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Archiv für Frankfurts Geschichte

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und Kunst

Frankfurter Verein für Geschichte und Landeskunde, ...

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ARCHIV

FÜR

FRANKFURTS GESCHICHTE

UNO

KUNST.

Dritte Folge. Herausgegeben

von dem

Vereine för Geschichte und AlterÜiiimskunde

SU

Krank l'urt am ]M!ain. Dritter Band.

Mit drei Orctcnstafeln in Farbendruck und einer Inschriftentafel in Lichtdruck.

FRANKFURT a M.

K. TH. VÜLCKHRS VERLAG.

1891.

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i>n>ckci«i von AiiCiKT UniBiiittii in fntkfm t. M.

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Inhalt.

SdM

I.

H. V. Heyden, Der Conrordicn-Orden, die Khren-ATcdaillen,

sowie die Feldzugs- und 1 )ienstalterszeirhcn des Gross-

her/ogtums, des General -Gouvernements und der Freien

II.

Dr. R. Jung, Die Ehrenbürger der Reichsstadt und der Freien

I

109

III.

IV.

Dr. I. Kracauer, Frankfurt a. M. und die französische Republik

"795-1797

Dr. R. Jung, Voltaires Verhaftung in Frankfurt a. M. auf

142

2 1 7

V.

E. Menlzel, Schillers Jugenddramen /um ersten Male auf der

Frankfurter Bühne, I. Die Räuber

238

Vi.

Dr. A. Hatnnieran, Das Römerkasicll zu Frankfurt. Mit ciiiL-r

■r.uci

30 '

Geschäftliche Mittheilunqen.

I. Bericht Uber die Thätigkeit des Vereins im Jahre 1889

III

XII

III. Bericht Uber die Thälij^kcit des Vereins im Jahre 1S90

XV

IV. Rechnungs-Ahsc hluss fur das Jahr 1890 XXIir

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I.

Der Concordien-Orden, die Ehren-Medaillen, sowie die Feldzugs- und Dienstalterszeichen des Grossherzogtums, des General-Gouvernements und der Freien Stadt

Frankfurt.

Mit 3 Tafeln Abbildungai.

Vcn

Hermann v. Heyden,

Kainmcrlicrrn S. H. de» Hettog* von Sachsen •Mctniagcn, k|{l. premMcbcm Majur a. D.

Vorbemerkungen.

In den nachfolgenden Blättern gebe ich die, nach urkundlichen Quellen bearbeitete Entstehungsgeschichte und Beschreibung des Concordien-Ordens, sowie derjenigen Militär-Ehrenzeichen, welche zu der Geschichte Frankfurts in Beziehung stehen und desshalb der Vergessenheit nicht anheimfallen sollen.

Da mit dem schroffen Wechsel der politischen Verhältnisse im Anfang dieses Jahrhunderts auch die militärischen Verhältnisse den ver* schiedensten Veränderungen unterworfen wurden und über dieselben bisher Nichts veröffentlicht worden ist, so erscheint es nothwendig, dieselben, nach den verschiedenen Zeitabschnitten, hier kurz zu erläutern.

1. Zeitabschnitt von 1806 bis i8ij.

Im Jahre 1806 war bekanntlich, mit der Gründung des Rheinischen Bundes durch Napoleon I., die Stadt Frankfun ihrer reichsstädtischen Verfassung entkleidet und dem fürstlich primaüschen Staat einver- leibt worden. Aus letzterem bildete der Protector des Rheinischen Bandes, unter gleichzeitigem Austausch einzelner Gebietsteile, durch den Traktat vom 16: Februar 1810 das Grossherzogtum Frankfurt, welches sich aus den Departements Aschaifenburg, Fulda und Frank- furt zusammensetzte.

In diesen Zeitabschnitt fällt die Stiftung des G>iicordien-Ordens für ausgezeichnete Verdienste jeder An, sowie der Tapferkeits- Medaillen zur Belohnung hervonagend upferer Handlungen für die, unter französischer Führung, von 1808 bis 18 13 in Spanien kämpfenden Truppen. Die Darstellung der Entstehungsgeschichte und Veraus- gabung der Tapferkeits-Medaillen wurde dadurch erschwen, dass die

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förstitch primatlschcn und grossherzoL-'icht-n Akten, mseiiunder- gcrisscn, in den Archiven von W iesbaden, Würzbiirg und Frankfurt aufbeuahrt werden und dass die meisten der auf die Medaillen Bezug habenden Dokumente in der Schlacht bei Vittoria, am 21. Juni iSij, mit der ganzen Bagage des in Spanien kämpfenden grosshcrzoglichen Bataillons verloren ge<^angen sind. Es wurden zur Bearbeitung hauptsächlich die zahlreichen Rapporte und eingehenden Gefechts- berichte der Kommandeure dieses Bataillons benutzt, welche, mit einem Teil der ^rossherzoglichen Akten, im Jahre 1867 von Frank- furt nach Berlin übergeführt und von dort, im 1-ebruar 18S5, an das königliche Staatsarchiv in Wiesbaden abgegeben uurdcn. Diese Kapporte und Gefechtsberich rt.- dienten Bernays als Grundlage zu seinem 1882 erschienenen Werke »Schicksale des Grossherzogtums I rankfurt und seiner Truppen« und kann der die Tapferkeits-Medaillen behandelnde Abschnitt der nachfolgenden Blatter als eine Ergänzung zu demselben betrachtet werden.

Dieser Gruppe wurde die St. Helena - Medaille hinzugefügt, welche Napoleon III. im Jahr 1857, im Andenken an Napoleon I., für alle MiHtärs stiftete, welche an den Kriegen von 1792 bis 1815 unter französischer 1-uhrung Teil genommen. Die überlebenden Offiziere und Mannschaften des Bataillons, welches vwi 1808 bis tiSi^ in Spanien gekämpft der zwei Bataillone, welche 181 2 an dem Kriege gegen Russland und, daran anschliessend, an der Ver- teidigung von Danzig sowie der zwei anderen Bataillone, welche an der Verteidigung der Festungen Glogau und Torgau Teil ge- nommen, hatten das Hecht, die St. Helena-Medaille zu tragen, und dcsshalb musstc dieselbe in der nachstehenden Zusammenstellung Aufnahme linden.

II. Zeitabschnitt von 18 13 bis 1 8 i 5.

Im Oktober 181 3 halte der Grossherzog sein Land verlassen, im November besetzten die aUiirten Grossniächte das Grossherzogtum und iibertrugen scinc Verwaltung anfangs dem k. k. österreichischen l eldmarschall-l.ieutenani Prinz Philipp von Hessen-Homburg, und später dem k. k. l eldzeugmcister Heinrich XIIL, regierenden Fürsten von Rctiss Greiz, als General-Gouverneur. Das General-Gouvernement stellte den Grossmächten drei Linien- und drei Landwehr-Bataillone für den Krieg gegen Frankreich zur Verfügung. Die Mannschaft dn di ci Linien - Bataiihme war aus alLn Departements gemischt, dl ei Landwehr-Bataillone formirtcn sich dagegen in je einem der Departements und führten dementsprechend die Namen: 1""' Land-

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wehr-Bataillon (AschnlTcnhiirg), 11'^^ Lanüvvchi-]i.uaillon (i ulUa) uiul III'"'' Landwehr-Bataillon (1 rank hin), jedes dieser aus vier Kompagnien beziehenden Landwehr-Bataillone ioiniirte die V' «»d 4" Kompagnie aus Landwehricuten, die i" und 2"" aus Freiwillisjen und wurden die letzteren beim I"-"" Landwehr-Bat.iillon »Schaar der I-reiwilligen vom Spessart«, beim Landwehr-Bataillon »Schaar der Freiwilligen von) I.anJe l uld und vom Lande Ii>enburg«, beim III' ' Landwehr-Bataillon »Schaar der I rei willigen von Frankfurt« genannt. Wahrend des Krieges im Jahre 1814 wurden, mit der Abgabe des Departements Aschaffenburg an Bayern, ein Linien- und das I''' Landw clir-Bataiüon am 15. August 1814 ausgeschieden, und so verfügte dai> General- Gouvernement von diesem Zeitpunkte an nur noch über die Linien- Bataillone Frankfurt und 1 ulda, ' sowie über die zwei Landwehr- Bataillone Fulda und Frankfurt. Die aus Spanien, Danzig und Glogau zui uv;kKLhi enden Truppenreste wurden den Linien-Bataillonen zuge- teilt und trugen nunmehr die Waffen gegen diejenigen, mit welchen sie, teilweise fünf Jahre lang, Schulter an Schulter gemeins.un ge- kämpft hatten. Es ist erklärlich, dabs ein so schroffer Wechsel der politischen und militärischen Verhältnisse maiielie Unzuua^lichkeiten im Gefolge hatte. Obgleich man dieselben gerne der \\rgei>i>en- heit anhcii fallen lassen ukkIhc, so konnte doch ein J-ali . on Indis- ciplin, welcher sich im Juli 1814 beim Landwehr-Bataillon Fulda ereignete (vgl. No. > in dcu nachfolgenden Blattern), nicht unerwähnt bleiben, weil er mit der Stiftung' des lihrenkreuzes für die Offiziere und treugebliebcnen i i^i w illigcn dickes l>aL/.il.^ ms in enger \'erbin- dung stand. Ausser d;c>ein Kreuz stiftete Uei General-Gouverneur Fürst Heinrich XIII. von Reuss-Gi\iz für sämmtliche Offiziere der Fini«. und n.i Jui i :;lich auch für eiiicu 1 eil der Militärbeanuen ein Llirenkreuz zur Lruuierung an das Kriegsjahr 1S14.

III. Zeitabschnitt von 18 15 bis 1866.

Die Stadt Frankfurt hatte ihre Selbstständigkeit als freie Stadt bereits im Jahre 1814 zurückei h.ih.n, aber da^ Linien - BatailK>n Frankfurt, welches sich aus Landcskindern von biilda und hrankfurt zusammensetzte, blieb noch bis zur Auflosung des General-Gouver- nements und bis zur Abgabe von 1 ulda an Kurhessen im Juni 181 5, nui den übrigen Truppen, der Verwaltung durch dasselbe unterstellt. Der Senat der freien Stadt hatte bereits 1814 selbsiständig eine

' Die ?wei Linien- Hal.ntloric crschcinL-n in allen Gcfechlsbcricliicn unil Ordres lie b^taillc der jalue lüi.) und 181$ ah ^Bataillon Frankfurt« und »Bataillon biilda««.

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Medaille für die Schaar der Freiwilligen von Frankfurt gestiftet, er verlieh 1816 auch eine solche an alle Offiziere, Soldaten und Frei- wütige aus dem Gebiete der Stadt, welche an dem Feldzuge von 181 5 Teil genommen, und im Jahre 1846 erhielten auch nachträglich diejenigen Bürger eine besondere Medaille, welche den Feldzug von 1814 in der Linie oder Landwehr mitgemacht und die Medaille für die Schaar der Freiwlltigen nicht besassen.

Nach der Auflösung des General-Gouvernements bildete die freie Stadt ein aus sechs Kompagnieen bestehendes »Linien-Bataillon«, welches sich aus angeworbenen ausgedienten Unteroffizieren und Soldaten der Nachbarstaaten zusammensetzte. Diesem Bataillon wurde» för die Teilnahme an den Peldzflgen 1848 in Schleswig-Holstein und 1849 in Baden, vom Senat ein Hrinncrungskreuz in Bronze verUehen. Dasselbe legte ausserdem die Gedächtnis-Medaille an, welche der Grossherzog von Badm für alle Truppen, die an der Unterdrückung des Aufstandes in Baden im Jahre 1849 Teil genommen, gestiftet hatte.

Zu diesem Abschnitte gehören auch die Dienstalterszeichen, welche der Senat seit 1841 für langjährige, treue Dienstzeit im Linien- Bataillon der freien Stadt verausgabte.

Ich übergebe die nachfolgenden Blätter der Oeffentlichkeit als einen Beitrag zu der Geschichte der Militär-Verhälmisse des Gross- herzogtums und der bis 1866 freien Stadt, gleichzeitig in der Hoff- nung, dass dieselben den Numismatik ern, welche sich mit den Medaillen Frankfurts beschäftigen, manches Neue bringen werden.

Die Administratoren des Dr. Johann Friedrich Böhmer'schen Nachlasses, Herren Justizrath Dr. Adolf v. Hamier und Rechts- anwalt Dr. Carl Friedrich Schmidt-Polex, haben in bereitwilligster Weise einen namhaften Betrag zur Herstellung der drei Tafeln mit Abbildungen durch die lithographische Anstalt von Werner & Winter in Frankfurt a. M. zur Verfiigung gestellt.

Meinen besonderen Dank muss ich an dieser Stelle dem Stadt- bibltothekar und Vorstand der städtischen Münzsammlung, Herrn Dr. Ebrard in Frankfurt a. M., für seine jeder Zeit bereite, freundliche Unterstützung aussprechen.

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(1 u i- I I f n.

Klenk, Hauptmann. -~ Militärische Tagebuch meiner Reise durch Frankreidi, des

Fddzuges in Spanien etc. Frankfurt iSi6. Das Jubelfest der Freiwilligen von Frankfurt am Main den ii. Dezember i8)8.

Fninicfurt am Main 1839. Gei&sler, C. Geschichte des Regiment«; n]icr^(it/e zu Sachseti« im russischen

Feldzuge 1812. In besonderer Beziehung auf die übrigen, damals der Division

LoisoD zugeteilten Gronherzogfich Frankfurtischen, Herzoglich Anhaltischen

etc. etc. Truppen. Jena iS4a Rfippell, Dr. Eduard. - Beschreibung der MQnzen und Medaillen, welche wegen

gcschichtUcher Begebenheiten fiir Frankfurt geprägt wurden Krschienen i8s5

im Heft 7 des »Archivs für Frankfurts Gescliichte und Kunst.« Busch, J. W., Obrist a. D. - Geschichtliche.« vom Frankfurter Bundeskontingcnt-

BataUlon wihrend der Feldz&ge nach Schleswig.Holsiein und Baden In den

Jahren 1848 und 1849. Frankfurt 1858,

von Heyden, C Senator. Einige Worte über Milit-lr-Elirtiueichen der freien Stadt Frankfurt. - In den Mitteilungen des Vereins lür Geschichte und Altertumskunde II. 265—267.

Kühn, Alexander. Erlebnisse eines Soldaten des ehemaligen Grossherzogtums Fr.inkfurt und des darauf folgenden General-Gouvernements. Frankfurt 1862-

(Eder, kgl. preuss. Oberst.) Aus den Frinncrungen eines SoIJiten des Frank- furter Bataillons. Mitgeteilt von F. Hohhof. - (.\us der kleinen Chronik, Frankfurter Wocheubchrifi. 1878. No. 20 und 21.)

Bertiasrft, Guillaume. Schicksale des Grossherzogtums Frankfurt und seiner Truppen. Berlin 1882.

Spe>'er, Dr. Otto. - Das TretTen bei Sei/ .ini 26. Juni 181 j. .\ufsatz in den Frankfurter N.ichrichtcn (Intelligenz-Blatt) vom Juni 1887.

Staats-Kaknder der Furst-Primatischen Stadt Frankfurt am Main auf die Jahre 1807, 1808. 1809, i8ia

StaatS'Kalender der grossherzoglichen Stadt und des Departements Frankfurt auf

die Jahre i8t2, 1815. .Staats-Kalender für li.is (irosshcr/rogtuni I r.nikfurt 1.S12. Suats-Kalender der freien Stadt Frankfurt von 1817 bis 1866. Die Königlichen Staats-Arehive in Wiesbaden und Marburg. Die Sudt«Archive I und II in Frankfurt am Main.

Mitteilungen aus dem k. k. Haus-, ITof- und Si.i.its-.\rc!nv in Wien, jus den König- lichen Kreis- Archiven in Würzburg und Arnberg, sowie von der Direktion der städtischen Sammlungen für Wissenschaft und Kunst in Main«,

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1. Der Concordien-Orden.

Im Jahre 1.S06, bei der Stillung des Rheinischen Bundes durch Napoleon I., wurden dem hisherit^en Kurfürsten von Mainz und Erz- kanzler des Deutschen Keiciis, Carl 1 hcodor Anton Maria Reichs- freiherrn von Dalbert;, die ihrer rcichsst.iJtischcn Verfassung ent- kleidete Stadl 1 rankfurt sowie das Gebiet des l'ürsten und Grafen von Löwensiciii -Wcrthcim und die Grafschaft Rheineck zni^eteilt. Er vereinigte diese Ckbicle mit seinen bisherigen Besitzungen: den I'ürstcnuimern Ke|4cnsburg, Aschalieiiburg und der Grafschaft Wetzlar und erhielt den Titel »Seine Hoheit der souvcraine Fürst Primas Carl Theodor, des Heiligen Stuhles zu Regensburg lirzbischof und Primas, l"iirst Priinas der Rheinischen Conföderation, souverainer Fürst von Regensburg, Asch itfenburg, Frankfurt und Wetzlar etc. etc.«' Durch einen mit hrankreicli am 16. Februar 1810 abgeschlossenen Traktat trat der Fürst Primas Regensburg an Bayern ab imd erhielt dafür den grössten Teil der Fürstentümer Hanau und Fulda. Aus seinem gesammten Besitztum wurde nunmehr das Grossherzo^tutn Frankfurt gebildet. Er selbst nahm am i. März iSio den Titel an:

' Carl ilicodor Amon Maria, Reichsfreiherr von Dalberg, aus dem rciclis- Irciadeligcu Gcsclileclue der Kaniniercr von Worms, Freiherrn von Dalberg, i.si ge- boren am 8. Februar 1741, xum Coadjutor von Mainz erwählt Juni 1787, von Worms am 18. desselben Monats, von Consian/ am 18. Juli 17S8, succedirtc Furstbiscliol /u C!oii tnnr im Dezember 1799, als lir/bischof und Kurfürst von Main/ und I'ürsibiscliot zu Worms am 26. Juli erhielt vom Pabst das Pallium am

II. Oktober 1802, als l'urst zu Regensburg gehuldigt am 2j. April 1804, vom Pabste als Erxbiscliof von Regensburg bestätigt am 2. Februar 1805, trat der Rheinischen ConfÖderation bei am 12. Juli 1S06. als souverainer Fürst in Frankl'ur: gehuKü-t im ]iin::ir tSoy, in den Hesit/ von Hanau gesetzt nm 16., von FuM.i am 19. M.II (ir.'sslicrzog seit dem i. Mai 1810, verlor in Folge des Hesit/.-

crgreilungs-Paientes vom 6. November 181 j seine Besitzungen und starb am 10. Februar 1817 in Regensburg.

Sein Vater Franz Heinrich, geboren am 8. Februar 1716, war kurmaimeiscbcr und kurtricrischer geheimer Rath, weltlicher Staub. iltcr zu Worms, Obcnmtmann zu Oppenheim, Biirptr'':'^ ^»i Fricdbcrp;. <;!nrb ;im o. n^vcniiuT 1776. Seine Mutier war eine Tochter des Gralen Frnsi von J-U/.-Keu»penich und dessen Ciemahlin, einer geborenen Frcün Wamboldt von Umstadt. Der Bruder von Emst war Graf Philipp Carl von £ltz-Kempenich, Kurfürst von M.ilnz von 1732—1743. Ein von Dalberg (Wolfgang) war von ijSz - 1601 Kurförst von Mainz.

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»Sc. König). Hoheit Carl von Gottes Gnaden Fürst Primas des Rheinischen Bundes, Grossherzog von Frankfurt, Frzbischol von Regensburg, souverainer Ffirst von Aschaffenburg, Frankfurt^ Fulda, Hanau und Wetzlar etc, etc.«

Bereits im Jahre iSi2 fasste der Grosslierzog den Entschluss, dem Beispiel anderer Staaten zu folgen und für das Grossherzogtum einen Orden für ausgezeichnetes Verdienst jeder Art zu errichten. Im Anfang des Jahres 1813 kam dieser Entschluss zur Ausführung. Die Erwägungen und Maassnahmen, welche der Verausgabung des Ordens vorangingen, lassen sich aus dein nachstehenden Berichte ersehen, welchen der vom Grossherzog zum Ordens-Secrciär ernannte Geheinie-Rat und Kabiiiets-Secretär Müller am 11. Juli 1814, also nach der Auflösung des Grossherzogtums und nach der Abtretung des Fürstentums Aschaffenburg an Bayern, an den damaligen Königl. Bayerischen Kämmerer, wirklichen Geheimen^Rat und Hofkomroissär für das Fin stentum' AschafTenburg, Freiherrn von Arecin, erstattete. Dieser Bericht lautet wie folgt:'

Aschaflenburg, den 11. Juli 1814.

An des k. Baierischcn Herrn Kämmerers, wirklichen Geheimen Rathes, Commandcurs des Civil -Verdienst -Ordens der Baicrischen Krone, Hof- kommissärs für das F&rstenttium Aschaffenburg, Freiherrn von Aretin, Excetlen«.

Euer Exccllcnz

lege ich hiermit, dem mir gegebenen verehrlichen Auftrage zufolge, die ge- druckten Statuten des Concordien-Ürdens und eine Liste der Ordcnsglieder

gehorsamst vor. Die Stniuten enthalten die ganze Verfassung dieses seit den! 3. Februar iHi^, bcstcheruk'n Ordens. Langer als ein Jahr vorher erörifnelen Se. K. Hoheit, der Grossherzog von Frankfurt, Ihren» Herrn Minister-Staats- sekretär Freiherm von Eberstein die h. Gesinnung» ndass es wohi zweck- mässig sein würde, nach fast allgemeinem Beispiele anderer Staaten, einen Orden in dem Grosslier/ogthuiue Frankfurt lur ausgezeichnete Verdienste jeder Art m errichten.« Höchsidieselben .lUHstTten sich zugleich über die Be- nennung, die Zeichen und die Klasbcneintheihuig des Ordens.

Im Jahre i8n Hessen Se. K. Hoheit die Ordenszeichen und Uecorationen. nach einer mit dem Holjuwclier Wohack in Frankfurt getroffenen Uebcrein- kunft, verfertigen und den Betrag aus der grossherzoglichen Zivilliste K.i. o entrichten. Die anfängliche Absicht des Grosshcrzogs war, nicht eher als bei den) allgemeinen l'rieden Gebrauch davon zu machen. Ich hielt daher die ürdaiszeichcn und Decorattonen, welche wahrend dem damaligen Aufent- halte desselben in Fuld fertig geworden waren, hier in Verwahrung. Allein das zu Fontainebleau abgeschlossene Kirchenkonkordai gab zu Anfang des Jahres 1813, bei immer noch entfernten Friedensaussichten, eine frühere Ver-

' Der Bericht ist im Kgi. Kreis-Archiv Würzburg aufbewahrt. (H. C. P. Ko. }6a)

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anlassung. ' Sc. K. Ilolicil ernannten mich rum Sekretär des Ordens und erklarten mir, bei der nunmehrigen ersten Verthcilung desselben und 2ur Bemerkung für künftige Statuten, dass zur I. Klasse die Herrn Minister und Gesandten, der Herr Weihbischof, die hier wohnenden Domherrn und der Herr Oberhofmeister, zur II. die Herrn Staatsräthe, Generäle und ich, als Ordeiis-Sckret.ir. zur III. die Herrn geheimen Räthe, Stabsoffiziere und andere verdiente Staaisdiencr bestimmt waren. Ich erhielt demnach am I-ebruar v. J. den h. Auftrag, den hier wohnenden Ordenskandidatcn die Dekorationen Kuxustellen. Se. K. Hoheit schickten am nämlidwn Tage dem Herrn Staatsnünistcr Freiherm von Eberstein den seinigen und schrieben ihm den in der Fr.mkfurtcr Zeitung erschienenen Brief des Inhalts: udass Höchst- diesclbe wegen des zu Stande gekommenen Concordats sich glücklich fühlten, dass die Einigkeit der geistlichen und weltlichen Gewalten von jeher der Gegenstand Ihrer WOnsche gewesen» und dass Sie dem Herrn Minister ein Geschenk niit dem Ordensxeichen machten, welches Sie nun selbst trögen und welches aus dem, auf einem Stern befindlichen, Sinnhilde der Eintracht bestünde«. Auch musste ich an dem n.unüchen Tr^i^e dem Herrn Staus- minister Frhrn. von Eberstein die Ürdcnszeichen lur die in i rankiurt wohnenden Herrn Staatsrithe etc. etc. fibersenden. Auf solche Weise erhieh der Orden seinen Anfang am $. Februar i8t$. Die Statuten wurden erst den ij. August ausccfertii^'t In denselben wurde, Art. 6, der Herr Obcrst- hofineister Frhr. von Ptirdt /.um Kanzler ernannt; es fand indessen kein

' Der k. k. österreichische be\ dllmächtigte Minister und aus-,erordent liehe (jcsandtc am gros.slierzüglich frankfurtischen Hofe, Freilierr von Hügel, berichtete iliber die Stiftung des Coneordien-Ordens d. d. Frankfurt den ii. Februar i8i) an die geheime Hof- und Sta.us-K.uulei in Wien das Folgende:

In dem Blatte der hiesigen Zeitung vom f\ dieses werden Euer l-xeclkrr die beiden .\rtikcl .lus .'\sch.ifrenburg vom 5. bemerkt li.iben, durch deren ersten der Herr Gro:.shcr/og wegen der Polizei von I ranklurt und Hanau neue An Ordnungen gemacht, vermöge des andern aber seinem Minister der auswärtigen Geschifte, Freiherrn von £berstein, den Orden der Eintracht verlielwn hat, I

II. Weisen des /weften Gegenstandes habe ich bis jet/t eine Ar/Li^e lus der L'rs»iciie verscliMben ''.veil ich nnt dem hiesifjen y;in/en Publicum eine öffentliche •■Ankündigung über den errichteten neuen Orden erwartete. .Mlein bis heute sind nur einzelne Verleihungen einiger Grosskreuze an die gross- heraoglichen Minister von Albini. Gr.tfen Hentzel und Grafen Keller, mehrerer Commuiidcur Kreuze nn dfc f^(issl)er/i)i,'lichen s.anmitlichen Staatsräthc und vieler Kleinkreu/e .111 die Pr.ifeeteii und einige geheime R.nthe geschehen.

Sdion seit dcju Herb.st waren aile Ordensdecorationen verfertigt und n>an glaubte allgemein, dass der Herr Grossherzog seinen am 4. November einge- fallenen Namenstag zu einer feierlichen Ordens-Institution benutzen würde. Ah die .illgemeine Erwartung m'clu erfüllt ward, wurde .>ls Ursache angegcbeti. dass das Vorhaben keinen Beifall /u Pari=; i^'ef'undcn liabc. Die dermal erfolgte impcstive \'crleihung scheint allein durch die Nachriehl des abgeschlossenen Con- cordats und durch das ZusammenireflTen mit der Ordaisbenennung nConcordia« veranlasst worden zu sein. (Mitgeteilt durch da» k. k. Haus-, Hof- und Staats-Archiv in Wien.)

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Urdcusrath oder Kapitel statt. Der Orden hat keinen Fond; auch ünd sonst keine Einnalinicn damit verbunden und keine Ausgaben, ausser der Art. i| deni Sekretariate bestimmten Entschädigung. gez. Müller.

Höchste Verordnung, die Stiftung und Statuten des grosehersoglich frankfurti^chen Concordienordens enthaltend. '

Wir Carl, von Gottes Gnaden Fürst Primas des rheinischen Bundes, Gross- heriOK von Frankfurt, Erxbisdiof von Regensburg etc. etc. haben Uns bewogen gefunden, ni Belohnung ausgeaeichneter Verdienste dnen eigenen Orden unter dem Namen Concordicnorden zu stiften, und ftkr denselben folgende Statuten zu ertbeilen.

Art. 1.

F>cr Concordicnorden wird seiner Be«vtimnuing n.icli in Jcr Regel nur an Iniander verliehen. .\uch können nur solche Pcrsoiicn, welche noch keine andere Orden tragen» den Concordknordtti erlMtien,

An. a.

Der Concordienorden besieht aus drei Klassen, nämlich : i) Grosskreuaen, . 3) Commandeuren, }) Rittern.

Art.

Die Insignien des Concordienordens bestehen in einem achteckigen stem- artigen goldenen Kreuze, in dessen Mitte auf der Vorderseite awd zwischen Palm«

lueigen sich verdnigende Hände, mit der Ueberschrift : Concordia, und auf der Rückseite das Hauptw.ippen des Grosshcrzogthuras Frankfurt, ein silbernes Rad im roilicn Felde, sich behiidet. Das sternariige Kreuz ist mit Strahlen in glänzendem Golde, das Ordenszeichen selbst in einem runden Felde von mattem Golde gearbeitet.

Die Grösse des goldenen Kreuzes als Ordenszdchen ist bd der ersten und zwdten Klasse gleich.

Die erste Klasse tr.lgt J;is Ordenszeichen, jedoch an ganz breitem Bande, über der Schulter an der linken Seite lun^cnd. und überdies auf der linken Seite des Kleides einen Brustsiern von Silber mit Strahlen gestickt, in dessen Mitte gleich- falls das Ordensaeiclien in mattem Golde sich befindet.

Die zwdte Klasse trägt das Ordenszdchen an mittelbrdtem Bande um den

Hals han^^cnd.

Die dritte KKisse tr;lc' dis kleinere Ordenszeichen nach der nämlichen Form des grösscm Kreuzes an schmalem Band im Knopflochc.

Uebrigens ist den drd Klassen das gewöhnliche Tragen des Ordenszeidiens in der Form einer kldnen Schnalle mit dnem Bande oder emcr goldenen Kette mi Knopfloclie gestattet.

Die Farbe des für den Concordienorden bcstininitcn Bandes ist aus den l>tiden Wappenfarben des Grosshcrzogthunis dergestalt zusammengesetzt, dass das- selbe aus dnem weissen und zwei rothcn Streifen mit wdsser Einfassung besteht.

Art 4.

Der Concordienorden besteht aus i2 Grosskreuzen, 24 Commandeuren und 24 Rittern, im Gan;'.en also aus 60 .Mitgliedern, deren Vermehrung Wir Uns jedoch auf den besonderen I"all vorbehalten, wo N\ ir einem W'ohlth.ltcr des Staates oder der Menschheit überhaupt Unsere Erkenntlichkeit durch Ertlieilung des Ordens, ohne den Abgang eines Mitgliedes abzuwarten, alsbald beweisen wollen.

' Die Statuten wurden publicirt im »Grossherzoglich frankfurtischen Re- gieruQgsblau«, III. Hundes, y, Blatt auf .Seite 69 bis 76, und erschienen gidclueiiig im Separaubdruck.

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Art 5.

Nach der ersten von Uns beschlossenen Vcrlcibttn:,' soll in der Regel Niemand zur Klasse der {)rnss!;rcu/c oder Conini.indenre i::e!.inucn, xK clciicr nicht vorher die Uccoration als Ritter wird eriwlten jjabcn. ÜcKh bciialien W ir Uns auch hier vor, in dem soeben An. 4 erwähnten Falle eine Ausnahme von dieser Regel zu machen.

Art 6.

Des Ordens Grossmeister ist der Grossherzog. Wir ernennen sodann Unsem

Obristhofnieister, I-reiherrn von Pfirdt, zum Kanzler, und Unsern geheimen Rath und Kabinetseltretär Müller zum Schaumeister und Sekretär des Ordens.

Art. 7.

Für die inncrn (icschäfte des Ordens soll ein Ordensrath bestehen, dessen Präsidium Wir Uns vorbehalten, und wovon der Kan/.lcr und der Sekretär be- standige Mitglieder sind. Uebrigcns besteht der Ordensrath aus 4 Grosskreuzen und 4 Commandeuren, deren Auswahl Uns vorbehalten bleibt. In dem Falle, wenn Wir bei dem Ordensrathe nicht selbst das Präsidium fuhren, soll der Kanzler hierbei Unsere Stelle vertreten.

ArL 8.

Zu den Verrichtungen des Ordensrathes gehören alle den Orden betreiTende

Angelegenheilen, insbesondere auch X'orschhige Ordensverleihungen, wenn Wir solche erfordern. Sic werden Uns in der Form eines Gutachtens zur Entschltcssung vorgelegt.

Art. 9.

Das Ordensarchiv steht unter der Verwaltung des Sekretärs, welcher liir

dessen Ordnung und Verwahrung Sorge tax tragen hat. Alle auf die Stiftung und aul den Orden in allen seinen Verhältnissen sich beziehende Papiere «gehören in das Ordensarchiv. Der Ordcnssekrctar soll ein genaues Verzeidmiss der ^.Vdens- glieder mit Vornamen und Geschlechtsnamen föhren» auch die Tage, Monate und Jahre bemerken, an welchen die Verldhung des Ordens an jedes Ordensglied ge- schehen ist.

Art. 10.

Der Orden ist nur für persönliches Verdienst bestimmt. Daher müssen die Insignien, nach dem Tode eines Ordensmitgliedes, von den Erben an den Schatz- meister und Sekretär des Ordens wieder eingeliefert werden.

Art. II.

Die mit l^rtheilung des Ordens verbundenen Pr.irogative bestehen:

a) m 'VvAfnvv^ der Ordensdecorationen nach der in Art. } bezeichneten

Abstutung ;

b) in der Befugniss, das Ordcns2cichen auf die m ArL 12 bezeichnete Art mh Wappen und Peitschaften zu vereinigen;

c) in dem Genüsse der Vorzüge des pcrsötilichen Ritteradels für Gross-

Ijrctirc lind Conini.mJeiire, welche den erblichen Adel nicht besitzen;

d) in der Herechii<,'im^ lur alle drei Kl.isseii des Ordens, bei öircmlichen Festen und sonstigen Feierlichkeiten am llofc zu erscheinen.

Art. 12.

Die Mitglieder des Ordens sind befugt, das Ordenszeichen mit ihren Wappen und Pettschaften auf folgende Art zu vereinigen.

1) Die Giosskreii/e wer Jen den Ordensstern ihrem Wappenschildc unter- legen, «^o J.iss die Strahlen .m! .illen Seiten hervorstehen. 2) Die Kommandeure hangen das Band mit dem ürdenskreuzceum dcu Wappenschild; und

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II

j) an den U'.ippcii der Ritter wird das Kreuz untm am Schilde nik einer

Baadsclilcilc aiigcliän|;t.

An. 13.

nie \'crlciliuii^; Onlcns i-.t mit Aciner T.ixc vcrbundL'u. I^och wird von jedem neuen Mitglied«: dem Ordcn&sckrctariaic eine Entschädigung Tür gehabte Auslaifcn, geführte KorrespondenE, Versendungen etc etc. gdebtet, und swar

a) von einem Cirosskrcuzc }3

b) von einem Commandeur 22 fl

c) von einem Ordensritter 11 fl.

Art 14.

Da der f-rn)yr\vewk des OrJctT; Inup's.ijhlijli J.irin besieht, den Gott ccfilliycn Geist der Hintracin und wohlth.i(igci) Menschenliebe bcstniögiidut zu bcfurdern ; so n-ird das Bestreben nach diesem so schSnen und wohlthitigen Endzwecke sammi- lichen Mitgliedern des Ordens im vollen Vertrauen wohlwollend und bc ti.;is ui- empfohlen; und sollen gegenwärtige Statuten in deni Regierungsblatte bck.mnt gemacht, auch besondo* al^draclct und jedem Mitglied« des Ordens eni Exemplar Xtlgestcllt werden.

AschdtTeaburg, am ij*«« August 181 j. (L. S.) Carl, Grossher/.og.

Zur Beglaubigung ; Auf höchsten Befehl Sr. Königlichen Hoheit.

Der Justizminisler Müller, Freiherr von Alhini. geh. Rath und Kahincüsckrct.ir.

Diplome wurden bei der Verleihung} des Ordens nicht erteilt.

Der Beliehene erittelt mit dem Orden nur ein Exemplar der Statuten,

welche von dem Ordenssekretär unterschrieben und untersiegelt waren,

mit der einfachen Adresse : »Dem Herrn N. N. als des Concordien-

ordens Ritter, Commandeur oder Grosskreuz.«

▼•rseiehniM»

4m Mlt^iedMT dm von Sr. Königl. Hoheit dein GroNKhrrzogc von FrudtAui Im

Jahre iScj errichteten Concordien-Ordena. '

(IJjs Verxcichniss ist autgesieilt am 11. Juli 1814 und enthalt sammtlichc unter der Regierung des Grossheraogs erfolgten Verleihungen.)

I. Klasse.

1. Der Grossherzog, Grossmeister.

(Die übrigen Mitglieder nach dem Alphabet^.

2. Franc Joseph Freiherr von Albini, Staalinambter, Mmister des Innern und der Justix. j. (Christian Gr.if von nc i/cl Stcniiui, Staats- und Finanzminister.

4. Leopold Gral von Beust, Staaisminister und Salinendirektor.

$. Christian Carl Adam Ludwig Joseph Freiherr von Dicaheim, Domdechant,

Appcllationshofs-l'rasidcnt und Gcncralvikarius. 6. Carl Freiherr von HbersteiOf Staatsroinister, Minister der auswärtigen Vcrluluiisbe,

der Poliaei und des Kahns.*

' Aus dem Kgl. Krers-Ai«hiv in Wurxburg. - <H. C. P. No. )<a)

- Das breite Band mit dem ^nlifcncn Onlcns/cichcii und der gestickte Brust- stern bvtinden sidi in den städtischen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft in Mainz.

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12

^. Johann Philipp jakub Ncpoinuk Graf von £U, Oonikapitular und elienuüiger Landesdircktioiis-Prasident.

8. Ignaz Freiherr von Gruben, wirklicher geheimer Staatsraüi, ausserordentlicher

Gesandter und bevollmächtigter Minister an den Kgl. WOrtembcrgischcn. den Grosbhcrrogl. Badischen und Hessischen Höfen.

9. Joseph Freiherr von Hack, Domkapitular und Oberbofbibüothekar (gestorben

1815 /u Ascliatlenburg). lu. Max Grat von Hat/,l'cld, Dumkapiiular und Hofmusik-lntendant.

11. Emerich Joseph Otto Johann Philipp Valentin Freiherr von Hettersdorf, Dom-

kapitular.

12. Dorotheus Ludwig Christian Graf von Keller, Suatsminister und Gesandter am

Kaiserlich Französischen Hofe.

1 5. Carl Joseph Hicroninius Freiherr von Kolburn, Staatsminister und Weilibischol. 14. N. Graf von Marschall, geheimer Rath, ausserordentlicher Gesandter und bevoll- mächtigter Minister am Kaiserlich Oestreichischen Hofe.

1$. Johann Nepomuk Freiherr von Pfirdt, Oberstbofmeister, kaiscri. östrcichischer u. grossherzogl. frankfurtischer geheimer Rath und Generallieutenant (Kanzler des Ordens).

16. Joseph Kasimir Freiherr von Redwitz, Domkapitular und Generalvikar (ge-

storben t8i|).

17. Philipp Freiherr von Wambold, Oberstsilberkimmerer. '

18. Heinrich Freiherr von Wessenberg, Generalvikar zu Constanz.

II. Klasse. '

1. Carl Albert Wilhelm von Auer, Staatsrath und Präfekt zu Hanau.

2. >\'ilhelni Isaak von Borries, Suatsrath und Geoeraliospektor der direkten

Abgaben. '

). Matthius von Chandelle, Suatsrath und erzbiscböfliclier Vikariatsdiidttor.

4. Johann Gtoeg von Engelhard, Staatsrath und zweiter Präsident des Appdlations-

hofcs zu .\schalTcnburg. ) Franz Heinrich von Hefner, Staatsrath und General-Schuldenliquidator.

6. N. (iraf von Cirandcourt, Staatsrath (gestorben 1814).

7. Georg Adam Freiherr von Kicningcn, Staatsrath und Departementsgerichts-

Präsident.

' Das goldene Ordenszeichen und der in Silber gestickte kleine Bruststem, welche der Oberstsilber*

kämmerer Freiherr von Wambold getragen, so- wie das goldene Ordens/eichen am mittelbreitcn Bande, welche im Besitz des Siaaisraths von Borrics waren, belinden sich in der städtischen Münzsamm- lung auf der Sudtbibliothdt in Frankfurt. .Ausser- dem befindet sich dort auch die in Artikel j der Ordcnsstatinen erwähnte j^olJcnc kleine Schnalle mit dem Ordenszeichen, welche Staatsrath von Borries ^c- tragen hat und welche nebenstehend abgebildet wird.

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- 13 -

5. \ f.uu Damian Freilierr von Linden, Staatsrath. 9. l'liiltpp Ailolph Joseph von Moiitor, Staat^rath.

10. Urban Stephan von MQlIer, geheimer R«th vmd Kabinetssekret3r (Sekmir u.

Sv;ii.>t/nieisti.'r des Ordens).

1 1. Adam Joseph von Mulzer, Staatsrath,

12. Theodor von Pnili, Kurator der Universitits* und Scbulanstslten.

15. Fraiu Freiherr von Radenhausen, Generalmajor und Käminerer. I |. Leopold Johann von Robertson, Staatskonimi&sär r.ü Hanau, ij. Carl Friedrich von Seeger, Staatsrath (gestorben 1813).

16. Georg von Sieii, Staittraih, Finanzrel'erendar und Generalkontrolleur.

17. Fugen von Thomms. Stantsrr.tli fiifstorbcn 1S15).

itS, .^texander Freiherr von \'ruu-Berbcricli, Staatsratti und deneral-PuMdirektor.

19. Ludwig Frdhenr von Varicourt, Staatskommissär ni Fuld.

20. Niklaus von Weinrich, Generalmajor.

IIL Klasse.

1. Anton Cr.il vnn Bojcbi, Obristlicutcnant und Kjmnicrcr

2. D. C^arl Kasp. Creve, geheimer Rath und Professor der .\rztnciwissensclurt. Friedrich Graf von Dleabadi» Kämmerer.

4. Peter Gergens, Ingenieurmajor und Gciicrnlinspeltor der itldirektai Abjpiben. $. Friedrich Max von Günderode, Prä<ekt in Frankfurt. '

6. Jakob Guiolett, Landesdirekiionsrath, MSr tu Frankfurt.

7. Philipp ü.ilin. Obs.rlicv:ii.ii.iin i:tiJ Regintenischiruri;.

Friedrich Heiuier, Hauptnunn und GeneraJadjutant (gestorben 181 j). 9. Anton von Itsstein. .'\ppellatiomiho&-Prisideiit in Frankfurt, to. Georg Ludwig Kopp, geheimer geistlicher Ratli.

1 1 . C. Cäsar Leonhard, geheimer Rath und General-Ooniäneninspektor.

1 2. Ferdinand Frhr. von Leoprccliting, Kämmerer und k. Bayerischer Husaren-Major.

1) . N. Meiix, geheimer Finanzr.-ith zu Fuld.

14. D. Johann K.ispar Konrad I.fllirl, ^e]lcimcr Ratli

1 j. .\i)ton Fauh, geheimer Rath und Hauptkassircr in AschaHenburg.

16. M. Rey, Kriegskonmiissär in Frankfurt.

17. Georg Joseph von Rief, geheimer Rnth

18. Carl Enianucl Joseph Frhr. von Ri viere, geheimer Rath.

19. K. von Riviere, Legatioosrad).

20. Franz Cristoph Scheidel, geheimer geistlidier Rath.*

21. Georg von Tana&tcin, Hauptmann.)

22. Ludwig Toussaint, Kriegsrath.

2) . Niklas Vogt, geheimer Rath und Archivar. 2.». Georg Weinrich, Oberst.

25. D. Carl Weniet, geheimer Rath und Professur der Arztnciwissenschafi in Frankfurt.

' I).i> Rinerkreu? desselben befindet sich iu der .Münzsammlung der adeligen uralten Gesellschaft des Hauses Frauensiein in Frankfurt am Main.

' Das Ritterkreuz desselben befindet sich in der städtischen Münzsammlung in Frankfurt am Madn.

' Auch Hauptm.Kin Schiller bekam .im i }, September 181 j Anwartschaft aul den Concordien-Orden. ~ (Vergl. Grundbuch des Bauillonssubes aus der Zeit der freien Stadt.)

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- 14

Die Insignien der I. Klasse des Concordien-Ordens hestanJen IIIS einem au?. 48 Strahlen zusammengesetzten acl : ; : /.igen Stern (siehe Tafel I No. i und 2), welciier, 63 Millimeter hoch und breit, aus glänzendem Golde gefertigt ist. Der Stern setzt sich aus zscei zusammengelötheten Flächen zusammen, ist im Mittelpunkt etwa

1 cm dick, im Inneren mit einer kittartigen xMasse ausgefüllt. Das in mattem Gold besonders geprägte Mittelslück ist von einem er- habenen, kreisrunden, glänzenden Goldrande eingefasst und hat (incl. dieses letzteren) einen Durchmesser v ni 24 Mülinieter. Es zeigt auf der \'()rderseite über zwei zusammengebundenen Palmenzweigen zwei ans Wolken hervorragende, in Sonnenstrahlen sich vereinigende Hände mit der Ueberschrift »Concordia«. Die Köckseite trägt auf einem HermcHnmantcl und unter der Krone das Hauptwappen des Grossherzogtums Frankfurt : ein silbernes Rad im rothen Felde. An den drei oberen Scrahlenspitzen ist ein goldener Ring angebracht und in diesem iiangt ein länglicher breiter Goldreif zum Durchs ziehen des Ordensbandes.

Die Grosskreuze trugen dieses Ordenszeicben an einem weissen, gewässerten, 105 Millimeter breiten Bande (Tafel I No. 3) mit pon- ceauroten Seitenstreifen von der rechten Schulter zur linken Hüfte. Ausserdem trugen dieselben auf der linken Brust einen achtspitzigen, in Silber gestickten, aus 48 Strahlen zusaomiengesetzten Stern, in dessen Mitte sich das in mattvergoldetem Metall geprägte Medaillon der Vorderseite des Ordenszeichens wiederholt. Dieser Bruststem wurde in zwei verschiedenen Grössen getragen (Tafel I No. 4 u. 5).* Der grössere Stern hat von Strahlenspitze zu Strahlenspitze, auf den

2 senkrechten und den 2 wagrechien Hauptstrahlen gemessen, einen Durchmesser von 11,5 Centimeter, auf den zwischen den vorgenannten

' Aul Jcni Rinj; des Ordctjszeichcus, verdeckt durch den darüber lün^ciidcn Goldreif, befindet sich ein kleiner runder Stempel mit der Zahl 20^ dem Feingehalte

des Goldes, ui.J daneben ein etwas grosserer Stcmpc! mit einem Stern und den Hü^Iist.ilKii flW S, ikni |-irnia-Stcnipel der 1 1. iSjuwelierc 1 Intfm.mti, W'ohack und Spclu, wcLhcii die Lietcriiiij; der Decorationen des Concorditnordcns uivrti .11^011 war.

* Der Hruststern aul lalel 1 No. 4 ist von dem Exemplar abgebildet, welches Staatsminister Freiherr von Eberstein getragen hat und das sich jetzt in den städtischen Sanunlun>;en in Mainz belitidet, der Hrusistern aul Tale! I N'o. 5 von dem Exeniphir, welches der unter Kd. 17 des \'er/vichnisses der Gro^skrcu/.e lufgeführte Obersf- siiberkamnierer Frcilicrr von W'ninb.ilti j^etragcn h.it und welches sich in der städtischen Münzsanuniun^ aul der Siadtbtbliulhck in brankturt betmdet.

Es scheint als ob der grössere Stern an die nach Artikel 4 statutengemjss /u ernennenden zwöll Grosskreu^e, der kleinere dage^'en an die über diese 2Eahl hinaus ernannten seciis Gro&skreuze (Verxeichniss No. i}bis 18) verliehen worden sei.

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liegenden vier Strahlen von lo Centimetcrn und auf dem Mittcl- schildc einen solchen von 55 MilHmctcrn. Der kleinere Stern hat auf den 8 gleicliiirosscil Str.ililcn, von Str.ihlc:isjiit/c /u Striilileiispitze gemessen, nur einen Durciiniesser von 9 Ceiuimetern und das Miiiel- schild nur einen solchen von 40 Millimetern.*

Die II. Klasse (die Commandeure) trugen das Ordenszeichen der 1. Klasse in derselben Form und Grösse an einem 60 Millimeter breiten Bande um den Hals. Es ist in dieser Form abgebildet auf Tafel II No. i.

Die III. Klasse (die Ritter) tnii; J.is Ordenszeiclien in kleinerer i-orm, von Sirahlenspitze /u Siraiilenspii/e 56 Miliimcicr, das Mittel- schild 16 Millimeter im Durchmesser, an dem schmalen 35 Millimeter breiten fiande im Knopfloch auf der linken Brust. Abbildung auf Tafel II No. 2 und j.»

Nachdem durch die Schlacht bei Leipzig vom 16. bis 18. Oktober 181 3 die Befreiung DeutschlanJs von der französischen Herrschaft entschieden war und als nach der Schlacht bei Hanau am 30. Okiober die verbündeten Truppen Oesireichs, Preussens und Russlands vom 2. November an Frankfurt besetzt halten, sah sich der unter dem Protektorat Napoleons stehende Grossherzog genötigt, seine sämmt- lichen Besitzungen den alliirten Grossmflchten zu Überlassen. Er hatte sich bereits am 10. Oktober über Constanz nach Luzem und

' ßruststcrne wurden früher überhaupt nur in Silber gestidct ▼erliehen. In

PrcuTiscii werden dieselben erst seit dem i. Januar 18)8 in nmssivcni edlem Metalt vernusg.ibt, doch s^'iir es schon frülier gestattet, ci.iv-, Jii.' Hi.sit/i.r die gestickten Stcruc auf cij-eiie KoMen in edlem Metall nachbilden licssen. IJeni \ erlnsser lag ein nachgebildeter und dabei willkürlich abgeänderter Bruststem des ConccMrdicn-

Ordens vor. Der Stern wir ni;«; 'j^i Str.ihJon v(W ri.is>;i\ cm SilhLT 7ii<;.initiiengeNet/t und hatte einen Durcluucsi>er von 8) Millinieiern. Das Mittel^iliild war 40 Milli- nttfter brdt und trug auf einem rotheroaiIHrten, von Goldstreifen eingefassten Rand- streilen in (luIJ il.is Wort Concordia«. Innerhalb dieses Randes waren auf einer silbornen Platte über /.wei gruncniaiilirten Faimcnzweigen die aus den Wolken hervor- ragend«) und sich vereinigenden Hände erliaben in Gold gearbeitet.

' Im Germaniiiciien Museum in Nürnberg, in der Abteilung für Costüni- kuiide. befindet sich eine in Silber gearbeitete Nachbildung des Concordien-Ordens III. Klasse. Dieses Rxeinplar wurde seiner Zeit von dem als bayerischen Oberst a. D. verstorbenen früheren pritlUllischen Hauptmaim von Taimstein, zur Schonung des Orgin,iIc\>. nip! jri.N .ils m^'cnnnntcr »lixtr, ir-Otdeii« getragen.

Gaivanoplastische Nachbildungen nach den im Bc»iu der Münzsammlung der Frankfurter Stadt-Bibtiothek befindlichen Orginal-Exemplaren aller Klassen finden sich in verschieilenen Privat-Münzsamnilungen vor. Dieselben sind daran /u er- kennen, dass ihnen der tinna-Stenipcl H. W.S. fehlt. Auch die in Silber gestickten Broststeme sind nachgebildet worden.

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Zürich zurückgezogen, kchrtu von dort am 5. Januar 181 4 in seine Didz«s« nach Keg«nsburg zurück, wo er bis zu seinem Tode am IG. Februar 1817 ausschliesslich seinem erzbischöflichen Berufe lebte. '

Mit der Aufgabe seiner Besitzungen hörte selbstverständlich auch die Verleihung des Concordien-Ordens auf und so erlosch der- selbe wieder nach kaum achtmonatlichem Bestehen. Bayern, welchem bei der Auflösung des Grossherzogiums das Förstemum AschafTen- bürg und einige Fulda'scbe Parzellen zufielen, erkannte den Orden nachträglich durch einen königlichen Erlass vom 24. Juli 1814 in. Es führte denselben, sofern seine Inhaber in den bayrischen Hof« oder Staatsdienst übergetreten waren^ in seinem Staatshandbuch auf und erlaubte denselben das Forttragen der Insignien. Die königliche Ver- fügung, welche im Anschluss an den bereits mitgeteilten Bericht des Ordenssekretärs von Müller vom 11. Juli 1814 an den Hofkommissar Frhm. von Aretin erlassen wurde, lautet wie folgt: *

Maximilian Joseph von Gottes Gnftden König voo Baiem ctc etc.

Auf die von Unserem Hontommisslr Freiherm von Aretin untenn 12. d. M. gestellte Anfmge vegen dem Concordien-Orden wird hiermit erwidert, da» Wir

den damit dckorirten, in Unsere Hof- und Staatsdienste übernommenen Indi- viduen die Forttrapunj^ derselben i^estaiten, den Orden selbst .ibcr als erloschon ansehen, wie solches bei der Hrricbtung Unseres Civil-Verdienstordens mit dem VerdiessMrdeii des pfälzischen Löwen verlTigt worden ist. Mönchen, den 20. Julius 1814-

Aus

.Setner Majestät des K5nio;s special Vollmacht gez. Gemmingen.

* Der Grossherzog ist im Dom «i Regensburg beerdigt. Sein Neffe, der Henog von Dalberg, liess Ihm in demselben 1824 ein Denkmal aus carrariscliem Marmor errichten.

' Aus dem Kgl. Kreis-Archiv iu Würzburg. - (H. C. P. N'o. 679.)

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s. Die Ehren-MedaiUen für die primaliRrheTi und später grossherzoglich frank für tischen iruppen.

Wie alle Rlicinbund-i ürstcn, so stellte auch der Fürst-Primas dem Protektor des Rheinischen Bundes, Napoleon I., vertragsmässig wiederholt Truppenkontingente zur Verfügung, welche, im Interesse

Frankreichs und unter dessen Führung, an seinen Kriegen Teil nahmen.

Im September 1806 musste der primatische Staat ein Bataillon in der Starke von 968 Mann aufstellen.' Dasselbe wurde kurz darauf auf i^/o der Beve)lkerung, aut 1500 Kopie, erhöht und in die Garni- sonen Frankfurt, Wetzlar, Aschatienburg und Regensburj^ verteilt. Von diesem Bataillon, welches seiner Stfirke entsprechend in eine Grenadier-, 7 FOsilier- und eine VoUigeur-Kompagnie formirt war, versahen 4 Kompagnieen unter dem Kommando des Major von Welsch während des Krieges gegen Preussen, vom 21. Oktober 1S06 an, den Htappendienst in den Städten Braunschweig, Magdeburg und Erfurt. Dieses Feldbauillon kehrte im Juli 1807 nach Frankfurt zurück.

Im August 1808 musste das Rheinbund-Kontigent auf ein Regiment zu zwei kriegsstarken Bataillonen i 980 Mann erhöht werden. Eines derselben wurde sofort aus den tüchtigsten Mannschaften zusammen- gestellt, in eine Grenadier-, vier Füsilier- und eine V'oliigeur-Kom- pagnie' einpcicilt und ah »i. Bataillon des liitanterie-Rci^'imcnts von Zwever« ' dem Kommando des Grossmajori. von Welhclj unterstellt. Uit>e5 Bataillon, welches für den Krieg in Spanien bestimmt war,

* Das Rhdobund-Kodndgent -wurde aus den Cadm der reichsstädtischen

I ruppcn (} Subs-, 7 Krcis-Konipagnieen , e'nc Artillerie - Kompagnie und eine Veteninen'Kompa^e, zusammen $00 Mann stark) und durch ausgebobene Relcniten formirt

' Die Grenadier- und Voltigeur-Konip.ignic, mit den ausgesuchtesten Leuten, bildeten, dem französischen Reglement entsprechend, die »Hlice-Kompflgnieen« und crliiehcn einen höheren Sold als die Füsilier-Korapagniccn.

' Fran^ Freiherr Zweyer vun Evcnbach war General cn chef sämmtKclier

fürstl. primjtisclifr Trtippmi, wirkliclicr K.imnicrer. des deutschen Ordens Ritter und Comtnandeur, Inhaber eines Intantcric-Rcginicnts.

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rückte am 27. August 1808 in der Stärke von 868 Mann von Frank- furt ab, marschirte über Saarbrücken, Met2 und Orleans nach Bayonne, überschritt am 19. Oktober die Bidassoa, den spanischen Grenzfluss, und trat am 24. zu der Division Leval des 4. französischen Korps, welches aus nassauischen, badischen, hessischen und holländischen Truppen zusammengesetzt war. Das Bataillon nahm thätigen Anteil an dem sechsjährigen, blutigen Kriege Frankreichs gegen die englisch- spanische Armee und die fanatische Bevölkerung Spaniens. Von den Küsten des biscavischen bis an die des mittelländischen Meeres, von Valencia bis an die ponugiesische Grenze durchzog das Bataillon kämpfend mit zäher Ausdauer unter glänzenden WafTenthaten die Halbinsel. Besonders hen-orzuheben ist die Teiteahme des Bataillons an den blutigen Kämpfen des Jahres 1809. Es nahm nihmvoUen Anteil an der Schlacht bei Messa del Ybor am 17. März 1809, ' an den siegreichen Kämpfen bei Valdecannas am 18. März, bei Medellin am 28. März, bei Talavera la Reyna am 27. und 28. Juli, wo Grossmajor von Welsch, 4 Offiziere, 64 Mann verwundet, i Offizier und 15 Mann getödtet wurden, bei Almonacid am 19. August and bei Ocanna am 19. November 1809, wo es wieder einen Verlust von 7 Todten und 33 Verwundeten zu beklagen hane. Am 15. März 1810 trat der erkrankte Grossmajor von Welsch das Kommando des Bataillons an Major Fritsch ab und dieser führte es bis zu seiner eigenen Erkrankung im Februar 181 3.* Den Befehl übernahm nun- mehr Major Vogt, welcher das Bataillon bis nach der Entschei- dungsschlacht bei Vittoria am 21. Juni 181 3 führte, durch welche die Franzosen gezwungen wurden, das spanische Gebiet zu räumen. Er kehrte im Juli mit den dienstunfähig gewordenen Mannschaften nach Frankfurt zurück und für ihn übernahm Capitaine Damboer die Führung der in Spanien verbleibenden Reste des zusammengeschmol« zenen Bataillons. Als die Siege der alliincn Grossmächte über die Franzosen und die Besetzung des Grossherzogtums durch erstere bekannt wurden, schloss sich das Bataillon den nass.uii sehen Truppen an, w*elche den geheimen Befehl erhalten hatten, zu den Engländern überzugehen. Am 10. Dezember, vor Bayonne, gelang es diesen Vorsatz auszuführen. Trotzdem dem Bataillon im Laufe des Krieges

' N.ich lic: Sclil.Kin not der I>ivisions-Ger!c: .il I.cv.u ini Vorbeireiten dem liataillun /u. -tVivc 1«. bauillon Prim.is! II .1 dcciüc i.i b-iuillc!«

* Grossmajor von Welsch wurde am 9. Januar 1810 zum Oberst, Major Fritsch $m 9. Juni i8ro zum Grossmajor und Hauptmann Vogt an demselben Tage nun Major und Chef de bataillon ernannt.

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viermal Nachersatz, mit zusammen 318 Mann, nachgeschickt worden war, zählte es nur 11 Offiziere 382 Mann, als es am 14. Dezember 181 3 im spanischen Hafen von Pesages eingeschifft und über Plymouth nach Holland transportirt wurde. Das Grossherzogtum hatte in dem 6jährigen Kampfe auf der pyrenäischen Halbinsel etwa 800 Mann verloren. Ende Februar 1814 trafen die Ueberreste mit 240 Mann wieder in Frankfun ein.

Im Mai 1809 hatte inzwischen das 2. Bataillon des Infanterie- Regiments von Zweyer, unter Major von Horadam, seine Formation beendet. Es bestand aus vier Chasseur-Kompagnieen, von denen die erste den Namen »Albinische Jäger^Kompagnie« führte, und wurde Ende Mai 1809 in der Stärke von 600 Mann vorübergehend zur Be- setzung der Qtadelle von Erfurt verwendet. Ende Dezember 1809 kehrte es von dort nach Frankfurt zurück.

Im Jahre 1810 wurde, mit der Umgestaltung des primatischen Staates in ein Grossherzogtum, im Verhältnis mit der Einwohnerzahl die vertragsmässige Stärke des Rheinbund-Kontingentes auf 2800 Mann erhöht. Das 2. Bataillon wurde von 4 auf 6 Kompagnieen (eine Grenadier-, vier Füsilier- und eine Jäger-Kompagnie) verstärkt und ausserdem ein neues Bataillon, unter Major von Corneli, in derselben Zusammensetzung formirt.' Dieselben wurden mit einer Gesammt- stärke von 1706 Mann zu dem »Regiment Frankfurt«, unter dem Kommando des Oberst von Horadam, vereinigt und dem französischen Kaiser für seinen Kriegszug gegen Russlaod zur Verfügung gesteUt. Das Regiment verliess Frankfurt am 16. Februar 1812. In der Stadt blieb nur das Infanterie-Depot, in den 4 Hauptstädten der Departe^ ments (Frankfurt, Aschaffenburg, Fulda, Hanau) und in Wetzlar das BOrgermilitär (die Natiooalgarde) zurück.'

Das »Regiment Frankfurt« trat in Hamburg zu der i. Brigade der Division princiäre und wurde an der Küste der Nordsee zum Wachdienst gegen englische Landungen verwendet. Im September marschirte es nach Danzig, von dort im Oktober nach Königsberg und bildete hier einen Teil der Division Loison. Mit dieser marschirte das Regiment im Anfang des November 181 2 nach Russland. Auf

* Das Bataillon verlor bei dtewr Neuformation seine Benennung »2. Bataillon Infantene-Reginients von Zwcvcr.« Die beiden neugebildeten Bataillone erhielten

die Nnmcn »T. und Tl. B.u,iill<Mi des l<c<,'iiTioins Frankfurt" und wurden nach ihren bctrachilichen Vcriusten in Russiand, walirend der \'ertc'tdigung von Danzig, als ein schwaches Bataillon zum »Regiment Frankfurt« zusammengestellt.

* Die Nationalgarde ist im Staats-Kalender des Grossberzogtunis Frankfurt von i6ia aufgeführt.

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der Strasse nach Smolensk stiess es am 5. Dezember in auf die zurückfluthende napoleonische Armee. Tags daraL auch die Division Loison sich diesem fluchtartigen Rfick schliessen. Das Regiment nahm an allen Schrecknissen, ^ Kälte^ der Hunger und der Kampf mit dem nachdrängend« mit sich brachte, Teil und erreichte in den letzten Tagen des £ mit 285 Mann wieder Königsberg. Von dort marschirte Danzig, nahm an der heldenmOthigen Verteidigung dieser Teil und kehne nach der Kapitulation im Dezember 18 15, t ihm während des Krieges 133 Mann Verstärkung nachg worden waren/ mit nur 17 OfHzieren und 60 Mann nach F zurück.

Ein fünftes grossherzogliches Kontingent, zwei Bataill 790 Mann» wurde im Anfang des April 1S13 mit Mühe zusa gebracht. Sie erhielten die Benennung II. und III. Batailh Infanterie-Regiments von Zweyer. Das II. Bataillon komma Anfangs Hauptmann Graf Heusenstamm, vom 16. August an Vogt, das III. Bataillon führte Major Unkelhäuser. Diese Ti nahmen an den Kämpfen bei Lützen, Bautzen, Hoyerswerd und rückten während des Waffenstillstandes am 27. Juni in C ein. Sie nahmen an der Veneidigung dieser Festung durd französischen General Laplane gegen die russischen und preussi Blokadetruppcu Teil, bis ihnen am 24. Januar 1814 der Abzug

' Uebcrsichi

der seit dem 27. August 180S bis jetzt rar Icaiserl. fraiuöaäschen Armee, nach Spanien» theils nach Norden» gestellten grossherzoglichen Trappen :

Mann. Pferde. W

Nach Spanien: I. Bataillon. -- Abmarsch am

27. Aui^ust i.St)S. - Stärke . . 868 ij

nachgeschickt: ein Reniuri am i). October 1808 lo 16

ein Renfort am i. Mär« 1B09 . . 108 ~

ein Renfort am tl. Ociobcr 1809 7

ein Renfort am 4. Dezember 1809 193

Summa: 1168 29

Nach Norden: ein Regiment zu 2 Bataillons. Ab- marsch am 16. Febr. 181 2. —StSrke 1706 16 2 nachgeschickt: ein Rcnfon am i. Mai 1812 . . 90 - ein Rentort am 21. Juli 1812 .. 24 ein Renfort am 1. September t8i2 19 17 4

Summa: 1839 4} 6

Frankfun, den j. Januar 18 rj.

gez. VOR Zweyer.

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Frnnklurt gestattet wurde. ' Ein kleines Detachcment war in die Festung Torgau abkon)nianJin. Die Truppen Icehrten Ende Februar 1814 nach I'rankfurt zurück,*

Im jährt.- KS09 t.isstr der l ürst-Frim.is den Hntschluss. dem Bei- spiele aiitierci Suuuci) zu tulgcn und lür icuie Truppen zur Beloiinung ausgezeichneter Handlungen vor dem Feinde Ehren-Medatllen zu stiften. Die Anregung hierzu wurde gegeben durch die Rapporte des die grossherzoglichen Truppen in Spanten kommandirenden

' Zur Beleuchtung der schwierigen Lag^ in welcher üch die grossherzog> liehen Truppen im Anfang des Jahres iKi.t befanden, m.ig dernachstehende Vorfall * dienen (vgl. G. S. Dietnch, ( irass-Glog.iu's Schicksale von 1806 bis i.j. Glogau 18x5). lun Bürger der belagerten Festung machte es r.iöi'Iich. einem mi^w.irts wohnenden Riltcrgutsbcsit/er eine Taube /u/uschicken, nvd der Bitte, ihm durch dieselbe Machriehten über die politische L.igc xukommen ^u lassen. Die Taube kehrte am }. Januar 1814 -n ilircn Sclil.i;; /uuk'^ unJ br.ichto, an den Fuss ge- bunden, eine Aufforderung an die Frankturter i ruppen, weiche Oberlieutcuant Faust vom Militlr-Gouvemement Frankfurt bis luni Belagerungseorps {^bracht haue. Die AufTorderung lautete:

\u das Frankfurter Ülfuicr-Corps von Glo^'H!. Uic Herrn Batailions-Chcfs Fraiu Vogt und .Andreas Uiikeihausur, die Herrn Capitains Graf von Heusenstamm, Hemmerich, Harrach, von Dressler, als tlie ersten und Hielten C>fft?itT'i der beiden Frankfurter Bataillons werden von ihrem Gouvernement aulgeforderi, sich um dcu Abgang mit ihren Trappen aus der Festung (ohne sich in ii^nd eine Bedingntss einzulassen) Ini dctu Fcstungsconmundanten umsomchr /u melden, aU der Rheinbund ganzlich aufgelöst ist und sich sammtlicbe Fürsten schon tu Anfang November für Deutschlands heilige Sache an die hohen Verbündeten mit ihren Truppen angeschlossen haben. Oer Kaiser Napoleon hat diesen Abgang vOO der fran/üsischcn Armee allen deutschen Truppen erlaubt, noch ehe er über den Rhein geilen musstc, auch alle eingeschlossenen frafKsOsischea Festungsconmiandauicii folgten diesem Beispiele, lui- (jIm^.iu nicht. .Sollte Ihoea daher dieser Abgaag mit Ihren Truppen völlig abgcsclilagen oder erschwer werden, so -^ind Sie julgcforderi, ihn umsomchr auf irgend eine .\rt m bewerkstelligen, als ihr jeuiges Avancement und Anstellung von der schleunigen Ankunft in Frank- furt gan;' .illeiu .ih!i.inpt. welche; spritcHiin iiiciit mehr Stattfinden kdOfltC und Ihnen annoch schwere Verantwortung /u/ichen wurde.

Im Auftrage des Militär'Gouvernemcnis zu Frankfurt Peter Faust Uberlieutenant im I. Infanterie-Bataillon.

Dem Hauptmann Ciraf von Heusenstamm gelang es am S- Januar, mit seinem Reitknecht zu den preussisdten Belagerungstruppen hinübcrzureiten. Den beidat Hatjiltnntn wurde, Ti;ichdo!ii .mi 16. berei?« eni Otfi/icr mit i(^t Mann enTkoinmen Wir und eine Revolte aus/ubreciien drohte, am 24. Januar der Abzug aus der Festung gesuitct. Glogau kapltulkte bekanntlich erst am to. April 1814, nacb- deoi die .Mliirlen bereits am }!• März in Paris eingezogen waren.

' Nach einem Rapport vom 18. September 181 } hatte das Grossherzogtum an Truppen unter den WafTen :

22

Grossinajors von Welsch, d. d. Medellm den 6. uod so. Ap in welchen derselbe eingehend über die hervorrageade und ri Teilnahme des Bataillons an der Schlacht bei Messa del \ 17. und 18. März, sowie an der Schlacht 'bei Medellin am selben Monats berichtet, die Leistungen des Bataillons- Chefs Hauptmanns von Tannstein und Lieutenants Adjutant-Majors t rühmend hervorhebt und gleichzeitig 14 Unteroffiziere und S welche sich besonders ausgezeichnet, dringend zur Belohnu pfiehit. ' Der General en chet* von Zweyer beantwortete Rapponschreiben am 14. Mai 1809 aus Fiankfurt vaQ folgt:

An den Herrn filrstl. prinuti^clicn Grossniajor von Wclscb in Mec

Ihre beiJcn R.ipportschrclbcn d. d. McdclIin vom 6.. sowie fcp.es vom I. J. habe ich meinem j^rtmtm Vere'*r: -'.c^-'.'z crh.'.]:<.n. So sehr ich auch überzeugt war, oass s;cii aaj> FranKiurtcr i>ubMdicti-i unter Ihrem Comnuindo und der MitMirkung eines so braven Her de bataillon, saninit da) übrigen Herrn Offfziers, in jeder t'cindh'chcn nur rülmilichst auszeichnen werde, cbens*"» unendlich viele Hrcudi.' i mir Ihre Relationeo, indem ich mich daraus überzeugte, wk das B-

1 ; infanicrie-Regiraent von Z\s cver :

I. Bataillon m Spanten Ofliaere 3$o M

II. Bataillon in Glogau 20 77t

III. Bataillon in Gloi:.;u .21 ^ 771

2) in Dan/it^ ciiiixeschlossen (Regiment Frankfun) 20 444

3) Ücpol in Frankiurt 2j 789

4) Artillerie in Aschaffenburg ^ 26,

5) Land«s>Sicherheitoorps:

Husaren 4 ,. Ä) ^

Jäger zu Fuss 2 .. 116

Total der unter den Waffen Stehenden: 106 Offiziere )J27 Mai

Dieser R.ipport. sowie alle nachfolgend wiedersjesebenen oder crwi Berichte und KapptJrte, welche die Hliren Mc.irüon betrerien. sind no die^ au>drücklich anders bemerkt ist im Kgi, .Staate-Archiv in WiessMden au{bc%( Es sind insbesondere die Aktenstüclee: Befdtls^Protokolle von iSo^ 1807. 1809, 1810 die Kassen- Journale des Frankfuner Kriegs-Kon^missariats von bis 18 10 die Rechnungen des grossh. Frankf. Kriegs-Zahlamtes von iSi 1815 bcinit;': worden.

' Die in dem Rapport d. d. Medellin den 6. April iS<x7 gegebene eiii^jich Schildening der tapferen Handlungen der nir Bdohnuti^ empiohlenen Indivic ist von uns in dem nadifolgeiidcti \'orschlage der Tapferkeits-Bclohnungs-K mission d. d. M.idrid den 15. unJ 1 }. De/cntbcr i8c">9 wiedercci^'ehen. Dem Rjp vtMii (■>. April Iii .;tc der Grossniajor von \\"cK."h die ,i!!.::er!K"r cjc'i'hc^en 'T.i befehle des Corps- und Divisions-Commaiideurs. wekiie die rnu>tcrluuc HaJt der Truppen in der Schlacht am 17. und 18. lobend anerkennen, imd den n;i folgenden Tagesbefehl des Brigade-Contmandeurs. grossheTKOglidilKSSiscfaenGaici Schiffer von Bernstein, bei, welcher an das B;;M;Mon des Fürsten Prinus gerichtet w

ich ergreife mit Vergnügen die Gelegenheit, um dem fiauilioo Fiir»(-Pnn

I

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2J -

ohngeat^iitei ^ciucs gcruigc» l.ncn St.miics' A!le% leistete, was man nur immer vorj cijJCT br.»ven Truppe verlangen kann. Aus naclu>tehctidcm Rcscript werden Sie die Höchste Zufriedenheit Seiner Hohheit entnehmen und selbes Ihren unterhabenden Truppen bekannt machen :

Ich ersuche den Herrn Gencrnl crstHcti: dem Herrn (irossmajor von Welsch, Herrn Chef de bataillon Tritsch unJ .illcn Herrn Offizieren, welche üch rühmlich ausgezeichnet haben, Meine icbhaUe Dankbarkeit zu bezeugen, xweitensr denselben die Versicherung zu wiederholen, dass diejenigen Oltiziere, welciie den Orden der Ehrenlegion erhalten werden,' von Mir jahrUch Hundert Th.iler* Pensinn lebenslänglich zu beziehen haben. drittens- diejenigen L iiterottuiers iin<l Srild.iten. welche sich rühmlichst ausgezeichnet haben, ührcn-Medaillen erhahen sollen. Das rühmliche Betragen dieses Bataillons hat Mich sehr gefreut. Frankfurt» den |. Mai 1809.

gez. Carl.

Ich werde indessen d.ifür sorgen, dass neue Vcrdienst-Med.iülen geprägt werden und Ihnen, mit dem ersten von hier abnurichirenden Renfort, mehrere Gotd- und Alberne Medaillen mit einem Auszug der Statuten der bestehenden Tapferkeit&^Belohnungs-Commission zuschicken, datmt Sie in Ihrem unter-

habenden Bataillon eine ähnliche Comnn'ssion niedersetzen können, welche die rühmlichen Handlungen /n untersuchen und denen, welche sie ausgeführt haben, goldene und silberne thrcn-Medaillcu zuzuerkennen luL etc. etc.

Es lag, wie aus vorstehendem Schreiben hervorgeht, Anfangs in der Absicht, den zur Belohnung Empfohlenen die bis zum Tode des Kurfürsten Friedrich Carl in Kur-Mainz gebräuchliche Tapfer- keits-Medaille,' nach den dort gebräuchlich gewesenen Bestimmungen,

f&r das bei den Affairen vom 17. und 18. bewiesene brave Betragen meinen aufrichtigsten Dank abzustatten. Zugleich versichere ich dem Herrn Gross»

major v. Welseli und dem Herni M-ijor Fritsch, sowie dem Herrn Adjutnnt- Major Dambocr. ^I.i-^s ihr bewiesener Kifcr, ihre Bravour und ihre btand- hafiigkeit mir unvcrgesslich bleiben werden. Auch der .\djutant sous-officier Hartnunn hat sich durch besondere Bravour der Gnade seines Souverjüns würdig gemacht.

Der. Herrn Grossmajor v. Welsch ersuche ich, den Herrn Offiziers, Unter- ottiziercu und Soldaten meinen Dank lur das, was sie an diesen beiden Tagen gethan haben, zu erkennen zu geben.

El Puerta del Santa cruce den »2, Min 1809.

gez. Schärter von Bernstein, grossherzogl. hessischer General. * Nach dem Kupport d. d. Cebollia den 28. Febru.ir 1809 waren: in auswärtigen Hospitalern . . 2 Offiziere ^57 Mann

detadiirl j 114

zum Dienst , 19 354 ,.

der Bestand des Bataillons: 24 OfHziere 825 Mann. ' loo Thaler = i^o Gulden nach damaliger Berechnung. > Im Kurfürstentum Mains stiftete der Fr/bischof und Kurfürst 1-riedr. Carl Joseph Freiherr von Erthal berdts im jähre 1795 für das kurmainxische Unien-

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24

aber in tcilwei«?e veränderter Prai^Linii, m verleihen. Gcii»

7wever berichicicdicserh.ilb, unter gleichzeitiger X orla^e einer :

Kurinainz'schen Tapferkeiis-Medaillc das Folgende:

An Sc Hoheit den Durchlauchtigsten Souverajnm Fürsten Pi Miliulr-Verdkastiuedülkn. Eatx Hoheit eic

Bei dieser Gel^oAeit verfidüe ich niäit, eine saSbtrac Verdicnstnie

horsanist betzuschliessen. Ich hübe den Stempel derselben, weichet Aschatfenburg befinden soll, anhcr beschrieben und wire der um: gehorsamsten Meinung, «las» die eine Seite, auf «-elcber der Genius b beibehalten, auf der «tdeni Seite aber Euer Hoheit Höchstes BUdn lencs des Hödistscdigcn Herrn, cio^^rabeo werden dftrfteL

Schliesslich bemerke ich noch ^diorsanist, dass es rathsam seye, die roihen Medaillen-B.inJer mit rwty weisen Streifen auf beiden S versehen, indem sie sonst den Bändern der üan^ösiscben Hhrenkret. lieh sind.

Franklurt, den ). Mai 1809.

gec V. Zweyer

General von Zweyer hatte inzwischen den Stempel zu de

mainz'schen Tapferkeits^Medaille und die Akten des kurmainz'

Tapferkeits-Belohnungs-Instituts aus Aschaffenburg verschriehei

erhielt von dort nachstehenden Bescheid:

Estractus Pronkoin * des Kriegskollegioms Sr. Hohdt des souveränen Herrn Fürsten Pruna rhetn. Confdderation

de .\schaffenburg d. 6. Mai i3c Condusum: Fürst-Primatischem Herrn General en cfacf wäre das Mi

'['.jpfcrkeits-Belohnungs-Institut nebst sämmtlkfaen bisher abgehaltenen Mi!

TapferkcitsbcK'hiuings-Commissionsprotokollcr! und .\cten mit dem c samsten Bemerken vorzulegen, dass man aller angewendeten Erkundi,

Militär eine Tapferkcits-Mcdaille, welche in Gold und Silber verliehen wurde. irsLM .ujf der \'orJcrscite das Brustbild dos Stifters, auf der Rückseite e schwebciidcii , geflügelten Genius, weldver dncn Lorbcerkxaiu hält über der sdirift: »Das Vaterland seinem upfem Yertbcidiger.« IHe Medaflk^ mit eir Durchmesser von }8,$ MUlimeiem, wiegt 17 Gramm und wurde an etnem rot Bande auf der linken Brust getragen. Der Stempel ist von J. Undenschmit Main* j^cfchnitten.

iime andere kurniainzische Militär-.Medaille aus damaliger Zeit trägt auf Vorderseite ein mit Lorbeer umv,-undenes Schwert, auf der Rücbciie das k mamzische Wappen mit der Jahreszahl 1800 und auf beiden Sdtcn venrilt Umschrift: »Die Treue und Tapferkeit belohnt Friedr. Gar. Jos. Kurfürst.» Di» silberne NlcJ.iillc. mit einem Durchmesser von ;6 Millimetern. e?t : Gnini wurde an einen» grünen Bande getragen und an den kurmainzischcn Landsiii: verteilt, welcher i8ot) zur Unterstützung des Linicn-MiUtärs aufgeboten wurc {Vergleiche: Karl RothenbQcher »Der Kurmainzer Landsturm in den Jalwen iji und 1800.« Augsburg i^jS.)

Mitgeteilt durch das iigl bayerische Kreis* Archiv in Amberg. E. Na^jjl

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ohn^caditci nicht iubv erfahren können, wer Uie Steinpd der MiUuu-Doik- mfiiue besitze; wie man jedoch »m viorderen Zehen vermudie, werde Herr

Directionsnuli Molitor, welcher djhicr ii;.jln inwcsend, jedoch ehemals das Geschäft der Denkmünzenprägung bci>orgt ^habc, hierüber nähere Auskunft geben I^Amien*

ge<. Radenhausen.

Da sich auch bei weiteren Kachforschungen der Stempel zu der kurmainz'schen Tapferkeits-Medaille nicht vdit'uul, sn wurde von der Beibehaltung der Rückseite derselben Abst.ind ticnommcn und der in Frankfurt Icbcniio Stcmpcl.schiieider rAllcuKiiiJ ' mit der An- fertigung neuer Stempel beauiiragi. Am 21. Juni \^urden demselben aus der Feldkriegskasse (ur die Verdienst*Medaitlenstempel 14 Carotin gezahlt und General von Zweyer berichtete nunmehr am i. Juli:

Euer Holteit icli. in gehorsamst beigebofroner Anlaj^c, die Berechnang

des Betrags von r.wölf ^ilherncTi inui si-i.hs f:'n!iknen Vcrdicnstniedaülen. welcher sich aut liti Gulden belauit, /.ur tiuchstcn liinstcht unterthänigüt vor, mit der gehorsamsten Kite: die fpiidigsie Verf&gung dahin treflen ni wtfüen, das» diese Verdienstmedaillen durch den Heirn Münzrath Bunvcn, welcher die Stempel bereits in Händen hat, baldigst verfertigt werden möchten. Frankfuft, den 1. Jaii 1809^

gei. von Zweyer.

Randbemerkung neben 218 Gulden: •Uegn angewieien bei.

Frankfurt, den 2. Julius 18091 gez. Carl.« Notiz des Berichterstatters : Das gcnchnti^fte Höchste Inscript, in welchem die Beiahlung aus der Feld' Kriegsk.i'Nsc anbLlnhlcii, wurde an Herrn Mün/.rath Bnnseti geschickt.*

Bei der Prägung;, unter der Aufsicht des Munzr.uhes Bunsen, sprang der Stempel für die Rückseite der Medaille dreimal. General von Zweyer berichtet darüber:

Euer Hoheit mache kh hiermit die gehorsamste Anzeige, daat der MedaiDen-

stempcl nun zum drittcnmalc und immer auf der einen Scitei auf wekher die Inschrift befindlich, zersprungen ist. Beiliegend verfehle ich nichti einen silbernen Abdruck xut höchsten Einsicht gehorsamst beizufügen.

Da nun Euer Hoheit jijngst dahier gnädigst /.u äussern >;>.rLi Ilten, dass die eine H.rlfte ^^tesc^ /crbriKhenen Stempels ;iin besten iti Rei^enslniri; -^e- Muchcn werden könne, so erwarte icli die desslalls weitere Höchste Resolution, sowie die gnädigste Weisung, an wen ich die eine HMAe des Stempel» mit dem Höchsten Hildiiisse, welche; noch utibesdiftdigi ist, schickcn soll.

Franclurt, den ij. August iSix). gez. von Zweyer.

Conrad Cliristian l'Lallemand, geboren 17 jJ 'u Hanau, lebte als Stempel- Schneider in Frankfurt und starb dort im Jahr 1830. Vnn ihm sind auch die Stempel zu Deelsens ttml Brönners Jubilar-Medaillen f sSv»; u. iHo)!

Johann Georg Hunscn ersetzte »790 seinen Vater (Philipp Christian Bunsen) als grossheraogl. Mflnmth und Müiumeistcr ra Frankfurt. Er starb 1833.

26

Kandvcrfiiming des Furst-Primas: Am besten wird es seyn, wenn der Herr (jencral diesen ^\u£tra Melxer* enbeilen, damit er mit dem dasigen Münjsmeister Ausprägung ist nicht übet gerathen.

Aschaifenburg, den 2& August 1809.

Nachdem rAlleiiinnd zum vierten Mal den StenipeJ seile gestochen hatte, glückte endlich die Prägung: unter tf«. des Münzrathes Bunsen. * General von Zweyer bericiitctc am 4. Oktober:

An i>eine Hoheit den i^urclilaucliiigstcn soiivcrauicu l ursicn Euer Hoheit mache ich hierdurch die geliorsamste An;>:eigc, dass c anbefohlenen Miliuir-Venfienst-Medaillen endlich durch den He meister Bunsen glücklich mit unversehrtem Stempel verfertigt wor Es sind sieben goldene und zwanzig silberne, mit Inh silbernen, welche ich Euer Hoheit unter ni 28. Augu&t gehorsani!>t senden die Gnade hatte (sie !).

Ich werde nun, früherer Höchster Weisung zufolge, mit einigen Tagen nach Spanien abgehenden F. P. Offi/ieren, dem Herrn l chof l'ritsch sechs <jo!dcnf und ;tchtzehn silberne Vcrdicnst- /uschicken, um dieselben an diejenigen Leute im Bataillon /u weldien die dessfalls niedenuaetzende Meda31en>Commissionj nach Höchster Genehmigimg, deren zuerkennen wird.

Die übrigen Medaillen werde ich in Deposito behalten, bis Eue darüber gnädigst verfögen werden.

* Lieutenant Joseph Melzer war Oflficier payeur im Stabe des Inf.-R^

Zweycr.

* Im Kaisen- Journal finden sich nachstehende Notizen: I. d. d. September 1809.

An das F. P. Kriegs-Commissariat dahier wurde die Berechnung des C

t'AUemand, als:

für Graviren . IjG

dem Schlosser für den Sit.-m|icl lO

wiederum für j Revers-Stempel zur \ erguiung des Scliiosscrs für die Stempel 22

Siunnia: 65 Gi

mit nachstehendem Inscript überschicict:

»Sind aus der Feld-Kriegskasse mit Sechszig fünf Guldea ta n1l1kn.11 II. d. d. ; October 1809:

Bezahlung der Verdienst- Mfdniüen

.\n das F. P. Kriegs-Conmiissariat dahier :

Wurde der von Herrn MQnxrath Bunsen anher vorgelegte Conto

7 StQck goldene Medaillen 227 Gulden 49

20 StQck silberne Medaillen 76 21

Sununa: )0( Gulden to

mit nachstehendem Inscript übersclricl<t :

»Aus der Feld-Kriegskas»e 2u bezaiilen.«

t

1

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Dem Kr"c- '„.incgin iiberstliicktc aWt imicr'm heutijjcii jene silberne VeriliciJ!>i Medjilie, weltlic i;ure Mulicit dem NttMduisvlien Soldaten Joseph Acker' unter*!» zj. July I. J. (I&r seine vor 4ein Fdode verlohme kur- iii.)itu'$clie Verdienst- Medaille) giudigst bewilligt halben, um selbe dcitt Herioj{). Nusüiiui&chcn Kricgs-Koll«:gio zu übermadien. etc. etc.

Fraakfurt, den 4, October 1809.

f^Kt. von Zweycr.

Randverfögung des Pürst-Prinisi»:

Ich bin Uli; c!ii.'?.cni zweckmassigen (iut.ichten ganx einverstanden. Aschalietiburg, den }. October

Ihr Freund Carl.

Von der vorerwähnten Verfügung wurde dem Bataillonschcl' Fritsch am 0. Oktober Kcnntiiiss <,'e<;cben tmd ihm dabei mitgeteilt ; Auch überbringt Herr Lieutenant Ruscnstcngcl :>eclu goldene und acht7.elm silberne Verdienst-Medaillen, sammt dem dazu gchörqien Bande. * Insni'ischen hatte das Bataillon in Spanien vergeblich auf die Ankunft der vor Monaten erbetenen Ehren-Medaillen gewartet. In der Schlacht bei Medellin am 28. März und bei Talavera am 2^. juH 1809 hatten die primatischen Truppen neuen Ruhm erworben und die Zahl derer, die auf die versprochenen Belohnungen w.trteten, halte sich vermehrt. General von Zweyer liatic am 11. Juni »die kurmainzscfaen Statuten der Tapferketts-Belohnungs- Kommission«, welche bei der Verleihung der Ehren-Medaillen als Anhalt dienen sollten, nach Spanien abgeschickt und am 27. August forderte er den BataiUons-Chef Fritsch ' erneut auf, die Vorschlagsliste der zur

' Acker \-crli)r '^L■ille kuriu.iiiu'vchc silbcmtr \' erdiens'-McJ.iille in der fkhiachl bei Durango. Der hurst-Phinas schrieb aut das Gesucli des nassauisclien Kricgs- KoH^ium» utn Vcrieütuag eines anderen Exemplars an etc. Acker :

»Ich n'.rtchc Mir ein wahres Vergnügen Jar.ius. diesem wackeren Soldaten Meine neue Medaille, an&tait der verlornen, wohlverdienten «a geben.«

Der POrst Primas verlieh ausserdem am 4. Oktober 1809 dem Poliaei- Scrge-iiiieii 1 lucr in Rc-m.i ^Inir^» eine der neuen goldenen Medaillen, als Ersatz für seine beim Sturm auf Kegensburg verloren gegangene goldene kurmainz'sche \'er- dienst-Medaille. Das Regensburfi^cr Hauptrentzahlamt musste ftlr dieselbe )3 Gulden }} kr. an die Fcui! rki;sk.is c vergüten.

* Lieutenant Rosenstengcl vcrliess mit den Lieutenants Weber und Joba, 2 Üftiiierburschen und 2 Voltigcurs am 11. Oktober Frankfurt und erreichte erst am 3/6. Januar 1810 sein B.itaitlon in Pateniia in Spanien. Et hatte dem Bataillon aii< Ba^-onne li il !; De/cnihcr iHoi) ditrv.li ciiiL-;i Kurier >cm FintrctFen daselbst und ausserdem genjeldei: »Die Medaillen sind noch alle unverselirt und wohl- verwahrt*

J Grossmajor von Welsch war in Jcr Schl;K'!it hei Tnl.iver,( verwundet worden, log in Madrid im La^areth und übernahm erst am it. November liSot) wieder das Kommando Aber die primatischen Truppen.

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Decorirung emptohlenen Individuen ordnungsmässig vorz

schreibt :

. . . . Die unter 'm ii. Juni 1. J. au Sie abgeschickten Tapferkeits-Belohnungs-Commisnon mögen Sie bereits erhalten halb Sie nach Möglichkeit eine soIcIm CoouiliasJon anordnen w

untirrsuclieii !iat. x^ elcheii Uiucroltiziercn und Gemeinen für he\x'?c eine W-rdicnsi-Medaille gebühre. Demnach aber erwarte icli ci Vorlage dieser Coramiisions-ßeschlüssc, ncbii dem nanicntJiciicn der zu belohnenden Individuen, damit idi demnichst, mit der G die nddiigen Verdienst-Medaillen an Sie schicken fcaim.

Nach erneutem, vergeblichem Warten auf die Anl Medaillen und StiUiuen t;ibi der Bat.iillons-Chci l ritsc/j Rapport d. d. Toledo den 22. September .seinem Unmut ü Verzögerung Ausdruck, indem er schreibt:

Die untcr'm ii.Juni I. J. abgeschickten SMtuicii der Tapferkeits-Bi. Comniissiun sind bis jetzt noch nicht eingetrottcn. ich bin a Stande» solche anordnen und hatten zu lassen, und es steht im Zy nun dieselben je eintrefTcn werden, wesshalb ich um ein Duplicat I Ich werde M> auf weitere Bclchle Nichts vornehmen, so sehr .ii die sich am 17. März bei Mcssa del Ybor ausgezeichnet haben, V'ersprechungc'ii von Belohnungen, anfangen langmüdiig zu werden, sehen, dass mehrere von ihnen, entweder in den Hospitälern oder 1 Feinde ohne Genuss derselben hinübergegangen smd.

Es ist durch gnjdigste BcstätigLl^^ licr Tapferkeits-Belohnungs-Conj fcsttjestelh, dass L'r.tcrofll/'tjrc und Sold.Ufii fiir die Zukunft, wie c gesichert sind; hir ihre aus^c/eiclmeteM tapferen Thatcn Bcldiinuiig* Decorationen zu cniplangen, welciie Aus/.eiclinungcn sie bei Jedernii brave Krieger darstellt und der Sporn, f&r sie zn grösseren, als f&r /u ähnlichen Thaten ist. Nur den Offizieren, ohne deren tapfere und Anführung der Soldat doch nie eine ausgezeichnete Thai verrichten lehlt dieser Sporn in unseren Diensten Wie es scheint, sind wir in Sp trotz aller Hingaben /ur fran/.obisciien Decoration tur geleistete Austreiigi und Auszeichnungen, in Vergessenheit gerathen und wir werden dieselfM ohne die Ankunft Seiner Majestät des Kaisers, erhalten. Alle Souve des Rheinischen Bundes haben bereits eigene Orden trrichttt und Ihre Oit\ häuhg damit belolmt. Wir «.ind df>ch sn «rUicUicli wie jene, durch u Betragen die Höchste /uiriedenheii unseres Souvcrains erworben zu haber nur können wir diese der Welt nicht durch eine ähnliche Auszeiclnning künden und nur das innere Bcwusstsein muss uns dafür schadlos hil wenn nicht ein liolies General Commando für die Zukunft die gnadige Ri sieht lur lins nimmt, Seine Hoheit bei den uns zugesicherten, gnädiijs Gesiiuiungeri zu einer älmlichcn Errichtung den hochgcfälligstcn \'ort machen zu wollen.

Der Fürst-l'rimas, welchem der General cn chcf von Zwcv diesen Bericht am 15. Oktober betürworiend vorlegte, zeigte duu die daraul crlolgende Verfügung d. d. Aschatienburg den 17. Oktobc

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l8o9, * dass er über die vor sechs Tauen erfolgte Absendung von 6 goldenen und i8 silbernen Verdienstmedaillen (durch Lieutenant Rosenstcngel) nach Spanien, sowie über die in den Armeen übliche Art der Dccorirung von Offizieren nicht unterrichtet war. Hr verfügte : P- P-

Den Herrn General ersuche kh, auf Kosten der spanischen Kontbgentskasse

zwölf goldene und vier und zwanzig silberne Khrenniünzen, erstere fÖr Offiziere, letnere für Unteroffip-tere und Soldaten .ihwärts, anfertigen zu lassen und deai Herrn Grossmajor von Welsch, zur Austheilung nach seiner Uebcr- teugung, xuzusdiicken. Freilidi wird dieses m der Folge Kosten für das Kfiegszahlamt verursachen; allein die Sache ist unvermeidlich, und der Herr General, nach Ihren einsichtsvollen Grundsätzen, sind selbst überzeugt, dass dasjenige geschehen mtjsse, wa«s nnthwendig i<;t. Auch bitte ich dem Herrn von Hi^douville ' davon Nachricht zu gehen, das nanüiclie auch dem Grafen von Beiist in Paris m schreihen, damit er es ungesäumt dem Kriegsminister crölfne. ges. Carl.

Am i8. Oktober antwortete Generat von Zweyer das Folgende : An Seine Hoheit den durchlauchtigsten souverainen Fürsten Primas, p. p.

Euer Hoheit gnädigster Willensmeinung zufolge sollen 12 goldene und 24 silberne Verdienstmedaillen, erstere für Ofiiziere, letztere (üv Unterottizicrc und Soldaten, verfertigt und dem Herrn Grosmajor nach Spanien zugeschickt werden. Ueber diesen Gegenstand erlaube ich mir folgende unierthänigste

Bemerkung.

Unter'm 11. d. M. habe ich bereits 6 goldene und 18 silberne Verdienst- Medaillen an das Subsidien-Bataillon geschickt. Zufolge bestehender Statuten sind sämmtlidie Medaillen nur für (fie Mannschafk vom Unteroffiiier abwärts bestimmt und werden die ausgezeidineten tapferen Handlungen nach ttwem

Wcnh mit goldenen oder silbernen Medaillen belohnt. Jener, welcher eine

goldene Mcd.iillc crhfiU, htvieht dann statutcnniässig die doppehe und, welcher eine silberne empfängt, die Hälfte der l-'riedenslöhnung. ' In keinem Militair-

' Aus dem Kgi. Kreis-Arcluv in W urzburg. hiSCripten-FrotokolI von 1809. No. 4047.

* Graf H£douville war ausserordentlicher Gesandter Frankreichs und bcvoll-

michtigter Minister in Frankfurt.

' Ah im Jahr iKto der Snld der Snlvi.uen erhöht wurde, trat, durch eine Verfugung des i'ursi-Prinias vom 2j. Mai i^iiu, aucli die entsprechende Erhöhung <ler Medai1Ien*Zulagen ein. Der Fürst-Primas schrieb damals (InscrIpten'Protokoll von 1810 No. 1516. - Kgl. Kreis-Archiv WOrzburg):

Der Sold ist nach dem gestiegenen Preise der Lebensmittel erhöht worden.

Also tritt auch das nämliche \'erhaltniss in Betreff der Medaillenzulage ein.

Jedem ausgezeichnet tapfern .Mann ist es wohl zu gönnen, da&s er zuweilen

ein Gläschen des gegenwärtig theuer gewordenen Weines trinke au seiner

Erholung.

