AETAS KANTIANA

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AETAS KANTIANA

Das kritischc Werk Emmanuel Kants, 1724-1804, bcdeutet einen cntschcidenden Wendepunkt in der Geschichte dcr dcutschen Philo- sophie; besscr, der Philosophie iiberhaupt. Zwischcn 1780 und 1800 liess Kant erscheincn : Die Kritik der reinen Vernunft, 1781; Die Kritik der praktischen Vernunft, 1788; Die Kritik der Urteihkraft. 1790; Die Religion innerhalb der Grenzen der bhssen Vemunft, 1793; Die Metaphysik der Sitten, 1797. Nicht aufgefuhrt sind dabci jene unzihligen Schriften, die dazu bestimmt wuen, die in dicscn gnuidlegenden Werken au90BSprochenen Prinzipien zu verteidigen.

Kant hatte nicht nur SchiUer und Bewunderer. An Gegnern fehl- te es nicht. Es waren dies vor alkm die Verfcchtei des WolffK^hen und Leibniz*schcn Rationalismus. Andererscitz waren es Fichte, SchcUing und andere Idealistcn, die aus den von Kant au%esteUten Prinzipien die extrcmiten Forderungen zogen.

Wenige Perioden waren so fruchtbar an Auseinandersetzungen von Ideen, an Versuchen von SystembUdungen. Die Kant*sche KritUc gab den Anstoss zu einer ganzen phUosophischen, kritischen und po- lemischen Literatur. Sie ist auch heute nodi sehr miichtig.

Trotz der verschiedenen und oftmals gegensitzUGhen Stromun- gen, die sie charakterisieren, bilded die Aetas KaUkna ein unteUba- les Ganzes : etwa die ersten vierzig Jahie der Bewegung. Dieses Gan- ze, diese Aetas Kantiana, besagt eine enorme Literatur. Sie umfasst viel mehr als dic grossten Autoien diesei Epoche, sie seien nun kan- tianiK;h oder nicht.

Dies ist der Grund, warum es ntttzlich, ja notwendig achien, die Werkc in einom mdgiischt voUstiindigen Corpus zusammenzusteUen. Unter dem Namen Aetat Kaniiaim werden also, im Neudiuck, die Origlnale odei die beatem Auigaben der lepiiaentativsten Weike dei iCant*schen Aeia pubiizieit weiden; mit Ausnihme, woUgemeikt, der gioisen Gesamtauigabea, dle leicbt ziigingilGh slnd.

IMPRtSSION ANASTALTIQUE

CULTURE ET CIVILISATION

11 S avenue Gabriel Lebon, BruxeUes 1968

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GemeinfafsUche

Darstellung

der

Kaatifcliea Lebrea iiber

Sitdichkdt, Freyhek, Gottheit lind Unsterblichkeit,

voa

Aiubcoiiut Bethmann Bernharcll,

Freyberg, 1795. in d«r Ciwtidwii liidihiiidlaBg.

LOAN STACK

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V 0 r r c d e.

Oie Abacht diefcr Schrift ist vorziiglich, gebiidetc Pcrfoneii, die theils diirch inaiiiugfiiltige Gtfchifte, theilt diirch die Unbek«nnt(chaft fiile der philorophifchen Sprache) aiifler Stand gcfetxt find , die Kanti- fchen Schriften oder^andere, die eine ganz iRPiiIenrchaft|iche Einrichtung habcn» zu be- niitzcn, mit Ideen bekannt zti machen, die in dcn Aiigcn dct VcrfalTert vou groitcr Widu eigkcit iind. Er hatte fchon lingtt alles Fhilofophircii uber dcn Jetztcn Criind der Sittlichkeit aiifgegebeny iind fich bloft an die cinzclnen Gebote der Pflicht gehalccn, alt die reinc Moral atifgettellt «urde* Diefe gab ilim dic Befriediguiigy die er je zu findcn gezweifelt hatte, und war ihm um (b ^WU

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koQifiitier» }e peinJidier oft ieiii Gefi31il getve(ea war, wenn ec das, was ihm offcii* baie Pflicht fefaien» voit andeni wegvernunf- teln iabf und > tnittelbarer oder iinmit- «dbefer Weife «ul 4ie Epieurifche Lcfare vcrwiefen wiircle, ohne ttn StaiiJe zii fcyn, leine eigeneii Urdieile mit liiiilanglicfaeia Grunden zu un(erstiitzcn. In cinem ahnli- cfaen Falle be&nden ficfa wafaricfaeinlicfaer Weife nicht wenig Menfchcn, ohne Mufe fu faaben die Kantifcfaen Jdeen ficfa aus fol- chen Buchern bekannt tu machen, die ein ibrtgeietites Nacfadenken erfordem. Dieft itt die erste Claile Ton Perfoneu, denen diefi Bucfa bettimmt ist Eine sweytc ClaiTe be« flteht atit folcfaen, die an aller Pflicht twei« feln» aber diefcibe fiir fich, wcnigstens in gcwifler Ruckficht, gelten lafTeny und eben deswegen nicht abgeneigt fiud fielchrung enxunefamen. Hiersu k5nnen aiicfa dieieni- gen geiecfaoet werdeu, dte» thrcr wahreii

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oder TOfgeli|tchen Uibmeiigitiig tren» nnr dcn Eingebungen der Selbstliebe folgen ^ «enn fie iloch «ii£ dcn Gcdanken kommen Ibllfen, Tngend ihren giiten Grund habcn konne» und dann eino Belehnuig fucb- ten, die fidi ohne grofte Anstrengung erhal- ten ilitt. Fur diejfe ChOIe Ton PcHbnen ift dnBueh, wie dielci fiyn foll, um ib Tiel nothiger, da die Strcitigkciten uber die Kenttichen Lehren vor dat grofie Publikum gckommea find, und dieiet vcrlcitct wird» fiber eine Sadie abaiii»feehen, die et nur von ciner Seite kcnnea icrnt. Wie yieie Menlchen mdgen nicht den S^tteleyen tiber den categorirchen Impcrativ ihrcn Bey£di gegeben liabett» obne ta «illen, dait cr nichts anders enthalt als das Gebot: ▼ernunftig lu handeln. Wenn fie gar nichts dabey dachten, fo lachtcn Cic niir Obcr ein, fur fie icercs, Wort. Aiiein dicA ist nicht itomcr der Fali. Oft faHcn gerade

diejcnigen» \telcbe an allciu GninUe dcv Ffliche tweifelii, fo viel dtvon, cbfs «tif uneigcnnutziige Tugend kiiuveifc; iie Iteheu allb nteht itber du Worf, lbn<lerii iiber die Saciiey und werdcn iu ihreu- Un- ftlattbcn noch mehr besfSrkt. Triumphirten iicy fchon vor der Kantirchcn Morallebre, aicht ielten» imn fie faheu» daia dicfeiiigen» vpclcbc ihre Grundfaczc verwarfen» nichts tiber alJe Einwendung erhabenet dagegen vorbriugcti konntcn; fo gefchicht cs niin noch mefar» indem fie wahnen» da6 auch das, was die neucre Phiiorophie lehrt, cben fo wenig Uaitharkeit habe» als alle vorher- gehende. Menfchen, die nach ilirem Leben ihre Grundnitze einriciiten» auf anderc Ge-> danken tn brtngcn, darf man freylieh nieht fo leicla erwarteu. Aber dais die Meuge dieler Menfchcn imnier geringer werde, diefs iiauu inau von der \'crL*' citung dcr rci« nen Moral mit Wahrfcheinlichkeit hoifcn*

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Wenn ct Ib ^veit fekonuneii feyn nurd» CU6 keiii Menfch et wagen darf, cUt Gefuhl von JLutt oder Unltist alt (Ut hoduie Gefets fiir alle Handluugen amugeben, ohne fich ale einen nnvernunfcigen Menichen dar- futtellen! fi> wird die noralifehe Zwei« leiibcht geiwungen ieyn fich su verbeigen» uncl dadureh nigleich eineu groiiett Theil ahret Einflullct verliefem

Endiich itt dieit Bndi auch fMlchen» gebildeten aber nicht mif der Fhijofophie bekanaten, Perfoneu bettimmt» welche (itt« liche Gute fur die hoehtte Bettimmung det Menfchen iulten» aber gUuben, dafs die Lehren, die tu derielben luhreny Gluckfelig- keittlebren find, und die Kantifchen Grund- fttse entweder lur mufiige Speeulationent oder gar fiir gefilirlich halten. Diefe Per« Ibnen anf datjenige aufmericiam su maehen wat aus ibreo Grundritzcn folgt m\d, vs9

VI

nioglich» zu eiaer audern Meiuung ubci-

Kants Morallehre zu bringen, fchieo dem

VcrfalTer cbeufalJs von Wiclicigkcit zu fcya.

Ste bef5rdem oft wider ihren Willen die

Uiiiittlichkeit, incieiii fie Regelu des Vcrhal-

tens aufetelleny dte gar gemifideucet

weiden konnen> und hindern dcn Eingang

ibkher» die am meitlen gefchickt find»

Tugend zu bcfordcrn.

Wat in Bcziehung auf Sittlichkett gelagc

worden ist, gilt auch gr6r$rentheiJs fiic

die Retigion* Es war eine Zeit «o man

glaubtc, dafs alle Menrchcu durch diele tUT

IHigend gdeitet werdea konnten. letst

icheint es nothwendig, fiir viele die Sache

umzukehretty und fie durch Tiigend sur Re*

ligion zu fuhren. Auch in dicfer Rtickiicht

konnen die Kantiichen Leliren ausgebreiteten

Nutcen haben, und bedurfcn detwegen eben (b

gut einergcmeinfafsiichenDarsteliung, alsum dem achten Begriffe der Fflicht Eangang su

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VII

vericlialiieii. Audi iit diefelbe «iedcnmi um fo noihigcr, jc h^iiifigcr die Mifsvcrstand- ailfe ubcr dic wabreBdcliaffeiiheit leiierLeh* ren ubcr Gott und UusterbJichkeit fnid.

Ob iiiiii clie Abfichten» dte diirch dieies Buch bcfordert wcrdcn follen, nicht fchon durch fo vieie aadere Schrifteii» ivelche die Kantiicheii GrundAtfe erHuCem, erreicht werden konnen darf freylich der Verfaf* •ler ntcht mit Gewifiheit enticfaeiden. Aber fo Tiel muif ilim erlaubt feyn zu iageuy dais die Erfiihnmg ilim hieruber Zweilel gelalTen hat. Uiberdielf muis feine Rechtfertigung in dcm Buehe felbtt gefueht iverdett* Uegt demleU ben eine Form zum Gnmde» dic fich noch an keiaem andem findet, oder iit die Aiif- fiillung derfelben noch nicht ebcn fo da: Ib kann der Verfiich lelbst, die Gnmdtdeen dcr rcincn Moral und der fich darauf beue* iMidea Religion gemeinfaftlich danutteJJen» ebcQ fo wofiig getadelt werdcn, ali irgend

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ein Verfucbt die Sitcenlehrea iibeclittipt ISt eine gewiAe dalle von Menfchen (6 rona» tragen» wie jemand glaubt^ daii fie am bei tea Eiogang 6n<len. Elne andece Frage aber iit^ ob iem VerfaiTcr dieTes Buchs iein VerTuch gelungen iey» Htertiber wird er billige Urtheilc gern fehen und, wcnn iic ihm vor

der Ausgabe det sweyten Theib bekannt

wcrdcn, willig bcuutieo.

Frcybcrg, dcn 12. April 1796*

Notbwendige Verbeflerungen.

S. 3. Z. $. 1. fo ist fic cs» statt: fo ist er es.

- ai. in dcr Note Z. 4. I. nte, smit nur.

* 89- Z. 9. 1. von. stiitt vor.

-114. - 34. I. uml d i c ihrc, starr und ihre.

*77- - 9. 1. dicfcp Willen, st. dicfcm,

- 194. - 31. l <iiberdiefii« tt. uberdem.

- t04. - 6. 1. G 0I d, sittt Gcld.

- t07. - II. 1. miiffcj vatt inufstc.

-317. - 5. 1. vorhcrgekhc, sc, vorhergchn.

2:4. - 9. 1. ihm» stsn iHn.

* 934* - 5. von unten, I. b h s 1 1 e n, st. sbhslte,

- 340. - n. l. frngcn, sittt fragrcn.

- 149. - 6, von unrcn, 1. ihtn, st. ihn.

- 258. - 24, 1. VorsteU ung, SK Vor^tellungen,

E1NL£I.

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EINLEITUNG.

Gelchlelite in die Vergangen* hcit zuriick gcht, iind Co weit clie Gerchidi» te der Gegeiiw«rt fich uber die Erde cr« fireckc, fteUt fie luif tiberall, ivo die fchen in einiger Gemeinrchaft lebeny eineil Udterfchied dar» dea fie swiiclieii ilifca ftejwiliigeii Handluiigea macheii. Uiberall findet tnan die Worte: gut und bore, recht und unrecht» erlaubt und uu* eriaubt, in den Spraehen ieibtt derjeni» gen Voikerfchaften» die man ok unter dem Namen dcr Wilden begrcift, So dunkei tmd ib cingefchrankt ttun auch die Begrilfi» leyn mogcn» wclehe mit diden Worten dio* jenigen McnTchen verbinden » die noch auf A

dcr Cistcii StufFc der Cultur ftehcu, (o i<ifst lich doch oicht denken» dais gar kcin Iic« griff damit verbiiii<len wcrde. Ift ir^cndwo dic Sprache dcr AusJnick dcs incnrchlichcft Gcistcs f fo ist ^ cs gcwiis bcy dcn Volkcr- fchafcen» dcrcn Ideenkrcls noch fehr cin- gcichrankt ist, Auch ist es nicht fchwcr dic Handlungcu zu dcnkcui auf welcUe jcne Bcgriffe zucrst angewandt werdco. Allei was nothwendig beobachtet oder vennieden werdcu nuifs, wcnii nicht dcr Zwcck dcr btirgerlichen Gefcillchaft vereiteJt, wcuo Hc nicht ielbst ein Unding feyn foU, ist in den crstcn /.ciccn dcr Cultur das Kccht uud da; Uurccht,

Ic hoher dic Stiiffe dcr Bildung ist, zii dcr iich ein Voik erhobcn hat, dcsto kla- ler und ausgedehnter fehen wir jene Be« grifKe werdeh. Und diefi kann (chon de?- wcgcii nicht anders fcyn, wei) fie auf eiue viel groisere Menge voo Handhingen ange* wandt werden, alt in der Kindheit einet ^ u!k$ Statt tindcn kd'm. le cinfacher die

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Veffliiltiii6e der GUeder einei Volkt fiad, detfo feltner komtiit die Anweiuluiig i)er Be*

griffc von Recht uiid IJnrecht vor; jc man- nichfaitiger jene werden, dcsto haiihger ist dieic. Der menichiicbe Geisc fiihlt dann das Bedtirfnifi die dunkeln Ideen aufituheU len, fo wie fich dcr Krcis derrelben erwei- tert» und ein Sclirit^ TPomit er dem Lichte naher tritt, giebt ihm auch Kraft dcn £oU gcuden zu thiin.

Noeh ift aher ein Umftancl ni bernhren»

dcr uicht wenig dazu beytrigt, dafs die Vor- ttellungen von Sittlidikeit mit den Fort- ichritten» imlche die Oiltur einet Volkt uberhaupt macht, faft gleichen Gang halten. Ebcn die Uriacheny dic diefe befordern, find aiich )enen giinttig. So wie die Men^ fchen in der hurgerlichen GelelUchaft nicht niehr alle ihre Kriiftc brauchen, um die un- entbebriichtten Bedurfiiiiic dct Lebent lier- bey su lehaflfen, begniigen fie fich auch nicht mchr rait dicfen. Auf die Erfindung dcr mcchaniichen Kunste Iblgt dieSchopfiing dec

freyeii. Man crhuht uiid vervielfacht dcu Geiiuis dcr cnten Bcdurfiiifie, luid fiicht dis Bequcme itod Sch6iie»

Untcr dcm Strcben luich ib mMinigfal* dgcn Giitcrny wird cs btld naturlich iind

nothwendig, dic Arbeiten zii vertheilen. Schon (licTc Vcrthcilung dcr Gcrchifte, noeh mchr abcr der Reichthttm, der dadurch nach iind nach entsteht, gicbt manchem Glicde dcr Gcrellfchaft ncuc Muisc. Und i(t dic cnte haupt(MiUdi angewandt wordcn, die leincre Sinnltchkcit .lu weckcn und fu bc* friedigen, fo wird die zweyte, wcuigstcny sumThcii, dcm BcdurfniTs des Gciftet gc- widmet. Nicht mehr tufricden mit dem fmiiJichcn Genufse verlangt man auch geisti- gcn. Mau wiii nicht Uos iiiliicn» rondcm auch wi0en. Zwey GegemHnde muilen dn befonders dic Wi(sbegicrdc rcitzen : die Na» tur, deren Grofse und MannigfaJtigkeit dic Aiiimcrkiamkcit an fich reiist— tmd der Mcnfch» deflcn Verstand und dcflen Wille iuimcr wichcigcr wcrden» jcmciir dic Fahig*

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ktUtea dcf einen ficb entwickela» imd je* iiielir die Handlangsweiie det andern Einfluft

auf das Wohl der ganzcn Gcfelirchaft imd eines jeden Gliedes dcrfeibeu bckommt. Dec Wirkungtkreit des WiJlent ttt iinterdeilen fi» tveic gewordeuy dafs felhst die mannigfal- tigsten Gefetze, die ihn bandigen folicn^ nicht mehr hinreichen. Man ftngt aiich an xtt fuhlen, dalt» fo ▼ollkommen fie feya raogcn , doch mir wciuge Handlungcn da- durch erawun|en werden konneni und je^ mehr maa diefen Gegenttand verfolgt^ detto mchr (ieht man cin, dafs auch auf die Ge- finnungen gewirkt wcrdcn mu&, uud dafs es Pflichten glebt» die awar dem Gewiflen ei^ net jeden xu tiberlaflen» aBer nicht weniger wichtig (ind, als diejenigen, welcheman nach Anleitung der burgerlichen Geietxe xu be« obachten hat. Et itt alib natiirlich, dafs Min* ucr auftreten, wclche dicHauptpflichtcn dar- xutteiien unddcmMcnfchcn ansHerz zulegen fiichen, Hier find wahdcheinlich in dcs Hauptfache alle diejenigen cinig, welche Sittlichkeit bcfordern woilen. Nachdcm

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•ber dat GemSMe dts fittlidien Menlehen

dem Anfchcia iiach voilendet^ und von dem gerunden Verstande und dem unverdorbeuen Henen wiJlig aulgenonimen worden iai, vrirft man die Fragc aiif: wic ift das Ge^ malde entstanden? Ist es inebr als blofscr Schein ohne WtrkUchkeit? Wat ist denn cigentHch derGmnd» um defrenwillen fcdcr Menfch (ich dailclbe ziim Mustcr nehmen foil ? Oder, um eigentlicher lu reden* was ttt denn Pflicht? was itt Sittlichkeit? Bey diefen Fragcn, die mancheu verwirren, wircl es nothwendigy die Krafite dcs Mcnichen su unterfiicheui und der Geitt, der lchon durch Ib manchen Gegenstand getibt worden ist, tnacht fich feibst zum Gcgenstaiide fcinct tieftten Forichent.

Man kann aiif diefc Weife in dcr Kennt* aiit der Pflichten drey Epochen unterichei- den. In der ersten begnugt man flch mtC einem ganz dunkeln Gefiihle von Rccht iind Unrechty uud erstreckt cs nicht vicl weiter» «It die ttothwendigen Bedsngungen dcr bur»

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gerlichea GefcJifchafty oder bestimtiite Ge- letxe reicheiu In der sweyten enveitert

inan die Vorstclliingeii von giit imd hofe tind dchnt l\c aiif iiandhmgen aus» dic nicht iulseni» ibndera innemOeietfcn tmtcrworfen werden kdnnen* In derdritteii endiich fragc niaii nach den Qjyiellen aller dcr einzclncii Geietse» die dem gefiinden Vcrstande tityor einleuchten» und fiicht iinxweilclhafccGrund- fatic, aus dcncn allc PflKhtcii, dcrcn Erfiil- iung man fiir nothwcndig halt, hergeieitct werden konneii, Diefe Epochcn find firey* Jich nicht durch gcnaii bestimmte Grcnzcn abgerchnitten. Auch iafsc fich bey iLciner ein bestimmter Zeitraum festfetsen. Ver- fchiedene V6iker verweilen nicht gleich lan- ge in jcdcr derfclbcn. So wic iiufscre Ura- stiiide, hier friihcr dort fpSter» die Cuitur riberhaiipt %u einer gewitTen Stuffe erhcben» fo bcforJcni fic , b;ild mchr bald wenigcr, dic Bestimmthcic und dcn Umfang der Bc. griffe der Sittlichkeit. Nur von der letzten Epochc zcigt tmf dic Gefchichce ohngefahr die Dauer fiir Europa, Sie gicng voc mchr

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als z^ey tatiieiMl lahrea an uud daiiert uoch» iveiia ni^t KaiiCt Syttem fie beiclilielst.

Schon ni Socratet Zeiten mufiten die grofien Fragen iiber den Gnind der Verbind^

lichkeit ziir Tugend, iind liber das Wefcn der Fflicht und dei Rechti au^eworfen wor» den leyn. Denn darinn beitand ein Zweck (einer philofophifchen Bemiihungen, dic So- phistcn« vrelche das Unrecht zum Recht, und die Pflicht lur gleichsultigen Sache nicht nur lelbtt nachten, Ibndem auch tu machen lehrten, in ihrer hloCsc darzustcllen, und (b ieine Mitbtirger vor den Verfulmingeti derfelben tn bewahren* Doeh entttanden erst nach ihm die bestimmten Systcme, wel» che von Gricchen und iComern angenom- nen worden find. Sie verfchwanden in dem barbarifchen Zeitalter, wo die Philo* fophie von dcr Erde verbannt zu fcyn fchieiiy mid die Aftertheologie auftrat» um mit Feuer und Schwerd folche Begrifle von Pflicht und Recht zu bchaupten, die dcr Vcrnunft wider- fprechen. AUet Uibel, wat der Geift der

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dMnullgtn RcUgaon uber diie MeoichheU brachte , floli faft allein aiii dem widernnnU gen Griinde aller Tiigend, den er aufstelUc und leider! fo iange l>ehauptete. Ait end- lichf naeh fatt taniend lahren, dte Vemunfr» wenigscens in einem Theile von Europa, <ien ertten entfcheidenden Sieg uber den Aber- glauben davon trug, ward ihr aueh wieder das Feld zii freyen Unterfuchungen iiber dic Sittlichkeie geofiiet* Auf alieu Scicen wurde diefe wieder theilt aut neuen» theilt aut den- jenigen Qiiellen hergeleitet, welche fchon die Griechen» wo nicht erfchdpft» doch an- gegeben Intten.

In dem ietzt laufenden lahrhundcrte vor- sugUeh (ind diefe Unterliichungen nieht mir elfrig verfolgt, fondem auch Co weit ver- breitet worden, dafs wenigstens die Reful- tate derfelben int gcmeine Leben ubergegan- gen find; ob lun Vortheil oder x»m Scha* den der Tugend fclbst, kann freylich erst durch DartteUung der verfchiedenen Meintm- gen tiber den Grund derielbea gini tnichau-

lich geniacht wcrden. So viel aber ist aiich ohiic dicfc Darstciliing klnTj dafs fic dcr Sitt- lichkeit iiicht gleichguitig feyii koiineiiy wenn nian an den niachtigcn Einfltils denkt, dcn Meiniingcn libcrhaiipt auf dic Handhin* ger <ler Menfcben haben. Sind nicht die Greuel der fransofifchcn Revolution tvenig- stens zum Theil aus Mcinungcn und Grund- fitzcn entstanden, die fich aiif Sittlichkeit besichen, tind aus den daniber aufgestcll- tcn Systcnicn dcr Philofophen flicfscn? Be- trachtet man fcrner dcn GcisC uafcrs Zeit- slters tiberhaupty fo wird einem jeden» der damit vertraut ist» der Zufaninienhang swi« fchcn dcr Handiungswcifc dcffclbcn und dcu aiigenommenen (ittlicheny oder vieJmchr un- littlichen Grimdratzen nicht leicht entgehen. Diefc flicfscn unstreitig aus dcr Art, wic von gewiiTeu Philofophen der Griind der Sittlich- keit gedacht und vorgestellt wird. Ist ihre Meiming auch nicht , diefclbe far ein Hirn- gcfpinst zu crkiarcn, fo folgt doch aus ihren Systcmen» dafs fie nichts bestimmtes iind all- gcinein verbindendesy fondcrn ein Rcfult^t

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Ton AnUgen^ Umttindcn tind VerhSlcnilTcn fey, die nicht in der Gewalt des Mcnlchcn

iich befindcn. Diefe Meinung ibt in den fo- genannCen gefitteten StSndcu bcynabe herr- lchend geworden. Setit man hienii dic Ah- nahme des Glaubcns an Gott und Unstcrb- lichkeit dcr Sccle» ib murs dicieZwcifcirucht nn allcm was die HandJungen dcr Mcuichcn ain fichersten leitet, nothwendig einen (ehr nachthciiigen Einfluls auf ihrcn Charakter liaben. Daa innere Gefuhl von Recht iind Unrecht kann twar nie ganz nicdcrgjfchla- gen, abcr diirch jcnc Meinungen doch fo ge- lchwjiciit werdcn, dais cs nicht mchr hin« feielicnd ist» den Reizcn dcr Sinnliciikcit su widcrstehco.

Philoibphifch ncniit nan das gcgenwSrti- gc lahrhundcrt, uiid in Verglcichung init don ▼orhergchcndcn vcrdicnt cs dieicn Na^ ncn. Noch gab cs vielleicht nte eine Zeit, wo die Vcrnunft, ocJcr wcnigstcns das, \va» fur Ycruunft gUt» (ich cinen fo wcit hcrr* (ehenden Thron erbtiite. In etnem gro^n

Striche von Ctiropa ist et fnt ttnniogUch ge»

wordcn, auf aiidere Art als diirch Vcrmmft atif die Gemulhcr sii wirkcn. An fie mudeu fich die Mjchte der Erde wenden, wenn fie Gchor findcn wollcn ; auf fie mnfs der Lch- rcr dcr Rcligion feinc Lchrcn bauen, wenn er ihi«en Eingang verfchaffen vpUI; xu ihr iind diirch fie icheinen (elbtt die erhitxtesten Lcidcnfchaftcn zu fprccheny und aus ihrcm Schoolse gieng eine Schwarmerey henror» die ihrcs gleichen noch nie auf Erden hatte.

In fo einem Zeitalter, ivo die Vemunft

nU dic oberstc Richtcrin allcr Angelcgcnhci- ten» die dem Menfchen wichtig find, au£i fettellt wird, und wo fie doeh mit fich firlbst nicht einig ist, mufs nichts willkoinmner feyuy als die forgfaitigste Friifung ailcs des-

Es fcheint dics widcrfprechcnd was ha- ben Vernunft und Schwanncrey mit cinan- der gcmcin? Allein diefe kann nllcr- dings eine Folge von jencr feyn , wcnn dic Vemunfcidcen nicht rein von alicm Zufatze dargestcUc, und eben des Zufaczes wcgen fidfoh togewandt werden.

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jcnigen, was man fur ihre Auifpnlchc half, imd dic geuaticste Sclicidun^ der wahicn voii dcn errGhlichciiett. Nur nach VoUendiing diefef ehen A) fchweren ab nothwendigen Gefch^ifts , kann das Rcich der Vernunft auf festem Gninde stehen» und die Grenie Ui» ret Gehiels genau abgei teckf «rerden*

Oielct GerchSfit unteraahm Kant und voll- endete es nach der Meinting ieiner Schtiler

niit eincm Erfolgc, der, friih oder fpat, nicht nur alle eigentiichen Pliiloibphen, fondem nile denkenden Menichen uberhaiipt ubet Sittlichkeit , Gottheit und Unsterblichkeit zu einem und cbcn dcmfclhen Glaubea veseiiii* gen vrird.

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I OQO I ■■

Darstellung aller Moralfysteme vor dem Kanti/ciith und der Z^eifd g^^^^n dif Wahrheit derfelbem

^obald in irgend eincm Manne Jcr GcJan» kc aii ein Morairystcm entsteht, fo fctzt der- felbe voraus» dafs unter deit Meiifchen eine gcvvifle Befchafifenheit ihrer Handlungeii und Gennnimgen ailgemein fiir gut, und cine an- derc fiir bofe gehalten wird. Denn das Sys- tem foll eben erkliren» woher diefes Urtheil liber gut und bdfe komme, und w^riim die Mcnfchea» theiJs ftir lich, theils fiir an- dere fordern» was in dem Worte PfltchA ausgedriickt wird. Und wenn einige Men- fchen behaupfen, es gebe keine Pflicht, fo heifst dieis nicht, es gebe keine Gefinnun* gen und keine Handlungen, welche deriel- ben gcraafs gedacht wercicn: fondern der Begriff der damit verbunden wirdy fey wiiJ- kfihrlich, ley nur lufSllig eotstanden» und

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kunnc keiue allgcincingultige Handluiigs- weifc fiir dic Menrchcu bestimmcn. Dieje- isigen Philoropbcn nun» welche die PAicht als etwas in der Natur des Menfeheu gcgrun« dctcsy und folgiich als etwas aligcmcingel- tendes anfahen» muftten nothwendiger Weife» wenn fie lich und andem von «lieler geisti- gen Erfcheinung Rcchcnfchaft gcbcn wolltcn, ctwas auffuchcu, das iich in allcn Mcnfchen iindet, und eben des^iegea als der Bestim- mungsgrund einer allgemeinenDenkungs-und Handlungsart gcdacht wcrden iLanu. Sie hat* ten dabey nicht unter einer grofien Menge ▼on Dingen tu i^hlen* Nur Xfieyerley fia- det fich bcy allcn Menfchen, fiir wclche Pflicht etwas fe^o kann: das S<|feben nach angenehmen Empfindungen» odcr die Selbtt- Itebes und die Fihigkeit nach allgemeinen Kegelu zu handcln, oder die Vernuiift. Dais die crste aligemein iehr «irkiam ist, b»* sweifelt wohl kein Menichy und dafi die aa- dere, als das untcrfcheidcndc Merkmal dec Menichheit» ebenialls ais aligemeio vcrbrci* tet gedachl werden wa&, tit «iclit niiidqi:

lusgcmicbt. Ef wiirde hoehst iSeberlich feya, luch dca Grundcn der Sittlichkcit zii firagen, und die Thatigkeie» oder gar dat Dafeyn der Vemunft nlcht in Betraehtung su «iehen. Ohnc fic koniitc nicht cinmal cine Unterruchuug dariiber angestellt werden. UiberdUefi muft doeh wenigftent gefragt wer- dcn, ob die Vcrnunft, dic als obcrstc Rich- tcriu bcy allcr Erkcnntnifs augerchcn wird, nicht auch fur un(re Handlungen Ge(etze an» giebt, die eben Co nothwendig (ind alt die- jenigen , welchc bcy unfcrm Wiflcn cntfchei- den. Auch wird in den meitten uber Sittlich- keit au%ettel]ten Syttemen, dieVernunft ent- wcdcr ausdriicklich gcnannf, odcrstillfchwci- gend vorausgefetzt. Nur die Bestimmung der Art ihier Wirkiamkeit itt dat» wat den wcfentlichen Unterfcbied der Moralfystcme ausmacht« Wird fie allein als geli^tzgcbcnd» ohne die geringtte Einmilchung der Selbtt* liebe, und alt elnzigerBettimmungsgnind der fittlichcn Handiungeny gedachty wird ibr die Seibttiiebe untergeocdnet: Ib enttteht liieraitf die reiiie MotbI» wckhe Kaat tnent

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gelelirt hat. Alle PhiJolbphen vot ihm ha- ben enfweder «uadnicklich der Selbstliebe

dcii crsteii Platz angewiefcn, und die Vcr- nunft nur xum Werkxeuge gemacht, dieGe- bote der enten atMxuJegen und ausxttfuhren; oder nahmen (le atis der lelzten dic Geretze her, vrelche bcy der Pnicht Statt iindeu IblJen : ib tvaren diefelben doch aJle yoa der BelchaHlenheit, daft ihte Giilcigkeit und Aus- fiilurbarXeit nichc anders gcdacht wcrdcu fconnte, als dafs die Seibstliebe xum hoclisten Bestimmungiignmde lelbst bcy den edelsten Handlungca geinacht wtirde. Worinnen der Unterrchied bey diefcn auf GluckreJigkcit fich bexiehenden Systemen bestehe, wird fich beller bey der ausfiihrlichen Darstellting der<- felben, als im alJgemeinen atigebeu Jairen» Dide woJien vihs nun vomeJimen.

Das crste fey, das nach feinem Urhcbcr genannte E) icurifche : AJJe Menfchen» fagte Bpicur, streben oaeh Vecgniigen» und man fcann xeigen^ dals alle ilire HandJungcn dar- B

auf hinsieieii, fo ventcckt auch ilae Abficht feyn mag. Dafs diefi derFall bey cierBefrie-

digiing liiiiilicher Bc liirfjuisc fcy, leiirhtct von lclbst eiii. £cy Handltin^en und for;gc- ieisten Bemtihnngen, dte auf Zwecke gcrich» tet finJ , welche gleichfalls nur tim dcr an- genchmcn Enipfuu^uugcn wiUcn als /wcckc gedacht werden kdnnen, ist diefs eben fo offenbar. Wcr (ich anstrengt, um grofse Giitcr nJv.T Ehrcnstcllcn zii crlangcn, u:iJ, tiui dkrciben zii cricicheuy fogar (ich man* chen Geiiufs veriagty thut die(s doch nur um destomehr und bclfer tn genielsen, Dvenn er fexnc Ablicht erreicht habcii wird. Hs blei- ben al(b nur die Faile zu untcrfuchen itbrig» vio das Streben nach Genttis versteckter ist» Diefe beziehen fich cntwcdcr auf MUfsigkeif, iclbst iin Vergniigen, oder auf Gerechtigkcic und Wohlihitigkeit. Weii niin bey diefen Eigcnichaften theils das Vcrgntigen nicht gicich fo in dic Augcn falJt, thcils nur weaig MenfchenEiniicht uudKraft genughaben» um «» aiith da aiistufpahen und tu verfolgeo» iiuddoch jcdcm darau gelcgen ist, dafs cs ge-

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fucktund erstiebt Dverde: ibisthier haiipt« l^ehlich der Gedanke derPflicht an dte Stelle

<les Vcrgniigcns gcfctzt wordea , abcr uichts desto weniger von dem notbweiidigen Stre- ben naehGluckieligkeithergenoninien. Daft dicfe Behaiiptung w;ihr fcy, IdCst fich folgen- demiarsen zeigcn. Wcnn ich mir cin Ycr- gntigen veriage» fo bewegt mich entweder der Gedanke an ein giofseres, datierhafte- rcs, odcr die VorsteUiing des Schmerzes dafu> welcher auf dafleibe foJgen wtlrde. Ich hin X. B. mSisig im Gebrauehe dea Wcins, weil mich der Rniifch auf cinige Zeit lum Genufs unfahig niacht, oder gar Leiden nach fich ateht uud mein Leben» a|a die Qiielle aller Freuden, verktlrst s ich bin gerecht und wohhhatig, wcil es mich ichmerzt andem wehe su ihun» odet weil ich Vergniigen darinnen finde» die Lei- den anderer zii raindcm. Nun ist zwar vrahr, dafs es Handiungen giebt, wovon ei- gentiich entweder kein Schmeit lu furchteoy oder kein Vergntigen tu hoffen ieyn (bilte, und die doch untcrlaiTca oder gcthau wcrdcn.

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AiJcin hier geht einel a ilchtuigvor* die man fich aus dentf was in andernFallen gefchiehf»

wo dicRcJc iiicht voiiPflicht ist, lcicht crkla- rcii k «11111. Es fchincrzt niiih x. B. frcylich» d»& in dem Kasten einesGeizigen Sch'Atze iin* benutrt licgen, die einer grofscii Mcngc Mcnfchcn taiirciid Frendcn vcrfchaffcn konn- tens ich witrde es auch fehr gerne lehei^ wenn diefelben dasu verwandt w**irden» der Vcr^inifs Hcs Gcui^cii wirJc niich wcnig kummcrn: und doch, gcfctzt ich hjitte gar keine bMrgerliche ^trafe xu furchteuy wiirde ich die SchStce uiiberfihrt und die leidcndcn Mcnfchen in ihrcr driickeiidcn Diirfcigkcit laifcn. £s kann lemer fogar feyny darty wenn ich die Wahl zwiichen einem faKchen Zciignifsc iind dcm I oJc hattc, ich dcn lcti- tcrn wahhc. Abcr iu dicfcm wie in jenen Palle ist das Streben nach Vergn*lgen» doeh die Qiielle meiner Handhingsweife. Es geht mir wie dein Geizigen. iiciiic crstc Abficht bey dem Erwcrb der Giiter war gewiis, fich manntgfaltige Freude dadturch iti verlehaf* fca, uach uud n^ch aber gewohnte er lich

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cin Wohlgcfallen an den blofscn Bcfitz fcincr ScbaUe zu findcn ; iind cndlich stieg diefi lu ib einein Gnde^ dait ihm «liefcrBefitt dat bochffe nnd einzige Vergniigcnivurde, und aiie Miihfcligkeieen ftir nichts anfchcii licft, welclie tbm <iie firbaltung deiTeiben sttiof» Eben diefi iit mein Fall, wenn ich weder ihm fein Geld nehmen , noch cin falfchcs Zctig- niiSf &ibft niic Gcfaiir mcinet l^bcnsy ab- legen will. Alf ich mir Regeln fiir meine Handliingen fettletztey fah aueh ieh mir anf das Vcrgniigea, das ich dadurch, entweder uomittelbar oder mittelbart xu crhalten und tu fichem dachte. Gewohnhett haben mir diefclbcn nachher lur andcrn Natiir gemacht, ich liefolge iie ohnc weiter au dea eigcutlt- chen Zweck lu denkeo» uiid w^irde mtch f ir e1enderhalten,wenn ieh meincRegeln, ^ls wenn ich deu Z^eck derfclbeti aufgebcn follce.^ ) So

*) Hicranf bemht [ener bekannte Ausfpnich s Dcr ehrliche Mmn is^ der, wekher niche weifs, dafii er aus Eigennutz htndelt; der Sehnrke der» welcher vergifst ftinen Kutzen zu berechncn, £in fehr klciiier Un^ terfehifid !

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kann ich felbst mein Leben fiir dicfelbetl a\if- opferoy wic iich mancher Geizige dafieibe nimm^ wenn ibm leine Schiicse gerattbt wcr- den, ob er gteich nichts, alt den blofsen Be> iitz daran fchatzt. *) Uibrigens ist wohl z\i nerken, daft alJes Vergmlgen finnlicb ift. Stcb daflelbe als geistig in irgend einerlluck- ficht zii denken, ist citi WiJcrfpnich, Man gcbe nur auf (ich felbst acht, wcnn man an- genehme Emplindung hat. Immer wird maa dabey dat Spiel feiner Organe, die doch finn* lichfind, unverkennbar hiiden. Selbst bey dem Genuitey der vorsiiglich geistig genannt werden mtiftie, wenn et eineu ibicben glbe» bey dem Genufse, welcher aus dem Nachden- ken iiber Walirheit fliefsc, wird man den

4) Ob Epiciir felbtt, die Gerechtigkeitsliebe bit xurAMfbpferung detLebent fo erkUrt habe^ bleibt unausgemacht, dt unt keine Schri^ ten von ihm ubrig geblieben und feine Gegner nichc einmal genetgt flnd, ihm nur cine iblchc Aufopferung zu zu trauen. Seine ntuem Anhftngcr aber haben ihr System auf die angefiihrte Art zu retren , und mit dcr Moglichkcit, dem Scheine nach mocaliich xu baadeiu, xu vereinigen gefuchi;

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leiebtea Gang de% Blutes, das ungestorte

Spiel der Nervcn, und dic icgchnafsigc Tha- tigkeit (ier PbanUfie fithlen. MacKt <iie An- strengung bey der Untcrfuehung cler Wahr- heit eher Schnicrz als Vergn»'igcn, fo verfol- ge ich dc gcwifs nur dann, wenn ich am Endc meiner Arbeit etnen Zweck su erreicheu denke, der mir eine Freude gew'<ihren wird» welchc fich iiunicr wicJcr auf inciiic fuui- Jiehe Nacur l>czieht. Diefs ist noch offenba* fer bey allen Handlungen, die» wie mau (kgt, sns dem Henen kommen. Das Herz felbst bedcntec da nichts ais Gefiihlvcrmcigeii , und diefs ist doch ohnstreitig eine Wirkung der Stnne. Aber wahr ist es , da(s die (bgenann- ten gcistigcn V^crgaiigcn vorzuglich dcr Zvreck unfcrs Bestrebcns fcyn mulTcny demi niir durch fie kann man fich die grdfste mog- liehe Menge angenehmer Gefrihle im Gan- xen feines Lcbcns, oder, mit cinem Woite, Cluckfeligkeit vecicbaffen.

Nach allen diefem ist das hochstc Gcfct/ Monl; Strebe nach Gliickieligkeit, und

die etnselnen Regeln dit aus demfelben Ibl*

geti, bezichcii (ich hauptrachlich atif die Keniuuirs dcrUinge, welchc Vcrgniigcn gc- wihren oder Mifsvergnugen verurfachem lemehr man (ich auf <len Werthderfelbenver- stcht, desto pflichtmarsiger wird raan noth- vrendiger Weirc handeln. Denn alles kommt blos darauf an, daft man den Grad der Leb- haftigkeit iinJ clic Lange dcr Daucr aller an- genchmen Empfindungen zu berechncn wcifs» um fich tn jeilem Falle fur das tu bettimmen» was PAicht und Recht ist, d.h. vras das dauer* hafceste Verguiigen vcrfchafu

DicresSystem \wurdc bald nach feinerEnt* stebiing fcbr gcmifsbraucht. Epicur haCte nicht nur gelehrt, dafs die Zufrieden* heit hauptrachlich dte Ghlck(eligkeit aus* niachc, unddafs, wcr dicfe fuche, vorziig- iich nachjener streben miirre, fondernauch durch lein Leben befviefen» dais es thm Emst niit dicfcr Lehrc war. Allein einer feincr Schiilcr, Aristipp, vergafs den Geist dcs Sys* tems, und hieit fich an den Buchstabeib

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Sinnliches Vergnugcii war nach iiun haiipt* richiich in den Gegenitinden tu rucheny welche die Sinne in dlt lebhafceite Bewegung feczen. Und Co prcdigtc er und feine Schule im eigcntlichen Verftande» die Woiluit. *) Dlefi war der tnordifchen Natur det Men- fchcn zu fehr zuwidcr , vertrug Hch auch zu mnig mit der Stiile, die tum NachdeiilLen erfordert wird, alt dafi ea unter den Pliilo- fophen viele Anhanger hatte finden follen. Aiiein dat eigentiich Epicurifche crhieit (ich nicht nur lange unter den Griechen und Ro- mern, fondern wurde auch nachher, als ia den neuern Zeitcn die PhiJofophie, wie an- dcre WiiTenfclMften» wieder au^nommea und bearbeitet wurde, auft neue hervorge- fucht und ausgefchmitciLt. So viel aber auch

Diefem grob-und feinlimiliclifittSyiceme wur- dc das Stoifchc entgcgcn j^efetzt. Nach der

Zcifordnung wurde alfo nun diefes darzu- Stcllcn fcyn. Allein di es hicr nicht fowohl »uf dicfc , als auf dic Vcrwandfchaft der I.chren flnkCnntnr, fo gche ich zu der voin «itoraliivUeu Gtfuhl uher.

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gethan wurde» um theils den Stifter und daa System (elbst von dem Vorwurfe der Unfitt-

lichkcit zu befreyeii, theils zu zcigcn, da(s nit demielben ficb die edclste Deukungsart vertrage ; (b ichien es doch unmogtichy die CnmdCatic dcfrclbcn fiir tiic Fallc annchm- lich zu machen, vio, nach dcm Gefuhle, der Menich grois handelt, iind doch nicht der allergeringste Vortheil iti erwartcn, viel- mchr alles, felbst das Lebcn, aufzuopfcrn ist. Da(s die Ge&nnung, die su folchen Handlun* gcn erfordert wird, blos eine Inconlequenx Vidie, imd folglich der Vcrnunft glcichfara verborgen werden mufste, wenn fie sur Be* obachtiing von Regehi auigefordert wird, dic fich auf die eigene Gltickfeligkeit besie- hcttt uud nur ncbenher dic frcmde bcfor* dem dieft emporte die Vemimft ebeii fo (ehr, als das unverdorbene Geluhl. Ef traten alfo Hutchcfon imd mchrcrc, fowohi engliiche als iranzofirche und teutrche Philo- Ibphen mit einer Verbeflcning des Epicuri» (chca Systems auf^

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Es ist wahr, fagten fie, dic Gl'»ckrelig« fceit desMcnfchen tsc der lctxte Bettimmings* grund in alJen ieinen Handtungen , allcin um diefe zu erreichen, mtincn nicht mir iiber- haupt die nicdcrn grobfinnlichcn Vergnvlgua- gen den feinem tmd den geistigem tmtcrge* ordnet npcrden; fondern es befindet dch in dem Mcnrchcii noch cin befoudcrcs Gcfiihl. welches das iittJiche genannt werden kann» und uns unmittelbar angicbt, was Recht und Pflicht ist. Diefe zii erfiillen, ist das huchstc Vergniigen, iind fic vcriiachlafsigcn» hciist feiner Gliickieligkeit widerstreben. Dielt moralifchc Gcfihl befiehlt iins vorziiglich, Rtickficht aiif das Wohl uiiJWch iinfercr Nc- benmcnfchcn sunchmeuy und den hoclisteii Wcrth dcm beyziilegcii, was am gcmein- nutzigste:i ist. Es ist dahcr wahrcr Vorthcil leinen cigncii aiifzuopfcmy und das Beste an« deier tu befordern. Auf dic(e Weiie kann man befriedigcnd crklarcn, wanim wir im hohcn Grade dic Gcnnnungcn dcsjenigen bil- Isgen» der rdbst fcin Lebcn der Fflicht mdm opfert^ und warum ein jcdcr, dcr fich Regehi

in feineni Verfialten fesfictzt , glcicli Anfanfrt

dicfs 2um liochsfcji Gcfctic niachcn kann; feine Giuckfciigkeit ia cicr £rf<iilung fcinef innern Verbindlichkeit» in der Befolgang <lei

uioralirciica Gcfiihls zu fuciieu»

Bcy dicrem Systeme ist zn nierkcn, daf< der moralifche Sinn nichc ais eine Foigc von der Gefettgebiing der Vemunft» niche als eine Wirkung dcr dunkcln odcr doch luir klaren Vorstciiung dcrfelbcn, fondcrn ais fiir fich bestehend» bloff aus dem Hersen entiprin» gend , und folglich als unerklHrbar angefehen wird. Man vcrgleicht ihn mit dem angcbor- nen Gefithie fur Schouheit iind Schicidich* keit, oder mit der FShigkeit, die Bindnicke der aufsern Sinne ^aufziuichmcn und zu cm- pfindcn, odcr nimmt endlich cincn Instiukt an» der die angebome Menfchenliebe genannfc werden konnte, itnd den Trieb des Eigen- nutzes noch iibcrwiegt. So ist das morali- fche Gefiihi inmer entwedcr ais unabhSngig ▼on der Vmunft angeiehen» oder doch nicht

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atif eigentlidie Gefetie derfclben zuriick ge- iiihit wordea. *)

Neiii, wcMiden ajidcre cin, dic Moral ist nicht einem blinden Triebe, wotu dat fiiora- Itfehe Gefiuhl gemacht wird, su uberlaiTeiu Sie hat ihrcn Urrprung in dcr Vcrninift. In ihr steht deuciich das GcfeU gerchriebca: Menrch» vervollkommne dieh» d. h. bilde alle deiaeKrifte imd FShigkeiteo aus, fuche ihncn den muglichgrofstcu Umfang und dic raog- lichbestc Richtuog su geben» hierinaea be*

•) So fetzt Gellert, der einem rufaminengcreti»

tcnSysreme folgt, dcn Ausfpruchen d<rVer<- nunft das moralifclie Gcfuhl als tweyttn Gcfcugcbcr zur Scitc odcr gar cntgcgen, indem er fagt: „Aufscrdem Unternclue, dcii uns dic N cmunft von unfcrn Pflitluen anbcut, gicbt cs nocli eine anderc Bclchrung, dic uns das Herz, d-.irch einc an^vcborn» Empfindung vod dem wa$ gut und bofo ist, enhetlt;»* S. die iweyte Vorlefung uber die Moral Und Robinet fagt : ( de la nature, ^ 341.) dieTes Gcfiihl fey nnwillkahrlich, und fowohl von d«a Subiilitlten der Ver- nonft, als den Verfpreehuagco der Uigioh, gaos onabbftogig.

stcht deine Wiirdc uad deiiie Gliickfciigkcil. Allesdas alCof was entweder unmittelbaroder mittelbar deine geistigen und k6rperli^:heii Kriiftc erhilt, starkt, erweitert uiid eih l\t, was ihre Anwendung erieichtert und ver- nehrty tu iitchen und cu thun ist Pfiichtt und dicfs Bcstrebcn , iic zii crfullcn, ist Tugend« Uuter allen Vcrmcigcn aber, wclchc dcr Menfchheit su 1 hjil gcworden (ind, ist die Vernunl^t das vorz^islichste und erhabciiste, dasjenigc, was allen ubrigcn Maafs iind Rich- tiing bestimmt. Sie alfo lu horen luid un- wandethar tu hefolgen , ist die erste und el- gcntliche Tugcnd «nd in dcm Bcwufst(eyn (krrelben bcstcht die GlMckfcligkcit Jos Wci- ien , der erhaben **ber alle VorfUlle dcs Le- bcns , uber alle Leiden die ihn drncken oder ihm bevorstehcn, cinc unvcranderlichc R\;hc imcl eine unterstorbareZufricdenhcit behaup* tet. Doch nicht nur ieine eigene VoUkom* jncnhcit bcabiichtigt dcr Weifc. Dicfc ist nichteinmal gedeukbar» ohne KMckficht auf VoUkommenheit ieiner Mitmenfchcn. In- dcm cr auf das Beste dielbr feine Krafte rich-

tcty giebt er ihuen allcn den Umfang und die Stark«, deren fie fahig fmd. Der Weiie befiSrdlert alfo die Gltickreligkeit imd Voll*

kommcnheit dcs Menft hLai^Llchle^hts , fa vreit ;ils fcMnc HanclKmgen nuc inuuec £influ(i» tuf dafleibe haben koanen.

Dieis «ar entweder gans oder sum Theil

das System der Stoiker, welchcs in dcn neuern Zciten mehr entwickelt v7orden ist» und unttreitig Vortuge vor demjenigen hat» welchef au£ ein blofief Gefubl gegnindet «rird.

DicfcmSystcmc der Vollkommcnheit steht cin anderes xur Scitc^ wclcfaes auch auf Vcr- nunft bentht» das Ideal derlelben aber nidit in dcni Mcnfchen, rondern in Gott fncht. Gchorfam gegen diefen ist hier das obcrste Gefets der Sittlichkeit Er ist der natiir- liche und noth^ndige Oberherr des Men* fchcn; feinen Befehlen alfo zu gehorchco, Ist Pflicht. Mit feinem Willen aber kann fieh nichts vertragen, nvas ieiner eigenea Vollkommeiihcic, der Vollkommcnheit fei*

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ner Gerchopfe, und dcn von ihm felbst be- itimmfcii Vcrlialtiiirieu derfelbea xtiwider itt. Ailet, wat hiermit streicet, follte ei aiich nochfo vicl Niitzcn gcwahrcn uJei Scha- dea briageuy itt verwerAich und pllichtwi- drigy )i dem eigeneii Vorcheii det Meiifchen entgegen. Denit du ist das hochste Elend, fich gegen feinen Schopfer auflehncn und ilim mifsfalleni weder in diefem noch iii dcm zu« kunftigen Lehen kann Glfick(eligkeit erreicht werdcn, wenn das GewilTcn, wclches uns die Pflicht des Gehoriams gegen iiiifcrn Schiipfer gebietety verletzt wird« Hier ist nur ne^ benbey angedeutet worden , daft in dem(el- ben auf die Unsterblichkeit dcr Seele Kiick* ficbt genommen ist. Aliein fie ist ein Haupt- fWBkt deflelben. Wurd auch die Hoffnung ciner kiinftigen Seligkcit nicht ausdriicklich sum einxigen Bcstimroungsgrunde unferer fittlichen Handlungen angegeben: fo wird diefelbe doeh immer mehr oder weniger da- bey wirkfam gedacht, und von manchen Phi* loibphen, als der vonuglichstc Antricb lur Tngcttd» aageielien» Der kunfttge Ziistand

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Ut naeh ihfcn Ldim <Ut hMMe BeitiiBaniiif <iet Menfthak

Dide vier SyiCeme nitifiteii twn jedes cinieln fir fioh dargeiteiit werden, fo wie fie fich bey eimeiiieii Pliiioropheii findeit Sie aiefien aher in mandien Stueken in ein* ander» iind werden daher aiich nicht feJteiif mehr oder wcniger, zufanimen geaoniineny un theiif das Weien der Sittlichkeit su he> Mtmnien, theilt tur Erliillunf der Micht tn erwecken. In allen ist dic c i g e n c GJiick» leiigkcitentweder aittdnidUich alt der lettte Gnind dcr Tufend angenonunen, oder dodi daitir amtmehinen » wcnn maa our dcutliche Bcgriffe gcJtcn iallea uriii*

Wcnn ich, nach dem Epicttfiichett Itnd dem Htttchdbniichen Syttcme, die Gifidc» Ihlifkeit anderer helordere, fo gefchieht dicfs doch nur, wciJ dicfclbc ali Mittcl zu mcincr ti^nen angeiehen wird. Und ieibit in den beyden «ndem, vo man die Vollkommenhdt ait hocbstcn Zweck der Tugcod dantelit, C

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ist der letzte Bestiinmuugsgrund uniercr mo* raUrchen HandJungen, aiir demNamen, nicht

dcr Sache nach, von dcm vorhergehcnden untcrfchicdcn. Dcnn fragtman, wasistVoll- kommenheit desMeiifcheo» Co bekommt man stir Antwort: die Voliendete Aiisbildung aller feincr Kraftc und FUhigkcitcn ; fragt inan weiter, warum (ie ausgcbiidct werdcn foUen» fo ist die Antwort : weil iie £u allerley Zwe- cken gttt find» oder wetl fie Gltickrcligkeit fchaffen; und dic Vernunft fclbst wird als das hochste Gut angefehen, weil fie hochst giucklich macht. F^agt man: warum ibll ich andcrn Menfchen dicncn? fo wiid wic- der geantwortct, weil ich dadurch mcine eigne VoUkommenheitentweder beweifc odec l>efdrdere, tmd folglich gliicklich werde. Die Vollkommcnheit Gottes wird femer ent- weder ausdrucklich darein gefctsty daiser ^e moglichgroiste Gluekfeligkeit der Le. bcndigcn wiil , und dazu die Welt cingerich- lct haty odcr man mufs fie, wenn man etwas bestimmtes dabey denken will» darin fu« ehen» dafs er alle fiigcnfchaAea befitiet, die

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tu allen tnoglicbea Zwecken htnreicheii, Unter der crstcn Vorausfcczung ist die Nach« «bmiuig feiiier VoUkommeiihetC, und der Ge> hoHam gegen feine Befehle ttiehtt, alt <lie inugiichgrofstc BeforJcrung der allgemeinen CluclLieUgkeity wobey unfere eigenc nicht nur mit interefiirt iit» fondeni auch ala An- trieb %ur BefSrdening det Endcweeka der Wcll geclacht wirdj und unter der zweyten ist tuvor der Zweck lu bestimmen» den Gott htf der Schopfung der Welt und det Men* fchen hatte, ehe ich wifTcn kann, worin fein Wiile besteht, und was ich cu thun habe^ um demfelben nicht sttwidcr su handehi* Alles aber, wat man Heruber ergnlnden kann, beiicht (ich cnlwcJcr aiif Ghlckfeligkeit odcr Sittiichkeit. Sagt man nun, die ictztcre fey der Haupttweck Gottet mit dem Menichen: ib muft man doch wtflen wat fie ist, ehe man fic auf den Willcu Gottes bczieheu kann» Ibnttdrehtman fich ineiiiemewigenlCreiie.<*)

^ Frage kh wa? isc SictlisKkeic? fo ist dic Aot* wons Das Besucbcn dcm WiUen Getim gt*

Man benift 6eh ithef «uf dat Gewilfai» wtU

ches bcstimmt genug anzeige» was der Wille Gottet iey» tind (q kdmoit nun auf daa mora- Itfehe Geliilil furuek, i^eldiet Befriedigung verlangt, weil ohne diefelbe keine Ghlckfe* ligkeit Statt finde, und durch diefelbe der kochtte Grtd und dle grSfite Dtuer derielhcn erbtlten wcrde«

So itt die eigene Gludieiigkeit nadl tUen hither dargesteUten Systemen der Mk^

telpunkty auf den dch alle Handlungen, felbft die liesten, iiexiehent und (6 itt ieicht tu he- greifen» wie diele Sytfeme tUe lu einem eio*

zigen gcmacht werdcn konnen , das auf ver* nunfriger Selbstliebe bcruht. Diefe zu be« friedigen» ktnn jemand frgen» liiehe tch die moglichgroitte Summe angeneiimer Empfin* dimgen fur die ganie Dauer meiner Existcnz in mir su vereinigen, Tauicod Freuden hie* ten fich mir von aUen Seiten any aher die

mSis zu handcln , und Irigt tch ; was isr dcnn der Wille Getlit? ib ist dit Ancnmt* dic Sialichkcii;

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MhMtttUea fiad femetiiigtidi die k&ietlM, md Utkn nidit niir dadurch eine gewifle ^«alende Leere lunick, fondcrn tiehen aucJi oft hochft ichmenhafte Folgen nidi fich. B^fde Uiliel m Terneiaen, muft iefa mehr «if dieDauer als auf die Sfarke meincr Lmt ichcn- Bey diefem Encfchluiie ist et lOar, dalt «udi die rympathetiTdien Gefiihle, die luit und Unhft bey dem Gedanken an dic Freuden und Leiden andcrer in mir crweckcn, nicht untcrdruckt wcrdcn durlen. Die Dtuer dielcr Enqpfindungen erietgt reidilich, waf leh an der Lebhtftigkeit dcs Genufses ver- liete, fclbtt, wcnn ich grolie Vortheiie atif* opfisre oder aiien denen entlage, die ich nur mit Veriettung der Gereehtigkcit erhaltcn konnfe. Das Bewuisffeyn Unrccht gcthan su habcn, begleitct mich durcht gnnie Leben» mid ia6t kainn die Mofliehkeit fibrlg, fro* ken Muthc dafTelbe zu durchwandcm» Schmeralofigkeit im phyfifchenibwohi aJf im aotaliidien Sinne, fkf aiib meln enece Ziel; mein tweytet Ib yitA wirklichen Gcniifs ins ]>ben xu bringen, alf jcnef erlaubt imd mci-

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nc Kriftt vertuttcii. Beyde Zwecke fd er« reiehen, darf ich nichc tinterlalTen dte Mictel

£u gcbratichcn , v/clchc Natur uud Vcrounft niir vorichreibea. lene inufi ich kennen und dtefer folgen lernen. Diefi kann aber nicht anders gefchchcn, als dafs ich allc mcinc Krafte und Fihigkeicca zu cntwickeln und nussubilden (iiche. Sollte mm aiich meine Mtihe in fo (cfn iinbelohnt bleiben , alt ich nlcht unmittelbar dadurchdicGiiter erreiche, welche Gefchicklichkeit iind Rechtfchatfen* lieit veriprechen: fo habe ich ichon Genuft gcnug in dcr HofFnung, incincn Zweck lu erreicheny und, ist diefe verfchwunden» an dem Gefiihle meinet Werths. Geletct end> iich» diefcf Gefuhly fo feltg es macht, fcy 3i:cht iuiucichendy alle Leidcn aufzuwiegeny mit denen mieh entweder die Natur oder die Menfchen belasten : Ib glaiibe ich einen Gott uikI 'iie Unstcrblichkcit dcr Scele. Dcn VViilea des cr&ten tu volibringen war meia fiestreben, indem ich Boles mied und Gutee tLat. Von ihra hoffe ich iu dcm kiinftigen Lcben flic \ crgcicung aiicr Muhfeiigiuiteny

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diemich iii diefandruckten» tukl dliel^Hoff- aitng ist rchon iefct Vorgcnufg fener Sclig« keit, dic mcirtcr \vnrtct, und hinrcichciid» nnichin dem Entfclilulse iti ftarken» Ueber allety felbf t dai^Leben, auff uopfern , als wi£^ fendich ciuc Ungcrcchtigkcit %u bcgchcn.

Iti dicfer Vcrbindiing allcr SystQmc kann luistrcitig allcs iicgcn, was dcr Mcnfch zu fciner Ruhe und zu icincr GhickfcJigkeit be* darfy in ib fem er Ce\h(k dani beyzueragen vermag. Wodiirch abcr die Mciirchen vcr- bunden iind» ihre Giiickfcligkeit aiif dicfe und keine andere Art tu Iticheny iind ob Pflicht mitderfclbcii cntwedcr nbcrhaiiptotlcr doch fiir allc Mcnfchcii ia Vcrbindiing stchc, sst nicht aniser allcin Zweifd gesteilt. Im Gcgcntheile ivird ▼on nicht vscnigcn Mcit- fchcn jcue Vcrbindlichkcit als ciii lccrcs Worfc betrachtet, und dicfcr Zuiamtneuhang als nichtig angefehen. Wie fie alib jeneSysieme angreifcn^ wolleu wir nunmehro fchcn.

In allem, fagcn dicjenigcn, wclchc alfgcw meinc PAichtcn bexweifeluy ist Cliickiclig-

keit der Gegenstand der Stttliclikeie tind die letzte Triebfeder immer die Selbstliebe» Atich Ia6t fich Ib der Tbat wedcr der eiat Boch dle anclefe andlert beffifnmefi. Mm miifste ganz.ncu in <ler Welt feyn, wenn maii fvihneii woUte, <!•(• die Menicheii m aa* demGnliiilen etnen andem Zweck verlblg* ten. Giebt tnan abcr dtefs nicht luir xii, fon- dern (licht man auch auf ilieibB Gninde cin Syttem ▼on Pflichien tu hauen, Ib widefw ^nrtcht man fichoifenbar, imd dieTlufehunf» welche dicrcn Widerrpnich cncugt, lafst fich leicht fevstrenen. Wenn ^n Pflicht die Rede itt, Ib denht man fich ttnftreltif eine gcvvifTc Nothwendigkcit» etwas zii thtin oder cu ialTcnv und man denkt cbcn dcsw^gcn xu* gleich» dafi kein Menlch binlingliche Grun* de haben konne» fieb von derlelben lofs xu machen, kiirz, dafs PAicbt eine allgemeine Verhindiichkeit endiaite. Ihr follen fichalle Menicben, in jedem Lande, In yedem Stande^ in jcdeia \'crh'altnirsc, untertvcrfen. Nun will man wiflen, woTBuf denn diefe Verbind- lachkfit benihe. Da lin aUynBdii gedacht

«Nfd» Ib mufi nwi notliweiidig itiiii Gnmdt irgeiid etmt liiclieii, dai dlgeniHii vorluiii*

den iit. In diefer Ruckficht ist freylich die Giuckieliikeit fehr gefehickt» mit derPfUcht verbtmden tu werden. AUein von eider «n* dern Seite find diefe beyden Dinge fo iin- glcichartig» dait et unbegreiflich ist» wie fie kaben tuiainnien gesteUt «erdea konnem Denn erfdich itt es ganz fonderbary Glfick* leligkeit stir Pflicht machen zu wollen. Diefe febietei^ und |ene hort hm eben to bald att^ alf fle geboten wird % und da tiberdieit fchoB jeder Mcnfch fiir fich nach angenehmen Em» pfindungen atrebt» woiu ein allgemeiBea G^ bot dielclbeniuflichen? Wendet nan etwaa ein, dafs die Pflicht gewifie Vergnugen vor- sugiich und einc gcwiile Ordoung unter den. lelbeo ubcfbaiipt gebiete: Ib iat die naturli* cbe Antwort darauf , daft dielet Gebot ganc vergehlich iit, und dafs Streben nach Ghlck* lUigkcit uad Pflicht lchlechterdinga aicht ala Gmad uad Folge angeleben werdea kSnaeii* Es mag immer feyn , dafs ein finnlichet Ver- gnugea aicht Ib viei Werth iiabc» ala ein

gelstigcs , dafs Rtthe tmd Ztifnedenhelt iem

blcndendsten Gliicke und dcr bc2,£ubcrnd- steu lM%t vonttsiehen iey, und dalsy vscv klug isty nicht eine kune Freude mit lang* wicrigen Lciden crkar.fc. Aber fo zii iirthei» len, oder diefcm Urthcile gemafs zu handcin, kSngt erttlich nicht von der Willkuhr det Mcnfchen ah, und zweytcnt l^fst dieie fich diurch kein Gcbot zii angcnchmen Empfiudiin- gen irgend einer berondern Art bestiinmen» |a es tst widerfinnig, diefelben befehlen ni wollen. Dafs dicfs allcs dcr Natiir dcs Men- icben und dem Urtheilc dcs gefunden Ver- itandes gemlfi ist, lafst fich leicht zeigeik

Wie verfchieden find nicht die angebor* nen Anlagen in verichiedenen Menlehen! Iii

der zartestcn Kinclheit fchon ist bcy dem ei» nen dic Spiir dcs fcinsteji Vcrstandes fichtbar, wahrend» dafs ein imderer in eben derfelben ^tumpffinn vcrrith. Hier fchmtegt fich ein Kind lichevoll an feine Muttcr und an alle, die es felner Aiifmerkfamkeit wurdigen; ein fire.iiidUchcr Blick ▼on Ihoen i«t ihm mehr

werth als allc iibrige Frcude» dcren es fahig 2St; und dott fticbt eui anderes alles zu er- troCteo, Liebe feheiiit (einein Henen ireni(l, und Ungcstiiin fcinc Liist. Liistern fieht man liicr ein Kind nach iclidnen und gliinzendett Dingen streben, ohne fieh durch grobefeLust davon abbringen zii lafTen, iind dort achtet ein anderes uur auf diefe, ohne iich um jene fu bekummenL Hier endlich fiefat man ei* nen Haulen Kinder ihre FroHehkeit in mun» tere Bewegungea ausbrechen laiTcn, und dort fitf t oder fchleicht ean anderet einiam nur ikiit leiner Verdauung oder mtt ^ielen be* fchaftigt, dic fcinem Phlcgma angeraeflcn find, SoUcn, koimca alle diefe verfchiede- nen angehomen Neigungen ciner ond eben derfelben Regel unterworfim ^wrden? Lifit fichs denken, dafs alle diefe Kinder ihrc Giuekfeligkeit in gleiehe Dinge letien» imd avf einerley Art su entreben iuchen ivcrdent Die Unmuglichkeit davon vvird noch (icht- bacer» wennman hedcnkt» wie verTclLiedea dlcLage der Menichen iit» che cf von ihnca abbangt» welchec Regel fk folgen wolkn.

Jene wurde fchon eineu machtigen Einfluis auf diefe liabeii» wemt auck lUe iiedirlieliea Anlagea dureluas als gleich gecUelif mrden» wie viel grofser mufs er aber nichC bey der ttistreitigen Ungleichheit derielbeti «erden l Nimme viiii nun nodi hintUy dalt dUe hfir- gerlichen Verhaltnirse nicht einmal erlaiiben jenet Ideal von GluckTcligkeit tn verfolgen oimI oft den Mann an clen ,Pfluf lcbmieden» den fein grofses Herz und fcin feiner, viel iimfaiTender Verstand rur Regiemng geibhickt maditen» «ihrend ilieieibe von einem an* dem verwaltet wtrl» der keinen Sinn lur fei* ne oder hohe Freuden hat ; ja , da(s es dem Staate nachtheilig feyn wurde» wenn der Mann, der ihm dureh grobe medianifehe Ar- beic nutxlich isty den feinem Vergnitgen, den geistigen Freuden nacbgienge: fo ist es au« genfeheinlich» dafe nicht nnr die fimpfin» duttgf art einet iedem Menfehen nieht von feip iierWilikuhr abhangt, fbndera» dafs auch diejentgen» welche die grofete Gluckfeligkeit gewihren wurde, nicht dnmal algemein ge< ^ligc luid HQch wcniger befriedigt wird»

Sigt man bleniif ccwiiv avioMn beilelid

cia voRi^lidier Tlidl aer Gluckreligkeit imii alfo auch der SittlichkeiC^ diii nun fich feii61iiie» mir iolciie FjKuden lu fudien» die fich mit dcr eignen Ltge eincf jeaen, mitfei. ncn Umslanden und burgerlichen Verhilt* niisen vertcagen: Ib bedentc;^ dieie For« dcnmg oft noU niehtf anderi/ ale min Iblle mit oiFenen Augen nicht fchen dcon es Ccy nicht gut alies zu £elien. So ncnig man dieit )e nmi GdcCie maeliea kamiy der Naehtlieil lcy nodi fo grofs, den offene Augen zutieheny cben fo wenig kann man Ibrdern» dafi irgend ein MenlbJi feint cigene Empfindungiart aUegey eine andere dafur anndime» und nach derrdben fein Be- tragen einridite. Auch findet es jedermami Hcherlich xu verlangen, dafi aiicMenlcfaea nn einer ond eben derfilben Sache, gleichen Gefallen finden. Sie firy noch io grofs uod fth^n» fie gebe dncr gennflen Ciafiie von Menfbfaea nocfa Ib vid Fiteude» (a ea fiheine diefcn unbegreiflich , wie andere gefiihlJoa dabcy hiciben IU>naen: Ib nrcrdcn fie dodi

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nicht forderiiy dafs jeder fchiechterdings Ver* gniigeD dgrui haben mulTet und ein Geieti» welchef dalTelbe gebdte» wilrde fiir die groictc Tyranaey aogcfchen werden.

Giuckreligkcit bcgehrcn freyltch alleMen* ichen» aber jeder auf feine Art, fo wie alle Menichen Speirc bcgehren , uni den Hnnger ZTi stillcn, abcr nicht cineriey Spei(e iieben. Das Ellen an und fiir (ich sum Geietf e lu ina« chen, ware thorichti aber noch thorichter Tvare es , die Art dcr Spcircii vorziifchrciben. Ist es alfo wahr, dafs dic Pflicht niir aiif die moglichgroiste Gliickfeligkeit hinweifst: £a iit fie etn leeret oder ein fo vieifinnigef Wort, als dic Ghickfeligkcit feibst. Worin und wie ein jeder diefe fiichen woile, nuft ihm und den Umstanden, in denen er fich befindet , ganzlich tlberfafTen werden , iind ware es moglich, dais irgcnd jcmand fagte» er fiiche fie nicht» weil er fie doch oicht fia* dcn wtlrde, oder ein einriget lebhaftes Ver» guiigen fey laiurc iangea Lcidcn uicht auizu«

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opliera: fo itt nicht absu(eheii» wie ieiiie iti- «llvidueUe Art ui haodelii andert ^Rwrden

fcoimey wenn feine Art dic Sachcn zu fe h e n undsu empfinden, nicht geandert wird. So lange diefe bleibt, iit es uinronst ihm xu verbieten, darnach zu handeln«

Man iagt femer» einem |eden Menichen

fey es ins Herz gcpragt was Pflicht ist, und bey der Verietzuug derfelben» finde cben fo «enig Giuckfeligkeit Stat^ aU bey der unbe- friedigren Begierde nach Speife. So ganr mag es mit di'efcr Vergleichung feine Kich- tigkeit wohl nicht haben» fonst wurde wohl wcder eine Pflicht fe verlettt, noch eine Er- niuntenmj zur Erfiilhnig derfelbcn fiir noth- vrendig gehalten werdcn* Und iieht man nicht eine liemlich grofse Menge Menfchen, wo nicht gar die mcisten, lieber alle andere Neigungen befriedigen als dic Ncigung zu dem, was man fur recht iind fittlichgut halt? Widerlegt aberdieErfahrujig jene Aligemein* iicit dcs moraiifchen Gcfiihis, woher weifs num denn, dafi es fich in aUenMenichcn

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olme Unterichied befinde? Wtt Lmt eder

Ualusc errcgt , kann doch fonsC nicht andert «It in dec £r£ihffuiig gefundtfn werden. Abcr gefeist, ct ley mk dcm moralilehen GefitUe wic mit dcm Gcfiihle f ir Schonheic und Schickiichkeit: Co iafsc fich auch nui dicicr Vergleichuttg darthun, da6 et amibtiit ley, Pflichten ftir elle Menfchen «ufzustellen. So wcnig man fich denkcn kann, dais ungcbil. dete Uand^erker und i«ndleute einen richtU gen Siiin fat Sohonhett der Kuntt und der Natur algemein erhdlten werdcn, obgleich die Anlagea dazu in ihnen (eyn mogens ib ivenig lemer dieKunftventiadlgen lelbft mtt fich fiber die Grundregdn det Gcfchmackt einig fiad.* cben (6 wenig ist fu crwartcn^ dals aUe Menlcheq» ohne Unccrlchted» Sinii fur Sittllchkeic haben werden, eben Ib wenlg ist Einigkeit unter den PhUorophea iibcr dat Wefen der f dicht su hofek

Noch ist et nicht ausgcmacht, ob et nur •inen richtigen Gefchmack gebe, oderob iedet Vdk» {eder Maimi leineii cigneii

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ebea fo richtig xu iiahen berechtigt fey, a)s Kunstkeimer den ihrigen. Unii ielbst iinter dieicn streitet man noch ubcr dcn Z w e c k der rcliQiien Ktinste. Einige fetzen ihn in die Nachahmung dct Natur, und ver* langen nldits» ils Vollkommenheit der Dar- stclliing; andcre ncbmcn Riickncht aiif den Stoff ckr Bearbeituttgy fchlielsen durciuiut denjenigen aus, der entweder Gefiihle des Sdimerzes crrcgt, odcr aiifs iinmoralirchc tiejt, imd ^ollcn nur VerOnnlichung littJi- eher EigenTchaften als Haufitiiveek gelteil lalfttt. So lehwer, wo nieht unmoglieh, tst et» aus blofsen Gcfiihlen das allcin wabre, wenn es ja dergleichen giebt , bestinmt und riehtigantugeben! Und Ibltie dieie Sehwi«. rigkcit, oder Unmoglichkeit, dcn moralifchen Sinn iiicht cbenfails trcffeo l Hier» iagt mao £reylichy find die Menichen durchaus in ik- jem Urtheile einlg. Aber diefe Bchaiiptung ist o£Benbar irrig. Zugegcben, dafs iibcrali wo eintge Cultur ist, auch ein dunkler aJJge* neiaer Begrif von Fflteht «ngetroiflen werde^ D

wie mau auch Jcn voii ^xhonheit Huclet : fo ut doch die Anwetidimg delTeiben nicht iibcr- al) gleich* Hatnian nicht ganze Volker, ja g.inzeZcitaltcr» durchaw^ von dcin abvvciciica fehn» was man ietzt £iir Pflicht halt? War nicht zu der Zeit, als die Maeht der }>lipstli* chen Hicraichic lich ztnn hochstCn Gipfcl cr- hob, alles das Pilicht» was Cic gebot, und alles das Uurecht, was fie vcrdanimte? Wnr« de nicht felbst Raub ttnd Mord, durch (jas fo- geuauntc Bcstc tler Kirchc, gcheiligt? Und noch ie(xt| wo man iich freut iiber Jene Ty* ranney der Meinnngen geHegt zu haben, mnis das Wohi des Staats fo manchcs icchtfcrti- gen, was man fonst mit dem Namen von Tretilofigkeit und Ungcrechtigkcit belege» Sieht man fenier auf die Dcnknngsart einzel- ncr Menickeu» fo ist cbcufaiis ufienbar, dafs einige raanches sur Pflicht machen, was andere» aJs folche, verwerfen$ da/s bald nach dem Grunde dcrfclbcu gar nicht gc- fragt» bald derieibc ganz verichiedeii an« gegeben wird. Pflicht ist den Meisten das, was ihncn cntwcdcr, in dem RcJigions-

unterrichte, oder von ikrea Aekem tind

Vcrwandtcn, alsfolchc vuigcstelltwordcn ist; und uicht feiteu wird dahero die hochste Pflicht tn Dinge jgeSttUf wo et deneo» die nachdenken, iinbegreiflich ise, dafi nur ilber* haupt von Piliclit dic Rcde feyn kdnne. Aus allem die(eiii leuchtet eiu> da& neder dai Streben nach Ghlckfeligkelt uberhaupe, noch das moralifchc Ccfuhl insbefondcrc, ficher sur Erkenntnils von Rccht und Unrecht leite. Der Qrundikts der Vollkommenheit, und der Gedanke des Gehorfams gegen den Willen Gottes, koanen ebeu fo wenig als allgemeinc lichere Qnellen von dem, was Pflicht genennt wurd, angefehen werden* Denn erstent fiihrC der Begrif von VoIIkommcnheit wicder auf den von Gliickfeligkeit zunick, und wie we- nig dtefer uber Sittlichkeit enticheide» ist hinlanglich gczeigt worden. Zweytens, ver* stiinde man unter Vollkommenheit vorziig- lidi die des Geistes und feiner hdhem Krafte» fo gdiort xur Erretchung derlelben ein Gr«d von geistiger Thatigkeit, den die gewohn* lichenFahigkeiten, iind die Gefch»fcc des U-

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bentf tiicht viclen Menlchcn erlatiben. Was

ciidlich tlcii Willcn Gottes betrift : fo fey zii- gcstandcti , dals c^ natiirlich und gcwuhnlich isty einen GQtt su glauben i aber wie verfchie« den find die Vorstelltingen von dielem Wc- fen, wenn man auch nur die mannigfaltigcn herrfchenden Religionen in Betrachtungtieht! Wie weit verlchiejener mtiflen fie noch an- genommen werden, wenn man bcdcnkt, dafs nur feltcn bey denen Mcufchen, dic (ich zu e i n e r Religion bekennen« detitliche tmd volL- sCSndigc BcgrtfFc von <iemielben angetrofiRsii wcrdcn! Und dcr Wille Gottes, der auf (b mannigfaltigeWeiie gedacht wird» follte£in« heit und allgemeineUibereinstimmung inden Begrif von Pflicht bringcn? Als Bestiin- mungsgrund aur Erfullung deflen» wat man io nennt, mag er wohl t iemlich allgemeinen Einflufs haben ; abcr als Qiielle dcr E r k e n n nifs von dem, was dic Mcnfchcn zu thim und m laifai haben, itt er noch weniger ali alle andere tu empfeMen. Aus ihr flofien die im- gchcuern I.chrcn, wclchc jcdcn des Todcs fchuldig erkliirten, 4er oicht eioerley Mci-

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iiuiifr ^ Prietcem uber Gott und feinca WUlen hatte. Und iit es auch zu hoffen» dafi mindeniielben nie mehr £o miiibniichea «erde$ Ib find doch die Begrille vcn Gott und feinen Willen noch ietzt fo verfchiedcn, dait die Pflichten» die daraus Bicfsen follen, keine iligenieine, gleiche Verbtndlichlieit iSr alle MettTchen enthalten konnen, ielbtt, ^nn mau nur auf das gegen>«artige Zeitaltcr fieht. Noch weniger itt fie gedenkbar» wenn nuui nuf die verlcbiedenen Vorttellungen Riick* fichtm 111 nu, die Hch die Menfchen in allen Zcitcn von der Gottheit machcen. Was fikt Eigcnfirkaften haben nickt Romer und Grie- chen derielben «ugelchrieben? K5nnen, Ibl- len diefe auch ais Muster fiir dic Menfchen «ngeiclien werdenl Und «ird dieii niemand bebaupten, Ib felgt» dait jene Volker keine Pflichcen hatten , wctni diefe nur in der Vor« •teliung der Vollkoinmenheit GottCf xu fu- cken find. Da dieie ihnen imbekannt war^ fo konnten fie auch ihrcn WiiJen nicht daf nach bcf timmcnt

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Das Reftileat diefer BetracIieungeii tity dafi

Sittlichkeit Auf kcinera festen, allgemcin ancr- kanntenGrunde steht, indem dieBegrifFe von derfelben fich nach den Meiniingen des Zeit- alters, des Landcs, nach den Verhaltmllen jcdes Standes, jedcs Alters, iind endiich» nach den befondern natiirlichen AnUgen vnd ct* vrorbenen KenntniiTen jedes einzehien Men« fchen richten , und folgiich lucht in der un- vrandelbaren Natur der Mcnfchheit liegeu. Ersiehung und Gefetzgebung haben fie von feher erzeugt und cneugcn fie noch. Beyde gcwohnen die Menfchen an cinc gewiffe Art, iiber allc fogenannte freye Haudlungen xu ur- theilen» und nach diefem Urtheile ihr Ver« fahren cinzurichten. Ist dic Erziehung und GefetKgebung gut : fo wird die Gewohnheit^ init gewiifen Handlungen immer den Gedan* ken von Belohnung und Bestrafung, von gu» ten und bofcu Folgen lu verbindcn, die Men» lchen gut und recht(cha£fen machcn. Im Grunde kommt es hauptfachlich auf das In» fscre Benehinea an, die innern Triebfedem mogen (eyn welche ile woilen. Ailein, wahc

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ift ei allerdiiigs, dafs diefe um Co viel nebr

Giitc habcn, je fichcrcr (ie zu allcn Zciten lud in allen Umstanden xu dem bestimmeii» ,Vfa» man fur fittliehgut b&lt; und daher iit es gekommen, clafs man dic Denkiingsart, welche dieie Uibereinstimnuuig ailcr tiand- lungen bewkt* xiemlich allgemein fur et- vfM9 an fieh gtitet hSHt und derfelben den bochsteu Werth ziircbrcibt»

DieferGlaube an die UnmogHchkeit all- gemein giiltige moraliic hc GnmUratzc aufzu- tteilen, bat ficb fehr weit verbreitet und herrrcfat mit dem Epicuriichen Sytteme nn« ter viclcn Mcurchcn , die zii vcrstandig , luu gar nicht zu deukeii , fich niir an dat halten, wat gewohnlich gerchtehty obne einenGnind findcn zu konncn, wornach das beurtheilt i;vcrdcn mufs, wat gerchehen foUce. Auch ist nicbt su laugnen» dait in alien morali- ichenSyttemen vor demKantilchen, unaufios- barc Zwcifei ubrig biieben, wclche leicht zn dem Gedanken fiibreit konnten, daft Pfiicht our einen conveDtionellcn» nicbt in dem Wcw

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icit te menfehliclien Natur gegrun^etea Be>

grif cnthalte. Es ist unstreitig ijvahr, dafi ef eia Widerrpruch ist, SittUchkeit blofs von dtm Stieben nacH Gluckleligkeit hcrtuleiten» und dafty wran diefe fttrRichtfehmur fiir fene genommcn wird, keine einzige Pflicht ais allgemetn geltend aufgestelit werden kann; et iit wahr, dale, wenn dat fittUche GefiShl fiir dic Qiiellc allgcmciner Gcfetze gehaltcn und dicfes al« ein fur fich bcf tchcndcr Tricb angefehen wird, das allgemeine Dafeyn de^ fclben fchwer zii beweifen ist; cs ist wahr, dais der Begiif von Volikorcmcnheit, an uud liir fich» weder gel^iickt iit» fiiir alle Meo- fchen aufier Zweifel cu (etsen, was fle thim und lalTcn miiffcn , wenn fic dcr Pflicht trcu leyn woUen» nochy ohne dicEinmifchnng von GludUeligkeit, akhinbnglicheTriebfeder an. gcfchcn wcrdcn kanni cs ist endlich wahr, dafi (chon bcitimmt fcyn muft » was Sittlich« keit iit , ehe der Wille Gottet cur Trieble. der gcinacht werdcn kann, iind dafs wir von diefcm nicht cinmal cine richtige Vorstcllung haben, ehe wir wiflen wai die Pfiicht gehie-

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«ci. Aberani «lienaiefciiiugegebeiieiiEui. wen^ttiigeii felgt niche, dafi Sitrlichkeit nicht in der menrchlichen Natiir gegnittdct isL Denn ihr Welea iiegt dien da, ivo fie Ib laa. ge nidit gefuclit «urde» nnd doeh illein zu finden war in der reinen Vemunft. Diefe «ana aiiein (chreibt dat Sittengefett vor, und Jieifit in G> ^eme die praktilehe Vemtinft.

Ehc diefes Gefetz felbst entwickcit wird, ist iiicr noch cincm £inwurfe su begegnen» weleher der Aoaahme det darauf gegrunde- ten Systen» hinderlich leyn kunnte^ Wenn dalTelbe , denkt vielleicht manchcr, vom An- finge der Welt bis auf iettige Zeiten verbor- Ken gewefen itt; fo fliefit eben daraiit zu- gleich mit, dafs keinc alJgcmcingiiltigen Grundriae in der Morai Statt gefunden lia* ben, und uberhaupt .Statt finden konnen. Denn tn die Ticfc, wovinnen fic liegcn miif- fen, konuen doch nur wcuige dringen» und Pfiidit hdrt auf tu feyn» wat fie (eyn foU» wcnn nur wenige fich einen richtigefi Bcgrif von derfelben machen. Darauf ist nun fol- geodes tu antworteo : £s tst ecftiich ichon in

dler Einleitung angcdeutet wordeiiy claii cUe Erkenntnifi derPflicht» an und fiSr fich, nicht fo fchwer ist, als die Eiiificht in den Gnind derfeiben» nnd ea ivird im foJgenden Ab« fchnitt gexeigt ^rden, dafs» ^venn die roeii- ten Menfchen auch nicht vollkommcn deut- licbe BegrifV^c von Ffticht im allgcmeinen ha" henp der gefunde Ventand ihnen doch meis- tentheils in jedem eincelnen Falle bestimmt genug anzeig^t, worin fie besteht, iind dafs da- her ihrUrtheily ibbald es auf fremde Uand* Itmgen geht» ctemlich einstimmig ist. Diefe Uibcreinstimnuing wird nur durch das Strc ben luch Giiickfeligkeit und durch die mau- gelhaften Moraifysteme, ▼onilglich bey de- nen gehindert, welche nach deutlichen Vor- stellungen strebeny ohue fie zu crrcichen» oder die eben desiMgen gam fdfdien» oh* gleich hellen, BegrifiRm folgen. Fur diele lctitern ist cs alfo hauptrachlich nothwendig xu seigcn, worauf der Begrif vou Sitdiciikeit i>eniht. Dabey ist es, sweytens, nicht su laiifjnen, dafs auch der gefunde Verstand in i«;;hwicrigcn FSdlcn iich nicht immer au ra-.

tlieii weiii iind leicht im gefiuhrt wtxden kaon» weim er nieht ausgemachce tmd be- fltimmte Gcfctzc dcr Vcriiunft iiir Richt- ichnur leines Urcheili» vor Augen hat. Diefe Schwierigkett vrixd mm in dem KanHfchen Systera gehoben, indem clic Formchiy wclchc 2ur fieurtheiiuug aiicr Sittlichkcit aufgestellt werden» nichti weniger ali iehwer su faiTen find. Man kann fie mit den Formeln der Arithmetik vcrgicichcn, die, bis auf eincn gc- wiflen Punkt» von jedem Meniclienangewaiidt werden» ohne» daft er fie zu bewei&n» oder far aus den Gcfetxen des Verstandes zii cnt- wickeln im Standc ist. Diefe Vcrglcichung fuhrt endlich noch auf einen andern Punkt, der nicht cu uberiehen itt. Ei giebt unttrei» tig nicht wcnig Rcchenbiicher, die cntvreder nur den nichsten und fchief aiisgedruckten oder gar einen ialichen Gnmd Ton den aul^ gestellten richtigen Regeln geben. So langc man mir dic Jetztcn befolgt, ohne iich wei. ternm jene tu bektimmern» welches hiufig der Pall ist» weil fie oft dem gefiinden Ver« •tande von folbst einleuchteud fciieinen: fo

iit auch das Verfabren beyni Rechnen rich* ttg. Begnugt man fich aber damit nichtt (o kami cler fchlecht ausgedriickce, o^er aicht allgemein palTendc Griind, leicht aiif Sitze ieicen, <lie su gans £iirchen Rechnungen fiih- fcn. Eben fi» iit es mit clen MoridQrttemen. Die VoHehrtlten die daratfi abgeleitet wer- den« (ind in fchr vielen Fillen richtig, un- temimmt man ea aber auf dieQrihtdc luntck tu gehen tmd ielbat Regeht darauf su bauen: fo gerath maii ebcn fo oft in cia Lab^riiuh, aus dem luan iich fchwer au helfen wei(a. In allctt findct fich etwas mehr odcr wetiigcr wahres , nachdcm die Gefetsc der Vcmunft dem Geistc ihrer Urhcber, mchr odcr weni- ger vorfchwebtcn; in allen findet fich aber auch etwas fiilfdtcs odcr ttnbcstimmtesy tmd in diefer Riickfieht kann man fagen y allc die angefiihrten Syiteme stintmcn mit dcm, wel- ckcs nuf reine Ventunfit gegriindct ist, tibcr* ein, und alle widcriprechea demielbcn. KeU nes darf dierem dcn enten Platz streitig ma> cfacn» abcr keiitci ist uitfihig irgcnd cinca Flats ttntcr dcnielben «i erhalteii»

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Urtieih Jer^meimn V$mmift Uhr dm Uirtb dir Li^gc Uterhaupt^ und d$r mmfchUchm HmMaigcn inskcfindcrc.

nan Unterfiiehtiiigeii iiifCellty wel-

che Aii^elcgeiiheiten des gemeincnLcbens be* trefei; fo tst et aothitfeiMUfy cUe Vontelliiii- fen» die fich dmuf betielien» nient wenigs. tcns, fo zu nehmen, wie fic dcrgcmcine Vcr- stand gefafsc hat. Und dieis itm ib viei mehry je «usgebreiteter fie find, und {e grolser dUe Ausdehnung ist, welche Jene Angelcgcnheiten habcn. Dsfs bcydes der Fall vontiglich bcy der Frage iiber gut und boie» Tugend und Lasterist» fiUt bey dem ersienAnblick in die Augen. Sie betrift die alJgemcine Handhmgs- weife a 11 e r Mcnfchcn. Was istnatiirlicber» als hierbey die Urtheile der gemeinea Ver- nunft lu tUthe lu liehen? Ef ist hier nicht wie mit einer Wincafchaft, die nuc das £i.

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genthitm weniger vorzuglicher Kopfe isf» tind die bisitir bewtiiidrungswnrdigstciiUohe gediehen feyn ktnn » ohnet dafi der gemeine Verstand dicfelbe zu fairen, odcr niir die Gnindbegriffe davon anfiigeben vermag. Ei ist hier die Rede von einer Sache die alie Perfonen, ohue Untcrfchied dcr Fahigkeiteny angehc, iind die, was noch mehr ist, fogleich «itlhort das %u (eyn, was fie feyn Mi, vtenA lie ntchty ihrem Welen nachy in der gemein- sten wie iu dcr hochsten Vernunft licgt, und von dcrfclben» fobald (ie nur eitiigermaisen cntwickeit ist, anerlcannt wird« *)

Wir wollen alfi> (eheiiy was» nachdem ge-

wohnlichcn Urtheile dcrMenfchen^ gut, wiiu-

*^ Einige Entwickelung der Denkkraft mufs im- mer vorher gehen. Dicfs widerfpricht aber nicht der Allgeineinheit, welche dcrSittlich- keit zugefchnebcn wird. Es gicl^t Volker die nur bis drey zahlen. Dtraus wird abei wohl nicBiand folgem , daft Tanfcnd nkhts witfclkhas angebe, nnd daft die M6glichkeit des ZlUens Qbcr drey, nicfat ip don fdlge- mtinmi YciBtande li^

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fcheiii- iind achtungiwerth ist$ was fur B«« griffe fie von freyen Han^ungen und voii

PflKliten haben, und wie fic fich das Verhalt- niis (icc Sittlichkeit lur GliickicUgkeit denken.

Hicrbey miifs tnan aber uicht fowohl das Urtheil in Betrachtung xiehen» das fie in ihp ren eignen Handlungen aiisclrucken» ocler fich iii cin7.clnen Fallen auf ihren cignen Zu- scand beueht» alsauf das, welches fic uberdie Handliingen apderer fSUlen» oderfiiir ihre eignen von andern fiirchten. Denn dadurch wird uus, theils cine grofsere Menge voii Ur- theilen, theils mehr Uopartheylichkcit in dcnrelben gegeben. Der Kreis eigner Hand« luiiijcn ist fehr eingefchrUnkt gcgen dcn, wel- chcn dicBeurthoilung zu ihrem Gebiete raacht und uher alle bekannte Zeiten und Linder erstreckt. So gern uberdieis federmann fich fclbst richten njag : fo /wcifclhaft fcheint ge- netniglich aiidern der Ausfpnich, den etn )eder uber feine eigne Handlungsweifi» thut. Aile Mcnfchen denken, dafs fich Parthcylich- kcAt in dcmfelben zeigeii kuune, und dafs.

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«rer fich deritlben nicht fchuldig macheo wolle, fciii etgnet Urtheil dem aJJgemeinen imterwerfen mulle. Hierdiireliwird hinfcing- Hch angezcigt» dafs Begierde und Leidcn- ichaft den Punkc verriiclien konne» euf weU efaem clie Handlungen su becnehien find, und

r

darsdieMcnrcheti nurgar tu vielHang haben, (ich mehc vfic (innliche, als wic vcrniiiiftige Wefen entuielien* Wili man alfo wiflen, wie der gemeitttte Vertland den Werth derDinge

fchatzt: io iuviis man fich zn dic Ausfpriiche der Mcnlchen halten» welche Och catwedcc nicht unmittelbar auf fie lelbtc besiehen» oder Tvelche fie offmtlidi ni thun» fich ge- trauen*

Wenn maa nun alJet wat die Menicheii ieiiStfen» mit einem Blicke «i ilbeHchatiea

strebt: fo Hndet man, dafs fie gewiffc Dinge inn ihrer felbsty andere blofs um ihres Ge- braucht wtllen» icfaitsen, dafi fie xwar in Abficht der Bettimmtmg det Werthi derfel. l>en fehr verfchieden denkca und fiihlcn, dafs fie aber einttimmig eine gewilTe Denk- imd Handlungtweiie, dat wat man fictlicfae Gute,

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guien Charakter nemic» uber «Uei (chltzeiL

Was nicht atis dierem fliefse, oder 6ch we* ntgstens mit ihm vereinigen laift» du ist in abicm Aufen nicht mibediagt gut» uodiviiidl nicht felten der Vertehtung» odcr gar der Verabrcheuuog Preii gegeben.

Vergnugen» Ziifriedenheit mit (einem Zti stande, Gerundheit, Leben find Gegenstande det Wunichef und Strebena ailerMenicfaen «-» find» den Anlcliein nacb» ^m» hSchtte^ dat einzigc Ziel aller Mt*ih und Sorgen des grofs- tenTheiJf derfelben. £s gicbt fogar nicht «enig Menl^ben» die geradeiu behauptcn» ct gebe kein anderci Ziel. VoA doch urtheilen ielbft diefe durchaus anderf, fobald ihre eigoe Dcnk- und Handiungfweiie bcy Scite gefetit, und Ton den AUgeneincn cuf do» selne Falle ubergegangen wird.

Wer bloff fein Vergnugen fucht, ohne auf dic Leiden xu achtetty die er dadurch andern vcnirfiicbt, fvcr ct woU gar in dem Sehadcn undocr taOd, wlrd vcradiiet odcr gdia6t, B

Ufid er felbst wird nur noch abichctilicher» wenn er nit diirren Worfen behauptet, dais

der Menfch kcin hoherss CicKtz, als feiiiVcr- gniigen kenne. Auch wird nicht leicht fcibst eitt verdorbner Menfch diefen Grundiktt als den leinigen atifst<fUcn. So gewdhnlich es ist zufageii: jcder fcy (ich fcih<>t dcr nachstc: fo Dviirde doch jeder» der diefs fagt, es fehr iibel nchmeny wenn man icine Aenlsening in ilircm gatrzcn moglichcji Umfangc verstehcn woiite. Eine gcwifTc EinrcUranlLung foll mau immer dazu denken. Wenn cwey Perfbnen z. B. um einen imd eben denlelben Vorziig iich bcmuhuy der ihucn cin Ichhaftcs Vcr- gnugen machen wurde, nnd fie tati(end Mit- te! anwendeny denlelben su erhalten: Co wer- den vielleicht beydc fagen, ciii jcJcr fcy ficii fclbst dcr nichste. Wollte man diefs aber dahin deitten, dafi fie es fur erlaubt hielten» jedes Mittel su gebrauchen, das fic nnr im- mer zum Zwcck fiihren konnte: fo wiirdett fie gewiis dagegen auf das starJute fich er* heben* Gebrauchten fie auch wirklich aJle inugU< li? verwcrflichc Kunstgriffc, inachtcn

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lie gegcnleitig ihre Reehdchafeilitit» ibie

Gefchicklichkcit verdachtig: fo wiirden fie doch aimmermehr Vcrraumdung uad An- ichwSiiiiiig unter die Waffien geretxt wiilen wollen, clerea fie fieh bedient hatten» um den Sieg davon zu tragen. Und fo wie hier jene Regel» felbft nach den Wiileit deier, die fie tiir Richtichiitir ihrct Verhal- ten$ machen, niir unter gewiflcn Einfchran- kungen geitea foil : fo ist Cf uberhaupt mit allen Regeln» die fieh nur auf eignea Ver« gniigen der Menfchen besiehen. Handeln inogen viele wohl fo, alf ob es das eiazige tmd bdchfte Ziel wire» nach dem fie wa ftre- ben hStten; aber eingettehn wird ef» ohne alle Einfchrankung, keincr, wenn cr nicht auch da f zu feiaem Vergnugcn lecbnety waa andern Freude nachtt

Oieie Einichrinkuiig if t aucfa daim niehl su TOgeflen» wenn et au£ etwaa mehr» ali

auf voriibergchende Freuden ankommt, weim von der ganzen Summe der angenehmen £m* pfittdung» die man mit demNanen derGJuck-

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ieligkeit bexelchnety xnenn von eincr blei- bendeii allgenKiiiea Zufriedeiilieit die Rede iie. So grofi dieMenge der Dinge ift, wo Cf eincm jcden felbst uj^erlafTcn werdeii mufs, ob er fie iiif Gebiet ieiner GluclLrciigkeit lic- hen, ob er atif die Erreidiung der&iben let* ne Zufriedenheit (etien wolle oder nicht: fo ittdoch cin Funkt nicht xu verkenucn , den maii» bey alJer Biliigkeit gcgen die verlcbie* denen Neig iiiigen der Menfcben, doeb nie ihrer Wiilkiihr iiberlaflen wird. Man for- dertvon ibnetty ohne Unterlciiied, da6 fie alle diefenigen untefdnleken» die nur durch Krinkungen und Beeintrachtigungcn der Recbte andercr bcfricdigt werden kdniicn. la, flian behauptet fi>gar •iemlich aligemeiii» dafs Gliickreligkeit nieht einmal da Statt fin- den konne, wo man (le auf Kosten der Recht- fehafienheit xu befordem fiiche. Ob die6 ein Autlprueh der Vemunft £ey , ob fich ket* nc Ausnahmcn finden, ob nicht, untcr gewif- fim UmftSUiden, Menichen bey aller ihrcr UngerechtiglEeit doeh einet bohen Gradt von /.ufncHcuheit f^hig feyn, ist, bey der Un-

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darehdringlichkcit des mcnfchiichcn Hcrzcnt und nach gewiflen £rfahningen su urtfaeilen» freyllcli wohl eine noeh unatufenMchceSache. Auch giebe cs grofieMenfchcnkcnucr, welche behaupten, dafs mancher B6£ewicht in dem Genuif det WohUebent von ieincm GewUlen nicht im allcrgcringsten beumnihigt ^venle* Abcr fo vid ist gewifs, dafs nach dcm gc- meinen UrthciJe der Menfchen» keiu vcrnunf- tlget Welett Wohlgefallen an einem Iblchen ungettorten Wohlbefinden haben kann* Wo kein Zug von iittlicherGiitc ist, da wunfchea wlr aocb nicht GiucUeiigkeit. Dae(e mit Verbredien und Latter vereimgt lu lehen, ist der wtdrigste Anblick fiir jcden, der nicht feibst die Vemunft zur blofsco Skiavin der Sinnlichkeit nuicht. Oder wird et ctwa alt glelchgultig angefehcn, ob der Gufe oder der Bofc das Ziel feincr Abnchten erreiche ? Ob Verdientt oder Luderiichkeitdarbel ObGe- reditlgkeit oder Ungerechtigkeit fiegel Ob Tugcnd dic Strafc dcs Lastcrs, und dicfes den Lohn dcr Tugcnd erhaitcl Wohi- befinden flrurde untCreitig imm^ auf einer

Scite bcfordert werden. Dicfes allcin kana es alfo nicht fcyii , vjgs den ersten Anipruch aiif unfera Beyfall hat«

Wir haben bis ietztGhlckreligkcit in Vcr- bandung mit Laster tmdVerbrecheiiy be« trachtee. letzt wollen wir von dte(en )ene zwar abfoudcrn, aber fic doch nicht iuVerei- nigungiiiitTugead und edlenXhaten «i« &inmen denken. Viellcicht konnte 6e dami cher das ciniigc Ziel racnfchlichcr Wiinfchc gcnannt wcrden; vicllcicht fchrcibt uns die Vemunftkeine andem Geletxe vor, als die, welehe fichaufGliickreligkeit besiehen» wenn (ic niir nicht zuin offcnbaren Nachthcile lui- irer Mitmcnfchcn gefucht und erworbenwird* Man denke lich alfo einen Mann, der kei« nem Menfehen Unrechty aber auch fur kei^ ncn et\t7as thut; der, im Schoofse dcs Gh'icks, keines Menlchen unbesablte Dienste verlangt, aber aiich keinem dergleichen leistet; der nie fcin Wort bricht , ahcr cs auch nic giebt^ wenn er nicht fcjnes cigncn Vortheiis dabey gei^ils isl , kurz» der lich lcibst sum Mittek

pufikte aller (einer-Hiitdluiigeii inackt , iiiid ftm Geld» wie fein Anlehn, ntir fiir fich ge*

braiicht, aber allcs, was (Ich awf fcm WohI« befinden besieht» fo giit xu bercchtien weifiy dafi er bis in (ein ipatcsces Altcr eiiier vollen Geriindheit uud Zufricdenheit gcnicfst : w ird feine Handhingsvi>'cire gebilligct, iind fciii Wohlbefinden ali dic gercchtc Folge deriel- ben angereheii werden ? wird lemand lant gestcheny da(s er fo cin Maiin feyn iiiochtc? leh denke, die Antworten auf dicfe Fragen werden allgeinein verneinend (eyn» iind da« her bcwcifen, dafs, nach cincm allgcmeinen AtisfpnichCy dieZufriedenheic mit uufermZu- stande in keinem FaUe das hochste Gut fcy, Aachdem wir alicin zii strcben htibcu.

