dem Unterschied, daß ein dritter Reiz bei der zweiten Entfernung eingeführt wurde. Die Entfemnng dieses Neben- reizes von den beiden Ilauptreizen variierte von 9,0 zu 1,0 cm (9. 7. 5. 8. 2. 1) bezw. von 1,0 zu 9,0 cm und \sur immer unter (d. h. in der Bichtong anm Handgelenk) den beiden Haupt- reisen. Die Vp wnrde nnr im allgemeinen mit dem Zweek and Pinn dea Expaimentee bekannt gemadit £b wurde ihr kebie Infocmatian gegeben, betreffend die Methode, die Zahl nnd Ans- dehnnng der Variationen. Besondere blieb sie nnwieeend darllberi daß die Entfernung der beiden zu beurteilenden Punkte konstant blieb. Als nuui bic Iragtc, ob die Entfernung in dem zweiten Fall dieselbe bliebe, größer oder jrcringer würde, als in dem ersten, nahm sie an, daß solcrlie Vuriationcn In Wirkliclikeit vorgeoommen wurden. Daß die Vp solch eine Voraussctzong hatte, zeig;t auch daa Faktum, daft alle drtM Urteile ^cbon in den Normalvennohen abgegeben wurden* £b folgt eine Tabelle, welche eine Zneammen- faisnng aller Beenltate einer Vp (Ke.) gibt Die Tabelle nm&Bt eeohs getrennte Gmppen von Experimenten, in deren jeder die Entfemnng des Nebenreiies yersohiedenl iet Die Urteile besieben sieh stets auf die zweite Entfemang.

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Ober das Einfloß ▼ob Nebearaisoii auf die BananwahinehiBiuig. 51

Tabelle IX. (Vp Ke.)

Entfer- nniiK des

Neben- reizes

Reihe

der Veranche

Normales Verhalten

Nebenreu untua

U

gl

kl

8l

1 2 3 4

7

8 6 8

2

5i/j ö

7

IV2

1

0

1

: 7 1 8

1 D

8

Sa.

29

21 Vs

29

1

74B/0

Wo

100l»/o

7j0 fim

1

2 3 4

7

?

8

1

4 1

X

6 3

Q O

4

1

o

ä

4

1 5t/j 8

c 0

7

iVi

1

Sa.

89

6

16

7

851/,

81/,

21o/o

650/0

240/0 1

880/0

lao/«

5^ cni

1

2 3 4

7

8 6 8

6

4

Q O

6

V2

0

3

6 0 7

V2 It/j

1

Sa.

29

8

18

9

1

22V,

8

41/,

8I0/0

TO»/o

18%

3.0 em

1

2 3

7 8

6

1

*•

7

4 1

X

6

3

A t

8

6

41/2 8

IV.

1

3 1 4

Sa.

89

8

17

10

8

7o/o

340/0

600/0

270/0

1

2 3 4

5

8 6 8

1

o fi

4

6

Q

1

1

2 1

7

3 2 0 6

3 1

8

l 8

Sa.

27

3

13

11

13

4

10

11%

48»/«

«0/0

IW/o

87»/»

IfO CID

1 2

3 4

6 8

6 8

1

1

6 4

4

6

3 1 2

1 3 1

31/2

3 3 3 2

1 2 2

81/,

Sa.

27

8

19

6

8»/t

U

7Vt

1

70/0

700/0

220/0

310/0

, 41*'/o

280/0

4*

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I

52

Hftywood J. P»aK«^

In der ganzen Anzahl von Nürmalverenchen wurden nur 2 Urteile als zweifelliaft bezeichnet, bei den Nebeurcizversachen 5. Die Zunahme der Urteile gr und die gleichzeitige Abnahme der Ur- teile gl und kl, wenn die Entfernung des Nebenreizes Ton den konstaaten Beisen ueb vergrößert, wird gat tUostriert durch eine Gruppe von Kunren (Fig. 2].

Auf der Abfleiflie bezelohneii die Zahlen 1, 2, 3 usw. die cm der Entfemnug dee Nebenreixes. Die Zahlen auf der Ordinate 10, 20, 30 usw. aeigen die Frosente und die Kiure Ä das Waehstam der Zahl der Urteile > größer« unter dem Einfluß der zunehmenden Eutfernmi^j: des Nebenreizes. In gleicher Weise zeigt die Kurve B da» Verhalten der Urteile gleich und die Kurve C das der Urteile kleiner.

normaler Weise »kleiner« war. gibt dem Urteil »größer« in den Nchenreizversucben natttrlich ein besonderes Gewicht.

£ine Reihe von Experimenten mit Yp M., in der Methode der eben beschriebenen tthnlieh» gibt die folgenden Besnltate:

Beattglieh der Tabelle X ist sn bemerken» daß, auch wenn der Nebenrehs tob den Hanptreisen nur 1,0 cm entfernt war, die Urteile gr immer noch 83 Vo betrugen. Jedenfalls ist der ünter- sciiied der Urteile der Vp M. und Ke. begründet durch die ver- sehtedene btärke des Drucken bei der Applikatum der Reize. Im Falk' M. war es durchwej^ nötip:, einen sehr starken Druck an- zuwenden, um ein Urteil zu erlangen, welches die Vp befriedigte. Bei Ke. war dagegen der Dmck verhältnismäßig gering. Da nun der Einfloß des Nebenreizes direkt von der Stärke des ans- gettbten Dmekes abhängt» wie meme froheren Experimente geseigt haben, so mußte dn Beis Ton 1,0 cm Entfernung ehien größeren Einfluß auf das Urteil der Vp M. haben, als auf das der Vp Ee.

In Verbindung damit muB nach der Tabelle IX bemerkt werden, daß in den sogenannten Normal- Tersuehen die Entfernung zwischen den Hauptreizen im zweiten Falle durchaehnittlieh m OO*/« »klei- ner«, in 10% »größer« und in 30®/y »gleich« beurteilt wurde (gleich bedeutet natürlich das korrekte Urteil). Das Faktum, daß solch eine große Prozentzahl

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über den EmflnO von Nebeareizon auf die Eaamwabmehmang. 53

Tabelle X. (Vp M.)

fiitfer-

iren? des Neben-

Reihe

Z&hl der Vextaebe

Normales Verhalten

' Zahl der Yennolie

Nebeoreiz uaten

kl

1 ^

1 "

gl

9,0 cm

1 2

3

A

6 6 8

1 10

2 1

5 4 1

7

1 9

! 6 6

, 8 in

3 5 6 7

3 1

2 3

1

1

1

29 1 3

10

16

1 30

I

21

1 ^

6

340/0

650/0

TOD/o

18»/o

"o/o

1

2 3

9

ö 6 8 III

2

Va

5 4

1

7 9

6 6 8

1A

4 6 8 9

2

Sa.

89

81/»

101/i

16

80

96

8

90/a

36oyo

66»/o|

870/0

70/0

&,Oein

1

2 3

i 5 6 8

Va

5 5 1

1

10

6

6

8 in

4

6 8 9

1 1

Sa.

29

V.

11

17V»

30

26

8

8

80/»

a9»/o

«00/0

87»/o

tfitM

1 2 3

5 6 8 lU

V2

6 5 1

1

6»/<, 10

6

6 8

6 6 8

10

1 1

8«.

89

V.

11

171/,

SO

88

8

2o/o 38o/o 1 600/0

930/0 ' 70/0

1

SDOeo

1

8

8

5

fi 8 10

, 1

1

6

2

Vi

3

V'

1 0 1

8 10

4

ö

10

8

1

Vi

Sa.

29

2

71/,

19Vs

30 1 26>/s

3

8e»/o

670/0

88i»/o

ia»/o] 20/0

1 2 3 4

5 6 8 10

5 3

IVa

3 8

6 6 8

10

3 5 7

10

3 1

1

8a.

89

91/,

leVt

80

86

4

1

1

1

33^/0 1

670/0

1

83^/0 1 130/0 1

40/0

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54

Baywood J. Petree,

Infolge der nogewölniUchflii QrOBe Eiii<liiniw> aber war eine merkliche Steigerang deeeelbeo wohl nkhl mehr mOglieh, and so

«eigen die Prozentzahlen keine eigentliche Znnahme mit der waeh- ijeuden Entfernung, wie bei Ke.

Eine andere Keibenfolge von Experimruteu den vorheigehenden einigermaßen ähnlich, wurde wie folgt au^s^e führt: Zwei Punkte, 8,5 cm Ton einander entfernt, worden auf dem Vorderarm gereizt. Wie in den eben beechriebenon EjcperlmeDten, folgte auf diesen Doppelreil ein sweiter mit der Hinsnfllgang eines dritten Sfi cm naeh aaten. Sodann wnide bei Veningening der Diataaa naeh einer Aaaabl Ten VemielMn (gewOhnfieh 5 bis 6) die Ueineie Enl- fenmng xa beatimmeü gesacht, welche unter dem Einflnfi des Keben-

wie die der beiden ersten Hanptreiie. Die letztere blieb konstaut, nämlich 8,5 cm. Bei dem zweiten Doppelreiz wurde die Entfernung variiert von 8,5 zu 4,5 cm, die Variationen (jede Variation zu 1,0 cra) wurden in beiden RichtlUgeni nämlich von 8,5 zu 4,5 und von 4,5 zu 8,5 aasgefhhrt.

Die Versaehe der Vp Ke. sind in Tabelle XI snsammengeiafit

Tabelle XL (Vp Ke.) y«ig]eieliniig iweler DistMisea: die erste konstut uid die sweite varlsbeL

Eiste Distass

Zwsite Distanz

Zahl der Versaehe

Urteil:

der zweite Kf

'iz ist

Urtoil in Prozeuten ausgedrückt)

kl

gl

kl

6l

8,6

fl5

n

1

8

88

4

8

Sfi

7,6

80

17

8

6

tn

86

17

8^

6^

80

U

1

6

80

8

17

8,6

6,^

80

mt

9

6Vt

68

80

18

8^

80

6

»v.

4Vt

17

68

16

Entspieeheaile Experimente mit Vp M. wann nicht dnxefaans befriedigend and worden wegen der aoBerordenlilichen Schwierig- keit, die die Vp bei der Vergleichnng der beiden Entfemnngen

fand, unterbrochen. Die Resultate von Tab. XI bestätigen im all- gemeinen die iriiheren. Wenn man Uber die Unregelmäßigkeit bei 7,5 cm hinwegsieht, so erhält man etwa 5,5 cm als Äcjuivaleut für dio Distanz von 8,5 unter dem Einiiuß des Nebenreizes, d. h. die zweite Distanz erfahrt einen vergriißemden Einfluü von ongefahr bö^'^.

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1W den BiaAiß Ton HdlMiiieiM& anf die Btoniwalmelimiiiig. 55

IV. Kapitel Streekenyergleiohang. § 1. VonmmohB.

Die bisher mitgeteilten liesultate veranlaßten Prof. Külpe anzü- Qebmen, daß man eine Tänschnng bei Bearteilimg von Haatotceeken demonBtdflreii kdmie, ähnlich der von Mttller-Ljer angegebenem Minnteii optisehen Tttniehimg. leh mitenuüun infolgedeeieii die Hentdluig einee Hbddk» des den toa der NeAmr des Problems ge- forderten Bedingungen enispredien konnte. Die Haaptaehwierig* keilen, welehe ttberwnnden werden muBten, waren 1. das Fsktnm, (laß die Untersohiedsschwelle der takti]en Streckenwahrnelmfiiing sehr groß ist, nnd 2. die Unebenheit der Oberfläche des Armes, die gereizt vvcrdeu sollte. [)ict^e beiden Schwierigkeiten machten die Benutzung einer genau nach Müller-Lyer's Muster konstruierten Figur unmöglich. Daher beschloß ich, statt den »Schenkel« aus Linien n konstmieien, an deren Stelle eine Anzahl von punktuellen Reizen n wtaeiL Der Apparat beeteht nmJ&chBt ans einem Hessingbleeh {A Figar 3), 12,0 em lang, 2,0 em breit nnd 0,1 em di<^ welches die

Fig. 8.

Handhabe bildet, mittels deren der Apparat gehalten wird. An der- selben .sind zwei genau passende Hülsen (/?, B) angebracht, welche hin und her geschoben werden können. An jeder Hülse sind zwei drehbare Schenkel befestigt, mittels deren man jeden gewünschten Winkel einstellen kann. Jeder Schenkel hat Offnungen ftlr 6 Messing- upfen, wdehe in einer koniseh abgedrehten Spitee anslaafen nnd 80 an dem Sehenkel angebraeht sind, daß sie sich leieht anf nnd sb bewegen lassen. Dieselben rohen anf der Haut mit dnem Dnieke, der ihrem Gewidite (5,5 g) entsprieht Von jeder der beiden Httsen laufen zwei Federn (C, C) aus, welche ein zweites Meesin^ Wech von 2,0 cm Breite und 0,1 cm Dicke festhalten. Dieses

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50

lia^-wood J. Pearce,

letetere bildet den linearaD Reis, dessen LSage geändert werden kann, je nachdem die Bedingungen des Experimentes ee yeriangen Der richtige Gelmmeli des soeben beschriebenen Ihttromentes^

bei dem der Druck fi^leiehmäßig auf der zu reizenden Oberfliichü zu verteilen iwt nnd die zwei zu vergleichenden Reize in ihrer In- tensität i?o gleichartig wie miiglich hergestellt werden mü88eü, er- fordert von Seiten des Experimentators viel Übung und Geschick- lichkeit. Irgend welche Unregelmäfiigkeiten in den Resultaten sind zweifellos dem Mangel an der erforderlichen Geschicklichkeit und Obnng Ton setten des Experimentators znsnschreibea. Von selteii der Yp war ein sehr ermüdender Grad von Konxentration erforder- Ucfa| um die nötigen Vergleiohe nnd Uitoüe an bilden. Dafi trotz aller Hindernisse In dem Gange der Experimente die Ergebnisse Bo verliältnismilßig glcichfömii^ «ind, bestärkt uns in dem Glauben, daß mau berechtigt ist, die Hypothese, von welcher die Experi- mente geleitet wurden, fils vollauf begründet zu betrachten.

Wir vergleichen zuerst die beiden Typen der Figur, nämlich

nnd den, in welchem der Schenkel nach innen gedreht ist (T). Die letztgenannte FSgnr blieb konstant m der Länge von 14,0 cm nnd war somit der Nonnakeiz [N), Anfier Ee. diente mir bei diesen Experimenten als Vp Herr Watt, dem ich an dieser Stelle meinen Dank aoszosprechen wttnsche.

Bei N und der variableu Figur ( V} haben die Sehenkel in Tab. Xn und XIV nur je einen Reiz, dessen Entfernung von 3—7 cm variierte, in Tab. XIII je 2 Reize mit den Entfernungen 5 nnd 7 cm von den Endpunkten der Linie. Die Länge der Linie von T vari- ierte von 4—12 cm. Die Zeitfolge von N und V wurde zur Aua- gleichung des Zeitfehlers gewechselt. Das Urteil erfolgte stets Uber den zweiten Beiz, mochte dieser ^oder V sein. In den Tabellen fimd jedoch die Urteile slmtlich anf die konstante Linie bezogen, so daB gr, kl so Tiel heüSt als: die konstante Linie erschien griSfier, kleiner als die Yariable. Das Verfahren war ein der Methode der Blinimaländerungen ähnliches, aber möglichst unwissentlich. Die Vp wußte nicht, ob N oder V den zweiten Keiz bildete, ebenso-

1) Bar Appant wurde in doppeltar Anafttliniiig (ein Ezemplir für ein- wUrts gokehrle Sehmkel) und mit einem Satz von 16 verschieden langen BeisflMohea von Henn Mechaniker Schott in Wlinbaig mgeüBrÜgt

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über den Einfluß von Nebenretzen auf die Raumwahmebmnng. 57

Tabelle XII. fVp Ke.)

iV= 14 cm. Ein Reiz in jedem Schenkel, 7 cm vom Endpunkt der Linien

entfernt.

Länge von V = 4,0 cm

6,0 cm

8.0 cra

10,0 cm

12,0 cm

c

1. o

'S

ürteU

^ 2

Urteil 1

^ 2 p

Urteil

^ 2 •a ©

Ö

Urteil

2 ©

Urteil

c

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N5>

gl

's e

1 08 ©

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kl

1

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gr

kl

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gr

kl

gl

S 2

©

gr

kl

gl

1 2 3 4

5 6

6

6 6 2 2 2

4

5 6 2 2 2

1

2

6 6 6 2 2 2

6 6 6 2 1 2

1

1

6 6 6 2 2 2

4

3

i

5

1 1 1

Va

1

2 2

6 6 6 2 2 2

2

1 1

6

3

4«/2 V2

V2

1

IV2 V2

1

1«A

6 6

6 2 2 2

l(?j

5

31/2 V2

2 2

1

2V'> V2 V2

Si.

24

21,1

2|

24

22

1

1.

24 |10|8V2;5«/2

24

414V2 5V2

24 |1

I8V2I4V2

Tabelle XIII. (Vp Ke.j

A* = 14,0 cm. 2 Reize in jedem Schenkel, 5 bez. 7 cm vom Endpunkt der

Linien entfernt

Lange von 1 r=4,0cm

6,0 cm

8,0 cm

10,0 cm

12,0 cm

c

£

ÜrteU

^- 2

•a © s

Urteil

^ ©

Urteil

^ 2

•a © S3

UrteU

^ 2

TS 0

a

Urteil

V

gr

U

gl

S £

s8 ©

gr

kl

gl

S £

es ©

gr

gl

OD

J3 hl

es ©

gr

kl

gl

■2 ® ^ 1-

03 ©

gr

kl

gl

1

2 3 4

6 6 6 2 2

6 6

6 1

6 6 6 2 2

6V2

6

6

2

2

V2

6 6 6 2 2

ö

3V2

1 1

1 1 1

V2 IV2 1

6 6 6 2 2

2 2 1 1 1

3 1 1

4 1 4

1

6 6 6 2 2

V2

6

6 2

V2

Vj

1

22

22

22 I2IV2I

V2

22

16

3|3

22 1 7 1 5 1 10

22 1

V2I2O

IV2

Tabelle XIV. (Vp Ke.)

A'=14cm. Ein Punkt in jedem Schenkel, 3 cm vom Endpunkt der Linien

entfernt.

Liage von r. 4,0 cm

6,0 cm !

8,0 cm

1

' 10,0 cm

12,0 cm

*

a

u «

UrteU

*- 2

©

UrteU

*- 2 -o ©

UrteU

©

<OJ=

e

Urteil

%^ ©

© JS ©

ä

Urteil

gr

kl

gl

= 1

08 © N3>

gr

kl

gl

3 e

gr

kl

gl

Zahl

Versi

gr

kl

gl

Zahl

Versi

gr

kl

gl

1 2 3 4

2 2 8 2

2 2 2 2

2 2 2 2

2 2 2 2

2

2 2 2

2

•)

2 2

1

1 2 2 2 2

It/j 1

1

1 2

V2

V2

V2

2 2 2 2

1

2 2 2 1

St.

8

18

1

8 |8| 1

8

8

1 1

8 |3V2|3V2|1

8

1

7

I

i i^co Ly Google

68

wenig, ob ein größerer oder kleinerer Heiz die Reihe eröffiien wttrde.

In Tab. XII finden wir, d&ü keine Tänschnng in den Urteilen hervortritt, bis die Länge von V 8,0 cm ist. Hier scheint X länger als V lOmal unter 24 ürtoaen, kllner 8Vsmal and g^eioh 5Vimai Brttohe in don Zahlen der ürtefle bedeuten Zweifel TOn selton der Vp von der Form »gleioh oder kleiner« nnd ilmliche. Wenn die Lange Ten V auf 10,0 cm yergrOBert iBi, ersebeint N länger nur noch 4 mal in 24 Versnchen, nnd wenn die Länge von F 12,0 cm ist, erscheint N nur Imal länger in 24 Versnchen.

Tabelle XIII zeiert das Resultat einer ähnlichen Reihe von Ver- suchen mit 2 Reizen in jedem Schenkel, von denen einer 5, der andere 7 em vom Endpunkt der verglichenen Linien entfernt war. In die- sem Falle ist jedoch keine Verstärkung der Täuschung zu bemerken. Bei 8 em wird N als »langer« bearteUt 16mal in 22 Vei^ Sueben, und wenn n2,0 cm ling ist, wird N ab langer in. 24 Yersneben beurteilt

Tabelle XIV ist bestimmt, die Variation des nuscbungsbetriges zu «eigen, die bei Verkleinerung der SchenkeUänge auftritt. Bei einer Größe derselben von 3,0 cni erscheint bei F = 8 cm X länger 8mal in 8 Versuchen. Erst wenn 1' 10,0 cm lang wird, tritt eine merkliche TriuBchuu^^ im Urteil hervor, und zwar ersebeint iV^liu^r als V immer noch 3>/2mal in 8 Versuchen.

Tabelle XV stellt eine Gruppe von Experimenten dar mit der Vp Ei.) deren Resultate sieh ahnlieh erweisen wie die der Vp Ke., aber wegen ibrer relatiT geringen ZaU erst reebt nur als Vorrersucbe su gelten haben.

Auf die Resultate selbst gebe leb hier niebt nlUter ein, weil ebie Modifikation der Versuchsanordnnng zn einer genaueren Bestimmung der obwaltenden Verhältnisse geführt hat- Eine solche Modifika- tion war notwendig, weil das Urteil der Vp bei der bisher be- folg:ten Methude nehr schwierig war und wiederholt die Unsicher- heit der Aussagen betont wurde. Auch war nicht ausgeschlossen, daß die Scbenkelreize nicht genügend von dem Hauptreiz unter- schieden wurden. Darauf weist wenigstens die Tatsaobe bin, daß in Tab. XTTT, wo der erste Sobenkelreiz 5 em vom Ende der iinie entfernt war, trota der Verdoppelung des Nebenreiaes eher eine Verringerung der Tänsehung eintrst Der Keignngswinkel swiseben Sdie&kel und Linie betrug in allen Füllen 26**.

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über den Einfloß von Nebenreizen auf die Eanmwahmehuiuag. 59 Tabelle Xy. (Vp Ki.) i^=14oiii.

1 ^ LI

Länge von F= 4.0 cm

6,0 cm

8.0 cu]

10,0 cm

12,0 cm

!

Uiteil

Urteil

Urteil

Urteil

Urteil

ST

i kl

Kr

kl

gl

kl

Kl

kl 1 gl

1

6

f

4

1

1

k

2'

1

2

2

3 : 1

Liin^ederScheo- , kol 7,0 em. Bin ' Tu'i/ in jedem

Schenkel.

i

2

2

1

1

1

1

2 UiiiigederSoheu- kel 6.0 cm. Ein Hei'/, in jedem 1 iScheiikel.

i

4

2

1

1

2

1

l'.'i

31/2 '

/2[LäuKti derSchen- kel7,0cm. Drei 1 Ri'ize in jedem ' ScliL'ukel.

i

2

1

1

1

1

2

1

Länge deri:>chen- kel 7.0 cm. Zwei : Kei/.e in jedem 1 SclienkeL

J 2. Oenauere Bestimmungen.

Eine amgedehnteie und befriedigendere Bcihc von Versachen winde unter Anwendung folgender Metihode dorehgeittbri Das Feikngte Urteil war eine Yeigleiehnng der Linge einer einfachen [schenkellasen) Linie ndt einer zweiten, welche von Nebenreizen mit ffiUb des oben besobriebenen Apparates begleitet wurde. Die lünge der letzteren wurde während einer Versuchsreihe kou- fetant erhalten, und der betreffende Heiz hieß daher der konstante oder N. Die einfache Linie wurde als viiriabler Reiz (F) zuerst merlLlich kürzer als die konstante genommeu und dann so lange ▼eip'öBert, bis die Vp das Urteil »gleiche aassprach, welches sofort protokolliert wurde. In derselben Weise wurde in nmgekehrter JÜehtong nach der bekannten Methode der Hinimalündernngeni) im lUle der Beizreigleidiiing (Uethode der Äqoiyalente) ver- ftbren. Durch die Kombination der zwei auf diesem Wege er- haltenen Werte zu einem arithmetischen Mittel wurde Air die kon- stante, unter dem Einfluß von Nebeureizen stehende Strecke die äquivalente einfache Strecke gewonnen. Daneben war durch Ände- rung in der Kichtuug des Verfahrens und in der Zeitordnong des

1) VgL Kttlpe, Gnmdrifi d. Psychologie. S.69f.

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I

60 Haywood J. Pewoe,

konstanten und des variabel n Reizes dafllr Sor^ getragen worden, die bekannten konstanten Fehler nach Möglichkeit anszngleicben. In den Tabellen sind nur die Mittelwerte aas allen diesen £inzel- reihen aufgenommen.

Von den drei bei diesen Experimenten beteiligten Vp waren zwei (Ke. nnd II.) in diesen Beobaehtnngen gettbti wfthrend die dritte (W.) neu hinxngetreten war und keine Kenntnis Ton dem Apparat nnd der ganzen Versnebsanordnang hatte. Docb zeigte sie sich dnrcbans befähigt, eine genane Heschreibnng der räam- liehen Xatur ihrer Hautem)itin(liiu^eii zu liefern. Als ieh sie am Ende meiner Versuche fra^t, welche Wirknng sie den Nebenreizeu auf ihr Urteil Uber die Strecken) an f^e zuschreibe, meinte sie, daß der einzige Eintluß in einem Wachstum der mittleren Variation bestehe, während sie eine VergröBerong der scheinbaren Länge der beurteilten Linie nioht «^"*^bin

Alle Vp waren imstande, die Linie von den punktuellen Nebenreizen der Sefaenkel zu unterseheiden, aber infolge der damit Terbundenen Sehwierigkeiten war der Fehler in einigen Fällen 80 groß, daß man an der Korrektheit der Unterscheidung zweilclu konnte. Vp W. drückte ihre Unterscheidung folgender- maßen aus: Ich kann einige Punkte au den Enden ftihlen und »noch etwas« in der Mitte. Sie verglich demnach die einfache Linie mit diesem »noch etwas . Eine andere Vp (Ke.) konnte die Punkte, die dem Ellbogen näher lagen, leichter unterscheiden, als die dem Handgelenk näher li^nden. Aueh eisohien dieser Vp die Linie mehr in der Gestalt einer Fläcbe, welche in der IGtto einen stärkeren Druek hervorbrachte, als an den Bändern. Diese Beobachtung deutet darauf bin, daB ich anfangs einen zu star- ken Dmok auf die die Linie auf der Haut erzeugende Kante des Apparates auöubti-. Ich habe später, ohne eine merkliche Ände- rung in den Resultaten zu erhalten, den Druck des Ajjparates ver- ringert nnd dadurch das Urteil für diese Vp erleichtert. Bei W. war der Druck ?on Anfang au ein mäßiger gewesen, etwa Ton der Intensität, wie sie die natürliche Schwere des Apparates her- vorbrachte. M. dagegen konnte kein ihn befriedigendes Urteil fällen, ohne daß der Druck recht stark gewählt wurde.

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Ober d«i Einfloß tob NoboniidMii auf die Banmwahniehmiiiig. 61

Figor >- -< Tabelle XVI. Taattäußchung.

Länge «kr

der

Zatii der Reise im

der Ka- thete

Winkel

Vp Ke.

Vp

\V,

VpÄL

Darob-

schnitt

lirie

Behenkel

Sehenkel

MP

mV

MP

ImV

1

MP|mV

MF

|mV

V>

6.0

[

2,9

5,0

6,0

5,0 5jO

1 1 1 1 2 2

2,4 ') »>

Üf) 4,0 4,5 4.0

20 90 20 30 20 90

2.8

'^ 1

2,3 3,0 2.8

0,9 0,5 1,0 1^0 0,9 0,9

2,5

1,7

2.9

4,2

2,6

Ü,5 0,4 0.7 0,2 0,6 0,6

3,4 2,7 4,.i 2,6 6,6 4,9

0,4

o;3

0,4 0,7

0,9

2,3

3,4 2,3 4,2 3,4

0,ü 0,4 0.7 O^ü 0,7 0,8

A. M.=

= 2,8

0,9

2.6

0,5

4,0

0,6

3,1

|0,6

7.0

7.0

i^l

7.0

1

2,9 2.9

t:g

5,0 0,0

1

1 1 1

2,4 2,2 4,5 4.0 4.5 4,0

20

:^o

20

m

20

2,5 2 2

:u

1,5 :^,2 l.r.

0,4 0.:5 1.0 0.3

0,5

1

1

! 1 1

A, .M, =

2.4

0.5

! 1

3.0 ti.O 8.0 8.0 8.0

2.9 2.9 5.0 ö.O

1 1

\

i

2.4 2,2 4.5 4,0

1 4,0

20 20

ao

20 30

2.2 2.1 2.4 2,1 2,1 2.1

0,7 0,2 O.^i 0.1 0,H

|i,o

2.0 1,2 2.5 1,H

:\M 2,1

0,2 0.0 0.4 0.5

(),»; 0,3

;5,4 :y 1

4,0

:5,4

4,4 3,3

0,5 0.9 0,H 0.7 i).2 0,4

2.5 2.1 H.O 2.4

:j,o 2.5

0 5 0,0 0,4 0,0 0,5 0,6

1 1 1

A. M. ^

2,2 1 0,7 1 2,2 1 0,4 1 3,6 ; 0,6 i 2,7 1 0,6

TahAllA YVn

Tasttäuschung.

Figur <H

>

litiyil

der

Unge

der

Zahl der

Reize im

Llbige der Ka-

Winkel

VpKe.

Vp W.

Vp M.

Durch- schnitt

Uue

Sebenkel

Schenkel

thete

|MF

mV

MF

mVjMF|mV

MF

mV

8,0

ao

8,0

2,9 2,9 6,0 6.0

1 1 1 8

2,3

1.9 3.5 3,6

25 45 46

1,4 1,3 1.9

0,5 0,4 0,7 0,3

1,2 1,0 1,1 1.1

0,2 0,2 0,4 0,4

1,3 1,15 1,5 1,16

0,3 0.3 0,5 03

Ml

0,5

1,1 i

0,3

[13

0,36

10.0 10.0 10.0

10.0

10,0

2,9 2,9 5,0 5,0 5,0 6,0

1 1

1 1 2 8

2,3 1,9 4.5 3,6 4,5

a,5

25 45 26 45 25 45

1,9 1,8 2,2 1,6 2,1 1,1

0,7 0,3 0,3 0,3 0,3 0,2

1,4 0,9

1,6 1,1 1.6 1,2

0.2 0,3 0,3 0,5 0,3 0,2

1.0

0,5

1.6 0,6

1,7

0,6

0,0 0,3 0,3 0,2 0,3 0,4

1,4 1.1 1,8 l.l 1.8 1,0

0,5 0,3 0,3 0,3

0,3 0,3

r

1

A.M.»

.1,8

0,3 1 1,3 1 0,3

1,0 : 0,3

1,4

0,3

12,0 12.0 120

121) 12,0 12,0

2,9

2 9 5^0 5,0 6,0 6,0

1 1 1 1 2 2

2,3 1,9 4,5 3,5

4.5 3,5

25 45 25 45 25 45

1,8 1,6

2,5 2,0 2,3

1,8

0,4 0,5 0.2 0,3 0,4 0,1

1,9 1,2 1,5 1.3 0,9 0,8

0,7 0.2 0,0 0,2 0,1 0,2

1,3 0,6 1,6 0,5 1,4 0,7

0,4 0,3 0,4 0,2 0,8 0,2

1,7

1,1 1,9 1,3 1.5 1,1

0,5 0.3 0,2 0,2

0.4 0.2

1

A.M. =

2,0 i

0,3 1

1,3 1

0,2 1

1,0 i 0,4 1

1,4 1

0,3

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62

Haywood J. i'earce,

Wie di6 TabeUen zeigen» waren die konstanten Rdze 6^0; 7,0; 8,0; 10,0; 12,0 om lang. Die Notwendigkeit, auf so lange Streeken die Anfmerksamkeit einzustellen, kam m den sonstigen Sehwierig- keiten der Vergleicliun^ hinzu und wurde besonders von Ke. al^ solche bezeichnet. In Tabelle XVI beziehen 8ich die Ergebnisse auf einen konstanten Reiz mit auswärts gekehrten Scbeiikeln. Der Betrag, am welchen die Linie infolge der Einwirkung der Nebenreize gegentiber der konstanten einfachen Linie vergrößert erseliien, ist in Oentimetem nnter der Colonine MF angeführt, nnd swaf sowohl fttr jede der 3 Vp einzeln als aneh im Doieb- sehnitt Air alle. Daneben ist die mitflere Variation (mV) anr geftkri In Tabelle XVII begehen sieh die Beenltate anf einen konstanten Reiz mit einwärts gekehrten Sehenkeln. Die liier erhaltene Verringerung dur scheinbaren Länfre ist wie oben nnter MF in Centimetem ausgedrückt. Unter * Länge der Linie« ist die Länge der einwirkenden Kante des Apparates, unter > Länge der Schenkel« die Entfernung des einzigen bezw. äußersten Schenkel- leiies vom Endpunkt der Linie, unter »Länge der Kathete« die Ver- Iftngerong der Linie, die bei Konstroktion eines reehtwinkligen Drei- ecks mit dem Sehenkel als Hypotennse erhalten wird. Die beiden Katheten sind nimlieh die halbe Entfernung awisehen den Schenkel- reiien nnd die Verbindnngslinie swisehen der Mitte dieser Entfemnng nnd dem Endpunkt der den linearen Reiz re^yrSseBÜerenden Kante des Apparates. Diese letztere halbiert den ^N'iukcl zwischen den beiden Sehenkeln und geht in die Cosinusfunktion dieses halben Winkels ein. Ich nenne sie daher ( O^inuskatbete« oder auch »Kathete« schlechthin. Der »Winkel« endlich bedeutet den halben Winkel z\vi8chen den beiden Schenkeln (vgl. Fig. 4, S. 66).

Eine Vergleichong dieser beiden TabeUen mit einander ist kaum ▼on Wert, weil die beiden Konst^inten nnr in einem Fall die gleiche Lünge hatten. Dieser Mangel an Übereinstimmong war notwendig bedii^ durch die Rücksicht anf die dem Arm anzupassende Loge des Apparates. Wenn die Schenkel auswärts gekehrt waren, konnten die Linien nicht länger als 8 cm gewählt werden. Wenn dagegen die Schenkel einwärts gek< hi-t waren, konnte die Linie nicht kürzer als 8 cm genommen werden, weil die Schenkel sonst mit ihren Enden zusammengetroffen wären. Anf diese Weise ist die Länge von 8 cm in beiden Tabellen der emzig vergleichbare Fall. Wenn wir diesen einen Fall betrachten, so finden wir, daß das Waehstnm

Digitizeo Ly vjüOgle

über d«ii länfliiß von Nebenreiaen Mf die Bwunwahnehmiuig. 63

der scheinbaren Länge bei deu auswärts gekehrten Schenkeln größer ist alg die Verringenmg bei den einwärts ^^c kehrten. Eb ist jedoch keiaeswe^ sicher, daß der ganze ]ietrai^^ der MF in bcidea Tabellen aut die Differenz in der Kiobtong der Schenkel zurtick- fiifilhren ist Zwei andere Faktoren ßpu^len dabei vielmebr eme beiditBiiswqrte BoU«. £i8Üic]i ist der Winkel» den die Sobenkel mi der linie bilden, bei den eiswirte gekehlten grOBer. Aneh dUeer Mangel an ObeieinBürnninng ist doreli die rein phytieehen Zvlinde dee Apparatee und dea Yersnohafeldes bedingt. Zweitons dad die Nebenreise b^ einwärts gekehrten Schenkeln in dem Fall Ton 8 em Länge einander so nahe gerückt, daß sie wahrscheinlich etwas von ihrem Einfluß verlieren. Wenigstens zeigt sich für diese Figur eine Yergröüermig dea Fehlers bei wachsender Lauge der linie.

Tabelle XYIIL Figur > < Figur

VersuchB-

7,0 «B

8,0 om

8,0 em

10,0 em

18,0 em

2,8 2,6 4,0

2.2 2.2 3,6

1,4 1.1

1,8 1,3 1,0

2,0 1,3 1,0

8,1

%1

1,8

M

1.4

Die EinideigebmBse der Tabellen XVI nnd XYII können am bvten daigesteDt weiden nof Grond dner Umofdnnng der Zahlen Bflcksieht anf die die mnflion bedingenden Hanptfiiktoren. In

Tabelle XViil, die dieatjui Zweck dient, ^eigt sich besonders deut- lich der EinlSnß der Länge der zu beurteilenden Linie auf die Größe des Fehlers. Insbesondere nimmt MF ab bei unswärtn gikehrten Schenkcia mit wachsender Strecke bei jeder der drei Vp. Bei einwärts gekehrton Sehenkeln tritt dagegen das umgekehrte Verhalten henror, wenn aneh nnr in gans geringem Maße Um die- Ka Chgensata an eiklSien, mUssen wir nnf den sehen erwlhnten T^Übeatand hinweisen, daB nftmfioh die Kehenrdse bd den Fignren

1) Hier, wie später, habe ich die Ergebnisse der drei Vp zusauimen- S^rechnet, was ich fUr unbedeoklich hielt, äoferu die gleiche Tendenz bei

64

Hiywood J. Pearee,

mit eiüwartH gekehrten Scbenkelu im Falle von 8 cm Länge ein- ander 80 nahe standen, daß die zwei anf derselben Seite befind- lii heu als ein einziger Reiz erschienen. Noch bei 10 cm Lange wurden sie vielfach nicht tmterschiedeu. Da nun der Einfloß von zwei acheinbaren Beizen offenbar grrißcr ist, als der von einem einzigen ausgebende, so yersteben wir, daß bei diesen Figuren der wachsende Abstand der Nebenreiae eine VeigittBemng des Fehlen berbeigefthrt hat

DaB aber bei answirts gekehrten Sohenkebi eine Abnahme des Fehlers mit waehsender Lfoge der Unie beobaehtet worden ist, hat seinen Grund tllr die ])enutzten Streeken von 6—8 cm in der nattirlichen Beinträchtigung des Aufiiierksamkeitsgrades, mit weichem die ganze Figur erlaßt werden kimnte. Diese Tatsache prägt sich auch darin aus, daß der Fehler bei der Strecke von 12 om wesentlich geringer ist, als bei deqenigen von 6 cm.

Tabelle XIX. Figur > < Figur <->

Vp.

Länge der Linie

Fehler bei

Länge der Linie

Fehler bei

Winkel von 20°

Winkel von 30»

Winkel von 20"

Winkel von 46^

Ee.

6,0

3,0

2,6

10,0

2,1

1,6

W.

6,0

3,2

2,0

10,0

1,5

1,1

M>

6,0

4,3

8,6

10,0

1,4

0,6

Ke.

8,0

2^

24

12,0

2.2

1|8

W.

8.0

S,8

1.7

12,0

1,4

M

M.

8,0

3.9

3,3

12.0

1.4

0,6

A. H. -B 1

3.3

2,6

1

1,7

1,1

Die Wirkung der Winkelgröße oder des sogenannten Nei- gungswinkels zwischen Schenkel und Linie ist in der Tab. XDC dargestellt. Anch liier wieder erlaubte es die Rücksicht auf Apparat und Arm nicht) gleiche Winkel fttr beide Arten von Figuren an- zuwenden. Durchweg zeigt sich, dnW ein Wachstum des Neigungs- winkels die Tänschnng verringert. Vergleichen wir die Besollato bei beiden Figuren mit Bttoksiobt anf die Grefte der nur Anwen- dnug gekommenen Winkel, so seheuit sieb an ergeben, dafi die

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über ta Einfloß toh Kebenioiieii auf die lUiimwilirmihmiiBg. 65

YergrGßenmg des Winkels zanachst eine relativ stärkere und dann eine relativ Bcliwächere Abnahme des Fehlers bewirkt hat.

Wir haben weiterhin die Beziehung der Schenkellftiige ind der Zahl der Kebenreise zn dem Täoschnngsbetrag Ina Alge zu fumL Darauf lieiielit zieh Tab. XX.

Tabelle XX. F|gitt> < Figur

Fehler bei

Ii

Fehler bei

©'S

a

3

c

Schen- kel von 2.9 cm IBeiz

Schen- kel von ö,0 cm IBeiz

SeheD-

kel von

5.0 cm 2 Beize

a>

o'a

:eS

9 M

a

•mm

Schen- kel von

2,9 cm 1 Reiz

Schen- kel von

5.0 cm 1 Heiz

Schen- kel von

5,0 cra 2 Reize

6,0

20 30

2,9 2,3

3,4 2.3

4,2

3,4

10,0 10,0

25 45

1,4 1,1

1,8 1,1

1,8 1,0

8.0

8.0

20 30

8^

2,1

3,0

2,4

2,5

12^

12,0

25 45

1,7

1,1

1,9

13

1,1

A.M. »

2,4

2,8

3,4

13

1.6

1.4

Bei auswärts gekehrten Schenkeln wächst ebenso wie bei ein- wärts gekehrten MF mit der Länge des Schenkels, im Dnrch- •ehnitt ««igafthr um 16 %. Bei waehaender Zahl der Nebenreize aber aind die Eigebniaae ftr die bdden veiaehiedenen Flgnren dnander entgegengesetzt Zwei Kebenreize. haben fllr anawUrts ge- kfibfte Sehenhel eine devUiehe Zunahme, ftlr ehiwürto gekehrte eine geringe Abnahme ^eprenüber einem Nebenreiz znr Folge. Während jener Fall wohl das normale Verhalten repräbentiert, indem es ge- wi^ermaßen den Einfluß einer wachsenden Intensität des Neben- rdxes zor Anschauung bringt, lässt sich ilUr das abweichende Ver- halten bei einwärts gekehrten Schenkeln znr Erklärung Folgendes gütend maehen. Es ist nämlich auf die Schwierigkeiten der mit diiaer Figur angeatellten Yeianehe wieder einmal hinznwelBen. Da die Sehenkel hier der Linie mehr oder weniger nahe anliegen, ao Ibt de ihreiaeita eben Einflnß anf die Kebenreize in yeiaehiedenem Qnde ana. Dieaer EinihiB raaeht sich bei zwei Reizen beaondeia stark geltend, weil sie dem mittleren Teil der Linie näher gerückt nnd sich kaum von dieser unterscheiden lassen.

ArckiT tfu Pijehologie. L 5

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66

Hajwood J. Peme»

Wir haben gesehen, dali dio Tftiischun^ mit wachsendem Nei- gungswinkel abnimmt and mit wacbHender Sehenkeliänge zuuimiut. Um daher ein konstantes Maß fQr die Grrößc der TiUuehiing zu erlangen, müssen wir beide Ergebnisse zn kombinieren suchen. Das gesdiiehty indem wir den Corimui dea NeignngswinkelB oder in der BD

Figur 4: bilden. Auf onsereu Apparat Ubertragen, bedeutet

AB die zu benrtolende linie, die SehenkeUJfciige bis za dem Kebenreiz, BD und CD die idealen Katheten des bei B gebildeten

rcehtwinkeligen Dreiecks. In den Tabellen XVI und XVH ist die Länge BD neben der Schenkellänge BC eingetragen. Diese em- pirischen Werte mUssen wir der Herochnnna: de;? Cosinus zugrunde legen, weil infolge eines kleinen Koustruktionsl'ehlers an unserem Apparat das Ende der Linie A B nicht immer mit dem Anfang des Sehenkele BC nuammenfiel and somit BD snweilen ktkrser nad

Fig. 4.

znweflen länger ausfiel, als in einem vollkommenen Dreieck. Es seiden riehtiger, dieser Tatsache Rechnung zn tragen, als ideale Gosinnswerte an bestimmen.

Wenn es somit gestattet ist, die von mir bereehneten VerbSlt-

gibt sich als einfache Oesetzmäßigkeit, daß die Größe der Täuschung dem Quadrat des Cosinus des Neigungs- winkels proportional ist. So ist z. B. nach Tab. XVI die mittlere Täuschung von allen drei Vp illr den Winkel von 20" (bei den Längen von 6,0 und 8,0 cm, abgesehen von den Versuchen mit 2 Beiaen im Schenkel) 2,9 cm groß, Air den Winkel von 30'' 2^ em, wihiend die entspreefaenden Oosinnsse 0,864 mid 0,779 betragen. Wir erhaltea somit die Proportion 0,864> : 0,779^ = 2,9 : 2,2. Die bdden Seiten dieser Gleiciinng stimmen, wenn man die Reebnung aasftlbrt, bis anf eine Differenz TOn etwa 1 mm mit- einander Uberein. Noch günstiger stellt sich die Bestätigung diesed Gesetzes dar, wenn wir ein Beispiel aus Tab. XVU wählen. Die

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Ober den Sliiilnß toh NebemdMn die Biomwalmefamaiiff. 67

mittlere Täaachang beträgt hier für den Winkel von 25° (bei den I^geu von 10,0 und 12,0 cm) 1,7 cm und tlir den Winkel von 45° 1,15 cm , während die entsprechenden CosinnsBe 0,846 und 0,677 sind. Wir haben demnaeh 0,8462 ; o,6772 » 1,7 : 1,15 und daie Differens tob nur 0,4 mm.

Iii aadefen FSllen als den hier ang^Hhrten ist dm Grad der fibereioftimmiuig mit der angeseilten Proportion teils grOfier, teils Uehier. KiemalB jedoeh ttbersteigt die Ungenaoigkeft die HSlfte der bei unseren Experimenten erhaltenen mittleren Variation.

$ 3. Sla Abliftagiclcait dos flinlltissoB dor Hobonrelae von der Bntfamung dereolben.

Im allgemeinen wächst die Tiiaschung mit zunehmender Ent- fernung des Nebeureizes oder mit zunehmender Grüße des Schen- kels an unserem Apparat Aber dieses Waehstom ist der Zu- nahme der Entfemmig niebt proportional. War s. B. in Tab. XVI die Entfemong der Nebenreise von der Unie [Hfl em) bei einem Winkel von 20<> 2,9 em» so betrug die Täuschung 2,9 cm. Bei 5 cm Entfemnog aber betrug sie blofi 3,4 em. Während •Im die Entfernung um 72% wuchs, nahm die Täuschung nur um 17 zu. Betrachten wir nun jeden der Nebenreize als eine Anziehungskraft, so ist die relative Wirknug zweier Kräfte bei ungleichen £^tfernuugen nur dann zu vergleichen, wenn

Tabelle XXI.

<

>

Bat- feraong

Winkel

Länge der Linie

Ein-

flOM

Ent- fernung

Winkel

der Linie

Ein- flttee

1

2 3 4

5 6 7 8

2,9 en

2,9 . 5,0 » 5,0 > 2,9 » 2,9 . 5,0 . 5,0 >

90

30 20 30 20 30 20 30

6,0 cm 6,0 . 6,0 . 6,0 » 8,0 . 8,0 . 8,0 . 8,0 .

25o/o 20o/o

17«/o

IIV20/0

2IV3O/0

18«/o

150/0

120/0

9 10 11 12 13 14 16 16

2,9 cm 2,9 > 5,0 » 5,0 > 2,9 . 2,9 . 5,0 » 0,0 »

25 46 86

46

25 45

26

10,0 cm 10,0 . 10,0 » 10,0 . 12,0 > 12,0 . 12,0 . 12.0 . 5*

12o/„

9V,o/o

90/0

5V2'^/o

mHo

9V2Ö/0 6V2«/o

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68

Hajwood J. Pevoe,

ihre absolute Wirkuug durch die Entfernuiig einer jeden dividiert wird. Die Prozente des EiDflus.seB der Nebenreize sind dcnmacli gleich zu Betzen der Größe der Tänschung dividiert durch die Miai- femong der Nebenreize.

In der Tab. XXI sind die entsprechenden Bereehnnngen ane- geführt, deron Data den Tabellen XVI und XVn entnommen Bind. Um den relflüven EinflnB eines Nebenreiiee bestimmen an kSmieii, ist dabei MF, welehes in den Tabellen den EininB yoa vier Belsen danteUt, dnreh 4 dividiert worden. Die Fttle, in denen jeder Schenkel 2 Nebenreize enthielt, sind dabei nicht benutzt worden, weil die Entferuuu/iceu hier nicht die gleichen waren and daher die Reduktion auf einen Nebenreiz nicht ohne weiteres ge- statteten. Außerdem sind auch die Ergebnisse, welche nicht von allen drei Vp herrtihrten, in der Tab. XXI ans naheliegenden Gründen nicht benutzt

Eine Analyse der Zahlen ergibt sebr interessante Besoltate. Der relative Einftnß eines Nebenreises verringert sieb obne Aiu- nabme, wenn seine Entfernung wftebst Vergleicben wir z. B. den ersten und dritten Fall miteinander, so ergibt sieb eine Abnahme dcö relativen Einflusses von 25 auf 17% bei einem Wachstum der Entfernung vou 2,9 auf 5,0 cui. Da sich diese Tatsache durchweg in der Tabelle aus^epräe-t findet, so darf num wohl allgemein sagen, daß der relative Eiutiuß eines Nebenreizes mit wachsender Ent- fernung abnimmt Daraus ergibt sich, daß es eine günstigste Ent- fernung geben maß, bei der der absolute Einfluß am grttfiten ist In der Tat haben die früheren Versnebe gelebrtf daß die Ent- fernung eines Nebenreises von 8,5 em auf dem gewiblten Yer- suehsfelde die ausgiebigste WirlLung eintreten ließ. Dies Besultst Ist aber auf unseren Fall nicht ohne weiteres anwendbar, weil die in der Tabelle XXI cbeulUlls deutlich hervortretende Abhängigkeit des Fehlers von dem Neigungswinkel des bchenkels eine direkte Vergleichung aussehließt.

Eine genauere Formulierung der hier Torliegenden Gesetzmäßig- keit ist auf Grund unserer wenigen Bestimmungen (nur 2 Entfer- nungen sind in der Tabelle vertreten) nieht mtfglicb. Eine grdfiere Anzabl von Bestimmungen vorzunehmen erlaubten Apparat und Yer- snehsfeld nicht Außerdem würde eine exakte Daistellnng der hier obwaltenden Funktionsbeziebung aueh noeb eine Erweiterung der bisherigen Betrachtungsweise fordern. Wir haben ja im Anschluß

Ü]Mr den Eiaflofi von Nelteimisen snf die Banniwaliniehmiuig. 69

an die Wirkung eines Nebenreizea pnnktaeller Art anf einen Haupt- nk pnnktiieller Art ment Entfemingoii zwiBehen 2 Hanptraizen md dann ganse Strecken, lineare Beize dem Einflnm reo Neben- leiien aongeBetsi Selbst?entfndlioh ist nnn entiieh die Wirkung oidit eine einaeitige, eondem eine weebselfleitige. Die Hanptreize Vben eine entsprechende Wirknng ans, wie sie eine empfangen. büa zeigt sich z. B. däriu, duli eiüe Punktdistanz (ebenso wie dem Augre 9o) auch der Haut kleiner erscheint, als eine linear* von gleicher Größe. Unsere Versuchsanordnung' war nur nicht darauf eingerichtet, die wechselseitige Beinflnssong erkennbar zu machen. Sodann aber wirkt bei der Anwendung von Linien als Hauptreizen der Nebenreis wabiBcheinlieh nicht nnr anf den £ndpnnkt der Linie, mdem nach HaBgabe der Entfernung aneh anf ihren Yerlanf ein. Diesen Beziehungen yon Nebenreizen zn Unearen GrOfien als Hanptreizen naehsngehen, mag einer späteren Untersnehnog vor- behalten bleiben.

Worauf es uns hier zunächöt ankam, war, die bisher gänzlich übersehene Verwandtschaft von Tastsinnesphänomenen mit den \ iel- behandeltcn optischen Täuschungen nachzuweisen. Es scheint uns, daß dadurch der Theorie der letzteren ein äußerst fruchtbarer neuer Geeiehtzpankt aa%eht Oartlber habe ich an einer anderen Stelle meiDer Abhandlnng (Kap. Vm) einige nfthere AnzfUhrnngen zn geben veranefat.

Anf den EinflnS der Inteneiütt der Nebenreize fiült ein gewizsez Lieht durch die firgebnisse mit einem und zwd Reizen im Sehen- kel. Tab. XX zeigt wenigstens bei Fig. > < eine mittlere

Zunahme des Fehlers von 2,8 auf 3,4, wenn bei der Schenkel- läng;e == 6 cm '/wei stutt eines Nebenieizes eingewirkt haben. Aber da bei 2 Reizen die Entfernung von der Linie fUr i)eide nicht die gleiche war, so lifcßt sich diese Gesetzmäßigkeit nicht anf einen mit den entsprechenden einfachen Beizen ▼ergleichbaren Ausdruck Illingen. Man kann voriiinfig nnr sagen, dafi der doppelte Neben* reiz stSrker wirkt, als der einer mittleren Entfernung zwischen seinen heid«! Punkten entsprechende einfMshe Beiz wirken würde. Mit unserem Apparat lieBen sieh übrigens umehwer weitere Ver- {5uche dieser Richtung auöflihren. Man brauchte nur die Zapfen in verschiedener Schwere herstellen zu lassen, um bei gleicher Ent- iemuig verschieden starke Isebenreize einwirken lassen zu können.

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70

Zw«ite Absekmtt. TkeoretiiehM.

V. Kapitel. Die Theorie der Diffasionskreise.

Indem wir mw berntthen, die Resultate va interpretieren, wollen

wir das Problem zuerst in möglichst einfacher Fonn darstellen. Warum erscheinen zwei auf der Haut gleichzeitig gereizte Punkte A nnd B näher zu einander, als sie in Wirklichkeit sind? Die erste Antwort auf diese Frage kann loIgCDde sein : Es besteht eine Tendenz bei den beiden anf der Haut gereizten Punkten, in dem l^ervensystem zn yerBohmelzen. Von Frey iand, dafi zwei Punkte In einer viel kleineren fintfemnng Toneinander ontereohieden werden koimten, wenn die Beize naebeinander, alz wenn tie gleiehzeitig gegeben worden, nnd zebloB darang, daB bei gieicb- zotigen Rdzen tNfitaeiontkreife im Zentnun «itzlehoi» die die

UnterHcheiduug dtir Em drücke erdchweren. Von Frey*) bat daS Verdienst, gezeigt zu halen, daß succedierende Reize nnterschie- den werden können, nelbst wenn die Eutfeniune: zwischen den beiden Punkten nicht größer ist als die zwischen zwei Druck- punkten bestehende^ vorausgesetzt, daß diese eelbst gereizt werden. Es kann daher in Beantwortung der Frage, welebe ich zn Anfang des Kapitelz an%ewoifen habe, gesagt werden, daB der Grond, weshalb zwei anf der Hant gleiebzeitig gereizte Pnnkte nSher er* aehdnen als sie tatsBddioh sind, eben das Faktnm der Difib- sion ist.

Warum wird nun in solchem Falle die Entfernung nicht von Zentrum zu Zentrum der beiden Kreise beurteilt? Die einzige Antwort, die augenscheinlich ge{;ebeu werden kann, ist, daß diese Diffusionskreise nicht wirklich unterscheidbare Kreise sind, mit scharf begrenztem Umfange nnd Zentrum, sondern daB jeder ein Gebiet lepiftsentiert, innerhalb dessen nichts nnteischieden werden kann. Wenn sieb dies indessen genau so Terbüty wie k0nnen wir anf irgendeine Bestimmtheit der Loluüisation rechnen ? Wenn der Torerwttbnte Difhisionskreis z. B. 2,0 cm bn Dnrehmesser bat nnd aDes innerhalb dieses Diffhsionskreises nnnntersebeldbar ist,

1) M. T. Frey, Über den Ortssfain der Haut Sitsongsber. der pbysioi -

mediz. Oeaeüschaft zn WUrzbnrp:. 9. Nov. 1899. Vpl. siudi M. Y. Frey nnd Metzner in der Zeitachr. f. Psycbol. Bd. 29, S. 161 ff.

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über den Einfluß von Nebenreiien ftvf die Baiimwaliniebmmig. 71

dann wUrde die Lokalisierung eines Punktes iunerhalb des er- wähnten Kreises jede beliebige Stelle desselben angeben lassen. £iD konstanter Fehler in der LokaliBation da^;egen, wie er unter dem Einflasse eines Nebenreizes von ans konstatiert worden ist^ tifil aldi iat$M niebt erUttien. Aneh ist der Betrag der hier TorkommendeD OrtsreiMhiebuigen wa grofi, ab daB tie ideh an! die dnoh ffimulteiMwIiwellen besteubaroi Diihaioimdieii BoUten snrtlekltdiren laawii. Wae alio die munittelhaie Antwort auf noBere Frille anbetrifft, ßo scheint die Diffusionskreistheorie zu genügen. Jeder Punkt auf der Haut ist das Zentrum eines zentralen Dif- fusion skreises. Die Entfernung zwischen zwei P\iMktcM wird durch den Inhalt des Raomes zwischen den beiden Diflosiona- kreisen nnd nicht deren Zentren bestimmt. Darum en^ob einen die beiden Paukte näher nuammen. Aber sobald wir die Lokaliflar tion in nnaere nrBprOngliehe Frage eiaflibren, sehefait die DUhaiona- tiuofie nicht amnireieben. Wenn wir finden, daB ein iweHer Reis oine bestimmte Ortmreraehiebmig beibeiflihrt, so mtwen wir die Ursache in etwas anderem suchen, als in der Tendenz der Er- regungen, im Zentralnervensystüui zu verschmelzen.

In Verfolgung der TlntersiK hungen von Prof. v. Frey fand Brückner^), daß der Eindruck von zwei Reizen, welche nicht als zwei erkannt waren, in der Mitte zwischen den zwei einzelnen Reizen lokalisiert wnrde. Hier haben wir einen FaU, welcher eine deatiiebe Beuefanng an anBeren TerBneben anfweisi Leider isft Brttekner, der die Beeinflnwang sweier Rdae darehdnander nur biaridiflieb ihrer Intenntitt genaaer antersnöht hat» dieser Tat- tadie nieht nachgegangen. Sie ist nnr gelegentlicb ron ihm kon- statiert worden. Auch sie läßt sich offenbar durch die Theorie der Diffusioiiskreise nicht erklären, weil diese zwar die Nicht- nnters^-heidbarkeit der beiden Heize, nicht a])er die Lokaiisation in der Mitte zwischen ihnen Terstfindlioh macht

VI. Kapitel. Die Theorie der motorischen Impulse.

Die Annahme von YorsteOongeat welche ebie gewisse Kraft besitaeB, ist daiebaos nicht onbeksimt in der pt^ohologisoben Lltte- rater. In seiner ersten Entwickelang ist dieser Standpankt Tiel- leicfat am besten dargestellt bei Herbart Die Erfahmng, welche

1) Die BaamscbweUe bei Simnltanieiziiag. Zeitachr. L Payohol. Bd. 26,

ä. 55.

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72

HiQrwaod J. Peaicep

Hcrbart 8 Aafmerki^aiiikeit auf sich crezogen cnd seine Annahme von » VorHteiiun^»^n als Kräften« veraiiiüÖt hat. ist im Charakter analog der Erführaug, welche die Basis unserer gegenwärtigen Er- arterong bildet Herbart betraditete die Vorstellisgffi an sich nicht alsKiftfte. Aber VomteUiiiigeD weite n Kräften, Mweit SM ander in GegeoMts treten^ and dies gesebieht, mnn Ihrer iwci oder mehr Ton venehiedenen Bidituige& rieb im BewaBtoein begegno. »irasntnd ist Kiaftlnfierang; dem Widentebenden aber ist sem Wirken ganz mftUig, es riebtet sieb naeb der Änfeebtang, die unter VorstoüunL'L'ii ^j:e-enBeiti^' ist uiid durch den Grad ihres Gegen- satzes hcstimixit wird. Dieser ihr Ge^^ensatz also kann aniresehen werden als da«, wovon sie sämtlich leiden An sich selbst aber sind die Vorstcllangen nicht Kräfte.« Her hart dachte, daß, wenn swei solche Yorstellnngen sieb im Bewußtsein begegnen, die eine der anderen Flati maeben maB, and daß die wirklielie Vorstellnag in ein Streben, eine Verstellang in werdoi, ttbergebt >Das wirk- liebe VorsteUea Terwandelt sieh in ein Streben Torsostelien.«

Die Methoden and Voraassetanngen ron Herbart sind sa meta* physischer Art, am die Fordenmgen exakterer Schlüsse, welebe von der modernen experimentellen rsychologic erhoben werden, zu befriedigen, und ich bringe seine Beobachtung:en als eine Ein- leitung zu dieser Untersuchung nur, nm zn zeigen, daß die Er- fahrungen, mit denen wir beschäftigt sind, Übereinstimmend mit berforragenden Autoritäten der Vergangenheit, einen Konflikt zwi- schen den Krftften im Bewafitsein daisteUen. Es ist jetat unsere Anigabe, weiter za nntersaehen, welebe die Natu dieser Kräfte ist, oder sogar, wie weit wir bereebtigt sind, den Aasdraek Eiaft ttberbanpt an gebraneben.

Soweit als es dem Verfasser bekannt ist, ist die einzige andere experimentelle Arbeit, die dem hier behandelten Gegenstande kon- forui ist, eine Untersuchung, Uber die Mtlnsterberg in der Psycbo- logical Review (vol. I) unter dem Titel »Motor power of Ideas« berichtot hat Die Experimente waren folgende: Die Vp saß, die Aogen anf einen vor ihr befindlichen Gegenstand gerichtet. Mit gesoblonenen Aagen wandte sie dann ihren Kopf naeb rechts, worauf die Aagen wieder geOffiiet and die Linie, die den Orad des Kreisel angibt, aaf den sie jetzt geriebtet waxen, beseiebaet, sowie die Ansahl der Grade, am welebe der Kopf sieb bewegt hattOi ebenfalls dorch einen Stift notirt worde, der an der Stirn befestigt

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über den SSnfiaß von Nebenrebeii inf die finimwiliiiiolimQiig. 73

and auf die am Anfanjr stehende Nnll gerichtet war. Auf diese WeiBe wurde gezeigt, daß die Augen nie so weit bewegt wurden wie der Kopf, und daß der Unterschied zwiaehen den zwei Be- mfOBgea mit der absoluten GiOBe deraelben sowie mit der Länge der Zeit wüerte, in der das nraprUnglidie Objekt fixiert wurde. Die Keigvog der Angen, in der nrsprttnglieben Stellung dee Fixierens n yerlwRen, sdireibl HQneterberg einer gewissen motorisehen Kraft zu, die in der Vorstellimg des zn fixierenden Objektes liegt. Die Resültante der beiden Krüfte, cineraeitä des Bestrebens, die Ängen auf den ursprünglichen Gei^euötand gerichtet zu Ii Gilten, und andererseits des btrebeiis, sie mit der Bewegung des Kopfes mit- gehen zu lassen, ist ein Ergebnis des Gleiobgewichtes zwisohen den beiden anziehenden Kräflen^).

Die Analogie zwischen diesem Falle mtd den Experimenten, welehe ich früher') besehrieben habe, wird jedermann einlenehten, imd es ist aneb klar, daB, wenn die dargebotene Krfclflmng in einem Falle b^rledigt, sie ebenso auf alle anderen angewandt werden kann. Es wäre vielleicht befriedigender oder wenigstens im allgemeinen a Ii !u- hm barer, wenn wir nicht von der motorischen Kraft der Vor- stelinngen sprechen, sondern nur sagen würden, daß motorische Impulse durch die in Frage stehenden Sinnesreize erregt werden, and daß das Phänomen, welches wir bemerkt haben, von dem Gleichgewicht motoriseher Impulse abhängt, sowie daß die Beaktion eine Besnltante sweier motorisehen Impnlse darstellt Im ge- naieien würde die Erkl&rang des Experiments, welehes loh be- sefariehen habe, folgendermaßen laaten. Das Bewußtsein ist dnrch foihcigehende »Suggestion« für eine motorische Reaktion ron einem gewissen allgemeinen Charakter vorbereitet. Daher laßt ein iieiz vou der erwarteten Art einen bestimmten motorischen Impuls ent- stehen; ein anderer Keiz indessen gibt gleichzeitig einen davon Terschiedenen Impuls. Die Kesultantc liegt auf einer Linie zwischen dea durch die beiden Impulse dargestellten fiichtungen. Hure Lage ist dnrch die relative Stärke der beiden nrsprttnglichen Impulse bestimmt, und der Whdcel, der mit der Dürektionslinie jedes der inprOngliehen Impnlse geMldet wird, steht im umgekehrten Ver- hlttais sa der Kraft des Lnpnlses. Ich denke, man wird sofort

1) Vgl. die scharfe und berechtigte Kritik dieser Venuelie von H. Niehois

in PhiloB. Rev IV S. 174 ff.

2} Pqrcholog. Kev. IX, vgl. oben L Kap.

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74

Htywood J. Peuea,

sehen, daß dicBC Erklärung vollkommen befricdigcDcl erscheint für diejenigen Fälle, in denen ein motorißt her ImpnlR dnrrh STisrprestioB vorbereitet und von der Natur des Experiments gefordert wnrde. Wir bähen iudessen diejenigen Fälle aofigeiastien, in denen kein motorischer Impnls aiudrttoklich gegeben, m denen keine direkte Lokaiualioii «utgefthit winde, in denen da» Experiment nsr ein LokaUsatioiuinrteil forderte. Bier «riieben deh versdiiedene Fhigen und verlangen Antwort

1. In wdeher Form wird die Kenntme der Lokaliiition der in Fra^e stehenden Pnnkte dem > Urteils -Zentrom« zngeftlhrt? 2. Ist der Einfluß, der sich in dem Wechsel der scheinbaren Lai^e des lokalisierten Reizes kundpht, ein sulcher, der auf das Urteil auHirclibt wird, indem es seine Entscheidung bildet, oder ist er ein solcher, der auf die Perceptionsfähigkeit wirkt? Mit anderen Worten: Steekt der resultierende Fehler im Urteil oder in dem Qigan, wdohee das Ifateriai filr das Urteil hergiM?

Die auf die erste Frage am häufigsten gegebene Antwort irt» dafi die, die Lokalisierang eines asf der Hanl gegebenen Beisss betreffende Kenntnis dem Zentrmn in der Form dnes »Lokal- sdebens« zngeftlhrt wird. Mit diesem Ausdrack meint man ge- wöhnlich, daß der von 1-imkt A abgeleitete Sinneseindrnck eine besondere Eigenschat t hat, welche befähigt, ihn von B zu miter- scheiden, welches auch seine besondere Eigenschaft hat. Wenn nun Ä sein Lokalzeiehen hat und B ebenfalls, so sieht man leicht^ daß, wenn beide gereizt sind, es schwer sein kann, zn entsebeiden, ob Ä oder B gereiil wnrde, oder welehes Lokalaeiehen an Ä nnd welohea an B gehört, aber dafi man schHeBlieh einen nenen Pmikt C ftstrtellt, welcher ttbereinstbnmend nut der Theene ein gana anderes Lokabeiehen haben mttßte, nnd sagte, daß CB bi, ist für die Theorie des Lokalzeichens ein Mysterium.

Um zu zeigen, wie ein Lokidisationsurteil ohne ein Lokalzeiehen möglich ist, und eine nmfHS«ende Antwort auf die oben aufge- worteuen Fragen zu finden, wird eine weitere Lntersuchung nötig, durch die ich imstande zu sein hoffe, die angeworfenen Fiag^Q entweder direlct oder dnroh Folgernng beantworten nt kOnnen*).

1) YgL dam meine firOhere Arbeit in Psyeholog. Bev. IX, 8. 8S9 ff.

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über den Eiiillii0 von Nebeuoiseii auf die Banmwahmehminig. 75

Yll. Kapitel. Zur The ne des Einflaaäea Yon ^ebeureizeiL

üiuMre irodnende SenntniB von den Beuebnngen iwiidicn dem Seelenlebeii «ad den physiologisolieii Froseaeen hat zn der Auf-

Btellim^ der BOgenannten Hypothese des psychophysisehen Fmlle- lisinus gelehrt. Dieses Pontulat iöt, so zu sagen, ein Vcreinigungs- «rebiet zwischen Metaphy^^ikern rerschiedener Richtung geworden. Die p:ir<'illeliytis('be Hypothese ist so weise prefaßt und begrttndet, dafi sie dem Bpiritaalisten sowohl wie dem Materiulisten erlaubt, einander anf gemeinsamem Boden zn begegnen. Zum großen Teil M das nsehe Fortwshxeiten der moderaen Fsyeholegie der Freiheit ud Begvemliebkeit, welcbe dieie Hypothese bietet, su Terdanken. Einig» der besten Ermngensehaften rtdnen yom Experimentieren nit Frosessen her, welohe nur auf indirektem Wege dnrah diese physiologische Parallde erreicht werden kOnnen.

In den schon berichteten Experimenten, welche iu Chiuigo ausL'i führt wurden, habe ich den Plan eines solchen Vcifahrcns verkdgt. Ks wurde vorausgesetzt, daß die psychische Uuterschei- dang gleichwertig sei der physiologischen Geschicklichkeit zu lokali- sieren. Die aprioristischen Betrachtongen in Bechifertigang einer solehen Yennusetnmg waren, wie angegeben wird, nicy dmek- ana llbemeagend. Indessen die in Wflnbiug angenommene Mefliode der hloBen Yerc^eiehnng (ohne motorisefae Hilibmittel) gab Besaltafee, die qnantltaliF ansgedrttekt nnr wenig von den doieh die nreprüng» liehe Methode erreichten Resnltaten abweichen, nnd so weit ist die obige Voraussetzung gerechtfertigt. Ich will nur zur Illustration an einen vertrleiehbaren Fall erinnern, der schon früher in anderer Beziehung i)ehandelt worden ist. In Chicago war der mittlere Einfluß eines Nebenreizes von 6,5 cm unterhalb annähernd 1,4 cm. In Wflizborg ersehien ein tatsächlich ttber dem ersten gegebener Beix nnter diesem, wenn ein llebenreiz 8,6 em tiefer einwirkte, Toransgesetrt daß dje Entfemnng der beiden an benrteflenden Belae nieht 2,0 em tlberstieg. Der hier demonstrierte ParaUelismos ist •ehr markant, nnd die paraBelistische Hypothese wird in diesem ^iune bestätigt.

Die Voraussetzungen, die wir von diesem allgenieiuen Oesichts- pankte au.s in physioloErischcr Beziehung unseren weiteren Dar- legungen zugrunde legen, sind folgende.

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76

Haywood J. PMne,

1. Das Nervensvateiii ist wesentlich ans drei Teileu zusammen- gesetzt, nämlioh aus einem senBorischcD, einem zentralen oder coordinierenden und einem motorischen. Diese diet Elemente sind gutammenbiingend und iuiterdn«nder in der genannten Oidnimg Terlnmdffli. Dams folgt, daß das natttrliche Beanltat eines sensorisehen Reizes eine motorisobe Innerv^ation ist'). 2. Das erwartete motorische Resultat kann durch das als Hemmung bekannte Phänomen im Charakter modifiziert oder in seinem iiuBcreii Ausdruck auf Null reduziert werden. Diese Veränderungen rUliren her entweder von der Innervation anderpr Tiiotorigclier Kerveu oder von der Innervation speziÜBcher Hemmungsneneu. Diese letzteren indessen sind selbst in ihrem neurologischen Cha- rakter und in ihrer anatomischen Disposition den motorischen Nerven gleich. 9. Es bestellt eine Wiederholnngstendeni Alf die einmal im Nerrensystem abgelanfenen FrozeaaCy In der Bich- tong, in wdchef sie sioli betttigt haben, bei entsprecbenden Reisen abermals sieh absospielen.

Sehen wir uns jetzt die psychischen Vorgäuge, die Vorstellungen und Urteile etwas näher au! Die Vorstellung »rot* ist offenbar keine einfache Reproduktion von einer Roteinpfindung. Sie hat vielmehr in sich ein Element, welches der Vokalisierung des Wortes rot entspricht; ein anderes, welches der Erregung der Netz- bautnerven durch die roten Strahlen entspricht, wahrscheinlich nach ein anderes, das hinaokommt dnrcb die Obertiagmig nerFSser Enegnng Tom zentripetalen zun zentialen nnd wiederom Tielleiciht zn zentrifugalen Neuronen. Ferner kann die Vorstellung rot noch mehr kompliziert werden durch assoziatiT bedingte Heproduktioneii. Es kann blutig und ekelene^reiid sein oder den Duft der Rose mit sich bringen; es kann Eleuieutf* aus dem Reiche der Gehörs- empfindungcn an sich ziehen und (iie tieleu Töne der Orgel oder das dUstere Seufzen der See bei Sonnenuntergang symbolisieren- Endlich gehört auch die Umgehung der Vorstellung zu ihr').

Das Bewußtsein findet freilich nicht alle diese Elemente in der einfachen Vorstellung »rote. Im Bewafitsehi stimmt die Vorstellnng

1) Das uxsprilogliehe sUgemehie Bssnltat jedes aagenehmeii Beisee Ist

da8 (los »DamachgreifeiiB« bei Kindern and Jangen Tieran.

2; Es ist wohl bekannt, daß die Wirkung eines Kunstwerks nicht allein von seinem eigenen Wert abbUngtf sondern in einem gewissen Grade Ton seiner Umgebung in der Gallerie.

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fjhet den Einfloß von Nebenreiseii anf die Btamwalmehmiiiig. 77

>iot« mit der Empfindung »rot« überein, und die Empfindung »rot« seheiiLt mit einem äußeren Objekt »iot< übereinzustünmen. Die WiflienBeliaft der Physik hal im gelefarty daB die letztere An- nahme nniwimiwig ist; es bleibt der WlasoiBehait der F^ehologle Ibrig SU zeigen, daB das blofie Bewnfitsein aneh ftr den ersten Fall mobt znreleht Es gibt zwd Klassen Ton Yorstellnngen, welche zum Zwecke der folgendeu Besprechungen scharl' unter- schieden werden müssen, nämlich die Wortrorstellnngen und die sensorisch-mutor is ( ' h e n V n rst e 1 hi ui^e n .

Jede Vorstellung enthält ursprünglich wahrscheinlich drei Ele- mente: 1. Empfindung, 2. Assoziation mit anderen Empfindungen und 3. Wahrnehmung eder Bild einer mototisehen Besnltante. In der Entwiekefamg indessen haben einige Ton ihnen die Tendenz ansznseheiden, nnd seUieBlich bleibt die metorisehe Besnltante bei- nahe der einiiSge Bepiflsentanl der Yorstellnngen im Bewußtsein. Vielleicht treten zu jeder der vorerwähnten Vorstellungen assoziierte hinzu, die ihre eigenen motorischen Kesultauten haben, welche als -ckundäre Faktoren in die zusammengesetzte Erfahrung eingehen^ die wir als Vorstelluiigeu charakterisieren.

Je hfiher wir auf der Stufenleiter der ZivillBation steigen, nm •0 großer wird die Anzahl der Wörter, die eine Art motorischer Besnltante der VorsteUnngen sind, nnd die Fttdgfceit dee Indivi- dnoms, ftlr einen sensoriseh-metorischen Prozeß ein Wort zu snl^ stitaieren. Diese Wortprozesse behalten ihre assoziatiTen Ver- tnndnttgen mit den senBorisch-motorisehen Prozessen, welche sie darstellen, aber bei dem Prozeß des Denkens ersehciucu diese letzteren selten im Bewußtsein, nnd wenn sie erscheinen, ist es gleichsam nur an dem Rande des Bewußtbeins. So sieht man, daß alle Vorstellungen sensorisch-motorisch in ihrem Ursprung sind, aber daß eine weite Gmppe von VorsteUnngen spezialisiert worden ist als WortTorsteUnngen. loh zweifle, daß Jemand, der das Wort »grttn« in einem Satz liest, eine reine VorsteUnng yon der Empfindnng «gittn« hat Der zentrale Sammelpunkt in der Vor* steltang griln ist ftr ihn vi^ehr die merklidie ArtiknHemng des Wortes »grün«.

Andererseits vereinigt die typische sensorisch-motorische Vor- rtellunip: in der kbeiidi^sten Form Reproduktionen vergangener sensorischer und damit verbündcncr motorischer Erfahrung. Die VorsteUnngen des Kindes sind gewöhnUcb von dieser Art Die

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Htywood J. Peucd»

Vorstelliinf^ einer Orange ist eine Mischung- von Farbe, Geruch, Geschmack und Tastempfindungen , vereinigt mit den begleitenden motorischen Impulsen des Angreifen^, Berieehens, SchmfickeBS etc. Di606r Komplex ist dem Kinde die Vorstellung Orange, and die AnweBenheit eiaeB Elementg fllhrt uuä die anderen mit ach. ladem das Kind neli entwiokAit, wjjd ee füug in aiwtruhidiep» and die Abstvaktion begkmt mit den mototiflehen Elementen; es rieofatand sehmM^ niebt Unger, wenn ee die Orange sieht i). Jetzt nimmt vielleicht das Wort »Orange* die Stelle des ursprünglichen, nur vielleicht gehemmten, mutorii^cheu Elements ein. Es ist möglieh, daß alle sensorischen Eigenachafteu, Geschmack etc., aus dem Be- wußtsein ver8( liv\iudeu und daß daa einzig Zurückbleibende das Wort ist Fllr alle Zwecke des Denkens, Schließens etc. ist das Wort wertvoller als der ursprüngliche komplexe Zaetand des Be- wnßtaeinfl) gans eo wie man bei der Mathematik daroh Aawendaag Ton Symbolen Tiel&oh befriedigendere Reniitate eneloht bat» als dnrdi die Ton konkreten Figuren.

loh babe mieb bemflbt, an konstatieren, daß im Bewufttseia schließlich nur das Wort zurückbleibt. Das will sagen, 1. daß das * Wurt-BewuBtbcin« (Orange z. B.) eine Synthese aller ursprüng- lichen Elemente ist. welche wir nicht rückgängig machen können: 2. daß das »Wort-BewuUtsciu« iu eugcr Association mit alien anderen Elementen, die es hat vorstellen sollen, bleibt, während diese Elemente unter die Bewußtseinaaehwelle treten und nar Uber ihr erscheinen, wenn die Aufinerksamkeit mit besonderem Nach- druck anf die Bedeutung des Wortes geriehtet wird.

Im Liebte der Torhergehenden Ausflihmngen fidiren wir jetd fort mit einer Erklftrung der Resultate der Experimente. Wenn ich mit einem scLarl zugespitzten lustnimeutc den \ urderarm eines Individuums berühre, ohne es mit meiner Absicht vorher bekannt gemacht zu haben, so küuueu einige oder nlle Reaktionen einer sehr verwickelten Beihe daraas hervorgehen. Bei einem außer- ordentlich »nerrOsen« Individuum würde jeder motorische Nerv im Körper sich entladen. Das normale Individnum indessen würde diese motorischen Impulse sofort m der Hauptsache hemmen und

1} Es ist zweifelhaft, ob auf der Stufe, von der wir sprechen, es über- haupt dio Vorstellung »orange* liat. oline daß oino wirkliche Orange da ist. Wenn es so ist, so sind die motorischen Elemente des Greifens etc. in einem modifizierten Umfang vorhanden.

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0ber dfla EmfluO toh Kebenrabaa saf die Bsnmwthniehiiiiiitg. 79

vielleicht nur den Arm mit einem Ausdruck der Überraschung wegziehen oder die Maud zu dem gereizten Punkt hinbewegen; Tietteielit würden aooh die Angen mit der dazu nötigen Kopf- bew^gong auf den gereisten Funkt gerichtet werden. Unter g^ winen Bedingon^ kihmea alle diese Bewegmigen gehemmt werden, and es kann ein mdir oder weniger onbestinuntee Be- waEhiein des Impnlses, diese Bewegungen anszoiHhren, xnrllek* bleiben; oder auch es kann ein GMohtsbild des gereizten Punktes daraus hervorgehen; oder endlich, unter anderen Bediugungeu, kaun die Vp die sclu inbare Lokalibienm^ des gereizten Punktes mit "Worten bezeichnen. Genetisch betrachtet, ist es mehr als möglich, daß diese Lokalisationsurteiie, die auf Gesichtsbiider und Spieehimpulse basiert sind, als sekondJbrer Faktor in Yerbin" dang mit Lokaiisationsbewegangen entstanden.

Die Fkozesse, bei welehen Wortimpnlse mit Empfindungen asso- iliert werden, mttgen folgendermafiem sich entwii^eln. Warn idi eine Penon an ^ner bestimmten SteDe des EOrpers bertthre and sie rer- aalasse, mit Worten zu bezeichnen, wo sie bertlhrt wurde, so ent- steht dadurch för sie zuerst einige Schwierigkeit. Durchschnittlich ist der Auagangspunkt bei den Individuen unzweifelhaft das »Ge- ftlhl« des Impulses, denselben Punkt zu berühren, diesem Geilihl ist ein Gesichtsbild der berührten Stelle assoziiert, und mit diesem ist ein Sprech ünpuls verbunden. Wenn indessen das Experiment Mehrmals wiederholt wird, ktint sich der Kreislaof gleichsam ab, ud der SpiecUmpiib bleibt die einsige motorische Beaktien ftr die Empfindnng.

Ob die LokaUsetiomrarteüe ihren sekmidttren Charakter bei- lehulteij und durch eine Information zustiiudu kommen*, die von dem Impulse zu Lokalisationsbewegungen herrührt, ist eine Frage, die im Augcnblirk vielleicht nicht definitiv entschieden werden kann. Der Bachverhalt ist wahrscheinlich der, daß ein Lokali- sstioBBurteil gewöhnliofa durch alle drei Elemente zustande kommt, die anabhängig voneinander, aber glelehseitig Auktionierai, daß jedoch jedes der drei Elemente dnrch eine entsprechende Bichtimg der Amimeiksamkeit herrortreten and Torherrschen kann. Solch ein Yerfidnen habe ich in meinen Eiperimenten angenommen.

leb stelle das Faktum nicht in Frage, daß Visnalisation auch in den Ivcaktionen enthalten war. Einige Vp bekannten sich an der Neigung, sich von dem gereizten ^uukt om GesichtsbUd zu

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80 Haywood J. Peiree,

machen; Andere waren sieb einer isolchen Neiimng entschieden nicbt bewußt. In allen Fällen war der »blinde' Impnl«, die Hand in einer gewissen Kicbtong za bewegen, der vorberrsctiende Faktor bei der LokaliBationsbestimmnng. Bei Bolcber Richtung der Anfinerkiainkeit ist es dem Meneehen mOgUeli a priori m beBCnumen, wdebes Segment Beines (hguiismiiB anf einen gewisaea enrartelen Bell reagieren wird. Die Verbindnngen mit anderen Segmenten werden mit mehr oder weniger Erfolg verworfen, and die Verbindnngen mit dem erwählten Segment werden frei gehalten von anderen Irujiulsen, die nicht in dem erwählten Reiz ihren Ur- gpmng haben. Dies Letztere iiule^^scn ist nnr annähernd wahr, denn der Einfluß subjektiver Eindrücke oder vielleicht genauer aoBgedrückt: das Erraten, basiert anf sekundären Informationen, logischen Deduktionen nnd dergL, spielt keine nnbedentende Rolle bei Eeaktionoi, wo Lokalisation«! gefordert werden. Diese sab- jektiven Eindrieke, die die Weülen im Strome des BewnBtseinB sind, Tariieren stets naeh oben, nach nnten, nach reehts, nacb links. Daker kommt es, daB man in einer Reike Ton YersaeheB Widersprtlcbe nnd Übertreibungen findet.

In meinen Experimeuten war indessen noch ein anderer Faktor eingef^lhrt. nämlich ein zweiter Sinueseiudruck, im allgemeinen denjenigen gleich, der lokalisiert werden soll, aber in genügend (}rtlieher Entfemnng, nm die Vp zu befähigen, ihn als einen anderen zu unterscheiden. Das Problem ist dieses: gibt es eine Ftthigkeit, welohe awisehen zwei Sinnesreixen gleichen Cha- rakters unterscheidet, bis an dem Grade, daft die Oite Ton beiden nnabhängig voneinander bestimmt werden? Die Antwort anf dieie Frage, die dnreh die Resultate der berichteten Experimente ge- geben wird, ist sehr klar verneinend. Soweit diese Resultate gehen, sind wir in den Stand gesetzt zu sagen, daß, wenn immer zwei Keize von gleichem Charakter gegeben werden und die Vp anf einen dieser Reize durch eine Lokalisationsbewegung reagieren soll, diese Reaktion eine Besultante von wenigstens drei Fak- toren ist, nttmUeh 1. dem sn lokalisierenden Beix, 2. dem Neben- reiz von gldehem Charakter nnd 3. den sieh anf die Aufgabe be- siehenden Vorstellungen, Vermutungen u. deigL Der Einflufi der drei Faktoren ist natttrlieh nieht n^eich, sondern wird im allge- meinen geringer in der Folge, in der sie genannt sind. Der Einfluß deä dritten Faktors ist nicht leicht zn bestimmexi, indem

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über den Einfloß tob Nebenreizen auf die liaumwaiiruuiimung. gl

er zmöMm toh Zelt zu Zeit Tariiert und mit wadiBender ZaU der Experimente almimmt. Weim die zwei Beize fremd flind, ist die AufrnerkBamkeit am regsten, viele Amoziationen werden dnreli

die neuen Keize erweckt, besonders wird der Zweck des Neben- reizes Yorjrestellt und, vorauscreBetzt daß die Erwartung des Ex- perimentators bekannt oder richtig erraten ist (wub nicht immer der Fall)| der Einfluß des Nebenreizcs verstärkt oder vermindert, je nachdem die Yp in widerstreitender oder nachgebender DigpcK ^on. ist Der Einfluß des Nebenreizea Terringert sich auch, wenn die Vp den C^egenataad der Experimente kennt and sehr gewiaran baft und kritiaoh in ihren Beaktionen iat Indem aie ftoehtet, an cioer Tloaehnng mÜzvwhrlEen nnd in einer Weise za reagieren, wie der Experimentator es gerade ^wartet, wird ihr der zweite Reiz ein Gegenstand der Warnung, anstatt der Anziehung.

Die en^'ähnten sind nur wenige der verschiedenen möglichen Elemente, welche diesen dritten Faktor Jiuämaehen. Wenn die Experimente längere Zeit mit wechselnden Vp fortgesetzt worden sind, wird der Wert des dritten Faktors annähernd konstant, nnd er kann dann aneh wohl betraolitet werden als das Maß der Fähige keit der Yp, zwiseken den zwei Beizen sn nntersefaeiden. Wenn die Yp nickt flhig wXie, zwischen den beiden Beizen zu nnter- •dieiden, so wlbde die Beenltante, Yoranageaetst die beiden Beize seien von gleicher Intensität, auf der Grenze zwischen den Direk- tinnsHnien ihrer beiden K rillte stehen und mit diesen gleiche Winkel bilüc^u oder in dem Falle, den ich beschrieben habe, würde die LükaÜsierüug auf einem Punkte genau zwischen den beiden ge- reisten Punkten stattfinden^). Dann kann die Entfernung zwischen diesem Mittelpunkte und dem in Wirklichkeit lokalisierten Punkte^ wie konstatiert, aJs das Maß der Genauigkeit der Unterscheidnng betnditet weiden.

Yon einem anderen Stan^nnkte ans lumn diese Entfernung betrachtet werden als das Maß der motorischen Kraft mündlicher Soggestion, die der Vp beim Beginne des Experiments gegeben wird, z. B. : »lokalisieren Sie den distal j::elegenen Punkt< oder: »lokalisieren Sie den jtroximai gelegenen«. Eine solche Inter- pretation stimmt mit dem Faktum überein, daß die Entfernung sich Terringert, je nachdem das Experiment fortschreitet; die mttndliche

1} Brflekner a.a.O. S.56.

Aackiv Ar P«yckolo^c L S

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Htywood J. Peane»

Suggestion Tcraltet im BewoBtsein, während die Sinnesreize durch kooslante Wiederkolang emeaert werden. Wir wollen indessen die Frage noch yon einem anderen Standpunkte betraohten. Wir kQnnen TonMusetaeni daB der dritte Factor der Assosiationeii» wenn er konstant wird, gleiek Nnll ist. Dann ist die Lokslisa- tion eine Resultante ans dem zn lokalisierenden Reize and dem sekundären Reize gleichen Charaktere ' . Eutspreehend einem viel gebrauchten Prinzip in der Mechanik ist die Kesuitaute zwcici yerschiedeii gerichteter Krälte durch die bia^onale eines Parallelo- granmia dnr^^tellbar. Setzen wir in unserem Fall voraus, daß die beiden Kräfte iu parallelen Linien wirken, so ist es bekanntUcb sehr leicht, durch eine einfache mechanische Konstmktion za be- weisen, daß die Besnltante der heiden Kräfte die Verbindtingslinie ihrer Angriflfopnnkte in dem Pnnkte schneidet, welcher diese Linie hl zwei solche Teile teilt, daB der grOBere sich zum klemeren verhält umgekehrt wie die einwirkenden Kräfte. So läßt sich die Eutferniiug des lokalisierten Punktes von dera primären und (Se- kundären Keiz als ein Maß iUr die moturiäcbe Kraft derselben ansehen.

Wir haben bisher die Lokalisationsbewe^rnng als Ausdruck f\Xi die Wirkung der beiden in Erörterung stehenden hypothetischen Erftfte betrachtet In meinen früheren Experimenten wnrdejadie Lokaltsierang eines der gereizten Punkte durch Handbewegung ge- fordert Spttter jedoch trat em Yergleichsurteü an die Stelle der Bewegung. Die Resultate der beiden Arten von Experimenten stimmten, wie schon vorher ausgeftihrt, in fast jeder Einzelheit tiberein. Es eutöteht daher die Frajj^e, ob vielleicht das Urteil ebenfalls unter den Einlluii soiclier Kräfte gesteiit werden darf, d. b. ob es möglich ist, einen anderen Angriffspunkt fUr sie zu finden, als die zentral-motorische Innervation zur Armbewegung-

Ich glaube, daß man diese Frage wird blähen dürfen. Die das Urteil bildenden Faktoren hesw. ihre Resultanten »oben«, »unten«, »gleich« kSnnen ebenso wie eine Innervation zur Aktion der Arm- muakulatnr von der Beaehaflfenheit eines Kebenreiies abhängig ge- dacht werden. GewiB ist der ganze Prozeß hier viel komplizierter,

1) Li diesen Formulierungen laaw ieh snDer Betracht gewisse sentnle Fsktoien, und iwar die Ansiebnng des Gegenstandes der Aafmerkssmkeit (gewühnliob die Hsiid}^ welehe eine konstante Verlegnng nach »unten« ver* anseht.

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über den Einflaß von Nebenreizen aaf die Ewimwahniehmiuig. 83

es spielen noch mehr EiuüUBse eine lioUe, aber im Prinzip handelt es sich, wie es scheint, um ähnliche psychophysische Prozesse. In beiden Fällen werden wir uns eine Mannigfaltigkeit von Er- regungen koordinierter Art verändert zu denken haben, je nachdem ein Reiz ohne oder mit Nebenreiz in seiner Lage besitimmt werden solL Das amgoBprochene Urteil aelbat kaan daher eben£img im Sinn einer Resultante ans den beiden fleofloriBcben Erregungen anfgefaBt werden, die tob den beiden applizierten Sdzen berrttbien, Bofem die übrigen das Urteil bedingenden nnd bildenden Faktoren als konstant anzusehen sind.

Indem wir dieses Prinzip des Gleichge^vichts der Kräfte auf die Resultate der Experimente, die wir vor uns haben, anwenden, können ^vir }i:ewisse SchlUsöe betreöend den relativen Wert der Kräfte ziehen, die nicht ohne Interefise sein werden. Wir wollen em einfiu^hes Beispiel nehmen : zwei durch 6,5 cm getrennte Punkte werden gereizt Wenn die Vp den oberen lokalisiert , wird er in der lUebtang des unteren um 1,8 cm Teisetzt Der Dnrehsehnitt normaler Y eisetznng naeh nnten aber ist 1,0 em. Wir haben daher die Kraft von 0,8 em, die wir dem Nebenreiz nnten zuschreiben. Verglichen mit dem Hanptreiz ist die Kraft des Nebenreizes sehr g:erinj2r, nämlich 0,8:5,7, d. h. jener ist vninl s » wirksam als dieser. In einem zweiten Falle haben wir wicdci zvvci Punkte, getrennt durch 6,5 cm. Die Vp lokalisiert jetzt den unteren mit dem Resultat einer Versetzung Ton 1,8 cm nach oben. Da der normale Durchschnitt der Versetzung in diesem Falle 0,8 cm unten ist, so haben wir einen dureh den Nebenreiz ausgettbten Einfluß von 2,6 em, d. h. seine Kraft TerhSlt sich zu der des Hauptreizes wie 2,6 : 3,9. Dadurch wird gezeigt, da6 der proximale Nebenreiz eine relatiT größere Kraft hat als der distale, und daB der Reiz, mit dem die Äufinerksamkeit beschäftigt ist, oder der Hauptreiz, ob oben oder unten, immer die ^ößere Kraft hat. Ob das Letztere bloß davon herrührt, daß die Aufmerksamkeit 80 p:crichtet ist, oder von den Assoziationen, welche den ausgezeichneten Heiz verstärken, oder ob es scliließlich ein Ausdruck der motorischen Kraft mündlicher Suggestion »unten« oder »oben« ist, sind Fragen, deren Beant- wortung noch mehr oder weniger dunkel ist Nach meiner An* sidit ist der letztgenannte Faktor der einzige, mit dem wir zu tun haben, denn Äufinerksamkeit ist^ wie ieh glaube, ein remes Phänomen, das die Vorstellung begleitet, welche die grüßte Kraft

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lutt, selbst aber der Vorstelliing keine Kraft gibt Aflaoziatioaeii spielen zweifellos am Anfimg ^e wlohtige Bolle, aber sie vei- ringem sieh an Zahl und Kraft, sowie die ZaU der ^edediolnn- gen des Experimenls zunimmt Der entMsfaeidende Faktor ftr den größeren EinfloB des Hanptreizes ist also wohl die Tatsaeke, dafi er dnreh die vom Experimentator gestellte Anfgabe em besonderes Gewicht erhalten hat und eine entsprechende senflorisch-motorische Eiüstelluü^ voriiiidetj auf welche der Nebenreiz nach Maßgabe seiner Intensität, Eutfenmng: und Lage, vielleicht anch seiner Qua- lität und Dauer raudilizierend einwirkt. So treten nsiiltierende, »mittlere« Lokalisationen in Bewegung oder Urteil ein, die mit bekannten £r8cheiniu)gen auf anderen Gebieten in o£fenbarem Zu« sammenhange stehen.

Ym. Kapitel. Die Beziehung zu den optiscken

Täasehnngen.

Die Bezi^nng der T&nsehimgen' bei der taktilen Ranmwahr- nehmnng an der allgemeinen hier betrachteten Frage ist nnrerkenn-

bar. Eine Erklärung des allgemeinen Einflusses von Nebenreizen muß auf die Erklärung solclier Tiiuseliim^'eu anweudbar sein. Ferner ist die Ähnlichkeit der behandelten Tasttäuschnng und der unter dem Namen der MUller-Lyer' sehen bekanuiin optii^chen Täuschung so offenbar, daß ich es nicht fllr notwendig gehalten habe, bei der Beschreibung meiner Versuchsresultate im einzelnen daranf einzugehen. Nur in einem Punkte scheint ein ansgespro- ekener Unterschied zwischen beiden obzuwalten. Heymans bat bekanntlieb gefunden. daB die Mttller-Lyer*sehe T&nsohnng mit Eonehmender Länge der yeiglichenen Linie wSehsti). Meine Yer- snehe stimmen fta die Ugar mit einwärts gekehrten Sebenkeln damit llberein, aber bei der anderen habe leb das entgegengesetzte Veriudten beobaebtet nnd zngleiob dieses als das normale wahr- schemlich gemacht. Heymans hat, was vielleicht ein wesentlicher Unterschied in der Versnchsanordnung war, beide > iguren gleich- zeitig einwirken lassen. Wir kuunen daher nicht entscheiden, ob dieser Umstand oder andere Verhältnisse die Abweichimg in unseren Eigebuisseu bedingt liaben.

1) Zeitsdir. f. Payekol. IX, S. m Vgl Thi^ry in PhUos. Stnd. Zn, S.80f

Übw den Einfluß von Nebenreizen mif die BMunwahmehmiing. 85

Der Täii9chxingsbetrag war h& unseren Tttstrersnchen weit irrößer, als der uul optiscLciii Gebiet bisher fe8t{,'estellte. Der Ein- duß eiiiea Nebenreizes ist eben höchst wahrscheinlich vou der ünter8chied88chweUe des betreffenden Sinnesgrebietes abhängig.

Im allgemeinen können wir wohl Batten, daß alle Täuschungen dieser Art das Ergebnis der Kelativität unserer Sinneswahmehmnng sind. Jeder GlegeoBtand derselben wird mit irgend welcher Be- Behnng anf seine Umgebnng wahrgenommen. So wird anch die Penaptton einer Linie doroh alle GogenBtXnde» die Boiuti noeh in dem Wahmehmimgafelde gegeben aind, beeinfluBt, und von jedem soleher Nebenreize dürfte die allgemeine Geaetzmftfiigkeit gelten» die wir mit allem Vorbebalt aufgestellt baben. Wir werden dämm nur eine solobe Tbeorie der HttUer-Lyer'scben T&nscbiiiig ftlr ans- reichend halten kOnnen, welehe sieh zngleieh anf die analogen Erscheinungen des Tastsinns anwenden läßt. Eine Theorie wie diejenifre von Thiery^j kauu deshalb keine allgemein befriedi- gende KrkläruDg für diese Täusch ung-en heißen, mag sie auch ge- wisse mehr zufällige optische £rächeiuimgen zutreffend berück- sichtigen.

Vielleicht ist es möglich, Wnndt's Theorie der Angenbewegnngen (ladurcb fUr die taktile Täuschung fraehtbar za machen, daß etwa Hand- oder ArmbewQgnngen hier herangezogen werden^). Aber das allgemeine Gesetz des EiniliiBseB von Nebenreizen wtirde' aneb m diesem Falle die Grundlage zn bilden baben, so daB die Be- wegungen nnd BewQgmigstendenzen nebst den Bildern von ihnen nnr als ein sekondires Pbftnomen in Betracht kttmen. Die Theorie Ton Hey man 8 3) ftigt zu der Wirkung der Angenbewegungen das Küutrastphänomen als Ursache der Täuschung hinzu. Aber sehr Tiele meiner Elxperimente wurden in der Weise ausgeführt, daß in einer bestimmten Versuchsreihe nur ein einziger Figurentypus zur .\nwtiiiluiii: kam Eine Kontnist\\ irknng konnte sieb hier kaum geltend macheu, und trotzdem war die Täuschung unverändert. Heymans hat seine Theorie namentlich mit Rücksicht auf das Ton ihm entdeckte Maximumgesetz angestellt. Aber dieses haben aneb wir im Gebiet der Tasttftoschungen unter Bedingungen ver- wirklieht gefimden, wo an einen Beweguigskontrast nieht zn denken

1; Philos. Stud. XII, S. 121 ä.

^ Oeometriseh-optifehe TSntehiuigen. 3. 100 IL 8) a. s. 0. S. 248 ff.

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Haywood J. Pearce,

ist. Der Saehverlult des MazminmgeBeizee läßt sieh Tielmebr, wie uns flebemt» mit der AbbAogigkeit des Tanscbnogsbetrags Ton der Entfernnng der Nebenreise in ZnsanunenhaDg bringen und wird seine Erklilnuig nnr in einer psychophysiseben Tbeorie des Ein- flusses Ton Nebenreizen finden, zu der die vorliegende Untersuchung nur einen Austoß geben möchte.

Am meisten nahe gekommen ist den von uns entwickelten Ge- sicbt^puiiktcii vieUeieht eine Ausführung von Jastrow über diesen Gegenstand, die sieb jedoeli in rein psychologischen Begnflfeu be- we^. £r beruft sich auf das allgemeine Prinzip, daß alle Täu- schungen aus der Tendenz relativ zu urteilen hervorgehen. Seine Ansiebt jedoeh| daß alle Täuschungen Urteils- und nicht Wahr- nebmongstänsebmigen sind, ist gewiß niebt riebtig. Die Tatsachen zeigen im Gegenteil Überall, dafi das Urteil nur ein Ansdraek itlr das in der Wabmebmnng Oegebene ist*). Naeb ICttUer-Lyer*} ist die Täuschung anf die Tataaobe znrttckznfttbren, daß wir niobt nnr die Linie, sondern aneb den Raum swiseboi den 4 Sebenkebi mit berQeksicbtigen. Bei meinen Versuchen bestanden jedoch die Schenkel oft nur aus je einem Keiz, und es ist 8( In ua wahrschein- lich, daß die olTenen Räume für die Aufmerksamkeit der Vp bei unseren Tastexperimenten eine Rolle gespielt haben. Fllr den Ge- sichtssinn kommen die weißen Fläebeu zwischen den Schenkeln freilich als Reize in Betracht, aber auf der Hant bedeuten der- artige Bäume nichts, weil sie durch keinen Reiz znm Bewußtsein gebracbt werden. Nach der Aussage der Vp verfolgte die Auf- merksamkeit stets nnr die gereizten Hantstellen. Ans einem äbn- Heben Grande ist ancb die Tbeorie von Anerbaob«) zu ver- werfen.

Diese flttcbtige und bei weitem mcbt erscbOpfende Obersiebt Uber die der Mttller-Lyer'sebra Tänsebung zu Teil gewordenen Erklärungen^) mag die Bedentnng nnd Tragweite der bter mitge- teilten Versuchsresultate und des von uns aufgestellten allgemeinen rnuzip« erläutern. Eine eingehende Diskussion der optischen

1) Americ. Jonni. nf Psycbol. IV, S. 381 ff.

2\ V-1. Wirasek in der Zeitßchr. f. Psychol. XIX, 8. 61 ff.

3} Zcitschr. i. Paychol. IX, S. 1 ff., uad X, S. 421 ff.

4) 8.a.0. Vn, S. 152 ff.

6) Vgl. die knne nnd klare Darlegung denelbea bd Titchener, Experin. PsyehoL I, Put II, S. 8S1 S.

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über deu Einflaß von Nebeureixeu auf die Kaamw&hrneüiuuag. g7

TloBehiiiigmi Hegt anßerluüb des Babmens dieser Abhaadlnng i). Jedenfalls glaube iob, daß das allgemeine Prinzip, welcbes bier anl Grand der Ergebnisse einer taktilen Untersnchnng formnliert worden

i«t, uns anr li zu einer umfasaenduii und befriedigenden Erklärung der optischen Wahmehmiingstäuschimgen führen wird. VerRuehe, welche ich mit der Mtlller-Ly er 'sehen Fignr zum Zweck einer notwen- digen Vergleiehung mit den taktilen Erscheinungen im einzelnen durchznfhhren begann, mußten leider ans äußeren Umständen vor- llofig abgebrochen werden.

Dritter Absehaitt Die Empauglichkeit lür den Binflifi

von NebenreiieiL

IX. Kapitel Der Nebenreiz als 'Öuggestiou«.

Ich babe den Nebenreiz froher einen snggestiTen Beit oder eine Saggestion genamii Der Oebraneb dieses Ausdruckes erfordert TieDeiebt einige Beebtfertignng, und indem ich diese biete, boffe ieh imstande zn sein, einige weitere Fortschritte in meuier Inter- pretation der Resultate dieser Experimente zu machen. Im weiten Sinne gesprochen ist die psychologische Welt über die Frage der Suffircstion in zwei große Parteien geteilt. Die eine Partei, deren vnikäamster Vertreter Lipps isf, Im steht darauf, den Ausdruck Suggestion auf die Ursache t uit s in seiner Natur abnormen Phä- nomens zu beschränken, wofür die Hypnose typisch ist. Die andere Partei, bei der Sobmidkunz in Deutschland und Boris Sidis in Amerika zu erwähnen sind, tritt dafttr ein, daß die der Sug- gestion entspringenden Phänomene zn den normalen Erfnbrongen ge- hören. Sidis bat ges^en und gelesen, daß Mengen Ton der Hacbt der Snggestion beherrscht wurden, nnd Sobmidkunz bat gefbnden,

1 IHe mit bf^wnndcrnnp^würdtfrom Schnrff^ma durch ^reftihrte ästhetisch- mechaiiiacbe Thron' von Lipps trügt, wie mir scheint, der ursprünp^Hcheii. ?oii V'ergleichaug uud lieproduktionstätigkeit unabhüngigcn Natur der be- fprochenen TKoschiuigmi kehie binroicheade Beehnimg. Schon Ton Beiehel Cher dea QtOfienkontrast Breelaner IMiaerk 1899] iit darauf hingewiesen worden, daß die ästhetisch-mechaniBchc Intorpretation nicht die Tänsehung eneogt. sondern vielmehr auf ihr beruht. Don nüinlichen Gi'HiVhtspunkt hat Wnndt Physiol. Psychol. 11,«^ S. 575i neuerdintrw t^eltcMul j^euiueiit. Außer- dem gaben, wie uietue Vp erkikrteu, die taktileu TäuBchuugeu m jener fathetUdt-mechaniachen Interpretation keinen nnmittetbaren Anlaß.

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iiaywood J. Pearce,

dafi SlOoke, Steine und andere gewOlmliohe Dinge die liaelit der Snggeition anf normale IndiTidnen anettbten. Wenn man die SohlllBfle der Btteher ttber »Suggestion« Ton den beiden letztge- nannten Autoren «taammenfaflsen würde, so, glanbe ieh, wttrde kanra irgend etwas »im Himmel, ttber nnd unter der Erde und iu deu Wassern* übrig bleil)en, was nicht vou einem oder dem anderen derselben als mögliches Agens der Suggestion be- trachtet werden würde, noch würde man eine Kreatur einer dieser genannten Kegitnien finden, bei der jegliche Handlung nicht schlieBlioh auf eine Suggestion als Ursache zorUckgetUhrt werden könnte.

Es ist zogleich klar, daß, wenn man den Standpunkt der zuerst erwähnten Partei der Peychologen einninunt, der Gebianoh des Anadmekes Suggestion ftr nnseren Nebenrwa nicht gereehtfertigt sein kann. Ich mnB daher meine Beehtfertignng an der Hand der zweiten Partei suchen. Im allgemeinen wird von diesem Stand- punkt die Suggestion betrachtet als Beiz ftlr eine Reaktion, die nicht von dem bewußten Handeln des Reagierenden beherrscht wird , mit anderen Worten : man redet v*)n einer Suggestion, wenn immer die Reaktion vou der Empfindung zur motorischen Aus- lf?Min- fortschreitet, ohne eine wesentliche Modifikatio n durch die Vp zu erfahren. Einige Autoren würden vielleicht behaupten, daß Unbewußtsein sowohl von Ueizcu, als von motorischen Reaktionen ein notwendiges Kennzeichen der Suggestion sei; Andere, daß so- fortige Reaktion solch ein Merkmal sei. Es wttrde nnseren Zweck nicht fördern, die Tersehiedenen sekundären Kennzeichen, welche genannt worden sind, zu erOrtem. Es mOge genügen zu sagen, dafi, sowttt die Kenntnis des Verfassers geht, jedes derartige Merkmal Gruppen von Phänomenen ausschlieBen wttrde, welcbe alle anderen charakteristischen Zttge der Suggestion hsben.

Diese Verwirrung in dem Gebranch des Ansdmckes Suggestion rührt von der Tatsache her, <h\[\ ci" zuerst von liruid gebraucht wurde, um die Ursache der liy]moti8chen Phänomene zu bezeichnen. Zu Braid'ö Zeit wurden hypnotische Phänomene als geheimnis- volle . unheimliche Manifestationen des persönlichen Magnetismus oder EiuÜusses angesehen. Er erkannte sie als den Ausdruck eines Gesetzes des innersten Wesens einer Person, durch welches moto- rische Reaktionen gewissen Vorstellnngen mit derselben Regelmäßig- keit folgen, wie das Wasser vom Beige fliefit Das Mittel, nm

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Ober dea £iiifiaß von Nebenralaen auf die RamnwahniehiBang. 89

diese Voretellangen zu erwecken, nannte er Sngrgestion. Braid's Folgerungen und Ausdrücke wurdeu mit Eüthubiaäuius von seineu Nachfolg"em angenommen, aber in der Meinunj? vieler behielt Hyp- nose deiinoeii üiuen Autiug von Unheimlii ht m , und Suggestion wurde entsprechend als große und einigermaßen mysteriöse Macht b^rachtet Darum ist der Vorschlag, sie ihre» Mysteriums zu bennben und sie mit den gewöhnlichen tttglichen Funktionen n beUeideOi ndfigttnstig aufgenommen worden. Dieser Yonehlag ttnfl mir auf eine Umkebrnng Ton Braid'B Verfahren lunana. Er eiljuuito die VerwandtMdiaft der hypnotiflchen Phänomene mit ge- wissen normalen an, entlehnte das Wort, womit pofndirer Spraeh- gebraneh die Ursaehe der letderea beoeiehnetei nnd legte es den ersleren bei. Wir erkennen jetzt diese Verwandtschaft abermals an und unterliegen damit der Tendenz, den Gebrauch des Aus- druckes weit Uber die hypnotischen Erscheinungen auszudehnen

Wenn ich meine Vp G. hypnotisiere, erwecke ieh in ihrem Geiste Vorstellungen von schweren Augcnlideni, die alle Sinnes- eindrtlcke ausschließen, von Schlaf etc. Er scliiaft und man sagt, ich habe ihn hypnotisiert In einem gewissen Sinne ist das wahr, sber es ist Tatsache, daß mein Anteil an diesem Voigange ein sehr geringer war. Ich spraob nnr die Worte ein Phonogiapb hätte 10» ebensogut sprecAien kOnnen nnd diese Worte erweckten dsreb Assoziation die korrespondierenden sensorisch-motorischen Vorsteilaiigen, nnd das Haben einer sensoriscb -motorischen Vorstellung wenn nicht das motorische fiaement gehemmt ist ist gleicbbedentend mit einer Reproduktion der Em- pfindung und des motorischen Ausdruckes*). In diesem Satz liegt, so viel ich sehe, der Schllissel zu dem ganzen Geheim- nis der hypnotischen und vieler anderer aijuormer, wie auch nor- maler Phänonu ue.

Wenn ich durch eine iierühruug der Haut eine von dem Re- agierenden ungewollte und ihm nnbewuüte Reaktion heryorrufe, so spreche ich Ton Snggestion, weil es analog ist dem Prozess, durch welchen Hypnose herbeigeführt wird. In diesem Falle suggeriere ich niefat Schlaf nnd schwere Angenlider, sondern Handhewegong in einer bestimmten Biebtnng; ich gebrancbe nicht Worte, am die

1] Von diesem Standpunkt ist es viel schwieriger zu erklären, warum sIm Perton der Soggestioa nicht nachgibt, als warum sie es tut.

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fiaywood J. Pearce,

flemoriicii-iiiotoiiBelie YonteUiuig zu erwecken , aondeni BeSznng einer bestimmten Hantstette. Bw Resnltot ist dasselbe die Vor-

Btellung wird erweckt, und ihr motorisches Element muB notwendiger- weise Ausdrnck finden in der entsprechenden Kcaktion. Diese steht im Widerspruche mit der Handlung, welche das Individunni, wenn un^'estiirt, vollftihreu würde. Damit haben wir ein zweites Kri- teriam der Suggestion. Ein drittes ist die Tatsache, daß die Vp absolnt kein Bewnütsein davon hat, der Beeinflussiing durch den suggestiven Reiz nachgegeben zn haben. Es ist charakte- ristiseh für die meisten Individnen» daß sie einer Suggestion zu widenteben snehen. Der Wideistand manifestiert sieh durch ein extremes Verharren in der alten Bichtong. Erst nachdem wir dnreb Wiedeiliolnng mit der Yersncbnng vertrant -geworden sind nnd zugleich die bildliche VonrteUnng im Bewnfitsein lebhafter ge- worden ist, fangen wir nadi nnd nach an nachzugeben. Eine Ver- suchung ist die Erweckung von sensorisch -motorischen Vorstel- lungen, deren mutorische Elemente gewohnheitsgemäß gehemmt werden. Aber die Kratt t incr Vorstellung wächst jedesmal, wenn sie im Bewußtsein erscheint, und wenn sie oft genug erscheint, wird sie schließlich stark genug, um sich von den Fesseln der Hemmung zu befreien and einen angemessenen motoiischeu Aus- dnick zn finden ^j.

Ein bekannter Vers von Pope drückt poetisch sowie Wissenschaft» lieh diesen chaiakteristiBclten Zng des Menschengeschleohtes ans:

Vice ift a moniter of saeh hidaons nden, That to be hated, aeeds bat to be seen, Bttt, aeen to oft CuaUlar will her Ikoe, We finrt endnie^ tbea pily, fhoi embnce.

Dieser Widerstand, schwankend im Nachgeben und schließlich sich ganz dem EinJiusst di s suggestiven Keiz-^s liiugebeuti, wajr in der Praxis bei allen meinen Vp charakteristisch und kann leicht durch die Tabellen der schon mitgeteilten Besnltate dargetan werden. Wenn man geneigt wäre zu moralisieren^ so konnte man dazu in den so betrachteten Experimenten einen geeigneten Gegen- stand finden nnd Merans sehlieften, daB die Ge&hr fllr lasterhafte

1) Die angeführten Merkmale des äuggeBtionübegritTö bcstimuieu ihn tat- sächlich in ganz ähnlicher Weise, wie Lipps ihn definiert hat (Sitzber. der phfloi.-phaoL nnd d. Ust KL der bayr. AktA (U Wias. 1807, Bd. n, a 384).

über den £iuiiuß von Nebenreizen aof die Kaiuuwahmehmang. 91

AMoiifttionen und das daraas folgende Übel in der neb aUmlUiiieb dnicbsetzenden Veiindemng liegt, die doieb Bolebe wiederbolte

Saggestionen in der Disposition zum Handeln zustande gebracht wird. Wir rühmen uns der ünabhänj^igkeit uusereö Denkens und haben in einem gewissen wichtigen Sinne auch ein Recht dazn, das ich weder lengnen noch herubsetzen will A]»er wir unter- l;!«»gen oft anzuerkennen, dass unsere {regen\^ artige Luabiiängig- keit erworben und nicht ererbt ist. Unser psychisches und phy- ^bes Sein ist angebaut onter Zuwachs von Elementen, die nnflerer Umgehnng entstammen. Jeder ist in einem gegebenen Moment von der Umgebung nnabbSngig geworden und bat gewiß eine TerbältniamiBig lange Zeitperiode hindnroh die rerscfaiedenr Bten von semer Umgebnng äbbängigen Fnnktionen amgefttbrt Aber ein Jeder maß Immerfort in dieser selben Umgebung nenes Material für sein Dasein sndien» Und so emenert sieb gleiobsam das psycbisebe Wesen yon Zeit zn Zeit dnrob nene Vorstellungen, welche die Stelle derjenigen einnehmen, die »verbraucht und nutz- los« geworden sind. Nachdem das Individuum ein gewisses Alter der Keife erreieht hat. behalten die neuen \'or9tellungen die Qua- lität der alten. Vorstellungen einer spezifisehen Qualität haben allmählich einen so großen Umfang erlangt, dass sie die Macht besitzen^ das Kindringen anderer, qualitativ verschiedener Vor- ateUongen zn bemmen. Den Charakter eines solchen Individuums seont man ansgereüt Aber in einem nnansgebildeten Cbarakter sind aUe Yorstelltingen gleieb wiUkommen. Die Anfflibrang ist bente gnt, weil die sensoriseb-motoriseben Vorstellnngen von beute znfidlig das Element des Gnten In sieb baben; sie ist morgen scblecbt ans gleicber Ursaebe. Sebdnbar entfaltet ein solebes Individnnm die größte Freibeit des Willens, wäbrend es in Wirkliebkeit ein Schwanken des Charakters zeigt. Solehe Individuen sind beson- ders zugänglich fllr einen Einfluß indirekter unljewußter Art, aber vor allem für solehe, die neue Kombinationen von Tätigkeiten ent- halten. Die Reaktion bei solchen Suggestionoii ist ganz analog derjenigen meiner Vp gegenüber dem sekundären lieiz. Wenn es ältere Vorstellungen im Bewußtsein gibt, welche der suggerierten Handlung widerstehen, wie das gewöhnlich der Fall ist, so ent- stebt zuerst eine Reaktion , die von der extremen Tätigkeit der widerstreitenden älteren YorsteUnng beberrsebt wird. Dnrcb Wieder- bolnng indessen wäebst die Kraft der Suggestion, bis endlicb die

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Hftywood J. Pearc«^

alteu, durch den laiigeu und jetzt ungleichen Kampf mit den frischen Kniften abgenutzten VorstcUiuiEren gleich besiegten Sol- daten vom riclilachtfelde weichen. Bo/eiehnend und eigentümlich iöt ea, daß nipistenteils die Vorbereitungen zu dem Kampfe in dem Unterbewußtsein des Individuums platzgreifeu. Mau wird Bich selten dessen eher bewußt, daß man seine Meinung geändert hat| als bis man eine neue hat. Man weiB iiiemals, daß man eine VonteUnng hat, als bis sie »groß genug ist, am herrorsntrateac.

X. Kapitel. Abnorme Snggestibilität

loh denke, es ist durch die bisherigen Ansfthnmgen klar ge- worden, daß die Kraft der Suggestion in der senaorisclHnotori- sehen Natur des Menschen liegt, indem die beiden Seiten seiner

physischen Konstitution so miteinander zusammenhängen, daß der Reiz auf der einen Seite nur vollständig wird durch die Kontrak- tion auf der anderen. Die Schwierigkeit fHr den Psychologen be- steht daher nicht darin, zii erklären, warum ein Reiz auf eine Muskelkontraktion hinausläuft - dies ist letzten Endes eines der Probleme der ]i]iy8iologischen Chemie , sondern warum ein spezifischer Reiz keinen Ausdruck in einer Muskelkontraktion findet, nicht warum eine spezifische Suggestion eine gewisse Kraft hat, sondern warum eine andere Su^estion Yon gleichem Clia- xakter scheinbar keine Kraft hat Die Antwort auf diese Frage liegt einerseits darin, daB die physiologische Natur des Organismus QelegenhMt ftr Hemmung bietet, und andererseits darin, daß Vor- stellungen, deren motorische Reaktionen entgegengesebt sind, ohne Ausdruck bleiben.

Hypnf)8e ist nun der Zustand, lu welchem das Indi\ uliium für die Suggestion besonders zuiränglich ist Der Ausdnuk »hypno- tisiert« wird nicht eher richtig auf ein Individuum augcw ;uidt, als bis es aulgehürt hat, willkürlich zu handeln, obgleich man sich in Widersprüche verwiekeln würde, wenn man sagte, daß eine Per- son vor diesem Zeitpunkte nicht hypnotisch beeinflußt sei.

Der Unterschied zwischen einem normalen Individuum und einem hypnotisierten liegt aussehliefilich in dem Charakter des Bewußt- seins beider.

Nun besteht das Bewußtsein des normalen Individuums aus einer Mannigfaltigkeit von Zustünden, die von zuftUligen Um- stinden herrtthren, unter Hinzuftigung mehr oder weniger bestimmter

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über den Eiiiliiß von Hebenreiieii axif die Baiimwahr&eliiDtiiig. 93

Vorstellangen unabhängrigeH Handelns einerseits und eines gewissen Mißtrauens andererseits. Die Stärke dieser beiden letzten Yor- stellnngen, vereint mit der natürlichen Eindrueksfähigkeit des IndividaaniB, bestimmen seine Snggestibilität In dem Falle des hypnotisierten ÜDdividmuDS ist die Eiaft jener VofsteUnngen auf ein Minironm lediiziert. Dieses kann anf dreierlei Weise za- stande kommen: 1] Die Vp kann eine fllieririebene Vorstellung TOD der Hadit des Operierenden baben, durch welehe die Yor- steDmig des Widerstandes Tfi die Flucht getrieben wird. 2) Die Vp kann freiwillig (von innen herans) die Vorstellimg des Wider- siaüdes aufgeben, das Eindrin{;en anderer als der suggerierten Vor- stelluDfren ine Bewußtsein hemmen. (Es versteht sich von selbst, daß diese Ireiwilligc Haiidlunpr auch durch V^nstcllun^'cii angeregt wird.) 3) Die Vp kann gänzlich passiv bleiben, d. h. widerstehende Voisteilnngen verschwinden aus dem Bewußtsein, und dasselbe Kesnltat kann dnrch Vorstellnngen hervorgebracht werden, die durch mOndliche Suggestion des Operierenden erweckt werden.

Nach dieser Ansicht kann sich ein IndiTidanm in dem von der VoisteUniig beherrschten Zustande befinden. Das »Haben der Yoistellnng des Schlafes« und das »Schlafengehen« gehören an- ttmmen. Ich kann das Wort Schlaf denken, sicherlieh, nnd nidit lehlafen. Aber wenn ich das Wort Schlaf denke, so ist die sen- sorisch-motorische Vorstellnng Schlaf gleichsam erregt, da sie durch Assoziation mit der betreffeuden Wortvorstelluüg eng verbanden isi. Daher kommt es, daß durch die Verbalsnggestion des Wortes »Scblaf» der aktuelle Zustand hervorgebracht werden kann. Ge- wöhnlich aber erfordert diese Prozedur sehr viele Wiederholungen der Saggestion and den Beistand anderer daza gehörender Methoden, wie das Ermtlden der Aogenmnskeln, ai)i die nittige Reproduktion herrorznbringen.

Es sind viele sogenannte Grade der Hypnose yon verschiedenen Atttoren uiterschieden worden, die von Tcrscfaiedenen Standpunkten aus geschrieben haben. Von diesen erseheinen mir drei der Be- tiaehtong als getrennte Gkade wert, nSmlidi Lethargie, Katalepsie and Somnambnlie. Diese sind auch yerschieden durch den jeweili- gen Zastand des Bewußtseins. Lethargie ist vorherrschend ein negativer Zustand, dem Schlafe gleichend, mit iniiiimalem Bevt ußt- sein. Hier gibt es keine willkürlichen Impulse, ebensowenig tritt eine £mpfUnglichkeit für weitere Suggestion hervor, die notwendig

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Haywood J. Pearee,

Öfter wiederholt werden mnß, um die Reaktion zu Biebern. Es ist darin eine mehr oder weniger voUständige Dissoziation swischen den Vorstellangen nnd eine ungenügende Koordination gelben. In der Katalepeie ist ebenfaUs das BewaBlaein sehr eng. Ein so- genannter Bapport zwischen der Vp nnd dem Experimentator ist indessen hergestellt, nnd die HanptTorstellung in dem Geiste der Vp ist der Gehorsam gegenüber dem Befehle des Experimentators. Die von dem Experimentator suggerierten Vorstellnngen bleiben fest und wirksam in dem Geiste des Vp nnd werden ans ihrem Bewußtsein nur entfernt durch die Suggestion anderer Vorstellun- gen. Der vüllkouaiieustc Grad der Hypnose ist die Somnambulie. Hier ist das Bewußtsein fast so täti^- nnd beweglich, wie im nor- malen Zustande, nur daß die V^rstellun^^ von dem Exj)eriiiieutator immer konstaut bleibt. Assoziationen sind zahlreich, aber stets von der £igentttmliehkeit| die suggerierte Vorstellung zu verstärken. Die Vp kann vollkommen normal erscheinen und eine Unterhaltung mit einer dritten Partei ftlhren. Es ist dabei no<^ manchmal ein Mangel an Spontaneität angenscheinlieh, aber eine Suggestion setzt alles in Ordnung, und die Assoziationen verstKrlLen die erforder- liche Tätigkeit.

Zum Zweeke der Untersnohung einiger Hericmale des hypno- tischen Zustandes habe ich das Lokalisationsesperiment an ein

und derselben Vp fG.) sowohl im hypnütiscbcu aU auch im nor- malen Zuüuuidc ausgetllhrt, wobei die VerHuche wHhreud der Hyp- nose bald vor, bald nach den bei normalem Bewiibtsein erfolgten geschahen. In jeder Sitzunjr wurdi n /.wei solche Reihen von Ex- perimenten durchget\ihrt, indem jede Reihe aus 90 Reaktionen be- stand. Die Methode war folgende. Die Vp wurde am rechten Vorderarm mit einem hölzernen Griffel gereizt Es wurde dann von ihr yerlangt, nüt geschlossenen Augen den gereizten Punkt mit einem Shnliehen Instrumente, das sie in der linken Hand hielt, zu bertthren. Der normale dabei begangene Fehler wurde durch eine Beihe von 10 Yersuehen bestimmt , die in Abständen ▼on etwa 3 4 Sekunden aufeinander folgten. Dieselben Punkte wurden dann wieder gereizt und gleichzeitig ein Kebenreiz 8,5 cm nnter dem ersten appliziert. Eine Reihe von 10 solchen Versuchen zeigt den Einfluß der * Suggestion unten«. Darnach wurden die- selben Punkte gereizt und gleichzeitig ein Nebenreiz H.5 cm über dem zu lokalisierenden Punkte angebracht 10 Versuche zeigen

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Haywood J. Pearea,

den EinflnB der »Sngfresti» n oitcu«. In jedem Falle wird die Kraft der Sue:ß:eBtinii durch das Wachsen der LokaUäatioiisfeliler im Ver- gleich mit dem Normalfebler l)e8timmt

In der diese Versuche zusanmieufassenden Tabelle XXII') sind rerschiedene Tatsachen der Betrachtung wert. 1. Der mittlere Fehler bei Lokalidenuig eines einzelnen Reizes (ohne Nebenreiz) ist geringer im normalen, als im hypnotiBehen ZnBtande. Dieses ReBoltnt war meiner Erwartimg direkt enigegengesetii Wir sind gewohnt, die Hypnose als einen hypefempfindlichen Znstand an betrachten. £in solcher war entschieden nicht vorhanden bei meiner Vp, deren Znsland zwisdben Katalq[Mie nnd Lethaigie lag. Daß Hyperempfindlichkeit, in gewissem Sinne wenigstens, beim somnambnleu Zustande erzeugt werden kann, ist fraglos; aber daö gilt sicherlich nicht ftir alle Phasen im hypnotischen Zustande. 2. Die mittlere Variation ist geringer im hypnotischen, als im normalen Zustande. Dieses stimmt mit dem schon ausgesproche- nen Glauben überein, daß die freie Reproduktion, subjektiver Eindrucke z. B., geringer and allgemein der Einfluß ablenkender, variabler Faktoren schwächer ist im hypnotischen, als im normalen Znstande. 3. Der EmfluB der »Suggestion oben« ist grQfier im hypnotischen, als im normalen Zustande, nnd vice versa der Ein- flnfi der »Suggestion nnlen« geringer im hypnotiseheo, als im normalen Zustande. Der Gmnd dafür liegt vieileidht in einem besonderen Yontag der proximalen Reise 1^ die Anfinerksamkeit, der im hypnotischen Zustande noch ansschlicBlieher nnd intensiver als im normalen zur Geltung kommen konnte. Wenn wir beide Einflüsse zusaiumenrechnen, so finden wir, daß der mittlere Ein- fluß der Suggestion der gleiche ist in beiden Zuständen, indem der Durchschnitt im normalen cm und im hypnotischen 3,05 cm beträgt.

Das antomatenhafte Verhalten der Yp bei den Versuchen im hypnotischen Znstande war besonders geeignet, den Elinfluß der Kebenreize als einen primSren, nicht dnroh vermittefaide Vorstel- lungen, Urteile nnd deigL eist erzeogten erkennen zn lassen. So

1) Ygl. Fiycholoflr. Bev. JX^ S. 331 ff.

2] In dieser bedeuten die den Zahlen beigesetzten U bCKw. 0 die Rieh* tung dtT Lokalisation im VprliHltTiiv ^iirn Nonnalreiz. (V h nuter bezw. über ihm. Die Minuszeichen weisen auf eine der äoggestion entgegengesetzte Lage des iokaiiöierten Punktes hin.

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Übw den EinftiO von NebenioiMii anf cB« Banmwalinielimiiiig. 97

dienten diese Experimente, die im weseutliciieu nur bereits be- kannte £i8ciiemnngen wiederholten, anch dazu, \mn in der Uber- lengiiDg Ton der aUgemdaen psyehophysischen Gesetzmäßigkeit dieeee EiiifliiBBeB xn beetftrken und die aUgemeinen Betiaebtangen dee FOTigen Abeolmittes 211 reehtfertigeii.

XI. Kapitel Snggeetibilitüt und Intelligens.

£0 ist angenommen worden, daß es eine direkte ProportionalifiU xwisefaen SnggeetiMlititt nnd Intelligens gibt Soweit meine Kenntnis

geht, hat man noch keinen Versuch gemacht, sie zu crklareu, inui auf die Gegenwart bleibt sie eine reine Hypothese. Kut- gprechend dem Gesichtsptmktc, der anf den vorherp:ehenden Seiten entwickelt ist, häiijürt der Grad der Suggestibilitat eiuea Indivi- duoms Ton zwei Faktoren ab, vorausgesetzt daß man nnter Sng- gestibilitäft die Neignng des Individnums versteht, eine suggerierte Handlung aiuniiUhren. Der erste dieser Faktoren besteht aas den Repfodnktioiieii, welehe dweh die suggerierte Vorstellong erweokt weiden können; der sweite ans der natürliehen EändmoksiUiigkeit der Vp. |Eb ist elnlenehtend, daB, wenn die dnreh die snggeriefto YonteUnng erweckten Bepiodnktionen anf motorisehe Elemente Ahnen, die den dnreh die suggerierte Yorstellnng augeregten «ntgegengesetit sind, das Besnltat nieht Reaktion, sondern Hem- DHing sein wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist der Grad der aktuellen SnggestibiiitUt des liidividiiuiiis in diesem Falle gleich Nnll, währeiui ^^ ir bei Ubereinstimmang der Reproduktionen leicht eine Öuggestibilität von 100% demonstrieren kTmueii. Es wäre offenbar unmöglich, in Bezug auf die Intelligenz eines Individuums Sehittsse za ziehen, welche anf eine Snggestibilitilt der eben be- schriebenen Art gegründet wären.

Aber ein anderer wiehtiger Faktor der Soggestibilitftt, welcher den tollten Qmnd derselben ansmaefat^ ist anBerdem berrorgehoben weiden, nimHeb die »natürliebe Efaidmckstthigkeit«. Dieser Anch dmck ist nicht synonym mit Empfindliehkeit, obgleieh sie b^e in einem VerliAltais zndnander stellen. Ilift ihm mOebte leb vielmebr die Beriebnngen swiseben einer VorstoUmig vnd iliren motoriseben Fol;::eii bezeichnen. Wenn die Verbindung zwischen motorischen und sensorischeu Elementen sehr stark ist, so liegt darin ein relativ hoher Grad natürlicher Eindmcksfähigkeit. Wenn andererseits die«^e Verbindung nicht so stark ist, wenn der von der sensorischeu

AxelüT f&r pBjdiologie. L 7

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Haywood J. Pearoe,

Seite aasgehende Reiz geseliwKebt oder eentOrt wird, wenn die Leitfähigkeit der Kerveu von der seusüriachen oder motorischen Seite nicht gut ist, so würden wir von einer relativ nicdrieren Stufe natürlicher Eindrucksfähigkeit sprechen. Ea ist diese Leitfähig- keit« der Nervenkraft vom Sensorium zum motorischen Organ, die za messen ich unternommen hahe, und die, wie ich zeigen werde, nur IntcUigeiis im YeritttUnis steht. Von einem anderen Stand- punkte ans nnd anders ansgedrtickt, bezeichaet »nattirliche Ein- dittckilUiigkeit« die Teadens dee IndiTidnnnifl, ienMrie^-motori- lehe VoiiteQiiiige& sa haben.

Um die »Damriiehft £mdra<^ft]iigkeit« in mesBen, ist es aot- wandig, die Bedingangen der Beaktioii so dn&eli ab möglich zn madien. An enter Steile mtlSBen wir einen suggesttren Reiz haben, der keine entgegengesetzten Assoziationen hervorraft, nnd an zweiter Stdle muß die geforderte iveaktion von einfacher und meßbarer Art sein und eine direkte Beziehung zum Reize ent- halten. Die Bedingungen wurden nahezu erfüllt durch die Methode, die ich gewählt habe. Man kann nicht sagen, daß keine Asso- ziationen erweckt wurden, vielmehr rUhrten augenscheinlich viele Unregelmäßigkeiten nnd Widerspruche in den Resultaten von Bolchen her. Diese wurden indessen auf ein Minimum reduziert, und es ist sehr wahrmslieinlieh, daß dnrchschnittlich die Tendenz, die Saggeation za verstHrken, ebenso groß war wie die ihr za wideiBtehen.

Krtifie können sieh nur offenbaren, wenn ein Widerstand da ist Herbart war so dnrehdmngen Ton dieser Tataaehei daß er

meinte, Vorstellungen erlangten ihren Charakter als Kräfte als ein Resultat des Widerstandes, den andere Vorstellungen leisteten. Indem ich diese Kelativität der Kräfte auerkannte, versah ich mich als mit einer der Hedingungen der Experimente mit einer Haupt- kraft, die in einer bekannten Richtung nnd in einem mutmaßlich mehr oder weniger konstanten Grade der Kraft wirkte. Indem ich nun diese Kraft einer zweiten entgegensetze, kann ich deren Größe im Sinne meiner früheren BetrachtODgen^) meesen and damit die Teadenz einer Beizwirknng, direkt vom Sensoriam zam meto- risoben Organ ttberzagehea, daiBteUen. Wir kOnnen fteüich nieht sagen, daß jeder Beiz dieselbe Tendenz hat, aber wir haben

1} Siehe S. 68.

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über den Einflnfi von Nebenreiseii mI die Banmwalinieliiiiiiiig. 99

einigen Gnmd zu s^IhuI/cii, daß die Tendenzen verschiedener Heize eine mehr oder weniger feste, pi-o]Kirti(jnierte Beziehung zueinander haben. Der Grand zu dieser Annahme ist folgender: In meinen QefattCB-, Gesichts- and Tastexperimenten babea zwei miteinander rerglicheae Individuen jedes denselben relativen Grad von Sng- gnäbilititt geseigt, wie er doioh die diei yenehiedenen Arten der ffinneaieise lieetimmt wird. Wenn idi z. B. finde, daB die Yp Ä in Tastezpaiment dne SoggeetibUitltt von 7&%, im Gehdreexpeii- nant 70 % und im Geeielitsexpenment 65 % aeigt, nnd idi femer weifi, dnS die Yp B im Taetexperimeni eine 8nggestibUilitt von 86 Vo hat, 80 kann ich wahrBcheinliob annebmen, daß B im Ote- hörsexperinieiit eine Suggestibilität von 80% »i^d im Gesichts- experiment eine von 75% hat').

Ich schließe daher, daß jedes Indi\iduam eine mehr oder weniger bestimmte Tendenz bat, einen slusoi ischeu lieiz in moto- rischen Aosdrack zu Ubertragen, und daß es möglich ist, diese Tendenz nach der eben angegebenen Methode zu messen.

Um die Beziehimg zwischen Intelligenz nnd Snggestibili^t, aosgedillekfc dnrch »natttrlielie Impressibilitftt«, an besfeimment habe ioh aaagedelmte Beihen Yon Eiperimeuien an SehUtem Temehie- denen Alten OfGantUoher Sohnlen und des Adam 'Beben Institnta in Wolzburg aasgeftlurt. leb möchte hierbei Herrn Sehnliat Ullrich nnd Henn Direktor Adam Air frenndliohes Entgegen- kommen mdnen henlicbsten Dank ausspreeben.

Nachdem der Grad der Suggestibilität der Schüler bestimmt wurden war, legte ich den mit den Schülern vertrauten Lehrern eine Reihe von Fragen lietreffend die yerschicdenen Fähigkeiten der Schüler, vor. In den folgenden Tabeilt ii er>^t'heiiien die Ant- worten auf diese Fragen in parallelen Reihen mit den Angaben Uber die Snggestibilität, welche ioh durch meine £^enmente £uid. Um eine bestimmte Vontellang yon der Methode an geben, nach der ieh die Experimente ansgeilUirt and die Zahlen gewonnen habe, iehfldere ieh das Yerfidiren, das ieh in allen befolgte. Drei Punkte (1, 2, 3), 1,0 cm yoneinander getrennt, wurden mit Tinte auf der Hüte des Yordorarmea, und zwar in der Lingsriohtnng der Benge-

1) Selbstverständlich sind die hier g'egcbenen Prozente rein typisch und repräscQtieren einen idealen Fall. Experimentelle Resultate werden solche exakten Verhältnisse natürlich nicht aeigen.

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H«ywood J. Pearce,

Seite, markiert. Diesen drei Punkteu wurde mit Tinte eine Centi- meterskalu auf der Haut hinzugeftlgt , indem die drei Tiiükte in der Mitte äw Skala lafren. Die Punkte 1, 2 und > wurden dann in der «renamiten ('idnuii^' jeder lOmal {gereizt, und die Vp mußte mit einem in ihrer trcien Hund befindlichen spitzen Instrument den gereisten Pankt durch Rerllhrung anzugeben suchen Der Fehler wurde sofort in llülimetem bestimmt und unter U oder 0 verzeich- net, Je Bftohdem er »Untenc oder »Oben« war. Nach einer knnea Fftofle wurden dieselben Punkte In derselben Ordnnng noch einnud gereizt, aber gleiehieitig mit jedem Reise wnrde eui sweiter Punkt, 6,5 om unter dem zn lokalirierenden, gereizt Der LokaUsattonsfeUer wnrde wieder bestimmt imd nach jedem Experiment veiseieluiei Derselbe Prozeß wurde noeh einmal wiedeiliolt, jedoch mit einem Nebenreiz 6,5 cm Uber dem zu lokalisierenden. Wir haben so jeden der drei Punkte H(3mal gereizt, nämlich lOmal ohne einen zweiten Keiz. lOmal mit dem Nebenreiz unten und lOmal mit dem Nebenreiz olitii. Wenn wir die Keihe der ohne Neltciireiz er- haltenen Zahlen unter U fttr Punkt 1 addieren, erliaitcu wir die Summe der Verschiebungen unten; Addition der Reihe unter 0 ^bt das Ganze der Verschiebungen Oben tHr Punkt 1. Indem wir die kleinere von der größeren absieben und durch die Zahl der Ezperimente (10) teilen, haben wir den DnrchschnittsfeUer, der von der Vp bd dem Versncb, den Ponkt 1 sn lokalirieren, nor- maler Weise begangen wurde. Wir &hren dann fort, diesen dnreh- sdudtdiehen Nonnalfebler mit jedem Fehler zn Teigleiolien, den die Vp macht, wenn de unter dem Einfluß der »Suggestion unten« Punkt 1 zu lokalisieren versucht. Wenn der Fehler »unten« größer ist im zweiten Falle, als im normalen, öo wird die Diflferenz unt«r Pos. (positiver Einfluß) verzeichnet. Wenn der Fehler »unten« bei der zweiten Lokalisation kleiner ist, als im normalen, oder wenn der Fehler im zweiten Falle »oben« ist statt unten, so wird die Differenz verzeichnet unter Neg. (negatiTcr Ein- fluß.) Die Summe der positiven Fälle der der negativen und das Heealtat geteilt durch 10 (die Zahl der Ezperimente) gibt den DureksobnittseinfluB des Kebenreizes in Cenümetem. (Die in

1) In den betreffenden Experimenten war die rechtp Hand die freie bei den ächiilem dea Adam'schen Institata und die linke iiauü die freie bei den ScbtUem der Zentralschule.

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über den EiiifloO von Nebenienen «nf die Banmw&hnielimiuig. 101

diesen Experimenten gebrauchte Einheit war 0,5 cm. Die Ke- snltete mtissen daher durch 2 geteilt werden, um die Centimeter zo erhalten.; Die Prozente sind wie folgt berechnet: Der totale »podtive Ciinfliiß« wurde durch die Summe des totalen posHlTea -f- dem totalen n^fatiren Einfloß dividiert nnd mit 100 multipliziert Die Beenltato der Tabellen XXm— XXIX sind alle nach dieser Methode eihalten. Die Experimente mit Jeder Vp umfassen drei Reihen, die an drei aufeinander folgenden Tagen ausgeftlhrt worden.

Die zweite Hälfte jeder Tabelle ist gebildet durch die In- formutiuueu, die der l'iiterricht der Kinder lieferte, wobei 0 das Minimum, 100 das Maximum einer willkürlichen Skala "ausdrücken. Der «mittlere Wert« ist der Dmclisi Imitt auH den Schätzungen der -aogebor. Tntellig.« und des > Erfolges*^. Als Ges.-M. ist der Durcb- schmtt aus allen Schätzungen des Lehrers bezeichnet. Im ganzen ist ans diesen Einzeltabellen ftlr unsere Frage nicht viel zu ent- nehmen, weil die Zufälligkeiten der Experimente ond die Mängel der angewandten Wertskala offenbar nicht genügend aiugegliohen sind.

£8 schien mir darom geraten, allgemeinere Tabellen anfanstellen, die nnr in großen Zllgen die Vergleichong swisohen »Begahong« ond »SoggestibilHllt« in meinem Sinne ond zwischen letitorer ond dem Alter der Vp darehfbhren. Diesem Zwecke dienen die beiden Tab. XXX ond XXXI. Dabei ist unter Begabung in Tab. XXX nur der »mittlere Wert« zu verstehen, während in Tab. XXXI lieben diesem, der links aufgel\ihrt ist, rechts das > Gesamtmittel« ans allen vom Lehrer gefällten Urteilen steht*). Wie man sieht, wird dabei freilich die Einteilung nach Klassen autgehoben. Dieser Ubelstand ließ sich jedoch nicht wohl vermeiden und wiegt wohl auch nicht so schwer, wie der andere, daß die Begabungsunter- sdiiede nicht allzu groß Bind ond sich nicht gleichmäßig auf die ▼erschiedenen Klassen ond Alter verteilen. Nicht minder gehört zo den MitDgeln dies» Versnche, daB die Vp so nngettbt waren ond bei dem eingeschlagenen motorischen Verfahren die Lokalisation mit grOtteren zniUligen Fehlern behaftet sein moftte. Wir können daher nor mit Vorbehalt die folgenden allgemeinen Ergebnisse den beiden Tabellen entnehmen, die, weil sie sich in beiden zeigen, eme gewisse Wahrscheinlichkeit für sieb in Anspruch nehmen dürfen.

1) Dm e bei den OidnongWEifiem bedeutet »Zentnlscbole«.

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t02

BftTwood J. Peuoe»

Tabelle XXIII. Zweite Klaaie^ liistitnt Adin.

Experfmentelle Er^bnisae

Urt«U dei Lekmt

Vor- »uchs- periuu

0

1^*,

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Q

flnß in cm

JQ B

Q

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Mittlerer Wert

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C. A.

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2

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0,8

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0,49

60

62

50

90

66

IL L.

1

48,2

-0,1

71/sJ.a.

2

57,2

0,4

1

1

3

77,2

60,9

0,4

0,2

0,77

70

70

70

90

66

70

73

n. D.

1

0,9

2

84,4

o,r.

a

80,9

83,9

0,9

0,8

Ü,82

1 r,.

77 *

75

00

75

73

Tabelle XXIV.

Dritte Klasse. Institut Adam.

Experimentelle Ergebnieee

Urteil des Leliren

Ver- rachft- penon

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0

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Kin- HuG iu cm

1

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1

1 M

Mittlerer Wert

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1

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a

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1

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0,6

81/4 J ü

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0.2

^

0,1

0,3

0,74

ÖO

70

60

ÖO

95

68

K. V.

1

65,0

8

8

66,0

0,6

0,6

1,19

60

70

66

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80

70

66

u. n.

1

78.Ö

0,5

2

85,5

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8

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1,0J

1 70

86

77

66

96

90

81

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über den Einfloß von KebeoieiMii tof die BaiunwiiiraehiiiaiiK. 103

Tabelle XXV. Vierto Kiaätie. iiuätut Adam.

SipeiimenteDe Erf^bnlBse

Urteil des Lebren

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1

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1

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2

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50

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45

49

A. M.

1

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*

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2

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3

80.8

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0,7

0,4

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80

75

7U

71

1

75,0

0,7

2

93,4

0,7

8

77,8

82,0

1*0

0,8

0,36

86

80

82

76

60

90

78

H W.

1

a4,2

0,7

2

95.0

1,0

3

99,4

<)2.H

1,2

1,0

0,72

80

80

80

90

85

85

1

54,0

0,02

2

0,6

3

9a,7

68,8

0,84

0,6

1,68

90

90

90

90

90

90

90

Tabelle XXVI. Sechste Klasse. Institut Adam.

- Experiinentcllo Ergebnisse

Urteil

<le8 LeUrerb

Mb-

1

»

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J= c >-.

O

Lin-

flnl3 in cm

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1

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Mittlerer j 1 Wort 1

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C

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m

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1=*, M.

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49,0 61.8

52,3

-0.07 0.05 0,15

0,04

1

;

0,78

;w

30

80

100

40

66

1

47.4 57,9 92,4

67,8

-O.Ol 0,43 1,2

0,5

1

0,92 1

60

40

50

30

80

20

46

1 8

79.6 94,7 78,0

83,4

0.4 1,0 0,4

0,6

0.76 '

60

m

60

50

100

67

1

2 3

71,3 74.3 76.4

74,0

0.3

0.45

0.7

0.5

1 1

O.T3|

76

60

67

90

100

80

81

W. H.

1

Ii.

43,9 75,5 80,0

694

—0.2 0.6 0,6

0,3

1,08

1 70

70

70

80

100

60

76

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104

Haywood J. Pearce,

Tabelle XXVH. Dritte KlMM. Zentnlichiile.

Ex))eriuit.fiieUe

Urteil dßü Ltihrers

V«- peiBon

Ii ä

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CC—

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1

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1 3

76,7 HO.l)

72.0

0.78 0,11» 0.H5

0,51

40

70

90

ILE. 9 J. &.

1 2 3

67. 2

51. ö

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1

50

50

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U. W.

1 3

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100

W. ä 8i/«J.a.

1

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0.5*;

0.55 0,61

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1

i

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i.o:^

1,30 1.43

1,24

0.«9

90

90

100

93

Tabelle XXVin. Vierte Klasse. Zentralschule.

Bsperimontnlle ErgebniBse

1

Urtdl des Lehren

tndu- penoB

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w

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1

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2

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58.8

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0.41

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70

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79

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1

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0.17

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2

88

8

73,6

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0.69

0,43

0,76

80

80

80

80

90

A. S.

1

94.9

1.15

lOJ.a.

2

94.2

1.70

3

94.3

94,4

1:34

1,39

0,75 1

1 80

80

80

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100

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W. G

1

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0.55

1

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2

74,2

0,80

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3

71,1

74,1

0,88

0,67

1,08 1

1 90

86

87

90

100

1) Diete Bfeihe wurde nieht Toüeiidet «cgen einer StOnuig.

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Ober d«B Einfloß tob Nebennisea «nf die Baumwahtiiehiiniiig. 105

Tabelle XXIX. Fünfte KUwe. Zentnlschnle.

ExperiiucDteiile £rgebuiüäü

Ver- »uchs- ptteon

1;

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1

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75

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G. B.

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90

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B. H.

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85

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l

38,0

33,3

-0,19

-0,50

0,95

85

95

Tabelle XXX.

Allgeiueiae V^ergleichnng vou Suggestibilität uud Alter.

Alter von 6,5—9,9 Jahren

Vp IKiaue

( A. H. L ED. W. K. J. C.

w. s.

H.S. K.V. H. W. K- E. H. H JLK. HD. W. G. H. W. E.W.

Alter

ProMBt Svgieet

Begabung

II U U

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UIc

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III nie

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IVc

IVc

IV

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IV

6,6

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8,6

8,6

8,6

8,7

9

9

8,9 9,3 9,6 9,6 9J 9,8

81,3 60,9 83,9 60,6 87,4 82,4 91,6 66,0 77,6 51,5 82,6 68,8

74,1 92,K 66,2 88,0

62 70 77 60 67 80 90 65 80 60 77 60 70 87 80 80

A.M. I 8,7 I 73,7

72

Alter von 10—13,4 Jahren

Vp IKlaesel Alter

Proient

K. Y. A. B.

A. S.

B. H. A. M. J. B.

G. B

R. Vr.

W. H.

H. T. J. W.

A. S- K. W. P.M.

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IV

nie

IVc

Vc

IV

Vc

Vc

VI

VI

Vc

IVc

Vc

VI

VI

VI

10 10 10

10,3

10,7

10,8

11,3

11,7

11,9

12

12

12,3

12,6

12,9

13,4

68,8 72,6

94.4 33,3 67,7 41.5 H1.1 e7.8 B9.4 62.7 82,H

a5.o

8.S.4 62,3 74,0

B^abong

90 40

80 85 70 75 75 50 70 55 62 ;>0 60 30 67

11,5 I 67,8 I

65

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106 Hajwood J. Petroo,

Tabelle XXXI.

AUgemeine Vergleichung von SaggeBtibilität und Begabang.

Geringere Begabong |

(trößere Uegabunp

Vp

KlMBe

Alter

Prosent

Begabung

Vp

KlAMe

Alter

Provent Bnggeet

Begabung

J. ü. CA. W.K. A.B. K.E. K. K. A. M. J.W. M. D.

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F. M. R. ü. K.T. R. W. A.G. W.H. H. L.

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IV

IV

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IVc

Vo

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VI

VI

m

VI VI VI

n

8,6 6,5 8,3 10 9

9,3 10,7 18

9,5 12,3 18 12.9 11,7

8,7 12.6

I. S.4

II, 9

87,4 81.3 60,6 72,5 61,5 68.8 67 7 82.8 44,1 85,0 88,7 .52,3 67,8 86.0 83,4 74,0 69,4 80,9

67

m

40 60 hO 70 62 70 50 66 .30 50 66 60 67 70 70

67

68 67 67 49 71 70 79 59 59

46 65 67 81 76 73

H. W. H.K.

E. W. J. B. H.D.

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IV

IV

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Vc

Vc

9

9,9 9.8

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10 9,6

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10,8

77,6 82,0 66,2 41.5 83,9 82,6 82 4 91,6 92,8 68,8 94,4 74,1 61,1 83,3

80 ' 82 > 80

75

77 77 80 90 80 90 80 87 75 85

87 78 88

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73 81

87 93 90 86 91 86 91

A. M. 1 10^4

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66

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78^7

86

1. Die InteUigenz einM IndividnnmB in dem Alter zwiBoben 6 und 14 Jahiea stellt in direktem VerhBltniB m seiner Sn^ gestitrilittt Diese Benehang ist besonders eisiefaliieii, wenn Onippen von sehr intelligenten Exndeni mit sehr dummen ?er- gliclien werden.

2. Die Snggestibilität der Schüler steht im nmg^ekehrten Ver- lialtuis zu ihrciii Alter. Oder um diese Erschciiumg positiv aus- zudrücken: Der Widerstand gegen den EiuÜuß von Nebenreizen wäch«t mit dem Alter.

So iüteresBant beide Ergebnisse sind und so mancherlei Anlaß sie zu weiteren Betrachtungen geben mögen, so wäre es doch bei der Mangelhaftigkeit dieser Versuche verfrüht, ihnen nachzugehen. Insbesondere dürfte es nicht angängig sein, den Satz 1 Uber seine unmittelbare Bedentimg hinaus zn erweitem. Kiebt Begabung scbieehthini sondern eben die vem Lehrer in den anfgefUuten Prüdikaten benrteihe nnd beseiefanete hat das gefundene Verhältnis zn der BeeinflnBbarkeit dnreh Nebenreize. Man konnte die letztere zu einer gewissen Labilität des psyehophysisehen Oigans in Be- ziehung bringen, welche Eigenschaft doch nur eine gewisse Seite

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über den EinlfaiG ▼ob Nebemeiien «nf die Ranmwahnieluiiiiiig. 107

der »Begabung' darstellt, zn der andererseits auch Beharrlichkeit, geringe Ablenkbarkeit, unbeirrbare Kouseqiienz im Denken und Handein gehören. Weitere Verguclie müssen darüber anfklären, inwieweit derartige Eigenschaften sieh in dem Einfloß von Neben- lebEen anidrttcken laseen. Dabei winn dann zugleich die oben berührten Mängel nneerer Hlxperimente, die ja not einen «nten VontoB nach diceer Bichtimg bedentcn, tnnlielurt m Tenneiden.

SehlnßbemerkiiBgeiu

Der allgemeinste Schluß, den wir uu» der vorangegangenen Untersuchung ziehen können, ist der auf die Relativität der Sinnes Wahrnehmung. Dies ist ein Grundsatz, der schon mehr ^>der weniger allgemein in der Psychoingic anerkannt ist, dem aber, wie ich glaube, noch nicht die Bedeutung gegeben worden ist, die er verdient Diesem Grandsatz gemäß gibt es in der Erfahnmg keine absolute Pcrzeption irgend eines Objekts. Jede Wahnehmang eathlüt in sieh einen Komplex von Qoalitiiten, dessen Elemente besthnmt sind nicht allein dnioh das munittelhare Oljekt der Wahmelimnng, sondern auch durch andere Objekte in dem so* genannten Felde der Wahmehmnngi abgesehen von reprodnktiyen Fdctoren. Der EmflnB umgehender Oljekte steht in direktem Verhältnis zn der GrOße der Unterschiedssohwelle. Im Falle des Sehens, wo die Schwelle sehr klein ist, wird daher der Eiuliuß der mngebenden Objekte auf die Gesichtswahr nehmung eines be- - Tnieren Gegenstandes sehr gering, während iilr die rastempfin- üungen, wo die Schwelle relativ groß ist, der Einfluß umgebender Gegenstände anf die Wahmehmuig eines besonderen Objekts ver- hähnismäfiig groß ist.

Wie man sieht, handelt es sich hier nur um eine die Ranm- anifassnng heeinflossende Wirkung Yon Nehenreizen. Daß solche auch andere Wirkungen haben, weiß man s. B. durch die Unter- suchungen Ton Heymans Uber psyehisdie Hemmung oder die Ton Bruckner tther die Simultanschwelle und die dabei zu beobach- tende Snmmationserseheinnng. Alle diese Vorgänge, die nur teil- weise bisher erkannt sind, deuten wieder einmal darauf hin, daß der Or^^auiijmus eine Einheit ist, dessen einzelne Teile in Wechsel- wirkung miteinander stehen. Ctrad, Grenzen und Gesetze dieser wecb&elseitigen Beeiufluflsong festzustellen ist die Angabe, die sich

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108

Haywood J Pe&roe,

aus der Tatsache ftir den Forecher von selbst ergibt. Die physiolo- gische oder gar physiko-chemisebe Deutane: wird erst nfirh Erle- diguug dieser Aufgabe, die auf dn^ Hilfsmittel des Ex|)pri]üeiit.s äu- ge wiesen ist, einen festen Anhalt gewinnen , der vor vagen und nutzlosen Spekulationen schützt.

Sein deutliches Analogen hat der Einfluß von Kebenreizen auf dem Qebiet des GedttohtoiBsea. Gleichzeitige BeprodnktioiiBmotive, die aicb iintentnfaen oder bemmen oder, wie beim Venpieehen nnd YertoBen, su Interferenzwirknngen Albren, yerbaltea sieb Sbn- licb wie gleicbseitige Beize, die an Tenebiedenen Orton einer reis- bacen lUebe angreifen. Man darf daber wobl vermnten, dafi der wirksame Meobanimnns in beiden Fftllen einander ähnlich ist, und wird darin eine wertvolle Be8tlitig:img der Annahme erblicken, daß die Gedächtniserscheinnngeu mit den Siunesempündungen tuuda- mentale GcsetzmUBis-keiten gemein haben.

Eine besondere Bedeutung beaiispnicbt das Vcrli alten der Auf- merksamkeit in unseren Versuchen. Der Begriff des Nebenreizes sollließt bereits eine gewisse Rücksicht darauf ein. £b wird damit angedentet, daß der Hauptreiz die Hauptsache war. An ihn war die Aufgabe der Lokalisation, der Vergleicbung, der Beurteilung gebunden. Der Nebenreiz wurde als aoleber niebt immer denilißb. Darin lag ancb die Bcbwier^^keit der Beobaebtangen begrOndet, weil die Yp eineiseits sieb niebt anf den Nebenreiz konzentrieren soUten, andererseits ihn doeb Tom Hauptreiz nntnrsebeiden mußten. Inwiefern dies YerbaUen der Anfbieiksamkeit ftbr die Yenradie von Wichtigkeit ist, müssen spätere Experimente lehren. Ich möchte nur noch bemerken, tiali am l Brückner auf die Aufmerksamkeit als wesentlich einwirkenden Faktor wiederholt in seiner Arbeit über die Simultanschwelle hingewiesen hat, und daß sie bei ihm sowie ])ei Hejrmans wahrsobeinlioh eine andere Koiie gespielt bat, als bei uns.

Endlich will ich nicht unterlassen hervorsnbeben, dafi bei allen meinen Versneben immer nnr eine Biobtnng des Einflusses von Nebenieizen bertteksiohtigt worden ist Wo lokalisieTende Bewe- gungen angewandt wurden, ist der Fehler nur in proximaler oder distaler Biebtnng gemessen worden, und die Aussagen der Yp be- zogen sieh bd den Yergleiebungai von Örtem, Entfernungen, Strecken auf Yeriangen nur auf diese beiden Richtungen (»oben« bezw. »unten«]. Tatsächlich sind jedoch auch Fehler in der ulnaren

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über den Sinfloß von Nebenraizen auf die Baitinwaliniehniimff. 100

nnd radialen Kichtnii^' begaugeü bezw. Abweichungen von d* in Normalreiz in ilmcQ beobachtet worden. Auch in diesem öiime maß ich meine Unteranohong als ergftnzongsbedttrftig beseichiieiu

Naehirort

Mit Rücksicht auf die Yerüü'eutlichaog einer ähuliebe Fragen behandekiden Arbeit ans dem Laboratorium von Prof. Stratton in der Paycholog. Review IX S. 549 ff. und auf die neneste Unter- sacbnng der Mttller-Ly er 'sehen Tttnaohong von Schamann in der Zeitiehr. f. Psych. Bd. 30 S. 286 ff. bemerke ich, daß die TOiUegende Arbeit bereits im Jnli 1902 abgeseUcasen war nnd auf diese Pnbli- kalienen nicht mehr eingegangen werden konnte. Ben Plan zn den hier mi%eteflten Eiperimenten Uber die Besiehung zwischen taktilen nnd optischen Tftnschvngen habe ich dem Verf. bereits im Oktober 1901 cutwickelt, und die entsprechenden Versuche sind in der hier dargestellten systematischen Folge der Hauptsache nach schon im Wintersemester 1901/2 ausgeführt worden. Als Ausgangs- ponkt fUr diesen Plan diente mir dabei die mir im Manuskript bekannt gewordene Untersuchung des Verf. über Normal Motor Snggestibility, die erst im Jnliheft der Psycholog. Bot. Id02 er- schienen ist

J£ttlpe.

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über diö Möglichkeit einer Quantität

der Tonempfiüdimg.

Von

B. Gaetschenberger. Hit 2 Figmen im Text

Es liegt schon Im-e der Gedanke in der Luft, dali lu der einfachen Toueiiipliiuiung vier Teilinhalte unterscheidbar und gesondert varüerhar seien nämlich außer der Qualität, Iiitensitfit und Dauer der Eiiiplindnnp: ncch deren Quantität oder Fülle, ein Teilinhalt, der geeignet wäre, als Keproduktionsmotiv Air die TorsteUmig der Ausdehnung einer Tonqaelle zu dienen. Man darf aber diesen Gedanken nicht aussprechen, weil ibm die Ohmsche These in Verbindung mit der Gleichnng der SinnaweUe

s = a sin n t 1)

widerspricht 3). Die OhniBehe, von Helmholtz^) auerlLannte These be8a^, daß die einfache Tonempfinduni:: durch pen de I artige SchwingDng«m der Lnft bedingt ist, und die Gleichung 1) b^uptet, dafi diese Sehwingungen um die unprünglicbe Gleiebgewiohts- oder Ruhelage der Luftteileben als Mitte stattfinden«). Ist das tiehtig, 80 fehlt die physikalische, daher auch die phynologische Be-

1 Sieiie Stumpf, Tonpeyehologie. Bd.L S. SlOf., Bd. IL S^fiOiK, 48601,

624 ff.

2 s die Elougation oder der Abstand vom Schwingangsmittel- puukt,

a die halbe Amplitude,

n die Ansahl der la 8 t Zeiteinbeiten ToUftthrten Sehwiagongen,

t die vom Beginn der Bewegung an gerechnete Zeit 3) V. Heimholt ', T>if T <'hre von den Tonempfindungen. 1896. S. 97 4i Drni! f r Iii Kuht laiie z.ur 7»'it / = 0 ist auch « = 0, d. Bohelago und Schwiugu.ugamtttel|)uukt fallen zuäummou.

über die Möglichkeit einer Quuititit der Toaempfiadimg.

III

dingimg für die Entsteh uii^r eines vierten Teilinhaltes. Demi die Bestinvnmng:88tttcke einer an bestimmtem Ort in bestimmter Rich- tuner verlaufenden Sinuswelle sind mit der Schwin^^uiig-s/uhl rcHp. WeUealange, der Amplitude nn l der Daner des Bestehens der Welle erschöpft. Da diese drei schon alä Bediu^ongen fUr drei varüerbare Teilinhalte der Tonempfindung in Anspruch genommen und, so läßt sich aus keiner Art von Kombination derselben ein vierter Tariierbarer Teilinhalt ableiten. Der Ort und die Biohtnng der Welle kann als Beding^iutg hierfür nieht in Betraebt kommen, denn der letete Ort der WeQe Ist das innere Ohr nnd ihre Bich- tnng daselbst immer die gleiche. leb spreche hier nnr von der einlkehen, elementsien, aller assoraierten Yorstellnngen enftleideten Tonempfindung, wie sie das wenige Wochen alte Kind von einer ruhenden, in allen Stücken unvcrauderlichen Tonquelle her durch Vermittlung eines ruhenden Ohres erlebt.

Die Ohm sehe These allein widerspricht, wie sich zeigen wird, noch nicht der Möglichkeit eines vierten Teilinbaltes. Sowohl ihrem Wortlaut als ihrem Sinne nach läßt sie es dahingestellt, ob die Kohelage oder irgend ein anderer Punkt der Mittelpunkt der Pendelscbwingong ist und ob ein Laftteilchen vom Beginn der WeUenbewegong an oder erst spitter pendelt

Die herraohende Auffassung verbindet jedoeh ndt der Ohm sehen These noeh die Ansehaunng, dafi die Bnhelage des Ldtteilchens der Sehwingungsmittelpnnkt sd^}. Das bat aber fol- gende Konsequenzen. Entweder mttite erstens das Teildien seine Bewegung mit der maximalen Geschwindigkeit beginnen, die in der Mitte der Schwingungabahn herrscht, oder es mtlßte zweitens mit der Geschwindigkeit Null oder einer etwas größeren beginnen und von ihr aus allmählich in die Geschwindi-keiton (tborc:ehcn, deren es bedarf', nra zu pendeln, oder es müßte drittens von Ewig- keit hei in Schwingung sein.

Das erste wird zwar in den Lehrbttchem^J bei der graphischen

1] Eine Aoaiuihme macht Kirchhoff i Vorlesungen Uber mathematische Physik, 4. Avil Bd. L S. 819, Gleiehnng 19), indem er bei Anftoobimg der Gleiehng fltr das Ges^whidlgkeltspotential bt der TonwsUe den Koafains tialtthrt.

2 M ii 1 1 e r - P o u i 1 1 e 1 8 Lehrbuch der Physik. 9. Aufl. Bd. 1. S. 621 u. 624. van ächaik, Wellenlehre nnd Schall, ä. 63. War barg, Lehrbuch der Ex* psfiaientalphysik, 1899. S. 114.

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B. GaetaeheDbeigWt

Darstellung von Wellen angenommen und ancb die Gleiehnng 1) hat uiitcr dieser Annahme Geltung, wenn die Zeit / vom Bepnn der Bewe{z:ung an ^^ercchnet werden ßoU, in der Natur aber kauu dieser Fall nicht \ »rkomnien, weil ein Luftteilchen als Bestandteil eines claptischen Mediums nud \ on chistiHchen K(5rpem in Schwin- gung Yeriietzt keinen von Anfang au maximalen Stoß erfahren kann. Außerdem ist eine im ersten Zeitelement maximale Ge- schwindigkeit eine Absurdität. Stellen wir den Gang der Ge- schwindigkeit dnrch eine Kurve in einem lechtwinkeligen Koordi- natwyBtem dar, anf deaaen AbaciMenaehae die Zeiten abgoiragen Bind, BO kann swar die Knrre yom InikigBpnnkt ans eine Strecke weit in der Ordinatenachse yerlanfen, TerlftBt sie aber diese, ao kann daa nur mit snnKcfaat wachsenden Ordinaten geschehen. Eine Knickung in der Ordinatenachse aber, von welcher ans die Ordi- naten abnähmen, ist undenkbar. Sollte die um 90° geknickte Kurve die richtige Darstellung des nattlrlichen Vorgangs sein, m jiiiifitp derHt*ll)e folgendermaßen beHciiiicheu werden: Die Gesi in- digkeit nimmt während der unendlich kleinen Zeit dt unendlich schnell Ton Nnll bis zu einem Maximum zu, hört plötzlich zu wachsen auf und nimmt dann in den folgenden Zeitelementen all- mählich ab, wie wenn sie von Anfang an einer Kosinusschwingung angehört hätte. Solche Vorgänge gibt es in der Katar nicht Wo wir Ton ^er mazhnalen Anfimgsgeschwindigkeit, 2. B. eines Ge- schosses, einer Billardkugel, sprechen, ist immer der tatsächliche Anfang ▼emaehlSssigt Das Geschoß bewegt sich im Lanfe mit Geschwindigkeiten, die ¥on Kall an allmählich das Maximwm er- reiciien« Ebenso bewegt sich der Hittelpankt einer BiOardkngel, vriUirend sie sich unter dem Stoß einer andern abplattet und ihre frühere Form wiedergewinnt. Mau Italte die Beachtung solch klei- ner endlicher Großen, wie sie auf dem Gebiete der Elastizitilt vor- kommen, nicht ftlr tlberfltlssige Pedanterie Wenn wir uns mit einem so subtilen Gegenstand überhaupt wissenschaftlich befassen wollen, dann mttsscn wir ihm in allen Einzelheiten die gleiche Sorgfalt anwenden, wie wenn wir mit gewaltigen astronomischen Größen zn rechnen hätten.

Sollte daa zweite möglich sein, so wäre die Tonwelle zum mindesten während einer kurzen Ansbildnngsseit keine SinnsweUe vnd die Gleiehnng 1) konnte nicht gelten. Dabei ist folgende jUtematiTe zn beachten. Je länger man nch einerseits die An»*

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über die Möglichkeit einer Quantität der Tonempüudung. 113

büdungBEeit denkt, desto befiriedigender ttSt sich der rilmihlidie Übergang zur SiniiBeehwingnng Tenuueliaiilieheny ein mathemati» sehee Gemitt aber wiid nur dann yoUkommen befriedigt sein, wenn

die Siniuifbnn sieb als Grenze ergibt, welcher die während der Auftbilduugözeit herrschende Form zustrebt. Als Grenzbeiliiigung findet sich nun, wenn das Teilchen um seine Rnhclage schwingen ?oll, keine bessere als unendliche Dauer der Ausbildungszeit. Da- mit stehen wir wieder im schärfsten Widerspruch mit der Natur und mit der Ohmschen These. Je kurzer man sich anderseits die Ausbildungszeit denkt, desto schärfer and annatttrlicher iet die Geschwindigkeitsknrye geknickt, and wenn wir znr Grenze Natt der Anabüdongnteit ttbeigebeii, bo flind wir wieder bei dem zaeiBt beeproehenen Fall aagelaogt Die Amiabme einer betriebt- liehen GfOBe der Anabüdangaieit fttbrt in WideiaprUebe ndt nn- leren aknatiflobea Eriabrangen, and ein jJiber, sprongförmiger Obergang von einer Sebwingangaferm znr andern, wie er bei kleiner Ansbildnngszeit nötig wäre, widerstreitet sowohl dem mathe- iuatiöchen Empfinden als auch unseren Erfahrungen aul tieiü Ge- biete der Elastizität. Wir müssen daher den zweiten Fall als on- natttrlich verwirfen.

Der dritte Fall endlieh kommt in der Natur nicht vor. Es gilt aber fUr ilin unbedingt die Gleichung 1). Denn ftlr eine von £wigkeit her bestehende Welle kann jede beliebige Lage mit g^cbem Beebt oder Unrecht als die »aiaprUngliebe« Bobelage bewiebnet werden. Es iat niebt gestattet, naeb Vorgingen yor Beginn der Ewigkeit za fragen.

Die bennebende Anffaeanng frlbrt also in Widersprtlcbe mit der Katar. Im zweiten Fall bebt sie aafi^em die Geltung der Glelebang 1) aaf In Widersprttebe mit der Natur frlbren aaeb, wenn in Fällen angewandt, in denen die Beziehunjr zwischen Rohela^^e und Schwiugungsmittelpuukt in Betracht koiuiiit, die zahlreichen Gesetze und Gleichungen, deren Gnindhige oder Prä- misse die Gleichung 1) ist. Sie alle haben die (Ttltnne:, welche hypothetischen Urteilen zukommt Das ganze hypothetische Urteil kann die gleiche Evidenz I)e8itzen wie jedes andere Urteil, die Thesis allein aber gilt nur, wenn die Hypothesis gilt. Ob nun die Hypotbeeis gUt, ist fUr die reine Mathematik niebt yon InleraeBe. Wer r^ne Matbematik aaf die Natur anwenden will, hat die HypotbesiB zu prüfen und, wenn sie niebt gilt, die nötigen

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B. GMiBGlidiibttger,

Korrekturen oder Anpaasimgen Tonviielimeii, wie es die Abcdcht der Toiliegeiideii Untoisiiehiiiig ist.

Soll die Ohmiehe These aufrecht erhalten und raf^eich die pbyflikaliBofae MOgliehkeit des Vorgangs berttclDnohtigt werden, so mnB ein anderer Punkt als die Bnhdage der Sohwingung^smittel' pnnkt sein.

Na ]j einer selteneren Auffassung liegt der Schwingungs- mittelpuiikt eine halbe AmpUtade (=a) voa der Ruhelage cutfernt, wenn wir unter der ganzen Amplitade f— 2a) den größten Orts- unterschied in der Sehwin^niugsbalm ?enttehea. Die Tonwelle würde hiemach der Gleichung

8^aeoBnt 2)

oder, wenn y der Abstand ron der Ruhelage ist, der Gleiehiing

y a(l cos ut)

gehorchen. Das schemt insoweit natttrlicber, als das Lnftteilchen seine Bewegung mit der Qeeehwindigkdt Kall beghmen mid Yon ihr ans sofort in dne Pendelschwingung ttbeigchen würde. Eine Ausbildnngszeit der TonweUe wlie nnntttig. Wenn uns aber eine Annahme natttrlich scheint, so ist noch nicht gesagt, dafi sie in der Natur gilt. Kommt aber ttberhanpt eine der Gleichungen 1) und 2i in Betracht, so liegt cj* nahe, die zweite zu bevorzugen.

D u h auch die Glcichuni.' 2 liefert uns kein viertes Bestim- mungrtistück der Tonwi lle. Es wäre /.wnr die Entfernung zwischen Ruhelage und SchwiDguug8mittelp^ukt fUr Touwellen verschiedener Amplitude verschieden, diese Entfernung wäre aber stets durch die lialbe Amplitade bestimmt und in der Gleiehnng durch den Para* meter a gegeben.

Trotzdem wttie mit der Geltung der Gleichung 2) eine Kleinig- keit sn Onnsten des Gedankens an einen vierten Teilinlialt der Tonempfindung gewonnen. Es ist nicht undenkbar, daß die an- nelmiende Entfernung swischen Ruhelage und Schwingungsmittel- punkt die Entstehungsbedingung einer zunehmenden Quantit&t der Tünempfiuduug ist. Die Gleichung 2 würde dann aber nur eine Abhängigkeit der Quantität der Empfindung von der Amplitude der Welle und ein Parallelgehen von Quantität und Intriisität der Knipfindung, wie es z. B. hei Schwebuugeu zu l*et>tehen scheint, erklären, sonst nichts. Yariierbarkeit der Quantität bei

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über die Möglichkeit einer QuantitSt der Tonempfindang. 115

gliriehbleibeiider Intensität, gtoiohbleibeiider und Terttaderter Qoa- littt wftre MflgesohlosBen.

Da nim die Gleielivng 1) in der Nalnr nicht gelten kann, nad . vorliaig kein Chmnd Torliegt, die Gleicinmg 2) anmeikennen, so ist noeh an die Möglichkeit in denken, daB weder die Rnhelage noch der durch a bestimmte Punkt der Schwingungsmittelpnnkt ist.

Ist die EDtfcrnnng zwischen Ruhelage und Schwiugnngsmittel- ponkt weder 0 noch a, so ist sie entweder 0 und <i (i oder Kehmen wir da» erste an, bo geraten wir in nhiilicbe Wider- spruche mit der Natur und Erfahrung wie im Falle der Entternung s 0. Wir stunden zwar nicht mehr vor der Absurdität einer maxi- malen Anfangsgesehwindigkeit, mußten aber doch entweder die nn- mlftsBige Annahme einer Anfangsgeschwindigkeit >0 oder die eines mehr oder weniger jiüien Sprunges von einer Sehwingnngs* form in die andere gelten lassen, oder endUeh annehmen, cUiß jede TonweUe Yon Ewigkeit her besteht. Je kleiner wir die An- fangsgeschwindigkeit annehmen, desto mehr nUhem wir nns dem sebon besprochenen Fall der Gleichung 2).

Nehmen wir aber an, die Entfernung sei >o, so bedarf die Tonwelle einer Aubbildungszeit, während welcher die Scbwin- gang eines Luftteilchens nicht pendelartig ist. Diese Annahme seheint nicht minder natürlich als die üleicliung 21 Vor allem wäre hiermit die Möglichkeit eines Grenzüberganges von einer ßchwingungsform in die andere gegeben.

Wir kommen also vorläufig zu folgendem Kesnltat:

Bedarf die Tonwelle keiner Ausbildnngsaeit, so ist die einzige natttrheke Annahme die, daß der Schwingnngsmittelpnnkt eine halbe An^Utnde yon der Rnhehige entfernt liegt Es gflt dann die Glei- ehnng 2). Bedarf aber die Tonwelle ehier Ansbildnngsieit, so ist es am naltirliohsten anznnehmen, daB der Schwingungsmittelpnnkt nach dieser Zeit in einer Entfemnng >>a yon der Rnhelage ge- legen ist Es gilt dann weder die Gleichung 1} noch 2). Im ersten EaU wäre die für diu ganze Dauer der Bewegung eines Luft- teilchens entworfene Schwingungskurve eine Kosinuskurve, im zwei- ten Fall aber weder eine Sinus- noeh eine Koöinuskurve, nur daö gleichförmige MittclstUck derselhcu könnte unter horizontaler und vertikaler Verlegung des Koordinateusystems Sinuskurve genannt werden, vorausgesetzt, daß die Amplitude nicht yariiert. Die 0hm- sche These aber bliebe nicht nnr im ersten, sondern anoh im zwei»

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B. G«etMli6iib<rg«r,

ten Fall unangetastet, wenn wjOirend der AnsbildungBzeit der Ton- welle auch die Tr»ncmptiuduug uoch nicht ausp liildet ist.

lülleines Wissens iBt die Frage nach der Beziehung zwischen ftuhelage and Schwingungsmittelpiinkt noch nicht entschieden oder, wie die herrschende Auffassung seigt, nur für Fälle ent- sehiedesi die in der Katar nieht TorkoBuneii. lob miiB datier eine Ltteke in der Aknetik annehmen. Mit dieser eittffiiet «ieh trotz äkier UnBefaeinbaikeit die AnsBidit anf die Entdeeknng einei vier- ten BeBtinunungaatUekea der Tcmwelle nnd anf den NaehweiB eines ▼iertea TeflinhaHes der einfachen TonempÜndnng. Wenn nSmlieh eine AusbildungBzeit bestehen sollte, so läge die Möglichkeit vor, daß während derselben Veränderungen in der räumlichen Anord- nung der Schwingungsmittelpunkte stattfinden, Veränderungen, die nach der Ausbildungszeit konstant bleiben. Daran sciiließt sich (iie Möglichkeit, dass diose Verändoriingen ftir das Gehörorgan nicht gleichgtütig sind und eiuc Bedingung fUr die EntBtehiing einer Quantität der TonempfiDdung abgeben.

Ich gedenke nun im Nachfolgenden ftlr den £inen cn beweisen, fto den Anderen wenigstena wabraoheinlich zn maeben objektiy eiehere Beweise gibt ea ja nieht , dafi die Ton einem sekwin- genden KISrper in die Lnfk anagebende Tonwelle ebier Anabü«- dnngnseit bedarf, während welcher sie weder eine Sinns- noch eine Kosinnswelle ist, nnd dafi die Lage des Sobwingungsmittel- pnnktes ftlr ein Teiloben in der ausgebildeten Welle weder die Ruhelage noch eine durch die halbe Amplitude bestimmte ist. sou- dem hauptsächlich von der Größe der wirksamen Körper- oberfläche abhängt. Da ich jedoch nicht über absolute Zahlen veiftlge. so muß ich es dahingestellt sein lassen, ob die Aus- bildungszeit und die Verschiebung der Schwingungsmittelpunkte zu den mefi baren Grüften gehört. Ist das nicht der Fall, so müssen wir wohl aneh anf die Existenz einer Quantitit der ele- mentaren Tonempfindnng Tcnicbten. Im Ansebloß an den Beweis mochte ieb meinen Yeirnntongea ttber die wMbrend der Ansbil- dnngsadt herrscbende Sdiwingongsform Banm geben nnd die wichtigsten Eonseqnenzen fltr Physiologie nnd Psychologie ziehen. Ich Tcnnag den ansftlhrliohen Beweis nnr in anschanliober Form zn geben, seine abstrakte nnd exakte Fassung muß Mathematikeni Torbehalten bleiben. !Nur eine Andeutung zur abstrakten Fassung kann ich beigeben.

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über die lUtgUohkett emer Qtuntitit der Tonerapfindaaiff. 117

Ich vserdi' deu Beweis möglichst allg:emem halten, ao daß er zahlreiche spezielle Möglichkeiten einschließt Um ilin außerdem tonliehst kurz und durchsii htig halten zu können, möchte ich vor- her seine Prämissen besprechen und feötsteüen, welche Fragen offen bleiben and welche provisorischen Annahmen eingeführt wer- den dürfen, ohne daß die Beweiskraft leidet.

Unter einem Körper yefstehe ich hier ein festes Aggregat klein- ttor Teüehen, gegen deBwn Mmm die MaMe eines LuflteilidienB ▼eraeliwindet Da das akastüMsh Wirkaame am flohwingenden KOrper im aU^meinen di^enigen Begienzangaflliehen Bind, weleke nieht panllel rar Sekinngiuigsriektnng liegen, and die Wirksamkeit ge- krümmter Fliehen anf diejenige einer Ebene snrttekfttbrbar ist, so genügt es, wenn wir die Wirkuig einer starren Ebene auf ein Luftteilchen untersuchen, und hier wieder genügt es. wenn wir uns uul die Wirkung einer senkrecht zu ihrer eigenen Lage schwin- genden kreisförmigen Ebene auf ein senkrecht vor ihrem Mittel- punkte gelegenes Teilchen beschränken i\

Man wird Iraireii : Sind derartige Untersuchungen niclit schon längst, wenigstens tUr Lichtwellen, ausgeführt worden? Aller- dings. Fresnel untersuchte unter Anwendung des Huyghena- sehen Prinzips die Wirkung einer kugelförmigen Wellenfiftehe» deren Erreger ein eehwingender Punkt ist, anf einen Tor derselben ge- legenen Punkt Eine WeOenfliche kann nun zwar nicht immer gldehgeeetat werden einer starren Fttche, denn die Ponkte einer kngellbrmigen lAftweflenflUehe schwingen radial» die euier kugel- ft^nnigen, t5nenden, starren BUehe dagegen parallel; außerdem ist es vielleicht nicht ganz einerlei, ob die tönende Fläche ans Hulz, Metall oder aber au« Lulttcilehen l)esteht. Aber wenn wir den Kugelradius unendlich werden lasseu, wird sich eine Wellen- flärbe wenigstens ungefilhr wie eine stnrre Fläche verhalten. Fresncls Untersuchungen sind später vun Kirchhoff'' präzisirrt worden und wurden auf Weileuflächen von verschiedener Form ansgedehnt Bei Verdet') findet sich |ein Kapitel Uber die Wir- kung einer ebenen Wdle auf einen Pnnkt mit dem Ergebnis: >£)ie

11 Ich laeie die Schwingnngen der Laftmassen an den Öflhnngen der

Pf«:ifen nnd Sirenen unberücksichtif^t, weil dir für die starre Ebene gefiin- denea Resultate «irh leicht auf dieac Luftmassen übertragen lassen.

2) G. Kirchhotl, Vorlesongen über mathematische Optik.

S) Ve r de t, Yoriesongea ttber die WeUentheorie des Uchtes. Bd. L S. lS7f .

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B. GMtMiieiiberger,

von einer unendlich aasgedehnten ebenen Welle auf einen äußeieii Punkt r übertragene Geschwindigkeit reduziert sich merklich auf die Hälfte der von einem kleinen Teil der Welle herrtthrenden Geflohwiudigkeit, welcher durch eine Kreifiliiiie begrenzt ist, deren

Punkte Ton P am ^ weiter abBteheo als der Pol« Ist die Ebene

endlich, so kommt noch die von einem Teil der äußersten Zone herrührende Gesehwindigkeit in Rechnung.

Untersoehungen, deren G^nstand dem unseren sehr iUmiieh ist, liegen also taisllehlicb vor nnd haben an unangreifbaren Besnl- taten gefthrt Es wird sieh aber nnten klar herausstellen, daß diese Resultate, wenn in die Akustik ttbertnigeni im besten Fall nur auf efaie Yon Ewigkeit her bestehende Wellenbewegung beii^bar sind. Die Untenmehmig einer In der Zeit begnmenden longitndinalen Wellenbewegung fuhrt zu eiuem durchaus anderen Resultat. Außerdem bedurfte die Übertragung des Ihi}^hen8- Frcsn eischen Prinzips in die Akustik einiger Vorsicht, namentlich insofern, als bei der Rechnung mit Schallwelleurdngcn manche Ausdrucke, die bei der Reehnung mit LiphtwcUenlängen vernach- lässigt zu werden pflegen, sehr erhebliche Werte annehmen, z. B. Es ist eine unerhörte Nachlässigkeit^ wenn dasHuyghens-Fres* ne Ische Prinzip in der Akustik zu dem Zwecke verwendet wird» sn salgen, »daft wir auf den Biehtnngsunteisohied der nsammeii;- tieffonden Sch?ringungen meht Rttekneht an nehmen bianehen«, weil die Sehwingungen ans den benachbarten Zonen »hniner naheaa einander |Munülel< suid, und daB ftr den äuBeren Punkt nur die HitUle der Wirkung abrigbldbt, welche »aus der unmittelbaren Nähe« des Poles hervorgeht*). Das mag ftlr Licbtwellenlängen gelten, aber beUen wir einen praktisihcu Fall iu der Akustik! Der Radius der Wellenfläche betrage 1 m, die Wellenlänge sei die des der eingestrichenen Oktave, also ungefähr 1 ni, und der zu unterHuchende Punkt sei 1 m vom Pol entfernt. Dan ist eine Größen- zusammenstellung , die wir alle Tage beobachten können. Hier schließen die aus der 1. nnd 2. Zone stammenden Schwingungs- richtungen, die »nahezu einander parallele sein sollen, Winkel bis au 29" ein, und der FltteheninhaH der halben eisten Zone betrugt nicht ganz 1 m*, die »unmittelbare Kähe« des Poles umlaBt dem-

1) U. Klein, Theorie der tilastizität, Akustik und Optik. Leipzig 1Ö77.

am

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über die Mügiiehkeit einer Quantität der Tonempfindong. 119

Dieb fast 2 m^. Man dttrfte daber die seiliUelieii ElemenfafweUen

in der Aknstik auf keinen Fall yeniaehlSsgigen, ja, sie können vielleiebt dazu (lieneu, uns über das hypothetische Zustandekummun der Schwingnng eines Luftteilcheiis xu. belehreu, dessen Erreger dn einziges Luftteilchen ist, von dem eine Kugelwelle ansieht.

Es ist keine ausgemachte und selbstverständliche Sache, daß die Ebene, von welcher, sei es sofort oder nach einer Anäbildungs- ieii| eine Tonwelle ausgeben Boll, selbst pendeln muß. Wir wiaaen iwar, daß die Schvvingangen einer Stimmgabel nabexu pendel-* artig und und daß man in einiger Entfernung Ton ibr siebend eme einiacbe Tonempfindnng erlebt Wir wi«wn aneb, daß die Laltsebwingnngen, websbe von einem in komplizierter Form wbwin- genden Körper aiui§;dien, rieb dnreb Besonatoren in lablreiebe PeitialBebwingangeD zerlegen lassen nnd naeb Fonrier ane Fendel- Bchwingnngen zusammengesetzt gedacht werden können. Ein Fall jedoch, in welchem ein Körper durch eigene Aufzeichnung sich als genau pendelnd legitimiert hatte und zugleich unabhängig von der Empfindung der Nachweis erbracht worden wsire. daß die Lnftschwingnngen genau pendelnd sind, ist mir nicht bekannt. Es läßt sich aber ans dem vorhandenen Material mit genügender Wahr- sebeinliehkeit schiießeni daß, wenn auch nicht jede Tonwelle ron einer pendelnden Ebene, so doeb von dem Mittelpunkte einer jeden genügend aebnell senkrecht zn ihrer Lage pendelnden Ebene in der Sebwingongeriebtung eine Tonwelle, jedocb mit noob unbe- kannten Bebwbigiingamiltdpankten und nadi unbekannter Zeit, aus- geht FOr den Beweis soll das angenommen werden. Es wird sieb jedoeb zeigen, daß es für uns weniger daianf ankommt, daß die Ebene pendelt, als vielmehr daranf, daß es eine Ebene, allgemeiner eine Fläche, ist. Es kann .statt der »peudcluden Ebene« ohne Schaden ftir den Beweis eingeführt werden: >Eine Ebene, welche derartig schwingt, daß ein in einiger Entfernung vor ihrer Mitte gelegenes Teilchen frtihcr oder später pendelt.« Dabei mache ich nur die eine beschränkende Annahme, daß die Dauer einer Hin* nnd die einer Herschwingeng die gleiche, also ^ T, ist

Ich nehme femer an, daß, wenn eüi einziges pendelndes LaftteQehen Erreger flir ebie Kugelwelle wäre, ancb ein entferntes in der Sebwingungsricbtong geisgenes Teileben pendebi mflDte. Diese Auoabme ist möglieherweise falseb, Insofern vlelleiebt eine aus LuiUeilcben bestehende Minimalflftebe nötig wSre, damit

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£. Gaetachenberger,

das entfernte Tettehen pendelt Anfierdem Ist ea wieder melit flieheTf ob der Erreger aelbet pendeln miiB. Die Kirehhoffflche Gleichung ftr das GeeebwindigkeitBpoteDtial in der Tonwelle

scheint Uber beide Fragen keinen zuverlässigen Anfschluß geben zu können, weil sie zufolge der Art, wie sie gefunden wird, nur fhr sehr große Werte von fUr unendlich Icloine Geschwindig- keiten und unendlich kleine Druckänderungen gilt, demnach nicht als der exakte Ausdruck eines nattlrlichen Vorganges aufgefaßt werden kann. Sollte meine Annahme Filsch sein, so fiele damit der Beweis noch nicht um, sondern bedurfte nnr einer nnbeden- tenden Korrektur, die ich später andeuten werde.

Es sei bei dieaer Gelegenheit daran erinnert, daß die Ampli- tnde eines in der Sehwingnngsiiohtnng gelegenen Tellehens bedeu- tend kleiner ist als die des einilgen erregenden Teilchens, weil die Ton dem letxteren in der Zeiteinheit abgegebene Energie In der Zeitdnheit efaie ganze Kugelflftehe passiert.

Eine fllr den Beweis gleiohgtlltige Annahme ist es femer, wenn ich die Ebene mit der Gebchwiudigkeit Null iiud von ihrer >Kuhe- läge« aus zu pendeln beginnen lasse, so daß sie koaiuusförmijj: schwingt. Ich tue das nur, weil ich in der Natur keine andere M f^dichkeit finde. Es darf aber uiclit Ubersehen werden, daß der Ausdruck > Gleichgewichts- oder Ruhelage« zweideutig ist Man muß ein Pendel, z. B. in der Mach sehen Wellenmaschine, zu einer Gleiobgewiohts- oder Bnhelage in erster Bedentang erheben und ▼on dieser ans kMlassen, wenn es von An&ag pendeln soll; es pendelt dann um seine Gleichgewichts- oder Ruhelage in zweiter Bedeutung. In Anbetracht dieser Zweideutigkett soll angenommen werden, die Ebene befinde sieh, heyor sie an pendeln beginnt, in einer Bnhelage in erster Bedeutung oder in »Aussehlagstellung«. Unter der Bnhelage der Lnfttellchen ist dann diejenige Lage zu verstehen, welche sie angenommen haben, nachdem die Ebene längere Zeit in Ausschlagstellung gestanden hat. Die unregelmäßige Luftströmung, welche stattfand, wahrend und nachdem die Kbene in Ausschlagstellong gebracht wurde, kann nicht zu den Be-

1) Kirchhoff. VorleflnnL'on Uber mathematische Physik. 4. Anfl. Rd I S. 319. Gleichung 21 . loli kann übrigens die Möglichkeit nicht ausschlielieu, daß diese Gleichung iiuplicite die Lösung unseres Problems schon enthält. DaoB wXre es nnr in bedanora, da0 Pl^ik, Physiologie and Pjqpisholosie noch nieht die KouMqoanaea gMogea haben.

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über cUe Möglichkeit einer Quantität der Tonempfindung. 121

wegongen in der Tonwelle gerechnet werden. Diese Festaetmog

ist insofern nebensächlich, als der Beweis sich mit einigen zeit-

Uchen Verschiebungen ebensogut mit einer Ebene fuhren ließe, welche mit maximaler uder anderer Geschwindigkeit zu pendeln beginnt.

Wenn eine Ebene von links nach rechts zu pendeln beginnt, 80 übt sie auf die rechts anliegende Luft eine Gesamtwirkung aas, die man sieh in eine Reihe sehr kurzer Stöße oder Drucke zerl^ denken kann, welche eine Viertelperiode lang zunehmende, dann eine Viertelperiode lang abnehmende Kraft besitien. leb nehme an, daß die Fortpflanzmigigesebwindigkeit aller dieser Stfffie die gleiche ist SelbstveisMndlieh ist das nicht. Demi die Fort- pflansnsigsgesebwindigkeit hSqgt Ton dem Onotienton ans Elastudtit mid Dichte ab. Der zweite Ste0 trifft Luft von anderer ElafltizitSt and Dichte als der erste. Da aber der Wert des Qnotienten ftlr die Fortpflanzung des Schalles trotz wechselnder Barometerstände unverändert l)leibt. so darf das Gleiche auch ftir die einzelnen ätöße trotz wechselnden Gegendruckes angeuommeu werden.

I

Um das Material der starren Ebene unberücksichtigt lassen zu können, setze ich den hjrpothetischen Fall, daß sie aus Luftteilchen bestehe, also gleichwertig sei einer ebenen Wellenflächc, deren Erreger eine Ebene von irgend welchem Material ist. Sollte das Msfterial gldebgttltig sein, so kann die WeilenflKche als Zwisehen- tiiger weggelassen werden.

loh komme nun sn einer eigentliehen Primisse, von welcher der Beweis wesentlieh abhSngt. Sie lautet: Lnft abt an Lnft keinen Zng ans. KalOrlieh ist dabei nor an den gasförmigen Znttand gedacht Dafi bei genügender gegenseitiger Annäherung der Luftteilchen unter hohem Druck und bei großer Kälte der Satz zu gelten aufhört, ist hier belanglos. Die gasförmige Luft äußert nur jene eine Kraft, welche der Kompression Widerstand leistet, mag man sie nun die Kraft der Elastizität oder der molekularen Abstoßung oder den Gasdruck oder die Expansionskraft oder die Spannkraft nennen. Scheinbarer Zug ist immer Druck von der Gegenseite und der Ausgleich von Druckunterschieden erfolgt anr miter der Herrschaft eines Dmckes. Der Sats ist swar nienuds aogefoehten worden, aber man findet nicht selten Darstelhings- weisen, namentüoh in Lehrbttehem, welche dem Leser die Existenz eines Znges im Suine einer positiTcn, dem Dmck antagonisttsehen

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R. GieteehenbeiKer,

Kraft Yorfilnschen. Man kann da etwa lesen: Schwingt der Schall- erreger nach rechts, m komprimiert er die rechts anliegende Luft, die Kuiiipresöiün sehreitet fort; schwingt er nach links, so wird die rechts anliegende Luft nach links »gerissen«'!. Ks kauu sich da nur um eine nicht ganz glückliche Veranschjuili hmig oder Um- schreibung des Tatbestandes handeln. Die Kräfte^ welche in Wahrheit auf ein Teilchen in der Luftwelle wirken, sind einerseits StOfie oder Drucke, anderseits RUcksti^fie oder Gegendrücke. Im Beweis soll nur aUgemein Ton Wirkmigeii mid GegeDwirkuqgeD gegproehen werden.

Es ist bekannt, dafi der Stoft oder Draek, den ein in be- stimmter Bichtang sehwingendes Teilehen ansttbti rieb nicbt nnr in dieser Riebtung fortpftanxt, sondern anob in sdirSgen Biebtnngen sieh verteilt, daß jedoch die Wirkung in der Dmekriebtung am größten ist und mit der Abweichung von dieser abnimmt Auf dieser Druck Verteilung beruht sowohl die Kreuzung der Wellen, als uucit die Superpositiou in der Interferenzlinie. Wenn wir also eine starre Ebene senkrecht zu ihrer Laire schwingen lassen, so darf nicht angenommen werden, daß die Teilchen einer parallel vor ihr gelegenen Ebene nur senkrechte Drucke erhalten; sie er- halten vielmehr auch seitliche Drucke, die aber um so schwächer sind, je schräger sie eintreffen. Naeh welchem Qesets sieh der Druck mit der Abweichung von der Sehwingangsriehtnng indert, ist mir nicbt bekannt imd ist ftr den Beweis nebensftehHcb. Ver- mntlich ninunk er proportional dem Qnadrsi des Kosinns des Ab- weicbangswinkels ^ ab, wie das nach Eirebhoff*) ftr die In- tensitSt gilt, wenn dne kirine Kugel schwingt

Ee ist auch bekannt, daß die seitlichen Wirkungen abnehmen mit zunehmender Entfernung der Zone, aus welcher sie kommen. Es genügt aber wahrscheinlich nicht die Verdet'sche Annahme*), daß «io einfach proportional zu dieser Entfernnni; abnehmen. Berücksichtigt man im Gegensatz zu Verde t bei der Berechnung der Flächeninhalte der Zonen die Quadrate der Wellenlibigen und setzt man die seitlichen Wirkungen gerade proportional dem Flächeninhalt der Zone and dem cos' ^ and umgekclirt proportional der Entfemong der Zone, so erblÜt man eine kaam meiUicbe Ab-

1 Müller-Pouilk'ts Lehrbucli (Ut Phvf^ik. 9. Anfl. Bd. 1. S. 6U. 2, Kircbbül't', VorlcbUDgeu über maui. i'hymk. 8.320.

3) a. a. 0. 8. 127.

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über die XOgliohkeit einer Quaiititit d«r Tonenpfiiidiiiig. 123

naiime. Erst wenn man das Quadrat der Entfernung einführt, wird die Abnahme einigermaßen glaubhaft. Indessen ist ftlr nnsem Beweies nifht8 daran g-eletren, wie die seitlichen Wirkungen Ab- nehmen, wir brauchen nur zu wissen, daß sie abnehmen.

Überhaupt sind i\ir den angektlndigten Beweis, mit welchem ich jetzt beginnen kann, keine Berecluinnf;en, londem nur ein&ohe MitBebe Betraobtnngen nStig.

En sei ^ (Fig. 1) der Dorehidinitt der bereits ehniakteriiierten Ebene. Diese beginnt mit der Gesebwindigkeit Knll eenkieobt sn Ihrer Lege von linke naeb leebte') zn pendein. Die WeUenlänge sei CD^h Die Strecken ED^FD betragen l'/s K ^^BD 2 A. Wir betrachten die Wip- ^ung der Ebene auf ein iu D [Telegenes Luftteilchen. Die Auiplitade sowohl der Ebene als des Teilcbeiis sei gegen die Wellenlänge rereebwindend klein, wie es ja bei Schallwellen meiifeene der Fall ist Wir kOanen alao mit einem ver- lebwnidend kleinen Febler

die relativen VerecUebiingen des Pnnktes D entstebenden Winkel- und DistansTeriadeningen yemadütaigen. Die Sebwin^ imngen des Teilebens finden dann soznsagen Inneibalb dee mate- riellen Punktes D statt und könnten dort nur mikroskopisch wahr- genommen werden. Wir rechnen die Zeit t \om Beginn der Bewehrung an nnd messen sie mit der Schwingungsdauer oder Periode 'I\ so zwar daß:

*,i=*lVf r, nsw.

Wäre C allein Schwingnngserreger, so würde das Teilchen in I) unserer Annahme gemäß zur Zeit ty zu pendeln Ijeginnen. Von jetzt an kämen von C her abwechselnd 1/2 T Wirkungen an und Va^ fehlten solche, namentlich kämen keine Züge an. Soll das Teilchen trotzdem pendeln, so kann das nur unter dem iänflnß der Qegenwirknngen, der Eigenart ihrer Anfeinaader-

1) In der Figur voa uuteu uach olieu.

Flg.1.

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U. Gaetooheiibeiger,

folge und Ums leWioben EinsetMüs gesckelieiL Anelt Gegen- wirkungen der Gegenwirkungen kommen wohl in Betracht. Unter den beiderseitiiTi u Kiullüssen würde das Teilchen zur Zeit /j^ seine größte Entfeniuu^ von der Ruhelage, die Amplitude 2fi, erreicht haben und zur Zeit ^2 wieder in der Ruhelage angelangt aein. Die Amplitude 2a wäre viel kleiner als jene des Teilchens in C.

Nun schwingt aber die ganze Ebene. Es treffen daher von #1 biß ans der 1 Zone kontinuierlich Wirkungen, und zwar TOD erheblioher Resultante in der Biohtang DO^ bei D ein. Diese swingem das Teilcheii weiter zu sehwingen und die Luft Tor flieh mehr zuBammenKupresBen oder größere Gegenwir- kungen aoztthftDfen, als das geschähe, wenn Callein Schwingunga- enreger wiie. Seine Amplitude nähert sieh an GrOBe jener dea Teflehens in C oder der Ebene. Aber aueh ron bis ^ treffen noeh Wirkungen aus der 1. Zone, zugleich auch solche aus der 2. Zone ein, und wenn die Ebene unendlich wäre, würde das erst nach unendlicher Zeit aufhören. Daraus folgt aber nicht, daß das Teilchen immer noch weiter in der Fortpflanzungsrichtung des Schalles getrieben wird. Es muß vielmehr ein Zeitpunkt kommen, wo die seitlichen Wirkungen nicht mehr genügen, um den vor dem Teilchen sich anhäufenden Gegenwirkungen Widerstand zu leisten. Dieser Zeit])unkt hängt außer von der Größe der Ebene von der Amplitude dersdben ab. Je großer diese Amplitude, deeto giOBer shid aueh die aeitiiehen Wirkungen und deato spftter tritt der Wendepunkt ein. Nehmen wir an, wir hStten die Amplitude der Ebene so k)dn gewShlt, daB aehon bei dem Emtreffim der eiBteü Wirkungen aus dem Kegeloiantel EDF^ also zur Zeit /i^, die Gegenwurknngen ttberwiegen. Das Teilchen kehrt dann mit dem Zeitpunkt um, nachdem es die Entfernung 2a -^b von der Ruhelage erreicht hat. Wenn von jetzt an die seitlichen Wirkungen gleich Null wären, küiiute das Teilchen bis t-j die Ruhelage viel- leicht eben noch erreichen und es wäre die Frage diskutierbar, ob seine Schwingung pendelartig war. Die aus der 1. und 2. Zone von bis ti eintreffienden Wirkungen sind aber noch nicht gleich Null, sie sind nur zn schwach, um die Gegenwirkungen aufzuheben. Da sie nicht gleich Null sind, mflssen sie die Rttckkehr des Teilehenf hemmen. Notwendige Folge daron ist^ daB das Teüohen zur Zeit seinen Ausgangspunkt noeh nioht erideht hat Diesen erreidit es aber auch ferner nicht mehr, weil mit diesem Zeitpunkt

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über die Jß^ehkeit efner Qnaatitit der Tonempfindmig. . 125

nicht nur das Spiel von nenem beginnt, sondern auch noch bis der Rest der W irkuiigen aos der 2. Zone eintrifft. Ich knüpfe iiier später wieder an.