L)cr in Folge des<;cn vom Clcneral von Zweyer am 2$, Mai lÄlO erlassene Befehl lautete (Befehl-Protokolle von :>Sio. Seite 127):

S. Hoheit haben aul einen gemachten V ortrag in BetrelV euicr Erhöhung der

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dienst erhalten die OßuiereVerdienstmedailkn» sondern vielmchi Da nun Euer Holidt mittelst früherer Höchster Verfuf^ung^ den F

welche das französische Ehrenkreuz erhahen, eine jährliche loo Thalern ^.itli>;sT zusicherten, so erlaube ich mir den c gehorsamsten Vorschlag zu madien, ob Euer Hoheit nicht gnä.> mögtcn. den F. P. Oiitxieren fiir aasfi^xcichnete, upfere Handlur Ehren-KreuEe zu ertheilen.

Ich finde dies auch desswegen um so zweckdienlicher, weil die; ÜlHzierc. welche goldene \'erdienstnTet1.ulIen erlulten würden, eig den Anspruch auf doppelte Gagen machen mogtcu. FranMim, den 18. Oictober 1809.

gez. von Zwey

Nota, Es beiluden sich /.v,ir niclirere Ofiiziere im Militair Euer Verdienst'Medaillcn * besitzen, allein diese erhielten sie, < UnterofKaere waren.

Am 1$. Oktober schrieb in Folge dieser Meldung dt Primas (Kreis-Archiv WOrzburg, Inscripten-ProtokoU 1809 N Ich bin mit dem Gutachten des Herrn Generals ganz einversta

empfehle nunmehr die baldige Ausführung. Wegen der Medaillen das Verhältniss nicht genau bekannt. Diesemnach unterbleibt t Sendung. ' Ich hotfe, der Kaiser ertheilt Seinen Orden den verdi> Offideren. In der Folge werde Ich wahrscbdnlich selbst auf StiTt Ordens denken. '

AschaiTenburg, den 19. October 1809.

Idi bin mit vieler Hochachtung Dero

Freund Cai

Vcrdienst-Mcdaillen-Zulagc, (welche vernm^c bc-tclictuicr .S:uuten au älteren Zeiten bestandene l'ricdenslöhnung berechnet wur>, untcr'm 23 gnädigst zu genehmigen geruht, dass sAmmtlichen noch irn Dienst st( Militär-Individuen, welche Verdienst-Medaillen besitzen, in Zukunft Friedensgarnisonen ihre Zulage aucli n.iclT dum dcnn.ilu'cii iTicJcn.sza tusse erhalten sollen. Was sämnitlichcn Grossherzoglichen Iruppci durch bekannt j^enucht wird.

' Offenbar die kurmainz'sche Tapferkeits-Medaillc.

* Die in der Verfügung vom 17. Oktober 1809 vom Fürst-Primas bd. Prigung von 12 goldenen und 24 silbernen Ehrcn-Medailleo wurde nicht ausgi Die Befehl- und Kechnungs-Bücher enthalten Nichts darüber und die Dctai der am 16. April i^xo erfolgten ;'v-citcn Mcdnillen-VcrtcilunK beweisen, das 7 goldene und 20 silberne Ehren-Medaillen mit der L'mschrilt: »Carl Theodor Primas« (laut Rechnung vom Oktober t9o^) geprägt Mrorden sind.

' Der vom Grosslienog im Februar t8i^ gestiftete Conconfien-Oidcn t nicht für Kri^verdienste verliehen.

Der Fürst-Primas erwirkte bei seiner Anwesenheit in l'jris, im Anfang Jahres i8to, die Vcrlciliun;: des Ritterkreuzes (der 5. Klasse) der (Van/ösis Ehren-Legion an Grossmajor von Welsch und Major Trirsch. Die l'atciiu; beide wurden am 2. Februar 1810 vollzogen ; dasjenige für .Major FHlSch Im

Digitizec 1 , a)Ogle

- 31

Aus den vorstehend mitgeteilten Berichten, Angaben und Ver- fügungen ergibt sich, dass, ausser den im September 1809 geprägten 7 i;oldenen und 20 silbernen Hhren-Medaillen, »)unter der Regierung des Fürst-Primas« keine weiteren Stücke angefertigt worden sind. Es folgt nachstehend die Beschreibung dieser primatischen EhrenmedaiUe:

L<&gion d'honneur.

Paris le 2 Fevrier i8to. Le Grand Chancelier, Ministre d^tat, 1 Mr. Fntsch, noembre de la Icgion d*honneur, Chef de Bataillon du Contingent Prtmattal.

Monsieur

L'empercur et roi vient de vous nommcr nicnibrc de la Legion d'honneur, dccor^ de l'aiglc d'argcnt.

Je rae fölidte, mooneur, de vous faire connaitre officidlement ce temoignage parriculier de Testime de mon aaguste souverain.

J'.ii rhonneur de votis salucr b. g. c. 1. Aide C;.icepedc.

Oberst von Horad.im erwarb sich das Kitterkrcu/. am 11. Juni i8ij während der Verteidigung von Dan/ig.

Im Verlauf der Kriegsjahre wurden ausserdem mehrmals Otfiaiere der gross- herzoglichen Truppen zur DecoHrung mit dem Ritterkreua der Ehrenlegion in Vor* sddag gebracht, und /war ;

1) am 50. Oktober 1810: Chef de bataülon Fran«;ois Vogt,

Capitainc Ad'tuant-Major Jcnn Damboer, Capitainc i crdinand Schuler, Capitaine des VoMgeurs Fran^ois Jäger, Lieutenant des Grenadiers Pierre Faust.

Dieselben erhiehcn ein Vcrleihungsp.itent vom 11. April 181 1. Das Ritter- kret:? wurde ifiiuii in Sp HiiLii im J.ilirc 1812 ausgehandigt. Sie bezogen die vom (irossiicr/.of{ bewilligte j.ihrliclie Zulage von 150 (iulden auch nach der .Vuflösung des Grosshcrxogtunis durch die Staaten, iu deren Dienste sie Obertraten* bis an ihr Lebensende. Ferdinand Schuler und der spätere Oberst J.iger erhielten diese Pension von Frankfurt;

2) nm II Mär/ iHii: die sp.ueren Obersten Decken. Ilofminn. von Schiller, sowie die spateren Haupticutc Hartmann, Justus Schüler und Reimlierr. Die- selben erhielten das Ritterkreuz, in l'olge der von iiinen erliobenen Rccla- maiionen, erst nachträglich von Ludwig XVIfl.. und xwar Oberst Decken, für welchen Napoleon I. noch im Jahre iSi 5 das i' itcnt vollzogen hatte, 1826, die Hauptler.tc H.irimnnn. Justus Schüler und Rc: "1 im November 1827 ((»enehmigunp des Sen.its /um Tragen vom 21 j.mu.ir iSjH^, Oberst von Schiller ini Jahr 1828 (Genehmigung des Setiats zum Tragen vom 9. October 1828), Oberst Hofmann im Jahr 1829 (Genehmigung des Senats «um Tragen vom 5. l"ebruar 1829). Oberst Decken erhielt vom Moment der Verleihunjx an die jährliche IVmion von i^d (aildcn bis an sein Lebensende von der Stadt. Die fibritjci 'a urden auf ihre dicsbe^üs^üchen Gcsuclje vom Senat abschlägig bcscineden, da sie bei ihrer vorerwähnten Reclamation ausdrficklich auf jeden Pensions-Anspruch verzichtet hatten. ^ Hauptmann Hanmann seinersehs bezog die Medaillenzulage Im die als Unter- offizier erworbene goldene primatische Ehrenmedaille;

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Vorderseite : Das na^h rechts gewendete Brustbild des Sti der Umschrift: Carl Theodor Fürst Primas. Auf < schnitt der Schulter des Brustbildes in Diaiiiantschril (L'Allemand, der Name des Stempelschneiders). A Tafel II No. 4. '

Rückseite: Ueher Krie^strophäen in eniem Kranz, welc einem Lorbeer- und einem Eichcnzweii,' zusamnienge«- in vier Zeilen die Inschrift : Das U Vaterland li seinem t. Venheidiger,

3> am 16. August 1815, d. d. Bautzen:

vom 5. Baniilon : Chef de bauiUon Aadri Unkeihäuser, Capitaioe Charles Hamdi, icr UeuL et Adjutant Vendelin Dielmann,

i«^»^ Lieut. Georg Je Dressier, icr Lieui. Goitlitb Heincaiaiin, 1" Lieut. Jeau Eckert; vom 2, Bataillon: Caphaine Graf Heusenstaram,

Lieutenant Jean Pelz,

Adjutant Sous-Officier Louis Schwann.

Dieselben finden sich in einer Liste aufgeführt (im k^I. Staatsarchiv baden), welche die Lebcrschrih trägt: »Etat der Offiziere, welchen S. M. der d. d. Bautzen den 16. August 181 }, das Kreuz der Ehrenlegion verlidien h Die Kriegscreignisse der Jahre 1S13 und 1814 und die eingetretene Regie verinderung waren die N'eranlassung, dass die Patente nicht ausgefertigt ur Decorationen im Jalir nicht austjegcben wurden. Der in den Dienst der

Stadt übergetretene spätere Oberlieutenant Schwann erhielt Patent und Kreu2 falls vor dem März 1817 und bezog durch Senatsbeschluss vom 17. Märr ift jährliche Pension von 150 Gulden his an sein Lebensende.

Dem Grossheriog hatte Napoleon I. im Deiember 1810 das Grosskreu l-hrcn - Legion übersandt. Der k, k. ostreichische Resident am grosshcr/i Irankfurtischen Hofe Freiherr von Hügel berichtete hierüber an die Staatski in Wien:

.... (praes. Wien, 4. Jauner t8n) . . . Am a6. des verwich hat ein französischer Courier die definitive Entsdiliessung des Kaiser Napa über die Art und Zeit der Entrichtung der für die vorgefundenen Colo Waaren festgesetzten Abgaben an die französische Militair-Comniission ü bracht. Er war zupleich Überbringer des grossen Bandes der Ehren-Le| für den Herrn Grosslierzog von Frankfurt, welches anderen Tages französische Minister Graf H^ouville, bei einer feierlichen Äuüafait in eil

sechsspännigen Wagen, dem Grossherzog übeigeben hat.

Dem Herrn Grafen von Hidouville hat der Grossher/.og, wegen der Üb reichunt? des Ordens, eine Tabatiere im angegebenen Werth von 12 M I-rancs /ugestellt. (Mitgeteilt aus dem k, k. Haus-, Hof- und Siaats-Arcl in Wien.)

Die Vorderseite bt auch abgebildet im Archiv für Frankfure Geschieh und Kunst Band II, Tafel III, Figur 6.

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Bei den bekannten Exemplaren fiiiden sich auf der Rückseite drei kleine Sicmpelvcrscliiedcnheiien vor, wciclie auf Tafel II unter Ko. 5, 6 und 7 dargestellt sind. Zi^ei derselben siammcn aiij^en- scheinlich von den niissglückten Pr:igeversuchen mit den, nach dem Bericht vom 27. August 1809, dreimal gesprungenen Stempeln her, während No. 7 die gelungene vierte Prägung zeigt. ' Auf der Ab- bildung Nu. 5 ist der Sprung des Stempels deutlich sichtbar,' bei No. 6 ist er kaum zu erkennen» dafür ist aber der rechte Teil der Kriegstrophäen stark verwischt, was darauf hindeuter, dass man den Sprung durch Ausschmieren des Stempels unsichtbar zu machen suchte. Mit diesem Reversstempel sind, ehe er vollständig un- brauchbar wurde, mindestens zwei lixemplare geprägt worden. ' Die Stempelvcrschiedenheiten bestehen in den verschieden geschnittenen Lorbeer- und Eichenzweigen, in der Verschiedenheit des Bandes, welches dieselben zusammenhält, und in kleinen Abweichungen bei der Darstellung der Kriegstrophäen: No. 5 zeigt an dem vorcrw:ihnten Bande nur eine Schleife, No. 6 und 7 deren zwei ; No. 5 und 7 haben bei den Kriegstrophäen fünf Kanonenkugeln, No. 6 hat deren sechs.

Die Medaille hat einen Durchmesser von 39 Millimetern und findet sich zur Zeit in Sammlungen nur noch in Silber vor. Sie wurde am hochroten Bande auf der linken Brust getragen.

Im November 1809 griff Grossmajor v. Welsch, welcher seit seiner Verwundung bei Talavera im Hospital in Madrid gelegen und am 11. November 1809 das Commando des Bataillons wieder übernommen hatte, kräftig in die durch die Entfernung von Frankfurt und die notwendig gewordenen Stempelemeuerungen verschleppte Medaillen-Angelegenheit ein. Er schreibt d. d. Madrid den 30. No- vember 1809 an das fürstlich primatische General -Commando in Frankfurt :

Die unter No. 7 abgebildete Ehren-McJaille bcinidct sich in der stndtiscbcn Miin7«iarnm)iing in Frankfurt und wurde seiner Zeil von dem unter No. 17 der crsieii VorschlagsHste genannten spateren Übcrlieutenant Matern getragen.

' Die unter No. s abgebildete Medaille ohne Oehr, welche nur als ein Ptobe- «bschlag XU betrachten ist, befindet sich in der Sammlung des Privatiers Herrn Eduard Fellner in Frankfurt.

' Von der unter N'o. 6 .ib)^ebi!deten Elircn-Medaille sind zur Zeit zwei lAcnipl.ire hekanni. Das eine befindet sich im kgl. Münzcabinct in Berlin, das andere in der Sanunlung des Kaufnunns Herrn Heinrich Stiebel in Frankfurt. Beide Exentplare sind augenscheinlich getragen worden.

Von So. $, 6 und 7 existiren galvanoplastische Nachbildungen.

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Aus dem Hohen Erlasse No. 20 ersdie ich, dass Her

Rosenstengel 6 goldene und 18 silberne Medaillen mitbrin^. Ic

dem Empfang die unter'm 2j. Juni d. J. von mir angeordnete Belohnungs-CommissiiMi sogleich 7usanimcn treten und Jenen die sprochenen Belohnungen zuerkennen lassen, welche sie verdient I Statuten kann ich um so weniger abwarten* ab diese verdienstvoll schon melirmals !>cnicrkt haben, dass alle anderen Regimentei Bajailloii nicht, Belohnungen ausgetheilt haben, wie dies im f Herrn Hataillons-Chefs. No. 24, deutlich nitseinanderin-^cT -t isr. daher ein Hobes General-Comniando umsonichr um eine au^gede macht in Röcksicht der Belohnungen gehorsamst bitten, als Auge Belohnungen ebensosehr nothwendig. als für die Höchsten Dienste

Grossirinjor v. Welsch Hess denn auch alsbald die Tap Belohnungs-Commission zusammentreten und berichtete übe Beratungen in seinem Kapport d. d. Madrid den u. Dezemh das Folgende:

Schliesslich habe ich die Ehre, abschriftlich den von

7. Deiember d. J. zusammengetretenen Tapferkeits- Belohnungs-COi

pemnchtcn Vortr.ig, worin mehrere Fr.i^en und Differenzen mit H der nach dem tranzösischen Reglement neu creirtcn (-bargen ut) Genuss für die Medaillen entstehen, nebst dem vom BataiUonsstabe gc^ Maassstabe zur Hohen Beurtheilung und Entscheidung mit dem B( gehorsamst vorzul^^ dass man bis zu dieser erfolgten Entscheidun jenigen Individuen, welchen Ehren-Medaillen zuerkannt werden, nac französischen Reglement (d. l nach dem französischen Frtedens(ussc) > Hand auszahlen werde :

Actum Madrid, den 7. Dezember 1809.

In Gegenwart: Herr Bataillons^Chef Pritsch Hauptmann Klenk Hauptmann Vo^t ,, Überiieutenant Deeken AdjutotU Major Damboer Lieutenant Dielmann OfKder payeur Hartniann. Aul Anordnung; des F. V. (."ifos^majors und BatailloiiN- (loniniandeurs 1 von Wersch tnti heute, unter dem N'orsitz des Herrti H.ii.iilloiis-dhef Fi und obenbenatu^ter Mitglieder eine l apferkeits-Belohnungs-Commissioii sammen, um nach den vorliegenden Attesten' zu anheilen, wdche . viduen sich in den Schlachten von Durango, Messa dd Ybor, Valdecar Medellin, Talavera de la Revna, Almonacid, Ocanna durch ihr tapferes tragen sich be^-nntlers ausgezeichnet und dadurch sich der goldenen < silbernen Medaille würdig gemacht haben.

Bevor man die vorliegenden Atteste zur Prüfung vomahoi, fand Commb (ur nöthig, da nach unsrem Ausmarsch nach Spanien das Bataillon ns französischem Fusse und R^lement neu organtsirt wurde, wodurdi

' Diese Atteste und sflromtliche über die Verdiensi-.Medaillcti bis 181 j ^ sammelten Dokumente gingen mit der Bagage des Bataillons in der .Schlacht vi Viuoria am ii. Juni löij verloren.

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andere Verhältnisse sowohl in der Bezahlung, als in der Creining neuer Chargen entstanden, die auf die bestehenden Statuten * nicht anwendbar sein können, diesen neuen Verhältnissen anpassende Punkte r.\i entwerfen und sie, bis zur eingeholten Ratific.ition von einem Hohen GencraUG>mnuindo. al5 Norm anzunehmen und lest/uset^en,

1) Die bestehenden Statuten werden, soweit sie zu den jetzigen Verhält- nissen passend sind, als Grundlage und Damaehaehtung angenommen und können selbe, da sie von «nem Hohen General-Commando schon seit Juni d. J. an das Bataillon abgeschickt, demselben aber noch nicht zugekommen sind, in Hinsicht auf Obiges nur soweit befolgt werden, als sie Commissio bekannt sind, a) Da Seine Hoheit gnädigst decretirt haben, das« jene Unteroffiziere und Soldaten, von dem Tage der Erhaltung einer französischen Deeoration, das Doppelte ihres Gehahes nach Verhältniss ihrer Chargen beziehen sollen, so stellt man einstweilen fest, dass, so wie in den alten Statuten die goldene bhren -Medaille die Nutzniessung der silbernen aulgehoben habe, auch die französische Deeoratitm die Nutzniessung der silbernen sowohl, als der goldenen Ehren-Medaille aufhebe, wohl aber diese Ehren-Medaille als Oecoration neben der französischen Decoration fort» getragen werden kann.

3) D.iss jene Unteroltiziere und ik)ldateii, von dem Tage an, wo ihnen eine oder die andere Medaille zuerkannt wird, jene Nutzniessung, nimlidi auf die silberne die Hälfte, auf die goldene das Doppelte ihrer Besoldung, zu beziehen haben, welche sie nach dem jetzigen Ver- pflegungsfussc CJas ist n.ich dem fr.in/nsischen Fricdensfussc) beziehen, und das nur von dem Grade, in welchem sie sich dieselbe verdient haben. Dies soll auch, nadi gnädigstem Rcscript Seiner Hoheit, für selbe bei Erhaltung einer französischen Decoration der Fall sein, jedodi mii Ausnahme des Chirurgien aidemajor und sousaidc, wie auch der beiden Adjutans sousofticiers, sowohl in Hinsicht der Hhren-Medaillen, als französischen Decoration, über welche ncn creirte Chargen weitere Anfrage zu machen und die endliche Bestimmung in Iktreti der Nutz- niessung abzuwarten ist, denen Adjuuns sousofticiers aber, welche, bd Herauastellung, sich der einen oder andern Medaille wfirdig gemacht haben, dieselbe sogleich zuerkannt und ertheilt werden könne.

4) Commissio fragt daher gehorsamst an:

a) Ob die, sowohl durch die Statuten auf die ühren-Mcdaillen, als von Seiner Hoheit aul die französischen Dccorationen festgesetzte Nutz- niessung nach dem gegenwärtigen VerpHegungsfuss (nämlich nach dem französischen Friedensfuss) 'sofort ausbezahlt oder nach der durch die Statuten bestimmten Ordonnance oder nach einer frisch zu regulireiuien ibgereicht werden sollen r

b) Wegen den neu bestehenden Chargen, als die der Adjutans sous- ofHciers, in weldie Klasse diesdben gesetzt und nach welchem Maassstabe die Nutzniessung, sowohl für die Ehren-Medaillen, als för die französische Decoration, ihnen verabreicht werden soll.

' d. h. die Statuten für die Kur-Mainzisclie Tapfcrkeits-MedaiU^ wdche in

den Akten später auch mehrfach: »Statuten der kurmainzischen, modo grosshenog- lich frankfunUchen Tapferkeitsmedaille« genannt werden.

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Wegen den !• liie-CIoinp.i^nieen, ob die Individuen f der Eliren-Medaiiie wurdig machen, die Nutzniessunj ihrem erhöhten Solde gegen die Füsiliere, oder nacl Füsiliers, wie vorher, beziehen sollen? Unter we der Portedrapeaii gehört, der den Gehalt eines Serg E!ite-Conip;ignic hat. d) Ob die beim Bauillon stehenden Chirurgien aiden- «de ah Offiziere bei rächtet und in dieser Higcnscha; einer französischen Decoration, angesetzt werden welchem Falle sie nach französischem Reglement in Offiziere f^eset^t <iind und keine FlirenMcijaillen erh. oder ob sie noch, nacli dem alten Fusse. in die Klasse <J gehören und welche Nutzuiessungen im Ictztercti werden können, wenn sie sich einer Ehien-Medatll sischcn Decoration wördig machen. Diese nämlich haben hui Jen AJjntntis ^<iusofficiers statt und da s- lran/.üsischen Kcgkmcnt, weder in die Klasse der Oi't Unteroffiziers gehören, so aclitet Conunissio lur nothi sie eine Kegulirung der Nutzniessung, sowohl bei Ehren »Medaillen, als der französischen Decoration, als selbe, nach ihrem jetzigen Solde gerechnet, die < jedem Fall bei Weitem übersteit^en werde.

Commissio hält es daher lur notliig, diese Besciilussc hochlöblichen BauillonfrCoromando zur hochgefällige; weiteren Beförderung gehorsamst vorzul^en, womit d für heute beschlossen wurde.

Am 17. Januar 1810 wurde von Frankfurt aus aul schlage die nachstehende Entscheidung nach Spanien ab|

Auf die von der niedergesetzten Medaillen-Commission vom 7. I gemachten Anfragen werden nachstehende Entschliessimgen Richtschnur festgesetzt :

ad a) Jeder Unteroffizier und Soldat, vom Sergeant-Major abw eine goldene oder silberne Medaille zuerkannt wird, empf

Tage dieser Bestimmung an die niit der Medaille verb pics^nng nnch dem iiegenwartigen Verplle^un^si'uss fd französischen Friedenssold), und zwar bis zu seiner Zur weiter verfügt wird. Wer von diesen Leuteii aber die Ehren-Decoration empfangt, erhih die doppdte Löhnut ob er sich eine Fürstlich priroatische goldene Verdienst-Medi hätte. '

ad b) Der Adjutant sousofficicr gehört unter die Khis<;c der I Empfängt nun ein solcher die goldene Verdieiist-Medai Kreuz der Eltrenlegion, so sind ihm jährlich 100 Thaler Krhalt er aber die silberne Medaille, so bezieht er Statut Hälfte sein«» Soldes noch über seine Gebühr.

' Die Zahlung dieser Zulagen hörie mit der Aullösung des üros Ende 1813 auf. Nur der m der nadifolgenden ersten VorscMagalUte spätere Hauptnunn Hartmann bezog (ur die goldene Ehren-Medailic Lebensende auch von der freien Stadt Frankfurt die Medaillenarblage.

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Sollte aber ein Adjutam sousoMicici ikUt -^ons; cii-. Indivi^hium vom Scrgeaiitmajor abwärts, wdclicr die 1-. Primatischc Medaille schon hat auch ein fraiudsisches Ehrcnlegionskreuz bekonim«ii, so ist die» ivr weiteren VcrfüguiiK' alsbald aoxuidg«a, ihm aber vor der Haod ntchts

weiter aiisi-ti/.ililc;!

ad c) Erhalten die Leute der Hiite-(,ompagniccn, vom S«rgcantniajor abwärts, eine goldene oder silberne Medaille, so ist ihnen fiir die goldene das

Ooppehc, fiir die silberne aber der !i.ilhc Snld. ri.icli ikni dernialigen iranzösischcn Friedensfusii , aus/ubezalilen. Der Portcdrapeau kann allerdings als ein Sef^geantmajor einer Elite -Compauiiie angcselien werden.

ad d) Der Chirurgien aiikmajor und sousaide werden als Offiziers .mgcsehcn und empfangen, wenn sie das französische Ehrenkreuz erlulten, jährlich tOQ Thaler.

Itizwischen war der ersten Sitzung der Tapferkeits-fielohnuogs-

Commission am 15. und 14. Dezember ein« zweite gefolgt, über welche ilcr :(m 9. Januar 1810 zum Oberst beförderte Bataillons- Loiniiiandcui v. Welsch in j.cinetn Kapport d. d. Reynosa den 20. Januar 1810 Nachstehendes beriehtci;

. . . . kh iiabe dem Hohen Gencral-Commando ferner m berichten, dass x'ermAge der am 1 ^ und 14. Desember von der niedergesetzten Tapferkeit«- Uclohnungs-C.onmiission abgefassten Beschlüsse nach den vorgelegten Attesten und reil'licber Erwägung der darin enthaltenen Tbatsacben goldene und silberae Ehren-Medaillen zuerbanm wurden :

I) don Adjutam sousofficier Peter Hartmann' die goldene Ehren-MedaxUe.

Er zeichnete sich in der Schlacht bei Messa del Ybor am 17. März d. J. durch Entschlossenheit und dadurch aus, dass er viel dazu beitrug, die gute Ordnung im Bataillon zu erhahen. Nach der ErstOrmung des steilen Felscngebirj^cs- siür/tc er sich mit dem Grenadier Sergeant-Major Jörgens und dem Grenadier-Corporal Winter aaf die feindlichen Kanonen und eroberte eine derselben;*

a) dem Adjutant sousofficier Richard Krämer' die goldene Hhren-Medailfe.

Er wird' wegen seines, ausgezeichneten Diensteifers, seiner Bravour und richtigen Beurtiieiluiig der Verhältnisse in gefahrvollen Momenten, sowie wegen seiner erfolgreichen Mitwirkung zur Erhaltung guter Ordnung belobt. Er st&rmle bei Messa del Ybor mit vor, um sich der feindlichen Kanonen zu bemächtigen, und konnte nur auf den bestimmten Befehl des Bataillons-Chefs zurückgehalten werden, da er

' Die Adjutants Miusofificiers Hartmann und Krämer wurden am 1. September 1809 »für ihre so oft bewiesene ßravouro zu UnterfieutenantS befördert und trugen als

solche spater Jic I-hrcn-Med.iillcr. weiter. I l.u-tnMnn, welcher sich in Spanien auch das Ritterkreuz der Ehrenlegion erwarb, wurde 1814 zum Überlieutenant betördert, 18)1 als Hauptmatm pensionirt und starb 18p in Frankfun.

' Die Motiviruii^' iu Jen Vorscliliijcii ad 1, 2, J, 6, 7, 8, 9, 12, 14, 15, 16 und 17 sind, in abgekürzter Form, dem ausführlicben Rapport des Grossmajors V. Wdaehy d. d. McdcUIn den 6. Apäl 1809» totnommcd.

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duf ilciu bedrohten linken Mügd de& Bataillone, wo « uoeatbehrlich war; ]) dem Grenadier -Sergeant -Major Johann Jörgens' die g< MedaUle.

Er zeigte sich in der SLiilaoht am 17. und 18. März und einsichtsvoll. N.ich der Krstürniung des steilen l'cKi Mcssa dcl Vbor i»tur2te er sich, nachdem er die sceilsi klommen, mit dem Corporal Wimer und mehrcreo G eine Kanone, weiche der Feind noclt retten wollte, veitri gut angebrachtes Feuer die \'ertheidiger, Iftdtete die Bes eroberte das Geschüt-'. Er w ird nicht allein wegen si Tapferkeit, sondern auch wc^eu seiner während des gan; gezeigten guten Autfuhruii^ und hervorragenden Tbatij lohnung empfohlen;

4) dem Voltigeur-Sergeant Nikolaus Schütc die goldene Ehren-

5) dem Portedrapeau Conrad Beiz' die goldene EIircn-Medailh

6) dem Voltigeur Johann Scheer* die goldene Ehren-Medaille.

N;ichdeni in der Schlicht bei Mess;T de! Ybur die Brücke durch den Feind gesprengt war uuJ der Division&-Gem wissen wünschte» wie gross die gesprengte OeffiMing wäre sich Sdieer, welcher Maurer von Ptofes<don ist, freiwill führung dieses Auftrages. Er ging im heftigsten Kugelre| er allein auf sich zot;, bis an die RtQc'kc. besichtigte c brachte die wie es sich spater herausstellte rieht curftdt» dass die gesprengte Oeffnung 140 Fuss gross sei;

7) dem Grenadier-Corporal Anton Winter die silberne Ehren-^M

Er benahm sich in der Schiacht am 17. und 18. sdir zeichnete sich besonders bei der Erstürmung des Felsenj Messa del Ybor aus. Er stiirzte sich ungleich mit dem Scr Jörgens aut die feindlichen Kanonen und eroberte, zugleich ni eine derselben ;

8) dem Grenadier Michael Bauer die silberne Ehren-^Medailfe.

Erschloss sich am 17. im Eifer de» Gefechtes ab Urailleur

vordringenden b.idischen Vohi^eurs an. Nach dem Atteste herzoglich B.uliscliL-n Voltigeur- Hauptmanns Freiherni v. Ht eiferte er mit dessen taplersten V'ohigeurs bei Erstürmung er brachte persönlidi Änf Gefangene von dem Bataillon Walion ein» übergab dieselben seinen nadifolgenden Kamt stürmte dann wieder vorwärts;

* Sergeant -Major Johann Jdrgens wurde am 17. März 181 Po Conrad Beiz am 20. März 181 j zum Unterlieutenant bdt rdert. Nach den vom Jahr 1814 bcznj^ crsterer für die goldene Ehren-Modaillc monatlich ; letzterer für die silberne num.itlich 6 Guiden Medaillen-Zulage.

* Beim Durchmarsch russischer Truppen durch Wetzlar wurde de welcher als Zuschauer auf der Strasse stand, von einem vorbeireittnda- die gcrfdene Ehren-Medaille von der Brust gerissen. Dieselbe war nie! /iierlani^en. Schcer. der während seiner Dienstzeit zum Corporal avaocirt in VV'euiar gestorben.

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9) dem SolJat i. Conipügtiic Jacob Nebel die silberne Ehren-Medaille.

Er zeichnete sich am 17. Marz durch besondere Tapferkeit aus. Beim Hrstürnieo des Felscngcbirgcs vun Mc:>«»a del Ybor gewahrte er einen franidsischeii CavaUeristep, welcher Mch mit drei spanischen Soldaten hn Gefecht befand. Er eihe dem Cavalleristen ohne Besinnen xu Hülfe, such dnen der Spanier mit dem Bajonett nieder und nahm die beiden anderen gefoiigen. Hauptmann v. Knoth war Augenaeuge dieser That;

to) dem Voltigeur-Qirporal Peter Sienger die silberne Ehren-Medaille;

11) dem Grenadier Andreas Pfarr die silberne Ehren^Medaille;

12) dem Grenadier «Sergeant'Major Adam DorrmQhl' die silberne Ehren-

MedaillL-.

Er hat sich am 17. und iS. M.sr/ durch Nciiic !icr-,()nliclic 'I'aplcrkcit, seine Thatiglieil und Kaltblütigkeit ausgezcichnci uuJ war iur die Anderen ein rühmliches Bdspiel. Seine Eaactiti im Dienst, sebie gute Conduite werden bei dem Belohnungsvorschlag besonders hervor-

t^chobcn;

I}) dem Grenadicr-Cor!><)r.iI Willjelm Reil ^ welcher in der Schlacht bei Ocaniu das reciUc Hein verlor, die silberne Ehren-Medaille;

' bergeant- Major Dorrmuhl wird am 17. Marz iHi} ^uni Ünierlieutenant befördert; er bezog monatlich 6 Gulden Medaillen-Zulage für die silberne Ehren- MedaiUe.

' Derselbe ist identisch mit dem in späteren Rapporten häufiger genannttm üivalidcn -Corpora! Johann N\'ilhe!m Reul. I-r erhielt auf Befehl S. Hoheit die in Spanien bezogene Löhnung sammt Naturalien und Medaillenzulage als Invaliden- gelult Ausserdem bezog er von Frankreich eine jährliche Pension von 170 Francs. Das Decret Napoleon L, durch wdches den Invaliden der grossherxoglichen Truppen die fraozfistsche Pension bewilligt wurde, lautete:

Pahüs des Tuileries, le ) fevrier 1811. Napoleon, Empereur des Franfais, Roi dlialie, Protecteor de la conftftderaiion du Rhin, Mediateur de la confideration Suisse, sur le rapport de notre

Ministre de la Gucrre

Nous avons decrete et d^cretons ce qui suit:

Art. I.

Ccs miJitaires toangers dorn les noms suivent, blessis au Service de Franoe, dans ks troupes auxiüatres employ^ Tarmte d'Espagne jouiront sur le trisor de France de la pension de rccon^pcnse determinie ci-apris, savmr:

Trnupc^ du (irand-Duche de I-rauclort: Henri Daus, Voltigeur au i. Bataillon du Grand-Duc . . . . 7J Francs.

Caporal Jean Reul, au i. Bataillon du Grand-Duc 170

Füsilier Fran^ois Schwind, au i. Bataillon du Grand-Duc ... 75 etc. etc

Art. 2.

Ces pensions courront du jour, qu« les miliuires, design^ dans Tartide prioident, sont rentr^ dans leurs foyers, par suite de la revue de M. Hn- specteur giotnl Pille, qui les a rtform£s et remis ä la disposition de leur gouvemement.

An. 5.

Elles seront pay^es par trhnestre de la mCme maniire que les soldats de

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14) dem Vdltigcur-Scrf^caii: jo'n.uui Heinefettcr die silbcrtic

Er pasbirte böim 2. Siurni um 17. März zuerst den stark ^ Bergstrom, erstieg nah dnigeo Leuten die Fdsen und heft^[es Feuer in die Flanke eines feindlichen Bataillon Weichen gebracht wurde;

15) dem Vohigcur Andreas Isser' die silberne Kfircn-Medaill«

Et zeiditiete sidi in der Schladit von Mcvicllin niii 2i TtraiHeurs vor dem Qp«r6e der vereinigten \'oltigeuf-fiai aus, dass er die feindUcfae Cavalleric, welche eiuzuhauei die uncrschQnerh'che Ruhe, mit der er seine Kamera hnrren ermahnte, und durch wohlangebrachtes Feuern brachte ;

16) dem Sergeant >. FüsUier-Compagnie Joseph Koch die s Medaille.

Er versah am 17. und iS. Man fijr den im Hospital Iii drnptMU dessen Ehrendienst I> triü: d;c F.ilmc des Bat .im st.irksati dem leindlichen Feuer ausgeset/.i war ui Kugeh) Jurchscriosscn wurde, mit bewundernswcrihcr kaltbl&tiger Entschlossenheit. Er ging mit festem Schritt I des Fdsengebirges unermüdlich vor und riss AU«, die i waren, unauflialtsam mit fort

17) dem Sergeant-Major 2. Füsilier-Coiupagnie Johann Matero Ehren-Medaille.

Er zeichnete sich durch seine Bravour und Entschlo: seines gesdiwächten Körpers, besonders aus. Er war v Jener, weicht sich zuerst mit die K.iiioncn stürzten, imc dem Sergeant Gunther 2. Conipagnie eine dcr-^clbcn;

18) dem Corpora! z. Eusilier-Compaguic Marlin Boos die sil MedaiUe;

reiratte des militaires fran<;ais. mais saos retenue et nonobstai pensinns tui tr.iitements qoe ies titulaires sont dans ie cas d'obt souverains rcspectifs.

Art. 4.

Notre intention est que les rfcoropenses soient consideräes seuki

Tcffct d'unc bicnveillance speciale, meritee par des circonsianccs Sans qu'elles puissent tircr k cons^quence, comme cubiissemetit lubituel.

Art. 5.

Nos Ministres de la Guerrc, du Trisor public et des relation; sont charg^ chacun 1 ce qui Ic conceme, de Tex^ution du pu

Sign. Napoie<

Pour copie conforme: Par rcmperev

Cte d*H«douville. Le Ministre secrttaii

sign. H. B. duc de

VcTixleiche den VorschLii; vom 2. September i8n- in weichet .\us2Cichnung mit der goldenen Ehren-Medaille in \'orschJag gebracht

Sergeant-Major Johami Matern wird am 9. April 181 } zum Lni befördert, 1819 als Oberlieutenant pensionin; er erschiesst sich im Jahr 1 >ilbernc Ehren-Medaille befindet uch in der städtischen MfimsaminliiDg au bibliothck in Frankfurt.

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ly) dein CitoMii LT Sli;;i.'.i:ii IV-icr lirl rotl die silhcriH* tihrcii-Mcdaillc .

20) ikiii Soid.it t. l ustticr Lomp.igiiic |-raii/ Buttner die Mlbcnic ülircii- Medanie:

21 ) dem Sergeant 4. FOsilier-Compagnie Miduel Engkri die »Jbeme Ehren- Medaille :

aa) dem Corporal 4. FOsilier'ConipaKntc Johann Brehm die silberne Hbren-

Mcdaillc;

2}j dem Sdppcur Miciuei Duck die silberne Ehrvii-Mcdtiilk. Nach den Attesten No. 8. 9, 10 liabeii die Grenadiere Andreas Pfarr, Conrad llo;;cr* und Christian Bauer' ein und die nänilidic That begangen. Sic haben gemeinschaftlich den schwer blessirten (»rcn.KÜcr Schiiclib.uli ms Jetii Märk&tcn feindlichen l-cucr |{tfrc:tct und in das Qparrec getragen (in der Schlacht bei Talavcra). Der Grenadier Andreas Pfarr hat jedoch «usserdeni den schu er blessirten Sclinellbach im Quarte (ortgctr.i^'cn, ihn fast * 4 Stunden Wegs ;!urückgcbrdcht und ihn sogar auf M:inen Schultern durch einai Flu5!> getragen, wodurch er sich eine scliwere Krankheit zuzog. Es wurde daher dem Grenadier Pfarr sub No. 11 die silberne Ehren NtcJiillc /iurk inm. Die beiden Grenadiere Conrad Hotter und Christian Bauer lut die Commission ihrer braven, mensdienfreundlichen Handhmgen wegen «u einer hohen Berücksichtigung und anderen Belohnung gdiorsanist empfohlen ; damit diese Handluttgen aber bei einer nächsten braven That mit in Anschlag gebracht %verden können, hat die Commission ihre Atteste unter den No. 9 und 10 einrcgistrirt. Die .\ttestc No. i }, 18. 19. 2;, 24, 26, 27, 29, 50, 54, JJ, welche die br.ucn TLiiufluri^cn des Corporal Staab,' Corporal Philipp Häfner, des Volligeur Laurent Weit/, des Sergeant Georg Günther, Cadctten v. Welsch und Soldat Adrian Schreck, des Tambour Alois Bertinger, Soldat Johann Brascli, Scrpc.m: Joli.inii IK-ircnkopl', Corporal Joh.tnn P!k';,'er und Sergeant Michael Bergmann bezeugen und empfehlen, sind von der Commission ein- registrirt und f&r diese steh brav ausgezeichneten Soldaten ihre Ansprüche auf eine Belohnung dergestalt rechtlich vorbehalten, dass ni.1.1 in licr Fi)lg;c .lul dieselben alle Rücksicht nehmen werde, weitn sie sich künftig durch neuere tapfere Handlungen abermals auszeichnen werden. *

Ich sdie mit Ungeduld der Ankunft des Herrn Lieutenam Rosenstengel ciu- pege». welcher in Bayonne, nach erhaltener Nachricht, bereits dngetrotTen ist. um meinen tapferen und ausgezeichneten Individuen die verdienten Belohnungen .lustheilen zu können, und bitte das Hohe General-Commando i-ni liocligcßlligsic l'i'hcrschic'^imi; u citcTL-r Decorationcü , um djs \'(.-r,K!ifige!i zu haben, der ausgezeichneten iapterkeit den Preis auf der Stelle durch die Commisskm erkennen und cttheilcn eu können.

' Hotter findet sich in der 4. Vorschlags-Liste vom 3. September 181 ) vor.

> Bauer wird in der }. Liste vom i6k Dezember 1S12 zur silbernen Ehren- Medaille empfohlen.

" Dieser Corpurai und spatere Sergeant Feter Staab erhielt die silberne Ehren-Medaille (Eingabe vom y Dezember iSio) am 16. April tSit.

* .\usser Christian B:nier (inden sich in der Liste der nir Dccoririin^ mit der lihren-Medaille empfohlenen Individuen, d. d. Segovia den 16. Dezember iäi2, auch Alois Bertinger, Georg Günther and Johann Brasch vor. Johann Brasch wird dann in der 1. l isU", d. d. Serres den 2. DezetubtT 1815. wicJerholt mr Dccorirung mit der silbernen Medaille empfohlen; ebenso findet sich in letzterer, wie bemerkt, der Name Conrad Hottcr vor.

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Im Anschluss an diese Vorlage meldete Grossniajc

d, d. Palencia den 31. Januar 1810:

Ich habe die Ehre, dem Hohen General - Comniando gehorsai dass ich, nachdem ich am 22. in Herrera ankam, am 23. Mor Abmarscli der vcr^ciuedcnen Detachcments, die Bc&chJü&sc d Belohaitngs-Cofimibäon vor dem ausgeriickiea Bataillon öfTen liess. Ich war dies den Individuen schuldig, virdche diese A schon vor 7 und 10 Monaten verdient hatten, und konnte « verzögernde Ankunft des Herrn Ueuienam Rosenstengel nicht etc. etc.

Am 26. traf idi in Palencia den Herrn Lieutenant Rosensteng joha, welche sich bei mir meldeten und die oft berührten 6 iS silbernen Medaillen überbrachten. Ich habe dieselben am

die in meinem vorigen Rapport bemerkten Individuen aus zwei davon, welche schwer verwundet in Madrid liegen; Gren. Wilhelm Reil und Soldat Franz Büttner, und der in Bayonnt detachirte Sergeant Joseph Koch waren nicht anwesend, weit

Auszeichnung schriftlich bekannt machte.

Der Herr Bataillons-Clicf uiui .lüe Herni Offiziers waren mit ni bei dem Act der Austhcilung der Decor.nioncTi .in diese w.icl und diese sollen in den künftigen Sdiiaclucn die testen Stützen Tapferkdt im Bataillon sein. Alle haben mich gebeten, ihren un gdioisamsten Dank dem Hohen General-Comniando und S unsrem gnädigsten Fürsten und Herrn, zu Füssen tu legen, etc. etc.

Die Statuten der 1 apierkcits-Hclolinung>-C.onjniission sind bis auf Tag noch nicht eingetroffen. '

Die n;tchtrtiglich erteilte Genehmigung /u der MeJ

teilung daiiri aus Franktun den 8. Februar 1810. General

schreibt in Beziehung auf dieselbe:

Dero Rapportschreiben d. d. Reyno-^a v<mii 20. v. M. li.ibc icli ric und genehmige die in besagtem Schreiben aufgeführte \'erdicn: Attsthdlung.

Aus der weiteren kriegerischen T.itigkeit des Bai: Jahre i8io ist ein Bericht d. d. Mnnzanares den 5. Mai 181 ziiheben, welcher sich über die KricL;stüchti<;keii des Batni spricht, hl demselben empfiehlt der Bataillons - Chef F C-orporale Fluck und Fingerhut wegen ihrer hervorragende keit zur Belohnung und sagt dann weiter:

Ich bcriclue Jicsc verschiedenen Züge der T.ipfcrkcit einem Höh« Comnundo mit Vergnügen, imt Hochdenisclbeii einen Ikj^'riff von Entschlossenlieit zu geben, mil weiclier diese braven nun haiidc

' Die Sututcn gelangten, laut Rapport, erst am 2$. Mint tSio in h Bataillon.

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sind, und versichere, das« ich mit Uicseiii Bataillon von 400 Manu ' vor dem Feinde tär ein Bataillon von tooo Mann den Dienst thun will.

General v. Zweyer erwiderte hierauf am 19. Juni 18 10:

. . . . 5ieine Hoheit waren mit dem entschln^sencn Benohmen dc^ Herrn Lieutenant Joha und l>€sonders des braven Corpora! Fingerlmt hochbt zu- frieden und genehmigen gnidigst, das$ dem letzteren filr seine rahmvolle Handlung die aJbcrae Eltren-Medulle ertheilc werde.*

Die Vorschlagsliste sämmtUcher Individuen, welche sich im Onipa^nc-Jahr 1810 besonders ausgezeichnet und einer Belohnung würdig gemacht hatten, wurde erst im Dexember 1810 zusammen- gestellt und d. d. Manzanares den 13. Dezember 1810 dem General- Commando zur Bestätigung mit nachstehenden begleitenden Worten vorgelegt :

.... Ueber die eingereichten Zeugnisse der ausgezeichnetsten, tapfersten

Handlungen von Individuen des Bataillons habe ich den Statuten gemäss

die Tapferkeits-Bclohniings-Commission niedersetzen und erkennen lassen; über deren Resultat icli die IHire habe das Ver/ciohiiiss sowolil zur Hohen Hinsicht, als Sr. Kgl. Hoheit zur gnädigsten Genehmigung und Bestätigung gefälligst vorlegen zu wollen.

Der Grossmajor und Comntandam gez. Fritsch. '

N. S. Da nur eine silberne Medaille, welche bereits für den Corporal Fingerhut, vermöge Höchster Verordnung Seiner Kgl. Hoheit, bestimmt ist, bei dem Bataillon vorrathig ist, so bitte ich gehorsamst ini i aiic Höchster Gendimigung um die hochgefällige Uebersdückung mehrerer Medaillen.

' Nach denk Rapport d. d. Reynosa den i. Januar 1810 waren:

in den Hospitälern krank und verwundet 1 Offizier $24 Mann

deuchirt a 9i »

tum IXenst 16 3^7

Oer Bestand des Bataillons: 19 Offiaiere 784 Mann.

Während der ruhigeren Verhältnisse im Jahr iSio besserten sich die Ge- sundheitsverhältnisse beim Bataillon. Dieses beweist der nachstehende Rappnt d.d. Manzanares den 1. Januar 181 1:

in den Hospitaleru krank und verwundet .... 41 iMann detschirt ^

zum Dienst 24 Offiziere 574

Der Bestand des Bauillons: 24 Offiziere 615 Mann.

' Corporal Johann Fingerhut empfing also die silberne Ehren-Medaille bereits durch Decret vom 19^ Juni 18 10; er findet aber nochmals Aufnahme in der 2. Vor- schlagsliste vom 5. Dezember iSio. weil dicstlho alle Individuen enthält, welche sieb im Campagne-Jahr 1810 besonders auszeichneten.

> Grossmajor v. Welsch hatte am 1$. Mira iSio das Commando an den BstaOkms-Chef Major Fritsch abgetreten und war krank nach Frankfurt aurückge- kehrt. Major Fritsch wurde am 9. Juni i8to zum Grossmajor, Hauptmann Vogt uu Joli lum Chef de bataiJlon befördert.

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Der \'or«»chlj^ zur V'erleiliung der Ehrt^n-Medaiik

Hingabe

der Taprcrkeits-Belohnungs-Comnüssioii ties Gross herz ojj;licli 1. Infanterie-Bauilloas in Spanien

d. d. MaitzaiMres, den $. Dei

40, * Caporal Johann Fingerhut 1. Compagnie. Er erbot sich

Herr Lieutenant Joha am i>. April iHio K-i A>,'ofein mit ment cingesch!os';cn wnr. durch Jen I'oiniJ >ich diircli/usch nächsten Ciarnison N.ichr]ciit /u ^'cbcii, damit durch cuv DctaJicnicnt entsetzt werde. Er hatte sicli schon verkleide entschlossen, sein Anerbieten ausjcußUiren , als ihm beim xußUlig dahin gekomnicoer Bauer begegnete, der statt sein mit Jeni besten Krfolg iibernahni.

I>ie (lommission hat sich aut den schon erstatteten Bei (irossm.iior l-rit?ch und auf das hieran! erfolgte Hoch zogen und iiai nach den Statuten ad proi. eingetragen, Joan Fingerhut die silberne Ehren-Medaille zuericannt s

41. Caporal Adam Bekmann 4. Conipagnie. Er hat $ich am ;

auf der Route von Mora nach Consuecra, als das Deta Conimando des Herrn HauptnT.inn Schweit/.er, das die 4 Bataillons nni der (;as>3 und nlkr Hrisafro escortirte. vor legenun heinde angcgrittcn wurde. Irciwiiiig /.ur Arrieregarue die sich der Feind mit Force geworfen hatte. Er hat durch seiner Leute und ci^cnds gegebenes Feuer den Feind zurüc ihm so geschadet, da^s die vorn Feind umgebene Colonnc fori Die f '(MTiniissiini hat. unter Bc/iLluinL; atif die für solch sprcclicnden Statuten, dem (.orporai Adatn Beknunn die s Medaille als wohlverdient zuerkannt.

4i.4j. Sergeant Wendel Huck i. Conipagnie. Er hat bei einem Gelee d. J. nnt wenig Mannschaft and braver Geistesgegenwart s

Detachenient gerettet. Kr hat bei der Kscortc eines Tressor tember den Angriff des t-Vitules, der schon die Colonnc i gesetzt hatte, als Commandaiu der Arrieregarde nicht allcii gcwusst, sondern auch die vom Feinde schon beinahe gcno zerstreuten Geldkisten unter anhaltendem Feuer gerettet, wc durch drei KugekchQsse verwundet wurde.

|>ie Conmiission hat, unter Beziehung auf die lür solche «;prechenden .\rtiU! der Sta'utcti , dem Sergeant Wendi goldene I^hren-.Mcd.nlle ab wohlverdient zuerkannt.

44. Sergeant Peter Staab }. Conipagnie. Er wurde durch eine sein ment ^hr Oberlegtne Anzahl berittener Feinde in einem DM1 passiren hatte, zweimal angegriffen. Er benahm sich durch

Betragen, gute Geistesgegenwart so entschlossen, dass er n angebrachten Feuer seine-; Detachements nicht alleii'. der. Feir vorgehabten Angriff abhielt, sondern auch noch zurückschlug.

' Diese Nummern sind die in den verschiedenen lüngabea l( •Nummern der Attestat« nach dem Protokoll.«

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dadurch die Courriere, die er zu cscortiren hatte, und das Leben seines ganzen Detachcments.

Die ('nir,missi(i!i hat. unter Beziehung niil die liir solclie Handlungen vprccheiiiicn Artikel der St.itutcn. den) Sergeant Feter Staab die silberne

!-]hrcn-Med.ulle .iK \\ nlilvcrdient /uerk.imit.

Total der Zuerkeiinung : i goldene und 5 silberne I:hren-Mcd.ii!len.

Gegenwärtige Hingabc bestätigen sänimtliche bei dieser Tapterkeits-ße- tohoungs-Commtsnon unter dem Vorsits des Herrn Grossmajor tmd Comnun- danten Fritsch zugegen gewesene Glieder:

Haranann Rosenstengel Faust

Lieutenant Ob. Üeut Ob. Ueut.

qua aplMine rapporteur. Decken Schiller

Capitaine. Gr. Capt.

Daroboer

Capitaine und Adjutant-Major.

Der Bauillonschei Vogt.

Der Grossniajor President Fritsch.

General v. Zweyer legte diese Eingabe am 23. Januar 181 1 dem seit dem i. März 1810 als »Grossherzog von Frankfurt« be- stätigten Fürst-Primas mit nachstehendem Begleitschreiben vor:

Euer Königliche Hoheitl

Herr Grossmajor Fritsch legt zugleich ein Verzeichniss mehrerer

Individuen vor, welchen die Tapferkeits-Belohnungs-Commission wegen ihrer braven Handlungen eine goldene und drei silberne Verdienst-Medaillen zu- erkannt hat. Ich bitte umsomehr um die Höchste Genehmigung dieser Be- schlüsse, da es nöthig ist, den Muth der Mannschaft durch verdiente Belohnung aufrecht zu erhalten.

Da aber dermalen nur eine Verdienst-Medaille vorrlthig ist, so wolle ich um die Höchste Ver&gung gehorsamst bitten, dass das Ministerium der Kriegsadministration angewiesen werde» zwölf silberne und sechs goldene Verdienstmedaillen prigen zu lassen.

Dieses Schreiben wurde am 28. Januar präsentirt und erhielt

die Randbemerkung:

Serinissimus ist mit diesem Gutachten einverstanden und ist von dessen Inhalt dem Militairischen Administrations- Ministerium Nachricht gegeben worden.

Aschaffenburg, 24. Januar 1811.

Da jedoch nach der Anerkennung des Fürst-Primas als »Gross- herzoga die Verwendung der alten Stempel mit der Umschrift »Carl Theodor Fürst Primas« nicht mehr angängig war, so wurde der Graveur l*Allemand mit der Anfertigung neuer Stempel beauf-

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tragt. L'Allemand erhielt för die Herstellung derselben und es wurden nunmehr sechs goldene und dreizehn sil Medaillen geprägt.

Die grossherzogliche Ehren -Medaille wird nach schrieben :

Vorderseite: das nach rechts gewendete Brustbild des der Umschrift: Carl Grosherzog zu Frankfurt. Abschnitt der Schulter in Oiaoiantschrift L' (1 Abbildung auf Tafel II No. 8.

Ruck^ciic! im Allgemeinen übereinstimmend mit <Jem primatischen Ehren-MeJaille. Die ganze Darsteüi etwas kleiner und unierscheidei sich von sämmilicl Verschiedenheiten der letzteren durch eine ändert der Zweige, des Bandes und der Kriegstrophäen, auf Tafel II No. 9. Die Medaille hat einen Durchmesser von 35 Milli

wurde, wie die primatische, am rothen Bande getragen.

sich zur Zeit nur 2 getragene Exemplare, beide in Gold,

grossherzogUchen Zeiten wurden nur die vorerwähoien

und 13 silbernen Exemplare geprägt.'

Eine goldene und eine silberne Medaille wurden nach Spanien abgeschickt und die erstere am 16. Apr

' aj in den »Fcldkriegskassa-Rechnungen von i&ii« linden sij des Jahres, ohne Daiuoiy nachstdiende Posten eingetragen: Attsgabebelag No. 1184: dem rAUemaml &r eio Pui

Stempel

Ausgabebelag No. 1185: dem Geheimen Münzrath Bunsen Ii und ij silberne Verdienstmedaillen aus/ubevahlen 2>7 G b) In einem Bericht der berzogL na&sauischen Münz-Directioc . . hrntstdn (im kgL Staatsarehiv Wiesbaden) d. d. 7. Juli gesagt: »Dem Vernehmen nach wiegen die zu Oannstadt Medaillen des Grossherzog Primas nur 16 Ducaten, etc.« hiernach die goldenen Stücke in Darmstadt prägen Issaen. Et^ konnte Jarfiher nicht festgestellt werden.

' Diese beiden goldenen Exemplare wurden seiner Zeit von den Wendel Huclt und August Ekert getragen. Ersieres befindet sidi in der Mönzsamndung in Franicfiirt, letzteres in der Sammlung des Verfassers.

' Von dem seit 1889 im Besitz der städtischen Münssaromluiig ii

befindlichen Stempel wurden, mit Genehmigung des Senats vom i. Mit

Sammelzweckc sechs Silberabschläge gcfertis^t; ausserdem wurden \SfU. Abschläge jc m Silber und kider auch in Bronze, sodaun 18A8 sechs soli für Sanuiiicr angefertigt-

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Seigeant Wendel Hock,' die silberne an Sergeant Peter Suab ausge- händigt. Corporal Fingerhut hatte die noch im Besitz des Bataillons befindliche silberne primatische Ehren-Medaille bereits am 19. Juni tSio erhalten; der im Depot in Frankfurt stehende Corporal Bekmann empfing das don noch vorhandene silberne Exemplar mit der Um- schrift: Carl Theodor Fürst Primas.* 5 goldene und 12 silberne Medaillen mit der Umschrift »Carl Grosherzog zu Frankfurt« blieben somit zu späterer Verwendung in den Händen des General-Com- mandos in Frankfurt. Der Rapport» in welchem Ober die Veraus- gabung der Ehren-Medaillen berichtet wird, lautet:

Manzanares, den 4. Mai 181 1.

Hochdero Erlass vom 5. März d. J. erhielt ich am 10. April. Die gnädigste Willfahrung der Gratification für das Offinercorps, wie die gnädif:;^st t;L-ncli- tutgten Medaillen für Uatcrorfizicre und Soldaten müssen wir als Zeichen der Hflchsien ZulKedenheit Sr. Kgl. Hoheit unseres gnädigsten Souverains, wie der eines Hohen General- Commandos betrachten. Die Medaillen habe ich am 16. April vor ausgerücictem Bataillon mit allem militairischcm Gepränge ausgetheilt und diesen uns so merkwürdigen Tag Abends durch eine Tafel von 2} Gedecken bestmöglichst gefeiert, wobei sammtliches Corps die höchste Ehre hatte, unter Tronipetenschall den ersten Totst Seiner Königlichen Hoheit als Aeussennig unseres schuldigsten Danltes und innigsten Wunsdies eines ■Lebe hoch!« den iwetten zum Danit Hochdero gnädiger Verwendung auszubringen.

Am anderen Tnge beehrte der Herr Gencral-Cjouvcrncur Lnrge mehrere Oftiziere und die decorirteti Individuen des Bataillons mit der lüuladung an seine Tafel, an welcher mir derselbe sehr angelegen mit (Mfcntlicher Aeusserung seiner Freude über die Höchste Belohnung dieser Braven und mit Bezeugung

Die von dem späteren Feldwebel Huck getragene prossherzogliche Ehren- Medaille mit der ümscliriit »Carl Grosherzog von Frankfurt« ist jetzt in der stsdtischen^Maiusaminluiig in Frankfurt

* Bs wird, der besseren Uebersicht w«;gen, die Verausgabung der im September 1809 geprägten 7 goldenen und 20 Albernen Ehren-Medaillen mit der Umschrift »Carl Theodor Fürst Primas« nachstehend zusammenf^esteüt. Es wurden verausgabt :

ia Frankfurt am 2}. Juni 1809 an den Nassauischen goldene: silberne:

Soldaten Acker i

in Fraalcfurt am 4. Oktober 1809 an den Polizd-Sergeant

Lauer i

in Spanien am 29. Januar 1810 nach dem Vorschlag vom

20. Januar iSio 6 17

in I rankfurt im April 181 1 an den dort im Depot befind- lichen Corporal Adam Bekmann nach dem Vor- schlag vom 5. Dezember 1810 i

b Spanien am 19. Juni i8ro nn den nachträglich in die Vorschlagsliste \'om 3. Dc/ember 1810 aufgenom- menen Corporal johaun Fingerhut t

in Summa: 7 20

goldene silberne.

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seiner Zufriedenheit mit der Diensdostnug des Betaillons seine

Respect an S. Ki^I. Ifolici; .lufiri^etr". '.velchcs ich mich -ichi Dem nun im Depot tyetmdiicnen Corporal Adam Bec gehorsamst die silberne Medaille cnheilen zu wollen.

Der Grassaufor, Comm gez. Fiitsch.

Die nächste (die Vorschlagsliste, welche die h( Handlungen Einzelner in den Campagne- Jahren 1811 1 sammenfasst, ist am 16. Dezember 18 12 voo derTapferkeits Commission aufgestellt und wurde dem General-Commai fart mit einem Begleitschreiben d. d. Segovia <<en 11. vorgelegt. Grossmajor Fritsch sagt in diesem Schreibet

.... Dann habe ich für die Fddz&gc 181 1 and 1812

Belohnung5-Commission ani^eordnet und prasidiri, um über vollsten und tapfersten Haiullunjjen Jer InJi".:duen Je*; ßatai zu lassen. Nach beigebogener Liste wurde neun L nteroftiziert die silberne, dem Subsiourir Rösler die goldene Medaill< nierkannt kh bine Hochdassdbe, sie Seiner Kteiglichea Hoheit Bestätigung vorzulegen und mir mit nichster Gelegenheit die ? geälligst luschicken wollen xu lassen.

General v. Zweyer legte dieses Schreiben dem Gro« 21. Februar 181 3 mit nachstehenden Bemerkungen vor:

. . . Endlich wollte i^h Huer KiSniglichc Hoheit gciiorsar Beschlüsse Jcr Tapferiieit5-Bclohnuni;>-Commi«'^inn. welche 9 und Soldaten »iie silberne und dem Fourir Rösier die gold Medaille zuerkatuit iut, zur Aufmunterung der Truppe gnädige fu wollen, bemerke aber zugleich gehorsamst» dass das aageni> verzeichniss dieser 10 Individuen in dem Schreiben des Herr nicht beigefligt gewesen.

Da in dem Schreiben des Grossmajors Fritsch ausser dei Angelegenheit noch andere Fragen berfihn waren, wek werden mussten, so wurde dasselbe vom Grossherzog c minister Freiherrn v. Eberstein zur Begutachtung ubersandt äusserte sich, d. d. Aschaffenburg den 15. März 1813, wie

Sennissimus!

7. Ehe zu den von der MedaBlen^Comnussion des Bataillons

abcrmnh zuerkannten 9 silbernen und eine goldene Denkmünze nn{,'ung crloigen kann, hat Grossniajor Fritsch zuvor die Nan« viduen, welche diese Medaillen bekommen soRen. einnisendea an jeden kurz zu berichten, welche That oder Veranlassung ihn d gemacht hat.

8. Mit den Verdienst- Medaillen scheint mir bei dem Bataillon ein orosses Unwesen, zum utiheillMren Nachtheil der Kriegskjssi zu werden. .Schon lut ein grosser Tiieil der Unteroffiziere ui dort die Medaille, und Grossmajor Fritsch verlangt deren abemial

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xmd I goldene. Wäre es nur der Wert'i Jvr Mli.I,i)1!cii selbst. Jcr dabei in AuNchlag käme, so wäre die Ausgabe niclit bedeutend und vorfiberc;ehend ; sie wird aber durch die auf den Medaillen haftende Zulage, mit dem düppelien Betrage des Soldes (&r die goldene und mit der Hälfte des Soldes für die silberne, eine bleibende, empfindliche Last für die Kasse. So haben von den vor 7\vci Monnten uns Sp.niicn /tiriick^ckommcnen Unieroftizieren zwei, nämlich .Adjutant sousotlicicr Jurpcns uiul l'()rtcdr;ipe.iu Beiz, beide die poldene Medaille; beide sind nocii in einem Alter unter 40 Jahren, bei dem Bataillon wurden ihre Stellen gleich besetzt, hier sind sie tlberzihUg und liegen mit dem Sold und dem Dupluro desselben als Medaillenxulage auf der Kasse.

Das Bataillon in Spanien vervollständigte in Folge des vor- stehenden Gutachtens die n.inientlichc Liste der 2ur Decorining empfohlenen Individuen und reichte dieselbe demnächst in nach- stehender Fassung ein:

Eingabe der Tapferkeita-Belohnungs-CocDnusaion ' de« Grosahersogl. PraakfiirtiaebaB t. Infantaiie-BatailloiM d. d. Seyovte den

16. Desenbar tSis.

4$.* Grenadier- (lompagnic. Sergeant- Major Andreas Becker. Focht in allen Sciil.Kiiicn tniJ ficfocluen wahrend den $ Fc!d^ü;jcn in Spanien tapfer ?um anteucrjidca Beispiel anderer; einsichtsvoll /.ur Lrlialiung guter Ordnung, verbindet mit den militairischen Tugenden die beste Aufnkhrung, den grdssten Eifer im Dienste und einen sehr lobenswfirdigen Ehrgei« zur ferneren Bildung mit Beförderung.

Die Onnnission h.\t in .^!^betracht dieser militairischen Verdienste dem Sergeant-Majur Andreas Beciver die silberne ührcii-Mcdaillc zucrkamu. 47. Grenadicr-Compagnie. Corporal Christian Bauer. Wohnte allen Schlachten und Gefechten während den 5 Feldzügen in Spanien mit ausgezeichnetem Muth und Tapferkeit bei. In der Schlacht bei Talavera w.ir er einer der Grenadiers, der den blcssirtcn Gren.idicr Sclinelibach, welchem der Fuss abgeschossen wurde, aus dem feindlichen Feuer vorwärts liegend mit augenscheinlicher Gefahr rettet^ wesswegen sein damaliges Attestat No. 10 in der Siuung Madrid den 14. Dezember 1810 aur Berfidcsichtigung einge- tragen wurde.

Die Commission hat wegen seiner .indauernden Ausdauer und in Beziehung auf seine kühn au^getüiirte That dem Grcnadier-Corporal Christian Bauer die silberne Ebren^Medallk; zuerkannt. 49. Greoadier-Conipagnie. Tambour Alofe B»tiiiger. War in allen Schlacliten und Gefechten gegenwirttg, betrug sich immer sehr muthvoll und verliess.

* Diese Eingabe ist in Bernays, Seite 270, beinatie wörtlich abgedruckt. Der« selbe sagt, ohue Angabe der Qjuellc, dass dieselbe vom Grossherzog nicht nM^r berücksichtigt worden sei; es scheint dies nicht richtig, wdl sonst wohl nicht eine }. Fiiig.ibe d. d, Serres 2. September 181 j vorgdegt worden wäre. Letztere er- wähnt Bernays nur obenhin. In derselben ist unter Anderen der spätere Feld- webel August likert zur Decurirung in Vorschlag gcbr.iclu, wclclier bei seinem Tode die goldene Ehren-Medaille be&ass, ein Beweis, dass auch die letzten Vor- scblige vom September tSi) wenigstens theilweise noch berQcksIchtigt worden sind.

' Wie bei der Hingabe vom 5. Dezeniber 1810, welclie mit No. 44 abschlicsst, sind dies die Nummern der Attestate nach dem Protokoll.

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ohnerachtet der in der Schlacht bei Messa del Ybor erhalten' in die Brust, nie den Dienst. Verbindet mit deni ausgezeic

die beste AulTührLniij, \\es>\ve^cn ilim sein früheres Atte«:tn! tlcn I }. November iSio. /ur Bcr-ucksichtigung einc^ctragc-n w Die Commission iiat wegen seines aiisgc/.e>chneten Betragens Tambour Alois Bertiager die silberne Ehren-Medaille zuerka'

SO a und b. Grenadier- Compagnie. Sappeur Conrad Eissen. ' B jeder Schlacht und Gefecht muilivoll und tapfer, aber bcsonde in dem hei AIniagro am 27. September 181 1 gegen die 40« Bande des Chakgo, wo .\lle& .iut' die geschwinde Hcruiitc hoch und gefährlich gestandenen A-Pfund-K»ione lur Rettu Höhe von Valenxuella vom Feinde eingeschlossenen kleiner ankam. Hierbei war er der Erste, der wirksame Hand anlegt« rung der Stadt, wo er muthvoll und verwegen gegen die aufgestellte Cavallerie vordrang und durch sein Anfeuern And wirksame Schüsse, den Feind xurücichiclt, um die Kanone wirk« Die Commisidon hat wegen seinen raschen und muthvoll aus^; lut)gcn und seinem verwegenen Benehmen dem Sappeur Con silberne Hhron-Medaille als wohlverdient zuerkannt.

jia und b. 5. Compagnie. Sergeant-Major Franz Becker. Betrug Schlachten und Gefechten der 5 jährigen Feldxügc in Spanien tapfer zum anfeuernden Beispiel Anderer, einsichtsvoll xur H Ordnutig, aber besonders muthvoll in der Belagerung von Meri schon angebraclucr Bresche, im starksteti Kugelregen den Absc Deckung an- una vollfuhren Ivalf und dabei sich ausgezeichnet / Anderer betrug, welches ihm die Empfehlungen des Fort - C wie des der Artillerie erwarb. Uebrigens verbindet er mit d Tugenden den besten moralischen Character und einen Hifei komnmung, der ihn fernerer B<*f«^rJenin^' 'viirdie ni.icht. Die Commission hat wegen dem ausgezeichneten lur/iiaiten Sergeant- Major Franz Becker die silberne Khren-Mcdaille als zuerkannt.

5j. 4. Compagnie. Sergeant-Major Georg Günter. Zeigte sich in all und Gefechten Jor , Feldzüge h) Sji.uKen sowohl durch sei zum .infeucnukii Beispiel, als durch seine (.VJminpslicbc für's Gai aus. In dem defeclu l»ei Bolanos, mit den überlegenen Brigani in Anführung der Urailleurs dem Capitain Goerx wesentliche in der Sitzung d d. Madrid den 9. November wurde sein Atl von der Schlacht von Messa del Ybor 7nr Berii>;ksichtit>ung ein Die Commission. in Mrw.ii^une des niehrn-.als erwiesenen t.ipte'ci hat dem Sergeant-Ma)or Georg (»unter die silberne Ehren-Medail

)4. 2. Compagnie. Sergeant Nikiaus Roland. War in der Schlad) del Ybor, wo er blessirt und struppirt nach Frankfurt geschickt mit dem Renfort nach Spanien, avancirte wegen seiner hckann Diensteifer nnJ ntiten Conduite zum Sergeant, zeigte sich al tapter in de n deUvIu bei Almagro. wo er aK .Anführer der T ansprengendeii ubcriegeneti (.avallerie das Bayunel prasentirtc, angebrachten Schuss einen (tegner vom Pferde schoss und sn

» Sappeur Hissen Hei in der Schlacht an der BiJassna am j». A

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anl'cucrnJes !kispicl die L'ntcrstchcudcn m gleichen Thaten reizte und dem Feind A».luu:ij4 vor dem kleinen ibulcii einflosste.

Die Contnussion liat wegen einem beisptelvollen Betmgen als Anführer dem Sergeiint Nikl.ius Koiand die silberne Hhren-Medaille zuerkannt.

SS. Voltigeur>Compagnie. Sergeant Johann ütsab. Be/cigte sich in jeder üchUcht und Gefecht des Bataillons ausgezeichnet tapfer, besonders aber in dem bri Villa rubia, wo joo Pferde die Hscortc von Hu Mann eines Convoi mit Geld r;i<;ch am Kin^tan^jc eines Delilees .utaquirt und dessen Ausgang besetzt liaitcn. llicr lorcsru er mit ;<» Mann dessen Ausgang, wie den Uebergang Ober die Ojos der Guadiana, und bahnte so dem Convoi mitten durch die Feinde den Weg. Derselbe \MirJe •^clinn bei der Schlaclit von Talavera von dem Cirossherzogl. Hessischen Herrn General v. Schätfer wegen seiner Tapferkeit empfohlen.

Die Commission hat ihm, in Atihetr.icln "icincs nnit!noll and tapfer ausge- führten Unternehmens, die silberne Khren-Mcdaille als wohlverdient >;ucrkannt.

jy. Vohigeur-Conipagnic. Gemeiner Johann Brascli. Wohnte allen Schlachten und Gefechten ausgezeichnet tapfer bei, bei Villa rubia zeichnete er sich aber besonders unter denen , so niit Sergeant Staab das obentrw.ihtne t^efilee lOTCirten, muthvoll aus, wie ein Attesut No. 8 in der Sitzung Madrid den 14. Deaember 1809 au seiner BerOcIisichtigung eingetragen wurde, nie GonimissioM ha; wegeü dctn hervorstechend tapferen Betragen dem Vohigeur Johann Urasch die silberne Hhrai-Medailie zuerkaiitit

60. Stab. Stabsfourir und Secretair Jacob Roesler. Ein jojährigcr, treuer, ver- lassiger Diener, der in den jjährigCA Peldsügen Spaniens dem Bataillon in allen Schlachten freiwillig folgte, wo er keine Ikldciith.ULn, .ibcr meTiscIien- freundlichc Handlungen verrichten konnte. Hr rettete mehrere Blessirte aus dem Feuer aum Verbinden, zwd Soldaten des Bataillons aus dem Flusse Siad.ir und opteric ;eine Gesundheit nach de^ T:iges Strapaien bd nächt- lichen Fassungen der Vivres, auni Besten des Bauilloos. Die Commission hat, wegen der freiwinigen Retmng der Blessirten aus dem Feuer und 2 Soldaten, die ansonsi in de:n reisserulcn Strom den Tod gefunden hätten, dem üecretair Koesler die goldene Ehren-Medaille zuerkannu Bewahrbeiiet von dem Prisidenten der Tapfcrkdtt-Bdohnungs-Commis^on

Der Groasmajor Commandam Fritsdi. Faust, Oberlieuienam qua auditor.

Dieser Hing.ibc schlicsst sich der Ict/.tc (4.) Vorschlag zur Dcconrung von Individuen, welche bich in der Schlacht an der Bidas&oa am 31. August 181 3 ausgezeichnet hatten, drei Monate vor üvm Uebertritt des Bataillons zu der englischen Armee, an. In dem- selben sind die im Vorschlag vom i^. Dexember 1812 aufgeführten Scri;eant Johann Staab und der inzwischen zum Corporal beförderte Johann Brasch erneut zur Auszeichnung mit der silbernen Ehren-Medaille eniptolilcn, ein Beweis, d.iss ihnen dieselbe auf den V'nrschl.iq vom I6. De/ember rS!2nichi verliehen winden ist. Der IftztcXDrscIihii; wtn Je von dem Cipitaine Commatid.utt Damboer mit .seinem R.ippüri d. d. Feldlager an der BrDcke vor Serres den 2. September 181 3, in welchem

4'

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er über die Tcilnahtnc des Bataillons an der Schlacht an berichtet, mit nachstehenden Wonen vorgelegt:

Das Bataillon hat durch seine Tapferkeit und I

neuerdings die Re\vtindemng des IlLfrii Marschalls, des H Generals Vilattc und aller ainv c^ctldcIl dcr.eralc auf sich gczo; alten Ruhm ehrlich, aber tlicucr behauptet. Als idi vor d< Bajonette fällen, Sturm «tchlagen liess und so bergan stOrmte, Marschall sich /u seinem Gencr.iUt.ib gewendet ui;d mit den V gedeutet: uVoü.'i k-^ br.n es .lUemands, conimc ils enicvent la | bavoneilc!'! Seine lüxcellen/ schickte sni;lcich einen Aide dt Brücke mit dem Bcleiii, dass ailc meine Hlessirtcn zuerst aufgt was auch genau erfblU wurde.

Alle Herrn Offiziers des Bataillons, alle Unteroffiziere und eiferten, AHe^ /u erfüllen, was in ihren Kräften lag. Kalter Mi Tapferkeit iierrschte in den fjHedcrn. Man hörte jede»; (Im Mann wollte aus dem Gliede treten und mit Mühe musste nui diren, um die Blessirten w^ubringen.

Alle Oflixierc waren gleich tapfer. Aber vorzüglich verdien

Hauptmann Schweitzer. Deeken, Görz. Sousadjurntn Mafor D.i Obcrüeutennnts Schiller und ff.inmnnn n!s erprobte Offizier Seiner Hoheit und Hohen General-Conmiandos zur Belohnung werden.

Femer habe ich die Ehre, anbei die Liste der tapfersten und Soldaten au überreichen etc etc.

N'amentliche Liste jener Unteroffiziers und Soldaten, welche sich durch ihre Tapferkeit ii an der Bidassoa am 31. .Xugust 181 j besonders ausgezeichnet und Krieger und moralisch gute Soldaten in allen Feld/ugen Spaniens gedient und, als solche anericannt, von dem gesammten OfKzier^Ct würdig gehalten werden, .Seiner K»)nigHchen Hoheit mr Erhaltung Medaillen gehor«;.inist vorj^eschlagen zu werden.

Im Feldlager vor der Brü>:kc bei Serres den 2. September iSr^ Adjutant sousofHcier Franz Hotmann. Die goldene Medaille. Ist

Grade tapfer und voll Talent. Sergeant' Major .\ugust Ekert. Die silberne Medaille. Tödtlich ver\ Sergennt Philipp Schopp. Die goldene Medaille. Lst int höchsten '

und war schon zur Medaille mehrmals eincci^ebcrt. Sergeant David Mayer. Die silberne Medaille. Hlessirt, ein gescl;.

ofBxier, tapfer und voll Talent. Corporal-Fourier Augost Schambach. Die silberne Medaille. Corporal Ludwig Booser. Die silberne Medaille. Blessirt. Corporal .^ntoti Bauer. Die silberne Medaille. War schon raehrmaU

emploblcn.

Corpora] Conrad Geist Die silberne Medaille. Blessirt. Grenadier Conrad Dauenhaucr. Die silberne Mcdaitte.

* Der »pltere t^eldwebel August £kert wurde bei Irone in Span Vet'w'undet und besass bei seinem Tode in Frankfurt die goldene fihn Dieselbe befindet sieh in der Sammlung des Verfassers.

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Grcn.iJicr Pctcr W'tn/cl. Die silbcrno Medaille.

Sergcatit-Major Beiiurd Ohnliaus. Die silberne Medaille.

Sergeant Conrad Hotter. Die silberne Medaille. War sdion mdirmals zur

MeJnille ciiipt'ohlen. Sergeant Jolunu Suub. Die silberne Medaille.

Corporal Johann Brasch. Die silberne Medaille. Blesdn. Schon dfter aur

Medaille empfohlen. Corporal Paul Bernard. Die silberne Medaille. Blessirt.

V<dttgeiir Andres her. Die goldene Medaille. Rettete bei Uurchpassirun;; de$ Flusses dem Grossherzogl. badischen Herrn Oberlieutcnant Baier das Leben. Hat bereits die silberne Medaille und verdient, sie mit der goldenen zu veruuschen. '

Sergeant-Major Georg Hett. Die goldene Medaille. Besitzt seltenen Muth und

ist voll T.ilcnt und Moral. Sergeant Peter Schmitt. Die silberne Medaille. Corporal Melchior Schreiber. Die silberne Medaille. Soldat Philipp Kflrbel. Die silberne McJ.iillc. Soldat Hdnrich Schneider. Die silberne Medaille. Soldat Nie Holzapfel. Die silberne Medaille.

In Summa: 4 goldene, t8 silberne Medaillen.

Der Beweis, das.s an die in den \'orstl)la^en vom 16. De/einbcr

1812 und vou) 2. September 181 3 zur Decorirung empfohlenen Indi- viduen die Ehren-Medaillen wirklich verausgabt worden sind, lässt sich aus dem vorhandenen Aaen-Material nicht liefern, insbesondere weil in der Schlacht von Vittcria am 21. Juni 181 3 mit der ganzen Bagage des Bataillons auch die über die Ehren-Medaillen gefertigten Dociimenie verloren gingen. Es ist aber wahrscheinlich, dass von den nach der X'erteilung am 16. April iSii noch übrigen tünl _i:ol- dcncn und zwölf silbernen Exemplaren vorerst an die in der Liste vom 16. Dezember 1812 empfohlenen Individuen eine goldene und 6 silberne Medaillen* verausgabt wurden. Der dann noch verbleibende Rest von 4 goldenen und 6 silbernen Ehren-Medaillen mit der Um- schrift »Carl Grosherzog zu Frankfurt« ist jedenfalls nach der Rückkehr des Bataillons nach Frankfurt im Februar 181 4 von dem seit November

1813 mit der Verwaltung des Grossherzogtums betrauten Gcneral-

1);

5

•»

* Andreas Iser (in früheren Rapporten Isser genannt) erhielt die silberne Ehren-Medaille nach dem VorschUf^e vom 2a Januar 181a Aus einer Petition an den Senat d. d. 5. Juli 1821 geht hervor, dass er auch damals noch die silberne Medaille trug, also die agoldene«, zu der er am 3. September 181} empfohlen wurde, nicht erhalten hat.

* Es solhen nach dem Vorschlag vom i6w Desember i8t2 verausgabt werden: 1 polJene und 9 silberne Hxempl.irc: von letzteren >;clien ab ein Stück für den bei der Bidassoa gefallenen Eissert und 2 Stijck für die am 2. September 1813 noch- mals in Vonchlag gebrachten Staab und Brasch.

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Gouvernement an die Würdigsten der in der Liste vom iSi) aufgefflhnen Individuen, von welchen 4 zur Decor goldenen und 18 mit der silbernen empfohlen waren» ve Mit Bestimmtheit ist nur nachzuweisen, dass der in de Schlagsliste zur Auszeichnung mit der silbernen Medaill Sergeant-Major und spätere Feldwebel August Ekcrt Ehren-Medaille getragen und dass der Voltigeur Andrea: zugedachte goldene Medaille nicht erhalten hat.

Das Gesammtresultat der über die Ehren-Medaillei Nachforschungen ergibt:

1) dass 7 goldene und 20 silberne Medaillen mit < Carl Theodor Fürst Primas geprägt und veraus sind;

2) dass 6 goldene und 13 silberne Medaillen mit c Carl Grosherzog zu Frankfun angefertigt wurd aber von diesen nur die Verausgabung von und einem silbernen Exemplar mit Bestimr weisen Usst;

3) dass die Ehren^Medaillen nur an die in Spani bis 1813 kämpfenden primatischen und später liehen Truppen verliehen worden sind, also w im Kriege gegen Russland 18 12 verwendeten ui 181 3 in Danzig eingeschlossenen zwei Bataillone, bei der Verteidigung von Glogau 18 13 mit' beiden Bataillone.

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3- Die Saokt-Helena-Medaille.

Napoleon III., Kaiser der Fr.inzostn, stif'tcic am 12. August 1857 im Andenken an Napoleon I, die »Helena-Medaille« und verlieh die- selbe an alle französiscUen und fremden Militärs, welche in der Zeit von 1792 bis 1815 unter den irunzösisciien Fahnen gekämpft hatten. Die priniatischen und grossherzoj.'liclien Truppen, welche an den Feldzügen in Spanien und Russland, sowie an der Verteidigung der Festungen Danzij^, Glogau und Torjiau 'Feil «^enonimcn, hatten das Recht, diese Medaille zu tragen. Die Stiftungsurkunde lautete:

N.ipolcon etc.

Voulatit hüuurcr pur unc distinction >pccialc Ic:» niiliuircs, qui otn conibnuu *>ous Jcb drapeaux de )a France, daii^ Ics grandes guenres de 1792 t;n 181 >, A%«ons d«cr«t£ et decrätons ce qui suit:

Art. I. Une m6daille commcmorative est doiinte h tous les militaires fran^ais

et clranwcrs des annccs de tcrrc et Je inor. qui ont combattu ^ous nos drapeaux Uc 1792 a 1815. (iettc mcdaillc scra cn broncc et {»oricra d'un cotc i'cHlgic de l'Hmpcrcur ; de lautre pour legende:

Campagnes de 1793 ä 1815. A scs compagnons de gloire, sa

derniire pensec, St« Hd(»ie $ mai 1821. I;llc sc portcr.t i I.i hautoniiiere, suspcndue par un nibati Verl et rouge. .Vru 2. Notrc ministrc J litat et le Gnmd cfi.incclicr etc. I-ail au paüiä lic Snint-ClouJ, k 12 aoüt 1857.

In Frankfurt, wie in alicn Ländern, welche dem rheinischen Bunde angehört hatten, wurden die Berechtigten aulgefordert, die Medaille hei dem betrcHeiiden irauzDsisciiLii Gesandten in Empfang zu nehmen. Diejenigen, welche sich anmeldeten, erhielten mit der Mcd.iilie und dem Patent ein Schreiben in deutscher Sprache mit tüigendeni Wortlaut :

Legation de I'rancc

i Francfort. Frankfurt, den 4. Februar 1858.

Mein Herr!

Ich habe die Hhre. Ihnen beiliegend das Patent und die St. Hclena-Medaillc ztuuscnden, welche Seine Majestät Jcr Kaiser N.TpnIcon III. Ihnen früttgsi zuerkannt hat lür die Dienste, welciie Sic geleistet haben, indem Sie unter den Fahnen Frankreichs kämpften.

Ich bitte Sie, nur den Empfang dieser Sendung anzuzeigen. Empfangen Sie, mein Herr, die Versicherung meiner ausgezeichneten Achtutii^.

Der Gesandte Frankreichs, gez. O* de Montessuy.

I

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Das gleichzeitig tnitübersandte Patent lautete betsp^

MälaUk de Saime-Hdäie ! Insthti«« par S. M. Napoleon IlL

j ic» coiupagiiuns de gitnrc. Sa Jcrnicrc pciJsce! Sie. Hdenc. $ mai 1821.

Lc Grand Chancclier de l Ordre Imperial de la Legion d*Hl quc M. Ridinger Pierre (Franclort), ayant servi duraat la p£l ä 1815, 4 re^u la Midaiile de Ste. Helene

sigu. Uuc de PI In<;erit ä la Grande Chancetlerie No. 14 1.

Die MccLuIIc u Lirdc nur von einem kleinen Teil der c lebenden Ikrcchii^uii in Rmpfjn«^ genommen und von t kleineren Teil derselben utientlich getragen. In Wort l wurde damals von dem Trauen der Medaille, als einer unp. Handlung, abizerathen. Dieselbe hat de^ hi.sturischen Intere hier Aulnahmc i^clundcn und ist abgebildet auf Tafel II Xo.

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4i Kriegsdenkmunze, verliehen vom Senat der freien Stadt an die Schaar der Freiwilligen von Frankfurt für 1814.

Bei dem siegreichen V'ordrinfjeii der alliirieii 'l'ruppen zoj^ sich der Gros&hcrzüg Carl nacii der Schweiz, später nach Kejjensburj: zurück. Auch Napoleon I. rauime nach der Schlacht bei Hanau am i. No- vember 181 3 die Gegend von Franklurt und ging mit seiner Armee gegen Mainz »irQdc. In den Tagen vom 4. bis 6. November zogen die verbOndeten Herrsclier von Russland, Oestreich und Preussen in Frankfurt ein, nahmen das Grossherzogtum und die fürstlich Isen- burgischen Lande in Besitz und übertrugen die Leitung der Re<:ierung und der Militär-Angelegenheiten' dem k. k. östreichischcn l'eld- marschall-I.iciitenant Prinz Philipp von Hesscn-Homhurg ^ als General- Gouverneur. Nachdem die von den verbündeten Mächten eingesetzte Commission zur Regelung des Verteidigungssystems von Deutschland in dem Protokoll d. d. Frankfurt den 24. November 181) festgesetzt hatte, dass aus dem Gebiete des G rossherzogt i n 1 rankfuri, gemein- schaftlich mit dem Fürstentum Isenburg , sogleich 2800 Mann auf- gestellt werden sollten,' ordnete Prinz Philipp von Hessen-Homburg sofort die l!rrichtung von 5 Linien- und 5 Landwehr-Bataillonen an. Lr erlicss ausserdem am 1 1. Dezember 181 3 einen Aufruf zur Lrncluung von freiwilligen Schaaren (Grossherzogl. frankfurtisches Regierungs- blatt, Band, 16. Blatt). Aus den Landwehrleuten und Freiwilligen, welche zahlreich herbeiströmten, wurden die drei Landwehr-Bauillone formirt und unter dem Commando des Oberst v. Horadam zu einem Regiment zusammaigestellt. Das erste Landwehr-Bataillon, unter dem

' Grossherzogl. franktürtiscbes Regierungsblatt, }. Band, 1 3. Hljit.

* Prins Philipp von Hessen-Homburg übernahm Anfang .April i8i.| «las Commando des 6. deutschen Armee-Corps. Ihm folgte in der Verwaltung des Genera l-Gouvcrnements: Seine Durchlaucht der k. k. Astreichiscbe Feldxeugmeisler . Heinrich XIII., regierender Fürst von Reuss-Grciz.

) Die !ümn):liclK-n Truppen aus dem Gebiete des Grossherzogtums waren iii.T \'er\v.ihung durch eine \om (ieruri! (louvcrnenicnt ern.itinte ».Arniirungs- Contercnz« unten>lcllt. Nur die Coniin^eni^-.Mannschalt de;» Fürstentums Isenburg war von dieser Verwaltung freigegeben und wurde von dem FOrstentum besoldet

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B«fehl des Majors Grafen v. Waldbott-Bassenheini, wurde gehörigen des Depanements Ascbaffenburg, das zweit Commando des Majors Grafen v. Schönbom, «»päter unter A aus den Angehörigen des Depanements Fulda, das wehr-Bataillou^ unter dem Commando des Majors Grafen grösstenteils aus den Angehörigen des Departements h mm. * Jedes Bataillon bestand aus zwei Compagnieer Jäger (der i. und 2.) und zwei Landwehr-Compagnteen (d Die beiden Jäger-Compagnieen führten beim 1. Landw den Namen »Schaar der Freiwilligen vom Spessart«, beii der Freiwilligen vom Lande Futd und vom Lande Iser »Schaar der Freiwilligen von Frankfurt.« * Das zuerst fertig gestellte i. Linien-Bataillon wa: 8* Februar 1814 von Frankfurt abmarschirt und stiess zum Bundescorps.' Die im Bereich des Grossherzogtums

' Die AiiisicUun^ entspr.Kli vier danialiycn )-,intciluiig des G in ; DcpartcnicuUi. Düü 4. Departement Hanau mit 18 QMdlen um gcliönc seit November zu Kurhes«en. Das (»«neral-Gouvcm demnach zur Zeit des Aufrufes im Dezember aus:

I. dem Departcmeiii Frankfurt 1 □Meilen grovs mit .1) ilcr St illt Frankfurt niit jo. jS) Seelen (ohne Militärj.

lien Ortscliatten Bonames, Bornlieini, Dortelweil, H; Frlctibach, Niederrad, Nicderurscl, Ober>Hrlcnbach uiu zusammen 78 t) Seelen, c) der Lnterprafectiir Wetzlar (dem (iebiei der ehemalige nachherigen ( Iritsclult) mit 1278 Seelen :

II. dem IX'p.irtement Fulda n^*«-''l*-'" gross - mit lo^),* III. dem Departement Aschartenburg 30 □Meilen gross nut

Als dieses Departement am 34* juni 1S14 an das Kdntgrei gctretett wurde, schied auch das aus den Landeskindern des; 1. Landwehr-Bataillon aus der Verwaliung durch das Gern: mom -IIIS.

^ Das i. LaiuiwcUr-Bataillon (Major iirat v. Ingelheim} be> I. Jager-Compagnic (Hauptmann Jaeger, Oberlieutenant 'I1iun]ey»ci V. Clement, Münch und 156 Untcrolli/iere und Jäger), der l. jig (Hauptmann ScHerbius, Oberlieulenam W illemer, l.ictitcTi int v. Auten U n ter of Ii 7 tcre und Jäger), der (.ompasMiie f Ilaupimann Mcve^ ( BuNvh. Lieutenant v Heyden) und der .j. t.ompagnie (Hauptmann 1) lieuienani Rumpl).

Die freiwilligen Jäger zu Pferde (Kittmeister Steitz, OberKeu Lieuienaiu Hassavant) waren 72 Mann stark, von denen 4,. aus F Wetzlar gebürtig, gleichlails im November iSi 1 die Mcd.iillc iür di. erhielten. Die Ireiwilligen jager /.u l'ierde bildeten nnt den Huwren Gouvernements eine Schwadron unter dem Belebl des Rittmeisters Fechenbach.

) Die weitete Thätigkeit die&es Bataillom» im Feldzuge 1814 verfolg

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Forniirung des 2. und ). Linien- Bataillons, der LanJwchr-ßat.iiliotie s und einer Schwadron freiwilliger Jnger zu Pferd wurde im M.irz l soweit beendet, dass der Aufbruch dieser Truppen, welche mit den Contingents-Bataillonen von Isenbur>i und Keuss und einer l'.sc.idron Würzburger Chevauxlegers eine Brigade unter dem östreicliischen General-M.iji>r v. Mecsery bildeten und dem 6. deutschen Armee- Corps zugeteilt waren, am 15. März erfolgen konnte. Die Brigade blieb zur Einschliessung vor den Festungen Beifort und Besani;on liegen und nur die 6 Freiwilligen Jäger-Compagnieen der 3 Land- wehr-Bataillone, ' welche von da nn mit dem allgemeinen Namen »Schaar der Freiwilligen« bezeichnet wurden, niarschirten weiter und vereinigten sich am 22. April bei Macon mit dem i. Linien-Bataillon unter dem G>mmando des Majors Schiller. Als die »Schaar der Frei- willigen« don eintraf, war der WaifenstiUstand bereits abgeschlossen und es war ihr somit niclit beschieden, an den Gefechten des Jahres 1814 Teil zu nehmen. Sie marschirte mit dem i. Linien-Bataillon Anfangs Mai n.icli L\ 011 und bezog nach dem Friedenssohluss Cantonne- mcnts bei Bourgoin, zwischen I.\cin und Grenoblc. In den ersten Tagf:!! des Juni wurde der Kückmarsch in die Heimat angetreten, am 21. passirte die Brigade bei Rheinweiler über die Schiffbrücke den Rhein und kehrte am 6. Juli nach Frankfurt zurück.*

Zur Krinnerung för die aus der Stadt Frankfurt und deren Gebiet gebürtigen Freiwilligen stiftete der Senat durch Ratsbeschluss vom 5. Juli 1814 eine silberne KriegsdenkmOnze, welche am 18. Novetiiber an 37? dazu Berechtigte verteilt wurde. Der k. k. östreichische Feldniarschall-Lieutenant und Vice-General-Gouverneur von Frankfurt, Giaf Anton Hardcgg, sowie der k. k. östreichische ausserordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Freiherr von Hügel, welche der Austeilung der Meddllen beiwohnten, erhielten durch Senats- beschluss vom 16. November je ein Exemplar in Gold, welche indessen nicht zum Tragen bestimmt waren. Der östreichische Feldmarschall- Lieutenant und Commandirende der Süd-Armee Erbprinz I riedrich von FIcssen-Hombnrg erhielt eine zimi Tragen bestimmte Kricgs- deiikmünze in Gold, sein jüngerer Bruder, der commandirende General

' Die 6 ÜMidwehr-tionipaKRieeil wurden ililH Jcni Wcitcniurscli der »Schaar der Freiwiiligenii zu eincni BnuilklD nisammengcstcllt und bildeten mit dem 2. und 3. Linicn^Batailkm cm Regiment unter dem Commando des Oberst v. Fritsch.

* Die Scliaar der Freiwilligen wurde vom 11. bis zum 15. Juli noch vorüber- ziehend iLicli Dieburg und Unigegcnd verlegt und erst nach ihrer Räckkehr von dort aufgelöst.

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des 6. dfutsclien Armue-Corps und Irühere Gcneral-Gouv> Frankfurt, Prinz Philipp von Hessen- Homburg, ein Exempl: mit Brillanten'; dem östreichischen Genernl-Major und Bri roandeur \ . Mccsery, unter dessen Befehl die Schaar der F vorDbergehend gestanden hatte, wurde nachträglich am i 1815 ein Exemplar in Gold iiberschickt. Die Fahne der Fs welche seiner Zeit durch den Patriotismus der Frauen gestiftet Vk'ordeii war, wurde im Jahre 182S an der Spits goldenen Kriegsdenkmünze gesclimflckl,* Die silbemi erhielten nacli den eingereichten Listen 45 freiwillige Jägt und 291 freiwillige Jäger zu Fuss. Mehrere Exemplare wurden ausserdem an Offiziere geschickt, welche in c Beziehung zu der Schaar der Freiwilligen gestanden hattet

Die Kriegs-Denkmünze ist von Silber, im Durchmesse meter gross, und wurde an einem rothcn Bande mit dr Streifen auf der linken Brust getragen.

Die Vorderseite zeigt in der Mitte einer Kreislinie den : Wappenadler mit Kleestengeln in den Flügeln und einer N auf dem Kopf, einem F auf der Brust, unten S. P. Q. F. populusque Francofurtanus) und ausserhalb der Kreislinit Schrift »Gott sprach es werde Licht und es ward Licht«.**

Die Rückseite trägt innerhalb einer Kreislinie in vier

I'riiu Philipp August I ricdncii, j^cborcn am ii. MariC 1779, gicruiig in der Lanii^rafschaft Hessen-Homburg am 19. Januar 18)9 a in Homburg am ij. Dexend>er 1846. Auf dem gedruckten Programm

22 25. Dc/cnibcr stattfindenden Leichenbcgängniss war angeordnet, d 9. Tahonret rechts »die .Medaille der .Stadt Fr.inkfurt in Brillanten« Üer Verbleib derselben ist /.ur Zeit nicht n.ich/iiw (. )>«. n.

* Die l'ahnc ist dem Bataillon der Kranktuner Freiwilligen um männer (dem ). Landwdir-Bataillon) am 24. Januar 1814 in der St. kirclie übergeben worden. Den Aufruf xur Stiftung derselben siebe im Blatt vom 4. Januar 1S14.

i .Silberne Kxemplare erhielten unter Anderen:

der i>str. Oberst Ctrnl'fscnlnirg-Budingen als Brigade-dhef .un i\ . dessen Adjutant Major (.arl Wollg. Freilicrr v. Geldncr am ifc der Major Jager als Comnundant der Freiwilligen, der Rittmeister Anton v. Herrmann als Adjutant des Erb

Homburg am 4. Februar i8i>, der (Ihcf de«; (.cneralstabes Oberstlieutenant v. N'apeldinger am . •» At:< dem :. Hiuh Mösts. Cxp. i Vers 5. Wenn ni.m in der (.jrundteMes die in dem ^»pruclje ciitiiaitsnen Buclistaben al> Jahrcszeid SO drdckcn dieselben die Jahreszahl der Schlacht bei Leipzig, nämlich H hebräischer Weise mh W^lassung des numerus millenarius.