Es g i e b t alfo eine gewiireGemuthsbe(chaf*

fci)heit, dic noch huhcr als dic Ztifriodcjihcit zu fchatzen ist, und der wir Vcrgnugcii und Wohlbefinden aiifopfern konnen, ohne Tadei befurehten zu dtirfen. Die(s ist (b wahr, dais felbst Lcben und Gcfundhcit, Giitcry oline welche alle iibrigen liir nichts tu achten (iiiii.

keijien iinbedingtcn Werth haaen» und iinter gewiflca Umctajulea dahia gegcben vtct6ea oiiifleB. Ttef veradifet wird der SoUkU ^ es freywillig ist, und doch, um den Tod oder den Wundea ni entgeha» dem Feindc deo Rtickea kehrts uad» wena man dieWahl liit Ewifchen einem falfchen Zeugnifs fiim Verderben cines noch fo imbedeutenden Man- aet, und iwiTchea Lcben und GdimdhciC: Ib ist niemand, der nicht wenigitent denjeni- gen hoher fchatzc» welcher das erttc verwei- gert» «It den» welchcr fich dasu vertteht* Settt nuo der geraeine Verttand lchoa die* jenigcn Dinge, die wir um ihrer felbst willen bcgchrcn» nicht fo hoch an» als He beym ertlea Aahlick ericheiaea» fi» wird es aoch mehr d iejenigen tiefleu y dte aur alt Mittel zu jenen anzufehen find. Wcnn man in un- lcrm Zeitalter die ibgeaaaatea Glticktgutcr: Macht, Reichthum uad Ehre alt nichttwurw dige Dinge vcrfchreyen, und fich in Abficht ihrer Nichtigkeit aiif dat gewohnJiche Ur- theil der Menlchea besiehea woUte: fo wur- de man cbcn fo viel Thorheit als Unwiifen*

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Iieie verrathen. Diefe Giiter fiod xu tllea Zeiten 6u Ziei der meiiten Medchea gewe^ fen, dte ef xii eneiehen nur einige Hofinung Juteen. Aiich gestehe es jedermann frey, dafs cr fie Ittr nirldiche Gucer anfieht, die in nehr alt einer Becrachtung , vorxugliehen We^th haben. Allein, iinbedingt ise diefer Wcrth ib nenig» difs lelbst diejenigen, die ihn «irklich uber allet letxen, nicht den Schein davon habcn woUen. Nicht Iciche wird et irgend eioem gleicbgulcig ieyn» wie inan von dem Mittel denkt» wodurch cr fie erningen bat, oder ron den Abfichten, woxu er dc gebraiiche. Wenn aiich nicht immer Verdienste den Befitx derieiben bey demjeni> gen rechtlertigen follen» der fie ieibtt er- warb, fo roll doch der Gnind davon nie eine That leyn, diemanverwerflich finden iLonnte, Und find fie nun ofaibar dureh Zu£ill er- lange worden, fo wird man wenigstens nicht xugcben wollen , dafs fic gemifsbraiicht wcr« den; oder ci ibll der Zufidl fidbtt fie dem Wtirdlgen ertlieilt habem Man fehe in den ietiigcn fo gcmcia gcwordenen Kampf des

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hicU gegen diejenigeti, welche feine Vor-

rechte als ungcgriindpt anfehn, wie (ehr er felbsty uikI leiuc Schutzrcdner ihrc Krafte aufbieten, um su zeigen, dais der Unter^ fcbiecl cler StSnde mtch einen Unterfchied der Einfichtcn uadTiigcnden bcgninde, und dafs, wie nicht undeutlich in verstehen gcgeben tvird, mit dcr Hoheit derStandeauch die Ho« heitdcrTugcnden fallc. Zu folchcn Behaup- tungen wtirde man feine ZuHucht wohl nicht nehmen» nvenn man nicht fuhite, dafs nach dcm Urtheilc aller Menfchcn jene Gh1cksgu« tcr, wcit cntfcrnt cincn unbcdingtcn Wcrth xu haben» vielmebr in den HSndco unwiirdi» ger Beiitzer, fiir dieie fowohl alt fur die Wclt, zu wahrcn Uibchi wcrdcn konneu. Diefs ist nicht weniger dcr Fall bey dcn Ga- ben des Geistet. Gut und wiinichenswerth fnid unstrcitig in mancher Riickficht Vcr- stand» Witz, ScharfHnn u. f w. ailein auch iiber ihren Werth entfcheidet erst der Ge- brauch. Dienen (ie der Bosheit, fo werden fic f lbst bofc gcnannt, und kein Menfch vtiKd jc laut erkl&ren, dafs er fie fclbst dann

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2U bcfitzen wiinfche, wenii cr auch genothigt ieyniblhe, fie auf <iie KrSUikuog» cxler gar VeHerben ieioer Mitmenfcheii xu rieh- ten. la noch mchr ! je starker fich jcne Gei- stetgaben bey bofen Unternehtniingeu zeigen, detto abliclieiaiicher finden war dUefe. Wenn ein Meuchelmorder alle Maaiiregeb genoin. mcn, alle Anstaltcn getroffeu hat, theils um 6in Opfer nicht tu verfehieu » theils um nn* cntdeckt zu bleiben: wte viel strafbarer fin* detmannicht feincThat, als wenn fie von einemeingc^cHranktenMcnfchcn veriibt wor* den wSre» der Ibeinen uberlegten Pian daxu entwnrfe, iind ebcn deswegen ein Opfer der Gerechtigkeit fast eben fo gcfchwini wiirdi.*, ais der utigiiickiiche Gegenstand feiner That ein O^kt feiner Bosheit geworden war. An diefcm Bcyfpiele kcinnen wir zugleich fehen, «rie das Urtheii der Menfchcu» ieibst iib^r Eigenlchaften ausfalle» die man m den Tii- genden xu rechnen pflegt, und die in gewiA ler Riickiicht auch dicfea Namen verdieneii. Muth, EntichioiTonheit, BeharriichlLeit im Vorfatze gehoren unstxdtig f ur Aiisftihruog

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jener uberlcgtenThat; werwird Heabcr hier der Achdingwertbfindeiil Wai fiir herrlicfae Cigenlehafceii fiml nieht femer MSfilgiing ia Bcgierden, Sclbstbcherrfchiing , Wohlthatig- keit uod Menrchedliebei Und gleichwohl ma& auch hier die Hochlchitiinig» die fie nit Recht vcrdienen , cingcfchrankt wcrden. Auch halt (ic kcin Menfch fiir etwas rcblccht- hin Gutet» ibbeld er aur «if den Mifibiitich nufineifclani gcmacht wifd, dcm fie unler- worfcn find.

Wer bcy dcr Mafsigung und Sclbstbcherr- fchung nur eine einzigc Ausnahme uiacht, der kann nock ein Boiewicht ieyn» und dat kalte Blut» nit dem er alt Iblcher handelt, die undiirchdringlichc Dccke, dic er liher leine Abfichten und Thaten verbreitet, na- chen ihn tn unlem Aiigen nieht nur gefthr- lichcr, fondern auch noch abfchculichcr, sum bofca Geiste in menfchJicher Gestalt.

liebenswurdag und alJgemein gefchattt iit dat Beitreben» dem fo mannigfaltigeii

Elende, welches die MenTchen druckt, abni-

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hclfeo : allein der Unterfchied, welchen maii iclioii imgeiiieiiienLebeii swilcheiiiclaer und CiUeher WohldiStigkeit madit, seigc hin. lauglich. dafs (le einer hohern Leitung be- d«rf. Itt fie nur Temperanientitugeiicl» eiae Folge Ton larten oder vieimelir lchwachen Nerven, fucht (ie nur gegenwanige Leiden «buiheUctt , um dcn Anblick des lammera «i «eliren» ohne die QyeUe deHelben su ver* itopfen , ift fie endlich mehr atif Atntelhtng phyfifcher als moraiifchcr Uibel gerichtee, iind vermdurt fie wohl gar diele» wahrend fie fene vermindert: fo wird diefar Wohltfaitif kcit entweder ein nur fehr geringer Werth xugeCchrieben» odcr wohi gar aller Aniprucli «uf Hochlehlttuog abge^rocfaen. Sdbit der Verachtung kann He, unter gewi(!en Umstin- den> nicht entgehen. Man denke fich eine ganfe tahlreiche Familie in den gidftten lam^ mer» von der H5he dei Gliicka in die tteftte Armuth gestfirzt, von alien Menfchen verlaC* fen» durch Kummer und Krankheit in die Unmdglicfakeit veHettt, fich nur die entea Bedurlniflc des Lebens zu verlblufien! fis

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kotnme nun ein Mioa, der dem Elendc Auf einfiul fteucrt» verlinge aber tiim Lohn CeU ner HOife clie UnTehaM eines aufblilhenden Madchens, und mache fie wirklich zum Opfer ieiner LutCe wird ibn fein Wohlcbun ge« gen die allgemeine Vertcbtung ichiitsen? Wird cr ihr felbst danii cntgehcn, wenn cr nacb der StiUung feiuer Bcgierden fortfahrt, nlcht nur das gemiisbrauchte Gefchdp^ ibn- dem die ganxe Familie im Wohlttande cu er« balteii, und ihn fogar, fo weit diefs nttr dem Reicbthum und der Gewalc moglich itt, iur ihr gantet Leben xu ficbem? Giebt et Men^ fchcn, die m ihrer Vernunft , oder vielmchr in ibrer leidigen Dcak- und Handlmigsweife }ene Verachtung nicht gegcundet finden: ib frage man einen feden unter ibnen, ob er, wcnu cr fcibst der Mann ware von dcm die Rede itty wohl gem feben» oder nur tuge- ben wiirde, dafi man die Geichichte ofient- lich bekannt mache, und die Stimme des Fublikumt dariiber hore ? Dieis wird wohl keiner woUen. Und fo ist et denn wahr, dafs, nach dcm IJrtbeile der gemeinen Ver*

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attnft, jener WoblthSctgkeit oieht dcr «Uer* gcriiigstc Werth ubrig blcibt. Eben fo kann iie ihrem Vcrdammiingsiirthcile nicht cnt- gehen, ivenn fie einen Verbrecher hegt, und der gereehten Strafe entsieht. Auch hiev wird fie fclbst zum Vcrgehen»

Die Wohlthatigkeit ist, wie wir gerchen habcn, hauptrachlich daiw nicht mchr als etwat Gutes tu betrachten» wenn fie nehr denLeiden einerPerfon abiuhelfen, ala die iittlichen Eigenfchaftcn dcrrelben zu b^for- dem fucht. Aber aMch dic MenichenUebe» die iii ihrem weitem Umfiuige diefe mit befalit» und dieielben mit Kraft und Nachdnick aut- tubreiten fucht, ist tiicht unbedingt lobcns- wurdig. So grofi und gottlieh der Menich erleheinty der in leinen Worten und Thaten nicht nur d«s aurscrc Wohl, fonJcrn aucb dte Tugend dcr Meiifcheu tu ieinem Uaupt' fwecke macht, und rastlot ni befordem fltrebt: fo finkt erdoch augcnblicklich von ieiuer Hohe hcrab, fobald cr zur I- rreichung ieiaei groften Zweckf jedei Mittel» ohnc

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Uaterfchiecl, dienlichfindet» oderwirklichge- bnttcht MenTcheiigluck iit «im ib maimig* laltigenBettanddieileii iiifiutiiiieiigefi^t» dait, wer fich herausnimmt, es durch gewaltthati' ge Mittel erzielen , hochst walirlcheiiilich snebr Weh ala Wohl verbieiCen wicd. Ei «firde allb daducch der Entsweck vMAlt Allein nicht blofs deswcgeu, fondern haiipt- ftchlich um der Gefinnung willen» die foiche Mittel billigen kdnnte, wkd diefe Menfi^hen. liebe als venverflich angefehen werden. Kein Menfch der nur fu einigen Gefiihi iei- aer Kraft gekommen itt» will fich ala ein un* mundigef Kind adehen lafleny daa tur Be- fdrdenmg feincs eigenen Besteu, fo lange die Vemachiiifigung defleiben nicht Nachtheii lur andere eficugt, dureh die Rutlie ange* trieben werden mufle. Und (elbst das Kind ichon macht bey den Strafen , die man ihm tttferlegt, einen Unterfi:liied swii^en den Neigiingen, die gewaltfiunerweile einge^ rchriiikt werden muITen , und denen, die fei- ner Willkuhr tu uberiaflen find. Daft ei ar« betten lemea mufle^ kana ihin leicht fi> deut*

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lieh feoiaelit ynrien^ daft et Notfaweii*

digkeit davon, imJ, wcim fcius Trighcif, oder Ccin Spieltrieb» der Arbeit widerstrebtv die Billigkeit des Zwanges luhlt» den man leitten Neigungeii anthiiii tmiit \ daft et aher voniiglich fich xu der Arbeit gefchickt ina- ehen mti0ef «rovoii» tiach deii Einfichten dcs Vatert, ihm eintt in der hurgerlichen Gefell- fchaft die tneisrcn Vorthcile ervvachrcn wcr- dcn, wozu cs aber weder Ncigung noch Fabig- heit hat» und daft es dafU geinviiiigeii wer- den konnes dieft wird ihm lchwer einnnre- den feyn , und dic vatcrlichc Licbe , aus dcr ^iieStt Zwang fiielst» wird ihm in elnem lehr ftweideutigen Uchte erlcheinen. Ftihlte et lie nicht von mehrerem andem Setten wirk- lich wohJthatig, cs wiirde fie fogar vcrab- icheoen. Und diels wird in der That be/ erwachfenen Menlehen grofttentkeilt der Fall fcyn p wenn Menfchenliebe He nothigen wili, auf eiae andcre Art gliicklich xu ieyn, aJs fie ct woUeo. Sobald dcijenige» welcher wohlthunwill» gewilTe Rechie krinkt« atif F

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die kciii MiuiTcb fo leicht Verzicht thiit; ib verfcherzt er die Acbtiiiig, die leine Abfich*

tcu roiisc ciiiiiufsen wiirdca.

Der Bekebningscifcr des niittlem Zeit-

altcrs war, in ciner gcwiiTcn Riickncht, ein iobcuswurcliges Bcstreben. Voraus gefetxt, dais «venigstens einigeder dainaligen Priester, folltcn neaiich niir eincn fchr gcringcn Theil aiisgemacht haben , von der Licbc zu ihren Mitmenfcben befeeit, diefelben zum Befits iind Gcniifs von dem* was fie (elbst fiir dat h6chstcG'.it hielten, zii brnigcn fuchtcn: was konute achtungswilrdiger als dcr Eifcr indie- fem Bestreben feyn? Er betraf nichts gerin- geres a!s Ruhe und Zuiriedenbelf in dieter Wclt, und ewige Gliickfcligkeit in der kiinf- tigen. Uiid doch wird diefcr Eifer immer «enigcr geacbtet, imd fogar dem Abieheu Preis gcgcben. Man dcnkc dabcy nicht, dafs diefcr Abfcheu blof:» ciaher cntstehe, weil man Unvernunfc andieStelie der Vernunft ietzen vrollte. Wenn der Fall aitch iimge- kehrt warc; fo wiirde die an und fitr fich

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wrlrefliche AbficHt, doeh nie gewalttlilfige

Mittel rechtfcrtigcn. lii diefem Falle konntc cs indefliBU noch fcheineu , als ob das Bescre* ben, die Giuckieiigkeit anderer xu t>ef6r- dern, nur deswegen nicht rechrer Art fey» weii im Grunde vieJoietir Elcnd als Wohl her- vorfcbncht werde. Ein enderet Beyfpiel wird lehreny dafi die blofie Hervorbringung dcs Lctztcrn, dic aiisgcbrcitcstc Menfchcn- liel>e> nicht jedes Vcrfalurcn derfelbcn recht- lertige. Gefetf t «ifo, nan reilse durch ollbu baren Raub , oder durch listigen Betnig, die ScbiUe cinesMannes an iich, dcr iie imgc- nutit in feinem Kasten verichiieisty «ird «rohl diefeHandlimg gebilligt werden, lelbiC^ wenn man taiifcnd Elende, dic (ich des Huu- gerk ktum erwehren ikdnueu, dadurch auf einmal in einen» iiir lie iilier alle Erwarttwg gehenden, Wohlstand verfctite, wcnn man ibgar die geraiibtcn Schatzc als Mittel ge- brauehtey diefe Menichen lamt ihrer xahlrei- chen Nachkommenlchalt, siv Tugend tu bil- den? Gleichwohl wird durch jene Handhing Giiickieligkeit undTugcud befiirdcrt» gleidi-

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wuhl ist , wcnii cs mir aiif dic Bcrccliiuiiig aageiichincL* Einptinduiigen ankotumt, dcr Verdniit dei Reicheiiy der noch vnh inehr bchalfcn mag, atf maii ihm ratibte, in Ver« gleichung niit dea unz^hlig gutcn Folgeii, die atit dem Raube entftehn, fiir nichtt tu ach> ten. So kann man die Folgen einer Hand- hing als hochst wiinrchctibwiirdig anfehen» und die Haudlung ielbst doch verwerBich finden» ob fie gteich um der guten Folgen wiileu unternominen und ausgcfiihrt wurde.

Dieie tetxtern Bcyfpicle veigen, daft naeh dcm Ausfpriichc dcr gcmeincii Vcrniinft, felbst in den Eigenfchaftea» welchc dcn (itt- lichguten Charakter ausmachen, gletchiam eine Rangordnung Statt finde, nnd daft dte obente Stelle derjenigen gebiihrc, wclchc man Glnrechtigk^t nennt. Diefe Tugend wird f u feder Zeit nnd unter atleii Umstin- den, achtungswerth gefimden. Sie erhalc awar wenig Lobfpriiche, aber biofs deswegen» weil fie ats durchaus nothwendtg gefordert wird und dcsto griiiser ist dic Strcnge uiit

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der maii dit Gegenthcil derTelbe!! (adclt. c») Wcr atiflfer ihr aHct bcf^rsc, was gut, wiiii- fchciis-iind achtjingsvvcrth ist, dcr wird doch flie die Welt uberredcn koiineiiy noch wollcny dafi er der Gcrechtigkcie, als cincr Klcinig- kcit, nicht bcdiirfe. Sic miid im Gcgcntheil nach dcoi Urthcilc dcr gcmeinstcn Veraunff, den Erwcrb und den Gebraiieh der Ghlcks* giitcr bcstiiniucii , dic Gabcn dcs Geistes lei- ten» und allc Eigeufchafteu des Tempcra- mcnti und det Hertent regieren. Wat fiir Mtihe geben fich nicht iclbst dic Machtigstcn dcr Erde^ die (ich libcr jcdcs Gefctz iu ihreii HandJtingen wirklich wegictien, um der

^^) Als Tiigcnd bezicht fich Gerechtigkcic nicht fluf d:is was man foidcrt, fondern aiifdat was nian 1 c i s t c r tn dcr crsrcn Bcziehung fic allcrdings dcm Mifsbrauchc unrcrwor- fen ; da fctzt man ihr auch dic Billigl<cit cnrwcdcr entgcgcn, odcr zur Sciic, als noth- uendigc Gefihrtin. Wcnn mdn abcr in dcr zweyccn Bczichung dic Bcrcitwilligkeit neinr, eincm jcUen ?.u kistcn was uian ihm fchuldig i$t: fo verlicrt dic Gcrccluigkcit hey dcm gcringscen Yergtofs foglcich ibrc Ntcur und ihttn Namai.

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Wele gUttben tufnacheii» jdaff bey ibreniioeli to widerrechtllchen Uncemehmtmgen docfa

Gerfchtigkeit Statt 6ii<ie. Wenn Cic aiich als Bewegangsgrund lu ahren gewaltiamen Untemehmnngen mit anluhren » dafi fie da* diirch fowohl dencn, die ihre Untcrtlianeii werdcn, als denen, welchen fie dierelben eut- liehen» eine wahre Wohlthat erzeigen: (6 nimmt doch die Gerechtigkeit smmer die erste Stelle ein, foJlte fic auch nur in der entfemtesten Beziehimg mit der Handlmig stehen» die gerechtfertigt werden mula»

Diefe erste Eigenfchaft des iittlichen Cha^ rakters wird zwar gemeiniglich nur in dem Verfahrcn gcdacht, das wir gegen anderc be<. obachten folien. Weim aber aiich der Name ielten da gebraucht wird, wo iinlre Hand- lungswcife fich auf unfere eigncn Rechte be- zieht, und hierin die Gcrechtigkeit fchon deswegen nicht streng gefordertwerdenkann, weiJ nur wenige von der Art (mi, dafi fie nicht aufgcgeben wcrdcn durfcn: fo gicbt cs doch Falle» wo die(elbe auch gegeo uns iclbst

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iteobachtetf iind dem Wohltlum durchaiis vorgesogen wetdeii miiif» Wer der Gliick* ieligkeic tnderer viel Opfer darbringt , wird 2war im allgemeineti fiir edel gchaltcii, und iit ct «uch» wean er es nicht aus Eitelkeit thut, oder aadere Nebenabfichten hat. Wer aber, aus Ncigung zu cinerPcrfon, ihrallcs was er hat, aufopfert» uud feiu Vergnugeu nur darin fecit, thre Wunfche xu befriedi* gen, verft5ist wider die Gerechtigkeit, die cr fich felbst fchuldig ist, wcnn er (ich nuthi- ge Bediirfniise dadiirch entsiehty luid |eneff Beribn entbehrliche verlchaft» oder» wenn er fich gar in den driickendstcn Mangcl ver- {etitp wahrend (ievon fcineuGutemfchwelgt* Auch erregt ein foiches Verfiduen gewifs all- gemeinen Unwillcn. Ist der(elbe von dem Mifsfallen an andcrn unnttlichcn Handlungcu verichieden: £o kdmmt dieft daher» weil die Grenienfo imbestiramt find, innerhalb wel- chcn Wohlthun eingefchrankt werden mufs, wetm es nicht surUngerechtigkcit gegeu uns werden ibll, Hienu kommt noch» dais eben dic Sclbstlicbc^ wclchc Uugcrcchtigkeit gc«

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gen ao^m eneugt, deHclben gerade entge- gen su wirken feheint, wenn wir itngeredit gegen iins felbst find. Nur al? cin Thor er» fcheiut uns alfo derjenige» der um anderer willen iieh {elbst vergiftt Diefe wirl^liciie oder anfcheinende Vergefrcnheit leiner lelhstt hort abcr fogleich auf, in unfern Augei| Thorheit tu feyn, fobald fie etiie Folge der littlichguten Denkungsart tu leyn ieheint. Wcuu unfer Wohlstand fich mit dcm cincs andemmchtvertrSgtt wenn ibgar feinoder unier Leben hingegeben werden muls» und auf bcyden Seitcn die Umslande ganz glcieh gedacht werden : fo (adelt niemand dcn« weU eher Wohlstand oderLcben lum Besten eiaei andcm aufopfert* Man findet ihn Ibgar ach- timgswiirdig, wenn cr fcin Gliick und fein Leben niebt anders, als durch eine Handlung nhalten kami » die der Reefatlchifeiheit ni* widcr ist*

Wenn wir nun alle diele Urtheile uber

dcn Wcrth defTcn was gik, wiinfchcns- und achtungswerth ist» sui«mDen faitea: Ib er<

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fieht fich daraiis, da(s alicf, wa& fich auC CiockTeligkeit bexieht, vrenii w et gleich ■oeh Co fehr begehren, doeh, tUein genom. men . nicht dcn hochstcn , nicht iinbedingteit Werchhati dafi viele Dinge, ielbft Eigen» &iiaftea det GeMte% niir unter Vorauiletcung dncs wiirdigcn Gebraiichs derfclben, wfiu- ichenswerth Cmdi daft der fittlichgute Cht« cakter allein den Werth mallenGutem uncl Eigenfehafien bettininir, dafs imtcr deii Tu- gcnden , welche diefen Charakter ausmachcny 4ie Gerechtigkeit cUe ertte Steiie einnininit^ ^fi ct Iblglicb, bey Beiirtbeilung unferer Deukungsart nicht auf die guten Folgen der- Selben» (bndern auf fie reibtt ankdmniti und dafi fie, wenn fle gut Itt» an und lur fich dei^ hochsten Wcrth hat, und ihr allcin das hc* wiefeii wird , was man Achtung nennt* Da auf deo letzten Punkt« alt auf dcs Grund aller Sittlichkelt, Ib yiel ankominty Ib vlrd et nicht ubcrfluifig fcyn, dabey ngch etwaa itt verweiiea.

AUe Mcnfdien fragen nebr odcr wenittt bcy Handiuugen von Bedeutuog, fic inogeA

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gtite odcr bofe Folgen haben, iiach dea Triebtedern, welcfae dabey «irkten» und be- itimmen hatipt(ac1ilich nachdieien^nWerth von jenen. Sclbst dicjcnigen, wclche cntwe- der §n keine Sictlichkeit zugeben ocicr die- felbe nur in den Wirktingen einer gewii&n 2iifal]igcn Denkungsart fuchen, vergcffcn bcy der Beurtheiiung frcmder Uandluugeny iiir System alle Augenblicke. Wer aus Stols, atit Eigennutz fchadet oder ntitzt, ^ird gcwifo tnit andern Augen angefehea, als «rcr wider feinen WiUen fchadet, oder ans wirklichen WohlwoU^n dient. Und fi>Ute vrader der cinc noch dcr andcre das Gluck irgend eines Mcitfchen fclir storcn odcr bcfurdcrn: fo ist doch gcwifs das Urtheil iiber beyde gans ver- fchiedcn. Auch wird daflelbe nichtetwa blois gcfallty V7cnn cs fich glcichfam aufdringt; fondeni es fcheiiit aUen denkenden Menlchen Bedtirfnift tn feyn» iinmer naeh den Bewe- giingsgiiindcn diefcs odcr jcnes Vcrfahrens zii ipilren. Sie beweifen hierin ciuen Scharf- blick, der fo allgemein lcines gleichen nur dann findct, wetm cs auf dcu Erweib odcr

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die Erhaltung von Glucktgutern inkoinmt Dat Innre de§ Menichen xu erferichen» mufi

alfo ziemlich allgemein, thcils als eine wich- tige Angelegenheit angefehen» theila ala eine iblche mit^er betriebenwerden. Forlchen wir mm nach den Refultaten aller Urtheile uber die Triebfedem zu Handlungen , x9cU che ala fittlichgut angelehen werden foUen: lo iit eratlieh tu bemerfceny da6 bey allen denea , welche aus der VorsteHung von An- aehmlichkeit oderUnannehmlichkeitent^rin- gen konnen» und ibnit ala erlaubt angeieheii werden , vou einem fittlichen Werthe derfel- ben £af t nie die Rede ist, und dafs die Unter* fiichung uber denfelben erat dann eintriti^ ipenn Handlungen der Sdbatliebe wider%re> dieui oder doch zu wideripccchcn fcbeiueo,

Dafi ^ Maim ein fiflendieh anvertrautea

Gtit ohne Schwierigkeit zuriick giebt, fcheint ib fehr in der Ordniing der Dinge lu ieyn> dafi kainn ein Wort daruber mlobren vML

Dic blorsc Sorgc fiir fcinen guten Nameii^ odcr dic Furcht voc dcm Zwaoge der Obrig-

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keit, Jen cr crfahren wiirJe, vpenii cr die Ziinickgabe vcrweigerte, werJcn als hiulaiig- liche BctCinimungigriiiide tu der(elben aiige» ieheti, und ei wird gar nicht gefragt, ob er Cic aus GcrechtigkeitsJiebe geleistct h;ibe oder nichc, weil keine Spur vorhauden ist, auf der man die eigentltcheTriehleder entdeeken konnte. Wenn abcr cine anrchnliche Summe Geld« ohne einet andcm Menichen Wiileii^ ▼on einem Manne anvertraut worden «irc» der durch feinen glcich darauf erfolgten Tod dcnjentgen, der es erhalten hatte, von alier iuisem Verantivordichkeit» ieibit von aUcr Fnrcht vor derielhen heficeytei wenn die Er* ben dci Vcrstorbenen in guten Vermogens> umftjindcn und ohne alle Vermuthung einct Iblchen Depofitmni y^ltatn iind doch der Inn« haber delTelhen» obgleich arm, nicht nur nicht «JeuBcfitz des anvertrauten Gutt, fon- dem nicht einmal denNutscn davon auf eini- ge Zeit fich lueignete: dann \fird die Frage uber den moralifchen Wcrth der Handlung aufgeworfcn werden. Eben dicfelbe lindet femeiniglich Statt» wenn auf irgend eine

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Weiie dUi Wohl eiaef oder mehrerer Mea* fchen diirch Aulbpfening von hctdchdadien

Vortheilen, durch grofsen Aufwand von Zeit und Krafccn , oder gar mit numcherley Ge* £Uiren befordert wordcn iit.

Ju iblchen FHlen nun itt et unverkennbar» dafi die Menlchen lchlechlerdingi keine an-

dre Tricbfeder zulaflen, alf die innere Gilte der Handlung lelbst. Sobald vorausgeretzt nird, dafi fie um irgend einea Vortheilt wtl- len, lur den Handelnden gethan wiirde: fo i$t der moralifche Werth dcrfelben fo gut alt Temichtet. £r hat ei auf Eitelkeit gethan, cr will fich ntir grofi» geltend, elnen Nanen machen, heifst cs nicht felten, wenn man Handlungeo, £ntwurfen, Einrichtungen ir- gend etnet Mannet das Verdienit entitehen will, daf denfelben «nkonnien wtlrde, fobald nian anuahme, dafs er keine andre Abiicht gehabt habe , alf daf Gute «u be£5Hem , um des Cjuten willen. Ef itt lein eignen Vor» thcil , fagt man ein anJermal , wcnn eigeat* lich der Vortbeii einet andem hat bewickt

Werdten ibllen. Und Iblehe Aeulseruiigcn iniifren in der That von grofsem Gewichte feyn. Denn fie reiien die Empfindiicbkeit deflen» den fie trefien, in keinem geringen Crade. Daher die hSufigen Klagen uber die Bosheit der Menfchen, welche den besten Handlungen fchlechte Bewegungtgriinde un* lerlegen. Kdnnte «ber wohl )ene Enpfind- liehkeie , konnten diefe Klagen Statt finden, liefs fich das geringste dabey denken» wenn aieh dem Urtheile der gemeinen Vemunft, ee nur «uf die Handlung und nieht hanptfileh^ lich auf dic Triebfcder ankiroe? Nach die. fer wird swar, wie ich oben fiigte, bey den nUHgliehen Htndlungen, lelten geforicht; Diefs ift aber nur in fo feme gegnindet, als iie cinzeln genommen werden. Fafst man dielelben xuianimea und fieht fie als Beweiie vwk dem gansen Charakter einer Peribn an, fo wird jedcrzeit auf dic Triebfeder Riick- ficht genommen» und nur nach Beichafien* lieit derielben daa Urdieil uber den Quurak* tcr bestimmt. Ob cin Kaufmann, der unt biliig behandeit^ bcy jedem einzcben Vcr-

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kaufe» fich von der Gereditigkeit oder von dem Gedanken leiten lafTc, dafs fein eigner Vortheil fey, tins nicht zti liberretzen» weil ivir fonit nicht wieder zu ihm kommen «ur« den.: diefs laiTen wir gemeiniglich dahin ge- stclk feyii. Sobald ^^ir aber ihm oder ir- gend einem andern Manne, Redlichkeit su- lchreiben: Ib denken vnt ]edeneity dafi er imter allen Umstinden nleht euf leinen Vor- thcil, fondcrn auf Gerechtigkcit iind Billig- keit fehe. Kame et tma nur in den Sinn» dafi ieine Redlichkeit auf Eigennntz gegriln- dct fcy : fo konnten wir diefelbe nic anders als unter der Einfchrinkiing erapfehlen» daia lein eigner Vortheii nicht ini Spiel kommen mufite. Waf wilrde man aher wohl von ei- ner folchen Empfehhing denken? Dcr Atis- Ipnich: Esist ein redlicher Mann, ibU ilm ehen von dem Schurken unterlcheiden, der niir fo langc chrlich handelt, als es mit fei« nem eignen Vorthcile bcstchen kann. NiUT unter diefer Vorausfetsung lalst lich die Ver- wmdening und der Unwille erkllren, die gemeiniglich dann entitehen, wenn cin^iiU-

|emein fur redlich aogerehner, Mann durch irgtad eine migerechte Handhing der Mei* niing wtder^richey die man von ihm hacte. Lacherlich wiii^de es unsfcheincn, wenn er lich damit entrchnldigen wolite: der Vor- theil y den er bey einem ehrlichen Ver£ihren hatte aufopfern miiflen, fey ihm gar zu grofs» zu reizend vorgckomineny wir, die Bcvor- theiiten, iiltten doch keinen (o groiien Scha* den, alt er (blbf t Ntttten davon ; oder er ha« he geglaubt, rcinem Rufe nicht zu fchadcn» es ware aiie Waiirfcheiniichkeit da geweien» dafi feine Unredliclikeit verborgen bleibea wiirdc i odcr cs fcy ja liberhanpt die Ehrlich- keit nur fo lange zu erwartett, als de mit dem Eigemmtfe bettehen konne, oder end« lich» der tu hoflende Vordieil habe ihm mehr Vergniigen gemacht als der GedankCi ein ehriicher Mann su ieyn. Soiche Ent« lchuldigungen denkt man wohl ali moglich bey einem Mcnfchen , den man keinen guten Ciiarakcer zufchreibt. Wer aber dadurch selgen «ollte, er fcy doch gut und ehrlicht den wuide man, m niclit fir cinen wahn*

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Aoiilgeiiy dodi fur eineii h6ehst eliigeieliiSiik*

ten, od^r hochst vemorfcncn Mcnfchen hal- teiL Isfi dieict alles wahr , fo folgt dar* eus» dalf mtii iroo der Reehtfchelfeiiheie dtirchaiis allen Etgeiimrtt entfemt wilTeii wUI» UD<1 dafs dcr blofsc Gcdanke recht zu thufl» hiareichend feyn ibil| die Ha&diuiigeii der Menlehen tu hestiinnien. Ist es ferner nach dem gcwoKnlichen Urtheile wahr, da(s eiii reehtfchafFcner Mann gaot andreGefinntmgeii einflofit als ein Betniger, fsenn aueh «eder wir felbst, noch andrc, Vortheil von ftfinem giiten Charakter siehen: fo ist klar» dafs die Rechtlchatfeoheit» ao iind lur fich» io imleni Aogen voo grofiein Werdie ist.

Wie hoch gute Gefinnungeo ao fich ge>

fchatxt werden , fieht nan vorzuglich dann, ssenn Untemehniimgen fchcitcmy dexen ZweelL oolera Beyfali hat Wurde voraus- gefirtxty dals derjenige, der fie ausfiihreo wollte, immer feinen eignen Vortbeii dabey vor Augeo habe: ib oiulste et uns faos «t* 6

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derfiniiig (clieiiieii, ilm mit feineii guteii Ab* (ichten trostcii zu woUcn , odcr zu denken» dais cr iich danit tcdften komie. Wer ir- gend etwas wagt, um lich felbst su beiei. chcrn, dsr wird bey fchlgcfchlagcuer Hoff- Quug weder von fich ielbst, noch vou audeni^ damit au^ichtct nverden» dafierdengu. teii Wiilen gehabt habe zu gcwinnen*, wcr aber mit einem ctwanigcn Gcwinnste einer un- gluckiichen Familie aufheifen woUte, deo konnen &ine Preunde uber den dahcr ent^ ttandcnen Vcrlust, allcrdings mit der gutcii Abiicht trostcn. Wenn nun in dider

Wcr einen Zweck, der ficH auf ihn felbst b^ zieht, niclu erreiclu, dcr tr6stet fich nicht mit dcr gutcn Abficht fondem damir, dafs er nichts verfSumt habe, wa» zu dcmfelb^n fiihrcn konntc. Diefer Trost bcsteht eigendich daiin, dafs er vernunfrig gehandelt habe. Das Bcwufstfeyn der Ver- nttiiftadlsigfceic unferer Handlungen, «Ueaial von Werth. Daher maii fich erkla- »n kaon, wanun bey bdfen Thaten diefer Trost fiUt. Die kOfk That Ist fdbst det Vernunft mwider. Die Uittd, fie ausau- iuhren» Ma6gm nun noch Ib fthr denfilbcn

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lelbft nldii noch ein Werth bliebe, der audi

ohne gliicklichcn Erfolg bcstcht: wie kounte

<ler GedMke daran irgend eine Benihigung

endialten? wie konnte nian ivvilchen cwey

Perfonen, die cinerley Zweck verfolgteii

iind verfehltea, deii geriiigstcn Unterfchied

denkenl Gleichwohl findet man dieien alJg^

meitt tn den Urtfaeilen der Menichen. Dti-

mouriez und La Fayette habea zu verfchiede-

nen Zeiten die konigliche Wurde in Frank*

reich wieder herxuitellen gerticht» Beyden

mifslaug ihr Unternchinen. Das Ui theii aber

iiber diefe Mannery in fo ferne (ie aiich nur

bey dicfe r That ali handelnd gedacht wer»

den» i$t nicht gleich, nnd der Gniiid diefes

Unterfchicds bezieht (ich biofs aiif die ]3e-

wegungsgrunde su ihrer Handiung. Man

glaubt» der eine habe dat Untemehmen niir

begonnen, um fich fclbst und fein Anfehn zu

retten» der andere aber um dcr Giite der

Sache felbst willen.

gemidi feyn, fo tt(st die Vcmuflfhvldngkeit dcs Zwecks, das Bewurstfeyn dec Ver» ■unfimfl&igkeit dcrllittcl nicht aufkom- taeil

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Ouiuourics fubk ftch nicht wenig ge- krSnkt» ilafi cler Chtirfurst von Coln ihm ofFentlich dieUaUuterkcit feincr Abficht vor- wirft» luid det ganie Zweck (einer Denkwiir- digkeiten ist ntir,.clieielhe von fich abiuwSt* len, iind dera iwider ihn eingenomnicnen PubliKum tii zcigcn» dafs cs (ich in der Beur« Cheilung ftiner Bewegungigrunde irre. Er fetft alibvQraus, dafs (etnCharakter aller- dings in ciucni rchlcchten Lichtc erfcheinen mtifite» wenn er bey ieiner letaten Untemeh- ontng hauptf^chlich auf fich felbtt Rtickficht ^enommcn hitte, Es roll folglich nach dem Urclieile dcr gcmcinen Vernimfty ielbit die Edialtung des Lebent, tmd das fo natilr- lichc 6cstrcbcfi[, einem (cbmaligen Todc su cntgehen , fitr cinc uniauterc AbHcht bey ei* iier Handiung gelten, die gebilligt und ge- wilnfcht wird.

Wcnn man mtn das» was man als giit er* kemit, nur darum thun SoU, wcil c$ gut ist-«*

Dcnkw. des Gen, Outnourict Vorrcde, S. ii.

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vnm ftmer die mdsiichgroiste GluckreJig* keit der Menichen nicht dasjenige ist , wat allem andern vorgezogen werden foll, « WM IbUen «ir denn thun» um dcn hochsten Werch < u erreichen,den wir uns geben konnen ? U n f c r e P f 1 i c h t ! ist hierauf dic Antwort der gemeinen Vcrnunft. Pflicht itt, nach ih- len Auslpruchen, dtt hochf te, wat den Men^ lchen in allen feinen Handlungen leiten foll und die Bereitwilligkcity feine Pflicht su thun, macht das Weicn des guten Charak- ters aus. Wer fiigt: es ist meine Pflicht, fo oder fo zii handeln, glaiibt jederzeit alles ge- iagt tu haben» was zu (einer Rechtfcrtigung dienen kann. Da gelten keine Betrachtiin- gen mehr iiber Vortheil und Nachtheil ; da nnifs der fchwcigcn» dcr nichts anders vorzu- bringen hat, tud nur der reden, welcher glaubt zeigen cu konnen , es fey nieht Pfficht was man dafiir halt. VVcr feine Pflicht zu erfuilen strebt» und um der Pflicht willen handelt oder nicht handelt» der ist der fitt* richgute Mcnfch, dcr allcin Achtiing vcr- dieiit und crhaJt.

FjttBfiUMnng dct oiirsttn Sittengefiizet^

aui dem Bcgriffe der Pflicbt.

J^s gicbt wcnig Menfchen, die bcstimmt anziueigen wiiTcn, woriii im allgemcinea Pflicht bestehc, aber alle, die den Gebraiich tlcr Vernuiift haben, wiffcn in <len meisten einzeinen Fallcn, wo cs auf Pflicht ankommt, was fie sii thun oder «i lalTen baben, wenn i;e diefelbe erfiillen wollen. Nttr <)er bofe Wille, unJ die Vcriirungcn dcr philofophi- renden Vernunfty machcn die £utfcheiduug fchwer. Irrt nch der gemetiie Mann hierin» fo kCmiiit dicfs cntwcdcr von feiiien fchler- haftcnNcigiingcn, odcr von dcn Ausrpnichen dererlenigcn her, die er ffir weifc und giit halt, un J a!s Richter fiber die Fordenmgen dcr Silllichkcit anGcht. Wir w ollcn ictit lehen, ob in dem, was alic Menfchen bcy Jem Worte Pflicht deutlich oder iiudeutlich deiikcu, aicht Uhon alics licgc, was zur

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ikudichen Einficlit ia dicNatitt derrelbea

Zuertt iithierbeyanxuaieriwti» dais Pflicht •letf voa Neigung getreoat» oder derielben

gar entgegen gefetzt \;9ircl. Uiberalj, wo die letxte offenbar im Spiele ist» und als erlaubt angelehen wird, erwlhnt mta der erstea fast

gar nichtt Der hajidclnclc uiag wohl biswci- len da von Fiiicht redcn, wo er eigentlich nureiaem fianJichen Tricbe lolgt, um vor* tiifpiegehi , als ob nicht dieier Amdtfrn fene ihn bestimme: aber er findet nicht leicht Glaubcn und fetat fich wohi noch gar Spott^ reyen aus. Dafs die Menichen gem gut ellen und tiinken, dawider hat man ini allgctjnci- nen nichts cinzuwenden. Man fctat ^es bey gewiflen Einfchrankungen unter die erlaub- tcn Dinge. Aber die Pflicht, gut lu elTen und zii trinken, kunnte nur als cin koinirchcr Zug auf dem Theater gebraucht werdens fo wahres ist, daft derjenige, welchcr aus Geitx fich dic iiiqiiickiiugcn vcrfagt, dcren fcin kranklichcr Kdrpcr bcdarf, pfiicUttvidrig

fC4 ~

fuoML So wie in diefem FtUe von Pfliehl ersc <lann <lie Re<Ie ist » venn min fieht, dafr die naturlichcNeigung nicht zur Bestimmung det Willens hioreidit: ib ist Cf tn illeo ehen Fjdlen, wo littiiliehe Triehe «b hinllnf' liche Bestimmungsgnincle gedacht wercien. Sein Leben, feine Gefundheit erhalten, fiic lein Gliiek ibrgen, htt fiir dit ineitten Men- fchen zu vielReitz in fich lelbst» alsdafi eine hohere Triebfcdcr dazu nothig fcheinen foilte. Erst dtnny wtan jener nicht liinres* ehend ist, wird diefe in Bewegimf gefetit. Wer die Ncigung zum Lcbcn verloren hat, wer fich Krtnkbeii durch Schwclgerey zuzu- siehen tn Ge&hr ist, wcr tus Trlgheit nicht tuf den Verfall leines Glncks tehtet, hey deni kann , bey dem foll die Pflicht an dio Steiie der Neigung treten. Dtbey ist io dea Ver&hren derMenichen noch diels iiierkwur« dig , dafs, fo lange eine Ncigung durch eine tndere eingcAcbrankt oder erhoht werden ktnut fie gemeiniglich erst diefts Mittel ver« iuchen , ehe fie mir Vorstellnng der Pfiicht ubcrgchen. Dxefc nvird tuch dcsto weoiger

bcy einer Stche gebraiicht, je ttirker und je allgeiDeiDer man eine Neigung dasu alt herr-

lchend denkt. ic geringcr hingegen diefe zti &ya pflcgt y detto dringeiider wird jenCy und wo fich nicht leicht ein naturlicher Kang den* ken lafst, da itt das eigentliche Element der Pflicht. Hochst rdten wird ihrer daher Er- wShnung gethan » «enn ci auf eigne Giiick* leligkett ankonmt, im ofiertten hingegeny wenn das Wohl anderer befordert werden ibll* Sogar bey dem lctzten Falle wird man ciaen grofiea Unterfchied in dem mehr oder weniger nach den Verhiltntfien 6nden , in welchen die Menrchen iinter einander stehen. Uibcrail, wo anh3ngliche Liebe unter ilmen Statt findet» denkt man wenig an Pflicht. So ist cs bey dcn gcwohnlichcnBemiihimgcn def EJtern fiir das Wohl ihrer Kiader i (o bcy allen Gefillligkeiten» bey allea Aufopfenui-» gen, ttt denen Perfbnen bereit find, welche Gefchlechtsliebe vcrbindct. So wurde ct auch bey dcr SorgfiJt ieyn, welche Gatteii» Bnlder und Schwettem und Preunde gegen- fcitig fiir ihr Gliick trageu , wcnn die Erfaik

ning nicht gelehrC hatte» dais wcder Ehd noch VerwandMchait» noch Freundlichafty ge«

genfeitigc Aufopferungen verbiirgcn. Perfo- nen, die wir vorziiglich lieben, machen gleichrain einen Theil von iint felbst aus. Was wir ftir fie thtin, (cheint fur una ielbsC gethan zu feyn. lal ware esmoglich, dafs wir alle Clieder dcs menlchlichenGerchlechti mlt folcher Liebe umfafsten, wie fie bey Freunden, Gatten, Eltcrn und Kindern ge- dacht wird: fo wiirde mau vielleicht deu Handliingen, die das a]]gemeine Wohl be- treffen, eben Co lelten Pfliehe tiir Triebfeder geben , als in den angefuhrten Fillen. Weil aber eigentliche Neigung gegen jeden ein* zelnen» unstinbekanntenMenfchen, nichtStatt findet, werdcn wir vou dcr Pflicht aufge- fordert» fcin Wohi zu befordern, oder fein Recht anzuerkennen. Und doch isc felbst hicr noch Riickfiaht auf die Verfchiedenheit der Wirkung zu nehnicn» welche von unfern Handlungen hervorgebracht wird« Mit Recht ntmnitman an, da(sder Gedanke an giof^es Elend dcn mcistcu Meafchcnj wo

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nielit alleiiy ein UQangenehmef Gefiihl cke, tiiid, dafs (ie, umdiefes zii entferncn, fich nunebe Aiifopfening ge£dlen laiXen. Wenn ficfa alib einMenich in grofierNoth heBndet, und voir von ihm felbst, odcr von andern au%efordert «crden» derielben abtuhelfen: Ib hegnugt snan fich gemelntglich dat Elend derfelben in dcr traurigsten Gestalt zii zcigen, unier Mitleiden zu erwecken, tind tins atif dieie Art durch eine» den meisten Menfcheo iiatttrlicheNeigiing, tur WohlthStigkeit m bestimmen. Man nimmt ferner an , dafs der Gedanke an aUgemeine GliickieligkeV tun Vergnugen mache, Kommtesdaher Anfei- nen Bcytrag ziir Griindiing oder zu Erhal- tung eincr uffentiicben Anstalt an: fo rciiii* dert derjetiige, «elcher dam beiiegen «111, gemeiniglieh die herrliehen Folgen, welche fie ztim Wohl dcr Menfchheit haben wird, oder ichon gehabt liat. In beyden Falicn wird alfo das fympathetifche Gefuhl xuertl rcge gcmacht, iind oft dann erst, wcnn dai^ ielbe nicht die gchofte Wirkung hervorge* bracht hat, von der Pf lieht» untai Nebcn*

lOg

tnenfchcn lu helfen, gefprochcn. Man nehme «bcr enciUcb an, es habe fich cia Maim %m Verrichttiiigen anheilchig gemacht, die we« der feiiiteNeigrung angemcfren, noch in GchN barcr Vcrbindiing mit dcm Wohle der Menfcliheit stehen; fie betreffen nur dieVer- waltung und Vermehrung von Reichthtimem» die im Kasteu verfchlofsen gehaiten werden ; die Geicliafte (eyn femer von der Art, dait die VernachlSfiigung deHelben nicht ent- deckt wcrdcn kann, und wcdcr dcn Vcr- lust des Amts , noch die dahcr entstehenden Vortheile beiiirchten ialTe: io wird doch die- fer Mann, fo lange er in (einer Stelle bleibt, durchaus als vcrbundcn gedachtg die fich danutf besiehenden Geich3fte tren lu verwal* ten. Et ist Pflicht, heilat ei da, fein Wort zu halten, fo lange es ihm gehalten wird, und dicArbeiten zu verricbten» furdie er be- nhlt wird. Hieiiuf besiehen fich bey 6fient« lichen Aemtem die Verpflichfiingen , wclche ein aufFallcndes Beyipiel an dic Hand gcbcn Ton dem groiicn Unterfchiede swilchen Nei- gimg nnd Pflicht. Wenn jemand in Eyd und

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fflidit genonnea wurd, fo tfenat buh alle« nial 4as, wat er cu thiniy von dein, was er £u hoffcn hat. Nur jenes macbt map ihra sur Pflkbt» diefet bingegen bettinmt nan» unter der Vorantietfung, clalt er fie erfiille^ £ur Belohnung. Kchrte man die Sache um lind verpflicbtete nan jenanden nicbt darauf, daft er leln Ant ordentlieh verwalte, foa- dern, dafs erdic damic verbundene Beroldiing ordentlicb siebe : fo wurde ein roicbet Ver» &bren b5ehtt llcberlich lcheinen*

£t itt nerkwurdig» dafi tn den iettigeii Zeiten» mo nan alle Bettinnungtgriinde xu

Handhingen in dem Bestrcben nach Gltickie* liglLcit rucbt, dat Wort: Pflicht, immer felt- ner gehort wird, gleicbian» ab ob nan fieh vor dcm Worte furchfe. Wiirde dicfe Furcht wohl Statt finden kcinncn, wcua Ct nicbt einen Begrif entbidte» der nit jenen Streben durdiaut niebt alt Eint angeieben werden kann. Noch bestitnmter wird dicfer Unterfcbied von nancben Peribnen dadurch angezeigt» daft fie gerad^u behaupten»

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gebe gar keine PflichkeD. Diefe wollen docli

gCTvifs damit nicht (agen , der Meufch fuchp feiac Neigungcn nicht zu befriedigen, ibo* dern durch Jene Behaopfiing eben die(e lum lidditten Gelette macfaen.

Mit 4er Vorttelhtng von Pilicht, wird

cine Art Zwang verbunden, dcr unfere Nci- gungen einTchrankcn foll» und dcr daher nie angenehme Empfindung erwcckt, fo lange er noch nicht zur Handliing beftimmthaty fon- dern erst noch bestimmen foll. Nur in den dringendsten Fallen wird dalier dieis icharfe Mittel von Peribnen gehraucht , die alle ihre Vorstellungen noch mit einer gewiflen Scho< nung verbindcn. le hdher in dcn Vcrhilt* nifien des Inirgerlicfaen Lebent eine Perlbn steht, dcsto weniger wird der Mann von Kluglicit fic an ihre Pflicht erinaern. Die Vorhaltung derielben wird (ellen gut au%e- aommen. Schon unter unferf Gleichen

Min kdnnte ftgen, die Menichen enpAndcn <t deswcgcn ^elt lich an Ihre Pfikht crin^

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ist Vorficht dabey nothig, im^ nan kann xlemlich gewifs fagcn, dafs ohne diefelbe man gemeiniglich feinen fintzwecky ipvenigttens far den Augenblick, veriehlen werde* Obere kingegcii, welche gegeu ihrc Untcrgebenen jene Schonung fiir unnothig hilten, verwei» len diele am ofitersten an ihre Pfliehe. Gans aiiders ist cs, wenn cine Pflicht fchon crfiillt iit oder erfiiillt zu fcyn fcheint, odcr wena inan vorauifettt» dat Bettfeben dieielbe xu erluJlen, leite alle Handlnngen einer Perfon. Da kann die Erinnerung daran fogar aur Schmeicheley werden. Zu einem Ftlrsten fa- gcn^ es &y ieine Pfliche, einea gewilTen Aui*

nern zu IdTcn, weil vorausgtTetat werde, dafs jcdcr feine Pflicht kenncn mune, und folglich die Ermnerung daran cinc Bcleidi- gung fcy. Sehr richtig ; aber tiberdiefs liegt in der AufTordjrung zur Erfiillun^ dcrfcl- ben ein Zwang, der einc ganz: anderc Ein- pfindung erregt, als dcr Verdrufs isr, wel- cher iiber die anfchcinendc Geringfchatzung «hres Versttndet cnatchc Die blofsc Vor- baltung dcr Folgcn ctncr ibndlung fur ihre Glflckfeligkcit, dicfclbcn mdgcn noch fo oSbnbtr fcyn, wifd nic fi> flbel genommcn itft 4k Sftnnening tn Pflichi;

ta. iia

i^nicb nicht lu Aun, odflr eine Anordiiuiig suruck 301 Dehineny erfbrdm einen lelciien Muth. Ihn aber bey fehlgefchlagcnen Uucer- nebmungen danat crosten, cr habe feine Pflicbt gethan» oder ibm gar fagen, er kenne kein hoheres Gefctz als diefe, und imter- werfe ihr allc feinc Ncigungeny dicis viiid der verfchlagemte und eigennutsigsteHofling fich nlcht mir erlaubeny fonclcm fogar als Aeufseningen anfehen, die gefchickt find« ihm ieines Fiirsten Gunst %a crbalten. *)

Bey den Ncigungen ist die Sache gerade umgekehrt So lange fie noeh befinedigt «erdeu konnen» lchineichelt man denfelbeii»

«3 Die h<!chtte Schmeicheley bt es, wenn gefagt wird, er thue mehr als feinc Pflicht. Auch diefs beweifst, dafs man bey Pflicht nichc in GKickfcligkeit denkt. Dcnn fagen, je- tnand thuc mchr als zu fciner Gliickfclig- keif crfordcrt wcrdc, hat cntweder gar kci- nen Sinn, oder es heifst: er fcy fehr begehr- lich und verlnnge mehr als er vetlangea (bUte. Welchc Schmeichdey !

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macht aiif das aufmerkfam, was, mtii fie zu befrieclifeiiy gechaa oder imteriaiXen werdeii mu&f und kaim %. B. geradetu einer Peribn, (lienachEhreitrebt, fagen: esverde ihrdSefe o^er jene Unternehmuog Anfchn verfchatfen. Ittal»er dieHoffmmg vcreiteJt wordcn, (o ist et Sehonungy alle Erionerung daran zu entfernen. Wer hat wohl jc cincm Fiirsten, der misvergnugt tiber vereitclte Hoffniiog war» damit beruhigea «ollen» daft er doch z. B. feine Ruhmbegierde tu befrledigen ge- fucht habe? Oder, wer hat es wohJ je ei- Bcm Mcnichen sum Verdienstc gemacht, dais cr allcn femcn Ncigangen Gcntigc tu thua strcbe? Selbst dann, wenn das, iii nianchcr RuckTicht fo gutCy fympathetifche Gefiihl gc- wccht wordcn tst, um in cincr Handhmg tu bestimmcn, wird man dcn Mann» der fclne Ablichten fchlfchbgcn ficht, nicht darait auf- richtcn wottcn» da(i» man ihm fage; er habc das Scinige gcthan «~ um 6ch von einem pcinlichen Gefuhlc tu befrcyen«

H

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Nach^eitt xtir ntiti geiehen haben, dati

nach dcni eenicincn Urthcilc dcr Mcnfchcn, ujitcr Pflicht nichts augcnehmes gedacbt mrd^ clals fie vielmehr einen innern Zwang aiiflcgt, ttnd oft» allen Ncigungen niwider, dcn Wilicu dcs Meiirchcn bestiinincn roll: fo liegt hierinnen zii gieicherZeit» daisnian fich bey dcriclben allemal ejn Gehot otoVerbor, mit eincm Worte : cin Gcfctz dcnkt, das Ge- horfam von uns vcrlangt. So oft wir von Fflicht reden, fi> liegt ttets der Gedankc sum Grunde» dafi man ccwas thun oder unterlar> fcn foll. DicRedensartcn: Es ist Pflicht fcin Wort zu haUen» die Wahrheit au iagen> «e- der das Lebcn noch das Eigenthum feincr Ne- benmenlchen zu verletzen, fincl mit dencn: dcr Mcnfch foll feiu Wori hahen u. f. w. nach dem Gefiiiilc einet ieden gans gleich bedciitcnd.

Dieiii SoUen driickt» nach dem gemeincn Urtheilc der Menichen, etne cignc Nothwen*

digKpit aus, die nian dic inoralifchc ncnnt, und ihrc cignen Gefetze hat, wcldic fich voa

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dcn Naturgefetzcu haiiptrachlich dadtirch un- terfcheideo» dais fie uicht eiue unausbleibU* ehe Wirkung hervorbringeu , rondem einem Willeo gebieteuy auf denen Bestimmung es «akommt, ob ihnen gehorcht werdc oder aieht. Hierbey wird aber nieht getweifelt» dafs der Wille in Uibcreinstimmung mit dcn Gcfetzen feyn yrurdc» wcnn uicht SinnJich- keit und aUeit wai fich auf unfere NeigUDgen betieht , die Befolgimg derfetben fo (ehwer machtc, Man denke einc Pflicht, welche man woUe, wird fie nicht erfuilty fo Jiegt die Urfache davon immer in dem Widentre* ben des Menfchen, die Befriedigimg irgcnd einei Bediirfnt&es aufzugeben» welchcf ent- weder tn (einer Natur, als Menfchen» oder fciner befondern EmpBndungsart gcgriindet jst* Kcin Menfch wiirde durch Schwelgercy leine Gefundheit untergraben nnd fein Leben abkurseny wenner fich denKitzel (einerSinne nicht zum Bcdurfnifse gemacht iutte, Nie- mand wiirde fich |e entbrechen andem lu hellen, wenn er nicht irgend etwas von fei* ncr Ruhe , von feincr Zcit , voa ieiaem Vcr*

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iiiugen aufopfcrii miifste, defTcu Eiubchrung ihin ttiiangeiiebnie Empfindung machtl

A]s Qiiclle jcncr Gcfctie , die wir in dcn Pflichten denkcn, und dcucn der Wilie ge- horchen CoM , tvird allgeniein das Vermogen ange(ehcn, das uns iibcrhaupt fahig macbt» mir eine Idee von Gefeczen xiufaaben die Vernunft. Wer den Gehrauch von diefer nicht hat, gaiiz junge Kindcr, Bldd- und Wahnfinnige werden frey von allcn Pflich» ten geiprochen. Von thnen «rwartet man nicht Eittficht in die Gefetie der Sittlichkeir, und noch wcniger Bcstrcbcn dcnrcibcii gemais zu handchi. Dagegen nimmt man als aiisge» macht an» daft jeder, der (einer Vemimft niachtig ist, bcy rciucn ilaudhingcn gewifse

Mfln kann alfo dahcr, dafs die Gefcrze nicht bcobachtet w«rd«n , kcine Einwendung gc- gen das Dafeyn derfelbcn nehmen. Denn mao denkt fie eben von der An, dafs (It nicht mit den Neigungeo, dic Vergniigen vcrfprcchen, aiifammcnstiminen » imdniclit nothwendig be&lgt werden.

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Regeln befolgen foll, die Gefetze heiften, weil fie als ailgemeiu und nothwendig ge* dbcfac werdeo. AUgemeinheit iitid Nothwen- digkett Itnd cwey wefaitliche Eigenfchafren eines Gefetzes, das nicht von dcr Wiilkiihr dct Menichen herkonmiC. So deuken wir die Geletie derNatur, fo die Geietfe luilert Ver- standes, (o stcllt uns auch der Begrif dcr Pflicht die Gefetse dar» aiif welche er hin- weift» und Ib muflen fie (eyii, wenn fie in der Vemunft wirklich Hcgen.

Diele Geletfe» nach denen lederMcnlch

handeln foll, laffen fich nun aiif iweycrley WciCe bcstimnicii. Entwcder gcbietet die VerniHift «n und iiir fich» und verlangt Ge- horlam ohne weitere Ritckficht auf dat , wat die Handlungcn fur Folgen hervorbringen werden» oder fie verlangt niir }ene um dieler willen. Dii letitere findec nach den Begrif- fcn, \felche die Menfchen von dem gutcn Charaktcr und der fich darauf beziehenden Pllicht haben, gar nicht Statt» Denn der gute Charaktcr bchalt fexnen volien Werth,

tvetm der Menfcli» dem er sugeicluriebeii

VJird, aiich nicht das allergeringste von dem wirklich macht, was uach feincm Willcu «irkltch werden wiirde, im Falle er dat phy« fifche Vermogen dani hStte. Der giite Cha« raktcr ist ferner das imbediiigt Gutc, wclchcs den hdchstea Wcrth hat; und alles, womach die Menichen itreben» ibll ihm un(ergeord« net werden. Er foU dcr hochstc Zwcck fcyn und folglich allc mdgUchen Zwcckc leitcn« Diefi lconnte aher gar nicht gedacht werden» wenn es bey der Bestimmung su einer Hand- lung ziierst aiif die Wirkung derfclben an- kam^. Denn dann ware die Giiickfeligkeic daf Hochste» nach welchem fich der gutc Charakter richten miifste. Endlich ist eben dasy was dic wefcntUciiste Eigenfciiaft deiTcl- btn ausmacht» die Gerechtigkeit, ven d6r Art, dafs Hc nicht immer dic mciste Gliick'* feligkeit hervoibringt, ibndern im Gegen- theile oh Taufende im Eiende ia^t, dcncn dureih eine eineige Verletcung der(e]ben ge« holfen wcrdcn konnte. W4r follcn noch gc- iccht icyn» wcwi «uch mclit nur unfetc ci-

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gene Gluckfeligkeif» fouderu felbst die von Taurciiden «laninter leidet» welcbe wir der- felben fur weic wiirdiger halten , als den ein- zigcn , der durch Beraubung nur cinea Thcil der Reicbtlmnier verliert, dic er ungcnutzt verfcbliefit Hierauf wciiet uns auch

*) WoUtemin einwenden, es gehe hier elneTSu- fehung vor, die Gcreehttgkeit bewirke doch im Ganzen die meiste Gluvkfcligkeit, fo kann dicfs zwar ah wahr zugcgeben wcr- den, Allein es frai^tfich nun iminer wiedcr, warum da, wo diefs nicht dcr Fall ist, keinc Ausnahmc gemacht wcrdcndarf? I$t dic Gc- rcchtigkcit nur um dcr allgcmeinen Gluckfe- ligkcic willcn nothwendig, fo mufs jene auf- gehoben werden, wenn diefe nicht daout bc. ftehen kann. In einzdnen Fillen kann man frcylich immcr noch fagen, dafs felbsc das Blcnd von Taufcndcn gegen den Wohlscand von Millionen fur nicbis zu rechnen ist, Wenn ficb nun aber die Sschc umgekchrt vcrhalt, wcnn Millionen leiden, wcil Tau« fcnde zu viel geniefseo, fo ir3re cs Gercch- tigkeic dic Icrztcrn zu berauben, um dic erstcrn in Wohlsniul zu verrercen. So fchlolfcn , fo handcltcn dic Franrofcn und fo ttiufstcn noch manchc Vcilkcr handcln, wenn Gcrcchrigkeit nur um dcr daraus fiiefsenden allgemeiocn Glucltfcli^k<:it wil-

d«r Begrif der Pfliebt. Sie tritt cben dt

haiipt(achlich cin, wo wir kciiie Neigung zii Ilandlujigen oder su UnterJalTtingen haben. Sie gebieiet da, wowederSelbftliebe ( im en* gcrn Sinne) noch Sympathie iinfer Verfahrcn tu bestimmen, als hiareichend gedacht wird.

Ist allb Sittltcbkeit in der Natur det Menlchen gegrnndet» fo nnllen die Ge> fctze, welche ihr &um Grunde Jiegen, nicht ▼on dem Streben» angenebme Enpfindun* gen in ficb oder in andern xu erweeken, fondcrn bJofs von der Vcrnuuft hcrgcnom-

len bcdbtcbtct wtrdto mfifttt. Htcnn immi^ dt& jtder tintdnt Menlch, dcr da- durch, dalt Gtcccbtigktit du tngmcint Wohl bcfikdm, gerade dct feinigc zentfirt ficht» gcr nicht wiifste, warum er Regeln tncrkemKn foUtt» die f e i n Wohl dem allge* meinen aufopfem. Wer bcy dem Umsmn aller Dingc noch etwas zu verlieixn hat, der wird denfclben freylich nicht wollen, wer aber nichts verlicrcn, fondern nur gc- winncn kann, dcm mufs er nicht nur will- kommcn feyn, fondern auch gcrccht fchei- nen, wenn Gerechtigkeit kcinen andem Grund als die m6glichgr6lste Gluckfeli^keic hat.

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neii «erden, und cUefe Gelette mufleii hinreichcnd feyn den Willen des Meir* fchen zu bestimnieiu Aut Pflicht han- deln» lieilft daher nidittanden, alt nach etnem Gefetce Jer Vernunft han- deln, iind zwar, weil die Vorstellung der Pflicht allein unlereHaiidlungbeitimmen foU, blofi um 4ei Gefeciei willen.*)

Wenn dnielneHanillungett ala moralilch^ oothwenclig dargeitellt werden Ibllen, Ib

vverdcn Qe gemeiniglich nur auf die nachstea Regeln zuruckgefiihrt» auf die fie fich grun-

^ Wm dcn gAstigen Genuls betrifr, der da-

her enrstchen foll, dafs man feine Pflicht erfiinc, fo wird derfelbe an einem andem Orre betrachtct werden. Hier war es ge- nug zu zeigen, da(s nach den gemeinen Be* griffen von Pflicht davon nichts cnthalten ist, und dafs, nach denfelbcn, aus Pflichc handeln g»nz etw&s andcrs ist, als um der angenehmen Empfindung willen htndeln. £s darf auch tuf die tetztcrcL um fo wcniger Hfickficht getiommen werden» da fie Bin* wtn^ttngcn flusgeCetzt is(, die lich niiht leicht ddcftcn hebm Ufleo.

laa

den. Es hcifst %, B. man muls eiuem jeden das Scintgc Jaflcn, man mu(s die Wahrheit

rcdcii, wnJcrn hclfen, fiir eigiies Gliick (br- gen» feine Krafte uud Fahigkciten iibcn uni vervollkomDmen ii. f. w. Solche cinielne Regehi, die allerdings aiis der Vernunft fltef- fcn, nuifleri fich auf Eine Hauptrcgcl zu- ruckfiihren laiTen» wenn das» was wir PflichC nenneny Bedeutnng bekommen (bll. Denn fonst lafst fich nicht vvuhl Jciikoi , dafs nur in eiucni Menfcheny gcfchweige in alJcn» cine und cben diefeibe Handlungswcife Statt finden konne, dle doch nach der Voraits* fctzung Statt findcn foJJ. Wareu dic einicJtien Regehi nicht eincr etnsigen untergeordnet, fo milisten fie von gletcher Wichtigkeit feyn, fie kunuten dann einander widcrstreiten, und fo cfifwcdcr den Willcn unbcstimmt hffen, oder doch nie als cntfcheidend fitr Recht tmd Unrecht ange(ehcnwerden. Da librigens un- ferc Ncigungen, felbst in dcr Vcrnunft, Schein- griinde zu ihrer Rechtfcrtigung fuchen: fo istes von grofser Wichtigkeit, eineHaupt- (cgcl fcstzufctzen y aus wclchcr aJIc bcfon-

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<lm hergeleitef wtrdm, Diefe ift leicht ni fioden, vjenn man annimm^ dafs die Vernunft shieni Weien aach» nicht otir in (6 fern fio fich «uf Erkenntnilty Ibndem auchaiif Hand* lung bezieht, in ailen Menfchcn gleich fey* Dieie Vorautieczung itt» naeh dem wat von der Uibereinstinunung tn ihren Urtheilea iiber Handhmgcn, die He nicht felbst gethati haben, oder thun wolieo» ge(agt worden ist» ^er ErCihrung voiifcomttien gemSls» Ware ihr aber auch dieielbe niwi^er: fo konnte fie uur dann als ungegnlndet verworfcn werdcn, wenn in den Menfchen uberhaiipt liein foi- chet Vermogen tiigegeben wiirde» welches Vcrnunft hcifst, odcr dicfelbe nichcs mit nn- fem Haiidliingen lu tbun hatte. Gcrcttt stlCo, fie leite allein die Menlclien: Ib itt nicht zu 2wcifcln, dafs ihr Wille in gleichen Fliljcn glcich* und dafs, wcnn fic vicle glcichc Fillo unter Regeln tuiammen£iireny aueh in'die(eii vollkommene Uibereinttifflmtmg anxiitrefrea fcyn werdc. Einc Regel unfcrs Vcrhaltcnt itt folglich dcr Vcmunft gemalii» wenn man denken kann, daft fie die allgemeiae Zuttim^

fming alier Menichcn hihen wurde, (o lange ihr Vorthcil nichc im Spiele ware. Kaim mnn <iieie Ztuiinitnung nicht erwarten» oder ksinn man nieht einmal wollen , clals die Re* gcl, dic maii (ich fclbst fiir fciuc HaudUmgeii inaehty allgemein angenommen werde; fi» «ideripricht fie der Venitmft. Wire dai GcgciUhci! muglich, fo miifstc tnan annch- ineii, ein veruiiuftiges Wefcn iLonne woUen» daft einc verinmfrige Regel nieht die Richt* lchntir andercr vcrnilnftigcr Wefcii wcrdc, odcr> dafs ein tnivcrniinftigcr Willc vcrniinf<- tigen Regeln folge. Hieraut laCit fich ein- iehen, wie uniereHandliingen befchaffen fcyit niiincn, wcnn (ic fiir vcrniinftig gehaltcn vrerden folleu. Grunden fie fich auf eine Regel» die Ctt^ derjenigCy weleher nach der- fclbcn handclt, nicht allgcmein bcfolgt wiiTcn vriii : fo find fie der VcrniinfCy und folgJich der Pfiicht tiiwiders grunden fie fich auf eiiie Regel, deren Befblgung er jcdcrmann gestat- tet: fo (ind iie erlaubt, odcr nicht pflicht- widrig. Da nun die Vemunft ein durchaus gleiches Verhalten hervorbringen wurdc.

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wciiii unCcr Streben nach angenebnien Enip6a« dimgeiiy daiTeibe nicbt binderte: fo gebt tbr Haupf geletx anf EinfehrlnkMng aller tuifeier Ncigungen, und wird, weil wir derfclben widerstrebeiii lum Ccbote, das fo latitet : Handle nie nach Regeln die» oach deinem WiMefi niche allgeinein» d. b. nicht Gefctxe werden kunnciiy oder, handie nnr nach rolchenMazj. nen, won deeen du woll«n kannt^ dais fie Geredo werdcn.

Dieret Grundgefetx dler Sittlichkeit folgt auch unmittelbar aus der Vorausfetiung» dais Pflicht eine allgemeingultige Handliuigt- weile vorfehreibe» Denn darinn liegt fehon, dafs die Regehi, welchc die M(^nfchenbey ihren Handhmgeu befgjgen, und nicbt verwerflich leynfoUen, allgeneitt gemacht^ oder, nit einem Worte, Gefette werden kcinnen. Ebcn deswcgen hat jederMenfcb» dcr gut feyufvill» jenen Grundiatx vor Augen, wenn er tiher- legt» wat er lu thnn imd nt Infkn hat, um feiue Pflicbt xu erfiiJicu. Dadurcb wci(t er

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in dcn meisten Fallcn beftirarat anziigeben, wie reine Uandlungen befchaifen Teyn muiTen^ um mit der Sittlichkeit iibeiein xii stimmeiu Er fetzt fich in dicfer Riickficht an die Stelle desjenigen, auf dcn fcinc Haudlungcn Ein- fluls liaben» uimmt dann feinen eignen Wilieii sur Rlchtfchntir deflen» nvas fener «ollen odcr nicht wollcn kann, und halt fich fiir verbiinden» <iaf nicht zu thun» wovon er cin- lieht, dafi er felbst es ntcht woUen wiirde, wenn er an des andcrn StcHe ^i^2re. Bcy dieler Uiberiegung unterfchcidet dcr Mcnfch gcnau das, was in dem Wiilen aller Meiiicheiiy alt linnlich vernilnftiger Wefcn, licgt, von dem, vvas fich nur zufallig darinn bcfindct. Sich fein Eigenthum nicht nehmciiy feiniAben luid leine Gelundheit nicht in Gefahr bringen lai^ fcn, wird cin jcdcr wollcn. Wcnn abcr dcr, velcbcr uber dcn Wiiicn anderer nach feiiiem eigneti urtheilt, felbit gendgt ware, eiuem andem das Seinige tu raiiben: Co denkt er nicht, dafs diefcr fcin Wille auch dcr Willc aller andern Menfchen fey. Cben ib wenig denkt dcrjenige, iwelcher beteit tst, grofse

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Aufopfieruitgcii fich lum BetCen andefet ge- fallen cu laiTen, dafs diefe Bfteitwilligkeit in

ebcn dem Crade, aiich bey allen andern Statt finden mfifle* Im Gegentbeil findet er wte* der in fich felbst die Nothwendigkeit, das Maafs der Hiilfe, wclches irgend cinera Bedrangten gdeistet werden foU, von der Einficfat und den Umitinden einet jeden» der ^efelbeleiatenkann, abhingen tu laffen; ob er glcich denjenigen verachtet, und kaum fiir einen Menfchen halt» der unter keinen Um* ftSnden geneigt wSre, andem zu hellen. Denn dicfs ist ihm wieder unmoglich zu den- ken» daft eben diefer ganx ielbstfiichtige Menlch nicht gleichfalls Htilfe wol!en, ja fo> gar gewifsermafsen fordern wtlrde, wenn er an der Stelle des Hiilfsbedurftigcn und dicfcr «n feiner Stelie ware, Der Widerfpnich aber» der fich fo in einem und ebendemielben Wil- len beHndcty laCst iich mit der Vernuuftj wel- che immer in uni wirkt, wenn wir uns der« lelben Mieh nicht deutHch bewiifit find, auf kcine Weife vereinigcn. So wird alfo da$, was uk dem Willen aller Menichen licgt» aum

~ lag

MaafsstMbe deiTen genommcny was etn jcder thun foil» wenn er der Vernunft foigen wiii« Mtt andem Worten heifit diefi; ledermann halc (Ich fiir verbundcn nichts zti thim, was dem «ligemeinen Wiiien aiier Menfchen «i* wider tst, oder, wenn es nieht auf eimeliie Handhmgen, fondern aiif Gnmdratze aii- kommt, dic fich auf mchrere zufammen be- itehen, keine Rcgei fur (eitten Willen festzu- fetzen, die mtt dem allgemeinen WtUen, und mit feinem eigaen, in Wideripruche steht.^)

Man denke nicht dafs jencSSrze: Thue nlcht, was du nichc wiilst dais dii andre thun, und : thue, was du willsc, dafs dir andre thun ; voltkMHiaen gltich niit dcm «i%csiclltea Gcfene der Siidiehkcit find. Sie iidnhcn wir ils cin Thcil ddrdbcn angcfchcn wcr* dcn nnd lcidcn obca drcin noeh Ausnchme. Dcnn cfidich find in dcnfdben nieht die Pfiichtcn entfaalicn» wdche wir in Rfickfichf •ttf uns fdbit au bcobachten habcn und awcytCOS k6nnte der Verbrecher fie ds Grunde gegeo den Richrer, dcr ihn strafen wlH, gebrauchen. Diefs letztere findet aber bey dcm Gefetze der Sittlichkeit nicht Snitr. Es ist init dem flllgemcinen Willcn nicVir nur vercinbtr, dafs der Ycrbrecher gt^nafc

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1^9 ~

VnA 6it& itl voUkoinmeii ubereijittitniiiend init jeneiii Grundgefetie der Sittlicbkeit.

Eimelne Beyipiele iverden am betcen lei-

geii, wie raan aus demfelben iromcr finden kiinne, was gut und bofe , pfliditwidxig und pfliditmiriig iey.

Wenn jemand iicli dat VertrAuen einct andem in dem Grade erworben liifCe, daft

diefer ihro, ohneclie geringste iiiirsereSicher- hcit, einen TheiJ fcines Vermdgent iinter der Bedingung ubergilie, dafi er et dcnielben elnem dritten einbindigci und er mm die Fragc aufwiirfe , ob er wohl verbunden fey, dieie Bedingung xu erfuiicn, da lieinMenrch von dielcm Depofitum etivat wifle und auch der, welcher es ihm anvertraut habe, gcseor- beti fcy: fo wiirde ihra jenesGcfctz, wenn er feincFragedamach unterfiichte, rogieicih einc

werde, fondern es Itegt in dem Gefetze fo. gar dte Tdcc der Strafwurdigkttc aUer Vcr* ietzung derPfUcht.

I

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bcstiinnitc Autwort gebcii. Entfchlofsc tr fichy das anvertraiiteGut nieht einzufaaudigen» fo ivtirclc die Rcgcl, nach <ler er verfuhre, fo

hcifscu: Eiii finvcrtraiitcs Giit ist nur danii sunick su gebcn, vrcnn inan entwcJcr vou «uflctt gczwungett) oder durch die Vorent- haltung tn Iblche Unannehmlichkeiten ver- wickclt wcrdcn kann, daCs fic das Vcrgnti- gen, welchcsaus dcm Befitzc derzuriickge» haltcnen Sachc flicfst, uberwiegeii. Kann niui dicfe Rc^^el iiach fcincniWillcn zinn all- g c in c i n c u Gcfctze werdeu I Lafst fich nur ubcrhaupt dcnkcn, da(s fic zu einem Ge- fctze tnuge? Dic Antwort anf dic crstc Fra- ge ht fchon vcrncincnd. WJrc fie cs abcr auch nicht, fo wiirdc dic Eiufcheidung dcr zweyten hinreichend fcyn. lene Kcgel, als (icfctz allgciucia angciionnncn, wiirdc zur unmittelbarcn Folge habcuy da(s man auf die angcfiihrte Weife nic etwas anvcrtraue. Die blof^c iJcc cincs fo anvcrtrauten Giits sliinJe niir eincni foicbcn Gcictzc iin ollcubarcn VYi- dcripruchc.

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Die xweyte Anwendiing des Sittengeleteet

bctreffc dicFragc, ob es crlaubt fey zu Itigen. Uuter gcwifleii Vorausretzuiigeii wird von manchem Menfchen eine bejaheude Antwort gcgcben, und (elbst inBtichemy welche die Sirtenlehrc vortragcu, v;ird die rogenaunte NothJuge in Schuts genommen. Priift man aber die RechtmSfiigkeic derielben nach dem GrunJgrefctze c1i.t Sitdiclikcit, fo Icuchtct die Vcrwerfliciii^eit dcr Liige augenblicklich etn» Ein allgemeines Geiets, dai sum Liigen be> rechtigtc, wtirde voratitfetien , daft kein Menfch die Wahrheit wilTen wolle oder er- fahren kunne. Die bJorse Frage darnach wiirde im WiderJpniche mit ib einem Ge- {ctzQ stchcn.

*} Die Noihliige foll fieylich mir als Ausnahme von dcm Gefene gdccn. Wenn inan nun bedenkt» dafs diefe Ausndune auf Betrach* mngen beruhr, dievon den Fol((en ber* gcnoniinen (ind, welche «us der Wahriieic JUefsen kfinnnn, dals es aber bey der Sitt- lichkeit nur auf die Vemunic ankommt* welche alles u-idcrfprechcnde verdammtt fo fiebtman woUi dafs es nutiancr Aimuhma

Es iey drittenf die Frage : ist ei erlaubt,

aiivlere in ihren Schwachheiten zu besCir-

cinc mirsliche Siche ht Hierzu komait nwi noch, dflfs derUmftngdcrfelben keineOren- Mn'hac, noch derNtnirdcrSadienack haben kann. Wenn man enc augibe, das Liigen wareerlaubt tn demFalle, di(k man fetn L«- ben dfldurch rettenkdnnie, fowiirdedann ei- ner fagen : Ehre fey noch mehr ab Lcben | ein iweyter : was ist das Lcben ohne Guter die es an2;cnehm machen ? Ein dricter wiirde irgend cinc befondere Neigung iiber allcs fctzcn; \ind fo wiirc wahrlchcinlich nicht einc Sache iw iindcn, zu dcren Erlangung odcr Erhal- tung dic Lugc nicht aJs rcchtmafsig anzu- lehcn fcyn wiirdc Auch widcrfprcchen fich dic Mcnfchcn offenbar in ihrcm Urrhetlc iibcr dic Urfachcn, wclche cine LCige rccht- tatigcn follcn. Allc, wdche dicfclbc fur gewifle 1'ftUe als zqlftfsig anfchcn, werdcn gcwifa im Allge^neinen der Meynung fqyn, iHds dte Ratning das Lebens'etneii von dcn wiebtigmn angebe. Wie viele unter diefen flber nennen nickcdenjenigcn, der cine grofse Uibdtkat wahrfcheinlicbcr Wdfe begangen kat, und lie abllugnef, cinen vemockten Bofewickc? So natdrlich fie es findcn fdl- ten, difs ein Verbrechcr iich etwas nicht aut Pflicht mache, was fie fdlist nickt dafilr er- kennen. Alfo einc neuc Aumaknic von der

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ken» tim eigactt Vorthetl daiaus fu tiehen^ SehwMhbetleii find inmer Fehlcr» lie mdsen

AiiBBihme. Ohnc dierelbe wOrde mtn tt fiberbeupr einem jeden, der ftiner Thtten wcgen gcKnft weidcn iba, tnr PlUcht nii- chcn, diefclben abzullugnen. Denn duich die Scitfe wird das Verbrechen nicht wicder gut gemacht. Im Gegcnthcil bcnimmt fic oft dem MenCcbcn aUe Mittel dazu. Mftn kdnntc alfo fagen, wenn der Mcnlch vorhcr- fthc» dafs die Strafc, die auf fein Gestiind- nifs folgcn wiirdc, ihn der Mittel beraubte, dic Vcrleuung feincr Pflicht wicdcr gut zu machen, und wcnn er dcn Vorfatz hatte die- fe» zu thun, io lcy cs wenigstens dann feinc Micbt Itt liigen, Neue Ausnalinic von dcr iwcyten Ausnihme! Die Sache liefse fich felbsc von diererSeicc noch weicer verfolgen. Wirwollen «bcr sur erttcn luruckkchren und fragen, wie wcic wohl cin jcder dcm cndem daslUchc einrtumen werde ihn tu beiagcn? Wer flufrichtig isc, winl fich eiogeatebcn mfifren, dafs er die Anwendung jener £r- laubnifi auf fich I:aum fiir m^glich hfilff, Keiner will alfo bclogco fcyn und glcich» wohl das Rccht haben anderc zu bclngcnf Diefs Jst abcrmals cin Wideifpruch , dct mit der Vcrnunft nicht bcsichcn kann, Es ist vicilcicht nicht uberriufsig noch zii bemcrlien, wie uoUcher der Eiiolg ciner

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noch fo kletn leyii, und kominen aiis euiem

Nichtgebravich, oder einem Mifsbraiich dcr Vermmft. Dic Frage ist alfo dicfc : Ist C8 erlaubtt fein Betragen £o einziirichtcn» dafi die Verminft noch weniafcr gebraucht, odcr noch mchr gerrnUbraucht wcrdc, als es ohnc ineinen Einfluis gcfchehen wtircic? Die Ant* ixrort darauf muts verneincnd ausfillen» ivenn maii bedcukt, dafs vcriuinfiigc Wcfcn kein

Unwahvheit fey, imd wie gcradc dadurch ofr ein Uibd hcibcyi^efuhvt wcrde, das man vcrhindcrn wollre. Sehv wohhhStig fchcint die lugcnhafte Hoffnunj, wclchc cin Arzt eincm unhsilbaren Kranken zur Gcnefung gicbt, Und doch wie hOchstnnchtheilig kana cinc folche Verfichcrung werdeu ! Der Arzt» der fie fich erlaubc, mufs bey jedem Kran* ken, der diefs weifs, in Abficht feincs wah- rcn Zustandcs aUen Glaubtn verlieren, und der Beruhigung, die er niit Wahrheit geben kann, tl!e Kraft benchmen. Wie grofs kann tber nicht der EinAu& eines folchen Mi&« trtuens tuf den Zuscand eines Kervenkmif» kenwerden! Ehrlichkelc ist dic bcsiePoIi- tik, (tg^ mtn (ast fpruchwortlich. Von der aoengen Wahrhaftigkeic insbefondcit ktna nun ebca das fagcn*

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«ngemeinet Ge&ts wollen konncn, ipvelches

dlc Unvernunft befordcrt, unJ dafs ein fol- chet fogar im Wideripruche mit dcr Idee ei- nct allgemeinen Gcfetfef sCehe, tndcra dicrcif aus Vernunft flicfst und auf Vernunft zwcckt. Wer alTo aJJgemeine Geretzc wili, iagt damit lchon, diais eg Veniimft wid nieht Unver^ nunft wolle.

Hicrmit steht einc anderc Frage in Ver- hinduttg. Sie ist dieie; Darf ich felbs^ aus Fkireht vor Unannehmlichkeiten, ftigeben» dafs irgend cia Mcnfch mir mein rcchtm .isi- ges Eigenthum entsiehe? Sctst man hier Uup gercchtigkeit anstatt der suvor genannten Schwachheit, fo fieht manwohl, dafs allcs Vorhergc(agtc ooch wcit driogendcr fiir eine iremeinende Antwort ist.

Endlich dcoke man (ich einen Mann» der Vermogen genug befitxt, um angenehm leben

zu konnen , ohnc das geringste zu thun , imd dcr cinctt sCarkcn Hang hat, blofs dcm Vcr- Sniigen nachtngehen, der fich aber vor dem Entichluise, denfi^lbcn alleia su befricdigcn.

iiocli fragt, ob Aie Regel, iie er xu befdgen wiiiifcht, niit cier Pflicht bestchcn konne. Die Regelu, die sum allgemeioen GeieCze ge- macht werden mti (Vten, heifsen Ib : Ein Jeder ihiie niir fo vicl ais zu fciner cigncn angeneh- oien Existens binrcichty und er lebc mir fiiir die Gegenwart, ohne an dte mogliche Zu* kimft zu denkcn. Solchc Gcfctzc kann er als finnlichvernunftiges Wefen nicht wollcn* Bey der Bedtirftigkeit feiner Natur kaou et der Falle fo nianche gchen , wo er anderer Miihe und Arbeit hedarf, unJ wo cr fich felbst durch jene Gefette, alJe Hoffmrag auf uncigetuiutcigenBeystand abgcfchnitten faStte. lir mufs fcrncr als bediuftigcs Wefen wollcn, dais feiue Krafte und Fahigkeiten ii> ibm fo viel als moglich, entwtckelt werdcn» weil Ce ihiu doch 7M allciley Zwecken ktinftig dien- lifh feyn konnen. Er nuifs alfo arbcitcn^ theils fiir aiidere, thetis fiir fich, wenn fein Wille keineu Widerfpruch enthaltcn foU.

«) Mtn ficht hiertus wie der Gnindrttz dcr eigoen Vervollkommung aus dcm iu%csi«ll-

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Diefe Beyfpiele kdiinen hiareichend feyji^ die Anwendung dei obersten Sittengefetfet einleuehtencl tti maehen. Die gcmeine Ver- nunft denkt Hch freylich dalTclbe nicht fo be- fltinmt in einer allgemeinen Form» und ler- gliedert tnch bey cler Anwendung dieBegrifFe nichtgcn;iu. Allein iie richtct iichdoch stcts nach demfelben» wenn et tuf Urtheile uber Recht und Unreeht ankommt. Es findet da. her auch der Mcnfch von der gewohnlichstcii Fahigkeit, eben fo gut als irgend cin PhiJo- foph» was pflichtmiftig und pflichtwidrig fey» wenn er et nur wi(len wil 1. la! man kann iagen, dafs der lctzte kaum hofTen darf, cs eben ib gut su treffen» indem fein Urtheil durch eine Menge fremdery nicht siur Sache gehorigcr Bcaachtungcn, welche dic gcraei- ne Vernuufc bcy Scite lafst, leicht vcriirr» und vou der geraden Rtehtung abgcbrachc wtrd. In allen angefiihrteuBeyfpielcn hcifscn allgemein dicMcufchen, wclche uicht lur.U

ten Sittcngcfeae folgt Er tft rifo fthr walu, aber nkht der hfichste, ant dcm allc Pflirk* tco htfgeleiiiec werdcn kunnen.

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dem SiNengeletxe haticleln, Betruger, Lugiicr, Schmcichler, Fcighcrzigc, Mufsiggajigcr und jeder dieter Tieel ibll Miisfallen au ihrem Verfiihren ausdrueken. Ntir dse Afcerphilo- fophic wagt es dicfes Mifsfallen iiicdcrtii- fchlageii» und Perroueay die es vcrdienen, vro nieht als achtungswurdig» doch als kluge Weltleiite, vorzustellen , dcncu man nicbts vorzuwerfeu habe.

Warc cs alfo nicht bcfTcr, wird man viel» leicht fagcn, die Philofophie, wenigstens im Moralifthcn» aufkiigebeny und es bey dem ge- nicincn Vcrminfhirthcil bcwenden zn laflen? „Es ist cinc hcrrliche Sachc um dicUnfchuIJ, antwortet hierauf Kant, nur ist auch wieder- um fchr (chlimm, dals fie fich nicht wohl be« xvahrcii lafst iind icicht vcrfiihrt wird. Dcs- wcgea bedarf fclbst die Weisheit, dic fonst vrohl nichr im Thtm und Lalfen» als im V/IC fcn bestcht, doch auch der WifTenfchaft, iiicht um von ihr zii lcrncn, fondcrn ihrer Vorfchrift Eingang iind Dauerhafcigkeit zii verlchaiCBik Der Menfch fiihlt in fich ielbf t

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ein machtiges Gegengetvicht gegen alle Ge« boce der P6ichC9 die ihm die Verniiiift fo

hochachttingswiirdig darstellt, an fcincn Be- diirfnirsen und Neigungen» deren ganze Bc- firiedigiuig er unter dem Namen von Gliick- leligkeie ztifammen&fst. Niin gebietet dte Vernunfty ohne doch den Neigtingen etwas dibey lu verbeir»eii, unnjiehJaftlichy mithin gleichftm mit Zunlcfcfttf tmg tmd Nichtach- tiing jeaer (b ungestumen, iind dabcy fo bi!- lig icbeinenden Anij^ruche, ihre Vorfchrif- ten. Hieraus entlpringt aber etne nattirliche Dialektik^ das ist, ein Hang widcr jcne strcsi- geGefetze derPflicht zu vernunfiteln und ihre Gtlltigkeit, i«enigsten« ihre Reinigkeit und Strenge, in Zwrifel «i ziehen, imd He, wo moglich, unfcru Wiinfchcn und Neigungen aogemelsner zu macheo» d. L fie im Grunde xu verderben iind um ihre ganze Wurde ztt bringca, wclclies dcnn doch dic genicine praktifche Vernunft oicht gut heifien kann.^)'*

Gnindlcgung zur Metaphyfik der Siitfn,

S, 22,

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Da (ic nun dic Verfilfchiing dcr Pflicht nichc gut heiiieii kami » fo ist fchr begreif- licby warum feit mehreni tntiend lahren fie feneigtwar, die Enticheiclutig dcs innernWi* dcrstreits des Mcnrchcn, in dcr Fhilofophic Stt fuchen. Die Pbiloropbie aber ist mit lich ielbst ntcht einig. Einige Lehrer der- fclben, wic wohi der klcincrc Theil, fAvei. ^ln, daif fich der Streit «wifcben den An* Ipnlchen der Netgung und der Pflteht^ je ent* fchcidcn lafle ; anderc gcben gar kcincn Un- terrch^cd in dcnfclbcn zu, und noch andere giauben» denfeiben beftinimt angegeben tii haben, wenn fie eigentltch nur Ncigungcn ttnterfchcidcn , und die ciuen lur Ptiicht, dic nndem xur Sinnlichkeit rechnen. Bey die(er Uneinigkelt in einer Ruckfichty und bey dic« fcr Uibereinstiinnujng in eincr andcrn, ge- fchiehc cs, dafs der Mcnfch cntwcdcr iich «uf das Gcfuhl von Pflicht verlafst» ohnc wci- ter Hillfe von der Fbilofophie tu erwarten, odcr chcVernunft vcriaugnct undSinnlichkcit xtim hdchsten Gefetfc macht, oder das Sys- tm, welchcs cr xur ErkUrnng dcr Si(t-

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lichkeit angenoiiiiiieii hat» in der Aui-

libung oft verlaflen muCs, vitaa er nichc der Pflicht eaiU^cn will.

Handeln tind Wirfen wird durch den aiif* ieitellteii GriuuKktx der Sittiichkeit wieder vereinjgt* Schon dailuieh iat viel fewoa* nen. Er ist ferner foeinfach, iind doch Co vielbedeiitend. Der gemeinate Verstand kana ihn faflen, und dat ginse Thua uad Lafleii derMeniehen kanndamach gerichfet werden. Jhn trefFen endlicb aiich viele von den Zwet- feJn, die gegen alie vorhergeiehrte Sytteme init Reeht erlioben wurden» gar nicht; iind die tibrigcii kuiuicn zur Befriedigung eioes jcden geldst werden» der di^Grenien det menichlidien Wifleni nicht verkennt, und fich gcuiigen liii t MenTch tu Ssfu,

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Ahkihm^ iet Sittengefitut mtiJem Satzi det Uiderjprucbs^ und Darsteilut^ des Z^h dtr SittliehMu

£s tst im vorlgen Abfchnitte gezeigt wor-

den, dafs nach dem Urtheile der gemeinen Vcrmmft nicht nur Pfliclit etwas allgcmcin yerbindendetist: fondern, dsrs auch indeDi BegrifTe, clen alle Menichen damit verknii- pfcn , fchon das oberstc Gefetz der Sittlich- keit iiegt« Bey der Anwendung deiTcliien auf einzelne Fille wiirde auf eine Wahrheit hin- gcwiefen, dic ohnc Beweifs einlciichtct, nAmlich, da6 cin offcubarcr Widcripnich der Vcrntinft entgegen ist Wer die6 xugiebl inid cs auch fiir unfere Handhingen gelten la(sty der giebt iiicht nur zu, dafs liberhaupt Sittlichkeit in der menfcblichen Natur ge- gnindet ist, fondem auch, dafs das aus dem Bcgriffc der Pliicht entwickcltc Sittengefetz die oberste Kegei unferer Uandluugen feyn

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foii. Die Wahrheit dieicr Behaiipttingp kaim Jeicht ge&fit wecdeji. ^

Der GnincUatt dei Wideripnidis, welcher anzeigt, dafs gans entgegcngeretste VorsteU lungen iiicht zuglcich wahr fcyn konncn, clafs cin Urtheil ialfch ist, weicbes widerfprecheii- de Dinge vereimgt, itt Ton der Vemimft lucht nur unzcrtrcnnbar, fondern anch von der Au, dafs alJe iibrigen Grundfatze ihin untergeordnet werden muflen, und foJgiich als das obersteGefetc der Vemimft ancuiehen. In aiien Untcrruchungen, He niogen wichtige oder nnwichtige Dinge, dieNatiu: iiberhaupt» oder den Menfchen insbelbndere betrefien, ist jene Wahrheit entweder das Erste, wovon nian ausgcht, oder das Letzte, .womit mati lchJiefsts imd aiies» was aut ihr offenbar folgt, wird als nothwendig wahr angefehenfo wie iie fclbst, d. h. es bleibt demjcnigcn, dcr die(e Walurheiten msteht, nicht eiumai die Moglichkeit tibrig, das Gegentheil liirwahr zu halten. Auch glauht, felbst ini gcmeinen Lcbeu, jeder Meurch allcs gethan lu haben.