Erreicht das Teilchen nach einer Periode seinen Aasgangspmikt nicht mehr, so kann seine Schwingung nicht pendelartig gewesen Mini), nnd wenn ein Teiloheii beim EnMehen der Welle anders teliwiiigt» Bo müBBen auch die ttbrigen anders schwingen. Wenn wir Jetzt noch Ton einem Sefawingnngsmittelpiuikt sprechen wollen, BO können wir nur sagen, daB sich derselbe in der Fortpflanznngs- riditang des Sehalles Tersehoben hat Wenn wir noeh geseigt haben, daB dieses Resnltat aiieh fbr andere Kreise als den oben ?erwendeten vom Kadiu« / ) i> gilt, öu dürfte bewiescu sein, daß die Ton^s elle einer Ausbildnngszeit bedarf, während der sie keine Sinns- oder KuBmuswelle ist. Doch damit nicht gefia^ daU mit der Zeit /2 die Ausbildungszeit schon zu Ende ist.

Im Sinne des Huyghens-Fresnelsehen Prinzips k(}nnte man nnn einwenden, es würden die Wirkungen der 1. Zone zum Teil angehoben durch die Wirkungen der 2. Zone, weil die Wirkungen infolge der Differenzen von halben WeUenllogen in entgegen- geseilten Phasen in D eintreffen. (Die GrSfie der Anfhehnng hinge y<m dem Gesets der Abnahme der seitiiehen Whrkangen ab.) Eine einfadie Erwägung belehrt uns aber, daB das, wenn llberfaaapt, dann nur Air ehie ron EiHgkeit her bestehende Wellen- bewegung unter Anerkennung der Gleichung

00 ±: M s= 00

gelten kann.

Stellen wir zonMchst die Bedingungen fesl^ welche erfüllt sein mttBten, damit in einem Pukkte D von Anfang an entgegenge- setsle Phasen nnd von Anfang an maximale Anfhebnng herrseh-

1] Hätten wir die Amplitude der Ebene grüßer gewählt, so daß erst bei

dem Eintreffen der ersten Wirkungen ans einem Kegelmantel von e-rößerem < »ffniin^swinkel die Gegouwirkungeu liberwogea hätten, so hätte schon die luikehr de8 Teilchens verspätet, d. h. einige Zeit nach /ij^ stattgefunden.

Wir hätten dann schließen künnen: Ist das Teilchen nach Ablanf emer halbeii Peziode noch sieht amgekehrt, so kaiiii sefaie Sehwfaignng nicbt fämAtAmiHtg gtfweseix Sein. Denn wenn es später umkehrt, hat sich nicht etwa nur seine Amplitude vergrößert die größere und kleinere Amplitude bedarf ja bei Pendelschwingungen unter sonst gleichen Umstünden der glei- chen Zeit , sondern ca muß noeh eine zweite Änderung stattgefunden haben, welche eben nur die Schwingungsfonn betreffen kann.

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B. Gafitseheiibfliger,

teu. La luulitcü erstens bei licgiuu der liewegung von allen un- geraden (resp. geraden) Zonen positive und von allen geraden (resp. ungeraden) Zonen negative Wirkungen ausi^e^rangen sein. Zweitens müßte die äoßerBte Zone zuerst und jede nach innen

folgende ^ ^ später in Tätigkeit getreten aein. Für eine von

Ewigkeit her bestehende Bewegung fällt die zweite Bedingnng fort Denn da

80 int jede Bedini^un^-. die fllr die Art des Bep^inns gestellt wer- den kt^nnte, damit ertllllt, daß alle Zonen von Ewigkeit her, also gleich lange, schwingen. Die Erfllllbarkeit der ersten Bedingnng hängt davon ab, ob wir einen Enatz fttr den fehlenden Zng TOn Luft an Lnft finden kOnnen.

Von diesem idealen Fall, in welehem das HnjghenB-Fresnel- sehe Prinzip anbedingt anwendbar wäre, weicht der Fall, der uns besebälligt, in doppelter Hinsicht ab. Erstens gehen Ton allen Zonen Yon Anfang an nnr einerlei Wirkungen nnd swar positive 'aus, zweitens treten alle Zonen zugleich in TUtigkeii Angenommen nun, die erste Bedingung sei in der Akustik dadurch erftlUbar, daß die Gegenwirkungen der Wirkunj^eu aus der 2., 4. usw. Zone im Stande wären, die negativen Wirkungen zu ersetzen, so könnte eine von AnfnuL'- ;ni maxiiiiMlc Aiifiiebung nicht stattliuden, wenn die zweite Bedingung nicht eriullt ist. Denn die Gegenwirkungren können in D erst einsetzen, nachdem die Wirkungen dort an- gekommen sind. Treten aber alle Zonen sogleich in Tätigkeit, so sind die Wirkungen, deren Gegenwirkungen die Züge an Tertreten hätten, an der Zeit, wo die Anfhebang stattfinden sollte, noch gar nicht eingetroffen. Außerdem ist es aber aneh nicht ein- znsehen, wieso später eine Anfhebnng stattfinden sollte, da sich doch die Ton Anfang eingehaltene Reibenfolge des Eintreflfens nicht mehr ändert Für einen von Ewigkeit her bestehenden Vor- gang fallen alle diese Bedenken fort Da

00+2 7=00,

so sind die Wirkungen yon Anfang an rechtzeitig eingetroffen nnd treffen anch später immer rechtsettig ein.

über die HOgliehkeit einer Qntntitit der Tonempfiiuliiiig. 127

Es ist aber fraf^lich, ob die Gegenwiikuiiiren der Wirkungen aas den geraden (resp. ung-eraden) Zonen die negativen Wir- knnp'en ersetzen könueiL Sollte das möglich sein, so hindert ilichta, aoeh die Gegenwirkungen der Wirkungen «u den unge- raden (leep. geraden) Zonen als negatiTe sn betraehten. Dann kann ttberlumpt Yon enigegengeaetitfln Pham niehi.mefar die Bede Bein, sondern nur noeh von Wirkungen nnd Gegenwirkungen ■eUeektweg.

Angenonunen aber, die negatiTen Wirknogen seien eraebliar dnitdi (Hgenwirknngen, weloke svr Mt eines relativen Mangels

an positiven Wirkungen einsetzen. Dann mußten der ersten Be- dinismug zufolge alle geraden Zonen nach links seliwingen, während die ungeraden nach rechts schwingen, und wenn die Aufhebun*r vun Anfang au iiuixinial sein sollte, müßte die^ie SchwingungswiMsc noch mit der zweiten Bedingung kombiniert werden. Hiermit Jiätten wir den Gegenstand unserer Untersuchung, die Wirkung einer Starren Ebene, verlassen und uns einem höchst merkwürdigen Erreger zugewendet, der nioht als Ausgangsponkt einer aknstisehen UnterBnehnng dienen kamt

Soll durchaus von einem »Zusammentreffen entgegengesetster Phasen« gesproofaen werden was eigenflieh naoh den vorliegen- den Betrachtungen keinen rechten Sinn mehr hat , so konnte der Effekt einer so benennten Heehanfk nur die schon beBproehene liemmung der Rückkehr des Teücheus sein. Zur Zeit ti\ treffen die ersten Wirkungen aub der 2. Zone ein. Zu derselben Zeit hat das Teilchen seine größte Amplitude 2a -\~ h erreicht. Wenn es n ih nun an etwas aufzuheben gibt, dann können es nur die Gegenwirkungen sein, unter denen das Teilchen umzukehren im Begriff ist Ahnüohes wiederholt sich jede Periode später, der Schwingnngsmittelpunkt wird demnaeh in der Fortpflanzungsrieh- tnng verschoben. Seine Verschiebung während der Aosbildungs- leit ist naeh donelben irreparabel (natttrlich abgesehen vom Aufhören der Wellenbewegung], weil einerseits die K^tfte, welche wihrend der Ansbildnngsseit die Verschiebung herstellen, naeh der Ausbfldungsxeit unverändert weiter bestehen, anderseits keine Kraft auffindbar ist, welche die Verschiebung rückgängig machen könnte. Für einen von Ewigkeit her bestehenden Vorgang fällt dieses Bedenken wieder fort. Denn da sich vor der Ewigkeit nichts ereignet bat, gibt es nichts zu reparieren.

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B. 0«6techeikb6rger,

Es muß also zam mindesteu zugestanden werden, daß eine Anfhebnng dnrch Zusammentreffen entgegengesetzter Phasen im Sinne des Huyghens-Fresnelschen Prinzips bei Beginn der Bewegung nicht stattiindcu kanu^). leb will aber, obgleich damit daa Wort Aufhebung seinen ursprünglichen Sinn verliert, uiobts dagegen einwenden, wenn man behauptet, daß nach einiger Zeit eine partiette Anfhebnng atattfinde. £ine totale darf niefat stattfinden, wenn ea Überhaupt eine Tonwelle gehen soUi die pta^ tielle aber kann nur so weit gehen, daS daa Teikhen nach einiger Zeit pendelt Nun, daa stimmt ja Tortreflnieh mit nnaenn finheren Reenltat Daa Teilchen pendelt naeh einiger Zeit, nftmlieh naeh der Ansbildungszeit, es ist nur noch hinzuzufügen: an einem entfernten Ort. Für einen von Ewij[rkeit her bestehenden Vorgang gibt es iiatUrlich keine Ansljildimgszeit uud keinen neuen Ort Denn vor Beginn der Ewigkeit hat sich nichts ereignet und ein von Ewigkeit her neuer Ort ist eben der alte Ort.

Ich fahre in der Betrachtung der Vorgänge vor der Ebene forL Wir haben gesehen, daß die seitlichen Wirkungen bis ^ die Vor- wärtsbewegung des Teilcheus fördern und seine Rllekkehr hemmen. Beides kommt einer Fltederang des SohwingnngBmittel- Punktes gleieh. Eine aasgleiehende Hemmung der Vor- wltrtsbewegnng nnd Förderung der Bttekkehr IftBt sieli nioht findjen. Dam fehlt vor allem die antagonistische Kraft, der Zug Ton Laft an Lnft. Dnroh die Gegenwirknngen ist diese Kraft nieht ersetzbar, denn wir haben die Gegenwirkungen schon berti|ek sichtigt, als wir fanden, dali die Vorwärtsbe- wegung gefördert und die Rllekkehr gehemmt wird. Wir werden sie auch femer berücksiclitigen.

Das Teilchen befindet sich zur Zeit ^ in der Entfernung e <; (2a -4- 6) von seiner Huhelage. Wenn sich jetzt genau die Voigänge der Zeit bis t% wiederholten, so wtlrde das Teilchen zur Zeit in die Entfemnng 2a4-6 + <^ befördert und zur Zeit ^ bis an einer Entfemnng 7on 2e znitlekgekehrt sein, nnd hei ferner annehmendem t müßten diese Entfernungen in aritfametiseher Reihe wachsen. Die Vorginge wiederholen sieh aber in zwdfiudier Hinsicht nieht genau. Erstens spielt von t%\iaB t^^, nnd desglei-- ehen jede Periode später, der Best der Wiiknngen ans der 2. Zone

1; Das gilt, nebenbei gesi^c, auch für LichtweUen.

über die HOgliehkeit einer QnuititKt der Tonenipfindmig. 129

in einem den SGhwingang8mitteIpimkt förderadeu Sinne hinein. Zweitens aber ^vird der Fehler, den irir anfangs ala yersehwin- dend klein betracton konnten, mit annehmender Yenehiebnng des Sehwingongmdttelpnnktea immer merklieher, ja addiefilich auBer- ordenflieh grofi. Bm seiner Beaeitigmig würden wir die Vorwirts- beweguDg hemmende Einflttsse aufdeoken, anf deren Nachweis es hier nicht ankommt Da eine Versehiebnng des Schwin^ngs- mittelpuuktes und mit ihm des Teilchens ins L'neiidliclie nueh un- seren Erfahrungen ausgcschlopscn ist, so mlisseu die hemmenden Einflösse schließlich überwiegen und es muB sich eine endliche (rrenze der Verscliii limig nach einer gewissen Zeit finden. Die Grenze hängt aber nicht nur von den bisher besprochenen Vor- gängen ab, sondern auch noeh Ton Vorgängen im entfernteren Be* reich vor der Ebene. Ich komme darauf noch zurück.

Vergrttfieni wir die Ebene nm eine Zone, so daß die Seite des infiersten Kegelmanleto beträgt, so werden erstens die seit» Uehen Wirkungen Ton ^ bis ^ verstärkt, zweitens treffen ancli Ton ^ bis ^ Wirkungen ein, welche die sn dieser Zeit stattfin- dende Bflokkehr des Teilobens hemmen. Da sich bmdes in jeder späteren Periode wiederholt, so mnB die Grenze der Versehiebnng des Schwingungsmittelpunktes weiter von I) entfernt liegen als im Falle der kleineren Ebene. Fttgen wir der Ebene eine weitere Zone hinzu, so treffen auch von l)is noeh Wirkungen ein, welche den Sehwingungsniittelpunkt fördern, indem sie teils die Vorwärtsbewegung des Teilchens turdem, teils seine Rückkehr hemmen. Die Verschiebung der Grenze nimmt also mit der Größe der Ebene zu. Selbstverständlich findet aber die Veischiebnng der Grenze wieder eine Gremte, da die seitlichen Wiikm^;en um so geringer werden, aus Je entfernteren Zonen sie kommen. Praktiisoh wild sich wohl eine GrOBe der Ebene finden lassen, ttber welche hinaus Jede weitere VeigrOBerung ohne Wir- kung anf ein Teüelien bleibt, welehes eme Wdlenttnge von ihrem Mittelpunkt entfernt liegt.

Daß mit der Verkleinerung der Ebene, von der wir ausge- gangen äiud, die Verschiebuiii: des SchwingungHuiittelpiuiktes ge- ringer wird, bedarf hiernach keiner Erörterung mehr. Ob a))er die Vers( hicbung tatsächlich erst dann Null wird, wenn das Teil- chen in C allein Schwingnngserreger ist, oder ob nicht vielmehr in der Natur eine MinimalHäche nötig ist, damit das Teil-

Afckit Ar Pcjcliologi«. L 9

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R. Gsetscheiibeig^r,

eben in D tlherbanpt pendelt, will ich nicht cntsclieiden. Mit der Bttrücksichtig-unfj: einer solchen MinimalHiiche Iiätte die Korrektur des Beweises cinzuHctzeu, wenn unsere zum An^gaugäpuukt die- nende Annahme falsch sein sollte. Die Korrektnr wäre damit er- ledigt, daß wir die Minimalfläche nicht die Förderung des SehwingnngfliDittelpiuiktofl in Anspnioli nähmen. Der Beweis er- ftbre dadoreh nur geringe Änderungen in Zelt- and Ortsangaben.

Kimmt mit abnehmender GrQBe der Ebene die Versohiebnng dea SehwingungsmittelpaniLtea ab, ao gflt die Gleiehung 2) unbe- dingt, wenn eine koflinnsfitmug aobwingende Ebene Ton deijeuigen Gi0ße, ftr welche die Verschiebung Null wird, Erreger ist.

Ich halte nun den Beweis fllr erbracht, daß der Ort des Schwingunp^smittelpunktes flir ein Teilchen der ausgebildeten Welle von der Grijße der Ebene nnd hiermit von der wirksamen Körper- obertiäche in dem Sinne abhängt, daß mit zunehmender Größe der Ebene die Verschiebung in der Fortpilanzungsrichtnng wächst. Damit ist nicht gesagt, daß die Verschiebung nur von der Größe der Ebene abhängt. Sie hängt auch, wahrscheinlich aber in viel geringerem Mafie, Ton deren Amplitnde nnd Sehwingnngsiabl nnd aelbstreratändlich anoh von der Entfernung des TeÜehens von der Ebene ab. Die Abbängigkeit von der Amplitode wurde schon, bei Bespreehnng der Gleiehung 2) (S. 114) angedeutet Den Beweis fltr diese AbbUngigkeiten werde ich spSter erbringen.

Betrachten wir noch ein Teitehen im entfernteren Bereich ror der Ebene. Die Wirkung des Kreises AB auf einen zwei Wellen- längen von C entfernten Punkt G ist nach Fig. 1 gleich der Wir- kung des Kreises HJ, doch beginnt die Bewegung in IT später als in D. Der Kreis HJ hat nicht ganz den Inhalt der 1. Zone des Kreises AB und die Strecke AO =B0 beträgt etwas mehr als 2| X. Es treffen also von ^ bis ungefähr ^ seitliche Wir- kungen in O ein, welche den Schwingnngsmittelpunkt des TeÜ- ehens in der sebon dnroli direkte Wirkung Ton D her ver- schoben wiid| noeh mehr yersebielMn. Dadurch tritt In etwas späterer Zeit eine Entlastung des TeOohens in D eiBi so dafi dieses geringeren Gegenwirkungen ausgesetzt ist, als das der Fall wäre, wenn auf 6^ keine seifüehen Wirkungen träfen. Hiermit haben wir wieder ein die Verschiebung des Schwingungsmittel- punktes des früher betrachteten Teilchens förderndes Moment gefunden. Es entlasten aber auch die seitlichen Wirkungen auf

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über die HOgliehkeit einer Qnantltitt der Tonempfindmig. 131

noch entferntere Teilchen alle in der Richtoug nach C gelegenen Teilohen, niir wird die Entlastung von seilen entfernterer Teilchen immer geiinger, weil die wirkaam« £bene immer kleiner wird und immer «diwttdier wirkt Daraus geht aber wieder herFor, daß mit dem WachBtnm dw Ebene, von der wir ausgingen, aneh die Ent- lastung grOBer wird. Da femer die Entlastung eines Teilchens nm so grOBer ist, je sahlreiohere entferntere Teilohen ron seit- lieben Wirkungen getroffen werden, so hindern wir die volle Entlatstung, wenu wir die Welle aüftaiigeu, uud hindern sie um so mehr, je näher an der Ebene wir öie uiiffanfjen. Kurz, die definitive Grenze der Verscbiehunc: def Schwiugungs- mittelpunktes und hiermit die Ansbildungszeit der Tonwelle ist eine komplizierte Funktion vieler Variabein und Parameter.

Welche physikalische Bedeutung kommt nun der Yersclnebung der Sehwingnngsmittolpnnkte zu? Es muß nach der AasbUdangs^ seit eine dauernde und ruhende Luftyerdflnnung sn- nftehst der Ebene und eine dauernde und ruhende Luft- yerdiohtung im entfernteren Bereich vor ihr liegen. Auf diese beiden superp onieren sieh die sich fortpflanzenden Lnftrer- diehtungen und -yerdttauningen. Solehe Wellen sind geeignet, einen Gegenstand, abgesehen davon, daß sie ihn in Sehwingung versetzen, dauernd \<i. h. so luu^^e die Welleubewegung dauert) zu drücken und, wenn er nachgiebig ist, einzupressen. Die Tonwelle i^T ;dsi> immer vorausgesetzt daß die Verschiebunii: zu den meßbaren Größen gehört im Gegensatz zu der hypothetischeu Welle, die von Ewigkeit her besteht, eine »Preß welle«. Dabei ist zu beachten, daß die Welle, wenn sie nicht reflektiert wird, nur in je einer Richtung, nämlich Ton der Ebene her, preßt

Es muß speziellen Untersnehungen Torbehalten bldbeUi die Form der dauernden Luftrerdttnnung und -verdiehtung festzu- stellen. Soweit ich sehe, ist fOat dne uuf^hindert ins Unendliche sich foftpilanzende Welle die liUfkdichte normal da, wo sieh das am meisten yeischobene Teilohen befindet, und die Yerdttnnung nimmt von hier aus sehr stark zu in der Richtung nach der Ebene (unmittelbar an der Ebene nimrat sie wieder ab, wenn der Ebene Lnftteilchen adhärieren), während die Verdichtung in der Fort- pflanzungsrichtung aulun^:s st dir ?^tark zunimmt, dann sehr allmäh- lich abnimmt und sich asymptütiüch der normalen Dichte nähert. Wird die Verteilnngsform der Dichte durch eine Kurve daigesteUt,

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B. Gaatodlieiibergert

deren positive Ordinaten die Verdichtung und deren negative die VerdUnnang anzeigeDi so mtisaen beide Knrventeile gleichen Flächen- inhalt haben und der positive Teil muß einen Wendepunkt besitzen, deflflen AbBoisse mir von der Grttfie der Ebene abhSngig aeheini Eüie derartige Verteilangafoini entsteht, wenn, von adhärenten Teüchen abgeaehem, alle Lnftteilelien in der Fortpfianmngarioh- tang yerschoben werden und zwar, wenn die der Ebene zonAdiat gelegenen um große Beträge, die entfernteren um anfiings sdifiell, dann (Wendepunkt!) weniger schnell abnehmende Beträge ver- schobeu werden. Wenn nun aus der dauernden Verdichtung eine vierte Wirkung auf das Gehör abgeleitet werden soll, so könnte mau einwenden, daß diese Wirkung iub Gegenteil umsi hhtgen mtisse, wenn das Ohr nahe genug an die Ebene gebraclit wird. Darauf iit za erwidern, daß die angegebene Verteilung nur denk> bar ist, wenn die Welle nicht aufgefangen wird. Wie dUa Yerteilnng wird, wenn Gegenstände in die Welle gebraoht nnd darin Teraohoben werden, bedarf einer eigenen Üntersnohnng. Wahrachräüich rttckt die Grenze zwiaehen VerdAnnong und Yer- dichtong am so nSher an die Ebene, je mehr der Gegenstand der Ebene genähert wird. Das Ohr ktfnate dann niemals in die Ver- dttnnnng gelangen.

Nach dem Gesetz der Erhaltung der Energie muß mit zuneh- mender Verschiebung des Sehwingungsmittelpunktes die Amplitude des Teilchens alinebmeu. Das Teilchen preßt auf Kosten der Am- plitude, d. h. derjenigen Amplitude, die es in dem von uns be- trachteten Fall mit der Zeit f^i erreicht hat. Die Bestimmung der Amplitude wird jetzt recht verwickelt. Die Amplitude 2a-\~ b eines Teilchens ist um so größer, je größer die Amplitude der Ebene. Sie nimmt aber von f^}. bis zum Ende der Ausbildungs- zeit ab, weil das Teilchen aof ihre Kosten pieBt Ihre GiOBe nach der Ansbüdnngszeit hJtngt Ton der GrOBe der Ebene ab. Sie ist ans bekannten Grttnden nm so kleiner, je entfernter Ton der Ebene das Teilehen von Anfang an liegt Sie nimmt ab mit wachsender Zeit, wenn das Gleiche fllr die Ebene gilt Sie Sndert sich mit dem Eintritt eines Gegenstandes in die Welle nnd mit dessen Verschiebung, und sie ändert sich wahrscheinlich nicht nur mit der Verschiebung senkrecht zur Ebene, sondern auch bei seit- licher Verschiebung. Vielleicht erklären sich aus diesen Verwick- luDgea die unerwarteten mid wenig tibereinstimmenden Kesaltate,

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Ober die Hflglfehkeit eiaer Quuititl&t der Toaenpfindmig. 133

welche bei den Versnclieu zur Bestirnrannp: der Enprg:ieal)iiahme mit wachsender Eutferuung vom tönendeu Körper erzielt wurden. Pas Gesetz der Abnahme der Energie mit dem Quadrat der £nt- feranng kann nach onaeTen Betrachtungen anmtfglich gelten, wenn eine Ebene Sehwingongserreger ist

Bekanntüeh Tenuisehaalieht man sieh die Bewegung eines pen- delnden Punktes durch Projektlen eines mit gleiclifbnniger Ge- schwindigkeit in einem Kreis sich bewegenden Pnnktes auf den Darehmesser. Wenn ieh nnn die Kmre angeben sollte, in welcher sieh ein Punkt mit gleiehförmigw Oesehwindigkeit bewegen mttfite, damit seine Projektion anf einer Geraden die Bewegung eines Teil- chens in einer nicht aufgefangenen Tonwelle darstellte, so würde irh sie aus der Gattung der Zykloiden entnehmen. Man denke sieb einen Kreis mit einem Uber die Peripherie hinaus verlängerten Radius rnit gleichförmiger Umdrehungsgeschwindigkeit anf einer Geraden nach rechts rollend. Das Rollen geht mehr und mehr nach einem noch zu ermittelnden Gesetz in Uberschlägiges Gleiten Qber, 80 daß die Translation des Kreises schließlich aufhört und er sich nnr noch nm einen festen Mittelpunkt dreht Während der Translation nimmt der rerUbigerte Radius, der bei Beginn der Bewegimg nach links ragte und der Geraden parallel h^, nach einem noch bu ermittelnden Gesets ab und wird gleich dem Radius des Kreises in dem Augenblick, wo dessen Mittelpunkt stUlsleht. Bei richtigem Verhältnis zwischen Abnahme der translatorisehen Geschwindigkeit und Ahoalime des verlängerten Radius beschreibt der Endpunkt des letzteren eine verschlungene Z} k loide, die in einen Kreis als Greu/c übergeht. Die Projektion eines in dieser Kurve mit gleichfüriuigcr Geschwindigkeit sich bewe- genden Punktes auf die Bahn des JLreismittelpanktes oder auf die Gerade stellt nach rrtoiner Anschauung die Bewegung eines Teil- chens in der Ton welle dar, welche entsteht, wenn eine Ebene, mit Ausschlagstellnng links und mit der Geschwindigkeit Null beginnend, pendelt Lassen wir den Frojektionspunkt seihst seine Schwingungen auf eine aenkreoht cur Schwingungsrichtnng Mn- weggeiogene Fläche aufseichnen, so erhalten wir nngefiihr die XuiYe der Fig. 2. Die Schwingung eines Teflehens um seinen Tcrschobenen Schwingungflmitteli)unkt wäre demnach nach der Ausbildungszeit pcndelnrtig. wie es dieObmsche These Terlangt Die Gleichung Ij aber könnte kaum mehr als

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Ausbildungszeit Fig. 2.

134 R- GMtaohenberger,

wissenschaftlich anerkannt werden. Da sie die Ansbildungszeit nicht berücksichtigt und die Aiiuahme, daß Ruhelage und Schwin- guDgämittelponkt zusammenfallen, in der Natur nicht zutiiüt, belehrt sie uns Uber die Entfernung .<? eines Teileliens vou einem nnbekannten Ort zu nubekannter Zeit, d. h. sie be- lehrt aus nicht l^nr den- jenigen, der annimmt, daß Tonwellen nicht entste- he vielmehr ron Ewigkeit her besteheni helehit sie ttber die Entfemimg von der Bnhelage sor Zeit oo + Solohe Erkemitnig kann nicht jedermann be- friedigen. Die Gleichung 2) dagegen könnte fernerhin zur I)Mrstellinig des Greuz- faHcd dienen, in welchem ein Luftteilchen, evcutaell eiue miaimale Loftebeue, Wellen- erreger ist.

Der Beweis fUr die Verschiebong der Bcbwiogmigsmittelpnnkte läfit sich noch in abstrakter Form geben, wenn wir ausgiebige Anwendung vom Unendlidigroßen nnd Unendliehkleinen machen. Da er den früheren Beweis in vielen Punkten ergänzt, mOge er heigt^ftlgt werden.

a) Lassen wir in abstracto einen Massenpnnkt in Luft, d. h. in einem aus diskreten Punkten anderer Masse bestehenden Me- dium, unendlich schnell kosinuslrtrniig sehwiugeü, so befindet •sich in seinem Schwinguiigsbereieh keine Luft. Er wirkt wie eine ruhende, mit abstoßenden Kräften nnsgestattete Strecke, deren Masse gleich der Masse des Punktes und deren Liuige gleich der Amplitude ist. Denn die Luft, die sich ursprünglich in seinem Schwingungsbereich befand, muß, abgesehen davon, daß ihre Teil- eben obenfalls schwingen» verschoben sein und zwar am meisten in der Schwingungsriehtung, weniger in den abweichenden Bich- tungen und gar nicht m der Ebene senkrecht zur Schwingungs* richtung. Das eigibt sich aus dem anerkannten Satt, daß die StoBwirkungen in der Sehwingungsricbtnng am größten sind und mit der Abweichung hiervon bis Kuli abnehmen. Außerdem mttesen

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über die MtfgUehkeit einer Quantität der Tanempfindnng. 135

die Luttteilchcü um &o mehr verschoben sein, je uaher sie ursprüng- lich am Erreger lagen. Das er^jibt sich aus dem anerkunnteu Satz, daß die Stoßwirk imgeu mit zunehmender Entfernung abnehmen.

b) lleiben wir mehrere Massenpunkte diskontinuierlich zu einer anendlicb schnell kosinusförmig and senkrecht zu ihrer Lage schwingenden Strecke aneinander, so befindet sich in deren Sehwingnngsbereioh keine Luft. Sie wirkt wie eine ruhende, mit abstofienden Eiäften «uigestattete Ebene, doren Maase gleieb der Snmme der Manen der Streckenpnnkte und deren Breite gleich der Amplitnde ist Penn die Lnft, die aieh uraprllngEcb in ihrem Sehwingungsbereieb befand, ma8, abgesehen daron, daß ihre Teil- ehen eben&Us schwingen, Yerschohen sein, nnd zwar am meisten in der Schwingongsebene nnd hier yermiitlieb am meisten im ik'reich zweier gleichschenkeligen Dreiecke, deren Basis die Strecke ist , weniger in den abweichenden K])enen. Jedoch sind die Beträge sämtlicher Verschiebungen bei gleicher Amplitude wie im Fall a) größer als dort, weil die von jedem einzelnen Massen punkt aasgehenden Yerschiebangen sich auf die von jedem anderen aus- gehenden Veisehiebiingen nach dem Prinzip der Superposition kleinster Bewegongen snperponieren. Die Zahl der Super- positionen ist nm so grSBer, je größer die Zahl der Massen- ponkte, folglieh je grOfier die Strecke ist Die Versdiiebnngen sind am größten da, wo die meisten Snperpositionen stattfinden, d. i. in der Mittellinie, die Ton der Mitte der Strecke in der Schwingangsriehtang ansgeht Anßerdem sind die Yersefaieliangen am so größer, je näher an der Strecke sie stattfinden, weil ent- sprechendes fchon im Fall a; gilt.

c) Reihen wir mehrere verschieden lange Strecken der vorge- nannten Art diskontinuierlich zu einer kreisrt3rniigen Ebene an- einander, welche unendlich schnell senkrecht zu ihrer Lage kosinnsförmig schwingt, so befindet sich in ihrem Schwingnngs- bereich keine Loü Sie wirkt wie ein ruhendes, mit abstoßenden Kräften ausgestattetes, kreisrundes Brett, dessen Masse gleich der Sonmie der Massen der Strecken nnd dessen Dicke gleich der Amplitude ist Denn die Lnft, die sieh arsprOnglich in ihr^ Schwingnngsbereich befand, muß, abgesehen dayon, daß ihre Teil- eben ehen&Us schwingen, yerschoben sein, nnd zwar Tcrrnntlich am meisten im Bereiche zweier geraden Kegel, deren Basis die Ereisebene ist, weniger im übrigen Bereich. Jedoch sind die Be-

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B. Gaetachenberger,

tni^rc sämtlicher Verschiebungen hei gleicher Amplitude grüßer als im 1 alle b), weil die von jeder einzelnen Strecke ausgehenden, KciitHi su|ierponierten Verschiebungen sich auf die \un jeder anderen Strecke ausgehenden, schüu superponierten VerKcbidiungen aber- mals superponieren. Die Zahl der Snperpuäitiünen ist um 80 großer, je grttBer die Zahl der Masseupnnkte der Streeken, folglich je gröBer die Ereisebene ist. Die Venchiebungen sind am grl^fiten da, wo die meisten Snpeipoflitioiieii stattfinden, d. i. in der BGttellinie. AnBerdem sind die Yeiseliiebnngen um so grOBer^ je näher an der Ebene sie stattfinden, weil entsprechendes schon im Falle b) gilt

Die GrOBe der VerBohiebimg der Lnftteflehen ist somit ab- hängig Ton der Größe, anBerdem anch von der Entfernung einer unendlich schnell schwingenden Ebene.

d) Laöaen wir die zuletzt betrachtete Ebene unendlich lang- sam kosinnsfönnig schwingen, d. h. ruhen, so betiudet sich am Ort ihrer Schwingnngsmittellagc Liift von normaler Dichte. Zwischen diesem Extrem und dem vorher angegebenen sind nach Analogien ans unserer Erfahrung stetige Übergänge logisch gefordert, d. h. es muß sich am Ort der Schwingnngsmittellage bei zunehmender Sebwinguigssahl, aber gleichbleibender Grttfie nnd Amplitade der Ebene, anfangs Luft von sttnehmender Ver- dünnung, später eine luftleere Schicht befinden, welche bei weiterem Zunehmen der Schwingnngszahl an Dicke annimmt, bis der Fall c) erreicht ist Da außerdem nach unserer Erfahrung awisehen ver- dttnnter Luft und Luft normaler Diehte sich stetige Ubergänge finden, so niUssen wir fordern, daß bei jeder Schwingungszuhl sich an die Schicht größter Verdttnnung am Ort der Schwiuguugs- niittellage Schichten stetig abnehmender Verdünnung anschließen. Ist die Luft in der Umgebung der schwingenden Ebene verdünnt, so muss sie irgendwo im entfernteren Bereich verdichtet sein. Wie schon früher erwähnt, ergibt sich eine solche VcrteiluTigsform der Dichte, wenn alle Teilchen um Beträge y^rsohoben werden, die mit zunehmender £ntfemuig von der Ebene stetig abnehmen.

Die Gr()Be der Verschiebung der Lufttoüohen ist somit ab- hängig von der Schwingnngssahl einer pendelnden Ebene. Meine speziellen Yennutangett darttber sind folgende. Lassen wir die Ebene anfangs sehr langsam kosinnsföimig schwingen, so daB

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über die M<)gUclikeit einer Quuititftt der Tonempfindnng. 137

nicht Luftschwingungeu, souderii Luftströmungen entstehen, so wird die Luft am Ort der Schvviuguugsmittella^c bald verdichtet, bald verdünnt siin, wahrscheinlich aber läntrere Zeit und mehr ver- dünnt als verdichtet. LasBeu wir die SchvvinguugBzahl znnehmen, bis eine erste Lnftschwingnng entsteht, so wird eine erste kon- stante Schicht verdünnter Luft» bei weiterer Zunahme der Schwin^ungBuhl eine eiflte konstante luftleere Schiebt ent- stehen» welehe dann an Dicke snninimt

e) Lassen wir die unter e) betraohtete Ebene mit nnendlich kleiner Amplitude kosinosförmig scbwingen, so mht sie und es befindet sieh am Ort ihrer Schwingnngsmittellage Luft von nor- maler Dichte. Lassen wir die Ampütnde bei gleichbleibender (Tfüße und unendlicher Schwinguugszahl der Kbene zunelimeu, so iät der Etfekt ähnlich wie unter d), d. h. die luftleere Schicht nimmt zu und zugleich wachsen die Verschiebungen in den an- grenzenden Schichten.

Die Größe der Verschiebung der Luftteilcheu ist somit abhäugig von der Amplitude einer onendlicb schnell schwingenden Ebene.

{) Ist die Grrdfie der Yerschiebnng abhängig TOn der GrOfie nnd Amplitude einer unendlich schnell schwingenden Ebene, so kann nach Analogien aus unserer ErMrung eine Abhängig- keit Ton der GrOSe und Amplitude einer weniger schnell schwingenden Ebene nicht fehlen, es müssen sieh viehnehr stetig abnehmende Grade der Abhängigkeit mit Abnahme der Schwingungszahl finden. Wenn die Vermutung richtig ist, daß bei einer ersten Luftschwinguug niedrigster Schwiiii;im-siiiiljl eine erste kuiibtaiite Verdünnung vorhanden ist, so mnW um^^ekehrt von hier aus der Grad der Abhängigkeit mit Zunahme der Öcbwin- guugszahl stetig zunehmen.

Wenn uns die nötigen Größen von Masse, Flächeninhalt, Amplitude und Schwingungszahl zur Verfügung stehen, können wir demnach eine physikalisch nachweisbare I^reß welle enengen. Die Fnge, ob die in der Natur vorkommenden Größw gentigen, um eine merkliche und mefibaie Freasnng bervorsubringen, kann nur durch Rechnung mit absoluten Gr5Ben oder durch Versuche entschie- den werden. Bedenkt man übrigens, welche aufierordentliche Steige- rung der Wirkungen in der Reihe der FäOe a), b), c) stattfindet, so kann man an der Meßbarkeit kaum zweifeln. Schon im Fall

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R. Gaetscbeuberger,

a) sind die Wirknngeii rttnmliche, im Fall b) findet im nahezn

gleichen Räume eine erste Tielfaehe Dnrclidrin^ng und Super- positidu der Wirkiiii^on des Falles aj statt und im Fall c, wieder im nahezu gleichen iüiuiii eine zweite, ebenfallö vielluelie Dnrch- dringung und Snperpositiuu der Wirkungen des Falles hj. Icli sa^e sDürchdrinj^uiif^ und Superposition«. Denn wenn der Stoß von Seiten eines jedeu Teilchens sich auf mehrere benachbarte verteilt, so sind in den Interferenzliuien weder Krenzungen allein noch Superpositionen ;illein möglich. Damit ist sngegeben, daß nicht die gesamte Energie einer stoßenden Ebene zn Snpeiposi-- tionen verwendet wird.

Die Abhängigkeit der Verschiebnng nnd mithin des Dmckes yon der Grdfie nnd Amplitude der Ebene Überwiegt wahr- scheinlich die Abhängigkeit yon der Schwingungszahl, wenig- stens im Bereich der musikalisch verwerteten Töne. Denn nach dem vorlie^renden Beweis müßten die >Tüne bei gleichbleiben- der Grüße und Amplitude und zunehmender Schwingöiigszahl der erregenden Ebene »voller« werdeu, wenn wir den Druek der Welle als Bedingan^r flir die Fülle der Tonemptinduug heranziehen wollen. Wenn sie nach unseru Erfahrungen mit zunehmender Schwingungszahl »spitziger« werden, so kann das wohl nur daran liegen, daß zugleich die Größe der Errecrer, über welche wir znr Zeit verfügen, sowie deren Amplitude abnimmt Von einem Widersprach zwischen Theorie nnd Erfahrung kann nicht die Rede sein, so lange es nicht gelungen ist, GiOße nnd Amplitude des Erregers bei snnebmender Schwingangsaahl kon- stant zu erhalten.

Ich brauche kaum zu erwähnen, daB nnser fUr die Tonwelle gefundenes Resultat sich unbedenklich verallgemciucru lalii, d. h. daß jede Klangwelle eine Preßwelle ist, wenn die Tonwelle eine solche if^t. Auch bei aperiodischen Luftöchwiuguugeu wird die Verr^ehiebunic der Schwingungsmittelpnnkte, soweit von solchen die L'ede sein kuuu, nicht fehlen, nur ist es wahrscheinlich, daß hier die Verschiebung auch nach der Ausbildungszeit Schwan- kungen unterliegt. Vielleicht sind solche Bchwanknngen charak-- teristisch i\lr manche Geräosche.

Was könnte nun im Falle der Merkliehkeit die dauernde Verschiebung der Schwingnngsmittelpunkte oder der dauernde Drnck der Welle als viertes Bestimmungsstäck der Tonwelle für

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über die MOgUehkeit einer QnantiiXt der Tonempfiadimg. 130

die Entstehang eines vierteu Teiliahaltes der Tonempfindung leisten ?

Es liegt nahe, eine Kntstchnng:sl»edinguag dieses Tcilinhaltes in der Einpresäung des Trommelfells zu suchen. Mau kann femer vermnten, daß dadurch der mittlere Drack im Labyrinth wasser erhöht wird, und swar nicht nur durch den Druck des SteigbUgeU auf das ovale Fenster, sondern anoli darcfa den Drack der Pauken- bohlenlnft anf das rnnde Fenster. Ist die Tobe und Mnnd oder Nase offen, so kann die PrefiweUe aneh auf diesem Wege ein- dringen. Das Cortische Organ endlieh mit seinen hohen, pfefler- förmigen Zellen scheint sehr wohl geeignet, den mittleren Dnick aufzunehmen und in Nervenerreg:iiDg: umzusetzen. Neben dem er- höhten mittleren Druck könuttii aber uueli die kleinen Driick- schwankungen, von deren Weite die Intensität und von deren Zahl die Qualität der Empfindung abhängt, ungehindert auf das Organ wirken.

Ich erinnere mich, daß es mir beim Arbeiten mit einem Phon« antographen nicht recht gelingen woUte, die Schreibspitze, welche die Verlängerong des starren Radios einer Fickschen Membran bildete, um ihre Ruhelage schwingen zn lassen. Ihr Sohwingongs- mittelpnnkt war meistens in der Fortpflanzongsrichtang des Schalles Tcrschoben. Das äußerte sich dadurch, daß die Kurven anf der rotierenden Trommel mit einigen QnyerhSltnismilfiig großen, ein- seitigen Ausschlägen begannen. Ich schob damals die Schuld auf schlechte Ansftihrung der Membran. Jetzt bin ich zu der Annahme geneigt, da Ii die Membran tadellos war und mir den Druek der Welle anzeigte.

Man könnte gegen die Mi-rkliehkeit eines DruckeB einwenden, daß das Lal)\ riothwasser zu wenig konipressibel sei. Dagegen kann aber die Erfahrung geltend gemacht werden, daß das Ohr schon anf minimalste Energiemengen prompt reagiert. Aaßerdem ist die Kompressibilität des Labyrinthwassers nicht die Hauptsache, wichtiger ist es, daß irgend welche Zellen des Labyrinths kom* poreBsibd shid. Daß mit wachsendem Druck eine wachsende Anzahl solcher ZeUen gepreßt würde, ist unwahrseheiDlieh. Die Quantität der Tonempfindnng hinge demnach von emem Reiz ab, TOn welchem im Gebiete des Hautsinns die Intensitilt der Druokempfindnng abhängt.

Wenn diese Vermutungen richtig sind, so ergibt sich sofort eine Analogie mit dem Gesichtssinn.

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B. 6iet8ch«nberger,

Jede schwingende Fläche von beliehiger Größe, Form, Neig^ung; und Entfernung: vom Ohr kauu uuiii si(?h ersetzt denken durch eine tllr dif Ijnptindiing gleichwertige Kreisfläche, deren Mittel- punkt in bestimmter Entfernung vom Ohr in der Verlängerung des Gehörp:ang;s liegt. Mit der Größe dieser KreisHäclie wächst einer- seits* der Druck der Welle, anderseits die Fülle der Empfindung, Mit ihrer Grt^ße wächst aber auch der Offnongswinkel des Kegels, den gie mit dem Ofaieingang bUdet Es konnte also jede Fläche leptH- sentieit werden dnreh einen Winkel, nnd hiermit hätten wir einen »HOrwinkel« als Analogen zum »Sehwinkel«.

Erzeugt man in einem kleinen Bereich eines allseitig geschlos- senen Raumes dnreh eine schwingende Ebene eine konstante Luft- Verdünnung, so mnß die Verdichtimg im übrigen Bereich größer sein als bei allseitig freier Ausbreilun^ derselben, und aus der ein- seitigen PresRung muß eine allseitige werden. Daraiu» ließe sicli die 'ToufüUe* im ^reschlossenL-n Räume gegenüber der »Spitzigkeit der Töne" im freien Felde erklären.

Wenn der Druck der Tonwelle zu den meßbareu Größen gehört, 80 ist es aber noch lange nicht bewiesen, daß ein vierter Teil- inhalt der Tonempfindung mit ihm parallel gebt. Man kannte sich ja denkeui dafi entweder der Druck im Labyrinth ganz belanglos für die Empfindung ist oder daß er nur einen Zuwachs an Inten- sität der Empfindung bedingt Zur Entscheidung dieser Frage ist es n(Hag, die Amplitude sowohl als den Druck in der Preß welle gesondert zu yariieren, nnd hierzu bedürfen wir der analytischen Gleichung iHr die Freßwelle oder, was praktischer wäre, einer Gleichuni;, welche die P»e/,iehuui; zwischen Größe, Amplitude und Schwiugungszahl einer pendelnden Kbenc einerMcits und dem in bestimmter Entfernung auf einen Gcp^enstand ausiretihton Druck anderseits darstellt. Wir können dann bereeimeu, eiucraeits wie während des Wachstums der Ebene deren Amplitude geändert werden muß, damit die Amplitude des Trommelfells die gleiche bleibt ikkI nur dessen Einpressung variiert, anderseits wie wäh- rend des Wachstums der Amplitude der Ebene deren Flächeninhalt gdlndert werden muß, damit die Einpreasung des Trommelfells die gleiche bleibt nnd nur dessen Amplitude variiert. Exakter wäre es freilich, wenn wir die Amplitude und Pressung des letz- ten Gliedes im mechanischen Gehörapparat gesondert variieren konnten, und völlig exakt wäre nur die gesonderte Variation der

über die Httglielikeit einer QnantitXt der Tonempfindong 141

eutsprechenden physikalischen oder chemischen Bestimaiun^sBtUcke am letzten Glied des Zentralnervensystems. Wir werden aber wohl bei dem Trommelfell Halt machen müssen. Können bei der geBonderten Variation die hierbei entstehenden Empfindangsreiben ala Teraehieden beurteilt werden, so besitzt die Tonempfindmig einen TierlMi TeUinhalt »Einen TeiHnhalt einer Empfindung konstatieren« beißt ja niobts anderes als: »die Vaiiierbaikeit der Empfindimg in einer dnzigen Biebtnng konstatieren« Der negative Ans&U des Experiments aber beweist noeh niebt das Gegenteil, weil eben die pbysikallseben Bestimmnngssttteke am Trommelfell noch nicht die des letzten Gliedes sind, welches wir naeli dem Prinzip des psychoplivsischeii ParalleUsmuä fordern müssen. Vomnssichtlieh wird es jedoch zur Entscheidung der Frage gentl^en, wenn das Tron mielfeil als letzten Glied betrachtet wird. Dabei bildet nur die Funktion des Tensor tympani eine unangenehme Komplikation, die sieh aber wabrscheinliob aus- schalten läßt

Unter gewübnliehen Umständen scbwingen iüeine Ktfrper mit (absolnt) kleinen AmpHtnden, während große gleiek gut mit kleinen wie mit großen Amplituden sebwingen. Femer Ist die Sebwin- gnngssabl kleiner KOrper groß und die großer Körper klein. Znr gesonderten Variation der Amplitade nnd des Dnekes der Welle wird es nötig sein, aneb kldnen KOrpem große Amplituden nnd kleine Schwingnngszahlen und großen Körperu große Schwingungs- zalilen zu verleihen. Ich zweifle uieht, daü die Technik die Mittel bieten wird, solche Schwingungen, etwa :nif elektromagnetischem Wepe, zu erzwinfren. Nur dtlrftc es schwierig sein, zugleich pendelartige Schwingungen zu erzwingen, worauf es jedoch nicht 80 sehr ankommt. Übrigens müßte es auch möglich sein, auf rein mechaniscbem Wege Pendelschwingungen einer Platte in beliebiger Kombination yon Große nnd Amplitude, jedoeb mit beschränkter Sebwingnogssabl m erzwingen. Man denke nnr daran, daß der Plojektionspnnkt eines Badpnnktes pendelt. Es kann niebt sebwierig sein, dnreb Baddrebong eine Stange derartig in einem Lsger an bewegen, daß rie sieb nur in ibrer eigenen Bicbtnng yerscfaiebt nnd daß jeder ibrer Teile pendelt. Anf diese Stange, die cur Vermeidung von Nebengeräuschen durch eine Mauer gefUhrt wer-

V Vgl. Stumpf, Über den psychologischen Ursprung der lUnmvontd- long. 187Ö. § &

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B. GaeteeheniMfger»

dcii müßte, küuüten Platten von verschiedener Größe Renkrecht angesetzt werden. Dnrch Variierang der Entfenumg des arbeiten- di'n Radpunktes von der Radachse wird dann die Amplitude der Platte variiert und ihre Öchwingungszahl ist gleich der Touren- zahl des Rades. Mit einer Dampfturbine als Motor werden sich wohl die Schwiiigaiig;8saMeii der eingestrichenen Oktave eneiehefl laaflen.

£b dttifen non zwei Einwände gegen die PrefiweUe und ihre etwaigen Konsequenzen Air die Empfindung nieht nnteidrOekt weiden, Einwände, welche beim eisten Anbliclt TCiniehtend scheinen können.

Wir haben die Schwingung der Ebene von links nach rechts begiuueu lassen uud die Vorpinge auf der rechten Seite unter- sucht Wie nun, wenn die Ebene umgekehrt zu schwingen be- ginnt? Unzweifelhaft entsteht da auf der rechten Seite zuerst iiiie \ orilliiHiung, breitet si( h ans und trifft das Ohr. Der Über- druck der Paukenholdeulult preßt das Trommelfell nach außen. Beginnt nun eine halbe Periode später eine Pressung, so kann, gelbst nach einer Ausbildungszeit, das Trommelfell nicht so weit eingedrückt werden wie im früher besprochenen Fall. Wenn ein Tieiter Teilinhalt existieit, so mttfite die Empfindung Tersofaieden Sern je naek der Seite, nach weidier die Ebene zn schwingen beginnt Kach unseren ErfiUmmgen ist das aber filr die Empfin- doDg gleichgültig. Aho dn Wideispniehl Dieser eiste Einwand tritt offenbar rnnr dann in Kraft, wenn anfier der Existenz der Preßwelle auch die Existenz eines vierten Teilinhaltes beiiauptet wird. Verzichtet man auf diesen, so ist es ja gleichgültig, ob das Tnmimelfell irepreßt \\\rd tnlnr nicht. Mau kann aber, abgesehen von K(iuKr([ii( H7.cn fUr die Eniptiudnng, zweitens einwenden, wenn zuerst eine Verdünnung entätehe, so könnten die eine halbe Periode später auf der recliten Seite beginnenden Vorgänge nicht mehr die gieicben werden wie im früheren Fall, es finde keine oder eine andere Yeischiebnng der SchwmgnngsmittelpBnkte statt, kniz es liege da ehi nenes Problem Tor.

Der erste Einwand ist leiokt zn entkräften, nicht so der zweite.

Zunächst wollen wir nnteracheiden zwischen der schiohtförmigen YerdOnnung, welche, eingeschlossen von zwei schichtfönnigen, sich fortpflanzenden Verdichtungen, von diesen beiden durchaus ab- häuf^i^ ist, uud der veremzelten VerdUüuuiig, welcher keine Ver-

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Ober die MOglidikeit einer QnaatitXt der Tonempfindang. 143

dichtane: vorang:eht u id nachfolgt, welclie vielmehr in Lnft von bisher normaler Diciite sich ausbreitet. Im füigenden ist um von der Verdtlnnong zweiter Art die Rede.

Die For^flanznng einer Verdichtung nnd die einer yereinzelteiL Verdtümnng sind nicht etwa zwei einfach entgegengesetzte Pro- sesse, swiaoheii denen irgend welche Analogien sn linden wftren. ffie erweisen dch vielinelir euch nach Abstraktion von der Gegen- tftsHclikeit awisdien Verdichtang und Verdttnnnng als gnindver- seliieden. »Eine Verdiebtnng pflanst sioli fort« heißt: »es werden immer entferntere Teilchen gezwungen, ihr Bestreben , sich yon ihresgleichen zu entfernen, zu vergrößern«. »Eine Verdünnung pflanzt sich fort« heißt: » es \\ ird immer entfernteren Teilchen Gelegenheit gegeben, ihrem Bestreben, sich von ihresgleichen zu entfernen, nachzukommen«. Die Kraft zur Fortptiau/nnir der Ver- dichtung stammt vom Erre^'er und hat den Luftdruck zu Uber- winden, die Kraft zur FortpHanznng der Verdünnung aber stammt, weil Luft an Luft nicht zieht, einzig und allein vom Lnft- drnck, der Erreger bietet nur die Gelegenheit zur Äußerung der Kraft Die Verdichtang pflanzt sich fort trotz des Lnfldraeks, die Verdünnung aber kraft des Lnfldiiicks. Die Arbeit, wdehe ein T^ilehen leistetj während es das nichste am eine Wegstrecke gegen den normalen Lnftdinck Tersehiebt, ist grOBer als die Arbeit^ welche ein Teilchen anter normalem Lofldrack leistet, wäh- rend es das nächste um die gleiche Wegstrecke in die Verdün- nung verschiebt Daraus ergibt sich, daß die Fortpfl;i ir/ungs- geschwindigkeit der vereinzelten Verdünnung größer ist als die der Verdichtung. Nach meiner Rechnung, die ich nicht als maßgebend betrachte, ist die Arbeit im erraten Fall die doppelte. Daraus ergäbe sich, daß die FurtpÜauzuugägeschwindigkeit der vereinzelten Verdünnung V2 = l,414mal so grofi ist als die der Verdichtung, d. h. als die Schallgeschwindigkeit

£ine weitere große Versehiedenheit beider Prozesse tritt zu Tage, wenn wir die Art, wie eme Yerdttanang sich ausbreitet, gensner betrachten. Lassen whr eke kleine kreisrnnde Ebene einmal rasch von rechts nach links schwingen, so breitet sich links die Verdichtang in einer Schioht annähernd Ton der Form einer Ha]bkagekeh«Ie ans, hinter welcher sich die nor- male Luftdichte nach Möglichkeit wieder herstellt Die Ver- duuuimg uut der rechten Seite breitet sich zwar auch annähernd

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S. GaetBehenberger,

radial ans, aber nicht in Form einer Schicht, sondern bleibt die jeweilig größte VerdUnnnng immer an demselben Ort, weil T.nft an T.nft nicht zieht. Nach diesem Ort hin werden die nmgebenden, in konzentrischen üalbkngelschuleu gelegenen Teilchen in der Weise getrieben, daß in jedem Zeitelement jede innere Schale nm einen größeren radialen Betrag zusammen- sohnimpft ato jede äußere. Die »Fortpflaosnog« der VerdUnnnng geschiebt in der Weise, dafi anßen immer nene Schalen in die Bewegung eintreten. Wenn nnn die ganze Verdichtung in einer schalenfitrmigen Schicht konzentriert ist, die VerdUnnnng aber eine ganze Halbkngel erfiUlt, nnd zwar so erAlOt, daß die größte Ver> dtlnnnng immer im Mittelpunkt liegt, so ist es klar, daß die Ver- dünuuug am Fol der rechten Halbkugel weit geringer ist als die entsprechende Verdichtung am Pol der linken Halbkugel. Wenn femer der Pol der Verdünnung einen festen Gegenstand trifft, Bo kann hier die Yerdiiununi!: nicht weiter zuneiinien, weil Luft an Luft nicht zieht, vielmehr mUssen sich dann die Malb- kngelschalen derartig deformieren, daß die Laftbewegung sich zum Teil aaeh gegen den festen Gegenstand richtet* Denn der Aus- gleich von Dmeknnteischieden erfolgt nnr nnter d^ Herrschaft eines Dnekes.

Wir können jetzt den ersten Einwand znriickweisen. Das Trommelfell ist bis zum etwaigen Eintreffen einer Fressong llngst wieder in seine Bohelage znrttcfcgekehrt, wenn es dieselbe Über- haupt verlassen hat, erstens weil die Fortpflanznngsgesohwindigkeit

der vorangehenden Verdünnung grüßer ist als die der Verdichtung, zweitens weil die VerdUnnnng und mit ihr die I^everäudemng des Trommelfells nur eine minimale sein kuim. Zwar i8t das Trommelfell selbst noch nicht der feste Go^'eiintand, welcher dem Zunehmen der Verdünnung eine Grenze setzt, aber der feste Gegen- stand liegt in nächster Nähe, in den festen Wänden des inneren Ohres.

Es fragt sich aber jetzt, ob eine Pressung ron gleicher Form nnd QtMe nachkommt, wie wir es frtther fimden.

Ans der Art, wie eine yeieinzelte VerdUnnnng sich anshieitet, mflssen wir entnehmen, dafi die Wiederherstellnng der normalen Lnftdichie ein yerhiUtniBmABig langsamer Prozeß ist Ja, wenn wir eine Scheidewand zwischen beiden Halbkngehi errichten kann- ten, so dafi Jcein Ausgleich stattfUnde, nnd wenn die Verdiinnung niemals einen festen Gegenstand träfe, mtlßte der Prozei^ noch

über die MOgliohkflit einet Qmuitittt der Tonempfindimg, 145

länger dauern, als bis die Schrnmpfnn^ einer nuBersteii HalV kagelschale gleich Nnll gesetzt werden köuntc. Mau kaim uun 2war Tennnten, daB diese Grenze bald erreicht ist und daß die Vorgänge auf beiden Seiten der Ebene trotz der Schnelligkeit der Scbwingimg Bclioii während derselben merkliehen Einfluß auf ein- ander haben, bo daß wir aehon bei der finheren UnleiBnehnng die Voiglsge auf der Kehraeüe hätten berttekBiehtigen rnttsaen. Trotedem bleibt es wahrschehilich, daß die Verachiebnngen, die wir im früheren Fall geAmden haben, sich im zweiten Fall anf negative Verflehiebmigen snperponieren, die noch von der ersten halben reriode her übrig geblieben sind. Damit ist aber noch nicht ausgosrhlossen, daß die Presfinnp: früher oder später auf beiden Seiten die gleiche wird. E.-* fmsteht vielmehr die Wahr- scheinlichkeit, daß die Uni^ieicbbeit sich bald, soorar noch wahrend der Ausbildungszeit, verliert. Wir haben bisher von einer Aus- bildnngazeit nur in Beziehung auf die Schwingnngsform gespro- chen. Der zweite Einwand kann uns nur darauf hinweisen, daß wir eine AnsbildnngBzeit aaeh dafür fordern, daß auf beiden Seiten einer sehwingenden Ebene die gleichen Effekte sieh herstellen. Sie mnß gefordert werden, weil vep- Bchiedene Effekte niemals gefonden worden sind.

Wir haben alao den aweiten Einwand nieht widerlegt, erkennen vielmehr seine Bereehtignng bis zn einem gewissen Grade an mid geben zu, daß die Frage nach der Ausbildungszeit (kr r<»]iwelle noch einer Ergänzung bedarf. Jedenfalls ist dir Schwere des Einwaudes so weit gemildert, daß er nicht mehr hindern darf, in die mathematische Behandluuir der l^rcRwclh' einzutreten.

Endlich möchte ich die Vernuitung auHspreehen, daß eine Aus- bildungszeit noch in einer dritten Beziehaug von nöten ist. Ich glaube, daß man eine starre Ebene nicht zwingen kann, TOn Anfang an genau kosinnsförmig zu schwingen. Denn sie muß mehr Arbeit leisten, um eine Yerdttnnnng am Ort ihrer Mittellage herzu*- stellen, als um dieselbe zu erhalten. Ist diese Arbeit zu zwei Zeiten verschieden, so ist es wohl auch die Sehwingungsform, und ist die Sehwingungsform des Erregers zu zwei Zeiten yerschieden, so wird das auch ftr die erregte Welle gelten. Mit anderen Wurtcii lautet diese Vermutung: Es verstreicht einige Zeit, bis Erreger und l.uft öich in gegenseitige Kci^ouauzbeziehung gesetzt haben.

ArchiT fftr Fsjcbolagie. I. IQ

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146 K- QMtflohenbeijgw,

Zum Schluß sei noch Frage aufgeworfen, wie es mOglieh

ist, daß beim heutigen Stande der mathematischen Physik noch immer eine empiiiidliche Lücke in der Akustik bestehen kauii. Dali die fehlerhafte Anwendung des Iluyghens-Fresnelßchen Prinzips daran schuld ist, glauhe icli niolit. Solche grobe Fehler von Seiten Einzelner werden von der Mehrheit nicht acceptiert. Ick sehe vielmehr die Schuld in einer Mißachtung des Prinzips der Sapeiposition kleinster Bewego^^^- Problem der Wirkung

einer schwingendeu £bene auf Luft läßt sich reduzieren auf die Frage nach der Wirkung zweier benachbarter, parallel pendelnder Masse np unkte. Die Frage lautet dann: Was geschieht in der Mittellinie, d. h. in der Senkrechten, die man in der Mitte der VerbindangsUnie beider Massenpnnkte in der Schwingungsrichtang errichtet? Die Mittellinie ist offenbar nicht nur ein Ort der Inter- lereuzj sondern auch der Superposition, und die letztere wird zum Gegenstand der Untersuchung. Mau kauu nun etwa folgeuderujaßeu argumentiere n. Der Abstand beider Massenpuuktc ist als ver- Hchwindiiul klein zu betrachten im Verhältnis zur Wellenlänge. Angeuouimeu, es gehe von einem einzigen Massenpuukt eine kreis- förmige Sinuswelle ans, so geschieht auf der Mittellinie mit höchster Annäherung 1] das Gleiche wie auf dem zur Mittellinie parallelen Badias, d. h. es verläuft auch dort eine Sinuswelle. Und wenn nnn von beiden Massenpnnkten kreisförmige Sinnswellen aus- gehen, so fallen auf der Mittellinie deren swei zusammen und snperponleren sich. Und nun kommt die LOsnng mit dem Satz: Wenn zwei Sinuswellen von gleicher Wellenlänge, beliebiger Am- plitude und beliebigem Oangnnterschied sich snperponleren, so entsteht immer wieder eine Sinnswelle. Dieser Satz ist un- zweifelhutt ri(hliü. Er ist ein evidentes Ii vp()thetisehet4 Urteil. Aher die Hypothesis gilt nicht, daher \at die Thesis wertlos. Es superponieren si« Ii nirgends in aller Welt zwei SinusweUeu und speziell in unserem Falle superponieren sich

Ii Da ich mich hier bemühe, die bcstmügliche Argumentation gei^eu die Preßwelle va finden, so wird man es xn wUrdigen wiseen« wenn ich dem fingierten Gegner große Worte in den Mund lege. In Wirklichkeit ist die

Aiitilihornni: keine sehr luilt-utende. Sie ist nur groO in großer Entfernung, wird ;il'ri immer geringer in der Richtung nach dem Mittelpunkt zwijiphen beiden Masücnpunkten. Der Mittelpunkt selbst verhult Bich gegensätzlich Bum Maesenpnnkt, denn dort herrscht voUstindige Buhe.

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über die H0{^lidikeit einer Quintitit der Tonempfindnng. 147

in der Mittellinie iseine Sinaswellen, (nicht nur ans dem nnter^) S. 138 genannten Grnnde, sondern auch) weil von zwei benaehbarteDi parallel pendelnden Massenpnnkten keine Bolchen «abgehen, auch wenn von jedem einaelnen während der Rahe des anderen eine Sinnswelle aasginge. Es enperponieien sich yielmehr die von beiden Massenpnnkten ansgekenden kleinsten Bewegongen schon von Anfang an derartig, dafi eine annähernd kreisförmige Preß- welle entsteht Wenn jeder Massenponkt nnabhHngig vom anderen nacL Ablauf einer Periode in der Mittellinie eine Sinnswelle erzeugt hätte und dann erst die Superpositif»n stattfamli . dann allerdings hatte die resultierende Welle wieder ÖiuuHform, wie die Machschc Konstmktinn es hewcist. Hiermit ist aber das Prinzip der Snpcrposition kleinster Bewegaugen sn gansteu großer Bewegungen verlassen.

Zar Verteidigung der £xisten2 einer Quantität der Ton- empfindnng fUge ich nichts hei, erstens weil ich glanhe, einem stQlen Wnnseh vieler Psychologen entgegengekommen zn seiny Kweiteiis weil ein strenger Beweis doch anf kdne andere Weise gefthrt werden kann als dnieh gesonderte Yaiiatlon der Ent- BtehnngshedinguDgen.

Ich hoffe mit dieser ersten flüchtigen Orientierung anf uube- tretenen Pfaden die Amegun^' zur mathematischen Untersuchung der eutätcbenden Welle gegeben zu haben. Uber die von Ewigkeit her bestehende Welle sind wir hinreichend unterrichtet

1) Angegeben in Maller-PouiUets Lehibaeh der Physik. Bd. L S.66&

10*

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Zur f syckoiogie der Aussage.

Von

Dr. phiL et iiie4. Arthur Wreachner.

Hit einer Abbildung.

Die unter diesem Titel in der ZeltBclirift lllr die £re!*auite Staats Wissenschaft, Bd. 22, Heft 2/3 und aiucli im Öoudcrabdruck (.1. Gattentag, Berlin 1902) von L. William Stern veröffentlichte Arbeit hat wie nur wenige experimentell-psychologische Arbeiten dai IntereBse weiter Kreise auf aieh gelenkt Selbst Tageszeitongen nahmen Ton ihr wiederholt Notiz. In der Tat hat ja das Problem der Erinnemngstrene nicht nnr einen hohen theoretiBehen Wert, Bondeni ist anch von einsehneidender Bedeutnng füLi das praktische nnd dffentliehe Leben. Mit Recht weist Stern daraufhin, daß nun- mehr der Pädagoge die kindliche Lttge einer Überprüfung unter- ziehen muß, da offenbar ein beträchtlicher Teil der als unmoralisch gebnuidmai kteii rnwabihciten auf DornialenErinnerungstUuacbungen beruht; in gleicher Weise wird der Psychiater die Grenze zwischen normaler nnd pathologischer Lückenhaftigkeit des Ge- dächtnisses herausrllckeu müssen; die wisseuschuftliche > Quellen- kritik und -wUrdigung« wird bei historischen ÜberlieferungeQi Chroniken, Memoiren, Reiseberichten an;^ der Erinnerang» ftuch bei nachti^lichen Protokollen Uber spiritistische S^cen noch schärfer zu handhaben sein; ror allem aber wird der Jurist bei Verwertung von Zeugenaussagen Torsichtiger zu Werke gehen, unter Umständen den charakteristisohen Erinnerungagiad eines wichtigen Zeugen vermittels experimenteller Stichproben durch einen Sachverständigen festlegen, öfter als bisher einen Hehieid als Folge einer normalen Erinnerungstäusehung in Erwl^ng zielieu, zwischen besehwörbarcn und nicht beschwörbaren Aus-

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Zur Psychologie der AiUMige.

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sagen unterscheiden und schließlich den Einfluß des Zeitiatervalls zwischen Erlebnis und Aussage darttber in Betracht ziehen müssen. Unter diesen Umständen mußte natürlich das Hauptergebnis der St e raschen Untersnchnng: die fehlerlose Erinnerung ist so wenig die Begel, daß unter 10913 Angaben von 33 gebildeten Personen 919, also Sy^ß^ falsch sind, Tielfkehes Aufsehen erregen. Aller- dings filr den psychologisohen Faehniann war dieses Resultat kaum ein NoYum, denn nach der Yortrefflichen Arbeit Ebbinghaus' ttber das Oedftehtnis (1885) untersuebten versehiedeue Forscher wie J.Cohn, Finzi, Lobsien, Münsterberg, Netschajeff, Ranschburg, Steffens, und vor allen G. E. Müller in Gemein- schaft teils mit Schumann, teils mit Pil/.ecker die Probleme des Gediichtiiiciöeö und zwar zum Teil mit einer peinlichst sorg- fältigen Methode und scharfen Analyse. Aber gerade deshalb wurden die Versuchsbedingnngen den Vorgängen im wirklichen Leben möglichst weit entrückt; im Interesse einer Wissenschaft- lieh einwandfreien Versnehsteohnik und eindeutigen VerwertbariLeit der Besnltate operierte man mit einfachsten Gebilden, wie Tönen (s. B. Wolfe), Zahlen, Bncbstaben, sinnlosen Silben oder höchstens mit sinnvollen Worten und Texten. Stern dagegen suchte seüi Venmchsrer&hren den alltäglichen VorJLommnissen möglichst nahe SU bringen und lieB drei gedruckte Schwarz-WeiBbilder, die relativ komplizierte Szenen (Anszng eines Malers, die Vorlesung eines Hasen in der Umgebung von fünf andern Hasen, die Spei- «nnp: eines? Knaben dnrch seinen Großvater) darstellen und außer- dem noch ziemlich undeutlich gehalten sind. Minuten lang von seinen Versuchspersonen betrachten, um uuiiiittelbar naehiier von itmen einen gedäohtnismäßigen schriftlichen Berieht Uix r das Gesehene einzufordern. Neben diesem primären Bericht piben die Vp. auch noch sekundäre, und zwar Ton allen drei Bildern am 21., Ton den beiden komplizierteren auch am 14. und Yon dem kompliziertesten auch am 5. Tage nach der Betrachtnng. ScUieB- lich ließ er 23 Personen einige Wochen nachher nochmals einen Bericht ttber die diel Bilder anfertigen, wobei sie das unterstrichen, was sie bei einer gerichtlichen Aussage beeidigen wttrden. Aller- din^'s aueh Stern muß zugeben, daß selbst seine Versuche immer- hin noch unter günstigeren Umständen sich abspielten, als die natürlichen Ereignisse. Stammten dneh seine Aussagen von ge- bildeten Personen (Studierende, Lehrer etcj iu den besten Jahren

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Arthur Wreadmer,

(17 46;, nach einer relativ- laDgeu Betrachtung^ von Gcprenständen in ruhiger UnverUnderliehkeit und bei maximaler Aufmerksamkeit (die Vp. wußten sehüu vorher, daß nie s]);lter Über das (Tesehene be- richten mtlssen); es fehlten ferner alle Affekte mit ihren Verfäl- schungen, die Vp. hatten nur das höchstens forderliche Interesse, möglichst viel richtige Angaben zu machen; ebenso waren keinerlei Suggestionen durch gegenseitige Bespreehiingen oder Fragen vor^ banden; sebliefilieh mußten anch die primSren Aussagen der Er- innenmg zn gute kommen nnd erfolgten die seknndllren (sdibst- redend ohne daft die Vp. inswisohen miteinander ttber das Bild sich nnterbielten) in relativ kurzer Zeit, höchstens drei Wochen nach der Vorlegung. Diesen Vorteilen standen nur die wenigen Nachteile ge^jcnUber, daß 1] das Experiment immer eine Fiktion ist imd darunter die EiuprUgungsgewalt wie das Verantwortlich- keitsg:ef^bl bei Aussage und Beeidigunj; leidet; nach raeinen eigcTien Beobachtungen wird hierdurch auch das Interesse au der Zahl und Richtigkeit der Angaben etwas herabgesümmt, 2] die unterstützen- den Kebenunstände in Form von Bewegungen nnd Geräuschen neben den optischen Eindrücken fehleOi 3) zwischen den Einzel- heiten des Bildes kein logischer Znsammenhaog besteht, wobei allerdings Stern ttbersieht, daß die dargestellte HandbiDg and Szenerie eine gewisse Einheit in das »unorganische Neboneinander« bringt; er selbst führt Beispiele davon an, in denen diese Einheit wenn anch yerfUschend wirksam war, z. B. die Fehler infolge der »Erwartung« (S. 29); auch meine Versuche ergaben eine solche Quelle von Fehlern; ohne Zweifel aber fUhrt der ^^leiche Umst4iud noch häufiger zu richtigen Angaben. Immerhin aber wird mau Stern recht geben müssen, daß die Ergebnisse solcher Versuche höchstens die untere Fehlergrenze flir das reale Leben anzeigen. Bchou diese aber ist bedenklich hoch, denn die 282 Aussagen mit 10913 Einzelaugaben waren von 5,8^ Fehlem in den primären und von 10 ^ Fehlem in den sekundären Berichten durchsetzt. Bereits diese Zahlen zeigen einen schädigenden Einfluß der Zeit- Iftnge zwischen Erlebnis nnd Bericht Noch dentlicher geht dies bd Berücksichtigung des Umstandes herror, daß das Zeitinteryall zwischen primärem nnd sekundärem Bericht bei den drei Bildern Tcrschieden war. Es betrog nämlich der Fehlerznwaohs vom ersten zum zweiten Bericht bei einer Zwischenzeit tod 5 Tagen zwischen beiden 1,5 von 14 Tagen 4,3^, vuu 21 Tagen 6^ ;

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Zur Pvyoholopo der AoiMge.

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jeder Tag Teriuehrt also die Fehlerzahl um circa ^ 2 % wenig'steim innerhalb der ersten 3 Wochen. Je häufiger in der Zwischenzeit Berichte eingefordert wurden, desto geringer war der Fehlerzu- waohs: er betrug im Verhältnis zur primären Aussage nach drei Woehen bei dem Bilde mit 2wei Berichten in der Zwiflchenseit bei dem mit einem Bericht in der Zwiechenzelt b% mid bei dem mit gar keinem Bericht in der Zwischenzeit Der Einflnfi der Komplisiertheit machte sich geltend, insofern heim ersten Bild 7,1 51^) l>eim zweiten 5,8^, beim dritten ^% Fehler in der primären Aussage sich fanden; in den sekundären Aussagen verschwand dieser Einfluli, indem hier Überall die Durchschnitts- werte zwischen 9 und \\% lagen. Die individuellen Diffe- renzen waren sehr gr^ß: fehlerlos waren unter den 282 Ans- ?a«^en 17, %^on denen 15 der i)rimären Niederschrift an^^chürten; unter den 188 sekuudäreu Berichten waren uiir2 = l^ fehlerlos, 20 dagegen mit mehr als 16 % falschen Angaben; die sohlechtesten Aussagen der ersten sekundären Berichte enthielten an Fehlem 2A% beim Maler-, 26% beim Hasen- nnd heim Großvater- bild; bei letsterem kam anch einmal yOlliges Versagen vor. Sehr dentlich zeigte sich der Oese hlechtsnnt er schied (25 Herren, 8 Damen). WAhrend Ißbiner und Franen in den primftren Be- riehten gleich viel Angaben machten, gingen hiervon in den sekun- dären Tcrloren bei jenen 20^, bei diesen nur 13 ^ ; diigegen machen jene insgesamt 7,8, diese 10,5^ Fehler; stellt man eine Rangordnung der 31 Personen aut, so nehmen die Damen in hezuj? auf die Menge der Angaben die Plätze 1, 3, 4, 6, 7, 18, 21) und 2t), in bezug auf die Fehler die Plätze: lü, 11, 13, 22, 27, 29 und m ein. fWarnm Vf ^^erade 31 Personen heranzieht, ist unklar, dn irn ganzen an 33 experimentiert und an 30 alle Yersache ausgetUhrt worden; auch will er nur die Rangordnnnp von 7 Damen an- geben, weist aber einmal 8 den Platz an.) i«ar 16 Fehler, 1V$)I» wurden mit Vorbehalt (es seheint, vielleicht, wahrscheinlich etc.) gemacht Der an 17 Herren nnd 6 Damen angestellte Ver- eidlgnngsversnch mit 63 Aussagen ergab auf die durchschnittlich 3%9 Elemente einer jeden Aussage 4,4 Fehler; hiervon wurden beeidigt 25 Elemente mit 2,8 Fehlern, w&hrend 8 Elemente mit 1,6 Fehler nnbeeidigt blieben. Der Eid bessert also die Aussage, al)er iu .sehr verschiedenem Grade je nach dem Gesclileehte; die Männer beeideten nur 71^, die Frauen 85^ der Aussagen»

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Arthur Wroschnfir,

and der beeidigte Teil einer Mttnneranssage enthielt 2,1, der einer Frauenuussa^je 4,8 Fehler. Ganz fehlerlos waren unter den 63 l)eeideten Aussagen nur 13, die ääuitlich von Herren her- rührten.

Soweit die Ergebnisse Sterns. Man wird iiiclit U ii-nen können, daß äic geradezu beunruhigend wirken. Um su mehr aber ist es unsere Pflicht genau zuzusehen, wie sie gewonnen wurden. Und da seigeii sich doch recht schwere Bedenken. Stern zerle<,^e jede Anaaage »möglichst« in ihre Elemente, fertigte fVit jedes Bild Listen mit allen in Ihm enthaltenen Einzelheiten an, in diese trag er für jede Aussage jeder Vp. alles Riebtige mit einem -h, alles VerftlBehte mit einem Zeichen ein nnd erhielt so dnrofa Addition aller genannten Elemente den Umfang des Gedttehtnisses und gleieh> zeitig die Summe der Fehler und dnreh den Quotienten beider Zahlen den Prozentsatz der Fehlerhaftigkeit. Er muß aber selbst zugeben, daß »eine psychologische Fehlerstatistik« nicht, etwa wio eine Krankheits- und SteuerBtatistik, als eine rein meclianisi he der VViilkUr völlig entzogene Kegistricrung betrachtet werden darf; dazu ist das Material viel zu sehr qualitativ differenziert (S. 10). Was tut er infolgedessen? »Ich wählte ein flir alle mal die eigent- lich integrierenden und besonders stark in die Andren fallenden Beatandteile jedes Bildes heraus, ließ sie in den Listen dnreh den Draek hervorheben und berechnete sie als doppelt riohtig, wenn sie korrekt, als doppelte Fehler wenn sie falsoh genannt worden waren. Es gab anch FttUe, in denen ich etwas als halb riehtig, halb falsch berechnen mnfite« (S. 10). So wird nach seiner Meinung die Nivellierang der Untersdiiede, der Gnmdmangel aller Statistili^ «war nicht beseitigt, aber doch gemildert. Aber bei aller Würdi- gung der von Stern geltend gemachten Bedenken wird man doch zunächst zugeben ratisscn, daß es allzu grob und willkürlich ist, die einen Fehler als doppelt, die andern als einfach, die dritten als halb zu rechnen.

Sodann welches sind die »ei^'entlieh integrierenden und beson- ders stark in die Augen fallenden Bestandteile« ? Stern nennt sie uns nicht, und auf Grund eigener Versuche hängt die Ent- scheidung darüber allzu sehr von der individneUen Anffassnng nnd Betrachtungsweise ab. Ferner wie zerlegte Stern jede Aassage »möglichst in ihre Elemente«? Die erwähnte Liste teilt er nna ehenfaUs nicht mit, und schon ein Blick auf die komplisierteu

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Zur Psychologie der Aiuaage.

153

Bilder belehrt, daß stricto sensa sich solche Listen gar nicht an- fertigeü lu^sen. Vor allem aber, wie steht cb mit eleu Auslassungen? Stern macht sich die Sache sehr leicht, indem er sie bei der Fehlerberechnung einfach uicbt in Betracht zieht, weil sie st;iti- 8ti8ch nicht faßbar seien : und dieses Verfahren befolgt er, obgleich er se]b«it bemerkt, daü zuweilen Auslassungen von ganz integrie- renden Hestiindtc'ilen des Bildes vorkamen; er begnU<:t sich damit, daß bei einer Bertlckaichtigung der Auslassungen keine Grenze ab- «uehen wäre. Auch die ZeitdAuer eines Berichtes sieht er nicht in Betracht, obj^leich sie indiTidnell sehr Teiscbieden ist Schließlich, «SS fängt man mit jenen Angaben an, die nnr Vermntongen und Dentongen des C^heaen sind! Das alles sind doch schwer- wiegende Kttogel, die bei aller Anerkennung der iondamentalen Wichtigkeit des Problems, das sieb Stern stellte, nnd der fhicbt- baren Anregung, die er fttr weitere Arbeiten auf diesem Gebiete gibt, doch den Wert der gewonnenen Ergebnisse stark in Frage stellen. Um dies* zu illustrieren, gebe icb einige primäre Ueriebte, odi ich von dem umstehenden GroBvaterbilde unter den von Stern angegebenen Versucbsbediuguugen erhalten habe.

»£iu alter Mann gibt einem Knaben, welcher vor ihm steht, etwas Heißes mit einem Löffel m essen, eine Katze siebt das an, im Hinteigmnde brennt ein Feuer.« Ein anderer Bericht dagegen bintet: »Ein alter Mann filttert ein Kind. Aussehen des alten Mannes: stsrk hervorspringende Nase, eingefallener Mund, stark gerunzelte Wangen, tiefliegende Augen freundlich blickend. Auf dem Kopfe hat er eine spitze Seblafintttze, einige Haare kommen unter ihr hervor und bilden mit der Stirn ein Dreieck. Der Kragen ist vorne im Viereek geütfnet, die Jaeke biingt, er trügt eine Sebtlrze und große Scbube. xVusselien des Kindes: die Augen dem Alten zugekebrt, vi-rlangcnder lllick, die ganze Stellung des Kör- pers ist vornUberg» beugt, stutzt sieb auf die Hände, auf dem Kopfe eine runde Mütze. Links vom Alten sitzt eine Katze, reebts vom Kinde Efeu oder Weinlaub. Der Alte bUlt in der linken Hand eine runde SebUssel, in der rechten einen Löffel, den die Lippen des Kindes last berühren.«

Hier erkennt man znniichst den gewaltigen Unterschied in der Menge der Angaben und die Unmöglichkeit, die Auslassungen ein- fach EU ignorieren. Ferner, welches sind die Einzelelemente selbst bei dem ersten so tiberans knappen Bericht? Enthält z. B. der

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Arthur Wreechner,

Satz: »welcher vor ihm stehtc ein oder zwei Elemente? Würde er heißen »welcher vor ihm sitzt« ^ au enthielte er ofifenbar

2 Fehler. Ebenso unge\viR ist die Elementenzahl in dem Satze: »Im Hintergründe brennt ein Feuer im Ofen«. Oder enthillt die Angabe in dem zweiten der erwähnten Berichte »auf dem Kopfe

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1

Zur Fttychologie der Anisage.

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eine rande Mutze« 2 oder 3 Einzclbebtandteile? Man könnte sageu, daß die Mütze auf dem Kopfe sitzt, ist keiue Einzeiangabe, so daß nur »runde Mütze« übrig bliebe; aber aach dann ließe sich behaupten, daß »mnde Mtttze« ein Anssageelement sei; nnn saprten aber einige meiner Vp. ans, daß der Knabe ttberbanpt keine M tttae trogi andere bing^n gaben nnr ibie Fom fidseb an. Diese Bedenken yermebren Bieb aber noob, wenn wir es nicht mit so priteisen Beliebten wie den beiden angegebenen sn ton haben, son- dern mit etwa folgender stilistisoh fein ausgearbeiteten Niederacbrifti die idi ebenfalls als primftren Beriebt erhielt: »Im Kttehenranm sitzt aof einer Bank der Großvater, auf einer Holzbank; die Zipfel- iniit/.e auf dem Kopf; zur rechten Seite seine Begleiterin, die kurze Tabakspfeife, die der zahnlose Mund nicht mehr halten kann. So- eben reicht er dem an seiner Linken steheudeu Knkel einen Löffel yeiues Leibgerichts, das die Schüf?sel auf seinen Knien thUt bis zum Bande. Frau Alietee schaut gespannten Auges zu der Szene empor, erwartend, dass anch sie noch ihren Anteil erhalten wird. Im Hintergründe links vom ßeschaner schant man den altertttm- liflhen Herd, an emer langgliedrigen Xette hängt da die Undlieb- einfaebe Eoebyonicbtnng herab. Reehts sohant man ins Freie etwa den Hof, an dem Türpfosten rankt sieh Laubwerk in die Hobe.« Und was maeht man gar mit folgendem primilren Berieht, der von phantastiseben Angaben, Uber deren Biditigkeit za ent- scheiden außerhalb jeder Möglichkeit liegt, strotzt 1 »Großvater sitzt behaglich uul der Bank. Auf den Knien halt er eine irdene Schtlssel mit Speise, sein Enkel lehnt an seiner Schulter und läßt »ich in den leiclit (reöft'neten Mund vom vergnüglich schmunzelnden Groüpapa einen guten Bissen, der auf eine Gabel gespießt ist, schieben. Neben dem alten Manne sitzt am Boden eine Katze, die mit aa%eriehtetem Kopfe begehrlich den beiden zuschaut, den Jnngen nm seinen in großer Olttckseligkeit zu genießenden Bissen beneidet Der alte Mann hat den Kopf, der mit einer Zipfelmütze gesobmllekt ist, leiobt znr Seite geneigt, nm gewissermaßen die Empfindungen seines Lieblings anf dessen Gesiebt besser wahr- nehmen zu können. Er selbst schaut dem Jnngen in Dtebelnder Erwartung zu, denkt wohl selbst an seme Jugendzeit dabei, wo er sich selbst noch in solchen Situationen befand, wo ihm als höchster Leckerbissen erschien, was ihn jetzt als ^'anz jrew ühnlich anmutet. Auf dem Gesicht des Enkels spricht sich nicht die Liebe

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Arthur Wreflchner,

znm Großvater so aus, wie umgekehrt dessen Frende am Enkel, !?ip ]\[>^at sich eher lieranslesen aus der eng an den Großvater an- ge.^rliiiiit *;teu Gestalt. In unbewußt* m Kgoismus spricht sein Ge- sicht nur eine freudige, sUße Erwartung des kommenden Genusses ans.« Mir liegen Tom Großratorbilde 21 primäre nnd 16 acht Ttige nach der Vorlegung abgeigebene sekundäre Berichte vor; so inter* esaant sie in Bezug aaf 4ie individnellen Differenzen und in Be- zug auf die Erinnemngstarene im aUgemeinen auch sind, zum Zwecke einer exakten Untersnchnng bieten sie nnr wenig Anlaß.

Infolge dessen griff ich zn einer Bfetfaode, die man die Prttfnngs- methode nennen konnte und die darin bestand, daß der Yp. genan sperialisierte Themata zur Anssage gestellt wurden. Diese Methode hat den Vorzug, daß sie iWr alle Vp. gleiche Bedingungen schafft, von allen gleichviel Angaben erzielt oder erzielen mUßte, ijodaß die Anzahl der Angaben, Auslassungen und Fehler frenau berechenbar ist. Und die Auslassungen sind jetzt bei alK n deich- wertig. Man kann nicht mehr einwenden, daß ihre UrBache das eine Mal Versehen oder Vergeßlichkeit, das andere Mal Nicht- wissen ist, Tieimehr ist jetzt, namentlich bei passender Instruktion der Vp., stets nur das letztere der Fall. Femer hat diese Methode den Yoizng, daß sie bei genauer Spezialisiemng der Themata alle Yersnchspersonett zwingt, sieh zn allen Einzelheiten des gezeigten Gegenstandes in richtiger oder falscher oder negativer Form zu ftoßem. Hiermit sind all die geäußerten Bedenken beseitigt, nnd wir haben selbst liei Benutzung so komplizierter Eindrucke, ^e es die von Stern verwandten Bilder waren, eine Methode, die allen Aufurderunircu der Exaktheit genügt. Auch ist sie ein ge- treues Abbild des bei dem Zengenverhör übliehen Verfahrens, und wie Stern selb^^t betont iuhI die Erfahrung zeigt, sind ja die prak- tischen Ergebnisse solcher Versuche namentlich für den Juristen von Bedentong. Man erkennt ohne weiteres, daß diese Methode engstens yerwandt ist mit der des Fragens, wie sie Bin et bei Kindern anwandte^), nnd yon der Stern selbst, wie aus einer Anmerkung am Schlüsse seiner Arbeit hervoigeht, Gebrauch machte. Nun liat die Frage nach Stern den Nachteil der Snggestion. Aber es kommt doch nur auf die Art der Anordnung der Fragen

1 Stern berichtet über diese Versuche im Anhang II seiner Arbeit aus- führlich.

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Znr Ppyohologio der AwMge.

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öüer besser Themata an, um fast jede Spnr von Snprjrestion aus- zoschließen. Schon Bin et nnterschicd ja verschiedene Suggestions- grade der Frage. Wie eine derartige PrUfunfrsmethode einzu- richten ist, erhellt am besten aus folgender Tabelle, die sich auf das GroßTaterbild bezieht und die Versnehe an 12 Personen, sImtUcb Studierenden, nmfiißt, von denen itlnf 17 Tage, vier 7 eine 19 Standen und eine nnndttelbar vorher das Bild

Vi Min. angesehen hatten; 11 nnter den 12 Personen hatten nn- mittelbar naeh dem Vorlegen des Bildes einen primären und 10 von diesen 11 si^n Tage naebher einen sekundären Bericht ab- gefaßt. Diese Verschiedenheiten waren durch zufUlli^^e Umstände gegeben und sollen keineswegs mustergültig sein. Viehnehr würde es sich in Zukunft empfehlen, die Prüfungsmethode sowohl ohne wie mit Torane-ehendem Bericht, unmittelbar wie eini^'e Zeit nach der Yorlegüug, eimiial wie auch wiederholt bei demselben Objekte anzuwenden. Hier handelt es sich nur um den Nachweis der Branohbarkeit der Methode, nicht um die Gewinnung gesicherter Eigebnisse.

(Vgl die Tabellen anf S. 168ff.)

Zum Verständnis dieser Tabellen ist snnächst zu bemerken, daß nicht nur die Innebaltnng obiger Anordnung der Themata innerhalb gewisser Grenzen nötig war, sondern znr Vermeidung jeder n^ch- herigen Korrektur auf Grund der folgenden Themata die Yp. nach dem 2., 3. uud 2H. Thema neue Zettel ftlr ihre Angaben erhielt. Von den Zahlenk »Inmneu gibt die 1. an, wieviel Angaben von allen 12 Versnclj^personen gemacht wurden, die II. wieviel von diesen taisch waren, die III. wieviel Angaben biitfeii gemaeht werden müssen, und endlich die IV. wie viel verschiedene An- gaben unter den gemachten sich befinden. Bei dieser letzten Be- reehnnng wurden die lediglich formalHiprachliehen Verschiedenheiten hl der Ausdruekswesse nicht mit in Betracht gezogen, sondern allehi die inhaltliehen Divergenzen; aber gerade deshalb war hier nicht alle Willkttr zu yermeiden, so daß diese Kolumne mehr ihren Wert in einer allgemeinen Orientierung als in der genauen Zahlenangabe hat Auch sonst dürfte obige Tabelle noch manche Verbesserung benötigen, um allen berechtigten Anforderungen zu «^enUgen. Auf Grund meiner Beobachtungen wäre hierzu vor allem dreierlei nötig: Ij eine noch genauere Analyse des gezeigten Objektes, sowie

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Arthur WreMhner,

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Zar Psycholon^e der Aussage.

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Zur Psychologie der AtuMge.

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Zur Piyebologie der Annage.

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Zur Fiyoholi^e der AoMtge.

167

die Stellung möcrlichst cindeüti2;er und enir umgrenzter Themata. 2j Genaae Instruierimg der Vp., daß sie Jedesmal nnr auf das Thema bezügliche Angaben and zwar in knappster Form zu machen liaben; denn unnötiger WortschwaU und nicht erforderliche Zusätze geben den individnellen DiiTerenzen einen zu großen Spielraum, so daB eineneits die Veiglddibarkeit der einzelnen Angaben leidet, anderseits die Yeneoihnimg sieh erschwert nnd ohne eine gewisse Willkür nicht mOglich wird* 3) IfögUobste DentUchkeit nnd FrSzision der Vorlage. Leider «rftllen die Sternschen Bilder, an die ich micbf mn den yon ihm bcguonenen Faden weiter zn spinnen nnd meine Resultate mit den seinigen vergleichen zu köuüen, hielt'/, diese Anfordeiimg hiebt. Stern wühlte mit Absiclit Bilder, »auf denen nicht alles klar zu erkennen war, um auch darin der Lebenswahrheit einic-ermaßen nahe zu kommen« (S. 28). In der Tat sind Konturen und Zeichnungen auf dem von uns be- nutzten Großvaterbild vielfach sehr undeutlich, so daß die Fehler- haftigkeit, Ungenauigkeit und mdividrelle Verschiedenheit bei manchen Angaben z. B. Uber die Form des Ijaabwerks oder den Ort der Szenerie nur aUzn erklärlich ist, und znweileii selbst bei genanestem Zusehen die Entscheidnng Uber die Bichtigkeit oder Falschheit einer Aassage sehr schwierig wenn nicht nnmOglioh ist; schon die Benutzung von nur schwarz-weißen Beprodnktionen macht die Angaben namenflieh Uber Farben sehr «nsieher. Nun ist allerdings die möglichste Annähe i im g an die Wirklichkeit ein anerkennenswertes Bestreben, aber nm lange die Exaktheit der Ver;-U( bsl)cdingung nicht darunter Iridot. Sonst ht der Vorteil des Experimentes im wesentlichen preisgegeben. Aurh der Chemiker achtet auf die unbedingte Keinheit der von ihm benutzten Stoffe. Die ganze Kompliziertheit der wirklichen Verhältnisse l&Bt sich im Laboratorinm nicht nachahmen, am allerwenigsten wenn es sich

1} Es ist du verliliigiiisvolier, Ton der PhÜoflophie hinttber gvnoniM&er

und auch schon von Kennedy (The Psych. Rev. 5 S. 477) gerügter MiO- ptnnd der Experimentalpsytholoirie, daß sif^ mr hr darauf aasgeht, die ResnU täte früherer Arbeiten, wenn uicht gar zu ignorieren, so doch umzustoßen, &u8tAtt unter Auerkeauuug ihrer Verdieuste sie zu ergänzen und weiterza- ftthna. Anf diMe ;Wsite wird aber die Koatlnidtit Im Fortsehiltt efaies Problems nur geOludet, die HUlie TOiaagehender Untomteliiiiig t.T. iUn- Borisch and der Ertrag der eignmi Arbeit beeinträchtigt, ffieran liegt es zum T*'il (laß die Ex])prinif>ntalpsyeho!ng-t<> nicht SO schnell vorankommt wie die übrigen natorwissenschaftUchen Disziplinen.

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168 Arthur WiMohner,

um die erste experimentelle luaugrifTnahme eines verwickelten Probieins handelt. Die tunlichst vollkummene Analyse und Er- kenntnis der wirklichen Ereignisse in ihrer eanzen KunipUziertheit kann erst das Ergebnis einer Kombination von verschiedenen auf die einzelnen Elemente abzielenden experimentellen Arbeiten sein. Und Stern aelbBt mufite zugeben, daB selbst abgeaehen Ton dem oben angegebenen Yoiteil eine Reihe von Feblennomentai, die in der normalen Wirkliehkeit eine bedeutende BoUe spielen, bei eeinen Vemieben niebt in Beiraeht kommt. Denn wenn aneh die WirkUeb- keit Bleti plastüdi ist, so ist doeb dae Auge in einem gegebenen Moment auf eine bestimmte Entfenmng eingeatellti so dafi was tot oder hinter dieser Fiftcbe liegt nur in ZerstreirangskreiBen gefleben wird; ja häufig ist ja die Entfernung so groß, daß ttberhau})t ein deutlichcH Sehen unmöglich ist; auch werden ja stets alle seitlieh vom Fixation spuukt gelegeneu Partien und das ist der i?Ti)L!te Ttil des ( iesichtsbildes nur verschwommen wahr- genommen. Bei den Bilderversuchen dagegen konnte die Versuchs- person sich in eine ihr am meisten zusagende Entfernung bringen nnd den Fixationspunkt bei der relativ langen Beobachtnngszeit saeeessiye Uber die Terscbiedensten Partien streifen lassen!') Aber gerade nnter diesen UmstSnden ist es geraten, ja erforderUefa, die objektiv bedingten Feblerqaellen dnieli m()gliebste Deniliebkeit der Bilder tonliehst einsoschrinken, and anf die AnnAberang an die liObenswalirbeit sn Gunsten der Vergleiehbarkeit nnd einwandfreien Yerreefanniig der Resoltate eo Terziehten. Nor so ist ^e von Stern nachdrücklichst betonte Notwendigkeit einer Konfrontation der Aussage mit der Wahrnehmung und die hieraus resultierende Xontrolle jener möglich.

Was nun die Verrechnung der Angaben in obiger Tabelle anlangt, so sind die Bezeichnungen > richtig« und » falsch < ohne weiteres Terständlich. Zuweilen kam aber eine Aussage der Wahr- heit nur nahe, z. B. daB die Mtttze des Knaben mnd ist und einen sehmalen Rand hat, oder daß der Alte etwas gekrümmt dasitst; aneh fanden sieh manohmal in einer Aussage &]sohe nnd richtige Teile, s. B. die Haare des Alten kamen hinten und an der Seite hervor. Solehe FSUe galten als halbrichtig. Eine Aussage zerfiel sogar in drei Teile, da alle drei Angaben» von

1] Siehe Stern a. a. 0. S. 28, 29.

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Znr Psyoliologie der Autug«.

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denen zwei falsch waren, wesontlich waren (dio Jaekr des Alten ist eine alhiKMlisclie Wamsfonn, mit großen Knüpfen und vorn ge- öflFhct). Sehr häuhg fanden sich auch richtige oder falsche An- gaben, die entweder nur einen Teil enthielten, z. B., daß das Hemd des Knaben nnr an Sehnlter und Arm hervorkam, oder ge- rade das Wesentlidie, Sinnfällige analießen, z. B. die Bank ist lünglieh, ohne die Bemerkung, dafi sie vier Beine hat. Diese raie zihlten als halbe Angaben und je nach ihrer Beschaffenheit als Vi + richtig oder Vi + falsch. Ganz unbeachtet blieben An- gaben, die anf das Thema keinerlei Bezug hatten, z. B. der Alte hatte kdne AngenglXsert oder ganz inhaltslos waren, z. B.: die Jacke des Alten ist abgenutzt. Ich gestehe, daß ich zu dieser Einteilung und msbesondere zu der Bruchrechnung nur griflf, da ich durch die Aussagen dazu gezwungen war; ich halte sie aber für nicht unbedenklich und g;l:iul>p dnß si( durch Eiuilihnmg der erwälniten drei Verbesserungen in der Versuchstechnik völlig sich umgehen läßt. Schließlich noch ein Wort in Bezug anf die »er- forderlichen« Angaben. Man kann den Einwand erhebeni daß es unberechtigt ist, bei der Aufzählung der Kleidongsstttcke oder Q^nstSnde die fehlenden Angaben in Betracht zn ziehen, und dann hei Forderung tob näheren Angaben ttber die einzelnen G^nstände viedemm für die Berechnnng der erforderlichen An- gaben die Tdlnahme similicher zwölf Tp. zu verlangen. Ein Blick aber auf unsere Tabelle zeigt, daB es etwas ganz anderes isty wenn eine Vp. bei der bloßen Aufzählung von Gegenständen einige vergilit, und dann bei der Nennung eines vergessenen Gegenstandes durch den Versuchsleiter keine Angaben tlber ihn zu macheu im stände ist. So wurde das Laubwerk beim zweiten Thema nur von acht Vp. genannt, bei dem 55. und 56. Thema aber von elf Personen beschrieben ; der Topf wurde beim zweiten Thema nur von drei Vp. erwähnt, beim 49. Thema aber von aeht Vp. lokalisiert

Betraehten wir mm die Ergebnisse onserer Tabelle, so worden von 10S2 erforderlichen Aiigaben nur 713 gemacht, so dafi 319 oder 31>|( i) Angaben fehlten. Unter den 713 Angaben wiederam

1) Der Prozentsatz ist hier wie bei allen folgenden Zahlen nicht in der Weise von Stern 's. oben S. 152 bereehnet, sondüra nach der üblichen Oleichung x : 100 »» a : 6; a wäre hier = 319 und b = 1032.

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Arthur Wrewhner,

Tabelle

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37. Haltung der Beinr (!f>s Knaben

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40. Ort des Knaben

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49. HnndluUtiiiig des Knaben

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47. Oeeichtsform des Knaben

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49. Oit de» Topfes

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68. Form der SchtfaBsel

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66. Alter des Knaben

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Zur Psychologie der Aussage. 173

(Fortsetzang.)

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Üigiiizeü by i^üOgle

174

Aifhar WrMcbner,

Bind 188' « oder 26^ falBcli- Es sind sonach von den 1032 erforderlicheD Angaben nur riciitig 713 188'/« »524% oder 51^»).

Viel günstiger zeigte sich das Verhältnis bei der Berichts» methode» wie foljj^de ZnnammeuBtelliing aeigt, in der nnter I die Angaben des primären, imtor II die dee seknndMron Berichiea nnd nnter HI die der FtttfimgBmeihode an%efthrt nnd mit Ä Im M die BwOlf VenmehsperBonen beseichnet sind.

(Vgl. die TabeUen auf S. 170 flf.)

Lassen wir die drei YerBnchspersonen A, By C, Yon denen die eine gar keinen, nnd die beiden andern nnr einen primKren Be- richt gaben, außer acht, so machten die nenn ttbrigen Veranchs- personen in dem 1. Bericht 152 Angaben mit 1772 Fehlem, in dem 2. Bericht 176 Angaben mit 22 Fehlem und bei der Prtt- firngsniethudc 521 Angaben mit 143 Fehlern uud 12 bloß ziffern- mäßigen Angaben. Die Anzahl der Angaben ist also heim Prll- fungsverlalireu etwa 3 mal >o ltmI; wie bei der Beriehtsmetliode nnd bei dem sekiiudareii liericlit ^4:rüüer als beim primären. Das gleiche Verlialten zeigen die Fehler^ , sie betragen beim 1. Be- rieht 11,5^', beim 2. Bericht 12,5^ und bei der Prttfimgsmethode 28,1 <^ (bei Hinzonahme der 12 bloß ziffermnäBigen Angaben 24,4^) der gemachten Angaben. Zugleich aber erkennt man, daB schon der seknndttre Bericht im Yerbältnis anm primlbren, namentlich aber das PkUliingSYerfahren im YerhSttnis anm Berichts- yerfahren einen relathr größeren Znwachs der Fehler als der An- gaben aufweist. Noch deutlicher erkennt man den Verwandlnngs- prozeß, den der I. Bericht durch den n. und dieser durch die rrUfiiugsmethode erfuhr, wenn man bei den 9 Versuchspersonen, die an ulieu dreien beteiligt waren, zusieht, wie oft in den The- mata, Uber die sieh m einem der beiden Berichte An^^aben finden, KulimUe zu r- oder /^Jb äUen, r-Fälle zu 0- oder /-Fällen uud

1 Wie Stern in oiner Anmerkunj? am Schhiß seiner Ari»eit kurz mit- teilt, hat tir bei Kindern durch Verbindung »eiueä Verfahreus mit der Binet- Süheu Fragemethode 25— 30o/o Fehler erhalten; so lange aber die nähern An- gaben ftber ^eee Yenuehe nicht voriiegeB, kann aof sie nicht eingegaagea werden.

Zu einem grleichen Ergebni» in Bezag auf den Einfluß der Zeit kommt Fiuzi Zur Untert^uehung der AuffafiBongafiUiigkeit and Merkflihigkeit. Fay« cholog. Arb. lU. Ö. 374}.

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Zur Psychologie der Auä^agt . 175

endlich /'-Fälle za 0- oder r-Fällen wurden. Es ergibt sieb dann folgende TabeUe:

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Am littii%8ten gingen also (VFftlle in f^Fftlle ttber nnd zwar

beim Fortgange des I. Berichts zum II. fast genau 80 viele wie beim Fortgänge des 11. Bericht.s zur l'rlifimgsmethode; das näm- liche gilt Voll der Uniwnndluiif: der 0- in /"-Fälle, nur war dies viel seltener als jenes der Fall. Dagegen verwandelten sich weit- aus mehr r-Fälle des I. Ikrichts zu 0-lalleu im IT. Bericht als dies beim Fortgang des II. ßerichts zur Prüfung der Fall war; daftlr \vnrden aber hierbei auch 4 mal r-Fälle geradezu in /-Fülle Ubergeitihrt, was dort niemals vorkam. Die Verwandlung der /-Angaben zn 0- oder gar r-FäUen erfolgte bei der Prttfimg im Veigleioli snm II. Berieht yiel häufiger als beim sekundären Be- richt im Vergleich snm primären.

Betrachten wir noch näher das Verhältnis der Frttfungs- nnd Beriehtsmethode aneinander, so enthielt diese fast keine Angaben über Themata, die bei jener nicht gestellt worden wären. Da- gegen wurden Uber 28 Themata der rrüfimgsmethode in beiden Berichten, ttber 36 im primären und Uber 28 im sekundären Be- richt keine Aniraben gemacht Betrachtet man nun diese The- luixUi etwas genauer, so betreften von den 28 Themata, Uber die beide Berichte keine Augaben enthielten, lU 5, 6, 9, 11, 13, 24, 27, 31, 35, 44) die Farbe. Bedenkt man, daß im ganzen sich nur 13 Themata außer den genannten noch 29, 41, 59] auf die Farbe bexogen, nnd daß anch im Thema 29 nnd 41 im ersten Be- richt keine nnd im zwdten Bericht nnr eine Angabe gemacht wnrde, so whrd man fttr Farben ein besonders schlechtes Ermne- mngsTermVgen vermaten dürfen. Hiermit sthnmt die Tatsache ttherein, dafi die Prttfnngsmethode ansnehmend yiele Fehler bei der Farbenangabe aufweist: Über die 13 Farbenthemata wurden 103 Angaben, von deueu 42 falsch waren, gemacht; es fehlen

1) Anch dieser Berechnung liegen nnr die Angaben der 9 Vennehe- penonen mit beiden Berichten m Qmnde.

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176

Artimr Wreiolmer,

also 106(12x13) 103 «^53 oder 34^ Angaben, und unter den gomaditeii Angaben sind 4Xßi fiüsch* Während die Anzahl der fehlenden Angaben ateo mat 2ßK Uber dem ans allen The- mata gewonnenen Werte li^ ttberaohrdtet die Zahl der Intttmer nm 15)1^ den entapreehenden Wert Inwieweit nnn diese onver- hiOtmgmftBig hohe l^htoRahl mit dem Sebwan-Weift-Dniek des Bildes oder mit dem Gedächtnis für Farben zusammenhängt) müssen Versuche mit l'arbigcn Bildeiu eutscheiden.

Relativ häufig wurden auch über die U Themata der Form (4, 23, 28, 34, 42, 47, 50, 53, 56, 62 und 63) keine Augabeu ge- macht, und zwar bei 4 (23, 34, 47 und 50; in beiden Berichten keine und bei 5 (28, 34, 42, 62 und 63) im L keine und im n. Bericht nur eine Angabe. Hiermit stimmt wieder die Tat- sache, daß bei der Prtifungsmethode unter 93 Angaben ttber die Form 28, d. h. BO^, also ttbemormBl viele fiUsehe Angaben rof- kommen, wahrend nur 132(11x12)— 93=: SO oder 30)1^ An- gaben, also sogar etwas weniger als der Dnrohschnitt (31)|^) feUen. Auch Ider werden die Entseheidung ttber den Grund dieses Ver- haltens der Form gegentlber erst wdtere Versuche mit seh&rferen Eonturen, als das voi^elegte Bild hat, bringen.

Auch die 3 rbemata Uljcr die Stelle, wo das Hemd oder die Haare sichtbar sind (14, 25, 32), ergaben in beiden Berichten keinerlei Angaben und dementsprechend bei der PriiJuDirsmethode 19 Angaben, von denen 12^2 falsch waren, so daß die Zahl der Irrtümer hier die Höhe von 66^ ersteigt; aber auch die Anzahl der fehlenden Angaben ist hier ttbemormal grofi: 36 (3 X 12) 19 «= 17 = 47>^.

Im Gegensats hierzu ergaben die 5 Themata Über den Ort der selbstiindlgen Gegenstande (40, 49, 66, 57, 61) S8Vs Angaben mit nur 4 fidschen. Es hielt sich also die Zahl der fehlenden An- gaben nur weni^' über derDurehschnittshOhe, insofern sie 00(5x12) ~ 381/2 = 21 V2 = 36^ betrog; die Zahl der Irrttlmer belief sidi aber nur auf 10^ der gemachten Angaben. Ein anderes Bild gewiilireu in dieser Beziehung die Ergebnisse der Berichtsmethode. Wie oben erwähnt, wurden ira 1. Bericht 152 Angaben mit 17Vj falschen inid im 2. Bericht 176 Angaben mit 22 falschen gemacht^). £s betragen also die falschen Angaben dort ll,ö^ und hier 12,5^

1) Der Seolmimg liegen m Gfondo au die Aagabea der 9 VemwhB- penonen mit beiden Bmchten.

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Zur Psychologie der Aussage.

177

der gemaohten Angaben» und von diesen kommen dorehgefanitflieh dort 2^, Uer 2,7 anf je eins der 66 Themata. Von diesen ent- faflen mm anf die erwShnten 5 Ortthemata im primären Berieht 21 Angaben mit 3V2 falsehen, im sekundären Berieht 23 Vs An- gaben mit 3 Ys falschen, so daß durchschnittlich anf 1 Thema dort 4,2 Angaben mit 16,1 ^ Fehlem und hier 4,7 Aiigabeti mit 14,9^ Fehleru kommen. Die Anzahl der Angaben wie der Fehler ist also Ubernormal ur->I) und das bei der PrUfnngsmethode er- mittelte Verhältnis drelit sich in sein Gegenteil nm '). Sehr gttnstig gestalten sich nach der Prttfnngsmethode anch die Ver- iiiltnisse bei den 4 Themata Uber dio Rtellang (16, 36, 54, 58). Es wurden hier 46 Angaben mit 6 fakaeben gemacht, so daß nur IBfi^ &l8eh sind und von den erforderliehen 48 (4 x 12) nur 2, d. h. 4^ fehlen. Naeb der Beriehtsmetbode kommen im 1. Be- lidit 18 Angaben, mit einer falschen und im 2. Beriebt 22 An- gaben mit 2 Ys falieben auf diese 4 Themata, so daB sich dort 6fiß^, hier tl'iß^ Irrtümer finden, and durchschnittlich dort 4,5 und hier 5,4 Anj^abeii auf je 1 Thema fallen. Wie bei der PrU- fnngsmethode wurden also aueh in beiden Berichten abnorm viele Angaben gemacht, and ist die Fehlerzahl uamentlich im 1. Be* rieht abnorm klein.

Betrachten wir endlich unsere Themata ihrer Qualität nach noeb insofern, als wir die anf die Eigenschaften der beidoii Per- nonen bezüglichen (16 25 und 36—47) you den ihre Kleidongs- stücke behandehiden (4—15 und 27 35) trennen, so wurden bei der Mfiingsmethode dort 204Vs Angaben mit 75Vt falschen, hier 144V« Angaben mit 64V« f^ls^shen gemacht Bei den körper- lieben Eigensebaften betragen also die Fehler 37;i^ der gemachten Angaben und yon den erforderlichen Aussagen 22 x 12 = 264 fehlen 59^/2, d. h. 23^ ; während somit die falschen Angaben Uber- normal zalilreieb sind, liegt die Anzahl der Auslassungen uutur dem Durehsehnittswcrte. Bei den KleidiinffsstHcken hingegen betragen die falschen Angaben 44^«^ der gemachten und von den erforderlichen 21 x 12 = 252 Aussagen fehlen 107 V2 = 43^. Hier übersteigen also beide Werte beträchtlich sowohl den Dnrch- schnitt wie auch die entsprechenden Werte bei den körperlichen Eigensebaften. Es scheint sonach, dafi Umfang wie Treue der

1) Dem entspricht die Angabe Sterns 25], daß die Konstellationa- ftMer Mhr sahhddi aind.

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178

Erinnerung für aaebliche Ki^enschaften geringer ist als fllr persönliehc. lifitrachtet man daraufhin die ErgebaiBtie der Berichtsmethode, .so tiiidfu sicli in Be/.iijL^ anf die beiden Per- sonen im L Bericht 23 Angaben mit 6 falscbun und im IL Bericht 31 An^^ribt^n mit 7Vj falschen, in Bezug auf die Kleidungsstücke dieser beiden Personen im I. Ikricht 8 Angaben mit 1 fatochea and im n. Bericht lO'/s Angaben mit SVs falsclien. Die Penonen- ansflagen enthalten somit an Fehlem im L Berieht ^»l^i im IL Bericht 24,2 ji^, die SachenaoBsagen dagegen dort 12,5)1^, hier 33,3^. Wie hei der Prttfangnnethode ist somit stets die Anzahl der Irrtümer ttbemormal groB, aber nur im II. Bericht hei den Sachen größer als bei den Personen, während beim I. Bericht das Gegenteil der Fall ist. Was die Anzahl der genutchtcu Angaben betriti't, 8o koinmeu bi-i den Personen auf jedes der 22 Themata dnrchschniftlteb im I. Betriebt 1, im II. 1,4 Angaben und bei den Sachen auf jedes der 21 Themata im I. Bericht 0,4, im II. Be- richt 0,5 Angaben. Kntsprechend den Ergebnissen der Prüfungs- methode finden sich mehr Aassagen ttl»er Personen als Sachen, nnd ist die Anzahl der letzteren geringer als der Durchschnitts- wert, im Gegensatz zur Frttfimgsmethode ist aber dieses aneh bei den Pcrsonenanssagen der Fall. Sondert man die Betrachtang des Oroßvaters' von der des Knaben, so ergibt die Prttfungs- methode für die persönlichen Eigenschaften bei jenem 103 Yi An* gaben mit 31 1/2 fitlsohen (16. 2b. Thema), bei diesem 101 Angaben mit 44 talscbeu (36. 47. Thema): es betra^^en also beim Groß- vater die falschen Aussagen 30,4«^ und von den erforderlichen 10 X 12 =r 120 Aupibcn felilrn 16 V2, d. h. 13,8^^ , während beim Knaben 43,6", falsche Angaben vorhanden sind und 144 12x12) 101 = 43 oder 29,9^ fehlen. Die Aussagen über die persön- lichen Eigenschaften sind also beim Großvater zahlreicher und mit weniger Irrtümern durchsetzt als beim Knaben; bei beiden liegt die Anzahl der falschen Anssagen ttber and die der fehlenden Ans- sagen unter dem I>areh8chnitl8wert Ober die Kleidangsstllcfce ergibt die Prttfiuigsmefhode beim GroBvater (4. 15. Thema) 90Vi Angaben mit 382/» falschen, beim Knaben (27.^35. Thema) 54 Angaben mit 25 Vs falschen, so daß bei jenem 42,7)|^, bei die- sem 47,2^ Angaben falsch sind und bei jenem 144 (12 x 12) ~ 9OV2 = 531/2 = 37,1^ , bei diesem 108 (9 x 12y 54 = 54 = 50^ Angaben fehlen. Wiederum sind beide v\ erte beim Knaben

Zur Payehalogie der AnMage.

179

größer als beim Großvater, diesmal aber bei beiden Uberuormal grofi. Wie za erwarten war, ist also Umfang wie Treue der Kr- iimenmg beim Großvater, der Haaptperson der ganzen Szenerie, giOfier als beim Knaben sowohl in Hinsicht auf die Bachliohen wie ktirpeitiohen Eigenschaften; das Verhältnis dieser beiden Eigen- sehaftoi sneinander wie za dem normalen Darehscfanittswerte ist aber bei beiden Peisonen das itilmliche und gleicht dem bei der obigen Betraehtnng beider Personen zusammen ermittelten, wie folgende tabellarische Zusammenstellung der obigen Prozentsätze zeigt;

Tabelle IV.

Großvater

1 Knabe

Fehler

Aualassungeu

Fehler

Auslassungen

PerBOnliehe Eigenschaften i SachHche

37.1%

43.e»/o 47,20^

99,90/0 ÖO 0/0

Betrachtet man unter demsielben Gesichtswinkel die Ergebnisse der Berichtsmethode, so worden in Bezug auf die pers<(n- liehen Eigenschaften an Aussagen gemacht beim Großvater im

I. Berieht IOV2 mit 2 falschen, im II. Bericht 12 mit 1 falschen, uüd beim Knaben im I. Bericht 12^2 mit 4 falschen, im Ii. Be- richt 19 mit 61 2 falschen; die Irrtümer betra^^en also beim Groß- vater im I. Bericht 19^ und im IT. Bericht 8,3<|^, beim Knaben im I. Bericht 32^ , im II. Bericht M^l % \ auf je ein Thema kom- men beim Großvater (im gangen 10 Themata) im 1. Bericht 1,05 imd im n. Bericht 1,2 Ang-ahen, heim Knaben (12 Themata) im L Bericht 1,04 mid im II. Bericht 1,6 Angaben. Anch hier finden sich also» nnd zwar in beiden Beriehten, mehr Fehler beim Knaben als beim Groftyater; die Anzahl der Angaben ist dagegen nnr im 1. Bericht, mid swar nnr um ein sehr Geringes (0,01) heim Großvater grOfier als beun Knaben, während im II. Bericht das Gegenteil der Fall ist Die Anzahl der Angaben liegt stets nnter dem Durchschnittswerte (2,3 im I. nnd 2,7 im II. Bericht), die Anzahl der Fehler daget^en, mit Aufnahme des II. Berichts beim Großvater, über dem Durciischnittswerte H 5^ im L, 12.5^ im TT. Bericht). Über die KleidungBst m k e wmden Aussagen gemacht beim Großvater im I. Bericlit 8 mit 1 falschen und im n. 7 Vi mit iVz iaUcheu, beim Knaben im L Bericht 0, im II. Be-

12»

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180

Arthur WrMohnWf

rieht 3 mit 2 ialöchen. Es betr;i^^cu also die Irrtümer beim (IroB- vater im I. Bericht 12,5 <^ und im II. Bericht 20^, beim Kiiabea im II. Bericht 66,7 jfe ; auf je 1 Tlienia kommen beim Großvater (12 Themata) im I. Bericht 0,75 uud im II. Bericht 0,7, beim Knaben (9 Themata) im 1. Beriebt 0 and im n. Beriebt 0,33 An- gaben. Wiederum sind die Irrtümer beim Knaben saUreicher als beim Grofivater, diesmal sind aber aneh bei jenem weniger An> gaben gemacht woiden als bei diesem, nnd awar in beiden Be- liehten. Me Fehlenmsablen liegen Uber, aUe AnsugeaataMen nnter den eniapiecfaenden Dnrefascbniitswerten in TofflLommener Obeieinstlmmnng mit der Prttfnngsmeihode. Aneh finden wir wie- derum beim GroßTater wie beim Knaben in beiden Berichten daa obige Er^^ebuiB bestätiget, d;i!i mehr Angaben und weniger Fehler gemacht werden bei den persönlichen als bei den sachlichen Eigen- schaften; eine Ausnahme macht nur der I Bericht beim Großvater in Bezug um die Fc liK r. Zur Veranschaulichuug aller dicker Sätze setze ich noch obige Zahlen in folgender tabeUaxischer Zusammen- Btellong her.

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Angaben auf 1 Tbema

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nahe

Angaben Mf 1 Thema

FenOaQohe Eigeiisdwfleii CMlidw

n. ]

0,76 leriobt

32 o/o

1,0« 0

Gro 1 Feiler

ßvater

Anp-abon auf 1 Thema

Knabe

PanValiehe Eigeudiaflen BwUidM

0.7

34,7 o/o 66,70/0

1,6 0^88

Znm SehlnB noeh einige Bemerkungen ttber die individnellen Differenzen. Sie smd, wie ans Tabelle II hervoigehi, nieht alba hetfttehtlioh bei der Prttfangsmethode. Hier betrag ftr die

gemachten Angaben das Ifaximam 70 (Vp. C) oder bei Nicht- beachtung der bloß ^Ü'erumaüigeu Angaben 68 kj, dad Mi-

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Zur Fiycholofit der Anntge.

181

nionim 45 (Vp. G); fUr die falsehen Angaben war das Maximim 82Vs (Vp. J>)t das Ifinimnm IOV3 (Vp. AJ, oder im FroxentaalB der gemaebten Angaben jemea 40,4)|^ (Vp.B), dieaea (Vp.A). QrOfier sind die IndiyidneUen Unteiaobiede bei der Beriditsmediode: im L Berieht (von 11 Vp.) war ftlr die gemachten Angaben das Maximnm 31 (Vp. C), das IGnimnm 71/2 (Vp J) und für die Felller das Maximum SV^ (Vp. E), das Minimum 0 (Vp. D und F), oder dem Prozentsatz der frem achten Angaben nach daa Maximum 19,3^ (Vp. L), das Minimuiu Ü (Vp. D und F); im U. Bericht (von 9 Vp.) betrug für die gemachten Angaben das Maximum SS'/j (Vp. K) nnd das Minimum 13 (Vp. G), fUr die Fehler das Maxi- mum 5 (Vp. L) bzw. 20^ (Vp. M) und das Minimum V2 b»w. 3^ (Vp. D). Die durchschnittliche Anzahl für je eine Person betrag bei der Prttihngsmethode fttr die gemachten Angaben 59,4 (bei Weglaaanng der blofi siffemnülBigen Angaben 57,3) nnd Uta die fiüsohen 15,7, bei dem I. Beriebt filr die gemachten Angaben 18,3 und flir die fUseben 2, beim IL Beriebt ftr die gemaebten Angaben 19,6 nnd ftr die iUseben 2,4.

Von größerem Interesse ist aber im ffinbK<^ auf die oben^) ervrälmteii Ergebnisse Sterns die Betrachtung der individuellen VerBthiedenbeiten je nach dem Geschlechte. An der PrUfungs- methode waren 7 Damen und 5 Herren beteiligt. Jene machten zusammen 426 Angaben mit 100 falschen, diese 287 Angaben mit 88 Vi falschen; von jeder Dame rühren also durchschnittlich 60,9 Aussagen mit 14,3 falschen, von jedem Herrn 57,4 Angaben mit 17,6 üiischen her. Nnr insofern bestittigt sich somit das Ergebnis Sterns, als die Damen mehr Aussagen machen als die Henen, dagegen machen diese im Gegensatz sn den Sternseben Beenltaten mehr FeUer als Jene. Hieibd ist aber noch m berttebidebtigen, daS unter den 426 Angaben der Damen sieh 26 nur xiffernnülfiige (beim 3. nnd 26. Thema) fimden; bringt man diese in Abzug, dann kommen auf jede Dame durchschnittlich nnr 67,1 Angaben, ateo ebenfalls etwas weniger als auf einen iierrii. Die größere Fehler- haftigkeit der mäüuiichen Aussagen im Vergleich zu den weibliehen gebt natürlich auch bei Berechnung des Prozentsatzes der Feliler deutlich hervor: er beträgt fUr die Angaben eines Herrn 30,7^, fUr die einer Dame 2djbß^j oder bei Wcglassung der 26 nur Ziffern-«

1) 8. 148.

182

Arthur Wreadmer,

mäßigen Augabeu 2i)%. Eb« iid«> u eiug Bestätigung aber findet (las Stern sehe Ergebiuä durch die Bericbtomethode, wie folgende Tabelle zeigt:

Tabelle VI. Primärer Bericht').

Fratten

1 MXniier

Angaben

Angaben

gemachte

falaehe

1 gemachte

liüMhe

Total

109

1 92

Bnidiseluüttlieli auf 1 PenoB

2,3

1 IM

1.7

SeknndXrar BertohtS).

Frauen j

Männer

Angaben gemadite | liüaeh«

Angaben gemachte | fttoehe

Total '! 68

DurchBchuittlich auf 1 i'erbtiu 17

ii

8 2

98 19,6

14 2^

Wie bei der Ftttftmgsmeihode maebten anob bier die Herren in beiden Beliebten mebr Angaben und im TL Berfebt ancb mebr

Fehler als die Damen, während im I. Bericht die Fehler bei den Dameu zulil reicher als bei den Herren sind. An diepem Verhalten der Fehler ändert auch deren Prozentsatz ui( hts, der im I. Bericht bei deu Herren 9,2^ und bei den Djiinen 12,65^, im II. Beriebt bei jCQcu 14,3 )fe und bei diesen 11,8^ beträgt.

Bei diesen Ergebnissen ist jedoch zw berttoksichtigen, dafi von den 7 Damen eine unmittelbar, eine andere nur 19 Stunden, zwei 7 Tage und nnr drei 17 Tage Tor der Frttfong daa Bild betracbtet batten, ^rilhrend von den 5 Herren swei es 7 Tage, zwei 17 Tage nnd euier 87] Monate vor der Prtlfnng geaeben batten, so dafi aleo die Damen offenbar nnter günstigeren VerblUtnisBen ibre An^ gaben machten, wenn die Feblerzabl um so grIJBer wird, je längere Zeit zwischen V(jr]ef;uü^ und Prllfun^ verstreicht*). Untersuchen wir daraufhin die Ergebuiase unserer Prttfungsmetbadc, öü wurden durcübchnittlicb Air eine Vp. abgegeben:

Ij Von 6 Damen nnd 6 Herren.

2) Von 4 Damen und 6 Herren. 3 Siehe oben ö. 174.

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Zur Fiydiologi« der Anmge. Ig3 TabeUe VU.

Intamdl swiselien Von

Oemaohte

FaUwhe Angaben

legcmg und Piüfimg

Angaben

ftbeohit

Wenige Mointaii

ee (6^t)

10,5

16,8 W)

19 Stunden

68

81,6

40,6

7 Tage

68,6 {60,6)

16,3

84,4(85,8)

17 Tage

68^9 (66,5)

W,7

86,7 187Ä

8Vt Monate

46

16^

86^9

Sieht man von dem abnormen Verhalten der einen VerBncha^ person mit 19 Stunden Intervall ab, so zeigt sich, daß in der Tat die Fehlensahl mit Kunehmender Zwiflchenxdt zwisehen Vorlegung

und Prüfung wächst Im GegensaUe zu unserem obigen Ergebnis, das wir uüb der Betrachtung der beiden Berichte zueinander ge- wannen (s. S. 174), zeigt sich hier auch eine Abnahme der An- gaben mit zunehmender Zeit zwischen Vorlesruno: und Prüfung*). Jedenfalls aber arbeiteten die Damen offenbar unter günstig^ereu Verhältnissen alB die Herren.

1} Die dsgeUimnerlen Werte aiiKl unter Abnig der }M dfl^iaaiilßigen Angaben gewoanen.

2) IHese laad aneb Stern im n* Beiieht gegenüber dem I Beliebt (a a 0.

S.81).

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EinfttUimgr innere Nachahmung, und Organ«

empfindungen.

Von

Theodor Lipps.

leh siele im folgenden anf die Einftlhlnng ttbetfaanpi Aber ich rede ledigUeh von der EinfllMnng in beatimmte Gattungen von Objekten, Bpeziell von der EinfttUnng in Bewegungen, Stelinngen, Haltongen des Hensehen, des wirUicben oder des, etwa plastisob, dargestellten; weiterhin ancb in Formen der Architektur.

Der Ssthetiflche Gennß ist das im einzelnen Falle so oder so, hei jedem oencn ästhetischen Objekt imniei anders und anders, gefärbte Gefühl der Freude oder der Lust, das ich angesichts des RMthetinchen Objektes habe. Dabei ist das »ästbi'ti^i< !u' Objekt« allemal ein Sinnliches, d. h. ein sinnlich Wahrgenommenes oder Vorgestelltes; und es ist nur dies. Ich habe ein Lustgeftihl an- gesichts eines schönen 0})jektes, dies heißt: Ich habe dasselbe angesichts des sinnlich Wahlgenommenen oder VoigesteUten, als welches mir das schöne Objekt nnmittelbar entgegentritt. Ich habe es, indem ich dies betraohte, d. h. daianf achte, es apperzipiere. Kar die sinnliche Erseheinnng des Ssthetischen Objektes, z. B. des Knnstwerkes, wird aber in der Ssfhetischen Betrachtang »be- trachtet t. Sie allein ist der »Gegenstand« des ästhetischen Genusses; sie ist das Einzige, das mir dabei als etwas von mir Untorscliiedenes »gegenUberstelits und anf das ich mich und mein Lustgefühl »bezogen«: tinde. Indem ich mich darauf bezogen finde, fühle ich mich zugleich Instgcstinimt oder erfreut, kurz genießend.

Kine ganz andere Frage, als die nach dem »Gegenstand« des ästhetischen Genusses, ist die Frage nach dem Grunde des- selben. So gewiß die sinnliche Erscheinung des schönen Ob- jektes der Gegenstand des ästhetischen Genusses ist, so gewiß ist sie nicht der Grnnd desselben. Sondern Gmnd des ttstheti'-

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186

Theodor Lippt,

sehen Genasses bin ich, oder ist das Ich, nämlich genau dasselbe Ich, dns ich »angeBichts« des üe^eastaDdes, oder ihm »gegenüber« lostgestimmt oder erfreut flihle.

Damit ist zunächst gesagt, daß ich mich nicht nur Instgestimmt oder erireat, eondem gleichzeitig^ auch anders bestimmt fttblen kann. Daran aber iBt kein Zweifel leb ftthle mich anter an- derem strebend oder wollend, mieb anstrengend oder bemtlbend, leb ftlble mieb ra solcber Anstrengnng oder Bemttbnng Henunmaaen ttandbaltend oder Bio ttberwindend, vieUeiebt aneb ibnen naeh- gebend, leb fbble mieb ein Ziel erreiobend oder itable mein Streben oder Wollen sieb befriedigend, Mle die Bemttbnng gelingend. Ich fühle mit einem Worte ein mannigfaches »inneres Ton«.

Und ich fühle mich in üllom dem kraft\üll, leicht, sicher, ela- stisch, vielleicht Btolz u. dergl.

Und eine solche Weise nun, mich zn fUhlen, ist jederzeit der Grand des ästhetischen Ocnusscs.

Dieser Grund steht, wie man sieht, eigentümlich in der Mitte swischen dem »Gegenstand« des ästhetischen Genusses und diesem selbst. Betonen wir erst dies: Die soeben bezeichneten Geflihle haben niobt ebenso, wie der Genuß, das scbttne Objekt anm Gegen- stand, lob ftlble mieb in der fiatbetiBcben Betrachtung des scbttnen Objektes etwa kraftvoll tiitig, oder frei, oder stok. Dann ftlUe icb mieb nicbt kraftrott tfttig eto. angesiebts des Ol^ektes oder ibm gegenüber. Sondern ieb fttble mieb so in ibm.

Ebenso wenig aber ist dies GefUbl der Tätigkeit Gegenstand des Genusses d. h. der Lust am schönen Objekt. So gewiß ich Lust ftihle angesichts des sinnlichen Gegenstandes, den ich als schön bezeichne, so gewiß fühle ich nicht Lust an dem erlebten Tun, der Kraft usw. oder angesichts des Tuns, der Kraft usw. Dies Tun ist nicbt gegenständlich. P>s ist nicht etwas, das mir gegenübersteht So wie ich mich niclit tätig fühle gegenüber dem Objekt, sondern in dem Objekt, so ftlhle ich nicht Lust gegen- ttber dem Tun, sondern in ibm. leb flllile mieb in ihm gltteklicb oder beglückt

Qewifi kann mir mein eigenes Tun gegenstftndlieb werden, nSmlicb wenn es nicbt mehr mein gegenwärtiges Ton ist, sondern icb es rttckBcbanend betrachte. Dann ist es eben nicbt mehr

erlebt, sondern nur vorgestellt. Und damit ist es gegenstind- lieh. Und nun kuun tiies vorgestellte Tuu oder allgemeiner dies

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Einfllblong» innere Nachahmong, und Organempfindangen. 187

Torgestellte Ich avcb Gegenstand meiner Lust sein. Indessen da- von ist hier keine Rede. Es handelt sich in diesem Zusammen- hang; einzig um das erlebte Tun. Es handelt sich ebenso einzig um das erlebte fTeliugen, die erlel»te Kraft, Freiheit usw.

Das Wort >Gei;rnstand« der Lust ist hier völlig scharf ge- nommen. Vielleicht nimmt man es weniger scharf. Vielleicht nennt man «Gegenstand« der Lust das, > woran« ich Freude habe, und versteht nuter diesem das, worauf die Lost h exogen, nnd was zngieicb Grund der Lust ist.

Dann kann auf die Frage nach dem Gegenstand der istheti* sehen Lnst in doppelter Weise gesntwortet werden. Einmal kann man sagen: Die ftsthetisehe Lnst hat gar keinen Gegenstand. Der Isdietisehe Gennfi ist nicht gcgenstftndlicher Gennfi, sondern Selbst- gennB. Er ist unmittelbares Selbstwertgeftthl. Dies aber ist kein auf einen Oegienstand bezogenes Gefühl. Vielmehr besteht seine Kigetiiirt cbeu darin, daß in ihm keine Scheidung stattfindet zwi- sehen dem erfreuten Ich, nnd dem, woran ich Frende habe; dali iu ihm dies beides ein und dasselbe uumittelliar erlebte U-h ist.

Andererseits aber kann man darauf hinweisen, daß doch im ästhetischen Genoß dies SelbstwertgefUhl objektiviert sei. Ich fHiüe mich, wenn ich die kraftvoll, stolz, frei vor mir stehende mensehüche Gestalt betraehtei mcht iuraftroU, stolz, frei, Über- haupt, oder an meiner Stelle, in meinem KOrper, auf meine Kotten, sondern loh fWe mieh so in der betrachteten Ge- stalt, nnd nnr in ihr.

Und demgemftß kann ich nnn doch auch sagen: Der MsthetiBehe OenvB hat einen Gegenstand ui dem hier roraosgesetzten Sinne, d. h. CT hat einen Gegenstand, der zugleich Grund desselben ist. Ich kann diesen Gegenstaud s^o^^ir doppelt bezeichnen. Einmal: Der fragliche Gegenstand ist das kraftvolle, stolze, freie Ich; aber nicht als solches, s(mdem, sofern es objektiviert, d. h. an das sinn- lich Wahrgenommeue, die gesehene Gestalt, gebunden ist. Und zum anderen: Der Gegenstand des ästhetischen Genusses ist dies sinnlich Wahrgenommene, diese gesehene Gestalt; aber nicht als solche, sondern sofern ich darin mich, dies kraftvolle, stolze, freie leh finde, fthle, erlebe.

Damit ist die spezifische Eigenart des ästhetischen Gennsses bezeichnet Sie besteht darin, dafi dieser Genuß Gennfi ist eines GegaiBtandes, der doch, eben sofern er Gegenstand des Gennsses

13*

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Theodor Lipps,

ist, nicht Gegenstand vbH, sondern icli; oder, daß er Gennß ist des Ich, das doch, sofern ea ästhetisch genossen wird, nicht »leh« ist, sondern gegenständlich.

Dies alles nun liegt im Begriffe der »Einftlhlun^^. Vielmehr es macht den Silin dieses Begriffes aus. Die Kiüiuhiung int die hier bezeichnete Tatsache, daß der Gegenstand Ich ist, und ebendamit das Ich (xcgenstaTid. Sie it^t die Tatsache, daß der Oeg-ensat?. zwischen mir und dem (Te^eastaud verschwindet, oder, richtiger gesagt, noch nicht besteht

Wie ist diese EinfUhlnng möglich? Die Beantwortang dieser Frage setzt die ToUe Klarheit Uber den absoloten Gegensatz swi- flciien Empfindongsinhalten emerseits, und nnmittelbor erlebten leh- qnalitäten oder Gefllhlen andererseits, vorans. Dieser Gegensatz Boll aber hier nnr nach einer Seite betrachtet werden.

leh empfinde eine Farbe. Diese Farbe gehdrt einem sinnlich wahrgenommenen Gegenstand an. Oder ich empfinde Hanger und Durst. Diene Empfindungsinhalte gehören meinem Körper au. Sie werden enipliuidcu nU IJestinimtlieiteu dieses siuulieh wahrgenom- menen Dinges, als ein Bestandteil desselben.

Anders das Tun oder die Tätigkeit, das Streben, sich Bemlilu is, Gelingen, das ich fühle. Diese gehören dem Ich an, \ielmehr sie sind dasselbe, oder konstltaieren es: Ich t^hle mich tätig. Sie gehören schlechterdmgs zu keinem sinnlich wahrgenommenen oder Torgestellten, korz zn keinem gegenständlichen Objekt.

Ebendeswegen aber können diese Ichqnalitäten zu jedem sinnlichen Objekte gehören. Sie gehören, nnd es gehört mit ihnen das Ich, oder es. gehört das loh, und es gehören mit ihm diese Bestimmtlieiten desselben, jedesmal denjenigen Objekte an, in dessen Betrachtung ich mich nnd diese Bestimmtheiten des Ich fllhle, und zugleich unmittelbar an dies Objekt gebunden finde. Diesen Sachverhalt, und damit den Sinn der Eiuftlhlnng, bestim* men wir Jibcr etwas jrenauer.

leb strecke meinen Arm aus oder halte meinen Arm ausire- streckt. Dabei flilile ieh mich tiltiir, d. h. ieli tlilile micli strei)eud, mich ])einiiliend und fühle mein Streben gelingend oder sieb be- friedigend.

Hier kann ich sagen: Ich fühle mieh tiitig, strebend, mich be- mühend, das Ziel erreichend, in mehiem Arm. Aber diese Tätig-

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EilifflUaiig, innere Nacbalimung/nnd Orgtnempfindiuigen. 189

keit geschieht nicht in vollem Sinuc im Arme, d. h. sie ist uiebt au die Betrachtung des Arino^ oder au deu betrachteten Arm gebunden. Sondern sie ist ^itianden an meine Laone, wenn ich ans Laune, an meine Zweeksetzang, wenn ieh um irgend eines Zweckes willen den Arm strecke. Und die Lume oder die Zweck- seteong ist etwis Ton meiner Betrsohtnng des Armes, oder tou mir, der, oder sofern ich in dem Arm betrachtend bin, Verscfaiedenes. Sie gehört meiner außerhalb des betraehtenden loh stehenden, oder gehört meiner »realen« Persönlichkeit an.

Damit nnn ist zugleich gesagt, daß in diesem Falle mein Tun nicht im vollen Sinne dem ausgestreckten Arm »zuj^ehürt«, ist in gewisser Weise, aber nicht Usthetisch, in ihn eingefühlt.

Jetzt ünderu wir die Situation. Mein Arm sei eine Zeitlang frei aiisfj-estreekt. Daun fühle ieli ein Streben, einen Antrieb, eine »Nötigung«^ ihn sinken zu lassen. Dies Streben stammt au:^ dem Ann. Ich fllhle es als aus ihm oder seiner gestreckten Lage her- kommend. £s liegt also darin, oder liegt darin begründet Auch hier ist das Streben mein Streben. Aber eben dies mein Streben f^hle ich ün Arm. Ich sage dämm auch: Der Arm strebt herab.

Und sinkt der Arm, dann verwirkUoht sich dies Streben des Armes. Das Sinken ist also seine TKtigkett.

Komplizieren wir hier die Bedingungen: Auf der ausgestreckten Hand liegt ein Stein. Jetzt fühle ich das Streben das auch hier »mein« Streben bleibt als herkommend von dem Druck des Steines oder dem Stein, der diesen Druck ausübt. Demgemäß sage ieh jetzt: Der Stein strebt. Und fällt er, so ist dies Fallen eine eigene Täti^^keit des Steinrs. Er lallt aus eijrner Kraft«.

Mit diesen beiden Fällen nun sind wir der ästhetischen Kin- fiihlun<r näher gerückt Aber wir sind noch uieht bei ihr ange- langt. Bleiben wir speziell beim ersten Falle. Auch hier ist mein Streben nicht durchweg Sache des Armes. Ich kann nicht sagen: Indem idi den Arm and seine gestreckte Lage betrachte, ergibt sich für mein Bewufttsein, einsig daraus, das Streben. Sondern dasselbe stammt auch wiedenim aus etwas Tellig Anderem, näm- lich aus der Art, wie mich die dauernde Streckung des Armes al&- ziert, aus meinem Oeflihi der Unbequemlichkeit. Und dies ist wiederum ein vom betrachteten Olyekt und dem betraehtenden leb verschiedenes Moment. Das Strelien ist, soweit es daraus stammt, nicht sowohl im Arm begründet als in mir motiviert

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190

Theodor Lipps»

Es ist nicht mein Streben im Ann, sonden mein Streben ange- sichts des Armes, oder mein auf den Arm von außen her gerich- teteb Strt'ben.

Und gl« i< tiaitiges gilt von dem Streben des Steines.

Nnnmebr aber enetie loh den eigenen Arm durch den Arm eines Anderen. leb sehe einen fremden Arm geetreokt Die Art der Streckung habe etwas (Uhlbar Freies, Leichtes, Sieheres, Stolxes. Oder reden idr allgemeiner. Ich sehe einen Menschen kraftrolle, leiehte, freie, vielleicht ktthne Bewegungen iigend- wetcher Art ansftihren. Dieselben seien Gegenstand meiner vollen A u 1 "m e r k SU m k e it.

Jetzt fühle ich wiederum ein btre(>tMi, \ m\ icti verwirklirlx' vielleicht dies Streben. Ich ahme die I^ewegimgen nach. Dann fühle ich mich tätig. Ich fUhlc die ßemUhnng, das Standhalten den Hindernissen gegenüber, die Uberwindong, das Gelingen. Ich (Uhle dies alles wirklich. Ich stelle mir nicht etwa bloB der- gleichen vor.

Dabei sind aber wiederum zwei MSgliehkeiten. Die Nach-

uhmnng kann einmal eine willkürliche sein: Ich mOehte viel- leicht auch das Gefühl der Freiheit, der Sicherheit, des Stolzes haben, das der Andere hat.

in diesem Falle habe ich mich von der Hsthetisclien Einfühlung wiederum weit entfernt, l'nmittelbarer Gmnd meines Strebens und Tuns hier nicht die gesehene Bewegung, sondern dieser Wunsch. Und auch dieser Wansch ist wiederam etwas außerhalb des ge- sehenen Armes und des bloß betrachtenden Ich Stehendes.

Knn nehmen wir aber endlich an, die Nachahmung sei eine unwillkürliche. Dies wird sie um so mehr sein, je mehr ich betrachtend der gesehenen He\Yeirunir hinireirebeu bin. Und um- gekehrt, je mehr die Naehalinnni;r unwillkiirliili presehielit. desto mehr bin ich betrachtend ^raiiz in der sre-^eliencii Bewe^uu^. Bin ich nun aber der Betraehtunj^ der lieweguug vüUi^^ hincregeben, so bin ich eben dnntit v illi^ dem entrückt, was ich tue, d. h. den Bewegungen, die ich tatsächlich ausführe, den Vorgängen in und an meinem EOrper; ich weiß nichts mehr von dieser meiner äußeren Nachahmung.

Dabei bleibt doch das Streben und Tun ftr mein Bewußtsein bestehen; es bleibt das Geftihl des Strebens, der Bcmtthung, der

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Einfdlilaiig, niiion Nacbalimviig, und Oi!gtiieiiii>fiiidiiiig«ii. 191

inneren Arbeit, des rielingens. Es bleibt das Bewußtsein der »iauereu ^achahmang«.

Diese innere Nachahmnsg geBcliieht nun aber für mein Be- wuBtBein einzig in dem gesehenen Objekt Das Gefühl des Stre* benfl» der Bemttbung, des GellngenB, ist filr mein Bewofitsein nieht mehr an meine Bewegvng, sondern lediglich an die objektive, d. b. die Ton mir gesehene Bewegong, oder an den KOrper, an dem ich sie wahrnehme, gebmiden.

Dies genUgt aber nicht Mein inneres Tun ist bei dieser Nach- ahmung in einem doppelten Sinne ausschließlich an das gesehene Objekt ^ehuiiden. Einmal; Das Tun. das ich fühle, erlebe ich als ganz uud gar stuniuicnd aus der Betrachtnnp: der gesehenen Bewegung. Es knüpft sich daran unmittelbar und mit Notwendig- keit : und knüpft sich einzig daran.

Uud zum Anderen: Es hat zum Gegenstand nicht meine ▼on der gesehenen verschiedene, sondern einzig diese gesehene Bewegung. Ich fühle mich tätig in dieser Bewegung oder der Gestalt» welche die Bewegung roUbringt, nnd lUhle mich in ihr eben diese Bewegnng erstrebend und ToUbringend. Das Letztere kann nieht anders seiui da es ja nnter der gemachten Voraus- setzung fUr mein Bewußtsein eine andere als die gesehene Be- wegung gar nicht giht.

Mit einem Worte, ieh bin jetzt mit meinem Gefühl der Tätig- keit ganz und gar in der sich bewegenden Gestalt. Ich bin auch räumlich, soweit xm einer Räumlichkeit des Ich die Rede sein kann, an ihrer Stelle. Ich bin in sie hinein virttetzi leb bin, tür mein Bewußtsein nämlich, ganz uud gar mit ihr identisch.

Indem ich so in der geseheneu Gestalt mich tätig fühle, fühle ich mich zugleich in ihr frei, leicht, stolz. Dies ist HsthetiBche Nachahmnng. Und diese ist sogleich ästhetische Eiufhhliing.

Hierbei liegt aUer Nachdnick anf der fVir mein Bewußtsein be- stehenden »Identität«. Diese maß abaolnt streng genommen werden.

In der wülkllrliehen Nachahmung sehe ich einerseits die Be- wegung, und weiß Ton der Art» wie derjenige, der sie ausfllhrt, sich darin flihlt Ich habe ron dem Tun, das der Andere fühlt, uud der Freiheit, dem Stolz, eine Vorstcilun^'. Andererseits erlebe ieh meine Bewegung und fühle mein iuu uud meine Freiheit, meinen Stolz usw.

192 1 btiodor Lippe,

Dagegen ist in der ftBthe tischen Naehahnrang dieser Gegen- satB absolut an^elioben. Beides ist scUeohterdings Eines. Jene blofie Yorstellnng besteht nieht mehr; mein tatriLchliches Fuhlen ist an die Stelle desselben getreten. Eben dadurch geachieht es, daB ich mich in der fremden Bewegung diese Bewegung vollbringend fUhle.

^lit dieser » ästhetische u iS achahnrnn^r« scheint ein Sachverhalt ge- gebcu, iiualog demjenig'en, der hei der nicht nachalmienden eigenen Bewegung vorlie^'t. Der Unters( Ini »i scheint nur der, daß ich jetzt das Bewußtsein habe, ich erlebe und vollbringe eine Bewcgnng, die tatsächlich, und fUr die nachfolgende Keflezion, Bewegung eines Anderen ist.

Aber hierbei wäre der wesentlichste Unterschied übersehen. In beiden Füllen ist mein inneres Tun mein Streben und Voll- ' biingen, d. h. die erlebte Befriedigung des Strebeos mein Tnn. Aber es ist nieht in beiden Hillen das Tun desselben Ich. Es ist dort, bei der nicht nachahmenden Bewegung, das Tnn meines realen Ich, d. h. meiner GesamtperaOnliohkeit, so wie sie jetzt tatsächlich geartet ist, mit ihren Empfindungen, Vorstellungen, Ge- danken, Golliblen, vor allem mit dem Motiv oder inneren Anlaß, aus welchem die Bewegung hervorgeht

Dagegen ist in der ästlietiscben Nachahmung dax Ich ein ideelles. Dieser Ausdruck ist mißverstilndlicli. Auch dies >ideelle« Ich ist real. Aber es ist nicht das reale praktische ich. Es ist das betrachtende, und in der Betrachtung des Objektes weilende und ansehende Ich. Es ist also ein ideelles Ich, nicht an sich oder seiner Beschaffenheit nach, sondern hinsichtlich seiner Betätigung. Es ist ein Ich, das nieht su irgend etwas in realen Besiehnngen steht, sondern das in dieser ideellen Besiehnng, der Betrachtung des nachgeahmten Direktes, aufgeht

Und diesem ideellen, d. h. diesem betrachtenden Ich eignet in der ästhetischen Nachahmung das Tun: Indem Ich mich in dem Objekte betrachtend finde, fühle ich mich, dies betrachtende Ich, tätig, strebend, sieli bemühend, das Erstrebte vollbringend.

Und wie das betraclitcmle Ich, so sind auch diese seine Be- stimnmn^'eu real. Mau kann das Tun, wenn mau \vill, ein »ge- dankliches« nennen. Dann hüte man Bich doch, dies gedankliche Tnn mit einem nur gedachten oder nur vorgestellten zu ver- wechseki.

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Einfühlung, innere Nachahmong, and Organempfindnngen. 193

Ich stelle mir die« Tun BO wenig bloß tot, als ich mir mein Betrachten nur TOistelle. Es ist ein gedanklicheB Ton nicht im Gegensatx mm realen, sondern zum praktischen Ton.

Die ästhetische Nachahmung war im Vorstehenden noch ge- dacht als eine nicht nur innere, sonderu zugleich äußere: Ich vollziehe die gesehene Bewegung tatsächlich. Es kann aber auch dieser äußere VuÜzug der Bewegungen unterbleiben.

Daftlr gibt es allerlei Gründe, z. B. die Rtleksicht auf den Anstand. Vor allem aber wirkt der Ausillhnmg der Bewegungen die praktische Sinn- und Zwecklos^keit, eTcnt. aneh die tatsäch- liche Unaosfllhrbarkeit derselhen entgegen.

Ich betrachte etwa einen Tanz» der auf der Btthne getanzt

wird, von meinem im Zuschauerraum befindlichen Sitze aus. Dann ist es einesteils unmüglieh, duß ich mittanze, zum anderen will ich jetzt f;ar nicht tanzen; ich bin innerlich nicht darauf eingestellt. Meine ge^laTnte tntsächliche, Slußere und innere Verfassung läßt meine kürperiichen Bewegungen nicht zu stände kommen. Damit ist doch das innere Tun, das Streben and das sich Befriedigen desselben in der Betrachtung der gesehenen Bewegnngen nicht an%ehoben.

Jedes Streben ist freilich seiner Natur nach em Streben nach Verwirklidrang des Erstrebten. Aber diese Yerwirklichnng fehlt ja hier nicht Ich erlebe die tatsächliche Bewegung. Ich sehe sie vor mir. Freilich nicht als meine eigene. Aber dies ist eben das Besondere der ästhetischen Nachahmung, daß dabei die fremde Bewegung an die Stelle der eigenen tritt.

Hierzu nun kann mau sagen. Die Verwirklichung deg auf eine körperliche Bewegung gerichteten Stiebens bestehe doch nicht im Haben eines Gesiohtsbildes der Bewegung, sondern sie bestehe zunächst im Erleben von kinästhetischen Empfindungen, nämlich der Empfindungen Ton Muskelspannungen, Gelenkr^bungwi nsw., wie sie er&hmngsgemSfi bei der Bewegung anitreten.

Diese Bemerkung beantworte ich durch eine Ergänzung oder genauere Bestimmung des bisher Gresagten.

Worin ein Streben sich befriedige, dies hiingt allemal davon ab, was eigentlich bei dem Streben das Erstrebte ist.

Bewegungen meines EOipers nun pfl^ ich nicht um ihrer

194

Theodor Lipps,

selbst willen zu wollen oder zn erstreben. Sie sind Mittel zum Zweck. Dieser Zweck aber kann ein verschiedeuer sein.

Er kann einmal ein äußerer Zweck sein. Ich will etwa diircU die Bewegungen mir ein körperliches Wdhl^'cflihl verschaffen, oder ich wül mich zur Schaa Btellen. Der Zweck einer Bewegung kann aber auoh ein rein iimeier sein: Was ich erstrebe, ist die innere Bewegung, die Selbstbetiltignng, eine gesamte psychische ZnstibidUehkeit oder Weise des psychischen Lebensablanfes, nämfich diejenige innere Bewegung , die Selbstbetätignng usw. die ich in der freien, eigentStigen AosAdining der Bewegung er- lebe oder erleben würde. Hierbei liegt wiederum das Gewicht auf der Unterßcheidung der Selbstbetätigung einerseits, und der körperlichen oder peripherischeu Vurj^^änge, in welchen die Be- we^ruuf; äußerlich betrachtet besteht, andererseits. Jener Sujibst- betätiguug werde icli inne in dem Tätigkeitsgefllhl, dieser peripherischen Erlebnisse iu Empfindunj^en . insbesondere in den kinästhetischeu Empfindungen. Und diese beiden Arten von Ergebnissen sind nicht nur Terscbieden, sondern unvergleichbar, ja das Unvergleichbarste von der Welt.

In meiner eigenen freien Ansfbbnmg einer Bewegung nnn sind diese beiden Momente, die im GefUhl sieb kundgebende innere T&tigkelt, die Selbstbetiltigung, einerseits, und das peripherische Erlebnis andererseits, mitemander verbunden. Vielmehr, das Statt- finden der peripherischen Erlebnisse, genauer die Empfindung, die ich daron gewinne, ist die Bedingung dafllr, daß mir das ganz andera geartete innere ErlebuiS} die Selbstbetätigung^, zu teil wird.

Aber diese j)eripherischeu Erlebnisse sind nidit eine unerläß- liche Bedinfciin«? der Selbstbetätigung und den Getlihles derselben. Es gilt hier der allgemcino Satz: Jede Weise der Selbstbetätigung:, jede Weise des inneren Verhaltens Uberhaupt, kann, nachdem sie einmal sich vollzogen hat, unabhängig von den äußeren Be- dingungen, unter denen sie nrsprUnglieb sich vollzog, wiederum sieb ToUsdeben. Zunächst in der bloBen Vorstellnng, also als repro- duktiver Vorgang, dann aber auch ui Gestalt des rollen tatsSeh- lichen Erlebens.

Und daOlr bestehen drei Möglichkeiten, Einmal: Ich Icann die Weise der Selbstbefötiguug nicht blos vorstellen, sondern erleben in meinen Gedanken oder in der blofien Phantasie. Ich tue etwa eine kühne Tat iu meiner Phantasie. D. h. nicht: Ich stelle mir

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Einfliblmig, innere Nacbahmiing, nnd Organempfindnngen. 195

die Tat TOr oder phantasiere, daß ich sie tue; Bondern lob tue sie, aber so, duL dasjenige, was ich tue, d. h. das äußere Ge- sehehen, auf welches mein inneres Tnn, mein Wollen, meine innere Bemühung, mein Ueberlegen, Wählen, EutBclieidcu usw. sieh bezieht oder grerichtet ist, ein bloßer Phantasie^egenstniid bleibt. Ich wüte ein andermal innerlich, arbeite mich ab gegen eine vorgestellte Be- leidigung, nnd bin befriedigt, wenn ich in meiner Phantasie der Beleidigung so begegnet bin, wie sie es nach meinem Gefllhl verdient

Die zweite Möglichkeit ist die: An die Stelle des ttnfieien Geschehens, worauf mein inneres Tun gerichtet ist, tritt ein Surrogat oder ein Symbol Eine äußere Handlung wird in der Phantasie umgestaltet. Und in dieser phantastisoh umgestalteten äußeren Handlung befriedigt sieh der innere Tätigkeitsdrang. Dergleiohen ^'eschieht, wie man weiß z. B. beim kindliehen Spiel Das Khid plant verwegene Taten, und fuhrt sie in Symbolen aus, und hat das volle Gefühl seines Tuns und des Gelingens, das Gefühl der Kraft und des Stolzen, obgleich, was es äußerlich geleistet hat dazu wenig Anlaß ^'ibt. Es hat eben innerlich mehr geleistet, nämlich alles das, was seine Phantasie zu den Symbolen hinzugefügt hat.

Und endlich die dritte Möglichkeit: Diese liegt vor in jeuer ästhetischen Nachahmung.

In der Natur dieser Naehahmnng ror allem liegt es, daß sie hinzielt auf die Selbstbetätigung. Sie hat im instinktiTen Drang der Selbstbetätigung ihren letzten Grund.

Zugleich aber liegt es in der Natur des Triebes zu solcher Nachahmung, dafi in ihr das Streben nach Selbstbetätigung sich befriedigen kann in der Wahrnehmung ^n der Bewegung, die das Xachahnuingsstreben auslöst.

Und da es so ist, so bedari diesJ Streben keiner weiteren Refriedignnp:. Es bedarf insbesondere nicht mehr der Befriedigung durch die im eigenen Kür})er geschehenden peripherir^chen Erlebnisse. Die Betrachtung der gesehenen Bewes-ung weckt die Tendenz der entsprechenden Selbstbetätigung, der entsprechenden d. h. der- jenigen, die an die Ausführung einer solchen Bewegung bei mir gebunden wäre. Und diese Tendenz yerwirkücht sich zu- gleich in dieser Betrachtung.

Dies tut sie umso sicherer, je mehr ich in der Betrachtung ganz aufgehe. Dies »Aufgehen« macht jene Tendenz frei oder beseitigt in mir die Hindemisse ihrer Verwirklichung. Jede »Tendenz«

196 Theodor LIppi,

aber verwirklicht sich, wenn die HiudeniisHo ihrer Verwirklicbang beseitigt sind, wenn, positiv grcsafrt, die Tendenz frei, d.h. mch selbst ttberlasseu bleibt Dies ist eben der Siau der »Tendenz«.

DazQ iitdooh noch folgendet hinznznftl^cTi. In derWahmehmiuig der fremden Bewegung, sage ieh, wird die Tendenz der »entspre- chenden« SelbBtbet&tigiing geweckt mid befnedigi Und dämm bedarf es der Befriedigiuig durch die peripherischen Erlebnisse nicht mehr.

Damit sind, wie man sieht, zwei mögliche Wege der Be- friedigung jener Tendenz einander gegentlbergestellt, der Weg

der rein innerlichen, kurz gesagt der »immanent« psychischen Befriedig: iiu^' einerseits, und der durch die küri>erlichen Erlebnisse hiudurcligehende Weg andrerseitsi. Die letztere Weise der Be- friedi^'un;,' kJhinen wir als die niotorit^che bezeichnen.

Diese motorische Befriedigung nun geschieht nicht, soweit die imnutnente nicht nur geschieht, sondern zugleich eine vollkom- mene nnd vollkommen ungehemmte ist. Umgekehrt, sie geschieht oder wild erstrebt, in dem Maße als die immanente gehemmt ist! Die Bewegung geht den motorischen Weg« wenn sie nicht ohne Hemmting rein psychisch sich yolkiehen kann. Die Spannung ent- lädt sich nach dem KOrper sa, wenn sie nicht psychisch sich völ- lig frei entladen kann.

Hiermit ist eine allerallgemeinste psychische .Tatsache be- zeichnet: Motorische Vorgänge sind ein Ausweg, den die psychische Be^^c^ulig umiint, wenn sie nicht frei in sich selbst sich vollenden, d. h. öü ablaufen und den Krfolfr haben kann, auf den sie ihrer Natur nach abzielt. So entstellt das Handeln.

Ks bestehen aber in nn<^creni Falle, d. h. bei der Jisthetisrlion Nachahmung [gesehener Bewegungen drei Möglichkeiten, wie, in der Konkurrenz jener beiden £ntladnn<rHwege, die Entladung znp:leich auf dem motorischen Wep:c sich vollziehen kann. Einmal: £s ist in einem Individnam seiner Natur snfolge ein Überschuß des TfttigkeitstriebeB. Oder sweitens: Das Individuum ist spezifisch motorisch angelegt Es ist in ihm der mototiache Weg ein be- sonders gangbarer. Diese beiden Möglichkeiten nun interessieren uns hier nicht weiter. Dagegen interessiert uns die dritte Möglichkeit:

Indem Ich in der Wahrnehmung und Betrachtung der fremden Bewegung die innere Tätigkeit oder die Selbstbetätigung, die darin

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Einfllhlong, innare Nftehahmiingf mid OiKmempfindmigeiL 197

lieg:t, erlebe, erlebe icb zii'^leich dir »Arbeit«, die damit ^^eleistet, d. h. die Hemmuugen, die dabei Uber wanden werden. Ich erlebe sie als Hemmungen meiner Selbstbetätigung oder der inneren Be- friedigiing des Strebens nach der Selbstbetätigung. Und damit ist nim ein Grund gegeben fUr den motoiifiehen Ausweg.

Hier d^e ioh znnJiehst an folgende Tatsache: Sehe ich eine Bewegung einea Andern auf Hemmungen atofien, sehe ich ihn sieh ahmUhen, dann vor aüem bin ich in Vennehung, meinerseitu eigene Bewegungen aumfllhren. Ich verspttre den Trieb, durch eigene körperliche Anstrengungen sozusagen nachzuhelfen.

Nun leistet aber jede Tätigkeit Arbeit. Bei jeder Tätigkeit gibt CB zu überwiudeiide Hemmungen. IJud undererseitö liegt in jeder gesehenen Bewegung llirmieh mehr oder weniger Tätig keit. Es ist also durch jede Bewegung, die ich sehe, ein Aiilaü gegeben zum >Nachbelfen«. Da ich immerhin die Bewegung sich vollziehen sehe, also mein Tätigkeitstrieb innerlich sich befriedigt, so ist dieser Anlaß kein Grund zur eigenen Ausführung der Bewegung. Aber er ist ein Grund zu einem Bewegnngsansatz, zu einer Spannung der Muskeln, nümlich au der Spannung, wie sie zur eigenen Über- windung des HemmniBBes erforderlich wftie.

Hier nun sind wir angelangt bei den Muskelspannnngtti, auf die man bei der lein inneren Nachahmung so yiel Gewicht gelegt hat In der Tat werden bei Betrachtung von Bewegungen Anderer, und zwar in dem Maße, als ioh ihnen betrachtend hingegeben bin, uud zugleich in dem Maße als darin «Arbeit« liegt, solche Spannunsren in meinen Muskeln nie fehlen. Sie werden eintreten aus dem bezeichneten Grunde. Dabei sind unter den »Bewegungen« nicht nur die jetzt vor meinen Augen sich vollziehenden Be- wegungen, sondern auch die Stellungen und Haltungen verstanden. Und hinzugeHigt kann werden, daß sohshe Spannungen nicht nur bei Betrachtung von Bewegungen eines menschlichen Körpers, sondern ebensowohl bei Betrachtung sonstiger Bewegungen, und weiterhin hei Betrachtung aller möglichen Formen, insbesondere etwa architektonischer Formen, sich einstellen oder einstellen kOnnen.

Was nun bedeute^ diese Spannungen oder, allgemeiner gesagt, diese Organempfindungen, flir die Einfühlung? Welche Bedeutung

haben sie illr den ästlietiseheu Genuß, der uichts ist ab Genuß des eingefUhlten Selbst, d. h. der eingefUhlten Selbstbetätigung?

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Theodor Lippe,

Meine Antwort anf diese Frage lautet: Sie haben daiHr ganz and gar keine Bedentang. Um im folgenden für die Mar in Bede stehenden Spannnngen einen kurzen Namen m haben, bezeiehne Ich sie als induzierte Spannuigen. »Induzierte Spannungen« sind also solehe, die in der ästhetisehen Betiachtung eines Objektes and anf Grund dieser Betrachtung sieh ergeben.

Die Theorie, die Bolchen Spannuu^^äempfiüduugeu eine ästhetische Bedeutung beimiÜt, kann dreierlei meinen.

Die erst« Möglichkeit ist diese: Man befreht die unglückseligste Verwechislnnir, die einem Psvcholoiren lieiregueu kann, nämlich die Verwecb8lun«i: dieser Spannungsomptiudungen mit dem Gefühl der Tätigkeit^ dem GefUhl des Strebens, des sich Bemühens, der An- strengung oder »Anspannung« des Willens, des Widerstandes oder Standhaltens, des Kraftaufwandes, endlieh des Gelingens oder der Beiriedigung des Strebens. Man verweehselt das Empfindunga- erlebnJs der Spannung in den Muskeln, d. h. den eigentttmliehen, nieht nüher besohrdbbaien, in denMuskeln lokalisierten £mpfindunga* Inhalt, den wir als »Spannung« zu bezeiehnen pflegen, weil derselbe einem Wollen oder einer Willensanspannung sein Dasein zu verdanken und demgemlB yon einem Geftthl der Spannung: nämlich der Anspannung des Wullens begleitet zu aein pflegt, mit diesem GefUhl. Man unterliegt der Begriffsverwirrung, welcher derjenige unterliegen würde, der den Durst nach Rache mit einem frischen Trunk löHchen, oder der die Wärme der Anteil nubme nach Celsius bestimmen wollte. Man redet in allem Ernst von einem kdrperliohen >E[raftsinn« u. dgl.

Die zweite Möglichkeit ist die : Man begeht jene Yerwechslnng nieht, sondern scheidet das GeAlhl der Tätigkeit yon den körper- lieben Empfindungsinhalten, bült aber jene »induzierten« Spannungs- empfindungen ihr eine besonders erfreuliehe Saehe, und meint, die Lust, die mir daraus entstehe, sei entweder nut der Lust an dem sehOnen Otjekte identisob, oder sie trage doch dazu Er- kleckliches bei.

Die dritte Anschanong endlich begeht eine womöglich noch üblere Verwechslung als die erste. Sie läßt die Lust an dem schönen Objekte nicht auf den fraglichen Organemjjliiidnngen be- ruhen, sondern dadurch ganz oder teilweise konstituiert sein. Der ästhetische Genuß, so ist die Meinung, besteht ganz oder teilweise im Haben von Organempfindongen \ die Lust am ästhetischen

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EinfflhtBug, innere Nadiabniniif^, und Qigananpfindangen. 199

Objekte ist ganz oder teilweise ein Komplex Ton solchen Kmptin- dangen.

Hier darf ich wohl hinzufügen: Diese dritte Meinung hftt im Grunde niemand. Aber sie liegt in mancherlei Wendungen, wenn man diese im vollen Ernste nimmt. Man scheidet eben nicht ge- nügend scharf die beiden Möglichkeiten, daß die Freude am ästhetischen Objekt ganz oder teilweise Freude sei nicht am Ssthetischen Obj^t» sondern an meinen Organempfindnngen, nnd die andere, daB die Organempfinduu^eu, uder genauer ihre Ihhalte, einen Bestandteil dieser Freude ausmachen, oder als Bestandteil in dieselbe »eingehen«.

Was nun die erste dieser drei Anschauungen betrifft, bo habe ich dagegen mehrfach mich gewendet. leh verweise insbesondere auf meine Schrift über »Selbstbewußtseiu, Emptindun^- und GetUhi« lUOl, und auf den ersten der Aufsätze, die ich in der Zeitschrift für Psychologie usw. unter dem Titel »Elinige psychologische Streitpunkte« veröffentlicht habe.

Hier bemerke ich dazu zunächst, daß mein Bewußtsein jener Identifikation von Organempfindungen und Gefühlen der Tätigkeit, des Ströhens, der Kraft usw. aah Bestimmteste widerspricht Ich linde, wenn ich eine Bewegung will und ToUbringe, mich strebend nach den Empfinduugeu, in welchen für mich die Bewegung be- steht, also nach den Spannungsempfindungen, finde mich bemttht um dieselben, befriedigt durch dieselben, karz finde mich und mein TätigkeitsgefUlil ihutju gegenüber, finde die peripherischen Erlebnisse als Objekt, worauf das Oeftlhl bezogen ist. Ich finde mit einem Worte diese beiden Gattungen von Erlebnissen un- mittelbar p"esondert und (jualitativ geschieden. Ich verstehe darum jene ideutitikation nur bei einer Psychologie, die bei Aussagen Uber Bewußtseinserlebnisse yielleicht allerlei zu Kate zieht, nur die BewuBtseinserlebnisse, um die es sich handelt, gnmdslUslioh yer- naehlässigt.

Was die sweite Meinung angeht, so bemerke ich, daß Spannungs- empfindungen, wie kinftsthelische Empfindungen Überhaupt, wenn ieh absehe yon dem begleitenden Gefbhl des Strebens, der Be- mtthnng, des Oelingens, die gleichgültigste Sache von der Welt sind. Sie sind für mich Gegenstand eines Interesses nur, wenn sie allzu stark sind. Und dann sind sie unangenehm.

Die dritte Meinung bedarf keiner emsthaflen Widerlegung.

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Theodor Lipps,

Bestände meine Liut in Oiganempfindnngen, so mttßte aach die UnloBt in aolehen bestehen. leb ftoble aber in dem bezeichneten Falle Unhist »an« Orgauempfindiiii^eD. Und dabei ist wiedemm

ftir mich die Unlust von den Organeinpfiudungen jiufs deutlicbstc unterHchieden. Es kann aber nieniiind meinen, es gäbe hinsichtlich der Unlü<t die zwei Möirlirbkeiten, die eine, daß sie iii Organ- emptindun^en beste iiej (üe andere, daß aie diesen »gegenttbci« gefühlt werde.

Im Übrigen habe loh den sämtlichen drei oben unterschiedenen Meinungen gegenüber zu bemerken, daß ich, wie schon aus oben gesagtem idch ergibt, in der ästhetischen Nachahmung von Span- nungen, und ?on Organempfindnngen Überhaupt, um so weniger weifi, je mehr ich dem ästhetisehen Objekt betrachtend hingegeben bin. All dergleichen yersehwindet fttr mein Bewußtsein Y<)Uig. Ich bin dieser Sphäre meines Erlebens ganz und gar entrttckt

Und so ist es nicht nur, sondern so muß es sein. Organ- empfindnngen sind gegenständliche Erlebnisse, und diese konkur- rieren notwendig mit änderten gegenBtaudliehen Erlebnissen. Und dies heißt beispielsweise, daB die Empiiudungcn von Zuständlich- keiten meines Körpers Tiieinem Bewnßtsein entschwinden müssen, in dem Maße als ich dem ästhetischen Objekt dem ja doch unn einmal die Zuständlichkcitcn meines Körpers nicht angehören betrachtend hingegeben bin.

Diese Abwendung des Bewußtseins von den Zuständlichkciten meines Ettipers schließt aber sowohl ans, daß die Empfindung derselben mit dem Gefühl der Tätigkeit, das ich in der ästhe- tischen Betrachtung gewinne, identisch, als daß die Freude, die ich aogesiehts des ästhetischen Objektes fühle, in Wahrheit, sei es ganz, sei es teilweise, Freude an diesen körperlichen Zns^dlich- keiten sei, als auch endlich, daß meine Freude am ästhetisehen Objekte in der Enipimdimg dieser Zustüudlichkeiteu ganz oder teilweise bestehe.

Weiter bemerke ich gegen die erste und die zweite jener drei sonderbaren Meinungen daß Sebönbrit eines Oljjektes alle- mal Schönheit dieses Objektes ist, nnd niemals Annehmlichkeit von irgend etwas, dns nicht dies schöne Objekt ist oder ihm zu- gehört Dies heißt insbesondere: Es ist unmöglich, daß Lust an Zuständlichkciten meines Körpers, dieses von dem betrachteten Objekte verschiedenen, vlelleieht räumlich von ihm weit entfernten

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£iiifilhlii]ig, ümeie N«eluüimmig, und Organempfiiidimgion. 201

Dinpres, von mir f^efülilt werde als l^ii-^t ;ui diesem Objekte. Lust »an« KJirpcrziiBtäTHlliclikoitrii iat Luat, die ich fUhle, indem ich anf die Kürperzuatüudlichkeiteu achte. Etwa«» ist mir lustvoll, dies heißt gar nichts anderes als: ich habe ein Lust^cflUil, indem ich innerlich ihm zugewendet bin. Last aber, die ich fuhle, indem ich auf meine kOfperlichen Znständlichkeiten, oder die Vorgänge in meinen Organen, aehte, kann niclit weder ganz noch teil- weiae identisch sein mit Lnsty die ich ftlhlCi indem ich anf die Vorginge in meinen Oiganen nicht achte, sondern mit meiner ganxen AnfinerkBamkelt dem ästhetischen Oljekte zugewendet bin. Kurz, Ä kann nicht = non A sein. So yerhält es sich, mag man nim die Empfindungen der kdr|>eTlichen Vorgänge mit dem GeAlhl der Tätigkeit identifizieren, oder diese Identifikation unterlassen.

Zu allerletzt aber verweise ich >Aicderum gegen alle drei Meinungen auf jedermann bekannte oder von jedermauu leicht venlizierbjire Tatf^aehen.

Ich betrachte ein Gemälde erst in einer unbequemen, dann in einer bequemen Stellung. Die Verschiedenheit der Stellungen ist für mein Bewußtsein eine Verschiedenheit von Organempfindungen.

Dabei bestehen die beiden Möglichkeiten. Ich bin in die Be- tnushtong des Gemäldes so reisenkt, daß mir die Bequemlichkeit oder Unbequemlichkeit meiner Stellung niclit zum BewuBtsein kommt Dann haben jene Organempfindungen flir meinen llsthe- tisehen Ctonufi keinerlei Bedeutung.

Oder aber es gelingt mir nicht, die Annehmliehkeit oder Un- annehmlichkeit meiner Stellung völlig auszuschalten. Dann er- leichtert mir die bequeme Stellung meinen Genuß, während die unbequ lue ihn mir erschwert. Aber auch hier bin ich keinen Monieot in Versuchung, die Lmt bezw. die Unlust an meinen Organemptiudnngen der Schönheit des Objektes zuzurechnen bezw. sie davon in Abzug zu bringen. Sondern nichts ist mir klarer, als daß diese beiden Tatsachen, Schönheit des Oemäldes und Annehmlichkeit oder Unannehmlichkeit von EOiperempfindungen, gar nichts miteinander zu tun haben. Ich setze die unangenehmen Organempfindungen so wenig auf Bechnung des ästhetischen Wertes des Objektes, als ich die Wärme oder Kälte in dem Baum, in welchem das Qemälde hängt, oder mdnen Hunger oder meinen Durst, oder meinen Zahnschmerz, auf Bechnung desselben setze.

Diesen Tatsachen gegenüber gibt es nur noch eine mögliche

AmUt Ar Pijchologt«. I. 14

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202

Theodor Lipps,

Ocgenbemerknng. Man erinnert daran, daß die hier eigentlich in Bede stehenden Organempfindungen »indnzierte« seien.

Aber was heißt nun die«? Was heißt es für mein Bewußt- sein? Denn um einen Bewiißtseinstatbestaml hiindelt es sich hier. Für mein Bewußtsein sollen die »induzierten« Spannungen, oder soll die angebliche Lust au diesen Spannunurn zum ästhetischen Objekt f^ehören, oder einen Bestandteil am (ienuß desselben ans- macheUi während ?oa sonstigen Bpanmmgen, z. B. den aus meiner bequemen oder unbequemen Stellung bei Betrachtung eines ilsthe- tischen Objektes, nichts dergleichen gilt Es muß also für mein Bewnfttsein jenen Spannungen etwas Eligenarfciges anhaften, das bei diesen fehlt Worin nnn bestellt dies? Was, genauer gesagt, Aigt sieh fllr mein Bewnfitsein swischen das betrachtete Objekt nnd die »indnzierten« Spannungen ein, das diese Spannungen als ans dem Objekt nnd seiner Betrachtung hmtammend erscheinen lassen kann.

Auf diese Fraire imu kiMiuen wir die Antwort. Die Spannungen, die sich aus der beiiuemen oder unbequemen Stelluufr ergeben, sind, wie beschaffen sie auch sein mögen, nnr einfach da. Die »indozierten« Spannungen da^e^en gehen hervor aus (irm luhl- baren Streben, sich Bemühen, Gelingen des Btrebens, kurz aus der Ton mir gefühlten inneren Tätigkeit Und diese Tätigkeit wiederum fühle ich in der Betrachtung des ästhetischen Objektes, und finde sie an das Ssthetische Objekt nnmittelbar gebunden. Ab- gesehen Ton dieser meiner inneren Tätigkeit wiren aneh diese induzierten Spannungen eben Spannungen, durchaus gleichaitig den aus meiner zuDlUigen Steiiung sieh ergebenden, und dem- gemttB, wie diese, etwas absolut jenseits des Sstfaetiscben Genusses Stehendes.

Also ist dasjenige, was von den Spannungen ästhetisch iu Betracht kommt, eben jenes Tätigkeitsgefllhl. Mit anderen Worten: Die ganze Berufung auf die Spannungen ist ein Mißverständnis. Man meint, indem man von ihnen redet, etwas völlig Anderes. Man meint die Einfühlung. »Einftlhlen« aber heißt nicht etwas in seinem Körper empfinden, sondern etwas, nämlich sich selbst, in dem Xsthetischen Objekte fühlen.

Ich setzte bisher voraus, der Gegenstand der Msthetisehen Be- trachtung sei eine menschliche Bewegung, Stellung, Haltung. Glei- cher Art, wie hier, ist aber die Einftlhlnng aueh in anderen Fullen,

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Einftthlong, innere NadifthmiiDg, und Oi^nempfindiuigen. 203

z. B. bei der Betrachtang architektonischer Formen. Ich f^hle in der Betraohtnng einer weiten Halle eine innere »AvBweitiuigr«, es wird mir »weit« nmB Heiz; ich habe dies eigentümliche Selbal- gefklhL Damit verbinden sieh Mnskelflpannmigen, vielleieht soUshe, dnroh weldhe der Brnstomfang weiter wird. Diese existieren freilich ftlr mein Bewnfitsein nicht, solange meine Aafinerksamkdt auf die weite Halle gerichtet ist. Aber dies hindert vielleicht einen Ästhetiker uicht, das Gefühl der iunereu Auj^weitiingmit dieser Emptindung der den Körper ausweitenden Muskelspaunungen za verwechseln. Anch hier, wie bei dem Dnrst nach Wasser und dem Dnrst nach Rache, nnd in noch sehr vielen anderen Fällen, verwendet ja der Spracbgebraaoh aas guten Grttndeu gleiche Ausdrucke.

Aber dies Alles sind eben Verwechsluigen. In Wahrheit sind die Empfindimgen meines ogenen körperlichen Znstandes in der Sathetisehen Betrachtang nnr da, nm fttr mich ganx nnd gar nicht da za sein.

Aber vielleieht haben Air den isthetiBchen GennB Organ-

empfindtingen, die ich als vom Objekt der Betrachtung erlebt vor- stelle, Jiedeiitiing. Dies muß ich nicht minder leugnen. Sehe ich [in einer plastischen Darstellung einen Menschen sich auf- richten, so existieren fllr meine ästhetische Betrachtimg die Orgiin- empfindungen , die ein wirklicher Mensch haben Wörde, wenn er so sich aufrichtete, ebenso wenig wie meine eigenen Organ- empfindungen. Was ich der plastischen f! estalt unmittelbar ansehe, das ist ihr Wollen, die Kraft, der Stolz. Nur dies liegt ftlr die Betrachtnng nnmitlelb«r in dem Betrachteten. Und nun ästhetischen Olyektgehttrt mm emmal nnr, was in dem Betrachteten nnmiitelbar liegt Daß bei einon solchen Menschen, wenn er ein wirklicher Mensch wSre, avch die Organemptindungen nnweigerlich sich ein^ steUen würden, ist eine Zntat meiner Reflexion.

Im nbrigen sind, wie schon gesagt, solche Organempflndnngen schlechterdings uninteresöant, wenn sie nicht etwa peinigend sind. Und in diesem letzteren Falle kann auch es geschehen, daß ich von ihnen ein Bewußtsein habe. Nur ist es dann mit der reinen ästhetischen Betrachtung zu Ende.

Sehe ich etwa eine Tänzerin auf den Zeheusi)itzcn tanzen, dann diftngt sich mir die Vorstellung der nnangenehmen Empfindong,

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204 Theodor Lipp«, Eiuftlmiiig, Innere Nechiüimimg etc.

die a'w. habeu muß, uuf. Damit bin ich aber aus der ästhetischen Betrachtung heraoflgeBchleadert. J^ieht W€gen der Unannehmlich- keit der Empfindimg^, Bondern wegen der Empfindung. Aach KniDiiier ist unangenehm^ aber der Kummer, den ich einer Geatah ansehe, hebt die äadieiiBehe Betrachtung nieht tat Dieser ist eben eingedlhlt

Anoh der ala hnngrig Daigeatellte ist nieht als hungrig dar- geetellt; iondem daigeatellt iat nur die Weiae, wie ihm zu Mute ist Nnr diesea alfektiTe Moment erlebe ieh in der ästbetlBohen Be- trachtimg mit. Daß bei einer solchen Weise, wie einem Menschen

zu Mute ist, iiuiip:cr der Anlaß zu sein pflegt, ist eine verstaudes- mäßif!:e Interpretati m.

Kurz, Organemphiidnng:en, welcher Art sie anch sein mögen, ^'(■ln Ii in die ästhetische Betrachtung und den ästhetischen Genuß in keiner Weise ein. Es gehört zum Wesen der äathetiAchen Be- tcachtnng, sie schlechterdinga anaznscheiden.

Und es gehört zur wisscnschaftliehen Ästhetil^ nnd ist Be- dingung ihrer geennden £ntwioklang, dafi sie Ton der Oigan- empfindnngskrankheit nnn alhn&Uidi sich wiedemm erhole.

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Differenztö&e und Konsonanz.

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DifferenztOne und Konsonanz.

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4'^ f\ StiMTipf Erwiderung [auf Nr. ^iW^. ELonda.

60. ¥. Krueger, Das UnterBcheidendo dvr Konsonanz und Dissouanz.

MUnch. med. Wochonaclir. 18B2 (auch in : Sitzber. d. Fbysiol. Vereina Kiel 1901/2).

51. W. Wmidt, Onuidslige (a. Nr. 8). Bd. IL 6. Avfl. 190B.

^ SS. y. Bensen, Die Fortschritte in einigen Teilen der Physiologie des Gehtfrs. Ergebnisse d. PbyaioL L Jahrg. Nr. XX. Wiesbaden 1908.

Einleitimg.

Vorlänfif^e Fragestellang.

Konsoiiauz und D'moamx. sind in erster länie psychologi- sche Begri£fe.

Unabhängig von aller physikalischen nnd physiologischen Theorie bezeichnen wir mit diesen Ausdrücken bestimmte Tatsachen des Bewußtseins, deatlicli charakterisierte nnd nnterseheidbare Wahr- nehmniigserlehmsse, specieUer: Eigensehaften nnd Unterschiede von CtehOiseindrllcken, die wir Jedem Kormalhörenden nnmittelbar anf- zeigen kbnnra. Die psychologische Angabe isti diese Tatsachen erschöpfend nnd möglichst einfoch m besebreiben; worin die For- derung eingeschlossen ist, sie in den Zusammenhang der Hbrigen Bevvußtseinserscheiüuii^'eu möglichst vollBtändig cinzuordiitiii.

Jahrhunderte hindurch begnügte sieh die Wissenschaft mit dem Hinweis auf dif inimer genauer erkannten Maß- und Zahlenver- hältniBBe der tonenden Körper. Heute L'hnihr lüeniuiid mehr, das Konsonanzproblem mit den Mitteln der Physik lösen zu können. Die physikalische Akustik kennt nur materielle Bewegungen yer^ schiedener Grüße und Geschwindigkeit; selbst wenn die mathe- matisoh-meohanisehe Theorie der Klangwellen vollendet wäre: die Physik als solche hat nichts sn ton mit den BewnStseinsersohei- nnngen der Eonsonans nnd Dissonanz nnd deren nnterscheidenden Merkmalen*

Dagegen ist das Eonsonanzproblem wie alle psydhologischen Probleme zngldeh ein physiologisches. Die Lehre von den Gehirn- und Nervenfuuktionen hat gewiss die Aufgabe, die Pliil- nomene der Konsonanz iu den Zusamm 'iiliang ihrer Tatsachen und iTcaetze zu begreifen. An die Lösung dieser Aufpibe ist jedoch nicht zu denkeu, solange nicht wenigstens die Elementar- ▼oigänge, die der Wahrnehmung eines einzelnen Tones eutsprecheni

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Felix Eneger,

völlig klargestellt siud. Wirken zwei oder mehr eiofacfae Ton- bewegimgen gleichzeitig auf das Gehörorgan, so treten Kombi- DBtiouserscheionngen aof, ftür deren phyeiologiflehe Deatnog z. T. nnerläBliehe Vorarbeiten der mathemAtiaehen l^yeik nnd der Histo- logie noeh fehlen (TgL Nr. 98 des LiteratuyerzeichniflseB, 8. 303, 305).

Die physiologische Theorie des HOrens llberhaapt ist gerade dnreh die Bekanntschaft mit den EomhinationstOnen und einigen verwandten Tatsachen neuerdings in hochgradige Verwirrung f?e- rateu. Und erst die voraussetzungslose, psych olo^^ische Fest- stellung dessen, was beim Zusaumienklangc mehrerer Tr»ne wirk- lich geliürt wird, läßt gegenwärtig eiiu- Ausgleicliuntr der zahl- reichen physiologischen MeinungsverschiedenLeiteu erhotfen. Mit den Methuden der experimentellen Psychologie hat sich eine wesentliche Vereinfachung des Tatsuehenmaterials erreichen lassen, das der Erklärung harrt; folgenreiche und einander widerstreitende Hypothesen neuerer Physiologen erweisen sich auf diesem Wege jetzt als ttherflllsi^ oder geradezti als tatsaohenwidrig; die phy- siologische Akustik wird sich in Zukunft manchen Umweg ersparen, wenn sie die gesicherten fiigehnisse der psychologischen Beob- achtnng mehr als bisher beachtet. Ein physiologisches Begreifen der Konsonanz und Dissonanz setzt nicht nur die Erklärun^,^ der physiologischen Elcmentanorgäugc voraus, sondern gleichzeitig die psychitldsi^isehe Kenntnis alles dessen, was bei der Wahrnehmung von Konfsouanzen oder Dissonanzen jeweils »subjektiv« erlebt wird. Diese (regelmäßigen) Erlebnisse aber sind so mannigfaltig und kompliziert, daß sie zur Zeit noch keineswegs zareichend zer- gliedert und beschrieben sind.

Die bisher vorliegend! v spnrlicheu Versuche ciuoi physiologischen Erklärung der Konsonanz miissen als verfrfiht gelten. Ewald (33, 160 f.) gründet diesen Versuch unmittelbar uut' eine neue Theorie des HOrens, der von Meyer, von mir und anderen in mehr als einer Hinsiebt widersprochen wurdet). Auch wenn indessen diese Theorie der »Sehallbilder« haltbar wire, ergibe sieh ans ihr allein keineswegs) was Ewald »lehr dnfseh« als Nebenerfolg zn gewinnen glaubt, ein physiologisches Verständnis der Konsonanz und DisBonnnz. Ewald setet ohne physiologisehe BegrOndnng oder Interpretation eine »pqrchi-

1) Meyer (29;. Vgl. S8, 2^S. Wandt 61, 126, 13öf. Hensen öS,891f.

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DifferenstOne und Konsonani.

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sehe BearteiluDg« gewisser rftmnlicher Verhältnisse der schwingenden Basüarmembran voraus 'V Den kombinierten Wellensystemen, die hier nach FwrUde^ Thfori» durch alle Mehrklänge entstehen, soll der Hörende >entuehmen« k<nmeii, »ob nnd in welchem Abstände sich Wellen des einen Systems mit Wellen des anderen vollständig decken oder sich decken wtirdeu, wenn beide Systeme Uber eine längere Meubranstrecke fortgesetit wtten«. UmBiaikkliadie beiifien die FäUgkeit jener Be- urtoamig nicht. Sehen dieeer Znsati der Theerie weist darauf hin, was laUreiehe Tatsaelien des Bewußtseins inr Gewißheit machen, daß die Pliynologie der KonsooMiz bei den Funktionell des periphearisdien Gehörorgans nicht stehen Ideiben kann, daß sie vielmehr die nervösen Zentren wird heranziehen mtlssen.

So verlest denn auch Stnmpf seine hypothetischen »Synergen«, die den Konsonanzbeziehungen physiologisch m gründe lägen, ins (Je- him (s. 13 II, 152; 17, 50). Aber er verzichtet naturgemäß auf jede nähere Bestimmiuig dieses Begriffs und stellt damit nur eine Frage an eine znkOnftige Physiologie. Zu den Voraussetzungen dieser physio- logischen Aufgabe gehört in erster Liiiie eine genane Kenntnis dw in erkürenden Bewnßtselnserseheinnngen.

Mit "Nntweiidii^^kcit int der wi^^snisi'liaftlichc streit um die Kou- sonauz neuerdings mehr und mehr auf da» psychologische Gebiet tlbergegaDgen und wird zur Zeit fast ansschließlieh von Psycho- logen gefühlt Die Psychologie ist in dieser Frage dem Ziele eines TOiMtssetantngBlosen und ziuMunmenhllngeiiden Begreifens näher als die Physiologie. Zahlreiche BewaBtsdnsTorgftnge, deren physio- logische Korrelate höchst komplex und noch ganz oder großenteils nnhekannt sind, steUen, psychologisch betrachtet, einfache, letzte Tatsachen dar, von denen die psychologische Theorie ausgehen darf, ohne dogmatischen YoniTteilen Banm zu gehen. Wichtige gesetzmäßige Zusammenhänge der Wahmehmungserlebnisse mit höheren seelischen Funktionen, wie Erinnerung, Gefllbl, Urteil, sind bereits einigermaßen sichergestellt. Die allgemeine Theorie der psychischen Relationen wurde haltbar augebaut. Trotzdem noch iu neuester Zeit von hervorragend sachverständiger Seite eine gewisse Resignation lant wnrde^), ist der Versach einer psycho- iogisohen Theorie der Konsonanz nnd IHssonanz gegenwärtig nieht mehr anssichtslos.

Eine besondere Gefahr liegt für dieses, wie ftlr jedes psycho-

1) Ähnhch Frey er (6, Ö9), dessen Hypothese zur Physiologie der Kon- sonaaBwahmebmniig im Prindpe der Ewaldschen verwandt ist; vgl. hn folgenden Absc linltt C Kap. I b.

2) Von selten Stumpf«; vgl. ün folgenden A IQ.

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Felix Kmeger,

logüche Uuteruebmeu iu der aufertigen, schwankeudeu und popolär aufgeweichten liomenklatar der allgemeinen Psychologie. Umao kritischer mttflflen alle vieldeutigen Ausdrttoke geprüft werden. Empiriflch nnsiureioliend bc^irlliidet« oder gmr niobt veiifisierte Be^ griffe flind zmHokznwelBen. Es gilt echleeliterdiiigs nnr: TMaeehen genau lud ein&eh sn beeohieiben. Zu diesem Behafe haben wir die in Fiage stehenden psyehisehen Erscheimingen soigflUtig bei nns and anderen an beobaefaten, mit Hilfe der experimentelle Variation and Messung sie so weit wie m9gIiob an zergliedern, endlich: Tatsacheu mit Tatsachen ver^^lcichend zu verknüpfen, wo- bei die Eintiilirung hypothetischer AiittelgUedcr uuch Möglichkeit zu beschränken ist

A. Oegemwirtiger Staad des KoaseDanzproble».

I. Die Erklärungen durch Obertüue.

Was Helmholts in der soeben beieicbnetan Bichtang positiT geleistet hat, bildet noch immer den Ansgangspnnkt der ErOrte- rangen Uber anser Problem. Seine Anschaanngen Tom Wesen der Konsonanz and Dissonanz sind so bekannt, dass sie nicht von nenem dargestellt za werden braachen. Karz gesagt, sind Air Helmholtz die dissonanten Zusammenklänge dadurch charakteri- siert, dasö sie Obertöne enthalten, die miteinander uuau^^cuciime Schwebungen bilden. Die Konsiuianzen sind an sirezei ebnet durch das Fehlen dieser Schwebungen und dureh das Zusammenfallen identischer Obertöne. Ob^^leieb diese Lehre vielt'arb noch j2:egen- wärtig ohne Einschränkung vorgetragen wird, tiuden sich doch ernste Bedenken gegen sie schon in der älteren, ja in der voi^ Heimholtzischen Literatur. Schon dem IB. Jahrhundert waren die soeben erwähnten Erkiftrangsprinzipien bekannt {vgl Mach 84, 48); und lange beyor Helmholtz sie systematisch ansfilhrte, Warden sie von Terschiedenen Seiten bekibnpft (Literatnr bei Stampf 17, If. Anm.). Seither wnrde die Theorie oft and gründ- lich kritisiert, am eingehendsten von Lipps (7 u. 8), Wandt (8) and Stumpf (13 passim; 17, 2il).

Was das Zusammenfallen gewisser Obertiine (miteinander oder mit eiueni Primärtone) angeht, so bat man vielfach mit Keeht hervorgehoben, dass es einem konsonanten Zusammenklange

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DifferenstOno imd Konsonanz.

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mcbt anznbQren ist, ob den Klängen, die ihn bilden, irgend welche PartialtOiie gemeiBBam Bind. Beim OktavensweiklAiig z. B. nuMhi^ es psyehologiseh keineii Unterschied, ob da jeder Oberton des tieferen EUuiges mit einem geradasahligen Paitialtone des höheren zQSammenAUt nnd dadnreh Terstllrkt wird, oder ob der höhere Omndton vielleicht gar keine ObertOne mit sich fbhrt, nnd Jene YerBtärknngen anf andere Weise objektiY enengt werden. Nur bei aufeinander folgten den Klängen kann das Moment der identischen Obertöne unuiittelbai zur Geltung: kommen.

Im Falle der Oktave einschließlich ihrer Oktavenerweiteruiif^n, der Duodezime und vieUeicht noch einiji^pr nnderer hervorraiicud einfacher Schwingun^sverhältnisse wird dadurch unabhängig von jeder Analyse eine gewisse Verwandtschaft der einzeluen Gesamt- klänge entstehen» wie sie Helmboltz als Ähnlichkeit der Total- eindrtteke psychologisch einwandfrei beschrieben hat [1, 595). Das so bedingte ÄhnUchkeitsbewnßtsein wird freilich in der Begel früh- xeHig dnreh andere Er&hmngen kompliiiert dnrch Enehei- nnngen an Znaammenklüngen , die mit identisohen OberiOnen nichts zn tmi haben. Aber das hindert nicht, mid noch weniger darf die anf&Ilendere, mannigfaltiger nnd bestimmter abgestafte Ähnlichkeit der in der Tonreihe benaebbarten Töne nns hindern, auch jene Verwandtschaft als Ahnlieiikeit, in einer bestimmten Hinsicht, anzuerkennen. Gehört doch z. B. auf dem optifichen Gebiete jede einfache Farbe, nach Sättip^ung und Farbeuton, zwei verscliiedtiu [1 (juMÜtativen Ahnlichkeitsrcihen an.

Man hat ucacrdiugs versucht, die Helmboltz ische Konsonanz- tbeoiie dadnreh zu festigen und gleichzeitig zu vereinfachen, daß man das Prinzip der identischen ObertOne in den Mittelpunkt stellte, die Scbwebnngen dagegen nnr als accessorischen, Tcntärkenden Faktor der Dissonanz gelten Üefi. Allein, wie wir sahen, ist jenes Fdnzip uumreichend, soweit Eigenschaften von Znsammen- Uftogen in Frage stehen; es kann unmittelbar nnr auf Klangfolgen Anwendung finden: hier aber darf, wie ich des Nftheren zn zeigen gedenke, Ton Eonsonans hOehstens in einem ttbertragenen Sinne des Wortes geredet werden (vgl. im folgenden B III u. D). Wer beim Nacheinander wie bei der Gleichzeitigkeit von Klängen die Qualitäten der Kongonanz und Dissonanz wahrzunehmen behauptet, der püegt doch soviel zuzugelj« n , daR diene Qualitäten und ihre Unterschiede im ersten Falle erheblich uudeatiicher, weniger aos-

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Felix Krnefsr,

geprä^ seieu. Die Erscbeinuugen der KiMisniian/, und Dissonanz sind ebenso ursprtln^^lieli , sind manTii^^faltij;cr uud a-iehen weiter als die durch genieinsame Obertöne bediu^i^te Verwandtschaft ge- wisser Klänge. Diese Klangverwandtschaft und die Konsonanz sind qualitativ verschiedene Tatsachen des Bewußtseins, die in llirer unprUngUohen Fonn, als Binnliohe Eirlebiliflfle niohta mit- dnander zn tos haben, so gewiß sie mittelbar, anf gnmd der Erfahrung mannigiaehe aMosiative Yerbindnngeii eingehen.

Wir branehen an dieeem, sp&ier noch mehrfach an erörternden Funkte^) uns deshalb jetat nicht l&nger anfimhalten, weil durch neuere tonpsyehologiscbe Untenmehnngen allen den Eonscmaas- theoricn der Boden entzoj2:en ist, die wesentlich und primär oder gar ausschließlich auf irgend welche VerhäUuisse der Obertöne zarttckgehen. Ilclmholtz hatte folgerichtig augeuomnien, dab bei obertonfreien Zusammenklänpren die Unterschiede der Konsonanz und Dissonanz fortfielen; z. B. ^^äben »zwei gedackte Pfeifen, deren Intervall zwischen großer und kleiner Terz liegt, eine ganz ebenso gnte Konsonanz, als wenn das Tntervall genan einer kleinen Terz entsprSehe« (1,329,332,337). Diese Angabe, die auf tttehtige Aknstiker großen Eindmck gemacht hat, konnte ich experimentell niemals bestätigt finden, weder an gedachten Pfeifen noch aa Stimmgabeln. Stumpf hat sie neuerdings genaner geprOft und widerlegt (17, 12 fr.; 19, 131, 163). Dnich umfassende Yersnehs- reihen Stumpfs und Meyers stellte sich heraus, daß im Zu- sammenklange wie im Nacheinander die Intervalle ans einfachen Tönen sogar feiner liiuäiciitücii ihrer Reinheit beurteilt werden als die obertonreichen.

Nun ist freilich das Intervall urteil von dem unmittelbaren Sinueseindruck der Konsonanz und Dissonanz wohl zu unterschei- den (vgl. im folgenden B II u. D). Helmholtz vernachlässigt im allgemeinen diesen psychologischen Unterschied ; hier jedoch zieht er ihn heran, indem er zugibt, daß »ein geübtes musikali- sches Ohr« ein stark Ycrstimmtes Intervall ans einffichen TOnen mOgUcherwmse »als fremd und ungewohnt erkennen, und es des- halb Tielieicht für falsch erklMren würde, aber«, fiüirt er fort, »der usmittelbaie Eindruek anf das Ohr, der einfache shmliche Wohl- klang, abgesehen von aller musikalischen Qewohnheit, iat kein

1) Im folgenden B Ul; C m, 8 und 4.

INfferenxtSiie und Konioiuiue.

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Bclilechtcrer als der der reinen Intervalle« (1, 332). Dem gegen- über stellt Stumpf fest (17, 13), daß ein rein gentimmter Drei- kbmg ans einfachen Tdnen, fUr sich allein za Gehör gebracht, »ganz entzückend sohtfn« klingt und »auch in Hinsicht de^ Geftlhls- wertas lehr beatimmt tob. diBBonanteii oder yentimmteii Akkorden nntenehieden« wird; beides kann ieh das letztere aach für Zweiklinge nur bestätigen (vgl. 86 und im folgenden G m, 2a). Die Erinnerung an obertonreicbe Klftnge, die Helmholtz ttberall za Hüfe mfen mnß, erklärt diese Unterschiede der Geftlkls- wirkong niclit. Ein Erlebnis wird niebt dadnreh angenehm oder unangenehm, daß es früher angenehme oder anangenehme Bestand- teile mit »ich führte, während die das Geillhi bestimuieuden Teil- inhaltc jetzt irilnzlieb fehlen.

Übriiceiis ist es bekannt, dnB mich die in der Musik gebräuch- licheu Klänge vielfach die von der Obertoutheorio geforderten Teiltöne nicht enthalten. Wären doch die tiefsten maßgebenden Partialtöne z. B. bei der kleinen Terz der ö. nnd 6., bei der kleinen Sexte der 5. nnd 8.*).

Helmholtz selbst legte das HanptgewiGlit anf das andere Er* klSnngqiTinzip der Konsonanz: anf die Sohwebnngen; derart, daB er seine Theorie gern als Theorie der Schwebnngen bezdeh- neta. Allerdings lenebtet so viel ohne weiteres ein, daß der Fort- &U der Sebwebungen an sieb keine befriedigende Erklürong der Konsonanz gewährt. Femer gilt von den Schwebnngen der Ober- töne genau dubiiülbe, was soeben über die Unabhüngi^kcit der Konsonanz und Dissonanz von Oijertönen überhaupt gesagt w urde. Dennof>h f^eheint mir die gegen Helmholtz gerichtete Kritik hin- sichtlich der Schwebungen ncncrdings fast durchweg über das Ziel hinauszuschießen. Die Mehrzahl der Kritiker Ubersieht, daß Helmholtz, gestützt anf die Beobachtungen Scheiblers, aneh die Differenztone heranzieht, um die Erscheinungen der Eon-

r Dm Prinzip der identischen Obertöne ist in umfassendster Wflise Toa Wmndt ans^ebaut und durch den Regriff der indirekten Klnnfrverwnndf- »cbaft psypholopscli vertieft worden 2 . Icli M-rzichte an dieser ÖtcUe auf eine zuttaiumeuhüugeude Erürteruug iler ^^ u u ü t sehen Kousonanztheorie, weQ soeben, nach Absdilsfi der ▼erliegenden Arbeit, eine neae, gSnslieh mngearbdtete Dantelliuig dieser Theorie erschienen ist (ffl), worin meine fildier ▼erOff'entlichten Eigebniaee f36 -38^ fast durchweg im 9iiuie der gegenwUrtiß'en Abh.indlnn? verwertet siud. Punkte der ÜbereioBtimmanf werden im folgenden mehrfach benrorzobebea seiiL

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sonanz und Diääouauz begreiflich zn mRchen; daß namentlich die 8chwebun?CTi der Differenztöne denselben lüctrelu gehorchen, ^vie die der Ubertihie. Nur die Unzulänirlichkeit des Beobaehtun'rä- materials und besonders gewisse Vorurteile Uber die Abhängigkeit der Differenztöne von übertönen (vgl. 36, 623; 38, 219 fl.) tcp- flcUosflen bisher die Einsieht in den weitreichenden Zusammen- hang Bwiflchen Differenztonen nnd KonBonaas einen Zosunmen- hftng, mit dem der dritte, systematische Teil dieser Unteraoehung (C) sieb vorztigswelse beschSftigen wird.