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Inschrift: »Für II Deutschlands II Befreiung II 1813. 1814« und um die Kreislinie die Umschrift: »Schaar der Freiwilligen von Frankfun am Main«.

Die Kriegsdenkmünze ist von Loos in Berlin geprägt und ah- gebtldet auf Tafel III No. i und 2.

Die Auszuge aus den Ratsprotok ölten, welche auf ihre Stiftung Bezug haben, lauten :

Au&2U|i; aus dem KathsproU>koll vom Juli 1814.

i) Wird löblichen) Rechnciamte committlrt, vorlaufig mit löblichem ßürger- jUN'^chu'is dahin In Cmiforenr tu treten, d.is«; jedem .ins licm reldc zurück- kehrenden Freiwilligen aus hiesiger Stadt und deren Ciebiet, ohne Liitcrschied des Grades, eine silberne Denkmünze /ugetheilt werde, und ist sodann, nach erfolgter Bciseimmung, <Ue Zeichnung nebst einem KostenGberschlag dahlcr 2ur weiteren Verfb^ng vorzul^en.

Hierauf wurden voiii Rc^h: l im untcr'm 18. Juli 1814 vier Medaillen (No. i von Piulcssur Mauina, ' Xü, 2 und 3 nach Angaben von Professor Kirchner, No, 4 von Professor Groiefend ersonnen) und sechs Bnndnuister vdrgL'lcgi und iiieraui vom Senat am 19. Nov.

tui^tnCLr ikschluss gctasst :

Es hat lobliches Rechneiamt wecken der Kosten für die Medaille mit lobliclicm Bürgcrausschuss zu conlerircn und wird die Zeichnung No. i, sowie d.is Band nach Muster No. 6' genehmigt.

Weiter wurde beschlossen, mit Rüclxsicht auf den schlechten Zustand des Mihr/werkes in Frankfurt die Medaille bei dem im Münzwesen besonders erfahrenen und berühmten kgl. preussischen Hol'medailleur Loos in Berlin prägen zn lassen. \ut der Verausgabung der Medaillen wurden bereits die Bander verteilt. Nachdem Loos die Kriegsdenkmünzen fertig gestellt hatte, ^ be.schlo.ss der Senat am 8. November 1814 das Folgende :

Dr. phil. Friedrich (Christian Matthia, Professor am Gymnasium zu Frank- furt seit 1804, Rector seit 1806, gestorben 1822 in Frankfurt.

* Das B«ndmuster No. 6 wurde vom Posamentmneistcr Job. Carl Luduig in Fnnicfun geliefert.

1 Loos lieferte die silberne Medaille ftkr 1 fl. 43 kr., die fl[oldene ftir 35 Thlr. pn> Stfick. In dem Vcr/reichniss der in der Berliner Medaillen-Münze von G. Loos »ngefertigten Gedenk- und (jclcgctiheits-Münzen ist die »Ehrendenkmünze für die FrdwiUjgen der Stadt Frankfurt« aufgeführt in der i. Abteilung, 7. Klasse unter Ka 40, wo das Exemplar in Gold, 6 Ducatcn schwer, mit $ Frd*or und das fiicmpiar in Silber, t Loth schwer, mit 1 *(< Thaler vmcichnet steht.

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Es ist nach dem durchaus angemessenen Antrag löblichen Recl Austheilun»; der Denkmüiueti an die Franktuner Freiwilligen mithin jedem zum Empfang Berechtigtai eine nach dem Aufs, gedruckte and vollzogene Autorisaiion nebst der Medaflle du Redmeiamt auaaEustelleii und der Empfang von denselbigen o Verbindcm von den Eltern oder Vonnöndem bescheini|Een cu h

Anlafje Bw Vor^eiger Dieses Jer vormalige hc

der Freiwilligen i r.mktuits ni . . ... ist be von der Stadt Franictun ertheilte Dcnkuma/c tr

Frankfun Stadt-K am

ex Mandato 2

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5- Ehrenkreuz, verliehen vom General-Gouvernement Frankfurt an die Offiziere und treugebliebenen Freiwilligen des s. Land- wehr-Bataillons (Fulda) für 1S14.

Nach der Beendigung des Krieges ^egcn Frankreich, Ende Juni 1814, waren, mit der Abgabe des Departements Aschalfenburg an Bayern, das i. Linien* und das i. Land\vehr«Bataillan (Aschaffenbiiri>) aufgelöst, die nach Bayern gehörenden Offiziere und Mannschaften donhin überwiesen und der Kest auf die vier anderen Bataillone des GeneraUGouvememencs verteilt worden. Den Grössenverhättnissen der Departements Fulda mit 38 QMeilen und Frankfun mit 4 □Mellen entsprechend, bestanden das 2. Linien- und 2. Landwehr-Bataillon (Fulda) nur aus Angehörigen des Departements Fulda, während das 3. Linien- und das 3. Landwehr-Bataillon (Frankfurt) von Landes- kindem aus beiden Departements zusammengesetzt waren. Das 2. Landwehr-Bataillon (Fulda) erhielt nun, durch die Zuweisung einer grossen Zahl von Landwehrleuten, so viele Mannschaften, dass aus den bisherigen vier Compagnieen deren sechs formirt werden mussten. Die Freiwilligen, welche seither die i. und 2. Com pa^^ nie gebildet hanen, wurden sämmtlich der i. Coropagnie zugeteilt. Das Bataillon, unter dem Commando des Majors Freiherm v. Zobel, ' war nach der Rückkehr aus Frankreich in die Gintonnements Schreisheim, Laden- bürg am Neckar und Heddesheim verlegt worden. Der Wunsch der Freiwilligen und Landwehrleute, nach Beendigung des Krieges ent- lassen oder wenigstens in das heimatliche Departement verlegt zu werden, ihre mangelhafte Unterbringung und Verpflegung, sowie der Umstand, dass die Abgabe des Departements Fulda an das KurfOrsten-

* Majur Freiherr Philipp v. 7.ubcl zu Gibelstadt ist gcboivn aiu 10. Septem ber 1769 in Würsbui^, in ilen Dienst |tetr«t«n 1788. it«hin leil dm Törkenkriege an den Gefechten bei jemappes 1792, bei Landrecy, VaWnciennes. ClonJc etc. I79>. wurde verwundet 1792 bei Lütiich, 179^ bii l .indrecy uiui ("li.irleroi, liilirte iSi | und 1815 d-K 2. I.andwchr-H.uaillon (l-'iiKl.i) tlcs ( iciuT-iI (ioin cTiiements Franklurt. v^*urdc Übcrstlicutctuat am 17. Mai lüi), trat bei der Aullüsuug des General-Gou- vernements in ba)Tische Dienste über und starb am 32. Juli 1850 auf Schloss Datrstadt in UnteHranlten als kgl ba\-rischer (veneralmajor a. D.

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tum Hessen ftir «lie nichste Zeit vorauszusehen war, fühner zu einer Revolte, welche nachstehend mitgeteik werden inus sie mit der Stiftung des Ehrenkreuzes in Zusammenhang steh leitet durch Aufforderungen aus der Heimat, nach Fulda zui kehreuj verabredete der grösste Teil des Bataillons ohne Voi der Offiziere den Plan, die ihnen zugewiesenen Cantonnements zeitig, in voller Ausrüstung, ordnungsmässig zu verlassen und Departement Fulda zu marschiren. Am 30. Juli bemächtigt« die beiden in Schreisheim liegenden Compagnteen mit Gew Fahne des Bataillons, die in Ladenburg und Heddesheim einqua G>mpagnieen standen zu derselben Zeit zum Abmarsch berei: Unteroffiziere und Freiwillige nahmen an der unüberlegten H: teil. Nachdem die vereinigte aufrührerische Schaar, etwa 40c stark, unter präsentinem Gewehr, der Fahne von Neuem < der Treue geleistet, marschine sie, unter Mitnahme des bes| Patronenwagens, unter dem Commando eines Sergeanten, mit j route versehen, durch den Odenwald und den Spessan über H bürg in der Richtung auf Fulda ab. Die Offiziere vermochter durch Vorstellungen noch durch Drohungen die Aufrührer,' di mit geladenen Gewehren gegenübertraten, zurückzuhalten und mit 45 Unterof6zieren und t}6 Mann machtlos zurück. Die teure wurden durch zwei aus Frankfurt vom GeneraUGouvei nachgesandte Bataillone (das 3. Linien>Bataillon unter Major und das Fürstlich Reuss'sche Bataillon unter Oberstlieutenant mit einem Geschütz und 60 Husaren) am 5. August bei Sehl eingeholt und nach Frankfun zurückgebracht, wo sie durch gerichtlichen Spruch vom 25. August verurteilt wurden. E sie ausgesprochenen strengen Strafen wurden durch den ( Gouverneur Fürst Reuss, den Zeitverbähnissen entsprechend, gei Bei den Offizieren und treugebliebenen Freiwilligen des Ba welchen für ihr gutes Verhalten während der Revolte dii kennung der vorgesetzten Militärbehörden nicht vorenthalten machte sich der Wunsch geltend, ein Hrinnerungszeichen Jahr 1814 zu erhalten, ähnlich wie es der »Schaar der Frei von Frankfun« von dem Senat der freien Stadt bereits verliel Eine Bittschrift des Bataillons an den General-Gouvemeur k.

' Die Berichte über die Revolte am ;o. Juli 18 14. das kriegsgerichtli

vom 2). August und das mildernde Urteil de^» General-Gouverneurs vom i desselben Jahres sind im königlichen Staais-Archiv in Marburg aufhcw.ilin liehe tiacJistehende Corrcspondcnzen über das Fuldaer Hhrenkreu/ sind ai Archiv entnommen.

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reicbischen Feldzeugmeister Heinrich XIII., regierenden Forsten von Reuss-Greiz , welche diesem Wunsche - Ausdruck gab , wurde der Arminings-Conferenz zur Begutachtung vorgelegt. Die letztere über- sandte dieselbe am 17. August 1814 dem Bataillons-Commandeur Major V. Zobel mit nachstehender Zuschrift:

Seine Durchlaucht der Herr General-Gouverneur stellten geslem der unter- xeichneteo Behörde die Beilage in der gnädigsten Absicht xu, damit auf dne allerdings verdiente Belohnung der treugebliebencn Leute eingelenkt werde. L'm dic"^e Höchste Absicht desto zweckmässiger befördern /u können, glaubt die Arinirungs-Contcrcuz, den Herrn Major und Bataillons-Loninuindantcn Freiherm v. Zobel um ein Gutachten darüber ersuchen zu müssen, welch' eine Gratification in Geld (br jeden der SuppUcanten angemessen sein möchte.

Major V. Zobel berichtete in Folge dessen: An die Hohe Armirungs-Conferenz des Geiteral-Gouvernements Frankfurt.

Frankfurt, den uS. August 1814. Nach dem niir von einer Huhc-n Aniiirnngs-Conlerenz gegebenen Auftrage verfehle ich niclit i^.im/ l-i liors.imsi /u tmltlcn. dass, nacli den« InhaUe der Petition der Freiwiiligen, die Bitte mein aut eine Gratilkation in Geld, sondern auf die Verleihung eines Kreuzes an einem Bande, zum Andenken an die Befreiung des Vaterlandes und an ihren lobenswerthen Eifer, ge- riditel war.

Mein Ciut:K'!nci; f-:.inn iI.i'kt auch nicht .»nders lauten, .tIs ^l.üijn, d.i*;s den wenigen ircugcl^iiebcncn i rciwilhgen eine angemessene Summe gnadigst bewilligt werden möge, um sich, zum Andenken an ihren hohen Beruf, ein Hand mit einem silbernen Kreuz .m/uschati'en, auf dessen einer Seite das Motto, welches die ]■ I ei \ illiiiien der Stadl Frankfurt tragen, mit der Jahres- zahl »181 5. iSi). I ii Jcr .imieren Seite die Worte »Fuld«, »General-Ciouver- nenicnt Frankfurt« graviri wurden.

Das Band würde die Farbe des Fuldaer Landes, gelb mit weisser Einfassung, erhallen und, da sämmtUche Herrn Offiziers des Fuldaer Bataillons freiwillig

sind, so würden sie es sich zur besonderen Ehre anrechnen, dieses Zeichen, als ein Denkmal ihres Kifers für da» N'aterJand, mit der übrigen braven Mannscliaft gleichnussig /u tragen.

ge/. Ph. Baron Zobel Major und Commandam.

Dieser Bericht hatte die nachstehend mitgeteilte weitere Corre- spomtenz zur Folge :

Die Armirungs^ooferena des General-Gouvemements an den Major und BatailloDS-Commandeur Freiherm v. Zobel.

l'r .niktiirt, den 20 VuL'nst 1814. Dem Herrn Major und Bataillons ( nnin.uidanten Freiher::) v. Zobel sei noch der Wunsch zu erkennen zu geben, dass eine tiamcntitche Liste der wenigen zurückgebliebenen treuen Freiwilligen eingereicht und die dem Herrn Major angemessen erscheinende Sunmie n.iher bestimmt werde, worauf man nicht versäumen werde, das Weitere einzuleiten. Um kein Missver- siandniss unterlaufen zu lassen, so werde bcnKTl<f. es scheine als sei die Summe zur Besclvalfung des silbernen Kreuzes sanimt Band bestmimt. Unter dieser Voraussetzung dürfte es zwcckm.1ssiger sein, wenn den wenigen treu-

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gebl^Mnm Freiwilligen Kreuz und Band nach der vom Herrn gebencn Forni, Inschrift und Farbe gestellt Wörde, als dass ros die Anscliatfung selbst überliesse.

Der Major und Batailions-Commandant Freiherr v. Zobel an die rungs-ConfereDz des General^ouvernemeots.

Frankfurt, den 22. Augi Nach crli.iltcneni Auftrage einer Hohen Arniirungs-ConferLü/ Vec beigescäilos>cn ^üe n.imenrlic!ic l.iste der ihrer Pflicht treugebii willigen dct> Hauiiioas vorzukgcii, mit der gchor&anistcn Vcrsic es gana meineni Wunsche entspricht, wenn das von mir in V brachte Kreuz, dem Schreiben der Hohen Armirungs-Confurenz furt den 20. d. M. entsprechend, durch Hochdieselbe gestellt wer der W erth Jes Ges^enstandes iinentllich jjewinncn muss.

Die ücn^ Schreiben beigctügie namentliche Liste Offiziere', 53 Umcrolli/icrc nnd Jäger, im Gnnzen 75

Die Arniininus-Conlcren/ hatte gleiclixcitit; mit dem an Major v. Zobel den Kriegs-ComiT!is>.ir H.uiptm.inn W. gefordert, sich über die zweck massigste Art der Besch; Hhrenkreuzes für das Landwehr- Bataillon Fulda zu äussern, berichtete:

Frauklurt, den 30. Augu Nachdem sich der gehorsamst Beriditende mit dem Herrn h V. Zobel benommen, hat derselbe als die schicklichste Ausaeichx

Fuldaer Freiwilligen ein silbemcs Kreuz nach der Grösse und wie solclits in der Aiil.ipe pe?eichnet ist* und mit welchem Herrn Ohi/iiers einverstanden sind, befunden. Der lüesige Silberarb eitcr Heinrich Philipp Schott, welcher sc! ihnlidie Arbeiten für die alliirten Truppen verfertigt hat,> will nach Accord das einzelne Kreuz, rein und stark gearbeitet (jL-duch ohne für 2 (u)!Jcn 12 Kruii/cr liefern. Die Inschriften würden dann ci wofür er keine Prci^höhuug verlangt. Die eingeschlagenen Buc

' Die Natnen der Offiziere waren die nachfolgenden :

A. Bataillons-Stab : Major Freiherr v. Zobel, A.^iiu'..iTit-Maj Rechnungsführer Schlereth, Bataillonsarzt Hergen, Lnterai

B. Offiziere der Compagnieen : die Hauptieute Spiegel, Auth, Z Hang, Saalmüller; die Oberlieutenanfs Müller, Schwarz, Odenw t1 J. Simon ; die Unterlieutenants MerkeltRang,Saalmi Hckhardt, Follcnius.

Die vorgenannten Offiziere erhielten das vom Geucral-üouvcmet OflSziere der Linie gestiftete Ehrenkreoz f&r 1814 (sidie unter No. 6) 1

' Die Zeichnung hat sich in dem betreffenden Aktenstück des Staats- Archivs Marburg nicht vorgefunden.

' l>7e Kimia Joh. Heinr. Philipp Schott lieferte auch die von ilcni Landgrafen Friedlich V. von Hessen-Homburg für icine Landokinuer den Feldzugen 181 }, 14, 15 Teil genonunen, am 22. Mai 1819 gestiftet* gekreuzten silbernen Schwertern bestehenden Denkadchen.

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Ziffern würden sich nach seiner Behauptung auf den kleinen Feldern des Kreuzes deutlicher auszeichnen, als die gravirten. Sollte hingegen die In- schrift gravirt werden, welches die Meinimg des Herrn iMajor v. Zobel ist, SO könnte dies hier nui durcb den Graveur l'Allemand geschehen, wekher aber, nach bei ihm gemadtter dessfalsiger Anfrage^ erklärte, dass er «ur Zcir kcitic derartige Arbeit übernehmen könne, weil er bereits mit bestelhen Arbeiten übcrli.iufi sei. Soviel ich erfahren hnbc. dürfte die Crnvirung eines Buchstabens oder einer Zitfer bei ihm 3 Kreuzer, foiglicii die ganze Inschrift mit swan«ig Buchsuben und ZifiTem einen Gulden kosten. Da die eigentliche Farbe des Fuldaer Landes schwarz mit weisser Einfassung ist (die gelbe mit weisser Einfassung war nur während der Regierung des Prinzen von üranien anf^enommen), so würde das Band die crstere erhalten und zwar an den Randern weiss und in der Mitte des schwarzen Streifens noch einen weissen, ähnlich wie bei dem Band Ar die Frankfurter Freiwilligen. Der hiesige Posamentirer Ziegler will die Elle zu ^5 Kreuzer liefern. Elle ist (ür die Decoration hinreichend.

Nach diesen Voraussetzungen würde die eiu/elne Decoration mit Band und Kreuz mit eingeschlagener insclirift 2 Gulden 21 Kreuzer kosten, gravirt hingegen beiläuhg } Gulden 21 Kreuzer. Der gcsanimte Kostenbetrag käme demnach för die im Verzeichniss enthaltenen 7$ Individuen (mit Inbegriff der Herrn Ofliziere) im ersteren Falle auf 176 Gulden 14 Kreuzer, im letzteren auf 2>i Gulden 14 Krcu/er.

Nach der Erklärung des Hctrn Major v. Zobel ist das mir von der Hohen Armirungs-Cooferenz mitgetheilte namentliche Verzdchniss das richtige und hat mk derselbe auf mein Ersuchen um die Beilaj^ vom 17. August nur ein mit jenem vom 22, d. M. gleichlautendes Veneidmiss sugesteÜL

Nodi muss ich gehorsamst bemerken, dass der Silberarbtiter Schott die Lieferung der Kreuze wegen demialigen Messgeschäften erst nach Verlauf

von 5 Monaten bewerkstelligen kann.

hiwiefem nun die wirkliche Bestellung für Kreuz und Band gcschelien soll, darüber sehe ich einer Hohen Wdsung entgegen.

gez. Melzer Kriegscommissau-.

Es erfolgte nunmehr mit Genehmigung des General-Gouver- nements nichstehenvie Zuschriit der Armirungs-Conferenz an den Landwehr-Ausschu$s in Fidda:

Frankfurt, den a. September 1814.

.^n den Landwehr-Ausschuss in Fulda.

Beschluss. Seine Durchl.uiclu der Herr Gcncr.il Gouverneur wollen, dass den treugcblicbenen Fu!d;ier Freiv. illiu:cn eine ]jelol;i;ui':g zur .'\uszeichnung ihrer Treue erthcUt werde. Die ;\rniirutigs-Contcren/. hat in dieser Absicht die beiliegenden Berichte des Herrn Major und Bataillons^Commandanten Frd- herm v. Zobel, femer den Bericht des Herrn Hauptmann Melzer eingezogen und beeilt sich, beide unter .\uflage Jer RücksenLlLin;' ileir. r.anJwehr-Aus- schuss niitzutheilcn, v-clcheni es nunmehr uberlassen wird, wenn er es lur gut findet, diese Arbeit aut Kosten der Fuldaer Landwehrkas&e in l'ulda selbst machen zu lassen.

Die Herrn Offiziere haben sich dahin geeinigt, das Band auf ihre Kosten

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sich gidch hier anzuschaffen un4 zu tragen, bis das Kreut in Ful und angdiäflgt s«in wird, was auch nicht den mindesten Anstan

gez. M

Der Landwchr-Ausscliiiss in Fulda, welcher schon der

des Departements Fulda an Kurhessen entgegensah und selbstständige Stellung zu wahren suchte, fand sich nicht Wetter« auf die Wünsche der Armirungs-Conferenz einzUj erwiderte derselben d. d. Fulda den 6. September 1814:

Bevor wir auf den Bcschluss grossher)ro<^)icher Arniiri!nf>s Coi 2. J. M. eine genügende Antwort zu crtheilen im Stande sind, I der Einsicht der wegen Entweichung eines Hieiles der Fulda' wehr, woran die Freiwilligen besonders Antheil genommen habe Untersuchungsacten. Wir li.ibcn bereits uni Mittheilung der A und behahen um einen unist.in Jüchen Ikriclu auf Jen gemachte des Herrn Hataillons-CIommandeurs bis nach genommener Ei Acten, ohne welche wir uns auf Anträge dieser Art nicht einJa,* gehorsamst vor.

Vorläufig glauben wir jedoch bemerken zu müssen, dass, da die vom IT, Dc?-cmbcr v.J. $ 7 die Auszeichnung der Freiwilligen i selben zugesicherten Begünstigungen, welche wir rucksichtlich de sich derMiben nicht unwQrdig gemacht haben, in jedem vorkomi geltend au machen bereit sind, bestimmt ausspricht, es nicht um sein dürfte, bei diesen gesetzlichen Bestimmungen stehen zu blei .Ansehung der für die Fuldaer Freiwilligen in VorschLig gehra rationen besonders dem zu lolgen, was in dem Fürstentiium Ai iSeseriwIb geschehen ist oder noch geschrien wird,' umsomt Fürstenthum Fulda semer definitiven Bestimmung in Kuraenc sehen darf.

Aber dies können wir auch nicht unberührt Lisscti. d.iss dieser überhaupt nicht zum Resson des Landwehr-Ausschusses, als v: Bureaus der Schaar der Freiwilligen gehören wird, (praes. 11. Septb. 1814.) gea. Her

' 5 7 des Aufrufes Sr. Durclilaucht des Prinaen Philipp von Hesse zur Bildung von freiwilligen Schaaren vom ii. Dezember 181 5 lautete: Jeder üfHciant, welcher den Feldzug mitgemaciu liat, wird bei sei ccment im Civildienst besonders berücksichtigt und ihm bei gleic fähigkeit vor solchen Dienern, deren Verhältnisse es gestanet h. der Schaar au folgen, der \ i r/ui: eiiii,'er.iuuu werden. Die im Felde erworbenen ülireiueicheii berechtigen einen solchen vertheidiger nicht .Tllein zu einer \ nr/iiglieheii Heliirderung, soni ihm auch, wenn er bei sonst untadellulier Fuhrung den Dienst z gen6thigt wird, das Anrecht auf eine um die Hälfte zu erhöben seines Ranges

* Die mit dem Departement AschatTenburg an Bavern übergetreten' und Mannschalten erhielten d.-t«. von diesem Staat am j. Dezember iXi bayrisclicn Untcrthanen, welche an den Feldzügen 1813 und ihi^ teilj gestiftete Militär>Denkxeichen. In Kurhessen wurde die Kricgsdenkman: Teilndimer an den Befreiungskriegen erst am 14, Min 182 1 gestiftet.

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Die erwartete Abtretung des Departements Fulda erfolgte aber noch nicht. Es wurde dagegen am 8. September vom General- Commnndo des VI. deutschen Armee-Corps die Beurlaubung des Landwehr-ß.itaillons Fulda befohlen. Dieser Befehl, welcher gleich- zeitig die Stiftung Jcs Ehrenkreuzes endgültig aussprach, kreuzte sich mit dem Schreiben des Land wehr- Ausschusses Fulda vom 6. Sep- tember, welches erst am U. desselben Monates zur Vorlage bei dem General-Gouvernement kam. In dem Befehl» welcher die Beurlaubung des Landwehr-Bataillons verfugt, heisst es unter Anderem:

Frankfurt, den 9. September 1S14.

Nachdem S«;ine DurchJaucht der Herr General-Gouverneur Fürst Keuss in Uebertfinstimmung mit Seiner Durchlaucht dem k. k. dstreichischen Fcld- niarschall-IJeutenant Herrn Prinz von Hessen- Homburg, Commandanten des 6. Annee-CorpSp unter dem gestrigen xu befehlen geruhet haben:

1) dass den Herrn Offiziers des Fuldaischen Landwehr-Batailluns anzu- deuten sei, alle, welche ihren Abschied wünschten, hätten sich nunmehr

darum zu iia-Kicn ;

2) jene Fuldaer Landwehr männer, welciie ihrer Fahne stets treu gebheben, seien in ein namentliches Verzdchniss mit Beisebsung der Compagnie und des Geburtsortes xu bringen und dieses Veraetchntss. schleunigst

vorzulegen, indem jeder derselben einen grossen Thaler -- nämlich

. 2 Gulden p Krfii:^er erhalten sollte, zu dessen Verabreichung die

Arniiruiigs-CüiiJerenz von Seiner Üurchlaucht bereits auiorisirt ist; j) etc. etc. . . .

10) Den Herrn üftizicrai der Landwehr und ircugcblicbenen Frciwiüigcn werde hiermit die Tragung des Kreuzes und des vorgcscidagenen Bandes bewilligt. Da aber die Anfertigung eines silbernen Kreuzes lür die Soldaten eine unnöthige Ausgabe sei und zur Verkaufung dieses Fhreii/cichens gewiss .Vnl.iss fjeben könne, sr» sei dasselbe aus lackirteni Kupicrbiech tertigen zu lassen, mit der gewöhnlichen Inschrift und Jahreszahl, nach einem kleineren Format. Von den Herrn OlHziers hänge es ab, sich das Kreuz machen zu lassen.

11) etc. etc.

14) In Ansehung des kupfernen statt eines silbernen Kreu^ics und der

übrigen von Seiner Durchlaucht dieserhalb gegen die bereits erl.isscne Weisung getrorieiien AnordmnH'cii h.ibcn ilas Fuldaer Landwehr- Bataillons-Comniaado und der i uldacr Lauuwehr-Ausscliuss sich in's Einvernehmen zu setzen.

Der am 1 1 . September dem General-Gouvemcmcnt zugegangene Bericht des Landwehr-Ausschusses Fulda vom 6. wurde am 12. dem Major V. Zobel zur Begutachtung zugeschrieben. Derselbe entattete dem General-Gouverneur Fürst Reuss persönlich Meldung und in Fulge dieser Auseinandersetzung und nachdem inzwischen die Stiftung des Ehrenkreuzes in der Verfügung vom 9. ad 10) förmlich aus^e>

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sprechen worden war, wies der letztere die Hinwendungen wehr-Ausschusses l'tilda durch oachsteiiende endgültige Eni auf das Bestimmteste zurück :

Frankfurt, den 14. September 1814. Ich habe diesen unangendinien \'orfall untersucht, richten utid Recht ergclien lassen. Was Ich als General-Gouvemcur bcfohlei darf keiner weiteren Revision. Das Beste ist for einen Jeden, still zi und zu vcr(;c5scn. Das, was ich wegen des Ehrenkreuzes bef* niuss aut der Stelle exequirl werden. Eine weitere F.iiisiclil der wird und braucht Niemand mehr zu eflialtet). Dies ist im Üi Herrn Präl'cctcn in Fuld zuzusenden.

gez. Ueuss, General-Gouv

Die Stiftimosfrage des Hhrenkreuzes fand durch diese \ ihren Abschluss. M.\]or v. Zobel Hess für die 22 in der nair Liste aufgeführten Offiziere des Bataillons die silbernen Kj dem Silberarbeiter Schott in Frankfurt anfenigen. Derseli: nach Ausweis der Geschäftsbücher:

am 12. September 1814 : 2 vergoldete Kreuze für Fuk willige, zusammen Loih scliwer, für 7 Gulden 24

am 16. September 1814: 26 tuldaische Ordenskreuzc Gravi ren und Vergoldung, zusammen 9V« Loth sc\ $3 Gulden 12 Kreuzer.

Die zuerst gelieferten beiden Kreuze waren jedenfalls 7 angefertigt. Im Ganzen liefene Schott 28 silber- vergoldete von denen jedes Loth wog und 3 Gulden 12 Kreuzet Die zum Tragen des Kreuzes Berechtigten erhielten, nach dem i der Arminings-Conferenz vom 14. November 18 14, das nach Besitz-Zeugniss :

Nachdem Seine Durchlaucht der Herr Gener.il-Gouvemeur, Fürst Greiz, in L'ebereinkunft mit Seiner Durchlaucht dem k. k. ösi Feldmarsdiall Licutcnam Prinz von Hessen-Homburg, Conmu 6. Armee-Corps, am 8. September t8i4 bew'illigt und angeordr »den Herrn Ofäzieren des Fuldaer^Landwehr-Bataillons und de trci^cbliebcnen Freiwilligen werde hiermit die Training des Krcii/i vorgeschl.i-'ei'cn Bandes zugestandene, so wird diese HOchste Auori Erlaubnis^ 'ur I eiritiniatii^ti hicrdurcli bckuruiet Am I.Januar iSi) richtete das B.u,iillcins-(x)ni!Tiando General-Gouvernemciit die Bitte : Seine Diii\;hh\uwhi der Füi selbst, dessen Adjutanten die Majors v. Geldern und v. K Feldkriegs-Commissar Herdiiczka', sowie der Siaatsraih v.

* Im östrcichischen Militär-Schematisnius von 1S14 als »Feld-Kricgs-C Herdiiczka« aufgef&hrt. Er wird in Frankfurter Berichten »v. Herdlischa«, »k- auch »Herdliska« genannt.

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möchten das den Offizieren des Fiildacr Landwehr-Bataillons verliehene Ehrenkreuz, zur Erinnerung an die Ereignisse des Jahres 1814, an- legen. Es wurde dieser Bitte entsprochen. Der Eiirst dankte durch das nachstehende Schreiben an den Major Freiherrn v. Zobel, d. d. Frankfurt den 3. Februar 1815:

Ich statte hiermit dirni Herrn Bataillons-Coninundantcti des Fuldaer Land- wehr-Bataillons und den Offiziers Meinen Dank ab für das Ehrenzeichen, welches diese Herrn Offiziers trafen und mir überschickt haben, welches Ich zu Ehren dieser Zeit und Krieges tragen und aufbewahren werde.

gez. Rcuss XIII. General-Gouverneur, Fürst.

Nach dem Protokoll der Arniirungs-Confercnz vom 29. März 1815 wurden dem Major v. Roth und Staatsrath v. Molitor an diesem Tage die Diplome zugestellt.' Major v. Geldern und Feldkriegs-Commissär Herdliczka erhielten keine Besitzzeugnisse, »da jene Herrn in öst- reichischen Diensten stehen und ihnen das Tragen des Ehrenkreuzes dort verboten wird.*

Das für die Offiziere bestimmte Ehrenkreuz, welches nicht, wie Anfangs beabsichtigt, in Silber, sondern silber- vergoldet bei dem Silberarbeiter Joh. Heinr. Philipp Schott in Frankfurt angefertigt wurde und welches sich dieselben auf eigene Kosten beschafften'.

' Das Diplüm für den Staaisraili Molitor lautete :

Nachdem S. HochfQrstliche Durchlaucht der k. k. östreichische Feldzeugnicisier und General-Gouverneur des Gcneral-Gouvemements Frankfurt, Heinrich XIII., regierender Fürst von Reuss-Greiz etc. etc., in Uebereinkunft mit S. Durch- laucht dem k. k. östreichischen Herrn Feldniarschall-l.ieuienant Prinz Philipp von Hessen-Homburg, Conimandant des 6. .\rniee-Corps, am &. September v. J. bewilligt und angeordnet haben, dass die Herrn Offiziers des 2. Landwehr- Bataillons des General-Gouvernements Frankfurt, sowie die Fuldaer treuge- bliebencn Freiwilligen, das vorgeschlagene Kreuz und Band zu tragen hätten, und nachdem gedachtes 2. Landwehr-Bataillon Seiner Hochfürstlichen Durch- laucht den Wunsch geäussert hat, dass dem Herrn Staatsrath v. Molitor die gnädigste Erlaubniss ertheilt werden m6chte, auch dieses Ehrenzeichen zu tragen, und S. Hochfürstliche Durchlaucht d. d. Wien und praes. Frankfurt den j. Februar 1. J. diesem unterthänigsten Wunsche gnädigst zu entsprechen geruhet haben, so wird dem Herrn Staatsrath v. Molitor gegenwärtiges Diplom zu seiner darüber erforderlichen Legitimation andurch ertheilt.

* Vergleiche darüber, am Schluss von No. 6, die Verfügung der k. k. Staats- kanzlei, d. d. Wien den 29. November 1815.

' Der (ausser den» S. 75 zu erwähnenden) wohl einzig dastehende Fall, dass Decorirte sich das ihnen verliehene Ehrenzeichen aus eigenen Mitteln anfertigen lassen nnissten, wird dadurch bewiesen, dass sich in den Ausgabebüchern der Fuldaer Landwehrkassc kein Eintrag über eine Ausgabe dieser Art vorfindet.

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ist nachsichcnd nach dem Original-bxcmplai, wcLhcs de Gouverneur l ursi Heinrich Xlll. zu Reuss-Greiz selbst gel abgcbilUet worden.'

Das Kreuz, welches aus starkem Silberblecb ausgeschn vcri^oldet ist, hat eine Höhe und Brette von 27 Millimetern, auf dem oberen Arm der Vorderseite das Wort »Fulda«, auf d die Seitenarme gebildeten wagrechten Feld die Buchstaben » (General-Gouvemcment Frankfurt), auf dem unteren Arm d: jalir »1814.« Auf der Rückseite zeigt der obere Arm die B »M. G.«, das durch die Seitenarme gebildete wagrechtc Feld »1 (Mit Gott für*s Deutsche Vaterland), und der untere Arm der Formation des Bataillons: »181 3.« Die Buchstaben ui sind aus freier Hand in lateinischer Schrift gravin. Die Krc sind stark geschweift. Das Ehrenkreuz wurde am schwarz mit weissen Seitenstreifen und einem schmalen weissen Mit auf der linken Brust getragen.

Die Freiwilligen de^ Baiaillons, welchen die Berechti gesprochen worden war, das Kreuz aus Kupferblech in

* Die Abbildung der Fuldaer Ehrenkreuze auf den bdgefi^gter

Tafciti licss sich nicht cmioglichcn. weil die Orginalexemplare erst n Stellung der letzteren aufgefunden worden sind.

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Format tragen zu dörlen, liessen sich dasselbe in der nachstehend abgebildeten Form anfertigen:'

Diese, aus surkem Kupferblech ausgeschnittenen, vergoldeten Kreuze sind nur 26 Millimeter hoch und breit. Die Arme sind weniger geschweift» wie bei den Offizierkreuzen, auch in der Gravirang weichen sie von denselben ab. Auf der Vorderseite fehlt das Wort »Fulda.« Die drei oberen Arme der Kreuze tragen die Buchsuben »G. G. F.« (General-Gouvernement Frankfurt), der untere Arm das Kriegsjahr »1814.« Auf der Rückseite zeigt der obere Arm die Buchstaben »M. G.«, das durch die Seitenarme gebildete wagrechte Feld : »F. D* V.« (Mit Gott für Deutsches Vaterland), und der untere Arm das Jahr der Formation des Bataillons »181 3.« Die Kreuze wurden, an demselben Bande wie das Offizierkreuz, auf der linken Brust getragen.'

' Die Zeichnuiig ist dem Original-Exemplar nachgebildet, welches sich in der

Sammlung des in Weimar verstorbenen Bergrathes Hofinaon befindet.

' Von beiden Klassen des Hbrenkreui^es existiren aus freier Hand geschnittene Nachbildungen. In: »Schulze, Chronik sainnitlicher bck.inmcr Orden und Ehren- Kidieii. Berlni 185}« ist anf Tafel XVII, Figur 29 und jo, ein »Militär- Bhren- kieut der Freiwilligen des Departements Fulda 18 13. 1814« al^ebOdet, welches von der oben gegebenen Darstellung abweicht. Die Vorlage, nadi welcher jene Ab- bildung gexeichnet ist, kann nicht nachgewiesen werden.

6. Ehrenkreuz, verliehen vom General-Gouvernement Frankfurt an die Üitiziere der Linie für 1614.

Nachdem der Schaar der Freiwilligen von Frankfun, sowie den Offizieren und treugebliebenen Freiwilligen des 2. Landwehr-Bataillons (Fulda) ein Erinnerungszeichen an den Feldzug 18 14 verliehen worden war» machte sich bei den Offizieren der Linie der Truppen des General-Gouvernements der Wunsch geltend, dass auch ihnen ein Erinnerungszeichen an jenes Kriegsjahr gegeben werden möchte. Auf eine diesbezügliche Anregung ersuchte der General-Gouverneur Fürst Heinrich XIIL von Reuss- Greiz mittelst Schreibens vom 22. September 1814 den Senat: er möge die der Schaar der Frei* willigen verliehene Denkmfinze als ein Erinnerungszeichen auch an alle Offiziere - der Contingents-Bauillone verausgaben. Der Senat lehnte durch einen Beschloss vom 27. September 1814 dieses Ersuchen ab» weil die Inschrift der Denkmünze (Schaar der Freiwilligen) nicht dem angeregten Zweck entspreche.

In Folge dessen fasste der Ffirst den Entschluss, selbstständig ein Ehrenkreuz fär die Linien-Offiziere der Truppen des General- Gouvernements zu sriften. Nachdem die Armirungs-Conferenz Vor- schlage und den Entwurf zu einem Ehrenzeichen, welehes der Münzmechanikus TomschQtz in Frankfurt ' fertigen sollte, eingereicht hatte, erhielt dieselbe am 50. Oktober 1814 von dem Vice-GeneraK Gouverneur, k.k. östreichischenFeldmarschalULieutenant Graf Hardegg, nachstehenden Befehl:'

Zufolge einer vorläufigen Notiz Seiner Durchlaucht des General-Gouverneurs vom 22. Ociober d. J. haben Hochdieselben den Vorschlag der Armirungs-

' Münzmechanikus S.imiie) Tonüschütr. ircboren am ii. Apnl 17.S1 in W'eissen- fels, gestorben am 21. Juli i-S^cj a:^ MLiii/inci-.ter in Frankfurt .im Main.

* Sammliichc ini l-olgciiden benutzten Berichte und Listen sind dem im kgl. Staatsarchiv in Wiesbaden befindlichen Actenfasdkel : »Ehrenicreut fikr Frankfurter Militair, von S. Hochfurstlichen Durchlaucht dem Geoeral-Gouvemeur Fürst von Reuss-Grds gestiftet« entnommen.

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Conferenz zur Stiftung eines Ehrenkreuzes für das IVankfurtcr Officicrkorps, welches f!cli in (kni letzten Krieg für unsere Freiheit verwenden liess* voll»

ständii^ ^•Liic-hüiipt.

Die Armirungs-Conlcren/ wird nun nacli iiucni \ orsclilag vom 14. Üctober das Weitere veranlai»en und daft^r besorgt sein, da» nicht ein oder der andere Offizier den Orden trage, ehe nicht alle Kreuze fertig sind und alle

Herrn Offiziers zu gleicher Zeit damit erscheinen können.

Der regelmässigen (Weichheit wegen lege ich die Zeichnung und den Plan

zu diesem Ehrenkreuze hier nochmals bei.

gez. Hardegg, F.MXieut,

Auf dem vorstehend erwähnten Plan schrieb Tonischütz unter das von ihm gezeichnete Kreuz (Abbildung auf Tafel II Nr. 12 u. 13):

Das Kreuz, von Metall gegossen und der Grund schwarz broncirt, so dass Buchstaben und Rand gelb erscheinen, kostet 4 Gulden. Die Arbeit wird

14 Tage dauern.

D.is Kreit?' h.ingt rin einem BiinJc v(in ; i-.irbcii deren jede dnr^h einen kleinen weissen Streit von der anderen abgesondert ist. Die 5 Haupiiarbcn smd : in der Mitte gelb, zur Rechten orange, zur Linken schwan. <

Der Betrag fOr die zuerst fertig gestellten 50 Kreuze wurde mit 200 Gulden am 2^. November 1814 an TomschOtz gezahlt. Das Ehrenkreuz sollte nach der ursprünglichen Absicht nur an den Stab des General - Gouvernements und sämmtliche Offiziere verliehen werden. Die Verausgabung wurde jedoch auf eine Anzahl von Beamten, welche sich um die Truppen verdient gemacht hatten, und kurz vor der AufKisung des General-Gottverncmcnts' auch auf alle Stabsoffiziere des Landsturmes und diejenigen Personen ausgedehnt, welche demselben hervorragende Dienste geleistet hatten. Der General-Gouverneur, Fürst Heinrich XIIL, legte das Ehrenkreuz selbst an und trug es an dem Bande von der vorgeschriebenen Breite um den Hals.' Er verlieh das Kreuz mit dem dazu gehörigen Diplom an 100 Offiziere und Beamte zum Tragen auf der linken Brust. Ausserdem erhielten 42 Personen das Diplom und es wurde den- selben überl.issen, sich das Ehrenkreuz aus eigenen Mitteln zu beschaffen. Die beiden Verzeichnisse der mit dem Kreuze Beliehenen werden nachstehend wiedergegeben:

' Das Band wurde vom Posainentirer SchSfcr in Frankfurt geliefert.

* Die AuflOcnng des General-Gouvernements erfolgte am ao. Juni 1815.

J Das Ehrcnkrcu/, welches Ftrrst Heinrich XIII. von Renss-Grci/. .ils (»eneral- Gouverneur von Frankfurt getragen hat. befindet steh ebenso wie das von ihm getragene, S. 72 crwalmte Exemplar des l'uldaer Ü»hzier<.kreuzes zur Zeit im ücsitz

Seiner Durchlaucht des regierenden Forsten von Reuss ilterer ISaak, Heinridi XXII. Ittsclirift» ZaUeo, Ränder und Ring des ersteren sind vergoldet.

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I. V e r z c i eil n i s s derjenigen Individuen, welche das von Seiner Durclil.iucht dem Herrn Ge n er a I - G o u ve r ncur, regierenden Fürsten von Keuss'Greiz, für das Frank- furter Militär gestiftete Ehrenzeichen nebst Band und Diplom erhalten haben.

Ohne Diplom: S. D. der FOrst vcm Reiis$>Greiz, die k. k. östreicfaisehen OiBxierc: Feldmarschall-Lieutenant Prinx Philipp v. Hessen-Homburg, Feldmarsdutl-

Liculenant Baron iMarquari - (irozcllcs, Major v. Schrocr, die Hauptleuit V. OchnK- und v. Lukacstch. Obcrlieutenaut v. Hollmers, der Vice-General- Gouvcmeur Anton Grat' Hardeggi

niit PMent vom 27. Dezember 1814: vom Frankfimer Militär-Generalstab die Majors v. Rodi und Freund, Hauptmann Kertz, Kriegs-Zahlmeister uod Directorlal-Rath Baader, die Lieutenants Hermann und Merznichi. Artillerie Hauptmann Jahn. Vom Contingent und der Reserve : Major Schiller. Stabsauditur Schott, Hauptleutc: Schweizer 1, Klcnck, Hcmm<;ricl), Jacg^. Schüler I, Schuler II, Schweizer II, Deekcn, Bon, Auler, Schuler Hl, die Ober-Lieutenants: Hartmann, Hofinann, Schaafs, v. Schelm, Rdmherr, Kraenner, v. Droege, die Unter-Lieutenants: Baeumert, Follenius, Samm, Eder, Ortwein, M.uern. v. juliatte, W.i]dsolinijdt, v. Busek I, v. Busek II, V. Kdtzmaan, Bataillonsarzt Kdler, Unterarzt Hotmann, Unter-Adjutant ißxsdalky, Sdiwan, FadL Staatsradt v. MoUtor, k. bayr. Oberst v. Weinrich, k. bayr. Hauptmann Winter, Geheimer Rath Dr. Loehrl, Hofrath Dr. Hahn, die dstreichischen Offiziere: Oberst v Richter, Major v. Geldern. Haupt- mann V. Firnholz, Hauptmann B.irtels, FLlJkriegs-ConJmiss.ir Hcrdliczka,

nnt Patent vom 18. Januar Bannerherr Grat v. Ingelheim und Landsturm-

Oberst, Justi/.rath Hotniaun;

mit Patent vom 4. Feltruar 181 ;: Hauptmann Melzer, Lieutenant a. D. Graef, Präsident des Frankf. Landwehr-Ausschusses .Milius, C)berst beim Fraiikf. Landsturm v. Kllrod, Mitglied des Frankf. Landwehr-Ausschusses Director Stark, Präsident des Organisaiions-Büreaus der Schaar der Freiwilligen von Frankfurt v. Fichard, Mitglied dieses Bureaus Aubin, Hauptmann von der Landwehr Busch, Lieutenant von der Landwehr v. Heyden, Ffkrsü. Reuss*scher Bataillons-Arzt Beilosa ;

mit Patent vom 14. Mär/ 1815 t riciier.i{-Bev()l!n\äcIit;ytcr des Frankfurter L.ind- Sturms Ihm, die Übersien des Fraukturtcr Latidsturms: v. Leonhardi, Mayer, Sarrasin, Usener, Bansa, v. Lersner, Saueraker, die Majors: v. Bcthuunu, Schmidt, Manskopf und Winckler;

mit Patent vom 20. Mär/ 181 j: Oberst Graf v. Isenburg;

mit Patent vom 10. April 1815: k. östr. Hofconmiissar v. Scliw inner. ]<. östr. Oberverpfiegini;?sver\va!ter v. Sti3s<;kv, k. östr. Hot k.uimier ( ..issirer v. Mayer; vom 20. April i^^ij : Obcrlicutcnant bei der Frankfurter Landwehr Willeroer; vom 13. April 181$: k. preuss. Lieutenant v. Dorow, k. preuss. Hospitil* Director v. Voss, k. östr. .Major v. Galleotti; vom lO. Mai 181; : General* Secretär vnn der Frankfurter Poli/ei Severus; vom 8. Juni 1815: k. östr. Hauptmann Loos, vom 19. Juni 1815: k. östr. Oberst v. HroumJ.i und Hauptmann Schwmger, der Frankfurter Polizei-Coiiunissar Haaker, k. bayr. Präfectur-Rath v. Molitor;

mit Patent vom 22. October 181 ,: die beim Minister v. H&gel angestellten Herrn V. Emmerich und v. Buchliolz.

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Das mit dem Ehrenkreuz überschtckte Diplom hatte folgenden Wortlaut :

Nachdem S. HochArstliche Durchlaucht der Herr General-Felditeogindster

und Gencral-GouveTDcnr, der repicrciufi.- Fürst Reuss-Crci-'. d. d. Wien am i6. Dezemher i.Si j ilic Austheihmij der liir li.is I-ranktLirri.'r Militfir gestifteten Hlircnzeichcn gnädigst angeordnet und d. d. Wien de praesentato }. Februar i8i$ dem um das General-Gouvernement sich verdient gemachten Herrn N. N. ein solches Ehrenzeichen zugedacht haben:

so wird dasselbe dem Herrn N. N. sammt Band zugesendet, um, in Kraft Dies€<;, er\\-nhnies Ehrenzeichen zu tragen und sich durch Gegenwärtiges hierzu zu legitiniircn.

U. Verzeicbniss derjenigen Individuen, welche wegen Tragung des von Sr. Durchlaucht dem Herrn General- Gouverneur, regierenden Fürsten von Reuss-Greiz, für das Fran kfurter Militär gestifteten Ehrenzeichens ein Di plom erhalten haben, jedoch ohne die Decoration selbst zu bekommen, und sich aus eigenen Mitteln

an schaffen.

Es erhielten lias Diplom: am 14. März 181$: die Majors beim Laruistiirni Mettcnius, Schcrbius, Huth; am 12. Mai: Hauptmann b. d. Landwelir Rumpf; am 20. Mai: Grat v. Isenburg- Wächtersbach ;

am 10. Juni: Lieutenant b. d. Landwclir Fleischmann, k. preuss. Generalmajor V. Redlich» k. dstr. Rittmeister v. Ratky, k. ösir. Kassen-Commissdr du Chesne, k. östr. Polizei -Commissir Weiland, k. preuss. Hofrath Ristclhuber. fürstl. reuss'sche Oherstlieutenant v. M.Trr.ns, lurstl. iscnbnrg'sclic Major v. Mar- quard, k. östr, Rath Göhausen, die östr. Hc.innen v. Hctnl und Hodak, vom Frankfurter Militär: Major Gral v. Heusenstamm, die Lieutenants V. Molitor, Kertz, Walter, Gegenbauer, Miliar-Secretär GAbbels, Bataillons- arzt Berg, Militir-Secretär Reisinger, nachfolgende den Rang eines Land- sturm-Obersten beploitcndcn Mitglieder des Frankfurter Landwehr-Aus- schusses: Setferheid, Daehmer, Bcraay, Pilgram, Böking, GoulJet, Dr. )ur. Bucli, Dr. jur. Eulcr, Dr. jur. Heberiein ;

am Ii. Jmu iHij; Abbe DeLiuuay ;

am \\. Juni 181 j : Oberlieutcnant de Capadoce Percira und Landsturm-Haupt- mann Scharf, Hofgerichts-Rath Dieta au Offenbach, k. Ösir. HofoConcipist Schwan, Frhr. v. Martini zu Wetzlar;

am 19. Juni iSi s : Secretlr Etwein, Landsturm*Ritimei«ter Malss und Landsturm* Hauptmann Sinn.

Das Diplom für die im Verzeichniss No. II genannten Personen stimmt im ersten Teil mit dem ad I mitgeteilten überein. Der Schluss- satz dagegen lautet:

so wird dem Herrn N. N. gegenwärtiges Diplom tugefertigt, um, in Kralft dessen, dieses fihrenaeichen tu tragen und «ch dadurch hieran lu legitimiren.

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Am 5. Juli 1815 erhielt der Commandeur des Frankfurter Bataillons, Obersdieutenant Schiller, für sein Verhalten im Gefecht bei Selz am 26. Juni 1815 vom Pörsten von Reuss-Greiz nachträglich die Er* laubniss, das Ehrenkreuz um den Hais tragen zu dürfen. Das ihm überscbiciite »Nachtrags-Diplom« lautete:

Da das Frankfurter Bataillon sich noch in den letnen Tagen des General Gouvernements so brav vor dem Feinde gchahen und Scir.L Hoch!ür«lich; Durclüaucht der Herr General - Gouverneur in dieser gnädigsten Berück sichtigung dem Herrn OberstUeuteDatii Schiller^ als Bewds Höchsänc Zufriedenheit mit seinem Benehmen, eine Auszeichnung zu bewüUgeo fdemh liaben. so ermächtigen Seine Hochfurstlichc Durchlaucht durch Gegenwärtige den Herrn Oberstlicutenant, das von Höchstdeniselbcn fiestiftetc Ehrcnzeichci welches demselben durch Diplom vom 27. Dezember v. J. coiiterirt worüe an dem bestimmten Bande um den Hab in Kraft des gegenwärtigen )4ac träges ni dem am 37. Dezember v. J. ausgefertigten Diplom zu trage

Aus einem Protokoll der Armirungs-Conferenz vom 25. März 18 geht hervor, d;iss die Truppcnbctchlshabcr die \"craui»gabung d Ehrenkreuzes auch tur die UnuroÜizicre und Soldaten erbeten hatu Der Bescheid des l iirsten lautete aber dahin, dass die Verteihu des Ehrenzeichens, an die stehende Truppe sowoh), als an die Lai wehr, »wegen der Depensen noch ausgesetzt bleiben aiiisse.u I Verausu^ibung an die Truppe geschah auch später nicht, vermuthl wegen der bald darauf erfolgten Autlö&ung des General -Gom nements.

Das Ehrenkreuz (Tafel II Figur 12 und 15) ist aus Bronze gössen, der Grund schwarz bronzirt, so dass der Rand und die Sei heller hervortreten. Auf der Vorderseite des 39 Millimeter hohen breiten Kreuzes steht im Mittelschild »Deutsch II Land«, auf den oberen Armen zeigen sich die Initialen der verbündeten Herrsc »Ar— Ii— FW.« (Alexander]., Franz 1., Friedrich Wilhelm), in d Auftrag der Stifter die Militär- Angelegenheiten im Gener.il-Goi nement verwaltet hatte, der untere Arm des Kreuzes trägt die Ja zahl »1814«. Das Mittelschild der Rückseite zeigt den Nanienszu^ Fürsten »HxiiiRG« (Heinrich XIII. Reuss- Greiz). Für die zi gegossenen und vielleicht für alle Kreuze, welche für die ifj U. Verzeichniss aufgefühnen Oftiziere und Beamten angefertigt \C' mussten, benutzte Tonischütz eine neue Form. Die in derselbe gosscnen Exemplare sind nur ^8 MiUimeter hoch und breit und 2 in der Schrift geringe Abweichungen von dem ersten Modell. Vorder- und Rückseite dieser nachträglich gegossenen Kreu nachstehend, nach dem in der städtischen Münzsammlung beEnd (bis jetzt einzig bekannten) Exemplar, abgebildet:

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Das Ehrenkreuz wurde an einem schwarz, weiss, gelb, weiss und oran«^e}arbif<en Bande, zusammengesetzt aus den Landesfarben von Russland, Oestreich und Preusscn, auf der linken Brust getragen. '

In dem k. k, östreichischcn Staatsarchiv in Wien finden sich verschiedene Schriftstücke vor, welche auf die Stiftung dieses Kreuzes Bezug haben und welche die damalige Stellung des General-Gouver* neors» Oestreich gegenüber, beleuchten. Die wichtigsten derselben werden nachstehend mitgeteilt.

Nachdem mehrere östreichische Offiziere und Beamte um die Erlaubniss nachgesucht hatten, das ihnen vom General-Gouvernement verliehene Hhrenkreuz tragen zu dürfen, richtete die k. k. llofkammer d. d. Wien den ii. Mai 1815 an die k. k. Staatskanzlei die Anfrage: »ob das Frankfurter Ehrenkreuz mit Genehmigung Ihrer Majestäten der Kaiser von Oestreich und Russland, dann des Königs von Preussen

' Für die Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten des Fürstlich Reuss'schen BmOlons, welche an dem Kriege 18 14 Teil genommen, stifteten die damals

regierenden I'ürbton Hcinricli XIII. von Reuss-Greiz, Heinrich XLII. von Reuss- Schlei;", Heinrich LI. von Reuss-l-bcrsjorf und Heinrich I.IV. von Reuss-Lobenstein gemeinschattlich ein Kreuz aus Kanonenmetall , welches , nach Beendif^ung des Krieges von 181 5, auch denjenigen verliehen wurde, welche im letztgenannten Jahre mit ausgerficict waren und sich noch nicht im Besitz desselben befanden. Die Statuten für dieses Erinneningskrcu/: entwarf Fürst Heinrich XIII. Die Bänder für d.is<;clbc wurden in l-rankfurt, wo das Bataillon von Mitte Juli bis Mitte .\ugust 1814 am Garnisondienst Teil nahm, bei einer grossen Parade, im Beisein des General- Gouverneurs verteilt. Die damals noch nicht fertig gestellten Kreuze gelangten erst nach der ROdikehr des Bataillons in die FQrstentflmer zur Verausgabung.

Das Kreuz aus Kanonenmetall ist 12 Millimeter hoch und breit und wurde an einem schwarzen Bande mit roten und gelben Randstreifen, den Rcussiscbcn N.itional- larben, getragen. Die \'ordcrseite tragt im MiitclschüJc den <jenieinsch;iltliclien fürstlichen Nanicnszug: «H. R.« (Heinrich Reuss) und aul den vier Armen je eine der den fürstlichen Stiftern angehörenden Zahlen: »XIII. XLII. LI. UV.« Die R&cksdte zeigt auf dem Mittdschilde, in einem Lorbeerkranz, die Jahreszahl »i8i4«*

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(in deren Auftrag der Fürst von Rcuss-Grci/. das General -Gouver- nement Frankfurt verwalte) errichtet und ob dessen Verleihung dem Herrn Fürsten von Reuss-Grciz überlassen worden sei?« Der Minister der auswärtigen Geschälte Inirst Metternicli forderte in Folge dessen den k. k. Residenten in 1 rankturt Freiherrn v. Hügel auf, zu berichten, was es eigentlich nm diesem Kreuz für eine Bewandniss habe. Hier- auf antwortete Dieser, d. d. Frankfurt den 8. September 1815:

Sowohl die l>ricntung dieses Hhrenkrcuzc; <.c\h^\, als die Vcr-

tlK'iUing sind mir £Tnn7 fremd ecM'cben , und weder der Herr General- Gouvcmcur, noch irgend hincr seiner Umgebung hat mir jemais davon die entfemieste Eröflhung gemacht. Auch hat kcitier iler Gouveroements-Räthe des Grossherzogthimis Frankfurt, noch einer bd der Civiladtninistration An- gestellter dieses Kreuz erhalten.

Die erste .Anlage enthält das. \v;is ich bis )ct/.t auf die vorgelegten Fragen, ohne Aufsehen zu erregen und olinc Gctias:»igkeit zu vcranla&sen, in Erfahrung bringen konnte.

Eines der vom Herrn Fürsten von Reuss selbst ausgegebenen Kreiue 1^

ich hier bei. Das Stück ward mit 4 Gulden bei einem hiesigen Schwertfcger bez-ihlt. Da .iber die Kinf.issung des Kreuzes sehr bald schwarz wurde, so wurde diese spater vergoldet. Die vermöglichen hiesigen Kaufleute licssen sich aber in der letzten Zdt die Decoration von Gold machen, wofür 28 Gulden per Stock bezahlt wurde. *

Diejenigen, welche durch ein eigenes Dccret des Herrn Fürsten ermächtigt wurden, das Kreuz um den Il.il-^ tr.ipen, wählten dazu ein Band, das beinahe noch einmal so breit als jenc^ des beikommenden ist. '

Auf All«, was durch Vorstehendes nicht erschöpfet ist, wird der Herr Farst von Reuss bestimmter antworten können. Der Wunsch war allgemein, dass diese Decoration unterblieben sein niöge, um nicht das .\ndenkcn ati den Concordien-(.)rden des vormaligen Grosshcr7:ot;thutns {•'ranldurt ru er- neuern und mit diesem in eine gleiche oder noch geringere Kategorie gesetzt jsu werden.

Von der bdliegenden Decoration ist dne Denkmünze zu umerachdden,

welche die Stadt Frankfurt bei Loos in Berlin für alle Freiwilligen, welche dem letzten Feldzuge bcigcuohni b ilden, Ii.it pr;i<?en lassen und welche die damit von den» Senat Beiliciltcu mit verdienter Auszeichnung an einem die Farben des städtischen Wappens enthaltenden Ehrenbande tragen. Ich glaube schon früher angezeigt zu haben, dass ich der feierlichen Vertheilung dieser Denkmünze auf otTenem Rath beigewohnt und das^i der Senat mir die nim- liclie Denkmünze in Gold verehret habe.

< Ein sold)e6 massiv-goldenes oder doch stark vergoldetes, sehr ähnlich gearbeitetes Kreuz lag dem Verfasser aus Privatbesitz vor. Ordonnanzkreuae mit (privatim) später vergoldeter Sdunft und Rändern finden sich mehrfach; der FQnt selbst trug ein solches, s. S. 75 Xote v

' Das scheint übertrieben zu sein. In dem Bericht zeigt sich der Lnnuuh darüber, dass das Uhrenkreuz nicht auch an die Gouvernements-Räthc des Gruss- herzogthums und die bei der CiviUAdministration Angestellten verliehen worden war. Der General-Gouverneur Fürst Reuss selbst und Oberst v. Schiller tragen es an dem vorschril'tsmässigen (d. h. gewöhnlichen) Bande um den Hals.

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Empfangen Euer förstliche Gnaden die Versicherung meiner ge«*ohnten tiefen Verehrung.

gex. I-. H. V. Hügel, m. p.

Das von Seiner Durchlaucht dein ehemaligen (lencrai-Gouvemeur des Gross- hcrjtoglhunis Frankfurt, Herrn Fürsten von Reuss, bei Gelegenheit der Rück- kdir der Truppen des Grosslierzogcbums aus deni vorigjährigen Feldzuge gestiftete Ebrenitreuz soll, wie man versichert, ursprfingUch daxu bestimmt ijewesen sein, um d;iniit die Herrn OOiziere besagter Truppen m decoriren, welche den Fe!d/ut; niiti;cnincht haben.

Von dieser aitUnglich gelassten Kutschliessung scheinen aber Seme Durch- Uudit spitcr abgekommen xu sein, da seitdem nicht nur alle Offiziere des Grossherzogthums, die im Felde waren und zu Hause blieben, und alle zu den Militairbranchen gchörii^cn höheren Heanuen. •sondern auch <'ivildiener derselben, sowie Militair- und Civilpersonen auswärtiger .Staaten damit erfreut worden sind.

Auch wurde dasselbe allen Obristen des Landsturmes und einigen sub- alternen Offizieren desselben, sowie den Offizieren der Landwehr verliehen.

Folgendes sind die ö<;terrLMi;hischi.ii Miiit.iir- und Givil-Personen, welche dasselbe durch eigenes Decrct Seiner Durchlaucht und der Amiirungs-Conlerenx erlulten haben:

1) der vori^^e Stadtconiniaudant Major Schrucr,

2) der jetzige Stadtconimandant Obrist Hromada« ;) der FlOgeladjutant Sr. Durclil. Major Geldern,

4) der vorige Plat/hauptmann v. Pimholz,

5) der vorige Pl.it/h.iuptni.mn Schwinsjer.

6) der Tranyportcommandant Hauptmann Banels,

7) der Kriegscommissair Herilizcka,

8) der k. k. Rath utid Hofsecretair v. GAhausen,

9) der k. k. Polizei-Comniis<;.nr \\ eiland, lo) der Hofcommissions-Rath v. .Schwinner.

11^ die bei demselben angestellten Beamten, nämlich: der Cassier Ma>-er, der Cassaofficier Duchesiie, der Ilofconcipist v. BeiiiK der Ingrossist Hoddack.

Die Herrn Ohrist Hromada. .Major Geldern und Kriegscommissair Hertlixcka erhieheti unch tht T.i^c der .Auflösung des (»enenl-C^nncrnLirents durch Decret Sr. Durchlaucht die Frmächtigung, das Kreuz um den Hals zu tragen.

Nach der Versicherung einiger der benannten Beamten sollen es Sc. kaiserl. Hoheit der Erzlierxog Carl und der Herr Feldmarschall-Lieutenant v. Marquart tragen.

Die ersten ausgetheilten Kreuze sind .uis ciiH'r (^issa der .\rmirungs Günteren/ be«dhlt worden. Die spateren \ erieihungen geschahen durch die Armirungs-Confcren.'. mittelst Decrets, welches die vom Herrn FDrsten ertheilte Erlaubniss enthieh, das Kreuz xu tragen, das die Individuen sich sodann kauften.

Im Anschluss an diesen Bericht ersuchte die k. k. Staatskanstlei, d. d. Wien den 29. September 181 5, den Fürsten von Reuss-Greix

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um emgdiende Auskunft über die Stiftung des Ehrenkreuxes. Das bejEugliche Schreiben lautete:

\\\ sind liier wrschit'ilcDC Falle von (>ivilbeamten liiiJ Milii.iirpcrv»ncn vorgckoninicn, welche die AllerhochsTc Kriaubniss ange«-iichl haben, das von E. E. denselben veriicliejie ührenkreu/ tragen /u «lürleii.

Da ich von der Stiftung dieses Khrenzeicheits nicht genugsam uiiterrichttft bin und mir unbekannt in, in wie weit Se. Majestät der Kaiser Iiieicu Aller- höchstden» Zustimmun<; /ur Stittiinf^ und \'ertiieilun}4 desselben tu ertheilcn geruhet haben, >«) ersuche ich Ii. IL, mich hievoii durch eine umständlichi: Auskunlt in die nothige Kenntniss sel/en /u wollen.

Seine i>urchhuicln der Fürst, welcher bekanntlich am 20. Juni 181 j die Verwaltung des General-Gouvernements niedergelegt hatte, schrieb in 1 ol^e dessen, d, d. Greiz den 9. November 1815, an die k. k. Staatskan/lei :

Aul l-'uer Hociuvohigeboren vor einigen Ingen hier in Greiz vorgetundtiK Anfrage über das Frankfurter Hliren/'.eichen, d. d. 29. September, habe ich die Ehre, den Verlauf der Sache Deneniielben mit Folgendem xur Wiftseit- Schaft zu bringen.

Die Stadt Frankfurt Hess aus Dankbarkeit eine Medaille als Ehrenzeichen für ihre /um Feldzuge 1X14 freiwillig sich gestellten Hüri,'crsnl:nc prigeti uiui bat mich, als General-Gouverneur, um die Kriaubniss /u deren \ crtbeilun^.

Ich widerrieth anfangs, anstatt xu verbieten, solche Idee einer müitairiscbcn Auszeichnung in einem so kleinen Staat, allein nach mehreren Wochen unablässiger St^llicitirung gab ich endlich den Bitten des Stadtrathes nach Diese Aus/cic!nuing, an ticr die Linien- und l .indwehr-Truppen des Gener.il (HMnerneti!c;n^ nach dem Sinne des Magistrats keinen Aruheii nehnicti konnten, be\v«)g leutere m einer ähnlichen Bitte an midi und, um keiiK Eifersucht xwischen den Truppen des General-Gouvernements aufkommen zu lassen und die Gemüther /um wetteifernden Streben nach Nationalgetst iit d /u gleichni.issiger Mitwirkung nach dem allgemeinen Ziel .i;ifrecht ni erliaiten, gewahrte icli nach dem Vorbilde des General-Gouvernements m .Sav.hseti auch den Contingents-Offizieren die Tragung eines von ihnen /u lihreii der drei höchsten Alliirten selbst in Vorschlag gebrachten Khren- kreu/.es.

Theiis die liestalt dieses Fhren^.eichens. tliciK das Gefühl, ebenfalls /ur Belörderung tiv Anstrengungen gegen Frankreich beigetragen /u hakü. reizte nun eine Menge anderer Employei» des General- Gouvernements, konighcl» preussische» kaiserlich russische und unter anderen auch k. k. österreichisclic Militair-Pensonen und Civil-Reanne /ur Hitte um Schenkung eines solchen Zeichens /um Andenken, ^v.ls ich unbedenklich land.

Ms ich /IS Anfang der Canip.is^ne dem Hof lager und Hauptquartier folgte und die Rede von Auszeichnungen war, machte ich den Fürsten v. Metternich und den Fürsten v. Schwarzenberg mit dem Sinne dieses Frankfurter Ehren- zeichens und mit dem Motiv, wie es entstanden war, mit dem Beisätze iH'kannt, dass ich für meine Persnn weit entfernt w:irc. eine Anmassung ohne L rsjche mir /u erlauben. Diese fierrn. wie nicht minder Seine kaiserliche Hoheit der Fr/.her/og C^arl, fanden die Sache .uich selir /weckmassig und atnworteten. dass ich allerdings hierdurch die Absicht, den Geist zu beleben, erreicht hätte.

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Wie ich unicrdessen von dem kgl, prcussiscilcn Minislcrio, welches von mir einst eine Auskunft darüber verlangt hatte, jet/t /nfäTii; in Krlahruni: ^el>r.icht habe, so hat ebenfalls Seine Majestät der König vnu l'reusscn seinen k. prcussischcn Militair- und Civilpersoncn (/. B, dem Gcnerahuajor v. Ködltch)> Jte sich dies«« Zeichen von mir erbaten, auf ihr eigenes Kinschreiien die öri'cntliche Tragung desselben erlaubt.

DicstN ist Alle«-, w.i-- icb luicr H( kIum .hlgeboren über den Cjoi,'enstantl mit vier Wm ^'chci Luii,' icncr luiw .i!i*.i(.ip.uen, vur/.üglichcii Hochachtung lu erwidern die Hiire lubcn ixaiin, in der ich verharre

Huer Hochwolgcboren ergebenster Diener Reuss XIII.. regierender Fürst von Greiz, FeldxeugmeisKr ni. p.

Die Stüatskanzlei erliess nunmehr am 29. November 181 5 an

die Hofkammer und an den Hofgerichtsrath die nachstehende Note:

In Erledigung der verehrten Noten wegen Tragung dt;» von dem Fürsten von Keuss verschiedenen k. k. Civil- und Militarpersonen verliehenen SOge- genanntcn l-rankfurtcr Rhrenkreu/es hat die gcheinie Hol- und Siaatskanzid die Khre, einer iobiicliw k k. Hotk;imnK'r (löbl. k k. Holkriegsrath) /u erottnen, dass man sowoiii von dem vorigen k. k. Minister zu Franklurt Fretherrn v. Hügel, als von dem ehemaligen Gouverneur die»er Stadt Fürsten von Retiss die nöthig« Auskunft ijbcr die eigentliche Bewandtniss diese» Ehrenzeichens abverlangt hat.

Ans ihren cin<feN:indten Berichten erhellet, dass dieses bei rieleecnheit der Kuckkehr der Truppen des (irosshcr/ogtlmms l-'rankt'urt aus dem Feidzuge 1814 vom Herni Fürsten von Reuss gestiftete KhreiMeiclien ursprünglicii daxu bestimmt gewesen, die Offiziere besagter Truppe m decoriren, das« es aber später auch an (livilbeamte des Grossher/ogthums und an Militair- und Civilbeamt< tVcmder Staaten verliehen ward D.i nun, wie der Herr V\:r< von Rcusn selbst sagt, er /.ur iirrichiuug licN'^clben eigentlich nur aul dringendes Uätten des Frankfurter Stadtrathes bew ogen wiirden sei, wiew'ohl er vorher selbst diese Auszeichnung in einem so kleinen Staate als Frankfurt widerrathett hatte, so ist die geheime Hof- und Staat s-Kan/lei der Meinung, dass ein solches von dem Magistrate der St idt l'r.nikkirt veranlasste*' und ursprünglich iiur iixT Decorirung der Truppen des (jrosslier/o^thums bcsiiinmics Ehren- /(Hchen nicht geeignet sei, voit k. k. Heunucn getragen zu werden.

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7> Kriegsdenkmünzei verliehen vom Senat- der firvien SUdi an die Offiziere und Mannschaften der Linie und Landwehr am dem Gebiete der Stadt für 1814.

Kurz nach der Ernennung des 1 \ ldnurschall-Licutenanis Prinzc Philipp von Hessen-Homburg zum General-Gouverneur des Ciros' herzogiums I rankturi und des Fursieniums Isenburg beriet derselb in den ersren Tagen des November ille beurlaubten Soldau

/u den l ahncn, um, wie ad 4 näher nusgetuhrt, möglichst bald dt Linien- und drei Landwehr - Bataillone aus den Angehörigen J General-Gou\ enienients tormircn und der C')per,it!onsarmee zur Vi tügung stellen /.u können. Das für den l ricdcnsdienst bereits . handene Bataillon, welches aus Angehörigen aller Departements * Grossher/ogtunis bestand, wurde solort als 1. Linien-Bataillon eine Kopizahl von i)oo Mann ergänzt und behielt, nach tranzosisch Muster, seine bisherige Hinieilung in eine Grenadier-, eine Voltigi. und vier l"üsilier-(^ompagnieen. Ks verliess Frankturt, unter c Goniniando des liaupiniann Schiller' am 8. Februar geh. zu der Brigade des ostreichischen Oberst Grat" Isenburg-Biidingcn stiess zum 6. deutschen Bundes-Corps inuer dem Commando Feldnurschall-Licuienanis Prinzen Philipp von Hessen-FIomburg»

' V. Schiller, Joh. Priedr. Carl, geboren am 5. April 1775 zu Fran wurde assentiit 17R8» Fähnrich 1793, Unterlieuteniint 1798, in demselben

lU'giincnts-Adjut.int des obcrrheiniscltcn Kreises, 1799 Adjutant des Generals F ^r.Ucii ^ Salm, iXcn) Olicrlicutcnam. 1K09 Adjutant-Major, in demselben Haupiiuami, am i. Mar/ iSi j in I.yoii Major, am 24. April iöt> Ober»,ilicu und am 21. Oktober 181 > Oberst und Stadt-Commandam. Hr nahm Teil a <Iiinipa|^«n von 1797—1801, am Krit^e gegen Preussen von 1806 - in S

vom Dc/embcr iSoy bis üum Jahr iSi j, führte das I l^.it uUon des Gaicral-G ncmei-'s im rf|d/.u«;c 1S14 und im I'eld/ugc ]'.r bcsjss an Orden utid 1

dcnknuin/cii ; das Hhrenkreuz des (jciKTal-Gouvcriienients lur 1S14, nni %. bubiiiss dasselbe um den Hals tragen zu dürfen (vergl. S. 78), die Krie^ niän/en der freien Stadt für 1814 und f&r 1815, die Medaille des Fürstentunr bürg für 181 j. das JlrinnerunjjskreuiC der Fürstentumer Reuss für 18 14 15; er iHi) den ru' v-sJicn \\'!.uftmir-Orden 4. KLissf. [81S J.\s Kitterkreu/ des östreic Leopold- C)rdens und am 4. Oktober iJSji die Genehmigung des Senat:», von Grund dieser Decorirung bereits am 4. Juli 1819 erfolgten Erhebung in den Mand Gebrauch machen xu dürfen, siowie i8a8 das Ritterkreuz der tranx^ Khrenlegion (s. S. }o Anm. I^t ^^^^^ Sudt-Comroandant am 17. Ju

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früheren GeneraKGouverneurs von Frank fun. Es überschriu in der Mitte des Februar bei Basel den Rhein, nahm an den Aifairen von Viltefranche, Lyon, Vienne Teil, ebenso an der Belagerung von GrenoUe und wurde wegen Ausdauer, Disdplin und Schlagfertigkeit in dem Armeebericht des Ober-Commandirenden rühmend genannt. Mach erfolgtem Friedensschhiss wurde es zur Besatzung von Lyon verwendet, marschirte von hier aus vorübergehend nach Macon, um don vor dem vorüberfahrenden entthronten französischen Kaiser Spalier zu bilden, und bezog demnächst Gintonnements zwischen LycMi und Grenoble.

Unterdessen waren in Frankfurt das 2. Linien-Bataillon unter Major V. Tannstetn und das 3. Linien-Bataillon unter Major v. Damboer hauptsächlich aus den Trümmern derjenigen grossherzoglichen Con- tingente formirt worden, welche aus Spanien, sowie aus den Festungen Danzig, Torgau und Glogau zurückgekehrt waren. Diese beiden Bataillone, sowie die drei neu zusammengestellten Landwehrbataillone' verliessen, unter dem Ober-Commando des Oberst v. Fritsch, Mitte März Frankfurt und blieben bis zur Beendigung des Krieges zur Be- lagerung vor den Festungen Beifort und Besan^on Hegen. Nur die zvr »Schaar der Freiwilligen« vereinigten 6 Freiwilligen-Compagnieen der 5 Landwehr-Bataillone marschirten weiter und vereinigten sich in Macon mit dem i. Linien-Bataillon. Das letztere trat in den ersten Tagen des Juni aus den Cantonnements bei Lyon den Rückmarsch in die Heimat an, in Besan^on und Bei fort schlössen sich die anderen Bataillone an und am 6. Juli 1814 rückte die gesammte Truppen- macht wieder in Frankfurt ein. Die Mannschaften wurden, mit Aus- nahme von 600 Mann, welche zum Garnison-Dienst verwendet wurden, in die Heimat entlassen.

Nachdem durch Ratsbeschluss vom 5. Juli 18 14 den Freiwilligen eine Kriegsdenkmünze verliehen worden war (siehe unter No. 4), machte sich, nach der Auflösung des Grossherzogtums im Jahre 1815, bei denjenigen Angehörigen der Linien- und Landwehr-Truppen, welche Bürger der freien Stadt geblieben waren, der gerechtfertigte Wunsch geltend, dass auch ihnen vom Senat ein Erinnerungszeichen an das Kriegsiahr 1814 gegeben werde. Am 17. April 181 6 bat der damalige Stadt -Commandant Oberst Schiller den Senat, dass die Verleihung der Medaille für die Freiwilligen auch auf die Linie und Landwehr ausgedehnt w erde. Dieses, sowie erneute Gesuche vom

' Die Zusantmcnscl/.ung «icr } Landwehr- Bat.iiilonc i^i bei der Hcbdtrdbuny di:r Kricgsdenlinriknte {tat die Schaar der Freiwilligen von Frankfurt, unter No. 4, zu vcriolgen.

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8. Mai und 12. Juli desselben Jahres wurden abgelehnt, «-eil die Insclirift der Medaille sie m der erbetenen Verleihung ungecignc erscheinen lasse. Erst eine. Bittschrift von 60 Veteranen J. J 26. Juni 1845 und eine wiederholte von 84 Veteranen (praes. ar i8. April 1846) regte die Angelegenheit von Neuem an und fühn endlich zu einem Beschlüsse des Senats, nach welchem für die hm noch lebenden 84 Mitglieder der 3 Linien- und ^ Landwehr-Bataillon weiche nach der Auflösung des Grossherzogtums Bürger der frci< Stadt geblieben waren, eine besondere silberne Medaille geprä werden sollte. Die bezfiglichen RatsbeschlOsse lauteten: I) RathsbcNchl »m 15. September 1846.

\-s w ird lias Rcclinci- iiiu! Reiiteiiann criiüchtigt. die Ehretidcnkini tur 1814 nach •»einem Aniratje lertigcn m I.issetT isnd die dfl^'ür crlor liehen Kosten uu!> *icu tür Gratilicationen und Dcdicationcn hcwillij Geldern xu bestreiten. 1) Vorgelesen im Grossen Rathe am 20. üctober 1846 mul beschlossen \ ) Iis sind nunmehr die Urkunden l'iir die 84 Mitglieder des vonnj Frankfurter {'ontinijcnTs, welchen die (ür den Fcld/uj; i;cgen F reich im Jahre 1814 bestimnue Denkmünicc, jeducli mii einem, vun (ür die Kriegsdenkmönw der Freiwilligen von 181)— 14 besteht Bande verschiedenen Rande mit weiss und rutlKn Streifen cinsuhäti ist. von der Stadt-Kanxlei nach dem durch Rathschluss vom 2. April Rcnehmij^ten Formular aus/utertij^en. 2) Ist die Vertheilung von dem Kriegs/eu^-Anu, welches auch Ii Anfertigung des Bandes Sorge tu tragen hat, voricunehineii. Formular vom 20. Octobcr 1846:

(Adler) Im Aultrage Hohen Senats der

freien Stadt Frankfurt bescheinigt die unterxeichnete Stelle dem Inhaber dieses: .

. . , , >velcher als im hiesigen Contingeni de

zuge liegen Frankreich im l.ihre 181 ) beieowohtu hat, dass beruht ist, die vom Hollen Senat verliehene Denknunue zu tr Frankfurt am Main, den 20, Octobcr 1846. St uft (' m/U

Die Medaille, welche m citiein weissen Bauiie mit die Sirciten auf licr linken Bru^i getragen wurde, ist von Silber i einen Durchmesser von 31 Milliineiern. Die \ t>nier^eitc ist n Avers-Stenipel tur die (iulden des jnlnes 1H38 geprägt un daher den gekrönten städtischen Wappcnadler mit der Urr »Freie St.idt Frank tnrt". Die Kehrseite, zu welcher der Stern] Münzniechanikus IDnischuiz geschnitten ist, tnigt in einer von Eichenlaub die Jahreszahl 1814. Die Medaille ist abgeb Tafel III Nu. 5 und 4.

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8. Kriegsdonkmünzc. v«rliehen vom Senat der freien Stadt an die Of&Kiere und Mannschaften aus dem Gebiete der Stadt

für 1815.

Durch die Beschlösse des Wiener Congresses war das Gross- herzogtiim Frankfun aufgelöst. Die Provinx Hanau gehörte bereits seit dem November t8i) m Kurhessen, Aschaffenburß seit dem 24. Juni iSi_j zu B.ncni, IVankfurt \v;ir zur freien St.iclt erklärt worden und liatte seine Selhstst.nuiisikeit zurückerhalten. Hs hatte sich im April lüi) verpt^ichtet, im Kriegsfälle ein selbststilndipes Bataillon von 750 Mann %u stellen. Bei dem Wiederausbruch de.s Krieges im Jahre 181 5 war aber die Trennung des Fflrstentums Fulda* und der Grafschaft Wetzlar, welche demnächst an Preussen fiel, von Frankfurt noch nicht vollzogen und der General-Gouverneur Fürst von Keuss-Cireiz, Heinrich XIII., waltete in Frankfurt noch seines Amtes, als die verbiiiideten (irossinächte den Kampf mit I-rankreich von Neuem aulnelmicn iiuissten. Auf eine Uirecce Requi- sition des Obercommandirenden, 1 eldmarschalls l iirsten v. Schwarten- berg, d. d. Hauptquartier Heidelberg den 14. Juni 181 5,* erteilte der

* Fulda wurde iKi> von Prvusscii besetzt: bald darauf wurd« «s xum Teil

an RaycriK «um Teil .m KurliesNeti .ib>ji.irct«.n.

* Abschriii aub de» Acten des Stadtarchiv» 1 in 1-rankturi :

Hmiptquarticr Heidelberg, den 14. Juni iKif. An de$ kaiscri. könit^'l. I Icrrn l-'eldzcugmeisters Fürsten ru Rcuss Durcliluicht. In dem Augenblick, wo allgemeine .\nstrcnf{ui)^ Jciii tfemcinsanien Zweck allein IroiniiK-n kann, wird es nothwendig, das Frankfurter Bataillon, so wie es dcrnii^lm bestellt, M>tnrt aulbrcchcii iinJ nach Miiii/ jbriicl<en /.u lassen. Üic Nothwcniligkcit, .Main/ mit seiner ganzen Liii^cir.igcnLn Garnison «i versehen, bew^ mich. Euer Liebden zu ersuchen, dem Frankfurter BauUlon zugleich auch Hochderci Bataillon n.ich Main? tol^'c!i /u lassen, da für das erste die Frankfurter Mili/ lür der Stadt Dienst hinreichen wird.

gex. Schwaraenbei^ F. M. Der Bc-rchl Seiner Durclilaucht des Feldniarschalls Pörsten vn;i Sclnv,<r/c'ibcr;j ist demiassen solori in Ausübung /.u bringen, dass das Bataillon l-ranklurt als auch Mein Bataillon lingstei» am 19. Juni in .Mainx ciiitrcfTen kAnuen. Heidelberg, wi« oben. gez. Keubs, (i.CPZmstr.

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Generdl-Güuverneur Feldzeugmeistcr Fürst Reuss dem Frankfumr Bataillon und seinem in Frankfurt stehenden reuss'schen Bataillon am i8. Juni den Befehl, am folgenden Tage nach Mainz abzumanchircn. Das Bataillon Frankfurt bestand aus einer Compagnie Voltigearv waA * vier Compagnieen Füsiliere. ' Es erreichte unter dem Commamk) de Oberstlieutenant Schiller am 19. Juni Mainz und trat hier mit deo Bataillon »Fulda« unter Major v. Zobel, dem Bataillon Reuss umc Oberstlieutenant de Marais und dem Bataillon des Fürstentums Iser bürg unter Major Marquard zu der Brigade des östreichischen Oberste Graf Isenburg-Büdingen, welche einen Teil der aus ösireichischc Truppen bestehenden Division des Feldmarschall-Lieutenants Gr Wallmoden-Gimborn bildete. Die letztere ging am 20. Juni b Oppenheim über den Rhein, am 21. über Worms nach Frankentfa wo die Nachricht von der siegreichen Schlacht bei Waterloo eintr und erreichte am 24. Rheinzabern. Sie besetzte von hier aus s 25. Lauterburg, welches vorher vom Feinde geräumt worden w und traf am 26. Juni bei Selz auf ein französisches Korps un General Rothenburg, welches 6000 Mann Infanterie, ein Regim Kavallerie und 8 Geschütze stark war. Die Vorhut des Gen« Graf Wallmoden, aus 2 Eskadrons Knesewich-Dragoner, 2 Geschüt und den Bataillonen Reuss, Isenburg, Frankfurt und Fulda besteh« unter dem Commando des GeneraUMajor Wrede, fand den Feind Walde diesseits Selz aufgestellt, wo er sich zu behaupten beabsichti General Graf Wallmoden befahl den Bataillonen Isenburg und R vorzugehen und den Gegner in der Front anzugreifen, während

' Bataillon i-ranklurt >ct/'tt; bich /.u dieser Zeit noch au^ Manu^i d«s Pümentunis Hulda, der GRilschnft M'mlar und der rrden Stadt Fra zusammen. Ks nnterstatid bis xur Auflösung des General-üouvernemeni 20. Juni iSi) der Verwaltung durch die «Armiriiiiiisconreron/« und wurde \ an. trot ' ^ciru*r gcniiscliten /u^ inimenst-t/un«», von der Ireien Stadt Hrankturt be Der hen;u iiaiic vcr>^cblicli vcrsuciit, die Absonderung der Franiviurtcr hcrbci^u und dieselben mit den Freiwilligen xu einem der Verwaltung der Stadt unter: Contingent tu vu^reinigen. Die kriegerischen Verhältnisse Hessen eine Aul des bis dahin besiaiidenfn Truppenvcrbandes und eine neue Hintcituiig ratlich crsclicinen. Zum \'cr>iandniss dieser ciocntündtcheii Verhältnisse, erst nach Beendigung dc^ Kriegen geregelt werden i»onnten, vergleiche niiui i Bürgermeister und Rat aufgesetzte »Denkschrift des vom nunmehr auf{ GeneraKGouvememeiit Frankfurt ins Feld gestellten Bauillons Frankfurt u letzteren Vcrhältniss /.ur freien St.idt Frankfurt d. d. 27. Juni 1815«, welch den in d.is üauptijuartier entsendeten Rats-f!onsiilcnt fhni ;mi ;o. Jiini in t dem FeldniarschaU Fürst Schwarzenberg, als dem Obcrbetehlshaber des Kriej am Ober-Rhein« öbcrreicht wurde. Die Denkschrift befindet sich im Stadt*, in Frankfurt.

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Bataillon I rankiurt gegen seine linke M.mke vorgeschickt wurde. Das Bataillon Isenburg wart die Franzosen im ersten Anlaut bis in tineii rückwärts liegenden Verhau, überstieg auch diesen und drängle SIC bis nach dem Städtchen Selz zurück.' Hier setzte sich der Feind in den Häusern dies.seits des Selz-Baches fest und behauptete sich durch heftiges Schützenfeuer so lang, bi^ das Bataillon Frankfurt von links her kräftig in das Gefecht einj^riti Der Gegner wurde mit bedeutendem Verlu.si über die Selz zurückgeworfen, doch i^elang es ihm, hinter sich die Brücke zu zerstören. General Graf Wall- nioden beschrankte sich auf die Behauptung des linken Scl/-Ufers, weil ihm der Gegner an Truppen und Geschütz überlegen war. Das Bataillon 1 ranklun verlor in diesem rühmlichen Gefecht i Offizier (Lieutenant Samm) und 7 Mann an Todten, 4 Oftiziere und 85 Mann an Verwundeten. * In der Nacht zogen sich die Franzosen freiwillig gegen Beinheim zurück. Am 27. liess Graf Wallmoden die Brücke über die Selz wieder herstellen und marschirte, ohne auf den Feind zu stossen, mit seinem Corps n.ich Drusenheim. Er erhielt tür den 28. den Befehl, während des Angriffes des Corps auf die fran- zösische Position hinter dem Surtel-Hach von Drusenheini über Beitenhofen nach Wanzcnau vorzudringen. Das Corps erreichte letzteren Ort, wurde aber von den Auen von Strassburg her derart beschossen, dass es stehen bleiben musstc, ohne in das siegreiche Gefecht eingreiten zu können. Vom 29. Juni an bis zum Waffen- stillstand am 22. Juli beteiligte sich das Bataillon an der Rinschliessung von Strassburg. Vom Wattensiillstand an bezog dasselbe in der nächsten Umgebung der Festung Cantonnements. liier trafen auch am 6. August die in folge eines Aufrufes des Senats vom 22. April zusammengetretenen Freiwilligen, welche am 25. Juli Frankfurt ver- lassen hauen, m zwei Conjpagnieen lurmirt, ein. '

* Der Coniniaiukur Major Marqiuird wurd« hier v«rwuiitkt.

* Der Commandeur des Hataillons, OberstHeutetiani Schiller, erhielt am

\. Juli 181 ) wegen besonderer Au«./:cicliiuing de> von ihm i;elührteii Bataillons bei Selz vom Gencral-Couverncmcnt die trlaubniss, d.is 'ihm t^ereiiN ani 27. IXvembcr 1814 verliehene Ehrenkreu/ um den Hals tragen ui durlen (vergl. S. ausserdem «rhielt er fbr die Unterstötiung der Nebenbataillone im Gefecht bei Selx das Ermneningskreu« der FarstentDtner Re'uss lur tftu/t; (vgl. S. 79 Anm. i) und die im Jahr 1814 vom Fürsten von Isenburg f&r die Isenbu^schen Freiwilligen gestiftete silberne Medaille

J Die Freiwilligen setzten sich /.usanimen aus der »juger-Cuinpagmc« (Haupt- mann Wüb. Hofmann» Oberlieiitenant Malss, Lieutenant Jacob de Bary und 137 Umcrofliiiere und Gemeinej, sowie der »Schatani-Coinpagnie« (Hauptmann Peter Hartmann, Oberlieutenant v. Heyden, Lieutenant Daniel de Bary, J24 UnteroCfisien: und Gemeine).

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Am 4. Octobcr tr.u da.s Bauillon im Brigadeverband den Rück- marsch in die Heimat an, Hs rückte am 14. October 1815 milden Freiwilligen wieder in Frank {urt ein.

Das Kricgszeu<»amt stellte in einem Bericht au den Sciku, pracs. den 26. Januar 1S16, den Antrag auf Stittung eines hhrcnzeichens, nnt dem Anhennj^eben, entweder je eine besondere Medaille lür Freiwillige und Linie oder .iher eine beiden ijemeinsame zu stillen. Hieraul ertoli^te am ^o. janiiar 1816 die Stiftung der Kriegsdenis- nuinze durch naclistehenden Senatsbeschlusi» :

1) Iis ivt von lobl. Krii";4Si'ci!^;nii! mit löbl. Bürgcrcüllcg m conferiren. das:» sowohl dt;n Freiwilligen iüesiger Stadt. .lU auch dein den jüngsten Feldziig vorigen Jahn» bestandenen hiesigen Linieiimilitair dn silt«m«» EbrendenkKeichen xugetheih werde.

2) Ist diese Bhreiidenlimünxe von der Grösse der vorigen xu verlertigen, .lul" der Vorderseite der Stadt.idler mit dem Biiclistjben F auf Jcr Brust, f.if' der Rückseite aber die Linschrilt; I'ranl<rurt5 Streitern im Binuif iNis, mit einem l-ichenl<raii/. inngeben, anzubringen.

ji iJie Bestellung /u deren \ ertertigung wird dem löbl. Krieg^zeugami, unter allcnfalbigcr Mitwirkung des Rechneiamtes, überEassen, auch das» über die erforderliche ZaIiJ von Dcnkniünxeii für die Mannschaft einige

weiter geprägt werden. 4) !>t das vorhin gewählte Baiui bci/ubeli.ihm und die Ai>;1il:1lii >^.ntt'.t einstweilen im \"(ir;nts, sowie auch hicn^iclist Jk- der 1 Inciuicniimun/cn nnt denen, d.is vongenul beobachtet wordenen, i-ormlichUeitcn vorzii- ndmien.

I.aiu Prc)ti)i<ull des Krieiis/eiin.inites vom 2. l ebruar iSi6 beliel .sich nach den eingereichten Listen die ertorderllche .Vn/ahl ;tiit 22) für Lreiwilhue und iii für d -s I inieiimiiitar,' sowie einige L.xemplare liir höhere C)Hi/iere. w elche \\ ahrend des l eld/.uges mit deti Truppen in dienstlicher Beziehung gestanden hatten. Oer Ratsschluss vom

' in dein bis i866 jährlich er»cbioiiencii »Staat»* Handbuch der freien Stadt l'ranklurt" wurde in der »Erklärung der vorkonnnenden ßexeichnung der Orden und Fhren/eichen>' die Medaille für den Feldxug iHij stets doppelt und mit ver- schiedenen Zeichen auljieliihri, und /war als ;

Silberne Medaille lur die l'i l1 \ il't.j im l'eld/.u;;e iSlj. Silberne .Medaille tur das l.iiiieniiuliiar in diebem Feld/u^e.

!)ic vcrsi.inodene Hi, Zeichnung derselben .Medaille wurde ircw.ihh. ui>i crkcmici /.u la,ssen. u er .lis Freiwilliger und wer im Linienbaiaillon den Feld/ug mitgemacht habe.

Die geringe Zahl von 1 1 1 Medaillen für das Linlenbataillon »Frankfurt« erklärt sich aus deni UniMande, dass der grösste 'lei! der Unteroffiziere und Soldaten des Bataillons l.andeskinder aus dem Fürstentum Fulda und der Gralschalt W elzLir waren sind dass diese selbstverständlich nicht die Frartklnrter .McJ.inic. snndcni die Frinnerungs/eichen derjenigen Lander erliielten, welchen sie demnaclist /uiieien.

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2. April, welcher die Austeilung der Kriegsdenkmünze anordnete, lautet:

1) Es sind die Urkund«» für die den jüngsten Fcid/ug inner dem hiesigen Mühair bestandenen Individuen, welchen diescibigc Denkmünze einzu- händigen ist. nach dem !-.>rmular No. | in der Siadt-Canzlei auszulcrtigcn.

2) ist die Austheilung in dem RaUiluuse unter Vorsitz, der beiden Herrn BOigermdster an dem vön ihnen da«u bestimmt werdenden Tafjc vorau- nehmen und die desstallsige Bekanntmachun.u nach dem Formular No. 6 den) Intel ligenzblatt einzurücken, auch den dermaü^'en Herrn Connnandeurs de> Linien-Miliuirs, sowe der FrciwilUgen desslaHs.iKe Weisung zuzu- lertigen.

Formular No. 4.

Inhaber dieses , wekher als dem Feldzug gc-er, l ranl<reich

im Jahre bciu'cw olint. wird andurch die Befugniss ertheil;. die ihm

von der IreiejJ Stadt Frankfurt übergcbene Denkmünze /u tragen.

Stadt-Caiulei ex Mandatu Senatus.

Die Medaille ^cl.uii^tc am 16. April 1816 zur Austeilung. Ein Hxeniplar in Gold wurde an der Spiuc der 1 ahne des Linien-Bataillons betestigi. '

Die Kriegsdenkmün/c, welche an demselben Bande wie die Denkmünze für die Schaar der 1-reiwillmcn tiir iXij: roth mit drei weissen Streiten, getraiien wurde, ist durch Muu/meister Ruiisen und Münzmechanikus 'romscluit/ hergestellt.' Sie ist im Durchmesser ;> Millimeter gross, zeigt aul der \'i)rderseite den sliidtisclien Adler mit Kleestengehi aut den l-liigeln, der Mauerkrone auf dem Kopf

' Am 19 April 1S16 beanir.igte OberM Schiller, dasb die Fahiic des Linien- Bataillons mit der Medaille Tür 181 > geziert werde. Der Senat Idmte, trotz der Beflkrwortung des Gesuches durch das Kriegszeuganit den Antrag am JJ. April »als ungewjVhntich« ab, erteilte aber, auf eine Lrnentc Vorstellung des Bataillons Commandeurs, am 14. Mai die (lenchniigung, dass eine goldene Khrendenkmün/e mit dem Stempel der Medaille für irepra-t und an die Fahne gehangt werde. Diese Ehrendenknjünze wird in der stadtischen .\lün/s.mmilung aufbewahrt.