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weun er gezeigt hat, dafs in irgcnd euier Mcinung ein ofieabarcr Wideripnicii iey< Oer Gebrauch diciet Gefettefl der Vemunft fchrankt fich aber nicht auf biofsc E r k e n n t- ni& cio. Ef findet ieioc Anwendung auch auf die Handiungen der Menfcben. Dcr- jenige wird allgemcin als unvcrniinftig an« gefehen, dcr einen Zweck iii erreicheu «unichti und doch gertdc dai Gegenthetl von dem thut, wat sur Errelchung deflelben fiihrcn kann; und aiif diefes Urthcil haben die Folgcuy dic fiur ihn daraut entttchcn kon* nen» gar keinen Einfluit. Et kann unt i . B. ganz gleichgiiltig feyn , ob cin Menfch ilch iim die Gunst eines aiidern bewerbe oder ntcht. Wenn wir aber willen, dait jeneni allerdingt an derielben gelcgen itt, und wir fehen, dafs er nicht niir nichts thut» ooi dai lu erlialten, wat er wunfcht» ibndem wohl gar durch Reden und Handeln, dea Mann erbittert, den er xum Frcunde haben will : fo erregt dicis Verfabreo» an und fiur iich» MiAbiliigungy und dat, wat unt tu die- fem Urtheile bettimiBty iit der oieobare

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Wideripnicli twUchcn dem Willcii lui^ der

Handlung. Gchen wir von dicfem bestimm- tcn Faile auf iblche Falle libcr, wo unf dic Zwecke 4er Meoichen nicht ansdrucklicli ge> gehen find: fo werden wir finden^ dafs ein Mangcl an Verminft ntir da gedacht wird, wo wir fewiile Zwccke bey alien Meniclien aii nodiweiidig voraufletfen^ und fie doch den* felben ziiwider handeln fehn. Den lidstlich- flen Wein trinken» wemi man weifi » er tdf vergifiet, wiirde ab der h6ehfte Grad der Unvemiinft, als Wahnfinn, angefehen wer- den, wenn ausgcmacbt wire» dafs nur die Vofttellung ctet angendinien Geichmaekt da* su hectiininte» well et imt ttnmoglich ist, zu denken, dafs irgenJ ein Menfch ein angen- bliclLiidief Vergnugen fiiir ein hdheret Out «ilehett ibllte, als dai Lehen. Steigt man Von dem, auf genoncnc Liist unausbleiblich erCoigenden» Tode iierab lu unvenneidiicher Krankheit» su langwicrigemVerlutte vonGe» niifbfahigkeit, zu fp^t eintretenden Uibeln, und eadiich wcnigf tcni zu wahrrchciniich ab* K

gekuLSter Lebenslinge: fo betdaiiiien ficli «uch hiernadi die Gndt det Mangeb an Ver-

niinrt, deumandemjenigenzufchreibt, dLTfich blo& vom gegenwartigen Vergniigen hinreiisco iafit^ ohne auf die Folgen deflelben xu (chen* le wichfigcr, je gcwiffer und jc aiigenfchein- lichcr diefc lind , dcsto ivcnigcr konnen «ic denken» dais fie entfveder einer voruberg»» hendenLust, im blofsen Urtheiley nachge* fstzt, oder gar unbekamit geblicben feyn roli- ten. Sind fie aber fehr ent£emt» fi> veriie- ren fie fishon dadnrch einen grofien Theil vou ihrcr VVichtigkcit ; iic vverden iiberdiefs ungcwif» und fchwercr zu erkennen. Dcc Vorwurf der Unvemunft fchrankt fich daher auf folchcFalle ein, vso die bofen Folgen irgend einer genoiscncn Lust, unmittelbar find» odcr doch von fi» groficr Bcdcutung fi^yn kounen» dafi fie^ ihrer Entfemcheit und Ungewifsheit ungcachtcty noch als nothwea- digc Bcstimmungsgrunde angcfchen werden^ um einem voriibergeheaden Vergnugen wu cntfagcn

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Alie eimekie Urtheile beiiehea fick fiiletft auf den Satf , dafs, vnt vernunf-

tig handeln wili, immfr ein grofseres Gut einem kieiaeni» und ein leiditeref Uibel einem drCickendern vonjehn miifle, Die> fer Satz heifst aber im Gnnide nichts au- derSf alt wer veraiinfcig handehi wiU, darf keinen Widerlprueh twiichen ieinen Urtfaei* len und ieinen Handlungen fulaflen. Denn vorauigefetzt mtifs cloch werdeu, da(s dcr« {enige, welcher (ich nach dem veHcliiedeneii Werdie von xwey Gutem, oder nadi dem verfchiedcncn Driick von zwey Uibchi be- atimmcn foU, dicfe fowohl als jene kenne, iind den Unterichied in ilirer Groise einlehe^ Vor dieftr Kemtniis if t eine Wahl nicht ein- mal gedenkbar. Angenommcn alfo» daft die Kenntniis dcr Wahi vorausgehe: fo iiegt in der Einfieht von dem hohem Werthe einea Gutes fchon die Idee von dcm V oi zugc, Jen et vor eincm andem lichauptcL Wcr aifo iagt» et lcy nicht vorzusichen» der be- hauptct etwas ofienbat widcrlprechendef» und wer fo handelt, ait ob das kicincre Gut

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dat gru&ere iey» deffen Handlimg wUer* ^cht feittein Urtbeile.

Ift ef nuii viabr, daii jener angefuhr*

te Satz alle cinr.elne Urtheilc enchalc, nach (ieiicii gehandelt werden miirs, vicnn die Handlungen .ala vemunftig gedacht iverden (bllenc fo ist hlar» dafs, vtenn Unver« nunfc in den Handlungen der Menfchen gefunden wird» lelbit in (6 fem dieieiben nach ihren Folgen beurtheilt werden, nicht eigcntlich dicfe uns lum Tadel hcf timmca , fondern vieJmehr dcr Wider- ipruchy der fich smichen der Einficht und den Willen, oder der Handhmg, zcigt. Denn fobald vorausgefetzt wird, dafs der Handelu- de die Folgen nicht kenne, oder denlelben tu bcgegnen wiflen werde» (b lallt der Tadel ganz wcg; luid ini ersten Fallc tritt an fcinc StcUe Mitleidcn, Der Gcdanke an jcnc Vcr- kehrtheit aber erregt allenial einendesto stlr- kem Unwillcn, jc ofFcnbarcr fie ist. Hr ht frcylich fchou ziemhch grofs , wenn jcman J cine Meinung nicht aufgiebtt Ton der fo klar

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fMCfgt «ordco ist» dait fie aiM wider^- dieiiden Sttieii bcttelie, als, ^afi elnDreyeek

kein Viereck ist; aber diefer Unwille wiirde cbch nocb koher •teigen» «emi dcr Mano» derfiehegt, geradetn bcfaauptete, erwolle das, was wahr i$t, nicht fiir wahr halten; odcr, cr wolle das , was nach der Vemuttft gethan werden foU, doch nicht thun. Wir Ibrdem von )edeni Menlchen» daft er dat, was er fiir wahr erkennt, nicht fiir faifch er- jLlirCy ohne im aUergeringiten auf das Ver* gnugen lu lehen, daa durch eine Iblche Er- Uining gcfichert wird, oder auf den Ver- drufs, den die entgegcngefctzte erzeugcn konn- te. Ob et nungleich wenig {blcheMcnicben giebt, welche die Verkehrtbeit bif lu dem aogefiihrten Grade treiben : fo ist doch auf der andeni Seite nur lu gewiif» dafi unrre Handlungen mit unlerer Uibeneugung lehr oft im Widerfpruche stchen, Unfere Sinti- iichlLeit*) verhindert mclirodcrwcDiger ieue

Zu der Sinnlichkeir, im Gegcofatze dcr Ver- mmfr» wtrdca allc fiagaapn und Aboei-

Harinonic, wclche fich zvfifchcn unfcpcr Eiti« ficht imd iinfenu Willen finden vmrdCy wcna diden bloft die Vernunft be>timmte, Diefe an und fur fieh betncbtet » kann einen Wi- derfpruch nicht giit hcifsen, iind fo wurde der WiUe» der ibr unterworfiea ware, auch f teti einttimmig mit fich fdbst leyn.

Vernunft ist nach dem Ausfprucbe fe^ |»es Menfchen» der geh6rt lu werden ver-

dtent, weder in Worten noch in Handlungen, wo ein oifenbarer Widerfpnich Statt findet» und wer diefen mit Bewufitieyn aufiiimm^ handclt da, wo cr es thut, unvcrniinftig. Wider diefe Wahrheit konnen auch dic un- gebundestenZweifler nichts einwenden. Wer fie laugnete, oder gar zeigen wollte, dafi die Vernunft auch ganz widerfprechende Dinge,

gungen nut g^ercdinei^ die Lust und Unlost^ wm weleher Art fie iuch fcyn mtfKCn, tnm unmittdbareo Gegcoscande hal>en. Es g«- hSn nach diefer Bcsdmmung z. B, die Syn- gadise cbcnfiiUs m Siaiilichkciei

tlf gleich wahr und glcich gut anrehen k6mi« te, der hStte doch kein anderes Mitte] als das,

wdchcs cr bestrcitct. Ist das nicht falfch, was cincn ofFcnbarcn Widcrrpruch cnthalt: ib ift nichts mehr wahr, und folglich auch dai wcht wahr, was die^^airchheit dcs Grund- Lttcs dcs Widcrfpruchs darthun foll.<^)

Worauf fich dicfes obcrstc Gefctz dcr Vcmiuift griinde, dicfs IjUst (ich nicht wei-

♦) Wcr beliauptct cs fcy gar nichts wahr, dcr zcigt fchon durch feinc Bchauptung, dafs cr doch ctwas fiir wahr halt. Der vollendctc Skeptikcr mufs gar nichts b^haupren - und cinen folchcn hat cs noch gar nicht gc- gcbcn. Dic fchSrfstcn Zweifler der ncucrn Zeit gebcn die Wahrheic dcr Mathcmatilc und folglich die oothweodigcn Vernunft. wahrheiten zu. Ihre Zweifel crefTcn nur die flus der Erfiihrung heigeldtettn Satzc^ und die Systcme der Philofophen, welche die Wflhrheiten Qber Gott, Seele und Wclt als unahbfingig von dcm Gefctze der Sittlichkeic iind doch als crkcnnbar darstcUen. Da dieff nich dcm Kantifchcn Systemc nicht fo is^ fo wcrdcn dadurch auch jcnc Zwcifel cnt- fernt, die nur die fpekuiadve Ycmunfc 0'ctfeo,

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icT beaiitworten. la es wttrde fiimloi fcyn diere Fragen lofcu zu woUcn. Denn dieAnt- vrort muftie fich wieder auf den Satz de$ Wi- derfpnichs ((utzen, deiTen Gnmd fie doch angeben foll, oder das, was fich in iinferm Bewuistfeyn ab die obertce und nothwen* digste aller Wahrhetten anktindigrts in eine andere voa ihr abgeleitete Ceticn, d. h. die Folge sum Grunde machen. Die Vemunft hat, Co «ie fedes andere in unt liegende Ver- mogen, ihre eigcnthiimlichc Einrichtimg, {iber deren Kcnntnifi wir nifht hinaiMgehen konnen. Wer es nur verfucht» mkennt die Grcnzen, in weldien nnfer Wiilen einfe« ichrankt ist.

Sind wir nun gedningen» den Sats det Wideripnichs nicht nur atif das» was wir er- licnneu, foadcrn auch auf das, was wir thun ivoUcn« auttiwcttdcu, und ^endcn wir iha wirklich bey Beurtheilung der Handlungen ^n: fo entstcht aus dicfcr lettten Anwendung dasGcbot: widcrfprich dir nicht. So langc es nur aiif Erkcimtnifs ankommt^ fo be« foJgcn Wiv dicfcs Gcfetz ohnc Wideilktfcbeii.

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Wir muSea c$ befolgen, weimwur atick oichl «oUen. Allein bey clen Hnidliiiigen hmbeii wir dat Vermogen, widerfprcchcnde Diugc cii vereiiiigeti. Wir kdnnen andcri haudQlii, «b wir urthciien. Da «llb imiire Sinnlichkeit ntt der Vemunft nlehc in Hannome steht fo wird das Gefetz derfelben, das, bcy cincm nicht finnlicfaen Wden» bloif iein imveria* derlichei Verfiihren eutMcken wurdcy fut uns zum GebotCy wclches jedcn Wider(pruch in den Gefinnungen und Hendiungen als bofe darslellc, und fo auigedruefct werden kami: nimm in deinen Willen nichts wi. derfprechendcs auf und handle die« fem Wiilen gemils.«)

♦3 Da jcdcs Gcbot ein Soilen ausdruckt, fo nennt Kant alle GetK>te der Vcrnunft Irapc- ntiven. Sie find von zweyerley Arc. £nt> tiradcr gebiecet dic Vcrauaft uotcr der Vor- autfeizung , dift der Menidi cbica Zweck cmidwn wollc; odcr fie g^bictet ohnc Vor- ausfeiziii^ «uMt •ndcm Zweckt» tls threr mbtt. Im cfttcn fdl find dic Inpcrttina hypochctifch odcr bcdingr* in «wcytcn cmo- gorifch oder unbcdingt. Von dcr ktnwtt Acc itt dtt Gcbot: widtffpnch dir nichfi.

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Dieft Gebot xeigt fchon tn» daii der Menfch fich clen Innhalt deflelben xur Regel

fcincs Vcrhaltens machca foll. Denn das Gc- fcu lunu hier nicht, nrie bey der Natury fon* dem nur dann ieine ErfiiUnng habcn» «eim cs Maximc vvird. ' ) Wcr fich nach derfelben jrichtet, dciTcn Vorfatz ist, iinter allcn Kc* geln» <Ue er fich sur Befriedigung feincr Nei- giingcn, zur Bewirkung (einer Ghlckleligkeit macht, kcinc folchc aufzunehmen, dic fchon nn und fur fich einen Wideripruch enthalt* Wenn t. B. bes timmt werden foll , ob man fichs zur Regcl machen konne, in eiuer Vcr- legenheit mm lugeu» d. h. gerade das Gegen«

Ob dcr VcrfafTcr des dicken Manncs, dcr fich ubcr den «atc^otilchen Impcrativ lusiig macht, wohl dainit zcigen will, es fcy Ilcherlich, Htrmoiuein Gefinnung und Hand- lung au brtngen, wcil cs die Vcmunft be» fiehlc? denn diefs ist doch eigendich dcc Sinn des cttegorifchen Impenitivf.

*^ Einc Regel die man fur fein Vcrhalten bc- folgen will, hcifst cine Maximc. Das Gc- Uu muCs Maxlme werdcn, heifst nichcs «nders, ils min muft cs zur RidicfchQui feincs Verhtltens inacheo.

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theil von dem xu iageii, was maii ali wahc erkennt: Co ut oflfenbar, dafi dider klare

Widerrpriich zwifchen Handlung und Er- kenntnifs mit der Vernunft nicht bestehen kanm Eben dieics wire der Fall» «emi man nnferfuchte, ob das Ei^thum eines andern alsdas «nfrige zii gebrauchen fey. Schon da- dureh, da6 ich argend eine Sache iiur Eigen- dium erklSre, leige ieh an, dafi nur der» dcm ich daifelbe xurchreibe, den Gebrauch defrelben bestimmen durfe* Das» was ei* nem andem allein elgen isc, sugleich iur das feinige erklSreny ist eben ibviel als fagen, cine Sache fey» und iey auch nicht. Dieis

*} Man hat den Spartancm voigeworfcn , dafs lie dts Sichlcn criattbi bittcn, und aiancher SBOfalifdie Zwdikr hat hiciius die Folg* geaogcn, dals die Bcgriic dcr SittUeM^ nicht nodiwciidig, fondcm wlUkfihrlich wiien. Dcr Bcgriff dcs Dicbsnhls findcc abcr da gar nicht Start, wo tlle Gfltcr alf gcmeinrchafrlich angefehen werden. Wciiis zwey Perfooen cine und ebendiefelbc Kaflh haben, fo ist ja eben dadurch besdnuai^ dafs fic von einem wic voil dcnn aiMlcni gebraucht wcidcn hapiL

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abcr ist nach dcn Gefctzen der Veniunft un- moglich. Wcr alfo dieftf ehrt, dermrd eine folehe Uimiuglichkeit nicfac tur Richtiehnur fciucs Verbaiteus machcn wollcn j.i nicht cinmti kouncn. Aufser dicicn Wiiier^rii- eheny die in die Augen fallen» ibbald man nur jcJe Regcl fo untcrriicht, als ob (ic cin Satx fey, deCfen Wahrhcit gcphift wcrdcn toWf giebt es noch andere, die in fb fcm Statt fiadcn , als dcr Mcnfch cin bedtirltigef Wcfcn ist. Als folchcs sUcbt er nicht nur iiberhaupt nach angenehmen fimpfindmigenb und fncht nnangenehme von Bch xti entfcr- neny fondcni er will auch die moglichgrofstc Summevon jenen ertuiten» und von diefen die Summe «enigiteni fo klein ab mdglieh machen. Dicfs liiefst aus cinem natiirlichen Triebe» weicbcn er oiit dcn Tliicrcn gemein hat. Der Unterichied tivifchen dielen imd dcnMcnfchcn, licgt nun aber dartnn, dafi jeue nur tu ciniclnen angcnchnicn Empfin- dttttgen durch den bioisen lustinkt hingeri^ fenwerden, diefe hingegen denielben nicht lioth\ceudig folgcu, fonicrr. -liich Vcrglci-

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cliuiig dcr Gcgenwart mit der Ziikuaft, dieUt ciitlmte Aimehiiiiicbkett itiidUiMiiiiehiiilicli* fceit vorautleheD» fhellf dieler Einfiche fol- gcn konnen. Hicraiis cutstehn die Regeln und GnmdOiCte* die fich auf uaier Wohl be* lichen. & kanii djurin ein doppelfer Wider* ipnich Statt finden. Hntwcder k6nnen meh- Tcrc davou xuiammca nicht bcitehen» oder eine einseloe liizlme widerlprjciit den, wit ein Welen wie der Menlbh ist, uotcr gcwir. ica Umscandcn, uothwcodig will.

WcrdasLebcn, als dieQiiellc alJerGliick- feligkcit, fur das hdcbste Giit hilt, und fich daher vominiml^ et durcfa alle mogliche Mit* tei xu erhalten, der kann, ohne mlt (ich felbst uneiuig zu feyn, nicht lugleich fich die Rcgci machen, jedet Vergnugen, das fieh ihm darUetet, su genielfeny Ibllte ec auch feine Gefundheit iintergrabcn und feia Lcbea abkCirzen. Wer eia groiscr Mann wer* den, und allb die Mittd, welche su diefem Zweckefiihren, anwendcn wollte, und doch jcdcs ven dicfcn MirccJa durch dic cintelnen

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Regcln, er fidi su feiner Handlimgswcife machty wieder aus dcnfelbcn verwies» dec ferieth in ofifenbaren Wideri|>ruch mit fich lelbst Zulinimen konnen iblche wideHpre- chcnde Regeln nicht besteben; cine von dcr- ielben muis der andem nothwendtg weicheiu' Welche nun weichen ibJl, hSngt iehr oft nicht niir von dcr Einlicht, fondern aiich ganz vou der Willkitbr eines Menfcben ab« Allein es giebt auch Sachen, welche er» ver« moge feinerNttuTy nothwendig wollcn mufi» und deren Werth in Vergleichung mit an- dem, theils angenehmen, theils unangeneh- n^n, fich ib aufdringt» dafi» im blofien Ur« theiie, dic eine nachgefetzt wird , vvcnn die andere^ die man notbwendig wiil, auf i^eine andre Weiie erhaiten werden kann* So ist ketn Meofchy cler, bcy dem Gebratiefae feiner Vcrnunft, nicht ein vorubergehendcs Vcr» gniigen fur geringer balten {oUtCt als die Ge» lundbeit» oder dss Leben; keinery der vom Eicnd gcdriickt, odcr in Todcsgcfahr nicht woUte» dafi er von denfclben befrcyt wiirde» Regehi allb» die dieiem (eincm Willen wi*

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defftreicai» find ichlechtcrdafigs tu vetlfet* fo, ivenn auf dae Veniuiift Ruckficht gc-

ooiiiinea wird«

So iirtheilen atich <Ji^ Menfchen immer, wcnn cs nicbt auf ihre cigne» fbndern auf die Handlungiweife anderer mkomait* WtU B. jemand gem Reichthum erfverben, iieht aber ein, dafs er in feinen Umstandcn ihn sicht anderiy aU durch groiie Anttrengung erhaltenkannt Ib kommt ea dariiif an, die Unannehmlichkcit des Mittcls , mit der An« nehmlicbkeit det dadurch su erreichenden Zvecki xu vergleichen« und swiichen beydeii jtu wahlcn. Wie anch dic Wahl ausfalle, fo vrird fic als gleicbgiVtig angcrchcn. Wichti- ger wird fie, fiemi nicht mehr xwifcheii Reiehthum und groiser Anttrengung, fon« dcrn zwifchen Wohlstand iind gcwohnlichcr Arbeit gewahlt urerdcn iblL Hier iit fchoii faat das allgemeine Urtheii fitr jenen, imd xver mit dicrem Urthcile nicht ubcrciustimmt, wird fur Icichtfinnig gchaiten. Indellcn» wemt es nuc auf eignen Genufi ankomm^

ibo

xm^ iemand lieber weniger gcnicfsen, ais or- deotlkh arbeiten will, So utdM» feioeSache.*) Wena aber endJich das Leben luir dtireh Ar* beit erhalten werdeR konntc : fo glatibt nic- Ipaud mehr, dais die Wahi trcy icy, fondem es wird fiir Uttveniimft uad Bostttigkeit er* klirit aidit aiheitea zu woUen*

Eben Ib itc et mit der Hulfe» velche unt

andere Menrchen leistcn , iim unrern Zustand su verbeiTem. Uuter gewifTen Umstandcn verdenkt ct uns keiii Menfch» wenn vnx die- ielbe «usTehLigen. le dringender aber die Be- dtirfnifse werden, desto wcniger werden wir entfchuldigt, wenn wir kcine Unterstutcung «nnehnien wolleni kana endlich ohne dieleU be Gefuadheit und Leben nicht bcstehen : fo ist cs kaum gedenkbar, dafs wirHulfe nicht wunichenj nicht annehmcn loUten.

^ £s mufs hier nicht vergefTen werden, da(s nur der etgnt Gcnuis in Bcdichcung gcao* gcn wiid.

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Wct viit om in Abficht imtor iUbft notliiBieii^ig wonen, kann> viit in diefem Beyfpiele, oft iiicht anders errcicht wcrdcn, alt ditrch <Ue Huife anderer. Der Wunicli der&Rien im Allgemeinen itt aUb «leh in un- fcrm Willen mit cingefchloflcn. Dicfcr wiir- de fich aher wider^rechen , ^venn ich 'ver* langte» dafi mtr etw«t geleittet vrerde^ wat ich andern nicht cu leitten gefonnen itire. Dcjin dacbte jedermann fo, wie konnte das, X9MM ichdochftothmndigwilli jenMlswirldich «erden? Muft ieh alib woUen» dafi andere nicht fo gefinnt feyn, wic ich felbstgefinnt bin ; miift ich fcrncr wollen, dafs meine eignen lelbttfiichtigett Gefinnungen nicht bekannt werden: to seige icfa lehon damit an, da6 auch ich bercifwillig fcyn foll andcrn zii hel- £m. Woilen, dafs Uandiungen, von andcrn aber nicht von mir, unter gleichen Umttln> den, gefcheben, heifiteMircn, daftetwasgut, nothwcndig und auch nicht gtit , nicht noth- wendig iey) und Gefinaungen heucheln, die nan nicht hat, itt abennalt ean Wider^^ck L

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Vereiiiigen wir diefe Punkte, Tvelche theilf attt der Vemunft unniittelbar» theils aits unierer bedurftigen Natur vennittelst derrdbeii, flicfscn: Co kommcn wir aiif die Vorfchrift, welcbe aus den UrtheiJen des ge- funden Verstandes tiber den Werth der Dinge fiof!», uiid aU das Grundgeretz dcr Sittlichkeit aufgestelit vvurde. Es lautete folgender' mafsen: Handle fo, <lais die Regel» die du dabey befolgst, nadi deinetn Wilicu zum aligemeinen Gefetze gemacht werden kann.*) Da eistlich

^ Dieres GeCetz, welches ntur die Form der Regeln davstellr, die den Wtllen cittes VCT'

minftigeQ Wefens bestimiren durfen» und blofs aus der Form d. Ii. der Denkweife un- ferer Vernunfr, fiicfbr, hcifst dcswe»cn eia iormales Prinzip der Sittlichkeit. Wenn hincjejen ein practifchcr Grundfarz irgcnrt cincn Gcgensrand dcs Bcgehrungsvcrmogcn* als Bosrimmuntfs^^rund des Willcns voraus. fetzt (als Gluckrcligkcit und Vollkommcn- heit) : fo hcifst er m a t e r i a 1, in fo fcrn dcv Gnindfatz auf cincn zuerreichcnden Gcc^cn Stand, auf eioe Materic, im Gegenfatze dcv Form» luAwcisc, SoU aojs«teigt wenlcn, dafs

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elii an und liir fich «iderfprechender Satt

nicht als Gcfctz gcdacht wcrdcn, imd da», wat mit dem Willen eines bedurftigcn We- leni nothwendig verbunden ist, von demlcl- ben dtirch kein allgemeines Gefett autge. fchlofsen werdcn kann, fo hcifst jenes Gebot nichts andcrs» als: jede Regcl» die du dic machst, tnu& als blofier Sati, keinen Wider* fpnich cmhalten, und zweytens, dem nicht widcrstrciten was in deincm Willen, als dem Willen dnes finnlich vemunftigen Wefens, iiothwendig liegt.

Wer alfo das, was als das Hauptgebot der Sittltchkcit aufgcstellt worden ist, nicht da-

fiic erkeuuen woilte, der kountc uur auf

dic Vcraunfc allein als Quelle dcs Sittcnge- fcczcs anzufehen isc, ohne Rfidtlicht auf ir- gead cintn sucrrdchenden Zweck, dernur darchEr&hning erkanm wird, fo kanndiefs foausgedrfickt werden ; Pnctilche f o rmale Grundfttse kdnnen anein Gefecze wevden; materiale lind empiriiGh und ktfnncn «ben deswegen keine aUgemetneHandlui^ weife bestimmen.

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2v;cyci:icy Wcife dic Giihi^cit dcilclben ait- greifo. Entwcdcr er mufife xeigen, cU6 dcr Gnimifats det Wi<leripruclif kein Gefetz der Vernunfr, odcr, dafs cr luir auf dic Er- l^eantnifs dcr Dinge, auf das Wiflen, nicbt nber auf die Handlungen der Menlclien an« ««endbar iey. Dat ertte ist feblecfaterdings tinnioglichy uud das zwcyte nur uuter dcr Bedingung gedenkbar» da6 Vernunft ubcr- haupt nicbtt mit den Handlungen dcr Men- fchea zu thun habc, fondern die blofs thieri- fchc Natur dcrfclben cntfcheides denn ohne Gefett ist Vernunft nur ein JeererNamc. Cr kfinnte alfo auch nicht eine einzige Forde- ning an irgend cincii Menfcheu machen, und cben fo wenig fiir feine cignen HandJiuigen eine eintige Regei als unveranderlich an(c> hen. Wer niir verlangt, dafs ihm keiu Menfch das Lcbcn nchmc, wer nur ancrkcnnra. dafs cin grdficres Gut cinem gersngerem vor* suxiehen &y, der fagt fchon dadureh« dalic das Grundgcfetz dcr Vernunft die Handlun- gen dcr Menfchcn lciteu ibJJ. Dalfelbc auf cinc cinijge Handhuig anwenden, und ibre

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moralirche NothweudigkeU darauf herlehen hn&t9 JaHelbe alt entleheidend uberhaupt «nerkennen. Wo Ibllen die Aiisnahmen an- fangen ? W c r w a s bestiiumt fie ? Ist die Vernunft nicht die Richterin» Co itt nichtt in den Menichen» dat unter ihnen, auch mir in einem einzigeu Falle, ein durch- «ut gleichet Urtheil hervorbringen kdnnte* Derlenige» tveleher dat Leben einet attdem geringer als cine Surame Gcldcs fchatzf, oder durch List und Betrug fich bereichert» kanu nie von der StralwiirdiglLeit ieiner HandKm* gen iibeneugt werden, wenn der aufget tellte Grundratz nicht als allgemeingultig aogcnom* men wird; und eben fo wcnig kann derjeni- gc, welcher iiir eine augenblickliche Lutt dat Ghick fcincs Lcbcns hingicbt, odcr fich fogar dcni Tode wciht, als unvernunftig gedacht werden, wenn die Vemunft nicht uberhaupt dte Handlungen der Menfchen leiten folL Allcin diefs lctztere behauptet wohl niemand fo leicht. Et iiegt in dem Bewulstfeyn einet jeden Menfchen» dafty fo wie leine Erkennt* nib, atich feiuc iiandlungen von der Veruunft

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beitimmt werdeii konnen uiid roUeii. Es iit diefs eine Thatfache der Vernunft, wie Kant

fagt, iind (ie ist hinriiiglich, iim einzurehen, wie allc BcgrifFc, die fich auf Sittlichkeit be- ziehcn> entitauden find«

Wenn die Krafce, die in der Natur dei Menlehen liegen, fo weit entwickelt find» dafs er nicht rachr von blofs thierifcher Lust unwidentehiich hingeriffen wird«* fondern xur Hervorbringung und zur Sicherunf ange- nehmer Empfindimg, Regehi und Gnindi^tse befolgt : fo untcrwirft er heruach feibst diefe der Prufung eben fo» wie er ntvor die eincel- nen Gefiihle der Lust und Unhist lufammen zu falTcn und in Eins zu verbiiidcn fiichte. Regeln, die in fich ieibit einen Widerfpruch enthalten, oder doch mit leinem ganten Wii« Eenstrcitcn, kanncr, .ili. imnlich verniinfti- ges Wcfen, das nicht blois angeuehmc Ge. fuhle zu feinem unmittelbarenZwecke macht, cVi5 nicht nur empfindet, ibndem aitehdenkt, uud das, iu der letztcn Riickacht wic in dcr ersten» einer feitgeitellten» in ibiiier Natur

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liegendeii Nortn uiUerworfeti if t foJche Regelii kanii derMeoichy ab ein folchee

Wefen, nicht fiir gut halten, w^il cr lie nicht als wahr zu dcukea vecuug» und dierciben der EinheiC mdentreiten, aiil welche die Vemuiilit ia aUen ihien Venichtuiigeii hin.- weiiftt

Wirft er alfo die Frage anf: was foll ich in Abficht meiner> was in Abficht andercr thun» daft ifh nicht niit mir lelbft in unauf* h5rlicben Wideripruche lebe; fo entttehn aus der Beantwortimg diefer Frage dic Be- friife von Recht und Unrecht, von PAicht- Biaiiigkeit und Pfiichtwidrigkelt, yon Un- fchuid iind Schuld, von Tugend und Laster. Der Hauptfache nach Hnd diefe Bcgriffe ubcr- all gleich» und find et eben defwegen» wcil fie nicht von der Erfiihning abgezogen, (bn- dern unmittelbar aus der Vernunft gefloffea find* Sobald dieie, die in ibrem Wefen bey allen Menlchen gleich ist, nur to weit ent* wickelt wird, dafs fic ihnca dieNothwendig-

fccit aligemeingultigcr Gcundnitzc aufdringt:

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ifig

fo seigt fie iknen atich» durdi dit Allge* mcingtiltigkeit, <lie itnyerinderli- chc Befchaffcnbcit dcrfelbcn. Wird dicfe hier inehr» dort weniger» imd rdfien gans ge&fst; (b liegt die Schiild haiipK^ehlich in dcn Neigungcn , wclche die Menfchen , fo tineingeichrankt aU mogiicb» mit der Gefeta- mSfiigkeit au vcreinigen fucken. Dieier fich zu untci wei fen, fallt der Sinnlichkeit fircy- lich fchwer. So wie aber dcr Menfch ciue gttte practiiche Regel» die fich auf angeneb- me Einpfindiingen betiefat, nicht dadtirch lur fchlecht erklart , weil er fic iiicbt immcr bc- folgt: ebeu fo wenig kann er die Geieta* nafiigkeit demegen, als nichtig aniehn, wcil feine Neiguiigen ihn verhindern, die- fcibcn ttets vor Augca zu habcnl Sie licgt ^ der Natur des Menfchen eben to, als der Trieh nach Vergnugen, nur mit dem Untcrfchiede, dafs diefer untcrgeordnet feyn, iind jene immer melir Oewalt uher denieibea erhalte» fiilL

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Pragtniaiiiiiui» «ontif dMreUbterord*

nungbcnihe, fo kann keine andere Antwort gcgebeu werden, als : iweil es in imferm Be- «ultdieyn liegty daft Vmunfc etwat hohem alf Sianlichkeit irt» .daft die AbhSngigk^t vou diefer den Menfchcn herabwurdiget, und da6 die Herrichaft ▼od jener ihn erhebr. iklle lebloie Dinge, ond alle vemunfcloie We» len haben nur in fo fern einen Wcrth, als fie lur £rreichiuig irgend einei Zwecki, i ur fie- ftiedignng von finnlicfaen Neigungen dienen; und diefe letztern haben Co vrenig eincn un- bedingten Werth , dafs es fclbst dcr Wunfch ciaet ▼erntinftigen Wefent feyn iMnn, ▼on den(e1ben frey tn leyn. Wie viel Vcrgniigen eiii jedcr gciuersen wollc, diefs ist an und fiir (ich etwas gleichgultigesy aber nicht £o, wie vernunftig er leyn wolle* la! der Wtinfch, von allcn rinnlichen Ncigungen fich immer mchr los zu machen, konnte nur des* wegen bezweifelt werden» weil man keineui Menfchen dieleHohelt lutrants aber dieVer- nunft in eiucm Stande dcr Befonnenheit vcr- liefen xu woUcO) diefii wurde aUgeniein als

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eine Erniedrigung ange(eheu «etdca, derctt keia Mcnfch fahig leyn rolh^)

Dcr Grund dieiies Urtheilsy welches fich ▼ielen Menfchen nur dtirch einGefuhl ankua« digt, ist luin wohl kciii andcrer als dicfcr» dafs die Vermmft das eigeutliche Wefea des Menfchen ausmacht. £r ist das was er ist , und auch die Natiir ist das was fie lur ihn ist, haiiptrachlich durch Vernunft. Ohne fie vermag er wenig oder nichts. Durch iie liesttmmt er den Werth der Dinge, nacht fich Zwcckc und findet dic Mittel «ur Aus- fiihrnng dcrCclbcn, untcri^irft fich dic leblofc iind lcbendige Natur» veisteht oder findet

*) BUSdfinnige, ja felbst cigentliche Rafendr, haben idler Wahrfchcinlichkeit nach weic mehr Genufs, als dic meisten Mcnfchen, die im Gebrauch ihrcr Vemunft Cnd. Wie flber mndt man den «mfehen, der zu |enea zu gehdren wunfchte?

*♦) Diefes Gefuhl von dcr Hohcit der Vernunfc ist eigentlich das, was man moraUfchfis Gcfuhl ncant«

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ihfe Gefctfe, macht lich lelbst clie Regela leinei Verh»]teiit, kaiiii lie fa dlgemeiiieii

Gcfetzcn erheben, und fchreibt fich dcswc- gcn cine Freyheit tu, die ihn von allen ihm befcannteii Wefen miterieheidet. *) Einer iblchen Kraft, die alle fibrigen hit aiif einen gewiffen Grad lenken kann, und wirklich lenkt, gebuhrt eia eheo iblcher Vomig, als der organifirten itnd lebendigen Natiir vor der todten Mafse. Die Vcrnunft fiir gcriii- ger lulten» alt die finnlichen Kriifte und alies waa fie bewirken, hieite: dai Vermogen lu iirtheilen dem, wat beordieilt wird; die Kraft allen Dingen ihren Wcrth zu bestim- men» dem was geichatat wird, das I«eben<> dige dem Todtcn nachfetxeo.

Das Gefuhl diefer Freyheit fiodet fich in |cdeni Menfchen mehr oder wcnigcr. Worin dcr hfichsce BegrttT derfelben bcitehe^ wiid im Folgcnden gezcigc wcfdcn»

^ Wenn aber der finnliche Theil unfeis Wc feos urthcHcn kfimue? dson wlre •» Vcmunft wid nicht das wss cr in»

I

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Ui nuu Venmnfi dat Udchste» was dSee ^fenfch befitie» fieht er fie lelbst fo an: Ib

istklar, dafs dic Gcfctzc, diirch wclchc lic nur das istp was fie ist, auch iiber alles, was fonst Gelets heiisea mag» geachtet «trvleit muiTen, und dafi dat Sittengefetc insbefon- derc, als dic Richtfchniir unfcrcr Handhingt aoiuiehn ist$ Ib ist femer Jdar, warum bey allem Wt^erstreit der Sinnlichkeity bey aller Unvollkommenhcit der Systemc libcr Sitt- lichJieit, dic BcgrifFc vou diefcr (ich immcr dem Menlehen wider feinen WiUen aufdrin- gcn , und Aehtimg denen nic veriagt worden ist, welchc uichcs huhcics als PAicht uiid Fugend kannten.

Mit dieiem UrUieile ilber die Hoheit der menfchlichen Natur, ist femer verbtuiden»

dafs jeJcr Menfch , vcrmogc fcincs Werths, fich als Z w e ck anfiehtt und nicht als blolsea Mittel tu andem ihm firemdcn Zwecken ge« braticht fcyn will. Er vcrlangt, da(s das was er fclbst leisten foli» aucli ihmgeleistet wcrde.

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Dalier eiiie ganx «ndere Empfindung entstehi» «enn yiir von cinem Menfehcn» mlt leinem Willen, als wcnn y»ir von eineni Thicrc vcr- ietzt werdcu. Dahcr der Unwille, wcnn viir» wider unier Wiilen und Willen» lu Dingen ge* brattcht werdcn, welche iinfie Vemunft nlehe gut bcifscn kann. Ebcn dadurch, dnfs dcr Menfch dieie befitat und duxch fie icine Zwecke beitimmen kcnn, will cr nicht, <lafi fic von andcrn bcstimmt, noch wcnigcr, dafs cr £11 rolchcn , die dcn fcinigcn gaus cntgc^ gcngeietxt find» gebraucht werde* Dat» wat er auf dide Art in Abficht (einer felbst, for* dcrt, mufs cr auch allea andern Mcnfchcny alt vemunftigen Weien» sugetteben. Siefind in feinem Urtheile ebenfallt Zwecke an fich. Da nun die Sinnlichkcic dicfcm Urtheilc uber die Wiirdc dcs vcrnuuftigcn Thcils uniercr Natur widcrttireitet, und fich lelbtt alt hdchtten Zweck auflringcn will, wel* chcm dic Vcrnunft blofs als Mittcl dicnen ibU: fi) lunn dat Sitteogcietx auch fi> aut- gedrtickt werden: Handle fo» dafi du die Vernunft, wcder in deiaer

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Perfon*) noch in der Perfoii eincs andern, ala bloises Mittel» fon- dcrn als Zweck zugleich anilehtt^ und befordere dahcr alle diejeni- gen ZwcckCy die mic dicfem in Verbindung stehen. **) Die Anwen- dungdleiesGeieCies mogen fblgendeBeyfpiele erlauteru :

Wenn irgend ein Grorser als die GeiAel eines Landes von rair angcfehen^ imd nuT durch ieinenTod eine Lindening der man- nigfaltigen Plagcn gchofik wurde» welche di|s

•) Vemunfilofe Wefen, dae nur «Is Mittd sii ctwas gur fuid, hctfsen Sachen; ver- nilnftige Wefcn hingcgen, die lich felbst dsZweckc anfehen, heificn Pcrfoncn.

♦*) Da dle Vernunft das untcrfcheidcnde Kcon* zcichcn der Mcnfcliheit ist, fo kann man auch, nach Kant, das Sitrengefetz fo aus- driicken: Handle fo, dafs du die Menfch- heit fowohl in deiner Perfon, als in der Perfon eines jeden andern, jederzeit zu- gleich als Zweck, nieiiuls blo(s als Mictel brauchetc

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Bewohner deiTelbeii freffen, fo fragt fielis? darf ich dcn wahrcii odcr vermeinten Tyran- neti meuchelmdrderiicher Weifc umbringenl Aii tmd liir fich ist et eine aiisgemachte ^achc , dafs iii der biirgerlichcii Gcfelirchaft kein Menfch gcmordet werden darf. SoUte sn dem vorliegenden Falle eine Atis nahme ge- nacht werden, fo konntc dicfs nicht anders gefchehcn, als dais ich mciae Perfon bloii snm Mittel maehte, andem einen leidlichen Ztistand zn ver(chai!en, iind folglich das Sitten- gefctz verletzte. ®) Ein zweyter Fall fey dieler: Ein rediicher imd arbeitiamer Maim frelbt irgendwo einen Handely der ihn und feine Faiuilie niihrt, dcr abcr dazu nicht mehr hinreichend feyn wurde» wenn cin an- drer Mann Ifich an ehen den Orte» mit eheti dem Nahnnigszweige befchaftigen iind den Yorthcii wcnigstcns theiicn woUtc. Nua

Auf diefe Wcife ist jene Fragc Icicht ent- fehiedcn. VViid, wie es nicht fchen ge- fchicht, das angcmcinc Beste zum Mafsstab cmer folchcn Ilandlung gemachr, fo ist nic auf eine bcstiminte AntwQrt zu kommen.

Iiabc icb gewiflc Keiiiitiii6e, die mir eiaen gUickliehen Portgang meiner GefehSfce fichem

ipvtircieu, wenn ich mich jenem Orte uic* teiielse» ich frage mich aber xuvor m>ch, ob es auch nicht dcr Pflicht zuwider Ceyt Seheichnuu, dafs, weiin ich ihr trcu fcyn vriily ich die vernunftigcn Zweclie einci Menfcheii nicht storen darf : fo ist es gleich entfchieden, dafs ich fo lange die Abficht nicht ausfiilircn darf, als uiir uicht allc Mit- tel fehlen an einem andem Orte, oder auf eine andere Art mein Leben xu erbalcen.

Diefe beyden Beyfpiele enthalten die Be*

ttrtheihing einer strengen undeiner Ibgcnanii- ten verdieniciichen Pflicht gcgen andcre. Folgende «erden fetgen» dais nach dem auf* gestcllten Geiette audi dic Pflichten gegen uns fclbsty beurtheilt werdcn kouncn.

Wenn )cmand twifchen Tod und Lebeti

zu wahlen hat, und jcner unausblclblich cr- folgt, wenn er fich nicht einer fchmerzhaf- len Operation unterwerfen «iil» diefes aber

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diirch<iiefelbe gerettet werden kann, imd die Flrage aulgcwoffen wird: itt et gleicfagultify ob er dat eine oder dat andere wlhle: Ib muCs (ic verncint werden, fobald bcdacht wird, dais die vemunftige Natur blois al« Mittel gebraucbt wetden Ibll, einen Scbnert abzuwenden. Ihr Dafeyn zii erhalten, muff ihr Wille feyn, wcnn (ie Hch als hdchften Zweck betrachtet» und diclenl Willen» der lich auf lie felbit betiebty der f4nnlieben Na- tur unterwerfen, hcifst pflichtwidrig handeln. Hieraus luinn aucb die Frage uber den Selbst* ttord entlcbieden werden. Wer ihn begebt» gebrauchl allcmal rcinc Pcrfon blofs als Mit- tel ftur Abwendung cincs fchracrzvoilcn standet. SShe er lie ais hochsten ZwedL au» Ib wurde er fieh nicbt lerstoren wollei^ uni jcAem zu entgchen.

^ Bcf Beurthcilang dicfcr Frage kinn die Uttstcrblichkeit dcr Sedc nicbt in Bctroch- tung gezogcn werdcn. Dcr Gliube dirtn, wenn cr nur auf dic Vcmunft, und nicht auf cineOlienbarung gcgiOndet wird, kano nur aus dcm Sitwngcfctae hngdciict wer-

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<!ie PAiefit das teben xu erhalteii, iip- luittelbar aus deni Bcgriffe voii der verniinfd- geaNadir, alshdclistemZ«ecke»£»lgt: fioge* hort fie «I den voUkommenAi Pflicbten. Alt iiuvollkominene Pflicht vjird das angefeheuy if at fich auf etnen Zweck besiehe, der nur ali Mitcel xur Belorderung ctei Hatiptzwecks an« gefehcn werdeu kann. Wie Jic Eiiirchei- ditng iiber iblche Pdichten, in Abficht uniirer leibst, nach jenemGdetxe bewerkttelligt wer- den konne» vtixd folgendes Bcy(piel leigen.

Zwey Peribnen find uber die Ausluhning

irgcnd einer rechtmarsigen Abficht iiberein- •^?komaicn , worin fie beyde ihren Vortheil finden. Allein die £iae glaubt hemach ein- sufehen > da6 jene Abfipht noch beller dureh cinen Drittcn crrcicht werJen konnc, als durch dca, welchcr Anfangs xur Thcilnahme

den. Er darf alfo nicht liber das entfchei- dcn, was dicfcs an und fur fich betrachtct als nothwendig darstellt, ebcn fo wcnig aU dic Folge dcn Grund, oder die Wirkui^ die UrfiKhe bestimmen konn.

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tMftiinmt «ar, liulilt Och swar durdi dfin

Vertrag gebmiden, giebt aber doch nicht im- dciitlich su verstehen, dais fie dcnfelbeu bc- reue. Ob nua defjen&ge» der «li unnfiti bey der Untemehmim^ angefehen wird» iim Allgemeinen, fich von dcr Sachc losfagen konne» itt kcinem Ziveifel unterworfcn. In irielen Fallen wird es ibgar alsedel angelcken wcrden. Und in der That ist et fo , wenn die Ausfiuiuiiiig jener Abricht ohne ihii befler gelingen wird» und cr durch ieine Loilagung nichts dabcy einbiifst, als bald vonlbergehen- de angenehmc Empfindungen. Allein ange« nommen^ die Vorausfetzung des Unbestandi- gen iey nieht gcgriindet, und der Andere miine fic fur blofsen Wahn haltcn; angcnDra- nen lemer» cs beruhe auf der Unterneh- mitng der geficherte Lebensuntcrhalt dielcs letiten, wenigstens auf elnige Zelt, nnd die Hoffaung dazu konntc nicht durch eine eben fo bestimmte erfetsr werden, fo fragt fichs: ist es ihm erlaubt, lein Wort ciiruckzugeben, blofs weil es ihm unangenehm ist, als ein cigenmitiiger Mann su erfcheinen» oder weil

es ihm doch angcnehmer (^yn wurdCy feine UneigeimutsigkeU an den Tag lu Jegen2 D'm Antwort muis mneinendl ttfOf wenn bedidiC wird, dafs cin vernunftiger Zweck, um cincs blofi angenehmen oder unaugeaehmen Ge- liihlf fnllen, nichc aufgegeben «crden inL Die Peifon wufde ali Uoficf Mitlel ge« brauchC.

So kann das Sittengefctz , auf dic zwcyte Art ausgcdriickt, nicht wenigcr die Pflicht^ angeben, dit der Menfeh fu beobachten

Oicfe Bctnehmng «ird bey dcr Ibgcaannicn

Dclicatefle nur zu fehen angestellt. Feincs Gefuhl ist eine herrliche Sache , aber ohne bestimmte GrundAtze ist es demMifsbrauch nicht wcnig ausgefetzt. Der obigc Fali ist nur von derSeite angefchen worden, von wclcher er eine Pflicht gegcn uns fclbst auflcgt. Es wiirdc auch cine Pflicht gcgcn andre cntstchen, wcnn der Mann, dcr feia Wort zuriickgeben will, einfahe, dafs ohne ihn die Abficht des Andern nicht fo gut crreicht wcvdca lcdiinte, b^onders in dem 7iUe, difs cn dcr AoslUhnuig dcifelben gelegen wflrc

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hit, aJs tinter der zuent ati^ettelicea Fomt. Aucfa acnke ni«i ntc&t» da6 diele beyden Formen einen welentlichen U nterfchied dar- secllca. Das Gefctz ist eins und cbcn daiTelbe, ttiir voniwey TcricliiedaenSeiten betraehfet* Wenn, alaflttUdibore, aUeMaitnen vcrbotcn wcrdcn, die iich nicht als Gcfctzc denkcn JafTcn, fo licgt dcr Gnind dieict Vcrbott dari% da6 dieMenlehen, ali Yemunftige We- fcn, fich nur aljgemcingultige Regcln fiir ihr Verhalten machen konnen , und dalf foJgJich der einiekie Menleh, dellen Maxlme nicht Geleti wetdenkann» dlelelbe, reiner vcrnunf. tigen Natiir zuwider, bJofs aus fciner finn- lichen fchopft. Mulii diele jener untetgeoid» net lacrden» Ib if t das umgdcehrte Verfahren alf moralilehbSle anzufehen. Hier wird nur atif dicwerentlichcBerchafrcnhcit dcr RcgeJiip nahUtch ihre AJJgemeingriltigkeit, gelehen. £f kaim aber bejreinemGeletxey aulTcr fcinem Innhalte, noch nach dem Zweck deflfeJ- ben gcfragt werden. Is t nun der Zweck von der Art, dafi dureh dle BcfHmmung deflTel. ben hinlanglich gczeigt wird, was nach dcm

Geft«e> clas fich darauf bcsieht, gethaa imfw dennurs: foht es genug, dafs dieies deo Zwcck angebe, Dicfs gcfchicht in dem Vcr- botCj die vernuiifffge Natur in reiner eignen» oder in der Perlon eines andem, zum blofien Mirtcl 7M gebraiichcn. Wer diefem Verbote gemSfs handchi wiil, dermufs jcden Menfchcny Co wie fich felbst, als Zweck an fich aniehen» und durch dieien Gedanken die Preyheit fei- ner Handltingen .fo einfchraiiken, dafs reiii Wille feiner verniinfcigen Natur» die ihn alf Ziveck an fich darstellt, nicht suwlder iey, imcl mit dcin Willcu ailcr aiulcrcr Mcnrcheu bestchen koimc. Dtcfs ist abernichts audcrs, als ; er foli keine Maxime bcfolgen» die nach feincm Willen nicht allgemcincs Gefets wer- dcn konnre. Dciin befolgt or diefs Gcbot, fo fchraiikt cr ct>eu fcine Handliingcn auf folche ein, die weder rait feinem eignen» noch mit dcni vcinunftigea \j^illcn aadcrcr Meufcbcn streitcu.

Hicr ist uoch zii merkcn, dafs, wcnn bcy dcm Sitccngcfetsc auf cinen Zwcck hinge-

wiefai xtwif dleier nicht fo tu dcnketi tst^

als ob cr, wic die untergcordncteii Zwcckc, <lie fich «uf unieFe^Gluckrcligkcit beziehen» erreicht werden folke. Er ist iin Gegen- theil rchon da, iind das Sittcngefctz fchrcibt mir vor, demlelben nicht zuwider zuhandeln» Es ist ein (elbststandiger Zweck, der nieht bewirkt fondern mtr behaiiptet werdcn foll. Sicht nian die Verniinft fo aii^ fo falicu aUe Klagen weg, die }e wider die Einrichtitng der menfchltchenNatiirgemacht worden Hnd. Wird abcr dic Vernuiift niir als Mittcl ziir GliickieJigkeit gedacht, fo ist es allerdings wahr, dafi ein bloA thierifeher Instinkt fcr alsVcrniinft gcwefcn fcynwurdc. Durch iic kann aiich der cinnchtsvollste Mcnfch uic init Gewifshcit dic Mittel bestimroen, die ihn xiur Ghlckfcligkcit ftihren werden. Der llafs dcr dcswcgen biswcilcn auf die Ver- tmnft geworfen wird, und fich gcradc bcy denen, welche fie auf die mannigfahigste Weifc geubt haben, atn oftersten clnfchleichfy mufs fogleich vcrfchwindco , wenn Cic als >^weck an fich augcfchcn wird. Gestcht man

ihr diefc Wiirde zii , fo hat auch das Sitten- gefetz einen festen unerfchtitterlicheu Grund» uiid alJe Begriffe una Urtheilc^ aieia Abficbt der Sittlielikeic herHelieiid find» bekaoiiiien Wahrheit und Bedeutung. Ohne den aufge- •teilten GtuadfaU liingegen» ttreitet die gc- meine Vemunft durchaus nit den philofo- phifchen Spekulationen, und Pflicht und Tu- gcttd find Wortey die entweder keincn» odcr cineti ftfar vei Snderlicliea Sinn liaben»

Ihtr iim fntmdbr Grmidfiaz kmm di

SitUngefctz gtdacht tfitrden.

VV«n «^» Siftcngefetz irgenc! ein Grnnd. {atz aiifgestellc wird, der eiuen auf Gliickc feligkeit fich betieheiideo Zweek vontii letir» Ib iit es uomdglich, aUen clen Etnwurfen iti begegnen, welche gegen daflelbe erhobea werdeo. Uod dieli baiiperichlicb dei wcgeo» weil bey der Giaekfelifkeitilebie dlet aiif Erfahning ankomnit; Erfahrung aber nichc nur ubcrhaupt nichts als apodictifch gewiit danteilt» fondern auch im vorJiegenden Falle ntcht einmal Wahrlcheinlichkeit geben kano. Sie kann niir fagen, was da ist^ gcwefen ist und ieyo wird» nicht aber wu geichehtfn foll» wenn et auch nicht geichieht; und dafs einGebot in unferer Vernunft liegt, wel- ches auf ein Soilen hindeutet» ist hia-

•) S. dic Notc S. i6a.

iSnglich gczcigt worden. Ntirdcr» wcfchct dic Vcrniinft aiifgicbt, kann dicfs Sollcn, wclches der fonnale GrundiaCc der Sicdich- keit aufstellty in Zweifel siehcn. WSre cr nun blofs dcswcgcn von Wichtigkcit, wcil er volJe Uibcrzeugiing vou dcr Wahrhcit dcr Fflicht und der Tugend glebt» (o wurde cs binreichcnd fcyn, ihn dargcstellt tn haben. Ailcin darin bestcht nicht fcin ganzes Vcr. dienst, Er bestinmt xu gleicher Zeit das Welen der Tugcnd, tuid reinigt cUe Bcgri^Fe, welche dic Philofophic, vor Kants Moral- lehrc, dainit verbuudeii hat, vonallen fremd'* artigen Zufatxen. Er ist al(b atich ielbst fiar dicjcnigcn wiehtig, weichCy durch ein in« uercs Gefiihl gedningeny an Sittlichkcit glau- beiiy fie abcrnicht iudcm reinenUchte fehctty welches allcin ihr den hochsten Werth giebt ubcrallcs, vvi<s niir dci: GcgcnsJanJ inciifch- licher Wuafchc fe>'n iiaun. lu dicfer KiicJi- licht ist uoeh su seigcn iibrig, dafi das Sit- tengcfctz feine Natiir verliert, wenn ihm der Tricb zur Ghickfcligkeit zinn Griindc gclcgC

tvird. Dazu diencn foJgcndc Bctrachtungcn*

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i) Sittliehe Gute wird iCn eine noHiweit» dige Eigenrcliaft jedei Menfchen angereheii, der ztir Beronncnhcit gclangt ist. Dicfs kaim fienicht leyny wenn fie nur darauf bin&ichy die groffte Sunune tngenehmer Empfindun* gcii zubewirken. Denn dieMittel, dasv^irk- iich tu machen» vaa dcm Menfchen dai hoehste und danechaftesce Vergntlgen gewah- ren wiirdc» Hnd fehr ielten in feiner Gewalr. Aber gefetzt, es kame niir aiif die Geliunung» und nicht auf die Emichung dei Toigesteck> ten Zielfl an : Ib konnte ein Gelets, das ge- botc, nach dem zu strebcn, was die mciste Gliickiciigheit hervorbringt, auch deswegeu nieht bcobachtet werden» wetl cs eine Kennt- nifs vorausfetzt, die nicht ntnr nicht allen Meafchen, fondcrn nicht einnial eiacm Ein- ligen in einer gewiifen Volikomnenheit su Theil wird. Alles was fich auf fenen Zweck bczicht, ist ungewifs. „Will jemand Reicfathtraiy wie viei Sorge» Neid imd Nach- stelluttg konnte er fich auf den Hals siehenl Will er viel Erkenntnifs und Einficht, viel- leicbt konutc das nur lun ein fo icharferes

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Auge werdcn, iiin die Uibeiy die fich fSg ihn iettt noch verbergen» uod doch nicfat ▼ermiedeiiwerdenkonnen, ihm nur unidesto ichrecklicher zu zeigen, oder fcinen Begier- den» die ihm ichon genug su fchaffcn mn- ehen, noch nehr Bediirfniise aufsuburden. Will er ein langes Lebcn, wcr steht ihm da- iur, dafs cs ntcht ein langcs Elend (eyn wur* de? Will er wenigslenf Gefiandheit» wie oft hat noch Ungemichlichkeit det Korpen vtm Ausfchwcifiuigen abgehalten, darein unbe« fchrjinkte Gefundiieit wiirde hahen £ilJen laflren} Kurt» er itt nicht vermogend, nach irgend cinem Grundfatzc mit volligct Gcuifs- heit au bcstimmen , was ihn wahrhaft giucl^ lich nachen werde.^^) Kann nun keia Menlch die Polgen leiner Handlungen in dem Gradc vorausfehenj ia weichem er fic voraus* iehen mufste, wenn er von irgend einer That je mtt Gewiftlieit fagen wollce, fie ley gut^ felbst in Riickiicht auf fein eignes W^hlbcfin-

*) Kants Grundleguog zur Metaphydk der Sit* ten, S. 46,

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den: fo itt diefs noch weit tiumoglichery weim er, iim dai fympathetiiche Geiuhi ni hefriedigen, aiich aa andfe <leiike$ und }e grofscr der Krcis ist, den er mit feinem Wohl- woilen umfaisty detto fchwieriger wird jene Kemitiiifi. Soll ibgtr da$ allgemeine Wohl einet ganten Staatt mit in den Grwidiatz der eignen Giiiclifeligkeit aiifgenommen werden: ib kami von tattTend Menleheo hochitent ei- «er mit einiger WahHeheinliehkeit und kei- ner bestimmt angcbeii, wat dem Staate in •llen Fillen f utraglich leyn weide, Hierbey iit ▼orautgeietit wordeny dalt fremdet Wohl mit in den Gnindfatz der ei^nen Ghickfelig- keit aufgenommen werde, imd fo miiii et ttfn, wenn dat Sittengeletf nicht ein leeret Wort feyn Ibll. Allet aber» wat uber dte Verbindung unferer eigenen Gh'ickfeligkeit mit der unierer Nebenmenichen, geia|^ wer« den kaniiy betieht fich auf Sympathiey atif die Vervollkommung unfcrcr Krafte uiid aiif den Wiiien Gottet» und wie vielen Einwendun- gen die darauf ^grundeten Fordeningen, an jedctt Menfchen ohne Uotcrfchied> ausge«

igo

£etit lind, ist an einem aaderu Orte geteigt «orden.

Alle diefe Sehiivierigkeiten, welehe ein Gcictz treffeii, das fich auf Selbstliebe griin- det» heben dat Weien delTelben «u£> Denn nieht feder Menfeh kann ci heohachten; er kanti nicht cinmal bestiramt ^ifTen, was er xu thun und su lalTen liat» um denfeibea nicht entgegen su faandeln, und es «ird Toa ihm yerlangt , dafi er gewilTe Geliihle und KenntuilTe habe, clie nicht in feiuer Gcwait stdien. Gans anden Terhalt fichf mit dem formalen Grundiatie. Dieier verlangt nicht» dafs ctwas wirklich wcrde, fondern, dafs dcr Wilie geretKmafsig fey } cr cntiuit in fich ai- les vns xu wiflen nothig itt, um littlichgut zu ieyn» und fordert nur» dafi ein vemiinf- tigcs Wcfcn aiich vcrnunftig handlc, und das, was fich ihm in feinem Urtheiie ais dasUdch- ste darstellt» auch in firinen Handlungen auf- dnicke. Ein folcher Grundratx kaiui ais allgemeincs Gcfetz gedacht iverden*

S. 47- uod folg.

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S) Dafs alles, was Hchauf angciichine Em* pfiadiiog bcziebt, nicht imnier gleiche Wir- kting auf einen tind eben denielben Menlchen bervorbringt, dafs die Neigiingeii veranderiich findy wird uicht uur als eiue Thatfachc au« genommcn» wovon ein jeder» vrelcher au£ fich nnd*andre achtet, die Erfihning hat; fondern ei wird dicis, an und fitr iich, als etwas gieichgiiltigef aageichen, woruber keine Vorlchrift Statt finden kann. Aber da^', was als giitcr Charaktcr gcdacht wird, das iiumcr glcich blcibeiiy das foil wedcc diirch verSndertc UmstSnde» noch durch den Laiif der /eit, >vandelbar tvcrden. Vcran- dcrtc Urostinde werden ais der Frobicrstcin der Tugcnd angcfehcn, und nur dann wtrd fie fiir 3cht gehalten, wenn der Menich, dem inaii lic zufchrcibt, im hohcn wie im iiiedcru Stande, in der lugend wic im Alter, gleiche Gnindnitie befolgt. Wie diefe Gleichheit muglich foy , wen» das blofse Vernunftgcfctr 2tir Bestimmiing des Willens, als liinrcicheod gcdacht wirdy leuchtet fogieich cin, da es felbst unveiSnderltch sst, und fur fich alieui

ohne irgend einc verSnderliche Neigung wirkt; wie aber durdi das blofie Streben nach Gluckreligkcit , wciin dlc cinzclnc Nei- gungedi die fich danuf beaiehent geichwiche oder gar mtt andem vertauichtwerden, doch Gleichheit cles Charakters bcstehe ist imbegreiAich. £bea daher, weil oft die Gmndlage von gtiten Eigenfchaften niir vor- {ibergehende Neigting ist, vedchwinden fie mit dteier. Wcr in fcincr lugend wohltba* tig vnx, weii Sympatliie Befriedigung forder« te, wtrd im Alter hart und geitzig, wei^n daa Gefuhl fiir anderer Lcidcn vcrfchwundcn ist; wer be(cheiden war, weil er die Gimst der Menlchen erlangen woUte» wird ttols» wenn er fich nicht mehr damm bekitmmert ; wcr ilei(sig war, blofs wdl er ein Amt erreichen wollte, wird unthatig, wenn er et erreicht hat u. r. w. SoUen WohlthStigkeit, Belchei- denhcity Flci(s und alic Eigenfchafteny die wir in dem fittlichguten Meofchen vereinigt denken» iiicht vortibergehende Bestimmun- gen dcHclbcn fcyn : fo nitinen fie auf einein unwan4elbare& Grunde bcniheny uud diefcr

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kann kein andcrer, alt die, fich ininier felbst gleiche, Vernunft feyn. Hieraiif berubet auch die BehaupCiiiig, daft die Tiigend nur fiint ist» Denn fie Drird tlt <Ut Bettrebea der Ver« nunft KU gehorchen angefeheii. Die ein* selnen gutenEigenichi&en» die aus demicl* ben ent^tttngen» und die auch Tugenden ge« nannt werden, Cmd nur Zweige eines und eben deflelben Stammes. lede als fiir ficil bettefaend betrachteat hei6t einen ahgehaue* neii Aic liir eineo Baum baliea»

3) Die Gefetfe der Sittlichkeit IbUen Ui^

bereinstimmung unter allen Menfchen hervor- bringen. Aus der Beobachtung derfelbenf denkt jedermann» «lirde die groifte Haraio*

HoKc und medrc Tugend kann nur in fo fernc angenonnmen werden, aU nedem Gra- de der Kraft nach, vcrfchieden ist. Der Bc- stimmungsgrund des Willcns ist bey dcr ei- ftcn wie bcy der andern eben derfclbc. Auch das noch Tugcnd nennen, was blofs auf Selbstliebe flicfst» und nur tttfftllig mic dem Sittengeferte Obcreiftfdnunt» heifitdat Wtfen dcr Tugend anfhebcn,

M

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tile anf firdeit entsCelieii. Wie kSante aber

dicfe dic Wirkung dcr Tiigcnd Teyn, wcnn

eigoe Gluckfeligkeit der letece Zweck der-

felben wSre? Da in diefem Falle jeder nur

fcin cignes Wohlbcfiiidcii zum Gcgenstande

(einer Handltingen nuchte : fo konnte dafTel-

be nitr tufSllig fichnitft den Abfichlen an*

derer vcrtragen. Die Men(chen hitCen nichC

clnen gcmcinrchafcUchen Zweck» fondern je<-

der feinen eignen^ der nur einen gemein*

ichafelichen Namen fuhrte. Eben deswegen,

weil die Scibstliebe cincs jcden oft nur auf

Koccen einea andern befriedigt werden kannt

herricht die Disharmonie» die gehoben wer-

cien foU. Selbst aus der edelsten Neigung,

aus vieiuinfa(rcnder Mcnrchcnliebe, kann iie

enCsCehen. Diefe Neigung isc wie jede an«

dere» druckend , wenn ihr nicht Geniige ge-

than \vcrdcn kaun, und cs ist dahcr garnichts

feltnes» ihr die Gerechtigkeic aiifgeopferC su

iehen. Uiberdem konnen mchc nur tiber

■^) Menlchenliebe, «Is NeignnK» isc theils auf Sympachie, ibeils auf den Tticb fich aber

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dieMittel, roiidern auch iiber dieGcIcgenhcit gor Wohlcbjitigkctt, Stceit mul Neid ciit« rpringen* Ef Irage fich ein jedcr» der vor* Eiiglich Gefallen daran hat, GUlckfeligkeit ttni fich her lu vcrbreiteii, ob es ihm gleich^ giiltig iey, von wem dit Gitte» dac gelche- hen foll, gethan werde, von ihm (elbst odcr von audern; ob es ihm nicbt angenehmet feyn «iirde, dM Vermogeii» vvelchet ein «i* derer befittt» und tum gemeinen Besten an» wendet, felbst zu befitzen und dazu anKuwen<* den. Itt nun ichon bey einer, dem Anlcheia Bach* fo uneigenntittigen Neigung in imt ein Wideistieben andern zu (iberlafTen , was wir lclbst gern befafsen uud bewirkten : fo mufs cf bey andern Neigtingent die fich umnittel* bar auf uns felbft besielieiiy noch iceit s^ker

andre su erheben* (auf Stolz) gtgraodet» vnd kaan pachologircK heiisen. Es giebt flber auch eine practifche Mcaichenticbe, die ihvcn Urfprung blofs in der moralifchen Ver* bindlichkeit hat. Wer diefe benczr, isc zu< erst gerecht , und rhut dann fo viel Gutes als er Kann weil es fcioe Schuldigkcit ist» aadem zu hcifcn.

igO ~

feyu. Das Streben nacb Gluckfeligkeit bringt «Uby wie Kant iagty eine Einitimniuiig lier« ¥or, die derienigen IbnlicH ist, welehe ein gewiHes Spottgedicht aiif dic Secleneintracht sweyer iicli tu Grundc richtenden Chelente^ lchitderts O ! wundervolle Harmo- nie, was er will, will aiich fie u.f.w. oder eine Hanuonie des Willens, wic die|e« nige zwiiciien Carl dem funften nnd Fram dem ertten, wenn der leftte fagte: wai mcin Rruder Cari wiil (MayUiid) das will auch ich haben.

Dieftfs Widcrfpiel der Einstimmung failt bey dem formalen SittengeCetie ganc weg. Wenn {eJer Menlch die Vemnnft tum Ii6eh-

«teii Zwecke bcy allen feincn HandUingen machte » fo wtirden in der Tbat nie entge« gengeretite AbfichtefrStattfinden; derWille eines jeden wiirde im scrcMgsten Sinne, der Wille aller feyn. Nun ist frcyiich auf dieier Erde eine fo allgemein herrlchende Sittlich- keit nicht zucrwartcn. Allciu cs ist geuung, daii» das Gefctz derfdbeu gefchickt ist, die

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Eiattioiinuiig» die nun fich von der allsemei- nen Beobacfatunf dcr Pflichten verlpricht, t u i>ef6rdern.

4) Es ift kein Tlieil der Glttckreligkeir, der nicht der Rechtfchaffenheit au^eopfert «efden kami und ibii. WSre nim dieie nichtt «b d«t Streben nach der mogllchgrofi- ten Stimme angenehmer EmpBndungen: fo hieiie jenet Urtheii iiichts anderf, al^ man foUe ein kleinefet Vergnugen» um einei grolaern willen, hingeben. Bis auf cincn gewifTcn Grad lafst (ich dic Aufopfenmg fo deiiken. SoU aber endiich feibst dat Leben der Recht« fchafSenheit nachgeletst wcrden , fo giebt ci keinc FreuJe, welche, Cic fey noch fo groit» hoher su (chatxen fey, alt die Q^eiie ailec Freuden. Auchwird derjenige allgemein fiir iinvenuinftig gehaltcn, dcr, um eincr blofseu Lust «illctt» daa Lebcn wagt oder gar hin« giebt. Niir dann* wenn die Erhaltung delTeU ben mit der Gerechtigkeit nicht bestehen kann, wird dic freywilligc Aufopfcrung ge- bUligt. Ueber alieit hingeben aJs ieine Pflicht

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verletzen» das dcnken dic Menfchca als mug« Itch im<l guts abes aliet hiogebeii, ttm einen Theil oder vielmehr niditt tu erhalteii» cUe ist in ihren Augen Uofinn.

Mie dem moralifchenGeliihle, dt Men»

fchenliebc bctrachtet, welche noch die Selbst- Uebe iiberwiege, witde man wohi fmr EtIlIS* rung jener Pordentng antretehen, wenn nur ein folcher fiir fich bestchendcr Trieb ange* iiommcn oder den Menfchen auf irgcnd eine Weile geielgt «erden konnte, dafs fie andere mehr alt fich felbst lieben m u fs t e n. Um einen Freund, cineo Wohlthater vom Todc Stt retten» lein eigncs Lcben hingcben, stcllt man fidi ab mcSglich ttnd ilt edel vor. Eben diefs fCir einen unbckannten Menlchen aus JLiebc tbun, streitet fchon mit der alige- tneinen Denkungtart ^ Einen Frcund

•) Es ist hier nicht von der blofscn Gcfahr dic Rede, in die fich cin Mcnfch begicbt, um eincn andern einem gcwifTcn Tode zu ent- reitTen , fondcrn von eiaer wirklidien Auf^ 0|^ftruog des Lcbeos,

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In Wohlftaiid durch Aufopfiening 6t9 Lebens, bloff aut Zuneigung verleteen, i:vur<Ie nicht liir giic und rccht angcfchcn wcrdcn. Aiif eine eben fo iu>stbare WeiTe den Wohistand cinet firemdea Menfchen retten, itC lcaum gc- denkbar, iind witrde als hochst iinverniiuftig betrachtct werden. Aber iieber dcn 1 od ieiden, als eine Ungerechtigkeic gegen ihn begehen, ohne zu fragen, wie fich dabey feiu Gewinnst gegen unfern Vcrlust vcrhakc , das liiic man nichc atnr nichc fiirverwerflich» Ibn- dem fogar fiir nothwendig. Woher diefes Ur- Cheii iiomme, lcidet l^eincSchwicrigkcity wcuu

*5 Hieraus hatten diejcnigcn, wdchc glaubcn, dals der gute Character nur dcswcgen fo hoch gefchflnt wecde, weil er der Sdbst» iicbe «iderer zutrtg^ich lcy, lchon fthen ItAnnen» wie fehr fie fich hren. Wftre der Egoismus wtrklieh der Graod der Aefaning, die man der Reehtichalleohcit encigt: fo mafste jcdc Aufopfcrung iiir andrcb fic kom- mc aus cincr Qucnc aus wdchcr fic wollc, als gut berracluct werden. Dicfs ist abcr gar nicht dcr Fall, Verzichrleistung auf unfere Rcchte, wird fchr oft als Schwachhcic getadelt, und manche Aufopfcrung als cin hoher Grad dcr Unvemunic sngcfchcn.

^ aoo

die Verounft ah dcr bochtte Zweck des Men* lchen angefehen vntd, Denn dann wird ih^

rem Gefetze alles iintergeordnct, was fich auf Freude und Schmerz bezicht»

5) Nach dcm gewohulichen UrtheiJe der Menfchen wird twar etn Unterfchied i wi- lehett den Freuden ntgegeben» deren wir fahig fiiid ; die grobern werden von den fci- iiern gefchiedeni unddcnjenigcu» dieausdem Verstande und Henen ilieiseny wird der Vor* zug vor denen eingerautnt, welche von den Korperlicheu Sinncn herkoinmen. Wcnu aber eioe Frage iiber Recht und Unrecht ent* fchieden werden foll , fo nimnt der geraeine Verstand auf diefcn Unterfchicd gar nicht Ruckficht. Der Ausipruch wird gefallt, ohne tm allergeringsten damach eu fragen, oh ctwa die feinern Freiidcn cines Mcnfchen dabey in CoUifion liommcn lionncn. Dicis Verfahren hat icinen guten Grmtd, wenn das Sittengefetz fiir fich besteht, ohne Einrai- fchung irgcnd cincs Gefiibls von Lust, wenn Tugend ab das Bestreben angefehen wird»

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dcr Vcrnunft zu gehorcheo» und Untugend als <ler Haag, fich nur angeoehmeEinpfindungett xu Geietten leiner Handlungen su naehen. Wird aber felbst die feinste Frcudc dem Sic- tengeletEe fumGnuide gelegt, vird derganxe Unterichied^swifchen Togend und Latter nur von dcr Vcrfcbicdenheit dcr Q^iellcn hergc- nonmen, aus nelchen das Vergnugen fliefst: ib ist er ib gut ab aufgehoben» und es kann in kcincm ciuzigcn Falle fiir alle Mcnfchen bestimmt angegeben werden, was fie tbun oder laden follen. Alles hSngt dann von ihrer Empfanglichkeit fiir gewifTe Freuden ab. Deon fclbstdiejenigcu» welchc vorziiglich geistig genannt werden» entfcheiden nicht iiber Kecht und Unrecht. Gelettt, ein Mann iiiche fcine hochstc Giuckfeiigkeit im unge- storten Nachdenken tmd in der £ntwicke> lung feiner geistigen KrSfte» er werde aber daran durch eintrctendcn Mangel der noth- wendigsten Bediirfoifse dcs Lebens gehindert« und konoe demlelbeo nicht anders als diurch einen Betrug odcr durch mcchanifche Arbci- tcn abhdftfn. Was wird er thun, wenn er

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bey fich felbst deokt: die AuilMlduiig deiner geistigen Krafte ist das hoehste Ziel, und das

Streben nach dem Vergniigen, welches aus dem Bcwufstreyn derfeibcn flie&t» ist Tu- gendl Ist cs ihmEnut mit dielen Behauptun- gen , Co wird er (chr verfueht feyn f u betrti- gCQy da die Entwickching feiner Fabigkei- ten diurch die nechanirche Arbeit unstreitig leidet. Denkter aber moralifchc Voll- k o m ni e n h c i t fcy das hochstc ZieJ, fo liegt ichon darin» dafs Vergnugen nicht der Zweek der Tugend ist. Denn gewahrte diefe Vollkommenheit dic hcchste Frciide : fo miifs- tc cr fich gliicklich fchatzcn, cinc Gclcgcii- heit zu 6nden, wo er (ich derfelben be^ wufst iverden kann* Wird er fich aber wohl frcuen, dafs er, um das Sittcngefetz uicht zii verietzeny mechanifcbe Arbeit thun muisi *)

*^ Dicfs wird an einem andcm Ortc weiter aus- gcfiihrt werden. Snebe nach VoHkoni- inenheir, hcifst dieycrlcy: i) Suchc deincn aufsern Zustand fo vollkonunen als moglich xu mschen. 3) Bilde deioc Kiftfce und F&higkeiten aus. 3) Strebe niehuiocalifcher VoUkommenheit» Die beyden cistcnR^eln

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Perncr, wemi eininal mgegeben ytiti, dUft dat Streben nach GluckleligketC der

Gniiid aller PBichteii fey : fo darf man fich nachhcr gar mcht wundern» mmdM grobtce Vergntigen eben Ib gut ak die feintte Preiide «iim hochsten Gefetzc gemacht, und Gcniifs des Lebens , er bestehe v/oria er wolle, als cnticheiclend uber aJle Handlungen angelehen wer^. Beruht die Willensbef timmung nur aiif dem Gefiihle von Annehmlichkeit oder UnannehmUchkeit» die der Menich aut ir<- gend einer UHache erwartet: fo itt et ihm gSnzIich einerley, durch welche Vorstelhings- art cr a£Eicirt werde. Nur wie turk, wie

heziehen fich auf angen^oie Soiplindung,

und miiircn der dritten iintergeotdnet wer- den. WSren fie mit derfclbcn vongleicheni

Werihe: fo hSrte dcrjenige nicht Unrccht» wctcher lieber bctriijcn, al«; die Erwciterung feincr Kcnntnif«;s aur^cbcn wollte. Ist abcr moialifche VoIlJtommcnhcit das Hdchste, fo iT)uf9 imtncr wicdcr gcfi agt werdcn , worin (ie bcsteht? und dv.nn entweder ganz auf- gcgcbcn, odci nach dcm rcincn Vcrnunfc* ^cfctzc gciiclitc; wcidca.

304 ~

lange, wie Icicht erworbeo tincl oft wicder- holt diefe Aunchmiichkeic £cy, daran liegt et ihm, um fidi sur Wabl lu enelchlielfen. So viic demjenigen, der Gold ziir Aiisgabe braiichr, gauiiich cinerley ist, ob die Mate- rie deireiben, daa GfU^ m dem Gebirge gegraben, oder aui dtm Sande gewaehlen iif» \7enu es nur alJenthalbcu fiir denreiben Wertb •ngeoommen wirdi Co fragt kein Menicb» wenn ei ihm blofi an der Annehmlichkeit dei Lcbcns gelegen ist, ob Verstandes- odcr Siu- nesvorstellungeu, fondem uur wie viel und grolses Vergniigen lie ihm atif die langste Zcit veHHiafen.'* <>)

Allet Vergnugea itt in £6 £cns gleicfaar-

tig als es aiif einem in iins darauf angelegten Gcfiibie beruht. Waren die feineru Freiiden von gans anderer Natur alt die groben: Ib konnten lie, in Abfieht ihrer Grdlte, eben fo wenig mit einandcr vcrglichen wcrdcn, als die Stirke der Vemunft mtt der Starke der

Kaots Critik der practifchen Vcrouoft, S. 43.

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305

inagneeirchen Kraft* Gleich^ohl wird dicCe VergleichuDg oh aogeitellt und nach deriel- ben der Wille betfiiDiDt* So groft fiir nan- chcn das Vergniigen isf, das geistigc Befchaf- tigungen gewahren: £o viixd er doch biiweiF len ein grobfinnlichet liir gi6fier halten, und wie konnte er diers, wenn dat letztere, reinem Weien nach» von dem erttem verichieden wlre. K2nie et alib bey der Monl nur auf dic Bestimniung der moglichgrorsten Gltick- fcligkeit an: fo ware Epicurt Behauptung, dafi finnlichet Vei^ugen alle unfare Handlungen bettimme» nicht tuwidcrlegen.*)

*} Die Gldchtnigkcit tHet Vergnugens nimmc demjeolgcn, w«tchet von geisdgtn BciM& tignngtn herffthn. nichis von fdncm Wer- tfaa. Bt itc tUtrdingt dem linnlichtn Cini engtm VcniaDdt) ivcit vorzutidien, nichc nur, wcil cs voft Ungcrtr Dttttr, und mchr in dcr Gewilt des Mcnichcn iit, fondcm auch hayiptfftcfilich , weil jene Befchlfiigttn- gen ihn zu dcr Bcfonnenheic bringen , die dcm Gehorfam gegen die Vemunft gunsrig ist. Aber das Streben nach diefen feinem Freuden (an und fiir fich) itc nieht dicfcr Gchoriiiau

906

6) MitderUibertrcttiug des SiCtengcietzes ist clie Iclee yon StrafWtirdigkeit verbuoden* Gcbietet niin daffelbe niir, die moglichgrorite Gliickfciigkeit zii erstreben : fo ist das Mora- liichbofe nichtf «eiter als Maoiel an Klug- lieit oder an Kraft» dat, wat angenehme Enu pfindung wirkt , zu finden und zu erlangeii, oder die Uibel, die fie serstoren, abutwen- den. Dann mult aber die bofe Handlung.nicht nur nicht dcr Strafe, fondern fogar der Ver- giitung «urdig gehalten werden, imd der- lenige, der dai Sittengeleti verletat» kami auf Mitlciden nnd Untersttitfung Anipruch machen» Es ist daher unter jener Voraus- letsung lumaturlich» bey einem Kampfe zwi- fchen guten und bofen Menfchen, Intereilb an den erstern i\i nehmen. Ihren Gegnern, aU ichon Elenden» muft man weoigstens d i e Vortheile «Snlcfaen, dle ihnen der Mangel an Khigheit noch ubrig lafst. DieGuten, die fchon dadurch , dafs man fic fiir folchc halt, lur vorsugiich gitickiiche Menichen eridSrt wcrden, konnen doch keinen Anlpruch anf noch hobere Gluckicligkeit maclien, wenn

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{ene dadureh mir noch elencler mrclen. An

BcJohnung fiir gutc Handlungen ist eben dei- wegen gar nicht su deuken. Denn guCe Handltiugen find eben die, «elche glucklieh

inachen; iind wer reinen Vortheil fo gut vcr- stehc» bedaxf am aiierweiugstea dcc UateS" •tutfung*

Wendet man hienuf ein» dafii fich der Bole firiih oder IpSe, unendtiche Letden su-

ziehen werde, und man ihii dciirdbcu durch hieinere entziehcn mtirs^c : fo kann awar die Abfichr, ihtt xu beflem» bey der Strafe wohl Statt finden, aber fie ts t nieht die Hauptrachc. Ui miifs Gcrecheigkcit in dcr Strafe feyn, ehe jene Gtite eintreten kann, und fiel diefe auch gans ^g» £6 mu& der Gestrafte aner* kennen, dafs ihm nur \viederfahre was recht Iflt. Auch gestehen die Menfchen» deren Vergehungen geahndet werden» gemeiniglich ein, dafs fie eine Zuchtigung mdienen, ohne im allcrgcriugstcn daran zu Ucnkeo» dafs die Abficht dabcy iey, fic giticklichcr xit machcn.

^ aci8

CefeUt aber, die Stnfe habe blofi die

Bcflrcning zur Abncht: fo kommt man bcy dieibr Voraiisrctziing ebenfalls auf Reiiiltate^ die dem gefundeii Verttande durduiiis suwi* der lind«

Die Leiden» dcncn man dcn Bofcn durch kieinere entiiehen wiii» findvon meyerley Art. Sie find entweder yon den ttnmoraU- fchen Handluugcn unzcrtrennlich , oder (le koniniett nur von dem Widentande der Men- lehen her. Dte letztem fallen lur denf enigen ganz vicg, der zu crhaben in der bfirgerli- chcn GcrcUfctiaft ist, als dafs He ihn crrei* chen konnten. Wer aifo bey feinen iinge- rechten Untemehmungen nicht lu befureh« tcn haC, dafs ihm cinst von Menfchen vcr- goiten werde» was er iiinen tufugte» wer ficfa deut von auflengewtrktenyUibeln tn ent« ziehcn wcifs, braucht in dicfcr Rtickncht nicht gebcfTcrt zu werden, und ist folglich nieht ttrafwurdig. So denken nun

Wollte man cinwenden, dafs kcirv Menfch» auch der Machtigste nichr, gegen dicfe Ver- gclmngficher iiey» und» da& er deswcgen

K.

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~ aog

ivohl luaacheMachthaber, fo wird aber vtohi keiner denken woUen» der Grundfaixe der Moral au6le]lt

Gelien wir tti clen Leiden libery weldie

als iiniTiittelbarc Folgen der bofen Handliin- gen augeiehen werden konneny und denen der unmoralifche MenTch dureh SCraien ent- xogen werden foll : fo kann man fie iintcr drey Hauptpuiikten ziifamtnenfanen. Sie be- •tehen entweder in korperlichen Leiden oder in dem Gedanken an die Veraehtung, der felbst der Machrigste nicht entgehen konntCy oder in der Unruhe det Gewifleni. Oie letxte muis wiederum filr dcnjenigen ganx wegfaU

alt fltraArOrdig gcdacht werde , weil er dtefc Mdgtkbktic aus dcn Augcn vcrltere: fo w6rde diefc Einwendung Kraft habcn, wena

nicht unfere ganze Berechnun;; der GlQck- feUgkeic auf blolser Wahrfcheinlichkeit be- ruhte , und wenn nicht ofr jene Moglichkeic weit mehr zu den Unwahrfcheinlichkeicca gehurre , nls hunderr flndcrc , die man tus dcin Gefichtc verlieven dnrf , ohne iin nlJcr- gcringsccn fiir siraCbar angcfchcn au wcrdcn.

o

210

lcn, ^cr tatifend Mkrcl <ti finden weift» um ieinc Nciguugcii zii befricdigcu , iind recht und gut nur dasjenige nennt» was ihm ange^ nehme Empfindungen machr. le mehr Klug- hcit cr bcweist, diefclbcii z.u vcrvielfacheii uod xu erhoheo» desto bcfrcr muQi cr iich diinken. Daher kann er auch kaum «Shnen, d^ifs man ihn verachte. Denn Veraehtung trift, nach dcr Vorausrctziing, ja nur deii Un- klugen» der ntcht versteht die Umstande cu feinem Glucke zu henutcen. Diefelhe konnte huchstcns mir dann ciiitretcn, wenn fich jeiicr Miichtigc durch Auslchwcifuugcn kurpcrlichc Leiden nisoge. Auf diele ist alib hauptCich- lich Rifckficht cu nehmen , wcnn allgcmci- nc, fiir allc Mcnfchcn pafscndc, Strafwtirdig- keit fcstgeietzt werden folly und fie falJt liberhaupt ganx weg, wenn der Menfchy der fich ciner bofcn That rchtildig macht, vor dcu Uibeln zii fciiiitzcn weiTs, um dcrcr wil« len Ae ais bole angefehen wird* Denn das Sittengereit wird gar nicht iibertreten, fobald ilch dcr Mcnfch dcn Foigcn feiner bufcu Haudiungen durch Klugheit oder Macbt, nt

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eillsiehen weifs* Wie febr diels ailef der Denkungsart des geiiinden Verseandes wider*

streitcr, bcdarf kainii der Erwahnung» Irrtc er iich> fo liounte iiberhaupt gar kein Sitten» gefetx angenonimen «erden. Denn von die- fem ist dic Strafwiirdigkcit dcsjcnigcn, dcr cs vcrietzt, unzcrtrcnnbar. Wic kanu fiir eineu Willen ein Gefetz gedaeht werden» deflen Uibertretiing gleichgiiltig wlre? Ein Gelefs aufstcJlcn das bcobachtct werdcn foll und die Verletzung dellelben doch nicht fiir straf* mrdig xu halten, ist ein oflenbarer Wider« fpnich. Das Sollen dcutet auf Nothwcn* digkeit einerUandhing imd Straflofigkeit def* len, der fie unterladit^ stellt fie als nicht nothweudig dar.

Die(er Wideripmch findet bey dem for- inalen Grundfats der .Sittlichkeit gar nicht

Statt. Nach ihm bestcht dic Tugcnd in dem Voriatze» die Gebote der Yernunft lu eliren^* ohne Ruckficht auf irgend einen Vortheil*

Nicht Mangcl an Khigheit, fondern Mangcl an gutem Wiilcn ist das Moraiifchbofe.

212

kenut iiun der Mcnrch aii , dafs Vcrauuft das Hdchtce iit, tiiid handdt cv doch ib» ak ley Sinnlicfakeit hdber alf (ie ; fo kann , Ib muft er fein Verfahren verdamincn, uud die Ge« rechtigkeit der Strafen anerkennen» mit denen daflclbe beJegt wird. Auf der andem Satt kann cr dcn Vorfatz, fich nicht diirch Lust iind bnlust be$tiiumen zu laiTen» vou der Rechtfehaifenheit nicht su iveichen« fie koite itoch fo viel Mufie und Aufopfcrung, der Be- lohnung wiirdig hal ten. Wer als bedurftigcs Weien ieiner Sinniichkeit um der Vernunft wiDen nicht achtet, dem kann» dem Ibil man diefs fchwere Gefcb'ift erieichcern. £s iicgt

^^) Bcy den meisten Menfchen, die zurBefon- nenheit gehingc fiod, kaim min auf diefs Gefilhl von Stnfwardigfceit des Ungchor- iams gegoi dis Sinengefetz rechnen, und ihuen folglich fagen, dafs fie, um ihrer cignen Roht wtllen, fich des Bfifen enthtl« tcn muflVn. Aber eine Handlung ist niclit dcswegcn bdfc, wcil fie Unruhe machc, fondcrn ftc inacht Uoruhe, weil fie b6fe ist. Man mufs das Sittengefetz fchon erkr^nnt habcn, und auf <lem Wege rur RechtfchaAeoheic

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dieTsy xfle dat Sittengcfeti» lelbit in unlcrer Veniuiilt alt That^che* Wenii lie Ghlckfe*

Jigkeit zu vcrthcilen hitte, fo wiirHe fic dic- felbe immer nach dem Graile dec iittlacfaen Gute vertheUen. Man kann aifo fagen, der Tiigcndhafie strebe iiicht luccst nach Ghick- feligkeit, fondcrn nach dem» was ihn dedei- ben wiirdig maeht.

7) So ttreng et fcheint, aut der ohen ten Regel uniert Verhaltent aJleNeigung, fclbtt

die feinste, auszufchliefsen ; fo ist diefe docK der Hohcit dcr menichlichen Natur voJJkom« men angemeflen. DatSittengefeti allein in(l lcrt nieht lelten weit mehr Kraft als alle Be- trachtuugen liber Vorthcii uud Nachcheil« die «it irgend einer HandJung entipringen kSom oen. Wena ein Kand irgend eine Ncigung

feyn, wenn man das Wahrc jener Ermah- nung fuhlen foll. Auch kann jcnes Gefuhl nie anm Ifaftttabt dtt Sittlichguten genom- nwn «trdtn. Sben dcswegen, weil man dtflelbe oft tlt entlcheidcnd toficht, wird die Pflichc nicht fclten veikannt»

jurchfetfen will, und tnan ihm ntir den Scht*

den vorstellt , der fiir daffelbc daraiis entst<N hen wilrde, fo wcift es eine Mengc Gninde dagegen anstiffihren, iind oft iblche» die ttaaii nur mit Mithe witjerlcgcn hann ; ist aber reiii Begehren von dcr Befchaffenheit» dafs die Bc- iriedigung deflciben einem andem den Scha- dcii ziiftigt, dcji cs fiir ficK nicht gtachtet hatte, luid fragc uian cs, was es vffohl dcn« ken wiirde, wenn et an lciner Steile w8ce: ib erfolgt gcnictniglich cin tiefei Stillfehtvei» gen, niit nic Icigcfchiagcncn Aiigeii. Ebcii diefs ist dcr Fali , wenn man ihm auf diefe Weife lein fchon gethanes Unrecht vorhait, Uiber aiion Nachtlieii, der fiir dalTelbe dar* aus entstchcn liaiuiy vrenn es nicht eigcnt^ liche Strafe ist» fahrC es gemciniglich mit groAen Leichtlinn hin. Man fage ihm z. B. dafs fein Gcrpicle, dcr belcidigt wordcn isty feine Gcfciifchaft mcideni odcr doch nicht mebr fo gcfallig wic vorher (cyn werde, fo ist dic Antwort : cr wird fchon wicder kom« men, or wird fchon wieder gut werdcn^ oder wohl gar ; ich mache mir nichts darausi auf

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dic oben angedeutetc Vorstcllimg abtr cr- foigt oh gar keine Antwort, foncicrn scille BeichSmungy oder bochstens Entichuldigiingy dic voii dem Betragcn des Bclcidigtcii hcrgc- nommcn wird. Gcgeu die Kichtigkcit dcr Regel» nach der daf Kind fich bestammen roU» wircl nie efwas eingewandt, wenn nicht der Stolz der Eltcrn dafTcJbe fchon auf den Cc- 4anken gebrachc hat» dais ein wefentlichcr IFnterichied cwirchen ihra itnd (einem niedri« gcrn Gcfpieleu lcy. Aiif ebcn diefe Art Jaf>c ilch fafst aiiciii bcy icichtfinnigen jungcn Leiu ten etwas ausrichten. Alle Folgeu ihrer Handlungen fiir fic felbst riihren flc oft gar uicht. laufcud Mittcl stehen ihncn uach ihrcr Meinung ni Gcbote, itm dcn^elbcn au^- stiweichcny oder die(elben wied^r gut zu nia- chen ; oder fic fuid fogar bercit, ciuc Mcngc Uibcl iibcr iicb ergeheii zu laffen» um nur ciner LiebJitigsneigung zu folgciu Aber weiin fie augciiiciicinlich rHichtcn gcgcii anJciC verlctit habcn« oder BcgriBc fiml zu \ jr- letzen» konnen fie durch die V^orhaliung des reinco Sittengcfctzcs fo gcfafst werden» dafs

2l6

Cic der Nothwcndigkeit , ihr Bctragen oder ihrea fiutfchluis zu aaderny nicht «ider* scehen.

♦) Es gicbt freylich viclc Handlungen, die nur um dcr Folgcn willen, welche fur uns felbst tlaraus cntfpringcn, gut odcr bofe find, und nur veiinittclsr dcifclbcn «uf das Sitrengcfetz I)^ogen wcrdcn kdnnen. Aber felbst die Gercchtigkeic blofs dadurch empfehlen , dals dit Att^hiing derfclben uns eincn gutea Kcmen, Frcunde u. f. w. verfchelTc, heiftc die Sitclichkeit verfllfchen, und fiberdicft 2ur Errcichung emesZwccks, Mitielgebnin» chen, die wcjt unwirkfamer find ils die blo(se Vorhaltung det SittcngefetKCs, Wlt fcUr fchten elfo diejenigcn, die sur Bildung der lugend Gefchichien aufstcUen, wosu- falligcr Weifc die Gercchti|>,kci'.slicbe SuffCre Vortheilc vcrfchafr. Die Vernunik isi swec oftmSchtiger als jenc Vorfpicgelungen, kann abcr doch durch Hinweifung auf Eigennutz in ihrer Wirkfamkeit aufgehaltcn wcrdcn, und was ist dcnn Erziehung, wenn fie die- fclbe mehr hindert als befordcrt? Bcy dcr Wohlthfitigkcit ist vielleicht Anfangs das fympathctirche Gefiihl nichr aus dcr Acht z\x lafTen; abcr fogar libcr dairclbe hinausgchea und wicdcrum auf aulsere Vorthcilc verwei- fcn, uuil-^dcn grobsten Eigennutz befSrdern, und moralifche Bildung foll doch darauf hinzielen» denfdben niederxufchlagcn.

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Auf <liele That(«elieii gettiits^ find ver« miitfaHeh maiiche MUimer auf <leii Gedanken

gerathen, das moralifchc Gcfiihl fcy ciiic Lic- be zu den Menfcheuy die noch der Seihstliebe vorher^hn und fie an StSrke ubertre£fe. Aua den angcftihrtcn Erfahrungcn konntc allcr- dings eiae foiche Folgcriing gezogeu werden» «enn nieht andere Er£diningen Ib ttark wi- derfprSchen. Eben die Menichen, welche anderu nicht Unrecht tbuu woiien, (ind doch gar nlehts weniger aU geneigt» ihr Recht ge- gen diefelben anfzugcben, thren eignen Freii- dcn zucntfagcn, um ahnlichcaudernzunicfsen su Uiiren. Den Befita deiTen» wts man recht» maittg erworben hat, an ganc fremde Perfonen «btreten» oder, irgend ein Gut bcy ganz glci. chen Auipnichcii darauf, licbcr in andcrn Handen alt inden retnigeii iehen, Kommt ent- weder auf dieier Welt gar niche» oder fo feK ten vor, dafs cs als cunc »Ilgcmcinc Hrfahrung durchaut nicht angefuhrt wcrdcu kaniu Gleichwohl multte fie es feyn, wcnn die Lie» bc zuni mcnfcblichcn Gcfchlechte iiberhaupt grofsci', aii dic Licbe xu uns fcibst ware*

2l8

lenc Thaffaclicn (tnA a!fo blofs als Wirktm- gen dcs reinea VernunftgeieCics MUiirehen, und fchUgea die ^inwemlting nieder» daft uin der Schuachheit dcrMcnfchcii willen den Gebotcn dcr Pilicht, diirch die Aiireitzung dcr Selbtdtebe» Nachdruck verfchaft wcrdeo mufle.

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V<m der Reybeit d$s Willcns Ukrtaift.

Xc<)cr Menfch , Aer niir einlger Uiberlegting libcr fich ielbst fahig ist, wird fich bewufsty daft cr nach gewilfini Zwecken wirkcn» und dafi er» tiir Erreiehnng derielben, leine Vor« •telhingen, feine Triebe iind feine Gefiihle, nach freyer Wahi, bis zii einem gewiiTen Gradelenken^ belebenundunterdruckenkann» Sobald fich jemand in der gewohnlichsten Sache des Lebciis vor der Handlung ent* ichiie6ty die verichiedenen Setten und Fol- gender(elben cu bedenken : fo leigt er (chon damit an, dafs dic Vorstellungen, die iich darauf beKiehen, mehr oder weniger in iei> ner Gcwalt find » und durch dieie gebletet er^ in ebcM cJem VerhaltniGc, feinen Triebcn und feinem Gefuhic« Dic fiefriedigung voo irgend einer Neigung mag noch ib viel Ver- gniigen verheifsen, fo kann er fie dodi dnrch irgcud tijic Voi^ccilung abweireo. Wer gera

aao

feinen Gaiim kitieltt kaon ficb durch 4ic Vontellting von den nachtheiligen Folgen» welchc diefe oder jcne leckerhafte Spcifc fiir ihn hat, ahhalten lalTen, dierelbe au genief- fen; ia» dlureh die oft wiederholte VonteL Iting von jencn Folgcn, kaim er fogar das an^ genehnie Geftihl, das dcr bioise Aobiick jener Spcife Anlingt in ihm enveckte, gans nnterdruckcn, und fo am Ende nieht die gc< riiigstc Bcgicrdc niebr darnach empfindcu» Cbcn fo kann dcrjenigCy welchcr etnen, dem Anfchein nach, unwiderftehlichen Hang sur Fflcgwng der Ruhc fiililt, fich von dcm Gc- dankcn» dafs fie zu ^cr />eir, als er fich dcr- Itflben su iibcrlairen wtinfcht» ihn nm die Gunst feiues Ftirtten bringen wtirde, m el- ncr Munterkcit iwingoi , dic uicht dic allcr- Scringfte Mudigkeit durchfchimmern liftt.^^)

•J Der Baron Tott erzfthlt in feinen Dcnkwiir- digkcitcn iiber die Tiirkcy cin merkwurdi- ges Bcyfpiel von dcr Kraft , welchc Vorstel- lungen uber den Korper hflben. Ein vor- nebmer Tiirke hatt^ (lch in Wein fo be- Tfiufchc', dafs ihm noch kflum eioige Befin* nuD&skcafc ubrig blicb> ala ilun fpnMxt

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Hat derMenich diefeGewalt uber dk un*

mittelbar (innlichcn Eindrirckr, tiiiJ tiber (ei« 4i Gefiihley bis lu eincin gewilTen Grade cr« langt, und ttdlt er vor jederHandluug Uiber- legiuig tlber dat an, wat er tu ^un oder xu lafTen hat: fo koniien ihn dabey zweyerley Vorttellungen bettimmen^ der Gedanke an Gluckieligkeit, oder der an Geletsmiitigkeit. Bcy dem erstcn komint es aiif Bcnutzung dcr Erfahrungcn an, die er entweder aa ficb lelbtt gemackt hat» oder auf dat Zeugnift an* clerer glaubt, Wer gar nicht denkt, daft bore FoJgen aiis eiuer Handhing entstchen konneoy der wird» wenn fie ihm Vergnugen vcrfpricht, dieiet lu erhalten luehen. Wer luiccr mchrercrn Gcgenstaudcu zu wahlca hit,

wurde, dafs cin Polizeyb«amte fich feineia Haufc nahcre. Augcnblicklich befahl jener, man folic diefein fagen, er fcy m der Mo- fchee Dahin gieng er, der zuvor nicht stehcn konnte, auch wiridich, uud kain nach einigen Minuten mir rolchcm Anstandc, und Ib gciiiftt aucilck, daft der Foiiteybe- amte auch nicht dcn cniftrnietcta Gadan* k«n to eintn Rturch habeo kenme.

aaa

der sttcht nach dciien, wclche cntweder die gro6te, oder die <lauerhafteste Lusc gewihren. Um dle eine, oder die andere 311 crhalceu, ist oft iange Mithe und grofse ADStreogung nothwendig» Es miiTs aifo die UnannefamUckeit der Mittel gegen die An« nehmlichkcit dci ziierrcichendcn Abficht ge* haiten werdeu. Es eutsteheu dadurch oft lehr verwickelteAu^ahem Da nundemMeo- fchen fo viel auf feine Ghlekfeligkeir an* konimt: fo ist cs allerdings von Wichtigkeit^ hey jeder Sache^ die Lust oderUnlust hervor* bringt , aitch im Ailgemeinen au erforfchen» in wie fern fie rait unfL*rm Strcbcn nach Gliickfeligkeituberhaupt {ibercinstimmc oder •ireites und ct ist ein GeichSft derVernunft» den VVcrth eines jeden Guts, fo viel als mog- lich, tu bestimmeny und eine Rangordnuug unter allen Dingen» die fich auf Liist oder Unlust betiehen» ftstsustellen. Vennittelst der Erfalirung, fucht fie die Fragen zii bc- antworten: me ie^haft» wie dauerbaft ein Vergniigen oder Mifivergnugen fey» «ie leicht ccworbeni und wie oft wiederholt dat

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cine , und Xfit leielit vemiieilen ote ubcr* wiindcn daf andcre wcrdeu koune.