Im Yordeigrnnde der Disknasion Uber Konsonaas nad Dirao- naaz stehen gegenwärtig zwei neuere Theorieni die weder Ober- töne noeh DiileienstOae noeh irgend welehe anderen Nebenempfin> düngen zur Erklärung heranziehen: Stumpfs Verscbmelzimgslehre und die ältere) Theorie der SchwingungsrhytlinH it von Lipps. Die neneste m unographische Bearbeitung unseres i'roblems geht davon ati^^, (luli ein Psychologe zur Zeit Tiur noeh mit die^^eTi beiden sich ubzuliuden babe^). Ich halte schon im iiiubiick auf Helmholtz eine solche Beschränkung fhi yerfitiht. Auch sind die theoreti« sehen Ergebnisse von Frey er, Wnndt, KUipe keineswegs ganz identisch mit den Helmholtzischen; Meyer weicht in beachtens- werter Weise von Stampf wie yon Lipps ab. Indessen Lipps and Stumpf haben am eingehendsten ihre gegenaMtzlicben An- sichten begrOndet and anfii bestimmteste die ErklärongSTersache ihrer Vorgänger znrttekgewiesen. Lipps entwickelie aas einem einzigen Prinzipe eine streng In sich geschlossene psycholo- gische Theorie der Konsonanz; indem ich zunächst diese Lehre kiitiBch erörtere, habe ich gleichzeitig zn einigen prinzipiellen Vorfragen Stellung zn nehmen.

H. Lipps' Rhytkmentheorie').

In scharfsinniger Polemik gegen Helmholtz und Wnndt kommt

Lipps zu dem Ergebnis, die Konsonanz oder Dissonanz zweier Töne küuue nur erklärt werden ans den psychologischen Eigen- schaften dieser Töne selbst. Was neben ihnen etwa im Bewußt- sein vor/uliiideu «ei, insonderheit: Obertttne, Scliwebungen, Rauhi^^- kßiif Erinnerung an früheres Znsammengegebensein in einem

1 TToheneiusor 40 Ol f. \ gl. besouilera Nr. 8, 7, 10.

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DiffereaztiJiie imd KonaoiiAits.

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Klange, alles dies sei lur die Sache irrelevant, llir die Erkliiruug unzureichend. Kuii haben aber die bewußten Eni[itiudungen der l>eideu einfachen Töne, so genau wir auch analysierend jede ftir sich betrachten mögen, fllr das Bewußtsein keinerlei Merkmale, wodarch der in Frage stehende Eindruck ihres konaonanten bezw. dissonanten VerhältniflseB konnte begriffen werden.

Daher geht Lipps, wie er es in allen Fragen der Psychologie flu nOttg häl^ Ton den Bewußtseinsinhalten znrttck anf nnbewnßte YoigXnge ihrer EntBtefanng; von den Tonempfindnngen m. den »psyebiBChen Erregungen«, die, an rieh nnbewofit, den Empfin- dungen Jederzeit »zu gründe Ilgen«. Diese unbewußten Erregungen sind zwar als solche in keiner Erfiüimng gegeben, yon ihren Etgensohaften und VerhSltnissen können wir unmittelbar nichts wissen. Aber wir haben den Effekt, auf den sie ihrer Natur nach »abzielen«: den bewußten Einpfindungsiuhalt; auf grand der wirklicli gegebenen Emplindinmon und ihrer lieziehungen können wir jene unbewulUeu Erreguiii^cu so konstruieren, daß diese, bis- her anbegriffenen Beziehungen der Konsonanz, Dissonanz und aller ihrer Folgeerscheinungen im Zusammenhange begreiflich werden. Eine solche Konstruktion hat Lipps bis ins einzelne entworfen und folgeriehtig durehgeflihrt Er meint den Boden der Erfidurnngy der rein empirischen Tatsaehenverknttpfhng da- bei nioht zu verlnssen, weil er einmali selbstverstilndlich, Erfah- rungen des Eonsonanzbewußisrins als das zu Erkl&rende immer im behalt, weiter aber deshalb, weil die Theorie auf empi- rischen Analogien beruhi

Sie geht aus von der physikalischen Tatsache, daß Töne ob- jektiv aus periodischen Luttbewegnugen bestehen. Sie btUtzt sich femer auf die mathematisch-physiologische Hypothese von Ohm und Helmholtz, daß jede zusammengesetzte Klangwellenbcweguug Tom Ohre in ihre sinustormigen Komponenten zerlegt werde. Sie iat endlich auf eine Anzahl psychologischer Analogien gegründet. Um diese zu Terstehen, müssen wir zusehen, wie Lipps mit ihrer Hilfe die unbewußten Tonerregnngen positir bestimmt.

Jeder einzelnen Tonschwingung, so nimmt er an, entspricht psychisch ein gesonderter, wellenartig an- und abschwellender Vorgang. Wenn wir von der Hehrheit und Periodizi^ dieser Vor- gänge nichts empfinden, wenn Tielmehr die physikalische Sckwin- gungsbeweguDg eine Ytfllig rinfbrmige, kontinuierlich ablaufende

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f elix Knieper,

Tonempfindnng auslöst, so beweise das nnr, dafi jene nnbewiifiteii

Erregungen auf dem Wege zur Bewußtwerdiinf? mit einander ver- schmolzen seien. Hier beruft sieh Lipps auf eine erste psyeho- logisclie Analogie: in der Ilauhij,^keit, ja Diskontinuität der tiefsten Töne sei die diskrete Mehrheit der psychischen Elcmentarvor^änge noch unmittelbar und bewuUt zu spüren. Des weiteren, und hierin besteht der Kern seiner Konsouanztheorie, setzt Lipj)s die lleiheu der imbewnßten Tonerregangeii in Analogie zu dem bewußt wahr- genommenen Khythmu 8 periodischer SchallcindrUcke oder Körper- bewegungen. F. W. Opelt und G. Engel sind ihm darin Toraa- gegangen (eitiert bei Stumpf 17, 23).

Neben eine Beifae qnalitatiT nnd intensiv gleieher, seitlich gleich rasoh anfeinander folgender Taktschläge trete eine zweite Beihe, die sich von der ersten nar dadurch anterscheide, daß die, nnter sich wiederum gleichen, Zeitabstände hier größer sind als dort. Dann ist die Größe dieses Unterschiedes, das Verhältnis der beiden Sehlaggeschwindigkeiten für den Eindniek des Hörers nicht gleich- giltiir. Wird z. B. die eine des« hwindigkeit von der anderen am genau än^ Doppeitc übcrtroilen, und nehmen wir noch an, daß der erste Schlag der neu hinzuicckonimenen Keihe mit einem Schlage der anderen zusammentreffe, so muß auch weiterhin jeder Schlag der langsamen Reihe mit einem solchen, und zwar mit jedem zweiten Schlage der schnelleren Reihe aasammenfallen: es ergibt sich das einfiichste rhythmische Qebitde: eine Reihe gleich- artiger £indrttcke, 7on denen jeder zweite YcrstSrkt ist Diesem rhythmischen Verlanfe analog verhalten sich nach der Rhyfhmen- theorie die nnbewnfiten periodischen Erregungen zweier im Oktaren- Terhftltnfs stehender Töne. Ist das seitliche Verhältnis zweier Scblagfolgen komplizierter, etwa so, daß jedes dritte Glit^d der einen mit jedem zweiten der anderen znsammeniallt (Quinte), so wird aueh der Eindnii k weniger einfach. Sehr bald s])ätesten6 da, wo beide Verhält nis/ahlcn p:röner sind als 4 ist die (Irenze erreicht, wo der Rhythmus verworren, unverstilndlich , das Ganze zugleich ausgesprochen unangenehm wird. Ahnlich TerhMIt es sich, bewnßtermafien, mit rhythmischen Bewegangen. Man sieht, wie Ton diesen Voranssetznngen ans die Unterschiede der Kon- sonanz nnd Dissonanz zn erklären sind, Unterschiede, die ja tatsftchlich als solche der Annehmlichkeit nnd einer spezifischen £inftchheit erlebt werden. Konsonanz ist danach begründet dnreh

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Differeiutüue imd Koosoiuds.

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die rbyflnniflolie Übeteinstimmiiiig der imbewofiten Tonerregtmgeii. Sie ist tun 80 ¥Ollk<»mmener, je TOlhrtSiidiger dieie ÜberefneHm-

maiig ist, je einfacher der Gesamtrhythmus der unbewußten Er- regungen sich gliedert. Dissonanz btiiuht auf der Gegensätzlich- keit oder Verworrenheit der za gninde liegenden Rhythmen. Ebenso erklären sich die Verwandtschaftsverhältnisse einander folgender Töne: der Übergang von einem bewußt gegebenen Rhythmus zn einem anderen geschieht ja um so leichter, selbstverständlicher, bemmnngslofler» je einfacher oder tlbereinetimmender die beiden flieh xneiniuider verhatten. In diesem Zosammenbange Tersnebt Lippe anefa die Hanptgeaetae der Tonalittt begieiflieb zn machen; er beruft sieh dabei auf die natttrliebe Obeilegenheit des zwei- teiligen nnd aller doiob 2 teilbaren Rhythmen ttber alle anderen; er betont ferner die allgemeine ttathetiBche Bedeutung des Gegen- satzes oder der Hemmung <).

Gegen diese vielumfassende und dabei Überaus einheitliche Konsonanztheorie reffen sich naturgciüaß zahlreiche Bedenken. Be- ginnen wir mit den Hpezielleren, die sich gegen die Existenz der unbewußten Tonerreguugeu und gegen die Analogie d^ bewußten Rhythmus richten.

In den beiden grundlegenden Darstellungen seiner Theorie (7 u. 8) ging Lipps, wie erwähnt, von der Rauhigkeit tiefer Töne ans. Hier sei der ParaUelismus der einzelnen physikalisohen Schwingungen nnd der gesonderten psychischen »TonanstOßec noch für das Bewußtsein yorhaaden. Dem gegenüber haben Hey er und Stumpf auf regelmäßig vorhandene sinnliehe Nebenerschei- nungen hingewiesen : Sohwebungen der ObertBne und Diffbienz- tOne, begleitende Gerftusehe und (intermittierettde) Bertthrungs- eniptindungen , woraus die fragliche Qualität der tiefen Klän^^e und Zusammenklänge ohne jene Hypothese zu begreifen ist 2). t ur das eigentümlich Voluminöse, Breite der meisten tiefen Töne werde ich in einem späteren Zusainnienhan!?e noch eine weitere Mög- lichkeit empirischer Erklärung aufzeigen (C, III, 4). Wir brauchen diese Frage hier nicht weiter zu verfolgen, weil Lipps das Argument der tiefen TOne neuerdings als unerheblich fallen gelassen hat (18, 228).

1 8, 124 ff. Für alles Nähere mnß auf Uie oben zitierten, anschanlichea OriginaldarstelluageD verwiCBtio werden.

2) M,76f.; 1T,84I1 BolaTatBiehHehas in IS 1, 903£ und 86, 337, 604, 619L

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Felix Knieg«r,

Gegen die Annahme einer psychischen oder zentnl-physio- logiBoben Sondenuig der einxelnen Tontehwingongen scbeinen mir pofliiiy unter anderen die Erftbnmgen an spreohen, die man bei der ünterbrechong einer pl^BikaliBeben Tonbewegang macht i). Hau kann yon den LOcbem ehier Shpenenecbübe eine groBe An- zahl kl beliebiger Gmppiening Terstopfen, ebenso bei Zabnittdem oder Wellenscheiben innerhalb weiter Grenzen die Anordnung der Berge und Täler variicrcu, oliüe daß der Ilauptton des Apparates sich qualitiitiv änderte; (anch der gleiclizeitig entstehende objektive Unterbrechnngston ist in iiolieni Maße unabhängig von der Anord- nung der Unterbrechungen V Es läßt sich auf solche Weise ein bunter Wechsel von verstärkten und abgeschwächten Tonschwingongeii nnd von vollständigen Unterbrechungen des physikalischen Schwin- gnngB7organgeB erzengen. Entspräche jeder einzelnen Tonschwin- gang eine besondere psyehiscbe Erregung, eo müßte von Fall an Fall dn wenigstens annftbemd paralleler Wechsel des Geaamt- euidmoks an beobacbten sein. Beim Znsammenwirken zweier so bebandelter TOne oder eines nnterbroebenen mit einem nicbt nnter- broebenen Tone mttfiten femer nach den Vomnasetsnngen der Rbytb- menfheorie alle VerbftltniBse der Konsonanz schwanken. Haben doch fUr alles rhythmische Wahrnehmen unregelmäßige Unterbre- chungen und Intensitätssc'hwankuugen die störcndste Wirkung.

Damit kuanucu wir zu der AnaU>gie, um derentwillen die Hypo- these der unbewußten Tonerregungen liberhaupt aufsrestellt wurde, und worin ihre überzeugende Kraft liegt; zu der Analo '^ie / wischen Rhythmus und Konsonanz. Geben wir einmal die Realität der un- bewußten Tonerregongen and ihren Parallelismns mit den physi- kalischen Schwingungen zu, wie weit werden dann die Tatsachen der Konsonanz dadurch begreiflich, daß wir von den Yerhiltnissen des bewußten Bbythmns aaf diejenigen der anbewnßten Erregungen znrtlcksehließen? Es ergeben sich nene Scbwierigkeiten.

Wenn beispielsweise noch der harmonisebe Eindnick der kleinen Terz oder der natürlichen Septime anf einer rbytbmiseben Über- einstimmnng der nnbewnßten psychischen Vorgänge bembt, so haben wir dafUr im Gebiete des bewnßten Rhythmns keine strenge Analogie, denn fUnf neben sechs oder Yier neben sieben Takt-

1) VjL'l. Sch.iefer n. Abraham 48. Sow»'it ich doreu Ergebnigge hier Terwerte, habo ich sie an einer angeblasenen Weilensirene nachgeprüft.

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Differenztüne oad Kousonans.

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Boiiligen in der Zeitoinbeit klingen bereits Tölligr nniegelmäßigi). Solche Einwürfe voranssehend, liatte Lippe in seiner ausfUhrlicli- j»ten tonpsychologischeD Mitteilung (8, 96 f.) betont, die Grenze zwischen Konsonanz und Dissonanz könne nur durch die onmittel- bare Erfahrung an Tunempliudungen selbHt bestimmt werden. »Auch was sich in der Hinsicht aus der Erfahrung an Taktschlttgen und Bewegungen oder Bewegangsvorstellangen ergeben mag, beweist dafür nichts. Trotz aller Analogie darf ja doch der Unterschied nicht übersehen werden, der zwischen diesen mit Tollem Bewußt- sein im Einzelnen rollziehbaran und deatlioh voneinander ge- schiedenen Bewnfilaemsinhalten dnenaeits und den nnbewnfiten, nnd, jeder ftr Bich, wenig bedeatenden, sngleioh ungleich Bohneller ▼orlibemehenden TonansiOßen besteht« Stumpf erblickte hierin eine theoretlBeh nnznlässige »Taktik« (17, 27 f.). Darauf erwiderte Lipps mit einer genaueren Darstellung seiner »mikro-psycholo- gischeii Betrachtungsweise« (10, 31 Ö'.]. Die einzelnen unbewußten Tonerregungen und daher auch ihre rhythmischen Einheiten seien, im Vergleiche mit bewußten Erlebnis«eTi , Vorgänge von selir ge- ringer psychischer Kraft und Wirkungsfähigkeit. 8ie begründeten in geringerem Maße die Erwartung des Ähnlichen oder Gleich- artigen, das Bedttr&ie rhythmischer Znaammenstimmung; und demr gemäß sei anoh das Gelfthl des Gegensatzes, der Uemmnng, der JSnttftnaehnng im gegebenen Falle hier weniger scharf.

Man kann es danach begreiflich finden, daB z, B. die kleine Teis oder die nudtiple Oktave 1 : 16 nicht als Dissonanzen wir- ken; aber dafi sie ausgesprochene, seharf begrenzte Konsonanzen dnd? Ich yermag aus den erwShnten nnd ähnlichen ZnaStzen zn dem Grundgedanken der Theorie nur zu schließen, das harmo- nische Gefühl müßte unsicherer, weniger diilerenziert, ;uich weniger bildungsfähig sein als das empirisch bekannte rhythmische Geftlhl, während es sich tatsächlich ohne Zweifei umgekehrt verhält

1; Hoheneinser scliieibt gelegentlirli seiner erweiternden Verteidigung der Lippsächen Theorie {40, 103) der uatlirliehen Septime 4: 7 >entschiede- nen Diuonaiudiankter« so. Auf graad nUr^cher Beobachtnogoi an mir and anderen beitardte ich diese dieoietiscbe Behaaptimg. Die natürliche Septime klingt entschieden konsonant, konsonanter sogar als die kleine Ter? Preyer bemerkt einmal, sie sei »^5 fitere wohlklingender als die kleine Si'\ie« ;6, 64), was ich bestätigen kann. Die im Texte hervorgehobene Schwierigkeit wird natürlich noch größer bei diesem Intervall (5 : 8), dessen KoBSOBtiiachankter allgemein sngeetuden ist

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Ffliiz Knieger,

Ich erinnere noch an die jeder rhythmischen Analogie spottende Ansahl gleichseitig möglicher lud wohlgefällig wirkender Har- momen. Veigegenwärtigen wir uns den einfaehsten der harmo- nischen Akkorde, den Donkkord 4:5:6. Er mag in mehrfacher OktavenyerdoppelnDg anitreten; die PrimMrtOne mttgen anfierdem, wie das in der praktiBohen Hnaik darohans die Regel ist, jeder Tier oder mehr ObertOne bei eieh ftthien; dasn treten regelmftfiigi aneh ohne Mitwiikang von ObertOnen, die Diffeienztttne 1, 2 und 3: so wird durch alles dies der Eindruck der Harmonie nicht uii(l.'ut!icher und für da» Gelühl eher verstärkt, eine ^reringe Ver- ötimuiuii:: eines einzigen dieser Töne kann deutlipb als unange- nehme iJiöHoiiauz empfunden werden. Und nun verj^leirlie man in bewußten Rhythmen auch nur die Zusammenstimmuni^' der Ver- hältniflse 4:5:6; hier ergibt sich ein Durcheinander, das ich von dem Verhältnis 7:8:9 oder jeder beliebigen Unre^lmäBig- keit nicht onterscheiden kann.

In einem wichtigen Punkte, auf den znerat Stumpf aufmerkuun machte (17, 28 f.), mttfite nach den Vorauasetningen dieeer Theorie unser GehOr wiederum feiner arbeiten, empfindUoher reagieren, al8 es das in Wirklichkeit tut; es mufite Unterschiede der physi- kalischen SchaUbewegungen wahmelimen, die tats&ehUch für die Wahrnehmung nicht existieren. Als ich oben das Schwingungs- verhältuis der Oktave in die Analogie bewußter Rhythmen Uber- setzte, nahm ich ausdrücklich an, jedes Glied der langsameren Schla^H'jlire falle mit jedem zweiten Schlage der schnelleren ^euau zusammen. Nun ist aber bei Zusammeuklänf^en der analoge Fall, daß nämlich Sc Ii wi i>gqngmnftx ma. zweier Töne periodisch koinzi- dieren, nur auanahmsweise yerwirklicht, welches auch das zeit- liche SchwingongSTcrhttltnis sei. Und auf der anderen Seite ist es nachgerade als eine experimentell geeieherte Tatsache zu be- trachten, daB beliebige Phasendifferensen der Schwingungen keinen Unterschied des Wahrnehmungsinhaltes bedingen, weder in der Qualitttt der einzelnen TOne noch in der Konsonans oder Diflsonana noch in irgend einer anderen Beziehung i). Auf die Schwierigkeit, die hieraus der Rhythmentheorie erwächst, ist Lipps leider noch nicht eingegangen, liuheuemser (40, 85 f.] begegnet

1) Lind ig (44) hat neuerdings, mit besseren Methoden als seine Vor- gänger, wohl endgültig naefagewieien, daee die Phaaen auf die Klang&riie keinen Einfloß haben.

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DUhranxtOne und Konaonins.

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ihr mit pmz unzureichenden Grttnden; seine Arg:nnientation liinft duraal' hmatis, daß es ja auch synkopische Rhythmen gebe. Aber einmal ist die musikalische Möglichkeit solcher dynamischen Ver- schiebung auf bestimmte nnd wiedemm regebn&ßig gegliederte ZeitverbUltnisse besehfinkt, wfthrend es unbegrenzt viele M9glieh- kdten der PhaMiiTerfloliiebnng gibt Und vor allem: jeder syn- kopische Rhythmus ist filr das Bewußtsein denüich von dem ent- spieehenden einfachen renchieden, nibnlich komplizierter; dag^en lind Phasennnteisehiede der Tonschwingnngen, alao aneh jener unbewußten Erregungswellen fUr das Bewußtseha der Konsonanz Oilcr Dissonanz gleich^Ultij?. Hohenemaer gibt zu, daß eiu echter RliVlhmiis durch synkopi^ciiu Verschiebungen erheblich veriindert wird; aber er beruhigt sich bei der Möglichkeit, daß >e8 sich auf dem Gebiete des unbewußten Rhythmus anders Yerhalten könnte als auf dem des bewußten«.

Oh Schwingungsmaxima der unbewußten Erregungswellen perio- diseh koinsidieren oder nichti davon dnrf wie wir sehen, die Seele niehti merken; sie hat indessen nach Hohenemser (a.a.O. 91 ff.) die Ffthigkeitf jeden Erregangsroigang eines Tones mit HUfe der rascheren Errangen dnes höheren in vier gleiche Tdle zu zer- legen, genau za halbieren und dergleichen.

Lipps selbst liißt in seinen neueren Arbeiten die Analogie des bewußten Bbythmos mehr zarBoktreten (9, 10]. Wie »der Rhythmus in der Region des unbewußt Psychischen sich ausnehme«, könne niemand wissen. Das Wort »Rhythmus« bedeute ihm in dieser Frage nicht mehr als >die Art des Ablaufs eines \ Orirunges, die Art der Fol^re oder des Wfi hsels seiner Momente«. Die Khythnieu- tbeorie setze im Grunde nur eines unbedingt voraus: die Möglich- keit, daß dem unleugbar vorhandenen Moment der Übereinstim- mung zwischen den objektiren Reizen harmonischer Töne irgend- ein irgendwie zu denkendes Moment der Obereinstimmung in den zngehürigea nnbewoßt psyohisehen oder letzten physiologiBehen Prozessen enispredie«. Diese MOgliehkeit ist in der Tat nur bestiaitbar und, was die ^ysiologisehe Seite der Sache angeht, anob als das WahrseheinlichBte Toranssnsetzen. Anf die f^rage des unbewußt Psychisehen komme ich am Ende dieses Kapitels zurück.

Die letzte gegen Stumpf ^^cricUtcte Darstellung legt in ihrem positiven Teile das Hauptgewicht auf die Dauer der Perioden,

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222

Felix Knieger,

innerhalb deren ein jrlcicharti^r Ablauf unbewnßter Vorgänge sieb Tollzieht. Da« Cbarakteristiacho der Konsonanz besteht dann in der relativ kurzen Zeitdauer dieser unter sich ^leichartigeu Perioden, in der Schnelligkeit und Unmittelbarkeit ihrer Aufeinanderfolge. Ähnlich betont Hohe Tiem 8 er EiiMiiiiiien&saend (40,84), »daß der Theorie znfolge in einem ZasammeDkUmg KoDflonanz besteht, so- fern AnBtQfie der einen Reihe mit eolehen der andern In regel- m&Bigen ZeitabatSnden anBammentreffen, Diflflonanz dagegen, aofem die innerhalb dieser ZeitahstHnde erfolgenden AnatOfie beider Beihen meht zBBaiDmentreffen, nnd dafi die Seele ^e Tendenz hat, die einmal begonnene Tfttigkeit fortsoBetaen . . In irgend welchen Zeitabständen treffen nattlrlich bei jedem, auch dem komplizier- testen S( hwiii^^uiigsverhältnisse Tonanstbßi der beideu Keihen regelmäßig zusammen und wiederholt sich genau der gleiche Ab- lauf. Eb ist nls ) die relative Gruße dieser Zeitabstände gemeint Wollte man sich aber hierauf beschränken einschließlich jener psychischen Trügheitstendenz so wäre a. B. 1:7, 1 : 13 oder 1 : 12 konsonanter als 1 : 16, n. dergl.

Der Mnsiktheoretiker Polak hat kurzlieh mit grafiem FleiSe die Haaptgeaetze der Akkordlehre nnd der Tonalitftt aas der Lipps- sehen llieorie abznleiten Terancht, indem er das Zeitmoment, d^ h. die relatiTe Daner der periodisch wiederkehrenden gleichartigen GeaamtTOigänge in den Hittelpnnkt rUckte (85). Ein Akkord iat danach nm so konsonanter, je kleiner die relative Freqnenzzahl seines höchgten Tones ist, je häufiger in der gleichen Zeit alle Schwill LH iiiTäreihen periodisch zusammentreffen. Aber uaturgcuuiÜ wird Polak immer wieder zu dem Zugeständnis gedrängt, daß offenbare Tatsachen des musikalischen Bewußtseins dem wider- sprechen, daß noch andere psychische Momente herangezogen werden mtlssen (S. 11, 46, öl, 120), und er selbst arbeitet tlberall mit völlig heterogenen Faktoren, wie logische Faßlichkeit, Sym- metrie, Ldigerang and niaprItngUcher Charakter der Intervalle.

Sieherlich ist Lipps k^eawegs geneigt, adne Theorie anf die relaÜTen Zeitabstlinde der Koinzidenzen einznsebrSnken. Es mnBte aber bei dem gegenwärtigen Stande der Diskaasion aasditteklich gesagt werden, daß nicht etwa anf diesem Wege die oben aaa- einandergesetzten Schwierigkeiten zn Tcrmeiden sind.

Die systematische Einheitlichkeit der Lippsschen üieorie nnd ihre vorwärtstreibende Kraft liegt abgesehen von der reinlichen

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DUfeNostÖne und Konscnuns.

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Abgrenzung des psychologischen gegen das physiologische Problem gerade in ihrer konkreten Ausgestaltung, in der Hypothese, daß die den Tonempündungen »za gninde liegenden« psychigchen Vorgänge rh^ihmisch verliefen, rhythmisch im eigentlichen Sinne, und daß sie wie bewußte Rhythmen wirkten. InBonderheit sdbien dueh die Analogie des fihytiunns ^nm ersten Male die MUgfiehkeit gegeben, die Geftthlstaisaelien der Konsonanz und Dissonana psyehologisoh an begreifen. Irre ieb nieht» so ist diese Seite der Bhyfhmentfaeorie ihren Yertreteni selbst die wesent- liebste; und sie .wird theoretiseben Wert behalten, Mßk wenn, wie ich glanbe, die ganze Lehre von den unbewußten Tonerre- gnngen fallen muB. lu den pefllblsmiißigen Wirkungen vor allem besteht eine empirische Analugiti zwischen Rhythmus und Konso- nanz. Der psychologische Zusammenhang der beiden E^8cheimlDL^-- gruppen ist wahrscheinlich verwickelter, als die Rhythnientbeorie ihn beschreibt; schwerlich erleben wir einfach parallel den einzelnen Tonschwingungen mikropsychische Rhythmen. Aber schon der Hin- weis anf den tatsächlich hier bestehenden Zusammenhang nnd der vielseitig dnrohdaohte Lippssehe Versuch einer ErkUbnuig wird Teihttten, daB man die Frage naeh dem Gefühl der Eonsonans ignoriere oder mit physlologisehen Sehlagworten abfertige; er wird die Biychologie antreiben, den Znaammenhang empirisch weiter an verfolgen.

Znr Frage des »Unbewußten« im Tongebiete.

Gelegentlich einer seiner letzten Veröffentlichungen fordert Lipps mit Recht, daß die Kritik seiner Konsonanztheorie zwischen dem allgemeinen Prinzip und meiner spezielleren Ausdeutung unter- scheide (9, 28). Jenes Prinzip wird am allgemeiusteu dahin for- mniiert, daß der Übereinstimmung in den physikalischen Schwin- gnngsverhältnissen irgend eine Übereinstimmang in den zugehörigen psyohischen Vorgängen enh^reehe. Was nnn die bewußten psjehisohen Erlebnisse betriffi, Uber die fireiUeh die Rhythmen- theorie hinausgeht so ist es nidbt nur eine »natBrliehe Ver- mutung«, sondern eine Tatsache» daß alle Konsonanzen unter sieh und alle Dissonanzen unter sieh fttr das Bewnfitseln etwas Übereinstimmendes habend). Ebenso liegt auf der physi-

1) Es muß hier auf einen Dopiielsinn des Wortes >Cbcrein8timmung< hingewiesen werdeo. Wenn Lipps z. B. (10, 20 und vielfach ähnlich; sagt:

224 f'ela Kru«ger,

kftliiehen Seite ein paiaUelee Moment der Ol>ereiiiitlmmiiiig in der

relativen Einfachheit der Schwingangsverhältnisse. Die Frage ist, wie jüiic bewulite Übereinstimmung und ihre Abstufan^^eu psycbo- logisch zu erklären siüd. Stellen wir nur fest, daß die grüüere oder gering-ere Einfachheit der rniitln matisch-phyBikalischen Ver- hältnisse durch irgend weUiic. iles Naiveren unbekannte Mittel- glieder hindurch den bewußten Eindruck der Konsonanz bezw. Dissonanz bedinge, so entfernen wir nns allerdings nicht von all- gemein anerkannten fiinaiohten der Physik und Psychologie; aber damit aDein kommen wir auch nm keinen Schritt tlber Deseartee, Leibnis und En 1er binans, die im Gründe eben dies gelehrt ind allee Weitere onbeatimmt gebuMien hatten.

Aber Lipps nimmt noch eine Bestimmung in sein allgemeines Prinzip auf, die sich keineswegs von selbst Teisteht: jene Bfit- tolglieder, die Triger der zn eridärenden Übereinstinmmng, seien psychischer Natur, und weiter, sie seien unbewußt Das Erste wird von Stumpf und vielen anderen bestritten, die im Gegen- teil behaupten, das ursprüngliche Konsonanzbewußtsein lasse sich psychologisch nicht weiter zurückilihren, und seine Erklärung mUsse der Physiologie ausschließlich Uberlassen bleiben. Ich deu- tete bereits an, daß ich in dieser Vorfrage Lipps und der älteren Theorie zustimme, nnd werde dies im systematischen Teile der Torliegenden Untersuchnng durch Tatsachen nnd den Yersndi ihrer theoretischen Yerbmdnng begründen. Denn nnr so kann, hier wie ttbeiall, das Recht der psychologischen FhigesteUnng und Hefhode bewieaen werden. Worin ieh aber, mit der Hehizabl der Psyeho- logen, Ton der Lippsseben Theorie prinzipiell abweiehe, das ist der znletit erwfihnte, von Lipps mit besonderer E<nt8chiedenheit vertretene Gmndsatz, wonach die Bewußtseinstatsacben der Kon- sonanz auf etwas seiner >«atur nach Unbewußtes zurückgeführt,

>Für mich ist die Konsonanz eine Art der Übercinstiiniüttng, und diese Über- einstimmong ist die Bedingung der Lust«, ao bezeichnet er diunit etwas ganz Anderes, Eonkreteree, nimlieh die von Ihm imh. der Analogie des Shythmus gedeuteten Besidrangen der BegelmlOIgkeit Bwisdien den von ihm hypoetaaierten Elementen eines jeden einzelnen konsonanten Er- lebnisses. Dfijre^en bcJeutet das Wort > Übereinstimmung« im iretrenwilrtifrcn ZusamTuenliauge uiclitö weiter als die gar nicht näher bestimmte Ähnlich- keit aller Gesamtcricbnisse der Konsonanz ontoreinander und ebenso der IKiaonens. Nur diese Ähnlichkeit iit eine onmittelbar gewisse Tetesehe; jene »rhjthmisehe Obereinstinmniigc igt Lipps* Hypothese.

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DifferenztOne oad Koinonamt.

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durch dessen Eigrenschafteu und Verhältnisse erklärt werden müß- ten. Es wäre mm scbliinm, wenn die Theorie der Konsonanz nicht weiter k<>nnte, ehe das viclverschlnngene Prolileiu des ün- bewnßten allfcemciu befriedigend gelöst wäre. Vicimeiir ist zu hoffen, daß gerade die sorgtUltige und vororteilsfireie Beaohreibiing der akustischen Tatsachen einige Ordnung in diese G^egeiuAtBlich.* keit der Meinungen (über das Unbewußte) bringen kann, deren Vertreter ja £Mt samtlieh auf ErlebniflBe des GehOrs sieh se benifen pflegen.

Lipps lietont oft, das Unbewnfite In dem ▼on ilun vertietenen Sinne Äm Wortes spiele sebon in den einfachsten seeliaelieii Vor- gängen seine maßgebende Bolle; als der eigentliehe Träger aller psychischen Bewegung könne es hi keiner genauen und vollstän- digeu Bcsciircibaüg irgend cmes psychischen Tatbestandes friilcn; es werde vielmehr allenthalben implicite mitgedacht, und wo einer nur das Wort nicht liebCi unter anderen, verschleiernden Bezeich- nungen eingeftlhrt.

Als Beispiel dient ihm das Yerschmolzenseiu mehrerer Töne zu einem Klange (9, 6Ö0]. Ist die »Verschmelzung« beim Hören des Klanges TOllständig, so finde ich im Bewußtsein keine Hehrheit vor, sondern nnr einen angeteilten Empfindangeinhalt Kon kami ich, ohne daß der phystkaliscbe SeliallTorgang sich ändert, nnter gewissen sabjektiven Bedin^ongen {der Anfinerksamkdt] die ein- seinen TOne gesondert aas dem Klsnge »beraasbSren«. leb sage daher, die Teiltltee mnn aneb vor der Analyse sehen in dem Klange enthalten, nieht nnr physikaliseh in der objektiven Schall- bewegung, sonderu auch psychologisch: in dem psychischen Er- lebnis des Klanges. Und doch war dieses der Voraussetzung gemäß streng einheitlich, enthielt ftir das Bewußtsein keinerlei unter.scbicdLiie Teilempüudungen. Also, schließt Lipps, wnreu die Empliudungen der Teiltöne in dem nicht analysierten Klaug- eindruck unbewußt vorhanden, als unbewußte Empfindungen. Klanganalyse ist »Bewußtwerdung unbewußter Voigängec Ahn- lieh beschreibt Lipps den einfaeben Fall des nnanalysierten Zwei- klanges, der doch subjektiv analyi^ert werden kann (a. a. 0. 660): »Zwei T5ne mttfite iob in h(}ren erwarten, weil [?] die ihnen ent- spreohenden objektiTen Bedingmigen gegeben sbid; leb würde sie auch woU bOren, wenn zugleich gewisse subjektive Bedingungen, beispielsweise die Bedingungen der Anfmerksamkeit erfiUlt wären.

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Felix Kruegei,

Da aber diese letzteren niclit erfttllt sind, so tritt an die Stelle der MeMeit ftr mein BewnBtsein etwas Anderes und rdatiT

Isüues, nämlich die Einheit des Klanges«.

Hier ist treffend darauf hiij;:( wiesen, wie ich zu dem Urteil komme, daß die beiden Teilenii tinilungen schon in dem unanalj- sierten Gesaniterlebnis des Klnup^cs psychisch irgendwie enthalten seien: ich erwarte, unter bestimmten rein subjektiven Bedingungen sie ftlr sieh za erleben, gesondert vorzufinden. Wie komme ich aber zu dieser Erwartung? Offenbar nur durch gewisse bewußte Merkmale des gegenwärtig Wahrgenommenen nnd durch d^ darin gelegenen Hinwos anf frühere £rfahrongen einer bewußten snb- jektiven Analyse. leh erlebte zu wiederbolten Halen bei ent- spreehender Änderung der Anfmerksamkeitsriobtimg den Ober- gang einer ähnlichen nngeteilten Klangwabmehmung in die (mehr oder weniger denfUebe} Uebrbeit der Teilempfindnngen und om- f?ekehrt Das Kontinuierliche dieses Überganges und ebenso die Aliuiicbkeit, die tlle seine Phasen für mein Bewußtsein verbindet, kommt bei Lipps zu kurz.

Es ist ferner irreführend, wenn er au der citierten Stelle, und sonst mehrfach, mein Wissen um die objektiven Verhültuisse in deu Vordergrund stellt. Dieses physikalische Wissen kann völlig fehlen, und doch jene ansschlaggebende Erwartung auf Gmnd der subjektiven Erfahrung da sein. Aach ntttzt mir das Wissen nm die physikaUsehen Verhältnisse nichts ohne diese snbjektiyen Erfisbrnngen. Wenn ieb z. B. ein bestimmtes spektrales Bot nnd ein bestimmtes Grün gleiehzeitig auf meine Netzhaut wirken lasse, sodaB ieb ein rdneSi Tellig einbeitlicbes Gelb sebe, so darf ieb keineswegs erwarten, dnreh Andemng snbjektiTer Bedingungen die physikalischen Komponenten dieses Gelb als Rot- nnd Grtin- cmpfiudang gesondert zu erleben. Ich finde es auch als Psycho- loge nicht notwendig, ja nicht einmal sinnvoll, anzuuehmen, daß der so eüLstiiiulcneu Gelbempfindung zwei unbewußte Empfindun- gen, de? Krtea und des Grünen, >zu gnmdc lägen«. Dagegen scheint mir die objektivistische Art, wie Lipps teilweise die akn- stisohen Tatsachen beschreibt, notwendig zu dieser Konseqnens za führen; weshalb auch, nebenbei bemerkt, seine Konsonanztheorie den Einwand nieht tlberzengend abznwebren Termag, daß im Ge- biete der Farben die Einfaebb^t der SebwingnngSTerbältnisse keinerlei Harmonie bedingt

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DifferenztOne und Konaonaio.

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Der Lippssche Be^riflf des Unbewußten geht über das Gebiet der psychologischen Erfahrung hinaus; er enthält mehr als eine Znsammenfassnng psychischer Tatsachen, nämlich zugleich eine rein hypothetische d. h. nn verifizierbare Deutung dieser Tatsachen nach physikalischen Analogien. Das beweist die konkretere Faa- BQDgi die Lipps den nnliewiißten Tonempfindongen zun Zweeke seiner Eonsonanstheorie gibt Danaeh sollen sie» wie wir sahen, ans nnbewoBten Einzelerregnngen sieh gBHaminmisetgen, welche anbewnBten Erregnngen an Zahl nnd Ablan&weise den einzelnen physikalischen Tonsehwingungen entsprächen. Fttr diese Kon- struktion finde ich in der Erfahmng keinen Anhalt, noeh weniger eine Notwendigkeit. Sie ist auch, wie ich noch genan<9)' positiv zu zeigen hoffe, nicht notwendig zum Begreifen der Klanganalyäe und -Verschmelzung. Hierbei handelt es sich um tatsächliche Zu- sammenhänge, über die, so^vcit wir sie bisher zn erörtern hatten, im wesentlichen nur ein Streit der Nameng;ebuDg herrscht. Aber Lipps redet hier wie im Falle der »mikropsychischen« Erregungen von unbewußten psychischen Vorgängen und gibt damit demselben Terminus zwei sehr verschiedene Bedentangen.

Der Usteisehiedy anf den es mir gegenwärtig ankommt, besteht nieht in einem GrttBer nnd Kleiner, niebt darin, dafi die unbewuß- ten Erregungen als letzte Elemente angesehen werden, ans denen die unbewußten Empfindungen z. B. zweier Töne im unanalysier- ten Zusammenklang sich erst zusanmiensetzen. Sondern: im einen Falle (Beispiel der Klangverschmelzong) haben wir es mit einer verilizierbareu Theorie, d. h. mit einer Beschreibung: von Tatsachen zu tun, im anderen nicht. Allerdius:s spielt, wie wir sahen, die traiiäjeinpirische Bedeutung des Wortes »unbewußt« bei Lipps auch in die Beschreibnng jener Tatsachen hinein. Ferner versteht Lipps zuweilen, auch in akustischen Zusammenhängen, unter nnbewnßt dasjenige, wovon ich mir »keine Rechenschaft gebe«, was ich nicht beurteile, namentlich nicht als Psychologe beur- teOe. Danach wäre z. B. ein bewußt gesehenes, deutlich von seiner Umgebung untersehiedenes Blau doch insofern »unbewußte ab ieh nicht sngleleh »mir bewußt bin« oder das »Bewußtsein« habe, d. h. urteile: ieh sehe Jetzt blau.

Niehl ans Abneigung gegen das Wort, sondern um der Ein* dentigkeit der Begriffe willen werde ich daher im folgenden, wo es sich um psychische Tatsachen handelt, den mißverständlichen

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Felix Kroeger,

Antdrack »nnbewiißt« ganz vermeiden. Dabei bin icb dnrehaas überzeugt, daß keine psychologische Theurie bei dem im Bewußt- sein fttr sich Gegebenen und Uuterschiedenen stehen bleiben kiiim. Wo ich darüber auf Grund der Tatsachen hinanszugehen iiabe, werde ich von »verschmolzenen^ oder »ungeßchiedenen« Teilen des Bewußtseinsinhaltes reden. Ich versuche, den empirischen Sinn dieses Begriffes an dem schon henuigesogenen Beispiel der Klangverschmelzung zu erläutern.

Einem musikalisch wenig Geübten, der nichts von Tonsehwin- gnngeiii ObertOnen, überhaupt von Akustik weiß» gebe ieh, ohne daß er hinseben darf, die beiden einfaekoi objekttven TOne e und e< tfhgleieh an. Der höhere dieser OktaventOne mag objekti? sehwieher sein als der tieÜBre. Hein Beobaehter uteilt: »ein Ton«. Idi fordere ihn auf, genau hinzuhören, eh nicht der »Ton« aus mehreren zusammengesetzt sei, vielleicht aus zweien ; nötitren- falls gebe ich zwi^ichendurch c und c* einzeln an; vielleicht aus diesen beiden? Der rrefra^e stellt seine Aufmerksamkeit so ein, wie er zu tun pflegt, wenn er in einem Tongemisch verschiedene Töne unterscheiden, wenn er lerner zwei Töne der Höhe nach vergleichen will. (Wie solche »Einstellung der Aa&nerksamkeit« zustande kommt, braucht hier nicht erörtert za werden, ebenso- wenig, warum die gesonderte Wahrnehmung des c und des die Analyse erleichtert) Es entgeht meiner Versuchsperson nicht, daß der in Frage stehende Emdmck e-hc^ qaalitatiT etwas verschieden ist Yon dem allehi yoigelegten o wie anch von c^. Schließlich er- kennt er, daß 2 TSne in dem Klange »enthalten« seien. Hiermit begnttgo ich mich. Ich lasse nunmehr den Zweiklang ununter» brochen fortklingen. Der HOrende findet, daß die beiden unter- schiedenen Tiine zeitweise wieder zusamnieiilliclk'n, nnuuterschcid- har werden; dann gelingt es ihm wieder, sie auBeinandcrzuhalten. in diesem Falle erlebt er keineswegs im Vergleich mit jenem, der vollständigen Verschmelzung, etwas »völlig Neues« wie Lipps 9, 550] betont. Er erlebt einen bald rascheren, bald langsameren Wechsel kontinuierlich ineinander übergehender Bewußtseins- zustände; er merkt die Abhängigkeit dieses Wechsels von der wechselnden Sichtung und Anspannung seiner Aufmerksamkeit; er hat endUch gleichzeitig das Bewußtsein einer nahen und eigen- artigen Ähnlichkeit aller dieser ZustSnde untmnaader. Es ftUt ihm daher nicht ein zu sagen, daß »der Klang« sieh lodere;

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DiffBremtOne und KonBonans.

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Bondem er urteilt: ich höre immer imd hOrte Ton vomhereiD zwei gleichzeitige Töne, die nur nicht ganz leicht auseinander zu halten flind. PBychologifloh betrachtet, weehselt hier, onter anderem, der EmpfindongSEiiataiid des Hörenden. Kamenflieh sind die extremen Fülle: der Tollstttndig gelnngenen nnd der ▼aUstSodig unterbleibenden Analyse erheblioh voneinander versehieden.

Ich sage nnn: im zweiten Falle der ToUstliadigen Ver- sclimelzuDg sind (neben vielen anderen) zwei Teilinhalte, = c uiid = c\ im Gesamtbcwußtüeiu des Beobacliters entbiikcu, über »verschmolzen« oder > ungeschieden In dem Gesagten ist schon eingeschlossen, daß es Grade der Veröchmelzung oder der Untersoliiodenbeit gibt. Der Ausdruck »Gmde des Bewußtseins« oder der »BcwuUtheit« wird immer dem Spraciigefühl zuwider- laufen, mehr noch dem GefUhi des kritischen Kenners gewisser historisch vorliegender Theorien. Lipps hat sich wiederholentlich entsohieden gegen diesen Ansdnick verwahrt Aber er mafi dooh im Falle der Analyse von einer »BewnSt werdung« sprechen, ein neuer Grund, den Gegensals »bewufit— unbewußt« hier ttber- banpt nicht einsufthren. Vorgänge, die »ihrer Natur naeh un- bewuBt« wUren, konnten auch niemals bewnfit' worden. Wir brauchen aber einen wissensehalllidien Ausdruck fUkt den be- wußten, in der Zeit verlaufenden Übergang des unaualysierteu Ganzen in seine Teile, und umgekehrt, wie er soeben beschrieben wurde. Gelegentlich bezeichnet Lipps das alhnäblielie Heraus- hören von Teiltönen au8 einem Klange kurz durch den 8ntz- »Die Aufmerksamkeit bewirkt, daÜ Touieize sich mit gewisser Energie zu selbständigem Bewußtsein durcharbeiten« (7, 134). Diese Ausdrucksweise nithert sieh der hier vertretenen; nur daß ich statt »Tonreise« vorsiehe su sagen: »versdimolzene (akustische) Teile des BewufitMinflInhalis«.

Es ist ja richtig, daß ein solcher »Teil« vor aller Analyse, also bei vollstindiger Yersohmelzung mir nicht in der Weise ge- geben ist, die man auf grund mannigfacher Abstraktionen als »bewuftfe Elnzelempflndung« bezeiehnet. Sicherlich ist mein Em- pfindungsinlialt vor der Analyse ein teilweise anderer als danach. Aber es besteht ein gesetzmäßiger pflychischer Zusammenhang zwischen den Stadien der Yerschmekung und der Analyse. Nor

1) T, Kap. UL Vgl. Zeitiehr. f. PiyohoL Bd. 8 (1805], mt

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F«Iiz Knieger,

dieser von jedennauu erfahrbare ZoBammeiibaii^^ psychischer Tat- sachen rechtfertigt den Begriff der nn geschiedenen Teile des Bewußtseinsinhaltes oder um dieselbe Sache noch anders ans- svdrttcken des nnanalysierten Komplexes. Der Ausdruck »imanalysieTfeer Komplex« beieielmet begriffUeh genau denselben ErfidinrngSEOsammenliangy wie der der »ongesehiedenen Teile«, nur ron einer anderen Mte gesehen, Tom Standponkie des kon- kreten Gänsen, dem die Teile angefahren. Gewiß ist mir Tor jeg- Hoher Analyse der Komplex nicht im Sinne einer Hehrheit nnter^ Bchiedener Teile gegeben. Aber ich bezeichne das Erlebnis des unauaU feierten Klanges als »Komplex«, weil ich ans Erfahmng weiß, daß eg unter gewissen subjektiven Bedingungen regelmäßig, bewußtermaüeu und kontinuierlich in das andere Erlebnis der ge- sondert wahrgenommenen Tciltöne Ubergeht So oft das wirklich gesohieht, habe ich das unmittelbare Bewußtsein dieses Über- ganges nnd dieses Znsanmienhanges. Wenn ich ans einem anfangs ganz einbeitlieben Klange einen Teilton heianshOre, so besteht der unmittelbar erlebte Zusammenhang der beiden BewoBtseinBiustiiide nieht nur in der Erinnerung an den soeben stattgefondenen Ober- gang; der neue Empfindnngsinhalt selbst ist qfualltatiy ein anderer, als wenn leh den herausgehörten Ton allein empfände. Der innerhalb des Komplexes wabi^nommene Tefl »ist nunmehr nicht der einzige Inhalt unserer Gehörsempfindnng, sondern erscheint deutlich untersclAeden von einem gleichzeitigen Klau^liiuter- grund, über welchem er mwissermaßeu zu schweben scheint, und der seinerseits eine gewisse Ähnlichkeit mit dem vorher gehörten einhe'.tlicheu Khinge aufweist«^). Dieselbe Ähnlichkeit, die sich naturgemäß zunächst zwischen den Gesamterlebnissen im Ver- lauf einer Analyse offenbart, verrät sich für den GeUbten, d. h. deigenigen, der die £rfalurung mehrerer Klanganalysen besitzt, schon beim Hören eines noeh völlig einheitlichen Klanges: in der Klangfarbe >). Es ist deshalb eine halbe Wahrheit, wenn Lipps

1) Cornelius 26, 144.

2) Diese Ähnlichkeit ,die Ähnlichkeit in dieser bi :'timuiten >IIin8icht«'i fehlt, wenn nur ein einzelner, einfacher Ton gegeben ist und dieser etwa objektiv Mine H^fhe ändert» meh wein die iUderung konti&uierHeh gesehiebt, und als soldie toh mir wabigenommen wird. Es fehlt hier femer die Be* Ziehung zu analogen Erfahrungen einer subjektiven Analyse. Ich erwarte daher in tliescni Falle nicht, durch Änderung der AnfmerksaiDkeitsbedin- gungen eine gleichzeitige Tonmehrheit wahrzunehmen, und urteile nicht, daß

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DifferenztüDe uud Koasonauz.

231

betonti Im Stadium der yoUatttadigen Venclmielzmig sei »fti WMet Bewnßtniii Jede Mehrheit yon Tönen absolnt verloren«, der Inhalt der yerechmolBenen Tonempfindnngen sei >fttn Bewnfitaein in keiner Weise yorhanden« (9, 550, 551), oder: »statt daß ieh mir zweier . . . yersehiedener TOne bewn&t bin, findet sieh in meinem Bewußtsein nur die eine, jede solche Verschiedenheit ans- schließeude Tonqualität, die ich als Klang bezeichne« (S. 560;. Für den einigermaßen Geübten schließt vielmrl r die eigentumliche niid bekannte Qualität des Klanges das Vorhaudensein verschie- dener (uDgeschiedcner) Teile ohne weiteres ein. Nnr läßt sich dieser bewußte Tatbestand mit dem Lippsschen liegriöe unbe- wußter Empfindungen erschöpfend schlecht beschreiben. Dem ydllig Ungeübten ist mit einem einheitlichen Klange noch nicht der Hinweis anf die mdgliohe Analyse gegeben; aber aneh er em- pfindet (bei normaler Konsfitaticm) den ohaiakteristiscfaen Unter- schied der Elangfiirbimg zwischen einem ein&cheni einseln gehörte Ton nnd einem Klange; nnd dareh weitere Erfahmngen in der Elanganalyse erwirbt er eben nach nnd nach die Vorbereitang und damit die Erwartungsnrteile eines »Geübten«.

Innerhalb gewisser Grenzen kt5nnen hier wie Uberall eigene Erfahrungen durch Erfahrungen mulerer ersetzt werden. So wird im folgenden oft von Teilemptindnugen die Rede sein, die in Zweikläugeu enthalten sind, obwohl sie von vielen noch niemals als solche wahi^enommen oder erwartet worden. Aus meinen eigenen und einiger anderer Beobachter experimentell geregelten Analysen darf ich schlieBen, daß jeder Normalhörende unter den angegebenen Bedingtmgen diese Teile bewußtermaßen miterlebt, aneh wenn er sie nicht gesondert wahrnimmt

Sehließlieh wiederhole ieh, daß mein saehlicher Widersprach gegen das »Unbewnfite« inLipps* Konsonaaztheorie sieh im wesent- lichen gegen die spezielle Ausgestaltung dieser Theorie richtet: gegen den Begriff der an sich unbewußten (mikropsychischen) ErregnntrcM, die jeder Tonenipfiudung, den gesondert vvalir- genoüiiiicuen wie den verschmolzenen zu gründe lägen i).

die Buccesfsive wahr^cnoinineae Mannigfaltigkeit von Tönen in dem anfäng- Ucben Erlebnis irgendwie enthalten sei.

1) Aach einer, von Lipps smrdlen angedenteten Obenetmiig diMer »anbewoßten Etngangen« ins PhyeiologUehe, als aervf^ae Elementar- ▼oigilagB, kann ich nicht snathnmen; ebiinal ans phyrioloKieefaen Grttnden,

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232

Fdix Siii«g«r,

Dap:c£:en ist es, wie gesagt, mehr eine FrafTf dir Niimengebung, ob mau von »unbewußten« Voretclliiurren oder lieber von tct- Bcbmolzenen, angeschiedenen, nicht gesondert wahr!rpnommenen Teilinhalten dM Bewofitaeiiis sprecheu will, wo es sieb um Elemente liandelt, die sngestindenermaBen bei bloBer Ändenmg der Aufhierk- flamkeÜBbedingaDgen bewußt {in jedem Sinne) walugenommen weiden, nnd deren Dasein aneh ohne dies, s. B. im Falle der 7o1U sttndigen Tonrecscbmelzaiig den Inhalt dea Bewafttseins tataidilieh bestimmt Ana den angegebenen Grttnden eraeheint jedoeh der Anadniek »anbewnBt« aneh in dieser eingesciirinhten, psydioio- gischen Bedeutung als nnzweckmäüig und vervnrread.

m. Stnnipfs Verschmelxnng'stheorie^}.

Die Lchreu Stuujpls über Konsonanz nnd Dissonanz bilden kein prinzipiell ab^^eschlossenes System. Sie j:rün(ien sieh auf eine selir genaue und umfassende Kenntnis der einschlägigen Tatsachen, der historischen, der musikalischen, der experimentell aknstiseben Be- funde, und beschränken sich fast durchweg auf die zusammen- fassende Besehreibnng Ton Tatsachen. Wir haben darauf in späteren Znsammenhängen yielfaeh surttekzugreifen'); zunächst soll nur das Wesentlichste henrofgehoben werden.

Die Helmholtzische Znrttckftthmng der Erscheinungen anf die Oberttfne und Schwebungen bekämpft Stumpf beinahe mit den- selben Gründen wie Lipps. Auch darin stimmt er mit Lipps tiberein, daß der l Jiteri^ehied der Konsonanz und Dissonanz »iu den beiden Tönen selbst liegen« müsse, die wir kouBonant oder dissonant uennen. Da^cfren lehnt er die Theorie der Schwinfrunirfi- rhythmen mit ilireni Kekurs auf das Unbewußte ab und fordert em in der bewußten Empfindung gegebenes Merkmal der Unterschei- dung zwisehcn Konsonanzen und Dissonanzen. Dieses unter- scheidende Moment findet er in der Verschmelzung gleich- zeitiger Töne.

Verschmelzung ist fttr Stumpf »dasjenige Verhältnis zweier . . . Empiindungsinhalte, wonach sie nicht eine bloOe Summe, soudem

deren Erörterung nicht hierher gehOrt; snm snderan deihslb, veil Konsonsus und Dissonanz mir eine beliiedl^nde Zorilekfldminp auf einfachere pej-

ehische Tatsachen zn jrpstaffen ."«cheinen.

1) S. besonders 13 H und 17.

2) S. nameatUch Abschu. C, Kap. III, 3.

DUretenstOne imd Komonaia.

238

ein Ganzes bilden. Die Folge dieses Verhältnisses ist, daß mit höheren Stufen deaaelben der Gesamteindrack sich unter sonst gleichen Umständen immer mehr dem einer Empfindung nftbert und immer sehwerer analjsiert wird« (18 II, 128). Im besonderen Ulbert sich der Zusammenklang zweier TOne »bald mehr, bald weniger dem Eindruck eines Tones, und es zeigt sich, daß dies um so mehr der Fall ist, je konsonanter das Interrall ist Andi dann, wenn wir die Töne als zwei erkennen nnd auseinander- halten, bilden sie doch ein Ganzes in der Empfindung, und dicscö Ganze erscheint uns bald mehr, bald weniger einlieitlieh« (17, 35). Hier bezeichnet also »Verschmelzung« keineswegs, wtw wir im vorigen Kapitel darunter verstanden, das Gegenteil oder den Mangel der Analyse. Stumpf gibt dem Worte eine speziellere nnd zum teil engere Bedeutung; er hat wiederholt und ans- drttcklich die Gleiohsetznng der Begriffe Verschmelzung und »Nicbtonterscheidmigc znrtti&gewiesen (neuerdings 17, 43). Diese Verschmelzimg fUlt aiieh mcht einfach ztsammem mit der Schwierigkeit der Analyse. Es gibt zaUreiche ganz ?er- aohiedene Faktoren, die die Analyse eines Empfindtingskomplexes erschweren (13 II, 8 23; 17, S. 43, 79; 18, 11). Aber die Ver> echmelznng Im Bbam Stumpfe Ist einer dieser Faktoren. Es be- steht eine konstante Beziehung zwischen ihr und der Mehrheits- erkenntnis. Unt«r sonst gleichen Bedingungen wächst nämlich, nach Stumpf, die Scliwirrigkeit der Analyse eines Zosamnicn- klauges mit dem Grade seiner »Verschmelzung«; es wädist damit z. H. bei Zweikiäugeu die Neigung, sie als numerische Einheit anizofassen, sie unmittelbar als »einen Ton« zu beurteilen.

Stumpf gab zahlreichen unmnsikalisehen Personen Zweikllinge za hOren, die in der Mnsik yorzngsweiBe gebraneht werden, roa mittlerer Tonlage, simtlieh innerhalb einer Oktave gelegen, nnd forderte sie anf, naeh dem nnmittelbaren Eindniek zn urteilen, ob sie einen oder zwei TOne wabntthmen. Das Ergebnis war, daft das erste Urteil (Einheitsnrteil) durebsebnittlieh am häufigsten bei der Oktave, nftehstdem bei der Quinte geflUt wurde u.s. f., kurz: um so häufiger ^ je einfacher das Schwingungsverhältnis , je kon- sonantcr der Klang war. Mit musikalisch Geübten lassen sich die Versuche in solcher Form nicht durchführen, weil die selbst bei der Oktave fast iinincr die Zwoiheit der Tone erkennen. Diese Beobachtungen sind seither mehriach naehgeprttit und im wesent-

ArokiT fir PvckolofU. L 10

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234

Felix Knieg«r,

liehen bestätigt worden. Bei gleicher Fragestellung, unter sich gleichen Klangfarben und ähnliehen Stärkeverhältnissen der Töne ergab sich ftlr die den Umkreis einer Oktave nicht ttberschrei- tenden Intervalle der Musik stet«, gleiciiviel ob es sieb durch- weg nm obertonreiche oder um naheza einfache Töne bandelte, die gleiche Stufenfolge, wenn man sie nach den Prozentzahlen der Eiiiheitsiirteile ordnet*]. Insonderheit darf die (abeteigende) Reihe: Oktare Quinte Quarte, Tenen and Sexten Septimen, in diesem Sinne als gesichert gelten.

Stumpf &Bt seine Veisnohseigehnisse dahin lUBammen, daß »jedes der untersuchten Interralle als solches einem mSehtigen konstanten Einflüsse in Hindoht der Leichtigkeit seiner Analyse unterworfen ist« (18 II, 168}, und genauer (3. 149), daß sich »der Analyse eiü ^Taduell abgestuftes Hindernis entgegenstellt, welches um so stärker ist, je kleiner die Vriliältiiiöse der Scbwin- gungent*). Einflüsse der Übung, der GetUiile, der Obertöne nu l Schwebungen weist Stumpf als Erklärungsgrtinde Uberzeugend zurUck. I>ie absolute Toudistanz kann jedenfalls für die Keihc: Oktave Quinte Quarte und gr. Terz nicht in Betracht kommen. Und so fuhrt er fort: »Dieses Hindernis kann kein anderes sein als die Verschmdzung«.

Aber der Begriff der Yerschmelsung ist hiermit für Stumpf keineswegs eisohöpft; er stellt nicht nur einen zusammenfassenden Ausdruck dar für die soeben mitgeteilten Yersudiseigebnlsse, wo- nach die untersuchten Intervalle an sich,'d. h. unter sonst gleichen Bedingungen um so eher als »ein Ton« beurteilt werden, je klei> nere Zahlen ihr Scliwingungsverliiiltnis ausdrücken. Die Verschmel- zung zweier Töne soll vielmehr, wie die Konsonanz, be3tehen bleiben, wenn die beiden Töne dentlieh nntersehicden werden, ja sie soll erst dann, also bei vollkommener Analy^-r, \\\t die Wahr- nehmung Uberhaupt vorhanden sein. Des weiteren sind nach Stumpf alle musikalischen Intcrsalle »in erster Linie durch den Verschmelzungsgrad festgelegt« (17, 69). Und ?or allem: die Ver^

1] Vgl. RUlpo [4ft, 894f.); Faist [81); Meinoag und Witaaek (SSi; ZuflunineiifasBong Stampf (IS). D«»i Buchs 'M) Venndie »ohne Ana*

lyae«.

2) Die letzte Bestimmung jrilt nnttirlich nur iintor doni Vorboluilte der Schwelle; sehr kleine Verstimmungen der Intervalle iindera nichts an der lieihonfolge der »Verschmelzungsgrade«. Vgl. a.a.O. 137; dazu Faist 31, 129f. Heiiiong und Witasek 89,166.

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IKfltBraatttne und Komonans.

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Bchmelzong iat ihm daa wesentliche ttnterscheidende Merkmal der Konsonanz.

Fragen wir, waa, abgesehen von jenen Beobaehtnngen an Un- mnaikaliaehen, TätsSehlicliea Uber die TonTereohmelziuig «usoaagen iflt, flo yerweisl Stumpf anf andere ilUle einer mangelnden oder ersebwerton Unteraeheidimg konaonanier TOne. Di der Hnaik wer- den Oktayenyerdoppelnngen, anefa mefarfiudiei nodi als nniaono empfunden, ja Quinten- und Qnartenpandlelen kommen yor, ohne als Zweistimmigkeit bemerkt zu werden. Auf der Orgel haben sich die Mixturenregiater mit ihreu theoretisch Uberliü8bi^t!U oder falschen Harmonien eingebürgert und behauptet (13 II, 140, 179 f.).

Solche Beispiele ftlhreu üu6 Uber das Ergebnis der Verschmel- zwigSFersnoho nicht hinaus; sie illustrieren nur die zunehmende »Schwierigkeit der Analyse« bei den höheren Graden der Kon- sonanz, ohne sie weiter zurttckzuf Uhren.

Stumpf definiert, wie die anfangs zitierten Sätze zeigen, die Tonyenohmelznng in erster Linie dnroh ein Merkmal des C^eaamt- eindmeks: die relatiye »Einheilliehkeit« der konaonanten Klänge. Je einfacher das SohwingnngsyerWtnis» nm so einkeitlicber erseht der Zusammenklang, nm so entschiedener trSgt er den Charakter eines xnsammengebOrlgen »Ganzen«. Diese Tatsache ist schon den Alten aufgefallen; sie wird durch die Selbstbeobachtung Stumpfs und anderer, uamcutlich musikalisch geschulter E.\perten bestätigt. Man kann diese mit dem Konsonanz^rade zunehmende Einheit- lichkeit der konsonanten Zusammenklänge jederzeit an jedem be- liebigen Instrumente wiederfinden >). Sie wird von Stumpf eben- falls auf die > Verschmelzung« zurückgeführt.

Viele Kritiker haben dieses Merkmal des Stumpfsohen Ver- BchmelzungsbegriflfiBS nicht genügend berücksichtigt, wozu der in der Psychologie sonst ttbliche Spracbgebraach mag bdgetragen haben; ihm folgend nnd die Versnche mit den Unmnsikalischen ▼oitogswrase beachtend, identifizieren sie immer wieder Stumpfs »VesBchmelzung« mit »Nichianterscheidnng« oder »Schwierigkeit der Analyse« nnd haben es dann leicht, die Venchmelxnngstheorie ad absurdum zu ftlhren. Auch Lipps und Buch sindyon diesem Fehler nicht freizusprechen (10, 6 f. ; 34 passim^ Andere wiederum, wie Natorp (23, 7b7, 789) und Kliipu ^4^, oüüj, legen mehr Ge-

1) NihttieB darttber ün folgenden: C, III, 2 b und 3.

16»

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FeUz Krwgw,

wicht auf das der Selbstbeobachtung entstammende Moment der »Einheitiiclikeit« und finden dann, Stumpfs Konsonanztheorie leiste nicht viel mehr, als daß sie bekannte Tatsaebeu mit neuen Namen benenne; die Stafen der Harmonie als »Stufen der Ver- schmelzung < .

Der wirklich schwache Punkt der Theorie scheint mir darin xa liegen, dafi Stampf aelbst die beiden sehr yerschiedenen Merk- msle seines VenehmelziingsbegriilbB ~ die Einbeililiolikeit der Kon- sonanzen im Gesamteindniek und die »UnvoUkommenheit« ihrer Analyse nieht hinreiebend aoseinanderhlttt; daß er andeieiseiti zwischen diesen beiden (Ton ihm psychologisch mcht weiter analy- sierten) Tatsftebenkomplexen keinen ab notwendig einlmlitenden Zusam m en h anp h e rstc 11 1,

Die Verschiedenheit der beiden Erscheinuup^s reihen iat offenbar. Sie wird am besten dadnrch beleuchtet daß, ^\'\v Stumpf wieder- holentlich betont. Hie VerHchiiielzuug als >Eiiili('itli( hki-it« für das Bewußtsein unvermindert fortbesteht, nachdem die Analyse voll- ständig gelangen ist. Aber eben jenes >Empfindang8verhältnis<, das aach dann noch übrig bleibt, wenn ich die konsonierenden TOne ganz deathcb antersoheide and jeden fUr sich wahrnehme, be- zeichnet er als »UnToUkommenbeit« der Sonderang oder Analyse; und er ist einverstanden mit der von Lipps wiederom foimolierten allgemeinen Definition, »Yerscbmelzang sei ünTOllkommenheit der Analyse« (13 n, 127 f., 193; 17, 45). Des öfleien erlftotert Stupf die Yersehmelzong als AnnSbemug an den Ehidmek eines Tones oder an den Einklang. Diese Wendungen sind aber doppeldeutig; sie bezeichnen einmal die qualitative Einheitlichkeit des Gesamt- eindmoks und zugleich die »wirkliche Toneinheit«, wie sie nur fUr den bp««teht, dfr dio Mehrheit der Töne gar nii'ht niitt rs( heidet Die Verschmelzung wird zunächst als qualitative Eiuheitliciikeit des Gesamteindrucks beschrieben. Aber dieses Ergebnis der Selbst- beobachtnng soll »bestätigt« werden durch die Statistik Uber die Einheitsurteile der UnmosikaUscben, ans der doch nach alleni, was Stampf darüber sagt, nnr die Schwierigkeit oder das UnterbleibeD der Analyse bei den Konsonanzen berroigehl

Die nomenscbe Einheit (= Eänsbeit) konsonanter Znsammes* kUinge besteht nicht ftü* di^emgen, die der TOllstlindigen Analyse fUhig sind. Die qnafitatiTe Einheitlichkeit wird nach Stampf ertt bemerkt oder wahrgenommen, nachdem die Analyse vollzogen ist;

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DiffbieflstSne und KonsoBgm.

237

sie sei auch keineswegs venirsacht durch die Schwierigkeit der Analyse. Diese schwindet Datttrlich mit zunehmender Ühnng; da- gegen BoU die Yersehmelzang als EinheitliGfakeit von der indivi- duellen Übung nnabhSngig sein (18 n, 211). leb finde bei Stumpf keinen psyehologischen Zusammenhang zwischen dieser Einheit- liebkeit und jener Einbdt Er bezeichnet beide Phänomene als »Folgen« der Yerschmelznng. Was ist denn nun die Yenclanel- zung selbst?

Diese Frage wird immer wieder mit dem einfachen Hinweise anf die beiden erwähnten Folpreerscheinungeu der > Verschmelzung« beantwortet. Wie sich diese ausnehmen, »muß man eben hören«. Sie sind so wenig weiter zurUckfÜhrbar, eine einlaciie Farben- empfindong. »Was es in Wirklichkeit damit auf sich hat, daß Empfindungen ein Ganzes bilden und sich mehr oder weniger dem Eindmek einer Empfindung nMhem, das kann man zuletzt doch nnr ans nnd an Beispielen lernen«. Die Yerschmelznng seihst ist fttr Stumpf ein psychologisch »nicht weiter ahleithaces Gnmd- ▼erhaltnls« wie die Ähnlichk^t einfischer Empfindungen {13 II, 128; 71, 44, 49). Eine wirfcliehe Erklärung sei nnr anf der physiolo- gischen Seite möglich; »die Ursache der Yersehmelzung ist eine physiologische«.

iiier macht Stumpf, ohne selbst soDderlichcs Gewicht darauf zu legen, den bekannten Vorschlji^^ »spezifischer Synerfrieu«, d.h. bestimmter, in der Hirnstruivtur Gründender Arten des Zusammen- wirkens je zweier nervöser Gebilde (13 II, 214). Kr will damit nicht mehr aussprechen als ein physiologisches Postulat. Wäre es auch erfüllt, gelänge es einmal, »die chemischen oder moleknlar- ehemischen Voi^änge in der Hirnrinde, worauf die TonTerf^chmel- zung bemht, aufe genaueste anzugehen: so muA man auch nicht meinen, daB wir mit dieser sogenannten ,ZurttclEftlhrang* des Psy- ehisdien au& Physisehe Uber die Natur der TouTersehmelzung irgendwie kitiger geworden wären«. Wir könnten dadurch keines- wegs »das Wesen der Yerschmelzungserseheinungen selbst, den Eindmek der Oktave, der Quinte dir das BewnBtsein, in wdehem die Empfindungen doch allein als solche existieren, naucr und verständlicher beschreiben. In diesem Sinne kann man Bcwußt- feeinserscheinnnjren nur aus sich selbst verstehen«. Aber eben mit BezuL' auf dieses psychologische Verständnis spricht Stumpf sein bekannt gewordenes non liqnet aus: »Es scheint überhaupt nicht,

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238

Felix KriMger,

daß wir im stände sein werden, den Verechmelzungsbegriff tiefer oder verständlicher zu fassen, als indem wir die Verscbmelznn^ als das VerkattpftMin zweier EmpfindaDgeinhalte 2tt einem Ganzen, oder als EinheitUehkeit, als Annihernng des Zweiklanges an den Einklang besdhreiben« (17, 44, fiOiF.; 18 II, 211ff.).

Der rein fatsieUiche Zasammenbang swiseben der Einbeitlieb- keit der Konsonanzen und der »Scbwierigkeit« ibrer Analyse (ge- messen an der relativen Häufigkeit der Einheitsnrteile von Un- musikalischeu) lie^^t mitUrlicb darin, daß beide innerhalb gewisser Grenzen mit dem Grade der Konsonanz zu- und Mhnebmen. Dieser ParallelismuH bedeutet uicht die Lösnnir des Konsouauzproblems; aber in ihm steckt das Problem. DaB es sich hier nicht um ein zufUlliges Zusammentreffen handelt, wird jedermann als wahr- scheinlich einräumen. Die Frage ist nur, ob eine weitere psycho- logische ZurUckftlhrung müglich ist. Diese Frage glaube ich be- jahen za dürfen, obgleich aach fllr mich die Tonversebmelning im Sinne der qualitattven Einbeifliehkeit des Mehrklanges ein Empfin- dnngsTerbSltnis bedentet

Die ErUärnngen der Konsonanz ans ObertOnen nnd deren Schwebnngen stehen, wie wir sahen, mit entooheidenden Tal- sacben in Widerspruch. Lipps' Hypothese der unbewnBten iSt'liwingungsrhythmeü gestattet keine konkrete DurchfUhruug oder VerifikMiion, und ihre Zulässigkeit ist aus prinzipiellen Gründen bedcuklich. Dac-Cfrcn scheint mW Stumpfs Verschmelzungstheorie nicht sowohl sachlich nnztitretiend, als vielmehr unvollständijr zu sein; und sie kann, wie irh m zeigen hoffe, in einfacher, boihe- digender Weise weiter gciUhrt werden.

Gelingt es, die Tatsachen psychologisch begreiflicher za maeben, die Stampf nnter dem Begriff der Tonverschmelzong zasanunen- faSt, so wird damit ohne Zweifel zoglelch das Problem der Kon- sonanz semer Lttonng niher gebracht Indem wir dies yersnchen, werden wir zn prüfen haben, wie weit tatsSchfich nicht nnr die Einheitliehkeit des Gesamteindmcks, sondern auch die Schwierige keit der Analyse mit dem Qrade der Konsonanz parallel geht (s. C, m, 3). Soweit dieser Parallelismus wirklich besteht muß unsere Auffassung vom Wesen der Konsonanz sich daran be- währen. Daß er in gewissen Fällen nicht besteht, muß aus den- selben psychologischen Voraussetzungen als notwendig erwiesen werden.

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DifferenztOne und KonBonanz.

239

B. fragesteüang.

Die T«laachen der KonBonanz und DiBsonanz sind so mannig- faltig, dafi es Ton vonikeiein aoasiehtsloa eneheint, sie einer all- mnfiMaenden Formel nntenmordnen. Das pgycliologiBehe Problem txitt bei' genauerem ZvBefaen sofort in mehrere besondere Fragen aoseinander, die zwar sicberlieh niclit ohne inneren Zoaammen- liang, aber ebenso gewiß anch nicht identisch shid. Wir müssen das Intervall urteil vuu dem unmittelbaren Bewußtsein der Koüsouauz oder Dissonanz unterscheiden und in diesem wiederum die Empfinduugsmerkmale und die zugeliörigen Gefühle aus- eiaandprhfiltpn. Erst nach ihrer Scheidung und gesonderten Be- arbeitung haben wir Aussicht, zu begreifen, wie die angedeuteten Erscbeiniingsgrappen psychologiseh zusammenhängen.

I. Wahrnehmung nnd Geftthi der Konsonanz.

Dem naiven Beobachter drängt sieb wie Überall) so anch bei akustischen Erlebnissen am stilrksten nnd nmnittelbarsten der Un- terschied der GeftthlsfHrbung auf : gewisse Zusammenklänge wirken

angenehm, midcrc uuau^'cuohm. Seit Jahihunderteu bits in die neueste Zeit stellten auch die Theoretiker der Konsonanz dieses Merkmal in den Vordergrund. Noch heute pflegt die Musiktheorie und mit ihr die Natnrwissengchaft den Untersciiicd zwischen Kon- sonanz und Dissonanz geradezu durch den Gegensatz der Auuehm- Uchkeit und Unannehmlichkeit zu definieren. Selbst Helmholtz unterschied nicht die Konsonanzwahrnehmnng von dem Konsonanz- gefllhl; seine psychologische Analyse dieser Dinge zielt fast ans- BchlieAlich darauf hin, das Unangenehme der Dissonanz begreifUeh an machen. Und noeh die feinidnnige Bhythmentheorie Ton Lipps leidet an der äathetisohen Einseitigkett, zuerst nnd zuletzt die Oe- fiüdsunterschiede erklären zu wollen mit Überspriugung der etwa vorhandenen Unterschiede des bewußten Empfindungsmate- rialb. Uic uubtstinimten Wcuduugen des > Augemutetwerd« us = oder »Zumuteseinö*, die bei Lipps und den Anhängern seiner Theorie eine große Rolle spielen, sind g:eeignet, die Grenzen inner- halb der Fragestellung zu verwischen. Aber Lipj)« bestreitet frei- lich uberliaapty daß in den bewußten Empfinduugsinhalten der Konsonanz nnd Dissonanz ein charakteristisoher Unterschied zu finden sei. Jene Verschiedenheiten der Anmutnng, worin allein

Üigiiizeü by <jüOgIe

240

Felix KriMger,

die EigenBehaften der vnbewiißten Vorgänge Bieh dem BewnfitKm verraten Böllen, redozieien Bieh daher anf die VerBehiedenheitea

des Geftiblseindrucks; sie wären aber unter der genannten Vor- aussetzung: erapiriscbi-psychologisch nicht weiter zurtickfUhrbar.

Ea iät das Verdienst vStnmpfs, die Frage nach denEmpfin- dangsmerkmalen der Konsonanz von allen Gf fllhlsfragen scharf gesondert zu hal)en. Er betont, daß Konsonanzen abstoßend und Dissonanzen von großer Schönheit in künnen, je nach dem musi- kalischen Zusammenhang (17, 31). ^un liandclt es sich in solchen Fällen zweifellos am komplizierte, durch Erfahrung bedingte ästhe- tiBche Gefühle, ebenBO wie bei dem flogenannten AnflöBimgBbedttrf- niB, daB mit den ursprünglichen Geflihlen der KonBonanz und DiBBonanz wenig an tnn hat Man kann die Interralle in ihrer psychiBchen Wirknng iBolieren, nnd dann erBoheinen in der Tat bei Zusammenklängen alle EonBonanzen angenehmer als alle Dissonanzen. Ich glaube auch nicht, was Stnmpf andeutet, daß bei derartigen Versuchen die Kacliwirkun^^ mu>*ikalischer Erlebnisse immer noch mit im Spiele sei; denn ich habe regel- mäßige Gefllhlsunterschiede in jener UirbtTin? auch bei musi- kalisch extrem Un*reHbten und bei jungen Kindern gefunden, die noch sehr wenig Musik gehürt hatten^). Indessen darum ist der nnniittelbare Eindruck der Konsonanz doch nicht identisch mit dem KonsonanzgeffthL Er erschöpft sich nicht darin; selbst Un- moBikaliBche können bei einiger Fähigkeit der Belbstbeobaehtniig noch andere, nSmIich chacakferiBtiBehe Empfindungsmerkmale in dem GesamterlebniB entdecken.

Und das Gefühl der Annehmlichkeit ändert sidh nicht einmal parallel dem unmittelbaren Bewußtsein der Konsonanz. Im Alter- tum wurde die Oktave, im Mittelalter zeitweilig die Quinte als der schüuste Zusammeiikhui^^ betraelitet, und uns gegenwärtigen Euro- päern pflegt bei isoliereudeni Vergleichen die große Terz am erfreulichsten zu sein, während m;ni darin seit jeher einig war, daß der Konsonanzgrad in der liichtung: Oktave-Quinte-grußc Terz abnehme (s. Stampf a. a. 0.). Bekanntlich wurde die große Terz erst in der neueren Zeit nnter die Konsonanzen Uberhaupt aufgenommen. Man hat hiergegen eingewendet, der Widerstand gegen die grofie Terz habe sich nicht gegen das reine, aondem

1) Vgl. hn folgenden D.

DiffereastOne und EonsonaBs.

241

gegen das tatsäeblich verstimmte Interrall, die sogenannte pjthar gorftiBche Terz 64 : 81 geriehtet Mir scheint die TOn Stampf hervorgehobene Verschiebang des AnnehmlichkeitQgeftlhls trotzdem den hiBtoriBehen TatBftohen zn entspreolien; denn aneb dem Alter- tum imd Mittelalter war ansere gioBe l^erz 4 : 5 bekannt Aber wiehtiger istt daß jedenfalls in der Gegenwart den meisten Menr sehen die große Terz besser geflOlt, auch wenn sie ftlr ihre Wabi^ nefamong den Dissonanzen nKher steht als die YoUkommeneren Konsonanzen. Wahrscheinlich tri£ft Lipps etwas Richtiges mit der Annahme, dat» hier ein reicheres, zuBaniinengesetzterea Erleben einem allzu einfachen, zn wenig gegliederten vorgezof^eu wird. Aber was das genau genommen heißt, ob und warum es sich tatsächlich so verhält, kann nur durch genaue Analyse des bewußt gegebenen Empfindnngsmaterials festgestellt werden.

Nor auf diesem Wege ist es tiberbaopt möglich, den doreV gebenden nnd markanten Gefltblsgegensatz zwischen Konsonanzen and Dissonanzen zu begreifen. Daß die psyohologisehe Theorie der Konsonanz aneh diese wunderbare Gtegensätzliehkeit der 6^ fühle zn erklären hat, ist gewiß. Lipps, der diese Fordemng besonders nnterstreieht, seheint mir auch darin reeht zn haben, daß StnmpfsVersehmelznngsiheoiie ihr nieht Genüge Idstei Man versteht nicht, warum die Annühernng des Ganzen an einen Ton oder die Schwierigkeit der Analyse Vergnügen bereiten sollte. In anderen Zusammenhängen betont Stumpf gerade die Freude am Bemerken der Teile eines Komplexes. Süllen wir auch die Ge- filhlsunterschiede der Konsonanz und Dissonanz psychologisch als letzte, nicht weiter zurück ftlhrbare Tatsachen hinnehmen?

So notwendig es ist, in der Fragestellnng diese GefUhlsnuter- sohiede nnd ihre Grtlnde von den Empfindnngsmerkmalen der Kon- sonanz zn trennen, wir dürfen doch nicht vergessen, daß das anmittelbare Erlebnis eines konsonierenden oder dissonierenden Znsammenklanges eine in dieser Hinsieht zunächst nnanalysierte psychische Einheit bildet, und daß die hier geforderte Scheidung zweier Seiten des Erlebnisses bereits das Produkt einer abstrahie- renden Analyse ist. Der konkrete Unterschied des GefWhlsroomen- tes von den Empüudungsmomeuten des Eindruckes wird neuer- dings zuweilen übers«pannt, auch von solchen Psychologen, die die Geillhlsfrage in den Mittelpunkt der Unter.suchung stellen. Gerade" die akustischen Tatsachen scheinen mir zu der Auffassung hin-

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Felix Kraeger,

zudräugeu, wonach die (jeluhle ^;ir keine besonderen Inhalte neben den BOgenannten »objektiven« Inhalten des Bewußtseins, noch weniger besondere psychische »Akte« oder Verbaltungsweisen sind, sondern: Eigeuaciiafteu oder Qualitäten des GesamtbewuBtseioA- Inhaltes <).

Daraus erklärt sich die Möglichkeit einer Variabilität des Ge- ftthlflcharakters bestimmter Interralle : kein Teilinhalt des Bewnfit- 9ieSxa und kein Komplex Toa Teilinhalten kann yOllig konstant mit dem gletcken GefttUe Terbnnden sein, weil du GefttM jeder- lelt anch Ton den flbrigeni gesonderten wie yersehmolzenen, Inhalten dee Bewußtseins nnd deren Eigensohaflen bestimmt ist Damit liängt es femer zusammen, daS schon die populäre Fsyehologie der Unterordnung aller Gefühle unter die Begriffe «Lust Unlnst« zu widerstreben pflegt, daß tiic »u^^ar von einem >Gef^hl« der Wahrheit, der Zusammengehörigkeit, der Ähnlichkeit, der Bekaunt- heit auch da redet, wo es auf Unterschiede der Annehmlichkeit gar nicht ankommt; immer handelt ca sich dabei um Ei<:enscliaften komplexer und im einzelnen nicht analysierter Inhalte. Es kann hier dahingestellt bleiben, wie weit diese interessante Erweiterung des GeftÜilsbegriffes wissenschaftlich zweckmäßig ist, ob Überhaupt anfier der Lost Unlust noch andere Qualitäten der Gefühle theo- retisch snznlassen sind. Anoh Ton Geftthlen der Konsonanz nnd * Dissonanz wird viel&ch in solchem erweiterten Sinne des Wortes gesprochen; nnd wir mttssen daranf achten, ob der Terminus »Ge- fklhl«, anf akustische Erlebnisse angewendet, nur die Annehmlich- keit oder Unannehmlichkeit des Eindruckes und deren Grade bezeichnen soll, oder ob noch andere Merkmale des Bewußtseins- inluiltcri damit gemeint sind*). Tonempliiiduufxen werden wie alle psychiscben Einzelheiten tatsächlich immer in Komplexen erlebt: nnd Komplexe haben ihre beBOuderen Eig^ensclKifteu über die Eigen- öchatten ibrer Teile hinaus. So kommt auch jedem wahrgenom- menen Zweiklauge, abgesehen tou seiner größeren oder geringeren Annehmlichkeit, eine charakteristische Färbung zu, die ihn Yoa

1) Vgl. Cornelias 9S, Uff,, SfiSff. und ST, 117 f.; im folgenden C, III, 2«.

2) So spricht Lipps von einem »GtHÜiI der Einheitlichkeit, der Über- einstimmung« oder »des Geprenfcilg« bolm Ilr>ren von Melirkllinfren. wie beim Anblick von Bauwerken; dieser Ausdruck »oll aber uiclit bloß ein nefühl. fioudcrn zugleich einen »TatbeBtand« bezeichnen, der dem Gefühl »zu gründe Hegt« (9, 564ff.).

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DUTerenstOne uid KonBoiumx.

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anderen Zosommenklängen unterscheidet; sie steht, als Eigenechaft eines Komplexes, den Gefühlen im engeren Sinne des Wortes niher als etwa die Qualitäten der herausgehörten EinzeltOne, haftet aher mit grOfierer Konstanz an den aknstisohen Eindrtteken als die Lnstbetonnng, wdl sie nicht wie diese Tom Gesamtsostande des BewnBlseinB mithestimmt wird.

Im Interesse einer eindeatigen RezeiehnnngBweise werde ich im folgendeil deu Begrifl' »GelUhU auf die EigeESchaftea des Gesamt- bewußtäeinsinhaltes besehraukcn, die die vergleichende Betrach- taug als Amiebmliclikeit oder Unannehmlichkeit zu beschreiben hat. Ein psychologisches VerstUndnis dieser Geftthle im eng^eren Sinne, wie jener charakteristischen Färbuii^^eu der Teilkomplexe setzt eine möglichst ToUständige Analyse der bedingenden Empfin- dnngsinhaltc Torans. Deshalb muß diese AnafysOi muß die I^age nach den Empfindnngsmerlcmalen der Konsonanz nnd Dissonanz allen Erklftrongen der musikalischen Qefbhle rorangehen.

II. Unmittelbares Bewußtsein der Konsonanz nnd KonsonanznrteiL

Das, so oder so gefühlsbetonte, unmittelbare Birleben der Kon- sonanz und ihres Unterschiedes von der Dissonanz darf nicht ver- wechselt werden mit unserem intellektuellen Verhältnis zu diesen Tatbeständen; mit den Ergebniöäeu ihrer verfrlcichenden Beurtei- lung und ihrer weiteren beprrifflich-abstrahirK mlcn Verarheitun«;. Wer das nötige akustische Wissen besitzt, kann z. B. ohne über- haupt genauer hinzuhören, auf Grund der ihm bekannten Schwin- gnngszahlen und sonstigen ol^ektiTen Bedingungen urteilen, er »hOre« jetzt eine Konsonanz, jetzt eine DisBonanz. Er bezeichnet ▼ielleioht ein ohjektir wenig verstimmtes Intervall als Dissonanz» obgleich das Dissonante daran, d. h. die Abwelebung Ton dem Eindrucke der Konsonanz, oder die Verstimmung ttherhanpt, d. h. jeder Unterschied von dem einfachen Schwingungsveihliltnis noch nnterhalb der Merklichkeitssehwelle liegt.

Bekanntlich ist es auch möglich, eine wirkliche Konsonanz oder Dissonanz sich in der Phantasie oder Erinnerung vorzustellen. Diese Möglichkeit lieruht, wie überall, auf ei^^enen früheren Wahr- nehm uniren derselben Art; sie setzt Emphndungserlebnisse der Konsonanz und Dissonanz notwendig voraus. Man darf aber keines- wegs erwarten, alle die Teile auch in der Yorstellang aufzufinden,

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Felix Kraeger

die aus dem enteprecbenden Wabniehmimgäerlebüis sich ber&os- «naljBicrcn lassen. Selbst was man in dem Wahmehmanprskom- pleze wiederbolt gesondert bemerkt hat, pflegt wegen der Unge- naaigkeit alles Erumenis in die blofie Vorstellnng nicht yoUständig mit einziigehen. Was man aber in der Wabnebmang bisher nie* mals nnteraebieden bat» das kann unter keiner Bedingmg in dem Vofstellnngskomplexe gesondert Torgefimden oder ans Üim hersaa- analysiert werden. Das gilt anch von solchen Teilen des Wahr- nebmimgserlebnisses, deren Vorhandensein etwa primiir den psy- chischen Unterschied zwischen Konsonaii/, und Dij?sonaiiz bedingt

Der 3fnsiker oder der ukustisch Unterrichtete kann, auch ohne ein musikuiij^ehes Gefühl gej^^euwärtig zu erleben, urteilen: dieses Intervall »ist« angenehm, jenes nnangenehm. Solche Urteile beziehen sich aaf aktuelle Gefühle, die unter ähnlichen Ikdinguogen früher vorgefnnden worden und deshalb fUr die Znknnft er- wartet werden.

Die Frage» woran man die Konsonanz, einschließlich ihrer Ge- ftthlsbetonnng, erkennt, fiUlt nicht zusammen mit der Frage nach den nnmittdbar währsünehm enden Merkmalen der Konsonanz. Und da Jene Erkenntnis früher gemachte unmittelbare Er&hmngen yoranssetet, mnfi die zweite Frage dnroh die psychologische Zer- gliedening der Wabmehmnngen zuerst beantwortet werden. Wir haben am Schhisse dieser Untersuchung auf den objektiven Kon- Konan/.begritT und das begrifflich- erfahr uugsnmßige Kousouanzurteil zurücl\/.ukninmcn 'D).

Aucii al ::« rieben von den mittelbaren Kriterien der Physik, der Instrumenten künde u. dergl., rein uul Grund der akustischen Wabr- nehmong und der Erinnerung an ähnliche Wahmehmongen kann man ein Intervall als »Konsonanz« oder »Dissonanz« beurteilen, ohne den charakteristiscbeii Eindrack der Konsonanz oder Disso- nanz gegenwärtig zn empfangen, ohne speziell die primären Em- pfindungsmerkmale dieses Eindruckes in der Wahmehmnng zn erleben. Solcher Art sind alle Konsonanzurteile ttber anfeinander- folgende Töne.

IlL IntervaUurteil und Konsonanz; Tonfolge und Zusammenklangt).

Es ist bekannt) daB musikalisch gettbte Personen das InterraH-

1; Da« Ziel der folgenden Erörterungen iat nicht eine erschöpfende Be-

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DlfferenxtOne and Koiuioiiaia.

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Verhältnis zweier einanckr tdlL^riider Tüue Bebr genau beurteilen künnen, wenn es sich um ein in der Musik häufig gebrauchtes Intervall bandelt. Stampf nud Meyer haben f)lr die Oktave, die Qointe und die beiden Terzen diese Eracheinnngen näher nnter- encht (19). Sie gelangten zu dem liemerkenswerten, Bohon von Delezenne einigermafien gemoberten Ergebnis, daß die Reinheit der Oktaye nnd der großen Terz bei (anisteigender} Tonfolge sogar erheblich besser beorteüt whrd als bei Znsammenklingen. So er- kannte z. B. Stumpf an StimmgabeltOnen der Mittellage eine Yer- mindening der großen Terz nm nnr 0,78 Schwingungen in 88 Ton 100 Fällen der Aufeinanderfolge richtig als Verminderung, während bei Gleichzeitigkeit annähernd dieselbe Zahl richtif^cr Urteile erat durch eine Verkleinerung um 4 Schwinf2:uTi{7en erreicht wurde. Ähn- lich verhielt es sich mit der < »ktiive " 46 l^cltu 3,1 Schwinijun^eTi Verengerung des Intervalls) und analog für die Ubrigeu Beob- achter (a. a. 0. 121 f., 129 f.).

Hierbei ist zn beachten, daß alle Teilnehmer an den Versuchen eine anfierordentliehe akustische nnd musikalische Übnng besaßen. Die meisten waren fttr Musik kttnstlenseh ansgebfldet, es waren Musiker ersten Banges darunter, z. B. die Milglieder des Joachim- Quartettes. Die psyehologisehen Bedingungen solcher Urteile, so unmittelbar sie geftDt zu werden sebeinen, sind höchst kompli- ziert, und Stumpf selbst lllBt die Deutung der Ergebnisse an mehr als einem Punkte offen. Er statuiert ein spezifisches >Reiuheits- gelühl«, zur Klasse der Lust^z-L fühle gehörig, als Ursache des Rein- heitsnrteils, betont die Entwicklungsfähigkeit dieses Gefühls durch individuelle Übung, legt aber das Hauptgewicht auf die angeborene und ererbte Anlage (S. 155 ö'.). Jedenfalls haben wir es hier mit einem »GefUhl« in dem oben charakterisierten weiteren Sinne des Wortes zn tun Eine vollständige psychologische ErklBrong hätte nicht nur auf die aUgemeinen Tatsachen der £rinnemng und des Wiedererkennens, sondern auf die Gesetze der Yerfeiuerung unserer Oediebtnislnlder nnd der Obong einzugehen. Soviel ist gewiss, dass alle jene Beobachter eine unermeBIicke Zahl von

■dmibang der UnteneUede swiaohen raeoenlrer und gleieladtig«r Ton- mchriMit, tondem immer aoeh: die Frsgestellttng in Sscheii der Konao'

nanz und DiBsonanz, insbesondere die methodisch notwendige oder zweck- mäßige Rf'ifx nfolge, in der die venohiedenen hieiher gehörigen Fragen anxngreifen Bind.

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Felix Kraeger,

eigenen l^rluhruugen über Tonfol^en wie Uber Zusammeiiklaoge mitbrachten; nnd ferner, daß sie die zu Tage getretene Genauig- keit und Sicherheit ihres Keinheitiiurteili» nicht erlanfrt hätten, ohne ihre vielfälti^^en frUhcren WahrnehmaQgen aller Grade der Kon- sonanz im Zasammenklange.

Ich werde so^eioh einige TatBachen der vergleichenden Mmik- gcflohichte anführen zum Beweise, daß ohne Erfahmnpren an Zu- BammenkläDgtti ein feines nnd sicheres nnmittelbaies Urteil flher die Reinheit Ton IhtemUen sich nicht entwickebi kann. Nachdem ee aber enunal dort entwickelt ist» kann ea mit einer gewiasen SelbatSndigkeit anf Tonfolgen sich Übertragen; and seiner wei- teren Yerfeinemng süid bei ZnsammenkUlngen psychologische nnd physiologische Sehranken gesetzt, die im Nacheinander der TOne fortfallen. »Es ist nun«, safrt Stumpf mit Recht, »die Gleich- zeitigkeit ein Hindernis des Urteils, weil dadurch der einzelne Ton weniger leicht in seiner Eigeutümlii hkeit erkannt wird. T^nd je ^^tiirker die Verschmelzung, um so größer das Hindernis, weil Stärker verschmelzende Töne eben weniger vollkommeu aasein- andertreten« (a. a. 0. 163). Überhanpt werden awei Eindrücke »in jeder Hinsieht besser miteinander yeiglichen, wenn sie aafeinander folgen (oder nar dnreh eine ganz korae Panse getrennt sind), ala wenn sie gleiohzeitig shid« (17, 58 f.).

Bachen wir ein genaaerea VerstlUidnis des Versachsergebnisses, wonach die Beinhdt von Konsonanzen bei der Ghldehsettigkeit schlechter beurteilt wnrde als die entsprechenden Tonschritte, so mttssen wir ror allem fragen, ob denn dem Urteil dort ebenso gUnsti^ro Bedingungen geboten waren wie hier. Das war nun, auch abgesehen von der allgemeinen Beeinträchtigung gleichzeiti- ger Inhalte durch einander, nicht der Fall. Bei tri eichzeitigem Erklingen zweier Töne entstt heu in der llberwipL^ciulen Mehr7ahl der Fälle neben dem primären Zweiklaugo mehr oder wemgrer deutlich noch andere Erscheinungen, Kombinationserscheinungeu, wie ich sie in meinen früheren Mitteilungen (36; 38) ausMirlieh beschrieben habe* Man wird a priori Fermaten, daß diese regel- mäßigen Teilphänomene Ükt die nraprttngliche Charakteristik nnd das Wiedereikennen der Znsammenkl&nge nicht ohne Bedentnng sein können [vgl die Abschnitte C nnd D dieser Arbeit). Nnn berichtet Meyer ausdrücklich (19, 120], bei den in Flage stehen- den »Versnehen mit gleichseitigen TOnen maßten die TOne so

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DifferenstOne und Kohbohuis.

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scliwach genummen werden, daß die Dift'erenztüne nicht die Auf- merksamkeit aaf sich lenkten oder, wenn sie bemerkt wurden, ^venigstens so undeutiich waren, daß eine genaue Bearteilnng ihrer Tonhöhe nicht leicht mOglieh war«. Hier also, wo ohnehin jeder der beiden Frimärtöne dem anderen, gleichzeitigen etwas von Bei- ner Intenflitftt nnd DentUchkeit raubte, wurden die TOne noeh ob- jektiT achwSober erzeugt als bei der Aufeinanderfolge. Anderer- seits lassen sich DifFerenztOne wie Schwebnngen auch dureh starke Herabsetsnng der Elangstürke nieht ganz beseitigen; ob sie ge- sondert wahrgenommen werden, ist eine andere IVage; aber Stumpf gibt sogar an, einzelne Beobachter hätten bei den Ver- snchen darauf geachtet (S. 152). Die Folge war sicherlich eine Erschwerung des Urteils; man kann nicht zwei Empfindungen mit größtmöglicher Genauigkeit vergleichen, wenn deichzeitig noch andere Empfindungen desselben Sinnesgebietes undeutlich gegeben sind.

Diese Erschwerung wird keineswegs aufgehoben, sondern eher gesteigert durch die Tatsache die schon Tartini kannte und nut seinen Sehülem praktisch zum Stinmien der Geige verwertete , daß DifferenzUSne und Schwebnngen Ton gentigender Deut- lichkeit und Dauer das Urteil ttber die Remheit Ton Zwd- klängen wesentlich untersttttzen kennen.

Die Daner der primftren Klänge betrug bei den Yenudien Stumpfs und Meyers fS. 119) durchweg etwa 3 Sekunden. Bei den öuccessiveu lutervallcn erklang jede der beiden Gabeln 3 Se- kunden lang, und dazwischen lag eine Pause von etwa 1 Se- kunde, so daß die ganze Beobachtung einen Zeitraum von etwa 7 Sekunden einnahm. Diese zeitlichen Bedingungen sind f\!r mich annähernd die günstigsten, wenn es sich um die Beurteilung des Tonschrittes handelt; insbesondere bedeutet eine Verlängernnp der Klangzeiten keine Zunahme der Urteilssicherheit. Aber auch bei den Versuchen mit Gleichzeitigkeit erklangen die Gabeln nur 3 Sekunden lang. Und hier wird ohne Frage bei li&ngerer Klangt dauer das Urteil erheblich sicherer. In der Beschreibung meiner Versuche an Zweiklftngen erwähnte ich, dafi die Eombinationstitaie und ihre Folgeersdieinungen fast niemals genau gleichzeitig mit den primären Tönen hervortreten (36, 374, 599), was auch Stumpf gelegentlich andeutet (19, 153). Stumpts ueueste Versuche mit stark verkürzter Klangdauer (22), wo auch die geübtesten Beob-

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Felix KtfMgw,

achter in der Rt urtoilang von Zweiklöngen vollkoniTneTi nnsieher worden, bebtäti^tn mir die hohe liedentnng der K in 1 »111:111008- erscheiiHinjren t\lr die Charakteristik uud Fixiernnp: der lutervalle. Hierauf haben die folgenden Abschnitte im einzelnen eiuzogehea; dort werden avoh (D) einige besondere, bisher unerklärte Ver- snehsergebnißse, s. B. hinsiehtlieh des OktaTemweikUmges, -lie- greiflieh werden.

Das Wiedererkennen eines geometrisek gldehen IntemlleBf aneh in yecscbiedener absoluter Tonhifhe, ist an sidi wunderbar genug. leb sehe nieht, wie man es yersteben will, okne eine be- sondere, bewnfite Qnalitftt der simultanen oder sueeessiven Tonkomplexe zuzulassen, die zu den Qualitäten der einzelnen Töne hinzukommt, wenn sie zusammen iui in wuUtM iii geben sind; ob man mit Lipps (11, 385) vorzieht, diese »Oe.stultqualität« V. Ehrciifrls^clior Terminologie ein »GeftUü« zu nennen, ändert nichte an der Suche.

Kon ist jenes Wiedererkennen keineswegs auf Konsonanzen be- schränkt. Jede größere Melodie pflegt > dissonante« Tonschritte wo. enthalten, und auch sie erkennen wir, in beliebigen TnuispositieBe&, als identiseh. In neoerer Zeit sind bei einigen auBereniopXiseben Vdlkem Tonsysteme festgestellt worden, die yon dem unsengen stark abweichen und s^ yeischiedene, uns fremde Interyalle ent- halten. Die Husik der Siamesen bewegt sich, mit alleiniger Aus- nahme der Oktave, durchweg in Tonsehritten, die in der unserigen niemals Torkommen fs. Stumpf 81). Ähnliches hat Ellis fttr Java festgestellt (15, 518 f.). Selbst da, wo es gelingt, die uns vorliegen- den musikalischen Produkte eines fremden Volkes in unsere Tou- leitem einigermaßen einzuordnen, wie bei den meisten bisher unter- suchten Indianerstämnien, finden sich neben den unheabsichtigien Fehlern der Intonation doch auch regelmäßige > Abweichungen«, die an der gleichen Stelle und bei verschiedenen, von einander unabhilngifren Musikanten immer wiederkehren (14, 407). Alle diese fremdartigen Tonschritte und die daraus gebildeten Melo- dien lernt der enropSische Hdrer bald unterscheiden nnd wieder- erkennen. Die ezotisehen Musiker selbst können es natttrlieb; sie musizieren fast sftmflieh ohne Noten, lediglieh nach dem (}ehOr und Gedliohtnis. Dem von Stumpf genauer untersnehten BeUa- kukindianer fiel es nieht schwer, seine Lieder mit einem anderen als dem gewohuteu Ausgangstone zu beginnen uud dann siugeud

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DifferenztOne and Eonsonanss.

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selbständig za. transponieren. In der siamesiBehen MnsikpnziB fand Stumpf Transpoflitlonen als etwas sehr gewOhnliehee (14, 408; 91, 91).

Ifan kdnnto Memaeh m der Heiniing kommoiy InterraHniteil nnd Konsonanz bitten Überhaupt niehts mhemander an ton. Dem wttrde firdlieh jeder earopiliselie Sttnger oder Spieler eines ÜDsChi*

mentcB ohne festliegende Töne widersprechen. Sic wissen, daß sie uuter sonst gleichen Umstünden eine Oktave, Qaintc oder Terz leichter treffen nnd siiiierer beurteilen können als eine Septime, tlberraußigie Quinte oder kleine Selniude. Hätten Stumpf und Meyer ihre Versuche auf dissonante musikalische Intervalle ausgedehnt, so hätten sich hierfür ohne Zweifel größere unbemerkte Abweichnogen von den physikalischen Normalverhältnissen ergeben.

Unser gegenwärtiges Tonsystem ist das Produkt einer langen, anf weite Strecken noch nnanfgdclärten EntwieUnng. Darttber jedoeh sind die Historiker nahean einig, daß es wesenflieh anf Gmnd harmonlseher Erfahrungen und zu gunsten der Harmonie sieh gebildet hat In den Musiksystemen, deren Interralle Ton den nnserigen starlc abweiehen, spielt auch die Harmonie, ja der Zusammenklang überhaupt keine oder eine sehr geringe Rolle. Und was für die Theorie des Intervallurteils besonders wichtig ist: vkü harmonische Erfahrungen fehlen, ist auch die selbständige In- tonation der Intervalle höchst unsicher nnd schwankend. Diese Unreinheit der Intonation wird beim Hören exotischer Musik leicht unterschätzt , weil wir die (nach dem bekannten und allgeiueiu wiedererkannten Zusammenhang) erwarteten und namentlich die bei nns gebräuchlichen Interrallc hiaeinzuhören pflegen.

Trotzdem ist sie aUen sorg&ltigeren Beobachtern aufgefallen nnd wird ttberemstimmend darauf znrttckgeftlhrt, daß hier »die Harmonie nicht zur Kontrolle dient« (Ift, 521; of. 514, 518; 14, 407, 422). Eine stetige Detonation oder Steigung der Tonhöhen innere halb eines StQekes bis zu einem Ganzton ist bei NatarvOlkem nichts Seltenes (14, 408 ; 16, 130, 142). Einzelne Intervalle werden Ton indianischen Säugern, namentlich mit zunehmender Leiden- schaft, stark verändert: Die große Terz tritt fUr die kleine, diese flir die Sekunde ein n. dergl. Die Intonation der Ter/cn ist bei vielen Nnturvüikern i^o unrein, driR die Frage schwer zu entscheiden ist, ob reine Terzen oder »neutrale«, d. h. zwischen der großen nnd kleinen Terz gelegene dabei beabsichtigt und in dem be-

AreUr At Pajdiologi«. L 17

Üigiiizeü by <jüOgIe

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Felix Knwger,

treffenden Musiksystcm bcfrriindet sind (14, 426; dagcgcu 16, 143. Vgl. jedoch die Terz [423; öl6] der biameöeii 21, 83).

An sKiiiirsit^chcn Glocken- nnd Holzharraonikas fand Stumpf die gleiciiscliwchcnd teuipericrte 7 stufige Tonleiter des Landes mit einer Genauigkeit gestimmt, die fUr solche Instramente and Leitern ganz ungewöhnlich ist Wie diese Tonleiter selbst entstanden ist| darttber sind rorlSnfig nnr Vermatnngeo möglich. Die Abstimmung jener wenig yeilndeiliohen Inifcniaiente scheint mit grofiem Fleifie dueh den siamesisefaeii QnirtensirkeL mstsnde gekomnion sn sein, bei stfengem Festhalten an dem Friniip der Oletoh- stnligkeit und cogleieh an der geheiligten SiebenaaR IBb handelte sieh in Berlin um gesehntte Berafimnsiker» die an den besten ihres Volkes gehörten: dennoch waren sie alle anf)lhig, ihre eigenen Intervalle am Tonmesser einigermaßen genau wiederzufinden; statt ihrer 7 stufigen Tonleiter bestimmten sie, (»hne es zu bemerken, acht verschiedene, also viel zu kleine Stufen innerhalb der Oktave, mit erheblichen Abweichuupen bei (Lt uiiTnittelltaren Wiederholung des Versuchs. Dergleichen könnte einem mäßig begabten euro- päischen Musikschuler kaum begegnen. Au der siamesischen Hof- kapelle bestätigte sich wörtlich, was schon ans den omfassenden Untersnchnngen yon EUis hervorging, daß »bei Mnsikem, deren Olir nicht duroh Harmonie geschürft ist, die Stimmung deraettMn Leiter in yerschiedenen FHUen sehr yeisohiedene Besnltale gibt, also aneh yon der intendierten betrttehtlieh abweichen kann« (21, 104 f.; 10,514].

Die Oktaye ist das einzige Interyall, das ipeines Wissens allen bisher bekannt gewordenen Tonsystemen gemeinsam ist; sie wird zugleich in der großen Mehrzahl der Fälle am reinsten ge- troffen und gestimmt (lö, 517 Anm. u. passim). Nun ist die reine Oktave entschieden auch der verbrcitetste Zusammenklang. Ab- gesehen davon, (lass alle obertoureieheren Klänge tiberwiegend gleichzeitige Oktaven enthalten; selbst solche Völker, deren Musik im tlbrigen kein einziges rein harmonisches Intervall besitzt, machen fortwährend die Erfahrung des Oktayen-mehrklanges: beim inten- dierten Unisono w^n der yerschiedenen Stimmlage der Sänger. Es gibt wohl keinen musizierenden Volksstamm, wo nicht rogeUn&fiig oder gelegentlich die Männer mit Franen oder Kindern ansammen sängen; solche Qesänge bewegen sieh notwendig in fortgesetzten Oktayenpaiallelen. Da es ttbendl mehr nnd

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DUEoffenxtlfne «Dd Konflonaits. 261

weniger geübte Stimmen wie Ohren fpbt, ereignen sich hierbei nattlrlich alle Unterschiede zwischen reiner und verstimmter Oktavenkonsonanz und können nicht unbemerkt bleiben. Auch von einem vollkommen gleichzeitigen Einsatz alier Sänger ist keine Bede^j. Daher wird das OktaTeninterraU von vom heiein in allen m(^liehen Übergängen Tom Zneammenk lange xnm Nacheinander erlebt

Daaaelbe gOt ftr die Übrigen ToDkonuneneren Konsonanzen, wenn diese aaeh nisprllnglicli seltener Torkonunen. Beinahe von allen bisher nnteisaehleii piindtiren YOlkem werden Beispiele einer bald beabeiebtigten bald snfiUligen Mehrstimmigkeit berichtet) auch abgesehen von den ganz allgemein verbreiteten Oktaven- ZQSummenklängen'). Die OktaveuparaUelen werden häufig da- durch Miriiert, daß die höheren Stimmen oder Instrumente die Melodie in rascheren und kleineren Schritten umspielen ^Siam, Java). So erzählt J. P. Land von den In stni mental Vorträgen eines jave- sischen Orchesters: »Mehrere Instrumente gingen da ihre eigenen Wege, indem sie die gleiche Weise verschieden figurierten; sor weilen aber trafen sie in liebten Intervallen zusammen, wo dann der sehOne Klangefaarakter der Instrameiite eine wonderFolle Wi^ong tat« (15, 618). Von noidameiikanisehen Indianern teQte Baker einen Gesang mit, hei dem »dne Stimme die Melodie fllhrt, wühlend dne andere sn Anfimg jedes Ttkie» die tiefer liegende Tonika dazn angibt« (14, 422 iknm.). Almlieh singen in einem nenerdings von Fillmore veröffentlichten alten Liede der Yaqni- Indianer (Mexiko) die Frauen ununterbrochen die Oberquinte der Tonika (41, 1 ff.). Dieses Lied besteht lediglich ans Tönen des G-moU-Dreiklane:es. Stumpf notiert zwei, Baker vierzehn Gesänge, die ausschließlich in Dreikiaugstoneü, und zwar größten- teils in Dur, sich bewegen. Dasselbe trifft nach Fillmore fUr ▼iele von ihm gesammelte Indianerlieder zu (14, 42ö; 41, 1). In allen solchen Fällen werden notwendig sämtliche wiohtigeren Kon* sonamen gelegentlich anch als Znsammenklänge nnd im Über- gänge von der Gleiebaeitigkeit anm Kaeheinander gehOri

1) Bei den BeUakula-Indianem sitzen die regelmäßig mitsingenden Frauen »nicbt mit d«n Mlonem ... an der Front des Haiuee, sondern an einem

b('Iiebi;:!:cn Platz im Innern, und haben auch nicht den Stock in der Hand, den die Männer gebrauchen, um sich im Takt zu >i?.lfOTi.€ »Öfters halten sie Btondenlange Übungen, wobei einer vorsingt and dirigiert« (14, 410).

2) Vgl Wandt «1, 426.

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Fetts Kni«c«r,

Die VolkBiuQsik gab aucli in £iuopa aUenthaiben Gelegenheit sa harmonischen Erfahrungen, lange bevor die Polyphonie und Harmonie sich offiziell befestigCen. Eine gesetzmäßige Fort- icbreitniig in Akkorden konnte natOrlieb wegen der zaUieiehen dadnieh bedingten Komplikationen aieh erst spSt nnd langnam entwiokebi. Aber es ist histoiiaeb imbetecbtigt» aUe Mosik als bannonieloe an beaeiehnea, die noob keine regelmäßigen Akkord- folgen entiiält, also andi kein System dea HaimonieweebBela er- kennen läßt. »Streng genommen«, das ist Stnmpfs Standpunkt iu dieser Frage, »hat e;) wahrscheinlich niemak bloß homophone Hasik ffccroben « fl7, 62. Ebenso Wundt a. a. 0.).

T^ippn und einige andere Akn<t!k*^r fordern, daß die Theorie der Kouäouauz nnabhäugig von dcu Erscheiuuugcu des Zusammen- Idanges die »Konsonanzc nach einander erklingender Töne be- greiflich mache; Lipps spricht sogar ron Harmonie nnd Dis- bannonie in der Tonfolge (7, 258; 8, III, 155; 10, 10; Zeitscbr. f. Fsjcb. Bd. 8, 343). Die Veracbmelznngstbeorie Stnmpfa, wie sie ans Beobachtnngen an Znaammenklingen erwachsen ist, kann offenbar direkt nnr anf Zusammenklänge Anwendung finden. Eben darin erbllekt Lipps ihren entaeheidenden Fehler (10 a. a. O,}. Ähnlich argumentiert Hohenemser gegen StnmpfB Theorie unter ausdrticklichem Hinweis auf die historische Priorität der homophonen Munik. Er ^iht mit Lipps nur so viel zu, daß im Nacheinander >(ler Konsonanz- uud Dissonanzcbarakter nicht so schärft hervortrete als bei der Gleichzeitigkeit zweier Töne 40, 65, 75). Am entschiedensten behauptet neuerdings Meyer eine ur- sprüngliche »Verwandtschaft« aufeinander folgender Töne, die es in erster Linie und ohne Rücksicht auf Znsammenklänge wie anf begleitende TeUtOne zn erklären gelte (30, 2, 39 f., 58). Kr selbst veiBQeht eine solehe ErkUfarnng nicht, nnd abgesehen von der Lippa*schen Bhythmentheorie mit ihrem Rekurs anf das Unbewußte ist mir keine psychologische Deutung des behaupteten Tatbestandes bekannt

Es ist in der Tat psychologisch nicht einausehen, was die Anf-

einanderfolge der einfachen Töne z. B. c—g an sich, d. h. als

unmittelbares Kiii|)limimi;r9erlebnis vor der Tonfolge c ßs oder c gis voraushaben sollte. Obgleieh anch Stumpf und viele andere von einer »Konsonanz aufeinander folgender Töne« reden, habe ich nie recht begreii'cn können, was das psychologisch heißen

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Differenztone und Kosflonuiz.

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soll. Wir mUssen am £ode muerer Untonmchiing auf dicao Frage und die nahe damit yerbnndeBe des InteiralloiteOs anrllekkommeii; anf gnmd besonderer Yenniclie werde idi mushweiMn, daß auch das GefHUamoment bei BveeesBiTen Thusa fax die Anwendung dee KonBonanzbegriffes keinen Anhalt bietet (D).

Was Lipps vnd Meyer zur Theorie der melodiseben Tonfolge oder >der« Tonleiter beibringen, stutzt sieb ausschließlicii aul" die Betrachtnng unserer europäischen MuBik, einer Musik, die aner- kanntermaßen in hohem Grade von der Uarnionio im Zusammen- klänge bestimmt ist. Wenn, wie sie meinen, auch bei strenger Succession die Töne von einfachem Schwingongsverhältnis Ter- wandtschaftlich einander zugeordnet wären, wenn sie als nr- sprüng^ch konsonant oder iiarmonisch notwendig aufeinander binwiesen» 90 wSren Tensysteme wie das der Siamesen oder daB der Javaner peyehologiBoh kanm zu begrdfen.

Solebe TonBjBteme mit ttberwieg«id irrationalen Schwingongs- verbftltniBBen, Tonleitern mit fast aiUBobliefifieh »diBBonanten« In^ tervallen Bind nur möglich, wo entweder die Homophonie die Begel ist, oder wo ans teehnischen Chünden die unterscheidenden Merk- male der Konsonanz und der Dissonanz nicht zur Erscheinung kommen (wie bei den Siamesen; vgl. darüber 39, 213; im folgen- den Abschn. D). Wo Erfahrungen tiln r Kou^^nnanz und Dissonanz im Zusammenklang feliieu, da ist stets die Intonation unrein, das Intervallurteil in hohem Maße unsicher. Andererseits bringeu, wie wir noch genauer sehen werden, Erscheinungen des Zusammen- klanges und nur sie die Entstehung und Befestigung unserer musi- kaliBoben Intervalle dem Verständnis näher. Wo und soweit die Intervalle von relativ ehiliudiem SchwingnngBverbttltniB wirklieh anch in der Tonfolge irgendwie anageaeiebnet Brnd, s. B. binBichfr- lieh doB IntervaUnrteilB, da läßt sich das ebenfalla nnr ana den Erfahrungen an ZoBammenklängen (einBchliefilieh der znBammen- gesetzten Einzelklänge] begreifen.

Darüber sind wohl alle neueren Akustiker einig, daß das un- mittelbare Bewußtsein der Konsonanz uder Disstmanz bei gleich- zeitigen Tönen bestimmter und schärfer ausgeprägt ist als bei suceessiven. Ich gehe freilich einen Srliritt weiter und behaupte, beim ^Nacheinander der Töne bestehe ein unmittelbares Bewußt- sein der Konaonanz gar nicht, und hier könne von KouBonanz oder Dissonanz BelbBt mit Bezog auf daa europäische Ohr nnr in

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254

Felix Krneger,

einem anderen, ttbertnigenmi und abetiakten Sinne die Rede sein. Alwr dieie AnBchannng mag so lange auf sioli bernken, bis ieh die iatoSeliliohen ZnaammenliSnge beselirieben habe, die mir den UnleneMed der Konsonanz vnd Diesonana an eikttien aehdnen. Dann erat wlid aieb benrteilen UuMen, wie wdt die gewonnenen EiidlrmigBprinzipien tfaeoretiaeh leiehen. ht Jedem Falle hat die wieeenscliaiWehe Analyse da einzneelzen, wo die in Frage etehen- den Erscheinungen ganz ausgeprägt und regelmäßig der Beobach- tung sich darbieten. Die historischen Argnmentc, auf gruml deren mau in unserer Frage daa entgegengesetzte Verfahren emptiehlt oder iordert, haben sidi hinfälliy' erwiesen.

Von den unbezweiicl baren Erscheinungen der Konsonanz und Dissonanz rnttssen wir die einfachsten und allgemeinsten zuerst in Angriff nehmen. Daher ist die Frage so zu stellen: wodurch unterscheidet sich fttr die bewnfite Wahrnehmung ein konsonanter Zweiklang von einem dissonanten? LKfit sieh diese Frage znidehend nnd allgemeingültig beantworten, so kann das Ergebnis nicht ohne Folge bleiben fUr die damit m- sammenhlngenden weiteren Fragen: des Harmoniegeftdils, der Eon- Bonanzgiade, der TonTerschmelznng, des IntervaUvrteils n. dergl.

C. IMe gnmdlegeide Bedeutung der Biffsreutihie fBr Kensonau ind Dissomuu.

Konsonanz oder Dissonanz treten an sehr yersebiedenen Ton- paaren gleichartig hervor und sind aus den Eigenschaften der beiden TOne, die den Zweiklang bilden, psychologisch nicht zu begreifen. Ehe man noch von den Kombhiationaeiachdnungen eine genanere Kenntnis hat, liegt die Frage nahe, ob nicht in wahrgenommenen Mehrklfingen irgend welche akustisdie Neben- empfindungen regelmäßig enthalten seien, die, zu den objektiT bedingten Hauptempfindungen hinzutretend, dem Gesamterlelmis die charakteiiötische Färbung der Konsonanz oder Dissonanz gäben. Die Beobachtung bestätigte tlber Erwarten vollständig diese Ver- mutung. Sie ergab nach und nach die uuNcrkLimbaren gesetz- mäliigen Zusammenhänge, die in den nätiist< ii Kapiteln dieser Studie (s. besonders II und III} aufgezeigt werden sollen.

Difterenztüne and Eonaontns.

255

I. Historiach-KritiBobeB.

ICt Verwnndernng fand ich dann in der Litcratnr, daß viele Theoretiker der Koiisoininz die aus dem Znsauimenklauge zweier Töne resuiticrcndeu öinniichen Erscheinungen nur ganz oberflUch- lich kannten, die meisten sie nicht beachteten. Der Yersuch, die Tataacheu der Konsonans. und Dissonanz in letzter Linie anf dieBe KomblnatioiiserBeheiniuigen znrttckzufUhren, wurde bisher mir ein- mal unternommen (b. Im folgenden: b) and niemals konsequent dnrcbgelbbrt Es ist tfaeoretisoh nieht ohne Interesse, die Gründe dieser bistorisehen Unterlassung kon sn erOrtem.

Die herkömnilicho Yernftchläasigang der Kombi- Dationserscheinungeni).

Noch sind nicht zwei Jahrhunderte Tergangen, seitdem Sorge und Tartini die ersten Kombinationstttne entdeckten. Lange Zeit ▼orhielten sieh die Faeblente sehr passir gegen derartige Angaben. Einige spraehen von »Elnbildong« ; andere, wie Chladni, Wil- helm Weber, Ohm, besebrinkten sieh anf matbemattsebe Theo- rien ohne experimentelle Kontrolle» Die wertrollen Beobaebtongen des fraaixDsiseben Offiziers y. Blein (1827) worden wenig beachtet Im Anfimg der dreißiger Jahre stellte der Instrnmentenldbidler Scheibler in Krefeld eine sorgfältige Versuchsreihe an, nament- lich ttber die Schwebnngen von Kombinationstunen. Diese von Roeber veröftentlichten Versachsergebnisse wurden eine Zeitlaug mannigfach diskutiert, aber niemals s\ :4tt niatisdi nachgeprüft und waren in vielen Paukten bis zur Gegenwart weder bestätigt noch widerlegt

Ohms mathematische Theorie der Klangzerlegung und die darauf gegründete Helmholtz-Hensenscbe Theorie des Hörens ▼erbreiteten Lieht ttber die analysierende Ffthigkeit des Ohres nnd wiesen äet physiologischen Akustik neae Bahnen. Die Einsieht in die Natur der Kombhiationserscbemnngen wurde dadurch nicht gefördert. Vielmehr schienen diese Tatsachen mehr als alles an- dere der sonst bo vielfsltig bewährten Resonatorenlehre sn wide1^ streiten.

Helmholtz berechnete zwar fUr gewisse Ausnahmefälle die Möglichkeit objektirer (außerhalb des Obres rorhandener) Kombi-

1) Vgl memen Abriß ehier Geiehiehte der 6lnich]Sgig«ii Beohachtimgen und TlMoriaii SS^ 180f.

2Ö6

Felix Kroeger,

nattoDttOne im Sinne der Oh machen Definition des einfiushen Tones; für alle Qbrigen Fälle entwiekelte er eine besondere phy-

siologiscLc llypitheHc Aber diese Trommel fellbypothese stand von vornherein auf öchwa(^^lien FUßeu und knimte nicht aufrecht erhalten werden {38, 216; 252 ff.)»). Bei der ^^ rlmlichen .\rt des Zusammenklingens zweier Töne war eine den Kombinati i ns- tOnen entsprechende pendelfürmige Öchwingungsbewegang objektiv bisher niemals nachzuweisen. Preyer und andere bestritten mit Unrecht die Existenz objektiver KombinationstOne Übei^ banpt AndeierBeits wurde der Unterschied zwisehen »objektiTon« und »tnl^ekfiren« TOnen rlelfaeh miBTecBtanden, so, ab ob jeder »wirklieh Torbandene« Kombinationiton auch im Besonator bAtte erflohetnen mttssea.

Die physischen Bedingungen der auf diese Weiae niebt iiacfa- weisbaren EombinationstOae sind noch nicht klargestellt Es wird dabei bleiben, daß, mit Ansnabme jener Spezialfälle, die Kombi- nationspbäuomene nur dti subjektiven Beobachtung zugäuglich sind. Natürlich hören sie darum nicht auf, Tatsaclien zu sein, die im psychischen Eindruck möglicherweise eine große Kolle spielen (vgl. Wandt 2 I, 464 flf.). Aber die psychologische Betrachtungs- weise dieser Dinge ist noch jung. Und es gibt noch immer Theoretiker, denen eine Bewnßtseinserscheinung minder real oder minder wichtig vorkommt, wenn sie einen adäquaten Reizvorgang in der olijektiTen Anfienwelt niebt finden. Für die Psyebologie ist der Untersebied der objektiren von den sabjektiren Eombi- nationatQnen an sieb gleiehgflltig.

Nicht so ftor die Physiologie des Qebörs. Der Resonana- tüeoiie erwachst daiaaa eine in den leisten Jahren Tieler()rterte Schwierigkeit Die Kombinatioasenebeiniuigen wurden in den Streit der physiologischen Lehren hineingezogen, was der unbe- fangenen Feststeiluu^^ des flir die Wahrnehmung wirklich Gegebe- nen nicht durchaus fiirderlicb war. Fast Jeder, der neuerdings eiiuirliiji liier mit diesen Fragen sich bescliäftigte, ging alsbald zu einer neuen Theorie der Kombinationstöue oder gar des Hörens Über; und alle diese physiologischen Hypothesen itihrten zu mehr oder weniger abweichenden Konsequenzen hinsichtlieb der £mpfin-

1) DemuäcliBt werde ich Uber Versuche au trüuimelfeUlosen Personeo beriehtcn, deien Etgebnls mit HelmboUa' pbyBiologisober Asffswnmg der flubjektiveii KombinadonetSne unvereinbar ist

DüferenstOne und EoBBonanz.

267

(lungstataachen. Andererseits kommt es der Physiologie im wesent- lichen nur darauf an, die Möglichkeit eines Eoiubinationstones Uberhaapt zn begreifen^ wählend feinere EigenschAften des Empfin- dongflinaterials, auch der am unmittelbarBten gegebene Gesamt- eindrnek sie zmdtohst weniger interesaieren kttnnen.

Inswiseben mehrte rieh doeh allmtthlich die Kenntnis des rein Ttottchliehen. Helmholts entdeekte im Jahre 1856 die Snm- maüonstOne und nntersebied yon ihnen die anderen, älteren Kombi- nationstöne als DifferenztOne. Die schöne Versnchsreihe R. Koenigs scliloli Bich au, mit ihrcii weitreichendeu Folgerungen (1876; vgl, meinen kritischen Bericht in Nr. 88). Die jtinjjste (Jeschicbtc der Kombinationserscheinnngen ist verhältnismäßig reich an sürgfälti- gen Beobachtungen; aber noch reicher ue voreiligen YeraUgemeine> rungen und unzureichend begründeten Theorien.

Eoenig glaubte, von den Differenztönen eine neae Art Kom- bmationstöne unterscheiden zu müssen: die Stoßtöne; er statuierte angleieh neben den bis dahin bekannt gewesenen, namentlieh durch Seheibl er festgestellten Sehwebnngen der DifferenztVne »Stöfie« einer ganz anderen FroTeniens, wie rie jeder Ton unmittelbar mit jedem verstimmten Hnltiplnm bilden sollte. Später bestritt er die BeaJttit aller der KombinationstOne oder Sehwebnngen, die mit seinen Stoßtönen oder Stößen nieht identiseh wären. Er erkannte nun auch die Summationstöne als besondere Gattung von Tönen nicht mehr an. Einige Akustiker ötimmten dem zu. Die meisten aber unterschieden jetzt sowofd Stoßtöne als Difterenz- und Sum- mationstöne, sowohl Schwebungeu als multiple Stöße; und etliche versuchten, alle diese Erscheinungen physikalisch-physiologisch zu erklären. Dazu kamen die Unterbrechmigs- oder Intermitteuztöue, nach Koenig und anderen mit den Stoßtönen teilweise identisch; und die »subjektiTen Obertöne«, von denen Koenig die Helm- ke Itasehen Summationstöne als Stoßtöne ableitete. Es folgten swei rein theoretisehe Gebilde, deren Bealität jedoch doreh einige Beobaehtnitgen erwiesen sehien: Riemanns Untertöne nnd später H er manns MitteltOne mit ihren Phasenweehseltönen. H elm h o Ita hatte bei der Tonunterbreehung noch die objektiyen, von Rad an sogenannten Variationstöne nachgewiesen, deren naher Znsammen- hang mit den »Luterbrechung.>töuen* erst neuestcns von Schaefe r und Abraham erkannt worden ist (43: vgl. 38, 2dC)Ü\]. Schließ- lich entdeckten Bosanquet und Stumpf den Zwischeuton beim

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26B

Zusammeuklaug nahe benachbarter Fhaülrtöne (s. im folgenden n und III Ib

£b gehörte für den SpUtgeborenen ein zeitraubendes Stodimn dam in der FttUe der yielfaeh einander widersprechenden Angaben und ZvsanimenftasiiQgen sieli xoieetenfinden. Man bogreifty daß Toraiehtige FSyehologen dieses ganze Tatsacfaengebiet nngem be- traten. Aneh mandie Theoretiker der Konsonanz mOgen es «t wenig sicher gefanden haben, nm sieh darauf mit Freiheit zn bewegen. Verwirrend wirkte namentlich die weit Terbreitete nnd doeh nicht hiiireicliend gesicherte Unterscheidung der StoBtöne nnd Stöße von den DitTerenztünen und ihren Schwebnngen, was ich iiaeh perHünlicben Mitteilungen auch von iiamhat'tfn Psychologen und PLyBioiogeii bericiiten darf. Es gelang nuu der experimentelle Nachweis, daß jene Unterseheidung durch die Tatsachen nicht ge- fordert ist, nnd zugleich wurde ihre bi^itorische Genesis aus den Tatsachen verständlich (38, 201 u. 240 ff. Vgl. Wundt öl, 110; 131 £). Nach meinen ansgedehnten, mit den meisten früheren An- gaben kritisch yeigliehenen Beobaehtnngen gibt es nnr zwei Arten TOn Kombinationstdnen, ja von snbJektiTai T9nen llberhanpt Diflferens- nnd SnmmationstOne.

Einen Zusammenhang der DifferenztOne mit den Erseheiunngen der Konsonanz nnd Dissonanz hat meines Wissens als erster Helmboltz behauptet Die darauf bezüglichen Abschnitte seines akustischen Hauptwerks (1) darf ich als bekannt vorausäetzeu. Sie scheinen auf die Theoretiker der Konsonanz im allgemeinen wenig Eindruck gemacht zu haben. Ausgezeichnete Kenner der Hehn liult/, sehen Lehren, wie Mach, lassen diese ^cite -einer Konsonanztheorie ganz zurücktreten; ebenso deren Kritiker fast ohne Ausnahme. Die Diskussion beschränkte sich beinahe aus- schließlich auf die Ableitung der Konsonanz ans den Eigenschaften nnd Terhmtnissen der ObertOne. Lipps nnd andere') erwähnten gelegentlich den Gebranoh, den Helmholtz Ton den DtiforenztOnen maeht, nm den Eindruck des Molldreiklangs von dem des Dnr- dreiklangs zn nnterseheiden (l, 854 f.). Bei den Mollakkorden, sagt Helmholtz, »bringen schon die leicht hOrbaien DifferenztOne enter Ordnung Störungen hervor. Sie liegen zwar noch nieht so nahe aueinander, daU die Schwebungeu geben, aber sie liegen außer der

1) 8, 108. H e u s e u 6, 131 f. W uudt 2 U, 68f., 236.

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Differenztone and Konsonanz.

259

Hamionle«; ne ftgen zu dem Akkord »fremde Töne« hinsa. Mit Beeht bebt Lipps herr«r, d«B Prinzip, alle üiweiehnngen TOtt der Eonsomua auf Sekwebimgtti BnraekxnflthreD, hier dnieh- bioelien sei. Ja die Helmboltzsobe Aigsmentslioii streift nabe an eine petitio prindpii, isBofem das an ErUXiende, nindiob die Harmonie, dabei teilweise yoransgesetzt wird.

Größeres Gewicht leprte Helmboltz auf die Schwebungen der Differenztöne. Gestützt auf die Beobachtungen Scheiblers nnd auf einfache theoretische Überlegungen erkannte er richtig, daß die Differenztöne »die allgemeinste Ursache zur Erzeufrnrirr von Scbwebnngen geben« (1, 335; vgl. 300J. Trotzdem rekurriert seine »Scbwebnngstheorie« viel bäufiger and eingehender anf die Sebwehongen der ObertOne, sodaß z. B. Stampf seine ganze Kritik nw hiergegen nebtet (17, 4 ff. Vgl. daan im Folgenden III, laj. Der Grand li^ wobl tot allem darin, daß Helmboltz die Zabl vnd Sttrke der ans dem Znsammenklange zweier TOne resul- tierenden DifferenztOne eriiebliob nnteiaobätste.

Ihre Stiirke ist aneb nach Helmboltz' physiologiseber Theorie Qberans gering nnd mllBfe mit steigender Ordnangszabl rasch bis zur Unmerklichkeit abnehmen. Die Beobachtung, die hier allein entscheiden kann, ergibt eine viel größere Intensität der Differenz tone, alts Helmboltz und die meisten Späteren glaubten.

Was die Zahl der Ditlerenztöne bei Zweikl äugen augeiit, so scheint Helmboltz obgleich er sich hierüber nicht völlig klar ansBpricht angenommen zu haben, daß es, streng genommen, nur Differenztöne erster Ordnung gebe, der einfachen Schwingongs- differenz zwei ol^ektiver Töne entsprechend. Alle Differenztöne höherer Ordnung, worüber ihm ohnedies nnr spKrlicbe Beobachtongs- daten Toriagen, führte er als primftre DifferenztSne anf Ober- tOne zniQck. (Ebenso Lipps, 7, 258, nnd die meisten anderen Theoretiker der Konsonanz.) Damit war alles, was Uber die Be- dentmig der DifferenztOne fOr die Konsonanz ermittelt werden mochte, auf obertonhaltige ZusammenklUnge oder solche von mehr als zwei Tönen beschränkt. Für Helmlioltz selbst ergab sich mit NotwendiL^jeit die Anschanung, >duli die Kombinutionstöne nur sehr nnvollstiiiidig die Wirkungen der Obertöne in dem Zusammen- klänge zu ersetzen vermögen« (1, 467). Und der neuerdings er- brachte Nachweis, daß Konsonanz und Dissonanz das Vorhandensein Ton Obertönen nicht voranssetzen, daß diegM Eigensebaften viel-

260

Felix Knwgw,

mehr auch dem Znsaniiiiriikliüige zweier einfacher Töne zukommen (vgl. üben 8. 212 f.), schieu die Üeranziehang der DiÖereoztüne ganz illuBoriflch zu machen.

Wie weit wirklich die Kombinationstöne von Obertönen ab- hängen, wurde erst in nenester Zeit znm Gregenstande besonderer Untenachmig gemacht: Der Znaammenklang zweier Stinungabehi iat hinieieliende Bedingang ftr die Walumehmiiiig von fttnf Differenz- Vknesa Tenobiedener Oidntixig (sowie eines SnnunaftUmstones); tnid das Dasein aller dieser TOne ist unabhängig von ObertOnen (86; 38, 219; im folgenden II o. IV).

FaBt man die angegebenen historischen Momente zusammen, so begreift sich einigermaßen die allgemeine Znrttckhaltnng der Kon- sonanztheoretiker gegenüber den Kombinatiouserscbeinuiigen. Die- jenigen, die überhaupt darauf eiriirehen, sind gegenwärtig darin einer Meiin!n<r, daß den Differenztünen keine findere tiiu listens eine sekundäre, aeeessorisebe Bedeutaug für die konsonauz und Dissonanz zukommen könne Den meisten steht von vorn herein noch das oben zurückgewiesene Yorarteil im Wege, als ob die Qualitäten der Konsonanz oder Dissonanz in gleicher Weise der Tonfolge wie dem Zusammenklänge zokftmen und deshalb nn- mOglieh anf Eiseheinnngen znrttckgefthit werden konnten, die nur dem Zasammenklange eigentttmlich sind.

Die Hanptsaehe bleibt die Verworrenheit und Lttekenhaftigkeit des Beobaehtnngsmaterials; meine frubere bistorisohe Sehildenmg g^bt darttber näheren Aufschluß (38). Eine genaue Bekanntschaft mit den Kombinationserscbeinungen wurde vielfach durch ungenaue Methoden der Beobachtung und der Bestiuiiiiung des Beobachteten verhindert: vor allem aber durch die bescbränkte Auswahl der untersuchten i alle: man analysierte vorzni^^Bweise oder ausscblicßlich die in der europäischen Musik übiicbcu Intervalle und namentlich die Konsonanzen. Dadurch verbargen sich charakteristische £m- pfindongsmerlunale der Dissonanzen; solche der Konsonanzen wurden nicht als ebarakteristiBob erkannt.

Ans Sebwebitngen der DiffeienztOne oder dem Fortfall dieser

1} Hit Ausnahme Wandts. Wnndt kam noch in der 4. AatUgfi dw

p^cbologischen Hauptwerks zu dem Ergebnis, die Differenztüne seien für die Theorie der Konsonanz »nicht von entBcheidciKkT BfMlcntnng« 2 II. 7Rf.^ Aber jyerade in dieBera Punkte ist die letzte Darhtt llung auf gnind der neao* reu Btluude völlig uiu gearbeitet (51, 423 f., 432; lUOf., 110.'.

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Differenstdiie und EonwnutiiK.

261

Schwebuugeu glaube aucl» ich uiclit die Konsonanz unsreichend erklären zu können. Andere, bisher unbekannt gewesene Eigen- schaften der Dififerenastöne mttssen mit herangezogen werden.

b. Preyers Beitrüge snr Theorie der Konsonanz.

Der vorhin erwÄbntc vereinzelte Versuch, die Erklärung der K<»ii8onaiiz auf VerhUltuisBe der DiflFerenztöne zu gründen, stammt Ton Frey er und findet sich in dessen Akustischen Untersuchungen yom Jahre 1879 (5). Dieser Versnoh ist bis zur G^nwart sehr wenig beachtet worden^). Ich kenne in der gesamten literatnr nnr ein Bncb, wo Freyers Lehre von der Konsonanz erwähnt wird: Hensens Physiologie des OehOis (6» 190 f. Anm.; 16Anm.).

Um keinen der m(Igliehen IVne tu tthergehen, empfiehlt Frey er» alle zwischen den jeweib gegebenen Sehwingongszahlen mOgliehai Differenzen als DifferenztOne 1., 2. his 9»*ter Ordnung aaszoreehnen [5, 33).

Seine Benennung der Dift'ereuztöne ist etwas schwaukeud. Im allgemeinen bezeichnet er als »Differenztöne erster Ordnung« alle diejenigen, die ohne Mit^virkung eines Differenztonos, also durch das Zusairiiiii'jiwirkcn objektiv vorliaiKleu* r Tone können ent- standen gedacht werden; als »Diilereuztöne zweiter Ordnung« alle, die aas dem Zusammenwirken eines solchen Differenztones 1. Ordnung und eines objektiv gegebenen (Primär- oder Ober-) Tones lesoltieren. In seinen eisten Beieehntingen besohrllnkt er sieb auf diese heiden Arten von BifferenztOnen, aaeh ttnBert er sich wieder- holt dahin» daß es DiiferenztOne »höherer Ordnung«, also durch zwei DifferenztSne bedingte, thatsttehlich nicht gebe, oder daß sie doch nicht Yon entsoheidender '^rksamkeit sein kt^nnten (5, 41; 53). Wo er jedoch theoretisch Tom Zusammenklänge zweier ein- facher Töne handelt, zieht er regelmäßig diese ron zwei Differenz- tönen abzuleitenden Differenztöne als notwendige Faktoren zu seiner Erklärung der Konsonanz heran.

1 Die Herten Professor Stampf und Dr. Schaefer hatten (im Oktober 1901 (lio Freundlichkeit, mich dfirruif mrinerkaam zu machon. Vorher wir die im Budihnndel vergrifiVue uud auf keiner üffentlicheu Bibliothek Kiels vorhandene ArUnt mir nur aus Zitaten bekannt, die sich auf rein tatsächliche Einsftlftagea bezogen. Danuu» eikttrt es eich, daß in meiner Abbaadlnag »Znr Theorie der KombinationetOne« (SS) Preyere Ergebnisse niebt geaU- gead beachtet sind, und daß ich auch seine Theorie der KoasoBUia nicht knnrtfp. als ich meiue liier darznstelk'udcn Anschauungen gewann und zum erstenmal im August 1900 dem Pariser Psjchologenkongresse vortrug (VI).

262

Felix Kxueger,

ZnnAcbst berechnet er unter Beeehrftnknng auf die Differenz- töne 1. und 2. Ordnung seiner Terminologie die Schwingmigs-

zahlen sämtlicher Tüne, die beim Zusammenwirken zweier einfacher Töne und ibreü ersten Obertönepaares möglicherweise entbtehen konnten: es erfceben sich 47 theoretische Einzeltöne, deren Zahl jedoch durch mehrlaches Zusammenfallen sich jederzeit erheblieh vermindern muÜ; in keinem Falle können mehr als 16 ver- schiedene Töne heransgerechnet werden (5, 38 ff.}. Preyer S&gi hinzu, er habe »die meisten der berechneten Töne wirklich am Obertöneappant mit seinen vielen und fitarkea Obertönen« (das letete ist an beaehten) »dentliefa wahrgenommene.

Theontifleb wichtiger sei folgendes: »Wenn man ftr ein be- liebiges Tonpaar mit oder ohne ObertOne so lange die simtUohen EombinationstOne 1., 2., 3., . . . »»ter Ordnung beieehnet, als noch neue TSne resultieren (also jetzt ohne Beschrünkang auf ffie yon Preyer sogenannten Differenztöne 1. und 2. Ordnung), so ergibt sieb uudiiahmslos eine vollständige aritlime tische Reihe von Tönen, und falls die das Verhältnis a : ß (der Primärtöne] aus- drückenden kleinsten ganzen Zahlen n : m statt der {Schwinguugs- zahlen der Ivei liuuug zu gründe gelegt werden, erhiilt man aus- nahmslos fUr jedes Tonpaar eine arithmetische Heihe mit dem Anfangsglied X, der Differenz 1, dem letzten Gliede der Anzahl der Glieder m, also die Zahlenreihe 1, 2, 3, 4, 5, 6 m.«

Für jedes Tonpaar mit n ObertOnen Terlängere sieh diese arithmetiseke Bdhe bis zn dem Gliede n ß.

Das folgende Kapitel der Preyersehen Abhandlnqg sieht hieraus Folgerungen für die Ünterseheidnng der Konsonanz und der DisBonans. Je konsonanter ein InterrsU ist, je Ueineie Yer- bftltniflzaUen es also ausdrOcken, desto kürzer ist natnrgemüB die arithmetische Reihe der möglichen Töne, desto zahlreicher sind außerdem die Koinzidenzen der theoretischen Werte (wodurch die ersten Glieder der Reihe am stärksten betroffen werden). Um- gekehrt: je komplizierter das primMre Sehwingungsverhiütnis ist, desto mehr Kombinationstöue sind möglich, desto weniger Koin- zidenzen kommen vor; zugleich sind Komhinationstöne immer höherer Ordnung nötig, damit die arithmetische Reibe ?ollständig bleibe; diese Beihe wird faktisoh immer gliedenreioher nnd zngleieh Ittekenhafter.

Nun erinnert Preyer an eine Tatsaehei die der »allgemeinen

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DiffweiutOiie und Kohbohaiiz.

263

Physiologie der Sinne« angehöre: »Je mehr einfache Sinneseindrücke gleichzeitig ein Or^an afüaieren, um so weniger dentlich wird jeder einzelne wahrgenommen < (S. 56). So auch bei Truu n.

Damit ist natürlich das Konsouanzproblem für ihn noch nicht gelost. Frey er weiß sehr wohl, daß ein konsonanter Akkord duroh das Hinzutreten hannonischer Klänge nnd zahlreicher Ober* tOne niebt dissonant wird. Psyoboiogisch ist ilun Konsonant gtoidibedeatend mit Annehmliobkeit eines Intervalls, Dissonanz mit dem Gegenteil So tünt er fort: »Doioh eine Vielheit gleich- zeitiger, einzeln nicht dentlicber TOne wird ein UnlnsIgeAlhl nicht jedesmal erzeugt« Dies ist allerdings immer der Fall, wenn die Zahl der gleichzeitigen Töne ttber eine gewisse Grenze hinaus wächst. Aber vielstimmige Musik kann sehr schüu sein. Nämlich dann: »wenn die Mannigfaltigkeit der Töne eine bestimmte Ordnung zeig-t. Diese Orduuug ist charakterisiert durch eine große Anzahl von Koinzidenzen der Kombinationstöne und Obertöne mit- einander and nntercioander, sodaß die Gesamtzahl der vorhandenen wirklichen Töne viel kleiner als die der möglichen wird und da- durch jeder einzebie Ton leichter erkennbar nicht erkannt wild. Aas vielen immerUiehen, nndentUchen, nnbewiißten Ober- einstimmongen entspringt, wie Leibniz nngemein treffend sagte, daa Yeignllgen. Ebenso entspringt aber aas Tielen Versohieden- heiten, onmerUiehen, unerkannten Abweichuigen das IfiBTeignftgen. Daher wird eine Vielheit Ton ?rirklichen Tönen, wenn sie anch z. T. nicht merklieh sind^ mit weniger Koinzidenzen Tcrwirrend sein, in ihm [ihr] jene Ordnung vermißt werden. Sie sind disso- nant; ob weil die Psyche die aus sehr ungleich starken Tönen be- stehende Reihe als arithmetische nicht erkennen kann oder weil dus peri|)liere Ohr dieselben nicht gesondert ihr zur Verfügung stellt, ist eine offene Frage, die sich vielleicht physiologisch er- ledigt«

Die Schwehnngen können den Eindruck der Dissonanz TCr- stärken; sie genttgen aber nicht, aUe Dissonanzen zn erklAren.

Wesentlich ist nach Preyer noch die Vererbuig nnd Übung im Lanfe vieler Generationen, wodurch der »Sinn für die Remhelt der gegenwärtig geltenden Konsonanzen viel feiner entwickelt wor- den zn sein scheint, ... als der fltr die Reinheit der meisten ge- bränehUdien Dissommzenc.

Der kritische Betrachter dieser Konsonanzthcorie wird notwendig

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Felix Knieper,

zuerst fragen, ob die Empfindungsdaten, auf denen sie sich anf- bant, wirklich eresichcrt sind. Leider äoßert sich Preyer nicht mit Bestimmtheit darüber, wieweit seine Angaben über die Ditiferenz- töne das Ergebnis exakter Beobachtungeu Bind, wieweit sie auf bloßer ReelmuniJ: beruhen. Darin liegt vielleicht der Hauptgrund, weshalb seine Theorie der Konsonanz noch so wenig diskutiert worden ist

Das von Preyer Torgeschlagene und gettbte Verfaliren, ftr jedes SchwingangSTerlütttnis alle matfaematiBcli mdgliohen Differenz- zahlen zu berechnen, kann ja nur fllr die erste Orientienmg dien- lieh sein; es kann der experimentellen Beobaohtimg den Weg

weisen, niemals sie ersetzen. Es ergibt tatsHcblich in der großen Mcliizalil der F'iUle zu viele Diflcrenztüne. Wenn wir die Trimär- töne mit u und nA, den Diflfereuztou {n^ n) als , den Dif- ferenzton (/i Bi) als i>2 bezeichnen, so entspricht beispiels- weise nach meinen Versnehserp^ebnissen dem theoretißelien Werte (»* D^} kein besonderer DiflFerenzton (vgl. S8, 193 f.; 2Ü5). Andere, Itlr unser Problem wichtigere Abweichungen des wirklich Wahr- zunehmenden von der Prey ersehen Berechnung treten aus meinen früheren Darstellungen (86 88) yon selbst berror und mttssen z. T. im folgenden erw&hnt werden. Was yon seinen Angaben gültig bleibt) wird auch ftr die Theorie der Konsonanz fruchtbar bleiben.

Wenn Freyer manches nicht gefhnden, manches nur ungenau bestimmt hat, was sieh aus Zweiklüngen herausanalysieren lässt,

so ist das wohl größtenteils auf ungünstige VersuehBbediugungen zurückzuführen (s. 5, 42; IH), Bedingungen, die auch von Spä- teren nicht verbessert wurden. Er untersuchte die von üun selbst erzengten Klänge unmittelbar an den Instrnmeiit* ti « tline Uberleitung, wobei feinere Erscheinungen durch uuvermcidliche Störungen leicht der Wahrnehmung entzogen werden. £r beob- achtete ferner allein , ohne die Kontrolle anderer und durchaus wissentlich: »nach vorherigem Angeben« des jeweils erwarteten Tones. Mit welcher Genauigkeit die herausgehörten Töne der Hohe nach bestimmt wurden, bleibt Überall fraglich. Geringere Abwei- chungen von dem, was die Theorie als notwendig vorschreibt, kommen erfhhrungsgemäfi auf jene Weise nicht zur Gleltnng. Bei einigermafien gespannter Aufmerksamkeit und in stiller Umgebung »hört man«) wie er sagt, »fast alle die vorher ausgerechneten ein-

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Differenstttne vad Konaonans.

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seinen Töne oder kann sie mit Httlisgabeln naehweiBen«. Die Un* xiiTeriässigkeit der zuletzt erwähnten Methode, wegen der Sehwe- hnngen der Oberittne nnd anderer Fehlerquellen , ist nenerdinga melurfaoh herrorgehohen worden.

Wir sahen vorhitt, daß ftr Helmholta die mnsikalisciie Be- dentnng der DifforenstOne sieh dadnreh stark Terringwte, daB er diese TSne zum größeren Teile abh&ngig glanhte Ton den (seinem Interesse auch sonst näherliegenden) Obertönen. Hier vor allem hätte eine nene empirische Untersuchung des Gegenstandes weiter- führen müssen. Aber ^^erade dieser theoretisch h()chwichtifi:e Punkt wird von Preyer nicht aufgeklärt. Kr sac^t zwar iu den Akusti- schen Untersueiiungen, die vollständige arithmetische lieihe der Differenztöne stelle sich regelmäßig auch bei völlig obertonfreien Zweiklängen her, man müsse nnr Differenzen höherer Ordnimg beraimehen. Aber knrz zuvor erklärt er ganz im Gegenteil» ebne alle Obertöne konnten nur der erste = ni n and der zweite Differenzton = =k(29f n*) zu stände kommen; wo noeb andere gebort würden, da stammten sie von ObertOnen ab (S. 41). Damit würde zusammenstimmen, was Preyer mn Jabr vorher der Jenai* sehen GeseUscbaft für Medizin nnd Katnrwissoisebaft mitteilte (3). Da glaubte er auf grund von Stirn in gabelversuchen »mit aller Be- stimmtheit« den Satz aufstellen zu können : >Nach Beseitigung aller OI>crt(jue aus einem dissonanten Klangpaar verliert dasselbe das Unangenehme der Dissunaii?;* (3. 4'^ i).

Den rechnerischen Überlegungen, auf die seine Ditierenzton- theorie der Koufionauz sich sttitzte, legte er, wie berichtet, den Fall eines nnr von seinem ersten Obertönepsar begleiteten Zwei- klaoges zn gründe, also den Zusammenklang der vier objektiven Tüne: n, 2«», 2«»^. Aber diesen tbeoretiseh entwickelten Fall bat er experimentell niobt geprüft, vielmehr seine Difforenzton- beobacbtongw an einem der obertonreiobsten Ibstnimente, dem Ap- pnnnaeben Znngenapparat angestellt Wieweit die wirklieh wahr- nehmbaren DiiforenztOne von ObertOnen abhängig sind, darüber gibt

1 Diese» Erf2;ebniö schien ihm naturt'emHn Pi'nr wichtige Stütze der UeimholtKscbeu Obertontheorie der Kousoaauz zu bilden. Die »Beseiti- gnng« der Obertöne geschab nicht auf dem allein Scheren Wege der later- ferm» londera wurde dnich Henbielni]^ der KlangBtitafca ni enelehea ver- anebt — Seine eigcae, oben oiOiterte Theorie der KoDBoatoz und Diuoiuuiz trug Preyer 14 Tage später deiBdben Gesellacliaft, zum erstenmal, vor (4}.

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266

Felix Kraegvr,

Preyer seinen Lesern keinen Aufschluß. Für manohen, und namentlich für die zahlreichen Anhänger der Obertontheorie, wird schon diese tTnklarheit ^'ciiilt^ haben, um die ganze lleraoziehiiiig der Differenztöne als UberüUsai^ eischeineo za lassen.

Wenden wir uns zn Preyers Konsonanztheorie selbst, abge- sehen Ton der Sicherheit oder Bestimmtheit ihrer tatsttchliohen GnmdlageiL > Preyer eriimert an die Obereinslimmiuig seines sehlieBBohen Ergebnisses nut den Lehren too Deseartes, Leibnis nnd Ettler, die er naeh den Original«)aellen mit dankenswerter Anaildirliehkeit darstellt Uns Jlingeren kann anidi eine prinzipielle Verwandtsehaft setner Theorie mit der, oben besproeheneni Ton Lipps nicht entgehen. Hier wie dort handelt es sich nm das un- bewußte Erleben einer gewissen Ordnung, ÜbereiTTstimuiun^r oder des Gegenteils. Preyer geht genauer alt» Lipps aul da« in Zu- samiuciiklnngen tatsächlich Wahrnehmbare, auf das bewußte Em- pfindongamaterial ein. Aber trotzdem sagt er weniger bestimmt, worin die von ihm gemeinte charakteristische nnd woblgefilU^ Ordnung besteht, von der seihst »nnmerkliche« Abweiobangen das IfiByergnOgen der Dissonanz yemisaohen sollen.

Die Ansahl der »Koinaidenaen nnter den mOgliehen nnd wnk- liehen TBnenc kann das Entseheidende nieht sdn. Denn, wie wir sehen bei den ObertOnen sahen: selbst onem wirUidien Tone können wir es nieht anhSren, ob mehrere oder wieviele gleiehkohe Töne etwa in ihn aasammengefallen sind. Vollends die Zahl der mathematisch m(^liohen Töne und ihr Verhältnis zu den wirklich vorhandenen oder zu deren Koinzidenzen beskilit nur für das Be- wußtsein des rechnenden Theoretikers, nicht für die unmittelbare Wahrnehmung.

Dasselbe gilt von der Vollständigkeit oder Lückenhaitigkeit der arithmetischen £eihe der Schwingungszablen. Daß die Ordnung der Sehwingongszahlen in eine solche Reihe an sich wohlgeftllig und konsonant wirkoi die Abweichung davon mißfällig, kann nieht Pre^rs Meinung sein, weil er Tielmehr lehrt, dafi in jedem Falle, anoh bei den Dissonansen, nur solefae TeittSne auftraten, deren Sehwingnngaiahlen einer arithmetisehen Reihe angehOreii (waa indessen, wie wir in den folgenden Kapiteln finden werdea, den Tatsachen nieht entsprieht).

Die Länge oder Kürze der Schwingungszahlen reihe ist etwas, das fttr das wahrnehmende Bewußtsein zur Ueitung kommt: in

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DimBrenstSne irad Kontonain.

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der Klangfarbe und der Zahl der wahrnehmbaren Töne. Aber das läfit sieh als Prinzip der Unterscheidung zwischen EoosoaaDz und Diflsonanz, wie Frey er selbst betont, niclit dorehfUhren. In der Tat en Aalten die Dissonanzen ans obertonannen Kl&agen, ein- sehUeBUeh der EombinaAionBtÖne, eine geringere Anzahl ^vahmehm- barer TeiltQiie als konsonante Akkorde mit vielen ObertOnen.

Es bleibt nur noeh die Dentliehkeit nnd StSrke der TefltOne als mögliches Unlerseheidiuigsmerkmal ttbiig, worauf Frey er aller- dings nicht näher eingeht Er weist darauf hin, daß bei den kon- sonanten Intervallen namentlich die ersten Glieder der Teiltonreihe durch zahlreiche Koinzidenzen verstärkt wUrden. In seiner Darstellung stehen auch hier die reiu rechnerischen flberlegungen durchaus im Vordergründe. Einmal bemerkt er kurz und allge- mein, die nach der Rechnung am meisten verstärkten Teiltöne seien es aneh fUr die Beobachtung [6, 40). Die unmittelbar vorher- gOgangene Bereefannng ergab, daß von den Differenztttnen der eiste nnd swdte der gewOhnliehen BeieiehniiBgBweise [= (n^ n) und ± (2n n^)] jedesmal am meisten Terstirkt wUxden. Dem wider- sprieht, was Preyer im Anfan^p desselben Kapitds Uber das Vef- hittnifl der sogenannten StofitOne an den DüferaiztBnea sagt (S. 11) Weder diese noeh jene Angaben lassen sieh allgemein mit den Tatsachen in Einklang bringen (vgl. namentlich 38, 237 ff.). Der Gedanke der Koinzidenzenberechnung enthält, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, einen berechtigten Kern. Wo die Schwin- gung-szahlen der wirklich vdrhandenen Dififerenztöne zusammen- ialleii, da ist in der Tat ein verstärkter Ton zn hören. Und das iat nnr bei konsonanten Zusammenklängen der Fall.

Stellenweise gewinnt es den Anschein, als seien die Konso» nanzen ftir Frey er dadurch ausgezeichnet, daß hier von den tot- handenen TeiltOnen eine größere Anzahl als bei den XXissonanzen rdatir laut nnd dentlieh sei nnd daher leiehter gesondert mm Be- wnBtsein komme (1^)58). Ohne weiteren Znsats Ulfit sieh anch dieser Gedanke nieht allgemem dniehltiiren: em konsonanter Ak- kord geht nieht durch Absehwttchnng einsefaier oder aller semer TeiltOne in eine Dissonans Uber. Eine Konsonanz aus Klängen

1) Er vertritt hier im Gegeniata so Helnbolts die Koenigiehe Auf* hmmag von den KonbinttloiistOiieiL Danach wären jedoch die meisten theoretiBchen DifferenztUne Preyers gar nicht vorhanden, aad die StXllM> verbältniMe Uelsen »oh auf a«me Weise nicht bweduieii.

18^

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mit vielen leisen und schwer erkeunbareii Obertönen bleibt kon- sonanter als jede Dissonanz. Ferner wurde durch die Verschmel- znnp:» versuche Stampfe und Beiner Nachfolger erwiesen, daB ge- rade die ToUkommenBten Konsonanzen am innigsten derart mit- einander »renchmelzen«, daß die einseinen TeiltOne nieht für sieh znm BewoStsein kommen nnd das ganze, wenngleieh sehr anaam- mengeaetzte T<HigemtBeb am bänfigsten ala ein Ton beartoilt wiid.

Die psychologischen Analogien, dnroh die Freyer seine An- sehanung erläutert, helfen ans nieht weiter. Er veigleicht die Dis- sonanz mit der Wirkung mehrerer gleichseitiger Geruchs- oder Geschniacksreize, wo die einzelnen Bestandteile »nicht leicht scharf und vollständig erkannt werden« (S. 57]. Jeder Purlümeur, jeder Ku( likiirij^tler oder Wetnkenner würde einwenden, daß die Mischung zahlreicher GeHciimUcke oder Gcrtlehe au sieh keiucrlei Unlust oder DiBharinonie bedingrt ; «olebe vollen Misrhunj^en ^virken viel- mehr häufig höchst erfreulich und gerade dann abgerundet oder »harmonisch«, wenn es vollständige Verschmelzungen sind, wenn keiner der Eäementarbestandteile fllr sich bemerkbar ist oder deut- lioh her?orstichi Was Frey er an derselben Steile Aber die Farben- misebung sagt, gebOrt gar nicht hierher. Die »einzelnen Bestand- teile«, ans denen z. B. ein Gran oder Braun objektiT gemischt ist, sind psychologisch gar keine Bestandtefle der resultierenden ein- fiMsben Empfindung und können aus dieser nicht nur »nicht tdII- stSndig«, sondern Uberhaupt nicht »wiedererkannt« werden.

Auch die Farbcnmiöchung wirkt als solche keineswegs unan- genehm oder verwirrend. Wenn femer zwei gleichzeitig wah^e- nommene Farben miteinander kontra-stieren, so sind in jedem Falle schon die Elemente der Kuiplindung qualitativ vernehieden von den einzelnen objektiv gleichen Farben »für sich auf schwarzem Grunde«; aber durchaus nicht undeutlicher oder regelmäßig unan- genehmer.

SeblieAlich lenkt Frey er immer wieder in die alten, schon Ton Helmboltz eadgOltig nberwundenen Vorstellungeu dea unbe- wnfiten ZKblens oder Beebnens ein. »Eine Vielheit Yon gleioh- zeitigen TOnen, die eine längere ToUständlge ojer lUckenbafte aiithmetisehe Beihe bilden, verwirrt und bewirkt dadurch Unlust, wie ein Bechenexempel, das man im Kopf iQsen wfll und nicht lösen kann, weil es zu hübe Zifi'eru enthält.* Bei den Konsonanzen »braucht mau wirklich nur bis tUuf zu zählen«.

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DÜBraenstSne und Kohbohsiuc.

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Wahrscheinlich hätte Frey er noch genaner die wirklichen aknstiBchea ErlebniRse beschrieben nnd von den Kestütaton der Kechnimg mttorsehieden, vielleicht auch die mannigfachen psycho- kgiiohen MötiTe miner Lehre mehr in. eine gearbeitet» wäre ei ihm nJeht im Onmde mn eine phyBlologieche ErUMrqng der Konsonans na tan gewesen. Seine bisher erörterten Angaben nnd ZnsammenfaBsimgen lielen darauf ab, den psychischen £indnick der KonflonanE uid IHssonanz begreiflicher sn machen; sie eind unabhängig von der physiologischen Interpretation der Erschei- nungen. Indessen l'reyer selbst glaubt mit alledem eine befrie- digende Erklärung der Konsonanz und Dissonanz nicht geliefert zn haben. Eine Hauptschwierigkeit, die allein schon ein schweres Bedenken gegen die Helmholtzisehe Theorie der Konsonanz in sich schließe, erblickt er darin: »daß die Erkennung der disso- nierenden nnd konsonierenden Intervalle beim Nach einanderklingen der zwei Töne . . . ehie erstannlicbe Sicherheit erreichen kann«. Helmholt B müsse hier »eine sehr konqyliaiefte Hilfidiypotbese Aber die BeteiHgnng des GeflÜtofatnisses an der Bildung der Ton- wafamehmimgsiuteile« einftthren. An deren Stelle nnd zur Hebimg jener Sehwierijgl&eit entwickelt Preyer eine p^ycho-physiologisehe Andefat, die gewiB nicht weniger komplisiert oder hypodmtisch' ist als die notwendige Annahme einer Beteiiigang des GedSefat- nisses und der unanalysierten Nachvvükun^eu liuherer Erlebnisse am Intervallarteil.

Diese Preyersche Theorie (S. 59 ff.) geht von der Hypothese ans, daß für gleichvHele Tonschwingungen gleichviele abgestimmte Fasern oder eine gleichgroße Strecke der Basilannembran zur Verfügung stünden. Das Intervallarteil wird nan zorttckgeftl|irt aaf eine »SchStanng« der Fasemansahl oder der Membranstrecken in Analogie zur ittnmlichen Diatanzsehitanng. »Die sehr oharakte- listisehe OktaTenempfindnng tritt also immer dann eüi, wenn der AngrifGqnmkt des aweiten (höheren) Tones um ebenso viel Faaer- enden, d. h. um denselben Abstand Ton dem des ersten (tieferen) entfernt ist, wie dieaer yom lifnllpnnkt, nnd jede Oktave [abgesehen von den ftnBersten Grenzen der Tonakala] enthSlt halb so viel Fa- berii als die ihr tollende.« Jeder Quinte entspricht die Hälfte des »Weges« vom Nullpuukt bis zu der Fai.er des Grundtons, der Qnarte * 's u. s. f. Die Tonleitern sind »gleichsam Leitern, deren btofen man beim Aof- und Absteigen onbewaßt zählt«.

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270 Felix Kfa«ser,

Mau fragt vielleicht, wozu unter diesen Voransseteungeu der ganze Umweg Uber die Diflerenztöne nötig war. Preyer ant- wortet; £uuge DiffereDztdne, niederer Ordnung nicht zn viele, denn diese wirken Terwirrend »erleichtern die Peneptkin des AbfltandeB sweier errogten FMetendeni weil iie immer eine uith* medsebe Beihe bflden» in der die beiden TOne, deren Abfland ge- lehitet werden ioll, zwei Glieder bflden« ; eie «nui^eren die Tdl- pnnkte der dnreUanfenen Stceekec.

Ich nnteriaaee es, die psyebologisohen und eikenntnisilieo- retiseben Bedenken auszufahren, die dieser Anschanung im Wege stehen, namentlich auch dem \'ergleich mit der wirklichen, optischen oder taktüen Distanzschätznng, wo man nach Preyer »nichts an- deres tnt als die Zahl der Nervenfasern z\vi8chen den zwei er- regten Punkten unbewnßt zählen, selbst wenn man von ihrer Existenz nichts weiß«. Indem wir nunmehr die Tatsachen der Empfindung selbst zu Worte kommen Isy^sen, werden wir das Weit- TuÜe an Preyers DanteUnng am besten würdigen.

iL Die Differenztöne und ihre Foigeersolieinnngen.

Der einfachste Fall, an dem wir die KombinationBersebeinungen sedieren können, ist der Znsammenklang zweier emlkfilier Töne. Und wir mttssen anf diesen ein&cbsten Fall snrQckgeben. Denn wollten wir anf die Beobachtung der gebrttacbtioberen) boehz»-

sammengesetzten Klänge uns beschränken, so kuuuten wir nicht entscheiden, welche von den wahrgenommenen Erscheinungen nur den Obertönen ihr Dasein verdanken, wie das von den meisten bisher fc«t2:eHt eilten Kombinatiüuserscheinungen behauptet worden ist. Wir können uns aber andererseits leicht davon überzeugen, daß, wie bereits erwähnt, die unterscheidenden Merkmale der Kon- sonanz und Dissonanz auch dem Znsammenklange zweier einiaeber Töne zukommen: dieser stellt zugleich den einfiMsbsteu und, da alle MebrklSnge (wenngleiob nicht ohne einen psycbologiscben Rest] in Tonpaare zerlegbar sind, den allgemdnsten FaU der Konsonanz und Dissonanz dar.

Ein solcher Zweiklang fllbrt nun im allgemeinen die Aus- nahmen werden sogleich zur Sprache kommen fHnf Diiferens- töne mit sich. Die Tonhöhen dieser gleichzeitigen Töne sind nach der Regel zu berechnen, dafs mau nacheinander immer die klein- sten bereits vorhandenen ächwingungszahien voneinander abzieht

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DURsrenstttiie und KouonaocE.

271

Wenn beispielsweise das Sohwngangsverhältms der primär ge- gebenen Töne 20 : 29 ist, so entsprechen den Differenztönen die VeiiiältmBBaiilen 9 (= 29 20), 11 (= 20 9), 2 (= 11 9), 7{«»9— 2)» 6(=7 2); ünFnUe 17:41 die Vtf IdÜtmauUen 24,7,10,8,4.

BeiediMit m&n jeweib, wie Preyer vonoUng, alle täwrlianpt mög liehen Diflwenien, so ergeben sioli ellgemehi nt viele DUbnnslOiie, d. h. meiir ds tattfeUieh in irgend einer Wdee nr Wilmeluinnig kioBiBwn. Naeh Frey er mflssen vir jedexseit aftmtlielie.TQne erwarten, deren Schwingangsverhältnigse durch die ganzen Zahlen von 1 bia mr Yeriiiltniszahl des höhwm Primirtonea repräsentiert sind, also in OBflerm ersten Beispiel alle von 1 big 29, im zweiten von 1 bis 41. Keine Rechnungsmethode kann liaitlbev Aufschluß ^eben, wclclicn theoretischen Werten wirkliche Emptindungen entsprechen. Das kann nur doroh die BeobaohtoDg entschieden werden.

Die oben aufgestellte Regel ist der knne Anadrock meiner ▼ieLfadi konlroDierten expeiimenteUen Bestimmnngen an mehr nla 400 ZweiUlIngeii^). Sie eneheint als die einfiaefafte und sih gldch ToUatindigate Znaammenfaaarog meioier e^penen mil alka anderweitig bekannt gegebenen exakten Beobtofatangen (vgl 88, Kap. I u. n).

Die SehwingQngsyerbSltniaae der DHforenztOne m Teranaehan-

lichen, mögen die beiden umseitig folgenden graphischen Dar- stellongeu dienen.

Darin bedeutet die horizontale Richtung eine stetie^e Erweite- rung des primären Zweiklanges, durch Erhöhung eines der beiden Töne, von der Prime bis zur Oktave (I), und von der Oktave bis aar Doppeloktave (II). Die aenkieohte Richtung beatimmt die

l; Bedingnnpren und Methode d< r \ <' rauche sind in meinen früheren Mit- teilungen ausnihrlich beschrieben 36, 38). Auf diese Experimentalberirhto muß ich hier allgemein verweisen tür die Frage, wie weit und in welcher Weise die folgenden tatlriiddiclieii Angaben gesichert sind. Übrigens werde ieh ha folgendea mehrfiMb geswimgeik sein, nnter dem Geslditspiiokte dea KonaonaiaproblemB zn wiedcrliolcn. was in den genannten beiden Abhand- lungen bereit« niit2:rtni1t \9t. Die >Beobachtun<:ren an Zweiklängen« enthalten die Ergebnisse dfr \]ierimeüteUeü Analyse und der Selbstbeobachtung bei der Analyse von Zweikläogen Uberhaupt und lassen geflissentlich alle theo- ledsehai Sddnßfolgerangen beseite.] In^ den Anftatie »Zor Theoiis der Kombinatfonstltee« habe ieh das WeamHiehe jener Eigebnlsse den mdsten historisch vorlisgendMi Angaben gegenübergestellt und versucht, das kiitiKdl gf«irhtete Bpobnchtungsmaterial für die physiologische Lehre Ton der Tonempfiudung nutzbar zu machen.

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Felix Kniqger,

ToDhöhen der Differenztöne; diese Tonhöhen bewegen sich inner- halb der drei Interrallperioden zwischen 0 und 3/<, wo u die Schwiogun^s- oder die Verhältnißzabl des festlie^nd g^edachten Gnindtoiics ausdruckt. 1>ie Differenztöne selböt »iud durch die schrägen Linien rcprüaentiert.

Fttr jedes beliebige ScbwingniigtverhältQis der Primärtöne innerhalb der Grenzen einer Doppelokta?e (1:1 bis 1:4} findet naa die sngelififigaii DifferemtOoe dvroh Erneliteo einer Senk- veehten in dem entopreohenden Punkte der oberen aoBgesogenen

Daratellung der DifferenztOne von Zweiklangen*).

ff 5:ff Ji:5 J> 5:7 2:3 S:8 3:5 4:7 5:9 /.J

L Erste IntefTtllperlode: Prüne bis Oktave (1 : 1 bia 1 : S).

^ Horizentalen. Die Punkte, In denen diese (in den Zeichnungen punktierten) Lote von sehrSgen Linien gesohnitten werden, be- stimmen die geniehten DifferenztonhOhen. Die in der Unsik ge- Mnebllohiten nnd einige aknitiseh fihnlich gebaute IntervaUe sind anf der oberen Horiaontiien dureh ihre Yeriiiltniimahlen hervor- gehoben. Ftlr diese BitenraHe sind die erwähnten Senkreehten zur Bestimmuüi,' der Differeaztoue aua^^efilhrt. Die VerliUltniözablen der Differenztöne sind jeweils, auf den Gruiidiou als Einheit bezogen, an den seitlichen iiändem der Figuren angegeben.

1) Die «nie Fignr Ist bereits in den Beriehte Uber melneii Pariser Koa-

greßyortrag enthalten (Nr. ff de» Literat urvorzeichniBses). Sie hat inzwischeii «ach in die neue Atifla^ von Wundts GmndsOgeB der physiol. P^eho- logie Aafji&hme gefanden (Sl, 425).

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BUEaroBBtttae und Komioiums.

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Innerhail) einer jedeu lutervallpcriode heben sich zwei Diüe- renztöne dadurch heraus, daß sie fUr den Gebörseindrnck durch- Rchnittlieh größere Bedeutung haben als die anderen: «ie «^ind bei der Mehrzahl der Intervalle stärker und deutlicher; »ie erfahren 'S8(|pl6ieli bttafiger ak die anderen gewisae qnaUftati?e Ändeningen,

IL Zweite und dritte Periode: Oktave bie Doppeloktave (1 : 2 bis 1 : 4).

▼on denen aogleieh die Bede lein wird. Es sind: awiaolieD Fkine

vnd Oktave Df und nnserer Bezeichnungsweise; zwischen

Oktave und Duodezinic und D^; von d;i bis zur Doppeloktave />3 und D^. Diese Tüne ~ vielleicht enijiHehlt es sich, sie alfl »HauptdifTerenztöne« ihrer Intervullperiode zu benennen sind in den Figuren dnrob stärkere (schrägej Linien hervorgehoben.

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274

Felix Kniifer,

Der eine von ihnen stei^ jeweils von 0 bia /*, waiireud der andere von n bis 0 Hinkt.

Der Übereicbtlielikeit wegen verfolgt meine graphiscbe Dar- gtellung die Differenztöne Uberall bia zu dem theoretischen Werte 0. Natürlich gibt es fUr diese TOne wie für alle anderen eine untere Grenze der Wahmehiniuig. Bei meinen YerBuchen mit KUngen von mittlerer Sttrke waren die Diffeienztöne erst jenseits etwa 40 Sohwingnngen mit Sicherheit als qnalitatlT bestimmbar bh erkennen. Eoenig fond bei extrem starker Tongebnng eine Tiefengrense TOn 26 Sehwingongen. Dieae Grenze lieBe sieh nnter geeigneten Vennehabedingungen woU noch etwas lünabdrUeken.

Unsere Diagramme dnd noeh in einer sweiten Hinsieht schematiscb; nnd dieser Punkt ist fUr den Gehörseindmck von hoher Bedeutung.

Ein großer Teil der tatsächlichen Beobachtungen läßt sich dahin zusammenfassen, daß Differenztöne zueinander nnd zu anderen gleichzeitigen Tünen sich genau so verhalten, wie primäre Töne nnter sich. Sie bilden neue Di£ferenztöne, nnd wo ein qualitativ benachbarter Ton mit ihnen sngloich erklingt, da entstehen Sehwebnngen nnd ZwischentOne, wie iMim verstimmten Ein- klang zweier ol^jektiT gegebener TOne. Ein Zwisohenton tritt ganz allgemein da anf, wo zwei gleichzdtig gegebene TOne ein- ander zu nahe sind, um überhaupt oder denflich in gesonderter ZweSheit wahrgenommen zn werden; er liegt immer zwisehen diesen beiden T5nen. (Nftheres im folgenden Kapitel) Um die Zwi.-iL'lieiitüaver8chmeIzttDg der DiJlerenztöne zu byrnbolisicren, müßten die schrägen Linien in den Figuren streckenweise steiler, z. T. auch flacher, und danach ein Stück weit horizonfcsil ver- laufen iJas erste jedesmal da, wo auf einen Diff'erenzton ein anderer von der entgegengesetzten Kicbtung her zuschreitet, also ein mit zunehmender Verstimmung des primären Intervalls höher werdender auf einen eben damit sich vertiefenden. Flacher ver- lanfen die Kurven der Differenzt5ne vomehmUoh am Anfang nnd am Ende jeder Intervallperiode, wo immer mindestens zwei nach der Tiefe hin allmShlieh vom Qmndtone sich entfernen; jenseits der Ok- tave, der Dnodeiime nnd der Doppeloktave lOst sich glsiebzeitig je ein Differenzton nach oben allmählich vom Gmndtone ab. An den- selben Stellen, den Grenzen der Intervallperioden mUßte auch die Kurve des Gruudtones, die im übrigen mit der horizontalen üaupt-

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DifhremtOM und Kontoiiaitt.

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linie der Zeichnungen znBammeafälit, Embachtangen erfahren; denn «neh der Grnndton wird für die W&hmehmiuig za nahe be- nachbarten Pifferenztönen hingeiogen, wie diese in ihm. Endlich fidlen je swd auf einander soitrebende TeiltOne sohon ein Stilek dieweitB nnd Jemeits der In den Fienien erkennbaren Sehnitt- ponkto Tollitändig soBammen, was durch eine annähernd honzoniale Bieiitang der Ton jenen Ponkten abgehenden Linien an symboli- aleren wSre.

Der Umfang dieser Abweichnngen von onserm Schema hängi; von der liülic, der Stärke uud dem StärkeverhjÜtiiiH der beteiligtca Töne ab. Wollte man aber auch fllr eine bestimmte Versuchsreihe die Kurven genau nach Maßgabe der beobachteten Znn ischoütöne konstniiereu, so wären die Thatsachen damit nocli nicht erschöpfend dargestellt. Denn tlber eine gewiflse, geringe Entfernung zweier benachbarter TeiltOne hinana erleben wir, ganz wie bei zwei FHnttrtönen, eine nnToUkommene ZfiaehentonTenclimelanng, derart, daß neben dem Zwisebentone anerat eine, dann beide Komponenten anoh ftr neb wahmelimbar werden. Anob dieae VeiliXlfaiiBae sind in Ihrer Begrenanng nieht nnabbinglg yon der HSbenlage, sowie von der absolnten nnd der lelatiTen Tonatiike.

Die üiaiflaebe, dafi zwei g^eiebseitige T9ne einander nicfat nn- b^renzt nahe liegen dürfen, damit sie noch als zwei verschiedene uulgetaUt werden kounen, ist im Grande ebenso selbstverständlich, wie die Tatsache der snccessiven Unterscheidungsschwelle. Aber genauer ^vurde sie erst von Stumpf ftlr objektiv srosrebene ver- stimmte Primen untersucht (13 II, 480 ff.). Wegen der historigcben YemachlUsBignng der Dissonanzen und ihrer Kombinationaer- scheinnngen maßte die Zwischentonverschmelznng der Differens- tOne noch Unger nnbeaobtet bleiben. Bei den Konsonanzen lat aie nlebt an beobaehten, ao wenig wie beim reinen Einklang.

Die hier beieiohneten geaetemafiigen Empfindnngatalaaeben und -Terhattniaae erlebt jeder Koimalbllrende im nnanalyaierten Ge- aamtoindmek der Teraehiedenen ZnaammenUHnge. Zergliedert man aber die Znaammenklänge von nnteraebiedlioher »konsonanter« - oder »dissonanter« Gcsamtfärbuug uud > crgleicht die gesondert wabrgenomnieiieu Teilempfindungen, so begreift mau das un- mittelbare Bewnßtsein der Konsonanz als notwendig.

(Fortaemng folgt)

über Einsel- und Gfesamtleistang des SohnlkindeB.

Von

Angnat Majer.

LTeiL

Metliodologisciies.

Da wir in den folgenden AnsfUlirangen Bediuguugcn psycho- loger Arbeit nnterBnchen, so ist es nötig, zuerst den Begriff geiBtigar Arbeit fdstsostellen. Für die rein psyebologische Betrachtongsweise gibt €0, ttKSBig genommen, keine peydiologiicbe »Arbeit«, der FHyebologe kennt Ton seinem Stnndpankte ans nnr geistige, beiw. payohopby Bisehe Vorgänge, ihre Znsammensetsnng, ihre Snk* Session and ihren Znsanunenhang. P^yohisebe Vorgänge werden erst dadmreh an geistiger Arbeit, daß wir sie in Beaiehnng selaen zu einer objektiv normierten Leistung. Diejenigen psychischen bezw. psychophysischen Vorgänge macheu daau eine psychophy- sische Arbeit aus, welche aiö die Summe der nnmittelbaren Be- dingungen der Verwirklichung dieser objektiv normierten Leistung angesehen werden können, oder welche die Leistung unmittelbar herbeifilliren, oder welche während der Leistung von dem Indi- ▼idnnm betätigt werden. Das pädagogische Experiment wird in der Begd von emer äafieren Leistang aasgehen, als denjenigen, was oljjektiy festgestellt nnd qnantilatiT bestininit werden kann; von hier aas bestimmt es die Afagrananng and die Eigenaohafien der pajehophysisehen Vorgänge, welche sieh bei der Leistang belStigen als die Arbeit des IndiTidnnms.

Da jede Arbeit unter der Mitwirknng änBerer Umstände an Stande kommt, so kann man die äußeren Umstände, unter deneu gearbeitet wird, als Mi tursacheu der resultierenden Leistung be- trachten. Jede psychophysische Arbeit kann daher daraufhin

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über lansel- mid Getamtleiataiig des Schalkindes. 277

unteraadit werden, wie Yiel von der resuHiereiideii LeiBtang den psf ohopliyBiselieii Yoigaogeii eines IndiridnnniB nnd wie viel der Umgebung verdankt wird. Znr Umgebung rechnen wir dabei den Olli die die Temdiflpertonen umgebenden GegensOnde, Personen n. a. Fttrlins ist nnr yon Interesse, m erfithren, ob flberiianpt nnd inwieweit unter besonderen Bedingangen öxereh die 'Mitarbeit an- derer die Leistung des Individuums beeinilußt wird. Dabei be- zeichnen wir die Arbeit, welche der Einzelne abgetrennt vuii an- deren vollendet, als Einzelleistung; für Jene, welche das Individinim zu Stande brinfft, bei gleichzeitiger Mitarbeit einer ganzen Gruppe anderer ludividaen, soll der Kürze halber der wenn auch nicht eindeutige Terminas Gesamtleistang in Anwendung kommen. Beide Begriffe werden in der Folge dnreb die Bnehsfcaben £. beaw. a. abgekürzt

Demnaeh wire daa Hanptproblem TOili^gender Arbeit folgender- maßen m fassen:

Wie rerbftlt sieh nnter gewissen Bedingungen die E. eines Indiyidnnms sn seiner G.?

Die Wichtigkeit eines solchen Problems wird wolil kanm ver- kannt werden. Scheint man doch durch seine Lösung zugleich auch auf exaktem Wege der Beantwnrtung der Frage näher zu treten, ob liberh aupt und nach welch er Kichtung und unter welchen Bedingungen der Klassen- Uber den Einzelunterricht an stellen ist. Die tägliche Erfahrung sowohl im Schul- als auch im praktischen Leben weist darauf hin, daß sich das Individuum in einer arbeitenden GemeinscbafI oft wesentlioh anders Terhült als in der Abgeschlosaenheii So spricht man von eüier An- eifernng Lethargiseher dnreh Lebliaftere» von einer Hebung der Schleohteren durch Bessere, von einer Art Suggestion, welche Schlüfrige anf ihre Umgebung ansttben; man weist hin anf stö- rende Einflüsse, welche nnter Umständen durch die Ifitarbeit an- derer auf den uder jeueu einwirken; mun verkennt in der Erzie- hung nicht die Bedeutung der Umgebung illr die sittliche Gestaltung des Zöglings; dem Beispiele des Erziehers, der Eltern und Ge- schwister usw. mißt man solche Wirksamkeit bei. Blicken wir schließlich auf uns selbst! Wir müssen zugeben, daB auch wir bald mehr, bald weniger unter dem Einflüsse der Masse steigen. Heitere Menschen wissen den Ton der Unterhaltung in der ganzen Gesellschaft sn dnem lebendigen nnd fiEOhlichen tu gestalten; tmb-

278

Angoit Mtsyv,

selige Gesichter wirken anf den Lebensfri hesten niederdröckend. Überall können und müssen wir einen Eiuüuß der Gksamtbeit aif den Einzelnen und umgekehrt konstatieren.

So weit die rohe Beobachtung. Worin ein solcher EinfluB be- steht, wo und wodoroh er seine Grenien findet, in wie weit die IndividnalitSt Betftimmiuig und Biehtanip gebend dngieift» all das •fnd Fragen, Uber welehe wir bisher keine ErfUmmg beaitno: Foraoheit wir noeh lo eingehend in den dueh die Beohaobiong gegebenen Tatoaefaen, wir werden lehwerlieb AnfUirung finden. Waa bis jetit aaeb dieser Biebtang bin sv leisten Tersaebt wnrde, bewegt sich alles auf dem Boden roher Erfahrungen und ergeht sich in nicht genügend begründeten Theorien und Vermutungen. Schon vor 20 Jahren ist Scherfif^*) der Frage nach dem Werte des KiasseuunterrichteH gegenüber dem Einzelunterrichte näher getreten. Er begrttndet eingehend die Vorzüge des ersteren, aber nur durch theoretische Überlegungen, ohne experimenteUen Nach- weis. Dieser soll in den folgenden Untersaefaangen wenigstens ffta einige Hanptfragen erbracht werden.

§ 2. Der Stoff.

Der Stoff wurde, so weit es eben möglich war, dem Bereiche der Volkssohnlprazis entnommen. Dabei war im allgemeinen man- cherlei an erwigen:

Das gegenwürtig im ünterricbt im Vordeigntnde stehende Stoff- gebiet allein ni berttoksiehtigen, wäre nioht sweckmiBig gewesen wegen des oifenbar großen and nicht ohne weiteres qaantitatiT an bestimmendem Übungseinflnsses. Ebenso mnsste abgesehen werden von der ausschlieBlicben Heranriebung aeitlidi an weit rückwärts liegender Materien wegeu eines sicherlich vorhandenen, aber nicht bei jedem Individuum gleich proßen Übungsverlustes. Su eröchicn es geboten, solche Stoffe zu wählen, Olr welche man nach den Erfahrungen im Unterrichte einen relativ ziemlich gleich- mäßigen Grad von Übung resp. Übangsverlust voraussetaen ]u>nnte. Bei der großen zeitlichen Ausdehnung der Versuche war es nsr tttrlieh nOtig, stets den Fortsehritt des Unterrichtes im Ange sa

1) Friedrich Emil Scherfig, Der psychisohe Wert dea Einzel- und (Ip^ Klassenonterrichte«. Eine paychdogiMh-pIdagogiaehe Mottograiilue.

Dispert Leipzig 1882.

Üb«r Einzel- und detamtleifftiiikg dm SekiilkiiideB. 279

behalten. Nach den Erfahnmgen durfte man erwarten, daß die 6. TOD der E. abweicht Damit nim die Untorsehiede zum Anadmok gelangen- kennten, worden die Arbeiten ee gewtthit, daB feUep- iieie Leiatnngen seltener an erwarten waren. Im Ihterease der Yeiif^eiohbaikeh eradhien es geboten, (Oi die £. nnd die dazu- gehörige O. mQgliehet gleiehi^ig aebwferige Anfbrdenmgen zu stellen. Ausdrücklich muß bei der Beurteilung; der Stoffe nach dieser Seite hin festgehalten werden, daB niciit allüremein gültige Urteile ttber das Schwierigkeitsverhültnis der cinzeliierj Materien zueinander in diesen Zuordnungen ihren Ausdruck finden sollen. Es ist stets zu erwägen, daß infolge des fortschreitenden Unter- richts sowohl, als anob infolge der Eigenarten des Lehrenden u. a. m dieser Beziehung natomotwendig ganz bedeutende Versobie- bongen stattfinden mttssen, die alsdann in den Angen Uneinge- wefliter leioht den Eindmek eines Hi&yeilUlltnissea berrormfen kflnnen. SoblieBliob werde aneh eine Gleiebheit der Anforderongen in qnantitatiTer Hinsiolit angestrebt

Die kenrorragendtte BoUe im Sehnlleben spielen oifenbar yer> Staad, Gedächtnis and Phantasie. Wir Tersnehten dieser Tatsache Rechnung zu tragen durch die Wahl folgender Stoffe; Diktiit, mttndliches Rechnen, Kombination, Gedächtnis und schriftliches Rechnen. Vorzugsweise als Yerstandt^slcistnug durften jedenfallB mUudliches und schriftliches Kechnen, so weit sie nicht lediglich mechanische Ausflihrung von Operationen Tedangen, aqgeaehen werden; Diktat und Gedächtnisleistung nehmen Torzngsweise das Gedächtnis in Anspruch, nnd in der Kombinationsanfgabe dttrfte der Pbantarie Qelegenbeit gegeben sein, den Grad ihrer Bdcb- baltigkeit nnd Beweglidikeit daizotnn. Von dem nrsprOngliehen Ftaae^ anek eine Aofialzarbeit anfertigen zn lassen, kam iek bald ab. Brsdiek fehlt Kindern im 5. SebnQahre zum größten Teile noeh die Fähigkeit, ihre Gedanken selbstiindig nnd in einer sti- listisch einigermaßen vollkommenen Form darzustellen. Ihre Auf- biitze sind meist niclitB anderes uls die \Viedergabe der durch den Lehrer entwickelten Formen. Stoffe utih dem Unterrichte zu ver- wenden, erscbien um deswillen bedeiiklieli, weil der Aufsatz als- dann nichts weiter hedeutet als eine Reproduktion, eine einfache Gedächtnisleistung. Die Benutzong von Naoherzählnngen wttrde denselben Bedenken unterliegen. Zweitens aber dttrfte es mit anfierordentlieben Sebwierigkeiten verknüpft sein , ftlr solebe Lei-

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280

Aogut Mayer,

Stangen Oberhaupt ein der nngelieiireii Mannigfaltigkeit im Satzbao und Aasdrnck auch nur annähernd gerecht werdendes Mafi auf- zufinden. Es wire hier dem individneUen Meinen ein viel m Mer Spielranm gelanen.

Ich diflkütiere in folgendem die StofliHiBwahl im Spedelleii:

1. Diktat

Die Diktate 10 an der Zahl wurden so gewfthlt, daft tie, als Ganiee betrachtet, den Sehttlem nnbekanni waren, ohne jedoeh nene Wortfermen in bieten. Folgende Stoffe fanden Ver- wendung:

1. Einzelleistung: Wiederkehr des Frühlings. | Neu verjüngt wird die Natnr | nnrh dem Abzüge des Wiuters. ( In firisohem Schmucke prangen die Wiesen, | und ▼iele Blumen erfreuen vdb | durch ihren reisenden Anblick. | Yeignllgt treibt der Hirte Bcbie Herde | hinaus auf den grttnen Teppich der Weide, | und munter springt sie umher, | sich freuend des lange entbehiten Genusses. | Auf freien PlStsen sammelt sieb | die beende Scbar der Kinder; | auch sie Alhlt neues Leben | und mischt ihren Jubel ein j in die LobgesJingc der >»atur.

1. Gtosamtleistong: Die Linde. |

Die libide ist kein Waldbaum. | Yertnmlich tritt sie aus der Wildnis | an den MenBcben und an sein Haus. | Im Dorfe, auf dem SchloBhofe, | an der rauscbenden Quelle, { wo die Sohnitter rasten, | da ist ihr Platz. | In ihrem erquickenden Schatten sam- melt sich [ die fröhliche Jugend zum Spiele, | das Alter zur ernsten Itede. I In der Krone singen lustige Vögel, | in den BlUttcru bum- men emsige Bienen. | An Grüße und Stärke gleicht sie der Eiche; | beizförmige Blätter schmtlcken den herrlichen Baum.

2. Einseileistung: Die Tiere im Hanse. |

Der findige Mensch bat mancherlei Tiere | an sein Hans ge- wöhnt. I Man nennt diese auch Hanstiere. | Pferd und Rind rechnet man | vorzugsweise hierher. | Sie werden wegen ilires hedeutenden Nutzens | Uberall sehr hoch geschätzt, | sorgfältig gefüttert und e-e- pflegt. i Auch gefiederte Geschöpfe finden Platz im Hanse. | Enten und Gänse tummeln sich schnattomd und schreiend im Hofe. | Daß fast jedes Haus einen wachsamen Hund | oder eine ntttsliche Katse beherbergt, | weiB jeder.

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über Ebiiel- und GeMuntleietiuif des Sehnlknidw. 281

2. GeaamtieiBtnng: Nach dem Regen. |

Ein Gewitter batte in der Naeht | die ermattete Eärde getriinkt | Ftoh wanderte ieli dnreh den GUurteo. | FlOtallcb zenifi die itrak« lendfi Sonne | das dunkle GewSlke. [ Die Sinc^Qgel liefien non | ihre heiteren Lieder ertOnen. | Die Sehwalben aohoeaen wie der Blitz I dnroh die Uare Horgenlnft. Die Sobmetterlinge flatterten | den duftigen Blumen zn. | Die Bienen krochen wieder aus ihren Körben. | In wenigen Augenblicken wimmelte die Luft [ vüu un- zähligen GeschCpfeu.

Genau in der gleichen Art waren die übrigen Diktate aos- geftlhrt.

Alle diese Stoflfe umfassen, inkl. der Überschrift, 127 Silben. Die Darbietung erfolgte in 15 Abschnitten, beieicbnet durch «^enk- reehte Striebe. Bei der Abacbiltznng in qnantitatiYer Hinaicht wurde die Sübenaahl in Betnieht gezogen, im Gegenaats zu andern, welche bei der experimenteDen Yerwendnng der Diktieimethode die absolnt oder wenigatena ann&hemd gleiehe Zahl Ton Bnoh- ataben zu Terwenden beatrebt waren. Ein erheblieher ünteraehied zwischen den beiden Yerfiihrangsweisen ist nicht zn konstatiereiL Die einzelnen Buchstaben differieren hinsichtlich der zu ihrer An- fertiirung erforderlichen Zahl von Zügen, ebenso repräsentieren auch die einzelnen BuchstabcnfZTuppen (Silben) verschiedene Quan- titäten. Erwartet man im ersten Falle bei der ^oßen Zahl von Einheiten einen Ausgleich, so dürfte man auch im zweiten Falle berechtigt sein zu einer solchen Annahme. Aufierdem aber yer- dient das SilbenzUhlen insofern den Vorzug, als es eben nament- lieh bei größeren Diktaten, mit weit weniger Umatiindliohkeit yer- knttpft iat, als die FeatsteUnng des Baehatabenqnantoma.

Die Diktatatoffe tragen alle beaehreibenden Charakter. Ihrem aaohliehen Inhalte nach durften aie dem Gedankenkreise der Kinder gleich nahe stehen; formell wurde nichts Fremdes gegeben. Dieses Moment ist um deswillen wiohtig, wett das Verständnis des Geboteneu auch l)eim Diktat mit der Vollkommenheit der Dar- stellung ofifenbar bis zu einem gewissen (rrade in ursächlichem Zusammenhang steht. Gerade dieser Umstand schien die Auswahl Ton Beschreibungen zu empfehlen, deren sachliche Seite keine Sobwierigkeiten bietet.

Die Feststellung der Diktatabschnitte erfolgte nach dem aneh im Unterrichte geltenden Gesichtajmnkte: Jede Gni|ipe aoÜ -wo-

IrAIv fit PirAolofli. L 19

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282

August Ibyar,

möp^lich ein Zusammenhängeudes, ein biungemäßes, bilden. Es ist hiemach einleachtend , weshalb anf eine öilbenglcichheit der ein- sdnea AbBohnitte keine Bttokfiieht genommen weiden konnte.

2. MflndHelieB Reoknen.

Jeder Leiitnog auf diesem Gebiete sind drei Aufgaben zn Grande gelegt:

1. Emsellditmig:

a) Was kosten kg Kaffee k l.^JJl?

h) Unter 7 Personen sollen gleichheitUch 238 Jf TOiteilt werden.

Wieviel erhili jede? e) 7x80

+ 40

V.

die Hüfte

Vio

X 10() die HäUte

1. GenmtleiBtQng:

a) Was kosten 61/4 kg Kaffee a l,6ü .//?

b) Unter 9 Personen sollen gleiohkeitlick 378 «4! yerteilt werden. Wieviel erhüt jede?

e) 6x90

+ 60

Vi

die Hilfte

Vi*

X6

Vio

X 100

die Hälfte.

2. EinzelMBtiing:

a) Ein Arbeiter verdient tä«:lich 2,40 wtviel in 2V3 Tagen? bj 9 einer Ware kosten 4,ö8 J( ; wie teuer ist 1 ?

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Uber Hniel- vauL GemnfleiBtang dea Sdndkiiidfls.

283

e) 9x50

-J-60

30

Vs Vif

X mit flioli Belbst die Hälfte die HUile

4-5x7«

2. Oesamtleistung: a) E8 gibt jemand in 1 Tage 2,20 . // aus; wieviel in 4'/^ Tagen? bj 7 ^ Fleisch kosten 3,85 ./T ; wie teaer ist 1 // ? e] 7 X 50

-f 60

10

Vit

Vs

X mit bIcIi Belbst die HlUfte die HUfte + 3x8

I>ie übrigen Aufgaben teilen wir nicht mit, da sie ganz nach .\nalogie der vorigen entworfen waren. Die beiden ersten Auf- gaben cliarakteridieren sich als einfache Schlußrechnungen, von denen jeweils Nr. 1 durch Multiplikation, Nr. 2 durch Division zu lösen ist; Nr. 3 berücksichtigt nur das mechaniBi lie Kcehnen. Die einander entsprechenden Angaben jeder Gruppe erfordern zu ihrer Auftlhning die Vornahme einer »tet? gleichen Ansahl von Operar tionen; hierbei nehme ioh den Begriff Operation im engsten Sinne des Wortes; b. R Ansreehnniig der Angabe 1 der ersten Gruppe iß.}:

1. OpeiatiOD: 4 X 1 Ur» 4 jr

2. > 4x80:pr»d,20ur

3. » 4ur 4-3,20«ir»7,20ur

4. » Va V. 1,80 Jf = 0,90 Jf

5. » 7,20 uT + 0,90 J/ = 8,10 Jf, Aufgabe 2 derselben Gmppe (E ):

1, Operation: v. 210 Jf = m Jf

2, » »/t V. 28 . # ^ 4 .#

3, » dOjf + ^Jf^Ujf.

19*

284

Angiut Mayer,

Voraus j^eht hier dii- Zerlejron von 238 Jt in 210 M u. 28 Anfgabe 3 jeder Gruppe? iimfulit nenn Operationen. Aoch be- züglich der stilistischen Fassung wurde eine annähernde Gleich- heit der mmuninftiigehürigen Aufgaben aogeetrebt

3. Kombination.

Auf diesem Gebiete gelangte die Ebbinghans^eolie Kombi- nationsmetliode zur Verwendiing>). »Ihr Wesen liegt dann, daB eine gidfiere Viellieit von nnabUingig nebeneinander bestehenden Eindrneken, dfe an and ftlr deh gaas heterogene nnd nnn Teil

direkt gegeneinanderlaufende Assoziationen zu wecken jrecigrnet sind, mit V'urstelhingen beantwortet werden, die doeii zu ihnen allen gleichzeitig paääcu, die sie alle zu einem einheitlichen sinn- vollen oder in irgend welcher Hinsieht zweekvollen Ganzen zu- sammenschließen.« Allerdings war der Zweck dort ein anderer wie hier. Ebbinghaus versuchte mit Hilfe dieser Methode die Wirkong einer dnrch den Unterricht herbeigeftlhrten Eimtldang an konstatieren; hier hsndelt es sieh dämm, Leistnngen, die nnter Tariieiten objekÜTen Bedingungen entatsndeni mit einander an yer- gleioheni um bierdnrob den einer Arbeit günstigsten Umaiand anf- anfinden. Trots dieser verlnderten Anfgabe glaubte man sieh der Kombinationsmetbode bedienen an sollen, weil sie im Prinzip geeig- net erschien, den Grad der geistigen Leistungsfthigkeit des Indivi- daums nach der Seite der FhaiiLasie hin erkennen zu lassen, und weil sie l>ei ihrer erstmaligen Anwendung deutlich ausgeprägte indivi- doeüe VerHchiedeiiheiteü zu Tage treten ließ Ein anderer (innid sprach ebentalls fUr die Verwendung von Kombiuationsanfgabeu: In der modifizierten Form nähert sich diese Methode dem ttbliohen Scbnl- modus von Frage und Antwort Die Torgenommenen Abänderungen haben keine Abweiohnng von dem eben angegebenen Prinzip der Methode znr Folge» umgehen aber vieUeiobt einige Mängel, welche ihr in der von Ebbingbans erhaltenen Ansprtgnng woU an- haften durften.

Ebbinghans legte den Sehttlem Prosatexte ror, welobe dnreb Hinweglassnng toh Silben nnd Worten Torstammelt waren. Die Stelle

der auf solche Weise eliminierten Buchstabenkomplexe wurde durch Striche bezeichnet. Die Aufgabe der Schüler bestand nun in einer

1 Ebbinghaus, Über eine neue RIethnde zur PrUfhug ?:ei8tig;er Fähig- keiten. Zeitachr. f. Payoh. u. Phy». d. Sinnesoigane. 1887. Bd. XXU. d. 414.