' MQnzmechanikus TomschOtü berechnete 3 Gulden 32 Kreuzer IDr ein Exemplar der Kriegs- Denknu'nize. Laut Bericht des Kriegs/eiigamts vom 1. April 1816 spranij bei Prägung der ersten Stücke der Avers-Stempel n)ii dem .\dler. Von diesem unbrauchbar gewordenen Stempel findet sich ein ehiseitiger Bronceabschlag in der Münzsammlung auf der Stadtbibliothek in Frankfurt vor. Derselbe «igt den städtischen Adler in etwas grösseren .\b- mcssungen, wie aul den mit dem 2. Stempel ge- prägten und auf Tafel III No. 5 abgebildeten Exem- plaren. Der Bronceabschlag mit dem ersten Stempel

ist nebeitstelicnd abgebildet. SilberabschUlge haben sich bisher nicht vorgefutiden.

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und einem 1- .lut der Hriist, aul der Rückseite in einem Palmen- und einem Lorbeerzw eig in 5 Zeilen die Inschrih A>Franltturis ii Streitern II im II Bunde l< iSi )«.

Die Medaille ist abgebildet aut Tafel III No. 5 und 6. *

' \ti den unter Xo. j. 6 und «S bc>.Iir:cbciicii Kricgsdenk /eichen wurden von den Hcsitzcrn vieHach cigcntnächtip Abdndcrungcn vorgenoninien : c-» wurden auch Miniatur-Exemplare, die Mcdailienbandci in schmälerer Breite aut goldenen oder silbernen Schnallen hn Knopflochc getra^ien. Bereits am 18. September 1814 crlie!>s der damalige Vicc-Gouverneur, Fddmarschall-Lieutenant Gnf H«nle|{g, oocn Beichl, um diesem Missbrauoh entgegenzutreten. Derselbe lautete :

Da ich in lirfahrunf^ ;;ehr.icht habe, dass alle jene Milif.iir-fndividucn der Truppen dcb (jcneral-Güuverncmcnti, sowohl Coutingent. Landwehr ab Freiwillige, weldie ein Ehrenseichen zu tragen die &1aubniss erhalten, damit wesentliche Veränderungen vorgenonmien haben und das Band davon ent- weder in einer Schnjllc mit einem Kreuz, das nie t—!icilt worden ist. ja sogar die Medaille und darüber noch ein Band in einer i»oldenen Schnalle oder sonstige Abarten tragen, so eriialt die Arniirungs-Contereuz zur Abstellung dieser MissbrAuche, welche den Werth und die Idee dieses Ehren «eichen* heruntersetzen und verläugtien. hierdurch die Weisung, simmcßchcn Truppen jIIc diese ciucnniächtif^cn Veränderungen schärfstcns /u untcrsapen. indem es mir iinAiigcneiim sein würde l'inen oder den Andern darüber zur Verant- wortung /iehen /u nuissen, wuiiir die Vorgesetzten zu ^chen und <u haften haben.

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g. Felddienstzeichen für die Theilrahme des Linien-Bataillons der freien Stadt an den Feldzügen 1848 und 1849.

Als am 24. Juli 184S die zwischen der Reichsarmee und den dänischen Truppen in Schleswig-Holstein abgeschlossene Waffenruhe ihgelaufen war und die Feindseligkeiten wieder begannen, wurde aut Anregung des Reichs - Kriegsminisiers , des kgl. preussischen Generals v. Pciicker, nm 2. August beschlossen, das Linien-Bataillon der treien Stadt 1 rankturt in seiner bundesvcrtassungsmSssigen Kriegs- lormation von vier (^onipagniccn, in der Stärke von 683 Mann, zum Ausmarsch aul den Kriegsschauplatz in Bereitschaft 7.u setzen. Bereits am 9. August verliess das Bataillon, unter dem Clommando des Major Busch,' die Stadt. I.s wurde mit der lüscnhahn bis Mainz, von dort mit dem Dampfboot nach Cöln und am 10. August nach Altona befördert. Am 15. August fuhr es nach Rendsburg und marschirte am folgenden Tage nach Schleswig, wo es als das erste Reichs- coniingent, welches zur Verteidigung der deutschen Sache im Norden erschien, mit luhel empfangen wurde. Ani f ^. trat das Bataillon in Mensburg ein und wurde hier mir einem w eimar\chen, drei nassauischen Infanterie-Bataillonen und einer nassauischen Batterie zu der »com- binirtcn nassauischen Brigade« unter Generalmajor Alefeld zusammen- gestellt. Die Brigade stand unter dem C)berbefehl des hannoverschen Generals Halkett und sollte im Sundewitt Verwendung hnden. Sie verlies:» am 21. Flensburg, erreichte am 22. Bau und bezog bei

' Hifvch. Joli. Wilh.. vv.ir trülKi ObiTtVVstcr iitul wurJe vtMii (iciicrr.il-CJouver- iicratni .iiu II Jatni.ir 1814 ,ils t.")bt:rlieuici)am bei »der iScha^r der Freiwilligen von Frankfurt» cingotelit. Hr wurde atu 24. April 1815 Hauptmann III. Cla&s« beim stehenden Militär des General-Gouvernements, am i. Januar 182} Hauptmann I. Classe, am i. Juli 184) Major und Rataillons-Commandeur, am )0. August 1849 Dberstlieutenant. wurde .im 2v fuH 1856 Ohcrsl pensionirt und st.irb m\ 2 t De/cmher 1877. Hr besass neben dein Flhreukrcuz des General-Gouvcrnenients die Medaille tCir die Freiwilligen lür das Felddicni^tzeichen für 1848 und 49,

die Badisehe Gedichtnissmedaille fQr 1849, das Kreuz f&r 25 Dienstfahrc. den Preussischen roten Adler*Orden j. Classe. das (^omniandeurkreu/ 2. Classe des Badischen Zähringer-Löwen-Ordcns, sowie die Oe.streichische und die Preussische goldene Medaille tür Kunst und W issenschaft.

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Kiiikciiis \ (tr|)t>stcii. XDiii 30. AiiL;iist uiicnuilmi d.is l^it.iillon üin ( ».im!M)iKiitMi.st in MenNburu iiikI crhich hier, am 2. .Sc|ncinhcr, die Bcstarioiini,f von dem /.ii Mnlniot* nbucschlosscticn sicbeniiu>n.uliclicii \\ aricnsiillii.ukl sowie liie X uliriv^^lit, J.i^s es nach 1 ranklurt ziiriivi- kehren solle, l'-s wurde UcinciUNprc^jhciid am iiS. September Jiirch zwei baJischc Compa^nicen al\i;elösi und .1111 22. mit der Hi.scnbahn von Keiidsburg nach Hamburg befördert. In l-oU;e der bliitiiitn revohnioiiaren Hreiijnisse, welche sich am 18. und 1»;^. September in biaiiklurt /ugetratren. hi<.'i; es die deutsche (xntraliiewalt für noth- u endig, an verschiedenen Piinkien Truppen /u concenti iren, um die I.andesre«;ierungen in de: .\usiibun«i ihrer l unctionen nnd in der lirliahun^ ihrer Auioiiiai /n inuerstm/cn. Das Bataillon erhielt daher in I lamburi^ den l^etehl. nicht nach 1 lankfurt /.iiriick/nkehren, soiulcni über Colu nach Mannlienn zu fahren, um dort /u der nassauischcii Brii^ade des ( ieneralniajiu' Aleleld /u stossen. Iis trat am 2(\ Sejnenibcv in Mannheini ein und bezog in den Dorfern 1 leddesheiin und Schries- heim (lantonnementsquarneie. Am 16. wurden die ( .anronnenieiits nach HLniksiadl und L iii^ebnng \erlei.:t und vom 21. an \crsahdaN Bataillon den Garnisondiensi in Mannheim und W'einheim. Am 25. marschirte es nach Kheinhessen, ;rat iiier /u dem Clonimando der Keichstruppen unter dem preussischen ()berst Spillner und wurde nach W'örstadt und L in^ebLing verieLt. Am 11. Dezember trat es, auf Betehl des Reichs-Kriegsministers, den Rückmarsch nach 1-ranklUTl an, wo inzwischen durch das kräftige liingreifen der ßundesirup})cn der revolutionäre Aufstand niedergeworfen worden war.

Auch im Jahr 1849 wurde das Bataillon zu kriegerischer Tliätig- kcii ini Bundesgebiet herangezogen. Beim Ausbruch des Streites über die Reichsverfassunf» sammelte der Reichsverweser Krzherzog Johann aus den bereitesten Retchätruppen ein Corps zvcischeti dem Main und Neckar unter dem Befehl des preussischen General-Lieute- nants V. Peucker. Die 2. Division dieses Corps hielt Frankfurt, den Sitz der deutschen Ceniralgewalt, besetzt» während die i. Division sich in der hessischen Provinz Starkenburg sammelte, um dem am Neckar bei Heidelberg und Mannheim verschanzten Feinde cnigc.uen- zutreteii, Hills dieser es versuchen sollte, die badische Grenze zu überschreiten. Das Linien-Bataillon wurde der i. Division unter dem grossherzogL hessischen Generalmaior v. Bechtiiold zugeteilt, fuhr am 12. Juli 1849 nach Darmstadt, marschirte von dort nach Gross- bieberau und am 13. bis Lindenfels. Am 15. sollte das Keckar>Corps die badische Grenze überschreiten und offensiv gegen die Insurgenten vt>rgehen. Das Bataillon marschirte in Folge dessen über Ben>heim

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n.ich X'icrnlicim und linitc von hier aus in ilcr Naclu vom 15. zmn 16. Gcic^cnhcil. die licssisclien Truppen, wclciic bei (iro.sssaclisen mii Insurgenten im (icfecht standen, %u unterstützen. Nach dem K&ck- zuge der letzteren bezog es, abwechselnd mit nassauischen Truppen, bis zum 19. die Vorposten. An diesem Taije brach d.is Neckar-Corps n.uli Jv--m Odenwald .uil. Das Bataillon gehörte /u der Arrierejiarde unter ( IL iicimI v .Bcchtliold und lay bi> /.um 25., unter Xuteilun«; von 2 he.vsi.sclien (jeschut/.en, bei Becrlelden im Hiwack. Am 26. libcr- schrict es bei Zwingenberg den Neckar, berfihrte in den folgenden Tagen Sinzheim, Eppingen, Pforzheim, Gemsbach und erreichte am I. Juli Baden-Baden, wo sich das Neckar-Corps vereinigte. \'on hier brach das Bataillon am \. aus seinem Biwack auf, marschirte in den folgenden Tajjen über Aik\ W'iesenthal, Bcucrsbrunn. Wittcndorl" und Schönberg nach dem würitembergischen .Städtchen .Schraniberg. am 8. nach St. Georgien, am 9. nach VilUngen, welches wie die nahe- liegenden Orte entwaffnet wurde, und besetzte von hier aus mit 2 Cotnpagnieen Lölflingen, mit i Compagnie Neustadt. Das Bataillon hatte das insurjiirte Grossherzomum von der Nord- bis zur .Südgrenze durchzogen, die Ordnung war überall wiederlK-rt^estellt worden. Als am 18. der Grossherzog in seine Residenz zurückkehrte, konnte der Aufstand in Baden als beendet angesehen werden. Durch Tagesbetehl vom 22. August wurde die Auflösung des Reichs-Corps, am 24. die Rückkehr des Bataillons nach Frank fun befohlen. Es trat am 26. von Dürrheim, wo es seit dem 6. August Cantonhements bezogen hatte, den Rückmarsch an, traf am ^o. in Offenburg ein und wurde von hier am 51. August mit der |-jvenbahn nach I rankl'urt zurückbefordcrt. W enn es aucli dem Bataillon nicht beschieüen war, während der beiden l eld- zOge dem Gegner im Gefecht entgegenzutreten, so war es doch vielen Anstrengungen und Entbehrungen ausgesetzt, und stets konnte seine musterhafte Disciplin und seine vortreffliche Haltung anerkannt werden.

Der .Senat beschloss durch KatssLlihiss vom 2^). Dezember 1S55, .ml die von dem Bataillon.s-Commandeur angeregte Stillung eines Felddienstzeichens einzugehen, welches allen Teilnehmern an den Feldzügen der Jahre 1848 und 1849 zum Tragen auf der linken Brust- seile verliehen wurde. Dasselbe besteht aus einem ?j Millimeter hohen und breiten Kreuz von Bronze luul wird an einem weissen Bande mit roten K.mdstreilen getragen. Die \'orderseite tragt im oberen Arm des Kreuzes den gekröiuen städtischen VVappenadler, in der Mitte »1848 und 1849«, im unteren Arm einen Kranz, welcher durch zwei Eichenzweige gebildet wird. Die ROckscite

1

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Digit

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tragt in vier Zeilen die Aufschrift: »Fflr H treuen Dienst I im I Kriege.«*

Das Kreuz wurde am 26, Mai 1854 an 612 Berechtigte veneik und zugleich Jedem eine Urkunde über den Besitz desselben ausge« bändigt.

Der auf die Stiftung des Felddienstzeichens bezügliche erste Ratsschluss tautet :

I r.inkturt, den 29. Dezember iHsj. l"reic Staut Hrankluri. .\uMug Protokolls des Groüsen Rathes der freien Stadt Frankfurt. Auf Bericht des Kriegs-Ztfugamtcs d. d. 24. d. Felddicmtadchen (ür die FcM-

/.ugsbetheili^'tcn voti iK jH und 1H49 betrertctid.

Ks wird das Kncfjb-Zcugauu crmächtigl. «nit der 'itändii;ci> liurgerrepra!»eniaiioii durch den Herrn Deputirtcn derselben auf dem Amte dahin in Confercn/. XU treten:

Von dem (lomnundo des hiesigen Linienbataillons sei dem .Senate vorgetrji;ci) worden, dass die Stiftimi,' eines »»F^hretireichens für treu geleistete Diensu im l-elde« als ein wc-einltche^ Mittel zur l-ikderung und l'rhaltung des in dem hiesigen Linien-Bataiiinn anerkannt bestehenden Sinnes lur militärische Eluc. Ordnung und Disdplin betraditet werden mfisse. Der Senat könne das Gewicht der Vür<^'etr.i>^cncn (>ründe, namentlich nachdem das hiesige Bataillon mit anderen deutschtn Iriippcn in dauernde Diaistverbindung gebracht worden, nicht verkeimen, der Sen.it bringe dabei auch gern tti Anschl:t£r die ausgezeichnete, brave Dicnstfiiljrung des Mannes, von wekiietn der Aiura^ ausgegangeit, und beabsichtige dalier, die beantragte Stiftung eintreten xu lasseit.

Zur Beglaubigung ger. V. Bohog.

Die förmliche Stit'tuiii: des Felddienst/cichens daiirt erst vom 21. Februar 1854. Der l>c/n<:liche Beschluss des Senates lautet:

Auf Hcschluss Hohen Senat-^ vom 21. Tcbruar i«S)4, die Stillung eines FcUdienst^eicheiis tur die i eid/ugsbc theiligten von 1848 und 1R49 betreifend, wird verordnet:

s-

Zur Erinnerung an die FeldzOge des hiesigen Liuientnilitärs 1848 und 1849 und als Anerkennung treuer Dienste in diesen Kriegen ist ein Felddienstxeichen gestiltet.

Dasselbe besteht für alle Mifitirgrade in einem aiK Bronze gefertigten Kreuze, auf dessen Vorderseite im oberen Felde der Frankfurter Stadt\i*appenadler. im

unteren Felde ein Rtchenlaubkranz und quer durch die mittleren Felder die Inschritt : 1*1848 und 1849.U Rückseite: »Für treuen Dienst im Kriege.«

.•■ '

1).\s Felddienstzeichcti wird an einem ^^■eissseiden«n. aui beiden Seiten r«Hh gestreilteti. Hände aut der linken Brust getragen.

* Die Stempel sind von dem Graveur joh. Phil. Henrich geschnitten und

werden in der städtischen Mün/s.unnilung auf der SiadrbibÜothek in Frankfurt aufbewahrt. Die Kreuze kosteten 1 (iulJen j6 Kreu/er pro Stück.

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5- 4.

Auf dieses Fclddicnstzcidicii hat ein Jeder Ansprudt, welcher in den Jahren 1648 und 1849 im Dienste des hiesigen LinietiiuiHtärs als streitender oder nkht- streitender Militir den Feidzug nach Schleswig-Holstein oder Baden mitgemacht, der Fahne treu geblid)en und sich weder damals noch seither einer entehrenden Handlung schuldig gemacht hat.

S- )•

Jeder, der das Felddienstcddieii empfingt, erliält damit ztig^h auch eine \om Krkgs^Zeugamte ausgefertigte Verleihungsuiltundet welche also lautet:

Zur Erinnerung an die Feldzüge des hiesigen JJnienmilitärs in den Jahren 1848 und 1849 ist dem Inhaber dieses ... des hiesigen I.inien-

mihtirs» geboren zu im Jaiire , das vom

Hohen Senate unterem 1853 gestiftete Fetddienstteidien

dir treuen Dienst im Kriege ertheilt worden, worüber demselben gegenwirtigc Urkunde ausgestellt wird.

5. 6,

Verbrechen oder Vergehen, welche eine entehrende Strafe nach sich ziehen,

haben t<v.-n Verlust dieses Ehrcii/ciclicns «ir Folge. Frankfurt, den 2}. Februar i8>4.

Kriegs-Zeugan«. ge«. V. Günderrode.

Das Felddienstzeichen fär die Teilnahme des Linien>BataiUons an den FeldzOgcn 1848 und 1849 ist abgebildet auf Tafel III No. 7 und 8.

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lo. Die grossherzoglich badische Gedächtniss-Medaille für 1849.

Am November 1849 erteilte der Senat sämmtliciien Mit- gliedern des BarailloDs, welche an dem 1 eldzugc in Baden Teil ge- nommen hatten, die Erlaubniss zum Traisen der von Seiner Kv}. Hoheit dem (jrossher/(\y von le iden gestifteten Gedaciitniss-Meilaillc. Der bczü^^Hciie Auszug aus dem Protokoll des Kriegs-ZeuganiK^ vom 13. November 1849 lautet:

Früikiurt. den ij, November 1S49. Auszug Protokolls des Kriegs-Zcugauucs der freien Stadt Frankfurt. Auf Beschtuss Hohen Senats vom Heutigen, die voi\ Seiner Kgl. Hoheit dorn Grossherzog von Baden gestiltete GedichtnissmedaiUe für die zur Bekämpfung des Aufstandes in Baden im Jahre l849 verwendete Armee bctreficnd: Es wird dem Herrn Oberstlieutcnanr Busch crötTtict, dass Hoher Saint denjenigen MUiiarpersoncn des hiesigen Lmicn-Bataillons, welche den Feldzug nach Baden nutgemaclu haben, die Erlaubniss zur Annahme und Tragung der von Seiner Königlichen Hoheit dem Grossberzog von Baden gestifteten Gedächtnlssntcdailie ßir die zur Bekämpfung des Aufstandes in Baden im Jahre 1849 verwendete Armee ert!K-k', auch denselben gestatte, das dazu gehörige Band schon jetzt an/unchmcn und zu tragen.

Zur Bcglaub*i:untr : gez. Hauptmann Rumpf.

Die N'eneiluiiL; der Medaille crlülj^te noch im November 1849. Die i;iossherzogliche Verordnung;, durch welche dieselbe gestiftet wurde, und die zugehörigen Statuten lauten, wie folgt:

»Allerhöchste Ordre.«

So. 64. Als dankbare Anerkennung der Verdiensie, welclie die zur Nicder- känipfung des Ai l^r indes in das (irossherzojjthum eingerückte Armee Meiner W-rbffndrten sicii um ^f■Jh vm\ das Grosslierzogthum erworben, und zum bleibenden Ciedächtuiss an die von den bctrclVenden Iruppen betiiätigten kri^erischen Tugenden finde Ich mich bewegen, lur alle diejenigen, welche den Feldzui,' gegen die Rebellen in Baden tadellos nntgemacht» eine Gedacht- nissmcdaille m stiften und hierüber beifolgende Statuten festzusetzen. Carisrulie, den 29. August 1849.

gez. Leopold.

gez. A. V. Roggenbach.

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Statotm

Öbcr die Vcrlcllmtig einer Gcdächtni's-McJjillc an die zur Belcftnipfung des Auf' Standes in Baden im Jahre 1849 verwendete Armee.

H c s c ]> r e i b u n g der M e i1 n i 1 1 c. I. Die Gedäduniss-Mcdaillc iKniteht für alle Grade aus Gescliüt/gut. Dieselbe stellt auf ihrer Vorderseite einen Lorbeerkranz dar, niit der Umsctirift: Leopold Groslwrwg von Baden

und der Inschrift:

dem tapferen Befreiungs-Heer 1S19 und duf der Kelirseite ein aiitg<"richtetes blankes Kriegssciiwert, von zwei Palroenzwcigen umschlungen, ab Symbol des durch die Tapferitelt der Armee dem Lande wiedergegebenen Friedens. 5. 2. Die Meil iille wird an dem Bande des Hausordens der Treue, dem ersten ÜrUcn des Landes, getragen.

A n s p r ü eil e ;t n f die e d ä c htn is s - M e J .1 i 1 ! e. 5. j. AuJ diese Gedacinniss-Medaille haben alle Oüii^icre, Kriegsbcamic und säromtltcbe Mannschaften Anspruch, welche im Jahre 1849 mit den operi- renden Armeen aur Bekämpfung des Aufstandes in das Grossherzogthum

Baden eingerückt sind. Hiervon müssen allein diejenigen Soldaten aus- ge*.chlmsen sein . welche sich eines entehrenden Verbrechens scluildig gemaciii, wie aucli das Begehen eines solchen Verbrechens künftig den Verlust der Medaille nadi sidi ziehen sdl.

Nachweisung der Berechtigung zur Tragung der Gedächtniss-Medailie. ^ 4. L eber das Recht, diese Gedächtni$s>Medaille zu tragen, erhält jeder ße-

reclniptc eine Urkunde. ). Nacli dem Ableben eines mit der Gedachtniss-Mednilie Decorirtei) verbleibt dieselbe der Familie als ehrendes Andenken. Carlsruhe, den 29. August 1849.

gez. Leopold.

ge/.. A. v. Roggenbach.

Die batlisclic Gctiäcluniss-Mcdaillc ist abjicbilUci aul' Tukl III No. 9 und 10.

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11. Die DieDetalterssdchen für das Lioienmilitär der freien

Stadt Frankfurt

Durch Ivaisbeschluss vom 15. Dc/.ciiiber 1840 wurden für c1.^ Linien-Militär, x'.clchcs aus einem Retnilion zu s>cchs Coinpa^nicci" bestand und seit der Wiederhersteiiuni^ der Selbst.st.indiL;keit Joi Stadt im Jahre 1815 seinen l^iat an L'iueroffii^ieren unu Mannschaücn durch aus^edienie Soldaten aus den Machbarsiaaien erL;änzte, »Dienst- alierszcichen« zur Belohnung; langjähriger, treuerMilitardienstc cesiiftci.

Dieselben bestanden aus den nachstehend aul^eiührten ver- schiedenen Klassen :

1. Kreuz für 25jährige Dienstzeit der Offizif^re.

Ein Silber- vergoldetes Kreuz von 27 Millimeter Höhe und Breite, Es wurde nach dem Wortlaute der weiter unten aufgeführten Verordnung »ain rothen, mit drei schmalen weissen Streifen versehenen Bande», in der Praxis aber am rothen Bande mit weissen Randstreifen auf der Unken Brust getragen. Das Kreuz zeigt auf dem Mittelschilde der Vorderseite in einem aus 23 Teilen zusammen- gesetzten Kranze von Eichenlaub den gekrönten städtischen Wappen- adler, auf dem oberen Arm die Zahl XXV und auf den drei anderen Armen : Jahre 11 treue II Dienste. Die Abbildung siehe auf Tafel III No. II.«

Die Rückseite trägt im Mittelschild in einem aus 23 Teilen zusammengesetzten Kranze von Eichenlaub das Stiftungsjahr: 1840. Da auch die nachstehend beschriebenen Kreuze ftür 25, 15 und 10 Dienstjahre der Unteroffiziere dieselbe Rückseite hatten, so wurde für die Prägung sänimtlicher Dienstalterszeichen ein gemeinsamer Revers-Stempel verwendet. Im Jahre 1847 wurde dieser durch den vielfachen Gebrauch abgenutzte und schadhaft gewordene Stempel nach einer Verfügung des Senats vom 9. März durch einen neuen ersetzt. Die Herstellung dieses letzteren wurde dem Münzmeister Tomschutz, welcher auch im Jahre 1841 die Prägung besorgt hatte,

Üic Diciistaltcrs/ciclicn sind, nach Grösse und Art der i^rügun^, den 1.SJ4 im Herzogtum Nassau gestifteten Diciistkreiixen nachgebildet.

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Obenragen.' Der seil 1847 benutzte Revers-Stempel ist von dem

älteren kaum zu untcrscheicien. Der genaue Beobachter findet, Jass bei dem älteren Stempel die Zahl 8 etwas tiefer und ein wcnii; niiher an der Zahl i, dessgleichen die Zahl 4 tiefer steht, als dies bei dem neueren Stempel der Fall ist. Die Verschiedenheit ist bei der Abbildung der Rückseiten der nachstehend unter II und III beschriebenen silbernen Kreuze auf Tafel III No. 16 und 17 veranschaulicht. Es linden sich je von den unter I bis IV beschriebenen Klassen des Dienstaiterszeichens Exemplare mit den beiden Revers-Verschiedenheiten vor.

IL Kreuz lur 2jjahrigc Dienstzeil der U n lerol fizierc,

Spiclleute und Soldaten. Es iäi von Silber und stimmt sonst mit dem silber-vergoldeten Kreuz für die Offiziere vollkommen überein. Mit seinem Besitze war eine monatliche Zulage von zwei Gulden verbunden. Die Abbildung der Vorderseite siehe auf Tafel III No. 12, der Rückseite auf Tafel III Nu. 16 und 17.

HL Kreitz für ijjährige Dienstzeit der Unteroffiziere,

Spielleute und Soldaten. Es ist von Silber, sollte nach der Verordnung »an einem rothen Bande mit zwei schmalen weissen Streifen« getragen werden, wurde aber gleichfalls stets an dem rothen Bande mit weissen Randstreifen auf der Unken Brust befestigt. Form, Grösse und Prägung der beiden Seiten sind übereinstimmend mit den unter I und II beschriebenen Kreuzen für 25jährige Dienstzeit, nur steht auf dem oberen Arme die Zahl XV. Die Vorderseite ist abgebildet auf Tafel HI No. 13, die Rückseite auf Tafel III No. 16 und 17. Mit dem Besitze dieses Dienst« alterszetchens war eine monatliche Zulage von tV' Gulden verbunden.

IV. Kreuz für lojährige Dienstzeit der Unteroffiziere,

Spiclleute und Soldaten.

Es ist von dunkler Bronce und wurde nach dem Wortlaute der Ver- ordnung »an einem rothen Bande mit einem schmalen weissen Streifen«, in der Praxis aber wie alle Diensulterszeichen am rothen Bande mit weissen Randstreifen getragen. Es stimmt in Form, Grösse und

' Die Herstellung^ des neuen, von Zollnunn in Wiesbaden ircstochencn, Rcvcrs- Stempcls kostete 22 Gulden; ebensoviel hauen auch je die j .\vers-S:empel und der Revers-Stempel vod 184 i gekostet. Die bis 1866 gebrauchten 4 Stempel, nimticb die Avers-Stempel von 1841 fikr 2$ und ij Jühre» dann der von 186$ 10 Jahre, sowie der ^'enieinsame Revers-Stempel von 1847 befinden sidi jetzt ii( stidüschen Münzsammlung in Frankturt.

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Prägung mit den übrij,'en Kreuzen überein, nur trägt der obere Arm der Vorderseite die Zahl X. Da der Bedarf nn Bronce-Kreuzcn ein weit grösserer als an silbernen war, so wurde der Avers-Stempel für die ersteren mit der Zeit abgenutzt und es musste ein neuer her- gestellt werden. Derselbe wurde im Jahr 1865 geschnitten. Das Mittclschild des neuen Stempels ist etwas grösser wie bei der alten Präguni^; der dasselbe umgebende Kranz von Eichenlaub ist aus 27 statt aus 23 Teilen zusammengesetzt, der Adler ist etwas grösser und schärfer geschnitten. Auch die Buchstaben auf den Armen der Kreuze zeigen kleine Verschiedenheiten. ' Die Vorderseite mit dem Stempel von 1841 ist abgebildet auf Tafel III No. 14, mit dem Stempel von 1865 auf Tafel III Xo. 15. Es wurden mit dem letzteren auf Bestellung des Kriegszeugamtes vom 18. Janu.ir 1865 einhundert Broncekreuze angefertigt. Die Rückseite des Kreuzes stimmt mit der auf Tafel III No. und 17 abgebildeten Rückseite der silbernen Exem- plare überein.* Mit dem Besitze dieses Diensialterszeichens war eine monathche Zulage von einem Gulden und die Berechtigung verbunden, um kostenfreie Aufnahme in das Erankfurter Bürgerrecht nachzusuchen.

Die Srifrungs-Urkimde für die Diensialterszeichen, welche auch im Separatabdruck erschienen ist, wurde im Amtsblatt der freien Stadt Frankfurt von 1840 verötTentlicht und in der Oberpostamts- zeiiung vom 20. Dezember 1840 mitgeteilt. Sie lautet : '

Im Attftrnirc Hohen Senats wird iu-iclistcl)endc Verordnung bekannt gemacht. Fraukfurt am Main, den 1$. Dezember 1840.

St.idi-Canziei.

' Fs finden sich demnach, abgesehen von den sub \' beschriebenen 2 goldenen Kreuzen und i silbernen Krcu-c für 5ojälirigc Dieasticei», nachstehende neun ver- schiedene Af^ von Diensialterszeichen vor:

1) Kreuz für 3$ Dienstjahrc der Offiziere, Avers und Res'ers von t&fi ;

2) dasselbe Krcu7, Avers von 1841, Revers von 18.J7;

)) Kren/ tur 2] Dienstjahre in Silber, Avers uiul Revers von 1841 ;

4) dasselbe Kreuz, Avers von 1841, Revers von 1847;

$) Kreuz ßr 15 Dienstjahre in Silber, Awrs und Revers von 1841;

6) dasselbe Kreuz, Avers von 1841, Revers von 1847;

7) Kreuz für 10 Dienstjahre in Broncc, Avers und Revers von 1841;

5) d.^S'-elbe Kren/, Avers von 18 }i, Revers von 1847; t;) J.iNselbe Kreuz, Avers von 1865, Revers von 1S47.

* l ur dielironce-Krcuze wurden anfangs 2 Gulden 15 Kreuxcr, später 2üulden, zuletxt 1 Gulden }o Kreuzer bezahlt. Ein silbernes Kreuz \i-urde nach Ausweb der Rechnungen mit 4 Gulden, ein sübervergoldetes mit 7 Gulden 1$ Kreuzer berechnet.

^ Für die VcrnrJnun£T vom 15, Dc/cniber 1840 dienten die Statuten zu dem im Jahre 1835 im Grossherxogtum i^ics&en gestifteten Dieostkreuz als Anhalt

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- 103 Verordnung

Ober die Stifning ehws Oientoherswichena fDr das Linienmilitair der freien Stadt

Frankfurt

Wir Bürgermeister und Ratli der firden Stadt Franltfurt ani Main haben Uns bewogen gefunden, zur Anerkennung und Belohmini; vidjälviger treu und Vorwurf»« frei geleisteter Dienste im hiesigen Linienmiliuir ein militairisehes Dienstelircnieichen au stiften, und verordnen hierüber Folgendes:

S- «•

Das Ehreniekfaen besteht

»för Offiziere«

(br 2S Jahre Dienstleistung im hiesiucn Linienmilitair aus eineni goldenen K lu/«. , juf dessen Vorderseite im Medaillon das hiesige Stadtwappen und auf den vier Strahlen -)XX\' Jahre treuer Dienste«, auf dessen anderer Seite aber nur im Medaillon die Jahres7:.ihl der ersten Verleihung 1840 geprägt ist.

Fisr L'ntcrolfuiere, Spicllcute und S.iIdLiien

lur lujährige Dienstleistun<; jun einem kupiciiien Krui/c, welciics in der Prägung dem goldenen gleich, jedoch anstatt mit der Zahl XXV mit der von X verschen und womit eine tnonatliclie Zulage von eineni Gulden ver- bunden ist;

b) för 15 jährige Dienstleistung aus einem silbernen, ebenfalls in der Prägung

dem goldenen gleichen, aber mit der Zahl XV versehenen Kreuw, tnit monatlicher Zulage von einem Gulden dreissig Kreuzer;

c) ßr 35}ilirlge Dienstleistung aus einem silbemen» b der Priguiig dem goldenen gleichen, mit der Zahl XXV versehenen Kreuze, und mit einer monatlichen Zulage von zwei Gulden.

Die Kreuze werden an einem rothen, nach der entsprechenden Dienstzeit mit I, 2 oder ; sciimalcn weissen Streifen versehenen Rande auf der linken Urust getragen,' und /war so, dass auch bei den Unterofti/ieren und Soldaten dasselbe^ weim sie das Lcderzeug umgchlngt haben, noch sichtbar bleibt

:■ 5-

Den ÜllUieren werden die Jahre, welche sie als Unierolii/iere und Soldaten gedicm haben, ebenfalls gezählt

' Sdmmtliche Dienstkreu/e wurden, abweichend von dieser Verordnung, laut Senatsbeschluss xxrni 16. März 1841 am roten Bande mit weissen Ilandstrcifcn getragen. StadtWbliothekar Dr. Ebrard teilt Ober das Band Nadistehendes mit: Von dem Band /u den Dieusialierszeichen wurden seitens des Kriegszeug- amtes viermal officiclle Lieferungen und zwar stets bei den GebrOdcrn Flassavant in Frankfurt am Main bestelh, nämlich am 27. Februar 1841, am 12. März 1847, am 10. September i8j2 und am 4. April 1864. Die beiden ersten Lieferungen sind von Duniarcst und Cie in St. Etienne bei Lyon, die beiden letzteren wohl von Ficlucr und SiMine in Basel fabridrt. Die vier Liefenuigen, von welchen s.iiuintlich I m in der städtischen Münzsamm- lung auf der Frankfurter Stadtbibliothek vorhanden sind, unterscheiden sich durch vier verschiedene Nuancen im Rot und durch eine verschiedene Zahl von Maschen auf dein Zettel (d. i. dem Längsfaden).

.\uch von nicht weniger als sieben niclu-officicUen .\nfcnigungeti von Band zu den Dienstkreuzen durch Frankfurter be/w. auswärtige Posameutierc besitzt die dortige städtische Münzsammlung Proben.

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I04

Je<.les KriL^sj.ihr, il;is lidsst jeder wirklich ttittgetu^clitt; Feldziig, wird Sa zwei. Dicnsijahrc gerechnet.

S- 4.

Die Jahre der Kriegsgefangenschaft werden nicht als Kriegsjahrc gcdhlt Nur dann, wenn die Gefangenschaft Folge einer schweren Verwundung war, lw> halten Wir Uns vor, in einzelnen Fällen Aumahmen dntreten zu lassen.

Bios das laufende Jahr, in welchem ein Militair verwundet und dadurch ausser Stand gesetzt ist, an den ferneren Gefechten wahrend desselben Theil zu nehmen» wird als Kricgsialu-, das hcisst doppeh, gerechnet.

§.6.

Hei Rcstimiming dor Dicnst/cit kommen nur die Diensijahre in Anrechnuni;, wcLlic der iieuclVeadc im hiesigen, niciit aber die, welche er etwa in auswärtiutii Miliuirdieusien gestanden hat. Den hiesigen Offizieren sollen jedoch fremde Dienst- jahre zählen, doch müssen solche zuletzt mindestens 10 Jahre im hiesigen Mitiutr- dienst gestanden haben.

S- 7.

Ist die Dienstzeit eines Miütairs l'inpere Zeit, als sechs Moniite, dnrcli Abschied unterbrochen wt>rdcn, so zahlen die früheren Dienstjahre nicht. W ir bchaheu Uns jedoch vor, in besonderen Fallen Ausnahmen hierin emtrcten zu lassen.

S. 8.

Wenn ein dos Dienst-Ehrenzeichen besit/tcndcr Unteroffizier zum Ütlizier avancirt, liefert er dasselbe ab und empfangt dagegen, wenn er 25 Dienstjahre hat, wobei ihm die als Soldat und Umcrofliiicr ' gedienten Jahre zählen, das Diemi- I'^hrenmchen der Offiziere. Ausgenommen hiervon sind diejenigen Utitcrof Ii ziere, welche wegen bewiesener besonderer Tapferkeit vor dem Feinde zum Othaer avanciren.

S-9.

Eben so muss ein jeder Unteroflizier und Soldat, welclicr das Kreuz doer

höheren .Mtersklasse erhält, das früher besessene zurückliefern; desgleichen müssen die Verwandten eines verstorbenen Militair«; jeden Cr.uies das von demselben be- sessene Dienst-Ehrcczeichen durch das Militair-Coniniando an das Kri^gs-Zeuganu abliefern.

S> 10.

Die Besitzer des I^eost^Bhrenzeidiens sind emiäditigt, solches auch nach

erfolgtem Austritt aus dem Militairdiensi fortzutragen, wobei jedoch die Zulif^e cessirt und n.icli dem Ableben des Besitzers dasselbe ;in das Kricq:"^-/eug-.'\nu zurückgestellt werden muss. Das Band allein, ohne das da/u geitorige Kreuz, darl nicht getragen werden.

$. 11.

Verletzung der Treue, sowie jede entehrende Handlung« machen zur Erlangung des Diunst'Hhrcnzcicheos unfähig.

Üben diese Ursaciien, welche zur Erhaltung des Dienst-Eiirenzeichens unwürdig machen, zidien auch den Verlust desselben nach sieh.

Durch kricgsgerkhtKche Erkamtnissc entzogene Dicnst-Ehrenzeiclien können nicht wieder erlangt werden, ausser mit Unserer Bewilligung.

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- I05 -

Jeder Empfänger des Dienst-Ehrensdchens eriiält daraber dne, von dem Xikgs^Zeug'Amt au^efertigt^ auf ihn sprechende Urkunde.

Zu näherer Prüfung der Ansprüche und Würdigkeit in den einiebien Fällen

!>olIai der Bataillons-Rcfclilsh.ibcr und dk beiden .iltcstcn Hauptlcutc unter dem Vorsitze des Militär-Cotnnuiudantcn zusaninientretea und die geeigneten Antrage stcllai.

Die Berichte, worin die Verhältnisse genau angegeben und die Anträge niotivirt sein müssen, werden auf dem DiensiiÄ,*cg an das Kriegs-Zeug-Amt einge- schickt. Die Entscheidung auf den Vorschlag des letzteren bleibt Uns vorbehalten.

$> i6.

Bios die Miütair-Personen des streitbaren Standes können das Militair-Dienst- E})rcn/eichcn erhalten, die Nichtstreitenden haben I;cineti Anspruch darauf. Wir bclulien Uns jedoch vor, bei ausgezeichneten Dienstleistungen, namentlich im Felde, auch an mchcttreitendc Milhajrs das Dienst-Ehrenzeichen zu verleihen.

S- «7.

Bei den Tcnsionairen kommen nur die Jahre iu Aiireciuiung, walirend welclicr sie wirklich aetive Militairdienste geleistet haben.

V. Das Dienstaltersseichen für 50 Dienstjahre.

a, für Offiziere. Dasselbe wurde durch Senatsbeschluss vom 6. Juli 184 1 zum ersten Mal und, bis zur Aufhebung der Selbstständigkeit der freien Stadt Prankfurt im Jahre 1866, im Ganzen viermal und zwar an die nachbenannten Offiziere verliehen:

t. Oberst Carl Philipp Decken. Derselbe trat am 27. Juni i7;8 ab Fähnrich in den reichsstädtischen Militärdienst, wurde am 25. März 1803 zum Unterlieutenant, am 5. October 1805 zum Oberlieutenant, am 23. April 1810 im primatischen Dienst zum Hauptmann II. Gasse, am x6. April 1815 zum Hauptmann I. Classe, am 28. Dezember 1829 zum Major, am i. Mai 1830 zum Oberstlieutenant, Militär- und Platzcommandant befördcn. Er hatte die Feldzüge gegen Spanien und Frankreich mitgemacht, erhielt das Kreuz fOx 50 Dienstjahre am 6. Juli 1841, wurde am I. Juli 1842 pensionirt und starb am 17. April 1845 in Frank- furt am Main.

2. Oberst Georg Wilhelm Hofman n. Er trat am 22. Februar 180 1 als Fähnrich in den reichsstädtischen Militärdienst, wurde am 12. Mai 1806 Unterlieutenant, am 16* Februar 181 3 Oberlieute- nant, am 2. Juni 1815 Hauptmann, am i. Mai 1838 Major und Commandeur des Linien-Bataillons der freien Stadt, am i. Juli 1843 Oberstlieutenant, Militär* und Platz-Commandant, am 22. Juli 1845

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zum Oberst befördert. V.r hatte an den Kriegen in Spanien und gegen 1- rankreich Teil genommen, erhielt am 9. October 1845 dasselbe Exemplar des Dienstkreuzes flkr 50 Jahre, welches der ad I genannte Oberst Deekcn getragen hatte, wurde m 31. Januar 1849 pensionirt und starb am 2, August 1852 in

I rankfurt am Main.

Das zuerst von Oberst Decken und nach diesem von Oberst Hofmann getragene Kreuz wurde, nach dem Tod des letzteren, am 20. März 1856 an das Kriegszeugamt abgeliefert und von diesem am 8. Mai 1858 der städtischen Münzsammlung über- wiesen. Das Kreuz ist mnssiv in Gold von Johannes Wirsing in l'rankfurt gearbeitet und kostete, nach Ausweis der Rech- nungsbelege des Kricgszeugamtes , sammt Model und Htui, 58 Gulden. Ks stimmt in Form und Grösse genau mit den übrigen Dienstalterszeichen übcrcin. Das Kreuz tragt im Mittcl- schild der Vorderseite, in einem Lorbeerkranz, den städtischen Wappcnadler und auf den vier Armen die Aulschrift : L il Jaiirc

II treuer II Dienste. Die Abbildung der Vorderseite siehe auf Tafel III No. 18. Das Mittelschikl der Rückseite trägt die Jahres- zahl 1840, das Jahr der Stiftung der Dienstalterszcichen, und ist abgebildet auf Tafel Iii No. 19. Ueber dem Kreuz erhebt sich eine heraldische Krone mit drei Blättern ' und aus dieser heraus ein Ring zum Durchzietio-i des für die übrigen Dienstalters- zeichen gebräuclüichen Bandes, an welchem es auf der linken Brust getragen wurde.

3. Major Justus Schul er. Derselbe wurde assentirt am 1. Januar 1804, trat am i. Januar 1806 als Cadet in den primatiscben Dienst, wurde am 6. August desselben Jahres zum Fähnrich, am 9. August 1808 zum Unterlieutenant, am 24. April 1810 zum Oberlieutenant, am 21. März 18 14 zum Hauptmann und am I. Mai 1858 zum Major und Platzmajor ernannt. lir hatte i8<.)6 am Krieg gegen Preussen, von 1808 bis 18 15 an den Kämpfen in Spanien, 1814 und 181 5 am Kriege gegen Frankreich Teil genommen. Er erhielt das Kreuz für 50 Dienstjahre, durch Ratsschluss vom 10. November 1846, am i. Januar 1847 und starb, als Major und Platzmajor, am 24. Dezember 1855.

Das für den Majt)r Schuler neu angefertigte Kreuz wurde am 19. Dezember 1846 von den Silberarbeitern Sackermann, Hessen-

' I^ic inclirtacli gehörte Beliauptunx. d.iss die Kreuze für $0 Dienstjahre von einer Aiiuerkrone überragt worden sekn, beruht auf einem Irrtum.

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107

hcr«^ & Ct). an das Kric^szcngamt abgclit-tcrt. Iis war «^cnaii dtni ad 2 beschriebenen I-xemplar naeh<;ebildet, war nur '/4 Kroiic scliwcrcr und trug aul dem Mittclschild der Rückseite die Jahres- zahl 1847, das Jahr der Verleihung an Major Schuler. Das Kreuz, das mit Etui 55 fl. 12 Kr. kostete, wurde nach seinem ToJe am 4. Januar 1856 an das Kriegszeugamt zurückgegeben. 4. Oberst Carl Ludwig Heinrich l'raiiz Hcmnierich. Derselbe trat am I. August 1816 als Cadct in den Militärdienst der freien Stadt, wurde am i. Mai 1821 zum Unterlieutenant, am 31. August 183 1 zum Oberlieutenant, am 6. Juni 1840 zum Hauptmann, am 23. Juli 1856 zum Major und Commandeur des Linienbauilbns der freien Stadt befördert und am 9. November 1859 zum Oberst- lieiitenant und Militär-Commandant ernannt, l-.r hatte an den Feldziigen in Schleswig und Baden 1848 und 18 (9 Teil genommen und erhielt das Kreuz für 50 Dienstjahre, durch Ratsschluss vom 29. Januar, am i. August 1864.' Er wurde am 17. Januar 1865 als Oberst pensionin und starb am 18. Februar 1884, 82 Jahre alt, in Frankfurt am Main.

Er erhielt das ad 3 beschriebene, früher von Major Justus Schuler getragene Kreuz. Dasselbe wurde bei Ilessenberg & Co. im März 1864 einer Umänderung unterworfen, indem das Miltelschild erneut und auf des.scn Rückseite an Stelle der Zahl »1847« Jahr »1864a eingeschnitten wurde. Der runde Ring zum Durchziehen des Bandes wurde durch dnen langgestreckten ersetzt, weil Oberst Hemmerich die besondere Erlaubniss erhalten hatte, das Kreuz an dem für die übrigen Dienstalterszeichen vorgeschriebenen Bande um den Hals zu tragen. Dieses hier beschriebene, von Major Justus Schuler und Oberst Hemmerich getragene Exemplar betindet sich gleichfiills in der städtischen Münzsammlung in Frankfurt. Seine Rückseite ist abgebildet auf Tafel III No. 20.' Die Vorderseite entspricht, abge- sehen von dem langgestreckten Ring über der Krone, der Abbildung auf Tafel UI No. 18.

13-

I

' Oberst Henimerich erwarb sicli ausser <Icn) Kreux für 50 Dictisijahrc, dem Fciddicnstzcichen (ür i84S'.|9 und der badischen Gcdüchtntssmedaille während seiner Dienstzeit den östrcichiMrlien Leopoldorden ). Cbssc, den preussischcn Kroneti' Orden J, Classe und das llittcrkrcuz i. Classe des hessischen Ludewigs-Ordeiis.

' .Scnjtor C. von Heyden sagt in seinem kurzen Aufsalze über die Militir* Hhrenxeichen der fieien Stadt Frankfurt in den Mitteilungen des Vereins fiSr Ge- schichte und Altertumskunde II. 265. d.iss .luch ObL-rstlieutcnant Jäger das Kreuz für 50 Dicnstj.ihrc ht;scs;,cn h.ibc. l!s beruht dies auf einem Irrtum. Jäger wurde im Jahr iSoo asscntirt, i82y als Oberst pensionirt und starb 184}. lir erhielt bei

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io8 -

Die Urkunde, welche dem Oberst Hi^mmcridi gleichzeiiig mii dem Kreuz übergeben wurde, lautet :

Freie Stadt Frankdirt. Das durcli Kathsbeschluss vom 29. Januar 1H64 No. 475

dem Herrn Obersttieutenam und MUitair-

(!ommnn Jjnten Franz Ludwich Philipp Hemnicrich zur jVnerkcnnur.g und Bclohnuuj^ fönfzigjähriger treu und vorwurfsfrd geleisteter Militairdienste gewährte goldene Kreuz ist

nach Vollendung der vorgedachten Dienstzeit am i. August 1K64 kraft Enuäch- tigung Hohen Senats von dem unterzeichneten Amte heute dem Herrn Oberst- licntLuant Meninierich verliehen worden, worüber demselben gegenwärtige

Urkunde erthcÜT wird.

Frankfurt am Main, den 1. August 1^4.

Kriegs-Zeug-Amt. Dr. Neuburg. Müller.

b) der Unteroffiziere und Soldaten.

Dasselbe wurde nur einmal, am 16. Dezember 1845, an den Feldwebel und Bürgermeister-Ordonnanz Heinrich Jung verliehen. Das Exemplar ist verschollen und soll dem Veteranen mit in das Grab gelegt worden sein.* Es war von Silber, wurde von den Silberarbeitem Sackennann, Hessenberg & Co. am 2. Januar i^^O an das Kriegszeugamt abgeliefert, kostete 12 Gulden und stiinmte mit dem goldenen Oftizierkrcuz in Grösse, Form und Prägung überein. *

der Stiftung der Dienstkreuze im Jahre 1841 naditräglich da» Kreuz för 2; Dienstjahre.

Es wiirdett deninnch nur wci l'xftnplare des golik nci'. Kn.ii''i.s ?tir Dienstjahre aii^eicrligt. Beide betuiden m<.1i in der städtischen ^iun^sanunluil^ m Fninkfurt. Andere in Privatsammlungen vorhandene Exemplare sind lediglich Nachbildungen jener Originalstückc.

' J""g> geboren in Langsdorf bei Braurfcis. wurd^.- 1796 assenliri, machte alle Feldzüf^e bis zum Wiedercinrückcn des Contini;cnts im Jahre 1800 mit, wurde i8ü6 Ürdonnauz beim Kriegszeu^ami, 1826 Ordonnanz beim älteren Bürgcniicisler und starb am 2. April 1850 in Frankfurt am Main.

' .\uch von diesem Kreuz wurde für eine Privatsammlung eine Nadi- bildung in Silber angefertigt und imumlich mit einer »Mauerkrone« versehen.

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IL

Die Ehrenbürger der Reichsstadt und der freien Stadt

Frankfurt a. M.

Von Stadurehivar Dr, R. ^uag.

Die Ernennung des früheren OberbOrgermeisters Dr. Miquel zum Ehrenbürger unserer Stadt hat zu Kachforschungen in den beiden Stadtarchiven gefuhrt, wie oft bisher die städtischen Behörden diese Auszeichnung verliehen haben. Dass solche Nachforschungen nöthig waren, beweist deutlich, dass die Namen der Männer, welche mit der höchsten Würde der Stadt beehrt wurden, mittlerweile in Vergessenheit gerathen sind. Kein äusseres Zeichen, kein Denkmal, keine Gedenktafel, nicht einmal die Benennung eines Gebäudes, eines Platzes, einer Strasse ' hält die Erinnerung an irgend einen der sechs Männer fest, die wir unsere Ehrenbürger nennen. Die folgenden Blätter bezwecken, von Neuem an die Verdienste dieser Männer und an die Umstände, welche mit der Verleihung des Ehrenbürgerrechtes an dieselben verknüpft waren, zu erinnern.

Die Reichsstadt, seit 1815 die freie Stadt Frankfurt hatte nicht, wie im monarchischen Staatswesen üblich, Titel und Orden an Bürger oder Fremde zu vergeben, welche sich besondere Verdienste um das Wohl der Stadt erworben hatten.' Waren es Einwohner, Bürger der Stadt, welche Anspruch auf besonderen Dank hatten, so beschränkte sich in den früheren Jahrhundenen der Rath meist auf einen Beschluss, welcher den Betreffenden diesen Dank aussprach; ab und zu gewann der Dank eine mehr materielle Gestalt, indem man dem Bürger gewisse Erleichterungen in der Ableistung seiner BürgerpHichten zeitweilig oder für immer zugestand. Hatte sich ein Auswäniger Verdienste um die Stadt erworben, so belohnte man denselben ausser mit einem Dankesbeschluss häufig auch mit einem wenhvollen Geschenk, z. B. mit einem kunstvollen Becher, angefüllt mit gangbaren Goldmünzen.

Als man kürzlich einer Strasse den Namen Scliwanthalcrs gab, dachte man nur an Jen bcrülinncn Künstler, nicht an seine Eigenschait als Ehrenbürger unU Schöpfer unseres Goeihe-Denkmals.

' Ich lasse hier die seit iHij üblichen Verleihungen von Hhrcnmedaillen an Mititirpersonen ausser Betracht.

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HO

Mit dem Bndc des vorigen Jalirluinderts fand man eine neue, in unserer Stadt wenigstens noch nicht dagewesene Form, besonders verdienten Männern zu danken, indem man ihnen das hiesige Bürger- recht mit allen seinen Vortheilen, aber ohne seine Verpflichtungen ehrcnihalber übertrug. Diese neue Art der Ehrung ist offenbar unter dem Eintluss der Ideen erwachsen, welche die französische Revolution auch iin!> zugeführt hatte; die Monarchie dankte durch Verleihung des Adels, die RcpuMik ernannte £hrenbi]irger wie ja z. B. Schiller ehrenthalber mit dem Titel eines »citoyen fran^ais« bedacht wurJc , der bisherigen Werthschätzung des Adels setzte sie die Werth- schäizung des »tiers itat«, des Bürgerstandes, entgegen. Die Ver- leihung des Frankfurter Ehrenburgerrechtes wurde aber nur bei solchen Männern beschlossen, welche bisher dem hiesigen Börger- verband c nicht angehörten. Der Frankfurter Bürger, welcher sich besondere Verdienste erworben hatte, musste sich mit dem Bewusst- sein wohlerfüllter Pflicht und allenfalls auch mit einem Danke des Senates begnügen ; da er bereits die Ehre hatte, Bürger zu sein, so dachte man nicht daran, diese Ehre noch zu mehren, indem man ihn zum Ehrenbürger ernannte und ihn also seiner bürgerlichen Lasten ledig sprach.^ Ob die Nichterthetlung der Ehrenbürgerwürde an hier bereits \'erbürgertc Grundsat/ oder nur Zufall war, ist mir niclu bekannt. Unsere bisherigen l'hrenbürgcr waren alle Ausländer, nur einer von ihnen war von der Stadt angestellt und besoldet worden. Die Verleihung der Würde beschloss der Senat; die bürgerliche Vertretung hatte nur insofern mitzuwirken, als sie die nöihigen Kosten für das Diplom zu beschlicssen h.tite. 1867 wurde zum ersten Male eine gesetzliche Bestimmung über das Ehrenbürgerrecht ge- troffen ; das Gemeindeverfassungsgesetz schrieb in § 22 vor, dass die Verleihung desselben durch die Stadtverordneten auf Antrag des Magistrates zu erfolgen habe; die Vertretung der Bürgerschaft hat von diesem Rechte vor kurzer Zeit zum ersten Male Gebrauch gemacht.

' So crtheiUe mau dem hiesigen Bürger Dcttniar Basse, welcher sich 17*^^ und 1797 durch sdne Verhandlungen mit der französischen Regierung die grossten VerdwRste um das schwer bedringte Frankfurt erworben hatte» dne besonders

leierHch abgefasste Dankcsurkundc ; Senator Thomas erhielt nach dem Abschlus> dos Kasseler Vertrages vom 2 j. September 1S28 einen besonderen l*rmnko!!- Aus- zug des Senates, der ihm dessen Zuiricdcuhcii und Dank aussprach ; dem Handels- mann Coester» welcher den Senator ohne amtliche Eigenschaft nut seinem Ratlie unterst&tzt hatte, wurde ebenfalls ein Protokoll -Aaszug zugestellt, welcher ihm »fÖr seine patriotische Widmung und Lnterstiit/ung des diesseitigen Herrn Abge^

ordneten J.is \\'r tilgcfallen und den Dank des Senates mincist Insinuation

dieses Beschlusses» ausdrückte.

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I.

Im April 1795 hatte Fretisscn mit der fr^inzösischen Republik den Frieden za Basel geschlossen, während der Krieg des Reichs und Oesterreichs gegen Frankreich seinen Fortgang nahm. Auch Frankfurt befand sich noch im Kriegszustände mit den Franzosen, sein kleines Kontingent stand im Felde bei der dsterrelchischen Armee unter Ceifajt. Der Kriegsschauplatz war um die Zeit des Basler Friedens- schlusses die Gegend des mittleren Rheins; Frankfurt war für die Oesterreicher und Preussen, die fortwährend hier durchmarschierten, ein höchst wichtiger Punkt. Am 28. März verlegte der preussischc Generaltteutenant Erbprinz Friedrich Ludwig von Hohen- lohe-Ingel fingen sein Hauptquartier hierher und blieb auch nach dem Friedensschlüsse in der Stadt als Kommandeur eines kleinen Truppenkorps, welches die Innehaltung der in Basel verabredeten Demarkationslinie seitens der Franzosen zu beobachten hatte. Die alte Reichsstadt befand sich damals in schlimmer Lage: sie hätte so gern ihren Frieden mit den Franzosen geschlossen, denn sie wurde durch den fortwährenden Kriegszustand in ihren wichtigsten Interessen schwer geschädigt, wenn nicht die Pflicht als Reichsstand die fernere Betheiligung am Kriege gebieterisch gefordert hätte. Die beständigen Truppendurchzüge der Kaiserlichen, welche sich um die preussisch- französische Demarkationslinie nicht kümmerten, die schwer lastende Einquanierung von Oesterreichem sowohl wie von Preussen des Hohenlohischen Korps verursachten den regierenden Behörden viele Arbeit, dem Bürger harte Entbehrungen. Das Tagebuch des hiesigen Borgers und Handelsmannes Samuel Gottlieb Finger' gibt uns ein interessantes Bild von dem buntbewegten, kriegerischen Treiben, von den schweren Plagen der hiesigen Bürger in jenen aufregenden Ta<;en von 1795. Nicht jeder konnte sich mit so gutem Humor über alle die Unannehmliclikcitcn hinwegsetzen wie die verwittwete Räthin Goethe, die gerade ihr Haus auf dem Hirschgr.iben verkauft hatte und, der Sorgen als Hausbesitzerin frei und ledig, von der nen- bezogenen Miethwohnung an der Hauptwache aus sich über das reiche militärische Leben unter ihren Fenstern weidlich freute; in den interessanten Briefen an ihren Sohn in Weimar, welche die Goethe- Gesellschaft uns neuerdings erschlossen hat,' merken wir nicht allzuviel

* Vaicrstadtisciies und Vatcriandisciies, Auszüge aus S. (j. l-ingci ^ 1 agebücliern 179$— 1818 im Archiv (br Frankfurts Geschichte und Kunst, Neue Folge. Band VI, [61 )67.

' Sclyiften der Goeihe-Gcscllschafi, 4. Band: Hriefe von Goethes Mutter an ihren Sobn, Christiane und August v. Goethe, Weimar i88y.

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von dcnL.i.sicn und Sorten, welche die l^inwuhncrschaft bedruckten. Ein trauriges Bild davon lietern uns aber die Akten der geheimen Kriegs- deputation des Raihcs. Gegen die übermässigen Antorderuiiqen der kaiserlichen Generale wie gegen die unverschämten Zuniuthiingen französischer Kriegskonimissare, welclie das wechselnde Krici^st^lucL in die Nähe der von den Preussen beset/ien Stadt iührie, f.uui der Rath eine teste Stütze an dem hier weilenden Erbprinzen von Hohen- lohe, welcher den I ranxosen gegenüber mit Energie aul die Be- obachtung der DemarkationsHnie hielt,' und den Rath der Stadt in huchsi freundlicher Weise in dessen Widerstand gegen übertriebene französische und österreichische Forderungen unterstützte. Wie liic Bürgerschatt dem l^rin/en für seinen thaikräliigcn Schutz Dank wussie, zeigen die Worte 1 ini^ers an mehreren Stellen seines Tagebuchs; er leiert ihn als Retter und Ik-schützer der Stadt, wie dürie der biedere Frankiuner den Dank und die liocliachtung vergessen, welche er dem »rechtschafienen« Prinzen schulde? Die Dienste des Prinzen wurden für die Stadt am werthvollsten, als sicli I:nde September die Armeen Jüurdans und l'ichegrus der Stadt näherten; die glänzenden Siege der Oesterreicher unter Clerfayt und Wurmser bei Mainz imd Mannhcmi befreiten schon im Oktober die Stadt von der drini.'.endsten Gefahr, Aber ohne die energische Haltung Hühenlohes gei^cnub^r Jen 1-r.inzosen, welche gern die Deniarkationslinie überschreiten wollten, wäre l-rankfiut vor den kaiserlichen i'rfolgen in die liaikie des leindes j:;etallen, und der 1 eldzug halle möglicherweise eine ganz anucre WLiidun- L;enommen.

In der städtischen geheimen Kriegsdeputation - lulilie man sich nunmehr bewogen, dem König i riedrich Wilhelm U. den Dank der Stadl tur den bisher bewiesenen Schutz auszusprechen; man wählte dafür die 1 orni eines einfachen Dankschreibens an den Monarchen. Dies aber vcrdross den Erbprinzen von Hohenlohe; er soll sich, aus welchem Grund wird nicht gesagt, »in den empfindlichsten Ausdrücken« darüber geäussert haben, (jeneral v. Heumann, wohl der General- stabschef des l'rinzen, iheilie dies einem Frankfurter Senatorrait, der ihn über eine geeignete Dankesbezeugung an seinen Ghef sondirte, und Hess die Bemerkung lallen, ein preussischer Oberst habe in Polen einen mit ßriliauien besetzten Säbel als Andenken erhalten, und der

* Ein schönes Beispiel, wie mannhali und echt deutsch gesinnt der Prinz dem (nnxösischen Uebcrmuth entgegentrat, gibt Finger a. a. O. S. 178.

' Ueber die erste Ehrenbürger- )->ncnnuiig vgl. die RathsprotdkoUe, die Akteti und Protokolle der Deput.ilioti ins den J.nhrcn 1795 iiiu! \~./-> im St.ultnidiiv I. Al»- iheilung; der KntiÄ'url des Diplomes in den .Sclwt/.unt{sanusakica Ugb^ A M Nr. jo cbcndort.

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Prinz li.ibc da/u geäussert, dies sei doch ein Andenken, welches der Familie dcrtinst /.urücki;cl.\sSLn werden könne. Dieser Wink fiel bei dem Frankturtcr Raihshcrrn nicht .luf unfruchtbaren Boden : seine Stadt, erwiderte er, sei geneigt, dem Prinzen sicli durch ein Geschenk dank- bar zu erweisen. Geld, meinte lleuni.um, werde der Prinz nicht .mnelimen. Ais aber der Senator äusserte, dns Präsent werde nicht in einigen tausend Gulden bestehen, sondern in etwa ^40,000, da meinte der preussische (icncral, diese Summe sei freilich sehr an- sehnlich. Der Senator Lilaubtc darin eine Zustimmung des Generals 711 einem khui^enden Dank für den Prinzen zu sehen und berichtete dcmgcniäss an die Deputation. Diese beschloss, dem König schriftlich, dem Prinzen mündlich durch eine Abordnung »die unbegrenzte Dank- barkeit hiesiger Stadt wegen der tür ihre Sicherheit und Erhaltung bezeigten v. ichiiL'sten Dienste zu coniestircn«, sowie bei der ständigen Bürgerrcpiasentation die Bewilhgung eines Geldgeschenkes an Hohen- lohe in der Höhe von .]00o neuen I.ouisdor zu beantragen. Die Vertreter des 51er Kollegs stimmten dem zu und General Meumann wurde gebeten, den Prinzen zu sondiren und »die Sache so einzu- leiten, dass Niemand compromittiret werde«.

Ein Gerücht von diesen Verhandkmgen, welche der Natur der Sache nach als geheim zu betrachten waren, verbreitete sich durch die Indiskretion eines Mitwissers in; Publikum. Man beschloss zwar, es frischweg zu dementiren ; aber es war zu spät, denn das Gerücht war bereits bis ins preussisciie Hauptquartier gedrungen.

General Heumann hatte seinen Auftrag redlich erfüllt. Des Prinzen Durchlaucht hatte auf seine Anfrage erwidert, er wisse die wohlmeinende Gesinnung und den Hifer der Stadl, sie zu beweisen, vollkommen zu schätzen, aber das Anerbieten der Dankesbezeugung in Baar mit »einiger Empfindlichkeit« zurückgewiesen. Er Hess sich jedoch schliesslich durch Henmann dazu bereden, die ihm zugedachte Summe in Gestalt eines silbernen Tafelservices, aber erst nach geschlossenem Frieden, anzunehmen.

Man hatte sich also eine Absage geholt; ich glaube nicht irre zu gehen, wenn ich annehme, dass der Prinz von den umlaufenden Gerüchten gehört und in Rücksicht auf die öffentliche Meinung und auf seine Stellung als Chef eines prcussischen Armeekorps das ihm zugedachte Geschenk für jetzt abgelehnt hat.

Aber der Bürgermeister, der über diese heikle Frage mit Heu-

niann verhandelte, wollte den Dank der Stadt durchaus in irgend

einer Form an den Mann bringen. Er Hess unter Berufung auf das

Beispiel anderer Städte den Prinzen fragen, ob er geneigt sei, das

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hiesige Bürgerrecht anzunehmen. «Mit Vergnügen« war die Antwort des Prinzen.

Auf den Bericht des Bürgermeisters hin beschloss denn auch die Deputation, dem Prinzen nicht nur das versprochene Tafelservice im Werth von 400oLouisdor nach dem sehnlichst erwarteten Friedens- schhisse zu vereliren, sondern auch beim Senate die Verleihung des Ehrenbürgerrechtes an den preussischen HeerfQhrer zu beantragen. In den Motiven ihres Vorschlages ging die Deputation von der allgemein empfundenen Nothwendigkeit aub, dem Erbprinzen von Hohenlohe für seine Verdienste um die Stadt deren Dank auf irgend eine Weise zu betbätigen. Durch die Verleihung des Ehren- bürgerrechtes werde den umlaufenden Gerüchten entgegengetreten, als sei dem Prinzen ein beträchtliches Geldgeschenk gemacht worden. Wenn auch der Adel jetzt nicht mehr dringende Veranlassung habe, sich wie im Mittelalter in das Bürgerrecht der Städte aufnehmen zu lassen, so fehle es doch nicht an Beispielen, dass Mitglieder des hohen Adels von Städten zo Ehrenbürgern ernannt würden.* Kolli' sionen der Stadt mit einem Ehrenbürger wegen Anforderungen auf Ableistung bürgerlicher Pflichten seien nicht zu befürchten, da Ehren* bürger mit dem persönlichen Bürgerdienst verschont zu werden pflegten und nur für den Fall, dass sie im Gebiete der Stadt Grund* stücke ohne Hxemption besässen, die darauf haftenden Reallasten zu entrichten hätten ; von Ableistung des Bürgereides und Erlegung der Schätzung, d. h. der Vermögenssteuer, könne keine Rede sein. Was die Form der Ernennung belange, so sei die Deputation für einen oflenen Ehrenbürgerbrief mit anbangendem grossen Stadtsiegel in Wachs; derselbe sei dem Prinzen in einer goldenen Kapsel im Werth von einigen tausend Gulden zu überreichen.

Demgemäss beschloss der Rath am lo. November 1795, den Namen des Erbprinzen von Hohenlohe-Ingelfingen als Ehrenbürger in das Bürgerbuch einzutragen und demselben die Urkunde seiner Er- nennung in goldener Kapsel durch die beiden Bürgermeister übergeben zu lassen.

Die beiden Syndici Seeger und Danz hatten Entwürfe eines Ehrenbürgerbriefes vorgelegt; die Arbeit Seegers erhielt den Vorzug. Die Urkunde lautet:

' lk"i Dan?", H.indbuch des heutigen Deutschen Privatrcchtes HJ. l\' fStutt- garl iHoi ), tindet sich im Abschnitt über die Ehrenbürger (S. .}<iy) dieser Sai/ üst wörtlich wieder: der Verfasser stütxt sich hier wohl auf eine MittheUung seines Vervi'andtcn, des Frankfurter Syndicus Daiu.

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W ir Bürgermeister und Kaih dieser des heiligen Kömisclien Reichs freyeii Stadt Pranckfnrth am Mayn Urkunden und bekennen :

Demnach nur allzu bekannt ist, in welch einer höchst geßhrlichen Li^e die hiesige Rcichs-Stadt, so wie bey sclion mehreren Epoclien des g^enwinigen Kriege^ also noch besonders in diesem laufenden Jahre 179s» als skh die franx&sische Armeen ihren Mauern ndt Udiermacht wieder genähert luttcn, sich befunden, und wie die göttliclie Vorsehung das Mittel ihrer Rettung aus dieser dringendsten Gefalir durch den grossmüthigcn Scliutz Ihro des Königs von Preussen Majestät unter der weisesten Leitung Dero «um General en Clief des zu Beobachtung der festgeseuten Neutraliuits-Lkde bestimmten Königlichen Truppen -Cordons ernannten General-Lieutenants der Infanterie, Erb^Printzen Friederich Ludwig von Hohenlohe-Ingelfingen, HochfürstÜchc Durchlaucht, wohlthätig licrbcy gcftihrct hat;

Nachdem hiernächst eben erwähnt Ihro Hochlürstiiche Durchlaucht, indem Sie jene erhabenste Absicht des Königs Majestät mit einer W urde. Energie und Klugheit, welche die Bewunderung von ganz Deutschland ist, ausge* führet, liicbcv auch insbesondere Uns und Unserer (.^bri^^kcitliclicn Vor- sorge anvertrauten hiesigen gesannntcn Bürgerschaft solche wesentliclie Beu'eise gnädigsten Wohlwollens gegeben haben, welche Utts Bürgermeister uiul R.ü!) dieser Stadt, sowie einen jcJcu ciiudncn Unserer Mitlnirger zu dem innigsten und unauslöschlichsten Dankgctuiii verpflichten; su luben mehrgedacht Ihro HochfÜrstliche Durchlaucht zu allen diesen bisshcrigen Beweisen Ihres unschätzbarsten höchsten Wohlwollens auch noch diesen bcy- zulugen geruhet, Sich nach Unserm und dem allgemeinen Wunsche hiesiger BOrgerschaft in der Eigenschaft eines Civis honorarii in deren Mitte an> und aufiiehmcn lassen zu wollen.

Gleidiwic nun dieser lür lüesige-Reichs Stadt so ehrenvolle Hntschluss mehr]gedacht llm> Hochf&rstlichen Durchlaudu Uns zugleich mit der weiteren

/ir.i.Tsic!it^vnllcn Hofnung belebet, in solchem eine N'erbiirgunp der Forl- dauer Hochstihro gnädigsten Andenckcos und unschätzbarsten bisherigen Wohlwollens ftkr Uns und hiesiges gemeines Wesen auch alsdatm noch erkennen /.u dürfen, waiui in der Folijc höhere Bestimmungen Ihre HochAfSt- liehe Durciilaucht wieder aus hiesiger Stadt abrufen werden;

Also ist es auch ftkr Uns die Erl&llung ehier theuren Pflicht, Höchst- denenselbcn dieses otlentüche Merckmal des unverj^esslichen Danckes, des unbegrinzten \'eitrauens und der uuauslüsdilich tielsten Verehrung der gesamten hiesigen Bürgerschaft respectuosest darzubringen.

Mehr höchstj;;cd.icht Ihro des heiligen Romiwlien Reichs Fürsten Frie- derich Ludwigzu Hohenlohe, Graien zu Gleichen, Herr» zu Langenburg und Cranichfeld pp.. Königlich Preussischen General-Lieutenants der Infanterie, Rc^clis-Cieixr.il , der Cav.illcrie, cnmniandireiulen (ienerals der Königlichen Truppen am Mayn und inWestphalen,Gcneral-Iuspectcursder Nicdcrschlessischen Infanterie» sämtlich Schlessiscber leichteo Infanterie^ «uch aller Königlichen Truppen in denen frinkischeo FörstenthBineni, Gouverneurs /u Bressian, Chef eines Regiments InCuilerie, Rittern der Königlicfaen schwarzen und rottaen Adler-, Midi da Hessischen Löwen-Ordens pp. Hochfikrstliche Durchlaucht erwählen und ernennen demnach Wir Bürgermeister und Rath dieser des heiligen Reichs Stadt Franckfunh amMain in Kratit dieses «umEhrenbärger dieser freyen Reichs- Sudt auf das duerUeiigsie und wie soldiei nm hnmer anf das allerfcyer- lichste geschehen kann oder mag; als zu welchem Ende Wir nicht allem

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gegenwar tigcs oitciics Diplom hierüber haben auslertigen und Unser grojö Stadt-Insiegci an dasselbe bänden, sondern solches auch Höchstgedacht Ibro Hochf&rstlichen Dttrchlaucht durch eine aus Unserm Mhtel hiezu emanntt Raths-Deputation /.u höclist eigenen Händen überreichen au lassen.

So geschehen Franckfunh am Main den la Novbr. 179$.

Die Ueberreichung des Diploms, welches in einer grossen goldenen Kapsel ruhte und von welchem das Siadtsicgel ebenfalls in goldener Kapsel von der Form einer Tabaksdose herabhing erfolgic noch am Tage der Ernennung, am to. November. Der ErbfifiiH enip6ng die beiden Bürgermeister v. Lauterbach und Dr. Schweitzer, von einem glänzenden Gefolge von förstlichen Personen and OfB- zieren umgeben; »mit ausgezeichnetem Wohlwollen« nahm er die Urkunde entgegen und versicherte, er werde sich auch künftighin bei jeder Gelegenheit zum Besten der Stadt verwenden.

Es scheint sich dem neuen Ehrenbürger, dem ersten der Stadt, eine solche Gelegenheit nicht mehr geboten zu haben. Er verliess schon am 11. November Frankfurt, um ein Kommando tn Bresliu zu übernehmen; ein grosser Theil der städtischen Kaufleute geleitete ihn zum Zeichen ihres Dankes für den der Stadt gewährten Schutz eine Strecke Wegs zu Pferde; l inger widmete ihm in seinem Tage- buch die dankbaren Worte: »Das Andenken an diesen verehrungs- würdigen Fürsten, den, aber nur ihn für seine Person allein, uns Gott zum Beschützer gab, wird nie bei uns verlöschen, und beständiger Segen müsse dafür alle seine Schritte und Tritte begleiten.« Die beiden gelesensten Zeitungen widmeten dem neuen Ehrenbürger ein nach Form und Inhalt für die Zeit bezeichnendes Lebewohl; der Erbprinz, so lautet es, verliess »unter den innigsten Seegenswunscben unserer ganzen Stadt die hiesige Gegend. Der erhabene Fürst wird in dem dankbaren Andenken seiner gerührten Mitbürger verehrt und geliebt leben. Mit dem letzten grossen Beweis Ihrer erhabenen

* So nacli Finger a. a. Ü. S. lO). Die Kosten der Ausstattung beliefcn sich auf Ober 3000 Gulden. Ob Holienlohe später auch das versprochene Tafelservice erhalten hat, konTUe ich aus den Akten nicht feststellen. Anscheinend legte er

grossen Werth darauf", dLim Ccncral v. lleumann verhandelte noch längere Zeit in dieser Anfjclcgenlieit mit cir.cni liicsi^'cn Senator. Anfang Juli 1796 war der Ge- neral selbst hier, um die vSaclie nach den Wünschen des Prinzen, der den Fabrikanten bezeichnet, demselben das Modell gegeben und sogar den Preis von 11 ,000 Gulden bereits vereinbart haue» persönlich «a betreiben. Die Depuution lehnte die Ver- handlungen iil er diesen Gegenstand bis nach erfolgtem Frieden ab, denn -jeMiic jetzt liattc ni.i'i dirclinns keine Zeit, an das Tafelservice ?ii denken, da die Fran- zosen unter Jourdan ngiich der Sudt näher kamen. Nach den traurigen lirci^; nissen von 1796 sdieint die Sache in Vergessenheit gerathen zu sdn.

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Denkart gerühmten Sc. Hochfürstliche Durchlaucht auf eine so ent- scheidend herablassende Weise die Reihe der mildesten Gesinnungen gegen hiesige Stadt zu beschltessen, indem Hochdieselhen noch am letzten Sonnabend die beyden Wohlregierenden Bürgermeistere Hoch- wohlgebohren, welche das Bürgerdiplom mit goldner Capsel der Stadt Frankfurt Sr. HochfürstU Durchlaucht zu überreichen gekommen waren» mit ausgezeichneter Achtung und den Zweck ihrer Sendung mit huldreicher Gefälligkeit in Gegemvart Ihres Staabs aufnahmen. Glückliche Bürger! die einen Fürsten die einen erlauchten Hohen- lohe mit sich durch den schönen Bürgemamen vereiniget seilen.« ' Der Buchhändler Johann Christian Jäger verbreitete das Bild des Gefeierten und fand dafür den besonderen Dank des Rathes.'

Ich lasse einige kurze Nachrichten über den Lebensgang unseres ersten Ehrenbürgers folgen,' welcher nach seiner Ernennung nie mehr in einer offiziellen Dienststellung nach Frankfurt gekommen ist. Ein tragisches Verhängniss hat gewollt, dass seine glänzende Laufbahn ein Ende mit Schande nahm. Die Geschichte des preus- sischcn Heeres, zu dessen ausgezeichnetsten Generalen er gezählt wurde, bewahrt ihm ein schlimmes Andenken. Er hat das traurigste Schicksal, welches den Heerführer treffen kann, erfahren müssen: erst die vernichtende Niederlage und dann die Waffenstreckung im freien Felde.

Prinz Friedrich Ludwig von Hohenlohe-Ingeltingen wurde 1746 geboren. Die letzten Jahre des siebenjährigen Krieges focht er in der Reichsarmee gegen Preussen, trat aber 1768 in die Dienste Friedrichs des Grossen. Im bayrischen Erbfolgekrieg hatte er viel- fach Gelegenheit sich auszuzeichnen. In den Revolutionskriegen war er als Generallieutenant einer der glücklichsten preussischen Heer- führer; Blücher nannte ihn damals einen General, »auf den die preussische Armee stolz sein köime.« Im UnglQcksjahr 180^ be- fehligte er als General der Infanterie den kleineren Theil der preussisch- sächsischen Armee. Er wurde von Kaiser Napoleon selbst am 14. Oktober bei Jena mit grosser Uebermacht angegriffen und bis zur Vernichtung geschlagen. Er führte die traurigen Trümmer seines Heeres nach Norden zurück; am 28. Oktober schloss er, durch die Kopflosigkeit

' So gickhlautcnJ und wohl Jcr sLidtischcn Kanzlei entstammend im »Frank- furter Journal,« 179J Nr. 179 und im »Frankfuner Staat»>Ri$tretto/( 1795, Nr. 179, Beilage.

' Rathsprotokoll 1796, Mar/. 24. Der Dank bestand in 6 Krönungsdukaien. ) Nach V. Meerheimb in der Allgemeinen Deutschen Biographie Xil, 68$.

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seines Gcncralstabschds Masscnbach, der dit; Armee für unm;i!iocn liiclt, veranlasst, die sclitnähliche Kapitulation zu Prenzlau, durch welche er sich mit einem Korps von etwa 10,000 Mann a)& kriegs- gefangen T v'b. »So endete,« sagt ein neuerer Geschichtschreiber,' »jener ritterliche Fürst, der einst die Zierde des prcussischen Heeres war, der in den Versuchungen der rheinbündischen Tnge allein unter den 1-ürsten des Südens ehrenhaften Muth und deutsche Treue be- wahrt hatte.« Kurz vor Ausbruch des Krieges hatte Napoleon den Fürsten, der ja damals souveräner Herr eines kleinen süddeutsclicn Fürstenthums war, für den Rheinbund gewinnen wollen; aber alle Lockungen des Kaisers waren an dem Stolze des Fürsten abgeprallt, der Jen preussischen Dienst nicht verlassen, nicht auf die Seite der Feinde Preussens treten wollte. Die Rheinbundsakie machte seiner Souveränität ein Hnde; er übergab, weil er nicht als württem- bergischcr Unterthan leben wollte, das Fürstenthum seinem ältesten Sohne. Die militärische Laufbahn des Fürsten war mit dem T:i}^c von Prenzlau natürlich beendet; er zog sich auf seine schlesischcn Güter zurück und starb, von der Mitwelt vergessen, am 15. Februar 1818 auf dem Schlosse Slavenzitz in Oberschlesien, welches noch heute seinem ünkel, dem Herzog von Ujest, als Wohnsitz dient.

II.

Kurz nach der Ernennung des Erbprinzen von Hohenlohe-Ingel' fingen 2um Ehrenbürger Frankfurts ward dieselbe Auszeichnung einem hervorragenden österreichischen Heerführer zu Theil' Es war der kaiserliche General^Feldmarschall Graf Karl von Clerfayt, welcher durch seine Siege am Rhein im Herbst 1795 das französische Heer unter Jourdan von dem weiteren Vordringen ins Innere Deutsch- lands und somit auch von der Eroberung Frankfurts abgehalten hatte.

Am 5. Januar 1796 kam der kaiserliche Feldherr, welcher sein Kommando niedergelegt hatte und sich auf der Reise nach Wien befand, in Frankfurt an und stieg im »Römischen Kaiser« ab. Den Empfang einer ihm zugedachten feierlichen Deputation der städtischen Behörden hatte er abgelehnt, nahm aber den Besuch des älteren Bürgermeisters v. Humbracht entgegen und bezeugte ihm seine Zufriedenheit mit dem Benehmen der Stadt, welche den kaiserlichen Truppen mannigfache Unterstützung hätte zu Theil werden lassen. Ausser

* V. Treitschke, Deutsche Geschichte I, 2$o.

' Vgl. die erwähnten Deputations-Akten und Ugb. A 14, Nr. }i im Stadtarchiv I.

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den biililvollcn Worten des l'cidherrn wusstc ;ihcr der ßürycrnieiMcr bcincn Kollcficn in der yelieimen Kriegsdepution noch einen ver- ständlichen Wink niitzutheilen, den ihm ein Ofl'izier aus dem Gelblj^e des l'eldmarschalls gegeben hatte: Se. Kxcellenz, so hatte dieser Herr geäussert, werden es »mit Vergnügen sehen, wenn Ihnen das Bürgerrecht offeriret werden w olUe«. Der Wink w urdc verstanden ; die Deputation beschloss, dem Grafen Clerfayt »rück sichtlich des hiesiger Stadt unter Ihrer klugen Anführung derer tapfern kaiser- lichen Truppen wiederfahrnen mächtigen Schutzes das hiesige Bürger- recht geziemend zu offcrircn hicrnächst aber auch Ihnen das Beste hiesiger Stadt angelegentlichst und unter der Bitte zu empfehlen, dass Sie geneigen möchten, Ihrer kaiserlichen Majestät die schmeichel- haften Zeugnisse über das hiesige Benehmen zu wiederholen«.

Die Angelegenheit war höchst dringlicli, denn Graf Clerfayt wollte schon am folgenden Morgen die Weiterreise antreten. Rine Rathssitzung konnte vorher nicht zusammenberufen werden ; die beiden Bürgermeister begaben sich, lediglich von der Deputation ermächtigt, zu dem Feldmarschall und erhielten von ihm, »unter den schmeichelhaftesten Ausdrückenc die Erklärung, dass er das Geschenk des hiesigen Bürgerrechtes »mit Vergnügen« annehmen werde.

Die Verehrung und Dankbarkeit, welche dem Grafen bei diesem eintägigen Besuch entgegengebracht wurde, blieb nicht auf die regie- renden Kreise der Stadt beschränkt. »Laut jauchzend«, melden die Zeitungen, »begrüsste das Volk den Ketter Deutschlands« ; und das »Siaats-Ristretto« ' berichtete seinen Lesern ausführlicher: »Gestern frühe hatten wir das langgewünschte Glück, Se. Excellenz den Herrn Grafen von Clairfaii, K. K. und des R. I-eldmarschall, auf Ihrer Durch- reise nach Wien einen ganzen Tag in unsern Mauern zu haben. Dieselben nahmen Ihr Absteigquartier im Gasthaus zum Römischen Kaiser auf der Zeil, wo ein Hochedler Rath von der hiesigen Stadt- garnison die Grenadierkompagnie in Farade hatte aufmarschiren lassen, welche auch Se. Excellenz mit fliegender Fahne und klingendem Spiel zu empfangen die Ehre hatte, aber bald wieder von dem Erretter Deutschlands grossmüthig entlassen wurde. Ein Hochedler Rath unserer Stadt licss Se. Excellenz bewillkommnen und mehrere hiesige Parii- kulier hatten die Ehre, Audienz zu erhalten. Das Mittagsmahl geruheien dieselben bei dem hiesigen Banquier Herrn Henry Gontard einzunehmen und am Abend auf vieles Bitten das hiesige Schauspiel

« 1796 Nr. 4 1-xtr.i-Bcilagc. Vgl. auch Hcyncr, Franklun a. .VI. im Jahre 1796, S. $ 1.

I2ü

zu besuchen. Hier war der Held nicht so bald cisv.hicncn, als von allen Seiten die ungekünstelten Herzensergiessungcn des versammelten Pnblikunis in ein dreimal wiederholtes hinrcissendes Vivatnifen aus- brachen. Da diese ungeschminkte, nüchterne Aufwallung von ller/xn kam, so verfehlte sie auch ihren Weg zum Herzen nicht mit sichibarer Hnipündsamkeit entgegneten Se. lAcellenz durch eine Verbeugung nach allen Seiten hin Ihre dankgemisehte /iitriedenSjcil. Herr Prandt drückte die Empfindungen des Publikums in wuhlge- rathenen, an den Herrn Grafen gerichteten \'etscn in einem Prolog aus, der mit gleich Kunst und Geschmack debutirt wurde. Diesen Morgen verliess uns unser Erretter, um seine Reise- nach Wien fort- zusetzen. Ihm folgten die Bewunderungen und Seegnungen Frank- furts guter Bürger!«

Da die Wogen der vulk^ihümlichen Begeisterung für den Helden so hoch gingen, konnte der Rath zwei Tage später dem Vorgehen der Kriegs-Deputation seine Zustimmung nicht \ er\veii;ern. Am 7. Januar 1796 wurde Graf Clerfayi als zweiter Uhrenbürger der Stadt ernannt. Drei Wt)chen später wurde auch der Wortlaut des Ehrenbürger- diploms vom Käthe genehmigt und Clerfayts Name in das Bur^er- buch eingetragen. Der Wortlaut der bj nennungsurkun Je ' ist lulgendcr;

Wir Bürgermeister und Rath dieser des hLilii;cn Reichs Sudt Frankfurt am Mayn

Urkunden und bekennen:

Wie in der zweytcn Hcllic des lei/tverflossenen Jahres die iVanzö&ischcJi Kriegsvölker die auf dem disseitigen Kheinulcr gelegenen deutschen Reichs» lande und Gq^iden gleich einem unauflialtsamcn Strom bberschwcmmt liaben, i»t einem Jeden noch in eben so lebhafter als trauriger Rük- crinncrung.

Wie aber bald hierauf das drohende, unübersehbare Unglück durcli Jen Schuz der tapfern Kriegshecrc Ihrer allerglorwürdigst regierenden Römisdi kayserlichcnMayestät, unsersallergnädigstcn Herrn, unter der heldenmütigen An- fuhrung Ihm des Kayserlichen und Reichs Gcneralfeldnuirschalln und l-eldzeug- lucistcr (ir.ifcii ('.irl Joseph von Clerfait, I'\ct.llt.ii/, von dem deutschen Vatcr- lande mittelst einer Reihe der thatenvol legten Siege wieder abgewendet, und wie hierbey insbesondere auch die Kettung und Erhaltung der hiesigen Reichs- stadt noch in dem krittsclien Augenblik der dringendesten Gefahr glOklich erreicht worden sey, solches wird einem jeden deutschgesinnten Manne und jedem seitie V.iterstadt liebenden Frankfurter Bürger in eben so unvergesv lichem Iroiien Andenken bleiben.

Die Emplindungen de» licisscsicn Dankes, von welcliem ganz Deutsch- land gegen Sein allerhöchstes Oberhaupt f)ir diesen grossmächtigsten Schuz in so schröklichen Gefahren durchdrungen ist, sind auch diejenigen» von

' Sic wurde in drei nxenipl:iren ausgefertigt, wovon sich noch ?rwei im städtischen historischen Museum beiniden; das dritte und xweifellos schöustc erhielt Clerfayt.

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welchen die Bürger dieser Siadt umv/. belebt sind, und welche sich mit Be- wunderung und Verehrung der persönlichen erhabenen Verdienste vereinigen, wodurch Frankfurt jene seine Rettung dein Feldherrn so tapferer Kriegsheerc in der Person vorhingedaclit liiro des Kayserlichen und Reichs Generalleld- ni.irs<:halln und Feldzeugmeisters Grafen von Clerfait, Hxcellenz, zu ver- danken hat.

In den Icztverflosscncn Tagen, da Frankfurts Bürger bcy der kurzen Anwesenheit ehenerwähnt Seiner Hxccilenz in dieser Siadt Hochdencnselhen jene ihre l!mptindungen durch lauten Zuruf darzulegen die frohe Gelegen- heit benuzt halKn, hat auch uns Bürgermeister und Rath dieser Stadt der Gedanke beschäftiget, auf welche Weise Wir noch ferner die Doll- nietscher jener Freude, jenes Dankgefühls und jener unserer und unserer sämtlichen Mitbürger unbegrenztesten Verehrung gegen hochgedacht Iliro lixcellenz werden konnten? Nur aber die Beweise von Wohlwollen und Zufriedenheit, womit Hochdiescibcn in den gedachten frohen Tagen jenen lauten Ausdruk wamicn Dankgcfühles und reinester Verehrung zu crwicdem geruhet haben, haben uns auch die schmeichelhafte Hofnung einflössen können, da>s flochdiesclben diesen Ihren so wohlwollenden Gesinnungen auch noch dieses bleibende Merkmal derselben hinzuzufügen Sich hochgencigtest gefallen lassen dürften, zu einem Hhrenmitgliede desjenigen gemeinen Wesens Selbsten Sich von uns aufnehmen zu lassen, um welches Sie so unsterbliche Ver- dienste haben und das die Empfmdungen seiner dankvollesten Verehrung noch auf die spätesten Nachkommen fortpflanzen wird.

Diesen lebhaftesten Wunsch, hochgcdac'it Ihre Excellcnz in den Jahr- büchern des unserer obrigkeitlichen Vorsorg anvertrauten gemeinen Wesens ein solches Denkmal seiner unauslöschlichen Verehrung stiften zu dürfen, haben daher Hochdenenselben Wir Bürgermeister und Rath dieser Siadt frcyntüthig und zutrauensvoll erölnet, und gleichwie hierauf mehrhochgcdacht Ihro Fxcellenz diesen unsern Wünschen zu entsprechen n>it der Ihnen eigenen Güte und Wohlwollen uns die schmeichelhafte Zusage gethan haben:

Als ernennen und erwählen Wir Bürgermeister und Rath dieser des heiligen Reichs Stadt Frankfurt am Mayn den hochgebornen Grafen und Herrn Carl Joseph von Clerfait, Grosskreuz des n>ilitärischen Maricn- Theresien Ordens. Sr. k. k. apostolischen Majestät wirklichen Kämmerer und geheimen Rath, Allerhöchst dero Gcneralfeldmarscliallen und des Heiligen Römischen Reichs Generalfeld/cugmcistcrn, Obersten und Inhaber eines Iiifniiterie- Regiments und sowohl der k. k. Haupt- als der kaiserlichen Keichsarmee Kommandircnden en Chef hierdurch und in Kraft dieses zum Ehrenbürger dieser des heiligen Reichs Stadt Frankfurt an> Mayn auf das ehrerbietigste und wie es nur immer auf das feyerlichste geschehen kann oder mag, und wollen und verordnen, dass der Nähme hochgcdaclit Ihrer Exccllenz in dieser Eigenschaft unsern Jahr- und Bürgerbüchern einverleibet werden solle.

Zu dessen wahrer Urkunde haben wir gegenwärtiges förmliches Diplom ausfertigen und unser grosses Stadtinsiegel daran hängen lassen. So gc* schchen Frankfurt am Mayn den sechsten Tag itii Monath Jenner des Jahres nach Christi Geburt Ein tausend Siebenhundert Neunzig und sechs.

Dem neuen Ehrenbürger wurde am 17. März in Wien diese Urkuudc in feierlicher Weise durch den dortigen Agenten der Stadt,

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Herrn v. Filgramni, der sich von zwei in Wien anwcscmlcji I rank- furtcr Bürgern, Hauptmann v. Jacob! und Herrn v. Brcvillicri, begleiten Hess, überreicht. Clerfayt dankte der Stadt für die Auf- nahme in die Zahl ihrer Bürger durch nachfolgendes Dankschreiben:

Wohledelgebohren !

Ihre Bevollniächtigte haben mir die schmeichelhaften und ehro)- vollen Beweise llirer gütigen Aufmcrcksamkeit mit Feycriichkcit uebcrbracliL

Dadurcli dass Ich der Ircycn Reichsstadt Francfort allen Schutz ^jc wahrte, dessen die Armee fähig wäre, welcher Ich vor/tiNtehcn die l!hrc hatte, vollzog Ich die ailerliöchstc Befehle und die bestinmite Willcui- nieynun^ Seiner Majestät des Kayscrs, und der glückliche Erfolg entsprach Ast Zuversicht gant^;, die man billig in su muthvolle Trouppen setzen |tOnntc> Icli iii^l'LsoiKlLTL cnipfand dabcy die freudige Uebcr:a*ugiing, einer frcvcu deuf^clien 1^<. ich^stadt i^cnut/i m haben, welche SO vielfältige BcwcibC <kx Anhangliclikeit der Inwohner abgelegt liat.

Empfangen Sie meinen innigsten Dank dafür, dass Sie mich in die Zahl Ihrer Mitbürger aufzunehmen beliebten, und bleiben Sie wohl uebcr«cuj,t, dass mir jede (je!c-;en!icil erwCiiiNcIit sevti werde, v-u Ich iiiLinc fül^e'intliclt- keit, meine Aiih.ujgiichkcil und jene besondere Werlh:>chatzuiig bcstäligini kann, nni welcher Ich zu seyn die Uhre habe

Euer Wohledelgebohmen! Wienn den Märtz 1796.

Ergebenster Diener gr. V. Clerfayt FM

Die Aufnahme des kaiserlichen Heerführers in das Ehrenbürger* recht der freien Reichsstadt erregte in Wien angenehmes Aufsehen. Die donigen Zeitungen berichteten über die feierliche Audienz der Frankfurter Gesandten beim Grafen, der »Wienerboth« druckte sogar den ganzen Wortlaut der Urkunde ab; Kaiser Franz IL Hess sich das Diplom, welches in einer goldenen Kapsel ruhte/ vorzeigen und äusserte darüber »sein altergnädigstes Wohlgefallen«, der hohe Adel Wiens schloss sich der kaiserlichen Bewunderung pflichtschuldigst an, und endlich liess der Kaiser durch seinen Gesandten in Frankfurt dem Rathe wiederum ein »allergnädigstes' Wohlgefallen« über diese Ernennung eröffnen.

Unser zweiter Ehrenbürger bat sich seiner Würde nicht mehr lange freuen können; glücklicher als der erste rief ihn schon nach zwei Jahren der Tod aus dem Höhepunkt einer glänzenden Lautbahn ab.' Karl de Croix, Graf v. Clerfayt und v. Calonne, wurde am

' Sie war in der Bijouteriefabrik von Karl Graumann angefertigt worden und hatte nicht weniger als 5500 Guldeti i^elcostct!

^ Vgl. Landniann in der AUgcmciiicu Deutschen Biographic IV, 52$.

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I4> Oktober 173} in Schloss ßruille im Hcnncgaa als österrtikhischer Untenlian geboren; er erwarb sich seine ersten Lorbeeren im sieben- jährigen Krieg. Im Turkenkrieg 1788—91 zeichnete er sich als Föfarer eines Armeekorps so hervorragend aus, dass ihm beim Aus- bruch des Krieges gegen Frankreich 1792 der Oberbefehl in Belgien anvertraut wurde. Hier kämpfte er bis 1794 theils selbständig, thcils unter unfähigen prinzlichen Heerführern stehend, mit wechselndem Glücke gegen die französischen Revolutionsarmeen unter Dumouriez, Jourdan und Pichegru. 1795 befreite er nach anfänglichem Zaudern im Verein mit Wurmser durch einige kräftige Schläge die Gegend am Mittelrhein von den Franzosen ; es war die ruhmvollste Zeit seiner kriegerischen Laufbahn. Er nahm seine Entlassung, weil ihm die Wiener Diplomatie vorwarf, den Feinden einen zu günstigen Waffen- stillstand gewährt zu haben. Er zog sich nach Wien zurück und endete hier am 21. Juli 1798 sein thatenretches Leben. Nach dem Unheil eines militärischen Schriftstellers war er zwar besser als seine Vorgänger im Kriege gegen die französische Republik, konnte sich aber nicht von der Langsamkeit der alten Schule frei machen; er verlor nie den Kopf und wurde nie müde, aber ihm fehlte die Ini- tiative. Aus seinem Heerlager sind die beiden berühmtesten Feld- herm Oesterreichs im 19. Jahrhundert hervorgegangen: Erzherzog Karl und Graf Radetzky.

III.