Das iJcal dcrCIiickfeligkeit, dasauf diefo Weifc cntstehCy Kann abcr nichc an alle Meu« fchen g J e i ch e Gebote enthalten. Die Ver* lchiedenheit der Anlagen, der Atisblldimg, dcr Umstande und Verhaltnifsc niacht dio Regeln» die fich auf Gluckfeligkeit beueheoy £U blofien Rathfchlagen. Denn es iit un* moglich, fheils zii wilTen, was fiir jcdcn Meu- iehen das grdiite Vergnugcn iey» thciJi im* ner dle Mittel anfugebeu, durch die der Zwcck crrelcht "nrerden konne. Es koramt hierbey auf die Empfanglichkeit fur eine ge^ ymffe Art von Liist» und auf die MogHchkeit an, (ich dierelbe nicht nur uberhaupt, lbn« dern fo zu vcrfchaficny dafs fic von der gan« sen Summe angenehmer Empfindungen nidkt mehr nehme, als fie daxu beytrigt. So lange alfo ntii* auf dic Amichuilichkeit des Lcbens Riickficht genommen «ird: fo la&t die Ver- nunft einem ieden frey, Vergniigen und Mils* Terguiigeu da zu fiichen» und xu veriaeiden.

934 ^

wo iic individuelJeBdchafaiheit feinerNei* gungen iiAd Verbaltnir$e ihn dif eine ver- hci(st, uud das audere befiirchtea lUisc.

E$ ist i.B. wohl wahr, d^ds gcistige Frcu- den von lingererDauer fiud, und oftcrer wie* derholt werden konnen, alt die finnlichen* Aber umfonst wiirde dieVernunft fie dcmem- pfebleny der fie nie gefcbmeckc bat, und, entweder ieinen Adagen» oder feiner Eraie- hung und feinen VerhSltnifsen nach , dielel* ben fieh nicbt zu vcrfchaffcii verraag. Ebcn ib ist nicbt su laugnen» daft datStreben nach groiten Dingen mit vieler Mtihe, Sorge und Unnihe verbunden, und, blofs umderGliick- leligkeit willen» die dat tu erreichende Ziel ver(prichty lchwerltch vielen PeHbnen ansu- rathcii ist. Wer aber alle diefe Befchwer- licbkeicen nicbt achcet» dem kann et doch nicht lur Nothwendigkeit gemacht werden, denZwcck, nachdemer strcbt, aufzugcbcn wenn gleicb die WabrfcheiuJicbkeic luir ge- ring leyn (bllte, dait er ihn enielen werde. Kurz^ die Vernunfc kaun wcdcr aliciuj uoch

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aas

ia Verbindttiif mii £rfahrung» voa irgend ei- ner Sedie in der Welc, die fich nichf aiif dle crsten Beclurfnirsc des Lebens bezicht, oder nicht iiiiinittelbarphyfiichenSchtnen cncug^ init Gewifiheit iehren, daft fie iinnier mit Luit oder Unlnft irertNtnden icyny odcr daft fie nothweiidig mehr Vcrgnugcn» als einc •ndcre gew&hrcn muife. Wcnn nilb der Menfch, untcr GegentiSlndcn» die fich atif Annchmlichkcit bcziehen, wahlt: fo hat cr tigentiich kein nnderefl Geieis eit die Sefirie* digung ielner NeigiNigCfl.

Aber.gani indert ttt et mit der Erfiiilung der Pflicht. Daniber itellt die Vcmunlfy wie

wir gcfchcn habcn, ein Gefetz auf , das ohne Antnahme Gcliorikm fordert, uiid in dem Bewttfttieyn einet (eden Menfchen licgt, der

den Gcbrauch der Vcrnunft hat. Wic nun der Menich durch die Vorttcllung einet ent* &mtenGnCt9 ficb von demGeniilte einer kur* zen Lust abhaltcn laffen, wie er felbst cinen groiicn Scluncn frcy wiUig walilcn iuniiy um P

eiueiu liitigerii iii entgehen; fo foll er ncli durch dit Vorste]lung <let Sittengefeczef be- stiminen, keine Handltiiig zu thun, diedem* ielbcn ziiwidcr isr. Verfprache fie ihm auch noch fo gro(se und niannigfaltige Lust» fo foll der Gedanke der Pflichtwidrigkeit ihn an dcr Vollziehung derfclbcn vcrhiudcrn. Un- ter den Aniiehmlichkeitcn des Lebens kanu er nach Gcfallen wihlen, aber unter der Be- dinginig, <Jafs fic ihn wedcr tinmittelbar noch mittelbar von der Erfiillnng der Pflicht abhal- ten. lanochmehr! Es ist nicht genung» daft fciiic Hanclhingcn dcr Pllicht nicht zuwidcr iind ; imr bey dcr Ritckficht auf diefc kon- nen jene als gut angefchen werden. Wenn zwey Manner gcrecht richten, der eine, weil ec iich vor dci* Strafc fiirchtct, die ein unge- rechtes Urtheil nach fich xiehen konnte, und der andere, weil er liberhaupt kein Unrecht thun will ; io iiat nur dic Handlung des letz- tern moralifchen Werth. Denn nicht ibwohl auf was gefchieht, fondern, warum es gtfrhicht, komnit Cb bey dcr Sittlichkeit an; luchf dic Han^lhmg fclbJJt, fondera dcr Willc

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Ut daSy wat den Menrchen als fiCtUch odct unfitellch darstellt. Nothwendig fcheint et

dabey freylich nicht, dafs dcr giite Mcnfch fich in jedem Faile deutlich bcwufst iverde, diiis er um der Pflicht willen irgend etw;is thuc oder unterlaffe. Er kann nach und nach cine gcwiflTc bestimmte Richtung sum Guten bekommen, die ihn in vielen Fallcn einer langcn Uiberlcgung liberhebt AUeiu jc reiner und vollkommener feine Tu« gend werden foiU desto deutlicher mtiilen fich ihm auch die Grundnitxe darttellen » die er zu bcfoJgcn hat, und dcsto mehr mufs er feinen Verstand liben» fie auf das wirkliche Leben aiiiuwenden i nur dadurch kann er et immer weitcr in dem Vorfatze bringen, dem Sittengeietze gemafs zuhandehi, und, weun xwi(chen der Erfullung von diefem, und der Bewirkung feiner Ghlckfeligkeit, tu Wihlen ist, die erstcie der lctztcrn vorzuziehen.

So fchwer e$ nun auch ist, dicfen Vorfug immer in ieinen Handluugen auszudriickcu^ Ib fbrdert ihtt doch das Sittengeietx unnach*

iSftlich, iiiid kein Menfeh (pridit den au- deru vou deni Gcborram gegen daffelbe firey. Cndchuldigen konnen «ir wohi andere, wenn wir elnleheny dali ^ SehmerigkeiCen, die lich gegcii dicPflicht erhcben, fehr grofs find, entfchuliligen konnen vnr in dierem Falle auch unt lelbe t. Abcr dUefe Encichuldigun* gcn betieheu fich immer auf die Schwachheit der Menfchen, nicht daraiif » dais es gleich- giiltig rey, oh maB recht thue ocler nichti nicht darauf , dalt et auiler der Gewalt der Meiifchen iiberhaupt fey» dcr Pflicht alles auf* suopfemy wat ihnen aJt finnlichen Wr len an- genehm itti nicht daranf, dalt et iein Vor* fati nicht feyn Lonne und nicht fein folle, dem&lbcA treu lu bleiben. Dic beste £nt- lchuldtgung die man im Falle einer iibertre- tenen Pllicht vorhringt, und die allein alt volle Rechtfertigung angefehen wird, besteht darioy daft cine andere Pflicht lidhcr ley alt die verletfte, und dalt beyde nicht hitten Ciigleich crfiillt werden konnen. Lafet fich nicht h i e r d 11 r ch irgend eine Handlung be- ichooigent Ib fucht fie dcr^ welcher -fie ge-

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thaa hat, gemeiniglich su verbergen,*) imd fiebe dUniit einen Beweit» daft er glaubt, er

habe fie nach dcm Urthcile der Menfchea nicht nur nicht unternehmcu follen, fou- iem aueh unterUiGMi konnen» Hhenuf betiehe fich auch dasMiitvergniigen, dat die» jenigen empfiudcny \vclchc dcn Vorfatz ha- ben» fittiichgut su ieyn, wenn lie demicli>en in irgend einem Punkte untreu gewefen find. Dafs (ic ihm nicht wiirden habeu treu bleibeu k 6 n n e n » wenn fie auch allct getlun hatten» wat in ihier Gewalt t tand» itt lclten odcr nie

♦) Ich fage gemciniglich. Dcnn zu leugnen isc c> nicht , dafs ganz verwildertc Menfchcn cmc Ausuahmc machcn. und da(s dic Vcr- borgenhcit hauptl^chlich dann gefucht wird, wcnn dic strcngcn Pflichten verlctzc wor- dcn find. Bcy dcn Gewiircnspflichtcn, wo cs nicht daiauf ankommt, ctwas bofcs zu untcrlafTen, fondcrn ctwas giitcs z\i thun, wird die Schatm lchon dadurch gcfchwachc, da(s Dflch dem Unhcttc dcr Menfchen viele Vmstindc io Betnchtong gezogcn wcfdcn mfiircQ, und dtff dic Entlcheidung dtrftbcr ciocm jcden fdbst zo <U>crt(iiren ist.

a3o

khr Uitheil. Mit diefem wiirde foglcich je- der Vorwurf vcrfchwindea, dcii fie (ich, in Ablicht ihres Betragens» macheii. Wer nichc anJcrs haiidcln koiinte, alf er wirklich handclCe, muis frcy von allcn Vorwiirfcn gc- dacht werden. Auch richtet fich dit Bcur- Aeilung dcr Sittlichkeit oder Unfittlichkeit irgend eincr That, gani nach dicfera Aiif- l^iche <ler Vernunft. Uibcrall» wo dcr Men(ch feiner ntcht mSchtig gedacht wird» findef keine Zurechmuig dcs Bofen Statt, dai cr that. In allcn ZiistandeUy wo der Ge- bratich der Vernunft entwedcr gani aufhort, oder doch iehr gefchwSeht ist , wird weder Wort noch That als strafbar iibcrhaiipt, oder ab fo strafbar angefeheu» wie im Ziutande der yollen Befonnenheit. Das Erste ist dcr Fall in Gcmiiths-und Leibeskrankheitcn, das Zwcytc bcy plocxlichca Uibcrr£fchuogcn, wo eine feltne G^nwart des Geistes erforderc wird, tnn starken finnlichen Eindrucken ei- ucii ^augenblicklichen Entrchlufs entgegen zu letien. Wenn bcy ibichenGclcgeuhcitea der MenCch audi oicht gant firey von Schuld ge-

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iprochen wird , fo errcheint doch diircli die geheoinfe Uiberleguag fehr gemildert. le vollkoiniiiener hingcgen diefegedachtwer- den miifs, und je langcr die Zeit ist, wclche zii einem Eutfchlii(se gegebcn war, desto ichtiJdiger finden wir den» «elcher fich iiun Bofen bestimmte. Daher der starkc Unwille gegen eincn Vcrbrechcr, dcr ticfc Planc zu leinen Uibelchaten entwirft, und lange 2^it «ir Ausfilhnuig derfelben gehratieht;

AuiTerdemMangel anBefimnenhelt recht*

lertigt noch cinc ginzliche Unwiflenheit del^ fen, was PdichC ist. Sic xvird aber nur in wenigeit Fllien^ und in folchen gar nicht an« genommen» wo fehr wichtige Rechte gc- krankt werden, deren Anerkeimung als noth- wendig mit dem geringsten Gebrauche der VernunfSt verbunden gedacht wsrd. Und in der That ist cs cinc hochst Icichtc Sachc, in den roeisten Angclcgenheiten des Lcbent su willen^ wat Pflicht iey, wenn man ei wiiTen wilL

2^2

Alle dicfe angefiulirteii Urtheile find tinmitcelbar mit dcr Annahme det Sitteo-

gefctzcs verbiincJcii. S o 1 1 man daflclbc cr- fiillcn, fo tniinen wir Ci auch wenigttcnf in fo weif erfuUen kdnnen, dafi wir et tur obcnten Regel aller unferer Handlungea machcn. Und in dicfer RuckOcht fchrcibt &8C ein jedcr Menicb dem andent und licli ielbit einen freyen Willen, d. b. einen Willen 211, dcfrcn Bcrchaffenheit blofs von dcm Menrchen relbst abhangt. Dio bloifo Frage: wna follen wirtbun, fetxtdiefeFrey* hcit voratis. Wir denken alfo, dafs wir dai Verroogen haben, zwifchen dein Sittlicbgutca und Sittlichbdfen oder (da dai letxtere nur in fo fem vorgezogen wird, alt ea mit an» gcnchmcn Empfindungen verbunden ist) zwi* fchen der Pflicht und der Luit xu wililea. Zwar wird diefer freye Wille auf alle Hand. hingen uberhaupt bezogcn; abcr in mora- iifcher Rilckficht kommt ei aur auf die Wabl xwiiehen Pllicht und angenehmer Em» pfinditng an. Dcr Willc (welchcr hier nicht ali dai Vcrmogcn xu waiilen» fondern als

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dat Beitreben gedachf wird» ^sjenige luffu* ftihrcii, was gew'ihlt worden ist})<^) wird guC oder boie geDaimt» njich dein cr den Vorfiits enthilc entweder die Pflicht der Ghlekfelig. keit, oder diefe jener unterzuordneu. Diefe Erklimiig kann nicht mehr befireni«len, wenn die Urtheile der Menlchen iiher den gofen Charakter, die in dcm ersten Abfchnitt an- gcfiihrt worden find, wenn «iie fcharfenGren* sen bedacht werden» welche aie Sittlichkeit von Gliickreligkeit fcheiden. Nicht ausgc- fchlofTen, fondcrn nur untergeordoet ibJl diefe jener werden. Auch lal&n fich nancho Annehmlichkeiten de« Lebens mit der Tu-

•) Dcr freye Wille wird zwar nicht fcltcn fiir das Vermdgcn zu wfthlcn gcnommen. Wenn DUm l.B. von einem Menfcficn, der gans ven andem ibbflngig i$t, fagt, cr habc kei- nen Willcn. Um ille Verwirrung zu ver- m«d€n, iit cs guc dis Vermdgen zu wihlen von dem Willen zu tKoncn. Diefer wiid duich Jencs bcsiinimt, feinc Befehsf. fmheit ist Wirkung tou jcnem ols Urfsche; Vermdgcn tu fviblen hcifst Willkahr odcr Sponianfiiftt.

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gcud vcreinigen, aber dns Einzige, das Hochste find fie doch nicht, wornach die Meiifchea •treben folleti. Wie nun dieie Wahl zwt- fchen dem Giiten iind Bofcn nioglich Tey, ynie der blo(se Gedanke an GefeUmafsigkeit den Antrieben des Verguugens widerctehen konne (ind iinattflosliche Fragen , dic in cine Claflc mit denjcnigca gefetzt werden ntiffent weJche ein Gnindvemidgen unierer Nattir betreflen. Sobald das Forfchen bii aiif dicfc gekommen ist, fo ist alles V^crniinft- len 2u Ende. Nur die Thatiachen, die in unremi Bewuistfeyn licgcn, konnen atifgc- stcllt iincl gegen Zwcifcl gefichert werdcn; das Vermogen worauf fie fich grtinden, wci- ter tu erkJaren, vermag kein Menfeh. Et fchcint zwar nicht ganz fo unbegreiflicli, wie die Vorsteliiing eines entfemten Gutt uns von einem gegenwSrtigen Genuise ab* halte, ah, wic dic Vorstellung des Sittengc- fetzcs iii iins den Vorlatz lebendig machen konnCy demfeJben tmfcr Vergmlgen aufsn* opfera. Dcnn in dem ersten Falle verfpricht nns dic Voxstelliiiig» welchc uns an einem

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GcniilTe hindcrt, doch einen andcrn grorscrn, uiid«8 ist Aebnlichkeit ia den Vorstelhm{;eiii in cleiii siveyten hingegen, IbU ofit clat An- gcnehmc von dcm Unangenehmen vcrdrangt werden. Aber unerkrarbar ist immer das» nvM in unferm Gemiithe voigeht, um un$ durch die Zukimft liir die Gcgenwart su bestinimen ; uucrkiarbar ist es , wie die Vorttellungen von jener herbey geholt wer- den k5nnen, um die Vorstelliingen von diefer xu fchwachcn. Ware nun auch die Unbegreiflichkeit der Bestimmimg un- fers Willent snr Erfiillung der Pfliehl noch grofser, fo darf fie uns cbcu fo wenig hin- dem» oflenbare Thatfachcn fiiir wahr anzu- nehmen, als die Unerklarbarkeit uniert gan« zen Wcfcns uns hindern v^ird su glaubeu, fUfi wir findt was wir find.

Wer hat ie erforfcht, oder wer wird je erforfchcn , wie ein Gedanke unfem Korper in Bewcgung fctzcn, wic dicfcr unfcrm Wii- len gehorchen konnc? Wie wir durch uufere Sinne mannigf.ihigc Eigcnfchaftcn an den Dingcn auITer uiu» crkcnaca i Wic die Unter-

fcheiclung zinrirchen diefcn und ims rdbsty wie das Bewufsrreyn deiTeii, was in uns vor- gdity und was wir thuii» moglich (kf ? Wi* V9ir Vergangenheif, Gegenwart uttdZdnmft verbinden und trcnnea konncn? Die(s lind nur einige von den vieien Frageny die Xtt beintworten eben Ib unmSglieh find alt diele : wic bestimmen wir uureru Willen nach dem GedanlKen an GeietsmiiitiglKett? Iit dat Sittengefetx aufler Zweifel getlellt» Ib nm[s das, W48 unmittelbar daraus folgt, eben fo wahr feyn. £i murs iu uua das Vermo- gen fich befinden, daifelbe cur obenten Richtfehmtr aller unferer Eeitrebungen tu niachcn ; und dieres Vermogen ist auch nach deni Gefiihle einet jeden wirhlich in Utti. gewifi aber in uns die VortleUung

*) Die(s heilst nur fo viel: was tragen wir felbsr diztt bey, um um oacb dcr Biw ktDnraift des Siidichgaten su ricbten. mcht wk wiritc der Gedtiike der GcfcBiiiiftig. kctt tnf unfer GcfiiU. Dicit kamicn wir noch ciDfchcn» wie hn Folgcnden gcmigc wcidcn wiid*

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licgt, dafi unfer WUle frey itt, und die Be- ftimmung delTelben bJors von iins ielbtt ab- hingt: £o crbeben fich doch gegen den Glaii- ben an diele Freyheie, widitife Schwigrig- keitcn , die mcht init Stilirchweigen su uber- gehen find.

Wenn man den Menfchen nur von ieiner felnmoraiifchen Seite hetnehtel^ und nur auf dat Rucltfieht nimmt, nvai die Vernunft ge- bictet, fo Cmd die Gefctze derfelben klar und un£«eifelhaft. Aliein dieleiben lcheinen anp dem Geietten lu widerlpredien» die eben fo gewils in unferer Natur licgen, und ohoe welche itir nicht die gertngtteKenntniity we- der Ton unt felbtt, noch von den Dingen auH fcr uns habcn konnten. Erfahnmgen zu ma- chen und fie zuverbinden, Schlulte darana tu slehen und unibe HandJungen damaeh einturichtcn, wire uns unmoglich, wcnn wir nicht die Begriife von Uriache und Wirluing auf attet, wat in der phyfilehen und norali- fchen Welt gcfchieht, fo atiwendeten, daft wir die Urfachc von irgcnd einer Erfchei-

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nnn^y felbst «Ic Wirkung von einer andera Urfache, iind diefe letctefe nicht weniger alt in ciaer dricten gegruotdet aaCihcn. Auf dicfe We\fe entstdit eine tinunterbrochene Keue» wovon immer ein Glied durcfa alle vorker- gchcnden bcstiramt wird. Nur durch diefe Verbindung aller Dinge ist es uns geluugen, clie mecbaniTcfaen und cfaemilchen Naturge* fctze zu crkenncn , und felbst Gcfetze lu er- foriclten» nach wclchen die Fahigkeitcn dea Menfchen ausgebiidet mid retne Triebe ge- leitet tverden konnen. Wer lchreibt nicht^ iim bey dcn letztcn stebcn zu blciben, dcr Eraichung, der Staatsvcrfaflung, den man- cfaerley VerfaaltnKsen» in welcfaen die Men* fchen leben, dcn grofsten Eintlufs auf die Sittlichkeit derfelbcn zu? Was wiirden wir £ir diefeibe tfaun konncn, wenn iie, als Wir« kung, nicht von den mancherley Anstalteo abhienge, die zur Bcforderung derfeibcu gc- macfat wecdenl Werden diefe Fragen nun (6 beantwortet» vne fit der gefunde Verstand bcantwortcn mufs : fo ist cs fchwcr, mit der Verfchiedenfacit der Umstinde» iii welchai

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ficli die Menfchen Mndeiiy jenei Vermogen,

zwifciien Giit uiid Bofe frcy 211 wiihlcn, zii vercinigeti. Auf der eincn Seite ist es o£fen- bar von lursem Urfaehen abhangig» un<I aiif dcr audcru wird es doch als unabhiingig aii- genominen. Daher fchea cinigc Phiiofophco jenef Gefiihl von der Freyheit det Willens, als cinc blofse Taufchung an. Wir find uns, fagcu fic, dcr in unfercr Natur verborgenen Urfachen xiir Willensbestimmiing nicht bc- vniift; wtr vcrgleichen bey einem Entichlurse luirdic nachsten Griiiidc uiidGegengrunde mit einander, und glauben» fie aus uns felbst iti lchopfen» wtll wir die gante Reihe von Zii- staudeii, durch welche wir gegaugeu fiud, tim aiif dicfc Griinde zu kooimcn , nicht init einem Blicke uberfehen konnen; in derThat aber konnen wir fie bey genaiierUiberfegung gcmeiniglich fo weit verfolgen, dais es ein* leuchtend wird, wie wenig fie des Menfchen eignes Werk find. Hangt nun von ihrer Kraft die Ecstimniuug iinfers Willens ab : fo sst es oftenbart dafs wir lu jeder Zeit han* deln^ wte wir handeln muffen« iind die

W«hly cUe tins hey icheiiity iit eben (b noch- wendig alty nieh dfen mechaailchen Geiecten

<lcr Natur, die Wirkung leblofcr Krafte. Wenn auch dat Sittcngerccz in dcr Vernunft liegt» fiigen fie weicer» ib iit et doch nicht genung ei lu erkettnen ; es gehSrt eine lange Uibung dazut um diefer ErkennCnifs nur ei- nigermaiien lu folgen» Wem nun diefe Uibun^ nseht lu Theil wird y «er von la- gend auf cine Menge Vorurtbeile einfog, und die Menichen» die ihn umgaben, nie nach Recht undUnrecht hiff^nip (bndem ttettNeU gungen folgen fah , die nur auf Annehinlich* keiten hinziclte;-» dcr wird auah fclbst nur nach Vergnugen ttreben. Kurt, konnten wir genau tngeben » welche Anlagen jedem Men» fchen angeboren, auf welche Weife iie ge* richtet und entwickelt «orden wiren» und aurch welcfae Verhiltnilte letn Schiekial iha immer fortgcrifTcn hatte: fowiirdc cs uni mSgiich ieyn, bey jeder Gelcgenbeit feinen Entfchluit voraut tu lagen. Allei faingt faef dem Menfchcn nach Naturgefetzen in einer nothweadigctt Kette suiammeDy und der Yor-

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sug deiTelbea vor dem Thicrc, ist niir der» daft er mehr oder weniger dai Verm6|ea hat, gegenw^rttgen finnltchen Anfrieben xu vriderstehcn , iind feine Handlungen nach deutUch eingeiehnen Grunden «i bettimmen. Diefe konnen twtr atu der Vemunft flierieny ihrc Kraft auf fein Gemuth abcr ist von Din- gen abhaiigig» weiche uicht in ieiner Gewalt ftehen.

Gegen diele l«hre lafit fich nun xuent eine allgemeine Anmerkung machen* Ist et

auf der einen Scite wahr, dafs das Sittcnge- £stt iu unfcrcr Vcrnunft iiegt , und dafs das* lelbe dat Verroogen vorautfetzt» demfelben geroSit tu handelns uncl itt et auf der andem nicht minder wahr , dafs dic Anwcndung der Begriflfe von Uriache und Wirkung, in un« lere Handlungen eineNothwendigkett bringt, die mit der Naturnothwendigkeit verglichen werdcn kann: fo steht hier ein Gcfetz der praotifchen Vemunft gegen ein Gefett det Ventandet, und Folgerung aua den dneii

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gegen Folgerang aiis dem andenL Die Ver-

nunft fagt: Dii follst nur allgemeingillti- gen Regcia folgcn wir iniifTen alfo aiich das Vcrmogen haben, diefem Gebote gemais fuhandeln.-^ DerVerstand fagt: AlleshSngt in ciner nothwendigcn J^ette zufaranicn,<>) foigUch ist jenes Vecmogeu nur eine Tau* lchung.

^ Vtnuod im engern Sintte wird von dcr Vcmunft unterlcliiedcn. Icncr bcztchr fich unmittelbir auf dcs wss wir cocwcdcr aa uns fclbsc, odcr sn dcn Dtngcn auflcr uns wahmchmcn, und bringt dic dadurch crhal- cencn Vorstellungcn nflch gewifTen in ihm licgcndcn, Rcgcln zur Einhcit Wenn WIT 2. B. das Aehnliche von allcn einzelnen Biuincn, Snfluchcrny Grafern u. f w. unter dem Namen dcr Pflanzcn begrcifer , fo ■wird diefs als ein Gefchaft des Vcrstandes angefehen. Ebcn fo wird cs ihm zugc- fchviebcn, dafs wir alles, was wir wahr- nehmen, in eine nothwendige Verbindung bringen, und dafs wir uns dcrftlbcn gcmlla Kcgdnliiir unferVcihsItcnmachcn.— ' Die Vcrounft bcsicht fich nichc umiittclbsr auf Etishrung, fondcm auf dss wm dcr Vcrsttnd hcrvorgebrscht hst, und fucht dcn von ihm bcwiffcten Eifccontniircn Eln*

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Welchet von diefen Gefeezen foUen vrir nin aufgeben? Sollen yrir ikgen» dit Ver- nunft allein kSnne nleht «virkcn, wir leyn genoihigt, iaitner den Bestimniungsgriindeny die nicht tinfer Werk find, nachttigebeiil Oder ibllen wlr «nnehmen» et gebe keine nothwendige Verbindung aller Dinge I Man venverfe dat £ine oder dat Andere: ib •treitec man unlerer Natur etwat ab, dat mit ihr wefentlich verbundcn ist. Bey dcr Be- ichranktheit unierer Kenntnifse vtdie es aiib wohl wei(cr, ansunehmeii» daft der Wtder* Iprtich twirchen fenen Ge(e(ceu nnr an(chei- nend Ccy, wenn wir gleich nicht fagen konn- <en, worauf diefer Schein benihe* Auch

hdt cn gcben. Wenn z B. allet «at der Vcrttand nach der Eriahning fiber die BeiMgttng an^cbcn knnn, zufamniengefafsc iind untcr Gefeae gcbricht wird, nach denen jede Bewegung erfolgen mufs, ib Vfird diefs dcr Vernunft zugefchricben, Durch fie entstcht auch das Ideal der Gliickfcligkeit, indem fie dic cinzelnen Regeln des Verstandes , die fich darauf btziehen^ ordnet und iD£iQt zufammenfiiftt.

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vvird diefe Vorau$retziing von den meisten Meiiiclieii ftUlicliweis^eiMl geoiacht. In eiiier Rilckficht behaiidelii fie emander gerade Ib, als wenii ajles auf uoth^endig bestimmende Uriaclien ankaine» uml in eioer andem febea fie fich doch alt fireye Wefim an» die, fencr Urfachen ungeachtet, es in ihrer Gewalt ha- heup fich su Uandiungen su enticliiieifent welche gans ihr Werk» und nicht dat Werit der Noth wendigkeit find. Mit andem Worten heifst diefs : die Menfchen bcCrachten fich in Abfidit ihrer Handlungen aut einem doppelten Gefiehtspunkte; fie fi^en fich ala finnliche wnd iiberfinnliche Wefenan« In ib feme fie suderClaiievon jenengehdien» lind fie den Naturgefetsen unter* V7 o r f e n , und befinden fich in der Reihe der Dinge alt Glieder» derenStand von ailen vor- hergehenden und sugleich ezistlrendeiiy he- •timmt wird : fo wie fie wieder den Stand der sugleicU iebenden und nachfolgenden l>e. •tinmie& Hierbey findet eine bedingteNoth- tvendigkeit naeh den Begriffen unlers Ver* staudcs Statt. Die Meufcheu iehen fich aber

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H$

mukah uberiumliche W«ftii an, die itn Niturgefctzcn nicht iintc rwor fcn» nicht blofsp Glieder iu der Reihe der Natiir* dioge find, ibndeni rdbie aut eigner Kraft ttnd Bewegiing euie Reihe von Wirkungcn anzufangcn vcrmogcny und zwar nach ciuein belbndern Geietse, welchet das Gefeli der Freylieic fenannt werden kamu

Die Frage itf nun: wai hahen wir fiir Griinde» die Naturgefette nieht tur alle We*

fcn iibcrhaupt, und folglich auch nicht fiir unt inihe(bndere, in ailer Riickficht gelten tu lallen?— Ufit fidi seigen, daft die Verw kcttung allcr Dingc nur fiir uns, als finnlicheii Wcfen, Nothwcndigkcit hat: fo wird da« durch aucb der Wider^pnich gel6tt, weJcber fich twtfchen xweycn, von unierer Natur un- Kcrtrcnnlicheo, GefetseotdemAulcheinenach* befindet

Man kauii fich dic Freyhcit des Menfcheu «uf dreyerley Weife denken. Wenn nan ikii

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ftls eia Wefen befrachtct, dat nicht nothwen- eineni finnlidien Eindnicke handelt,

fondern Uiberlegung anstelleii kann , ehe cs fich su einer Handlung bettimmt i diefe Uiber- legung felbst aber doch als eine Folge von den befondern AnlAgcn, den Umstanden iind Verlialtniisen anfieht» die nicht von ihm ab- lilngen: ib lchreibt man thm comparati- ve Freyheit lu, in Vergleichungen niit den Thieren, die awar auch nach Vorstel- lungen handeln, aber keiner Uiberlegung fahig find. Geht nian nun von cler compara- tiven Frcyhcit zu eincr ablolnten liber» die wir uns nach dem innern Gcfiihle sii» ichreiben » und vermoge welcher jeder Mcnfch fi ch a U c i n als den Urhcbcr feincr moraliichett Handhingen anfieht, und fich ielbst das GuCe undBofe derfelben sulchreibc: fo entstcht dcr Bcgriflf dcr practifchcn F r c y h c i t. Wiil man endlich dic Moglich- keit derfelben zeigent und gegen die Ein* vtnrfe retten, welche vondcr Verkettungallcr Dinge hergenommcn werdcn : fo kann dicfs nur durch den Gedanken gefchehen, daft «ir

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uns ali Weiea aniclieo» die tiicbt blofs xu der Natur gehoren» die yon uni erkannfc

v/ird. Dicfe Freyhcit voii Natiirgcfctzen heifit transcendental, wcil wir da-. dturch itt eine uberfinniiche Welt verfetzt werden: fo wie transccndental dcrjcnN ge Theii dcr Geomctric hciftt» iu welchcm die behandelten GegenstSnde nicht finnlich dargcsteUt wcfden kdnnen.

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iiiU I n»n

Fon dcr transcendentakn FreyhiU dn Mm/chin.

Denkt man fich trgeni etne Handlttng imd Iragt der fieToUbrachtey warum er

fie gethan habe: fo gebe er dabcy eine Ab« iicht an« welche er xvoUc» immer kaim man wetter firagen» wie dieielbe in ihm entttan- den iey. Wird der Gmnd davon angefiihrty fo mufs, nach deu Geretzen uiiferf Verstan- det, auch dieler anf einen entiemten beto* gen werden» mid immer ib fort, btt man endlich zwar nichfs mehr bestimmtes finden kanuy aber doch immer wieder ecwas ala Grnnd denken mnit. Die Handlung erlcfaeint auf diefe Art alt bedtngt nothwendig. Itt denn aber die Reihc von Grtinden, die man nngeben kann» binlSnglich» um die Ycrichie- denen Handlungtweiien der Menfcben in er- kiaren? Wenn von iwey Pcrfonen, die au£ duerley Weiic enogen worden find, die £ine

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dcn e(]elften, und die Andere einen fehrzwey- deutigen Character xeigty woher kommt die- ler UnCerfchted ? Aiit «u iur Ui ladien er ati^ hergdeitet werden mag : (o sto^t man endlich aiif folche, dic uns g'inzlich uube« lumnt find* Niir im AUgemeinen kann mta lich «uf Temperament, nattlrliche Anlagen unbekannte Eindriicke u. f. w. beziclicn. Im Grunde erkllrt dic6 wenig oder nichtSy denu die Anwendung davon isrst fich nicht aiif cinen einzigen Menfchen fo machen, dafs man zur deudichen Einficht kame, wie er dai geworden ift, wat er ift. Nun iit ei alier ofienhar, dais jeder Meufchy weleher fich bcy voliiger Befonnenheit befindct, fich ah feibstthattg anfieht» und» bey alJem moglicheo Einfliiis von auifen» sum wenigsten einigen Antheil an fcinen Handlungen zu habcn glaubt. Man haite ikm noch fo vicl Bestimmuiigsgruo^ de vor» Ib wird er, wenn er dfnielhen naelw giebt, doch immerglauben, dafs er fich nicht blofs leidend dabey verhalte, Er unte^rc!!'?!- dcf den Zustand in weichem er gleichfain f^i- neTiXume bey lich vorabe;*zittheiiI*iibt« odar

von aursern Urfachen allein bestimmt \»ir<], gcnaii von dem , wo er feine Gcdanken fam- niell» und at» eiguer Be^gung einen Ent« fchltifs hCst. Besieht man diefe Selbstthitig- kcit, odcr die Untcrlafrung dcrfelbcn, au£ alles was nach und nach beytragt, den Men- fchen cn Vollziehung einer That zu brin^n: fo wird cr dadurch zum wcnigsten Miturhe- ber derfelben» und diefs wird alJgcmein zu- gcgebeiu Nun iagt man aber weiter: £ogar dicfe Scibstthatigkcit ist wicdcr von Griindcn abiiangig» die nicht in feiaer Gewalt iiod* Woher weifi mandteisi Ist es denn noth- wendig, dafs die innere Th3tigkeit fich nach cbcn den Gcfetzen richte, nach wclchcn wir den Zuiammenhang aller Dinge denken! Ist es nicht moglich, daft irgend ein Wefen, aus freycr Macht, fcinen Willen bcstimme?*) Uiber etwas abxu(prechent das wir gar nicht kennett, ist eine Anmafsung die von der Ver-

•) Dic& wird fo «ttsgedruckt: giebt es nur CauralitSt dureh Namr? odcr giebt cs auch Caufaltilt duKh Freyheit?

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minft unmogltch gtit geheirsen werden kann; da roviel gcwiif Uip cU(s, wenn wir dieFrey« fieit» welche TSulchung leyn IbU, wirUidi hatten , wir kein andres Gefiihl davon haben konnten, als wir wirklich habcn. Indeffen haben die Einwendiingen gegen dieielbe ib viel Sehein, und finden, aut mehr tlt einem Grunde, fo lcicht Eingang, dafs es vouWich- tigkeit'i8t xu seigen» worin denn eigent> lidi Jene Verkettung alt nothwendig gedacht wird, und wie wcnig fic dcr Lehre von dcr Frcyhcit Eintrag thun kann. VVas ficii hicr- uber sur BestSrkitng unrers Glaitbens an die* felbe iagen ISfst, kann in folgenden SStseii sufammcngefarst wcrden.

Allcs was viir von den Dingen aufscr uns, und von uns fclbst wiilen , die einzige Idee unlerer Perlonlichkeit ausgenommen, beni- het auf Wahrnehmung dcfrcn , was jene auf uns» odcr was wir fclbst wirkcn.

Dicfe Wirkungen w&hrzunehmcn und un- ter Gefetze su bringen» bediirfen wir der VoCTtellung von Zeit und Ramn; Raum und

Zeie aber find oicht VerliSldiifte die den 6e- genstandeii iinrerer Erkenntuifs au fich xu- kommen, fondern in uni liegent und aue unf euf fie ubergetragen werden,

Auf unferer Art, die Gefentllnde der

Erkennfnifs zu betrachtcn, beniht alfo die# fur uns nothwendige, Verbiuduog aller Din- ge ; und die Natuigeletse besiehen fich nidit aufdatWeien deHelben» Ibndern ntir auf unfcre rinnlichen Vorstcllungen davon.

Wenn wir uof folglich Frcyheit von Naturgefetsen sufchreiben» (b hciiit diefi nur : die Wirkungiart der Vemunft richtet fich uach andem Geletsen ab diejeni- gen find , welchc dcr Vcrstand auf f i n n I i che Voritellungen grundet Die6 find die Haupcfttst die nun «ealer luigei* fiihrt wcrdcn follen.

Alle Erkllningen die von den Gegenttln-

den der Natur gcgeben werden kounen , (ind ib befi^haffcn» dafi fich dieiclben entwcdcr gcradesu auf dat besidien« wm fic auf ua»

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Ccre Sinne wirken, oder docb durch eineil Umicbweif auf dieie sitnlckkomfnen* Wena die Chymie die GnindbetUndtheile der K6r« pcr augeben viiU, fo kann Qe dis, was (ie am Ende gefiinden lut» nicht andeis al« didurch deutlich nuichen» dafi fie Wirknngen der* felben, entweder aiif iins unmittelbar, oder gegen einandery tnxeigt. Sie findet i. B* nach thren letsten Aufiofungen Brden und Salfe, und beyde werden nurdadureh erklSrt, dafs jenc ohne Gefchmack und diefe mit Ge« lchmack vefbunden find; fie findet veriehie- dene tulbrten» und raache diele, entweder durch die unmittelbarcn Wirkungen auf un* lcrn Korper» odcr durch ihr Veriialtniii ge- gen «inander kenntlich» daa aber wieder niefat andert, als in Beziehung auf uuire Siu- ne, angegeben werdcn lianiL

Geht man nicht auf die Bestandtheilc ct- ner Sache , fondeni auf das Ganze derfeibcnf wie wir es denken : Co lind auch da alle Bestim« mungen deflelben von finnliehen Eindriicken tiergenommcn, So laiige man bcy Jcm

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Aeufiern i. E. eines Baumf, f tehen bldbt, (b Ut diefs lur fich klar. Will man in das Inne«

re delTelbcn dringeu, fo kommt nian entvce- der auf die Bestandcheile delleiben oder auf die Geletxe,naeh denen ein Baum erzeiigt, erhatten, vergrofsert wird. Diefe Gcfetze find zwar hinreichend iha von audern Diugen zu unter- leheiden und die Bedingungen ansugeben» unter vvelchen wir Gebraueh von demielben machen konnen, iie gninden fich aber immer 8u£ Wahrnelmiungen» und wiirden von dem Verstande gar nlcht gefunden worden leyn» ivenn ihm nicht der StofF dazu von dcm aiif* lem Sinn geiiefcrt wordcn ware.^)

Auiser diefem Vermogen, das uns Vor* iteUiingeo von der Natiir giebt» haben wit ein Shnlichesy welches fich unmittelbar auf

uns felbst bczieht, und dcr inureSinn heifsL

*^ Dcr aufsercSinn ist das Vcrmogcn, vcrmirtelsl der Sinnorgane und ciner inncrn Einpfdng- lichkcit, Verstellungen vea denDinseo auf* fer uos zu erhalten.

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Vemiittelst deflelben lchauen mlr gleitlifiiiii

die verrchiedcnen Ziistiindc, in wclchen iicU un(er Innres bcfindet* Empfiniilungen und Gedanken werden Gegenstande unlerer Be- trachtiinfi;, und pcbcn uns den StofT zu dem, was wir au uns felbst zu erkeuncn vetmogen* Dadureh erfabren wir die mannigfaltigen KrSfite und Flhigkeitcn, die in uns iiegen. Wir bemerkeny dais wir Vorstellungeu von den Dingen aufser uns luben» da(s ivir die- lelben l^ewahren, suruckrufen, nach Will- kuhr trenncn, zufammcnfctzcn und uns glcich- fam cine neue Welt ichaffen konnen, und fchreiben uns deswegen einen Suisern Sinn, *) Gedichtniisy Erinnerung^ H inbiidungskraf t zu; viir bcmcrkcn, dais wir von vlden einieben Gegeastanden

Diefcr und dcr inncre Sinn, mit allca T5»higkeirtn, dic fich unmittelbnr darauf be- zichen, dcr Embildungskraft, dcm Gcdiicht- nifs dcr Erinnerung, machen zufammcn da$ finnlichc £r k c n n c ni (s verra^^gen im v^cit^m Vcrsunde aus

du Aehnliche xufkmneiifaireii» al]gemeiae BegrifiTe bildeti , mehrere davon niit einiinder

vergleichciiy Urtheile dariiber fallcn, Rcgelii darnach aufttellen u. C vr* und fehen dieA ■lles als einGelchift des Vertfandet an) wir bcraerken, dafs wir inallein, was wir cmpfinden und denkent nach dem tctaten Gninde fragen» dalt wir tn alle Begritfet t^r* thcile und Regeln, Einttifntniing tind Hartnonie xu bringen fucheii» und fchreiben uns deswe- gen Vernunft au. Auf eine Shnliche Art werdcn wir vcranlafst iins ein Gcfiihls- cin Bcgehrungsvennogcn uud cinc Willkiihr bey*^ sulegen. Kurz» alle unfere verfchiedenen Krifte leiten wir aiit den verichiedenen Zu* standen unfers Gemiiths, und aus dcn ver- fchiedenen Wirkungen her» die wir in unt und auller uns hervorbringen. Wie alib die Kcnntnifs der AufTenwclt von dcn Sinnorganen und von der innem Empf^nglichkeit fur die crhaltenen Eindnlcke abhingt: fo beruht die Kenntnifs iinfcrcr felbst aiif dem Vcrmo- gcn, die Zustande un(ersGcmiiths zu betrach* ten» oder auf dem inaern Sinne. Dn

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Einxlge was nicht von demrelben hcrkommt, ist dat ttiiiDitteibaie Befiruistieyn von iiniem letit welehet alle ttnlefe Krifte md FSkig*

kciten cnthalt*

Wenn ntm Airunt ketneCrkenntniif mog-» lich istf viotu uicht entweder der aiifsere, oder der innere Sinn, clen Stoff gelieferl het, {o k^nnen wir die Fmfe tttfNrerfen: Sekrei» ben wir nicht vieJleicht dcn GegenstSnden ttnlen Wiflens mancke Eigenlckeften und VerklltniiM cu, ^e eigentlick niekt in iknen liegen, fondern auf dierelben v o ii ii n s, ver- ttioge der Einricktung des innern und Sttfiern Sinnt, ukergetragen werden^ Diefs woUcn viir ietst unterTucken.

Wenn man die GefiikJe von Lust und Un- kist In Beoraektung siekt» Ib ttreifi jedemann

atis Erfahrung, dafs nicbt allcii Menfchcn eine nnd ebendiefelhe Sache gleich aoge- nekm, oder gleick nnangenekm ist, und dais, obgleich die Urrache diefer Uogleichbeit in R

den \fcii(chcn tnkl nicht in dcn Stchen licgf,

doch fiicfen die Wirkniig imd dahcr einc Be- {chafTciihcit ziigcrchrtcbcn wtrd, wobcy man gcwohdich die EmpfaRglichkcit dafur ganc aiis dcin Gefichtc vcrlicrt. Eine Mtifik wird oft fchon gcnaiuit , dic es bey weitem uicht fiir alie Mcnrchen ia t. Atich ist Qe^ an on4 liSr ficb» nichts als eincVcfhindung vonLuft* fchwingungen , und die Schonheit, die tnan iiir xurchrctbtt driickt niir das VcthSUtniit dericlben «ir Fahigkeit gewifler Pcrfonen von bcrondererOrganifation aus. Aufler die- icn Eigcufchaftcn, dte iiun dcn Gcgcnstandcn dcr Natur ftufchrcibt» imd die etgentltch nur Verhiltnilse derielben cu ciner befondem Art von Empfanglichkcit fiir Lnst undUnhist au* teigen, gtcbt es noch audcrc» dic fich swar allcnMenichen gleichdarstelleny die aber dc^ fcn ungeachtct nicht dcti Gcgcnstandcn felbst zukommcny fondcrn cbcnfalls nur ctnc bc* fondere Art der Wirkiing auf unfere Sinne ausdn'ickcn. Wer cinigc Kenntnifs von dcr Phyfik haty kanu nicht zwcifein, dafs die VorsrclJungl((^ von den verfchiedcneu Farbctt«

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die wir wahrnehinen , blofi cine Polge voa der Einrichtuiig iinfers Augcs ist. Die Kor<* per an lich haben die Farben nicht, fie ha* ben dieielbett nur fiur uns*

Von daefen unbesfveifelten WabrfaeiM Itoninien ^ir tu den Fragen : find nictit viel*

leicht auch die Vorstciiungen, auf wciche iich die Naturgeiette beziehen» von der Ar^ dafi fie nicht Eigenfchaften» Verhiltnifi^, Bestimmungen aiisdnickcn , welchc dcn von uns crkannten Gegcnstaudeu lukommen, fon- dem von der Einrichtung unTers 'iufiern ttttd innern Sinnt abhangent

Alle Katurgcrct2e beziehcii fich auf Raum und Zeiti die VorBteUungen voit diefen dtenen {enen gleichiam zum Gninde. Was mir immcr auf tinfcrc aursCrc Sinne Vtiiku ietten wir in den Raum durch den Gettalt und Grorte, ib wie da» gegenfeitige Vcrhaltnifs derDinge, bcstimmt wird und iii die Z.eit9 diuch wclche die Erfcheinungen auf einander iblgenf und Verbindtuig unter

a6o

cinaii^r bckoninea. Unlere GecUnkeii uiid Empfiudimgen ietten «ir twar ntdit ia einen Raum (dcnn es warc lacherlich tu fragen, wk viel Raum ein Gedanke einnahme) abcc doch in die Zeit» ohne welche wir unfare Zusfindc nicht betrachten konnen* Wat iit nunZeit undRaum? Siud es wirkiiche We^ len? 6idk kinn mhl nicht leynt clenii cs lafst fich fchlechtenltngs nichts von ihnen angebcn, was einer Wirkung abnlich iahe» und nur voa dieier Ironnen wir auf dai Da- feyn einer Sache lchlielf en« *) Sind ei allgcmeiiic Eigenfchaften oder Verhaltnifse nller Wcfen, die ibncn zukommeu, oime RuckfiehC atif unfere Art die Dinge tii fchatien und cu denken$ oder find ei our Be» stimmungen, die von unferer eigentbumli- chen Einrichtiing abhingea! «— Sind ea Vor- stellungen, die iins von denDingen konunen» oder wcrdcn fie auf dic(e von uns und aus

*J Wir fflgen wohl , die Zeit zcrstore allcs, abcr dann meynen wir nicht die Zeic fclbst, fon- dcro dai» was indorrclbcn unmerklich wirkc

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tins uberg^tragen ? Diefe Fragcn wollen «ir tuefft inAbficbt detRaiuns beantworteik

Haben xnir dic Vorstellung des Raiims von den Gegenstlnden der Sinne hergenom- men: 16 kann cr nieliti andcn als eine allge» meine Eigenfchaft oder ein allgeneines Ver- lialtniifl derfelben aiisdnicken. Dieis stimmt aber mit miftrer Ar!t^ den Ramn su betracli* ten, gar niebt uberein. Wir leben ihn als etwas fiir fich bcstchencies an* Nun ist zwaif wobl nahr» dafi yrir von liJoisen Beibhaffen- heitcnundVerhaltniisenlbl^reefaen» als^ ren fie, auch abgerondert von den Dingeuy welchen fie zukommcii , ctwas fiir ficb > wir dcnken tins a. B. dic Hartc» dic Scbwere« dic Grdfie n. C w. Aber um Deutliehkeit mit dieTen allgemeincn BcgrifTen zu vcrbinden, muflen wir mehr oder weniger an die Dinge Idbst dcnkcn, vmi dcnen wir lle hcrgcnom- racn haben *, und diefs ist bey dem Raum gar nicht der Fall. Die Vorstclhmg davon isc au imd fur fieh klar, und wir find fo weit cnt* hnnt ift -dicfi^lbe ctwas einstnniicfacn» da«

a6a

Qidit er lellMC itt^ <Ufi vir den Rauni nodi

tibrig behalten, tvenn fvir aiich a]let wefJen« kcn, was dic Natiir aiismacht. Der leere Raum ttt g^ade daa, waa wir gar nicht wgdenken konnen, und diefer kann denq doch nicht Eigenfchaft, nicht Vcrhaltiiifs gc» nannt werden. Weder das eine ooch die an* deie lunQ da Sfatt findcp, wo nickti ial;

Der Raum wird femer allen firklarungcii ^n Naturdingen» die fiir fich bestehen, sum Grunde gelegt. So oft nian fie gcnau bcstira. men will, fo gebrancht man das Wort Korm per» und denkt fieh hauptCichliehdabey eino im Ramne einge(chlofine Sache. Er ielbtt aber wird wedcr ira gemeineu Lebciiy uoch Ibgar in der WiiTenichaft erklart, die aiJet aiif Raum grundety und (bnat allef erklirt^«-« in clcr Geometrie. Dieft warc gaiu fonder« bar, wenn wir die Voritellung de« Raums aua der Er&hrung geichopft iiStten. Waa una diefe angiebt, wird Ibiiit ohne Aninahme er* klUrt, Trenn cs zum wi(renfchaftlicbeo Ge- bsancbe gefcbickt genucht werden ibll*

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IKe Schwere z. B. ist eiae allgemeiue Eu goniehalt aller KSrper» uiid wie genau vird dielelbe mcht hestimmt. Noch raehr! Auf dasy was gar nicht erklirt wird, griiudet man tnwiderrprechlichwahreSatiey x.B* dorRaum hat nur drey AlnBeiruiigeii ; zwey Dingc kon- iien nicbt einen und ebendenrelben Raum eimiehmen. Die Gewiisheit dieler Satze iit von den fchir&ten Zweiflern unangetastet ge- blieben, ob iic gleich alles, was uns Erfah* nmg lehrt, ungewifi cu maehen gefucht ha« ben. Auch letst diefe in der That nichts |b aufser Zweifel, dafs man gezwungen ware, keinc Ausuahmc gelten zu Jaffen. Hatten wir alfo die Vorstellung des Raums yon den Din* gcn, die uns umgcben, abgezogen, fo mufstc uus der Gcdauke frcy bleiben, dafs ia andern VVeltkdipcm zwey verfchiedne Sachen einen und ebendenlelben Raum einnehmen konn* tcuj uad wer kaun dieicn Gedanken CifTcnS

Dcr Raum ist endlich nach irafercr Vor- stcllung davon unendlich, So unabieh* lich» felbst fur die angel^amitette EinbiXp

96«

jtm^krafir, fchon dct Raum ifl^ «elehendiCt tinlern Bmchniingen und Muthriitfiungen er-

reichbaren, Wclteu einnehmen : Ib ist Cf uns doch unnioglichy ielbft demfelbeii Gren* xen f u (etcen* Er itt liir unt ilber die unab» (ehbare Fcrne alfer Sonnenrysteme hinaus; nach dem Jetsten Weltk5rper t tellen wir one ttoeh leeren Raum vor, Wie aun diefe Voi» cncilichkeic uns von der Erf^hrwng hcrgekom- men fey, ii t ungedenkbar. Unmitteibar wird lie von derlelben nieht gelehrt, tmd diireh Schhifsc, diedarauf gegrtindet worden wareny kann (le uns auch nicht bekannt worden ieyn» Denn in dieiem Falle mufsten wir ea una alt moglich denken, dafi iinwiflende Menfchen fich den Raum nicht als unbegrcnzt vorstell- ten. Uiberdieis haben iich von jehcr die Phi- lorophen mehr Milhe gegeben, die Unend« lichkcit dcs Raums zu bcstrcitcn als zu bc« wcifcn; iind was bitte diejeuigcn, wdclie (te annehmen» wohl auf den Gedanken einer ibl« chcn Beh.Miptung fiihren konuen, wenn fie luohts als dic Erfahrung fiir ficii gehabt liat- ten } Man Qeht nicht einmal die Mdglichkeit»

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aiif dUdelbe die UneiMUichkeit des Rattini nt

Polgt miii aut aUctt dielSni Betnehhm- gen, dafs wir die Vortiellaiig vom Riiniie

nichc durch die Erfabnmg crhalcen haben, Co mnik fie iii u II felbst liegeiL wird auch ofeihar, ivenn wir bedenken, dafi efae wir irgend etwas von den Dingen aufTer unt wiiTen, ehe wir irgend cinc ErCahrung madien kdnnen, «ir Ibfaon dle Vorttellung des Raiinis haben nuCren. Der blofieGedan* ke» da(s ctwas aulTer uns ist, stellt ihn fchon lur unt alt nothwendig dar. SoU ich mich alt verfchieden von einer Sache denken» dte auf michwirkt: fo geht dicfs nicht anders an» ais dais ich mich und fie in verfchic- dene Orte fettes unddiele besicheo fich otFenbar auf den Raum, ddfen VortteUung folglich allem, was auf mich wirkt, zuai Grunde gelegt werden mufi.

Gcht aifo dic Vorsteliuog desiUums aller Erfahrung vorhcr» und itt fie una lu deriel-

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ben tinentbehrlich , fo nmCs fie nns angcbo« reii fcyn , iind cin y^ercntliches Suick unfers finniichen Erkenntni&wermogens autmachen. Der Rsiim ist demiiach nicht lelbst Eigcn- fchaft, fondcru fiir uns ein nothwcndigcs Er* forderuiisy um an den Gegenscaiiden des Sui^ fern Sinns EigenTchaftco su erkennen$ er ist nicht rdbst VcrhaltniAi , fondcrn cr machc cs tms mogUch Verh^lcnifse lu finden,

Sieht man den Raum fo an, Ib begreift mauy wariuu er allen Erklariuigen der Kor-

Kant driickt dicfs fo aus: „Der Raum ist nur die J-orm aller Erfcheinungen auflcrer Sinne, d. i. die fubjedive Bedingung der Stiinlichkeic, iinicr der tllein uns auffcre Anichauung m6glich ist.„ Anfchauung heiisc jede umnictdbiia VorMdlung, die wir durch dea inneni oder iuflrcni Sinn cihalcyn; ficwtrd rein gefuumi; wenn ficin der Einnchcung dcs Sinncs gegcundct isc^ wic dic Vorscellung des Rcnns, uiid cuk pirifcht wcnn fic durch iigcnd cincngc» gcbenen Gegcnstaiid erzeugt wird. leder Gc^enstind ciner empirifchen Anfchauung heifir Evfchelaung l in dicCem Siime fiad auch d> K&per Erichcinungen.

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fKvnlt 9am Gruade gelegt mrden ktiifly

ohne felbst clcr Erklaning zu bediirfen , Ond varum fo viele Sacze , die iich auf dcnfclbea betieliea» «podictiiclie Gewifiheit baben. Dcun das, was ein viefentlichcs Sttlek unfinret Natur ausmacht , mufs an und fiir fich klac leyn, uad fich jedeni Meofckea aufdrin* gen , dafi danlber kein Zweilel erboben wer« den kann. Fiir uns mufs alics, wasunniif- telbar aus der VortCeUung det Raums foigt» irollgiilttge Wabrbeit feyn. Fragen wir aber ob der Raum an und fiir fich etwas ist» olme Riickficht auf unfere Art, die Welt m betrachten, fo kann die Antwort nicht beiahend feyn. Denn ift die VonteK lung dclTclbcn nicht voii dcn Dingcn auner unf bergeiiommeny fondem iiegt iie in uo» lelbst und gehort fie lur Einrichtung unfc^ rcr Natur als nothwendige Bedingung allei delfen» was wir von der auiscrn Wclt crfah* ren: fo konnen wir aucb nur als Men» fchcn vom Raume nnd von ausgedehnten Dingen rcden. Annehmcn, dafs alle mog- licfaeWeiendieGegenstlinde ibrec Anfehauung

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in Ratim retxen, htefse behaiipten, dars fie «lle eben dieiielbe iimere Einrichltmf ihret ErkenntaiitvenDogeiii haben mufiten. Noch weniger lifiC fieh (agen, dafi die Welt ta fich im IVamne eingerchlofsen fey. Ntir die Vontellungen» dle wir von ihr erhal* ten, liiid lur unt ohoe denlUbeii nidit mof iich. Was aber eine befondere Bedingting iin- lerer Sinnliehkeit iat, lcann nicht ait Bedin* gung dct Daieynt der Dinge «ngelehen «rer- den. Die Eigenfchaften dcrfclbcn, die fich nicht auf unfere Sinne bctiehen» find zwar fiSr uni unerkennbar» aber lagen, daft dat, XlMM wir nidit erlahren, aiicK gar nicht feyn kdnne, ware eine Anniarsung, die bey drr Eingeichraoktheit unfert Wilfent unveneih- lich (eyn wurde»

«)Die Welt an fich, hetftc die Welc, wta und wie fie itt» ohne unloe finnlichen Vontellungen davon, fo wte roan fagt: die Mufik an fich {ohne unferc Era- pf&nglichkeit dafiir) ist eine ZuIaiDmea- fttzttog voQ Lufifohwinguageo.

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Aiit ahnlichen Griinden viird es uns auch wahricheiiilidi vorkommen, da£i £clb§t cUfy WM wir Zfitt nemieii» nicht nothwaiilif eiiie Bedingung fey, nach der fich dte Vorttellun- gtn aller denkenden Wefen richteu miinen, obgleich wir ielbtt an Zcitvcrhiitiii6e aUet luupfen, V9U uo* su erkenneii mogUdi itt.

Nehnen wir wie4er» wie bey dem Raiini^

cinen Augenblick an, dafs der BegrifF der Zeit unt aut der£rfahrung kommC: fo ist dteZeit nichlt andert» ali eine Folge von Welen oder Brlchelnungen , die fich aitf onfern inneni odcr unfern aufsern Sinn beziehen; denn Co oft trir in deniy wai wir wahmehmen^ an Zeit denken» ib 'lehwebt uof Immer elne Reihe Von aufciiiander folgcndcn Bcgcbenhettcn vor. Wire nun die Zeic ntchtt ait die Vorsteiluni; einer Folg^ von Veilnderungent £o konnten wir fie allerdingt aut der Erfrhrung hergc- nommen haben* Alleiu dieis stimmt mit un- lecer Art, die Zeit su betcachcen, gar nicht uberein.

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Crstens deokcn wir niche verfchiedene 2eitea neben «uiander, ob w gleich ver« ichiedene Reihen von Erfcheinungen nebea cinandcr fctzcn. Dic Tnrkcn z. B. bcstim- men ibr Inhr mch dem Laufe dcs Mouds» dic tibrigen Buroi^er nacb dem Ltufe dtr Stma^ Fangcn nun bcydcThcile an einem uAd ebea- demfelbcn Tage eiii iahr au : fo dcnkt jcder- mann, da& allet, was in demfelben geicbiebt» bey dcn Tiirkea ttnd bcy den ubrigen Euro* |>'acru in einem und cbendcmrclbcn Zcitraume gefchebe. Auf «elche ArC alib die Zeit..be* atimmt «erde, fo ist und bleibt fie nacb uo» fercr Vorstellung, eine und ebendie(elbe. Wir denken fic nicht wic mcbrcrc nebeu cin- ander fortlaulende Linien, fondem ali eine cinzigc, und fcbreiben dem Satke, da6 ver- fchiedene Zcitcn nicht zugleich feyn konnen, fogar apodictifche Gewifshcit zu» gegen die licb nie ein Zweifel erhebcn kdmie. Dielt wiirde gar nicht Statt iinden, wenn wir unt die Zcit nur ais einc Foige von Vcrandenm- gen dichten. Denn fagen» ei gebe nicht verfchiedkne Zeiten xugleich» liie6e dann be*

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haiipten: verfchledcne Reihcn von Erfchd- nuogen im Uimmel imd auf der ficde^ konn* tcn nicht «isleich feyn*^

War deoken taa» iweyCent die Zeit noch» Wenn wir «uch gar keine Verindentng raehr

denken. Wiren Sonnc, Mond und Steriiey oach welchen wir die Zeit einthellen» vrSre uberhaupt nichtt mehr» \nt den Wechlel un* terworfen ist; sttinde attf einmal die ganzc Natur stille, und bliebeu wir feihst gauz dai^ Viu vrir su der Zeit waren, ohne irgend eine Verindertmg von innen und aufien tu er£ih« rcn; warcn wir in cincm, dcm tiefen Schlaf Iholichcn, Zustaudc: fo ^vurdcn «rir immer noch an ciiie Zeit in dieiem wechielJoren Zu« stande denken, wiriVHrdcn cin V o r h c i und cin Nachhcr in dcinfclbei^ fuchen; er wur- dc ufls immer noch vike eine fortlaufende lu nie, nicht «ber wie eiti untheilbarer Punkt vorkommen. Dafs» es keine Vcrauderinig ge- bCy koiinenwir dciikcn» dafs abcr dadurch auch dic Zeit aufgehoben werde» das ist un« fcrcr Vorstellungsart ganz zuwider.

27»

Wir habcntllbclieVoritelliiiiir «iMr lee-

ren Zeit, Zur Bestitigiing hiervon dcnke maii an cine ge(ch'afdore Perfon, die fich vor der LSnge der Zett fitrehte^ ^ Geht ihre Fiircbt wohl aiif die Lange dcs Wechrdt ih- cer £inpfinduogcn und Gedankcn, oder nicbt im Gegentheii «u£ dcn Mangei dicie» Wecb- lclf ? Sle wuniche die Zeit aufniliillen , oder zu vertreiben. Das Erste bezieht ficb unmito tdhar auf die Voritellung der leereii Zeitt uttd aueh dat Zweyte weiat tnittelbar 4araii£ hin; denn die Zcit wird vertrieben, wenn niail durch irgcnd cincBcicliSftigung dic Vor- ateUtittg dcr Lecihcit entfemt. Stellten wir uni nun die Zeit felbst alf eine Ahwechielung vor, Co biefse eine leere Zcit: cine wech^ Cellofe Abwechfeiung*

Die Zeit hat endlich fiSr uns licine Grcd* fen» (o wenig als der Raum. Wena geiehrt v/ird, alle Dinge baben einen Anfang gchabtt ib findct dcr Glaubc daran liemlich ieicht Eingang, aber deu meisten» die ihn anneh- men, dringt Cch dic Fragc tuf: waa war

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denii vorher? Und wenn cs als moglich dargestcUt «ird, daft dai Wekali wieder ver- gehe, Ib wird gefragt: was wird denii nach* her fcyn? Dic Lange derZcit, dic man riick- ^arti bis %u dem Anfange allcr Dinge» und vorwSrts bis cudemUntergange derfelben an« nimmt, hiiulert auch jcne Fragen gar iucht. Miliionen lahre» auf Miliioncn gehauft, fiil- len die ^it nicht aut, Wie wir nun die Un« cndlichkeit derfelbcn aus der Erfahnmg auf irgend eine Wcifc hcrgenommcn habcn foll- ten» iafst fich ebcn fo wcnig bcgreifcn» alt wie uns aus der(elben die UnCndlicbkcit dcs

Rauiiis gckommcn fcy. Stclltcn wiruns liber- dicfs tlic Zcit ais cinc Folge von Vcrandcnin- gen vor» Ib wiirdcn jcne Fragcn gar nicht Stan finden; dennesverstfinde fich vonfelbst, dafs in dem N i ch t s auch Ikciue Vcrandcnm- fgfin vorgehen kdnnten.

Aus di^fen Betfachtimgen folgt, dafs ms die VorstcUung der Zeit nicht aus der Eriah- rung gcfchupfe habeo konaeo. Dcnn tcas

diefe ulier die Zeit «ngiebt, stiimnt gar iiicht niit dcm ubcrciii, vvas fic fiir uiis ist. Nach der Erfahriing giebt et mehrere Reihen von Ericheinungen neben einandery und die Zcit is( iiiir ciue fortlaufenJc Linie. Die £r£ihruag fetzt nichts aulTer ailem Zwei- hl^ und der SaCx» daft wfchiedene ZeiCen nlcht tugleich iiiid , hat apodictifche Gewi(s- heit. Die Erfahning kaun, in Beziehung tuf die Zeity niur Reihen von VeiSndeningen angeben, und die Zeit bleibt, wenn fich aiich nichts veraadert. Die Erfahruug (tellt uni niir luirze Reihen yon Erfcheinun- gen dar» und die Zeit itt unendlieh.— Uiberdiefi bUibt die Zeit nicht luir, vienn fich nichts vcrandert, fondcrn fogar» wenu «vir denken, dals oiGhts mchr ii C;

Alles diefes zeigt hinianglich» dais die Vocf tellung der Zeit mit der VorsCeilung det Raums, ehierlcy Befchaffenheit hat Wie die letztere in uns fcyu mufs, che v^ir irgend etwas aulfer uns erfiihren koniien: ib ist iins die entere nothwendig, niclit mir iur die

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Kcnntnifs dcr Natiir, fondern aiich fnr die Kemituirs uiiferec felbi t. Die Zeit isc deni* Mch iiidit ie]bst VerSiulening» fondern dat» was jeder Veranderung von uns fum Gninde gelegt wird i de ist nicht felbst eiue Keihe von £richeinungen» Ibndern ein notbwendi* ges Erfordimiis, tn unt und auiTer uns Wir« kungen wahrzunchmen, aiis welcheu wir eino Reihe sulamnienretseni fie ist uns angebo* reut und macht ein welentliches Stuck unicre finnhchen Erkenntnirsvermogens aiis. Uii- naittelbar beuclit fich die Zeit auf das, was ia uns lelbst vorgeht, in ib ferne aber uniere Znstlnde von den Errcheinungen aufler uns abhangen , fo ist fie uns auch nothwendig um dieie wahnuoebmen* ^^)

^ Maa ttelle Ach die VetinderuDgen nodi fo mimerklich vor» fo mufs man felbst diefe unendlichkleinen VerSnderungen an dic Zeit kniipfen, und deakt nicht, dais fie die Zeit felbst fiod.

m

Sic isr dahcr clgenUicli die Form des in- nern Sinns aber ausdcm nnacfuhr- ten Grunde «igleich die farmale i2e-

Aus diefer Art Zett «u beCradifeiiy folgt, dafs fic fiir andre Wereu» ais wir lelbiC 6ii<l» nicht nothwendig ttm» ley. Denn da die Vorttelliiitg derielbeD mcht von den Dtn- gen aufTcr uns, auch nicht von dem Wechfel ttnlerer eigoffn ZuiUnde hergenonnnen» ds fie unt angeboren ist: fi» muiiten tvir anneh- mcn, dafs alle Wcfen cben diefelbc Einrich- tuog wie wir hatccn, wcoa fiir fie dic Zeit ctwaa leyn (bUte. Es llfit fidi denken» dafi C8 Weien gicbt, die vermoge der Ein* richtung ihrcr Augco, nur ganz nahc Gegcn- ftSnde bemerken» und auf keioe Wei(e» mit oder ohne kunttliche Werkteuge, elnen wei« ten Kreis, fo wicwir, zu imifaflcn verrao- gen. Wenn nun diefe Wefim dachtcny vielci konne nur naeh und nach gelehen wer* 4eaf und etwire fchlechterdingt Zcit no- thig» um mehrere Gegenttaiide su bemcrken:

d i n g u n g aller Wahrnchmungen. Da dic Vorstellung der Zeit fiir fich bestehf, ohnc irgend cinen Gegenstand dcrErfahrung zu bedurfen, fo h<ifs( fic auch etnc reine Anfchauung.

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fo filr tms, die wir Taiireiide von

Dingcn «uf eininal uberrchauen» ein iehr liclierlieher Schlufi. Einen Shnlichen wiir- dlen wir felbst inachcn» wenn wir, die wir mir die Wirkuogeu der Natiir iind unfere Zu- tlSiide aaeh uod nach &lIenkonnen, be* haupcen wollten, iedet We(en fey auf eine aholiche Erkeantnifs der Welt und feiner ielbac eingefeluinlLt^ So wie wir nicht allen Welen Verttancl nnd Vemnnft tulchreibea: fo konnen wir auch nicht allen vernunftigen Weica eben daffelbe finnliche £r- kenntniitTerniogeii suTchrelhen» «el- diet fttr unt dle Qiielle allcf WiflTent itt* Diefs thatcn wir aber, wenn wir die Zeit, iwelche die Bedingung unferer £rkenntniit itt, lur alle ▼emuiiftige Welen alt aothwen* dig bctrachceten.

Aut cben diefein Grunde kann man nicht

(ageo , dais allc Diage a n f i ch in dcr Zeit fiiML Dennivir tngen dieie aut unt auf dat uber» wat fene f ti r u n t find. Nur f il r uus gelfiliitht alics in dcr Zeit,— ist der

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Wcchfcl cler Dinge da. Es geht hicT tllen Menfchcn» wie es dencn gieng, die, ia der Kiadheic det menfchlichen Verttanilet» di« lebcndige Kraft, welche in ihnen felbit wohn* te, aiif ieblofc Dinge ribcrtrugen. Weil fic ielbtt mefar ^ren, «It fie mit ihren Sinnen ftt fiiflen Tennochten : fo ttelhea fie fidi vort dafi aiich Baiime, Berge, Fhlfse mehr feyn mufiten» alt fie (chienen. Auf eine ahnliche Weife tragenalleMeniehen ihre finnlichen Vorstelliingen voii den Dinj^ in der Welt auf das Wefen derfelbcn iiber, und glauben» dafi dieiet eine wirhliche VerUn« derung lelde, weil fie dalfelbe nicht ttt fchaucn, fondern nur die Wirkungea davon nach und nach zu falTen vermogea.

Die Zeit alt eine blolte Befichafeiheit ua- fcrer innern Einrichtung, nnd alle Ver!lnde- rung nur als eine Folge dcrfclben zu den- kea» hat fireylich noch mchr Schwierigkeit, als den Raum an fieh fur nichtt %u hal* tcu. Dcnn diefcr geht nur auf die Diuge auf. ler imt* Unfere Gedanken ibhlieften wir ia keinea Raam eia» fic beiieheii fich atieh

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jiiclit alle ttmnittelbar auf denielbeii» und da- durch habeo wir doch etwas, woran wif fe-

heiiy dsL& er oicht nothwendig fiir alle iiiifcre Voncdlungen iit. Einem Wechiei hingegen fiod Ibwohl uniere Gedanken, alt alle Natiir- erfcheinungen untcrworfen. Die Zcic an fich alfo fiir niclitt auiTer un» iialtea, fclteint alie Stutsen niederxtireifseny worauf wir uniere Kcnntnifse griindcn. AlJein die Schwierig- keit der Sache iuon die Wahrheit derfelben nicht aufheben* Wer xum erttenmale hort» da(s die Farben eigentlich in feinen Augcn und nicht in den Korperu lie- gen, denen fie zugeiciirieben werden» der wird eben fo viel Muhe haben fich davon 211 libcrzcugen, als es den mcisteu Mcnrchen Miihe kostet zu dcnkcny da(s iUum iind Zeit niehtt als Formen unieit finnlichen Erkennt* lufsvermogCAs iiud.

Uibrigens leidet nnfcr Wifieft diirch die dar- gestcikcn Lehren voni Raumc und von dcr Zcit nichts. Ftir iins hat dat, wat fich darauf be» liehlf noch ebcn die Wahrhcit, alt wenn fie

ago

^twif wiiklidici wSieii. Weim wir «bcr

laccn h-bcn, dic fich niclit daratif bexiclieii» ib konnen wir dicfclbcn nicht deswegcn fur nichtig erltiaceii, weii fie mic den FonDen iinfers fiimlichcn ErlicinitiiiirFeniiogeiit mdit lu vercinigcn fiud. Dieft fuhrt iraf lur Hauptfache, um deferwiUeii wir die Betradi* tungcn uber Zeit uod Raum aoitentent

Alle iinfefe Kenntnili, unfere Per(onlich«

iieit ausgenommen, beruht auf Wahmeh- mung dcffen, was dic Gcgenitandc auffcr um und wai wir felbit wirken. Die Vor- stelhingen, die wir dadinrch erhalten, neh- mcu die Formen der Fihigkciten an, ver- mittelit welcher wir die Dinge in der Wclr, oder unfere eigenen Zuiande fchauen» daa hcifst: wir mufTcn verraoge der Einrich- twig unlen finnlichen Erlunntniisvcrmogcni ailei, wai wir fchauen» neben oder nach einander fetien. Hierauf benihen dic Gcfctie dcr Natur, fo wie wir fic falfcn, iind die nach denfelben nodiwendigc Ver- binduug allcr Dingc. Di alfo Grund

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dierer Gcfetze iii iins felbsf, iiiid nicht in <leo Wcfeti» au£ die wir iie «awenden» liege, Ib bcfieliea fie fieh niir «tif Vontelliingen» die wir von allen Dingcn uberhaupt, und luin Theil von uns felbst habcn, und nicht aiif daty wat fie uiid wir feJbtt ohne jene Formen tin(erer Sinnlichkett find. wriff- ten wir nun nichts weiter von uns, als was fich auf Raam und Zeit beaiehty ib konnten «rir nieht iiber dle Erfahrang hlnautfehen. Allein diefs ist nicht der Fall. Wir haben Ideen» die nach Naturgefetien gar nicht hcurtheilt nerden kdnnen. Die Gebote der Micht letien den Menfchen in eine Ordnung der Din^c, dic ganz von der verfcbieden isf, wdche wir in der Natur antrefien. f*Da8 Sollen dnlckt eine Art von Nothwendlg- Kcit und VerkniipfungderDinge mit Grtindea auty die ibntt in der gaasea Natur nicht voiw

^ Dieft wird fo attsgcdrfiekt: Die GeTcnc dec Ntrar gehcn nur anf Erfcheinungen, d. h. auf die Gegenftllndc unferer KenntaKt, «ia lic unt crldianeni nicht wie fie tn lich lind«

kommt. Dcr Vcrstand kann in ^itfer nur erkcmica was da ist, odcr gcvvcHii ist, oder leyn wird. Es Ut iinitioglich, dafs dartn et- vas anders feyn roll, als es in allen ^ieien Zcitverhiltuiflcn in dci- I hat ist, ja das Sollen» wenn man blos den Laufder Natuc vor Atigen hat, hat gani und gar keineBedeu-> timg. Wir konncn gar nicht fragcn, was an der Natur geichehen foll, eben fo we- nig als was liiir Eigenlchaften ein Zirkd habcn foll, rondcrn was dAiin gcfchicht oder was fur Eigenfchaften der lctztere hat." Et denkt fieh alfi> der Menich durch daf SittengHctz in eine Welt, dte von der finn* lichen ganz vcrfchicden ist, und fchreibt lieh in dicier Ruckficht Freyheie von den Gefetien der Nitur und dat Verinogeu lu, feinen eignen zu

Kants Critik dcr rcinea Vemunft, S. 57$*

■■^^) Msn druckt diels aQch Ib atts: der Mcnlch betnchtet ficb in Abficht dcr Vemunft tlf cin Wefen tn fich, oder «Is ein Wercn, yekhes nlcht im K«unte und in der Zcit elttgeichloflen ist*

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folgen. Die Annahme der Freyheit von Nattirgefetxen hat auch keine Schwierigkeil mehr» weno dielelbeii mir alt etoe Folge unferer finnlichen Voritenungen angefehea wcrden. Denn jene Freyheit <iem Menfchen tttichieiben» heiist daiui weiter aichtt ak glaubeti, <lalt die yemiuift auf eine «ndere Art wirken konne, alt diejenige ist, \vclche ittf der Einricktung oniert finnlichen £r« kenntnilWemiogent beniht. WoUte mtn wider dieren Gedanken noch Einwendung nachen» ib wSre dieit ebon fo viel, eb ftenn man ISugnen wollte, dalt dat Geficht eine andere Einrichtung habe als das Gehor, oder dais, wcil dieGefetzc, nach dcnen fie wirken^ mfchieden find, dcr eine odcr dcr «ttdero Sinn gar nicht exittirea konne,

So ent&mt die Speeuktion ubcr den

Gnind der Naturgefetxe von dcr gewohnl^* chen Vorttellung dcr Mcnrchen tu feyB fcheittt: Ib findet man doeh dat Refultat desw felben in allen Urtheilen uber die Nothwea- digkeit moxalifchec Uandiiuigctti uod man

a84

kann fagen, dafs jcdcr Menfch, dcr nicht Pflicht tind Tiisciid fur leere Worte hHlt» die traiiscendefitale Freyheit steti iror Atrgcn hat. Aiiircrdcm, was aiis dcm vori- gen Abfchnitte hierher gchort , verdijnt be- fonders bemerfct ni werden, daft die darge- ftclltc Lehrc von der Zeit, wclche den meit» ten Schwicrigkeiten ausgcfctzt ist, von allcn Menfcheiiy ^lche glauben, dala die Vemuoft allc frcywilligc Handlungen letten k5nne und folle» stlllfchweigend angcnommen wird. So oft iie Och tind andere alt die ei> gcntlichen Urheber derlelben betrachten, €o fehen fie dic Zeit fvir nichts an; die ganze Reihe von Verinderungen» die fie erfahren haben» verfchwindea vor ihren Augen, und fie dciiken nicht, dafs der Grund des Ent- fchlufset nim Guten oder zum Biifen in ihrett vorbergehenden ZtiilSndent fondera aJiein m ihreni Wille licgc. Dcr blofie Gedattke der Verbiiidiichkcit etwas zu thun oder zu lafTen, ietst voraiis, da& Zeitbedtngtingen nicht dat gauzc Wefcn dcs Menichen, nicbt die Ver- nunft crc£Fcu. Sie wird fo augclchen, alt

iey (te unveflnderlich, vmd mttAt ▼on «lleai» wat iti der (innUchen Nacur <ies Menfchea vorfeh^ gar nieht aKictrt.

So lange es mir aufs Handeln ankommf, Ib <lcnkt fich ^cr Unwiflieadstey wie der AufgekHrtette, alt ein Weleny datdenGe- fetzen <ier Natur nicht unterworfen , fondern den GcictBen der Vemunft tu folgcn vemio* gend itt. SoU nun aher irgend eine Hand* huig auf entfemte Griiiide zuriickgcfiihrt, odcr foU crklart werden» wie der gaoze Cha- rakter cineaMcnlchenentftanden ut: ib liegt fchon in der Aufgabe lelhtt, dafi fcne und diefer, in Bezichung auf die Sinnenwelt be- trachtet werden* Denn von der Vemunft kann man nicht lageny dafi fie vorhergehen- dcr Griinde bediirfe , um die Willkiihr zur Handlung» odcr vorhcrgchender Zustande^ um den Oiarakter einet Menlchen f u bettiiii- men. Bey der Unmoglichkeit, die Vernunft fclbst» oder ihrc VVirkungsart, unraittelbar zu fthauen, hey der gSnsUchen Verborgenheit alJcs deffen» waf nicht der Rnum uad dieZeit

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eialclilielteiif lit et uitf uberhauptttiiilioglidiy

etwas zu erklareii, das lich auf den Men- (ch.cn, als eiii uberiiiuiliciics Wefeu, beueiiU Nur, daiser etn iblchet Weienisf, liegtiu fcU uem unmittelbarcn Bewuistieyn. Was der Verstand aifo libcr die Griindeeincr Haudlungy oder uber die Cntftehung einet Ciuurakteri «i erforichen wmag» beruht auf etner Verbin« dung nacb Naturgefetzcn. Vcrgaugenheit, Gegenwart und Zukunft vverden mit einaiider ▼erkniipft, undbeydiefenZeitverhaltnifsen itt eine bedingceNothwcnciigkeit unvcrmcidlich* Die Frage: wanim Cud einige Menichen gut und andere b6fe? kann gar nieht beantwor* tct wcrdcn , fo lange wir fic als tiberfinnliche Wefen bctrachten, und gleichwohl muflen viit fie to betraehteiiy wenn Zureehnung Statt findcn foll. Sefaen wir fie altNatttrwcfcn an, von dcncn wir angcbea kduncn, wie fie nach nnd nach durch Anlagen, Umttlnde und Ver<* hiltnilte gut oder hoCt geworden find t fo er« fchcinen fie als nothwcndig bcstimrat, fo lu leyn wie fie iindi und da waie Zurecimung gac nieht mdglich. Finden wir diele in der

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Vcrniinft gcgnlndct, fo gcfchieht cs luitcr dcK doppclten Vorausfetzuug» dais der Cha- nktor eincs Menicheii nicht von dem 'iursera Einfliilse, ibndern von cler Sclbstthatigkcit hauptrichiich bestiraint wcrclc, und dafs cr» fo wie cr tinf ericheint» mit dem uberein* •timme, wie wir ihn erkennen wtirden, vnnn wir iii das Innrc dcs Meafcheu dringen konu- ten.^) Denn wtr denken unt einen Zuiammen* hang cwiichen dem» wat von uns in der Sin* ncnwclt gcfchieht, init dem, was in unfcrcr uberOnnlicheu Natur liegt. Der Wiiky der fich in jener auiiert, wird ak der Wille von dicfcr angcfchcn. Er ist fittlichti k '^^^cr bofc, nach dcin cr als dcr Willc eincs frcycn vcr« ntinftigen Weicns angelchca werden kann,

♦) Der Charakter, dcn wir wahrnchmen , heifst empirifch, und derjcnigc, dcn wir dcn Grvmd davon anfchcn, hcifst inrclligibel. lcncn kann mnn auch fchr gut die Sinnes- art, und diefcn dic Denkungsart ncn- nen, da dcr crstcrc in der Sinnenwclt wahr- Jicnommcn , und der lcci:tcrc io det Vccstan- dcswelr nur gcdacht wird.

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oier nieht; Wer das Sittlichgute nidit ni leinem letften Zweeke mtcht, errehetnt alt

cin Menrch, wclchcr nch fclbst hcrabretzt, und denGefetten derSinne unterwirlt. Wer lich von (lie(en imnier fircyer macht» iit dcr Achtungswiirdige, der fcine hohere Natiir zu hchaupccn iticht» und die Wtirdc^ altvemunf* tiget Welen» (einen eignen Geletfen tu lbl« §<:i\, mit vollcm Rcchtc vcrdicnt.

Da nun alle Zureehntmg atif der Beur*

theihmg der Sinnesart *) beriiht, die wir aii dem Mcnfchcn wahruchmcn» und doch auf dic Dcnkungtart defTelhen geht» die wtr nicht kennen; Ib itt tmt die eigeutliche Moraiitat der Handluiigen, rdbst dic unicrt eignen Verfahrent» ganslich verhorgeik Denn wir konnen in keinem Palle angeben, wic vicl von dcm Chara^^cr, den wir beur- theilen» eine Wirkung der Freyheit, wie viel der bloiten Natur und dem imver&hul* dctcu Fchler des TemperamcutSy odcr dclTcn

S. die voiige Kott.

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gluckllchen Bcfchaifcnheit zuzufchrcibcn fcy. Danufl felgt aber nicbt, dait gar keine Zit- xeefamtng, gar keine SehuM und keln Ver- dicnst Statt Bndc. Dcn Menfchcn blos nach dem beurtbeilen, wat er nacb und nach in der Sinnmielt gewoiden itt, ohne Riiek- fichtaufdas zu nchmen, was er felbst dam beygetragen hat, streitct nicht nur mit den Urtheilen det gefunden Verataudei^ fondem aueh mit dem, aulTer Zweilel geftellten, Sittcngerctze, das aufhorcn wiirde ein Ge- fets xu leyn, wenn die Beobacbtung oder Verletxung deflelben ala gleichgultig ange* fehen werden konnte. Atich dringt fich der Gedanke an VcrJienst und SchuM niit dem Gefiible der Freybeit |edem Meiifcbeii atff 9 der im Stande der Belbnncnbeit i$t. Diefcs imd jenen fur Taiifcfaung crkl';4rcn, hei&t bebaupten, da(i die Vemunft aiif eben dielblbe Weife wirken muffe, auf welcbe dcr finnliche Thcil iinrercr Natiir wirkt. So otfenbar diefcr Fehlfchiula ist, fo ist cs doch ichwer denfelbcn 7.tt vermciden, wenn T

ago

cs «iif Erkctintnirs uud niche auf Handlung ankomnit. Wovon keine finnliche Voritel- hmgt keine Erfkhning moglteh iie, dai wird dem Menfchcii fchwcr zii f.ifleii , fo wie es ihm fcUwct wird xu handehi, wo ihn keine Aiisfichc auf aogciiehnie Enpfindiing rciCir* Uiberdiefi frret>r er fo gcrn liber dcn Kreii hinaus, iu wclchcm fcinc Erkcnntnifs cin- gefchrankc isc. Wer fich nun nichc genugeti ISiic tu wifTen, dafs die Vemtmfc wirkc» foudcrn auch crklarcn wie lic wirkt^ kann dte Vermifchung des Sinnlichen mit dem Uiberfinnliehen, deflen was im Raiime uiui lu dor /cit ^jfchieht, rait deni vvas von diefen Formen uufcrer Erkcnntuifs uuab- hingig isc» nichc vermeiden» iind er muls dann dcn einen Theil feiner NaCur gleich» fam dcm audern aufopfcrn. Es gcht ihm» wie den meiscen Menfchen, die durch Griiude von erwas liberreugt werden follcn, das mic ihreu gcwuhnlichcn Vorstclhmgcn strciceC.

Als d.is Dafcyn dcr Gegenfiirslcr zucrst be- hauptct wurde, fu frhica dicfs etwas widcr»

(iiiiiiges'. Die Erfahrung hat niiii zwar die Wahrheit davoo auflcr allen Zweifel gettellt« iindl ketn Menieh, der fieh ntir einiger Kemitnirs rtihincii will, darf au diefeui Da* ieyn sweifeln* Der Giaiihe an die runde GestaJc der Erde hac fich fatt wie clie aua- geinachteste Verntiiifcwahrheit verbreitet. Wenn er aher iiberhaupt nicht mir annehm* lich gemachty fondem gegen feden Einwurf Vcrthcidigt werden fbll: fo diirftc diefi wohl ichwerlich lur Seiriedigung dcs ge- meinen Verftandes gefchehen. Wie iit ea moglich, wiirdc inanchcr fragcii , dafs dic Entgegeiiwohnciiden nichty fo zu fagen» ia den Himmel falien? Man tiehe doch nur eine Linie von der ObcrflSche der Erde durch dcn MittcJpimkt derfelbcn bis an die entgegengefetxte Seite» ib trift fie auf die FttiTe der dafigen Men(chen, iind geht von da weiter bis an den Hinimel ; diefen haben fie alfo nicht iiber fondern imter fich. Aiif diefe Einwendung mache man nun noch fo deutlich, dafs dic BegrifFc von obcn unJ «nten nur aiif iedea Qn auweudbar fiod#

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m maa fich befindet; dals €c bey {entr ge* nden Liuie vom Mittclpunkte der Erde an gerade uingekehrt genommen werden miir- kUf uud daft fblglich clie Liiue niir in der Phantafie nicht aber in der Wirkltebkeit gezogeu wcrdleu kann : fo >wurde durch die Grtinde» welcbe fiir dide Behatiptungen an- geftihrt werdeo, der gemaehte Eiowiirf wohl niedergerchlagen , volle Uiberzeugung aber nur ielten bewirkt werden, wenn man itch nicht am Ende auf eine ungetweifelte Er- fahrung bcritfen konnle. Wohcr dicfcr Widcrstand?-* dabcr» dalf keine finnliche VonteUuug von einer linie mogbeh ii^ die ob fie gleieh unimteibrochen fertgehe» doch in eincm Piuiktc aufhorco, und, ohne mnnikehren» doch eine gam entgegeo- gelettte Riditung annehmen IblL Der Ver» stand kann» nach gegebenen Erfahrungen nor die hlothwendigkcit dcr Sache fiuren» ohne die Moglidikeit derielben lu eriJireii oder, mit andern Wortcn, ohne fie mit der iinnlichen Aufchauung zu vercinigen. Wer nun die letKteie ab eniicbeadend uber

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die Wahrheit anfieht, wird in dicieiii Bef- i^ieJe eiaeu oflknbafcn Irrihtim aiifiiehiiieii* Auf cinc gani ahnlichc Wcifc irrt fich der- jcnigc» wclchcr die Frcyhcit dcs McnTchca Hufiiet, «mU fie mic der Verkettung aller Dinge streitety tind weil man keine An- ichauung von dcr Art habcn kann, wie Ternitiiftige Wefen an fieh wirlKen* In beyden Fillen werden, alc entlcheidend uber dic Wahrheit, VorstcUuugen angefehcn, die aicht cntfcheiden konnen. In dem enten Falle folt die Sinnliehkeit uber den Verttand, in dcm zweyten der Vcrstand ubcr die Vcr- nunft richten* I^cs von dicicn Vcnnogen hat feine eigenthumiiche Einriebtung und ei> nen fich darauf beziehcndcn Wirkungskrcis. Wird oun das, was in dcm eincn licgt, in cinen andem gesogen» ib entsteht Irrthum nnd TSttlchinig— imd twar hattptilehlich dann, wcnn cin niedrcs Vermcigen iibcr cia hdhcres entichcidcn ibiJ. IndefiGeo Jtann atich der Fall eintreten, dafs man die Tatifchiuig in dcm Sinne fiicbt^ wcnn fic in dem Ver- ststtdc iicgtt Zum BcyipicU vcrmoge dcr

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GefeCic» tiach deueo ficb der Sinn des Ge« fichtt fichtet, iniiiren «ir eine lange Allee am Ende ciitwevier vcreiigt oder gar fo fpitzig icben, dafi lich awey Baiime iii cincii verci- iiigen. Dat Geficht an und ftir fich triigt tmi liier nicht. Lin Betrug fende nur dann Statt, «enn ciuc Abweicbuiig voii dcn Gcfctzen gc- ichahe» nach velchen viir Vorstelluogen durch die Augen erhalten. Diefs ist aber in dcm angefiihrtenBeyfpicle nicht «^erFall. Tm Gegeniheile vi-^rdc es eiiie Abwcichung von den Gefeisen des Sehens feyn, wenn die Baii- mc ciner Allee, vom Anfangc bis ans E«d« derfcibcn, gleich Wv.'it von cinandcr erfchic- flciu Kein Menrch denkt an einc Hkufchuiig, wenn er die Gegenstande in der N£he gr5iser als in dcr Fcrnc fieht. Ist nun dic angefuhr- te Erfcbeinimg ein gaoi ahnliclier Fall , >Mr- um «ird denn da von etner Taufchung der Sinne gcfprochcn? Blofs darum, weil wit nicht bey der cigcnthilmlichcn Wirkungsart des Gefichts stehen bleiben, ibndem ein Ur. thcil cinmifchen, das fo lautet: was gleidi ist» UM& aligieich empfundcnwcrdco. Hicr-

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von ist abcr mir fo viH wahr, dafs dlas Glei- che an iind fir Hch nicfat ungleich feyn kon- ne, nicht aber» et auch von nniern Sin« nen unter allen Umstteden, Ib gefaftt wer« den miinie. Aiich wilTen vair diefs fehr wohl» wir vergeflen es aber leicht» wenn dieGieich- heit undUngleichheit fich auf eine fehrmerk- liche Weifc darstellt, wie in dcni angefiihr- ten Beyipiele. Die vorderc Brcitc dcr AJlee if t nach angettellter Erfibrung» mit der ent* lemtern gleleh, undweil fie fiehdeiren unge» achtct als ungleich darstellt: fo glaiibcn wir, es gehe eine Taufchung des Gefichts vor, da doch eigentlich nicht Jieles , fondern unfer Urtheil tatifcht. Das letztere, und nicht die finnlichc Erfcheiinitig, niufs bcrii htigt werden* Umgekehrt ware der Fail, weun wir daraus» dafi twey glcich groitie Sachcn unglcich er> (cheinen, fchlicfsen wolltcn, das Glcichc konne^ an und fiir fich» ungicich fcyn. Uod dtels iit etwas ahnliches mit deui SchJuAey dals, weil uniere Handlungcti nsch den Na- curgcfctzcn be.!in^!i:ci!\svenrJig tiiid, iic aucii «n nod fur fich als nothwendig ange*

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fehen wetien muiTen. Uier xicbt der Vcr«

staiid in clic Grciiicti fcines Geblel» wai in dcm Gcbictc der Vcriuinft liegf. Was als Er(chcinuttg notbwendig isr, kann in andcrcr Riickficbt fchr wobl ah nicht notbwendig tn« gcfchen werdcnj was iiach cincm Natiirge. fctse erfolgen muis» kanu nach dcm Sittcn- gefetf e alt unmoglidi betmchtet werden» und fo aucU umgekehrt. Dcnn fo wle derGnind* fatx, dtisdas, was glcich ist, nicht iingleich feyn kann, tuf kcine Wcifc dadurch vcr- <li9ngt wirdy dtfi lur unllere Sinne gtns glei* chc Dinge doch unglcich erfcheincn, ebcn fo wcnig kann dadnrch, dafs dcr Ver- sttnd tllcs, vts wir von dcr Sinncnwclt wif- fen , in cuie nothwendige Verbindung (etit, bcwiefcn wcrden , dafs dcr ganie Mcnfcb nut als cin ieidcndcs Glicd in dicfcr uuuntcrbro- chenen Kette der Dinge sti betrtebten fcy. Dicfs ist cr nur in Abficht des finnlidien» nicht abcr in Abficht dcs ubcrfinnlichen Thcils felnes Wefcns. In ihm ist Natur und Vcrnimft, Notbwendigkcit und Freybcit. tr ist im Raume und in dcr Zeit, und er ist

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nigleich uber diefe Sehrankai erfaaben.

Er ist frenidca Gefetzen unCerworfeo, iind iuiiii leiiieii eignen foJgen. Sein Wille crfcheint ali der Natur untergeordnet; er kann abcr auch diefc feinem Willen luitcr- ordncii. So gcwifs cndlich in (eiaeni Bewuiicieyn Vemunft hoher iit ali Sinnlich- keit: fo gewila liegt auch nur dcr nicdre Thcil fcincs Wcfcns in dcm Gcbicte dcr Nothwendigkcit» und der hdhcre in deni Gcbiete der Fxeyheit.

Endc dca er$tea Theilt*

Freybergy

gfdnickt bty loh. Chriit Fricd. Gcrlach.

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Gcmeinfafsliche

Darstellung

Kantifchea Lehren

Sittlichkeit, Freyheit, Gotthdt und Unsterblichkei^

m

Ambrofitu Bethmatm BeruhardL

//. Thcil.

Freyberf, 1797.

;n Ctazifchcn Buchhuidlunji,

Zivey GegenilSiule find et, die dea weienC'*

lichen Inhak jeder Vbnede ausmachen kdn- nen— Jte Ablieht einet Bachs, und det Gangy den es numnty iim dieielbe lu errei« chen. Uiber dicAbiicht diefetBuchf hat fick

VtthfSet in dcr Vortedc ntm mlMi TheiJe^ hiiiringiich erkiarU hat er dagegeii iiber dmGang, dca er ia fiteiiUiitarlhehiiii« gen genoimiien hat» dozt gar iiiditi gelagty ib findet er ei nothig, bier einige kiirxe Anp merkungca diruber Toraut su lchictok

Nicht wenig Lefer des ersten Theils wcr« den geglaiibthaben, der tweyte enthalte Uoft die Lehre von dem Dalcyn Gotcet und die Unscerblichkeit der Seelei und Qe wurden fich daher nicht wenig wundem, swey lange Betrachtungen uber daf moraiiiche Gcfiihl su findeoy wenn fie nicht im voraus, thciJs auf den Grund der Abtheilung, theilt auf die Nochwcndigkeit dicicr Untcrruchungcn au£« mcrkTam gemicht wiirdca*

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In dcm ersten Thcile vnr die Abficht, dic fiahfe Beicliafienlieit det Slttengelffies ni seigen, und dalTelbe ^uikt Zweifcl zu iieczen. Hiermit hieng die Betrachtung uber dic Frey. lieit dct Wllleiis «i£ das geiiaiietfe siiiam. meni denn dat Geretx tmd dte Frejfheit ma- chen eiiiaiider gegenfeitig nothweadig, und •tchen odcr fidkn mit einaiider. In dem iweyten Theile kommcn nun die Unteriii* chimgen, theilt uber die Wtrkungen, «dche daa Gdets auf daa Gemiith dcf Mcn* fchen hervorbringt, theils uber dic f ojgen^ welche ^ Vemttnft aut det Beitimmuiig dct Menfebes sur Sittlichkcit sielit.

Wat nun die entern hetrift, deren Be- irachtung ailein einer voiIittBfen Rechtforti* gung bedarf: fo war es fireylich in dcm Gan*

gCy wdchea die Uateiittcliuiigeii tm ertteii Theile oahmen» itnTermeidliclif «u£ dieiel* kca hinzudcuten } et wurde aber auch imvor* aus ( S. 202. und 336.) erinneft» daft fie nodi befondert betrachtet «erden wurden. Din NothwendigiLeit diefer Betrachtungen an fich, wird in dem Buche felbsC feteigt; Hier find al(b nur noch die Grunde ansuiuh* rcn» wArum (ich der Verfaller (o iange, und viclleicht, nach dem Urtheile mancher Lefer, tu lange dabef auigehalten hat.