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über Einzel- und GeeuntleistiiDg dee SebolkindeB. 285

mißlichst raschen Ansfullung der Lücken. Besondere K Ucksicht war zn nehmen anf die Silbenzahl, die ans der Anzahl Striche erkannt werden konnte; nieht selten bezeichnen einige Bachztahen den Anfang oder SchlaB des einznseteenden Wortes. Für jede leere Stelle war also dne ganz beetimmte Eigttnzong YOigesehen; jede andere mnfite alz Fehler geahndet werden. Nnn ist doeh» wie Ebbinghans selbst sagt, das Prinzip der Hetiiode, die SehfUerzn veranlassen, aus den Fragmenten ein sinnvolles Ganzes zn bilden, wobei otieubar der Nachdruck auf » sinnvoll < liegt. Sinnvoll kann aber auch irgend eine andere sich darbietende Er- gänzung: mit filier größeren oder geringeren Silbenzahl sein. Weshalb dieser weniger Bereehtigung zugestanden wird als einer andern, ist nicht ohne weiteres einzusehen. Fttr die Beurteilung der Intelligenz kommt doch in erster Linie in Betracht, ob die er- gttadEte VocsteUnng sieh als ein passendes Glied dem Ganzen ein- ikigt oder nicht Als ToUstiladig belanglos dürfte es wohl erscheinen, ob diese Eiginznng 2, 3 oder mehr Silben aafwdBt Normaler Weise erwartet man fibrigens, daB yon yerschiedenen Individuen die Eindrücke mit yerschiedenen Vorstellnngen beantwortet werden. Dadurch nun, daß Ebbinghans der individuellen Freiheit so enge Gr* u/.f 11 zieht, läßt sich eine Verwandtschaft der Kombination sme- thod«; in dieser Ausgestaltung mit dem Ergänzunjrsrätsel nicht ab- leugnen. Vergegenwärtigen wir uns nur den i'.rgänzuugövorgang bei einem Sehtller, dem sich sofort beim Durchlesen eine ohne Zweifel sinnvolle Ergänzung geboten hat, die aber mit der verlaogteu nicht identisch ist Das nächste wird eine gewisse Verwirrung sein; dann tritt an Stelle des Denkens ein Sachen in dem Wort?orrat, ein Probieren, ob sieh irgend eine Wortrorstellnng mit den yer- langten Kennzeichen yorfindet, also ^ Baten, ähnlich dem Vor- gange beim LOsen eines Btttsels. Daß hierbei das Angenmerk sich weniger anf den Sinn als yiehnehr anf die Form richtet, ist wohl nicht zn bestreiten. Der Ausfall der KomMnationsmelhode in dieser Gestalt dürfte daher uieht selten als eine Sache des Zufalls zu betrachten uuü ueben anderen uukontrollierbarcn Einflüssen nicht zum geringsten Teile auch davon abhängig sein, oh »ich in dem jeweils disponiblen Vorrat an Wortformen jene verlangte Wortvorstellung als besonders geläufige auszeichnet oder nicht. Großer Wortreichtnm bedingt übrigens noch nicht einen höheren Grad yon Intelligenz. Auch £lsenhans, der fUr Korn-

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286

AttgoBt Mayer,

binatiouimethode die Bezeicbnung >Ergäiiziiog8methode« empfiehlt^ meint, daß die Lötning der von Ebbinghaas gestellten KombinatioBs- «nfgaben nicht zum geringsten Teile vom Zufall beeinflafit wird: »£b ist der Fall denkbar, dafi der die LAeken mDgebeiide Silbenkomplex für das Schidklnd so oharakterifltiscli oder selten ist, daB ein Üiek auf den daichlOcberteii Text genOgt, um mit Hilfe der Bertthnuiga- aasosiation eine Reproduktion der £^enden Silben berronorafen, ottne daB die Wortbedentiing hierbei notwendig eine Bolle spielte« Damit dieser Mißstand beseitigt werde, mllsse sich die Er^^iinzungs- aufgabe >dem Vorgang bei der den Unterricht beherrschenden Form von Fraire und Antwort nähern«.

Um dieser Forderung gerecht zu werden, wurden die Texte so eingerichtet, daß aus einzelnen Sätzen die Hauptgedanken- träger, die Zeitwörter, wegblieben. Dadurch erhielt das übrig gebliebene Satzfragmcnt den wenn aneh nicbt mit voller Bestimmt- heit henrortretenden Fragecharakter. Die Texte sind teils ans Christoph Sohmidt's ErzShlnngen, teils ans anderen Werken herllbergenommen nnd sweckentsprechend bearbeitet worden. In- haltlich waren sie den Eindeis nen.

Jede Aufgabe umfaßt annähernd 160 ^ben und verlangt 18 Er- ginzungen, deren Stelle onbezeichnet blieb, nm der Versuchsperson die größtmögliche Freiheit zu sichern; denn iu gcwib.scu 1 ülleu läßt Bi(^h, ohne daß der 8inn dadurcli eine Störung erfahren wUrde, der GedankeutrUger auch an einer aiulereu als der vorgeseheneu Stelle unterbringen. Inlialtlich litLn n die Texte dem Verständnis der Kinder wobi gleich nahe. Zur Verweudong gelaugten folgende Stoffe:

1. Einselleistong: Hamster and Hammel. Der Löwe snmi K9mg der Tiere. Da man drei lang ein groBes Fept Hamster und Hammel wtiirend dieser Zeit dem König treue Dienste, woitlr dieser sie nach Gebtthr wollte. Er beide Tor sich nnd zn ihnen: »Da ihr mir so tren, sieb einer von euch eine Gnade; der andere aber das Doppelte hievon«. Beide aber schon seit ^^eraumer Zeit in bitterster Feindschaft; keiner der erste sein. Kun inan das Los. Es auf den Hammel. Lauere dieser hin nnd her. Kiullich al)er er den KUni*,', er ihm ein Auge ausreißen. Es; der Hamster aber beide Augen.

1 Eisenbaus, Kachtrag zur E K i')ii]bination6met]iode. Z^tschr. f. Piydi. u. Phya. d. SinneBorgane. 1897. Bd. XUL Ü. 4ti0.

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über Eissel* und Gesiiiitileistiiiig des SehnUdadee.

287

1. Gesamtleistung: Der Herr ist König.

Bor Landgnif Pliilipp toü Hflflsen dnst wohlgonint Uber Feld; hmler flun seme Begleiter. Da ein Boliweree Gewitter. Eb Ikeffig. Ab die Beiter an einen Wald, da der BlitE Tor dem Landgrafen faraeliend in eine mBohtige Büclie und sie. Das Bofi dee I^oid- grafen ersehrooken in die Knie; der Landgraf m Boden. Da die Diener erschrocken herbei nnd: »Ihr habt doch kein erhebliches Un^^lürk, i,nädiger Herr?« Aber der fromme Landgrai auf und: AVaruui ihr mich Herr? Dem über uns .dieser Ehrenname. Er der Herr, und er im Unwetter gnädig an uns Mtrllber.«

Ganz entsprechend waren die Übrigen Kombinationen ana- geführt.

Der Vollständigkeit halber seien noch zwei Proben der Kom- binationaanfgaben mitgeteilt

5. Binxelleistuig: Die ApfeL

In einem Garten oiu Apfelbaum, der herrliche Früchte. Unter demselben viele Äpfel. Dies Georg. Er großes Verlangen dar- nach. Eiligst er doroh eine Lticke des Zaunes und alle Taschen voll. Der Eigentümer, welcher den Dieb ron seinem Fenster ans, mit einem Stecken herbei. Bäsch wollte Georg; aber er blieb in der Laeke. Er weder vor- noeh rttekwSris. Der Hsnn üm am Kragen, ihn ans der Lttoke herans nnd ihm derbe Stieiehe. Die gestohlenen Äpfel er wieder. BeseUmt der Bestrafte nach hanse. Seine Kameraden aber von nnn an nieht mehr mit ihm.

6. Qesamtieistting: Die Bttbe.

In dem Garten des armen Eonrad eine ungewöhnlich große Bttbe. Er de an seinem Herrn in das Schlott, nm ihm damit ein Geschenk. Der Herr sidi Uber den gaten WiUen nnd dem Hanne drei Dukaten. Davon ein reicher Baner. Dieser: »Wenn der fttr eine Bttbe schon drd Dukaten, so werde ich von ihm ftr ein Kalb Tie! mehr«. Er das Kalb in das Sehlofi nnd bat den Herrn, es als Geschenk. Der Herr hatte die Absicht des Bauern. Er das Geschenk an und dem Bauern jene Rübe. Dabei er: »Weil ihr so freigiebig, so ich auch nicht geizig. Diese Kttbe mehr Wert als euer KaXh.*

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288

Angwt Mayer,

4. Gedächtnis.

Zur Gedächtmalektimg worden folgende Beiben sinnloser Sil- ben yerwendet;

1. EinMlleiBiiuig: fif, sttp, schöt, meueh) wanr, fap, kim, bieh, lllfi, kSr.

1. GesamtleistuDg: wot, mUf, rak, tesch, baif, bQg, dol, röf, päun, laf.

Die Übrigen SilbenreUten waren naeb den gleicben Prinsipien gebildet Zweekdienüeh wtoe es aUenBngs geweien, wenn man auf geeignete Weiee ancb die IieiBtnngen dee dnieb den Sinn nntentllteten GedäebtaifNBee geprüft hlltte. Es lat jedoeh sehr flcbwer» ebien StoiF an finden, der aUen ScbtUem inbaltiieh die gleiche oder annähernd dieselbe Scbwierigkeit bietet Hier spielen eben die Individualität , die üeschiilti^'uu^ der Vp. außerhalb der Schulzeit, uameutlicL ihre Lektüre u. a. eine uukoutrollierbare Rolle. Ein Gedicht hätte wohl einen Prüfstein geben können, wenn der Verwendung eine« solchen eben nicht die oben hervor- gehobenen Bedenken entgegen gestanden hätten.

5. Schriftliches Rechnen.

Die den Aufgaben m Gmnde liegenden SaehTerbftltniafle lind, wie es eben der geistige Stand der Vp. erforderte, dnickweg sehr einfacher Natur nnd den Sehnlem bekannt Nur die stOistiBehe Fassung der Angaben wechselt Dies gesdiah, am den Einfluß der Übung etwas zurQokzusehranben. Die Aufgaben bewegen sieh durchweg im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnungen. Eis hängt dies eben mit dem Unterrichtsstoff zusammen. Eine Steige- rung der Anforderung tritt nur einigermaßen in den Zahlenver- hältnissen ein. Erhöhte Scliwieri^^keit für die Schiller dürfte aber hierin um deswillen kaum zu Bachen sein, weil ja inzwischen die Yp. dnrcb den fortschreitenden Unterriebt in derartige Operationen eingeführt worden waren. HinsiehtUch des textlichen nnd auch des reehnonselMn Um&nges nehmen nicht nnr die Aufgaben fUr die E. und die dazu gehörige G. annlhemd dieselbe Stelle ein, Bondem es dürfte woU ftlr alle 10 Angaben relative CHeiebheit in besagter Hinsieht au beanspruehoi sein.

Nooh muß bemerkt werden, daß es im Ünterriehte vermieden wurde, Aufgaben bearbeiten zu lassen, welche mit den bei den

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über EliuMi- und OemaJ^teaataag dM Schulkindes. 289

VersQchen verwendeten textlich oder reohneriBch identisch gewesen

wären

Eine besondere Schwierigkeit la^ für die Vp. in dtin l mstaiide, daß man nicht mit ihnen vor der Auarechnang gemciDBchattlich, wie dies bei jüngeren Schtllem in der ersten Zeit erforderlich ist und wie ee «ach im Unterriohte gehandhabt wnide, den Gang der AnQ^abe entwiekelle.

Folgende Angaben wniden den Sebllleni snr Bearbettnng yor- gelegt:

1. Einzelleistung:

Ein Handwerksmann hat von einem Kaufmunne 27 »4 8 zu fordern. Er bezieht von letzterem 14,50 m Tuch ä 3,7b JK und 3,60 m k S Jf b Wieviel Geld muß der Handwerker noeb dnranf zahlen?

1. Gesamtleistung:

Ein Handwerker bezieht 25,60 m Tnch ä 2,65 J( und 5,70 m k ^ b ^. Der Kaufmann schuldet ihm &a gelieferte Arbeit IbSJl 9^, Wieviel Geld bat der Handwerker noeb in forden? ÄbnUeb waran die ftbngen An%aben.

§ 3. Die Versuchspersonen*).

Ale Vp. worden verwendet 14 Knaben ans dem 6. Jahrgänge der Wttrsbnrger YolksBebule. Zu Kontrollvennebeii dienten weitere 14 Scbttler Im darauffolgenden Jabie auB derselben, nun aber in den 6. Jabrgang fortgeeebrlttenen Ebune. Hierzu die nttmlieben Vp. zu verwenden wie im Yogahre war nicht möglich, da einige hiervon in andere Klassen versetzt worden waren. Die Abteilung erhielt der Versuehaleitcr Mitte September 1900 Ubertragen.

Die Auswahl der- Vp. erfolgte mit Kttcksicht auf nachstehende Gesichtspunkte:

Gut mittelmäßig schlecht; fleißig faul; sorgfaltig

leichtfertig; ehrgeizig gleichgültig; ruhig lebhaft

verzagt; geordnete Familienverhältnisse arm. Dies sind selbstverständlich nur besonders hervorstechende

ZQge. Eingebende Cbarakteristlken der ersten 14 Vp. sollen naebstebend gegeben werden. Jetzt sehen soll betont werden,

1) In Zukunft abgekürzt durch Yp.

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290

Angut M«yer,

daß sich diei^iclben nnr :iui die Beobachtuug schlechthm, aicht aber auf experimentelle Grundlage stutzen.

Zur Charakteristik der Vp.

Bei den Versnohen treten z. T. ganz erhebliche indiTiduelle Untecschiede bcrvor. Solche können yenmaeht Bein durch die Eigenart des Stoffes, dureh beeondere Bediogmigeii in enbjektiTer und objekÜTer Hinsieht, flowie sefalieBlieh aneb daroh die konstan- ten Eigentamliohkeitett der Vp. Nach der Bichtang der beiden ersten Punkte durften ErklttningSTersadie kanm erheblichen Schwie- rigkeiten begegnen, Tielleieht abgesehen von den snbjektiven Be- dingungen. Aber auch der Einfluß der letzteren läßt sieh insofern eiuigermaBen feststellen und abschätzen, als die Kinder dahin in- struiert waren, besondere Indispositionen, frleichviel welcher Art uud Veranlassuug, anz«g:eben, wie z. B. Veriiiide rangen im körper- lichen Befinden, in der Gemütsstinimung u. a. Im tlbrigen darf bemerkt werden, daß gerade bei Kindern besonders abnorme Dis- positionen oder Indispositionen seltener zu verzeichnen sind. Nam- hafte Schwankungen im seelischen Gleichgewicht hSngen in der Bogel nur mit einer Verindening der physischen Zustünde zn- sammen und kttnnen alsdann dem Ijehier kanm rerboigen hieihen. Sonst Iftßt sich im allgemeinen eine gewisse Stabilität der psy- chisehen Konstellation nidit ableugnen. StOrnngen, die durch andere als dnreh physische Einflüsse herrorgemfen werden, sind meistens bei der fluchtigen Eindesnatnr nicht TOn nachhaltiger Wirkung, wenn sie auch momentan mit ziemlicher Intensität aut- treten. Ausnahmen hiervon, die in der Individualität des Einzel- nen ihre Begründung ünden mögen, sollen hiermit uicht in Abrede gestellt werden, jedoch sind sie selten. Kleinere ?>( hwankungen in Bezug auf die Disposition zeigen sich selbstveratäadlich, gleichen sich aber watirscheiniich gegenseitig aus.

Anders verhSlt es sich mit der ZurttckfHhrung von Abweichui- gen anf die konstanten Eigentümlichkeiten der Vp. Hieran war es nötig, sich einen Querschnitt dnroh das psychische Leben einer jeden Vp. zn verschaffen. Daß solch allgemeine Angaben, wie sie gewöhnlich ohne jegliches Beoht als Charakteristiken beseiehnet werden beispielsweise in Zeugnissen nicht genügten, durfte ohne weiteres klar sein. Das psychische Leben äußert sich in so mannigfaltiger Weise und nach so verschiedenen Kichtungen,

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über ransel- nncl OenmtIvbtaBg des Selmlkiiidet. 291

daß dieser Tatsache gegenüber solch dürftige Notizen in nnsag- iMier Armseligkeit and Unznlttngliohkelt erBoheinen rnttasen. Die SehÜdening ist sohon in den Hanptsllgen imTolMndig; Seiten- Knien fehlen in der Bßgel ganz oder encbeinen infi»]ge einseitiger Betonung als Hanptsaehe. Natomotwendig mofi daher das Bild ein vefSQliwoinmenes nnd noch daza ein reebt kurzes und unge- rechtes werden. Auf Grand solch spärlicher Hinweise eine Deu- tung von Erlebnissen versuchen zu wollen, wäre aiä aussichtslos und gevv;i;:t znrttckzuweisen.

In erhöhtem Maße trifift der Vorwurf der Unvrillstäiidi^'koit, Ungerechtigkeit und Unzweckmäßigkeit den Gebrauch, die l'iihig- keiten eines Individuums durch Ziffern charakterisieren zu wollen. Man bemißt wohl selten den großen Mangel eines soleh sunma- risehen Verfahrens. Über Bausch und Bogen fafit man ronein- ander Terschiedene psyehlsdie Funktionen zusammen, wie Verstand, Geditehtnis, Phantasie n. a. Die Grade der LelstungslUugkeit sind aber nicht naeh jeder Biohtnng hin als gldehmftßig zu be- aeiehnen, wie ja auch die Terschiedenen psychischen Akte nieht Ton Tomherein als gleichwertig betrachtet werden kOnnen.

Ein weiterer Mangel der Fähigkeitsziffern ist der, daß in ihnen individuelle Verschiedenheiten nicht voll zum Ausdruck kommen. Naturgemäß entsteht bei 2 Individuen mit erleicher Fähigkeits- ziffer der Eindruck einer Übereiustiinniung nach jeder Richtung hui; offenbar ein Unding! Bedenkt man noch, nach wpirh kurzer Zeit meist schon eine solche Zensur in Koten oder V\ orten vor- genommen wird, so mflssen ttber die objektive Richtigkeit nnd damit ttber den Wert dieser Angaben berechtigte Zweifel ent- steheiL

Die Stelle einer Charakteristik kann also weder duroh einige allgemeine Bemerkungen, noch durch Ziffiom ersetzt werden. Der Entwurf einer psychologischen Skizze Tcrlangt vielm^ ein tieferes

Eindringen in das individuelle Leben, eine scharfe Beobachtung durch eine größere Spanne Zeit hindurch <).

Die Vp. befanden sich, als vorliegende Charakteristiken for- muliert wurden, schon seit Jahren in der Kla««ie des Ver- suchsleiters. Seit Beginn der Versuche Februar l'JUl waren sie in ihrer Entwicklung mit besonderer Aufmerksamkeit ver-

1) Eine weitere offBubv noeh wlehtigefe Forderung ergibt sieh aus uneem Veitneheu.

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August Ilayer,

folfirt worden. Die Beobachtungen fanden zuiiiichst Aiilnahme in einem eigens zu diesem Zwecke angtlt L^ti n Tagebach. Soweit es möglich war, wurde die Verbindnng mit dem Elterubanse in ananffälliger Weise ansgenntzt zur Gewimuiiig neuer Zttge oder znr event. Korrektor. Eiine Reibe von Fragen, an deren schrift- licher Beantvortang sich ror Weihnaohten 1901 die ganze E^lasM^ damit 80 der Zweck verdeekt bleibe, zn beteiligen batte, schaffte weitere AufkUroiig, oYeni Beatitigiuig des Bcbon Fixierten. Au diesem Material heran« entwickelten dob die bei der VerwOTtung der Vemebe benutzten Skizzen. Dieselben wurden, soweit es eben mOglich war, auch den frtlheren Lehrern znr Meinungs- äußerung vorgelegt. Da es leiclit vorkommen kann, daß infolge übertriebener Betonung dieses oder jenes i unktes ein unklares oder gar falsches Bild erzeugt wird, war es angezeigt, auch un- beteiligte Sachkundige heranzuziehen, die dann nach Durchlesen einer Charakteristik das Bild der betreffenden Yp., so wie sich dasselbe in ihrem Bewußtsein widerspiegelte, wiederzugeben hatten.

Trotz aller angewandten Vorsicht und möglichster Gründlich- keit» mit welcher bei der Festlegung vorgegangen wurde, bin ich mir bewußt, mit diesen Skizzen nodi weit ron dem Ideal, von der VoUständigkeit entfernt zu sein. Auch kann iob mir nicht Teibeblen, daß denn doch Tielleicht da oder dort eine Yolle Ober- einstimmung des Bildes mit der Wirklichkeit f^btt^); ferner muß ich wohl noch betonen, daß diese Charakteristiken durchaus nicht bcstiüimt sein köuneu, eine Uber die Zeit erhubeuc Gültigkeit zu beanspruchen. Verschiedene Gründe veranlaßten all diese Be- denken.

Erstlich ist in Betracht zn ziehen die Art der Entstehung so mancher Züge. Es liegt auf der Hand, daß man von den Schü- lern nur selten und in unauffiUiiger Weise eine Beschreibung ihres psychischen Znstandes Terlangen darf. Wir haben eben keuie geübten Beobachter vor uns. Zu gar mancher Annahme künnen wir daher nur gelangen auf Grund der Deutung von Ausdrudube- wegungen; ich erinnere an die Tatsachen der Aufinerksamkeit, bei- spielsweise an die Fhige, ob wur es mit einer wiUknrHoben oder

1} Ich erachte es als notwandigi auadrttcUioh ni betonen, daß diese £r-

wXgnngen stattfanden, noch bevor man ein klares Bild von den Versuche- ergebnisRcn nii'] ihr'^u Beziehangen zur Individoalitit hatte. Daaselbe güt auch von der Fixierung der Charakteristiken.

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über Einael- imd G«aamtleistaiig des Schulkindes. 293

nnwillktlrlichen Teilnahme zu ton baben. Daß in einem solcben Falle MeinangsverBchiedenheiten möglich, sogar wahrscheinlich sind, bleibt wobl imbefitritten. Zweitens biefie 68 die Tatsaebe der geistigen Weiterentwicklnng negieren, wollte man für diese SkinieTiingen eine dniob die Zdt nnbeeinflofite Gttltigkeit bean- sproehen. Gerade im ScbnUeben bietet sieh so blutig Gelegen- beit so beobaobten^ wie sieb allmüblicb ein Zng besonders aus- bildet auf Kosten des andern; hierdurch wird natürlich das Bild Ott wesentlich verändert, nicht selten bis zur Unkenntlichkeit um- gestaltet. Als unbedingt feststehende Charakteristiken können diese Aufzeichnungen auch schon nm deswillen nicht gelten, weil ja die Person des Erziehers, die in unseren Klassen leider sehr häufig wechselt, auf die Gestaltung des psychischen Lebens von nicht geringem Euiflusse sein dürfte. Schließlich spielt anob die Sabjektifitftt des Beurteilenden eine oft niebt sn nntecsobiteende Bolle.

Was aber fli diese Darlegungen in Anspraoh genommen wer- den mnB nnd jedenfiüls anefa zugegeben wird, ist relatiTe Glli%- keit wenigstens in den Hauptzttgen. Jeden&Os dfliften aneb niebt

alle Nebenstriche ins Reich des Problematischen zu verweisen sein. Zu Gunsten eiuer solcheu Auualiuie darf wohl nochmals auf die sicherlich nicht voreilige Art ihrer Fixierunj; sowohl als auch auf die in zeitlicher Beziehung: ziemlich ansgit luiro Verbindung zwi- schen den Vp. und dem Experimentator verwiesen werden. So soll denn für die Benrteüimg der folgenden Darleguigen im all- gemeinen diese Norm gelten:

»Sie bieten ein im wesentlicben entspreehendes Bild der psyobiseben Konsfeellation der einseinen Vp. ftlr jene Zeit, in weleber die dieser Arbeit zn Grande gelegten Leistangen geliefnk wnrden.€ Idi lasse für jede der ersten 14 Vp. eine solehe Skisse folgen.

Fa.

Der Schüler ist von dem besten Willen beseelt Bei seiner schwachen Begabunor jjelinfrt es ihm jedoch nicht, seine Leistungen über die Stufe der Mittelmäßigkeit hinaufzuschrauben. Dem TTnter- riobt wendet er fast ausnahmslos einen hohen Grad von wiilkUr- Beber Aufmerksamkeit zu. Seine zahlreichen Versuche, sieb aktiT wa beteiligen, beweisen jedocb niebt selten, dafi es ibm versagt

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bUn'M, diii Lhu^U/Urzte gauu jm €T(a&i«s und zu xetMtiftwen. Z»- doB tntt bei emi^ermafieB aMütageadcr Mitarbeit eehr tamk dm mcht wb^eat^Dder Grad roo ^t>ti^r EnnQdim^ auf.

Dm Gcaktek seicH «eh naefc der ■nhHkihiB Scüe kn beMer cHwi^dt ab wmk kgiMkea, ohM jAck wmk im jever Beadra^ adhrik IGttdHillgei n IcMtaB. Erkf^Mor Aifriie aaeb aa fiebftea wMicb; flrrfiaWm^ ciaar Er- ilUaag «cflt er nr T«WtnMtf« aehirar. Die Tünche, dal Aa bete Aaewcadl|^enea od beni Bepfodaeierea dee eo An- ^eei^eten iiteti die 84*hriftzeiehen des zn memorierenden Stoffes ▼onich weben, wei^t aal das Vorwiegen eines optiseben Gedicht- llistyimrt hin.

£twa.H jrtJnBtijrer pcHtalt^ n -i' }i die Vt rhitlmiöS'e für die Phan- taiie, die nicht immer einer regeren Tätigkeit entbehrt. Jedoch macht sich bei ihreo Lebtiuigen eine gewisse BcigeUosigkeit an* aDgeoebm bemerkbar; es fehlt eben meiat die ordnende Leitung daieh dea Venlaad. Der Schtüer lieat zwar sehr gerne; da er aber dabei aar langeam m Werke gebt and geben moB, wenn er daa Gelesene aaeh ToUetftndJg erfiueen will, so ist der Umfimg ■einer Lektüre nnr ein beadieidener. Im Yeideigninde aenies Intereeeee eteben baapMhshHeb kleine Märchen, wie sie seiner noeb sehr naiven Nator eben angepafit sind.

Obwolil er (lern Unterricht groBe Aufmerksamkeit entixe^en- bringt, läüt sich eine gUuhtiir» Disposition für ablt ukeude Heize konstitieren, welche nirh im Zustande der Emiüdinis- natur^remäß hedi'utcnd Hteig-ert. Zerntreuunj^en sind al8dann auch bei den er- sichtlich redlichsten Hemttbiinpren die notwendige Erscheinung. Als Folge erneuter Versuche läßt sich des öfteren ein geringes An- wachsen der Ldstnngen ftr knrze Zeit konstatieren. Seine besen- dere Vorliebe wendet er dem natnrknndlichen Unteniebt so, »weil er die Experimente besser Terrtebt«*

Sein Auftreten selgt Mangel an Sdbstvertranen and grofie Angstliobkeii Er besitEl eui anfieiordentlieb weiehea and empfäng- liobes Qemtti UnteneUeife abid ihm bei seiner strengen Beebt- licbkeit fremd.

Der Khrf^eiz iHt anlit rordentlich entwickelt. >dchts schmerzt ihn uichr ulö ein straiendes Wort; eine Anerkennung wirkt sehr crliobcnd auf ihn. Auch der Wetteifer ist bei ihm keine seltene Kricheinong.

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über EinseK und GeMmtldstiiiiff de« Schnlkindet. 295

Körperlich ist der Scbttler Bcbvvuch entwickelt und sieht meistens blaß nnd kränklich ans. Vielleicht tragen hier mit Schuld die sehr beBchiinkten häuslichen Verhältnisse, die im grellen Gegen- satE za den hesseien Zeiten stehen, welehe die Familie firOher gesehen. Dieser Umstand mag sehr niederdrHokend snf den empftngKehen Knaben wiiken. Der Vater hat kehie feste Stel- Iniig imd keinen regelmäßigen Verdienst Die händiehe Eniehnng seheint eine sorgsame ni sein.

FO.

Ein gnt veranlagter Schttler. Ani entwickelnden Unterricht heteiligrt er s^iob in reger Weise und zeichnet sieh dahei aus durch klare nnd sachgemäße Antworten. In seinen Urteilen, namentlich tlber geschichtliche Personen nnd deren Handlungen, ist eüie im Verhältnis zu seiner Jngend ganz enorme Gtereiftheit zn erkennen. Bei lül Sehlem Ton nnd Lassen leiten ihn nnr TemUnftige firwä- gongen, und allenthalben kehrt er semen praktiaehen Standpunkt hervor. Aneh den Anordnungen des Lehrers gegenüber betont er hier nnd da seine gegent^lige Ansicht nnd kann dann nnr dnreh Vorfthmug von VemnnftgrUnden ttberaengt werden. Blindes Kach- beton einer Meinung oder die Unterordnung unter Befehle, für welche nach seiner Ansicht die nötige Begründung fehlt, läßt sich nur selten bemerken.

Die logische Seite des Gedächtnisses ist bei weitem besser ent- wickelt als die mechanische. Tniuiltlielie Wiedergabe eiuer mäiiig großen Erzählung gelingt ihm in den UauptzUgeu meist schon nach einmaligem Durchlesen. Die Schwierigkeit, welche bei ihm das wörtliche Einprilgen mit sich bringt, steigert sich noeh| wenn dem MemorieiBtotif d^ logische Zusammenhang mangelt

Die Phantasie änfiert sich in liemliefa lebhafter Weise. Die Lektüre betreibt er awar gerne, aber wegen Zeitmangels nnr in mäßigem Umfange. Legenden nnd Eiaählmigen ans der vaterländi- sehen Geschichte stehen dabei im Vordergnmde seines Interesses.

Wenngleich er bestrebt ist, allen Fächern einen gleielimäßig hohen Grad von Aufmerksamkeit zuzuwenden, so läßt sich in dieser Beziehung doch eine Bevorzugung der vaterländischen Ge- schichte konstatieren. Ablenkungen siiul selten und da nnr auf kurze Zeit zu verzeichnen. Gesaug in der liähe wirkt bei der Arbeit am meisten störend auf ilm ein.

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August MayoTi

Sein Auftrcteu ist ruhig, sieher nnd voll Selbstvertrauen. Bei Anfertigung seiner Arbeiten zeigt er sich selbständig. Ein Unt^r- Bchied hinsichtlich der Größe des Eifers bei Schul- und üausaaf- gabeu be'iteht nicht.

Der £hrgeiz ist nicht besonders ftn^c-cprägt. Ein Wetteifern mit andern Sohttlem gUt als seltene ErBehemnng. Er ist beim Arbeiten lediglieh «if flieh Mlbit konzentiieri Nur wenn er weift, daS es Bloh um einen gans besonderen Zweek handelt, wie z. B. bei Prttfnngen oder besonders wiehtigen Schulaufgaben, läBt er sieh in eine Konlcorrenz mit den übrigen ein. Kamliafte Empfind- liebkeit gegenflber irgend einem Strafmittel ist nicht vorhanden.

Sonst zeigt der Schiller sowohl seinem Lehrer als aiicli iseincu Kameraden gegenüber ein verschlossenes Wesen. Er sucht mit niemand nähere Freundschaft anzuknüpfen. Am liebsten weilt er im Walde [beim Holzholen). weil er da, wie er sagt, ganz allein ist. .Strenge Rechtlichkeit hat ebenfalls als ein üaaptzug seines Charakters sn gelten.

Fö. ist von nicht gerade kräftigem Köiperban, aber trotzdem ans<^einend gesnnd.

Die lahlrdche FamiUe lebt in großer Armnt Doch sncht sie durch eisernen Fleifi aneh die Kinder werden allem möglichen, aber ehrbarem Erwerb angehalten ihr Los ertHlg- licher zu gestalten. Der Vater ist TaglOhner mit sehr geringem Verdienst. Uber die hftusliche Erziehung kann etwas bemerkens- werte» uiüiit auHgesagt werden.

He.

Wenn der Schüler auch in bezug auf Begabung nicht mit zu den bevorzugtesten der Klasse zu rechnen ist, so bewirken doch sein eiserner Fleiß und seine peinUohe Gewissenhaftigkeit, daß seine Leistongen im allgemeinen nur wenig hinter den Arbeiten der Besten znrttckstehen. Dem entwiokehiden Unterricht folgt er &8t stets mit grOfiter Anfinwksamkeit, was seine rege Ifitarbeit beweist Ans seinen in der Begd klaren nnd zutreffenden Ant- worten geht hervor, daß er den Daibietangen im ganzen an folgen im Stande ist Knr im Rechnen bleiben seine Leistongen manch- mal in qualitativer Hinsicht hinter denen der Besseren zurück. Hier steigert sich seine Verwirrung nicht selten zu völliger Kopf- losigkeit und Unfähigkeit, selbst den harmlosesten Anforderungen

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über £iiuMl> and OeBtmtleiitoiig des SciralkindeB. 297

AU ijenligen. In diesem Fache stellt sich auch bedeutend rascher und intensiver die ErmUduug ein als im sonBtic:en Unterriclite.

Das Gedäclitni>< steht sowohl mit Kucknicht auf die h>gi8che, als anch im Hinliiick auf die mechaoiscbe Seite sm£ hoher Stufe und ist dabei toü großer Treac.

Die Phantasie betätigt sich in lebhafter Weise, ohne jedooh Henrorragendes oder Außergewi^hnliehes za leisten. Eine beson- den ausgiebige Beschäftigiuig mit der Lektttie Ußt sieh mskt konstatieren; heronngt weiden von ihm namentlieh gesehiohtliehe Stoife uid Sagen.

Wenngleich er jedem Unteiriehte mit gespanntester Anlmeik- BamkeH folgt, so ist der Schiller doeh außerordentlich empfUng- lieh für ablenkende Reize, selbst ftir solche von ganz geringer Stärke. Das leiseste Geräuöch veranlaßt ihn nicht selten zu cmvr wenn anch nur kurzen Blickwendung nach der lleizquelle. Dass trotzdem nur in ganz wenigen Fällen eine länirerc und intensivere Zerstreuung sicli konstatieren läßt, scheint auf das Vorherrschen einer willkürlichen Aufmerksamkeit hinzudeuten.

Außerordentliche Lebliaftigkeit in seinem Auftreten wechselt ab mit auffallender Zaghaftigkeit. Letztere steigert sich oft zn TOlfiger Beklommenheit Diese £rseheinnng dürfte vielleieht in dem Hinweis auf den schwUehHchen K9rperban tmd die zeitweise ziendieh stark auftretende Kervosititt des Schttlers einigermaBen eine Erkl&mng finden. Dieser nervOse Zustand tritt ganz spora- disdi auf und inBert sieh naeh Aussage der Eltern in Schlaflosigkeit, abwechselnd mit unruhigem, von wirren Traum- phantasien gestörtem Schlafe. Tu solchen Perioden zeigen sich während des Unterrichtes häufig eigenartige, unwillkürliche Zuk- kuDgen der einen Gesichtshälfte und hastige, zwecklose Finger- beweguügen.

Bei AusfUhrung der ihm übertragenen Arbeiten geht er in der Regel selbständig vor, läßt sich jedoch bei gemeinsamen Arbeiten hie und da auch durch Hitsehfller zur Anknüpfung von Wechsel* besiehungen Yeridten. Seine HauBau%aben lassen musterhaften {lel8 und ausnahmslos Selbständii^keit erkennen.

Der Ehrgeiz ist- sehaif ansgeprigt Tadelnde Worte ror sei- nen Kameraden sind ihm scluurfe Strafe, eine Anerkennung gilt ihm als höchstes Lob. Bei gemeinsamen Arbeitfm ist ein reger Wetteifer zu konstatieren.

ArUt f5r Ptychologi«. L 20

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August Mayer,

Ate HavptBttg« fleineB Gharakters dttfften Bcine Gvtmtttigkeif, ■owie seine leiclite Seisbsrkdt gelten, weloli letttere eieli hKafig steigert sn einer apodiktiBelien Betonmig feines Wittens.

He. ist Sohn eines in ^iten Verhältnissen lebenden Tanzlehrers. Die häusliche I'rzicLuui; will das Beste, scheint aber nicht ganz frei zu sein v on onzulässiger Nacb^ebigkeit und einer gewissen Yerweicblicbong.

Htt.

Ein sehr gering begabter Schüler, bei dem jedoch nicht immer der j;ute Wille fehlt. Die außerordentliche Schwerfälligkeit seines FasBiingsvermögens oÖ'enbart sich namentlich darin, daß es ihm nicht selten anch bei den ersichtlich redUcbsten Berntthongen yer- sagt bleibt, dem elementarsten Entwicklungsgang mit entspreohen- dem (Gewinn folgen an können. Sein Wissen nnd Können steht daher qnalitatiT nnd qnantitatiT nieht wenig hinter den Leistnngen eines DorclisefanittSBehttlers znrttek. Dieser Übelstand wird noeb um ebt BetrIlehtUelies yersehlimmert dnrch die sieh hftnfig zeigende OleiobgUltigkelt nnd Tdlnahmslosigkeit, weldi letztere sieh bei ihm wie wohl bei keinem seiner Mitschüler in so ausgeprägter Weise äulicrt in einem zwar auf den Lehrer gerichteten, aber stieren, auffallend gläsernen nnd leeren Blick bei atatuenhafter BewegmigBiüsigkeit des gauzen Körpers. Gelegentliche Zwischen- fragen nnd sein eigenes Geständnis bew^eisen, daß ihm oft nicht einmal der Gegenstand der Behandlung bekannt ist. Beine Cire- danken wellen in solchen Momenten, wie er selbst angibt, meist zu Hanse oder anf dem Spielplatze. Ist es ihm jedoch mit einiger Anstrengung gelnqgen» anf knize Zeit erfolgreich mitznarbeiten, dann dnrehxieht sein ganzes Wesen eine freudige Erregitng, sieher- lich verbunden mit dem guten Willen, sieh auch weiterhin zn beteiligen. Aber einige nachfolgende Sdiwieiigkeiten tilgen in der Regel aneh die letzten Spuren eines solchen Anlaufes aus und werfen den Schüler wieder in das Stadium der Geistesabwesenheit zurück

1) Solche Erecheinungen gehUren in imseni Volksohiiloberkliaaen lücht ni den Seltenheiten. Zwei Gründe lassen sich dafür a. a. anführen:

a. Solche Schüler werden in den Unterklassen, wo der Stoff ihrem Ver- atändniB noch näher liegt, nioht genügend lange zurückgehalten. Je htthor binanf, desto grOßer wüd das MiflrcibXitniB iwisehea Sohiri«- rigkeit des Stoffes und Faanmgiknft des ScbUsn. Das Beialtat

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über Elnsel- und GeBuntleislaiig des SehnlldndeB. 299

Sein Gedächtnis ist rein mechanisch ilitlg. Es gelingt ihm wohl oft, in entannlich kurzer Zeit MemorierBtoffe bewältigen. Allein eine nnr oberflftehliche FrtUftang ergibt flchon, daß der logiaebe Znaammenhanj^ bei ihm das GredSehtnis sehr wenig oder gar niofat nntenrtfltzi Er reproduziert nicht selten die unsinnigsten ZnsamraensteUnngen. Die Gleiclmiäßigkeit) mit weleher dieselben auf Verlangen wiederholt werden, beweist zur Genüge, dafi beim Lernen einige Wortbflder falsch aufgefaßt und eingeprägt wurden. Kr korri^aert sich zwar auf Verlangen, aber ohne von der Wider- sinnigkeit Uberzeugt zu sein. Das logische Gedäelituid ist fast ver- kümmert. Eiu Versuch, den Inhalt einer Erzählung darzustellen, den Gang kurz zu skizzieren, scheitert meist kläglich an seiner Unfähigkeit. Und doch ist ihm das Ganze bekannt; auf ent- sprechende, den Gang kurz andentende Fragen weiß er meist Auskunft; nnr fehlt ihm das Vermdgen, den logisehen Zusammen- hang üi sieh aufzunehmen. Er selbst ssgt, er lerne am liebsten wOrtlieh auswendig, wefl er es anders (inhaltiiefa) nieht merken könne.

Die Phantasie seheint in ihrer Tätigkeit noeh nieht weit ttber die ersten Schritte hinausgekommen zu sein. Es fehlt ihm auch

die Anregung hierzu beinahe ganz. Die Stotfe der Schule wirken wegen der schon hervorgehobenen Mißstände zu wenig auf ihn. Eine ausgiebige Pflege der Lektüre findet ebenfalls nieht statt, teils wegen des Mangels an Ausdauer, teils denhalb, weil er zu Hause meist zu körperlicher Arbeit angehalten wird. Trotzdem scheint er sich nicht ungern mit dem Lesen zu befassen. In der Pause vertieft er sich manehmal in £rzlüilniigen, die den Kindern aus der Sehulbibliothek zur Verfttgang stehen.

Der Grad der Aufmerksamkeit ist wie aus dem Vorher- gehenden schon erdehtlieh meist ein geringer. Hier und da sAaeht sieh infolge dnes günstigeren YerhSltnisses zwischen Stoff und Fassungskraft oder infolge einiger WOlensbetätignng seitens

kiiui mter solchen UmatiBdeii kaum anden sn erwirten sefai» als es

in dem vorliegenden Falle gegeben ist. b. Solche geistig tietHt^-lx-ndc Elemente bedürfen überhaupt einer be- sondeni Pflege in eiuer eignen KliUi&o mit entsprechend niedrigerem Lebxziel und elementarereui Lehrgang. Eine solche AuBScbeidang ttge sowohl fan Intnesse der Besseiea, ab anch ho Lkteiesse der Schwächeren. Hieimlt steht im Znsammeiihtiig die gegenwlrtlg eiftigsk diskutierte M&sehuleiifrage.

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Avgott Mayer,

des SchHlers eiue etwas intensivere Teilnahme ftlr kurze Zeit bemerk])ar. liinäichtlich der Ablenkbarkeit besteht uaturgemätt eine sehr günstige Disposition.

In i^einem Auftreten zeigt sich AngirtUohkeit und Unsicherbdi £b fehlt dem Schüler jedes Selbttrer^aneii; d»h«r ist bei allen seinen Arbeiten in der Sohnle Biets die Neigong Torhnndeii, am den Arbeiten der Nachbarn an sohttpfen. Der aaf die Hanaasf^ gaben verwendete FleiB IftBt in den meiiten Füllen aefar an wttneeben übrig.

Der Ehrgeiz ist bei Ihm nidit beBonden ausgeprägt. Er Lan^ nicht sehr nach Lob und fühlt sich anch dnrch einen schar- fen Tadel kaam merklich beruln t Die Strafen fürchtet er nicht weiren ihres eruiedriprcnden Charukters, sundern wegen der nnao- geuehmen physischen \\ irkung.

Noch mnß hervorgehoben werden, daß sich bei dem Schüler in sexoeller Hinaioht schon Verimmgen zeigen; er ist Onanist

If. ist Sohn eines Taglöhnem. Die zahlreiche Familie lebt in kttmmerlichen YerhältniBsen. Trotz der offenbar kaigen Em&hraag zeigt er sieh körperlich ganz gnt entwickelt nnd macht anch in gesnndheitlieher Beziehnng einen normalen Eindruck.

Ot

Ein der beeseren IffittefanäBigkeit znznxedmender Schiller mit

mäßiger Begabung. Der entwickelnde Unterricht bietet ihm manche Schwierigkeit.

Das Gcdäclitnis ttberödireitet in Hezaj^ auf neine Leistnngs- fähigkeit nur wenig die Stufe der MittelmäÜigkeit ; namentlich mangelt ihm die Treue. Das mechanische Cledäcbtnia »obeiut besser entwickelt za sein als das logische.

Die Tätigkeit der Phantane hält sich ebenfalls in mftfiigen Grenzen. Die Lekttlre wird Ton ihm nicht besonderz gepflegt

Obwohl sonst sehr lebhaft in seinem Auftreteni zeigt er sieh doeh w&hrend des Unterrichts in der Begel gesammelt nnd Ton dem besten WUlen erfiOlt, den Ansftihmngen des Lehrers mit Anf- merksamkeit m folgen. Eine besondere Empfiüiglichkett für ab- lenkende Heize läßt sich nicht nachweisen. Sobald er jedoch ein- mal einem Uuterrichtsgegenstande seine Teilnahme entzogen hat, gelingt es ihm nur sehr schwer, sich wieder zn sammeln.

Sein Ehrgeiz ist ziemlich stark entwickelt und betätigt sich

Uber Einzel- und OesamfleiBtmig dee Sehnddndes. 801

bei g^mekuuimeT Arbeit hauptsächlich in dem Streben, in kürzester Zeit fettig za sein. Gelingt ihm dies nicht, so bemächtigt Bich seiner eise aogfltiUudiehe Unnihe, die sieh in lebhaften Körper- und Mwidbewegiingen, sowie In httnfigen und hastigen Ansblieken naeh seinen arbeitenden Kameraden an UnBem soheinl Schon für ge- linde Strsfinittel seigt er sidi empfänglich.

Das Vertrauen aaf seine Leistangsföhigkeit ist bei dem Schiller nicht sehr ausgeprägt, nnd selbst dann, wenn er seiner Sache voll- kommen sicher iät, läßt er es uiclit au Versuchen fehlen, die Arbeiten seiner Na* liliara, weim auch nnr znm Vergleiche heran- zuziehen. Auch ist'ine Hansnutl^aben zeigen in der Regel dieseu Mangel au Selbständigkeit und lassen oft auch das nötige Maß ¥on Pflichtgefühl vermissen,

Ot ist in ktfiperüdier BeziehriDg vollkommen normal nnd macht einen kräftigen mid gemdffii fiindnek. £r ist Selm eines Baeb- dmekeieilieBitaeri. Die Fsmifie lebt in gUnatigen Yeibättnissen. Die hiuliehe Bnielnuig sdieiDt sieh in Extremen m bewegen.

Ist ziemlich gut begabt und charakterisiert sich vuriugBweise alö Verstandesnatur. Dem Unterricht folgt er im allgemeinen mit Veratändnis und Interesse, ohne daß sich jedoch besonders her- vorrageude Leistungen konstatieren lassen. Eine Auauahmc hier- von bildet das Kechnen, das er zu seinen Lieblingärächern zählt. Bier ist er mit gaaser Seele bei der Sache nnd offenbart sein ungeteiltes IntsvcMe in eifrigster Mitarbeit. Unter den flbrigen Fftekem IwvoiBDgt er noeli sehr das Zeichnen; trotadem erreiohen hier die Besnltala nioht die Stofe der Besseren. Am wenigsten hat Katnrkonde anf sdne velle TeOnahme zn redinen. üngeaeliiet der offenbaren Beroizngung einiger Untsrnchtssweige ist er jedoch meist bestrebt, aneh auf den andern Gebieten Entsprechendes an leisten. Seine Antworten gehen im allgemeinen auf den Fragepunkt ein und verraten die Fähigkeit des Schülers, folgerichtig zu deuken.

Sein Gedächtnis zeigt sieb sehr gut entwickelt, in mechanischer Hinsicht vielleicht etwas besser als in logischer. Wörtliciiets Ein- prägen verursacht ihm nie Schwierigkeit, selbst dann nicht, wenn der Sinn unklar ist oder weoik dem an Memorierenden der innere Zasammenhai^ fehlt.

Üigiiizeü by i^üOgle

Av^t Ibyer,

Die Phantasie zeichnet sich weder durch besondere Rührigkeit, noch durch irgend eine Eigenart aus; sie bewegt sich durchweg in den Grenzen des Alltäglichen. Zur Lektüre fthlt er sii li nur dann hingezogen, wenn ihn die Langeweile pla^rt. Sonst beschäf- tigt er sich mebt gerne damit, »weil man nichts davon hat«, wie er selbst bemerkt. Sein Blick iBt mehr auf das Praktiicbe» auf di8 Kützliche gerichtet. (Er will einst Musiker weideB, wis nach seiner Mehnmg viel Geld embriogt)

Im Unterridit legt er im aOgemeiiieii einmi ziemlieh koken noA gleioknAfitgen Gnd yon geistiger Simmlung an den Tsg; eine besonders günstige Disposition flir die Ablenknng der Anf- merkssmkeit ist niebt vorbanden.

Bei der Anfertigung seiner schriftlichen Arbeiten geht er in der licgel selbständig zu Werke. Auf seine Schularbeiten ver- wendet er weit mehr Eifer nh auf seine Hausaufgaben.

In Hoineni Auftreten Tcii^i sich TTnbefangenheit und Ruhe.

Der Ehrgeiz ist iu hohem Grade entwickelt. Das Bewußtsein, durch irgend ein Vergehen die Acbtong seines Lehrers verscherzt en liaben, wirkt ungeheuer peinigend und niederdrückend anf üin. So z. B. sieht er es als die sebwerste Strafe während seiner gan- Ben Sobnizeit an', dafi ihm von seinem Lebrer einst gelegenflicb einer ivissentUob nnwabren Angabe eme seharfe MiBbilHgqng ans- gesproeben vnd bedeutet wnide, daB em Lflgner die Yeraehtnng seiner Hitmenseben verdiene.

Körperlich ist Rn. nicht sonderilck gut entwickelt. Stets zeigt er ein blasses und kränkliches Aussehen und besitzt nach Aus- sage des Aratcä eine äußerst günstige Disposition zu Lungenleiden. Die Familie lebt in mittleren Verhältnissen. Der Vater ist Maga- zinier. Die häusliche Erziehong scheint sich in vernünftigen Bahnen zn bewegen.

BL

Eme jener wenig beneidenswerten Katoien obne konstante Keignng. Bei allem gnten Willen nnd trota atter gnien YoisitM haftet seinen Leistangen meist Halbheit nnd Oberilftcbliobkeit an. Damit verbindet sieb dn strobfemerartiges Entflammen ftr das

Neue, dem aber ein ebenso rasches Erlahmen jedes Interesses fttt

den Gci^oü.-^tund früherer Begeisterung folgt. Die Begabung ist als eine mäßige zu bezeicimen. Doch gelingt es ihm bei einiger

über Einsel- und OesttmÜditaiig des Schulkindes. 303

Anstrengimg gaiut leidUcli, beim entwickelnden Untemohte mitzn- «rbeiten. Seine AnfißuBmig ist nieht eelten eine frappierend n»ehe» zuweilen jedoeh eine nnTerbfiltnismftBIg sohwerflllige. Du ein* mal Angenommene nnd Venrbeitete haftet aber dann nm so fester nnd sieberer. Hindernd tritt bei ihm einer geordneten Geistestätigkeit entgegen eine allzngroße Lebhaftigkeit und Vor- eiligkeit. Er laßt öicli uicht Zeit zu ruhiger Überlegung. Was sieb zuerst einstellt, wird meist ohne weitere PrUfimg akzeptiert. Dieser uukritische Zug zeigt sich bowdIiI bei gemeinsamer Schul- arbeit als auch dann, wenn selbständige Leistungen in der Schule oder zn Hanse Ton ihm gefordert werden. Nicht selten tritt jedoch während des Aiissprechens einer Antwort oder während des Nieder- sehreibens die Erkenntnis der Fehlerhaftigkeit oder Unzalftnglicfa- keit auf, daher woU die sehr bänfigen Selbstkonektoren sowohl im mlittdliehen als aneh im flebrifUieben Gedankenansdnok.

Das Gedächtnis seigt naeb keiner Seite bin eine berrorragende BntwicUnng. Wenn er aaeb die Ifomorieisloffe im aflgemeinen in nicht langer Zeit zu bewältigen im stände ist, so fehlt dem Gedächtnis doch die Treue. Die logische Seite seheint der mecha- nischen gegenüber im V ortt 11 /u sein; inhaltliches Einprägen ge- lingt ihm leichter als wörtlichen.

Die Tätigkeit der Phantasie bewegt sich in ziemlich engen Schranken. Bi. liest wenig und auch nicht mit Vorliebe, wie er angibt.

Der Grad der Aufmerksamkeit wechselt Kur selten yermag ihn ein UnterriehtsÜMsb anf die Daner einer Stunde an fesseln, sein liebUngsgegenstand (Gesebiebte) Tielleicbt amigenommfin. Lmer- halb knner Zeit sinkt oft seme w&rmste Teihiahme miTorlUUtms* mftBIg rasolr. Gans sebwaobe Beise sind alsdann im stände, ihn To11sl8ndig absnlenken. Er kennt diesen Fehler anch nnd sneht nicht selten d^egen anzukämpfen. In vielen Fällen jedoch sind seine Versuche, sich wieder ganz dem Gegenstande zuzuwenden, von lüäBi'i^tMn uinl nur vorübergehendem Erfolge begleitet.

Die (rrößc seines Ehrgeizes steht zu «einer Leistungflffihij^keit in einem .Miliverhältnis. Dieser Umstand sowohl als auch seine aUzngroße Lebhaftigkeit sind wohl n. a. mit die Ursachen des bei ihm oft stark hervortretenden Mangels an Selbständigkeit bei An- fertigung sehier Arbeiten, Die Venmcbe, Besiehnngen su andern Xameiaden beianstellen, wachsen an Zahl mit der Dauer der

Angoit Hayer,

Leistnngen. Schon fUr gelinde StrutmiLiel ist er äußerst empfäng- lidi. Das sog. »Nachtrabten« ist ihm fremd.

Der Kit er bei Aufertjguug von Hnusaufj?aben wechselt zwiüehen den äußersten Extremen oft in ganz kurzen Zeiträumen.

Ein Hanptzng seines Charakters ist seine außerordentliche DieoBtfertigkeit und Anhänglichkeit Eine richtige Renatznng dieser Eigenschaften ?ennag seine lietstiingsfiüugkeit für einige 2eil bis sn den tafieraten Ckeosen an steigern.

In seinem Anftrefeen seigt ef sich frei von Angsflidikeit, oft sogar etwns selbstbewnfit

In körperlicher Besiehmig sind nemiale VerhUinisse Torhanden. Ki. ist Solm eines Masclünisten. Die hänsliohen Verhältnisse durf- ten als geordnete /u bezeicliueu sein. Die Erziehung ist von dem besten Willen geleitet

Schä.

Die nioht geringen Fähigkeiten des Schülers kommen in seinen Ldstnngen nnr selten in ihrem vollen Umfange znr Geltang. Eine in seinem ganien Wesen sich bemerkbar madiende Unruhe läßt in der Begel seine rolle Teilnahme nicht anf lingere Zeit hei einem Gegenstände yenreilen. Halbhdt und OheiflIloUidikeit ehaiak- teiisieren sehie Arbeiten namentiieh gegen das Ende. Wo sich der Schmer eher ingeleilt nnd mit einiger Ansdaaer dem Dar- gebotenen zuwendet dies ist hanptsächlicb in Geschichte nnd Naturkuiuk' der Fall iöt er nicht nur im stände, oline viel Mühe dem Unterrichte zu folgen, s mderu sein Interesse betätigt sich alsdann in lebliafter Mitarbeit, welch letztere sieh durch meist klare nnd zutreüeude Antworten auszeichnet. Zeitweii^e wird s< ine nervöse Lebhaftigkeit abgelöst durch ein auffallendes Phlegma. Während im ersten Falle eine Steigerung der Qualititt semer Leistoagsn dnrch anregende Worte sich erreichen läßt, wenn meist aneh nur für eine kante Zeit| gleiten m seiner lethargisohea Feriode fast alle Yersnehei ihn annu^omen, behiahe sparlos an Ihm ab.

Das GedMehtnis hrt gni entwieicelt, in higisdier Hinsicht hesser als in mechanischer.

Die Fbsniasifi betätigt sidi in anßerordettlüdi lebhafter Weise. hk dieser Beziehung hebt er sich mit nur wenigen andern vorteü- haft von dem weitaus grüßten Teile seiner MitschtÜer ab. Scha., hest sehr viel und gerne. Besonders Venningen ihn Märchen und Sagen

Üigiiiztiü by <-3ÜOgIe

über Eimsd- nnd GeMmHeistiiiig dM Sehnlkhidefl. S05

KU fesseln. Mit großem Geschick nud ersichtlicher Freude berich- tet er oft in der Freizeit seinen Kameraden von dem Gelesenen, jedoeh nie, ohne seine Darstellnngen mit Eigenmächtigkeiten aus- snsehrnttcken. Alt Erzähler steht denn Sohä. auch bei seinen Mit- eehlUem In hohem Ansehen.

Sein AnftretNi ist niöht frei Ton dner gewissen Selbstttber- sditttsnng, Terhnnden mit einer geringen Bewertnng amer Kame- raden. Doch kann von Hartherzigkeit oder Hodmmt letrteren gegen- tlber nicht die Rede sein.

Der Grad der Aufmerksamkeit bewe^ sich, wie schon hervor- prehi ben, iu den äußersten Extremen, von der größten Zerstreuung bis znr p-e'^pannteBten Teilnahme. Mit Rttcksicht auf Alileukung und Ermüdung sind günstige Dispositionen vorhanden. Spuren einer willkttzliehen Aifinericsamkeit lassen sich nicht sehr iiäafig nachr weisen.

Selbstttndigkeit bei der Anfertigmig von Ao^fabem zeigt sich meht gerade in herronagender Weise. Er TCrsehmlht es niobt, Yennehe zur HerateUnng von Beziehungen zn semen arbeitenden Kaohbam zu unternehmen. Seine Hansan^ben lassen meist den BOHgen Fleift yermissen nnd stehen qualitativ oft weit hinter den Schnlleistangen znrllck.

Der Ehrgeiz hinsichtlich des Kivaliaicrens ist ziemlich ent- wickelt. Bei gemeinsamen Arbeiten läßt er es nicht fehlen an häufigen Umblicken, um sieh zn vergewissern, oh er auch mit am rusoliesteu seine i^Vrbeit volleuden werde. Die Empfänglichkeit für Ötrafmittel ist jedoch nicht sonderlich ausgeprägt. Mitschuld hieran trägt vielleicht die häusliche Erziehung, welche zwischen groAer Strenge und äußerster Milde und Kachsicht wechselt

Kfirperlich ist der Knahe mMAig entwickelt nnd zeigt trotz gnter Pflege mmst ein blasses, krttnklicheB Aussehen. Klagen Uber Kop&ehmerzen sind sehr h&nfig. Die Familie lebt In änderst günstigen VerhUinissen. Der vor wenigen Jahren TeiBtofbene Vflier war Eanfinann.

Sehn.

Zeigt eine außerordentlif-h lebhafte Phantasietätigkeit, was wohl als Frucht einer nnsiredehuteu Lektüre bezeichnet werden darf. Sehn, liest nach seiner eigenen Aussage und nach Angabe seines YateiB nngehener gern nnd viel Sein Haaptinteresse wendet

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Angwt Hijer,

sich hierbei den geschichtlichen Bef^ebenheiten, den Sagen, uod den .Schilderungen von Vorgängen in der Natur zn. Hieraus er- klärt »ich wohl zum Teil seine außerordentliche Vorliebe Oeschichte und Katurlrhre, während andere Unterrichtsfächer nur sporadisch seine Autinerksamkeit in Anspmch nehmen können. Natnentlieh iit die Besehftftigiiiig mit I>i]igen, die eine einseitige Wirksamkeit der Denkkmft oder des Gediehtaisses rerlangen, nidit geeignet, Ilm davemd zu fesseln; bierber sind anok die ao- genannten »Fertigkeitenc sq zlUien. Daher werden besonden Reobnen, Reelitsebrdben imd Sebtfnsebreiben yon Ihm nioht bevor- zugt, ja sogar teilweise yemachlftssigt Er tiberläßt sich während des Unterrichts in solchen Dingen nicht selten dem freien Spiele seiner V ust« llimgeu. Beine ganze geistige Tätigkeit steht, wie er B< Htst angibt, unter dem Einflüsse seiner jeweiligen Lektüre. Trotzdem kann nicht behauptet werden, daß ihm die Scbärie des Denkens mangle. Diese zeigt sich da, wo sein ToUes Interease mits[)ielt, in ganz henrorragender Weise. Seine kurzen ond klaren Urleile nnd Schlttsse beseitigen dies^

Die OrOBe der jeweiligen Aufineiksamkeit hSogt bei ihm ledig- lieh davon ab, inwieweit der betreifeode UnterriehtssloiF die eben Im Vordergründe des BewnBtselns stehenden YorsteUnngen berOhit Besondere Anstreugungen zu einer willkttiliohen Animeifcsamkelt lassen sieh nioht konstatieren.

Selm, belastet sein Gedächtnis nicht gern durch wörtliches Memorieren. Wird er dazu gezwungen, so gelingt es ihm iiietit sehr leicht, sich etwas wortgetreu einzuprägen. Dagegen ist das logische Gedächtnis in ganz hervorrageii(]( m Maße entwickelt.

Bezüglich des Ehrgeizes des BiTalisiereus läßt sich weder nach der positiTen noch nach der negatiren Seite hin etwas be- sonders Bemerkenswertes behaupten. Er ist sehen ftr gelinde Strafinittel sehr empfiinglieh.

Er arbeitet selbstiiidig, anfitogUeh mit Buhe, spüterfain mit nervOser Hast, wie er sich ttberhanpt als eine leidit err^^baxe Natur charakterisiert Diese Unnihe steigert sich, sobald er sieh beobachtet weifi nnd ihn seine Kenntnisse im Stiche lassen, ins Fieberhafte. Oft genügt alsdann eine Anrede, um ihn vollständig außer Fassung zu bringen.

Unter normalen Umständen tritt er unbefangen nnd mit iSelbst- bewußtttein aut

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über EinMl- und flu—mtirfirtiiiig des Sofanlkindei. 907

Der Anfertigung seiner Hausaufgaben widmet er keinen beson- deren Fleiß, ohne sich jedoch seinen Verpflichtungen zu entziehen oder fremde Beihilfe in Anspruch zu nehmen. UntoncUeife irgend welehw Art Bind ihm bei Heiner Belir stark ansgepiSgten Wahr- heitsllebe zuwider.

Sehn. 18t kOiperlibk gut entwickelt Sein Vater, frUher Girtner, ▼eiBlelit jetit den Poaten eines Bedakteois an einer landwiitBehaft- lielieo Zeitung. Die Eltern leben in geordneten YerhUltnissen; die häusliche Erriehnng scheint eine gate so sein.

Schw.

Vorwiee^eüd VerstandeöDatur mit einem auf das Praktische g^e- richteteü Blick. (Will einst Bautecbnikcr werden, >um viel Geld MJk Teidienen«.) Die Klarheit des Denkens zeigt sich bei ihm vor- wiegend im entwickelnden Unterrichte, dem er mit grOßtem Inter- esse folgt Trotzdem seine Vorliebe sich dem geographischen Steife anneigty seigt er dock fttr alle Untenichtsfilelier das gleiche Beatiebeni mOglidut Tttektigea sn leisten.

Das wOrtüche Behalten eines Stoffes TeniiBacht ihm weit melir Arbeit als das inhaltliche Hemoriem. Beim Answendiglemen ist ihm der logische Zusammenhang eine erfaebHdie Stlltsei wXhrend Stoffe, «worunter er sich nichts denken kann«, nur sehr schwer dem Gedächtnis einverleibt werden. AuUerordentlich gut entwickelt ist die logische Seite. Her vorfreh oben zu werden verdient uocii die selten so scharf ausgeprägte Treue des (ledf^rhtTiisrrics

Die Phanttsie ist nicht in hervorragendem Maße tätig. Die Lektüre betreibt er nnr in geringem Umfange. Sein Hauptinter- esse wendet sieh dabei den Reisebeschreibnngen zn. Für Sagen nnd Ersählnngen ans der Geschichte ist er nicht begeistert

Seine Anfineifcsamkeit während des Unterrichts ist die gespann- teste; nnr ganz starke Heise sind im stände, ihn avf knne Zeit ahxnlenken.

Sehie Arbeiten, gleiehTiel ob Han»- oder Schnlan^mben, lassen

Selbständigkeit imd Genauigkeit erkennmi. Er arhdtet nach sehier

Angabe am liebsten alleiu. Dies /.eii^t sich auch bei j^emeinsamer schriftlicher Beschäftigung. Der ariieitendc Nachbar ist ihm da- bei vollständig gleichgültig. Auf Versuche, gce-enseitige Bezie- hungen herzustelleu, reagiert er in keiner Weise.

In seinem Auftreten in und aui^r dem Unterrichte zeigt er die

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Hube eines Ziel- and Selbstbewußten; er kennt seine geistige Kraft und L> istnugdfäliigkeit und iaUt dies auch gelegentlich seine Mitschüler l iiMi n.

Er bertit/t ein ziemlich hohes MnB vnn Ehr^^eiz. Sein Wi^J^en und Können machte er aucii vor andern gewürdigt sehen; ein titelndes Wort ?or seinen Mitschülern ist ihm empfindlichste Strafe.

Vor Aufwartung seines Ehrgeizes schützt ihn seine strenge Becht- tteUuity die ihn «siwUiclie Mittel venchmittieii läfit Xrt er einmal gestraft, 00 Idirt Um die Übeneogmig von der Gerechtigkeit dieeer Strafe dieee selbst veigeMen und weder in der Miene noeh im Benehmen yerrtt sich eine Nacbwirkuig; hiersn ist ihm seine Selhttbebemebuig behilflich.

Er zeigt bei ziemlicher EOrpcrgrOfie ein in der Eegel blMses und kränkliches Aussehen. Die häuslichen Verhältnisse durften wohl als mittelniHßige zu bezeichnen sein.

Schw. i>\ imßereheliches Kind, Sohn eines Arztes, wcl( Ii letz- teres er mit großer Vorliebe betont. Er lebt mit seiner (j-roB- mutter und seiner Matter zusammen, and nunttiÜiGh die ersteie verehrt ihn geradem sbg^tttisoh.

Se.

Bin anBerordentiieh strelNuuner imd williger Schiller mit ginter Begnbnog. Der entwickelnde Untenlebt ist stets seiner regsten Mitarbeit sieber. Sdne in der Begel klaren and fdgeriektigen Antworten gibt er erst nach reifUeber Erwiigang. Sie lassen dnv

nnf schließen, daß der Schüler dem Dargebotenen ausnahmslos uiit dem nötigen Verständnis entgegenkommt. Dennoch erscheint bei stets gleichbleibender Teilnahme die Leistungsfähigkeit des Sf'blllors itiiu rlialb einer Unterrichtsperiode erst nach einem nicht geringe Zeit in Ansprach nehmenden > Anarbeiten« zu jenem Grade sich in erbeben, welcher der Begabang des Schttleis entsprioh^ om dann karz vor Schiaß etwas herabzusinken. So war z. B. nach den eiica 8 Wochen daneraden Herbstferien sa konstatieren, daB es dem SohOler trota ledficbster Milbe erst nach YieUeidit 6 Woeben gelang, mit seinen Leistongea im aUgemeinen in qnaü- tatirer Hinsieht ebie entsprecbend bobe Stnfe an erreiehea. An and fbr sieb ist bei ihm sobon ehie gewisse UnbeboUhnbeit in mechanischen Verrichtungen zu bemerken, die auch darch einen hohen Grad von Übung nur ziemlieh verdedLt, nie voUstäudig aas-

Ober Enuel- und GesamÜdistiuig d6S SehnlkfaidM. S09

geliehen werden kann. Während einer solchen Zeit uiiii steigert sich in den technischen Fächern dieser Zustand oft zur Schwer- filUigkeit; auch der Gedanken verlauf scheint sich in dieser Zeit bagaamer absawiekebi, wenn ihm auch in qnalitalayer Hinsieht ebi geringerer Gtad nicht beünimesflen ist Seine Leistongen sind eben Ton der thmng in einer Weise beeinflußt, wie sieli eine lolclie Ersoheiminer selten zeigt. Ennttdnng steUt sieli eist nach iDtBDBiyer, lange andauernder Arbeit ein.

Das logische Gedächtnis zeigt sich besser entwickelt als das mechanische. In den Lei8tung:eii des letzteren ist bei einer auf- fallenden Trene eine gewisse ächwerfälligkeit nicht zu verkennen} namentlich in der Zeit der >Anarl)eit«.

Die Phantasie erreicht in Bezug auf ihre Tätigkeit keinen be- sonders hohen Grad, ohne jedoch ärmlich oder von mittelmäßiger Qualität zu sein ^e. liest gerne nnd Tiel und dehnt seine Lektttre mit Vorliebe aui' Indianergeschichten ans.

Er bringt allen Unterrichtsfitehem die gleiche gespannte Anf- meiksanikeit entgegen; nnr im Beehnen zeigt er sidi ganz heson- deis dfirig, weil er es, wie er sagt, spSter notwendig braucht ESne besonders günstige Disposition fUr die Ablenkung besteht nicht.

Selbstvertrauen nnd Lebhaftigkeit des Aufbretens bewegen sich in gleicher Weise in an- und absteigender Linie wie die Qualität der Leistungen. In der Periode der Anarbeit macht sich nicht selten große Mutlosigkeit und Zaghaftigkeit bemerkbar.

Trotzdem zeigt er auch in dieser Zeit, wie überhaupt stets, die größte Selbständigkeit bei der Anfertigung Bcincr Arbeiten, sowohl der Haus- als auch der Schalaa%aben. Sein Eifer er- aoheint in beiden Fällen gleich groß.

Der Ehrgeiz ist sehr entwiekell Eifiige Umblicke bei jeder gemeinsamen Arbeit lassen auf regen Wetteifer sohlieOen. Ein Lob ans dem Hunde des Lehrers ist ihm höchster Lohn, Bestrsr fangen wirken beschUmend und niederdillokend. An sehiem Oha- lakter yerdient noch herrorgehoben zn werden seine Wahrheitsliebe nnd die Anhänglichkeit jenen gegenüber, denen er sich zu Dank verpflichtet ftlhlt.

Körperlich ist 8e. normal entwickelt, ebenso in getsimdheitlicher Ht zichung. Die zahlreiche Familie lebt in geringen, wenn auch nicht sehr dürftigen Verbältnissen. Der Vater ist Zinunermaon. Die häasliche Erziehung will ansoheinend das Beste.

310

Angnat lUjer,

Zeigt ein äaßerst temperaiiiciitv oHcb Wcbch. Die Beweglich- keit und Lebhaftigkeit des Schlüerä steigert sich oft;, namentlich im geschichtlichen Unterrichte zu glühender Erregung und begeister- ter Teilnahme, wie er Überhaupt hiatonBchen Dantellungen stets mit dem gittfiten latereflse folgt Diefles entreokt Bich liierbei uf atte Vttlker und Zeiten. Im Yoideignmde steht bei ihm gegen- würtig beiepiehiwdBe der Krieg in Sttdafrika; alle Phasen dieses Kampfes sind ihm aufii genaneste bekannt, und jede Mitteifamg hiervon wird mit wahrer Gier aufgenommen. Aneh andre poli- tische Ereignisse fesseln sein Interesse, soweit es sieh dabei nm kriegerische Venvicklun^'en handelt. Darstellungcu aus der Ge- öchiehte liildoii wtitauH den Hauptteil seiner sehr intensiv betrie- benen JA'ktiirt . Dabei wendet er auch naturkundlichen Stofliu seine Teilnahme im hohen Grade zn. Seine außerordentlich rege Phantasie begehrt stets neue 2sahruug. Auch kombinierend ist dieselbe hervorragend tätig. In Schilderungen von Kampfszenen bis ins kleinste Detail oder in der Beschreibung gesehiehtlicher Gestalten rersneht er sich mit glttckliohstem Erfolge.

Dabei nnteisttttzt ihn wirksamst sein sehr nmiangreiehes nnd trenes GedAohtnis, das in logischer Hinsidit sich einer yonttglichen Entwicklung erfreni Aneh gelingt es ihm leicht} vmftngliche Stolfe dem WorÜant naeh in kurzer Zeit sieh ^nzuprigen. Hieiw mit ist nur dann einige Schwierigkeit verbunden, wenn dem zu Memorierenden der innere Zusammenhang fehlt oder wenn der- selbe seinem Verständnis zu fem liegt.

Auch in Bezup: auf seine Fassungskraft steht der Schüler auf einer hoben Stufe der ^'■eisti^^eu Entwicklung. Wenn er sich auch durch die Eigenart des einen oder andern Stoffes mehr angezogen fUlilti so kommt er doch jedem Unterricht mit vollem Yerstiindnis entgegen. Seine klaren Antworten gehen in der Begel anf den Kernpunkt der Frage ein.

Bei aUer Btthrig^it Y^Unend des Unterrichts zeigt sieh in seinem ganzen Verhalten doch jener hohe Grad Yon Sammlung, der zum grofien Tefle ein intenslTes Ei^ und Yeraibeiten des Dar- gebotenen bedingt. Ablenkungen seiner gespannten Anfinerksam- keit sind nur üifolge der Einwirkung starker Reize und da bloft auf ganz kurze Zeit zu verzeichnen.

üb« Einxd- und GeMmÜeittniig des Sehnlki&deB. 311

Sein Aaftreten ist beherrscht von großer Sicherheit aud imbe- dingtem Selbstvertrauen. Daher zeigt sich auch bei allen seinen Arbeiten in Schule und Hans strenge Selbständigkeit. Ein gewisser St(dx auf seine Leistangumiiigkeit trltl sn und läßt ihn Untei^ Bcbleife iigend welcher Art yeisefamähen, obwohl er sich nicht ab- geneigt zeigt, den Kameraden seine Besoltate xnr Yerfllgitng zn stellen. Jede gemeinsam zn behandelnde Aufgabe wird Ton ihm als Konknirenzarbeit anfgefafit Dies zeigt sich sowohl in dem Streben, möglichst rasch und gut zn arbeiten, als aneh in der öchafteu Kritik, <He er bei gemeinsamer Besprechung an den Arbeiten seiner Kauieraden, besonders der beshereii, ausübt. Die HaiiBaiifsraben lassen nicht immer den gleichen Eiter wie die Schularbeiten erkennen.

Trotzdem nur ganz selten Strafmittel zur Anwendung gelangen, IttBt er sich keine besondere Empfäuglichkeit dafür anmerken.

Daa Benehmen gegenüber seinen Kameraden ist nicht ganz frei TOD einer gewissen Herrsehsncht; seinen Wülen möchte er stets ' aneh zn Hanse znr Geltang bringen.

Obwohl von kleiner Oestalt, läBt doch sein TerhlUtDiBmllBig krftftiger Körperbau und sein gesundes Aussehen auf das Vorhan- densdn normaler physischer VerhlUlnisse schließen.

Wa. ist ein außereheliches Kind und befindet sieh bei einem in günstigen Verhältuissen lebenden Schuhmachermeister in Pflege, der ihm anscheinend eine sorgsame und vernünftige Erziehung aogedeihen läßt

Wi.

Hinsichtlich seiner Begabung dttrfte der Schüler als mittelmäfiig sn bezeichnen sein. Bei seinem guten Willen und dem gewOhn- Ucfa ziemlich hohen Grad von willkürlicher Anfinerksamkeit gelingt es ihm meistens, dem Unterricht mit Nutzen zu folgen, so daft er hinsichtlicfa seiner Besuhate noch der besseren Mittelmäßigkeit zu- geatihlt werden darf. Besondere Lebhaftigkeit und Ausdauer läßt sich beim Rechnen konstatieren, das er auch als sein Lieblings- fach bezeichnet. Ilie und da jedoch macht eich auf allen Ge- bieten fUr kurze Zeit ein Nachlassen des Eifers und ein Nieder- £^ang der Leistungen bemerkbar.

Das Gedächtnis ist nach der logischen Seite hin leistungsfähiger als in mechanisoher Beziehung. In letzter Hinsicht hänfen sich

<

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318

die Schwierigkeiten hedentend, sobald dem Memorien^toff der logische ZaKammenhang fehlt oder dem Verstitüdms des StliUlere zu fern lie0 Sonst geschieht die Einprägnng im allgemeinen in nicht langer Zeit, doch läHt die Treue zu wUnschen ttbripr.

Die EinbilduDgskmft übersih reitet in Bezog anf Lebhaftigkeit in der Regel nicht die Grenzen der Mittelmäßigkeit, wenn auch mmchmal ein Anischwnn^ za verzeichnen ist Zeitweise läfit äeh sogar eine gewiase Eriahmnng konstatieren. Es hingt diese Enclieinang TieUeiebt in etwas siisainmen ndt dem uuegelnABigeD Betrieb der LektOre. ObwoU sieh der Sohttler nach seiner Angabe gern mit dem Lesen bescbifiigt and dabei Mirchen and Sagen beronagfcf kann er sieh an Hanse dieser Keignng am deswiUen nur zeitweise hingeben, wefl er meistens gehalten wird, seinem Vater behilflich zu sein.

Aas seiner Aufmerksamkeit während de» Unterrichts ist er nicht leielit abzulenken. Einmal jedoch von dem Gedankengang weg- gezogen, geling CS ihm nnr sehen, sich wieder einzuarbeiten.

Sein Aaftreten ifit im groUen und ganzen ruhige manchmal aber nicht völlig frei von einiger Zaghaftigkeit.

Die Selbständigkeit bei der Anfertigung seiner Arbeiten lifit oft an wünschen ttbrig, bei SehaUeistangen jedoch weniger als bei Haa8aii%aben.

Der Ehrgels seheint wenig entwickelt aa sein. Einwiikangoir welche nach dieser Bichtong Tetsndit werden, steht er in der Itegol apaihtech gegenüber. Wetteifer zeigt sich sehen.

Körperlich ist W. sehr gut entwickelt. Die Eltern betreiben ein Milchgeschäft und leben in geordneten Verhältnissen. Die häusliche Erziehung entbehrt nicht der Ötrenge.

Wo.

Verbindet mit äußerst geringem Talent eine oft geradezu bei- spiellose Trügheit. Ernste Geistesarbeit hi ihm ein Greuel. Fast nie sucht er sich daher aas eigner InitiatiTe geistig za besehftf- tlgen; sogar die Lektllie betreibt er aar sehr gelegentiioh and lieht alsdann gans lelohte StoftOi wie a. B. kleine Mlidien, allem anderen Tor. Seine HaBestanden saeht er, wenn sich was wohl selten geschieht der TlUigkeitstrieb regt, mit rein meehsr niaehen Beschftftigungen aaszndlllen, z. B. mit Holzhacken, das nach seiner Angabe zu seineu l assionen gehört Die auiiaJlende

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über Efautel- und Gesamtldttiiiig des Seholklndes. 313

Teilnahmslosigkeit am Unterricht dUrtte za einem großen Ötttck ihre Elrklärnng finden in dem Hinweis anf den enoim g:T(>ßen Ab> stand zwischen dem Lehrziel der höheren Klassen und der Lei- Btnngsfähigkeit des Sebttlers. Aoeh er leidet eben unter den schon früher berroigehobenen Mißständen (siehe MaJ). Li seiner Unbe- holfenheit vnd SehwerfSUigkeit selbst ganz elementare Anforde- rangen gegenttber macht er oft einen erbannmigswttrdigcn Eindniek. I^nr selten gelingt es ihm, dem Unterrieht anf konse Zeit einiger- maßen zu folgen. Sobald aber der Stoff in etwas über seinen geistigen Horizont hiuauöwiicb.st , Uberlälk er isich olinc Bedenken seinen Träumereien. Ansätze zu einer willkürlichen Aufmerksam- keit sind höchst selten zu verzeieliuen. Zerstreuung ist bei ihm Regel, die rolle Aufmerksamkeit eine rare Erscheinung. Einigen Gewinn zieht er aus dem Unterricht nur insoweit, als derselbe weniger Verstandesarbeit als hauptsächlich mechanische Verrich- tongen yerlangt. Auch im letzteren Falle zeigt sich oft große Un- beholfenheity nnd die Erfolge greifen nieht Uber eine geringe Mittel- mttfiigkeit hinaus.

Das Gedächtnis befindet sieh in demselben dürftigen Znstande wie sein Denkvermögen. Nnr meehanisehes Auffassen eines Stoifes ist ihm möglich; die logisehe Seite bleibt beinahe völlig außer aebt. Er lernt auch viel lieber wörtlich als inhaltlich. Letzteres gelinirt ihm nur in den seltensten Fällen einif^ermaßen. Sein üic( haiiisf lies Gedächtnis faßt zwar manchmal ziemlich rasch auf, zei^'t aber einen nur sehr beschränkten Umfang und einen äußerst geringen Grad von Treue.

Die Phantasie bewegt sich in großer Ärmlichkeit Sich eine VorsteUong anf Grund einer noch so anschaulichen Seliildenmg zn entwerfen ) gehört bei ihm in den meisten Fällen ins Belob der UnmOgliehkeit

Lob nnd Tadel gegenüber Terbarrt er in dumpfer Gleiehgttltig- keit Ehigeii zeigt sieh nnr hier und da in beschränktem MaBe. Sein Anftreten ist nnsieher nnd befangen. Das SelbstFortranen fehlt in der Regel völlig, ebenso mangelt ihm jede Selbständigkeit.

Sind schon seine öcliulai beiten von geringer (Qualität, so stehen seine Hausaufgaben in dieser Beziehung noch tiefer und lassen jeden Eifer und jedes Interesse vermissen.

Trotz eines anscheinend schwächlichen Kürperbaues dürften die gesundheitlichen Verhältnisse normale sein. Wo. ist Sohn eines

ItcUt ftr Piirehologi«. L 21

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314

Allgatt Kiyer,

kleineu Bäckermeisters mit zahlreicher Familie. Eine besoudcre erziehliche Einwirkung scheint zu Hause nicht ausgeübt zu werden.

% 4. VmseliiaMrdirag ud *T«ftotf.

Die Vcrsnehe zerfallen in zwei Abteilungen. Die der ersten Abteilung angehürigen tUnf Reihen wurden geliefert im fünften Schuljahre von den ersten 14 Knaben in der Zeit vom 4. März bis 24. Juli 1901. Hierzu glaubte ich später Ergänzungsversuche amtellen zn rnttaaen: Reihe 1, 2 und 3 standen unter der allge- meinen Bedingung: Die Arbeit iBt raseh und sehOn anznfertigen. Bei Beihe 4 wnrde gefordert, besonders schön und langsam sn arbeiten, während man der & Beihe die An%abe voranstellte, den vorgelegten Stoff leoht rasch zu erledigen. Nor je eine Ver- snchsreihe wickelte sieh daher nnter den Bedingungen »recht sehOn und langsam* und »recht rasch« ab. Ihre Zahl zu mehren und dadurch die Gültigkeit der Resultate zu bekräftigen, war der Zweck der Ergänzungsversnohc oder Kontrollreihen. Diese verliefen unter den Bedingungen der Reihe 4 und 5. Als Vp. dienten die zweiten 14 Knaben. Die Stoffe hierfür entsprachen jenen yon Reihe 4 und 5. Zum Unterschiede von den entsprechenden fianptrersuchen, welche wir als Reihen I\ a bez. Va bezeichnen, nennen wir die ElrgftnznngBTersnche Beihe IV b bes. Vb. Letztere wurden aaagefhhrt in der Zeit vom 17.— 25. Dezember 1901, bis zu welcher Zdt der dnroh die großen, 8 Wochen dauernden Herhstferien Temrsaehte Obimgsverlnst infolge einer vierte^ährigen Schnlarheit wohl siemlich wieder ausgeglichen war. Der Untmiehtsstoff im Rechnen bestand bis zu dieser Zeit hauptsächlich im Wiederholen, so daB die Schttler hinsiclulu h der Tätiiuckeit im Operieren sich wohl aiuiülu rnd den- selben Grad von I bung wieder erworben hatten, den sie am Ende des verÜü3Benen Sohnljalires besaßen.

Jede der sieben Reihen bestand ^vieder aus zwei Abteilungen: aus 14 E. und 14 G. In folgender Tabelle finden wir die Zeit der AnsfUhning nnd die Bedingungen jeder Leistung angegeben:

315

Zeit Bedingungcu

I. Beihe

E. G.

4.m. inki 27. in, Ol.

29. III. Ol.

1 Such und schön

IL »

£.

G.

10. IV. inkl. 12. IV. Ol. 9. IV. Ol.

> 9 »

m. »

E. G.

1 2a VI ^ iukl. 16. VU. Ol. 27. VI. Ol.

> > »

£.

a

ao.vn.— iiiki.22.vn.oi 19. vn. Ol.

1

B«cht schön and langsam

IVb.>

E. G.

1

lam - inkl. 2ö.moi.

17. XII. Ol.

» > » >

Vt. >

£.

G.

22. vn. inkJ. 24. Vn. Ol.

20. vn. Ol.

Eecht rasch

vb. » 1

E.

»•

21. m— iukl. 25.m01. 19. XU. Ol.

» >

Bezüglich der EigSnKnngSTersnehe mii6 noeh hervorgehoben

werden, daß man die hierzu verwendeten Vp. durch melirfache Vorvereuche im Au.swendiprlernen .sinnloser Silben und im Kombi- nieren bis zu einem gewesen Grad eiuUbt€. Benutzt wurden hierbei du ^toffe der Reihen I, II und III. Einer besonderen Vorttbung iüi die Ubngcu Gegenstände bedurfte es nicht; denn diese Arbeiten Wieben von dem Schulmodus der Hauptsache nach nicht ab.

Bd Beihe I erfolgte die G. eist nach den E. Diese Reihen- folge Sndeite ich spSter und zwtat tm folgende Grande: Eine PMfnng naeh ScUnfi der ersten Beihe ergab für die G. ein Tlel glliifltigeies Besnitat ala für die E. Die nllofaste Vermntong war dioi daB diese Eneheiniing etwa mit der Übung znflammenlülngen konnte, die bei der G. doch sleherlicb vorbanden war, bei der E. aber fehlte. Bis zu einem gewissen Grade scheint ein solcher Ein- fluß auch wirki^ani treweseu zu j^ein. Man betrachte nur die An- gaben für die Gedacht nisleistuiigeu in den der Reihe I zugehörigen Tabellen. Um eventuellen Einwänden nach diener Richtung; hin von voniherein zu bejjregucD, änderte ich in der Folj;e die Anord- nung dermaßen, daß die E. erst nach den G. vollendet wurden. £e ist nicht nnwiehtig, diesen Umstand festzuhalten; denn ea dttrfte

916

wafancliciiilicfa sda, dafi dort, wo iwiBcliea E, «nd G. rnr klemere oder aacb ketneiiei Differensen tm gnnsten der E.

enrebeo, dies mf Konto eines dveb die Torfaergegangene 6. be>

wirkten Llionifserwerbe^ zu setzen Ut. Die Annahme, daß in S'^lcbeo P älku die G. den Vorzog kibcii würde vor d^r E.. weun man df-n F'inflöß der IJbnng hei letzterer au52UÄ<.liälujii im Stande wär<-, « jitfj^-tirt dun-haa^ ni^-ht < iner ^:e^vis^^cn Bereehtisrung".

Bei deo Keihen IV b und Vb greifen die E. und G. ganz un- regeliii&6% ineinander. Diese Maßnahmen waren notwendig ge- worden, weil am 24. Dezember die Weihnaebtsferien begannen und die wlhiend dieser Zeit abwesenden Vp. ihre Beiben erat yoUeodea nmBten. Die Vergldcbbaikeit mit Ihren Paralldidhen dllifte kaam daninter leiden; denn letztere wurden ans dem nibnlieben Gnade auf einen sebr engen Zeitraom zosammengediSngt vnd greifen Infolgedessen ebenfidls zeitüeb ineinander.

Die Reibe II wurde vollständig während der Osterferien 1901 angefertigt.

Für jede Aufgalj«^ wurden bef»ondere Bedingungen gestellt Ich glaubte mich eng an daj* praktiscliö Leben anzuschlieHon wenn ich als Nonnalhedin^run^ eine rasche und schöne Anfertipmg auffaßte. Nur in den seltensten Fällen und nur, wenn ganz außer- ordentliche Zwecke damit verbunden sind, tritt an das arbeitende Individuum die Au%abe heran, irgend eine Leistung entweder recht rasch ohne Rfloksicht auf ihre Qualitilt oder recht schQn ohne Rttekslefat auf die Dauer sn yoUziehen. Es wäre auch gegen jedes Ökonomische Friniip, wollte man diese letstgenannten Bedingungoi als die nonnalen beieichnen; denn naturgemäß steht jener im ge- werbliehea und industriellen Wettbewerb in den yordersten Beihen^ der es versteht, seine Kräfte in der kürzesten Zeit am zweckent- sprechendsten auszunutzen. Dies trilt auch auf geistigem Gebiete. I)«r wird der Wissenschaft am dienlichsten sich zeigen, dessen Arbeit bei weiser Ausnilt/nn^^ der Zeit in kürzester Frist die wert- vullHten Kosultate liefert. Von zwei iSchttlern mit qualitativ gleichen Leistungen wird derjenige hoher zu stellen sein, der ein gewiaaes Arbeitsquantum in der kürzeren Zeit bewältigt und beheirseht

Die Form, in welcher die Bedingimg den Schttlem gestellt wurde, war folgende:

L, n, und m. Beihe: »Ihr arbeitet (du arbeitest) laseh und schon«.

^ kj i^u^ Ly GüOgl

Uber Einsel« und OeBsiiitlefartinig de« SohnlkfaideB. 317

IVik- imd b.-fieihe: »Ihr arbeitet (du arbeitecrt} recht sdiOn imd Umgaam«.

Eriftatemng: »Eb kommt nieht dannf an, wie lange ihr zur Arbeit braneht; die Haapteaehe ist, daft dieeelbe aaaber imd BchOn aiugefllhrt wird.« Ya.- and b.-R«ihe: »Ihr arbeitet (du arbeitest) reefat rasch.«

Erlünternng: >£8 kommt nicht daranf an, ob die Arbeit schOn ausfüllt oder nicht; ihr sollt nur bo rasch als mö^'lich arbeiten. Es p^euUg^t, weun daa Geschriebene lesbar ist«

Ftir die Gedächtnisleistuug mußten diese Bedingungen anders fonnuüert werden:

I., n. und m. Beihe: »Ihr lernt es rasch und gut Dann seid ihr fertig, wenn es euch gelangen ist, die Silben herzusagen, ohne dabei die eine oder andere zu wiederholen.«

IVa.- nnd b.-fieihe: »Ihr lernt es recht gnt Dann erat seid ihr tetig, wenn ihr die Silben reeht rasch and flüssig, ohne Stockong, wie das Yateninser, habt hersagen kOnnen«.

Va.- nnd b.-Bdhe: »Ihr lernt es reeht rasch. Dann seid ihr fertig, wenn ench alle 10 Sflben, die anf dem Blatte stehen, ein- gefallen sind. Es hat nichts zu sagen, wenn ihr auch öfters dabei absetzen oder Silben wiederholen rotlBt. Die Hauptsache ist nur, daß euch alle zehn äilbeu einfallen, ohne dazwischen aut das Blatt sehen zn üili««en.«

Die Bediujruugen wurden vor jeder einzelnen Leistung noch- mals ausdrückUch wiederholt, in der E. sowohl als auch in der G.

Besttglich der äußeren Yeranstaltuu^ der Versuche bemerke ich, daB rar Zeit der Gesamtleistung außer dem Versnchsleitor nnd den weiter nnten aqgeAlhrten ttbrigen Beobachtern nar die 14 arbeiten- den Sehüler anwesend waren; die Einzelleistang Terlief anter y^I- Uger Isolienmg der Vp. Zugegen waren nnr der Experimentator und der Arbeitende.

Die YersBche I, m, IVa nnd b and Ya and b fimden statt in dem Schullokale des Versuchsleiters. FUr die n. Reihe yrurde ein Saal des psychologischen Instituts benutzt. Es sei jedoch aus- drtlcklich bemerkt, daß die Schttler nach vollendeter Arbeit aut Befragen ausnahmslos erklärten, sie hätten sich durch die ihnen fremde Ortiiehkeit in keiner Weise beeinflußt gefühlt, was sich auch durch den aUgemcinen Eindruck, den sowohl die Masse als aaoh der Einzelne machte, ra bcstitigen sehien.

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318 MgMt lUj«,

VenacliAleiter war der YeHaaser. Im Interesse einer genaaen Fest-^telluij^ der Ar}>eit*idauer und tiucr ciügchcudcreii licobachtnng der arf/titendeo Vp. erschien es geboten, iich ftir die G. Saeh- kun(li;_'e ZUT Mithilfe zu erbitten. In liebenswürdiirer Bereitwillig- keit unterzogen sich diei>ier Anffrahe Herr I*rof. Dr. Külpe, femer die Herren KoUegen Dr. Friedrich, Orth, Sehmidt und Zeller, weldMO Hema ieh an dieser Stelle Ar ihre erfolgreiche Unter- ftBtnuig meinen wärmsten Dank ansspreche.

Alf Arbeittdaner kam für alle Leiitiiiigea die Zeit in Be- tneht, welche Tentrich tod dem Beginn des AiiBBpteehene der AaiJsabe dnich den Experimentator, bes. vom Beginn des Lesens derselben dnrefa die Yp. bis znm Angenbü^ der YoOendnag der Niederschrift. Bei der Gedlchtnisleistnng kam als Eadponkt der Arbeitsdaner der Moment in Betracht, in welchem der Schüler den ihm öberp^ebenen Zählapparat vur sich niederlegrte. Die Zeit- nieHHiiDfr i rMs^e bei allen E. mit der Fttnftelsekuudeuiihr; bei den G. wurde diese]))e nur von eiuem der Beobachtenden ))e!mtzt, während die übrigen mit Sekundenzeigern versehene Taschcuuiiren za Uilfe nahmen. Daß infolgedessen die Dauern der E. viel ge- nauer bestimmt wurden als die der G., ist natürlich. Der Fehler, der jedoch nnr wenig vieUeicfat einige Sekunden betragen wird, durfte in der Regel sn Ungunsten der G. auftreten. Dieser Umstsnd Terdient dort einige Berücksichtigung, wo sich eine nur kleine Differenz su Gunsten der E. ergibt Es wSre in solchen FftUen sehr gut möglich, daß die Ursache des geringen Unter- schiedes in dem kleinen Zeitfehler Hegt Die Gesamtheit der Re- sultate dürfte hierdurch kaum eine Beeinflussung nach der nega- tiven Seite hin erfahren; die Zeitdififerenzeu sind meist so groß, daß Hie ihre Entstehung wohl kaum einem derartigen Umstände verdanken.

Ich schildere den Verlauf der Versuche:

Diktat, mündliches Rechnen, Kombination, Gedächtnis und schriftliches Rechnen, das war die Aufeinanderfolge der Leistungen in jeder Reihe. Dureh diese Anordnung suchte ich eine an- dauernd emseitige BesehSftignng zn Tennadeii und abwechselnd Gedttohtnis-^Yerstand Phantasie Gedächtnis— Yerstand sn den Leistungen heranzuziehen.

Das Kommando: »Jetzt« gab das Zddien zum Anfimg der Versuche, nachdem vorher die allgemeiue Bedingung gestellt wor-

über Eiiud- imd GMamfloistiuig dw Sclralkiiidw. 319

den war. Nach obiger AukUndiguiig begann das Auäsprechea des ersten Diktatabscbnittes durch den Experimentator und gleichzeitig wurde die FttnfielBeknndenahr in Gang gesetzt, bes. man notierte sieb den genauen Stand der Tasehennbr naeh Standen, Minnten imd Sekunden. Bei der G. wartete man mit dem Weiterdiktieren 80 lange, bis jeder SchtQer das Yoigesproehene niedergesobrieben batte. Jeder Abscbnitt wurde nnr einmal Torgelesen; die Sats- zeichen gab man an. Ein Durchlesen der ganzen Arbeit nach der Beendigung war nicht gestattet; die Blätter wurden sofort einge- sammelt Ohne Pause reihte sich hieran mtlndliches Rechnen, eben- falls oiufreleitet durch Wied« rh ihmg der allgemeinen Bedmguug und das Ankllndiguugskommaudo: > Jetzt«. Die Anf^'abe wurde Tom Yersuchsleiter vorgesprochen und sofort von den Yp. still nn^gerechnet. Die Niederschrift des Resoltates erfolgte ohne wei- teren Befehl sofort nach der Gewinnung desselben. In gleicher Weise ToOzog sieb die Anfertigung der zweiten Angabe. Die dritte wurde operationenweise Yorgesproeben nnd so in nenn klei- nere Angaben zedegt, von denen jede sofort ihre LOsnng fand; mit dem Besnltst ledmete man weiter. Ifit dem Weitersebreiten bielt man so lange inne, biB sieb dem Tersnehsleiter der Eindmek bot, daß alle Vp. die verlangte Leistung vollzogen haben könnten. Diesen Augenblick mit einiger Sicherheit zu erfasaeu, dürfte einem etwas geschulten I'ädagogen keine Schwierigkeit sein. Fast alle Schüler verraten di» st Ti Mimn iit n n. dadurch, daß die Unruhe im Blick einer gewissen Sicherheit uud Zuversichtlichkeit weicht und das Ange sieb wieder dem Lehrer zuwendet, um hier zu haften in mhiger Erwartung des Kommenden. Die Stoffe fttr die Eombi> nationsan%abe, fttr die Gedäehtnisleistang und das sohriftliobe Beefanen waren je anf ein Blatt bektograpbiert; jede Yp. erbielt eui solches. Die Angaben wurden, die nnbesebriebene Eebrseite naeh oben, den Sehttlecn Torgelegt und Ton diesen auf das Kom- mando »Jetzt« umgedreht. Yen hier an begann die Zdtreebnnng. Die Eombinationsanfgabe wurde in der Weise gelöst, daß die Vp. die auf dem Blatte stehenden unvoUstäudigen Sätze durch Ein- korrigieren der fehlenden Ausdrücke ergänzte. Wer vollendet hatte, zeigte äk^ an durch Umdrehen dc^ Blattes. Das Aus- wendiglernen der vSilben erfolgte nicht gruppenweise. Die Schüler waren angewiesen, die 10 Silben so oftmals snsammenbängend dnichsnlesen, bis sie glaabten, eüi auswendiges Hersagen mit Er-

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Allglitt Majetf

folg versachen m können. €^elang diM oiolit TOllfltliidic^, so warde

luit dem <''Ti dort weitergefahren, wo das Gedächtnis versagt hatte. Zur Beirtiiuiunntr der Anzahl von Wiederholungen erhielt jede Vp. einen einfachen Markierapparat: öO kleine, viereckige Pappsttlckchcn, an einer Sclinur aufgezofren. Bei der letzten Silbe angeliuigt, streifte der Sebttler jedesmal ein solches Soheibohen an das andere Ende der Schnur. Reichten die 50 nicht ans, so wur- den sie anf dieselbe Weise wieder lorllckbefQcdert Diese Mani- pnlation, wie ttberhanpt den ginsen LemTOfgang übte man vorlier etwaa mit den Vp. ein. Diese Art zn sälilen ist ein&eh nnd aweekmSBig. Die Seblller sind im stände, diese Verrichtang leiebt and olme Zeitverz(Sgerung zn bandhaben. Störungen infolge des Ziehens dürften weniger wirksam gewesen sein, weil jede Vp. die Zähldchnnr unter die Bank lialten und so den Blicken der Mit- lemenden entziehen mußte.

Die Aufgabe für das schriftliche Rechnen wurde bearbeitet nach Maßgabe der im Unterricht herrschenden GepÜogenheit. Jeder Schüler las zunäclist seine Aufgabe durch, überdachte den Gang nnd vollzog die Ausarbeitung. Wer fertig war, drelite das Blatt nm. Zwischen den einaeinen Arbeiten fanden keine Pansen statt.

S 6. Zur Kerrektar der Leistmgei.

Bei Benrteünag der Leistangen gehranehte ieh Torher feefge- setate Fe hier Skalen, wobei im allgemeinen nieht Ton dem im Unterrichte herrschenden Oebranoh abgewichen wurde. Diese Anf»

Stellungen beanspruchen durcliaus keine AllgeuiciiigUltigkeit. ist nacii meiner Ansicht überlianpt ein Unding, die Festlegung einer fitr alle Verhältnisse gültigen Norm zu versuchen; mau müßte dcun den Einfluß deö Lehrers, der Umgebung n. a. vollständig verkennen. Jeder Lehrer hat seine Eigentümlichkeiten, seine pädagogischen und methodischen Schrullen nnd wird dieselben natorgemäß im Unterricht hervorkehren. Die Bchliler kennen diesen Umstand und richten auf die gewünschten Punkte infolge der immer wieder- kehrenden eindringlichen Betonung ein gans besonderes Avgen- merk. Hanptsaehe ist, daß den Yp. diese besonderen Bedingnngea bekannt nnd geläufig sind. Daß tlbrigens die Schüler solche ansehei- nende Peinlichkeiten nicht aneh als solche benrteilen, dafür spridit die Erfahrung. Sie richten sich in dieser Beziehung naturgemllB

Üigiiiztiü by <-3ÜOgIe

über Elnsd^ und GeBamtleistang des Schulkindes.

321

nach dem Lehrer und measen die Schwere emes Fehlers genau naoh dem Qewieht, dag der Unterriehtende auf einen soleben Ver- stoß sa legen gewohnt ist.

SehlieSBch spricht noch ein anderer Umstand gegen die Beiech- tigang einer objektiv gültigen Fehlerskala. Nicht nnr einselne Personen, ganze Gemeinschaften, ganze Gegenden kennzeichnen sich durch gewisse Eigenheiten in stilistischer und graumiatischer Hinsicht. Ich brauche hier nur au die Verfehlungen gegen den Kaans zu erinnern, Verstöße, die nielit liborall f^lcicli häufig sind und jedenfalls dort die gelindeste Beurteilung verdienen, wo sie das Charakteristikum einer ganzen Genend bilden.

Femer: wer gibt den Maßstab für eine solche allgemein gUltig sein sollende Bewertung ab? Doch nur ein Indiridnnm. Damit entbehrt er wohl der nnirersellen Bedentang. Objektire Kriterien hierfür lassen sich kanm in genttgender Zahl aailfinden. Im ttbri- gen verlangt es die Gerechtigkeit, daB ein arbeitendes IndiTidnnm ans sich selbst herans yerstanden nnd gewürdigt würd.

Anf diese Darlegungen mOge immer wieder verwiesen sein, wenn die Art meiner Keurteiluug der Leibtungeu dem Empfinden des einzelnen widerstrebt.

Im allgemeinen ist zu bemerken, daß für eine fehlerlose ilrbeit die HUlfte des geriu<rsteu Fehlers in Anreehnun^^ kam. Der Grand hierfür liegt in der Art, wie die sog. Qnalitätsziller gewonnen wnrde^ wovon weiter unten die Rede sein wird. Im besonderen galten folgende Anfstellnngen als Norm:

Diktat:

1 Fehler = a. der fiilsche, der ansgelassene nnd der ttberflttssige Bnchstabc; abgesehen von den Endungen;

b. jede fehlende Silbe;

c. jede falsche Silbe;

d. wo offen ersichtlich ist, daß z. B. ein Dehnungs- zeichen aus Versehen an eine falsche Stelle geriet, wurde ebenfalls nur 1 Fehler angerechnet, z. B. Wiederkher statt Wiederkehr.

^2 Fehler = a. das Ansiassen von Satzzeichen und das eigenmäch- tige Uinznfhgen derselben; b. die Versetzung eines richtigen Wortes an eine falsche Stelle;

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322 Angiiit Xajer,

c. Großschreibung nach einem Stricbpunkt, Klein- schreibung nach einem Pnnkt;

d. das Verfehlen gegen die Endung;

e. wo ein Strich niTiel gwttaX wurde, z. B. Wimters statt Winten.

V4 FeUer » a. da8Aii0laueiLTOnBaoli8tabeiiaai1iftiigse1]i,s.B.'"'iiBw. b. die Selbafkoirektoren; e. fidiiebes Trennen.

Vb Fehler = eine fehlerlose Arbeit.

Mtiudliches Rechnen. 2 Fehler = eine vollstiUidig falsche Aufgabe.

1 Fehler » ein annftbemd liefatigea ReSDltat, das anf korrekten Gang schließen ließ. Dies zu beurteilen ist bei der Einfaobheit der verwendeten Aufgaben leieht Beispiel: 1. Aufgabe der 1. G-. Das richtige Resultat wftre

8,40 Findet sich statt dessen bei einer Vp. das Ergebnis 8,30 uS", so ist wohl die Annahme berech- tig, daß die Operation 5 X richtig vollzogen wurde, der Fehler aber in der ]^crechnung Y4 von 1,60 Jl =^30^ zu suchen ist Ähnliche Verstöße sind in den verschiedensten Variationen möglich und auch zn finden. Man wird die Berechtigung ihrer Be- nrteilnng anerkennen; denn es ist in soiehen FäUen doeh ganz sieher anznnehmen, daß sogar Uber die HlUfte der Arbeit korrekt gelOst wurde. Bei der 3. Angabe konnte man in der Bogel selbstrerBtind- Beb nnr anf die S 4 letzten Operationen znrflck- gehen beim Versuche, den Fehler zu ermitteln. Bei- spiel: 3. Auf^^abe der 1. G.: Richtiges Resultat 25. statt dessen >u ht 250. Offenbar lie^rt hier ein Ver- rechnen in den letzten Operationen vor. Operation 6: 1/3 von 15 = 5. 7. Vio von 5 = 0,5. 8. 100x0,5 = 50. Hier wurde jedenfalls gerechnet 100 X O^d » 500. 9. Vs Ton 500 = 250.

Vi Fehler = Fehlen von Beieiehnnngen.

V4 Fehler = Selbstkorrekturen.

Vs Fehler = eine fehleriuse Arbeit.

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über Ehoel- mid GeflanMtiiiig des Sehnlklndei. 323 Eombination.

Von gnmdlegender Bedeutung ftlr die Beurteilung der Leistungen war hier die Fra^e: Irit mit den dargebotenen Fragmenten ein sinn- volles Ganges, sinnvoll als Satz, sinuvoll aber auch als Teil des Ganzen, gebildet worden? Wohl waren vom Verfasser 18 Stelleu in jeder Aufgabe vorgesehen zur Aufnahme der Ergänzungen; als solche genügten einzelne Verba. Doch zeigt sich bei den Vp. eine erfreuliehe Selbetttndigkeit insofern, als sie nicht selten einen größeren Wortkomplex zur VervoUstiladigiing des Sinnes auf- boten. Ob derselbe gerade an der Torgesehenen Stelle eingesetst wurde, war gleichgttltig, wenn nur die ganxe Wendung als sinn- Toll und stilistiseh annebnibar besdehnet werden konnte. Selbst wenn hierbei von manoben das eine oder andere nebensächliche Wort aub dem gegebeueu Texte gestricheu wortien war, z. B. Artikel, Konjunktionen, so blieb das außer acht, weil eben obige Frage als au88chhij?£rebend bei der Bewertung der Leistungen stets vorschwebte. Ans ebeu demselben Grunde blieben ancli manche Verstöße gegen die gegebene Interpunktion unbertlcksichtigt. Solche Außerachtlassungen der gesetzten Zeichen kamen besonders häufig Yor bei den Striehpunkten. Beispiel: 2. G., 3. Satz. Vollständig korrekt ergSnzt mttfite er lauten: »Der Fuehs konnte ihn aber nicht erwischen; daher besann er sieh auf eine List«. Eine Yp. verroU- stlndigte: »Der Fuchs konnte ihn aber nicht bekommen; und daher >) besann er^) sich daher auf eine list«. Derartiges kann sicher- lieh bei solchen in der Form so wenig gewandten Vp. ttbergangen werden. Ebenso blieben anoh die EasnsfbUer unangereehnet Beispiel: 2. G., 2. Satz. Manche ergänzten: »Da sah ........

w( b lu r auf < iuem Baume flog«. Diese Verwecbslnng zwischen Dativ imd Akkusativ ist eines jener typischen Beispiele, für welche die Ursache ihrer Unrichtigkeit in der Würzburger Dialekteigen- tttmlichkeit zu suchen ist. Bei gercifteren Vp. wt!rdr man hier zweifellos einen Veretol^ erblicken müssen, der nicht UDgeahndet bleiben k((nnte. Beim Diktat fanden solche Formen um deswillen als genüge Fehler Inrechnung, weil ja das Bichtige durch den Yersuchsleiter gegeben war und die £Usche Reproduktion auf das Konto eines geringeren Aufmerksamkeitsgiades gesetzt su werden Tcrdiente. Anders bei der Kombinatton, bei welcher der Schmer

1) Von dar Vp. im Text gestrichen.

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324

Aogoit Mayer,

ans sich selbst herausarbeiten nuißte nnd ihm das Geftthl ftir das

Fehlerhafte diestr Fornirii teilweise nian^^cU

Die Abschätzung der einzeineu Fehler erfolgte gemäß nach-

stehender Skala: 2 Fehler kamen fUr jene KombinationeQ in Anrechanogy welche weder die richtige Stelle gefondeDy noch eine einiger- maSen sinnyolle Ergttnznng auch am rechten Orte ge> hoten hStten, also ftlr nicht sinngenUlfie AnsfUlnngen an falscher Stelle. Beohtfertigen l&Bt sich diese Be- wertung durch den Hinweis auf die doppelte Ttttigkeit der kombinierenden Vp.: Suchen der LHoke und rich- tiges Austllllen. Da in vorlieg:eiidein Falle keine der- selben richtig vollzogen ^vllrde, so ist der Verstoß als ein doppelter m betrachten. 1 Fehler: Nicht sinngemäße Ausllillungeü an richtiger oder sinn- gemäße an falscher Stelle. Man erkennt, daß im 1. Falle die LUcke angefunden, im 2. aber eine passende Ergänzung geboten wurde. Eine der bei- den erforderlichen Tätigkeiten war also jeweils richtig YollzQgen.

Zwischen Doppel- und einfachem Fehler wurde ein anderer Verstofi mit 17a Fehler in Anrechnung gebracht: das vollständige Fehlen einer

Ergänzung. Es mag diese Beurteilung im ersten Augen- blick als nicht gerecht erscheinen. Wenn üian aber bedenkt, daß im ersten Falle sinnlose Ausfüllung an uuricbtiL'-er Stelle ein doppelter Fehler ofien zu Tage liegt, während es hier doch nicht als ausgescidossen zu betrachten ist, daß nach der einen oder andern Richtung hin das Korrekte wohl getroffen, aber trotz- dem wegen des Gefllhls der Unsicherheit eine Er- C^ung unterlassoL wurde, wird man dieser Beurtd- lung der unausgeftlllten Stellen die Berechtigung nicht absprechen dürfen. In der Tat hat die Beobachtung der arbeitenden Vp. des Öfteren gezeigt, wie hei einem Satziragmente länger Tcrweilty Bewegungen sum Aus- ftlllen gemacht, aber wieder abgesetzt wurde. Nach der Ursache des Zügerns befragt, gaben die Schüler nicht selten zur Antwort: »Ich habe es nicht sicher

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Ober Eimel* nnd 6«MunileiBtiiiig des SehnlkiiideB.

325

gewußt«. Des weiteren findet fragliche Beurteilung eine Stutze in der Tatsache, daß manche Arbeiten aus- gestriehene Ansätze zu Ansfllllungen an richtiger Stelle zeigen. Immerhin dttifte sieh lielleiehi empfelileni bei feraeier Verwendmig dieaer Metbode den Yp. noch die Angabe zu stellen, dann, wenn eine £iginzang niebt gefonden oder sn einer solchen die richtige Stelle nicbt erkannt wird, die Lttcke zu beseicbneni wo die Ans- ftUlnng ihren Platz zu finden hStte, bez. die Ergänzung, ftlr welche die reckte Stelle fehlt, auf den liand zu schreiben.

72 Fehler: Falsche Zeitformen oder unbegründeter Wechsel der- selben, sowie schwerfSllige, kaum gangbare, aber doch sinngemäße Wendungen. Im 2. Falle läßt sieb selbst- yerständlicb eine gewisee Willkür nicht vermeiden; was dem einen als scbwerfäUig erscheint, beurteilt ein anderer oft als dorcbans angängig. Doch ist hier zu bedenken, daß sich die Schiller in diesem Punkte sowohl Infolge des deutschen Unterrichts, als auch durch TielflUtige mttndliche Obungen im Gedanken* ansdmek in andern Unterrichtsstonden (besonders Realien) der Eigenart des Experimentators ziemlich anbequemt haben werden, so daß also naeh dieser Richtung hin wohl wenige ungerechte Beurteilungen stattfanden.

Schließlich muß noch ervviihut werden, daß dort, wo klar erkannt werden konnte, daß aus Versehen ein richtiger Ausdruck an eine falsche Stelle geriet, ebenfalls nur Vs Fehler in Anrechnung kam.

V4 Fehler: Selbstkorrektnren.

Vt Fehler: eine fehlerlose Arbeit

Gedftohtnisleistung.

Hier wurde ein IfaBstab gefunden in der Anzahl der zum Er- lernen der Silben erforderlichen Anzahl von Wiederholungen.

Sobriftliches Rechnen.

2 Fehler: jeder Verstoß gegen den Gang der Aufgabe. Ein voll- ständig faLacher Gang wurde, weil die Ausrechnung

326

Angost Mayer,

stets 4 Operationen umfaßte, mit Anrechnung tob B Fehlern geahndet. 1 FeUer: a. eine lulBcbe Ziffer, entstanden durch unrichtiges

Operieren. Ihre richtige Fortfllhrangbedentelekdnea

weiteren Veistofi; b. fiüsefae Umwandlung eines gemeinen Braches in

eine Deidnuüsahl. Yj Fehler: a. das unberechtigte Umstellen von Faktoren;

b. das JbVliku einer Bezeichnung oder eine falsche

Bezeichnung;

c ein an eine nnricbtige Stelle gesetztes Dezimalkomma oder das Fehlen eines solchen;

d. das Unterlassen des gegebenen Falles nötigen Zu- rückkttizens;

e. die Verwendung eines Besultates als Teil einer an- dern Operation ohne neues Anscfaieiben, s. B.

75,30 jT statt: 75,30 uT

+ 20,60 » +20,60 >

95,90 uir : 5 « 95,90 M

95,90 M : 5 =

^4 Fehler: a. d;is l'^ehlen des Sehluösatzes zum Ergrebuis der Auf- gabe oder eines Zusatzes zu jedem Kesoltat der einzelnen Operationen :

b. ein falscher oder unklarer Schluß- oder Zusatz;

e. eine Umkehr der natürlichen fieihenfolge der Ope- rationen;

d. Selbstkorrekturen;

e. das Mitfuhren ttberfltlsstger Nullen;

f. Fehlen eines + oder ;

g. eine yon der Textanfgabe abweidiende Zltt&t. \i Fehler: eine fehlerlosse Arbeit.

§ 6. Die analitatsaiffer.

Für die Leistungen ergaben sich durch die Versuche zwei völlig verschiedene Werte: ein Zeit- und ein Fehlerwert. Keine der bei- den Grüßen repräsentiert für sieh den ei^rentliclien Wert einer Arbeit. Soll aber ir^rend einer Leistung eine Wertziffer beigelegt . werden, so mttssen beide berücksichtigt werden. Um nun ein ein-

Digitizec Ly v^oogi

Ober EiiiMl- und Genmtleteliiiig des ScInükiDdee. 327

ziges Maß ftlr die Qualität einer Arbeit zu erhalten, glaubten wir folgende Uberlegnngen anstellen zu Böllen:

Jede Arbeit ist das Produkt einer in der Zeit wirkenden Kraft Das Material sekalten wir aus; es ist In unBem Etilen dnrekana gleiekwertig. Die Messung des einen Faktors, der Zeit, kann ohne weitere Sehwierigkeit gesehehen. Für die Beurteilung des Eraft- wertes fehlt ein soleher oljektiTer MaBstab. Wur sehätaen Um daher ab an den Leistungen nach dem Grundsatz: der grOfiere Kraltwert repräsentiert sich da, wo (las geringere Fehler(ju;intii!ii auftritt. Angenommen, Vp. A Tollziebt irgend eine Leintung in 10 Minuten und macht dabei 8 Fehler; eine andere (B) braucht zur gleichen Arbeit 20 Minuten, es finden sieh darin aber nur 4 Fehler- Bei gleicher Fehleraahl wttrden sich die Leistungen ver- halten naeh Maßgabe der Proportion a : 6 = 10 : 20, mit Kttcksicht auf die Zeiten: a : 6 » 8 : 4. Auf der linken Seite beider Pro- portionen Ahr die Zeiten fttr die Fehler f eingesetzt, gibt:

iii : s 10 : 20

f^r.fß^B: 4.

Durch Multiplikation eine Proportion gebildet: I/a ' tfu 80 : 80. tfx und tfa-, die Produkte aus Zeit und Fehlern, würden nach unsern vorher^ee:angcuen Erwägungen ein Ausdruck, für den Wert der Arbeiten A und B sein. Demnach stünden beide Leistongeu gleich hoch. Eine kleine Erörterung möge dies stützen: Ziehen wir nur die Fehlerzabi in Betracht, so ist der Leistung A nur die Hälfte des Wertes der Leistung B zuzuerkennen. Nun stehen aber der Vp. A, die in 10 Minuten schon fertig ist, noch weitere 10 Minuten zur Verlegung bis zu dem Zeitpunkte, an welchem B ToHendet hat Angenommen, auch diese würden ans- genutztj das Resultat wttrde unter sonst gleichen Umst&iden das- selbe sein wie vorher; die Leistung A^ mflfite wiederum den halben Wert der Leistung B repräsentieren. Dann würden naturgemäß B B

Ai-\'Ai = -^'^'^=B sein. Insofern dürften wir daher berech- tigt sein, die Leistungen A und B einander gleichzustellen. Ein anderes etwas kompliziertes Beispiel möge zeigen, daß sich in dcTselhon Weise die Bildung eines Produktes aus Fehierzahl und Zeit rechtfertigen läßt:

^ Vp. A liefert eine Arbeit in 8 Minuten mit 2 Fehlem, Vp. B braucht hierzu 5 Minuten und Terfehlt sich 7 mal

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328 AitgoBt Mayer,

Wenn nur die Felilerwerte in Betracht gezogen werden, liefert

Vp. B eine "'/iva&.l so ^toHc Fchlerzahl aU A. Ihre Arbeit reprS- sentiert daher mit Rttckäicht auf die Verstoße nur Wertes von der Leistung H. Während A seine Arbeit vollendet, wird nnn B iu den restlere&deu 3 Miuoten im stände sein, unter sonst glei-

2-3 6

eben Bedingungen eine Arbeit sn liefern, welebe 7—5 = 35 Leistongswertee Ä darstellt Ihrer ganzen Arbeit ?rttiden also

= ^ von dem Leibtuugöwert A zuzuerkeuuen sein, und

das QnalitätBTerhilltnis wlire Ä:B^3b:16, Da aber nach nn- Beim Prinzip (Fehlerberechnnng and ancb Zeitmessang) die größere Ziffer die minderwertigeie Leistung darstellt^ maß die Proportion lauten: il : B = 16 : 35. Dasselbe Verbttltnis ergibt sieb ancb dnrcb Hnltlplikation Ton tA X fi nnd tsX fa-

Die uuf solche Weise gewonnenen Ziflfem repräsentieren den eigentlichen Wert der Arbeit; wir nennen sie Qualitätsziffem.

Ich bin mir wohi bewußt, daß gegen eine Proportion zwischen Fehlerzahl und Kraftwert, wie solche iu vorausgehenden Darlegungen aufgestellt wurde, Eirnviuido erhoben werden können. Mir ist nicht unbekannt, daß der Wert einer Leistung gemeinbin in der Weise berechnet zu werden pflegt, daß man TOn einer im Toraus fKtr eine fehlerfreie Arbeit festgesetzten Größe, welebe die Anzahl aller möglioben Fehler darstellt, die Zabl der wirklieb gemachten Fehler subtrabieri Mehrere Gründe yeranlaßten mich, trotzdem au obigem Modus festzuhalten! Fttr das Diktat und die Eombina- tiunsarbeit könnte man eine solelie Normiilziii'er ja leiehter jre- winnen, anders aber beiispiehN eise beim Rechnen. Hiei mülite uiuu die Anzahl aller kleineren Operationen als die Gruudbiire nehmen, dazu wäre es aber erforderlich, daü dieselben nicht mehr als eia Zahlenpaar nnit'usseu würden. Sobald 3 Zahlen addiert werden, haben wir 2 Operationen, können aber am Resultat niemals das Vorhandensein zweier Fehler konstatieren, da ja nur eine Größe vorbanden ist Damit würde sidi der Wert einer solchen Normal- ziffer ins Problematische verlieren. Kocb größeren Schwierigkeiten wttrde em solcher Versuch bei der GedSebtaisleistung begegnen. Büne fehlerfreie Arbeit witre hier gleicbbedentend mit einer Go* dächtnisleistung ohne Wiederholungen. Eui Unding! Wievi||| Wiederholungen sollte man bei Aufstellung einer solchen NomÜF

über Eiuzel- uud Geaamtleistuiig des Schulkindes.

329

grSße annehmen? Hier wäre der WiUkUr Tttr und Tor geSffiiet Weiter wttre za bedenken, daß mit Rttcksiobt anf die lelatir enorme Übnngsfittiigkeit des Gedaebtniflaea diese Ziffer 7analiel «ein müßte, in den Ferien eine andere als wübrend der Scbnkeit, gegen Semestersoblnß vielleicht eine beträchtlich kleinere als in der Mitte oder am Aufange eiuer Uaterrichtsperiode. In welcher Weise sollten aber alle diese Umstände eine Bertlcksic^btiguug erfahren? Man sieht, die Schwierigkeiten wUrden sich ganz unverhältnismäßig steigern. Als viel einfacher imd vielleicht auch weniger willkürlich betrachte icb daher den hier festgehaltenen Modus. Für ihn spricht auch noch der Umstand, daß er der im gewöhnlichen Lehen ttblicben Bewertmig der Arbeiten nahe kommt SoliUeßlieb durfte es meiner Anaicbt naeh bier weniger daranf ankommen^ welcbe TOD beiden Arten verwendet wird, als vielmebr daranf, daß aUen Bewertungen der gleiebe Modus zn Grande liegt.

n. Teü. yenuohBergebnlBfle.

Wir diskatieren in den folgenden 8 Paragraphen die bei der Siobtnng des Materials gewonnenen Tal)ellen. Zonäohst richten wir unser Augenmerk anf das zeitiiebe Moment, dann ziehen wir die Febleizabl in Betracht, um sebließliob einen Blick zn weifen auf die fbr die einzelnen Leistungen gewonnenen Qualitütaziffern.

§ 7. Die ZeitUbeUen.

Z.-t.^) I zeigt in senkrechter Anordnung 7 Hauptkolumnen, von denen die 1. die Namen der Vp. etc. enthält. Aus Kolumne 2 bis einscblieblich t> siud zu ersehen die Danern der einzelnen Leistungen in Minuten and Sekunden. Jede dieser Kolumnen führt in 2 Unterabteilungen, dnrch einfache senkrechte Striche geschieden, die Zeit für die Emzelleistung und die ibr zugehörige Gesamt- leistung auf. Kolumne 7 enthält die Summe der Zeiten für die yeisehiedenen E. und G., exkl des Diktates. Dasselbe mußte bei der Addition auagesebaltet weiden. Ein Blick anf umstehende Tabelle gibt AufUttrung. Wir finden für die Diktat-G. nur eine

1} Abküfsnag ftr Zelttabelle.

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300

Zeittabelle zur I. lieihe. Beibgang: Baaeh ud aebOtt.

Dil

(tat

mdl. Eechn.

Kumbia.

Gedächtn.

sehr. Hechn.

Gesamtzät

Vp.

Einzel .

Gesamtl.

EinzeU.

i

EinzeU.

a

0

0

EinzeU.

Gesamtl.

1

«) «>

EinzoU

i e

1712

1706

147

1025

1 1 PM

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27*

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1361

1

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1150

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16M

21«

155

1100

2700

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10*5

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Se.

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12*0

807

857

11»

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320

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3823

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19»

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1 10»

321*

1538 '

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160«

1815

61*3

45»

Durch- •BkaiUL Mt

1706

HOB

1

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1 13»

1

1

IS»

i_

11»

41«

27«

mV. 1

1

" "1

j 0- 1

000 321

4ifc,

Zeitangabe fUr alle Vp. Diese Uberragt nur mit 3 Ausnahmen an i Größe die Dauern der E. Diese EireeheinnTig: hat darin ihren Grund, daß bei der Einzelarbeit sofort nach Kiodemdirift einea Diktat- abflolimttea not dem VoiBpiecben weltefgeialiFen weiden komitef » ' während man bei dw G. geswnngen war, anf alle Sehtier sa warten. I^at&rHch mußten die Langsamsten die Zdtangabe gani I erheblieh beeinflnssen. Man hätte eben die znr Anfertigung jedes einselnen Abschnittes erforderliche Dauer fttr jedes arbeitende ludividuuiu gesondert feststellen und die vcrseliiedeiicu Angaben addieren mUssen. Wir werden daher in allen folgenden Zeit- und Qualitätstabellen die Diktate anssehalten nil^^'^on. Man kuiiute j allerdings, nm dieses Plu8 an Zeit au.s der (}. zu eliminieren, so Ter- | fahren, daß man den letzteren das arithmetische Mittel ans den E. za Grande legen wtirde. Doch käme in dieser GiOfie gerade das

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über EmzAl- mid GwtmtUiittmig dw SohnlUndes. 381

nicht zam Ausdruck, worauf es hier ankommt, dar fUufiaß dar Masse anf den Einzelnen.

Ein Bliek auf die Ziffom Torstehender Tabelle baMgt» daft 89,3 bez. 91,1% aller gelieferten 6. raaeber Tollsogen Warden als die E. ISne Anauhme (Se.) iii dnrob das Protokoll hinreicbeiid eikllvt: Yp. batfte aiob Teireefanet vnd merkte ent am Seblnue der AibeH, dafi ein Yeratoß yorgekoamen Min niiifite. Die Bevialon der ganzen Angabe nabm etwas mebr ab 3 Min. in Anspruch. Der g^esamte Zeitaufwand ist für die G. ebenfalls ein viel geringerer als für die E. Dies ergibt sich aus Kol. 7. Beziehen wir die Anzahl der kürzur vtrlanl\ ndcn Gr. auf die jeweils anter 1 Gruppe fallenden 14 G., «o ergibt sich in Prozentzahleu folgende Übersicht:

Z.-t. la.

Diktat

müudl. Kecliueu

Kombin.

Gedächtn.

Bchriftl.Recbntiu

Gesamtzeiten

«8,9

100|jO

86^7

78^6

Die Kombi natioDö-G. genießt den größten YorZQg.

Die folgende Z.-t I b gibt die Differenzen der Durchschnitts- zeiten, in Vo viQgtwertet Als Grundlage diente bei dieser Um- reohnnitg die Dauer dw E. Das Ulnna- oder Plnsaeieben besagt bier und flir alle Zukunft, daft die O. gegenüber der E. ün Vorteil (— ), bes. im KaobteU (+)

Z.-t Ib.

Diktat

mUndl. Bechnen

Kombin-

Gedächtn.

8cbrit'ti.Keohnen ,

Gesamtzeiten

—29,9

—89,0

—HO

—20,4

38,7

ffieraoB ergibt sieh ganz offenbar, daß die einzelnoi Qt. z* T. ganz bedeutend rascher yerliefen als die und dafi der Zeit- aufwand fflT alle 4 in Betraebt kommenden Gesamtarbeiten um etwa

'/s kürzer ist als die Dauern der entsprechenden E. zusammen- genommen. Am meisten unterliegt die Gedächtnisarbeit diesem Einfluß. Diese Erscheinung wird uns aiicb in eini<ren der folgenden Z.-t. begegnen. Gerade hierftir könnte \ielleicht iu der Art des Versuchöverlaufes eine Erklärung geaurht werden. Es ging in der G. nicht an, die Gedttobtnisarbeit stets zu kontrollieren

22*

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Angwt Mftyer,

wegen der Störung- So wäre der Fall denkbar, daß vielleicht einifjre Sohtiler srhon vor vollständiger Lösnnjr der trostellteu Auf- gabe beendigt hätten. Ich muß einem Bolchen Einwand von ¥om- herein aus verschiedenen Grttnden cnt^jegentreten :

1. Es fehlte durchaus nicht jede Kontrolle. Sowohl hei der £. als «aoh bei der 0. wude der eioe oder andere angefordert, das Gelernte hemuageiL Da ergab 8 Ich denn stete, dafi Beftarchtiin§;en obiger Art grandios waren. Überdies hätte aneh jeden Sehttler schon das BewnBtsem der HQglichkeiti kontrolliert werden sn können, Ton einem Versnehe, nnehrlieh zn sein, abgehalten.

2. Bei der Auswahl der Vp. wurde auch ihre Wahrheitsliebe berücksichtigt. Ich halte ehien Hctrug durum für ausgeschlossen, weil die verwendeten Schüler durchweg als ehrlich sich bewährt haben.

Anders steht es mit einem weiteren Einwand, den EintiuB der Übung betreffend, worauf ich weiter unten zu sprechen kommen werde.

Betrachten wir schließlich die mV.^) fttr die Durchschnittsleistiui' gen, so finden wir dorchweg, dafi fttr die G. das Gebiet der Sehwanknng nm einen Hittelwert ein viel enger begrenztes ist, als bei den Danem der £. Die Differenzen sind t. T. ganz betrSehtliehe. Dieselben unter Zngmndelegung der mV. flir die E. in <*/o um- gewertet, erhalten wir folgende Größen:

Z.-t lo. (mV. der Dorehsohnittsleistnngen.)

Diktet

mflndl. Beehnen

Komhni.

GedSchto.

■chrifti. Rechnen

I GeeamtMiten

- 1

—76,8 1 —60,7

38,3

-3ö,7 jj -47,6

Am dieser Tabelle läßt sich zweifello8 entuehmeu, daß in der Gesamtarbeit bei den einzelnen Individuen das Streben herrschte, zeitlich sich einander zu nähern. Daß diese üniformierungstendenz Yon Vorteil ist, geht daraus hervor, daß sie naeh der Biehtung der kürzeren Z^ten vorhanden ist, wie ja die geringeren Dnrohsehnitt»- zeiten der G. besagen. Somit ergab die Diskussion der Z.-t L

1. Die giOfite Zahl aller G. TerEef raseher als die E.

2. Den dnrchschnittliehen G. kommt eine kttneie Daner zu ab den mittleren E.

Ij Mittlere Variation.

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Ober Efazel- und OeMintleistaiig des SehnUdndee. 383

3. Die einzelnen Individuen zeigen bei der Massenarbeit eine beträchtliche Umfonnieniiigstendenz hiosicfatlich der Zeit.

Es liegt nim der Einwand nahe, daS ein gnt Teil dieser Er- gebniflfle dem EinflnBse der Obnng znznachreihen wire, da die G. naeh den E. Btatt&nden. Es könnte dies vielleicht ftr die Kom- hinaäons- nnd die Gedaehtnisarbeit zagegeben werden. Mflndliohes nnd eehrifOiches Rechnen scUoBsen sich an den Unterricht an, so daß also hierftlr Bedenken in We^all kommen. Um nun den even- tuell vorhandenen Ubnngseiuliuij einif::ermaßtii zu eliminieren, wurde in den spHtcren Reihen die Versuchsfolge umgekehrt: erst die G. und dann die E.

Zeittahelle znr IL Reihe.

Bedingung: Rasch and Bchün.

1 Diktat

mdl. Rechn.

Kombin.

Gedächtn.

1

sehr. Rechn.

Gesamtzeit

Vp.

^

'S

a S

O

N

a

3

a

S

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

*

§

s

Pa.

_

1

_

1

F9.

16»

8*1

760

106«

10

960

10»

29«t

31»

Bei

11»

343

622

857

1107

1900

26*1

XIL

12»

11»

10»

4"

930

1100

1200

88»

36»

OL

11»

206

441

935

22«

1

2400

U.

480

ö*»

600

1140

10»

86»

82»

Bn.

12»

'600

4%

10«

1215

23«

24»

Sehl.

19«

fit»

7ä7

702

858

il:

23*4

26»

Sehn.

11»

219

365

öoo

ö»

637

445

922

23»

^

Selnr.

Ifi»

700

941

10«^

10«

14*5

29»5

3421

8e.

16»

2n

8"

11«

932

31»

27«

Wv

1200

237

448

912

738

9«5

185«

271 '

Wi

18»

617

710

810

8^

900

2432

2^

Wa

. 1

16»

852

2'*»

6... ,

1012

10*5

1102

lö-'-s

30W

38«

KkÜttLI

IM i

6«i

700 , f

711

i

756 '

948

105«

26»

2828

id7.

V"

218

200 j

052

im

Die Zahl der Vp. betrug hier nur 13. HiuBiclitlieh der An- ordnung der Tabelle beziehe ich mich ftr diese und fUr alle folgen- den Zeittabellen anf die unter Z.-t. I pre^ebenen Erläuterungen. Diese Reihe wurde in den Osterferien 1901 angefertigt In nnr

oiy ii^uo uy Google

384

34,6% aller Fälle beansprucht die (j. eine ^erii^?ere Dauer al» die E. Di« folgenden Ziffern laaien ersehen, wie sich diese üksoheinong prozentual anf die einzelnen Gebiete Diktat ansgenoBuncn ~ verteilt Die FrozentMhlen sind aieh hier wieder bezogen mi die in den einzelnen CtoUelen gelki^Bften 18 Qt,

Z.-t Ua.

Diktat

mtindl. Rechnen

Kombin.

Gedächtn.

Bchriftl. Rechnen

GeBumtzeiten

80^

88^

IM

Am relativ günstigsten gestattet flieh das Resnltat fllr das mttnd-

liehe Rechnen. Hier ist jedoch zn erwägen, daß der Stoff im Ver- hältnii« zu den übrigen iVrbeiten von äußerst geringem Umfange war. Infoige des geringen Zeitaufwandes ist ea dalier möglich, daß dnrch Zufälligkeiten ganz minimale Differenzen entslrln n, dii ernstlich wohl kaum als solche zu betrachten sein durften. Es kann wohl erwartet werden, daß bei einer erentnellen Stoffmehmng das Re- sultat ftlr das mttttdliche Rechnen sieh älinücli dem ibr das schrift> üche gestalten wttrde. Sehen wir daher von der mUndliefaeo Beehen-G. ab, ao ergibt aiehi dafi die grOOte Ansah! von relsAr kürzeren Dauern der O. bei der GedAehioisaifoett ro finden ist

Die Dorchschnittszeiten ergeben durchweg ein fllr die 0. un- günstiges Besnitat Drtteken wir die Differenzen zwischen den durchschnittlichen £. tmd G. in o/o a^B) so halten wir folgende Überäicht:

Z.-t. IIb.

DikUt

miindl. Rechnen

Kombin. | Gedächtn. , schriftL Rechnen |

Gesamtzeiten

-

+8,0

+ 18,8

+ 10,4 j +11,2 Ii +11,7

Wir nntersnchen die Ergebnisse der II. Beihe in Besag auf die in den ni7. zum Ansdmok gelangende Unifoimiemngstendens. Die Differenzen der mV., in % umgewertet, eigeben folgende Größen:

Z.-t He.

1

Diktat ' niUndl, Rechnen

Kombin.

Gedächtn.

Bchriftl. Rechnen '

Gosamtzeiten

- j +100,0

-13,9

-9,8

+ 1083

; +20,1

1

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Uber Einzel- und ^hfm*^F*vte des Sehulkindefl. 386

Hier lUßt sich beim mUn^iclieu und schriftlieben Rechnen i\\r die Massenarbeit hiusictitlieh der Zeit ein doppelt so g^roßer Spielraum konstatier«!! als fUr di« E. £iae aokibe ErweUeraog des Gebieteia der mV. hängt nicht notwendig zusammen mit einer Zunahme derDwem der G. Dies lehrt die Tataaeli«, daA bei der KombinatiooB- and der Gedftohtiiuaarbeit trotz gr58erer Bwet der G. eine AbaaliiBe der mV., also das YorlaadeMdin ^iaer Unil^mieniigitadeitt m be- nerken iai, wenn auch nidit In so seliaiff r Aiu|Kriigiuig wie bei Keihe L iUiebe SnelMlnuBgen wordeft uns ttlKigoBB ia den folgenden Tabeflen noch Öfter begegnen.

Fassen wir die Ergebnisse dieser Tabelle snsammen:

1. Die Gesamtarbeit verlief in den meisten i: äUuu iaugäumer •dh die £.

2. die dnrohschmttUehe G. ist von gröUerer Jjaueor als die mitt- lere E.

3. Eine geiiagere Uniformiernngstendenz hinsiehtUcb der Zeit ist nur bei der Kombinatiomh und der Ged^obtnie-G. Tor- lumden.

. Woher diese den Eigebnieien der Z.-i I direkt mwidedavleiidieii Beanhate?

Die Steife waren Yon relatiT i^ieber BobwierigMti die Be- dingungen — rasch and schDn fhr beide Beibea dieieiben. ISne besondere BeeinflnsBung der Vp. durch den Lokalweehtel, der

bei dieser lU'i he vorfz^euommeu werden mulUe, durfte kaum stattgefunden haben. Die Beobachtungen dea: Msistierendcn Herrn und des VersiK ItsleiterB sowohl, als auch die Aiig:aben der Kinder ecbiielien eine solche Annahme aus. Außerdem findet ein solcher Einwand auch in der Größe der Zeitzifi'ern seine Widerlegung. £b läßt sich vielfach sogar eine Abnahme der Dauern, für die Einzelleistungen in große re m MaQe als für die G., konstatieren. Da die VenHiohe in der Ferienieit stettteden, könnte ein in- awisehen eiagefreftener Übnngsmaaeel als Unaehe dieser Ei^ aoheiaangan angesehen werden. Es ist mO^ch, dafi bei der einen oder anteen Vp., die eine besondere Disposition ftr Dbnngsab- nähme besitzt, dieser Umstand mitgewirkt haben mag. Dies gesehah aber sicherlich nur in sehr geringem Maße. Dafür sprechen ver- schiedene GrUnde:

1. Am meisten müßte dureh t meii solchen Übungsmanirel die Dauer des Diktates beeinflußt worden sein; denn dies ist doch

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336 Angiut Mayer,

in jeder Beziehun^^ iu titr markantesten Weise Sache der Übung. Jedoch ergeben hier die einzelnen Zeitziffem fttr G.-, E - und Dnrchbflinittgleiptuiii:* II i:( Lreiiiiljcr der 1. Keihe in den meisten Fällen ein minus zu Gunsten der 2. Reihe.

2. Aach die übrigen Zeitangaben zeigen in der 2. £eihe eher eine Ab- als eine Zonabme.

3* Die Dauern der £. mllftten aladami viel gi^Ber sein als jene der G., da die EinzeLarbeiten ent naeb den Mauenarbeiten angefertigt wurden und dann in der Zwiaehenzeit ein noeh giOBeier OlmngBrerlDat hlttte wirksam weiden mUssoL Gerade die Dnrehsebnlttodaner der E. aber ist bier ^e z. T. erbeblicb geringere als jene der G.

4. zeigt ein Vergleich der später folgenden FeLkrtubellen I und II, daß eine Veranlassung zur Auiuthme eines Ubungs- verlustes nicht besteht. Im Geg:enteil, die Fehlerziffem der II. Tabelle siud meist geringer als die der ersten.

5. Schließlich fand ja die Untersuchung schon in der ersten Hälfte der 19 Tage dauernden Ferien statt, so daß also ein merklicher Ubungsverlust noeh kaum vorhanden sein dürfte. Wenn bei raaneber Vp. jedocb in der Tat ein solcher wirksam war, so kann dies für die Gesamtheit enistlicb wobl nicbt in Betraebt kommen.

Es bliebe somit zur ErklSmng der Ton Tabelle I abwmcbenden Besnitate nnr noch eines ttbrig: der Hinweis daianf, daß zur Zeit

der Erholung infolge der zerstreuenden Einflttsse und des Mangels an gemeinschaftlicher Schularbeit die Kinder mehr ihre eigenen Wege gehen. Der Ehrgeiz seheint unter solchen Umständen nicht die ausreioheudc Kraft zu besitzen, die Vp. an- zuspornen, ihre Aulinerksamkeit in intensiver Weise auf die Auf- gabe zu konzentrieren. Dagegen dürfte der Einzehne in der Zeit der Erholung eine günstigere Disjiosition fllr Ablenkungen besitzen, wie sie in der arbeitenden Gemeinschaft wirksam sind. Daher wobl die Ersebeinung, daß die Gesamtbeit unter teilweiser Au%abe der UnlfonmenuigBtendenz BcbweriWger arbeitet als der Emzebie.

Ober Eiiuel' nnd GeBamdebtong des ScluiIkindeB. 337

Zeittabelle zur III. Reihe. Bedingnng: Bateh nnd scbOii.

Diktat

mdl. Rechn.

Eombin.

Gedüchtn. '

sehr. Rechn.

Gesamtzeit

Vp.

J

@

S

EinzeU.

Gesamt!.

Einzell.

Gesamtl.

EinzoU.

Gesamtl.

Einzell.

t

Einzell.

S

J

**

1400

16*

216

22«

7 -

82»

4«5

1650

1060

3352

a»i4

Tk

i

»

SU

536

6%

6«8

510

g«6

4/

900

2432

SB»

7«o

300 '

912

737

2322

17»

Hfl

«00

20«

300

708

4I8

11»

24»

8141

fit

IM

213

41«

5«3

550

j

800

535

2007

17»

Bi.

10»

2u

JE

4«6

55®

330

821

2137

16»

10»

1 10»

200

2t«

401

4»t

4u

907

20»

19»

Sehl.

70»

7U8

52«

31s

1151

1050

26*3

88»

SehiL

9W

Sil

SIS

: gao

6*0

701

10>o

2314

241s

Sehr.

12"

2i>

20»

6»»

706

323

1009

916

2202

22'*

Be.

, l»w

2u

229

6«8

857

213«

22^

Wa.

i 11«

6«s

IE

i 4?t

21s

7«5

19«8

20«3

Wl

2tt

635

82«

530

1120

10»

2757

24»

Wo.

IS»

GM

4>o

1847

12»

88»

l'arrh. Z«it

16»

j

214

i

ü

630 1 6IÄ

400 1

10»

8«o

24»

81»

1

121

0-,

1

200

1

"1

1

Die Ergebnisse dieser Tabelle stimmen im .wesent- lichen mit jenen der Tabelle 1 Uberein. In 58,9% aller Fälle zeigt die G. eine ktürzere Dauer als £. Die folgende ÜberBicbt gibt hierfür die einzelnen Frozentzahlen analog den Toriiergegaii- genen Duknsdonen:

Z.-t. IHa.

Diktat

mflodi Beehnen

Kombin.

QedSehtn.

aehriftt. Beehnen

Geaamtieiten

57,1

92,9

78,6

1 71,4

Auffallpiul ist hier das nnjrllnRti^jro Ycrhtlltuis t\ir die KoiuluTintioii. Hiertiber einiges: Zwischen der 2. und 3. Keihe lag ein Zeitraum Ton 3 Min. In dieser Zeit mag vielleicht die fonnale Seite der

338

Auguist Mtt^er,

EombinatiotuNUifgabe das Einkorrigieien der Wörter anf hekto- grapUerte Blitttor etwas fremd geworden sein. Mit Bttckaicht anf die kombinatorisebe IHttigkeit «elbet jedoeb Iftfit sieh ein

UbungBverlast uicht iiaclnveiseii, wenigstens stehen die ent- sprechendeu Fehlerziffern in Fclilertabelle III einer Bolchen AiiaaLiüe ent^rcpren. Ferner ist noch zu ervvä;;en, daß die G. vor der E. etatttand, für letztere also der hervorg:ehobeiie Ubnngrsmang-el im Hinblick auf die formelle Seite wohl wieder etwas ausgeghchen war. Desgleichen dürfte hier die etwas nngeaaue Zeitmessung bei der G. in Betracht kommen. Ich verweise nur auf die minimale iDifferenz 7m^7» Könnten wir alle dieee EinflOsBe eliminieren, wir müßten sweifelloa ein gttnstigerea Bild erhalten. Seben wir Ton der Kombination ab, so sind die Dauern der O. in 76,2% aller F&Ue geringer als jene der £. Eine Betrachtung der Dnrch- sehnittHaetten ergibt folgende Prozentzahlen:

Z.-i mb.

Diktat

mUndl. Kechnen

Kombin.

Gedächtn.

Bchriftl. Bechnen

1 Gesamtzeiten

-6,6

+ 14,0

—83,6

-12,7

1 -11^

Abgesehen von der Kombination, verliefen die Dnrch- scbnittsmassenleistnngen rascher als die mittleren Einseiarbeiten. Die Gedächtnisleistang ist anch in Tabelle Illa nnd b gegenüber den anderen Gebieten beTorzogt Ebenso ist anch die Zeitensnmme ihr die Hassenarbeit eine geringere als jene flir die E.

VolUtäudig libereiuRtimmend mit Tabelle I zeigt 8ich durchweg das Vorhandensein einer Uniformiernngstendenz hinsichtlich der Zeit, wie nachstehende prozentuale Differenzen der mV. beweisen.

z.-t. me.

Diktat

mlladl. Bechnen

Kombin.

G«dXchttt.

•chriftL Beelmsn

Oesamtseiten

24,2

38,3

23,8

23,9

Anch beim mündlichen Bechnen ist ein, wenn anch nur geringes Anpassnngsbestreben in der €r. vorhanden, das aber dnroh die Anfrandnng der Zeitsiflfem etwas verdeckt wird. 0ie einge- klammerte Zahl gibt das genanere Ergebnis.

Digitized by G

über Einael- und OeumÜMaag des SehnlldiideB. 939

Fassen wir niin die £rgebiu00e der Z.-t I und m zusanmieii: Im ganzen wurden, abg^esehen vom Diktat, iu beiden Reihen 112 £. und 112 Qt, geliefert In 74,1% alier Fälle verlief die G. raseher aU die EL Die enispreehenden Prozenteahlen Air die Tendnedenen Gebiete imd fUr die Gesamtieiien aind:

Z.-t nid.

Diktat

mtlndl. Rechnen

Eombin.

GedSchtn.

Bchriftl. Rechnen

Gesamtzeiten

76,0

63,6

89,3

78,6 II 86^7

Eine Zusammenfassuu^; der Differenzeu der Durchschnittszeiten (Tabelle Ule) und der mV. (Tabelle Illfj in beiden Tabellen ergibt in Frozentzahlen folgende Übersichten:

Z.-t. Ule.

Diktat

mflndL Rechnen

KombiiL 1 CktdXcbtn.

■ehrifU. Rechnen || floiamlMitm

-1

-17^

z

-38^ .-t Ulf.

16,6

1 —92^

Dikut

mUndl. Rechnen

Kombin.

Gedächtn.

schriftL Rechnen 1

Gesamtzeiten

—88,9 (-3»,7)

48,5

38,3

-29,8

-86,7

Aus beiden Tabellen ergibt sich somit:

1. Unter der Noruialbedinguug rasch und schön verlaufen die meisten G. rascher als die E.

2. Die Durchsehnitts-G. sind von ktlrzerer Dauer als die -E. B. Bei der Massenarbeit ist auf allen Gebieten eiuo zeitliche

Uniformierunp:stendenz vorhanden, dieselbe kommt anch in den Gesamiaeiten anm Dorchbfueli. 4* ReiatiT aa gUnatigatoa ist die Massenkistaig der Ge- d&chtnisarbeit

340

Aigwt Xayer.

Zeittabelle zur Keike:

Diktat sdLBediB., Kombin. GediehbL 'Mhr.Beeha.. GeMutieit

1

'S

B . m 0

0

J {

1

a

m

m

o

'S

. &

CS

m

e

C

5 m m

0

e

K

i ^

'S

H

ja

'S

3 m m

0

0

Fl*

10»

21» .

8"

Od« ö»

,14»

12»

p

12» 1

t38»

4 Am»

13»

I

ö»

'

|10«

11«

w"

n 1

He.

1 1^

'

.

,

8n

'

11»

30**

MIL

Ii*

817

,

10»

12«

32»

34*

Ot

16»

i

6u

1 70«

10»

24»

24«

BL

10»

» 1

j

4w

6«5

6*5

15»"

Bit.

la»

» 1

304

635

10»

"S

10« [

28»

Sehl.

19»

1

11»

32»

14»

«

330

455

ff»

31

10»

2262

£7«

Behw.

16»

20t

5"

^

21»

8«.

17»

10»

10»

I

31»

W«.

18M

2tT

240 j

518

603

8«o

21»

WL

11»

400

8u>

10»

1^

2ö««

Wo.

18»

'S

9M

11»

18»

38a

31«

J>ttrcb- SMt

14»

21»

10»

27»

87«

mV.

!

(24,ö"i

' 137 1

113

1

210

123

r "

1

140 j

Hut tritt miH ein wesentlich anderes Verhalten der Vp. ent- gegeu. in nur 41,1% aller Fälle j^estaltet sich das Verhältnis zu Gunsten der Massenarbeit Die folgende Tabelle stellt in o/o dar, in welchem MaBe die einzelnen Gebiete an dieser Ziffer betoUigt Bind.

Z.-t

Diktat

mtindl. Rechnen

Kombin.

Gedächtn.

schriftl. Rechnen

1 Gesamtseiten

42,9

21.4

67,1

42,9

Am günstigsten war demnach auch unter dieser Bedingung (recht schön und laugsaui) die Massenarbeit der Gedachtnisleistung^

1) T«b. IV b folgt spftter. Sie ist tm der 1. KontroUreihe gewonneii.

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über Einxel- nnd Cteatteistitiig de« SchnlkiiideB. 341

am aagUnstigßten hinpregen der Kombination. Tm allp:euieiueii lassen Yorstehende Ziffern einen sicheren Sctilaß nur mit Kücksicht anf die kombinatorische Leistung zu. Auch eine Betrachtung der Durchschnittszeiten (Tabelle IV d) legt dies nahe. Die Differenzen sind s. T. recht geringe. Eine Aosoabme bilden Kombination nnd Gediebtnis. Bei ersterer entstellt eine größere Zmtdiffeienz zn Un- gunsten, bei letsterem dagegen zu Gunsten der 6. Die folgende Tabelle eatlüUt die Differenzen der Zeiten fttr die Durchschnitts-G. und -E. in Vo-

Z.-t IVd,

Diktat

rnttndl. Seehneii | KomUii.

Oediehtn.

sehriftl.Bechnen

GesuntsEeiten

-6,6 1 +14,8

-9,6

-2,2

1 0,8

Hingegen besagen die mV., dafi anch nnter dieser Bedingung

bei der G. eine Uniformieningstendenz hinsichtlich der Zeit sich geltend machte; ausgenoiimien ist nur das schriftliche Rechnen. Ein Grund hicrftlr lieert vielleicht m der Annahme, daß, auch die Arbeiten zeif^ten, der Sauberkeit der l)arrtt<'llun«; ein l)esondere8 Augenmerk geschenkt wurde. Die Differenzen der mV. in % zu- sammengestelt ergibt folgende Übersiebt:

Z.-i IV e.

XKkttt

mfindl. Beehnen

Kombin.

GedXehtn. | schrifU. Reehnen

|G«Btm1seiten

0,0 (-2,0)

—39,0

+ 20,6

j -40,1

Die eingeklammerte Ziffer beim mttndliohen Rechnen ist eine genanere Angabe onter Berttcksicbtignng der in Tabelle IVa ein- geUammerten GrOfie. An&Uend ist aneh hier wieder die bevorzogte SteUnng des Gedlebtnisses nnd die Tatsache, daß in den Gesamt- selten die Annftbeningshestrebnng in der G. am schärfsten sieh ausprägt

Bevor ich die Ergebnisse zusammenstelle, achreite ich, nanieut- licb wegen der etwa« sehwaukenden Resultate iu Tabelle IVa, zur Betrachtang der Zeiten für die Koutrolireihe IV b.

342

Angast Jfajer,

Zeittabelle zur IV(b) Beihe.

Bedingung: Recht sohOn und iaugeuun.

inj

litt

mdl.]

ieeim. i

Kombin.

Gedi

ientn.

1 scnr. .

Seeon.

G«ni

IBtult

Vp.

a

•9m

I*«

-4-»

i

1

Einzell.

-4-»

s

o

N

9

«

J

Einzell.

a

OS

s

' S

i

Einzell.

Gesamtl

...

Bü.

UM

23»

217

300

11"

1100

731

830

10"

18«

31»

Do.

10'''

23«

810

12»

12*5

906

1110

19«o

34»

43»

Dre.

*

2w

210

636

630

10«8

913

10»

1156

2900

29«

Eb.

*

23«

2«s

1104

907

gas

1006

im

3250

35a

En.

*

300

9S0

I315"

1730

1003

IÖ21

1&'>«

iß»

Gr».

123«

*

2*1

222

12«o

1330

18«

6**

1330

20^"'

4704

42«

He.

16»«

239

1400

1185

10«

1430

2530

42*»

Ku.

1106

203

213

9*0

92a

912

1700

2710

38«

Re.

1456

23«

616

750

9?7

6«»

1415

1930

32«

36«

Scho.

1521

IM

702

"50

1333

830

800

12M

3031

1744

IM

12«

9*0

1010

39«ß

39H

Su.

13»

!

301

2*0

6*5

12*0

830

1418

1^

31»

43»

Tr.

1302

200

330

744

700

606

700

11«

1300

270»

80»

Wi.

13«

8"

1

1030

11««

6^

1061

1410

36»

33»

Zeit

14»

1

23»

230

23«

853

1031 ;

10«5

8«2

11»

leoa

3S«6

mV.

OB

1

2M

j

9M

1-1

4S0

Vor allem sind hier anffallend die in einigen Fällen vertiältni»-

mäßig großen Zcitziileru uameutlich fUr scbriftliches Rechiieu tmd Kombinatiou. Darnus ist offenbar anf das Vorhandensein eines Übuiie:smangels zu schließen. Daß Bieli letzterer nur -.mf die teehuisehe Seite bezieht, beweisen die reh\tiv geringen FehlerzitVem und die ziemlieh niederen FehlerdureliBciinitte. Die Unachen dieser Ersoheinangen durften TielKcht folgende sein:

1. Die Beihe IVa fand gegen Sehloß des Sehuljahres ihre Erledigmig, su einer Zeit also, in weleher in fonneller Hinsidit die Sehttler natugemüB einen yiel höheren Grad Ton Übung be- sitzen als im ersten Trimester des nenen Schu^ahreB naeh swei- monatlicher ünterbreehnng des Unterriebtes. Diese Vflnnntnng legen auch die lioiien Diktatzeiten nahe.

2. Eine andere Ursache liegt, namentlich für das schriftUehe

L.iyui^L.o uy Google

über Eiaxel* und Oemmtleistinig de« SelmlkuideB.

343

Beoimen, im Unterriohtobetrieb währcMid den ersten Vierte^ahres* Hier trat im OtgeaMti zum Sehlnfi des SommersetDeflterB die schriftliche Arbeit bedeutend snrttek. Im Vordergrande stand die Lehre von den gemeinen Brüchen, welche ans methodischen Gründen der Hauptsache nach nnr mttndHche Behandlung fand, läne Belraehtnng der Zeiten ergibt, daB die Bedingung »recht Fichön und langsam« im allgemeinen der G. ungtlnstif; war. Nur 32,1 o aller Massenarbcitcü sind vou küizerer Dauer als die ent- sprechenden £. Im einzelnen ergeben sich folgende Größen:

Z.-t IV f.

mtat

mfindL Beohnen

Kombin.

Gedichtn.

se]iiiftl.Beeh]i6ii|

GeMiDtieiten

60,0

28,6

67,1

0,0 !

28,6

Obenan eteht anrh hier wieder das Gedächtnis.

Die DurcbHcliiiitts/.citen für die M;^•^'^e!11♦*i^itullgeu Uberrageu, GedfiohtniB ausgenommen, an Größe die E. Folgende Tabelle gibt die Differenzen in %:

Z.-t. IVg.

Piktat

milndl. Bechnen

Kombis.

Gedächtn.

8cluriftl.Bechneu|

GeBamtzeiten

+ 2,7

+ 18,4

+S7,8 1

+ 12,0

Die Differenzen der mV. werden durch nachfolgende Prozent- großen angegeben:

Z.-t. IVh.

Diktat

mtindL fiechnea

Kombin. | Gedächtn.

schriftl. Rechnen | Oeiamoeiten

-88,0

+ 0,8 1 —60,3

+ 26,0

1 -16.1

Die geringe Differenz + 0,8 kann wegen der nngenanen Zeitp bestimmnnrr für die G. kaum enratlieh in Erwägung kommen. Im

allgemeinen Gesamtzeit, weisen die:?e Zilicru das Vorhandensein einer Uniformierungsteudenz nach. Die günstigste Stellung kommt wiederum der Gedäclitnisleistnn;!: zu.

Ziehen wir Tabelle IVa und IVb zusammen, 80 sind nur 36,ö<'/o aller G. ?on geringerer Dauer als die E.

Für die einzelnen Qebiete gestaltet sich das prozentnaie Ver> hiltnis folgendermaßen:

üiguizeü by Google

344

Z.-t. IV i.

Diktat

mUudl. Hechnen

Kombia. i Gedächtn.

8cbrifU. Rechnen

1 Gesamtzeiten

46^

25,0 j 67,1

21^

Wir Itogen noch 2 weitere Übersichten an^ welche die xnitÜeieD Differenzen der DnrchBohnittBleifltongen (IV k) vnd der mV. (IV 1) filr beide Reihen enthalten:

Z.-t IV iL.

Diktat

mUudl. Kechnen

Kombin.

Gedächtn. j acbrifti.KecUuen ^

Gesamtzeiten

-M

+1M

14,4

+ 17,8

+ 6,6

Z.-t, IVL

Diktat

mttiidl. Bechnen

Kombin.

OtdSchta.

scliriftLBeehiieii

flOMIHtlBHäli

14,0 (-16.0)

9,9

49,7

+ 28^8

Hiemns ergibt sieh:

1. Die größte Zahl aller G. mlief langsamer als die ent- sprechenden £.

2. Die Dnrchschnittoleistnngen in der Gesam^it stehen hin- sichtlich ihrer Dauern Uber den mittlereu E. Ansgenommen hiervon ist dan Gedächtiiia. Die geringe Differenz lür mlmdliches llechncu kommt kaum in Betracht.

3. Trotzdem ist eino Uniformierung6tend«'n/. hinsichtlich der Zeit vorhanden, aus^^enorinnen schriftlicheö Kechuen, für das tlberbaopt in beiden Tabellen die zeitlichen YerbältnisBe in der G. nngQnstiger gelagert sind. Ein Grund dafttr mag vielleich in folgendem liegen: Bei den Übrigen Leistungen, sovohl den £. als anch den 6., sogen die meisten Schiller ihre Hüfblinien ans freier Hand. Bei der 6. anter dieser Bedingung ?mrde auf- fallender Weise yon allen mit einer einsigen Ausnahme ein Lineal hieran benutzt, wodnrch natorgemüß VerxGgerungcn ein- traten.

4. Die Massenarbeit übt auch unter dieser Bedingung in lUk'kriicbt auf Dauer und üniformierung'stendenz auf die Ge- dächtuiBleiötuug den günstigsten Einfluß aus.

üiyiiizea by Google

über Einzel- und GeeamtleiBtimg dos Scholkindefl. 345

Zeittabelle snr Y(a). Reihe.

Bedingung: Eecht imcIl

1 f

Diktat

mdl. Beohn.

Eombin.

G«d]lehtii.

Mhr.B6e]m.

GoMmtMit

1

Vp.

1 1

, Einzell.

s

es

OD V

O

Einzell.

O 1

Einzell.

1

•s

o

p3

Gesamtl.

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

a

es ao

^ - - Fa.

■'■ ' ~ 1

1184

148 1

701

440

800

935

20»

80»

Fö.

11»

150

406

81«

445

60«

1700

81«

TT i

He.

1 11

1*'

488

Cr*

eng

14»

MO. *

>

210

21

35t

411

lOlT

7>o

SO»

18»

iVl. 1

i2

■1

ii!

8*0

788

680

14M

16»

Bi.

610

1406

IMS

Btt.

Sehl.

832

IM

185

400

588

350

307

71s

733

1706

17»

SduL

810

iw

400

1610

Sehw.

119

400

486

280

700

14»

18»

8e.

11«

fioo

880

18»

18»

Wt.

8tt

400

810

400

680

16»

16«

Wi.

i

fiBO

704

18"

17»

Wo.

11«

210

218

10»

i960

24«!

Dvrcii- Mknittl.

i ^

UM

14T

400

8**

407

784

711

16»

18«

1-

Ott

104

105

1*0

202

Katurgemäß treten hier und auch in Tabelle Vb verhältuismäßig kleine ZeitzifTem anf.

Für Heihe Va 8tanden nur 13 Vp. znr Verfügung.

Nur in 46,2% aller Fälle beanapmcheu die G. eine kürzere Dauer als die £.

Hiervon cntfaUe& auf die einzelnen Gebiete in % ^ za- gehörigen 13

Z..t Vc.

Diktat

mündl. Rechnen

Kombin.

Gedächtn.

schriftL Rechnen i< Gesamtzeiten

48^8

7.3

88,6

81,6 II 80,8

Aaeh die DareliflchnittaBelten xeigen nur in 2 FäUen eine geringe Differenz zn Gunsten der Uassenleistiing, die aber in den Gesamt- sdten wieder Tersebwindet» wie folgende Tabelle angibt:

lidlr Ar PafflhAlo^ l 28

Digitized by Google

846 Angort lUy«r,

Z.-t. Vd.

Diktot

miindi Rechnen

KombÜL

(iedäcbtn.

scbriftL Beebnen

Gesamtaeiten

-8^

+ 103

-a,9

+ 7,1

Die folgende Übersicht enthält die prosentnalen Differensen der mV.

Z.-t Ve.

DikUt

miiudl. Kecbueu

koiubin.

Gedächtn.

Hcbriftl.liechneu , Geaamtzeitea

1

^48,9

+ 18»,S

-17^

+ 7.7 > +19,7

Die UnitbrmicruQgätcndcQz fehlt TollBtändig iu der Kombination und im schriftlichen Rechnen.

Zur Stutze dieser ErgebniBse diene die nun folgende Tabelle snr 2. KonlroUieilie.

Zeittabelle zur V'b . lieihe. Uediuguüg: Kecht rasch.

II Diktat

mdl. Beehn.

Komhin.

QedichtD.

■ehr. Reehn.

Gesamtseit

Vp.

1 ^

' Gesamtl.

Einzell.

Einzell.

1

'S

S

ea

1

a

1 1

Einzell.

a ««

OB

£

1

1

0

BU.

[ 7**

10*5

219

222

622

lOao

11S2

' 26<"

28«t

Do.

1 9^

150

4.%

731

635

1 74B

929

21*^'

23»

Die.

j 10^'

140

4^

608

4(8

647

'

9*0

1 18<«

24^

Eb.

! 10*2

539

335

622

700

1 171«

Iff"

En.

102»

200

; 60«

744

900

1 1038

lÖ"

1 26«

29»

Grä.

1008

2«2

: 6w

70a

1113 ^

12»

11*

282^

321»

He.

&T9

230

340

6»o

640

10»

15»

233

Ka.

15-

4(0

710

738

610

10»

18»

27«

Kc.

815

l-n

240

4tö

41:.

706

10*0

13«

22»^

27«

831

41»

833

"eis

8*7

24»

21«

So.

9«9

142

1.V»

607

608

629

II"''

942

240^

24«s

Su.

1152

200

6«*

13»

12«

26»

2414

Tr.

801

2t2

616

4&5

1010

lOrr

23«

22**

Wi.

749

»

207

142

503

60^ j

760

912

19»

225t

Darch- ■chnittl., Zeit

9üo

10«

165

208 ,

453

,

702 1

923

10"

22«

-

mV.

1

0«T

^ j

Ott ^-

^kj-.i^uo uy Google

über Eiasel- und Gemntleiitmig des Sclmlkmdee. 347

'Sür 32,1 aller Gesamtarbeiten Bteben hinsichtlich ihrer Daaern unter den entsprechenden E.

Für die eiuzelnen Gebiete ergeben sich folgende Frozentzahleu:

Z.-t Vf.

Diktat

mttadl. Bechnen

Kombin.

scbrifU. Bechnen '| Gesamtzeiten

42.9

14^

36^7

96,1 1 SM

Hier 7,ei^ Bich, genau wie in Tabelle Va, daÜ fUr die K.ombi- nation sich die ungünstigsten Resultate ergreben.

Sämtliche Durchachnitts-G. weisen gegenüber den -E. ein Plus auf. Dies in % atugedrttckt ergibt naehatehende Obersioht:

Z.-t Vg.

Diktat

mtlndl. Rechneu

Kombin.

Gedächt n.

schriftl. Rechnen

Gesamtzeiten

+ 9,6

+ 17,1

+ 13,1

+ 9,6 ,

1 +18.1

Anch hier liegen, wie in Tabelle Va, die YerfalUtniMe ff^t die Kombinatioii am vngiliisfeigtteii.

Ferner zeigt flidi hier in viel anflgeprilgterem Mafie alg in Tabefle Va daa Vorhandensein einer zeiflleb aniformierenden Tendenz, wie folgende Übemieht» eallialtend die {ircneiftBelen

Diflferenzen der mV., beweist:

Z.-t Vh.

Diktat

mttndl. Bechnen

Kombin.

Gedächtn.

schriftl. Bechnen

Gesamtzeiten

0.0

+43,8

48,0

89,7

(-3,1)

Knr die kombinatoiiflolie Tätigkeit TerhXh zieh gegenüber dem uniformierenden Einflaß in beiden TabeUen darchaaz abiebnend.

Eine YerBelmiehEang der Tabellen Ya and Yb ergibt, daß nnr 85,2% «Uer 6. eine kttneie Dauer znkommt als den ent- sprechenden E.

Für die cinzelueu Gebiete ergeben sich lolgendc Frozentzahlcu:

23*

348 Angnst Mayer,

Z.-t Vi.

Diktat

mttndl, Reohnen

Kombtn.

OedltobtiL 1 0oluifll.Beclinen j Gesamtseitei

44,6

11,1

37,1 [ 48,5 1

26,9

Ich lasse dc8 weiteren folgen eine Angabe der mittleren Differenzen ftlr die DaiehschnittBleiBtungen (Tabelle Yk) and fkir die mV. (Tabelie VI), gewennen m den T«belleii Ya und b.

Z.-t Yk.

Diktat

milndl. Bechnen

Kombin.

Gedüchtn.

schriftL Rechnen jj Gesamtzeiten

+ 1,8

+ 22,7

+ 113

+s,ß

+«,^

Z.-t. YL

Diktat

mUudl. Eocbuea

Konibiu.

Gedächtn.

Bcbriftl.Eeclmen|

Gesamtwiten

20,7 (-22,3)

-hm

ao,6

-16,9 1

1

Hieraus folgt:

1. Die racisten G. sind von größerer Dauer als die E.

2. Die Darohflohnitto-G. Terlanfen langsamer als die -E.

3. Auch unter dieser Bedingmig ist eine s. T. nioht imbe- dentende Uniformierongstendenz himiiefatilieh der Zeit tw- banden, anigenommen Kombination.

4) Die nngUnstigste Stellong nimmt in jeder Benehimg die komliinatoriiciie -Tlttigkdt ein.

Zusamm enfassung.

In folgendem fa^seu wir die Erge))ui8se nnserer Zeittabellen kurz suBammen. Zunächst gebe ich der Übersicht halber 3 Ztt> Bammenstellnngen. Dabei sind die unter den gleichen Bedingimgen stehenden Tabellen I nnd m, lYa nnd b mid Ya nnd b mitein- ander vereinigt

Die Obereiehten enthalten:

a. die Angabe, me viel Froient der G. Ton geringeren Dauern sind als die enfspreehenden E., sowie die pro- zentuale Verteiluug dieser Fälle auf die eiuzolneu Gebiete (Tab. YI}i

uiyiii^ed by Google

über Einzel- und Geaamtleidtang des Scbolkindes. 349

b. die DarsteUniig der Zeitdifferenzen swisdieii den Dueb- sebnittfl-G. imd -E., ebenftUs in Fvozenten aoBgedrllekt

(Tab. VH);

c. eine Angabe der Differenzen der mV. in Prozenten (Tab. Vm).

Zeiten-TabeUe VI.

1

a = -

CJ -2

0/ 0) a

11=:^

Dikt:jt

B

a c

a

a

o

»5

a c

L u. III. Kt'ihe.

Bedingung: Biach o. AehOn.

1

76,0

63,6

89,3

78,6

85,7

IL Reihe. Bedingimg: lUech n. aebOn. {

34,6

1

1

1

3().8

38,.ö

23.1

1

15.4

1

NB. Angefer- tigt ivHliteikd

der Ferien.

m tt. m Beihe.

Bedingung: Be«b£ schüu a. I&ngs&m.|

37,6

46,6

26,0

67,1

21,6

1

35.8

1

Va u. Vb Reihe. Bedingung: Keclit ra«cli. |

3.5.2

[ l

ri

44.6

1

11.1

37.1

1

4ö,ö

86,9

Zeiten-TUieDe VIL

Diktat

mdl.

: Rechnen

1 1

Kombination

1

1

'S

5 O

*~ a

1

t 0. III. Reihe.

BediurtTn?' SASch und feiciiün.

1

17,ö

12,5

-38,0

t

16,6

22,6

TT Reihe. Raseb ond ■«h9n.

+ 8,0

4-13,2

+ 10,4

i

+ 11^

1

1 + 11,7

NB. Aurr-fpr- tigt währe üd der Ferien.

IVa u. IVh Reihe. BMIlißimg: Recht 1 ■ifeO»«. UuigMm.|

1

-1,4

+ 16,6

14,4

+ 17.8

1

+ 5,6

fli S. ?b IMhe. 1

+ 1,8

+ 22,7

+ 113

+ 8,6 !

+ 9,7

oiy ii^uo uy Google

35U Angntt Msyer,

Zeiteß-Tabelle MH.

1

MM

Q

2

1 1 1 i ii

1

Jl 1

lo 1

Biieh nnd «x-hon.

( 1

l~

- 39.7

-883

1

.-86,7

a B011W.

BediDininff: Baaeb mul sehOn.

1 1

-i+ 100,0; -la,» 1 i 1

1

NB. Angtftr-

tigt während der Feries.

IVa n. IVbBeihe.

B^dintrnnfr Rocht •cbdn n. laofi^am.

-14,0

-»^

4»,7

+ 28*8

87,6

n \'L Reihe. ' Recht raach. j

i

-20.7

- 22,3J

+ 80,6

1

30,6

16,»

1

i-1.7

Aus diesen Talielleu läßt sich entuehmcu:

1) Stellt man uuter normaleu Verbältmösen , d. h. in unserem Falle während de» Sdiuljahres, deu Vp. die Aufgabe, verschiedene Arbeiten rasch und srhun zu voUeiifien, so verläuft der grüüte Teil der G. rascher als die E. Die Bedingungen »recht schön und langmm« und »recht rasch« verzögern dagegen die Dauern weit- aus der meisten 6. gegeDllber jenen der E. and zwar im 2. Falle mehr als im 1. Ungniutig ftr die im Veigleich aur £. ist die Zeit der Erholung. Veigldiehe hieran Tab. VI, aeokieohte EoL 21 DaBBelhe Reanltat ergibt dch hinsiohtlieh der Gesant- seitea bei einer Betmohtnng der Kol 8 in gleicher Tabelle.

2) Die relativ grOBte Zeitdifferenz sn Onnsten der Darob- 8('hnitts-G. ergibt sif;h unter sonst normalen Verhältnissen bei der Bedii»^uiig »rasch und schön«. Sehr unregelmäßige Resultate in dieser Beziehung werden erzielt unter der Bedingung »recht schön und langsam«. Dap:r-i u verzögert sieh unter der Bedingung »recht rasch« und zur Zeit der Erholung die Dauer der durch- schnittlichen G. g^nttber jener der mittleren £. Vergleiche hierzu Tab. VIl!

3) Im allgemeinen darf aaf das Vorhandensdn einer seitlichen Uniformiemngstendena in der UasBe nnter allen Bedingungen ge- sehloasen werden. Die Zeit der Erhehmg lOst hd der Beehen-0.

uiyiii^ed by Google

über Eiinel« und OMamfleigtmig des SclnilkiBdm. 3&1

diese Tendenz auf. Ebenso verhält sich dem nniformierenden Ein- fluflfle der Ma^se geirenUber ablehnend die schrifUiolie Bechen- leistDog nnter der Bedingung »reeht sehOn ond langsam« nnd die Kombinationsarbeit unter der Ati%abe »reeht raseh«. Yeigleiehe bienEQ Tab. YIII!

4. Die gegenüber den anderen Arbeiten weitans gflnstigeten Besnltate ergeben sieh in zeitlicher Hinsicht fttr die Gedlohtnis- massenleistun^en. ZiemHeh nni^KiDsti^ dagegen wirkt die Arbeit in der GcBauitheit auf die Dauer der kombinatorischen Leistuii<2;

Beztlerlich der Erklärung dieser Erscheinungen verweiBe ich auf den Deutung^fäiverRuch in § 10.

Hiermit allerdings wäre ein Vorzug: der G. g:efj:enUber der E. eigentlich noch nicht festgestellt. Im Gegenteil wären diese Re- sultate TOn sehr fraglichem Werte, wenn der Verkürzung der Arbeitsdauem in der Gesamtheit eine Erhöhung des Felderquan- tnms parallel ginge. Deshalb legte ieh mir die Frage Yer: Wie ▼erhSli sich nnter den yerschiedenen Bedingungen die G. gegen- über der E. im Hinbliek auf die Fehlerzahl? Diese Frage soll in dem folgenden Paragraphen ihre Beantwortnng fmd^.

§ 8. Die FehlerUbeUeni).

Wir werden bei der Diskussion der folgenden TabeEen in der- flelben Weise yerfahren wie bidier. Bezüglich der Einteflnng der Tabellen gestatte ich mir auf meine Erörterungen zn den Z.-i zn verweisen. Eine geringe Änderung tritt bei der Besprechung in- sofem ein, als wir nunmehr auch das Diktat mit hereinbeziehen.

(Vgl. die FeUertabeUe I auf aiehiter Seite.)

74,3^ aller G. weisen niedrigere Fehlerziffern auf als

die entsprechenden E. Beziehen wir dies uuf die einzelnen Ge- biete, so erhalten wir, in Prozenten der jeweils zugehörigen 14 G., folgende Übersicht:

F.-t. la.

miindl. Kechnen

Koinbin.

, Üeda^jhtn.

Bchrifil. Rechnen j

Gesauitfehler

nA

64,3

'»,6

1 85.7

j 8ö,7

1 (100,0;

(100,0)

1) Ia Zukimft «bgekttnt: F.-t

Digrtized by Google

I

d52 Aiigi»k Mayer,

Fehlertabelle zur L Reihe.

Bedingung: Kasch and schüii.

Diktat

mdl. liechn.

Kouibia.

Gedüchtü.

fchr. Recliu.

Ge&amtfelüef

Vp.

.

'S

a 1

i ;

'S

-s ;

N

M

S

et

'S 5

1 1

a J

S

o 1

1

OB

c

ä

1 s

Fa.

16

9,75 1

6

23

12,6

64

"21""'

4,76

2.6

101,70

51.75

Fö.

11,6

5.25 ]

3

4 i

14,5

13,5

63

95

8

3.25

90

121

He.

11,6

7,6

>^ 1

2,6

2

22,6

12

60

40

6,76

0,75

93,25

MH.

26.6

21,75'

6

5

23

36

26

20,25

17,25

111,76

84.5

Ot

12,5

13,5

6

6

26

15,6

25

17

8,76

8,25

76.25

60.25

Rt.

2.^.25

13,26

4

2

17

11

41

22

5,26

6

92.5

54.25

Rn

14,20

15.5

5

3

16,6

11

23

15

11,6

6,75

69,25

51.25

Scbä.

lö,7ö

11,5

4

6

8

10,5

45

19

9,6

3,25

82.25

50,25

Sehn.

7,26

1,75

4

3

2

3,5

26

26

10,26

2

49,5

36,25

Schw. :

4,26

4^

5

5

7

9

101

30

3,5

4

120,75

52,ö

Se.

3,5

3,6

2

6

19

13,5

43

41

6,26

3,75

72.75

67.75

Wa.

1,5

5,5

6

3

11

4

26

20

22,76

3.75

66.25

36,25

Wi.

16,26

9,75

6

2

22,5

13

36

81

3,75

11,75

83,5

117i5

Wo.

16

12,6

6

«

IS

18

80

60

1

7.

9

127,5

95^

Feb)er-

durcb

Khnitl

12,9

9,7

4,4

4,2

16,4

11,5

i

1 45,6

3.,.U

9,1

5,9

88.4

67i

mV.

' 4,3

1 ^'^

11 ^'^

, 15.7

18,2

1

1 i 17,0 j

34

Die eingeklaiuiüerten Ziffern werden erhalten bei Abznp: zweier Gedäcbtuisleistimgen, die ganz enorm p-oße Ziffern aut weisen (Fö. und Wi.). Die Ursachen dieser Abweichiingren sind nn- bekannt. Am yorteiiiialltestea sind die Gedächtuisresuitate (?er- gleiche die Z.-t.!).

Die dnrchsohnittlicben 6. zeigen gegenüber den mittleren E, XQin Teil ganz bedeutende Beaseningeni wie folgende Tabelle be- weiit, In weleher die Differenzen der Fehlerwerte In Prozenten der E. dargestdlt sind:

F.-t Ib.

Diktot

mttndL Beohnen

Kombin.

GedlobtiL

sciirifil.BeeliaeB

1 Gemntfthler

24,8

-4,6

29,9

21,3

—86^

24,0

(-24,7)

[-33,9}

Digitized by Go -v^i'-

über Einzel- und GeeamtleistniiK des SdrolkindeB. 363

Die eingeklammerten Ziffern berücksichtigen die zwei abnormen F3Ü1e.

Ein Blick anf die mV. zeigt, daß sich aneh in ßezng auf die Fehlerwerte das VorhaudenBein einer AnnäherangsbeBtrebung konstatieren läßt Sehen wir von den schon erwähnten Abweir ehnngen ab, so eigibt sieh, daß nur beim mtlndUchen Bechnen trotz der besseren dnrehBohnitÜiehen G. die Uniformiernngstendenz fehlt leb rerweiBe hier wiederholt auf das geringe Material, das den Ziffern zn Grande liegt, wodnreh natttrlich die gewonnenen Resnltate an Bedentnng yerlieren. Halten wbr dem mttndlieben das schriftliche Rechnen gegenüber, so finden wir bei dem letzteren eine deutlich ans^reprägte Unifürmierungstendenz. leh ftlhre in nachstehender Übersicht die prozentualen Differenzen der mV. an:

P.-t. Ic.

Diktat

mtlndL Beohnen

KoniMn*

Gedlehta.

■ehiifU. Reehaen || GeaamtfeUer

—20,4

1 +60,0

-49,1

+ 10,9

17,1

1 +25,9

(- ö0,6j

1 (-33,2)

Es unteriiegt wohl k( iin m Einwand, wenn wir bei der For- mulierung der Resultate nur die eingeklammerten Grüßen in Be- tracht ziehen; denn daß ftir beide Ansnabmen abnorme Bedingungen, gleichviel welcher Art, wirksam waren, das beweist ein Veigleieh mit FeblertabeUen II and m.

Somit folgt anB F.^ I:

1) Weitaus den meiBten G. kommt eine niedrigere FeUerziffer im Vergleieh zn den E. sn;

2} Die durchschnittlichen G. weisen gegentlber den mitfleren £.

ein ziemlich bedeutenden Minus an Fehlem auf ;

3. In den G. macht sieh mit Ausnahme vom mllndlieheu Rechnen eine Unifonnierungstendenz liiusiehtlich der Fehierwerte geltend.

(Vgl. die Fehlertabelle II auf nächster Seite.)

Diese seigt ein wesentlich anderes Bild als die ihr zugehörige Zeittabelle H, ans weleber sich ergab, dafi die Zeitwerte in

den Ferien nicht zu Gunsten der G-Leistung ausfielen.

64,6^ aller G. stehen hinsichtlich der Fehlerwerte unter den d. h. sie weisen niedrigere Fehlerziffern auf.

oiy ii^uo uy Google

354

Angut Mayer,

Fehlertabelle zur II. Reihe.

Bedingimg: Bäsch und tehSn.

1 Diktat

mdl. Beehn.

Komhin.

1 OedXehtiL

•ehr. Beehn.

Genn

itnucr

Vp.

, Einzell.

'S

a i

9)

w

, Gesamtl.

u

, s a

es

O

Einzell.

■3

a

CD

r

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

1

w

F$.

Fö.

9

8,20

99h

5

8

an

CnJ

76

He.

16,86

4

0^185

2^

8

as

83

30

0,5

"075

47,876

45,25

Htt.

88.5

16

4

?

10

16

14

24

8,75

9,75

764S5

69,75

Ot

80

o

3

\A Vk

89

11,85

9,85

79,85

Ri

86

14,5

4

0,185

Bfi

10,5

26

22

3

2

65,5

Ra.

81

9,75

1

3

13

9

16

11

1,25

1

62,26

33.75

ScUl

ia,7ö

4,25

5

3

5,5

6

25

23

5,25

4,6

53,6

40.75

Sehn.

10,76

^

8

8

0,85

3

30

83

8

8

46

36,5

oehw.

6,75

4,85

8

3^

1

Tj6

55

1.6

2,25

66,25

"70

Se.

6,85

8,5

1^

11,5

6,5

94

61

2

1,76

116,26

74,75

W«.

8,5

3

6

i"

7

6

81

.50

4,25

1,75

47,75

wi.

14,85

14

5

3

17,5

14.5

43

48

5,75

9,25

86,5

"ÜS

Wo.

86,6

8,85

5

9,5

12

31

29

11

12

83

64,25

Fehler- durch-

Mhattt

16,6

7^

3,4

«1

8,4

8,0 1

37,5

37,1

M

4,4

70,1

60^1

mV,

7,6

8^1

0.8 1

8,9

18^

17^

a.1

Ml

17,2

IM

Ant die oinzclaen Gebiete treffen, aoagedrttckt in Prozenten der jeweils zugetiöri^n Qt.i

F.-i Ha.

Diktat

mttncU. Bechnen

Kombin.

GedSchtn.

»chriftt. Bechaen

1 OfliamtfeUAr

92,3

46,2

69,2

53,8

1 öi.«

Neben Diktat steht wiederum die OedXchtniflleifltim^ obenaa Auch die dnrchsehnittlichcn G. repräsentieren gegenüber den

mittleren E. gerin<;ere Felilcrzitfem. Nur beim schriftlic heu Rech- nen ergebcu bicli fUr beide die gleichen Fehlergrößen. Scbuld hieran sind offenbar die tiefstehenden Cr. der beiden geringsten

Googl

über jEausel- und Gresatutleistang des Scholkindes. 365

Sehttter Htt. und Wo. Die hieiiier gehsrigen Differenzen, bezogen auf 100, sind:

F.-t üb.

IHktet

mttadl. Bedmeii | Kombin.

GedXclitii.

■chriftL Bedmen | Ctamlfoliler

6a,4

-23,6 1 -4,8

-1.1

0,0 1 -14.3

Desgleichen ergibt sich für die mV. zu Gunsten der G. eine niebt onbedeatende Differenz:

F.-t. Hc.

—63,9

mttndL Beohnen

Kombin.

GedXohtn.

■ebriftl. Beehsen | GeMuntfohler

-68,9

-7,8

-8,0

+ 12,9 1 -8,1

Nur Behriffliches Beefanen macht eine Ausnahme; es l&ßt die uniformierende Tendenz Tenmssen.

Somit erhalten wir hier im wesentlichen dieselben Besoltate wie ans F.-t 1. Zu den Ergebnissen der Z.-i II konstatieren wir dem- nach :

Eine kurze Ferienerholuug übt wohl iiut die Dauer der G. gegenüber jener der E. einen verzögernden Einfloß aus, dagegen ref>r;iHeiitieren die G., mit Ausnahme vom sohriftlicheii Kechnen^ durclischnittlich einen geringeren Feblerwcrt als die Einzel- arbeiten. Hier drängt sich wohl eine Frage auf, die einer experi- mentellen Untersuchung wert sein dürfte: Bei welcher zeitlichen Ausdehnung der Unterrichtsunterbrecbung ändern sich diese Ver- liitttnisse derart, daß der Einfluß der arbeitenden Hasse eui ge- ringerer wird und schließlich ins Gegenteil umschlSgt? Auf Grund Torliegenden Materials lIlBt sich eine Beantwortung natOrücb auch nicht andeutungsweise geben. Diese Frage hSngt jedenfalls u. a. aufs innigste zusammen mK der Übnngsfestigkeit der einiehiim Tp. und bildet ein rrublem iiir sich.

(Vgl die Fflbltttabdl« m tnf nXohstar Seite.)

Sie zeigt im wesentlichen dieselben Resultate wie die F.-t. I und TL

Auf 80,05^ der G. treffen niedrigere Fehlendffem als auf die dazu gehörigen E.

Digitized by Google

356

Angnit Mayer,

Fehlertabdlle zur UL &eihe. Bedingung: Baeeb und MdiOii.

Vp.

Diktat

s

mdL Beclm.

a

s

Kombin.

a

ao

Ged&cbtii

d

Bclir. Bechn. GesamtMIer

a

p

Fa.

Fö.

He.

Mtl.

Ot

Bi.

Bo.

Schi.

Sohn«

Schw.

Se«

Wa.

m

Wo.

so

10

12,25 33^ 10,6 19.5 10,6 16,6 14,76 8

9,6 9,26

80,86

80

Fehlfjr- ■lanh- tchnitt

14^

mV. 6^7

4,25 10,75 81,6 11 23.5 15,5 11,86 11

7

6,86 6,26

16,6

16

12,7

«»7

6 3 1 6 6 6 4 6 6 4 1

1^

6

6

4,3

6

2

2

6

4

3

5_

6

4

4

1

£

6

6

8

7.5

6 IS 16^ 18 11^

6

1

6

10^6 6,6

14 9

T

4,0

9,8

1,6

4^

8

1,5 7j6

13,6

13

13 7

6,6

0,86

6

6^

4

9

12,5

36 54 48 88 87 23 15 89 48 81 88 88 49 25

7.6

32,8

9,8

18 46 16 18 17 18 13 16 36 25 87 16 86 20

4,6

0,125

3,25

6,6

3,26

1,76

3

0,76

7,6

2

1,85

8,6

1,6

4,6

88,4

8,1

3.4

1

0,125

0.26

3,26

3.25

2,5 0,76

1.6

2

0,85 4,76

3

4,75

a

*

m

S

c

8,6

73,5 74,^ 65,5 84,75 62,26 68,26 44

67,8& 72,75

60,85 63,25

89,75 64,5

64,6

39^

71,25

se^

56,76 4S

m

52.75 43

34

68.5 59.25

1,9 1.7

Die folgenden Tabellen dienen nur zur Stfltie der Ergebrnsse in F.-t I, weshalb ich sie ohne wettere Disknasion anführe und auf die ErOrtenmgen zu den F.-t. la, b, c rerweise:

Anzahl der G. mit niedrigeren Fehlerzüfem (in Prozenten):

Jb\-t. lUa.

Diktat

mündl. liechuen

Kooibin.

Gedaclitu.

schriftl. Rechnen

Gesamtfehler

71,4

78,6

86^7

98,9

71,4

98,9

DiHerenzen der DarohBchDittsleiätimgen (in Prozenten):

F.-t mb.

Diktat

mündl. Reclinen

Kombin.

Gedächtn.

schriftl. Rechnen Gesamtfehler

>-14,2

-7.0

-22,4

30,7

26,5 I

-23,8 1

D I g 1 1 1 z ed by JdoOgK

Ober Emmi- und GeeaintteiBteng des SchnlkiiideB. 357

Differeuzen der mV. (in Prozenten):

F.-t nie.

Diktat

mUndl. Rechnen

Eombin.

Gedächtn.

Bchriftl. Rechnen

1 Geaamtfehler

<^0

81^

19,0

-17,3

-.10^

1

Eine Venolimelzaiig der Tab. I und III ergibt, daß 77^2^ aller G. geringere Fehlerwerte zukommen als den E. Für die

eiuzeluen Gebiete gestaltet sich das Verhältnis nach Maßgabe der folgenden Frozentzablen:

F.-t IHd.

Dikttt

mttndl Raehnen

Eombin.

Oedlohtn. tohrilU. Beebnen || Geeuntfiehler

°7m"

71^

89.3

7M

(96,0]

Kachstehend erfolpi: Angabe der mittleren Diüereuzen der Durch- eohnittBleistaDg (Ule) and der mV. (Ulf.) in Prozenten:

F.-t nie.

Diktat

mttndl. Rechnen

Kombin.

Gedächtn.

schiifU. Rechnen

1 Geaamtfehler

19^

a»,s

—96,0

—90,9

—28,9

F.-t. mf.

Diktat

mUndl. Rechnen

Kombin.

Gedächtn.

Bchriftl. Rechnen

Gesamtl'ebler

10,2

—34,1

- 0,7

-13^

+ 8,4

(-34,0)

1-21,2J

HIemacli folgt am TM>. I und IH:

1) Unter der Beduigmig »rascli und flchön« yerringert Bich gegen- ttber den E. in der größten Zakl der Gr. der FeUemrert

2) Der durehBehnittlichen G. kommt eine geringere Fefalensiffer

zu als der mittleren £.

3) Durch die Massenarbeit wird die Entstehiai^^ einer umfor- mierenden Tendenz hinsichtlich der Fehlerwerte begünstigt

oiy ii^uo uy Google

358 AuguBt lUyer,

FeLlertabelle zur IV(a}. Reihe. Bedingung: Becht schtfn und langMun.

Diktat

mdl. Recbn.

Kol

ubin.

Gedächtn.

sehr. Kechn.

! GesamtiVuler

Yd

Einzell.

1

OD

O 1

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

B

Einzell.

i

es u

'S

s u

E

Fa.

19 n

7

D

m

o

10

Qi V*

41

0,76

130,7o

62,2o

Fö.

4.5

o &

Q

Q

0

CQ

73

A A

4,Ö

1,76

1 81,5

He.

7

1 ,

2

ä25 i

2

3*

49

41

1,76

0,25

61,

MU.

20.5

20

3

1

12,5

11

33

'

2

6,6

71

Ot

12,5

6,75

6

3 1

16

15,6

40

40

7,26

6,6

<9,75

70. <o

Ri.

i 20,75

10,25

3

2 !

14

10

12

18

6,76

0,75

55,5

41

Ru.

, 9,25

11,26 1

5

3 1

1

2

6

32

34

0,26

2.26

48,5

Schä.

jl2,5

10,25 ;

6

3

1,6

4>

37

24

6,26 2,76

8,76

63,25

50.5

Sehn.

1 2.75

1

2

2

0,26

0,26

20

1

, 27,75

32.25

Schw.

4,75

2

2

4 1

2

1

34

1,5

1 9n

44 2n

40.25

Se.

5

4 75

1

T 1

B,6

4

76

64

1,25

3

88,75

69.75

Wa.

0,120

2.25

0,125

3

2

4

34

38

3,5

3,26

39,75

Ö0.5

Wi.

17

15,5

i3

5

17

7 ;

54

44 !

2

1,25 i

93

?2.75

Wo.

|l9,5

6.25

1

1

i ^

7

10

7,5 i

36

27 1

7,6

^ 1

79

56.75

Fehler- dnrch-

10,6

1

3,3

3jö_

7,1

6.2

44.1

38,1

3,8

3^

68,9

58,3

mV.

|w 1

4,4 ,

[1.6 )

1

6,4

3.2 j

17,0

9.4|

2.2 j

2£|

30,2

1S3

Nicht wesentlich verschieden von diesen Ergcbni.'^scn, wenn uiieh in mancher Beziehung etwas unregelmäßiger und ongUiiatiger, ge- stalten sich die Resultate der Versuchsreihe IVa.

61,4 der G. hahcn eine hevorziij::te Stellung gegenüber den £. Hiervon entfaUen aaf die einzelneB Gebiete, aiugedrttokt in Prozenten der sngehOrigen 14 G.:

P.-t IV c.

Diktat

mUndl BeclmeiL

Kombiu.

Ged&chtn.

Bchriftl. Beohnen

Geaamtfehler

78^6

J!0,0

67,1

67,1

9ifi

64,8

1

Ebenso konunt aneh den durchsohnitdiohen G. eine geringere mittlere Fehlenahl sa als den mitlleien E., wie folgende Diff^ renzeU) in Proaenten ausgedruckt, beweisen:

. Kj _ I y GoOgl

Ober Einsei- und GeBtmfleifituD^ des SelmlkindeB. 359 F.-t IV d.

Diktat

miindl. Kecbnen

Kombin.

Gedächtn.

schriftl. Hcchnen

. GeMintfehler

^81,1

+ «.1

12,3

13,6

-16,8

-15,4

Auf das Yorhandensein einer Uniformierungstendenz läßt die folgende Tabelle aeUießen, welche die Differenzen der mV. in

Prozenten niigil>t:

F.-t IVe.

i>iktat

miiacU. Kechuen

Kombin.

Gedächtn.

acbriftl. Kechuen Gesamtl'ehier

'S6,4

26,0

40,7

-44,7

+ 4,5 II -34,2

Eine Ansnahme macht nur schriftliches Rechnen. Nahezu dieselben itesoltate erhalten wir durch die Eigänznngs- reOie IVb.

Fehlertabellc zur IV{b). Reihe. Bedmgiiiig: Beoht schOn tmd laaguin.

Diktat

mdl. ]

iechn.

Kon

abin.

Gedii

chtn.

1

. sehr. !

iechn.

Geeamtfehier

Vp

'S

1 Gesamtl

' EinzeU.

Gesamtl

'S a

Gesamtl

Einzell.

Gesamtl

Einzell.

a

«8

CD O

Einzell.

Gesamtl

RU.

13

5,5

5,25

6

6,5

3

45

42 1

3

1,5

72,75

58

üo.

2,5

0,25

2

6

0,25

94

25 ;

1,25

0,5

100

33,25

Dre.

18,5

6

2

2

18

8

68

57

5,75

1,5

112,25

74,6

Hb.

•^,ö

1,6 '

0,125

1_

3,5

1

45

35 :

1,75

1.5

52,87.)

40

En.

4,75

2,5

0,125

4

1,5

3

49

36 '

0,25

0,125

55,625

45,625

Urä

9,75

8.25

5

6

9

9,5

56

33

4,5

2,25

84,25

59

He.

3

1,25

0,125

0.125

6,5

7.5

40

50

3

1,5

52,625

60,375

Ku.

1,25

4

1

0,125

14

4,5

78

45

, 9,5

0,125

103,75

53,75

He.

1,25

1

5

4

0,125

1.25

30

33

3

1

39,375

40,25

Scho

\.5

3,5

3

2

6,5

3

95

46

0,75

3

109,75

57,5

So.

11,5

6

2

6

6

1,5

45

32

0,125

0,125

; r>4,675

45,675

Su.

2,5

3.25

B

3

ü

36

24

0,75

1

1 46,25

35.75

Tro.

1.25

0.25

; 1

6

1,5

1

34

37

! 0,5

0,25

38,25

44.5

WL

7,^ 1

0,126

7,26

7,76

66

40

1

77,675

64,75

' —s

F«Uer.

6^

3,6

6^0

4,1 j

66,0

88,2

2,6

1,3

[^__

50,9

mV.

1 W

1 w

j 3,7

1

16,6

1 7^

k2,ü

jü,8

10,2

Üigiiizeü by i^üOgle

360

Augiut llayw.

68,6^ aller G. kosunt eine geringere Fehlerzahl zu aU den £. leb lasse ohne weitere Diskosmon nach dem Vorgänge in Tab. IVa die entspreohenden prozentaalen Angaben folgen:

F.-t. JVt".

Anzahl der G. mit niedrigeren Fehleraiffern:

Diktat

mOndl. Reclmen

Komblii.

G«dSehtn. | tdiriftl. Becbnen |

GeBMDtfeUer

86,7

42,9 1 60,0 1 78,6 | 86,7 |

P.-t TVg.

Diflferenzen der Durcbschnittsleistongen :

Diktat

mlliidl. Beehnen

Kombin.

Gedichtn.

ichriftl. Beclmen

44,6j +68,2

-31,7

-30,6

-«^ 1

1 -89,6

F t. IV h. Differenzen der mV.:

Diktat

66,0

mttndl. Rechnen

Kombbi.

G6dlichtii.|Mbiifi}.BechDeni GesamtfeU«

+ 81,3

32,4 j —66,0

60,0 II —64,1

Wir fassen die F.-t. IVa uud ]> ziisaiiimeu:

Ori,();f^ aller 0. stehen hinter den Fehlerziffem der E. zurück. Vou dieseu Fällen treffen auf die einzelnen Gebiete, in Prozenten angedrückt:

F.-T. IV L

Diktat

mflndl. Rechnen

Kombin.

Qedichta.

Bchrlftl. Rechnen j

Geeamtfelder

82,2 1

1

63,6

67,9

71,6

F.-t. IVk.

Mittlere Differenzen der DorcbBchnittsleistungen :

Diktat mfindl. Bechnsii

Kombin.

Gedttohtn.

Beliriftt. Beehnen

1 Geesmtfeliler

37,9

37,8

22,0

22,1

-81.9

1 -22,6

F.-t rvi.

Durchschiüttliche Differenzen der mV.:

Diktat

mfind). Rechnen

Kombin.

Gedichtn.

BehiiftLRedinen

GeearatftUer

-40^7

+ 3,2

1 -36,6

1 -ö0,4

-87,8

Digitized by Google;

über Einiel- nnd GmamllQltftiiiig dfls SehidkiBdei.

361

Aus beiden Tubelleu folgt:

1) Unter der Bedingung »recht sehten und langBam« wird ülr den größten Teii aller G. eine geringere Fehlerziffer erzielt als bei den E. Zweifeihftft ist dM Besoltat wir im Hinblick auf daa mttndlicbe Becbnen.

8) Den dnrobMshnittUoheii G. kommt ein geringeres Fehler- qnantam so als den mittileien £.

3) Im allgemeinen darf anf das Verhandensein einer nnifor- mietenden Tendenz gesehlossen werden; eine Ansnalune lüerron bildet das mttndliche Rechnen.

i^'ehlertabeiie zur Y(a). Beihe.

BedingDOg: Becht itKdi.

1 Diktat

mdl. '.

[lecbn.

Kombin.

Ged'ächtn.

sehr. Bechn.

Gesamtfehler

Vi».

II

1 1

i

«9

at 9

sa

9

a

a

9

m

w i

Gesamtl.

sa 1

S

«8

to

9

o

«>

Gesamtl.

9

US

Gesamtl.

10,6

6

14

37

24

4

2,75

69,25

57,86

n.

6.76

8

1

0.S6

44

96

1

4,75

56,5

44

B«.

10^

18

1

4j2B

0^6

16

10

3,25

2

25

MI.

OL

86,76 81,86

4 4

6 6

7

18.6

17j6 17

83 19

7

3,25

8

9,25

80,5 47,25

77^

76.6

BL

96.76

18,6

1

8

6.6

5.6

16

2,25

3

61,6

60

Bn.

Schi.

10.6 7

l

4

1

4

88

18

7,75

6,5

49,25

43

SduL '

i"

0,86

0[86

18

88

2

4_

29

514»

SdiWt

8^

r

6

8

0,86

8

89

85

4,5

5

59

47

8«.

18^76

18

0^

1

6

18

87

94

3

3,5

55

53,6

Wi.

8^

4,6

4

i"

6,6

88

22

5,75

4,25

36,5

40,26

m

88^

84^

4

6

11.6

41

29

3

2.5

92

83,86

Wo.

18

81

4

6

6

9

14

23

9

5,75

51

64,76

<nrrh- ]| 16,7

14,6

3.1

4.3

1 ^'^

23,6

ü

54,0

66,9

■V.

1"

7,9

1,4 (1.43J

' 1,4 1 il,38)

1 3,7 1

9,2

5,3

1

1,9

1,7

^13,6

11,3

Hier ändert sich das Bild wesentlich zu Ungunsten der G., da nur 41,5^ derselben einen geringeren Fehlerwert erzielen ab die E.

AnbiT für Pqfcholögi«. L 24

oiy ii^uo uy Google

362

AnffOBt Mayer,

Fttr die cinzelneu Gebiete erhalten wir in dieser Uinsieht fol- gende piozentaale Größen:

F.-t. Vc.

Diktat

mllnd]. Bechnen

Kombin.

Gedltehtn.

Bohriftl. Bedmen | QeumtftU«

23,1

IM

69,2

1 1

61,8

Diktat und Gedächtnis erscheinen in dieser B^e hesondeis be- ▼orsngt; ein anderes Ergebnis erhatten wir durch KonlroUreihe Vb.

Anoh die Dnrehsohnitts-G. zeigen gegenttber den in 3 FSUen eine zum Teil bedeutende Yersohleehternng. Die entsprechenden IMerenzen in Prozenten sbd:

P.-t Vd.

Diktat

mündl. Eechnen

Kombin.

Gedäcbtn.

»chrifti. Beebnen ji

Gesamtfehler

18,6

+ 36,*

+ 187,9

-7*8

+ 9^ 1

ir( tz dieser uugUustigeu Resultate bleibt ftir die Reihe Va die Uniforuderungstendenz im allgemeinen erhalten, wie folgende Ta- belle beweist:

F.-t. Ve.

Diktat

mttndi. Rechnen

Kombin.

CMdMebtn. | sebrifU. Beohnen

-»,2

0,0

+ 37,0

-42,4 1 -10,6

Nor Kombination nnd mündliches Rechnen steUen Ansnab- men dar.

(Vgl die FeUertabelle Yb auf nSehater Seite.)

Knr 34,3^ aller G. ttbertreifen mit Rttcksioht anf die Fehler- werte an Gtite die X

Die Verteilnng dieser BlUle anf die einzelnen Leistungen ergibt, in Prozenten ausgedrückt, nachstehende Übersicht:

F.-t Vf.

Diktat

nttndL Bflfthiiftn

Kombin.

Gedlebtii.

sehriftL Beohnen

Geeaatfelder

42,9

42,9

81,4

14,3

ÖO.O

1

oiyui^L-o uy Google

über Einsel- and GewunUeiBtaiig des Sehnlkindes.

303

Fehlertabelle zur Y{b). Reihe.

BediuguQg: Recht rasch.

Vp.

Diktat I mdL Beehn

4>

a

S

00 9

9

3 p

Bit

Do.

Dr.

Eb.

En.

Gfl

Hei

Ku.

Bä.

Seho.

So.

8«.

Tio.