Volle zwanzig Jahre vergingen, bis die städtischen Behörden sich wiederum veranlasst fiihtten, die Würde eines Ehrenbürgers einem um die Stadt verdienten Manne anzutragen. Es waren die zwei Jahrzehnte, in weichen Deutschland und auch die Stadt Trank fürt die stärksten Erschütterungen und in rasch auf einander folgenden Ereignissen die wechselvollstcn Veränderungen erfuhren. Die alte Reichsstadt verlor 1806 ihre Unabhängigkeit und wurde die Residenz des Fürsten Primas des llhcinbundes, 1810 wurde sie zur Hauptstadt des nach ihr benannten Grossherzo^tlnimes erhoben. Der Ausgang der Leipziger Völkerschlacht war auch tür Frankfurts Schicksal ent- scheidend: das Grossherzogthum I rankfurt verschwand als selb- ständiger Staat; seine Hauptstadt schied durch Entschliessung der ver- IninJcrcn Mächte vom 14. Dezember 181 3 aus dem bisherigen staatlichen Verbände aus und erhielt ihre Selbständigkeit wieder. Wohl streckten sich damals gierige Hände nach dem Besitze der reichen Stadt aus; aber der Energie und dem Wohlwollen des Mannes, den die ver- bündeten Monarchen an die Spitze der Centraiverwaltung der wieder-

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gewonnenen deutschen Länder gestellt hatten, verdankte die Stadt die Wiederherstellung der alten Freiheit: dem ehemaligen prcus- sischen Staatsminister, Reichsfreiherr Karl vom und zum Stein.' Die nächste Zeit brachte der Stadt die Aufgabe, die inneren Verhältnisse zu ordnen, eine Verfassung zu schaffen, unter der der neue, auch vom Wiener Kongress anerkannte Freistaat leben konnte; in die langwierigen Berathungen über das städtische Verfassungswerk griff auch Stein öfters mit fester Hand, wenn auch nicht immer er- folgreich, ein: er wollte die Rechte der nichtlutherischen Bürger gewahrt, die Macht des Senates beschränkt, die Fernhaltung der nicht eingeborenen Elemente aufgehoben, die Stimme der Bürgerschaft in höherem Maasse gehört wissen: Forderungen, durch die er seinen wahrhaft staatsmännischen, die veränderten Verhältnisse des neuen 1 reistaate«; i^ei^eniiber dem alten reichsstädtischen Stillleben klar er- kennenden Blick aufs glänzendste zeigte.^ Waren auch seine früher geäusserten Wünsche in der nni 19, Juli 1S16 veröffentHchten Kon- stitutions-Hrgänzungs-Aktc nicht durchweg zur Hriiillun^ gelangt, so erkannte er docli in der neuen Verfassung »Ehrfurcht für das Alte und Herkömmliche mit weiser Rücksicht auf das, was die Get^eti- wart erforderte;' sprach die Hoffnung aus, «der gntc Geist der Be- wohner der Stadt werde so entfernt bleiben vom Streben nach dem Aufrechthalten des \'er.ilteten, als von dem Wunsche, das Unerreich- bare zu erringen.« Steins anerkennende Worte, welche Simon Moritz V. Rethmann der Bürgerschaft bekannt machte, sollen wesentlich zur Annahme der neuen Verfassung beigetragen haben. Als sich der Freiherr im Winter 1816— 1817 wie schon im vorhergehenden Winter hier längere Zeit aufhielt, nahm der Senat die Gelegenheit wahr, ihm die seit zwei Jahrzehnten nicht mehr verliehene Würde eines l:!iren- bürgers der Stadt anzutragen. •* Der X'orsehlag des alteren Bürger- meisters Dr. Metzler ging von dem (kdanken aus, »dass es wohl den dankbaren Gesinnungen, welche ein Hochedler Rath gei;en den Herrn Minister breiherrn vom Stein um der Verdienste willen heue, welche sich derselbe sowohl inn ganz Deutschland als auch ins- besondere um hiesige Stadt erworben habe, angemessen sei, demselhen ein Ehrenbürgcrdiplom ausfertigen und ihm solches durch eine Depu-

' Pertz, Leben des Ministers Frh. von» Stein, Bande III— V.

* Kricgk, Gcsclüchtc von Frankl'urt, S. 5 37 Ü.

' Pcrtz V, 63. Zehn Jahre später hat er sich allerdings weniger anerkennen«! über die Erfassung von 1816 und über das politische Verhalten der Bürgerschaft

von 1813 ab gc;ius?crr; v;^I. Port/ Vf, ^12.

* Akten Üuppl, Tom. 91 Nr. 46 iiu Stadtarclüv iL Abtheüuug.

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latiun in einer i;;oldencn Knpscl überreichen zu lassen.« Am 28. No- vember 1S16 vollzog der Senat die Wahl des dritten Ehrenbürgers der Stadt. Die ständige Bürgcrreprasentation stininne dem Antrag des Senates ohne Weiteres zu. Der erste lintwurt des Textes der Ehrenbürgerurkunde, welcher in einem äusserst schwülstigen Stile die Verdienste Steins feierte, fand glücklicher Weise nicht die (ie- nehniigung des Senates ; der zweite Entwurt, der der Ausiertignng zu Grunde uelegt ward, zeichnet sich durch eine einfache und würdige Sprache aus:'

Wir Bürgermeister und liatli der freien S'. uit Frankfurt ani Main Urkunden und

bekennen ;

Was Seine Exccllenz der Herr Staatsminister Freiherr vom Stein in den gefahrvollsten Zeiten, wo das deutsche Volk unter fremder Tyranney erUig, für das Vaterland gethan, wird in dessen eignem Be-

wusstscyn, wird in dem Dank und der Bewundcrimg des ganzen Volkes den schönsten Lohn hnden, und was Hochderseibe mitten in den Stürmen des Krieges, mitten im Streite der Interessen der mächtigsten Reiche für unsem kldnen Freistaat Gutes gewirkt hat, vnrd in den Herzen der Frank» furier Bürger ewig unvergesslkh bleiben. Der Mann, welcher mit edler Hand den ersten Grundstein unserer Unabhängigkeit hat legen helfen, der die zarte Pflanze der neuen Freiheil so wohlwollend schützte, kann unmöglich der danld>aren Bürgcrscliaft dieser Stadt den stolzen Wunsch verargen, dass Er auch selbsten Theil an dieser beglQckenden Freiheit nehmen möge. Diesen Wunsch aller Bürger der neuen Freistadt zu erfüllen, und zugleich Unser eigenes Dankgefühl und diejenige liohc Verehrung, welche Wir Seiner Hxcel- lenz den) Herrn Staaisministcr Freiherr vom Stein von jeher gewidmet haben, öffentlich auszusprechen, erwählen und ernennen Wir Bürgermeister und Rath der frekn Stadt Frankfun am Main Steine Excellens den Herrn Staatsminister Freiherrn Heinrich Friedrich Carl vom Stein, des Russisch-Kaiser- lichen Sanct Andreas, des Kaiserlich-Oesterreichischen Snnct Stcplnms, und des Königlich Preussischen schwarzen und rothen Adlerordens Grosskreuz und mehrerer andern hohen Orden Ritter, hierdurch und in Kraft dieses feierlich zum Ehrenbflrger der freien Stadt Frankfurt und wollen und verordnen» dass dtir Name gedachter Seiner Excclknz in dieser Eigenschaft Unsem Jahr- und Bürgerböchern einvcrlciln werden solle. Zu dessen wahrer Urkunde haben wir gegenwärtiges förmliches Diplom ausfertigen und Unser grosses Stadt- siegel daran hängen lassen.

So geschehen Frankfurt am Main den Acht und Zwanzigsten Tag im Monat November des Jahrs nach Christi Geburt Eintausend Achthundert und Sechzehen.

Die Herstellung imd Ueberreichung der Urkunde scheint sich einige Zeit hingezogen zu haben; erst volle zwei Monate später konnten Schöfl'Dr. Bachmann und Senator Dr. v. Meyer dem Gefeierten das Diptom überreichen und sich dabei, wie die offiziöse Zeitongs-

' I3er hei den erwähnten Akten belindUche nntwnrl ist im Format und in der gezieneti Schrift der Ausfertigung enisprcche»ul gehalten.

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notiz besagte, ovoii dieses verdienstvollen Jcuisclicn Mannes tm- trclUiciicn Gcsiiiiuini^cn neuerdings« überzeugen. Stein dankte durch das nacliioli^ende schone Schreiben:'

Das Bürf,'er Recht der frcyen Stadl Frankfurt erhält für midi einen erhöhten Werth, durch die Zeil in der es mir «u Thcü ward, und die Eigenschaften derer, die es mir ertheilen.

Ich erliahe dieses dircnvolle Geschenk tu «ner Zeit, vifo ich in das Privat-Leben zurückgetreuen bin, wo ich es also keinen anderen Bev^nngs- Gründen, ab denen wohlwollenden Gesinnungen einer höchstaclitungswenhcn Bürgerschaft »ind Sennt zu verdanken habe : von einer Ireyen Stadt, die seit denen frühesten l-poclxcn unserer Geschichte eine ausgezeiciinete Stelle unter denen deutschen freyen StädtM beluuptete, deren Bürger durch Gewerbfldss den Wohlstand der Nation und durch Liebe zur Wissenschaft und Kunst ihren Htterarischcn Ruhm vermelirten. bei denen zu allen Zeiten und in denen schwierigsten \'erh.iltn:ssen treue Anhänglichkeit an das deutsche VaterLind sich ausspracli und bewic^s, und die noch in der neuesten Zeit bcy AusbiN dung einer der gegenwartigen Lage der Dinge angemessenen Verfassung Liebe zur gesetzlichen Ordnung, Besonnenheit und ernste beharrliche Thätigbät an den Tag legten.

Ich rechtie es mir daher mr vor?üi,'!ichcn F:hre, ein Mitglied einer so tretiliclicn Hürgcrscliaft zu seyu, und wünsche, dass Sie noch lange blülicn möge durch Wissenschaft, Kunst und Handel, im Genuss einer woMthätigen freyen Verfassung, als eine Zierde Deutschlands.

Frankfurt, d. 4. Febr. 18 14.

H. Fr. Carl Frh. vom Stein.

Steins Beziehungen zu unserer Stadl waren mit der Ernennung zum Ehrenbürger nicht abgeschlossen;* er blieb der einzige unter den Frankfurter Ehrenbürgern, welchen die Zeitgenossen auch als Mitbürger schätzen konnten. Mit Vorliebe verlebte er hier die Winterszeit bis zur Mitte der zwanziger Jahre und aucli noch dcii Herbst 18^0; hier unterhielt er einen regen persönlichen und briel- lichcn \'erkehr mit seinen politischen und wissenschaftlichen l-reundeo, und dass er es nicht verschtnähte, sich den Besten der hiesigen Bürgerschaft zu gemeinnützigem Wirken zu gesellen, beweist sein nm 5. Marz 1817 erfolgter Eintritt in die Polytechnische Gesellschiü; Von Frankfurtern traten ihm Pfarrer Alexander Stein, Bankier Theodor Mülhens, Rath Fritz Schlosser, die Historiker Johann Karl v. Fichard

' Mh cmigen Abweichungen schon bei Pertz V, in nach Steins Ent^'orf gedruckt.

' Auch Bremen Jiatte ihm die Würiie eines dortigen lüirenhürrrers merkaniit, J i.)elsner, liistorisciier Ueberblick ul>er die Hcstreliungen der l^olyiechnischcn

Gesellschaft im Ncujahrsblatt 1879 des Frankfurter Verdns für Geschichte und

Alterthumskunde S. 12.

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127 ~

und Dr. Johann Friedrich Böhmer' näher. Am 20. Januar 181 9 erfolgte hier auf Steins Anregung und unter seiner Leitung die Gründung der Gesellsch.nft für deutsche Gesciiicliiskunde, welche sich die Autgabe gestellt hatte, die schriftlichen Denkmale der deutschen Geschichte des Mittelalters in dem grossen Werke der Monumenta Gernianiae historica zu veröffentlichen und damit der deutschen Gc' scbichisforscluin^ und Geschichtsschreibung die sichere Grundlage zu geben. V on I rankfurt aus leitete Stein dieses n.uit)nale Unternehmen; CS war das Werk, dem er die beste /.tit seines Lebensabends ge- widmet hat.

Ich kann es mir versagen, hier einen Abriss dieses reichen Lebens zu geben, welches am 27. Oktober 1757 zu Nassau begann und am 29. Juni 183 1 in Kappenberg endete. Die Laufbahn unseres dritten Ehrenbürgers und seine Verdienste um das Vaterland sind jedem Deutscheu bekannt:

Des Rechtes Grundstein, Dem Unrecht ein Eckstein, Der Deutschen Edelstein!

IV.

Die Ernennung des vierten Frankfurter Ehrenbürgers fällt wie- derum in eine Zeit des Krieges, nicht des Krieges mit den Waffen, sondern des Krieges mit den Künsten der Diplomatie. Gegen das Hude des dritten jahr/ehntes unseres Jahrhunderts war die brennendste Frage für Deutschland die wirthschaftliche. Die politische Einheit, welche der Wiener Kongress geschaffen hatte, war nur eine lose; die Verhältnisse des deutschen Handels forderten gebieterisch auch die wirthschaftliche Einheit der Kation. Freussen ging voraus; es schaffte 1818 seine ßinnenmauthen ab und zog die ihm enclavierten Staaten in sein Zollsystem. Am 14. Februar 1828 schloss es den Zoll- vertrag mit dem Grossherzogthum Hessen-Darmstadt, durch welchen die erste Grundlage für die noch im Schoosse der Zukunft ruhende Zolleinheit der Nation, den späteren Zollverein, gelegt wurde. Ich habe hier nicht zu untersuchen, ob die freie Stadt Frankfurt ricluii; oder falsch handelte, wenn sie den Anschluss an das preussisch- hessische System verschmähte und nach einem Zollbund strebte, welcher sie sowohl vor dem preussisch-hessischen, wie vor dem gleich- zeitig geschlossenen bayrisch-wüTttembergischen Zollverein schützte. Ich habe auch nicht zu imtersuchen, welche Absichten das König-

' Vgl. Janssen, j. F. Bdbmcrs Lebca, be$. 1, 132 ff.

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reich Sachsen gci,'cn dt-n einen oder den anderen Zollverein haue, als es die Stauen iMiiteldeutschlands und darunter auch Frankfurt einlud, einen dritten deutschen Zollbund zu gründen, welcher sich als Keil zwischen den norddeutschen und den süddeutschen Verein ein- schob.' ich bemerke nur, dass der Senat der freien Stadt die erste Anregung m einem solchen Bunde mit Hiter autnahm. Der Leiter der Veriiandlungcn, welche in Kassel erfolgten, w.tr der köni£;1ich sächsische Geheime Rath Hans Gcor^ von Carlowit/, welcher von 1821 bis 1827 Gesandter am Bundestag im Palais Thum und Taxis ge- wesen war. Am 24. September iiS2S wurde der Mitteldeutsche Handels- vcrein zu Kassel auf sechs Jahre abgochlossen ; der I-rankhirtischc ik'vollmäcinigte, Senator Dr. Gerhard Thomas, der beste Diplumai der Stadt, durch den technischen ßeirath des Handelsmannes Cx)cstcr in trefflicher Weise unterstützt, war an dem Zustandekommen des Blindes in hervorragendem Maasse hcthciligt. Der Senat glaubte durch den Absehluss dieses Vertrages dem schwer bedrängten Handel der Stadl einen grossen Dienst geleistet zu haben, und luhlte sich veranlasst, dem Urheber desselben, Herrn v. Carlowitz, seinen Dank in einer besonders ehrenvollen Weise auszusprechen. Nicht genug, dass er an ihn unter dem 8. Dezember ein warm empfundenes Dank- schreiben richtete, welches dieser mit der ehrenden Anerkennung des Verhaltens der Stadt erwiderte; schon am 16. Dezember, als die Antwort des Herrn v. Carlowitz noch nicht eingetroffen war, schlug der ältere Bürgermeister Dr. Stark dem Senate vor, dem sächsischen Staatsmann »das Ehrenbürgerrecht mit anhängendem Siegel und goldener Kapsel« zu erthcilen, denn es habe »der königlich sacli- sische Herr Geheime Rath v. Carlowitz sich bei Gründung des mitteldeutschen Handclsvereins die entschiedensten Verdienste auch um iuesige freie Stadt und deren Handel erworben, welche deren Dankbarkeit in Anspruch nehmen«. Der Antrag wurde einstimmig angenommen; der sächsische Staatsmann erhielt die tlirenbürger- würde von Frankfurt. Das Diplom' lautet:

Wir Bürgermeister und lUth der freien St.idt Frankfurt Urkunden und bekennen

lliennit:

Der Wunsch Seiner Excdlenz dem Königlich Sächsischen Wirklidien Geheimen Rath Herrn Hans Georg von Carlowitz auf eine dflentliche und bleibende Weise die dankbare Anerkennung derjenigen Bemühungen tu

* Vgl. Tidtschke, Deutsche Geschichte III, 60} iT; Stricker, Neuere Geschichte von Frankfurt a. M, S. 200. Akten A 121, Nr. 47 toni. I im Stadtarchiv II.

* I's bestand wie die früheren Briefe in einem grossen Pergamciubhut, von dem

das Siegel in ^ulJciicr Kapsel abhint'. u'.m\ hctituict sich jetzt mit den anderen v. Carlo- \vit/.'^hei) l'amilienjnniicren depositariscli im kgl. Haupista.iisarchiv zu Dresden.

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bcthätigcn, wodur^li derselbe den Absdiluss lics u'ic Miticldeiitsclun Rundcs- srn:>tcn zu Hc^TutuUitig und grösserer liinwickclung der hrcihcit des Handels verbindenden, störende Hemmungen des Verkehrs entierneiiden Vereins so nachdrOcktich beför<lert hat bestiimnt Uns Burgermeister und Rath der Stadt Frankfurt Seine Excelienc den Königlichen Säch»schen Wirk- lichen Gehciiv.cii R.ith Herrn Hans Georg von Carlowitz auf Obcr- sthöna. Domherrn des HochstiUs Merseburg, Comtluir des Könighch Sachsischen Civilvcrdienst-, Grosskreuz des Kaiserlich Oesterrcichischcn Leopold-, Ritter des Kaiseriich Russischen Sanct-Annen- und Königlich Preussischen Johanniter- Ordens» hierdurch und kralt dieses zum BhrenbQrgcr der freien Stadt Frank' furt zu erwählen und zu ernennen.

Wir wollen und xcrordiicn demnach, dass r.v ewii^^cni Cjed.ichiniss dieser Walii und Hrneonung der Name gedacliter Seiner lixcelleiiz des Herrn Hans Georg von Carlowiz als Ehrenbürgers Unsern Jahr- und Bürger-Büchern einverleibt werden solle.

Aircli haben wir zu dessen walircr Urkinuio m.i;cnwärtiges förmliches Diplom unter Unserer gcu ohnüchen Unterschrift auslertigen und mit Unserem grossen Staatssiegel vergehen Lissen.

So geschehen Frankfurt am Main den Secltszehnten Decembcr des Jahres Achtxehnhunden und Achtundxwanaig.

Herr v. Carlowitz sprach in nachfolgendem Schreiben dem Senat seinen Danic für die verliehene Auszeichnung aus:

hat nnch durch die grosse Auszeichnung, mir das Elircn Bürgerrecht der frej-en Stadt Frankfun huldreichst lu verleihen, zu der ehrfurchtsvollsten Dankbarkeit verpflichtet.

Diese Dankbarkeit ist um so grösser, je mehr ich Obenseugt bin, dass ich bisher nicht vermocht habe, eine so seltene und ehrenvolle Auszeichnung zu verdienen, und meine Freude um so vollkommener, als Ich in dem mir verliehenen Geschenk die Gewahr der unschat/barcii /ulriedenhcit Hines hohen Senats mit meinen pflichtmässigcn Bestrebungen tur den mitteldeutschen Handetsverein finde.

Während die Weisheit und der Gememgeist der hohen Regierungen diesen Verein wollte, und deren Eintracht ihn ins Leben führte, bestrebte sich jeder ihrer Beauftragten mit gleichem Kifer, der ihm übertragenen Aufgabe m genügen und in dem, was das Gescliaft im Allgemeinen forderte, iäud ich mich von manclicm übertrotieo.

Wirksamer als ich war auch der virQrdige Bevollmächtigte Eines hohen Senats, mein vieljähriger Freund, dessen umfassende Einsicht und unermüdeie Thätigkeit den wesentlichsten Nut^.en gestiftet und der sich bleibende Ansprüche auf die hcrzhchste Hochachtung und Dankbarkeit aller seiner Mitbevollmach- tigten erworben hat.

Nur die Zukunft kann mir Gelegenheit geben» zu verdienen, was mir jetzt die Huld Hines hohen Senats verliehen hat, und ich würde für eins der glücklichsten Ereignisse meines öiTciitüchen I.chens halten, wenn mir einst gelänge, mein aufrichtiges Interesse an dem, was der mit meinem Vatcrlande

Bürgermeister und Rath der freien Stadt Frankfurt.

Ein hoher Senat

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verbündeten freven Stadt Frankfurt nützlich seyn kann, zu bcwälircti. Einem hohen Senate meine dankbarste Verpflichtung wahrhaft zu bcthatigcn und mir den Besitz Hochdessen unschätzbaren Wohlwollens und Vertrauens für immer «i sichern.

Dressdeflf am 9. April 1829.

Mit der üefsien Verehrung bin ich stets Eines hohen Senates

ganz gehorsamster Diener

Hans Georg von Carlowitz.

Eine Gelegenheit, Frankfurt auch ferner dienen zu können, wurde meines Wissens unserem vierten Ehrenbürger nicht gegeben; seine Thätigkeit blieb fortan auf die innere Politik seines engeren sächsischen Vaterlandes beschränkt, zu dessen hervorragendsten Staatsmännern in diesem Jahrhundert er zweifellos gezählt werden darf.

Hans Georg v. Carlowitz wurde am 11. Dezember 1772 zu Grosshartmannsdorf geboren. ' Er studierte die Rechte und machte dann die Laufbahn eines sächsischen Verwaltungsbeamten durch, in welcher er es 1821 bis zum Bundestagsgesandten in Frankfurt gebracht hatte. 1827 erhielt er als Wirklicher Geheimer Rath einen Sitz im Dresdener Geheimraths - Collegium. Seine bedeutendste Leistung in diesem Amte war die Abschliessung des mittelrheinischcn Handels- Vereins. Nachdem er 1830 bei Beschwichtigung der Unruhen in Leipzig und Dresden eine hervorragende Rolle gespielt, w-urde er 1831 Staatsminister und entwarf als solcher die neue sächsische Ver- fassungsurkundc. 1834 wurde er Minister des Innern, als welcher er sich um das Unternehmen der Leipzig - Dresdener Eisenbahn bleibende Verdienste erwarb. 1836 übernahm er das Cultusministerium und brachte auch hier dauernde Reformen im Kirchen- und Schul- wesen zu Stande und war ein eifriger Förderer der Landesuniversiiät Leipzig. Am 18. März 1840 erlöste ihn der Tod von langjährigen schweren Leiden, die er heldenhaft bekämpft hatte, um seinen Ministerpflichten Genüge thun zu können.

An detn Werke, welches ihm die Frankfurter Fhrcnbiir^erwurde' eintrug, dem mitteldeutschen Handelsvercin, hat Carlowitz niciit viel Freude erlebt ; die preussischc Zollpolitik, welche inzwischen den An^chlüss an den süddeutschen Bund gefunden hatte, sprengte den miueldeuischen Verein, und nachdem kaum fünf Jahre seit dein Abschluss desselben verflossen waren, sah Sachsen sich gcnothigt,

' Neuer Necrolog der Deutschen 1840, I, J25; Aus dem Archiv der Familie von Carlowiu (als Manuscript gedruckt)» Dresden 1B7;, S. 72 ff.

' Zur selben Zeit und ans derselben Veranlassung erhielt er auch das Bremer Ehrenbürgerrecbt.

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in den prcussisclicn Zollverein einzutreten. Auch Frankfurt konnte licni^clbcn niclu uiciir fern bleiben, nachdem Kurllessen und Massau »ch angeschlossen hatten oder vielmehr sich anschliessen mussten; am 2. Januar i8)6 trat Frankfurt dem Verdne bei. Die preussische Winhschaftspolitik hane über die Sonderbestrebungen der kldnen mitteldeutschen Staaten einen glänzenden Sieg errungen.

V.

Der fünfte Ehrenbürger der Stadt wurde nicht aus der Zaiü der Generale oder Staatsmänner, welche sich irgendwie um Frankfurt verdient gemacht hatten, gewählt; er war dn Künstler, an dessen

herriichem Werk wir uns täglich erfreuen können, der Schöpfer unseres Cjoethe-Deiikm.ils, Meister Ludwig von S ch w an t h a I e r. '

Der erste Plan, dem i^rossen Dichter ein Denkmal in der Vater- stadt zu errichten, tauchte bereits 1819 bei der Feier des 70. Geburts- tages Goethes auf. Zwei Jahre später veröffentlichten mehrere Bundestagsgesandte und Frankfuner Notabdn, darunter Moritz v. Betb- mann und Gerhard Thomas, einen Aufruf zur Errichtung eines Goethe- Monumentes in Frankfurt. Der grossartig angelegte Plan kam nicht zur Ausführung ; äussere Unistände und besonders die Abneigung des Dichters selbst üesscn ihn scheitern. 1837 traten auf Veranlassung der Direktion des Kunstvereins eine Anzahl Frankfurter Herren zu- sammen und veranstalteten Sammlungen innerhalb der Bürgerschaft zur Errichtung eines Goethe-Standbildes. Thorwaldsen übernahm die Flerstellung des Modells, konnte aber seinen Versprechungen nicht naciikominen. Die Aufgabe wurde im Frühjahr 1841 einem der ersten deutschen Bildhauer, dem Münchener Professor Ludwig v. Schwanthaler übertragen. Sein Weik wurde in der königlichen Erz- giesserei zu München unter Leitung von Stigfanayer und Miller in Erz ausgeführt. Am 22. Oktober 1844 wurde das Denkmal unter grossen 1 eierlichkeiten enthüllt. Beim Festmahl im Saal der Börse gedachte Inspektor Passavant »des genialen Schwanthaler, der die Gestalt und die Züge unsres grossen Dichters lebensvoll in rohen Stofi' zu bannen gewusst und in wenigen, schönen Bildwerken die Fülle seiner Schöpfungen zu veranschaulichen verstand;« er rühmte »die schöne, menschliche Gesinnung« des Künstlers, der von dem ihm zuerkannten Ehrenpreis eine bedeutende Summe den Armen der

' D.is Goctlu-Dcjikm;!! m Frankfurt a. M., Frankfurt 1844; Gwinncr, Kunst und Künstler in l r.inklurt a. M., S. 4'9ff' Akten Suppl, Tom, 469 Nr. S <•« Stadurchivs II.

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- ija -

Stridt überwiesen habe: am Ta^e der Enthüllung war nämlich bekatuH geworden, d.iss Schwanthaler das ihm vom Denkma!- Koniit6 für das unentgehÜcli ubernumnicne Werk bewilliute l:liren- ^'eschenk von 5()()() Cjuldcn zum Theil für die stadti sehen Armen bestimmt habe. Der allgemeinen Anerkennung sowohl des herrlich vollendeten Kunstwerkes als der hüciiherzigen Stiftung des Kimsilcrs schlus5>en sich wenige Tage später auch die stadtischen Behörden an. Am 31. Oktober trug der ältere Bürgermeister Scharff im Senate vor: »Durch das nunmelir vollendete Goethe-Denkmal sei Frankfurt um ein Kunstwerk von grösster Bedeutung und Schönheit bereiclK-rt: detii genialen Meister, der es geschaffen, hierfür eine ehrende An- erkennung zu Theil werden zu lassen, könne der Stadt selbst nur zur Ivhre gereichen, und da dieser hochstehende Künstler ohnehin schon durch sein grossmüthiges Geschenk an die hiesigen Armen gerechten Anspruch auf unsere Dankbarkeit erworben habe, so er- scheine \s()hl der Antrag voUktnnmen begründet, demselben das |-rankiurier Lhrciibürgerrecht zu erlheilen.« Der Senat trat diesem Antrag bei. Das Diplom des neuen Ehrenbürgers wurde der kunst- Icristhen Bedeutung desselben entsprechend auch in künstlerisehcr Weise ausgestattet. Der Schreiber des Diploms, welches aut Per- gament geschrieben und reich verziert wurde, war J. G. Brandt. Die beigegebene Ansicht von Frankfurt und vuu] Goethe-Standbild malte der jugendliche Karl Theodor Reiftenstein;' die silberne Siegelkapsel mit den erhaben gearbeiteten Buchstaben S. P. Q. F. (Senat us Popu- luscjue I ranco(urtanus) im Fiehenkranz und mit damaszierter Rückseite lielerte die Firma J. 11. P. Schott Söhne. Der Wortlaut ist folgender:

Wir B&rgenneister und Rath der freien Stadt Frankfurt Urkunden und bekennen:

Nachdem Wir beschlossen haben, dem Herrn Professor Ludv^ng von Sch%v:intlulcr, Ritter des Verdienstordens der R.iver;schen Krone, des Kö- niglich Baycnsciicn V crdicnMordens vom Heiligen Michael, des Königlich Gricdiisdien Briöscr-Ordois goldenen Kreuzes und des Kfiniglich Preussiscben Ordens pour ]e mirite Friedens-KIasse, in München, dnen öflenthchen Beweis Unserer Aticrkcnnung der vullciideten Ausfuhrung des, deutscher Kunst tat Ehre und hiesiger Stadt zur Zierde ^gereichenden St.indbildes und Denkmals Joliann Wolfgang Göthes, und der bei dieser Veranlassung bethatigtcn UneigennQuigkcit zu geben; als ertbeilen Wir obgedachtem, kuostbegabten, edlen Mdstcr Schwanthaler mittelst dieser Urkunde das Ebrenb&rgcrredit hiesiger freier Stadt und verordnen die Eintragung dessen gefeierten Namens in die Bärgerb&cher.

' Nach n^ündlichcr MlttheitLing desselben, wnnncti Gwinncr zu berichtigen, der Brandt auch die malerisclie Ausschmückung zuschreibt. Die Urkunde ist bei Gwinner S. 425 gedruckt.

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Zur Urkunde dessen haben wir gegenwärtiges Diplom unter Unserer gewöhnlichen Unterschrift ausfiertigen und mit Unserm grossen Staatssiegd

verschen lassen.

So geschehen Frankfurt am Main, den Einunddreis&igstcu Oktober des Jahres Eintausend Achthundert und Vienmdvierzig.

Bürgermeister und Rath der freien Sudt Frankfurt Der Dank des Meisters lautet:

Hochwohlgeborn, hochzm crehrendster Herr Bürgermeister!

Der Auftr.ig zur Ausfuhrung des Guthcdenktnales war einer der schönsten, elirenvoUsten und künstlerisch erhebendsten, die mir je zu Thcile geworden. Mit warmer Begeisterung ▼ollföhne ich ihn und wandte meine besten Kräfte an, die erhabene Gestalt des Verew^ten au bilden.

Das Schreiben sowohl, womit Eure Hochwohlgeborn mich beehrten, als .iuch d.is so ge<;clim.Kkvolle Diplom geben mir- die freudige Gcwissheii, dass mein Bestreben kein erfolglos» war, indem Sie mir eröffneten, dass der hohe Senat als Zeichen des BeyfaUes der edfen Bewohner Frankfurts mir das Ehrenbürgenecht Ihrer alten in Deutsdilands GescUdite immerdar mit Rnhm und Stola genannten fteyen Sudt verliehen habe.

Nie wird in meinem Herzen der Dank für diese Auscelchnung, die ich, ihrem vollen Wcrthe nach, zu schätzen weiss, erlöschen.

Indem ich bitte, den Herrn des linhcn Senates ihn aufs wärmste und innigste auszudrücken, habe icii die Ehre unter Versicherung meiner hohen Voehning «i zeichnen

Euer Hochwohlgeborn ergebenster Ludwig v. Schwantlialer. München den 6. Jänner 1845.

Nach dem lüntieffcn dieses Schreibens crliess der Senat im städtischen Amtsblatt' eine Bekanntmachung, welche der Bürgerschatt die erfolgte 1-irnennung des neuen lilirenbiirgers und deren Veran- lassung ungefähr mit den Worten des Diplomes mittheihc.

Auch dieser Ehrenbürger konnte sich der wohlverdienten Würde nicht lange freuen. Ludwig Schwanthaler,* aus einer alten bayrischen Bildhaucifamilie stammend, hatte am 26. August 1802 in München das Licht der Welt erblickt. Auf der königlichen Akademie der bildenden Künste vorgebildet, hatte er, von König Ludwig L frei- gebig unterstützt, seine Studien in Rom fortgesetzt, hatte dort die Modelle zu den Giebelfeldern der Walhalla ausgeführt und erhielt nach seiner Rückkehr eine Profcssur an der Münchener Akademie.

' 184s, Jan. 16.

* Neuer Neaolog der Deutschen 184^» II, 706.

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Hier entfaltete er, umgeben von einem grossen Schülerkreis, eine äusserst fruchtbare Thängkeic. Von den vielen Denkmalen, die lus seiner Werksiätte hervorgegangen sind, ist unsere Goethe-Statue trotz aller Anfechtungen, die ihr von der zeitgenössischen Kunstkritik widerfahren sind,' wohl eines der künstlerisch bedeutendsten. Schwan- thaler starb schon am 14. November 1848.

Der letzte Ehrenbürger, den die freie Stadt mit dieser Würde beschenkte, war wiederum ein verdienter Staatsmann, allerdings ein solcher, dessen Verdienste, der Oeffentlichkeit wenig bekannt, mehr im Stillen blieben; es war der Minister-Resident Vincent Rumpf, welcher die vier trcicn deutschen Städte von 1824 bis 1865 hei den verschiedenen tranzösischcn Regierungen in Pnris vertreten hatte. Die Hansestädte hatten ihm als Nachfolger des Herrn v. Abel dieses Amt anvertraut; am 21. iMai 1821 übertrug ihm der Senat aucli Jic \'ertretting der Stadt Franklurt.' Bei den vielen merkannlcn Be- ziehungen unserer Stadt zu Frankreich und besonders dem regen Verkehr zwischen hier und Paris, wo stets eine Menge Frankfurter Kaurieute ihätig waren, hatte Rumpf reichliche Gelegenheit, die Inter- essen hiesiger Stadt bei der Iranzösischen Regierung wahrzunehmen. Beinahe 40 Jahre vertrat er die vier St.idte in trefflicher Weise; mehr- mals wurden von den Senaten seine Abschiedsgesuciie abgelehnt, die er bei zunehmendem Alter seiner wankenden Gesundheit weisen einreichte. 1860 iiaite ihm seine Vaterstadt Hamburg in Anerkennung seiner vieljahrigen Dienste eine Hhrcndenkmünze in Gold sehlagen lassen, von der sich ein in Bronce geprägtes }-xempIar in der stadiischen Münzsammlung auf der hiesigen Stadtbibliothek befindet. Im Jahre 1865 konnte dem verdienten Manne der erbetene Abschied nicht mehr versagt werden ; am 17. Februar entliess ihn der Senat seines Dienstes »mit Vorbehalt seines Titels und des Rechtes zum Tragen der diplo- matischen Uniform sowie unter Anerkennung und Verdankung seiner langjalirigen, hiesiger Stadt geleisteten, ausge/eichneien Dienste.« Die Senate der Hansestädte nahmen zur gleichen Zeit sein Abschieds- gesuch an. Auch die französische Regierung sprach in einem eigenen Bulletin des Moniteur ihr Bedauern über das Sciieiden Rumpfs aus, deni die allgemeine Achtung in das Privatleben nachfolge; Kaiser Napoleon und Kaiscnn Eugenie gewährten ihm eine sehr huldvolle

' Vgl. darüber Gwinner, S. 420 fT.

' Akien M }0 Nr. Fdsz. 1 des Sudiarchivs Ii.

VI.

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Abschiedsaudienz und verehrten ihm als Andenken zwei kostbare Vasen mit ihren Bildnissen. Am 20. Februar beschloss der Senat auf Antrag des älteren Bürgermeisters Dr. Müller, dem ehemaligen Minister- Residenten das Ehrenbürgerrecht zu crtluilcn; die Begründung des Antrags lautete: »Es sei bekannt, dass Herr Rumpf den ihm über- tragenen, nicht unwichtigen Posterj in seiner ganzen langen Dienstzeit zu Ehren und Frommen hiesiger Stadt, zum Nutzen aller Hiesigen, welche bei ihm Rath und Hülfe gesucht, verwaltet habe. Herr Rumpf habe durch seine ausgezeichnete Amtsführung allgemeine Anerkennung, von Seiten hiesiger Stadt aber sicherlich einen Anspruch auf besonderen Dank sich erworben.« Die künstlerisch ausgestattete, mit einer An- sicht i-rankfurts gezierte Urkunde lautet:

Wir Bürgermeister und Rath der frden Stadt Frankfurt Urkunden und bekennoi:

Nachdem Unser Minister - Resident bei dem Kaiserlich Fratuösischen Hofe Herr Vincent RumptT Seine Hntlissimg von dem am 21. M.ii I!im übertragenen Gesandtschaftsposten nachgcsuclit hat, und Wohldcmselben in Unserer Rathsversammlung vom 17. Februar 1863 diese Hatlassung ehrenvoll bewilligt worden ist, wiUischen Wir dem genannten Herrn Vincent RumpfT, welcher durch sdne vort&glichen Kenntnisse und seine unwandelbare Treue in hnfier Achtung und ^rofscm Aiisclicn steht, in AiKTkcnnunfj seiner Ver- dienste um hiesige freie Stadt eine olTentliche Auszeiclmung zu verleihen.

Demgemäss crilicilcn Wir L'nserm Minister a. D. Herrn Vincent Rumpf f mittelst dieser Urkunde das Ehrenbfirgerrecht der freien Stadt Frankfurt und verordnen die Fintragung seines Namens in das l^ürgerbuch.

/ur L rUinde dessen haben Wir gegenwärtiges förmliches Diplom unter Lnsercr gewohnlichen Unterschrift ausfertigen und roit Unserem grossen Staatssicgcl verschen lassen.

So gescbdien Frankfurt a. M. den 20. Februar Hntausend Achthundert und Dreiundsediszig.

Bürgermeister und Rath der frden Stadt Frankfurt.

Ausser der neuen Würde erhielt Rumpf auch noch seitens des Senats eine werthvolle Tabatiere zum Geschenk, welche ihm der hiesige französische Gesandte Graf Salignac-Fenelon persönlich nach Paris überbrachte. Rumpf antwortete auf die ihm erwiesene Aus- zeichnung mit folgenden Worten aus einem Schreiben vom 13. März:

Nicht ohne geröhrte Beschämung habe ich am 7. d. das Schreiben empfangen, wodurch Ew. Hochwohlgeboren mich unter dem j, d. beehrt haben,

um mir an^u/clf^cn, dass es dem Hohen Senate gefillig gewesen ist, mir nicht allein il.is mir in so liech^t seltenen Fällen gewahrte Fhrenhnrf^crrccht zu crtheiien, sondern mir auch eine Tabatiere zum Andenken m vereiiren, Jemehr ich diese hohe Auszeichnung m schitmi weiss, um so lebhafter, ja ich kann mit völliger Aufrichtigkeit hin/uset/en, um so schmerzlicher fühle ich, dass ich in meinem .imtlichcti N\'ir!aini^skreisc so wenig Gelegenheit gefunden habe, der freien StaUt l-rauklurt nunmehr ist es mir erlaubt zu

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sagen : unserer Staiit - Dienste zu leisten, welche einer so hohen Auszeichnung würdig geachtet werden kdnmen. Meine Erkenmlkhken ist jedoch nicht weoiger tief, und ich ersucbe Ew. Hocbwoh^eboren diese Erkenntlichkdt in ihrer ganzen FQUe dem Hohen Senat gütigst bezeugen zu wollen.

Ich lasse cinific kurze Nachrichten über diesen let/.ten Ehrenbürger der treieii Suuh hier folgen.' Vincent Rumpf, der letzte Nachkomme eines alten haniburL;ischen Patriziergcsclilechies, wurde am lo. Dezember 1789 in Hanibiiri; geboren. Nach beendetem Rechishiudiuni und nach längeren Reisen trnt er 1814 in den diplomatischen Dienst seiner Vaterstadt und begleitete den Vertreter Hambnrus /um Kongrcss nach Wien. 1815 19 war er in Frankfurt Legationssekretär bei der hamburgischen Gesandtschah und wurde dann Ministerresident in Wien. Von hier ging er 1824 in gleicher Eigenschaft nach Paris. Hier schloss er eine ganze Reihe von Handels- und Scliitilahrts- verträgen mit verschiedenen Staaten für die Hansestädte ab, deren wichtigsten, mit den Vereinigten Staaten, er persöulicli in Washington zu Stande brachte. Mit der Tochter des bekannten amerikanischen Kaufmanns Astur vcrheirathet, hatte er sich auch eine sein- ange- sehene gesellschaftliche Stellung in Paris zu erringen gcwusst, die ihm seine diplomatische Thatigkeit wesentlich erleichterte. Seinen Abschied überlebte er nur wenige Jahre; er starb am 13. Februar 1867 in Paris und wurde auf seinem Gut Sc. Vincent bei Lausanne beerdigt.

VII.

Wenn wir die bisherigen Verleihungen der Fhrenbürgcrwürde Frankfurts noch einmal überdenken und die kleine Schaar derer mustern, welche unter den vielen Würd vn w erw.lhlt wurden, so ist der Zweifel nicht unberechtigt, ob der Senat der Stadt immer die richtige Wahl getrofTen, ob er nicht ein Verdienst von nur kurzer Wirkung oder gar fragwürdigem Werthe belohnt, das dauernde und wirkliche dagegen nicht geehrt hat. Allerdings bleibt uns der Name der Männer, die sich um die Stadt verdient gemacht haben, ohne dass ihnen die auszeichnende Würde verliehen wurde, darum nicht minder theuer ; aber ungern vermissen wir sie doch in der Reihe unserer Ehrenbürger. Warum lesen wir nicht um von anderen zw schweigen Frankfurts glänzendsten Namen in unseren Biirgerbüchern ? Warum hat der Senat der freien Stadt nicht daran gedacht, Goethe die Würde eines Ehrenbürgers anzubieten?

Nach Beuekc iu der Allgemeinen Deutschen Biographie X\IX, 670.

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Die Betrachtung der Art und Weise, wie das bürgerliche Ver- hriltniss Goethes zu seiner Vaterstadt gc!ö?^t wurde, hat für iin'> I rank- tuiter etwas recht Peinliches. Die sonnif^cn Herbsttage, er 1814 und 1815 liehen Gcrbermühle verbrachte, hatten seine Be-

»ehungen zu Frankfurt, dessen retchsstSdtische Herrlichkeit er vor Kurzeni in setner Lebensbeschreibung in so schönen Farben geschildert hatte, aufs Neue belebt und ihm einen Kreis von wackeren Männern und zartsinnipcn Frauen erschlossen, die mit I.iebc und V'erchrung zu dem gefeierten Landsmann emporschauten und ihm bis zu seinem Lebensende in innigem persönlichen und brieflichen Verkehre treu blieben. Em kanceZeit war das&md der neuen Freondsdiaft geknüpft, als das Band der bQiigerlichen Zugehörigkeit sur Vaterstadt in grellem Missktang riss.

Einer der edelsten aus diesem Freundeskreis, Rath Fritz Schlosser, der seihst den Austritt Goethes aus dem 1-rankfurtcr Bürgerrecht schwer empland, hat uns eine kleine Darstellung hinterlassen, welche in schlichten Worten die Gründe Goethes angibt, die ihn zur Auf- gabe des heimischen Bflrgenrechtes veranlassten.' Mit sprechenden Zahlen beweist er, wie schwere Geldopfer die Ehre des Frankfurter Bürgerthums gerade in den Zeiten der Revolutionskriege und später bis zur Wiederherstellung der Selbständigkeit erforderte, ohne dass doch Goethe irgend einen Vortheil von seiner Eigenschaft als Frank- furter Bürger gehabt hätte. Den ersten Schritt, die drückende Last abzuschütteln, unternahm er im Jahre 181 2. Zweifellos war es der haus- hilterische Sohn August, der den Vater dazu bewog und der selbst

' L'ct>cr die Eutlassung Goethes aus dem Frankfurter Bilrjjerverbauid und über die Frage der VerldhuitK des Ehrenbürgencchtes an ihn vgl. besonders . die erwähnte Darstellung; Schlossci > bei Frese, Gocthc-Hriefe aus Frit/ Schlossers Nach- lass (Stuttgart 1S77) S. 22 ff.; fcriter Creizenach, Briefwechsel «wischen (ioethe und Marianne von Willemer (3. Auflage, Stotig.irt 1878), an mehreren Stellen. Die lirzdhlung Rüppeils (.\rchiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Heft 7, 1855, 3> $5 ff-) f;cht aul mündliche Mittheilung Schlossers zurück; sie ist voll Gift uod Galle gegen die Frankfurter Landsleute, bedarf aber darum und weil an Irrd&ilmem «.ehr reich einer kritischen Behandlung. Schlosser hat die Papiere Qber »eine Verlundlung mit Dalberg nach eigener Aussage an Goethe geschickt; sie sind einer mir gewordenen Mtttheüong zu Folge tüdn mehr im Gnethe>Archiv, auch enthalten die dort verwahrten Briefe Schlossers an Goethe nichts über die .\ngelegcnhcii des Ehrenbürgerrecbts. Begreiflicher Weis« wird derselben auch in den Akten des Stadtarchivs (I über Goetites .\ufgabe des BQrgerreehtes nicht gedacht. Ich berflhre in Folgendem das Verhihniss Goethes zu Frankfurt nur, so weit das Ehrei]bürger- recht in Frage steht, und behalte mfar vor, die Angaben des Raihes Schlosser an anderem Orte zu ergänzen.

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dem Frankturrer Geschiiftstrcund zuerst d:ivon Mitiheilung nuchie.i Schlosser verhandelte erst mit dem L;rossherzogUch frankl'urtischen I-inanzminister GraJ Benzel-Sternau und dann mit dem Grossherzoi: Karl V. Dalberg selbst. Aber dieser konnte und wollte die von der damalii^en GesetzuebuiiL; vori^cschriebene Zahlung der hoiien Abzims- gelder bei der Aut^abe des Bürgerrechtes nicht erlassen; in hudi- herziger Weise erklärte er sich bereit, dieselben aus der eigenen Kasse :^u erlegen, und versprach, er werde, »damit die Sache in ehren- werther Art erscheine«, auf Goethe eine Medaille schlagen lassen Riippell lügt hinzu, der Grossherzog habe dem Dichter das Diplom eines I-Jireiibiirgers Frankfurts in goldener Kapsel in Aussicht ^csieiit: zweilellos ist dies ein irrthum, denn Schlosser hatte in seinem Bericht, wo er der Medaille i^edenkt, die geplante iirueunun^ zum Ehrenbürger nicht vergessen.

Die Ereignisse des Jahres 1S13, die auch das Grossherzu^iluim 1-ranklurt beseitigten, hinderten die Ausliihning der guten Absichten Dalbergs. Die Jahre 181 3 und 1814 traten Goethe wieder mu zu- sammen über 750 Gulden, und wir begreifen, dass er den Wunsch hegte, sich von diesen Lasten zu befreien. Aber noch verl.tngten die Gesetze die Zahlung hoher Abzugsgelder; erst die deutsche ßundesakte gewährte den Unterthanen der deutschen Staaten die Freizügigkeit ohne Abzugsgelder. Goethe zögerte nicht länger; er betraute seinen Anwalt Dr. Schulin mit der Lösung seines bürger- lichen Verhältnisses.* Durch Beschluss des engeren Käthes vom 2. Dezember 18 17 wurde Goethe die nachgesuchte lüit lassung aus dem Bürgcrvcrhand erlheilt, falls der Gesuchsteller »»nüi lobliilicr Finkoniniensteuer-Commission Richtigkeit gepflogen haben wirJ.« Dies geschah und Goethes Name w urde im Bürgerbuche gelöscht. Hierzu macht Schlosser die Bemerkung »Viele hauen erwartet, der Senat werde Goethen von der Last des Bürgerrechts befreit erklären, ihn aber bitten, Ehrenbürger zu sein; dies geschah aber nicht, viel- mehr ward in fast unanständig formloser Weise dein Gesuche will- fahrt.« Sagen wir richtiger in kalt-anständig formenhafter Weise, die Goethe wie den ersten besten unbedeutenden Bürger behandelte,

' \. V. (Inetlic an Schlosser im März 1812: »Mein V.ucr k.inn sich nacli ^*iner Denkweise mit Geschäften dieser j\ri weniger abgeben, Joch lialic ich « lur meine Schuldigkeit, uns das wenige (in Frankfurt nicht günstig angelegte Ve^ mögen) so viel als möglich xu erhalten«; Frese a. a. O. S. iii.

' Die V.illm.ichi fiir Schiilin vom 19. November 1817 beginnt mit den Woncn: »Da Ich d.is Frankfurter Burt:cri ccht nicht lajigcr bcy/ubelialten, sondern auf «das- selbe \ erzieht i\i leisten gesonnen bin^ so crthcile ich« etc.

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ohne dem Senat Jen Gedanken einzugeben, Jen gefeierten Sohn der Stadt durch ein Ehren -V'erhähniss an diese zu hiiuicn Und in der That laj; der Gedanke, dem Scheidenden d.is Fhii.iihür^cri echt der St.idt zu verleihen, in jenen l agen nicht lern, denn kaum war ein Jahr dahin- gegangen, seit man den grössten Staatsmann Deutschlands mit der höchsten Ehre» welche die Stadt vergeben konnte, ausgezeichnet hatte; erst wenige Monate vorher hatte die neugcgründeie »Frankfurtische Gcscllscli.ift -mr Beförderung der nützUchen Künste und der sie ver- edelnden W'i'^senschaften,« die spätere Polvtcchnisclie Gesellschaft, Goethe zu ihrem ersten Hhrenniitghede ernannt. Aber die Erwartung der Freunde des Diditers whr denken zunächst an den Wille- merschen Kreis wurde nicht erfbUt; der Senat hätte sich auch kaum ohne seine Unterlassungssünde damit bemänteln zu wollen in Uebeieinstimmung mit der jMelirheit der Bür^erscliafi befunden, wenn er Goethe das Ehi eiioiirgerreclu angeboten hätte. Die Erbiiteran«; der Laodsleutc gegen Goethe, der sein Bürgerrecht aufgegeben, war ungerecht; es ist hier nicht der Ort, auf die wenig erfreuliche Ge* sinnung der Frankfurter, und nicht zum wenigsten in den regierenden Kreisen, gegen Goethe einzugehen; ich könnte den bisher bekannten Beispielen d.ivcm uis Akten und aus mQndlichen Mittheilungen noch Uianche weitere .uireihen.

Goethes politisches Verhaltniss zu I-rankhiri blieb gelost. Un- bekümmert darum verans^ltete die hiesige Goethe-Gemeinde zur Feier seines 7a Gebunstages ein würdiges Fest, die hier neuge- gründete »Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde« ertheilte ihm die Ehrenmitgliedschaft.

Auch zum 80. Geburtst.ii: vereinigten sich die Verehrer des Dichters wiederum zu einer begeisterten Heier, und otTcnbar drängte sich gerade an diesem Tage den Freunden der Wunsch auf, Goethe am Abend seines Lebens wieder mit der Vaterstadt verbunden zu sehen. Auch jetzt brauchte man nicht weit zu blicken, um an die Ehrenbürgerwürde erinnert zu werden wenige Monate vorher wnr Carlowitz geehrt worden. Goethes trcucstc Freundin und geistvollste Verehrerin in Frnnkfurt, Frau Mnrinnnc v. Willenier, übernahm es, dem Dicliler diesen Wunsch nahe zu legen] dazu be- rechtigte sie nicht nur die innige Freundschaft, die ihr der greise Goethe seit semem Aufenthalt auf der Gerbermflble widmete, sondern auch das nahe Verhältniss der Verwardtschift, in dem sie zu dem i^leichqesinnten jfingeren Bütgermcister Dr. Gerhard Thomas stand. Sic erz.ihlt in einen: Hriel vom 25. September 18:9 Goethe von der erhebenden 1 eier meines Gebunsugcs und laliri uann fori : »Wohl

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zeigte sich auch bei dieser Gelegenheit, wie lief und schmerzlich die armen Frankfurter den Verlust eines solchen Mitbürgers empfinden, obschon die Art und Weise, wie sie es verrathen, ihnen nicht zur Hhre gereicht. Gewiss, es bedürfte von Ihrer Seite nur eines leisen Winkes, nur die kleinste Andeutung, dass es Ihnen nicht unangenehm sei, ein getrenntes Band wieder zu knüpfen, um es auf die ehrenvollste Weise neu zu binden, Sie wissen gewiss nicht wie grosse Freude dicss, und mit vollem Recht, der guten Stadt wäre; beehren Sic mich mit dem Vertrauen, mir Ihre Meinung auszusprechen; wenn Sic nicht wollen, erfahrt niemand etwas durch mich, aber ich wäre gar zu glücklich, wenn Sie wieder näher treten wollten, Sie stehen den guten Leuten docli zu hoch. Man hat gut sagen : Goethe gehört der Welt an, ich weiss aus eigener Erfahrung, dass man sich damit nicht beruhii^t, man will auch einen Theil für sich allein. Sie werden verzeihen, wenn ich zu vorlaut war, und der Versicherung Glauben schenken, dass ich ganz aus eigenem Antriebe, aber nicht ohne die feste L'eberzeüp:un^ die Ani;elegenheit berührte, dass ein kleines Zeichen von Ihrer Seite die entschiedendstc Wirkung, und die aller- besten Folgen haben könnte. Ein Wort Ues Friedens ist eine grosse Gabe !ff

Aber dieses Fricdenswort hat Goethe nicht gesprochen. Auf die zarte Antrage der Freundin erfolgte am 22. Oktober die fast schrotfc Antwort, aus der uns der bittere Groll gegen die Behörden der Vaterstadt nur zu vernehmlich entgegenklingt: »Zui^leich aber hab ich für die freundliche Bemerkung zu danken, welche auf die Nachholung eines früheren \'ersäumni<;ses hindeutet. Hübsch war* es gewesen wenn man gleich in der ersten Zeit an ein solches ehren- haft beyzubclialtendes V'erhältniss gedacht hätte; auch sind dazwischen manche Epochen eingetreten, wo dazu Gelegenheit gewesen wäre. Da nun aber auch die nächstvergangene hiezu nicht benutzt ward, so glaube ich, es sey am besten gethan, diese Angelegenheit ruhen zu lassen und die glücklichen Freundschaftsbezüge im Stillen zu geniessen. Mündlich würde sich manches hin und wieder verhandeln lassen, ich spreche hier das letzte Resultat meiner Uebcrlegungen aus, mit wieder- holtem Dank tür jenes zartmüthige Erinnern.«

Und dabei ist es geblieben ; von der tlieilung der Ehrcnbüri^er- würde an den, der ihrer am würdigsten gewesen wäre, ist fernerhin nicht mehr die Rede. Die Ehrung, die dem Lebenden in der Vater- stadt versagt wurde, erhielt der Todte durch die Errichtung seines Standbildes und durch die glänzende Jahrhundertfeier am 28. August 1849. Zehn Jahre später vereinigten sich Frankfurter Bürger zur

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Gründung des I'rcicn Deutsclicn Hochstiitcs, welches dem allum- fassenden Wissen Goethes gemäss die Bildung im weitesten Um- fange den weitesten Kreisen zuführen soll; es erwarb das Geburts- haus des Dichters und füllt es mit Erinnerungen an ihn und sein unsterbliches Wirken, es versammelt die 1-reunde Goethes in seiner Vaterstadt zu gemeinschaftlichem Geniessen seiner Werke, zu würdigen Festfciern an seinen Ehrentagen. Hr ist und bleibt der Unsere, nicht nur, weil hier seine Wiege gestanden hat, und obgleich wir ihn nicht unseren Ehrenbürger nennen können.

Aber wenn auch sein Name den der anderen Männer, welche die Stadt mit ihrer höchsten Würde ehrte, überstrahlt und überdauert, so werde doch auch deren bescheideneres Verdienst nicht vergessen! Und wenn die lirinnerung an unsere Ehrenbürger nicht erlischt, wenn Ihnen ein dankbares Andenken gewahrt bleibt, so ist der Zweck der vorstehenden Blätter erreicht.

I

ra.

Frankfurt am Main und die französische Republik

1795-1797.

Von

Or. I. Kracauer.

Die kühnen Pläne und ausschweifenden Hoffnungen, mit welchen die Mächte der ersten Koalition 1792 den Kampf gegen Frankreich begonnen hatten, waren schmählich gescheitert ; die junge Republik hatte nicht nur die in ihr Gebiet eingefallenen Feinde wieder heraus- geschlagen, sondern sogar auf allen Punkten mit Glück die Offensive ergriffen. Auch auf diplomatischem Felde hatte sie nun einen be- deutenden Erfolg zu verzeichnen ; Preussen, des nun schon drei Jahre währenden, ruhelosen, seine Finanzen völlig zerrOttenden Krieges müde und mit Eroberungsplänen gegen Polen beschäftigt, schioss am 5. April 1795 den Frieden zu Basel, durch den es sich von der Sache der Alliierten lossagte und bis zum Abschluss eines allgemdoen Friedens das linke Rbeinufer in französischen Händen Hess. In diesen Separatvertrag wurde als Artikel II die Bestimmung aufge- nommen, dass die Republik die Intervention Preussens zu Gunsten der Reichsstände berücksichtigen und diejenigen unter ihnen, welche innerhalb dreier Monate die preussiscbe Vermittlung anrufen würden, nicht feindlich behandeln werde. Am 17. Mai erhielt der Venrag eine Erweiterung durch die Festsetzung einer Demarkationslinie, welche den Krieg vom ganzen Norden Deutschlands entfernen sollte.' Aber auch allen hinter dieser Linie gelegenen Gebieten, welche zum Zeichen ihrer Friedensliebe ihre Kontingente vom Reichsherr zurück- rufen würden, ward von Frankreich Neutralität zugesichert.

Der Minister Hardenberg, der als Bevollmächtigter Preussens diese Verträge zu Stande gebracht hatte, rechnete, ebenso wie der Wohlfahrtsausschüsse mit Sicherheit darauf, dass sich Preussens Sepa- ratvertrag zum allgemeinen Reichsfrieden erweitem und fast alle Stände die angebotene Neutralität annehmen würden. Er kannte zu

' Marlens, Rccucil des traitcs et Conventions, Tom. II, 50J— jo6.

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gut die Stimmung, welche unter ihnen herrschte. Nur ungern waren die meisten in den Krieg ge^en Frankreich gezogen, der schon längst eines eigentlichen Zweckes entbehrte; man kämpfte nur noch für die ehrgeizigen Absichten Ocscreichs oder Preussens, deren Opfer man scbÜesslich za werden fürchtete. Bei dem Mangel an einheitlichem Nationalgcfühl war es nur die Furcht vor Oestreich, welche die kleineren Staaten abhielt, dem von Hreiissen gegebenen Beispiele sofort /u folgen und durch dessen Verwendung ein Sonderabkommen mit der Republik zu treHen.

Unter allen Keichsständen wünschte wohl keiner sehnlicher das Ende des Krieges herbei als die freie Stadt Frankfurt.' Schon beim Ausbnwh desselben hatte sie mit Rücksicht auf ihre Handelsverbin- dungen mit Frankreich versucht, neutral zu bleiben. Der Beginn des Krieges, der sogleich Leiden nllcr Art über die Stadt brachte, war nicht geeignet gewesen, eme besonders kampfesfrohc Stimmung in der Börgerschaft zu erwecken. Gleich nach dem Rückzüge des Herzogs von Braunschweig hatten sich die französischen Truppen unter Custine an den Rhein ergossen, sich der Stadt bemächtigt und ihr eine Kontribution von 2 Millionen GiiKlen auferlegt. Da der französische General mit den härtesten M.issregeln gedroht und zugleich sieben der angesehensten Bürger bis nach erfolgter Zah- lung als Geiseln hatte festnehmen lassen, so waren in der er- schreckten Bürgerschaft schon am 31. Oktober 1792 eine Million Gulden zusammengebracht worden.* Die Zahlung der andern Million

* Ueber die L5ttcr.uur s. Grotcfcnds Vcrzcicliniss von Ablwndlungcn und Nodxcn rar Gesdiichte Frankfurts S. ti. Unter den daselbst citirtcn Schrit'ien ver- dient il:c von Hin/.e, welche iiTitcr tlcni Titel iDie Reichsstadt l'rankfurt und die Iranzösischc Republik« ia der Zeitsclinlt »Im neuen Reich« 1877 1 S. 289 ft. erschien, besondere Aufmerksamkeit, weil sie fiut die et tu ige ist welche auf dem urkund- lichen M.ncrijl des Fr:inl;t'nrtcr $t.idtarchivs beruht. l eiJcr bat die Redaktion der erwähnten Zeit&chnlt Hinze$ Arbeit zum Kachtlieil für dai Inluüt tücht allein fast auf die Hälfte des Umfangs verk&rzt, sondern ilir auch durcii witlkQrliche Einscli&be eine durchaus chauvinistische, f'r.mkfurt fci;iJlidie Firbung verliehen, welche der Absicht des Verfassers völlig terti lag, (Leber die daraus gegen den damaligen Siadtarchivar Dr. Grotefend entstandene Polemik s. FrkC Zeitung vom 13., 18. und aj. Juli 1877 in No. 194, 199, 204, sowie die Beilafton mm Inielligen/.bhtt v.mii la und 14. Juli). Um so gercditfcrtigter dürfte eine nochmalige Ikarbeiiung dieses für Prankfurt hochbedeutsamen Zdtabschntttes erscheinen, welche, (em von feder BeschöniL; ' Ik' Juii.i'i>;c Vo'Ä'M des Rates in objektiver Weise darzulegen versucht. i ur die Liebenswürdigkeit, mit welcher mir Herr Stadtardiivar Dr. Jung dk Benutzung des Frankfurter Stadtarchivs erleichterte, sage ich ihm an dieser Stelle ineinen aulrichtit;cn Du)!;.

* Das Nähere hierüber gibt Kriegks Arbeit »Cusiine und die Urstürmung von Franicruft durch die Hessen« in seinen Kulturbiidcm (Frankfurt 1874) S, {92 ff.

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blich ihr erspart, d;\ am 2. Dc/.cmhcr pi ciissischc und hessische Truppen zum Sturme vorrückten und nach einem blutigen Kampfe die Fran- zosen aus der Stadt herausschlugen.

Die Freude über die wiedererlangte Freiheit war den Bürgern dann getrübt worden durch die Verlaumdun«,'cn, die theils von ir.in- zösischer, theils von deutscher Seite über sie ausi^esprengi wurden. Die Mainzer »Naiioiialzeitun«^« hatte bericliiet, dass sich mehrere tausend 1 ranktnrter Bürger zur F.rmordung der französischen Garnison verschworen und mit »S— lo.ooo ei^jens dazu angefertigten Messern und andern Mordgewehren« bei Erstürmung der Stadl zwei Bataillone Naiionalgardisten niedergemetzelt hätten.' Custine hatte sogar eines dieser Mordmesser dem Konvente zugesandt. Welche Mühe sich auch der Rat gab, die Bevölkerung von der Anklage dieser sici- lianischen N'espcr zu reinigen und darzulegen, wie im (iegentheil ihr Verhalten gegen die verwundeten Franzosen ein sehr humanes gewesen sei die Siadt war bei den Gewalthabern in Paris in bösem Andenken geblieben und hatte bei einer abermaligen Besetzung das Schlimmste zu befürchten.

Zwar war sie anfangs 179^ nach Hrklärung des Reichskrieges an Frankreich gezwimgen worden, ihr Truppenkontingent nach Main:/ und Ehrenbreitstein zu schicken, im übrigen aber hatte sie sicii peinlich gehütet, die Kmpfindlichkeit der iranzösisclien Nation noch melir zu reizen. Als im Februar 1793 ein Buchhändler in Frankfurt eine Broschüre ankündigte »Tagebuch von der lännahmc 1 rankturts durch die Neuiranken bis zur Wiedereroberung von der kombinierten Armee, in Briefen abgefasst,« hatte ihm der Rat bei schwerer Strafe den Verkauf derselben wegen der darin enthaltenen Ausfalle und Anzüglichkeiten wider die französische Naiiun verboten.

Kaum war daher die Stadt von dem Beginn der Friedensver- handlungen zwischen der Republik und Preussen unierrichiet, als sie sich direkt an Friedrich Wilhelm II. wandte mit der Bitte, ihr Bestes allerhuldreichst zu beturdern und die Wahrung ihrer Interessen seinem Gesandten Hardenberg besonders anzuempfehlen.*

Nachdem dei Baseler Vertrag unterzeichnet w ar, erhielt Schweizer, einer der angesehensten Bürger der Stadt, den Auftrag, nnt Harden- berg selbst in vertrauliche Korrespondenz zu treten, während ein

In Wirklichkeit betrug der Gcsanmuvcrlust der Fransosen an Toten nur

59 Mann.

* Schreiben vom 2^ .M.irz 179^ in den Akten der geheimen Kriegsdeputation Band Iii des hiesigen Stadtarchivs.

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gerade zu dieser Zeit sich in Basel aufhaltender Frankfurter, namens Engelsbach, dem iranzösischen Gesandten Barthdemy im geheimen ein verbindliches Schreiben Qberreichen sollte. Offen die preussische Vermittlung anzurufen, wagte der Rat nicht» zumal ein Teil der Büff^erschaft, in ihrer Spitze der altere Bürgermeister, sich feierlich dagegen verwalirte, dass man in einer so wichtigen und das ^anzc Reich betreifenden Angelegenheit ohne Vorwissen und Genehmigung des allerhöchsten Oberhauptes irgend einen Schritt thue, «welcher auf eine Trennung vom allgemeinen Reichsverband abzuzielen schiene.« Auch wollte der Rath nicht einseitig vorgelicn, sondern erst die Hahung der wichtigeren lUichsstäntic abwarten. Deslialb wurde Selpert, der Vertreter l-rankkiris auf dem Reiclistape /u Regensbufi», nur zu der Erklärung ermächtigt, die Stadl sclihcssc sich dem cin- müthigen Begehren des Reiches nach einem billigen Frieden mit Frankreich, wie solches im Retchsgutachten vom 23, Dezember 17^4 niedetgelegt sei, voUstSndig an. Zugleich wurde Selpert bedeutet, solange nicht Kaiser und Reich die preussisclie \'erniittlimg aus- drOckltch verworfen hätten, sich aller den preussischcn Anirä^cii zuwiderlaufenden Handlungen zu enthalten. Wie nun aber die Stimmung auf dem Reichstage war, neigten sich die einzelnen Stände sichtlich zu der von Preussen befürworteten Politik, und eine Genehmigung der Friedensverhandlungen unter seiner Acgidc war höchst wahr- scheinlich.' Alles hing nur davon ab, welche Stellung Oestreich in dieser Frage nelniien würde.

Die bis dahin schon bestehende Kluii zwischen dieser Macht und Preussen war durch den Baseler Frieden noch erweitert worden. In den Augen des Wiener Hofes bedeutete derselbe eine Verletzung der Verträge, einen offenen Treubruch von seiten des Alliierten. Im Gefühl der Erbitterung hierüber war man fester als jemals entschlossen, den Krieg mit Frankreich auch ohne Preussen weiter tortzutühren. Deshalb ward am 4. Mai ein neuer Subsidienvertrag mit Hngland geschlossen und am 20. Mai das Schutz- und Trutzbündniss mit diesem Staat erneuert.' Zugleich liess es sich die östretchische Regierung angelegen sein, im ganzen Reich der preussischen Fricdensvcrmittlung mit aller Kraft entgegenzuwirken, und zwar wurde der Kaiserliche Minister Graf Lehrbach mit dieser Mission betraut.

In Frankfurt angelangt, erklärte er am 6. Juni 179J dem Syn- dikus der Stadt, Borke» der Kuser werde schwerlich seine Zustimmung

Näheres Häusser, Deutsche GcMhichte II, i^ff. ' Häusser S. ijflT.

10

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211 einem Preossens ImerventioR anrufenden Retchsugsbeschluss geben; cbensoveotg werde er gestatten, dass Frankfun zum Ort des Fficdens* koDgrcsses gewählt werde; man habe übrigens in Wien die Ansicht, dass die Stadt die ihr gegen das Reichsoberhaupt obliegenden Pflichten nicht stets vor Augen gehabt habe noch denselben nachgekommen sei

In ähnlicher Weise wurden auch andere Reichsstände vor einer Verbindung mit Preussen gewarnt und ihnen bemerklich gemacht, dass nur der Kaiser das Friedenswerk in die Hand nehmen könne nnd auch dazu nicht abgeneigt sei In der That ersuchte derselbe, um dem Verlangen der Stände einigermassen entgegenzukommen, Ende |ult den dänischen Hof, in stinem Kamen Friedensanträge in Paris zn machen,' von deren Erfolglosigkeit er allerdings schon von vofnhcrem überzeugt war.

So von preussischer und östreichischer Seite gedrängt, schwankte der Rat hmge Zeit unschlüssig hin und her. Die Besorgniss vor dem kaiserlichen Zorn wirkte insoweit lähmend auf ihn, dass er ilie im Baseler Vertrage stipulierte Frist von drei Monaten unbenutzt vorüberstreichen liess und auch dem Artikel II der Konvention vom 17. Mai bezflglich der Zurückberufung seines Kontingentes nicht ge> nugte. Mit steigender Ungeduld nahm die preussische Regierung die passive Haltung der Stadt wahr und verlangte schliesslich durdi ihren GeschäftsHihrer Hamier einen entschiedenen Schritt. Einem solchen aber wollte der Rat gerade ausweichen.

In einem Schreiben vom 8. September betheuerte er dem Minister Hardenberg das lebhafteste Verlangen nach der Neutralität, wenn man diese nur ohne Verletzung der reichsständischen Pflichten erreichen könne. Um sich nicht frühzeitig blosszustellen, trage er Bedenken, mit dem Wohlfahnsausschuss in Paris oder dem französischen Ge* sandten Barth^leniy in direkte Korrespondenz zu treten. Er hoffe, dass derselbe sich auch mit dem begnügen werde, was der Rat bereits in negativer Hinsicht zur Erlangung der Neutralität gethan habe : dass er sich bis jetzt in keine der Republik feindliche Ver- bindung eingelassen und das ihm durch den Reichstagsbeschluss vom 15. Dezember 1794 auferlegte Kontingent nicht gestellt habe. Auch die noch beim Reichsheer sich befindenden Frankfurter Truppen werde er baldigst zurückrufen.'

* Häusscr S. 27.

' Die Truppen lagen teils in Maine, teils in Ehrenbrdtstdn. Ursprünglich betrug ihre Zahl 700, doch waren infolge von Krankheiten, Desertionen u. s. v> nur noch 176 dienfttauglich.

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Daniii .sauiute denn auch der Rat nicht langer, um so mehr, da die von den Franzosen wieder aufgenommenen Fdndseligkeiten zur Eile drängten. Der städtische Oberst v. Planitz ward in das

östreichische Hauptquartier abgeschickt, um beim Generat Clerfayt Nvc^en Zurückziehung des Frankfurter Kontingentes vorstellig zu werden. Hr schützte vor, dass man den durch die Strapazen des vorigen Winters und durch Krankheiten illcr Art hart mitge- nommenen Soldaten Ablösung und Erholung gewähren mQsse, da sie sonst durch Desertion voUaids zosammensdimelzen würden. Aber Qerfayt wies dies Ansinnen tinschieden ab, ebenso wie der Kom- mandant von Miiiiiz, General Neu, der sogar dem Frankfurter Haupt- mann Selig jeden Urlaub verweigerte. So hatte die Stadt die wichtigste der Neutralitätsbedingungen nicht erfüllen können, und gerade bei Beginn des Herbstfeldzuges 1795 hatten die FfamM»en einen Erfolg nach dem andern zn verzeichnen. Die Maas* und Sambre-Armee unter Jourdan hatte unweit Düsseldorf den Rhein überschritten, sich dieser Stadt bemächtigt, im weiteren Vordringen die Oestreichcr unter Clerfayt hinter die Lahn getrieben und nicht weit von 1 rank- furt zwischen Castel und Höchst Stellung genommen, während Pichegru nach der Eroberung von Mannheim am 2i. September die Verbindung zwischen Qerfayt und Wnrmser zu zerstören drohte. Eine allgemeine Panik bemächtigte sich jetzt der süddeutschen Stände.' Alle Heeresstrassen am Rhein waren mit Flüchtigen bedeckt, die Höfe von Baden, Darnistadt, Mainz, Spever, Köln zogen sich eiligst hinter die schützende Demarkationslinie zurück; wie ein rettender Genius ward der Erbprim von Hohenlohe betrachtet, der dieselbe mit einer starken HeeresabtheOung sicherte. Drohend verlangte der preussische Gesandte von den Ständen ihre Keutralltatsetklärung binnen 5 Tagen. Dazu verstand sich allerdings der Rat nicht, aber er beschloss sofort, den Kaiser selbst um Zurücksendung der städti- schen Truppen zu bitten, während Schweitzer nach Basel reisen und bei Hardenberg imd Banh^lem}- Schutz f&r die Stadt vor den unauf- haltsam vorrückenden Franzosen auswirken sollte. Emstweilen tröstete den Rat die Versicherung des Prinzen Hohenlohe, der sein Haupt- quartier in der Stadt aufgeschlagen hatte, er werde alles anwenden, dass sie bei etwaiger Annäherung des Feindes keine Widerwärtig- keiten zu befürchten habe. Und er hielt Wort. Als Jourdan vor Ucn Mauern der Stadt erschien und dem Prinzen eine Vollmacht des

' Hlusser H, a«.

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Woliil.Jirtsausschusscs vorzeigte, nach der er eine Kontribution von allen den Staaten erheben sollte, die nicht innerhalb der bestimmten Frist ihr Kontingent zurückgezogen hätten, erklärte Hohenl<^e, dass er nötigenfalls mit Waffengewalt Frankfurt vor derartigen Zumutungen zu schützen wisse.' Aber noch mehr als auf die Ver- sprechungen des preussischen Feldherm verHess sich der Rat auf den Erfolg der diplomatischen Bemühungen seines Abgesandten Schweitzer. Am 21. Oktober war dieser in Basel angekommen.* Vom Minister Hardenberg, bei dem er eine freundliche Aufnahme fand, erfuhr er, dass das einflussreiche Konventsmitglied Merlin von Thionville beim Wohlfahrtsausschuss stark gegen Frankfurt agitiere» weil es den Artikel II der Konvention vom 17. Mai nicht erfüllt habe. Merlin habe ihm, Hardenberg selbst, als dieser von Frankfurts Friedensneigung sprach, nur lakonisch bemerkt: »Sur ce que vous me dites de la ville de Francfort, je ne puis r6pondre autre chose que ce qu'il n'est plus un moment i perdre que les Etats ne retirent leur contingent«. Zugleich machte Hardenberg Schweitzer darauf aufmerksam, dass, wenn er nur als Privatmann auftrete und sich nicht bald bei Banhilemy als offiziellen Vertreter der Stadt legitimiere, er platterdings nichts erreichen, vielmehr seine Obrigkeit in den Augen des Wohlfahrtsausschusses noch mehr diskreditieren werde. Daher kommt Schweitzer in seinen Berichten an den Rat immer wieder darauf zurück, ihm doch endlich das Kreditiv an Barth^lemy zu senden, das er diesem aber nicht verstohlen und heimlich, wie der Rat wohl meinte, sondern nur in öffentlicher, feierlicher Audienz überreichen könne. »Wozu diese Zurückhaltung?« schreibt er nach Frankfurt. »Hier in Basel kennt doch jedermann den Zweck meiner Sendung«. Aber darauf ging der Rat nicht dn. Gerade in diesen Tagen hatte ihm der Kaiserliche Resident in Frankfurt, Graf Schlick, wieder einmal bittere Vorwürfe über die Sendung Schweitzers nach Basel gemacht und mit dem Zorn des Kaisers gedroht, dessen Heer nicht weit von den Thoren stand; jetzt einen auffälligen Schritt thun, hiess, sich den östreichischen Repressalien aussetzen und aus dem Regen in die Traufe kommen. Somit wurde Schweitzer angewiesen,' sich strikt an seine Instruktion zu hatten und dem Gesandten Barths

' Der Rat ernannte den Prinzen in Anerkennung seiner Verdienste /um Ehrenbürger und wollte ihm ein kostbares silbernes Tafelscrvice schenken; vgl. hier- über Jung, die Ehrenbürger Frankfurts in diesem Bande S. in (T.

' Militarin aus dem Revolutionskrieg II, 1 des Stadtarchivs.

i MUiuria i. c.

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lemy ak Beweis für den guten Willen der St.uit dns Aktenstück vorzulegen, in welchem sie die Zurückbcrufuni,' ihres KonurL unes verlangt habe. Von diesem Aktenstücke zeigte sicl, denn Bartlu liu y auch befriedigt und versprach Schweitzer, die Wünsche der Sl ui heim Wohlfahnsausscbuss und bei Merlin warm zu befürwonen, wenn er ihn in einer Note ausdrücklich dazu autorisieren würde. Mit schwerem Herzen entschloss sich Schweitzer, ohne erst in Frankfurt anzufragen, die verlangte Erklärung zu Obergeben, Jetzt suchte ihn Hardenberg zu einem noch entscheidenderen Schritt zu drängen. Die Stadt müsse sofort mit der Republik Frieden schliessen, mahnte er; gerade ihr Reichthum reize die immer mehr um sich greifende Raubsucht der Franzosen; sei einmal Mainz, das von ihren Truppen belagert werde, gefallen, dann wäre es zu spät. Stosse sich der Rat an dem Namen des Separatfriedens, so könne man auch die Neutralität unter der Form einiger »articles provisoires et secrets« erlangen, deren Geheimhaltung ausdrücklich auszubedingen sei. Schweitzer bat hierauf den Rat um Instruktionen.

Sein Schreiben traf zu Frankfurt gerade in dem Moment ein, wo eine entschiedene Wendung in dem Kriegsglöck der Franzosen eingetreten war. Mit kühner Entschlossenheit hatte Gerfayt die Offensive ergriffen und Jourdans Heer in zügelloser Flucht über den Rhein zurückgetrieben. So befanden sich in Frankfurts Nähe nur noch die französischen Truppen, welche Mainz belagenen; und von diesen hatte man nichts zu befürchten, da sich in der Stadt eine starke preussische Besatzung befand. Die Waffenerfolge der Kaiser- lichen übten sofort ihre Rückwirkung auf die Politik des Rates. Schweizer erhielt einen scharfen Verweis daför, dass er seine Instruktion überschritten und im Namen der Stadt ein sie kom- promittierendes Schriftstück Barth^lemy übergeben habe. Er ward bedeutet, in Zukunft das Konzept eines jeden derartigen wichtigen Aktenstückes erst dem Rat vorzulegen. Vor allem solle er sich nicht von Hardenberg umgarnen lassen und etwa auf sogenannte articles secrets et provisoires eingehen. Die Frage nach einer beson- deren Konvention mit der Republik werde jetzt vom oberrhdnischen Kreise in Erwägung gezogen; ihm werde sich die Stadt anschliessen, aber nicht einseitig vorgehen. Je günstiger nun im Oktober das Waffenglück den Oestreichem war, um so mehr wurde der Frank- funer Rat der Annäherung an Frankreich abgeneigt. Am 25. Oktober wird Schweitzer angewiesen, »da durch die bekannten Ereignisse die Dinge eine sehr veränderte Gestalt erhalten hätten, dem Rechnung zu tragen und sich seines Auftrages keineswegs auf dringende Weise

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zu entledigen, sondern jeut eine gewisse Zurückhaitang zu beobachten.« Auch Preussens Vermittlung brauche man nicht mehr so dringend, sein Einfluss bei den Machthabem in Paris sei sehr im Falten. Da> gegen habe der Landgraf von Hessen-Cassel' der Stadt seine guten Dienste angeboten. Als nun gar Clerfayt und Wurmser in einer Reibe von vernichtenden Sdüägen die Armeeen Jourdans und Pichegrus förmlich aufgerollt, Mainz entsetzt und Mannheim wieder eroben, und als Ende November die Franzosen das rechte Rbeinufer völlig geräumt hatten, da wich unter dem Eindruck dieser glorreichen Siege, wie überall in Deutschland, auch in Frankfurt die verzagte und mattherzige Stimmung, und es regten sich wieder mutvolle und kriegerische Gedanken.' Der Frankfurter Obrist von Planitz wurde zuvörderst nach Mainz geschickt, um Clerfajrt zu den erfoch- tenen Siegen die Glückwunsche namens eines hochedlen Rates abzustatten; bald darauf ward der siegreiche Feldherr zum Ehrenbörger der Sudt ernannt.' Ein verbindliches Schreiben an den Volks- repräsentancen Joubert, das eben nach Paris abgeschickt werden sollte, hielt der Rat zurück, und während er kurz vorher die Aufforderung des Kaiserlichen Obristen von Salm, die als krank entlassenen und wieder genesenen Frankfurter Soldaten zum Reichsheer zurückzusenden, einfach ignoriert hatte, beschloss er jetzt, den reichsverbandmässigen Pflichten pünktlichst nachzukommen. Schleunigst erhielten die Rekon« valeszenten unter den Soldaten die Ordre, wieder in ihre Kompagnieen einzutreten, die abgegangenen Mannschaften, 79 Infanteristen und 4 Artilleristen, wurden ersetzt, ausserdem noch jede der 3 in Mainz stehenden Kompagnieen um 20 Mann verstärkt und ein für die da- malige Zeit fast ans Wunderbare grenzendes &eigniss die noch restierenden 25,000 Gulden Römermonate wurden der Reichskriegskasse nunmehr bezahlt. Schweitzer aber erhielt den Befehl, »da das hiesige Gemeinwesen seiner Anwesenheit dringend bedürfe,« sich von Basel zu beurlauben und schleunigst die Rückreise anzutreten, ohne auf irgend einen Antrag, von welcher Seite er auch komme, einzugehen. Seine Abreise könne um so weniger Aufsehen erregen, als man ja jetzt nach dem eben erfolgten Sturze des Konventes nicht wisse, mit welcher Macht in Paris man die Unterhandlungen zu führen habe.

Schweitzer war über den ihm gewordenen Befehl ausser sich. Damit stosse man ja Barth^lemy und Hardenberg vor den Kopf,

' Er hatte kurz vorher eineo Separatfrieden mit der Republik geschlo&»ea. Häusscr II, S. 41 und 42.

Fingers Tagcbudi S. l8a

' Jung, die Ehrenbürger Frankftirts, oben S. 1 18 ff.

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schrieb er, und verscherze ihr Vertrauen für immer. Auf die in den allgemeinsten Ausdrücken abgcfasstcn Danksagungsschreiben, die er beiden im Namen dcä ilates beim Abschied überreichen solle, würden sie wohl keinen grossen Werth legen. Und gerade jetzt hätten die Verhandlungen einen überaus günstigen Verlauf genommen. Die I ranzosen seien so zuvorkommend und nachgiebig -wie noch nie. Deshalb habe ihm auch Hardenberg dringend abgeraten, nach Frank* furt zurückzukehren, vielmehr solle er incognito nach Paris reisen, wo er durch Vermittlung des preussischcn Gesandten beim Direktorium in grösster Stille alles durchsetzen könne. Docii der Rat blieb gegen diese Vorstellungen taub. Ihm war zu Ohren gekommen, wie erbitten der Wiener Hof Uber diejenigen Stände war, welche zur Friedenspartei gehörten oder auch nur zur Neutralität neigten. Jetzt gab ihm der Resident Schlick im Auftrag des Kaisers das Allerhöchste Missfallen über seinen Mangel an Patriotismus zu er- kennen, doch Üess er zugleich durchschimmern, wie nun die ver- scbeme Gunst des Herrschers durch dne för ihn zu negoziierende Anleihe wieder gewinnen könne. Wenige Wochen später, am 15. Februar 1796, lief auch ein Schreiben von der Kaiserlichen Hof- k.inxlci ein, das die Hoffnung aussprach, die Anleihe werde »bei der bek.innteii guten (lesinnung und dem VV'olilstiuid der Stadt zur vollsten BcJriedigung des Kaisers ausfallen.« Naiiere Erklärungen gab der Kaiserliche Unterhändler, Hofrath von Mittis. Er wies auf die un- geheuren Kriegskosten hin, welche Oestreich allein nicht aufbringen könne und auch von England nicht mehr annehmen wolle, weil es dadurch in immer grössere Abhängigkeit gerate; das Reich selbst müsse ietzt den grosseren Teil der Kosten tr.igen; weigere es sich, so sehe sicli der Kaiser in die Notwendigkeit versetzt, seine Truppen in die eignen Länder zurfickzuziehen und die Stände ihrem Schicksal zu überlassen. Frankfort aber solle ihnen ein leuchtendes Beispiel an Gemeinsinn geben und zu der beabsichtigten 5 prozentigen Anleihe 4 .Millionen zeichnen. Der Rat fügte sich dem Wunsch des Kaisers. In der sehr schwungvoll und patriotisch abgefasstcn Proklamation vom i*). Februar forderte er die Bürgerschalt zur Zeichnung auf, •zom Bewdse der »e belebenden Gesinnung der Anhänglichkeit an die gemeine Sache des Reiches, der allerdevotesten Treue gegen den Kaiser, der sorgsamen Liebe fllr die Vaterstadt.« Die Beteiligung war auch eine starke, und damit war wohl das beleidigte Oberhaupt des Reiches wieder versöhnt.

Inzwischen ruhten die I eindseligkeiien zwischen den krieg- filhrenden Mächten; seit Ende 1795 bis tief u) das Jahr 1796 herrschte

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«in unonterbrochener WafFenstillstaad. Der Rat bemühte sich unter« dessen, die Gesinnung des Direktoriums gegen die Stadt zu erforschen. Was er erfuhr, war nicht gerade tröstlich. Das plötzliche Abbrechen der Verhandlungen, als das Kriegsglück der Franzosen sich wandte» hatte begreiflicherweise die leitenden Kreise in Paris arg verstimmt; sie bekl^en sich auch über die Aufnahme der Emigranten' und über die Haltung der Frankfurter Presse seit den Siegen der östreichischen Waffen. In Folge dessen lud der ältere Bürgermeister die Redakteure der einzelnen Zeitungen vor und schärfte ihnen ein, eine «gemässigte und gesittete Sprache zu führen; insbesondere sollten sie sich der dem französischen Gouvernement unangenehmen Bemerkungen ent- halten. Ausserdem ward dem Censor grössere Strenge gegen die Zeimngen zur Pflicht gemacht.

Mit Besorgniss sah die Stadt dem Wiederausbruch der Feind« Seligkeiten entgegen. Ende Mai wurden dieselben von den Franzosen wieder aufgenommen. Die Republik hatte drei Heere ausgerüstet, die sich nach Niederwerfiing der Gegner vereinen und gemeinsam in das Herz der östreichischen Monarchie vordringen sollten. Diese Aufgabe löste bekanntlich nur das italienische Heer unter der Führung des jugendlichen Buonaparte. Zur Besiegung Oestreichs in Deutsch- land waren zwei Heere bestimmt, die Maas- und Sambre^Armee unter Jourdan, der zu Unterbefehlshabern Kleber und Marceau hatte, und die Rheinarmee unter Moreau. In den ersten Tagen des Juni über- schritt Jourdan den Rhein und drängte die Oestreicher unter General V. Wanensleben, dem Unterfeldherm des Erzherzogs Karl, in glück- lichen Gefechten bis zur Lahn zurück. Die Fortschritte der Franzosen erregten in der Stadt, die schon geraume Zeit von den preussischen Truppen geräumt war und jetzt eine östreichische Besatzung unter dem Kommando des Obersten v. Mylius hatte,* nicht geringe Besorg- nisse. Der ältere Bürgermeister stellte bereits den Antrag, die deponierten städtischen Obligationen zur schleunigen Entfernung in Bereitschaft zu halten und die wichtigsten Urkunden und Akten in feuerfesten Gewölben zu verwahren. Der Oberst v. Planitz schlug sogar vor, das Landvolk aufzubieten und zu bewaffnen, was der Rat jedoch zurückwies; er begnügte sich, ihn in das Hauptquartier Wanens- lebens zu senden, damit er die Ereignisse aus nächster Nähe beob- achte und sie sofort dem Rate berichte. Auch auswärts hielt man

< Mit Unrecht; die Stadt hatte gegen sie scharfe Edikte erlassen; das Unat datirt erst von tndc September 179$.

' Am 18. Mai war er zum Stadtkommandanten ernannt worden.

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die Lage Frankfurts fär sehr geföhrdct Oer hessische Legationsrat

V. Adlerflyclit fragte an, ob sich der Landgraf för die Stadt bei dem konrninndicrcnden französischen General verwenden solle'

Bald aber verzog sich, freilich nur für kurze Zeit, das drohende Kriegsgewitter. Erzherzog Karl rückte von Süden gegen Jourdan heran» schlug sein Hauptquartier in Sachsenhausen auf und »wang die Maas- und Sambre*Arniee zum Rückzug Aber den Rhein. Doch waren seine Erfolge auf diesem Teil des Kriegsschauplatzes nur vorübergehende; die Fortschritte, welche in/wischen die französischen Waffen in Süddeutschland gemacht hatten, zwangen ihn, mit einem grossen TeÜ seiner Truppen sofort gegen Morcau aufzubrechen und die Deckung der Lahngegenden dem General Wartensleben zu über- lassen. Dieser war den von neuem über den Rhein gegangenen Franzosen nicht gewachsen; die von allen Seiten nach Frankfurt strömenden Flüchilinj^c,* %velclK' in den Mnucrn der Stadt vor den zügellosen, vor keiner Gewalnhat zurückschreckenden Banden Jourdans Schutz suchten, Hessen deutlich auf den Kückzug der Oestretcher scbliessett. Bald näherten sich auch die kampfenden Heere der Stadt. Am 9. Juli kam es bei Friedberg zu einem Treffen, das abermab mit einer Niederlage der Kaiserlichen endete. Koch einmal schienen sich diese den I-ranzosen entgegenstellen zu wollen. Die ösireichische Artillerie besetzte die das Mainthal beherrschenden Höhen bei Bergen; hier erwaruic man allgemein die EntscheiduDgssclilacht, von der das Schicksal Frankfurts abhing.

Die Bürgerschaft befand sich in der grössten Aufregung, da der Maas- und Sambre-Armee der denkbar schlechteste Ruf vorausging. Uebcrall hatte sie ihren Zug durch Grcuelthaten und Verwüstungen nllcr Art bezeichnet. Und Frankfurt hatte auf Schonung nicht zu rechnen; im Gegentlieil, die Leidenschaften der franzosischen Soldaten, durch die vonCustine und den Mainzern ausgesprengten Verleumdungen noch mehr entflammt» Hessen bei einer etwaigen £hinahme der Stadt die ärgsten Ausschreitungen befürchten. Mit Rüdtsicht darauf wurden auch die jetzt nach Frankfurt gebrachten gefangenen und verwundeten Franzosen mit besonderer Sorgfalt behandelt, und der Rat Hess sich von ihnen in einer Reihe von Attesten bescheinigeni »das» sie, resp.

* Sdion tJdmaU (lucluctcn sich viele Bürger aus Franklurt; vgl. Jic neuer- dings von der Goetbe-GeseUschaft (Schrireo 4, 18B9) veröffimtlicbKo BrieTc von Goethes Muuer an ihren .Sohn, besonders S. 101— lO}.

' t'in{(cn> Tagebuch S. 18S - tS^

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ihre Kameraden nicht gesteinigt und ermordet worden seien, sondern eine freundliche Aufnahme in Frankfurt gefunden hätten/«

Sodann wurde eine besondere Kriegsdeputation mit ausgedehnten Voltmachten eingesetzt, »welche die gegenwärtige Kriegsgefahr thunltcbst abwenden und im Fall einer zu besorgenden feindlichen Besitznehmung die zu treBienden Verfügungen und Unterhandlungen im Verein mit bürgerlichen Abgeordneten im geheimen beraten und zugleich beschliessen sollte.«'

Um die Stimmung der französischen Generäle gegen die Stadt zu erforschen, wurden zwei Deputierte, der Schöffe von Günderroiie und der hessische Legationsrat von Jordis, in das feindliche Haupt- quartier abgesandt. Die Auskunft, welche dieselben zurückbrachten, lautete beruhigend. Der General Lefevre versicherte, dass die fran- zösischen Truppen bei einer etwaigen Besetzung der Stadt die strengste Manneszucht beobachten würden ; jeder Exzess sollte unnachsichtig geahndet werden, da eine Plünderung für sein Heer selbst die nach- teiligsten Folgen haben würde. Nur empTil 1 er, Stroh, Schuhe und Lebensmittel, deren die Truppen dringend bedürften, in Bereitschaft zu haken.

Wider alles Erwarten gab Wartensleben die Stellung bei Bergen auf und zog sich auf das linke Mainufer bis nach Isenburg zurück. Dagei^cn traf er Anstalten, Frankfurt gegen die Franzosen zu halten. Auf die Wälle und auf die Mainbrücke wurden Geschütze aufgefahren, Schanzgräber auf die Wälle beordert und der Rat angewiesen, die schadhaften Thore schleunigst ausbessern zu lassen. Indess versäumte Wartensleben, die die Stadt beherrschenden Höhen, welche das Heranrücken an sie erschwenen, zu besetzen. Auch die für eine erfolg- reiche Verteidigung viel zu schwache östreichische Besatzung ver- stärkte er nicht. Alles deutete darauf hin, dass er seine Streitkräfte nicht noch einmal dem Schicksal einer Schlacht aussetzen, sondern den Feind mit der Belagerung von Frankfurt beschäftigen wollte, um ihn dadurch von seiner Verfolgung abzulenken und die geplante Vcr- einigimg mit dem Erzherzog Karl zu bewerkstelligen.

Kaum verbreitete sich die Kunde von diesen Verteidigunj^s- massregeln, als sich Volksmengen auf der Strasse und besonders an den Thoren zusammenrotteten und sich in Drohungen und Verwün- schungen über die Kaiserlichen ergingen, die die Stadt unnötigerweise

Akten der geheimen Kriegsdeputation Bd. III. * Ratsprotokoll vom 7. Juli 1796.

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einem Bombardement und vielleicht einer Plöndcrung preisgeben wollten. Der R.u turchtete, d.iss sich der Pöbel zu Thätlichkeiteii liegen die ostreichisclie Garnison limreisscn lassen würde und sucluc ihn durch einzchie an den Thoren postierte Rätsmitglieder zu beschivtchtigen. Inzwischen griff er zu dem einzigen ihm übrig gebliebenen Mittel, das Schlimmste von der Stadt abzuwenden. Hr sandte eiligst den Obristen von Planitz zum Erzherzog» Karl, der bei AschnHenburg stand, und tlehtc ihn .ui, durch eine mit Jourdan zu tretende Uebereinkunft die Stadt vor einem Bombardement zu schützen. Dieselbe dringende Bitte richtete er an den östreichischen Stadtkomman- danten und den General Wanensleben. Dieser aber Hess sich in seinem Hntschluss nicht wankend machen. Auf die Vorstellungen, d.iss Fr.inkfurt j.i keine eigentliche I'estung sei, dass der Feind beim <;.iiizliclicn ^^.lngel an Aussenwerken bis dicht an die Mnuer rücken und sein Geschütz bei der Menge »von teuergeiahrlichen Magazinen« von den verheerendsten Wirkungen sein würde, erwiderte er nur, dass er ohne höhere Ordre die Stadt nicht rSumen dürfe.'

Am 12. Vormittags zeigte sich der Vortrab der Franzosen auf den nach Friedberg und Bergen führenden Strassen und nötigte die dort aufgestellte östrcichische Reiterei zum Rückzug. D.ir.iuf rückten sie ziemlich nahe an die Wälle heran und setzten sich in den davor gelegenen Gärten fest. Um 6 Uhr abends eröffneten die Üestreicher vom Friedberger Thor aus eine lebhafte Kanonade» welche von den Franzosen nur matt erwidert wurde ; einige ihrer Haubitzenkugeln fielen in der Gegend der Zeil und Friedbergergassc nieder, ohne vielen .Scli.iden :in/urichten. Nach kurzer Zeit hörte das Schiessen auf; zwei fr.inzo.sisclie I'arl.imentäre erschienen unmittelbar nach einander und wurden mit verbundenen Augen vor den Kommandanten geführt, der aber die Aufforderung zur Uebergabe abwies.