Man fiudet nicht felten dieErklSrung, dafir daf moralifcheGcitihl noch inDunfcellieit ge* hiillt fey} nnd wahrrcheiulich liegt in diefcr Dunkclheit derGrund, warum in manchem Buche, welchei KanttLehriatie erlSutert ode»

uiy j^Lj L,y .GoOgle

zum Gru&de legt, ubcr <las moralifche Ge* aSbl, uad dk dmui ent^riiigeiide Sdbitsii» friedenheit eatwedec gar nicbtf befriedifci^ dei» oder manchet geiagt wird, was jeaen LchrAticn wider^cicht. «m der Vefu fifler dielelben deutlich su ilealLen giaubte^ uod ohnc Eiorchraal^ung wahr fand : fo nvat ct natiiclidi» dafi cr cine cCwif weitlluftigc AiiieinindcTfetiung von Lehf{)ltseii« die Vie> lea duakel fchieoen, uod woa Aadern (oach fciner MeinuQg) nut UnreehC iSr einleitif crlLlXrt wurden» fSr nutslich und nothig hielt. Hat er fichgeirrt» fo isterbereit, jedegrund- lifiheZureehtweiiiingaiininelmieib Nurdielb inuis er noch eriaaero» dais er» um cin^ fir die Abficht diefesBuch^ sn groise Weidiul^ tighieit stt vcmeideOf nocb lieles weggelalL

km lut, wat cr tm tiugefiihrt liStte» ttnd ^lieicht M einem «udeca Orte aufiuhreit

freyberg» den lo. Miy 1797.

dm ffiorMUfihcH GefilhU^ als dn Triebfedcr dtr fractifcbcn Vtfmaft.

Jeo Gnmd imd die eigendidie Be- fchafFcnheit delfen zu iiiiJen , was man Sitt- lichk.citneaat» fragten wir die Urthcile dcr gemetnen Vernunft tlber den Werth aller» lur den Menfchen «richtigen Dinge tiber- haiipt , tuid feiner Handhingen insberondere \ Und wir fanden» daft diefe Urtheile» weit e^t* fiemt» den unmittelhar «ngenehmeniEmpfin- dungen oder den Mitteln dazu den hochstcn Werth beyzuicgen, dcnfelbca vieimchr in den guten Charakter letien, ohne wel* chen felbstder aiigenehmsteZustandy und der Bcfitz und Gebrauch aller Mtttel denfelbeu ni erhilten nicht begehrungswerth ley. Als wir nmi weiter fragtcn^ wa$> nach der Ent*

U

fcheicUing det fur gcfimd gehaltcaen Verstan* det, der gnte Charakter ley» und in dieler Ruckficht Hic Eigenfchaftcnbctrachtctcn, wcl» che gleichfam die Bescandtheile denelbcn aus* nachen: fanden vrir die Wohltbitigkeit der Gerechtigkeit ttntcrgcordnet. Dtirch die(e Untcrordniing wurde cs offenbar, dafs felbst die Sympathie» deren Befricdigiing aiierdinga sur eigncn Ghlckfeligkeit gerechnet werdcn kann, nicht dcn wahren Grund des gutcn CharaktcTf antmachen konne. DennGerech- Cigkett mtift oft dann getibt werden, ifena Syinpathie nicht wenigcr als die eigentliche SclbstUebe lcidct. Da alfo gar kein tmmito telbarer Ziilammenhang swifchen dem Stre* ben nach angenchinen, odcr der Abwendung iinangcnehincr Einpfindungen , und zwiTchcn der Handhwgsweife, die dem Menfchen von giiten Charakter ciige(chrieben wird, angetrof. fcn wurdc, fo fragten wir wcitcr: wat isC denn der letxte und hochtteBettimmungt- gijittd (einet Willentl Die Pflicht, war hier die Antwort ; und die Entwickehing dcs Begriffct der PflichC leitetc au£ dai retnc Vec

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auiiftgebot» nur foicbe Rcgcln in un^ ferm Verhalten su beobachCen, die nach unrerm Willen allgemeioe Ge- fetzc wcrden kdnncnt

Dm Hauptgebot <ler Sittlichkeit, nach wdchem alle einselne Maximen» und folglich alle Handhragen xu betirrheilen find, nnd groTstentheilt beiirtheiJt wcrJcii, bcruht dem- rach nicht aiif dcm Triebc nach GliicJsjfelig- keity rondem auf dem Wefen der Vemunft, Auch lieft fich leigen, theils, dafs die Ver- nunft entwcdcr mit den Handluugcn gar mchtt ftu thun habe» oder ienet Gelefs ali den Inbegrif aller fittlichen Regeln aufstelle ; theils, dafs kcin Mcnfch, dcr zur Bcfonnen- heit gelangt ist» das Sittcngeiets» ais eine in feinem Bewuisdcyn liegende Thatfiichey ab* liiugnen konne. Und wurde hierdurch auf dcr eincQ Scitc alicn Einwendungcn begegnctf ivelche gegen den Grund der fittlichen Hand- lungsweife gemacht werden: fo wurde auf der andcrn uicht wcnigcr dcr Irrthum dcr- jenigen aufgcdeGkt» welchc auf Selbstliebe

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imd Sympadiie eta Geieu fur ^ Handlini* gen grtinilea su konnen glauben» Diefe na»

tiirlichenTricbe, weit entfcrnt allgcmcingiil^ Cige und imveranderliche Regelu dcs Verhal* tens an die Hand tu geben, rollen vielmehr der unbedingfgebiethenden Vemunft unter- worfen werdcn , fo oft fie nicht ohne Vcr- letfung f enet GeboU beiriedigt werden kon* aen. la> eben iveil diefeUnterwerfung nidit ohne Widerstand feyn kann , wird dic Hand« lungsweiie, welche aut dcr Vernunft flieist, sam Gdwte.

Nachdem nun nicht nur der Grund, ibo* dem aueh tugleich die wahre BeichalSenheiC

dcs Sittcngetcttcs aiifrcr Zwcifcl gefctit wor- den war» betrachtcten wir ein Vcrmogen des Menicheny ohne iielches die Gebote der Pfltcht von gar keinerBedeutung ffir ihn Ceyn wurden— das Vermugen, fcincn Wiiicn nach den Vorstellungen von Recht und Unrecht» von Gut und Boley xn bestimmen. Dabey war wicdenim nicht etwa das Dafcyn ciner Krafc su beweiieii» die Gck in einselnen Men*

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ichen auf eine xigveydeutige Weife anknnJigt. Im Gegentheile ist die Freybeit des Wiliens ib innig mk dem Bewuii cieyn imiercr Ezif teng» nlf vernilnftiger Wefeii, verbnn^len, und ItegC der Bciirtheiliing allcr Handluugen in Rilck* ficht auf ikre Ciite und Verwerfliciikcit A> uu- eingercbfXnktauni Grunde» dais nodi nicnuuul |e das Gcfiihl diefcr Freyhcic gcliiignet liat. Aile iich darauf beziehenden Spccuia- tionen uelcn nur daliiny dadclbe liir Tlii» fchiing zu erkriren, oderals eine Folge eigen- tbumlicber Krafc zu rechtfcrtigen. Um das Letztcre su bewerktceiiigen» muitten dic Ein* wendungen geboben werden, welebe voa der Verkniipfung aller Dinge nach den Begritfeit von Urlacbe und Wirlumg,! uiid dcr daraus entstcbenden bedingten Natumothwendigkcit aller Handlungen hergenommen werden. Es wurde tu dicicr Ruciificht gcxcigt» dais et widerfinnig fty» ettt Vcmogcn dcs Men* leben deswegcn zu liiignen» weil es mit dcr Anficbt der Dingc streite» die aus einem a u- dern Vennogen flielst; dals |edes leine el* genthuoilichc Einiichtung iiabe» dafs daher

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jecle mit Bcfonnenhcit verbunJenc Handliing auf der ciDem Seite als bediugt nothwendigy auf der andern alsdieFoIge derFreyheif» und der Mcnfch fclbst als ein zufannnengefefztes Weien, das von Naturgefetzea abhiogig und unabhSlngig fcy, betrachtet nverden muifti» Zuglcich folgte aber auch aus dteier DarsteU lung , dafs cs dein Menfchen unniogiich fey, von fich, als einem uberfinnlichen Wefefly et* wasmehr £u erkennen, alsdafsereinrol- ch e s f e y. Denn um die l^rcyhcit mit der Na« turuothwendigkeit su vereinigen» wurde ge* fcigf, dafi Zett und Raum als blofse For* incn unfcrcr fiiuilichen Erkenntnifs, und alle Dinge, die wir, vermuge diefer Formen er- keimen, als Erfcheinungen anzuleheii find, dcrcn cigcntlicher Grund uns »iner- forfchlicb bleibt. Wird uns alfo durch das Sittengefetz die Ausficht in eine liberfinnliche Wclt erofnet, von den wir felbft Glieder find : fo konnen wir doch kcine eigcnthche Erfahrung davon haben» indem diefe stets ia den Schranken der Zeit und des Raumt eiugefchlofscu isH und die cigeutliche Mo«

fililic firemcler Ibwolil ab eigner tfiiidluii-

gen blcibt iiiis iii fo fcrn gaiiz vcrborgen» als vir nie iagen konnen, wie viel die Freyheit, und wie viei «Ue Natur Antlicii an denlcibca habe.

Aus der Unmoglichkeit, eine Erfahning iibcr <lie Wiliensbctdnmuing, alt einem AIlIc der blofienFreyheif, lu habcn, folgt aueh die Unmuglichkeit, die freyc Selbstthiitigkeit je bcgreiflich xu machen. Wenn wiraber nicht «iiXen konnen» wie ein freyer Wille moglich fcy , oder, welches eben foviel iagt, viic er« an und fiir Ci(;h, durch cin Gefetz bc- •timmt urerde: fo kdnnen urir doch iragen» wclcbef iit dat Mittel , durch frelchet in der Sinnenwelt dem Sittengefetze Einflufs auf das Gcmitth dcs Mcnfclicn , als eincs aulammcfi- geietxten Wdeiit» verichaft urerde; und diefe Frage ist von heiner geringen Bedeutimg* Denn wir follen nicht nur felbst in der SiOf nenwclt alt frcye Wcicn handcin» ibndem •uch dat Unfirige bcy trageu , dafi Sittlichkcit immer mehr verbreitct wcrde ; und das Ver- &hrcn dabey hSingt doch offcnbar von unfe-

joe

rer Einfielit in ^at VerhlUniifi der Venmiilit xurSinnlichkeit ab. Ohne diefe Einflchc tap- pen wir gleichfiiiii ini Dtnikelii. Nim £Shct swar lchon die ^argetlellte Natur der Sitt- liciikett darauf, dafs allc Bcwcgimgsgrunde ittm Reeht- imd Wohlthun» die ▼on dcr Selbstliebe hergeaommen mcrdleii, die eigent- lich gute GeHnnung nicht gniuden, rondern oft eiier hindemi und angefuhrte unlaughace Erfiihnmgen ceigen ubenlieit, daft die Vor> haltung Jer PBicht oft da Eindnick mache» allc anderc Trichfedeni nichts vermogen. AUein eritlicb wird gegen die Befchafienbctt und Wirkfainkeit dcs Sittengeferzes noch eine Einwendung gcmacht, die nicht anders ais diirch eine UnlerfuGhung ubcr dat Vcrhlllt- nif dcllelben cur Sinnliebkeit gehoben wer» deo kami ; und zweytens kann durch dieiclbe alJeineiner moraiiiciicn Schwinnerey voi^ beugt werden» die eben ib icbVdlich itt, alc das unaufhorliche Hinwcifen auf die Vorthei- le» «eldie dic Tugend biiweilen xufiUig bcf lieh liihrt lene Etnwendung Ibll in der ge> gcnwiirti|;cn Bctrachtuog uad dic moralifche

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Schwinnerej ia der folgeadca lueckc^lchla- fon fieffdcii*

Der MaMh naB» ist fo befchafaif daft der Betttoiiiiiiiig fehief Willeiit ttett ein Gefiihl der Lust oder Unlust vorhergebu Ettpfindct cr niclili, Ib befehrt er «ueh niehtf ) Odulile find die eigentliehett Trieli- fcdern zu alJen, was er will tind thut^ tr liicht entweder dat Angeochme zu erhwgeiiy oder dat Unangenehine von fidi sn cntfer nen t iind diefs mufi bcy der moralifchen Willens- bcstimmimg eben fo gut Statt finden, als bcyi }edcr andcfiL Auch wird woU licinMcniclif der auf lein Inneret Aehtung gegebcn hat» laugnen konnen » dafs bey jeder Unterlaffung dct Boicn oder VoUbringuog dct Gucco» dic Empfindung ini Spicle ley. Wcnn nun dat Sittengefeti nicht nur als ein Produkt der rci- nen Vernunft, fondcra noch liberdiefs die Erliillung dcilclben alt nit Unlutt verbunden vorgestcUt wird, wie iit et noglich sn den» iLcn, dafs dai reine Sittebgefctx je EinBuft auf dte Handlungcn dcs Mcnfeiictt habcl Ala

cutfcrnt von allem Gcfiihle, miifs es gleich- giiltig fcyn ; iitid als mit Unliist verbimdeiiy mufi cs vtelmehrWidenCMid, altEingaiig fin- den. Wird dieler Widentand zugegeben, fo muTs dcrfelbe dochdurch ctwas gebobcn wer» den, iind dieiet Etwas kaim nichtf andert als ein Gefiihl feyn , dat man durch Befolgung dcs Sittcngeretzes zu entfcrnen , oder zu er- halten fucht. Wenn alib der Menich fieh lur Ttigend liberhaupty oder zu einielnen Aeufie^ rungcn dcrfclben insbcfondcrc cntfchliefst : ib hat er gewiis die Ablichty cntweder einca Schmerz dadurch abz^weiren» odcr ein Ver* gntigcn zti crlangen, und man kann folglich gar uicht f»gen, dafs dcr Wiiie von dem Ge- fetse, foiidcm» daiii er von dem OefKihJe be« ftimmt wcrdcy welches auf die ErfuUung oder lucbt Nichterfiiliung dencibcn folgt, und von dem Menfcben vorauf geiehen winL Wie thorichty ietzt man daher vielleicht hin* zu, zuvcrlangcn, dafs dieMenfchen, umcincr bloften Dcnkform uud cines reinen Vemunft« gefctzes willen» ihren Begierden und Leiden* fcbaftcu cutiagea folienl Mau zcigc ibaea

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viclmchr das Elcnd, in das fic fich iurch ile» felbe stiineo, und den Genufs, den fie durch die entgegengeietzte Handiungsweife erlan* gen , vrenn aan fle tm Tugend iind Reeht- fchaffenheit filhren will. Wer andcrs ver« fnhrt, wird feinen Zmeck, Sittlichkeit zu ver- iNreiten» nieerreichen.

Dieie Einwendung kann nnn twar die Wahrhett delfen» wat hiiher uher die flttlt*

che Natur de$ Mcnfchcn gcfagt worden ist, au£ keine Weife niedcrfcblagen. Weon das reine Sittengeleti fchlechterdings nicht abzu- liugnen , ein auf Lust gegnindetcs hingegen unzihligenEinwendungen ausgefetzt ist j wcnn jenes nach der allgemeinen Anficht in allen FSlIen f vto die finnlichen Neigungen demiel- ben luwidcr find, um der dahcr critstchcndcn unangenchnien HnipHndung wiilen als einG^ hoty uiid doch ali das letite und krSftigste Mittcl zur Hervorhringung gewiiferkandluno .gen, zu deoen man wcnig oder gar kcinc Neigung vorausfetzt» hetrachtet wird: fo ist cio fUfonnenient^ dai fich «if die TcrmeinN

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lieh erkaunte Natur des Mearchen stutxty den Urthetleii <ler feineiiien Vemuoft aber» Ibwohl als der ivefeiidieheii Form derielben tviJerfpricht , nicht entrcheidend. Auch ist demfelben fchon an mehrem Orten gcmiC* lermafien begegnet* Allein» da et ein BedtirT* nifs Jcs lueiifchlichen Geistes ist, clcn Wider* ftreit xwifcheu mehrcrn, weaigstens dcm An- lchein nach entgegengefetxten GrundCitsen und Thatfachen des Bewufitieynt tn heben» iindiiiUibereiiistiunnung aufzuldfcn: fokann dte UnterAichung tiber die fittliche Natur des Menfchen nicht alt vollendet angeiehen wer- den, fo langc nichc gezcigt wordeii ist, wie die unlaugbare Thatiache des Bewuistfeyns, auf die fich jene Einwcndung stutzt^ mtt den dargestellten Lehren der reinen Sittliehkeit %n vereinigen ist. £• foU aifo in diefer Be> trachtung dargethan werden» wie das Sitten- gefetf Triebieder fiir Iden finnliehafficirten Willen wcrden kdnnc, oder mit andern Wor- «oi, wie das Sittengcfett ieibst die Gefuhle cneuge, welche den Widerstand der Sinn- Uchkeit hcben« Geliugt diefe Ahleitung dcf

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Gcfiihls von dem Sittengefetze, fo find atich die beyden Bebaiiptuiigeii, dalf dai rcine Ver- niinfcgeleCx der Betttniinungf gnind det giiten WilJens fcy; imd dafs derWille ohnc Gefiihl nie xuEnticbitilsen undHafldiungc*; bcscimint werde, vollkominen vereinbar. Denn tn bcydcn wird die Sache nur aus verfchiedcueii GeiichCfpuiikcen angefclien. lu dcr ictzcen wird die Willens bes Ciinniiing auf daf unmic* Celbar vorhergehendc GcfuhJ, und in der er- stca auf dcn Grund dcilelbcn» das Gelctz, be- sogen. Und nennt man {cnef Gefuiil, ala yon dem moraliiclien GeleCfe gewirkt» undi dcmrciben gunstig, das muralifchc, fu kann mangleichrichtig fagen: derguteWilie werdevon dem moraliichen Gefetze» und von dem moraiirchen G c f ii h 1 e bcstimmt*

♦) Um indeflcn dicfe bcydcn Anfichtcn dcs mo. ralifchen Willens zu unterfcheidcn , ncnnr man das Gefctz dcn Bestimmungsgrund, und dat Gefiihl die Ttiebfoder Dieler Unter- ftbicd, fo fein und Qnbedemend er fckeinfn nigt itt dock nickc nnr gegrundct, fondcra auch von Wickcigkeit. Wcnn jemand die Liebc tum Spiele aufgiebc» wdl er groftfn

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Es htkn aber ^ie auf den Gnmd fener Ein-

mendiing gcbaiitcn Schlufse diirch diefe Dar- stellung von felbst weg. Dcnn in fo fern dat moralirehe Gefuhl ▼on dem Ge- f e t ze gewirkt wird, ist jenet mit der deut- lichen Vorstelhing von dicfem unausbleibiich verbuuden, und wird auch ohne iweicere Lob- preiTung feine Ktaft auf daa Gemuth iufiem.

DieHauptfragen» die wir mmzn beant- wortenhaben, betreffen die Art, wie das

Sittengcfctz fich Eiiigang in das Gemiith cles MeitTchen Verfchaft, die Abieitung des

Vcrlust erlitten hat: fo istda*; unangcnehine Gcfiihl, das den Vcrlust bcglcitct, dicTricb- fcdcr zu fcincm Entfchlufse. Die Unan- nehmhchkeit dcsGcfiihls aber kann von dcr VorstcUung des Wctthcs dcs Gcldes an fich, oder dcs damit zu bewirkcndcn Gutcn her^ Kommen. Und diefe Vorstellung ist der Be- stimrouQgsgrund zu jeaem Bmfthhifie. Aus der Verwechfelung der Trtebftdcr nit dem Bescinunungsgrundc det Wfllens, ist suoi Theil die Mcinung cntstsnden, dsfs die gsiw «t Sinlichkeit suf deoi Trlftbt nteh GlOck* fctiglccii benihs^

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moralirchen G cfiihls von dct Wirkung des Gc(etzes auf deu iinnltchafRcirten Wille% uacl endlich die Natur dieiei Gefiuhlt.

Wenn <ier Menfch Cch im Stande der Be- IbnnenheiC befindet» (6 miilt er die Richttg- keit und Vcrbindlichl^eit der Regehi, dic fciii Verhahen» als das eines verniinftigcu Wefens^ leiten follen» nochfvendig anerkennen, ibbald fie ihm auf eine detittiche Weile vorgehalcen werdcn. So wenig er denken kann, dafs ct- «tf wahr iey, was fich felhsc wideriprich^ eben ib wenig kann «r einen offenbarea Widerfpnich in feinen Willen, und zwi- ichen feinen Urtheilcn und Handlungcn guc heiflen. Er kann nichc lur fi e h Rechcc vcr- langcn, und doch Andern keine zugeste* hen; er kann nichtHiilfe von feinen MiCmeu* ichen fiir fich fordem» und es fiir gtit halcetty dafier ebendiefeHulfe Andern ver- £ige( er kann nicht ein Gut huher fchatzen alt einanderet» und es doch billigent dais durch leine Handlungen das Kleinere den Vorzug vor dcni G r 6 fs e r n crhaltc. Wcun

m»n (ich niin vorstellc, dafs ein Menfch aii Iblche ai» dcc Natuc der Vernuaft flicisende Regeln ni eiiicr Zeit eciiuiert werde, wo er^ denfelhen zuwider, im BegrifFe ist, fich liu(s tu verrchaffca: fo miirs mit der EinHcht in ^e Nothwendsskeit deiiielbea uni des Ge» fettet willeii au&ugebeiiy uiuutbleibliefa ein unangenehmes Gefiiihl entstehen. Dic Siim- Jichkeit mufite nickt Sinniiclikeit icyn» wcim ihn der Verlutt einet Geniiitet, nachdem er, der Vermmft zuwider, strebte, gauz gleich- guitig lieit. Einen ihnlichen Schmen ver- urlacht ^ Gefefix ttett» wenn et xu Hmdr iui\gen aufFordert, welche keinc Neiguiig auf ihrer Scite haben» oder irgend einer fogar tiiwtder find» Denn jede Neigung itt «u£ Gefuhl derLust gegriindet, iind dieUntrr- druckuug dcrfelben kuiinca wir uos ebeu fo wenigobiiedieEneugungcinef entgegcii*

•) Wenn ohnc finnliche Antricbe gchandelt wcr- 4en foU , fo isc wenisstcns die Trdgheir ztt Gbcrwindcn. und dcr Hang dazu gnmdet fich ebtn&Us ttif Gtiuhi det AanehoUach* fceit»

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fefetiten Geltihls denken, als ivir denkea konnen » da6 esn bewcgtCT Korper aiilgehal*

ten werdcy ohnc cinc eiifgcgeiigeretzte fUchtttttg zu erhalcen. Auch ist hinlangUch gexeigt worden, dafi der gemeine Verstand da, vfo tim der KechtrchafFenheit willen ir- gcnd cinc Neigting aiifgegcben» und ohne finnlichen Antrieb gehandeJt werden mu&, die Wtllcnsbestinitnting als eine iinangeneh* nc, mit innerm Zwangc vcrbiindcnc, Sache anfieht, In fo fcm aiib das Sittengefett alle imiMNeigungen etnfehrSnki; erregf es nodi- wcndig ein unangenehtncs Gcfiihi. Niin ist nicht fu riugtten, da6 Unlusty an und fu> fieh» kein Antrieb, fotulem ein Hindemift fiir diejenigen Entfchhifse ist, vvelche dicfe Unltist erzeiigcn und iinterhai ten Wcnn aber diefii utumgenehmeGefiihl fo tu(ammen« gefettt v^rt, dafs der eine Theil gleich- fam als das Gegcngewicht des andern ange- lehen werden konttte : fo wurde offcnbar leyn, dafi die immittelbare Wtrkung des Sittenge- fctzcs auf iinfer Gefiihisvcrniogen die Hinder- nifle aus dem Wege raumte, die» nacb unie- X

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fcr EiAficht, dic eiusigc Uriache attimaeheii» ivanim die Menlcheii nicht immer fictlichgnt haiideln. Und dafs jencs iinangcnchme Ge- liihl wirklich folche entgegeiifteheadeTheiie enchalce^ «srd erhellen» wenn wir die Natur dcr Sinnlichkcit niher befracKten.

Alle unrere finnlichen Ncigungcn lafTen fkk imter xwey Hatiptabthetlungen bnngeo^ von dcnen die eine in dem Wohlwollea gcgen tins fclbst» und die andere in dem Wohlgefallenaiiunaleibftbetteht. lenet heifit befottdera Selbstliebe oder Selbst- fucht, diefcs Eigenliebc odcr Eigen* dunkel» je nachdem dieie Hauptneigimgeii entweder iinbestimmt, oder ohne Sditankea gedacht wcrdcn. Dic crstc dcrfcibca Ver«

^ Ei diif nichs imbonerkt Ueiben» da(s die Bcitinmiung diefer Wdrter ecwas von dcr- jenigen abweicht , welche Kant davon giebe, Er bcgreifc alle Neigungen unter dem Na- men der Selbstfucht» theilc diefe auf die an- gef&httt Wcife dn , und nennt das Wohl- wollen gegen uos Selbstliebe, oder auch noch bcfonders Eigenliebe , das Wohlgefal- len an iins abcr Eigcndunkcl, doch unter dcr Vorausfetzung» dals es ohoe Schraokcn

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Vtixft die Veruuiift nicht an und iur fick» ibn- flelit fievieJmehr alinaturlichuiid» Qoch ▼or dem Bewulitreyn det SiHcngefeties, als rege vor. Atich gestattet fie nicht niir dic Be- firiedigunf dcr Sclbftliebe in allen den Fillen» wo die Rechte anderer dadurch ntchr ge- krinkt \;vcrdeu, fuuderu fordert fogar in deu-

fey. Da Eigenliehc und Sclbsrlicbe, dcr Etymologic nach, eincrlcy Lcdeurcn konncn, fo mufs inan fie cnrweder naher bcsrimmen, odcr auf die VorstcUungcn Riickfichr nch- nien , welclie nach dcm Sprachgcbrauche da- mic verbunden werden. Diefcr fcheinr aber f&r dic obcn angenommene Bcdeurung der Higenlttbe zu fcyn. Die Selbstfuchc kann swtr illeidings, aoch naeh dem Sprachgc- taHiche, allc fiimiiehen Ncigungcn im Qlwr- tticboMn Giadc unlaircn; doch adgt lie Sewdhnlich nureine unHngefchrftnkicScIbsi- liebe an. Und wird Sclbstlicbc voa dcm WohlwoUcn gcgcn uns, ohne wci* tere Bestimmung, Eigenlicbe aber von dcm ebcnfdlls unhcstimmtcn Wohlgefal- Icn gcbraucht: fo fchciur es natiiriich, diefe Ilauptncigungen, in fofcrn lie ohne Schran> kcn f^cdacht wcrdcn, mit dem Namen dcr Sclbstfucht und dc$ igendunkels 7M belcgeii.

gao ^

ienigeii dazu auf » io ^chen die Befiriedi* girog Mitfel werden kana» die Gebote Aet

Fflicht leichter, iinci iti einemgrorsern Uinfan* ge za erfuilen. In fo fejm iie abcr doch das Streben nach angenehmen Enplindiuigen ein* rchrinkt, iind in vielen Fallen Aufopfening fordert : fo foU die Frage beantwortct wer* den» wie uberwindet iie den Wideratand det Sinniichkeit, wie druckt fie dcn Schmerx nie- der> deii die Aiifopfcrung irgend eines Ge- niiiret erregt* Die Antwort darauf wird fich aiii den Betrachtungen ergeben» diewiruber die Wirkiing der practifchen Vernuafc auf die £igeniiebe anstelien woiien»

Die zweyte Hauptnciguiig des Menicheit itt dat Wohlgefaiien an leiner Peribtt. Die Gegenftinde» die fie befriedigen» find nichtnur feine, vonderNatur erhaltenenund dureh Uibung entwickeiteuy Krifte und FSliigkeiten, die Gabcn*det Geittet und des Kurpcrs, feiue Ncigungen und fcinc Hand* iungen» rondern auch feibst rolchc VorzCigc, die cigentiich aufler ihm liegen» fcin Stand

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in der burgeriichen Gefclifchaft» fein Geld und Gur, kurs, allet was cr ut, thtit» befitst und geniefit. Er rechnet (bgar tu feinem Selhst was nitr in irgend einer Verhindiiiig init ihm steht. Die Thaten fetner Vorfiihrea imd leiner Landtleute, dte Vorfuge letner Verwandcen imd Freundc, macht cr gewirTcr- nafien su den ieinigen. Und wie oft gef jiiit er fich lii einem Nichtt, deflen Werthlchi* tziing und Amalgamirung mit fciner Perfon, cr, wenu er nicht mehr Kiiid ist, weder an« dem noch fich ielbtt laut lugettehen getraut! Aut dieier kunttlichen Autdehnung Heht man fchon wie stark dcrTrieb ist, der xor Scibst- fchitsung autfbrderts noch mehr «ber aut dem Widerttande , der in den meitten Men- fchen (lchtbar wird, weun Cic etwas aufgeben follen» dat fie alt eiiien Theil ihret Selbtt an« icheny oder, wenn ihnea der Unwerih der Dinge vorgehalten wird, um deren wiilen lie fich wohlgefaiicQ* Schwer h'iit es von offen- bar £d(cheii Meinungen abiubringen, weon He lange imterhalten und dadurch gleichfani ein Theii der Perfon gewordcn finds fcbwcr

halt cs, vonderWahrheit zuubeneugen, Jaft das, was aii(Ter uiis uud nur ein Werk dcf ZufiilJt ist» kcia Gnaiid dcr Selbftrcfaatstiiig feyn konne^ Und geCettt^ mtn hoffe der Bi« genlicbc irgcnd etwai zu entzichnj fo wird nuui 6ck doch, von feinem eigencii Bemifil- ieyn gedrungen» leicht vontellen» dalf ct nicht ohne Schnieri von Sciteii der Perron moglich Ccy, die es verlierca foli. Wic viel ^chonung ilth nicht deiwegen die Klugbeif an! Und wie ▼iel Ktintte hat nicht die SchmcicheJey erfiindcn» um dic Guiist derjeui* gen su gewinnen tind tu erhalten, iQr die nan nichts ^iter thun kann, ak dafi inaB fie in dem Ocfiihle ihrcs Wcrths bestarke ? Aucb itt nicht etwa blofiuntcrdca Vcrfieincr« ten» enter den Hohen und Reichen die Eigen- licbc fo wirkfam; dcr gcmeine Mann ist diurch fic cbcn Co wohl su gcwinncn , und er itt oft nur detwegen ttdrrilch und un* sulrieden» weil «an dem» wat er ikgt, thut, tind istj wcnijg odcr gar kcincn Wcrch fugetteht.

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Dieicr mlehtigCy ubcr das ganze Lebea ▼erbreitctc Tricb «ird yon der pnctiichoi Vemiiiift noch mehr eingefchrlnkt» df die eigentJiche Sclbstliebc. Dicfc wird nur dann Tcrwcrflich» wcnn iic, dcm GeieUe xuwi* der» ihre Zwecke durchletit» ohne.Cf lchoa deiwegen lu fcyn, weil fie ohne dafTcIbe wirkt j das WohJgcfallcn an dcr Pcrfon hin* gegen wird gSnslich verworfen, fo lange ct ohne eine mit dem Sittengefetxe iibereinf ttm* mende Gcfinnung, wclchc cinc uncrlafsliche fiedingung allerSelbstichiCziing aat, behauptet werden foll. Daa Vcrgniigen, alf Vergnu- gcn, ja fclbst dic ganze Summe angenehmcr Empfindungen, und der Inhegrif aller Kraft^ die wir in uns und aufler una Kur Bewirkung deHelben hefitzcn, iufscrlichc und innciliche Vorztigc find nach dcm Urthcilc dcx practi- fehen Vemunft gegen den Werth def fite- iichguten Willenf fur niehtf fu aehten. Dieicr it t das H 6 c h t c, was dcr Mcnfch bc- fitienkann, dif unnachlaislich Nothwen* dige, waf er belitsen folls und wer die- fcs fchlechthio NothwcudigCy an tmd fiiir iich

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Giitc, iim reincr Siimlichkeit vvillen aiifgiebtf dcfTeii Selbslfchatziiug ist eben fo nichtigy alt die SehStsttDg des Rdchthiiiiit ite» venn maii in dem BeBtc defTelben fich doch nicht die crsten Bedurfaifse des Lebeus verfchafifen kanii.

Wtrd Mo das Sittengelets etnem Men-

fchen vorgehalten, der ini Begriife ist, ctwas Boief su thiuv oder'etwas Gutei su unterla£> len : Ib wirkt der Schmers uber deii Verlus^ den er durch dieBefriedigimg reinerNeigimg an feiner Selbstrchatziiiig leiden wurde, dem Sdimersey welchen die Aufopienmg verur» iacht, entgegen , und bey dem daher entste- henden moglichen Gicichgcwichte vvird das Sittengeiets nicht mehr gehindert, den Wil* len sum Eat(chlii(se und sur That su bettim-

men. Denn da ohiic dcn Wi(Jcrstaiid <Jcr fmn- lichen Tricbe die Handlungswcifc dcr Ver« nunft stets befolgt werden wiirde: fo kommt Cf bey der ErklSnmg, wie dasSittengeletsEin- gang gewinne, nur darauf an, zu zeigen, dais es (elbst jenen Widerstaild hebe. £s hebt ihn aber tuf die aagefiihrte WciiCf indem et eine

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Kei^ing im «ndeni entgegenstellt , itnd dai Wohlgefaiien an uiirrcr Pcrfon, ohne Auf- opfeniiig allei iinrechciiiaisigeii Geiniires» lUh mogUeh macht.

Wenn auf dicfe Weife ofFcnbar ist, da(f dai SiCtengefet» durch die Einfchrinkuiig dec gansen Sinnlichkeit des Menichen fich Ein^ flufs auf feine Handlungsweife verfchafFen konne : fo iafst fich nicht wenigcr bestimmt das Gefulii angeben, weiches tn fo fem nio* ralifch gcnannt cu werden verdient, als et aus cicmGefctze entfpringt und der iiefoigung deiTelben beforderiich ist* Denn aus der vorhergehenden Darstellung £i>lgt uninittel- bar, dafs diefs Gcfiihl das M i s f a 1 1 c ii an der ferfon ist» weichcs aus dcr VcrJctzuug des $ittenge(et<ef entsteht. Bedenken wir nun» daft dielesMit£dIen Demuthigung heifst, fowerden wir auch dcn cignenNanien findeu» den das moralifche Cefiiiiiy sum Unterfchie- devon jedem andern, liihrt. Denn dieDe»

nuithigiing weist auf das hin, was wir Ach- t u n g nennen. Wie Niedrigiieit und Hoheit in Ib fcm nniertrennlieh verbunden find, ali

S7S

dk Vontelliiiig dcr eiiieii» «uch die Vorstd* lung der andeni vorauilett f : Ib fiud tn gleicher Ruckficht Dcairithigiing und AchCung iiniertreimlich verlNmden. Dat «w die eine cneugt» iit eln Gegenf tand der «ndetii. De» muthigC alfo das Sittcngcfctz, fo gefchicht cs cben dadurch» dais cs Achtuog fiir fich for* dert. Oielei Gefulil kami euch ohneUmiief nus dcrNatur dct Sittengefetset tmd der Sinn- lichkeit hcrgf lcitct wcrUcn. Denn indcm die practtfche Vemimft dat Wohlgefidlen an der Peribn einlchiVnkty tmd £6 den Eif endtin» hel nicderfchlugty fiihrt fic untnittclbar aiif dat, wat wir Dcmiithiguug neunen» und da« dtirch lumGefiihie der Achtung.

Aut diefer Aiileitung det monlifthen Ge- liihlt itt oilenbar» dafi et gani eigner Natur

ist.**) Alle anderc Cefiihlc gehen dem Gebrau- clie dcr Yciuimft vorher» imd konocn iwar

ei) Rtnc fflgt daher, diefes Gef&hl fkj nicht pa> thologifch, ibodcm prtctlfch go* wirkt.

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3^

fon jerfelbeii gerldilet, enMitert ote ge-

fchwiicht, abcr nicht hervorgebracht werden, Dieif betieht fich nicht niir auf die Gefiihle ^ eigentlieh Ibfenannten Sinne» Ibndeni auch auf folchc, die nicht in cinem befbn- dern uni bekannten Werkzeuge gegriiadet find» «It Sympathie^ Furcht, Bemnderung II. C w. Diefe wie jene Sufiem fieh in der {riihsten Kindheit. Von dcr inncrn Achtung hingegen iit keineSpur in derielben ancutrei^ fens fie findet fich erst mit derEntwickeliuig cler Veraunft, erst dann ein, wcnn dcr Gc- danke eioet Gefetzes geiaist werden kann» und iit nit keinen andem GefiiUe als mit dcinjenigcn zii vcrglcichcn, welchet fieh auf die W a h r h e i t, als Wahrhcit, bexicht. Auch diefe beruht auf Gcfetsen, nach welchen wir in umSliligen FsUen Urtheil fiUlen, ohne ea uaf cinfallcn zu lafTen, dafs irgcnd cinGcfiihi xum Grunde iiege. Dafs dic Lchrritte der Mathematik auf Empfindung benihen, wird wohl nicniand behaiipten$ aber wirken kSiv nea iie auf das Gefiihlsvermogen, und fowohi Unluit ab Luit enciigen» Wer die Qy adra*

3*8

tttr desCirkdf gefundefi tuhaben gUubt, und nachher tibeneugt wird, fie nnmogUcli IMt, hcy dcm kann ein Gcfiihl der Unlnst cin- treteiiy delTen Stiirke fich nach dem Grade des Werths richtet, den erauf leine vemieinte Entdeckimg lcgte. Wic min in die(ero Falle einc Art von Dciuuthigung dic Wirkung dcr Denkgefetze ist: fo ist eine Xhnliche Demu- thi g t m g die Wirkung des Sittengeletces. Wie dort dic thcoretirch c, Co furdcrt hicrdic practifche Veniunft Achtung,

Dicfc Vcrglcichung wollenwir fortrctzea» npeil fie gefchickt i$t, den Gegenstand der ge- genwlrtigen Betrachttmg su erlMutem. Achtung fiir die Wahi hcit nothiget den Men- fchen» das augenchme Gefiihi aufzugeben, das ihm cine yermeintet aber als grtuidlos darge- stellte Cntdecktmg machte. Daft nun an die Stdlc defTcibcn ininicr ein auderes gefetzt fserde* vrelcbes in der Achttmg fur die Wahfw heit eufhalten iey» widerfpricht der innem Erfahrung. So langc nian noch in einer Un- tcrfuchung begriffcn ist» kann man wohl eine

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Art von Liist empfinclcn, wenn man einen Irr- thum entdeekt, in fo fern dicfc Entdeckiing cinem gewiflenZwecke bcfordcrlicK itt. Wcnn inan aber cine Untcrfiichuug als gcfchlofleii anfieht» und das lUfiiltat derielben, «iif wcl- clict man einen hoben Werth (cttt, doeb wie- dcr aufgcben mtifs, ohnc dadurch etwas aii- dert alt die bloite EinAcbt dcs Irrthums zu erhaltetty wie in deni angefuhrtenFalic: fo itt cin Gcfiihi dcr Lust unmoglich. Die(ct itt aiib in dcr Acbtiing fiir dic Wahrhcit lucht notbwendig enihalted$ lie weitt im Gegen- theile auf gekrinkte Eigcnliebe bili. Da fie nunaus dem Gedanken entfpringt, dafs dic Gefetie det Dcnkcnt die lidchtte unabindcr- liche Bcdingung enchaltcn, untec dcr allc un- fcrc Urtheile stehen : fo ist fie (dic Achtung) dem Weientiicbennach, nicbtt andert» ait der den Dcnkgdetfen eingeiiumte Vortilg, Ter- bunden mit der Deniuthiguug, die daraus ent* Ijpringt, oder, mit andcrn Wortcn, das Ge» fuhl der Notbwendigkeit die Eigenliebe den Bcdinguiigcn dcr Vcruunft zu untcrwcrfcn.

B3Q

So beCrachtet^ If t die Achtung fur die WahN htit ein gans anwillkuhrlichet Gefuhl. Wenn wir eher ^ielelbe irgencl einem Men* rchen insbcfonclere zii fchreibeuy fo dcnkeu wir dabey noch etwu» wat von ftiner W ill» Irdhr abfalngty und meinendann nicfat 6n Geftihl allein, rondern auch die Wirkung deficlbeut nlmiich die freye Unterwer* f u n g unter jene Nothwendigheit» und ein Vbr« faahen, das aus derfclben entfpringe. Dicfcr Unterfchied ist in der meurchlichen Natur uur zu fehr gegrundet. Denn weii die Acfatung fur die Wafarfadt einen Schmers enrhilr, Ib fucfat der Mcnich dcmrdbcn dadurch zu ent« jdien» daii er in den FjUlen, wo cf moglich itt, leine Irrtfatimer Tertheidtget. Gleicfat er auch in feinem 'aufsera Benehmeu nicht ganx jenem Kaifer» der die Geletie.der Sprt» cfae afage3ndert wiiTen woUte, weil er cinen Fcbler dagegen begangcn hatte ( denn um Co etwu xu wollen» muis man ein Kaifcr lcyn): Ib fiicfat er doch in leinen Meinungen eiue Scite aufy von welcher He fich cinigerniaafsen retten lalTcn} und da bcy dccUuvollkommcn-

heit der tnenichlicben Erkenntniis eine Coleta Seice ia jedem, nicfat uiiiiiitteUiar klaren Irr* thiiniey mit eiiiem gewillenGrade vonScharl-

iinny Icicht gefiindeu wcrden kann : fo fehlt

«

ei der Eigeniiebe» die felir erfinderiTch is^ nicht an Mittehi» ilur Interefie tu behauptea* Diefcs mufs man aufgeben, wcnu die Wahr* heit unbeichrjinlitenEiiigang finden foil. Die Achtuag lur diefelbe aber druckt ehen dea niedergefchlagenen Eigend linkei aus, und ist dadurch cin Mittei zur Vcrmei* dung det Ircthtniis tmd der Tiulciiung.

Mit dcr Achtuttg fiir das SittengeieU hat cs eine Shnliche Befchaffenheit Fur daflelbe

findct an uud fiir ftch ebcn fo wcnlg ein Ge- liiiil StMii, als fiir dic Oenkgeietze ubcrluupt» Es wirkt aber auf das Empfinduiigsvermogeiiy weil es einen Widerstand in unfcrcr SinnliclN kcit findet. Der Schmerz, den uir iu Ab« licht des eincn TheiJs derleibea erfshrea» ist Demuthigung; diefe, verhiinden mit der Hochfchitzung des Gefctzcs, ist Acbtung fur dafleibe. Maa lunn swar lagea» das Gelithl

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dcT Nicdrigkeit unrcrer Ncigungcfl, und iin- lecer ganzcn (innlichcn Nacur, gehe uber la dif Gcfuhl der Hoheit det Oefeact, and dct libcrnnnlichen Theils unfifrs Wefens ; nur ist dicles Lctztcrc, an und fiiir fich, cben fo we« flig ein Gduhl der Lutt tu aennett, alf dai Geliilil derHoheie der Denkgeletse» in Ib fcrn fic bloft auf daf Erkenncn und nicht Auf dat Handein aQpefnindc werden. Dai Sii^ fengcfetc mlchaft 6ch allb dureh die Aeh- fUng, diecf fordert, Eingang in dasGemiith def Menichcn» nidit in fo £eiti aif in derl4#

•J Wenn «ehrerc Philorophcn fagcn, das Ge- fahl der Achrung cnthalte T.u«f und Unlust zuglcich, und fo, in Rnckficht auf das mora- lifche Gcflihl, Kants Lehrcn wideiTprechen : fo fchcint es tntr aus den angefiihrten, und im Folgcnden noch anzufuhrcnden Griindcn, dafs fie, theils das M6i;;lichc tnit dein Noth- wendigen, thcils dic Achtung, aU blofses Gefuhl, mit derjenigen verivechfeln , worin zugleich die fi-eye Uncerwctlung gedachc winl. Und fdbsc mit der letztcm ist nur unter gcwiflcn Bcdtngungen ein angcncli» mer Gemflihmmand verbundfn, wie in dtr iblgfndaiBcarfdiniog gcnigt weidcn IS^

cuneangenehnieEai|^nduiigeiithalteii i$t, fon<lciti in fo fern darin cio weggcraum- tcp HiiHierni(f det niedergefchlagenc €igendunkel liegt» und nach der Weg* riumung diefes HindernifTes , auf die obcn tngeliihrte Weii^^» das Wohlgefallen «a unleffer Peribn den Wohlwollen ISruni^ cntgcgcnwirkt. Die Sinnlichkeit erhebt (ich gegen die Ycrnuoft» «ird tie mit iliren An- Ijpnlchen auf unbcdingte Befriedigung «hge^ vriefcn: fo hat 6e es nur noch mit (ich felbit zu thun, und die Wirkung dcs cincn Thciii hebt die Wirktmg dct andem au( Denn die Einficht, da6 ohne eine Gdhmung» die mlt dcm Sittengeretze ubereinstimraty dcr Menfch lcintn Werth vediere» lchiHgt den Schmen^ welchen die Aufefiferung von Neigungen er- zeugty durch denjcnigen uicdcr, welcher bey der Befiriedigung dericiben aui dem Verluate as letfler Sdbaclfihitxung entitehen wurde^

In Ib £em non Herabletiuttg der finnli* chen Ncigungen nothwendig ist, ehedat Sittcngcfctz Einfluis auf dic iinnJicheu Uand- Y Inngen

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lungeii der Menrcheii bekqimiieii luwiy mA in fo leni ^laher eniifehefide Gefiihl in der Achtuug fiir das Sictengefetz enthalten itt» muif diefe «It eine lumachllisise Bedin- giing dct moralifidien Lebent angefehcn m> den. £f ist alfo zwar das Gefetz nicht auf cin Gefiihl« fondern in der wefentlichen Ein« ticiitunf der Vcmiinft gegrtindet^ wirkt aber ctn Gduhl , dat dem Vorfiitie, ea sur Rcgd des Verbaltcns zu machen , vorhergeben mni^ « odcr» mit andem Worten, dat Gc- Cctt isc fwar der Bcatimmungfgrund dec reinvernfinftigen Willens, verfchaft fich aber Einfliils auf den finnlichaffi- eirtcii Willcn, vermittdtt dnet Gcfiilil% das von ihm (elbit hervorgebrtcht «ird.

Wcnn endlich Trlebfcdcr lu Bnl-

fchlnfsen und zu Handlungen alles dasjenigo genanat wirdl» was cLncn denfelben cntgegen* gdetitoi Widcntand ubcrwindet: Ib kami fowohldafSittcngeietf lelbit, altdicAditung furda^Teibe, wie die Triebfedcr zur Erful- limg dellelbcii angclchai «cfdcik Inlbfeni

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nSmlich, ehe der Vorfau tu einem ficdicheii VerhaJteii entffehea kaim, der Etgeiulunkel ntedergeichlagen werdcn inufs, und dicfcr mit dcr Ancrkcrtnung dcs Sitteageietses nicht betteheii kaim: £o xtumt die^et uiimit. telhar den Widerttaad, der in dem Wohlge- falicn an unfcrm finnlichcn Sclbit licgt, aus dem Wcge, und bewxrkt Aehtung fiir fich j iii ib lera aher diefe su dem Entfchlufb fc hewegt, felbtt mit Aufopfcuing des Ver- gmigcns, deu Gcboteu dcr Pflicht gem^ su handeJn» itt fie ebeu£Uit alt exne fitttiche TriehMer ansurehen. Dat Sittengcfett wirkt A ch t u n g fiir fich , und durch diefe deu Entfchlufi» daileibe sur M a z i m e su itiachen.

Wie itt et denn aber mit denen , die nur ihrcn finnlichen Trieben folgcn? Haben iie denn keiae Achtung lur dat Sittengeiets? Hieraiif kann man mit ja imd Hein antwor- tcn. Sic mufs ihuen abgefprochcn wcrdcn, in ib fcm fie sugleich die Wirkung, die freye Unterwerf ung, enthllts ^ fie muis ihoeu beygelcgt wcrden, in Co fcrn fie

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•If elii blofses Gefiihl betrachtet vfird» Et iit aiich in dielcr Rtickficht wie mic der Acbtimg fiir die Wdirlieit. Wir (chreibai (ie freyltch gewdhnlich nttr deMn tu» welehe diirch ihr Vcrhalten bcweifen, dzCi ihuen ihre TOficfidstea Meinttttgeii nieht lieber fincl» wk die Wafachetti ttttil fpfechen fle ^nett ah^ & liebcr clic(c , als ihre Eigenliebc aufopfcm. Allein, fie bcwciien feibit durch die Mittel» die fie anfiettdett» um der Detnuthiguttf ni cntgchcii, daff fic die Achtung fiiir die Wahr* heit wohl fiihleo, und daft fic xwar dcrfclben Sulaerliehctttgegetthandeln» oderauch inncr- lich htf fii einem gewifiett Grade entgegen ftrcbcu» aber, fo peinlich fie imnier fcya mag» nicht gtns entgehen konncn. £ben iit et mit der Aehtuttg fiir daf Sitteageietf. Blofs alsGefiihl bctrachtet, muff fie, incinem gcwiiTca Grade jedem Menfchen bcywohneo» der den Gebraueh der Vcmuttft liat{ denn fie ift cin nodiwendigcf Refiiltat det Vcrhll(^ uilTcf dcr Vcmunfc xur Sinnlichkcit. Wcm fie gam abgehen Ibilte, dcr muitte cQtweder «ia leinvecnunfiigec odcr ein bloA fimdiebct

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Welcnreyn.^) DerUnterfchiedtwilclietiden gutgeniinten , imd dem unmoralifchen Men- ichen bettcht «Ifo, inAbficht det Achtting liir duSittengeleti, nur<brin» dafi lenerdaidarin entbaltene fchmerzhafte Gcfiihl nicht vor(etE- lich unterdriickty fondern fich zum Aatriebe dienen fi&t, gut oder inimer befler iii wer* denj dieier hingegen et dureh allerley Mittel von fich zu cncferuea fuchc. Wle weit

♦) Wic ein reinvemunftiges Wefcn unmictelbar, ohne Dazwifchinkunft eincs Geiiihls, nach Gefeizen fich bestimine, konnen wir frey- Uch gtr nidic einfdicns wohl tber, da(s es iiicht vtmiictdst dcr Acbcung gefchehe, in fo ftrn dtefe nlchtnur fiberliaupr cmGefilhlt Ibodcrn audi dn folcbcs ausdrOdtt, wdchcs dnen Widcntind dcr Sinnlichkdc amdgi;

Es ist zwar billig, dicjcnigen , wclche das Sittengefetz ohne VorbehaJt zu erfuUen fu- chen , von dcnen zu unterfcheiden , welchc hauptf^chlich ihren Meinungen lebenj in- deffen mufs nichc vergcHen werden, dafs fdbit dicfe doch von manchen Uibelthaten, aus Acbcung fiirsGcfctz, abgchdcen weiden. Ohnc didclbe wOiden fic ihrcn Bc^erdcn und LeidenCcfatfttn nodi viet vcm^cr Gc* wdt tndiun.

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liiariit gebrachC werdcn konne^ liiit fich nicht bcitimiiieii. Viclleiefat ist ci unterfuih f ttgen ocUr vtelniclir iiii90ot6||cii ^ Umstilndcn moglich, <3en Gedanken dcs Ge- (ctfct gcns ?on ficb tucntfemcn» odcr» mm flicfi nieht ni5gUe|i tst, doch dis von doB- fclbcn gcvirkte Gcfiih! ils blofsc Taiifchung su bctrcchten» uod durch dcn Glaubcn an cuc Tiufi^ung fieh wirfclidi xu Hulehcn* Wird aber das Sittcngcfett auf cinc deutliehe Wcifc vorgchaltcn , fo kann cs im Ziistande der Bcibmienheit niebt geiilugnct» ib h«ui ihm dic Aehtiing, die o Terdicnt, nteht ver« fagt werden, Ncnnt man uun dic Fahigkcit dicieibc su cmpfinden» das moralifche Gcfiihl: Ib i$t oHcnbar» dalt didb nn iiothwcndigcs von dcr mcnfchlielicn Natur uuzertrcAnlichcs Gefiihi ist.

GefiiHl wird in zweyerlcy Bcdcinung ge- braucht, als die FShigkcit bcy eincr VorstcUunj Lust oderUiilust zu habcn, und als dcr Gcinuths^uscand felbst, dcc vermittclst dicici* Ftihigkeit entsteht. In dia> fcr doppelten Bedeutung} wird auch dai no- KaUfebe Gcfabt gcnennMo»

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Gaai recht iutceii aUbdUeieiiifei^ ndcho iallblbe Ib fwCnchteten , nur war cs unmog- lichy die Einwiirfe Anderer niederzufchla- fen, ivelche et ala etne hio6e Folge dcr Ge« wohnheit aniahen» Co lange et ala abgeroo* clert von der Vernunft, und als fCir fich be- atehend gedacht «urde, UihercUeia dient ci nureur Triebfeder, undnichttur Beur- t h e i 1 u n g der Handlungen» Lust und Un« luft kottnen» wie hinliogiiGh geseigt wordea iit, eben Ib wenig lum Malae der Recfatn^ fsigkeie eines gcwirTen Verhaleensy als zum Maiifc dcrWahrheit genommeawcrdcn. Auf die onwandelharen Geletie der Vemimft konmt et bey iener wie bcy diefer an. Auch kann keinandcrcsCeftihl, alf dieAchtiuig fiir daa Geleti» noralifch geneant werden» diefi ft»tgt aui der Natur der Stttlichkeit Dcnn (ie ist nicht uur ein Produkt der practi* lehen Vemunfty Ibndem lie wird auch in den Handlungen und dem ganxen Charakter einea Menfchen uur dann gedacht , wenn das G c - feti, oder die aut demlclben entstandenen Begrife det Gttteo und Bofea lclnen

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WiUen bcfdmineiu SoU «|fi> dabey nodi cia Gefiilil Stett liaileB, Ib nuft et ein Iblcliet

feyn y welchet von dem pefetze felbst abhin- gig ist. Gibe et ein von demrelben unabiiXB- giget» Ib mulf te et» wtnn kein «iider Widcr* ipnich entstehen follte, zu eben derfelbeii HandJungtweife treibeii» welche ¥00 der Ver* Binift ¥orgelcfarieben «irdt Iby dalt Ci cnt* weder unnioglich ^vire, die Vorrchrij&en der ictztem von den Antrieben des Gcfiihlt zu uo* terlclielden 9 oder, dalt et aueh ohne Ver* mmfit wirklam leyn Ic5ttnte. Im ertten Palln Ojlhuic mau lur Erklirung der Sitxlichkeif obne alle Urlachc einen doppeiten Gnmd an» und der iweyte Fcll findet gar nicht Statt^)

^ Wenn in der Nttur irgcn^ dne Brfcheinung ctklirt werdcn foll , fo ist zwtr ofc ndthig, fit «if nehr als ein Priozip cntOtk su fiih» ren ; es wiid tber die Annahme von mehrem Vrinzipien sren als fehlerhaft angefehen, wcnn ein einziges hinreicbt. Die Erfchei- nuagen der ElcktricitSr z. B. wcrdcn voa Einigcn aus c i n e r , von Andci n aus ciner d o p p c l r e n Matcrie erklarr. Die Annah- nie der letzrem ist an und fvir fich nichr :?U «radcln, abcr verweiflich, wenn fie nicht

Wer der Vennmft oicbt niichiig itt^ wini «iieh meht ib angelehen, elt ob er tnordilch handeln konne, und liberdiefs finden viir iwcht oiir iii ciiiiehieii Meoicheii, ibndem in dem gimen MeBfehengclchlcchte dif mora* I i f ch e G c f ii h 1 in ebcn dem Nfafse fich cr- wcitcrny in wclchein iich die Vcrounft cntwickelt.^) Niirdai» wMdideaJf eioeFoc^ deniflg dec in ihr enthaltenen Geletcei, alf Pflichty daritelleo Ibioot erwcckt «uch

nchr AufTchlufiM giebc» alt die Annflhme einer einzigen ; und unTemunfrig wurde fic feyn, wenn fie anstatt Auffchlufse zu geben,

nur Verwirrung hervorbtSchtc. Das inora- lifche Gcfuhl ist auch eine Erfcheiming, die erklarr wcrden ToU. LSfstfich nun einfehen, wie au$ dcr Vernunft und Sinnlichkeit das- fclbe folgr, ohnc Annahme eines fur fich be- Stehenden Gefuhls: fo ist diefe ganz uber- fiufsig ; und bewirkt fie (iberdiefs mehr Vcr- vimiiig ak Deuilicbkeic, fo hac fic nichii l&r, iind vidci wider ficb,

^ Diefs rdl ebcn oicbt fo vidheirien, ali ob dai fitrlichc Bettagen der Menlcben un Gan- aen mic dcr Sniwickelni^ der Vermuift

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Es ist etwas fehr gewohnliehef , dafs bey ErorteniDg von SCreitfrafen» mm 6iiMhm bit ftt cinem feniilai Punklie gelangt iit» mbtt g^biMete Perfonen fich zuletzt aiif ctn Geftihl benifen, und vorausfetzeny cla(s je<ler Menich mit ihnen §leid& cnipliwlen mulle^ Wird dieie Berufuog nickt lelten gemii» braucht, fo findet fiedocheben fo oftdaStatt^ mo die Wahrheit « irUieh «u£ der Seite 4et> lenigen ttt„welclier fie su fiililen behaupteti iincl iingcbildcte Perfonen, die nicht deutlich denkeoy und ebcn dcsvcegen ihre GedanlLen nieht im Worte lu failen vermdgen» konnen ihreUtberseugung von Wahriieiten, diedureh die umnittclbare Anwcndung der Gefetze des Denkent klar find» nie auf einen andem Grund« alf anf ein Gefiihl besiehen. Dafi eine ga- fchchene Sache, im cigentlichen Ver(tande«

glelchen Schrltt halte, wie wohl fich auch dicfs in einer gewifTcn Riickficht behaupten lafst, fondem nur, dafs das fittliche Gcfiihl fich in dem Mafse auf mehrerc Gegenstftnde crstreckt» als die Urtheile der Vtmunfc fich crweitera und beuchtigen»

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i^cht ungeicfaehen gemaclil «ervleii koniiey ffihlt jeder, der nicht iti fagen vsciCs, dafi in cler Behauptung dcs Gegentheils eiu ofTcnba- ler Widec^nich ley, itiid daii» wenn dieler mcht alff ein Merkmal der Unwahrheit aner- kannt werde, der Menfch uberhaiipc nichts w erkennen* ▼on nichts Uibeneiigung hahen vemioge. ^ Auf eine )lhttliche Weile fiihlt man blofs das Unrecht, wenn maa fienGnind delTclbca nicbt deutlich zudenken wmag. Wie ea aher von Wichdgkeit iii^ ftlhat damiy wenn es nur auf das Wiflen an- fct>mmt, danblbe nach deutlichcn GrunJOatzen lu richf en : fo iit ea voo noch gr66ecer Wieh- tigkeity die Sittenlehren nicht auf ein hloitef GefTihl zu bauen , cs thcils fo lcicht irre fiilireny t)ieils gcliugnct wcrden iiann^ fo lange nicht die Verhindung deflelben mit den

♦) D9S Gcfuhl fur dic Wahrheit Surscrt fich auf doppcltc Wcife; wcil fie eincn doppelten Wideistand finden kann, einen inncm und einen Aufsem. Bcy dem erstern errcgc fie Achtung, \)ty dcm zweytcn Unwillen eben daruber, dafs ihr dic AchcuDg, wtoig' lUQi &u{&erliQh vcrfagt vird»

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GelcCMn der Venninlt mdSu Zmilel geitellt if t Etit dtirdi die Einricht in dieren Ziifam- menhang wird dai Gewifl*eii in ieine voilea Reehte eingeletxt

Ei ift merkwurdigy daff, «Ihrend die Fhiloibphen uber die Natur det noralilchen GeliShlt ftritten» fie Ibwohl» wie }eder andere cuhivirte Mcnfch, die Achtimg ttets als eine WirlLung det Geietiet der Freyheit, und nur de dachteii» wo dellelbe nuttelbar oder un- mittel vorgehalten wird,

So mandie Geliiiiie liaheo die Tiiiere mit den Menlehen gemein» alf Neid, Zom, Fiircht, Liebe, und doch ift et noch keinem Menfchen eingefallen , denfelben das Gefuiil der Achtung nisufchreihen. Nieniand belegt mit diefem Nainen wcder die Empfindungen, dic fic gegen cinander» noch diejenigcn, die fie gegen Menfchen iiifiem. Selbtt die Fureht und dieLtebe, die manche Thiere ihren Herrn beweifen , und die oft eben die* Mbm Wirkungen hervorhringen, welche die Aditung hervorbrlngt» werden ali etwat

L^iyui^u^ Ly GoOgle

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Tonderielbeii verichiedeitcs angelekeii* Und Ib wie von tUen Wefen, die wir keniieii, dle

Menrchen allcin dcrfelben ftir fahig gehalten werden: fo iind iie et, nach deni allgemeinen Urtheile» •iich nur in Rucklicbt «if ein Ge- fetf, deffen Befolgung tlt elne Wirkung dev Frci^heAt angerehcA wird.

Allef was iins dic Natur sur unniittelba* rea Befriedigung unferer Triebe» oder alf Mtttel lu kunftifem Genufie anbietet» alt Pflan* xen und Tbiere, Geld und Guter» find Gegen^ st^ndc unTercr Ncigung» unfcrs Woblgefal- hoM, odcr auch iinlcrer eigentlicliett Liebe^ wenn fich dle Ncigung aufThiere betieht)*)

abcr Achtung fiir Speife «nd Trank, ftir Blu- iiie% Stcine und Tliicrc» haben wir nicht» Cq grofi aiidi der Werth Ittt den wir den Ge» genstlnden unierer Lust xufchreiben. Eben fo wcrdcn alJc Gcfiiiilct wdclic von dcn Qe*

♦J Man fagt wohl von einem Geitzigen, cr habe nur Achrung fur fein Geld , bezeichnet aber stetsdadurch ein verkehrtes Gefiihl, dl$ mia mit MisbiUigung darsteUtQ wili

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f eastandeu dcr Nattir meugt werclen , Be« wnndcrungy ErsCaiinent Furcht» Schieckeo» inic dem» wat wir Achtuag nenaen» nicht verwechrelt. Eui Gefiihly da:» dxcfer ahiilich iity und bitweiien fo genennt wird, erregc ttur die ganxe Natur, anibfin» fie bey aUcr ihrer Mannichfaltlgkeit dat Bilcl der innern fiinhcit ist, dem wir durch Erfiillung des Gc« Ibtxef der Freyheit nachitKcben ibJlea.

Wenn wir xur Achtung fur irgeud etwaa nu^efbrdert werden» Ho gelchieht m immer deswegen, damit wir in Rtfckficht auf <Ue(^

Gegenstand unfcre Neigungen einrchrinkeu, «nd nidit nach GeCalicn handehi. *) So fbr-

•) lUn Mmt xwir iuch sur Liebe ftr die Menfchen auf, wobey ei fehetnt« daft die liebeebcnftUfl abein GtfiU angtffhan wcr- de« welches fich tuf dn Gefetz beziehc, Allein die Liebe wird da jederzelt im unci« gentlichen Sinne genommen. Sie felbst, alt Gefuhl. Iftfst flch durch keine AufTorderung «rzwingcn, fondem nur dis, was gefchehcn ivtirde , wcnn fie da wSre ; und hienuf be« xieht lich aUb i«ac Aufibrderuog»

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^at mtB lur Aebtimg fur mis ielbft, iiir Aii* dcrc, fur ^PuUiktini» ftir die Inirgerlieiie Gerellfchafty fiir die Wahrheit, fiir die Mefticbheic auf» luid bey «lien dieleii Au£* fDrderungen liegt der Gecbuike eiuet Geietzee fum Grunde, das hoher ist, als unfcr Geiiurs^ unierVortbeil» unfer gantes finuliches Selbi^ iind dai von uni» vemuiilcigett Welci^ be» obachtet werden foll*

Bben dielbr Gedtnke liegt der Aditiing zum Grundc, die uns einseine Perfonen ein flotou ledcrMealfib kaiui iefaon» alt ibl- cher» ein Gegenftend dcr Aefatung leyn» in fo fcm er als Sclbstzwcck uns das Gefctz vor- lefareibt» ahn niebt blois alt Mittei lur Bc- firiedlgung unlcrerNeiguiigcn lu gcbnuefaoip und iii dicfcr RiickHcht gcfchicht dic Auifor- derung zur Achtung fiir dicMcnfchheit. Wir faaben aber dieiet Gefubi nocb insbeibndere fiir folcfae PerTonen, die fidh durch Vorzuge vor andern auixeichnen. Nun ist fchon an einem audcrn Orte geteigt mrdco» daia naefa dcm gemdnen Uctfactlt dcr VcfBfmft

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«cdcr Gaben det Glucks noch der Natiuri we«(er eimeliie Eigeniciufteii det Herteai

noch Vorziige des Verstandes ohne fittliche Gtite der Achtung wiirdig Godt uad da6 nur dcffeoige danui Anlprueh niidieit luinii» wel« cher dic G?bote der Pflicht in cinem vorziig* lichen Grade xu erfullen strebt. Wir lubcn aUb Achcting fiir eiae Peribny in Ib fie diirch ihr Beyrpid tn dieGe(ette derSittlich- keit crinncrtf und viic imtcrfcheidcu dicii Gefuhl von alleii endem finpfindungeii» wel* che Menfehen etnfiofien k5nnen. Erwedtt ein vcrdicnftvoUer Mann ziigleich Liebc iiad Bewundcfuttgs £> find dide Gefuhle deswe» g^en nicbt mtf der Achtuag Bintt odcr von dcrfelbcn nur dem Gradc nach unterrchiedeoi wdebet man haupcOlclilich danut ficht» dafi Liebe uad Bcwuaderuag alltitt Scafl fiadea li6ancii«

Ucbe beiiebf fich tteti auf Eigentcbaften, die uns angenehmc Empfindungen machcn» alt Mimterkeif» Witf« Schdnheif £ w. und rldifet fich nadi der iadivldudkaBe&liaiea-

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lieit der Meu(cheii. *) So wie nun Liebe ohne Achtung fcyn kann, fo ist Achtung in einem hoiien Gnde mdglich, ohne von Liel>e be- gieicct f u feyn. Achtung konnen wir demjeni» gen nicht vcrfagcn, dcr Rechtfcha£Fcuhcit, fie kofte noch fo viei Aufopfcrung, in «lieu fei- nen Handliuigen benreist. Gleiehwolil ist es nichts feltenesy dais inan dcn Umgaiig ciiics foJchen Mauncs nicht nur uicht fucht» ibn* dem ibgar abweist, wenn ihm diejenigen Ei- gcnfchaften, welche den Freudcn der Gefcl- ligkeit giinstig find, fclJcn, unJ foJchc an- hHngen» welche diefeiben sc6ren« Dieis ge- lehieht felbst von Iblchen Peribucn, die nicht su den B6(cn gchoren. ^^) Wird Licbc als

^ Uebenswfifdigkeit (chrctbt m«n fogar folchen tefonen lu, denen durch die Beicicbnuog Ihrss Chtiaktas alle Achning cnnogen wird, Man fpricht von HebenswMigcn Bafewich- tem. Caimablcs rouls') Obdicls nun glcich «bcn nicht zu billigen ist, fo ist cs dodi nichr widcrfinnig;. Es zcigc eine Fehlcrhaf» tigkeic der Menichco, aber nicht dcs Aus- drucks an.

Wcnn nian behauptet, dafs wahre Licbc nicht ohiia Achtung feyn k6nne : fo druckt

Z

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eine Wlrkoiig der Tugend angeielieii : Ib fe-

fchieht es iitir in fo fcrn , als diere uuter ge* wUTen l/mstandeny die Siniiiiie aiigeiieliiiiGr EiopiinJungeii ra venneEren gerchickt ist. Dcr Rechtfchaffcne fiicht frcylich fo viel GluckieUgkeit alt mogUck xu verbreiten» und liewirkt Ib nickt nur bey denen, welehencr iinmittelbar angenehrae EmpBndung machtf ibaderu auch^ vermuge der Sympathie, bey AndernZuiMtgungy die Qoch dureh die gefeU

tnan einen halbwahren Gedflflken falfch ini» Die Liabe, fo lange fie dauert, ist immer wihr. Man wiU aber cigoulich fagen , daft fie ohne Achtung nidit von Bestand fey ;

wnd davon ist uicdcrum nur fo viel wahr, dafs fie bcy Vorachtung nichr bcstehen kon» nc. Mit dicfcr vertragt fich freylich Zunei- gung nur in fo fern , als fic ein blofscr In- stinkt ist, als Gcfchlechrs- und Aehernliebe. Aber Abwcfcnhcir von Vcrachtung, ist eben fo wenig Achtung, als Abwcfenhcit von Hafs, Liebe ist. Gleichgulngi^eit hSlt io beyden Filllen die Mitte , und ist in dem er« aten bey gcwdhnlichen Menlchtn der Lieba gar nichc ungunstig. Dfldufch IbK abtr nicht gcfagt feyn, daft vonagliche Rechr- (chflfcnhctt, an und ftr fich, nicht anch Zuncigung erweckcn kdonc»

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lig«n Tiigendcn, Nadigiebigkcit, Gefallig. keit, Offcnheit ii. f. w. verstdrkt ^ird. Da cr aber diefe den hohern nachletsea, iind um derGerechHgkeit willenolf wefae thun mulfl; da er fich tibcrdiefs in Unistinden befinden kann» die iiinit-wo nicht aile, doch die mei* atoi Mittel benehmen, fich angenehm lu ma« chen: fo fallcn aiich eben fo oft die in dcr Tugend liegenden Grundc ziirErweckungder liebe weg» und diefe ist foiglich keine noth* wendige, ibttdenk nur eine zuf illige Wirkung dcrfclbcn.

Die Bewunderttng iit iwar nicht (6 luftl* Ifg. Sie ist im Gegentheile mit einem hohen Grade von Achtung stets verluiiipft. Denn dieier findet fur eine Perroa nur dann Statl^ wenn fie» entweder durch dat Ganze ihrei Le. bcntf oder bey einzehicn Fallcn, eine unge* WoluilicheSell>ttthiitigkeit leigt» um den Vor* ichrifien der Vemuttft genaii ni handeln» und der Tugend entweder vicle kleine^ oder einzeine groise Opfer bringt. Da nun eine IblcheRflchtfchafiienheit ala etwat feltenet aa« geieheu» und Bewunderung von Menfchen

35«

cbcn dsim ecregt wird, wenn fie etwas auiscr* orJenClichet leigen: (6 Ut dieie Empfin^iiBg von grofser Achtting iinzertreiiiilieh ; fie itt aber dcswcgcn mit dcrfclbcn nicht cinc iind cben daelelbe. Denn aiie kdfperliche und gclstige Eigcttlcbaften in einem-vonfiglielieii Gradc, cinc grofsc Gcwandbeie, eine feltcne Schdnheit, ein Gedachtniis von uogewdim» lidien Umfrngey il £ w. criegen Bewundo» rung, aber nicht zuglcich Achtting. Dielb kann eincnMenfchen noch abgcfprochcn wcr- den, wenn er auch eiie genannte Eigen(cha£> ten in fidi vereiirfgt. Grofie Talente lefaei- ncn zwar eine Aiisnahme cii machcn^ man kannallerdingtAchtungdafur fiihlen. ,,Allein da et immer iingewifii bieibt, wieviei dat aa* gebomc Talent, und wie viel Ctiltur dureii eigenen Fleiii an der Gcrchicklichkeit Theil habe: Ib itelk unt die Vemunft die letatere nnithmafilich alt Frucht der Cultur, mithia «Is Verdienst vor» welchcs un(ern Eigcndiin- kel meriilich herabttimmt» und yns daruber entweder Voiwtirfe macht» oder die Belbl- gung cincf folchea Scyrpieis in der Art , wie

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ci mis aosemelTen Ut, auferiegt. Sie af t §1(6 aicht blofte Bewunilentiig diele Achtung, die

wir einer folchen Perfon (eigentlich dcm Ge« ietic» wis unsfcinBcyrpici vorh'ilt}bcweircni welchet fich euch dadurch betHtigty daft dec gcfneinc Haufe <ler Liebhabcr , wenn er dat Schlechtc det Charakters eines folchcn Man* nef (wie etwa Voi(airc) fontt woher erknn- digt tu haben glaubt, alle Acbtung gegen ihn aufgiebt, dcr wahre Gelehrtc aber fie imraer noch wenigstcnf im Gcfichcspunktc icincr Talente fuhJt» weil er felbtt in einem Ge- fchlftc und Benife vcrwickch ist, wclchcs dic Nachahmung delTelbcn ihm gewilTerma- Isen tum Gefetxe macht/*<^) Eben fo ist es, wenn wir insbe(bndere Achtung fiir den Ver- stand eines Mannes fiihlen. Wenn librigens bey eincm fittlichgutcn Bctragcn viel Vcr- stand gefiinden wird: fo verttirkt dieier die Achtung theils dcswcgen , weil er dcn Wahn nicht aufkomroen lifst, dafs blofs natiiriiche Gutliertigkeit oder Schwachheit der Grund

*) Ktnts Griiik der pnccitdiai Vcmunft» S.|38.

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der fitdieheii HaocUiugeii fey, tlieils weil eff

tins tlicBcfoIgiing dcs vorgchaltcncn Bcyfpicli nothwcndigcr macht, iiidem cr iins mancho Auifluciit abfchneidet» luid die Thebfeder iinlert unnioralKchen Benehittensy wir mofea es noch fo fchr bcfchunigcnj durchipUhct.

So ist Achtnng vcrnunftigcn Wcfcn allein eigcn, cntstcht erst mit dcr Entwick^lung der Vcmunlt» «elst auf ein Geiets derfdbenf und hatdieies relbtt dann iiin Gegcnstande, wenn es nicht dciitlich gedacbt wird* Dahcr ist Achtung fiSr Perfonen von ▼onuglicheni Ver- dienttet Co wenig ein Gefiihl der tmty dale inan (ich dcrfelbcn meistcnthcils nur ungern uberlaist. Nicht nur rehrunmoraUrcheMett* lchen» Ibndem lelbst Iblche» welche w den belTern gexiihlt lu werdcn vcrdiencn, fuchen» obne iich dclTcn stets deutlich bcwufst zu «erden» auf mancherley WeiTc der Demiitht^ gung zu entgchcn , welche ihnen durch llrem* dcs \^crdienst wicderfihrt. Man richtct cs mit der grofitenStrengey um irgcnd etwas ta- dclnwfirdiges ausfindig xu machea. Koaneo

die Handluogeiiy an tmd fiir iicli» otcht geU» deJe werden, fo nimmt man die Triebledeni dazu in Anrpnich ; ist diefcn fchvver bcyzu* kommen y £o fucht man den Tugenden einer Perfon tbre Untugenden entgegen su ttellen, um zii zeigcn , dafs Hc nicht den hohen Grad von Vollkommenheit beiitse, den man ihr siiichreibt; und find diele Mittel nicht htn* reichend, ura fich des Gefiihls feiner Unxeiir- digkeit zii erwchren : fo wird das Sittenge- iets «ohl gar feibtt sur blofien Vorfchrift det wohWerstandenen Vortheils herabgeiviirdigt, oder doch diejenige iiigenfchaft herabgefetzt^ durch die man an feine Fehierhaftigkeit er* innert wird. Edelmnth, Wahrhaftigkeit, Standhaftigkeit, Nacbgiebigkeit ii. f. w. hei* fien dann Guthenigkeit 9 Unklugheit, Uart- nackigkeit, Scfawachheit.

Wilrde Achtnng ala cin Gefuhi der Luat angefehen, fo milisten dieRegeln» dieman

in diefcr Riickficht fiir den Umgang giebt^ ganz andera ausfalienf als fie wirklich gege- ben werden. Sie mtirtten daan hei6en«

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luclie, wenn du in der Welt gefallen «iUtr, niekr lobentwiirdlige alt tadelhtfte Handlim»

gen bekannt zii tnachen, iin<l stelle fie Andern iminer fo vor, daii derUrheber derfelben ini leliontten Uebte crielieinei fiidie belbadcra Beweife von Iblchen Tugenden hervonntie- hen, die derjeoige, welchem du gefalien wiiltt» entweder gar nicht* oder niir in cip nem lehr niedrigen Grade befitttt denn }c mchr cr Schwierigkeitcn bey diefen Tugen- den f tt tiberwinden findet, detto grolter wird die Aehtung und folglieh dat damit vcrbim» dene Vergniigen reyii, das er eiiipfinder. Sind aber wohl iblclie Regein alt MitceJ, lich in Guntt sn letien» |e angeprielen worden? fir« fordert nicht viclmehr die Klugheit gerade entgcgcngefetzte iii befolgen, und wenigiCeot yedet Lob Iblcher Eigenlchaften lu mmei- den, die demjenigen, in delfen Gunit mtm fich feuen odcr crhalten wili, abgelien?

Den Hang, fremdcf Vcrdlentt in feincn

eignen Augeu zu verkieinern , ist einer von denFehlem» gegcn dle auch der gutcMenlch

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su Umpfen hit. Die Eigenliebe wleitet

ihn gar tu leicht zu deni Gedanken , daG er, wo nicht volUuMnmeit* doch als Menfch tn der Uge» in «relcher er fich befunden liet^ iind noch bcfindet, allei ift, wat er ttyn kann. Entdeckt er min an andern Eigenfchif* ten» die ihm Vorwtirfe tiber dkn Mangel der- lelben nuiehen s ib kann ca leieht gelehehen» dafs er, um dcr Demiithigung zu entgehen, «1 den Kunitgrifien det Stoliet ietneZuflucht nimnt Thut er dieft mcht, Ib wifd ihm vorztigiiche Rechtfchaffenheit auch dann noch Achtung etnfloiseii» wenn er fich gletch ei> ner Ihnliehen bewuist iit Denn bey der Un* vollkoinmenhcit dcr racnfchlichcn Tugcnd wird er an Andera immer noch Setten ent* deeken» die ihm tum Mtittcr dtenen» und Vorwnrie fiber ieine Schwacfaheiten macfaen konnen. Auch mufs ihm firemdcs Verdientt in etnem reinem lichte ericfaeinen, da iein eignes, de ihm die Unltuiterlteit derTrieh* fcdern bey jenem nicht fo bekannC (eya kanuy als dte l>ey ieinen eignen.

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Qiuthi^iigy dic uns ^vied^rf ahrt y von der firfaebung» tlie tn einer Verbindung mtt vor» xtiglich achningswiirdigen Perfonen liegC» liberwogcn. Sic wcrdcn gleichfam a!s ciii Tbeil von«ins angefehens was fie erhebt, er- hebt anch uns, und wat fie herabfettt, iecst auch uns herab. Uibcrdiefs gewinnen Wtr durch die Verbinduug mit ihncn , thcils in Metnung der Weit, theils in unreier ei« genen. Eben deswegen lehlieisen lich ani vor- ziiglich gute Menfchcu, biswcilen auch folche ttti die ihnen in vielen Scucken iehr unahn* iteh find. Sind wir femer dineh die burger« lichen Vcrhiltnifse gcaothigt, gcwifTcn Per- lonen 'iuisere Ehrerhietuog xu bewcifcn : fo ift es uns lidier mit demKorper augleich den Gcist, als jenen ohnediefen lu beugen. Fhy- fifcher Zwang ist noch fchmerilicher als mo- raiifcher ftir jeden Meoichen» der es aner« kennt, daft Sufieres Ani^ten stets nach dem Mafse der ioaeru Vcrdienste fich richtea ibUte.

ZweyeensisteinUnterichied nimachen twi**

fchca dcr w i r k 1 i ch c a Achtuog und der blo«

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Itt denn aber der Gedanke (an fremdet Vetdientt jedeneit mit Unlutt verkmlpft?

Wie kanu Achtuiig stets mit Demiithigung verbundeny und folgJidi ein unangenehmet Geliihl leyn« wird vielleidit manelier fragen, da man nicht fcltcn cincii wahren Schmcrz empfiadety wenn man es aufgeben mufsi Wer lut je eine Peribn liochgefehlitst, ohne tief verwiradet fu werden, wenn er nachher lahy dafs fie dcr bewiefcnen Achtung unwiir- dig war? Weicher gute Menich fiihlt nicht Mityergnugen» wenn ilun die Ehrfurcht, die ihm bcriihmtc Minner einflofsten, durch Dar- •teliung ihretCharaktert entriiTettwirdl Und werdcn nicht yorsuglich achtungtwurdige Perfonen felbstvon (blchen bisweilen gefiicht» die cs cntweder gar nicht oder nur in einem fehr niedrigen Grade findi Diele Fragen konnen auf folgcnde Weiih beantwortet wcrdcn.

Erttlich itt ein Unterichied f wifclien dea Ferfonen fu machen, die unt Achtung ein*

flofsen. Wenn wir mit dcrfclben zugleich ducch Liebe veKbundea iind; io wird die De«

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Sfc

Ifen Brkllruog» daft jeouiid achtinigmur- dig fey. Diefe heifi teft mir fo viel» Jaft eioe

Pcrfon, bcy manchen Fehlern und Mingcln, doeh noch £[irviclcMeo(cheo cioBeyfpicl tur Ntdiahmang vorhakey und kann, in fo fem wir iin* rdbtt fiir firey voii jenen Fchlern oder andcro chen fo gro6eo halcen» ohne dat Ge« ISShl der Deinuthigung bcffeheo, welehcf cnt daon eintritt, wenu wir oinen h 6 h e r n Grad voo Tugeod in Aodem bcmerken, als wir felhtt beatten. Wenn nun eine Pedbo voo uns fiir achtiingswurdig gehalteo wordeo ist, olioc ihr deswegen mehr Verdicnst als uos felbst lusuichreihen» und 6e fich nachherver* Schelich zeigt: fo ift ein Schmers dariibcr na- ttirlich. £r fliefst theils aus der Eioficht, da(s viir uns gettuicht hatteo» tbeils aus dem Mis* fellen, welches ieder in euiem gewiflcnGmdo gute Meufch aa einem unmoraliichen Verhal- ten hat, das cr oicht um feioer cigoen Unfitt- lichkeit willeo to Sehntx nimmt Uod dic6 fiihrt lurHauptantwort auf jene Ernwiirfc,

Achtuog £ur dasGcfets uod folgUch auch fiiic dicPeribnen, die uasdai&lbe in ihremBcy*

i^iek vorhalten, entb^t s««r Demuthigiinf» Jcana aber tugleleh ein Gefuhl der Lust eni*

halten fiir Alle, die fich dem Gefetze iin- fcrwerfcn, das auf die Wiirde der Mcnfchhcit liiihrt. Sehen lie daan daflelbe auch in einem aoch hohem Grade alt von ihnen rdbst be- folgt : fo kann die daher entstehendc Demii- thigttng dem JntercfTe weichen, dn die Ho- heit der menichlichen Naiur einfldrtt. Sie werden gleichfam felbst iiber dic Sinnlichkeit erhobcn» indcm ile fehcn» dafs Wefen mit ihnen» von gleieher Art fich uber dieielbe er- heben, und dadtirch in clem Zutrauen gc- stirkty auch cinst cben dicfelbe Hohc zu cr- reichen. Wer ielbst Achtung verdient» fiu- det auch Wohlgefallen an der Achtfingswur- digkeitanderer, fo wie aii dcmGcfctze, durch delTen ErfiilJung fic crhalten wird. Wch muJf es ihm aJlb thun» wenn ihm dieJesWohJgefallen cntrifTen wird, wenn er auf die Gebrechlich- keit der menfchiichcu Natur fclbst da tii- ntckgefiihrt wird, wo er fie in ihrer gamea Wnrde gefunden tu liabea glaubte*

■■^ 362 «ii^

Dieif fiihrt ims nir oihent Betrachtuiig <ler tDgendiiiien Eiiipfiiidiinfeiiy die atit der

Vorstclliing einer fittlichen Haudiungsweire an ficb» oder «in der fiefojfung des&lbea lictvorfehcii»

fm

363

Von dtm moralijchcn Gefukle als cincr QucUc anienebmrGcmfUbnuttande.

BegriiTe von Recht und Unrecbt liegen fo yrefentlich !n der Natur de* Menfchen, dafs cr denrdbca ttets geitiars handclt, v^eou er durch ein en^egen gefctstet Verfiiureii nichtsftir feineSinoUchkeit gewinnt.*) Man fagt daher, der Mcnfch habc cin natiirlichci Wohlgefalie^ an dcr ^ictlichiuitei l>e- •timmter aber wurde die Wahrheit ausgo» dnickt feyn, wenn man mir fa^te, dcrMcnfch habe cin naturliches Misfallcu an eincr HandJungsweife, wclche der Einhcit und Uibereinstimniung in Thaten und Urtheilen xuwider ist. Wohlgcfallcn dciitct stcts auf cin angenehmes Gefiihl, uad diefes findet bey

Selbst dann, wenn er boshaft zu handcla fcheint um boshaft zu handcln , I.ifst ficii der Grund feines Verhaltens in iigead eiuew (iluilicheQ Triebe findea.

I 364

dem Gbdlankeii an ein iitdiclies Verhallea an fich entweder gar nichty oderdoch aof keine

merkbare Weife Statt. In allen den Fillen» mo die Natur mit der Pflicht in Uibereinstim« nmif gedacht wiid, haben wir gar kein be* fonderes Gcfilhl fiir das hieraiis entfpringenclc Verfahreo. Daii eiucMutcer fiir dicBedurf* aifie ihrcf Kindet, und ein Hautvater fur fcinc ganze Familicv anf eine niche fehr muh- volle Weife, forge, errcgt kcin berondcret Wohlgefallen $ aber Mitfaiien wiirde dat Gegentheil eReitgen. Bben £> ist atieh in dem Menfchen felbst, dcr unter jener Vor* auslettung handelt, kein merklichct Gefiihiy dat fich auf fein VerfiJirea in Ib fem betieht, als es den Begriffcn von Recht ange- meflen ist; Es ist mit dem Handeln urie mit dem Denken. Dafi wir die Geietxe des leti- fern befolgt (ehen, oder felbst befolgen, cr- rcgt an uud fiir fich kein Vergniigen; aber Misvergntigen kaon entstehen» wcnnwireine Verletiung diefer Gefetzc an uns oder andern bcmerkcn. la, man kann fagea» dafs, wenu wir die RegeJn der Sittlichkeit stets befolgt

ftheii, und bey der Bccrt>acfacung derielben lelbst gar keinen Wideritand von nnlem finn*

Hchen NeigiMigffii erfuhieii, aiich gar keiii Gefuhl in Riickfichr auf jene Regeln Statt fin- den wtirde. Bm widerfithre uns dann in Beziehimg aiif iinrcrn Gcist, was uns in Bezie- hung auf iin(crn Korper widerfihrL So ian» ge die innern SSIfte in ihrer gewohnlichen Be^ vegung nichr gescort werden , ro fiibien wir auch nichts von ihrem G^ngC} und felbst dai Geiuhl derGefundhcit, das (6 angenehm wer- den hanuy wurde ohne den entgegengefeliten Zuttand fcbwerlich als ein Gefiihl der Lust angefehen werden» da et in der That^ an und §&t lich» uehr Abwefenbett des Schmenei» ali cin eigeutlicher Gcnufit ist. Wic cs aber

Man kann «wtr mit Recht behaupten, flus

der Uibereinstimmung dcr Narur und der Freyhcir enrstehe dg? , was man An-

muth nennt, diefs hcbt abcr dic obige Be- hauptung nicht auf. Denn dic Anmuih iit eben deswcgen fo rcitzend , weil jcne LTiber- einstimmung da Statt findct, wo man Kampf zu fchen und /u denkcn wohnc ist.

mm^ ^66

dafu Dvirklieli Jitrch den entgegcngelclflcii Zusftand vsird : (o kann aiich dic Vorstcllim^ eiaet fittlichen Verhakeos elien deiwegen mic Wohlgefallen beKleitet ieyn, iveil die cntgegengefetzte Misfallen crregt. Denn cs iit dem Menfchen natiirlich mitcmgcgcn- ftehenden Vorftellnngen entgegenste» hende Gefuhle zti verkmipfcn, wenn die einc davon JLutt odcr Uolust crrcgt. Eben demegen fiicht man» um dat Wohlgefallen •n dem Outen tn er^ckcn, mit demfelben das Bofe ia Contrast zu stclien; und dicrcc Contrast ist stets ndthig» wenn nur fiSr die gcwohnlichen Tugenden, diemit unfinn na* tiirlichcn Tricbcn ubereinstimmeny eiii In- terefle eixegt werden foii* Auders yerhHlt fich die Sache, wenn von folchen Tugendea die Redc ist, welche u n g e w u h n 1 i ch c An- strengungerCDrdem; da erregt die Vorstel^ lung der Kraft, ohne tselche fie gar niche Statt finden konnen, fo wie allcs was grofs ist» Bewunderung» dic» an ficb^ unner diie angenehme Empfindtuig ist.

Uiberdiers haben die Begritfe von Reclit

und Uiircclit cinen mittclbaren Zufam- incahang mit der menrchlichen Gliickreiigkeit. Wena denielben xuwider gebandelc wird» fo regt fich oft, theils die Selbstliebe, theils die Sympathie. Das daher entstchcnde iinange nehme Gefuhl vereinigt fich mit dem Misfal len an eincr unfittlichen Handlungsweife und verstUrkt inJiroctc das Wohigefalieu an der fittlichen* Endiichy Co wentg mit biofsen Begriilen an ficb LusC oder Unluft ver* kniipft ist: fu konnen Cic doch fchon da- durch ein angenehmesGefiihierzeugen» dafi nan fich mit denfelben befcbaftiget. Denn wir gcwinncn allc Gegenstandc unfcrcr 1 hitijf- keit iieb» wenn fic uns zur Entwickelung un* ImrErkenntniiskrafte helfen» foiltenfie aueh Anfangs eher Unlust als Lust bey fich fiihren. So unangcnchm manchc Gcgcnstindc dcr Na- tur an fich find ; fo verfchwindet doch nicht nur diefe Unannehmlichkeit fiir den Natur- forfchcr, fondcrn fie werdea auch oft fiir ihn Qiieilen dei Vergniigeiis. An ein fect« welche» dcr Gegenstand feiner Unter«

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liiclttiiig geweien ist, imd ihm tu netieii Ent- aeckungen Terliollen hat, denkt er gewifi mit Luit, foiltc cs auch Anfangs fcine Augcii beleidigt haben. Auf ihaliche Weife cnt- •teht ein Wohlgefiillen an den Bttlicfaen Be- grifFcn. Ist dic Urtheiltkraft tn denielben geiibt und entwickelt v/orden: fo werdea dem Menicfaen dieie Begritfe eben detwegen lieb , weil die Befehlftigung mif denlhlbea fciac £rkenutai($kiifte erwcitert.

Man kann aUb in gewUler Ruckfidit wohl

bchauptcn, dic Tugend fey fo fchon, dafi, wenn Gc ia Pcrfon auf Erdcn crfchica» fio alleAugen atif fich liehen und aUeHcnea ge* winnen wiirde. Audi kann die Einbil* dungtkraft die pcr(oaliche Erfcheiauog in gewillem Malie erletiett» nnd einGendlde von der Tugend entwerfen, dat aitf die Bm- pfindung eben fo zu wirken vennogend ist, ali ttunde ihre behre Gettalt ia der WirkF llchkeic vor unt. Die Vorttellung von dcr harmonifchcn Ordnung allcr Triebe und Kr^ltes der Gcdanke an die Erhabeahcit ei-

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net Weleni, dat tlle Loekungeii dlet Vergiiu*

gens abwcist, um deu iiiiverindcrlichen Vor- fcbriflea der Veraunft tu folgen} dae Idee Yon einer OHming der Dinge» wo allen ver- ntinftigen Wefen gletche Rechte genchert er- lcheioen, und ihr Wohl nit ihrer Wurdig- keit in uniertrennlicheni Zulaininenhange steht, konnen libcr die Schilderiing dcr Tii- gend iu ihrem Weien und in ihren Folgcn» eine Sehonheit ▼erbretten» die mit EtttEuckea erluilt. Da nun dicfe Annehnilichkeit auf fittlichen Bcgriffcn beniht, iind aiis dem Mitfallen an der Perlbn, die denidben nicht gemSfi handelt, hcrvorgcht; Ib kann fic allerdings als cinc Folge dcs moraii- fchen Gefuhla angeiehen werden» in Ib lem nan unter demlelben die FSbigkeit denkt , JntcrefTe fowuhl an den Begriffen von Recht und Unrecht, ala an den Wirlumgea derlelben tu nehmen. Allein* ehe Empftng* lichkeit fur Jas Gefiilil cntstcht, welchcs das Ideai littlichcr Vollkommcnhcit cinfloiit^ mulf eine lange Geivohnlieit moralilcber Be* iirthciJung vorausgcgangcn feyQ. Dcnn cs

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benibt atif eiDem intelleeeuelleit Gniii- de, uad entstcht ersC mit Entwickeluug dcr Vernuiift. Auch tft et bekannt genug, «ie ▼iel Muhe et kostet nieht luf ^ie Be- griffc von Rccht «ncl Unrecht zu leiten (dcnn die6 itt der Hauptiache nach ieacht) fon- dem Intererreandenlelbeneinsuflo& fen. la, viele Menfcheu fchcineii fogar an derMoglichkeit su verzweifehi, irgcnd einev fittlicfaen Regel andert alt dadurch Eingang lu verfchaffen , dafs tnan die Befblgung der- felben mic dcr Ausficbt auf niancherley finn< licheGtiter verbindet, gleich(ani alt ob fiis die blofse Schonheit der Tugend gar kein Sian gcwcckt werdcn kuuutc. So ungegrnn- det nun eine iblche Vorautfeteung itt, fo be- tveitt fie doeh fo viel , daft Jener Sinn init Miihe crregt und gepflcgt v^crdcu mufs, Gleichwohl itt dcr Sinn fur die Schonheit der Ttigend uoch nicht die flttliche Gcfiunuug fclbst. Er macht nur, dift man iich gern mit der Betrachtung dcr Den- knngtart nach moraliichen Geieti en unter* hilt, cinc Ordnimg dcr Dingc licbt, in wel*

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cher die Erfiilliing derfelben gedacht «icii, uad fie gewift befdrdem wurde» vttm fie keineo Wi<ientand in dcti finnlichen Neigua« gcn finde. Es ist daher aiich nichts feltpes, dais fich Menlehen ao der Schdnheit der Tu» gend weiden» et gehe die Verfinnliehung der« felben aiis ihnea fclbst, oder aiis andern her* ▼or» ohne darnach lu atrebea, in ihreo Ilandlungen auiiudriicken» wat fie in der Idee bewundem. Die moralifche Welt ist fiiir iie das, was fur manchc MenTcben die Feenwelt ist) dieeine wie dieanJcre befcbll^ tigt nur die Binbadungtkralit mit lieblieb^n Bildcrn, und erregt dadurch ein GefuhJ, das «old su deo feinem Freuden gereduet urer- denkann, aber niebt dasfenige ist» «relchca zur fittlichen Handlungsweifc antreibt;

Ei ist ein grofier Unterlchied, ob nan die fittliche Handiungsweife tiberhaupt, oder in Bcziehung auf f i ch, bctrachtet. An und fiur fich l^nn fie Wohlgefallen erregen» aber Mtsfalleny in Ib fem man fie ielbtt an- nehmeu folJ. Wer nun nicht die Kunst ge-

lernthat, einenUnterfchied s«i(chen fieh nad

Andern, zwifchcn der gcdachtcn und der wirkiichen Wclt, iu Anrehiing dei Sittcnge- fetset, sn machen» nnd doeh Maximea he> folgt, die dcmfclbeu widerstreif en , der hiC vieimelir Widerwillen gegcn ailes, Waf ihn an Recbt und Uniecht erinnert, ala Wohlgefallen daran. Diefe Begrift Cfw rcgcn Mi&falleu an fciner PerCon , und wer- den detwegen auch lelhtt mit Misfaiieo be» traehfet. In fo fern alfo dat Siltengefett liir iins zu einciu G e h o c e wird, ist die Wirkung deirelben auf unier Gemuih keine angenehme Enplindung. Denn Liehe tu einem auf una ielbst fich bezichcndcn Gebote ist ein Widcr- fprtich, Wir fandendaherauch xwiichen ihr undder Achtung, «elche dat Sittengelcts cinnofst, iiach der nienfchlichen Sinncsart, cineii eben fo gro^n Unterfchiedy als swi- firhen der Pflicht und der Belriedigimg finn^ iieher Neigungen. Allein, obgleich die Ach- tung ftir das Sittcngcfctz nicht nothwendig ein Gefuhi der Lust enthtlt: ib kann fie tioch auf doppelte Wetfe mit einem aogcneh-

mea Gcniudifiuftande verbuaden ieyn» erft* licli, iDibfern Ite mit }eiiem Wohlgefal- I e n aa eincr iiulichen Handlungsweife ver- einigt itt} und tweytent, in Ib iern fie die freye Unterwerfunf ausdruckt, welche (als Wirkung,) zwar von dcin Gefiihle, (als der Trieb£eder} su unterichetden itt, aber doeh ebenlalls und voriugltch Achtung heiftt» Denn da (ierMenfch Wohlgefallcn an demhat was er thut: (6 kann auch mlt der fieyen Unteiwerfung, ein angenehmer Gemiithszustand vcrbunden feyn.

Aus dicfem Grunde find von dcm mora- Ufchea Gefiihle oder dem Gewiffeny nach dem Urtheile der gemeinen Vernunft, cweyerley Wirkungea zu erwarten; Bcstra- ^ng und Belohnung. Wie die ersCe Statt finde, erhellet aus der vorherfehenden Be- trachtung. Demuthigung, Misfallen an un* icrer Perfon* Geffihl luileri Unwerths find ua* atisbleihlieb mit dem deutlicben Bewufttleyn verbundcny dafs wir nicht thatcn, was wir thnn folltem Und hienns tst aucb die Wirkung des entgegengetetttea Bewufitieyns

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leicht ciazufehea. Wer iich dem Gcfetie im- terwicft» und fo dit BedUngting su crfullea strebt , imter welcher dic Selbstrchatzung alf xechtmSisig crfcheint, dcr isl frey von Vor- vnrfen» und darf einen Bliek in iein Innerei w a 3 c II. Dieft enetigt den eignen Genu fs, clcr, um feincs inteilectuellen Urfprungs trillen» von jedem andem Gefuhle dev Lust iinterfchieden wird, und Selbtttufrie- denheit hcilst. Das WoiUgefallen an der Perfony welchef darin autgedlnlclLt wird, ge* hort swar an und ftir iich tiir Sinnlichkeits denn cswird von dcr Vcrnunft eingefchrinlLt} in ib fem ei aber aus dem Bewufttfcyn einer «iberwtegendeny diireh That bewiefeneny fitt» lichen Gcfnuuuig flicfst, hat es cincn i n tc 1- lectueiien Urfprung. £>enn die littliche Gefinnung betteht eben darin, dafi der Wille nicht von fnuilichcn Ncigungcn fondera Ton eineui Gcfetzc bestimmt werdcy wel- elies uns in eine, von der reinen Vemunft be« stimmtcn Ordnung dcr Dinge verlettt.