WL

16,26 6,26

16,26 6,26 5,76 20 3

6,25

3,26

6,26

6,26

6,6

4

21,5

9

0,75 17

6^ 2,76 15,5 4.75 2,25 £

12.76 8j6 4,6 9j5

21,75

IL

3 2 3

0,125

3

2

2

2

1

3

0,126 0,125 3 3

Ckkttehtn. sdur. Beehn.

s

46 53 43 32 32 32 39 54 47 40 26 45 32 64

i

2,25

0,25

1,25

2,25

0,125

1,6

1,25

0,125

2,6

3,75

0,25

0,25

0,25

3,76

'S S

es

OB 0)

O

3,75 0,25 1,25 2,25 1

r

i_

3,75

0,125

0,125

2,75

1,25

GemmtfeUer

a

&3

68,675 1 64,25 56 69j6 47,5 72,26 36,875 43,876 32

41,6 67,6 51,76

67,76 68,125

56,5 44,25 52,5

33,876

63 !^ 25,75 ( 36,76 29,375 38,375 63

63,625

47,625

92,25

T

8,9

8,7 ; 2,0

32,5 40,9! I 1,4

1.9

II ^6 I 7,8 II 1,1

1,3

46,3

68,9

11,9

11,4

Die DnrehAehnHt»^. sind in Tab. Vb ebeofalh Diktat ans-

^'enommen geringwertiger als die Durchsclmitts-E., wie folgende Angaben answeifien:

F.-t V«.

Diktat mfindL Beohnen

Konibin.

Gedäehtn.

M]irifll.Beehnen

QeaanitliBUer

-2,2| +40,0

-f- 206,7

+ 26,8

+ 35,7 1

1 +27,2

Eine uuiturmiereude Tendenz zeigt sich nur bei Diktat und Ge- dächtnis. Hierzu folgende

F.-t Vh.

Diktat

mttndl. Beohnen

Kombin.

Gedächtn.

scbriftl- liecUaen

GcsADiti'ehler

+ 44^

+88,2

-8,8

+ 184»

-4,8

24«

üiguizeü by Google

August Mayer,

Fussen wir beide F.-t (Va und b) siuammen. Nor dSfi^ aller G. aeigen einen niedrigeren Fehlerwett ab die E.

Auf die einseinen Gebiete Terteilt, ergibt deh folgende über- siebt:

F.-t. Vi.

Diktet

mfindL Beehmeo

KonlriiL

Gfldlditft. sohriftL Beohnen

1 GetamtftUer

33.4 1

18,6

40,7 1 48,2 II 33,3

F.-t Vk.

Mittlere J>UEiBreiuseii der DnrchaoluüttsleiBtiingeii:

Diktat

mttndi. Rechnen

Kombin.

Gedächtn. schriftl. Rechnen

Gesamtfehler

-7,8

+ 40,4 1+168^^1 +9,6 j +83,0

F.-t VI.

DnrchBdhnitliiolie Differeniflii der mV.:

Diktat

mündl. Rechnen

Kombin.

Gediichtn.

schriftl. Rechnen P Gesamtfehier

1.

-9,8

+ 83/»

+ 63,9

-86^

+ 4^ 1

HieratiR ergibt wich:

1) T^nt«'r der Bedingung »recht rasch« erreicht die Mehrzahl der G. größere Fehlerziffem als die E.

2} Die Durchschnitts-G. zeigt einen höheren Fehlerwert als die •E. Diktat bildet eine AnBnahme.

3) Die oniformierende Tendenz tritt nur beim Diktat nnd bei der GedäcbtnisleiBtimg bervor, sonst ist eine solche nickt vorhanden.

4) Besonders mnft hingewiesen weiden anf die sehr nngllnstige Stellung der kombinatorischen Massenleistnng.

ZnsammenfaBsnng.

>V ir geben au der Haud der folgenden 3 Übersichten kurz die Ergebnisse der Fehlertabellen zusammenhängend wieder. Die folr genden Tabellen sind angeordnet analog jenen am Sohlosse der Z.-i angeftagtoi:

a. Tab. VI stellt dar, wie viel IVosent aller G. eine geringere FeUerzifTer anfweisen als die £., nnd wie sich diese FlUe

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über Einsel- nad Qttiiniftetotoiig des Selmlkiiidee. 365

auf die eiuzeiueu Gebiete verteilen iu Prozenten der zage- hörigen 6.;

b. Tab. Vn enthält eine Übersicht Uber die Differenzen der

Fehlerdurchschnitte ; c Tab. Vm endlich gibt die DifferenseB der mV. an.

Fehler-Tabelle VI

: « E S

<y i> C

9 o

. Diktat

0

Oi B

^

Kombination

*5

'6 O

o

P

Hl

OB

1

. 3 Ii

1 a_

L Q. DL Reihe. Baaeb and schöit. |

77,2

i:78,3;

71,4

71,6

82,2

S&ß (96,5)

71,4

!89,3

11. Reihe. '

Bedingung: Baeoh und schün.

64,6

61,6

46,2

69,2

ö8,8

84,6

NB. Angefer- tigt Miilirnnd der Ferien*

IV» u. IVb Reihe Bediiifj^iing : . Üe^^lit Bcbönu. l:ing»ani.

1

46,6

Ö3,6

67,9

1ö,0j

71^

Va u. Vb Reihe. | Bedingung: ; Beofat rasch. |

(

1

38,5 1

1

49,2

:i3,4

1

18,ö

4Ü,7

48,2

1

1

Fehler-Tabelle Vn.

Diktat

a

. o

2

&

Kombination

1

1

Gedächtnis

5 a

-H

1

Gesamtfehler

I

1 a. III. Kcilie. Bedingung : . BMk md BehOn«!

19,5

5,8

26,2

-26,0

-30,9

-23,9

TL Beihe. Bedfagong: liiinh «ad MhSa.

62,4

-28,6

-4,8

-1,1

-14,3

NB. Angefer- ^gt wihxelid der Feriea.

IFaa. IVb Beihe. 1

Bedingung: Recbt aehOa o. Ungeam.

-87.9

87,2

22,0

-22.1

—81,9

-22,6

Ta «* Vb Beihe.

Bedingung ; | iSaehtiaeeh. |

-7.2

+ 40,4

+ 188,8

+ 9,6

+ 28,0

+ 18»7

üigitized by Google

36ö

Fehler-Tabelle VIU.

T>iktat

(3

2

&

o IS

1

1

•c ^

1-

I. u III. Keihf '

- 10,2

ii4,l

Ü,7

+ 8,* (-81,2)

[1. Hciiic Bediugim^ ;

-j- 12j9

-8,1

NB. Aug:efer- tigt wüliientl

IVa u. IN b Reihe. Betiinguug: Hecht Bctoii tt. Ungeam.

—40,7

!

50,4

-27,8

-44,2

V* n. Vb Eeihe. Bedingnngr: Becht nach.

-9,3

+ 23,0

+ 63,9

26,2

+ 4,3

-10,3

Hiernach ergibt sieh:

1) Stellt mau verschiedenen Vp. ^'Icielizpifis: die Aufgrabe, einisre Arbeiten rasch nnd sehiin oder reelit schüu iinti lan^'sam zu voll- enden, 80 erreicht die Mehrzahl der G. eine geringere Fchlerziffer, aU wenn die nämlichen Individuen dieselben Arbeiten abgesondert voneinander anfertigen würden (Tab. Vi Kol. 2) . Dasselbe trifii im aUgemeinen aneh zn mit Rtleksieht auf die einzelnen Gebiete (Kol. 3 mit 7). Ebenso ergibt sich, dafi im eisten Falle die Snm- men der in allen Arbeiten einer Vp. vorgekommenen Fehler nun großen Teil weit geringer sind als die FeUersummen der ent^ sprechenden E. (Kol. 8).

Verbuig^ num dagegen von verschiedeueu Yp. die gleichzeitige Anfertigung von Arbeiten obiger Art unter der Bedingung »recht rasch«, so erreicht die Mehrzahl der 6. eine höhere Feh 1er- ziffer, al8 wenn unter der?5elhen Bedingung die gleidie Arbeit als E. vollzogen worden wäre. Dies gilt sowohl im Hinblick aut alleG., als auch mit Rücksicht auf die einzelnen (Tr})iete und die Gesamtfehler. Die kombinatorische Tätigkeit scheint hierbei dem nngOnstigsten Emflnsse zn nnterliegen.

2) Unter der Bedingung »rasch nnd schOn« eigibt sich bei emem Vergleioh zwischen den Fehleiziffem ftr die Dnrchschnitts-E. imd

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Ühet Biiuel- und GfwiMntleMtmig de§ SchwlkmdeB. 367

-G. und auch bei den entsprechenden Fehlereummen eine Differenz zu Gunsten der G. Unentschieden bleibt dies nur für die schrift- liehe Bechenarbeit zur Zeit der Ferien. Ebenso erscheint die Be- diognDg »reeht wMn and Uuigsam« fllr alle Dorehschnitto-G. gUiustig. Von nachteiliger Wirkung dagegen ist fdt die mittlere Gt. dne reeht rasche Anfertigung der Arbeit In diesem Falle wird sie ttbertroffen von der dnrohschnittliohen E. Das Diktat nimmt auch hier eine AnsnahmesteUiing ein (TM>. VII).

3) Unter den Bedinguiig;eu >ni8ch und schön« und »recht schön und lan^am« macht sich bei der G. eine Uuiformieruugstendenz hin^'iditiich der Fehlerwerte geltend. Ausnahmen treten uns ent- gegen beim mündlicheu und schriitlichen Rechnen.

Die Bedingung »recht rasch« löst im mündlichen Rechnen und in der Kombination, sowie im schriftlichen R< r-lnun die unifor- mieveiide Tendenz anf. Dieselbe kommt jedoch bei den ttbrigen Leistongen und auch bei den Fehlmammen znm Dnrchbmch.

4) Besonders beTorzngte Stelinngen nehmen Diktat nnd Ge- dttchtms ein.

In diesen Resultaten kommt zweifellos die gltiokliche Wirknng des durch die Arbeit in der Masse geweckten Ehrgeizes zum Aas- druck.

§ 9. Die dnaUttteBtabeUenM.

Die nun folgenden Tabellen sprechen unter Berücksichtigung von Zeit nnd Fehlerzahl nach Maßgabe der obigen Erörterungen 6) den einzelnen Arbeiten einen Qnslitätsgrad zn. Sie sind für unsere Darlegungen die wlohtigsten. Ans schon erv^Umten Gfttnden blieb heim Diktat die Zeit anßer Betraehl Es werden für dasselbe daher in den folgenden Obersiebten an SteUe der Qnalitilfsziffeni die Fehlerwerte mitgefthrt, die aber bei Berech- nung' der Qualitätensummen außer acht bleiben. Die Qnalitäts- ziffern sind auf ganze Zahlen abgerundet. Die Einteilung der einzelnen Ühersicliten entspricht genau jener der Z.-t. nnd F.-t. Ebenso halten sich auch die Diskuäsioneu an die bisherige Ordnung.

1) In Znkonfk abgekUnt:

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Augnat Mayer,

QualitStentabelle svr L Reibe. Bedio^mig: BaMh mid tM»hOn.

1 Diktat

j mdl. Bechn.

Kombin.

GedichtB.

1 sehr. Bechn.

Gesamt- Qualität der

Vp.

Einzell.

1

Gesamtl.

Einzell.

Gesamtl.

EinzeU.

1

o

O

Gesamtl.

'S

a

««»•

H

a ä

O

Einzell. '

a

s

o

Ffe.

Il6

9,76

u

11

840

94

860

106

68

86

U76 1 836

779 1277

6,86

10

8

191

91

464

1148

114

30

He.

7,6

7

4

166

66

686

866

77

9

884

336

MO.

81,76

19

11

894

86

438

19B

806

178

968

468

Ot

Hajo

io,o

Ii

1 Q

loo

80

181

Do

119

84

474

240

BL'

26,86

'i3i85

14

1

169

98

474

111

71

60

788

863

Bn.

14,86

16^

10

6

109

66

811

71

866

79

666

8U

Sehä.

16,75

11,6

14

12

246

91

400

76

194

42

854

221

Sdin.

7;k

1,76

10

6

17

21

360

199

160

24

647

250

OvUW»

4,85

4,6

17

10

78

60

2727

180

46

43 1

2868

283

8e>

3,6

8^

4

11

170

108

546

333

47

48

766

496

Wa.

1*5

5,5

8

7

93

29

166

67

224

33

481

136

Wl.

16,86

ii76

17

4

884

76

390

1294

63

118

684

1492

Wo.

16

18^

81

13

809

176

8680

788

118

164

2923

1134

Dunh tohnittl.

18,9

9.7

18,6

8,6

168,4

79,8

740,4

349,1 {

18M

66,6

1016,7

fiOM

mV.

ö,4

8.0j

66.6

86,9j

663,7

810,9

69,6

41,6]

647,0

84,3^ aller G. stehen qualitativ höher als die zagehörigen E. Auf die einzelnen Gebiete Terteilt, erhalten wir folgende Üi>er- sioht:

Diktat

mtindl. Rechnen

' Kombin.

Ged£chtn.

schriftl. Bechnen

GesamtqoaL

71^

86,7

99,9

85,7 (100,0)

86,7

86.7 (100,0)

Die eingeklammerten Ziffern berttokflichtigeii zwei abnome 6e-

dächtnisleistungeii-

Sehr günstig gestalten sich hier die Hesoltate für die Dorch-

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Ober Einxd- und GMimtlfliBtiuig dM SefaiilkhideB. 909

schnitts-G. , die sämtlich nm einen bedcatenden Prozentsatz die Qualität der mittiefen £. ttbertreffen, wie folgende Tabelle besagt:

Q.-t Ib.

Diktot

mttndL fiechneu

Kombin.

Gedächtn.

schrü'tl. Kechneu j

—81,7

—47,8

—53,0

Auch eine Betrachtung der mV. ergibt ein ftir die Qualität der G. vorteilhaftes Bild; die prozentualen Differenzen sind von ziemlicher Bedeutung:

Q.-t. Ic.

DikUt

mUndl. Rechnen

Kombiu.

Gedftchtn.

schriftl. Kecbnen

GesamtquAl.

-ao,4

86^0

6S,4

443

87,4

ADe diese Ziffeni weisen entsebieden hin auf das Vorhanden- sein einer qualitativen Uniformierun^tendenz.

Die I. Q.-t liefert demnach folgende Ergebuiböe:

1) Die meisten G. Ubertreffen in qualitativer Hiiibiclit die E.;

2) Die durchschnittlichen G. sind ohne Ausnahme besser als die mittleren E. ;

3) Unter dem Einfluß der arbeitenden Masse entsteht eine be- dentende qualitative ümformieningstendenE.

(VgL die Qoalitätentabelle n auf nächster Seite.)

Hier kommt der zerstreuende Einfluß der Ferienerholung wie- der zum Durchbruch. Die Zahl der qualitativ höher stehenden G. sinkt herab auf 5fx9^. Die relativ nachteiligste Beeinflussung erfährt die hLombiuation, wie folgende Übersicht beweist:

Q.-t Da.

Diktat!

mUndl. Beehnen

Kombin.

GedXehtn.

MliTiftI.Beohnen

jGesamtqiud.

92,3

6Sfi

80,8

68,8

63^ 1 48,2

Ftlr die Übrigen füoher ist immer noch ein mit Ausnahme ▼cm Diktat geringer Aasschlag zn Gmsten der G. vorhanden, der sidi aber im allgemeinen wieder yerliert, wie KoL 6 bewdst

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370 Auguet Mi^er,

Qva]itfttenta1>6lle znr II Reilie.

Bedingung: R4LSch and schün.

Diktat

mdl. Rechn.

Kombin.

Gedächtn. !

sehr. Xicchü.

Getarnt* qiiatität der

« 1

S i

Vp.

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

'S

e

CS

'BS*

1 -

1

JTq.

6,75

9

6

6

32

16

875

786

1

' 914

880

HO«

02

4

40

52

85

191

4

Q O

129 9

WM

Mm,

38,6

15

10

25

112

158

60

228

96

Ii f

278

62B

ut>

90

7^

9

6

66

64

196

136

107

ov

377

296

AI.

86

14^

11

0,3

OO

47

151

132

35

20

233

199^

Um

91

9,75

9

6

TO

64

80

60

14

18

166

121

8cliS.

12,75

4,26

12

7

35

45

162

162

47

246

869

Selm.

10,75

6,6

7

8

1

17 '

199

109

19

19

1 226

168

Sebw.

6,75

4,26

4

6

8

Ü

533

731

I 15

33

; 560

Se.

6,25

3,5

3

_4

94

51

1068

682

' 19

15

1184

668

Wa.

9,5

3

16

5

27

37

101

460

32

16

176

518

m

14,26

14

10

6

92

104

861

367

68

91

606

££

Wo.

26,5

8,25

14

9

69

1^

316

312

121

191

^ 510

Si

Durch- schnitt L

16,6

7,9

1 8,0

7,0

61,7

66.3

880,4

326,8

43,2

60,7

483^4

441^8

mY.

7,«

3»5

! 4^

t

8,2

28,1

30,0

837,7

197»9

1 31,8

42,3

1 239,4| 810^

Die prozentualen Differenzen der DorohBclinittsleiBtiingen er geben ein nnrecfelm&ßiges Bild:

Q.-t. üb.

DÜLtat

mttndl. Rechnen

Kombin.

Gedächtn. | schriftl. Rechnen

1 GesamtqoiL

-62,4

12,6 1 +12,8

+ 1,7

+ 17,4

+ 43

Auf Gnuid Torstehendw Angaben ist wohl der Schiaß zuliuig, dafi) ezklnaiTe Diktat, die Zeit der Erholnng auf die darehachoitt- Hohe G. eine nngünatigere Wirkung anattbt als anf die mltäere E.

Anders rerhält es sich mit der qualitativen Uniformienings-

tendenz, die nur bei der Kombination und beim schriftliehen Reeb- nen sicli aullüst, im Ubrifz:en aber, wenn anch im Vergleich zur Q.-i I in gerinjTcrer Ausjjrä^ng, vorhanden ist Dies bestätigea die prozentualen Differenzen der mV.:

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Ober Einxel» und GeMuntleittaiig das Sehulkmdfls. 371

Q.-t IIc.

Diktat

ttflndl. Beehnen

KombiiL

Gedichte. 1 schiiftl. Beehnen || QeetmtqnaL

-68»»

-20,0

+ 6,8

-16,7 j +33,0 1

-12,1

Aus Q.-t. n folgt demnach:

1) Die Zeit der Erholung ist im aUgemeinen der G. weniger {Tünstig als der E.;

2) Die darohflchnittlieheii G. stehen qiuüitatir hinter der mitt- leren znrllok) aosgenonunen Diktat und mttndliches Beehnen;

3) Im aOgemeineii ist eine geringe qualitative Unifonnierongs- tendenz vorhanden; abldmend verhalten sieh nur Kombina- tion und schriftliches Rechnen.

Qaalitfttentabelle zur TO., Reihe.

Bedingung; Rasch und scbün.

1

Biktat

1 mdl. Beohn.

Kombis.

GedXditn.

scbr.Bechn.

Gesamt- 1 onalitSt 6et

Vp.

i

1

Gesamtl.

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

Gesamtl.

g

1 g

Gesamtl.

Einzell.

s

9i

00

V

o

Einzell.

a

«0

s

Fa. !

' 20

7,6

14

12

60

58

297

86

76

11 1

437

167

Fö. 1

10

4^

7

5

42

10 1

367

238

1

1

417

264

He. ,

12.25

10,75

3

28

41

:i30

45

:jo

' 1

390

91

Hfl.

33,25

31,5

16

101

96 j

117

77

63

24 '

293

212

Ot. 1

1 10,6

11

10

9

70

158

61

26

42

264

186

Ki.

' 19,6

^.6

16

8

86

65

138

46

16

18

254

137

Ru.

10,5

16,5

8

11

46

36

73

55

30

2()

1.^)7

121

Schä.

16,5

11,25

14

10

43

39 1

157

49

9

8

: 223

106

Sehn.

I 14,75

11

19

8

4

1 i

401

240

53

15

477

264

Schw.

2

7

9

9

31

35

71

94

20

19

1 131

157

8p.

9.5

6,25

2

2

68

44

210

104

10

2

280

162

Wa.

9.25

5,25

4

8

44

33

136

37

48

37

j 232

116

Wi.

20,25

Ki.5

14

iT

77

59

412

187

17

32

1 620

289

Wo.

iäO

10

14

j 89

95

1 143

89

62

59

1 304

267

DuTch- Mkaittl.

i

1

12,7

1 10,0

8,9 1

64,9

48,9

216,0

100,6

20,7

312^

179,1

mV.

6.7,

4,0

2,8

1 ''''

1 ^^'^1

1

1 19.7

1 12.9

1 96,7

66,8

Digitized by Google

372

August lUy«r,

Ihre Ergebnisse uäheru sich denen der Q.-t I: 76,7 aller G. nehmen eine bessere Qualität« stufe ein als die E. Hierbei entfallen prozentual auf die yerschiedeneD Gebiete^ be- zogen auf die jeweUs znaammengehgrigen 14 G.:

Q.-t ma.

Diktst

mUiidl. Beehnon

Kombin.

QedlchtiL

ftcfaziftl. BMhoen

|GoMuntqoal.

71,4

71,4

64,3

92,9

'«.6 1

, »2,9

Ebenso stehen die dorobsehnittliolieii G. (inaUtatir hoher ab die

mittleren E., wie aus folgender Angabe, enthaltend deren prozen- tuale Differenzen, ersichtlich ist:

Q.-t mb.

Diktat

mündl. Rechnen

Kombin.

Gedächtn.

schriftl. Rechnen

Gesamtqaal.

^14,2

—10^9

87,1

-48.7

Desgleieheii ist aueh hier eine nniformierende Tendenz yor^ banden, wie die Unteracliiede der mV., in Prozenten anogedillekt, heweiflen:

Q.-t nie.

Diktat

mtlndl. Rechnen

Kombin.

Gedächtn.

schriftl. Rechnen

Oesamtqnal.

0,0

-30,0

+ M

4Ö,9

-84^

In den Besidtaten ftr Komhinalien und GedllditniB finden wir wolil weniger dne GeeetznAßiglLeii als yielleioht eher das Walten

eines Zufalles, einer besondem Indisposition oder sehr günstigen

Disposition einzelner Vp. ausgedrückt.

Somit stutzt diese Tabelle die aus der I. Reihe gewonnenen Ergebnisse, wie auch eine Zusanunenziehung beider Tabellen be- weist:

80,0^ der G. stehen qualitativ Uber der E. Verteilt auf die einzelnen Gebiete ergibt:

Q.-t. md.

I>iklat

mtlndL Beohnen

Kombin. Gediditn.

Bchriftt. B«ehneii

GeramtqvL

_

71,4

78^6

78^6

89,3 {9tJ,ÖJ

89,3 (96,6)

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Ober EiiuHl- und GeaamtleistiiDg des Selmlkindes. 373

Q.-i me.

Mittlere Differenzen der Durchschnittsleifitangen :

Diktat

mUndi Rechnen

Kombiu.

Gedächtn.

sohiiftl. Beohnen || GeaamtqoaL

19,6

—21,4

DurcJ

ds,o

Q

HAchnittiici

—68^0

!.-t. mf.

M Differena

-42,2 j -47.4

len der mY.:

Diktecj nilindL Reehnen

Kombiu»

Qe^telktiL 1 eebriftl. Beehnen

Geiamtqul.

^10^1 —27,5

-20,6

1 -«,4

-32^ 1

1 -40,1

Da die ErgebniBse mit denen ans Tab. I ttbereinstimmeay Ter^ siditen wir anf eine Wiederholung derselben. Er^send mnB nnr

uücii hiuzu{;efllg:t werden, daß der Gedächtnis-G. in jeder Beziehung die relativ gtlnstigste Stelle zukommt

Qnalitätentabelle zur IV(a). Reihe. Bediqgaiie: Becht schlta loid huigeaiii.

1

1 Dikttt 1

, mdL Becha.

Kombiu. 1

OedMchtn.

Bohr.Beehn.

GesHmt- qualitüt der

Vp.

S

«8

(D

® i

O 1

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

OD ^

Einzell.

a

«8

s

Einzell.

§

■> «>

O

Fa.

12,6

7

17

14

104

56

1388

280

79

9

1588

369

Fo.

4

6

8

16

602

672

46

20

668

639

He.

7

1

6

0,4

16

27

406

386

20

2

448

415,4

Hfl.

20,6

20

13

13

113

99

243

406

24

67

393

684

Ot

12,6

6,76

12

8

78

83

245

283

77

61

412

426

Ri.

20,76

10,26

7

6

66

66

34

99

36

6

133

174

Ru.

9,26

11.26

13

9

13

40

329

^

2

23

357

407

SchS.

12,6

10,26

16

6

10

37

427

138

74

79

627

260

Sehn.

2,76

1

6

7

1

2

123

m

23

10

153

222

Sehn.

4,76

2

4

10

10

7

166

187

14

9

193

213

Se.

6

4,76

3

13

60

39

786

441

13

26

862

619

Wa.

0,126

2j26

0,3

8

11

24

190

200

30

28

231.3

260

Wi.

17

16,6

6

11

68

37

468

369

21

14

»Ö3

421

Wo.

19,6

6,26

21

19

»

68

293

163

88

126

601

366

D«rch-

lOß

0,8

M

48,0

44,6

407,1

288,6

" "

39,0

33,4

601,4

^

376,0

mV.

Ö.9

M

1 6,2

36,1

21,2

1 233,7

109,4

23,9

26,7

i

241,6 (176,6J

111,2

Digitized by Google

374

August Ibyer,

Mit einiger Eingcbränknng gilt fUr die beiden folgendea Q.-t IVa und b dasselbe, was wir den Q.-t. I und III entnahmen:

ö8y6;K aller G. ist in qualitadrer Hinsicht der Yorxng vor den E. gesichert Daran beteiligen sieh die einzelnen Gebiete mit fol- genden PrOEOnten:

Q.-t IVc.

Diktat

miindl. Rechnen

Kombin.

OedXohtn.

sehrütl. Rechnen

Gesamtqaal.

78,6

1 «,i

42,9

60,0

64,3

1 «^0

Die kombinatorische Leistung ist hier etwas benachteiligt. Von den dnrchschnittliehen G. steht nur eine (mflndliohes Bech* nen) mit einem ganz geringen Proientsatz unter der mittleren E. Angabe der Differenzen in Proienten:

Q.-t IVd.

DÜLtWt

nttndl. Beebnen

Kombis.

Oedichtn.

—31,1

+ 1.1

-3,3 j

-14.4 1

Ebenso zeigen die folgenden Differenzen der mV., daß die G. ▼Ott einer bedeotenden Uniformierongstendenz beherrscht sind, ex- klnsiTO sehrifiliehes Beehnen, das aber in Tab. IVb seine nn- gOnstige Stellung wieder angibt:

(l.-t lYe.

Diktatj mtfndl. Beehnen

Kombin.

Gediohts.

Be]|xiftLBoch]i«i|

Oewuntqaal.

2ö,4

-34,6

—39,6

-63,2

+ U,7 -1

-Ö3.6

(Vgl. die Qaalit&tentabelle iV b anf nächster äeite )

Hier Uberragen 68,6 X aller G. qnalitatiy die E. Für die ein-

zehieu Gebiete ergeben siub iu dieser Hinsicht folgende Prozent- Ziffern:

Q.-t IVf.

Diktat

mttndL Beehnen

Kombiii.

Gedlehtn.

BchriftL Beehnen | OwtmtqimL

86^7

4a,9

67,1

78,6

78,6 1 86^7

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über Einzel- and Gesamtleistung des Schulkindes.

375

QaaHtätentabelle zur iy.(b] Reihe.

Bedingung: Beoht MhOn und langstm.

1

1

1

i

! 1

Du

tiMt

mdL Beolin.

Kon

ibin.

Gedi

[chtn.

aclir.]

Keehn.

Gesamt- qualität der

'S

g

H

1 Gesamtl,

•S

1*4

a

2 w

EinzeU.

Gesamtl,

1

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

i

a

CS

III

6,5

12

18

78

33

338

367

33

28

466

436

Tin

0,26

6

14

19

1199

227

14

10

1221

270

Um

6

5

4

101

62

734

625

69

18

699

Uli

9 A

15

0,3

3

39

12

410

330

18

18

467,3

363

En.

4,76

9,6

0,4

12

16

m

866

362

4

2

884,4

416

Gii.

9,75

8,25

13

Ii

114

1020

369

61

45

1208

646

H«L

8

1.»

v,iif

44

106

257

679

31

22

332,3

K«.

1,25

4

2

0,3

115

44

740

414

70

2

927

460,3

Bat

1,25

r

12

10

1

10

284

224

48

20

840

264

Sclio.

4.5

3,5

6

4

46

26

1287

391

6

39

1346

460

8o.

11,5

6

4

15

76

15

466

832

2

2

580

864

8«.

8,25

12

«

20

67

270

204

11

19

818

288

Tro.

1^

0,25

2

21

12

7

207

269

6

3

227

290

Wi.

1 14,95

7,6

0y4

16

76

76

647

273

11

jo

734,4

1

414

MkniUI QuUtU

1

6,6

3,6

6,4

62,3

44,6

622,6

846,4

26,4

19,9

708,7

419,8

mV.

1 ^

1 2,2

1 ^

1

1 27.9

1 304,9

81,3

1 m

1 "^1

[.324,6

98.4

Die Resnltate hiDäiclitlich der Darcliöchnittöleistangen Btiminen ttberein mit jenen der Tab. IVa.

Q.-t IVg.

DikUt

mttndL Bechnen

Kombin. | OedXclitii. jschzIfU. Bediiittn !| G«s«iiitqiial.

-44,6

+ 88,3

14,7 j —44,6 j —24,6 j

40,6

In den mV. tritt im Gegensals zu Tab. IVa em Wechaet xa Gniwteii des sehriMeheD und zu Ungunsten des mUndUcheii Beeh-

nens ein:

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376 Angm Mayer,

Q.-t IVh.

Diktat

mttndl. Rechnen

Kombin.

Gedächtn.

schxiftl. Rechnen

GesamtqoaL

-66,0

+ 80,0

-78^

3^9

—69,7

Wir yeieinigen Q.-i IVa und b. Dadureli ergibt sich, da8 63,6^ aller G. eine bessere Qualitätsstufe eimiehmeii aLs die il. Diese Fälle v erteilen sich folgendermaßen:

Q.-t IVi

Diktat

mttndl. Rechnen

Kombin.

Gedächtn.

Bchriftl. Rechnen i

Gesaiutqual.

88,2

£0,0

fi0,0

64,3

67,9

Snehen wir die mittleTeii DUferenzen der Dnrohsobniilflleittiingen,

so erhalten wir folgende Tabelle:

Q.-t. IV k.

Diktat

mtindl. Beehnea

Kombhi.

CMKchtn.

■olirilliBecIluicn 1 Gösamtqual.

37,9

+ 42,2

-9,0

36,8

—19^ 1 —38^

Die folgende Tabelle bietet etne ZimmmeiifMiinng der Diffb- renzen der mV.:

Q.-t IVI

Diktat

miindl. Boeliaai

Kombia.

OeAtebta.

sehtiflLBediBen

1 GeflantiiuL

40,7

+ 2,2

29,2

-68,8

-13,6

1 61,7

Ans vorstehenden Angaben lesen wir:

1) Die G. Übertreffen der Mehrzahl naeh in qnalitatlTer Hin- fliebt die E.

2) Die dnrchaelinitttiehen G. nehmen nit Aniwiabme vom mllndBchen Rechnen gegeuttber der mitderen E. eine bevor- zngte Stellang ein.

3) Nur das mlintllicbe Reebnen laßt in der G. die uuil'ormie- rende Tendenz vermissen, die sich bei allen übrigen Massen- arbeiten zeigt

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über Einxel- und Qettmtleistang des Schnlkiiidet.

877

Qaalitäteutabelle zur V(a). Beihe.

Bedlngiuig: Beeht naeh.

1 Diktat

mdl. Rechn.

Kombin.

OedSehtn.

aobr. Beehn.

Gesamt- aoalität der

Vp

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

OD

v O

Einzell.

Gesamtl.

Einzell.

B

es «

C

Einzell.

' _.

a

es

i ^

Einzell. *

Gesamtl. i

Mm»

81.25

10.5

8

11

! 8

67

-11

1 260

112

1 32

29

308

219

9,35

5,75

4

7

1

21

209

6

■).')

220

2U

10,26

18

1

7 4

2

68

19

DO

1 20

42

120

Mll

89,6

25,75

9

ü

27

82

96

87

72

59

204

242

Uv-

7,6

21,25

6

10

37

55

52

86

1 25

60

120

211

BL

28,76

18,5

8

^

20

62

53

34

12

16

87

107

Bn.

Schi.

l^A

10,6

6

6

4

^

90

66

67

49

157

138

Schiu

6,75

7^

6

3

1

2

60

193

13

33

70

231

Scbw.

9,26

1

8

6

1

14

III

117

30

36

150

172

Sao.

18^76

12

0,5

2

30

11

97

83

24

27

161,6

187

Wa.

8,85

4j6

5

6

6

24

78

88

39

23

128

141

Wl

32,6

34,26

6

7

34

52 I

239

144

24

18

303

221

Wo.

18

21

9

9

36

66

31

125

86

68

162

257

Durch- '

KkBlttl.,

16,7

14,6

5,4

2il

15,9

...

46,1

^ 106,5

101,2

33,8

34,2

161,7

188,6

mV. J 8,7

7,9

2,3

13,6

22.7 j} 60,4

37,2

18^2

M.0j

69,7

Der HehraaU nach stehen die Qt. qualitativ hinter ihren

E. zurUck; nur 36,9^ machea hiervon eine Ausnabuie. Aiii die einzelnen Gebiete verteilt, erhalten wir folgende Übersicht:

Q.-t. Vc.

Diktat { mliiidl. Bacbnea

Kombin.

Oedifihtn.

Bohriftl.BechneD

lOesMot,^

63,8

30,8

0,0

46,2

68,8

1 30,8

Weitaus am meiBten benachteiligt ist die Kombination.

Aach eine Zusammenstellung der Differenzen der Durchschnitts- leifltangen eigibt, mit Aoflnahme vom Diktat, eine wesentüehe Ver^ seblechtemng der G. gegentther der £.:

AicUt fAr PtfAioIofi«. L 26

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d78 Angiitt Ibyer,

Q.-t Vd.

Diktat 1 mttndL Beehm

KonblB.

GedSehtB. | ■chrlft]. BeclmeB

jGesaaitqiiU.

—12,6^ +31,6

+ 188,9

-6.0 1 +1,2

1 +16^6

Ancb hier gestatten üch ftlr die Kombination die VerhältmBse weitaus am nogUoitigsIeD, wührend Biktat und GedäehtniB eine Av^abtne nach der Bichtnng snm Bemeien yeneichnen.

Die Differenzen der mY. lassen nnr mit Rttekrioht anf mllnd- liohes Reehnen nnd Komldnation eine uniformierende Tendenz yer- misBen» wie nachstehende Angaben zeigen:

Q.-t Ve.

1

Diktat! miindl. Reebnen

Kombin.

Gedächtn.

Bchriftl. Bechnen

1

1 Gesamtqtuü.

9,2|

+ 4,3

+ 66,9

38,4

23,1

—30,0

vVgL die QualitätentabeUe Vb auf nächster Seite.)

Die Reanltate dieser Tabelle stimmen der Hanptsaebe nach mit den Torstehenden EIrgebnissen ttbereln.

Nnr 91,4$^ aller G. «bertreffen die E. an Qnalitilt. Die fol-

guude Ubersicht verteilt diese Fälle prozentual auf die einzelnen Gebiete:

il-t Vf.

Diktat

mllndl. Bechnen | Kombis.

GedSebta. eehiillL Beebnen || OesarntqnaL

42,9

3Ö.7 j 14,3

28,6 ] 36,7 j 14,3

All eil hier nimmt die Kombination die relativ ongUnstigste Stellung ein.

Die folge u de Tabelle gibt die Differenzen der Darcbsobnitta- Idstongen in Prozenten an:

Q -t Vg.

Diktat

mQndl. Bectmen

Kombin. ! OedXchtn.

■chriftL Bechnen || GeaamtqvaL

2,2

+ 60,6

+ 208,9 j + 31,5

+ 60,2 1 + 41,1

'i

Bis auf das Gedächtnis. des!>«>n G. hier qualitativ anter der E, tseht, stimmen diese Ergebnisse mit Tab. Ya ttberein.

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Ober Einsel- mid Gesamfleistiiiig dw SchnUdiidw. 379

Qnalitätentabelle zur y(b). Beihe.

Badiognsg: Beeht nveh.

Diktat

mdl. Rechn.

Kombin.

Gedächtn.

sehr. Eechn.

G6MUIlt> * qtUÜifSt dtt

a

1 o

i .2

l ^

5 m

EinzeU.

GesamtL

EinzeU.

S

aa

EinzeU.

'S

a

o

W

EinzeU.

a

99 00

EinzeU.

a

S

o

Rfl

1

1«,86

9

7

f

1

89

419

879

Oft

466

6,26

2,6

4

U

2

3

363

349

2

2

861

866

TW

16416

17

6

6

10

49

107

m

10

12

132

866

Th

6Jt6

6,6

0,2

03

1

14

100

193

14

16

116,2

2283

r.

6,7ö

2,75

6

6

1

19

210

299

1

10

218

334

»

16,6

6

16

49

67

176

224

19

47

249

3fö

HeL

8

4,76

3

8

11

16

123

m

8

16

146

880

Kn.

2,26

8

4

1

Dl

804

412

1

10

309

487

B«l

8,26

2

8

1

1

168

m

27

66

188

807

6,26

12,76

6

4

34

488

250

36

88

473

886

So.

6,26

8j5

0,2

4

1

1

96

1^

3

1

102,2

Iffi

So.

6,5

4,5

0,3

4

2

9

139

248

3

2

144,3

268

Tro.

4

9fi

7

0,2

1

18

194

167

8

29

906

204,8

Wl

21,ö

21.75

*

24

72

133

329

29

12

191

418

*rkluUI.

QuUttt

8.9

8,7

3,8

7,8

28,0

210,1

276,3

12,8

20,6

234,6

330,9

■T.

«3

2,0

9,0

20,6

i 94,8

66,6!

10,2

14,8!

88,5

74,4

Femer TerhSit sicli außer mllxidÜdiem Reclmen und Kombi- Bstion ancb noeb das scbriftlicbe Beebnen gegenüber dem tmifor-

miercnden Einflasse der Gesamtheit ablehnend, wie folgende Diffe* reozen der mV. in Prozenten besagen:

Q.-t. Vh.

Diktat! mttndl. Beebnen

KomUn.

GedXohtn. Mhriftl. Beefanen | Qeamntqmd.

-9,4j +66,0

+ 128,9

-30,8

+ 46,1

1 +lö»Ö

Wir yereinigeD in folgendem Tab. Va nnd b: Nor Uylfi^ aller G. sieben Uber den £. Dies gestaltet sieb in den einzebien Gebieten folgendermafien:

26*

üigitized by Google

380 Angose lUyer,

a-t Vi.

Diktat

rniindl. Rechnen

Kombin.

Gedächtn.

Bchriftl. Rechnen j GeBamtqnal.

48,1

88,8 j 7,4 1 87,0 | 44,4 j, 28,2

Q.-t Vk.

Mittiere Differenzen der Durchschnittsleistungen:

DÜEtet

mttndl. Beehnen

Kombin.

Gedlebtn.

■cIiriftI.Beclueii

-7,2

+ 226,7

+ 13.9

+ 31,8

+8»i8

Q.-t. VI.

Durchschnittliche Differenzen der mV.:

Diktat

mttndl. Kecbnen

Kombin.

Gedächtn.

schriftl. Rechnen Geaamtqual.

+ 80,6

+80,0

-84,6

+ 18,8 1 -88,7

Hierans folgt:

1) Die Mehraalil aller G. steht qualitativ unter den £.

2) Mit Anflnahme Tom Diktat lat die dueliBcliiiittlicbe 6. Bcbleehter als die initüere E.

3) Nur bei Diktat und (lediichtnis iHßt sich eine Uniformierungs- tendenz konstatieren. Die QmiHtätenHuinnie sciieint trotzdem eine solche Aimähernnfrtä1)rstrpbuu£r im allgemeinen erkennen zu lassen. Daß dieselbe hier Bich nach der "Richtung; zum Schlechteren wendet, beweist die durelischnittiiche QuulitäteuBumme, welche fUi die G. größer, alflo geringwertiger ist als fUr die E.

4) Am nnvorteühaftesteu in jeder Beziehung liegen die Ver- hJlltniflfle fllr die Kombination: Geringste Zald Ton qualitativ hoher stehenden G., grOfite Differenz zn Ungunsten der dnrohschnitdiehen G. nnd ICangel jeglieher Unifonniernngstendenz.

Znsammenfassnng.

Wir werden auch hier wieder an der Hatitl dreier Ll)ersichten, in welchen die Keiheu mit frleichen liedmguu^en ausgenommeu Beihe II vereinigt sind, die ErgebniBse der Qualitätentabellen ZQSammenfassen:

a. Tab. VI gibt den Prozentsatz der gegenüber den £. besser zn bewertenden G. an nnd zwar sowohl bezogen auf alle

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über Einzel- and Gesamtleiatang des Schulkindes.

381

Qt. ttberhanpt, als auch auf die in Jedom Gebiete gelieferten Maaaenarbeiten und auf die OnalifStunnunen;

b. Tab. Vn veraebafft einen Oberblick ttbor die proientnalen

Differenzen der DnrchBchnittsIeistnngen ;

c. Tab. Vni gibt, ebeniailö htLo^üu. aui 100, die Differenzen der mV. an.

Q.-t VI.

1

'*3^

s S

i « 5^ P i

? ^ s

B

s ^ .2

Ü

a

1

a

ja

Kombination

i

«1 C

a

o

1— (

*

1

00

t ü. m. Reihe. | iiaech und schün. j

80,0 (81,3)

71,4

78,6

78,6

89,3 {96,6)

82,^1

89,3 (96,6)

II. Roiho. ' Bedingung; , Bweh und sebOn. |

1

1

1

30,8

53,8

o3,8

4G,2

NB. Auf^t'fer- ü^t während der Ferien.

IVa u- IVb Keiiie. ' Bedingung: , Beeilt idiöii IL Iaiiggtiii.|

63.6

1 1

H2,2

öO,0

50,0

64.3

II

71,5. 67,9

,1

Ya n. Vb Btibe. 1 Bedlagasg: Beoht TMcii. 1

84,1

1

1

48,1

33.3

7,4

37,0

1

44,4

22,2

Q.-t vn.

Diktat

l.f

1

3

3j 'S

M

o

I. «. HL Reibe.

Bedingung: BmA nad icbOn.

-21,4

-32,0

68,0

42,2

-47,4

II. Reihe.

Bedingung : Raach und scbün.

1

+ 12,8

+ 1.7

H-17,4|

i

1

+ 4,8

NB. Angefer-

tif^t wilhrcnd der Fehen.

IVa u. IVb Reihe. Bedinp^ntr Recht, HchöQ u. lauguani.

37,9

4-42,2

i),0

-36,8

1{*,Ö

aa,8

Va u. Vb Reihe. Üedifi^ng:

-7,2

1 f -j- 4G,öj-r 22ö,7|-f- 13,9 1

+ 31,8|

f

+ 29,3

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382 Angast Mayer,

Q.-t vm.

Diktat

0

c

'1

a o

1

ä

1

c

i|

1 ;

Ä

cc ei C =

L tt. IIL Reihe. Baach and schOn.

10,2

-27,ö

26,6

-47,4

-32,6

40,1

II Kt^e.

Hediiif^unj?: BuBcli utid t^chün.

63,9

ao,o

+ 6,8

16»7

1

1

NB. An^^efer- t\^t während der Ferieii.

TVa u. IVl. Rrihc Bediiif^uu^: Hecht | 4Ü,i sclir»ii u l:iii;jn;itij.

-i-2,2

1

13,6

61,7

u. \1) \io'\\u'. '

Recht nach. |

1

ü.a -1-30,6 1

-r uy,ü

1

1

+ 12,3

22,7

1) Unter den Bedingungen >ra8ch und schön« und »recht schön und luu^^sam« steheu die meißteu aller Geöamtiirbeiten in qualitativer Hinsicht tlber den E. Dies läßt sicli aueii k »u- statieren mit UUcksicht unf (Vm jedem einzelnen Gebiete zugehöri- gen Massenarbeiten. Nur auf die kornUinatorisebe G. scheint die Erholung einen wenig gttnBtigen Einfluß auszutlben. Eine recht rasche Anfertigung der Arbeiten drückt die Qualität der größten Zahl der G. unter jene der £. herab. Dem relatiT ii]igttn8tig8fte& Einflnfi nnterliec^ unter solchen UmBtttndoi die Kombinationwheit (Tab. VI).

2) Unter der Einwirkung der enrtgenannten Bedingungen stehen die durchsehnittliehen 0esaintarbeiten mit einer Ausnahme

(mündliches Rechnen, Reihe IVa und b), auf die wir noch zu sprechen kommen, qualitativ hölier als die E. Dagegen ftlhrt die Aufj?abe »recht rasch« oinf zum Teil bedeutende Verschlechte- rung der durchschnittlichen G. j;egeüubt'i der mittleren E. herbei, ausgenommen Diktat. Namentlich scheint die Kombüiationsarbeit unter diesen Verhältnissen besonders an Wert zu verlieren. Auch die Zeit der Erholung scheint, abgesehen vom Diktat und mflnd- liehen Beohnen, der Qnalitftt der durohschnittliehen O. ungUnstigw XU sein als jener der mittleren E. (Tab. VH).

3) Unter allen m Betradit kommenden Verhältnissen liSt äek

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Ober Einiel« und OeMintlelstaiiir ^ SehnlkiadM. 383

im allgemeinen das Vorhandensein einer Uniformiemngstendenz in der G^eBamtheit konstatieren, die sieh am schärfsten anter den bei- den erstgenannten Bedingongen ausprägt; amgenommen hierron Bind nnr BehriflUehes Rechnen nnd Kombination znr Zeit der Er- ' Jiohingi sohriftUehes Bechnen nnter der Av^sabe »recht sohttn nnd langsam«! sowie mllndliehes Beehnen, Kombination und sehrif^ lidies Rechnen bei recht rascher Anfertigung.

4) Auffallend ist die in Bezng anf Dnrohsehnitts-G. und mV. durchaus gUoätige Stellung des Diktaten, Büwie der Gedächtuis- leistong.

§ 10. Bie Versachsresnltaie in ihrer Beziehnng sn den Bedingungen nnd znr Eigenart der gebotenen Stoffe.

Anf den Znsammenliang zwischen den £rgebni$>^pTi imd den Bedingungen wurde gelegentlich schon Terwiesen. Wir rnttssen hier des näheren darauf anrttckkommen, weil durch die jeweilige allgemeine Aufgabe die Stoffe je nach ihrer Eigenart besonderen BeeinflussQQgen unterliegen und darin ihr abweichendes Verhalten cum Ten stine Ursaehe hat

Zwei Momente waren es, das zeitliche nnd das Fehlermoment, welche durch die Bedingungen variiert wurden. Die erste Anf- ^rabe setzt beide einander gleich, die zweite empfiehlt einer be- sonderen BerU( ksi( liti^'-un^ die (lualitative Seite, welcb letztere alsdann in der dritten Bedingung unter ausschließlicher Betonung des zeitlichen Momentes vollständig außer acht gelassen wird.

Ich schicke meinen Erörterungen 5 Tabellen voraus, in wel- eben die Besultate im allgemeinen nach Fächern ausge- schieden sind. Hierbei finden 3 Zeichen Verwendung: , + nnd 0. Entsprechend der bisherigen Übung gibt die günstige und + die nngUnstige Stellung der 0. gegenüber der E. an. 0 bes^, daß ffSr beide Leistungen die Verhältnisse gleich Torteil- liaft gelagert waren. Jede Tabelle enthält 3 Kolumnen, geschieden durch senkrechte Doppelstriche, mit je 3 Abtcilnnpren. Die An- gaben der 1. Kol. beziehen sich auf die Dauern, die der 2. anf die Fehler und die der 8. auf die QualitMt der Gesamtleistungen. Die Zeichen der 1. Abteilung einer jeden Kolumne beziehen sich auf die Zahl (Z) der den einzelnen Gebieten zugehörigen Gl. und bessgen demnaeh, ob fUr die Mehrheit der G. die Ergebnisse gün- stiger (-—) oder ungünstiger (+] Bind wie flir die £. Die Angabe

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884

der 2. AbteiluDg einer jedeu KoIuiudü uimmt Rücksicht aut die dorchschnittlichen G. (D.-L.) and die der 3. auf die mittleren Yariationeu (mV.).

Tabelle IX. (Diktat)

Zelt

PcUer.

Qiudttft

Z.

D.-L.

mV.

Z.

D-L.

mV.

Z.

D.-L.

■V.

I. u. III. Kt'ihe.

II. Reihe.

1

IVa. u. b. Keiho.

Va. tt. b. Keibe.

1

Tabelle Z. (mOndl. Becbiieii.)

II

i

z.

Zeit D.-L.

mV.

Z.

Felder. D.-L.| mV.

1

Z.

QuUtit

lD.-L.| mV.

1. u. UI. Keüie.

_ 1

II. Reihe.

4-

IVa. u. l). Keilie.

r

4-

4-

0

+

-f

Va. 0. h. Keibe.

1

II

+

+

Tabelle XL (Kombination.)

Zeit

Febler.

QmOltit

Z.

D.L.

mV.

z.

D.-L.

mV.

1

Z.

ID.-L.

I. u. III. Reihe.

!

1

- i

II. Reihe.

! +

+

^ 1

4-

+

IVa. u. b. Reihe.

+

1

0

Vfti n. b. Keihe.

1 +

+

1 +

Tabdle XU (QedMebtaiia.)

!

i z.

Zeit

D.-L.

mV.

Feblei

D.-L.

mV.

Z.

^oalttl

D.-L.

L u. m. Reihe.

II. Reihe. IVm. u. b. Reihe. Va. n. b. Beihe. |

: 4- 1 +

4-

1

- j

4-

1

+

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über Eiuzel- uuü Gesamtleistung des ächulkiudes. 385

TabeUe XIIL (sehriftl. ReohnenO

F«Uer. '1

QulitXt

i

Z.

D.-L.

mV.

z.

mV.

z.

mV.

i

II. Reihe. ; +

+

+ 1

'

0

IVa. n. b. Reihe.

+'

_ .1

Va. u. b. Keihe.

1

+ 1

- 1

1

+ II

+

Im allj^eineiiien zeigt sich, daß, abgesebeu von der nster dem Eiiillus.^e der Ferieaerholunp; atehendeu Reihe II, deu Bedingrnnfrcn entsprochen wurde. Für Keüie I und III konstatieren vorstehcude Übersichten durchweg gleichmäßig günstige ErgebniBße in Kttck- sieht auf Zeit, Fehler und Qualität In Reihe IVa nud b le^en die Vp. dai Hwptgewiobt auf korrekte Arbeii, okae jedoch die Rfiekaiohtiialinie auf die Ikßtarbeitendeii km^chtUefa der Dauer ane- tniehHeBen, wie die ftr die G. ^genllber den K geringeren mV. in Kol. 1, AMeOnng 3 ?en Beihe IVa nnd b in flftmflioben obigen Tabellen beweiaen; nnr mttndliches Reebnen Terbittt sieb bier ent- gegengesetzt (Kol. 2 und 3 der Reihe IVa und b). Eine Erklärung hieriiir durfte kaum erheblichen ächwierigkeiten begegnen: Beim mündlichen Rechnen handelt es sich in erster Linie um das Be- halten von Zahlen. Ist nun die Vp. bestrebt, die einzelnen Ope- rationen müglichst gewissenhaft und korrekt, wie verlaugt war, zu vollziehen, so wird hiermit in den meisten Fällen eine Verlänge- rung der Dauern parallel gehen. Die Folge davon dürfte alsdann nieht selten ein Vergessen der Zahlen nnd damit die UnmOglieh- keit oder Ünriehtigkeit der LSsnng sein. Derartiges filBt sieb im ScfaiUleben des öfteren konstatieren. Dafi diese Erseheinong be- sonders in der G. hervortritt» hat wohl seine Ursache in der Eigen- art der mttndlichen Reehenversnebe: Jede Vp. sobrieb das Resultat sofort nach der Gewinnimg nieder, ohne erst einen au die Gesamt- heit eigens hierzu gerichteten Befehl abwarten zu müssen. Natur- gemäß entstanden zwischen den Leistungen der einzelnen Vp. Zeit- differeuzen. Ein Streben, dieselben auszugleichen, war otfrniur vorhanden, wie die flir die G. geringere mV. besagt. Hatten nun die besten Schüler mit dem liiederschreibeu begonnen, so war dies

1) Erklärt durch den Gebrauch des Lineals bei der G. Siehe Diskussion * der Z.-t IV« md b.

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386

Angnat Magert

fUr die meisten das Signal, das Gleiche zu tun. >^icht wenige Ter- suchten dabei duroh das Niederbeugen zum Schreiben wenigstens den Sehein zn wahren, als ob auch Urnen die Lösung bereits ge- lungen sei Dum begann bei diesen in der Kegel wohl ein noch- maliger heftiger Vennioli, die An%abe zu bewiltigen. Sehlieftlieh erfolgte die Niedeitehiift dee Ergebnisses oder die Angabe der LOsnngsyenncliei wobei viele offenbar nur dem dnreh die raseher Arbeitenden auf sie ansgettbten Zwange gehorehten. Der letztere Umstand war zweifellos auch bei den meisten übrigen Rechencre- samtleistuügcn wirksam gewesen. Einigermalieu zur Erklüiaug der Ausnahmestellung iu dieser Reihe trägt er eben nur bei im Zusammenhalt mit der obig^en Erwägung, betreffend die Verlänge- rung der Dauern und dem jedenffiHs damit zusammenhängenden Verlieren der Zahlen. Es muß allerdings dahingestellt bleiben, ob bei einer entspreehenden Mehmng des an sieh geringen Stofifes dieselbe Erseheinnng an Tage treten würde. Gerade bei soleb kleinen An^ben, in giOfierer Zahl gestellt, dürfte bei den späteren Anfgaben gegenüber den TOiheigQgangenen der Einflnfi der Übimg wohl wirksam sehi.

Womit die Yerlüngening der Dauern der kombinatorisohen G. iu Reihe IVa und b zusanunenliiingt, läßt aicli schwer mit einiger Sicherheit angeben. Venuuriit'h spieleu, wie der hohe Prozentsatz der die E. an Dauer Uberragenden 6. (88,9) zu sageu scheint, hier in der Gesamtheit Ablenkungen Uberhanpt eine relativ größere Rolle als iu der E.

Die bedeutend reduzierten Zeitziffern in den Tab. Va und b beweisen, dafi hier, entsprechend der Bedingung »recht rasoh« das Hauptaugenmerk anf das aeitiiehe Moment g^ohtet war.

Trotzdem non in der 6. infolge der besonderen Anregung des Ehrgeizes durch die ßrl&ntemngen zur allgemeinen Aufgabe natui^ notwendig ganz besonders des Streben herrschen mnfite, mtfgiichst rasch zu arbeiten, repräsentieren die Dauern der O. mit Ans- uiiliine vom Diktat durchgängig einen höheren Wert als die der E. Die Ursachen dieser Erscheinung haben wir jedenfalls in der Eigenart der Bedingung zu suchen: die Ubermäßig strirke Be- tonung des Zeitmomentes hatte schon in der E. im allgemeinen das Streben zur Folge, sich durch besouders rasches Arbeiten aus- zuzeichnen. Dasselbe gipfelte bei der G. in dem Verlangen, mit zu den Ersten zu gehören; daher die nervOse Hast und Unruhe in

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über Einzel- und Oesamtleistang des Schulkindes. 387

der arbeitenden Marne. Bei einem solehen Verfiüiren moBte natar- notwendig die Fehlefziffer einen hOfaeien Wert enelohen. Damit ging wohl parallel eine gewiBse Unaieherheit, die jl a. anob in den vielen Selbetkonrektoren sam Ansdraek gelangt Hieiaiu er- klärt sieb jedenfalls die Verzf^genrng gegentlber den E., bei wel- chen ja dieses Drängen durch Mitarbeitende fehlte. Der Einzelne konnte mit mehr Ruhe und darum mit mehr Sicherheit seine LeiätoBgen vollziehen. Darauf dürften wohl zurlii kzulilliren sein die relativ {ireringeren Fehlerwerte und die weniger häutigen Öelböt- koirektareu, sowie die kttraeren Dauern gegenüber den G.

Eine Verscblechtening der Qualität resp. eine Vermehrung der Fehlerziffem im Vei^leich zu den E. tritt unter der Bedingung »reebt raaehc nur bei der Diktat-6. niebt ein. Dieaer Umatand etklürt fliob ans der Nator derVerancbe: Bei derE. wnrde sofort naob vollendetem Niedersebxeiben dnes Absehnittes mit dem Dik- tieren weitergefabren, ein noebmaliges Dareblesen des (Geleisteten und eventuell Yerbesseni war also hier ausgeschlossen. Dagegen mußte in der G. stets auch auf die Langsamsten Rücksicht ge- nommen werden. \s odurch der rascher Arbeitende Gelejrenheit hatte, das Ni» (it im'scliriebene nochmals m übt rsebeu und auch Korrek- turen auzubringeu. Dazu kommt noch, daß, laut den Beobach- tungen, diejenigen, welche anfänglich am raschesten mit ihren Leistungen fertig waren, allmählicb sieh mehr den Übrigen ein- gliederten, wohl nnter der Voranssetanng, dafi es ibnen aneb mit etwas weniger Eile gelingen werde, den andern gegenüber im Vor- teil an bldben. Damit war ihnen die Möglichkeit einer etwas er- hShteren Eonientration auf die Korrektheit der DarsteUang ge- geben. Im «brigen muß bemerkt werden, daß ein Vergleicb des Diktates mit andern Leistungen aus schon erwähnten Gründen nur im Hinblick auf die Fehlerwerte zulüsöig ist.

Die ungttnstif!:e Steliun«; der Kombination in Reihe Va und b erklärt sieh vielleicht auö der Annahme, daß infolge der abnormen Bedingung in der G. besonders stark ablenkende EinfltlSfie sich geltend machten.

Die Gedächtnisleistung in Beihe IV und V weicht insofern von den nnter die gleiehe Bedingung fallenden Versuchen ab, als hier auch mit Rllcksieht auf die Fehlerwerte eine uniformierende Ten- denz wi^am ist Dies erklärt sich eben daraus, daß es den Vp. möglich war, in der G. die Mitarbeitenden infolge des wenn auch

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388

Atugiut Mayer,

geringen Geräusches der ZLililu])parate einigenDaßen zu beobachten und eich ansBpasaeB. IHeser Umstand venirsachte yieUeiobt mit die beronugte Stellung der Gedttehtnisleiitiing ttberbanpi

Die im allgemeinen etwas nniegehnSBigen Beanhate der II. Reihe durften in dem Hinweis auf die serstreaenden Einfltlsse der Ferien- erholnng, wodnreh wobl in den einaebien Vp. eine günstigere Dis- position ftlr die Ablenloiitjsr durch Mitarbeitende geschaffen wird, ihre befriedigende Kikliinm^^ findcD. llberblicken wir die vor- stehenden Tabellen, so fallen uns dnrch ihre günstige Stellung be- sonders auf Diktat und Gedachtui^*. Die Erklärnnc hierfür liegt, wie teilweise schon betont wurde, eben in der i^atur der Versuche selbst.

Selbstverstäiidlieh iLonnte mit Vorstehendem nicht beabsichtigt sein, eine Erklärong aller kleineren Abweichungen m venuehen; das durfte kaum gelingen. Es sollten DentongSTersuehe eben nur in größeren Zttgen unternommen werden.

Unsere Untersuchungen haben zweifelsohne ergeben, dafi die bei weitem vorteilhaftesten geistigen Leistungen zu stände kommen in einer Gesamtheit, die nnter der Bedinj^iug »rasch nnd schön« arbeitet. Wir haben letztere daher mit Üecht als die Normal- b e d i n ff u n g bezeichnet. Ungünstiger gestillten sich im allgemeinen die Kesultate unter dem Einflüsse der Ferienerholnng oder nnter der Bedingung »recht schön nnd langsam«. Die relativ gering- wertigsten Leistungen dagegen liefert die in der Gesamtheit arbei- tende Yp., wenn ihr die besondere BeTOrzogung des zeitiicben Momentes zur Aufgabe gestellt wird.

Veisnohen wir eüie psychologische Erkl&rung dieaea all- gemeinen Tatbestandes. Wir kUnnen yon der Yoranssetzong aus- gehen, dafi das Quantum geistiger Energie, mit welehem die Yp. den von ihr geforderten Leistungen gegenUbertritt, nnter normalen Verhältnissen in gewissen Grenzen eine Konstante repräsentiert. Es liegt nnn einesteils au den besonderen Umständen, bis zu welchem Grade dieser disponible Vorrat au Energie wirksam wird, audernh iln aber bän£!;t es von der allgemeinen Aufgabe ab, nach welcher Kichtung hin diese Energie ihre Tätigkeit vor- zugsweise entfaltet. Nun scheinen in der arbeitenden Gesamtheit unter normalen Bedingungen und Verbältnissen weit günstigere Umstände wirksam zu sein als in der z. B. die Anetfenmg durch andere y der Ehrgeiz, wodurch alsdann ein giOfierer Tdl

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Ober Elnsel' und GeMuntieiBtang dM SohalkindeB.

389

dieser Inteiiteu Energie umgesetzt wird in ;tktuclle). Es liegt nun in der Kompetenz der jeweiligen aligemeiuen liedin^ruug, diese p:eistige Energie sich besonders nach zeitlicher oder uach qualitativer Seite hin ent&lten zn lassen. Die Normalbediogung weist auf eine an- nXhemd gleiohheitUehe VerteiliiDg der rerf^baien geistigen Kraft anf die erwähnten beiden Momente bin and enielt daher die Tor- teilhaftesten Hesnliate. Nnr snr Zeit der Ferieneiholnng seheinen in der Qesamtheit besondeis ungünstige Einittsse, s. B. die Zer- Btrenong, einer ansgiebigen Entfaltnng der gdstigen Eneigie mehr entgegenzuwirken als in der E. Dagegen durfte sich unter der Bedingung > recht sebüu uiul langsam« der größte Teil der geisti- gen Kraft der K au ktheit der Arbeit zuwenden. Daher wohl die bevorzii^rtc bteiluug der Feliler- und Qualitiitswerte gegenüber den Zeitzifferu. Daß unter solchen Umständen die G. die besseren Resultate erzielt, weist jedenfalls hin auf die besondere Aneiferuug durch die Mitarbeitenden, infolge deren auf das Feblermoment ein bedeutenderes Angenmerk g^chtet wurde. Absorbiert dagegen unter der Bedingung »recht rasch« das idtliehe Moment den größten Teil der geistigen Energie, so wkd auch dessen ToUe Entfaltung verhindert Infolge der Vemachlllssigung der qualitatiTen Seite entsteht eine unverhüItDismäßig starke Feblermehrang, die alsdann in der G. eiueu ablenkenden und so einem besonderen Wirksam- werden entgegentretenden Umstand bildet. Es entsteht dadurch jedenfalls ein der Arbeit kaum förderlicher, ständiger Wechsel in der Riebtung der Autmerksanikeitskon/cntration von dem Zeit- moment zum Fehierwert und umgekcbii;. Naturgemäß muß diese Erscheinung in der Gesamtheit viel prägnanter als in der £. zum Ausdruck kommen wegen des dort sicherlich hemchenden Wett- eifers, der unter diesen Umständen einen besondere Terwirrenden und ablenkenden Einfluß austthl

Als gans selbstrerstladlich durfte bu betrachten sein, daß durch diesen ErkUbrungsT^uoh die Individnalitttt der Yp. absolut nicht au^ge$!cbaltet sein soll und darf. Es ist ganz wohl mit dieser Theorie vereiiibui, dali lüfulgc unkontrollierbarer Um&täude nud individueller Kigentttmliohkeiten unter sonst gleichen Verbältuissen die geistige Energie bei zwei Vp. in einander entgegengesetzter oder doch wesentlich von einander verschiedener Weise wirksam wird. Hierauf Rücksicht zu nelmien ist der Zweck des folgenden Parar graphen.

Üigiiizeü by i^üOgle

390

Aagut ICayer,

§ 11. Die Individualität der Yp. in ihrem Terhältuis zu den Versnchsresnltaten.

Hier kann es sich eelbstredend nicht am eine BerUcksichtiginBg aller znfSUig wirksamen besonderen Umstilnde und der hieraoB entsprungenen Abweiehongen handeln. Das würde sn weit fnhrsB and hiefie Unmögliches Teisaohen. Wir haben eben anentwiekelte Yp. Tor uns, denen es nie soreichend gelingen dttrfte, alle avBer- ordentlicben Dlspoeitionen oder Indispositionen anzugeben. Wir werden daLer, trützdem jeweils vor den VcrBiichen die Schiller anf<rcfordcrt wnrden, besondere Abweiclinnjreii von dem psychi- sciifii (rleichj^ewicht anzujrclK'ii , mit muiicheii imkontruIHrrlinren EiuÜUssen za reebnen haben. Gerade deswegen würde man sieb bei zn eingehenden Erklärnngsversachen sehr ins Keich des Pro- blematischen verlieren. Es soll in folgendem nnr yersiicht weideni danrostellen, wie sich besonders prKgnante Erscheinungen sn der Atr die Yp. g^benen Charakteristik verhalten. Eine ToUstSudig erschöpfende Behandlnng der Bexiehnngen swisehen Yersnchsergeb- nissen and Charakteristik liegt natürlich auch nicht im Rahmen dieser Arbeit, konnte auch schon wegen der von Tomherein be- tonten Relativität und UuvollHtUndigkeit der Skizzen nicht von dem frewUnseliten Erfolg niein. Hier kann ich mir einen Mangel dieser Ciiarakti ristiken , der mch bei den nun folgenden Be- sprechungen er^'ei>en hat und auf den im i^ut'e derselben hinge- wiesen werden wird, nicht verhehlen. Sie entbehren, obwohl einer eingehenden Beobachtung entsprangen, einer exakten und sicheren Grundlage. Ans experimentellem Material müssen in Zn- knnft nnanfechtbare Charakteristiken in synthetischer Weise, Zog nm Zag, gewonnen werden. Trotzdem erfüllen unsere Charakte* listikeB einen guten Zweck, wenn sie durch ihre Unvollstindigkeit die Nachteile einer auf der Beobachtung schlechtltin und nicht auf dem psychologischen Experiment flifiendai Angabe indlvddneller Eigentümlichkeiten diirtuu.

Es kann sich bei unsern Erörterungen nur um jene 14 Vp. handeln, die lici den IIaui)tver8nchen tätig waren; von den iiln i::eü mtlssen wir schon deshalb abschen, weil uns von diesen nur zwei YersnehBreihen, darunter keine mit der Normalbedingnng, zur Ver- fügung stehen.

Unsere Yersuchsresultate erstreckten sieh im wesentlichen

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über Einiel- tmd GMamdeiitonff du Sehidldiides. 391

1) auf das Verhältnis zwischen E. und G.,

2) ftuf die Beziehongen zwischen den in der Masse arbeitenden Vp., die rieh ansdrUcken in dem Yorhaadeiiseiii oder dem Fehlen einer uniformierenden Tendens.

Auf diese beiden Punkte gehen wir denn aneh hanpiaftehlieh in folgendem ein. Auf das, was aafierhalb dieses Kähmens liegt, werden wir nnr gelegentlich hinweisen.

Wir schicken den Besprechungen stets 2 Obersiehten Yorans (Charakteristiktabellen, abgektlrzt durch Ch.-t.), welche das Ver- bältcu der in Rede stehenden Vp. nach den oben bezeichneten 2 Richtungen hin darstellen.

Ch.-t. a und b enthalten stets 5 Kol. zu je B Abteilungen. Abteilung 1 bezieht sich auf die Zeiten (Z.), Al)teiluüg 2 auf die Fehler (F.) und Abteilung 3 auf die Qualität (Q.) der Leistungen. Die yerschiedenen Kolumnen gehören den einzelnen nf hieten an. Beihe I nnd III sind zusammengefaßt und zwar in beiden Tabellen. Die Hinns- nnd Haszeichen in den Oh.-t a konstatieren, dafi lieh die O. gegenüber der £. im Vorteil (— ) oder im Kaehteil (+) befindet; die Ziffern 0 weisen auf ein gleichmUBiges Verhalten beider Leistungen hin. In der Gh.-t. b, die rieh auf die mV. be- rieht, kommen drei verschiedene Zeichen in Anwendung: Q, und -f-- O besagt, daß die G. der betreflfenden Vp. den lüiliiiien der mV. nicht übersteigt. Wird kein weiteres Zeichen hinzu- geftlgt, so steht die Arbeit des Individuums crenau in der Mitte zwischen dem oberen und unteren Variationsgebiet, kommt also der Durchschnittsleistung gleich. und geben an, daß die 6. in das obere bez. in das untere Variationsgebiet hineingreifen. SohlieBlich deutet an, dafi die G. nicht einmal die untere Re- gion erreicht; dies kommt nnr den besten Arbeiten an. Schon hier sei darauf hingewiesen, dafi diese Vp. die eigentlichen Ftthrer der arbeitenden Gemeinschaft repräsentieren, denen die Übrigen oaehstreben. Das Zeichen + scfalieBlich besagt, daß die G. das Gebiet der Schwankungen ttbersteigt Wir besprechen die Vp. der alphabetischen Keihenfolge nach.

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392

I. Fa.

Augiut Mayer, Ch.-t la.

Diktat

1 luuuul.

1 Kombin.

Gedicht.

Bcliriftl. Bechnen

1

Z- 1 F. 1 Q.

Z. 1 F. 1 Q.

ZiF.

;z.lF.iQ.

Z.

F. Q.

z.

,F.|Q.

I. u. III. Reihe.

1 1-1

|- oj~

_

-r

II Reihe.

IV. Reihe *

1

1

i :

1

~ 1

1

V. Reihe.

1 1

+ 1+1

+1

Clh.-t. Ib.

1

i

Dikttt

mflndl. 1 ' Rechnen !

Kombin.

Gedickt.

! schriftl. ' gl Rechnen

MMill

ICH

Z. i F.

Q.

Z.

|F.

Z.

|F.

Q.

Z.

F. Q.

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Die Besnltate der Nomalreiheii I and III Btiimiieii hier ?oU- kommen mit dem aUgemeiBen Ergebnis ttbereuou Der Schiller unterliegt eben, wie wenige andre, in gans beBonderer Weise dem Einflösse der Gesamtheit Die Charakteristik sagt: »Sein Auftreten zeigt Mangel an Selbst?ertranen nnd gro8e ÄngsÜiehkeit«. Diese Zttge scheinen darch die Masse Tollständig aufgehoben hczw. in dcu Hintergrund j^edrän^^ zu werden. Mit Ivlicksicht aut Ztit, Fehler und Qualität Uberrai^eu die G. die E. Nur selten konnte im Unterrichte ein derartige» geistiges Anfraflen des SchMlers und ein 80 prägnantes Hervortreten seiner Leistungsfähigkeit beobaehtet werden. Es muß dahingestellt bleiben, ob nnd inwieweit dies mit der Grüße der arbeitenden Masse snsammenhängt. Aber anf jeden Fall wäre es interessant, wenn aneh mit vielen Umstftndliohkeiten nnd Schwierigkeiten Terknllpft, experimentell zu erfoisohen, hei welehem Um£uige die Gesamtheit auf solche verzagte Naturen, wie die in Rede stehende und aueh auf alle andern den besten EinfluB ausübt und wo und unter welchen Umständen diese gün- stige Einwirkung ihre Grenzen findet Dieselbe wird wohl je nach der Individualitiit etwa«? variabel, jedoch vielleicht innerhall) ge- wisser Grenztu lutmi rliin konstsmt sein. Daß aber ein solcher EinfluU des Umfang es der arbeitenden Gesamtheit besteht, scheint

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Üb«r Einsel- imd QeMmflflifteBg dw SehnlkiiideB.

mir neben der Beobachtung in der Schale uuoh durch die Rede- wendung, »eine trige, MsiiwerflÜlige MtMe«, einigennnBen geahnt n «ein. Eine Unteisnehnng diaBea Problems wttrde mgleieh ein- gieifen in die Finge der KlnsaenbeeetsEiingi indem hierdueh der expetimentelle Naebweit gefiefert werden kOnnto^ welche Sohfller- sab! nngeftbr dem Erfolg des Unteniebto am günatigeten besw. am ungünstigsten wäre.

Auffallend vorteilhaft wird durch die Gesamtheit das sonst weniger leistungsfähige Gedächtnis dieser Vp. sogar auch unter der ungünstigsten Bedingung (Reihe V) beeinfluüt, ähnlich iu Reihe IV. Bei ihm re<ri eben der durch die Arbeit in der Masse genährte Ehrgeiz, der, wie die Skiaze verzeichnet, außerordentlich stark ent- wickelt ist, seine Leistungsfähigkeit ganz besonders an. Dies zeigt ancb Tab. b, in welcher sich beinahe in jeder Reibe eine zum Teil stemUeb anqg^rigte allaeitige UniformierangBtendenK geltend macbt. DaB diese bei ibm, dem Sebwacbbegabten» in der V. Beibe teilweise sn einer Veiscbleehtermig der Q, Waea. mnfite, ist selbBtrerstttndltcb.

Bei dieser Yp. baben wir es Tonngswdse mit einem optiscben Typus fXL tun nnd zwar nicbt nnr mit Rtteksiebt anf das GedSebt- nis. Dies beweist vielleicht auch seine Vorliebe fUr das Experi- ment. Diesem Schüler fällt ein Denken ohne begleitendes Ge- richt» bild, also eine abstrahierende Operation oder eine solche, zu welcher er sich eine Verstellung, gleichviel welcher Art, erst selbst bilden müßte, sehr schwer. Vielleicht ist hier Mitursache seine günstige Disposition für ablenkende Reize, die sieb unter solchen Umständen in emer unter abnomien Bediogungen arbeitenden Ge- samtbeit wobl nocb steigern wird; daber vielieieht die im Yei^ baltnis xn andern Vp. siendieb beben nnd also geringeren Qvali- tttewerte der mllndlicben Reeben^S-.

^ Cb.-t Ha.

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Diktat

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KomblA.

Gedicht

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1) An geelgiieter Stelle benits m deuten vemuebt weiden.

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Angnte Hiyert

Ch.-t. IIb

1 Diktat

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mUndl. 1 Rechnen

Kombin.

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Hier tritt ans eine darchaus selbständige Natur entgegen, die «ich weniger geneigt zeigt, dem Einflasse der Masse nacbzu- geben. Die Konzentration auf sieh selbst ist ttberlianpt ein Grond- mg des ganzen Wesena dieses Schülers. Und doeh erseheint nnter normalen Bedingungen in der Gesamtheit seine Lei- stung günstiger als die Elnzelarhelt, obwohl er sonst sel- tener vom Ehrgeiz sieh beeinflnBt zeigt. Mitnrsache mag hier wohl der Uiastaud gewesen sein, daß er hinter diesen Arbeiten gauz besondere Zwecke vermuttte, wie er gelegentlich seinen Kameraden gegenüber einmal äußerte. Die Resultate der Reihen I und III und der Reihe II stimmen, ab^i^esehen vom Gedacht iih in Reihe II und einigen geringen bchwauknngen, im großen und ganzen mit dem Gesamtergebnis ttbcrein. Diese Abweichnngen, sowie jene der Kombination in Reihe lY dürften teils auf beson- ders wirksame Ablenknngmi, die sich aber der Kontrolle entaieheni teils anf seine Selbsttadigkeit znrttckznfthren sein. In Beihe Y füllt, wie ttberhanpt dnrchweg in CL-t üa» die herorzngte Stel- Inng der GedSchtais-G. auf. Das mechanische Gedächtnis dieses Sohfllers ist von ziemlicher SchwerfÜligkeit, wie die jeweils yer- hältnismäßig hohe Anzahl von Wiederholung:en bestätigt. Dieser Umstand beweist, ä:d). wie Boltun tiurch seine Untersuchnngeu 'j fand, eine Parallelität zwischen Intelligenz und f-edUchtnisleistung nicht besteht. Wir konstatieren, wie sebon hervorgehoben, aus Tab. a eine besonders günstige Einwirkung der arbeitenden Masse anf die Gedächtnisleistnng. Dies geschieht anf Kosten der Uni- fonniemngstendenz, welche sich in der Gesamtheit wohl unter dem Streben nach einer guten Arbeit auflöst (Tab. b). Auch diese Tat- sache scheint fbr eine im Yerhültnis zur sonstigen Begabung wenig

1) Bolton, The gtonth of memoiy in sehool children. Amer. Joua. ni psyehoL IV. 1892.

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über EiQzel- uud Gesamtleistung des Seimikindes.

395

Torteflhafte EntwioUnng de» mechaiiiseheii GedftchtDisfles za Bpiecben. Sonst bemerken wir fast durebwegi daß sich die meisten Arbeiten der Vp. im Kähmen der mittleren Scbwanknngen bewegen; viele Lelstongen greifen nur in das untere Yariationsgebiet binein, einige, namentlich aber die kombinatorischen, erreichen nicht einmal die untere Grenze. Diese Tatsuchen scheinen einigemiiiBcii durch den in der Gesamtheit wirksamen Ehr^reiz. mehr aber noch durch die vorzügliche Reo-abung der \ ]i libi rli;iu])t bedingt zu sein. 8ie ge- hört zu den ludividnen, die durch ihre Leistungsfähigkeit die Mit- arbeitenden aneifem, zu jenen also, die man als KlassenfUhrer zn bezeichnen gewohnt ist. Die besonders bevorzugte Stellung der Kombinations-0. dtirfte in dem Hinweis auf die in der Gbarakte- riatik berrorgdiobene lebhafte Phantasiefittigkeit, die sieb wobl unter dem Einflösse der Hasse noeh lebhafter gestaltet, ihre be- friedigende ErkUtrang finden. Was sieb als allgemdnes Eigebms ans dieser Disknssion beranskristallisiert, ist die Tatsache , daß anch eine Vp. von auBgesprocbener Selbstilndigkeit und sogar von Ter&chlossenem , die Einsamkeit der Gesellschaft vorziehendem Wesen ebenfalls, weuu auch weniger intensiv, dem günstigen Ein- flösse der arbeitenden Gesamtheit unterliegt

m. He.

Ob.-t nia.

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Diktat

mUndl.

Kombin.

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Schrift I.

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OedSeht.

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26*

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396

Angart Itoyer,

Von angeiKhr g^eker LaatBngsfähigkeit wie Fd. imterli^ He., jedooh in viel aiiBgepillgterer Weise, den EinfliiMe der Ge- Bamdieit VeEBcMedenes mag hierren die ümohe sein:

ZudkM steht He. sn F9. in Besag snf SeUwUlndlg^eik is einem riwnlieh staiken Gegentais und besitet ein namlieftes HaS Yon Ehrgeiz. Sodann aber charakterisiert sich He. als eine mp- Töse^ leicht erregbare Natur, die be^^rcil licherwciHc für ablenkende Reize äußerst empfUngUcb ist. Des weiteren muß noch hervoi^ hoben werden, daß ihm sein eiserner Fleiß in VerlMüduii^^ mit ziemlicher Übimgsfähigkeit ein hohes Maß von Gewaudtiieit in jeder fiesiehnng sichert, das sich in der G. unter normalen Be- dingungen infolge der Anregung des Ehrgeiies besser ausprtlgt als in der fif l>ei wdeber ein derartiger Ansporn niolit Torhandon Ist Daß aneh He. mit an den anrsgenden Elementen geliflct» lehrt sin Bliek aof Tab. b. Die mdsten Arbeiten bewegen sieh In der enteren Vaiiationsiegion, resp. sie erreidien, namentiidi im Beohnen, sehr bfinfig nicht einmal die nntere Orenxlioie. Die* ner Umstand ist hervorzühebeD , weil sich gerade im Rechnmi in dea öuutitijjeü Schulleistungen eine ziemliche Schwaukung konsta- tieren läßt. Kine Erklärung dafür dürfte gegeben sein in der enormen Ubuii^^t^fuhi^^kcit dieser Vp., vermöge welcher sie sich in kurzer Zeit dem Gang der Aufgabe anpaßte, der ja in den einzelnen Fällen nur ganz unerheblich voneinander abweicht Vielleicht kommt auch ftlr diesen Schttler der Umfang der arbei- tenden Gesamtheit in Betracht Femer mnfi znr ErkUlrnng ?sr- wiesen werden anf den enorm entwickelten Ehrgeiz, der die Vp. reianlaBte, unter der Wirksamkeit der Masse möglicherweise ia Verbiadnng mit dem Bewußtsein Ton dem anßerordentlielien Oha- lakter der Arbeit, ihre LeistongsfUhigkeit in ausgiebigster Weise auszunutzen. Dafi sich das mündliche Rechneu in Reihe V dem schriftUchen entgegcn^xbcUt verhält, liegt vielleicht neben dem geringen StoÖumiang an der unter dieser abnormen Bedingnng fhr eine Vp. von so leichter Erregbarkeit noch gesteis^erten Ab- Icnkbiirkeit, fllr welche ohnehin schon infolge der Eigenart de.s Stoffes im allgemeinen eine etwas günstige Disposition bestehen dürfte. Die Ergebnisse der Tab. a, Beihe II zeigen durchweg eine Verschlechterung der Ct* gegenüber der £. Die Ursiiudie hie^ Ton wird wohl zu suchen sein in der zur Zeit der Ferienetlielaflg gesteigerten EmpfitaigBi^eit dar Vp. ftr die Ablenkung dnreh die

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Ober Eliisel- und GeMuutleiftang des ScbuIkindeB.

397

Masee. Dorch die fortwährenden &ei8treaenden Einflttofle wlUireiid einer floleh«B Periode wird natnrgem&B die Konientitttion der Aofinerksamkeit bedeutend ersdiwert, munenilich aber in der Gt. Die willkttrliehe Aufinerksamkeit durfte atadann kanm im stände sein, eine Tellatindige nnd danemde geistige Sammlnng herbei- snllÜiieD.

IV. Mtl.

Ch-t IVa.

Diktat

mändl. Beebnen

Kombin.

Gedieht

schriftl. Bechnen

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Diktet

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1 Gedicht.

Bcbriftl. Beebnen

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V.Bfihe.

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4-

Hier IftBt aieh, was Ton nielit m nnterschlltiender praktiseber Bedeotnng ist» konstslieren, daß dnreii die Uassenarbeit, ansgefUirt «nler nonnaler Bedingong, aneh Vp. Yon senst geringer LeistiuigB- flkigkdt TCttteflbaft beeinflnfit werden. Wenn aneh die Qoalitftt der O. (JedKehtnis anogenommen zun Teil noeb tief unter dem Durchschnitte steht und Uber die obere Variationsgrenze weit hinanägreiit iTab. b, Reihe I und III), so läßt Bich doch eine Bessenuig den E. gegenüber nachweisen. Die Ursache dieser Er- ßcbeiiiunp- dürfte eine ähnliche sein wie bei der Vp. Fa.: Die regelmäüig eich zeigende Angätlichkeit nnd leicht begreifliche Unsicherheit schwindet in der Gesamtheit; in demselben Maße sebeint sieb aueb das beinahe vollständig maagefaide Selbstver- trauen einzustellen. Sebließüob darf angenommen werden, daß

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998

Angl» t Hftyer,

der gute WilloM hier sicherlich nicht fehlte und sich jedeniidls nnter dem Einflüsse der arbeitenden Masse nooh yerstärkte, dies beweist daa VorhandenBein einer nnifoimierenden Tendenz hin- fliolililieli der Zeit nnd teilweifle anoh der Feuer. DaB trotzdem die Beanltato die Stnfe der Mittelmäßigkeit bei weitem nieht er- reiohen, liegt eben an der Unfähigkeit des Sehttlen. Nnr das Gedttehtnia macht hierron eme Ausnahme (Tab. b). Hier fallen die Leistungen, abgesehen von Reihe IV, in das Gebiet der mV., zum Teil sogar iu die untere Region. Sein Gedächtnis ist ebeu, wie die Charakteristik besagt, rein mechanisch tJitig, und oft ge- ling-t es ihm, iu erstaunlich kurzer Zeit Memonerstofle zu bewäl- tigen. Hier ii^t offenbar die Möglichkeit einer Anpassaug au die ttbrigen gegeben.

Bei dieser Vp. besteht ohnehin schon eüie gttDStigc Disposition für ablenkende Beize. £a itt wM anannehmenj daß sich dieselbe zur Zeit der Erholung noeh mehr steigert So erkUit Bich jeden- &1b die unglbutige Stellung der G. in der II. Beihe ans der ab- lenkenden Emwirknng der Maaae. Dieae maeht sieh namentlich auch geltend in der Auflösung der Uniformierangstendenz ftac diese Reihe.

la der IV. Reibe zeigt die kombinatoriscbe G. einen Vonug gegenüber der E. Derselbe erscheint jedoch als ein nur zufälliger, Bobald wir die geringen Zeit- nnd Fehlerdifferenzen ins Auge fassen. Beim miliKllichen Rechueu schließlich wird die bessere Qualität dadurch erzielt, daß sich die Dauer verhältnismäßig be- deutend verringert, ])egleitet von einer Erhöhung des Fehler£ftktoi8. Im ganzen wirkt für diese Vp. auch unter der Bedingung »reoht schon und langsam« die Gesamtheit naohteilig auf die Leistungen ein. Die Ursachen liegen yielleieht in ^ner im Laufe der Ver- suche sich allmlfhlich einstellenden Interesselosigkeit einer hier nicht gerade seltenen Erscheinung , möglicherweise finden wir hier die Konatatiemng einer durch das ganze Schuljahr augesanir meHen Ermüdung. Beides bat sieherlich eine erhöhte Empfind- lichkeit für Ablenkungen, wie sie in einer arbeitenden Masse ge- boten werden, zur Folge. Wir mllßteu all dies auch zu einer Erklärung der Autlusuug der uniformierenden Tendenz in Reihe rv und V mit hereinbeziehen.

1) Man erwMge, daß die Schiller sieb fteiwillig &a den VenNidieB betei- ligtfln. fflentis ist wohl sn scbließen, daß wenigsteiu der gute Wille, den Anfordenmgen sn genfigen, Torhaaden war.

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Ober EiliMl- und GetamtleistiiQK des Sdmlkindes. 399 V. Ot

Cb.-t. Va.

Diktat

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Kombin.

Gedächt

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Ch.-t.

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Diktat

mttndl.

Rechnen

Korn bin.

Gedächt.

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Rechnen

Summen

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Wir begegnen hier keiner wesentlich neuen Erscheinung. Im gfanzcn untersteht auch Ot. dem günstigen Einfluß der Masse, wie namentlich das Verhältnis der G. zu den E. in den Reihen I und III und Reihe U (Tab. a) beweist. Die Wirkung des bei ihm stark entwickelten Ehrgeizes findet ihren besonderen Ausdruck in Tab. b. Nor wenige G. ttbenchreiten das Variationflgebiet; die meiBten bewegen rieh in der obeien nnd unteren Region, einige sinken sogar nnter die tlefiite Grenze berab. Namentlieb die (Je- diehtaisieistang erfreut sieb in dieser Hinsiebt einer besonders günstigen Stellung, die wobl anf die größere LeiBtangsDUiigkeit des meebanisoben GedScbtnisses Vberbaupt sartteksnfUbren sein dürfte. Infolge derselben wird wahrscheinlich unter dem Ein- flüsse des Wetteifers für die G. ein bedeutend günstigeres liesuitat erzielt als fUr die E.

Hingegen scheint sieh die Schwerfälligkeit seiner Phantasie im Verhältnis za jeuer Lebhaftigkeit, wodurch sich die Besscrcu auszeichnen, namentlich auszudrücken sowohl in den lelatiT hohen FeUerzablen der kombinatorischen Leistungen, als aneb in der siemlieb geringen Neigung zur Uniformientngstendenz (Tab. b). Diese letstere Ersebeinnng ist weniger aaf Ifsngel an Eifer (TgL

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400

Angn^ Hayer,

die Zeitangabon der Tab. b!), als vielmehr auf partielle Unfähig- keit zurttckzafUhren.

Ähnliohea läftt sieh aaoh fttr die 8chrifitli<^ Beebenarbeit im Hinbfiok anf die FehlenÜfem and ihr YeifaJUtius zu den Dnreh- Bcbniitaleistaikgeii (Tab. b) koratatieten. Fehler und Qiulitili zeigen nur geringe AnnXhemng an die DnrohsehnittileiBttuig nnd greifen aogar Uber das Variationsgebiet hinans. In den anf die Zeit aieh beziehenden An^ben in Tab. b kommt fast durchweg das oben scjhon betoute Charakteristikum dieser Vp. der außerordentlich starke Ehrgeiz zum Ausdnick.

Daß bei der V. Reihe eint ViTscblerbternnfi^ der G. eintritt, dürfte bei der leichten Ablenkbarkeit uud der ausgesprochenen Konzentration dieser Vp. auf das zeitliche Moment (Tab. b) bei- nahe als Notwendigkeit erscbeiuen. Diese avssefaliefiliche Rich- tung des Angemnerks aof die Daner der Leistangen seheint aach der Umstand zn zeigen, daft selbst bei Znrttekdriingnng dee zel^ Heben Faktors, wie solehes dnieh die Bedingung der IV. Beihe gesehah, die G. eine TeriilltnismlSig selir knize Daner anfinweiBeB haben. Daher kann die Vp. aber aneh nnr in dieser Hinsieht den die Gesamtheit fhhrenden Elementen bdgezählt werden. Daß unter bulchen Umständen die kombmatorisclie Leistung in der Ge- samtheit (Reihe IV und V) einen geringeren Wert repräsentiert als die E., bei welcher iid'olge der Abgeschlossenheit von andern jenes treibende Motiv nicht so stark wirksam gewesen sein dürtte, ist wohl bei der mäßigen Leistungsfähigkeit der Phantasie ein sehr natarliehes Ergebnis.

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Ch.-t Via.

Diktat

mflndl.

Rechnen

Kombin.

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über Eiioel- und Qftiwint1«iitmig des Soluilkiiidet. 401

Ch.-t. VIb.

Diktal

uUndl. Kechnen

Kombin.

Gedacht 1

ßchril't!. 1 Rechnen ;

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Hier sei zunächst eine allgemeine Bemerkung gestattet. Ein flttehtiger Blick auf vorstehende Tabelle und ein Vergleich mit den duebBelmittliebeii Ei^bnisaen lehrt, daß diese Vp. mit Rttck- äelit anf ihre Leietnngafittiigkeit in den in Frage kommenden Di»- riplinen mit gans geringer Ausnahme an die besten Sehttler nahe herantritt. Veigleiehen wir damit die Skizse, so finden wir dort ein weniger Torteilhaltes Bild. Woher dieser Wideispmeh? Zwei Gründe lassen sich meiner Ansicht nach dafür angeben:

1) Mit den hier gelieferten Artjciten ist die Gesamtheit der Schnlleistun{;eD, anf welche sich die Charakteristik stützt, nicht erscliiipft Es läßt sich anf Grnnd dieses Matcrinls beispielsweii^e noch kein vollberechtigter Schiaß ziehen auf das Verhalten des Sohttlers beim Anfsatznnterricht oder beim Unterrieht in den mehr mechanischen Fertigkeiten, wie Zeichnen, Schonschreiben n. a.

2) Aber trotzdem soheint mir diese Skizae nicht ganz den tat- liebHehen VerbSltninen zn entsprechen; zun mindesten jedoch legt dieses experimentell gewonnene Material eine Einscbrlnkang mancher Behauptung nahe. So dttrite namentiich das, wie die Besnhate dentlicb eikennen lassen, wShrend der Ansitthrmig der Reihen gesammelte Verhalten der Vp., sowie ihr durch alle Ver- suche gleichbleibendes Interesse für die Arbeiten die in der Skizze sehr allgemein gefaßten Angaben bezüglich der Halbheit und Ober- flächlichkeit ihrer Leistuncren, des ra.^chen Erlahmens des Inter- esses für den Gegenstand früherer Begeisterung, des Mißverhält- nisses zwischen Ehrgeiz and Leistungsfähigkeit nach mancher Richtung hin korrigieren, ohne sie jedoch völlig widerlegen za können. Hier prigt stob deutlich der Mangel einer Charakteristik ans, die mcht anf experimentellem Material fnfit Meine Anfiseick' nangen entstanden Tor der Oewinnnng dentlicher Ergebnisse. Sie konnten also nnd sollten aneb niobt dnicb die Yersnche beeinflnßt

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402

Anglist Mayer,

Hein. Man wollte tlicii i rfahrcn, inwieweit die iii densdljen, weuu aach mit groBer Vorgicht niedergelegten, so doch nicht exakten Beobachtangen mit dem ErgebnU der Experimente Übereinstimmen wurden. Was sich hierbei eigab, ist die Notwendigkeit , daß Cbankteristikeii, die Yolle Geltung beanspnielieii, also individoali- deiend im strengsten Sinne des Wortes sein wollen, ans dem p^yohologisehen Experiment iieranswaehsen mQssen nnd nicht anf der Beobachtung sehleehfhin fnßen dttrfen. Wir sind daher ge- zwungen, weil gerade hier sich ein besonderer Hangel der Skissen zeigt, von Erklämngsversnchen fUr manche E^cheinnngen abznsehen.

Dem günstigsten Einfluli uutcriieirt die Massenarbeit bei der Bedingnng >rasch und Bclii n«. Ain h die Ferienzeit bewirkt hier nur eine geringe Ausnahme Ks dlJrfte diese Erscheinung eine Folge des stark ausgeprägten Ehrgeizes sein. Dessen Wirksam- keit äofiert sich deutlich auch darin, dafi die meisten Leistungen in das untere Variationsgebiet eingreifen resp. über dessen Grenie hinabsinken. Es entspiieht ToUstftndig der leicht anregbaren Natar dieser Vp., dafi sich aaoh in Tab. XV nnd Y, teilweise nooh Tiel ansgepiSgter, dieselbe Tateaohe konstatieren IftBt Nnr fOi das Diktat Toneichnet Tab. b etwas nagttnstigere Ergebnisse. IMea hat seine natOrliehe Ursache in der geringen LeistnngsfUhigkeit der Vp. im Rechtschreiben Überhaupt, wie ein Blick auf die Fehlertabellen bestätigt. Vielleicht ist hici uu schuld sein nu ganzen fluchtiges Wesen, das dem intensiven Erfassen eines Wort- bildes nii-iiustig sein dttrfte. Wahrscheinlich wirkt hier auch des weitereu der Umstand mit, daß dieser Unternchtszweig seinem Interessenkreis, der mehr lebendige Stoffe in sich faßt, zu fem liegt Die Bedingung der Reihe IV scheint der G. im Vergleich znm dorchschnittlichen Ergebnis etwas nngiinstiger zn sein. Wir müssen uns hier mit der Annahme b^ttgen, dafi für die Ge- dltehtntsarbeit unter dieser Bedingung die Masse mehr ablenkend wirkt als die Abgeschlossenheit. Im Verhalten der kombinatori- sehen Tätigkeit in Reihe IV und V findet die wenig herrorragende Tätigkeit d^r Phantasie, die hier den störenden Einfltlssen der Masse zugänglicher /u sein scheint als sonst, ihren Ausdruck. Die Aufgabe der Reihe V recht rasch) entspricht mehr seiner fluchtigen Natur, daher vielleicht die besfcre Konzentration der Aufmerksamkeit aut den Geduchtnisstoti' unter Aossühalfcuug d^ ablenkenden Eiuflosses der Masse.

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über EiBMl- und GesamfleiBtiuig des Schulldiidefl. 403

OL-t vn«.

DikUt

inUndl. Rechnen

Kombin.

Gedäcbt i

Bchriftl. Bechnen

Sanuaen

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Ch.-t VUb.

Diktat

mOndL Beehnen

Kombin.

Gedacht.

aehriftl. '

Rechnen

Summen

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Q.

Z.

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Z.| F.

Q

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Z.

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V. Eeihe.

1

1

1

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1

i

Diese Vp. zeigt in ihrem Verhalten wenig Bemerkenswertes, l'nttir der Normalbedingung wird ancb hier offenhar unter dem Einfluß des Wetteifers (Tab. b) der G. vor der E. der Vorzug gesichert mit wenigen, sohwerlioh za deateuden Ausnahmen. Auch R. ist den anfeoeniden Elementen zuzurechnen, wie Tab. b dent« iieh erkennen tilBt Dagegen tritt die G. in Reihe IV in den mdsten Füllen znrilok gegenüber der £. Es iBt wahraelidnlieh, daß wir es hier mit dem Anadiuok einer »pennnnentenc Enntl- dnng zu tnn haben, woza der BcbwieUiebe Schiller sehr leicht ndgt. Damit stellt sich natorgemftB dne günstigere Disposition fUr die Ablenkung durch die Masse ein.

Hervorzuheben ist noch besonder» die relativ ^^Uustige Stellung der Gediichtnisarbeit, welche in dem Hinweis auf die bedeutende r.eistiiiiL'-sfalii^'keit (k-s niechauischen GedUchtnisses, die sieh unter dem anregenden Eintiuü der arbeitenden Masse jeden taiis in voll- kommenerer Weise betätigt als wie in der Abgeschlossenheit, ihre befriedigende Erklärung gefunden haben dürfte. Dagegen wirkt vnter der Kormalbedingong die Gesamtheit auf die Diktatleistnngen, die «berhanpt die schwächste Seite der Vp. bilden (siehe F.-tl), stOrend ein.

Dlgitizea by i^üOgle

404 Aagan lUyer,

vm. schä,

Cii.-t Villa.

i

l

1

1

DikUt

milnd].

Rechnen

1 Kombin.

Gedächt

BdurlftL

Rechnen

Sninffleii

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IV* Reihe.

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Ch.^ VHIb.

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Diktet

mUndl. Rechnen

Kombin.

Gedieht

1

schriftl. Rechnen

Srnnmea

1

Z.|F.

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Z.

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V.Reihe.

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+ 1 1

o.

Die Ldstnngen dieser Vp. ergeben im Vergleidh sn den allge- meinen Reflnltaten ein etwas abweichendefl Bild. Wir Itonstatieren

hier mit geriu^ar Ausnahme einen gUiiütigen Einfluß der arbeiten- den Geaamtheit. Daa vorteilhafteste Ergebnis liefern die Normal- reiheu I und III. In allen übrigen Keihen scheiut dich die Dis- position llir die Ablenkung etwas zu zeigen. Namentlich tritt die konibinatoriBche Massenarbeit in ein fast durchweg ungttustigeA Verhältnis zu ihrer £., teilweise Mgar in den Normalreihen. Einen Anadniek ftlr Unfähigkeit können wir hierin nicht erblieken. Dar gegen spreelien die niedrigen Fehleniffeni und die Angaben der Tabw b. Eb bleibt daher nur die Annahme ttbiig, daß die Bonflt anfierordentlieh lebhafte Phantasie im aUgemeinen in der Gesamt- heit mehr stOienden Einwirkungen unterliegt als in der E., wis wohl anf die leicht bewegliohe nnd ablenkbare Natur der Vp. Uberhanpt zurtlckzufllhren sein dürfte. Diu UnrcgiliniUiigkeiten der Reihe II Laben offenbar ihre Ursache in dem Eiutiuß der Ferienerholnnp: Hier scheint namentlich im Hinblick auf das (redächtnis ein kleiner Übnngsverlnst mitzuwirken, wie uns ein Vergleich der Zeitziffem in den Tab. I, II und III zeigt üierbei ist zn bedenken, daß in Reihe II die G., welcher die grOfiere

üiyiiizea by Google

Ober EiiiMl* vnd QtnmÜMaag das SehnUdnde«. 405

ZeÜnffer zukommt, der E. vorausging, also den Übangsverlast beeonders stark ansprftgt Sonst zeichnet sich die Gedäohtnia' aibeit dnfdi günstige BeBoltale ans. Znr ErUMruig ist hinzn- wdBMi anf die herronagende AnBbildnng des GedüditniBBeSi denen Leistongafidiigkeit unter dem anregenden EinflnB der Maaee In weügehenditer Weite ausgcntltst an werden aeheint Hit Rttek- tiebt auf diese Arbeiten gebOrt denn Scb. aneb mit an den Führern, wie Tab. b deutlich zeigt. In der schriftlichen Rechen-G. der beideu letzten Reihen N crmissen wir die L nifonnierungstendenz. Die FeblerziflFem sind verhältnismäßipr hohe. Es ist nicht ausge- schlossen, daß sich hier n. a. eine iiitol^a- > jicrmanenterc Ermü- dung besonders wirksame Ablenkung durch die Masse geltend macht; IreiUeb kommt noch in Betracht, daß das Rechnen ttber- banpt nni wenig auf sein volles Interesse siblen dar!

IX. Öchn.

Ch.-t. IX a.

U Z.

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Q.

mtliidL 1 Bechnen

z.|f.|q.|

1 Kombin. i Z.|F,|Q.

Gedächt.

z.|f.|q.

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Z. 1 F.

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DikUt

z.|f.|q.

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1 Gedächt

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schrütL Rechnen

z.|f.|q.

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I. n. ül. Keihe. II. Reihe. IV. Reihe. Y. Reihe.

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Hier tritt uns wieder ein Typus von Selbständigkeit entgegen, der, wie Tab. b beweist, in der Geaamtbeit als belebendes £le- nwB* titig ist Diea dürfte weniger aaf Konto des bei ibm niebt beaonden wbtonnen Wetteifers kommen; loh betrachte es viel- mehr als eine natürliehe Folge seiner guten Begabung. Anek

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406

Anglist lUyer,

hier scheint die Charakteristik uicht ganz daa Kichtige zu trefifeo. Sie spricht dem mechanischen Gedächtnis die Leichtigkeit der Aneignung ab, während auch nach dieser Seite hin Tab b die Yp. aU einen FtUurer der Gesamtheit, mit AaBnahme von fieihe V, beaeidmet Die relativ niedrigen Fefalerziffem bestStigen daa. Am YoizQglichBten ist die Phantasie entwickelt Die Beanltate der kombinatorischen JLeistiingen sind die besten. Und gende hier scheint die Ablenkung dnreh die Hasse eine nemlicbe Rolle zn spielen. Trotzdem bleibt anch hier die Vp. an der Spitze der Gesamtheit (Tab. b). Ein verhUltuiBmäßig geringes Interesse biiu^'t Sehn, dem Rechnen entgegen. Hier tritt er denn auch nament- lich im schrittlichen gegenüber den andern Arbeiten von seiner Ftthrerrolle etwas zurück, obwohl sich auch da noch seine Lei- stungen der Hauptsache nach im unteren Yariationagebiet be- wegen. Die günstigsten Resultate werden im allgemeinen in der G. der Nomuüreihen erzielt» wie Tab. a dartat.

X. Schwa.

Ch.-t. Xa.

Diktat

mttiidl. Bechnen

Kombin.

G«däoht

idnifa BmIumb

1 SUBUM»

Z.

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II. Reihe.

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1\. Reihe.

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V. Reihe.

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Ch.-t. Xb

Diktat

mOndl. Redmen

Kombia.

Gedächt

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1 Siuniiitii

Z. 1 F. 1 Q.

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F.

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IV. Reihe.

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1

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Anch diese Vp.» deren Ehrgeiz ziemlich stark entwickelt, unterliegt unter normalen YerhSltnissen dem anregenden £infl«fi der Hasse, wie T^b. a nnd b nachweisen. Dagegen begünstigt

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über Einsel- und Oesamfleitttm^ des SehidküideB. 407

schon eine knrze Ferienerholimg bei dem schwächlichen und kiinklichen Schiller die Bntstehiuig einer günstigen Bisposition fOr die Ablenkung, die sonst in nur ganz minimaler Weise taoh geprügt ist Sein mechanisches Ge^htnis, ohnehin nicht beson- ders leisinngBfähig, wird hierdnich in seiner G. hesonders beein- trächtigt, wie ein Blick aof F.-i II lehrt Die sonst rorhandene Uniformienm^tendenz lÖBt sich hier anf. Die Beurteilung der riiantasietati^^keit durch die Charakteristik dtlrfte nach den Ver- sachsergebnissen eine Ungerechtigkeit in sieh Bchließen. Zeigt sieh doch, auch trotz des ablenkenden Einflnsses der Masse, in den Reihen II und V, daB die kombinatorischen Leistungen mit zu den besten gehören. Dies ist sowohl aus den entsprechenden F.-t, als auch aus den yorstehenden Übersichten (b) zn entnehmen. Dafi aber hier beaondera leicht cerstrenende Ciinwirknngen durch die Blasse yorkommen, heweist Ch.*t a.

Die Bedingimg »recht rasche ist im allgemeinen der-0. nn- I^Unstig (Ch.-t a), doch shid sie immer noch den hesten anzurech- nen (Oh.-t b). Hitnrsaohen sind hier sicher seine Selbständigkeit und seine Gewissenhaftigkeit bei Anfertigung seuier Aufgaben.

XI> Se.

Gh.-t XIa.

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Diktat

1 UltlBd].

Rechnen

Kombln.

Gedäcbt.

aehriftl. Rechnen

Summen

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Ch.-t Xlb.

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> ]>iktet

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408

Angwl liayer,

In diesen fast durchweg von dem Durcbschnitt abvveielienden Ergebnissen kommt die eigenartige Individualität der Yp. s«m Audniek. Die Erholuogsreüie (IX) sichert der G. in viel pri^ luuitefer Weiae den Vofsng vor to alt dias unter der Nor- Bulbedingmig geaehieht (Tab. «1). ZweifeHoe drückt Ml in den Keenltaton aller Ruhen die Wirkung einer Aneifemng dnieh die Miflse ans. Hier etoßen wir aber aaf beaonden gtbiatige Eigeb» niMe. Darans geht herror, dafi bei dieser Yp. sentienende Ein- flüsse der Gesamtheit anch zur Zeit der kurzen Erholung nicht wirksam werden kOunun, wie sich dies bisher gezeigt hat. Dafür dürfte sieh leicht eine Erklärung finden: dieser SchUler verhiiKiet mit firrinper Ubnnc'Sirjlhijrkpit eine jinßerst zähe Ubung'sfeFtiu'koit, die gerade zur Zeit der l-^holung, in welcher eine etwaif;e Ein- wirkung der EnnUdnng wohl ausgeschlossen ist, infolge des in hohem Maße entwickelten Ehrgeizes in der G. yoll zum Durch- brach gelangt (Tab. a und b). Das meehanisohe Gedächtnis läfit jedeeh dne gewisse Sdnrarllilligkeit nieht Teimiaien (Tab. h). Sonst aber zeigt ein Yeigleiok der seidioh liemlieli weit ansein- ander liegenden F.«t. I, n und VI den infolge des forüanlenden Unterriehts stetig wachsenden Grad 7on Obnng; die Fehleiziffem geben znrlick.

Noch eine andere Erscheiuuüg entspricht durchaus dem eigen- artigen Naturell der Yp. :

Die G. aus dem iiiHndlichen Kechuen muü, trotzdem sich das Hechnen eines besonderen Interessee erfreut, in Rücksicht auf Fehlerzahl und Qualität hinter der E. zurückstehen. Ich erinnere an eine in der Charakteristik festgelegte Beobachtung: der Schü- ler gehört sn jenen Individuen, die sieh erst durch eine Periode des Anarbeitens bindnrob zn ibier eigentüehen Leistnngsfthigkeit erheben mflssen. Wie dort diese Tatsache konstatiert ist im Hin- bliek anf eine größere Zeitspanne » so liSt sich hier dasselbe eikennen mit Rttcksiebt aaf eine eng begrenite Arbeitsdaaer. Demnach erscheint das ungünstige Hesel tat als eine Begleit- eracheinunp: der Adaptation. Das Diktat ist nicht im stände, diese Annahme zu wi(ierlegen, schon deshalb niclit, weil liier der zeitliche Faktor nicht in Rechnmii: kam. Wurden wir aher dies tun, so mtiBte uns hier mit Rücksicht anf Zeit und Qualität die- selbe Erscheinung begegnen; denn die Protokolle erklären durch- weg» dafi Se. in der G. des Diktats mit am Isngsamsten arbeüetc

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über Einzel- nnd Gesamtlebtuug üen ächulklQdeg.

409

DieB 0agt aiieh aehon dn Hinweis auf die ZeitEiffem ftr die E. Ferner aber war mUndliehefl Beehnen der BeUienfolge nach die erste Arbeit, die bei ihrer VoU^mig rein geistige Funktionen ▼erlangt Daß bier in einer Periode der Adaptation ablenkende Beize in der Masse einer günstigeren Disposition begegnen als in der K., ist wohl außer allem Zweifel.

Dali die G. aus dem schriftlichen Rechnen gegenüber der E. in den Beihen TV nnd V abfällt, durfte auf das Vorhandensein einer »permanenten« Ermüdung hinweisen, natürlich verbanden mit einer besonderen Neigung, zerstreuenden Einwirkungen der Gesamtheit naebxogeben. Daß diese gerade in der 6. des schrift- lieben fieebnens sam Ansdraek gdangt, ist jedenfalbi anf die Eigenart der Bedingungen, infolge weloher gegen Ende der Vei^ snehe jene EiscblaiAuig erbObt nnd in der Hasse besondeis wirk- eam wird, znrttekznfilbren.

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Cb.-t XUa.

Diktat

inUndl ! Rechnen

Kombin.

Gedücht.

Bchriftl. Rechnen

Smuineu

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F.

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T.Beihe.

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Cb.-t. XUb.

Diktat

milndl. Rechnen

1 1

Kombin.

GedScht.

1 schriftl. ! Kechuea |

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Z.

F.

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F.

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1

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IV. Reihe.

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1-

o.

1-

i-

Die Vp. gebdrt mit xn jenen, welobe dnreb ibr Beispiel die weniger Begabten und Trägen zom Angebot eines grOBeren llaBes

geistiger Energie anspornen. Das Verhilltnis der G. zn den mV. (Tab. bj beweist das. Daß trotzdem die G. den E. gegenüber

Arekfr ftr P-iycliologi«. X. ^

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410

Anglist Hayer,

vidlfach zurücktreten, Bcheiut mir dadurch bewirkt zu seiu, daß die enorme Lebhaftigkeit des Schülers in der Gesamtheit, häufige Umblicke nach den Arbeitenden und nach den Beobachtern, einw YoUen Konzentntion der Anfinerksamkeit «nf die Leistnngeii ent* gegenwirken. Nieht ohne Einfluß auf den ohnehin Mbon regen Wetteifer war jedenialia der Umstand, daB aneh diese Yp. mit den Arbeiten ganz besondere Zweoke Terbonden glaubte, wodueh die Lebhal^keit In der Masse mid damit die Disposition ftr die Ahleiikuiig wesentlich erhöht wurde. Die günstigsten Resultate lieferten die Normalreihen. Dagegen scheinen die Zeit der Er- holung und auch die llbrigen Bcdinguogeu eiu© größere Empfäng- lichkeit fUr zerstreuende EiaÜüsse zu schaffen, was wohl im Zu- sammenhaog steht mit der sehen betonten QnecksUbeniatar der Yp.

Xm. WL

CL-t xm«.

Diktat 1

Rechnen

1 KomUn.

Gedieht

Bcbriftl. 1

Rechnen '

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IV. Reihe.

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+

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GL-i XUIb.

Diktat 1

mUndl.

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GedlAht

Bchriftl.

Rechnen

Rechnen

jz.

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Im ganaen leigt Tab. a eine aemlidi Yorteilbafte Einwirkuig der Gesamtheit. Beibe H and IV nftbem sieh mit geringer Ab* ändemng dem Dnrelisehnittsbild. IMe sehleobte Stelhmg der Oe-

dSobtnisleistung in Reihe I und m resp. Reihe I war schon früher

zu erklären veiäucht wordeu durch den Hinweis auf die Waluv

1) An geeigneter Stelle boeiti sa deuten veraacht worden.

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über Ehud- und Cteatinfleiftaiig des Sehnlkindes. 411

8chemli( hkeit, daß hier unbekaimtr", abnorme Umstände wirksam gewebeu sein mögen. Dagegen konstMtieren wir, daß auch nnter der sonst der Massenarbeit sehr ungünstigen Bedingung »recht rasch« die G. sich eines weit vorteilha^ren EinflaBses erfreut, ala dies bei den bis jetzt besprochenen Yp. der Fall war. Dieser ümstand, in YerUsdimg mit Tab. welche mit geringer Aus- nahme ehie ElngHedening der G. in das Variationsgebiet, nioht selten sogar in das untere, erkamen läfit, deutet offrabar auf einen dnreh die Hasse angeregten Wetteifer hin. Trotadem be- hauptet aber die Charakteristik, daB der Ehrgeiz wenig entwiekelt und Wetteifer eine seltene Erscheinung sei. Wir sehen, daß die- ses Urteil offenbar zu weit geht. Gerade vorliegende Versuche lehren, daß die sonst rnhige Vp. lebhaft mit den übrigen kon- kurriert. Wieder ein Heweis für die relative Gültitrk<Mt der auf der Beobachtung schlechthin fußenden psychologischen Skizzen. Diese ungerechtfertigte Verallgemeinerung eines zu gewissen Zei- ten wohl Yorhandenen Mangels an Wettbewerb ist eben Teranlaßt dnreh die äußerst ruhige Natur der Vp.» die oft des geringsten MaBes Ton Lebhaftigkeit entbehrt. Die Mitarbeit im Unterrieht drUekt der Sehllitt nur selten durch Süßere Zeidien, wie bei- spielswdse Handerheben u. a, aus.

BezQglfoh des Abweiebens der mUndliehen Reehen-0. in Beihe IV und V verweise ich auf die in den §§ 9 und 10 gegebeneu allgemeinen Erklärungsversuche. Worauf das unfrUn8ti£r(^ Ver- hältnis der schriftlichen Rechen-Ci. zur E. zurUckzutühreu ist, ent- zieht sich unsem Vermutungeu. FUr Reihe IT dürfte die Ursache jedenfalls in der durch die Ferieuerholuug bewirkten /er>^treuung und in der infolgedessen Terstfirkten Empfindlichkeit fUr die Ab- lenkung durch die Hasse zn suchen sein. In den Beihen I und ITT konnte allenfalls die £nnttdung wirksam gewesen sein; doeh läßt sich dies kaum sicher feststeUen.

Tab. b seigt mit Rtteksieht auf die QedSchtnis-O.» daS sich dieselbe nur in dem oberen Yariationsgebiet bewegt und einige- male sogar Uber dasselbe hinausgreift. Dies ist zweifellos der ge- ringen LeistungäfUhigkeit dcb uieciiauischen Gedächtnisses überhaupt zuzuöehreiben (siehe F.-t). Hieraus läßt sich auch einigermaßen begreifen, daß schitn eine au sich geringe Störung im stände sein kann, die Qualität der Leistung so herabzudrttcken, wie dies in Üeihe I der Fall war.

27*

Digitizea by i^üOgle

412

Angiut Mayer,

XIV. Wo.

Ch.-t XlVa.

1

Diktet

. niüudl. Beehneii

Kombin.

Gedicht.

üehriftL 1 RecliiMM

&

Z.|P.

Z.

F.

Q

F.

Q-j

7.

Z.

1. . .

F.

Z.

I. u. in. Reihe.

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II Reihe.

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+

4-

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+

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IV. Koihe.

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Y. Keihe. J

+

4-

1 +

+

1 +

+

Ch.-t XIV b.

Diktftt

Z.

I. Q. m. Reihe, n. Reihe. IV. Reihe. V. Reihe.

luiindl. Kechnen

F. 1 Q. Z. I F. Q.

Kombin. | Gedieht

F. I Q.

Z.

+

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O'

+

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Z. I F.^

4-'

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-f

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o,

scbriftl. Rechnen Z. F.

Ol

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SnmiDeD

F . Q.

+ +1-

H-i + iO„0»

Hier tritt hob ein Muster vom stnmpfer Gleichgültigkeit eiit> gegen. Die LeistongsfUiigkeit des Schttlen ist swftr Im allge- meinen eine geringe» jedoch verdeckt in der Regel eine fnrofatbare LeAaigie sein spXrlicfaeB Wissen und EOnnen &st ganz. Ick hielt Ihn auf Grand seiner Sehnlleistnngen Air nahezu hildnngsnnfkhig. Daß trotzdem seine Leistungsfähigkeit ein weiteres Gebiet be- jxreift als inun aunalim, das beweisen die Versuche. In allen licihen, teilweise sopr.ar auch in der letzten, zeigrcn mh infolge der Einwirkung der Masöe weit günstigere Kesultate als in der Abgeschlossenheit. Auf ihn scheint demnach die Größe der Ge- samtheit ganz entschieden von Einfluß zu sein, was bei dieser phlegmatischen Natur leicht begreiflich ist Der ohnehin sehen bestehende, doreh mangelhaftes Wissen ond EOnnen genXhits Hang snr Untätigkeit kann sich in euier grttfieien Masse, wie in ansem Elassen, wohl siemlich entfidten, zumal noch in einem Sohaloiganismas, der die alleränßersten Extienie Ton Tsleaten In sich schließt Der Einzelne hat hier eben mehr Gelegenheit) sich der AuiiiiL-rksamkeit des Lehrers zu eutziebeu. Dazu kommt noch ein anderes Moment, die Entmutigung.

Die geringe LeistnncsfäUigkeit dieser Vp. findet ihren prSg- nanteatcn Ausdruck in der G. des schriftlichen Rechnens (Tab. a

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über Eiasel- onU GesamtleMtiu^ des SchulkindM. 413

irad b). Hier scheint die Masse mehr bindertioh als förderlich zu wirken. Nicht an wahrscheinlich ist auch, daß eben am Schluß der Leintungeu infolge von Eniiudiinp^ und wachsender Interesse- losigkeit einer zerstreuenden Einwirkung der Gesamtheit die Bahn geebnet worden war Darauf ^ erweisen die verhältnismäüig gün- stigen Resultate im mündlichen Rechnen. Hier erreichen jedoch die Ergebnisse ebenfalls vielfach nicht die Mittelmäßigkeit, wie T»b. b dartat Auf jeden Fall kommen hier alle die Tersohiede^ neu soebeii hervorgehobenen Momente in Betracht

Von der sehr Hrmliehen Phantasietätigkett zengt Täb. b. Die kombinatorlBehen Geaamtarbeiten stehen trotz des teilweise, nament- Ueh unter normalen Bedingungen filrderliehen Einflusses der Masse meist ziemlich weit hinter dem Dnrehschnitt zurück.

Leistungsfähiger, daher wohl auch der Ablenkung relativ weni- ger günstig und flir die Aneifernng durch die Gesamtheit zugäng- licher ist das meehaiiische (redächtnis. Dies ersehen wir sowohl aas Tab. a, als namentlich auch aus Ubersicht b.

\\ ir sind am Ende uiisrer Deutungsversuche. Wenn auch nicht alle Erscheinungen einer Erklärung zugänglich waren, so haben sich doch unsere Versuchsergebnisse im allgemeinen bestätigt: »Die Massenarbeit ist der Leistnng unter normalen

Bedingungen fOrderlieher als die Abgeschlossenheit«.

Daneben sind wir, was wohl auch von einer nicht sa nnter-

schätzenden Bedentang ist, anf die Notwendigkeit einer experi- mentellen Untersuchung so mancher Fragen verwiesen worden, über welche unsre »leider noch moderne« Pädasros-ik im Gefühl des \ ollbesitze8 der anwandelbaren Wahrheit bereits die Akten geschlossen hat. Es soll damit ich wiederhole es durchaas nicht geleugnet werden, daß sich auch in ihr Kerne von entschie» dener Brauchbarkeit und Richtigkeit finden. Aber allen ihren Er- wSgnngen fehlt die wirksame Stütze dareh das Experiment

§ 12. Praktisehe VolgemgeB.

Es ist selbstverstiadUch, daB sieh ans einer experimentellen

Untersuchang unseres Problems auch Fingerzeige fbr die Schulpraxis entnehmen lassen. Freilich dürfen wir in Bezug auf die Masse der praktischen Folgerungen unsere Erwartnuircn nicht zu hoch spannen. Allein wer mitarbeitet an der Grandieguug eines Baues, weiß, daß

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August Mayer,

hierbei rnttheToHe Arbeit Ton TerhSltnismftfiig gcriDgem Erfolg be- gleitet ist Zndon wurde mit dieser üntersiieliaDg ein bis jelit

nnbearbeitet gebliebenes Gebiet in Angrift genommen. Daher kommt ihr in erster Linie nur ein allgemein orieuticrender Charakter zu; die Detaillierung muß splitern Arbeiten vorbehalten bleiben.

Zuniirhst könnte mir eingewendet werden, es sei unzulässig, anf Grund dieser Versuche irgend welche Schlüsse im Hinblick auf den Schulunterricht zu ziehen, da der sogenannte direkte Unterricht sich wesentlich von der stillen Beschftftigimg unter' scheide. Der üntersehied ist jedoeh der Hanptsaohe nach nor ein quantitativer: der direkte Unterricht stellt kleinere Angaben in Form yon Fragen. Ihre Beantwortnng erfordert Ton seiten der Schüler selbstSndige geistige Arbeit Die stiUe Besehttftigung hin- gegen legt größere Arbeiten vor und verlangt deren Erledigung. Aueii hier ömd die einzelnen Individuen auf sich selbst angewiesen. Beide Unterricht sarten unterscheiden sich nur intiutern, als die direkte Methode eine ^Tößere Aufgabe in eine Menge kleiner zer- legt und in logischer Folge deren Lösung verlangt, der indirekte Unterricht hingegen soweit er ihr unsre Untersncfanngen eben in Betracht Itommt vereinigt eine Mehrheit von kleinem Auf- gaben zn einem Ganzen , welches dann dnreh das Individanm wieder in seine Teile zerlegt wird. Schliefilich ist die stiUe Be- sehiftignng nichts anderes als eine h(there Stofe des Untetrichts ttherhanpt and in gewissem Sume dessen Ziel. Sie setzt eist dann ehi, wenn der Stoff dnreh düekte Unterweisung bereits ge- nügend verarbeitet ist, und bildet eine Zusammenfassung des Ge- wonnenen, bezw. eine nahelit ircnde Anwendung desselben.

Nach alledem dürltc es wohl zu rechtfertigen sein, wenn wir nnsere Ergebnisse, bezw. unsere Folgerungen auf den Unterricht überhaupt ausdehnen. Doch sei bemerkt, daß sich alle nach- stehenden Forderungen nur beziehen können auf die von nns be- rücksichtigten Gebiete und Bedingungen.

IJ Unsere Resoltate sichern nnter normalen Bedingirag^ der Qt. vor der £. den Vorzug and erhiliten dadurch die Foidemng: »nicht Einzel-, sondern Masaenanteiricht«; denn letzlerer regt den Wetteifer und damit die Leiitiuigsfllhlgkelt der emzelnen Indivi- duen intensiver an als der Einzelunterricht Hierdurch wird zugleich der Wert der Hofoieistererziehnng und des -Unterrichts als ein nur relativer erkannt Es kann hiermit selbstverständlich nicht in Abrede

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über Eiuzel- und Gesamtleistung des Schulkindes. 415

gesteUt Behl, daß unter ganz besonderen Verhiltaissen der Einzel- vnlemcbt oft zni onbedxngten Fordemng werden mnfi. Ebensowenig soll geleugnet werden, daß dem Einzelnntemcbti namenffieb im Hinbliok anf die HOgUobkeit einer weitgehendsten IndiTidnaliBierong, auch wieder nnrerkennbare VorzHge zuzusprechen sind.

2) Eine allzu starke Anre^^uu^^ des Ehrgeizes durch Ubermäliige Betonang des zeitlichen Moments ist zu vermeiden. Dagegen liegt es im Interesse eines guten Erfo)«?^, die Leistimiren der rTesauitheit unter der Normaibedingung > rasch und schöne sich abwickein zu lassen.

3) Es wäre vollständig yerfelilt, wollte man eine eingehende Teilung der Schüler nach Begabung vomehmen. Die besser Ter- anlagten sind für die Sehwäoberen ein mäobtiger Sporn, die gfdßt- mOgUebste Ent&ltnng ibrer LeSstungafltbigkeit annstreben. Sie bilden gleiebsam mit einen Ersiebungsfaktor, ebne jedoeb selbst TOB dem günstigen EinflnB der Qesamtiieit nnberQbrt zu bleiben. Im Gegenteil, es scheinen sieb diese Ftlbrer wieder nntereinander in einen Wettbewerb einzulassen.

La iöt jedoch durchaus nicht meine Absieht, die Vorteile einer in angemessenen (rrenzen sich haltenden KlasBitizieruug der Schiller in Abrede lh stellen. Ich erkenne vollständig die Notwendigkeit an, daß jene, welche sich nahe an der Grenze der Bildungs- unfUhigkeit bewegen, in ihrem eigenen Interesse in besonderen Klassen Hil&schulen vereinigt werden.

Hierron natersebeide idh sebarf jene Sebnlorganismen, die solebe Individnen nmlassen, welebe infolge Unfleifies oder litpgerer Ejmnkbeit nnd deigleiehen in ibrer Entwicklung znrttckgeblieben sind. Hier baben wir es weniger mit ^nem geistigen Defekt wa tut Lebtziel nnd Methode werden sieb daher mehr jenen der Normalklassen anbequemen. Es ibt hitsr nicht der Ort, auf eine nähere Vergleichung zwischen beiden Einrichtungen, sowie auf ihre Zwer-kinaBigkcit bezw, Notwendigkeit weiter einzugehen.

Wollte man eine noch weiter gehende Teilung der Schiller Tomehmen, so könnte man allenfalls fUr eine solche noch die Go- sicbtsponkte »hervorragende nnd sehr gute«, »gute nnd mittelmäßige Begabung«, also eine Scheidung in 2 Gruppen, gelten lassen. Aber dner Klassifimening in dem Sinne^ daß alle ScbtUer mit gleicbw Begabnngsnote einer nnd derselben Klasse angewiesen werden, stehen außer der BelatiTitftt der bierdnreb zum Ansdrnek kommenr den Beortdfaing der Letstongsfähigkeit des Individnuns noeh andere

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416 ÄuguBt Mayer, Ober EiiiMl* nnd GesamtleiBtuiig des SebnlkiBdM.

gewichtige Bedenken gegenttber. SelbstrerstUndlich können sieb meine Darlegungen nieht in enehüpfender Weise Uber die Gründe Terbreiten, die gegen eine derartige pttdagogiBoke Hafinahme sprechen. Ich yerwdse hierauf nnr insoweit, als diese Materie mit meinem Problem sich bertthrt Im Übrigen halte ich den ex- perimentellen Nachweis Uber den Wert oder Unwert dner solchen Klassifiziernni:: schon deshalb nicht fllr nnwichti)?, weil gerade in nenerer Zeit in pädafroj^^ischen Krcii^en die Forderuuf; einer ein- gehenden Sondierung' der Individuen nach Begabung auftaucht.

4) Da die stille Heschäftijrnnf]: in der Gesamtheit vor jeuer iu der Abgeschlossenheit den Vorzog verdient^ so ist damit zugleich auf den geringeren Wert der Hausaufgaben gegenüber den Schul- arbeiten Tcrwiesen. Freilich fallen bei jener noch eine Menge anderer Umstände in die Wagsohale. Behlttsse auf die Bedeutung der hänsliehen Beschäftignng Überhaupt zu stehen, müssen wir daher einer eigenen Untersuchung Überlassen.

5) Bas in den Schalen bestehende Zensnrwesen ist nicht daan angetan, der Individnalitöt des Einzelnen auch nnr annähernd gerecht zu werden. Die Anlage von Charakteristiken, welche objektive Gültigkeit beanspruchen, muß erfolgen auf Grund ex- perimentellen Materials. Namentlich dUrfcn wir den Wert der so- genannten Fähigkeitsziffern stark anzweifeln. Sie sind nicht dazu beschaffen, die vielseitige Individualität zn kennzeichnen. An Stelle solcher Benotungen tritt mit viel mehr Recht eine ein- gehende C9iarakteristik bezw. wichtige Auszüge hieraus.

Schluls.

Viele der soeben gestellten Forderungen sind freilich auch schon yorher betont worden auf Gmnd Yon Beobachtnngen sehleeht- hin. Das aber spritzt nicht gegen meine Arbeit Und wenn ich hierdurch nur eine festere Begründung früher schon rertretener Ansichten und Forderungen erreicht und zu einer weiteren Be- arbeitung des vorliegenden Gebietes angeregt hätte, dürfte das nicht genügen? Wäre doch weuignitenB den von Vorurteilen Eingenom- menen wiederholt bewiesen, daß die experimentelle Fädagojrik weder Unmögliches versucht, nocli die Errungenschaften fnihereu Beobaciitcns und Denkens zu widerlegen beabsichtigt oder daran mit Geringschätzung und Neuemngssacht Torbeieilen möchte.

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Untersuchungen zur Ökonomie und Technik

des Lerneiis.

Ton

Christo Fentschew.

(AuB dem Peyctiologischen Lnboratoriom der Universität Ztkrich, herauflgegebeu von E. Meamann.)

Mit U Figuren im Text.

Einleitang.

§ 1-

Unsere Untersuchungen über die Ökonomie und Technik des Lernens schließen sich eng an die Abhandlang von Steffens an: Experimentelle Beiträge znr Lehre yom ttlLonomischen Lernen. Zeitsehr. f. Psyeb. d. 8. Bd. XXH. Fast alle Menaehen pflegen flieh einen MemorientoiF in der Wdfle anzaeignen, daß sie ihn In kldneie Abflolinitte lerlegen, die snnftchat isoliert nnd dann als »Ganze« erlernt werden. Dagegen fittlt fast niemandem ein, das m erlernende Stück fein Oedicht oder eine SUbenreihe) in der Weise sich auzueigncii, du Ii er dasselbe unuDtcrbrocheu im irauzciK 80 lange durchliest, bis ihm da^ freie Hersagen vollkommen ge- ling: — Steffens fragte sieh nun nach dem Grunde und der Be- rechtigung dieses Verhaltens. In erster Linie gibt sie uns eine »ehr eingehende Beschieibimg der verschiedenen Modifikationen der gewdhnUohen Lemweise und steUt zugleich iesti ans welchen Mo- tiyen man im gewöhnlichen Leben so verfährt. Aus den sieben angestellten Yersnehsteihen ergab sich, daß jede Vp. stllckweise lernte nnd hierbei die ernten Zeilen hänflger wiederholte als die letxten; ftr die sehwierigeren Zeilen wurden mehrere l¥iedei^ holnngen Terwendet Nnn hat Steffens nntersneht, »ob die ge- wöhnliche Lemweise wirküch, wie man zu vermuten pflegt, all- gemeiu ökonomibcher ^d. h. mit dem kürzeren ZciUiufwaudc zum Ziele ftlhrend) ist als die Erlernung »im ganzen«. Das stückweise vor sieb gehende Verfahren, das mit dem Lernen »im ganzen« vergiichcQ werden solltCi war von zweifacher Art: 1) Einmal wurde

ArUt Ar t$Mtikolo^ h ^

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418

CliriAto Pentiehew,

der Vp Ulit rlasscn, ad libitum dasjenige Verfahren anzuwenden, mit welchem sie schuellcr zom Ziele zu kommen glaubte. 2 Ein andermal aber mußte die Vp. bestimmte Vorschriften Uber die Größe der Teile befolgen. Es ergab sich, »daß das Lernen im ganzen in kttnerer Zeit zum Ziele (füut als ein stilekweifle vor sich gehen- dm Lernen, mag diei nun in seiner nAheren Gestaltnog dem Gnt- dUnken der Vp. ttberlasBen sein oder bestimmten Vorachriften ge- horchen«. — Femer snoht Steffens im dritten Kapitel ihrer Abhandlung die Vorsflge des Lernens >im ganzen« vor dem sttlek- weisen nlh^ zn bestimmen.

§ ^*

Ganz besonders anflfollend ist dabei die Art nnd Weise , wie L. Steffens den Begriff des Ökonomischen Lernens beschrftnki Sie

bemerkt anf S. 335 ansdrUcklich, dass sie nnter dem Ökonomisehen Lernverlahren dasjenif^e verstehe, welches in der kürzeren Zeit (mit dem geringereu Zeitaufwande) zum Ziele ftlhre*). Bei ihrer Untersnchnnp: kam also der Arbeits- oder Kraltaufwand weniger oder gar nicht in Betracht. Femer hat sie sich auch nicht damit beschäftigt, zn erfahren) nach welchem Verfahren das zn erlernende Stück [Strophe oder Silbenreihe) fester nnd dauernder im Ge- dächtnis eingeprägt wird. Aber wie man sieht » kann man die Frage Uber die Ökonomie des Lernens von drei toto genere verscliiedenen Gesichtspunkten prüfen, nMmlieh m Bezog anf:

1) den Zeitaufwand des Erlernens nnd Wiedererlernens,

2} den Arbeitsanfwand, nnd

3) die D.auer und Treue des Behaltens. >Inr bei BerUcksichtiiriiii^ aller drei Faktoren ersehüpit mau den Begriff der Ökonomie eines Lern Verfahrens. Der Umstand femer, daß Steffens ihre Versuche fast nur an Erwachsenen ang:e9teUt hatte, veranlaüte uns, die Versuche uu Kindern mit gröBereni Nach- dnick zn betreiben. Wohl hatte Steffens zwei Versuchsreihen mit einem 10jährigen Mädchen nnd einem 9jährigen Knaben aus- geftthrt Dabei aber fielen die Differenzen ftür beide Leniweiflen an klein ans, als daB eine Veigleichnng zwischen den ResnltatoD Yon Erwachsenen nnd deiyenigen yon Ejndem nenes gebiacht hätte. Unsere Absicht war daher, festznstellen:

1) Die Möglichkeit eiwr Arb)Mt8iikonomie und die Berückaichtigung des dauernden Behaltene werden aar nebenbei erwähnt a. a. 0. 8. 335 a.

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Uatennehiuigeii zur Ökonomie und Teebvk des Lernena. 419

1) ob das Lernen >im ganzen« thatsflchlioh dasjenige Verfiihren Bd, welehea mit geringerem Aufwände an Arbeit nnd Zeit cum Ziele ftbre;

2) ob OB aneh binsiehflieli des Bebaltens günstiger sei als das fraktionierende Lemverfabren; nnd

3) welches die psycholo^schcn Ursachen der größten möglichen Ökonomie eiues Leruverfahrcuß ücicn.

Unsere Untersnchnngen ergaben anch manche unbeabniobtij^, aber wertvolle Erscheinungen, die wir im Lanle der DaräteUoiig nicht unerwähnt lassen wollen.

I. Kapitel. Metbede der Untersnebiuig.

§ 3. Die Versnebstechnik.

1) Um festzQStellen, ob das Lernen im ganzen anch in Bezug anf das Behalten ökonomischer ist, wnrde neben der von Steffens berttcksiehtigten Erlernbarkeit noch die Wiedererlernbarkeit in Betracht gezogen. In dieser Untersnobnng wnrde also 1) die absolnte Anzahl der Wiederholnngen^) bei der Erlemnng des g^benen Stoffes, 2) die Zeitdauer derselben berlleksichtigt Da wir nun noch manohe andre Eigentttmlichkeiten des Gedieht- nisses aller Vp. zu beobachten wünschten, haben wir das Verfahren eingeschlagen, daü jede Versuchsreihe mit siiiulosem M;iteii;il heirinuen und mit siuu vollem endigen HoUtc. - Selbötver8t<uidlich wurde bei nnsem Versnchcu die Erlernungsmethode angewendet. Die sinnlosen vSilbenreihen waren nach der Art und Weise, wie sie zuerst von Ebbinghaus^) konstruiert und nachher von G. E. Mttller etwas modifiziert wurden, aufgebaut. Während der ganzen Dauer der Untersuchung mit sinnlosem Material kamen in Anwendung: 8-» 10-, 12-, 15-, 16-, 18- nnd 24BUbige Beihen, die, soweit sie aus 8, 10 und 12 Silben bestanden, yersehärft*] normal waren. Eine 8- oder lOsilbtge Beihe bestand daher ans den ersten 8 oder 10 Silben einer normalsilbigen Beihe Ton 12 Silben.

11 Unter der abBolnten AnoliI der Wiederfaolimgeii wird in dieser Ab- handlung stets diejenige Anzahl veri^tanden, welche für die Länge einer

Silbenreihe oder Strophe nnf^ pnclifr i?f, um fH? «» Ihf^ fehlerfrei lepiodtlsiereB KU können, wobei aber das ilersagen nicht niir^cziililt wird.

2) Ebbinghaus, über das Gedächtnis. Leipzig 188Ö, S. ^f.

8) Q. E. Mttller und F. Sohnmann, Experinenteile Beitiige mr Unter- sadimig des Oedllehtnisies. Leipsig 1896, 8. 96.

28»

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420

Chritto Pentteliew,

Beim Anfban der 16-, 16-, 18- und 248ilhigeD Reihen wnrden noch die Vokallante: ee, oo, ie, oi und 4 findkonsonanten: b, d, w eingefthrt Anf dieae Weise waren Btaiftiche Anfaagskonsonanteo, VokaUante vnd Endkonsonanten ^er 16- leep. lönibigen Seihe gans Toncbieden ; die letalen 8 Silben einer 24 silbigen Reihe waren in sich normal ; dagegen kam ein Anfangs- vnd ein Endkonsonant, sowie ein \'okallaut bei einer 18 silbigen Reihe dreimal vor.

1) Als Anfangskon soiuinten dienten also: d, f, g, h, j, k, 1, m, n, p, r, 8, t, w «nd z;

2) alä VokaUante: a, o, e, i, u, ä, U, an, en, ei, aa, ee, oo, ie nnd oi;

3) nnd als, Endkonsonanten: b, d, f, g, ch, ach, k, 1, n, p,

r, S| t, W nnd 7.

Die in dieser Weise konstruierten Silben waren ea. 2&60 an der Zahl. Anf Gmnd der zn Protokoll gegebenen Bemerkoqgeii ist herroranheben, daß die Einftlunng der neuen VokaUante kdoe Erldchternng berettete, wie anfangs erwartet wurde, eher wurde das Yoikommen UaogShnficher Vokale oder Konsonanten in einer Reihe erschwerend empfiinden. Jedoch haben selbst so klangähn- liebe Vokalliiute wie eu und oi nur sehr selten Anlaß zu Yer- wechslnnfTcn gegeben,

2) Es wurde datllr Sorge getragen, daß jede Succession von Silben, die ihren optischen liildem oder ihren Klangfarben nach älmlich waren, vermieden war. Außerdem wnrden die Silben auf einer Tafel Ubersichtlich anfgeschrieben nnd daranfliiu kontrolliert, daß eine nnd dieselbe Silbe nur einmal während 20 Tagen er- schien. Dabei schloß sieh der Anfban einer 15-, 16-, 18- oder 24- silbigen Reihe eng an die von HttUer nnd Sehnmann ange- stellten Vorschriften ftlr dne normal silbige ZwOlfrdhe an <). Kadii jedem Versnobe wurden sowohl die schw^ merkbaren Silben als auch die etwaigen assoziativen Hilfen zn Protokoll genommen, nm sie beim Anfban nener Reihen tunlichst berücksichtigen zu können. Gleich schwierige und gleich leichte Silbenreihen zu bilden war trotz aller Mühe fast umuöglich; ja sogar eine und dieselbe Silbenreihe war ftlr verschiedene Vp. ganz verschieden schwierig. Hinsichtlich der Bildung versehiedenartiger Hilfsassozia- tionen, deren Entstehung M. K. Smith sekr ansfhhrüch beschrieben

1) MttUer und Sehnmann a. a. 0., 8. 18— M.

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ünterBachiuigeD aar Ökonomie imd Todmik dee LMnens. 421

bat'), muß »üßdrUeklicli bemerkt worden, dass sie bei Erwach- senen nicht vermieden werden konnten; dagegen bildeten die Kinder in der Regel keine Assoziationen. Näheres über die Art der gebildeten Assoziationen wird später nach jeder Yer- snebsreihe angegeben.

Da wSliiend der ganzen Daner der Untersnchnng mit sinnlosem Material yersduedene BeihenlSngen In Anwendnng kamen, so mnfito aneh die Anfertigung der rapierstreifen nicht planlos geschehen, die Elemente einer ISsilhigen Reihe, die als Grundlage aller Reihen- längeu diente, wurden auf liniicrte Papierstreifen gesehrieben, die 51 cm lang und 20 cm breit waren. Zwischen der Aiitangs- und End- silbe befand sieb ein leerer Raum, der zwei Silben entsprach. Der Abstand zwischen zwei Silben betrnir H cm; der Silbcnranm 0,5 cm. Entsprechend einer 12sUbigeu Kcihe wurden die Papierstreifen der übrigen Reihenlttngen angefertigt. Die SUbenreihen wurden nach dem Verfahren von G. E. Müller mittels einer mit konstinter Ge- ■ehwindie^eit rotierenden Trommel den Vp. TOigefUhrt'). Eine reiinderto EmriGhtuig yerwandten wir bei den T-Beihen, vgl nnten. Die Gesehwindigkeit wnide fttr ehie 12sillnge Reihe seUieBlich auf 10 Seknnden per Umdrehung festgesetzt Dementsprechend war die ümlanfsgeschwindigkeit der andern Beihenlängen dne solehe, daB die Expositionsdauer immer die nämliche blieb; je mehr Silben also eine Reihe enthielt, desto kleiner mußte die Kutatiou8ge8(*hwiüdig- keit sein; eine Ausnahme bildeten nnr die 8> and lOsübigen Reihen, die nnr von Kindern erlernt wurden.

3) Die Art und Weise, wie die SilbenreLhcn nnsern Vp. vor- geführt wnrden, war eine andre, als bei L. Stoff ens*). Bei ihr geaehah dies in folgender Weise : »Die beiden Hälften jeder Silben- reihe (sowohl jeder &-R6ihe als auch jeder G-Reihe) waren anf dner Trommel vom geeigneten Durchmesser nebeneinander ange- bracht, so daft wShrend der einen Rotation der lYommel die eine S^Uile gelesen werden konnte nnd wShrend der niehsten oder irgend einer anderen Rotation die andere.« . . . »Bei den G-Reihen wurde der Schirm natürlich nach jeder einmaligen Lesnng vor die andere geschoben, bis die Reihe hergesagt war.

1) Margaret Keiver Smith, Rbythmas und Arbeit Züricher Diatort Leipsig 1900, 8. 880 o. 860-968.

2} Vgl. Müller and Sohnmann a. a. 0., 8.9—10. a) Vgl L. Steffens a. a. 0., 8.361 f.

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422

Christo Penta«bew,

Bei deu S-Kcilieu hingegen wurde der Schirm nach Beendiguug der isolierten Wiederholangen der ersten Reihenhälftc nach rechts und daim nnrh Beendigang der isolierten Wiederholungen der zweiten Hälfte naeh links gerückt und hierauf in entsprechender Weise hin nnd her gesehobenp) wie bei den G-Reihen, Ins die Reihe als ganze heigesagt werden konnte.«

Um den EinflnB der absolnten Stelle , welche eine Silbe der S-Rdhe anf der Trommel einnahm, aneh ftr eine GK-Reihe yon gleicher Bedeutung zn machen, hat Steffens ebenso eine Gr-Reihe in zwei Hälften zerlegt und in der Weij^o erlernen lassen, daß sie den Beliiriu beständig nach jeder eininnliiren Lesnng einer Reilienliälfte vor die andere schob, bis die •riinze (i-iJeilie hergeaai^ war. Sie glaubte dadurch die Differenzen der beiden Lernverfahreu gleichmäBiger erhalten zn haben. Schon im Anfang unserer Ver- suche hatten wir die Vermutung, daß mit der Schiebnng des Schirmes nach jedem einmaligen Durchlesen einer Reihen- hilfte der 6-Reihe eine neue Quelle von Fehlern verbunden sei. Bevor die eigentlichen Versuche begonnen wurden, stellte ich mir daher die An%abe, zu erfahren, ob die betri&chdiehen Differenzen zwischen einer in zwei H&lften erlernten nnd einer ungeteilten 6-Reihe einzig and allein dem Einfluß ab- Boluteu Stelle zu verduukeu seien.

Die Vp. Per. (stud. phil.) hatte tüglieh zweimal zwidföilbige G- Reihen answendig zu lernen. Auf der Trommel wurden znnUchst drei Keilien nebeneinander angebraelit. Die ersten zwei lieilien bildeten die erste und zweite Hälfte einer G-Beihe, von denen jede zweimal hintereinander geschrieben war und die nebenstehende Reihe war die nttmliche, aber ganze Reibe, welche nach der iso- lierten Erlernung jeder Reihenhälfte bis zur ersten fehlerlosen Reproduktion gelernt wurde. Die beiden Hfllften der zweiten Reihe dagegen wurden derart auf der Trommel nebeneinander angebracht^ daB der Schirm nach jedem einmaligen Durchlesen einer Reihenhftlfte vor die andere und so hin- und hergesehoben wurde, bis die ganze Reihe fehlerfrei liergcsugt werden konnte (Verfahren von SteffensV

Die Ergeiniisse dieser \ersuclic waren folgende:

1) zum Erlernen einer in zwei Hälften zerlegten G-Keihe mit Schiebung des Schirmes = 20,5 Wiederholungen,

2) zum Erlemen einer ungeteilten G-Keihe = 15 Wiederholnagen.

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UnteTrachmigeB vor Ökonomie imd Technik deB Lernens. 423

£8 ist uiibei^trcitbar, daß die große Differeitt zwischen beiden iD sveifacher Weise erlernten 6*Reiheii keineswegs nur dem Ein- fluß der absoluten Stelle zngesobrieben werden muß, sondern es haben vielmehr andere Faktoren hier stttrker mitgewirkt. WShrend der Versnehe stellte sieb bald herans:

1) Mit der Sehiebimg des Sehirmes von einer BeihenhSlfte vor die andere ist eine Panse nnvermeidlich, und es ist nnzweifel- haft, (iuii ciue Pausieruuf^, wie klein sie auch sein mag, nach jeder Wiederholung eher nucliteilig als günstig wirken wUrdc, weuij es zugleich der Vp. nicht erlaubt wäre, dazwischen an die eben abgeleseneu bilbeu zu denken. Trotz aller Vorsieht kamen auch Fälle vor, in denen der Schirm bei der schnellen Sehiebang nicht gerade vor die betreifende lieihenhälfte gestellt war, was immer zor Bildung falscher Assoziationen Anlaß gab.

2) Die Konzentration der Aufmerksamkeit der Vp. wurde dwtch das Schieben behindert, was stets eine Anhäufung der Wieder- holungen herbeiführte. Außerdem war auch das Hin- und Her- schieben des Sclurmes ftlr den Yersuchsleiter stffrend.

3) Der Einfluß der absoluten Stelle war also gerade hier viel größer als bei einer S-Keihe; deiiu die Verwechshmg der Silben, die verschiedenen Reiheiiliälften angehörten, war so häufig, daß die Vp. immer noch einige Wiederholungen dazu brauchte, um die Silben an ihren richtigen Stellen nennen zu können. In- folgedessen haben wir zu Begüm unserer eigentlichen Yt r^m he von einer Zerlegung der G-Reihe in zwei Hälften Abstand genommen.

Die beiden ersten Fehlerquellen eliminierte ich in einfacher Weise dadurch, dass ich an Stelle des beständig sich bewegenden Schirmes eine ganz andere Vorrichtung anbringen ließ, die im wesentliohen darin besteht, daß am Torderen Bande eines flach auf dem 'ßsche liegenden Brettes ein andereSi ganz dllnnes, reoht- winküg zum ersten angeschraubt worden war. In diesem waren 4 Spalten gemacht, deren jede 2 cm hoch und 3 cm breit ist. Das Kymographion wurde dann aul dvin liegenden Brett eu aulgeriteilt, daß jede von den vier auf der Trommel nebeneinander angebrachten Silbenreihen einer Spalt»' ire^^enllberntand. Ein ScbiebiT. mit bloß einer, aber ganz gleichen Spaltöffnung versehen, gestattet, sowohl alle vier Öfiiiungen als auch alle bis anf eine zu schließen. Un- ▼erdecict läßt man stets jene Spalte, vor welcher eine Silbenreihe rotieren soll. Durch diese Art der Vorflüining der SUbenreihen

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424 Ghiiito Pentochew,

wurden die obea genannten i^'eliierquellen eliminiert. Vgl. die Abbild. 1.

AI0 eine Ergänzung nngerer Versuche ist auch diese za er- wSlmeOi daß wir eine 12^ nnd löflübige fieihe noefa in drei Gnq^n haben erlernen lassen, un damit einen experimentellen Naohweis an liefern, daB das fraktionierende Lernen doh am so angOnstiger stellt, in je mehr Absehnitten eine Silbenrdhe erlernt wird.

Fig. 1. Der Sfhifber S kann hinter dem Holzschirm m verschobea werdeBi daß je eines der Diaphragmen bei d geüffiiet wird.

4) Die Venraehe fimden jeden aar selben Stunde statt, oad die Versnehgnmstfade blieben wShrend der ganzen ZeÜdaner die- selben, mit wenigen Ansnahmef^UIen, welche ich später an passen- der Stelle erwähnen werde. Die Gesebwmdi^keit der rotierenden Trommel wurde an jedem Versuchstage kontrolliert. Es wurden bei verschiedeneu Ta^reszeiteu Versuche angestellt, und zwar vor- mittags von 7—12 Uhr und nachmittags von 1—2, 4—5, 6 7 Uhr.

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üntersachuugcu zur Ökonomie uud Technik de» Lernens. 425

Jede Yp. hatte ttglich zwei nene Sflbenieihen zn lernen, die 24 Stunden später anft nene wiedererlemt wurden, so daB tSgUcli yier Silbenreihen Yorkamen, mit Ausnahme der Versuche an einem MIfcdehen, das sechs SOhenrdhen an jedem YersnchBta^ auswendig

lernte. Zuerst wurde die Wiedererlermmg auegeflihrt und dann folgte die Erlemuuj; der neuen Reihen, die stets durch Hersagen geprüft \MirJen. In den Versuchsreihen 1 und 2 wnrde noch das Trefferverlahreu eingeführt, welchcö aber nur uacli der Wieder- erlemung der alten Silbenreiheii angewendet worden war. Die Art und Weise, wie die neuen Reihen erlernt wurden, wird bei jeder Versnchsreihe später erOrtert. Was das sinnToUe Material anbelangt, so hatte jede Vp., sowohl die Erwachsenen als auch die Kinder, ttglieh Strophen auswendig zu lernen, die 24 Stunden apVier wieder erlernt wurden. Die Zeitdauer des Erlemens, Wiedei^ erlemens und des jedesmaligen Hersagens einer Strophenxeüe wurde immer müglichst genau bis auf Viertelsekunden protokolliert. Es wurde ferner mit kleinerem, wie auch mit größerem Umfang:e des Stoffes operiert. Da uu» belir daran lag, den Grnndeharaktcr des Gedächtnisses jeder Vp. festzustellen, so haben wir bei jeder Ver- Ruchsreihe eine beHtininite Anzahl von Vorversnchen ansgeftlhrt, bei denen der akustische Eindruck ausgeschaltet wurde. Er- waehsene und Schulkinder hatten also Silbenreihen nnd Strophen ><owohl akustisch-motorisch, wie auch rein visuell (d. h. bei unter- drücktem Sprechen) auswendig su lernen und nachher wieder- nerlemen.

5) Die Dauer der Pausen swischen den Wiedererlemungen und Erlernungen in ein und derselben SitEung entsprach nicht den U filier- sehen Voischriften'). Nach Terschiedenen Proben wurde gefunden, daß bei einer 12silbigen Reihe dne Pause von zwei Minuten nach

Wiedererlemung der ersten Silbenreiheu und eine von fünf Minuten uaeh der Erienumg der ersten beiden neuen Reihen vollständig? ge- nügend war. Dasselbe jrilt auch von dem sinnvollen Material, wo es sich um vier Strophen handelte, von denen zwei in Teilen und zwei im ganzen erlernt wurden. Wurde mit einem größeren Umfange des Stoffes operiert, so mußten auch die beiden Pausen dementsprechend Tergrößert werden. Übrigens werden die Zwischenpausen bei ein- lehien Versuchsieiben spater genau angegeben.

1) Mitllor imd Selininnn a. a. 0., S. 85f. u. 116.

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426

Christo PentBcbew,

§ 4. Einteilung' der Veröuclie.

1) £a wurde im ganzen mit 11 Versuchspereonen experimentiert, von denen 5 Scbnlkinder anfl Tenefaiedenen Elassen der Züricher Primar> nnd Seknndarsohnle und YerBchiedenen Alters wuen. Die VerBnehe worden am 21. Jannar 1901 begonnen nnd am 2b, September 1901 znm Abscblnss gebraebt

2) Als Vorrertmcbe betraebte iob die Venncbsreiben 1 nnd 2, die in deu erötcn Z»Mtabsclniitt tiuleu und nur mit Biouloscm Material ausgeführt wurcim. Di»- liauptfraircn der vorliegenden Abhandlung behaudt'ln dairriron dio Versnchercilion 15. weshalb idi sie Hanphcrsuchsrcihcu ueune, zn deren Kontrolle die \ ersuchsrcihcn 16— 'M) dienen, die sämtlich an Kindern angestellt worden. So zerfüllt da8 nüchste Kapitel in drei Abschnitte:

der L Abschnitt behandelt die Vorvergnche (1 2), in denen die Herren »ttod. pbil. Per. nnd Zel.< ab Yp. dienten;

der IL AbBebnitt bebandelt die Haoptversncbsreihen (3 ^b\ bei denen »Frl. M. Kl.« (stnd. pbil.) ond die Herren »Ad. EeL (stod. med.)«, >0. He. (stod. phil.)< ond der Leiter als Vp. fangierten;

derin. Absebnitt omfaBt die KontroHyerfloebBreiben (16 30}, die an folgenden Schnlkindern angestellt wurden:

1) Edwin Ut., l-lj:iliri,::er Kjiabe in der II. Sekuudar^cliuiklasse.

2) Hedwig Br., 12jä]ir. M.uleheu > * VI. Primarschulklasse.

3) Max Herl., 11 i.ihriict r Knabe » » VI. »

4) Meta H.. lOjühriges Mädchen * » IV. » 5; Hemi. Met.. HjUhriger Knabe » » II. » ErwHhut muß noch der Umstand w erden, dafi die Bericlite der

Vp. täglich protokolliert nnd doreb die Beantwortimg der ihnen Tom Verancbflleiter yoigelegten Fragen ergänzt wnrden.

II. Kapitel. Eigene Versnebe. ▲bsohnitt I: Die Vorveranobe (Venmchsrettie 1 ond S).

§ ö. Die Stellang der Frage nnd die Yersachsanordnang.

Diese beiden Reiben werden znr Orientiemng Toraoflgescbickt

and machten uns auf manche Fehler des bisherigen Verfahrens Uber das ökonomische Lernen aufmerkj^nm. Wir beschrankten uns auf den Beweis folgender zwei Hauptpunkte:

1) daß das fraktionierende Lenien uro so ungünstiger ist, m je mehr Gruppen eine Silbeoreihe erlerut wird;

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üntennchmigeii snr Ökonomie und Technik des Lernen». 427

2) daß das Lernen im ganzen ftach in Bezog anf das Be- halten ökonomischer ist.

In diesen Yersnchsreihen wnrde nur mit nonnalsilbigen Zwölf- reifaen openert, die naeh dem 6. E. Httll ersehen Ver&hren Bokzesaiv den Vp. Torgellüirt wurden. Es wnide Vorsorge getroffen, daB sämtliche VersnehsinnstSnde während dieser Zeit konstant blieben. Wie schon erwühnt, wurde eine 12silbige Reihe in doppelter Weise erlernt: in Gruppen zu je 4 und in Grappen zn je 6 Silben. Um der klareu Darstdluug willen bezeichne icb i iiK iu 2 Hüllten er- lernte Keihe symbolisch mit Gr^-Keihc d. h. Reihe in 2 Gruppen; eine in 3 Gruppen erlernte Reihe mit Gr-*- Keihe und endlieh eine ungeteilte mit G-Rcihc. Täglich kamen 4 Silbenreihen vor, von denen 2 neu waren, die stets bis zur ersten fehlerfreien Beproduktion wiederholt wurden. Die Prttfongen der beiden vor 24 Stunden erlernten Reihen hingegen waren Ton zwei&cher Art: die eine wurde bis zum ersten fehlerlosen Hersagen gelernt, die andere aber nach bestimmter Wiederholnngsanzahl dnreh Trefferrerfahren geprttft. Die Art nnd Weise, wie das Trefferrerfahren von uns angewendet wnrde, war ganz dieselbe, wie bei Httller nnd A. Pilzecker'). Nach der Wiedcrerlemnng der alten Reiben und der Erleriiun;^ der ersten beiden ueueu Reihen fand eine l'ause von 2 reöp. 5 Min. statt.

I. Reim fraktionierenden Lernen haben wir 2 Verfahren ein- geschlagen :

A. Das erste Verfahren wnrde in der folgenden Weise ansge- fthrt. Anf der Th>mmel waren 2 G-Reihen befestigt, die am Ver- snehstage erlernt werden sollten. Die Vp. wnrde nnn instmiert, in der Weise die Silben der ersten Reihe zn lernen, daß sie zunächst ihre Aufmerksamkeit nur anf die ersten 4 Silben richten nnd so lange die ganze Reihe durchlesen sollte, bis sie die ersten 4 Silben auswendi;^- konnte. Gab sie ein Zeichen, daß sie die ersten 4 Silben schon wußte, so rielitete sie ihre Aufmerksamkeit auf dit- nächsten 4 Silben mit der AIjsirbt, nnr diese zu lernen, indem sie >vieder die ganze Keihe so lange durchlas, bis die ersten 8 Silben fehler' los reproduziert werden konnten. Gelang ihr das, so ging sie zn den letzten 4 Silben Uber, die anf dieselbe Weise erlernt wurden.

1) 0. £. MttUer nnd A. Pllaeeker, Experimentelle Beitrüge mr Lehre vom Gedächtnis. Leipsig 1900, S. 8—18 n. 26.

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428

Chrifto Pmtschew,

Gleich darauthin wurde die L'anzf' lleibe herzusagen versucht*). Bei der 2. VerBuchsreihe niuLitL- die Vp. ihre AufmerkBamkeit auf die ersten 6 Silben richten, indem sie die ganze Reihe bo lange durchlas, bis sie die ersten 6 Silben auswendig: ^vllßte, woraof ne ihre Aufmerksamkeit auf die letzten 6 Silben richtete und die ganze Beihe 00 lange durchließ bis äe fehlerfrei heigoBagt weiden konnte. Die Vp. nmBte also die Sflben einer G-Beihe in 2 oder 3 Gmppen willktlrlieh trennen. Es war sehr eehwer, die Anfinerkaamkeit der Yp. auf eine bestimmte Gmppe von Sflboi so richten, wenn die Übrigen Gruppen einer and derselben Reihe mitge- lesen werden sollten. Dadurch wurde aber nun der Zweck erreicht, den Eiulluli der abBoluteu Stelle zu eliminieren. Bei diesem Verfahren wurden die folgenden Hauptpunkte beobachtet:

)) ob das Lernen einer anf diese \\ lisi zerlejj^eu Reihe im Vergleich mit einer 6 -Reihe auch unvorteilhafter ist;

2) wie stark der Einfluß der Konzentration der Anfinerkaamkeit anf die Wiederholnngszahi ist?

Da die Gruppen einer solchen Beihe ihre Stellungen in der gansen Beihe behielten nnd nidit gans Toneinander getrennt wurden, so beieichne idi eine soldie als eine gebrochene ganse Reihe nnd das Verfiüizen selbst kors: licrnen im gebrochenen gansen^).

B. Das zweite Verfahren bestand darin, daB die Gruppen einer Reihe ganz andere Stelinngen anf der Trommel ein- nahmen. Auch hier wurde eine Reihe iu 3 Gruppen, eine andere in 2 Gruppen zerleget. Die Gnippen der ersten Reihe wurden auf einen l'apicrstrcifeu geschrieben, der durch drei Linien in 4 gleiche Feldt'r geteilt worden war. Das erste Feld enthielt die ersten 4 Silben, die je nach der Schnelligkeit, mit der eine Vp. lernte, 2- oder 3 mal hintereinander geschrieben waren; das zweite Feld desselben Papierstreifens enthielt die nächsten 4 Silben; das dritte die letalen 4 Silben nnd das vierte Feld enthielt die Silben der ganzen Reihe.

Ii T)i(' VofinlasBung za diesem Vereuch lag in df^r von M. K. Smith gemachtea Beobachtnnp. daß tatsächlich bei dem pewübnlichen Lcruea sinn- loser Silben »im ganzen« viele Personen so verfahren, daß sie die Silben aOmShHdi ans gMondert erlemtenOnippen «ifrdhen. Wir wollten ▼«miditn, ob elek cUmw aatOrUelie Lemmodiui vlellelolit so otsem yorteUhaftea Kansfr- griff entwickeln ließ, wenn er Bysteotttiieh und methodisch angewendet wurde.

2: Ich bezeichne eine gebrochene ganze Reihe in d Omppffil mit: Qbr.^.- Eeihe, und eine in 2 Gnippen mit; Gbr.^Reihe.

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Uutersachangeii zur Ökonomie und Technik des Lerueu8. 429

Die Orappen der andern Reihe waren auf einem Papierstreifen geaehrieben, der aber durch 2 Linien der Länge naeh in diei Felder geteilt wurde. Anf dem eisten Feld waren die ersten 6 Silben der Reihe 2mal hintereinander geschrieben; auf dem

zweiten wareu die letzten 6 Silben dereelben atieh 2mal hinter- einander geschrieben; das dritte Feld enthielt eudlich die ganze Reihe.

Dio auf diese Weise 4 resp. 3 anf der Troinuiel nebeneinander angebrachten Silbenreihen entsprachen den 4 resp. 3 Spalten des Schirmes. Diese» Verfahren bezeichne ich als Lernen in Gruppen m je 4 (Gr^-Keihe) oder in Grappen zn je 6 Silben (Gr^-Reihe).

n. Beim Lernen einer Reihe im ganzen wude die Vp. anf- gefordert» die Silben nach jeden 10 Wiederholongen av&nsagenf bis die ganze Reihe fehlerlos heigesagt werden konnte. Nach jedem Hersagen worden sowohl die fiüBchen, wie aneh die richtig genannten Silben ins PiotokoU aufgenommen.

Nachdem wir nun die VeTSachstechnik im allgemeinen be- schrieben habeu; bleibt uns noch tibrig die einzelnen Resultate der Yersachsreihen 1 und 2 anznfUhreu.

§ 6. Versuchsreihe 1: Vp.: Per.

24 VeisQchstage: Beginn am 21. Jannar, Ende 24. Fehmar 1901. Die er^en 9 Tage wurden der Übnng gewidmet, so daß die eigent- iiehen Yenndhe erst am 31. Jannar begannen. Zeit des Ezperi- mentteiens: Tonnittags von liy« bis etwa */4^ ISsilbige Beiken. Geschwindigkeit der rotierenden IVommel: 10 Sek. per Umdiehang. Nor die Zeit des letzten Heisagens wnide gemessen. Im gebroebenen Ganzen (erstes Yerfahien) worden in 12 Tg. die Versuche in der Weise ausgefhhrt, daß eine Gbr.^G-Reihe in den ersten 6 Tg. stets au die erste Stelle kam, während in den letzten 6 Versuchsta^ren es sieh umgekehrt verhielt: an erster Stelle \vTirde stets eine Gbr-'-'G- Reihe und an zweiter Stelle eine Gbr.^G-iieiho erlernt

Die letzten 12 Versnchstage wurden hingegen nach dem zweiten [in Gruppen zo je 4 nnd zo je 6 Silben] und dem dritten Verfahren (im ganzen) ansgeflllirt Am 1., 3., 5., 7. osw. Veiioehstage worden 2 G.-Reiken erlenit ond am 2., 4., 6. oiw. Versoehstage 2 Reihen in Grappen, Yon denen eine Gr^-Reike, die andere Gr*-Reihe war.

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430

Christo Pentsdiew,

§ 7. VeravehBreihe 2: Vp.: T. Zel.

Hanptrennche: 22 VerBuebstage. Die Einttboiig dauerte 12 Tage, bis die Yp. eine Geläufigkeit beim Lesen nnd Beprodnzieien der sinnlosen Silbenreiben gewonnen batte. 12 normalsilbige Reiben. Zeit des Experimentierens: ▼omltta^ ron 10 V4, Ende ge^n 11 Uhr. Dieselbe L iiilaul'si^^escbwiDdi^^kcit. Die Versiichsumstände blieben wiihrend dt r ^Muzen Zeit des Experimentierens dieselben, nnr am 21. Februar wurde der Versncb nicht zu Ende gebracht, da die Yp. sich sehr mttdc lUhltc.

§ 8. Grnppiernng der Resultate der Versncbsreiben 1 n. 2.

1) Die sohr nrofangnrciche RobtabeUe des Veisocbs 1 nnd 2 teilen wir nicht mit, nnd verweisen anf die znsammen&Bsende Tabelle S. 431. Veigleiebt man die Eigebniase ftlr Vp. Per., so aeigt sieb, daS das LemTerfidiren »im Obr.-Ganzen« viel gflnstiger ist als, im »Ganaen« nnd in »Grnppen«; die DorebsehnittsweTte des letztgenannten Verfahrens sind am wenigsten günstig aasgc- fallen. Beim Wiedererlemen ergab eine Gbr.'C^Reihe wiederom die größte Anzahl von Treffern, wenn sie nach bestimmten Wieder- boluiiireii i^,3j durch Trefferverfahren geprüft wurde; die Anzahl der Treffer einer G-Reihe bctm^' 4,4. Wenn irjrend eine Silbenreihe aber 24 Sliiiideu spater lu^ /um Auswendi^^k im u wiederholt wurde, 80 war das Behalten ilir eine ö-lieilic am günstigsten. Die Zeitdauer des letzten Hersagens einer Gebr. ^G- Reibe bingegen ist die längste gewesen.

2) Gans anders verhielt es sieb mit den Resultaten der £r- leronng nnd Wiedererlemnng bei ZeL Bas liomen im ganien ist bei ihm nach der Erlemnng einer G-Reibe am günstigsten (27,9 M ). Zur Erlemnng einer Gbr.*G-Reibe waren am meisten Wiederbolnngen notwendig. Die Ansabl der Treffnr einer G-Reibe ist nicht sehr groß, wenn sie hingegen nach der Wiedererlemnnsr durch Hersagen gepriilt wurde, so hat sie die geriügste Anzahl von Wiederholnnj^en ergeben. Die Zeitdauer des letzten Hersagenf, MowoUl nach der Erlernung, wie auch nach der Wiedererleruung, war ganz verschieden.

3) Stellt mau die Resultate jeder emzelnen Yenmebsreibe zu- sammen, so erblUt man folgende Blittelwerte:

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Unteisnchiiageii bot Ökonomie und Technik des Lernens.' 431

'soijn} eqi9H-0 Jiooto dsflixuvdsjg

Zum Wiedererlernen

einer Reihe bis zum Auswendiglernen

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einer Reihe, die durch Treffer\'erfahren geprüft wurde

die als

ganze Reihe er- lernt wurde |

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zu je 6 Silben

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Zorn Erlernen einer Reihe

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1. Im gebr. ganzen

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1. Im gebr. ganzen

2. In Gruppen

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432

CbritirO Pentacheir,

Ein Verpleicli zwischen beiden Vp. ergibt, daü das Lernen im ^^ebr. j^anzeii im Ver^rleioh mit den übrigen Lemvvcigen für Per. moriiwUrdi^^erweise viel (»kniKuiiischer ist als boi Zfl. ja bei dem letzteren ist es sogar ganz umgekehrt. Zel. lernte' also am besten >im ganzen« dann weniger gut »in Gruppen« and am sehiechteaten »im gebr. ganzen«. Beide Vp. lernen demnach besser »im gamen« als »in Gnippen«. Beim Wiedeierlenien ver- tialten sie Mi binsichtliQh der Anzahl der Treffer ganz TerscfaiedeiL Welches Vedahren nach der Treffermethode ftr das Behalten das günstigere ist, Ittfit steh nach der geringen Anzahl von Versnehstagen nicht entscheiden. Bei beiden Vp. wnrde aber eine Gt-Reihe fSsster eingeprägt, wenn sie nach Wiedeierienmng dareh Hersagi^ ge- prüft wordou war.

4) Aas den Ergebnissen beider Versachsreihen gebt demnach bervor:

I. daß das I.ernen >im ganzen« doch ökonomischer i«t als »in Gruppen«; ja bei Zel. ist es sogar am günstigsten. Warom das Verfahren« im gebr. ganzen c bei Per. sich so vorteilhaft er- wiesen bat, wollen wir vorläufig dahingestellt sein lassen. In den nichsten Veranoharoihen aber weiden wir noch einmal darauf zu sprechen kommen;

IL daB das firmktionierende LentTerfahren emer Reihe um so nnvor teilhafter ist» in je mehr Gruppen sie zerlegt wird.

Bei Per. gab eine G-Reihe 12,3 W., wBhrend ftr eine GrS-Beihe 14,65 und eine Gr ' Reihe 15,3 W. notwendig waren, was sagen will, daß die in 3 Gruppen erlernte Reihe am schwierigsten einge- prä^ warde. Es ist sehr auffallend, daß die Mittelwerte einer Reihe in Gmppen zu Je 6 SillM^n bei Zel. et^^as höher ausgefallen sind als diejenigen einer Reihe in Gruppen zu je 4 äilben. Auch die einzelnen Effekte einer Gr ^- Reihe waren größer. Es läßt sich dies durch den Umstand erklären, daß Zel. im Rhytlimus sehr leicht ▼erwhrt wnrde. Er war beim ersten VerfiüirmL (im gebr. ganzen) sehen daran gewohnt, die Silben einer Beihe jambis«^ zu lernen. Dieser Bhyihmns seinen ihm änfierst günstig zu sein; als aber spllter die Silben ihm >m Gruppen« daigeboten wurden, lernte er, trotz aUer Mtthe, eine Gr*-Beihe meistens trochMiseh; ja es kamen sogar Fälle vor, wo er die einzelnen Gruppen einer Gr^-Reihe jambisch, bei ihrer Verbindung iiin^egen trochäisch ge- lernt hatte.

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Untenvcliitiigeii zar Ökonomie und Teohnik de« Leroei». 438

III. Eine im j^ranzen« erlernte Reihe haftet fester im Gedächt- nis, als eine Q^Beifae oder iigend eine andere, wenn sie 24 Stunden spiter bis znm Auswendiglernen wieder gelesen wird. Will man weiter wissen, ob das Bebalten Air eine G-Beibe aneb naeb demTreffer- Ter&bien günstiger ist, so mufi man sieb keineswegs mit einigen (ca. 10) Versuehsta^en begnügen. Eben deshalb babe ich in den nächsten Versuchsreihen die TreflFermefliode nicht weiter angewendet.

TV. Der Einfluß der Konzentration der Aufmerksamkeit auf die W iederh()lun.ü:3anzahl kam bei Zel. stärker zur (^ieltuug als bei Per. Ging die ^inzahl der Wiodorliolnngen Uber 35 hinaus, so nalmi seine Auftnerksamkeit aulierordentlieh schnell ab. Man erhält diesen Eindmck, sobald man die einzelnen Werte der Versuchs- reihe 2 beim Lernen »im gebr. Ganzen« ansieht Hatte er die Silbenreibe naeb 35 Wiederholungen noch mcbt answendig getomt, so branebte er in der Regel Im Durebsehnitt noeb 19,5 Wieder- bolnngen, bis die Beibe febleriiei bergesagt werden konnte. Daher kam es, daß die erste Silbenreibe am 20/n. erst naeb 65 Wieder- bohingen fehlerlos aufgesagt wurde. Eine Steigerung der Wieder- holuugszahlen war am häufigsten beim ersten Lemverfabren zu sehen. Zel. konnte also seiir schwer seine Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Grii])])e von Silben einer Reihe konzentrieren, wenn die übrigen dersiUieu zngleieh mitgelesen werden nollten. Beispielsweise, wenn eine Reihe nach dem Lernen »im gebr. ganzen« in drei Gruppen erlernt wurde, so brauchte er ftlr die erste Gruppe 8,9 W.; fUr die zweite 9 W.; ftlr die dritte hin- gegen 12,85 W. nnd zur assoiiatiTen Verbindung der euuefaien GTuppen noeb 6,8 W. Dasselbe Verfiüiren bei Per. dagegen liefert die enlgegmigesetiten Ergebnisse: Er nebtet sebr leicht seine Anfineiksamkeit auf eine bestnnmte Gruppe von Silben, ebne sieb durob das Ifitlesen der llbrigen Gruppen derselben Reihe stören zu lassen. Für die erste Gruppe einer Gbr.*-Reihe z. B. waren 5,45 W. nötig und für die letzte Gnip]M' dt rj^elben Reihe: 3,8 W. Zur assozi:iti\ cn Verl)iudung der ciiizrliu ti Gruppen wonlf abrr nie eine Wiederliolung gebranclit, sondern mit der £rternuug der letzten Groppe wurde die ganze Reihe stets fehlerlos reproduziert. Das Verfahren >im gebr. ganzen« schien ihm also außerordentlich günstig sn sein. Ob aber der Vorzug dieses Ver- falurens tot den anderen Lemwdsen einzig und allein dem Ein- flnft der absoluten Stolle snzuscbreiben sei, ist sebr sweifelbaft.

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Cbiuito Peataohew,

5) Hinsichtlich der Leichtigkeit oder Schwierigkeit dieser drei Verfahrcu geben die Vp. Folgendes zu Protokoll an:

»Beim Lesen der Gruppen ftlr «ich alltin spüre ich keine lie- sondere Müdi/^keit, nobald ich aber die übriß-on Rillirn niit!p«p (im gebr. ganzen), so werde ich in der Konzentration leicht gestört, dann tritt schneller eine Ermüdung ein, was eine AnhMnfang der Wiederholongeii herbeiführte. Es scheint mir, ich komme BefaneUer nm Ziele, wemi ich die Reihe in weniger Unteignippen in lernen bekomme.« (Zel.)

»Das Verfiduren »im gebr. gansen« untetstttict mich beim Kon- zentrieren auf die einzelnen Gruppen, hingegen habe ich in der Begel beim Lernen »In Gruppen« die erste oder die zweite Gmppe schon vergessen, wenn ich die nSehste ganz getrennt zu lernen bekomme mal hti dir Rotation der ganzen Reihe koninien mir dadurch die frtlher schon gelernten Silben einzelner Gruppen oii Yöllig fremd vor.« (Per.)

§ 9. Über die individuellen Eigenttimliciikeiten des Ge- dächtnisses beider Vp. beim Lernen und Reproduzieren

sinnlosen Materials.

1) In erster Linie mttaaen emtge Worte ttber die fietonnoga- weise der Silben geeagt werden. Der Tp. wurde Torgeaohlagen, 80 weit es ging, die Silben einer Reibe troebSiacb oder jambiaeb

zu lernen. Herr Zel. lernte anfangs von selbst beim ersten Ver- fahren die Silben stets jambisch und seiner Meinung nach gab dieser Rhythmus am wenigsten Anlaß zur Ablenkung seiner Anf- merksaiiikt it. Er las so zu sairen die einzelnen Takte mit «rloieh- mäJiiger Betonung und bevorzugte keineswegs einen vor dem andern. Als aber später die Sübenreitien ihm in getrennten Gnippen vor- geführt wurden, war er in der Hetonungsweise ganz verwirrt Die einzelnen Gnippen einer Gr'-Reihe lernte er im Trochttos, bei der Rotation der ganzen Rdhe aber bemtlbte er dch, wieder jambiaeh zn erlernen, was ihn sidetzt soweit brachte, daß er die Steünng der emaebien Sflben immer yerwecbaelte. Daber kam es, daB die DorebBebnittBwerte einer Gr '-Reihe (32,95) htfber aasfielen, als die einer Gr»-Reihe (28,3). Herr Per. konnte leichter mit dem Rhyth- mus auskommen. Hinsichtlich des rhyth mischen Lernens gab er zu Protokoll, daß ihm der Trochäus \iel srhwerfälliger klinge und sich infolgedessen viel weniger leicht einpräge. Die Silben einer

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Untnrachitiigeii zur Ökonomie und Teehnik des Lerneu. 435

Gr '-Reihe hatte er in der tthlichen Weise gelernt, daß er die Reihe durch 2 Inzisionen in 3 gleiche Teile znsammeiiikßte. Ein Um- stand ist bei ihm besoiiders herroisoheben, daß er die Reihe un- winkttrlieh sehr laut ablas, wenn er dabei serstrent war; sobald er aber die Sflbea sieb animerksam aneignen wollte, las er sie ganx leise ab. Dnreb diese VeiilndenuigsweiMr des Lernens konnte der Versnchsleiter stets seine Zerstreuung konstatieren.

Der Einflnß des Rhythmns ma<*hte sich namentlich beim Wieder- erlemen der Silbenreihen «geltend. Es war für die Vp. Btets not- wendig zu wissen, ob öie gesteru die Reihe »in Gruppen« oder »im Ganzen < erlernt haben. Konnten sie luifli zweiter oder dritter Wiederholung: den Rhythmus nieht ausfindig machen, so frjigten sie den Versnchsleiter inuner danaeh. Wurde ein andrer Khyth- rnns angewendet, so war eine Anhänfiing der Wiederholnngaangahl anvermeidlieh.

2) ünwiebtiig ist aneb niebt die Art und Weise, wie die SUben- felben erlernt wurden. Herr ZeL bericblele einmal darUber Fol- gendes:

»Beim Auswendiglernen konzentriere ich meine AufineitLsamkeit

zuerst anf die Anfangssilbe der Reihe, dann merke ich mir die ersten paar Silben hierauf die letzten 2 oder o und erst dann die leichteren in der Mitte der Reihe. Es scheint mir fhr die Einprä^nf; d* i Ueilie sehr gUu«tig zu sein, wenn es mir gestattet ist, die Silben nach weniger Wiederholungen (2 4) aufzusagen: denn icb weiß dann, auf welche Silben ich meine Aufmerksamkeit besonders zu konzentrieren habe.« »In der Regel kann ich eine Reibe leiefafter auswendig lernen, wenn icb mir selbst die Anzahl der Wiedeiliolungen bestimme, als wenn dies der Yersuehsleiter tat Ich glaube, daß icb mich im ersteren Fall viel intenaiTer konzentriere, als im zweiten.«

Diese subjektiven Beriehte bestiltigen sieh auch durch die Steigerung und Abnahme der Wiederholnngsanzahl der einzelnen BfTekte.

Beim Lernen »im gebr. pranzen« wurden die Vp. instruiert, sich glei< h tieim Versuchsleiter zu melden, wenn si« die Gewiß- heit erlangt hätten, die Silben aufsagen zu können. Bei Herrn Per. war die Tendenz vorhanden, die Silben schon naeh der ersten Umdrehung hersagen zu wollen. Er meldete sich nach jeder Wiederholung stets mit dem Bewufltsein, daß er die Silben

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Chrifito Pentsohew,

wirklich auswendig' wisse; Hohaid ahoi die Trommel fioh zu be- wegen authiirtc, ver^aR er in der Ke^a'l die erste oder die zweite Silbe mul mtol,:redesseu waren alle a erscliwundeii.. Erst uachdeui er durch verschiedene Probeversuchc auf die schwer merkbaren Silben aufmerksam geworden war, konnte er jede Silbe an der richtigen Stelle nennen. Um das hftnfiire Hersagen m Termeiden, wurde bei den sp&teren Veisuehen die Wiederholnngsaozabl vom Yemicbaleiter bestimmt

3) Beim Beprodmüeren der Sflbenieihen verhielten sieh beide \ p. sehr veisehieden. Gewöhnlich war Zel. beim Hersagen nihig, geriet er in Stoeknng, so wiederholte er die leiste Silbe dmgemsl in der Hoffnnn«:, die assoziative Klangfarbe der Silbe ins Bewußt- sein hervur/urufen. Es kam maurlimal vor, daß eine Silbe erst nai'h 40 Sekuiidcu docii reproduziert wurde. Die Reproduk- tion dauerte ^^cwühulich so lange, bis die Vp. »nichts mehre sa^e.

Das Verhalten von Per. beim Aufsagen ist typisch fUr den »Schnelllemenden«. Wenn die Trommel aufhörte sieh za bewegen, so beeilte er sich mOgliclist schnell die Silben herzusagen ; besami er sich 2 4 Sek., so wnfite er nichts mehr von der Beihel Sein Streben ging also stets dahin, die erste Silbe nicht an reigeasen; fiel ihm diese beun Reprodnxleren nieht ein, so erklMrte er sehen nach ÖSek., >er habe keine Ahnung von der Reihe«! Wenn eme Silbe beim Stocken nach 10 Sek. nieht kam, so wartete er nicht mehr. Nur ein einziges Mal ist es vorgekommen, daß eine Silbe doch erst naeli 20 Sek. hergeaugt werden konnte. Er gab selbst einmal zu Protokoll an:

»Ich glaube, daß ich nach Beciidisrung der Rotation die Keihe schnell hersagen maß, da jedes innehalten meine Aufmerksamkeit ablenkt.« (Per l

4J Zur Feststellung der Tatsache, ob die Vp. sich bei der Er- lernung und Wiedererlemung der Silbenreihen hanptsttohlieh auf das visuelle, akustisehe oder kinMstiietisehe Gedlehtnis stOtM, wurden keine spezieDen Yersuehe angestellt; auf Grand der ss Protokoll gelegten Bemerkungen aber litBt sich doch behaupten, daß das akuBtisch-motorische Element des Gedächtnisses beider Vp. das Übergewicht hat. Eine Sicherheit von der reproduzierten Silbe kam nur dann zu stände, wenn der akustische Emdriuk der Silbe in \ollster Klarheit reproduziert wurde, das optische Bild spielte dagegen eine sekundäre Kolle.

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Untersuchongen zur Ökonomie und Technik des Lernens. 437

5} Von einer eingehenden Besprechung der Art der gehildeten AflfloziaÜimai habe ich Abstand genommen, allehi efailge wenige Worte sind nicht überflüssig. Solange die Vp. nngettht waren, bildeten sich masseiihiUt verschiedenartige Assoziationen, die all- mählich durch das mechanische Lernen ersetzt wurden. Herr Zel. bildete üherhanpt sehr wenige .sekundäre Assoziationen. Während der ganzen Zeitdauer der Versuche mit ihm sind kanm 20 sekundäre Assoziationen zu stände gekommen, die hauptsächlich nach dem Inhalte entstanden. Herr Per. dagegen bildete anfangs Tiel AsBomationen erst in den letzten Versnehstagen wurde diese Tendenx nnterdrttokt Die Art ihrer Entstehung ist ganz yer- sehieden; meistens snehte er ans den Silben bekannte Namen heraosziibekommen beispielsweise: von der Silbe »Bizc machte er Diekens; von »Sep< Josef nsw.

6} Es fragt sich nun, zu welchen Typen beide Vp. gehören? Aus dem bisher Gesagten ist sehr leicht die Behauptung aufzustellen, daß Per. ein rasch, Zel. aber ein langsam Lernender ist. Zum Erlernen einer G"^-Reihe brauchte der erste 12.3 Wiederhol.; während für den letzten 27,9 W. notwendig waren. Man sieht also, daß sie ganz entgegengesetzte Typen sind. Zur Be- stätigung dieser Behauptung dient noch folgende Oberlegnng:

1} Herr Zel. bebUt das £rlemte iSnger als Per.

Die Ersparnis einer G-Beihe ffir Per. etgab nach 24 Standen 63/1^ des ersten Aufwandes; bei Zel. hingegen betrog sie 68^.

2) Gldch nach der Erlernung emer Beihe spielte das Vergessen bei Per. eine größere Bolle als bei Zel. Nach einer Panse von 5 Min. wußte der erstere öfters keine Silbe zu nennen; während der letztere die Reihe nach dieser Pause noch fehlerfrei reprodu- zieren konnte. Zur Probe habe ich Flcrm Per. nach Heendignng des V^ersncbes manchmal nach einigen eben erlernten Silben einer Reihe gefragt. > Ja, sind denn diese Silben überhaupt in den Reihen yorgekommen?« lautete seine Antwort So weit war das Vergessen bei ihm vorgeschritten!

dj Femer ist noch der Umstand zn erwKhnen, daß eine Pause Ton 20 Sek. zwischen den einzehien Gruppen für Herrn Zel. sich aufierordentfich günstig erwiesen hat, withrend sie ittr Herrn Per. gerade nachteilig wirkte.

4) Das Wiedererkennen der Silben beim Wiedererlernen der- selben kam mehr bei Zel. zur Geitimg als bei Per.

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Chiiato Penteohew,

d) Die raschen Typen kann man nicht nnr nach der Seite der zanehmenden, aondem aach nach der Seite der abnehmenden Wiederholnngszahlen erkennen. Diejenige Zahl Ton Silben, welche unmittelbar nach einer Wiederholnng derselben gerade noch fehleiioe hergesagt werden konnte, betrog für Per. nur ein einziges Mal 6; fhr Zel. hingegen nur 3 nnd einmal 4. Freilieh hat Per. meistens für eine Grappe von 4 Silben 2 Wiederholungen verlangt, aber seiner Angabe nach tat er dies. >nm sicher zu sciu«.

Darans geht also hervor, daß Per. sehr soIiik 11 lernt, aber ebenso sebnell verfriBt. wülni ud Zel. zwar ein l:iiigsamcrer Lemer ist, er jedoch da» Erlerute länger als Per. behält.

Soviel tiber die vorangegangenen Yeisucfasreihen; bei der siriiteren Diskussion der Resultate wird noefa manches erwähnt werden, was hier unberührt geblieben ist

Absolmitt H; Pie Hauptversiioiie. § 10. Allgemeines.

A. Der Ilaupt^egenstand dieser Versuehe ist du8 Kr lernen nnd seine Beziehung zum Behalten. Ks war sehon von vorn- herein zu vermuten, daß der Vorzug des Lenieus >ini fi:anzent vor dem fraktionierenden sieh nicht nur durch die Zeitmessunjr nachweisen läßt, wie L. Steffens annimmt Um einen empiri- schen NachweiB der Yorzttge des Immens >im ganzen« vor dem gewöhnlichen Verfahren zu liefern, hat Steffens Yersaehe mit sinnTollem Material an drei erwachsenen Personen und an zwei Kindern angestellt; mit sinnlosem Material hingegen nur an einer emzigen Yp.<) Zar größeren Klarheit erlaube ich nur hier die Er- gebnisse ihrer Haupt-Yp. anznfllhren.

In der Yersuehsreihe 11, bei welcher Dr. Pilzecker als Yp. fungierte, wird behauptet, daß eine 6- Strophe um 1 Min. 3,6 Sek. schneller erlernt wurde als eine S-Sti(>j>he. Hei der Versuchs- reihe 12, in welcher L. Steffens als Vp. diente, ist eine G- Strophe mit 37,6 Sek. und 0,2 Wiederholnnjren sehneller erh'rnt worden als eine S- Strophe. In den Versuchsreihen 14 und 15 waren zwei KiTider Vp. Das Mädchen hat eine G- Strophe um 43,8 Sek. und 1 Wiederholnnjr schneller erlernt als eine S-Strophe. Noch kleiner ist der Unterschied beim Ejiaben Ul. Pilzecker ausgefallen.

1} Ich spreche vom »sinnlosen BUterial bei voTgeschriebener kooflUnter LeiegeBchwindigkait«. Ygl. Lottie Steffens» s. a. 0. S. 89^-42.

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üiitenacliiiiigeii zur Ökonomie und Teohnik des Lernens. 439

Um 7,7 Sek. und »0« Wiederholungen ist eine G-Strophe sclineller erlernt worden als eine Strophe.

Wie man siehti hat St also das Haaptgewicht anf die Zeit- dauer des Erlemens einer Strophe gelegt; die BerüekslchtigQng des Arbeitsanfwandes wurde ganz in den Hintergrund ge- Scholien. Anf Ghrnnd dieser kleinen Differenzen zwischen der LenizL'it einer G- Strophe und S- Strophe aber die Ik'huuptuu^ aufzastellen, daß das Lernen »im ganzen« »ükouümibcUert aU das stUekweiBe vor «ich gehende Lernen sei, wird gewiß manches Bedenken erweeken. Allcrdinp^s hat sie beim Ex- perimentieren mit sinnlosem Material nur die Wiederholuugsanzahl in Betracht gezogen, allem bedenkt man, daß die Besnltate von einer 12-, 16- oder SOsUbigen Reihe nnr von einer Vp. erzielt worden waren, und erinnert man sich der Art und Weise, wie die Silben- reihen der Yp. Toigeftthrt wniden, so wird man anob gegen dies Besnltat Bedenken haben mttssen. Anf S. 419 421 babe ieh klar ge- maebt, daß diese Art der YorfObnuig der Sübenreihen niebt fehlerlos war, insbesondere mttssen aber folgende 2 Punkte beachtet werden:

1) daß die Aiitmerksamkeit der Vp. durch das beKtändige Röcken des Schirmes nach jeder Wiederholung einer Hälfte der G-Keilie vor die andre derselben stark abgelenkt wurde;

2) daß der Einfluß der absoluten Stelle bei dieser Art der Vorführung der Silben einer G-Reihe gerade verdoppelt war; denn die häuflgere Verwecbalnng der Silben einer ReihenhäUle mit den Silben der andern ist unzweifelhaft hierdurch zn erklSren.

Das Hauptrerdienst der Steffenssehen Arbeit bestebt unbe- streitbar darin, daß sie eme sehr eingebende Besebreibung der Tersebiedenen Modifikationen der gewGbnliehen LemweiBe ge- liefert und zugleich die ersten Versuche in Bezug auf das Oko- nomische Lernen angestellt hatte. Hervorzuheben ist noch, daß sich bei den Versuchen von Steffens das Lernen im Ganzen als d;i> vorteilhafteste Verfahren nur für den Fall hcransfj^estcllt hat, daß das jeweilifj: zu erlernende Stück nicht mt hr umtaßie als zwei neunzeilige Strophen oder eine 248ilbige Reihe. Wie sich die Sache bei größerem Umfange der zu erlernenden Stttcke verhalten würde, hat Steffens nicht untersncbi

B. Auf Grand dieser Erwägungen scfaien es notwendig, die F^age Yom Olconomiscben Lernen noeb emmal der Untersncbnng zn unterwerfen und zwar zunitebst so» daß beide Faktoren, sowoU

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440

Chrifto Pentechew,

die abBolatc WiedcrholniigHanzabl wie auch die Zeitdauer des £rlerncns und Wiedererlerucns beachtet worden.

Es Rrhion femer notwendig festzustellen, ob auch das Be- halten [nach ein» konstanten Zeit] fttr eine G-Silbenreihe oder G-Strophe das günstigere sei. Denn ohschon in dieser Hinsieht his Jetst keine spesielle Unteisochnng angestellt worden ist, U&Bt sich a priori doch behaupten, daB ein erlerntes G-Stttck in Folge der Art der gestifteten Assoziationen swlseben den nn- mittelbar aufeinanderfolprcnden Gliedern desselben auch festtr im Gedächtnis haften werde.

Aulicrdem kamen nebenbei noch andere Fragen in Betracht, die sowohl lür eine Gedächtnisuntersuchung als auch für die Pädagogik speziell von großer Tragweite und Bedeutung sind. In erster Linie lag es uns sehr nahe, den sensorischen Grund- eharakter des Gedächtnisses jeder unserer Vp. festzustellen, und dann wollten wir die Vorsttge oder die Nachteile des sinn* ToUen vor dem sinnlosen Material nfther bestimmen. Andere Gesiohtspunkte werden bei jeder Versuchsreihe später erwllhnt

C. £^ simtlichen Hauptrersuchsreiben von 3 bis und mit 15 wurden an 4 erwachsenen Vp. angestellt Auf Grund der oben erwähnten Motive hatte jede Vp. sowohl Silbenreihen als auch später Strophen auswendig zu lernen. Eine Ausnahme beim sinn- losen Material machte der Versuchüleiter. Während der Zeit, in welcher mit sinnlosem Material ex|)erimcnticrt wurde, kamen 12-, 15-, 16-, 18- und 24 silbige Keihen in Anwendung. Hingegen ist die Art und Weise, wie die Strophen von den Vp. erlernt wurden, eine ganz andre als bei Steffens. Das stückweise Ver&hren« welches mit denjenigen »im ganzenc veigMchen weiden sollte, wurde »dem Gutdttnken« der Vp. nicht ttberlassen, sondern ihr TOigesehrieben. Es wurden Terschiedene Variationen mit dem Um- fange des Stoües yoigenommen, bis die GrOfie des jeweilig zu er- lernenden Stückes 5 achtseili^e Strophen umfafite.

A. VerBuctiareihen 3, 4 und 5. § 11. Allgemeines Schema der Versuchsreihen 3, 4 u. 5.

Als Vp. in den vorstehenden Versuchsreihen fungierte Frl. M. Kel. (stud. phil.). Die Untersuchun;; begann mit sinnlosem und endigte mit sinnvollem Material. In der 3. und 4. Versuchsreihe kamen 12-, 15- und 16 silbige Bethen in Anwendung, während in der 5. nur mit Gedichten operiert wurde.

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Untenuehmigeii mr Ökonomie und Technik des Lernens. 441

L Unter8tichiing mit sinnloBem Material.

§ 12. Versnchsreilie d.

I. Als Stoff" dieser Versuclisreihe dienten dieRclbrn 12sill)ifren Nor- malsilbcnreihcn, die schou in den Reihen 1 umi 11 verwendet worden waren. Da Frl. K. als Vp. keine Erfalirun^^ hatte, wurden einige Vortlbun;rcn vorgenommen, die etwa 8 Ta;^e in .Vuspruch nahmen. Die eigentlichen Versnehe begannen am 1. Mai 1901 nnd dauerten 32 Ver- snchstage. Zeit desExperimeutieren» : Anfang 11 )£nde gegen 12 Uhr ; nur am Dienstag fand der YersHcli von 9 1/4— 10 Uhr statt Rotatiens- gesehwindigkeit fUr eme 12sinn|ge Reihe: 10 Sek. Wie liei den Verat^cbsreihen 1 nnd 2, so haben wir auch hier drei Verfahren:

1] die Gruppen einer Reihe behielten ihre Stellnngen in der- selben, worden aber in der hier angegebenen Weise willktirlich j;etrennt von einander erlernt (»im gebr. ganzen«, s. 0.4281'.);

2) die Gruppen einer fraktionierenden Reihe nahmen ganz andre Stell un^^eu auf der rotierenden Trommel ein (»Lernen in Gruppen, Gr-Heihe);

3j das Verfahren »im ganzen«, welches sich von dem von Steffens angewandten G-Lemen dadurch untergeheidet, daß eine G-Reihe nnonterbrochen Ton Anfang bis sn Ende gelesen wurde, bis sie fehlerlos hergesagt werden konnte.

Naeh dem ersten Verfahren wurden 12 Versnchstage ansge- ftthrt, nach dem sweiten nnd dritten je 10 Versnchstage. Beim fraktionierenden Verfahren wnrde eine ISsilbige Reihe in zweifacher Welse erlernt: einmal war sie in 2, ein andermal in 3 Teile zer- legt. Täglich kamen wieder 4 Silbenreihen vor, von denen zwei neu waren. Die Erlemnng, sowie die Wiedererlernun^z: der alten Reihen g:esrhah jitets bis zur ersten fehlerfreien Reproduktion. Das lYefferverfahreii habe ich nicht weiter angewendet. Während der eisten 22 Versnchstage lernte die Vp. die eine der beiden neuen Sflbenreihen rein visnell, d. h. mit T^ntrrdrttckung des Sprechens, die andre akustisch-motorisch. Beim Ver&hren »in Gmppenc wurde der akustische Eindruck nicht ausgeschaltei Femer wurde Vor- sorge getroffen, daß die Silbenreihen, die neuen wie die alten, stets Im regelmäßigen Wechsel der Zeitlage gelernt wurden.

§ 13. Besaltate der Versuchsreihe 3.

1) Die sehr umfimgreiche Rohtabelle t^en wir wiederum nicht mlt| und Terweisen auf die zusammenfassende TabeUe S. 442. Das

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442

Christo Pentichew,

Hauptergebnis dieser VeTsachsreibe ist, daß das Lernen »im ganzen« sowolil bei der Erlernung wie auch bei der Wiedererleninng weit Torteilhafter ist als das stllekweise tot sich gehende Lernen »in Gruppen« oder »im gebr. ganzen«. Das letzte Verfahren, bei welehem wir den Einfloß der absoluten Stelle eliminiert zn haben glaabtcn, hat sieb gänzlich nnQkonomiscb erwiesen. Man kann die Resultate jedes Vcriaiireus in t'olgeudem Schema zasammcului>äeii :

Z-Tabelle 2,

xum £ri<Tiioi) einer Beilic

1

1

zum Wiedorcrlcmen einer Beflie^

1 1

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2. la. f^auzen J ^^^^^^

>

6.7 8.2

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3. In Qmppeu |

1

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1 1

7,46

6,7

^ mm

SWBS

Beim Lernen »im gebr. ganzen« sind die Differenzen des laolen and lanilosen Lernens merkwUrdigerweise ganz yersohieden aas- gefallen. Der Unteisehied zwischen lantem and lantlosem Lernen ist aber am denffichsten beim Verfahren »im ganzen« zu finden. Znm aknstiseh-motori sehen Exlemen einer GkBeihe branehte die Vp. 16 Wiederholungen; beim visnellen Erlemen waren hin- gegen 26,3 Wiederholungen notweudi^^. Auch beim Wiedcrcriemen ist dassclho zu sehen.

2) Nacii diesem klnron Ergebnisse ist ^^^r nieht sebwer zu ent- scheiden, ob beim Ericruen und Wiedercrlcruen der Silbenreihen hier das visuelle oder akustisch-motorisehe Element des Gedächt- nisses die dominierende Rolle spielt Die Angaben der Vp. da- rüber lanten folgendermafien:

»Beim laatlosen Lesen laufe ich Gefahr, di^enigen Sflben, die ich vorläufig nicht zn behalten brauche (»Lernen im gebr. ganzen«).

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Untersachuagen zur Ökonomie und Tecluük des Lemeus. 443

nur mit den Augen zu überfliegen, ofane sie wirklich aufzufassen.

Statt dessen habe ich die Neigung, während dieser Zeit die zu lernende Gruppe zu. wiederholen.«

»Wenn ich eine Silbenrcilie hiutlos ^'eleseii habe, so selieiiit mir die lieprodnktion ersehwert zu sein. Nameuthcli stört es mich| daß

ich plötzlieh den Klaug der Silben höre, wenn ich aufsage

Bewegungen des Kehlkopfes und der Zunge sind beim lautlosen liCrncn ziemlich schwer zu unterdrücken. Achte ich daianfy daß ich sie nnterlaase, so ist die Anfinerksamkeit tob den Silben abgelenkt Übeihanpt ist es mir beim lanten Leaen leichter mich zn konzentrieren; ebenao wird die SelbstkontroQe erleichtert dnrch den Zwang, die Silben wirklich denflich aiis- znzprechen, eo dafi der YenochBleitn* et hlM. Bei der TiBnellen Art des Lernens mnß ich mich selbst strenger kontrollieren, ob ich wirklieh lese.

Wenn ich trotzdem die gleiehe Anzahl von Wiederholungen branehtc. so fUhre icli en darauf zurttck. daß das Wortklaughild beim lautlosen Lesen doch vorhanden ist.« (Frln. Kel.) Aus den eben angeftihrten Angaben geht nun hervor, daß bei dieser Vp. das akoBtisch-motorizche GedächtniBelement das Übergewicht yor dem Yisnellen besitzt, was nm so bemerkenswerter ist» als die Vp. sehr herabgesetzte HOrschlrfe zeigt.

3) Es ist nnr noch zn erwShnen, daß das Ver&luren »im gebr. ganzm«, wie man es auch ans den Besnltaten ersehen kann, das schwerste war. Es fiel der Vp. namentlich anfierordentüch schwer, ihre Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Gruppe einer gebr. ganzen Reihe längere Zeit zu fixieren. Das Uuluatgetllhl, daa sie bei der Anwendunjr dieses Verfahrens bekam, trug stets zur Vergrößerung der Wiederhol nngszahl bei. Hingegen fühlte sie sicli immer an- genehm berührt, Bobald ihr eine Keihc >im gauzeu« oder »in Gmppen« zum Erlemen dargeboten wurde. Zar Erörterung der Frage lohnt es sich der Htthe, einige Bemerknogen der Vp. hier anzofllhren:

»Es seheint mir leichter, die Reihe »im ganzen< zn erlernen, weil ich die Anfmerksamkeit allen Silben gleichmäßig zu- wenden kann, das Ifiilesen der nicht zn lernenden Silben beim Lernen »im gebr. ganzen« wbrkt sehr stttrend«. (M. Kel.)