Die Bürgerschaft ihrerseits hatte General Kleber, den Komman- danten des Bdagerungshe^es, durch eine Deputation gebeten, die Beschicssung so lange zu unterbrechen, bis I'lanitz vom Erzherzog,' Karl zurückgekehrt wäre. Krsterer traf in AschalTenburg den öst- reichischen General Wcrnecke, der ihm bemerkte, Frankfurt müsstc dem Operationsplan gemäss mit allem Nachdruck verteidigt werden ; übrigens würde er erst so spät den Erzherzog erreichen können, dass sich inzwischen das Schicksal der Stadt wohl längst entschieden habe.

.\kten der Dep. Bd. V. ,\uch an den fGoister Hardenberg hatte sich die Stadt gewandt, doch lief dessen Bitte um Schonung Fr«nk<urts bei Jourdan erst am i8. ein (Militaria XIII, 4).

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Und so war es auch. Kleber ging auf die Bitten der B&rgerschaft nicht ein, setzte vielmehr kurz vor 2 Uhr nachts das BomW- dement aus zwei vor dem Eschenheimer- und Friedbergertbor hmter Gartenhäusern errichteten Batterien fort. Diesmal hatte das Feueni mehr Wirkung; einige Haubitzen zQddeten, und mehrere Einwohner wurden in den Betten getödtet' Nach einer Stunde stellten die Franzosen das Schiessen ein. Diese Ruhepause benützte der Rat, um durch abermalige Deputationen von dem feindlichen Oberbefehls- haber einen WafTenstillstand zu erbitten. Jourdan wollte zuerst davon nichts hören. Das Wohl seines Heeres, bemerkte er, gestatte ihm nicht den mindesten Aufschub, den Erzherzog Karl durch Heran- ziehung der sächsischen Truppen ausnützen würde; nur die schleunigste Uebergabe könne die Stadt retten, deren Einnahme er sonst durch Beschiessen und Sturmlauf erzwingen müsse. Schliesslich bewilligte er doch einen sechsunddreissigstündigen Waffenstillstand.

Kaum kehrten die Abgesandten mit dieser Nachricht in die Sudt zurück, als ein grosser Teil der Bevölkerung seine Habselig- keiten eiligst zusammenraffte und sich unter lautem Jammern und Klagen über die Mainbrücke nach Oftenbach, Hanau und Wilhefansbad flüchtete,' während die Zurückgebliebenen sich mit ihren Kostbar« keiten in den Kellern bargen; denn die fortgesetzten Verteidigungs- anstalten der Kaiserlichen, sowie die in allen Quartieren in Bereit- s c h a f t gehaltenen Wassereimer und Feuerspritzen Hessen das Schlimmste befürchten.

Unter den wechselnden Gefüiilen von Hoffnung und Furclu verstrich der 12. und der grösste Teil des 13. Juli, während welcher Zeit Kleber zwischen dem Hschcnheimer- und AUerheiligenthor drei Batterien' errichten liess. Wiederum gingen Parkmemäre und

' Im Ardiiv bclindet aich kciu Ikriciit über die Be&ciiiessung ; ich lube bcuuui: 1) die Kaiserliche Rdehsoberpostamtszdtung vom 18. Juli 1796 No. 11. 2} »Kune Ntthricht von der Besehiessung und Uebergabe der Stadt Frankfun am Main an (fie

französischen Truppen im Juli 1796,« abgedruckt in Frankfurter l-aniilicnblätter 1867 No. 152 ff. und Didascalia 1846 No. 1901!'. 5) »Geschichte des lionib;irdcments und der Besitznehmung von der Stadt I-rankfurt am Main etc.« Frankfurt 1796 (^enthält eine Ansicht der Judengasse nadi dem Brande). N'ergl. auch: Die Bomhdmer Haide in örtlicher und geschichtlicher Beziehnng von Pfarrer GoUhard in Mit- teilungen des Vereins für Gesch. und Aherth. Bd. III, 129; schliessUch auch: Fr.snk- furt am Main im Jahre 1796 von HejTier S. i9ff. und de« Brief der Mutter Goethes an ihren Sohn vom 22. Juh, S. 104—106. ' S. den erwähnten Brief, l. c

) Die Hauptlntierie befand sich auf dem jetzigen Kirchhofswege, etwas höber ab der Keuhof; Heyner, S. 3}, Anmerkung.

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Deputationen erfolglos hin und lier. Kleber, der sehr wohl die Absicht, ihn nur hinzuhalten, erkannte, hracli am Abend des 15. Juli unter fürchterlichen Drohungen die Unterhandlungen ab, und um II Ulu- nachts eröffneten die Franzosen aus allen Batterien eine schreckliche Kanonade. Em entsetzlicher Granatenregen m$ achtzehn- und vienmdzwanziRpföndtgen Haubitzen traf die zwischen dem Eschen- heimerthor, der Katharinenkirche, dem Friedberger- utKl Allerbdligen- thor gelegenen Stadtteile. Bald brach an mehreren Orten Feuer aus, das sich rasch verbreitete, da sich zuerst niemand auf die Strasse zum Löschen wagte. Am meisten litt die Judengassc; wegen des nahe gelegenen Zeughauses, in dem man Pulvervorräte vermutete, bildete »e ein besonderes Zielobjekt. Ueber vienindzwanzig Standen wütete hier das Feuer ungehemmt, da der grösste Teil der Juden» Schaft sich aus Furcht vor Plünderung tags zuvor gerettet hatte, und so fielen die reichen Warenvbrräthe schutzlos dem wütenden Ele- mente zum C^pfer; über hundertundvierzig Häuser vom Eingang in die l-.ihrgasse bis zur Synagoge brannten bis auf den Grund nieder.

Nach zw« Stunden hörte das Schiessen auf; jetzt erst konnten Anstalten zum Ldsdien getroffen werden. Der menschenfreundliche Kleber unterstützte das Werk; er schickte aus den benachbarten Ortschaften drei Feuersprit;?en mit 120 unbewaffneten Franzosen als Löschmannschalt, die aber nicht in die Thore eingelassen wurden. Es war ein Glück, dass in dieser Nacht vollkommnc Windstille herrschte. So gelang es endlich den nnermüdlichen Anstrengungen der BQrger und der Unerschrockenheit und Todesverachtung der Tschaikisten' das östreichische Linienmilitär zdgte sich hingegen sehr lässig des entfesselten Elementes Herr zu werden und eine Einäscherung der ganzen Stadt zu verhindern. Immerhin war der Schaden bedeutend genug. Im ganzen waren 156 Häuser völlig niedergebrannt und viele beträchtlich besdiädigt; besonders hatten die Dacher auf der Zeil, der Allerheiligen«, Friedberger-, Tönges- und Schnurgasse gelitten. Dagegen war der Verlust an Menschenleben ein auffallend j^cringcr; nur drei waren t;cTntcT, viele aber durch herabstürzende Balken gefährlich verwundet worden. Gegen 2 Uhr nacLts s.indte die Stadt abermals eine Deputation Wartcu^lcbcn. Der ganze Horizont, nur ein Flammeascbein, spradi deutlidi genug för ihre traurige Lage. Der General versichene sie sogleich beim

' Matrosen dner sor kaberlichen Besatzung in Mainz gehörigen Flotille; ihr Komninndant war Obcrstlieuienant Williams. Der Rat liess zur Aneriwiraung

djifür später Geld an sie austeilen.

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Eintreten» dass die Unterhandlungen zwischen ihm and Kleber sicher zu einem endgiltigen Resultat führen wdrden;' in zweimal 24 Stunden werde er Frankfan räumen, Sachsenhaosen dagegen noch besetzt halten. Wie er nun selbst diese Frist zur Hinwegschaifung seiner Magazine benutzen wolle» so empfahl er der Börgerschaft, auch ihre Habe inzwischen in Sicherheit zu bringen. In der That wurde jetzt eine Verständigung zwischen Kleber und Wartensleben er»elt. Ersterer konnte nichts weniger wünschen als eine gänzliche Zerstörung der Stadt» auf deren reichliche Vorräthe seine Taschen durchaus ange- wiesen waren; Wartensleben Ijingegen hatte durch die Belagerung erreicht, was er von Anfang an bezweckte: er hatte Zeit gewonnen. So wurde die Kapitulation am 14. Juli um 7 Uhr Morgens vom Kaiserlichen Obristen Baron von Brady und General Kleber, den BevolU mächtigten Wartenslebens und Jourdans, zu Bomheim unterzeichnet

Die drei ersten Artikel derselben lauten :

i) Vom Augenblick der Unterzeichnung; der Kapit 1 r.ion beginnt ein 48 stündiger Waffenstillstand zwischen der Kaiserlichen und der französischen Armee auf beiden Seiten der Kinzig, welche ihnen zur Demarkationslinie von ihrer Mündung in den Main bis zu dessen Mündung in den Rhein dienen wird.

2} Nach Ablauf der 48 Stunden werden die Truppen der Republik sogleich die Thore der Stadt in Besitz nehmen, mit Ausnahme der Sachsenhäuser Thore, welche ihnen nicht eher übergeben werden, als bis der Kachtrab der Kaiserlichen Armee die Stadt gänzlich verlassen haben wird.

3) Die jetzige Garnison Frankfiins nimmt ihre Artillerie und Munition mit und zieht mit Waffen und Bagage aus der Stadt.

' Akten der Dep. Bd. V. Noch nni späten Abend hatte Wartonsieben, den dringenden Vorstellungen einer Deputation nacliycbcnd, bei welcher sich auch der Senior der Frankfurter GebtÜehkdt, Dr. Hufnagel, befand, den Obersten Brady nach Frankfurt gesandt mit der Volbnadit, sich in das französische Lager zu b^ebcn und mit Kleber die Kapitulation zu vereinbaren. Aber ein eigcntümliclier Unstern schwebte über dieser Sendung. Am Affcnthorc ru Sachsenhausen angelangt, konnte Brady erst nach langem Aufenihalte vor demselben Einlass erhalten; eine weitere Verzögerung entstand dadurch, dass «uerst niemand den Obersten zum Stadt- kommandanten vorzulassen wagte, der, durdi die Anstrengungen des Tages erschöpft, aufs strengste verboten hatte, ihn vor ii Ulir abends tu wecken. Schliesslich, nachdem er doch vom Stadlkomni.inJ-uitcn ciupl,uif,'eti worden war, verfehlte Br.idy den ^Veg nach Bürnlicim, woselbst er erst zwei Stunden nach Heginn des Bom- bardements eintraf und dessen sofortiges Aufhören veranlasste. Vgl. Heyner S. st und 22, wie auch die Anmerkung auf S. 22.

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Als vierten Artikel hatte Wartensleben vorgeschlagen: Das Eigentum der Einwoboer soll respektiert und gesichert werden. Wegen ihres vorherigen Betragens soll ihnen weder Strafe auferiegt noch ein Vorwurf gemacht werden. Dazu bemerkte Kleber: »Die Einwohner haben sich in dieser Hinsicht auf die grossmfitige Gesinnung der Franzosen zu verlassen, die sie in der Proklamation des kommandierenden Generals Jourdan an die Bewohner des rechten Kheinufers ausgedruckt 6nden werden. Obrist von Brady wird die Güte haben, ihnen einige Exemplare davon zuzustellen«/

Die Warienslebensche Fassung des Anikels 4 erregte heftigen Unwillen in der Bürgerschaft. Als noch obendrein der General von Isenburg aus schrieb, nur um dem löblichen Magistrat einen Beweis seiner Ergebenheit und seiner Anteilnahme an dem Schicksal der Stadt zu geben, hätte er Artikel 4 in den Kapitulationspunk teii vorgeschlagen, erwiderte der Rat, dass er ihm wenig Dank dafür wisse; damit hätte er ja die gegen die Stadt ausgestreuten Verleum- dungen ge Wissermassen bestätigt.

Auch sonst flösste die Kapitulationsurkunde die höchsteBesorgniss ein. Sie sistierte ja die militärischen Operationen nur auf zwei Tage; Sachsenhausen blieb noch im Besitz der Oestreicher, w eiche auf die Sachsenhäuser Brücke Geschütze gegen Frankfurt auffuhren und die jenseits des Mains gelegenen Wälle und Anhöhen besetzten. Wartens-

' Die Proklamation ist abgedruckt in »Geschichte des Bombardements u. s. \v.« S. II— 1}. Jourdaus Bericht an das Direktorium, datiert Bonames le 26 Mcssidor (= 14. Juli) Tan IV, wie er im Moniteur vom 2. Thenntdor Nr. 302 erschieo» üuiet;

Lc 2) (— 13. Juli) les nugistrats de Fr.incfort furenl sommis de nous ouvrir los pories de la ville: les Autrichicns qui v avaient garnison, s'y opposcrent de maniere que toute la journee se passa en deputations des nia- gistrats de Francfort piH de nous et des gäitraux autridiiens, mais comme Tennemi paraissait vouloir eontinüer ä oocuper cette ville, notre artillcrie commen^a ä faire feu i dix heures du soir. Ricnt^t un quartier de la ville fut incendii; alors les Aiitricliiens nous ont lait des propositions, et ii a ite sigiic une capitulation dont vous irouvercz ci-joint copie, et d'aprcs laqucllc nous entrerons aprte-demain ä Francfort Les troupes ont combattu dans toutes ces actums avec leur courage ordinaire.

Beigef&gt ist diesem nodi der Bericht des Kriegslconmitssars bei der Maüs-

und Sambrcarmcc Joubcrt:

L'cniiemi n'a point rcsistc aiusi qu'oii lo crovait, dans la position de Bergen; il eil euirc dans I rancfori, ou il a annoncc une defense qui nc fwuvait avoir pour objet que Tivacuation de ses magasins. . . . Les habitans nnt envoy6 hier plusieurs deputntions nux g^n6raux Kleber et Jourdan pour obienir qu'on nc tirät point sur leur ville.

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leben erklärte aaf Befragen, Sachsenbausen ohne höheren Befehl nicht räumen zu -wollen. Da somit der unglQckUchen Stadt eine abenxialige Beschiessung, diesmal von ihren seitherigen Veneidigern, zu drohen schien, so wandte sie sich noch einmal an den Erzhenog Karl. In ergreifendem Tone beschwor sie ihn, die Feindseligkeiten auf ihrem Gebiete gänzlich einzustellen, da sie die Geissei des Krieges schon genugsam empfunden habe. »Sollte die Wahl- und Krönungsstadl unseres allergnädigsten Kaisers, die dem Handel Deutschlands Leben gibt, nicht Ansprüche auf Barmherdgkeit und Schonung haben? Sollte Euer edles und menschenfreundliches Herz gegen das laute, bis zum Himmel steigende Wehklagen der unglücklichen Bewohner sich verschliessen?« schrieb sie ihm.'

Doch Wartensleben dachte gar nicht ernstlich daran, sich in Sachsenhausen festzusetzen; die darauf bezQglichen Anstalten sollten nur die Franzosen über seine wahren Absichten irre führen. Er hatte ja vom Erzherzog Karl den gemessenen Befehl erhalten, vor dem Feinde zurQckzuveichen und sich um jeden Preis mit ihm zu ver- einigen. Des Erzherzogs Absicht war nämlich, nachdem er das Vordringen Moreaus in Söddeutschland nicht hatte verhindern können, die gesamten östreichischen Truppen zu einer überlegenen Armee zu vereinen und zunächst Jonrdan, dann Moreau zu schlagen. So verliess jetzt Wartensleben Sachsenhausen und richtete seinen Marsch nach Osten.

Der Kapitulation gemäss rückten die Franzosen am t6, Juli früh um 7 Uhr in die Stadt ein. Ihnen voraus ging eine Proklamation des Divisionsgenerals Bonnard, in der er nochmals versicherte, das Eigen- tum der friedlichen Bewohner zu respektieren und kerne der Mass- regeln versäumen zu wollen, welche zur Aufrechterhaltung der Ordnung nötig wären. Dagegen drohte er mit den hänesten Strafen, falls die Einwohner sich Feindseligkeiten gegen seine Truppen erlauben würden. Und Bonnard und sein Nachfolger hielten Wort. Abge- sehen von Exzessen einzelner französischer Soldaten beim Betreten der Stadt und später beim Wegzug Hessen sie sich in Frankfurt keinerlei Ausschreitungen zu Schulden kommen; zwischen ihnen und den Bürgern herrschte ein leidliches Verhältniss. Starke Patrouillen durchzogen während der Kacht die Strassen, und die Hauptwache erhielt die Anweisung, jedem von französischen Soldaten insultierten Bürger auf Wunsch sofort Beistand zu leisten.*

* Akten der Dep. Bd. V.

' Der darauf bci^gliche Erlass des Stadtkommandanten Daraaud ist abgedruckt.

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Das Gros des französischen Heeres verweilte nur kurze Zeil in Frankfun, da Jourdan sich rasch gegen Warcen$leben wandte; als Besatzung blieben sechs Bataillone zurück.

Eine der ersten Handlungen der 1-ranzosen gleich nach ihrem Einrücken in die Stadt war, das st.'iJtiscIic Militär zu entwaffnen und seines Dienstes zu entheben, I^bcnso nuissten s.'lmtÜchi.- Bürger ihre Waffen im Rathause abliefern; auf die Verheimlichung derselben ward Todesstrafe gesetzt.' Darauf nahm der Generalkrie^skonimissar Oubreton die ehemals Kaiserlichen Magazine als angeblich feindliches Eigentum in Beschlag. Vergebens wies man ihm nach, duss die Stadt diese um d^n Preis von 200,000 GuULn käuflich an sich gebracht habe; Dnbrcton wollte sich nicht übcr/cui^cit lassen. Es fehlte der Maas- und Sambrearmee an dem nötigsten; ihre Verpflegung lies» alles zu wünschen übrig, da sich das Proviantwesen im denkbar schlechtesten Zustande befand; von Paris hatte man bei der Leere- des Staatsschatzes wenig zu erwanen, und so musste der Krieg den Krieg ernähren. Frankfurt, von dessen Reichtum man die über- triebensten Vorstellungen hatte, sollte alle Bedürfnisse des französischen Heeres decken.'

Nachdem Dubreton die von der Stadt vorläufig geleisteten Naturallieferungen in Empfang genommen (sie bestanden in joooo Broten h 3 Pfund, ^000 Centner Heu, 4000 Centner Stroh, 3000 Centner Hafer, 30000 Pinten Branntwein, 200 bespannten Wagen, einer grossen Anzahl von Schuhen, ausserdem noch Landkarten) und ihr die drückende Verpflichtung auferlegt hatte, bis auf weiteres der französischen Armee täglich 30000 Brote zu backen, trat Jourdan gleich am 17. Juli mit Forderungen an den Kat heran, die dessen schlimmste Befürchtungen bei weitem überstiegen.

Zunächst verlangte er eine Kontribution von sechs Millionen Livres in bar, ferner Kleidungs- und Kquipierungsstückc im Werte von iVs Millionen und Lieferungen für den Dienst der Artiiieric im

in uGcschichtc Jc^ Bunib.irileiiietus« S. 18. Weitere Frl.is^f Jcs^elbei», die Strasscn- rcinigung, luciidiciic belcuclitung u. s. w. bcirctTcnd, linucit bich cbcnUASclb&t S. 16 20. S. auch MiUtaria X, i. Remericen will ic)i hierbei noch, dass der Stadt*

kommamlant D.irn;ttid .im 1. ,»\ii«Tii';t die lirdiTnung des The.iten> gestattete »bien cutendü qu'il nc sera jouc quo des pieces non contraires au principe^ lran(,'ais.8 Vgl. Miliiaria X, i.

Nur die R.it'^miti^licdcr durften ilirc \\'.UTl:\ beh-iltcn.

Joubcrt schrieb bei dieser (»elegetiheit an das iiirektoriuin : »Noiis alioiis lUNis occuper de toutcs Ics mcsmes n^cessaires ponr procurer i la R^publique tous lc% avanugcs qu'clle doit aitendre de ta conqntie de cette grande villc.« S. Moniteur U c>

II

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Werte von einer halben Million, schliesslich hundert schöne Reit- pferde für die höheren Offiziere. Die zum Unterhalt der Truppen sclion geleisteten und etwa noch zu leistenden Naturalien sollten in dieser Kontribution niciit einbegriffen sein. Ein Drittel derselben sollte schon den nächsten Tag, das zweite Drittel in zehn Tagen, der Rest bis zum 6. August abgetragen werden ; jede Zögerung würde iinnachsiciitig eine weitere Erhöhung der Forderungen zur Folge haben.

Wie sollte die Stadt diese masslosen Ansprüche des Feindes befriedigen? liir Wohlstand hatte durch den Krieg und die dadurch eingetretene Stockung des Handels gelitten ; überdies hatten sich viele Chels der angesehensten Bankhäuser, sowie der grösste Teil der Judenschatt aus l urcht vor der Beschiessung geflüchtet und damit ihre materielle Hilfe dem Gemeinwesen entzogen. Zunächst wurde nun den Juden durch öffentlichen Anschlag in Hanau, Offenbach ii.s.w. geboten, sich bei Verlust der Stattigkeit binnen vierundzwanzig Stunden in Frankfurt wieder einzulindcn, und da ihre Häuser um grössten Teil niedergebrannt waren, ward ihnen ausnahmsweise verstattet, in Bürgerhausern ihre Wohnung zu nehmen.' Sodann traf die geheime Kriegsdejiutation umfassende Anstalten zur Auf- bringung der Kontribution; unter ilir stand die Rechnungskommission, welche die Gelder in Empfang zu nehmen und abzuHefern hatte. Noch am 17. Juli forderte erstere in einer Proklamation die Bürger, die Juden sowie die Fremden auf, das ihrige zur Rettung des gemeinen Wesens beizutraL'en und gegen vierpro/.cntige Inicriins- obligationen die nöthigen üeider her/uleihcn; dieselben solUcn später, wenn die Kontribution erst nach dem Vermögen eines jeden verteilt wäre, wieder eingelöst werden. Von dieser Proklam^uion wurden auch die abwesenden Chefs der Rankhäuser brieflich in Kenntnis gesetzt und von ihrem Patriuiisnius das Beste erwartet.*

Selb.stvcrständlicli machte die Kriegsdepuiation auch Veisuciie, von Joui dan einen Hrlass der Forderungen zu verlangen. Am 20. Juli begab sich Bani.]uier Meizler in ihrem Auftrag ins französische Haupt- quartier,' »um das Terrain zu sondieren und die Kanäle ausfindig zu

Docli wurJe ilnieii der Aufenthalt in den ^cn.inntcn Städten vorlängen, da bie erklärten, sich keineswegs den allgemeiuen Lasten entziehen, sondern die Urnen auferlegten Beitrage pünkdich zahlen xu wollen.

* Es waren dies Betfamann in Lüpng, Heydcr & Comp, in Nörnberg, Göll & Mctzlcr in Ansbach. Besonders das erstgenannte Bankhaus zeigte einen auf- opferndcn Eifer.

3 Akten der Dep. Bd. III.

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machen, durch die er eine Milderung der Bedingungen auswirken könne,« Wenn er Hoffnung hätte, auf dem einen oder anderen Wege mittelst Versprechungen resp. Bestechungen zu reüssieren, so sollte er schleunigst wieder umkehren, ohne vorher bestimmte Geschenke anzubieten. In dem Schreiben, welches er Jourdan zu überreichen hatte, Schilden die Deputation die tiefe Niedergeschlagenheit, in welche die Stadt durch die unerschwinglichen Forderungen gesetzt sei; sie unterwerfe sich mit Resignation dem Rechte des Siegers, appelliere aber zugleich an die Gerechtigkeit und den Edelmut der französischen Republik. Die Kontribution stehe in keinem Verhältnis zu den anderwärts auferlegten. Man gehe von der Ansicht aus, dass der Reichtum der Stadt unerschöpflich sei. Dem sei jedoch nicht so. Durch den Krieg und die Custinesche Kontribution von 1792 hätten ihre Finanzen derart gelinen, dass sie jetzt den auswärtigen Kredit in Anspruch nehmen müsste; ob sie dabei Erfolg haben würde, sei bei der gefährdeten politischen Lage der Stadt mehr als zweifelhaft. Unverdient sei sie verleumdet worden; stets habe sie die Freund- schaft und das Wohlwollen der grossen französischen Nation gesucht und sich stets fern gehalten von der Politik der grossen Mächte. Der Ruin der Stadt dieser wäre eine unausbleibliche Folge, falls Jourdan die Kontribution in vollster Strenge verlange würde stets ein Flecken an dem bis dahin so reinen Ruhme Frankreichs sein. Die Deputation bat schliesshch um dreierlei: um Nachlass der Kon- tributionen, längere Zahlungsfristen und einen Schutzbrief (sauve- garde), damit sie während der Dauer des Krieges von weiteren Re<)uisitionen verschont bleibe.

Metzlers Mission erzielte nicht den geringsten Hrfolg. Jourdan erklärte, die Forderungen entsprächen den reichen Hilfsmitteln der Stadt; übrigens habe er nur die ihm vom Direktorium gewordenen Anweisungen zu befolgen; eine Milderung könne mm nur in Paris direkt erwirken. Ebenso ableimend verhielt sich Dubreton. Am 21. Juli zahlte ihm die Kriegsdeputaiion eine Million Livres, das bisherige Ergebniss der Sammlungen. Als sie aber um Nachsicht für die weiteren Termine bat, da der gegenwärtige Mangel an barem Oelde sich nur allmählich heben, jede Gewaltmassregel aber den öffentlichen Kredit schädigen würde^ wollte er nichts davon wissen; er beschwerte sich vielmehr darüber, dass die Naturallieferungen noch nicht in seinen Besitz gelangt wären, und drohte sogar, bei längerer Zögerung die Lieferung Auswärtigen zu übertragen und sie mit der Bezahlung an die Stadt zu verweisen. Schleunigst übertrug nun

diese die Lieferungen einem der angesehensten Bürger, der sich mit

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der eigens dazu ernannten Behörde, dem Approvisionierungsamt, ins Einvemehmen setzen sollte.' Auf Anfragen in Paris erfuhr der Rai, dass die Höhe der Kontribution dem Direktorium nichts weniger als ungerecht erscheine, und dass daher ein Nachlass nicht zu hoflco sei. Zwar nahm der Rat jetzt wieder Hardenbergs Vermittlung io Anspruch, der auch zu dem Versuche bereit war, durch den preussisd« Gesandten in Paris das Direktorium milder für die Stadt zu stimineii; aber der preussische Einfluss war im Sinken bcgrifTen, und die Er- eignisse konnten den schwerfälligen Gang der diplomatischen Ver- mittlung längst fiberholt haben. Die Stadt gab nun fürs erste dk Hoffnung auf, eine Erleichterung der ihr auferlegten Lasten m erlangen. Und wenn sie im Schreiben vom 22. Juli dem Kaiser ilue Kotlage klagte und ihn »um allerweiseste Beberzigung der Mittel und Wege bat, wodurch sie noch zeitig von dem gänzlichen Unter* gang möge gerettet werden,« wenn sie ferner durch ihren Vertreter auf dem Regensburger Reichstage ihre bedrängte Lage allen daselbst versammelten kurfürstlichen und fürstlichen Gesandtschaften dringend ans Herz legte,' so that sie dies weniger in der Erwartung, einen Erfolg damit zu erzielen, als vielmehr, um sich zu entschuldigen, dass sie bis auf weiteres ihre reichs- und kreisständischen Pflicktcn nicht mehr erfüllen könne.

Aber während die Kriegsdeputation sich eifrigst bemühte, veiter bares Geld herbeizuschaffen, wurde sie durch tägliche Neuforderungcn vonNaturallieferungen und Requisitionen aller Art fast in Verzweiflong versetzt.' Nun stellte sie von neuem durch Abordnungen in das französische Hauptquartier, durch zahllose Reklamationssclveiben an

' Bericht der Kricgsdeputation in den Akten des Einundfünfziger Kollegs- Der erwälmtc Büri;cr Imt später dns in ihn gesctrtc Vertrauen <u seinem Privaivortc»! schnöde gemissbraucht, wotur er in Untersuchung kam.

* Seipens Antwort erfolgte erst am 31. August. Er hatte sich dAriaT be- schränkt, den bedentendsien Reichständen ein »littnnoire« der Stadt «1 übcr^ben und riet» sich an Mainx, Baden, ßaiern und Saclisen besonders zu wenden.

' In den letxKn Tagen des Juli wurden nach Fingers Tagebuch vom Hi*t verlangt :

2000 Ochsen, ioofioo Pfund Salx,

loo.cx» Pfund Mehl, iO,oix> Sacke Hafer, ijO.üoo Ccntner Heu, iso^ooo Cchund Stroh, 500,000 Maass Branntwein, 100,000 Maass Essig.

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die verschiedenen fran/usisclien Hehörden die Unmöt^Üchkeic dar, dcr- j;lciclK'U L.isten .uitzubrinL;cii, und bie set/te \veni14stcns durch, dass Dubrcton die neuen Requisitionen von Sachverständigen abäcbauen Uess und beim französischen Kriegsminister zu beantragen versprach, deren Wert von der noch zu leistenden Kontribution abzuziehen.' Aber zu einem weiteren Zugeständniss verstand er sich nicht. Als die B-irz-ihliint^en für kurze 7eit stockten, liess er in der Nacht vom 27. auf den 28, Juli ncht MiiLjlicder des K.ues in iliren Wohnungen auslicbcn und als Geiseln in die französische Festung Charleinuiit bringen/ »um den Magistrat fOr die Schlaffheit und die Nachlässig- keit, mit welcher er den ihm von der französisclien Regierung auferlegten Verpflichtungen nachgekommen, /.u züchtigenv. Am nächsten Tng ward zu Jourd.in nach Schweinfurt eine Deputation .ibgesandt, um die ireilassuni; der Geiseln ru erbitten'. Sie sollte darauf hinweisen, dass einige derselben Häupter von Bankhausern wären, deren Kredit gerade jetzt fbr die Stadt von höchster Bedeutung sei; dass derartige Massregeln die Bezahlung der Kontribution völlig vereitelten, da sie den Kredit der Stadt untergrüben. Es könne doch unmöglich die Absicht des Direktoriums sein, ihr Gemeinwesen durch ein derartiges Vorgehen zu vernichten (ecraser). Aber trotz wieder- holter Versuche konnten die Abgeordneten keine Audienz bei dem kommandierenden General erlangen. Wegen eines Unwohlseins wollte er niemand vor sich lassen. Auch in Wßrzburg, wohin sie ihm gefolgt waren, konnten sie ihn nicht sprechen, so dass sie, mutlos geworden, ihr Gesuch seinem Flügeladjutanten fibergaben und nach JFrankfurt zurückkehrten.

Inzwischen hatte Dubreton die «Stadt verlassen und sich ins französische Hauptquartier begeben; als seinen Nachfolger hatte er Huguier zurückgelassen. Dieser war zwar in der Form höflicher, in seinen Massnahmen aber noch viel rücksichtsloser und durchgreifender. Den Vertretern der Stadt bemerkte er dörr und trocken, die fran-

' Der sehr starke sechste Bsind der Akten der Dcp. enthält die Korres» poadenz mit den KriegskommisMren Dubreton, Huguier, Blunchon, dem General- Zahlmeister Scitivnu\, ilcm M-if^a/innirschcr Sihiilc, dem Get)cr.iliiispck:or V:inc1rivcr, ferner mit deoi komniandircndcii General Jourdan, sowie den Generälen Ernüuir und Marceau.

* Es %v.ircn: die Schöffen v. Hunibrjcht, v. Hulzh.iuscn, v. B.irkhau$cn, Mciors, Dr. Hctzlcr, Andrcae, Stcit/. und Dr. Schlosser. Den Befehl zur Festuahnie der Geiseln s- Anhang No. I. Vgl. auch Fingers Tagebucli S. ii^j.

1 Rngffs Tagclmch 1. c.

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zösische Armee sei von Geldmitteln ganz und gar entblösst, die Krie,L;skommissarc bcsiiirme man stündlich darum und übcrhautc sie mit Vorwürlen, dass sie gegen den besiegten Feind 7.u nachsichtig seien. Deshalb werde er auch vor den verhasstesten und gewali- thätigsten Schritten nicht zurückschrecken, um seiner Pflicht zu genügen: »teilen sie das Ihren Bürgern mit, besonders den Reichen, die ein Interesse Iraben, das Ungcwitier zu beschworen, das sonst in Bälde sich über sie entladen wird.«' Doch liess er sich bestimmen, bis auf das Eintreffen des Jourdan'schen Bescheides zu warten. Den- selben erhielt der Rat nm 6. August ; er zerstörte auch die letzte Hoffnung. In brüskem Ton schlug der tranzüsische Überbefehlshrrber das Gesuch ab, da er es nach sorgfältiger Prüfung unbegründet gefunden habe. Fester denn je sei er davon überzeugt, dass nur übler Wille, den er aber durch alle Mittel der Strenge zu vertreiben wissen werde, den Rat hindere, den Verpflichtungen nachzukommen. Zum Schluss verbat er sich, ihn noch weiter mit Schreiben oder Gesandtschaften zu behelligen.

Der Rat wusste, dass Jourdan und Huguier es nicht bei leeren Drohungen bewenden lassen würden. Er strengte darum seine äusser.sten Kräfte an, das nötige bare Geld aufzubringen; aber die eingegangenen Summen konnte er nur zum geringeren Teil zur Abzahlung der Kontribution verwenden, da die fast taglich in immer grösserer Menge von ihm verlangten Requisitionen zu viel Geld verschlangen. Sogar von den zur Stadt gehörigen Dörfern wurde eine Auflage von 100,000 Ccntncm Mehl, ebensoviel Centnern Sirob, Heu u. s. w. verlaugt.

Somit konnte der Rat wiederum den Zahlungstermin nicht ein- halten. Die Folge davon war, dass Huguier diesmal 17 Bürger in der Nacht vom 6. auf den 7. August festnehmen und gleichfalls nach Charlemont zu den 8 bereits früher ausgehobenen bringen liess.*

' Der Scliluss seines Briefes versteigt sich 2U folgenden phrasciiBafteit Ex- klamationen: Magistrats, ptres du peuplc .1 qui voos devex tous vos soiti^ tonte votre soIUcitude en retour de la confiance dorn il vous honore, pourrez-vous saus crime et saus phic ctrc insensibles aux maux quc vous Ctcs i I.1 ville d'cprouver. Et ]es plaintcs et Ics larmes de vos concitoycns privcs de Icur liberte, wloignes de leurs ^ouses et de leurs enfants ne vous engagcront-ils pas de soulager Icurs petnes et de tout tenter poiir l«s rendre ä leurs famDles et ä leur patrie? Si ces tantes et puissantes considörations ne suffisaient pas pour ihnouvoir vos ämes, je vous plains, Messieurs, et je me tais et je vous laissc ^ vos remords.«

* Es wnren acht der angesehensten R.usmitglieder : v. I.ersner, v. Utfonbach, V. Ohleoschlagcr, v. Loen, v. Gündcrrode, üonn, Mühl, ücherbius, und neun aus der Bürgerschaft : Geh. Rat v. WtesenhOtteii, WlIbetniMannskopf, Daniel Brenllier,

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Ausbcrdcni wurden nocli weitere Sclireckenstiiassregcln in nahe Aus- sicht gestellt. Der Rat wollte diese nicht erst abwarten. Die Proklamarion vom 8. August, in der er die Börger auf den Emst der Lage hinwies, wurde durch die Aufrufe unterstützt, welche die Bürgerkapitäne in ihren einzelnen Quartieren erlicssen. Bei dem Mangel an barem Geld sollte jeder sein Silbergeschirr, seine Kost- barkeiten und Staatspapiere in den benachbarten Orten verpfänden und das su erlangte Geld der Stadt gegen \ ierpruzentige Interims- Obligationen fiberlassen. Die Besitzer von Wecfasdbriefen kurzer Sicht auf Hamburg oder Amsterdam sollten diese gleichfatk gegen städtische Obligationen hergeben.

Von allen Seiten beeilten sich jetzt die Bürger arme sowohl wie reiche ihre Scli.üze zum Besten des Gemeinwohls herzugeben.' Auch die goldenen und silbernen Kirchengeräte wanderten in die Mfinze.* So konnte am lo. August die Kriugsdeputation die erste Rate von zwei Millionen Livres vollständig berichtigen und ausserdem noch eine starke Abschlagssiitiime auf die zweite Rate. Abgesehen davon hatte sie die Refiuisitionen und Naturallieferungen zum grossen Teil ebenfalls entrichtet. Am 22. August konnte die dritte .Million voll abgeliefert werden. Allerdings ging die Kriegsdeputation rück- sichtslos vor. Diejenigen von den reicheren Bürgern, welche entweder gar nichts oder zu wenig im Verhältnis zu ihren Mitteln beigesteuert hatten, wurden durch die Drohung einer öiTentlichen Bekanntmachung der Subskriptionsliste und eventueller Anwendung von Zwangsmass- regdn eingeschüchtert, so dass sie schleunigst das Versäumte nach- holten. Am wenigsten Umstände machte die Kriegsdeputation mit den auswärtigen, in Frankfurt begüterten Stiftern. Die Erfahrung beim Emfall Custines im Jahre 1792 hatte gelehrt, dass ein Appell an ihren guten Willen ganz fruchtlos sein würde. Als daher einige der Stifter teils gar nichts, teils höchst unbedeutende Summen geben wollten, legte die Kriegsdeputation trotz aller Proteste Beschlag auf die Zinsen und Gefälle des Johanniterordens und des St. ßartho- lomäusstiftes.' Die übrigen Stifter und t'reiliäuser erhielten, wie die

Thunicyssen scn., H.irtmanii, Anton Schweitzer, de NeufviUe-Mannskopf und die Kommis KViag (für Gontard) und Gwinner (f&r Hcyder). S. Fiagen Tagebuch S. i^.

' i-ingcr& lagebuch S. 198—199. * Ebenda.

J Dieses bcsass in der Stadt nicht weniger als 52 Häuser, Ij ständige Kram- laden und hüchii anielmhclie üCiier, Gelaile und Zehnten. Troudem wollte es ungeachtet wkdetholter Aufforderungen nur tojooo Gulden geben.

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Bürger and die Lieferanten, för die geleisteten Beiträge städtische

Obligationen.'

Auch das auswärtige Kapital suchte man heranzuziehen; ni:in beabsichtigte, eine 4 5 procentige Anleihe unter Vermittlung 4r Bankhäuser Bethmann, Metzler und Heyder in Höhe von ein bis zwei Millionen zu kreieren. Die zuerst mit holländischen Bnnquicrs ge- pflogenen Unterhandlungen blieben resultatlos. Man wandte sich nun an norddeutsche Handelshäuser. Schon hatten sich einige derselben zum Zeichnen bereit erkärt; da wurden sie auf den kaiserlichen Erlass vom 19. Dezember 1792 ;iufmerksani gemacht» in welchem das Reichs- oberhaupt jede direkte oder indirekte Unterstützung des Feindes aufs strengste verpönte. Die Frage, ob man sich beim Kaiser eine Dis- pensation von diesem Erlass auswirken solle, fand rasch ihre Erledigung. Der Kaiserliche Minister am sächsischen Hofe, Graf von Elz, Hess den Frankfurter Banquier Bethmann, der sich gerade in Leipzig befand, zu sich bescheiden und erklärte ihm offiziell, man wOsste, dass er Geldnegoziaiionen für Frankfurt eröffnen wolle; er untersage dies; kehre sich der Rat nicht daran, so werde das Reichsoberhaupt nach den bestehenden Keichsgesetzen nicht allein Hab und Vermögen der Ratsmitglieder, sondern sie auch persönlich in Anspruch nehmen. Zugleich verbot der Graf sowohl den Leipzigern, als auch den sich daselbst aufhaltenden fremden Banquiers, sich an dem Frankfurter Anlehen irgendwie zu beteiligen. Im mittleren und westlichen Deutschland hätte man sich zwar wenig an das kaiserliche Verbot gekehrt, aber der öffentUche Kredit der Stadt litt zu sehr unter der Ungewissheit, in der ihr Schicksal noch immer schwebte, und so hielt sich das auswärtige Kapital von Zeichnungen fem.

Bitter bereute man jetzt in der Stadt den Abbruch der Verhand- lungen 7.U liasel ; alle Befürchtungen Schweitzers hatten sich nur zu sehr erfüllt. Dass unter dem niederschmetternden Eindruck der Ereignisse seine Partei im Rate jetzt die Oberhand gewann, wird man begreiflich finden. Da*^, wogegen sich letzterer noch voriges Jihr gesträubt hatte, ergriff er nunmehr begierig als den einzigen Ausweg, um den gegen den Wohlstand der Stadt geführten Todessross aiii/.u- halten, nämlich einen Separatfrieden mit der franzosischen Republik. Die noch widerstrebende Kaiserliche Partei fand kein Gehör; nun wies sie hin auf die Vorgänge,' die sich soeben in Süddeutschland

* Die Jadenschaft hatte den Vorstehern ihr Vermögen eidlich anzogeben,

worauf diese die auf jeden fallende Quote f(M>i.i/tcn.

' Häusser, II, 62 S. und Sybel« Geschichte der Revolutioosxdt II, t; i}^fL

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abspielten. More.ius Siege und sein rasches Vordringen hatten unter den Ständen daselbst eine allgemeine Panik verbreitet. Wer hatte da noch an den gemeinsamen Reicbsverband gedacht? Jeder hatte auf eigne Faust durcli ein Abkommen mit dem beutegierigen und zuchtlosen Feinde Frieden und Schutz zu erlangen gesucht. Und wenn dies die m.ichtigeren Stände, wie Baden und Württemberg, ihaten, sollte da das ohnmächtige Frankfurt, ganz isoliert wie es war, die Last des Krieges allein tragen, bis der Ruin seines Wohlstandes gänzlich besiegelt wäre.^

So wurde Metzler in das französische Lager geschickt, um fol- gendes auszuwirken: Auslieferung der Geiseln, unentgeltliche Frei- lassung der in Mainz stehenden Frankfurter Truppen nach der etw li^^cn Eroberung der Festung, Einstellung aller der Stadt ange- drohten Zwniii^'smnssregeln und schliesslich Neutralität während der ganzen Dauer des Krieges. Dagegen sollte er die Zahlung von «S bis ig'/» Millionen Livres teils in Geld, teils in Naturalien versprechen, und zwar dergestalt, dnss je eine Million in jedem Monnt, die ganze Summe also in 8 bis lo' Monaten entriclitet würde. Um seinem Gesuche mehr Nachdruck zu verleihen, bewilligte die Kriegsdeputation Mctzlcr »tür die erforderlichen Nebcnausgnbcn« 400 500,000 I.ivres ; denn man wusste zur Genüge, dass die Vertreter der Republik gegen klingende Grunde nichts weniger als unemphndlicli waren. Aber auch diesmal erreichte Mef/ler nichts. Huguier erklärte, erst müsse die Stadt den letzten Sou bezahlt und alle Nanirallieferungen und Requisitionen geleistet haben, ehe man eine Konvention mit ihr in Erwägung ziehen könne. Iis lag ja gnr nicht im Interesse Frankreichs, mit der Stadt Frieden zu schliessen; viel mehr Nutzen zog man aus ihr, so lange man sie noch nls Feind behandeln konnte. Das wusste der Rat sehr wohl; darum verlangte er nun von Huguier Aufklärung über die Zukunft der Stadt. »Zerstreuen Sie,« schreibt er ihm am 24. August, «die Unsicherheit unserer Lage, geben Sie bestimmt die Hohe der Lieferungen an, die Sie noch von uns fordern werden, oder veranlassen Sie den kommandierenden General dazu. Sollten Sie dies aber jetzt noch nicht kcninen, so beruhigen Sie wenigstens das Publikum durch die öffentliche Lrkhirung, dass unsere Massnahmen und .'\nstrengungen uns den Anspruch auf Ihr Vertrauen erworben haben. Dieses wird unsern gänzlich geschwundenen Kredit wieder beleben.« Nach langem Sträuben verstand sich Huguier endhch dazu und formulierte genau seine 1 orderungen, wobei er die Ende Juli verlangten Naturallieferungen zu zwei Millionen in bar anschlug. Die Stadt hatte somit zu entrichten: drei Millionen bar, zu denen

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jetzt noch zwei Millionen hinzukamen, femer 400—500,000 Livres als Rückstand von den 1,500,000 Livres an Hquipierungsgegenständeo und 50C000 Livres an AusrOstungsgeqenständen für die Artillerie. Dagegen stellte Huguier in Aussicht, die seit dem 27. Juli gelebtetcn Requisitionen in Abrechnung zu bringen.

Inzwischen hatte das Kriegsglück der Franzosen einen jShea Umschlag erfahren. Dem General Wartensleben war di-- Vereinigung mit Erzherzog Karl gelungen und damit der Französische Operations- plan in SüddeutschlanJ, der auf einer Wrbindung der Truppen Jourdans mit Moreau beruhte, gescheitert. Am 22. und 24. August griff der Erzherzog die heranrückenden Kolonnen Jourdans an und schlug sie in einer Reihe von Gefechten. Die Niederlage bei Würz- burg am 3. September führte zur völligen Auflösung der Maas- und Sambre-Armee. üebcrall in den Dörfern und Städten erhob sich nun das Volk, um Rache an seinen Peinigern zu nehmen. Mit Sensen, Heugabeln und Dreschflegeln ging es den zerstreuten fran- zösischen Heeresabteilungen entgegen und suchte in deren Nieder- met'/ching der lang aufgesparten Erbitterung Luft zu machen.' Durch Jourdans Rückzug wurde auch die Position der Eranzosen in Frankfurt gefäiirdet. Setzte, was zu erwarten stand, der Erzherzog «;cine Ver- folgung weiter fort, und griff die Volksbewegung weiter um sich, so w.ircii sie verloren. Um so mehr beeilten sie sich, die ihnen noch übrig bleibende Frist thunlichst auszunützen und moi;lichst viel von der Stadt, die eben die vierte Million entrichtet hatte, zu erpressen.

In den ersten Tagen des September schrieb daher Huguier an den Rat, er sei weit entfernt zu L'l^iuhen, dass die grosse Mehrheit der wohlhabenden Bürger den i^atriotismus <,'ezeigt habe, den man von ihnen zu verlangen berechtii^t sei.' I;r belahi, ihm binnen vier- undzwanzig Stunden eine Liste zu überreichen, aus der er ^ich über die Vermögensverhältnisse der einzehien HürL;er Ljcnau intorniicrtii und darnach beurteilen könne, ob sie ihren Verhaknissen ani^eniesseu zur Kontribution beigesteuert hätten.

' Häusscr II, iSj.

' Weiter hcisst es darin : »II est dans notrc villc conimc partout äilltfurs de* richards cgoistes et vils qui ne calcuteiit que d'aprts uo 'mttttt personel nul en* tendu, comptant pour rien celui de leur patrie et ne consentent ä dMer ieur boane que lorsque la force ou le danger de laperdrc les oblige; voiU, Messieurs, ks getis quc je vcux nttcindrc; je les ferai coturibuer p;ir niovens eflicaces et prompts.« Er will ihnen das Gold, »doni ils sc sont fait un dien,« wegncb^iien.

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Der Rat verweigerte ihm aber diese Liste, da es ein Grundsatz der Frankfurter Verfassung sei, das Privatvermdgen der Bürger von Obrigkeitswegen nicht zu inquirieren, damit der Kredit der einzelnen nicht geschädigt werde. Nach der Verfassung, bemerkte er Huguier, brauche niemand, welcher ein Vermögen von 15,000 versteuere, sein weiteres Vermögen anzugeben. Nun rückte Huguier mit einer andern Forderung heraus. Für alle Rückstände an Kontributionen, Requisitionen, Naturallicfeningen u* s. w. verlangte er jetzt eine Pauschalsumme von vier Millionen. Alles bare Geld, welches der Rat überhaupt noch in der Stadt auftreiben könne, solle er sofon dem Kriegszahlmeister geben und für den Rest Wechsel auf Amster- dam ausstellen. Als man ihm erwiderte, man könne ihm weder bares Geld noch Wechsel auf Amsterdam zur VerfE^ng stellen, machte er ein weiteres Zugeständoiss und erklärte sich mit städtischen Obligationen im Betrage von vier Millionen zufirieden, von denen die eine Hälfte innerhalb eines Monats, die andere im folgenden zahlbar sein sollte.

Die Kriegsdeputation erwog nun, wie sie sich zu dieser For- derung zu stellen habe. Wohl wusste sie von den Siegen der Kaiserlichen Waffen; Huguier selbst hatte kein Hehl daraus gemacht, dabei aber bemerkt, dass er umsomehr jetzt »avec force et cd^rit^« handeln müsste. Und zu welchen Gewaltmassregeln konnte nicht der Feind greifen, bevor sich die Östreicbischen Truppen der Stadt näherten ! Wie wenig er vor solchen zurückschreckte, hatte er gerade in diesen Tagen bewiesen. Der Kommissar Blancbon hatte eine unverhältnissmässig grosse Stellung von Fuhren verlangt; die Kriegsdepution sah sich ausser stände, seinen Wünschen zu ent- sprechen. Sofort schickte er 30 Gensdannes unter einem Offizier ab, Hess die Mitglieder der Kriegsdeputation sowie des Fuhr- und Approvisionierungsamtes arretieren und noch in derselben Nacht Haus- suchungen n ich jenen Fuhren vornehmen. So schwirrten auch jetzt Gerüchte durch die Stadt, dass Huguier zu neuen Vergewaltigungen greifen wolle, falls er mit seinem Begehren abermals zurückgewiesen würde. Er sei entschlossen, die Kriegsdeputation zu beseitigen, zum dritten Mal die angesehensten Ratsmitglieder als Geiseln fortzuführen und dadurch die Ver^'altungs- und Regierungsmaschine der Stadt völlig ins Stocken zu bringen. Es verlautete femer, dass er die fehlenden Summen von den einzelnen Bürgern, von deren Vermögen er sich eine Liste hätte anfertigen lassen, durch militärische Exekutionen einzutreiben und ihre Forderungen im Auslande mit Beschlag zu belegen beabsichtige. Nicht in letzter Reihe gab aber bei der Kriegs-

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deputation den Ausschlag die Rücksicht auf die im Feindeslande fest- gehaltenen Geiseln, deren Befreiung Huguier eventuell beim Direk- torium befürworten wollte, sodann die ihr von Paris zugekommene venrauliche Mittciluni^, es sei nicht an den Ab&chluss einer Kon- vention mit der Republik zu denken, bevor nicht alle eingegangenen Verpflichtungen gegen diese erfüllt wären. Und nach 1 ricden sehnte sich die Stadt, musste er auch mit noch so schweren Opfern erkauft werden.

Die Erfahrung der letzten Kriegsjahre hatte zur Genüge die unverwüstliche Elastizität der französischen Nation gezeigt, der auf die Dauer die Kaiserlichen Waffen doch nicht gewachsen sein konnten; diese hatten sie vor einer zweimaligen Eroberung und Brandscb.itzung nicht schützen können, eine dritte wollte die Stadt nicht mehr abwarten. So fand der Beschluss der Kriegsdeputation, auf Huguiers Eorderun^cii einzugehen, die völlige Billigung sowohl des Rates nls auch der bürgerlichen Kollegien. Die Deputation erhielt am 5. Sep- tember die Ermächtigung, dem Kommissar StadtobUgationen auf vier Millionen Livres zu übergeben. Ihr Gesuch, diese nicht au porteur, sondern direkt an die französische Regierung zahlbar auszustellen, wies Huguier zurück; dagegen gab er die schriftliche Zusage, dass, bevor die Obügationen an dritte veräussert würden, der Stadt das Einlösungsrecht vorbehalten bleiben sollte. Ucbrigens verpflichtete sie sich für den ball, dass die französische Armee von neuem nach Erankfurt zurückkehren würde, die Obligationen wiederum an sich zu nehmen und dafür die Rückstände an Requisitionen, Kontributionen u. s. w. zu liefern.'

Wenige Tage später näherte sich der Vortrab der ostreichischen Ariuee den Thoren der Stadt. Der Stadtkommandant Duvignot schien zuerst willens zu sein, Frankfurt gegen die Üestreichcr zu halten und

Der Wortlaut des Vertrages lautet:

Nous Bourguemestres et Magistrats de la Ville libre d*B]ipire de Franc* fort sur Mön rcconnoissons et ücciarons . . . devoir au porteur des

prcscntc-s h somme de deux milHons de IJvres de France cn e^pöces sonnatites laquclle somnic doit Ctre payec soit ici ou ;\ Amsterdam dans Tespace de dcux ans revolus i dates de ce jour; promcttons cn faire payer par aa quatrc pour Cent d^interto. En foi de quoi nous avons fait expidier ces präsentes Celles du sceau de notre ville et munte du scing de deux Bourgueotdstres actuellement cii ch.iiige.

Fait ä Fraucfort ce } Sept. 1796.

Signes Schweitzer, Bnur^uemestrc.

Lauterbach, aussi iiourgucnie&trc.

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tiaf bereits geeignete Massrcgeln zur Verteidigung. Doch machte er dieselben bald darauf wieder rückgängig, wahrscheinlich in Folge eines ilini von Jourdnn ziiqc^;Hii^encn Refehles, und räumte in der Kicht vuin 7. zum 8. September die Stadt. Zur Siclierung seines Rlickzuges liess er die äussere und innere Zugbrücke am Afienthor demolieren, die zwei mit Holz belegten Bogen aaf der Sachsenhäuser Brücke abtragen und die Balken in den Russ v.crfen.' Es war die höchste Zeit, dass er abzog; denn kaum eine Stunde spater rückten ostreichischc Reiter ein, die nt)ch einen Iranzösihchen Posten auf hoben. Noch in der 1 rulic des 8. September besetzte das städtische iMiliiär die wichtigsten Wachen/

Die Franzosen hatten übrigens Ursache ^cnug, mit der in Frankfurt gemachten Boite zufrieden zu sdn. Die Kriegsdeputation berechnete die bis zum 8. September geleisteten Liefeningen folgender* «lassen :>

' Fingers Tagebuch S. 208.

* Gcx:thes .Mutter schreibt hierüber am 17. Sept. ihrem Sohn: »Den 8. früh um $ uhr stunde ich auf und sähe zu meiner unaussprechlichen l'rcude unsere Franckfurthcr Soldaten auf der Hauptwache; meinen Augen nicht trauend holte ich meine Lorn- gette und sie gingen mit Stöcken (denn die (lewähre hatten die F. .illc mitgenommen) auf und nieder; was ich da empfand, lässt sich niclu l c^clireihcn ; dass ich Gott iK-rt7lich danckte, verstellt sich wohl von selbst, und dw> Ahxnb unscrn Zapfenstreich wieder 7u hören, war mir lieblicbcr, als eine Oper von Mozart.«

Der Abzug tlcr Fr.mroscn L-rfoIi^tc in vollkunimncr Ruhe mul Ordnung; nur Ur. Schweitzer, der iur dicics juhr jüngerer Bürgermeister war, und seine Ordonnanz wurden von Duvignot gröblich insilltiert und ihrer ßarschafl beraubt: Näheres iiitrübLT in Fingers Tagebuch S. 207. Hiinm-- T.igL' vi>rlier war es zu einem ernsten Zwischenfall zwischen den Bürgern und der Uesa(/.uiig gekommen. Die in Sachsenhausen kampierenden Franiosen hatten ni wiederholten Malen die G.irrt-ii und Felder geplündert und, obgleich ihnen vom Forstamt ilul/ uiui Stroh in genügender Menge gelielcrt wurde, mutwillig die Latten und Dielen aus den Weinbergen gen^omeD und die Obstbäume umgeliaaen. Als sie nun wieder ein« mal, mir S."ii:l:cn beladen, einen förmlich organisierten Plündcrungsznj^ in die Mirkcn der Oberrader veranstaltetea, fielen diese die Sacbsenhäuser zu Hulte und schlugen sie ia die Flucht Bold darauf aber kehrten <fie Fnnioscn, mit FHmeo und Sibdn bewaffnet, zurück und sclinssen .ui( die im Felde Arbeitenden, doch zogen sie sich nach kurzer Zeit zurück. Sonst herrschte ein leidliches Verhaltniss zwischen BevAlkentng und Besatsung. Die Generlle Duvignot und Maroean dankten auch in ihrem und Jcr französischen Nation Namen der Stadt: «du zcle et de l'hon- (K-idc de Ia conduite de tous Ics liabitans« S. Gazette nationale <ie France vom »4. Septemher.

' Akten der Dep. und v. Oven, die Kriegslasten der Stadt Frankfurt in den französischen Invasionskriegen 1792 181 }, in Mitteilungen des Vereins u. s. 5SS— 556.

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c 1,000,000 »

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ij an Kontributionsgeldem 4jOOO,ooo frcs.

2) an Kleidungs- und Equipieningsstücken . . . . x,500/xx> »

3) für ArtillericgegenstäiMie 300,000 »

4) 100 Offizierspferde .\ 37 Louisdors 70,000 »

5) Lieferungen an Getreide, Wein, Lcbenj>mitteln cic.

6) andere beträchtliche Lieferungen für Hospitäler, Feldpost

7) Verlust des für 200,000 II. gekauften Kaiserlichen Magazines c. 400,000 »

S) Verlust an GeschOtzen,' deren Metallwert allein

angesclilagcn ward auf i,ück),(h)o »

8,270,000 frcs.

9j Verlust des Stadtmagazins.'

10) Verlust an Gewehren sowohl der Stadtgarnison als der gesamteo Bürgerschaft.

11) Unzählige kleinere oder grössere Fuhren för den Dienst der Armee sowohl zu Wasser als zu Lande.

12) Tafelgelder für die höheren Offiziere und die Krie^skonimissare.

Schliesslich nahmen die Franzosen beim Abzüge die Glocken der Barfüsserkirche und das kostbare Altarbild im deutschen Hause mit sic!i. Auch J.is Gemälde am Hochaltar des Doms wollten sie abnehuKii; als man ihnen indess versicherte, dass es nur eine Kopie sei, Hessen sie es unberührt.*

' Die l-r.in/.osen kamen niclit weit mit den «^cr.iubten Gcscluit/eti; hei Flörs- heim iiclcu äiu in die IlauJ der Kaiserlichen , l iii^cr^ Tagebuch S. 199.

' Von No. 9 ab fehlen die Aiigalxii in bestimmten Summen. Nur der eilige Rückzug der Franzosen sdiui/te die Stadt davor, die in $) und b) angegebenen Naturaliea, die auf ungefähr 6Vs Millionen in bar von der Kriegsdeputation uxiert wurden, vollständig liefern zu müssen.

Schliessitcb ist noch zu bemerken, dass Huguier vom Rate im Auftrag des

Direktoriums die Krünungskleinodien und die goldene Bulle verlangte. Glücklicher- weise befanden sich erstere in Aachen und Nürnberg, von wo sie nur bei der

Kronuni; eine«! Kniscf; nach l-ranküirt ijeschntTt wurden, die letztere da^ei,'cn hatte man sciioti vor dem iiinrucken der i raa/.osen aus der Stadt (wohl nach Ansbadl) entfernt.

' Fingers Tagebuch S. 199 und 20J.

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»75

Die mit Jourdan und Dubrctun im Juli gepflom.ncn Unter- handlungen, die daraut hinzielten, der Stadt Neutralität zu vcrscli.ifTen, hatten, wie wir gesehen haben, zu keinem Ergebnis geführt; es musste sich ihr naturgcmäss der Gedanke aufdrünfen, an die Quelle selbst au gehen und die massgebenden Kreise in P.iris für sich zu eewinnen. In klarer Weise wurde dieser Gedankt- HnJe Juli in einem AutbUtze aus^'csprochen, den Syndikus Sccticr, das eiiitluss- reicbste Mitglied der Kriegsdeputation, von einem Freunde, dem Hofrat Basse, erhielt und dem Kate unterbreitete. In dem Aufsatz behauptete der Verfasser, der seinen Namen einstweilen noch ver> i^wiegen haben wollte, dass Frankreich die rechts des Rheins ge- legenen Länder wie ein k i'rhlütij^cr Mrobcrer behandeln und sie durch Kontributionen über Kontributionen so kinpc auspressen wolle, bis sie, gänzlich erschöpft, eine Beute der benachbarten Machte wurden. Deshalb müsse Frankfurt Opfer bringen, aber es kdnne dabei seine politische Unabhängigkeit wahren, indem es denselben Weg einschlage, den Hamburg und Bremen jetzt mit Hrfolg beträten. Die Stadt möge sich nicht als Reichsstand, sondern als unabhängiger Staat nach dem Beispiel Preussens, Hessens und der Hansnstndte unmittelbar an das Direktorium wenden. Dazu seien allerdmgs in Paris bdiebte und angesehene Persönlichkdten erforderlich. Als scrfche schlägt der Verfasser sich selbst und seinen Freund, den Dr. K. Engelbert Oelsner vor, welchen er mit dem Syndikus Seeger bekannt machte.

Bei der bedeutenden Rolle, die beide in die?;em für die Geschichte der Stadt so wichtigen Abschnitte zu spielen berufen waren, erscheint es angemessen, dass wir einen Augenblick bei ihnen verweilen. Dettmar Basse und K. E. Oelsner waren keine geborenen Frankfurter. Ersterer' wurde den 6. April 1762 zu Iserlohn geboren, wo die Familie noch heute blüht. Sein Vater hatte die Tochter van der Beckes, eines ani^esehenen Kaufmanns daselbst, geheiratet und war Teilhaber an dessen hi»chst bedeutendem Tuchgeschäfte. Auch Dettmar ward für den Kaufmannsstand be- stimmt und brachte seine Lehrzeit in Frankfun zu, wo er durch Vermittlung seines Vaters Zutritt in die angesehensten Häuser der Stadt erhielt und 1786 die Tochter des Senators Kellner heiratete.* Als Kompagnon in die Firma van der Becke aufgenommen, gründete

' Hinen grossen Teil der Miueilungeu über Basse verdanke ich der Liebens- würdigkeit öd« Eokdb desidbcn, des Htm KonsistoTialm Dr. Basse «u Frankfurt. * Durch diese Ehe wurde er auch mit dem Senator Meuler verscbwigert.

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er für dickes Gescliäfi in Frankfurt eine Filiale, die ra'^ch cmporblühte und ihm die Mittel gewährte» seine Neigungen für die Kmi * und fbr den Sport zu befriedigen. Seine nicht gewöhnliche Intelligenz und sein praktischer Geschäftsgeist, die von einem stattlichen Aeussern und gewinnenden, weltmännischen Manieren aufs glücklichste unter- stützt wurden, verschafften ihm in weiten Kreisen Beachtung und Anerkennung. Friedrich Wilhelm IL ernannte ihn 1788 trotz seiner Jugend »wegen seiner Uns angeröhmten Handiungskenntnisse und andern guten Eigenschaften« zum Hof- und Kommerzienrat ; die Kriegs- und Domänenkammer zu Hamm forderte von ihm Gutachten über wichtige, den Handel und Verkehr der Grafschaft Mark berührende Fragen.'

Seine weitausgedehnten Geschäftsverbindungen führten ihn auch nach Paris. Durch die Empfehlung seines Schwiegervaters fand er Eingang in die hohen finanziellen Kreise und lernte auch die bedeutend- sten Führer der politischen Parteien kennen; mit dem spiteren General Hochc scheint er damals in nähere Beziehungen getreten zu sein. Der Aufenthalt in der französischen Hauptstadt mit ihren Zerstreuungen und Aufregungen übte auf seinen von Hause aus unruhigen und zum Abenteuerlichen geneigten Geist einen derartigen Reiz aus, dass er daran dachte, sich daselbst niederzulassen; wenigstens erwarb er ein Haus und in der Nähe von Paris ein Landgut. Jetzt auf einmal eröffnete sich seinem Ehrgeiz die Aussicht, sich in das Parteigewirre einmischen zu können und sich Lorbeeren auch auf dem Felde der Politik zu holen.

Viel bedeutender als Basse ist Oelsner.* Am 15. Mai 1764 zu Goldberg in Schlesien geboren , besuchte er die Universi- täten zu Frankfurt an der Oder und Göttingen. In ersterer Stadt befreundete er sich mit seinem Landsmann Johann Gottfried Ebel, dem berühmten Naturforscher, mit dem ihn sein späteres Leben noch öfters zusammenführen sollte. Nach Beendigung der Studien begleitete Oelsner zunächst einen jungen Edelmann nacli

* Die betrefTenden Schriftstficke sind im Besitz des Herrn Konsistorialftt

Basse.

* Vgl. den Auls.itz von Prof. Alfred Stern: »Konrad hngcllH-n Ocbners Bride und i agcbüchcr. Eine verges:>enc Q.ucllc der französischen Kevoluiion,« eri^chicmn in der Deutschen Zeitschrift iur Geschichtswissenschaft III, 100-127. Die AngalNn über Oelsner in der Allgemeinen deutschen Biogr.ipliie, woselbst auch die l.itteratur über ihn anr:e«?eben ist. bcJürfen, wie Stern roit Recht bemerkt, mancher Er- gänzungen und Berichtigungen.

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Wien ; doch gab er bald seine Stellung auf, von dem unwiderstehlichen Vtrlangen getrieben, die welterschütterndcn Hreignisse, die sich in Paris abspielten, aus nächster Nähe zu beobachten. So finden wir ihn bald nach der Einnahme der ßastille' in Paris, wo er blieb, bis ihn die Schreckensherrschaft vertrieb. Von Begeisterung für die neuen Ideeen erfüllt, sah er mit Schmerz, wie deren Verwirklichung teils an der politischen Unreife der Massen, teils an dem 1-anatismus der Jakobiner scheiterte, die er auf das heftigste bekämpfte. An allen bedeutenden Ereignissen dieser Zeit hat er als Zuschauer Anteil genommen; mit Mirabeau, Robespierrc, dem »boshaften Tollhäusler«, wie er ihn nannte, P«^thion, Brissot etc. wurde er be- kannt. Eine besondere auf Gegenseitigkeit beruhende Zuneigung verband ihn mit Sieyes, der ihn seines vollen Vertrauens würdigte und in das politische Parteigetriebe einweihte.*

In einer Reihe von Aufsätzen und Briefen schilderte Oelsner die ausserordentlichen Begebenheiten, deren Augenzeuge er war, und führte in anschaulichster Weise die Männer vor, denen die leitende Rolle in den Dingen zugefallen war.' Diese publizistische Thätigkeit, welche sein besonnenes Urteil, seine scharfe Beobachtungsgabe und seine siaatsmännische Beanlagung in glänzendem Lichte zeigten, erregten die Bewunderung seiner Zeitgenossen ' und erweckten bei ihnen den Wunsch, aus seiner i'eder eine Geschichte der Revolution zu erhalten.

In Paris lernte er wahrscheinlich auch Basse kennen, mit dem er jetzt wieder in 1 rankturt a. M. zusammentraf. Ersterer erkannte sofort, dass kein Mann geeigneter war als Oelsner, ihn in seinen Plänen zu fördern. Dieser ging auch auf seine Absichten ein, teils aus Gefälligkeit für ihn, teils von dem lebhaften Wunsciie ertülit, seine staatsmännische Begabung nun einmal auf einem ihm vertraut gewordenen Schauplatz zu bethätigen.

Alle Bedenken, welche gegen den von Basse gemachten Vor- schlag im Rate etwa auftauchten, schwanden im Hinblick auf die allgemeine Zeitlage. Sein politisches Gewissen konnte er mit dem Vorgehen der mächtigsten Staaten Nord- und Süddeutschlands be>

' Stern a. a. (V, S. 116, Anm. 1.

' Näheres hicmbcr bei Stern, S. 107 ü. Ocisiicr sclirici» .lucli eint- Biogmphie von Sieyes (1* S. 11$).

} Ein grosser Teil seiner Aufsdtte crKliien in der von Archenholx heraus- gegebenen «Minerva.««

4 Stern, S. 116.

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schwicinigcn, die in einer Verbindung mit Frankreich nichts Ausiössiges gefunden hatten. Und wenn die bedeutendsten Reichsglieder von der allgemeinen Sache abfielen, wer durfte es da dem ohnniiichtigcn Frankfurt verargen, dass es auch nur an sich selbst dachte! Ja, wollte Uic Stadt ihre politische Hxisten/. und ihre Selbständigkeit wahren, so konnte sie sich, wie damals leider die Verhaltnisse lagen, an keinen d e u t s c h c n Staat anschliessen, sondern nur an 1 rankreich allein. Hatten doch Preussen und Oestreich schon langst den (jCLLuiken, die Integrität des Reiches aufrecht xu eih.ilien und die einzelnen Mitglieder Jcs;.ellen in ujicin Besitz zu schüt/en, autgegeben; ]i, hofften nicht vielmehr beide Staaten, für ihre etwaigen Verluste auf dem linken Rheinuter sich aut Kosten der Ivki ieren und Hilflosen zu entschädigen! Einen ungeheueren, nieder:,. hincaerr.ucH Findruck machte, wie überall im Reiche, so besonders in 1 rankfurt das allem Recht hohnsi^rechende Verf;ihrcn Preussens gegen die alte befreundete Reichsstadt Nürnberg, welche Anlang Juli von preussischcn Truppen besetzt und dem preussischen Gebiet einverleibt ward. Und jetzt erfuhr der Rat, dass Preussens Bundesgenosse, der Landgraf von Hessen, von ähnlichen Annexionsgelüsten ergriffen, seine begehrHchcn Blicke auf Frankfurt selbst geworfen habe und die Notlage, in der sich die Stadt befand, für seine Zwecke aufs rücksichtsloseste auszu- nützen trachte. Noch vor dem Einrücken der Franzosen iiatte der hessische Minister von Waitz dem Frankfurter Bürger Jordis, der zugleich hessischer Legationsrat war, vertraulich erciflnet, dass sein Landgraf als Erbe der Ansprüche der Grafen von Hanau noch immer als Grossvogt von Frankfurt zu betrachten sei in ähnlicher Weise hatte auch Preussen sein angebliches Hoheitsreclu auf Nürnberg von seinem Burggrafentum hergeleitet.

Bald darauf erfuhren zwei Mitglieder der Kriegsdeputation durch die Indiskretion eines preussischen Diplomaten N.ihcres über des Landgrafen Pläne. Er hatte sich direkt an den Berliner Hof gewandt mit dem Ersuchen, ihn bei seinen Absichten auf die Stadt zu unter- stützen, doch auf dessen Anraten einstweilen von der Durchführung seiner Pläne Abstand genommen. Als bald darauf Friedrich Wilhelm II. ihm in Cassel einen Besuch abstattete, hatte der Landgraf einer Frank- furter Deputation den Zutritt zum König zu verwehren gewusst. Nur mit der grössten Schwierigkeit war es ihr gelungen, letzterem ein Schreiben zukommen zu lassen, in welchem der Rat sich seinem königlichen Schutze empfahl. Da die Antwort hierauf nicht sehr

Näheres hierüber bei Häusser II, 67 flf.

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befriedigend ausfiel, ^I.uibte man in Frankfurt, dass endlich Friedrich Wilhelm II. seine Hinwilligung zur Besetzung der Stadt gegeben habe. Was aber die Lage noch kritischer gestaltete, war der Um- stand» dass der französische Gesandte in Cassel die Pläne des Land- grafen oifen begünstigte. Fortwährend wies er den Rat und die Kriegsdeputation darauf hin, dass der Landgraf der einzige sei, der sie aus aller Not befreien könne.' Ebenso rieten die französischen Kommissäre, denen es allerdings nur um rasche Ausz.i blutig der Kontribution zu thun war, der Kriegsdeputation, so oft sich diese über die Höhe der zu ciiti iclnenden Leistungen l^klagte, sich an den Landgrafen zu wenden, der, wie sie genau wfissten, ihr alles Geld vorschiessen würde. Dabei scheiterten aber alle von Frankfurter Bankhäusern gemachten Versuche, Geld bei ihm aufzunehmen; nur dem Frankfurter St.iat als solchem wollte er es vorschiessen. Bald darauf thai der Landgraf einen weiteren Schritt: hessische Emissäre zeigten sich auf einmal in der Stadt; in den Wirtshäusern und an sonstigen Orten suchten sie die niederen und mittleren Volksklassen gegen die Obrigkeit aufzureizen, die in ihrer Beschränktheit und Hart- näckigkeit den einzigen Weg der Rettung, die hessische Vermittlung, von sich wiese. Freilich, bei dem gesunden politischen Instinkt der Frankfurter Bevölkerung machten sie ein klägliches Fiasko, so dass der Rat es nicht einmal der Mühe wert hielt, ihrem wühlerischen Treiben entgegenzutreten.

Die hessischen Machinationen befestigten den Rat vollends in seinem Entschlüsse, auf Basses Vorschlag einzugehen und sowohl ihn als auch Dr. Oelsner, den er sich ausdrücklich als Begleiter ausge- beten hatte, schleunigst nach Paris zu senden, noch ehe die Wrhand- lungcn mit Jourdan ganz abgebrochen waren. Die Titulatur Basses in der Vollmacht Oelsner sollte ihn einstweilen nur als Privat- mann begleiten bereitete dem Rat viel Kopfzerbrechen. Welchen Qiarakter sollte man dem offiziellen Vertreter der Stadt beilegen? Im ersten Entwürfe ward er eingeführt als Basse citoyen fran^ois, worauf er bemerkte, dass er als französischer Untcrihan eine fremde Mission nicht übernehmen könne. Als Frankfurter Bürger

In der UntcrrcJunr; vom 9. August riet der Gesandte dem Stadtsyndikiis Sccu'iT. der ihn bei seiner Durchreise in I nuikliirt begrüsste, die Stadt solle den i-ficdcii mit der Republik nicht durch Preusseus, sondern durch Hessem Vermittlung, dessen Absichten durchaus uneigennützig wären, zu erreichen suchen; Hessen gelte viel mehr heim Dk«ktoriuni wie Preussen. Diesem schlage es leicht etwas ab, was es jenem sofort zugestände. Akten der Dep. Bd. V.

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wollte er nhcr auch nicht gelten, weil er damit in Paris nicht mii der nötigen Würde erschiene; andrcrsciib wollte ihn der Rat auch nicht als preussischen Bürger bezeichnen ; damit hatte er ja einge- räumt, dass ein solclicr mehr bedeute als ein Franklurter. Iindlich stellte man im vierten Entwurl" die Vollmacht aus ' für Sieur Detm.ir Basse mit Hinweglassung jeder weiteren Be/cichnung. Nach der für ihn nusgcarlH-itcien Instruktion sollte er vom Direktorium Fol- gendes zu erlangen suchen: vollkoiiimene Neutralität und Frieden für die Stadt; Annullierung aller alteren I'ordcrungen und Rücksi.indc, besonders der von 1792 noch unbe/.ahlien Million Gulden; Belreiung von künltigcn Requisitionen wahrend dieses noch andauernden Krieges; Sicherheit und Schutz des Privateigentums der Frankfurter Bürger in den von den lianzosen besetzten Landern; vor allem aber G;irantie der Verfassung und der darauf beruhenden Unabhängigkeit Frankfurts gegen etwaige fremde Anmassungen, namenilich bei dem voraus- sichtlichen lünsiurz der deutschen Reichsverfassung.

Bestände die französische Regierung auf der rückständigen Custineschen MiUion, so sollte Basse als Cjegenforderungen autstelkn die verschiedenen in den Jahren 1792 und 1795 geleisteten und unbe- zahlt gebliebenen Lieferungen, ferner eine Schuld von 97 j, 1 [8 Livrcs, die noch von den Zeiten des siebenjährigen Krieges herstjnimte. Auch sollte er geltend machen, dass sich die Republik durch Konfis- kationen der Forderungen Frankfurter Kaiilleiue in den Gegenden der Saar und Blies* ziun grösslen Teil schon für die Custinesche Forderung schadlos gehalten habe. Als Gegenleistung für die Gewährung all jener Wünsche sollte Basse die prompte /ahhing der gesamten von Jourdan geforderten Kontribution im Betrage von acht Millionen wenn er eine Minderung derselben nicht erreichen könne in möglichst weit auseinander liegenden Zahlungsterminen versprechen, wobei aber die bereits erfolgten Barzahlungen und Naturalliclerungcii in Abrechnung gebracht werden sollten.

In grösster Stille reisten Basse und Oelsner, für den noch nach- träglich die Vollmacht mit ausgestellt wurde/ am 31, Juli von i rank-

' Der erste Tdl derselben ist dem Wortlaut nach von Hinze miigeteOt In seinem Aurs.it/c S. 291, woraut ich verweise. Die Vollmacht war eine unbedii^e^

da CS am Schlüsse dcrscibcii iKis-^t: Nous dcclaron«^ d'if^recr sniis cxccption quciconque tout cc quo lui, noirc constituc de pouvoir, conclucra - d'aprcs Ics iiistruciions particuliercs ä lui par iious donmies. Fait ä FraiKlbrt sur le Mctn le p juillct 1796, Les Bourguerocstres et Magistrats de la Ville libre FrancTon sur k Mein (s. Anhang II).

' lUvhtcr Xebcnfliiss der Saar, mündet bei Saargemünd.

> ü. Anhang No. IL

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furt ab; nur der R;tt und die Kriegsdeputation kannten den /weck ihrer Mission. Krst am 8. Au*;iist !:in^ten sie in Paris an, Ja die sclileclitcn \\'cl;c einen Aufenthalt von zwei Tagen verursachten.

Sie entfalteten sofort eine rührige Thäligkeii. In einer Reihe von Briefen und in einem ausfötiriiciien »Mänoire« nnterriditeten sie den Rat über den wechselvollen Verlauf ilirer Unterbandlungen. Die Korrespondenz mit Frankfurt führte in der Regel Basse, während (lc!sner die Artikel für die französischen Zeitungen und die Denk- schrüren vcrfasste. Der Zeitpunkt und die Umstände, unter welchen ihre Mission begann, Nvaren, wie sie im Memoire hervorhoben,' weder ihren Wünschen nodi den Bedürfnissen der Stadt günstig. Bei den meisten Personen» mit denen sie jeu unterhandeln hatten, bestanden die durch General Custinc und die Mainzer verbreiteten Vorurteile noch in voller Kraft. Die Hrnennung des siegreichen Kai'^erlichcn Feldherrn Clerfayt zum Fhrcnhürner Frankfurts hatte die \ crsiinuiiuiig noch erhöht. Dazu kam noch, dass die Siege, welche die Heere der Republik jetzt auf italienischem Boden in ununter- brochener Reihenfolge erfochten» die Machthaber in Paris mit einem derartigen Selbstgefühl erfüllten, dass sie es kaum mit ihrer Würde für vereinbar hielten, »sich bis tu den Abgeordneten einer deutschen Reichsstadt herabzulassen.'«

Die Schwieligkeiten für die Fraiikhirter Abgesandten steigerten sich noch dadurch, dass der Landgraf von Hessen sich dem Direktorium zum sofortigen Vorschuss der geforderten Kontribution erboten hatte, welchem Vorschlag dasselbe bei den elenden Finanzverhältnissen der Republik nicht abgeneigt war. Ueberhaupt stiessen sie Oberall auf Freunde des Landgrafen, die dessen Interesse laut verteidigten, und zwar »mit der Heftigkeit, welche ircwöhnlich unreine Ahsieliten verrat.« Die Bureaus scliienen von seinen Aniiangern förmlich an- gefüllt zu sein.

So verzweifelten die Abgesandten einige Zeit an dem Gelingen ihrer Mission. Als sie vollends sahen» wie wenig den leitenden

* Die Schreiben und das IMnKäre, welches einen Bericht älter ihre Gesaint-

thatigki-it in P.iris hi<; !vnde Oktober gicbt und eine Hauptqucllc für iinvcrc Dar- stellung ist, bclindcn sich Band III der Akten der geheimen Krieg&dcputJiion. Bis «um 29. Augast hatte Basse ; Briefe nach Frankfuit an die Adiesse des Stadt-

svndiku^ Secf;er f;esandt, doch erhielt dieser I;eir.en derselben vor dem 7. Sepietiilier, also einen l ag vor deni Aufrücken der i'r;uuosen aus Fraukfurt. Der Cjang der Ereignisse daselbst wurde also einstweilen durch Basses Mission nicht iro mindesten beeinflusst.

* Siehe das Memoire.

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Kreisen in Paris an der Aufrechterhaltung der deutschen Reichs- verfassung lag, wie man daselbst ernstlich den Vorschlag diskutiene, dass beim künftigen Friedensschlüsse Preussen durch Hamburg, Dänemark durch Lübeck, das Haus Oranien durch Bremen entscfajhiigt werden sollte,* da riet Basse dem Rate, sich, wie einst Neufchatel, freiwillig unter den Schutz des preussischen Adlers zu flüchten, wo- durch man wenigstens vor Hessens Anschlägen gestehen wäre. Dringend empfahl er indess, mit den Geldzahlungen an die Republik nicht einzuhalten, sondern sich mit den französischen Kriegskommis- sären auf besten Fuss zu stellen, damit sie nichts Nachteiliges nach Paris meldeten.

Am i8. August hatte Basse eine Audienz beim Minister des Aus- wärtigen Delacroix. Hr hatte diesem einige Tage vorher eine von Oelsner ausgearbeitete Denkschrift überreicht, deren Inhalt im wesent* liehen folgender war: Die freie Stadt Frankfurt ist Opfer eines Krieges geworden, an welchem sie niemals wirklichen Anteil genommen bat. Gegen ihren Willen, in Missachtung ihrer Gefühle und ihrer Liebe für das französische Volk, sieht sie sich in diesen Krieg verwickelt, da sie zu schwach ist, sich den l'orderungen der grossen Mächte zu widersetzen. Die Denkschrift zählt nun die verschiedenen Schritte auf, die von Seiten der Stadt zur Erlangung der Neutralität geschehen waren. Nun ist ihr, fälirt sie fort, eine unverhältnismässig hohe Kontribution auferlegt ; sie wagt nicht, dagegen zu reklamieren, beeilt sich vielmehr mit deren Bezahlung und bittet nur, ihr die Möi^lichkeit, den Verpflichtungen nachzukommen, nicht abzuschneiden. Das Direktorium möge der Stadt Frieden gewähren und ihre Zukunft durch die Garantieleistung für ihre Selbständigkeit sichern. Dadurch werden mit einem Schlage die geflüchteten reichen Bürger nach der Vaterstadt zurückkehren, unser öflciniicher Kredit wird sich st.irken und die Republik wird sich in kurzer Zeit in dem Besitz der Kon- tribution sehen.'

Welchen Eindruck Basse mit diesem Expos^ beim Minister erzielt, ob dieser sich überhaupt die Mühe genommen hat, es sorg- fältig durchzulesen, wissen wir nicht. Bezeichnend genug ist jeden-

S. auch H iiisscr II, 75—74.

' Der SchUi^s der Sclirift lautet höclist emphatisch: «Wer über das Schicksal von Naiiuncn entscheidet, verschmähe es nicht, sich mit dem eines k leinereu Staate» zu befassen und mit ihm einen fdrmlicheii Vertrag zu schiiesscn. La gloire d'avoir conscrv)& unc ville indipcndante et libre depuis !es temps anciens rel&vera les briUaots succis qui nous soumettent des empires.«

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lalls die 1 hatsachc, dass der sonst su schrcibseligc Uasse über :>eine PrivataudicDZ bei dem Minister kein Wort meldet.

Ueberhaupt war die Aufnahme, welche den Vertretern Franklurtb von den Beamten der Republik zu teil ward, eine kalte, ja sogar unfreundliche; durch ihr fortwährendes Antichambrieren fingen sie

bereits an, »interessant« zu werden. Ihre Vorstellungen und Denk- sclirittcn wurden in den Bureaus des auswärtigen Amtes zwar an- genommen, aber, wie sie erfuhren, bei Seite gelegt und nicht einmal einer Eiuregistrierung wert befunden. Der sich damals in Paris aufhaltende Prinz Carl von Hessen intriguierte stark gegen sie, ebenso der prcussische Gesandte RoUin-Sandoz, trotzdem doch Hardenberg ausdrücklich zugesagt hatte, sich beim Direktorium für die Stadt verwenden zu wollen. Allenthalben behauptete ersterer, Frankfurt sei gar keine Ireie Reichsstadt, sondern eine Kaiserliche, könne dem- nach nicht selbständig Verträge scbliessen.' So konnte es also nicht weiter gehen.

Da fassten Oelsner und Basse den Entschluss, mit ihrem Anliegen vor das Publikum zu treten und durch die Presse auf die öffentliche Meinung zu wirken, von der doch schliesslich das Direktorium ab- hängig war. War einmal il.is französische Publikum auf Jie Wiclitig- keit der l'rhaltun!^ der reichs-.:,Kiti>chen Vcrfassun;^ luui der politisclien Selbständigkeit irankfuris aulmerksan» gcuiatlit und vor den An- nexionsgelfisten Hessens und Preussens gewarnt, dann war schon viel gewonnen. Die Frankfurter Bevollmächtigten entwickeln nun eine rege literarische Thätigkeit. Durch »kräftige Broschüren und Artikel« in den Zeitungen suchen sie für ihre politischen Ansichten Stimmung in der Hauptst-idt zu machen.

In den Sji.ilten der »Gazette nntidnale de 1 r.ini.e«, des '»Moniteiir«, des »Journal Politique«, im »Journal de i'aris« etc. erschien jetzt eine Reihe höchst geschickt gescbriebexier Aufsätze und Korrespondenzen aus Frankfurt, die bald ein gewisses Aufsehen erregten. Unter ersteren verdient besonders eine Abhandlung im Moniteur hervorgehoben zu werden, die der französischen Nation die Gesichtspunkte angeben wollte, welche für sie he/iiplich der KcpuÜerung der deutschen Verhält- nisse beim nächsten I ricdensschiuss massgebend sein müssten. Es verlohnt sich wohl der Mohe, darauf näher einzugehen, schon um zu zeigen, wie wenig entwickelt damals in Deutschland der nationale

l>.iniit konnte er um so eher Cjljiibcii (mdcn, .lib die Fr.inzosca »trcic Rciclis-

stadt« mit »vUlc libre «t knpMalea anstatt mit »vilte libre d'empire« wiedergaben.

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Sinn und das Gefühl für die nationale Wurde war,' wie die partiku- larist ischen Tendenzen jede gedeihliche Entwicklung der politischen Verhältnisse der Gesamtheit zu ersticken suchten.

Mach einigen einleitenden Worten legt der Verfasser dar, dass die deutschen Staaten, wenn man Preussen, Oestreich, sowie die von Frankreich auf dem linken Rheinufer besetzten Gebiete ausnimmt, eine Bevölkerungszahl von zwölf Millionen umfassen. Diese, fährt er fort, haben nur gezwungen an dem Kriege gegen Frankreich teil genommen, da sie längst keinen Schutz mehr von Kaiser und Reich erwarteten, hingegen volles Venrauen in die junge Republik setzten, die ihre Eroberungsgelüste nie über den Rhein, die natürliche Grenze Frankreichs, ausdehnen werde. Was soll nun das Schicksal der an den Rhein stossenden kleineren Staaten werden? Soll man sie sich selbst überlassen? Das wäre ein unberechenbarer politischer Fehler; denn sicher wird sie alsdann einer der grossen Staaten Deutschlands annektieren und dadurch so an Macht gewinnen, dass sich ganz Deutschland um sein Banner schaart. Ist aber einmal die deutsche Nation unter einer Regierung vereinigt, die ihre patriotischen Geföhle von neuem zu beleben versteht, dann wird ihr das Bewusstsein der erlittenen Demütigungen kommen, und sie wird in Wahrheit ein furchtbarer Feind Frankreichs werden. Das muss also die französische Staatskunst zu verhüten wissen. Dieser Gefahr beugt sie m sichersten vor, wenn sie die Bildung von Föderativstaaten an ihren Grenzen mit allen Kräften begünstigt und fördert. Sie muss demnach einen neuen deutschen Bund unter dem Protektorate Frankreichs ins Leben rufen: 11 faut qu'une nouvelle ligue gernianiquc s*6tablisse sous les auspices de la France.

' Ihr Titel Utulct: »Dissertation sur unc question interessante rclativctucut aux nouvelle» Hmites de ta France. QMCsticHi: Ü»t-il de Pintcret de la Kiptiblique fran^aisc, quc rAlk-nuignc Je la rivc drohe du Riiiti soit revoluiionnec cn sens invcrse et quc rindcpciuiancc des piiibsanccs d'un ordre ir Jcrteur soix. aneaniie pour quc des dt'bris de PEmpire il s'cleve une caste puissntKe milit.urc?« Für den Mangel an Vaterlandsliebe, der aus jeder Zeile dieser und ähnlicher Scliriften spricht, wird der unbefangene Beurteiler nicht den einzelnen verantwonlich machen, sondern die ganze Zeit, welche in ihrem »VN'eltbürgerstnti.. Vaterlandsliebe für ein Zeichen j^eistigcr Beschränktheit hielt. Il.it Jo^li I iciite, der später die »Reden an die deutsche Nation« veriasste, noch i6o.\ in seiiiLii Vorlesungen die Fm;'c: >? Welche:» ist denn das Vaterland des wahrhaft ausgebildeten christlichen Europas?« damit beantwortet: »Im Allgemeinen ist es Europa und insbesondere tn Jedem Zciulter der Staat in Europa, der auf der Höhe derKuhur stdit.« Vgl. Oncken, das Zeitalter der Revolution u. s. w, Bd. U, 396 ff.

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Zu diesem Zweck scliliigt der Verfasser vor, Deutschland in neun bis zehn Gebiete etP/ruteilen, die ihren n:itürlichen Beschützer in Frankreich zu suchen hätten. Da aber auch ein solches toderaiives Staatcngcbilde immerhtii noch ein gefährlicher Nachbar werden könnte, so müsste von vornherein dafür gesollt werden, dass zwischen seinen einzelnen Mitgliedern ein Prinzip der Uneinigkeit und Spaltung iierrsche: II faudrait y laisser subsistcr un principe de desunion; deshalb nnissten die freien Städte in der Ständeversammlung mit den Fürsten gleichberechtigte Siiiumcn liaben. Die geistlichen St.uitcii hingegen hatten keinen Raum mehr in dieser neuen Verfassung, ihr Gebiet mßsste zu Gunsten der beiden anderen Stände säkularisiert werden.*

Was Preusscn anbelangt, so dürfe Frankreich keineswegs ge<

statten, dass es sich in Franken weiter ausdehne ; vielmehr müsse es vollständig d.ir.nts verdrängt werden. Hier sei der Platz für S.ichscn, eine Macht, die noch niemals AtuicxioiisgeUiste gehabt habe. Preusscn könne lür seme Gebietsabtretungen in Franken mit den Lausitzen entschädigt werden, Hessen-Kassel könne Waldeck» das Eichsfeld und einige Territorien im Fuldaischen bekommen, aber es dürfe auf keinen Fall in die reichen Ebenen des Mains hinabsteigen, um Mainz oder gar Frankfurt zu besetzen. Bei dieser neuen Einteilung Deutsch- lands habe man überhaupt von den natürliciien Grenzen auszugehn.* Auch Frankfurts Gegner bedienten sich indess der Presse, um auf die Stimmung des Publikums zu wirken. In prcussischcn und hessischen Zeitungen wurde fortwährend die Frage der Annektierung Frankfurts diskuticn. Um so geharnischter wurden jetzt die von Oelsner :ibgefasstcn Artikel : der Pseudokorrespondent der Gazette Kationale de France' aus Frankfurt ergelit sich in bitteren Vorwürfen über Frankreich, das freie Völker au despotische Staaten wie Hessen

' liin solches gewaltsames Verfahren gegen den Klerus liege im jetzigen Zeitgeist. Als der schwächere hahe sich ikr Klerus den st.irkeren Gewalten zu f&gen. Es Ut eben sein Schicksal, que toutet fois qu'il y a unc s.iignce politique i faire c'csi lui, qu'on saigne. A rexemple du Sauveur il est obligi de mourir paar que Ics autrcs vivcn!

* lo einer bald daraul crscliieiicnen Broschüre, einer Art von politischem Katechismus unter dem Titel »Considfeations d'un voyageur sur ks rdttions fulures Je I.T f-rancc avec Ks P,:\s >;iir Ii rivc >lri->;te du ]lhm« entwickelte Oelsner dieselben politischen Ansichten. Wiederum empfiehlt er den französischen Machtiiabcrn das »systime ftdcratif de rAllemagne« and scMagt die Mitid vor itpour le rtublissement rtel et pratiquc du principe fnndament.il de lYgalite de toos Ics ^als COmHK itats.«

i In Nr. 342 vom 12. Fructidor (sa 29. Aug.).

verschachern wolle; der PscuJokorrespondent aus Nürnberg ' vcrj^leiclu mit Bezugnahme darauf, dass Preusscn soeben das Bistum F/ichstädt seinem Gebiet einverleibt hatte, die französische Politik des Direk- toriums mit der Ludwigs XIV. sehr zum Nachteil der ersteren. Während diese Oestreich gedemütigt, aber zugleich die kleineren Stände des deutschen Reiches und besonders die Reichsstädte ge- schützt habe, führe das Direktorium zwar auch Krieg mit Oescreich, töte aber zugleich die Freiheit in Deutschland und begünstige deo militärischen Despotismus Preussens, dem es die Reichs« und Hansa- städte preisgebe. »Man entfremdet sich so die Völker, zerstört die Dämme, die sich der Tyrannei entgegensetzen und bereitet damit die Cnterjochung Europas vor/«

Mit dem Erfolg ihrer publizistischen Thätigkeit zeigten sich Basse und Oelsner sehr zufrieden. Triumphierend berichteten sie nach Frankfurt, dass das Pariser PubUkuni sicii für das Schicksal der Stadt zu itnercssieren beginne. Sie wünschten nur noch, dass der Rat eine Proklamation erliesse, in der er seinen Abscheu gegen das despotische Hessen in den kräftigsten Ausdrücken kundgebe und gelobe, die Freiheit bis zum äusscrsten zu veneidigen. Das werde in Paris seine Wirkung nicht verfehlen.

Um diese Zeit trafen in der französischen Hauptstadt Abgesandte des fränkischen und schwäbischen Kreises ein. Da sie ähnliche Anliegen an das Direktorium halten wie Basse und Oelsner, so er- suchten diese den Rat, sich ihnen anschliessen zu dürfen, und zwar als Vertreter des oberrheinischen Kreises, zu dem ja l'rankfurt gehörte. Die Stadt solle sich schleunigst mit den einzelnen Mitgliedern diescN Kreises in Verbindung setzen und von ihnen sich Vollmachten tur Basse und Oelsner ausbitten. »Denn nur, wenn wir nicht als Ver- treter einer Stadt, sondern einer grösseren Gemeinschaft erscheinen,« bemerkten sie, »dürfen wir hoffen, unsere Unabhängigkeit zu behaupten.' Der Bund der drei Kreise wird einerseits Frankreich Respekt ein- llössen, andrerseits jedes Mitglied desselben vor den Annexionsgelüstcn Preussens und Hessens von vornherein schützen.«

Der Rat aber hielt den Schritt nicht für thunlich, da er betut ch:cte, dafür sowohl von Preussen, dessen Vermittlung man noch immer im

In Nr. 323 vom 25. Thcnnidor (= 10. Aug.).

* On aUbie des pcuplcs qu'il <hoit fadle de s^atucher, on däruit toutcs les digues qui s'opposoknt i la tyraitnie; il scmble qu*au licu d'assurer la libeni^ on primäre l'-isscrnssenMiit de TEurope.

i iichreibeii vom 29. August.

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Auge hane, als auch von dem jetzt wieder siegreichen Oestreich scheel angesehen zu werden. Der oherrheinische Kreis als solcher sei übrigens gar nicht in der Lage, Verhandlungen mit der Republik anzuknüpfen; seine bedeutendsten Stände, wie Hessen-Darmstadt und Kurmainz, hätten teils nicht die Absicht, mit der Republik zu ver- handeln, teils hätten sie schon auf eigne Faust versucht, ein Abkommen mit ihr zu treffen.

Ihren Unmut über diesen Bescheid gaben die Abgesandten Frankfuns dem Rate unzweideutig zu verstehen. Gerade jetzt hätten die Vertreter des fränkischen Kreises ihre Verhandlungen zu einem befriedigenden Abschluss gebracht und dadurch dem Untergang ihrer Selbständigkeit vorgebeugt ; das Missgeschick, welches die französischen Heere unter Jourdan und Moreau betroffen, hätte das Direktorium etwas von seinem hohen Tone herab gestimmt. Was Preussens Vermittlung anbelange, so warnten sie vor zu grosser Vertrauens- seligkeit. Dieses habe soeben einen neuen Vertrag mit der Republik unterzeichnet und, wie man vermute, ihr weitgehende Zugeständnisse gemacht, dafür aber für sich und Hessen bedeutende Gebietsentschä- digungen erlangt.'

Die Lage der Abgesandten wurde immer unbehaglicher; die ihnen gemachten Versprechungen hielt man nicht, angeknüpfte Be- ziehungen wurden wieder abgebrochen. So befanden sie sich schon vier Wochen in Paris, ohne einen greifbaren Vorteil für die Stadt erreicht zu haben. Der preussische Gesandte zeigte sich ablehnender denn ie ; hessische Agenten tauchten in Paris auf, die vorgaben, vom ober- rheinischen Kreis und von Frankfurt zu Unterhandlungen bevoll- mächtigt zu sein. Basse hielt es für nötig, gegen ihr unbefugtes Auftreten öfTentlkh Protest einzulegen.