Wenu wir nun feruer bcdcnken, dafs die Selbstzttfriedtnheit gar oicbt Stott finde»

kann» ehe die Gewalt Jer Begiedlen <it dem»

was uuraittclbarcs Vcrgmigen gcwahrt, iind felbst zu den Mitcein delTelben, in einem ge- wiffen Mafse wenigstensy gebrochen ist: Co liist iich cinrehcn , dafs in dcr Zufricdcnhcit mit unf felbst auch auf gewilTe Weiie diejenige liegt, igvelche lieh anf unfern Zu- stand aJs finnlichcr Wefcn bczieht. Wcr icine Beduxfnilsc cingefchfiukt hat, der hat auch dann noeb Wohlg^alien an leiner Ezis- tenz, wnn er eineMenge Dingc entbehrt, vvelche von fo viclcnMenfchen als das huchste Ziel ihrer Wiinfche angefehen werden. Dat Bewufitfeyn einer Befreyung von Be- diirfniffen gewahrt einen Gemifs, der ebenfallf in der SeJbstsufricdcnheit ausge* druckt wird, und nieht eigentlich einen ThcildcrGlilckrciigkcit ausmacht, in (b fern unter diefer die politive JBcfriedigung rmnli« cKer Triebe verstanden wird» fondern eia fchwachcs BiH dcr Scligkeit der Gottheit ist, Denn dicfcr fchrciben wir eben deswc- gen die Seligkeit su, weil wir diefelbe ala irey von alleii Bedilrfoiiren denken mulfco.

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Dahcr ist die Zufricdcnheit , welche aus dcr Einrchrankiing der Begierden entftebl» gant andererNatur tls diejenlge, welche mitdtr Bcfrtedigung dcrfclbcn cnc(pringt. |ene enthilt iu fich den Keim von Daiier und Wacfatthum, und sit uber dai ganie Leben verbreitets diefe einen Kelm von HinftJlig- fceil und Zcrstoning, und fUUc oft fchon in dem Angenbiicke fveg» wo nan glauben ibllte fie iey ToUkominen. Denn dle finnltchen Nciguugcn wechfcln, wachfcn mit dcr Bcgun- itigung» und die Gcgenstiade derkibca ge» iilhren gleichwohl dat, was fie su veri^re^ chen rchcincny oft nm Ib wenigcr, je stSrker das Verlangcu darnach ist. *}

»J Die Ziifricdcnheir, welche aut der U n a b- hangigkeit von bestimmenden Neigun- gen encsteht» kann intellectueU und diejenige, welcbe aus der Befriedigung der Neigungen cmnthr, «sthetlfch hcifr lan. Dic beydcn Gemfitlisanstlnde wetden swar nlcht fctcen verwtehfelt^ fiod aber m- fchieden, Dsher such die Fnnaofen swey befondreWorte daf&r habcn. GontcDfenem drfiekt dic mtcllecmelle, und Saiiifiidioa die isihctifcfae Zufiiedenheit sus.

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Geht maB von der Wirkudg <lcr Tugend auf dcii allgeniesiiefi GeAuthsiuttand det

Menrchen, zu dcr Wirkimg einzclncr mora- iiTchea Haudliingen, felbtt foicher iiher, flie grofie Aiifepferung fofdcm: fi> kann maii auch da einen gewifTen damtt yefhundenen Genuft denken. Auf dcn Kampfe, der zu bettehen itar» kann eine Ruhe folgent dio lchon an und lur lieh tuden angenehmen Em<. pfindungen fu rechncn ist, und dcren An* Behmliehkeit noch auf mandierley Weife vetw mehrt mird. Durch lolehe Handlungen wird das Wohlgefallen au der Perfon crwcitcrt, und dat Gefulii der Wurdc crhoht} der Menlch liehr fieh gleichfim dem Ziele nSher» dat er dtirdi lein gantet Leben tu verfolgen entfchlonen ist. So v;ie nun iibcrhaupt der Sieg uher Hindcmille in jeder Angelegenheit det Lehent, und die Annlherung tu irgend cinem Ztele, ivelchem nachgcstrcbt wird, mit Lutt erfuilen: ib fuiiret auch die bewierene Kraft bey der Selbttverliugntmg, und die An« naherung zur fittlichen Vollkommenheit un- aushieibitch ein angenehinet Gefiihi herbey.

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Bedarf dlc inoralirchc Ilandlimg keines Kaiit« pfes, Co kantimit ihr doch iu £o fernLitstver- biiiideiireyn»aUuberhauptclas, «atvrtr chun« init Wohlgcfallcn begleitet iit» und dieLcick- tigkeit, iiiit der eine, ronstKarapf erfordcra* Handlung gethan wird» ebenfiUs eiu Zeugnils von den Fort(chritcen xum Gutea ablegt. Uiberdicfs find viele Pflichtcii voa der Aitf da^s die ErfuJlung derfelbea von Folgen begleitet vrlrd» die unmittelbar oder mitrelbar mit Befriedigiing tmferer linnlichen Tricbe zufammcnhangcn. Wird bey deii PHichtent dte (ichauf uns felbst beiiehen» die Erhaitung des Lebens in eiiiem trostlolen Zu* standc aiisgenoramcn : fo kommt es dabcy je* derteit darauf an, da(s ctwas erhalten oder erreicht wcrde, was sur Ghlckfeligkeit un- fcrcr Fxistcni nothwcndigcr ist, als das, was aufgcopfcrt werdcn miifs; Durch Mifsickcit ieine Gefundheit tmd den ungchittderten Ge* brauch der Kilfte erhalten, durch Arbeitfam* kcit fich vor M^"gel fchutzen, oder feine F<fchigkeiten erhohen ik C w. kann niemand thun» ohne nach uberwitndcflem^ Widerstan*

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dc der Ncigungen, die folchen Zwecken Ein^ trag thtin, Zufriedenheit init (ich felbst zu empfinden. Auch unter dcn Pflichtcu gegen Andere gieht ei ihrer vieJe, welche durch die Befriedigiing der Sytnpathie reichen StoiF zur Erhohung unferer Gluckrdigkeic gcwah- ren. Kommt denn nun noch der Bey£ill der Vemunft fu dem was wir thaten: fo wSchst oft dcr Genufs in ebcn dem Mafse , in wcl- ehem iich» vonSeiten leibftiicherNeigungeiis Hindernifle idgten.

So ftark aher in mancher Ruckficht der Zuikmmenhang xwifchen Gluekieligkett und

Sittlichkeit ist; fo gewifs aiis dcji morali- ichen Handiungea vicic angenchme Empfin" dungen entstebens fo grofi der Werth dei eignen Genuffet angeietat werden kann , wel- cher in der Seibstzufriedenheit liegt, und fo cntulckend das Bild wahcerTugend tst: fi> mufi man lich doeh htiteny das Sittengelets dadurch herabzurctzen , dafs man deu Grund davon in den beibndem Freuden fuchei^ wel- che die Tugeod gew^hrt» Dcan auf die Be*

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hit^igans tin&rer finnlieher Triebe kaim iinniittelbar gar kein Ge(eez gegriindef werdeu^ wie geseigt worden ist« Dcr Genuif aber» welcher in der Seibtttufriedeii- lieit atisgedrtiektwinl, itt ntir eine Folge der Beobachtung det Gefetzes , nicht der Grund deHeibea; denn er betlebt leinem Wefen oaek in der Preykeit von Vor* wiirfen und der innern Verachtung, tUKi obne Gelets wurden ketne VorwiirC^ ffurdekeineVenehttuigStattlinden. Uibetw dicfs fctzt die Selbstzufi icdenhcit, als ein an- genehmer Gemuthtzuttand» fiedin- fungen Toratit » die, im Anfange det morali* fchen Lcbens, fclten Statt finden, iind cUc fur keinen McnicheD , iu jedem denkiichen Falle» Statt finden konnen, wie aim» iTiehro noch ausftihrlicher gezeigt werden foll, alt fchon aut der Natur der Sellwtsufne* denheit erheUt.

Wenn Handlungen gethau oder unterlad lea werden IblieB» welclie einen Widerttand ia den finnlidien Ncigungen finden: Ib kann

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ciA Gemiii aut einein rolcbeo pflicht<nai6i|ea Betrayen niir in Ib feni kervorgeheiv alf te

Menrch Wohlgefallen an dcm hat, was er thuty und diefes Wohlgefallen von der Ver* nmiftieJbtt gebiliigec wird, Piefe Annehm* Kdikett itt ttett uberwiegcttd» wenn et ■nf Handlungen ankommt, die wir nach Belie- ben thiin oder lailen luiaocn» ohne <l«t Sit- tenfefets in terletieni «enn iber diefet den WiDeii bestimmt, fo gefchieht es nicht felten, dafs die fireye Unterwerfung, fo groft dtt Wohlge£dJen an der Tbtt feibtt im All- gemdnen irorgettellt werden kanit, clodi ktU neoGenurs gewShrt. Denn foll derfeibe ein* Iretea, ib muit die Pflicht keiner f ot twir- kenden Neigong Abbruch tbtm. Wer der GefchJechtslust, dem Ehrgeitze, derHah- iiicht ergebea ise, kann auch daoo uocli» «tenn cr fieb eatfebloflett bat* eioen Gegen- itand feiner wolltistigen Begierde nicht zu verfiihren , ein verwerfliches Mittel zur Be« feiedigttng feinet Elurgeittet» feiner Hablucbt ttieiitin gebrattebetty von feinen Neigungen fo gequalc wcrdcnn daft dcr Gcdanke an die Bb

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Selbttvecliiugituiig vor der Bcgierde nadi deniy waf er aufopferte, fchvrerlkh auf-

koinmt} zeigt ci: lichabcr in ruhigern Auge» blickeo: fo kann er wiedenioi von der Be- lchiniuug uber die fehlerhalte Gemtithibe- fchafFenheit beglcitet , und von WohlgcfalleQ •n der Perfon entbldlit ieyn. Komnit bicr- su noch die Erinnerung an efaetnals began* gcnc Fchlcr, dic mit dcn nciierlich vermie- denen Aehnlichkcit luben : fo iiftt fichs kaum denken» dafi die Demtifhigung, die ihm auf dicfc Weifc doppelt widcrt *ihrt, cin Ge- fiihl der Lu$t an der WiilensbeFtimmiiiig ubrig lalfe» «elche die Veranlaflung daiu iatw Von ^lcher Seite man alfo die Sache be> trachtet, fo fchcint es ausgcraacht, da(s, Co lange die Leidenfchaften fortCiliren^ die Ge* gentt3nde ihrerBelriedigitng ali rcictend dar- zustellen, und dadurch in dem Innern dca Menfcbent leibtt nach der Wiiientbettim- muttgy den Kampf gegcn dieVorfchriften der Vernunft fortfetzcn, das Wohigefalien an der Befblgung derleiben wloren gcfaea muls.

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Wat von eiuzeUien Leidenrchaften gefagt worden ist, kann atif den Hang «ir Sinnlicb* keit uberhatipt angewendet werclen. Wenn «iiefc in dcin Mcafchen noch hcrrfchend ist» tuid ihr doch von der Vemunft bitweiieA Ppfer abgedrungen werden t fo iat der Schmerz iiber erlittcncn Vcrhist gcwohnlich viel su starky und auch nach der Sclbstver- ISugnung viel zu tvirkiani» ali dais er von dem Wohigcfallen an der(elben au^^ogen vvcrdcn konntc. Niin find wir aber fo be- ichaffeny dais das Uibergewicht einer EopfindttngunlemGeniuthsiiistand bestimint. Als genicuend Konnen wir nicht ange(e- hcn werdcn, ib lange die U n 1 u s t herrfcht, tsenn gleich das» woraus dieieibe entsteh^ etwas bey fieh liihrt, das unter andem Um- ifindcn tinrcr Gefuhlsvcrniogen angenehm af- ficirt haben wurde. Der Aiiibrach eines Vul- kans bringt an imd lur fich gewtfi lur die meisten Mcnfchen eine angenchmc Empfin- dung hervor; wer tbet dadurch iein Hab tmd Gut verlierty bey dem wird man auch uicht einea Schattcn von Vcrgaugen voraus-

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lctfcii. Mit den fittlieheii Hantlliiiigeii, & Anfopfimiiig erfordern , baf et dne ihnlidie

Bcwaiidnirs. Dic Hancllung ntl und ftir iichy ali ein Erseugnirtf luircier Selbftthittgkcif» kann wohl to betrachtet wcrden , ali fey lie init Wohl^efallcM bcglcitet; 6ndet fie abcr in dcr Siaaiicbkett einen Widcntand» der aiich nach der Willensbettiinniung noch fott" wirkt: fo ist das Bewufstfcyn, feinc Pflicht gcthan luiiabcu» kcine Qyellc von Genuiiu SoU dieler aui irgend eincr fittlichen- Hand- lung cntfpringen, ro muis fie der Sinnlich- kcit nicbts entrcifsen, defTcn Veriust aicbt von demGewiiin fiir dai Wohlgefallen an un* femi perionlichcn Werthe aufgewogen wer- 4e. Dicfe Bedtngung bcifst mit andeni

Diers wcifs auch jedermann, dcr nur einige Menfchcnkenntnifs hat, fo gut, dafs es felbst vertrauten Freunden Uiberwindung kostet» in moralifcher Riickficht cinander immer die Wahrhcit zu fagen. Vor leibli- cher Gefthr unau%efonI<rt au nwnen, fin*

•dct jcdtr nodiwiadig, an dic mondHUw hingegen wagt raan ofc gar nicht au cr- innern} nnd wagt man cs, ist ct nidiif

L-y GoOgle

~ 385

Worten: <ler Menfch mu(s mcfat nur fittltche Gelinnungen befitsen» ibndem aueh lchon in

cinera gewifTeii Gradc Hcrr fciner Ncigiingcii geworden feyn, wenn nach Handiungen, cUe denftlben suwider find, ntcht dit Gefuhl dcr

Unhist herrfchend bleiben foll. Ersf dann, wcim cr diurch Natur und Frcyheit, durch

feltcnes, dafs, bey allcr Voificht, durch fol- chc Vorhalrun^cn die Frhindfchaft gestorr, odcr doch auf einige Zeit gcfchwacht werdc, Ein mcrkwiirdtges Bcyfpiel hicrvon hat Swift gcgcbcn. Hr hattc fcincn rreund Sheridan niehrcrcinalc gcbctcn, ihn j.i /u wnrncn, wenn er ctwa ira Alter gcitzig wcidcn follte. Er wurde «S wtrltlich, und Sheridnn crinncrte ihn t9 |en« Bine, indcm er ihm zugleich cine Liite von Ztigtn des bcwiefeoenGcitief fibergab. Zum Lohne dtlBxc erinnene Swift fcinen Freund an das Looi von Gilblas, der um der Erfullung einer ihnlichen Bitre wil- leo, von feioem Principnl \ crsrofsen wuide, Wcnn man nun eincn Widcrstand gegen mo- ralifche Vorhaltungen felbst bcy Menfchen bcmerkt, die fchon einen gewtifen Grad litt* lichcr Gefinnung bcfiizcn, wie kann man dcnn cincn Sinn fur dcn moialifchcn Gcnufs bcy dcnjenigcn vorausfctzcn, dcrcn Rildung zur SitUichkeit erst angefsngcn wcrden foil ?

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phynrchen imd moralifchcn Zwang, durcli fremde und eigne Kraft dahin gekommen isr, 6»& er ^ie Neigtingea» die fich auf ieiae eigne Ghlckfeligkeit befiehen, in Ordnung gcbracht, und denfeiben durch wlederholte Slege die Machc benomiDen hat, ieibst oacii der Willensbettimmung fertxuwirkeny kann erdes moralifchcn Genufses fahig werden, und die Selbstsufriedenhcit als ciu Gcfubl dcr Lust betrachten. Es ist daher nicht su ver- ivundern, wenn gleich zu bcklagen , dafs fo viele Mcufchen gar kciucn Siun fiir die An« aehmlichkeit haben, iie aus dem Gedanken eincs gcordnetcn und wohlgefiihrtcn Lebent cntstcht i dcna diefer Sinn geht nicht dem- felben votfaer» fondern entfpringt erst «ut demfelbcn.

Atts dieren Betrachtungen folgt» dafs die Grenxen der Empfinglichkeit lur das foge*

nanntc fittlichc Vergntigcn gar nicht zu be- ttimmen find, in fo fcra fie von dcr indivt- duellen Befchallenheit der Menfchen abhln« gen. Nur dic Bedingung kann man an-

geben, uater der Wohlgefidlen an eidec

mit Aufopferuug verbiindcnen That noch «Is ein Genuif anxufeben ist i das Suttfindlen deflelben hSngt theilt von dem phyfiichent theilb voii <Jcm moralilclicii Cluraktcr jcdc> Mendhcn ab. Was bey dem Eiuen von gac ketner Bedeittung mehr ist» dai kann au£ ei- nen Andcrn von gleichcm Grade der Sittlich- keitcincn starkca liindruck machcn; Tem« perament, Stimmung» Sufsere Lage u. C fiiid hicrbcy von groltem Einilufte. Femery im Anfaiigc des moralifchen Lcbcus ist vicl* leicbt ichon die Aufopferung einei voniber^* gehenden Vcrgnugent mit xu grolsem Sehmer- fC verbunden, als dafs (ic um dcs darauf fol- genden Wohlgefallent willent alt «iinichens- vturdig angefehen werden konnte tmd sm Fortgaiigc \wird vielleicht ein Gut, das maii- nichfaitige und lcbhaftc Lust zu gcwalircn im Stande ist, mit Gleichgtiltigkeit um der PBicht Tvilleu hiiigcgeben. So ver(chie5en abcr auch dicMenfchcn, thciJs in dcr wcfcnt- iichent theils in der xufilligen Befchaffenheit ihrei Charakters find : 1b kann man docfa ket«

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Mii Ib firey von BedtiribUfca dcnkco» daA dle BeobediCuiig dct SHtengeretzef, in iedeoi deakliclieiiFallc, eincQyelle vonLuitfur ilui Mde. Der Mealbli vefnag viel» wnaf Ibgar, lieberleiiie korperlidieFreybeit aii&ii- geben imd phyfifchen Schmen tu iiberneh* neii» alt feiner Pflicht cnlfcgeii lu hciideUi iber dami dielelbe dc eiii 'Mlttel lom Genift anfehn kann oder foU er nicbt. Diels £Shrt tur Betr«chtuiig dct Grenten, inncr- halb welehen dct «im dcrSrfiillnng derPflichi entstehende Vergmigen eingerchlorsen iit, in (b fem dieie Greiucn nicht von der Beicbaf- lcohcit eintelner Menfchen» Ibndcni von <!er Befchaffenheit det Selbitverllug- nung abhingem

Wenn ein Mann fich gezwungen fiehf, lein Aint au£iugeben iind fich deni Mangel auizu* flittcna iim mcht d«i Wcrkicng pflichtlolec Bntwurle tu werden; wcnn ein Andcfer lie* ber tm Kerker rchmachten und feine Pamiiie tm Elende Uflen» alt fich ni eincm fidlchea Zeugnific gcbrattchca laHen will: Ib legt je-

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der fule Menlek eiaen Wcrch aaf das Be- wufitieyii derReehtiehitfenheie, welches je. tien Miiioern beywohnen inu(s. Wer et aber wegfe fu iifen, in dieleni Bewufideyn iig» firfats fiirdieOpfer, die fie ihrerPflieht gebracht hatten, iind ein Lohn, um deflen wtllen fie giticl(iich m preiien «Irens wer et WBgte lu Hufiemy nan mufle |ene Manner uicht unterstutzcn, fie wiren r e ch fchaffene Minner, und aiiiblche fi&nden fie in der Tngend ihre ganie Gluekfe- ligkeit: der wiirde gcwifs fiir bofe ge- halten» und det holinirchen Spottet beiciwi- diget werden. Geietit aUb» et lUUtcn fieh eihzelne Menfchen fo von aller Sinnlichkcit frey gemacht , dais kein Schmen daa Uiber* gewieht iiber die tmveilnderliclie .Rulie ihiet Geiatea erhalten k5nnie; fii wbietet doch die Vefnunft diefe befondere Einpfinduogsart lumMafiaube fur uniereHandiuQgen <u neh* mea. Denn wer ea tur Regel leinea Verhal* tcns niachtey die Tugcndhaften nie ais lei* dend lu betracliten, ibndem aile trai der Ke^tichalKniheit wiUen moglicfae Au&pfe»

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nnigeii io tnfulehen» als ob ih Jer S^lbitni-

fricdcnhcit hinringlichc Entfchadigiing lage^ wurde £o wenig auf die Zuitimmung allet Menlehen reehnen honnenp dafi er anifer el» nigcn libcrrpannfen Kdpfcn gcrade nur dicjc- nigen auf fcincr Scite habea Mvurde» welche an gar keine Tof end gUuben.

Fragt man nach dem Grundc der Unni6g« Itchkeit der allgemeinen Sinttimmung lu je» ner Regel» (o kann man ihn in dem Geiite dcs Sittcngcfetzcs Bndcn. Es vcrlangt nicht die Unterdriickungy fondem dic fiin- fehr*inkung unicrer Selbftltebe, und ge- bietet fogar die(e Einfchrlnkung dctwcgcn, damit allcn Mcnfchcn , aU finnlich ver* nunftigen Wefois gleiche Rechte an der Gluekfeligkeit, welehe von der Befrtedigung finnlichcr Triebe abhingt, gcHchcrt wcrde» £• fctzt diefe voraus, weil foott keinemMeop lchen Unrecht gefchehen k5nnte. Denn wel* chcs Unrccht kann Wcfcn widerfahren , die in dem Bcwufstieyn ihrer Kechtfchaffenhcit jedeneit Edati fitr die Aufepfenuig ihm

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Kcigttiig fSndeii, mi folglich uber jedes Be* diirfnifs erhabcn warcn ? Sind nun aber die Menrcheit nicht foichc iimienfreyey foiidera bediirftige Wefen: fo tnufs jede diirch Un« fittlichkcit Andcrcr crzeiigte Einfchran- hung der Neigungen als ein Veriust an* gefehen ijserden, den der Menfch tn ieinen rcchtmafsigen Anfprtichen auf Gluckfeligkeit ieidet. Uod folche PHichtcn, weiche biois detwegen Attfbpferung fordern, weil es un« ittoralifeheMenfchen giebt, find eben dieje* nigen, welchc, an iind fiir fich, nie ali eine Qs^He iiberwiegenden Gentifses angtie* faen wtedenkonnen oder follen. In ei* ncr Wclt, wo das Sittcngcfetz allgcmcin be- folgt wurde, hatte iiein Mcnfch zu fiirchten, um feiner giiten Gefinnungen wil- ien, zur Vcrzichtlcistung auf (ein Atnt gcno- thigct, odcr gar niit feincr Familic ius Elend veriettt ntwerden; und dieAufopferung, die in einer ganz nach tnoralifchen Gcfetzen re- gierten Wclt nicht Statt finden wiirdc, foli luch nicht £6 angefehen werden, als ob fie ein Gegenstaod der Lusc feyn kdnnt&

39«

X>'u6 hty Cpiele 9 die d«r Bettimmiiiig der Gfenfen dei noraliicheii Geiiufies timi Gntn*

de gclcgt wordeii fiad, bczichcn fich atif die SelbsCverlaugnung» welcbe durch unmit* telbare Ungerecfatigkeiteo etaieliicr Pev- fonen gcgen andere nothwendig gemacht wird. Diefe iinmittelbare Uugercchtigkeit aber iit nicbt nothwendig, um die firfiUiung der PAicht «It von Genuff entbl56t» dirtu- ftellen. Auch mittelbar kanu die Unntt* Jichkeit eiiifelner Menicbeo tu einer Selbtt- wliugnung nothigen» welche die Selbtttu- friedcnhcit dcr Annchniliciikcit bcraubt^ die tn vielen FHiicn diiout verlHiiiden itt».

Wenn einMann von grofscm Einfliirse die Nothwendigkeit fiililt, rcinem unwiirdigea Sobne tu keinem ehfenvoUen Amte beforder- lich tn leyn ; wemi ein Anderer von lehr ein- gerchrilnkten Vcrmogensunistandea blofs dcs- wegen eincn Theii feinet geringen Einkom- ment der Ertiehung einet hulftbedurftigen Vcrwandtcn widmen mnfs, weil dicfcr von dcuen verlaflcn wirdy die et iich in dcr Tiiat

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ttuu Vergnugea macben koiinten, ihrea Reiehthum zu feiDer Untentiitnmg tu ge* brauchen: fo wird in beydeii Fallen das Be- wiirstfeyn, reine Pflichc gcchan zii habcnt Selbsttufricilenheic erteugen* diefelbe aber vontittelleny alsob lie dai unangenehme Gefiihi der Selbstvcrjaiigniing iiberwiege^ wird keinemMenfchen einfaiien. Oenn eine fblche Vorstellung wurde die Mogliehkeie des Wunfches nach Gelcgenhciten zu rolchen PHichten vorausfctzcn , und diefe Moglich* keit liegt in der menfehlichen Sinuefarc aul keine WeilSf»

Bisher haben «ir die Uafitclichkeit ein* lelner Menfehen als die Urfache einer

Selbstverrdugnung bctrachtef, uelchc nichc mic uberwiegendcn Vergniigen begleicet ieya kann. Es fliefit aber eine folehe Selbstver- hlugnung oft atich aiis dcrgegcnwirtigen Eiii- richtung der Dinge iibcrhaupt, in fo fcru die- felbe cheils von uberfflHchcigeiL Sinn* itchkeit erteugt, theils um derlelben wif. Icn nethweudig gewordcn ist» Obne die

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Uibcrmacht uiieingerchrinkter Ncigtiiigeii» wurde jenei ungeheuie Mif verhaltniif ina Be» fitse der Mittel sum Genuft entweder gar nicht Statt findcn, odcr wcjugstcns nicht dic druckende Noth det Armen sur Folge habeni ohne Uihermacht der Sinnlichkeit wurde nie der Ungefchiekte und Unerfiihme dem Ge» fchickten und Eiofichstvollen zu befehlen ha« ben. Und wie vieJePfltchten find nicht hioif deiwegen unangenehmy weil fie dat Strehen nach den nothwendigstca Lcbensbediirfnirscn gegen fich liaben, oder weii dat Verdientt dem Unverdienite fieh unterwerlen muis, Uibcrdiefs raiilTen blofs iim der Unnttlichkeit der Menrchen wiileny Hccrc untcrhaltcn und Ahgahen erJegt werden; und hey dieien nothwendlgen Einrichtungen ict das Maafi dclTcu, was von Frcyheit und Mitteln zum Genufi aufgefordert werden foli, wiederum oft gar nicht in Verh2ltni(f mit dem» wat |e* dcs Glied der Gefellfchaft dafiir erhalt. Nun ijpricht fich xwar, um diefi» Misverhjiitniiiet willen, der moralilchgefinnl^ Menich nicht von der Unterwurfigkcit untcr dic burgcrli-

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chen Gefetze frey i in fo fern aber die dahet enCiteheiuieii Pfliahten Aufopfentogen fbi^ dern» diefeine recbtjnSfiigen Anfpruche auf Giiickfeligkeit mebr einfchranken » als cs ohne die unrechtniliftigen Anderer no* thig wHre, find fie fiir ihn keine Qnelle uber- \7iegencl angcnehmcr ErapHndung. Dcnn er wiirde derfeiben gern iibcrhoben reya; und kein Menich foil die £rlullung iblchev Pfltchten fo betraditen, alt gewHhrfen fie ei- nen Genufs, der fiir allc ScJbstverriugnung enticliidige; er foll im Gegcntheii streben» Ib viel an ihm ift, eine folehe SelbstverlSug- uuug immer weniger nothwendig zu machen.

So weist utts das Sittengefets ielbst die

Grcozen an, inncrhaJb wclchen dic Sclbstzu* fricdenheit als ein bcgehruogswerthcr Gcnufs vorgesteUt werden luinn. Oiefe Grenten find die bestimmtesten» aber nicht die einzigcii.

Dafs dcr Mcn(ch feinc guten Ccfuuumgea durch die That beweiien miifie» fiehC «r W0I1I9 wenn er nicht gant fiilfche Begril^ voa lugcud hatj als finaiichvemiinftige

WdeD «bcr kiui cr nieGdcfcalieitai ni IbU

chen Pflichten wiiiirchen, dcrcD Erfullung gar nichtf weiter gewihrt, als das bloiia Bewufiereyoy leiiie Wurde beliaiiptet tu liabea* Die Brfaaltung ie» noralifchefi I^bens kann nit der Erhaltung des leibii» cben verglicheo werdeo. Iit die letiten oicht tiideri Bb doreh Mittd no|f ieh, die an Und fiir fich keinen Rcitz haben , fo muiren wir fic frcylicb gebraucheni Abcr gem ver- diiigen wir die AnBekmlidilwit der Mittel init dcr Behtttptung des Zweckt. Bey der Erhalcung dct moralirchen Lebent ist die menicliUehe Sinncfart ebendielelbe. Anch wendet die Vemunft an und fitr 6ch dawider fo wcnig etwas ein, dafs iie dicfe Handhmgf* nrtfiigir in vieicn FSlllen iiir indirecten Pflicht maeht. Bey derWahl uderer hur- gcrlichcn Bcstimmung zugleich auf die Nci* gung lu gewiiicn Geichaften und auf den Nntf cn Eu lUien» dcn fle der Gdellfchaft leisten, heist vcrnii nftig handdn. Wird fo dic ^ictlichkeit mit der cignen oder der fircmden Giuckfetigkcit vcreinig^ 6> bcfiodct

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fich dcr MeiiTch wohlj wo aber fSr feiae Siimlicbkeit ga/ keine Befriedigtmg, weder dureli eigendiehe Seibscliebe, noeli dtirehSyn- pathie crreicht wird , da isi der cine Thcil feines Wefenf mit dem andem in einem Strei* te begriilen, «oiu er eben fi> imig (ydegen- hcit wiinfchcn kann , als unangcnehme Nah- nmgsmitecl znr Erhaltung des JciblichenXe- bcfli* Gleichwohl find die Yolikomme* a«n Pflicbten von der Art, dafi fie jene Un- annehmlichkeit oft bey (ich fiihren. Hat jc* luad einen Vertrag gemacbt» wobey er hio* terher fieht, daft der Vortfaeil gant auf der Seite des Andcrn i^ty tmd doch, nach Lage luul UmsUnden» uicht ia Vergleichung niic dem Verluite lu feCten ist, den er felbtt da. bey leidet; fo ist er iwar verbunden, fein Wort zii halten, aiich vicilcicht cntfchJof- fta» den Verlust tu verichmcrsen ; aber gewifi wird cr lieber, mit Einwilligung des Andern, den Vcrtrag aiifhcben als das angc- nrhme Geiiihl» welches iu der Seibstiu* frtedenhett liegt , bdialten wolleu. Ebcn fo ist es mit alJea Pflichtca wo das, was Cc

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siifgeopfcrt werden mufsy ip gar keineia VcrfaHiciiBiM mit defn tteht, vtn dadurcli cc» leidit msd.

Zu grolsen Opfcm untcr folchen UmttSii» den itt gewobnlich cine Unbilligkeit von

irgcnJ eincr Scitc tlic Vcraiilafrung, und cs fiiiit dann diefe Grenxe d«rs moralirchen Ge* ntifiet mit der vorher angegebenen in Eint sufamnien; dieit ist aber nicht immer der Fail. Deun obgleich cine v o r ii b c r g e h e 4e unangenehme Empfindnng fitr gar niehtt surechnen ist, Ibbald durch Uibcmehmung dcrrelbcu irgcnd cin Zwcck crreicht vjicd, der fut unt oder Andere eincn bedeiiteiideii Einfiuit aufGluckfeligkeit hat: ib itt fiedoch binrcichend die Veraniairiing dazu als nicht wunrchcuswurdig darzirstellen, wcnn gar nichti weiter erreidit wird» ait dat Bewufit« feyn feine Pflicht nicht verlcfzt cu lnibem Dieis ist befondcrs dcr Fall^ wcnn jcnc unan* genehme Empfindung aut imterdKickter Sym» pathie enttteht Denen die wir lieben, Ce^ f^UigkcitCQ uud Dicnstc abzufcblagcn, wcil

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fie mlt euier itfesgeii Rechtfchaffeiilieit naeht

bestehen konncn , ist eiae Selbsfverriiigniingy zii der {ich kein Menfch Gclegeaheit wiia» fchea darf, ohae ielbit feioeGelianungen ver- ^lchtig xu nuichen.

Pflichten» die fiir <iie Aiifopfentng gar keiney derfelben «ngemeffene Wirkung

verfprechen, gchciren ohne Aiisnahmc zii dcti fCrengen Pflichteii. Bey dcn unvoli* kommenen muff jederzeit ein Zweck vor- lchweben, deffen Errcichiing mchr werth ist, ah (las, was er aii Aiifwaad von Kriftea uud Mitteln zinn Genuiiie fordert. Wenn eber der Zweck verfehlt wurd» dann tritt gewohn- lich cben der Wunfch ein, welcher fo oft die Uandiungen der Gerechtigkeit begleitet Macht auch die gehabte Aiif ficht auf daf <u LcwirkcnJc Giite, iini Jas Jamit vcrbundene Bewufstfeyu fittlichcr Geiianung» dais in den Fillen, wu nur voriibergehendef Vergnugen fiifgegeben worden isf^ die unangcnehme i^inpiiaduiig iiber den crlitteucn Verlust bis- wcilen gar nicht, und bey aroifen Op£erfi

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imiiKler gefiihlt wird: fo ist doch wohl ichwerlich cm Menich nt findent dcr in letf» tem Falle nieht fern dit noeh ttbrigbleiben<ie- Vergnugen hingeben w{trcle« weao er dafur dat wicdcr crhalten honnte» wis cr «i%e- opfierc hat Dider Wnnieh itt noch ttlrkert wenn geradc das Entgegengeretzte von dem erfolgt» wm heabficbtiget wtirde. Wat blciht dann von 4cr Sclbttnifiriedenheit mehr iibrig, ali ein negativet WohlgefaN len an der Perfon» eine Freyheit von Vor* wurfen» die Troi t gcwilircn kana, aher kcinGeftihl der Lutt itcf Dcandnlbl» chcf wird ungcrii aufgegcben.

Iit dcr Mcnlch cndlich Ib glueklicb, daft

die Unfittlichkeit Anderer IKn zu kei- nem bedeutenden Kampfc roit feiner linnU* chen Natur auiBbrdcrts bcfindct cr fich tn ca» ner Lage^ in wclchcr die tf rcngen Pflich- tcn ihm keine Unlust machen» und wo er dic Errcichuag leiacr gutcn Abfichtcn nut Wahrfchcinlichkeit'hofica kana: Ib darfcr fich doch oicht fchmcichcJo» daii allc

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Hindliiogen, welche (UfSitreogefets votiUim fbrdert, iibeiyviegeoden Gentift verfpreclien»

odcrgewahrcii. Dcniicrist, cbcnfeincrgliick- Uchcn Lage wegeo» Eu einer Wohltbitigkeit verbunden» die» in threm ganien Um- fange, nichr immcr in Uibereinstimmung mit feiuem Vergniigea feya kann. Icde ein- seine fogeminnte ▼erdienstiiche Piiicht lunn freylich fo vorgettellt fterden» olt ob fie niit Liisc lohne; cs lifst (ich aber fch^ver* lidideakeny daft irgend ein Meofch je die BereitwiUigkeit su allen den Aufopfienin^ gen erlauge , welche die practifcbe Vernmift alf nothwendig darsteilt.

Wenn die Medbhen, alt ▼ermtnftige We-

{cn, den Anthcil zii bestimmen hatten, deii jeder an der Giiiciiicligkeit haben roJiy in ib fem diefelbe von den Gefttien» und von der Ztifararacnwirkung aller Glicdcr einer Verei- nigung abbingig ist: fo wiirde cioe voll* kommene Uibereina timmung hcrr- lehen) dieie lifft lich aber nicht anderi ali unter dcr Vorausfctzuog denkeo, da(f jener

Andieil gl«ich gefetity naA, wtan dat

Uibergcwicht dcr Sinnlichkeit als moglich angcnommea wird, nur iim diefes Uibcrge* «ichts wilJen, tur Scrife» dieCer Antheil ▼erktimaert werde. Wer allb damaeh nth- tc, (ich auf Kostcn andcrcr eiiicn grorsem Antbeii su verlbbafSen» der wiirde, iciion tim didcf Strebeni willen, fich ibgar det glei» ohen Antheils unwiirdig uiachen. Denn diefcr gebuiirt ihm nur alf vemunftigen We* ien, als etnen Theilhaher an der ailgeoieinen Gcfctzgehiing, imd Jiefcr Wiirde geht cr ver-» Itistig, indcni er nicht die Vernuuft hort» Ibndeni fcine Selbttfucht «v Geletfgebe- rin aufiEuwerfen ttftht*

Aut dem Gnindfatf e, dafi» nadi der Ver- nunfty der Genufi unter allen guten Men*

fchcn gleich feyn wiirde, folgt frcylich nicht, dais diefe Glcichheit iich auch auf die Mit« tel sur Gluckleligkeit erstcecfce. Unterder Voja»isrcr?.!ing eincr natiirlichcn, unverfchiil- dctcn, diirch manchcriey Verhiltniire crzeug- ten^ und mit der gcgciniartigen Einrichtung

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der Dijige nothvieadig verbundeiieii Ver* fchiedenheit der Menlchen, wiirde dio

Veniunf t nicht niir eine Mannichfaltig- keic dcr MittcJ zum Lcbensgenurs, £)ndcra auch eine gewifle Ungleichhett in dem M^fie derftflben gut heifien« Wat Einem Menrchen zuin frohen Lebcn genfigt, ist ei- nem Andcrn, ohne lein Verichulden» nicht immer hinreichend. Anch will jeiie G I e i cb- heit nicht iagcn, clafs nicht einzelnen Men- fchcn, auf mancherlcy Urlachcn, Vorthei- le und Vorztige mit Recht eingeiVumt werden kotinten. Aber alle follen fich doch eiiicr folchen Einfchrankung der Neigiingen unterwerfen, welchedic allgemeine gleiche GluckfeHgkeit moglich machen; und VontT* ge kunnen nach dcr Vernunft nur untcr dcr Bcdinguug eingcraumt wcrden, dals da* liir etwas geleitlet werd^ wai die Gkichheit wieder hcr«telle«<^)

*) Dafs die Vemunfc tnf diele Gleichheit drin* gc, fchen wir bcy iedcr Gelegenheit, wo iich dieMcnfchen freywiUig an gewiflen Zwccken vftdnigcn* Oluie hiaUngtidie

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Wenn man fo die Gliickreligkeit als ein femeuifcluftUchct Gut aniicht, auf welcliet fecler Menieh, ab mniinftiget Weleii» gki- chen Anipruch hat, und dat daher zti befor- clcrn jederzeic Pflicht ttt» fooft nicht die cignen gerechcen Fordennifen und dk ttrengen Pflichten darunter leiden; «emi mau die Vorztige nn Gluckgiitern alt cine verbindciidil Aulforderung aniiebty fur daa Bette der Menichhett tu wirken: Ib erhllt man fiir die vcrdicnstlichcn Pflichtcn

Urfachc wird kein Unterfchicd untcr deti Gliedcrn einer Gefellfchafc gemacht. Wird ifgfad Eineaiein Vorsug cingeriumc, Ib gcrchieht ct in Rfickfichc tuf Verditnt^ Hierbey tst «ber dtc Uogteichheif mir tn« f ch c i n e nd, nichc wirldich. Denn um dtt Verdicntcet «illcn» mthr crhtlttn tb Anderc, heiftt nichit tndert, tb tuf dtr cincn Sette Erftit ftir das crhalcen, wia mtn tuf der tndcm tufgeopfert hac; um dct Vcrdienstes wiUen Vorziige enhcilcn» heiitc oiit den Lasten die Vonheile in angc- tneffenes VerhMtnifs ferzcn. Diefs aber, weit enf^fenn die Gleichheit zu storcn, geht von dem Gtdankcn der Noihwen- digkcit dcrfclbcn hcrvor«

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ciaeii Ib «eiten Uoifaiig, difi et woU kcia Menfth wagcn wird zii behaupteii, dafs in dcnirelben stets mit den moralirchnothwendi- gen Handiungcn tuglcich Gennft veibundea &f. DenndaiSittengefelt ferdert, dat eignc Entbchrliche dcm fremden Nothwen- d i gen «uficuopfem s iwiCelien fich leibct itnd Andem» bey dem Gebnuehe der Gliiciugiiter tind der Krafte, keinen andern Unterfchied ftu machcn, ait dcn» weidien die Groiaa det tu erBeidendcn ZweelKs und die Wiir« digkeit bestiramen; imd dic Vorziigc, wcichc aiif dcr ciocn Scite eingeriumt wer« deuy auf der andem der Menlclilieit nt TcrgiSfen.

Dafs atis dcr Vernunft eine folche, auf Gieichhcit dea Gcnuitei liinwirkende Hand- lungtweiie hervorgebe, kann kein Menich iaugnen. *) Wird dc alfo nicht wirkJich*

«} DieGlcicMicicdarMtacl inm Gcnu6 auf etoe gtwiltdrilciga WctliB bewirkcn su woiltn» ittUnrecht fie ah nAglkhsudenkea» fo

lange dic Mcnfchcn unvollkommen fmd, ist Chimires die Gleichhetc des Genuftct Itlbtcabcriubcf6nlcra, ifc Pflicfat, «ic

inid.fia^t vtelJeieht rchoa derGedatikedaiin Widerseand ; Co klnn der Gnmd davon ntir

in dcr Sclbstrucht licgen» und eben das, wat diefe su diiin hindert, wat aber nach der Gefettgebung der Vernunft geiehe- hcn wtirJc, ist Pflicht. Atich kann raan dicfelbc in fehr vielen Fillen alf eineArt von Uoifer Gereehtigkeit vorstellen* Ba iit namlich keinem Zwcifcl iintcrworfcn, clafs eben die b ii r g e r li ch c Gcrellfchaft, welche lur einen grofienTheil der Menichen viel- laltigenGeniift bereitet, cincm andemTheile fogar dcnjcaigcn vcrkiimmcrt, dcn er in der Wiidheit gefunden iiaben wiirde. Wer allb, vcrmittcltt der Vcreinignng unter Ge« fctze, rochr erhilt, als cr ohnc dicfelbc ha- ben wiirdcy ja mchr» als er, wcnn er nureini* gernKiCsen vcrniinftig denkt, bly einer vott ihm fclb tt bestimmten Anordmmg der Din{;c vci l iugcn wiircic, der iibt bey der Wohithiitigkeit, durchdieery vermit*

in dcm Hsuptj^.cbotc dcs Christcnthums, fcincn Nachstcn wic fich felbsc au lifibcn, gclchu wird.

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tsUt dt$ ihm zugefdJeneii Uibermaif eiy ^em Elendle abhilit, blofi eine ArtTon Gereeh.

tigkcit aus; dcnn cr glcbt dasjenigc zii- riick, was er» nach der Gefetzgebung der Vernunfit, gleichlani nur itir Verwaltung er- halten hat, iind hiilt dielcnigen, weichedurch ebeii (lic Hinrichtnng, dic ihm fo viele Vor- theile verfchaft» oft alles verlieren» nur ei« nigermarten lehadlot. Mit^emAu^an* de von Kraftcn und Fahigkciten zum Besten Anderer» hat es gieiche Bewandnifs. Durch die burgeriiehe GeieUfchaft werJen fie ge- weckt und crhoht, und zuar auf einc Art, die von Glied zu Giicd am £nde gewuhnlich eine Aufopferung von Seiten gewifler Menfchen, vorantibfat; diefe Atifopfening aber durch dic Dieiistc» dic der Gereiirchaft geleif tet werden, einigermalien vergftten» itt Gereefatigkeit im weitetten Sinne.*)

^ DuTch diefe Anficht wiid auch der Einwen*

dung bc^cgnct, die man 5C|;en den weitcn Umfang dci verdienstlichen Pflichten ctwa davon hernehmcn konnte, dafs man fein Vernidgen doch felbtt crworben habc;

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Die vcrdieaididieii Pflkhicn fiad hkAm «ur betraehtct wordea» tii wie fecn fie eiae

Woher kamen denn die Rrlite und Mictll dflzu ^ Uiberdiefs foUte ratn bedebkca» di(f 10 dcn metsten FiUen felbit der Er* verb eines grofsen Venii5gens nicht an* ders als dadurch Statt finden kann, daCi tuf der einen Seite eingebufst wird, wes fluf der flndern erwor ben wird. Die Einbufse gefchiehc entweder dfldurch, dflfs den Er« werbgefchiften eine Ausdehnung gege- ben wird, welche Andcre in eben den Ge- fchflften nichc flufkominen Ufsc, oder dfl- durch, difs dtt eigne Arbeit sn cinea liohen, und dit Arb^ A nderer m ctncn nicdrigcn Prtife ingclchligen «iid. bloft weil dic einc nidic abcrfehcn werden fctnn, nnd dic tndtrc nur nteh dtr Con* cnrrtni dtr lltnlchtn gdchlttc wird, dcocn mfln noch cinc Wohlchtt zn tr« zeigen gUubt, wenn mfln fich von ihrem Schweifse bereichert. DerLohn foUw SMh der Gr6fse und nach der Dfluer der «!• gewflndcen Muhe bcsTii«mr werden. Wena dief? nun aber bcy dca gcwdhnlichcn Arbei- cen gar nichc gefchieht, und grdistencheiU daher der dnickende Mangel fo vieler Menfchen fluf der eincn Seice, und der Uiberflufs fluf der flndem encscchc: fo hat dcrjcnigc , welcher fich im lecztem be- findec, tiae groise Schuld tn diejeoi-

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«Jlgcineiiie GluckCeligkeit befordera IbJleti. Betracbcet man fie in Beiidittog auf

Sittlichkeit, die ebenfaJli jeder Men(eh befordcrn foU, tmd die fehr viele Opfer nothwendig nacht: ib mixd der Umfang je. nerPflichten noch mehr vergrdfiert, und bey diefcr Erweitenins Yif^t (ich noch wenigerals lUTor die MogiicJikcit dcnken, daiii fur den M enfchen die Beobachtunf det SittengeletUfl Jedcncit mit Gcnufs vcrbundcn fcy.

So grofi alfo der Werth der Selbetiulrie* denheit ift, Ib hoch audi dat Geliibl der Wurde eincs vernuiiftigcn Wcfcas uud dcr

%tn ruriickzuzahlen, welchc durch den un- g e r e ch t e n Mafsscab , nachdem der Lohn cingcrichtec wird , um den frohen Lcbensgc- nufs gcbfidit wtrdcn. Dit dabcy obwaU icndt Ungercchcigkcic iit freylich fon dir Aft, difi ihr iKin intnfcUicbcr Elcbitr «b» htfftn kmn. Ancb lifit ficb bcbaupctn» dait bty dtr gtgtnwinigm Siarichtung dtr Dlngt jmt Ungtrtcbtigktic nicbt giiis vtr* micdtn werdcn kann ; abcr cben deswtgtn tst jeder verbunden, lic wifider gut an machm uad dts an chua wti «r ihun kflnn.

4*o

Freyhcit von bcstimniendeii Neigtingen ange- fecxt wcrden kaitii: fo iut <ienn docb dteier Gemifs feine Greiisen. Dcnn Ib wie die

Sclbstziifrit Jcnhcit, abgcfondcrt von al- iem Gefiiitic» was nicht von der Moraiitit eiuer Uan<llun|p« fondera von dem Zwecke» oder dem glticklichen Erfolg derfelben nnd dcr auf Kaoipf foigenden Ruhc hcrkoinoit» tii einselnen Fillca niclit aii ein Vcrgnu* gen betrachtct werdeu kann: Ib macht fie auch d,inn, \Qcm\ (le ais Fotgc dcs BcwufKt- leyns uiirerer moralifcben Gcfionun- gen iiberhaupt belrachtet wird» nicht einen Thetl unierer Gltickfeligkeit aus, Deini fo langc loan no:h ctwas von dicfcr bebjilty mu(s man das Lebcn lieben; bey aller Rechtfchaifenhett aber kann der Menfch Co clend werdcn, dafs dcr Tod nicht nfir nicht gcfciicut, fondern fogar gewuniciu wird* Nur dann» wenn die moraltichenHaiidlungen iliicji Zwcck crrcichen, ist in cinzelnen Fallcn> und ucnn dic phyiilchen unumging- lichcn Bedtlrfniflc befriedigt findt ist im Al I g e m ei n e u dte Zufriedenhett init fich

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felbst etne Veredhinf; det Lebenigenufle^ und die Zuiiricdenhcit mie leincm Zusfiinde niuglicb. Uibcrdicrs i;t Jrr Umfang der Pflichten ifo vrcit, dtfs icJbtt diejciitgcn, iweU che, einieln genonnnen, wir klich «1« eine Qiicllc angenchmcr Enipnudung vorgestcJIC «erden konnen, doch xufammen eine SelbstverlXugnunf; fordcrn» dte^ beydemVofw draiigen finnlicher Ncigungen, ohnc N n t h i - gung des WiJlcDS» uud olmc Bcyfcitclbtzuog der Rucfcficht auf Genufs» nicht als mog» lich gcdacht werden kann. Verkennt man dicfs alles, fo verfiiih maii m ciiii^ moraJi* ichc Schw'irmerey, die io mehr siJa eioer lUickficht iehXdlich «erden kami»

Es ist g^eigt worden, daft die Vernunft unt die Verbindltchkeit aufiegt, nur

folchc Maxinien zu befolgen , welche als all- gemeine Gefcue gcdacht werdcn k6nnen« vnd dafs dle ficUiche Gefinnung in der Ach* tung fiir dicfcs Gcbot bcstcht , uhnc alle Kuckficht auf dic aiigcuehmc £nipiiiiduiigf dle denmt entstehcfa kann. iit ftmer ge»

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scift wotdcn, vie die Uuterwerfiiiig imter «bt Gdets die Selbttxufriedeoheit» imd maneherley «ngenehnie Gefiihle xnr Fol- ge haben kaun. Wirc niin dcr daher entstc* lieiide Ceiiiilf von der BeTchatfenheit, daft er in der That alt Erfatx fiir jede tm det Sitten* feletxef willcn ubernomnicney Sclbstvcriaug- nung betrachtet wrden konnte: fo fiurde weaigstenf ein Schein xu der Behauptung dafcyn, dafs feJbst dic Vorfchriftcn , welche die rcine praccifche Vemunft gicbt» nur ifittel sur eriubensten Liift nlren. Denn verwandelte fich auch dcr unbedingte Ausfpruch der Vernunft: du follst fo haa- deiiiy inden bedingten: handleib» wenn du dir den h6ehtien moglichen Genufi vcr- {ciufFen willst: fo konntc inan wenigstens fa* gen, die Vernunft verdccke gleichlam ihm Abfiehteny um fie detto gewiHer xn errei- chen, und es fey in dcr FHicht nnr ciuc fol- che Notliigung des Wiiicns, deren unan* genehmes Gefuhl jederxeit durdidas dafw auf folgcndc angenehme libcrwogen wcr- de. Allcin auch jener Schein £Ult weg.

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4t3

bedenkt» daA dts GtfttZf welchet eioe gewUTe Handliingfweire unbedltngc ge-

bietet, mgleich verbietct, dcn dahcr entitebeudea Genuls alt Erfatt fiir alle Au£* opfoung antttfdien. Denii anf diefe Weiie bleibt gtr ntchts ubrig, wodiirch man be- rechtiget wire» die £rfullung der Pflicht alt ein Mittel tum Genufie vonuitellen, Tbuc man et deflen ungcachtet, und baut man ein Morairystcm atif die vcrtncinte Gliickfcligkeit» die aiis der Beobachtung der Vorfchriften der practi&hen Verniinft folgt; fo kann cs nicht anders gerchehen, als indcm nan den Wcrth der angenehmen Geluhie tibertreibt, ^che geiettmlftlge Hand- lungcn beglctten. Die(s thaten die Stoikei-y «eldic lehrtcn, dafs das Bewuistfcya, frcy voA alien finniichen Neigungen, erhabea iiber Schmen und Vergniigcn tu fcyn, die eiotige Lust gew'ibrc, nach dcr xu strc- hen, dcf Wciien uad Tugendhaftea wurdif

fty-

So crhaben dicfc Lehre dem erstcn An- blicke nach fchciat» ib verdient 6c doch den Dd

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Namen thut Schwlrnierey. Denn Ib kann nun fchon \€dc, nach Gnmdriezen un* •etooiiiiiieae Uiberfdireitung dcr Greo* sen ^er oieiifchliehen Vemunft nennen, be» ronden aber, wenn diefe Uiberfchreitung ein Gefuhi betrifti und daii auf diefe Weiie iiis Gremett dcr Vemunlt in dem Stoiftlies Moralfystem liberfchrittcu wcrdeuy iit of> fenbar. Nach dcmielbcn liegt der cigeiit- licfae Beteimmuiiffgruiid lur fittlichea Handlungfweiie la der Gltickfeligkeit, welche aus ihr cnt(pringt und die Ver« Bunft gebietet unbedioft» ohne Ruckficht •uf dielHbe; iudi demfelbeB itt dac Wohl« gcfallen an der Perfon die einzige lchte QtfcUe der Gluckfeligkcit und dae Vemunft ▼echietett ^bllelbe ib xu be* trachtcn.

Diefe heroifche Schwirmereyy welche die Seelensfirke luc Triebfeder der Sittlichkett inaeht, kaim» la mdir dc dner Rtickfich^ nachtheiligen Einfludi auf die fittiiche Biidui^ der Meniclien iiaben. £• iit mir Wenigea Ssmi liir dae Vcrgniigcn gegcben, wdchefalf

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4»5

letft«r Zweek betrtchtet wird , imd wer iieCcn Sinn nicht hat, der ist nach jcncr Lch^ re fireyiich nicht glucUich, «ber auch leinet VetliaJeeDtwegen mchtveraatworelich. Demi wenn et mir auf Gefiihle der Liist au- kommt» io gUubt jeder Menich das Recbt ni haben» nach Gefallea die Mittel lu der* jenigen en «Iblen, dic ihm am racisteu fchmeicheln. Nimmt man abcr auch an, daia der Sinn fiir jene angenefame Empfindung Handlungen treibe, die dem Sittcngefetzc gc« mafs (ind; fo ist doch die Gefiunuag in Co fcru verfaircbt, alt fie nicht auf dem Gedan- ken der Verbindlichkeit, (bndem auf dem Screbcn nach Vergnugcn bcniht, wodurch nicht nur dcr Geist dct Geictsee au^elioben wird^ Ibndera auch mancfaefley Verimingen entitehen k5nneii. Damit foU Dun freylich nicht gelagc wcrden , dafs Men- ichen» welche jene Meimmg von dem Grunde •Uer Sittlicbkeit hegen, nicht moralifchgut bandcln konnten. Bey der Inconfequenx der menfchlichcn Denk- und Handlungfart fdcfaicht ei iefag eft, da|f min «ui gant aii>

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tett Gcuiideii hand^t» alt maii luch dm angenoiiiiB^iieii Syftem tu htndeln vofgiebt.

A«ch iit Cf mir dicfcr laconrcqiieni zviiu- lchccibeQ, dM& die Stotker gfo&tenthcils dus PAiehten guC bettimmten. Denn bettehf die wahrc Gluckfcligkcit in Jer Freyheit von allcn iinniicheu Neigimgen , und ist nur iim derfeibcn willen der Tugend nachtuitre- bent fo mulTett davon vide Zweige auige- fchloflcn wcrdcn, die fich auf dic finnlichca Triebe beaiehen. Der iit im Grunde der gfueklichtte» der iiach der gemeinea Mcinung am meistcn lcidet; dcnn cr hat dat Bewuiitieyn der Seelcnsfirke im hochstea Grade. WeiC entfernt aifo dahin lu leheiiy dafs phydfcher Schmen in der Gegenwarf und ia dcr Zukunfty fiir uni fclbst und fiir Andece vermieden «erde» muftten vielmeiir Mittel in danfelben eidachc «erden. Dala das stoifche Systcm fo ctwas nie lchrtc, ist eine Inconiequens, weiche die practifchc VcrnuttfCt demfidbcn fuwidcry anttcang. Allcin, wcnn man yrcift, vrelche GewalC Mei- nungenubccdaf Gcmuthlubeny ibkiuuiman

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itieli denked» dtit ein laU^ei Moralprincip

sur Verkennung der Pfltchten leite ; und in dcr Tiwt war bey den Alcen iliel^hre voa dem Selbitmorde ein Ert eugnlfi dei £dlelieii Moralprineipf. Uiberdieif itt et bekanntge- nug, dais aus einer, der stoifchen 'ihnlichca Schw^rmerey» die Tugend in die Ablbado» ning von der Welt» und in elne IreywUlige Zufiiguog von Schmerzea gcfeUt ntordcn ist«

Gegen dlele ArC von moralilefaer umA ao*

d3ch(iger Schwannerey, fcheint eine War- nung in unrern Zciten unnothig zu feyn. In dem GefiShle der Freyheitvon finnlieiieaNei* gungen feine GhlckieKgkeit «1 liichen, ist ietzt der Grundfatz von wcaigen Menfchen. Man erliennt ei an» dafs der Menfch Bcdurf- iiiflen unterworfen iit» deren Befriediguag Gltickieligkeit geWilhrt ; und nian bekJagt die- jenigen, wdchcn die Mittel dazu fehJciu Allein man tibertreibt doeh dea Werth dea fogenannten morallichen Vcignugcns, tmd uberfchreitet fo die Grenzen der Vcrnuntt oicht weniget alf die Stoiker. Maa aucht

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Sympatliie uaA Eigenlielietuclea dii»

figcii Tricbfeclcrn <ler Sittlichkcit i man iiicht oft nur Sina fur das Schonc , Gto&e, Edle feltner Thaten ni eneugen» olme diefclben als Pfllchten tonuttellen» «nd ohne daranf zu dcnken , die Verbindlichkeit lu den tlglichen PAichten fuhlbartunM» cheni nan Ipricfat vonderTugend nur alf einer CLuellc befonderer Freiiden, ohne an den Widerstand tu denken, dcn fie in unierer Ssnnlichkeit ftndetj man «eitt auf d^n Genufs hin, den gute Handlungcn getalli» ren und fordert auf (ich gleichfam in denfel« ben tu ▼erfenken» ohne an die NokhiieB* digkeit einei ^esten Blickt auf die Fehiec und UuvoUkommenheiten zu erin« nem* Hieraua kann leicht eine phanUitifcho Denkungsart enfitehen, die weder dem Geiite des Sittengefetzes angeme(ren ist, noehielhit den Buchsuben deifclbcn tu erfullen in dem Ma6e antreibty in «elchem das Gefiihi dec moralifchen Nothwendigkeit trel» hen wiirde. Genufs aus jedcr guten Hand» lung ▼ec^sechen» hei6t cntwedcr eine un*

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mogliche Vollkoiiiineiiheit vanutlctfen^ oder die mogliche nicht sumZiele menlch*

licher Betniihungen aiifstellen. Denn da$ Sit- tengefets fordert mehr» und der Menfch vermag mehr» als mit ieinem Streben nach angeuehmeii Einpfindungen zuraramenstiinmt; und zu wenig wird immer derjeaige thun, der nur in fo weit Uine PilichCen xu erfiilien ttrebt, alt Sympathie und ^igenliebe dabey befriedigt wcrden. Diefe angcpriefenen Triebfedem konnen nur ielten da wirkeo» wo cs mehr auf die Unterlaffung des Bdfen, als auf VoIIbringung des Guten ankommt £s giebt daher Menfchea» die zu jeder 'groisen und edlen That beieit find , auch wirklich manches thun , was, aus einem gewinen Gefichtspunkte betrachtet, preiswiirdig ist, die aber nicht daran den- ken das B^fe tu meiden. Diefi» in feiiicm ganzen Umfangc, ist das Schwerste fiir den Mcnichen> weil er dadurch unmittel- bar an Geniifi wenig oder nichts gewinnt» und dic Befriedigung det Neigungen, die suffl Bofen leitzen» fo viei Vergniigca ver*

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i^hf.«) Bifeallelie ana Syniptdac verleitca oft fogar zum Bofcn. Wie viele leiirige Anhiiiyeff det Revdutioiiigetites mo- fcn fieh liir edel hallcn, mvl fic bcccU. find, ihre Pflicht lu vcrletien. So verhindert 6mm sCetc Hinwcifcn auf Hand- Itingcn» tocinen hohcn Gcnule gcwih- rcn koonen , die yollhriogiing «ler elfengca ttnd entcn Pflichtcn. Dieif ist aber nicht dcr cinugeSefaeden, dcr aue 4er noraliichen SefanfimNrey cnttteht. Die Grundung dcr Tiigcnd auf fchmclzcnde odcr hochflicgcndc GeCiifalc, hat auch eine ganx eotgegengcfctxte Wirknnf ^n dcn, wai fic cn vcHprcchca

Wie weic es bey tina fokheo fihbthaftcn Grundlige dcs Chanlnaii lait ciQam Man- tam koamn ktaae. khti dai Seyfpid w O. Ood, der mic Knft uad Ntchdmdi dieSchdnhdiderTugcndi dai BdcUgcnde dcr Rdigion damdkt , •UMndia gute Anstdt bcMma, uad dabey nidit nnr in einem fthr hohcn Grada dcr Wollust und dcr Hahfucht ergeben war, fondcra fich fogsr dufdi dnan fchiadlirhan gctrug an Galgm

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leheiiit Wer nilr nach dem Vergnugen

ttrebt, das aus edlcn HanJlungcii enrrpririG^a katui» ift fo anzurehen, als folge er einer Neigung» ieren Befriedigiing» oder Nicbc- befriedigiing iuf leine Willkuhr ankofn- ine. Hangc gJeich diejenigc, von wclchcr hier die Rede itt« niit dem Vcmunfirgcfetxe su&fnmen; tout doch nicht dwraiif gc- griindety wenn die Gegenstande derfclben nickt mit dem GecUnken der Verbind- Itchkeil ▼ereinigt wcrden; imd ist fiedee Grundes verhistig, fo ist ihr auch keiu dauerhafter Einfluii auf das Vcrhaltca gefichert. Et darf nttr jener Genuit auf ir* gend etne Weife gestoft, oder Ton einem «n- dcrn iibcrwogen wcrdeiiy «ric dicfs leicht ducch ica fehJgcfchJageiien Erfolg mchrerer Handlungen» und dureh veiVnderte Lagen iind Uuibtaadc gcrchchen kann: fo ist auch der edle Sinn mit allen ieincn Wirkungeii daliui. Was follce den Menfchen, dcm ct einmal nur um Vcrgniigcn in thim ist, be- wcgcu, dcm^cibcu auf ciiie Weifc nachzu- ttreben* ivo er es fi» oft vericbit hat^ und

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nidit ittf cine andcre, wo ct e$ weit ficherer CRciclU? Dieis ist noch nicbt alles. SellMt Ib Ijflge dcr iogaiaiiiiie edle Sian bkibl^ *) ist fehr tu (Srthtenf dafi er aielit eiiimal Ib viel folche Handlungcii hervorbringe, die wirkiich refar angenehmie Emp6n<liiiigen m Begletteriniiea liaben koniieii» als blofie Gedanke der Pflicht. So unwahrfchein- Ikk die6 vorkomiiien nag, Ib itt et dodi ^erErfahning gemKsy und in Natur Menfchen gegriindct. Er striiibt fich iwac oft gegen die Vorstelhtng von blorser Sehul» jligkeit^ «enncrilir auf iigeiideiiieWeift entgehen kann, und findet fich dagegen von

ei) Da mtn im Allgcaifiiflcn dat Vorsfiglidie

jn tiner gewiflbi Art e d el nenat, Ib kaaa dem Menfchen, wekher die ^be Selbft-

fucht abgelcgt hat , und die feinem Freodcn liebc, euch auf gewine VVcife ein edlcr Sinn zuj^cfchriebcn werdcn. Wenn cs aber wahr, dtfs nur derjenige gut ist, welcher feinc Pflichren zii eifullen strebf , fo har, in nioralifcher Ruckfichc, nur derjenige den ichten edlen S?nn, welcher vorziig- liche Selbstverllugnung, uin der Fflichl wilUn» beweist.

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dem Gedtuken an Verdienit «ngexo* gen;*) er veniditet mit einem gewiflcn

♦) Verdienst, fluf Moralitat bezogen, wird in zwcycrley Bcdeutung gebraucht: Es wird der Schuld und der Schuldigkeit ent- gegcngefctzt. In der ersicn Beziehuns driickt cs das tus, was der Menfch aut freyer Selbstthatigk ei c dazu bey- tragt, lein Leben dem Sittengefetze gem9(s ihMklittn, und bcttcht alib tn dcr freycn Vntctweifiuig unter deflUbe. Dicft hci&t dciwcgcn Vodicnst, ivtil fic dic ErfiiUunf dcrBtdingung anzeigt, vntcrdcr vcnitin& dgc Wcfcn Anfprudi tuf GlAcltfcligHcit mc- dicn kAincn. Dcnn Schnld «dit tuf Strflfwiirdigkcit , und diefc lchliefit den Gedankcn der Gi<ickfeligkeit aus. Der« fdben wurdig feyn , und fie verdienen, ise £tns. Scczt man Verdienst der Schul- digkcit enrgegcn , fo dcnkt man fich dabey dic Vollbringung folchcr Handlungcn, ucl- chc mchr Icisten , als nach p o f i t i v e n Ge- fctzcn gefoidcrr werden kann , und folglich in dcr burgcilichcn Gefellfchaft dicHoffnung zu eincr Vcrgcltung cn-egcn. Dicfe Anficht hat auch ihrcn gutcn Grund ; nun vcrgifst inan abcr, dtfi Verdientt det Schuldigkeic nnr in Ib {ern entgegen lu ftcicn ist» elt dicfctuf Zwengsgcretzcn bcnihct, leatVcr* dicMt dcr Pflicht (oder Schuldigkcit) fibcr* heupc cntgcgen» nnd ittebt n«ch Ibkhni

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ZwMg was er chim £oil, imd mit Leicbtig- keity wat er alt eine Quelle von engeiielimer

Empfindung anHeht» Aiich kann es iweck- m'a{sig feyn, wenn irgend ein EntrcbluG ge» h&t werden ibllt iler grolie SelbiCmHiig* Buiig erferJert, den Genuft, der dinnt eBt« rpringen wird, fo reitzend als rooglich vor- nisteUen, imd denMenichen gleichlam «nfler fieh lelhft Bu letien* Denn el liegtfUerdingt in fciner Natur , dalli er (ich auf diefe Weiie bisweilen zu grofsen Aufopferungen hinrcil^ fen ISlst. Allein» tuller dem» dals hlo6e6e« ^lc, ohne «uf Begritfe cnMilece GmiMl-

Thtten , dic mehr leislai, tl| nacli dtm 8iC« ttngefcise in feinem ganzen Utnfunge gefbr* derr werden kann* Mit diefem Verdknstt fchmeicheln, fich die Menfchen nur gar zu gem» und rolltcn doch bedenken, dtls kcl- ne Handlung preiswiirdig ist, die nichs lat dem SittengefetEe hergeleitet, nicht als Pflicht vorgestcllt werden kann. Dentt mchr thua als dic Vernunft fordert, heifst es aus Griinden thun, die, wenn fie ven denfelbea auch nichc ttbtrlitupc, doch in Btttefaang tiif Slttlicbkcitb dcm hdcbtttn Zwtckt dct Mcofthtn» vee» woc^m wadtii»

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AiCie» kein glcichforiniges Verbakeu hervor* bringeiit fo Ut atieh, ini Allgeaieineoy iet Drang der moralifchcn Nothwendig> kQit^ wie dcr phynfcheii, von wei( sUrkerer Gemalt» alt der Drang nach einer gewilTeu Art von Vergnitgcn, ^nn daflelbe iHvimt Miihe errungcn, uud durch cine auderc odcr 'ihnliehe Arc erfecat werden kann* Wae oft wird nieht einGelchift^ su^emirir, imGan* icu g/enomnicn, Ncigung habcn, Joch un- (erlaileay vrcil wir uns dazu nicht gans ge* st imnit fiulilcot daa gewila verrichtet wiir* de» wenn wir ei von einer unnmginglichen Nochwendigkeit hiclten. Dicfe ist cin fo nOchtigcr Sporn» dalt fie auch da nock Kraft crweckt» wo keine mehr su feyn fchetnf. So vaie der Kranke, dcn im gcwohnlicKcn Zustande feine Schwachheit ans Bcttc fcirrlt^ bey Feuenge&hc die entorbeu gefchienen Lcbcnsgeistcr zu einem Grade aiifcrweckf fiihlt, dcr ihm fcinc Rcttung mugticU macht : ebenibkann die Nothwendigkeit» dat moralifehe Leben ni erhaltea, mit cinem Nfchdmcke wirkcuj dcr das mugiich macht.

tvat auf blofteii Strcbca muk Vergniig^eii noglich gewefen ware* Daher gewahrt die nioraliiche Scbwimierejr niebt eimiMl da^ vnt fie Terijpricbt» uiid iwar itm (6 viel «e* niger, je leichter cs ist, den Genirfs, vicU cben fie xur fitdichenTricbfedec macht, aucb Qhne Tb»i su erfaalteiL

Dai Gefiibl der Selbstrch'itzuiig woria ie« aer Geauft sitm Tbeii besteht, kaoa «uf stveyerley Weife cnpieekt werdeat durdi dat blofse Bewurstfeyn der gtiten Gefinniing, und durcb TlMtea» die derlelben fenulis fiod» Itt itt dea letstem keineGelegeabeit uod kei- ae* phyfifche Kraft da: fo bestitnmc die er- stere allerdingf den Werth der Pcrfon ganf nllebu So «abr eine fi»lcbe Beortbellunc ist, fo muit <locli daber die angefiibrte Be- dingung nicht vergcfleo werden; tmd die(e verfeflen Pedbnea» welcbe die Tugend nur mn deadannii eotfpringendeoGeonflet willrtl fchitsent (ehr leicht. Die angenehme Enic pfindnnf » die niif der Vontellang ciner mo* iBliicbenOrdnung der Dinge verbundea it^

w

h&t Mk tielt leicliter dureh Phantanc, als diirch Thatea erhahcn; und bcy dcc Selbttgei^Uiigkeit» cu neldier der Haog im MeafcheD lefar grofi iit, 'dunkt er fieli oft rchon deswegen gut, nicht gar voUkom- tueoy wenn er nnr Gefuhi fur groiaeund edle Thaten het, in Gelchiehten nnd Redeo, Schaiifpielcn iind Gcdichten, das Schone dec aufgesteliten Charaktere und Handhingen cm- pfindet. Geletit fmm, cr fiiclie ieine Ge* finnung mit der Tlwt fu heweifen: fo kann diefs Bestrebeu, wenn es nicht «uf mo* ralilche Nothwendigkeit» ibndeni «if ange* neiunet Gefiilil gegnindet wird, doeh dureh den Genuis felbsty dem er fich bey eiiw feUien Handlungen» odcr bey dem Cedankcn lciner gamen Lchennieifi» uberlXist» au%«« lialten werden. Wer fich an der Bcrchaiuing feiiicf Selbst weidet, iind nur die guten Seiten defleiben aufiiidit, der veriiert auch dadurch den Antrieb, der in dem Gefulile dec Unvollkommenheie liegt. Uud diefef kann fiAweriich hey demjenigen Sutt fioden^ wdcher anrdacauf gewiefia wird^ fich ange-

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nehme lt.ni^f\ndx.ingcn in verfchafTen* Isf die AufficlU auf diefe dic eigeiitiiche Triebfcdcr bey kioM moraliichea Haodluogen: 16 kann er bey UnterlafTun^ derielliea mir den Vcr* lutt der Gliicldeligkeit bekbgen, der ihm et- vorlchwebt. Wie leichc fich nuii dle MenfeKen ttberhaupt iiber einen Iblehen Ver- litft su trosten pHcgeny bcJarf kaiim der Er- wShnungs da(i es aber noch uberdielf Grunciratt leyn mullet fich daruber «i trostcn, tlas licgt oifcnbar in der Natur dcr voraiisgcrctztcnTricbfcder ziirTugencl. Ein Gut, dat man nieht erretchthat» muft man tu erreftcn fucbcn} kann man mmdielt im vorlicgcudcn Falle durch die Erinnerung an vcfgangene Handlungen» und durch dat Wohlge6illen» mit dem man leine ed)e Den* kungsart betrachtet : fo ist nichts vcrnunfti« ger> alt diefet Mittel lu gebraucheik

Wiegani andert Yeifthrtderjcnige, def feint hohcre Bettinununi^ nicht aus dcn Au- gen iterllcttt nnd iwar «obl in der Selbit- ftufinedenheic dM Ait wn Genula linde^

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xQcaa cr reiiie pflichtmiirsige Denkiingtart mit Thaten bcwieren hat, abcr dabey nicht vcr- girfty dafs er Cch dcm Ziele, das er erret- chen (bll, niir nShern kann, iind bey der Unterlafriing jcdes Schritts, dcr ihn demrel- ben hittte naher hringen kunnen» die Atigen auf feine Unvollkomfnenheit richtet, ohne fie niit dcm Gedanken der fchon gethaneu Fortkhritce bcdeckca lu woilcn*

Von welcher Seite man atlo dieGriindtinflt der Mopal 8'iif Sclbstliebe oder Eigenliebe be- tracbtet» ib findet man dsibey Steiiie det Aa* itofies. Nicht nur ist es unmoglieh» aiis dem blofscn Strebcn nach Gluckfeligkcit jc eine aligemeingultige Regci abzuleiten, dte von •llen Menfcbeu belbigt werden foll» fon- dern es ist aucb naehtheilig, bey den aus der Vcrniinft hervorgehenden BegrifFen von Recht und Unrecht» oicht diejenige Triebfeder xu gebraitchen, welcbe von den Begrifien fclbst erzeiigt wird, und in einer mit Dc- mutb verbuodenen Seibstfchitsung besieht la fogar dai HiDwetien auf dem Ge- Ee

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nurs , tveldier iu clem Bewiifstrcyn der fittli- cbeii Gefiimutig iiikI det ^ariMch eiiigerichte» ten Veflialteiit liegt, kaAn einen iehldliclien Einfluis auf die fittlichc^Bilclung dcs Menfchcn htben. Denn der Sinn fiir jenen Gcnuis ast ^r dem Diicyn einet gewiflen Grades guter GeHnnuug gar nicht ni6i;lich , und wird oft eben deswegen nicht gewcckt, weil man ilin nicht «It ein Produet det Sittengeletfes fondem alt den Grund deiTelben betrach- tet. Hat aber dcr Menfch den Wcrth feines Dafeynsy tmd dic Hoheit (eincr Nattur eini* germaisen luhlen lernen» iind ist fo einige Enipfanglichkcit fiir dic Sclbstzufrie- denhcit cntstaudcn: fo vcrwandclt man leicht diefclbe in Seihttgefilligkeit und Etgendtinkel, wenn man diePflicb- tcn nur in Bczichung auf den angenehraen Gemtitbtzuttand bctrachtett dcn die ErfulJung derielben gew&hren kann. Den Menfcben alt cin Wefcn vorstellcii, das blols auf dic Bc- fricdigung fciacr iinnlichen Ncigungen» lie mogen noch fi» hln feynt sudenken habe, heifst, ihm eine lu niedrigei— ihnaber

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als eiu iblches denken, das in dcr Frey* heit von iinnlichcn Neigungen feine einil» gc Ichce Ghickleligkeit finden konnc, Jiciift» ihm einc zii hohc Srnfc anwcifen, imd ihn durch diefe cingebildcte Hohelt felbst dci je- ntgen beranben, die er crrcichen kann und f o 1 h Dte Vcrmin ff Itihrt ihn aiif einc Hand* liingswcifc dic cr ubcr ailcs fetzt, was Vcr-^ gnugen heirsen mag» und die er bey einigcr QiJtur mit Bewunderung betrachtet, die aber cin (jebot fiir ihn wird, ueil feine Sinn- Jichkcit uicht niit derrelbcn libcreiostimmt» Als folchcs erfiiilt lic ihn daher mit Uolutt» tmd legt ihm cincn Zwang an , der nur init Miihc liberwiindcn werden wird. Niin vcr* mindcrt fich cwar dicfer Zwang in ehen dcm Gradc, in wclchcm dcr Menfch ftinc Ncigiin* gcn cinfchrankt und ordnct. Nicht nur thun die ofc ubcrwundcnen Bcgicrden uicht mehr cbcn dcn Widentand, den fie Anfimgi tha- ten, fondern fic wcrden auch mit Vcrachtung betrachtct, fobald fie von der Art (ind, dalf fie in cincr fittlichcn Ordnung dcr Dinge gar kcine Bcfricdi^ uug erwartca dtirfen. la, dcr

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Mcnfch kaim cs fo \?cit bringcn, dafs die Er- fiillttDg Gdettcf die ertte Augelegeiihcii leiMUbeiitwtfd. ima kein Opfer Ib grofi ist, dai cr nicht dcrPflicht daniibrlngeii enl- lehlo6eii iey* Auch entfpriogeii aus dem Be- mfitleya fowohl diefivGefikinuiig ubetjbaupc^ als dcr cinzelneii Thtteii * die von deHelben «uigeheA» aogenchtne Geftihle, die ihn ia That lelir oft fiir dat ichaiUot h«lte% wat er voii andem Frenden tur Behauptnny fcincs Hauptiiwccks hingcbcn mufs. Allcin fo befeligend «uch4ie Selbstzufrieden* lieit itt> fokann fie dodiyihrerNaturiiicfa» dcm Mcnfchcn cu feinem Tonen Wohlbefin* ckn nieht gniigeu. Sie bcruht auf einem in'> cdlectuellen Grundc^ unddie Giuekfelif* kcit auf Befiriedigung finnlicbcr Triebe^ von \9clchen fich der Mcnfch, fo lange er lebty nicht voUkpfnmen fiwy machen luinn<^ und durch dat einsige gedenkbare Mitlel, wclchcfl dic Moglichkeit dieler Preyheit cnt- kalty durch den Tod) nlcht frey machen foll. Er itt alfo» in Ruckfickt auf dat» wat lur vollkommtnen Zttftiedeakeif mit ieinem

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ZxnUndc gehort, abhangig, in fo fcrii fo- wohl feine Wunfche, als die Befriedigung «lorielben, iiif phyfifchen UHachen henthens und hcy diefer AhhJngigkcit ist cs immoglich 111 dcukcn^ dafs dic ForJcnmgcii dcs Sittcn* gefetzes in ihm ttecs ciiic folche bcreitwillige Ergchenheit findcn , dic gar kcincn Zwang mchr cnthJlt. Dic Fchlcrhaftigkcit fcincr Mitmeiifchcn und die Natur kdnnen ihm lol- chePflichfcn auflegcn» wohey cr als finnli^ chcsWcfen t\t fchr Icidct, als dafs dic Sclbst- xulricdcnhcit noch als cin it bcrwicgenderGc- niilf angcfehcn wcrden konntc; ist cr aber Ib glucklich, dafs iwcdcr cimclne Mcnfchcn, noch dic UnvoUkomincnhcit dcr biirgcrli- chen Vcrfaifung» noch phyGfchc Uihci, ihm Pflichtcn auflcgcn, wclchc dic Zufiicdcnhcit mit (cincm Zustaiide stdrcn : fo ist Jagcgcu fcinc Vcrbindlichkcit, dem mannichfaJtigcn Elcnde feincr Mifmcnfchcn ahtiihclfcn, und ihre Sittlichkcie fowohl als ihrc Glnckfclig. kcit zu bcfordern, voo fo weitcm Umfangc, dais cr dicfen verkennen mufk,' wcnn er wihnt, dafi feine finnlicfaeii Triebe gar kcl-

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«cn Widerstand raehr bcy irg;cnd eiaer vec- dieastlicheti PiUc^t thim kdoneiif

Blcib^ lum dicfcr Wldcrsfand in jcdctn» auch dem bcstcn Menrchen, nioglich, iind tst keiner ficher vor ichmenhafren Aufopfenni- gen: fo hdrt Jas Sitfengefeex, nach feineni ganzen Umfange, in dieiem Lcbcn auch nicht auf, ein GehoC fu feyn» das einen inoem Zwang auflegtt nnd Unterwerfting fbrdcrt. In fo fern alfo der Zwang in dcr P f i i ch t , und die Untervrerfuug in der A di» tung liir das Gelbtz ausgedrfickt wird, hat der Menfch stets dahin zu fehcn, da& derGe* dankc der Pfllcht, und das Gcfiihl dcr Ach- tuog feine Handiungen ieite. Schmeicheit er fieh «it einer freywilligen GutartigkeiC dcs Gcniiithsy die wedcr Sporns noch Ziigcls bedarf: fo wird er nie den Grad der fittii- chen Volikomnienheit erreiehen, den er tr» reichen foll. Man kann zwar fagcn, daf Gcfiihl dcr Unlust iibcr die Einfchrin- kung der Sinnliehkclt verwandle fich in die reittste Lust aa dem erkabenen Vei^d-

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gen* nutten in der Siiinenwclt, eine Freyheit VDo den ihr angemeilenen Neigunfen» alt beitimmenden Grundeuy fu behatip- ten> mankaiin auch in gewilTer Ruckfichc fa- die Achtung lur das Gefeu gehe in Neigung «i demlelben «ber. Allein, be- dcutet jcnc Lust nicht cin iinth'itige$ Wohlgc- fdlen» entwedcr an eincr moralifchenOrdoung der Dinge uberhaupt, oder an der Erhaben* heit der menlchlichen Natnr intbdbndere; fo hat fie Grenzeny und iit gerade dann un- mdglich» «enn6e« ala grenienloi gcdach^ am grofiten (eyn Ibllte. Daher bedeutet die Neigung zu dcm Gcretzc nur dcn im Gan- sen gehobenen Widerttand der finnlichen Triebe» und dai sur Fertigkeit gewor- denc Streben, alle Handlungen nach fittlichcn Maximcn einzurichten. Soll hingegen uater L i e b e sum Geietze eine ibiche Neigung ver- itanden werden , deren Gcgenstand }eder£eit uberwiegende Lust gewabrty wic man •in der Tiut bey Liebe und Neigung su den» ken gewohnt iit: (6 letct etne folcheVer- waudluog dcr Achtung io Licbe eioe Frcyheit

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▼00 BedurfnUTeu voriui» die der Meaicti alt finnliehct Weien» nieht erlangen kaai^ odcr eine Uibereinftimniiin^ diefer Bediirf- niiTc niic der fittJicheo Gefinnung, Tvelche er ohne £infchrSinkunf auf dieler Erde nicht erwarten dart

Wie alfo im An&nge det noralilchen Le- bent Acbcung lur dai Sittenfefets ▼on fedeni

andern Gefiihle unterfchieden ist, und eine mit Demuth verhundene Selbatfchltsung aui* druckts fo mu& fie aqch hcy aller Annihe- ruhg zur Neigung, ihre eigenthumiiche N^ttir behalten, und als die einxige ichte mof alifche Trtebfeder angeiehen «er* den. mNuu lalTen fich mitderfelben garwohl fo viel Reitze und Annehmlichkeiten des Lebent verbiuden» dafi auch um dieier willen alleia fchon die kltigste Wahl einet rnntinftigen, und iibcr das gioTste Wohi des Lcbens nach- denkcnden Epicurieri fich fiiir das fittliche Wohlverhaltcn eriilSren wnrde, und ei kenn anch rathfara feyn, diefe Ausficht atlf einen frohlichen Gcoulis des Lcbcns niic jeocr ober*

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«ten» und fchon fut fich alleia hinlinglich bestinitiieiideii BeivegiiHkehe xu verbinJen; «ber nur um den Aulockungen, die das La- •Cer auf cler Gcgenfeife vonufpiegela nicht ermangelc, dai Gegeugewicht xu halten, aidit um hiervon die eigentlicfa bewegende Krafty auch nicht dcm mindestcn Theile aach» stt ietten» nenn vonPfltcht dieRcde if(. Dcna das wiirde ro vicl feyn, als dic uori- lifche Gefinnung in ihrer Qnelle Terunrei* nigen zii wollcn. Dic Ehrwiirdigkeit dcr Pflicht hat nichti mit Lcben^enuft xu fchaf* fen j fie hat ihr eigenthumliches Gcfctz» auch ihr eigtnthumlichet Gericht, und wena nan auch bcyde noch ib (ehr xufiimmenfchuttein «olltey um fie yermi(cht gleichfam alf Arx- neymittel der kranken Seele t uxureiehen : fo fcheiden fie fich doch aisbald von felbst» und» thun fie Cf nieht» fo fiirkt dat ertte gar nichtt wemi aber auch dat phyiifche hc^

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tia dabey emige Kraft gewoniie» ib wurde

duch das moralifche otuie Rettiing daluu

Kttts Cruik 4«! practifchea VcmuA^ S, i^S,

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Fon dm^ auf MoraHtat gegrundeun Gknbm an Gm md Unnirb^

In allcn Gnindfitzcn, dic je liber das WefcH dcr Sicciicbkeit aufgcftelit worden find, hat inan Riickficht auf die Ghiekftligkeit genom- mcn. Epicur lcgtc das Strebcn nach derfel- ben aiicn Maximea zuni Grundc, dic der Menfch in ftinen HandJungen fu befoigen habc , und fetzte dtt We(en der Tugend in das Bcwufstfcyn folcher Verhaitungsregelii, mlche die moglich grdiste Summe angeneh- mer Empfindungen gevTihren. Die Stoiker fchloffcn zwar von den fittlichcn Bcstinimungs- gruiiden alieSf was lur Sinnlidikeit gercchnet iHrd, auf, drangen aiif die Befolgiing der Vorfchriftcn Jcr Vernunft, und fettten 4at Wc(en der Tugend in das Bewulstfcyu iibcr ^e Sinnlichkeit erhaben tu feyn, konnten abcr doch fo ifcaig (icl^von dem naturliehea

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Streben nach angenchaicn Empfindtingen los- machoi, clalt fie die Tugend ilt die QspeUe der Gltickleligkeit yon tellfeii, fiben fo. iit diefc bcy allen andern GrundOltsen der SitC- iicbkcit la Betracbtiing gezogeo iwordleiiy nnd «irdl immer in Betraehtuiig gesogen wefden jTiMfn?»!, fo lange dcr Menfch nicht aufhort cin bcUiirftiges Wefcn zu feyn. Nua ist abcr getetgt «orden» claia dat Strebcn nach Glifckfeligkeit gar keinefittHdienMaii. nen grundc, und daf« das Bewufstfeyn folchc fu befoigcn» nieht die Giiickreligkeit gcfi^hre, deien der Menlch bedurftig itt; Denn bcy dicfcr konimt cs auf die Befriedi- guog feincr finniichen Triebe an, welchc fo wenig. aut der Befolgiuig dei Sitiengelettet an fidi fllefst, da(s ntcht nur mandie einselne Pflicht Verkist fiir die Gliickfeligkeit vcrur- lachet, ibttdem auch dai Gatiie dei geg^ WSrtigen Lebens gerade dcfwegen fur den Menfchcn voil Elend feyn kann» vreii cr fcine Fflicht nicbt verictscn will«

Die6 itimmt mit den gemeinen Uriheilen ib fehr ubcrciii , dah uuu fast nur dicfcu zu

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lolgen braucht , um das Wefentlichc der ei* genciich moralUchen Gnuuiritze , und die Wirkting derielbeii ftiif ineiiichliche Ge- nuith zu findcn. Sittliche Giite, ohne alJe Ruckficht aiif angenchme Empfindungeii» iit nach diden Urrheilen dai Hochtte, wor- nach der Menfeh ttreben foU, tind Gluck<> feligkeit nicht die nothwcndige Folge derieiben. Allein et findet docb» nach dec fewShnlichen Art» diefe heyden Haupl* awecke allcr menfcMichen Bemuhung fu be* trachlen, twiichen denfelben eine gewine» nicht trirkliche, aber von der Vemunft im Ideal aufgedrungene Verhtndung Statt* Sowie die Pflicht auf Gefetxen bcruht, die nicht wirklich hefolgt Wirden, fondent hefolgtwerden follten; ib wird auch din Gluckfeligkcit ilicht als cinc Folgc dcr Tu- gend angefehen , die wirklich daraua ent* i|Nringty Ibndem die daraut entfpringcii folltc. Diefs hcifst mit andern Worten : d€s Tugendhaftc erreichc swar nicht inimet die Gluckieiigkeity er itt aber derfelben wurdigy und ivurde fie leett erretchen^

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urenn die Natiir mit dem Willen vemunftji* .f er Wefcn ia Eiasdinmiuif vtisc^

Die Wu r d i g k e i t gluckfelig lu (eyd/ is^ eine Vorstellung, die iich mit dem Sitten- gelette fiigleich aufdringt» und nach der je* der ebeu (b unfehlbar ieine Handlungen ein* iichtct, als iiach dem Sittengefefzc fclbstj wenn feiue Neigungeo ihn nicht daran hio^ dern. Aus der Nichcbefolgung dieler Ide» hann eben fo giit Reue iiud Befchiimung ent* (pringcii, als aus dcr Vcrlctzuug jedcr andero Vorfchrifit der Vernunft. Daher die Vorfaai* tung, dafi bey Vertheihuig von Wohlehaten nichc auf die Wtirdigkcit dcr Pcrroiien Riick* ficht genonunen worden fey, fast stets als cia beleidigenderVorwurf angcfehenmd. Und denkt man bey diefer Wurdigkeit oft dic G c- f ch icklichkeit: fo denkt maii doch auch eben ibo6denmoralifchen CheralKter» der entweder bey gleichen Pihigkeiten den Ausfcblag gebcn , oder wo es auf dicie nidit ankommty aUein cntfchciden foiJ#

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Woher dieie Art su urtheileo komnie, iit sumTbeil am allen vorhergehenden Breraeh*

tiingcii klar, Denkt man dcn UiHiioraiifchca dcr GliickXeligkcit unwiirdig , fieht man Un« falle, die thn tre£fen, mtt GleiehgtHtigkett^ und, was ihm Gtites widerfihrt, «ben nichc mit fondcrlichem VVohlgcfallen, oder gar miC Misfailen an: fo flieist diefeAnficht unmittel* baf aus dem Gedanken, dafs der Uibertreter dcs Gefetzcs Strafe verdienc > denn Strafc und Gltlckfeiigkeit fchiiefseneinauderaua. Mafire fieh bey eioer folchen Anllehc der Menfch oft mchr an , als cr iich anmafsen follte: fu be<' steht diefs nicht darin, dafs er den Umnora* lifchen nichc gliicklich wunicht, fondent darin, dafs er xu emleheidend iiber dieMora- litit des Charaktcrs abfpricht. Denn nicht nur in Betiehung auf Andere, ibndem auch in Betiehung auf fich felbst erkennt es der Menfch an, dafs cine gewifTe Strafc, womit Uibelthaten belegt werden, gerecht fey» und fe gefillig er gewShnlieh gegen fich lelbsC iit: fo kann er fich doch bcy eincr Verglei- chung zwifchen feinem auisern uud in-

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Mtn Znstaiidc^ nioiif inuaer Atnlpnicltf

cnthaltcn , dafi cr die Vorthetle det letxtern iiicht verdiene. Wemi ei alfo bcy Verfhei- lanf ron Gulent mir auf <Ue WM swiiclien fildieb-uiMl unlittliehgefiaDfen Menlcllefi an- kommt: fu folgt unmittelbar aus dcr Straf« wurdigkeit det fiioea» d*(s dcr Voriug dcni Andem lunierkennen l*ey* Obaber der gute Menfch, an fich uiid ohne Ver<* § 1 c i ch u u g j der Gluckicligkeit wiirdig fey, oder» inic «idem Wortei^ ein Recht dtrauf habe, ob diefe Wiirdigkeit ein Bneugnils dcr Vcrnunfty oder der blofsca Selbstlicbe lcyt dai lind Ffagen» die eine Betrachlunf mrdicnen*

Et ift nicht tu liugnen» dais die Wur* digkeit gludLlelig lu leyn, autdem blolien Gedanken der Unwurdigkeit entstandea feyn konnle. Denn dcr mcnrclvUcbeGeist ist lo lielciiallen» dala er olt dai» iras er in einer gewiffen Beiiehung, alt o6th« weadig erkennt, auch an fich fiir noth- wcndigagficht. Bt istauch nichlauilugnen».

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dafs dic Selbstliebe zu vielea UrCbeUeii vtt* leitec, <iie bey eincr niheni Betradituiig gir keine Haltbarkeit hahnu Auf feine Wiinfche griindet der Meufch fo manche ChiniSre» die, bey eiiier nSbem BeJeuchtung, Tor der Ver- nunft alt du erlebetnt, wtt fie itt Abcr die Idee dcr a b f o 1 u t e n Wiirdjgkcit gliickfelig xu fcyn ist mit dem Sitcengefeise leibet unser» trennlidi verbunden, «ie flch leicht leigcn

Denken wir uns eine OrJnung der Dinge, wae lie ▼on unt» alt veruunftigen Weicn» ge. killigt werden konnte: Ib wttrden in derfel- ben entweder gar keine finnlichcn Trie- be, oder tu irgeiid einem Zwecke da icyn* Dicier Zweek k^nnte freylieh aiifscr den Wefcn liegen, deiien fic verliehcn wor- den wiren, in £o fern dieie Weien bio6 aJf Mittcl gebnucht wurdcn. Da abcr dat Sit* tengefetf verbietct, dcn Menfchen als ein bioises Mittel zu bctrachten, ib fubrt Ctiuch unautblcibliQh «i demGcdankcnt daft dcr Zwcek ieincr finnltehen Natur fich auf t h n f e I b s 1 9 zum Tiieti wenigstensy be£iehe»

Ff

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Dicfcr Zweck kaiin alt doppclt gedacht WM^ den: er ist entweder an fich gut, odcr wie- dkr Bur ilf Mitcel ui cinem hdhera Zwecke anxulelien. In cler letxternRiickBcht komiett die nnnlichen Triebc desMenrchen allcrdingi »U BefiDrdcntngsniittel lu Erreichung (eiiier hohern Bettimmung, hetrachtet werden, iop dem fie den Stoff liefern, an wclchem fich ieine verounftige Natur aiirscrn und ent* wickdn kann. Auch itt in der Thit maa- ches Leiden, dem Menlchen wite» fahrt, als ein rolches Beforderungsmitcel an- lulehen. Allein, da ihm» alt einem finB- lichverniinftigen Wefen, dte Zuficie* denheit mit ieinem innern Ziistande nicht gnugen kann: fo fbrdert die practifchc Ver- nunfk lur ihn» wenu er dat Sittengelett cr« fiillt, die Gluckfeligkeit auf ehen dem Grunde, aiis welchem iie auf Erfiillung delTelben dringt. Denn ein Weien ait «lend» und doch alt Zweck an fieh be> trachten, ist cin ofFcnbarcr Widcrfpruch, wenn diefet We(en fich nicht feibst um die Wurde bringt» su der et von der Vemuaft

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crhoben wird. Dic Befolgiing dcs von ihr aiMgebendea Geietxes ist aifo die ttnnaeh* llfiliche» aber auch einiige Bedingung, uiiter welcher derMenfch, als Zweck an fich» Anrpnich auf Gliickfeligkeit haC $ und foJglich kann die Tugend als die Wurdig. keit gltiekfelig zu fcyn vorgcstciit vrerden. Dcnn eines Gtirs wiirdig feyn, und es verdienen isc Eins-; einGut aber verdieneit heifst nichCs andersy als die Bedingung er^ fiillcn, nnter der es zii Theii werden folL

Die auf foiche Weife von der Vemunft aufgedrungene Verhindung iwifchen Sitttieh» keit und Gliickfcligkeit, fiihrt aiif den Begrift: des volistindigen Guts, *) das die

Man nennt a auch dss h^chstc Gut; bey wdcher Benennwig eber nicht su vergeOe» ast, dais es» um vollendet lu feyo, Tu- gcnd und (^flcUeligkcit begraft, iene tls die obcrst? Bcdin^ng alies Werths» und diefe als die nothwendige Folge derfelben» Dsrin eben bestand der Tmhum der Epicu- r.1er und dcr Stoiker. difs uie crsten die Gluckfeligkcit allein, und die lctztcrn dic Tu?^cnd fllleia zuni ganaen h6Qlu sten Gute macUtcr

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swey Hauptiwecke dei Menrelieii» alf Ele-

mente, begreift, iind der Gegenscand ist, wel- chea der Menich» alt finnUchveniuafcaget Weien, lur fich wad fur Anckre» wollen iumI prunfchcn miirs luid befordcrn foll. Nini leben wir aber ia einer Wck« wo bey dcc ttfengitcn EriiiUung der Bedingung, unter fvelcher <lie GliiddeUgkeit tu Theil werden foll, dierelbe doch verfehlt werden, iind wo felbet dat, wik «M fittUchen Grundi^tieft itim Betten Anderer gethan wird, ra ihrea Verderben ausfchlagcii kann. BeyderGliick- ieligkeit kommt aliet auf dcn Erfolf aap welcher fich in der Sinnenwelt gar nichc nach den m o r a 1 i f ch e n Gefinmingen richtety fondern nach der Kenntnifs dcr Naturge- fette» tiad nach dem phyftfchen Vermd- gen dielelben lu gewillen Abfichten lu ge- brauchen. Diefe Kenntniis uod diefes Ver- mogen aber werden ntcht nnr vielea Men- fcfaen» ohne thr Verfchulden, tn einem fidir geringcn Grade lu Theil, fondcrn fic find auch fiir A 1 1 e fo eingefchriinkty dafs keiner det fichentErfolgt ietnerBeffluhung um eigne

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tmi Ireinde Gijickreligkeie gcwifs Ccyn kinn. In fo feni alfo, nach deni Urihciic dcr practi- iibhen Verouiifr, dte GiiickfeJigkeit aif eine notkwendigeFoJgederTugend ansulehen itr, unddoch mitdcrfelbcn auf dicfer Erdc in kei- nem uothwcndigcn Zuramnieubange steht : fo isf tu ftirclicen, dafi das vollttSndage Gut als mit fich felbtt itreitend, imd foJgUch als unmogJich bctrachtet wrerde.

Ist der Menlch Zweck an fichy kann

fnan fagen , fo folgt frcylich , dafs er nnr folchc Regcin, die mit feinem WiJlea aJJge- ineuie Geiette werden konnen, beobachten» und, ielbst in Beziehung auf Anderc, dic Sittlichkcit ihreni 'iufserii Wohle vortie* heu foJJi ei foJgt aber auch, daft er, wenn cr die Gebote der PAieht erlullty Anfpnich auf Gliickfcligkeit habe. Findct fich nun xwifchen der Wirklichkeit dericJben» und der Wiirdigkeit daiu» kein Zuiammenhang in der Er^lirung, ja, mufs nian zngebei^ dafs bcy dcr Verfchicdenhcit der Qi.iellen, woraus die Giuckieligkeit und das fittiiche

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Betragen fliefst, jcnc iim diefes willcn, naell dem blofsen Naturgange, gar nicht zu e&war« teo iit: Co leigt dte Uninogliclikeit det ciaeii Bestandthetlt det hdchften Gutt, die Nidi* tigkeit dcf Grundcs, auf v^clchem et beniht, uod mit dieicm fiUt audi dat 1110« talirche Gefett ielbitt<*)

Min htt neuerlich HetTn Kant eine Unbc- ttimmtheit des Ausdrucks darin vorgewor- fen , dafs er die Beforderung dc$ vollstandi- gcn Guts als cin Gebot darstelle, da diefes Gcbot doch eigentlich nur auf einei^ Bestand- theil denclben fich beziehe. Diefer Vor« wurf fcheint ganz wegrufallen, wenn mm bcdcnkt, dafs das Gebot zwar unmictel« bar nur auf das geht, was wir felbst lci» scen kunnen, mitteibtr tber auch iuf das, wts dtrtnt Iblgt. In ciner ntch mort* lilchtn GcTeisen gedtchten Wdt wjirdc Tto- gend und Glflckfeligkeic tb Urfachc und Wirkung an«uiehen feyn. Ein Gehot, dtt auf die eittc fich bexicht, gcht mindbar auch tuf dtt, wtt dtrtuf folgt» hidcm (ic beydc zttftnuntn eigjrodich nur einen Ge« genstand tusmschen. Man ktnn alfo mit Recht fflgen , dafs die Bef drderang des voll- stiindigen Guis ein Gebot fey. Diefe An- fichr gcht nothwendig aus der pvactifchen Vemunfc hervor, da der Grund der. lict-

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So ist die Vcrnunfl nit fich ielbit im Streiie; und konnte derfelbe auf kelne Weile gchobeii Nwcrden, fo vjiirde die Sitdichkeit nllerdiiigs Gcfahr laufcn fiir Chimare su gcl- (en. Denn mit der Vemunft vertiSgt lich in der That der GcJanke, dals oin Wefcn, wel- ches dcr Ghickrcligkeic bediirftig und wCir- dig ist^ derfelben doch nicht theiihaftig wcr» de, eben fo wenig, als dafs ein ▼emtinftiges Wcfen feiner hohcrn Natur nicbt achte, uud nur nach dcm £rage, wai feiner niedrigeni «ngenehm ist.*) Et muft allb gezeigt wer-

liclicn Maxitncn eben derfelbe ist, auf wel- chcni auch das Recht auf Gluckfcligkeit be- ruht, und folglich, wenn diefer Grund in eincr Bczichung fiir nichtig gehahcn. wird, cr auch in der «ndcrn fmken mufs. Diuckt man das Gebot dcr Sitilichkeit fo aus: bc- haupie dic Wurde dcr Mcnkhheit, fo ficht msnt dsfs dtsGeboc beyde Bestandtheile dcs volbtilndtgen Guts enthilL Dcnn tn der WOrde licgt eben fowohl dss, was der Menfch leisten foll» als das ; wis ihm ge* bOhrt»

Attch dittkc mtn nicht , dafs diefer Einwutf etwa nur erkOnsiclt fey. Mtn iindee Ihn tiglich, wcon gleich in ctwas tnderer Ge-

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^ i*»^ Widentieit nur niiter diiar gewiflea Vonutiettiiiig, abcr ntchc iclilcdi*

terdingf Statt fiade.