Aus Vorstehendem sind besonders die folgeudcu Punkte her- Torzuheben:

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dnisto Pentsehew,

1) das Lernen ^im ganzen < i»t gttnstiger und sicherer als die beiden Übrigen LemTerfidiren;

2) die fraktionierende Lemweiae ist nm so noTorteittiafter, in je mehr Abschnitten eine Silbenreihe auswendig gelernt wird ;

3) eine 6-Reihe haftet fester im Gedilchtnis als irgend eine fraktionierende Beihe;

4) die motorische Seite des Lernens spielt bei dieser Vp. die Uberwiegende Rollo; die Unterdrückuu^; der Bewegung; der Kehlkopßnnervati(MK-n ist anfangs beim visuellen Lernen fast nninöglich; mit fortschreitender Gewöhnung: al>er ttbt sie keine größere Wirkung mehr auf das Lernen aus.

§ 14. Yersnehsreihe 4.

L Die Versnchsteohnik.

Um den Untersehied swisehen dem Ver&hren »in Gruppen« und dem Lemmi »im ganzen« noch deutlieher zu machen, habe ich als

Stoff dieser Yersnehsreihe 15- and 16 silbige Reihen gewählt Beim Aufhau dieser Kcilienliiugen kamen noch die Vokallaute; ee, oo, ie und oi in Anwendung. Alle Anfanjrskousonanten wnrden un- gleich ah Kn<lknti^nii:iuten verwendet. Die Versuche wurden am 7. Juni angefangen und nach 17 Versuchstagen schon unterbrochen, da der Unterschied zwischen beiden Lemverfahren sehr deutlich war. Zeit des Experimentierens war hier dieselbe, wie in der Ver- suehsreihe 3. Die Geschwindigkeit der rotierenden Tronmiel wurde ftlr eine 16- und eine IBsilbige Beihe im Verhältnis zu deqenigen einer 12silbigen Reihe auf 12,5 und 13,5 Sekunden per Umdrehung festgesetzt Tiglieh kamen zwei neue ^benreihen vor: von denen eine 15- und die andre eine Ißsilbige Rdhe war, die stets 24 Stund, später wiedererlemt wurden. Die Erlernung und die Wiedererlemung der Silbenreihe u ^;c^c;haii imüier bis zur ersten lelileiloscn Kepro- duktion, die wie immer zn der Anzahl der Wiederholungen nicht mitirereehnet wurde. Die Vorüihruii^^ der Silbenreihen erlolgtc m folgender Anordnung: am 1., 3., 5. u. s. w. Versuchstagc lernte K. eine in drei Gruppen zerlegte lösUbige Keibe und eine lösilbige^ die in zwei Hälften geteilt war, auswendig; am 2.^ 4., 6. u. s. w. Versuehstage kamen wiedemm eine 15- und eine 16 silbige Beihe yer, welche aber »im ganzen« erlerat wnrden. Das Verfahren »im gebr. ganzen« wurde nicht weiter angewendet Aufierdem habe

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Unteranchungen mt Ökonomie der Technik des Lernens.

445

ich noch dafiUr Sorge geirageUf dafi eine 15- oder lösilbigeBeihe an einem VeFBuehstag an erster» am anderen an zweiter Stelle er- lernt worden. Die Yp. las die Silben immer laut ab. Kaeh jedem Hersagen wurden sowohl die richtig als aneh die fiilsch reproduzierten Silben jedesmal im Protokoll notiert Die Anzahl des Anfsagens wurde ebenfalls aufgezeichnet

n. Resultate der Versuchsreihe 4.

Die Differenzen zwischen beiden Lernvcrfakreii sind hier noch betriichtlicher anB^efallen als in Versuchsreihe 3.

Stellt man die Resultate der ersten und zweiten Silbenreihe zu- sammen, so erhält man die folgenden Durchschnittswerte.

Z-Tabelle 3.

Erlernung

»1

:e«

Wiedererlemung

ff)

Beihenliinge

der Reihe 1 Grappen notw.W.

der Reihe

uotw. W.

Differenz

4 Stunden Bp

Isli

er Reihe v. estern im g. uotw. W.

Differenz

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2 fe-2

•S^ o

g ' 2

e S.9

H a

9

<M

tu

o

L lMb.Beihe

19,75

17,2

2,55

»

' 7,2

6,9

0,3

64

60

Sl ISiOb. Reihe

26,75

20,26

6j6

>

i 1

. 8,6

7,46

1,26

68

68

Hieniach ist ohne weiteres anzuuehmeu, daß das Lernen >im ganzen«, Bowuhl bei der Erlernung, wie auch bei der Wiedererlemung der Silbenreihen, entächiedeu vorteilhafter ist, als das frak- tionierende, und zwar je läng^erdie Silbenreihe war, desto bctriicht- licher fiel auch die Differenz zu Gunsten des ersten Lemver- fsbrens ans.

§ 16. Individuelle Eigentümlichkeiten des Gedttehtnisses beim Lernen der Silbenreihen.

1) Anfangs lernte Frln. K. die Silbenreihen im Jambus und diese Betonungsweise der Silben schien ihr sehr angenehm zu sein. Als sie aber eine Geschicklichkeit beim Lesen und Keproduzieren des sinnlosen Materials gewonnen hatte, so wechselte oft der Jambus mit dem Trochäus ab. Hatte sie eine 12silbige Reihe in Gruppen zn je vier Silben zu lernen, so wurden die 1.» 5. und 9. Silbe in der Regel durch einen Hauptictns an^gezeichnet Reim Lernen

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446

Chriito Pflotiehew,

R-Tabelle 1 Zeit des Experinentieniui: von IIV4 9^ ^

15- und. ltisübi|;e Keihen:

I Dieaemea

i n m

Erlernen

1

1

...

al

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fliTipr T?

VlU vT 1 I b ' 1

Art d Le in e ÜB

der Reihe 1 notwendige Wiedeiholnngen

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die aus X Silben

betteAit

I. Gruppe .

II. Gruppe

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III. Gruppe

V.

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Dauer des 1(

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Anzahl dei

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1

8

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2.

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21

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4

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16 > >

InGr.snjeSS.

10

14

12

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18

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15 » >

Im gaasen

17

15

3

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11. » .

15 » .

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2

2

1

18

18

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5

16» »

12. » >

16 > »

Tm flnuisAn

19

22

3

MAß 9 m

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13. > >

16 » >

InGr.iajeSS.

9

10

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26

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4

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8.

14. . >

16 » .

Im ganzen

17

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3

16» »

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15. » »

16 » »

b6r.snje58.

1

1

8

18

18

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16. . .

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Im ganzen

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15 . .

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16

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InGr.iaje88.

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7

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Im gannn

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In Gr. an je 68.

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15» »

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Im ganzen

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In Gr. an je 88.

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Im ganzen

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1) Es wurde am 23. Juni kein Yeiaach aoagefUhrt

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UntenDehnngen wu ökonomio der Taclmik des Lernen». 447

(VeräucbBreihe 4).

Yenncluipenoii: VrL H. Kel. 17 VefSuciutAge.

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Die ftltea Reiben

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znm Wiedererlemeik

(Ter Keihe II B0tweiidig;c Wiederliolan^en

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der Reihe II

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1; Die zweite Keibe wurde niciit erlernt, da die Vp. sehr ermüdet wsr.

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448

Christo Pentecliew,

einer Gr^Keihe hingegen machte sie eine Incision zwischen beiden Hälften sie wnrden p:nwr)]inHch trochäisch gelesen. Eine 15- Bilbige Beihe wurde in der Weise gelernt, daß sie dnreh swei Zn- ciflioBen in drei gleiche Teile zerfiel. Schwieriger kam die Vp. beim Lesen einer lOsilbigen Reihe mit dem BhytbmoB ans. Sie sehnf, Bo zn Bagen, ans der Heihe vier Gruppen und betonte das Anfangsglied jeder Gruppe stürker. Wenn sie Bah, da8 sie manche Silben nicht leicht behalten konnte, worden diese lanter and langsamer abgelesen. Beim Wiedcrcrlemcu ül)tc der Rhythmus einen besonderen Einfluß auf die Wied( rholuugszahlcu aus. Die Vp. verlangte stet«« zn wissen, ob sie gestern die Reihe »in Gruppen c oder »im ganzen« gelernt und welchen Khythmns sie angewendet habe. Vergaß sie manchmal sich danach zu erknudigen, so brauchte sie immer eine größere Anzahl von Wiederholungen.

2) Nicht miwichtig ist auch die Art and Weise» wie sie über- haupt die Silbenreihen gelernt hat Vor allem benutzte sie eunge Wiederholungen nur dum» räieu geeigneten Rhythmus heransm- finden, erst dann suchte sie sieh die Sflben anzudgnen. Über diesen Punkt wußte die Vp. folgendes zu berichten:

»Am leichtesten behalte ich die ersten zwei und die letzten zwei Silben. Zuerst stocke ich gewöhnlich bei der dritten Silbe. Habe ich diese erst l)ehuiten, so behalte ich zugleich auch die vierte. Die 7., 8., 9., 10. Silbe hehalte ich am schwersten, es sei denn, daß gerade diese Silben etwa.s Besonderes im Aussehen oder im Klange haben; beispielsweise: »jeip« erscheint mir sowohl im Aus- sehen als im Klange auffallender zn sein als >bis<, »naf« etc. . . .<

»Ich suche immer amerst die 1., 6. und 9. Silbe einer 12silbigea Reihe und das Anfangsglied jeder Gruppe einer 15- oder lÖsilMeen zn behalten. Ich suche weiter nach ugend einem Merkmal, das die oben bezeichneten Silben kennzeichnet So merkte ich mir z. B. in dieser Reihe} daß sowohl die 5. als 9. Silbe einen Umlaut hatte.« (Die Silben der Reihe waren: gttf und hOz.)

»Die letzte oder die beiden letzten Silben behalte ich leicht, was ich auf die Pause zurückführe, die ihnen folgt, während welcher sie noch im Bewußtsein nac! klingen. Weiß ich erst die beiden letzten, so behalte ich die l»eiden vorangehenden mit Leichtigkeit, daher kommt es» daß ich die letzte ^silbige Gruppe meistens mit der vorangehenden zugleich behalte« ... (Es ist die Rede vom Verf. »im gebr. ganzen«.}

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üntennchnngen snr dkonomie und Technik des Lernemi. 449

3( An» dem Vorstehenden ist also zu entnehmen, daß die mitt- leren Silben einer Reihe am sehwersten gemerkt worden waren. Wie schon erwShnt^ hat der Versnehsleiter naeli jedem Versuche Ton Seiten der Vp., die Reihe anfmagea, die repro- duzierten Sflben im FlrotokoU aufgenommen. Ans den notierten fiemerknngen geht nnn hervor, daB die 1. Sflbe einer 12- nnd einer 16gilbigen Reihe am schnellsten eingeprägt wurden. Die Schiiolliiikcit der Einpräguiig der übrigeu Silben einer 12- oder lösiibi^en Reihe zeigt folgende Anordnung:

12silbige Reihe: 1, 2, 12, 3, 4, 11, 5, H, H, 9, 7, 10 = 12 Silben.

IGsübige Reihe: 1, 2, 3, 4, 13, 5, 7, 16, 8, 6, 9, 15, 14, 10, 12, 11 == 16 Silben.

Die hier angeführten Zahlen zeigen deutlich, daß die Aufmerk- aamkdt der Vp. sehr iingleiehmäßig anf die SUben einer Reihe rerteat war. Auf Onmd der gewonneiifin ZaUen kOmvIe man viel- leiekt folgende swei KnrFCn der Anfinefksamkeit anfteiohiien:

I ,. . KW

M daer ISsOhlgea BoOm«

i. Koazentration der Aafmerkäamkt^it bei einer Itisilbigen Reihe.

Wie leieht zu sehen ist, bildete den Knlminationspnnkt der Auf- merksamkeit die erste Silbe jeder Reibe, dann nahm sie allmftblicb

ArtMT Ar rqrflhotofi«. L 80

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460

Chrürto Pentaehcnr,

ab; bei der 10. Silbe einer 128ilbigcn Reihe und der 11. ciucr 16sUbigeB Beihe war ne am tiefsten gefiankeu, gleich darauf stieg sie rascher an.

4) Die Beprodaktion der Silben erfolgte immer bei geseUosBeneD Augen, da die Yp. fttichteto, dnreh €leneblabilder dann gegtOrt eb werden. Das Aafiagen war sieher, aber sehr iuiregelmäB%. Wenn de beim Beginn des Anfeageas die erste Sflbe mckt Tetgeesen hatte, so erfolgte die Beprodaktion der Sflben sehr mhlg. Fehlte die erste Silbe, dann bedurfte sie groBer Anstrengnng, sieh daran zu erinnern. Als normal wurde eine Kcproduktiou betrachtet, weun sie innerhalb einer Minute erf()lp:te. Während der Zeitdauer der Versnob e kamen aber auch Öübeu TOr, die erst nach 75 Sekunden reproduziert wurden.

5) Die Vp. bildete verhältnismäßig wenig AK^oziationen, die meistens Namen waren. Aueh die Tendenz, den Silben eine Dea> imtg an geben, war bei ihr vorhandeh. BeispielsweiBe: ans »pit< machte sie den Namen »Pitt«, aus »pekc »Peking« a.s. w. Wenn der Vp. manche Silben stets entseUttpften, so snchte sie nach Mitteln, sie an behalten; die auf diese Wdse gebfldelen Asso- ziationen aber yeisehwanden stets beim Bepcodmderen. Die An- gaben der Vp. darüber sind folgende:

»Daß ich die Reihe I sehr schwer gelernt habe, lag, wie ich glaube, an den zahlreichen Assoziationen, die ich bildete und die iramer meine AnfmerkHamkeit ablenkten. liciin Aufsagen weiß ich in der Regel keine Silbe zu nennen, bei der ich Assoziation gebildet habe. Die Beihe II dagegen habe ich leichter erlernt, da ich daher durch keine Assoziation gestört wurde. Z. B. beim Lesen der Silbe »zesc habe ich sofort eine Association gebildet dennoch behielt ich diese Silbe sehr lange nicht, da diese Asso* siation schon beim Aufsagen aus dem Gedächtnis Terachwaad.«

Es wurden anch Assoziationen nach Klangthnlichkeit gebQdet, die aber ebenftUs stOrend wirkten. Ganze Sütse entstanden niemals.

6) Die Leichtigkeit der EinpiU^ung der Silben hängt sehr vom Klangcbarakter ab. Auch das Aussehen der Silben spielt eine große Rolle. Silben, die als Vor- oder Nachsilben in der Sprache Torkommen, sind leicht zu merken, z. B. : keit, heit etc.

Die Vp. hatte immer den Eindruck, daß die lang anssehendea Silben mit zwei Vokalen sich leicht einprägen^ z. B. «daas«. Ans

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UntOTBachungen snr OkoBomie nnd Technik de» Lernens. 461

dem Protokolle ist aber zn entnehmen, daß die Diphthonge and tH)ppelyokale sebwer sn merken wuen. Aneh werden Süben mit Diph&ongen leieht verweehselt lYolxdem ist nieht leiefat zn enfr- sehdden, ab Vokale oder Konsonanten Bdmeller eng^iiigt werden. Die Leiebtij^eit der EinprSgung yerBebiedener Konsonanten und Vokale war TerMbieden nach den Lemarten. Je naeb dem braten oder lautlosen Leraen haftete ein nnd derselbe Konsonant oder Vokallaut ganz verschieden lau^'e im Gedächtnis. Die Diph- thonge wurden beim visuelleu Lernen sehr hänfig verwechselt. Beim akustisch-motonBciien Lernen aber wurden sie viel schneller be- halten als die £ndkonsouanten. K. erinnerte sich ferner, keine Silbe rein visnell im Gedächtnis eingeprigt zn haben. 8ie war ■ich der Bicbtigkeit einer kurz vorher erlernten Silbe nnr dann bewußt, wenn das Klangbild derselben zn gleieber Zeit reprodnsiert wurde. Demenisprecbend erklSrte sie, dafi beun stOIen liomen, motoiiflebe Begleitersebeinnngen gar niebt an nnterdrOeken seien. DanniB ist nun so sdüiefien, dafi das Tisnelle Element in ibrem GkdXebtnis nnr eine sehr geringe Rolle spielt

7) Hinsichtlich des Vergessens ist zn bemerken, daß dasselbe bei K. gleich nach der Erlciuuii^^ einer Reihe nicht so stark znr Geltung kam, wie dies bei P. der Fall war. Zur Probe habe ich du- Vp. öfters aufgefordert, eine bi« zum ersten AufBap-en erlernte Silbenreihe zweimal hintereinander herzusagen, was ihr immer ohne Stoeknng gelang. Die Reproduktionsdaner einer 12 silbigen 6-Reihe dauerte bei P., den ich als raschen Lemer betraebte, 7,9 Sekunden wihrend sie bei K. 15,9 Sekunden betrug ja manche Silben wurden erst naeb 60, 60, sogar naeb 75 Sekundoi repioduzierL Das Behalten ist aber bei dieser Vp. dauernder als bei P. Ab- nefadieb babe ieb ganze Reihenhälften nach 8, 10, 12 Tagen wieder- erlernen lassen, die sofort von der Vp. wiedererkannt wurden; während P. nicht nnr einzelne Silben, sondern ganze Gmppen TOn Silben nach noch kürzerer Zeit gar nicht wiedererkannt hatte. Es ist daher nicht öberfltlssig zu sagen, daß das häufige Wieder- erkennen der Silb( n vielleicht als Mafistab für das dauernde Behalten dienen kann.

8) Es ist femer der Umstand nicht zu übersehen, daß E. gleich am Beginn des Lernens ihre Aufmerksamkeit nicht rasch auf das zu erlernende Stttck zu wenden yermoebte; war sie aber euimal kon- zeutiiert, so konnte sie niebt leicbt xerstreut werden. Daher kam

30«

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452

Chxiflto Peatiehew,

es, daß die Silbenzahl, welche unmittelbar nach eiumali^'er Wieder- holung derselben fehlerfrei herprepagt werden konnte, nur filuf betrug.

9j Auch der Einfluß der Zeitlage war bei jedem Lemverfahren gansTersehiedeu. Beim G-Verfahren waren fttr eine 128übige Bedie^ die an errter Stelle erimt wurde, 14,6 Ifimiteii notwend^ ftr die zweite Belhe 18 IGnitteii. Bei T^Verfohien ist ee gerade mb- gekdurt; die Reihe, die stets an zweiter Stelle kam, wurde mit bfiherer AnzaU yon Wiederholmigen erlernt

10) Die Obnng trat bei K. sehr dentlieh zn Tage. Man kann sich sicher davou überzeugen, wenn man die Versuche mit 12-, 15- und Ifisilbij^en Reihen miteinander vergleicht Ich möchte hier darauf hinweisen, daß die Vp., im Beirinn der Versuche, für eine 128ilbip:e Reihe ilhcr Wiederholungen braue lite, am Schluß der- selben nur 11. Um die fortschreitende Übung zu koustatieren, habe ich in der zweiten Hälfte der Versuchsreihe 4 neben 15- und 16> silbigen G-Beihen noch eine 12 silbige eriemen lassen. Diese drei Sikbenreilien worden also stets bei dem iQgelmifiigen Wechsel ihrer Zeiflage erlernt and wiedererlemt

Am Ekde ergaben sieh folgende Mittelwerte:

Z-Tabelle 4.

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Er- lernung

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Wieder-

er- lemang

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EcBpar-

nisse in Proa.

1. Für ein« 18nlbige G-B«ihe

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6,5 W. 10,4 . 11,75 .

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Die durchschnittliehe Anzahl der Wiederhoiongen betrag in der Vermehsreihe a fltar eine 12silb|ge G^Beihe 16, hier aber 13. Sieher wllide die letzte Zahl Ton Wiederholungen noeh kleiner ans- fiiUen, wenn nieht an einem imd demselben Tage drei Silbenielhen znr Anwendung kftmen, wodurch die Vp. sich sehr ermttdet fttUte.

11) Ferner konnten die oben gewonnenen Mittelwerte zugleich noch dazu dienen, die von Ebbinghaus festgestellte Tatsache über den Einfluß der Keiheuläuge^j zu bestätigen. Wie mau sieht,

1) Die ErsptmiBBe einer 15- and 168ilb. 0-Bdhe gelten fttr die gaase Zeitdauer der Venadureihe 7.

^ EbbinghaaB, Über daa OedlcbtniB a. a. 0. S. 114.

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ITnternichiiiigeii nur Ökonomie uid Technik des Lernens. 453

hat die Vpw 24 Stunden später zum Wiedererlomen einer 12Bilbigeii G-Reihe gerade die Häl^ (ÖO ) des eisten Anfwandea der Wieder^ holnngen gebraneht, während die Enpamis einer 16sÜbigen G* Reihe 63 fi( befemg, was eben sagen mSL, daB die lingeie Sflben* reihe auch feeter im Gedichtnis gehaftet hat.

n. Untersnehnng mit 8inn7ollem MateriaL

§ 16. Vers nchs reihe 5.

iu diefcjer Ver.siU'hsrL'ihe. in welcher wieder K. i\U Vp. iiinj^ierte, bediente ich mich sinnvollen Materials. Die zu erlernenden Strophen, deren jede aus acht Zeilen bestand, waren aus SchillerB Übersetzung des zwdten Baches derÄneide: der Zergtörnng vonTroja ge- nommen. Es wniden keine Yorttbongen angestellt, sondern am 1. Juni 1901, sechs Tage nach Beendigong der Untersnehnng mit sinnlosen 8ilbenrdhen, wurde sofort mit den eigentlichen Yersnehen begonnen; schon am 11. wurden sie abgebrochen, da sich bald beransstellte, daß das Verfahren »im ganzen« Yiel tfkonomiseber ist als das stückweise. Wie in der Versuchsreihe 4 fanden die beiden Lemweisen an dcmsellien Ver8uehstu«re ncbeni'inaiuk'r statt Die Vp. hatte also täglich vier neue aelitzeiliire Strophen aufwendig zu lernen, von denen zwei Strophen >ini ^^auzen«^ nnd zwei »in Teilen« durchgenommen wurden. Die Strophen, die nach dem letzten Verfahren erlernt werden mußten, wurden aber ni(;ht ganz in derselben Ordnung entnommen, in welcher sie im Gedichte auf- einander folgten, sondern so, daß jede Strophe sich in einiger- maßen ungezwungener Weise in zwei gleich lange HiUften teQen ließ. Die neuen Strophen wurden immer 24 Stunden später bis znr ersten fehlerlosen Reproduktion wieder gelernt sodaß also tMglicb acht Strophen Torkamen. Die Zeitdauer des Erlemens, Wiedererlemens und des jedesmaligen Hersagens wurde möglichst genau protokolliert. Selbstverständlich kamen die absoluten \V lederLülungszahlen jedes Lernverfalirens vor allem in Betracht. Außerdem wurde die Vj). instruiert, so weit als mb^- lieh, die Strophen in demselben Tempo zu lesen, das sie bei den Silbenreihen angewandt hatte. Der Versuch fand morgens TonSVi bis gegen 9 Uhr statt. Die Zeit des Experimentierens wurde also bei dieser Versuchsreihe geändert, da die Vp. nur Uber diese Stunde ▼erfllgen konnte. Gleich nach der Wiedererlemnng der Strophen

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454

Christo Pwitsehev,

trat eine kleine Pause von zwei Minuten ein ; liingegeii wurde nach der Erleiniuig der enten swei Strophen eine Pause Toa 5 IGnnleii lieobaebtet Die Aii des firaktionieiendeii Veilahrens wnide In der folgenden Weise ansgeflthrt: Naehdem die beiden Strophen einmal gaau durchgelesen waren, worden sie in vier TeQe za je yier Zeilen serieg:t. Gleieh darauf las die Vp. die enten vier ZeUen so lange durch, bis sie fehlerfrei hergesagt werden konnten, nachher wurden die letzten vior ZeiU'ii dorselheii Strophe ebenso gelernt. Und uuu versuchte die Vp. dit' gau/A iStruplii- In rzusa^^en gelanir ihr du,«* nicht, HO mußte die Strophe hin /.ur ersten fehlerlosen Heproduktiou wiederholt werden. Ohne Pausieruug wurde dann die zweite Strophe in derselben Weise erlernt Hierauf wurde die Vp. aufgefordert, die beiden Strophen herzosagen; in der Re^el wußte sie aber dann nlebt, wie die erste Strophe anfing, so daß sie zur assoziatiyen Verbinditag der einzehien Teile beider Strophen immer noeb einige Wtedetholnogen bnnebte. Naeh einer Pause Ton 5 Ifinnten kamen nim die anderen zwei Strophen an die Reihe « die ebenso bis zur enten fehlerlosen Beprodnktion gelernt wurden,

§ 17. Resultate der Versuchsreihe 5.

1} Die Ergebnisse der yontehenden Versuehsroihe deuten darauf hin, daß die beiden G-Strophen mit viel weniger Wieder- holungszahlen erlernt resp. wiedererlernt wurden als die T- Strophen^). Die beiden O^trophen wurden mit dnem Ifinus von 14,5 Hinuten erlerni Die höchste Anzahl von Wiederholungoi fWr das stückweise Verfahren stieg bis auf 33 wfthrend dieselbe tür die G-Strophen kaum 14 erreichte. Die DiflFerenz ftir die zwei Arten des Lernens ist beim Wiedererlemen nieht so beträeht- lich, ubi r es zei^^t sieh deutlich, daß die beiden G-Strophen fester im Gedächtnis eingeprägt worden waren als die T-Stro]dien.

2) Vergleicht man die beiden Lemweisen nach ihrer Zeitdauer des £rlemens, so resultiert auch hier, daß die G-Strophen in kürzerer Zeit erlernt wurden als die T-Strophen. Beün Wiedererlemen hin- gegen ist die Zeitdauer ftr das G-Verfiihron ungünstiger, was sagen will, daß die vor 24 Stunden erlernten T-Strophen schneller wiedei^

1) Unter »T<8trophen« sind diejenigen m Terstehen, die in Teilen g«- lemt worden.

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Untersachangen zur Ökonomie und Teclinik dos Lerueu«. 455

erlernt wurden. Femer ist die Zeitdauer des Hersagens sowohl naeh der Erlernung, wie auch nach derWiedererlemung der Strophen für das T-Verfahren auch vorteilhafter.

3) Die Yorstehenden Ergebnisse beweisen, dafi der Vorzug des Lernens »im ganzen« tof dem Btttckweiseu Verfahren in über- raschender Weise viel deutlit-her durch die absohiteu Wicder- holuugszalilen wird, als blos durch die Messung des Zeitauf- wandes. Man sieht auf der Tabelle der Versuchsreihe 5, daß die T-btropheu am 6., 8. und 10, Versnchstage sehnellcr erlernt worden waren als die O-Strophen, was sich hauptsächlich dadurch erklären läßt, daß die letztgenannten Strophen unwillkürlich mit langsamerem Tempo gelesen wurden als diejenigen des frak- tionierenden Verfahrens. Die psychologische Erklärung daflir wird B|ritter noch folgen. Dasselbe ist auch in Bezug auf die Zeitdauer der Wiedereriemung der €h-Strophen zu sagen. Man braucht hinr gegen nur einen Blick auf die Beihenfolge der einzelnen Werte dea (^Verfahrens zu werfen, um sich daTon zu Uberzengen^ daß von einer Schwankung der Resultate desselben Verfahrens gar keine Rede sein kann. Anch die Streuung der einzelnen Werte um den Mittelwert ist beim T-Verfnhren keine eroBere.

4) Zur Entscheidung der Frage Uber die Ökonomie des Lernens legte die Vp. folgende Bemerkungen zu Protokoll nieder:

»Durch das Lernen »in Gruppen« wird der Zusammenhang zer- stört Es ist besonders wichtig, die erste Zeile jeder Gruppe zu behalten, lerne ich »in Gruppen«, so muß ich Tiermal eine be- sondere Anstrengung machen. Wenn ich eine Gruppe schon erlernt habe und sie nach dem EilemeiL der nächsten Zellengruppe wieder- holen muß, so Tenpllie ich dne gewisse Unlust, so viel wieder TergeBsen zu haben. Dieses findet jedesmal statt, w^in ich schon Gekonntes wiedererlerueu muß.«

Ober den Einfluß des Inhaltes und der Geftlhle auf das zu er- lernende Stück berichtet die Vp. folgendes:

»Bei fortschreitender Übung habe ich größere Gleicbgiltigkeit dem Inhalte gegenüber. Die Gefühle werden ausschließlich durch die Tätigkeit des Lernens bestimmt und nicht durch den In- halt Lerne ich »im ganzen«, so yerspttre ich bei jeder Wieder- holung größere Sicherheit, komme in eine gewisse angenehme Erregung und diese wirkt wahrseheinlieh wieder begUnstigend auf den VontelinngBYerlauf. Lerne ich dagegen »in Gruppen«, so whrd

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4fi6

Chtiito Fmtttktw.

£- Tabelle 2 Zeit des Experimentiereng : Si «— 9 Uhr.

Schiller: Die ZeiatüiuMg vom Troji:

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das durch das gelungene Erlernen einer Gruppe bewirkte aebme GeflUil durch UnlnstgefhUe nnterbroehen, die rieh emgtelleii, wenn eine Bchon erlernte Gmppe wiedecholt werden muß mid man bemerkt, daß man sie snm Teil wieder Terlemt hat Dieeer Vor- gang wiederholt rieh| so oft als sehon OekonnAes wiedererlent werden rnnfi.« (K.)

5) Entsprccbüud ihrer langsamen Adaptation fand Frlu. K. Jit PausierunfT zwisrhen Inideu Lcmverfahren einer und derselben Sitzung st'br nachtt)ilig. Darüber gab sie folgendes zu Protokoll an:

»leb tinde, daß die Pansen wHhreud des Lernens nicht irllnstiir wirken. Man kommt durch das Lernen »iu Schußc. Macht man eine Pause, so muß immer die erste Trägheit ttberwnnden werden, es kostet einen £ntseh)aB, mit dem Lernen sn beginnen, and die eisten

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UntennebmigiMk zur Ökonomie und Teoluik des Lernens. 457

(Versiiehsreihe 5).

Yer»uchbperBon: Frl. M. Kel. 10 YenneliiUge.

Strophen

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58 46,5 40 46 65 42 41 36,5

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70

86

Lefimgeii wirken nicht angenehm. Ebenao halte ich es ftlr günstig, mit dem Anfsagen sofort nach beendigter Lesung sn beginnen.«

6) Aus den bisherij^en Erg^ebnissen der Versnehsreihe 3, 4 und 5 siud fol^L'ndc iiauptpuiikte hervorziihebeu:

1) Ftlr diese Vp. ist das Lernen >ini ^^anzen«, sowohl bei der Erlernung eines Stückes, wie auch 24 Stunden später hei der Wicdererlemunfr desselben viel vorteilhafter ist als das fraktionierende Verfahren ;

2) H. ist hinsiehtlieh der Schnelligkeit des Ausweudigleruens ein mitUerer Tjrpns, der aber das Erlernte länger behält;

3) Die Frage Uber die Ökonomie des Lernens läBt ^ch ?iel leichter und dentlicher an sinnyollem als an sinnlosem Material entscheiden.

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Clurlflto Pentseliew»

B* y«i«tudttr«fhMk 7, 8 und 9.

Die sämtliehou Versutlitin ilu ii wurden an Herrn stud. med. Ad. K. aufgestellt In den VerBUchsreihen 6 und 7 wurde mit simi- loflem, in den Keiben 8 und 9 mit sinnvoll ciii Material operiert Die Versuche erstreckten sich Uber etwa 62 Tage. Der Zweck war derselbe wie in den bisherigen Reihen.

L Untersuchung mit sinnlosem Material. § 18. Versiiohareihe 6.

1) Die Versuehsteclmik.

Nach 6tä^^i;^c ii \ orübimgcu begann die Reihe am 12. Mai 1901 und umfaßte 30 Tage, jedesmal von V/^ 2^j\. Durch die Ffingst- feiertage wurden die Versache am 24. Mai unterbrochen und am 3. Juni wieder an^genommen. Die Torstehende Versnehsreihe wurde mit awVlftObigeii Reihen anqgefthri Die Umlanfigeflehwindigkdt war die Ohliche für eine 12flUbige Reihe. Jedem LemTerfabren worden 10 VerBoehBtage gewidmet Wie man sieh erinnert, hat sich das Lernen »im gebr. ganzen« bd P. anfierordentlieh günstig erwiesen, während fllr Z. und Frl. K. das Umgekehrte der Fall war. Wir sahen uocU, daß der Vorzuj»^ dieses Verfahrens vor den beiden anderen keineswegs dem Einfluti der absoluten Stelle zu verdanken sei, sondern viel mehr dem Umstand, daß P. beim Lernen »im gebr. (ranzen« seine Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Gruppe der Bilbenreihe sehr leicht zu konzentrieren im Stande war. Indem uIbo dieses Lernverfahren bei Z. und Frl. K. ganz negative Besoltate hervorbrachte, legte dies die Vermutong nahe, daß man darin vielleicht das charakteristische Merk- mal des raschen Lernens erkennen kdnne. Ans diesem Grande wurde das letztgenannte Verfieduen in dieser Versnchareihe wieder eingefUhrt Die Versuchsanordnnng blieb im wesentlichen dieselbe. Die Erlernung der beiden neuen Reihen, wie auch 24 Stimden später ihre Wiedererlemung erfolprte bis zum ersten teiiler](*sen Hersagen. Wahrend der ersten 20 \ ersucli8tage wurde eine zwoltsilbige lieibe in zweifacher Wei^e erlernt: 1) in Grnppeu zu je vier und 2) in (mippen zu je seelis Silben die stets bei regulärem Wechsel der Zeitlage gelernt wurden. In den letzten zehn Versuchstagen lernte die Vp. eine G-£eihe rein visnell, die andere akustisch-motorisch auswendig.

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Uuterauchuagen zur Ökuuomiü und iechmk des Leraeos. 459

2) BMoltate der Verancliarettie 6.

1) Es kann gar nicht bezweifelt werden, daß auch für Herrn K. diiö Lerucü »im gebr. ganzen«, sowohl nach der Erlemnng, wie auch nach der Wiedererlemung der Silbenreilieu, das p:Unstifi:ste Verfahren ist, obschon dii* Differenzen nicht so 8elir heträchtlicb sind, wie bei P. Mit einem ganz kleinen Unterschied hat sich das GkVerfahren beim Erlernen als das unökonomischste erwiesen; hin- gegen hält dasselbe beim Wiedererlenien die Mitte zwischen den Übrigen Lemweisen, von denen das eiste fttr das Behalten wiedernm das günstigste ist Obiigens fielen die Duchsehnittswerte Jedes LeniTerfiüirens sehr denfüch ans. In einer ttbendehHichen Foim sosanunengefiißt waren die Bestdtale der 30 Versnebstage folgende:

Z-Tabelle 5.

Art des Larneas

Erlernuiix einer Reihe

J

X

1:

i

Wiedererleraiiüg einer Reibe

Ersparnisse in Proz. ;

die Empaniüt bloß

zu je 4 Silbeu, uotwend. AViederli.

o a « a

ä

im ganzen

? 5>

.i c -r a

die in Gr. zu je 4 S.

erlernt wurde, i uotwend. Wiederh,

iu] ganzen

lautlos i

CD

'S ^

J 3

-d 5

L in gabt, gauen

11^

12,6

»

8,3

3,4

78

einer ghiMSt-ReXhiB

1 äiappea

12.8

13

»

6,9

6,3

51

* Qi*-Belhe

13.5

17,6

4

4,8

70

» GkR-IUmt lernen)

2) Die Torstehenden Ergebnisse zeigen denfliehi daß das Be- halten ftir das Verfahren »im gebr. ganzen« ganz besonders günstig ist. Die Erbpariiis einer Gbr^G-Reihe war die größte (73

3) Das visnelle Lernen einer G-Keihc ergab also höhere Durch- schnittswerte als dan akustisch-motorische.

4) Die Anzahl der Wiederholnn.i,^Mi heim HcMaj^en liinge^eu ist beim 6-Verfahren kleiner als bei den übrigen Lemweisen. Über die Zeitdauer des Hersagens bei jedem Verfahren kann nichta Be- stimmtes gesagt werden.

Beallglich des ersten, zweiten und dritten Punktes wußte die Vp. folgendes zu berichten:

»Das Hitlesen der Übrigen Gruppen (»im gebr. ganzen«) stört mieh gar nieht beim Eomentrieren. Die Aufinerksamkeit ist am

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460

Chilato PenticfaflWi

Anfang und um Schloß der Keihe immer am grQBten. in der Mitte nimmt sie ab. Es mag wohl daher kommen, daß die mittleren Silben immer etwas sehwer zu merken sind. In Gruppen Ton je Tier Silben lerne ich also lieber als zu je sechs.«

>Die Anfmerksamkeit wird heun TisneUen Lernen leicht abge- lenkt Bei dieser Art des Lernens nehme ich als HüfSrndtiel Rifi^er* bewej^angen, um den Rhythmus herauszukricigeu und die Silben weniger zu verwechseln.«

5) Die Resultate des Verfahrens »iu» ^^ebr. ganzeu«, wie auch die Auslage der Vp. d:irUl)or, deuten daranf hin, daß es ihr keine Schwierigkeit bereitet, ilire Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Gruppe einer gebr. G-ßeihe längere Zeit zu richten, wenn auch zugleich die übrigen Gruppen derselben mitgelesen werden f^ollen. Es fragt sich nun aber, worin eigentlich der Grund dafbr liegt, dafi das Verfahren »im gebr. ganzen« sich bei Herrn Per. und Herrn K. als das Torteühafleste erwiesen hat?

a. Suchen wir uns nun den Vorzug des Lemverfohrens »im gebr. Ganzen« vor denyenigen »im ganzen« psychologisch zu er- klären, so kommen wir zu folgender Ansiebt. Beim Verfahren »im gebr. ganzen- wird durch die beabsichtigten Cäsuren gleich eine übersichtliche Gruppierung erzeugt, die der Vp. den Ein- druck erweckt, daß die »Schwicri^^kcit der Aufgabe leicht zu tiber- winden und das Ziel bc(|uem zu crrcichcu sei. Damit ist aber ein Gct^hi der Lust verbunden, das die Aufmerksamkeit sehr gttnstig beeinflußt, indem sich diese in aller Ruhe in der Ge- wißheit der leichten Lösbarkeit der Aufgabe auf jede Gruppe für sich nacheinander konzentrieren kann.

h. Wenn bei spezieller Anfinerksamkeit fUr eine einzelne Gruppe die anderen Gruppen dennoch stets mitlesen werden, so bleiben sie immer zngleieh mit der be?orzugten Gruppe, wenn auch nuf lose yerbnnden, also mllssen sie, wenn die Aufmerksamkeit sich ihnen zuwendet, nicht mehr als a])S()lut neue uud unbekannt hinzugelernt werden, und namentlich beansprucht die assoziative Zusammenftlgung derGmppen einer i^ebr. G -Reihe keinen Energie- anfwand mehr, da ja die Kette der ganzen ISilbenreihe sowohl optisch als im Erlernen stets geschlossen war.

c. Von untergeordneter Bedeutung ist der Umstand, daß auch die absolute Stelle einer Silbe beim Lernen »in Gruppen« auf der Trommel wechselt und insofern dieses Verfahren unpraktiseher macht

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Untsniiehnngen znr Ökonoinio und Technik dee Leraena. 461

d. Aus den bisherigen Ergebnissen stellt sich aber ganz deutUeh hemiBi daß die oben aufgestellte psychologisehe Erklttmng der Vorallge des Lernens »im gebr. ganzenc nnr fttr diejenigen Personen eine Gtttti^kdt bat, die die Fähigkeit besitsen, ihre AnfioieriDBanikeit leieht auf das zn erlernende Stttek sn adaptieren ein Merkmal, wdehes eben den rasehen Typus kenn- zeichnet.

§ 19. Die YersnebBreihe 7.

1) Die Yersachsauordnuug.

Da in TOiangegangener Versnchsreibe 6 das G-lemen sich als das nnTorteilkafteste erwies, wurde in dieser Beilie Verauefae mit lingeren SSbenreiben, mit IBsQbigen Beihen operiert Nach dem 10. Versnebstage worden die Venmcbe sebon abgebioehen, da die Besnitate zn Gnnsten des CMTerfabnens sebr dentiieh waren. Die Zeit des Experimentierens war dieselbe. Die Rotationsgesebwindijs:- keit wurde entsprechend einer zwölfsilbigen Keihe auf 13,5 Sekuu- den fest^restent. Die V<tsii( hsumstände blieben während der ^ranzen Zeitdauer dieser Versuche uuTerändert. Von einer Anwendung des Verfahrens »im gebr. ganzen« wurde hier Abstand genommen. Die beiden neuen SUbenieihen wurden in der Weise der Vp. Torgefithrt, daft am 1., 3., 5. n. s. w. Versnchstage eine Beihe »in Gruppen« sn je seht Silben an erster die andere »im gansen« an iweiter SteUe sn erlernen waren, wihread es sieh am 2., 4, 6. n. s. w. Vetsnebstage umgekehrt yerbielt Naeh der Wiedererlemnng der Silbenreihe fond eme Fteuse Ton 2,5 Minuten statt zwhHshen der Erlemung beider neuen Beihen eine «olehe Ton 6,5 Ibnuten.

2) Besnitate der Veisuehreihe 7.

a. Fassen wir die Ergebnisse der ersten und der zweiten SiBien- reüie znaammen, so erhalten wir folgende Durchschnittswerte:

Z-Tabelle 6.

Art

des Lernens

Erlenmag

Um

A

Wiedererlernung

Ersparnisse

in Pro?..

1. In (Jruppen

2. Im gauzcu

1

19.1 Wiederh. ; 17,6 . !

tunden t

6,9 Wiederhol. 8

64 54

Differenz

+ 1^ »

-1,1

10

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Christo Pentscbev,

Hicruus ^'cht nnzweitt iljaft hervor, daß das Lernen »im ganzen« Ökonomischer al» das BtttckweiBc Verfahren ist.

Vergleicht man die Tontehenden Resultate mit de^fenigen von Versuchsreihe 6, so wird man sich vielleicht fragen, lieh das fraküoniereiide Leinen sieh bei einer zw5l£ulbigen BeÜie vorteühafler erwiesen bat? Der Omnd dalUr* ist wabnebeinlicb darin za sneben» daB E. in den ersten 20 Versnobstagen viele Asso* ziationen» ja sogar ganae Sütse gebildet bat, die die Besnltate der Vermiebsreibe 6 ganz ungleiebmäBig machten ; in dieser YerBnehs- reihe dagegen war dies infolge der größeren Übuu^ uicht mehr der Fall.

h. Die WiedcrerlcrnuDf; der Silbenreilien lieferte ganz uej^ative KeHultatc. Das Behalten war hier t\ir das G-Verfahren fj^anz be- sonderg augUnstig, was sich leicht durch folgendes erklären läßt: am 38. Versuchstage wurde die 6-Reihe viel achwieriger wieder- erlernt, da die Vp. einen falschen Rhythmus angewandt hatte. Am 27. nnd 39. Versaehstage Terlangte Herr K. beim Wieder- erlernen mebrece Wiederholnngen, da die Silbenreiben vor 24 Stun- den ohne HOftmittel erlernt werden waren, nnd infolgedessen die Eändrllcke derselben sehr schwach im Gedächtnis hafteten.

§ 20. Die innere Verhaltungsweise der Versuchsperson nnd die individnelle Beschaffenheit ihres Gedächtnisses beim Lernen und Reproduzieren des sinnlosen Materials.

1) Am beginn der Versuche wurde die Vp auffrefordert , die Silbenreihen mit möglichst gleichmäßiger Aufmerksamkeit zu lernen nnd Uber den Zweck der Untersucbun": nicht weiter nachzudenken. Da der Vp. in den Vorttbnngen der trochäische Rhythmus geeignet erschien, wurde ihr Torgescblagen, ihn bis zum finde der Yersaebe anzuwenden. Sie war femer angewiesen, die Silben einer Reihe nicht eher von der rotierenden Trommel abzulesen, als bis sie flichtbar wSren. Trotz aller Mühe der Vp., unseren Yorscbriflen nachzukommen, kamen doch FSiXh vor, wo es ihr dnfaeh unmög- lich war. Deshalb waren die Differenzen jedes Verfahrens in der Versuchsreihe 6 ganz verschiedene.

2) Die Art nnd Weiee. wie die Silben gelernt und betont wurden, war bei Herrn K. eine yelir ijemerkenswerte. Noch beim ersten Durchlesen der öilbenreihe teilte er sie in Gruppen zu je vier Silben,

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Untersachungen znr Ökonomie und Technik des Leraent. 463

wobei das Anfangaglied jeder Qrappe einen Hanptiktius erhielt Eine zwOlftOlnge Gr^BeOie las er ^ewOhnlicb trocbXiseh dureb. Die zweite und dritte Leaang der Silbenreihe wurde in der Begel dam yerwendet, einen Znaammenhang swisefaen den geläufigsten Silben ausfindig zu maehen. Oleicb naeh der dritten Wiederholung fing die Vp. an, sich in der Reproduktion der Silben zn prüfen, indem sie beim Lesen auf die Seite blit kte. Bemerkenswert ist, daß Herr K. immer schon von vornherein die Silben jeder Gruppe zu erraten »uchte, was stets falselie Lesuuj^en znr Folgre hatte. Da die Yp. stets das Angstgefühl hatte, daß die Silben der mittleren Gruppe einer Reihe sehr schwer emgeprägt werden, wiederholte sie die eben erwähnte Gruppe schnell zweimal hintereinander, ehe die ktzte Gruppe eraehien. Die h&nfige Yerlesunp der Sflben aber Itthzte zur Bildung fidscher Assoziationen, was eine Anhüniung der Wjederholungszahl bewirkte. Beispielswdse wurden am aehten VenmehBtage die Silben: »kttt«^ >hif«, >dez€, »rosch« und »naur« seefumal hintereinander als »keiseh«, »bis«, »dee«, >zo8ch< und »maur« abgelesen, was beim Aufsagen die rich- tig« Wiedergabe bedeutend erschwerte. Aus dem Protokoll iet noch zu entnehmen, daß die Eindrtlcke der falsch abgelesenen Silben beim Wiedererlernen ppät('r stets auch zur Geltung kamen. Über ihre eigentümliche Art der Betonung und Er- lernung der Silbenreihe gab die Vp. folgende Bemerkungen zu Protokoll:

»Wenn ieh die Gnqvpe Yon je seohs Silben zuerst sehe^ teile ieh dieselbe in zweimal drei; soll ieh aber dann die Reihe »im ganzen« lernen, so seheint es mir viel angenehmer, »in Gruppen« yon je Tier Silben zu lernen. Beim Wiedererlemen hingegen habe ieh ftr die erste Reihe Yon gestern zwei bis drei Wiederholungen mehr gebraucht, weil ich einen Fehler beging, indem ich die Reihe zweimal »in Gruppen« von je vier ablas. Ich hatte aber fr« stim ditse Reihe »in Gruppen« von je drei gelernt and somit änderte ieh den Jähythmus erst beim dritten Mal.«

»Wenn ich eine SUbenreihe als ganze zu lernen habe, so raehe ieh mir zuerst die ganze Reihe in vier Gruppen abzu- fteflen. Wenn diese nun leieht abgelesen werden können, so snche ieh in jeder vierten Gruppe, gleich nachdem ieh die erste Silbe gesehen, auch die andre zu erraten. Habe ieh

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Chfiito PeniaelMv,

nach dem ersten Wort schon eine falsche Silbe (was ja oft vorkommt) vorausgesagt, so snehe ich dieselbe zu wieder- holen, dabei kommen aber andre Silben, sie werden nnr flttch- tig gesehen, da ich ja noch mit der Torhetigehenden ftlsch sis- gesprochenen SObe beschftftigt bin, aneh versproohen, oder es werden eine oder zwei Silben ausgelassen, und dann lese ieh weiter.« (K.)

3) Auch die Reproduktion der Silben erfolge bei llerru K. sehr rasch, wie auch die einzelnen Gmiipcu der Silbenreihe rase Ii abproleacn wurden. Wenn die Yp. bei einer Silbe ptocktc, so wiederholte wie in der Re»el die Yorhergchendö dreimal, um die gesuchte Silbe ins Gedächtnis bcrvorzumfen. Gelang ihr dies nicht, bo kehrte sie zu der ersten Silbe zurlflk, und die Reproduktion der Reihe mußte wieder begonnen wer* den. Selbst?erstindlieh haben sieh die ialseh abgeksenen Sil- ben beim Anfiuigen derselben anfierordentiieh stark geltend ge- maekt.

4) Da die Betonnngsweise der Silbeoieihe eine sekr ungMi- mäßige war, so wurden die einzelnen Silben ganz TersebiedeB

schnell dem Gedächtnis eingeprägt. Die Silben der mittleren Orinjpt wurden huufip: falsch abgelesen. Wenn die Silben einer zwiilf- oder einer lÖsilbiwu G-Reihe der Schnelligkeit ihrer Ein- prä^uug uai h anordnet werden, so kommen sie in nachstehender Reihenfolge vor:

1) die Silben einer swttlftUbigen Reihe, die aknstiscb- motori^k gelesen wurde: 1, 2, 11, 12, 3, 4, 7, 8, 9, &, 6,

2) die Silben einer 16silbigen Reihe, die aknstisek-flio- torisch gelesen wurde: 1, 2, 1&, 16, 3, 4, 14, 12, 13y

11, 5, 10, 6, 7, 9, 8;

Wie man sieht, wurden die ersten zwei und die letzten zwei Silben jeder Reihe am «srliiiellsten eingeprägt. Will mau jetzt entsprechend der ersten Silbe einer Reihe auch di(» Schnelligkeit der Einprägung der übrigen derselben in Prozenten ausdrücken, so erhält man einige Zahlen, auf Gnmd deren nun die folgenden zwei Kurven der Anfinerksamkeit au^eicbnen konnte:

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UntersuchuDgeu zur Ökonomie und Technik des Lernens. 465

Fig. 4. Die Konzentration der AttfineikBamkeit bei einer 128ilbigca Keihe.

/ Z 3 4- 5 e 7 8 9 90 n /9 13 f* tS f€

so

.BS

1

Fig. 6l I>ie KonMntistian der Aufinerksamlceit bei «ner ISiUblgeii Beihe.

Die Vp. war also gewöhxdieh avf die mittiefen Sflben sehr sebwaeh konzentriert Am eehwenten worden die 10. Silbe einer 13-, die 8. einer IGsflbigen Reibe ^merkt. MerkwUrdigerweise

war die 10. Silbe eiuer 12öilb. lieüic auch bei Frl. K. diejenige Silbe, bei welcher ihre Aufmerksamkeit am tiefBten gesunken war.

5) Äußerst interessant ist ancli die Art und Weise, wie Herr K. sich die Silben auzueigueu t^ut lite. Sab er sebon nach der ersten oder zweiten Wiederholung der SUbenreihe, daß dieselbe sebr nngttnetig aufgebaut war, so suchte er naeb Mitteln, die ihm das Einprägen erleichtem sollten. Vor allem wollte er im Gegen- sats sn Frl. K. einen Znsammenbang zwiseben einzelnen Silben ansHndig maoben, was ibm ebne grofie Sobwierigkeit stets gelang. Es war der Vp. sebr leiebt, ans den benacbbarten Silben einen ganzen Satz zu konstniieren. Die Tendenz, die Silben zn modifizieren and ihnen eine Dentnng zn geben, war bei ibr kanm zu uüterdrücken. Es kamen ja sogar iaiie vor, wo bei jeder

AkUt Ar Piychologie. L 31

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Chriito PentMhew,

äübe iTf^nd eine AasosiatioD gestiftet wurde. Es ist gans eigen' tttmlich, wie die Vp. manchmal die beiden KeihenbSlften xa einem ganzMi Sstie Terband, der apVIer bei der Wiedererteminig derselbeB Reihe Immer wirksam war. Da rie sebr geling franaOeiaeh and englisch sprach, bildete sie anefa solche Assoziationen, die in den erwShnten Sprachen einen Sinn hatten. Beispiebwelse wurden die Silben: >doflcb% >päm<, »fenkc, *]0t« in der Gestalt eingepräjsrt: >da8«, »brot«, >feur<, »löscht«, wodurch der Satz eutstüiid; »das Brot hisclit das Feuer.« Femer »urhte die Vp. meistens die An- fangs- und Eudkousouanten zu moditi/.i( nn. während die Vokal- laute ganz nuTcrändert blieben. Auf diese Weise wurde au8 den ersten 4 Silben einer KcUie: weif (weib), kob (klob), tosch (dosche- lir^e^ nnd hen (Henne) der folgende Satz gebildet: >Ein Weib klo- bihre doschelige Henne.« Als Knriosum erwähne ich eine Aa80> siation yom 21. Mai. Die 3 lotsten Silben einer Beihe: »laag«, »iiikc, nnd >Bech« wurden in »lag«, »le fon«, nnd »see« (aöehe) nmgewandelt, die sieh mit Terblttffender Leiefatigkeit nt dem Satee yerbanden: »der Verrttekte lag anf dem Trockenen«. Daßdadareh das Aufsagen erleichtert wurde, mag daians geecUossen werden, daß K. öfters in den Sätzen ganze Worte einschaltete, die mit den Silben keinen Znsammenhang hatten, und die seine Aufmerksam- keit keineswegs ablenkten. Aus den Silben: »rück« (RUckenJ, »zieh« (zucken), »taan« (dam) und 'pus» franz. putre, Eiter) schnf er den Satz: »Nach dem Rüekenzueken kommt dann Eiter«, in welohem, wie man sieht, ganz neue Wörter eingeschaltet aind. Konnte die Vp. sich bei einer Silbe einen Tier- oder Pflanzen- namen denken, so wurde sie mit den nächstfolgenden Silben gleieh in einem Sate ansammengefaftt. So bat sie ehunal aas den Silben: »rix« (emKame), »tenh« (engl, took^nahm), »mach« (firaaa. mondhea Fliege], und >bes« den Satz aofgebant: »Ria nahm eine beaseie Fliege«. In der Versnehsreihe 7 waide nnr ein einsigea Mal ein Satz konstruiert, und zwar ans den letzten 4 Süben einer Reihe: »leet«, >8ik€, »rew« und »tcus« zu: »Lassen Sie so den Gott träumen!« (»lect« = engl, let = lassen; >8ik« = sie; »rew« = franz. rever = träumen und »teus« = lat deus = Gott). Es ist geradezu wunderbar, mit welcher schöpferiachen Kraft hier den sinnlosen Silben T^ben eingehaucht wurde.

6) Die Vokallaute worden schneller dem Gedächtnis eingeprägt als die Konsonanten. In meinem FrotekoU sind wenige Fälle

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UntenoGliiingeii xnr Ökonomie viid Tecbnik des Lernens. 467

an^eieiebnet, wo die Vokale mit emander yerwechselt worden. Dagegen kam eine lüiniige Yerweehalnng der An&ngs- und End- konsonanten einer Silbe infolge der nnyisnellen Art des Lernens Tor. Man kann daher die Behauptung anfttellen, daß aneh hei dieser Vp. das aknstiseh-motorisohe Element das Übergewiefat in ihrem Gedftehtnis hat.

7) Hier sind auch einige Worte in Hezug auf das Behalteu am Platze. Vor der Wiedercrlcnmng der Sill)( urcihen wurde die Vp. immer aufgefordert, die Silben von gentcrn zn nennen, die sie noch im Gedächtnis hatte. vSclbstverständlich war ihr anbefohlen, zwiflohen der Erlemung und der Wiedererlemuug niemals die Silben zn wiederholen. Im großen und ganzen wofite die Vp. dann immer etwa noch 6 Silben einer 12 silbigen Reihe anzugeben, was keine von den bisher behandelten Vp. Teimoehte. Die £r^ spamis einer 128abigen G-Beihe stieg bei Herrn K. auf 70^ des ersten Aufwandes der Durcbaehnittsw«rtei anderseits aber war die Anzahl der Silben, die nach einmaliger Wiederholung derselben doch noch fehlerlos reproduziert werden konnte, gerade so groß wie bei Frl. K., nämlich 5, bei größerer Anstrengung 6.

8) Es hat sich femer bei Herrn K. die Ei^^entümlichkeit ge- zeigt, daß die Durchschnittswerte der /,\\('iten Silbenreihe höher ansfielen als diejrui^i ii der ersten Keihe einer und derselben Sitznng. Eine Ausnahme von dem hier Behaupteten machte das Verfahren »in Gruppen«, bei welchem eine Gr'-Reihc, die an erster Stelle erlernt worden war, höhere Werte ergab, als eine Gr^-Beihe derselben Sitsnng. Auch in der sfritteren Versuchsreihe 7 wurde eine G-Beihe an erster Stelle leichter erlernt als an der zweiten desselben Yersnehstages. Auch die emzehi^ Gruppen einer Gbr. G-*BeUie oder dner Gr-Beihe wurden ganz Torschiedeii schwielig erlernt (Vgi. die Tabellen der Versuchsreihen 6 und 7).

9) Der Einfluß der Übung kam bei Herrn K. nicht so stark zur Geltung wie bei Frl. K. Man braucht nur die einzelnen Werte der Versuchsreihe 6 zu prüfen, um sich davdii zu überzeugen, daß manche Silbenreihen in den letzten Versnchstagen mit größerer Anzahl you Wiederholung erlernt wurden als an den ersten der- selben Versuchsreihe. Erst beim Experimentieren mit 16 silbigen Beihen merkt man den Einfluß der fortschreitenden Übung. Teilt man die Ergebnisse der Veranchsreihe 7 (die Werte einer Gr'-Beihe und einer G-Beihe zusammengefiiBt) in 2 Gruppen ein, so erfaiK

3i*

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Christo Peiittch«w,

man die folgeudeu Werte: 1. Grappe: 19,1 W.; 2. Gruppe: 17,6 W., was eben sagen will, daß dir sUbcnreihen der letzteu Grappe nnter dem £mflnß der Übong bedeutend schneller erlernt wurden als di^enigen der eisten Gruppe.

II. Untersnohnng mit sinnTOllem Material.

§ 21. Versacbsreihe 8.

1) Die Versuchsuiiortiuuug.

Da das Gedicht, welches Frl. K. gelernt hatte^ einigermaßen der Yp. bekannt war, so wurden hier Strophen aus Schillers Obersetsnng des vierten Baches der Aeneide: »Dido« genommen. Die Zeit des Ezperimentierens war dieselbe wie bei sinnlosen Silbenreihen. Herr K. hatte also 4 ganz nene acbtzeüige Strophen auswendig zn lernen, die 24 Stunden später bis zur ersten fehler- freien Reproduktion wiederholt wurden. Das Versuchsschema dieser Versuchsreihe war im großen nnd ganzen dasselbe wie in der vor- angehenden Versuchsreilic 5, und nur insofern verschieden, als in ihr die beiden Stro})heii den fraktionierenden Verfahrens in 2 Tcileu von ^ Zoik'ii orh rnt wurden Die beiden .Strophen des stückweiseu Verfahrens, wurden immer einmal im ganzen durchgelesen, hovor die isolierte Erlernung jeder Strophe begann. Die Veisuclisreihe umfaßte leider nur 8 Versuchstage, da die Vp. uns nur noch kurze Zeit zur Veritlgiing stand. £s ergab sich dennoch, daß das Ler- nen >im ganzen« noch Ökonomischer ist als das fraktionieiende Verfahren.

2} Resultate der Versuchsieibr S.

Es zeigte sich im allgemeinen, daß die G-Strophen viel vorteil- hafter erlernt wurden als die T-Strophen. Die Differenz der Mittel- werte beider Lerayerfahien betrug 10,8 W., d. h. ein wenig mehr ab die HlUfte des Mittelwertes des T-Verfahrens. Auch in Bezug auf die Zeitdauer ihrer Erlernung ergibt sich, daß die Gr-Strophen in kürzerer Zeit erlernt wurden als beim stückweise« Verfahren. Der Unterschied zwischen beidea Lernvcrfahreu in Bezu^ auf die Wieder- erlernuug der Strophen ist kein bedeutsamer, aber er zeigt doch, daß das Behalten flir das C-Lemen noch günstiger ist als Air das fraktionierende, bei welchem auch die Zeitdauer des Wieder- erlemens länger war.

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üntersncbungeD ^ur Ökonomie und Technik des Lernens. 4ö9

§ 22. VerBnchsreihe 9.

1; Dus Vers^u■ll^verfahrell der ersten Abteiliiu^^ l) Du Herr K. nach dem .Seliliiß der vorhergehendcD Versuchs- reihe H sich uoch länger zur Verfügung stellte, wurde uoeh ver- Fueht. mit größerem Umfange des Stoffep zn operieren als bisher. Die Strophen waren demselben Gedicht entnommen. Das Ver- auchaverfiihfen war folgendes: Es werden 4 achtxeüige Strophen am 1., 3. und 5. Versnehstage nach dem GK-Verfiiliren, am 2., 4. nnd 6. VersncliBtage nach dem T-Vei&faren erlernt 24 Standen später folgte die Wjedererlemnng, so daß tfiglioh 8 Strophen in Anwendung kamen. Die Strophen des T-Verfahrens wurden in der Weise erlernt, daß die Vp. znnächst wie immer alle 4 ein- mal iiii ;,auzeii durchlas, dann zu den beiden ersten zurliekkelirte, die ganz, zuweilen isoliert bis zum ersten fehlerlosen lUrsa^^en gelesen wurden. Nach einer Pause von 10 Min. wurden die letzten 2 kStrophcu ebenso isoliert erlernt und zu ihrer assoziativen Ver- bindung noch einige Wiederholungen verwendet. Schließlich folgte die Wiederholung aller 4 Strophen im ganzen bis zur ersten fehler- freien Reproduktion. Die Vp. durfte eine Zeile niemals zweimal hintereinander wiederholen.

Z-Tubelle 7.

Erlernung

Wiedererlemuxig

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Art de» LerneuB

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1. 4 Strophen »in Teilen«

24

17

3 24

1M.44S.

3.5

6

32

2

18

90

4 » »im ganzen«

15,7

36

2i

2 46

8,8

öl

2

46

80

Differenz

17,8

12

hl 39

1

0,2

3

19

0

98

10

1) Wenn nun die absolute Anzahl der Wiederiiolnngen in Be- toacht gezogen wird, ergibt sich, daß das Lernen »im ganaen« entschieden Torteilhafter ist als das fraktionierende Verfahren.

2) Daft die T-Strophen in viel kürzerer Zeit erlernt wurden, erklirt sich durch den Umstand, daß die Vp. sieh beim G-Lemen

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410 Christo Fttntielieir,

Tiel ermttdeter fühlte und infolgedessen die G^tropben lang- samer las als die T-Strophen. Dasselbe ist aaeh in Bezog anf das Wiedererlenien der Strophen zu sagen.

2) Abteilang derselben Versnchsreilie. Non schien es nns der Hlihe wert, an den 2 letzten Versnehs-

tagen, welche nns noch blieben, mit noch größerem T'mfang des Materials zu experiinentieren. Am 1. Ver8«chsta;ji:e hatte Herr K. 5 arhtzeilijrc Strophen »im iraiizen* uuMwendi^ zix lernen; am 2. Ver- 8uch«ta^'e wiederum 0 btropiieii iiucli dem T-Verfahrcn. Die Strophen jedes Verfahrens wurden später nicht wieder erlernt Wir erhielten folgende Resultate:

1) Zorn Erlemen der T-Stiophen: 45 W. Zeitdauer d. £r- leraens: 32 Min.

2) Zun Eileroen der G-Stiophen: 12 W. Zeitdaner d £r- leraens: 32 Ifin. 40 Sek.

Man sieht also, daß die Differenz immer noch beträchtiicher wird, je mehr Strophen bei einem der beiden Lemverfidiren er- lernt werden.

§ 23. Grappiernng der Besaitate von sinnToUem Material.

Ans den Ergebnissen des sinnvollen Materials g^t bereits deutlich Folgendes henror:

1) Der Ökonomisehe Wert des GK-Verfahrens wird um so deut- licher, je größer der Umfaug des StolTes bei jeder Lemweise ist Die naehftehendcn Difl'erenzen zeigen unzweifelhaft den Vorzug des G-Leiin ns .or dem T- Verfahren:

1) Zum Lri. der 2 T-Strophen: 21,4 W. j -no™-

2) . » * 2 G- » 10,6 . j I>iflf.-10,8W,

1) > . . 4 T- . 33,5 ^ )

2) . . .4 0- * 15,7 . * = ^^'^ *

r=33

1) » > » 5 T- > 45 »

2) » > »5 0- > 12 >

Trotz der rngleichmäßijrkeit des Lenimaterials albo sieht man. vne die Vorteilhaftigkeit des Lernens »im ganzen < mit der Ver- ^Tößeruni^ des zu erlernenden Sttlckc- --' lir rasch /iminimt Ferner erwiilme ich noeh. daß die G-Stroptien, in weleheu häutig ganz besonders schwierige Abschnitte vorkamen, im Vergleich mit T-Strophen niemals mit einer größeren Anzahl von Wiederholungen ertenit wurden.

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UntermchimgeB snr Ökonomie nnd Teehnik dei Lernens. 471

2) Die G-Strophen wurden fester im GedächtiuB eingeprägt als die T-Strophen. Dehnt man die Veroache ttber noch längere Zeit SOS, ate dies bei nns der Fall war, so wird der Vomig des Lernens »im gansen« in dieser Hinsieht unbedingt besttttigt werden.

3) Kicht immer ftthrte dss G-Yerfiihreii sehneller zum Ziele. Ich branche nur auf die Z- Tabelle 7 der Yenncbsreihe 9 hin- zuweisen, wo die T-Strophen tatsXehlich in kürzerer Zeit erlernt wurden als die G-Strophen. Auch Steffens weist uuf einip:c Fälle hin^), wo ganz negative Resultate erzielt worden waren, al> fresehen davon, daß die Unterschiede zwischen einzelnen Werten beider Lemweisen bei ihr gar nieht immer beträchtlich waren. Man bekommt den Eindruck der Unsicherheit, sobald man die Resultate ihrer Versuchsreihen 9, 14, 15 oder 18 betrachtet. Unsere Ergebnisse aber deuten darauf hin, daß der Vorzog des G^Ver- fithrens vor dem fraktionierenden Lernen viel dentüeber doxob Bemcksiebtigong des €les&nitaiifWandeB der Zeilenwlederholnngen wird, als blos durch die Zeitmessnng des Erlemens.

4) Das Verhalten der Vp. beim sinnTOllen Lernen war ein sehr eigentHBiHebeB. Herr K. eikttrte, dnreb das Sitzen und dnrcb die Gegenwart des P^xpcrimentators gestört zn werden. Er bat sich deshalb aus, immer stehend hinter der Tür lernen zu dürfen, wo er den Augen des Versiu iisieiters entzoiren war. Die Eigentüm- lichkeit, stehend zu lernen, erklHrte er durch Gewöhnung.

In Bezug auf das ökonomische Lernen gab die Yp. folgende Angaben zu Protokoll:

»Wamm ich 2 oder 4 Strophen »im ganzen« leichter als »in Teilen« lerne, dies führe ieh aaf folgende Gründe znittck:

a. Wenn man mir nnr eine Strophe hingibt, so fühle ieb mieb damit, wenn sie nnr ein Braebsttlek ist, niebt befriedigt. leb mOebte noeb erfahren, was darauf folgt. Das Diteresse wird also beim Lernen von 2 oder 4 Strophen »im ganzen« eher befiriedigt als beim isolierten Lernen jeder Strophe.

b. Femer kann ich mich eher in den Sinn hinein vertiefen, wenn ieh 3 oder mehrere Struplien zusammen halie, Andrerseits betone ich aber ausdrücklich, daß 'wh nach dem Erlernen der Strophen »im ganzen« immer recht crmUdet bin, während ich nach dem gmppenweisen Erlemen fast keine Ermüdung spüre.«

1) L. Steffens s. a. 0. S. 86.

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472

Chiiito Pemtschew»

»Im Vergleich m dcu Sillteu kann ich micfi :iiif die Gedichte viel bes5»er konzentrieren. Ks ina^^ Fälle geben, wo ich mich ii) (Irii Siiiii vcrticten kann, und das Lernen wird dann sehr rasch gehen, aber dabei darf ich absolut nicht gestört werden. Sobald ich z. B. nur bemerke, daß der Yersuchsleiter mich beobachtet, i^t die Konzentntion nicht mehr so groß oder ganz dahin.«

»Beim Lernen »in Teilen« werden die Werfte fast mechaniaeh abgelesen. Mit diesem mechanischen Ablesen komme ich also, wie schon gesagt, nicht weit, deshalb Teraaehe ich sehen nach möglichst wenigen ^KHiederholnngen dieselben Worte an ge- brauchen, indem icb mich mehr an den Sinn halte and dabei ganx frei anfgage, doch so, daB ich f^leteh beim geringsten Stocken im Ii HC he nach Be he. Wenn dann un;::ew(jhnliclie Inhalte vor- kommen, m mnß ich mehr meclKiniseh lernen Wenn ich aher mehr im Buche na eh lese, so kommt eine gröüere Wiederholungs- zahl zu fütande. Für mich sind die Keprod uktionsversuche unerläßlich, habe ich diese nicht, so denke ich mich zu wenig in den Sinn hinein.« (K.)

Aus den firgebnissen der Versaehsreihen 6, 7, 8 und 9 stellt sich nnn heiaas:

1) Die Vorteile des G-Lemens sind yiel denflicher and klarer bei sinnvollem Material als bei shmlosen Sflbenreihen, bei welchen eine grOfiere Strennng der elnzehien Werte am den Hittelwert, hSnfiger sn sehen ist.

2) Herr K. j^^ehört hinsichtlich der Schnelligkeit des Lenieus und Bebalti iiH zu den raschen Typen: er lernt Bcbnell and behält auch das Erlernte länger im Gedächtnis.

§ 24. C. Allgemeines Schema der Yersnchsreiben 10, 11

12, 13 nnd 14.

Obsehon in allen bisherigen Yersnchsreihen nnzweifelhaft die CkBeihen besw. GMStrophen am Yorteilbaftesten erlernt worden, riebtete ich doch noch eine Beihe von Vemiehen em, in weleben Herr Mes. als Vp. fhngierte. Diese Yersiiehe erstreckten sieb etwa ttber 46 Tage. Wftlurend der Zeit, in welcber mit den ersten 4 Versuchsreihen experimentiert wurde, kamen 12-, 16-, 18- und 24Hill)ige Reihen iu Auwendung. Die Art und Weise, wie die lö-, 18- und 24 silbigen Reihen aufgebaat waren, iät beite 444 schon

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Untenachungcn zur Ökonomie imd Technik des Lernens. 473

Migfigehefik. Nor in der VeTsachsreUie 14 wurde mit suinToUem Bfaterial operiert Die änBere VersnchBtechiuk der simtlieheii VeisaebBreihen blieb ungefähr dieselbe, wie Torher.

I. UuterBuchuug mit Binnlosem Material.

§ 25. VerBnebsreibe 10.

1) Das Versaebflrerfaiireii.

Die Veisnebe wurden am 1. Juni 1901 mit 12Bilbigen Selben be- gonnen und schon am 20. zum AbscbluB gebracbt, da die Beauliate SU Ounsten des Lernens »im ganzen« deutlicb zu Tage traten. Die ersten 5 Tage worden der übnng j^ewidmet, so dafi die ei^ntlicbcn

Vereuche 15 Ver8Uch8ta<;o bcauBpruchteu. ExperiuR'iitierzeit: von 7'/4 bis gegen 8 Uhr morgeuö. Die Verr^uchsaiHH In injr war gauz dieselbe, wie in den andern Vert^nclisreilieii mit ^uniloyeii Silben- reihen. Nach dem Veriahruu »iu Gruppen- wurde also eine Reihe in zwei Hälften und eine in Teilen zu je vier Silben erlernt, die in folgender Weise der Yp. dargeboten wurden: am 1., 3., 6. n. s. w. Yersncbstage kam eine Beibe »in Gruppen« zu je vier die andre »in Gruppen« zu je seobs Silben vor.

Die Gruppen einer und derselben Reibe nahmen selbstrerstftnd- Üeb auf der Trommel ganz yeracbiedene Stellen ein und wurden der Vp. in der schon angegebenen Weise als ganze Reihen Tor- geführt

Am 2., 4., 6. u. s. w. Versuchetagc lernte M. die eine G-Reihe akustiseh-inotorit;ch, die andere rein visuell auswendig. Die Pausie- rung war die üblielic wie vorher. Die Vp. sollte die Silbenreiheu mit einer möglichst geringen Anzahl von Wiederholungen lernen und jede Abweichung von den aufgestellten Bedingungen nachher im Protokoll angeben. Nähere Auskauft Uber das VenmchsTerfahren gibt folgende Tabelle.

2) Kcbultate der Verauchsreihe lü.

Nach den klaren Ergebnissen der Tabelle muß ohne weiteres zugegeben werden, daß das Lernen im ganzen auch fUr diese Vp. das günstige ist Ich stelle die Resultate hier in einem leicht ttbersicbtlicben Schema auf:

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474

Chriato PeulMlieir,

R-Tabelle 3

Anfang des Vennoha 7V«-^/dB Ulir, Begiuu der Versuche: Vom 6. Juni Ol bis zum 20. Jnli Ol:

ZwOUsilbige Reihen:

0

Die neues

mm £rlern«ii der Beihe I

Alt des Erlernena

NotwMidige WiedMli<rtiiiig

0

e

4*

a

8 >^ 9> 0

2 2

!

1.

2.

3.

4,

5.

6.

7.

8.

9. 10. 11. 12. IS. 14.

OnniOl

7.

a

9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17.

la

19.

aa

In Onipp.Bnje 4 Silb. Imgnm.— lautlos In Orapp.Bnje6Sttb. Im glitten laut In Gntpp.Bnje4Sflb. Imgans.^ lautlos InGnipp.niJe6Stll>. Im gaaiMi laut In Gfapp.raje4 Sflb. Im gaasan laut InaiappjH^eSilb. Imgaiis. lantlos InGnipp.iaje4SUb. Im gaaien lant In Gnipp.Bn jsOSilb.

In Onipp.nije 4 Silb. InOmpp.mije6Silb. Im ganzen laut Imgana. H^aut los

2

1

l,2ö

8

2

1

l,ö

11 9 10 10 16 10 8 6

14 28 12 » 13 13 13 10 19

9 13 23 11 12

8

11,26 8,75

14,25

11,6

12,75

a^i

12 12

9

7 10 10 12 20 10

8

9^ 9 22

9^ 6

13,5 9 10 10

Üigiiiztiü by <-3ÜOgIe

UatennelmBgeD zur Ukonumie und iechuik des Lerueos. 475

(VerBnohflreihe 10).

yp.: H€tr 0. Mm. 40 Yenraohtüige mit ainnlown Sflben. 15 Venaehsta^.

Bilbemreiheii

1

Die alten Reihen

zum Lrlemen der lieilie 11

Kter

zum

Wiedererlernen

Notwend. Wiederliulung

Dauer des letzten Hersagens in Sek.

OB

der Reihe II

der Reihe I

Art des x^iicrucus

K

I. Gruppe

g

O

m. Grupi

IV. Für die !

ganzeR.noch

erlorderl.W.

V.

Im ganzen

\nzahl der 1 sagen

'S P

Wie wurde die Reiue erlernt

o

^ Q

'53-C

B.2

o> i'.

Dauer

Wie wurde die Beule eriemt

•(wendige 1 Wiederhol.

Dauer

laGr.zujeßS.

3

16

20

6

6

InGr.znje6S.

7

16,6

InCir.zu jc4S.

7

8

Img. laut

11

8

2

>

lui g. laut

6

7

Im g. laiitl.

8

17

InGr.zu je4S.

1

17

20

10

6

InGr.zuje4S.

*

12

InGr.zu je »)S.

7

15

liug. lautl.

25

12

3

Img. lautl.

7

16

Im g.— laut

6

10

liifJr zu je6S-

r

14

IG

12

6

InGr.zuje6S.

6

H

lii(Jr.zujo48.

8

8

Im p laut

13

15

2

Img. laut

6

6

Img.— lautl.

7

9

lii(ir.zuj<*4S.

1

1

11

14

9

6

InGr.zuje4S.

7

22

InGr.zu je 68.

9

9

Img. 1 autl.

15

16

2

Img.— lautl.

7

16

Im g.— 1 aut

6

9

hGr.zujeüS.

1

12

14

8

4

In(>r.zuje6S.

6

6^

lnGr.zuje4S.

6

7

Iia g laut

11

10

2

Im laut

6

8

Im g. laut

6

10

InGr zu jt'4S.

1

1

12

15

24

5

ln( ir./ii jr J S.

7

17

In (ir.zuje6S.

7

6

Im g. laut

16

9,6

3

Im g.^ laut

6

8 '

Img. lautl.

7

8,6

InGr.zu jeGS.

2

7

10

7

*

i

InGr.zu jt'»>S.

7

S

InrJr.zuje4S.

7

8

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ao

16

3

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7

20

Im g. laut

6

10

iBGr.zuje4ä.

10

13

12

5

f

.InGr.zuje4S.

6

14

InOrzujeSS.

8

6

bGr4nije48.

1

1

12,5

15,6

14

5

In6r.zaJe4S.

6

16

InGr.iiije48.

7

9

1,76

12,25

16

8

4,6

InQr.sQje6S.

6

9,6

InOrjniJeBS.

7,76

11,6

12,75

10.6

2.26

Img.— Unt

6.76

7

Img. Unt

6.76

10

lag.— lavtl.

20

14,6

3

1 ^

!

Img.— lantl.

7

12,8

Img.— Inntl.

7^

11^

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476

Christo PentMhew,

K-Tabelle 4

Vp. und VereuchsamBtände wie in K-Tabelle 2.

Die neuen

zum ErlerDen der Reihe I

E

0

I Notwendige Wiederhol.

Art Erlernens

I— I o

•Iiis'

S o

M es »1

S

» OD

3 E

es <p

o

CS N P

<

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O I

04

1.

' 21Jani01

InCirrupp.zujeÜSiJb.

6

7

7

20

11

3

2.

22. » .

Im ganzen

16

12

2

»

8J

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InGnp]}Mje8Sflb.

9

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8

14

18

8

4.

25.1). '

In Oniiip.niJe8 Süb.

1

1

15

18

20

4

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5.

26. . .

Im p^'anzon

15

16

2

6.

27. . >'

In<'ni])p.znje8Silb.

2

6

8

16

24

4

>

7.

28. . .1

Im ganzen

19

14,6

3

8.

29. » »

In Grupp.zujeSSilb.

6

3

9

18

36

4

>

9.Hao. «

Im g&nsen

14

19

2

>

10.

InGnipp.sQ je SSilb.

2

4

6

12

16

3

*

1

1 i

In Gnipp.sQ jeSSUb.

4

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16,3

20,6

3,5

Im ganaen

16

16,4 1

ä

K-Tabelle 5 Vp. . Herr 0. Me«.

es

B

«3

Die neuen

tum Eflernen der Beibe I

A r t des Erlernens

Notwendige Wiederhol

.Sri -25

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S

So

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1.

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In Grupp.zii jeSSüb.

7

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lim ganzen

19

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j In Gmpp.zn je 98i]b.

7

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24

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7. » .

Im ganzen

18

12

3

:i

5.

8. » »

1 In Gmpp.zaje9SUb.

10

10

4

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12

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i

6.

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Im ganzen

25

16

3

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In Gmpp.zujedSilb.

5

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19

13

3

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^1. >

Im ganzen

18

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|InGrupp.zaje9Silb. i

7,25

...

15

3

1

Im gtttien

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-

19

2^

Digitized by

Untersucbungen zur Ökonomie und Technik des Lernens. 477

(VersaohBreihe 11). IStüliige BflUm: 10 Veniielutage.

S i 1 b e n r

e i h

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!

Die alten Reihen

smn Erienen der Reihe II

nun Wiedererlemen

Art dM Erieroeni

NotwendtWiederiiolnng

.

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der Beihe n |

der Be&e I

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Wie wurde die Reihe erlernt

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Im ganzen InCrzujeSS. liu ;;anzen im ganzen I&Gr.nije8£k Ingansm lQGr.ttje88. Im lenzen InOrzujeSS. Irii irao^D

2

4

7

2

_

5

4

3 5

16

22

4 - 10

17 23 16 17 90 15 14 14 17 11

15 26 22 24 16 24 11 20 14 36

3 4

3 3 5 3 3 2 4 2

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>

>

> >

'imgunen In Onipp. Im^uQzen Im ganzen In Gmpp. Im ganzen In Gnqip.

lu Grupp. Im ganzen

4

7

5 5

7 6 6 f) 6 5

10 26

8,5 36 10

9.5 10 11 10 10

i

In Qrapp.

Im ganzen

In Grupp.

In Grupp.

Im ganzen ' In Qrapp. ^ Im ganzen ;In Grupp. , Im jijauzen ; In Grupp.

9

5

4

7

6

10

7

5

6

5

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7.6 9

10^

20

24 8 15

loOr.zujeSS. Im gamen

3,76

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1

21 16

16,5l4 28,6|2,7

» '

In Grupp. Im ganzen

6,5 5

14

14

j In Gmpp. 1 Im ganzen

6,7 5,75

14 12

(VerBaehsreihe 12). ISiiibig« Beihen: 8 VeranehBtege.

ti i 1 b e m r

e i h e u

l>i

e alten Reihen

)

Erlernen der Reihe II

zum Wiedererlemen

Kotirendiso Wiedeihol.

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der Reihe n

der Beihe I

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1.

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die Keilio

1 erlernt

i-

Wie wurde die Reihe erlernt

« . 1

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6 7 7 7

9 3 9

H

5 9 6 7

IH 17 19 22 18 22

18 14 7,» 21 12 10 14

2

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1.

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1 Ii» f::iU7.en In Grii])i>. Im {janzcn In Grupp. Im guuzcn In Orapp. Im ganzen In Grupp.

7 8 8 ö 9 6 4 9

16 6.5 8,ö| 8 9 9

In (rrupp. Im ganzen 1 In Gmpp. 1 Imguuzeu in Grupp. Imgnnsen In Gmpp Im ganzen

1

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17^

20

Ioßr.zuje9S.

e»76

7.26

6,76 1 -

20.7.') 17

In Grupi». Im ganzen

7

f 7

9

112,6

In (irupp. 7.7.3 ilmganzen 1 7

14 17,6

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478 Chiiito Peaticliew»

Z-Tabelle a

einer Reibe

\Vie<iererlerttUüg einer Beihe

£rBpaxxüsse in FtoSk

A r t des Lernens

t—

II

im ganzen

S

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CJ S

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_p 'S

J

h

1. In Grappen

14,85

6,4

_.

r

56

48

2. Im ftnzen

12,76

20

6,75

7,16

Hiernach eigibt sich also:

1) Dm Ch-Lernen ist viel Okonomiseher ab daa fiaktioniereiide Verfahren.

2} Das Verfahren »in Gruppen« ist lun so unvorteilhafter, in je mehr Teilen eine Silbenreihe erlernt wird. Die in drei Grupptn '^erlegten Silbenreihen eriraben br»!it r(' Diirohgrhnittswerte ^14,85] als die in zwei Hälften (13,25) erlernten Bilbenreihen.

3) Die 6-Beibeii werden mit geringerer AniaU Ton Dnrch- BchnittBwerlen wiedererlemt ala T-Reihen.

4) Anch die Anzahl der Reproduktionsversuche (Aufsahen) beim G-Verfahren ist viel kleiner als beim Liemen »in Gruppen«.

ö) Ferner ist die Tatsache herronnlieben, daß daa Tiaaelle Lernen steh als ungünstiger erwiese hat, a]s das aknstisch- motorische Lemverfikhren. Fttr eine G-Beihe, die die Vp. Int von der rotierenden Trommel sbgdesen liatte, bnmclite sie 12,75 Wiederh., wShrend itlr ehie visuell erlernte €kBeihe etwm 20 Wiederh. nötig waren. Man sieht auch noch, daß die G-Reihen nach dem lautlosen Lernen höhere Durchschnittswerte (7,15) er- graben als die in lautem Verfahren (ij,75} erlernten. Daraus geht nun hervor, daß das aknstiBch-motorische Element die Grund! ae-e des Gedächtnisses dieser Vp. bildet. Ob aber beim lauten Lernen das akuBtisehe oder kinttathetische Element dominiert^ wird qtäter noch erörtert werden.

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ÜBteniiclian^n mr Ökonomie und Technik des Leraens. 479

§ 26. In Yersnehsreihe 11 wurde mit ISsilbigen Beihen

operiert.

Die Versuche umlaßten lU VersiK hstiige. Die Zeit des Experi- mentierens blieb dieselbe. Die Rf)tations<ref('hwiniii^'keit flir eine IGailbige Reihe wurde im Verhäituiö8e zu einer zwolfsilbigen auf 13,5 Sekunde festgesetzt Die YersiiehsumHtände waren ähnlieh deigeiiigen der Versuchsreihe 7. Am 1., 3., ö. a. 8. w. Vergucbs- tage wurde saerst eine Reihe in Gmppen zu je tuchi Silben nnd dann eine »im ganien« erlernt^ am 2.» 4, 6. u. b. w. VemiehBtage war die Beihenfolge nrngekehrt Die Silbenreihen wurden stets laut abgeiesen.

Die Ergebnisse dieser Venmehnreihe sind in der nachstehenden TabeHe enthalten.

Resultate der Versuchaieibe 11.

1) Stellt man die Ergebolsse der ersten und sweiten Reihe zn^ sammen, so erhUt man folgende MHtelwerle:

Z-Tabelle 9.

Erlemiuig WledeieilenL Efepanriaie in Pros.

1. 1b Gmppen m Je 8 Silben: 18,66 W. 8,6 W. 66

2. Im giBsea: 16^40 » M » 66

Differenz: 3,lä » 1^ >

Die oben angegebenen DnrebsehnittBsalileo sprechen sehr dent- lieh daftr, dafi die Differenzen der Lernmethoden mit Ver- größerung des Stoffumfanges auch größer ausfielen. Gegenüber den Gr^-Reihen wurden die G-Reihen mit einem öko- nomischen Gewinn von 8,15 W. erlernt

2] Beim Wiedererlemen waren t\ir die G-Reilieu duc geriogere Anzahl ?on Mittelwerten nötig als fva die des gmppenweisen Veiv fiüuens.

§ 27. Versnehsreihe 12.

1) Nach einer Pause von drei Tagen richtete ich eine andere Versuchsreihe ein, in welcher als Stoff 18 silbige Ki^-iheii dienten. Da die Zeit des Kxperimentierens für die Einprägung der Silben- reihen eine sehr günstige war und Herr 0. Mes. eine ziemlich große Sieherbeit beim Reproduzieren nnd Lernen der Silbenreihen ge- wonnen hatte, brauchten wir gar nieht zn beftbrehten, daß die

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480

Kenaltate aocb uucii wenig:en Versnehstageu sich seh wankend heraiiHHt^llon werden. Deshalb haben wir ons enteohlossen, die vorstehende Vernuchsreihe schon am achten Versuchstage mbsn- sehüefteiL Die Art und Weise, wie die lÖBilbigeB Beih^ anf* gebaut worden, ist eine andere als bei MttUer tmd Pilzecker (Vgl. S. 444.) Im VerbSltnis zu einer zwOlfeilbigen Beibe wurde die Umlaofsgeflchwindigkeit fltr eine ISnlbige Reibe auf 15 Sekun- den feHt^^esetsd Das fraktionierende Veriabren bestand darin, daft iiier Bethen in Gmppen ron je neun Silben gelernt wurden. Am 1., 3., 5. u. B. w. Vcrsuclista^'c wurde zuerst eine Gr^Reihe uud dann eiue G-Reihe g(;lcrut. Am 2., 4., 6. u. s. w. Versnrbstage wurde die um^ekfhrto Reihenfolge beobachtet. Zwisi hon der AV'iedererlernunf^ und Krh rnun^^ der ►Silhetireihen fand eine Pause von drei Minuten statt, während nach Erlernung der ertöten der bcid n mn\cn le ihen eine Pnn««e von acht Minuten folgte. Das visuelle iiemverfahren fand keine Verwendung.

Die Besoltate nach der Wiedererlemnng und der Erlernung der Silbenreiben sind auf der folgenden Tabelle zusammengestellt

2] Die Versnebe mit ISsiltngen Reihen ergaben folgende IGttel- werte:

Trotz der weuij?en Versuchstapre sind auch hier die Differenzen für die zwei Arten des Lernens sehr beträchtlich, wenn auch ge- rade nicht SU '^ro\'t fllr das Lernen »im ganzen* wie in der Ver- suchsreihe 11. Sicher wtlrden die Mittelwerte hier größer aus- gefallen sein, wenn wir die Versuche nicht so früh abgebrochen hätten. Mit einem kleinen Unterschied von W. wurden die G^Beiiien schneller wiedererlemt als die Gr^-Beihen.

§ 28. Versnoksreihe 13.

1. Die el)eu besprochene Versuelisreihe 12 wurde noch aus einem anderu Grunde so irlüi zum AbschluU gebracht Da nämlich 0. M.

1} HttUer-PlUecker a. a. 0. 8.a

1. lo Gruppen xu Je 9 Sübeo: 814 W. 7,4 W.

2. Im gaazen: 18,5 * 7 »

Differenz: 2,6 > 0,4 »

08

Üigiiiztiü by <-3ÜOgIe

Uutersuchangen zur Ökonomie und Technik des Lerneoa. 481

ak rascher Lemer Air vDseie GedXchtmsoiitenniobnng sehr geeignet an sein schien, fand ich es zweckmäßig, an einigen Versnehstagen mit noch größerem Umfange des Materials an arbeiten. Ich

habe daijer als Stoff der vorstehenden Versuchsreihe dreizehn 24- ailbige Reihen ausgewählt. Was den Aufbau dieser Keihenlänge anbelaii^, sn umi\ aii>(lriii klich Ixniierkt werden, daß die ersten 16 Vokallaute, Anfangs- und EndkonBOoanten einer Heihe sämtlich verschieden waren.

Nach sechs Versuchstagen wurde die Untersaohong mit dieser Reihenlüngc unterbrochen, da jede neue Erleraimg einer Reihe eine zu grofie Willensanstrengimg erforderte, was die Vp. aofier- ordentlich ermttdete. Es wurde immer an derselben Tagesaeit ex- perimentiert wie bis jetzt Die Rotationsdaner des Kymographions war anf 20 Sekunden bestimmt

Die YersQchsanordnnng war dieselbe; es wurde aber länger pausiert. Gleich nach der Wiedererlemung der vor 24 Stunden er- lernten Silbenreihen trat eine Pause von iXiui' Miuuteu eiu; zwischen der Erlernung der beiden neuen Reihen hingegen wurde die Pause verdoppelt Lautes Ableiten. '

2J Die Resultate waren folgende:

Z-Tabelle 11.

Erlemnnf^ Wiedererleia. £rtpanuBse 'n Pros.

1. In Omppen zn je 12 Öüben: 2H W. 9.2ö W. 68

2. Im ganzen: 19 > 6.2 . 67

Differenz: 10 > 3,05 > Ol

3) Vergleicht man die Ißttelwerte beider Lemweisen, so mnft man zogeben, daB das O- Lernen anch bei 24 Silben entschieden

vorteilhafter ist als das fraktionierende Verfahren. Man flieht in der Tut, daß die Differenzen hier noch beträchtlicher sind als dies iu der vorhergehenden Versuchsreihe der Fall war. An keinem Versnchstage wurden die G-Reihen mit größeren Wieder- holungszahlen erlernt als die des Verfahrens »in Gruppen«.

4) Auch beim Wiedererlemeu ist ganz deutlich zu sehen, daß die 6-Reihen bedeutend schneller wiedercrlemt wurden als die Gr^- Beihe. Ich betone noch ausdrücklich, dafl in keiner der bisher angestellten Versuchsreihen die Differenz beim Wiedererlemen der Bilbenreihen zn Gunsten desG^Lemens so beträchtfieh aasgefallen ist, wie in dieser Versnchsreihe.

äMtUf fir PiTflhotogt«. L 32

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482

Chriito Pont«che\v,

^ ti^. Gruppiemiig der Resultate Ton sinnlosem Material.

Die Erj^ebnisse dieeer vier Versuchsreibeu, die »amtlich mit Merrn Meg. ausgef^lhrt wurden, stelle ich ttbersiclitUch in dem folgenden Schema auf:

Z-Tabelle 12.

Erleranng

Wiederarlerniu^

^ k-

t-, N « C

BeihenUüige

•?¥

einer '

Iii

II

einer Cr-ReOic

03

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& V «)

a5

1. 12snb. Reihe

14,86

13,26

12.76

20

m

6,6

6,9

6^76

48

Ii

2. 16 »

18,66

16,6

-t

-

<5,6

M

65

.«i

8. 18 '

21,1

18,6

7,4

7

86

4. 24 >

29

19

9,26

6^

68

Aua deu 39 tä^geu Versuchen mit sinnlosem Material geht ganz deutlich hervor:

1) Das Lemeu »im ganzen« beweist sich um so ökonomischer, je länger die Silbenreihe ist.

2) Das fraktionierende Verfahren ist um so nuTorteilhafter, in je mehr Teilen (isoliert) eine Stlbenreihe erlernt wird.

3} Die G-Silbenreihen ergaben beim Wiedererlemen 24 Stnndea spiter geringere Mittelwerte als die des gruppenweisea LemenB.

4) Die längeren Reihen haften fester im Ge^htnis als die ktlrzeren. Um sich Uber das hier Behauptete ein Urteil zn bilden, braucht man nur einen Blick iiut" die oben an|?ej!:ebenen Ersparnisse einer nach 24 Stuudeu wiedererlernten G- oder Gr^Reihe zu werfen, wo sich deutlich herausstellte, daß mit der längsten Silbenreihe zu- gleich auch die größten Ersparnisse erzielt wurden. Es ist zu be- merken, daß die Ersparnisse einer lösilbigen G-Reihe größer waren als diejenigen einer 18silbip:en. Walirscheinlich ist der Omnd da^ rin zu snchen, dafi die Vp. heim Wiedererlemen einer 18silbigeii Reihe die Betonungsweise öfter Änderte» als bei eiser Ißsilbigeiiy was die fernere Streuung der emzelnen Werte um die Mittelwelle herbeiftlhrte. Aber im Vergleich mit den Vefsnehsreiheii» die an

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Untennchnngen zur Ökonomie und Technik des Lernens. 483

anderen Vp. aufgestellt worden waren, kann man «ajjen, daß bei den in Kede stehenden Versuchsreihen verhültnismäßi^r j^crin^ere Schwanknn^en vorkamen. Ilirc Ergrebnisse besitzen daher einen entscheid enden Charakter tllr die Hauptpunkte unserer Ge- dächtnisautersuchoug.

6) Über die Ökonomie der beiden Lemveriahren gab die Vp. folgendes zn Protokoll an:

»Das Lernen »in Gruppen« scheint für mich keine besonderen Vorteile zu bieten; suhukl ich die glänze Silbenreihe zusammenlese, gehen die Gnippen so im g:anzeu auf, daß sich ihre Anfdnp:c, ob^^'lcich ich sie vorher schon im Gedächtnis zu habeu glaubte, verwischen nnd ich sie mW wieder neu merken muß.« Gleich nach dieser Angabe der Vp. möchte ich die Bemerkung einschalten, dafi sie iriUurend der Zeit, in welcher mit 12- nnd IGsilbigen Reihen ex- perimentiert wurde, stets den Eindmek hatte, daB das Lernen »im ganzen« das günstigere sei; allein als sie spftter 18- nnd 24- Bilbige Beihen zu lernen hatte, Saderte sie ihre Ansieht nnd be- richtete folgendes:

»Das T.crnen >in Gruppen» scheint mir bedeutend leichter, das Lernen »im ganzen« hingegen bedeutend schwieriger, sodaß ich nach der £inprägang der Reihe bestimmt glaube, viel mehr Wiederholmigen gebraucht zn haben als im ersten Falle.«

Uan sieht also, daB die Vp. sich mit Veigidfienmg des StoiF- nm&nges gegen das G-Verfahren ausgesprochen hatte, was sieh

hauptsächlich durch den Umstand erklären läBt, daß die Vp. sieh bei dieser Art des Lernens viel ermüdeter fllhlte als bei der fraktinniereiiden. Warum die Ermüdung aber beim Lernen »im ganzeu« schDeller eintritt, wird noch später erörtert werden.

§ 30. IndlTidnelle Eigentttmlichkeit des Gedächtnisses beim Lernen nnd Reproduzieren sinnlosen Materials.

1) Die Verhaltangsweise der Vp. bei der Betonnng der Silben Tersehiedener Beikenlängen war sehr bemerkenswert; hauptsäch- lich deshalb, weil sie während des Lesens leichter mit dem Rhyth- mus auskommen konnte. Sie wurde also sehr selten in der Be- tf)unn^^3weise der Silben verwirrt. Eine 12 silbige G -Reihe wurde gewöhnlich durch eine Cäsur in zwei gleiche Hälften zerteilt,

32*

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484

ChiiBto PeBtiehew,

wihiend eine Gr-Beilie deiielbea BeihenlXiige im ^/^Täkt dveb- geleten wurde, atngleieh mit dem GeHHd, all ob der ^/^Taki beeser zuage als der ^/^TAt

Eine 16flübige Beibe wude Im Sbytfamos eines Taktes yon 8 Silben gelesen, sodafi also auf der 1. nnd 9. Silbe der Reibe der Uaupttim (") rabte, ein geringerer Naclidruck (') aber auch auf der 5. und 13. Silbe, z. B.

1, 2, 3, A, b, 6, 7, B j 9, 10, 11, 12, 13, U, 15, 16.

Hingegen wnrdc eine 18 silbige G -Reihe in der Reprel durch zwei Inzisionen in drei gleiche Teile zerleg, indem die 1., 7. und 13. Silbe durch einen Hauptiktus aosgezeichDet wurde. Merkwürdiger- weise hat die Vp. eine Gr- Reihe ganz anders gelernt, nämlich so, daß sie die Beibe durch eine Cäsnr in zwei Hüften teilte^ indem sie den HanpCton anf die 1. nnd 10. Silbe legte; gleieb danraf las sie die eisten 6 Sflben sehneil ab; die 7., 8. nnd 9. Silbe bln- gegen ganz langsam; ebenso yerhieU es sich mit den Silben der zweiten HUfte. IKe drei loteten Silben Jeder Beibenbllfte wurden also in« einem langsameren Tempo abgelesen als die ersten seebs Silben, und zwar so:

1, 2, 3, 4, 5, 6 - (7, 8, 9) j 10, 11, 12, 13, 14, 15 (16^ 17, 18).

Hoim Lernen einer 24 silbigen Reihe hat die Vp. denselben Rhythmus angewandt wie bei einer 12 silbigen G- Reihe. Diese rbytlimiscbe Gliederung der Silben verschiedener Reihenlängen machte sich 24 Stunden später außerordentlich geltend. An eh die Vp. l»emerkte einmal, daft sie beim Wiedererlemen der SUbon- r^hen stets wissen müsse, in welebem Rhytfunns sie die Reihen ror 24 Stondea gelernt habe; dann ginge die Beprodnklion viel leiebter nnd schneller Yor sieb.

2) Nicht unwichtig ist die Art und Weise, wie Mes. überhaupt sich die Silben ^iner Reihe nnzueignon suchte. Am Anfans- äo^ Lernens war er aut die Silben nicht so sehr konzentriert, wie im weiteren Verlauf desselben. Dabei muB ich aber bemerken, daS die Vp. sehr leicht ihre AnfimerksamlLeit anf bestimmte Silben in riohton rermoehte. J>ie orten iwei Lesungen widmete sie in der Bogel der rhythmisebon Qliederang der Silbenreiho wollte sie aber gleich eine Gruppe behalten, so wurde die lotete bodontend lauter abgelesen als die flbrigen Gruppen derselben Belhe.

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UnterBuchungen zur Ökonomie und Tcchuik des Lemeus. 485

Ihre Angaben darüber lanten fo]§;endennaBen: >Aiiftiiglioh folgte meine Aufmerksamkeit nnd meine Angen- bewegnng immer der Trommelbewegnng; ick sah die Silbe oben Terechirittden, bemerkte dann die unten nachkommende sn spät, um sie zn erfsssen, nnd so blieben die zwei ersten Wiederbolnngen i^än/Akh. ohne Erfolg. Durch einen energischen Willeusakt Termochte ich endlich die Aafhierksamkeit von der at^^renden TrommclbewejTUDg fernzuhalten. Teh sagte dann die Silben schon, sobald jch ihre obertn Teile erblickte, mit divinatorischer Sicherheit her. Ich hielt znerst von jeder Grappe die erste und letzte Silbe fest nnd ergänzte dann die anderen, worauf ich die xaerat eingeprägten Silben mehr oder weniger wieder veigaB.«

»Ich lernte die Sflbenreiken jetzt anders als früher. Statt nach jeder SUbe eine glelehmafi^e Pause zu machen, sage ich jedesmal die ganze Groppe (je nach der Reihenlänge) schnell nacheinander nnd kann sie dann besser behalten. Bei späteren Wiederholungen sage ich daher, sobald ich nnr die erste Silbe auftauchen sehe, gleich die ganze Gruppe, ehe ich also die letzten biiben sehen kann. Er-'^chcinen sie endlich auch, m stellt sich etwa heraus, daß ich zuweilen eine falsche Silbe gesagt habe; dann muß ich mich schnell korrigieren, was aber wieder sehr störend einwirkt Gewisse günstige Gmppen prägen sich mir sehr schnell ein, sie bianchen nicht einmal am Anfang sa stehen, %, B. die zweite oder die dritte Groppe emer ReihenlSnge. Habe ich solche Grnppen fest im Sinn, so widerstrebt es mir, sie trotz- dem immer auch noch ta wiederholen, während ich sie unter ge* wOhnHchen Umstanden ansseheiden nnd mich auf die anderen Gruppen beschränken würde, nm dann zuletzt erbt alle Gruppen zusammenzufügen.« (Mes.)

3) Beim Re})r<idn7ieren der Silben verhielt 8ifh Herr Me.^ << itr mhig. Nach Beendi^ning der Kotation beeilte er sich nicht so sehr die Silben herzusagen, wie dies meistens bei raschen Typen der Fall ist, sondern, wenn die erste Silbe fehlte, machte er schein* bar keine Anstrengung sich daran zn erinnern, und wartete, bis die Silbe sozusagen yon selbst kam. Es kam vor, daB die Vp., als sie angefordert wurde, die Reihe herzusagen, nach 15 Sek. sinnend ruhig antwortete: sie wisse keine Silbe; gleich darauf aber folgte die fehlerfreie Reproduktion. Stockte sie während des

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Chibto PentBchew,

HereagenB, so wartete sie eine Weile, ohne die Yorhergebcude Silbe zu wiederholen. £b kamen Fälle vor, wo einzelne Silben erst nach 20, 3&, ja sogar naeh 50 Sek. im Bewnfitsein wieder anftanohten. Die Beprodnktion der Silben erfolg ein klein wenig rascber als die Zeitdauer der RotationogeBcbwindigkeit Sie betrug ttSae eine 12-» 18- nnd 24Bilbige Reihe etwa 10» 17 und 22 Sek., bei einer ICsflbigen Beihe hingegen war sie Hager (19,5 Sek.).

Die Vp. gab ferner zu Protokoll: >\V«nn ich die Reihe sicher festzuhiilten ^^hiube und ich lauge an sie aulzu^a^en, so muß ich ganz leise ßprechen, um durch die akustische Wahrnehmung die späteren optischen I->itmernugsbilder nicht zn verdrängen. Bei der Reproduktion glaube ich zwei Prozesse in mir zn beob- achten: die Reproduktion des optisehen Bildes (zuerst Vokale) und motorische und akustisohe Yoig^lnge; aber ihre Reihenfolge yennag ich noch nicht anzugeben.« Erst naeh einigen VerBuehelagen fügte die Vp. die Bemerkung hinzu: »Beim Reproduzieren der Silben 0uche ich immer das optische Bild an seinem entsprechenden Ort inneilich wiederzusehen, das Klangbild nehme ieh erst se<- kuiidär zu Hilfe.«

4) Interesbaut war das Verhalten der Vp. bei der Einpräguug der Silben einer Reihe. Gceren alles Erwarten bildete Herr Mes. am An laug der Versuche lant keine Assoziationen. Die Ein- prägung der Reihe erfolgte ganz mechanisch, nach wenigen Ver- stich stagen aber suchte er die ähnlich aussehenden Silben mitein- ander zu assoziieren ) und damit war der Weg zur Bildung ver- sohiedenartiger Assoziationen gebahnt Schon nach der eisten Wiederholnng suchte die Yp. zueist die Vokale resp. Diphthonge zu behalten. Die in alphabetischer Reihenfolge auftretenden Vokale prägten sich am leichtesten ein. Besondeis leicht wurde einmal die Gruppe »fik dOt— lensc behalten» weil die Übergänge Ton einer Silbe zur andern durch Konsonanten ^^änzlich verschiedener Artikulatiousgebicto scharf markiert uud {geschieden waren. Die ersten A«s*>ziationen entstanden also hauptsächlich nach der Form nnd Klau^^farbe der Silben, später aber suchte die Vp. einen Zu- sammenhang zwischen einzebien Silben ausüudig zu maoheu, und dadurch entstand bei ihr die Tendenz, den Silben eine Bedeutung zn geben. Der erste Versuch entstand durch Verbindung Ton 4 Silben zu einem einzigen Wort, das aber keinen Sinn eigab.

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üntemtohungen cur Ökonomie nnd Teehnik des Lerneni. 487

Aus der Gruppe: »wor, men, heig^riz« machte Herr Mes. ein einziges Wort, das, wenn auch yOllig sinnlos und gar keine sekun- diüre AMOziation bewiikend(l)} durch die Geläufigkeit der ein- zelnen Silben acbon nach der ersten Wiederholnng fest eingeprSgt wurde. Die Ursache dafUr &nd Herr Mes. darin, daft die an- atofienden Konsonanten Infolge ihrer yersehiedenen Artikulation leicht ansdnander sn halten waren, und daß die Vokalfolge eine günstige war, insofern jede Silbe einen neuen differenzierten Vokal enthielt Sodann machte Herr Mes. auti 2 oder 3 Silben emzclne sinnvolle Worte. Beispielsweise: au3 *mül* »hop< MüUenhoff; aus >Iaan< >zek« »raut« = Lanzenkraut; nm »taan« »pus* »deir« = Tannhäuser Erst mit der vorschreiteuden Übung ging die Vp. unwillkürlich zum Aufbau ganzer Sätze Uber, deren £nt8tehnng sie in folgender Weise erklärte:

»Assoaationen fordern sehr die Einpiilgong der Bilbenreihen. Kine solche Assozuition reicht nie Uber eine Gmppe hinaus; mit der betonten Anfangssilbe der folgenden Gmppe wird sofort ab- gebrochen. Sie tanoht merkwürdigerweise nicht sofort in genauer Klarheit auf, sondern zuerst machen mir die aufeinander folgenden Vokale den Eindruck einer Vokalfolge eines geläufigen sinn- vollen Satzes; aus diesem unbestimmten Nebel taucht dann bald der inhärierende Gedanke auf und verschwindet nicht wieder, ja ich bin seiner noch am tolgeiiden Tage vollkommen sicher. Daher kam es, daß die Silben einer Gruppe: »gusch« »neel* »kUni« »waad« sich sehr leicht zusammenfügten, und zwar schwebte mir dabei der Gedanke vor: Gustav, hole Wasser am Brunnen, wobei ich assozierte: gusch » Gustav, waad » water engl. Wasser, hingegen wufite ich »ned« und »kttm« nicht mit Sinn zu füllen, sie schwebten mir undeutlich vor als Ausdruck eines stren- gen Befehls im Sinne: »Gustav 1 schneU hole Wasser 1< Trotzdem bildete Herr Mes. verhältnismäßig weniger Assoziationen als die anderen Vp. Bemerkenswert ist die assoziative Hilfe, die hierbei von dunkel bewußten Vorstellungen geleistet wird!

5^ Von großer Wichtigkeit ist es, den sensorischen Orund- eharaktcr des Gedächtnisses dieser Vp. festzustellen, bchon in der Versuchsreihe 10 stellte sich deutlich heraus, daß das visuell- akustisch-motorische Lernen schneller zum Ziele führte als das rein visuelle. Bloß akustische Versuche habe ich nicht

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Christo PontKhev,

angestelltj aus den Ergebuissen aber geht ohne weiteres hervor, daß diese Yp. ein starkes Ortsgedächtnis (visuelles) besitzt. Eine Silbe wurde nur dann als eine schon dagewesene wiedererkannt, wenn die Vorstellung ihres Ortes im Bewnfitsem aafgetmcht war. Die yp. erklärte demgem&fi, daß sie steh tot allem das opti- Bohe Bild einer Silbe an seinem entspiecbendeo Ort yoirastellen sacbe; das Klangbild aber nebme sie erst sekundär in Hilfe. Wie wird nun aber der Umstand erklärt, dafi, wenn dieYp. eine Groppe von Silben schneller behalten wollte, sie dieselbe bedeu- tend lauter ablas als die übrigen Gruppen derselben Reihe? Nicht die akustischen Eindrücke (Klänge), sondern die motorischen Begleiterscheinungen waren es, welche die Bchnelle Einprä£^nng der Silben herbeiführten, hauptsächlich die Lippenbewegung, was eben sagen will, daß die motorische Seite des Lernens bei dieser Vp. stark entwickelt ist.

Ans dem bisher Gesagten ist es daher gar nieht schwer zu bestimmen I welebes von den drei Gmndelementen des Gedächt- nisses bei dieser Yp. die dominierende Rolle spielt Beim lauten Lernen ist die Reihenfolge der Elemente diese: moloriseh Yisnell^aknstiBoh, d. h. das letzte Element spielt die geringste RoUe.

6) Zur Feststellung der Schnelligkeit und Leichtigkeit bezüg- lich der Einpräguug der Silben irgend einer ReihenUinge dient folgende Tabelle: die Sili cn kamen bei ihrer Einprägung in der nachstehenden Keihenlolge vor:

1. Eine 12sUb. Reihe: 1. 2. 12. 11. 3. 4. 6. 8. 9. 6. 10. 7.

2. > 16 » . : 1.16. 15. 13. 2.5. 8. 9. IL 14.3. 4.6.7. 12.10.

3. » 18 . » : 1. 18. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 17. 15. 16. 10. 12. 9.

13. U. IL

Man sieht also, daß die erste und letzte Silbe jeder Reihe am schnellsten eingeprägt wurde. Nicht ohne Interesse sind daher die folgenden Kurven der Konzentration der Aufmerksamkeit, die aof Grund der bei der Einprägnng der Silben gewonnenen Zahlen aufgestellt werden können:

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Untersnchiiiigen zur Ökonomie and Tadinik de« LernenB. 489

100,

t 2

r ä . 1

3 4-56 < 1 1 1 t 1

7

8 0 m 11 12

9S

' ^

90.

Fig. 6. Kon2entratio& der AafmerkBamkeit bei einer 128ilbigeii Beihe.

Fig. 7. Konsantrftüon der AvfineikMmkelt bei einer IBsQbfgen Reibe.

Fig. 8. Konsentntion der Anfinerkeainkeit bei einer ISeilblgen Beibe.

Wie man siehti war die Vp. am besten konzentriert auf die exBte Silbe jeder Beih«illiiige. Am geringsten war die Anfinerk- samkeit bei der 7. Silbe einer 12-, der 11. einer ISsilbigen Beihe

gesunken; hingegen zeigte sie bei den Silben einer lösilb. Reihe keine bedentcnden Schwankungen. Yergleiclit mau die oben auf- gezeichneten Kurven mit denjcnieren der anderen Vp., so sieht man, dali die Autincrki^amkeit der in Rede Btebendeii Vj). «gleich- mäßiger auf die elDzelnen Silben einer Heihenlänge verteilt war, als bei anderen Yp.

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Christo Pentiehew,

7) Wie weit das Vergessen bei Herrn Me«. nach 24 Stunden voigeschritteu war, ist auf Seite 482 schon angegeben. Iiier will ich nnr noch hinzofllgen, daß mit der vorachreitenden Übung auch das Behalten snnahm. £s ist aaeh ferner nicht zn ttbersehien, daß das Vergessen hei Herrn Mes. g^eieh nach der Erleninng einer Silhenreihe nicht so sehneli eintrat wie hei Herrn Per. Der eisteie Termochte eme Silhenreihe etwa 20 Sek. nach dem Hersagen in devselhen Beihenfolge wiederzugeben; nach mehr als einer Stunde aber war das Vergessen so weit fortgeschritten, daß er nnr noch mit ^lolier Anstrengung sith au einzelne Silben erinnern konnte, und njich 24 Stunden war, wie er sirh änBcrte. »keine Spur uielir von der Silbenreilie vorli.L nd c ii ^ Allein beim Wieder- erlernen kam das Wiedcrcrkeuueu der Silben sehr rasch zu stände.

8) Daß Herr Mes. zu den raschen Typen gehört, wird nicht nnr ans dem bisher Gesagten, sondern auch noch dnrch den Um- stand bestätigt} daß er jedesmal ohne große Anstrengung 6 Silben nach einmaliger Wiederholung fehlerfrei zn reproduzieren ver- mochte. Bei einer größeren Anfinerksamkeitseneigie aber stl^ diese Zahl schon auf 7, ja zweimal auf 8. Für Ebbinghaus betrug diese Zahl stets 7«).

9) Der Einfluß der Übung machte sich bei Herrn Mes. im Ver- laufe der Zeit, in welcher mit sinnlosem Material experimentiert wurde, sehr stark geltend. In den Versuchsreihen lU und 11 merkt man keine größeren Fortscliritte der Übuug hingegen nahm sie an den letzten 10 Versuchstagen außerordentlich rasch zn. Um den Einfluti der vorselireitenden Übung näher zu konstatieren, habe ich nebenbei an den 6 Versuchstagen noch eine 12 silbige Beihe erlernen lassen, die 9,5* als Mittelwerte ergab. Vergleicht man die ErspamiBse einer 12 silbigen Reihe, die in den ersten 15 Yeisuehstagen erzielt worden waren und die emer 12- und 24silbigen Beihe, die zum Schluß der Versuehe in Anwendung kamen, so erldUt man folgende Mittelwerte:

Z-Tabelle 13.

Zum Erloriion einer Notw. Wiederh. Ersptni.inPl0i.

1. G-12Bilb. Beihe in d. Versucher. 10: 12,75 W. ÖO

2. G-12 > » > > > 13: 9,5 > 37

3. G-24 » > > > > 13: 19 > 74

1, fibbinghauB, Über das GeditohtniA S. 64.

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Untereuchungen zur Ökonomie und Technik des Lernens.

491

Eine 24fdlbige Reihe ergab also nicht anch doppelte Dnroh- whnitlawertey Bondem sie wnide an späteren Yeranehetagen mit einem Hinns von 6,25 W. erlernt Wenn man den Mittelwert emer 12 silbigen Beihe 12^5 auf 60 setzt nnd dementsprechend die anderen ebenso in Prozenten ansdrOckt, so sieht man, 1) daß eine 128ilbige Reihe unter dem Einfliiü der Ühuiij^^ später eine Ersparnis von 13^ W. ergab, 2) daß eine 24sill)ige Reihe ent- sprechend einer 12 silbigen nicht mit doppelt so viel W, erlernt wurde, sondern mit einer Ersparnis von 26^ W.

n. Untersnehang mit sinnyollem Material.

§ 31. Versnehsreihe 14.

1) In der vorstehenden Versnehsreihe fungierte Herr Mes. eben- falls als Vp., welche diesmal Strophen aus Sehillers >Üido^ zu lernen hatte. Zeit des Experimentierens wie vorher. Das Ver- suchsschema war ganz ähnlieh wie in der Versuchsreihe 8. Man sieht aus der nachstehenden Tabelle, daß das Lernen »im ganzen«, wie immer, daigenige Verfaiuren ist, welches mit einer geringeren Anzahl von Wiederholungen schneller znm Ziele führt

2) Aus den Resultaten geht nun hervor, daß die G -Strophen um 6,4 W. schneller erlernt wurden als die des fraktionierenden Verfahrens. Beim Wiedererlernen waren für beide Lernverfahren gleich viel Durchschnittswerte notig. liingegen verhielt es sieh ganz anders mit der Zeitmessung. Die T- Strophen wurden, wenn auch mit einer kleinen Differenz, in kürzerer Zeit erlernt als die G-Strophen nach dem Wiedererlemen aber war es gerade umgekehrt

3) Auf Befragen, welches Verfahren sie für gtlnstiger halte,

legte die Vp. folgende Augabe zu Protokoll nieder:

»Das Lerneu »in Gruppen« fordert mehr Zeit nnd Wieder- holungen, weil nach dem Erlernen der 2. Strophe schon ein Ver- gessen der ersti'ii eingetreten ist; ich kannte sie unmöglich ohne nochmalige Wiederholung reproduzieren. Gelingt nun die Gesamt- reproduktion beider Strophen nach einer Wiederholung schon, so habe ich doch das Gefahl großer Unsicherheit, manche Stellen sage ich nur antomatisch her, ohne von ihrer Bichtigkdt Über- zeugt zn sein.«

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492

Chiiito Pentsekflw,

R-Tabelle 6 Anfiwg Yenaehs: von 7*/«— 8 Uhr Moigens.

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»Beim Lernen >iin jjanzen^ stellt sich bei mir stets größere Ermüdung ein al- licini gruppenvveiäen Einpriigeu. Da man nun den Müdigkeitsgrad stets zum Maßstab der geleisteten Arbeit und der Ycrflosseueu Zeit macht, habe ich stets den Eindruck, daß das Lernen »im gaozenc mehr Zeit und mehr Wiederholongea erfordert als das Lernen »in Grappen«, obachon die Eigebmaae Btets das Gegenteil beweisen.«

4) Ans dem bisher Gesac;ten ist leicbt die Frage sn beant- worten, wamm die T- Strophen mit einem Ifinns ron 34 Sek. in kürzerer Zeit erlernt worden als die G-Stropben, wübrend die Gesamtwiederboliingsxahlen der ersteren viel bOlier ausfielen als die der letzteren.

Aus der subjektiven Erklärung der Vp., welche durch die ob- jektive Bcdbaclitnng bestUtigt wurde, stellt sich nämlich herans. daß die (i -Strophen infolge eben dieser Ermüdung im Vergleich zu den T- Strophen in laugsamerem Tempo gelesen wurden. Wodurch diese ftlr das G -Lernen geltende £rmtidnng bewirkt wird, soll später erörtert werden.

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Uatersuchungeu zur Ökonomie und Technik des Lernens. 493

(YerBnohsreihe 14). VefBoduipenoii: Hen 0. Het.

6 Veraachstage.

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3.1

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5) Die Möglichkeit einer Unsicherheit der Ergehniase beider LecnweiNii hinaiehtlich ihres (Skonomisohen Wertes ist somit ais- gescUossen, sobald die alMoInteii Wiederboluigsidileii der aif- gewendeten Lenisrbeit sUeiii in Betraeht geiogen werden.

6) Der Vorteil des O-Verfabrens tritt dnreb die Versnobe mit sinnToUem Material nniweifelbail klarer nnd denfUeber herroT als dnrch die mit sinnlosem Material. Vergleicht man die Ergeboibüe der ersten vier Versuchsreihen mit denjenigen der Versuchsreihe 14, so sieht man, daß die Resultate beider Leruvorfahren beim sinnvollen Material im Vergleich mit denjenigen von sinuiosem viel gleichmäßiger sind.

§ 32. Versachsreihe 16.

1) In den bialiengen Versnebsreiben ist die Tatsaebe konstatiert worden, daB das fraktionierende Lemyerfabren trotz seiner btSbe* ren Mittelwerte bei der Erlenrang nnd Wiedereileinnng oft in kurserer Zeit znm Ziele fObrte als das Lernen »im gansen«. (Gegen Steffens.) Wober dies? Znr LOsnng dieses

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494

Christo Pentschew,

ProblefflB dient die vorstehende Versacbsreihe 15, welche ich an mir selbBt ausgeführt habe, indem ich zu gleicher Zeit Versuch a- person und VersnehBleiter war. Vor allem habe ich die Zeit- dauer des ErlerneDB, Wiedererlemena nnd des JedeamaUgen Her- sag^B genan gemeaaen. Selbstrentündlieh vergaB ich aiiefa nidit, mir die absolute Anzahl der Wiederholmigeii bei jedem Lern- verfahren zn notieren.

Ich sirbeitete jcdesiual morgens früh uat-li 7 Uhr. Als Leru- material benutzte ich das Gedicht: »die Zerstörung von Troja<, wehlies auch als Stoflf iu der Versuchsreihe 5 gedient hatte. Ich wiililte mir daher nnr solche Strophen ans, die ich früher während der Yerauche mit Frl. K. nicht gelesen hatte. Am 1., 3., ö. n^w Versnchstage lernte ich 3 achtzeilige Strophen nach dem

Verfahren auswendig; am 2., 4., 6. nsw. Versnehstage ebenso Tiele »im ganzen«. Tilglieh kamen also 6 Strophen vor, TOn denen 3 neae waren. Die Art des fraktionierenden Lernens war folgende: Alle 3 Strophen las ieh einmal »im ganzen« dnreh; dann wnide jede dieser 3 Strophen isoliert bis zur ersten fehlerlosen Repro- dnktion gelernt. Qleidi daranf rersnchte ieh alle 3 als ganze herzusagen. Gelang es mir nicht, so wnrden alle so lange wieder- holt, bis sie einmal lehlerfrei hergesagt werden konnten. Nach der Wiedererlcriiuitg der Strophen fand eine Panst- v(ni 2 Min. statt; nach der iöülierten Erlernung der zweiten iStrophe hing^^ habe ich eine solche von 5 Min. beobachtet.

2) Von den 16tilgigen Versuchen erhielt ich folgende Be- snltate:

Z-Tabelle 14.

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Untcrsucimugt'ü £ur Okonuaiie uu<l ieciiuik de» Lernens. 495

Zusammenfassang der ErgebaiBse.

1) Ziebt man hier den GeaamtaufwaDd von Zeilenwiederholungen aUdn in Beteacht» so BtelH äeh in dieser Versnehsieihe noch dent- liefaer heraus, daß G-Lernen entschieden vorteilhafter ist als das fraktionierende Verfahren. Mit einer DifiSerenz yon 19,2 wurden die G-Strophen schneller erlernt als die T-Strophen, fUr die ich audi beim Wiedererlcriien mehr Wiederliuluugen brauchte.

2) Anders verhielt es sich ia Bezug auf die Zeitdauer der Erler nniiG-. Hier sind ganz negative TleHultate zu neheu. JJie T- Strophen wurden mit einer Differenz von 1 Min. 24 Sek. schneller erlernt als die G- Strophen; hingegen ist die Zeitdauer des Wiedererlemens für das stückweise Verfahren hedentend nn- gflnstiger ansgefallen als Air das G-Lemen.

3) Ich sachte nnn in dieser Versnohsreihe an mir seihst zn eiprobW) ob dieses eigentllmliche Verhalten des G- Verfahrens einzig and allein anf die grOfiere Ermttdnng znrttckznfthren sei, oder ob nicht etwa anch andere Faktoren mitspielen.

Während der Versuche habe ich folgendes an mir beobachtet: An den ersten zwei Versuchstagen bemerkte ich nichts anderes als eine Anhtlnfung der Wiederholung8auzahl beim T-Vcifahren. Aber schon :»ni dritten Versuchötage berührte mich das fraktio- nierende Verfahren ganz eigentümlich. Ich freute mich schon siim voraus auf den bestimmten Versuchstsg, wo die Erlernung der T-Strophen stattfinden sollte, obgleich ich nattirlich schon wußte, daß ich dabei doppelt so viele Wiederholangen brauchen würde als beim G -Verfahren. Hatte ich wirklich die Strophen nach dem gmppenweisen Lernen dnrchznnehmen, so konnte ich anfimgs schwer besümmen, ob sich in Erwartung dieser Aufgabe Lost oder Unhist bei mir regte, da ich die Raschheit des Erfolge« doch in Zweifel zog. Gleich nach der isolierten Erlernung der ersten Strophe empfand ich aber eine innere F'reude , daß der Umfang der Aufgabe abgenommen hatte nnd sie nun leichter /.u erfüllen war. Infolgedessen fing ich unbewußt an, die zweite Strophe in rascherem Tempo zu lesen. Die angenehme Aus- sicht, nach Bewältigung des größeren Teils der zu lernenden Strophen bald das Ende an erreichen, erweckte in mir ein starkes Lnstgeftthl, dies bewirkte aber Ükt das Erlemen der dritten Strophe ein noch rascheres Tempo. Erst nach der gesamten Reprodnktion

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496

ChriBto Penttchew,

aller Strophen kam die Ennadmig zur Geltung dann war ich aber schon fertig 1

Beim Lernen »im 'ganzen« hingegen spürte ich schon an- fangs Uulnst Ich eah drei lange Strophen vor mir! Mit einiger Überwindung machte ich «ich an die große Aufgabe. Die enten zwei Wiederholungen verwendete ich hauptsächlich dazu, zu sehen, ob es darin besoaders schwierige Abschnitte gebe. War dies in der Tat der Fall, so sah ich mich immer gezwungea, die schwierigen Zeilen langsamer durchzulesen. Beim Beginii des jedesmaligen Dorchlesens fragte ich mich, ob ich die Strophen nioht schon wisse; wenn ich aber noch keine Ahnung davon hatte, Tersnchte ich mich noch intensiver auf das Lernen an konzentrie- ren und las die Strophen in langsamerem Tempo. Ein starkes UnlostgeilUil entstand gleich nach dem ersten Reprodnktionsversucb, denn ich sah, wie mangelhaft die Einprägang der Strophen ge- lungen war. Damit stellte sich die erste Spur von Ermüdung ein. Nach weiteren Wiederholungen machte sich die letztere aber noch stärker geltend, sodaß ich das Lemtempo nicht mehr gleich- mftßig erhalten konnte. Das Aafeagen aller Strophen erforderte noch eine ganz besondere Anstrengung, was mich noch mehr er- müdete. Daraus geht nun hervor, daß das Lernen »im ganzenc bei mir stets ein Unlustgeftlhl erregte, das eine Ermadong _ und zngleich eine unwillkürliche Verlangsamung des Lern- tempos herbeiführte. Die unvermeidliche Folge davon war, daß die Lemzeit hier länger ausfiel als beim fraktionierenden Ver- fhhren, wo immer eincBr^chleunignn^ des Tempos stattfand.

Mit der Versnchsreibe 15 wurden die Hanptrersnche abge- schlossen, da die bisherigen Ergebnisse in Bemg auf die Öko- nomie des Lernens ganz dentlich waren.

Abschnitt III: Kontrollverauohe.

§ 33. Allgemeines.

Durch die Versuche mit Erwachsenen vnirden also die Haupt- fragen in Beziehung auf die Ökonomie des Lernens in einer tlber- aus befriedigenden Weise gelöst. Wir suchten nnn die bisherigen Besultate durch die Versuche mit Kindern zu prüfen. Allerdings hat L. Steffens in dieser TTinsicht schon Versuche an zwei Kin- dern (einem 10jährigen Mädchen and einem 9jährigen Knaben) angestellt; allein man darf nicht yergessen, daß diese zwei Ver- suchsreihen nnr mit sinnvollem Material ausgeflihrt worden waren. Wir haben auch hier einen Schritt weiter getan, eine größere Anzahl von Schulkindern zn nnseren Yersnchen herangezogen

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Untereucbungeu zur Ökonomie und Technik des Leinene. 497

und zngleicli jedes Kind sowohl sinnlose Silben, wie auch Strophen auswendig lernen lassen. Aber diese KontroU- Teisnehe wardeu noch aas anderen Grttnden an Kindern angestellt. Wir haben bei den HanptyerBachen einige Lern- typen kennen gelernt. Wir sahen noeh, daß das Tisnell-akastisch« motorische Lernen bei Erwadiisenen entschieden vorteilhafter ist, als das rein visuelle oder rein akustische Verfahren. Da die eben erwähnten Gesichtspunkte fUr die Schalpraxis Ton großer Beden* tnag sind, so lag die Frage nahci ob diese Lemtypen bei Kindern ebenso deutlich ausgeprügt seien, wie bei Krwachsenen. Offenbar sind die Yersnohe mit sinnToUem Material bei Kindern mit einigen Schwierigkeiten verbnndeUi namentlich, weil man für mehrere Ver- suchstage keine so langen Gedichte hat, die in Bezog anf gleich«» mäßigen Bau und Verständnis dem Kindesalter entsprechen.

Die vorstehende Reihe von Versnoben wnrde mit ftlnf Schnl- kindem ans Terschiedenen Klassen dnrehgeftlhrt. Die Untere saehnng begann mit sukzessiver Vorftthnmg sinnloser Siibenreihen, deren Aufbau schon am Anfang des ersten Kapitels angegeben wurde. Die Versaehsumstände blieben gana älmlicb >vie in den Hauptrersnehsreihen. Die Beschreibung der einzelnen Versnehs- reihen sei daher auf das Notwendigste besehrilnki

§ 34. Versuchsreihe 16.

1) Als Vp. diente hier Edwin Öt, ein 14jfthriger Knabe aus der II. Seknndarsehnlklasse. Anfangs konnte er nur schwer eine 12 silbige Kcihe auswendig lernen, weshalb die Versache mit lOsil- higen Reihen angeÜBngen worden. Erst spBter, als er die Silben rubig und richtig von der rotierenden Trommel ablesen konnte, kamen 12 silbige Reihen in Anwendung. Den Vorübungen wurden daher 10 Tage gewidmet, die eigentlichen Versuche dagegen dauer- ten 16 Tage. Zeit: liy,— 12 Uhr. Die Kotationsgeschwmdigkeit wurde während der Einübung allmählich anf 10 Sek. fes^setsi £. Öt lernte täglich vier 12 sUbige Reihen auswendig, von denen zwei neu waren. Die Erlernung, wie auch 24 Stunden später die Wiedererlernung der Silbenreihen erfolgte bis zur ersten fehler^ freien Reproduktion. Das VerBnchBscbema war folgendes: am 1., 3., ö. usw. Versuohstage wurde eine Silbenreihe »in Gruppen« zu je 4 Silben, die andere zu je 6 erlernt; am 2., 4., 6. usw. Vei^ suchstage kamen 2 G- Reihen vor, von denen eine laut, die an- dere rein visuell gelesen und gelernt wurde. Näheres tiber die Vemtcb Bauordnung ist aus der nachstehenden Tabelle der Ver- snehsreihe 16 su sehen.

Aicyr lir Pirtholofto. L 33

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498

ß-Tabelle 7 Anfing d6t Venuehes: UVr^lS Vht.

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1) Hier täiid eine Pause vüu 2 Tagen atatt.

8) Dw AnfbM der onten Silbennilia MUen dem Kntben tehr Mhwieris ni aeltt.

3} Am Sonntag wnide kein Venneb nnagefllhrt

üiguizea by Google

UntersuchuQgeu zur Ökonomie and Technik des Lernens-

499

(YerBaclisreilie 16).

Yp.: Edwin Ot Jaluo alt), bis am 2a Jnli 190L

16 Vemdutage.

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14

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16

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16

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20

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10

10

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Im g. lautlos

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Im g. laut

11

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22,5

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16

In Gr.zuje6S.

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500

Chrbto Pmteoliew,

2) liesultate der Versnchbreiiie 16. a. Stellt man die Eigebnisse der ersten und zweiten Beihe zosammen, m eiiiiUt man folgende Mittelwerte:

Z-Tabelle 15.

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Eriernong

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o.

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Wiedererlemung

Erspsni. in FroB.

des

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einer 6-Reihe

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einer G- Reihe

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Lernens

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'visuell

Stand«

1

'S

1

einei Reihe

1. In nruj)i)en

24,6

30,9

•*

Ol

9,76

10,76

65

2. Im ganzen

28,8

27,9

10

9,6

0

In Bezng auf das ökouomische T.emen stellte sich ^anz deut- lich heraus, daß das Lernen >in (irappeu« zu je 4 Silben viel Torteilhafter ist aU dasjenige »im ganzen« oder >in Gruppen« zn je 6 Silben. Sonderbarerweise erschien die Et- lemnng einer 12BUbigen Beihe in swei isolierten HftUten dem Knaben anfierordentlieb sebwer, was stob hanptsftohlicb dadnieh erUiien IKßi, daB das Yeigessen naob der isolierten Erlenrang der beiden Beihenbllflen so weit fortgesebritten war, daB er die ReOie ab »game* wie eine neue Imen mnBte; hingegen halle er immer Freude beim Lernen »in Gruppen« zu je 4 Silben.

b. Beim Wicdererlemen der Silbenreiben sieht man, daLi auch das Behalten für eine fraktioniere ti d c Gr^-Reihe das güimtip-ste ist; wälirt iid das Ltmcii »im ganzen« hier wiederum die Mitte hält. Mit einer kleinen Diüerenz wurde also eine Gr^- Reihe fester eingeprägt als eine Gr- oder eine Gr '-Reihe.

c. Gegen alles Erwarten lernte der Knabe die Silbenreihea rein visnell sehneller nnd sicherer auswendig als lani >Ioh kann mir die Silben leichter merken, wenn ich ta» nidit laat lese«) erklirte er. Aneh 24 Stunden spftter wurden die SOben- reihen nach der Tisuellen Art des Lernens mit geringerer Wieder- holungsanzahl wiedererlemt als akustischrmotoriaeh.

§ 35. Versuchsreihen 17, 18, 19 und 20.

Das 12jähri£r«^ Mädchen, Hedwig Bri , an«» der VI. Primar- schulklasse diente in allen diesen Versuchsreihen als Vp. Die

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Untereucbungeu zor Ökonomie und Technik des Lernens. öOl

Yennohe nüt den VoTttbmig«ii enbeokten neb Uber etwa 60 Tage. In den Versnehsreiben 17 und 18 kamen 9-, 10* und 120ilbige Beiben in Anwendung, wSbrend in den letaten zwei VefBnebsreiben mit ^nuToUem Material operiert wurde. leb beginne mit der Be-

Bprechaug der einzelnen Versuchsreihen.

1. Unterenebnng mit einnleeem Material.

Yerenebsreibe 17.

1) Da Hedwig Bri. anfangs sich bei der Erlernung einer 12Bil- bigen Heihe zn sehr ermüdet fühlte, wählte ich als Stoff der vor- stehenden Versuchsreilie und lOwilbige leihen aus Der Zweck dieser Versuchsreihe war, zn erfahren, welche von den beiden Arten des Lernens für die Einprägnng der Silbenreihen die günsti- gere sei, ob das rein Tisuelle, d. h. mit onterdrUcktem Sprechen, oder das aknstiseb-motoriBebe Lernen. Die eigentUeben Ver- saebe nmikBten 14 YerraebBtage. Zelt des Ezperimentietena: naeb 41/1—4*/« übr. Die Botatlonsdaner wurde ftr eine Seilbige Reibe aof 8,5 mid lllr eine lOsQbige auf 9 Sekunden festgesetzt

Die Yp. lernte tSglieb 2 G-Reiben answendig, Ton denen eine eine 9-, die andere eine lOsilbige Reihe war; beide wurden 24 »Stdn. später bis zum ersten fehlerlosen Hersagen wiedergelernt.

Am 1., 3., 5. usw. Versuchstage lernte Bri. die 9 silbige Reihe rein visuell, die lOsilbige dagegen akustisch-motorisch aus- wendig. Am 2., 4., 6. usw. Versuchstage hingegen wurde eine 98übtge Beibe aknstiBeb-motoriscb und eine lOeübige rein lisnell erlernt.

2) Die Besnltate waren folgende:

Z-Tabelle 16.

Erlenmng

WiedererlemoBg

Bflihenlänge

lautes Ablesen

' visuelles 1 Ablesen

Differenz

Standen späti

lautes Ablesen

95 ^

Differenz

L Bine »sabige G-BoOie & > 10 » * *

19,6

15

18,6

1^

1,1

7,25 7,5

6,8 7,5

0,45 0

Die oben angegebenen Zahlen deuten darauf bin, daß aneb fttr diese Yp. die Tisneile Art des Lernens gttnstiger ist

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60S

Christo PentMdMw,

als die aknstisch-motorische. Aach beim Wiedererlernen hit Bich die visnelle Art des Lernens einer Qsilbigen Beibe als etwas günstiger erwiesen als die akostiseli-motoriselie. Yersnehs reihe 18.

1) Diese Yersaelisreihe diente snr Vei|;lei«ihii]ig des G -Lernens mit dem fraktionierenden Verfalnen bei 12BiIbigen Reihen. Die Zeit des Ezperimentierens blieb dieselbe, wie in der Torangehenden Versnehsrelhe. Rotationsdaner flir eine ISsIlbige Reihe 10 Sek. An jedem VersucbBtage kam eine 6 -Reibe und eine iraktionierte vor, die in zweifacher Weise erlernt wurde; einmal »in Gruppen« zu je 4 und ein andermal >in Grupj)(:n< zu je Ö Silben. Die Pausierung war die ubücbe. Dii iH ihtabeile teile ich wegen ihres großen Umfange» wiederum nicht mit

2} Resnltate der Versnohsreihe 18, Zosammenstellang der Eigebnisse der eisten und sweiten Reihe:

Z-Tabelle 17.

Erlflcnaug WIedflinL Enpiiato fai Pn».

1. InGmppenjj^ ^ f ^ ^ 21,6 » 8,25 > 61

2. Im gaaien 22^ > 8»9 ^ 60

R-Tabelle 8

Anfkng de§ VmaohM: Ton Uhr. Vp.: Hed-

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der Strophe in 2 T«il«ii

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üntinnittbiiiigen tiir ÖkoBomie und Teohnik des Leraens. 503

Wie in der YeiBaehBreilie 17, ao zeigte sich auch hier, daß das Leraen »im ganzen« weniger vorteilhaft ist als das fraktionierende. Man BieH daB, in je mehr Teile die Süben- reihe zerkgt wnrde, desto günstiger das letstere Vei&Jirea war.

. n. Untersnohnng mit sinnTollem MateriaL

Vernuchsreihe 19.

1) Es war interessant zu wissoM, ob das G -Verfahren sich auch beim sinnvollen M:iteri?il nls unökunoniischer erweisen würde. Als Memorierstoff wurde die Dichtung von T. Uhland: »Teils Tod« verwendet, welche, aus 12 achtzeiligen Strophen bestehend, gerade ftr 6 Versuchstage reichte. An jedem Versnohstage lernte also H. Bri. 2 aefatseilige Strophen auswendig: eine *im guiien«, die andere naeh dem fraktionierenden Verfidoen; beide wurden 24 SIdn. spUer wiedererlemt, sodaB tSglieh 4 Strophen in Anwendung Icamen.

Das T.-VerfakTen war folgendes; naeh einmaligem DueUesen der ganzen Strophe ward diese in zwei gleiche HSlften zerlegt, die <:aiiz isoliert von einander erlernt und nachher als >^[\nze* bis zur ersten fehlerluseu Reproduktion wiederholt wurden. Zeit des Ezperimentierens: 5 Uhr. Die Pansierung wie bisher.

(VersucliB reihe 19).

wtg Bri. (12 Jahre alt). »Teils Tod« voa Uhland.

l'O r B e m

der Strophe im gaiuen

inn Wiedererlernea

der Strophe, die in STeilen erlernt wurde 1

der Strophe, die im enc

elcher Stelle

Die Strophe

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-G

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Dauer des Wieder- erlernens

a

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24 Stunden 8

cichcr Stelle '

Notwendige Wiederhol.

Dauer des Wieder- erleruons

auer des ersagens !

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Dauer des Wieder- erlemens

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604

Christo P«iitMlieir,

2) Die Resultate der Versuchsreihe 19. Aus den Ver- suchen mit siniiToilem Material stellt sich ganz dentlich heraus:

a. Das Lernen »im ganzen« tfta H. Bri. ist entsehieden Oko- nomiscber als das stückweise vor sich gehende Lernen. Kit bedeutend geringerom JÜttelwerte (7,2) wnrde die G- Strophe ror- teUhafter erlernt sls die T- Strophe.

h. Sowohl die Erlemnng wie nach die Wiedererleniiing der G-Slrophe erfolgte in kürzerer Zeit als die der T-Strophe.

c. Das Behalten ftlr das G-Verfahren ist, wenn aneh mit einer kleinen Differenz, doch günstiger als für das fraktionierende Lernen.

Es blieb nnr noch zu untersuchen, ob die visuelle Art des Lernens auch beim sinnvollen Material schneller zum Ziele führt Zur Beantwortung dieser Frage dient die Versuchsreihe 20.

1) Ais Stoff der vorstehenden Versacbsrelbe schien mir Bttigen >Ued vom bmyen Mann« sn passen. Die Versnche umfaßten 8 Tage: an den ersten 5 Yersachstagen halte H. Bri. tBglieb 2 G.-8trophen auswendig va lernen: eine rein yisnell und dne akustisch-motorisch; an den letrten 3 YmidiBtagen hingegen wnrde mit doppeltem Umfimge des Stoffes experimentiert, d. h. tilglieh kamen 4 neue Strophen vor, von denen 2 yisnell und 2 akustisch-motorißch erlernt wurden. Ganz in derselben Weise er- folgte 24 Stunden später auch die Wiedererlemnng der Strophen. Um ein gleichzeitiges Erfassen aller Zeilen einer Strophe zu ver- meiden, mußte die Yp. die nicht zu lernenden Zeilen stets mit einem Papierbogen verdecken.

2) Resultate dieser Versuchsreihe, a. Hier erhielten wir Besaltate, die nieht mit denjenigen der Venmehsreihe 17 ttber- einstimmen. Die Tisnelle Art des Lemens erwies steh als nn- gttnstig nnd zwar: Je gii^Ber der StoiAimfang» desto schndler wuden die Strophen dnrch lautes Lernen eingeprigi

b. Aneh heim Wiedererlemen der Strophen bewirkt die visuelle Art des Lemens höhere Durchschnittswerte als die aknstiseb- motorische.

c. Nicht (i;iririelbc kann in IJczug auf die Zeitdauer des Er- lemens und Wiedererlcrnens gesagt werden. Die Erlernung wie auch die Wiedererlernung einer Strophe nach der visuellen Art des Lemens erfolgte in kürzerer Zeit als nach dem aknstisch- motoiischen Verfahren. Diese £rseheinnng IftBt sich dnrch die

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J

Untersuchungen zur Ökonomie und Technik des Lernens. 505

folgende Überlegung klar maehen: Bnreh das Sprechen war die Vp* in den Stand gesetzt, sich leicht m kontrollieren, ob sie die ZeOen zu langsam oder m schnell lese, wührend sie beim Tlsnellen Lernen die Zeilen schneller durchlas, ja sogar manchmal mit den Angen einfiich llherflog, ohne sie in Wirklichkeit gelesen zn haben. Die sich leicht einprägenden Stellen wurden ganz flüchtig durchgenommen I die Bciiwierigen wurden etwas länger betrachtet.

Zusammenfassung:

Ans den Yersachsieihen 17, 18, 19 nnd 20 eigiht sich:

a. Das Lernen >im ganzen« sowohl heim Erlernen, wie anch beim Wiedererlemen des sinnyoUen Materials ist vorteilhafter als das gnippenwelBe Verfahren, während dieses beim sinnlosen Maleiial schneller zom Ziele itthrte als jenes.

b. Die Einprägnng eines sinnvollen Sttlckes ist für das akn- stisch-motorische Lernen günstiger als iWr das visuelle; bei sinn- losen Silbenreihen aber verhielt es sich gerade umgekehrt Die Ursache hiertUr wird später erörtert werden.

§ 36. Versuchsreihen 21, 22, 23 und 24.

Znr Kontrolle der Ergebnisse, die ich mit H. Bri. erzielte, rieh- tete ich eine andere Reihe von Yersnchen ein, zn welchem Zwecke diesmal ein Knabe gldchen Alters nnd derselben Schnlklasse (Hax Herl) herangezogen wnide. Die 21. nnd 38. Versnehsrdhe wurde

mit 12- und lösilbigen Reihen, die 23. und 24. Versuchsreihe mit Strophen ausgeführt. Um anfangs eine zu große Anstrengung zu vermeiden, wurden die Vorübungen mit lOsübigen Keihcn be- gonnen und erst zum Sehluss derselben kamen 12^ilbi^e Heihen in Anwendung. Die Versuche mit dieser Vp. dauerten mehr als 60 Versuchstage in der Zeit von b^/^ 5*/4 Uhr. Die Versachs- nmstttnde blieben dieselben.

I. Untersnchnng mit sinnlosem Material.

Versuchsreihe 21. 1) Die eigeütli( }u u Versuche wurden am 12. August 1901 mit 12 gilbigen Keihen begonnen, nachdem die Vp. einige Geläufigkeit beim Lesen nnd Reproduzieren der Silbenreihen gewonnen hatte. Botatlonsdaaer fhr eine ISsilbige Reihe: 10 Sek. Am 1., 3., ö. nsw. Vemtchstage kamen 2 nene Gr-Reihen vor: eine »hi Gmppen«

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506 Chiitto PentMlmr,

«

zu je 4 Silbiii lind eine za je 6; am 2., 4., 6. usw. Versu^hstage hingegen lernte der Kuabe 2 6 -Reihen: eine aknetisch-mo to- risch, die andere rein yisuelL Die ablieben Pansen wnxden beobachtet

2) ResiilUte der VerBnchsreibe 21. Wenn man die Er- gebnisse der enten nnd zweiten Reihe znsammenrteUt, no etliStt man die folgenden Mittelwerte:

Z-Tabelle 18.

Aft dM

Klerniug

Q Später j

WledttMlenmag

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Gr'^-Reihe Wiederhol.

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1--^

Ans den gewonnenen Zahlen gebt nnzwdfelbaft herror:

a. daB das grnppenweise LernTerfabren siek bedentend Okonomiseber erwies sls das G-Lemen; hingegen wuden die Sflbenreihen naeh dem letzten Verfahren yiel seb neiler eingeprägt,

wenn sie vieuell abgelesen worden waren. Nach dem Wieder- erlemen ergab eine Gr'-Beihe den höheren Mittelwert als eine G-Reihe;

b. daß die visuelle Art des Lernens beim Krlcrnen der Silbenreihen auch für den Knaben entschieden günstiger ist als die aknstiseb-motorisobe; beim Wiedererlemen aber nnvorteü- bafter.

Um sn sehen, ob dieselben Resnltate sieb aneb bei einer lin- geren Silbenreibe ergeben würden, führte ieh mit derselben Yp. folgende Versncbsreibe ans:

In der Versnobsreibe 22 wnide mit Idsilbigen Reiben ope- riert Yersnebsanordnunj^ wie fiHher. Die Umlaufsgescbwindlgkdt wurde auf 12,5 Sek. festgesetzt. An jedem Versuchstage lernte Max Herl, zweimal lösilbigc Keihen auswendig: eine fraktionierte (>in Gruppen* zu je 5 Silixen) und eine G-Keihe, die einmal vi-suellj ein andermal aku8tij*eli-niotorisch jsrelemt wurde. Das fraktionierende Verfahren ist auch liier wiederum ökono-

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Untonwebungen zur Ökonomie ud Tecbnik des Lemens. 507

misch er, wenn auch die Differenz sich nicht so betrüiehtüch er- weist Beim Wiedererlernen stellt sieh die EänpiSgimg lür disaelbe Yerfiüiren gani besonders günstig heraus.

Die Tifliielle Art des Lemens ist immer Torteilhafter als die akostisch-motoriBcliei welche auch beim Wiedereriemen eine höhere Wiedeilioliingsaasahl ergab.

IL Untersnchnng mit sinnvollem Material.

Versuchsreihe 23.

1) In den ersten 5 Vevsnehstagen wnrde als Stoff das Gedicht von Joh. A. Eberhard: »Peter in der Fremde« verwendet. Täglich lernte Max Herl. 2 aclitzeilige Strophen auswendig: die eine nach dem G- Verfahren, die andere nach dem fraktionierenden Ver- fahren. In den letzten 5 Versu( listag:en wnrde der Umfang des Stoffes verdoppelt. Die zu lernenden Strophen wurden diesmal aus Bürgers »Lied vom braven Mann« genonmien. Die Vp. hatte jedesmal 2 Strophen >im ganzen« und 2 in zwei isolierten Teilen sn erlernen, sodaß im ganzen tiigUch 8 Strophen in Anwendung kamen, von denen 4 ganz neu waren. Die Flansen wvden selbst- yertttndlich demgemftB yeigrOfierL Sonst blieb des Ver•1lehs▼e^ fahren dasselbe wie bisher.

2] Folgende BesBltste wurden eihalten:

Z-Tabelle 19.

Erlernung

Wiedererlemnng

aProz.

Strophen

43 .

Dauer des Erlemens

r: n

S*

Dauer des Wiedererl.

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Min.

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Min.

Sek.

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+0,6

+ 23,6

4

Aus der vorstehenden Tabelle ergibt sich folgendes: a. Das Lernen >im ganzen« ist hier ökonomischer. Mit einer ziemlich großen Differenz von 7,4 W. wurden die G-Strophen schneller erlernt als die des fraktionierenden Verfahrens, welches auch beim Wiedereilenien höhere Durchschnittswerte ergab.

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506

Chrifto PoitwlMw,

b. Die Erlernung der T-Strophen erfolgte in kürzerer Zeit als die der G-Strophen, welche aber 24 Stunden später schneller wiedererlernt wurden als die enteren.

Versnehsreihe 24.

Max Herl, lernte täglich zweimal 10 Zeilen aus dem zweiten Gesan^r de« >Ileineke Fuchs« auswendig: 10 Zeilen rein visuell und 10 akustisch-motorisch. Zum voraus wurde dem Knaben klar gemacht, wie er die Zeilen lernen mußte. Die Wiedereriernuiig der Strophen fand nicht Btatt.

Die Ergebnisse waren folgende:

1) Zum Erlemen der 10 Zeilen akustisch-motorisch: 9,5 W.

2) > > > » > rein visnell: 13,75 > Man sieht also, daß die visnelle Art des Lernens eines slnn-

ToUen Stackes nngOnstig ist

§ 37. Yersuchsreihen. 25, 26 and 27.

Diese drei Yennchsreihen worden an dem lOjShrigen MUdehen Meta Herl (Schwester ron Max Herl) ans der IV. Primaraehnl- Uasse angestellt Die 12rilhigen Beihen kamen nickt mehr m Anwendung, da sie eine zu grofie Anstrengung beanspruditen; infolgedessen wurde in der Venmehsreihe 25 mit 10 silbigen Reihen experimentiert. In den letzten 2 Versuchsreihen waren Strophen zu lernen. Diese Versuchsreihen erstreckten sich Uber 38 Versochs- tage.

I. Untersnchnng mit sinnlosem Material.

Versuchsreihe 25.

1) Zeit des Experimentierens: 41/4 43/4 Uhr. Geschwindigkeit der rotierenden Trommel: 9 Sek. Täglich kamen dreimal lOsü- hige Bethen vor: eine firaktionieiende (in zwei isolierten ffiOAen} and zwei G-Beiken, von denen eine visnell, die andere aknstisck- motoiisek erlenit wurde. Verfiüiren im llhrigen wie frttker*

2) Ans der BoktabeUe ergab sieh: a. Das fraktionierende Lernen einer Silbenreihe ist auch ftlr Meta Herl, vorteil- hafter als das 6-Verfahren; 24 Stunden später aber wurde eine G-Kcihe mit weniger Wiederholungen wiedererlemt als eine T- Reihe.

h. Die akustisch-motorische Art des Lernens ist sowohl beim Erlemen wie auch beim Wiedererlemen der Silhenreihen günstiger als die visnelle.

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Untersachongen zur Ökonomie und Technik des Lernens. 509

n. Untersnebniig mit sinnyollem Material

VerBuchsreihe 26,

1} Als Stoff dieser Versuchsreihe wurde Bürgers Gedieht »Das Lied vom braven Mann« benutzt An jedem Versuchstage hatte Meta Herl. 2 sechszeilige Strophen auswendig zn lernen, Ton denen die eine ▼iraeU, die andere akustisch-motorisch gelesen und gelernt wmde. VeimicluiiunBtftnde dieselben wie bisher.

2) Bas einzige sichere Eigebnis der Versoche war, daB die Strophen naeh dem lauten Lernen sohneller eingepiigt worden als nach dem TisneUen LemTerfalireni welch letzteres sich auch heim Wiedereriemen als ongunstiger erwies.

Vo rsuc b s reihe 27. Dieselbe Yp. hatte täglich 2 achtzeilige Strophen aus dem Ge- dichte: »Peter in der Fremde« aaswendig zn lernen. Die Art des fraktionierenden Yer&hrens war ganz llhnlich wie in der Veisoeha- reihe 19.

Z-Tahelle 20.

Art

Eiieniuiig

Wiedererleranng

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des

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Erlemens

Dauer des letzten

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1. Eine Strophe in 2 Teilen

16,8

3

43,4

29,8

3

1

49,4

34,6

80

2. 9 im ganzen

13

5

11

25.4

2,6

1

6,4

37,8

80

Differenz

+ 3^

-W6

4-M

+■0.4

-3^2

I-

Hieothei Ist wiederum das Lernen »Im ganzen« das Dkonomi- seheie Verfhhien; auch die Einprägnng derG-Strophe war fester als die der T- Strophe.

Man sieht aber femer, daü die T-Strophe in bedeutend kürzerer Zeit erlernt wurde als die des G-Lemens, während es sich beim Wiedererlemen gerade umgekehrt verhielt

§ 38. Versuchsreihen 28, 29 und 30.

Bis jetzt haben wir bei Kindern die eigentümliche Ersohehinng beohaofalet» daB sie sinnlose Silbeareihen Skonomisdier nach dem

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510

Ghihrto PentBobew,

fraktionierenden Verfabren lernen als »im gensM«. leb fragte mieh nim, ob die bisherigen ErgebniMe tob sinnloseni me aneb ▼on einnTollem Material meb aneb tta ein noeb jttngeres Kiiidea- alter bestlltigen. Die näcbaten Veranebereiben wurden daber an dem Sjlbrigen Knaben Hennann Met. au der II. Primaraehnl- klaflse angeateDt

Die Vorttbimgen wurden mH 6 silbigen Reiben begonnen, bis der Knabe eine Geschickliclikeit beim Lesen uud licpruduzieren sinnlosen Materials f^ewonnen hatte; später aber fol^'ten 8 billige Reilien in den Versuelisreihen 29 und 30 , endlieb Strophen. Die eig:entlicben Versucbe umfaßten 20 Versuchstage. Die Ver- auchsanordnung blieb dieselbe.

1) In der Versuehsreibe 28 lernte Henn^Tin Met. zweimal Sailbige Reiben: eine »im ganzen« und eine »in Teilen« auswendig. Eine 0-Beibe wvrde in doppelter Weise gelernt: yianell nnd aknatiaeb-motoriacb. Zeit: 11'/)— 12 Ubr. Die Rotattona- daner betrog 8 Sek. Die Bob-Tabelle lassen wur wiedemm ibrea Umfimgs wegen weg.

R-Tabelle 9

Anfang des Yeraachea: von lli/g— 12 Uhr.

Goethes »Erlkönig«.

Die

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zum Erlemen einer Strophe in 2 Teilen sa je 8 ^((|ilfla

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Uateraucbaageo zur Ökonomie und Technik des Lemenä. 511

8) Ans def TiMle erhftlt maa folgende Mittelwerte:

Z-Tabelle 21.

Krlomiuig Wiedererlern. ErBparnisse in Pros. L lA Gruppen &\x je 4 Silben 17,2 W. 6,75 W. 60 laut 17,8 . 6,86 * 61 viflueU 21,3 » 7,15 .

2. im. guuen

1a. ku b. vif

Mit dnem Gewinn von 0,6 wurden die l^benreihen nadi dem

fraktionierenden Verfahren schneller dem Gedächtnis eing:eprägt alä nach dem G -Lernen. Auch beim Wiedererlemen ist (hisaelhe für das erste Verfahren zu konstatieren. Man sieht alsi», daß das lernen >im ganzen« bei siuuluHem Material auch hier wiederum sich ab etwas ungünstiger zeigte; hingegen ist die yisu eile Art dee Lernens weit an tot teilhafter als die aknstiBch-motorisclie.

Yereneh Breill e 29. 1) Bei diesem Yenneh lernte Uet täglich eine Strophe ans Geeftee »ErlkOnigc »im ganzen« nnd eine in swei iwHertett Hälf- ten auswendig. Das Versnchsschema blieb unverändert

(Versuchsreihe 29).

Vp.: üenuaiiii Met (6 Jahre alt}. 4 Yemidistage.

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1) Der Knabe wnfit» die Strophen ohne jede Wiedoholna«.

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1

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512 Cliriito PeiitMliew,

2) H. Met. prägte nicb die zn erleruende Strophe viel iriiiistiger nach dem G-Verffthreii ein, als nach dem T-Yerlabreu. Die Differenz ist groß genug, um jeden Zweifel an dem Vorzug des G- Lernens vor dem fraktionierenden zn beseitigen. Auch beim y^Mdmrleinen wurden positive Besnltate erhalten. Hiniiehtlich der Zeitdauer des ErleraenB ist noch dnmal die Tatiaehe an konatatieren, daB die T-Stropke in kttrzerer Zeit eing^rigt wurde ato die G-Strophe, während beim Wiedeierlemen das Um- gekehrte eintmi

Zur Feststellung, ob Met. tinnyolles Material besser visuell oder akustisch-motorisch lerne, dient eiue weitere Versuchsreihe, die aber ab^rebrocben werden muUte, weil die Strophen dem Knaben unverstäudlioh blieben.

§ 39. üruppiernnp der Resultate der Versuche mit sinnlosem und sinnvollem Material bei Kiudern.

1) Wenn wir nun die Eigebnisae der bisherigen Veraoche mit Kindern knn ansammenfiwMn, ao ergibt aieh:

a. Das Lernen in Gmppen igt bei sinnlosen Silbenreiken vorteilhafter ab das »im gansen«, weleh letzteres sieb aber bei sinnvollem Material aJs weit Okonomiseher sfweist als jenes. Es sei noch ausdraeklieh bemerkt, daß die G- Strophen bei allen Kindern immer mit geringeren Wiederholnngszahlen erlernt wurden als die T- Strophen.

b. Das Hehalten ist hei den Versuchen mit Rinnvollem Mate- rial ftlr das 0 -Lernen günstiger rils für d;is T- Verfahren. ^Bci den Versueiien mit sinnlosen Silbenreihen aber verhielt es sich ganz verschieden.)

c. An mehreren Versuchstagen fUhrte das Lernen »im ganzen« in kttrzerer Zeit zum Ziele als das fraktionierende Veriahien; ftr manche Vp. aber erfolgte die Zeitdauer des Erlemens nnd Wiedererlemens der Strophen nach dem letzten Yerfiüiren bedeu- tend schneller als nach dem ersteren.

d. Die visuelle Art des Lernens einer Silbenrelhe war ftr Öt, Bri. nnd Max Herl. gOnstiger als die akustisch-motorisehe, während dies Verhältnis bei MetJi Herl, und Herrn. Met. sich umkehrte; bei arlleu Kindern aber wurden die Strophen akustisch- motorisch schneller nnd fester dem Credächtois eingeprägt als rein visuell.

Üigiiiztiü by <-3ÜOgle

Untersachttagen zur Ökonomie und Technik des Lernens. 513

Wamm das sionloBe Material hier In Bezog auf die Ökonomie dea Lernens negaii?e Besnttate eigab, wiid spSter noeh erOrtert weiden.

2) Ober die individaelle Eigentttmllchkeit des Ge- dftohtnisses bei Kindern ergäbt sieh ans den Yersnelien Folgendes:

1. Da unsere Absiebt war, die Kinder beim Lernen and Be* produzieren der sinnlosen Silbcurcihen zu beobachten, so wurde ihuen die Betonungsweise nicht angegeben. Sonderbarerweise haben fast alle Kinder die Silbenreiheu im Jambus gelesen, mit einziger Ausnahme des l4jährifiren Knaben, Edwin Ot , di r bei einer Gr^- Reihe unwillkürlich den Trochäus angewandt hatte. (Gegen G. £. Müller, der den Trochäus bei Deutaehen ftlr den bevorzugten Rhythmus hält). Die Silben einer Beihe wurden vom Beginn bis mm Answendtglemen stets in dnem gleiehmilßigen Tempo gelernt. Bei keiner Vp. (Kinder) ist es Toigekommen, daB in einer Silbenreihe eine Gmppe lelatiy sehneller gelesen wnide als die anderen Gruppen, wie wir dies bei Erwachsenen bemerkt halten. Beim Wledererlemen taneblen immer meist diejenigen Silben im Bewußtsein auf, die eine stärkere Betonung erfahren hatten.

n. Die Reproduktion der Silbeu erfolgte bei allen Kindern ganz mechanisch und ohne ein Bewußtsein der Sicherheit. Nachdem

2. B. Mjsx Her einmal die Silben einer lösilbigeu Reihe alle richtig aufgesagt hatte, fragte ich ihn, ob nicht eine daron tehte: ja, es fehlen noch 2 und die Silbe >soog< habe ich falsch her- gesagt, antwortete er mit Bestimmtheit Sehr bemerkenswert war das Verhalten des Knaben beim Anfingen. Herl, nnd Öt mnBten immer die erste Silbe einer Bdhe wiasen, deshalb sagten sie die Reihe gideh nach Beendigung der Boiation anf, nnd wenn die eiste Sflbe naeh 10 oder 15 Sek. niefat kam, so wnssten sie in der Regel kaum 2 oder 3 Yon der Beihe noeh an nennen. »leb mufi die Silben schnell auflagen« , erklärte Öt. »sonst weiß ich keine mehr!« Beim KepKtduzieren waren die Mädchen ruhiger; gerieten sie in Stockung, so machten sie keine Anstrengung, sondern warteten eine Weile, bis die Silben kiinien. Hemerkenswert war die Verhaltungsweise der Hedwig Bri., welche die Silben immer der Reihenfolge nach reproduzierte, während bei den anderen die Silben manchmal rückwärts oder gar durcheinander hergesagt wudenl Bei allen Kindern aber war die Tendenz Torhanden, die Silben in derselben Gesebwindigkeit hennssgen, in weleher sie Ton der rotierenden Trommel abgelesen worden waren.

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514

Christo PentBohew,

IQ. Aas den Ergebnissen stellte sich heraus, daß auch bei Kindern das akustiBch-uoto rieche Element die Grundlage des CkdllohtnisaeB bildet, während das visoelle eine sekundäre Rolle spielt, obgleich bei den Versuchen mit sinnloflem Material negative Hesnltate in dieser Hinsicht erhalten wurden, was hauptsächlich durch die schwierige Artikulation der sinnlosen Silben erklärt werden kann. Es zeigte sich femer, dass sowohl die Knaben wie auch die Mädchen die Stellen der einzelnen Silben sehr wenig einprSgen, wiederholt gaben sie an, es fehle die siebente oder elfte Si\he. während das niclit der Fall war.

Bei der Einprägung der Silben spielte der akustische Eindmck die dominierende Rolle. Wollten die Kinder eine Gruppe tob Silben schneller behalten, oder sich auf dieselbe intensiver konzentrieren, so wurde sie lauter abgelesen. EineAnsnahme davon maehte das Mädchen M. Herl welches die Reibe ganz leise dmeh- las, wenn es gut kouzeutriert war. Beim visuellen Lernen, das wohl niemals rein visuell verlief, waren die motorischen Begleit> ersoheinaiigen ganz deutlich spürbar. Es zeigt sich ein um so größerer motorischer Drang bei dieser Art des Lernens, je niedriger das Alter des Kindes ist.

IV. Uber das Behalten und Vergessen ist Folgendes zn sagen. Wie schon erwähnt, konnten die beiden älteren Knaben eine Silbenreihe zum zweiten Male nach einer Pause von Uber 20 Sek. nicht mehr fehlerlos reproduzieren oder sie wußten nur noch wenige Silben wiederzugeben nach ujehr als Stunden aber war keine Spur von der Reihe im Gedächtnis zurttckgeblieb^ Kach 24 Stunden war das Vergessen natürlich noch weiter vorge- schritten. Bei den Mädchen und bei dem siebenjährigen Knaben war das Gegenteil zu beobachten. Zur Probe habe ich jede der letztgenannten Vp. nach verschiedenen Pansenlängen aufgefordert, die schon einmal reproduzierten Silbenreihen zum zweiten Male wiederzugeben. Dabei konnten die Silben bis nach 2^^ Min. noch fehlerfrei reproduziert werden. Auch das Wiedererkennen der Silben bei ihrer Wiedererlemung kam bei diesen Vp. mehr zur Geltnng als bei Ot. und Herl. Ein Merkmal, um den raschen Typus zu erkennen: die Zahl von Silben, welche unmittelbar nach ein- maliger Wiederholung derselben doch noch fehlerfrei reproduziert werden konnte, betrng für Max H. 5, fUr H* Met 3 und fär E. Öt., H. Bri. und Met. Herl, je 4.

V. Nicht ohne Interesse wären auch die Kurven, durch welche die Konzentration der Aufmerksamkeit auf einzelne Silben einer Reihe bei Kindern dargestellt werden ktonte. Um eine Vei^

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Untersuchangen zur Ökonomie lud Tecbaik des Leruen». 515

gleichiiiig mit ErwacbaeneB zu eimitteb, wiU ich die Enr^en der Sdinellierkeit der Einprägang der einzelnea Silben nur bd den- jenigen Kindern an&eiehnen» die 12i^bige Beiben sn lernen hatten. Bei aUen dieeen wnrde die erste Sübe am eobnelliten dem GedSefatnis eingeprigt Beieiebnet man nvn die ente Silbe mit 100 und gibt dementaprediend die Sebnelligkeit der Einprttgnag der ttbfigen Sflben derselben Beibe in Proienten an, eo gewinnt man einige ZaUen, die folgende grapbiaebe Darstellong ergeben:

Ffg. 9. Konientnliim der Aofiaerkeanikeit bei einer 12eilbigeii Beibe.

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Fig. 11. Ebeotto. Hedwig Bri.

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516

Chiitlo PentMbew,

Wenn man nun die bisher angestellten Knnren (bei Er- wichaenen und bei Kindern) miteinander vergleicht, so muß ohne weiteres festgestellt werden^ daß das Maximum der Aufmerksamkeit di« erste Silbe einer Sübenieihe bildet; dann nimmt die Auf- meriuamkeit wibiend des Lesens allm&blieh ab; bei der 10. Silbe smkt sie in der Regel am tieftten, gkfieb darauf steigt sie raseher an; allem sie ernidit nie mehr die anflbig^lie Höbe. Sehr anf- fUlend ist aber bier die Tatsaebe, da8 das Midien Hedwig BrI. auf die ersten paar Silben sehr 'f;ut konzentriert war, während der Lesung der Reihe aber nahm seine Aufiuerkgamkeit allmählich ab, bis sie b^ den letzten 2 Silben ganz tief gesunken war.

§ 4U. bcblufiwort zu dem zweiten Kapitel

Kaebdem wir die Torangegaugenen Hanpi- nnd EontioQreisvebe im Detail besebrieben baben, bleibt uns noeb übrig, einen all-

gemeineu Überblick Uber deren Ergebnisse zu geben. Ich stelle zu diesem Zwecke die Resultate aller bisherigen Versuchsreihen auf zwei übersichtlichen Gef^aiiittahellen zusammen, indem ich die Versuche mit sinnlosem und sinnvollem Material von einander trenne.

Es können namnehr folgende auf Orund der empiriscben Er- gebnisse gewonnenen Fragen erOrtert werden:

1) Wie soll man den Begriff des Dkonomiseben Lernens auf' fassen?

2) WeldwLeniweise ftbrt sebneUer anm Ziele, das fraktionierende Verftbren oder das Lernen »im gansen« nnd wenn das letitere das 5kononusobereVerfabren ist, wie kann man dann die folgenden

Erscheinungen erklären:

a. daß die Resnltate sinnlosen Bfaterials bei Kiudern i\lr dieses Lemverfahren ganz uni^rlinstig waren?

b. daß die T- Strophen an mehrercu \ ersuchstagen sowohl beim Erlernen wie auch beim Wiedererlerneu in kürzerer Zeit erlernt bezw. wiedererlemt werden als die G- Strophen?

3) Worin besteht Uberhaupt der Vorzog des Lernens »imgauen«, Tor dem fraktionierenden Verfsluren?

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Uutersuciiimgeu i^ur ukouoiuie und Tecboik des LerneoB. 517

HL Kapitel BuknssiM der Betaltate.

§ 41. Begriff des ökonomiseheii Lernens.

Die Art und Weise, wie L. Steffens den BegrifiF des ökono- mischen Lernens aaltaßt, ist unvollständig^ and nngenUgeud. Am Schiaß des 2. Kapitels ihrer Abiiaadlung versteht sie unter dem ükonoJiüscheuLemoTi dasjenige Verfahren, welches in der kürzeren Zeit (mit dem gcriugercii Zeitauf wände) zum Ziele llihrt. Kb ist aher unbedingt einseitig, unter der Ökonomie des Lernens nur den Zeitaufwand des Eilerneas sn TerBtebeD. Selbst wenn maii» wie wir wiederholt getan haben, den Kraftaufwand mit in Betraeht zieht» ist der Begriff des Okonomiaehen Lemena noch zn eng gefiifit Man strebt gewöhnfieh nicht blos danach^ einen Hemorierstoff sich schnell oder leicht anzueignen, sondern auch ihn ftlr längere Zeit zn behalten. Die grOBtmdgliehe Ökonomie wird man also durch ein Lcrnverfahren er- zielen, das mit dem geringsten Aufwuiide an Arbeit (Kraftaufwandj und Zeit einen Memorieratoff so fest ein- prägt, daß er für eine möglichf^t Ifinp-e Zeitdauer im Oe- däehtnis behalten und produziert werden kann. Wir be- streben uns daher, eine solche Lemmetbode zu finden, nach welcher das zu erlenieiKl( Stnck nicht nur mit wenigen Wiederholungen und geringem Kraliauf wände erlernt, sondern auch nach einer bestimmten Zeit ebenso schnell wiedererlernt werden kann.

Fragen wir uns nun, wie wdt unsere Versuche in dieser Bichtung gelangt sind. Wir haben ihre Ergebniese mit Worten und tabellarischen Übersiehten bereits illustriert Smd nun jetzt die Resultate der Versuche mit simdoeem und simiTOllem llaierial sowohl bei Erwachseneu als auch bei Kindern klar und deutlich genug, um feststellen zn können, daß das Lenicu »im ganzen« tatsächlich das vorteilhafteste Verfahren ist?

1) In erster Linie ist zu entscheiden, welches Lemveriahren mit geringstem Arbeitsaufwand zum Ziele führt Es ergab nun bei sinnvollem Material die Betrachtung der absoluten Wieder- holungazahl, daß die G-Methode bei Erwachsenen und Kindern ?iei weniger Wiederholungen beansprucht als das gruppenw^ Lernen. Man hStte erwarten können, daß die Ungleichm&Bigkeit desStrophen- materialsdieGultigkeitdieBer Tatsache bedeutend einschrinkenwflrde.

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518

Chiiito Pentechsv,

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Uatenadmnfen mt Ökonomie und Technik des Lernens. 519

tabelle I.

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üntenmoliQiigeii rar Ökonomie und Teehnik des Lmuau^ 521

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Erlernen

2 Strophen im ganzen

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Das war aber nicht der Fall Vielmehr: Je größer derUmfau«: des uach der G-Methodfc zu erlcruenden Stüekes ist. deato evidenter stellt sich der Vorteil des G-Verfahrens vor dem fraktionierenden hcraai d. h. die absolate Anzahl der Wiederholungen ist heim Q-Lemoi in allen Versachsreihen immer geringer, nnd diese TatBaohe ist nnabblngig ron der Beschaffenheit des Lernmaterials. Bd sinnlosem Material scheiden sich die Ergebnisse, je nachdem die Vp. Erwachsene oder Kinder waren. Pttr Erwachsene bat sich der Vorzog des G -Lernens anoh hier entschieden bestätigt. Bei Kindern aber wurde eine Reihe sinnloser Silben - iu Gruppen« mit weniger Wiederholungen erlernt als >im ganzen«. Ftlr dieses eigenttlmliche Verhalten können folgende Erkläraogs- gründe ge^i^eben werden:

a. Sinnloses Matenal bietet Kindern viel größere Schwierig- keiten als Erwachsenen, weil es ihnen noeh an artikulatorischer Übung fehlt Sinnlose Silben besüsen fiir Kinder nicht denselben Grad der Gdtnfigkcit beun Sprechen wie ftlr Erwachsene. Bifdge dieser lantphysiologischen Schwicfigkett erfordert eine G-Beihe ▼on sinnlosen Silben bei Kindern gröfiere Anstrengung als eine fraktionierende Reihe.

b. Diese ftnfteren Umstilnde bedingen ein entsprechendes Ter- halten der Aufmerksamkeit: nie wird durch eine G-Reihe mehr iu Anspruch genommen. Nun tritt leichter geistige Ermüdung ein, worauf naturgemäß die AuftK rksamkeitsspannune: nachläßt nnd die ftlr Kinder so ungewöhnlichen Silben bei Mangel an Kon- zentration leicht in Verwirrung geraten. Es sind daher zur Über- windung dieses Übelstandes hei einer 0-Keilie immer einige Wiederholnngen mehr nötig bis znr ersten fehlerfreien Reproduktioii. Wird dagegen dieselbe Silbenieihe in 2 oder 3 isolierten Teilen erlernt, so werden die Silben jeder Gruppe bald gemerkt und leiditer eingeprttgt, denn die Anfinerksamkeit erfittiit bei diesem stttekweisen Voigehen kehie Einbuße. Aach kommen lattt den protokollierten Tatbestilnden hier weniger Yerweehslingen vor, als bei der Einpräguug »im ganzen

c. Nicht weniger wichtig ist auch der folgende Punkt. Die häufigere Verwechslung der Silben einer G-Reihe scheint in den Kindern dt n Kindruck croRer Schwierigkeit zu erwecken. Da» bewirkt unmitteibai ein UnloBtgetWf wodurch die Anünerksamkeit

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UntetBoohimgeB bot Ökonomie und Technik doe Leraeu. 523

lugttnstig beeinflußt wird. Die gegenteilige Erfahrnng: mneht man beim fimktionierenden Verfahren; hier werden die Silben jeder Gruppe leichter erlerat und weniger oft rerweehaelt Das EiDd empfindet da])et den sicharen, ruhigen Fortschiitt in der Be- wältigung der An^be nudi jeder hinzugelernten Gruppe sehr aogenelun, und dieses Lustgefühl wirkt auf den ganzen Verlauf des psychischen Prozesses günstig ein. Es bldbt freilieh die Möglichkeit, daß nach längeren Vorübangen doch das Lernen »im ganzen« auch für Kinder vorteilhafter wird.

2) Fuhrt dae Lerneu »im ganzen< auch in kürzerer Zeit zum Ziele. Auch in iiezug auf die Zeitdauer der Erlemuiig und Wiedererlernung laBt sich sagen, daß der Vorzug der G-Methode bei einer idealen Gleichmäßigkeit des Lemmaterials absolut glommen nm so größer wird, je länger das zu erlernende Stttck ist Da aber diese ideale GleichmüBie^it niiqgends zu finden ist, so zeigt sich oft|daB das finaktioniereadeyerlaluren mit geringerem Zeitsufwünd zum Ziele führt. Ich konstatierte dies sowohl hei nur als auch bei anderen Vp.>)

So haben wir dam die Doppelfrage zu beantworten: Wie Ittfit sich erklären, daß das T- Verfahren häufig trotz größerer Wieder- holnngszahl in kürzerer Zeit den Zweck erreichen hilft als die G-Methode?

Ich suchte diese Erficheiniinp: s<^hon in Versuchsreihe 15 zu er- klären und erwähne hier noch kurz Folgendes:

a. Die kürzere Zeitdauer beim iraktionirenden Lemverfahreu wird nicht allein durch den Umstand begreiflich, daß die dabei

Ij Auch Steffens weist auf eine bedeutende Anzahl von Versuchstageu Ua, wo T- Strophen hi kOnerer Zeit erlernt wurden ale die O- Strophen. Die ExUXmngsgrUnde dafür sieht sie in dem Umstund, daß die G-Strophen besonders schwierijice Absclinitte enthielten, die sich sehr schwer einpräp:en ließen. »Ist das Lernmaterial von erheblicher rneh'inlmiüßinfkeit, so h:xf das G- Verfahren den Nachteil, wogen besonderer ächwiengkeit eines oder weni- ger Abschnitte allen übrigen Abschnitten mehr Wiederiiolongen zu TeU wer- den SQ UuNMA, ale für ihfe genügende Einprügong erforderlich sindc (S. 46). Sie TeigiOt aber, daß auch in den T -Strophen eolcbe schwierige Abschnitte vorkommen. Ihre Erklärung ist also ungcnitgend. Dieselbe Erechcinnng wird auch von Ebbinghaus best.'itiprt. Er bemerkt auf S. 68 69, daß die Zeit für die Stanzen erheblich grül3er ausfiel, wenn er sie von Anfang bis zu Ende (»im ganzen«) dorchgelesen hatte, als dann, wenn die tdiwierigeren Stdien beeonders gelernt nnd dann eingeigt worden. Wamra eich dies ao TMbilt, daftr gibt er k»faie ErUSning.

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Christo Penteebew,

benatzten Strophen etwa leichtere Abschnitte enthieHeo als die 6-Stropheii, denn oft beanspraehten geiade diese leMeren kflnere ZeHdaner, wenn ole besonden sebwietige Fteäen anftviesen.

b. Die Vp., die beim O-Lemen eine ttogere Zeit ntftig hatten, bemerkten aDe überanstimmend, dafi eich dabei stets grOBere Ermttdnog dnstellte als beim T-Yerfidnen. Die grOBeie &mftdnng wird dadnreh erkliit, daß das Lernen »im ganzen c mehr Anf- merksainkeitscnei^e beansprucht. Die Vennutunix, daß wohl die Eiiipräguiig bald gelinjreu werde, bewirkt eben eine immer inten- Birere Konzentration der AutmerkBamkeit.

c. Die eintretende Ermlidunjx aber hat zar nnmittelbaren Folge eine Verlangsam ung des Lemtempos. Umgekehrt zeigt sich beim fraktionierenden Verfahren eine Beschleuni^ng desselben, da die Vp. im angenelmien Gefhhl des sieher sich nähernden Zieles mi- wiDkttrlieh in größerer Eile angespornt wird.

Ans diesen Erwignngen geht nnn herror, daß der Vorzng des Lernens »im ganzen« Tor dem fraktionierenden Tiel dentlieher nnd beweiskräftiger durch die absolnte Ansah! der Wiederholnngen dargetan wird, als blos durch die Be- rttcksichtiguug des Zeitaufwandes.

3) Endlich fragt sich noch, nach welcher Lenunethode das zn erlernende Stück (Strophe oder Silbenreihel am besten behalten wird. Darauf ist kurz zu antworten, daß das Behalten sich ftir die 6 -Methode beim Wiedererlemen dauerhafter erwiesen hat als Atr das gruppenweise LemTcrfahren.

Die bisherige Betrachtung Uber die Ergebnisse beider Lera- weisen deutet unzweifelhaft darauf hin, daß die Q-Methode (zur Überraschung mancher Vp.) tatsllehlich die Ökonomischere ist, denn sie führt mit viel größerer Arbeitsersparnis und ge- ringerem Zeitaufwand (in den meisten FSllen) zum Ziele; hauptsSchlieh ermöglicht sie ein leichteres Beproduzieren und festeres Behalten.

% 42. Worin besteht die »Ökonomie« des Lernens

im ganzen?

Unsere bisherige Betrachtung bat genügend gezeigt, daß das Lernen >im ganzen« prewisse Vorteile bietet Das verlangt nun eine psychologische Erklärung. Vereinigen wir die Ton Steffens

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Untersuchungeu zur Ökonomie and Technik des Lernens. 525

enädlen UiiteniidiinigBrasiiltaAe^) mit den nnsiigen, ao kommen wir in folgenden Annahmen:

1. Wenn man ein Stttek (Strophe oder eine Binnlose SÜbenreihe) in relaliT kleinen Teilen lernt, so wird der Znaammenhaag des Ganzen durch die wiUkttrlichen AhsehniUe zerstOit. Dazu kommt dann als notwendige Folge etwas anderes. Innerhalb des ge- wählten Abschnittes finden mannig^fache assoziative Verknüpfungen statt. Eine derselben aber ist von durchaus schädlicher Wirkung mit Bezug auf die Einprägung des Ganzen: diejeiii;:o Assoziation nämlicb, welche der Anfang d^ Abschnittes mit dem Ende desselben eingeht Durch öftere Wiederfaolnng des gleichen Teilsttlckes wird dann diese Yerknttpfang noeh gesttrkt ond wirkt hei der Re- produktion des »Garnen« als retardierender Faktor. Die Oberwindnng dieser selbslgesdiaflfonen Sehwierigkeit erfordert dann noeh ein gewisses Pins von Wiederholungen. Lernt man aber gleleh «nfilaglieh sehen »im ganzen« , so bHden sieh nirgends solehe zweckwidrige Assosiationen» sie nehmen alle ihre Kichtuug auf das vorgesteckte Ziel hin.

2. Beim fraktionierenden Verfahren wird während der Erlernung eines folgenden btlickes stets das vorhergehende vergessen. Dieser I^helBtand macht sich um so rriiißer geltend, in je mehr Teile ein »Ganzes« zerlegt wird, muB sich die Zahl der nötigen Wiederholungen naturgemäß steigern. Für die Yp. wird aber das unvermeidliche Vergessen stets eine Quelle von Unlust- gefthlen, die den Verlauf des Beproduktionsprosesses ungttnstig beeinfliissen und also aaek xnr Vermehrung der Wiederkolnngs- aniaU beitngen.

S* Die aufoinanderfolgenden Wiederholungen bdm Stiloklernen Terflaehen den ganzen LemprozeB insofern, als dadureh die Gefahr entsteht, blos zu sprechen, ohne dabei zn denken. An Stelle des aufm er ks amen DurchleseuB tritt dann ein rein

1) L. Steffens entwickelt die absolaten VorzUge des G -Verfahrens in drei Venaohsreihen und sieht (Ue psychologischen Ursachen dafUr darin, »daß das itSclcweise Torgvliende Laraea hei glfliehsr Leratrbsit srstea»

die beim TTerBagen attisUchen Asflonationen nicht gMdl stark entwiokelt

als das 6-Verfahren, zweitens schädliche Aapn^intionen stiftet, welche beim 0- Verfahren nicht hergestellt werden, und drittens ein hinlänglich gleichmäßiges EingepT%twerden der veraohiedenen Abschnitte nicht garan- tiert« (S. 46). Dadurch sind aber, wie wir obea aeigen, die VonOge nteht «fsehSpft.

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Christo Pcntachew, Lutersuilmugea mr Ökonomie etc.

mechanisclieB (beim Heraageii des >Oaiise]i< venttt sich ge- legentlicli diese Schwllche dnroh Stoekimg). Auch ans diesem Gnmde wird die ZM der WiederholnngeD vermehrt

4. Die lelatiTe Kleinheit der za erlernenden Tellsttteke ge- stattet ein rasches Eindringen in den Sinn derselben. Dadnreh wird die AnfmcrltBamkoit ihrer Piiicht ledig und seh weift ab. Das läßt 8ich vielleicht als Ureache zn der unter 3j an^reführten Ersoheinüii<2; auffassen. Beim G-Lernen nun gestattet der größere btüffnmfang der Anfmerk«iamkeit nicht so rasch, auf Reisen zu gehen. Es wird ihr eben bei jedem Durchlesen etwas Nenes geboten sie bleibt »gefesselt«.

5. Es darf femer nieht yergessen werden, daß auch hier der Satz gilt: Das Game ist Yor seinen Teilen. Der T^il wird ans dem sinn- vollen Znsammenhang des Ganzen viel besser nnd leichter verstanden als isoliert Diese Tatsaehe beschleanigt also den EinprignogsprozeB.

6. Das Wiehtigste aber ist bei der G-Methode offenbar, daß sie ein festeres Einprägen nnd sieheresReprodnzferen ermöglicht Das Lernen >im ganzen« bewirkt also ein dauerhaftes Behalten.

7. Der einzige Nachteil der G-Methode ist durch sie selb.st jre- pejreben. Der größere Stoffhmfanfr absorbiert mehr Aufnierk- Hamkeitsener'^ie nnd flihrt infoi^^edessen leichter zu geistiger KrTTiUdung. Darans entspringt wiedenuu eine Yerlangsamong des Leratempos nnd damit eine Verlängernng der Zeitdauer des Lernens. Wir versnobten diese Ermüdung dnreh besondere Ex- perimente sn kontrollieren, doeh soll darüber später in aaderm Znsammenhang l»erichtet werden.

In Snmma spreehen also gegen das fraktionierende Lemver- fahren folgende Faktoren:

a. Zerstttmng des Znsammenhanges; b. hemmende Assoziations- bildungeu: e. mangelhaft eingeprägte Übergänge; d. ein Ver- gessen bereits gelernter Abschnitte und dadurch entstehende Unlnst- wirknngeu; f. Mechanisierung des Lernens ohne Veigegenwärtigung des Sinnes; g. nngleichmaßige Konzentration der Aufmerksamkeit and dadurch leichtere Ablenkung; h. ungleichmäßige YerteUong der Wiederholungen nnd endlich i. nnsieheres Reproduzieren nnd Schwäche des Behaltens^).

1) Die Abhandlung des Herrn Pentschew wurde im Winter 1901 ab- geschlossen. Der Herausgeber.

Üigiiiztiü by <-3ÜOgIe

Uber die Frage des Abhängigkeitsverhältnisses der Logik von der Psychologie.

BetrachtUDgea im Anschluß aii die »Logischen Unter- sadmngenn von £dmimd HnsaerL

Vou

£. Dflrr.

In den 1900 und 1901 erschienenen losgehen üntersuchnngen von E. Hnsserl wird eine Frage grüuillicher Erörterung,' uuter- zopen, die den Psycholog'en ebenso sehr wie den Logiker inter- esssitreii iiinß. Die Frap-e bnitet, ob die Logik eine von der Fsyclioiogie unabhängige Wisäcnschuft sei (I p. 7], oder bestimmtery ob die wesenttichen theoretischen Fundamente der hoplk in der Pqrohologie hßgen, (I p. 51). In der Beantwortung dieser Frage gelangt HnsBerl za einer yOlUgen Yerwerfong des logieeben F^f chologinniiB und xvr AnürteUiing eineB Ideals der reinen Logik, das er indessen nieht mit der traditionellen soholastiseh-aristote- liseben Logik yerweehselt wissen will (I p. 213). Da wir den kritischen Aasftobrangen Hnsserls gegenüber dem Psychologismns nicht völlig zustimmen können, andererseits aber in seinen posi- tiven Grenzbestimmungen logischer und psychologischer Unter- suchungen viel Bemerkenswertes finden, so wollen wir an der Hand eigener I^agestellungen unseres Autors Anschauungen zu würdigen versuchen.

Zunächst müssen wir nns klar werden über Gegenstand und Aufgabe einerseits der Psychologie, andererseits der Logik. In beiden Fällen kttnnen wir nns den ungehörigen Ansfhhrongen Hasserls ansohliefien. Er kommt in einem Anhangsparagraphen sdnes Werkes gel^genäieh einer seharibmnigen Kritik der Bren-

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528 E. Dflrr,

tanoschen Unterschcidnng physischer and psychischer Gegenstibide zu dem BeBuHat, daß die ErlebDisae der äußeren Wahrnefamimg ebenso wie di^enigen der iDnmn Wahmehmiiiig Gegenatftnde einer peyebologiielien Betraohtuig werden können» wogegen bei der äußeren Wabmebmung selbst niebt die Erlebnisse, welche sie konstitoierettf sondern ihre intentionalen Gegenstände wahr- grenommen werden. Demgemäß betrachtet er als Gegenstände der rsyt hülogie solche, die als zum Ichbewußtsein gehörig erscheinen (n p. 714). Jede Beziehung auf Gegenstände, die nicht in Ab- hängigkeit vom Subjekt aufgefaßt werden, ist dann ein Akt nicht- psychologischer Betrachtung.

Was die wesentliehe Anfgabe der Logik anlangt, bo glauben wir gleichfalls mit Husserl übereinzustimmen, wenn wir als solche die Feststellung der Formen richtigen Denkens nnd Erkennens beieiehnen. Unser Autor meint ja in dem Begriffe »Wissensehafb- lebre« das Wesen der Logik am besten erfassen su kOnnen (I p.l2ff.}» nnd seine logischen Fragestellungen, was dn Erkenntnisakt, eine Theorie, eine Wissensehaft sei oder wie solche Dinge mOglieh wtlrden (vgl. I p. 25 ff.), sind nicht anders zu verstehen als die Frage, in welchen Formen sich richtige Erkenntnisse, brauchbare Theorien, echte Wissenschaften tatsächlich verwirklioheu (vgl. I §§ 67—69).

Wenn nun ein Abhängigkeitsverhältnis der Logik von der Psychologie bestände, so ließe sich dasselbe von vornherein als ein dreiiaches denken. Es könnten zunächst die Ergebnisse ver- sehiedener allgemein-psychologischer Untersuohungen sogleich die Losung wichtiger Fragen der Logik als bestimmter ihnen unter- geordneter Einielfidle endialtett, es konnten femer die Besultste logischer Untersuohungen ein psychologisdies Spezialgebiet kon- stituieren, und es konnten endHeh die Gmndbegriffe und Grund- sätze der Logik Probleme für die Psychologie bedeuten. In allen diesen Fällen handelt es sieh tatsächlich nm eiu Abhängigkeits- verhältnis, einmal ^\m o'm nolches zwischen reiner und angewandter, in jener schon euthalteuer nnd nur woiren ihrer praktischen Be- deutung abgesonderter Wissenschaft, dann um ein solches zwischen dem Ganzen nnd dem Teil einer eigenartigen Disziplin, endlich um ein solches zwischen fhndamentalen Untersuchungen und einem darauf gegrtlndeten» mit gewissen Yoranssetsungen behafteten, aber sonst selbständigen theoretischen Wissrasgebiet.

Üigiiiztiü by <-3ÜOgIe

AbhingigkeitsverhiltidB der Logik von der Psychologie. 529

Firfifen wir nim die erste der in Bede stebenden M))gliohkeiteiiy wonaeh die Logik sieb als Anwendnngaigeblet ftr gewine m der Ptoyebolegie beidiB feetstebende Gesetee eoU danteUen laeteii. Da äMi es nsmeadleb die Begela der VoistoHiingslnldiiiig und des VorstdhuigSTerkMifB, die, ron der Psyebologie aufgestellt, die logi^ «eben Zusammenhäiige alt Spe^alfall unter sieb zn beftween ßcbeincu kümiten. Bedenkt man lum, düli iu der Tat in so manchem Kompendium der Logik den logischen Untersuchungen ein Abriß allgemeiner Psyclioloprie vorausireschickt wird, so darf man jene Auffassung jedentalls nicht als eine ganz fernliegende betrachten. Andererseits freilich können wir aus der bloßen TAt- sache, daß die Logik weit früher als die Psyebologie zu gesldier- ten Ergebnissen gelangt ist, ancb dies Ton Tonberein entndunen, dag die KennlDis psyobologisober Gesetee mm Betrieb der Logik udebt nüBni^nglleh notwendig ist

Deeb fiMsen wir die Saebe selbst Ins Ange. Da ist tot aUem klar, d«B ebesso, wie wir VorsteUnngen besitaen, bevor wur die psycbologiseben Geeetro dw Yorstenangsbildniig kennen, wie wir das Scbüno und Häßliche, da» Gute und Schlechte unterscheiden kömien ohne Kenntnis der Geftthlslehre, daß ebenso Begriüe imd Urteile gebildet, richtiges und unrichtiges Denken auseinander- gehalten werden ohne psychologische Schulung unseres Verstandes and erst recht ohne Anwendung von Kegeln der Psychologie.

Aber die Logik besteht ja nicht in der Bildung aller möglichen Begriffe nnd Urteile, best^t niobt in Betätigung der Denk- nnd Efkenntnisfiuiktioiieii an beliebigen OegenstKnden, sondern sie bat das Denkern nnd JEikennen selbst snm Gegenstand. Haben wir also in der Logik nieht doeb ein blofies Anwendungsgebiet allgemaii- psychologiseber SiLtse Tor nna? Hasserl foimnliert die hier in Frage kommende Anl&ssnng, wonaeb Gegenstand der Logik be- stimmte ( Jrnppeu psychischer Phänomene und Gebilde sein sollen, ausdrücklich üIh eines der Vor urteile des rsycbologismus (I § 44). Die Entscheidung iu diesem Streit beruht zunächst darauf, ob mit der Bezeichnung des Denkens und Erkenueus als Ge^anstand der Logik die Behauptung gerechtfertigt ist, die Logik habe also psychische Phänomene, habe Erlebnisse zu Gegenständen. Diese leliteie Bebaaptnng bestreitet HnsserL Er betracbtet als Gegen- stftnde der (reinen) Logik das, was er ideale Speeles, idealen ^I^DBtandy ideale Bedentong nennt Znr lUnatrienuig seiner

AmU* fir r^ctologii. L 85

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E. DBTTt

AifGusnng wollen wir snnächst eines seiner Beispiele Melier setzen. £8 handelt sich om die Untersdieidiiiig dessen, was die Zahl 5 in der reinen Logik besw. in der »Seliwesterdianpün« der reinen Mathematik bedeutet und was de in Bedehung mr Fsyeho* logie bringt. Hnsserl sehreibt (I p. 171): »Yeigegenwllrtigen wir nna yoll und ganz, was die Zahl ö eigenfUch isti enengen wir also eine adftqnate Yorstellmig Yon der 5, so werden wir nudiehst einen gegliederten Akt kollektiver Vorstellung von irgend welchen fünf Objekten bilden. In ihm i^^t, als seine Gliederungsform, ein Einzelfall der ercnannten Zahlt iispccicB anschaulich gegeben. In iiinbiiek aul dii scs aimchaulich Kiii/r lne, Yollllihren wir nun eme , Abstraktion' d. h. wir beben nicht nur das Einzelne, das un- selbständige Moment der KoUektionsform heraus, sondern wir er- fsssen in ihm die Idee: Die Zahl 5 als Species tritt in das mei- nende Bewnfilsein. Das jetrt Gemeinte ist nicht dieser Einsel- 1&JI, es ist nieht die kollektive Vorstelliing als Ganses, noch die ihr innewohnende! obschon dir sieh nieht lostrennbare Foim; ge- meint ist Tielmehr die ideale Speeles, die im Sinne der Aridunetik soUeehfhin eine ist, in welchen Akten sie aneh gegenstindlieh werden mag, und die somit ohne jeden Anteil ist an der indivi- duellen Einzelheit des Realeu unt seiner Zeitlichkeit und Vergäng- lichkeit.« Mit diesen Auslllhrungen steht es in bestem Einklang, wenn unser Autor an anderer Stelle (z. B. II p. 92] als Gegen- stand der reinen Logik die idealen Bedeutungen bezeichnet Und trotz dieser Anscbanongen gibt Hnsserl zu, was wir oben als Ausgangspunkt unserer Darlegongen konstatiert haben, daß näm- Uch bei dem Übergang ?on einer naiven Anwendnng nnserer Denk- nnd Eirkenntnisfonktionen aar logischen Betraehtoagsweise eine Yerändernng der gegenständlichen Besiehnng stattfinde. Ja er beieichnet diesen Übergang sogar als ein Befleküeren anf Akte. So ftihrt er bezfiglich der logischen Erfossung der Idee der Wahr- heit aus {I p. 230): > Urteilen wir mit Evidenz, »o ist das Gegen- ständliche gegeben. Der Sachverhalt steht uns jctüt nicht M-iß

veniK intlii Ii sondern wirklich v<»r Augen Er ist nicht bloß

vermeiutlit Ii <<Hiikm wirkl'K Ii so beschatfeu, und als wirklich so beschaffener ist er unserer Erkenntnis gegeben; das heißt aber nichts anderes (wie): als solcher ist er nicht bloß Oberhaupt ge- meint (geurteilt), sondern erkannt; oder; daß er so ist, ist aktnell gewordene Wahrheit, ist Erlebnis im evidenten Urteil. Aeflektierei

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AbbäDgigkeitBverhältQÜi der Logik von der Psychologie. 531

wir ni diMMi Akt, so wiid statt jeneB GegenBtiliidlieheik die Wahr- heit aelhit mm Qegenstande, und mm isft sie in gegensUbidlieher Weifle gegeben. Wir erfassen hierbei in ideierender Abstraktion die Wahrheit als das ideale Korrelat des fluchtigen subjektiven Er- kenntnisaktes. « Und g^nz allg^emein vertritt unser Autor die An- sicht (II § 34j, daB im Akte des Bedeutens die Bedeutung nicht gegeuständlicli bewußt werde, daß wir aläo die Gegenstände der Logik erst in »reflekfiveu Denkakten« ''TT p. 103) gewinnen. Be- sonders klare Beispiele ftir die Sonderuuf^ von Bedeutung und gegenständlicher Beziehung sollen die Namen bieten, indem zwei Namen Verschiedenes bedeuten, aber dasselbe nennen können (n p. 47}. So sei z. B. in der Gegenttberstellnng: »Das gleichseitige Dreleek das glMehwinkÜge Dreieek«, die ansgedrttekte Bedentong eine yeisohiedene, obwolil derselbe Gegenstand gemeint sei

0ies mag genügen, die Ansehannngen Hnsserls ans an ver- dentliehen. Wir haben also naeh ihm m der logischen Unter- suchung reflektiye Denkakte auszufahren, die sieh auf Erlebnisse des naiven Denkeiiä beziehen und doch nicht psychische Phänomen zu Gegenständen machen. Das letztere geben wir nun bereitwillig zu. Die logische T'^ntersuchung, die sich damit beschäftigt, fest- zustellen, welcherlei Lrteile richtig, welcherlei »Schltlssc zwingend seien, orteüt nicht Uber Erlebnisse, wenn die Urteile und Schlüsse des naiven Denkens, mit denen sie sich beschäftigt, auf nicht- psyehisehe Gegenstiinde geriehtet sind. Sie findet ja die Begehi der BegtilEribadnng, die Formen gültiger Urteile nnd Sehltlsse nicht dnieh Analyse sondern dnreh Abstraktion, nicht indem sie die anf Gegenstinde gerichtete Intention des naiven Denkens zom Gegen- stand maoht, sondern indem sie eine gleichartige Intention nur im Hinblick auf unbestimmte Gegenstftnde Tollzieht Wenn etwa ans Schlüssen mit bestimmten Gegenstäiidcii die logische Form eines Schlusses mit den Symbolen S, P und M gewonnen wird, so be- deuten diese S3rmbole nichts weniger als psychologische Erkennt- nisse der im konkreten Schluli gegebeneu Subjekts- und Prädikats- begriffe, sondern im Gegenteil noch viel unbestimmter gelassene Gegenstände. Diese Auffassung ist tibrigens Husserl dnichans nicht fremd (vgl I p. 244). Er drttokt sie sehr prägnant ans, wenn er etwa sagt (I p. 242), die logische Bechtfertigong einer Theorie erfordere den Rückgang auf das Wesen ihrer Fonp. Sehr trelfend stellt er besonders das Verhältnis der hn konkreten Denken Tor-

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B. DOir,

kommenden, selbst von Einsicht dnichleaditeten SjUogismen imd ÜHinaleii Sehlnfigesetzes diur, wenn er sagt (I p. 242^, dufi wir im etanclitigeii tlieoretiMlieii Denken Einsicht haben in die Grtnde der eiUirlen Saehyeriialte, dnB wir dagegen die tiefer- dringende Elnaieht dee theoretisefaen Znsanunenhangen selbst erst gewinnen daieb den Rückgang anf Form und Oesete. IMlieh fUgt er auch hier wieder bei, daB die theorelisdien ZnsaHBflB- hänge zu einer ganz audereu Erkenntnisschicht gehOren.