Aber gerade in dieser kritischen Zeit trat ein Umstand ein/ der Basse und Oelsner in ihrem Werke mäclnig fördern sollte. Wir wissen, dass bei dem Rückzüge Jourdans das deutsciic Volk in vielen Gegenden sich mit erbarmungsloser Wut über die flüchtenden Fran- zosen licrstürzte und sie erschlug. Inmitten dieses Vemichtungs- kampfes bildete Frankfurt und sein Gebiet gewissermasscn eine friedliche Oase. Die von Basse und Oelsner bedienten französischen Zeitungen wussten nicht genug Rühmendes von dem weisen Betragen der Stadt und ihres Magistrates, von dem guten Einvernehmen zwischen Besatzung und Bevölkerung zu berichten.* Und dass die

Ueber den Vertrag $. Hüusser II» 7a ff. und Sybel II, 24; ff.

* Da« Jooroal de Paris vom 2$. Fructidor (s ti. Sept.) schreibt sogar: »La

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Politik der Siaül trotz des weichenden Kriei,'sglückes der I-ranzosen dieselbe jLieblieben war, dass sie gerade zu dieser Zeit die stärksten Koiuribuiionszahlungcn i;cleistei hatte und jetzt sich angelcticniliclist um die Neutralitat benuihte,* rief in Paris den i;ün.sn,uMcn HinJnick hervor und zerstörte mit einem Male die bishcriL;cn NOrurteilc i^cucn Franklurt. »Man überzeugte sich von unserer und unserer Kommit- tenten RedHchkeir, und von der Zeit an begann unsere Sache einer ausgezeiciuieten Gunst zu geniesscn.«'

Jetzt fanden die Frankfurter Bevolhiiachti^ten bei den mass- gebenden Persönhchkciten eine frcundhchere Aufnahme; so war wenigstens eine Basis geschaffen, auf der die Unterhandhmgen zu einem betriedigenden Abschluss gelangen konnten. Zwar so platoniscli dachte das Direktorium nicht, dass es von seinen Forderungen auch nur die geringste nachgelassen hätte; nicht einmal das konnten die Abgeordneten durchsetzen, dass die 25 Geiseln nach Abtragung der Hälfte der Kontribution in I rciheii gesetzt würden; aber schon aus Furcht vor der Öffentlichen Meinung hätten die französischen Macht- haber jet/i nicht mehr gewagt, Frankfurt den Hessen preiszugeben.

Haid hierauf erhielten die Abgesandten ganz unerwartet eine weitere Unterstützung, die endlich ihre Bemühungen mit Hrfolg krönen sollte. Der bereis erwähnte Jugendfreund und Landsmann Oelsners, Dr. i:bel, langte in diesen Tagen in Paris an mit einem Hmpfehlungssclireiben des Frankfurter Senators Wenncr an eine be- freundete Pariserin, namens Treuteils. Diese, eine Frau von vielem Geist und grosser F'ntschlossenheit, war nicht ohne politischen Ein- fluss; ihr Haus war der Sammelplatz der angesehensten französischen Deputierten und Publizisten. Wie erfreut war nun Oelsner, als Ebel ihm bei dem ersten Zusammentreffen mitteilte, dass ihn Wenner be-

villc Je Francfort est trb-transquille ; Ics habhans nous t<&nioignent be.tucoup d'attachemcnt«.

Sehr bezeichnend z. B. ist folgende angebliche Korrespondenz vom 19. i>cp- tember im Journal PoUtique vom 19. Vcndim. 10. Okt.): »Wir werden fwch lange denken an die uns von den Franxosen auferlegte Kontribution. \\"n sit/cn in Schulden bis über die Ohren, aber wir bezahlen ; trotz .ille.lcm bcd.uiern wir dies nicht, si lout ce que nous avons fait et soufTirt pcut <i.r\ ir a inspircr .)ux Frün^ais une plus juslc ei plus favorable opinion sur nouc compte. Le chauge- ment de fortune que les armtScs frangaises ont ^rouv^ n'a pas influi sur notrc conduUe. Les offidcrs distingu<is ont re(u des deputations de la pait des magistrats pour leur marqucr rintcrtt qu'on prenait ä Icur Situation, ßeaucoup de ft^ublicains sont a menic d';ipprccier Tesprit public qui nous aninie.«

* Aus dem Memoire.

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auftragt habe, der l-r.ui 'rrciitell?; ' die Sache Fmnkturis dringend ans Herz zu leiten! Beide begaben sich zu ihr, und bei ihrem leb- haften Naturell war sie sofort l'euer und Mamme, Mit Ebel und Odsner gemeinsam hielt sie Kriegsrat und fand endlich ein Mittel zur Erreichung ihrer Absichten. Der Volksrepräsentant Dcntzel hatte ihr bei verschiedenen Gelegenheiten seine Dienste angeboten. Jetzt beschloss sie, von seinem Anerbieten Gebrauch y.u machen und seinen weilgehenden lüntluss im Interesse I ranklurts zu verwerten,* Die Abgesatuitcn suchten in Begleitung der I ran Treutells sofort Dcntzel auf. Dieser gab, nachdem er das Anliegen vernonunen hatte, sein Wort, lür sie alles thun zu wollen ; er zweifelte keinen Augen- blick, dass er in kürzester Zeit in 8 bis lo Tagen, meinte er die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss bringen werde, da die Forderungen der Stadt durchaus berechtigt wären.

»Ich glaube, wir sind so gut wie am Ziele,« meldete Dr. libel am 4. Oktober dem Senator Wenner, utid Oelsner war über die Bereitwilligkeit Dentzels so ausser sich vor Freude, dass er beim Wegfahren im Wagen hoch in die Höhe sprang.*

Die Verhandlungen gerieten nunmehr in Fluss. Man bedeutete den Abgesandten, dass, wenn nur die Stadt sich zu kürzeren Zahlungs- terminen entschliessen könnte, man sich sehr rasch verständigen wurde. Basse legte nun der tranzösisciien Regierung verschiedene Finanzpläne vor und hatte schon die Aus.sicht, sie genehmigt zu sehen, als auf einmal neue Schwierigkeiten aufiauchien, an welchen das ganze Werk zu scheitern drohte.

Wie wir wissen, hatten die französischen Truppen aus I urcht vor dem nachdringenden siegreichen östreichischen Heere I rankfurt am 8. September geräumt. Da der Hrzherzog sich nur wenige Meilen von der Stadt befand, so schickte sie ihm noch an demselben 'l äge eine Deputation entgegen, um ihm für seine Hrfolge ein »Bewill- kommnungs- und Glück wunschkompliment abzulegen.« Zwarempting der östreichische Oherfeldhcrr dieselbe in seinem Hauptquartier zu Winüecken »mit ausgezeichneter Gnade, auch mit sichtbarem Ver-

' Oft auch Trciitcl ircMjIirichcn.

* In einem Briefe lieisst es nhcr ihn: »iir hat einen langen Ann. reicht auf der einen .Seite r.u\\\ Minister, aiil Uer andern ins direcloire und ist im conseil sehr gieschättt.« Merkwürdig ist, dass Basst und Oelsncr im M^noire Frau Treutells mit keiner Si\be erwälinen, sondern nur von Dentxel sprechen, ohne dabei seinen Kamen nennen.

s Akten Ucr Dep. Bü. III.

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gniiacn über die Befreiung bit sifrer Stadt;'« als sie ihn aber um Rücksendung des Frankfurter Kontingentes, welches <ler Rat nicht länger im Felde unterhalten könne, bat, wurde sie zu wnederholten Malen abschlägig beschieden. Bald sollte die Stadt noch mehr vom Erzherzog hören. Von Würzburg aus hatte er am 5. September in einem Erlasse streng verboten, Lösegeld zur Befreiung der weg- geführten Geiseln oder Kontributionsgelder in Feindesland zu schicken. Dabei erklärte er feierlichst, jede Uebertretung nach i\cm Kriegsrecht ahnden zu wollen. In einem Schreiben vom 11. September* machte er den Rat besonders auf sein Verbot aufmerksam unter der Drohung, jede ihm in die Hand fallende, für jenen Zweck bestimmte Summe konfiszieren und die Stadt zur Zahlung des doppelten Betrages an- halten zu wollen. Man denke sich nun die Verlegenheit des Rates. Gerade in diesen Tagen hatte er in Cirkularen die Bürgerschaft um weitere Beiträge zur Tiluiing der Kontribution dringend ersucht und den Amtmännern der Stifter befohlen, die ihnen auferlegten Summen völlig zu bezahlen, während die Schuldner von renitenten .Stiftern unter Androhung der Strafe doppelter Zahlung die gemessene Weisung erhalten hatten, die fällig werdenden Zinsen bis auf weiteres nicht dem Stiftsanumnnn, sondern der Kriegsdeputation zu entrichten.' Letztere hatte ferner die hervorragendsten Kaurieute und Spediteure in den Römer beruten, um sich von ihnen Mittel und Wege zur Erlangung weiterer Geldsummen angeben zu lassen. Ausserdem verlautete, dass die zur Herbstmesse nach 1 rankfurt herbeiströmenden fremden Kaufieute durch Cirkulare zur regen Beteiligung an der städtischen Anleihe aufgefordert werden sollten.

Von diesen Finanzoperationen sowie von den beiden dem fran- zösischen Kriegskommissär Huguicr übergebcnen Schuldscheinen erfuhr selbstverständlich auch Erzherzog Karl. Eine Estafette überbrachte dem älteren Bürgermeister in der frühen Morgenstunde des 25. Sep- tember ein sehr bündig abgefasstes Schrei ben, in welchem der Erz*

* Hinze S. 298.

* Ratsprotokoll vom i}. September.

^ Zur HntschulJigung dieser Gcv iltm.i'^sregcl vcr}^ct{cn\v.irtigc nun sich, wie trnurij» <1te I-in.in/I.i;;e der Stadt war. Die Kriogsdeputation wiisste nicht rnelir. woher sie die (jeider nelmicn soHte, um die lur den ersten Oktober l.iUigcn Ziu^^en der HmmilHoiunleihe vom Jahre 1792 und den Sold der in Mainz liegenden Truppen zu bezahlen. Und d.ibei vcrsclilangen die Verpflegung der Kaiserlichen Truppen und die vom Hrzherzog Karl verlangten Requisitionen grosse Sunmien, welche allerdings spater von der Kaiserlichen Kriegskasse ersetzt werden sollten.

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herzog den Rat ersuchte, »ihm unverzüglich und umständlich an die Hand zugeben, worin diese Papiere (Schuldverschreibungen) bestanden seien und was für eine ßcwandnis es überhaupt damit habe.«' Ueber letzteren Punkt ausführlichere Mitteilungen zu machen, hütete der Rat sich wohl. Das Vorhandensein der beiden Schuldscheine räumte er dem Krzhcrzog in seiner Antwort rückhaltslos ein und recht- fertigte ihre Ausstellung durch Jen llituvcis auf die äusserst gefähr- liche Lage, in der er sicii damals befand. Hr schilderte in über- triebener Weise die furchtbaren Drohungen, welche der französische Kriegskommissär ausgestossen hätte, falls ihm nicht vor dem Ab- rücken der Truppen die noch rückständigen Kontributionen ausgezahlt würden, wie er die Absicht ausgesprochen hätte, die Häuser nach Gold und Silber durchsuchen und alle W'urcn aus den Gewölben gewaltsam forischattcn zu lassen u. s. w. Zu: ! 1 •Ittini; des gemeinen Wesens habe also die Stadt die beiden Schuldverschreibungen aus- stellen müssen. Aber der Erzherzog zeigte sich mit diesem Bescheid wenig zufrieden. Er verlangte eine Abschrift der Verschreibungen nebst einer beigefügten F.rläuierung ; zugleich sollte ihm der Rat angehen, wie dieselben jetzt noch unwirksam gemacht werden könnten.

Nur höchst ungern entschloss sich dieser zur Mitteilung der betreffenden Schuldscheine. Dabei nuisste er noch gute Miene zum bösen Spiel machen, um nur nicht dem einmal wach gewordeneu Argwohn des lirzherzogs neue Nahrung zu geben. Iir schrieb ihm daher, »sein Befehl (die Abschriften einzusenden) trage soviel unver- kennbare Merkmale von seiner gnädigsten Fürsorge für das hiesige Gemeinwesen an sich, dass deren Pflicht, demselben Genüge zu leisten, durch das Dankgcfühl erhöhl werde, welciics jene preiswürdige Rück- sicht in ihm erregen müsse.« Die UnLiühiukeitserklärung der Ohli- j^ationen widerriet er aber dringend. Diese könnten ja schon längst, da sie auf den Iniiaber (au portcur) ausgestellt werden nuissten, in den Besitz anderer geraten sein, die nunmehr in ihrem Reciit gedrückt würden. Sodann erinnerte er an die rünt'und/.wan/.ig (jeischi, die noch immer in Feindes Gewalt seien, welciie nicht nur in ihrer llotliuing auf baldige Freilassung getäuscht, sondern auch strengeren M.issregcln ausgesetzt werden würden. Schliesslich würde die fran- /rt)sischc Regierung sich an dem F.igentum, das ilie Bürger unter verschiedenen Uechtstiteln in Frankreich besässen, bezahlt machen.

' Das Schreiben ist vollständig mitgeteilt bei iiiiue S. 2«^.

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Lin aber weiteren Korrespondenzen, die schliesslich noch zu unangenehmeren lirorterun'^'en tühren konnten, ein Knde zu machen, sandte er den Obristcn v. Planitz in das östreichischc Hauptquartier. Dort sollte er den einfiussreichen Geheimsekretär des lirzlier/o^s im Vertrauen sondieren, wie eigenthch der Erlass aufzulassen sei. »Hinc reelle Hrkennthchkeitshezeugiing« sollte diesem zu Teil werden, falls er durch seinen Hinfluss beim Erzherzog einen der Stadt günstigen Bescheid bezüylieh der Schuldscheine erwirken würde. Am (\ Oktober langte Planitz in Rastatt an das östreichische Heer luutc sich inzwischen nach dem Südwesten Deutschlands gewandt, um Morcau den Rückzug über den Rhein abzuschneiden und bat den Sekretär um eine geheime Unterredung. Dieser zeigte ihm ein bereits nn Unterschrift ausgefertigtes Annullierungsdekret der beiden Schuld- verschreibungen, welches in den nächsten Tagen in allen Blatten) bekannt gemacht werden sollte. Planitz erlangte nun zunächst vom Sekretär das Verspreclien, das Dekret bis auf weiteres dem l^rzherzog nicht zur Unterschrift vorzulegen. Ihm hatte er es auch wohl zu ver- danken, dass er vom h!rzherzog sehr wohlwollend nufgenoinincn ward - er erhielt sogar eine hanladung zur Tafel und ein geneigte» Ohr tür seine Wünsche fand. Zwar verbot Karl, die Schuldscheine einzulösen, doch wollte er mit deren Aimullierung so lange warten, bis die Geiseln zurückgekehrt wären. Die Stadt könne sich ja für ihr Verhalten mit seinem Verbote entschuldigen; etwaigen tran- zösischerseits darauf folgenden Gewaltmassregeln würde er mit entsprechenden Repressalien begegnen. Hinen Augenblick lang li.utc er den Gedanken, die bedeutendsten Persönlichkeiten der ieindliclun Partei in hVankturt und dessen Umgebung festnehmen zu lassen unü gegen die Geiseln auszutauschen ; doch verwarf er diesen Plan sotort wieder und gab zu, dass der Kat wegen ihrer Befreiung sich mit den femdlichcn Generälen, aber nicht mit dem Direktoriuni, in Verbindung setze.

Kehren wir jetzt zu den Abgesandten der Stadl nach Paris zurück. Fast nm Ziele angelangt, wurden sie durch das in den Zeitungen veröffentlichte Fdikt des Erzherzogs vom ii. Sept.' weit von demselben zurückgewi)ilen. Das Direktorium ward misstr.uiisch, ob die Stadt unter den obwaltenden Umstanden selbst beun besten Willen ihre Verpflichtungen erfüllen könne. Us Hess Basse Jurch das Mmisterium des Auswärtigen erklären, dass es einen Vertrag

Die Cl.i/otte Nationale France z. B. teilt es am 7. Vendänaire (=ss 2Ö. Sept.) mit.

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mit Frankfurt nur dann eingehen könne, wenn das Zahlungsgeschäft in eine private Angelegenheit verwandelt würde, ausserdem verlangte sie sehr kurze Zahlungstermine.

Mit der ersten Bedingung erklärten sich Basse und Oelsner einverstanden; sie schien ihnen sogar notwendig, um die Stadt vor Ocstrcichs Hingreifen zu schützen: aber ob sich Bankhäuser finden würden, die Frankfurt ihren Kredit zur Verfügung stellten, das war die Frage. In der That erschien den Banquiers in Paris, an die sich Basse wandte, die finanzielle Laue der Stadt so misslich, dass sie sich nur unter den drückendsten Bedingungen Ja/u verstehen wollten. Nach langen Bemühungen erbot sich endlich das Geschäftshaus Torrent und Comp, in Paris, mit der Stadt in geschäftliche Bezie- bungcn zu treten. Dasselbe hatte sehr bedeutende Lieferungen in Militärtuchen vom Kriegsministerium übernommen und sich zur Effektuierung derselben mit der Firma van der Becke in Iserlohn, deren Teilhaber unser Basse war, in Verbindung gesetzt. Schon Anfang September hatte letztere mit Torrent einen Vertrag über Tuchlieferungen im Werte von 2,623,049 Frcs. geschlossen. Jetzt, wo das Direktorium die städtischen Schuldscheine in Privatwechsel umgewandelt haben wollte, traf Basse mit Torrent ein anderes Abkommen, mit dem der Kriegsminister sich auch einverstanden erklärte. Das Haus Torrent verpflichtete sich, der französischen Regierung Militärtuche im Betrage von zwei Millionen zu liefern, dafür als Zahlung den ersten, eigentlich erst nach einem Jahre fälligen Schuldschein der Sudt Frankfurt anzunehmen und diesen nur dem Iserlohner H iuse van der Becke für gelieferte Tuche auszuhändigen. Oelsner und Basse bürgen mit ihrem Ehrenworte, dnss die Stadt Frankfurt die Schuldscheine binnen drei Monaten bei dem Hause van der Becke einlösen werde. »Wir hoffen«, schreibt Basse nach Frank- fun, »dass man das Risiko wird zu schfitzen wissen, dem die Reprä- sentanten der Stadt Frankfurt sich dadurch unterzogen haben. Sie haften mit ihrer Ehre und mit ihrem Eigentum für die Ratifikation eines Traktates, den sie zum Besten und zur Erhaltung der politischen Existenz bemelter Stadt abzuschliessen bevollmächtigt waren.'«

* In dem am i. Brunuire (22. Oki.) abgeschlossenen Vertrage heisst es: Torrent Ct)rnp. sind mit dc-m Krk-^sniiiiistcr übcrcins;eknmmen, Jass dieser für eine Lidcruiif; in Tiiclicn ntmclimc rengagemcnt do dciix. millions piu.iblL- .ui porteur ä douzc mois de sa date toute fois qu'il scrait cautiomic individuellcnient par les «Sts diputfe qui de leur cötö bien aisi d*op^rer te bien de leur ville et de Jeffcrcr 1 Ii demande du gouvernement fran^aise sc prCteront tont ce qui peut amener un but d&irable - Im Semdervertrag zw*i$chen Torrent & Comp, und den

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Bezüglich des /.weiten, erst in zwei Jahren talhgen Schuldscheines zeigte sich das Direktorium sehr nachwiebii,'. Sich auf die von den französischen Kommissären der i\ric«^sdepLU,iti(>n gemachten Zusagen berufend, überreichte Basse einen detaillierten Kostenansciilag der <Jcr Maas- mu! Sambre-Armee gcHefencn Requisitionen im Betrage von I,4ü0,()<w> 1 res. und verlangte deren Abrechnung von den noch restierenden zwei Millionen. Die Prüfung der einzelnen Posten war sehr zeitraubend ; viele derselben w urden auch von dem Bureau des Kriegsniiaisicrs beanstandet. Als die Abgesandten sahen, dass W'owhcn, ja Monate verstreichen koiuuen, ehe man sich zur Anerkennung der Berechnungen bequemen würde, rückten sie, nm einen Druck auszu- üben, mit noch anderen Gegenforderungen heraus. Sie erwähnten die ),()()() Livres, welche die französische Regierung der Stadt noch vom siebenjährigen Kriege her schuldete, bemerkten ausserdem, dass der Generalzahhneister der Maas- und Sambre-Armee nach den ihnen zugekommenen X Jv.!;i i^uien beim Abmarsch aus Fr.iüi.lui i Bons aul die Stadl gezogen habe. Ks könne sich daher leicht herausstellen, dass die französische Regierung, anstatt aut ueii zweiten Schuldschein etwas herau.szubekommen noch ein ansehnliches herauszugeben habe. Das wirkte. Der Kriegsminisier erklärte sich damit ein- verstanden, dass 1,400,000 I'rs. für die geleisteten Lieferungen in Anrechnung kommen sollten, so dass die Stadt nur noch 600,000 Frcs, zu zahlen hatte. Da aber der l'inanzminister Ramel, von seineni Sekretär Jobannot beeinflusst, sich weigerte, Stadtobligationen dafür 2a nehmen, verstanden sich die Abgesandten dazu, die Summen durcb sichere Wechsel zu decken. »Ein Wink von sicherer Hand«' gebot ihnen, die Verhandlungen so schnell wie möglich 2U beenden, weil die hessischen Agenten noch in zwölfter Stunde das Zustandekommen des Vertrages zu vereiteln suchten. Ihnen schrieb es Basse zu, dass, trotzdem das Direktorium schon am 8. Oktober den Minister des Auswänigen beauftragt hatte, die Vertragsurkunde zur Unterschrift vorzulegen, dieser damit zögerte und sich erst mit dem Finanz- minister in Verbindung setzte, in dessen Büreaus das hessische Gold seine Wirkung ausübte. Aus des letzteren eignem Munde erfuhr

Frankfurter Abgesandten garaniieren crstere diesen Texistence r£el)c de leur marchi pass£ avcc le niinistrc de I.1 guOTC p<iur iine rournilure cn dr.ips de troupe im Be- trage von zwei Millionen l"r.iTii-s. wdtür 'ir .ils Be/.ihlimj,' die l-r.\nkhiricr Scliuki- scheine erhalten. OcImkt und H.T»se d.i^c^cn s'obli^cnt de garuiitir individucllcntcnt Pnbligatton de )a vilic de Francfurt aux Torrent et Comp. Nach dem Memoire.

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auch Basse, dass einflussreiche Männer an Ramel das dringende An- sinnen gestellt hatten, die beiden Schuldscheine wieder den Kommis- sären der Maas- und Sambre-Armee ein2usenden, da diese Aussicht hätten, sie vorteilhaft zu verkaufen, wie Basse meinte, an den Landgrafen von Hessen. Glücklicherweise wies Ramel dieses An- sinnen entschieden zurück. Endlich, nach wiederholten Mahnungen von Seiten des Direktoriums, legte der Minister des Auswärtigen am 7. Brumaire (28. Oktober) demselben den Vertrag vor; am darauf folgenden Tag ward er vom Präsidenten Barras unterzeichnet. Am 10. Brumaire (31. Oktober) reiste Basse streng incognito ab, um den Vertrag von seinen Auftraggebern ratifizieren zu lassen. Er vermied es aber, bis Frankfurt zu reisen» aus Furcht, dass seine Anwesenheit das Geheimnis seiner Mission aufdecken könnte, stieg vielmehr einstweilen in Ober-Hschbach (zwischen Frankfurt und Homburg) bei einem seiner Diener ab. Von hier aus setzte er den Senator Wcnncr von seiner Ankunft in Kenntnis und übermittehe ihm den Vertrag.

Derselbe enthielt zwölf Artikel,' die wir im Auszuge wieder- geben wollen. Vorausgeschickt ist die für die Stadt demütigende Bemerkung, dass das Direktorium nur mit Rücksicht auf ihre Bitten und ihr gutes Verhahen gegen die französischen I ruppen sich zum Abschluss der Konvention veranl.isst gesehen habe.

Artikel i gew.il)rt Frankfurt Frieden und Neutraliiät, sowie Sicherheit gegen jede Kontribution.

Artikel 2 schränkt die Bestimmung des Artikels i insofern ein, als er den französischen Truppen das Betreten des städtischen Gebietes, den Aufenthalt daselbst, sowie die Aufstellung von militärischen Posten einräumt. Aehnliche Bestimmungen hatten sich Württemberg, Baden und der fränkiselie Kreis gefallen lassen müssen. »Wir wären ausgelacht worden, w enn w ir nur die mindeste Einwendung dagegen gemacht hätten, «f bemerkt Basse darüber.

Artikel ^ bestimmt die sofortige Freilassung der Geiseln nach der Ratifikation des Vertrages.

Artikel \ hebt das Sequester auf, welches die Franzosen in den von ihnen besetzten Ländern auf die Waren und Gelder der Frank- furter gelegt hatten, annulliert ferner alle Schuldfordcrungcn an die

* Zum ersten Mal verdiTentllcht nadi dem franxflsischen Wortlaut von Hinxe

I. c. S. jo.jtr; doch glaubte iclj, den Vertrag bei seiner Wichtigkeit noch einmal iüi .\i\liang (No. II) ahdrtic^cii /u diirlen, da ilie schon seit geraumer 7cit einge- gangene Zcitschriit alm neuen Heid)«« nur noch in wenigen lUnUeu sein dürtic.

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Stadt, also auch die von 1792 noch rückständige eine Million der Custineschen Kontribution.

Artikel 5 verspricht sofortige Freilassung der Frankfurter Truppen nach der et>\'aigen Eroberung der Festung Mainz.

Artikel 6 verspricht Frankfurt die guten Dienste der Republik zur Erhaltung der konstitutionellen Unabhängigkeit und aller bisherigen Rechte der Stadt. Hingegen verpBidnet sich diese, die Republik in allen den Abmachungen, welche sie mit dem deutschen Reiche treifen werde, nach Kräften zu unterstützen. Auf diesen Artikel war Basse nicht wenig stolz. »Er enthält eine ausdrückliche Zusicherung, dass die Republik nicht nur för die politische Unabhängigkeit Frank- furts, sondern auch £Ur seine konstitutionelle Unabhängigkeit sorgen wolle; durch diesen Zusatz kann sich die Stadt vor etwaigen inneren Unruhen bewahren. Frankreichs Zusicherung«, bemerkt Basse weiter, »wird noch dadurch veredelt, dass es die Stadt zu einer gegenseitigen Mitwirkung zum allgemeinen Frieden in Deutschland verpflichtet Dadurch gewinnen wir eine politische Existenz, deren sich bisher keine blosse Reichsstadt erfreuen konnte«.

Die Artikel 7— 10 enthalten die uns bereits bekannten finanziellen Abmachungen. Für den zweiten Schuldschein werden zehn Wechsel, und zwar acht im Betrage von 50^000 und zwei im Betrage von 100,000 Frcs., also im Gesamtbetrage von 600,000 Eres, auf die Plätze Hamburg, Amsterdam, Basel und Paris ausgestellt, die ach von den üblichen kaufmännischen Wechseln nicht unterscheiden dürfen. Der erste Wechsel soll drei Monate nach Sicht, die anderen je einen Monat später bezahlt werden, so dass die letzte Rate nach einem Jahr entrichtet ist.

Artikel it hebt noch einmal hervor, dass die französische Republik der Stadt Frieden und Freilassung der Geiseln bewilligt habe in Rücksicht auf die gute Führung, welche sie gegen die Mus- und Sambre-Armee während ihres Aufenthaltes in ihrem Gebiet beobachtet hätte.

Artikel 12 bestimnn, dass diese geheime Konvention von beiden Seiten innerhalb 40 Tagen ratifiziert werden muss.

Schon am 12. November bestätigten Bürgermeister und Rat den Vertrag und dankten Basse und Oelsner in höchst anerkennenden Worten unter völliger Billigung ihrer geschäftlichen Abmachungen mit dem Hause Torrent & Comp.' Letzteres musste Basse um so

* Das Haus van der Becke in Iserlohn erhielt in barem Gelde soglcicli t MillioOi und I Million in 4prozentigen, in 6 Jahren einzulösenden Stadtobligationcn, Die Stadt haftete mit ihren Einkünften für ihre Verpflichtungen.

angenehmer sein, als gerade seine Verbindung mit Torrent, bevor der Rat den eigentlichen Sachverhalt erfahren hatte, in einem für ihn ungQnstigen Sinn ausgelegt worden war. Die kurze Notiz, in der er am 19. Oktober den Vertrag mit Torrent und die über- nommene Verpflichtung, den ersten Wechsel binnen drei Monaten etnsulösen, der Kriegsdeputation mitteilte, hatte im Rat das grösste Staunen hervorgerufen. Die Doppelrolle, die er auf einmal in Paris spielte, die des Diplomaten und des Geschäftsmannes» hatte Misstrauen gegen die Reinheit seiner Absichten erregt. Man fürchtete, dass er mehr das Interesse des Hauses van der Becke, als das der freien Reichsstadt Frankfurt im Auge gehabt hatte.

Daher hatte auch der Rat, noch bevor der Vertrag endgültig zu Stande gekommen war, beschlossen, ein Mitglied der Kriegsdeputation, Mylius, nach Paris zu senden, damit dieser an Ort und Stelle auf Grund der ihm von den Abgesandten vorzulegenden Korrespondenz sicli über die Einzelheiten der Verhandlungen und besonders über die Beziehungen zwischen Basse und dem Hause Torrent informiere. FaUs die Konvention nicht bereits vom Direktorium bestätigt sei, sollten Basse und Oelsner keinen weiteren Schritt thun, bevor sie nicht die Entschliessung des Rates erfahren hätten. Mylius wählte seine Reiseroute so, dass er die französische Festung Givet, wohin die Frankfuner Geiseln von Charlemont gebracht worden waren, berühren musste. Am 8. November langte er daselbst an und erfuhr zu seiner grossen Ueberraschung, dass erst wenige Tage vorher Basse auf seiner Heimreise die Festung passiert habe und er somit Oelsner allein in Paris antreffen würde.

Mylius verbrachte in Givet 'sehr unangenehme Stunden. Der erste Empfang, der ihm von seiten der Geiseln zu Teil wurde, war ein sehr frostiger. Er wurde mit einer Flut von Anklagen 'und Vor- würfen überschüttet. Sie beschwerten sich, dass man sie über die wichtigsten Vorgänge in Unkenntnis gelassen, keine Schritte zu ihrer Befreiung gethan habe und tadelten stark, dass man die Ver- tretung der Stadt in Paris in fremde Hände, nicht in die altbewährter Frankfuner Bürger gelegt habe; schliesslich ernannten sie einen förm- lichen Ausschuss, vor dem Mylius das Verhalten des Rates rechtfertigen sollte. Den ganzen Vor« und Nachmittag des 9. November tagte er mit demselben, legte ihm alle Schriftstücke vor, die der Rat behufs ihrer Freilassung an die französischen Generäle und Kriegskommissäre sowie an den Erzherzog Karl gerichtet hatte; aber das Resultat der Konferenz, die am nächsten Tage mit grösster Gründlichkeit fort- gesetzt wurde, war die Erklärung des Ausschusses, er hätte sich

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hinlänglich uberzeuge, dass der Rat zwar der Stadt gegenüber seine völlige Schuldigkeit gcthan habe, bezüglich der Befreiung der Geiseln aber nicht. So sei ihrer in der Basse eneilten Vollmacht gar nicht gedacht worden; dass dies in den Kirchengebeten geschehen wäre, befriedige sie durchaus nicht. Da verlor Mylius endlich die Geduld. Er spielte jetzt seinerseits den Entrüsteten, beklagte sich, dass die Geiseln gegen ihre Freunde und Mitbürger, deren Charakter und Gesinnungen doch hinlänglich erprobt seien, ein solches Misstrauen hcqen könnten. So schied er von Givet und üess die Mehrzahl der Geiseln in der üblen Stimmung gegen die St.uit zurück, in welcher er sie angetroffen hatte. Sein Gesuch an den Festungskommand.inten, einige derselben mit sich nach Paris nehmen zu dürfen, wurde abge- schlagen.

Am II. November traf er daselbst ein und erfuhr von Oelsnor, dass sich wiederum ganz neue unerwartete Schwierigkeiten in den Weg stellten. Als nämlich das Haus Torrent nach Lieferung der Tuche die Herausgabe des ersten Schuldscheines forderte, verwei^^crte sie ihm der Kriegsminister. Ja, er befürwortete sogar beim Direk- torium das Gesuch der Kriegskommissäre der Maas- und Sjinbrc- Armee, die Schuldscheine ihnen auszuliefern. Die Umtriebe der Gegenpartei hatten diese neue Schwierigkeit heraufbeschworen; sie hatte reichlich ihr Geld ausgestreut, einem Beamten in dem Büreau des Kriegsministeriums, hatte sie eine bedeutende Summe geboten/ wenn die beiden Scheine zur Armee zurückgesandt würden.

Aber die Freunde der Frankfurter Abgesandten schauten dieser Minierarbeit nicht unthätig zu. Denzel hatte noch früher als Oclsncr von diesen Intriguen Wind bekommen und ihnen rechtzeitig bei deni Mitglied des Direktoriums Reubel sowie bei dem Minister des Aus- wärtigen Delacroix vorzubeugen versucht. Als nun Oelsner am 12. November bei diesem einen feierlichen Protest gegen alles, was dem geschlossenen Traktate zuwider von der Gegenseite unter« nommen würde, niederlegen wollte, äusserte Delacroix den heftigsten Unwillen über dasintriguenspiel uiui das Verhalten des Kriegsministers, dass dii/^cr nur einen Augenblick Anstand nehmen konnte, über die Scheine anders zu verfügen, als die vom Direktorium ihm gewor- dene Weisung lautete. »Nein,« setzte er hinzu, »der Vertrag, welchen ich unterzeichnet habe, ist kein Kinderspiel; die RepuMik beobachtet mit der grössten Gewissenhaftigkeit ihre diplomatischen VerpBichtungen.

' Ocl$ner spridu bald von 2000, bald von 40ÜO Karolinen.

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Sehen Sie Pann.i und Piemont ! Es liing nur von uns ab, diese Länder zu revolutionieren. Sobald wir aber dem Herzog die Erhal- tung seiner politischen Existenz verbürgt hatten, haben in seinem Lande alle revolutionären Bewegungen aufgehört. Meine Ehre ist so gut wie die Ihrige interessien, dass der abgeschlossene Vertrag bestätigt und aufrecht erhallen werde.«

Nur hielt der Minister eine baldige Bestätigung des Vertrages für durchaus notwendig. Niemand konnte diese auch dringender herbei- wünschen als Oelsner, zu dessen zahlreichen Gegnern sich nun auch noch einer der angesehensten Bürger Frankfurts gesellte, welcher sich damals gerade in Paris aufhielt. Mit cynischer Offenheit erklärte dieser, dass er die Verhandlungen seiner Vatcr t i h mit der Republik vom geschäftlichen Standpunkt auffasse und daher die Scheine in seine Hände zu bringen suche. Mitwisser seiner habsüchtigen Ab- sicht waren die Volksrepräsentanten Joubert und Merlin von Thion- ville. Sie sprengten überall das Gerücht aus, dass der Vertrag vom Frankfurter Rate nun und nimmer angenommen werden würde. Schon ting Oelsner selbst an, an seinen Auftraggebern irre zu werden und Mylius mit misstrauischen Augen zu betrachten, da traf am 26. November Basse mit der heiss ersehnten Bestätigung der Kon- vention wieder in Paris ein. Zum Artikel 4 derselben wünschte die Stadt einen Zusatz, der sie ausdrücklich vor Requisitionen, Zwangs- anleihen und der Einführung des französischen Papiergeldes sicherte. Die Konvention sollte überdies den Charakter einer streng geheimen haben, der Austausch der Ratifikationen in grösster Stille erfolgen und in den französischen offiziellen Blättern weder des Vertr.i^es, noch der Frankfurter .Abgesandten überhaupt die geringste l>waluning geschehen, damit man östreichischerseits nicht auf ihn aufmerksam gemacht würde.'

Gleich am nächsten Tage verlügten sich Basse und Oclsncr in Begleitung von Denzel zum Minister des Auswärtigen. Mit grosser Zuvorkommenheit nahm sie dieser auf und fertigte .uil ihre Hitten den Befehl aus, dass die ia Givet internierten Geiseln sofort also

' Basse und Oelsner erhielten femer den Auftrag, »insbesondere auf dtn Geist

der französischen Zcilschriften in F.iris in He/iij^ auf Fr;)nkrurt ni wirken inn! «l.itjefrcn in Ansthunf,' dessen, was etwa in den litesigcn (Fr.iiikturicr) Blattern in Be/.icliung au* die iran^^ösische Nation, Regierung oder Armee Unschickliches vor- kommen könnte, gehörigen Orts vorzustellen, dass man hierunter durch die Anwesen- hch dnes Kaiserlichen Ministers und Kommandanten, der sich der Ccnsur derselben bemächtigt, /u reniedieren gebunJnc Hände habe, dem Drange der Unist.ltule nach- zugeben genötigt sei) aber an der Sache selbst sein grösstes Missfallen lubc.«

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noch vor Auswechselung der Vertragsurkunden nach Frankfurt entlassen werden sollten. Als nun Basse beiläufig erwähnte, dass er ein Dankesschreiben des Fnnkforter Rates an das Direktorium zu überreichen habe, äusserte Delacroix seine Verwunderung, dass dieser ein derartiges Schreiben nicht auch an ihn gerichtet habe. Da erkläne Oelsner mit grosser Geistesgegenwan, dass der Rat eines seiner Mit- glieder eigens zu dem Zwecke nach Paris gesandt habe, um die dankbaren Gesinnungen der Stadt ihm persönlich darzulegen. So ward unser Mylius im Handumdrehen in einen offiziellen Vertreter der Stadt umgewandelt. Am 28. ward er als solcher dem Minister vorgestellt und überreichte diesem ein rasch fabriziertes Schriftstück mii einem »passenden mündlichen Compliment.« Ueber dieses höchst bombastisch abgefasste Schreiben' zeigte sich der Minister nach Mylius' Bericht sehr gerührt, versicherte ihn seiner steten wohl- meinenden Gesinnung gegen die Stadt und riet ihr, einen ständigen Residenten in Paris zur Wahrung ihrer Interessen zu ernennen.

Am 29. November fimd die Auswechslung der Ratifikations- urkunden statt; tags darauf überreichten die Abgeordneten in einer be-

* In dem von Ocisncr vcrldssicu Schreiben hcisst es: Rat und Burgmcliall I rankfurts sont pcucucs d cstinic et d'admiration pour vos talcnts et pour votfc zdc i pacifier rBurope. II n^existe pas de ihn plus flatteur pour Ics ministres d un graiu! pcupk que d'etrc le conciliateur des natKMis «t de faire paitoat eesscr le fleau de la j^uerre. - Qn'W Joit Lire Jniix pour votrc cocur de voiis rendre ainsi clier ä votrc sieclc! L'humanhc et le genie sc dispuicni la gloirc de vous ini- niortaliscr. V'otrc noni passcra ä la postcrite couronnc du palmicr de la paix qui sourit au laurier de la victoire. Souflfrez que j'ajoute raes sentiments paniculiers i ceux que je vous ai cxprimes au not« de nies comniettants etc. etc. Die An- sprache von Mylius in der Audienz ist mitgeteilt bei liiiuc, S. J07 8. Barrls benterkte darauf in seiner Erwiderung; Assurez vos concitoycns, Mon- sieur le deputc, que le dircctoire s'eniprcssera de Icur donncr des tenioignagcs «le sa bienveiliance et de son anachemem; ditcs-leur bien que les Pran^ais o'ont autre d£$ir que d'toe en paix avcc tt us les gouveraemeata, tnais que Ics pcupto libres auront toujours des droits p.iniculicurs A 5on nmitit^ et quelle s'applaudira toujoiirs de compter au nombre de ses amis la ville iibre de Franciort. Vous, vous, Monsieur le dcpute, le dircctoire vous voit avec plaisir investi de la confiance des habitants de Francfort; ni dans un pays Iibre la Ripublique ne vous paraltia jus itrangire. Der Kuriosität wegen erwähne ich noch, dass die in der Privilcgicn- und Verträge-Sammhtn«; des Stadtarchivs aufbewahrte, auf Pcr<,Mmont i^eschricbcnc Hiitifikationsurkunde der Republik sicli in einem vioictsamtnen, mit rciclier und geschmackvoller Guirlandc gezierten Einband bcland, an dem das grosse Siegel der Republik in silberner Ka|Mel befestigt war» wührend die Frankfurter Urkuode, «in einfaches Dokument, jeder Ausschnuickung entbehrte. Daher hielt es Myüus für nötig, sich beim Minister für die Unterlassung eines »vorteilhaften Hxtcricursa ^ entschuldigen, und wollte lür einen bessern Einband Sorge trageu.

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sonderen Audienz dem Direktorium das Dankesschreiben der Stadt. Die dabei von beiden Seiten gehaltenen Reden liessen an Pathos und Phrasen nichts zu wünschen übrig. Den Zusn?. zu Artikel 4 konnten die Abgeordneten nicht durchsetzen. Die Audienz ward dem Wunsche des Rates gemäss in den öffentlichen Blättern nicht erwähnt.

Drei Tage später erhielten die Abgesandten ein vom Präsidenten Barras unterzeichnetes Aktenstück (die Abgeordneten nennen es »arrete ostensible«), welches noch eiimial die Anerkennung der Neu* tralität von seiten der französischcti Regierung und die Zusicherung der Zurückgabe der Geiseln enthielt.*

Mylius hielt nun seinen Auftrag für beendet und reiste am 12. Dezember nach seiner Vaterstadt zurück, während Basse und Oelsner noch weiter die Interessen Franl furts in Paris vertraten. Ihr Ehrgeiz war jetzt darauf gerichtet, von dem Hat als offizielle Handels- agenten oder Residenten Frankfurts beim Direktorium akkreditiert zu werden, um festeren Fuss in den gesellschaftlichen und politischen Kreisen der Hauptstadt fassen zu können. Sie wiesen in ihrem darauf lxvüi;!iehen Schreiben auf die Hansnstädte hin, welche gleich- falls ihre olhzicUen Vertreter in Paris hätten. Aber diesen Vergleich

* Der Wortlaut desselben ist: Lc dircctoire extculif de la Kcpubliquc Fran- fdise aux Magistrats de la Ville libre et InipMale de Francfort sur Mein. Le

Directoire executif instruit que la conduite loyale hospitalicrc plcine de soins et d'cgards que la villc libre et Imperiale de Fraiictbrt sur le Mein :> tenuc dans le cours de la canip.igiic aciuelle envcrs rarnice de Scimhre et Meusc pendant qu'clle occupaii sun terriiuire ne s'est poiiu demcntie daiis leb circonsiauccs diliicilcs qui ont acamapagni retraite, s'est ditermin«^ k lui timoigner sa satisfaction en d^- clarMt que si contre le vocu de la Nation fr.iiii;aise et de son gouverncnicnt la >»uerre se prolongcait et que Ics armcc-s Je la RL-publiqiic fusscnt obligties de pcnctrer de nouvcau au coeur de l Aiieniagne la ville libre et Iniperiale de Frnnc- fort sur Mein serait coiisideree comnie neutrale et traitee conime eile; que ses otagcs lui seront rendus: et que la präsente diclaration scra adressue ä ses Magi- strats pour etre un «^clataiit temoignage de la satisfaction du directoire. Fait ä Paris en Pal lis national du directoire executif Je douze Frimaire (2. Dez.) an cinq de la Republique hran^aise une et indivisible.

Le President du iSrectoire exikutif P. Banras. Par le Directoire executif Ic Secretairc General

La^arde.

Alle, die an dem Zustandekommen des V ertrages mitgewirkt haben, erhielten von der Stadt ansehnliche Geschenke; so der Chef der ersten politischen Abteilung Ourant, der Generalsekretär des Ministers Delacrdx imd letaterer sdbst, dem gegen- über s.ich Basse und Oelsner entschuldigten, dass die Stadt bei ihren erschöpften Mittein \hm nicht den seinen Verdiensien entsprechenden »gage de son Stemel di^vouement« anbieten könne.

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Hess der Rat uiclu gehen. Die Hansastädte, schrieb er, lägen an der Grenze Deutschlands, weit entfernt vom Kriegsschauplätze, Frankfurt dagegen befände sich in der Mitte desselben, habe eine östreichische Garnison und einen Kaiserlichen Minister in seinen Mauern. Ein derartiger Schritt würde in Wien der Stadt übel vermerkt werden und ihre Handelsleute allen möglichen Chikanen der östreichischen Grenz* Beamten preisgeben.

Der Rat hfltete sich wohl, dem Misstrauen des Wiener Hofes weitere Nahrung zu geben. Zwar waren diesem die geheimen Ab- machungen mit der französischen Republik gänzlich verborgen geblieben, aber als am ii. Dezember die ersten vierzehn Geiseln, denen die übrigen bald folgten/ nach Frankfurt zurückkehrten, da ting man auf östrcichischer Seite zu argwöhnen an , dass die Freilassung der Geiseln weniger auf die Grossmut der französischen Nation als viel- mehr auf geheime Vereinbarungen zwischen ihr und Frankfurt zurückzuführen sei. Desbalb ersuchte der Kommandant der öst- reichischen Besatzung in Frankfurt, Oberst Mylius, den Rat um Mit- teilung, «ob ihre Loslassung in Folge der gänzhch berichtigten Brandschatzung oder einer partikulären Vergünstigung von seiten des französischen Gouvernements geschehen sei.« Der Rat hielt es denn doch nicht für angebracht , ihm oder dem Kaiserlichen Minister V. Schlick wahren Aufschluss über die unbegreifliche Grossmut des Direktoriums zu geben. Fr bemerkte vielmehr ganz naiv, niclit die Wiederkehr, sondern die so lange und ungerechte Zurückhaltung der Geiseln hätte Befremden erwecken können ; dieselben hätten sclion früher, gleich nach dem die Stadt die Zahlungen geleistet, vom Direk- torium entlassen werden sollen; dieses hätte sich dazu aber erst enischliessen können, als ihm rühmende Berichte über das Verhallen der Bürger geucn die aul dem Rück/UL; sich betindenden fran/^ösi^^chcn Truppen zugekommen seien/ Zugleich setzte sich der Rai mit dem

' Der R.« Hess ihnen durch eine Deputation die Dankcsvcrpllichturir für das. was sie für d.is gemeine Stadtwesen erürtcn. nuf d:!*? lehhaftesie bczeujk;cn. Die Kulten ihres Aulcntlultcs (Akten der Dep. Bd. VI; in Givet wurden ilmen ersetzt und das nächste Jahr xwei der Geiseln, v. Humbradn und Dr. Moors, zu Bfirgermeisteni erwählt.

* Der C>hcr<t M\lit!s h.it sict) dincli diese lirkl.iriinf,' schwerlicl» t.uiN:l)cn lassen. Er w.irt ImI^I J irmf dcnt Kate Mangel an Patriotismus vor und forderte Anfang Mai 1797, als er mit der östreichischen Besatzung l'rankfurt verliess, )tx),oüO Gulden, die er eventuell unter Anwendung der härtesten Zwangsmassregelo eintreiben wolhe. Zu deren Abwendung wandte skh der Hat an den Erzherzog Karl vnA erbot sich, die fragliche Summe gegen öslreidiische Staatspapiere der Kaiscrlicbco Kri^skasse zu geben. Vgl. Akten der Dcp. Bd. IX.

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uns. bereits bekannten Geheimsekretär des Erzherzogs Karl in Verbindung. Er teilte ihm mit, dass sowohl die Geiseln von Givet aus als auch deren Freunde tn Paris die französischen Generäle und Behörden so lange um Freilassung bestürmt hätten, bis endlich die gute Sache den Sieg davon getragen habe, und so seien sie viel früher, als man in Frankfurt erwartet hatte, dorthin zurückgekehn. Das Direktorium hätte sich überdies nicht der Einsicht verschliessen können, dass Frankreichs Handel durch den Ruin der Stadt in starke Mitleidenschaft gezogen wQrde. Deshalb habe es sich sogar ent- schlossen, ihr in einem formellen »arr^t^« (gemeint ist das vom 2. De- zember einen besonderen Schonungsbrief auszustellen, der der Stadt indess keine Verpflichtungen auferlege. Sie messe demselben auch gar keinen Wert bei, sende aber eine Abschrift ein.* Nur bat sie, das »arr£t^« ohne Kot nicht zu publizieren ; es würde dadurch den »politischen Glossenmachem« preisgegeben, die es leicht von einem unrichtigen Gesichtspunkt aus ansehen und Frankfurt unrecht beur- teilen könnten. Der Sekretär war so liebenswürdig, diese Deduktionen des Rates in keinem Punkte anzuzweifeb; er beruhigte ihn durch die Erklärung, dass der Erzherzog Karl mit der politischen Haltung der Stadt in der letzten Zeit ganz zufrieden sei.'

Die Stadt glaubte den kommenden Ereignissen nun ruhig ent- gegensehen zu können. Die Mitteilungen, welche ihr Basse und Oelsner von weiteren Anschlägen der hessischen Agenten zukommen Hessen, beunruhigten sie nicht sonderlich. Letzteren war es gelungen, die l'rankfurter Wechsel an der Pariser Börse in Misskredit zu bringen, indem sie behaupteten, dieselben könnten unmöglich zur Verfallzeit eingelöst werden ; niemand wollte sie daher kaufen. Aber gerade diese Machination brachte der Stadt einen bedeurciulcn Nutzen, inso- fern als nun Basse sämtliche in Umlauf gesetzten Frankfurter Wechsel gegen einen Diskonto von $01,000 Frcs. für sie erwarb.

•* Bei ckni Jur.;lKiu<; unvcrfäns^Iiclien Tnlialt Jus Sclirift5tück«s brauchte die SuUt keinen An^i.nul /u nc!inTcn, es dem Sekretär /ii 5ciKi(.n.

' Nürnberg, dessen Cieiseln noch inmicr in Frankreich iiuerniert waren, fragte vertraulich *n, durch welche Mittel Frankfurt die Befreiung der scinigen erlangt habe. Die Stadt erwiderte, sie befinde uch in einem ganz anderen Ver- hähnis zur HcpuMik wie Jte übrigen Rcichsstatnic. Sie h;iue gerechte Beschwerdoii p^'cpen crstcre zu erlieben gehabt, weil ihr durcli Cu«;tinc ge^en nllcs \'nll;crrcclu eine MiHion abgeprcsst und bei dem diesmahgcn Einfail der Franzosen an Kontri- hutiooen und Requisitionen mehr angesctat worden sei, als dem ganxen ober- rbdnischen oder kurrheinischen Kreise. Die Loslassung der Gebein wire demnach nach Recht und Billigkeit schon langt zu erwarten gewesen.

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Zwischen Basse urni seinen Gegnern entwickelte sich jetzt ein heftiger Federkrieg, der in den ßläiiern der Hduptstadt aus^ctochtuu ward. Ein Teil der Presse beschäftigte sich mit den Innern Zustanden der Stadt, sprach von der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der bestehenden Obrigkeit, prophezeite den baldigen Ausbruch von Un- ruhen, zu deren Verhütung sie die Besetzung der Stadt mit einer starken, hessischen Garnison empfahl.' Und, auffallend genug, die prophezeiten Unruhen traten bald ein. Am 4. Mir?. 1797 rotteten sich die Schreiner und Schneider zusammen, füllten lärmend die Räume des Römers, verlangten drohend den Bürgermeister zu sprechen und insul- tierten den Beamten, welcher ihnen den Hingang in dessen Audienz- zimmer verwehren wollte. Der Rat weigerte sich standhaft, den Haufen anzuhören, verlani^te vielmehr, dass er seine Beschwerden schriftlich einreiche und versprach, falls keine weiteren Zusammen- rottungen erfolgen würden, denselben nach genauer Prüfung abzu- helfen. Daraufhin zerstreute sich der Haufe, olme dass es noti^ gewesen wäre, gewaltsame Mittel anzuwenden der Kaiserliche Kommandant hatte bereits die gesamte Garnison unter die Waffen gerufen und der in Jen bLiKiLlil\-,: ten Orten liegenden Reiterei befohlen, ,iut den cr^icii iiciehl in die Stadt zu rücken und die Ruhe wu-Jl weiter nicht gestört. Bei der darauf tolgenden Unter- suchung gestanden einige der festgenommenen Rädelsführer, durch fremde Hmissäre gegen den Rat aufgereizt worden zu sein. Dieser an sich unbedeutende Vorfall wurde in den verschiedenen Zeitungen je nach der Parteifärbung entstellt berichtet und als symptomatisch für die inneren Zustände Frankfurts hingestellt.* Doch verfehlten die der Stadt UDgüosttgen Pressstimmen durchaus ihre Wirkung auf die massgebenden Kreise in Paris. Reubel erklärte Oelsner, dass der Landgraf von Hessen» wie sehr er ihm auch mit seinen Annexitms- gelüsten anliege, nun und nimmer Frankfurt besetzen dOrfe.

' Auch im Strassburgcr Kouri«r vom 24. Mür< stand, dass der Landgraf von Hessen €000 Mann als Besatzung nach Frankfurt legen werde.

* Akten der Dep. Hd. IX und I-ingers Tiif^cbuch S. 211 212; dieser bemerkt zum Schluss: »Ueberhaupt Ut die Stinmiung des genieineu Volkes daliicr äusserst kritisch.« Politische Beweggründe scheinen den Unruhen fern gelegen zu haben; die Schreiner forderten nur» dass auswärtige Schreincrarbdten in Frankfurt nidu zugelassen würden; ebenso verlangten die Schneider Beseitigung aller dem Zunft« zwang entgegenstehenden Bestimmungen. Uehcr ^'Icich/cttige Bewegungen am Rhein und an der Mosel, aber mit starker demokratiscli- revolutionärer Tendeuc 5. Häusser II, 115. Dass die Frankfurter Unruhen in irgend einer Hinsicht damit zusammenhängen, lässt sich nicht nachweisen.

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Während dieser Zeit ruhten die Waffen am Rlicin noch immer; dagegen führte in Oberitalien der jugendhchc Bonapartc die Truppen der Republik von Sieg zu Sieg. Nach dem l"all Maiuuas drang er über die Osialpen in das Herz der östreichischcn Monarchie vor. Da nahm denn das Direktorium den ein Jahr vorher verunglückten Operaiionsplan wieder auf, Moreau fiel in Süddeutschland ein, während zu gleicher Zeit die Maas- und Sambre-Armcc unter dem Befehl von lioche bei Neuwied den Rhein überschritt und den öst- reichischen General /um Kück/ug zwanL', Bei Limburg stellten sich die Oestreicher nocii eunnal den I ranzosen entgegen; doch musstcn sie aucli hier weichen und schlugen nun den Rückzug auf der Strasse nach Frankfurt ein, )etzt musste es sich zeigen, ob die fr.inzt)sische Regierung wirklich gesonnen war, der Stadt die ver- sprochene Nenrrilit u zu gewähren. Der Rat zweifelte zwar nicht daran, hielt es aber trotzdem für nötig, durch Oelsner in Paris anfragen zu lassen, ob den 1 uhrern der Maas- und Sambre-Armee die erforderlichen Weisungen zugegangen wären. Wie berechtigt diese Vorsicht war, zeigten die I-reignisse der nächsten Tage. In der Frühe des 22. April rückten die 1 ranzosen unter Lefövre, dem tnterbefehlshaber Hoches, gegen die Nidda vor, erzwangen den Uebergang über den Muss und näherten sich den Mauern Frankfurts. Die kaiserlichen Kürassiere zogen sich schleunigst dahin zurück, heftig verfolgt von drei Regimentern französischer Reiter, die fast zu gleicher Zeit mit ihnen vor dem Bockenheimer Thor anlangten. Nur die Geistesgegenwart des östreichischen Oberlieutenants Brzezinsky vom Infanterieregiment M ini : cdini, der schleunigst den Schlagbaum herab- liess, die Zugbrücke aulzog und das Gaiterwerk verschloss, verhin- derte das liindniiuen der Feinde und einen blutigen Kampf in den Strassen.' Als nun J;c i ranzosen das Thor mit (jcv. i't zu sprengen versuchten, liess der OberlieuteuauL ein höchst wuksaniLs 1 ui cr auf sie geben. Ccr.ulc n. diesem kritischen Moment sprc]iL tc de: Kom- mandant der Stadt, Oberst Mylius, in Beglcraing eines Ii au/ösischen Kouriers heran und verkündigte den zu Leoben am i8. April zwischen Bonaparte imd der Östreichichen Regierung abgeschlossenen Waffen- stillstand. Lefevre, der erklärte, von der neutralen Stellung Frank- furts keine Kenntnis gehabt zu haben, gab nach einigem Sträuben Befehl, die Feindseligkeiten einzustellen, zum grossen Aerger seiner Offiziere und Soldaten, welche schon in dem Gedanken an eine

S. l ingcrs 1 .igebuch S. 217 sowie den Brie! von Goctlies Mutter an ihren Sohn vom 2. Juni 1797 (S. 127— ijo).

2o6

Plünderung der Stadt schwelgten.' Die Schuld an diesen Miss- verständnisscn niass Oclsncr der zu weit i^ctrichenen Vorsicht des Rates bei, der aut den Wunsch des Ministers des Auswärtigen, das »arretL-« in den olii/.ieüen Blättern publizieren 7.u lassen, nicht ein- geL;an{;en war. Die Frnnzosen /.o^en sich darauf wieder über die Nidda zuiiuk. Hochc i>chlug sein ilauptquariier in I-riedbeii,' auf und bÜeb daselbst bis tief in den Sommer hinein. Unter dem so lansien Aulenthalt der Franzosen dicht vor seinen .VLuicrn li.n:e indess auch Frankfurt wieder zu leiden. Zwar erfuhr die Stadl dtc Gcnugtiuiiin^, dass sie, während die Lander zwischen Sieg, Nidda, Main und Rhein von Hochc stark mit Brandschalzungen heimgesuclii wurden,' die.smal davon gänzlich verschont blieb. Aber bei der Zügcl- losigkeit des französischen iieeres nutzte es ihr nicht allzu viel, dass Iloche in allen zu ihrem Gebiet gehörigen Höfen und Dörfern Plakate anschlagen Hess mit der Aufschrift »Territoire de Franctort, pays neutre!« Bald liefen aus Niederursel, Bonames, Sulzbach und Hausen Klauen über das Verhalten der Franzosen ein. Die einzelnen ( jcniciiidtii M.iii:'ten unter der Last der Lniquartierungen ' luid deren masslosen Anfu: Cei uiii^en ; sie sahen sich nicht viel besser behanJeli, wie die benachbarten nicht neutr.ilen Ürtsv-iialtcn. Ls war nur ein (ilück für die Stadt, dass Hoche ihre Beschwerden berücksichtigte und schliesslich den Ausschreitungen der Seinigen energisch entgegen trat. In Paris zuckte man bei den Vorstellungen Oelsners über das vertragswidrige Benehmen des französischen Heeres die Achseln. Man bemerkte, die Anführer seien über Franklurts Stellung zur Republik

* Fingers Tagebuch S. 218.

* Höcht" forderte von ihnen Kontributionen It) Höhe von 5,750,000 Livres von> Bcrf'isclicn l.:indc i.500,<Kxi L Siclie d.iruhcr das l-'r-niklurtcr Journal 1797 No, 72. Den Kodcilicinicrn wurde .lul Hasses l urbiue die ihnen von Hoche aul- erlegte Kontribution bis zu zwei Fünftel des Betrages erlassen.

) Der Schuitheiss von Hiederursel schreibt am $. Mai dem Kate: »Wenn die zwei Compagnien nocli K Tage hier liegen bleiben, so behilt kein Bauer nichts

mehr an I-cbcnsniitteln, denn jeder Gemeine verlangt und preist es .-luch aus dem IJauer, der, um Ruhe ^ii h.ihcn, cics Tages zweimal Cale und BuUerbrot da/u, auch jeden Tag zweimal l lciscli geben niuss; mithin, wenn sie nicht bald lortgehn, hat der Bauer nichts mehr vor sich zu leben.« Den Sulzbachem nahmen französisdx I'ouragiere die AussaatfrCichic vom Speicher weg. Bonames sollte aoo Rationen Haler liefern ; ein französischer Offizier legte sogar Hausen eine Brandschat/ung von )0 Karolinen auf und drohte, im Weigerungsfälle die dortige Mühle in Brand zu stecken und die wohlhabenden Einwohner als Geiseln wc}{/ufülirai, schliesslich begnügte er sich aber mit 21 Karolinen. Vgl. Aliten der Dep. Bd. II.

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jetzt genügend unterrichtet, doch könnten sie bei dem Mangel an Oisciplin nicht überall durchdringen.

Vom Anfang des Jahres 1797 ab hatten Basse und Oelsner nur nnwichtige Vorfälle nach I'ranUfurt zu berichten. Ihre Gegner ver- suchten nun, durch verleumderische anonyme Schreiben in die Kriegs- deputation' ihre Zurückberufung m erwirken. Doch i^clang es den Abgesandten leicht, diese von der Grundlosigkeit der Beschuldigungen zu überzeugen. Indem sie mit cinflnssrcichcn Staatsmännern und Generälen, hauptsächlich denen, welchen der Kriegsschauplatz in Deutschland zugewiesen war oder zugewiesen werden sollte, eifrigen Verkehr unterhielten, wobei Basse sich als iiöchst freigebiger Wirt zeigte,' glaubten sie den Interessen der Stadt am besten zu dienen. Dringend empfahlen sie auch, mit der batavischen Republik in Ver- bindung zu treten. xWenn sich die löbliche Kriegsdeputation« schreibt Oelsner, »auf einen förmlichen Vertrag einzulassen Bedenken trägt, so wird sie doch immerhin wohl thun, uns zu bevollmächtigen, die batavische Republik um freundschaftliche Verwendung bei der fran- zösischen anzugchen. Wir gewinnen dadurch einige Freunde mehr, Leute, die uns wesentlich nützen können. Mag die batavische Re- publik immerhin nur ein Anhängsel der frnnzösischen sein und unter dieser ihrer Vonnundschaft stehen und bleiben, so weiss ich doch auch, dass Holbnd das liebe Kind von i'rankrcich ist, welches man hegt und prtc«;t. Das enge Verhältnis beider Republiken mit einander gewahrt den iiollandischen Bevollmächtigten viel unmittelbaren Zutritt in die Gesinnungen und Bestimmungen i rankreichs. Ansuchen um Hollands Freundschaft sciimeiclielt dem Hhrgciz dieser nie ganz unbe- deutenden und unserm Interesse vollkommen zugcthanen Macht, zieht übrigens keine Verbindlichkeiten nach sich.« Die Kriegsdepu- tation war auch C)elsners \'orsch!ag um so weniger abgeneigt, als sie erfahren hatte, dass die batavische Republik sich seit 1796 aus

Akten der Dep. Bd. IX. In einem der Schreiben werden die Abgeordneten beschuldigt, bicli in einer öflentlichen Audieoz des Direktoriums, zu der mch dci

türkiscfie CJcs.mJte eingeladen w.ir, mit fjrösstcr Dreistigkeit unter nllf^eniclncr rüstuitg hineingedrängt und als otti/.icile Wrtrctcr l'rnnkfurts gcriert zu haben. Busses gesclimackloser Anxug (blauer Frack, lange blaue Matrosenhusen, runder Hut u. s. \v.) iiabe kein geringes Aufsdien erregr, wdlirend Oelsner »besctieiden, b&rgerlich sauber .mgc/ogcn gewesen wäre-». Beide waren bei der fraglichen Audienz gar nicht anwesend. Vgl. Oelsners Brief ini Anhang No. IV., welcher auch sonst scl»r interessant ist.

' Er iKli ui|not. d ISS i]mi der Aufenthalt in Paris vom August 1796 bis Herbst '797 2cx),ooo Frcs, gekostet habe.

208

eigenem Antriebe bei Jer Schwesierrepublik um die lirlmltunL: der Unabhängigkeit 1 r.mkturts bemüht hatte. Doch wollte der Rat von einem derartigen Schritte nichts wissen. Er hielt überlinupi den weiteren Aufenthalt der Abgesandten in Paris für unnotiL; und meinte, eine ständige Vertretung, deren jährliche Kosten Basse und Oelsner auf 50,000 1-rcs. veranschlagten, sei bei dem gän7:!ich erschöpften Stndtsäckel nicht nngcbracht. Als darauf beide ein offizielles Ab- berufungsdekret verlangten, sträubte sich der Rat, dem Verlangen l'olgc zu geben, da dies ein der Stadt nachteiliges Aufsehen erregen könnte. Uebrigens bedürften sie auch keiner förmlichen Zurück- bcrulung, da sie ja nicht mit der bei Gesandten gewöhnlichen Feier- lichkeit bei der Republik akkreditiert gewesen wären. Basse und besonders Oelsner fühlten sieh durch diesen Bescheid nicht wenig gekränkt und hielten auch mit ihrem Unmut nicht zurück. Im Schreiben vom 25. Juni hält Oel.Mier dem Rat einen \'ortrag über den poliiisclien Anstand und die Beobachtung der 1 orinen im diplo- matischen Wrkehr. Dann bemerkt er: »Gewiss hat die löbliche Kriegsdeputaiiüu mich weder in das Licht eine^s abgedankten Kommis stellen wollen noch das Ansehen beleidigen, worauf eine Regierung wie die iranzosische Anspruch macht. Ich wünsche also, dass mir ein Schreiben an das iMinisterium erteilt werde, worin diesem Nach- richt von meiner l:ntlassung gegeben werde.« Ebenso energisch war Basses Verlangen. Der Rat gab endlich nach, und so überreichten Basse und ()el^ner erst Ende Dezember 1797 sie suchten den Zeit- punkt möglichst hinauszuschieben Talleyrand, dem Nachfolger von Deluv-iüix, iii ieiciiuhei Audienz das Abberufungsschreiben.'

Nur ungern schieden beide aus der offiziellen Stellung, in der ihnen vom Direktorium mancher Beweis von Aufmerksamkeit 7U teil geworden war. Dass der Rat gerade jetzt nach dem Fricdcns-

' Darnach ist die Angabc in der Allg. Dtsch. Biographic, dass Oelsner stän- diger Vertreter Frankfurts in Paris gewesen sei, tn berichtigen. Für seine DiensK erhielt Oelsner eine Remuneration von 1000 Louisd'or; Kasse begnügte sich mit einem Danksc!ircibcn Jcr St.uit (s. Aiih.tng No. III). Dn^epen ersetzte sie ihnen die Kosten des Aufemhaites in Paris bis zur Zeit der Abberufung im Ges.imt- betrage von etwas über 20,000 Frcs. Basse entging auch spater dem Vorwurl' nicht, dass er seine diplomatische Sendung su persönlichen Zweclceit ausgeidtzt habe. Dem gegenüber stellen Urteile von Zeitgenossen und zwar Mitgliedern der Kricgsdcpuiation, welche Basses Handlungsweise für durcliaus korrekt und luichst vorteilh.ift für die Stadt erklärten. - Auch Dr. Hbel und l^rau rrcutcl wurden bedacht; jenem schenkte der Rat eine Bibliothek, dieser ein kostbares Service, silberne Leuchter u. s. w.

schluss zu Campo rormio, wo alle deutschen Staaten ihre Abgesandten rnch Paris schickten und durch Protektion und Bestechung die ihnen drohende Katastrophe abzuwenden suchten, ohne Vertretung seiner Interessen i;i Paris war und gleichgiltig der weiteren luitwicklung der Dinge zuscliaute, wollte Oelsner nicht recht in den Sinn. »Die öffentliche Meinung Frankfurts ist um fünf Jahre hinter den Begeben- heilen zurück, die im Rate der Republik über Deutschland beschlossen sind, und in welche Oesireich sowohl als Preussen eingewilligt haben oder einwilligen müsseo«, schrieb er im November dem Bürgermeister V. Humbracht.'

Ueber die geheimen Bestimmungen des Priedensschlusses konnten weder er noch Syndikus Seeger, der sich seil November in Paris nut hielt und von Oelsner den einHussreichcn Persönlichkeilen vor- gestellt worden war, Näheres erfahren. Seeger hebt in seinem Be- richte an den Rat nur her\'or, dass nach der Ansicht der l'ariser Presse der demnächst zu Rastatt zusannnentretende Kongress grössere Veränderungen in Europa hervorrufen werde als der Friede zu Campo Fortnio, »da über die geistlichen Besitzungen und über den grossten Teil der Reichsstädte das Los geworfen sei.« Die Befürchtungen des Rates stiegen noch, als General Fefevre in Wetzlar erklärte, der Stadt sei die Ncutr.ii.uu mir für das verflossene Jahr (das französische, d.ih t^ck.Uii.Lliiih dcir. republikanischen Kalender mit dem 2i. Sep- tember endete) bewilligt worden; werde sie jetzt wiedereingenommen, so sei sie nicht mehr als neutral zu betrachten. Man werde iln d.inn zwar keine Brandschaizung auferlege ii, aber die einzelnen i eit.lien Bürger anhalten, zur Bcstreiuu.g dei Kriegskosten verhältnismässig /LI contribuieren. Seeger riet daher, in einer geschickt abgefassien Adresse das Direktorium schleunigst an die Verträge vom 29. Oktober und 2. Dezember zu erinnern und das volle Vertrauen in die von der Republik gemachten Zusagen auszudrücken, auch ein ähnliches Prome:noria dem General Bonaparte zu übergeben unter Beifügung aller der Daten, aus denen er die von der Stadt bereits gebrachten Opfer ersehen könne.'

Mit bangen Ahnungen sah nun der Rat dem Rastatter Kongress entgegen, da er förchtete, dass derselbe über Sein oder Nichtsein der Stadt entscheiden werde. Ihre Beteiligung an demselben soll in einer späteren Arbeit dargelegt werden.

' Akten der Dep., Bd. II. * Ebend«.

210

Urkundlicher Anhang. No. 1.

Copie de TOrdre pour le pramier lev^ des Otagee k Francfort

Sur le Mein.'

Kous Jaqucs Too»amt Paul du Breton» Comissaire ordonniiear ca chcT de

FArniie Sanibre et Meuse, vertu des Ordrcs donncs par Ic chef de l'Etat major g^ncral. au Comandant de la lorce Arni^e aitachce au dit quartrcr «»eneral »k Ueferer i la requUition qui lui scrait faite par Nous, relativcmcnt ä une niesure essentielle, conoernant le ser\ ice, rcquerons le dit Comandant de la foroe A1111& d'arretcr dans la soirie A leurs domidics respectUs les particuliers de la Ville de Francfort d apr£s denom^s, savoir, Adolf Charles de Humbradit, dcnieurant j Gallcngassc, Antoine Ulric Charles ile Holzhauscn, dcmeur.im niis Alecs, Frederic Hector de Barckhau&en, demeurant r\ie Zeil, jeromc Pierre Schlosser, denicuram rte Zeil» Guillaume Qiarles Louis Moors, demeurant Bockcnheimer Gasse, jean Louis Holder, demeurant demiere Gasse, Jean Mathias Andr6e, demeurant liemiere Gass, Georg Steiz, denieuraiu Tririsch Pläzen il noTificra A ch.iqun d'cux, qu'il est arrctc pur nicsure de precaurion et suret^ potir servir d'Üt.ige et Je Garantie du payeniem des Coniributions taiu en nunierairc qu'en naiurc dcmandc-s a la Vilk de Francfort et ä son territoire et vu la ncgligaice et rinergte que le Magistrat ap- porte ä reniplir leurs Obligations prescrits au nom du Gouvernement francais p«r Ir (R*nernl cn chef de cctte arnice; il fer;i cnnduire ces huit Ota^«-'^ snns un Jcbi^ dans la lüirtcrcsse de Charletnont, ou ils scrnnt re^us par Ic (^omaiiJaiit Je octtc place et d'aprcs l'avis de POrdre, qui lui scrunt donncs a ce sujet par le üaieral de Division Brnouf» Chef de THtat major genend. Les mesures du Comandant de la force Armte seront de maniere que ces huit Otages ayent quittcs la place dans le cours de cctte nuit prochaine et avant Touverture des pones. II notificra ä chacun d'eus, i|nc CCS frais de leur voyaj^ aussi que ceux des Ccnsd'arnics, chars»^; <ie leur conduilc, que ceux niemes du retour de ces mcmes Gcnsd'arnies sont j U Charge des huit Otages qui devront de nieme pourvoir i leur Entretien et Subsi- sience dans la Fortcresse de Charlemont.

Fait i Francfort le 9.Thermidor Tan 4nie de la republique firan^aise (27.Julyi796).

Le Comissaire ordonnateur en chef

Du Breton

II M^r.iit J<.-.iraMe que ces huit Magistrats ou NotaMcs fussenl conduits j leur destination sous la surveillance d'un ofHcier qui sera designc par le Comandatu de la force Armte,

Du Breton,

Pour copie confornie

Le che! d'Hscadron de Gensd'Armeric Charge de la Police de rArniCc. Maupoint.

Les huit Otage« designes ci dessns, ayant M atret^ confonnement i b

pre?.ente requi'.ifi m- il est ordonne au ciloyen Charlot, Capitaine, et i un marcchjl de I.ogis et deux Üensd'armes de l'execution du sur plus de ce qu'elle renfenoe

' Die Orthographie des Originals in den Akten des Kriegsxeuganucs L'gb. D 4} No. 28 ist beibclialten.

CD conduisant les susdit huit Otages au Comandam de la Forteresse de Charlemont,

du quel ils en rapporteront im rc*;u en bonne et due forme et ce sur leur res- pooMbtUti personelle. Francfort la nuit le la Thermidor deux heu res du matin.

Signi Maupoint.

Die Begleitung bestünde am einem Capitaine namen"; Chnrlot. in einem Marechai de Logis Langkbcrt und in zwcy Gensd'arnics : de Goucy, Houry.

Diese smd von Giv«t retonrmit Donnerstag d. i8. Aug. 1796 gegen Minag.

No. II.

Convention secrtfte Entre

la R^publique Fnui9aifl6

Et

la Ville Libre et Imperiale de Francfort sur le Mein.'

La R^publique fran^aisc .lyant eL'.ird .ms prieres qui lui ont clc .iJrcSiees par 1.1 Ville librc et imperiale de Hranc!ort sur le Mein ainsi qu'aux bons procedcs dont btle a usc ciivers les armces de la Rcpublique ; Voulant la traiter lavorablenient, le Directoire ixicutU a nomroi le eitoyen Charles De la Croix, Ministre de» r^lations cxterieures, pour entendre les propositions qui pourroient £tre faites par Messieurs Dettmar Rasse et Oclsncr Deputt^s de la tlite A'ille librc et imperiale, et aprt;s cchatigi^ leurs pouvotrs rcspcctifs les diis Plcnipoientiaircs sont convenus de ce qui suit:

Anide f

«

A compter de ce jour» touies hostilitis cesscront avec la ville de Fraocfort

«t son territoirc. Elle sera traitie comme les Pays Neutres. II ne pourra etre lev£ auciine coiuribution nouvelle, ni sur Elle» ni Sur les individus qui babitent dans son rcssort, ni sur leurs proprietes.

arte 2.

Lc-^ arsn^es fran^aisc^ pourront n^antmoins traverser la dite \^ilte et son territoire, y scjourner et y occupcr an besoin les Postcs Milltaires.

art« }.

Les Otages pris pour servir de caution du paienient des contributions prece- demment imposto, seront mis en libert^ ausaitöt aprfis Tichange des ratifications de la presente Convention. Les Passeports n&essaires pour retoumer dans leur Patrie leur sont d£livr£s.

art« 4.

II sera donnc main levee de 'out scquestre qui auroit ctre niis sur le; marchandises et les creances des habitaiis de Frarjclnr? et de ^on territoire taiu en Iraiice q|ue dans les Pays occupes par les arnices traii(,.iises. Les urdres a ce nec«ssaires serom expidiis.

* Orthographie und Interpunktion genau nach dem Original in der Privilegien- Sammlung Nr. $27.

14*

212

am s-

L.1 Riipublique fr.in(,-.iisc consent que Jans le cas de la Prise nu reJdition de Maycnce, les troupes lorniant le contingent de la Ville de Fraivctort, puisscni librement reiounier dans Icurs foyers.

am 6.

La Rcpublique fran^aise proniet la Vilie libre et Im|>erialc de Francfon, ses bons officcs pour quelle conscrve son ind^pendance constitutioncllc et tuus Ics droits dont Elle « joui jusqu'Jk pr£scnt.

Et reciproquement la Ville de Francfort s*engagc ä seconder de tout ton p(nivoir la republique fran^aise dons Ica arrangetnens 4)u'cUe a i prendre avec \*Bnh pire Gennanique.

arte 7.

Lcs Deux Billets au Porteur, Tun de i)cux Millions de Livres tourivois. payable dans un an, et lautre de pareille somme payable dans deux ans, scront ac4)tiit£s Sans dilai et dans la forme cy apri« $tipul£e.

art« 8.

Les Dentis de la Ville de Francfort engageront leur garantie personnelte

envers la Maison de Torrens et compagnie par le paycment du Billei de Deia

Millions de livres payable .Inns un an et reciproquement la diie Mnison de com- merce s'obligera sous l:i ^ar.intic des dits Dt^iitcs '\ fcnirnir i la rcpublique fran- ^aise qui l'accepte, pour quin/e ceut mille Livres de draps propres aux uniformes de ses troupes dans le düai de huttaine, et pour cim) cent mille Uvres dans Je ^lai de trois mois, i comptcr de ce jour.

art^ 9,

Le fiiÜet au Porteur de Deux Millions, payable dans deux ans, sera annulK et remis A la Ville de Francfort, au moyen de quoi Elle s'oblige A Jdivrer i la tresnrerie Nntionalc pour une somme de six Cent mille Livres enLetires de change

payablcs ainsi qu'il suit :

a trois mois cinquante niillc francs 50,000 francs

ä quatre mois cinquante mille francs $0|000

^ cinq mois cinquante mille francs %OjuiOO

ä six mois cinquante mille fr.nics 50,000

i sc-pt iiuiis cinqn.intc inillc francs 50,000

A huic n)Oih cinquante mille franc*^ 50,000

i neuf mois cinquante mille francs 50^000

3i dix mois cinquante mille francs $0^000

ä onze moT<; ccnt niillL- francs ioo.o(x>

4 douze mois cein milli.- francs IOO,QOO

Total six Cent niillc francs 600,000

Ces lettres de change seront tirces par des Negocians sur les Placcs de Ham- bourg, d* Amsterdam» de Basle et de Paris; Elles seront accept^cs par d*autres Nigo-

cians et passees ä un ordre en blanc; Blies ne porteront aucuns caracteres qui puissent les distinguer d'un efiet orJinalrc Je commerce. Klles seront fojiruies dans les N'ingt un jours qui suivront la signature de la pr^cnte Convention.

art« 10.

All nioycn Je l arrangement porte en Tarticlc preciident la Ville imperiale de 1-ranctort di^däre la rcpublique fran^aisc quitte de tout ce quelle pourroit

- 213 -

nnt Itti devoir poor «ontributions, fournitiires, indemoit^s et toutcs autres rip^titkms

pisqu'au jour de l'iichangc des ratifications de I i prcsenic Convention s'obligeant tneni« ä garantir la Kepubliquc fran(;aise de toutc repctition que ses liabitan» pour- rotent iortncr contrc Kllc pour ks tncnics cause«.

art« II.

I] sera remis ä la Ville libre et imperiale de 1-rancfort une Diclaration por- tant que la r^publique s^est diterminfe k lui accorder la neutralhi, et i mettre ses otages en libertc, par igard pour la bonne conduUe quelle a tenuc cnvers Tanneö <k Sambre et Meuse pendant qu'elle occupoit son territoire.

art« 12.

L:\ prcsentc Convention secretc sera ratifice, et les ratilications cdungees dans quarante jours pour tout delai, et plustöl s'il est possiblc

ä Paris le Sept Brumaire an cinq de la R^publiquc franjaise une et indivisible.

Signi eil. De la croix, Conrad Engeibm Oelsner» Detimar Basse.

Suit la teoeur des Pleins pouvoirs, des D^put^s de la Ville libre et imperiale de Francfort sur le Mein.

Kons Bourgucroaitres et Magistrats de Ia Vilte libre de Francfort sur le

Mein, Jonnons pnr ces presente^ plcin pouvoirs aux Sieurs Dettmar Basse et Conrad Engelbert Ocisner de reclamer pres du Directoire Execulif de la republique fran^'aise, pour nous, et en notre nom: La Paix et Neutralitc pour notre Ville et son tcn-ttmre, de tratter d*arr&ter les artides et conditions y relatives avec la r^publtque fnn^aisc et son gouvemement, de m£me que de solUciter sa garantie et protection pour la conservation intncte de la liberti poliltque et de l'ind^endance consti- tutionelle de notre V'ille:

TX'clnrons d'agrecT, sans exception quelconquc, tom ce que eux, uos consti- tucs de pouvoir, coudueront relativemcnt aux objets cy dessus -- designes, pour nous et en notre nom, d'apris les instructions particuliires ä eux par nous donn£es.

fait k Francfort sur le Mein ce )a Juillet 1796.

Les fiourguemaitres et M.-ip:i5trrtts de la Ville libre de Francfort sur le Mein.

Signe i.autcrb.ich Bourpuemaitre Schweizer Bouriuicnicsirc et scell«^.

Le Directoire ExtJcutil, arreie et signe la presentc Convention secreie avec la Ville libre et inipiiriale de Francfort sur le Mein, negoci^e au nom de la rcpublique franfaise par le Ministre des relaiions ext^ieures chargi de ses instructions ä cet effet.

Fitt P:ilais National du Directoire executif, le liuit Brumaire an cinq de

la Rcpublique Irnncaise une et indivisible.

i^our Expedition coniorme

Le I^resideni Directoire executil P. Barras.

Le Ministre des relations Par Ic Directoire Ex<kotif,

extirieures Le Sferitaire Gineral

Ch. Dclacroix. Lagarde.

214 ~

No. III.

Dankesurkunde des Rates für Dettmar Basse.'

Wir Bürgermeister und Rnth dieser des heiligen Reichs Stadt Franckfurt am Müyo Urkunden und bekennen:

In deni nächst verflossenen Jahre, als die Armeen des französischen Frey- Staates sich mm zweitenmal dieser Stadt bemächtigt hatten, als Frankfurt imt uner- schwinglichen Kriegsau fla^-eti belastet, iK jeder zu deren Milderung unternommene Schritt fruchtlos geu'tsen war, nJs funlund/w.inzig der angesehensten Glieder des Rathes und der Bürgerschatft nacii Frankreich als Gcissel geiangiich abgeführt worden warm, als bange Ahndung eines gänzlichen Umsturaes der glöcUichm Verfassung dieser Stadt, als die Furcht vor wiederholter feindlicher Behandlung im F.i!l einer abermaligen BesiUtnchmiing derselben den Rückzug der französischen Armee be<^leitet, die Gemüther gcäng&tiget hatte in dieser bedrängten kunmicr- volier Lage, hat

der Franckfurter Bürger Dettmar Basse

bey der Regierung Franckreichs mit unemiOdeter Thätigkcit, Klugheit Undg^

nützigkeit und Treue Sich Seiner Mitbürger angenommen, Milderung der pregebeoea Befehle. I-'ntl.T^^un^ der Geissei, Sicherheit für die Zukuntt rufimvoll crwirckt.

in den Julir- Büchern hiesiger Stadt, so wie in dem Herzen eines JedcQ Seiner Mitbörger, seye Ihm daAlr ein unvergängliches Dencktnal gestiftet!

Wir Bürgermeister und Rath stimmen in den Ausdruck des Ihm von allen gebührenden Dankes ein, wenn Wir Ihm denselben durch diese offene I r! •rie feyerlich bezeugen. Sic vererbe sich auf Seine spätesten Nachkommen imd erniuniere diese noch in fernen Jahren, Seinem Muster zu folgen! Gegeben in Urkund Unseres hier angehängten grösseren Stadt-Ingesiegels den vierten May Ein Tausend Sieben Hundert Sieben und Neunaig.

No. IV.

Brief Oelsnera an Seeger/

Den 10. Mara. Es ist spat gegen Mittemacht. Ich komme aus einer Kon- ferenz, welche unsere Angelegenheiten bctiifft. Bevor ich Sie mit den Detaik der- selben nnterh.ihe, will ich Ihr i^'cstrii^es Schreiben bc.intwortcn, Zu meinem grossen Verdruss hat sichs verlegt.' Ich k.mn mich des Datums nicht erinnern. Sie werden aber bald sehen, auf welchen ihrer Briete sich mein gegenwärtiger bezieht. Mein Kollege und ich danken der löbl. Kri^sdeputatioo für den neuen Bericht ihre» Zutrauens. Indem sie den anonymen Brief verwari, welcher in nämlicher Absieht ohnstreitir: wie beifolgender Zeitungsartikel* «geschrieben war, liess sie uns Gerech- tigkeit widerlahrc-n. Es giebt keinen türkischen Gesandten hier und gab keinen, folglich können wir nicht bei seiner Audienz zugegen gewesen sein. Ein Tuncse,

' Akten der geheimen Kriegs- Deputation, Band IX.

* Aus den Akten der geheimen Kriegs- Deputation, Band IX; vergl. b. iOy.

i Französische Konstruktion, die sich öfters bei Oelsner findet.

^ In der Gaaette Fran^se vom - 9. Män, deren (wohl angeblicher) Kocresr pondent aus Regensburg von einem Vertrage berichtet, nach welchem der Landgrjf von Hessen verpflichtet wäre, nach Frankfurt eine starke Besatzung zu legen, «chargte d'assurer Tordre et la tranquiilite publique dans Tintcrieur de la vilie« etc.

~ 213

MohanicJ ('üg^na, h^t sich einige Zeit in Paris auigehalten. Ich hätte Audienz beiwohnen können, wie jedcrm;inn vom Publikum, um so leichter, da ich von alter Zeit her eine Eintrittskarte ins Luxemburg boitze, welche gar nichts mit mdacr Mission geraein bat Weder Herr B. (Basse) noch ich hahen uns bei dieser Zeremonie befunden. Zu einer, wie ich Ihnen ausdrOcIdich meldete, wurden «rir besonders eingeladen. Das ist eine I4öf1ichkeit, die jedem distinguirten Reisenden begegnen kann. Mir liegt .in Repräscnuition wahrlich nichts. Mein Kollege denkt hierin gerade wie idi. Dergleichen ist uberden» mit Kosten verbunden, welche nur aus unsrer eignen Tasche fliessen kdnnen. Indeas muss ich gestchn, finde ich die Bedenkfichkdten der löbl. Oeputatkin ni weit getrieben» wo nicht gar xweckwidr^. Was suchen wir? Die Erhaltung einer ahen Verfassung, welche die gegenwärtige Lage des H.iuscs Ocstrcich nicht genug gegen den EinHuss Pr. (Preussens) und Hs. (Hessens) Kabaiea schüUL Was wünscht Frankfurt? Seiner Verbindung mit Kaiser und Reich treu «1 btelben« Ohnmöglich kann das Wiener Kabinet in diesem Intresse etwas andres als sdn eignes sehen und die Mhtel missbiliigen, welche «um Ziele führen. Es ist nicht denkbar, dass Sie auf diesem Wege mit ihm zerfallen. Wie aber wollen Sie, dass wir unseren .^uftr.^g erliillen, nämlich Hes«iens Intrigen zu vereitein und die fr. Regierung unserm intresse geneigt zu erhalten, wenn wir nicht jede Gelegenheit benotxcn, Personen au sdien, in deren Händen so viel benachbarter Linder Glück und Unglück liegt. Hessen wird durch Preussen begünstigt und wendet Geld an. Wir besitzen weder d.is erste, noch das andere und nnissen uns durcli persönliche Eigenschatten beliebt zu nuclien suchen. Indem man mit Leuten umgeht, sie gewohnt, uns zu sehen, erwirbt sich unvermerkt Zu- trauen. Man findet Gelegenheit, interessant zu werden, zu hören und gehdrt zu werden. Es heisst ja geradezu, dem Gegner gewonnen Spiel geben, wenn man ihm das Feld räumt. Herr B. hat keine .\usLigen gespart, die disiinguirteste Gesell- schaft von Paris in sein Haus zu ziehen, und der Zirkel meiner Bekannten war schon vormals sehr ausgedehnt. Einige Männer von Bedeutung scheinen sich gern zu unterhalten mit uns. Der Feind merkt, dass ihm diese Position zum Nachteile gereicht, und sucht uns heraus zu treiben. In beifolgendem Zeituogsblatte ' bedient er sich eines selir arglistigen Werkzeuges. Die Nachricin kann ans Teutschland kommen, aber die Form ist zuverlässig in Paris fabrizirt. lir will uns erstens Ihnen verdächtig und zweitens einem Teile des Direktoriums, Carnot insbesondere, mit dem Sieyes sdir gespannt lebt, missfällig und verhasst machen. Ob Hessen- Kassel dadurch seine Absicht, Ihre Bevollm.Khtigte zu paralysiren, erreichen wird, lässi sich nicht bestimmen und ist Nebensache, aber Sie bitte ich, sich nicht allar- niircn zu lassen. Der Artikel hier ist Hessen-Kasselscher Eingebung. Ein Projekt wie das, dessen erwähnt wird, ist wirklich eingegeben, aber vom Direktorium ver- worfen worden. Vielleicht glaubt der Agent, welcher es au betreiben lutte, dass w i r im Wq^ gestanden, und sucht nun meinen Kollegen und mich wegzuräumen. Sie werden am besten entscheiden, ob wir luisere Depeschen mit Sieyes Kamen t»eklekt. Aber ich rechne mirs zur Ehre, als sein vertrauter Freund genannt zu werden. Wir konspiriren nicht, sondern philosopliiren zusammen. Er hält sich gegenwärtig von allen Geschäften entrcmt. Allem indem der hessische Agent dieses Mannes Namen ins Spiel mischt, kftnnte er w(dil eine seiner Absicht ganz widersprechende Unkhi^heit begangen haben, denn er macht die Erhaltung Frank- furts zu einem Interesse des populären Parteigdstes, der in dieser Revolution am Ende immer Recht behälL Femer aber ist Camot au brav, als dass er von den

' S. vorige Anmerkung.

2l6

Grundsätzen der Nationalclirc abweichen sDÜte, weil der Bcvollnüchtigte cnMs auswärtigen Staates Freund eines Mannes ist, mit dem er sonst glddt dachte. Ihr Brief war schuld, dass ich mich nicht unmittelbar ans Direktorium gewandt, den

wir h.itten aufwarten können. Herr Dentzel übernahm es, den Artikel dem D, Reubel vorzulegen, Hr hu nicht nur diesen, sondern auch Cirnot und Lctoiirnnit gesproclien. Das Resultat ist folgendes. Sie erklärten samtlich, die Sache sei fatsch. «Ich stehe mit meinem Kopf dahier«, sagte Rcubcl, sdass Franicfurt nicht hessisch wird, was auch immer für Veränderungen im teutschen Reidie vorgdm können. Hessen-Kassel hat allerdings citien Plan der .\rt vorgelegt, aber er ist ver- worfen Wiarden. Wenn die Franklurtcr Depntirte den Verfasser des .Artikels aiis- lindig niaciicn, so können sie iim als Verlaumder belangen.« Ich hatte Herrn Dd. (Densel) ersucht, dch zu erkundigen, ob Frankreich vielleicht xutriglich erachte, dass sidi die St.idt auch von Seiten Oestreichs tieutral zu machen suche, wie ich Ihnen vorschlug', nüesto besser!« war die Antwort. »Es kann nicht schaden, dass dies geschieht, und dass die 1-raiikturter den ersten besten Hessen auf den Kacken klopfen, der sich gelüsten liesse, bei ihnen einzurücken. Aber notwendig dazu ist Neutralität nicht, damit wir die unsrige beobachten. Was die l^rdctoren Frank- reichs versprechen, das hält die Republik.« Es ist nicht möglich, dass ein Mann wie Rciibel. von allfjcmein rcspcctirter Moralität, so was in den Wind rede. Ich habe Zutrauen in das Ehrenwort Frankreichs, und es ist nicht denkbar, dass es solches gegeben habe mit der Absicht, es zu verletzen. Die Direktoren haben mehrmak wiederholt, Frankfurt kann ruhig sein.

Unser Eifer, Ihr Interesse zu besorgen, wird bei meinem Kollegen und bei mir stets derselbe bleiben. Persönlich ist unsre Ehre bei Erhaltung di-r SmJ! intcrcssirt. Aber ob wir ferner nutzen können, mögen Sic selbst bestinniKii Dtf Eifersucht, oder das teindlichc Intresse haben uns aus der Dunkelheit gezogen. Bni- scheiden Sie, ob sich das mit Ihrer Lage verträgt. Aber wohl thun werden Sie, ii|;end jemand hier xu bevollmächtigen. Wohl thun werden Sie auch, selbst in Berlin gegen Hessens Intrigen zu arbeiten. .\m besten aber wäre es, Oe^trc';!i machte Frieden ; das würde die sicher'^te lUirgschaft sein. Die Rravnt:r des Erz- herzogs und die hartnäckige Redlichkeit, womit Üesueicii seinen Krieg tuhrt, liahcn diesem Hause bei den Republikanern die höchste Achtung erworben. Wärde Frille, so könnte die Zeit bald lehren, dass Frankreich den preus»schen und hessischen Intrigen nicht hold ist Leben Sie wohl

Ganz der Ihrige In höchster Eyl. O.

I

i

IV.

Volfaires Verhaftung in Frankfurt a. M. auf Befehl

Friedrichs des Grossen. (1753.)

Voa

Stadtarchivar Dr. R. Jung.

Die Angelegenheit, mit der sich die folgenden Blätter Iwfisscn 5oUen, hat zu ihrer Zeit das grdsstc Aufsehen in Deutschland und über die deutschen Grenzen hinaus erregt. Der Zusammenstoss zweier der mächtigsten Geister des vorigen Jahrhunderts, eines Fürsten der weltlichen Macht, der noch eben durch glänzende Waffen- thaten seinem kleinen Staate den Rang einer europäischen Gross- macht verschafft hatte, und eines Fürsten im Reiche des Geistes, dem alles, was in der europäischen Weh auf Bildung Anspruch machte, begeistert huldigte, musste um so berechtigtere Beachtung erfahren, als beide, einander ebenbürtig in geistigem Streben, einige Jahre lang in innigster Freundschaft zusammen gearbeitet hatten.'

Ueber die Ursachen des Bruches zwischen Friedrich dem Grossen und Voltaire ist schon unzählig viel geschrieben und gestritten worden, und auch der Hergang des Konfliktes, wie er in Frankfurt zur Entscheidung gelangte, hat bereits eine ausführliche Darstellung gefunden: es war Vamhagen v. Ense, der im »Berliner Kalender« von 1846 die erste aktenmässige Schilderung des denkwürdigen Ereignisses versucht hat.' Lediglich nach Varnhagens Arbeit, ohne etwas neues beizubringen, gaben dann Frau M. Belli «Gontard in ihrem »Leben in Frankfurt a. M.« (1851) und C. Kühn in zwei

' Nur im Vorabergehen sei daran erinnert» dass der Herr Radi Goethe, wenn

er mit seinem Sohne über Vortiieile und Kachtheilc des Fürstendienstes stritt, Voltaires Erlcbni';5 in Frankfurt als Hauptargument dagegen benut/tc; die «rciclis- bürRcrlichen Gesinnungen« des alten Herrn traten bei der Bcurtheilung dieses Er- eignisses nicht vor seinen bekannten »fritztschen« zurück. Vgl. Goethe, Aus meinem Leben, Buch XV.

* Sie findet sicli auch in Bd. VIII der von Ludmilla Assing herausgegebenen Denkwürdigkeiten und vermischten Sdiriften von K. A. Vamhagen v. Ense.

- 2l8 -

Aufsätzen der Frankfurter »Kleinen Presse« (1886, Nr. 74 und 80) Berichte über Voltaires Verhaftung in Frankfurt. Vamhagens Dar- stellung stützt sich auf Volnires Angaben in dessen Schriften und Briefen, auf die 1807 erschienene Erzählung von Colini, dem Sekretär des Dichters, und hauptsächlich auf die im Berliner Geheimen Staats- archive verwahrten Akten. Eine Quelle, deren Werth den letzt- genannten Akten gleich zu achtem ist, wurde bisher noch nicht benutzt: es sind die von dem Rathe der Stadt Frankfurt mit König Friedrich II., dessen Residenten in Frankfurt und dem verhafteten Volt.iire gewechselten Schriftstücke, welche im Fr.mkfurter Stadt- archive ' ruhen, Sie enthalten eine Fülle von Briefen Voltaires an den Rath der Sudt, in denen uns der Dichter in einer der interessan- testen Episoden seines vielbewegten Lebens leibhaftig vor Augen tritt; sie enthalten ferner einige Schreiben des preussischen Königs, die auf sein damaliges Verhältniss zu Voltaire und auf seine damalige, nicht gerade schmeichelhafte Meinung von dem Charakter des ehe- maligen Freundes ein helles Licht werfen. Diese Akten geben uns aber insbesondere Aufschluss über eine Frage, die Vanihagen kaum berührt hat, über die Stellung des Frankfurter Rathes in dieser Ange- legenheit, ich glaube somit nicht leeres Stroh zu dreschen, wenn ich, gestützt auf den Aktenfaszikel des Stadtarchivs, nicht sowohl eine neue Darstellung jener Vorgänge versuche, als vielmehr Varn- hagens treffliche Arbeit ergänze, wenn ich insbesondere nachweise, wie sich die Leitung der Reichsstadt Frankfurt in dieser Angelegen- heit dem grossen König wie dem grossen Dichter gegenüber ver- halten hat.