Wir habeii lehon eiaeii Ihnliclieii Wider- sfreit gehoben. Er fand fich zwirchen deni Gedanken von dcr Naturnothwendig- iLcit» und dem Ton der Freyheit det

tnlt. Wie oft heifst es nicht : folche Gefin- nungen pnnen nicht fur diefe Welt ; wer zu gewifTenhaft ist. kommt fchlecht darin fort; wif fich andere gegen vn> ciltiibea , dit kinn mtn fichtnch gegen fietritnbenn Cw* Bt hetfit femtr nkht fdten, wtnn voa Eta- fichtnngtn dit Rtde iif » wticht die prtea- tavt VtmunR tb nodiwtndig dtnttilt: dtt itt Idctl gleichfam tlt ob dic fittlicht VoUkommenheit ntcht ein Ideal wftrt* dtm wir nachzustreben verbundeo find. ^ Wer fibrigens in unzihligen F&IIen feine Unheiftt tuf die, nach der Vemunft, nothwendigo Verbindung der Tugend und Gliickfeligkeit griindet, und doch geneigt ist darubcr za Ifichcln, dafs der Menfch als Seibstzwcck vor- gestellt wcrdc , der uberlege , ob in feinen Urthcilen nicht ein ofFenbarer Widerfpruch fey. Wic kfinnre er den Tugcndhaftcn der Gliicklcligkeit wurdig erklfiren, wenn er tha nichtaU Selbstzwcck betrtchtete?

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Willenj. So w iJeriprechend dicfe beyden Vontellungeii fcbeiaen: fo koniite doch ge* leigt wefdeo, dalt der Widerlpruch ver» lchwinde, wenn man ein und ebendafTelbe Wefen in doppeiter Riickncbt, als rinulidi ttnd iiberrinnlich betnchte. So wieiine nun dat Sittengdett lelbtt ni dieier doppel* teo Anficbc uothigte : fo berecbtiget es uos htf dsm vorliegenden Widentreite tu einer Shnlichen. D«6 Tugendgeflnnung Gludtlh- ligkcit hervorbringe, ist niir in fo fern un* moglich» alt man die Veriuiupfuiig von Ur« lache und Wirkung nach der Natiimothwen- digkeit, als die'einzige nioglicbe Art von ur- iachlicber Verbindung annimmt. Dieic An- aahme kann aber lcliieehterdingf mie nichta hewielen werden. Im Gegentheile weii t uni das Sittengefetz auf eine von der Sionenwelt gani verfehiedne Ordnnng der Dinge, inder wir unferDaleyn alt Intelligenz, undun- fere Wirkungsart als frey von alicii nnnlichen Bestimmungtgrunden su denkeu l>efiigc, j* verhunden find» oh wir unt gleich in der Siaoenwclt beiiiiclcn, und nacb dcni, was wir

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von derfelbeii iii etkennen vermogeu, voa

Urfachen abhaiigen, die lucht in iinfcrer Ge- vraJc Hnd. So wie «lib <lie Verknupfiiog «ller Dinge nach N«Curge(etien» atif keioe Weile die Nichtigkcit des Sittengefetzes darthim kann, fondern diefes im Gegenclieile auf die UntulIngHclikeiC }ener Verknttpfuiig tur Br- krjrimg dcflcn , was in dem Menfchcn ist, hinweisC» undaufden Giaubcn an die Cau* faliclc durch FreyheiC iiShrt: ebenib kinn attch die Verknupfiing der Dioge nach NatiirgcftJticn nicht Uie Uiimoglichkcit dcc Verbindung twilbhen Tugend und Giiickfew ligkelcbeweifens rondemdieltf, vonderprae* tifchcn Vcriuinft aiifgestclltc Vcrblndung fiibrC im Gegencbeile auf den Glaubfn an dte Bedingungen, unCer welchen fie als wirk- lich gcdacht wer (icii kann. ^istatt zu rigen: Allcft gehc nach Naturgcfctzcn, folglich giebc es weder Freyheic, noch eine Verbindung twi^ fchen dem Gebrauche derfefben tmd den Fol- gen davon, mufs man viel;iiehr die Sache um- kehren, ttnd (agen: die Fceyheit und die Pol- gen des Gebrauchi derielben lind von unienii

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Wcfen iinzcrtreunliche I<3ecii, foJgiich isC clie Naturnothwendigkeit nicht die etnxige Art» naeh weleher uniereEitsteps zu betracb-

tCQ isc.

IsC alfo das SiCteogefeCz eioe unliiigbare Thatiache der Vernunfti weitt dalTelbe auf die Wurde der Menrchheit hin , imd dtirch diefc auf dic nothwendigc Vcrbinduiig der Tugend nnd GluckTeligkeits hat der Menfch gerechte Anipruche auf die eine, i»enn er die audere libc, und kann er doch die Elrful' lung diefer Anijpruche nach derNacurordnung nicht erwarten: Co sst er befugt, tn (eioen Wttnfchcn nichc wenigcr als in feinen Pflich- teo» zum Uibcrnnnlichen feiue Zuflucht zu nehmen» um die Moglichkeit su denken» dafs die Wefen , welche von der Vernunft als der Cluckfeligkeic wtirdig und bcdtirfcig vorgestcilt werdeny diereibe auch errei* chen. Und diefe Moglichkeit findet nur StatC, wenn das Dafeyn Gottcs iind dic Un- sterblichkeit der Seele angenoinmcn uird. So filhret die Moral sur Religion » und hebt dadtirch den Widerstreit» in welchem, ohne

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{enen Glauben» die Vcmiuift mt fieh feibit fcyn wurde.

Eine Schwierifkeit» dic iich l>eyder« nack der Vernunlt nothfiendigen Veibindung twl* fchen Tugcnd tind Gliickfeligkeit findef, konnte bcy der Ableitung det voUttindigen GutB aus dem Grunde dec Sittengefetiet iiber- gangen werden^ verdient aber bter eine Be- irachtung. Man kann namlich fagen, dat Sittengdets yerlange eine HeUtgkett det Wil« leni, die keinem MenCefaen erretclibar leys fo fchr cr auch nach Vollkoinnienhcit stre- hcn moge, fo werdc cr doch theiis in dcn Handluugen ieibtt, theilt in den Beweggriiii* den dtzu fich mannichfidtige Pehler und Un* iauterkeitcn vorzuwcrfcn haben; feinc Nci- guttgen l>ehaiten oft die Oberhand iiber leine beftre Einficht, oder werden wenigilent da fuHiilfe gcrufen, wo dcrGedanke der Pflicht allein ieinen Wilien bcttimmcn iblitci ja, je beifer derMenlch werde, dettomehr fiShle er fcinc Schwachheit. Wcnn es allb auch wabr ky, daff Tiigcnd dcr GludUeligkcit wiirdig

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inachc, fo konne denn doch niir eine folche Tiigend verstanden wcrden, die Ikh rein voa M^iigdn wiffes iind da diefe dem Menfchen niehf moglich (ey » fo £ille anch der Anffmich anf Ghickreligkcit wcg. Dicfcr Eunvurf hat alierdingi feinen Grund» Nach der Strenge der Vemunfe kann nicht eher ein Recht au£ Ghickfcligkcit gedacht \;?crdcn, als bis die Bedingung» unter der ile eintreien ibli» v o 1 !• kommen er£Sllt ait} und da woU keiii Menfch wagen wird, fieh derHciligkeit des Willcnf su riihnien : fo kann er aiich iioch kein unbeftreitbarea Recht auf Gluek» feligkeit aufnreilen. Allein, eben dat Gebot vollkoniinen zu feyn, bey dcr Unmog- lifihkeit et auf dieier Erde tu werden» erof- net unt die ente Auf ficht tur Fortdaiier nach

dem Todc. So vvic dcr Glaubc an dic Frcy- licit eine nothwcndigc Folgc von dcr Annah- me def Sittengeietsef itt» weil dieief ohne jene eine leere» unamlithrbare Idee leynwtir* dc : fo ist auch zur Rcalifining dcr ganten Forderung dea Gefetzef der Glaube an die Unfterblichkeit dcr Sede nothwendig, nur

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nut dem Vatet&hMCf 6a& jener den Aii- f ang dei fittlieheD Lebens, iind diefer dea

Fortgang dcflelbcii bcgnindet. Dcnn ist demMenicheii» imd uberiiaiipc jedcm finnlich* ▼emunftigen Wefen» fo wie wir ei denken iniilTcn , <3ie voUkoinnicne Uibercinstimmung ieiner Gefinnungen luid iiaudluagea nur stuf- fettweiie moslicfa» und wird fie dock gefor- dert : fo mufs auch dte Bedingung, unter der dieErfullung desGebots allein gcdenkbar ist» •ngenommen worden» und diefe Jkdingung sst die ins Unendliehe fortdauemde Ezitlienf und Perlouiicbkeit der rmnlichvemunftigea Wefen.

le strenger» d. h. je riehtlger man daher

dic Sittlichkeit und die daraus fliefienden An» ipriiche auf Gluckrcli^kcit bcurtheilt, desto dringender wird dai Bedtirfnifi» um die Ver* nunftmit fieh felbttehiig fu mtchen, eine Fortdaucr dcs Menfcheu nach dcm Todc an- tunehmen. In iiir aiiein liegt dieMoglich- keit, die Bedingung vollkommen lu erfiil* len, untcrder cr der Gluckfeligkeit wiirdig ist. Nimmt man die Ecfiiiiung dcr fic*

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dins;inig, tmter der (le tu Theil wer<leii Iblli nicht fostrenge; fagpt man, es kumic von dea Mcnfcheii oicht eine HeiJigkeit det Willent verlaugt werden, ni der ihn feine lindiehe Nahir iinfihig machc ; das thatige Restrcbcnf leine Gcfianiingeu imniec reiner, und (ciiie Handliiiigeii inimergeiettinlisiger zu macheny kiin, menrchliche Tugcnd niufTe auch fiir dcu Menfchen hinreichend gcdacht werden: Ib kann diefe Anficht mit Jer vof' hergehenden auf gcwifle Weile vereinlget werden. Zwarist cseine verwci flicheSelbsf- gefiUligkeity wenn man fich dat Sittengefetr. alt nachfichtig deiikt, und iii dieler Nacli- ficht eine Entfchuiciigung ffir die Fchler Hn. det, die inan nicht ablcgcn wiiJ. Dcau wird eiiimal eine lolche Nachficht angcnom- men, fo gieht es gar keineOrenzen, in dencii fie eingerchlofrcn wcrden kann. Der boA* Menich findet fich ebca (6 berechtigt, fur feine Unthateo, in demSchmene, deii ihm dic UntcrlafTung dcrfclbcu vcrurf^^chcii wurdi.% ein unuberstciglichct Hiudcjruifs zu denkcu, als der beflTergefinnte in dem Schmerse* d«»n

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dle uaeittgelehiliikte Untervierluiif imtui- bleiblieh naeh fieh*«ieliC} iumI (6 wtirdle daf GeieU relbst, ais folchea « au^ehoben wer- AlleiiH venteht mmt imier aieiifchlicher Tugendleiiie uabegrenste Aehtung fur das Sittengefetz , iind ein thitiges Strcben» denirelbea imiiier gemiiter au baadeia: ib «ird «llerdingt diie foIcheTtagend mitRechft als derGluckfeligkeit wiirclig gedacht. Deno da dic Sittlichkeit in der Gciianung bestcht, uad dielelhe alt voiicadet aageiehenwiid, wtm fie eine uneingelcliiSnkteUntenierfitng unter das Gcfcts ausdnickt : fo crfiillt fie auch Yollkommea die Bedingung» imtcr urel* dier Glttckleligkeit Statt findea fi>ll. Dcr Widerstreit diefes Urthcils mit detn vorher- fehenden ist nur anfcheiiiend» niclu wirkp lich» dabeydeaui ▼crfchiedcaea Aafi^ tcn dcs Menrchen entfpringen. Nach der einen wird cr aJs bcdiirftiges Wcfca fur uaillhig erkllrt» ia irgead eiaem Zcitpimcte feiaer Esittcnt Heiligkeit det Willena wirk- lich xu befitsen» und dcmGcfctse, ohne alle Abwcaehuof » gemlfi su haadelai aich der

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«B^eni Anlichc wird ihm diefe Hriligkett in

fo fern iiigefchricben , nls dci Griind ziir moglicheu Errcichimg derfcibcu in dcr fitc- lichen Gefiimung liegl, und da» Ztel, welchet Dur in der Uoendlichkeit crreichbar ist, als f ch o n crreichc gcdncht wird. Dicfc zwcy te Auficht itt auch nothfvendig mit dem Gedtn- ken der Frcyheit verbunden. Denn dte Ge- fiunuDg als cin Product dcrrciben» und die daher cntstehende Zurechnung steht gar nieht unter Zeitbedingungen» wie in dem Ca- pitei voM der Frcyheit gc^cigt wordcu ist. *}

Aui den beyden Urtheilen; der Menich

kann die Bcdingiing nicht vollkommen erfuiien, untcrder feineAnfpruche aufGiiick* leligkeit gerecht find, und, der guteMenfeh crfullt dieie Bedingung, cntstcht ein drittcs Urthcil, in wcichcm beydc durch gcgcufciti- fe Einfchrinkuug vereinigt werden. In fo fem n^mlichdie fittlieheGefinnimg tlberhaupt aii die Wiirdigkeit giuckfclig zu icyu ge*

*) Erstcr Thcil, S. r8l.

dacht wird» imd doch diele W2rdigkeU fur dea Menfcheii, «It Siniieiiweleii, dat ZeiN

bedingungen cmterwoifcii ist, Grade hats fo fordert die Verounft eioeii dem in^ nern Zustande det Menfchen tngemellenen liufiern Zustand. Und diefe Forderung ist um (o nothwendiger» ohne diefelbc fuc endliche Wefen gir keme Wurdtgkeit gluckfclig zu feyn gedacBt vverden konnte. Denn folite diefe ertt dann eintreteny wenn die Heiligkeit det Willeni «irklich erreichC ^are: fo vnirdc (iennr in der Unendlich- keit und folglich gar nicht Statt findea konncn» welchet der Vemunft vrider^richt.

Finden voir nun endlich zwifchen Tugend und Gluckleligkeit nicht immer ein angeme£> fenet VerhSltnifi auf dieler Erde; itt et unt unmoglich dcnElendcn zuglcich stcts fiir latterhaft cu erkiaren» konnen wir unt im Gegentheile det Gedankent nicht enneli* rcu, dafs in dem gcgcnwirtigen Leben die Giuckfeligkeit bey aller Wurdigkeic dazu» |a fogar um der guten Gefinnunf

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Willeii, oftvetldrengelie: fodriiigeiiiii ji« Verniinfc auch den Gedanken auf, dafs unfere Existciiz nicht auf das gegenw'irtige Lebea «iogefchrjiukty fondem nur eine VorbeieU tung euf ein ktinfriges fey. Zu dem Glaiiben ati die Unbtcrblicljkcit der Scclc fiihrt uui aUb» theiis dasGebot felbst» nach derHeiJig. keit vi itreben, fheila der von demfeihen unzertrennbare Gedanke, dafs dcr Mcnfch, als Zweck an fich, £riih oder fpit, die Giuck* leligkeit erreichen inuire» derea er wtirdig Ond bedtirftig ist.

Durch dicFortdauer nach demTode wird der Menich auf doppelte Weife in den Stand geletzt» lur Erreiehimg fcines ganzen Zwccks mitznwirken. Es ist ihm untcr dieicr Vor- aiisfetaung iiidgiich» die fiedingung tu crfuU len, ttnter der nach der Verniinft die Gliick feligkeit zti Thcil wcrden foll, und fclbst iio. mitteibar zu (einem Wohie beyzutragen« So wie ichon hier auf Erden daa Bewufstfeyn, iich nicht nach (innlichen Bcwcguugigrunden, fondern uach alJgemeinenGeietaen lubescim- men, eineArt von Genuis crxeugt: iblunn

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mun Miidiiafiii» dait bef ttaer imiiicr nelir wMtnden ^njMt ton linnlidim NeigiNi*

gcn die Zu&iedeohei( init fcinem Ziistaade iamier voilkommiier ieyo» uimI licli imner ndir ict Seligkeit» umer der niaii eiiie flai» lichc Unabhangigkcit von Neigiingen iiiid «KurfmiTen denkt» nihcrn werde. Auch kaoa dkr Gewimi, der «iif dieft Art aiM den Forf» ielintten tur moralifchen VollkoMmeiilielt entsteht, als ichr grois vorgcstclit werdeo* Aliein» (6 wenig er auf «Ueicr firde iiuwei* fAntnd Utf £6 wenig kano er et elier leyn, als bis der Menfch gicichfam feine ganze Natur Tei^Uiderty uncl ieiiie EodlicliiEeit ati- gelegt kat. So lange ilim dlele bleibt, baben wir gar keine Vorstellung davon, dafs cr frey voo Bedurfiiiireo ieyo koitties uod da die Be- friedigung von dieien» in dem gegenfVirtigeii Leben, nicht von felbst mit dem moralirchen Gcfetze ubereintcimmt: fo kooote auch io et* nem kunftigen eine Ibniidie Diibamionie Statt findeir. Um alfo die Moglichkeit zu denken, dafs dcr Menfch icinen ganzen Zweck crfeicbe, iit die Vorawiecsung dcr Fortdauer

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naeh dm Tode an fich nicht hiiireicheiid. Iit fie bloft eineFoIge iler blinden Nttur,

ib licgt darin fiirdcnMcnfchcn fowcnigHo£F- ming^ das voiUaadtge Gut, dat die Vemunft ihn tiiin Gegenitande ieines Strebent macht» Wirklich wcrdcn zu fehcn, dafs dcr Ungliick» liche eher Vemichtung ais Unsterbiichlceit wiinlchen mtilste. Denn welchen Gnwd kamt er habcn, zii glaiibcn, dafs in cincm kunffi- gea Zustande ihn oicht ein cben folchcs Loos trcffe, wie ihn hicr traf ? Hat die Natur ihn hierelend gcmacht, kann fie ihn einst nieht noch elcndcr oiachen? Kann ihn dic Natur nicht in eine Lage verletfen» wo die Selbst- lulriedenheit noch weniger lum Gemilse ge- rechnet werdcn kann, ais in dcr gegenwarti- gcn Verbiadung dcr Dinge? Und ieUwt der- fenige, der fich in diefem Lehen wohl ver« balten und wohl bchindcn hat, kann eintfn, icincr fictlicbcn BcfcbafiFeohcit augemciliBneQ Zustand gar nicht erwarten, wenn er daa Schlckral fo vieler, eben fo gutcn, vielleicht noch bcdcrn Mitincnfchcn bemcrkt, iiiid dar* auf eioen Schiiiis £ur lich felbst lieht. Soll

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alfo der Mrafch hoffen konneny dafs im G a n X e n (eiMer Existenz fein g a n z e r Zweck tmUhtintdtp iiiid daft dte Natitr nicht dit Oliiekreligkeit lertlSre» mralif er durdi ftU ne (itcUche BefchafFeuheit Anfpnich hat: fo beclarf er det Glaubent aa ein Weieiiy wd^ diei» alf der Urhebcr luicl derHerrclerNatiir» diefelbe hiit den moraliichcaGcfiiuiiuigen eiiH f tinmiig mache.

Die obettte Urlajebe der Natnr ibll miler Unvermogen lur Erreichimg des vollsandi* gen Gutf erg^luzeny Vemsittlcr zwifchen Na« tur und Fkeyheit» twilchen Giuchleligkett imd Tugend feyn. Um da* Eine thtm, imd das Andere feyn zii konnen , mufs diefes We- len nicht nitr alimachtig» Ibndeni ancii der Voritellung: ▼on Gefetten» ond dcr Handiung nach derfelben fihig ge« dacht i;verdeu« Denn wie koome es dea Gnmd dcr Uibecciinttmittmig swimicn fitt» lichen Gefinnungen und den angemelTe» acu Wirkungen der Natur cnthalten» nena et aicht diele GeCnaungen nach deai Gelcttet «vf we)iihem didclbea bendM/sn

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r i €ii t e n 9 tmd nach der Vontelluiig von Ge« letien ni handeln vemidchle. Nun neup

nen wir abcr das Verraogcn Vorstellungen

von GefeUen zii habcii, Verttaud; uud das

Vennogen nach denielben xu handeln» dea

V/illen. Es i$t alfo die oberste Uriache

der Natur, iu fo fcm iie zur Hervorbringung

dei hochaten Gnts vorausgeietzt werden

nittis* einWeien^ das diirch Verstand und

Willcn dcr Urhcbcr dcr Natur ist. ®) Bc

denken wir nun femer, daia es heilig ieyn

mufs, um nie in Verliichung fu gcrathen^

von dcni Gcfctzc abzuweichcn, ^ all-

«vilTend » um das luncrste dcr Geiumuug zu

crkennen» allwetiey um die Menfchen in

dic ZustUndc zu verretzen, die ihrem Vcrhal-

ten angcmcfTen (ind; und da£s aus dcn ange-

Itilurten Eigenfchaften Allgenugfamkei^

Allgiite und unwandelbare Gcrech«

tigkcit folgen: fo fchen wir, dais, iu mo-

*) In fo fern das hdchstc Gut , wonuch der Menfch snreben foll , nur durch di« vemiit- tclnde Gonheit moglich ist , wird cs als a b - gelcitec: und die Gottheir fclb^t als d?.^ urfprungliche hdehste Gut beuacii»L

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cdiicher Ablloht, die obctttft Urftdie der Welt ah da» allcrvoUkoinmeuf ce We^ fbtt gedidit vrerden iniiif,

Attf dieft Weife geht der Gleube an dat « Daieyn Gottes, als eiixes Wefens, c)at alle mogiiche Vollkommenheiten hefim» nicht «eniger als der tn die Untterblidikeit dllr Seele aiis der moralifchen Narur <)e« Mett* lcbcn hervor. WiU man die Griinde, aut dettCtt cr beniKt» entkrlften» h ipdit diele nvr atif eine dreyfSicbe Weiie an. Entw«* der es muis gezeigt werden dafs es ga» k«in Sittengefetc gebe^ oder* daTs daflelbcv (einera Gntnde naeb, ntcbt aiif die Verbin» dang der Tugelid und Gliickfcllgkeit weife, oder endlich» daft dieie Verbindtmg unter tndem» ali den angegebenen Bedingungen» nioglich fcy. So Jan§^e dic Wahrheit von den entgegeaslchendca Bchaupcuugen unbe. iisMifelt ge^ff bleibf, iat et mornlifeh n o t h w e n d i die Unsterblichkeit der Secle una das Dafeyn GoCtcs anzuncbmcn.

Diefe Aimthtne kann cin reintr Ver- nunfcgUub.e het(sttt« dt.clcr GnnMl, anf

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Ware das Sittengefefi auch ni^rdt dbin Meafcheu felbst, foiidcrii Wefen andcrer Aist gegfben: lo wiirde er, bey einiger CnltMv ▼an derVernunft gedrungen werden , die Re* liingiingen aiifziifuchcny unter dcncn thcih was dat Sittengefets aniiiittelbar fordci^ Iheilfl daf, wat aut der Beobaehtttng iefft^ ben folgt, wirkiich werden konne. ^ Auf der eineit Seite die Heili^t dei WilleBi^ alfl den Gegemtnnd eiocfl Gobotfly und aitf der andern die Erfiiliung defTelben als uji- n 6 g i i ch betrachteni auf der einen Seiie die Unterweriung unter dai GefetB alt die «tn* cige Bodiitgnng der Glfickfcligkeit, und auf dcr audcrn dicfc als uuerreichbat denken, iind xu harte Widerfpnlcbe» ala daia der nadidenkende Menfeh lie nlcht ftt ▼erei- iiigen fuchen follte, \^enn er auch gar nicht auf fich iclbst Kitckficht nihme. Da aber ihm felbst jenes Gebot gegeben ist: lo

dcm er beruhr, ir. der praccifchcn Ver* nunft liegt, und dic Annehmung ciner hochF sten Intelligenz das Gefcblfc der Khcoreii> fchen Vemuofc isc

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cUs VemuaftbedurfiiUi su der Vereini- giiiig feiiter miilmeiidlMireii GeJankea nodi dringeudcr. Er fclhst foU nach dcr Hcilig- keit det Willeni streben» imd fich jedca Ge-. nu&y welcker mit derielben nieht bett^ien >Mnii, ohnc Eirifchi ankiing vcrfagcn. Unter- Hirfi er fick mm diefem Gebote^ um der in^ «ekn Venditmtg sft entgehen: & kann er doch nicht als xwecklovundalt mit fiehielbtt Streitend anfchfrfi« Diefe Aniicht abei: wiirde trovermeidliQh UffOs venn er leine Eziftens mtl diefef kitne teben eingeichiMEf « und ^e GliickfcUgKeit , auf die er diirch die Etr liiUupg det Gefetxes ein Recht bekomml* als uacfteichbar dlehte*

So "tgird die Vcrnunft nur durch denGJau- htn 'an Gott und Unsterblichkeit einig mit fich fclbst. Und deswcgcn ift es swarm5g- Aich« da(s dcr gute Menfch ia feinem Glaii- ben wanke, aber nicht, dais er in entichifi- denen Unglauben gerathe. Denn da der Grundy auf dem fciue ilandliuigsweife bc- ri^it» eben der fst» auf welehem auch der

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Gliobe an die Portdttief lueh deinTode, imd an clas Dafeyii einef allweiien Welnirhebers

bcniht: fo kann er diefen Grundy deo cr ia einer Ruckiicht fut volJgulttg erkennty niehc Hi einer andem liir nichtig erklSren. Er han* delt Co, als ob feine Existcnz ubcr den Tod hinausgebe» und unter der Regiermig einet ifeifen Welttirhebers stehe, und wurde fieb fclbstwiderfprechen, wenn cr behauptetc, dio Fortdauer feiner PerlonlichlBeit und das Da* feyn dei Gotdieit iey umhoglich. Eben dct* wegcn liCst Hchs auch gar nicht denkcn, dafs dic Rcligion von dcr Erdc vcrdr^ingt wcrde. Ehe dieis gefchehen konnte, miiiste der Ge- hrauch der Vemunft, nuftte Tbgend tmd Rcchtfchaffcnhcit vcrfchwindcn.

Der Glaube an das Da(eyn Gottei und die Unsterblichkeit der Seele ist bisher als e^a V c r n u n f t b c ci 1 1 1 f n i fs vorgcstellt xfor» deni uud.fo ist iuderThat die moraiifcho Nothwendigkeic jenes Glaubens luver*' «tchcu. Sic fo dcnkcn, als ob fie fclbst

<5 Wslires phyHfchcs Beddrfnifs weist ini AUgemeUicn auf cincn Mtngd hin^

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•iiie Pflichl flndialte» odee nf cfen Gnttid kr V«tUttJiidiMe hb^Miie^ gMfet oik 4fr

«ut ctneill von der menrchladien Katur un« seftreiinitdiai Gefuhle entsteht. Ebea fowtiec VerDunftbedurfnifs ira AlW gcmetnen tuf «inen Mang^cl hin, der tus einem nothwendigcnGedankcn cnt- •rcht. So ist dic ganet Philofophie auf Ver- nun&bedurfoifse gegriindet. Denn bey ei- niger Cultur dringen fich dcm Menfchcn die Fragtn auf: was isi die Welr? was bin ieh felbar? w«a foli ich cfaun? und was wtrd •ut mir wccdent So wie nun aber cin phy- fifcbesBcdftarfidfii iragfUlc werni dwG^U» wormif «• bciiiiit, beftiedigt titt fil fiOk auch eiii Vtnuaftbodatfiult wcg, w<m die Betntnsonaiig dner Qodiwcndigea Wngt tuf ctne Weife gegebes waden kaiui, dte fiber aUo 2wciftl «btbcn itt. Mtn fagt dthar im engem Sinne nur daniif dafs die Uiber* teugung auf ein VernunfcbcdArfnift ^egtundet fty « wenn die Betntwortung ei* ner nothwendigen Frage blofe in Bezie- hung auf cincn gewiffen Zwcck, «ntfchcidend , nicht aber in jedcr Ruckficht befricdigend ist. Von dcr Art ist die Beanr- wortung der Frage liber das Dafcyn Gottet und die Unstctblichkcit dcr Secle, in fo fcrn fic fich auf die Noehwendigkeit fitt- iich zu handtln icutzt, Deswegen heiUc auch das Furwthrh tlcen eiaec

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menfchlichen Denkiingsart iind mit den Lch- TtOf auf weiche dcr Glaube ao Gott uad Un- tcerblkhkeit gegriindet mrde. Denn dai Dafeyn oder clie Fortdaiier cines Wcfens an- zuuehmca» ist das Gcfchift der theoreci- fehen Vemunfr, die nur naeh Grtindea^ nicht n«di Pflicbten fragt; urid da die Yerhiodiichkeic Ciigcncihaft zu icyn, aus dec

folchen Enrfcheidung nichcWirfen fon- darn Glaubcn. DitiStr Uniwlchicd isc •btr nidic fo su vtrsithen, tls oh bty deoi GltabtndltGrfindtdtrUibtReugung nichc tbtn dit Ftsrigktic btwirktn kOno- ttn, wtldic bty dtm Whftn Sonc ihidtc^ fondtro nor fo, daft bty dtm Glaubto di« Gruodt der Uiberzeugung von andtrtr Art find, als bey demWilTen. Ich w«is, dt(s ich rechtfchaffen handeln foll ; denn dio Rcchtfchaffeoheic beruhc auf etnem Gefecze, das (lir alle vernunftige Wefen gOU tig ist ich glaube nur, dafs es cincn Gott giebt » dcnn ich kann nicht bcwcifcn, dals alle verniinfrige Wclen das vollstiindigc Gut, nur unicr dcr Vorausfctzung cincs mo- ralilchen Urhebers der Welt als mdglich an- fthen, Da fie aber {lir mich, -Is Mcnfchen, in moralifcher Ruckficht, nothwcndig ist, fokann ich mitRecht fagen : ich felbsc b 1 n g e w 1 fs , daii cs eincn Gotc gebc«

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Gefctigcbung der practifchen Vcrmmft fliefst, fo bleibt fie stehea, dcr Menlch ley gUubig Oder ung lHubig. Dnnit ibll aber tiiebcge(agt. ftyn, cUfi es lceine Pflicht in Bczichunj auf dcn religiofcii Glaubcn gebc, oder, clais die Gebote der Pflicht nicht alt Gebote G o 1 1 e t ▼orstittellen ieyn. Die Belordening des vollstandigeii Giits ist Pflichtj iind cU daflclbe mir uoter der Vorausfetsung det Da« ftyntGottet und derUntterblichkeit derSeele ▼on dcn Mcnfchen als raoglich gcdacht tvci;- dcn kaim : fo ist allcrdiiigs jeder verbuadeiip tfaeilty allet ni unterlalTen» wat den iditca Religionsglauben lchwHchen konnte, theils, fp vicJ von ihm abhangt, nach eigner Festig* keit in demfelbea fti ttreben» Femei^ ob^ gfleich die Sittliehkelt auf der cigncn Geletf- gcbung dcr Vernimft bcruht : fo fiihrt doch dicfe auch unverm6idiich xu dem Gedanken» die Gebote der PAicht alt gottliche Ge- bo tc vorzuitcllcn. Dcna ist die Erreichung des vollstindigcn Giits nur durch den WiUen det heiiigen und allmlchtigen Urhebert der Weltsu erhaltea: fo miifs dcrfclbc auch alt

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das Oberhaupt iind der GefeCsgeber tii denr Reiehe der Sitten» wie im Reiche der Natur»

betrachtet wcrden. Nur find die gottli- chen Gcbote nicht fo zti verstchen, als ob fie willkuhrliche» odcr xufilligo Verordmingen Wiren. Dafi eine folche Aii< ficht mit der Wahrhcit uicht libcreiastimme^ kann keinem Zweifel unterworien feytt, weno der Glaube an Gott (elbst ertt auf der Geietx* gebung der Vernunft bcrliht. Wcndet man dagegen ein» dafa ci auch andere Grunde fiic das Dafeyn einet hoehsten Wefens gebe; (b- ist dicfs zwar allcrdings wahr ^ fic iiud abcj; von der Art, dais fic» theils, aliein genom- ineny keinen festen Glauben grunden konnen, wie bald gczeigt wcrdcn foll, theils wcnig oder gar nichts dazu bcytragen^ Gott als deo gerechten Richter imd Vergelter vorcnstcllen. Als folcher ist er mir deswe. gcn fchwcr zu vcrkcnncn, wcil in uns fclbst ein innerer Richter ist» der auf denAll- niSchtigen hinweist Lilge nicht in uns cin Gcfctz, dcflcn Uibcrtrctung als strafwiirdig, und dcjQfenErfiiilJtmg alsdieaotfawendige aber

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atich einiige Bediii^ung der GluckreKgkeit Cfffehcint: fo wur<ic cs iii der That ganx iim* Ibiiit feyn» dca Sittenlehrea djultircli Nadw dnick vcrrcha£kn iii vrollctty daft ffe «Is Ge^ botc Gottes voffestcllt werden. So wic dat noralilche Gcfuhl flch cuf dat ^ttengelets grundee» und nur ncck dem Maiie der Ene. >yick.elung der Vernunft entsteht: fo griindet ftcb auch die Hdite Furcht vor Gott» dte jpccht verstandene Liebe, und dat wahra Vcrtraucn zu ihm auf die iuocrc Geictx* fcbiuif .

♦) Chrisnis felbst verweist auf das inncre Be» w u fs t f e y n , als den leczten Richter uber dii Gttfc und BOfe , und grOndet folgtich die ReUgioa cbenfblb auf die Gefctzgebung 4er Vcmuoft. Als gOttUchcrGefiuidte giebc «r dcrielbcn nur nehr Nachdnick» ohnt doch dicFaichtcn tlc willkdhrllchc Gt- bcieGottct vonustcllcn. Htftcr mcanclch^ sc, fagt cr» und ihr wcrdct crfthrtn, dtft dc von Gott fey. Dicfc Erfahrung llitt fich nur auf zweyerley Weife inachen , entweder duTch dfts Gcfuhl der Gluckfelig. keic, die a\is der fiefblgung der Lehrc flicfstt oder durcli die £ i o f i ch c d e r i n - nctnNothwcndigkcitdcrfcUicn. Dtt

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Die Furcht vor Gott kann mit dem Gt* danken dc$ moraiUchea Gefetset cuglei^ §e- «eekc werden. Daher ist cs ▼lelleieht nutf^ licl^» tinter gewiflen Umstanden, die Sitteo* IdKren gleich Aafangs alt Gebote Gotccs vonti* fiellen. *) Nur miifs dabey nicht vcrftumt

Erttc konnce tber Chriscus gar nicht mei- nen ; denn «r fa^i^te feinen liingern ■usdriick- licii, dafs fie viel zu lcidcn haben wiir- den, und macht nur Hotinung rur Gluckfe- Jtgkpit in eincm kiinftigen Leben, wo* vun man doch keine Eiiahrung haben kann. Wird ferner fur die Wahrheii der gfittlichcn Ofttinbarung ein Ueweis gefucht, fu kCnnen felbsc diejenigen , wclche dcnlelben in dea Wundem finden, doch zuUtzc fich nichc enc- hilccu , «li cia wtlfimlidits Ktnomichsn ei- ncs Wnndm dic Ahrichc anaagcben, um dtna willcn ts vtrrichitt «ttidt. Ob nun abcr dicft Ab6cht dtc Goithcit wMig fcy, kinn nur nach dcm Bcgnflh btunhtnt wcr- dcn, dcn uns dit Vtmualk von dtm h6cb« sicn Wtftn gitbc

^ Diefes V i c 1 1 e i ch t foll abermals keinen Schatten auf dic Weisheit des Stiftcrs der christlichen Religion werfcn Er fprach zu Menfchcn , dic in Gotc glaubcen » und dle Filichtcn tls Gcbocc defTcIbca beiTicbtctcn. Wcnn fokht MtoiSdito bdchic wcrdcn (eti-

Hh

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werdeOy die inncrcNothwendigkeitderfclbcii fublbar su iDichcD, fonsi itt AbergUube oder Unglaube tu fiirehtoi. Oemi wer nur di» pofitivcn Strafen clerGottheit, und nidit die innere Vcrachtung fcheiit, der koinme leicht auf den Gedanken, da6 dat heilige Wefen naeh MenfehenarC dufch aufsern Dienst tu gewinoeny oder gac dur<:h Mittel xu beliriediKen fey, welche der Gefets* gebung derVemunftseradesu wider^^redien^ wic die Gefchichte mit bhitigen Spuren zcigt. Nicht minder alt der Aberglaube, enuteht audi leiGht der Unslaube aut der Vemadli*

Imi: Ib kinn dti Vcrftfaren dabey tuiP dm feyn, «li wcim derGltube tnGott cnt gtfrOndct, und der crtte Begrif ven Pflicht heygdmdic werden foU. Dther kann die Unterfuichung fiber dic bette Art« die Men- fchen zur Tugcnd zu erziehen, gtr nicht tb lait der Wtbrhdt der christlichen Reli- gion deitwegen snreirend tngefehcn wcrden, weil diefe die Sittenlehren als Gcbote Gottes darstellc. Da iiberdicfs Chrisrus fclbst auf das inncre Bewufstfeyn dcs Gefe- tz?s fuhrt : fo ist cs fogar feiner Lchre au- wider, daiTelbe tuszufchlieifeii.

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ittftigung det praetifchen Vernttaftiotereflcs. Denn wer in den Sittenlehren nnr will*

iLuhrliche Gcbote GoCtes iifiht, und gcni iSsine Neigungen, denlelben luwider» beluup- ten m6chtey der ergretft «uch begierig alles» was ibm voii Andern oder von ihm felbst ge- gen das Dafeyn Gotces eingegeben wird ; und eotitehen «uch nur Zweifel uber daflelbe, to find fic oft fchon hinreichend, dic Erfrilliing des Sictcngefetxes zii hindern. Isc im Gegen- theilc das practilche Vemunftinterefle ge» weefct: fo konnen Zweilel tiber dat Daleyn Gottes un4 die UnsCerblichkcit der Seelc twar beunruhigen» aber nicfat denGedankea der innem Veraehtnng aufiieben. Diefa wirkt aiich dann nochy wenn der Glaube an die Religiontwahrlieiten wankt; denn uber moraliiche Verbindlidikeity wenn fie einmal deutiich eingerehen ist, konnen keine Zwci- fel eocscehen,

Mit der Achtung fiir daiSittengeletx kanit ftugleich die Furcht vor Gott geweckt wer- deu, wic ebea gciagt wordcn isc, uicht aber cbcnfodie richtig vcritandeneLiebc

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miaa«lchteVcrtr*ttcii wihni-

findet fich untcr gunstigco UmtaiiaeD Wi- «eilcfi Iruh EmpfitngUchkcit ftir dic Empfin. a„ng, i»elche aoi aem Gcdmnken «n Gott. al$ dcn Urheher •Uet Gufcii, entttehc, imd Uebe xu ihm heifst. Auch ist es fehr heil- lam» aicfe religiofcEmpandiing lu wcckcn.») Wenn et ahec fihefhwpt eiii gro(ief Irrthum ist, dic Bcstimmung dcf Menfchcn auf &attk GliicklcUgkcit »n Hch cinxufchrankcn: fo

murt eudi ais hSchilc We&ii nicht »b Wohl- thitcr Cibcrhaupt, roaaeni alt gerediter Wohlthltcr bctrachtet verdenj imd wt^ fo aie SittlichkeU elt aie Beaingung acr von ihm ausgcheiiaeii Gluckfcligkeit wrgettellt, ib ist dic Ucbc zu dem Gcber tllet Gutem mchtchermogiich, alt bis dcrVorfatx gc fafit itt, aie Beaiogung fcincr Wohlthatcn tu crfuUcn. Wcr fich noch nicht hcmltt

Gott lieben htifit iwtr «uA feiuc G«ho« S«rn «iftUtn; ditfeLi«b« «ber, weit ent. r^tim Anf«ng« d«t monlifchfn Lcbtnt

mSgllch «ttf«fU, ^»^^*" ^*"**

M«n(ditnnuK mit Einfchtinkung.

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ift, dafi erderielbefi wilrcligztiwenleti tfrebt» <ier fcheut aiich den Gcdauken an ein allgiiti- get tber hciliget Wefen» und kann fieh der befeligCQden Enipfindimg det Dankt ge- radc iim (o iveniger liberlafTcn, je mchr er Veranlailiing daxu hat. Zu dem ichteii Vertrauen aufGott, wurd ein nocfa grof» fcrci CrraH erlangfer Herrfchaft liber dicSinn- iichkeit erfordert./ Denn fo wenig der £in- flnis det hdchtttn Welent aiif die Schicklale der Menfchen lelbit in diefein Leben aiif* Bitrchiiersen ist; fo hat denn doch achtes Vertrauen lu demielben nur derfeikige» weleher von feiner VenuitteJttng faotft, nicht, dafs es ihm in jedcm eintelnen Zeitpiincte ieinek L^bent fondem im Ganxen ieiner Exittens nach Wunfch iind Willen gefaen; nicht, dafs cr stets gliicklich feyn— fon- dern* dais fcibst Ungiiick zu feiuem Besten, d. h. ttt feiner Vetedlung und Venroilkom- itiung gereichen werde. Wenn man alfb gleich lagen kann , dafs die M o r a I in V^er- bindung mit der Reiigion GliidLfeligkeits* lehre Sey : fo wiid doch weder dte M o--

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ral tB ficby noeh iucli die djurmf ge« gniiidele Religioa dier fiir ^en Weg tor

Gltickrcligkeit gehalten , bis rchon <3ie {ittli- chc Ceiioiuuig vorhindca ist. Um diciie hcr-* vor la bringen» iit das Erite» was dcm Menfchen vorgehalten weHen mufs, dat Ge- b o t : du follst niir folche Regeln befolgent «ciche allgemeine GeieCfe «erden kdmieni und dieis Geboty et «erde bloft auf die Geretzgebimg der VernunfC» oder auf den WiUen Gottea lugletcb gegriindet, wird» in leinem gansen Umfange, und an fieli» von keinem Menfchen als Erwerbmittel der Gluckfcligkeit bctrachtet. Nur dana biat dtt dcfielben wiirdig» wenn du jenea Ge» boterfiiHft» iit der sweyte, mit dem votu gen verbundeue Gedanke, Auch in die. fem liegt nnr die Vernunftbedingunf der Gltickleligkeitt niditein Mittel fie su crlangen. Wenn nun aber der Menfch das Gefcez zur Regei feines Verhaltens gemacht» dnreb Beobacbtung deifelben den Wertb &u ner Existent nicht nacb blolt angenebmen Empfindungcn fclutzcn gclciot^ und duicb

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die B^traehmng «liefet Werths, yermittela der Keiigion, die HofTiiung crhalten hat» ia ieiaer ganten Exitteni dat fu ertekheo» tvif er als finnlichverntinftiget Welen wuniehen iiiid wolleii foll : fo kann er ciic Moral , die Anfangt nur Pflichfen aufiegt, nicht eigen* Duttige Maatregeln an die Haml gtebf , alt dtii Wcg bctrachfcn, auf dem cr zum GcfiihJ fciuer Wurde» und sur Autficht aiif cine Gluckfeligkeit gelangt, die nicht auf dieiet Erdcnleheti eingcfchrankt ist. Selbsttufrie- denheit begleitct das Bcwufstreyn feincr gutcn Gefinnungen und Uandiungen; und itt lie nicht hinreiehend, ihn fur alle Selbttver- liugiiung fchadlos zu haltcny oder iiber* kaupt dat Gefiiiii leiner Leiden auftuwie^ geuy (b gewinnt er wenigttena Trott in denfclbcn, durch deu Glauben an Gott und Uastcrblichibcit,

Dmrmttimg mid PrUfung Jcr /pecwhtl^ Vf» Bcrs^cifi fiar dic UmttcrbUcbkiit Jkr SccU^ unJ das Dafcyn Gotia.

Es itt nicht» 1 i ch e r 1 i ch e r alt die Furcht vor der Wahrheit» Itgt mehr «k ein Fhito- foph— > ee itt nichtt geflhrl ieher alt die Wahrheit, fagcn Andere, und beyde haben luch dem Simie, den iie mit ihren Ausfpni* chen Teiiiindeny Recht. Bf ist nichts llchefw licher, ali die Furcht ▼or der Wahrheif, wemi man diefe an fich betrachtet, und etwat anfieh^ daa nothwendig lut dte nenlchUclien Denkart hervorfoht; et iit nichti gefUirlicher als die Wahrhtie, wenn man unter derielhen eintelne wahrn Sltf e venteht, die^ *nt ihter VefUndnng mit audern geriffen , allcrdings eincn fch'id» lichen Eiofluia au£ die DenlL. und Uandlungf. weife der Menfchen hahen fcdnnen. Ea ial daii-r unstreicig einc gegruodete moralilcfad

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Klughcitsregel darauf zu rehen, dafs mati Wahrhcitcn» die von ungebildecen Peribneii leicht eijifeitig gefaltt uad falich ange» ivandt werden, nicht in ein Licht stelle, vicU cbci dicEtnrcitigkeit bcgiinf tigt. Gcht nan aber «eiter, und fticht nicfat bloft diefe lchldliche Einfeitigkeit zu vcrhiiten, fon- dcrn felbst das Wahrc, das ihr «um Grtinde liegt, entweder gaus tu ▼erbeigen, oder gar fifr nlchtig lu erUlreo : Ib handelc man nicht nur unrecht, fondcrn arbeitct auch oh dem Zwecke» dcn man cfreichen wiil» gerade entgcgen. Wenn dle Menlchen einmal auf gewifTe Anfichten, die aus dcr Natur ih» ret Gcistct iiervorgchen, gc)u>mmco find» fo itt cs Mangel an Aufiriehtigkeit tmd Aeh» tting fiir die Wahrheit^ nicht zuzugeben, was man doch als gegnlndet anfehen mufs, tmd cs itt iiberdieft in dieiem Verfahrea oft Ua* klugheit stigleich. Denn ttellt man imttatt- hafteBehauptungen au^ fo giebt tnanBloiscn» die felbtt der Abficht» um deren wiJIen man fie aufttellty fchldlieh werden. Der Gegner bcQutst dic Blofscn» und glaubt oft dann

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ichon das Rccht «uf feiner SdAe suhibeiit wnn er dat Unfecht «iif dler andern fie-

seigt hat, ohue uaian zii denken^ dafs die Cnmde» die er ftir feioe Meinung •nfiuhrt, eben (b unnireicheod ieyn konnen, als die* jcnigen, dercn Zuringlichkeit er bestreitct. Wird im Gcgeutbcile das zugcgcben, ivat ohne Verletsuog der Wahifacic nickc abge» laugnct werden kann: (b itt (elbaC dano etnq Verciiiigiuig mQgltchy wetui &c noch fo ichwei rcheint

Aus dieienLGefichtspunete miift man die 9rufung der Bcweifc fiir da$ Dafeyn Gottes und die Uniterblichkeit der Seele betrachten* Pcr gntgefinnte Menich hat ein hohet Inie* rcfTc bey dcm GJ^uben an die hienlbcr auf- gcsteilten Lehren. Sic iind ihm von Wick* tigkeit« nicht nur inBetiehiuig aiif fich felbst» fondem auch !n Bexiehung aufAodere» und benihen auf Griindeny dic ihm kein Menfch entreifsen kaon, LHfst er fich aber dureh die» lea IntereHe verletlen, fetneo Glaubeo lur cin Wiffen, xiM kmc Griindc fiir imum- stolsiiche e w e i f e auszugeben : £b liuft er

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GefAtt denfelbea ibgat die Knft <u beneli- die fie haben konnen. Wie }ede An- maifuogy rcitzt ziim Widerstandc aiich die- jeni^y weJche fich auf die Erkeuntniis uber* finnlicber Gegenitande beueht. Et itt alib von Wichtigkcit, lich cincr folchcn Anmas- fung zu cnthaltcn , um der guten Sachc nicht su ichadeni und wie fcann tnan diert, wenn man dat Wahre von dem ErTchlichenen nieht gu untcrrchciden wcifs J Schon dcswegcn ist cine Prufimg der Beweife fur datDareyn Got* tet und dte Untterblichkeit der Seele noth> wcndig. Sic wird cs abyr noch mehr cladurch, dait fie vor der Gefahr bewahrt» iclbst in fei^ nem Glauben tu wanken. Denn (6 wie der Gcgner deflelben mir dadurch tritimphiren i^ann, dafs cr fcine Wafien auf die Uibcr- fchreitung der Grenzen menfchiicher Wiflen- fchaft riehtet: fo fchligt fieh oft der Menfeh felbst , durch dicfe U i b e r f ch r e i t u u g.

^ Allct wts jemah gegen dat Dtfcyn Gotiet und dieUntterUickkeic dcrSeelc gcfagt wch> dcn ttt» trift Bichc unmittclbar dcn religi^ len Glaubcn fdbst, fondero nur dicBcwcifc^

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Steht er das Uoerweiiiidie in feinea Beiuni|ft- tungeQy wie er fichi in dcr That nicht iin- mer verbergeo kMon : (b verliert er iiicht kl' ten dabey •uch dtf atit demGeflchte^ fvet un- erfchiitterlich fest slcht, odcr hetrachtet et vieiletcht uie aus dem rechtea Gefichti* puncte.*) Znr AhfiMuleffunf dci Walrai

wdche dafiir aii%«tflllc «ordtn find , und ist vitllcicht nur dtiwtgta auf eiojB oft afflp6rttide Art vot^ttmgen , well von der Gcgcnpanhcy die fchwachcn. Sciren ihrer Griinde vorfetxUch in Schatttn gttttUt itt ftya fchitntn.

Alt Gntnd dtt Glaubtoi aa Gott htt taaa dlt Nodiwcndigktit mgtadhaft «i ftya. w Ktat aur iadirtctc tagtCiUirt. Nie hac mta gtrtdtau fo gefchlofsea: wir foUta tu» geadhaft ftya, IblgUch tit ct aorhwendig dat Dafeyn Goties anauathmen; fondem vielmchr fo : es ist tin Gort. folglich miiflfen wir tugcndhaft feyn. Wenn man nun den Einwendungen gegcn dic Bcweife fiir das Dafeyn Gotres be^^cgncn wolltc: fo war cs ani Endc ficylich nothwcndig, fich mehr oder weniger auf da» loiereirc dcr practifchen Vernunft zu beziehen; nur gefchah es auf eine Weife, welcht dcutUcht £iaricht un- indglich iuaci;iie.

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von dem FaJfchen» in Ruckficht au£ deit f trengen Beweis liiir die Fortdauer nach dem Tode» ibll die ertte Beerachttmg dienen.

Bey einem ttrengen Beweiie fiir die Un* fterhltchkeit der Seele kommt es daraiif an^

aiis dein Wefcn dcrfclben zii zcipcn, dafs fie, abgcfondert von dem Karper, iind ohne die Werkteuge, die ihr mit demfelbea xum Wahmehmen und stim Denken dienen, ntcht niir bestche, fondern aiich das Be> wuTstfeyn ihrer Perfonlichkeit behalte» oder» mit andem Worten, dafi niche nur ihre V c r g a n g l i ch k c i t, fondern auch ihre B e - wufstlofigkeit unmoglioh fey. Dtefca Bewcts hat man in dcrlliat untemommcn» und auf folgcnde Wcife gcfiihrt.

Es ist iinmogltch, irgcnd ciw.is, cs lcy von ciner Art* von welchcr cs wolle, nach der Narurordnnng al« vernichtet fu dcnkcn. So zers(urlvir allcs, vvas uns dic Sinncn^elt darbictct» in unfcrn Augen er* rcheinen muis; fo trift doch dieie Zcrstor- barkcit iiichi dic Thcilc fclbst, aus dc-

ntn ^ieDbge iuljtBflieiigelettc fitid, Ibndeni

uur dic Form, unter dcr fic uns zii einer gewiiTcii Zeit er(cheiiieii. In £o viele Theile dasHoU dureh det Feuer terlegt «verclen nuig, fo wilrden fic doch, wenn dic iii der Luft serstreuten mit denea in der Afche verbuu- den #erden kdnnten» nach unierer Anficht der Dinge, aHet autmichen, wat in dem Holze vor der Auflofung vorhanden \var. Ehen fi> itt et mtt den Theiien nnTert Kdr- pert; nteht fie ielbtt, ibndem mir ihre Ver* haltnifse unter einander, in fo fcrn (le ein Gantet hiiden» wcrden sentdrt. Die Theile» die wtr mit unlemSiniien nicht melir faffen konnen, denken wir doch noch alt vorhanden.

Bey diefer in unt iicgenden Nothwendig* keity die Fortdauer ailet dellen« wat itr» zwar nicht feioer Form, aber doch feinem Dafeyn luich» su denken» kommt et liejr der Untterhlichkeit der Seele nur darauf an , zu zcigen, dafs diefe etwat fiir fich Bcttehcndct» cbeu fo Unter* storbaret ftf^ alt dieSlemente dcr Kor«

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pcr in imrcrn Aiigen fmd ; und diefcr Gcdan- kc, fagc nan, Uegt allcnliDSt in unt. Soviel £infltift aueh der Korper auf un(ere Gedan* kcn uiid Empfindungen hat, fo wirJ dcnnoch unfer Icb, «rclchetdenkt imd empfindet, voa dem Koiper nodiiwndig gelchteden. Daflel- be rait irgend cinemTheile des Korpers oder mit dcm gaoxcn zu vcrwechfclii , ist jcdem Menicheny der sum deudtchen Bewuiacfi^yn gelangt, eben ib unmoglich» alt eine An- rchaiumg davon zu haben. Man denkt zwar mtt dem Kopfe» imd liiihit mit dem Henen ; allein man tcellt fich dieleTbeile det Kofpen mir als den Sitz der zwcy Hauptvermogea dea Menfchen» nicht aia £ic felbit» und noch weniger ali dat Ich vor» vielchet fie beydc befa(st. *} Uud dicler Sitz ist wieder

Dtr mcthtphorircht Gcbrtiieh dcs Kop6 uod Hctscnt, wtist tbcn fe wtnig anf dit wirk- licht Vcrwtchftlung dtrFihigkeiiaiiDlt dtin Thtilt, wo fit ihrtn Sica zu btbcn felwtntn,

als die Bcnennung cincs Sinnorgant itatt dtr Fahigktit durch daireibe Empfindnng zti er- hahen, auf tioc Verwcchfelung dcs iufsern Wetkztngi mit der inntm FShigkcit»

ftr mehi Ib tu wtttheii, alt ob wir irgend

eiaen RaiMH angeben konucen» in ivelcheni ^Seele eiogeichloisenwlre» foadera aiir £sh d«6 fie tnnHefaft von gewUTea Organea Eio* drticke ewpfangf, uud auf dicfclben wirkL WXre iie eigeotUch im Haume» £o miiitten wirfieali theilbar denken, iinddielt ifl jcdem Menfchen eben fo unmoglich» alt fie init dem Korper feibst zu vcrwechfelu. &ie itt alfo einfaelb und bleibt eben detwefen scett eine imd eben diefelbe. Ihre Zuttlnde wechreln woht» aber fie, die diefen Wech- fel erflhrt, wechfelt nicht. Eben daiTelbe lcli» welchetEindnleke von atilteaempfangt, ift luch das , was Cie vergieicht , fich nach deolelbea bettimmt nod handeit, So find wir aneh vom Anfange unlert voUenBewufitfeynt» bis auf jcden Augcnblick, wo wir unt felbtt betrachten, noch eben daiTeibe lch» dat durch verlchiedene ZuttSnde gegangeo itt» verfchiedene Bettimmungen angenommen hat^ aber» feineni Wefen nach, nicht von dem verTchieden itt, wat et ehedem wari et itt und bleibt eben dailelbe. la^ man kinn mtt

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iUebt fkitnt «lalf dcr Wechfel ZmOiidt firmcht Sfite finden wurde, wemi ^ Ich» weJcbes dcnrdben erfihrt , nicht felbst blci- bend uitd unveriiiderlich wSre. 0enn ubaw •U, mo tirir Veillnderungen denken» da letiea Wir etwas Reharrliches voraus.

Wcutt nuu tn unfcrn Augcn hein Ding» ntch dem Lmife der NeCtur» in eiu Nichtt ubcrgehen, rundern nur iii fcinc E 1 c m c n t e •ufgclost werdeu kann» uurcr Ich aber nichC nls ein Theii unlSnrt ienlorbtrcn Kdipcrt» Ibndemtit fSrlicb bettehend» einftch und beharrlich crrchcint: fo ist dic Fort* dauer defleiben ntch dcm Todc eben Ib ge* wilt nlt die Fortdtiicr tller ElencMf «it ttclcheu dic Korpcr bcttchcn.

So Ituccf dcr fpecttlttive Bcweitt

wclchcr von dcr Untcerblichkcit derSecle ge- ftihrt wird, und welcher iibcr tlic Zwcifei crhtben ief n IbiL fietrtehtet mtn nun dic ciniclnen SStte» tut ffelchen er besteht! fo ichcint ct ia dcr That, als ob tich gar nichta dtgeiencinwciidcnlielttsi irgeod etwtt naeh Xi

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dm Laule der Nttur veniSclitet ni MkeAf ait in der Tliat imniDilidn tlad Ib if t et auch gane gewUf » daft xdr mSere Seele ali fur fich bcstehend, alf einfach, und ala tmraliideflich idehai» GleiGhwohl fiodct fnaii ttncer Geleiirteii itnd Ungdeiirteii nielit felcen Aeuiierunf en, ^elche gar keine folche Uihrrscnfnng von der Uwtcrbiiclikeit aut- druekent alf itelf enlaiehl^ vicnn cine Wahiw heitauf unumitorsliche S3tze fichgrun« det. Wohcr nuig dicit iuunmen? Dic Sitio Mntp anf vielehe die Unitethiiehkcit dce Scelegebaut wird, find doch gar nicht fchtrer tu faiTen» fie iiod vicltnehr mit einer iehE gcolicn Menge vmi Urthciien ib gcnan ve»» bunden, daft fie fieh }cdeni denkcnden Men. fchen aufdringen. Auch die Verbindung je» ner SiCie crlbrdcrt lceine froiae Anstrengmif; Wenn nnn ubcrdaefi offienbar ist» daft viein Mcnfchen nach unumstofslicher Gewifsheit iiber ilire Fortdauer nacfa dem Tode •trebeny und doeh diefe Gewilthcit in fenem Befveife iiicht 6nden: fo muifen wohl darin Fehler iiegen» die dcniiBiben iciacr Kraft heraubco*

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Dtt Uiuptfehlcr iiegt in der doppeltea Be« kichnagy in wdcher die Selbttttladif ke i t der Seele gebnueht wird. Der Menrch unterrcheidct lle allerdings von feinem ganzea Korper fowohl, alt jedem Theile deflelbeat ttod er luino daher gewifleraiafiea Ikgen , lie bestehe fiir fich, in fo fcrn damit nur angexeigt werdea roll, dais in der K6rper« welt aichtt itt» woraut auf itfead ciao Wei(e das Denken und das Wolleo er- klirt werden konne. Dieis mufs jeder Meoich lugebea. Wer et irerfiieht aut deti Eigenicliaftea der Korper, He ni5gea tnecha- nifch oder chymifch betrachtct werden, einea Gedankea oder eiae WiUensbettininungab. fuleiten, dcr mufi su boehtt lleherlieben Vorausfetzungen feine ZuHucht nehmen* Wenn man aber daraus fchlieist» die Seele bettehe fo fiir fich» daft fie aiteh obne korperliehe Organe feyu und vvirken kdnne» und dauere alfo noch fort, wenn die« lelbea sentdrt fiad: (o uber(chreitet mandat Mafi der meal^iebea Erkenntnifi. Uat hienlber ein unwideriprccliliches Urtheil f u

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ttilcut multtcti vtir du WeCea der Seele knik

nen, odcr, mit andern Worten, dai Ich» ib» gelbiukrt voii aller Matcrie» rchaiieii ntd da< Band, wdclict Korper mid Geitt Yerei- nigt» bcstimmen kdnnen. Da uns aber ginc* Jich verborgen itt, tvie vicl der Kdrpcr su ^en Veirichciingeii dcr Sede beytilgti de unrere Existenz und Wirkramkeit ietzt an die Bedingungen der fiimlichen Werkzeuge ge- biiiidcn ist: ib itt m tinin5glidi die Seei^ tJe SubttenSy luerkennen» tnid aitt ihrer &n* fachheit ibre Fortdauer nach dem Tode zu beweifen. la, Ib geitiit jcdcr Mcn&b £am Ich von lelnem Korper unterlSdieidet, Ib ge» vfiCi ist et ihm unmoglich » eine Vorstellung davon su liabcnt urie eine geittign Krafit oluie K6rper fisyn kdnne; Ihhcr dieAlten, Co oft (ie aucb von der geisti« gen Natur der Scele redcn» doch rich fo autdruckettt alt ob fie swar etwat Unfichtbe* ret aber K5rperltehef fey, oder wohJ gar fra* gen, ob fie aui Luft oder Feuer bcttche i daher man in den ncuemZciteq» wo nian mitRedie eine foiche Anficht vcrworfcn kalf dod^ um

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fich die Fortdaucr der Secie nach iletn Tode «Is mSglifih lu denkeii» fie fliclien Seeienorgao tlt unfcrtrennlich vor- stelle. Hierauf fieht man ofFeiibar, dafs dcr Menich denvegen» «eil er (eine geistigcThi- tifkeitTon allem, wu K5rper itt, trennet» und rein Ich als einfach denkf, nicht zu- gieich auch einc Uiberzcugung davon ge* winnt, dafi fie fo fur fich beitehe, alt ob fift det K6rpert gar nieht bediif4e nnd alt ein- fiiches Wefen ciistircn l^ouuc, ja muHe*

Gefetst £smer» et habe mit dem gaawii Beweife fiFineRiehtlgkeit, gcfetit unlbreStele fey nothxvendig als cin fiir fich bestehen- «lety einfachcf Wefen subeurtfaeilent weil wir fie in der Vontellung von dem K(irper trcnnen s fo hat dieUntterbliehkeit derSeele» in fo fcrn iie blofs aus dcr Natur dcrrclben be- wieloi werden ibii» immer noch eine inuttf» loibare Sehwierigkeit. Alt einfachet Wcfen kann die Seele freylich nicht aufgelost und folglich nicht zcrttdrt wcrdcn. Aliein» mit ihrer Unvcrglngliehkeit Ibll tuglncb ge> xeigt wcrdcu , dafs fie ihr Bcwuii tieyn nach

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dcm Tode behalte) denn ohne da^elbe fili* et eben Ib ^e, «It danere fie aielit fert Sagt

niau in diefer Riickncht» das Bewtiritreya konne nicbt verichwindcn, weil <be Seek un- vei^lnderlieh ley, nnd ab einfiwhei, felglich unthcilbares Wefeny oicbts vorlieren konne : ib liat man in fo fern die Er£ihnmg gegea fidi» ali Jeder Meplcli mhl ipeili« dala dae Bewufttfeyn verlchiedner Grade llbiff ist. Von der deutlichseen VQrttellung unfcrs Seibft herab bii sur dunkdsten» nnd Ton dn bis fur ▼olligen Bewufttlofigkeit, die wir im Schlafe und in Ohnmachtcn erfahren, findet cine Abittifiing Seatt. die nicniand iiugaen kann. Wie foll alib bewirlen werden, dals dtireh eine folche Abstufiing im Tode nidit cine volJige Bcwurstlofigkcit entstchCs die eben Ib gut Vcfnichtung wtot

Bcdcnkt luan dicis alles , fo mud man au- geben» dali ein unvmitoliiicher Beweia lur die Fortdauer unlerer ta^nliehkett ubcr

diefes Erdenlcben hinaus, aus der einfaehen Situs dcr Scele nicht gefiiliKt wcrdca kann*

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DamU roU abcr nicht gcfagt feya» «Is ob die aothweniljge Vorttelluog vou uiilenii leh alt obgeleiidcrt vob imienn Korper» elt Eio« hcit iind doch dciikcndc Kraft zvi dem Giaiiben aa die Unst^rblichkeit gar nichto beyfnge. Im Gcgentheile itc et nicht nuc gewifi» Mi von jcher AUbndertnig deiren, was in iius dcnkt und will» dea Gedanken einer Fortdaiier nach dem Tode enengt oder verBlirkt hat, Ibndem fie ial auch cinc unbeiwitigbarc Schutzwebr gegen den Materialifmus. Denn fo ^rie kein ilenfch bewei(en kann» daii die Scde ein fiir fich bcstehendes und folglich tmiCrstorbarcs Wcfen fcy» weil fic von allcm, wat Aus- dehnnng heiitt, in unlercr VoiateUung ge» trennt wird : Ib kann aoch keiner detwegeny vrcil fie in Vcrbindung mit dem Korpcr steht, nit Grund behauptcnt dalt mit lctncr 2as* ttorung auch f ie xu leyn aufliore*

Bcy der letztern Bebauptung ist die An« niltimg noch viel unrcehtmlUtigcr» alt bey der erttcm. Denn in Jener vntd dat, wu

tvirklich io dein Meuickea Uegt, ni» tHtsk^ lich «uf dai Wefen dpt Dlof e anf^ ^randt, io diefer aber liber dairelbe, deci menfohlichea Anficht suivider» ab« ge^rocheiu LSugnen kamidoeh ketaMenftht» dafi Denken nnd Wollen etwaa iac» n»i fich aut keiner (ins bekanntenEigeurchaft der Materie ableiten lilfst, 9mk man fich mm auf die bloffe M6glidikeit, dafi duich dat Innere un(erer Organifatioa eine folche Vortteiluag, alt die uon leittiger Thltigkek keryorgehe: fi> habe ick nichc mirebendit Rechf» das Gcgcntheil anximchmen, und midl ebenfalls atif das U n b e k a n n t e zu berufeny fondem ich habe fogar vid vor dem Gegner in (b fem ▼oraut, clt ieh mir lu erkllren fuche, was in meinem Bcwiifstfcyn licgt, er abcr die&a Bcwuittleyn ielbtt fiir blolaeTiu. fchung erklHrt» ohne im geringsten angdien xu kuancn, wie diefc Tiufchung enttteht.

So hatdie Materialitlt der Seele nocb

weniger fur fich, als die Spirltualitlt derrcibcu* Geht maa abcr ubcr dat huuu^

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waf wirklich in dem Menrcheo liegt» inclea naii aut dcr AbfcNidcniiig dcr geifttfeii Thft» tigkeit von den Wirkungen dcs Korpers, die «bgefonderte Existenz der Seele bewcifea will : ib ubcr£chi€itct maa dae Gvcnfcn dcr ncnrchlidieii Brkeiiatiiilf» iiiid gicbe dcniMa* terialismus gleichiam das Rechf, auf eine ilhii* licheUibcrlchreituiif. DcanabgcUugiictkaiui wicdcnim nidit werdcny da6 wir intr din Wirkungen dcr Seele inVerbindung mit der Korpcrwclt crlscnncni und dafii» fienn auf dcr einen Sette Dcnkcn und WoHcq keine erklirbarcn Rerultate der materiellen Organiiation find, dieie doch auf dcr andem In unftrm gegenwlrtigen Ztntande cur geift^ gen Thtltigkeit nothwendig iit Eriaubt fidi niin der Vertheidiger der SpiritualicSt der Seeio eine einfcitigc Anficht» Ib nuls cr ficli ubcr eine Ihnliche Binfeitigkeit beydcin Materialisten nicht wundem. Der eine wie dcr andcre l>etrachtct nidii dcn ganfea Mcnldicny Ibadera aur ciaca Theil deflel*

ben» und kann daher auch nie auf dic Zu- •timnung dcrer rcchncn» vdchc dic Doppcl*

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loitigkeit ihcer Natttr nicht vocf eileiL BiM Vexfeinigung ia den Mcimniiea km nor nn^ ier dcr Bedinfung Statt finden» ^ait ^ Unmogiichkeit, die Koq»er-und Geisterwelt Stt cfgnindeny cingeiCanden» und alle Einie^ tigkeit in dcn Bdiauptungen vemiedcs

Be dtrf cadlldi nidit mbenMtlit Ueiben»

dafs durch jenen Bevceifs von der Unxer- etorbarkeit der Seelc, eioseln betrachtet» menlf gewonncn leyn «Mc» mm cr mnek

Wfls Materie t n f i ch fey , «nffen wtr eben fo wenig ftls was ein Geist fey. Die eintt wie den andciti kennen wir nur nach thren "Wirkungcn und Forraen. Wcnn da- lier gar nicht bewiefen isr, dafs das, was der Srfchetnung der Matcrie zum Grunde liegr, an (ich von ganz andcicr Natur fey, tls dts. was dic geistigenThfltigkciten hervorbringt : fo verfchwindec iudi coM grofit Scliwj«ig« lieit. bey dcr Ftige lUicr dta Mtfgfiehkcit Vccbiodung zwiichcn Kftpcr «nd Gnm, cs Uaibt kcinc cndcre fibrig Cbdic, wie fibcriiavpc tScmcuilbhift von Snbmiaacn mOkUehfty, dcrcn Ldfing «ntticitig auflTcr dcm Fddc nicnfehlichcr Etfccnnniift licgy>

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MBbeiweifclte Gewifiheit bewixkit.

Denn wenn nim auch aiisgemacht w'ire , da(t un(er Ich nach dein Tode fortdaucre, und IblttBewuistfeya bchalte: ib wurde doch §a( nieht dat daram folgen, wat wir elgent- licb durch den GJaubeii an die Fortdauer un« lererEiifCeiis su erreichen riiclteit. Diefe iit itns nicht an luid fiir fieh wiehtif » fondem in Rilckficht auf Gluckfeligkeit; und da(i niit der Fortdauer naoh dem Tode auch ^ engenehnier Zuttend Tcrbunden fey, bedarf einet neuen Beweilet; denn ia dem Angefiihrten kommt von der Giiickfelig^ heit gar nichtt vor* Wolite man ftgen» dafr alle Leiden* denen wlr euf Erden untcrwoc^ fen Onci, aiis dcr BefchafFenheit unfcrs Kor^ pert und dcm Verbaltiiifie deiTcibcn xu den Dingen auilcr unt herkSmen» und dafi fin folglich rait Ablegttng des Korpert aiifhoren mursten : fo \Vire doch zu bewcifin » entwe* der» dafi dae Secie nicht an ctne nene Vcrbin* dung mlt den» wat wir Materie nennen» tre* ten, oder» bey einer qeuen Gemeinrchaft, nur Qyclicn dcr Lutt «bcr nieht dec Uniwtt an«

5^

trefen wMe. VuA wer kann bebatiptent er IV i rfe den ZuttaDd unferer Seele nach deni

Todc und Verfailtiiiif derieibea in der

Natiir. AUci» wn niiii hierdber nodi ligen Junn, besieht fich auf die Aehnlichkcit dea fcgeQwllnigett Lebem mit dem ■ukiiBftifeiit imd euf dteler Aehnlieiikei» m fidi feht Ib wenig die aligcmeinc Uibeneugttng von der kueftigeii Gitiekleligkeit» liervor» dalt» wie im ▼orhcrgeheiideii Alilchiiitle geieifC ffofi- den ist, hey einer m6glichen Wahl xwifchea Scjn und Nichtfeyn, das Eraterc demLetstcpi ▼00 imilhlldiCttMenlehcn nur dcswcgen ▼or* geiogcn werden wurdcy weil 6e, ihrer Na- tur nach, von der Ho£Fhuiig zur Erreichunf «iiiei, aiciit dem ietiigen ihalichen, Ibndem Mlem Loolec belcht werden. SoU illb dio HofFmmg zu einem wiinrcbenswerthen Zustao» ^ nach dcm Tode nicht gnmdioi £qfn, fo mm& nothwendiger Weile eitt Wdett voraiie* geTetzt werden, das als Herr dcr Welt dcn lleniehea in ciocn Ibiclien Zuttand verfetxca lL6tttte uttd woUe. GrSode ich aber mei- «Ctt Glauben in Riickficht auf dai , wcfwegen

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allein kfa dic Fortdauer nach dem Tode «lin» lche, auf dteAllniaehttind Weitheit Gottett

fo ist cf von geringer Bedeiitiingy ob ich mei* ae Seele aa fich alt unsentorbar, oder mieh tn meiner Perionlichheil nur detwegen ab fortdauernd betrachte, weil diefe Fortdauer der Wiile der Gottheit ii t. Nur der Gedanhe hleilit widitif » dafi mit der Zcrtt5mag mei- ncs Korpers meine Perlonlichkeit nicht noth- vrcndig ftugleich zeritort yrerdci und didea Cedanhcn «ird nie irgcnd cine ^pccuhitiott au&uhebCB fcrmogen.

In Bcf iehung auf dcn Willen dcr Gotdieit kann man aufler dem Vechlltnille der Tli*

gend zur Ghickreiigkeit, noch manche Se* trachtung antcelien» die den Glauben an die Fortdaucr nach dem Tode ttirhen. Dit

herrlichc Autstattung desMenfchen mit Krif* ten» die eincr immer vradiicndcn Entwiche* liing £lhig finds die gcringe Authildung dcr»

felben bey den meisten Menfchen» und das Unbefriedigende felbst der hochsten Ausbil*

dung bey Wcnigcoi die ZwecUofigkeit dcr

Vernunfty melche felbsc in Ruckficht auf CluckieligkeU bey «eiteiii HAcht £o fieher fet akdcr tbieiilclieliiitiakt; dicft find alleib dingi ebcn fo viele Grunde fur die Unsterb- licbkcit <lcr Scele. Aber, fie find cf mir imtcr der VorautictctiiiB einct aliniXchtigen imd aU« nreifcn Urhebert der WcU. Diefs fuhrt un9 zur DarsteJlung der ttrengen Beweife inr daa Dafeyn der Gotdiett. Demi ibll dic^ in inorBlil^ier Rucltficbf » nodiwendtge An* nahme der Unsterblicbkeit der Secle mchr ab cinGlaubeiierden» tmd ficbdcr apodictiichefli Gewiliheit ^•enlgctens nihem: Ib itt diefe Annahcrung mir durch die Gewifsheit mog- licb» vrclcbe ia dca ficwciTca fiic dai Daicyn Gottcilieit.

Da6 man fich bey aligemeinf ulti- gen, imwiderrpreeblidien Beweifen lilr dat DafeynGottct nicbt auf eine unmittelbare Anfcbauung beniCen konnc, bcdarf kaum der ErwXhnimg; Anf Schlufie konunt et an» imd diefe konncn auf ciacm doppcltcn Grun-

Jebefiihei^iuf dner blofteii Vemunfei

Idecy oder aiif einer Vernunftidee in Ver» bindung mit £rf«hrung. Bey diefer Ver* buidiiiig kaan nian luf xweyerley Weife vefw lelireiii imn Mimut iiiliiiiieh entweder miif 4m Dafeyn und ein einziges GeCett dkr Stnnemvek fiberhattpt» oder ^ Ein* riehtueg undGrofte toftlbea intbefiui* dcrc zii Hulfe, Hieraus enCttehen drey ipe« culative Bewetfe fiir das Dafeyn Gotte^ weU che die einiigen QaAf die gefiihrt werdeii bonnen. *) Denn eufier der Vemunfit un^ dcr £r£idtfung giebt es nichti, das einen Weg

D<r tmc bci&t dcr entologifche, weil

Ontologie die Lehre von dcn nothwendigcti Bedingungen anzeigt, dic nach dcr Ver- nunft zurM6glichkfit eines Wefens er- fordert Wcrdcn , und diefcr Beweis von der M5glichkeit auf dic Wirklichkeit fchliefst. Der zwey tt hcifst dercosmolo- gifcht, weil Cosmologie die Lehre von dcn tUgcflitiofltt GtTtistn dcr wiildicheii Wtk tfi» und ditCer Bewdt auf dcs iDge> intinstt Ninugtfttz gegriUidtc wiid. Dcr diinthii&t der phyficetheelogifchn

gu irgcnJ fffawr aanlrlidnn UiUimnuiii

oifaca kouiice. Da duq zvvar die Erfihrung •li bestioijiilodcr uabeitiiniiit gedoin. «MM «ttte kmt die Venmnlt abcr didii <3oppclte Anficht nicht vcrtragt: fo ist durcb )eoe drey Wege der Kreit gcrchlofTen, in wei* cbem Odi eln Bcmic fir dM Diftm Gomi cuifiichcn U&U

Der ertle dargimelicHde und m prMendc Betieis fvird blofi cm Bcgrifien fcfibrf »

licft, iagtmany inderVcrnunftderBegriff dc< •llervoiilLoniinettttent odcr clier- recltten Wdent» dat cUc Eigenlcbcften Tcrcinigt, wekhe fich nicht entwedcr mit* Celbar oder uamittelbarwiderrprechen» Die» AiWefoiluumour Bf iia ftrrn dcnnpcfitn

odtr cneb teteoleglfebc; Sr bct dic ciite BcncDnBiigi wdl aus dcr Binrieb*» tnng der Natur darDalcyn GcHiS ge» MgcR wiid, und dic cweyic, wdl cs dabcy cuf dic Zwcckmlfslgkcit aller Dtngc cnkonimc, Ttlcologic abct dic lcbvc iFcn dcn ZwcsImi cuiiiu*

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4nr Bcfriff davoii auf neiiitre Gegantlo^p Ib wiren ^liefe enmeder verfchieden, odtt nichc verCchiedcn* Dis ertte kounen fie nidi dcr Vonuslentti^ ait fich mcht ieyiii deui ei wiiide fidi Ib ia dcfli Biiieii befinded, wat iii dcm Andern nicht iw5lrc, wcJches der Xdceder gr66tciiVoUkoiiiiiieiihcil widcr- l^cbt* Mehrcte Weleo clib, deaeii didel. be iiikitne) wiirden mir dtirch die Ver- fchicdenheit der Oerter zii luitericbei- deo lcyn» iii dcQCO fic fich beftodeos dteTc lettt cbcr iporaut, daft fle tni Raume w^rcn, und raumlichei Dafcyn ist dcm Bcgriffe dcr grdlftco VoUhooiflieaheit tuwidcr. Derni ci «eitC iinvcnoeldiich aiif Schranhen» dcnen dat voJlkomnenttc Wefen nicht untcr- «rorfen fcyn hann. £• itc £oi§iich eiofach ttod eiotig to leiflcr Arf.

Dait nuu der Begriff eines fuJchcn Weicns gedacht wcrdeo kdoae» uod daft es dat We^ lea beteichoe» welchei wir die Gottheif ncnnen, isr kcincm Zweifci unterworfcu. Mao gcht aber weiter uod lagt: da der Be- Kh

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griif dcs allervoUkommensecn Wciens keineii Widor^nich enthilty da et fol^tdi mof « lieh ist: foift daflelbeattchwirklich, nothwendig. Dcnn eben das ist nothwen- dig» was tuit der Vernunft fo unzertrennlich verbundeii ist, dafi ei ntcht «ufgefaoben ncr- den kann, ohne fie felbtt aufzuheben. So find alie Wahrheiten der Matbematik noCh^ wendig» «eil nur deijenife fie ISugnen kani^ der entweder keine Vemnnft hat, oder fie ntcht gebraucht. Nnn liegt aber der BegriiF det voUkonnnentten Weiena Ib in iinay dafii cr mitEntwickelung derVemunft eben fo ge- wifs entstcht odcr atifgenoramen wird, ala dte machcmattrchenWahrheiten; imd in dem Begriiie ehiet Welenf , daa alle Reaiicitea beu fitzt, liegt auch (chondiefs, dafs es eristirt. Existirte es nicht» fo wurde thm eine Rea» litit abgehen; und man kann foiglich dae allervollkonunenf te WelSm nicht denken, obne iltm ftugleich dai Dafeyn susuicltretben.

Bey diefim Sehlufie beruht der Sebciii too Wahcheit, wcaa ja caocff Sutt fiadel^

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■uf dcr Zwcydeutigkeit des Worts Reali* tat. SetiC man dafiir Eig^nfchaft Voll« kommenheit, wie man Heiligkeit, Ewig* keit tin^ sllet nennen kann , wat man dem hochsten Wcfen zurchreibt: fo fieht tnan fo- gleich» dafi die Eziitens nicht indemBegrifie delTelben Kegt. Et exii ttfe oder ei ezittire nicht, fo bleibt der BegrifTy den ich von ihm habe» ebenderfelbe. Auch giebt man su, dait das Dafeyn in kcinem andern BegrilR» an ilch enthalten fey, und behanptec nur eine Ausnahmc fiir den einxigen Begriffdca hochiten Wefimi. Dt man aber keinen an« dem Gmnd von die(er Autnahme angiebt ala den, welcher auf der Zweydeutigkeit cinet Wortt beruht: ib kann man nicht lagen» daif dieEztttensdet ToIIkommensten Welent durch den blofsen BegrifF defTelbcn uothwcn- dig, fondern nur» daft das Xdeal der VoJl- kommenheit von der entwickelten Vemunft unxertrennlich fey,

Man hat auch fo gelchlofseo : weil derBe« friff det hdQbtten Wdent unt angeboren ist, Ib mti6 er unt aiick von ebeo dielcm boch^

tcen Wefi» eiiigepfliiiit leyn. Da& hicfbey

Jie Gottbeit als fchoii existtrend voraiit* gerctsC «ird» obgleich das Dafcyn derielbca ertc bewielen werden ibll, leuchfee sa icbr in dic Aiigen, alt dafi cine Widerlegiing ci- QCi foichcu Schlufses nothig ware. Dcr Bc- xteU attt bloiten Begri£fen bac daker» alleiA genoninien» nichc 6xe allergcringite Rra& Auch wirdcer v?ohl niecrdacht wordcu feyn, «SrC nicbt dat Bedurfiuii dcr Veruuoft vor« aiitgegartgen» 4en letsten Gnind aller Dinge iind den Begriif eincs Wdent sti fuchen, wel« cbct alt dcr letztc Grund aogcfchen werden kann»*) Diefi fubrt umtur Unterfiicbiuig des cotmologifehen Betveilct fnr dai Dafcyn Gottes, Er ist der umgekehrte von den Yorbergebenden. Antutt tu (agens ci

♦) Auch der danuf gcgrdndete Beweis h«t feinc Schwierigkeiten , wie bald gczcigt werden foll. Um nun denfelben auszuweiclicn, mnK verfuchi aus dem blofsen Begnffe von dem hochsten Wefen auch fein Dafeyn abzu- letten, ohne zu bcdcnken, dafs auf dicfe Wcife fclbst die Kraft vcvlorcn geht, dic ia dem YerQuoftbediuihiire Ue^^t»

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iiegt dcr Be^riff des hochscea Wefciis in unif IbJglich exiftirt es notbwendig» kehrt man die Schhtfifolge iiiu, iind fagr : es miirs ehf af fchlechtcrdings Nothwendiges da rcyn» folglich eiiftiret <faif •Uervollkonimenftc We(en; denn diefef kann allein dem BegriiFe dcr tinbedingten Nothwcndigk.eitGenugc thiin. Dieler Beweif foll nunmebro auf fiiihrlicher dargeftelJt werd«n.

Dcr Mcnrch fragt bey allcin, was ist iind gefchieht» nach demGninde oderderUriache, Betrachtet er nun (ich nnd alle Dinge tiber* haupt, io findet er, dafs nichts durch fich feibft hervorgebty rondern immer auf etwaa binwetf ty daf nicbt die Sache if t, welehe ent- steht. Dcswcgcn ficht er allcs was ist, als sufliilig» d. h. ais etwas an» das ohne die Exif teni etnef andem vorhergehenden Dinges nicht da feyn wtirde. Findct cr die nichste Urfache, fo geht cr von dicfcr» da lie ebcn fo zuf^iig ift» xu einer xweyten, dritten» vier* ten bif inf Unendlicbe xunlck » obne trgend etwas zu fiaden» das uicht auf dcr eincn Scitc

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cbcn fo gut Wirkung, als auf der andcrn Ur- facbe ware. Sieht ec oickt auf eia eiiuelaes Wefen, fondeni auf die Weh: fo ist es nath dcn BegrifFcn des Verstandcs nothwcndig» dais er den Zustand tofelben in dem unmit- telbar vorhergehenden» diefen in einem enl> ferntern gcgrundct findet u. C w. Dleics be» stindige Fortrchreitcn rifst ihn aber unbe- friedigt. Von lahren zu bbren» ▼on lahr- bunderten lu labrhunderten» von lahrtauleiu dcn zu labrtaurcndcn luriick lu gchen, das ist nocb leicht moglicb; je mebr er aber die Zablen vergr6fsert» desto fcbwieriger wird diefcr uach blofscn Natiirgefcticn notb* wendige Gang. Miilioncn auf Millioncn von labren, and jede nocb tu fallende Zahl auf die andere zu hSufen, obne eine Grense su fiaden» ja ohnc derfelben nin: im roindcstcn nSher tu kommen» das befiriedigt den Men« fchen nlcht. Es fcbwindelt ibm nicbc mnr bcy dem Gcdankcn einer uucrmefslichcn Rei- be> von der jeder Theil, «enn er aucb nocb fo grofi genommen fsird» docb nur etwai un- cndiich Kiciaes gegcn das Ganzc ist.

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ibudeni er fiiulet atich in <ier Uiieniieiilidi- keit der auf etnaiider folgendeii stett suftUi-

gen Weren nicht das, was er doch Aicht, den letsten Griind alier Dinge. So kommt er von den bedingten Uriaclien in der Welt aiif den Gedauken einer unbeding* ten, von den xuf^lligen Wefen auf ein fchlechthin nothwendiget» welchet den Gnmd feiner Ezistenx nicht in andem, fondern in fich felbst enthalt. Dadiirch allein wird er in den Stand gcietst, jene un» ermefiliche Reihe von tuiUIigen Uriachen fu fchliefseii, und fich Rechenfcbaft von dem Dafeyn derfclben su geben.

Aiis der Art, xvie dcr Menfch zu dem Be- gri£fe cines nothwendigen Wefens gc» langt, folgt unmittelbar» da6 ea der Urhe* ber der Weltift, und kemen Theil deHel. ben ausmacht. Denn das Riickwdrtsrchreitcn von den bedingten Urfachen in der Welt zu oiner unbedingten gefchieht eben denvegen» weil man dcn letzten Grund der Natur fucht» uiid in derieiben nichta findet, wai alf

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eine unbcdingte Urfachc angcfchcn wcr- dcn kdimic. Uiberdieit abcr fiicht mao ni icigefl, cUlc da$ Umeim aucli alle VolU kommenheiten, (clhit diejcnigcn Eigen* rdufcen befitzcn mtine» die nicht unmitteibar luf dem Bcgrifle eiaet Urwefent hcrvov» ichen» $U Heiligkcit» Gmchtlfkcti» Wcb. hcit u. L w.

Wom mm dic Fnge Ober dco letiteo

G r II u d aller Dinge allerdingi von dcr Vcr- mmft eneugt wird, uod diciec ietste Cruiid amrin demallertollkpwmeattea We- fen gefinden werden kann: fo fcheint der Bcwcis fur das Dafcyn Gottei pach aller mog- lichcn Streoge gefiilirt su leyo» Auch habco oicht wcolge Mlnncr diefeo Beweit oicht onc fur den betten» ibndem auch fur dea eimt* gco» Uibcrseugung erswiogeodeo ge« hilten. Betrachtet omo cbcr denlclbeo oichc cinfcitig, fo miifs man gcitehena dafi er nicht gaax dai leittet» wm cr verfpricht; und die Schwierigkeiieo dab^ dtifleo oichc fcibof^ gea werden*

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£iiie imenaiidie Reihe tnftUiger Weftii befriedigt den menrdilielien Verttand nichf» das ist nicht lu liiignen; fic ist fiir ihn tn f roft. Kaum Jiat er fie «ber gelcbloiien» findee er fie wieder sn kletn. Er fetie den Anftng noch fo weit hinaut, fo itt die ganze Dauer der Welt wiedentm nnr eia an* tndlieJi kleinet Zeittheilehen der gan- ten Bwigkeit. Daher kanu er weder die fuckwSrta gehende unendliche Oener noch einen, dcr Zett nadi» bettimmten A n la n g der Welt ertngen. Diefe Schwie. rigkcit wird noch grofser, wenn maii den Anfang der Welt auf daa auflcr derfelhen ge* leiite Urweien betieht. Alt im Befitt aller Vollkoramenheiten kann ei keiner Vcrande. ruog unterworfen fcyn. Man lchreibe ihm •ber dielelbe in, oder man lchfetbe fie Ihm nicht IU9 Ib komttit man auf cinc Anficht, der eine andere entgegcnsteht. Itt Wechfel in ihm, ro ftihrt dieler auf eine Reihe von ZutHlnden» deren Anfang cbcn fo wcnig, als der Anftng der zufiliigcn Dinge in dcr Wclt ge&mden wtrden kannt inid cc wird IbJglich

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eine Shnliehe Schwierigkeit herbcygeluhret alt diejeiiige itt, welche tnan lu lo(en fiichle; Ut aber kcine Vefinderiing in dcin Urwefen» Ib iic et ungedenkbar, wie es die Weli» der Zelt nachf hervorgebraeht habe. Eine folche Scliopfiing fiihrt iinvenneidlich aiif den Gedauken von WiUensbescimmung, dec ein Zustand vorh ergieng und ein anderer folgte. Um diefe Schwierigkeit cu heben bat man angenommen, die WeU konne voii £wigkeit her gefchaffim lejn» nnd (o, tum Theii wenigstenf, das wieder an%eho* bcn , worauf man den Beweis fiir das Da(eyn Gottcf stuuce. Ich fage sumTbeUi demi» wenn man anch die Daner der We]t gant un- bestimmt lafst : fo blcibt doch dcr Gedanke ubrigy dafs etwas unbedingt Nothwen* diget von aller Ewigkeit her geweien feyn iniirs , und dalf in der Weit lelbst gar nichtt Zii fiaden ist, welches den Charakter dcr un- bedingtenNothwendigkeit iiat. Alleinnimmt inan detwegen leineZuflucht su einemanileiw weltlichen Wcfcn, fo findet fich bey die* ftm ebenfiils einennauadsbaceSchwierigkeiC»

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ht «ino Reihe Ton bedtngten Uriaclieit tinbegreiflieh , fagen die Gegner, ib ist eta

Wefen, das cl6n Gnind reiner Existcnz in fich ielbit bat, und diefelbe allen anderu Dingen urfprunglicb mitgetbeilt hat, eben Ib iinbe* greiflich. Nimmt man alfo, iim das Dafeyn der Welt zu crkliircny fcine Zufluchr zu cinem V/rwefen» imd kann man doch dat Daleyn dietet Wefens nteht erkliren; fo (ettt man die Unbegrciflichkeic nur um cinen Schritt iveiter hinaut» Dieie neue Einwendung lafst flch in der That auf keine ganx befiriedigende Weife hebeii. Man mufs zugcben, dafs der Bcgriff eines aulIerweJtiichcn Urwcreni wohl den Fragen uber das Daieyn der su* f ii 1 li g e n W e 1 1 Geniigc thut , abcr uicht dcncn iibcrfcin cigucs Dafcyn.

Bey diefen unanflosbarcn Schwierigkeitett blcibt nur fo vicl gcwifs, dafs, da die Frage nach dem letsten Grunde aller Dinge von der Vernunft iinfertremilich itt, dte Annahme cincs Wefens, wclchcs dicfen Grund eti^halt, auch ia ipeculativer Ruckficht als die Folge

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eioet VcrouafitbeclurfiiUrcs. aber mdit Ib aii- geieheii werden kaiiny ali ob lie tiber alle

Zweifcl erhaben fey. Es kann auch als na. turJich vorgestelU werdcn, daf nothweiidige Weien iiigletch als dat vollkoiiiiiieiitte tu denken. Denn der BegrlfF elnet Weient, dat den Grnnd alles Moglichen enthalt, iind leibftt in keiner Riickiicbt» einer au0er ihm Uegenden Bedingung bedarf , tsf aueh der fchicklichste fiir dasjcnige, welches als dci* Grund aiies Wirklichen» und in diefer Betiehnng als unbedingc wirken<l betrachtet wircl. Aber cu laugnen ttt wiedcnim nicKtt dals die hochste Vollkoniincaheit cinct aull lerwehiicben Urwcfent aut dem blolseii BegriffedelTelben nicbt folgt, fQndem in dem cosmologifchen Beweife auf eine folche WeiTe dargethan wird, die nichc belriedigend itt Daft et» alt die lettte Urlache aller Din. ge, grofsc Macht befi.ien miilTc, ist offenbar; und Ugt ssun fcrner , es gcbe our xweyerley Arten su wirkeny die nachNatui^letienund die nach einen^ freyen Wtllens die ertte konne iu dem Urhcbcr dcrNatur gar nicht

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gedacht werdeo, folglich befitse er Vefstmd und Wtlleii; fo letichtet diefi fedetB Men- rcheiiy der eia aufserweltlichcs Urwefcn an- nimnit, noch etn* Wenn man nun aher itei- ter geht» und die gottlichen Eigenichtfien in ilirer Vollkommcnheit aiis blofsen BegrifFcn herlciccii will: fo haben die Griinde dafuc wenig oder keine Kmft. Zuertt liicht nuui xu zcigcn» dafi dai Uriveien allniSchtig gcdacbt wcrden maCs, imd atis feiner All- macht leitet man nachher die Unendlich * keit leinet Veniattdet, Ibwohl alt die Het- I i g k e i t feines Wiilens hcr. Aiich hat diere Ablettung fvenig wider fidi» denn ein Wefen» daf alles M5gliche vermag, imd nach den E i n fi c h t e n des Verstandes wirkt, niufs in dcr 1 hat alies crkcunen und Aligenug-* f a m k ei t befitxen ; und aut dieiert in Ver« hindung mit Allwiflenheit» felge unttieitlg Heiligkeit dcs Willens> Allwcishcity unwan- delbareGerechtigkeit und aJlumfafleiideGute. Bt kommt alib hattptftchlich aiif den Beweb fiir die Allmacht des Urwefens an. Um die- len su fuiiren» lagt maa ohngcf^hr Ib: die

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Welc Ut nicht iio(!ivveiiiig fo, wie fie isf, denn iic kann obiie allcn Widcriprucli andcrt gedtche werden» alt fie iif s dt fie t1>er von Gott allen anderii vorgczogcn wortlen ist, fo nniri fic die besie feyn i uiid veruiochte er die voUkomuiensce Welt hcrvor xu bringen» fo reicht fcine Mtcht noch vnit mehr tnr Sch6- pfung der minder volikoinmcnen hin, folg- lich iit cr tllmichtig. Bey diercm Schiuiie findet ein otfeiibtfer Cirkei Stttr. Wenn dem Urwcfcn Vcrstand und Wille zugefcbrieben «rard» ib foigt ifohi gcwiircrmtisen» dtlset die hette Welt hervorhrtchte« die et hervor lu bringcn vcrmochte,*) abcr nicht, dafs cs untcr allen moglichcn iibcrhaupt die bef te liervocfafftchte. Um ihm die Scho-

^ Ich fage gewiflcnntto ; dtnn inmer Uoibt noch dic Frage ubrig , ob tt nicht durch dfne BedMiilft gchindm wnidt» den Ein- ficbtcn dit Vcistmdef stt ftlgen. Mtnmnlt ihm tlfo tttch fchon HcUigkcit sufchitihcn, chc man nur ohncEinlchrliikung behaupren kann , dt& m die bettc Wdt hervorbrtthic^ dic ci hcrvoniibiingcn vtrmocbtt»

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pfuag von diefer ziizurchreibeuy murs maa ihm Cehon Allmacht beylegen, und gleicb* wohl foU dieic fiigenlchafk cfst bewielea

werden.