Doch konnten wir uns dies nicht vielleicht doch verstäudlich ni;u lu ii^ Es l;iBt sich ja denken, dali zwar die logischen Formen mit der erkt iiueiul« n Hpzichung auf bestimmte Gegenstände we^iens- vr r wandt »ind, daii aber in der Keflexion anf das Moment der Gültigkeit, die zu der BetEachtang der Formen in der logischen Untersachong hinzngenommcn wird, während die Gültigkeit in konkreten Urteils- nnd Sehlnftaklm als nieht gegenstibidUebes Er- lebnis enihilien ist» daB in jener Reflexion tiMehlieh eine wesenl- liehe Anderuig der GegenstSndlicfakeit stnttindei Diesen Ge- danken drückt Hnsserl aneb an Tersddedenen Stellen aas (veigl. I p. 230, n p. 104). Aber nicht nir, dafi wir das bestimnite Prädikat der Gültigkeit, sondern daß wir Überhaupt etwas auB- sagen von den Begriffen: Begriff, Urteil, Schluß, Theorie, Wissen- schaft uHw., ja daß wir diese Dinge überhaupt benennen, diese Be- griffe bilden, scheint unserm Autor den Gedanken an eigene logische Beflexionsakte nahezulegen (yergl. I p. 244). Sofern es sich nun bloß um die Benennung und Bildung der erwähnten Be- griffe bandelt, möchten wir die jBeaeicbniiiig Reflexion ftr die darauf beaügUcben Denluikte lieber yemeideD, naebdem wir festgesleKlt habeni dafi wir es dabei nieht mit einer psydiologiseben Be- traehtwg an tnn haben. Es ist ja nicht ebisasebeni worin sieh die Begriff»: Begrifi; Urteü, SehlnS etwa Ton den Begriffen Fonn» Stoff, Ranm, Zeit, Punkt, Linie nnd Shnliohen Abstraktionen unter- scheiden sollen. Daß wir jedem Gegenstand einen Begriff desselben gegeiittberstellen können, das bedeutet, wenn wir \drklieh nicht den subjcktivi'ii Akt uuderes »den G^enst;ind Meinens« unter dem Begriff verstehen, also wirklich von dem ptsychologistischen Gedaukeukreia losgekommen sind, nichts mehr, als hdchstens die Tatsache, daß wir an jedem Gegenstand gewisse Eigentttmlicb- keiten besonders bemnsmheben vermögen. Doch daianf wenden wir noch aurttekkonunen. Hier wollen wir ws mnichst mit den

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Abhängigkeitsvorhältiiis der Logik von der Psychologie. 533

raien beflelittftigeii, wo von den Foraen logischer Gedanken- «mammenh&nge Gttltig^ett oder Ungttltigkeit ausgesagt wüd, wo also der Gedanke noch nicht von der Hand sa weisen ist, daS eine psychologische Reflexion zwar nicht anf den Sabjektbegriff, aber auf die Erlebnisse, welche dem Prädikat Bedentnng verleihen, wirklich Btatttiodet. Wenn dies der Fall wäre, h » wäre die oben an zweiter Stelle erwähnte Möglichkeit eines Abhängigkeitsver- hältnisses z\iä8cheü l'öychol()*rie and Logik realisiert. Die l o^j^ik würde dann ftlr das spezitische Erlebnis der Evidenz die Be- dingnngen finden, wie etwa die Ästhetik fUr das] Zustandekommen isthetiflcher Gefühle Gesetze aufstellt^ welche die Psychologie von ihr tthenehmen kann. Auch die hier rieh eigebende Annahme focmnlieit Hnsserl als eines der psjrchologislisdien Yornrteile: Die Logik werde Ton einigen psyehologistischen Logikern an^ ge&fit als Theorie der Evidenz (I § 49).

H%wn wir, was er dagegen geltend maehtt Er giht zu, »daB die rein logischen Sätze eine gewisse Beziehung zum psychischen Charakter der Evidenz haben und im gewissem Sinne psychißche Bedingungen desselben hergehen* (I p. 183). Er bestreitet auch nicht die »psychologische ]>iutzbarkeit« (I p. 186) logischer sowie rein raathematischer Sätze. Wenn wir also ans dem Gesetze, daß Yon zwei kontradiktorischen Sätzen einer wahr und einer falsch ist, die Wahrheit ableiten, daß yon einem Paar möglicher kontra- diktorischer Urteile je eines, aber nur eines den Charakter der Evidenz haben kann, so sagt nach nnsenn Antor der nene Sati eine Wahrheit ans Uber Vertii§^chkeiten besw. Unveitiiglielikeiten gewisser psychischer Erlebnisse. Aber dämm sollen die logischen nnd uaihematiselien Gesetze noch nicht selbst psychologische 8ittze sein. Ihre idealen VerhSltnisse und Gesetze bilden nach Hnsserl ein Reich fllr sich. Hier vermügeu wir freilieh au der Hand der Anschauungen unseres Autor« nicht zn voller Klarheit zu gelangen. Wenn er es als die hier in Betracht kommende Grundfra^a- bezeichnet (I p. 188), >ob wirklich ideale Denkobjekte blofie Anzeichen sind ftlr denkökonomisch verkürzte Hedeweisen, die auf ihren eigentlichen Gelialt reduziert, sich in lauter indivi- daelle Einaelerlebnisse anflOsen, oder ob der Idealist leeht habe, wenn er sagt» daß sich jene empiristische liChie nicht Imsdenken lasse«, so mag diese Fhige an sich sehr wichtig sein« Aber waram nicht anoh idealen Gegensttnden gegenttber erlebte Evidenz ein

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EL Dürr,

reales psychisches Phänomen seiu soll, ist nicht einzoBehen. Es Mise das Yerstiladiiis der Scheidung zwischen realer und idealer Theorie der Evidenz, so er&hren wir weiter, richtige Begriffe Ton Evidenz und Wahrheit ▼oiau. Der AnffiMBWug gegenllber, wonaeh jeder Normale imter gewtMen normalen Umsttnden die Eridenz hei dem Satze 2 + 1 = 1 + 2 ftUe, m me er Schmers ftthlt, wenn er sieh hrennt, mOehte man fragen, worauf deh die Antorilftt dieses hesonderen GefttUs grOnde. ETidens sei kein aocessorisches Geftlhl, das sich zufällig oder naturgesetzlich an gewisse Urteile anschließt. Evidenz sei vielmehr nichts anderes als das »Er- lebnis« der Wahrheit Walirln it f^ei eine Idee, deren Einzelfall im evidenten Urteil aktuellrs Krklniis i^t. Das Erlebuin der Zu- sammenstimmaug zwischen der Meinung und dem Gegenwärtigen, das sie meint, zwischen dem erlehten Sinn der Aussage nnd dem erlebten Sachverhalt sei die Evidenz nnd die Idee dieser 7ii«»infn^timtniin|i^ gci die Wahrheit Damit glauben wir die wesenflichsten Sitze wiedergegeben zu habeni in denen Hnaaerl seine Anfifowong hegrttnden will Er führt das, was darin an- gedeutet ist, im zweiten Band eeinee Werkes in eingeiienden Unter- Buchungen ttber »Bedeutungeintentionc und »Bedeutungserftllhmg« sorgföltig ans und widmet ein eigenes Kapitel (II, 6. Abschnitt I, 5. Kap. §§ 35 39) der Analyse der Begriffe Evidenz und Wahr- heit. Aber wir bezweifeln ja aicht, dal) man den liegriff Wahrheit definieren kann durch Angabe der idealen Bedingunfrcii der Evidenz, wie man etwa den Begriff Schönheit gelegeuüicb zu um- schreiben versuchte durch Bedingungen wie »Einheit in der Mannig- faltigkeit« und ähnliche. Es fragt sieb nur, oh man bei der logischen Konztatierang richtiger Urteile, gültiger ScUlhMe usw. In dem Frtdikat der OttUigkeit UtsHcUieh die Analogie der be- treffenden Qedankenznzammenhinge mit anderen evidenten Denk- akten sich vergegenwärtigt Daa wird man kaum behaupten dürfen. Andererseits wird man Huezerl recht geben mVeaen in seiner Auffassung, daß es bei den in Bede stehenden Feststellungen der Logik sich auch uicht um Angabe eines Zusammenhanges zwischen dem psychischen Phänomen der Evidenz und seinen Be- dingungen handelt, insofern eine solche Angabe nicht beab- sichtigt ist. Wir müssen es eben hier als Tatsache hinncimien, daß man ebensowenig das Erlebnis der Evidenz sich gegen- ständlich zu machen braucht, wenn man richtige Denlukte toU-

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AbhängigkeitsverhiUCiiis der Logik yon der Psycbologie. 535

zieht) wie eine Veigegenattndiicbiuig desselben nötig ist, wenn man richtigem nnd fiüflohes Denken nntergdieidet nnd enispieehend be- nennt Ln Gnmde handelt ea sich dabei nm niohts andeiee ab wenn man einem Gegenstand eme Eigenicbaft beilegt, wobei man sneh nieht auf die in dem Meinen dieser Eigensehaft erlebte Em- ptmdnng reflektiert. (Auf diese wichtige Unterscheidung zwischen Toi^estellter Eigeuschaft des Gegenstandes und nicht vorgestellter, aber erlebter Empfindung weist Unsserl an vielen Stellen hin [z. B. II p. 76, p. 160, p. 1931.) Daß wir der Evidenz eines Urteils oder irgend eines Denkaktes tatsäclilich uicht vollkommener gewiß werden, wenn wir auf das wirkliche psychische Erlebnis reflek- tieren, das müssen wir unserm Autor ebenfalls zugeben. Ja er hat wohl mek redit, wenn er behauptet, evidente Wahrheit ver- wandie sieh bei der »Umlegong« des betreffenden Denkaktes in einen solehen, der Uber das Eintreten des Evidenaeriebnlsses etwas aussage, in blofie Wahisebeinllebkeii Den Gnmd für diese Wert- ▼ersehiedenheit seheinbar so eng zusammenhSngender Gedanken sehen wir darin, daB sich das Wesen evidenter Bedeutungsrer- kntipfuageu, nachdem das wirkliche Erlebnid der Evidenz erst einmal Veranlassung gegeben hat, sie besonders ins Auge zu fasBen, all Merkmalen der betreffenden Verkiill{)t"uugeii selbst und nicht erst im Kückgang auf das daran gebundene, oft recht unmerkliche Evidenzerlebnis erkannt werden kann. Dieser Grund scheint uns bei Husserl nieht in voller (Klarheit herauszutreten. Und doch ist gerade er geeignet, sndi noeh das dritte p^ohotogistisehe Vorurteil, das unser Autor bekümpft, m widerlegen. Dasselbe lautet (I p. 154): Vorsehriften sui Begefamg Ton Fsyehlsehem sind selbstrentlindlieh psychologisch fundiert. Dieses Vorurteil ent- kriftet Husserl mit den Worten: Zeigt es sich als eine pure Selbstverständlichkeit, daß jede allgemeine Wahrheit, ob sie nun * psychologischer Art ist oder nicht, cme Regel des richtig tiü Urteilens begründet, so ist hiermit nicht nur die sinuvoUe Möglich- keit, sondern sofrar die Existenz von ürteilsregeln, die nicht in der Psychologie gründen, gesichert (1 p. 158). Man kann dies zu- geben, aber man kann aus dem oben angeführten ,Gnmd sogar behaupten, daß es Urteilsregeln, die in der Psychologie grttnden, ttberhanpt nicht gibt: Biehtige Urteile werden gebildet, indem die Evidens erlebt wird, ihre Begehi findet man, indem man ihre Meikmale, ihre allgemeine Form heraushebt Dieser Form gegenr

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£. DOrr,

Ober kann man wieder Evidenz erleben, aber wiederum braucht man sich dieselbe niebt gegenständlich zn machen. Wenn man ue Siek aber vergegenwärtigt und zu jener Form als ihrer Be- dingung in Beuehnng bringt, dann bat man nicht mehr enie eridenie Urteilnregeli sondern einen dnieh abnome £rfobni^;en ml^Heherweise Ansnahmen erleidenden Sata der Psyefaolegie. Kun es sefaeint naeb alMem die Logik kein Teil der Psychologie sn sein.

Wenn wir dies zngeben, so bleibt ans nnr die dritte oben ei^ wähnte Möglichkeit eines Abhängigkeitsverhältnisses der Logik von der Psychologie noch zu untersuchen, wonach die Ergebnisse der Lo^ik Trobleme lUr die Psycholopo hedeutcn künnten. Eine solctic i:iezieiiung der beiden Wisseiwc hatten scheint Husserl zum mindesten annehmen zu müssen, wenn man die au)^ge dehnten phäaomenologiBehen Untersachongen in Betracht zieht, die sieb in iwoiten Band seines Werkes finden. Seine Unterscheidnng swiscben Psychologie nnd PbSaomenologie nnd die daranf gründete Behaaptongt claB die pbJbipnienologiMiMn Gmndl^gnngen sif Logik mit der Psyebokgie wenig oder niebts sn Inn bitten, wild kann Tie! Anklang finden. Defnn daB die Psychologie nnr mH den genetiscben Zusammenhängen der Erlebnisee sieb m be» schäftigen habe, während die reine Beschreibung dieser Erlebnisse eine bloUe \ orstnfe sei, die zur Vorbereitung hchr verschiedener Wissenschaften dienen könne (II p. 18), da^ wird als eine will- ktlriicheBeschränkuug des Gebietes der Psyehi h -ic kein Psycholojsre zugeben. Wir sehen daher in jeder Abhäugigkeitsbeziehimg, in welche unser Autor die Logik zur Phänomenologie bringt, eine solebe swiscben Logik nnd Psychologie, nnd es wird gat sein bier innltcbst nochmals an ftagen, ob nicbt gar die oben anige- seUcssenenliOgliebkeilen eines AbbUngigkeitaTerbiataisaes swbcben * Logik nnd Payehologie nnter dem nenen Namen teilweise lagestandcn werden. Fwst scheint es so, wenn wnr (II p. 8) bOren, die PbSnoraenologie der logischen Erlebnisse habe den Zweck, UDB ein so weitreichendes deskriptives Verständnis der psychischcu Erhjbiiisse zu verschaffen, alb uötig sei, um aUen logischen FundamentalbeffriHen feste Bedeutungen zu geben; denn die Festste! lunjGT der idealen Bedeutun2:pn, mit denrn es; die L^g-ik zu tun hat, sei in vielen Fällen nur voUzichbar durch den Kückgaog auf die erfüllende Anschauong (II p. 7 f , p. 56). Indes hier werden wir Hasse rl g^n sem eigenes Zngeständnis in Sofants nebmen

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AbhängigkeitSTerlüUtniB der Logik von der Psychologie. 537

mttaNn. Wftn es ^Uieb n5tig, auf die bom Gelmnob dnes B^^ffes, bdm Vollzug emes Urteils erlebten peyehiaehen Fhliiio- mene zu reflektieren, um den Sinn der betreffenden logieehen

Gegenstände festznetellen, dann wäre in der Tat der ganze Kampf gegen den Fh^ chuiogisnms völlig zwecklos. Aber eine solche Reflexion ist offenbar nicht nötig. Die ^bedeutEngerftiUende« An- Bchiiniinii: wird erlibt, wenn durch Bie die »Redentang« geklärt wird, aber sie bniu< lit dazu nicht vergegenstäudlicht m werden. Die Phänomenologie ist überflüssig für die Bildung aller Begriffe Yon nichtpsychischen Gegenständen, ftlr die Yerknttpfong dieser Begriffe, sowie ftlr die Regeln dieser Begriffshildang und Be- grififoverknttpiiiog. NiebIpsyobiBobe Gegensttiide sind «ber anehy wie Hneserl naehweist (nnd in diesem Kacbweis selten wir eines seiner HauptTerdienste), die Bedeutungen. Also nieht mur Begriffe wie Tier, Pflanze» Um nsw., sondern anefa B^ffe wie »die Zabl Fllni^ ein gleiebseitiges Dreieek, die Bedeutung des Sataes 2x2 = 4, ein Begriff, ein Urteil« usw. können gebildet, logisch Terkntipft, Bowie auf ihre allgemeiueu Bildung^- und Verknüpfungs- r^eln geprüft werden ohne Bewnßtseinsphänomenologie.

Dagegen erheben sieh nun auf Gnind solcher lo^rir^cber Fest- steUnngen Fragen wie die: Was sind denn nun diese Bedeutungen, diese idealen Gegenstände, yon denen in der Logik soviel ge- spfoeben wird, wenn sie keine psycbisehen Pbäaomeae sein sollen? Wie beliebt sieh der Begriff auf seinen Gegenstand? Was tnn wir, wenn wir eine Bedeutung sn einer Anscbauung klaren? Wie koBunen wir zu der Untersobeidung riebtiger und ftlseher Ge- danken? Solebe und abnüobe Fragen erbeben sieb^ wobl- ▼eiilanden, auBefbalb der elgendielmi Logik. Gerade Husserl, der antipsychologistische Logiker, behandelt als »analytische Vorarbeit« eine Reihe derartiger psychülugiBcherl'rubleme gründlicher und fruchtbringender als mancher Psychologe. Eine Reihe dabei gewonnener Ergebnisse haben wir schon irt leLreiitlich kcniu ii ge- lernt So die UnterscheiduDg zwischen Gegenständlichsein und Eriebtsein, zwischen Bedeotnng nnd Anschauung. Auch seine Auflkssnng vom Znstandekommen der Evidenz in der Überein* Stimmung eines Aktes intentionaler, meinender Bedeutung und er- Üdlender Ansebauung baben wir sebon gestraft. Es würde zu weit ftabreo, auf alle Besonderbeiten von Husserl s origineOer p^yebologisober Lebre und auf die oft ttberrasebendea Liebtblioke,

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E. Dttn,

welche tod ihr ans anf manches Problem fallen, einzugehen. Nor eine Frage wollen wir noeh etwas ausführlicher behandeln, weil sie ▼ielleioht am dentHohsten aeigt, wie daa» waa in der Logik feat- Biehti in der Paydiologie lebhafteste DiakuMion herrorm^ kum, und weil die LOanng, welche anicr Antor tos dieier Fiaee gilrt» ana nochmala den Kein aeiner Anachanangen e&thttlli Es handelt Bieh um die Frage naeh der Möglichkeit der Allgemehibegrüfe. Den ganzen Streit, der mit Loekes Lehre von den allgemeinen Ideen begonnen und von Berkeley und Hnme mit ihrer Be- käuipiuüg jener allgemeinen Vorstellungen aufgenommen wnrde, der auch heute noch luitdiüu rt, den Streit der Abstraktions- theorien rollt Husserl vor um auf p. 106—221). Er zii^^t, wie die »psychologische Hypostasiemng« des Allgemeinen (II p. 121) ein Mißverständnig sei, welohes die Entwicklung der Lehre Ten den allgemeinen Gegenatlnden nnhettycll beeinflnftt habe. Unter dem Yomrteil, daa waa im Denken allgemeiner Begriffe gemeint aei, mttaae payehiaeh leal aein, führt er ans, habe man aieli nient bemtthti etwaa derartiges, wie allgemeine YonteUvngen im Be- wafiiaein anfimzeigen, und als dieaer Veram^ raifilang» habe man geleugnet, daß es allgemeine Vorstellungen gebe. Demgegentlber stellt er die Behauptung auf: Es gibt allgemeine Vorstellungen (II p. 140). Aljir er versteht darunter »Vorstellungen von Spew- fischem'^ Gemeintsein heißt naeh ihm nicht soviel wie psychisch real sein (II p. 133). Die sinnvollen psychologischen Fragen, die er an die einfache Eonstatierung der EiListenz allgemeiner Vor- stellungen knüpft, findet er bei Hnme. Sie lauten: Wie kommt die Einzelidee an ihrer reprlaentatiTen Funktion? Und: Wie kommt ea, daB die EinieHdeei die aielt doeh vielen Äknliehkeita- kreiaen dnoidnet, in jedem beattmmton Qedankenzuaammenhang nur Ideen einea aolcken Ereiaea reprllaentiert? Bei dieaen Fragen bat man nnr den von Hnme aeibet und yon aeinen An- hängern mißverstandenen Begriff der Repräsentation nach Husserl in dem Sinn einer allgemeinen Vorstellung als des Aktes der all- gemeinen Bedeutung zu verstehen. Dann kann man Hnme den Ruhm vindizieren, der psychologischen Theorie der Abstraktion den Weg gewiesen zu haben, ohne ihm andererseits den Vorwurf an ersparen, daß seine Abstraktionslebre in logischer Hinsicht eine extreme Verirmng sei (H p. 188). Dabei findet unser Autor die branehbaron Anatttee aar paychologiaohen Abatiaktionatlieorie

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AbhängigkeitsverblltiiiB der Logik von der Psychologie. 539

nicht nnr in Humes FragwteUiing, sondern aneh in seiner LOsnng der betreffenden Probleme, wenigstens in der Bichtang, in der diese LOsnng Yersncht wird. Eine voUstlndige kritische Heians- srMtong der betreffenden Theorie nns den Hnmesehen Grnnd- lagen zu geben, verschmäht Hnsserl freiHclL Wir müssen nns mit der allgemeinen Anschanung begntlgen, daß ans der Wirksam- keit der AHSociatiou ein Aktcharakter erwachse, der einer Einzel- aiis( luiuung die intentionale Beziehung auf eine Speeles, auf die allgeiiieinen Gegengtimdc verleiht (verg:!. II p. 101, p. 108 Dieser Aktcharakter ist ein verBchiedcucr tllr verschiedene Gegenstände, wie Hasse rl an dem Beispiel äquivoker Ausdrücke nachweist, wo wir den Bedentnngswechsei (anoh ohne b^leitende Yeran- sehanliohiing) Yollsiehen nnd erkennen kOnnen, ohne dafi das sinnliche Zeichen wechselt (II p. 73), ebenso wie wir andererseits einer identisehen Bedentong trots Wechsels der W5rter bewnBt werden.

Damit wäre nvn in der Tat die Frage nach der psychischen Realität and die daran sich knüpfende nach der Beschaffenheit der idljaremeinen Gegenstände abgeschnitten. Aber es erhebt sich dafür üütüriich die andere Frage nach dem Verhältnis dieser all- gemeinen zu den einzelnen Oefirenstundeii der Außenwelt and die fernere, uns hier mehr interessierende Fnige: öind diese all- gemeinen Yorstellongen nur Bedeotnngen oder gehören sie ebenso SU einer Gegenstiüidlichkeit, wie die individuellen ßedentangen. Wenn wir uns erinnern, daß Hnsserl an dem Beispiel >gleich- seitiges gleichwinkliges Breiedc« die Verschiedenheit von Gegenstand nnd Bedentong demonstriert hal^ so mttsien wir das lelitere annehmen. Damit stoßen wir aber nochmals anf das ftlr die allgemeinen Oegensttnde besonders schwer Terstindliche Vor- hiltnis Yon Gegenstand and Bedentong. Hier haben wir nicht einmal die Möglielikeit, den Gegenstand iiU ciucu unabhängig vcMi Ulla existierenden unserer meinenden Beziehung auf ihn gegen- U her zustellen. Und diese Möglichkeit beweist ja selbst bei indivi- duellen Gegenständen nicht viel ftlr Hnsserls Behauptung. Denn die Bedentong ak Gegenstand der Logik soll ja nicht mit dem pBvchischen Akt des Bedeatens, des »meinenden Beziehens anf den Gegenstand« identifisiert werden. Nicht solche Aktcharaktere sollen in der Logik gegenstilndlich werden, sondern Bedentnngen, welche ehmo wie Gegenstände durch derartige Aktohaiakteie

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bestimmt, in ihnen gemdnt sind. Woxin also solche Bedeotmigen Ton den Gegeaständen, zu denen sie gehören sollen, noch unter* lefaieden sind besw. wodaieh sie sich Ten einzebieii, im meiiiendea BewvfitMm bemrgehobeneii Seiten nnd Besiehungen der GegemtSnde nnteraeheiden, das IftBt sieh kaum einsehen. Aber ■elbit wenn man trotz aUedem konkrete Gegenstände der Anfien- welt nnd die sngehiSrigen logisehen Bedeotmigen dvreh den in der reinen Logik gar nicht heimatbereehtigtan Gegensatz realer nnd idealer Existenz auseiuauderhaltcu wollte, würde t^ir die allgemeinen Gegenstände eine ähnliche Unterscheidung unmoij'lich werden.

DicBe unsere Abweichnn^ y<m einer logischen Unterseheidimg, zu der sieh Hasserl veranlaüt gesehen hat, führt uns übrigens auf eine Frage, die ein Gmndproblem der Logik bedeatet and deren Beantwortung die bisher dargelegte Verschiedenheit des psychologistisehen nnd antipsyehologistischen Standpunkt« in eoMn konkreten FaU soharf hervortreten läßt Die Frage lantet: Wie laMMn sioh Bedentongrantenefaiede featrtdien? Der FaychologpuBt wnd antworten: Doreh Beobaohtong der psyohiBehen Phänomene^ welolie xwei yenehiedetten Begriflfon entepiecihnD, werden wir bei der Evidenz nnserer inneren Erfidnrnng ihrer tJntersehiedenheit nnmittelbar bewußt. Ein Anti psychologist wie Husserl weist zuiiächist darauf liiu, dali die Evidenz nicht anf die Fcststellnngen der ijmeren Erfahrung beschränkt ist, sondern der Konstatierung von Gleichheit und Verschiedenheit in der äußeren Erfahrung ebenso zukommt (11 p. 7Ü3 Ö'.]. Eine wahrgenommene Verschieden- heit von Gegensülnden der Außenwelt ist ebenso gewiß eine er- lebte Verschiedenheit wie eine solche von psychischen Phänomenen. Wir brauoken also, um etwa die Veiaehiedenheit von Rot nnd Blan MmsteOen, nieht anf nneere Empfindnngen xn reflektieren^ eondem wir branohen nnr in der AnHehanwng eines roten nnd einee blanen Gesenstandes die Empfindungen sn erleben, nm Jenen üntersehiedeB bewnfit m werden. Zwar liei vielen Begriffen be- darf es überhaupt keiner Anschannngen, nm uns ihrer Bedentnngs- verschiedeiiheit gewiß zu machen. Aber feinerer Bedentnngs- unterschiede werden wir uns nach Hasserl nnr doroh den Kück- gang auf die erfüllende Anschauung bewnßt. Daß man unter diesem »Rtickgangc nicht psychologische Keflexion verstehen darf, haben wir oben bereits nachgewiesen. Hier ist noch zn erwähnen, daß der Begriff »Ansehannng« von nnserm Antor weiter als g»-

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AbhäagigkeitsverbältuiB der Logik von der Psychologie. 541

wl^lmlioh g«laBt wird, indem er neben der Binnliolien anok die flogensDnte luitegortjde Anacbanung nm^t (II 600 it). Aber wenn wir aneb von der Sebwierigkot der Untonrabeidiuig solcher kategorialer AnBchanangen ganz abeeben, so kennen wir uns doch

der Tatsache nicht yerschließen, daß oft aaeh Yerschiedenhetten üiimlich ausühaulicher Gegenötaude nicht erkannt werden. Diese Tatsache bedentet freilich keine Stutze für den Psych tlogisiuus; denn daß auch bei Vergleiehnn^ psychischer Phänomene nicht alle Unterschiede erfaßt werden, geht anB dem auch in der heutigen Psychologie fortdauernden Streit Uber die Benennang gewisser BewaBtseinserscheinnngen zur Qentlge hervor. Aber für den Fort» sebritt logischer Untersnobnngen in der Ton Hnsserl eingeschla- genen Biobtnng ist jene Tatsaebe von großer Bedeutnng. Es ist daher an bedsnem, dafi Hasser! eine Ufsnng der darin entbattenen Sehwieri^eit eigenliieh niobt gibt Er behauptet nnr (IIp. 107^ waa wir ihm gerne glaaben» daB die Evideni besllglicb der Unter- seUede bitentionaler GegenstSade niebt dadnrefa aa^ebobea werde, daß wir uns Uber nnsere Intentionen leicht täuschen, sobald wir über die Sphäre der groben Unterschiede hinausgeben. Aber wo- durch wir in den Stand gesetzt werden, alimähiich immer feinere Unterschiede zu erkennen, das erfahren wir nicht. Immerhin glauben wir Andeutungen unseres Autors hiertlber richtig zu er- gänzen, wenn wir annehmen, daß der logische Fortschritt in der Bedentongsanalyse sieh ToUiiebt, anf Grand deren einem viel- deatigen Begriff venebiedene^ daranter anvereinbare Meikmale lagesproehen weiden, die dann Veranlassnng an einer Diffsren- lienmg jenes Begrüb geben. INes kann freüiob hier nnr als Yer- ■atnng ansgespiooben werten, ebne daB wir nSber auf die Saohe, die lediglieb logisebes Interesse bedtit, eingehen wollen.

Zu den Ausführungen Hnsserls über das Verhältnis yod Psychologie und Logik hat nun Schuppe in dem Archiv ftlr systematische Philosophie (\U. Band, 1. Heft p. 1 ff.) unter dem Titel: »Zum Psycho logismus und zum Normcharakter der Logik« eine Ergänzung gegeben, auf die hier kurz eingegangen werden soll. Schuppe begrttfit in Hnsserl einen bekehrten Qegner, bat aber trotzdem manches gegen dessen Untersuchungen einanwenden. HaaptslehKeh bekftmpft er die Aaffassnng Hnsserls, wonaeb die Gfflndnng der Logik anf das BewnBtseln tlberbaiqft Fyebologtsmns sei (a. a. 0. p. 6). 8dn Widenpniob benibt im wesentUeben

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E. Dflrr,

darauf, daß er das Sein der Objekte des Bewußtseins ebenfalls alfl Bewußtsein bezeicbnet ]>eahalb unterscheidet er ümerluUb des BewüBtseiiis das SalyektiTe, Tom indindneUen Ich Abhlngige, und das ObjektiTe, ven Indivldnen Unabbiagige, und betraehtet das entere als Gegenstand der Psjeholoipe» das letstere ato Gegen^ Staad nieht psychologiselier Wissensdiaft, nnd da leliteres aneli die lofnsehen Bestimmtlieiten umfaßt, so fidlt aneli die Logik ■.i\iä dem lUkmen der Psychologe, obwohl sie auf Bewußtsein ge- gründet ist.

Diese Auffassung: Schuppes scheint durch die Vieldeutigkeit einiger für sie wesentlicher lie^^riffe ungünstig beeinflußt zu sein. Wenn er zunächst das Objekti?e als das vom indiriduellen Ich Unabhängige bestinunt, so versteht er darunter bald das Gattnngs^ mäßige (vergL a. a. V. p. 10), das in allen Indifidaen Vorhandene» bald das, was naeh der gewOhniiehen Anf&ssang, die er bekimpft, »aafierhalbc alles Bewoßtseins oder für das Bewafitsein ein Ge* gebeaes ist Aber wenn er, um die Zugehörigkeit der logiseben Bestimmtheitea zum Oligektiven des Bewußtseins danoton, sagt (a. a. 0. p. 5), »daß wir bei jedem, wie b^baffen er anob sonst sein mag, voraussetzen, wie daß er mit offenen gesunden Augen den Baum oder Kirchturm vor ihm sieht, so auch, daß er die Begriffe dasselbe und nicht daBselbc kennt und verwendet*, so ist nicht einzusehen, warum nicht aun demselben Grund die Lust- und Un- lostgefühle, die doch auch in jedem Menschen vorauszusetzen sind, zun ObjekÜTen des Bewußtseins gerechnet werden. Daß das aber Ton Schuppe beabsichtigt sei, scheint doch ansgeschloasen. Aaeh der Begriff »Inhalt des Bewußtseins« leidet offenbar an Doppei- simiigkeit, sofern damit einmal da^enige beadehnet wird, was Otjekt» erenluell bloß mOgliobes ObjdLt eines Bewußtseinsaktes ist, und ein andermal dasjenige^ was in einem Subjekt, in einem Bewußtsein Torkommi Überhaupt läßt der Begriff »Bewußtsein, Bewußtseiendes« die doppelte Deutung zu, ihn bald im Sinn von >seiner selbst Bcwuütseiendcs«, »Bewußtsein Habendes«, bald im Sinn von »einem Subjekt Rewußtseiendes«, »Bewußtes« oder »Ge- wußtes* zu verstehen. Wir ziehen es deshalb vor, mit Husserl gegen Sc'hnppe die Wissenschaft von den Objekten des Be- wußtseins nicht eine Wissenschaft vom Bewußtsein, eine anf Be- wußtsein gegründete Wissensohaft zu nennen, sofern es sieh sieht um die Objekte psyehologiseher Beflezion bandelt

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Abhängigkeitsverbältuiä der Lo^k von der Psychologie.

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Dagegen stimmen wir mit HvBserl Schuppe darin Iwi, daß die logisehen Bestimmiheiten zw den Objekten und zwar nicht nur im Sinn des »GattangBmJlBigen«, sondern im Sinn des >nn- abhängig yom Subjekt Qedaohten«, des »Gegebenenc gehören. Nicht deshalb, weil alle Menschen sich der Idcntittt, Gleichheit und Verschiedenheit, der Vereinbarkeit und Unvereinbarkeit von MerkmaJen und Gegenständen bewußt werden, sondern weil man sich dieser und ähnlicher logischer Rcstininitheiten im ninblick auf Objekte, auf die Dintre der Auüenwelt und ihre Eigen8< b:i)teii bewußt werden kann, and weil dieses Bewnßtwerden selbst nicht einen Akt psychologischer Reflexion darstellt, deshalb halten wir die Logik für eine nichtpsychologische Wissenschaft.

Schuppe mnB man endlich gsgen Hosserl in einem Punkte recht geben, der hier auch noch eui gfOtteres Interesse bean- spruchen kann, in der Behanptnng nUmlieh, der von Hnsserl im Kampfe gegen den Psychologismns betonte beigebrachte Gegen- sats empiriseher nnd apriorischer Erkenntnis sei. recht unklar (a. a. 0. p. 13). Diesen Punkt hatten wir im Aüge, wenn wir in der Einleitung davon sprachen, dai! wir den kriti^f^hen Aus- fHhrnngen Husserls gegen den Psyrhuldi^-ismus nicht vüilii.': zu- stiiiiiueii konnten. In der Begründung seiner Behauptung weist Schuppe sehr treffend darauf hin, daß man unter empirischer Erkenntnis nicht bloß die durch Induktion ge^denen S&tze ?er- Bteht, sondeni auch das ein&ohe Bewußtwerden von Gegebenem und zwar sowohl der positiTen Bestimmtheit als auch der vor- handenen Untmshiede. Es mnB also kehieswegs jede empiiische Erkenntnis den Wert blofier Wahischeinlichkeit haben und eine Widerlegung des Psychologismus, wie sie Hnsserl zunächst (I p. 60fif.) Tcrsncht, daB eine psychologische Behandlung die Logik zn einer empirischen, also bloß wahrscheinliche Ergebnisse statt evidenter Gewißheiten enthaltenden Wissenschaft degradiere, ist nnmüglich. Im Gegenteil: Obwohl nicht auf Psychologie ge- gründet, beruhen die S it/.e der Logik vielfach auf reinem Vor- iindeu, ohne dadurch von ihrer Evideuz etwas einzubüßen.

Die Übrigen Darlegungen Schuppes, die noch einige be- gründete Einwände gegen einzelne Punkte von Husserls Unter- fli^nngen bringen, kommen fttr unser Thema weniger in Betracht Dagogen wollen wir neben dem un großen nnd ganzen mit Hnsserl ttbereiBBtunmenden Denker anch einen Oegaet knn zn

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544 E. Dflrr, AbhMiigigkeiteraxliiltids d«r Logik tob der Fkydiologie.

Worte kommen lassen, der sich Uber das Verhältnis der Logik Kur Psychologie im Siun des Psychologismas ausspricht. Elsen- haDB hat im 109. Band der Zeitschrift fUr Philosophie und pbikMophiBche Kritik (p. 196 ff.) diese Stellang zu unserer Frage eiDgenommeiL Er behauptet, daß swuohea Peyehologie und Logik kein üiitefBehied der Gegenitiiide und kein Untersofaied der Methode ihrer Bearbeltang bestehe. Aber wenn er »unter Gegen- stand einer Wiflseneebaft denjenigen Awehmtt der geiamlen Wirkliehkeit yereteht, auf welohen die Arbeit des Denkens sieh richtet« ,80 ist diese allgemeine Umschreibong des Tieldentigen Begriffs »Gegenstand« von Hiisserl bereits durch seine ein- gehenden AnalvHcn so weit tll)f rholt worden, daß wir nicht näher darauf zurUckzukoinuitn l)r;iiH lien Was Elsen bans beztlglich der Methode, die in Psychologie and Logik dieselbe sein soll, bei- bringt, trifft im wesentlichen zasammen mit dem was Hnsaerl onler dem Titel: »Die Logik als Theorie der Evidenz« behandelt und kann daher mit dem, was oben Uber diesen Pnnkt erwfthiit wilde, ebenfalls ftr erledigt gelten. Wenn endlioh Elsenhans anf die psyohologisohe Behaadinng des Urteilsproblems namendieh hti Wnndt hinweist, am seine Anffhssang zn stützen, so gUaben wir doreh den Hinweis daraaf, dafi die logisehen Talsaehen in mancher Hinsicht Probleme (Va die Psychologie bedeuten, ohne daß bei der Feststellung jener Tatsachen die Psychologie bereits zu Rate gezogen werden mtlßte, aach diese Argumentation bereits entkräftet zu haben.

Die Anschauungen anderer psychologistischer Logiker sind von HuBserl selbst so eingehend behandelt worden, daß uns zur Zeit ftbeEfaanpt kein wesentlicher Einwand der Gegenpartei bekannt iil^ dar nieht von dem hier eingenommenen Stsndpnnkt aoa seine Widerlegang finden kjJimte. Es seheint daher das ansem Be- traohtongen za Oronde liegende Werk Yon Hnsserl eine a&a- adilaggebeade Bedentnng in dem so lange anentsohiedenen Streit am die prinzipielle Bereohtignng einer selbständigen logisehen Wissensehaft zu besitzen und für den logischen Fortschritt ebenso- wohl wie tür dte Klaruii^^ psychologischer Grunduuächauungen wertvolle Beiträge zu enthalten.

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Besprechimgeii.

RMitteken^ Haberl» Poetik. Erster TeiL Vorbemfirkiuigeii. Att- gememe Analyse der peyduMihen Voigiiige iMim GemiB einer INchtang. (Xm, 315 S.j Hllnclien 1902. G. H. Beek'eclie Ver^ lagsbnehhaiKlhmg. jB, 7. ; in Leinen geb. 8. .

Vorbemerkungen (l 38'. Das an Einzel- and Selbstbeobacbtiin^oD reiche Buch untersucht »im ullgemoinen die Vorgänge, die sich beim Genuß fliier Dichtung in out abqifelWf <*^t fwinutelleii, wie «10 dem «uiiittol- buen Genoß einer ZHchtnng ein Wertartdl zn gewinnen ist, und behandelt im Amehliiß daran aneh den außerästhetiscben Wert der Poesie«. Dem rein w!s?fn«ichaft]if»heTi Intcresf'p an den Problemen dpr Pnrfik und dem praktischen Bedurfiiis des Litterarhistorikers will es dienen. Aufgabe der Poetik ist Enuittelong der die Eigenart der Dichtungen aownachenden Momente: Fest- •teitong dee ihnen ChnnebunniMi vsA ^oAbning in Gruppen. Dtehtongen ezletleren nnr in der Seele dee SehaHtaden oder In der dee Oeniefieiiden; ein Leben außerhalb dieser Seelen haben aie niehi Von dem, was in der eiprenen See)'' brnin HnnuP ninrr Diohtnnsf infolge Nacherleben«! vorereht, alg etwa« unmittelbarer >J,rfalirung last jederaeit Zo^Hnj^liphcin, hat die Unter- suchung auf Grund von Dichtungen unserer Zeit und Kulturstufe iu der Form psyoholegtacher Analyse auszugeben. Gegen Marbee Änßerongi), daß die peyehologiadie Zeiiegnng fksyehlaeher Eompleze in einfbehe Eleniente nnd Tatsachen för den Litterarhistoriker unbrauchbar sei, der vielmehr dnen bestimmten Teil geistigen Lebens in seiner Kompliziertheit nachleben und verstehen wolle, wird gesagt: Bei einem durch nacherlebendes Verstehen g:ewonnenen, instinktiven Begreifen psychischer Tatsachenkomplexe soll der UttemidMoiiker idebt itehen bleiben, aondem er mO dieae Komitoe in bekannte laemente aeriegen, die Beaiehangen dieaer an einander klar machen und das Ganze als gesetzmüGigcn Zusammenhang begreifen. Die Zerlegung braucht nicht auf so riMf:i( he Elemente 7\\ -rehen, wie pie da? Ziel der theo- retischen Psychologie bilden. Als solche Kiemente werden an einem Beispiel (Ilailcrs »Alpen«) die bestimmte Eigentümlichkeit der Phantasie des Dichters, nein ethfadiea Ideal vsd die Eigenart adnerGefHhlaeRegnngai bei ethieehen Betrachtnngen aageftthrt Ana einem gemeinaamen Kernpunkte alle SSgen- tflmltchkeiten zu b^eifen, das Individnnm auf eine Formel znrUckzuftihren, ist freilich nicht möglich. Gegen Lamprecht wird geltend gemacht, daß auch das in nur einem Exemplar g^bene, ein Abstrahieren von Typen also

1) Vierteljahraa^rift fttr wiaaenachaftUehe PUkwophie, 1898, S. 839.

kaeHn Ar Pirehokfitb t. Uttretv. \

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BMpraehmifeiL

anppohließpntle Iiulividualppyrhisfhe, dem Sozi^ilpsychigchen ge^r^oübcr, durch- aus vollwertiges Objekt wiaseuschaftlicher Forschung Ist, desseu Bestau iteila zwar nieht mit Mtehen anderer Objekte, wohl aber mit allbekaanten ElMMBtn SBMNt p^fobiMhm Lebest veigUelMB werden klHuMtt. Das wichtigite lOttol für die Erkenntnis fremden Seelenlebens ist daa Nacherieben. Da wir anxnnehmcn haben, daß daa Seelenleben aller Geschöpfe sich nach denselben Grundgesetzen vollzieht, m muß das, was wir nachzuerleben im Stande sind, in sich uiügUch sein. Ein uolohes Nacherleben vollzieht sich unter von unierer Phantasie dargebotenen Umstibiden; da es sich unter wirk- Hehen ebenao voUiieliett würde, int der Zwange nrft den ea erfolgt ala Reflex objektiver Qesetze anzusehen. Ala Mittel, richtig nachanerieben (ebie Ve^ fiilachanff fremden Socinnlebcna au!'7n?rhHpOon\ werden genannt: Erweiterung de» ne?iifhtskreiflf'8 und Kon-f ktur jener instinktiven Popnlarpflychologie, in die wir leicht kritiklos hineinwachsen, dorch Beobachtung fremden Lebens, durch AasohauuBg und Bericht, psychologische und psychiatrische Studien. Hand in Hand mit dem Nadieileben gebt eine aUe Xomenfte aoweld einaeln nia in Üuren veiadliedenen Zusammenhängen anf ihre Wirkungen prüfende und sie gegeneinander abwägende Ausdeutung, die sich von vorgefaßten Meinungen zu befreien hat. Die durch ein solchem Nnoherleben vennittehr' Einsicht in die innere Notwendigkeit fremden psychischen Geschehens wini Khnnerungstäuschnngen ond dem Veigeaaen gegenüber durch bloßes V^er- ateiien enwtat, dn nur bewnOte Voiginge nnclieilebbar aiad.

l.SnpiteL Die Spraoiiettnddna innere Bild. (80—81). Diditongen aind apiaehUobe Werke. Wae die Spmehe außer dem cBe Dieltn^en in

keiner Weise charaktwirierenden Wortlaut bietet, liegt in der Bedeutung der Worte Aber alle von Worten in uns geweckten Vorstclhm^cn und Emjifin- dnngen au» den Sinnesgebieten, Begriffe. Stimmungen treten bei versclii« di nen Personen in verschiedener Weise aul, repräsentieren die Wirklichkeit hüdiat nnvoUkomnuB vnd bielen besondere, die Diohtnng anneiehnende Meikmale nklit; nnr dann tat dn apraehBehea Weilt eine Dieiitnng^ wenn wir nna Ihm gegeaibar im balande laUielueher Anaehanimg befinden.

2. Kapitel. Die »sthetisohe Anschauung (82—151). l. All- gemeine Befx'brcibnng. Für die ästhetische Anschaunng falleTi fort: außerhalb liegende Zwecltmotive, Hinblick auf eine vom «pniehüi In n Werk nnabliSagige Welt von Objekten, über die es aufklären soll, Uinauaschauea in die Welt der WiibUebkelt; nnr in der Diobtans mUw* äBtSm die nimen Anftnerkaamkeit ftaaelnden Hoüve Hegen. Unter Abkbnnng niberen Ein* gehens auf die schwebende Kontroverse Uber die Geflihlsqualitätcn , wird die Ansicht vertreten, daß Gefühle Zustände sind, die durch die Worte Lust und Unlust in erschripfender Weise nicht charakterisiert werden; ebenso- wenig durch die drei Wundtschen Grundrichtungen. Die Frage nach drai VerhUtnia zwischen der Geftthlawirknng einer Voiitellnng und ihrem Beiz für die Attfineikaamkeit wird in Aabetiaebt der benradieiiden Meinnngnrer- echiedenheiten und des Mangele an Vorarbeiten nur kurz besprochen. Die Ijif?twirknngen der Vorstelhinir^^n, die dn? 'v\'irhti£i:ptr> Element des ästhetischen Verhaltens ausmachen, und ihr Keiz tur die AutiiierkHainkeit hängen eng zusammen. Widersetzen wir uns der Fesselung dieser ^an lästige Vor- atellnngen), so iat der Sathetiaehe Zustand dorohbrochen. Last- nnd nnlnat- gebende Yotatellnagen acbeinen die Anfinerkaamkeit atfaicer an feaaein, ala aolehe, die andere Ctofüblaqnalititan (abgeaeben Ton der dareb aie erat ert^gtM

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Beiprechaagen.

Lott odor Unlast) hervorbringen. Das mit dem CMHhi der SpMMBg Br- w»rtetc muß selbst^ neue Beize für dio Aufmerksamkeit enthalten.

Die Erürtenmgen Uber 2. den Eindruck der Lebenswahrboit ttb^r- g«iie ich, da er im 2. Bande eingehend behandelt werden boU.

8k Die IllnsioM. 6egenlU>er der Ansieht Taines über di« flloaton in Theftter, dsß lie auf «Imb bertiiidigw Wteluwl nrfanbrn ^uUmwaAwkikA glauben an die Wiiklichkeit des Dargestellten beruhe, nA der vonwdlii Meinüng I. ani^pfl, der den Kern des künstlerischen GenuBses in einem fort- wShreuderi 1 linimdherpendeln zwischen Realität und Schein erblickt, wird da« Autkommen eines UedankenB an eine hinter dem Bühnenbilüo uttihende Wirkfidikeit im Zostande der lUnnon abgelehnt; nur dem Bilde gehört unsere AafyaaAaumkäi, Im dm m wieh dfte Beiweik (BtdneMainduiag, BeihM der Zuschauer ete.) nicht dauernd zu stOren venaagi Huer iMUHives Ver- halten im Theater ist durch Oewolinheit und die nie ganz ans dem Be- wußtsein schwindenden BiWer des Beiwerks bestimmt; es ist Vorbedingung des ästhetischen Znstandes, der öeinprwpJtf» wieder hemmend aut unser liandeln wirkt Auch wirklichen Ereignisseu gegenüber gerät der absichtlieh sich peariT Vertilteiide Ideiiter den MhetiMlNii ZnttaHid, wm Meh dnrah eine plötzlich sich geltend mnehende mXchtige Ergriffenheit poetischen, nlier auch wirklichen Ereipnissen ^feg^cnüber ohne absichtliche PaasrritSt eintreten kann. Abweichungen von der um bekannten Wirklichkeit lösen die Einheit vun Daratellung und Dargestelltem, stüren die iiinsion. Lebenswahrheit, lustbetonte Gefühlswirkung, gut vorbereitete Stimmung, GreUlufigkeit objektiv imrichtig«r VorsteDuKgen geben efai Gegengewleht EiallUirimg des Wnder- Tinren erfordert Vorbereitung. Von der Art der parsteUnng hingt durch Ketlexion zu beeinflussende Wirkung der IHuBionsstörnngen ab, die meh bei Ankian^:: an andere Dichtungen un<1 Erlebtes eintreten können

3. Kapitel. Die Gefühls Wirkung (162—268.) 1. Assoziativer Faktor. Der direkte Faktor umfaßt die akustischen WortvorsteUnx^n nebeC Kkngftrbe nnd Betonnng nnd die nnndttelbeie GelQUswfrknng dieeer Elemente; der assoziative die eineraeits durch Klang und Betonnng nnd andorsf^its durch dio Wortbedeutungen erregten Emptindungs- und Vor- «tellungsmassen nebst deren ( iot uhlswirkung. Feststehende assoziative Fak- toren der zweiten Art deren Vorstellungselemente filr sich nicht bewußt werden, können schon bei einzelsen, Stimmung verbftltendett Worten nid fonnel- haften WortsnannuneneelanngeB wirlcen, ebenao bei nielit fonneUnAen, bei denen Kombination bereit liegender Zusammenhiinge und AnswaU Im Sinne des Dargebotenen stattfindet. Das nirht in nulio l'ileihen (ier hierbei durch die neu erregte Masse ersetzten alten Dispositionen und das Weiterwirken dieser (Ubergeordneten; Masse auf andere, zu ihr passende (untergeordnete) Diapoeitionen treten ala weitere BeetandtaOe des aaeodattren Faktors an den der Wortbedeutunge» hinan; iHevlel von ihnen im einnelnen Faüe anr Geltnng kommt , iai voaehieden. Anf die neuerdings fepfogmMn Kontro- versen über die zu unterscheidenden Arten von Assoziationen wird nicht eingegangen, sondern es werden Erfahnings- und Ahniichkeitsassoziationen, als bisher meist unterschiedene, beibehalten. Jene verbinden durch BerUhrungs- aaaoaiatfon oder eine Kette von solchen verkaApfte Inhalte, von denen der fepfodnalerende dnrdi einen ÜinlSeben oaetat werden kann, aofim deaaen Beprodnktionstendenz betont wird ; diese verbinden ganze, einander ähnliche Maasen nnd ferner aolehe, deren Teile nur einander ihnJioh aind (nn die aieh

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Aui htnitü 6*:aeu oaihiiUche leile durch LHahmngs»««- anscoiifi^n,, »oten die ReprudaktioBStaideBMn (to gauen Mimpii betont werdoi. Jla £r- ftkraBS""^ MImb Si fi. Wotto Mit 0nM BodsslnigMMMMai Ahilicfc Irtitwffff dfe ttberiptol^MaB Btttandtdle des aa«. F. mit des Dmea ontai^

l^ordneten und diese untereinander.^ Der Be^ff des a^. F. wird Kfilpe^ pe^nHb<>r dahin nnTPitrrt daO BeziehunpcTi zn ethiaehen TeadeBseiif die außerhalb des iaiathetiBcbeD Komplexes liegen, die aathedacbe Anachaamig uiebt darchbreofaeB, Bofav sie nicht anadrücklich voigeatellt werden; ebenao- nrfkOig«! Wmmm «ia« dndi ta Woftint Piahti^ aid« geforderten aaa. F. and UnvoUständigkeit und Unrichtigkeit etnee aolchm Die Mitwiiknnf? solcher individuell zuni1Iig:er Faktoren ist durch Anatjne ÜMtsnstellen und vom Eindruck <]p« Objekt«« überhaupt zu trennen.

2. Neu eingeführt wird der Tenuinus >Ein8chmelzang<. Sie b^tebt im lüneintragen eine« aaa. F, Im flinen direkten ala dMiM Kigenachaft und ntergeofdMter Bestandteile dta aaa. F. in Hboseordnete. Der Teil, in den fltageaehmolxen wird, kann seinem Vorstellungsgehah nach vnbewaßt bleiben (z. B. Charaktere einer Dichtung . Bei der Eioachmelzong beteilig^te Massen Rtehcn faat auHschließlich m .\iuilichkeit8a^!«o7,iRtinn. Zar Einachiuelzung gelangen: Vorstellangen von 1. leblosen ubjektea, 2. lebenden Weaeo (»Da-PersonifikiUioa« : s. & naa ligemden Objekten werdn KfgftnachaftwB, die nna Irgem kteaca, all penOnHeh» «igeaohrieben) «ad 3. ndn loh oder Teile desselben (»Ich-Peraonifikation«). Unter »Reaktionsgeflflil« inM das- jenige Cefilhl verstanden, das man einem Objekt oder riner Person pe^enüber hat, UQt^H' •SabstitutiouageflihU dasjenige, das mau in der Rolle einer Person oder eines in ein Objekt erst eingeschmolzenen Weaena hat Sind i&eaktions- ond Sabatitiitionageflihl IdeiitiaGh, so kaaa lieh dio leh-Pemonilikatioii ana dar Da-Penonifikatfoii leiefat ealwIokalB. (Sdnraakaa awiaeheii iMidai a. B. bei »heiterm Oelb«, au^ dem uns etwas anlacht und wir Mlbat haianalac]M&) Modifikation der Walirnebmunjj der Masse, in die eingeschmolzen wird, braucht nicht zu erfolgen iz. Ii. Einzelner IJor^ vorm Gebirge. Vorposten desselben], kann aber »ehr weit gehen (z. B. Nebelstreif: Erlkünig). Charakteristische EleaMala daa WahrailniaBeakomplCBea wifdea daM heivoigahoban. Kil fitauduaebnuig vaMraa lebt odar aiaaalaar Teile deeeelbeB lat biaweileB der Undmck ktfrperlidier Selbstversetnag odar der Bewegung von KOrperteüea verbunden. Dichterischen Charakteren grepfenübcr bcfrliTiftiiren füe Substitution Aufmerksamkeit und Ähnlichkeit mit der anluehmenden Person in iiußerer Situation oder ionerm Wesen (ein sich Gefallen in der betr. Bolle). Rascher SnbititQtimunreeheel lat möglich; AnaUeibea Tom Diekter enrarteler Sab- ftitetfoa modiflaiert den Eindmck sehr stark.

8. Die einzelnen Qeftthlsanlässe. Eingehende Prüfung der Gefühls- und iiilinltüchon Wirkungen »lirpkter und af<sn7,iativer Faktoren, die bei letzteren uniiiirtt 11 ire und riickläutiL: ' sein künnen. Rückläufige Wirkungen konimeu dadurch zu stände, daß aut Urund der Beschaffenheit der Anlässe diejeuigen GeflUile beaw. Stfanmoagea enreokt werden, welche jeaa Be- iehataheit bediagteB. Aaa derFUDe dea Behaadeltea aeiea heraaagagiüfat: Toa den eiaaUdien GefUhlen isabesondere die dnroh die niedem Sinne erregten. Sie sind, als auf das Objekt selbst bezogene, vollberechtigte Ele- meate des ästhetischen Genasses und würden dies aor dann nicht seuii

1) VterteljahraeehriA Ar wieeeaMdiaftUcbe FUkwopUe» ZZm, S. 146.

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BesprechuQgen.

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wenn die durch sie erregte Lust nicht mit ihnen gegeben wSre, sosdnu als außerhalb Hep-ondor Zweck bftrnchtet würde Die da.s T.rbpnsrr^fHh^ f^ei- genide Freud« an Eindrücken überhaupt spielt hier eine Hollo, wie die am Erkennen und Erleben fiir die Gefühlswirkung im allgemeinen. BeaiigUch des Untersehiedes xwiaehen Erleben imd Kadieilebm §A bMM^ dafl vor- gevMUe Sttaationen der engea BMiehmig, die eilebte n nneeim leh haben, entbelirea und schwächer wirken. (Ein Bewußtsein, daß nur nacherlebt wird» ist nicht vorhanden.) Abschwächung erleidet flie Unlnptwirknntr 'lurch äußer- liche AnTPfTting des DiBpoßitionskoraplexes. der unser vor (»etahren der nach- erlebten Situation gesichertes Dasein repräsentiert, ohne daß Einmischung der ans unserer wirUttcileii Sltoatloii dießeiideii GefllUe (sndi desjenigen der SioheilieU) mid gleleiMCBike Abseliwlehiiag der das LebeaagefiÜil stelgenideB LnsIgefliUe stattfände. Ein »Vorstellen« von spesiell auf nnsympatlnsdiea Charakterei^nBchaften beruhenden fit fülilt n (Lipps)*) wird zu fransten eines Nacherlebens abgelehnt, das neben du »syuipathiBchen Einfühlung« ästhetischen Genuß gibt Charaktereigenschaften können beim Nacherleben selbständige LostqueUen abgeben: d«r ^en Sed«uwliniefs Sriebende «npiirfel diesnn an Omnde liegende gnte Hgensohaften, im Gegensatz nun Nadier]ebenden,L nieht lastvoll.

4 Finifrr' nlljremeine liodinf^n ngen tiHdOosetse derOefllhls- wirkung werden im Anschluß an Fcchner beiiHiulclt.

4. Kapitel. Der Wert der Poesie (269—316). Ich übergehe diese Absehnitte, da aie psychologische Erörterungen, die hier Torwiegend in Be- tracht iLonunen, niclit enthalten.

Einige Bemerkungen ganz allgemeiner Art seien angeft^ Die Kriterien für die liichti^rkoit des Nnr hf^rlebens scheinen mir subjektiver Art zu sein wie auf S. 33 auch angecieutet wird), was insbesondere gegen die normative AUgemeingUltigkeit der im letzten Kapitel besprochenen, absoluten Werte zu Bedenlien AnlaB gibt. Da der Sata, daß alles, was ieh nacherieben kann, In sich ni0|^h sein moB, sieh nieht nmltehren 116t, so bleibt meinem Nach- erleben ein großes Gebiet fremden Seelenlebens verschlossen, welches alles m^^infm psychischen Oesanifzustand nicht Konforme umfaßt. Dieses Gebiet zu erbellen, also eine überaus f rMtrebenswerte Erweiterung uth? Ht^roicheruug meines Nacherlebens herbei^uluiircn, sind die in den Vorbcmerkuuguu uu- gegebenen IDttel sicherlich wohl geeignet Was die anfhellende Wirkung der dieoretischen F^ehol<^e in diesem Betraehte anlangt, so dürfte sie auf die S. 28 erwihnten >Fingerzeige< zu beschränken sein, an Chiasten der "Wirkung einer Psychologie im weitem Verpt'tnrlo. im Sinne einer Einsicht in die Glaubhaftigkeit und Wahrscheinlichkeit k(»iiipli/i' rteren psychischen Geschehens, einer Psychologie, die »nicht auf so einfache Elemente geht, wie de das Ziel der theoretisehen Psychologie bilden« (S. 6). Dieae letstere ist herbeisuziehen, sobald es sich nm die Analyse des die Existens der Bichtungen als solcher bedingenden ästhetischen Zustandes handelt. Eine genauere Unterscheidung beider wäre fclwn um der Einwände Marbes willen erwünscht gewesen. Als Wirkung eines der gedachten Fingerzeige dürfte z. B. die Forderung betrachtet werden können, eine Dichtung unter dem JSaStnß Tersehiedener, abslditiich eingenommener Standpunkte und unter Abstrakdon von sdcben in lingeren Pausen wiederholt an lesen (276. 288), um

1) Archiv für systematische PhUosoiihie, IV, S. 472. V, S. 106.

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dem WiederaafUuctieB siurück^edrängter ZuAammeiihiluge Kaaiu aa geben. Im ter iidtat iMdahwdm vnd flbtneiigeiid«ii Awlyie d«r »Alpen« Hallec» (i ft), M dfliw VomfaM g<iiataiii9 mT d«n Gebiete der tkeoielieelieB

Piychologie m. £. nicht »ind, wird abliittel, die Dichtung lidlig tm ▼erstehen, eine I'ntprj'urlHmf^ (irr Peref^nHchkelt dp» DichffrM atigew«>ndet, Qod zwar io eiiu-r Art und Wetise. die ein mit zicinliciier Bustinimtljf ir zu faUeades Urteil djuriiber ^olaiüt, wie der Dichter peraüulich zum GAuzeu und n den Gfiadrilgn MiMS WülEei itud und wu «r Umea gegenüber eriebta Ete Winei di;von aber gibt ftr ttaiar Naeberlebee eelir wiehüge Diiektfra her, denn eine Ähiiiehkeit mit dem Erleben des Dichters dürfte ftir unser Nücherloben eine riemlich sichere GewKhr seiner Richtigkeit bieteu Kine Aapa^iHunp' de» ieutereo au das erstere ist nicht immer leicht, aber ^lohr wohl mügüch. Diese Art der Berichtigung des Nacherlebeus , die nebenbei IHr die Kiftik dmm bedentagsTdleii SlndiNUikt bergibt, hStte gerade In Aaechlafi aa die HaUeraHtyie aebirfer hervoigehoben werden mfmieii.

Dr. A. ticheuueit (Wflrzboxg^

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Referate.

Fortsdiritte auf dem Oehiete der Erforschung der kindlichen Sprache in den Jnhren 18d8— 1902.

Von Dr. Hermftaii Ontsmana (BerUa).

la den letoloa lOaf Jahna tot die Badbaehtaag der UadUdiea Spiadie, ihnaWeidigangea, ihrer Bedeutung fUr die spätere EntwieUaas dM Kiadae

V071 den verschiedensten Oesichtspunkten aus in Angriff ^nommen worden je navbdem der Autor mehr Pädagoge, mehr Arzt oder mehr Psychologe war. Wenn anch die Gesauitresnltate der Beobachtungen der einzelnen Autoren ■am Teil recht Terschieden und, so lassen sie nah im wesaaffiehaa doeh Baoh gMchea Gedebtepaalctoa betiaefatai, weaa wir die eiuelaeB Stafea der Sptaelimitwicklnng des Kinde«, die tob den Autoren niokfc wesentlich v«r* schieden charakterisiert weideat lam Aaegaagapaakt aaaeiar DaiateHaag nehmen.

Nnr wenige Autoren fallen aus der allgemein angenonunenen i:i>iataiiung der Spfaohaatwiddang desKinden lierans, so Oltnszewaki aad Sikoraki. Die neistan habea sieh dea Stafea aagesdiloaieai die aaeh Befereat ia seiaer kleinen Arbeit über »die Sprache des Kindes and der NatarvSIfcer« aat-

gesteUt liat: Sc hrrim. T,nllen, WortbiMnnfr

Die Sehreiperiode beginnt ja gleich nach der Geburt des Kinde» and hat zunächst nur die Bedeutung eines Reflexes, der offenbar au» dem gieidliea Gtaade efaitritt wie das Niesaa, adt dem Idtufig das Neageboraae das Lieht der Welt hegrüfit Sehoa die aMen PUhwophea laehtaa die Ur- Sache dee eiatea Schreies darin, daß sie glaubten, in ihm einen Protest dea KiTidr»? fregen das 7iikiliifti<rp Elend, dnf ihm in der Welt l)evor8tehf» sohen 7u nilisBen, ja je naehdem die Knaben mehr Adam und die Miidrhcn nit hr Eva als den Grund alles menschlichen Elends bezeichneten, glaubte mau m den evetaa YakaleB b«i Hldohea aad Kaibea eiaea Uateiaeliied hUiea m

Sehoa aaeh dea ersten Tagen zeigen sich aber in dem Schreien des

Kindes merkbare Abstufungen. Es dient sehr deutlich 7ur Bezeichnung der verschiedenarüKöteu UnluFtgefühle. die das Dasein des Kindes in dieser Pe- riode beherrschen. Die erfahreue Mutter und Wärterin hört sogar aus dem Klaag dee Sehr^ hcraaa» ah daa Sad Haagar hat, ob es Eilte, MiHe, Sehmeia aad aaderea aiehr empfiadet

Der Vokal, der bei diesem ersten Schreien vorzugsweise heranskUagt^ ist entsprechend den vorwiegenden Fnlustgefiihleu der <»rpten Lebensmonate das % darin ttimmeu last alle Beobachter Uberein , während das a einer

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Referate.

spMterea Zeit aimigeMren Boheint and wohl snent bei bewnndemdai and lireodifen Anmfen des Kindes auftritt melleiebt darf hier aach darauf ver- wiesen worden, daß, wie viele andere sprachliche Erscheinungen in der Enfc* Wicklung des Kindes fiir das spätere Leben in Bezug auf ihre sprachliche Verwertung zwar verloren gehen, als inteijektionelle Gefühlsäußerungen jedoch bestehen bleibea, so die« auoh bei den beiden Vokalen a und i dmil- Heh sMlmiweiMn iit: bMbt sneb Ar das sfAtere Leben elete det YoIdiI der Bewunderung, der Freude, des WohhrollenB, Iran er begleitet poiltive GefUb}stöii(> als Interjektion , ii ist im epMeran Leben sieti ttad gans intern national <ler Vokal der Unlust

Die Darstellungen der ersten Schreiperiode des Kindes unteracbeidea sich bei Anent, Traoy, Gntsmnnn nnd den ttbrigen Anlofen, die Oue AnfineriDunkelt auf dieaen Punkt felenkt haben, nfeht -weaenttieh. Jeden- falls stimmen alle darin tiberein, dasa in der ScbreipeHode des Kindes die Schreie variieren je nach ihrer Bcdonliinpr, und dass die Schreie als ünlust- iußerungen in dieser Zeit der kindlichen Entwicklung vorwiegend sind.

Sorgfältigere und eingehendere Unteranchungen ttber die Scbreiperiode dea Stnglings liegen ent au neneater Zdt von Ontimann Ter. Er ging von der Anafthanwng ana, dnB die Sebidperiode dea Sindea für die apiteie Sprechleiatiing in rein physiologischer Beziehung nleht olme Bedeutung sein kOnne, besonders in der Uhifticht, als die Schreiatmung bereits pin Vorbild für den Typus der späteren Sprechatmung abgibt. Wenn das Kind schläft oder ruhig ist, so atmet es durch die Nase ein und aus, und seine Ein- atmungen äbtd ttngefkhr an Zeitdaner gteieh den Aaaatauingen. Gnna andeia wild aowohl in Betng anf den Atmungaweir ele enf die Zeifedaiier der Tot^ gang beim Sdireien. Die Inapirationen erfolgen durch den weitgeOff^eten Mund und dif l'x?pirationen, die der Trii^'t r <!rr langen Schreie sind, sind wesentlich gegenüber den Tn8y>irationen .nläugert. Mau kann deshalb wohl nicht mit Unrecht annehmen, üal3 die Schreiatiuung des Siugltnga die apAtere, Ton der Bnheatonng doeb ao weaentlieb ab- weiehende Spreehatranng vorllbt nnd somit die aebwierige nnd anfierordentlich komplizierte Koordination des gesamten Sprecli Hpp f\rnt»'8 in späterer Zoit erleichtert. Diese Koordination if<t in der Schreiperiode noch sehr einiuch, da eich zum Schreien nur die Atuiungsbeweguug mit der mehr oder weniger r e flektoris ch angeschlagenen Stimme yerbindet, wibrend daa Aitikniationaetgan aldi Im! dem zellek- torisch erfolgenden Hnndlffiben nnd mifllgen Asateigen dea Znngen- ritckens fast regelmäßig zur Vokalbildung des ä resp. eines zwischen a und X legenden Vokals formt. Ganz besonder« riuffallend ist auch die außer- ordentlich p Liinge der Ausatmung beim Schreien dea Säugliujp* Schon wenige btuudeu nach der Geburt autgenommcne Kurven derBrust- nnd Banobatmnng dea sebreienden Säuglings zeigen niebC nur, daß heim Sehreiea die getarnte Atmnngamnakeltütigkeit ebw ugenefai eibObte nnd waH ausgiebigere als in der Ruhe ia^ aondorn ea aeigt aieb auch, daß die Aus- atmung die Inspirationsbewegung an T;";nfre iiTi?emf^i!i fibertrifft. Besonders wenn das Kind mit dera Schreien iMijiimt. iöt der erün: Schrei, nachdem Kleine hchuell wiederholeude Ein- uud Ausatmungen vorhergegangen sind, meistens ein sehr langer, dem dann, wenn daa Kind aieb beruhigt, kttnere Sebreianaatnnuigen folge». In den bei aebzeienden Kindern gevonnenen Knrven aeigt aieb aber aneb gegenüber der Bobealmnng 4ea fllafl^inga eine

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BdfiBttto.

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Mßerordentliche tJnffleichheit der Bewe^nor WährenH <\'w Riih<>atmnnfä: nur ab und KU durch die Kürperbewesrunprn (l( H KiD'ics und rtiroc:hen wird, sonst aber in gleichmäßiger Ein- aud Auäutmuug weiter geht, ent- »ineeheiid ihnr mtomttiaelien Regelung von der Hedvlla obloiigata ans, tritt bei der SehreUtmiiii^ dea Kimdet die i«6arate Unrogel- niäßigkeit auf. Das zeitliche VerfaXltniB swiBchen Bmat- und Baueh- atnninjrsbpwegung, die Form der Inspiration«- nnd Exspirationskurvo habm in der Aul'angszeit noch nichts mit der späteren Siirerhat monp zu tun. Die Bewegungen sind in jeder Beziehung ungeordnet, atakiiäch. Dazu kommt, difi das Kisd idelii die Kraft baiÜBt, die lange Avaatmiug aUein dnroh aeiiie Atenmnukelii henrortobiingen, lo&dem ee aneht sie dudi die gesamte Be- wegung seines KUrpers zu schaffen, und Niemeyer hatte durchaus Recht, wenn er f»a^, das neugeborene Kind atme »mit aHen \-icren«. Bezli^lich der zentralen Leitunpr der Schreibewegungen des Säuf^linKs Hißt sich aber doch aus einer größeren Zahl von Einzelbeobacbtuugen immerhin der Schluß delMn, daß iie nichta mebr mit der antoiDatiieben Regelung der Baheatmiuig zu tun hat. Es zeigte sieh nKmlich gana eWdent ein aaßeror deut- liches Überwiesen der kostalen Bewegungsvorgänge. In den ersten Zeiten der sprachlichen Entwicklung läßt eioh dieses Überwiegren nicht so deutlich verfolgen wie später, wo es immer häufiger und immer stärker auftritt und ganz aUmählich den Übergang zu den Yerhältnisseu swf sehen Brost- und Baoebatnang beim Sprechen macht

Die swelte Stufe der apraehliehen Entwicklung, das Lallen, tritt meistens anfangs des dritten Monats ein. so bei Aments Beobach- tung vom ö\). Tage an. Sikorski ist der Meinung::, daß diese ersten Laute nicht artikuliert seien oder wenigstens nicht deutlich artikuliert. Fast alle andern Autoren sehen in diesen ersten reflektorischen Lallver- snehen, die bSnfig In Form von endlosen LaUmooologen (Ament) auf- treten, vohlartikulierte Laute. Der unartikulierte oder wenig artikulierte Laut xffT <c«/ri' ist eben der Schrei, und diese Periode liat das Kind ja bereit» hinter sich, wenu es anlangt zu lallen. So ist auch Meumann der Meinung, daß das Kind in dieser Periode die unartikulierten Laute durch artikulierte verdrängt, da stets einzelne immer mit Vokalen verbundene Kon- aonanten, ffie sieh anSsroidentlieh sehneD Tefmehrsn und in maneben Httlen mit nngebenrer Miuuiigftltigfceit von dem Kinde produziert werden, bervoi« gestoßen werden. Menmann nennt dies die Stnfe des spontanen Lallens. Die ßedeutuiij^' dieser Lailperiode des Kindes ist von allen Autoren Ubereinstimmend als darin beruhend anerkannt worden, dass daa Sttd Uemdt >daa Rohmaterial der Spraebe« (Taine) erwirl>t Es gewinnt aof diese Weise eine reoht große Hemehaft ttber seine gesamte Spraehmuskulatur. Es treten unter diesen Lalllauten aXmiliehe Laute der späteren Sprache auf Aus den Beobachtungen aller Autoren rnnfimmon- genommen liißt HiVh f^ioser Schluß zweifellos ziehen. Ich habe nicht einen einzigen Laut auttinden können, der in dieser reflektorischen Lailperiode nicht aufträte. Das Eine ist aber doeh wohl sieher, daß die grüßte Zahl der Lalllaute sieh In dem ersten und aweiten Artiknlatlona- gebiet, also in Verknüpfungen der Konsonanten b, p, m, d, t. n. w mit versohip'leTirn Vokalen vorfiTi(lr>t. Oegentiber Ament muß betont wcrricn, daß Out7m;inn nie bestritten hat. daß Uaumenlaute in der zweiten Penode der kindhchon Sprachentwicklung sich vorfinden, er hat nur darauf hin-

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f ewiaten, dum dieflelben gewöhnlieh aeltmi riad und in den meUtea Fäl» M traitvoiom g«hflB, daß dto HMhakmug, wenn dai Kiad anfiagt^ mIm AHfmefkaaiiduit auf die Sprache der Umgebung zu lenken und seine dgen« Sprache an dieser aufzubauen, in deu weitaus incistf n FäUen Schwierigkeiten inafht Ein einziger dagegen von Anieut ang< tuhrter Fall oder selbst ein UttUend derartiger FäUe beweist nichts gegen die aligeiueine Beobaehtoa^. leh wode später noch niher anf diese Enoheinung einzugehen liaben.

Die Lftllporiad« dae KiBdaa ist, wia beieits harroigeliobaB, in «OMBt* KfllMi all teAektoriaali und ihrer Bedantaag nach ala Lnatiaßeran; des "Kinde? anzusehen- »'f frpHzt sich an dieser genau so, wie es sich an der Bewegung der Arme uud ine ergOtzt. In diesem Öinue ist auch di« Entstehung der Lallsprache sicherlich eine eigene Öcbüpfuag daa Kindaa, vad es darf niokt übersehen werden, daß der Bawegnngstrieb, dar ala harvwrnft, aioli bei allen, aalbat bal den taiibgal»oreaen Ktndera ▼cffindet, voransgesetzt, daß keine angelM»raie inteUalDtaelle Fkydioie (Bahwachsinn, Idiotie) vorbanden ist.

Von diesen] reflektorischen Laürn zur Nachahmung vor- gesprochener Lautfolgen ist ein gewaltiger Schritt. Die Beob- aefatung von Vlerordt, daß Kinder Laatkombinationen, die aia aelbat laelit gut hetvQiiicaehtan, aafimga niolit a«f Voie|>ieohaii naehanahaiea im stnde ivaran, werde ron aimtUcban Beobachtern bestätigt, so anch in neuerer Zeit von Meiiniann. Menmann hebt als eine Ursache diosfr Erscheinung ben'or daü der akustische Reiz beim Vorf»prechen ein iiiidcrcr int als der Kelz «ior Laute, die das Kind selbst hervorbringt, und daß das häud lufoigedesaen die Lanto nidit wiedererkennt In ähnlicher Weiae hal Storeh aidi darüber anageaiwociiea. Ala Baiajiiel nimmt er daa Wort Papa, daa daa Kind iaieiaflr Kachahmnngsperiode hOrt, und meint, daß es unter allen den früher spielend hervorg^braf'hffn Tviniten dr? Kindes wahrscheinlich nicht einen einzigen gUbe, der diescDi Klanggebiide vüllig entspräche, daß es aber gewiß eiui^rc sehr ahnüche und einen allerähnlichsten darunter gäbe und nun infolgedeä^a der Mmlirrhate anklingen weide. Daa Kind mfiaae infolgedeaaen durch Probieren keransnbekonsnen anehen, wie aeine Reproduktioa dem Vorgesprochenen möglichst ähnlich werde.

In allererster I>inie ist nntürlirli das Nachsprechen iiiKnforn ein \*iel schwierigerer V'organg, als dazu ein Wollen von Seiten des Kindes gehiSrt nnd zwar ein Wollen, das sich auf ganz bestimmte Bewegungsvorgünge eietreeken maß. Während dM LaUen noch auf der tiefon Stalb der Bs- flexäa0erangen dea Kindea afeekt, iat die Naohahnuag beieita ein beirnlkw Vorgang. Auch Meumann hebt dies klar hervor, indem er das spontane Hervorbringen eines kindlirhen T.HiitHB als rein riifüli^' nnsieht. als Ergebnis einer zufälligen güust iL'^t a Koordination der Sprechuiuskulatur, wahrend beim Nachsprechen die Laute, welche gesprochen werden sollen, in gewiaaem Sinne gewollt werden nfiaaen. Daa Naebabmen iat deaenaoh, wie Henmana neb anadrOekt, nicht bloß ein Spielen mit den Spraebwerkaengea, sondern ein willkürliches Arbeiten mit denselben im Dienst der Lauterzeugung nach dem Muster der Erwachpenon PieReobachtuag. daß bei dem Beginn der Nachahraungspe ri mI »■ dit Kiuder infolge der anßerordentlicheu Autuiorksauikeit, die der Vorgang des Vorsprecheae ibaen abniltigt, aie ao Tollatllndig gelingen ninunt, daß aie aom Antriebe tk ftr daa Neehapreefaen gar aiehta ttbiig behalten, iat duebaaa liebtig. Da»

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Befente.

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Klsd achtet deihilb itann Mf ta Vonpieehente, ja M l»nt vor,

d»ßdinIvTi8t am spontanen Lallen in dieser Zeit vollkommea vorloren geht und dir Kinder stamm werden Kr&t ^anz aUmihlich emacbt wieder die Luit an der laatlioheu Äußerung und daa Kind sacht nun mmk MBgVflUdt nMkmiliBiBii. Oende bei der Nftehahmungsperiode zeigt sieh aber, daB die ArtikalationsgeaehickHchkoit dee Kladet fttr die einzelnen Laatklaeaen veraohledan groß ist Eb werden dem- nach diejenigen Laute am ersten nftflitresprochen, die von denjenigen Muskeln gebil'let werden, die das Kind durch das Saugen bereit« am besten eingeübt bat, das heißt die Laute des ersten und zweiten Artikuiationssystems, die benfts oben angetthrt wordea lind. Ament hebt bervw, daß diei beMmden deahalb der Fell eei, weU die wachahrnwiden Kiader anf den Mnad dea Vor- eprecheaden fehea und demaaeb aaeh diejenigen Laute am besten und erstea narhahmen werden, die ara ersten und leichtesten sichtbar sind, und das t^iini eben gerade die Laute des ersten und zweiten ArtikulutiDrtPsystenis. Daß der optische Eindruck dabei wesentlich unterstützt, kann keinem Zweifel «ateriiegea lllr deiyenigen, der jemala die grofie AafiaetkiaBkeit beobaehtet bei, adt der das BJad aaf dea Hoad dea VoftptedieBdea elebt Beibelaate und Gaumenlaute werdea häufig erst spat willkürlich nachgeahmt und bis dahin durch leichter zu bildende Laute ersetzt. So tritt fast stets die Er- setzung der Reibelaute durch die entsprechenden Verschlußlaute ein.

£b ergibt sich aus dem bisher Dargestellten, daß wir, bevor das iüud aar selbetlndigen Sprache, aar Worä>ildiing gelaugt, drei Perlodea aater- aebddea mUsaea, ob wir sie ala Voratafea, wie Meamaaa wül, oder als Perioden der Spraekeatwieklung bezeichnen, macht keinen wesentlichen Priterfleliied ann: 1) das Schreien, 2) das reflekto risch e Lallen, 3) das bewus-^tc Lallen oder die Nachahmung. Diese drei Stufen der Spraclj entwickiuüg aiud gerade deswegen so wichtig, obgleich sie in ihrer Bedeutung eidier redit biallg nateiadUltifc wordea eiad, weil iie die y o r b e r ei ta n g d e e Kiadeaaaf daa eigeatliche Spreebea daretellen. Der Naebahaiaaga*- versuch dea Klades ist der Übergang zur Spoatansprache. Daß in der Nachahmungpzeit Lchon dss Sprachveratändnis des Kindes weit voraus entwickelt ist seinem S jinntfinsprechen, kann durchaus keinem Zweifel unterliegen. iü> ist deshalb von verschiedenen Auto- rea die EaterleUaag dee SpraebTentladniaaea ala beeoadere VoiaCafii dea Spreebeae selbst aageeehea wordea, ao -voa Sikoraki, Oltuszewski aad auch von Meumann, der das bloße Verstehen vorgesprochener Worte, wäh« rcnd da? Kind noch nicht spontan spricht, als eine Vorstufe oder wenigstens» als vnrberolft nden Prozeß der Sprachentwicklnng betrachtet. Meumann hat durciiaus Keciit, wenn er in der Literatur dieses Gegenstandes die genügende BeaibeÜaag der EatwieUnag dee SpraebTefitXadaineB ▼enalflt lob eelbet habe mebrfiMh bervoigeboben, da0 ee giOßerea latereeee baben rottßte. am Schlüsse des ersten Lebensjahres durch Ansproben festzustellen, wieviel Worte das Kind versteht, als in spüterer Zeit, beispielsweise am Schlüsse den zweiten Lebensjahres festzustellen, wie daa recht oft gemacht worden ist, wieviel Worte das Kind selbst anwendet. Natürlich sind wir für die Deutung dee Iriadliehea Spraehveretitadaieeea daaa, weaa daa lUad aocb niebt apridit, aar aaf die Dentnag seines laßeren Verhaltens angewiesen, wie Heumann nachdrücklich betont. Er meint auch, daß dieses Verhalten vieldeutig sei aad darob die vencbiedeaeten pqrobopbyeiaoben Vorgänge vx Stande konunen

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Befente.

kOnne. Er weist ferner darauf hin, daß die ecsten Sparen des kindlichem Sprachversti&ndniasM sehr frfih aalMeB, daB mIiod in den entan MooftteB FmoM der Umgitair dvr^ Zwedon und Aaradm aif die CMIftle daa KladM einwirken kennen, daß eie das Kind beruhigen können, wihrend der

Vater und andere Personon d?i7i! nicht im Htnnde sind. Sifhprfieh ist dips noch kfiiip Spur von Sprachverstäudnis. sondern, wie Meumann es nennt, eine dilTerenzierte Suggestion, da sich mit der Stimme der Matter gewisse »ttgmiebne tihmatm Naehfiriikiingen psycliophysiselMr Art Tertaifipfen: Erfidiiag der gtflhuig der kfaidUehen Bedttifidese ete. Sprachveretindnii beweist es aber, wenn Kinder bei Benouiung yon Gegenständen, Vor- gängen. Personen diese mit K'ipniowejjfungen, mit dem Blicke oder mit Hand- bewegnngen aufsuchen und durch Lachen oder BonsH^ GefÜhlsänßenmgrea verraten, daß sich mit jenen aufsuchenden Bewegungen emotionelle uud iateUektueUe Nachwirkungen verbindeii, die daa Objekt ala eia deas Eiade b^nntea eiaeheinen laaaeik. Daa Lindneraeha Esperinent» daa er bei seinem noch nicht V2 Jahre alten Knabea maohte und das darin beataad, daß ihm die Worto l icktack itftcr vorgesprochen wiirdm während «»r an die tickende Wanduhr gebracht wnrde, und daß das Kiinl nach ei[iiL':t ii 1 il-^- (i durch das vorgesprochene VV'urt Ticktack vcraniabt wurde, die Waaüuiir an- «UMliea, beweiit natttrlieb nodi ideht, da6 daa Kind dae VoiateUiing der Ubr oder ihrea GeritoacbeB oder aoeh daa Ortea, wo ale bXngt» hat, aonden würde nach Heumann zunächst nur beweisen, dass sich das gesprochene Wort »Ticktack< mit dem Scltall rier Uhr assoziiert hat. Daß aber Sprach- verständniä iui Alter von 8 bis 10 Monaten hei Kindeni fnr die pcv^ ülinlichen G^onstände seiner Umgebung vorhaudeu ist, erscheiut mir nicht zweifelliaft und wird aneh für andere ttbeneogead naebgewieaea, wean naa auf vor- geaprocbene Worte wie Pappe, Ball, HÜdh, Hamm, Papa uad Derartlgea mdir atets oder doch vorwiegend die dem Gegenstande entsprechende Bichtnags- bewefnino- des Kfifife« inh-r der Augen wahmiinmt. Die räumliche Orien- tierung des Kindes tritt auch nach Meumann s Beobachtunj^en sehr früh ein. Gegen Ende des ersten LebensjahreB läßt sich jedenfalls schon vou elaer gaaaaa Aaiahl tob Worten daa SpraehTeittiiidaia bei den Kinde aaeh> weiara. Die Kritik, die MenaiaBn aa den früheren Damtettongen Erd* roanns fDie psychologischen GrundUgen der Beziehungen zwischen Sprechen und Denken Archiv fUr systematisclie Philonophie 18%; übt, der die Ver- knüpfung zwischen Wort- und Öachvorstellung des Erwachsenen auf das kindliche Seelenleben einfach übertrug, muß man jedeufalls als berechtigt aneilcennen.

Die Bezeichnung und Beschreibung der einseinen EntwieUnagqteriodea der kindliclien Sprache, die die einzelnen Autoren geben, machte ich nun- mehr kurz anftihren. 8 uUy unterscheidet: 1) vorsprachliches Lallen^ 2) Über- gang zur artikulierten Sprache, 3; Anfange zur Sprachnachahmung, 4) Um- gestaltung unserer Worte, 6) logiaehe Seite der Kindersprache und 6) Satz- bildnng, wobei er aber die letaten drei Punkte jedenfidla aieht ala Ent« wicklangBStafen der Sprache angesehen wissen will, da er ndt diesen Schlagworten nur charakteristische kindliche Sprech versuche znsammenfaßt.

Linduer f;illt aus der gewühnliehcn Einteilung der Sprachentwicklun^ des Kindes voiikommen heraus, indem er folgende drei Stufen aufstellt 1) die Stofe der bloßen Lanteneogung oder Schallnachahmung ohne den Zweek der Hltteilaag iaaerer Zuatinde, 8) die Stofe begiaaeadeii Spraeh?«f-

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Referate.

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Btändnieses, wo von dem Kinde der Zweck der Sprache zwar erkannt oder (loch geahnt, abrr norh nirbt die Fülii^'keif der Mitteilung innerer Znstiinde mit Hilfe der Sprachlaute erworben ist, und H f^i^" Stufe des eigentlichen Sprechenlemens, das heißt die Benataung der äpracülaute zu Bianvollen Ver- MndoBgon wm Zwecke der Mitteilung iuaavt laalBttäB. Kan aiugedrttokt Tumai LlBdner die «mto Stoib die pliyetologieelie, die swelte die logische und die dritte die pbilologlsehe. Lindner betont zwar, daß die drei Stufen nicht so zu verstehen seien, daß die ersto abgeBchlossen sei, wenn die zweite beginne, ebensowenig die zweite zu Anfang der dritten. Ob aber mit seiner Einteilung der Zweck erfüllt wird, den er damit verknüpft bat, UaBeh die Enekeinungen In der epfeehlleheii Entwi^hmg de» Eäsdee in ein beetlmmtee System m infngeii, um sie dadurch der bunten Haanlg- Ikltigkeit in en&leiden, erscheint doch BweifsDiaft.

Traoy arWießf ?(ich im wesentlichen Preyers Klassifikation der kind- lichen Bewegungen in impulsive Bewegungen, Keflexbewegongen, Instinkt- bewegungen und vorgestellte Bewegungen au und versucht nun, diese Stufen inft der SpndwnliHeklung des Kindel in ÜbereinttfaBmong sn bringen, sodaO er nnek für die Sprnehe die Stadien reflexiver, inetinktlTer und vorgestellter Äußerungen unterseluidet Sa beetehen die ersten vom Kinde f^eüußerten T.ante nur in spontaner willenloser, vorstellungsloser Kund- gebung der angeborenen Bewegongskraft Der Bewegungsvorgang selbst ist automatisch, und derselbe Muskelinstinkt, der das Kind zwingt, mit den Händen sn grelftn, mit den FUfien sn eohlagen, zwingt anflk eelne Lippen, Zunge, KeU> kopt Lnngent aie snillmi. Dies ietdee irapnlslTe Stadinv der Sprache.

Im Reflexstadlnm der Sprache findet Traey, daß das ICind bestimmte Laute als Envidprang auf bestimmte Empfindungen äußert. Es sehe pfu helles Licht, hüre einen eigerinimlirhen Laut, ftihle eine warme Beriiliruüg. und alle diese Empfindungen rieten gewisse Laute bei ihm hervor. Diese Lsnf» seien noch ein blofies LiUen, das nidit die Mitwiiknng des WiDene, sondern nur Empfindnngs- und Bewegungevofg&ige in sich schließe. Hier sei der Reflexbogen in seiner einftchslen Form ToUstfndig, nnd hierans entstehe die Nachahmung.

Im instinktiven! Stadium, das nach I racy später eut^teht, kfinne man gewisse Laute entdecken, welche die Bedürfnisse des Kindes ausdrücken, obgleich dieselben wahrschelnlieh noch ohne bewnfite Abeieht gelnßeit werden. Hier untencheide man in dem Seluei, der anfimgs einibnuig und ausdruckslos gewesen sei, Tefsehledene Qeftihlszustände recht gut: Hunger, Schmer^.. Müdigkeit ti. s. w. Traey **teht hier in einem deutlichen ^rco^en- satz zu fast P'inifli hen Übrigen Autorcu, da diese Unterscheidungen ja bereits in der Schreipuriode des Säuglings deutlich zu Tage treten.

In dem Torgestellten oder überlegten Stadium der Spraehentp wieklnag behenseht nadi Traey der Wille voUstindig die Sprachwerit>. seuge; das Kind äußert seine Worte mit bewußter Absicht; die passive und unbewußte Nachahm nng der Laute wird aktiv und bewußt, füe Worte werden miteinander verbunden, um die immer verwickelter W(1mI< nii ii Vorstellungen auszudrücken. Als Beispiel fUr seine Anschauung gibt i raey die Um- wandlung ehMs eimelnen Lantes dnreb Jene mfelnanderfolgendten Stadien Uttdareb, iritaMeb die Silbe bis» ^aafimgs gans von lelbBt entetOnde. «Das Kind liegt zufrieden in der Wiege, die Bewegungskraft strömt Uber, die Lippiin bewegen sich, indem lie rieh lanft Oflken nnd ichliefien, wihrend der Atem

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Bafefito.

ansstWJmt, und dadorch wird der Laut wa-ma-iua-ma-tiia erzeufi^; er hat aber noch keine Bedeutung; er iat rein aatomatiMhe Äußerung. Dann wird aber 4ltnan»e Luit dueh gvwiiM EapliadingeB hetfuigwuliMi, toa deam dte «tae fahr wahrscheinlich in dem Anblick der Matter odtr €inflff aaden Psncn

besteht Das Wort hat jedoch noch keine bestimmte Bedentnnf^; es ist &n nnht^fitimmter demonstrativer Aosrof, ein reiner Reflex. Spiter wird es der Au^ iruck für j^ewisse körperliche BedlirtuisBe und Zustande, dann äußert (Xaa Kind diesen Laut als einen Aasdmck des Bedttr&iäaes seiner aatürliches EnOragr. Hierdarob wird dat Wort mit dar Miitt«r ÜMt ▼«rimdea; nant «iteielieiiilich nur mit der Brntt, später aber mit iliter Pbim» flbarlisapa. Dadurch wird der letzte Schritt beim Übergange gemacht, und nun tritt das Wnrt mama aus dem halb bewußten instinktiven Stadium in daa vorgestellt« Uber; es wird mit der Mutter fest verbuudeu und mit ihr allein; es wird mit der bewußten Absicht gebraucht, ihr die Wünsche und YoisteUangeii de« KladaatiiitnitaOeBi aad aa wird aadlleh M ihrer Abwaaaaheit ia ajaeraelehaa Waiae gebraneht» daOaieh IhrBÜd dem Odat daa Kiadea fiiat aiafspiift ba*«.

Oltnszewski unterscheidet drei Entwicklnngsperioden: 1) die ursprttngr- liehe Sprache, das heißt einzelne Laute nnd die stumme Sprache, die Ent- wicklungsperiode der SprachgedKchtQiözentreu. Hier entwickelt sich zu- nächst das GchOrsgedüchtnis und später das motorische (AufiEassen, Wieder- bolea), vfld 8) die Periode der Vefbiadaa^ tod Begriiba mit WBrtera. die aelbaCiBdige Sprache.

In ganz ähnlicher Weise stellt Sikurski die Sprachentwicklung-a- perinden dar. Kr unterf^'hpidet 1 die Periode der Erlernung der Laute [Vor- bereitungsperiode], 2/ das V erstehen der Wörter und 3) die Ausspracbe der Wörter. Seine Darstellung beginnt sofort mit der LaUperiode, die er seltK aamarweiae ala aiebtartilcalierte StfanmlaBle beaebreibt Aoeb aaeh dem 10. Ifonate finden lieb aach Sikorski bei dem Bülnde zwar veraehiedeae artige, aber nicht ganz deutlich artikulierte Laute wie tl, tlja. dl, am, ma, mani, al u. s. w. Nar!i r!?(».««or Zeit beginne das ELind dem Sprechen der Er- wachsenen zu lauBctieu und eigne sich im Laufe eines oder einiger Mona.te rasch die Bedentang vieler gehörter Wörter an, das beißt es assozü^ die Wortiaale mit ibrer Bedeataag. So ?acatfiadea die Kiader aas Bade dea errtea Jabrea meistenteils aebea die Bedeutong vieler Wörter aad vieles von dem . was von Erwachsenen gesprochen werde, jedoch sei das Kind noch Vicht im stände zu reden ; ihm sei die Sprache nur als aknsti«icher Eindrnck. aber nicht als motorisclier Akt bekannt. Nun beginne das Kind zuerst nacii- idmend (Echosprache}, dann selbständig Wörter auszusprechen, wobei oa raaebe Fortaeluitle maebe. Wo VenOgeraag ia der SpreebeaftwieblBi^ vorkäme, beziehe sie sich am häafigaten auf die Aassprache, nicht aber ant das Vrrsflindnf? fler Worte. Daraus schließt Sikorski die Schwierigkeit der Erlernung der für das !^i»rechen erforderlichen Bewegungen Pin n-rußte Bchwierigkeit zeigt sich nach ihm in der Prozedur der Verbindung i^weier «ad beaoadera mebrecer Laote sa eiaer Silbe. Alle Kinder ohne Ausnahme erieiebtera aieb aaeb Sikoraki die Aalgabe der SllbeabiUnaff dadandi, daß aie einen oder zwei Laute auslassen und die Sfllie vereinfteben, iadeai sie nur ein bi«« zwei statt drei bi« vier Laute in derselben lassen . Glaa = lae, klein = len. Er wiederholt in seinem jetzigen Werk die Angaben 8etn€>r früheren Untersnchongen (Archive e Nenrologie, Band 6, 1883) und unter- aebeidet aaeb jetst aoeb awei verschiedene Typen der Lautent-

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Refente.

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wieklvng det kindlichen Spreeli6ni. Mich Uun riobten naidw Kinder fbr Angenmeik tot lüeni nf das Bekaantweiden mit dem Gerippw

des Wortes, das helft mit der Meng;e und der Intonatioii der Sflben; andere Kinder dagegen achten mehr aof die Eigonsfhnftcn der einzelnen l.ante. So komme es, daß die Kinder der ersteren Oruppe beim I^ernen der .Sprache mehr von der Beobachtung der Atmangs- und Vokalisattons- arbeit anagehen, wlhrend die Anfinerksamkelt der Kinder der urolten Chuppe sieh mehr anf die nrtiknlatorisohe Arbelt richte. Soweit Ich sehen kann, steht Sikorski mit dieser Anechanung ziemlich allein, ebenso wie er wohl aneh mit der ;\]\nn steht. dnO er die Leichtigkeit, mit der daa Kind die komplizierte Ar Ix it des Sprechens liborwindot, nur auf den Besitz des Sprachzentnuns, daa gleich dem Zentrum des ijenkens Alleingat des Menschen sri, siuttekflihrt So kommt es nach Sikoraki aneh, daS der Besita des Sprache entrnms es dem Menschen ermSgliehe, eher daa Sprechen als das Gehen an erlernen, obgleich ersteres nnver- gleicblich schwerer sei «Is dns «weite. Natttrlioh kann eine ererbte Dispo- sition des Menschen zum Sprcchenlemen nicht geleugnet werden; das »Sprach- z.eutrum selbst aber ist sicherlich nicht angeboren, sondern muß von federn dnsetnen Menschen erworben werden, ja es kann, wie aahUoee Beob- nchtongen, besonders bd Kindern, lehren, nach ZerstOmng darch Tisnma, an einer andern Stelle des Gebims von nonem wieder aufgebaut werden. Vrm einem »Zentrum« des Benkens in dem gewrtlinlirhen Sinne der Lokali- satioiish'hre kann man wohl beim Menschen nicht reden, und ich glaube nicht, däU heute noch ein Psychologe existiert, der Denkvorgänge bei Tieren ▼ollalindig lengnen wollte.

O. Franke stellt die Spnchentwicklaag der Kinder in vier Hanpe* stnfen dar. Die erste Hatiptstafe ist die Zeit der Willenlosigkeit Hierhin fr^hören die Äußcrungea des Schreiens, des Lachens und Lallens und vokalische Oeftfhleänßerungen. Lachen und Lallen tritt ungefähr zu gleicher Zeit anf, was auch iusol'em natürlich int, als ja beides Lnstäußerungen sind. PQr das Lallen stallt Franke sls Regel hin, da0 hn swellmi Monate das Kind nnr rein -vokaüache Silben oder aolche bUde, die ans einem Vokal oder einem einzigen Nasen- oder Verschlußlaut oder h oder einem undeutlichen r bestehen. Im driften Monat reihen sich dem häufig ei, i und 1 an, und das Kind bildet auch Silben, in denen ein Nasen- oder flüssiger Konsonant unmittelbar neben einem Verschlußlaut derselben Artikulationsstelle steht, also rabfln wie omb nnd angfca. Gesondert stellt Franke die TOkallachen Gefthlsiaßerangen dar, die er als noch hedentnngsvolleten Schritt ansieht. Den Vokal S sieht er selbst, ebenso wie Vierordt und Preyer, als Un- InstTokal an. Der Vokal a wird von ihm win von Vierordt. Strüm- pell. Preyer u. v. a. als Lustvokal angenommen, ebenso wie die Ver- bindung ei. Die Lautäußeruugen nach den ersten drei Monaten betrachtet Franke als gleichsam eine »Lantspraehe im Larven instande«. Mit dem Brwachsenen habe das Kind gemein die ans Vokalen nnd Konaonanftsn bestehenden Lantverbindungen, das Ansdmoksvermügen mehr oder minder bestimmter GefUhlszustände durch Töne nnd T>autbildungen, .ninerdem das Hüren der Lautäußcrang anderer unter Anzeichen des Interesses, doch man- gele dem Kiude die Willkür hei der Hervorbringung, die Absicht, sich ver- stlndfieh sn machen, nnd die FSUgkeit, andate an ▼erstehen. Im dieser Be- aiehnng atehe es nnter den SKngetleren nnd VHgehi. Franke webt aber

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Boffinte.

mit Recht auch darauf hin, d;ib nich in die^or Zcir üie Keimr der ( Tcbiinlou- eprache entwickein. Es gelaugeu die (jictiiliia^^utitäiide de» SiiugliugB durch »iMidoM BeftiOKiMtfiulo« Ton KOiperteilm aum Anidnck, sowoU Lost- wie UalwtgellUiIe dnieh Isbliallsre B«w«g«Bfni der Aim« und BoIm v. a m.

Die zweite HsnpMüi dHurakferiaiert Franke als die Zeit der Ähn- lichkeit mit der Tierspraehe. Es zeigen n\ch ^r>wiMe Willensluße- mngen wnd da» Verstehen dersolhon, i\m Aushtrci ken der Arme mit oder ohne Lante als Zeichen des Veriaugeuä u. a. m. 1: ranke glaubt schon in der 16. Woehe den Niehfthttongitrieb aofteBcheB m eehen and aielit den Beweit diritt, dftß matt in dieser Zelt EindAr dm briogeii küiuie, dtfi sie Bewegnagett, die iie bereite mwillkllilicli gemacbt lieben, den Erwaeheenen willkürlich, wenn anch nnvollkommon nachahmen, so das Mondspitzen Die meisten Autoren gehen derartige NacliaJimungon noch nicht als willkürliche, sondern ai» ganz rc f lektorische au, so die auch dahing^Orige Encheinong, daß der SSogUng, wenn nua Um eelKchell;, edu» sdemlioh fok mit Liebeie eiitwortet Auf dieeer Stufe eieitt Frenke nielit nvr Lallen der Kinder, sondern ^anbt, da0 gewisse SQbenfolgen absichtliche anwillkürliche Last- üußeningen seien; absichtliche, weil das Kind jetzt »chnn I.nute bilden wolle. anwillkUriirhe, weil es die Art der LAUte noch ganz deu .Sprachwerkzeugea Uberhusse. Er rechnet dahin die Erscheinung, daß das Kind auf Aureden antwortet nnd daß ee in gewieaer Welae onomalopoetiaQh Spredieii und Leeen naehlllt Feiner trete die VerUndnng des Zeigena ndt LantSnßeningea nnd verstllndnialGse Nachabiuuiii: von Wörtern auf.

Die dritte Haupfptuff^ i }i:ir;ikt riBiert Franke als >men8chlichen Ver- stand ohn*' Hobrauch der Muttersprache«. Diese Stufe kennzeichnet sich dnrch das Wortrerständnia, das im vierten Vierteyahre lebhaft erwache nnd lieBlieh weit rieb entwickle. Der Zeitpnnkty in dem ebsb das Wortve^ stibidnis deutlich dnreb Zeigen aof vorgesprochene Worte nachweisen lißt, iat dnrchschnittlich der zehnte bia elfte Monat; es kommt aber anob früher vor dfi Franke ein amerikanisches Kind anführt, das im Alter von acht Monaten Jeden im Uause mit Namen kannte, ebenso die WOrter fUr die meisten Gegenstände im Zimmer und Körperteile. Bei Taine wird, wie wir eben aebon sahen, der sehnte bia elfte Könnt, von Traoy der lebnte bia xwtttfle, von Preyer der dreiaeiinte bia fttafitefante angegeben. Hier geht er anch auf die Wortschöpfung ohne Nachahmung ein undwriatdar* auf hin. daß »u<t Mundgebärden Wortkeime henor^prit Pen können, so die hfinfig angetlihrtc Verbindung raem oder mum für Hunger oder pap-pap-pap tür EssenwoUen. Auch Franke hält eine derartige äprachscböpfang obne Nnebnbmung für aebr apirlleb, jedodi weiden wir nna weiter ottten noeb mit Stnmpfe aaaffifadieber Mittsilnng Uber eine beaondera eigen- artige Sprachentwickinng zu beschäftigen haben. In dieser Periode tritt nach Franke auch die WortHfhiipfuug durch Nsichabinung Ton Naturlanton o'w.. wobei aUerdin<r<« bemerkt sein mag, daß meistens schon von der Umgebung diese onomatopoetischen Worte dem Kinde vorg^prochen werden. Auf dieeer Stufe tritt bei Kindern aneb Teratindnidoaea Naehapvedien yoa Wörtern ein (Eebolalle).

Die vierte Haaptstufa «idlich ist nach Franke die Aneignung der Muttersprache, wobei in der ersten Zeit nur einzelne noch nicht zu einem Satz vereinigte Wörter gebraurlit werden ^vorauf dann spater die Zeit der äatzbildung oder die prädikative 6tufe eintritt.

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Bafente.

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Frauke macht deu iuterefisauteu Veräi^cli, deu ßchon uieurere Auioren imtenioinBien haben, lo Sehleieher, SehtiltBe, QntsnMa, Anest, di* Spneheittwickliiiig d«r Ibniolihflit in Paxallde « d«r Spitelieiitwicldiiiif des Kindes zu bringen, ein Venmch, auf den wir jedoch bei dleaem Referat nicht r elu<rohen wollen.

( ompayr/' endlicli iintersclieidct in ziemlich dmi! In Im m Anschlüsse an Tracy vier istuieu der i:.ütvvickiuug der Sprache. Aul der ersten ätofe der l^fachentwlcklnng finden idch nur StinmXnßemngen , die qwntui und oline beabnchtlgie Bedeutung hervotfebiacht weiden, StiaBdaGemngen lein mechanischer Natur, die er als instinlctmäßige Übung der Stimm- bändor oder als besoitil pro Art dos Mu8k»*lH piele ansieht In der zweiten Periode werden diese Stimmäußeningen meiir rfiflexinäßigc, dnrch äußere äclialleinwirkungen veraniaßte Tätigkeiten. Gerüuüche und iSchalle, welche daa Kind httrt, wirken gieicheam als eine Heranafofdemag aaf daa Kind, darauf mit aeiner Stimme au antworten. »Ea plappert, ala ob ee denen antworten wollte, die zu Ihm sprecheiK Auf der dritten Stufe werden die Laute und Artikulationsversuche, die anfangs automatisch, iTiRtinktmlißig oder reflexartip waron bald zu Zeichen, mit denen da» Kind seine Gefühle, Emptiudungen oder seinen Willen ausdrückt, ohne daß in dieaen lantUehen Äußerungen aelbat ein Shui oder Inhalt enthalten tat ISnige WOrter, ebenao abaichtiiehe OebJMen weiden ala Auadruckamittet gebraucht. Auf der vierten Stufe zeigt daa Kind adne Intelligenz dadurch, daß CS die wahrj^nommenen Lantklünjje rielitip^ dputet \md daß es sie selbst hervorbringt Compayre ist der Meinung, daß, bevor Worte zur Be- zeichnung des Begehrens, der Gemütszustände und Gedanken des Kindes dienen, OMiIrden in dfoeem Zwecke verwandt weite und daß die Ge- bürdenapraehe die Lautapraehe vorbereite. Spiter Ott, wenn die geistige Entwicklung welter Torgeschritten sei, rücke die Gebärde an die zwcitp Mfplle und diene mw noch als Beihilfe in den Fällen, in denen daa Wort Tii( ht gleich zu Dieimteu stehe.

Wie man aus dieser DarateUnng siebt, sind zwar die Schriften über Sprachentwicklung dea Kindea und Beobachtong seiner laaCUchen Änße* magen auch in den letaten Jahren nicht aelteo, jedoch iat eine einheitliche Auffassung aller Erscheinungen immer noch nicht erzielt Frenz el, der wie aufh lizesniczek fidi in> wef^t^ntlifhcn refcnVrend verhält, zieht aus einer Zusamtnenstellunir il r vl'r^^( hirdi lulirlien modernen Ansichten über die Stufen in der ^>pr:u lientwickluug des Kindes den Schluß, daß sich in der Sprach- emtwicklung dee Kindea awei nuukante Haoptperioden onteracheiden laaaen: 1) die Periode der unbewußten paealven Lantinßervng und 2; die Periode der bewußten aktiven LantSußeiung. Zur ersten Hauptperiode gehören ala Unterstufen die Zeit der impulsiven automatischen, reflexiven und instinktiven LautäuBeningen, und zur zw« itr>n die Zeit der Bildung einzelner Wörter durch Nachahmung und SpontAueität und die Zeit der Satabildnng.

Wnndt unteracheidet in aeiner »Vtflkerp^ydiologie« wie die am Eingiag diaaea Beferatee angeftthiten Autoren drei deutliche Stadien der kindlichen Stimmlautentwieklung. das erste ist daH der Schreilaute, das gewöhnlich bis in die sechste LebenBwoche reicht; da« zweite, das von der pjebenton Woche bis zum Ende des ersten, oft aber auch noch bis gegen Eqde des zweiten Lebensjahres sich eratreckt, das der artikulierten sinnlosen Laute; daa dritte ImUt Ar P^fcholofi«. L Utanlv. 2

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Referate.

I

endlich boginstmit der Herrorbxfaigung artänlierter Lmte« denen die besfimnite Abeieht der Benennung beiwohnt, and dns lat die Stidinm der tigientiicbcn

Sprachbildung; es nrnfaßt die tuf das zweite Jahr folgenden Lebensjahre. Im let/tfMi Stadinm. dem «I^t »ML-^'ntlichcn Spraohbildiin^, treten nnch Wundt zwei Momeute ziiHummeu, die Lautnachahoiung, wie sie in dfr Echosprache ihren Ausdruck dndet, und das Verstehen gehörter artikulierter Laute, das flieh m dm Ventehen nlndaeher und pantominiiaeher Bewegungen aasehUeSt. Vit dieeem fidle jedoch der verständniaTolle Gebrauch der Worter seitfieb noch nicht /iisammen, sondern erst nachdem Nachahmung und Verstilndnis. boide iinabliiiiijri? von einander, eine Zeit lang geübt worden seipn. treten die ersten mit dor Absicht der Mitteilung «rebrauchten sprachlichen Jjcuöu- nnngen auf. Danu kümmon die weiteren Wortbildungen der Kindersprache meiiteuB so nech, daß schon un der sweiten HXlfte dea aweiten Leben^ahns die Beseiclinungen der Gegenatinde derCmgebong isahlreieh Torhanden liad. So konnte Wandt bei einem Mädchen, dessen erste mit dem Zweck der Bonenniinp gebrauchten Spraehlantc frcnau in den zwölften Monat fielen, im neunzehnten Monat bereits tki Wörter zählen, die sich einen Monat Hj);itw abermals um zwölf vermehrt hatten. Die hüofiger gebrauchten artikulierten GefttUilaate raiidiren tkk nach Wandt erat nach dieaw Zeit der «nMet WortbQdnngen.

Mit besonderer Energie wendet sich nun Wnndt gegen die Annahme, daß däi* Kind Worte erfinde, und er meint tlabei. daP lif Anschauung. d:iG das Kind »eine Sprache selber ertinde, nicht nur bei Müttern und Ammen herrsche, sondern auch von pädagogischen Beobachtcru der Kinderapraehe faatananahmeloa undebenao von ▼ielen Psycho- logen geteilt werde. Die obigen kurven Referate der neaeren Sehrifir ateller bestätigen jedenfiüls diese Wundt^ehe Auschauunf? nieljt.

Höchst interessant int aber in die'^ r Hinsicht eine Mitteilunur von C. Stumpf Uber die spraelilidie Knt\\i(kluug eines Kindes, ii&s hin in seinem dritten Lebensjahre eine ganz eigenartige Sprachbozeichnnng hatte. Immerhin handelte es sich auch in diesem FaDe nleht um £e Erfindung neuer AoBdiflcke, sondern um die Kombination gegebener. Oana aufiaUend ist die plStsliehe Bekehrung dea Kindee zu richtiger Sprechweise, Stumpf deutet dies so, daG der Knabe entweder »des Spieles satt« geworden sei. oder aiTflt »dif Abweichung seiner Sprache von iI't gewöhnliclifn und ihre LnvoUkommcubtiiten zuletzt doch als störend uud beschämend empfunden haben mochte«. Dieser letzt angeführte Grund stimmt mit Beobachtungen an hOrstummen Khidem, auf die wir In «nem spSteren Referate eingehen werden, gut susammen.

Auch Meura an n l)efaßt sicli am Schluß seiner mehrfach bereit» beriiek- eiehti-rten Arbeit mit der Frage nach der Wortertindung des iündes uud meint mit Hecht, daß dd» unter normalen Verhältnissen aufwachsende Kind seine Sprache in allen wesentlichen Teilen dem mitteilenden Einfluß der Er^ waohsenen Terdanke und daß es sich diesen gegenüber wesentlich pasiiT und aufnehmend verhalte. Dem entsprechend müßten wir alle Eigentümlichkeiten der Kindersprache aus den UnvoUkommenheiten des Kindes aus TTemmun^s- Ursachen und nicht aus einem im Kinde wirksamen pprachscliöpferisehen Element der kindlichen Entwicklung erklären. Die seltenen Fälle von um- fangreicher Eigensprache des Kindes, wozu der oben erwähnte Fall von Stampf auch gefaOrt, «eigen Uberall die direkte Nachahmung des Erwachaenen.

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Befeiftte.

19

Daa Eigenartige dieser Fälle liegt nur darin, daß eine Art WeiterfUlinmg der Siiroebwfiiae, die der ümgebmig abgeUueht itt, die gehdcten Wortitiiamo yentttnundt oder nmwt&ddt Jedenfiüle paßt der Begriff »Erfindung« durak-

MM nicht auf die beobachteten Fälle.

In den sämtlichen Perioden der sprachlichen Entwicklang zeigen sich gewisse 8t^5ranjren und Hemmnngen, die znm Tiil auf die Entrvicklung selbst zurückzutuhrcn sind. Sprechen doch wold alle Autoren von einem physio* logischen Stnmnieln. Menmann wwXiintnnBdrttekliehwiePreyer n.m.a. «ne phyaiologisehe Htfretnniniheit Wissen wir dwik, daß die Nach- ahmuut.'Bkraff der Rinder sieh anidi auf pathologische Fr^i ]:ninungea in der Uni-i tmnt: des KituloH H(>hr leicht er^freoken kann und daß, da im wpgent- li< in u die ersten lautlichea Erscheiuuniion des Kindes als Roflexv(jri;iiugo gedacht werden müssen, jede Hemmuug des Ketiexvorgangcä aucii eine Hemmnng der normalen Entwiddnng der Sparaehe hedenien kann. Li der Tat lassen sich fast alle SprachstOmngen, die wir beim Kinde vorfinden, anf Hemmungen der Enti^icklung zorttckftlhren. Alle HemmunKen der Sprache be7i*»hPTi Pich t«ils auf Ausfallserscheinungen der zur normalen Enhvifklung derbprache nötig-en Reize, teils auf übermäßige Erhöhunf? derselben, und dies läßt sich an den drei großen Gebieten des gesamten Sprachapparates, dem peripher impressiven, dem xentralen und peripher expressiven ohne HHhe nachweisen.

In einem zweiten Referate Aber die neueren Erfahrungen anf den

Gohietf» der Spraehstörungen bei Kindern gedenkt Referent aus- fuhr I i c h auf diese pathologischen Erscheinungen der kindlichen Sprach- entwicklung zurückzukommen.

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2*

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f' bnft der Universität Freibiirpr 7A\m SOjHhrippn Rejnemnprsjiibiläum Ü. K. Höh. des Großherzofr.s Friedrich von Baden. 19()2 8. 146 168.

7. A. Lehmann, Die kürperlichen Äui>enmgeu psychischer Zustände. II. Teil:

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10. G. Martina t Über die Daser der Lichtempfindnngen. Beitritge inr

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Befente.

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University of Toronto -Stadiee, Psyehol<»gioal Seriea. VoL II. 8. 47—67. 1902. Preis: » 1,60. The UniTeraity Library.

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und seine Analugiecn. Wandt, Phil. Stad. XVI, S.46&. XVII, S. 311. XYUI, S. Ö63.

Wie achon ein Bück anf die Znaammenatoilnng der Arbeiten leigt, auf

die ich mich zur Vermeidung einer noch längeren Verzögerung des eratea Referates boschränkeu will, stehen Vcrsiu he Uber kurzdauernde und inter- mittierende Kt i7.iiii;r mit ihren Ni beuwirkungen augenblicklich im Vorder- grunde des Interesses, uacbdeui hier mehrere Arbeiteu der letzten Jahre neben der Anaaicht anf einfache qnantitaür beatimmbare Oeaetiaiilfiigkdten angleieh manche Streitftagen und aeknndXren Probleme geieltlgt hatten. Audi gtikg man hier auf die Revision der aus älteren Untersuchungen Ubemommenen Vftraupfetrnngen zurffck. So hatte vor allem über den Verlauf des .Anstei- ^vnri drr l-ichterrenrnujc bi.s zu derjenifreii Keizdauer. die jcweiln eine Maxiiu&l- wirkuug Lerbeitubrt, bis iu die letzte Zeit iiu uUgemeiueu immer noch die nXndiche Anffaasung gebenacht, die ana den allererBton Untefanehugen von Einer vor 36 Jahren herrongegangen war. Im vorigen Jahre enddenea nnn gleich zwei nene Arbeiten auf diesem Gebiete v<m 6. Martins ans seinem Laboratorium in Kiel 10) und von K, Dürr au» »brn Institut von Herrn ProfeBsor Wundt 2 , die vüllii,' unabiiiiniErijr von einander entstanden und durchgeführt wurden, und die Frage nach Ausgangspunkt, Methode and Umfang Teracbleden behandelten. Hart Ina erinnerte angMeh an eine nna noch wenig berttckalchtigte Arbeit von Charpentler (10, S. 966 f.), der achon früher die Exner'achen Veranche nach dner eigenen Metbode nnch- prüfte. Allerdinj^s vollzo«: diefer aneh bereits die von Martins angenom- mene Verpehiebun;: der Kraijestellun^:. ins(dern er durch direkte Verjrleichung des iu »einer Dauer variablen Reizes mit dem lionünuicrlich dargebotenen die »Ifaximalsdt« anchte, oder beaaer daa Minimnm degenigen Rmzdaitea-, das anr Eraleliing der gewOhnUehen Helligkeit bei IHngerer Parbietang eben hinreicht Sobald die maximale Reizwirkung grüßer ist als die gewöhnlich gesehene Helligkeit, die iri.^besnndere bei Fixation auf dunklem Grunde Mieder lorttresetTt lan^'.saui almiuimt, wird natürlich auch die vn>( Fvuer gesuchte Zeitbestimmung tiir die Maximalwirkung etwas anderes sein mü^^en ala die Mazimalseit im Sinne Charpentlera. Die Zahlen dea letateren aind

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Referate. 23

am bedentend geringer als die von Exner Itir seinen Wert gefimdenen Großen, auch schien die Erregangsknive bis zum Maximnm geradlinig zu

verlanfpiL T)och fand auch Ch. eine umgekehrte Proportionalität der Zeit zur Reiziutensitiit. M ar t i ub und D U r r suditen aber nun zunächst auch das Prinzip der Exuer 'sehen Beobachtungäm ethode selbst nachzu- prüfen, n. s. etaleter achon Im Jabie 1886 sugar onter Verwendong eines bis ins Einseine nnehgeahmten Appantes (10, S. 884 ff.}. Beide bestKtigen den Einwand, den sclion Kunkel 1875 erhoben hatte. Von awei benaeh- harten Reizen von gleicher oltjektivcr latcnsität, von denen der eine etwas gpäter beg^onnen hat, kann zwar der letztere auch bei ziemlich kleiner Zeit» differenz seines späteren Beginnes dunkler erscheinen, wenn beide Beize rot dn Kaiiuafanlt dar beiden Erregungen ibbreeben. Es gilt also anr Not die untere Grenie der von Exner abgegrensten Region des gesaehten Wertes. Doch verhindert eine kurze Zeitdifferenz zwischen dem beider- pfitiirou Beginne einen flentlichen Vorteil des später beu^innenden Reiz.e« für den Zeitpunkt, wo der früher he^rinnende sein Maximum bereits überschritten hat, wodurch die obere Grenze fixiert werden sollte. Viel früher darf aber der etile Beis radi nieht vor dem streiten be^unen, weQ sonst die wixk- Ucbe Xa^malxeit ans den beiden Grensen nieht melir so einfaeh an bneehnen ist. Martins leugnet nun die Verdunkelung des längeren Reizes bei der Exner'schen Anordnung, also die Möglichkeit einer oberen Grenze, ganz allgemein auch für viel größere Zeitdifferenzen zwischen dem Eintritt beider Reize (10, S. 294.]. Dürr konnte mit seiner allerdings nur hinsichtlich der ZeitrerbiUaisse analogen AMMrdniing wenigstens bei dies« Vergrößerung der Zeitdifferenx eine Zonshme des Proaentsataes der üfte&e im Sinne Exner's konstatieren (t, S. 11). Die £xner*aehe Anordnung bei Hartiaa enthält allerdings wegen der unmittelbaren Nachburs^fliaft der beiden Reiz- felder an und für sich ungünstigere Bedingungen zur scharfen Abgrenzung einer lokalen Adaptation in der von einem früheren Zei^unkte an gereizten Fliehe. Außerdem bedarf es hieran einer starren Fixation, die awar Martins nicht besonders von seinen Versnehen erwShnt, die aber doeh e^^ntiieb mit den Exner* sehen Voranaaetaangen selbstverständlich gefordert erscheint In ih'T Anordnung von Dürr waren beide Reizfelder durch einen dunklen Streifen getreuut und wurde genau fixiert. Mit diesem ll iui teiuwandc gegen die Methode dürften aber nun aucii die Ausstellungen au i:; x n e r s Unter- sachnng im weaentiUehen abgeaclilossen sebi. Was Martins sonst noeh an den theoretisehen Yoianssetanngen angreift (10, 8. 284 ff.}, riehtet sich annäclist gegen Anidracksweisen, die auf veralteteut sber liier an sich nieht störenden Anschannngen beruhen. TTidfiu lOxner die miteinander zw ver- gleichenden Felder in ihrer AusfUlluug b»'! Heginn des Versuche«, wo das eine noch schwarz ist, sozusagen als Urbild des ganzen Gesichtsobjektes an- sieht, nennt er den (hinsichtlich des HelligkeitsverUltnisses mit ilim 11b««in- stinuaenden) Anblick beim Abbrechen vor dem Maximum des ersten Reises sehr mißverständlieh ein Abklingen im »positiven Nachbilde«, das dnreh Schwarz abgeschnitten werde. Den oben theoretisch abgeleiteten entgegen- ge««etzten Anblick beim Abhnub nach dem Maximum aber, bei dem sich die t'rUlier begonnene Eiuptindung bereits im »absteigenden Aate« befindet, bezeichnet Exner als Abklingen im »negntiven Nachbilde«. Spesiell gegen dies letstere wendet sieh nnn Martins wegen seiner Annähmet da0 die Empfindung nach ilirem Ansteigen bis lur vollen maidmalen HelUii^eit aa>

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Bttfeimte.

aUiirnd konstant bleibe, was mit leiiiOT Theorie ttber das Wesen des nega- tiven Narhbildop ühorhaiipt in f^iv^'f^m 7nsamTnf»Tiln?iirf> ßtfht. T'ni de&seut- willon h:it iiir iiin nur die oben genannte (' h a rpe n t i e r sehe Definition der »Maumakeit« einen »Sinn nnd ist für ihn das öuchen Exnera nach einem «weites Diirdiiduiittq>iiakt iweier seitlich etwie gegendauder Teneho- hener Enegugilranreii objdctiy gleieher Reise im PHnsipe tasBiditsloe. Sobald dnzdi die besondere Bedingung der Fixation das ichlieOKche Auf- treten eines verdunkt ln(1en nef^ativen NachbiM»^f nrx der länprer vorhande-nen Empfindung herbeigelilhrt \vfirde. %v';fre dies nach Marti us eben nicht mfhr eine Untenuchang des uorinaieu Krregungsverlaafes. Indessen üurite doch woU die In der FixctioB liegende Bedingang mr Herabeetsan; der Helligkeit naeh dem Haadimni Ton giaien AnordBong kenm m treraen Miiip wenn man wirklich den Erregnngsverlanf nach einer bestimmten Reineit einer Sehfeldstelle untersuchen will, die nicht dorch Blickschwankiinfrf n unter- brochen wurde. Wenn Martins ferner sagt, daß die llcrfin-i iüjl' des »absteigenden Altes« deshalb irrtümlich sei^ weil dieser in \Viri<liciikcir beim gevdhalielieii Btkn ehe» ao knn eei, ab der mfhieigeiide (lo, S. 289 , ist hier von tfartint wahneheialieli dae »AbkUngen« naeh Anfhtfren daa Reizes gemeint, nicht daavonExner absteigender Aat« bezeichnete Herabsinken der Errefrnn«;: während des liinffer dauernden Reiies selbst, zu dem also auch das nt'gati\ e Xa« fibihi nicht noch lnn7>nkoinint. mit dem viel- mehr die Bedingung zum »Abklingen im negativen Nachbilde« identisch ii»t. Endlich ist von Martins noch auf die Notwendigkeit einer exakten Ab- grensnng wlrklidi absolut dnnUer Zeitribune hingofriesen worden, die ianbe- sondere iiir die von Ihm selbst untersuchten minimal<m Zeiträume von griSßter Wichtigkeit sind. Die neuen Methoden verlassen nun beide ebenso wie die Char pentie r Kclie die zeitliche Variation der einen als Vergleicheretz dienenden Ueiligkeit und lassen den kurzdauernd dargebotenen Reiz mit einem räumlich und bei Martins auch zeitlich von ihm scharf gesonderten, in konstanter Welse dargebotenen Nonnalreia vergeiehen, enie diiekle Methode, die Exner selbst wenigstens bei der Hessnng des allmählichen Anst^gena der Erregung bei untermaximalen Reizen veniv'endet hatte, allerdings immer noch mit dem rntersehiede, daß er die Zeit des V^^rirl^ichBreizep für die» ver- schiedenen Keiz/eiteu so variierte, wie es den von ilim gefundenen, liir die einzelnen Intensitäten verschiedenen Maximakciten dieser Vergleichszeiten ent- sprach. Bei Martins ist die Beobaehtnag noeh fortgesetst eine subJektiTo dnreh ein Unsen- nnd Femiehnystem, wie Qberiisnpt sein neuer wertvoUer und vorzllglieh wiedergegebener Apparat ans dem Helm h ol tz - E x n er- sehen unter Berüi-ksichti^nng der nbi^rfn FtTuviMid»« weiterentwickelt war Er gestattete für 1'^ der »clmellen, unmittelbar abgrenzenden .Scheibe ein Intervall bis zu ca. 1/20000 Sek. abwärts. Ahnlich wie bei dem Tachistoskap ▼on Erdmann nnd Dodge^) war dnreh geeignete Lage der abschneidenden Scheibe in dem liehtstrahlen'Kegel eine gans exakte Abgrensnng der absolut dunklen Intervalle möglich. Endlich versuchte Martina die üngestörtheit der Wirksamkeit des variabeln Reizes dadurch zu einer nbso- luten 7.11 machen, daß d er Verprleichsreiz überhaupt nicht simultan geboten wurde. Dieser wurde vielmehr durch ein analoges, zum ersten psrslleles optisdies System gesehen, das aber wegen der korrespondierenden

1) Über das Lesen, 1806 S. 10t

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Hefeimte.

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Lage der Felder bei binokularer Retraehtim? doch nur mit abwechhehhiem Veradüuß oinm Auges zu gebraucheu war, bezw. bei Hin- und Hergehen dea iribnUelieik AqgM. Damit war a]»er natOiUch an^ die PvioiBioii etwaa verauDderfe, welehe in der Vefgleiehimg IwnachlNurter HelUgkeiteii, aolbat noch bei hinnidiender Entfemnng derselben, vorhuideB Ist Die Bedeutung der T^olienin^ ranßto freiHr)i öfters diireli mehrfache weiren tlpr l^rhwif>ri>l<*'it des puceessiveu Vergleiches erwünsehte \\ tederlioluu^r des kurzen Iteizes bis ZOT Störung durch positive Nachbilder, »owie durch die gegenseitige tieeiu- floaaniig der beidetaeita makntar geadieiieii Vei{^ieli8objekte aelbat wieder einigennaßen modifiaiNt werden. Antotoi war aber nnn anf Grand der berelta genannten Annahme, daß nach Erreichnng des Maximums die Empfindnng annähernd konstant bleibe, eine kontinuierliche Aussicht auf den im parallelen System dauernd sichtbaren Nonnalreia gestattet Über die oben in ihrer Be- deutung für das Problem hervorgehobene Fixation wird bei dieser neuen Anordnnag aiclita erwilmt. Die Dttrr'aebe Anofdinmf aeigte dem ftefen BUeke bei stets monotadaier Betrachtung in bequemer Entfernung awei dnrch Ttanaparai^»^« anagefUUte rechteckige Felder von 5,3 qcm im Abstand von 1 cm auf durchaus schwarzem Gnmde Sie wurden durch je eine rlick- w.irtige Lichtrjnelle erhellt, die aus den beiden streifeufönnig-en und in ihrer Liinge variablen Ausschnitten einer durch einen Hoden lichtsicher geteilten TionDmel Ton 1 m Dtudmeaaer aonKehst je eines adhmalen Si»ait belenebteten. Doreh beaondere AbUendnngen geaehali die Abgrenaong der TOlIig liditioaen Intervalle ebenfalls sehr exakt. Es erfolgte also hier aimnltane D arbietnng mit den günstigsten Verglei fJi st)edingnTigen . und war anzu- nehmen, daü eine Heeinflnssnng des N'crlaut'es höchstens in dem MaPf^ stntf- hudeu künne, als dieser von der Ausdehnung der gesamten heilen i iiiche und der Naehbaraehaft dea berelta Ungar daigebotenan Vergleiohsrefaea ab- bingig iat, Momente, aeitena derer ein weaentKeber atOrender EinflnB nicht an erwarten war.

Da die ganze Dilrr'sche Anordnung anf den nlimliclien Voraussetzungen über eine Herabminderang der Helligkeit nach dem Maximum beruht, wie bei Exner, bezw. wenigstens mit der MOghchkeit einer solchen rechnete» wurde die konstante Darbietung des Vergleichsreizes sowie genaue Fixation ala beson- ders wiehtig eraehtet Der yariabie Rda daneben eractaien wieder entapreehend später und brac-li jederzdt zugleich mit dem andern ab. Das Endstadium der Helligkeiten 8clieint dabei in der Tat fiir das Vergleitlisurteil allein noch in IJetracht zu kommen. Ein Vorsignal, sowie der Khythmus der ganzen Aostührung erleichterten alle Beobachtungsbedingungeu. Jederzeit erl'olgte eine einzige Darbietung mit mindestens 6 Minuten Erholnngspanse.

Hartina hat nnn anf Grund aeiner Voranaaetaitng Uber die Konatans nach dem Maximum Uberhaupt niemals eine grOfiere objektive Intensität /um Vergleiche mit dem in seiner Zeitdauer variablen Reize beigezogen und auch diese T>fn!<>r nicht weiter ausgedehnt, als bis jene »normale« Helligkeit des koufinuierlich dargebotenen Reizes von gleicher Intensität erreicht war, weil dies dem Zwecke der Untersuchung widersprochen habe (10, S. 327]. In ^eaer Weiae konnte alao eine etwaige »ttbemormale« HeU^ikeit bei etwaa längerer Belsdaner, wie aie Exner anohte, gar nieht anfgeftinden werden, weil das bereits Überschrittene Maximum des Normalreizes jedenfalls einem nnffrmaximalen Stadium des variabeln ent.«prieht. So steht es also an und iiif steh mit den Exner 'sehen Resultaten in gar keinem Widerspruche, wenn

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Befente.

Martins älinlidi wie f ' ha rp entier , der nach dtin n-imlichen Prinzip arbeitet»', viel kJeiuere Maximabeitcn im Mittel auftindtt. Für 0 verscbieUeüt' Intenaitäteu, welche photome^ch genau der rotenzrcihe von 2 proportional abgestuft worden waren, wird in Obeieinetünmiing mit dem Bieherigen nadi die nmgekekrte ProportionaUtiit der Mftiimnlaeit snr Intensitit beobaditet, 80 daß sich für einen nicht viel unter gewühnlicber Lampenbelenclktttni^ UegcndoTi Reiz 0.013 spc. nnd flir 1 '32 desselben 0.(X)H aee. eri^nbt.

Wollte uiau hingegen wirklich die von Kxner dctinierte Zeit-strecke mit einer direkten VergleichBuiethode uaehprüfen, bo uiuUte man, wie nur bei Dürr wirklich geschah, tther die Beisteit zur Erreicbong der Helligkät nach kontinnierticher Darbietung l>eKebig hinanageiien und dem bei ihm während einer Reibe in konatanter Dauer von 2.4 bis 2.9 sec. dargebotenen Normalreiz eine viel irrflßere oli jektive llellifjkeit als dem variablen geben kennen. Kin Kpi8k(jtister vor dem au und lur sich viel helleren Nonnalfeld lie^ also deäöeu L berächuß au objektiver Intensität paai»eud eiu- ateilen. Da seigte sich mm, daß die größte Helligkeit sogar in einer viel lingeren Beisseit ala in den größten ^on Exner gefan- denen Zeiten erreicht wird, nämlich Hir gemischtea weißes licht in ca. 0 yon ser, nnd ttlr h<>in»>L''en farbitjcs Liclit beliebiger WellenfÜng^e. ^rie e? «lurcli ötrahlentilter erzeu{^t wurde, »ogar erat in ungefähr der doi>pelteii Zeit von 0^529 sec. Dabei war die Helligkeit sämtlicher Farben unter sieb und dea gemiwkten Lichten mOgUehat genau gleich gemadit worden. Ferner eigaben eich aber nun auch fftr aehr ▼eracbledene IntenaitStaatnfen beziehangs wei80 ganz die nämlichen Werte, und ebenso war kein r n t er p chied der M a r i in a 1 7. e i t e n z wischen vollstän di^je r D u nkel- adaptation und üel ladaptat i o n festzustellen, wobei die Kon.stau?. d< r letzteren durch photometrisch kun tr olii erte Begulierung der Tage»- belenobtnng und Anblicken einer mittelgrauen Flüche in den Panaen erreicht wurde. Bei Beiladaptation war nnr dte aar Gleichheit mitder Mayimalwiriamg erforderliche objektive Verschiedenheit den Komialreizes ca. 2,7 mal geringer als bei Dunkeladaptatinn 2, f^. 270 . wo da^ beiderseitige Kei/A erhältnis so- gar ca. 4/27 betru«:, «o daß der ^■e^lauf der Erregungakurve der Lrwartaug entsprechend als ein Üacberer erscheint

Aneb hii^ehUich der »naeheinenden Unabhängigkeit der Mmdmalaeit na^ Dürr von der btenaitiit brancht aber nnn kein Widerapmch an den früheren Beobachtungen dieser Abliängigkeit angenommen zu werden, der bei der be^de^ »eitigen weitgeliendenl bereinstimmung mehrerer Teilnehmer auch kaum erklär- lich wäre. Da nach dem oben Gesagten auch für K x n e r die u n t e re Zeitgreoze allein schärfer abgegrenzt sein konnte und somit die Berechnung vor alieiu iMeinfloßt haben wird, ao aind aowohl aeine wie Charpentiera nnd Hartina* BesnUate achon hinreich^id ana einer Verachiedenbeit des anfateigendcn Astes je nach der Intensität erklärt I.<eider k<mnte DUrrs direkte Vergleichsmethode bei der Ausdehnung der bisher genannten Versuche bisher nicht auch anf diese ganze Form der Erregungskurve aasge- dehnt werden. Aber schon aus den oben [S. 24] ermähnten Exnerschen Besultaten, vor allem aber aus den diesbezüglichen Versuchen von Martiai (10, S. 381), der aeine veraebiedenen objektiven Inteneitütaatnfen für die ^meinen Stationen anf dem Wege zum Maximum als Vergleichsobjekte bei- zog, geht die größere Steilheit der Kur\'en für die höheren Intensitäten her- vor, wobei Martina auch die Charpentierache Annahme einen gerad*

Referate.

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Unigen Äiutaigeiifi widerlegte. Wenngleich also dann anch die Kurven fttr

die höheren Intensitüton nooh pntsprochpnrl flach biß zum frempinsamen Zeltpunkt des Maxiiuums aufsteigen, ^vird eine Minimum-Methode wie alle außer der Dürrsebeo. noch dazu unter Berücksichtigung der Unterschieds- BchweHe, scheinbare Differenzen der Maximalzeit in dem bekannten Sinne snffinden lassen. Die Dtlr reellen Versnehe konnten wohl nur wegen der besonders günstigen Vergleiclisbedinprunjiren bei dem flachen Verianf in der Nähe vor dem Maximum noch eine Differonzieniiifr herausfinden.

Damit ließen sich alf<o die Ab\\ eichungen von Dürr» Resultat erklären, diese weit gehen, dal3 die Martius sehen Werte im Verhältnis zur Zeit der Maximalwirkung bei den hellsten Reisen ca. 20 mal, bei den allerdings nicht als homogen beselchneten Farben s<^r ea. 40 mal kleiner ansfielen, und stimmt hiemit aoch flberein, daß Martius bei Helladaptation noch etwas kleinere Werte fand, insofern hier bei dem flachen Verlauf der gesamten Kurve das eben nicht mehr uuteracheidbare Minimum noch früher erreicht werden kann.

Dieser von Dürr gefundenen Verlängerung der Maximalzeit gegenüber würde aOerdings noch in erhöhtem Maße der Einwand Martins* gelten, daß nns eine so lange Dauer bis zum Stillstand der Helligkeitssteigernng doch auch im gewühnlicbcn Leben schon auffallen müßte (10. S.296 n. S. 348). Nun

haben wir hier allerdingrs selten (telefrenheit. den Aufstieg vom Nullpunkte zu becdjaciiten. Aulierdem würde aber gerade auf die größere Flachheit der Kurve uach dem vor allem bei hellen Reizen sehr kurzdaucrndcu raschen Ansteigen am Anfimg an verweisen sein. Die Eikennnng der großen relativen Senkung bei fortdanemder Bebning nach dem Maiimnm setit strmige Fixation voraus, die ebenfalls nicht das Naturgemäße ist

Während sich nnn Dürr auf die bisher genannten Fraprc Stellungen ho- schränkt, bildet die Fest.stellnnp: der Maximalzeiten bei Martius nur cino Vorarbeit für die Lüsuug der Frage uach der Dauer der Lichtempftu- dnngen (10, S. 336 ff.), die er ebenso wie schon Plateau*) nnd Char- pentier ans der kritischen Periode anr Yerschmehong intermittierender Lichtreiae au erschließen sucht, wobei er jedoch die Zeitbegrenzung der Em- pfindung ausdrücklich zu dem Verlauf der periphereren pln-^ioIoLnschen Sta- dien in (ie^'euMatz stellen will. Zur Klärung des (ranzen ucrdeu daher von Au lang au solche verschiedene Bcgionen uuU die Zeiibegreuzung der ihnen zugehörigen Proaesse theoretisch scharf getrennt Wenn auch nur Reiaa^ten gemessen werdeii könnten, so handle es sieh eben um solche Versnchsbe» dingungen, welche einen Rückschluß auf diese zentralere Bedeutung der ge- fundenen Zeit erlauben. Die bisherigen Bestimmnn<ren Uber das Talbot- sclic Gesetz seien hiezn nnfsreeifTnet. Marbe /.. H. j*clb>*t hat dies freilich schon ganz ullgenicin von solchen Messungen der kritischen Periode be- hauptet^,.

Nach Martins beruht die kontindeiliehe Emp6ndung bei intermittieren-> den Beiaen keineswegs in idlenFiUlen darauf, daß die einseinen Reise w^n

1) J. Plateau. Über einige Eigenschaften der vom Lichte auf das OesichtBorgan hervorgeteaehten J^drileke, 18S9. Pogg. Annalen 1880. XX S. 301, b. 311 ff.

2) K. Uarbe, in Wnndt, Phil. Stnd. IX, S.399.

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Btfantte.

einer p e r i p h c r p h y s i o 1 o isc hen 8unmiati(»nRwirkuTig nur noch als Total- eflfekt nur Geltung kommen, wie er auch bei konÜQuierlicher£eiziuig der Empfia- dang so Grunde liege. JEs UJuen nach ihm «««h ialbttlbMlig in ildi abg»- aeUoiMBe phjaiologisehe Wirkungen ebenao MlbstKndlgnEmpfindnngmi eiBea-

gen, die nur eben wegen der denEmpfindungenals aolchen eigentüm- lichen Dauer zeitlich unmittelbar aueiuander grenzen, nnd g-erade diese Fülle at-U n '/m richtitren Lösung des Problems der »Empündun.'Fdfiuer« heranzuziehen. Wirklich iichtloee Intervalle seien dabei fUr diesen RückBciduß natürlich das erste Erfordernia. Besitze dann die kontinuierliche Empfindung dennoch die ninilelM IntnaiCit, wie die einmalige, ao kttnne diea, wie ala adbatreistindiieh vorausgesetzt wild, nur der Empfindung im Qegenaatz zu periphereren Tatbeständen zuzuschreiben sein. Gerade diese Intensitatsfrage lüse sich aber nun am einfachsten durch jene HeHtiiinntm^ren über die »Maximalzeit«, weil nach dieser Keizzeit die Empfindung dem kontinuierlich daxgebotenen Heize gleich werde, so daß bei einer zu dieser gewöhnlichen Helligkeit eben ▼erachmelaenden Beihe von Maximalieiten der Zeitwert der grOfiten hiebei aoliadgen Uehtlosen Intervalle unmittelbar als die nnter dieaen Bedin- gungen vorhandene Dauer der ungeschwächten Empfindung zu betrachten Rpi, V\o überraschendste und den bisheri^ren AnHchanungen anscheinend ent- jrt't^enstein rulo Mitteilun>r besteht hiebei. wie sogleich hervorpeboben werden soll, dann, dai^ nun diese lleUigkeitsgleichheit des eben verschmelzenden Eiadiockea mit dem kontinnierUehen Reiie von gleicher objektWer IntenaitSt tataKohUch beobachtet worden iat Ja ea aeigte aich aogar ferner ganz allg^emein nach Einstellung der <rr<ißtmögliohen lichtlosen Inter- mittenzzeit tlir die versehiedensten gleichmäßig wiederholten Reiz- zeiten, die weit nnter oder über der für die jeweils verwendete Intensität gefundenen Maximalzeit lagen, dul3 überall die Intensität des V^er- achmelanngsprodnktea dem einmaligen Beize gleich war» aodafi Martini alao anch in dieaem Falle die Daoer der Empfindong ale dea lontral- aten Vorganges unter diesen besonderen Entstehnngsbedingungen festgestellt zu haben glaubt. Diese Beobachtungen bedeuten nattirlicli nichts geriu^'^prcs als eine Abweichung' von dem Talbotschen Gesetz, nach Icheni zur Her- stellung der Helligkeitsgleiehung bei einer vollen Verschmekuag alle Zeit- atrecken, alio anch die Hohtloaen, im VerUUtniaae ihrer Zdtdaaer einsnrachnen aindf wovon nach Marbee Angaben biaher kdne Abweichongen wenigateaa mit Sicherheit nachgewiesen werden konnten, obgleich hier freiUeh daa Material noch lan^e niclit abgeschloaaen ist Auch künnte bei der großen Ausdehnung der benutzten Reizzeiten nicht einmal von bloßen lireuzf:itlen die Hede sein. Gerade bei der Entscheidung dieser wichtigen Frage käme aber nnn AelUch eine gana beaondera grofie PrMaiaion der HelUgkeitBver' gleichnng in Betracht, von deren Bedingungen in der Martinaachen An* Ordnung 5c]ion oben die K l war. Bei den untermaximalen Reizzeitec, wo nacli dem Talbotsclieu Gesetze eine Verkürzung der Intermittenzzcit natürlich ^nz besonders ins Gewicht fallen muß, wird auch von Martins selbst zugestanden, daß eine Aufhellung bei dieser Verkürzung zu beobachten war, nnd erklirt diea Hartina hier wirkfich in der nXmlhshen Weite, wie anch er daa Talbot iche Oeeeti anliaSt Ea entatehen hier hereita peripher physiologle^clie Totaleffekte, die einer längeren kontinuierlichen ^nwirknttg des Reize? bis zur »Maximalzeit < äiiuivaleut bind. Denkt man nnn an die viel größeren Zeiten, die nach DUrrs Untersuchungen noch solche Sununa-

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tionen erkennen lassen und weit Uber die höchsten Martins sehen Reizzeiten in diesen Versnchsrcihen Uber Vorschtnelzung und die »kritii^rhc Porü*<l<>€ hinaufreichen, so würde man selbst von den theoretiecben Vfiruus^^« tzuiif^i u Jdttrtius' aus vermuten, daU die durchgängige Gültigkeit des i a 1 1> o t üdiea Q«MlMB in Jenen aebeinbAnik Abweidiitag«ii nw eben ao geringe BUfo- Ttmen mit sich bringe, ömQ lie unter der ftu der Anordsniig resnHierenden Unterschiedsschwelle liegen. Eine Fort\^irkung des ErregnngsznstandeB, zwar nicht auf die Pf}ieinb;ir«^n Helligkeitsverhültnip?e aber doch auf die Zeitverliältnip^^ ( ftrs hiedureh bescbleanig^ten Ani^ti i^-< der späteren Era- plindung, gibt ju. iMartius selbst auch uoch iusofcru ^u, ala er die bei wieduholter Bdxnng gefandene viü kflneie Unterbfeobnngsmüglichkeit ttbendl, eleo mnob ffir die Maxim alseit nnd dnrflber, «it nedi ea. 5 bis Tmaligcr Wiederholung eintreten sieht, während sie z. B. bei nnr zwei Reizen sehr viclmal länger sein kann. Auch diene Erscheinung stimmt mit der Annahme einer längeren Periode des l'otal- effektes gut zusammen, weil die ganze bis zur fünften Wiedeiholnng ver- lloaiene Zeit meiit ent in der NlUie d«i Dttrieohen Mwimwe Hegt, nnd legt dies die Venintnng einer aneh mit der Vetkttnnng der »kritiiehen Periode« snsammenpassenden Aufhellung bei fortgesetzter Wiederholung bis zum ca. fünften male nahe. Aber wenn nun auch wirklich solche Ab- weichungen von dem Talbotschen Gesetze unter noch prHziseren Ver^'leiclis- bedingungen nachgewiesen werden künnten, so fragt es sieb noch, worauf Hnrtins den BUekecblnß anf die Lokaliiation der an gmnde liegenden Proaeeae grUnden wül, wonaeb die ala bevieaen ToraoageNtsteUnverinderiieh- keit einer Empfindung nach Abbrechen des Reizes nicht annSchst peripherer physiologisch bedingt sein soll. Dabei hnt Martins nebenbei bemerkt trotz des psychologischen Gei>ichtspunkteä nirgends in der ganzen Arbeit der Unterschiedsempfindlichkeit gedacht, welche ebenfalls zur Ausscheidung der etwa nabemeflLten Verbidenmgen aas der vollen Zeit einer anyer- ihiderlieben Fortdauer der Empfindong ala eoleber wenigatena theoretieeh binangehVrt Martins scheint all BelbstveiBtHndlieb TOianeinsetzen, daß die strenge Gültigkeit des TalbotBohen Grspt7.es schon an und Ülr siih eine peripherere Hegion abgrenze, während diese Gesetzmäßigkeit, falls sie wirklich abweichende Grenzfälle in sich schließen sollte, auch mit diegeu FSUen ranilcbet einmal fUr das ihr jedenfaila am sichersten zugehörige Geltet der peripberen Vorgänge in Becbnnng geaogen werden müßte. Trota dieser Abgrenzung der beiden Gebiete betrachtet sber Marti us doch wiederum an späteren Stellen '10. S. 349 boine Fragestellung über die Dauer der Em- I.Hndunj^en als die allgemeinere, aus der das 1'al bot sehe Gesetz und die Verschmelznngsbedingungen etc. als Spezialfälle deduziert werden müßten. Die Mischong mehrerer Reizqnalitäten müsse dabei wiederum erst aas einer Einsehiebnng liebtloser Intervalle an allen Stellen abgeleitet werden. DaB eine möglichst genaue Ableitung der vollen Erregungsknrve unter den ver« schiedensten Bedingungen zur Erklärung der bisher abgeleiteten Regeln Ul^er die kritische Periode mithilft, ist jedenfalls als sicher zuzuge^'*^rh(nl. Die Mar besehe allgemeine Regel, bei welcher die mittlere Inteusität«- Variation der einzelnen Zeitelemente eine wichtige Rolle spielt, wird ja hin« siditUcb der zolissigen absoluten Ysiiationawerte unter den verseUedenen Bedingungen (vg^. Referat au 19} noch empirische Konstanten branchen, mit denen Jedenfalls diese Erregnngsknrven in engstem Zusammenhang stehen.

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ao

Referate.

Die Marti U88chcn Hesnltate über tVv Vorrini^enjnjr der fjrüOtmöirlichpn Intorniirtt nzzeit bei Zuuahme der Keizzeiten und der lioizintensitüteo. die zugleich mit dem Satze übereinstimmen »qnid cito fit, cito perit«, unterstützen aber dne solche dedoktiTe Ableitung der Harb eschen v. a. Besnltete Uber die Draer der kritischen Periode TOllig nnabhingig von einer Theorie Aber die Lokalisation der Erregungen. Andererseits kommt aber doch auch die MarbeRrhp ErklHmng fl!r din vfrathiedone Dauer der kritischen Porif fi » für die Mart in« scheu UnterHUchuiif^en tlber m^Jgliche Intermittenzzeiten in Betracht, weil »ie eben die allgemeiust«u formalen Beziehungen zwischen wirldich kontinnieriiehen Reisen nnd intermittierenden ins Ange faßt*}. IHe Hartins sehen Zahlen Uber die Jeweils mögliche Intermittensselt (tO, S- 840, Tab. XXI; zeigen denn auch in der Tat kritisehe Perioden fltr die Mischung Weiß und Schwur/., die mit den vonMrjrbf» f>n«^egebenen nllgemeinen Regeln Uber die N'erBchnielzuii'rsbegünstigung in den jeweiligen Ver8uchpbedin<nin^en bei Martins vollkommen Übereinstimmen, nnd gerade deshalb muß Martins umgekehrt die deduktive Ableitnng der Harb eschen Zahlenwerte so gut gelingen (10, S. 368). Die Besnltate der nXaüiohen Abhandlong Aber positive Naehbilder werden weiter unten angeführt werden.

T>if^ Al)]ptrnng der vollständitren Kurve ftir das Anstei'^'t^n d^r -i^rechie- dencu Farbeuerregungen dureli eine einwandfreie direkte Yergleicbsmethode, wie sie von Kunkel jedenfalls noch nicht benützt wurde, kUnnte femer end- lich anch einmal eine direkte Kritik des beluanten Helmholtssehen Er* kUrangsversnches für die von Fechner anerst beobachteten Farben* erseheinun^^cn ermöglichen, welche bei einer eben noeli nicht zur Ver- f( hinclzuiii; führenden KotatioiiPgreechwindigkeit eines ausschließlich mit Weiß und Scliwarz besetzten Kreisels zu beobachten sind. Nachdem sieh dun li die Dürrschen Kesultate für die Maximalwirkung zwischen den einzelnen Fari>en kein Unterschied nachweisen ließ, kOnntm die Ton Helmholtx ab ErkUtning angeflihrten Differenaen des Ansteigens bei den vetschiedenen im Weiß gemischten Farben, zu denen dann noch etwaige Differenzen des Ab- klingens hinzukämen, wiederum höchstens noeh in der Verscbiedeuheit der Kurven form vor dem Maximuni gesucht werden. Leider ist ab^r bisher auch über die zu erklärende Jrarbenerscheinung selbst das Beobuchtuugsmaterial noch lange nicht abgeschlossen, was sidi mit der Anstrengung derartiger Flimmerbeobaohtnngen leicht entschuldigen 116t In neuester Zeit bat F. W. Bagley im Laboratorium von Titoheiier ^ehr viel Material über eine be* stimmte, b'^Hfmdfr« brillante Spiehirt der Erseheinun^ gesammelt, dessen Bearbeitung am i niem noch mit einer ausführlichen Litteraturangabe versehen) leider durch Erkrankung der Verfasserin beeinträchtigt wurde. Die Sektoren der rotierenden Seheiben waren bd dieser Anordnung, wie schon Benham als EiFektstrigernng vorsohlng, nicht alle in der ganaen Fliehe einheitlich, was nur bei dem meist 180o betragenden schwarzen Sektor antraf. Derwdfie Sektor hingegen war in seinen vier (manchmal drei; verschiedenen Rio?- zonen mit je einer Bog^engruppe aus je vier gleich langen nnd meist 1 mm breiten und 3 mm von einander entfernten konzentrischen schwarzen Bogenlinien besetat Je nach der Lage der Bogengmppe an den Giemen des weißen Sektota mit dem schwanen seigte sich nun eine yeiachiedene FSrimng der durch die Linien beseichneten Binge fai Bot, GrOn, Gelb (yellow], Blaa.

1) ?hU. Stud. Xil, S. 283 ff.

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AI» lypus y\\rt\ eine Scheibe mit einem weißen Sektor von 180" angeführt, auf wrlclioin auf den vier konxeiitrischen Regionen je eine solche Bopen- liniengruppe zu Je 4öo Länge lag. welche sich bei der iuuersten umuitteibar an die bei der Rotation vorauseilende Grenze des Sektors anschloß und bei der nlelifttbeiiacbbarteii Begion immer um 45« »pitter einsetzte. Der innente King erschien dann rot, die nlEeluiten grttn, gelb tmd blau in dieser Reihen- folge. I5tM iiinjrckehrter Kot.ition kehrte dem entsprechend di<* nciluMifulj^e von innen nach aulnn v.m. Allcrdinps zeigt sich auch noch das Purkinjesche Phänomen Insofern, ab bestimmte günstige Verhältnisse der mittleren Hellig- keit (durch EinstellaDg der Bugeiiliuienlänge, des schwarzen Sektors und der Belenehtnng) die charakteriBtisohen Firben jeweilB am besten sat CMtang kommen laHMcti. 1)esonders die Abgrenzung von Gelb und GrUn ist selur davon abhänpngi. £)ip li^tution blieb mei.st knnstant auf 4,3 Umdrehungen, wo die Erscheinung im Mittel am scliünsten ist. und werden <lio' Abweichungen hier- von wenig berücksichtigt. Außerdem wird die Idare Gesetzmäßigkeit der Encheinnng und ibre Unabhängigkeit von Anfmerkaamkdt, Übung und Er- rnttdong betont) welche sieh nicht andere wie bei anderen optleohen Yer^ ■neben geltend machten. Indessen aeigen sich die Farben doch nnr dann in der vorhin anssrepprochenon Wei«e. wenn die einzelnen Rinfr;,rrnppen gerade so nebeneinander Heften, daß wie dort die kontrastiereufb-n Farbengruppeu aucluauderstoßen. Wird eine einzelne Region durch sonstif^e Sehinnbedeckung herausgehoben, so blaßt sie oft bis zur Unbestimmtheit ab. Zndem wird dnrch beeondere V«nnehe mit Eraetanng de« welOen Onmdea durch Pigmentfarben der normale ElnflnB dea Kontrastes auf die antjektiven Farlicn naclii^ew iesen. Man kann demgegenüber kaum da» Urteil unterdrilcken. daß die j,'auze Untersuchung zunächfit besper iretan hätte, auf jene 'birdi i^anx heterogene Bedingungen herbeigeführte Kontrastfärbung zu verzichten, welche durch die komplizierte Anordnung der Linien auf den benachbarten weißen ^ngen entstdien. Ein dnrehgehends mit Bogenünien versehener Sektor mit variabler Stellung an den Sektorengrenzen und eine variable Rotationsge- schwindigkeit hätte vielleicht mehr Sicheres ergeben, als diese auOerdrdentlicli mühsame Arbeit mit 97 verschiedenen Scheiben. Soblieülich weiß man ja auch nicht, wieviel innerhalb der einzelnen Bogenlinien-Omppen selbst auf dem Kontrast zwischen hell und dunkel beruht, und hätten eher einmal da- awisehen anch weifie Linien anf schwsnem Omnde beigezogen werden mOs- aen. Yer&sserin ist sich freilich dieser Begrenztheit der Versueh.'^bedingungen selbst wohl bewnGt. Doch kommt es ihr vor allem auf eine Tbeoric nir die Kr^cheinun-ren an. die sie zunächst an der Iland des oben genannten Typus so zugammeofaßt (1, S. 4^ ff.], daß Rot nacti plötzlichem Beginn des Weiß nach Schwarz, Blan nach Unterbrechung eines längeren Weiß eintritt, was noch mit der Helmhol tischen Formnliemng gnt snsammen besteht. 6rUn und Oelb trete dann anf, wenn Schwarz zwischen zwei Wciß-Erregnngen Hege, und zwar mehr grün, wenn da.«« voranfreliende Weiß da.s kürzere ist, während bt'ini timfTPkehrton Veriiiiltnif .'«icli mehr gelb ergebe. Die Theorie gründet sich dann doch wiederum auf die Annahme einer verschiedenen Reaktionszeit des Organes auf die verschiedenen Farben^ nnr eben im Sinne ^er Vier*

1) Anf die Bedentnog der Helligkeit im Sinne des Pur k inj eschen Phä- nomens hat anch Wnndt besonders hingewiesen. Physiol. Psychol. U, & Anfl. S. 192.

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tarben-Thenrie, wobei Verf zwitichen Ilerin^r nod Ebbinghaus vermitteln will. Hot, üriin, Gelb, Blau soll die Keihenfolge der Schnelligkeit jener Keaktion darttdteiL I}tt64«rWMMT(»Wel6 md Sehvm eine beMmdeie Bediagnng tei, wird ebenCdb ngeeteBden. Wflide aber dae elgentfimUelie Blenduiig^gelltiü bei diesem FUnmem und das scfaließKche AufbelWi der bekannton snbjfktiven Fif^nrcn mehr bortickskhtijrt, bo würde man von vorne herein tla» «^'.inzo Gebiet mehr zu anderen abnormen Farbenerpclieiniin^'en beim Fixieren blendend weißer Flüchen usw. in Beziehung briugen, und wäre 68 wohl hier ganz bfleondex» sn Pletse, ia der oben (8.27) etwlüiiilei M artine- sebea Betraehtnngiweiee lieh darui sn eiinneni, daß in der gewIShnliehen AnfiiMvag niemala eo etwts wie ein Farbenspiel beim Ansteigen einer weißen Errpjning zu sehen sei. Kino genaue Analyse des Tathpr^T^indes wird also vorlliufij? vielleieht nur unseren ohnebin no( h kaum recht uurcr>):ebrachten bchatz an Abnonnitäten bereichern, ohne sogleich in die Faktoren des nor- malen S^UHU einen ao einfaehen EfsbUdc sa gestatten.

Über die Venwhmelenngebedingnngen bei komplizierterer AneftUnng der Periode durch Weiß und Schwarz von gleicher Daner zusammen mit mitt- lerem Gran, die am Farbonkroisel gemischt werden, hat wieder F. Seheuck. zusammen mit W. ,Iup* eine neue Untersnchung verüffentlicht (15. In einer ersten Yersuchsgruppc hatte das (irau verschiedene Ausdehnung am Kreisel und war der Rest jedeHMd von nnr einer Wei6-8obwa»-Gmppe gebildet, in einer aweiten Vennehagnippe waren raebrere loleber Gnippen mit daem Gran von der Dauer einer Oruiipe, in einer dritten mit einem Grau von der Dauer Hünitllcher Gruppen Weiß -Seh würz kombiniert Es ergab sieh daß eine niu kiir/.ere Dauer der einzelnen Weiß-Sehwarz-Gmppp notwendi«: wurde, je länger das Grau im Verhältnis zu dem Weiß-Schwarz dauerte und je grüßer die Zahl der eingeeebobenea Weift-Sebwaiz-Onippen war. FBr £e Theorie wird auf zakfiaftige Anefthmngen verwiesen. Bei einer Angleiebnng dieser Ergebntee an die bisherigen Anschauungen muß natürlich berUek- siehtitrt werden, daß die absohife Verlängernnfr des mittleren Grau an und fiir sicli die N ePHclimelzungsbedingungen eben so fortgesetzt verschlechtem muß, wie die Verlängerung des Schwarz und Weiß, nur eben in viel gerin- gerem Maße und so , daß da^ttr die absolute Zeit der Weiß-fiehwara-Gnippea niemala über ein bestunratea Haß hernnter gedrttckt an werden braadit. INes übersieht man am besten, wenn man das mittlere Qraa scbließHch Überhaupt kontimiicrlich darbietet und in lünfrem Zwischenräumen, welche die mrifrüt lie (ieaaiiit/.eit zur Lnt?itehnnir einest Totaleffektea nach dem Talbotschen Gesetze weit überschreiten, von Weiß-Schwarz unterbrechen läßt. Da hier die Empfindung dea Grau bei Eintritt des Weiß ▼ollMindig fertig ist, muß die noeb so momentane Eiböhung an Weiß bei ToUer Aufmerksamkeit na dem Moment der Unterbrechung^ zur Tfoltung kommen, so lange es nnr die Unterschiedsschwelle xuläGt. und das soji^bM* Ii fnlijende .*>ehwarz wird einem pr<5(?em Kontrabt ^'e;:euiiber8tehen. Eine mehrlaciie rnterbrechunc aber wird die Aultalligkeit noch erhöhen. Ähnliches ergibt sich auch, wenn auf noch 80 momentanes Schwan-Weiß wieder fortdauernd Grau folgt. Damit sind denn zngleieh die Snßersten Grenien fttr die hierdnreb notwendig werdende Besohlen* nigung der Weiß-Schwarz-Gruppe bei noch größerer Verlängerung des Giat und noch größerer Vermohninp: der eingeschobenen Weiß-Schwarz-Gruppen als in den Sehe nckschen Versuchen angegeben. Keinestalln konnte mnn frei- lich verlangen, daß sich die extremen Zeitverhältnisse hei einer Einschränkung

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Bcferate.

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der gesamten Periodo Orau-Weiß-Schwara auf diejenige Strecke, aus der sich ein kontinuierlich vorhandener Totaleffekt ergibt, weniir^'ftMis bei einseitiger Aus- dehuuüg- de:-* mitrleren Grau wiederfinden lassen uiuütou. Allerdin^B ist der Übergang ein kuutiuuierlicber und laßt sieb eben deshalb bei den Sebünck- sehen Vennieheii inuner noeh eine Teraehleehtenuig der Bedingungen bei weiteren Steigerangen der beiden nntezinchten Bedingungen erkennen. Soweit sieh 9bet damit wirklich eine größere abaolnte Ausdebnungsmüglichkeit der gesamten Periode aus Grau- Weiß-Schwarz erpbt, in der noch so etwas wie ein Totaleffekt vorkommt, muß man eben wegen dieser Vergrößerung: zu- gleich nach günstigen Bedingungen suchen, und diese bestehen eben uacii den bektnnten Mnrbeaohen Kegeln (vergl. ol>en S. 80} in der Herabeetsung der nttttleren Ytristionmi der »elwnkterifliedien Elfektengrappenc dnieh Ve^ingenmg des Grau und in der besseren Verteilung dieser Variation bei Vermehrung der Zahl der Weiß-Sohwarz-Gruppen. Daß eine Vermehrung der Weiß-Schwar/.-Gruppen von j< L^lriVhor absoluter Dauer bei einer be. Btimiiiten Zeitdauer des Grau zunächst Verschlechterungen der Be- dingungen entiüUt, so dsO deshalb nv Yeiscbnielinng eine BeecUeunigung eintraten mnß, ergibt sieh ebenfiOi» ans der Marbesehen Begei, insofern hier eine Veigrößerung der mittleren Variationen der charakteristischen Effekten- gnippen eintritt, umHo dcntlicher erkennbar, mit je feinerf'ni MaHe mnn mißt d. h. je kleiner man die charakteristische Gruppe ansetit. Schüeßiicii niiscbteu die Verfasser auch ein beliebiges anderes Grau mit Schwarz-Weiß von äqui- valentem Sektorenverhntnis nnd Craden ebenfidls die Marbesehen Ergebnisse über den größten Vortoü bei dem heileren Oran beslitlgt

Wie der Zusammenbang zwi^clien kritischer Periode und Intensitätsver» hältnis der gemificbten Reize zur photometripf^hf^n Verwertunp in der Flimmer- metbode geführt hat, so will Alfred Lehmann eine ganze Fsycbophysik des Gesichtosinnes, ja schließlich eine ganze physiologische Psychologie daiaaf gründen. Die Grundgedanken hieim hat er sehen 1901 in den >phy- sischea Äquivalenten der Bewnfitseinsencfaeinnngen, dem sweiten Teile der »körperlichen Äußerungen psychischer Zustände« dargelegt {1). Im vorigen Jahre veröffentlichte er nnn in der \V u ndt-Festschrif"* nuter dem oben ge- nannten Titel 8 die nähere AusfUiirung eines bekannten, in 7 8 90 ertit kurz in einer Anmerkung berührten Gesichtspunktes, wonach iu der von ihm fUr die Lichtempfiadnngen »inichst für weißes lieht gefundenen Haßfoimel aaeh die Terschiedene HeIHgkeitssteigernng der einaelnen Farben bei Zunahme Iri Reizintensität durch Auswahl passender Konstanten ihren korrekten Ausdruck finde, so daß erst hierdurch die Allgemeingültigkeit der Formel hinreichend bewiesen sei. Zum besseren VerständniB seinem «ran7ett Vertahrens will ich hier auch den Gedankengang seines BucLes kura wieder- geben, natttriich nicht in seinen allgemeinen psychophyslsehen Oberiegungcn, sondern nur soweit er sieh anf lein optisehe Tatsachen besieht Da freilich Lehmann die psychologische Analyse der apperzeptiven Vorgänge desVer- pleirhens joreflissentlich ans <ler Tlieorie der I^ntersohiedscmpfindHclikeit zu- rückweist, weil sie dem Suchen nach p.s\ « hischen Maüen allen Halt benehme, und alle L'nterechiedssehwellen auf gleich große intensitätsdifferenzeu der Empfindungen als solcher zurUckführen will, so bleibt von Psychophysik

1) V^I auch Dürr, Ober die stroboskopischen Erseheinnngen. PhU. Stnd. XV, S. 590 f.

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Iteferate.

innerhalb der Gesichtsenipfindunfrcn .niOf'rdem nicht mehr viel übrig. Wäh- rend man sich nun ^fwöhnlich bei dem .Man^'el einer von den Beobachtungen selbst bereits mit einer gewissen Deutlichkeit aufgedmngeueu einfachen Ge- setan&ßigkelt hiennit su entsduddigen pflcft, d«6 man die Zeit uf neoe BeobMhtttngon unter VatUtion der Bediagoogen new. verwendet hat, anstatt auf langwierige Äusgleichungsrecbnungen zum Nachweis einer bestimmten (>esetzmäOigkeit, die zu einer exakten DurcharbeituriL' unbestritten eigentlich jedesmal hinzu^eliiireu würden, enthalten l^eliinann» Überlegungen dnreh- gehends Muster einer solchen matheuiati^chen Behandlung des Rohmat^riales und arbeiten dnidiveg mit der geaeUolcten Anawahl von Foimeln für beob- achtete Zahlenreihen naeh den Prinzipien der Ans^dchnugareehnong, wobei fast in allen Fällen nur geringe Abweichnngen der berechneten und beobach- teten Hrflßcn vorhanden sind. Meistens sind freilich niindeHten« zwei Kon- stante im Amjatze, auch wäre zur vollsth'ndifjeren Kinscliatzun*: wenigstens des empirischen Wertes der Formeln eine Angabe der mittleren Variationen wttnsehenswert, die überall fehlt. Die aUgemdne Maßformd, welche einen neuen Verench bot Ableitang einer »korrigierten« datatellt, wird non von zwei Seiten her entwickelt >), in einer mehr empiriaehen, in welcher eben die kri- tische Periode eine IJolle spielt, mid in einer » rationellen« Ableitung, die beide vor allem in ihrer ;:e^^en^*eitl^'en Angleichnng dem Ganzen einen hohen Grad von Sicherheit verleihen sollen. Zunächst leitet er einfach eine Formel für die beobachtete kritlBehe Perlode in Abfaingi£^eit von awel an gleiehea Teilen gemiachten Reizen verschiedener Inten^t B nnd r ab und berech- net» daß der Ansdnick für den Fall eines eben merklichen Unterschiedes zwischen R nnd r konstant wird. In dieser nb^irbupfzunsr m\t einer Konstanten ist al.Ho nach der oben (genannten rliophysii^i heu i heorie die Hedin^-un^ dafür gegeben, daß zwischen den beiden Lichtemphnduugcn eine konstante Differena beateht Daa letatere Reanitat iat dabei indirekt abgeltet, well eine direkte Beobachtung der kritischen Periode bei eben meriüicben Unterachieden Ton Ii und r allzu schwankende Resultate ergab. In dieser Ableitung, die auch weit zurUckliejrende nnd bisher bei uns unbekannte Untersuehungen in Über- einstimmung mit Marbes Resultaten neu uachpriitte. wird zunächst der Be- griff der >Periodcukonstantcu< eingcAihrt, der allein lür sich schon eine optiache Oeaetamifiigkeit anadrOeken mOehte» daß nlmlioh daa Prodokt der Zeitabachnitte i, nnd für ein bestimmtea B nnd r in der kritischen Periode bei beliebigem Mischungsverhältnisse konstant sei, wovon aber die empirischen Werte so weit abweichen, daß die Lösung der Frage einstweilen hinaos-

geachoben ist Doch bleibt nnn wen^ena der Anadmck » I in

allen weiteren AnaftOinuigen, wo nnr noch mit efaier Hlachung von B nnd r zu gleichen Teilen beobachtet wird. Für r =s 0 wird t mit t beaeiehnet Hat

R und r dabei beliebige Werte, so soll fUr die beobachteten t bezw. / r nicht die von Marbe vermutete Kurve der Hyperbel die Abhängigkeit

1) Eine krltlaehe Betrachtang des gesamten Verfiihrena nnd seiner Eb- sciätzung seitens Lehmanns selbst ist hier ansdrficklich onterbUebcn. Ich verweise hierfür jedoch auch auf 0. Kttlpe. Zur Fratre nach der Beziehung der ebenmerklichen zu den Ubermerkliehen Unterschieden. Wandt, PJul. Stud. XVm, S. 328, insbes. auch S. f.

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Befente.

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R

der i von dantellen, sidit nur wegen der empiruehen Abweichangmi, eon-

dem weil < fttr die Gleichbeit der gemisehten Reiie sonst nicht der Wirhlieh- keit entipreehend nnendlich grofi wird. Wenigstens die letztere Bedingung

der oben definierte Wert z aus den Beobachtuugsreihen mit verscbiedenen R dnreh die Fonnel t « 4; Ai log B bestinunt gefunden, worin k nnd ki berechnet wnrde. [In der neuen Arbeit (8, S. 91 ff.) whrd freilich erwShnt, da6 oberhaUl der Blendiin{?BHclnvellc ein anderer Wert gelte.] Da aber nun ancb die bo Jinrof^rtzto Formel für - r lürht befriedigt, so müssen einfach neae Konstante ciugcsctjjt werden. Mit dreien muü die Sache natürlich hiu- reichend mit den Zahlen in Übereinstimmung zu bringen sein. Indessen han- delt es ridi hi^ doch darum , denselben in dleeer Anordnung auch einige Berechtigung su verleihent und dlMC ergibt sich unter Berflehrichtigung des Siinultankontrastes zwischen den benachbarten Sektoren, die zwar nicht im Bewußtsein uly getrennte Elemente nebeneinander gegeben sind, aber doch wohl auf der Netzhaut, so daU ihr 1\ itn i-t nach der physiologischen Kou- trasttheorie eingerechnet werden muU. Auch hier wäre beiläufig der direkte Weg einer Nachprüfung oiit dem sebon oben (S. 24) erwibnten mOgUchst momentanen Beleucbtungsweehsel der gesamtra FlKche mOglieh, der dann jenen neuen Konstantenkomplex nicht notwendig haben dürfte. Für den >po8itTven« TTelligkeitskontrjiJ^t der Aufhellung des 7? zu einem :^cht'inbaren ./ gilt nach Kbb i ng Ii a us ./ R=(tiR r). Für den n egativcu Kon- trast der Verdunkelung des r zu einem scheinbaren», für den Ebbing- hnn» noch keine eindeutige Formel fand, findet nun Lebmann nn e einen nen abgeleiteten Kontrastmeaaungen dnreh Verwendung des nSndiclien Ausdruckes einen Ausw^, der auch der gesuchten Perioden-

B T

fonnel aufhelfen soH, 80 daß » r-^. (r JS). Wird nnn aus

diesen beiden Formeln die gesamte dnreh den Kontonrt herbe%eflihrto Differens B-^r berechnet nnd in den obigen Ansatz gebracht, so ergibt sich als For^

mcl für die kiitiscbe Penode in Abhängigkeit von R und r ein Wert mit vier Konstanten, die in einem etwas vereint^f^itcii Verfahren mit der beob- achteten Keihe hinreichend in Einklang gebracht werdeu. Die fertige Formel wird nach t aufgelöst. Wie dann endlich die nun in die Formel einzusetzen- den UntorsehiedsBchwelien abgideitet werdeui ist nicht weiter erwibnt War nun in dieser eraten Deduktion nnr die Bedingung fttr die Konstana der Differena sweier Empfindungeintensitäten implicite abgeleitet worden, so ftihrt die »ratio- nelle« Ableitung unmittelbar 7a\ der Mantorinel fiir die einzelnen Enipfindungs- inteusitüten sell)8t, die zunächst einmal anderweitig wahrscheinlich gemacht wird. Dann rechtfertigt er dieselbe durch den Nachweis der Miiglichkeit einer Ableitnng jeuer vorhin gefundenen speziellen Formel fttr die konstante (eben merkliche) Differena. ZnnSchst wird das an Anfiug erwähnte allndihlicbe Anateigen der Lichterregung (7, S. 84) in bekannter Weise mit den Formeln der Photochemie fUr die in der Zeit T vom Keiz Ji zersetzte Tiefe D einer

R T

licbtempfindlidien Schiebt D » c > log in Besldinng geaetxt, wo e eine Konstante nnd Üb die in der Z^ebihelt eben widrangsiose IntendtiLt bedeutet

trifft hingegen wohl fUr eine Formel t) |- 1

Ct zu. Dabei war

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30 Baiermte.

Diese iit'ziebung ergibt aicb durch die Annahme, daß die Lichtempfindun^ bia zur »Maxiinalzeit« eben 8o einfach wie das Vordringen eines photoehe- miMhen ProMBeei «nwachae, woiaiif der Stoffmehael dem wetteren Fort- sohreiten der Erregong du Oleichgewicht halte. Nach der Maximalzeit bleibt die Empfindung annähernd konstant. Die EinpfiTnliHii^sintensitüt krtnne also zu D proportional gesetzt werden, wenn man nur für Tolu-n die Maximalzeit 7^, einsetze. Außerdem nimmt Leb mann in Übereinstimmung mit den ebenfalls oben ,S. 25 f.) diakutierten Ergebninen von Ezner, Knrtiiis iL a.«n. dtß die Haximalselt von der Intensilllt nbhlngig sei und daß Ar sie die Fofnel gelte:

Die gesuchte Maßformel fUr die Empiindungsintensität wird daher:

Wird lileraiis die Formel fUr eine Iconstante DifTerens /k der Reise B and r

gebildet, so ist freilich zunächst der XnOere Unterschied von der früheren ans der kritischen Periode abgeleiteten Formel nnverkennbar. aueli naehdrm der Simultankontrast wietlernm in Hechnun^' p-ezoj^en worden it»t. Auf der einen Seite der alten Formel kommt im Zähler und Nenner nur i^, nicht auch r vor. So wird schließlich in einer weiteren Koitektnr, in wdeher diese Operation mit Konstanten nsw. anf Gmnd physiologiseher Eypotiiesen am nnvennittel taten aufzutreten seheint, wegen der ausschließlichen Belle^^ schung des schon otien bei erwiihnten StofTweclisel? durch I\ da? nnbe- queroe r entfernt und die Angleichoog an jene erste Ableitimg bis auf die Konstanten hergesteütt.

Bei der Berechnung der Konstanten seiner Haßformel fttr die einzelnen homogenen Fkrben In seiner neoen Arbeit (t) hStte nnn Leb mann wied^nm direkt verfillimi kVnnen. Anf diesem Wege wären die einzelnen üb zu er- reichen gewesen, nnd da femer das a b log i2in der Formel eben die Maximal- zeit T,„ tür Ii ist, ir-it'cn nur älinliehe Untersuchungen, wie die zu Anfang des Referates erwähutcu Messungen des von Dürr, für die einzelnen Far- ben angestellt nt werden brauchen, woraus die verschiedenen a nnd b sieh ergabt woranf dann endlich dnreh mehrere Helligkeitsgleiehnngett der Ter- schiedenen Farben anch die Konstanten e an finden waren. Dieser Weg, der zugleieli die ganze theoretiseiie \'oraussetzung geprüft liHtte, erseiiien jedoch wessen der S('hwierip:keit der direkten Maximalzeitbestimmun^ ungeeiguer und so wurde >neder indirekt verfahren. Nach den vorhin bei der zweiten »ratio- nellen« Ableitung erwUhnten Voraussetzungen soll die nach der Maximalzeit Tm ebenso wie bei Charpentter nnd Martins weiterhin als annShernd konstant betrachtete Empfindungsintensltitt stets auf Gmnd des nln- lichen Sumniationsprozesses kontinuierlicher photochemischer Moment^ir- knn^eu entt^tanden gedacht werden, der nach dem Talbotschen Oesetze auch bei diskontinuierlicher Darbietung zu der gleichen Empfindung führt. faUs nur i^r^Kff ist Da nun eine zu gleichen Teilen ans homogenem far- bigen Lichte B und liehtlosen Intenrallen gemischte Empfindnng bei der kritischen Periode, die in diesem Falle der oben mit i = Ar 1^ log bezeich- neten Periodenkonstanten enti»priclit. einem dauernd dargebotenen und nach der Zeit y„, vermeintlich unveränderten I*eize T' gleich sieht, so kann nach dem Talbotschen Gesetze die Gleichung augeaetzt werden NT„, = 2 Rt. die nach Einsetzung des o 6 log fUr J», diese Konstanten der Maßformel in

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Befoate.

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denWerteu k ündkiM»6T\ir]i(^n läßt, welch letztere ausBeobftohtunf]:i*roiben Uber die kritische Periode i empirisch abfireleiret werden können, so daß a = 2(/r log 2) und b^2kx wird. Der letztere Wert bestimmt offenbar iu der oben gmianten M aßfoimel für B d«n Einfluß der Stdgenuig dei B tnf den ganzen Wert, weshalb it ali »Steignugakoeffislent« bes^ehmt und weiteribdbn tot allem betrachtet wird. Er besitzt in QiQn bei XB*610/t ein filininma und steigt für Lehmann nach beiden Seiten, vor allem nach "Rot hin an. Für beliebige Farbenreize Hi, Ii), usw. von ^'leicher Helligkeit er- lobeint dabei die Zeit t konstant und laßt sich der Wert k gemäß der Formel für t flr eine wenig ttber der Scbwelle gelegene und wegen der leieliteii HelliglcflitOTerKleieininff ata »iaolaildec Einheit flr alle B «ewihlle Litondtttsstnfe 1 als 47,1 dnrch nnnittelbare l'cobachtnng gewfameik Dft ftmer nach dem Torlnn Geaagten t m i; log i^i^i—ikit log JBjl, ao wird

noch das Yeifaiatnia ^ konatant»,^^^, waa aehon von Lepinay und

«1 log

Nieati aas dem Weberaehen Oeaelae abgeleitet worden war, flbrigena aneh Charpentier baiomnt war, inaoftm er frnd, daß die Untersdiiadaempiad* lielikeit fttr versefaiedene Farben konstant werde» wenn man die Schwellen- werte überall nla Einheiten rechne* . Dnrch konstante Verhältnis wird nun fnr Lrtinninn auch die Berechnung der Stoigungskoeffiztenten aus einem trcmdea System toq Uelligkeitagleichungea versehiedenfubiger H wög- tteb, wenn er nur etnan Steigungskoeffidenten ata bekannt annimmt, «aa er doreh Verallgemrinemng des seinigen fOr Oalb wegen deaaen Ähnliobkeit mit demjenigen von Weiß erfüllt glaubt Die darmaOen nach KOnigs Ta- bellen borfrhnrtc Kurve der steigt allerdiTifrs nach Kot viel höher und sinkt nach Blau hin eher noch tiefer herab, woraus Lehmann aut liedt utende persönliche Difterenzen überhaupt schließt. Nach Ableitung der a und b waren nun Uo6 noeh meluefe Hdfigkcitagleiehaugen ▼eneUedlaMK Farben und Wei0 IniDefareren Intenamtastnfen ananflttirea, woraof dann die mit ibrra bcrialMM^ Beben Konstanten und den so gefnndenen gleichgesetzten Maßformeln die Ubnjren vier Konstanten je rine für e nnfl eine solche für % finden lassen. Vier Konstanten müssen nun bei hinreichend langer liemilliuii^' imt jeder gefnndenen Zahlenreihe iu hinreichenden Einklang gebr&i ht werden können, rienHcil gleichgültig, waa ftr eine Formel llberbaapt augeaetat iat Lob- mamii wollle aber Ja gerade die alleinige CHÜllgknit seiner KafiÜMBMl dartnn. Übar daa Verfahren, durck wdehea er eine eindeutige Notwendigkeit gerade peiner Formel nnho zn locen Tersucht, will if^h hier ebenfalls kurz refe- rieren. Durch Umformung der Gletohung gelingt es, die beiden o in eine

Konatante y ^ anaaamieamwieben, ebenso die üb wieder ansammen mit y

in eine neue x = logi%— y logi^i. Es seigt sich nun, daßy«»— stete

gerade«i ^ wird, eine Einftehh^, ana der avf einen besonderen Wert dea

Ansatzes Licht fallen soU. Nicht vüllig klar wird, warum fernerhin auch die Tataaehe ata eine beaondofa nene Inalana für den Wert der Ftemtfeisdiefait» da0 wenn an Steile dea ana nmnehen Gleiebnngen beieeluielen f in

1) Charpentfor, Comptee read. IBM. Cit. nach Wandt, Orandafige

der phjrgiol. Psychol.

▲icUt (Ar Pjidbiolo(i«. L Lit«r»tnr. 4

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SB

Befenke.

durch ganz analoge Beobachtungen abgeleiteten Gleichungen das auf anderem Wege {d. h. dareh dfo gounniteB Meseangen der kfitiieheii Periode t) gefnn

dene gesetzt wird, nnn die Mabtuniu i lür x wirklich ungefähr eine Kon-

Btante für jedes / berechnen läßt. Wenn die zunächst f!lr die Auswertunfj de.« y zusammen mit Z gewählten llelligkeits/^leichun^en einiger Spektralfarben, mit denen die Berechnung durchgeführt wurde, einen hinreichenden Überblick Uber die ganie beobachtel» Fuiktioii «rgiben, viid hier meh die swar «nder-

wcitig, aber doch ebenfalls in diesem hinreichenden Umfange beobachteten ^

an Stelle des y hineinpaßten, eo ist an dem weiteren iinß:ef!thren Zasammen- passen der entsprechenden (Jnißen in einif^en weiteren Helligkeitsgleichunfjen eigentlich nichts Verwunderliches, zumal Lehmann gar nichts Uber eine Lnt- fsfaimg ihnr Inteiiritlttutiifo von den in die frfUiaeBefeeluiung einbezogeneoi gengt hat (•> 8. 180). Daneben gesteht aber uon Lehmann selbst noch zu, da0 Mine eigene Präzision der Helligkeitsvergleiohnng, auf welche hier doch alles ankommt, eine bo geringe ist, daß ihm mir eine allerdingi^ konstante Abgrenzung einer großen Kegion »cheinbarer tJleichheit gelingt-, deren obere Grenze die untere um ca. das Doppelte übersteige. Es wird dann daa Mittel als wihneheiallehste OMchheit bereofanet, wKhzend aber doch dann eigeiifiieh sehon die Maßfonnel mit den geaiiehtoii, ▼mduedeiieii Konataatea der beiden Farben in Anschlag gebracht werden müßte. Trotzdem ergeben nnn die bisher abgeleiteten Konstanten bei ihrer Einsetzung in die Maßfonnel ?»o guten Einklang. Die »ehließliche Erklärung für die veret-hitHienen Stei- gungskoef&bienten schließt sich wieder an die photochemischen Yermutungen Aber eine verflchiedene Senfibilitit fttr die einzelneB. WellenlSngen an. Ab- geachen von der niin achon mehrmala erwihntoi ZwelfeUnftigkeit der ye^ anflsetzang Uber die Maximalzeit T„ auf Grand der neueren Yenmebeb ^ ^ doch auch zweifelhaft, ob man flberlifuipt pine allgemeine Maßformel mit einem einzigen Steigiuighkoeffizienten lür juiJe i arbe erwarten könne. Die einzelnen Intensitätsstufeu bringen al» integrierendes Moment eine besondere Adaptation mit eieh, die Ar die nSmUehen Farben Tenuitlieb inaer andere nod andere SenribilitätsTerhSltniiie aa&nweiien hat In den Lebnan&aebea Versuchen selbst ist die Frage der Adaptation abgesehen von der >BleB> dnngsschwclle« (8, .S. 93 nicht enväbut. Die AusfUhmne' der Versuche im Dnnkelraum wird nur um der physikalischen Exaktheit willen betont HQhmend hervorzuheben ist aber vor allem noch die elegante Versuchsanord* anng fttr anbjektive Spektralbeobaehtvns, die aock aligemeiner« Verwertung mit Recht empfohlm wird. Dnrcb mnnreiehe Anordniing dreier teils nnbelegter Spiegel vor drei ans einer Gas-GlUhlampe beleuchteten Spalten und zugleich in der Oesiehtslinie eines Femrohres läßt sich die Mischung zweier selbständig variabler Farben und ihre Vergleichung mit einer beliebigen dritten von je beliebiger Helligkeit erreichen. Der Episkotister vor den Spalten bewirkte momentanen Yeraehlnß der gauen Linie. Die kontinnier' liehe Variation der Helligkeit, vetobe liekaiintiick den payebolo^ehen Ab- straktions-Prozeß der Helligkeitsvergleichung verBefaiedräer Farben gani lie- sonders erleichtert, wnrdc durch die Vorbeibewegnng einer fnrldos ent- wickelten Diapositiv-Platte vor dem Spalte bewirkt, auf der die ver- achiedenen Stollen durch verschieden lauge Ejiposition einen kontinnierliob annehmenden Abeorptionakoeffiaienten be-

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Beferate.

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9

■aßen» also ein tmuinrenteB Analogon sd den grauen PapteMn nach Harbe,

noch dazu in so sinnreicher Verwertung. FQr die Anfimchung der kritischen Periode selbst flir verschiedono Helligkeiten w!ire ja allerdings ancli kein zweiter KpiskotiHter als Intensitiiteabstufung vor deui ersten zu brauchen ge- wesen. Das Vurbandensein anderer Apparat« zu einer kontlnnierlichen Ab- dnnklnng wird aber an der beiraffenden Stelle (i, S. 88) gua annemein in Abrede geetellt, nnd lo leheint es mir, all ob neböi andern kompliaierteren Apparaten vor allem anch der einfache Marbesche verstellbare Rotationa- apparnt noch immer niolit iiinreichend bekannt oder vielleicht anch aner- kanut Hei^}.

Den schon vorhin erwähnten EinfloB der Adaptation aul das l iimiuem, beiw. die kritische Perlode hat IL Sckaternikoff (18) im Anftnf von Herrn Frofeeaor v. E ri e Ar drei Terachledene Wellenlingen Bot (010 Oelb {SBB /i)

und Grttn (610 /u) nntersncbt V.r benutzte dabei den schon von Polimanti^ für Flimmerphotometrie gebrauchten geradsiphri;.'eTi Spektralapparat unter sorg- nntiirer Bertlcksiclitij^ung vollkommen liehlloscr ^^charf begrenzter Intervalle von gleicher Dauer wie der lieiz, zugleich mit ^ter Fixation. Die zunächst geprüften lichter geringster HeOigkeit waren awar foreal bei Dunkeladap- tation nieht tSUI; nneiehtbar (alio nicht reine StXbdhenempfindnngen nach der V. Eriesschen Theorie], jedoch dieser Grenze aehr nahe. Die bei den verschiedene!! Adaptationsgraden erhaltenen Frennenzzahlen boi der Ver- schmelzung liegen also aiimtlich absolut sehr niedrig, zwisclien 10 und 17. Die Variation innerhalb dieser Grenzen vollzieht sich nun in der Weise, daß f&n Tor Eintreten des Dunkels ataik heiladaptiertea Auge die geringste Fieqnenaiahi bedarf, die dann wUhrend forlgesetater Adqitation bis ea. 90 Iii- nuten rasch, dann bis ca. 90 Hinuten immer langsamer der oberen Grenze sich nähert, n r am hfu-liBten bei Grlin, wie es auch dem f»e}ih>ßlichen sub- jektiven Helli^rkrit^jverliUltnis mit Übenvietren des Grlin entepricbt und im ganzen zu der auch sonst gefundenen Abhiingigkeit der kritischen Periode Ton der Helligkeit paßt, zugleich an dem steileren Errcgungsrerianf ttber- lumpt, der sieh nach den Dttrrsehen Besnltaten fdr Dnnkebdaptation ^ibt Umgekehrt zeigte eich aber nun eine mit der Dnnkeladaptation fort- schreitende Abnahme der notwendigen Freqnenzzahl, wennman dem adaptierten Auge intensive Lichtreize zuführt, z. B. fWr hell- stes Gelb von der Frequenz 30 bis 20 ^im Mittel natürlich wegen der höheren IntensiOt abaolnt größer). Besonden elegant leigte Verf. die Dillteena nach monoknlarer Adaptation durch abwechselnde Betrachtung, anch noch nach ungefährer Ausgleichung des subjektivem Ilelligkeitsvnteivchiedes zwischen den beiderseits wirkenden Reizeffekten Äiuh Lehmann mußte ja von der »Blendungsschwelle« au aufwürts eine neue Formel für die kritische Periode T ansetzen, die günstigere Verschmelzuagsbedingongen ergibt Diese Schwelle ift aber natOilicht wie schon das Bii]:(jektive Gefiihl nnmitlelbar anieigt, Ton der Adaptation abhlngig, nnd mnfi in diesen Veranehen vor allem bei guter Fixation zur Geltung kommen. Auch Helmhol tz hat ja bekannt- lich die ermüdete SteUe für trSger erklXrt Unmittelbar leitet er dies freilich

1] Ein Apparat für den nämlichen Zweck von prinzipiell anderer, freilicli mdikonpihierterer KonstroktlbniBt bekanntttch von Lnmmer nnd Brodhnn angegeben worden. Zeitschrift für Instmmentenknnde Bd. XVI» 1896^ 8. 899 ff.

8) Zeitschrift Ar Fliychol. Bd. 19, S. 96S.

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Beferate.

■ur MB der deutlichen Wiederkohr eines poittiTen Nachbildes nach Projektion eines ne^tiven Nachbildeß auf hello Flächen ab. findet es aber auch mit den Sätzen der MuHkelphysiolofrie in jrnter t^)oreinBtimmung ^t, was speziell au'^h fUr die Herabstitzung der zum Icudilb tiihrenden Frequenz nach £nDUduDg l^t Da aber nun dieee Begiom der Bte&daqgswirknng für j ed e Adaptations- lageyoriundes ist, nnr eben bei Tersohiedener ot^ektt^er IntensHXt (und wie die monokulare Adaptation lehrt wohl auch bei verseliledener subjektirer Heilige keit:, so hätte Schatemikoff aus seinen Resaltaten auch nicht olme weiteres auf die Notwendigkeit di^r ZntPÜunK des Sehaktes an verschiedene Organe bei Hell- und Dunkoladaptation schließen dürfen. Selbst bei der Feststellung eines allgemein anderen z. B. trägeren Verianfte konnte keineNotwendig- keit war ZerteUvBff dee Oigaaee abgeleitet werden, weil es lieh Ja tteto um die Vergleiohung yer8ch4edeaer Adaptationen handelt, die ja doch aellr leicht ein und das nämliche Orpran so Terändem kftnnen, daß es zunächst eine allzn intensive (siiHjt ktiv freinessen: Tätigkeit als Ermlldung empfindet Damit wäre aiso zunächst einmal der binoknlare Vcrauch bei gleicher subjek- tiver Helligkeit mit dem £rfolg einer goingeren Frequenz des Dunkelauges ueh duie die SHiielieD- und ZepfentlMOfle eiUIibar. Weu man MKek tun Tonilierda die Terschiedenen AdaptrtiuMlagea anf einen Wechsel des gegenseitigen Verhältnissee in der Beteiligung: zweier verschiedener Elemente, der Stäbehen und Zapfen. an> Sehakte ableitet, so muß sich eelbptvorständllch auch die objektiv uud subjektiv verschiedene Lage der Blendungsschwelle in diraer Weise snbsamieren lassen. Aber es besteht mm außerdem nicht einmal •ieher ein solohee allgemein gOKigee VerhUtniB der Frequemnahlen. Es gäbe vielmehr doch wiederum Yetlndeningen des Trägheitsverhältnisses zwischen Stäbchen und Zapfen uud man bedtlrfto somit auch für die Stäbchen noch einmal besonders der Einführung von Adaptationseintittssen, um Abweichungen einer bestimmten Frequenzzahl für subjektiv gleiche Helligkeiten von dem all- gemein vorausgesetzten Verhältnis swisehen beiden Organen zu erklären, n. z. YerindMnngen, doreh welche geradezu das entgegengeeetste yerhXltais her- beigeilllirt wird. IMeeee Verhiltnis soll allgemein In einer größeren Triigheit, also geringeren Frequenzzahl der Stäbchen bestehen, und doch zeigt sich Ja gerade, daB die treringe nrllirrkcit boi Dunkeladiiptation ihre Frequenzzahl im Verhältnis zur Helladaptation zuletzt sogar verdoppelu läßt. Darüber hilft •Ick Yerf. einfach dadurch hinw^, daß er eine Steigerung als leicht erklär» Beb beaeichnet, wenn nnr der eine Ap|»arat in TItigkeit nnd der Zapfen- apparat aoageielialtet sei (18, S. 254). Ist nmi eclM» das letztere nicht vQlBg erreicht gewesen . so läßt sich doch auch leicht eine Helligkeit fUr Helladap- tation denken, in der viel mehr Zfipfenhf'llifrkcit dsbei ist, und die wieder fni ein Hellauge foveal so hell aussieht wie für das Dunkelauge die »uerst vom Verf. benützte Helligkeit geringster Intensität. Nach unserer Kenntnis über die Stelgemng der Frequeaa mit der Intensittt bei Heiladaptation ist kan ansonehmen, daß die FMqnena bei enIapredieBder VergrOOervag der objek- tiven Helligkeit fUr das Hellauge so sehr gesteigert worden wäre, daß sie die nun durch die Adaptation bewirkte annMhemde Verdoppelung des Dnnkel- anges erreicht oder so »ehr wie nach L beraihreituug der Blendung«9chwellö bei Dunkeladaptation Ubcrtroffen hätte. Zudem hätte der Versuch dieser aabJelctiTen Avsgieiehang dann aaeh im noch geiingenn HetUgkattwlBlIn am»

1) Helmholta, PhyBlologiiohe Optik 8. Anfl. S. 619.

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Bsftrato.

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gefiilir^ wertien koüüen. Mit anderen Worten, es hiitte die monokulare Adapta- tion lür diu längst überschrittene Blendongsschweile des Dunkelaoges auch weh «Bteriian» denwlban waggMat werden ndnen; dmna UM» riek woU eigeben, dafl »neh die BtiSbeluntheorie nur dueh Hinwuiahme vom ad hoe eingefttlirCen Merkmalen der Stäbchen den Tatsachen gerecht werden kann, die man atiih als allstem eine Adaptationseinflfis'pp ein und des näm- lichen Or;r;uios aufiasBtn kann, daß also diese Versuche mindest^nH kein Kriterium tür dieselben sind. Zu der bekannten Gelegenheit eines direkten Yengiiiehei der Freqaeniialü Air StSbchen und Zapfen bei gleicher Adap- tation im Veigleidi yon Zentnun nad Peripherie hat Verf. keine Beiieiiiiniir hergestellt

Besondere Angriffe erfuhr aber die v. Kriessche Theorie, als v. Kries selbst einen funktionellen ünterBchied zwisc^ien f\t^m Zapfen- und dem StUb- chenbezirke hinsichtlich der Nachbilder nach kurzdauernden Keizen b«haiiptete, den er in einebeatiBiidteBeaiehiing n letaerneorie m bringen ▼eianehte. 0ie ganae Diskaation dieaer anfierdem aaek von C Heaa, Hamacher, Bidwellu. a. beobaiditeten Kachbilderscheinnngen hat aber gerade in dem für die von Kriessche Theorie wiohti^i^en Punkte srhnn hin- sichtlieh des bloßen üeobachtnngsmaterials zu keiner Einigung geführt, so daß sich gerade hier am Schlosse der Polemik die g^erischen Aussagen schroff gegenffbexatehen. Übereinatbaniiing kenoeht nur darttber, daß weaigatena Im aügemeinen enion kondaaeniden Fart»enrente nicht aogieieh beiw. wie adion wiederum länger bekannt war, durch ein dunkleres Intervall getrennt, das fri!}ipr einffich als positiv bezeichnete gleichfarbige Nachbild nacbfolp^ Ks lio^ vielmehr noch eine bcBondero positive und komplementäre Errci^ungsphaBö, das sog. Furkiujesche Nachbild dazwischen, weiche von der primären Ei- regnng dnrdi ein kUnerea) dnaUea btatvaD von ea. V& Sek. nnd, tob dem apKterangleieh&rbigen Nachbilde dnreh ein etwaa HIagerea, ebenMa dnnklea Intervall getrennt iat Die Reihenfolge, die bei Fixation ruhender Lichtblitae als Succession erscheint, kann dnroh rasche Fortbewegung eines r.m Bewe- guiiir?ri<htiinfr senkrechten, farbig erhellten Transparentstreifens als Neben- einander > nachlaufender« Streifen und Flächen betrachtet werden. C. Hess konnte anfierdem nmimehr naek dieaer Methode featateDen, daß behm Naeh> bflde einea dnreh einen dnnklen Zwischenranm geteUtm Stieifina analoge Lichterregangen in der primir nieht erregten Nachbarschaft auftreten, wie rie bekanntlich vor allem Hering al« »Tächthof« Inder Nif »ihnr^chaft einer vor- her länger auf duuiüem Gmnde betrachteten Helligkeit beim Klick ins Dunkle beschrieben hatte. Dabei erfolgen auch diese benachbarten Nacherregungen in einer doppelten Phaae, deren ettte dem prkaiiea Relae gleiöhfiubige nn- geflkr mit dem efaten InterraU an der primiren SteOe angleich erfolgt, nnd deren awdte komplementäre Phase ungefähr dem zweiten primär lokali- sierten Intervalle entsprirht 3, S 1 f!" »Eine bisher irihek:\nntc Na^hbild- erscheinung«). Nach den Beobachtungen von v Krii k, dm u erste Veröffentlichung schon weiter zuriickliegt, soll nun das i urkiujesche komplement&re Naehbild an der Stelle dea dentlichaten Sehena nieht anftreten. Hier aei nnr daa apStere gMekIvbige NackbHd vor- kanden. Die Einfügung in seine Theorie geschieht dabei jetrt in der Weise, dass das komplomentärfarbige Xafhiiilfl als eine Nacherregung der 8tJib- cbcn anp-ppchfMi wird, die an sich nur zur Auslösung einer farblogpu Ilellig- keitsempäuduug befähigt sind uud hier nur deshalb kouplemeatur geiärbt

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Befente.

erecheineD, weil alle Erregungen nach vorhergehender noch so kurz dau- ernder Farbenerregnng im Sinne dee negativen komplementären Farbea- iiMlibOdm->re«gierBn« (spesielltf, S.U7), welchw an doi aiug«piigt«fe& Um» BtinimiuigBersolidinageii naeh llngeraii Farbenieizen am b^annteaten iat, und

von V. Krie» jetzt vor allem wegen dieser poBitiv kompleraentär gefärbten StUbchenerregunf: als zentralero Beeinflussung gc'letitft wird vgl. nnten\ Diese Beziehung 2um uegativeu Muchbilde ohne Stellungnahme zur v. Krieg- schen Theorie ist übrigens auch in der oben referierten Abhandlang von Marti SS angenommen (10, S. 865). Das Felden des podtiT komplementir-' farbigen NachbUdea in der stäbchenfreien Fovea ist somit flir v. Kriet wohl begreiflich. Dem gegenüber hat aber nun C. Hess die Sichtbarkeit dieser Phase auf der gesamten Netzhaut für alle Adaptations- lagen auf das Entschiedenste behauptet. Inebesoudere »ei auch bei jenem oben genannten »Lichthof« sowohl die erste gleichfarbige als auch die sweite konkplementHrfikibige Naeherr^ong in der nicht erregten Nneh- baraehaft dann ebensogut xu sehen, wenn die oben erwähnte Lücke dee primären Streifens gerade nur über die Fovea hinweggehe. In seiner letzten Erwiderung (5) belegt nun v. Krios seine TJpliauptung vor allem durch neue Versuche, in denen er alle von C. Hess alß Erklärung für Uag v. Kries- ache Übersehen angeführten Faktoren vermeidet, also ohne eine Ermüdung der Fovea dnreh Fizaiionsmariken nnd ohne Kompl kation der Prosesse durch au rasche Wiederiiolnng der Beize u. ä. Es sei liier umgekehrt das Sehen der LUcke schuioriir. wie bei der Aufsucbuug von Skotomen. Besonders überzeugend gelinge^ »ler Atisfallversnch . wenn r)v.\n hoi der Methode der >ua(>hlautV;nden< bilder das Objekt nur bis zium Blickimakte gelangen und dort verschwinden lasse, weil dabei der kritische Moment besonders klar für die Analyse heiauagdioben sei. Hess hatte jedoch 1>ereitB besonders betont, dn0 er nicht etwa bloß innerlialb des ganzen Sehfeldes den nämlichen Vorgang ge- sehen habe, wobei etwa von einem Übersehen charakteristischer Abweichungen auf Grund einer allgemeinen Assimilation der Auffassung die Rede pein könnte. Er habe vielmehr '8, S. 11; gerade in der Fovea au dem Nachbilde wirklich eine charakteristische Abweichung beobachtet, aber eben keinen Aub- üall , sondern eine klebte YenUgemng im YeriiMltnis su den peripbereien Kachbaigebieten, eine Notia, die ins Gewieht sn fallen scbeint» wenn man beiden Parteien an genau lokalisierten positiven Beobachtungen so viel als möglich zugeben will. Andererseits gibt v. Kries zu. daß man in der Fovea allerdings nicht etwa immer gar nichts sehe. Er will vielmehr die Angaben Ha mackers, der ihm im Prinzip beistimmt, nicht bestreiten, wonach dieser an der xentralem Stelle ^n sehr dunkles negatives Faibennaehbild esbe. Das letztere war Ifbrigens gerade auch von C. Hess früher als die eigentliche Konsequenz der v. Kri esschen Theorie bezeichnet worden, wenn man die strittige Phase auch dem Zapfenapparat zugestehen wolle. 'Vgl. auch wieder 8, S. 15.) Endlich ist auch die Hess sehe Angabe von Bedeutung, daß auch für die Fovea immer erst eine günstige Helligkeit ausgesucht werden müsse, bei Dnnkeladaptailon insbesondere keine au große. Aneb dndureb wird der die direkten Widenq[»rOehe ansgleicbende Umkreis der negntiven Instanzen vermehrt und derjenige der positiven vermindert, welch letzterer freilich £Ür die Theorie aneh hei kleinstem Umfange entscheidend bleiben wfirde \ Kries hat gerade die.sriu Punkte in seiner letzten En^-tderuug uii-bt direkt wider- aprocheu, sondern nur ohne unmittelbare Beziehung hierauf erwähnt, daÜ bei

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B«ferate.