Beirachtet man daher genau das Verfah- ren» Wchet in dem coimologirchen Beweiie fiir das Daieyn Gottet beobaehtrt wird , um die gdttlichcn Eigenfcbaften in ibrer Vol]ea« dungdavf uthun» fo bemerfct man einen Spcung im Sehlieifen. Sae werden nicht aut dem Be« grifife eincs nothwendigen Wefcns bergeieitct^ wie doch gefchehen follte, ibndern aus dem Ideal der VollkommenheiC auf daflelbe uber' getragen. Auch isr aus der Art, %vie man zii dcm Begriffe cincs aurserwcitlichen UrwdcaB gelangt» olfenbar» dals ihm nur Iblche Eigen* fchaften xiigefchrieben werden konnen, die aiis ieinemWeriLe hervorgchen.*) Dieis vcr-

Weil diefs einleuchtend ist« fo ist es hier nicht nochig gewefen, alle Cirkelfchlufse z\x Idfen, die man geroacht hat, um aus dea BegrifFcn der Nothwendigkeit und ZufsUlig- keic die h6chste YoUkomaieaheic dsf Unrc- Dros au bcwolea*

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tlCtt man «bcr |;anz und thut weitcr nichu, •b d$& muk diueh vertMckte Cirkel iIm iehofl alf bewielen vonutietit» tvit ert t noch bewteren Mrerden foil. Isc ein Gott, fo isc thai freylicb ^ hochtte VoUkomiiicnhcit tu* tnlchrelbeii» undl ieiii Werk itt die bette mog- Jichc Welc , in fo feru in dem Begriffe der Gottheit fchoa dic Yolikomroenheit cntiul- tcnift» iagtmMiaber, fie itt die bctie Welt» folglich itf 6ott dat Yollkommentte Wefen : fo giebt es kcin aoderct Mittel, dic Wahrheic der Bchaiiptttng danuthun» aJt durek dle Be» fehaAMiheit didbr Welt. Didt fiihrt tu der Darsteilung und Priifung des phy(icotheolo<* liichcn Bcweiict lur dat Daicya Gottct*

Bey dieremBeweire legt man die Bctrach- tung der wirklichcn Wclt xum Grunde. £s findeo ficht iagt man» in derfidben tiberall deutltche Spuren von einer Anordnung nach bestimmtcr Ablicht mit gro(ser Wcisheit aus- fcfiihrt» und dabey ibwohi cine imeiidJiche lifannichfidtigkeit der Dinge» alt ein tinhe* grCBzter Umfang des Ganrea. Diefe Anord-

ming ist tlcn Dingcn in derWelt, einzeln ge- oQiniiica» fo iireiiid, dalf wir in der NaCur dedelbeii garketneii Gtaad finden» der uni Anleifitng gabe, zu erkliren, wie fie bey ih. rer Maanichfalcigkeit imd bey ihrem Umliut- fe fich von ielbf t tnfiimniengefunden hStten» mn dat hervor zii bringen, was in unfern Au- gen Zweck, Endabilcht ist, uod Ideea einet vemunftigeo Wefena vorauilbtie. Die Efii. ricbtung der Welt ite airo niebt einer b I i n d- wirkenden alimiichugeu Natur der Dinge itnn&hreibeD, fiuideni alt dat Werie eincf verniinltigeo Wefent dmch Frcy. heic anzufehen. Zwar koanten mehrere fol- ehe Urlachen gedaoht werdens in (o Um nbcr ttoter den Tbeilen der Welt, die wir kennen, eine wechfelfeitige Bezichwng ficht- bar ist, die auf Einheit des Plans hinweist» und wir berechtigt find, von dem wae wtr Itennen, mit Wahrlcbetnlichkeit auf das zu fchliefsen, wohio uafereKcuntniire ntchc rei* d^n: Ibgehtauider EinheitdesPlana in der Welt aueb die Uiberzeugung von der iiinheit dei Urhebcrf derfciben hecvor. Ll

DleU; Art zu fchlicfscn hat in dcr Tlia^ die allgienieine Deukuiigsart iiir iich. Die Einriohtuiig aller orgautlirten Korper, und noch niehr der lcbcndigcn Wcfcn, istibbo- «undcrnswurdig , dafs fic fiir den mcnrchli» chen Verstand nicht als das Re(ultat einer su* fallig ziifaniraenftiefsenden Menge niaterieNer Thcilc erfchcincn kann. Das vollkomnienste Werk der Kunst ist nnendlich wahrCcheinlip ehcr dasRefukat von unordentlich durch em- ander geworfener Atomcn, als das unvolikom^ menste Iniekt* Sind wir nun gendthigt» hey lenem Verstand und Willen voraustu fettent fo vtfiirde cs dieVcrnunft bcy fich fclbst nicht verantworten kottiien, wenn iic, bcy dcr Fra^ ge iiber die Urlaehe der lebendigen V^efoa^ die Art zweckmlifsige Erzeugnifse hervor ni briogen» die iic kennt, vorbey, und zti diia- keln und unerweislichen Erkiarungsgriinden^ die lie nieht keimt, ubergehen woHte. Ent- vredcr mufs dic Anaiogie, dic unfcrcUrthcile uberali leitet, wenn es auf l&rforfchung unbe^ kannter Dtnge ankommt, auch bey dcm For* fchca nach dcm Gruudc dcr zwccKiuUfHi^en

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Einri ditung der lebendigen Wclen unier Vt»

theil bestiminen , oder viir tnufTen dic Fragc iiach jenem Gxunde gar nicht aufwerfcn*

Die\'crniinft verfihrt nach Zweckcn, uiid firagt stcts uach dcnrclben» fie findct Mittel zu 2ivecken und kann fich nicht enthaltent als Mittel t\i den(elben alles das anziifchen , waf bey einer grofscn Mannichfaltigkeit aiif Eiu- heit htuweist, Wie niannich£dtig aber find nicht in jedem thieriichen Korper die Werk* xeiige uiid TricbCy dcren Vcreinigiirtg das Le- ben moglich macht 1 wie mannich£dtig fijid niehe itt der Natur die Dinge, die jedem le* bendigen Wefen nach feincr Art die Erhal- timg und ein frohes Dafcyn verfcbaflfcn 1 Eine foldie Zulammenstimmung aller eintel« nen Theile des K6rpers, deren feder an ficU, nach unfcrcr Einficht, g^r lurhu vcrmag, uui ein foiches VerhUitnifs dcr lebio(cn Natur su der lebcndigc:i, fiibrt unstreitig auf deu Ge- diinken von Abficht. ij( hon ein c i n z i g c < lebendiges und verstandigcs VVcfen nviirJc, wenn cs nach feincm Urlprunge fragto, und

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IbwoU die iimere Ztiiluiiiiieiiietfiifig ftliMi Korpen» ak fttn VeriAltniif lu den Dingea

auffer fichy in Uiberlegiing zoge, fich dcs Ge- daakeni «n Zweckni'iisigkeit nicht cndialteii kdnnen. Dielcr Gedanke wtlrde gar lelir ver» stirkt werden» wenn es ein ahnliches Wefen ieiner Art findc, mit dcnien Vercinigung et lein Geielileeht fortpAanxen konnte. Wemi es niin nachher feine Kenntnifs uber niehrere Arten lcbendiger Wcfen aiisbreitete, iind ia allen eineB bcmiHlcniawurdigen Ban fonokl» df ein Vcrhllfnllf ihrer THebe lu den Dia- gen aiifTer ihnen , und die durch den Unter* ichied dcr Gcfciilechter getroiFcneAnatalt xur Fortpflamung entcleekte: Ib wilrde lich aiieh die Vorsteliung der Zweckmarsigkeit ooch melir erweitern und a tirken. Und nehmeii vnt nun die MiUiooen too lebeadigen Wcftii bey denen allen Hch eine folche Anordnung ihres Innern, eine folche ZufanimeiiitimmuBg ihrer Triebe mit dcn Mitteln der &haltung, eln folcher Unterfchied der Gefchlechrery oder doch uberhanpt Anlage zur Fortpflan* siing findet wie konaco wir da uat dct

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GedlMikeitf der Zweckinifiigkeit efwekreii und wie konnen wir unter der Voraiit(etiung

von diefer eineni blindcu Ungefiilhr dic Anoninung der Welt suichreibenf Ordnung» Zweckiaiftis^eit leitet notfawendig luf dea

Gcdanken einer dcrfelbcn angeincfreoen Ur« iiclie, eincf vcrstindigen Urliebcrs*

fft dieier Gedanke , als nothwendig mit uuferer Vernimft verbunden» einmal aufge- noniniens fo findet er in der nihern Betrach* fung der Welt einen fo unbegrensten Stoff, dafs er nie deswcgcn aufgegeben werdcn darf, weil ef ihm an Nahrung fehJt^ ibndem bioii deawegen leine Kraft bifwetlen verliert» wetl er die Nahrung, dic ihm dieWeit anbietet, ver- fchmiht, yySie erofiiet unf eiaen fo uner- ineif lichen Sefaauplatc von Mannicli£iltlgkeit» Ordmmg, Zweckm^ifsigkeit und Schonheit, nun mag dicfc nun in der Uueadlichkeit def Raumsy oder in der unbegrenzten Tiieiiung deflelben Terfolgen, daff ielfaft nach den Kenntniffen, welchcr unfer fchwacher Ver- ftand davon hat erwerben konnen» alle Spra*

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ehe« libcr fo viele und iiuabrchlich groise Wiincler» ibr«n Nacb<lntckt alk ZMca ihre Kraft XII meffcn , undf felbft unfire Gedanken ihrc Bcgreniuug vermiiTeny (Of daf^fich un* ier Urtbeil vom Ganxea in etn rpracblofes» aberdesto bere^ceres Erttaunen aufloieomu&« Allerwirts fchca wir cinc Kct(c von VVirkun- gcu uud Urlacheu» von Zwecken uud Mit« teloy Regelnialsigkeit im Entstehen oder Ver- gchcn, und iiidcm nichts von Tclbst in den Zustaad getreten ist, d«riu es fich befindct; Co weiict er immer bin nach einem andeni Diuge, als feiner Urfache, welehe gerade ebcn dicidbc wcitcre Nachfragc nothweadig macht, £0f dais au£ ibiche Weife das ganxe All iro Abgrunde des Niehtt verfinken miifitet nihine man nicht ctwas an, das aufscrhalb daefem uneodiichen Zufilligeny fiir fich (elbst itriprunglich und unabhSngig bestehend» daA fclbc hiclt und als die Urfachc fcincs Ur- fprungs ibmzuglcich feiueForcdaucr ficherte. Diefc hochste Ur(ache(inAoiehung aJlerDin* ge in der Welt) wie groft fol! mau fie den« ken' Die Wclt keuncu wir uichc ibren gan-

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sen lahaJte nach, noch wcniger Vfiffcn mt ihreGrofse durch die Vergleichiing mit aJlent

was muglich ist, zti fchatzcn. Was hindcrt lins aber, dars, cia wir einmal in Abiicht auf CauUlitSt ein iuTserstes und oberstes Wercii bedtirfen , wir es nicht xugleich dem Grade der V^ollkommenhcit uach liber allcs an- dere Mogliche fetcen follten; «elches igvirleichty ob swar freylieh nurdurch den zarten Unirifs eiucs abstractcn Bcgriffsj be« mrkstcliigen konnen, «enn wir uns in ihm» alt einer einzigen Substanx, alle mdgliche Vollkomincnhcit vcrcinigt vorsieilcni vcel- cher Begrift* der Fcrdcruiig dcr Vemunft in Eriparung der Principien gunstig, in fich fclbst kciucn Widcrfpnlchcn untcrworfcn, und feibst dcr Erweitcrung dcs V cnumftgcbrauchs mitten in der Erfahrung, diirch die Leitungy weiche eine folche Idee auf Ordnung und ZwcckmUr<igkeit gicbt, lutrUgiich, uirgcnd ater eioer Erfahrung auf entichiedne Art zu- wider ist.

Dicfcr Be\teis fiir das Dafcyn Gottes vcr- dient jederzeit mit Achtung genanut xu wcr-

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6cn, Er ift Jcr llteite^ klince, miA te ge-

mcincn Menfchcnvcrnunft am nicisccn ange* nefletie. Er belebc daa Smdtuin der Natur» fo wie er fellMt von aiefem leia Dafeyn lut» und dadurch immcr neuc Kraft bekommf. Er bringt Zviecke und Abachtcti dahin» fie uoiere Beobachtung nicht von ielbit eiitdecke hattc, unJ crweitcrt unfcrc Naturkeimtmfie durch den Leitfaden eincr bcfondem Einhcit, deren Prinslp aulfcr der Natur itt. Oaefe Kcnntnifsc wirkcti abcr wieder auf ihreUr- iache» namlich dic vcranlafTende Idcc, zunick tmd ▼ennehren den Glauben an einen hoch- stcn Urheber, bii itt einer «nwidefitdilichen Uibcrzcugung.

Es wiirde daher nicht aiiein trottlos fon- dem auch ganx amibnst ieyn» dem Anlehii diefes Bcweifcs ctwas cntiiehcn «i woUen* Die Vemunfc, die durch ib machtige und un- ter ihren Handen wachfendet ob xwar niir empirifchc Beweisgrundc, unabMig gchobeii wird, kann durch keinc Zwcifcl fubtilcr ab- gefogenerSpecuUtion ib niedergedruckt wer- dcn, da{s fic nicht aus jcdcr grubleriicheii

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UaendolilofleiilieiC gleieh ali einein

dnrch eineuBlick, den fie auf die Wunder derNatur undderMajeitit des Weltallt wirft^ gefiiTeii nerdeii foUte, um fieh yoii Grofte ni Grofsc bis «ur allerhochsten, von Bedingung su Bedingung bis zum obecsten unbedingteji Urlieber tu erheben.^^^)

So vemiinftm3(iig aber, fo fehr zii era- pfehlen unii aufzumuntcrn ein folches Ver- 6hren itt» (6 kann maii doeh diefer Beweii* art nicht An^nidie auf apodietifche Gewift- heit zufchrcihen. Man muCt vielmehr geste- hen» da6 die Betrachtung der iweckm'i(iigeii Etnriehtimg in der Welt gleichlam nur dea Weg zum Glauben an die Gottheit bahnt, der Gunit und £remderUnterttutzmigbedarf» und Iblglieh nicht eine unhedingte Unterwerw fung erzwingt. Dcnn theils thut das, wai die Betrachtuiig der Welt an Qch lehren lcann» demBegrift derGottheit niditGennge, theils itt et noeh Einwendungen ausgefetzt, die fich durehblo(se£rfahrunggar nicht heben lalTen» wie iettt geteigt werdkn foU. ^ Kanti Ckidk dcr reinen Vemtmft, S. 650«

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Die Gotthcit ist als das «IlgeougOime, ^Ukommene Wcfen cu betrackten, dat den

Grund der Welt tiiid allc moglichc L igcn- fchaften nicht in unbestinimt grofseu Malfe, fondern m ihrer Voliendung ent- Iillf. Wird diefer BegrifF der Gotthei^ ver- laffeny fo erhilt mau eincn ro iinbestimiiiteny daif er weder zu irgend einer Abiicht hinp reicht, nm deren willen die Frage tlber dat Dafcyn Gottes von VVichtigkeit fcyn kanii, nocb den Verstand an fioh befriedigt. Ut CoH nicht der Urheber alies deflen wat istp nicht cigcntlichcr Schupfcr dcr VVelt: fo ist cr in lcincnWcrken abhingig vondemStoflfe» <3en er su ordnen und zu bcarbeiten hatte» feine Macht ist eingefchr'inkt, iind wird, wie bey dcn Altcn, clcm Schickfalc, uutcivporfen, Denn {o wie der Menfch lelbst feine Ohn* macht fuhlt, nach der gcgcbenen Befchaffen- heit dcr Matcrie und dcm VcrhaltniHe der- itJben zu feiner Kraft, fcine beyden Haupt- ssvecke liir iich und andere ansziifiihren : fo ist der Gcdanke einer ahniichen Ohnniacht in dem hochsten Wefen tmvermeidUcli, wenn

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ihm aicht Alimacht im unbe(chr'iakt«ste« Sittne def Wortt sugefefarieben wird. Wie kanu abcr dann von ihm dcr Mcnfch dic Er*» $'4nziing fcines Uuvcrmogeus zur Erreichung det hochsten Guts erwarten? Isc dat hochste Weien fcmer nicht allgcnugfam und tibcr alle Verruchung crhabcn, von dcn Gcrctzcn abzu* weichen, auf welche tinwandeibare Gerech« tigkeit vmA allumfailende Gilte beruhen» und umfafst es nicht, in cincr Anrchauiing, alles was iityWar, und leyn wird: fo wurde ein unein* gefchrlinktef Vertninen in ihm ebenfallsnicbt Statt findcn konncn. Es ist alfo no(h\ircndigy das liochsteWeien als den Grund alierDinge» ils den InbegriiF aller VoUkommenbeiten xu dcnkcn, vcenn dic Abficht, um dcrca willen das Dafeyn derfelbcn dem MenTchen von der Snfsenten Wichtigkeit ist» erreicfat werden roll. !Jnd fclbst in fpcculativcr Rrickficht geht dcr Nutzcn , dcn dcr Gedankc dcr Gott- heit leistet, verJoren, ivenn ibr nicht der un- eingefchiSnkte Befits allcr VoUkommcnhei- ten zugcfchricbcn wird, Hr treibt an, ubcrali Zweckm'ifsigkeit in der Weit xu fttchen, wt1r-

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de aber umfonst dierelbe vennuthen hf&n^ weim (bt mttSndtge Unieren nicht ali im- tnnfehiHnkter Herr der Natur und alt alhieile gedachr wiirde. Endlich find dic Attribute ▼on tmbettimniter» obgleicb fehr groiscr» Cfs» ttaunlieher Maeht tmd Tkcflichkdt fiir dcn Verstand gar nicht befriedigend. Sic gcben oicht fiywohl eincn Bcgriff von dcm Gcncu* ttande, dem fie nigelchricbcn wecdcn, ab ein Verhaltnifs defTelben zti dem Wefen, von weJchem er bctrachtet wird. Ein laTektt dat die Wcike dct MeniUien hetncbten konnte» wiirde dcmfelben ebenfallt eine entaunliche Kraft imd einen unermerslichen Verstand fu« lehieibcn. Man vergrdftere dahcr dco Ge- genttand dcr Bctraehtunf » oder man verklei* nere dic Fafsungskraft dcs Wcfens , welchet ihn dcnkt: Ib UHca dic VorttcUuqgeii von Vollkommenhcif gleteh grofi aut, weim fio ntcht diirchaus bestimmt ist , und alles Mog- liche um£aiit. Glcichwohl fiihrt dic fic«

*) Ebeo wetl em unbcstimmter Grtd ven Voll» konmenhclt in RQck6clic tuf dv MSchtm Wcftn» nicht bcfriedigend ist: nehtcc

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traehtung dcr Wdt niir lu dem Gcdankca einet Wefeiii, dat cUe Wek geocdnet» iind bey dtefer Ordnung einen hohen» obgletch

fiir unfere Faflungskraft uncndlichcn Grad von Macht» von Weishek und Gute bewie« ien hat

Woilte jcmand untcmchmen aus dcc Zweckmiitigkeit fo viclcr Naturanstaltcn zu beffeilen, dafi nkkt blo(t die Fomi» fondcm auch die Matcrie in der Welt Ton einem und cbendenifelbcn Wcfen hecvorgebracht wor-

«ucK der gemcinc Vmtand nicht iibcr dci» Sprung von dem hohen, aber unbestimmteil Grad der gCttlichen Eigenrchaften , dic au9 der Bctrachtung dcr Welt gefchlofTen wei-- den kfinnen , fluf die VoUcndung dcrfelbcn i und die bedachtig rchreimida Vemunft dce Philofophea wagt oft «boifilit ditiimSpriing, ohne dtnn au dcnkcn , dt6 ct efaicr fcf. Wcnn iibrigens cui fokhtt Verftbren tb tia Sprung im SchUtfttn vofgtticllt wiid» fai fo ftm ct iuf tpodicdlcht Gtwi&heit fiih» fcn foUt ib iit ei doch nicht tls ctdelntwfliw dlg tn fich iBaufthcn. £s ist im Gegeti- dltile Ift dtr Nttur der mcnfchlichen Vcr- nunft gegrandet, und tlt cin Bcduifiiift dcr« felbtt »1 btcmchtCQ.

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dcii fry: fo mufste cr zcigcn, die Diogc dct Welt wiirden gans untauglicb zuderbeobachp teten Ordming und Uibereinftimmung ieyn, fvcnn fic nicht fclbst von dcr hochstcn Wcis- iicit dazu crfchaffen w'ircn. Gleichwohl ist «lles, yt*t hiertiber nach der Analogie mit fneniehllcher Kunst gefagt werdcn kann, bey iveitem nicht hinreichcnd , mn cinc folche Behauptung aufler aUen Zweifei su fetzea; und giebt raan fu, ^aft 6it Abbingigkeit der Matcric» ihrem Dafcyn nach, nichc aiis dcr sweekm'iisigen Einrichtimg iu dec WcJt ge« folgert werdcn kann : fo muls man auch zu« gebcn, dafs cler gcfiihrtc Bcwcis fiir das Da« icyn Gottcs als maugcihaft anzuibbeu ist.

Gcfctzt abcr man vrolltc ihmdoch dicAlI- macht ia fo fcrn zufchreibcu» ais dic Afaterie olme Cinfchrlnkung flch unter feinen Willeo l\x fiigen , und jcdc bcabfichtigtc Form anf u- neiuncn gczwungcn fcy: fo ist diefs doch ebenfalls nicht mit uugezweifeiten Griinden fu beweifen. Wahr ist es, deft die fahllofe Mengc dcr Gefchopfe, dic wir chcils auf der

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ErJe Tvirklich fehen , theiis vermuthen, uni fli« tagUch wechrelDy einen Grad von Maclit anzeigt, der tmrere Pafliingskraft ttbertteigt; v;ahr istes, dafs, wcnn wir jedcn Planeten als bewobnt» und icden Stem ais cine Sonne^ iim clie fich wieder bewohnte Planeten bewe- gcn, anfchen, wie wir in dcr That luit hohes Waiirrcheiiiliclikeit thun konnen» eine Men- ge yoA lebendigen Gefchopfen hervorgeht»

<Jic keinc Zalil aijszvidriickcn vennag-. Abcc fo uncndiich grofs dicMacht ist, wdche eine A>lche Menge von Arten, uud in ieder Art eine folche Mengc von Iiidividuen nach wn- wandeibarcn Gefeizen 7u formen vermochtet fo kann doph weder auf der einen Seite ge> xeigt werden» wie vfel der StofF felbst(der als fiir fich bestehcnd angenommcn wird,) zu diefcr Form beygetragen hat« noch auf dec andern, da6 felbst diele zahlloie Meoge voa lcbcndigcn Wcfjn alle Formcn crfchopfty dc* reu die Matcrie f ihig ist,

Gleiche Unbcstimmthcit findct fich hef der gdtllicheAWeisheit, in (okiu iic ausdec

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'Zwcckm iAigkeit inderWcICgcrchlofTen wcr- dcn ibll. So uuendlich groiie Weisheic aus dcn AMtalten hervorlctichtec, wclche wir ia der Nattir lur Enetiguug, Erhaltung tind Be> ^uckiuig dcr lebcndigen Wefen getrofFeu (ehen: fo wenif der Mcnicb inr Sunde is^ mit allen feinen Kriften nur einen Schatten dcr Vollkommcnheic zii erreichen, dic cr iheilf in der Zuianimcn(etsiing der oif «ni- fchen K6rpcr> theilt in der Binheic dcrGew {ecze bemevkt, nach welchen (6 cinc cahilofe Mcnge dcr organifchcu Wcfcn hcrvorf chcn t Ib viel umCiiBnid dcr Vertcand ctnct Wcftnc gedacht werden muft, welchet nach Co etn- ^chen Geretien cine folchc Mannichfaltig* Kcit hervorhrachtci (6 li&itc fich doch cim dcm Allen noch nichc miC unhecweilelter Gc- wiishcit auf cUe Allwiffenheic fcblieisen, cdcr nuf einc unbetwcifelte Weife xeigen» da6 ia dcr Welcordnung dic h5ehtie Weitfacic» in cigcntlichcn Vcrstande des Worcs, ausge- druckc fey* Um fo etwat danutbun» miirsten «vir dat Ganxe dcr Welc tiberlchctt, und die Mchste Wcishcit fclbst bcnuco. Und wie

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eiofciclurSiikt ut aiif der eiueoSeite derKceif uiifiner Beobacfatiiiig» und cuf der aiideni der

Umfang uiirers VcrstaiiJes! Wic wiJl uiifcr kurzer Blick das Uneudlicbe meileii, miii mit Bey(pielen belegeoi

Die Schwierigkeit, die von der Einge- fcbrinktheit unfers Verstandcs herkomiut, ist niclit eininal die einiige. fiine niclit minder groiie erhebt fick aut der Betrachtung dcr Uibel in der Wclt. Wcnn man auf dercincn Seite allet dat Gitte preitt» weJchet fie ent- h%lt: fo darf man aueh atif der andem die grofse Zahl von Leidcn nicht vergcfTen, wel- chc die Mcnfchheit von jchcr gedruckt lut^ tuid noch druckt So fehr fich auch die Phi^ lofophen bcftreben, die Zahl imd die StVrke dicfcr Lcidcn xu vcrmindcrn: fo ist es doch f anx unmoglich diefelben weg f u philofophi* ren. M5gen Phantafie und Mitgeluhl dieiel- bcn vcrgrofscru , und fajfchc Aiincht der Ur- fachen fovrohl , alt der Wirkungcn, den Ge- fichtipimct verrucken» aut dem fie au be- trachten find: fo wurde ei doch in der That ^cm iiieodc Hohn ipiechen iiei6cnj wenn Mm

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tuan es ganz I';(tigneii, oder dcii Grun(.l Jencl- ben imfiier in der fehJerhaftcii HefchjifFciihcit 6e$ Menfehen, odcr die Folgen davon fchon fur die gegenwartigc Wclt «Is bcghi- ckend vorstellend wolUc. V/ic ht es nua noglich» aus der blofscn Betrachtung derlel- bca dic Allgiitc iiud iiiiwandclbarc Ccrcchtig- keic Gottes danuthua ? *)

♦) Herr D. Phrncr fagt in feinen Aphori<nien (p. 444. zwcyte Ausgabe): Keine Philofo- phie wtrd je vermogend feyn die Uiberaea> gung derMenfcbheit von dcmUibcrgewichte de» Elends merklich zu fchwichen; denn diefe Uibcneugung felb»t ist eine von dcr gStdichen Weisheit angeordneie Tftulchung» Istdiefer Gedanke wahr, fo ist der phyfi- ootheologifche Bcweis von detn Dafeyn Got- tcf, den Herr D Plarncr fuhrt, und fuT voUgultig hilt, docb, nach feiner cignen ErkUrung, nicht hinrcichcnd ; dcnn er gnmdet ihn auf die Einrichmng dcr Welt zur gcofstcn moglichen Giuckfcli^jkcit dcr lcbendigcn Wcfen, und j;lcichwulil behaup- tet cr, dafs alles, was dauihcr gefagt wcr- dsn k^nn, nicht verm^-jend ley , den Glau- ben an das Uibcrgcwuht dss Elends nicder zu fchbgcn. Wic gcwagt ist ubri^ens die Bcliauptung, diifs die Gottheit den Men* C^hca 1 4 u f c h e ? Uat «bcr ihre Richcig-

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£s giebt uicht wetiig Menfchen » welcho bebaupten, das Uibel in der Welt liabe das Uibergcwtcht. Wird hierbey nicht fowohl aiif die Menfchheit allcin, als auf alle lebendige Wefen gefeheo: ib kann did Behauptung allerdings auf eine Art aiederge- fchlagen werden , dic fiir dcn, welcher fehen wiil» volie Uibeneugung hat. Schwieriget wird fchon der Gegenbeweit, wenn blofi in Riickficht auf das menfchlicheGcfchlecht, die Leidcii gegen die Frcudcn abgewogen wer« den ibiiens ob es gleich moglich iit, hej dec Betraehtitng aller LSnder und Zeiteny to weit die Gefchichte iie umfaffen kann, lich fur dat Uibagewicfat der GiuckieiigiLeit lu cr« kHrem Wenn tnan aber endlich uotemeli» nen wolhe zu zeigen, dafs die Existenz jedcf cinselnen Menfchen» fchon auf diefer Erde» nehr angenehme alt unangenehrae Gefuhle enthalte: fo untemlShme mau etwas^ wovon

kcit, ib thot der Meaich, der fich abcr jcnc Tiulchung erhebc, hfcfasc unfccbt^ diefdbe m Andera ftfawftcfata» odcr gir tcntfm ra woUcn»

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maii cbcii fo vvciug ubcrzeugt fcyn kanii, als <tavon, dafs fich d«s Ma& der GliickftfligkeU tiiimer nach dem Mafse der Sietlichkeic rich* ic. *) Gieichwohl ist dicfc doppchc Uiber- zeugiiiig fchlechtcrdings nothwcudtg, um die gcgenwartige Einrichtung der Dinge mn fich aU vollkomnicii iit bctrachten. Sagt man» dic Lcidcn fe>cn nothwcndige Foigen der Einfchrftnkung endlicher Wefen, tmd der gr5ftten moglichen Vollkommenheic det Ganzen: fo ist eine foiche Rechtfertigung gar nicht bcfriedigend» ftenn nichc suglcich gczeigt wird, dafi aller Einfehittnlitung der ciidiichcn Wefen ungcachtct, jedcs Indivi- dmim am Ganzcn feinec fixistena, nehr angenehme alt unangenehme Empfin* dung habe. Die ttenfeblidie Vemunfc wiir*

♦) Bdfc feyn. ftgc mtn, tst tuch in der Em> pfindung dn grfffteres Elend, tls BAfet leiden. Diefes fiodet IreyUch der Recht- fchaffene fehr wihr, wcnn es «uf Vcrgld-

chung ankommr isc d^nn aber Leidcn niir in VergleichMn^ ein Leiden? und hat denn dcr Sittealo(e da» Gefuhl dcs &cchc- fchatfcnen ?

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de fiie tnr Hcrvorbringiiiig eincs eintigen Wcfcns stimmen, das ohneSchuld elend \v<ire, blo(s damit Andere gKickfeJig feyii konn* ttni tind ist cias Ureheil iinierer Verniinft nicht inchr entfchcidcnd , fo ist es umfonsry iich aiif dalTelbe bcy der Frage tiber das Da« leyn Gottes tu benifen. Dahcr wtirde in der That alles, was zur Rechtfei tigunc: c^cr gott- Jichcn Vorfehung angcfahrt wcrdcn kaun, .«enig Gewicht liaben« wenn nicht tulettt die Eingefchrinkthelt ttnferer Erkenntnift, nnd dic Hoifnung cines bcffern Lehcns, zu Kiiifc gentfcn wtirde. In der Zukunft, heifst es» werden die Sehickiale der Menichen in ihrem Zufainmenhange erfcheincn, ilnd die Aiis- gleichungen Statt finden» auf die in der ge* genwHrtigen Einrichtting um(bnst gerechnet wird. Auch ist auf der cinen Scite die Schwachhcit unfcrs Vcrsrandes cine starkc Atiffordening ttir Befcheidenbeit in iinfcrn Urtheilcn, und atif der andem der Glanbe an Unstcrblichkcit, auf cinc Fordcrung der practifcbcn Vernunft fo gegriindety dafs er gerade von dencn, die des Trostes bedtirfeoy

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und wurdig find, am willigsten aufgenom» mea trird* Wemi iiiaii aber behauptet, dureh Bctiachtung der unt bckannten Welt die VoU- kommenheic dcs Urhebers, fcine AUmacht und ieine Weisheit hinlinglich su er« kennen: fo mtiTt roan nicht auf dieEtn* gcfchriuktheit unfercr Erkenntnirs, imd auf die ktinftige Auflofung der menfch- lichen Schickfale verweiien,

Aus diefem Allcn erhcllet , dafs der, auf die Volikommenheit dcrWelt gegriinJctcBc- fveii liir daa Daleyn Gottei ebenfalis ntcht apodictifcheGewtftheit gcwahrt, fon« dern der Guust bedarf. *) Die Betrachtung

♦) Man fflgr, die moralifchc Gewifshcit fcy ebca fo p;rofs als die mfithcmatifche ; und dicfs isc aucii 111 doppeher Ruckficht wahr, Yersteht min namlicii unter moralifcher Gcwifibcit diejemge, welche «if moralifchcn Grfindca teuhtt und wdehe tUcin fo gciumnt wow dcn foHte: ib ktnn fie tn etnzelneii Menfchcn chen fo ttirk feyo, tlt die mathe- mttilchc Sie ktnn tuch tllgcmeln ge- dtcht werdcttt wenn mtn cine Ibkhe jnt» ttcht» die tus unzfthligen Grimden flicfst^ uod nichts wider fich htt, tlt cine bloise

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iler WeJt leieei ntir auf den Gednnkeii einei Weiens, das fie geordnet hat, nicht aber aiif

den, daij e$ dcr Schupfcr derfeiben, oJer, im eigentlichen Sinne des Wortt, Hcrr der Natur itt, Und fo wie fetne Allmacht nicht stren» bcvviefcn ist, fo find auch icme tibrigcu Eigeoichaften in ilirer VoUendungy aus dcr Betrachtuq^ der Wel^ nicht auf elne

Mdgtichkelt So wiid gefagr, es fey moralirch gewifs» dafsdieEinrichtuog in der Weh nicht eine Folge der von Ewig- keit hcr fich bewegenden ungleichartigen Atomen fey, well die Unm6glichkctc diefer Entstehungsart zwar nicht bewicfen werden kann, der Gcdanke dcrfelben aber dcr incnfchhchen Deokuogsart durchaus wider- fpiicht Ware nun blofs zwifchcn cliier folchen Entstehungsart , iind zwifchen der Bildung dcr Welt durch ein verstandi- gcs Wcfen, zu wiihlen, um das Dafcyn des Unendlichcn zu bcwciCtn : fo wiirdc die Gcwifshcit von dcmfelbcn allerdings der maihematifchcn glcich gcstellt werden kCn- nen. Der voraubjjtrctzte Wechrdf.ill cr- lchdpft tber die Moglichkeiten mchr, und der Bcgriir eines We(ens» welches die Welc gebildet h«t, ist nicht der ganae Begriff dcr Gotdieit»

fiai befriedigeoae Weiie abtnleiten, ja Ein- wenduDgen ausgcfctxe, die aiis ebcn diefer Betrachtung hergenommen , und durch keine ttniweifeJhaften Orunde gehoben werden konnen.

So (ind alfo alle drcy fpeculauvc Bcwcire liir daa Oafeyn Goltea nicht ganx befriedi- f end. Wenn aber dieit lugegeben werden mufs, fo ist dagegen fo viel gewifs, dafs der Glaube an einen huchft ▼oUkomnieoen Urlie- ber der Welt, dureb, die naturlieben und nieht lu iiberrchenden Winke dcr fpeculi- renden Vernunfc vorbereitet» uod durch das Interefle der practtlchen Vemunlit voUendet werden kann. Daft der Menfch nach dem Grunde aller Dinge frage, und durch diefe Frage anf den Gedanken einet nothwendigen Weient konune» itt keinem Zweifel unler* worfen. Licgcn nun in dem BcgrifTe deflcl- bcn mehrereEigeofchafceo, die io dem Ideale dei vollkommeosten Welena enthalten finds fo ist cs natiirlich, dafs bey denjenigen, wel- che nicht fo bcstimmt iind» ciue Erganzung •ut dem Ideale eintrete. Verliert fich der

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Menfeli bifweileiB in der Uabe^iflictikett

ciiies Wefcns, das dcii Grund fciner eignen und alier tibrigenDiQge ExiiCeni enthitlt, und «ill er detwegen aJlet Fodchen nach demieU bcn aiifgcben : fo fiihrt ihii die Betrachtung der ZwcckmSisigkeit» in der Einrichtung der Welt, wieder auf einea wei(en Urheber der- fclbcn zuriick. Sie ist dcr Abdruck cincs vernunftigcn Geistes ; denn fie if t eine Ord« nung nach allgemeinenGe&tten, nnd beydie« fer Ordnung von fo ktinftKcher Zttfinimen- fetzung, dafs cs dcr nicnrchlichcn Dcnkungf* art durchaus wideripricht, ein blindef Unge* fllhr, alf den Grund drn Weltbauf und alles dcffcn, was ist, zu betrachten. Dringt fich aber £o der Gedanke eines unfichtbaren We- lenf aul» wdcfaef der Materie die Form ge- gcbcn, und iii dicfcr Bildung ciiic, fiir den Menfchen» unendliche Macht und Wcisheit geseigt hat: fo vereinigt fich mit die(em Ge- danken wieder naturltcher Wei(e der, daft cbcn dicfcs Wcfcn atich dasjcnigc fcy, wcl- chet den letsten Grund aiJer Dinge enthllt, und dcm Ideale der grolsteiiVollkommenheit

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entfpricht. Bleibt man alfo bey der m e n fch* lichea Denkart stebeu, fo ut die Amiahme eines allniachtigea, allweiien Urhebers ^er

Welt, auch in rpeciilativer Riickficht, die veniunftigste Meinung. Soil iie aber ein fester Glaiibe, uad dcr vollendete Begrtff der Gottheit gef<i(st tind gerechtfcrtiget werden, fo Jicgt Jie Moglichkcit davon nur in dcm praetircfaen VemunftintereiTe,

WSrc die Fragc ilber das Dafeyn Gotte» cuie blofse Frage dcr Speculation» fi> wurde fie Ttr die wenigsten Menfchen von gioiser Wichtigkcit feyn*, uiid da dic vollige Bcant- wortimg dcrfcibcu noch iiberdicfs unauflos- baren Schwicrigheiten unterworfea ist: ib witrdc fclbst von denen , die, iim den Kreii ihrer KcimtnifTc zu vcrmehren, iich in theo« logifche Uttterfiichungen einiairen« ein grolser Theil diefelben wieder aufgeben, wenn fie nicht in Vcrbindung mit dcm Verhalteo und der Ruhe der Menfchen strmden. So wie nmi das practi(che VemunftinterelTe die Frage iiber das Dafcyu Gottcs crst aligemeiizej: wicii-

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tiginaeht! io bfftiniiit f auch dic Beant- wortung dcrfclben auf cine entrcheiden" de Weiic. Oa dic bJoff rpeeulativcaGruode liir daf Dafeyn Gotcei andere gegen (ich ha« bea, welche nicht ganz nicdcrgeichUgea wer- den k6nnen : ib find die crtten, wenn fie auch nach der meofchlichen Denknngiart uber- haupt das Uibcrgewicht haben, nicht liiiirci- chend^ cine harCnSckige ZwciCelfucht zu uber* vinden. So weit aber kann )eder Menicb, der noch einigen Schein vonVemun ft bchaup- ten will, gebracht wcrden, dafs er wenigsteus ein Gleichgewicht dcr ipeculattven Griinde fiir und wider das Dafeyn Gottes eingestehen mufs, Wird nun gezeigt, dafs die Annahme deffelben in practifcher RUckficht nothwen* dig ist» fo kann auch der hartnHckigste Geg- ner nichts gegen den .ichtcn Glauben an Gott einweodcoy wenn er nicht zugleich allcMo* ralitllt als gnmdlos darzustellen vermag; und diefs vermag er nicht andcrs , als indcm er die Vcrnunft fclbst aufhcbt.

Ein folcher hartnickiger Gcgner ist der Menfch ntcht feiteo gegen fieh lelbst. Er

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lchwankt voneiiieiiiGedankeii iirai entgegeo*

gcfetzfen, fo Imgc gar ntehtf da itt, wtf den Eincn rchkchterdings nothweodig macht. Diefet Schwanken verfchwindet «ber uher- haupt, fobllld fich auf der einen Seite etn practifches Intcrcflc zcigt, das auf der aii- dem fchlt. Denn der Menfch befindet Ctch iiur dann wohl» wenn Handeln und Denken mit cinandcr ubcreinstimmcn , und niinint detwegen oft Meinungen an, 'lic gar nichti weiter fCit fich haben» als die Uibereinitim- mung mit feiner Handlungtwetie. Noch machciger mu(s alfo das practifche Interene werden, wenn der Zweck, den er verfolgt, nnnmginglich festgettellt, itnd surErreicfaun* gen dclTelbcu eine Bcdingung fchlcchtcrdings nothwendig ist. Denkt daher der Mcofch I1I06 uber die Moglichkelt, die Freyheit des Willens mit der Natwrnothwendigkeit eu vereinigcn, fo kann cr dic t^rcyheit baid glau- ben, bald nicht gJauben; fobaid er aber die> fclbe in Beciehung auf dte Handlungsweile hetrachtet, n nd fo handelt, als ob er eia freyes Wefen (ey: fo verfchwindet gewdhn*

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lich (lic Kraft ancrGriinde (iit die Natiiriioth- wendtgkeity als der einitgeo Wirkiingtart in dcrWele, wie die Kraft derTraumbilder bey der entgcgciigefetzten Erfahrung im wachen- den ZiMtande* Eben fo ist ei in Riickiicht anf den Glauben an daa Dafeyn Goftes. Hat dcrfclbe dic Handltingsweifc ziim Gnmdc, fo kann er eine Feitigkeit gewinnen, die jedein Einwurfe trottt. Auch it t der Reehtlehiffeiie bcfitgt 211 fagcn : cr wolle aiif alle Vcrniinftc- lcyen, die den Glaiiben an Gotc waiikend zii luachen drohen, nicht «chleas £> wenig er darauf tn antworteiiy oder ihoen lcheinbarere entgegcn zu stcllcn , im Stande fcyn mochtc. Denn iein Urtiicil wird von einem IntereiTe bestimmt, daa er nicht aufgeben darf, ohne Cch fclbst zu veraclucji, das von kcinem an- dern uberwogen werden kann» und die Ipe- eulative Vemiinft wenigttena ebca Ib gur f tir als w i d e r Hch hat.

Itt auf diefe Wciie dcr practifche Gnmd^ auf den der Glatibc «n Gott beniht» uncr* ichtftterlicht fo itf er nieht weniger Ib bcm fcbafien» dait auf dcmielbea aikio dcr be*

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stimnitc Bcgriff von dcr Gotthcit ge- ctiitzt werden kaDn, delTen der Menfch btf« aarf. Und in aie&rRuckficht tit (eine Kraft noch aiisgebreitctcr, als in fo fcrn cr den Glaubcn an einen weifen Welturhebcr iibcr- luupt fichert.

Der Ge<lanke eines nothfieiMiigen Wefimf» welches den ietzten Grund allcr Dinge ent- hilty ist fo genau mit der menichlichen Deo- kungsart verbunden» daft die nieittai Men- fchen gar nicht die Schwicrigkciten fiihlen» ivelcbe die Speculation dagegeu erhebt, und die wundervoJle Einrichtung der WeJt, aJa d?r Abdmck cines verstSndigen Wefens, kann ihnen fo einlciichtcud gcmacht werden, dafs auchdaruber keineZweafel entsftehen* Wenn es aber darauf ankomni^» den Glauben an eineu m o r a 1 i fc h e u VVeltiirheber zu cr- weeken, der die Macht und den Willcn hat» jeden Menfcfaen in folche VcrfaJUtnifle su fetzen, dafs es ihm inoglich werdc, filr die Daucr feiner g a n z e n £xistent ieinen g a n* len Zweck su cneichen: Ib itt neder dcr Gcdanke an cinen Welturhebct uberhaupty

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noch die Betrachtuug dencn, was in dcr Wclr» feineiii Werke» gefchieht, hinreU chend aiif eine entlcheidendeAntworl zu fiih* rcn. Diefc hangt stets von dem practifchea Vermmftinterelle ab. Es iaiat fich nicht ein- raal denken, dais dcr Gottheit eher die Hei- ligkeit des Willens beygelcgt werdc, als die Verminft et dem Menfchen wut Pflicht raacht, felbtt diefer Heiligkeit nachnistreben. XJnA da nian von jehcr in der Wclt ein Mifsvcr- haltniif twifclien l^ugend imd Gliickfciigkcit tu bemcrken geglaubt hat: €o kann auck nieht dieBetrachtung deffen, was g e fch i c h fondcrn dcr Gcdanke derfen, icas fcy n f o 1 1 1 auf den Giauben an einen moralifcbea Welturheber, gcftibrt haben. So nattir* lich es ferner ist, die Grofse drr MAcht iind Weitheit» i«ovon fich dieSpuren in dcr wirk- lichen Welt finden, bit xur wahren Uncnd- lichkeit auszudelinen : (o kann dcnn doch diefc Ausdehnung nur durch das practifche Vemunfitinterelfe hinl^inglich gercchtfertiget \rerdcn.

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Will mn tHo eineawurdifenBegrilF von

der GoClbclt beybringen, itnd den Glaubca an dat Dafeyn derielbeo Auf eine unerrchtit- terliche Weile grtinden : fo emecke und er* wcitere man c^as IntcrcfTe an der MoraliHt. Dadurch wird man die Mearchen geichrig macbent die Gnindwahrbeicen der Religion aufzunehincn , imd fett in denfelben tu blei- ben. Dann wcrden dicfe zuriick auf dic iitt« liehe Gefinnung wirken» und ihr einen ini* ner grofiem Einfluft auf dat Leben verlcbaf^ kai dann wird cs in mehrals eincr Riickiicht wabr werden» dadi, wcr an die Tugend aucb an Gott» und wer an diefen glaubt» auch feiuc Paichtcu crfiillt.

Ist ei abcr nicht niededcblagend» dals

dic \ crnunfc die wichtigsten Au%aben ttleht auf ciue iiber alle Zwcifcl crhabcnc Weife zu Idlen ▼emtag; dait fie our Glauben da be- wtrfcen kann, wo apodietifche Gewift^ beit in doppclter Riickficht fo niitzlich wire ? Wiirden nicht die Menichen» wcnn iie von Gott und Unitcrblicfakeit auf dne-un*

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wideritehliche Weife uberzeugt wifcn, viel berfer und viel glueklielier feyfl? . Diefe Klage ist fo natiirlich, dafs fic wohl in den raei&tea Mciifchea» dietiibcx ihre eigene Bettiniinuog und uber die ihret ganien Ge« lehlechft nachdenken» luweilen aufiteigt ; ist fie aber aiich gerccht ? AJs folche wird iie ichwerlich erfcheinen kdnneflt wenn fich tcU gen Isftr» dali felbft dat Dunke], ivelchet den Urhcbcr dcr Welt und die Aiisficht in die Zu- kun£t bedeckt, der eigentlichen MoraJitSie gtinttig itt$ iind dieii liTst fich in der That leigcn. Warc iins die gewiinfchte Einficht lu Tbcil gcwordcn» £o wiirdco, ttatt des Slieits, den ietxt die moialilche Gefinnung init den Neigungen xo fnbren hat, in weU chcm, nach einigen Niedcrlagcn, doch ail* tn&hiig iBoralifche St2rke der Seele xu crwer- henist, Gott und Ewigkeit, nit ihrer furchtbarcn Majestat uns unablifsig vor Augen liegen; dcnn, was wir voUkoin- iDcn beweilen konnen, gtlt, in Anlehung der Gewirsheit, uns fo vid, als wovon wir ims durch den Augeoichein veriichera. Dic Uiber* Na

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fretung d«s Geietses wurde fireylich vennie* dcn, das Gcbotcnc gcthau werden $ weil aber dic Gcrinniing, aus wclchcr Handkingea gefehehen foUen , durch ketn Gebot mit eio- geflSfit werden kann , der Stachel der Thl* tigkcit hier abcr foglcich bcy dcr Hand und itifserlich ist, dieVernunftalfo iich nicht allererst enipor arbeiten darf » um Kraft tum Widcrstandc gcgcn Ncigiingcn dnrch Icben- dige VorsCcllung der Wurde dcs Gefetzes xu fammehi: fo wurden die mehresten geieti» niifsigcn Handhmgcn ausFtircht, nnr wcnige aus Hoffuiuigy und gar kcine aus PHicht ge* fchehen» ein moralifcher Werth der Hand- iungen aber, woraiif doch allein der Werth dcr Pcrfon, und fclbst der der Wclt in dea Atigen der hochsten Weisheit ankommt, wur* de gar nicht eiistiren. Das Vcrhalten der Meiifchcn, fu lange ihre Natur, wie fic icfzt ist, bliebe, wiirdc alfo in ciaciu biofsen Me« chanismui verwandelt werden, wot wie im MarionettMifpicl, ailcs gut gcsticuliren, abcr in dcn Figurcn doch kcm i.cbeii anzutreflfcn feyn wilrde. Nun» da es mit una gant an*

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dm beTchafreii isf^ di wir» mit aller Aotfren*

gung der Verminft, iiiir eine fehr dimklc iind zweydeiitigc Ausliclit in die Zukunft habeny der WcJtregierer tiiis iein Dakyn imd feine Uerrlichkeie nur mtithniarten , nicht erbli« cken oder klar beweifen iafst, dagegcn das moralifcheGeiets in uns, obne uns etwas mit Sicherheit au verheifien oder «u drohen, von uns uneigenniitzige Achtung fordert, iibri- gens aber, weon diefc Achtung tliatig und herrfchend geworden» allererst akdann uod mir dadurch, Ausfichten ins Reich dcs Ui ber- finnJichen, aber auch nur mit fchwachen BIl* cken erlaubt: fo kannwahrhaft fittliche, dem Gefetie unmittelbar geweihte Gefinnung Statt finden, und das verniinftige Gefchopf des Antheils am hochsten Gute wurdig werdeii, das dem moimliTchen Werthe feiner Peribii und nicht blofs fcincn Haiidhmgen angcmef- fen ist. Alfo mochte cs auch liierwohi da« mit feine Richtigkeit habeuy was uns das Studium der Natur und des Menfchen fonst hinreichend lchrt, dafs die tinerforfchiiche Weisheitj duroh die wir eiistiren, nicht mio*

5fo

der iferehningtwiinlig iit iu ^cm, wat fie tiiis verfagte, aU in clem» was fic uiis zu Theil werden iieis. «)

) kants Critik der pracnrcKen Vernimi:, ^264^

L>iyKi<ica Uy GoOgle

Fereini^ufig Mer imralifchen Crund-

fdtze.

Wcn.. inaii bcdenkf, d.ifs , fo weit tnaU Qur ia die Gcfchichte der WiXrciirchafien su- ruek^heo kaon, tiber die Bcichifenheit un<I 4en Gmnd der Siftlichkeit philofophirt wor- den ist : fo ist cs in dcr That nicht wcnig mnderbar, dais es dem Ende dieies lahrhun» derfs vorbehalten (eyn foUte» tiber eine, dem Mcnfchen fo nahe licgcndc, und fo wichtigc Aogelegenheit» GrundHitie aufiustellen» die allein vollgullige Wahrheic haben. Wird abcr daher eine Einwendiing gegcn dicKanti- fchenLchrcn gcnomincn» und denielben blo6 deswegen die Richtigkeit abgefprochen, iHreil fie fich in den Sehriften der fcharffinnigsten Mauner allcr vorhcrgehendcn Zeiten ntcht fioden: fo ist eine folche Einwendung theilt an fich nichtig, theils, bey nlherer Betrach- tuug, leibst ailcs Scheias bcraubt. Wcr die

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Wabrheit Xucht und iiebc» muis prufeO| und «twas nicht bloft deswegen venveffen, weil et neii tind den Meinungen tuwider itt, wel- che fcharffmnjge Minner auszufchmiickcn ver- standen haben. Wiren indeiren die neu aufgestellten Grundritse von der Art, dafi fie die nienfchliche Denkart iimkehrcn follteny und dieMeinuogen aller vorhergehenden Zei* ten d tt r c h a u s iur faUch erkrjrten : (b wiir* de eln Widcrstandgcgcn fo fchncideude Neiie- ruogen gewiiTennaisea emfchuldigt feyn. Denn bey Lehren» wo et nicht auf ^uisere» lchwer aniiistellendc Er&hrung, oder auf dat Refultat einer langcn Kette von Schlufseoy fondem auf das unmitteibare Bewiiistreynund

^ Bs ist unbcgrtiflieh, wie Minncr* die anf

Grfindlichkeiit Aofpnidi mscheo, fichnichc tcheuen, bto& die Autoritlt der altcn f hilo- fophie flozuluhren uod zu crklftreo, fie woJ- lcn fich gar oicht aof dic Uotcrfuchuog dcr oeuen eintaflcn, gleichwohl «hcr diefclbe sls lacherlich und venverflichdarstellen. Wenn in cincin folchen Veifahren Achtung fiir die Wahrhcit herrfcht: fo isi kein Mcnfch aof Erdeo, io dem fie otcht herrichc.

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auf die aligemein notbwendige Anweiidung einen Geietzes ankommt» w3re die lange Ver-

borgcnheit oder Verkehriing deflelben aller- dings cin bcdciiklicfaes Zcichcn* Dafs diefea aber der Kantifehen Moralphilofopliie gar nlcht beygelegt werden konne, ist ein Hatipt- puncc alier vorhergehendcn Betrachtungen geweTen. £t itt geieigt worden, daft die« lelbey weit entfemt mitdenUrtheilen dcs ge- mcinen Vcrstandet zu streiten , fich aus den- lelben lierieiten» oder doch mit dcnfelben in die genauite Verbindung ietzen lafie. Nicht die allgemeine Denkungsart, fondcrn niir das Kironneincnt dcrPhilorophcn iiber dierelbefoli timgeliehrt werdeo. Und (elbtt dem letstem wird nicht alle Wahrheit abgerprochen, Ibndcrn nur Einfcitigkeit, oder Uubcstimmt> heit augefchrieben. Nun muiste man doch 2n der That fonderbare Begrifie von dem Gangc dcs meurchlichen Gcistes habeUy wenn man et f iir unmoglich , ja nur fitr unwabr* lcheinlich hielte» daft er fich durch Einfei* tigkeit der Grundfatzc und diirch Unbe- ttimmcheic der fiegri^e verirren, odex von

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reinen Vcrirrungcii ziirnckgebracht tveideii konnc. SolJtc jcmaaci dielen Wahn hegen» Co darf cr ja niir auf die ib groiie Ver* f eh t e d e n h e i t der Grundf^f te blicken» wel- che ubcr die Sittlichkcit aufgestellt wordcii find. A 1 J e konoen fie doch nicht u n e i n ge* fehrSnkt wahr fcyn, und als vollendet kaim doch auch keinc Unterruchimg angefehen werden» £o lange die Refiiltate derielben theils mit fich fiflbit, dieils niit der allgenei^ nen Anficht strciten. Dafs dicfer doppelte Strcit Statt finde, iit gexeigt worden, und denfirlben aufiuheben, ist die neue Pbilofi>- phie bcstimmt und gefchiekt. Denn fie zcigt, dafs ailc Partheyen in ciner Ruckficht Recht» tn einer andem aber Unrecbt haben» und fchlichtet fo den Streit unter den Philo- fophen, wie die meisten Strcitigkeiten in deui Ccbiete der WifiSmichaften fowohl» ala in dem Gebtete der burgerlichen Angdegen» hetten gcfchlichtet werden. Nachdera nun in aiufiihrlichen Betrachtungcn das Wahre von dem FaMchen in allen» vor Kant ilber die Sittlichkcit aufgestellten Gnmdfitzen, gcfdiie»

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Jen wordcD ist : fo CoW ietzt noch eiae kurze Uiberficht der TreniiuDgt*iiiid Vcreiniguiifi» punete derlelben yon und tnit dem Kantiichen Grundfatzen aogestellt, und insbefondcre die Hamonie vondieien mitder cliristiichenMo- f al gefeige «erden,

Wenn fich die phiiofophiiende Welt ia xfvey Hauptpartheyen trennt» Ton denen die

eioc waudelbare , und dic andere unwandeU bare Regeln der SittiichlLeit anninimt, (b hMt fteylich nur die letste Recht^ in fo fcm fie abcr dafTelbe anf unhahbare Gninde stiitit, (o ist die «ndcre auf ihrcr Seite berechtiget, diefe fiir nichtig su erklSren. Sagt die eine, «ur ToIIen tugendhaft feyn, weil wir fontc nicht ghlcklich feyn konnen» odcr weil es der Wilie der Gottheit itt » ib iat die andece beftigt» ni erwiedem: eben weil dem Men- fchcn Allcs auf Gluckfeh^keit ankonimt, diefe aber von leiner individueiien Beichaffenheit «bhSogt, fo giebt ei keine allgemeingultigen Rcgcln, und cs ist in fich widerfprechend, daa Streben nach Glucldeiigkeit tu einem Ge-

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ftote ttt maehen ; oder fie ist befiigt, zii fra* gen: kann bey deii fo verfchieclnen BegrifTcn von der Gottheit, vrelche in verichiedenen Llndern iind lu ycrfehiedenen Zeiten» noch herrfchen, und von jeher gehcrrfchr habcn» irgend einc moralirchc Regel als eiu aligemein- guhiget Gebot Gottcs vorgestellt werdenl Dicic Cinwiirfe min werdcn dadurch nieder- gcfchlagcuy dafs das Sitteugerctz aus dcr wc- fendichcn Form der Vcrpunft abgeleitet, von dcm Strehen nach Ghtck(e]igkei| gefehieden» ja dcniiclbcn, in gewilTer Kiickfichty eutge- genfetfty tind eben deswegen ali ein Gebot vorgestellt wird.*)

*) Gegen die Schcidung des Sittengefetzes von illein, was unmirtelbar zu dem Srreben ntcli GhlckfeHgkctt gehort , hat man den fondcsp barcn Einwurf gemacht« dafs £&r den Men- fchcn, als ein zufammengefetztes Wefcnt luch kcin reincs Vcrnunfrgefctz au^c- ttcllt werdcn lUn fe. Sind dcnn dic chymi- fchcn Schcidungcn deswcgcn unnurz , wcil doch allc Korpcr zufainincngcfetzt find ' leh- rcn fie nicht viehnchr , wic man aut" die zii- faminengefetzten Korpcr am bcstcn wiiken koone ? Uud endhch » wird nicht nach der

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BeCraobtet nan ferner dlc einfelneii Grttndfiltte uber die Stttlidikeie» (b findet inan ebenfalls m jeUem einen Vereinigiiiigs- punct mit dem Kantifchea, und wird dieier gefafity fo veriehwtndet xugleich der Streit zwifchen den verrchiedenen l'Artheyen.

Sagt EpicuTy der Menrch handcle nur, um cntweder eine unangenehme Empfindung xu entlemen, oder eine angenehme tu erreichen» uud es komme foJglich bey der Moral allet auf Gliickleligkeit anx £0 iit iein Vorderfatx unbedingt suzugcben, aher die FoJgerung nur mit E i n fc h r a n k u n g. Zur Tr i e b f e- der ist £reylich bey ieder Handiung Gefiihl nothig, diefi iit aber bey der Moralitat ganx eigner Natur, und niit deii p h y f i f c h e n Ge- fuhien nicht zu vcrwechlcio. Hat mau es daher in den neuem Zeiten davon geichieden unil unterdemNamendef moralifehen, aliden

Scbeidung dcs Sitten^cretaei von flllem 2n« fUligen, tuf die doppdie Ninir dei Men- Ibhen eben diduieh Euckficht geoooimen» difs die moralifchcn Hsmdlongen lU Pflich. tcn vorgcitellt werden?

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letzfcn Bewrgttngsgrund *nr Erfiillung der Pflicht» augefchea : fo kam man der Wahr- lieit um einen Schritt diherf erreicface fie •ber nicht ganz , in fo fcrn man den inorali. fchcn ^inn als unabhangig voa dcr Vernunft anfah. Dieie enthiic <lat mora* lifche Gelett» un^ wirkt dadureh lelbtt <lae Gefiihl , das zur ErfuIIung dcnelbcu antreibty «ie in einer eignen Abhandlung geieigt «op> (len itt. Kommt ee allb auf genaiie Bettim- tnuiig dcr Rcgeln an, y/omach dic BcfchafFen- heit der Handiungen xu richten itt, ib ent- hllt Epicurt Mazime nlcht nur nicfati Befrie> digcndcs, foudcrn ist aueh eine unfelige Qyelle von faifchcu Vorstelluagen imd Hin- demiffen der moralilclien Gefinnung. In £> dagcgcn Epicur unter der Gliicfcieligkeit dic Scl bstzufricdenheit, als eiae Fol- ge der Tugendy mit begriff» und die mora» lifche Gefinnung fehon vorautfett- te, hattc cr freylichGrund zu bchauptcn, der Menich handie niir auf Antrieb detSchmertef oder det Vergniigent, und beiiehe Iblglich alics auf Gliickreligkeit.

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Weon ^ie Stoikcr behaupteteii, et kom*

inc bcy clcm RcchthanJcln gar nicht auf Vcr- gniigea» fooderu auf die unwaodelbaren Vor« fchriften der Vemiiiift an, fo geben fie «len Gnind der Sittlichkeit ganc riehtig an. In Co fern fie aber doch -wicdcrum die Gliickfelig* keit eben £6, fvie im EpicurifchenSytteinet«lt Zweck Torhalten > und noch uberdieft in ei» nen Gemuthszustand fetzen» der dem Men- ichen unmoglicb xur voUkonmienen Zufiie» denheit mit leinem Zut tande hinreiehen kann : Co ist das StoifchcMoralprinzip aiif dcr cincii Seite doch nicht rein» und deswegec einer faJichen Auilegung lllhig« und auf der andera der allgcnicinen mcnfchlichen Sinnesart we- nig aiiKemelfen. £s mu(f alfo der Zweck» anf den die Stoiker vcrwiefen, von dee Qtielle, aus der fie die Sittlichkeit herlet- teten» gctrennt wcrden; und dann stimuit ihr Syt tem mit dem Kantifcheut in Ruckficht auf den Urfprung der Sittlichkeit» iibeiein.

In dem Epicurifchcn und in dcm Stoi* fclien Syateme Jiegt ein Haiiptfehler darin, dafi daa eine geradesu, und das andete durck

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cincii Umweg aiif GliickfcJigkeit, als dea iecsten Zweck der Sitdichkeic» yeripveist. Da« «kireh wlrd et iinmoglieh zu faflen» vile dic Menfchen daranf gckommcn (ind, crstiich die fittlichen Handlungen als Pflichten» und daa Gefetx, au£ dem fie beruhcn» als ein GeboC vorziistellcn (Jcnn zura Strebcn nach Gh'ick- ieiigkeit i>edarf es kcines Gehots)i imd zwey* tens gute und bofe Handiungen von dea angenehinen und unangonehmen, Klughett von Kcchtfchaffcuhcit, und fo manche andere Begriffe von einander tu unterfcheiden» ja» noraliiehe Wnrdigkeit der Unwtlrdtgkcat» und Tugend dcm Lastcr cnfgcgen zu fetzen. Diefe Febler vermeidet das thcologifche Sys- tem* indem es auf den Gehoriam gegen Gott vcrweist , uad dcn Herrn der Natur und des Menfchcn— zugleich als den Richtcr und Vergelter der Unterwerfiing imd des Wider* strebens, unter tind gegen {eine Geietf e, vor* stcllt. Dafs nun diefe Vorstclhmgsart mit dem Kantifchen Systeme, in einer gewiifen Ruekiicht, nicht nur nieht streite, Ibndern aus dcmrelben hcrvorgehe» ist gczci§; wor-

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den» Sueiit nan aber die Gebote Gottet «!• vrUlkuhrliche VoHchrifteii aiiy die ihre Kraft

niir durch dcii Gedankcn an Strafe iind be- iobnung erbalten, und verweist man auf die* ali die einzigenTriebfedem sur Tugendi fo vergifst man thcils die Wiirde des Men- fcbeny der tim dcs blofsen, in ihm felbst lie« genden Geletief «illcn» handeln kano, und handeln foll, theili die Unmogltchkeit dle fittlichen Grundritze ais aligemeingultig auf> fer Zwei£ei zu ttelien*

Wird fo das Wahre von dem Falfchcnf oderUnbestimmten in aiienGrundritzen uber dle Sittlichkeitgeicbiedeny fo flUt nigleich entwcJer derStrcit untcrdenfelben ganz weg, oder es wird das Mittei angegebeny durch welebet lie vereinigt werden konnen. DenA vms das Erste anbetrift, fo ist l)ey dcn Par- theyen, wclche die Sittlichkeit biofs in ficzie- hung auf dat vontellen, vnii unmittelbar tn demMenfchen liegt, nur derGefichtsptinct vcrfchicden, aiis wclchcm fic den Unterfchicd xwifGhen Recht nnd Unrecht betrachten.

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Sieht tnan aiif dcn Gemuthszustaud, welchcr fitte tind bofe Handlungeii begleicen kinn, Ib findee man mit Epicur die lUifriedenheit flnd Unzufriedenheit im Zufammenhange mit der Gluckfeligkeit» imdi fiihrt fo die iittlicben Handlungen nuf dat Gefuhlmrmdgen uber* haupt luniefc; betrachtet man den Unter* fchied, der fich zwifchen der Zufriedeqheit oder Unxufiriedenheit mit fich lelbtt, und an- dem tngenehnicn oder tnnngenehnien Oe* inuthfxustanden findet : fo kommt man auf dai moralifche Gefuhlt *l* ^on dem phyfifchen durchau» iinterlchieden ; he- merkt man endlich, dafs die Wirkung des moralifchen Gefiihls von dem Gebrauche der Vemimlt abhingt» nnd dafi uberhaupt nur in dicrcf allgemeingultige Regeln des Ver- haltens licgen koaaeny fo findct man den Grund jeoet Gefiihlf mic den Stoikeni tn der Gefettgebung der Vemunft. So hingen die Grundfatze dcr wohlgeiinnten Epicurlier, der Vertheidiger det moraliichen Geluhli» und der Stoiker, wie Stufien iiilamnien. Wtrd nuu aber nach diefeo Gruudritf ea das Strcbcn

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Bich Gluckfeligkeit ia imniittdlMieii Za£m» meiilitflg mit der Sittlichkeit gebncht, fo yaixd es dadurch unuioglichy theils dic Ge- letie det Vernunft Gebote, theili die Uibertretung oder Befolgung dcrlSftlben df mit den Folgen begleitet zu denken , welche «uf derNatur einesGebotf cntfpringcn. Vcr« «etit daher der Theologe «u£ den Gehorlam gegen Gott» to leird die Vereinigung zwi- fchen ihm und deiijeoigen» wdchc fich nicht in die uberfinnlidie Wdt verfidgett «oUeo» dadurch moglichy dafi der Zufiimmenhang Von dicfer mit der Geretzgebung derVcrnunft gexeigt» und daf Gebot Gottcf , aU daa Gebot der Veniuiift gereditfertigt wird, ehe cf au£ den Willen Gottcs bczogcn wcrdcn kann» Und fowohl jcnen Zufammcnhang zu zeigcn» df dide RechtfertiguDg su hewerkf telligen» ist dleAbficht allervorigenBetrachtungen ge« wefea. Wer das Sittengefetz laugnct , hcbt die vrcfcntlicheEinrichtung dcr Vemnnfc «uf« tmd verdient dcfwegen keine Widerlegungi wer es zwar anerkennt, aber uicht als ein Gebot bcttachtct» vergi(ft daa Widcrftrcbcii Oo

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der Siiinlichkeit gegen dat Geictz, iind dicBe* diirfugkeit (^iner Naiiir $ x9£r Jiefe atirrkeiiar, und doch cincji Zufammenh;»n{^ twifchcn dcr giiteiiGelinauiig uiid der Gliickfeiigkeic, ohne Vernitctehtng der Gotcheit, und ichon auf die- fcr Erdc annimmt, dcr vergifst iheils dieVeiw fcbiedenheic dcr Griindc, auf wcichc die bey« den Hftitptxweeke det Menfchen beruheny thcils die Usimogltchkeit, mit diefer Annah- me die Erf^hnmg zii vcreinigen.

So macht die neuere Philofophie eine Ver- einigting aller Partheyen dureb einen Grund- fatz moglich, welcher aiif der cinen Scite aliet Individuelle ausfcblicfst, und allgemein- giiltige» besctmmtcRegeln det Verhaltent ent- hiU, auf der andem aber tu cben den Gcdan- ken leitet, wclche den iibrigen Mor^ifyste- neo xum Grunde iiegen.

Der theologifchmoralifche Gnindiats itc bisher nur im Allgcmeincn bctrachtet wor- den» ohne Riickficht atif die beibndere Art, fvie er in der Chriiilichen Religion vorgetra- gen wird. Die Uibcreinstimtnung «wifcheii dicier und den Kantifciteu Gruiidiatzea nocli

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iu fetgniy dilrCte um fo weniger liberflursig

feyn, da diefclbcn auf der eincn Scite in dic- lec Riickficht gcinifsbraucht, und auf der an« dern aI(gefilhrlich(Urgescellc werden* Drey- fach ist derGefichtspunct, unferwelchenieuie Disharmonie zwifchen der Christlichen Moral und der Kantifehen gefiinden werden kann, Die eine, kannnaniagen, weistoi^ aufGluck- feligkeit, itnd die anderc nur auf Pflicht ; die eine verweisr auf Ltebe zuGott und denMen- fchen , die andere hingegen auf Achtung fiir ein GefctZ) und erkl^rt zugleich, dafs Liebc und Acbtung ganz verrchiedencGefiihle Hnd; die eine endlich stutit fich auf Rcligion, und die andere inacht diefelbe von fich abhangig. Wenn nuu gezeigl werden kann , dafi diefe Satse» nur in einer gewilTen Bexiehung, nicht nber durehaui cinandcr geradc entgegen ctc« hen, und dafs felbst diefe Beziehiuig, recht verstanden, in beydcn Lehren vorkummt: fo wlid cs auch keincni Zwei£ei unterworfea bleiben» dafs d.e Chrlstliche Moraly weder ihrem Inhalte noch ihrem Crunde nachi mit dcr KaBtifchcn atgcite*

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Dafs in icr hetligen Sehrift viel Aiisrpnl- che vorkomuicii , weiche die Giiickrciigkeity oder vielm^r Seiigkeic dei Fronmen prei* fcn, ist gar nichr tu l*iugnen. Wenn nun aber Christus fclbst feincn Iiingcrn T^igt, daif «ie viel auf dieier £rde xu leiden haben wiir* den : Ib kann denn doch nieht die GhlcklS^» keit hauptrichlich gcmCLnt Tcyn , welche in

dierein Leben tu erreichen isti*) und

♦) Dflfs iibr!gens felbst bcy Vorhaltung der Pflicht, tils dem hochstcn Bestiininungsgrunde desWillens, theils, in fo fern fic fich auf uns felbst bezieht, ofrunmittelbar, theils bey den Pflichten gegen Andete, mittclbar, um den Widerstand der fmnlichen Neigun- gen zu iiberwinden, auf die cigne Gliickfe- ligkctt Riicklicht gCBoaiaMn wadto muflTe, odcrktenc, itt cbenfiinft cuidtficMich cn« gefiihrt wordcn. ( S. 436. ) Wcno mcn clib klagt» dcft fcit BinAkning dcs Kcntifchcn Morclprinzipc dic Kcnsclvcnifgc oftdnc ua- cintgliche Trockenheit licbcn: fo muis mcn dic SchuJd nichr auf die Lehre feibsr, fon- dern auf den Mifsbrauch derfelben fchieben* Der Buchsrabe tddter, nbcr derGeisr machet lebcndig Fatst man dcn letztcm, fo beliitc man nicht nur allc die Mitrel, welche ge- iiciiiciu iindt dcuerhcftea fiindnick cuf lUi

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dafs dcrjcnigc, wclcher dcr fittlichen Voll- koninieuheit nachstrcbt, in Ruckiicht auf fei- ne gaaie Ezitteiii, glueUelig t u preileii ist , hiingt mit Kants Lehren fo genaii zuram« nicti, dafs es wcitcr kciner Aiisfiihrung be- d«r£. £r (agt ausdrucklich, daft die Moral, in Verbincliing mit Religion» Gluckfeligkeitt* lchrc fcy, iind behauptct nur, theils, da(s dat Verweifen auf die Selbttsufriedenheit we* atg oder keineti Eindruck auf Menfcben ma- che, die crst zur Sittlichkeit gefiihrt werden folieny theiis, dais die iiofifnung zur kiinf*

Hcr7. zu niachcn, fondcrn gcwinnt noch ncuc dazu, Dadurch, dafs inan feit ciner zicmlichcn Zcit, dic Christliche Moral der Epicurifchen anzupafTcn fuchtc , bcrauhte man fie dcs Nachdrucks, den der Gedsnke der Pflicht an fich, und in Beziehung auf die g(^tr!iche Gefct?gcbung auf das menfchliche GemQfh m mtchcn veimtg; und ttellie mtn dieChrisdicheMortl tuf der tincn Seiic aicht tn ihren Rcinhetr vor: (b wtf(tt ntn ct tuch ktum, fie in ihrem gtostn Umftngt vorzusrellen, und bertubie fich dtdiirch tbcnfttlt dtr Mdglichketc, durch dtt gtoie Erhtbtnheit derRclI ^ioa und des Menlcheo, tuf dts Gtmuih deffelben lu wirfceo«

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tigen GlfickfeHgkeie, oder die Fiircht vor

dcr Srrafc, nicht als dic achte rittliche Tricbfeder an£uieben fty. Wendet man dagegen ein» dafs eben diefe beyden Behanp. tiingcn dei Christlichcn Moral widcrfprachen : fo verhert bey gehurigcr Utuerfcbcidiingdiefe Einwendung ebenfalls den Schein von Wahv- heie, den fiebeymerstcn Anblickehabcnkaiio. Deaa was dcn erstco Punct betrifc, fo darf tnan nur iii Erwagiing xiehen , dafs die ganie Art des Vortrags derChristliChen Religion cs immoglich inacht zii entfchciden , wie vicl odcr wie wenig Empfanglicbkeit liir die Selbstsufriedenheit iind den Gedauken einer kunftigcn Scligkcit bey den Menfchcn Statt gcfuudcn habc, welche tur Tugeud crmun« tert wurden. Will man aber ein Urfheil dar^ tiber fillen, fo kann man in den ersren Chri- stca, wcJche dic strenge Lchre Christi ange« nommen hatten» jene fimpfinglichkeit mtt Griind voraitsfetzen. Uiberdiefs ist es offcn- bar, dafs Chrisfus fclbst cinc gaoz aodcre Sprachc gegen feine Anhanger, als gegea feine Fetnde fuhrt. Wo findet man in feinen Re^

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deii aii dtere eiiic Spur der £rhinerung au die Seligkcif, die lie bey einem verinderfen Ver- h»\uu erlangen wttrden? Auf ihr Unreckt verweist cr Cie, utid aiif die Strafeii, dic fie tu erwarten hSttea, und beobachieteairoeben den Unterfchied , den Kant alt nothwendig darstellr. Aber Christus verwcist doch auf Strafe uud Beluhming» und raacht die einet wie die andere, lur Triebfeder der Tugend. Di^fs ist der zwevte Pnncr, i.i wclcheni dic ChrisclicheMoralderKaatiichv^n zuwider fc^u £o\\, Diefe letttere lehrt nun 2war erstent» daft die Furcht vor ktinffigcr phyfifcher Strafc nicht die a c h t c in o r a 1 i fc h e Triebfeddr fey» fcbliefst aber diefelbe alt etn Vorbereitungtmittel tur fittliehen Ge- linming nicUt aus, fonJicrn dringt zuni Th?il eben deswegen darauf, dais die Celiote der Pflicht, welche auf Strafe weiien, nicht tn bclicbi^cn Regeln det wohlverstandenen Vor- thciis hernhgerctzt werden. Uud stimmt nieht hiermit die Cbristliche Lehre vollkoni» men riberein? Erweckt auch diefeFurcht vor dcr Strafc, fo untciichctdct (ic doch davoa

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die Gefinauug, aiif welche fie dringt, xu* gleich aiitdriicklicb» indem fie dieUebe lu

Gott zurmoralifchcnTriebfcder vorhalt, iind bioMiietoty Furcht fey nicht in der Iicbe«

Waf tweyfent die Aitfficbt atif die kunf- tige SeJigkeit betrifFt, fo ist He bey der l/nvoUkominenbett» in welcber-fie unt erdff* net wirdy fcbon an ficb alf Triebfeder nicbt cher xu gebrauchen , als bis die (ittliche Ge- finnung fchon vorhanden» und die Sinnlich- keit itt einem gewiflenGrade icbon tiberwun* den ist. Christiis lehrt abcr auch ausdruck- lich» dais die Menrchen ohiie Riickficht auf die kiinftige Belohnung tbre Fflicbteo erful- len foUen. Tracbtet fiiertt nacb denReiebe Gottes, fagt er, fo wird cuch das Uibrige von felbft iu£dien} und dieit iagt er tu eben den Iiingcni, denen er nicbt verheblt, dafs fie vid zu lciden haben wiirdcn, und die foiglich am meisten auiterer Unterttutuing bedurften. Zeigt ein (blcher Aus fpruehy un- tcr folchcn Urostanden , nicht ofFenbar an, dafs die Belohnung awar einc Foige der

iietlacben Gefinntmg, aber nicht dieTrieb* feder derrdbcn reyarolH Wcnn fcrncr die Chritteii lu^fordert «erdea» der Heiligkeit mehntifreben, nnd ihnen hierin die Gottheit fclbst lum Vorbild aufgcstcllt ^ird: fo lirst iich doch bey diefer Aufibrdenmg nicht an eine Gefinming denken» die blofs detwegen Kraft bat, wcil fic durch dic Ausficht auf Belohnnng uulerstutKt wird. Kommen «iro in der heiligen Schrift Slellen voFf suf denen inaii fchlicfscn konnte, dafs dcr Gcdankc dcr kunftigcn Vergeiiung zur Triebfeder alier Sittliehkeit tu machen fey : fo mtiiTen He den «ngeftihrten Ausfpruchcn gcmafs crklart wcr- dcn. Und dicfs gcfchicht, V9cnn man zwar «uf der etnen Seite dat Streben» das Gute blofi um det Guten oder um des Ge- fctzcs willcn, aus wclchcni dcr Bcgriff deiTelben abgeleitet wird, xu vollbringen, ah die eigentlich fittltehe Gefinnung betrachtet; aiif dcr andcrn aber doch, uni dcr BeJ irftig- kett und Schwachheit der meufchlichcn Na- tur willen» theili die Ausfieht auf kunfttge /ufammcnstimmung dcr bcydcn Hauptiwcckc

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des MenfchcQ als nothwcndig darsteUf» theilt eben dtefe Aufficht von den Unterstutsangs*

mitteln dcr cigentlich noralifchen Gefinniing nicht ausfchlicfst. Auf dicfe Weifc wird der anichetnende Widerstrett der biblifchen Aus* fpniche niit fich felbst, und mit den Lehrea der rcincn Moral, io Uibcrcinstinimung auf« geldit.

Einc glcichcUibereiiistimraung findetfidi twifchcn dcmHauptgcbotc des Christenthums, und der obersten Regel allerSitttichkeit, wie fic von dcr reinen practtfrhen Vei»nunft ange. gebcQ wird, wenn jenes, theils nach feincr innem McgUchkeit, theils nach dem unbe^ f weifeiten Sinne anderer Ausfprtiche der het* ligen Schrift crklUrt wird. Gott (ibcr alles, luid dcn Nachsten wie (ich fclbst zii lieben» ist nach dem Ausfpruche Chrssti du Haupt- gebot, das der Menfch befblgen ibll: und nach den aufgesteilten Grundritzen der rci- nen Moral, filhrt auf der etnen Seite die un- befchrankte Gleichhett der Rechte swifdieii allen Mcnfchcn^ cbcnfalls auf ein Vechalten,

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vclches nicht anders feyn wtirde, wena wir «

dtn NichsMn wirklich liehcen» imd aii£ Aer andem dat Oebot, das Gute um der Gii*

tcn willcn iu thun, auf das unnachrifsigcStrc* bou der Got(hcit ahnJich zu werdeu^ welchcs Screben unstreitisLiebe xuGott genennt wer- den kano. Vci glcicht mau alib 'das Hauptgc- bot des Christenthums rait dcm reinen Ver» nunfitgebote» in praotircher Ruckficht, £o isC kein Sehatten von Disbarmonie en finden* Und wenn nach dcr einen Lehro Liebc, und nach der andern Achtung» £hrfurchc lur Triebfeder derSittlichkeiC gemacht wird : fo YiCst fich auch liier der anfcheiuciide Wii derstrcit hcbeu.

Was nun crstlich die Liebe w Gou be< trift , fo ist es an und fiir (ich widerfinnig, dabey an eigcntiicho Neigung und Wohiwoi- lcn (pathologirche Liebe) su denken, und kein Menfch wird es wohl wagen aii behaiip* tcn, dafs durch jencn bibjifchcn AusJruok dic Ehrfurcht ausgeichlollen werde. *) Indeaea

♦) Dafs Ehrfurcht vov Gott von der Furcht vor feiner Strafgercchtigkcit vtrfehiedsn fey, be*

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luntt doch auflbrclerDankbarkcit gegcnGott, «li aenGeber «Hes Gucen, Liebe tu ihm aoch die bereitwilHge Ergebenheit heit- fen, mit wclchcr fcinc Gebote crfullt deni uiia «uf diefc ftcdeiitung wcist dic hci- lige Schrift bettimnit genug btn. Sie fagt •mdnicklich, dafs die Liebe in Gott in der Erfullung feincr Gcbotc bestchc. VfirA «Ifo In der Ltebe noch ein befondc rcr Gemiithsfufhind gedaefat, Ib Iwnn et Kein •ndcrer, als dic uncingcfchranktc Bercitwil- ligkeit «u jener Erfiiilung fcfn. Nun kanii •ber eine folcbe BereitwiUigkeit lelbit nicht im cigeutlichcn Vcrstaude geboten vrerdeni denn chun wir das , wai wir thun f o 1 1 c n , febon fSr unt feibft gern: fo ast das Gebot iinnGthig i imd thun ^if ef fwir eben nicbt (ern, fondern mir aus Achtung fiirs Gc- fets: fo wtlrde es der gehotenen Gefinnung geradeiu entgcgen wirken. Alf Gebot

dtrf wohl keiner Amfiihrung, aber dcr Er- «ihttung» diinit nichf der Gedanke eincs Widcrsireiw, twircKen clncT vorhergehendcn iind dct ictitgcn Bchau|>tuog. Wurzcl faire.

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Ibll das Gef<:tx Uncerwerfong bewirken» und gleiehwohl wire der Inhalt Ib, daft et diefe Utuer\;verfiing wicder ausrchlofse *, denndiefe weitt allemal auf Zwang, und atebt der be* reitwilligen Brgebenheit entgegen. Da diefa eiii ofFcnbarer Widerfpruch ist, fo kaun dic Auiforderung xur LiebeGottet» nicht fowohl dteGefinnung felbtty welche darin aui* gc\inickt vcird, als dai Streben nach der* fclben, tum Gegenstande haben } tind fo ver- ttanden hat dieft Gebot einen Sinn, der mU KatittLehrfttxen vollkoniniett tibereinttininir. Denn nach denfelben liegt et allcrding$ ia dem Gange der menlchlichen fimpfindung^ dall die ehrftirehttvolle Schen ▼or deniy waa von Uns liochgcfchatzt wird, uns aber zu- gleich an unfere Schwichen erimiertt durch die immer Wichfende Leiehtigkeit» mit dec wtr demielben Geniige thttn, fich der Zu' n e i g 11 n g nabert. Das Gcfetz in reineui gan- sen Umfange liebeni und jedeneit gern erf<!lllen, itt die Vollendung der moralifchen GeHnnung ist Heiligkeit. Und da diefe «ttf der ttncn Scite ia der Chriitliehen Lenft

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•usdriicklich dem M eafchea xum Ziele geTettC, imd auf der •ndern doch die ganxe ErfuUung des Ge(efzes als untnoglich dargesceilt u u J : fo ift die aogefuhrCe EMinmg des Gebots, Gott su lieben» unstreitig die richttge. Ge* gen die Menfchen ferner findet swar eigcnt» liche Liebe Statt, als Erapfindung abcr kann fie ebeiifalJs keinOegenstand dcaGebott leyn. Wird deCTen ungeachtet auf die Liebe zii den Menfchen gedrnngcMi, fo kann dicfs tiichts auders bedcuceu» ais auf der eincn Scite daa lu thtm, wat wir thun wurden, wenn die Liebe vorhanden w*ire, und auf der andem tlarnach lu strcben, alle Pflichten gegea An« dere gern su erfuJieQ*

Macht man endlich den Einwurf gegen die KauUrche Phiiofophie, dais fie die Reii- gion auf Moral, dat Chrittcnthum hingegcn die Moral auf Religion grtindei fo ist diefem £inwurfc fchon ao einem andern Orte begcg« net. Chrtttut knupfet allerdingt die Moral an die fchon vorhandenen ReligionsbegrifTe ; indcm er aber auf dat ionere Bewu(stli:yu, alt

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dem letsten Richter tiber das Gtite und Boie» verweiie: fo zeigt er damit hinlSngflieh an»

theils, dafs der Inhalt feiiier Lehre nicht in VorTcbriften bestehey «elcbe dic GottheiC nftch ihrcr Machtvollkommenheit w i 1 1 k u h lich aufdringe, thcil<, dafs fclbst der Glaube an die Gottheit, ais cin heiiigcs Wcrcn» aiu derGdetigvlNmf dcrVefnuait faenForgehc.

Nach dielcr Auteinanderretsung kann ea keinem Zweilel unterworlen bleiben, daft

die Kantirche Moralphiiofuphie, weit entfernt mit den Lehren det Cbriatenthun» tu itrci« ten» dieielben vielmehr zu befS»tigen» nnd gegen die Einmifchung falfcher oder unbe- stinimtcr inoralircher Gnindnitze ru fchutzen fuche. Dcnn dic Lchrc der Stoiker» vrelche den lchwaehen und lehlerbaften Menfchen doch, unter deui Bilde des Weifcny fo vor- ftcitt, alf konnc 9tf fich felbst genug, gleich der Gottheit, uber ledetBeditrfnils, und folg- lich uber jede Verfuchung zum Boreu, cr- habca icyn» vcrtrigt fich mit dcm Ceiitc dcc

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Christentbumf nichti und noch weniger vertr3gt fiehdimtt die fchlafie Lefave, welche

unmittelbar auf die elgcne Gliickfcligkeic

*) Utn hSlt gcoieiaigiieh di^r, figr K«nt. die Chriitlichc Verichrift dcr Sicten hthe in An* f«hung ihrcr Rtinigkcir, vor dem norali» fchcn Begriffc dcr Stoiker nichts voraus; allcia dcr Unterfchicd beyder isK doch fchr fichtbar. Das Stoirchc Syscen nMchte das Bcwufscfcyn der SeelenstSrke znm Aogel, um dea fich alle firtlichcn Gefinnungen wen- dcn folltcn, und, ob die Anhfingcr dcfrdben zwar von PBichten redcten, auch fie ganz wohl bcsrimmcen: fo fetzten fie doch die Tricbfcdcr, und den eigcntlichcn Bcstim- muny^5gvund dcs Wiliens , in einc Erhcbung (ier Dcnkungsart, iiber die oicdrige , our durch Scdenfchwlchc midichihcndc Tfeicb- feder dcr Shmc. TUgcnd wv ilfo bcy ihnen eitt gcvdtftr Hcroiim dci (Ibcr die thicri* fiihc Nccnr dcs Mcdchcn fieh ohcbcndcn Weifcut dcr ihm fclbsc gcnug iir, sndcm awir Piliehtcn vodchrcibc, fd^ ebcr Abcr fie crhibcn, mid kcnicr Verfuchung cnr Uibcnictung dcs fitdichen Gefetzcs untcr* worfen m, Oicfes alles aber konnten fie nichc thun , wenn fie fich dicfcs Gefetz tn dcr Reinigkeit und Strenge, als c$ die Vor- fchrift des Evangelii thut, vorgestellt hacten, (Kants Critik dcr practiichcn Verauoft» S. «9.)

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ilis letzte Prinzip illes Handetni hinweiic* Wire dlieie ^ahr» fo mtiftte das Chrifleii* thttm nieht darauf dringen, Gott tiher atleffy und die Menfchen wie fich feibft, roudern feio Selbst uheraliea» mulum deawil* len Gott und die Menl^en su lieben. Mit dem Geifte det Christcnthums verti^gt Hch dag egen der Geist der Kantifchcn Lelire voll- kommen }a cf itt ein und eben derlelbe Geist, welcher in heyden herrfeht. In bey» den werden die finnlichen Nei^ngeo, als die cigentliciien Betttmmungsgrunde tu moralllchen Handlungen, vollig 'aui gel^oA fea; in bcyden lioinmt cs ;iuf dic Gefinnung, nicht auf die Wirkuog der Handluogeo an» in beyden itt die Regel det Veihaltent» auf fselcher die Moralitit beniht , nicht eioe be- liebigc, fclbst gewahltc, an Hch gleichgultige Masime, fondem ein unabXnderitchet Gebot« dem dte Sinnliehlteie widerstrebti in beyden iit es zwar dn& Rerultat der Verntinft, aber doch tugleich ais ein Gehot Gottes tu be« Iraditen ; in beyden itt dat vorgesteckle Ziel die iieiliglLeit, iind aur in der Uneadlichkeit

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zu erreichcn; in beyden ist die Gluckfeiig* keit oicht der Zweck, aber doch die noth- wendige Folge der TugeiMlt B>d^ ^tirch tnenichliche Bemiihung allcin, oder auf diefer £rdc uoeingerchrSiikt» fondcni uur ^ureh die Vensitlelung der GoCdiei^ uiid in der Ewigkeit in erhalcen. So wie nio allb mit Recbc fageu kann, dafs die Lehre det Chrifteachumi snent die Sittlichkeit in ik- rem gaiiieii Unfaiige und tn ihrer ganzen Reinheit, dcm Menrchen ana Herz gelegt lut: (o kana man auoh mitRecht behaupten, da6 dieKantilche Philolbphie m- erst diefe Reinheit rnid dieien Um£ang unein- gefchrankt anerkannt und bcsticiget hat, Auf das Imiere dcs Menichen vemeift dis Ckri» atenthnm, nnd dielet Innere gleicblam aii& zudcckcn, fo viel als es menfchliche Kriirte vcrstattent ist das Verdiettst der KantiTchen Lchren. Sie letien aile Vemunftwalnkeiten» M\ dencn der Mcnfchbcit ara meistcn gclegcn isty in cin Licht, das tbcils in voilcr Kiarbcit Jeuchtety thcils ein Abglaitz dieler Klarhcit Ist. In jeuem steht das Sattengete felbslb

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and id 6it(em dte damie nothwendige ADnah- me der UustcrbJichkcit unU des Dafeym der GoUbciU

Ich tragey kana der MeBfch nach |enen Lehren fa^en, in mir cin Gcfctz, das icli als veruunfiiges Wcfen» nichc abJiugnen kanns ich foll in meinen Handlitngen mir Iblch» Regeln hefoJgen, die auf dic Hinsrimmung aJJer verniinfdgen Wereii rechnen konncn» und die ich, wenn ich eine Wdt einfurich- tcn hSfite» ohne da(s meine Neigiingen ins SpicJ kimen» entweder fcblechterdings be-» folgen tttiitie» tvenn die Zwecke der Wdt fich nieht sentoien ibllteny oder die ichdoch lur bcflcrn Erreichung dcrfelbcn befoJgen fviirde. Dadurch fche ich mich in eine «n* dere Ordnung der Dinge verletit, alt diejenU ge isc» XII welcber ich allet nach Naturgeie- tzen zu richten gewobut bin. In fo fern ich mich in der mir erkcnnbaren Weit befinde^ bin ich ein blofiet Glied , das von itrfpriing. li^hen Anlagcny Verhiltnincn und Umstan» den besiinunt wird» iind wieder Lagcn uiul UniilXnde (lir Andcre hervoibringt Allcidf

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ieh habe aueh <Us Gefuhl einer btyen Selbit»

tb'itigkeit, deren Gnind ich nicht crkennc, deren Moglichkeit ich nicht cinrehe, die tdi aber doefa nicht iur TXulcbiiiig baJccii kami» da lenei Ge(etx etne folebe Freybeie Na* turgerctien nothwendig fordcrt, indem cs auf cineHaoclluiigfwetfe dringtt wclche olme 4ie» felbe unmo^Iicb tvlre» uncl «elcbe icb sn der mcinigen machcn mufi, wcnn ich nicht in meincn Angen verabfcbeuungfwiirdig ieya wilL Werde ichdadiitdi Mif dieHoheit meU

ncr uberfinnlichcn Nattir gewiefen, und eincf gauz cigncn GcouiTes fihig: fokoitec es micb diocb Mribe, Jener genllii tu bandebi, und diefen nur einigcnnaiten alt Erlatx fur die Opfcr anzufchen, welchc dcr hdhcre Thcii ineinei Wefeoi dem niedrigea auferlegt. Icb wunicbe in nnxSbligen Flllen dieier Opfer liberhobcn zu fcyn, fiihlc cincn damit ver* bundenen innem Zwang» und muia alibidie Handlungiweiie» die mir daa Geieti vor* fchrcibt, ali Pflicht, und raein Bestrebcn, diefeibe xucrfiiileo» ali Gclioriam , aJs Un» lcrwerfimg bctncbten. Anch bleibt dieli

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Verhlltnifi ineiiiet Willeni tu iem Gefett e ia

iedem Zeitpiincce meines Lebens, unter jedea Umftiinilcny unverindertfteben. lenerZwang «ircl swir immer iehwleiiert imd verfehwin* dcc in immer mehrern FSllen, jc ofterer ich }enen Gchorfam beweife. Auch kann meine Lage Ib gunttig feyn» daft nii£ 3ie Erfiiiiung meiner Pflichten mriftentheils mittelhar oder unmittelbar liberwicgeadier Genufs folgt» Ailein cf fi» weit su hringent <U6 jede vott dem Gefetie geforderte Han^ung ftett mel* nen Neigungen uuter allen Umitinden ange- mcilen iejrat <U6 ich in keinem Falle innera Wideritand fiihlen» oder von m^er Sinn- lichkeit mich hinreifsen lalTen follte, dicfy Vollkommenhcit tu erreichen, bin ich hier auf Erden nicht im Stan^. Nur darnach sii ttreben kann unJ foll mein ertterZweek icyn. Wenn ich uberdiefs micb auch felbst inUmfiSmien hefindcy wo et mir leicht wirdt meinePflichten tuerfiillen: foweifi ichdocht clafs nicbt alle Menfchen» nicht einmal die . meiften t fich in iblchen Umftlnden bcfinden. In vieleo itt keine tncleit Wahl «b twiichen

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fiteoaiuaRMfaiiehalGeiilidcmSglidi. Gleidi.

vrohl tst der Gedanke eines notbwcudigeit VerhiikiiUrcs zwifchen Tugend uod Glucki&- ligkett» voo neiner Denkoogsart umeraenii- licb. Attf ebcn dem Orunde, aut welebem ich niich vei bunden fuhle, die Rechte mciaer Mitnenfchen fiir lidher, «It meiiie Neigungeii tu halfen, beniht aueh die VorvteUung von dcr Tugend, als der Wurdigkeit ghickfelig Stt ieyn» und der nochwendige Gedanke^ daft Sittlichkeit nur in Verbindung mit Gluckle- ligkeit die ganze Bestimmung dcs Men* fchen ausmacht. Soll cr alfo dicle erreichen, «ie fie der finnliche und uberfinnliche Theti (Unes Wefent ankundiget : fodatf er dadurch* dais cr aus Achtung fiir den Einen die drin» genden Fordemngen desAndem nicht befrie» diget» der Giuckleligkeit nicht verluttig wer» den. Um es dahcr fiir moglich zu halten» daft der Mciiich (eine ganze Bcstimmung er* reiche, muia ieh ein lukunftiges Leben und cine vermittelndeGotthcic glauben. Nuruu* tcr der Vorausfetziuig voa ienem und diefery kann er die VoUkonimenhcit emicfacii» auf

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die ein iinniictelbaref Gebot dringe, iiud die GluckTcligkeit, deren Fordeniag fliittelbar auf cben dielieni Gebote benihe.

Eben diefcr Glaube wird aiich vorbcreitet oder gesiirktdurdiandereBetraclituiigen» die ieh uber die Menichheit und uber die Welt anstclle. Ich untcrfcheide das, was in mir deukt und will» durchaui von meinein Kdr» per, und fefae mieh ali cin Weien an, dat nicht nothwendig mit demfclbcn vcrcinigC feyn mu($ , um bcstehen und wirkcn lu kou» nen; ich liabe KrSfte, die einer iminer grolk femEntwiekelung nndAnwendung fahig findy und doch hier auf Erden, in Vcrglcichung^ nur einen fehr geringen Grad von Auibildung erreichen konnen, fa die, bey dem Werthe, dcm ich nothwendi;^ darauf legc, doch oft uicht cinmal das Jeisten, was der biinde In» f linkt in den Thieren leistet. Seh^ ich niui in dielen eine Zweeknrafsigkcit, die ich in dem Menichea nicht antreffc, in fo fern ich ieine Eziitenf anf diciei Leben einichrMie: 16 weiit mieh auch liier die Vcmttnft auf

neine Fortdauer n«ch detn Tode. Nur durcli diefe fftrd das RIililcl ^ait, wdchet niir Ibntt dit Mcnlcblieit bletbc ; demi teh kafui oichc in dem geringern Thcile det Weit Zweckmiitigkeii^ imd ia dcm bohaniZiiecl^ lofifkea tugleich dgnkcQ.

Diireh die Zweckmliisigkeit ia der Eia* fiehtung der Welt Ibwohly «If dureh dm Be^

diirfnifs meiner Vcrnunff , cinen letztcn Grund •llcr Dinge tu dcokcn» den ich in der mir crkennbiren Wdt gar oidit imtrefc, ^Mrdo leh auch auf cioeo unendlich wciien und machtigen Urheber aller Dinge geleitct. Schon das» W99 ich auf dielcr Erde erlienDe» libertteigt meine Pefiongtluralts richte ich aber nieine Augcn gen Himmel , und auf die Steme» gegen deren Groise und McQge dieib Erde nur einPunct In dem Weltall ist; denke ich mir jeden Stern als eiae Sonne, welche rlanctcn eben fo» wie unferc Sonne dte fio wngebenden Phuwten erleuditeti denlce ich mir jeden dcr(elbcn als dcn Aufenthalc lebcn* digcr Ccfcbopfc, und dicfe mit eincr cben

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fo zweckfuarsigen Einrichtung, in Ruckiicht Mtf ibre Erteugiiog* firhiicung mni Emib* ffttng: £6 bekomnie idi dieBegrifie voq einer Wcisheit iiiid Macht, die fiir mich Unend* lichkeic haben, iind mich dadurch in den Glauben an die Allwsffenheit imd All* machr be$t';irkcn, deffeii ich ziir Errcichung mciner ganscn ficf timmung bcdar^

Vermig ich endlidi nidit 4ie Aiitfiehf k

die Zukunft zti enthiillen , und die Herrlicli» keii des Schdpferf in voller KJarlieit tu crkea» nen$ fo finde ich die Rechtfertigung leiner Weishcit iibcr die Dunkelheit, in wclcher er metne Holfnungen liiTett iclbtt in dcr Erlift> benheit meiner Beftimmnng. Ich Ibll dii Gefctz, das er mir in vollcm Lichte zeigt* ohnc Riickncht auf Loho und Strafe, zu cr- iuJlen» tu lieben strebeny und dadutdi mir lelbit den Werth verichaflen» der allein mfdi iiber allc Dinge der fichtbaren Weit erhebty ttnd gerechte An^ruche auf GluckieJiglMit trtheilt.

Q.«i

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So bekemnit dat, wai dcr Menfth 4mu

lich sii erkciiiien vermag, mit dcm , was er «It nothweiulige Bcdinguiii (eiiierHaiidiuoft* «eile aonehiDeii mtiit, etoen iHiaiifi5tbaren Zufiimoieuhaiig So itHrkc die nahere Be- trachtiing der Wclt iincl der Meufchheit den GUubcn aoGott undUotcerbliclikeit» deo dit Bcftimmung dei Menfcben tur Tugend notli- weudig machr. So rechtfertigt diefc Be- ftimmung felbit den Scbleyer, «eleber die Hcfrlicbkeit Gottet und dic Auf licht io dift Zukunfc bedeckt«

Ende dei sweyteo und letsten Thetlc.

Nothwendige Verbelfenmgeo,

S, lotf, Z 5. von umen, l.dcr statt dtu»

- jli, - 5. diefcl ben, st dicfelbe.

117* - 7* V. u. m der Anmerk* Neiguagtn»

st. Mcinungen.

944* *»• ttomirrelbar, sc. uaautttl.

Jf9. -lav.u. Ehrerbietttog, tt Sbrtr-

hicrung,

1^1* - 9* Sittlichkeit, st. Sirtlichkeitt.

408. -14. bi dtr AttOMtk eiocoi, tK.dMn*

439. - 1. V. u. den, st. dem.

' 458, »11. werden» st. wnrdeiL

- 529. -13. fehlt, st. fehlte,

54»* - 5* voritf llcod» sc vomtUau.

Inhaltsanzeige

des

Erstea Theils.

Elaleitiiiif

S. I.

Darsfellung aller Moniryiteme vor dem Kaniirchen, uiul der Zweifel gcgeo

Urtheile der gemeinea Vemunft tiber den Werth der Dinge tiberhaupt» tind der menfchlichcu Handlim-

Cntwickelung det obertlen Sitcengerc

Czct aut dcm BegriiFc dcr Fflicht S. I02.

Ablettimg det Sittengcfetfet aut dem SattedetWiderfpnicht, iiiidDar- iCenung dcs Zwecks der Sictiicb- kcit S. 143.

Nur eia formaler Grund(atz kann alt

Sittengcicu gcdachc ^wcrdcn S. jgf.

dieWahrheitderfeJbcii

S. 14.

gcn iusbefouderc

S.61.

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Vou der Freyhcit dcf Willent fibcr»

htupt S.ai9*

Voit ^er tnnieeiidciitilea Fteyheit

dcf Mcnfcbca S. 24£.

Zweyten Theils.

Voudcm moralifchen Gefiihle, alsdcr Triebfedet dcr practirchen Vcr* nuiift $.301*

Von dem moralifchen Gcfuhle, als dcr Qliellc angenchmcr Gemiichftu- st^ndc S.363.

Von dcro, auf MonUtHt gcgriiiideteB

Glairhen an das Dafcyn Gottci und

die Unstcrblichkcic der Seelc 9. 439*

Dantellttng und Pnifiinf aller fpeeii* Utivcn Be««ci(e fitr da« Dafeya

Gottes, uud dic UnstcrblichiLett derSeele $.484*

Vereii igung allariiiocaUfehenGniiicl-

fitze &561