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einer Hellig:keit, I i h r das sekundäre Aufleuchten exzentrisch als deutlich getrenntes gut waiirzunehmen ist, mit grüßter Schärfe ein Fehlen deaaelbea Im Zentram konattdert werden kaniL (5, S. 86.) ünbeetritten beeleiit eiber irold auch hier eine denUidie fiinktioiicUe Venchiedetthdt swiioheii dem Zentrum und der Peripherie, die insbesondere auch einer etrigenden Mliider^ Wertigkeit der Fovea bei Dußkeladapfntion entspricht nnd gum allgemein auch die Verfolgung des Purkinjeschen Nachbildes an dieser Stelle ersehwert.

Ober den zeitlichen Verlauf der positiven Nachbilder vuu weißen Reisen Tersehiedener, insbeaondere nneh viel lingerer Dnner hat Hnrtine mit seinem aneb hie^ beeonde» geeigneten Appa* rate Messungen angestellt (10, S. 319 fil], wobei die Dauer und Intennittenn* zeit der Nachbilder durch Eepistrierunfr von Rpakti»ni«bt>wepningen der Be- obachter auf der Trommel eines B al tza rächen Kymographions bis auf die Fehler der Reaktionszeit festgestellt wurde. In 20 verschiedeneu Gruppen wurde die Beiuteit von 0,0012 bis 20 sek. Tsrliert Indessen konnten kon- stantere Besoltate nor bei anssehiießlieher Berüeksiehtignng Uanv nnd gnt erkennbarer Erscheinungen erlangt werden, was bei stärkeren und IXngeten Reizen bis zu fiiüf verschiedenen hellen Phasen irelano:. Es zeigte sich vor allem auch nach dem primären Reiz das bekannte ersto Dunkelintm all. Außerdem nahm in weiten Grenzen sowohl die Dauer der positiven Nachbilder, wie das soeben genannte ^te Intemll sn. Danem die Reise Uber mehrere Sekttn« den an, so tritt wieder eine VerkllziB&g beider Moments ein. Bei mehrmaüger Wiederkehr des Nachbüdes nmimt seine Danet ab, wtthrend sieh die Liter- ▼alle immer mehr veHiin/en!

Die andere seitens v. Kries und Hess diskutierte Frage über poRitive Nachbilder, ob der total Farbenblinde das Purkinjesche Nachbild sehen kUnne, wird nioiniehr aneh von Kries in b<yahendem Sinne beantr wertet (vgL aneh S. 94 f. nnd 6, S. 167) nnd hat er gerade hiermit die olien erwUinte Theorie für diese Nachbildphase in Einklang gebracht, wo- nach er ihre Färbuufi^ als ein mehr accidentelles Moment auffaßt und die Auslösung der Errep:uug Uberhaupt dem Stäbehenapparate ynweist, der beim Farbenblinden nach seiner Annahiuo aliein vorhanden sein soll. Hess hat in sefaien »weiteren Untersnehnngen Aber angeborene totale Fkrhen- bündheit« (4) an ftnf IMen ansdrileklioh aneh diese KadibUdphase immer wieder konstatieren lassen, die von der Fürbang abgesehen ganz wie beim Normalen erfolf^t. Im übrigen ist Hess hier vor allem der zunächst von König f^estiitzten Konsequenz jener Verteilung von Licht- und P'arbcn- funktion an Stäbchen und Zapten kritisch weiter nachgegangen, wonach bei diesen totsi Farbenblinden ganz allgemein im forealen Besiifce ein Skotom vorhanden sei, welches der Degeneration der Zapfen entspreche. Inswisehen hatte audt Uhthoff (16; bei drei Fällen angeborener totaler Farbenblindheit auf Skotome untersucht nnd mittols ophthalmoskopif^rher Untersuchung nach fovealen Abnorraitiitcn g:eforacht und beide Vennut iiiii^i n zum Teil bestätigt gefunden, die zweite wenigstens bei Untersuchung im aufrechten Bilde bei erweiterter Papille. Sine schnellere Pnnkeladiq^tation war jedoch nnr bei swei FUlen vorhanden. Einer der Patienten war auch für Btf nlgenstrahlen empfindlich. Die natürru h stets subjektive Feststellung der Skotome war bei Uhthoffs Versuchen wieder durch Nystafrraus sehr beeinträchtigt Uti' mm auch bei dieser liir total Farbeublinde vieltach charakteristischen Unfähigkeit zur Fixation mit Sicherheit Skotome nachweisen, bezw. leugnen zu können,

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empfiehlt Hesi wie Bchon früher die tachutoskopisehe Methode. Ein Moment- venehlaß Yor dem in pittfaitta Auge getlMMt mr Ar efaieB AofeBbÜBk die AiMidit nr eiM pMtend ngtMOg «Midnato Onfipe tHaa/Om mMchalfe- tenr keUer Objekte, über deren Lttckenlosifkeit jedenul «iebere A^gihw zu machen «ind. In allen hier untj^rsuehten Fällen jsrlanht TT es 8 mtif der Exaktheit dieser AulTaspunji: auf das Fehlen von Skorrini ü schließen zu d&rfeiL i>as allmähliche iüntreten der UuakelaÜApuuua wie beim Nor- fluden findet Bei» ebeaftlli htü aintlielieii Peiwneif m lüte abar nvn ■odi dfo «offlule seHnle Ifiidflnrertigkeit bei IhmkeUidcptalioii, wm allet gtgen die v. Krieseche Theorie geltend gemarhf vsird. Das YoKkonmm Ton fovealen Defekten bei kf>mji}i7i*'rteu FällrTi w ird jedoch keineswes^ all- geiuein in Abred»' fffifellt, nur bringe es theoretisch nicht .\ < iter. Die HeringBchea Helligkeitagleichongen verschiedener Farben für Farbenblinde tiefte f&r die Fille bei Ubthoff ebeoBO wie bei Hets ToUatiadig so. Alf die 0iekiiMioa der Krleeiehen Vemehe efaier Erkliniiig der LIebtaebea und des Nystagmus dieser Farbenblinden wm boehgndlgfer lokaler Adft|»lalioB und sehr langer Nachf^nir^- ler Hrrepunpen, sr^on welche Hees ebenfalto direkte Vernuehe anführt, brauche ieh hier wohl nicht näher einaugehcn . da wiedemm viele allgernuiue 1 ragen wie oben bei ächaternikoff in Betraciit fcSmen. Baeonders gegen die anletst bezeichneten Anaftthnmgen von Heaa bat dann Hagel die Krieasobe Theorie nocbnala in Sehnti genomnien (U).

Für den Vertreter des Dreifarbensystemea (ala spezifischer Fonktion des ZapfenapparafCH im Sinne der v. K riessehen Theorie sind ferner die im ganzeu zwar »ehr bekannten, ab»^r im geuaneren Verlaufe noch lanpe nicht hinreichend beobachteten Erscheinungen der sog. Violettblindheit be- aoadeia intereiaant, weiche dnrch Genuß einer indlvidneU anniMusaenden Doaia von Hntrinm aantonienm «nftrftt und firUber von der Dreifiutben- ^eorie als eine fllr sie besonders günstig entscheidende Instanz der Lähanng eines ihrer drei Farbensnbstrate auf<refaßt /u werden jiflertr'. Das Interesse BU'ii^t'Tf pich noch für die Wirknnjr bei einem Kot- oder GrUnbiinden. dessen Sehüu im äantoninransche nach dieser Theorie monochromatisch werden ^I0to» Fiebden aebon Blhlannn an einem Botblinden gei^eigt hatte, daO letetere Erwartung niebt erflBllt wird, daß viehnebr gerade die warme Seile dea Spelctmma fart>loa, die ganze kalte Seite hingegen, d. h. hier Blau, vütlir nnveritndert gesehen werrlf tiat Nafjel an sich selbst ausführlich die Wir- kung auf den GrUnbiinden untersucht 11'. Er leugnet nunmehr, wenij^stens üLlr den Dichromaten, die Herabsetzung der hier blau aussehenden Violett- enegung ala Weaen der Santoninwirknng in irgend einem Stadlnm. £a aei vielmehr gerade im Gegenteil eine konatnnte aebwaebe Miterregnng von Hiau vorhanden, welche sich aber vor allem nor im ertlen Moment des Blickes auf dunkle Fläclien nach vorhergehender Betrachtung- heller Flächen zeige und dann oftenbar kleine Felder, also auch das kleine gelbe Feld im Farbcnmischapparate Uberdecke und zur Farblosigkeit kompensiere. Dieaaa Blan aei vermnllidi eine VerUtngemng der Haeberregnng dea Blan naeb vorbergebender Weiflerregang. Eine Ibnlieiie Eraebeinnng kOnne nim- liebbei ihm auch ohne Santoninge im i" bei starkem Kontraat von Skbware za voTherfrehendem oder simultanem Weiß eintreten. Eine spontane primäre oder beim Heiz' nlntiv zu liohe Violetterregung, auf welche sonst die als späteres Stadium betrachtete Violettblindheit als Ermüdungserscheinung nmekgeflibrt werden konnte, habe er niemals bemerkt 0ai Gelbaeben dea

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Beftnte.

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Hellen trete anoh r\Roh vorhergohender Kntwieklung des ganzon ZuptiiTidPs im völlig dnnkleu .Sehleide beim ersten überhaupt gesehenen Weiß aul und eikläre sich dieselbe offenbar al» KoDtrast zu der an allen dunkleren Stellen iMtnebtnte Yloleteerregang. Eine ErkUtnmg ans sentralen Unadwn sei naiohst nodi nioht abmweiMii. Unmittelbar eina«itig« BttttrSnfiiliuig wirkt doch immer eret mittelbar, ebenso wie Gennß, nnd dann stets gleich binokular.

V*>r dein t bergang zu den allgemeinen Einflüssen der Umstimmnng des Sehr»rg;iiiH möchte ich noch zwei kleinere Arbeiten von Macdougall er- wähnen (9j, deren erste die scheinbar größere Sättigung ausgedehnterer Farhen- flldwB gefMi11b«r kleineren Feldern naeliweiien m knnnen glaabte. Die »bomogenons« Farben sind Bradleysebe Pignentpapiere anf Farbenkreiaeln hinter verschieden großen Ausschnitten eines grauen Schirmes, wobei ver- sncht wird, die «oheinbar gesättigtere Farbe durch WeiR und Schwarz, auf Gleichtieit t in/u^tt Hen. Leider erfahren wir gar nicht» (renaueres über das HelUgkeitsverhaiiuis von Schirm und Farben, wie überhaupt Kontrast und Indvklionawiilnuigen, welche mit der Helligkeit sngleieb die Sättigung beein- llnnen nnd ebenfidla in ihrer Weite von der Anadebnnng abhlngig rind, niebt besonders erwähnt werden. In einer zweiten Anordnung wird der begün- stigende Einfluß der grJJßeren rnnmlielien Verteilung ein und der nämlichen Oesamtausdehnnng auf die Farbeiisrliwcilm iVstgestellt, wobei ebenfalls wieder nur rigmentfarbeu zur Anwendung kamen uud nur Rot und Grün brauchbare Beeoltate In dem genannten Sinne lieHarten. Eine tiwoietiaehe Entacheidung filier lidde Ersebeinanfen wird nicht getroffen nnd nnr an Shnllche Snm» mationserscheinungen anf anderen Sinnesgebieten erinnert.

über den Einfluß der Stiinmungsänderung des Sehorgans sind zunächst zwei Arbeiten mit photouietriHchen Bestimmungen der einzelnen Spektral- £arben zu erwähnen. Schatcrnikoff (14) führte am physiologischen Institut in Freibnrg i. B. mit einer Terbeeaerten Methode nene Beatimmungen der DXmmenugswerte der Teraebiedenen SpektialHu-ben durch. Der Apparat zeigte das spektralfarbtgc T.icht unmittelbar von der auf einem mitten durch- brochenen Schirm reflektierten farblosen Vergleicbshelligkeit um Treben, woMei die beiden ans der nämlichen (iasglilhlichtfiueiie stammenden Lichter auf verschiedenen Wegen in diese Zuordnung gelangten, die erstere direkt durcli einen geradaiebttgen Spektnlapparat, die letrtere anf einem Umwege dnieb Spiegelang. Um alle Liebtwege m<4;lieb8t konataat m halten» wurde hier zur Variation der Farbe der Okularspalt verschoben. In einer zweiten Yannnte d<"r Anordnung konnte direktes Sonnen- oder Ilimmelslicht ver- wendet werden. Auch hier wird Kla^jc Uber einen genauen Apparat zu kon- tinuierlicher Variation der Intensität gefUbrt, dessen besondere Bedeutung für die HelligkeitBTergleicbnng anch Verf. wiedemm aaeikennt, nnd kann ich nnr anf daa oben bei Lebmann Geaagte verweiaen (S. 86). Die Oberein- Btimmnng vatt den Dämmemngswerten von W. Nagel sind bis anf die End- atrecken und den nb<'tf>i'j'enden Teil eine ^ite. Daa Maximum liegt fUr Gas- lidit bei 537,2 /n, fiir J!«(»nnenlicht bei Ö29,3 u.

Photometrische Bestimmungen Uber die relative Helligkeit der nimlieben Pigment- und homogenen Strnblenfilterfarben bei Teracbiedener Belenebtnng, die von 1 bis 10000000 abgeirtnft irudc, sind von B. J. Wilson im psycholocrischen Institut von Herrn Pro- fessor Kirschmann in Toronto dnrchf?efiihrf ni rdi n 17i. Dabei kam nun tatsächlich der Marbesche Apparat mit kontinuierlicher Variation der ans

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Befente.

Weiß und Schwarz gemischten Vergleichshelligkeit zur Anwendung, die sich ävi dem FarbenkielBel direkt mbai dem wo. ichltaeiiden fi»big«k Biage von Bradleytohen FfgmentiMpIertn Wand. Di« im aUgemniien lebi gering«

mittlere Yariation der verschiedemen Einstellungen von meist nur wenigen Graden zeif^tc wicdenim in der anrh vom Ref. schon oft erprobten Weise den Vorteil dieser Möglichkeit der raschen Angleichun^.Hmüglicbkeit an verschie- dene HelUgkeitsstufen des Vergleichsreizes beim Vergleich von Fubentünen mit Onn, welelie die Einübnng anf die Abetnktion vom Firbenton sehen nne rein payehologieeiien Grtnden beeonders nntentflUen mnl3. Für die GelntinefiulMn war ein besondenr von Kirschmann zu dem g^eiehen Zwecke .mgegebener Rotationsapparat gebrancht worden, der von Kirseh- 111 an n noch besonders beschrieben wird. Die Abstufung der Tagesbpb^nch- tung durch ein Zimmerfeuster wurde durch eine verstellbare Fenstcruifauug und veieeiiieden starken Bels^ von Transparentpapier vorgenommen. Sowold fttr die seilt veneliiedenen Pigmentfarben als aneJi fOt die homogenen Stnblen- filter zeigte sich das bekannte Purkinjesche Phänomen, wobei sich ein grüner Farbenton zwischen K und F als dM'ifniirc WeHenliinp^e berechnen ließ, welche unter diesen Umständen die niimlicbe rrl uive Helligkeit im Ver- hältnis zu dem weiL>en Vergleichsreiz für alle Beleuciitungsstufen beibehalten würde. Übrigens liat Ver£ eine an sieh nsheliegende Gesetxmäßigkeit der Ton ihm gefundenen Wwte nieht betont, wdehe mit seiner Bereohnnng einer relativ konstant hellen Farbe enge zuaammmhlngt. Sie llSt sieh so- nächst schon aus den für versebifdene Stufen an<!pegebenen Extremen wenig- stens bei ä/3 derselben vermuten und zeigt sich z. B. in den hierauf i^e- prüften Einzelversuchen dieser Stufen bei dem Beobachter Kirschmann tatsiefaüeh hinreiehend bestätigt. MiOt man nSmUch so, wie es hier gesehsh, die relativen HelliglMiten der einaelnen Farben In Graden des Weiß, das Jedes- mal durch die nämliche im ganzen variierte Gesamtbeleuchtung getroffen wird, 90 7eiirt pirb (Vw Geeamtsuninic -Uler einzelnen Farbr'nwprtf deren Ton hin- reichend ^gleichmäßig über das JSpektrum verteilt war. annähernd konstant, wo- bei noch dazu die einzelnen Farben an verschiedenen Tagen gemessen waren. Für die 8 Plgmentfiuben ergab sieh bei Jenen vier gleiehmäßig über die gvae Distans Terteilten HeOigkeitsstiifen, die schon ans dem Irontinnierlichen Gang Jener Extremwert ewlrklich einheitliche Beobachtungsbedingungen darzustellen gf'beinen, fUr Kirscbminn ans allen 8 Farben jeweils der Mi'fi hvprt ^2S mit einer mittleren Variation von nur 3,3 Diese Konstanz der Summe jener relativen Werte wäre auch in der Tat als der Ausdruck einer gleich- ndUSigen Auswirkung der gesamten lichtstlrke ▼eisehiedener IntenritSt inner- lialb des gansen Spektrums Ic^neswegs fernliegend. Vielleieht ersdüM dem Verf. dieselbe nnr noch ni<^t genug aidiergestellt Jedenfalls werden V<u^ suche ausdriicklicli in dieser Ricbtnnt' 7v unternehmen sein, wobei es snf eine möglichst voUzählicbe Berücksichtigung des ganzen Spektrums, von der natürlich erst ein volles Zutreffen dieser etwaigen Gesetzmäßigkeit zu er- warten wSra^ nnd anf homogene Farben besonders saUme. Die Adaptations- lage, die neh hier natUrUdi gemSß dw Gessmtbdisoehtanf geindert bat, würde dann ansdieinend gar nicht noch einmal besonders daneben an berllek- siehtigen sein.

Diese Umstimmunfjen. welche durch längere Ausfiilluug des gesamten Sehfeldes mit einer wenigstens im Mittel bestimmten Intensitätsstufe entstehen« gestatten nnn In exakter Weise nur die Veränderung des Verhältnisses

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Rtfent«.

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der Helligkeit and Sättigung verschiedener Reiziiualitüton zu untorBuchen, da ja hier die nämli c he n Qualitäten unter verschiedenen Adaptationsbedingungen nur in verachiedenan Zeitpnnktm wunittelbar wahrgenommen, also nur succes- rir mhdiuuider vecigliohen werden kSnnten. Es ist also ein besondenr Vor- teil lokal beacliritnkter AdaptatioiUT<»8nderungcn, wie h\q durch längen Fixation einer vom übri<^en Grunde verschiedenen Ilellif^keit und Farbe ent- stehen und unter dem Namen der »uegativen Nachbil(ler< liinj^öt irelänfig sind, daß man nun auch die nämliche Uber das ganze Feld gleichmäßig ver- breitete Beizqualitität in ihrer »Beiktioii« «uf die AdAptattonsdifferenz nn- mittellMr beobaehten und durch objektive Ansgleiolniiig der BnbjelEtiTeB Differenz so^ar exakt messen kann. Allerdiu^'s beobachtet und mißt nuui nur eine Differenz, keinen absoluten Empfindungswert, diese Differenz ist aber doch bei der IJeziehunpf beider Glieder auf den nämlichen objektiven Reiz durchweg ein Ausdruck der subjektiven Empfindungsdifferenz und ge« stattet bei der Messung des Wertes der jedesmal in gleicher Weise erzeugten Adftptationsdiffweiia fttr beliebige Qualitäten und Quntitätan der reagierenden Bene interessante theoretische Rückschlüsse. Angeregt durch die Yennidte von Martins auf dem Gebiete der Naehbildmessunpr versiu-lito Ref, (18) vor allem die Technik der Messunf^smethodeu unter VerAveudung des Pchou oben erwähnten (S. 39) M arbeschen Rotatiunsapparates für eine kontinuierliche Variation von Helligkeiten und Farben auszubilden, so daß er auch ohne die Mlieren langen flxationsidten die Nachbüdwirknngen eiakt ansnUtsen nnd deshalb Jahre lang ohne Schid^pmg und Yei^nderungen des Organes ein größeres Beobachtnngsm.iterial sammeln konnte. Die Weiterentwicklung dieser Anordnungen -nvht t*ic-h durch alle drei Teile der Arbeit hindurch. Dabei nahm ich zunaciiät das allgemeinste Probleu daa Gebietes iu Angriff, auf das ich bei allen theoretischen Vortlberlegungen Uber sekundäre Fragen immer wieder ab eiste Torfrage hingeftthrt worden wv nnd untennchte, welche Werte das nXmliche negative NachbUd oder die nümliche lokale Um- Stimmung für verschiedene Quantitäten eines »rea{,'ierenden < Reizes ergibt. Fechner nnd Helmholtz hatten diese Vcriinderuugen als EniiUdungserscheiuuogea, aläo als eine Art von Erregbarkeitsveränderung aufgefaßt, welche eine zur reagierenden Intensität proportionale Terindernng wenigstens der dem ermüdeten Substrat entstammenden Empfindungen einschließt, somit also «ich eine solche ProportionalHSt der allein unmittelbar meßbaren Differenz der benachbarten Empfindungen des TiHtnlichen Reizes, v. Kries liatte daher diese stunädist mir vermutete, aller- dm^ä auch schou von Fechner angenommene Gesetzmäßigkeit schon früher als »Ilelmholtzschen Satz« bezeichnet^].

t; Freilich hatte Helmholtz bei der Ableitung der snbjektiveu Aus- füllung des Gesichtsfeldes fllr die verfithicdensten reafricrenden Felder auch ^ufrleieh die durch die primäre ErmUdun<reerregung ebenfalls erzeugten posi- tiven Naeübildor und das Eigenlicht in Betracht gezogen, welch letzteres auch seinerseits wieder auf die Adaptationsveritnderong reagieren konnte, wodurch der Heringsche Uehtfaof oder der von 0 verschiedene Wert des Nachbildes bei der reagierenden objektiven Intensität 0 erklärt werden sollte. Dabei ist aber doch stets die frcnaunte Gesetzmäßigkeit al.H selbBtäudi^^^er Krkliirungs- faktor fe^t'/ehalten. wie ja auch die einfachen, besondt r^ benannten physi- kalischen Gesetzmäßigkeiten stets zusammen mit audereu auftreten und die

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Vom Standpunkt»' derjemgea Theorie aiu, welche die hiMer als hrmUiiun^ uder tlberfaaopt als eine ErregbarkeitsvennderuBg der M der FIsttfoB enegteB «mMlen Helligkeit»- mad VwbmmUUuta nMt •od deebalb fibefiuniit eiM Pkoportioikalität des Nadibildwertes m pM

fordert, simi jedoch die cor reagierenden Intensität proportionalem Modifikationen, wie gettigt, immer nur insoweit zn erwarten, als der reai^iereode R^iz wirklich das dnrcb die primäre Fixation ermüdete, b^zw. erholte Substrat erregt Es kommt alao hier immer schon die aUgemeine FvbeBihaoffia im BeCneht, weiclia je Mchdet eia« gaas vtneUedeM Aae- delmmiig dee pn^ortiknaleB Wachbfldee amf dae Gebiet der reagierendem Farbe fordern würde. Die andere ebenfalls von Anfang an mehrfach ver- trr'li'nc Erklärong" d«>s nepativon Nachbildes, won.ich daeselbe ebenso wie das positive ein«' xpoiitaue lieimiscbnng selbständiger Erregung ^oin »oll, wird ailerdingii mit jener Proportionalität von vornherein nicht in Einklang tm briagem aeim. Imdeaaem kämm docli aneli eise von der Ammabme liloSer BnegiNurkeltsveiladeramgem der monnalem Snbetiate in UnUeher Weiae ab- welebende Erklärung mit der genannten Proportionalität widerspruchslos rnmaramon bestehen, worin man den selbstlindipen sekundären Faktor nicht al« Hpontanc aktuellu Ijrregung, sondern ebeul'alls als dispositionelle? Moment einfuhrt, welche» im äußeren Reizen oder inneren Erregungszuständen ebenso Im eimer EmgiNtfkeitBbesieliiing steht, wie die Beiae ameh aomat in dem monmalen Salmatem, ao daß aie alao ebenfalls proportional cor reagierenden Inteaaitit Biiterregt werden. (Tgl. vor allem Phil. Stud. XVIII. S. 615 ff. des 5. Kap.)

Zur R^nntwortnng der Frag^. wio n'if^h (lit^se beiden Kr]-:l-4rnnfr«mrtcriicJ|. keiten konkret durehführen lassen, bedurüe natürlich unbeUiagi einer aus- gedehnton Varitttiuu der fixierten >Enutidungttrei2e< und vor allem auch der }eireib» reagieremdem Belae, die bimalebtUeb jener Proportioaalität geprüft werden aoUtea. HimaiebtUch der Art jener »Ermüdomgc, d. L der Ad^h tationsdifferenz benachbarter Sehfeldstellen ließen sich zunächst einmal ecboa nach detn rein subjektiven nesiehtPpnnkt als einfaclixter An«»?'^n'2-«pMukt. reine, d. h. von Furbentonveränderungen freie H e 1 1 i^^k e it b- und reine Farben- nachbilder, unterscheiden, je uaehdeui eine farblose HelligkeitsdifferenZi oder Teraoliiedene Färbern gleldier HelOglteit (au einfadiaten die Faibe auf gldeh hellem Gran) fixiert wordem waren. Das entere bewirkt bekaimtlieb einen subjektiven HellfgkeltB unterschied, das letztere eine Verschie- bnng des Farb*'ntoT»'5 nn« Ii der Komplementärfarbe des Ennüdnng-sreize«. Die Fixation ver^cll^L■lU•üer Farben von tin<:leicher Ilellifrkeit mußte dann eine Kombination beider ergeben und zugleich entscheiden, inwieweit jene Trennong zngleiob elme realere Gnmdlage beiiiat v. Kriea bat emdlieb meuerdings wiedemni auf eine vom ibm aebom vor 1894 beobacb- tete Korabination eines Helligkeits- mit einem reinen Sätti- gnn^snachbilde ohne Veränderung des Farbentones aufmerksam gemacht, die von mir noch nicht berücksichtigt worden ist

Enobeimimgem nur aoi ilmen atlteinaiidtt n erkUrem Bind. Dmiia dOrfte alm eigentUob auch kein awingender Gnnd enthalten eein, daß Kriea nnn-

mehr seine frUhere Beaeielinnng wieder zurücknimmt (6, S. 160^ Anm. l;.

rens ist die Benennung natürlich eine sehr s^ekundUre Frage, und ist vor allen die von v. Kries dafilr vorgeschlagene des Proportionalitätssatzes als sachlich uud einfach gleich empfehlenswert.

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Eeferate.

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(6, S. 165), worauf wir noch dften zurückkommen werden. Die objdBfeive Ausgleichung der subjektiven VerachtedeDhoit auf gleichmäßigem Grunde, welche nach dem zu Anfang Gesagten ala Maß des NachbiUlwcrtes für die Tcrschiedeuen reagierenden Reize gilt, war nun glHcklichcr Weise im all- gemeinen in der einfachen Weise möglich, daß unter Beibehaltung der nimlichen Fintioiubige wie wilueiid der Krmttdang eeUwi imieriiilb des gsiixen in Bfltndit kommmden Feldes der nSmliehe ftnehtsQ dea emOden* den Lichtes an seiner ursprünglichen Stelle festgehalten, also dem rea^erenden Felde superponiert wurde 'XVIII, S. Sat? 1". Dndnrrh v-nr im allge- meinen ein Mar bescher Apparat mit soiin r einfachen \ tTötelluii^^Binüglich- keit zu dieser Ausgleichung in jedem einzeiiitiu Nachbild versuche ausreichend, doefa wurde der ZdtMitar der SelbBtejBBteilmig anefa hlnlig in YemdieB mit plOtdieher ElnffceBiing anf beatimmte, in mehreiwn Yenmehen fortMdudtend variierte Bruchteile eliminiert Am einfachsten ist natürlich die Möglichkeit der AuH^leichnng eiües reinen Helligkeitsnachbildp? nuf verschiedenen Inten- t^itaigBiulen einer farblosen Helligkeit zu verst» lien. worauf eich fast der ganze erste Teil der Arbeit bestog {Bd. XVI). Ebeuäu gilt jeuer Hätz, aber schon nidit mehr ndt dieior Priteirion für die Hessling des reinen kompts- mentären Fixbenntebbildee snf Tenehiedenen SSttigangs- und ünteosttits- Btufen der Ermttdnngs&rbe und ihrer Komplementibfarbe (vgl. Uber die Schw ieriprkeiten vor allem den Anfang des zweiten Teiles Bd. XVII), so daß 2. T? (Irr nämliche Rnichtcil der fixierten Naehbarfarben Rot und Oran zur AuBgluichuug deä J: arbeunachbildes auf beliebigen Intensitätsstulea des Bot nsw. notwendig ist

Ein« doniliehe Aliweichnng von diestt ein&dien Hevstellnng einn vOll%en subjektiven Ausgleichung des Nachbildes zeigt sich indessen bei der MesfiinL»- einer Kombination ungefjihr g1eif!i starker Flelligkeits- und Farben- nachbiider auf jrrüßeren reagierenden Intensitäten. Hier wird ein ca. 2 3 mal geringerer Bruchteil die Helligkeiteglelchheit auf reagierendem Weiß herbei- fthren, wobei Jedoch die DUEBieas der beiden Ansgleiehimgsbniehteüe, sIbo der relative Vorteil des Fsrbenniohbildes msdi «bniumi Bei einem reinen Helligkeitsnachbild kann aber nnn die Bubjcktive HelligkeitsdifTerenz ferner auch natürlich auf beHebia-cTi rcHfrirrenden Farben nach dem obigen Satze venigsteus hinsichtlich der Ucüigkeit ausgeglichen werden, so daß wir die UeUigkeitsnachbilder in ilirer Abhängigkeit von den reagierenden Farben messon künneo. Indesson hat ann Kries, wie sekon voiUn er- wihnt, weiteihin daranf anfineifcaam geaiaeht, daß nach Ungeter Fizailon von Weiß neb^ n S«-hwarz bei Tagesbelenchtung nach der eben ^'enannten H*^r?tellung der Helligkeitflgleicbbeit auf einer F.irbc (hirch Zurilckbe- haltung eines bestimraten Quantums Weiß immer noch eine Siittigungs- diffcrcaz bestehen bleibt, indem die vorher mit Weiß gereizte Stelle eine geringere Sättigung besitzt, obgleich doch das gaase Feld ol()ektiv den nimHehea ObersehnO an der mit Weiß uttTonoisehten Farbe besitii Diese Beobachtung, für die von v. Kriee mit Hinweis auf dieZapfon- und Stäbchen* hypothese besondere HelligkeitBgrade als VorbedintriinG' anfllhrt, kHim ich ins- besondere auf Grund neuester, in der Veröffentliciamg nicht inbegriffener Versuche in weitestem Umfange bestätigen. Die zu geringe Sättigung der ▼ocher weifien Stelle trota gleichen Farbeaaalelles an der Mischung besteht, fedooh gana «■^"»«'ct der Beleaehtoag IQr die geringsten reagieren- den lateasittten, iolaage nur IlbeibMipt die Dnnkeladaiitalion nicht so weit

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Iwel'erate.

fortgegchrittcn ist. daß die Farbe nicht mehr gesehen wird. Auch hier itt die Erscheinuiiß' ani schönsten mi«I ohm' fülziiinnsro Fixuti<ui>»z«^it mit dem Marbescbeu Apparate schnHl flir «Iii \ « i-^ciiii'<l<. asten Farben nachzuprüfen. Es zeigt sich an der »ermüdeten« Steile äuzobageu eine proportionale An- nühemng »n totale Furbenblliidheit Aaeh ohne Aniglriehiuigfvexipieli iit die ErBcheinong «uf eineoi gleiohmSßigen reagierenden Farbenfelde aclion dadurch einigermaßen veranschaulicht, daß man die verdunkelte Stelle keines- wegs in größerer relativer SäftigTinfr sieht, wie die stibjektiv hellere, obgleich ja solche Sättigungs vergleiche bei verschiedener Helligkeit eine sehr unsichere Sache sind. Eine exakte Mebäung de» reinen (d. h. hier ohne spezifische Firbnng anftretenden) Sittigiingsnaehbildea ist nntllrlieh nur bei einer mebr- facben SinstellnngsmögUchkeit, alio imter Verwendung von nindeetenji swei Apparaten durch^hrbar. FOr meine bisherige Veröffentlichung kommt ea mir aber einstweilen vor allem nur darauf an. daß diese Testierende Sättigungs- differenz die Einstellutigr auf IlelliKkeitsfrleiehheit. also die Messung des Hellig- keitsnachbildes in keiner Weise störte, insbesondere da sie nach den bei mir notwend^;en Tie! kfirseren Fliationsaeiten trotx bereita blnreiebrnd krlftigen HelUgkeltanachbUdea wenig vor Geltung kommt, und ttberbaiipt im der für alle Farbennachbilder eharakteristiscben Weise schneller zu verlaufen scheint Ebensowenig: stfJren aber .•^iieh gewisse minimale Unausgt? etlichen- heiteu hinsiehtlicb der Sättifjuug und Uts l'arbentoues, deren Richtung noch genauer zu untersuchen wäre, wenn die Melsungen eines reinen Farben» nnehbildea auf den Teraehledenen bei der Ermttdnng niebt beteilig- ten reagierenden Farben beliebiger Inteneititaatnfe vorgenommen werden soll. Denn hier wie bei allen anderen Blessnngen dieser Art ist es ja immer schon eine in ihrer Art vollwcrtig-e Leistung, wenn nur irgend eine bereits mit Sicherheit festgestellte Kiclitun^' der huhjektiven Modifikation zu- gleich in ihrer Quantität auf den versehiedeueu reagierenden Reizen wirklich ausgegUehen und dadorch gemenen wird, well eben die YariationamOglieh- keiten naeh Helligkeit, Farbenton nnd Sittigang relativ unabhängig neben- einander bestehen. Die Anffindnng neoer Variationsrichtungen bedeutet nur immer neue und besonders in de?n von v. Krie? betonten Falle th^^oretiseh freilieh besonder? wichtige P>agei<teilunf:;en, bin.'^iclitlieh deren uiimer wieder unsere allgemeine I'roportionalitätsfrage aufgeworfen werden kann. M^e bisherigen VerOiTentlicbnngen aber prOfan die Proportionalititiftage einitp weilen ebenfiüLi erat aonuagen für ein aolehea UlnbnnM der mir bei der AnsfUhrung einstweilen qualitativ sicher bekannten Richtungen der subjek- tiven ITelli^keitHdifffreTiz und der Verschiebung n-K-h der Komplement« rfnrbe, was die Prüfung der J'heorien bereits in größerem Umfange ermüglicht. Hinsichtlich der Farbenuachbilder ist insbesondere der letzte Teil (Bd. Xyni) maßgebend, der allein mit amdhemd homogenem lidite nm StraUeniiltem arbeitete, wihrend der iweite Teil (Bd. XYII) diesea Gebiet zunächst sowohl hinsichtlich des Beobachtungsmaterials als auch hinsichtlich der theoretiBchen Geeiehtaponkte in allgemeineren Umriaaen abzoatecken Tersuchte.

Auf die so allgemein gestellte Frage nach der Proportionalität zum rea- gierenden Beize ergab sieb nun als Antwort, daß sowohl jedes Hellig- keitanaehbild ala aneh jedes komplementSre Farbennnebbild gana allgemein fttr jeden reagierenden Reiz von beliebiger homogener oder gemiaehter Qualitit Torbanden and an aeiner

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Referate.

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Intensität annähernd genau direkt proportional ist. Von der Helm h oltzschen Farbentheorie aus ist natürlich nur ein geringer Bm 'i t' il dieser rntsachen aus der Auffassung der negativen Nachbilder als einer Er- regbarkeicaveränderung zu erwarten, nnd ebensowenig hatte Fe ebner Uber die Quantit&t des reinen Farbennachbildes Hir beliebige reagierende Beixe genami» Andeatong«!! geoiMht Somit konnte die oben abgeleitete Benen- nung des gefimdenen Satzes als des Fechner-He lmholtzschen nur durch die Aufnahme des Resthestaudes als seiner > Analogien« Leibehalton werden, was aber nun alles zusammen ebensowohl mit der v. Kri es sehen Terminologie ganz allgemein als »Proportionalitätssatz« bei hinreichen- der Erweiterung dieses Begriffes bezeichnet werden kann. Für die Propor- tionnlititsftlctoren, mit denen aicb ein Ntehbild bei ▼eiseliiedenen reagieren- den Bfliaqnalitäten zur Geltung bringt, ist nun zunächst als gemeinsamer Ausgangspunkt die subjektive Uelligkeit entscheidend, ;vi>lrdT:' TTolHcr- keitsgleichungen zwischen d^n verschiedenen reagierenden Qualifiircn in un- mittelbarem Vergleiche aultindeu läßt. £s ergeben sich fUr reagierende Farben gleicher Helligkeit annähernd konstante GrOßenbesiehnngen, wenn die Oleiidtongen nnr eben in der bei dem gsnoen Vennehe iiemebenden Adaptationslage abgeleitet sind, so daß also der eben ausgesprochene 8atB ziemlich unabhängig von der Adaptationslage gilt. Von dieser jeweiligen sebpinbaren Helligkeitsgleichheit der reagierenden Farben ausgehend findnt man aber nun eine konstante Differenz fUr die verschiedenen Farben in dem öinue, daß bomogeaee SnOeiilea Bot nnd komplementttree OrOn etwa äquivalent aind, d. b. gleleb giofie Naebbildwerte aeigen, wibtend gieieb belle« leagiezendes Gelb ebum geringeren und Blau einen größeren Wert aufweist. Bei Donkel- adaptation scheint mehr ein Zerfall des Spektrums in ein© geringer reagie- rende warme und höherwertige kalte Kegion von scheinbar gleicher Hellig- keit ausgeprägt zu sein. Grau steht dabei dem geringsten Werte des Gelb am nächsten, so daß auch ein Einfluß der Sättigung hinzuznkommen scheint Ancb fttr die reinen Farbennaebbilder bilden also die so bestimmten Äqni- Talenzwerte die Grundlage ftir die Berechnung der Werte, wobei nun allere dings die Beziehungen zwischen rciirierender und »ermüdender« Farbe zur Geltung kommen, so daß hier nur die Mittelwerte aus den Nachbildern fUr mehrere gleichmäßig Uber das Spektrum verteilten Ermttdongsfarben mit den reinen Äquivalenzwerten der verschiedenen Farben fttr die reinen Helfigfceita- naebbüder flt»erainstimmen. Die Ermttdnngsfarbe selbst reagiert relativ am stärksten, die komplementibre am geringsten. Die benachbarten Farben bilden einen kontinuierlichen Übergang. Tn allen diesen Füllen aber besteht eine zur reagierenden Intensität proportionale Verschiebung der Farbe nach der Komplementärfarbe des ErmUdungsreizes hin. In der theoretischen Erklärung dieser Besultate bereitete zunächst schon die Yersehiedenbdt der Äqni- vaienswerte fttr die einseinen Farben Sebwietigkeit, welobe sieb von den wog, »spezifischen Helligkeiten« naeb Hering und Hillebrand wohl untere schieden zeigen und zunächst auf einen psycbnlnuri^chen Einfluß auf die un- mittelbare Helligkeitsvergleichuug verschiedener FarbentOne zorUokgefUhrt wurden. (XVUI, S. 612, 4. Kap.)

Hinsichtlich der Geltung eines FarbemuMlibildeB anf beliebigen anderen reagierenden Farben wurde mniebst bei der als Erregbarkeitabjpo- tbeae(vgl. S. 48} bezeichneten Abteilung anaden normalen Farbenanbatraten yennebt» die Besiebaiig an der eheosaUgen Dieknasion swischen der anta-

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Befonta.

gonistiechett Vierfarbentheorie Ileriuga und C. Hess' einerseits und der Dreii'arbentheorie v. Kries' und Kxnere auderereeita herzustellen, (ä. Um ff. Kap. 5.)

Die konkt6t«re Awgwtaltiiiig der KonMqaemeD der DroiüubettÜkeorie und der oben enriÜmtmk {8.48] ErmUdangetheorie Helmholts' war Toa

Exner vorg:enommen worden, der sie auch bestlitigen zu kennen plaubte. Hering und Hch? idfrlpp-ttin indofison die von diesem Standpunkte aus notwendige Erwartung, dai> auf die Ermüdung einer der drei Orundiarbea die Beüe nur iiuoweit nüt tiaer rar Ermfldan^fiwbe kompleme&ttren Yer- sehiebimg reagieren wttrdeii, als eie iiMh der Dieifariieiitlieorie lelbet die ermttdeta GmndsabAtrat erregten. Sie zeigten, daß alle Farben eine soldbte Verßchfelxinü^ erlitten, wie sie selbst aus den theorotipr hon Grundfarben nicht zu berechuen waren, wenngleich über die Beziehung der Größe dieser Ver- «chiebong zum reagierenden Kelze noch nichts ausgemacht war. Da !< nkte ▼. Krlei die Aifinerkaamkeit auf die Tatsache, daß gleidi assseliende <3eniiaoiie beUeUger pliyeikaUaeher Zoeaameiiaelaiiiig aneli naeli beUebigea Erregbarkeitaveränderungen ihre Gleielilillit beibehielten und lelgte» daß dioae Tat^firho ans der Dreifarbeutlieorie wegen der eindeutig-en Zusammensetzung aller gleich aussehender Substrat Vorgänge ohne weiteres abgeleitet werden könne, während die lleringsehe Vierfarbentheurie wegen der hier ▼oriumdenen Vieldeutigkeit gleich anseehender Farbengemisohe wenigstens in der aUgemein aagenonunenen Fonn, oline noeli nieht angegebene HQfii- hypothesen, diesen Satz, den TTering selbst ausfUhiUoh beetätigte, bei der Auffassung des negativen Nachbildes als einer Erregbarkeit» Veränderung nicht zu erklären vermöge. Zu meinpiii grol3en Hedaueru war mir die nun schon mehrfach erwähnte neueste Abhaudlung von v. Kries Uber die Umstimmungen dee Sdiorganes (6j bis nach Vollendung des Druckes unbekannt geblieben, welche beieits naeb meinem zweiten Teile erschienen war and snniehat wenigstens theoretisch die ehemaligen Fragen wieder aufbaiim, sngldoh nnter Bezugnahme auf meine bisherigeu Arbeiten Uber den »Proportionali tXts- satz«. Bezüglicli der Frage über die Bedeutung eines reinen Farbennach- bildes sind in aciuer Abhandlang allerdings noch die nämlichen Voraus- aetrangen der Dreifarbentheorie feetgehalten wie ehedem, soweit der Z^»fon-> apparat nach seiner Theorie in Frage konmt, nnd ist liier aosnsagen dar ehemalige Stand dwFkage von seiner Seite nochmals fixiert worden. Indessen hat doch erst hier auch v. Kries die konkrete Ausgestaltung des Propor- tionalitätSBatzps iu seiner Tragweite bei Hehnhnltz und bei Exner mit seineoi »v. Kri esschen Satze« über die Unabhimgigkeit der Farbengleichungen TOn I^regbarkeitsTeränderungen kombiniert, den er selbst ids »Persistena- sats« bea^ehnet Idi kfttle also in mefaier Daratelbing sogMeb Uetanf ▼erweisen können. (6, S. 151 if ;

Der innerhalb der niimlichen Adaptationslage jedenfalls durchweg gültige »Persistenzsatz« ist zunächst nur eine rein formale Tatsache, und muß zur Entscheidung seine Bedeu^g für uns erst noch die materiaie Frage naeh dem qualitativen Aussehen der subjektiv einander gleich bleibenden Gemische an die Seite treten, wie sie eben eehon von Exner aoa der Bte^ iarbenüieorie als die Forderung nach »invariablen Punkten« der Farbentafel aufgestellt, von Hering nnd II ess jedoch selbst für die theore- tischen, außerempirischen Grundfarben nnrh Helmholti bereits in ihrer UnerfUUbarkeit empirisch dargetan worden war. Der Nachweis bei mir, daß

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Keferate.

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dies© Verschiebung beliebig von der Ermlldungsfarbe verschiedener Bwk* tionsfarbcn nach der Naehbildfarbo zu der reasrierenden Intensität [iropni-- tional. iiho von einer et^'aigen Erregbarkeitshypothese auf jeden Fall als gleichwertig mit zu berücksichtigen seien, hat diese Schwierigkeit noch eriiOht» sofern aum wirklieh eine solche ErklSning dorchffiliren wm. Indenen eischeint gewiß, daß die «ntagonietiBehe FarbenÜheorie ihrerseits wiederum den Persistenssatz wonl^'^Btens als Ersch^nangsweise von Errcgbarkeits- verifndcrungen der normalen Substrate nicht einfach aus dem Newtonschen Farbenmischun^^esety, dednzieren kann, weil gerade dieses bei einer anta- gonistischen Tlieorie keine Eindeutigkeit aller Valenzen physikalisch beliebig

nnr eben gleich nnssehender Gemische unbedingt notwendig macht, worauf ich S. 6S5 IT. nochmals besonders hinwies. Hin- gegen ist sehr wohl die von Hering selbst außerdem nodi angedeutete Hypothese je zweifr antagonistischer N<'henvalenzen de» tVenulen Ge-^on- farhenpaares fUr jedes urtarbigeKei/ni un iit, welche het einer antagonistischen Farbentheorie keine Sättigungsabuaiiuio bedeuten, zu einer tatsächlichen Ab- leitung des Penisteiusaties sa gelnaiidiai, wenn ann nur die quantitativen Be- gehungen so wihlt» dafi jene beiden hypotfaetisehen Valenzen gersde je die Hälfte der bei isolierter Wirkung des Reizes wirklich frei sich auswirkenden sichtbaren Valenz ausmachen. Die absolute Snninie der beiden einem Gegenfarberipaar zusrehörigen Valenzen. f)hne Kiieksielit auf ihr > V()r/eielien<, wird dadurch für jeden Punkt der Farbentafel konstant, gleichgültig, wie die gleich aussehende Mischung physikalisch beschafTen ist. Für alle gleichaus- sehenden Gemische werden aber damit nun wirklich alle ei na einen Valensen Bot, GrOn, Blau, Gelb der gleichaussehenden Cmi; che eindeutig bestimmt, insofern ja wegen des gleichen AusselK^us nach der 'riieorie wenif^stcns bereits die Differenz der beiden antagonißtisclien V'alcn/f TJ intH rhalb eines jeden Gegenfarbenpares »icher die nämliche ist. Die Konsequenzen dieser S. 641 ff. ausgestalteten Hypothese ktfnnen zudem mit dem tatsächlichen qualitativen Aussehen der beliebigen Beaktionsfarben und dem ansehdnen- den Fehlen Invariabler Punkte leicht in Einklang gebracht werden. Aller- dings gelingt eine Durchführung dieser Hypothese mit der Ableitnnj;: des »Persistenzsatzes« nur bei der Annahme vot) bloP vier Urfarben sub- Straten oder, wie zur Vermeidung einer uunotigeu Spezialisierung besser gesagt wird, von nur vier Durchgangsprodukten, aus deren Biischungen aUe Farbeaempfindnngssnbstrate abgeleitet werden mttssen, gleiehgttitig sns welchen Orundelementen sich dieselben im einzelnen zusammensetSEen und welche mannigfaltigen, in sich ebenso einheitlichen Spezialisiemnpen wieder aus ihren Mischnntjcn hervorgehen mllpen. S. fW) ff. wurde darzulegen ver- »ncht, warum (lie.ne Einschränkung wenigstens der Ausgestaltung dieser besonderen Hilftihypothese auferlegt sei. Indessen bedarf die Hypothese fener snntehst latenten und nur bei ünntimmungen cur Geltung kommoi* den Valensen aur Beseitigung einer allzu großen KUnstlichkeit eine be* sondere Berücksichtigung der Verwandtschaftsbeziehnn/ren der einander benac Ii hfl rt fn »Urfarben«. welche nach der Her inj^- schen Theorie p-anz ver«t hitdt uen Substraten zugeteilt sind. Wie S. 6ö3 flf. ausgeführt wird, ist diese Beziehung am besten von der Wnndtschen Stufentheorie berUoksichsfigt worden, deijenigen antagonistischen Farben- theoiie, welche awar ttber die Zshl der möglichen Urfarben m^eli nichts entschieden hat, wdebe hingegen gerade die qualitative KontinnitKt der

InUv Ar Pvdk»l«fiti. L UUntar. 5

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Bef«rftte.

Farbonsubstrato für die einander im Öpektrom benachbarten Farben betont hat, die sich je nach der Wellenlänge in stafenfurmig fortachreiteader Ver- tobifldeididt aw efawn etidifliffidieB allgemdnm Ssbstnte abspiltm klteiuni. Weil in der Hypotiieae Uber die wdteie, jedenfidle wie bei eOeii phyeiolo- giiehen Stoffen dieser Alt eehr konpUiierte BMeftaffenfaeit des einuln«« nur eben jederzeit im fj^nzcn zersetzten und rcß:eneriertcn Durf hfranps- prodnktes gar keine Einsc hriinkunf: besteht behielte die Wandt »che Stufen- theorie auch in diesem einfachsten äpexialtalle als »Vier£arbentheorie« die eie wsBadebiiende Freibeit aUeii Yariettten des Ftibeiueheiis gegeiiiB>er. PeuKKtb iet dieses relatiT doeb immer noeb sebr küiistliebe Bystem Toa Hypotbesen deshalb nicht anbedingt notwendig, weil »ich auch die oben genannte »Beimischungshypothesc« znnSchst beBondera einfach mit dem Persistenzsatze, dann aber doch auch mit dem Satze von der Propor* tionalität des Farbennachbildes zu allen beliebigen reagierenden Farbenreizea in Einklang bringen ttfil Zur Lttsnng der letsteien Aufgabe Ist fireifieb die Annabme erforderlieb, daß daa sekondlre, abnorme Substrat in allen be- liebigen äußeren reagierenden Reizen oder den ihnen entspre- chenden inneren Erregungen, z. B. d* m TTrllirkrifsjirozcsse, in einer ErregbarkeitHT)P7j(>lmng steht, so daß die i^ur Ermüdungsfarbe komplemen- täre Nachbiicitarbc als seine spezifische Funktion von allen beliebigen Reiz- qaalitttten proportional aosgeldst weiden kaxm. über die Lokalisatfon dieses sefcnadltien Prosesses, dnreb den alle Erregongen gemtß ibiem Aqnivalenn- werto »gefärbt« werden können, wäre noch nichts mit Sicherheit aussn- machen. Für die reinen IleUiKkeitsnachbilder ist die Erregbarkeitabypothegc noch am einfachsten dorchzufülireu, wenngleich auch hier die Beimisohungs- hypothese bei weiteren Hilfshypothesen denkbar bleibt. Anf Grund beson- derer Yersnebe glaubte leb aneb noch eine Anhtngigkeit der Schnelligkeit des Yenebwindena der negativen Nachbilder von dem reagierenden Beii» feststellen zu können, gemäß welcher höher reagierende Reize dasselbe be> schleunigen, eine Beziehung, die ebenfalls aus der Beimischungshypothese leicht abzuleiten wäre, aber vor ihrer Verwertung noch genauer nachzu- prüfen ist

Eine besondere Form dieser Beimischungshypothese bildet mm die schon 18M verOflbntiiehte Theorie von Martins, wonach die negativen Nachbilder ebenso wie die positiven selbBtändige, allefdings ancb nach Martins* Aaf>

fassung vom Reize mit abhängige Erregungen sein Böllen die mit den normalen Empfindungen sogar einen Wettstreit eingehen können, so daß sie keineswegs immer während ihres ganzen Bestehens die Empfindung an modifizieren brauehen. In diesem Sinne dentet M. vor allem d^e nach der bisher allgemein angenommenen ErkUmng anf ein Übersehen sorQckgefllbrte Unerkennbarkeit der Nachbilder während und kurz nach Augenbewegongen* die Begleich zu einer Messungsmethode für negative Nachbilder ausgenutzt wird, wobei die normale Empfindung ahi Vergieichsobjekt für die bfild auf- tretende subjektive Abweichung verwertet werden soll. Diese Theorie wird auch in der oben genannten Abhandlnag festgehalten (lo, S. 361 ff.) und gegen meine früheren Einwinde tFbil. Stnd. XVI) verteidigt Dabei sebeint jedoch Martins die Abweichung der beiderseitigen Anschanungen ftir grnßer zn halten als sie vielleicht sind, und habe ich am Schlüsse der letitten Vorrft>ntlichnng (XVIII, S. 677 ff.) nochmals den einzigen pirVieren Pifferenzpunkt hervorgehoben, daß ich an der dauernden Modifikation der

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Empfindung als solcher während df^s ganzen Prn^epapf wie die früheren Antoren festhalte, and außerdem für die Marti u hscIi - M-fsuu^smethode, deren Brauchbarkeit ganz unabhängig von der Mar ti uäsciieu Theorie zu- gwtaaden werden kinii} wenigstene etne BektükttiQii in einem beaondereni Mier lehon «luflUirlielier dsrgelegtMi (Bd. XVI) Verfidiren ab wOnschene- wert erachte.

Nach welchen Ge?ichtf punkten dif^ Fraf^estellnnpreTi fiir dfn »Propor- tionalität?8atz« oder die »Analopieti* zum Ferhni'r-iiülniholtzschen Satze noch weiter auagedeiint werden können, fanden wir scbun oben im AmeUiiß an die Ton mir in noeh allgemetnerem Umfange beBtUtigton T. Krie stellen Beobachtungen Uber das negnÜTe j^ttignngsnaehbild, dasmtt dem reinen Helligkeitsnachbilde , wie i<A nnn annehmen zu können glanbei stets in irgend einem Oradc vorbniid«'n sein dürfte. Die Darlegung dieser Bpobarhtnn^ fügt &ich bei v. Kries m das allgemein theoretische Programm ein, wonach einmal alle Modifikationen der sämtlichen den einzelnen Infieren Beiien entspreebenden Empfindnngen liei allen mOglieben Arten ▼«m Umaiimmvsg, d. b. bei der TeneUedensten QnalitXt nnd Zettdaner der umstimmenden Enegttngen in einem g^'oßen gesetamSßigen System zur Dar- stellung kommen sollen, eine großartige AnfirraHe, von der das Fxperiraent die mannigfaltigste Anregung und die Thennf eine Fülle fruchtbaren Beob- aehtungsmaterials profitieren müßte (6). Für die DaiBteilung des Erfolges einer gegebenen Umatirnmun^ bei den Tenobiedenen reagierenden B^ien kommt Ar v. Kriea, wie icbon erwSbnt, annSebit der »PenlstenisatB« üi Betracht dessen strenge Gültigkeit innerhalb der Funktionen des chroma- tischen Znpfenapparates fllr alle Intensitiiten behnnptet wird so daß alle Abweieiiuugen bei herabgesetzter Intensität nur dem Eingreifen eines neuen Substrates, des Dunkelapparates der Stäbchen, zuzuaohreiben seien. Als swette fundamentale GeBetsmftßiglteit aber wlre eben der ProportionalitttH anta aasosdien, der wenigstens in der ▼. Kriesseben£rlclirnn/c desFer- siatenMSlies allerdings nnr in der bei Helmholtz vermuteten Einaduünkung schon vor?\TTPireset7t ist. Hier wird nun mehrmals die llnsicherheff filier die Grenzen hervorgehoben, innerhalb deren seine strenge Gültigkeit angenom- men werden kOnne. Daß jedoch die relativ zunehmenden Überschüsse Uber die genaue ProportionalitMt an den Xnßeren Beinen naeb der vnteren Reffen bin nieht als eine Abweiebnair »ProportfonaMlitSBatae« ange- seilen zu werden branolien, weil hier die inneren, bei peripherer Lage jeden- fallf nnch >rertirierendpn« Erregungen hinzutreten, lag, wie oben env-ihnt. in Hi'liuhoit2 eigener Auffassung enthalten. Außerdem kommen dann hier bekanntlich jederzeit auch die absoluten Beträge der positiven komplemen- «Xren Naehbllder in Betraeht, die ebenftUs eine selbsündige, wsbiseheinlleh koordinierte GesetanMßigkeit darstellen. Andererseits werden wir bsi einsr phyviologisehen Gesetzmäßigkeit einer solehen Proportionalität überhaupt niemals erw'arten dürfen, daß wir den Proportfon:ilitiitsfaktor der Umstim- nuinfr bt'i einem hfiheren reagierenden Reize in voller Gr'jße wiederfinden werden, und zwar nicht nur wegen des jedenfalls sehr cinzuscbrunkenden JBeltfeUers der Mewnng» sondern vor aUem wegen der besondersn, der Um* glimmnng teilweise geinde entgegengssetsten Antriebe, die In dem Über- gänge an einer höheren Intensität als solcher enthalten sind. Solche Ab- i wei^ huniren in den Extremen traten bekanntlich aneh bei allen niuit reu Gesetzmäßigkeiten dieser Art auf und wurden a. B. oben vor allem schon

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Befeiato.

hmsichtlioh der »kritiscbeo Periode< emäbnt (S. 39f.]. Gerade deshalb habe ieh Meh den anaoheinend rencbieden sehneUeB Verlauf bei vataehiedetten reagierenden Belsen besondere Ina Aoge gefaßt (IB, Bd. XTI). Bei einer

FormnlicruDg der Wecbselwirknng dieser verschiedenen Faktoren kOnnte deshalb der Umstimmangsfaktor immerhin wenigstens für den Ansgan^- pnnkt t\vii >:anzon Prozesses aiidi für die höhere Intensität Mieder zu- nächst in der uümiiciien GröUe ia Anschlag gebracht werden müssen. Andi binalehtlieh der Abweicbnngen vom »PersUtenaiatae« hat ja v. Kriea nur dadnreh trota der Abweiehongen der Eneheinnngen eine beaondera ein- fache Gosotzmäßigkeit festhalten können, daß er eine hypothetische Zerlegung der Sub9tnit(* in verschiedene Faktoron vornahm. Man mürhtc auch fast erwarten, daß doch vielleicht nm h binsiclitlich des Perßi.stt u/> satzus bei blendenderen Helligkeiten obere Auwcicuungen bestehen werden, uenn- glelcb dieselben dann nach v. Kriea* Tbe<Mrie In der Hanptsache wenigsteaa ans der Elgentttmliebkeit der Zapfen allein abgeleitet werden nitt0ten. Wir können aber schließlich auch von solchen Versuchen zunächst ganz absehen, durch welche man einfachste Ofsct/Mt fiMukeiteu. die innerhalb einer größeren iiiittlorcn Region besonders rein zur Daratelluuir kommen, iiiit hef^onderen llyputiieseu auch in den scheinbaren Abweichungen an den Grenzen als gültig festanbalten TemiOehte. Wir hätten dann trotsdem dn Beeht, lolelie SMtie wie denjenigen von der Perslstena der Farbengleiefanngen oder von der Proportionalität der negativen Nachbilder um jener mittlereQ Bftgion der Gültipkoit wilh.'ii als r'pspf/niäßiirkeiten zu be/.eielinen, wenn uns an der Einführung dieses He;,'ritVeM auf" dioi^p rtebirte etwa» frele^^en sein sollte. Für die Forderung der invariablen Punkte nach der Dreifarbentheorie, die wir oben acbon anslOhrlieber besprochen beben, werden weiterhin genauere Fonneln angegeben, welche nach AnsfÜbrnng von Messungen ^es NachbQdes auf mebreren beliebigen, hinreichend verteilten reagiereudcn Qualitäten die Frage nach invariablen Punkten rechnerisch entscheiden lassen. Vgl. oben S. 52.; Dabei wird ausilriirklich wieder ani/etVairt. wie f^ich eine Theorie mit mehr als drei Urfarben mit den Verhältnissen abtinden wuUe. Am wichtigsten für die Tbeorie hJÜt v. Kriea weiteilun die komplement&re Färbung de» Parkin jesehen Nachbildes, welches nach seiner Hypodiese eine Naeb- erregnng der »total farbenblinden« Stäbchen ist ivgl. oben 8. 42). Hiedurcb werde die zentralere Lokalisation des Farbennachbildes wahrseheiulieh ixo- maeht, il reud sieh die Krregbarkeitsverändenmg bei üinwirkun;:: von weißem Liciite vielleicht an peripherer .Stelle und nach ganz anderen Oesetzen ▼oUsieheu. Auf die Frage nach der ProportioniditSt, welche gerade aneh diese Variante der Beimiacbungshypothese fttr die Farbennacbbilder angeht, hat V. Kriea hier nicht Beang genommen. Aach die von mir Phil. Stud. XVII, S. 671) wegen des Proportionalitätssatzes angedeutete Mü-rlichkcit einer Ab- hängigkeit des Farbennachbildwerte.«' vom Wei^nro/esst» w ürde wenipstcns eine etwas zentralere Lokalisation bedeuten. Die von v. Kries bei dieser Gelegenheit gestellte Frage nach andcmeitigeu Beispielen Uber Färbung von Erregungen, die um ihres peripheren Uraprunges willen speiiell bei Stäbehen- effekten an sich Farblosigkeit erwarten ließen, dUrfte wohl tatsächliche Ana- logien in den Versuchen Uber peripheres Farben sehen finden lassen. Die wichtigste Beobachtung (S. 155 f.), um derentwillen nach v. Krie? ein j>eri- pherer Ursprung der auf Weißerregung beruheudeu Lnjstimiiuin<reu wahr- scheinlich sein soll, besteht nun eben in dem Sättigungänachbilde nach

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Bfiferate.

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Fixaüou von Weiß neben Schwarz, <l;is v. K rioH als spczii'He Beeintrüchtigung deaZapfenapparates ansieht, weil es nur bei aufigeeprocheucr iicliadaptation vor- konmen boIL Wegen der Uemu mOgfieliMi theoretbeken Fo^penmgem wOl hier noebnato aiuflUirlicher darauf sarttekkommeii. v. Krles ist sieh wohl be- wvßt, daß hier eine Tatsache voa »fiindamentaler Bedeutung« geAmden sei, weil trotz vfUIi^er Au»»c)ialtnn,f^ von Farben differenzen innnrli alb des E rniüdungst'eidrs vmo der -^riHMT^Mi Helligkeit entsprechende Heralii^(>tzung des absoluten Farbcuwertes jeUt-r boiiebigen Beaktionsfarbe eintritt, wie eben danms m erseiien ist, daß nach Avsgleiohiuig der seheiid»s»ii HeUigkeits- diffimns dnieh Znssts Ton Weiß an der exmttdeten Stdle der relative Farben» anteil trots der nSmlichen Menge des nicht kompensierten Farbenieiies deot> hch /n gering erscheint. Es i^t Bchon ans den Itiölieri^on Messungen wahr- scheinlich, daß auch hier eine Proportionalität der Herabs^otzung besfelit, uud deshalb scheint mir dieser Versach eher wieder eine engere Zusammeiige- hOrigkeit des negativen Farben- mid HelligkeitBnachl^es nahe in legen, gleichgflltlg, ob man beide YoigSnge peripherer oder sentnder lokalisiert DafUr scheint mir weiterhin audi die ebenfalls oben erwähnte viel größere Allgemeinheit dieses Sätti^mj^snachbildes T)ei den vprschicdenston Intensi- täten und Adaptationi*hi^a'n zu sprechen. Auch hier dürfte aber dann wie- derum vorläufig sowohl die Beimischaugs- als auch die Erregbarkeitshypothese dorvshftkrbar sein. Die Enegbarkeitshypothese wXre aber auch für dieses Sättigangsnadibild keineswegs etwa nur mit tiner rolchen Komponenten- theotie in Einkhm^' zu bringen, weKlie wie die Diüifarbentheorie , die ja von V. Kries {jerade flir den seiner Meinung? nach hier allein in Betracht kommenden Za|it'enapparat noch festgehalten wird, das Charakteristische des Weibprozesses durch das aktuelle Zusammenwirken sämtlicher Farben- erregungen entstehen lassen. Van kann anek hier, was ja auch v. Kries keineswegs in Abrede gestellt hat, den Gmndgedsnken der antagoni- stischen Theorien festhalten, und gerade deshalb erseheint mir diese ganze Erklärungswelse anch mit den allgemeinen Erfahrnngcn der Optik in Über- einstimmung bleiben zu können. Der WeiUprozeß ist hiernach wiederum dem ganzen antagonistischen Kompensationsprozeß einfach koordiniert und konnte vlelleleht auch ganz ohne diese ehromatlsehen Vorgänge an stände konmen. Bei der Einwirkung des Oemisehes der KonplMnenttr&rben wür- den aber beim Fsrbentaehtigen doeb anek sngieieh wenigstens bis an einem gewissen Orade aktuelle ZcrsetznnpsprozesBe innerhalb des allgemeinen Farbenäubstrates trotz der antagonistiscben Anregungen statt- finden, welch letztere nur eben unmüglicb machen, daß irgend eines der- jenigen Zersetzungsprodnkte in stände kommt, die bei nieht nntsgoniBtisch kompensierter Einwirkung sieh abspalten nad weiterhin dem eharskteri> •tiaehen Empfindungsprozeß der Farbe ausanlOsen im stände sind. Diese völlig zersetzten Produkte brauchen also keineswegs einen integrierenden Be- standteil des Jleüigkeit8i)ro/,e88es zu bilden. » twa als Vermittelung des Weiß- prozeases, sondern brauchen büchstens noch für die Kegeneratiunsprozesse Be- dentnng zu besitzen, nnd anßwtai maß ihr Wert doeb wiedemm eineUm- stimmnng des Substrates bewirken können. Fflr diesen Enderfolg branehen sie insbesondere in ihrem Umfange keineswegs den einzelnen Erregungen der unkompensiert sich auswirkenden Farbenreize gleich zu sein, da ja die gleichzeitige Wirkung des antagonistischen Reizes doch ganz neue Angritts- bedingungen gegenüber dem allgemeinen Farbensubstrate setzt. Man darf

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Befeiste.

alBO nor nicht den einen antsgoni^H^r-hen Rpiz imm<>r ^neleifh f'mc Störung der tresamten Errej^barkeit de» (Jegenfarbenpaares iiurrh A ■*siuiilation vor- tioden lasaen, Bondern maü, wie dies gerade wieder aach in der Wnndt- sdiaii ThMrie aafnoiniii«!! wf rd, beld« Utlta» eine nur MnsiehtltiA der mo- tnleren IMeawlikniig kompensierte Zenettnng dee elnheltlielien Snbelntei anregen lageen. Über die Frage, wie viel bei glelelnelttger antagonistiscber Reizung tatsUeblich lersetr.t wir»! krönte inHbooondnrp dsn relative Orößea- TerhHltnis des SlittigTinf^nachbilileB znm Farbennuchbilde entacheiden. welches nach V. Kries bei üO Sek. langer Fixation allerdings mit dem nämlichen Zvnti m Firbe nnsgeglioben werden mnß, der nnßerdem en Weiß erfinden Itek iit Nnn wire edion hier bei voller OrOßen-Oberelnatlmmttng mit dem Farbennachbilde ein relativ größeres SättignngsnachbUd zn erwarten [vgl 8. 49'. Andererseits scheint die KrTnödTinf: dea FarbengubBtrates doch aneh relativ viel schneller fortaus»cbrt iten , daß nach so langer Fixationsreit bei gleicher >£nnüdang< de« Farbcusub^irateB wie bei hinwirkuug honio* gener Firben eine nm eo itlrkere Wfrknng anf die Sittigang vorbnnden eein mttfite. Kaeb ktliMfen Fizationsaelten von ea. 10 Sek. aber, in denen es iieb mit dem Mar besehen Apparat, wenn man es einmal weiß, zwar schon ganz sicher feststellen läßt, scheint es hinter dem hier schon sehr starken Helligkeitsnachbilde sogar sehr zurückzutreten, wenngleich ich eine Biobere Entscheidong erst nach genaueren Messangen t.illön will. Anch daa VerUatnla der eluelnen Farben in dieeem SSttigungenaehbilde wfrd aebr Intereeeeat sein. Naeh alledem soheiaen naeb einem aoleben Ver- suche die regulären Beziehungen swisebea Beiz und Substrat zusammen mit dem Pfpsetz der Erregbarkrit vpr-indernnpen znr Erklärung dieses v. Kri es- schen negativen Säirif^un^'snachbildea ausreichend, ohne daß wir SU anderen, irgendwie durch die organischen Zusammenhänge vermittelten Weebselwiiknngen awitcben Heilig keits- nnd Fwbeasnbatrat nnaere Zninebt in nebmen brancbten. HOglieh ist natllilieb diese letrtere Vermitteluig Immerbin. Garn beeonders aber dürfte wohl femer gerade bei dteeer Blen- dnngswirknng anf dan Farbensystem die Wechselwirkung der ben-tebbrirten Sehfeldstellen in Frage kommen, so daH eine i^leiche RelUgkeit innerhalb des ganzen Sehfeldes nicht die nämliche absolute hattigungsTermindernng su bewirken branebte. Obne ioklie Weebselwlrknng wird freflieh aneb bier •dion die danUere Haebbinehaft von der gteiebartigen Slttlgnagavermin- derung anf Grund der »Ermttdnng« durch eine dem ganzen Versuch vorber- gehende hfihere Gej!nmtVtell?^keit ?i<-h er!mlen und dies wird natürlich ebenso wie bei allen Helligkeiten i hlul lerii. eine entsprechende Beteiligung dieser nrspriingUch schwarzen und d&an gesättigter erscheinenden bteile an der ge- samten Dilbreni der benaebbarten StdleB betbeifllbren. Will man aber nnn wirklieh In dieser Welse anf seknndlre Stothreehsel-Bealebnngmi der Weißerregung anf daa Farbensubstrat im ganzen verzichten nnd doob die Krrpo^b5irk<M't?hTTiot}ie?e anrh f^lr das S'itTi*roTipennclilMld dnrehfilhren . so braucht eine antagonistische Farbentheorie im Gegensätze zur Dreifarben- theorie wiedemm zugleich auch jene oben erwähnten hypothetischen Neben- ▼alennn aller ntftrbigen Belimomeate (8. fi3, rgl FhiL Stad. Bd.XVIII, a6ll ft) die dann genuie in der dnvsb den »Penistenmais« geforderten Qnaatitit aneb hier eine wlderapmchslose Erklärung bieten, wonach jedes urfarbige ReiattO> ment je die H-üfte seiner Qnantit-if in den beiden benachbarten »Urfarben« an- regt Nach allen sonstigen Erfahrui^en ist nämlich zn erwarten, daß das

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so entstandene Sättfgnngenachbüd nntersohiedBloB für Hsmt- liche reagierende Farbe ntüne zutrifft, gleichgültig wie das ermüdende neben Schwarz fixierte Weiü gemischt ist. Daß ein reagi«ftii4et Bot oder dn Ortto aaeh Flzatioii ainet aaa Blas aad Galb f^emiechten Weiß aboiio la eainer SSttignag herabgMotet «neheial, wie nach Fixation eines ans Rot nnd Grün oder eines ans allen Komplementiür- farben gemischten Weiß, ist bHi der Abb-ittiTig an? einem toilweieen Ver- branohe des FarbensabBtrates aucii bei gleichzeitiger aotagouiBtiacher Hei- zung nur dann erklärlich, wenn wirklich von jedem weiß aosBehenden Emttdungsgemiaehe alle unter aioh paarweise kmnplementXren Farbempro- seese in gleichem Grade «ageregt werdea, aad dlee wiie aaeh naaerer Hypothese Uber die beiden benachbarten Nebenvalensen von je der Hälfte der ITauptralenz >pr1 S. r>8 fiir jede beliebige ZnsamnienBetanng des Weiß tatsächlieh der Fall, bieäe ganze Erklär nng scblüBBe aber zugleich Konse- quenzen in sich , welche auch beim reinen oder mit einem Helligkeitsnach- bild ▼erboadeaea Farbe aaaebbUd daaebea sar Oeltnng koauaea aad eine empiriBelie Naehprttfiiag aalaaaea mflesea, wibrend bei der Kriee- schen Erklärung gerade beim reinen Farbennaehbild Bolche Nebenwirkungen auBge schlössen sein, be7.vv j^nn^ imders beschaffen sein müßten Da die hypoihetischen Nebenvalenzen der eiLzeloen Farbenreize trotz ihrer ünsicht- barkeit wegen der aatagonistisciieu Kompensation, welche die aktuelle i; ar- beaenpfiadang voa ihaea la Maer Welse beeialassea lifit, wkkll^ eiae teilweise Zersetraag des ibaea lageordaetea Gegen&rbeapaaree eialeiten mußten, so sollte z. B. die Fixation eines homogenen Bot reagierendes Blan und Gelb an seiner Stelle in der Sfittignng ebenfalls etwas berabgesetzt erscheinen lassen, was wiederum in der Unmöglichkeit einer vollständigen Ausgleichung der subjektiven Ditfereozen auf Gelb oder Blau durch bloße Zarttekbebeltaag Toa Bot aar Geltaag kosuaea mUßle. TateSehlieh kabe idi aaeh bei derartigen EinsteUnagea wealgsteas aaeh Flxatioa ▼ob hoaio> genen Farben nebea Sebwarz manchmal nach richtiger Ausgleichung der komplementären, bier also griinlich'-n FiirbnTitr iiocb kleine Differenzen wahr- gen«iuimeu, welche nicht nur auf «lie Uelligkeitediftcrenzen zur Ihk zu führen seia konnten, die schon nach üeu Mhereu Ausführungen unter solchen Eatstebaagsbedingungen bei der Avsgleiebaag des Farbeaaaehblldee yqt- baadea seia k9aaea, soadera aom Teil andi aaf SSttigungsdififerenMa la dem bler erwarteten Sinne. Eine sichere Beantwortung der Frage künnte natHrlicb anch hier erst bei liiTureren Fixationszeiten sieh ergeben, wo diese ■NfbentTBcfioinungen äberbanpi er^i: ;iuffiilliger werden kuauen. Jedenfalls mublti dua (regenteil des von der Dreifarbeutheorie für diesen Fall gefor- dertea SHttigunganaebbUdei yofbaadea seia (vgl. Fhll. Stad. XYIII, S. 617, Aam. 2), welebe aaeh Flxatioa eiaer Farbe aeben Graa für die bei der Er- müdung niobt betelllgtea Beaktionsfarben sogar eine relative Steigerung der Siittitning an der vorher von der Krraiidiiiifrst'nrbe getroffenen Stelle er- warten ließe. Dabei trennen ^Ich auch hier die Kuiiöoqnonzen iraiiier deut- licher von denen aus der Annahme einer Vermittelung des äättigungsnach- blldee eelteas des Welfiprosesaee. Aaeb hierüber kttaate aatlirlleb erat aai Graad weiterer, epeslell aaf das SSttignagaaaehblld gerichteter Beobaeh« tnngen bei Farbennachblldera entschieden werden. Ebenso wie bei den FarbennafbhilderTi wäre aber nun auch für das Sättigungsnachbild wenigstens ia dem bisher sicher beobachteten Umfange nach Fixation yon Weiß neben

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Befortte.

Schwarz die Bcimi^chungehypotheee zn xertret^^n 7n »l- r i i nrhoT} tWo An- uabme einer das j^esamte FarbensTstem angreilenden organischen Kinwir- kang des gleichzeitigen allein aktuellen Weißprozesses eine Überleitung bildet Bei der nuumigfaltigen YwietioiurfkbiglEeit dteeer ttbefhm&pt n irregulMreren Hittola bereobtlgten Beimtecfann^ypothflefl bniiciie ieh hier gewiß nicht weiter auf die entsprechenden Konsequenzen der v. Kriesschen Entderknn-j' oinsngehen. Die große I^f^pelieidenlu'it, nn't der diosor Forscher seine theurttisehcn überloynnfjeu bescliliübt, charakterisiert in trefflicher Weise die allgemeiue Situation und zugleich die Prinzipien, von deren Befolgung man iieh für die Zukunft allein Fortichrltle fttr die psychophysiologische Optik ▼erepreelieii kenn. Eine mOgllehst ■yetematliebe Berel ehernncf unseres Beobnebinngsmateriales, wenn irgendwie angängig, mit exakten quantitativen Bestimmungen, und daneben vor* läufig noch eine uiügliehst proße Freiheit und Vorsicht in den theoretischen Hypotheseu über die KmptiuduugssubBtrate und ihre gegeneeitlgen Besiebnngen. Daa lit aber vor allem anch der meäüodndie Standimnkt von Wandt Aneb In der neuen Anflage aeiner pbjaiologischen Psychologie blieb der Qnmdsatz, daß die systematiaebe Dar- le^ng des Beobachtun^matcrialee von der H<"hand1nn^ der Hypothesen durchgänicig getrennt ist, wie cb sonst noch meuiand dnrchziiiiifiren ver- suchte. In dem zweiten Bande ist vor allem auch die Optik durch Au&ahme der nenen, teilweise erat nodi meinem nXobaten BefiMste Toxbebalteaen Arbeiten eiginat ond erweitert worden.

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Referate

Fortsehritte aaf dem (Tebiet der YOlkerpsycholugie, kaltur-

nnd Oesellschaftslelire.

LitexAtarberioht Uber das Jahr 1902.

Ton Dr. A. Vierkandt

Die Abgrenzung bei der Literatoraoswahl ist bei einem Grenzgebiet wie dem hier m iMtaandeliideii iiatiitgeiiill0 mit Scbwierigkeiton TerknApft. Eine feato Pftxte wird «icb bier erat allmählich heraasbilden können. Pflr dieaen ersten etwas nachträglichen Bericht ist nnr eine kleine Anzahl von Bttchem

und Abhandlungen heraiiirf'70"-pn wordon, während andrerseits Btellenweise Uber das Jahr 1902 ziirllckgefi;riffeu ist, um tiei diesem ersten Überblick nicht zu sehr durch äußerliche Schranken eingeengt zu sein.

Uiuer Gransgabiet wlid bekaantlieh tob awel Seites hm angebaut: einer> ■eita auf vorwiegend dednktiyem Wege von der Seite der psydiologiMhan Theorie her, andrerseits von der Praxis der kultnrgeschichtlichen und ethno- graphischen Forsichnnp: aus. Juprendliche !^nfprtifrkeit kennzeichnet beide Arten von Arbeiten. Während aber die trucere direkt auf da« Ziel einer Theorie losgeht, beschäftigt sich die andere mit theoretischen Fragen mehr nebenbei, oft nur in der Fonn halb oder ganz onbewnßter YoiaaBaetenngen. Um w erfrenlleber iat ea, anch bei der modernen Literatur der leteteten Biehtong demjenigen Znge zu begegnen, der Überhaupt fUr die Geistes- wissens'chnften in der Gegenwart charakteristisch ist: dem Zn<re zur psjcho- lopsdn u Vertiefnnij:, zur psyeholopischen Fundierunff der objektiven Er- scheinungüu der Kultur uud Gesellschaft. Man spürt diesen Zug sofort, wenn man Ilten Dantellangen wie die von Klemm, Walta*GerUnd, Tylor, Peaebel mit modernen von verwandtem Inhalt vergieiebt

F8r nnseren Zweck nennen wir von diesen:

Leo Frobenius, Aus den Flege^ahren der Mcuschheit. Bilder des Lebens, Tretbeaa nnd Denkern der Wilden. Hiimover, Verlag von Oebifldef Jineoice. 1901. 416 S. , Die reifere Menschheit. Bilder dea Lebens, Treibens und Denkena der Halbkulturvtttker. Hannover, Verlag von Qebrttder Jineeke. 1902. m s.

Gaatav Schmoiler, Gruudnb der ungemeinen Volkswirtschaftslehre. Erster grOGerer Teil (BegrifD- Psjchologiaehe nnd aittUche Gmndlage. Utentar nnd Xetliode. Land, Lente md Teebnik. Die geaeO* ■ehaftliche Verfassung der Volkswirtschaft. Erste bus dritte Auf- lage. Leipzig, Veriag von Dnncker nnd finmblot 1900. 482 8.

AzehiT Ar Pvekolofi*. I. Lit«ntar. 6

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Biforftto.

Heinrich Schortz, Urgeschichte der Kultur. Leipzig and Wien, Biblio« gntphiscbes Inf ütat IdOO. 658 S.

B. Garowitieli, Die Eatiricldiug diu meutchliehea Bedttribiiw mid dk •oiiale Olifldenuf der GeMDsoliaft StMte- und M»ia]iHMeiiielui{t> liehe Forschungea. Hermcgegeben von GosUv Schmollcr Bd. XDL Heft 4. Verlag von Duraker und Hamblot 1901. 129 &

Schmollers Werk namhaft zu machen, gibt uns sowohl seine allgemeine Richtung wie ein fpesleUer Abechnitt aetnee lahaltee AalaB. Um die Eigen- art der etiteree wa ettomeii md m wfirdjgea, braoebt man nielit National* Itkenom in aein. Von dem engen Zusammenhang dtt wirtschaftlichen Bl^

schoinnngen mit der Qp*<aFnthcit des goßeltgchaft! ich -cpschichf liehen Lebens ist Schmoller so selir Überzeugt, «laß er es für der erstereu Verständnis für nötig hält, vorher Ton einer Anzahl wichtiger KnltorgUter wie Sitte, Becht, Horal, Familienleben, Stidteweeen, soilaler OUedemng n. L Weaen, £nt- wifiUnng und beatigen Stand mebr oder weniger anafllhilieb an erOrtan. Daa virtaohaftliehe Leben wurzelt eben nicht in einer spezifischen, fiberall {bleichen wirtschaftlicbPTi \atiir des Mrn?rhpn . f ondrrn hängt von eeinor jcesainten geif^ti^rpri V*'rti.'«suü)< ab, die für den Einzelnen wieder durch das Milieu aufs stärkste becintiußt wird. Ähnlich leitet SchmoUer alle knlturellen Erscheinungen schließiicb aus psychischen Ursachen, aber ateCa anter Berück- aicbtigung der gesamten Yerhiltoiaae ab. Speaiell kommt Ar den Ethaker und Sociologen der Abschnitt Uber Iforal Sit ie und Recht (in der »Einleitung«) in Betracht. Schmoller sucht hier in großen rnirissen die Ursachen für die Ent- wirklnnif df's sittlichen Lebens aufzudecken. Er betont den Einfluß der als Zusciiauer urteilenden Gruppe auf Denk- und Uaadluugsweise des Einzelnen, weist auf die Bedeutung der objektiven Faktoren in Gestalt von Sitte, Kecht, moraliaehen Maximen and rellgioaem Geboten hin nnd erüntert an einigen BeiqiieleB ana der neueren Zeit die Herausbildung neuer sittlicher Anschauun- gen nnd entsprechender Hechtenormen. Auch die Würdignng des Kampfes als eines wesentlichen Bestaudteilei» alles menschlichen Zusauimenseins i^t beachtenswert Gerade weil Schmollers Darstellungsweise durchaus konkret nnd historisch ist, kann der Theoretiker doppelt von ihm lernen.

Das Baeh von He in rieh Seharta, daa in popolirerFom einen Über- blick tfber den Kultnrschatz der tiefer stehenden Völker gibt, gttt ebenfidla durchweg auf die psychischen Gnindlagen ein. So fragt es nach den inneren Unterschieden von Natur- und Kulturvölkern und nach den Ursachen wirt- schaftlicher Fortschritte wie nach den Wurzeln von Sitte, Kecht. Kunst, Mythus, Religion und Sprache. Seinen Ausführungen darüber wird man in der Hanptsaebe ttbeiall anstimmen mllaaen nnd nor bedanem, da0 sie en^ sprechend dem populären Zwecke des Baches sich oft mehr in Andentnngen als Durchführungen bewegen. Zutreffend ist insbesondere seine Grand- anschaunng von dem niedrigen Niveau des menschlichen Geistes, in den ni»n nicht zu viel hineinlegen darf und dessen Leistungen man ans möglichst trivialen Gründen erklären muß. So wird die Wurael der Sprache in einem aweekloeen »GeseUschaft^^aseh« gesnoht, die primitive Knnst in FnnDele gesetzt zum Spiel, der Urapmng d^ RechtM in der Baehe als in dner bloßen aweeklosen Reaktion gefunden. Ähnlich werden wirtschaftliche Fortsoiaitle auf Regungen der Eitelkeit, auf die Freude am auszeichnenden B^^sit?.. sowie anf kultUche Zwecke zurUckgetUhrt; bei den Mythen wird die Bedeutung nahe-

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liflgender Asaloi^eii ana dem täglichen Leben betont ; und hinsichtlieh der

uns oft 80 sinnlos erscheinenden zauberhaften Riten der Naturvölker meint Schnrtz «rewiß mit Recht, man miiSBe in ihnen zunächst blinde, planlose Keaktionen auf erregende änßere Eindrücke erblicken hervorgegrangen aas dem bekannten Verlangen, ea mttsBe etwas geschehen, und doch für das piimitiTe BewvOtieia «ia UnNieheadM BerahigiingsiiiittaL Wie duanf daß dflr bliiida Trieb allmählich znm planvollen Handeln wird und das gansd Leben stufenweise von der Intelligenz durchleuchtet wird, die ganze Entwicklung der menschlichen Kultur beruht, diesen Gedanken kann man wohl als den roten Faden des ganzyu Werkes bezeichnen. Ein einzelnes Problem be- handelt in scharfsinniger Weise das kleine Buch von Gurewitsch. Diejenige Encbeimuig, die Wundt ale TeneUebmiff der HotiTe b«micluet hat, eielie ee heran , um dee wirtachaftliehen Fortodiritt begreiflich zu machen. Wirt- schaftliche Neuerungen wie Ursprung der Bodenbestellung, der Viehzucht, der Kleidung, der Obstkultur usw. knnnon nicht der Kinnicht in ihrem Nutzen entspringen, weil dieser erst aus der Betiitigung selbst erkannt werden kauu, und weil die menschliche Indolenz zumal auf tieferen Stufen der Nutzbar- aaehmig einer Mldieii Eingeht aieh meistene Undemd in den Weg etellen würde. Es entspringen aotehe Neuerungen daher nicht sachHcliep, aondem •oiialen Motiven, Regungen der iätelkeit, dem Streben nach auszeichnendem Besitze sowie zum Teil religiösen Antrieben. Der Mechanismus, durch den man die Erscheinungen der Mode seit langer Zeit erklärt, wird hier auf das wirtschaftliche Gebiet Ubertragen. Die Gerechtigkeit erfordert übrigens die Bemerkung, daß dieser ganse Gedanltengang aebon vor fahren ftr das delle Problem der Entstehnng dwViehinebt von Eduard Hahn entwickelt ist*), den Garewitsch auch nicht unerwähnt läßt. Des letzteren Arbeit, P'mo volkswirtschaftliche Studie, die vorzüglich historisches Material benutzt, zfcugi jedenfalls in erfreulicher Weise von der Einsicht in das niedrige Niveau der menschlichen Natur, in ihren Mangel an Spontaneität aul theoretischem und praktisehem Gebiet^.

Lassen die eben besproebenen drst Werke sich für nnsersn Znssmmen- bang dem Begriff einer allgemeinen Knltorlehre subsumieren , so kOnnen wir die beiden Bücher von Leo Frobenin? nh Beiträge zu einer p8ychi«rhen Ethnolnirie Ijcz* ichnen. Sie wollen, wie schon der Titel andeutet, gf'^«. iBse JaLultortypeu ;odcr größere Gruppen von solchen) charakterisieren; und zwar gesebielit das nidit auf dem Wege slner direkten Beschreibung ihrer psychi- eehen Eigenart, aondem ▼ermittels einer Charakteristik gewissw Knttügtttert als welche Schmuck, Wirtschaft, Kultus, Mythologie und besonders das Ver- hältnis 7nr 'T icru-f^lt bf^nutzt werden. Auf allgemeine Formeln hat der Ver faascr Beine Krgttbuiaöe uiclit gebracht, abgesehen etwa von dem letztgenanuten Gegenstande. Aber seine Analysen sind, obwohl die Bücher durchaus nur nUiaeahalt gebsltsn sind, fsinftldig und aengen Ton einem inneren Einleben und NaehftUen, einer inneten Hingsbe an die Geisteswelt dieser Ifensehen. Für seine Anfikssong beseichnend sind zwei in dem einen Vorwort mitgeteilte Sprfiche, deren Inhalt, wie er selbst sagt, sich wie eine Art roter Faden durch

1) Eduard Hahn, Die Haustiere und ihre Beziehungen zur Wirtschaft dee Menschen. Leipzig, Doneker and Hnmblot. 1806.

2) Ansflihrlieher hat der Beferent das Thann des Baches erOitert in der »Zeitsehiift fttr Soiialwissensehaft« YI, 161—174.

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das Ganxe hindurchzieht: »Lerne andre würdigen, dann wirst du dich selbst sa würdigen lernen«. Und: »ISieh nach den Schwächen andrer, dann wir»; dm lit Mlbft vfmeldeii«.

Ein wMflndifllMr Geriehtopniikt i&r dM Yentlndiiii der Eneheianag«! der Kultar ist jedoch in den genannten Wttkea durchweg unbeachtet geblieben : die Tatsache der Wechselwirkungen zwischen den Individuen einer Gruppe. Für Hecht, Sitte. Moral und Reliffion würde er wohl besonders nahe liegen j für die Religion besonders bei den Licstasen der Priester, deren Inhalt einendto duieh die aUgeraeinen Obeneugungen der Gruppe beatinunt wird, aadreneiti auf aie eriudtend ond kiÜUgend nuQck wukt Eine Ananaline ▼OB dieier Unterlassung macht nur das Buch Schmoücrs in der oben an- gedeateten Weisf snwie die Arbeit von Curewitsch. Von ihnen abgesehen kuan man din ül rigen Bücher daher nicht als so ciol optisch gehalten be- zeichnen. Wir haben jedoch unter der Kubrik der ISociologie hier einige andere Aibeltaft ansofllbren, und swar eine syttematische und drei etbno- logiaehe und hietotsache, nSiiilieli:

Franklin Ilonry Giddings, Inductive Sociologic. A Syllabus of methods, iJialyBeB and elaseifieatioiia aad provisionally fonunlated kwa. Htm Toilc, The Maemaian Company. 1901. 302 p.

Erneat Grawley, The mystic rn^r A study ofprimitiTe maniage. London»

Macmillan and Co. 1902. 492 p. Heinrich Schurtz. Altersklassen und Milnnerbünde. Eine Darstellung der

Grundformen der Gesellschaft. Berlin, Georg Keimer. 1902. 4ö8S. Knrt B r e y B i g, loh nnd Welt in der Geeebiehte. Verülfentiieht in Sehmolle»

JahrbUohem, Bd. 96^ S. 1961—1438.

Das eynianiathwhe Werit von Giddinge bletrt von diesen am wenigaten origineBe Oedanken. Sein Inhalt wird dnreh den erlüntemden Znaatz anf

dem Titelblatt einigermaßen angedeutet Klassifikationen, Snbanmtionen,

Schemata und »vorl;iufig:ot Gesetze spielen in tlcr Tat eine Hauptrolle in ihm. Von dem Prozess der Weckseiwirkung ist so gut wie gar nicht die Bede, selbst nicht bei Gelegenheit der Nachahmung und Suggestion. Dagegen bedeutet das Buch von Schnrta ^ einen genialen Treffer, tla. Stoff, der in den Beiaebeadireibnngen eehon hnndert&eh behandelt, in den Ond- bttchem mit wenigen geringfligigen Ausnahmen bis jetrt ignoriert ist, ist hier mit glücklichem Oriff orfaßt, systeniatiacli verarbeitet und einigen wichticjcn Gesichtspunkten untergeonlnet worden. Die Neigung der Männer zum kamerad- schat'tlicheu ZusammenscLlulS wird liier in ihrer sociologischen Bedeutung gewürdigt Derartige Vereinigungen, beaonderB der unveilieurateton Männer, finden wir in breiter Anedehnnng bei den MatnrvOlkem nnd ttber ate hfnaaa. 8ie erMheinen wenigstena bei den ersteren und anf dieae beschränkt sich Schurtz als Hauptträger der öffentlichen Interessen: des Kultus, der politischen Angelegenheiten und des Krieges. Auch der Erholung ir«^W:ihreu sie meist einen breiten liaum und ziehen dabei nicht selten alle Männer oder den gesamten Stamm in ihren Kreis. Dabei macht sich ein doppelter Anta> goniamna bemerUleh. Erstens sind solehe Organisationen mit wenigen nn> bedentenden Ansnahmen anf die Hlnner beechrSnkt nnd bleiben den Franen

1 Leider sein letztes! Ein vorzeitiger Tod hat ihn dor Wissensohnft ent- rissen, eben nachdem dieses Werk neue große Hoffnungen erweckt hatte.

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fremd, die statt desaen melir in der Familie aufgehen. Wie weit die letzteren allerdings wohl oh in H -Jtp Organisarinn sich zur Arbeit und Erholung: bei den Naturv^nkem vert inigeu, ist freilich noch nicht untersucht. Zweitens Steht das Klubleben in Gegensatz zum Familienleben: der Bund sucht der Fftnilfo die MHimer so entsiehen und nmgelcelirt. Daher aueh die Umdie ftr Entsteliaiig imd Entwiekhnijr des Stanunes und Staates nicht nn FanuHen- leben und Familientrieb gesucht werden kann. Das Schema: Geschlechtstrieb Familientriob allgemeiner GesellHchafPstrie^ erweist pirh rxls t !ii n^o gedankenlos wie manches andere. Stürame unii St iati n - utMLehea vorzugs- weise durch kriegerische Unternehmungen der Bünde, und auch wo sie auf die Kraft der Sippe eich attttaeii, beruht deieii Zugamweithalt doch wieder ▼onUgllch auf dem hameradachalUioheii Geiat ihrer Mianer. Ee handelt aleh hier, meint Schurtz ^'owiß mit Recht, um eine grandlegende Verschiedenheit der beiden Goschlechter: dnr Korpsgeist ist in dem einen stark, hn anderen schwach entwickelt. Zueinander aber stehen beide Geschlechter nicht nur im Vürhältnis der Verschiedenheit, sondern auch des Gegensatzes, der Fremd- heit, ja fiwt d«r Meidimif. Du» Natmen abid la ungleich, ab da8 sie aidt wirklich verrtehen nnd anders als nnter der Wncht der Leidenschaft oder dem Druck der Verhältnisse zueinander hingezogen fühlen kannten* Dieser letzte Oedanke, den Schurtz mehr beiläufig ausspricht, bildet einen we»ent- lichen Bestandteil in dem Buche Crawl eys, um dessenwillen vorzüglich wir es hier anführen. Der Autor will das alte Kätael des Ursprunges der Ehe nnd FamiHe und des Grandes ihrer mannigfachen Formen IQsen. Er folgt einer heute Terbreiteten StrOnran^, die gewiss mehr als eine Modesadw Ist, indem er die Religion zur Hilfe nimmt. Beide Geschlechter seien von Haus aus tnr < iniinder tabu, d. h. ihre Berührung verboten. Nnr bei beson- deren Eatäiihnnn^smaßregeln dUrfe dieses Tabn umgangen werden, uud solche BoUen eben die Zeremonien der Eheschließung bedeuten. Die Argumente, 4ß» Crawlej ftr diese kühne Hypothese beibringt, zeugen wieder einmal Ton der anßerord«itiichen Bedentang und Bealifit, die auf tieferen Stufen so hlBÜg der Geisterwelt zokon^mt Auch diesem Bnch ist }edenfirils der Zag 7Tir |i?vrholof^i8chen Vertiofnnf^ elften.

Kurt iireysiga Anfsatz behandelt daf? frnindlegeude sociologische Ver- hältnis, dasjenige des Einzelnen zur Gruppe. Es bildet eine Art Auszug aus seiner »Knlturgeschichte dwKeaaelt«, indem es dto Anwmtdung seines soeio- logisehen Grundgedankens auf den gwamten historischen StolT in KUne vorführt. In systematischer Form hat der Verfasser diesen Grundgedanken bereit8 in dem einleitendem Rande seiner Kulturgeschichte entwickelt' Oer 3Ien8ch steht zu seiner Umgebung entweder im Verhältnis der Hingabe oder der Selbstbehauptung; er ist erfüllt entweder von Gemeinschaftsdrang oder von Persünüchkeitsdrang. Dieselben Begriffe kann man auch anwenden, da wo es sieh nicht um eine lebendige, menschliche Umgebung, sondern um das Verhältnis an Konst und Wissenschaft und um dasjenige zur Gottheit handelt. Realismus und Idealismus, be.'*chrclbendc Wissenschaft und Be}?ritTs- wissenscbaft entsprechen bei den beiden erstgenannten Kulturgütern beiden

1) Kurt Breysig, Knhnrgeschichto der Kenaelt. Erster Baad: Auf- gaben nnd Hafistitbe einer allgemeinen Gesehichtssohreibnng. (Ziele der For- schung. Umrisse einer historischen Staats- und OeseUschsfts-i Knnst- und Wissensehaftslehre.) Berlin, Georg BondL 1900.

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Begriffen. Der in Hede Bteheode Aufsatz versucht nim za zeigen, wie iia geaohichtlicben Leben abwechaelnd der eine und der andere Trieb den Cha- rakter Zeit MImmi, wie bdde im iBMuiigfadwM Hodifikationen imd Vqraeliilalningett in foi tgeietitein Bhythmoa mitetnander ahwgchjwiiL üttwlo-

Tiel RichtiVkeit, kann natürlich nur der Historiker entscheiden. Pflr die Socio logie wie fir die Kulturlehrc aber hält der Ref rruf nfimcntlich die sociologische Anffassnng der kUodtleriBchen und wi^censchattliehen Tätigkeit wie dep reli- giösen Lebens fUr einen glttcldichen und anregenden Gedanken; and vor- zflgUdi die AnfftngBBtadiMi dieaer Xidturgttter bfli den ptinitfrä YQIkeni Bekeinen flun den Vertaer Bedit n geben.

Yon kleineren. monographischen Arbeiten erwähnen wir mni^t einen AufsatT von Richard M. Meyer über (Us Wesen (1er Wette''. Ans den Eigentümlichkeiten, durch die sich diese von anderen Arten von Kämpfen unterscheidet, leitet er eine Hypothese Uber ihren Ursprung ab: »die Wette, aebeint mir, ist eine Crfonn dea Kampfes ans einer Zeit, in der noch die Anaehammg herrschte, daS der Kenseh sich selbst gewissennaßen in nwbiere Weaen zerspalten kann, und ihre Uranschanung beruht meiner Heinnng nach darauf, daß nach der primitiven Idee bei der Wette [man denke zur Ver- anschaulichung an das wesensvervsandte Würfelspiel] nicht eigentlich die beiden Wettenden, sondern abgelöst von ihnen ihre Geisteskräfte einen Kampf miteinander eingehen .... Läßt sich diese Hypothese halten, so sehen wir hinein in <rfne Zeit, in der mytiiologiBebe Anaehaonngen noeb daa geaamte Leben der Volker dnndidlingen. Der einzelne Menst h fühlt sich als eine Gesamtheit von Kräften . . . man glaubte zu bestimmten Zwecken über diesen innewohnenden Diener, den Geist oder die Beurteilongakiaft wie Uber einem äkhiveu oder Lohnfechter TerfUgen zu kdnnen.«

Femer mOge dem Beferenten erianbt leini liier awei eigne kldne Arbei- tm an enriifanen*). Se behaadefai ^e Flage: dwdi wdeben paycbiaeben Mechanismus erhalten sich die einmal bestehenden festen Formen der Kultur im Bereichf^ von Sprache, Sitte Zeitauschauungen. Berufst^itigkeit, Religion usw.?

£iu Aufsatz von Ludwig Stein erörtert daa Wesen der Autorität. Stein unterscheidet drei Formen der Autorität, die sich auf die Furcht, den Glauben, die Einaleht afidtMn; aie bedeuten eine Abstofung sowohl nach deui Wert wie in entwieUnngageaeUebtUeher Hlnaiehfc AntoritSt flbeibaiiiit iat unentbehrliche Grundlage jeder Knltur. Ja ihre ersten Spuren reichen ina Tierreicli liinab. Die Furcht vor sichtbaren Gewalten weicht auf höheren Stufen derjenigen vor unsichtbaren; diese Form der Autorität dominiert in weiter Ausdehnung auf mittleren Kulturstufen; selbst bei uns hat erst die große ftaaaOliaohe Bevolution an ihre Stelle die Autorität aus Einsicht gesetzt

Ethnographische DarateUnngen dgnen aieh natoigemiß nor in Ananabine- fMOensnr Anzeige an dieeerStelle. Eine denrUge Ananahme Akren wir Uer aa:

Sebüdemagen der Snaheli von Expeditionen t. Wiaaraanna, Dr. Bnmillera, Graf OOtzcns und Andrer. Aus dem Munde von SnaheUnegem

gesammelt und übersetzt von Dr. C. Velten. CMttingen, Vandoi- hoeck und Eaprecht. 190L 306 S.

Ij Archiv für Kulturgeschichte. Bd. L 1903. S. 1—17.

2 Wundts Studien. Bd. 20. S. 407— 4ö6: »Die Gründe für die Erhaltung der Kultur«. Vierteljahresschrift für wisaenschaftliche Philosophie und Socio- logie. Bd. 26. S. 20b-220: >Die Selbsterhaltung der religiösen Systeme«.

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B0fiBniit6<

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Sowie man jetzt anlangt, musikaliache T.eiRtimgen der Naturvölker in den Phonographen eiazuCangea oder sich Zeichnungen von ihnen inB Notizbach eintragen za lusen, so sind hier Berichte einzelner Individnen Wiä ihnea wiedoigQgebeiL Die YarwaadtMliift mit dar Idndlielimi DantonmigtwciM und der epischen Botenmsnier fällt auf den ersten Blick ins Ange. Die Schilderung reiht chronikartig alle Einzelheiten aneinander, häufig jedoch ohne PräziFiion vrnni^Bcn m lassen; sie ist durchaus anschaulich und konkret und bevorzugt überall die direkte Rede. Auch wo es sich nicht um Ereig- niflse, sondern um Zustände wie Sitten, Biten usw. handelt, ist die Pant^nag Utr lud «iaIiMli. Leider orlUureii vir us demYorwort nlelrt, ob die Wieder- gabe mm Zweeke derHIedenehrllt wirUieli gans mibeeinfliiSt gebHeben ist

Die nenerai Srfabnuigen über die SpraehstSriiBgeB

des Killdesalters. Beferat Uber di« Jahre ISOB^im Von Dr. Hermann Gntimann (Berlin).

In einem vorhergegangenen Referate haben wir eine knne Dantellnng sn geben uns bemüht Uber die EriUimngen, die aleb anf die spracUiehe Eni»

Wicklung der Kinder beziehen, und zwar besonders auf die erste Entwicklung. Im Anachluß daran sind gerade die aneh physiologifich auftretenden Hem- mungen der sprachlichen Entwicklung der Kinder in neuerer Zeit wieder mehrfach Gegenstand der Untersuchung gewesen, du hat auch Meumann auf dieae pbyaioloi^ehen Hemmangaeraebelnnngen aein Augenmerk gelenltt. Ontamann bat in der bereita firtiher eltierten Arbeit die geaamten Yor- lumimenden Hemmungen der Sptaehentwieldang dnantellen versucht So spricht er zunSchst von Hemmungen der |>er!p)ior-irnpre«siven Wej^e der Sprache. Handelt cb »ich um ein schwerhöriges oder taulK u Kiud, »u bleibt zwar die Schreiperiode des Kindea die gleiche, wohl aber macht sieh bereits bei der sweiten, der liallperlod^ ein deotüeher Unteraebled geltend, da die Lnat, die daa normale Kind an dem Lallen empfindet, aieh bei dem taaiben mir anf die Bewegungs- und BerHlimngafefHble beschränkt. Es gibt aller- dings taubgeborene Kinder, die snt^ar zur dritten Periode der Sprnrhent- wicklung, bis zum Kat luihmen. gelangen, aber diese i'äUe sind sehr selten und beschränken sich dann nur auf diejenigen Laute, die auch gut mit dem Auge erfliOt werden kennen, ao daß Lantfolgen wie Papa, Kama, Ball, wan-wan trota angeborener abaoloter Taobbeit apontan nnd nacbgeaprocben werden. £e zeigt sich also, wie hier Ange und GeHlhl kompensatorisch fUr das nicht- vorhandene Gehör eintreten. Fehlt der zweite periphor-iniprep^ive Weg, das Auge, so ist ebenfalb die sprachliche Entwicklung etwas gehemmt, wenn Mich nicht wesentlich, da immerhin das Gehür der hauptsächlichste impressive Weg der Spradie iat Sind aber beide Spraohbahnen geatOrt, handelt ea rieb aiao nm tanbatonun^blinde Kinder, ao Iat eine ^»raohliehe EntwieUvng anf gewöhnlichem Wege jedmifallB von vornherein unmöglich , und es kann nur zur Lallperiode kommen DnB aber mit dem noch übrigbleibenden Geftihls- wege selbst unter diesen schwierigen VerhültnisBen noch Sprache vollkommen

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an%ebant werden kanu, ja daß h(>chBte intellektuelle Leistnnjsren verknüpft worden küonen , beweist die bekünnte Geschichte der taubätunmi - bÜBdeo Laura Btidgtmtkm ud ia nment Zeit Huer LeidoBagefIfaithi Hallaa KtlUt* Ein hieriieigdilltiger Fall toü TnüMtnuai-BlindlMit, dar teeh Biemann veröfliBiitliclift worden itA, wild welter mtea aoeliaMfllliilifliieEr- wihnimg finden

Weit zahlreicher als die Ilenimuagen der p«;riphef impressiven Wege siud die Uemmuiigeu der zeatralen Praz.ee6e. Besonders ist die mangelnde AnlbeiluiiDkeit dae idir weaenfllohe Stitrang, da uaD&Mifcnm^ taklit ableekbaie Kinder aar eehnrer ni dem aar EatiHeUaag dnidiaaa aol- wendigen Beobachten nnd Horchen gelangen. Sehr oatllilEcli erscheint diese Hemmung bei angeborenen intellektuellen Psychosen, 9o bei der Idiotie, dem Kretinisiuus und bei den zahlreichen Formen der pßycbo- pathiflchen Minderwertigkeiten. Recht selten kommt es vor, daß das •eniorieolie spradiaentram irots guten Gehört aieht aur Ent- wieklaag gelangt Derartige Fllle sind von Sehwendt miigeteUt worden. Dieselben sind aber außerordentlich selten, wenn man sie vergleicht mit den zahlreii-hen Füllen, in denen au h dn«' rtkuiti^chp Zentrum der Sprache sehr gut entwirk'Mt ist. wo C8 aber trotzdem uicbt zur Entwicklung des motorischen Teiles kommt. Das ist die große Zahl aller der Falle, die wir als Hör- stummheit, Andi-mntitas, 1>eaeiehnen. Gntamann ist der Meimmg, da6 in dm meliten dieser Fille psyehisehe HemmvagMi an Qnuide liegen, da i^elir häufig sich bei genauerem Nachforschen heraoaatellt, daO daa Kind in frühester Zeit nachzusprechen vcr«ucht. diesen Versuch aber aufgegeben hat r):iB Kind fllhle offenbar, daß sein Nachsprechen nicht die Vollendun^r •des Vorbildes erreiche, es stelle sich demnach ein UnlustgefUhl ein, und das Kind gebe den Yenmiih, nachdem ea Um mehrere Male vergebena wiederiiolt habe, aaf. Anf demselben Standpunkt scheint aneh Henmann an atehea, da er mehrere Fälle von Hörstummheit so deutet, daß Gerntttsanomaliett es sind, die die Kinder am Sprechen verhindern. Daß gemütliche Vertimmungen beeondeiB dann bei Kindern völlige Sprachlosigkeit hervorrufen können ^venn das Kind sich eines Sprachfehlers in unangenehmer Weise bewußt wird, da- lllr flfart Gntamann mehrere FXUe an.

Aach von der Peripherie ans können solohe psydiischen Hemmongen ansgelOst werden, wie das gar nicht so selten bei angeborenen Ganmen* spalten der Fall int. Auch ITemmungen von Seiten des Rachens nnd der oberen Luftwejre sind im stände, die Entwicklung der Sprache bei Kindern wesentlich zu verzügern, ja auch unmöglich zu machen. Besonders spielen die adenoiden Vegetationen, die Vergrößerungen der Rachenmandeln, hier eine gfofie Bolle, nnd yieneicht darf diese Henminng ab eine aaatondseh- zentrale angesproehen werden, da die Lymphbahnen des Rachens nnd dw Oehirnbasi.s in engem Zusammenhange miteinander stehen. Schließlich sei noch erwähnt, daß Qntzmann aneh ein Beispiel dafür anMirt, daß peri- phere Darmreizc Stummheit hervorrufen können. Ks muß hervor- gehoben werden, daß er dabei nur die Reihe der in der Literatur diesbezUg- lieh bereits vorhandenen Mitteilnngen vermehrt, nieht aber etwas nenes ge- sagt bat

Dagegen ist es doch wohl von Bedeutung, immer wieder hervonnheben.

daß die gleiche!} T'rsachen, die in den eben geschilderten Fällen Lähmuugserscheinangen, das heißt Sprachlosigkeit

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hervorgerafen haben, ancb zu den schwersten spastischen Er- flchciunngen Veranlapfung g:eben kfinticn. Das bekannte und ancb von Meuiuann hen-orgehobene Mißverhältnis, da« bei allen Kmdern zwischen PeneptiouBzeatrum und dem motorischen in der Sprachentwicklong besteht, inioftfB, als daa entere bei wdtem in seiiier Anabfldmig dem letzteren ▼onneOt, bedeutet an tkth weSum einen Beb» der tutfeer der oben angedeatvten gemütlichen Verstimmung zur Sprachlosigkeit, in anderen Fällen wieder ' zu spastischen Erscheinnnp-en der Spra<^he. znm Stottern f^ihren kann. Von wie ungeheurem (iewicht die sthr starke Nachahinuii^öfähigkeit der Kinder hierbei ist, das ist so allgemein bekannt, daß besondere Bei- spiele dallir alebt aagefUirt sn werden bnmehen. Weniger bekannt iat da- gegen eine Biaebeinnng, die Gntsmann ebenMa henroxbebt nnd die er als eine partielle Hemmung der Spracbe betrachtet, nämlieb frei- williges FlUstern. Von dieser Erscheinung sind mrlirt^ro Frille von ihm beobachtet worden. Einer war ganz besonders wichtig und intercßsant, weil das freiwillige FlUstern sich bis zum Mannesalter erhalten batte. Ha bändelte aldi nm einen Soldaten «inea der Berilner Garde- regimenter, der anOer stände war, andere ala flfistemd m spreeben. Aneh beim Flüstern aber zeigte sich noch ein deutliches Hängenbleiben im Sprechen^ nlun Stottern. Pa der Verdacht der Simulation sehr nahe lag, wurde an die Schulbehürde geschrieben und dort durch sorgfältige Umfrage festgestellt, daß der Betreffende von Jugend auf nur flUsternd habe spreeben kttnnen. Ontamann eiklXrt diese ErMbeinnng so, da0 das Kind saflOlig anf die Erfthrong geetofien war, daß ea fllistenid obne starkes Stottern zu sprechen im stände war, eine Tatsaebe, die bei sehr vielen Stotterern konst.itiert werden kann, und driß es nun diefie F,rf;i1iruog be- liutzte, um sich tiieüeuder verstHndHch zu machen. Daraus wurde eine Ge- wohnheit und ein freiwilligea koutiuuierliches Flüstüm trat an Steile der lauten stottem^n Spraehe. Da infolge der langen Untätigkeit der SÜrnni- bMnder sieb den^ebe Atrophie dersdben seigte, so trat erst naeb Ulngerer Übung wieder die laute Sprache bei dem Sljllirigett jungen Hanne ein. Psychologisch ist dieser Fall insofern interessant, weil er zeigt, daß r ino zufällige Erfahrung desKi?ides, die ihm den s j) r a c hl i c Ii en \ o r- gang erleichtert, zu partieller Spracbhemmung führen kann. Ebenso sind natOrlich anch fehlerbafte spraebliebe Yorbflder sebwers Spiaebhemmnugen, nnd es naß mit Fe ebner nicht blofi ausiriMa- gogisoben, sondern auch aus psychologischen Grtinden dagegen protestiert werden, wenn in einem bekannten Kinderbilderbuch Richard Debmel Kinderltedcben in der et&muielnden Sprache der Kinder darljietet.

Andere zentrale Hemmungen zeigen sich in der gar nicht so selten zu beobachtenden Unlust der Kinder an Bewegungen überhaupt nnd •an der epraebHcben Bewegung im spesiellen. Eine solche Unlust kann nur mit Benutzung der optischen und taktilen Babnen der Sprache und möglichst spielend Uberwundon werden; denn jedos S3'stematische Verfahren bereitet dem Kinde Unlust und verstärkt den Widerwillen gegen die Bewegung, das Spiel aber bewirkt das Gegenteil und das Kind fängt bei richtigem Ver- üahren bald an, auf die Bemühungen zu realeren nnd größeres Vergnügen an sprachlicher Bewegung zu empfinden.

Die dritte Gruppe der Hemmungen würde in den peripher-imprea- siTon Wegen der Sprache au suchen sein, wobei nur kurz bemerkt werden

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mag, d&O in (ier '/Ain^c- ciue derartige Uemuiung höchst »elten gesucht werdra duf, wühl aber m den Nasen- und Rachenwegea.

SlBlIIohe hier knn nbipitidierte Hemnwngen der SpfadieatwIeUiiiig kOraen natorgemifi Ungere Zeit Itlsdoreh beeteke» blatben nnd sind daaii

Sprachfehler, sie kdnnes aber ench ganz kun nnd vorüberg^end auftanchee nnd lAgen sich dann nnr als Eigentümlichkeiten der Sprachentwicklung, die wohl bisher noch von keinetQ der Psychologen, die sich mit der sprach- lichen Entwicklung der Kinder betaüt haben, vermißt worden sind. Schon Preyer bette in eeinem bdcemteB Weike tob der Seele dee Kindee die IbnUebkeiteii zwiechen dieeen Enebeiiniiigeii der SpnohentwkUnikg nnd den SiNAchfehleni der Erwachsenen klar «keaiit und in Parallelismus ge- setst, und sie drKnjfen «ich dem Beobachter so imwillkürlich anf daß der Ant natnrgemäG in diesen Erscheinungen den deutlichen Hinweis auf eine reLcl rechte und zweckentsprechende Prophylaxe gegen die meisten der kmdiichea Spnehfidder eiblieken wird. In dieeem Sinne eind fle AibeÜen von Oedt* fring, von Albert Ontsmnnn, von Freniel enob vom p^eholo^Msben Stwulpankt aus wobl en wlirffigettt da geeignete enIeUidie Maßnahmen solche Abwcicbnn^n von der normalen Krifwifkluno: wohl re^^htrciti? tq verhindern im j^rande sind. Ganz besonders darf niemal.-* uuImt acht geia»öca weiden, daß langer bestehende Sprachhemmungen selbst bei sonst guten An- le^ die spätere geistige Entwieklnng der Kinder weeentUeb etOien.

Letileree gebt beiondeni bervor nne den Stntietiken, die Uber die Verbreitung der SprncbitOrnngen unter den Kindern in neuerer Zeit anf?cnnn!!nen und sorgsamer bearbeitet worden sind. So hat W e s t c r a a rd genau i r( [Jntersuchungeu über die dänischen Schulkinder angesttUt, ul^- ges&mt b4 000 Kinder. Unter ihnen fand er den ersclireckenden Prozeut^ati von 8,2 mit SpmebetOrungen bebnAeter Kinder (2,5 o/o Knaben, 1,9 o/o Hädchenj. Der kleine Unteredded twiaeben Knnben nnd Mideben, der eldi auf die ge- samte ZabI der Spn^feider bezieht, ändert rieb eibeblich zu Gunsten der Mädchen, wenn man die 8panti!»o)icTi Störungen, besondere dns Stottcni, in Betracht zieht. Auf 16ö stotternde Knaben kamen nur 42 btott« rude Mäd- chen; es stotterten aho viermal soviel Knaben wie Mädchen, lu früheren Statiatikett war daa Verbiltnis, allerdings bei einer viel giOfieten AnnU Ton Kindemt 1 : 3^

Von besonderem pi^cbologischen Literesse wird nun die West er ga ard- sehe St-Tfi^tik dadurch, daß er »ein An^'cnniprk flnrnnf rrnrirhtet hat, inwieweit die Kinder infolge ihres S^i r-i« ii i c i ri i us in ihrer intellektuellen Aasbildung gehindert wurden. £s gibt allerdings eine Menge Kinder, die trots des SpraohMdeni aebr gnt in der Sehnle Tonrirta koounen. Wenn man aber die Oeeamtatblen betnchtet nnd die Aneahl der Kinder in einer Klasse auf ICD vermehrt, so findet man folgende Klassenplätze: für Kinder mit Stottern Platz 55, fllr Kinder mit Näseln Platz 60, für Kinder mit Stammeln Platz 07 und tiir Kinder mit Lispeln Platz 61. Es sind dem* nach sämtliche Kinder im Durchschnitt in der unteren Hälfte der Klasse.

Daß bei aebwaehainnigen Kindern dieZalilen der eprachgeetOxtea •w«xk bOber aind, neigt aieb anfier ana weiter unten noeh aomlllbrendett etatistischen Edielningen nnch aus den von Westergaard für die Keller- schen Abnormen-Anstalten (Schulen und Erziehungsanstalten für prhwaoh- sinnige Kinder) mitgeteilten Zahlm Ks litten nämlich von den 2oü hrli^h m nicht weniger als 125, 72 Knai>cu und 58 Mädchen, an öprechleiden, wovon 6

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Bafente.

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mit 2 Sprachfehlern: ^anz beBonders häufig war unter dieaon 8 c hwach s in n i e u Kindern das Stammeln, das in nicht wenij^er als 106 Fällen aultrat. In aoafülirlicher Weiäe int aut diese Dinge aucii aui- merknm gonadift wofden in dar OUdnug d«r seliiraolMiiuiigeii Kinder, die ▼om stsÜBtiMhen Bnrean des eidgenfisaieohen DepArtementi des Innem (Bern 1897) herauBg^ben wurde.

Speziell auf das Stottern beziehen sich die Tlnterstichunpen von Lind- berg, ebenfalls an dänischen Kindern angestellt, der auch seine Aulinerk- samkeit auf die Grade des AuffassuugBvcrmügeoB der Btottemden Schul- kinder geienict hat Die von fiun mitgeteilte, auf die Untenadiung von 211 677 Schulkindern besQ^ohe Tabelle darf, da die Untersaehongen in Dänemark sieh wegen der Kleinheit des Landes sehr leicht einheitlich ge- stalten lassen, wohl bovIcI Anspruch auf Berticksiolitigang erheben, daß äe hier in dem Keferate wiedergaben sein mag.

Die Grado des Auffaaaungsvormögens

Alter

pering

mittel

gut

Summa:

IMe Orade der SprachatSnmg

.5

d

3

' tL

1

6-8

25

26

12

147

122

20

29g

46

19

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85

73

33

191345

191

43

679

82

27

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53

41

20

114 201

138

42

381

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Zu.: jl68!l4ü| (>ü 3(>8|()93'4Ö1;1U |l26e||l69|l01

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68992 90062 62663

292jl025

662

228 1915 211 677 i Ii

EndUeii hat Arthur von Sarbö Im Anfinge dee kOnigUeh nngarisdien Wniiierinin für Koltoe und Unterrieht eine eehr aofgflUtige ond aaeftthriiehe

Statistik der an Sprachstörungen leidenden Seholkinder Ungarns auf Grund der im Jahre 189*' rinj^elangten Fragebogen ausgearbeitet Die Gesanitzahl der Schulkinder betrug- 231468, unter denen nicht weniger als 3,6 au Sprachstörungen iitteu. Auch hier zeigt »ich das Verhältnis zwischen Kna- ben ond Müdehen so, daß 72,6 Knaben 27,4 X stotternde Uidehen gegen- Itberatehen. . Aneh A. von Sarbd lenkt die Anfinerkaamk^ anf den eehr wichtigen Punkt, daß eine große Zahl von den an Sprachstörungen Leidenden, nämlich 23 Xi in ihrer geistigen Entwicklung lu* rückgeblieben sind.

Gehen wir nunmehr zur Besprechung derjenigen Arbeiten über, die sich auf einieine SpraohstOrongai besidien, so muß .von vornherein bemerkt werden, daß aneh hier nnr diejenigen Arbeiten besondere Erwihnung er- fahren sollen, die Irgend eine Verwertung für die Psychologie der Sprache haben können Wir werden unß hier bezüglich der Ein- teilung dieser Arbeiten an die naturgemäß gegebene Einteilung in peripher»

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Referate.

fmproppivp '/f ntralp nnd ppnphor-f^xpro^f'ivp FIprachstöruuffPTi halten nnd 71m ijchiiib die Ktnht' derjeiijf^tm ArLfiri ii befiprecilcn, die sich spezieller inif (l 'n Spraclistörungeu bei geistig zuruci^gcbliebeneu uud schwachBiunigen iuuderu befimen.

Bei der Tenbetnmmheit hat mui in neuerer Zolt aeine Anfioeikaani-

keit besonders aaf die he! von Geburt an taubstummen Kindern noch vor- handenen Hörreste gelenkt, und ganz l^o^onders die Untersuchungen von Bezold sind es, die in sehr sorgtliltii^rr ^\ eise diese Ilürrr-ite refistriert haben. Besold hat die Untersuchuugua mit der von Edeimaua kon* atnderton kontinoiefliehai Tonreihe aoageftthrt and ünd^ daß von 166 onter- eaditen HOrarganen nnr 48 total tanl> wann nnd von diesen wiedenm nor 15 IndivMnen von 79 beiderseits Tollatlindig taub. Dagegen zeigte sieh, daß eine große Anzahl von Taubstummen ein me^ir oder weniger umfau«r- reiches Stllck der Tonskaln «rut und lange hfJrtc nn l daß die Grenzen, bei denen die üürbarkeit uulhürte, huuüg recht Bcixarl waren. Sehr ut't tandea eich aneli partielle Defekte. Manchmal fiel die obere, manchmal die untere Tragrenie fort, ea bUeben efamelne oder mdirere Lflcken oder »Inaehi«, wie Bezold sie nennt, übrig, ßezold stellte auch fest, daß die Sprache auch dnnn rinch v(>rstmiflf>n werden kann, wenn die Töne b* bis g* der Ton- skala gut gehürt werden, ine Sprache wird desto besser gehört, je länger die Stimmgabeltone iunerhaib dieses Tonbezirkcs pempiert werden können. Nach Besolde Meinung soll bei allen dei^enigen Tanbstonmien, welche den Tonbereich von b^ bis hOten ond die Stimmgabeltane linger als 6 Sekunden hOren, der Unterricht unter Zuhilfenahme des Gehörs erteilt werden. Etwas anders sind die Erg**fitii''He von Hartrnann, der feststellte, daß mehr als die üäH'te sämtlicher laubstummer voll«t:iTi(liir jr^hörlos war iG0,2 ^ , daß der vierte Teil Sehaligehör Uberhaupt, numiich 24,2 > besaß, daß 11,4 X Vokide, 4,3 X Worte horten. Auch zeigte sich bei seinen Untetsachungen, daß die Venchiedenheit des HdrvermOgens bd den Taabgeborenen und denen mit erworbener Taubheit hauptsäddieh darin bestandt daß bei letz- teren die Zahl der vollständig Gehöriosen eine weit größere war (nimlich 6Ö,4 alü bei den ersteren (42,2

Während Bezold iu ganz exakter und vorsichtiger Weise bei seinen Untersnchungen vorging und vor sUen I>ingen ffie Heinnng aneh Tectritt» daß da, wo kein Gehör vorhanden ist, aneh niemals durch Obnng Gehör geweckt werden kann, hat Urbantschitsch die Behauptung aufgestellt , daß durch Bysteniatische Übungen auch das Perzeptionsverrnngen •fllr Töne geweckt werden kann, die früher nicht gehört wurden. In dem Sinne der Bezoldschcn Untersuchungen bewegen sich die sehr sorgfältigea Untersnchungen von Sehwendt sowie die von Passow.

Die Frage, ob durch Übung eine Stelgerung des HOrver- mögons der TaubstuuMuen herbeigeführt werden kann, hat natür* lieh auch psychologische Bedeutung, und es ist in dieser Beziehung ganz besonders lehrreich, auf eine Arbeit näher einzugehen, die von Neuert in höchst daukensHerter Weise angefertigt worden ist, der versucht hat, durch genaue Aufzeichnungen Uber HOrfShigkeit nnd Abseh* fertigkeit einiger Kinder der Taubstummenanstalt in Ger- lach sheim festzustellen, welchen Wert die HörUbungen Uberhaupt b^tees. Er benutzte dazu a. dem Kinde bekannte Wörter, b. dem Kinde bekannte Zusammenseteungen, c. dem Kinde in den Teilen, doch nicht im ganzen

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Beferste.

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Worte bektiTinte ZüsammenBetzungen , d. dem Kinde bekannte ähnlich lau- tende Würter, e. dem Kinde bis jetzt nicht bekannte Wörter, ferner A. unter sieb zusammenhängende bekannte Sätze, B. Sätze ohne direkten Zusammen- hang iund endliob C. leiolile UmgangsformeiL Die Besnlttte in Bezog auf die Hürfähigkeit wurden an 6 Kindern geprOft, von denen S Wortgehür 1 Vokal- bia Wortgehür hatte nnd 1 ganz taub war. Trotz großer Hür- Ubungen zeigte sich, daß eine Erweiterang des Tonumfanges oder eine Perzeption nicht bekannter Würter nicht oder doch nur im bescheidensten Maße zu konstatieren war. Die Perzeption durch das GehOr bewegte sich üut nur in den Oiensen de« dem Kinde liekaiinten Spraehstoffee nnd war um so größer, je Ollef die betreffende Form auf|;etreteu, also je bekannter öle dem Kinde war nnd je näher die Zeit der Untersuchung den) Zeit- punkt des Auffrf t( na des betreffenden Wortjfcbilde» im Unterricht oder im Umgang lag. >So wurden beispielsweise die Worte Kanone, Heuwagen, Küfer und andere, die zur Zeit der Untersuchungen wiederiiolt im Unterricht vor- kamen, mdatena recht gntgehOrt, ^riüirend andere Wörter, wie Ufer, Sieb, Selilllflaellocli, ^ermometer nnd andere, die »chun längere Zeit im Unterricht nicht mehr aufg:etreten waren , nur in vereinzelten Fällen perzipiert wurden. Die Vokalfolge dagegen war in den meisten Fällen richtig. Im (Tegensatz dazu zeigte es sich, daß das Ablesen der Wortbilder be»»er ging und zur sicheren Auf£si88ung der vorgesprochenen Worte führte. So war das Verhältnis der HOrfiOiigkeit nur Abeehfeitigkeit dnaelner SStae wie 63 : 88 oder wie 1 : M.

Baß diese Resultate besonders für die praktische Frage des Tanb- stummennnterrichts Wert haben, ist ja deutlich; inwiefern sie aber auch psychologisch großcf^ Interess?' bieten, das werden wir sogleich aus der an den Neuer t sehen Beobachtungen geübten Kritik sehen. In einer zweiten Arbeit hat Heuert versucht, die Ergebnisse des Abhürens, des Ab- aeheni nnd gleiehseitig des AbhOrens nnd Abaehens in sehr mOhsamen nnd nngeheare Zeit erfordernden Einxelbeobachtiingen znsammensiwtellen, wobei er sich besonders Mühe gab, eine Beeinflussung der Resultate durch Erinnnern möglichst als ausgeschlossen erscheinen zu lassen. Der Sprachstoft" bestand aus dem Kinde a. bekannten Wörtern fmit Mehrzahl, Vergangenheitsfonnen, Zahlwürteru), b. bekannten Zusammeutietzungen, c. in den Teilen, doeh nieht in der ZusammensetEong bekannten Wörtern, d. Mhn« lieh Untenden WOrtem, und e. unbekannten Würtem. Sämtliche Wörter und Sätze ließ er die Kinder selbst niederschreiben und nahm sie auch in dieser Weise in seine Tabelle auf, da er mit Recht der Ansiclit war, daß der durch dieses ^'erfah^en benötigte Mehraufwand an Zeit um so genauere Resultate verbürge und jeder irrigen Auffassung seitens des Untersuchers Über daa Peraipierte Toibenge. Es leigte sieh, daS das Dniehschnittsverw hUtnis gehörter an abgelesenen Sätzen (£0 : 72) sich ziemlich analog dem des Voijahrs i^taltete, nämlich 1 : 1,44 gegen 1 : 1,4 (s. oben). Von besonderem Wert in praktischer Beziehung sind die Versuclie die er bei einer etwas größeren Entfernung für die Per/eption von Wort- und Satzbildern anstellte, nämlich bei 3 ni Entfernung in gleicher Uühe mit dem dem Sprechenden angewandten Ohre. So wntden die Sehallwellen direkt dem schallpenipie- renden Organe zugefthrt, nnd «war 2 mal aebr lant Andererseits wurde dem hinsehenden Kinde einmal tonlos vorgesprochen. Hier zeigte sich, daß auf eine Entfernung, bei der das Ohr allein fast vollständig versagte, in ziemlich ganzem Umfange der bekannte Sprach-

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Stoff für das Augo noch per/.eptions fähig' war. Es ergibt sich daraus, daas »elbst weuu durch das Oben im Hüren, wie sich zum Teil aus den Nenertadm UnlextiiefaugMi seigt, siek aacii «I110 Baaaonmg, basond«!» in Beniff aaf die Peneption «insdner WOrter, hersnastellte, dime auf Koatem einer vernachlässigten Absohfertigkeit erreichte höhere FentfrtiiOiisfäbigkeit (\oi>^ '>!trp8 nirht in fiem Maße von Notsen Min wärdOi wio min bei obex^ tiächlicher FrUfung annehmen könnte.

Schließlich hat Neuert seht genaa einzelne Lante geprüft» wobei sich swir bei Vokalen eine techt gnte HSiflUgkeit ergab, bei Koneonaatea Jedodh das Ableien weit eioherer vnd aebXifer war. Die Untenoehimgea Nenerta habf^Q im wesentlichen die Grundlage dafür eigeiben, daß die Taubstummen- IflircT «icli den syBtcmntisfhnTi llörilbun^en ^o<rpnnber atif dem letzten Taub- stumuicnlehrerkongrt'B in llamhurg ablehnend ausgesprochen haben. Daaa führte im übrigen auch eine große Keihe persiinlicher Erfahrongen.

An diewm üntexinehongen Nenerii bat Karl Kroiaa in eineii Im UMgen aebr leeenawerten nnd tntereeaanten W«rke Aber die Metiiodik dee nurnntemohts £j-itik geUbt, indem er aaf die Wiehtigkeit hinweist, die die akustischen VorBtollunL'OTi filr das schwerhörige Kind haben. Er ist der Meinung, daß die akustischen Sprachvorstellangen im Bewußtsein dee Schwer- hörigen sehr uuvollst&ndig und meist sehr verblaßt sind, daß sie deshalb Ton den mit ihm Teffcattpften optfieh-motoriedien Voxalellangeii immer mehr Oberwndiert nnd erdrttekt werden, Ja daß rie oft Tolletladig ava dem Be- wußtsein verschwinden. Infolgedeeeen müsse man versuchen, durch syste- matische Gehör8anre»nnp diesem psychischen Mangel abzuhelfen. Er gibt als Beispiel ausführlich einen Falt wieder, an dem er die durch den Hör- Unterricht jedesmal sich ergebenden Fortschritte genau registriert hat, und kommt an dem BeaoltM, daß dureh dnen gesonderten HOruatenieht, der Abeeben nnd Hören gleiebmlißig berttckiiohtige, rieh bei elnon BmebteHe der Taubstummen besseres exrriehen lasse als bisher. Oanx besonders eel dies bei denjenigen Taubi^tmumen <!or Fall, welche alle Vokale, ja Witrter und Sätze noch durch das Ohr auffassen könnten. Mit Recht weist Kroiss den Einwurf zurück, der gegen das Hüren der Taubstummen gemacht worden iat; man sagte, daß die SehÜler der HOikbUMen nnr dae bQien, waa mit ümen bereite eingeeproehen wurde; aie boren nnr Bekanntes. Er weist dies snrBbk, indem er darauf anfineitam macht, daß ja aneb das normale Kind der Volksschule nur Bekanntes hören kann, nnd zeigt an systematischen Prüfungen, daß »ownhl für Sehen wie für Hören die Vertauschungen nnd Ersetzungen der richtigen Worte durch andere stets den psychischen Eigentflmliebkeiten beider Sinne eatspreehend waren.

Die yersnobe machte er an sdnem eigenen 6jlibrigen Knaben, der gnlei Gehör und lebliafte Attffiuismigsgabe bezitzt. Er sprach, nachdem er dea Knaben in ein Zimmer mit einer Kontrollperson gebracht und die Tür ge- schlossen hatte, zunUchst dem Knaben fremde Wörter vor. Das Kind ant- wurtete auf >physioIogisches Institut«: »phisenlore Institut«, auf »Karto* graph«: »artotabeU, auf »Psychometerc: »Sohichometer« ntw. Bekannte WOrter dagegen worden teils richtig gebort, teOs mit anderen Tertaiiadit So worden richtig gehört;: Apfel, Rettiob, Säbel, Mutter, Heeser nsw. Ver- hört wurden: statt Blume: Mutter, statt Grammatik; Mathematik, statt Zucker- dose: Supperhose. Schon bei dieser Untersuchung zeijjte eich, da Ii die Vokale die wichtigsten und deutlichsten Bestandteile der aku-

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Referate.

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stischen Wortvorstellanp sind. Es zeigte sich ferner, was von vorn- herein klar war, daß bekannte Wörter besser gehört werden. Daß für falsch vorgeBprochene Wörter, wenn sie bekannten and mit einer Yorstellang verkniipfbaren Wörtern fthnlich klingeni letstare eingesoUt werden, seigle rieh aelir deofUdi: Wnide den Entben TOlgeqifOolMn: der Oschen, die Wampe, der Lehmatuhl, das Fließ- dlatt, 80 antwortete er richtig: der Ofen, die Lampe, der Lehnstuhl, das Fließblatt. Die Vertanachungen wurden nicht bemerkt. Das gleiche Expe- riment wurde ohne Schallhemmung im gleichen Zimmer gemacht bei 1 m Ent- fernung und zwar so, daß der ELnabe nicht auf den Hand sehen konnte; uf die Bloeke, die Nntler, hole ndr ein Dias winde gtas riebtig geant- wortet: die Glocke, die Hntter, hole mir ein Qlee. Die fehlerhaften Wort- bestandteile wurden ttberhanpt nicht gemerkt, ganz besonders dann nicht, wenn der vorgesprochene Satz e'leichzeitig durch eine Handlung veranschau- licht wurde. Der Knabe wurde wiederholt aufgefordert, genau nachzuspre- chen, was vorgesagt war, die akustische Perzeption war eine sehr gute.

Ans dieeen VennelMn ging für Kroiss Idar herror, dnß wir die Wttiter nicht Lant fUr Lant htfren, sondern daß aach bei der Appeneption des ahn* stischen Wortbildes der allgemeine, darch dominierende Elemente bestimmte Klangcharakter, der Typns des Wortes, also das Worts'an^e eine wesentliche Hülle spielt, und daß der Gesamteindrack des Wortbilds doroh einzelne dominierende Bestandteile bestimmt wird.

leb darf vieliddit dsnnf •nfinerikaam maelim, daß Qntsmann ihn» liehe Untersnehnngen mittels Telephons angestellt bat, die zu ilinlichen Ergebnissen gefUhrt haben, welche Kroiss, wie wir gleich sehen werden, ans den Ncnert sehen Untersnehnngen geachluBfolgert hat. Er stellt aus den Tabellen Neuerta die Höriehler zusammen und zeigt, was übrigens auch Neuert nicht entgangen ist, daß bei ihnen der Klang- obnrakler des verweehselten Lautes, also die Artiknlatlonsfonn bdbehalien, hingegen die Artiknlationssteile ▼ertansebt wwde; statt dea EiploslThHites sm ersten Mnndtore wurde der Ez^osivlaut am zweiten oder dritten ge- setzt und umgekehrt. Das stimmt mit den Versuchen, die Ontzmann am Telephon angestellt hat. vollHtändig Ubereiu, uud da« »wichtige psycholo- gische Gesetz«, was Kroiss iu diesen Vertauschuugen, bcziehungaweise V'er- weebsehingen der Lanto ans denelben pbonetSseben Gmppe erbiiekt, das fttr das HOren im aOgemeinen nnd für die HVrstl^nngen im besonderen piinii- pielle Bedentiing bebe, ist bereits mehrfach von anderen Unter» sachern hervorgehoben worden, ohne daß ihm gleich dor etwas stolze Name »Gesetz« gegeben worden wäre. Wo scheinbare Widorwjtr ir lie in diesem Gesetz autiaucheu, iat die Erklärung von Kroiss sehr wohi au- sBBetaaen, daß sie auHekanfllhren ist anf die Ibeht der reprodniierten Wort- Toistdhiiig, die nicht bloß LHcken aosflOle, sondern selbst Toibandene Bnch* Stäben- nnd Lantreizo verdecke . dargebotene Wortbilder libersebfitte. Das Verhilltnip des Hörens zum Ableseu bespricht Kroiss ebenfalls nnd hebt das auadrücklich noch hervor, was bereits Ncuert betont hat. daß bei den Absehfehlem die Artiknlationssteile beibehalten wird, aber die Artikulations- fona, der Klsngcharaktor weehaelt, demgegenOber bei den Htfrfeblein Klaageharakter beibehalten wird, dagegen die Artiknlationssteile wechselt

Besonders wichtig ist ein Resultat, das Neuert fand nnd dem er selbst von Tomherein eine große Bedeatnng beimaß nnd das Kroiss ebenMs

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als äußerst wichtig heraushebt. Neuert fand nämlich, daß 60 ^ der Wörter Tom den HdnebOloni gehört, 80 X abgelesen, dag^en 90 X g^oliitttig ge- kürt und abgeleami wuden. Es wnidea demnftoh beim bloßen HOren 40 fC

Felller iremacht, beim Absehen 20 dagegen beim gleichzeitigen Hören und Absehen nur 10 X- Daraus folgt, daß <l;if niit floni Aiip-o a^leichzeit ig ein^eBtellte (11ehJ5r die Abselifehler aut die Hallte ihre» Prozent- satzes vermindert, während durch das eingeschaltete Aage >/« der Hörfehler verbeitert wurden. Kroiei ^eiit an dieaen Tatuchea dea ScUvfi, daß die Statiatlk Ton Neaert mehr für die Saehe dee HOr- aBtetridita bei Taabatnaunen spräche als gegen deaaelben. Es mnß jedoeh hcrvorfrehobcn werden, daß die Übertriebene Voran stellnnp^ des Hönrnter- richtÄ, wie sie besonders von Wien aus gefordert wurde, dip ablphende Hal- tung der Taabstnmmenlehrer rechtfertigt und daß andererseits doch daran festgehalten werden maß, daß swar die aTafeematisohe BOrttbnng bei einer Ansah! der tanbetnmmen Kinder von guter Elnwirkaa^ sein kann, daß dar- gegen die einseitige Überschätzung dieaea Verfahrens leicht zur Ver* nachlüssi^inff des Ablesen» und damit, wieNenert schlafend bewiesen hat, deflfniirf^n Mittels führt, das im praktiBchen Leben für die in der Taubstummenanstalt aufgezogenen schwerhörigen Kinder das HaaptveratSndigungsmittel bleibt

Von anderen Arbeiten, die aieb mit der gidchen payehoicgiach aoiraU wie praktisch inßerat wichtigen Frage besolillligen, seien die Arbeiten von Ferreri, Denker, Branckmann, Ilartmann, Sehwendt knrz cr>v!ihuL

H e i d 8 i e c k sachte auf dem internationalen Koni^reß in Paris die D n r <■ b - fübrung der Lautsprachmethode bei Tanbstammen als nicht zweckentsprechend daiaostellen , wie er aie früher als nnpsychologiseh beseiohnet hatte. Kit Tollem Reeht betont aber Wundt» der olfenbar die Arbeit von Heidsieck nicht kennt, die vollkommen natürliehen Yeiliil^ nisse, die sich bei dem Lautsprachunterricht der raubstnmmen zeij^cn. Er sa^ von der Sprache des in der Taubstummenanstalt unterrichteten Taab- stunimen: »Verstehen lernt er die Sprache dadurch, daß er sie vom Munde abliest, also in der Form einer Folge von Gesichtsbildem; gebrauchen lernt er aie, indem er die Artfkalationsbewegnngen des HSrenden mid Spreohenden nachÜldet Die deutaehe Schule will für den fehlenden Gehtfra» sinn dadurch Ersatz schaffeu, daß sie ilim andere Sinne sub- stituiert. Diese Stellvertretung Übernimmt dann llir das Verateheu der Sprache der Gesichtssinn, für den Gebrauch der Sprache der Tastsinn mit den die Artikulationsbewegungen begleitenden inneren und äußeren Taafc- empfindongen. Die artiknlierte Sprache des Taubstummen beruht ao gut wie die des Iliirenden auf der EinUbnng bestimmter Aa- sociationen zwischen Empfindungen verschiedener Sinnes- gebiete, mögen mm auch die Associationen zwischen Sprachlauten und Artiknlationsemptindungeu durch die generelle Entwicklung vorbereitet, also durch angeborene Anlage begUnstigt und durch die genauere Kontrolle, die der GehOrssinn sulttßt« erleichtert sein« so ist doch die Ausbildung weit schwierigeren Associationen zwischen den Gesichtsfaildern der Sprachbewe- gungen und den Artikulationsempfindungen keineswegs eine unmögliche, nnd sie ist das Ersatzmittel, auf das die hei man^relndem Gehör von selbst sich einstellende regere Tätigkeit desGesichtssinna g^e- wissermaßen als ein natürliches hinweist.« Von diesen Wundt-

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fieferate.

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g(Aen Worten aus, die in klarer und einfacher Weise die Psychologie des Taubstummen kennzeichnen, wird jeder, der Uber die Sprache des Taubstununeii. besonder» ihre psychologische Seite, schreibt, ausgehen dürfen.

Über die Sprache der Schwerhörigen und Ertaubtcu lut Guts- maiin eine Aibeit ToOfiBnilidit, rai der einige Abeitie psychologiscbee Ltteieaie haben* Er ugt nngeillir Folgendes: Bei normalen Verhältnissen ist dns GehOr der am meisten nnd stärksten benutzte Sinn für die Per- zeption. Seine Valon/. int vorherrschend. Aber auch unter normalen V»»r- hältnissen ist er durohau» nicht der einzi^jje Sinn. Wohl »tetä wird las Aage, wenn auch in einer etwas weniger intensiven Weise, benutzt. seheint Ihst so, als ob die Beantsnig des Oesfehtsrinnes etwas weniger be- wn0t gesehehe als die des GehOnrfnnes. Dafi aber ftr das Pendpieren des Gesprochenen diese Nebenbenutzung nicht ganz unwesentlich ist, zeigt die belutnnte Beobachtung, dass man. im Theater sitzend, einen Sänger oder Schauspieler weit besser versteht , wenn man sieh sein Gesicht durch das Opernglas niÜier bringt. Das TastgefUhl als der allgemeinste Sinn wird bei der Peneption der Spraehe im aUgemeinen wohl nnr selten bennbt Lnineihin kommen wenigstens die Änte sehr Uafig In die Lage, das fort- gepflanzte Schwirren der Schallwellen zu prüfen, und auch ein wenig gettbtes Gefühl vermag recht wohl die «starken Unterschiede des Pektoralfrcmitns wahrzunehmen. Bei der Produktion der Sprache ist das (Je hör fUr den Vergleich der eigenen Sprachpruduktion von großer Wichtig- keit Tonhöhe, BeConmig, Timbre der Stfaomev die versehiedenen Arten der Geräusche werden durch das Gehltr leleht nnd im allgemeinen anoh gat verglichen. Wir vergleichen die von uns selbst produzierte Sprache mit dem fremden Vorbilde und verm(^n unter der andauernden Vergleichung Korrektoren vorzunehmen. Das Gehör allein aber kann unmöglich als Kontrolleur der Sprache angesehen werden. Für die Pro- dnktion der Spraehe ist der wiehtigste Kontrotlsinn xweifel' los das Gefühl in seinen versdiiedenen Arten: Berttiimngs-, LagegefUhl, Muskelgeftihl usw. Die Vorstellung von der Lage der ArtikulationssteUe ist durch Übung leicht zu vervollkommnen ; so ^ird es nicht schwer, die Zunge in jede befohlene Lage m bringen, das Gaumensegel willkürlich allein zu kontrahieren und erschlaffen zu lassen u. a. m. Sehr leicht wird die Aul- und Abbewegnng des UnterMeftrs wahigenonmien and infolgedessen aaeh auf bestimmte Befehle ansgeltthrt Dagegen ist das MaAelgefUhl der Zunge so gering, daß Zungenbewegungen, falls nicht die Zunge an bestimmten Stollen de» Mundes anstößt, meist recht schlecht nach^cTiiacht werden. So findet man oft Personen, die nicht im stände sind, die Zungenspitze auf Befehl auf- ond abwärts, nach links und rechts zu führen, sie hinter die Zähne, vor die ZVhne SB legen n. a. m. Haeht man solche Yersnehe sn normalspreehendea P^sonent so zeigt sich auch bald ein Unterschied darin, ob man ihnen nur angibt, was sie mit der Zunge zu machen haben, oder ob man ihnen auch gleichzeitig die Bewegung vormacht. Bei gleichzeitigem Vormachen geschieht die Bewegung weit exakter nnd mit größerer Sicherheit. Auch hier zeigt sich, daß ein Sinn den andern wesentlich unterstützt Die ge* nanere Sinneeprttfiing der Yenaehspersonen ergibt keinen wesentliehen Untere schied des BerUhrungsgefUhls, und man mnß info^|;edessen annehmen, daß die Fähigkeit, die Lage und Bewegung der Sprachorgane wHhrend der Sprach- produktion selbst zu beurteilen, bei den Tersehiedenen Personen von

IxcbiT flu Psychologie. L liUntur 7

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Referat«.

dem Orad« dar Anfmarkaamkeit abhingt, dia aia Ton frllk a«f dem GefthlBainn ivwandaiL Darana f<^, daO wir dmeh aoflneikaaBBe

lyalematische Übangen die Benotning der GefttblBBiiuie f&r die KootroDa dar

Sprache bf»f!pntpnd r.u atoiVpm vermögen. Ans don ver«ch!0(}<^nf»n indivi- daellen ünier-<< liii i Mi i:< lit aiu Ii licrvor, warnm in den verschiedenen iiäUeo der Ertaubung und bciiwerhorigkeit im späteren Alter die Sprachvenschlecb» temng gast veraeliiedeii groß iat In manehen Flllen, wo fiiat Tollkonmeiie Taabhait TOikanden Iat, hOrft man gar kelna Vefindenng der Spradie, In anderen wieder, wo der Hörfehler nur gering ist, ist eine auffallende Her^ jr5indenin<r ^l'^r Deutlichkeit narhwoipbnr. Was besonders bei Schwerhörige auffällt, ier die >fnnotonie; es feJilt also der Wechsel von Höhe und Tiefe, von Stärke und Schwäche der einzelnen Stimmklänge, es fehlen die Accente, ea fehlt die Ktmtfolle Uber die Datenailit der Sprachbewegungen. Daiana aind die Tenehiedenen Formen der apiadiliehen Abnormititan bei Seliwer- htfrigen zit erklireiL

Lieb mann geht in »einer Arbeit auf diese Fragen nur wenig ein, be- schäftigte sich dagegen mehr mit dem therapeutischen Verfahren.

Der zweite grol3e Teil der SprachstOrnngen würde die sXmtlichen zen- tralen Stdrnngen nmfaaaen. ffietbei kommen in eirter Linie die Ter- aehiedenen Formen der Stnmmbeit, die im Kindeaalter anftreten, wu Besprechong. Besondere die HOratnmmheit hat in neoerer Zeit grOfieva Beachtung gefunden, wenn auoh die einzelnen Arbeiten nur wenig neuea er- bracht haben. Unter Hörstummheit wird im allgemeinen der Zustmul ver- standen, in dem das lünd, trotzdem es gut hiJrt und normale InteiÜgenz zeigt, keine Anstalten maeht» SpnwlM m pioduieren; ea Iat» wieKenmaan aagt, >bOrend atamm«. Anf die Hemmnngaoraaehen ist bereits oben Ubi- gewiesen worden; es mag deshalb liier nnr, abgeaekmi von der Arbeit von Liebraann Uber den gleichen n»'jren'»tand. besonders anf die Arbeit von Georges Levy eingegangen ^\ ( ^^len: Lea entendants-mnetR . der in einer sehr sorgfältigen Dissertation auf alle Formen der Hörstummheit ein- geht and eine wie mir seheint aiemHeh ToUstindige Uteratorangabe dieses Gegenstandes anfügt DerVerlksser stellte snnldist der Tanbatnmmheit die HViStammheit . der 8nrdi-mutit6 die Audi-mutite lentendants-mnets) gegenüber. Nachdem er darauf hingewiesen hat, daß der französische Ana- druck mehr umfaßt als der deutsche, der eigentlich nur von Kindern spreche, welche stamm sind ohne taub zu sein tman vergleiche dagegen den oben angegebenen Ansdroek von Menmann)^ teilt er die Hürstnmmheit in swei große Qrnppen, 1) solche Stnmme, deren intellektuelle Störnngen sehr deutlich hervortreten, nnd 2) aolche, deren In* telHcrenz anscheinend oder in Wirklichkeit normal sei. Stnmmei, deren Intelligenz gestürt ist, sind zweifellos Idioten; es handelt sich also um einen Mutismus idioticus. Hierbei unterscheidet er 1; StummUeit infolge von Abwesenheit der Gedanken. £r erwähnt dabei das ▼ieleitierte Wort von Griesinger: »Diese Kinder sind stnnun, wdl sie nichts zu sagen Imben.« 2) Stnmmheit infolge zentraler UnmSg- liclikeit, Ideen anszudrilc k en (motorische Aphasie), 3) idiotische Stummheit bei Defekten der peripheren Sprachorgane, und 4) endlich die idiotische Stummheit bei p h y s i s c h e r T a u b h eit [idiotische Taubstumme bei Worttaubheit , sensoiiseher Aphasie oder bei Paendotsnbheit, meist Infolge von UnanflnerksamkeM). Alle diese ▼eneUe-

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Beferate.

denen Dntelien kSnnen liGh bei deuaelben IndindnnmlkombiBieiaL IMeier Idiotischen Herstnmmbeit gegeaOber stellt er diejenigen Btnmmen,

deren Intelligenz nneelieinend oder wirklieh normal ist. Diese seien stumm 1) durch organische zentrale Verletznngen, Apha^^io bei Kinder- lähmung, infolge von GehimgescbwUlsten: bei tuberkulöser Meningitis, bei cerebraler Embolie; 2) infolge von funktioneller Störung: Aphasie infolge von Sehzeek, Befleuphaeie infolge Ton WOfmem (FUle vonfLiehtheim nnd Ontsmnnn), infolge Ton Obecladnng dee Hngeni (FhU von Henoeh}, infolfo von Cirknlationsstüningen (Fall von Bouchut), Stmumheit bei Neurosen, bei Chorea, bei Hysterie, endlich die Hfirstummheit im Coen- schen Sinne des Wortes; 3) durch Verletzungen oder psychische Störungen der peripheren Organe der Sprache. Hierher gehören Gaumenspalten, Mandel- bypertrophie, ZongenlXhmnng nnd vieiee andeie. Dn& die Gtamenepalte bei sonst gans intelligentett Kindern dun llUuen kann, dnO die Spnehe sich erst sehr spät «itwickelt, hat Ontsmnnn in einer spezielleren Arb^t de? Aüflführltcheren narhsrewiesen. Bei der HörstiiTnmhfnt handelt es sich um Kinder meistens zwit^rhcn 3 und 10 Jahren, welche folgende positive oder negative Befunde tiarbicten: 1) physischer und psychischer Zustand normal; 2) Gehör normal; 3) periphere Spnohofgane normal; 4] es besteht keinerlei LIhmnng oder Atrophie des Bnmpfes oder der Estramitlten.

Während das eben Angeführte die Einleitung zu der eigentlichen Aribdt Lt'vys bildet, handelt das erste Kapitel von der Gesrhinhte der HOrftumra- heit, wo Referent allerdings den berühmten Fall von Hieronymus Mercu- rialis, den er in seinem Lehrbuch Uber Kinderkrauidieiten 1594 veröffent- iidite nnd wo er beriebtet, dn0 MMmiiianj der Sohn Kaiser Fkiediiebs IIL, bis som 9. Lebensjahre stamm gewesen, dum aber von selbst nldit nur die Spraehe gewonnen habe, sondern auch sehr beredt geworden sei, vermißt Ith Tiiif'hi'ten Kapitel schildert der Vorfa??pr nnsfllhrli( h die Symptomatologie und ilihrt außer 32 Beobachtungen aus der Litt r;itur, die sich auf die Fälle von Benedict, Waldenburg, Ciarus, I3roadbent, Ladreit de la Cbnrrtere, Hnrtmnnn, Steffen, Dnlly, Hnle Wbite tad Oolding Bird, F. Tylor, Qntimsnn, Hertsen, Lndnm, Mieleeke, Billamine, Lawrence beziehen, 9 eigene in den Lyoner Hospitälern gesammelte Fälle an. Bezüglich der Vtinlogie hebt er die Erblichkeit, den Alkoholismus bei den Eltern, die hereditäre Syphilis, die Konsanguinität, den physischen Zu- stand der Eltern, Erregungen und Verletzungen in der Schwangerscliaft, sehwieifge Gebnrt, enges Becken, Zangengeburt, Asphyxie bei der Gebnrt, das Alter, das OeseUeebt, den physischen Znstand der betretbnden kleinen Padenten, vorhergepngene Krankheiten, Bachenmandeln, sousle Lage an. Bei der Besprechung der Rachenmandeln nineht er rJiit7Tnnnn den Vor- wurf, daß seine Statistik der Klarheit und Oriiuuiij< ermangele, begeht aber selbst den Fehler, daß er die Häufigkeit der iiachenmandeln nach Gutz- mann anf 33 x der HUle aaaetat, wlhrend dieser sie sasdrOcklicb in einer genaueren Statistik anf 68,6 X Üwtgesetst bat. Sodann bespricht der Ver- fasser die Entwicklung der Sprache im allgemeinen, femer an der Hand der bekannten Rpraclischemata die Pathologie und Pathogenie der Störungen und schließlich diejenigen Punkte, die bei einer Untersuchung der Patienten und bei einer richtigen Diagnosestellung notwendig zu beuchten seien. Das sind vor allen Dingen die diel Fragen: Ist das Kind tsnb? Ist es idiotisch? Hat es an den peripheren Spiaehwerkiengen irgend eine Yeiinderung?

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IMrate.

J>\c hyBterisrhoTi Aphasion boi Kiodern haben keine neupff He- h&ncUuug erfiüireü. Kurz mug das Buch über Hysterie bei Kindern und im jngendlieheii Aller vo« B^sy-Bibent wwÜiBt Min. Von sonstigen einr Minen Hitteihingen yerdienft anr der Fall von Mnnn In Biealntt besondere En^ähnang. Mann schildert «in 7J0iiigM Midefaen, dM Mit 4 Wochen an- gefangen hntto. undeutlicher zn sprechen und in ra«ch 7nnehmendem Grade, so daß die Sprache innerhalb dreier Tag:e vollständig unveretÄndlich wurde; gleichzeitig verlor das Kiud nach Angabe der Matter das GebOr. Im übrigen zeigte es keinerlei Sfürang in seinem Woblbefinden. Bei der ersten Unter- saehnng Migto sieh» daß des Kind vollkommen tsnb wer. Es reagierte auf keineriei Anrede, starrte ins LMre, sehttttelte den Kopf und brachte ^bin- lieh unverstiindliche Worte hervor, die nach <}f"n bep^leitenden Gebärden offenbar bedeuten sollten, daß es nichts verstau* It Der Gesicbtsausdruck des Kindes war aber intelligent, man konnte Aulmerksamkeit und Interesse an der Umgebung an ihm iMmerken, und es Migte sieh aaeb einigen Minnten, dal} keine eigentliehe TknUheit Torlag nnd da0 viehnehr nur die ftingiEeit, das gesprochene Wort zu veiiteben, au%dioben, dieWahmehmnngsfXhiglMit fiir einfache Tfcräusrhe dnL'eg-en vollkommen erhalten war. daß es sich also um eine sogeniiniitf S]»r;i.i htaublieit oder um eine sensorische Apbnnie han- delte. Die PriUung macütu Maua in der Weise, daß er hinter dem üücken des Kindes frgendwelehe ]eiM Geiiaehe prodnxlerte, so Pfeifen, Klopfen, KUngelnf Klimpern mit GeldstOeken; disM wurden gaaa riebt« iPibrgenom- men, da das Kind nach dem Gegenstand, der das Gerihiioh liervorgebracht hatte, zeigte. !,ei?f>H Klopfen -vitttb» nnch Khytinnns nnd Zahl d^r Klopf- schläge immer w i< df-i Legeben, dagegen w ur düs Sjir:ir hverstiiudnis total auf- gehoben, 80 daü seibat mit lautester stimme geuprocbene AufforderungeOt wie a.B.: >Qib mir die Hand!« kein Veratiindnls ftaden. Neben der sen- sori sehen Aphasie bestand boehgradige Paraphasie: dM Kind spiaeh titü Tlflügee Kauderwelsch. Knr Bhythmus nnd SUbenzabl der Worte wside im allgeiüeinrn richtig nachgesprochfn Mann entschied sich für die Diagnose einer hysterisi n scrtsorischen Apiia»ie oder hysterischen Sprachtaubheit auf Grund der i:4rwugung, daß, wenn es sich um eine organische Himlüsion haadebl sollte, der Heid so groß sein mQfite, daß er anf die motorlsehe Spracbbahn flbeigreilini mttßte nnd daß dlsMr Heid jedenfUls niebt ent- standen sein konnte, ohne anderweitige cerebrale Symptome zu erzeugen. Von diesen war aber nicht die Spnr nnffindbar. Ferner war der Zustand durchaus nicht ein konstant sich gleichbleibender, sondern bei den verschie- deneu Untersnchongen einem gewissen Wechsel unterworfen, allerdings weniger im Yerinltsa des SpraobTenrtSadalsses, als In Verbattea der Paraphasie, die dnrehana weehselte, ja maaebmal an einem nnd demselben Tage. Aneh die Anamnese sprach fllr Hysterie, da das Kind sich sehr stark g^blgert haben sollte. Kine Atifilnr^in für ein orcranisches Ilirnleiden war dno-f^gen nicht nachweisbar. Uun li hr starke« schmerzhaftes Faradisieren der Mundgegend dM Kindes and Auifordern mm Nachsprechen, ein Verfahren, auf das das Kind «mSebst nnr mit fortwährendem Schreien nnd Weinen antwortete, zeigte sieh naeb 14 Tegea berate, daß das Kind 10 Worte boobstablerend nacb- spredien konnte. Nach 3 Wochen war der Wortbest ^u ! auf 20 angewachsen; von da an -waren die Fortschritte ziemlich rasch. Nach 8 Wochen fand das Kind zum crstcin Mal selbständig und ohne Vorsprechen die Bezeii Inuiup ^r einige ihm bis dahin noch nicht gezeigte Gegenstände, wie Ball und

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Flasche. Das Kind wurde dann schließlich vollständig von seiner Sprach- störung geheilt. Referent will nicht unerwähnt InBoen. (LiO Oppenheim in einer Zuschrift die Diagnose der hysterischen aensorisoheii Aphasie bezweifelt

2 FUle von ragobomer MOBOxiscIier Aphuf« berichten Sehweiidt und Wagner. Et handelte eich in den einen Teile nm ein lOJtturigee MSdchen, das mit eageblich angeborener Taubstummheit in die Taubstummen- atiHtfilt 7.1! Riehen aufgenommen wnrd*^, und um ihre 8jährige Schwester, die liUH gleichem Grunde sich dort betindct. Bei diesen Fällen ergab die Prü- fung, daß das Gehör für alle Tüne relativ sehr gut erhalten war, daß die InteUigens der Efaider dem Aiter entepreehend nnd ferner keinerlei kfinfeeh nachweisbare Lleiinen dea QehOrorganee oder anderer Organe vorhanden waren. Darans schließen die Autoren, da0 beide Fälle den Charakter einer Worttaubheit tragen. Da Frille von k ot> srenitale r sen sorischer Apha- sie noch nicht verfjffentlicht worden sind, so sind diese Mitteilangen nattir- lieh von großer Bedeutung, vor allen Dingen, da es recht wohl denkbar ist, daß in den Tanbatanunenanatdten eieh mehrere dnartig Apharieche vor^ finden. Angeborene aenaotiiche A|ihasie mnfi angenommen werden, da ja sonst spontanes Sprechen entweder ungestört oder doch paraphas&ldi vor- handen sein mliPte Wnr aber dir- snnsorische Aphasie anjrfboren. so fehlte natürlich jede Gelegenheit die Sprache zu erlernen. Mit Uilfe des Ohres künnten in solchen Fällen niemals den kongenital sensorisoh Aphasischen Begriifo beigebraeht werden, nnd gerade in dieeen Fällen wire die Eniehnng mittele dei Abeehnnteiriditi nnd der Lanttouethode die dnrig riehtige.

Besflglieh der Therapie der organieohen Aph asie hatGutzmann in einf^m vor rh i- l'> rlin^r Mf>fii7iniarhen Gesellschaft gehaltenen Vortrag© ausiüliriich seine Krfahrangcn zusammengestellt, nnd e«* ist Tiicht unwichtig, daß sie von anderer Seite, so besonders von Goldscücider, bestätigt enn ein motorieeh Aphaaiaeher Itngere Zeit aeine Sprache Tollständig verloren hatte, eo iet ee gleichwohl dnreh •yetematische Übung möglich, die gesamte Sprache von nenem aufzubauen. Dabei ist es notwendig, daß alle impressiven Wege der Sprache sorgftiltig benutzt werden, nnd zwar besonders die optischen und taktUen. So muß der Patient nicht nur die Bewegungen des vorsprechenden nnd übenden Antee mit dem Ange wahrnehmen, londein aneh im Spiegel aeine eigenen Bewegnngen kontrollieren nnd de optiieh vergleichen. Ebenso muß mittels des GefUhls die Explosion der Laute, das Tönen, dPT Frpüiitiip dop Kehlkopf'', der Fremitus der Nasenwurzel bei Nasallauten und anderes mehr kontrolliert werden. Mit diesen ArtikulationsübungcTi die sieb im w^entlichen den bei Taubstammou gemachten nähern, verknüpft Onttmann nnn ayitemttiBehe Sehrelbllbvngen mit der Hnken flind, in der Annahme, die Ja bereite von Broca anfjseatellt wurde, daß die Entwicklung der Sprachkoordinationszentrcn gerade in der linken Himhälfte mit der Rechte- händigkeit der Mm^rhim in Bcziehnng stehe. Es ist demnach bei ZerftHnint!: der linksseitigen Sprachzentren der Versuch gerechtfertigt, die rechte ilirn- hemisphäre kompensatorisch fUr die Sprachkoordination heranzubilden. Di^ will der Autor durch Schreibflbangen mit der linken Hand föidem. Er nimmt an, dafi die rechte HimhXlfte anf diese Weiee an fehleren koordinatorieehen Leistungen erzogen werden kann. Die auOerordentUche Gedächtnisschwäche der AphasiBcben bedingt notgedrungen eoigtame Übungen im Auswendig-

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Befent«.

lernen besonders \on Iteilien sinnloser Silben und Umstellongen derselben, wie de Qoldteheider «niiili«hlt D«ß duoh die Übung dabei lUdit bloß das Fatlfaaltmi di«Mf aiimloteii SOben, aondern lach in Tiel TollatSiidig«nni Maße daa Feadialteii von WortkUngen mit Sinn geOirdert wird, ist pqrdio-

lop;i8ch int'^rcflsant Bei sensorisch Aphasiechcn f^ht Gnt7:niann «o •vor, daß er die Sprachbewcfcungeu vom Munde und Gesicht des ^^j rt < h( n ien absehen lehrt Golds choider bemerkt dazu: »Es soll sich ein ganz ueaer Zfrkai Im Abbnfe der Sprachbewegungsvoiatelliiiigen bOdeni indem an Steile der aknatiBcben WoiClantfblgen, welehe aonet auf daa begriffliehe Veralindnla und die motorische Sprachbildang wirken, Reihen von optischen Bewegni^ bildern treten, welche dem Anblicke d^r Sprachbewegungen entstaimiieTi Diese optischen Eindrücke sollen »ich erst lieh mit der Fol^e von motorischen Impolaen gedächtnismäßig verikuüpfen, welche in ihrem Effekt eben dieselben Spndibewegungen , daa beißt eben dieaelben optiaehen Encbeinnngen her- ▼orbringen.« Gold ae bei der meint daan, da0 ridi kinenwfeogn^ibiaehe Aufnahmen der Sprachbewegnngen , die dem Aphasiker Ubergeben nnd von ihm in einem Strohtiskop jederzeit abgerollt werden könnten, zum Aufban dieser ueueu und intensiveren psychologischen Yerkniipfung wertvoll er* weisen künnteu.

Gegenttber diesen auf ^ »'»'»"»g beruhenden HpraohatSrangen haben die apaatilaoheii SpiacbalOnuigen eine weit grOGere Beibe von Beaibeitnngen nnd

neueren Mitteilungen erfahren. So liat My^ind besonders der Frage nadi den Ursachen des Stottern» eine f^rülSere Arbeit gewidmet . in der er speziell der Erblichkeit neine Aufraerksamkeit zuwandte. Dabei betrachtete er nicht nur dm Stottern, sondern achtete auch aul Geisteskrankheiten, Idiotlamna, Epilepsie nnd andere Eiampfiraatibide, Gborea, Hyateriei Aatiim^ Taubstummheit, Nervoaittt, Nenraathenie nnd deigleieben, Aatluna, Taub- stummheit in der Verwandtschaft, Auch er findet, daß Stottern sehr häufig dtirrli ppycliisohe Ansteckunfr entsteht, dass aber in einem Teile der Fülle, wo Btotterude Kinder stotternde Verwandte haben, der Erbfehler nicht in- folge der »contagion morale«, sondern infolge der Erblichkeit entstand. In 7 X find aieh in der Venrandtaohaft der Stotterer Odateakraakheit bei im ganaan 18 Individuen. Unter den 194 YStem der atottemden ScblUer waren im ganzen 5, das heißt 2,6 ^ Geisteskranke. Mygind bezeichnet diese Zahl als anffiillijj^ groQ^ da in Pfinrmiirk Geisteskrankheiten bei Männern im Alter von 20 bis 40 Jahren, in vvrli hein Alter die meisten der Väter der Schüler Standen, nur in 0,2 uultrcten. In einer früheren Arbeit taud Mygind mit BlieMcbt auf daa Auftreten von GeiatealcTankbett bei den Yitem von Taubstummen den Proaeniaala von 0,8. Die Bedeutung dieaer Knmkbeit für die Ätiologie der Taubstummheit iat allgemein bekannt. Idiotismus scheint in der Verwandtschaft dagegen weniger häufij? anfziitreten. Von 16 X wurde konstatiert , daß bie im ganzen 3(i Verwandte hatten , welche an periodisch auftretenden Krämpfen litten oder gelitten hatten. In einem kadi war der Krampf wahncbeinlioh alkoboliaoher Art; In 6 Füllen waren die KrXmpfe wohl byateriachen Uraprunge; 13 Fülle waren unaweifeihaft epüepliaeb. Es kommen also Epilepsie nnd Uinliche Krampfstürungen in der Verwandtsebaft von Stotterern fast 2 mal so häufig* vor wie in der Verwandtschaft von Taubstummen. Chorea ließ sich nur selten nachweisen. 29 ^ der Stotternden hatten Verwandte, im ganzen 73, bei denen Nervosität, Neurasthenie, Hy- aterie nnd dere^eiehen vorbanden war. Dieae ZnaOade aeigten aieh be-

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■onders bei den Müttern der betreffenden Stotterer recht häu6g; 46 X der- Belben, das heißt fast Vi sämtlicher Stotterer, litten dnrnn Besonders häufig" ließ »ich anter den Verwandten der SchlÜer Mijs^äne konstatieren. Da My- gind persönlich die Anamnese aufnahm , so mnß seine Mitteilong als sehr Mvilnai Mgßttibm wwden. Anoh daa Aittai» zeigt sioli reeht oft in der Terwandtedhaft: 8 unter den Vifcem der Stotterer litten an Aathma. Daa ist sehr viel, da die Krankheit sonst nicht sehr verbreitet ist. Femer zeigte sich TanbBtummheit ab und zn in der Verwandtschaft der Stot- terer, wa? auch von Uchermann m seiner großen Statißük der Taub- stummen in Norwegen nachgewiesen wurde. Die übngen ätiologischen Mo- ment» Bind bereite von anderen Antoren genügend hervorgehoben worden nnd können deawegen hier llbergangvn werden.

Die genaneren Untersuchungen der Stotterer mittels graphischer Metho- den, wie sie in neuerer Zeit von Natier. Abb6 Rnn??olot und frHlier schon vonGntznjann und seinen Schülern Lieb mann. Halle, Kalmus, ten Gate gemacht worden sind, zeigen zur Evidenz, daß besonders in den graphiaohen Dantellnngen der Atenng aieh deoHidie psycMsehe Altera- tionen naehweiaen laaeen. Ontamann hat nlnlieh naehgewieaen, daß, wih« read die Knrven der Brust- und Bauchatmung in der Ruhe fast durchaus synchron rn'^infindf^r voHnufon beim Sprechen eine deutliche überwiegende Innervation der costalen Bewi^'^ung eratthat. Es zeigt sich, daß die Bauch- atmnngskurve bereits im Exspirationsätadium ist, während die thorakale Kurve noeh anateigt Ava einem derartigen Verhalten kann man, ao wie Moaae md Gntamann dlea getan haben, ateta den Sehlnß aiehen, da0 die du»»* knie Atmungsbewegung atirker innerviert ist als die abdominale. Duioh sorg-samc Untersuchung«! an zahlreichen Fällen von Stotterern hat nun ten Cate nachgewiesen, daß dieser normale Anachronij»niuB in den Sprech- atmuugskurven sich bei Stotterern vüracliiebt nnd ein abnormer Synchronismus wenn nieht immer, so dooh aeltwelBe auftritt Das gleiche aeigt aieh bei den Knrven ▼on motoriach Aphaafaehen, wenn ale bereits anfangen an apreohen, ao daß man ans diesem Veihalten wohl berechtigt ist, einen Rückschluß auf die mangelhafte zentrale Koordination der Atmung bei dirf!»Mi Sfiraclistömngen zu ziehen. Genauere Nachweisunpen über den Zusammenhang zwischen Spraclientwicklung und Sprachstüruugen sowohl wie über die fehlerhaften Bewegungen nnd Innervationen der geaamtea Spitehwerkaenge bm Stottern nnd anderen SpraohatHmgen hat Gntamann in mehreren Arbeiten in der »Dentaehen Klinik« gegeben.

In fin-ffUirlicher und umfangreiclier Form hat derselbe Autor in einer Monograpiue das Stottern dargestellt ])ie8e beechäftigt sich zunächst mit einer kritischen Geschichte der Auftassuugen und Behandlungsweisen des Stottema and geht aodann in andUhtüdier Weiae an der Unterauhnng dea Stotterers Uber Ea werden die abntUehen dabei an benntsenden Untor- anchnngsinstTumente nnd ihre Anwendung in jenem Werice genau beschrieben. Zum grüßten Teil sind dieselben bekannt, wenn auch vorwiegend wohl nur physiologischen und psychologischen Arbeitern, weniger den sich mit der Then^ie der Sprachstörungen befiassenden Ärzten. £s mag besonders er- wlhnt aeln, daß Gntamann ansdrOeklich aof die hSnfig bei Stotterern sich Torfindenden Degeneratlonaaeichen anfmerkaam macht nnd in Beeng darnnf mehrere Abbildungen seinem Weilu beigegeben hat. Aach macht er, waa ittr die Psychologen von Intereaae aeln wird, darauf anfmerkaam, daß aoig>

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B&me Untersachnngen der ErmUdungserscheinoiif en beiäprach- st()rangeB wenig oder gar nicht vorii^ea. Daß dieselben bei Stotterern rieliMlidi M eintr tmnnwi BmrlaOing des Übels, beeosden rom p^«ho- logfflohen Studpiuikt aus fUhren rnttMeo, iit Uar. Die UntersnelnnigeBf &

der Autor selbst mittelB des Ergographen gewonnen hat, geben gute Ao§- «icht dafür, daß diese rntrr«nt hungsmethode fUr die Kenntnis dieser un- geheuer verbreiteten äprachstürung von großem Wert sein muß. Ebenso •ind die Versuche, mittels BhttdmeUairven die psychischen Yeränderongen uehsnweieeii, aneh bei des Stotteren toa got» Avaaldit

Peripher expresiiire SprsekatOrungen haben im allgemeinee sehr geringes psychologischeg Interesse. So kann auf alle Mitteilungen der verschiedenen Formen des Lispelns. des periphrrou .Staramelns der mecha- nischen Dyslalien, der Gaumendefektc oicht naher eingegangen werden. Da- gegen ist eine Arbeit lil>er infantile Pseudobnlbiüpandyae von Zahn be- merkeiunrert In dem einen Falle haadeHe ee eieb un dn 16flhiige» lOd- eben, daa klüftig entwickelt und in gntem EniiÜiningeiQBtMide trar. Die gesamte Muskulatur war Jedoch in einem gespannten Zustande, so daß sie in Haltung und Bewegung einen kontraktilen Eindruck ranrhte; sie konnte die Stirn nicht runzeln, nicht den Mund spitzen, nicht pfeifen oder ein Licht auspusten, beim Lachen öffiiete sie den Hund krampfhaft weit Die Zunge Iie0 iieh leieht gnt neob toid aniatreoken, ütgegoa eebr numgeUiaft naeh seitwärts und oben. Die Sprache war g«ai nnvetetindlieh und beetaad nna- schließlich aus laut und rasch hervorgestoßenen unartikulierten Tönen. Offenbar lag das daran, daß die Lippen-, Zungen- und fJ^nmenümpkeln dem Willen der Patientin nicht gehorchten. Dabei war das (»aumenscgel nicht etwa gellUunt, sondern hob sich beim »-sagen sehr deutlich, auf beiden Seiten gleich got Ei fehlte also die ArtÜmlationafltbigkeit Hut ymg infolge einea spastisdien Zustandes der Artikulationsmuskeln, ähnlich dem der ttl»jgQn Muskulatur. In dem zweiten Fall war die Artikulation der Sprache so Bfhlerht daß man auch bei angestrengter und geübter Aufmerksamkeit das meiste nicht verstehen konnte, obgleich die nötigen Sprachbewegungen mit sichtlicher Muße und richtig versucht wurden, war die Kede doch kraftlos, ondentlieb und eehr langMWt tdlweiae noeh enehwert dnrob HiHMwegungen des Gedebli. Gens aehlecht kamen dii)jenigen Lnnte n stände, welche kiif- tige Lippenbewegungen erfordern: p, f, o, u, w, femer die Zungenlaute t k und r. Bei b und p machte pich in diesem Falle auch die Gaumenlähmung durch näselnden Charakter bemerkbar, obgleich sich auch liier das Gaumen- segel beim a hob. Das Kind erleichterte sich die Aussprache einzelner Kon- eonantengruppen dureb Ebiaebalten von Tokalen ; i. B. sagte es statt WUtiboig WUrzaburg, statt Professor Perofessor. Hier waren die Sprachmuskeln nicht wie im ersten Falle spastisch, sondern vorwiegend kraftlos, der Hund wurde nicht wie dort krampfhaft offen gehalten, er verengerte sich vielmehr, aber nicht fest genug. Wesentlich beteiligt war aach eine Schwäche der Kehikopf- muskeln.

In dem ersten Falle nimmt der Antor nnr eine Entwieklsngs- bemmnng lelehteren Grades in den Pyramiden- und cortieo-

bulbHren Bahnen an, im zweiten dagegen einen Defekt der Pyra- midenbahnen, der die schwere Lähmung bedingte, und ferner einen Defekt in den Uinterstrüngen. nnf den die Schlaffheit der Lalunung, die Ataxie und anderes mehr iturückzuiuiiruu war.

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Daß auch bei widdidier Bulbürparalyse durch Übung noch die Reste der HyposrloHfln^fnHem 7tir stärkeren Innervation gebracht werden kttuMi, -wies Knopf in üineni Falle überzeugend nach.

Was endlich die Sprachstörungen bei geistig zui ückgebiie" beneii und eehwaehiinntgen Kindern anbetrifft, so liegen gerade nnf 4ieeem Gebiete in neneier 2Mt nUreiehe Arbeiten vor. In einem anafliiir- lieben Bericht Uber die Unteranohnng zurUo^ebliebener Schulkinder, die von flem Nervenarzt Kaliecher, von dem An^enarzt Moll, von dem Kinder- arzt Neil mann und von Toichraann, Arzt für Hals-, Nasen- und Ohren- leiden an die städtische bciiuideputation zu Berlin erstattet wurde über 116 geistig minderwertige Kinder, warn 68 ediwieh begabt; aehwaeheinnig ge- ringeren Grades 26, hOheien Giadei 16, blOdrfnnIg 6. Idioten finden lieh nur in den beiden nntenten Klassen* Der Bericht führt nun ausführlich die körperlichen Stön}n<)'en der Kinder an; wir finden dort in 10 fUlen Spraeh* stüruDt-<*n. in l 1 allen Schwerhttrig^kdt.

Weit ausiüiirlicher als dieser offenbar durch die Behörden selbst etwas «ingtaehriiakte Bericht ist der, den Cnssel gegeben liat Cassels Berieht ist insofern besonders Ton Bedevtmg, eis er anf das Laufen- nnd Spreehen- lemen ausführlicher eingeht Daß LaofiBn- nnd Spreehenlemen in einem psychologischen Zusammenhange steht, kann ja wohl keinem Zweifel untere Hegen, und je gröiiere Erfalirurri; auf diesem Gebiete der Praktiker besitzt, desto eher kommt er zu diesem i'arallelismus. Von 123 geistig minder- wertigen Kindern haben im ersten Lebea^ahr 28, im sweiten iO, im dritten 4S^ im vierten 96, im fOnften 9, im seefasten 6 angefangen Isnfm sa lernen, das heißt in der Lebensperiode, wo man von einem verspiteten Laufealemen epreehen kann: na<^h dem zweiten Lpbensjfihre im ganzen 80. Es haben also tatsächlich 62 X von geistig minderwi r( ii;* n Iviurlern erst im dritten, vierten Lebensjahr oder auch später die Jb ülaiglieit selbständiger Ortsbewegung er- Jaagt Die rfaaehitischen Kinder schließen hierbei noeh nngttastiger ab als die anderen.

Ganz übnliche VeihSltnisse zeigt die Cassel sehe Aufnahme flber die Sprachentwickluug der geiptipr mindere ortij^en Kinder. Im ersten Lebens- jahre hatten zu spreeheu bejjfouueu l^eiu Kind, im zweiten 26, im dritten 40, also im zweiten und dritten zusammen 66 Kinder; im vierten Lebensjahre 88 Kinder, im filnften 10, im seehsten 8, im siebaiten 1, im achten 1, Tom vierten bhi achtn Lebenidahre also 68 Kinder. Darsns geht hervor, daß TOB den 118 Kindern, über die bestimmte Mitteilungen gegeben werden konnten, nur 66, das heißt 51 X, am Ende des dritten Lebensjahrea zu eprechcn besronnen hatten, dagegen 62, das heißt 49 Xi erst von viel spä- teren Tenumea au.

Die Pirttftmg der Sinne brf den sehwaeh^iügen Kindern ergab in Bezug «af die Angmi bei 10 X ^s nngenllgende SehsehSrfe, in Besag anf das GehOr bei 83,7 X normales CM^, bei 15,5 X dne Abschwächung desselben. Auf beiden Seiten herfib^eset^f war das Gehör 16 mal, auf oiner 5 mal. Bei den 20 gehörschwachen Kindern fanden sich 12 mal Spracliti liier und zwar Stets Stammeln. 15 von diesen Kindern hatten gestörte Nasenutmung. iiinder- nisse in der Kasenatmung wurden im ganaen bei 61, daa heißt bei 98,6 X geÜBiden. Ton diesen 61 Kindern ndt gestörter Nssenatmnng hatten 14 Herabsetzung des Gehörs, 22 Sprachfehler, und zwar 20 Stammeln, 1 Stot- tern, 1 Uspebi. Unter der Gesamtsahi der Kinder (129) litten 48, das heißt

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Rofenls»

88 fi, an Sprarhpjebrechen. An mrhr oder mindpr prliweren Graden von Stam- meln, SUbenabwerfen, Verwechselung und VerstüinriK lung von Lauten litten 84, Stotterer waren 2, Lispeln zeigten 4. Gerade bei diesen Kindern war die Spficlieiitwiekliiiig lehr TcnpStet; dfo HduiaU tob fhnea hat erat im dritten od«r Tfertfln Jahr m ipieehm logoimeit B«i dw gdatig minderwertigwi Kindern ist besonders anf die Gedächtnisscbwäche, wenigstens stati- stifich bisher wenig geachtet worden. Es aeifr^e Bi>h in der CaPRplBchfi! Aufnahme, daß 124, das heißt 97 ^ ein schwacbe» Gediif htnis iiattea. Die Fortselinttc in den Seholkenntniasen waren natürlich im allgemeinen gering.

CftBsel nntetteheidet auf Otoad a«lii«r aehr aovgaameii Anfieelelmmigea vier Ckide der aohwachsinnigen Kinder: 1) die aekwacli begabten Kin-

d(»r, worunter er solche versteht, dip pich nur wenig von dem Geistes- zustände des Kindes von durchschnittlicher J'-cLrabung unterscheiden. Sie begreifen langsam, weil die Bildung und Verknüpfung der Vorstellungen in gewlaaem Grade enebwert iat, aie beben aber fibr konbiete Begriffe gntes Veratlndnia nnd Teimlfgen, wie Arno Fneba aieh anadrilekt, daa emugeae Wiaaensgut zäh zu bewahren und das Schulpensnm schließlich zu bewältigen. 11 von den 129, das heißt 8,5 mußten dieser Kategorie zugezählt werden. 2; Die Schwachsinnigen ersten Grades. Hei diesen bestehe eine meist schon dem Laien offenkundige Beschränktheit nach Umfang und Tiefe des Denkeaa. Daa YonMUungsvermögen ari bei ihnoi denflieb befabgeaeteti die Anffaaanng Terlaagaamt, nnvottatlndigt die Eombinatfosagabe maagelbaft, die Zahlenvorstellnngeu iu der übergroßen Mehrzahl minderwertig, das OedMebtnis schwach. TTiorzu zählen 77, das iieißt 5fi.6 X der Kinder. 3 Der Schwach- sinn zweiten Oride?, der auch als Ilalbidiotismu.s bezeichnet wird. Diese Kinder sind von trüii an körperlich und geistig wesentlich zurück- geblieben, liaben apit laufen nnd apreeben gelernt, die Spraebe iat biniig mangelbaft. Vorwiegend bandelt ea aidi um Stammeln, ea beatebt aber aaeb Sig^atismna, Bbotazismns, Gammazismus, Silbenabwerfen usw.; dioHemmvng der Denkprozesse erreicht einen hohen Grad. Eindrücke liaften nur. wenn sie unendlii li oft wiederholt werden. Die Aufmerksamkeit iat schwer zu konzen- triereu. Dazu kommen nocli Abweichungen auf moralischem Gebiete: über- triebener Egoiamiu, Neigung an JXhsom, Trotz, Eigensinn, Zankanebt, Yei^ togenbeit Dadnreb entapreoben die Kinder Ufnfig dem von Sollier aaf* gestellten Typus der antiaoaialen Individuen. Diese Kategorie war durch 25 Kinder, das heißt 19,3^, vertreten. Endlich 4 die Idioten, di^ nnf so niedriger Stufe geistiger Miaderwertigkeit standen, daß sie vermöge des Defekts der elementarsten Vorstellungen Hir den gewöhnlichen Schulunter- ridit ala ▼Ollig büdnngsaniäbig beaelehnet werden mußten. Sprachgebrechen, atumpfoBt apatbmcbea Weara oder ttbergrofie AgiHtiit und H nakdnnrube, un- ruhiges Hin- und Herlaafen, neugieriges Betaaten, nnmotiviertes Lachen umr. sind chnrakterieifischr Kennseicben. Idiotiamua wurde 18 mal» daa beißt in 9,3 X der Fülle gefunden.

In praktischer Iliuaicht sind besonders die Untersuchungen und Dar- atellungenYonPnoba, OOrke» Frenxel, Piper, Knopf, Lnquer, Doli, Liebmann n. a. an nennen, die aneb in Sänselbeiten payebdtogiaeb Intei^ eaaantes darbieten und die bier infolgedessen Erwfiuuing finden mflaaen. Besonders die Bücher von Arno Fuchs, einem Pädagogen, und von Wey- gan d, einem Philologen and Mediziner in einer Peraon, sind leeenawert. In

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sehr klarer und eiüleuchtender Weise schildert "\Vi } ^raud die Entwicklong der Sinnestäti^keit bei idiotischen und imbeciUen Kindern, wobei er sich im wwenflielMii aUerdings a& ^ AmraiBiingen von Söguln vadSollie? Uli.

Vinm niMgtm Beitrag, der tnoh psyehologiidi grüQenB LitereiM Uetet» ZOT Begriffseatwicklnng bei SchwachbefUhigten und Schwachsinnigen gab Herbericli Als das einfachste und sicherste Mittel znr fl'MOif::f>n Kntwirk- lung und Aneignung von Begriffen betrachtet er die natürliche, unmittelbare and lebendige Anschaanng. Deshalb maß jede Biidungsanstalt für Schwach- alimige dne ümgebong haben, die redit viel Gelegenheit rar Anaohtnaog bietet Sie maß in der NMlie von lehhalten YerkehrMtrmfien, von Eiien- bthnen and FlUssen gdegen sein, da sich dort eine Fülle von Momenten erproben, die da? IntereßBe der Schwachsinnigen aufrütteln kiinnen: f^ie soll aber auch landschaftlich Anziehendes bieten and den Sinn für die Schön- heiten der Natur, für Tier- und Pfianxenleben wecken. Daher seien auch hSufig Spaziergänge notwendig, denn nf dieeen werden alle Enwheinmigen begiettg anlgefliOt, beeproehen und vom Lehrer mr betiehtigtt und die auf diese WeiM erworbenen Begrilfo bleiben haften. Dazu gehören auch Garten- arbelten und Anlef^en von SammhinjreTi , denn jeder GegenstAnd bat dort seine dem Schüler bekannte Geschichte und darum nm so mehr Interesse. Wo die anmittelbare Anschauung für die Begriffsentwicklung nicht geboten weiden kann, mmB man eleh mit Modellen oder mit AbbUdnngen helfen. So empfiehlt Herberieh die bei Herder in Frefbing ersehienene Büdecfibelt jfonier Leutemanns Tierbilder nnd besondere a«eh die großen Wandbilder, 8. B. die von Schreiber in Eßlingen.

Ebenfalls von psyrliologischem Interesse, besondere in Bezug auf die, wie Referent ausdrücklich hervorheben muß, aasgezeichneten £rfolge semes Yerfahreos, ist der Yortrag, den Piper aof der elften Konferenz für Idioten- pi^ lad Sehnlea für •ehwaehbefithigte Kinder an Bremen hielt: »Wie kennen wir die sprachlosen schwachsinnigen Kinder zum Sprechen bringen?« Die ein/oln^-n dort in dem Vortrage mitj^eteilten Beispiele des Verfahrens zeigen nicht nur die unendliche Geduld, die zu dieser sehr mühseligen Arbeit gehört, sondern zeigen auch, daß durch sorgsame Beachtung aller noch bei dem idiotiaohen Kinde voriiandenen Peraqitionsw^ ea aelbat fn. veicwei« fdten ntUen geliitgt, aehliefiUch Spraehe an enielen nnd damit das Kind auf ein geistig hohnrea Kiveao m heben and seine fernere Anabfldoig an efmO^licIien.

In ähnlicher Weise hat Fre nzcl die sprachliehe Entwicklung bei sprach» losen Geistesschwachen vorgenommen. Et stellt dabei drei Stufen auf:

1) Übungen der Sinne nnd der Bewegnng anter besonderer Berlldcsieb- tignng der Spiaehwerkieiige: Bewegnngs- nnd TKtigkeitafibangen-,

2; die sprachlosen GMatesschwachen müssen zur Lantäußemng veranlaßt werden, Lantentwicklun^ nnd LautvrrbindnTitren einüben: mechanisches Spre- chen ohne Rücksicht auf den {reistigeu Inhalt des Gesprochenen, und

3) die sprachlosen Geistesschwachen werden in das Verständnis und den Gebraoeh einer elementaren Sprache eingeftthrt: Klar- und Feststellong der Yorstelhnigen, ihre spradilicbe Eraieloag nnd Sprechen in den allereinfaoh- Bten Spracliformen. Er geht damit denselben Weg, den das normal ent- wickelte Kind f?elit. nnd handelt nach dem Grundsatze; >KütwickeIe die Sprache beim sprachlosen Geistesschwachen, wie sie daa Leben in dem voll- Biuuigen £iade erzeugt«

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Uezkttll. J- von. Im Kftmpf um die Tierieele. Ergebnisse der Physioloprip Horai!««7f^<?"ebP!i von I. Asher nnd K. Spiro- 1. «Ihrg. II. Abt 1902. Separat-Abdruck 1902. Wiesbaden, J. F. Beigmuiiu

80. 24 S. Mk. 0.80.

Die dualistische Strömung, welche in der Seelenforschung unserer Zeit 2U Tagü getreten ist, könnte keinen kias^ischeren Ausdruck fiaden als iu dem gegenwärtig am die Tfoneele enMnuiatai Streite, m wdchem anch in vor- liegender Sehrift die Wort ergriflim worden iet Zttr Tfeieeele ▼ereneheii heute bekanntlich verschiedene Wissenschaften vorzudringen, von denen Physiologie, Biolo<i:ie und Psychologie ohne Zweifel die hen'orragendsten sind. Das Ziel ist allen gemeinsam, der Weg eines jeden aber ein anderer: Physiologen und Biologen dringen vom Leibe her, die Psychologen aber von der Seele selbst tos vor. Man sollte nim efwtrten, daß beide Gruppen auch «nf Huren Teneliiedenen Wegen am gemeiniemen Ziel snaammeakoDuneB wttrden. Sie kommen in Wirklichkeit aber leider nicht zusam- men und darin wird schon rein äußcrlicll die dnalistieehoStrO* mung unserer Zeit auffällig sichtbar.

Nach dem Verfasser obiger Schrift, die einen Bericht Uber Psychologie und Biologie in ihrer SteUiing zur Tierseele darstellen soll, in Wirklichkeit aber niekr eine enbjektlTe ÄvOemng dee VwfiMaera m den Klmpfen draeer Wieeentdttftagebiete darstellt, spitzt sich der Konflikt zwischen den Psycho- logen, welche »die TTandlungen der Tiere auf die Tätigkeit einer im Zeutral- organ wirkenden Scclf bezogen«, und den Physiologen, welche »n^ieh dem Ursachen der Muskel bewegungen in der anatomisch gegebenen ürundlage suchten und in den Nerven wellenförmig ablaufende Erregungsvorgänge fanden, die die Mnekelbewegiüigen venuüMeteo«, auf die »eebeinbar abliegende« Frag» so: »In welchem VerhSItaia eteben nnaere Enpfindttngen an den Vozi^Uigen in unserem Gehirn?«

Unter ausfuhrlicher Zurückgreifung auf Kants transcendent.'ilpn Idea- lismns sucht er diese Frage uns zu beantworten. Er gelangt daiiin , daß Gehirn und Erscheinung zwar zusammenhängen. Ja, er bringt sogar, da »in dm NirtnrwiBBenaebaft vwlangt wird, daß jedenmal in der Anaehammg der Beweis fttr die Blobtigkeit der Begrifliiverbindiuig geliefiBrt werde, wdeben Beweis wir ein Experiment nennen«, den experimentellen Beweis daflir, tind ich will dem Leser den Spaß nicht versagen, den naiven Herrn, der sich als »Physiolog, aus der experimentellen Schule hervorgegangen« ge- bärdet, hier mit seinen eigenen Worten reden zu lassen (S. 15 f.) :

»Wir wollen jetat an dem eiqperimentellen Beweise Qbergeben, den sowohl die veigleicbende Physiologie wie die vergleiebende Fayehologie ala Ezperi- mentnm omcia anrufen, nra ihre AnaprOebe an begründen.

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BesprechuBgen.

91

»Denken wir uns, wir vermochten mit Hilfe von verfeinerten Röntgen- itrahlon die Erre^ngfßvor5j:Hiisfe im Ncrven83*8tem »l»^s Mongchon in Form von be'*\ ( ijlH lien Schattenwelien auf einen Schirm vergrößert zu prqii/itTi'n. 80 dürtun wir imcii uoBeren blBherigen Erfahrungen FolgenUes erkürten: Beobaehfcen vir eiao Venaehipenoii, wUmad In der Nilie eine Qloeke m- fesehlagea wird, so sehen wir den Schatten anf dem Schirme (sie Zeichen IHr die Enegnngswelle des Nerven) durch den HOmerven zentralwärts enen, wir verfotijen den Schatten bis in das (troßhim. \m(\ wenn die Versnchs person aut' den Sehallreiz hin < iae Bewegimg macht, so kommen auch zentri- fugai ablaufende Schatten zur Beobachtung.

»Jetet Selsen wir ms selbst Tor den BOntgenapparat md beolieebfen nnsere eigenen GeUnreiilnderangen im Seliattenbilde. Wir weiden gtns gensn in gleichen Erscheinungen beobachten wie vorhin, mit dem einzigen Unterschied, dass im Moment, in dem die SchattenweUe snr Großhirnrinde gelangt, wir den Ton der Glockt* hören.

»Eb wird Bicher Iruher oder später auf diese oder ähnliche Weise ge- lingen, dnreh SellMrtbeolMMshtiing (!) festinsteUent liei welcher StsUe Im GMiim nnsere Emp&idwigen ansprsehen (It) . . .

Ks ist daadt die Tatsache (!) des Znsammenhanges dm Gdilmes ndt den filBcheinnnpen Tinwifierlesrlifli (! ' festgestellt (!!!)...«

Ein polrlu s ülieiitcu rliehes Phantasiegebilde i la Jnles Verne heißt dieser VertaaBer nun einen experimentellca Beweis!

Hnn das Wie? des Znsemmenhsngs von GeUm und Erscheinung flOurt er irdter ans ~ sei der Fnnkt, an dem eine jede naeli Erkenntnis strebende Forsehnng scheitert.

Da man nur unter der Voraussetrnnpr, daß »ein dem unseren gleich- gebautes Gehirn eine gleiche Seele habe wie die meinige, Bcbließeu krmne, daß bei gleichartiger Erregung des Gehirnes auch gleichartige Empfindungen entstellen«, so entsteht das »merkwUrdlge Yerblltnis«, in dem wir nns den Heren gegenüber befinden: »Wilurend wir unseren Mtmensehsn (mit Beeht oder mit Unrecht bleibe dahingestellt) die gleiche Psyche sosohreibcn, die wir f»o!bf?t befitzen und die Äußerungen dieser identiBchen Seele nach der unseren zu beurteilen im stände sind, befinden wir nns schon den höheren Tieren gegenüber im Ungewissen, ob wir ihnen eine Seele Uberhaupt zu- sebreiben dürfen.«

Das Besnitat ist scUießUcb, daß »die Erkenntnis einer fremden Seele ans dauernd verschlossen bleibt, da 08 keinen direkten Verkehr von Seele 7.U ' ic gibt«, also eine TOUige Abweianag der Mtfglichkeit des Analogie* Schlusses.

Nach diesen Leistungen ftihlt er sich befugt, die vergleichenden Psy- chologen iu geschmaekroller Weise ndt Stotterern an veijg^diea, denn Forsehnngsrssaltste MXrehen an heißen nnd addießlidi In dem Sats an gipfeln: »Die Biologie wird, nachdem sie erkannt hat, daß es sich bei den

Behauptungen der Psyeliologie um tmbewfisbare Spekulationen bündelt, auf diese keine Rücksicht mehr nehmen, sondern unbekUmiiiert um weitere An- griä'e sich ihrem klar erkannten Forschungsgebiet zawenden.€

leb wtlfde diese Schrift, die in dem, was in ihr richtig ist, dem Psycho- logen nichts neues bringt, in dem aber, was sie neues beweisen wül, niebts beweist, gar nicht, am wenigsten an diesem Orte, der Besprecbnng lilr wert

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92

Beipi«6lraBg«n.

{gehalten haben, wenn sie nicht in dem Fahmaeser einer heute anB der Phy» eioiogiü breit augstromeQdea, mit beispielloser Anmaßung aaftretenden Rich- tung schwämme, die darauf abzielt, die seeliachen Prozesse als physiologische ProMCte und die ganse Pqroliologio nur all eine Art dtr Physiologie aaf- zofasoeiif wobd rie tioh diiroli den gänzlichen Mangel ui pqrelkologiaeher Bildung oder aneh lellwt nw iNjebologieehea VemOiidaiHee miTotteflbift auszeichnet.

ludein diese Richtuug selbst ganz inaterialiHtisch denkt, schiebt sie auch den Psychologen eine ganz materialistische Seele in die Schuhe, ein gewisses Etwas, das awtsehen dem Rdi vitd der auf Uta folgenden Reakttoa gewisaer- maßen tidg sein soll. Es ist aber gar nicht wahr, daß die Psydtologea

*die Handlungen der Tiers auf die Tätigkeit einer in Zentralorgan wirkenden

Seele bezogen« nie schließen in TVirklirhkeit nur aus flen Renktionserschei- nung^en der Tiere analog zu ihrem eigeüeu Seelenleben aui einen nicht näher bcHtiumbaren Trozeß, schließen ebenfalls analog, daß dieser in einem mehr oder minder dealUehen B>wii6t8ein ablaofe, nnd heißen seUießUeh die Oetamtheit dieser Eneheinmlgen 'seelisehe Erseheinnngen. Daß man durch die Beobachtung der Reaktionserscheinungen, die nur eine äußerliche ist, noch gur nichts über deren inneren Ablauf weiß nnd noeli weniger Uber die Rolle, die dat« Bewubtseiu dabei spielt, entgeht diesen Physiolop^en mangels irgendwelcher tieferen psychologischen Bildung gänzlich. In uns Ifenschen selbst sehen wir jedenfiiBs diese FMwene in efaiem Bewnßtsein sblanfen, nnd noeh niemand hat einen Grnnd namhaft gemaeht, warum dies bei Tieren nicht ebenso der Fall sein sollte. Wenn wir diese Vermntnnfr nirht fiirekt beweisen, sondern nur auf Hnind eines Anaiof^ieaciilusses annehmcD kijuuen, so können wir sie aber auch ebensowen* : widerlegen. Wenn uns aber wirklich die Erkenntnis einer fremden Seele daaemd versehloasen bliebe, wenn wir wiiUieh sogar nnsein Hitnensehen mSgiiefaer Weise [mit ünreeht die i^ehe Pi^yehe zuschreiben würden, wamm hSt es Herr von üesküll dann Uberhaupt noch für n9tag, Heine Anschauungen über NMrhBti nspplp imd Tierseele seinen sogenannten MituieiiBchon rr>'fzni(>\\(ix\? Ol) iiliritrcii^ mehr die Setleutlieorie der vergleichou- den Psycholc>c, u, oder mehr die Iservenwellentheorie der vergleichenden Physiologen, wie Ueilcllll, den Namen TatsMhe oder Spelndation verdieot, will ich beeeheidener als dieser hier lieber ganz unbeantwortet lassen.

Jeder wahre Foneher wird die beste Leistung in der Erforschung eines schwierigen Problems von der friedlichen Zrisaramenarbeit aller beteilis-ten Kräfte und aller Gegensatze erwarten. Abbicliten wie die, daß «Iii- i>iolügie keine Rücksicht mehr auf die vergleichende Psychologie nehme, »luü. deshalb weil von einem Fanatiker, keinem Besonnenen geschrieben nnr be- daneiUeh. Ihre tslslehliehe Verwiddiehng würde niehts wie eine dnreh Umncht herbeigeführte Degeneration jener Richtung selbst bedeuten. Anf Arbeiten wie die vorliet^ende riüerdings wird die vergleichende Psychologie jederzeit ebeuäo wie die Wisseuschatt Uberhaupt ruhig verzichten können.

Dr. phtl. Wilhelm Ament (Wttiabaxg}.

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