L

Zur Linleitung diene FolgenLk Durch seine iiU(.r arischen Aiif^riHe gegen Maupertuis, den Pi.i ;iTlii Jcr Berliner Akademie, hatte sich Voltaire den Unwillen Kom^ l ricdiichs zu^e/ogen. Doch bald es war im März 1753 kam es wieder zu einer, allerdings nicht lan»;e aulialtciiüen Versöhnung. Am 26, Mär/, reiste Voltaire von Potsdmi ab, um sich zu längerem Aufenthalte in das Vogesen- bad Plonibieres zu begeben. Er wandte sieh zunächst nach Dresden und Leipzig, wo er mehrere Wochen blieb und den Federkrieg gegen Maupertuis eifrig fortsetzte. Da er bei diesen Angriffen auch den preussischen Monarchen nicht verschonte, so entschloss sich dieser, den Dichter seines Dienstes zu entlassen. Am 11. April erging an

' Reichs&achen Nr. 12,296.

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die preussischen Agenien in Frankfurt a. M., den Kriegs- und Domänen- rath von Freytag und den Hofrath Johann Friedrich Schmidt', der Befehl, dem durchreisenden Voltaire den Karomerhermschlussel sowie Kreuz und Band des Ordens pour le ni^rite ahzufordem» ausserdem aber ihm alle Schriftstflcke von der Hand des Königs und dessen gedrucktes Werk »Oeuvres de po^sies« abzunehmen* Dieses Buch war von Friedrich II. nur an einige wenige Freunde vergeben worden; es befanden sich darin Gedichte, in welchen auch regierende Ffirsten nicht gerade wohlwollend behandelt waren. Im Wtdersetzungsfalle, so fuhr der königliche Befehl fort, sei der Dichter mit Arrest zu bedrohen und, wenn nöthig, auch wirklich zu arretiren/

In Verfolg dieser Anweisungen trafen die preussischen Resi- denten ihre Anordnungen zur Ueberwachung der die Stadt berfihrenden Reiseoden. Der städtischen Behörde gaben sie keinerlei Nachricht von der ihnen gewordenen königlichen Ordre. Sie setzten sich mit untergeordneten Organen, wie den Thorschreibem, in Verbindung, allerdings ohne denselben den wahren Zweck ihrer Kachibrschungen anzugeben; sie liesscn die Gasthäuser durch Spione überwachen, so dass ihnen die Ankunft eines Rasenden von der Distinction Voltaves nicht entgehen konnte. Ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt; beinahe sechs Wochen waren alle ihre Nachfragen vergeblich. Voltaire war von Leipzig nach Gotha gereist, hielt sich hier mehrere Wochen auf und kam erst am Abend des 5t. Mai nichtsahnend in Frankfurt an. Er nahm Logis im »Goldenen Löwen« (in der Fahr- gasse an Stelle des heutigen Gasthauses zum »Wfirttemberger Hof«) und gedachte am folgenden Morgen nach Strassburg weiter zu reisen.

* Herr V. Freytag war seit 1757 mit der Vertretung der Interessen preussischer Unterthancn in Frankfurt betraut; Schmidt, ein Fruikfurtcr Bürger und Handels- mann, wurde 1750 unter Ernennung zum Hofrath von König Fhedridi mit der Wahniebniung der preussischen biteresseii »in denen Sachen, so du Commerctum angeben, besonders im Mflntx», Gold- und Silber-Negotio einschlagen« beauftragt. Wenn man Voltaire (besonders Correspondancc VI. 104— loj und iii)glauben wollte, so müssten beide prcussische Vertreter nebst deni Sekretär Dorn ganz nb(»cfcinifc Schurken gewesen sein, deren Gewissen mit Dieb^iaiilcn und Münz verbrechen beladen waren! Aus den Akten des Stadtarchivs ist gegen keinen etwas zu entnehmen; Vol> taire bat bei der Schilderung der drei ihm feindlichen Persdnlicbkeiien seine Feder in Hass getaucht and es lücht verschmäht» alberne Geri^chte über seine Widersacher ab allgemein bekannte Th usachcn hin/ustellcn.

' Varnhagen, Denkwürdigkeiten VIII, 180; darnach in Oeuvres completes de Voltaire, Correspondance VI, 44. Die von mir verwertheten Aktenstücite sind, so weit von Varnhagen bereits gedruckt, mit entsprechender Qftellenangabe angeluhrt; die nicht besonders bezeichneten St&cke sind den Frankfurter Akten entnommen.

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Doch CS soUic ander . k( iiur.cn: aus cicr einen Nacht, die er in Frankluii zu bleiben ^eu.unte, wurden volle luiif Wochen.

Am Morgen des i. Juni begab sich der preussische Rcsideiu, Herr v. Freytag, in Begleitung des Frankfurter Rathsherrn Rücker, der nicht etwa in seiner Figensehaft ak Raiiisherr, sondern als Ver- treter des anderen preussischen Agenten, des verreisten HotVaths Schmidt, zugezogen wurde, und in Begleitung des preussischen W'erbe- oltizicrs V. Brettwitz zu dem Dichter in den »Goldenen Löwen«, um die von König Friedrich begehrten Gegensündc ihm abzufordern. Voltaire, der sich sehr angcgrilFcn fühlte, war über das Vorhaben der drei Herren äusserst bestürzt. Unter vielfaclien Betheuerungen seiner Treue gegen den König liess er die Durchsuchung seiner Effekten sie dauerte von 9 Uhr Morgens bis 5 Uhr Nachmittags - willenlos über sich ergehen. Was man von Briefen des Königs an Voltaire fand, war nicht allzu viel; das gesuchteste Stück, die Oeuvres de poesies, hatte er nicht bei sich; es befinde sich, so gab er an, in einem Gepäckstück, welches noch in Leipzig oder schon in Hamburg sei. Freytag erklärte, dass er \'oltaire nicht weiter reisen lassen dürfe, ohne dieses Gepäckstück erhalten zu haben. X oliairc machte verschiedene Vorschlage, um seine Reise fortsetzen zu können; er berief sich auf seine schwere Krankheit, wclwiic den Gebrauch von BaJcir. Lhu:^Ll:J erfordere vergebens: l'rcitag bestand auf dein Bleiben des Dichters. Xadi l.uigcrcn \'ei ii.uiJkiiigen kam man endlich überein, dass \'oltaire bis zur Ankuiilt jenes Gepäckstückes im »Gol- denen Löwen« in Hausarrest verbleiben solle; als Sicherheil übergab er Herrn v. Freytag zwei Pakete mit seinen Papieren und stellte ihm einen entsprechenden Revers aus; der Gesandte dagegen verpflichtete sich schriftlich, Voltaire nach limpfang der Oeuvres de poesies weiter reisen zu lassen. Darauf entfernte sich Freytag unter Mitnahme des Kammerhermschlüssels und der Insignien des Ordens pour Ic meriie, nachdem er mit dem Hauswirthc Verabredungen getroffen hatte, welche ein Entweichen des Arrestanten verhindern sollten.

So die Darstellung Freytags in seinem Berichte an den König'; mit ihr stimnu eine Schilderung von Voltaire, die sich in den Frank- furter Akten fmdct. Voltaires Hausarrest beruhte auf einem gütlichen Uebereinkommen mit dem preussischen Ciesandten; denn dem letzteren stand natürlich nicht das Recht zu, im Gebiete der Reichsstadt Frauk-

* Varnhagen, Denkw. VIII, 181^: Voltaire, Corr. VI, }o.

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fiin eine \'crliaftung zu vollziehen; dieses Recht hatte lediglich die städtische Behörde. Dass der Gesandte nicht durch diese die torm- iiche Verhaftung ausführen licss, hatte seine guten Gründe: denn einmal bedurfte es zu diesem Zwecke eines königlichen Requisitions- schreibens an den Rath der Stadt bisher lagen nur Befeiile des Königs an seine Gesandten vor und dann musste es diesem darauf ankommen, jedem Aufsehen, jedem vermeidbaren Hineinziehen weiterer Kreise aus dem Wege zu gehen ; konnte er durch das Mittel der gutlichen Uebereinkunft dem Befehle des Königs nachkommen, so musste er die Intervention des Stadtmagistrates vermeiden. Warum aber hat sich Vohaire zu diesem Abkommen verstanden, bei welchem doch er allein Unannehmlichkeiten zu ertragen hatte, und welches snne angeblich so dringend nöthige Badereise auf lästige Art ver- zögerte? Er hat in einem seiner späteren Schreiben an den Frank- furter Rath angegeben, er habe den Senator Rücker, in dessen Begleitung Freytag bei ihm erschienen war, für den Vertreter des Käthes gehalten und folglich geglaubt, der Rath befände sich im Einverständnisse mit dem preussischen Gesandten. Ich glaube kaum, dass dies der wahre Grund seines Schweigens war; er hätte sonst diese angebliche Täuschung bei seinen späteren Philippiken gegen Freyiag und Schmidt ganz anders verwcrthet, es nicht bei einer nur gelegentlichen Erwähnung dieses Irrthums gelassen. Der Beweggrund für Voltaires freiwillige Uebereinkunft mit dem Gesandten war wohl die Rücksicht auf eine spuere \\rsohnung mit dem königlichen Freund; wäre er jetzt nach 1 rankreich weiter gereist, ohne die so dringend verlangten Schriftstücke ausgeliefert zu haben, so hätte er alle Brücken hinter sich abgebrochen; durch seine Zustimmung aber zur Forderung Freytags kam er den Wünschen des Königs, der seine Briefe wieder haben wollte, entgegen. Die Rücksicht auf die Zukunft Uess ihn die Belästigung des Augenblickes ertragen.

Beinahe drei Wochen verblieb Voltaire in freiwilligem Haus- arrest, von Spionen der preussischen Residentschaft überwacht. Die Kunde von seiner Verhaftung hatte sich rasch in der Stadt verbreitet; der Dichter emphng zahlreiche Besuche, die ihn das Gefühl der Unfreiheil immer stärker empfinden Hessen. l;j richtete ein beweg- hches Schreiben an den deutschen Kaiser, in welchem er nicht etwa gegen die Befehle des preussischen Königs, von dem er in aller Achtung spricht, sondern gegen das Verfahren seines Residenten Beschwerde lührt und den Kaiser bittet, ihn unter seinen Schutz zu nehinen.

Madame Marie Louise Mignot Denis, die Wiilwe eines trän-

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zösiscbcn Offiziers und Nichte Voltaires,' war auf die Kunde von dem Schicksal des Onkels aus Strassburg herbeigekommen und unter- nahm sofort Schritte, auch beim preussischen Hofe, die Freibssung des Onkels zu erwirken. Die vielfachen Anstrengungen, welche Oheim und Nichte, theils einzeln, tbeils in Gemeinschaft unternahmen, haben bei Varnhagen eine interessante, mit reichlichem Abdruck der betreffenden Schriftstücke versehene Darstellung gefunden.

Am Abend des 17, Juni endlich erhielt Herr v. Freytag das Gepäckstück mit dem ersehnten Buche des Königs, den Oeuvres de poisies. Vergebens aber wanete Voluire die nächsten Tage auf seine Freigebung. Die beiden preussischen Vertreter wagten noch nicht, dieselbe anzuordnen, da sie erst noch Instruktionen von Berlin erwar- teten; der königliche Kammerherr v. Fredersdorff hatte den Residenten V. Freytag angewiesen, in dem Verfahren gegen Voltaire nichts zu ändern, sondern erst die Befehle des von Berlin abwesenden Königs abzuwarten. Voltaire wurde durch diese Verzögerung aufs höchste erbittert: er hielt sich durch die Ablieferung des königlichen Buches seines gegebenen Wortes für entbunden; gleichwohl gab er Herrn V. Freytag das verlangte Versprechen, bis zur nächstfälligen Post am 21. Juni, mit welcher die königlichen Befehle erwartet wurden, in seiner Haft aiiszuhaltcn. Dieses neue Versprechen hat er nicht gehalten. Mit seinem Sekretär, dem Florentiner O^simo Colini reiste er am Nachmittage des 20. Juni aus dem »Goldenen Löwen« ab, um sich nach Wiesbaden zu begeben ; Madame Denis blieb bei den hinterlassenen Ertektcn des Onkels zurück, um noch die Herausgabe der von Freytng als Sicherheit an sich genommenen Papiere des Dichters abzuwarten.

Die Reisenden kamen nicht weit; am Bockenheimer Ihore wurden sie von den Beauftragten des Residenten angehalten und von der städtischen 'Fhorwache in den Gasthof zurückgebracht. Leber die versuchte Lntweichung X'oltaires und seine N'erhaftung besitzen wir einen eingehenden Bericht Freytags an Fredersdorä/ in welchem

Man kann diese streitbare Dame gerade nicht als den guten Genius des Dichters betrachten. Freytag sns^t von ihr in einem seiner Berichte: iDie Vol- tairisdie sogenannte Niöce, die ich aber vor ein ander Personagc halte, denn gestern käme 00 Brief an sie mit der Adresse Mad. de Volta^; wdl dami dieses fredie Wdbsmcnseb . . u. s. w. Friedrieh der Grosse (Polttisdie Correspondenz X* 14) urtheih nicht besser von il)r : »sa ni^ce . . . pounait bien fitre une aimable carogne aussi malicicuse que nionsieur son oncle«.

' Varnljageo, Denkw. VIll, 226; Voltaire, Corr. VI, 66.

sich die Genugthuung über die glückliche Ueberlistung des betrogenen Betrügers Voltaire auf eine köstliche Art anspricht. Man ersieht aus diesem Berichte, dass die Verhaftung auf rasch eingeholten, aber nur zögernd ertheilten bürgermeisterlichen Befehl erfolgte. Bei der Eile, in welcher vorgegangen werden musste, ist nicht immer mit der dem Stande und Ansehen des Dichters gebührenden Rücksicht ver- fahren worden. So liess diesem und dem Sekretär der Hofrath Schmidt die Taschen durchsuchen und das darin befindliche Geld abnehmen; Madame Denis wurde in einer für eine Dame von Stand wenig passenden Weise behandelt: der Sekretär Dorn von der preussischcn Gesandtschaft führte sie durch eine zahlreiche Menge von Zuschauern am Arm ans dem »Goldenen Löwen« in das gegen- überliegende Gasthaus zum »Bockshorn«, entfernte ihre Kammerfrau, stellte eine Wache von vier Mann vor die Thüre und blieb die gnnze Nacht im Zimmer der Dame, welche in Folge dieser Brutalitäten so schwer erkrankte, dass der Oheim für das Leben der Nichte zitterte; die Ursache dieser rauhen BchandlimL', war nach Dorns Aussage die, dass Madame Denis bei dem Bur^^'ermeistcr Fürsprache für ihren Onkel eingelegt hatte. Voltaire hat in seinen späteren Hmgabcn an den Rath über diese harten und unanständigen Massnahmen, die er wahrscheinlich noch etwas übertrieb,' bittere Klagen geführt.

Nach der miss^Iückten Flucht Voltaires konnten die prcussischen Vertreter nicht nieiir auf eine freiwillige \ erlangerung des Haus- arrestes rechnen. Um ihn noch ferner in Frankfurt fest zu halten, musste seine förmliche Verhaftung erfolgen. Diese konnte aber nur durch die städtische Obrigkeit angeordnet und vollzogen werden; mit ihr mussten sich die preussischen Agenten jetzt in Verbindung setzen. Bereits hatte der Bürgermeister noch am 20. Juni seine Zu- stimmung zu der Verhaftung gegeben. Diese Zustimmung konnte nber bei der Wichtigkeit der preussischen Requisition und bei dem Ansehen der betroffenen Fersönlichkeit nur eine vorlauhge sein. Der BürgcrmeiMer musste die Sache vor eine höhere Instanz bringen.

Hier beginnt die Aktion des Frankfurter Rathes und damit zugleich unsere Akten.

II.

Am 21. Juni erklärte der ältere Bürgermeister Johann Karl V. Fichard in der Rathssitzung, der preussische Resident v. Freytag

Wohl .im ärgsten in dem <> Journal de cc qui s'esi passe ä Frauclort« in Voltaire, Corr. VI, 402.

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habe im Auiira^c seines Monarchen «Jas Ansinnen «lesiellt, »dass der Mr. de Voltaire, welcher verschiedene allerhöchst derselben -/ugehorii^c wichtige Scripturcii in Händen habe, ini Fall er diese wie inglcichen den Orden und den Caninier-llerrn-Schliisscl gutwillig herauszugeben verweigerte, mit Arrest belegt werden sollte.« Das .sei, so berichtete der Bürgermeister weiter, gestern wirklich geschehen ; man habe Voltaire um Bockenheinier Thor verhaftet, ihn in das »Bockshorn« gebracht, w-ose!bst er sich unter Bewachung befände. Auf diese Mii- theilung hin wurde zunächst das Requisitionsschreiben der beiden Vertreter des preussischen Königs verlesen. Dieselben berufen sich .Uli zwei königliche Handschreiben, deren Inhalt uns bereits bekannt ist; in lolge der Hetehle des Königs hätten sie sich mit Voh.iire dahin geeinigt, dass er bis zur .'^nknntt seiner (iep.ickstückc, ii: Jenen sich das Verlangte linden könne, in Konventional-Arrest VLi r-ciben wolle. Nun sei aber N'oltaire parolel : u^hig geworden, und iviaii nahe ihn desshalb ad Interim aut der l'hicht anhaUen lassen, /.weck ihrer Requisition sei, Herrn v. \\u:aiie in wirklichen Arrest nehmen und im »Bockshorn« als Gefangenen bewachen zu lassen; ein von ihrem Könige ausgegangenes Requisitorialschreiben w erde jeden Tag erwartet. »Bei einem solchen unvermutheten Vorlallu, so schliesst das Pru- memoria der preussischen Vertreter', »wo es um die königlichen Papierer zu thun ist, welche öfters höher als Land und Sandt, GeUt und Guth geachtet werden, und wo man auch einem privato Hülfe wOrde angedeihen lassen, versichert man sich geneigter Willfahrung.«

Oer Rath beschloss, die Angelegenheit in statu quo zu lassen, d. h. er erklärte sich mit der geschehenen Inhaftirung einverstanden, liess aber bei Freytag und Schmidt anfragen, ob sich deren Requi- sition auch auf die beiden mitverhafteten Personen, Madame Denis und Sekretär Cotini, erstrecke. Freytag vemeinte dies dem Abge- sandten des Bürgermeisters, der den Rathsbeschluss Qberbracht hatte; er versicherte weiter, dass er in dieser ganzen Sache nichts untemehmeo werde, ohne dem Rathe das noch ausstehende königliche Requisitorial- schreiben vorgelegt zu haben; denn er sei weit entfernt, »einem hochedlen Rath den mindesten Eintrag in dero Jurisdiction zu thuo, noch in Zukunft dergleichen thun zu wollen.« Dieser Erklärung schloss sich Hofrath Schmidt an. Der Bürgermeister schickte dann nochmals zu Frey tag und liess ihm sagen, er habe gehört, dass mit dem Verhafteten ein förmliches Verhör vörgenommen worden sei**

* Auch bei Vamlugen, Denkw. VIII, 2)$.

^ 225 ^

diese Verletzung der Gerechtsame des Railies könne er durchaus nicht zugestehen ; der Gesandte stellte entschieden in Abrede, dass ein derartiges Verhör stattgefunden habe.

Hinige Tage lang hört man nichts mehr von der leidigen Ange- legenheit ; erst am 26. Juni hatte sich der Rath wiederum damit zu beschäftigen. Man entsendete den Aktuar Diefenbach von dem altern Bürgermeister - Amte zu Voltaire und seinen Schicksalsgenossen, um auch die andere Partei über das Geschehene zu vernehmen. Diese Vernehmung fand am Krankenbette der Madame Denis statt. Alle drei Voltaire, seine Nichte und sein Sekretär erklärten auf Befragen, die Oeuvres de poesies seien bereits am 17. Juni dem Herrn v. Freytag ausgehändigt worden. Alle drei behaupteten ferner, dass der Dame und dem Sekretär Niemand iiiitgctheilt habe, dass sie frei seien ; beiden wurde jetzt die Freiheit angekündigt. Weitere Anfragen behandeln die Rückgabe der KofTer und die Kosten der Inhnftirung. Grösseres Interesse bietet die 1-rage des Rathsgesandten, ob man den Verhafteten eine schriftliche Iirklärung abgefordert habe, dass sie sich anheischig machen sollten, der ihnen widerfahrenen Be- handlung gegen Niemand zu gedenken alle drei erklärten einstimmig, dass man ihnen einen solchen Revers abverlangt habe. Voltaire übergab sodann dem Aktuar ein Promemoria an den Rath und bat, die Hrlaubniss desselben zu erwirken, dass er »zur Hrhohlung seiner Gesundheil« und gegen »Ablegung seiner parole d'honneur« das Gärtcben des »Goldenen Löwen« zum Spazierengehen benutzen dürfe. Die Arrestanten iiaben sich, so berichtet Diefenbach weiter, »in denen lamentabelsten, doch sowohl gegen seine königliche Majestät in Preussen als auch gegen einen hochedlen Rath, auch des älteren Herrn Bürgermeisters hochedlen gestrengen sehr respectuosen Aus- drückungen erklärt.«

Das geheime Promemoria Voltaires an den Rath ist sehr geschickt verfasst.' Es beginnt mit der Darstellung, wie der Sekretär des

Ich niuss d;irau(° vcrziclitcn, liier einzelne von ikii vielen Schreiben Vohaires an den Rath im Wortlaute zu verötTcntlichen. Sie zeichnen sich meist durch einen stattlichen Umlang aus und emiüdcn durch die immer wiederkehrende breite Er- zählung seiner Verhaftung und die Darlegung des ihm angcthancn Unrechtes; sie eignen sich nicht zur Mitlhcilung iniicriialb des dieser Arbeit zugemessenen Raumes. Zudem hat meines Wissens ciji (ranzösischer Gelelirter vor mehreren Jahren von diesen Briefen und Eingaben seines Landsmannes .\bschrift genommen, und ich möchte seiner Veröirentlicluing, die, so viel ich weiss, noch nicht erschienen ist, durch eine auch nur theilweise Bekanntmachung nicht vorgreifen. Den Heraus- gebern der Korrespondenz Voltaires (Oeuvres complete«;, Paris 1880) haben die Frankfurter Akten nicht vorgelegen.

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preussischen Residenten unter Hintansetzung aller einer vornehmen Dame gebührenden Rücksichtnahmen Madame Denis verhaftete; dann schildert Voltaire in lebhaften Tarben seine eigene Verhaftung und die ihm dabei wideriahrenc schmäiiliche Behandlung. Um die Rechts- widrigkeit des ganzen Verfalircns klar darzulegen, erzählt er sdnc Schicksale von der Ankunft in Frankfun ab, fühn im einzelnen an, wie die prcu5sisc!ien Agenten ihre Versprechungen, ihn und seine Nichte nach Hmptang des gesuchten königlichen Werkes freizulassen, nicht innegehalten, und bittet schliessUch nur darum, ilin imJ seine Nichte aus dem »Bockshorn« in den »Goldenen Löwen« zurückkehren zu lassen, sowie zu seinen Gunsten sich an den preussisciien König wenden zu wollen, der, als gnädig und edel bekannt, den ihnen widerfahrenen Gcwahihaiigkeiten sicherlich fernstehe.

Diesem Proincnioria Hess der Dichter an den folgenden Tagen noch zwei besondere, in dringlicheren Worten dasselbe verlangende Hin- gaben fülutii ; als neu fügte er hinzu, dass Herr v. Freytag die Schuld für das Geschehene jetzt auf Hofrath Schmidt schiebe, sowie dass ersterer unter dr i :i. Juni einen königlichen Befehl erhalten habe, die Gefangenen nicht weiter zu belästigen ; wolle der Rath einem Kommissar die Untersuchung der Angelegenheit übertragen, so bitte er zu diesem Zweck den ihm durch seine rechtswissenschaftlichen Arbeiten bekannten Senator v. Senckenberg' zu ernennen.

Der Frankfuner Rath befand sich hier in einem schwierigen Dilemma: auf Requisition der preussischen Vertreter hat er dieförni- liehe Verhaftung Voltaires angeordnet; jetzt kommt der Verhaftete mit der Bitte, nicht ihn freizulassen, sondern nur ihm die Haft zu erleichtern, obwohl er seine endgültige Freilassung auf Grund eines angeblich an den Gesandten gelangten Befehles des Königs verlangen konnte. Von einem solchen Befehle hatte aber der Gesandte deni Rath noch keinerlei Kenntniss gegeben ; dieser mochte also den Ge- fangenen auch nicht seiner Haft entlassen. Andrerseits zeigten die durchaus übereinstimmenden Aussagen der drei Verhafteten, dass diese Alles gethan hatten, die HerbeiscliafTung der vermissten Schrift* stücke zu erleichtern, dass somit die strenge Bewachung eine niin-

* Voltaire dachte hier olfenbar an den Reichsfreiherra Heinrich Christian V. S. (1704—68), den Verfasser der Sciecta juris und anderer rochtsgeschtchdicher

Werke. Dieser SciK'kcnbcrg wnr aber niemals Franhfurtcr Senator; der ciiuii^v Jcr drei Brüder, welcher diese WürJc he"!cite;e. wnr der bcniclittL'te Joh^inn Erasmus (1717 -yj). Vgl. Kricgk. die Bruder .SciickeiilKrg, i rnnkturt 1*^69.

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descens flberflOssige Massrcgel war. Unter diesen Umständen beschloss der Rath, ein schriftliches Bedenken seiner Advokaten, der Stadt- syndtci, einzuholen und ein Schreiben an den König von Preussen richten zu lassen, einstweilen aber von weiteren Verfügungen abzu- sehen, d. h. Alles beim Alten zu lassen.

Nach diesen Beschlüssen sandte der Bürgermeister v. Fichard zunächst an Herrn v. Freycag und liess fragen, warum das ver- sprochene königliche Requisitorialschreiben dem Rathe noch nicht vorgelegt worden sei. Der Gesandte gab zur Antwort, man habe damals keinen bestimmten Termin der Ankunft desselben versprochen; nun seien zwar inzwischen königliche Ordres eingetroffen, es habe sich aber durch Voltaires wortbrüchiges Entweichen die Sachlage derartig geändert, dass er neue Verhaltungsmassn^eln seitens des Königs abwanen müsse. In seiner Aengstlichkeit ging der Resident so weit, dass er nicht einmal zu einer Linderung der Haft seine Zustimmung geben mochte. Freytags Kollege Schmidt, welciier den städtischen Behörden Ausicunft über die Berechnung der Inhaftirungs- kosten geben sollte, weigerte sich, im Römer zu erscheinen, da es sich hier nicht um bürgerliche Geschäfte, sondern um persönliche Angelegenheiten des preussischen Königs handle.

Auf den Bericht der Syndiker beschloss nun der Rath, den preussischen Vertretern von dem Versprechen Voltaires, gegen eid- liche Versicherung bis zum Eintreffen königlicher Befehle die Stadt nicht zu verlassen, Kenntniss zu i.'chen ; falls jene auf Grund dieses Versprechens in die nachgesuchte Erleichterung des Arrestes willigten, so sollte der Dichter darauf vereidigt werden; falls nicht, so sei der bisherige Stand aufrecht zu erhalten, die Verantwortung für das bis- her Geschehene aber allein den Gesandten zu überlassen. Auf alle Fälle aber sei eine Anfrage an den König abzulassen, was sein Wille in dieser Sache sei. Kine solche Anfrage war dringend nöihig, denn man hatte gerade den Beweis von der ganz eigenmächtigen Handlungs- weise der preussischen Rathe, wenigstens gegen I rau Denis und Colini erlialten. Die ersterc hatte sofort nach ihrer Verhaftung an König I riedrich nach Potsdam geschrieben mul liher das Verfaiiren der Gesandten gegen sie Beschwerde geführt. Der König liess ihr umgehend durch seinen Vorleser, den Abbe de Pudes, sein Bedauern aussprechen uher die ihr widerf;ihrene Belästigung, die er sich als seinen Beteiiicn durchaus widersprechend gar niclit erklären könne; sie dürfe sclhsi\ crständlich gehen, wohin sie wolle.

Am 5. Juli ging das Schreiben des Käthes an Ki)niq l-riedrich ab. bs enthält zunächst eine breite Darstellung der bisherigen Vor-

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gänge und erwähnt dann, dass man von den Vertretern des Königs eine positive ZustimniungserklSrnng zu dem Versprechen Voltaires, dass er gegen eidliche Angelobung vor dem Eintrefien königlicher Befehle nicht aus der Stadt entweichen wolle, nicht habe erlangen können und desshalb mit dem Verhafteten keine Aenderung getroffen habe, aber den Residenten die ganze Verantwortung für das, was da kommen möge, überlassen müsse; man wolle aber »noch so viol in allertiefster Ehrfurcht beschwehrend anfügen«, dass sicii die Ver- treter des Königs verschiedene EingrifTe in die Jurisdiktion der Stadt erlaubt hätten; als solche werden dann nachgewiesen: alle Massregeln, welche sie zwis . Iv dem i. und dem 20. juni, also in der Zeit zwischen der Ankunlt Voltaires in Frankfurt und dem vergeblichen Fluchtversuch ohne Wissen des Käthes gegen den Dichter ergriiTen hätten; femer die eigenmächtige, ohne vorgängige Requisition und ohne bürgerraeisterliche Einwilligung geschehene \'erhaftung und Transportirung der Madame Denis aus dem »Goldenen Löwen« in das »Bockshorn« ; sodann wird als widerrechtlich bezeichnet, dass die Gesandten die Mad.ime Denis und Colini im »Bockshorn« scharf bewachen und entgegen der ihnen wohlbekannten Anordnung des Bür^crnicisiers vier Tage länger in Arrest beliessen, weiter da'.s sie Herrn v. Voltaire die Taschen visitirten und deren Inhalt an sich nahmen, iiim eigenmächtig die Kosten der InhifririinL; anrechneten und endlich ihm immer noch zwei Pakete seiner Schriften vorent- hielten. Das lange Schreiben scliliesst mit der folgenden Bitte, die als Probe des damaligen I r.mkfurter Kanzleistils und zugleich als Beispiel der unterwürligen i orm in der Verhandlung einer ohnmäch- tigen iveichsstadt mit einem starken Reichsstande wörtlicii miigetheili werden soll : »l:s gelanget aber zugleich an Ew. Königliche Majestät unser nlkrunterthänigstes Bitten, uns nicht allein, wie es mit dem noch arrestirten von Voltaire ferner zu hallen ^eie, ailergnddigst förderlich wissen zu lassen, sondern auch nach dero angestammten Grosmuth und preisw urdigsten allerhöchsten Magnanimitäc, w^mli allerhociisi dieselbe auch geringe Kcichsständc bei ihren Gerecht- samen gerne allerhuldreichst protegiren helfen, die von beiden könii^'- lichen Käthen sich hier angemasstc Jurisdicnons-EingriHe allergnädjgsi gutfindender M issen zu ändern und dieselbe allergerechtest anzuweisen, da^s Sie ins Künftige dergleichen empfangende Kcnnghchc Befehle mit mehrer Behutsamkeit und mit jedesmaligem Vorwissen unserer Bürgermeister zu vollziehen suchen sollen. Womit übrigens Ew. Königliche Majestät wir dem starken ALicht-SLluitz (jottcs zu fernerem Königlichen langwierigsten alleriiochsten Wohlergehen fleissigst, zu

der allerceuersten königlichen Gnaden-Hulden aber uns und unser gemeines Stadtwesen allergehorsamst angelegentlichst empfehlen und mit allersinnlichster Submission ohnausgesetzt verharren.«

So kriechend devot dies auch klingt ~ man entnimmt sofort aus diesen seltsam verschnörkelten Redensarten, wie energisch in der Sache der Rath auf dem für ihn wichtigsten Punkt, auf der Abstellung der in seine Gerechtsame geschehenen Eingriffe besteht. Mit diesem Schreiben wurde natürlich die weitere Verfolgung der Angelegenheit seitens der Stadt bis zum Eintreffen der königlichen Antwort vertagt.

Am Tage nach Abgang dieses Schreibens gaben die preussischcn Käthe ihre Zustimmung, dass dem gefangenen Voltaire sein Degen und damit seine Freiheit zurückgegeben werden solle. Dieser plötz- lichen Sinnesänderung der Gesandten waren einige Verhandlungen derselben mit dem Bürgermeister vorausgegangen, aus denen klar hervorgeht» wie unentschlossen und schwankend die beiden Residenten handelten aus Furcht, die Befehle ihres Königs misszuverstehen, welche für jeden anderen, nur nicht für die übereifrigen Gesandten zweifellos und wiederholt die Freilassung des Diciuers angeordnet hatten.' Am j. Juli Morgens hatte Frevtag seine Zustimmung zur Haftentlassung Voltaires gegeben; am Nachmittag hatte er sie nach Berathung mit seinem Kollegen Schmidt zurückgezogen; am folgenden Tage endlich erschien der Sekretär der jneussischen Residentschaft beim Bürgermeister und brachte ihm die endgültige Zustimmung seiner Auftraggeber!

Voltaire begnügte sich keineswegs mit dem mühsam erlangten Erfolg, der Rückerstattung seiner 1 reiheit. Denn eine sehr wichtige Frage war noch zu erledigen: die Rückerstattung der ihm abge- nommenen Gelder. Sofort nach der Ankündi^^tmg seiner Freilassung richtete er ein diesbezüt^liches Gesuch an den Rath. In kurzen klaren Worten setzt er die ünrechtmässigkeit des Verfahrens der preussischen Gesandten auseinander : jetzt seien sie durch das Schreiben des Abbe de Prades an Madame Denis überfuhrt, dass sie entgegen den deut' liehen Befehlen ihres Königs die Freilassung verweigert hatten, obwohl ihnen bereits am 17. Juni die gesuchten Schriften des Königs eingehändigt worden seien. Das weitere Sündenregister, welches das Schreiben enthält, kann hier übergangen werden. Die Bitte Voltaires ging dahin, ihm das Promemoria der Gesandten mitzutbeiien, auf

' Vgl. diesdl>cn bei Varnhagcn, Denkw. ViU, 2$2Ü.

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Grund dessen die Stadt seine Inhaftirung angeordnet hätte ; er bittet dann» ihm behülflich zu sein, sich für die erlittenen Verluste an Geld scliadlos zu halten, da Schmidt als Frankfuner Bürger dem Ratbe für alle Kosten in dieser An»;elegenheit gutgesagt hatte; er erwartet schliesslich von der Ehre der Stadt, dem Rechte der Völker, den Gesetzen des deutschen Reichs, dass man einem Offizier des fran- zösischen Königs und einer D n c, die mit Pässen des französischen Königs reist, das Ihre ungeschmälert zurückgibt. Der Ratii Hess den Inhalt dieses Schreibens, welches Voltaire zuerst französisch ab^c- fasst, aber auf das Ansuchen, es »vertirt« zu überreichen, in das Lateinische übertragen hatte, dem Hofrath Schmidt miiiheilcn und diesem bedeuten, dass man sich an seinen der Stadt versprochenen Hrsatz der Kosten halten und ihn auf alle Fälle wegen eni^'aigeni Schaden der Stadt dieselbe vertreten lassen werde denn mm befürchtete, Voltaire werde sich an den höchsten Gerichtshof des Reichs wenden. Schmidt versicherte den Rath, der König werde die Stadt schon zu schützen wissen, bat aber, von der MittbeÜung seines Requisitionsschreibens an Voltaire Abstand nehmen zu wollen. Das dem letzteren abgenommene Ccld hatte er kurz vorher zurück- erstattet, aber unter Abzug der Inhaftirungskosten. Es hatte sich dabei ein neuer Zwischenfall ereignet, der die Abwicklung dcrAnge* legenheit wiederum verzögern musste. Der Sekretär der preussischen Residentschaft, welcher Voltaire das Geld aushändigen sollte, be- hauptete, von diesem mit der Pistole in der Hand bedroht worden zu sein; Voltaire bestritt dies ganz entschieden. Eine vom Rath sofort angeordnete Untersuclnmg stellte zweifellos fest, dass dem furchtsamen Sekretär seine l^h.inrasie einen argen Streich gespielt halte die Pistolen in der Hand des Dichters waren nicht geladen, er wollte sie nur einem Bedienten zum Reinigen zustellen. Das Voltaire gehörende Geld hatte der Sekretär bei seiner Flucht vor den nichtgeladenen Pistolen wieder mit sich genommen.

Den weiteren Verlauf seiner Angelegenheit wartete Voltaire nicht mehr in Frankfurt ab; am Nachniiiiage des 7. Juli liatte er die Weiterreise angetreten, nachdem er in einem lateinisch geschriebenen Abschiedswortc dem Bürs'ermeister gedankt und sich die rechtliche Verlulgung aller seiner Ansprüche an die preussischen Residenten ausdriklJich gewahrt hatte. Von Mainz aus richtete er neue Zu- schrilten .ui den Rath. In der einen wendet sich sein Grimm vor- zugsweise gegen den Sekrei.ir Freytags, der ihn so schändlich verleu!ndet habe; in der anderen, welche sein Beaultragter, der Notar Boehm in Mainz, in lateinischer Spraciie an den Rath sendete,

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vcrl.in^jt er nochnial.s von der Stadt, sie solle ihm das Rcquisitions- bchreiben der preu'^sischcn Räthe, avü Grund dessen er iiihurtirt worden, .luslicfcrn, um durch Vorlegung desselben das Unrccln der Käthe vor dem höchsten Tribunal des Reichs erweisen zu können; er erneuert seine Forderung ^'^ ^V\c Stadt, den llolr.uh Schmidt zur vollständigen Rückgabe des ihm abucnommencn Geldes 7.n zwingen.

Dem Drängen Voltaires mussre der Rath nachLjcben, wenn er vermeiden wollte, dass die Sache vor dns Reichskannncrgcricht gcbraclu wurde, hr stellte jetzt den prcussi.schen N'crtreiern ein L'ltiin.num: wenn sie niclu binnen i } T.ii^en den in ihrem Kequi- siiionsschreiben angeführten Befehl des Kö>nii4ä beibrachten, werde man Voltaire dieses ihr Requisiiionsschreiben mittheilen und sich auch an die darin verheissene HürLischalt Schmidts betr. die Kosten des Verlahrens halten. Der Rath inusste die nachträgliche X'orlcguug des königlichen Befehls zur Verhaftung verlangen, denn dadurch allein konnie er die von ihm angeordnete Arrestirung Vohaires rechtfertigen, wenn es zum Fro/es^c kam; vermochten die Räthe den angeblichen Befehl ihres Königs nicht zu erbringen imd erhielt Wiltaire die Abschritt ihres Requisitionsschreibens, welches sich auf dicken angeblichen Befehl stützte, so konnte er nachweisen, dass seine Verhaftung ohne Ikteh! des Königs auf eigene 1 ausi von den Rathen beantragt worden sei. Die Herren v, hreytag und Schmidt Hessen sich durch dieses UUunaiuui keineswegs ausser 1-assung bringen ; der erstere versprach höflich, das ktmigUche Dekret zu be.,ciUiiien, und SchnaJi antwortete in gewohnter Schroffheit, er habe allen Respekt gegen Rathsbeschlüsse, sofern sie bürgerliche Sachen beträfen, da es sich aber hier uni eine Angelegenheit des Königs von Preusscn handele, so könne er keinerlei Rathsbeschluss annehmen.

Mit diesen Antworten war detn Rathe natürlich nicht gedient; er musstc sich unter allen Umständen die von den Käthen vorge- schützte königliche Weisung verschaffen. Der einfachste Weg hierzu war die direkte Verhandlung mit König Friedrich. Bisher war auf das erste Schreiben des Rathes vom 5. Juli noch keine Antwon seitens des Monarchen eingetroffen; auch ein zweites Schreiben vom 9. Juli, welches die einfache Anzeige der Freilassung \'oitaires enthielt, hatte noch keine Entgegnung erhalten. Das letzte Schreiben vom 24. Juli erzählt die Vorgange bei Voltaires Abreise, dessen angebliche Be- drohung «ies Sekretärs Dorn und fuhrt schliesslich bittere Beschwerde über die preussischen Vertreter. Ebenso energisch wie in dem ersten Schreiben au den König wandte sich der Rath auch in diesem dritten

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und lernten gegen den neuen EingriiT in die städtische Jurisdiktion» der darin bestand, dass sie trotz Aufliebung des Personalarrestes Voltaires Ei<;cni!uim zurückhielten, ohne hierfür Befehle ihres Königs oder eine Vollmacht der städiisclien Behörden aufweisen zu können; dass sie ferner eigenmächtig ohne Spezifikation dem Dichter ao Un- kosten die Summe von 190 Gulden 1 1 Kreuzer in Anrechnung bringen wollen, eine Summe, deren Festsetzung nicht ihnen, sondern dem Gerichte zustehe. Das Schreiben schliesst: »Auf Ew. König). Majest. baldige allergerechteste Reniedur komt es also vomemlich an, damit der von Voltaire nach beschehener Relaxation seines Personal-Arrestes auch seiner bei der Gelegenheit ihme abgenommenen Gelder wieder habhaft, mithin die hiesige Stadt von weiteren Anfechtungen bcfreyct und in jurisdictionaUbus künftig nicht mehr beeinträchtiget werden möge.«

Dieser Schritt zur cndliclicn Erledigung der gnnzcn Angelegen- heit, die neue direkte Verhandlung mit König Friedrich, war lur die Stadt um so nöthiger, als Voltaire, der sich in Mainz gegen jeglichen UebergrifT seiner Peiniger Freytag und Schmidt sicher fühlte, bereits eine liöhcrc M;ichT angerufen hatte, um wieder in den Besitz scincN ihm noch immer vorenthaltenen Higenthunis zu kommen. Fr h.ute sich /.u difsem Behüte an den kniscrhchen Gesandten am Kur- nininzischen Hote, den Grafen v. Pergeii, gewendet; dieser schrieb in Folge dessen an den Bürgermeister v. l ichard, dass \'oltaire über seine Frankfurter Erlebnisse bei ihm Beschwerde getülirt und von dem lloiratii Scimiidt die Aushändigung seines ihm abgenommenen Higeiithums »ein merkliches Stück Geld nebst zwei Dinni.intcn und andere Kleinigkeiten« verlangt habe. In seiner .Antwort an Graf Fergen konnte der Bürgermeister weiter nichts sagen, :ils dass er ledigHch aut Requisition der preussischcn Ges.uidten geli.mdclt habe; er lehnte also jede Verantwortung für das Geschehene von sich ab.

Daneben nnterliess \'oliaire selbst nicht, den Bürgermeister in den beweglichsten Worten zu bitteii, ihm wieder zu seinem Gcldc zu verhelfen. Er appellirt an den lidelsinn, an das (ierechiigkeits- gelühl des Leiters der Stadt: es sei doch eine schreiende Ungerechtig- keit, ihn die Kosten für eine Verh.iliung tragen zu lassen, die ohne jeden Auftrag des Königs vorgenommen worden sei, die der Konig selbst als völlig ungerechtfertigt anerkannt h;'itte. In Frankreich sei man sehr erstaunt, dass die Passe des fran/.usi^chen Königs so wxnk respektirt worden seien ; König Friedrich habe dem Versailler llotc durch seinen Gesanden erklaren lassen, die Käthe F'rcyiag und SciinuCL

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hätten Missbrauch mit seinem Namen getrieben und Europa ein Schauspiel geboten, das ihm» dem König, sehr ärgerlich sei. Auf . alie diese Bitten konnte der Bürgermeister vorerst keine Antwort geben ; es hing jetzt Alles von der Entscheidung des preussischen Königs ab.

III.

Diese selinsücliug erwartete Entscheiduni; b!ic[> nicht lani^c aus. Am 26. Juli war ein königliches Schreiben aus Potsdam cim'claulcn, worin sich I riedrich mit der anijcordnctcn 1 rcilas-sun^ Wjltaires ein- verstanden erklärte und die Stadt seiner Ihild versicherte. Am ^o. juh kam dann aus dem königlichen Kabmet die Antwort auf das Schreiben des Rathes vom 5. Juli; sie möge hier im Wortlaut wiedergegeben werden :

Iilufincstc und Wohlwcise- , licbc und besondere. Was ihr wc^ci» des ;iuf meine requishion dort einig« Zeit über in Verhaft behaltenen de Voltaire .111 Mich anderweitig gelangen lassen wollen, solches habe ich aus l;ur«.ii) dcst.ils .111 Nüch unter den j. dieses Monathes erlassenen Schreiben mit

nichrcrn ersehen.

Gleichwie nun vermeldeter de Voltaire vorhinschün aul meine üuch durch Meinen dortigen accreditirten Krieges Rath von Freytag geschehene reijiiisilion wiederum erlassen und, nachdem er denjenigen, so ihm /u th ii'. gebühret li.it. ein Genüge gethan, .luf freycn Fuss gesiellet worden; Als hat CS bereits damit seine abhell Hche Maassc, nichts aber wird iiiernechst billiger seyn, als Jass, da mehrerwehnter de Voltaire durch seine üble proccdee/. den dort erlittenen arest sich selbst augezogen, er auch die desfals verursachte Arest K(Htcn alleine tragen müsse.

Wann übrigens derselbe vorgeben wollen, als ob ihm bcv solchem arest lürter, wie gewöhnlich, geschehen, auch dessen Niccu dabey miunipliciret worden; So bin Ich zu forderst davon gar nicht imfomiiret und muss billig zvi-eifeb, dass gedachter Krieges Rath v. Freytag darunter wi^iter gegangen scj', als es seine Befehle mit sich gebracht haben; W.inn aber auch dieseni- nechst erwehmer de Voltaire etwas genau beobicluet werden miT^sen : So hat derselbe solches sich gleichmässig /u imputiren, dan Euch Selbst bekaudt ist, wie er weder sehie EtKh gegebene parole und da er darauf in etwas elar- giiret worden, sich sofort darauf mit der Flucht davon machen wollen» Überhaupt habet Ihr wegen allem deshalb vorgefallenen nicht in der geringsten Verlegenheit /u seyn: allermasscn alles da<;irn?L'c. so er von einer besondern protection angeben wollen, gantz ohngegrundet und bekandt ist, dass wegen niehrcrem als eines Übeln Unternehmens ihm bis dato die Rückkehr nach seinem Vaterlande untersagt worden. Womit ich übrigens üuch und Eurer guten Stadt mit aller Königlichen Hulde und Gnade wohlzugethan verbleibe.

Potsdam den 24. July 17 JJ. .-\n den Magistrat F. XU Franckfurth am Mayn.

Ich tüue hier gleicii das dritte und letzte Schreihen des prenssischen Monarchen an, welches als Antwort aul dai» i ranklurier Sclireibcn

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vom 24. Juli am 9. August einlief. Der Konip; erklnrt darin, dass er seinen Residenten betohlen habe, Herrn v. \'oltairc sein ihm abge- nonimcncs Ei<,'cnt!uim zurückzuerstatten, und tahrt Uaun wörtlich fort:

Da aber der von Voltaire das ihm betrolTcnc desasire «;ich oinizig und allein durch sein iinnnstrindtj^es Hctragcn zugezogen hat; So werdet Ihr von SelbM vcniunliig billig erachten, dass derselbe sich nicht cntbrechen können, die seiltet wegen von Unsen* Räthcn aufgewandte Unkosten zu tragen, mit- hin letzteren nicht zu verdenken, dass sie sich deshalb an das in ihren Händen geh.ilnc Geld des von Vohairc so l.inge gehalten, bis sie von jenem völli;:; scliadloss gcsteilet v orden. Obschon auch dessen Niece mit in der Saci)C nieliret worden, so sciieinet jedetmoch solches eine gantü natürliche Folge der vorgewesenen Umstände zu seyn, als zu welche des von Vohaire Betragen lediglich Anlass gegeben und erstere sich umb so vieiraehr zuge-togen. ab selbi^^'L nicht viel bessere Gesinnungen als ihr Onde darunter gefähret und augenoninicn.

Sölten übrigens die voji l'reytag und Schmidt bey diesem Vorgang die ilinen vorgeschriebene Grentzen einiger massen vielleicht Öberschritten

und sich darunter nicht allerdings denen dortigen Verordnungen gemäss ver- halten lialxii, so siiui Wir ;>'war weit entfernt, ihnen desfalls Jas Wort sprechen, Wir haben aber zugleich nlle Ursach zu glauben, dubS solches von ihnen nicht vorsätzlich, sondern schleciiierdings aus einem Antrieb ihres tür Uns habenden Diensteyfers geschehen, worunter Ihr dann deneiiselben nadv zusehen Euch gem entschliessen werdet, da ohnehin Unsere Intention gewiss nie «gewesen noch l^ünftii^liin sevn wird. Euch in Eure Jurisdiction auf einige Weise zu kränken oder ^u-iugeben, dass solches von jemanden Unserer Diener jenialUcn unternommen werde : dessen Ihr Euch eben so fest als der besonderen Königlichen Huld und Gnade versichert halten k^net, womit wir Euch stets wohlzugethan verharren.

Kurz und klar wie alle Kundgebungen des grossen Monarchen sind auch diese. Man beachte zunächst die Form dieser beiden Schreiben. Die Sprache derselben ist sehr kurz, frei von den schnörkel- haften Redewendungen jener Zeit, die wir z. B. in dem damaligen Frank&ner Kanzleistil noch in reichlicher Fülle antreffien. Gegen die floskelreiche Sprache der Frankfurter Akten sticht die deutliche, aller unnöthigen Redeverzierungen entbehrende Sprache des preussischeti Kabinets sehr vonheilhaft ab; die mächtige Persönlichkeit des grossen Königs hat auch auf den Stil seiner Kanzlei reinigend eingewirkt. Die vielfach eingestreuten französischen Worte, die sich unbeschadet der Deutlichkeit sehr gut durch deutsche ersetzen liessen, erinnern eben auch an die bekannte Eigenheit Friedrichs, an seine Vorliebe für die französische Sprache; diese Eindringlinge erscheinen in der - preussischen Kanzlei häufiger als in den anderen der damaligen Zeit, die freilich auch keinen Mangel daran aufweisen.

So klar und deutlich wie die Form ist auch der Inhalt dieser königlichen Briefe. Er lässt sich kurz charakterisiren: Friedrich

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vertritt der Stadt gegenüber in jeder Beziehung das Vorgehen seiner Räthe. Die Hauptsache für die Stadt, die Klage wegen der in ihre Jurisdiltiion gethanen Eingriffe, wird kurzweg abgewiesen; kaum dass er die ziemlich nichtssagende V'ersicherung abgibt, dass eine Küm- merung dieser Jurisdiktion nicht in seinen Absichten liege; auf eine Erörterung des städtischen Protestes gegen das rechtswidrige Ver- fahren der Räthe geht er überhaupt niclu ein.' Die königlichen Schreiben zeugen von entschiedener Nichtachtung, um nicht zu sagen Missachtiing, gegen die reichsstiidtischc Regierung; und diese Nicht- achtung ist bezeichnend für das damahge V'erhäkniss der llcichsstädtc zu den mächtigeren Reichsständen. Auf I'riedrichs Beziehungen zu Voltaire lassen die ßriefe ein scharfes Licht fallen: der Bruch war ein vollständiger; Voltaires Bemerkungen in seinen verschiedenen, die Verhaftung betreffenden Eingaben an den Rath und in den von Varnhagen bekannt gegebenen zahlreichen Sclireiben von des Königs huldvoller Gesinnung gegen ihn müssen demnach als arge Selbst- täuschung oder als eitel Flunkerei gelten.* Der die Verhaftung der Madame Denis bedauernde Brief des Abbe de Prades, den Voltaire als das ergiebigste Beweismittel gegen die Residenten ausnützte, criiält, wenigstens der Stadt gegenüber, ein sciiai t'es Dementi. Durch diese Stellungnahme des Köniiis zu Gunsten seiner N'ertreter war \'oltaires Niederlage entschieden; von Satisfaktion w.ir keine Rede, nicht einmal von Rückerstattung der ihm aufgebürdeten Kosten.

Mit keiner Silbe antwortete der Rath auf die klare Kundgebung des Königs; das Protokoll des Schötlenraths sagt lediglich: diese Sache beruht nunmehr auf sich, d. h. für uns ist sie damit erledigt. Ltul auch dies ist bezeichnend für die sclnvache Situation der ihr gutes Recht vertheidigenden Stadt gegenüber dem mächtigen Gross- staat; sie war zufrieden mit der gnädigen N'ersicherun^, dass eine Verletzung ihrer Jurisdiktion dem Könige fern gelegen habe und dass dieselbe, wenn sie vorgekommen, dem übergrossen Amtseifer der beiden Beamten zuzuschreiben sei.

Dass er das Verfahren der Käthe nidit gebilligt hat, aeigen mehrere Stellen »einer Briefe an Lord Marschall von Schottland (Politische Correspondenz, IX u. X) .

er wirft darin Frevt.if^ vor »unc ox.Ktiliulo briit.ilc, qui n'cst p.is de nion f^oüt«. entschuldigt aber «Jioc Brutalität mit den Scherereien, die ihm »uu toi et une tollet«, von ihm viel zu ernst genommen, verursacht hätten.

* Frlcdriclis danuUigc Gesinnung gegen Voltaire spricht sich auch in seinen Briefen an Lord M.irsclull mit .»Her wünschcnswcrthcn ncutlichkcit aus; sie cri^hcn eine reiche Hluthcnlcsc vom nichts wcniL'cr als schnicichdhaftcu AusdrQckci), mit denen er den ehemaligen l'reund beehrt.

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Wie stellte sich nun Voltaire ?m dici>cr Entscheidung des Königs? Er war, wie wir wissen, am 7. JuU nach Mainz gereist und hatte von dort aus lu nöthigen Schritte geihan, um wieder zu dem ihm abj;cnommenen Gcldc zu kommen. Weiter gingen seine Bitten nicht; von der l-orderiin<z einer Genu}»thuung für das erlittene Unrecht spriclu er niclu: die Stadt konnte ihm eine solche ja auch gar nicht ver- schaffen. Bs liegen eine ganze Anzahl Schreiben von ihm vor, worin er die Intervention des Bürgermeisters bei den preussischen Räthcn anruft, damit ihm diese sein Geld ohne Ab/.ug der Kosten ausliefern. Er versichert beständig, dass die Gesandten ohne königlichen Befehl gehandeh hätten ; er wendet sich endlich an König 1 riedrich selbst und erhäh da otienlxir eine andere Auskunft: jetzt wirft er den Rathen vor, sie hätten ihren Monarchen lügenhaft berichtet, und bittet die Stadt, dem König die Wahrheit mitzmhcilen. \'ergebens waren seine Bitten, ihm das Seine ungeschmälert zurückzuerstatten; vergebens jammerte der arme Sekretär C^olini um die ihm abgenommenen 25 Karolinen, die zwar nur eine kleine Summe, aber sein ganzes Ver- mögen darstellten. Alles, was Voltaire und die Seinen erreichen konnten, war, dass sie das weggenommene Geld zurückerhielten, jedoch unter Abzug der Kosten für die Inhaftirung. Kur die stets energische Dame Denis wies, als sie sah, wie der Rath die Sache von sich auf die Residenten abwälzte, jeden Schadenersatz, der ihr etwa angeboten werde, stolz und entschieden zurück: zu einer solchen Erniedrigung, von zwei Menschen, die sie nicht achten dürfe und könne, Ersatz zu verlangen, werde sie sich niemals verstehen.

Mit der Rückgabe des Geldes war für den Rath die Angelegen* heit endgültig abgeschlossen; auf nochmalige Reklamationen verwies der Bürgermeister am 10. September den Dichter an den Hofraih Schmidt und bat sich eine andere Gelegenheit aus, »werkthätig seine consid^ration für Herrn de \'oltane bezeugen zu können.« Mit diesem Bescheide schliessen die Frankfurter Akten.

Wie bekannt, hat Voltaire dem grossen König die l- rank furter Vorgänge, trotz der später erfolgten Aussöhnung nicht recht ver- zeüien wollen; er hat Friedrich und noch mehr dessen Werkzeuge spater oft genug wegen seiner Verhaftung scharf angegriffen. Wenn Varnhagen behauptet, der König habe den widrigen Vorgängen, die sein Befehl nach sich zog, völlig fem gestanden, so ist das nur insofern richtig, als er sie nicht gewollt und nicht angeordnet hat; n.icl.dcm sie geschclicn, Ii. 11 er, wie sein Schreiben an die Stadl dcuüich zeigt. Ja und Amen dazu gesagt. Hr war Iroh, seine Oeuvres

de pocsies und seine Briefe zurückzuerhalten; die Art und Weise, wie sie dem Dichter entrissen worden, war ihm gleichgültig.

Um schliesslich noch ein Wort über das Verhalten der Stadt zu sagen es wäre unbillig, dem Rathe einen Vorwurf aus seinem vorsichtigen, ja ängstlichen Verfahren zu machen. Es handelte sich hier um eine Angelegenheit, \n welcher ein ganz persönliches Interesse des mächtigsten deutschen Keicbsfürsten auf dem Spiele stand. Man darf der Stadt nicht verargen, wenn sie nach Möglichkeit darnach strebte, diesem persönlichen Interesse nicht im Wege zu stehen, wenn sie, was in ihren Kräften stand, mithalf, es zu befriedigen. Und wenn dabei Eingriffe in ihre Jurisdiktion mitunterliefen und wenn sie die geforderte Genugthuung oder Entschuldigung nicht erhielt, so ist das in der damaligen politischen Lage begründet, wie sie das Zeitalter des Niedergangs der Reichsstädte und zugleich der höchsten Blüthe der absoluten Fürstengewalt mit sich brachte.

V.

Schiliers dugenddramea zum ersten Maie auf der

Frankfurter Bühne.

Nebst Beiträgen xur Frankfurter Theater- und Musikgeschichte von 17S2 bis 17&4.

Von E. llentfel.

1. Die Räuber.

Zur selben Zeit als 4as neue Frankfurter Komödicnhaus seiner Vollendung entgegenging, und viele H inde noch damit besciiäftigt waren, diese künftige Heimstätte der dramatischen Kunst im Innern würdig auszuschmücken, wurde in Mannheini das Erstlingswerk eines jungen Dichters gegeben, dessen Autführung den Beginn einer neuen Epoche in der Theaterwelt bedeutete und mit den Wendepunkten auf der grossen Weltbühne in tieferem Zusammenhange stand. Dies künstlerische Ereignis war die erste Darstellung von Schillers Räubern in Mannheim am 13. Januar 1782. Hs ist bd.^nnt, dass Schiller sein Drama umarbeiten und manche Kämpfe durchmachen inusste, ehe dasselbe die Feuertaufe auf der Bühne empfing. Der damalige Inten- dant des kurfürstlichen Hoftheaters, Freiherr Heribert v. Dalberg, verlangte verschiedene einschneidende Abändenmgen von Schiller, denen dieser anfangs den hartnäckigsten Widerstand entgegensetzte, aber doch schliesslich Beachtung schenken musstc. Als ein ebenso bedenklicher und störender EingriH' in das Werk, das unmittelbar aus dem Geiste der Zeit heraus geboren und in modernem Ton und Stil gehalten war, erschien die \'erlegung der Handlung aus der Gegenwart in das Zeitalter Maximilians »in die Epoche des gestifteten Landfriedens und unterdrückten Fausirechts.« Diese Vergewaltigung lässt sich vielleicht entschuldigen, wenn man dem praktischen Bühncn- standpunkl des Intendanten v. Dalberg Rechnung tragt und ausserdem in Krwiigung zieht, dass die Frage betreHs des charakteristischen Kostüms damals noch keineswegs ihre Lösung gefunden hatte. Allein trotz der Dalbergschen Vermummung erkannte das Publikum die wahre Gestalt des Werkes, spürte es in den mittelalterlichen Räuber- figuren den leidenschaftlich bewegten Pulsschlag der eigenen Zeit. Wie Werthers wohlgezielter Pistolenschuss mitten ins Schwarze traf.

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mitten in die geschraubte Empfindsamkeit und Zerfahrenheit einer rührseligen Zeit, so fmulcn auch die urkrnftigen und feurigen Worte des Räubers Moor über Freilicit und Menschenwürde bei den Zeit- genossen, besonders aber in den Herzen der Jungen, einen begeisterten Widerhall. Beispiellos war der Erfolg der ersten Aufführung der Räuber. Man übersah es, dass dieselbe beinahe fünf Stunden dauerte und folgte in hochgespannter Erwartung der Entwicklung des Dramas bis zum Schlüsse. Es war ein achter, ernster Schlachi- abend, an dem es sich um Sieg oder Niederlage einer grossen Sache handelte. Als das Publikum sich an das Ungeheuerliche einer ausser- ordentlichen Bühnenerscheinung gewöhnt hatte, d:i wurde der Steg auch errungen. Vom vierten Akte an war der l',rtolg des Abends gesichert, nahm die Theihiahme des Publikums immer mehr zu, um sich an manchen Stellen, /. B. nach der Thurmscene, in einem wahren Sturm der Begeisterung Luit zu verschaffen. Grossen politischen Ereignissen im Leben der Völker gehen gewöhnlich geistige Bewegungen und literarische Erzeugnisse leidenschaftlich bewegter Stimmungen voraus, die das Kommende ahnen und klar erkennbar im Zauber^spiegel der Kunst erscheinen lassen. Die erste AutViihrung der Räuber w ar ein Spiegelbild künftiger Ereignisse. Das Morgengrauen der Kcvolution tagt bereits hinter der Abenddämmerung des »Mittelalters'«, in die das Drama geruekt war, und in jenem stürmischen ßeilall grollt der erste Donner des Gewitters, das von Westen her ganz Europa überziehen und vernichtend da und dort einschlagen sollte.

Unter den Zuschauern, die zu Ross und Wagen herbeigeströmt waren, um der Premiere des Stückes beizuwohnen, befanden sich auch viele Leute aus I rankhnt.' (u\u/. abgesehen davon, dass Ereunde und (ionner Scliillers datur gesorgt hatten, in Mannheim selbst und in den n.iclisicn grösseren Städten Propaganda tur das ausserordent- liche Werk zu maehen. war den Theaterfreunden d.uiuus geiade so wenig hier geboten, dass es ganz begreiilich erscheint, wenn sie der ersten Autiührung eines Werkes beiwohnen wollten, das nacli bti ci Jicrs Mitiheilungen bereits eine so »ausserordentliche Publiciiat« cil.iugt li.uic. Weil der Rath der Stadt Frankfurt vom Spätjahre 1781 an beständig auf die Eeriigstellung des beinahe vollendeten neuen Komö- dienhauses hofite, beschied er die Gesuche um Spielerlaubniss für die Osiermesse 1782 entweder abschlägig oder mit dem Hinweis, die-

' Streicher, Schillers Flucht von Siuug.»rt und Aufenthalt in Mannheim i782-8>, S. J9; R. Wchrich, Friedrich Schiller, Geschichte seines Lebens ctc S. 409.

selben später wieder vorzubringen. Augenscheinlich wollten sich die Väter der Stadt durch keine Zusage binden, um nach Vollendung des Theaterbaues sofort die Kur-Kölnische Gesellschaft hierlierberufcn zu können, die unter vielen namhaften Mitbewerbern dazu erwählt worden war, zuerst auf der neuen ständigen Frankfurter Bühne zu spielen.' Als der Theaterbau im Früiijahrc 1782 noch nicht vollendet war» durfte der Schauspieldirektor Johannes Böhm nicht nur in der Ostermesse, sondern auch noch nach Ablauf derselben einige Zeit in Frankfurt spielen.' Aber im Januar 17S2, als die Räuber zuerst in Mannheim gegeben und mehrmals wiederholt wurden, war also den Liebhabern der Kunst hier am Orte keine Gelegenheit geboten, theatralische Vorstellungen anzusehen. Nur mehrere Concerte fanden in der Zwischenzeit statt; erst am 2. April eröffnete der bereits erwähnte Direktor Böhm sein Theater im Junghof (Beilage I). Da dieser Mann Schillers Räuber zuerst mit seiner Truppe hier zur Auf- führung brachte, und sich auch ausserdem noch grosse Verdienste um die Frankfurter Bühne erwarb, so ist es nöthig, einen Rückblick auf seine künstlerische Thätigkeit in unserer Stadt zu werfen. Wie bereits schon an anderer Stelle mitgetheilt wurde,' erhielt Böhm, nachdem er sich in der Ostermesse 1779 zuerst vergeblich um die Spiel* erlaubnis beworben hatte, endlich in der Herbstmesse 1780 auf besondere Fürbitte des Kaiserlichen Gesandten, Graf v. Metternich, vom Rathe einen günstigeren Bescheid. Die Fürsprache seines vor- nehmen Gönners unterstützte Böhm durch ein Empfehlungsschreiben des Bürgermeisters Metzger von Salzburg, wo er 1779 im Hoftheater gespielt hatte, und durch ein Zeugnis des Freiherrn v. Kienmayer in Wien, der ihn w^ie auch Metzger in künstlerischer und moralischer Hinsicht sehr herausstreicht.^ Aus der ersten Supplikation Böhms an den Rath der Stadt Frankfun geht hervor, dass er als Künstler sieben Jahre zu Brünn in Mähren wirkte und von da von »Sr. Kaiser- lichen Majestät« nach Wien berufen wurde. Dann gründete er sich eine eigene Gesellschaft, ging nach Salzburg und Augsburg und blieb auf vielfaltiges Verlangen den Winter über also 1779—80 dort. Böhm rühmt sich, keine Schulden zu haben, »eine Garderobe im Werthe von 20,000 fl.« und ein ansehnliches Vermögen zu besiuen.

' l"r;itik!uru'r R.ulisprotokoll, 6. Nov. 1781.

* Hbcnda, 11. und 25. April 17S2.

» Gcicliichte der Schauspielkunst in Frankturi a, M. von E. Mcnucl (Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Neue Po]gc, Bd. IX). S. {92 f.

* Frankfurter Rathssupplikationen, April 1780.

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Wie Böhm weiter erklärte, war es seine Absicht, sich ganz auf den Fuss der Marchand'schen Gesellschaft zu stellen, die viele Jahre nicht nur mit Beifall hier gespielt, sondern auch die Achtung Aller erworben und einen löblichen Rath nicht mit Schulden behelligt hätte.' Diese Bemerkung bezieht sich auf den Schauspieldirektor Abel Seylcr, der Ende der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hier spielte und wegen geringen finanziellen Erfolges Schulden hinterliess und auch anderen Verpflichtungen nicht nachkam.

Augenscheinlich war Böhm ein ungemein geschäftskundiger

und unternehmender Mann. Er ist es, der zuerst seine Vorstellungen regelmassig in den bedeutenden hiesigen Blättern, im »Staatsristretto« und in der »Obcrpostamtszeitung« bekannt macht und auch sonst die Presse auf alle mögliche Weise benutzt, um die Aufmerksamkeit auf sein Theater zu lenken. Als es sich um einen Pächter für das neu erbaute Komödienhaus handelte, war Böhm einer der Bewerber, der dem Rathe sehr vortheilhafte Vorschläge machte. Man schien sich auch bei Rath emstlich mit seinem Anerbieten zu beschäftigen,* zog ihm aber doch schliesslich den hiesigen Bürger und Waldeckischen Hol'rath Tabor vor. Die Gunst der Väter der Stadt scheint Böhm nach wie vor in hohem Grade besessen zu haben. Er wurde keines- wegs zurückgestellt und spielte anfangs der achtziger Jahre abwech- selnd mit der Kur-Kölnischen, späteren Grossmännischen ^ Gesellschaft im neuerbauten Komödienhause.

Da Böhm die Aufführungen neuer Stücke meist sehr pomphaft ankündigt und ausserdem kein Lockmittel der Presse verschmäht, was damals noch etwas Auffallendes war, so könnte man ihn leicht für einen Reklamehelden ersten Ranges halten. Allein neuere Forschungen haben ergeben, dass sich bei ihm ein tiefes Kunstverständnis mit dem Sinne für geschäftliche Erfolge paarte. Er war nicht nur Sänger, Schauspieler und Schauspieldircktor, sondern auch selbst Komponist. Von ihm rühn die Musik zu den Singspielen »Das Muster der Liebea, »Die Br.uit im Schleyer«, »Philander«, »Die zwei Schwestern«, »Felix« und »Philemon und Baucis« her. Auch werden ihm die Opern »König Theodor in Venedig«, und »Der Barbier von Sevilien« zugeschrieben, die aber von Paisiello komponirt und von Böhm sicher nur ins Deutsche

niciida, Sept. 1779.

* R.itlisprotoknil, 10. Januar 1782.

} Grossroann steht auf den Theaterzetteln, nach anderen Mittheilungen wird Jcr Narae Giosmann geschrieben. Wir halten uns an die hiesigen Quellen.

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übersetzt wurden.' Viel höher als Böhms eigene schöpferische Thäti gkeit» die heute kaum noch erwähnenswerth erscheint, muss man das Feinge- fühl anschlagen, das er bei der Auswahl der von ihm zur Darstellung gebrachten Opern, Operetten, Trauerspiele und Lustspiele bethätigte. Nicht nur »das Neueste, sondern auch das Beste« suchte er dem hiesigen Publikum vorzufuhren, ohne deshalb immer in erster Linie den finanziellen Erfolg ins Auge zu fassen. Während seiner viel- jährigen hiesigen Kunstthätigkeit hat er zuerst Mozans und Glucks Opern' und Singspiele, Shakespeares Dramen und die lesten neueren Tragödien und Lustspiele zur Darstellung gebrachL Böhm war mit Wolfgang Amadeus Mozan näher bekannt, welcher letztere 1790 während der Kaiserkrönung Leopolds II. in einem Hause mit ihm wohnte und in künstlerischer Beziehung damals ungemein von ihm gefördert w urde.* In der Ostermesse 1782 eröffnete Böhm seine Bülinc mit Mo/ans Jugendwerk »Sandrina oder die verstellte Gin- nerin«. Jahn, Mozarts verdienstvoller Biograph, nimmt an, dass dies Singspiel erst 1789 in Frankfurt gegeben worden wäre/ illcin bis zu diesem Jahre l.issen sich bereits eine ganze Anzahl Aulführungen des- selben nachweisen. Ursprünglich war das Stück nach einem von Anfossi bereits verfassten italienischen Text 1775 für den Carneval in München komponirt, aber später deutscli bearbeitet worden. Wenn Jahn es für unwahrscheinlich hält, dass Mozart, der an der Bear- beitung seines Werkes betheiligt war, diese erst 1789 vornahm und ferner vermuthet, dieselbe müsse damals schon irgendwo gegeben worden sein,^ so zieht er also einen ganz richtigen Schluss. Weil ferner das Singspiel 1781 zuerst unter Mozarts Werken Erwähnung findet und 1 782 bereits von Böhm hier gegeben wird, so dürfte wohl kaum eine frühere Aufführung nachzuweisen und die Frage nicht ohne Berechtigung sein, ob wohl Mozart, der sich doch 1779, als Böhm

' Nach den Theaterkaien dcrn, herausgegeben von Reichard (Gotha bei Karl Wilhelm Ettinger). Die von 1775 bis 1800 erschienenen Theater -Kalender von Reiwhard geben eine Uebcrsicht der tur die Bühne arbeitenden Tonkünsiler und ihrer WeHce.

* E. M«itzd, Glucks bedeutaide Opern zum ernenmale auf der Frankfuner Bühne. Frankfurter Herold Kleine Chronik, III. Jahrgang, No. 49 und 50 vom

lä. und 25. Juli 189«).

> E. Mentzel, Mozart in hrankturt vor hundert Jahren, im I rankfurtcr ücncral- Anaeiger vom 15. und 16. Oktober 1890.

* O. Jahn. W. A. Moaan, Leipzig, Breitkopf und Hirtel, i8s6, 1. Band, S. }6J.

i Hbenda, }66.

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mit seiner Truppe in Salzburg spielte, dort aufhielt, nicht vielleicht auf Anregung des letzteren die deutsche Bearbeitung des Singspiels veranlasste. Der wichtige Theaterzettel zu der ersten Aufföhrung des Singspiels in Frankfurt hat sich erhalten und ist in den Beilagen unter Ko. I mit dem Repertoire Böhms im Jahre 1782 nebst einen Macbeth-Zettel aus jener Zeit buchstabengetreu wiedergegeben.

Trotzdem bereits früher darauf aufmerksam gemacht wurde, dass Scbillcfs Räuber noch in demselben Jahre hier in Scene gingen, in dem auch in Mannheim die erste AufFfihning derselben stattge* funden hatte»' trotzdem sogar die hiesige Bühne am 20. November 1882 den hundertjährigen Geburtstag der Premiere von Schillers Erstlingswerk in Frankfurt durch eine treffliche Wiedergabe des* selben feierte» ist doch in eine neuere verdienstvolle Schillerbiographie derlmhum übergegangen, die Räuber seien erst 1788 mit Unzelmann als Franz Moor zum erstenmale hier gegeben worden* Dieser Vor» Stellung, die zweifellos eine vorzügliche war, gingen aber bereits mehrere frühere Aufiiihrungen in Frankfurt voraus. Nur die Leip- ziger und Hamburger Bühnen, auf denen die Räuber Ende September 1782 gegeben wurden,' und Mainz sind unserem Theater zuvorge« kommen. Der Vorstellung des Stückes in Mainz, die auch durch die Böhmische Truppe erfolgte und der Darstellung des Stückes in Frankfun unmittelbar vorausgegangen sein muss, wird in der Anzeige Böhms zu den Räubern in der »Oberpostamtszeitung« vom 19. November 1782 (No. 185} Erwähnung gethan. Böhm spielte im November und Dezember dieses Jahres abwechselnd mit seiner Truppe in Mainz und Frankfun und erliess im oben angegebenen Blatte folgendes Inserat:

»Die Schauspielergesellschaft unter der Direktion des Herrn Böhm wird lieute aufzuführen die Ehre haben: Ein grosses neues, noch auf keiner anderen als der Mannheimer National Schaubühne und in Mainz gesehenes, von Herrn Friedrich Schiller vcrfenigtes Original-Trauerspiel in fünf Aufzügen »Die Räuber.«

Die nämliche Ankündigung findet sich auch in dem »Frank* funer Staatsristretto« (No. 182) vom 18. November 1782, nur ist in derselben von den Vorstellungen in Mannheim und Mainz keine

* E. Mctttzel, GcscMchte der Schauspidkunst in Frankfurt a. M., S. $9}, und Feuil]<!ton der Frankfurter Zeitung vnni 19. Nov. 18X2, No. )3i. ' j. Minor, .Schiller» sein Leb«n und seine Werke, S. 409. ) Hbenda, S. 40^.

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Rede, statt dessen wird aber am Schlüsse gesagt, dass das Trauer- spiel von »dem berflhmcen Friedrich Schiller« sei. Da Böhm öifcntUcb nur von einer Aufführung der Räuber in Mannheim und Mainz spricht, wussie er sicher nichts von den Vorstellungen des Stückes in Leipzig und Hamburg, die in der Zwischenzeit stattfanden. Dieser Umstand erhöht aber nur sein grosses Verdienst, die l-'rankfurter als- bald nach der Mannheimer Aufführung mit den: genialen Erstling Schillers bekannt gemacht zu haben. Eigentlich hätte ihm der Direktor der Kur-Kölnischcn Gesellschaft, Grossmann, der ein grosser Buhnen> kenner und selbst Dramatiker war, das Verdienst vorweg nehmen müssen. Seit dem 3. September 1782 spielte dieser ja auf der Bühne des neuen Komödienhauses, deren Einrichtungen und für die damalige Zflr prächtige Dekorationen den würdigen Rahmen für das gewaltige 'I riuicrspiel hätten abgeben können. Allein in diesem Falle Hess sich der sonst höchst regsame Grossmann eine Unterlassungssünde zu Schulden kommen, die ihn in den Annalen der Frankfurter Theater- geschichte um die Ehre brachte, seinen Namen für immer mit der ersten hiesigen Aufführung der Räuber verknüpft zu haben. Vielleicht erscheint Grossmanns Verhalten etwas begreiflicher, wenn man die Wirkung bedenkt, welche die Räuber im öffentUchen Leben hervor- riefen. In Leipzig verbot der Magistrat weitere Auflührungen des Trauerspiels, weil eine Anzahl Diebstähle, die im Theater und in der Stadt ausgeführt wurden, schon nach der zweiten Aulführung des Stückes die Befürchtung erweckten, als ob die Leipziger Studenten Lust empfanden, sich auch w ie eine Räuberbande zu benehmen. Auch in mancherlei anderen Beziehungen zeigte sich der Hinfluss der missverstandenen Räuber in den abenteuerlichen Handlungen ver- schiedener Personen.' Besonders waren es Scliuljungen, die Ver- schwörungen anstifteten und als Räuber zu Fuss die Welt durch- wandern wollten, und kaum erwachsene Jün^'hnge, deren phantastischer Sinn zu einer Nachahnuini' K irl Moors drängte. Berichte über allerlei durch die Räuber erregte Aergernisse waren zw-eifellos auch bis zu Grossmann gedrungen und hatten ihn von einer Auriuhrung des Stückes im neu erbauten Komödienhause absehen lassen. Seit der ersten Aulführung des »julius von Tarent« von Leisewitz in l-r;ink- furt am 28. März 1780, die für Grossniann und seinen Mitdirektor Hellmuth wegen der in dem Stücke in vollem Ornate aufgetretenen Bischöfe und Geistlichen sowie wegen »anderer schändlicher Frcch-

Minor S. 411.

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hattan grosse UnairaebmUcbkeiten im Gefolge hatte,' scheint der erstere in der Auswahl der von ihm gegebenen Stücke sehr ängst- lich gewesen zu sein. Doch auch noch ein weiterer Grund mag bestimmend auf Grossmann eingewirkt haben. In der ersten Zeit, als auf der neuen Bühne gespielt wurde, gab es wegen baulicher Veränderungen und nachträglich vorgebrachter Begehren seinerseits noch verschiedene kleine Reibereien zwischen ihm und dem Rathe,' die den Direktor nöthigten« in seinem sonstigen Verhalten doppelt vorsichtig zu sein. £s erscheint also ganz begreiflich, dass er die Auflührung eines Stückes hinausschob, dessen Wirkung auf die breiten Massen des Volkes, vorzüglich aber auf die Jugend, eine so gewaltige war. Grossmanns augenscheinliche Vorsicht vergrössert aber noch das Verdienst Böhms, der sogar seine Vorstellungen im neuen Komödienhause mit dem berühmten und berüchtigten Stücke Schillers eröffnete.

Ueber jene erste Aufführung der Räuber in Frankfurt am 19. November 1782 fehlen leider jegliche verbürgte Nachrichten. Auch sind wir nicht im Stande gewesen» den Zettel zu derselben ausfindig zu machen. Wahrscheinlich ist er 1785 im April bei dem grossen Brande im Schauspielhausc mit anderen für Frankfurts Theatergeschichie höchst werthvoUen Programmen, sonstigen Druck- sachen und Dokumenten vom Feuer verzehrt worden. Aber aus der Besetzung anderer Stücke und einem Berichte über die Böhmische Truppe aus jener Zeit kann man mit einiger Sicherheit schüessen, wer hier zuerst die Hauptrollen in dem Trauerspiele »Die Räuber« darstellte. Nach dem bereits erwähnten Berichte bestand die Gesell- Schaft, als deren Aufenthalt Mainz, Frankfurt und Köln angegeben wird, Ende 17S2 und im Jahre 1783 aus folgenden Mitgliedern:*

Priniipa] Herr Röhm, Mu«kdirelctor Herr Hofanusikus Höfclfneyer, Korrepetitor Herr Meyer. Aktrizcn: Mad. Böhm, die ersten Mütter, Heldinnen und grossen Karaktcrrnüon im Lust- und Trauerspiel, komische Mütter und affektirte Damen im Singspiel. Mams. Naooette Böhm junge zärtliche Mäddien im Lustspiel nnd angehende Uebhabcrinaeii im Siiigs|^ Mams , Jeanette Böhm KioderroUen. Mad. Christel vertraute Frauen, Mfitter und taiuct. Mad. Dicstcl Soubretten, Bauernmädcliciis. singt und tanzt. MjJ. Engst Soubretten, kleine RoUeo im Singspiel. Mad. Gatto die ersten Liebhaberinnen im Lu»t-

* Näheres; über diese Vürilcllung in Geschichte der Schauspielkunst m Frank- furt a. M., S. 587 if.

* Rathsprotokoll, 10. und 12. September 1782.

' Theaterkalender auf das Jahr 1784 mit dem 0ilde Ifliands» herausgegcNn

von Reichard, S. 329 f.

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und Tt.uicrs[iicl. Koqucticii. Mains. Jonassoti die ersten IJebhaberinncii im Singspiel, naive unscInilJij^e RnMcn im I.iist- und Trauerspiel. Manis. Jo- na&son {il. -) die jüngeren Kinderrolleu. Mad. Muilcr, erste Soubretten, ver- traute Frauen» tanzt Mad. Rothe Liebhaberinnen im Lost- und Trauerspiel, junge Weiber und muntere RoUen im Singsfuel.

Akteurs: Herr Bilau die ersten Liebhaber, Helden und Bösewiclr.cr im Lust- und Trauerspiel, auch KarrikaturroIIen im Singspiel. Herr Böhm V.itcr, KarakterrnHe^n 'im I.ust- und Tr;nter<^piel, Liebhaber, komische Bediente im Singspiel. Herr t^lliristel zartiiciie Vater. Moos. Christel KiiiUcrrolIai. Herr Diestel Liebhaber und brOske Milhärrollen. Herr Engst, der ähere, Neben« roUen. Herr Kngst, der jüngere. Bediente und Juden. Herr Flaninunn Be- diente, kleine Rollen im Singspiel. Herr (..itto ernsthafte Liebhaber, l'lülo- sophcn, auch Hollen im Singspiel. Herr Cirunbcrg die ersten Liebhaber im Singspiel. Herr Jonasson polternde Alte, Karakterrollen. Herr Kleebcrgcr Notarien, Bauern, auch komische Bediente int Singspiel. Herr Müller Lieb- Itaber im Lust- und Singspiel, Bösewichter und Deutschfran/.isen. Herr Rothe beste Väter ini Sitii-^piel, Karrikaturen im Lustspiet. Balletmeistcr Herr Amor, Soutieur Herr Ricgler, Mahler Herr Mcnzlcr.

Da Bilau cl.us Fach der ersten Helden imei Liebhaber innc hatic imd 1782 den Herzog Albrecht in dem Trauerspiel »A^iies Bernauerino von Graf Tliörring und den Üiio von Wiitcl.sbacli in der yleich- namigen Tragödie von Babo, überhaupt alle tragischen Helden, » lunoic Charaktere« und ersten Liebhaber spielte, so kann kaum ein /weite! darüber wallen, dass er der erste Karl Moor der 1 rankluncr und Mainzer Bühne gewesen ist. Herr Müller, der wie Madame Gaitt» im Herbste 1782 zur Bohnii.schcn Truppe gekommen sein muss und jugendliche Iniriganien darstellte, durfte seinem Fache nach zu urtheilen hier den Franz zum crstcnmale gespielt haben. Mad. Gatto, an Stelle der Mad. Schouwart en_«;auirt, war zwcitellos die Amalia. Sie spielte ja auch die Emilia Galoiti, die Lanassa in dem IMüniickc- slIili, SiLukc ^.ci^lien Namens und die Beatrix in »)G>ttü von W'ittcls- bach«. Wenn wir, ^^estützt aut die gleichzeitige Besetzung anderer Stücke und die Mutheilung über die Rollenfächer der einzelnen Darsteller der Böhmischen Truppe, nun noch annehmen, dass Böhm den alten Moor, Christel den Diener Daniel und Diestel den Spiegelberg oder Schweizer gegeben hat, so dürfte eine etwaige Auffindung des Zettels der ersten Vorstellung der Räuber in Frankfurt beweisen, dass wenigstens in Bezug auf die Hauptrollen unsere Schlüsse keine trügerischen gewesen sind.

In welchen Kostümen die Räuber damals hier aufL;eliihrt wurden, bleibt leider unentschieden. Weil aber l^i)hm in der Anzeige ni der »( )berpüst.inuszcitung« aut Mannheim hinweist, wird er sich wohl in jeder Beziehung nach der dortigen Vorstellung gerichtet haben. Dort

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wie hier sind wohl die Gestalten des Trauerspiels nicht \^*ie in Leipzig in modernen Anzügen,' sondern im KostOm 4er Zeit des ewigen Landfriedens auf der Bühne erschienen.

Wenn wir dieser ersten Auffabrang der Raub«r in Frank tun am 19. November 1782 gedenken, werden wir unwillkürlich daran erinnert, dass ct\va.s mehr als einen Monat frQher der flüchtige Rc- gimentsniedikus Friedrich Schiller mit seinem treuen Freunde Streicher in einem Gasthofe in Sachsenhausen der Mainbrücke gerade gegen- über ' wohnte, um in verborgener Stille eine bessere Wendung seines Geschickes abzuwarten. Schiller hatte kurz vorher durch seine Flucht aus Stuttgart nach Mannheim mit allen Verhältnissen gebrochen und durch einen kühnen Entschiuss seinem Leben eine neue Gestalt gegeben. Aber schon in Mannheim and noch mehr hier tn Frankfurt musste er erkennen, dass derjenige oft em wahres Martyrium auf sich nimmt, der standhaft und beharrlich bestrebt ist, auch ohne sichere Unterlage, ja sogar im Kampfe mit Gesetz und Recht, ein grosses Ziel zu erreichen. Aus innerer \othwendigkcit hatte Schiller seinem Talente dies Opfer gebracht, er war wie Karl Moor in ein fremdes unbekanntes Land hinausgezogen, aber wie sein Held musste auch er bald die bitteren Folgen dieses Schrittes kennen lernen. .Schillers Herz war krank wie sein Beutel, als er an jenem heiteren Oktober- abend des J ^^res 1782 das thurmreiche 1 rankturt sich vom dammrigen Himmel abheben sali und bald darauf mit Streicher in den schlichten Gasthof in Sachsenhausen einkehrte. Trotzdem »Doktor Ritter«, wie Schiller sich seiner Sicherheit wegen nannte, und Streicher sich spärlich einrichteten und i!en Betrai; tur das Zinniier und die Kost sofort mit dem Wirthe vcreuibarien, wursten beide doch, dass ihr Geldvorrath nicht lange ausreichen werde. In solcher Koihlage, die tur Scliillers edles Geniüth durch die in Stuttgart zurückgelassenen Schulden noch druckender wurde , demuihigie dieser seinen Stolz und bat den Intendanten v. Dalberg um Hülfe. Für die dreihundert Gulden, die der junge Dichter zur Regelung seiner Verhaltnisse haben mochte, bot er den Fiesko an »und lalls dieser nicht ausreiche, auch das nächste Stück, das er schreiben werde«.

' Minor II, 9.

- Nach unserer Ansicht im »Storch« in der Brückenstrasse und nicht in den ••dret Rindern«, weil man von diesem Gasthofe aus keinen freien Blick auf die Mainbrückc haue, sondern m Jic Brück cnstrasse schaute. Streicher nennt die »drei Kinder« nicht, schreibt aber, dass eine Wohnung der Mainbrücke g^genOber ge- wählt wurde.

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Dieser mit geprcssrcni Herzen und feuchten Augen geschriebene Briet, dessen Inhalt in der That Verehrung vor dem Charnkter des genialen Jünglings abnöthigt, blieb ohne Erfolg. Obwohl Herr v. Dalberg das Manuscript des Fiesko bereits in Händen hatte, leistete er doch keinen Vorschnss, weil d.is Stück in seiner jetzigen Gestalt nicht brauchbar sei und erst umgearbeitet werden müsse, ehe er sich weiter entschliessen könne. Zwischen dem Abgang seines Briefes an Dalberg und dem Empfang von dessen Antwort verlebte Schiller, wenn auch nicht sorgenfreie, so doch anregende Tage hier in Frank- furt. Die Einzelheiten seines damaligen Aufenthaltes, die Eindrücke, die er auf der Mainbrücke und in Goethes verkehrsreicher und historisch bedeutender Vaterstadt empfing, sind durch die Schiller- biographien zu bekannt, als dass sie hier nochmals Erwähnung zu finden brauchten. Wir haben nur daran zu erinnern, dass Schiller von einem hiesigen Buchhändler Näheres über den guten Absatz der Käuber und das ausserordentlich günstige Unheil de^ Frankfurter Publikums über »das berüchtigte Schauspiel« erfuhr, und müssen ausserdem noch aui eine wichtige Thatsache autmcrksam machen. Schiller hatte bereits in Mannheim den Hntschluss gefasst, ein bürger- liches Trauerspiel zu schreiben, hier in I r u l t.:rt stiegen die ITiupt- momente zu demselben und Jic dunklen L ;ii risse seiner GestaliLn aus den Schleiern des Grams, den die bitteisie Xoth auf seine Seele gc^ LI haue, in scharfer Deutlichkeit hervor, l:s ist eine seltsame I-ügung, dass dies bürgerliche Trauerspiel, das wir unter dem Xaiiieü »Kabale und Liebe« kennen, seine erste Autluhrung später dann auch in Frankfurt, also an dem Orte erlebte, wo Schillers Geist unter dem Drucke harter Verhältnisse die tiefsten dichterischen Eingebungen für dasselbe empfing.

Milte Oktober 1782 verliess Schiller Frankfun wieder mit dem treuen Streicher, der das Geld zur eignen Ausbildung dreissig Gulden, die ihm die Mutter geschickt für den bedrängten genialen Freund aufgeopfert hatte. Was das Theater an Deutschlands grösstem Dramatiker sündigte, machte dieser treue Pylades wenigstens einiger» massen wieder gut. Wenn es damals schon sichere und gute Tan- tiimen gegeben hätte, wie heut zu l äge, dann hätte der Dichter der Räuber gewiss nicht nöthig gehabt, die Opferwilligkeit Streichers bis zum äussersten för sich in Anspruch zu nehmen. Abgesehen von den AufFlihningen des Trauerspiels in Mannheim hätten ihn die Vor- stellungen desselben in Leipzig und Hamburg dann aus jeder Noth* läge befreit. Unter unseren Zeitverhältnissen würde vielleicht auch ein Vorschuss auf die bevorstehenden Auffbhrangen der Räuber in

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Mainz und Frankfurt der Befreier von schwerem Druck gewesen sein. Aber bei den damals herrschenden Zuständen im heiligen römischen Reiche deutscher Nation konnte ein Dichter noch verhungern, dessen Werk vergriffen und bereits ein Repertoirestück der deutschen Bflhne geworden war. Ob wohl Schiller während seines hiesigen Aufent- haltes im Oktober 1782 einmal mit Streicher im neuen Komödien- hause gewesen ist? Da beide Freunde nur das Nöthigste für ihren Unterhalt besassen, wäre an einen Besuch des Theaters nur zu denken, wenn Grossmann Freibillets gegeben hätte, was damals freilich noch sehr selten geschah. Trotzdem gerade in der ersten Hälfte des Oktober 1782 verschiedene damals sehr beliebte Stücke gegeben wurden (ütht Beilage IV), müssen wir um so mehr an einem Theaterbesuch der beiden Freunde zweifeln, weil Streicher nichts davon erwähnt, der sonst diesen Frankfurter Aufenthalt doch ein- gehend und liebevoll bis ins Kleinste geschilden hat. Zu jener Zeit stand wohl Schiller auch noch nicht in brieflicher Verbindung mit dem Theaterdirektor Grossmann.

Von dem jungen Dichter selbst kehren wir zu seinem Erstlings- werk zurück.

Am 50. Januar 1783 fand eine Wiederholung der Räuber in Frankfurt statt. Minor theilt in seinem »Schiller« mit, dass an dem- selben Tage die erste Vorstellung des Trauerspiels in Mainz statt- gefunden hätte.' Hier muss der Gewährsmann für jene Angabe sich zweifellos im Datum geirrt haben. Wie bereits früher erwähnt wurde, spielte Böhm im Winter 1782—83 abwechselnd in Mainz und Frank- Airt. Da er am 50. Januar das Stück hier gab, muss also die Vor- stellung desselben in der rheinischen Schwesterstadt unbedingt an einem anderen Tage gewesen sein. Die Annahme, dass vielleicht eine sonstige Truppe das Trauerspiel am angegebenen Tage in Mainz aufgeführt hätte, ist vollständig ausgeschlossen. Nach den Mittheilungen der Geschichtsschreiber des Mainzer Theaters spielte damals nur die Böhmische Gesellschaft dort,' die ihre Vorstellungen in dem einzigen Lokal für derartige Zwecke, in der zum Theater eingerichteten Reitbahn auf der mittleren Bleiche gab. Aber für die Theatergeschichte von Mainz ist es von Wichtigkeit, dass die im

Minor S. 408.

* Cbronologisehe Gesdikhie der Mainzer BOhne von Niklas MüHer, ent- halten in »Rhenus», Sonnugs-Blatt für Literatur, Kunst uiul Bur^crlcbcn", Heilage xur Neuen Mainzer Zeitung No. 15-41» und Jacob Pcth, Geschichte des Theaters und der Musik in Mainz, 5. 64 fr.

2JO

Januar 1783 stattgehabte Aufführung der Räuber gar nicht die erste des Stückes in dieser Stadt gewesen ist. Dieselbe fand bereits vor der ersten Vorstellung des Trauerspiels in Frankfurt (19. Nov. 1782), vielleicht am Anfang dieses Monats oder gar schon im Oktober stan. Da Tlieaier/cttel aus jener Zeit nicht erhalten sind und in dem »Mainzer Tageblatt« und anderen Blättern sich keine Ankiindigungoi zu Böhms Vorstellungen finden, Hess sich trotz der \verkthatii;sten Unterstützung des Herrn StadtbibHoihekars Dr. Velke und des Herrn Bibliothek-Sekretärs Börl; ' in Mainz der Tag der ersten Räuber- vorstellung in dieser Stadt nicht feststellen. Dessen ungeachtet bleibt es aber für Mainz von grosser Bedeutung, dass es nach Mannheim die erste süddeutsche Stadt war, wo die Räuber in Scene gingen. Auf Mainz folgt dann unmittelbar Frankfurt.

Zu der zweiten Vorstellung von Schillers Erstlingswerk erliess Böhm in den hiesigen Blättern folgende Anzeige, die hier nach No. 16 des »1-rankfurterSuats-Ristretto« vom Dienstag, den 28. Januar 1783, buchstabengetreu wiedergegeben ist.

»Die Scluuspkter-GesdJschaft, unter der Direktion des Herrn Böhm.

wird Donnerstags Josten aufzuführen die Ehre luben : I*in i^rosses neues, noch auf keiner anderen, als der Mannheimer Nation.il-Sch.iubulip.e, in Mii>-nz und hier cinnul gesehenes, von Herrn Friedrich Schiller vertertigie» Orgioal- Trauerspiel, in fünf Aufzügen genannt: Die Räuber. Vorbcricht:

Das heutige, im Geschmack des berähmten englischen Dichters Sbakc* spears geschriebene Trauerspiel, verdient nach Aussage aller Kenner neben Hamlet, Makbcth, Lear etc. un<;treitig seinen Platz. Die erhabensten Ausdrückt, die grauenvollsten Situationeu, die ausserordentlidi gezeichneten Charaktere zeigen aller Orten das feurige Genie eines jungen Dichters, der einst der deutschen Bühne Metstcrst&cke liefern, und ihr das seyn wird, was Shakespeare der Fnglischen war. Die Verzierungen der Sduubfihne und das KoNtüme der Kleider wird der Zeit uuJ Jcni Ort voilkoninicn anj^omesscn seyn und wir schmeicheln uns, die üutriedcnheii unserer verehrungswürdigen Göiuia und Freunde und ihren schäiabarsten Beyfall zu verdienen.

Da das Augenmerk des Direkteurs der Schauspiele Böhms, immer auf das Vergnügen eines verehrung^werthen Publikums gerichtet ist; so w-ird dessen Gesellschaft die heute versprochenen Räuber erst Uebcmiorgen. Donners- tags den $0. Jänner, zu geben die Ehre haben : Um das Dienstags in i rdiu- furt zu gebende Fest eine»theils nicht zu stöhren, andern ThcUs denenjenigen Gönnern, die dabey sind, die Vorstellung des beliebten obbenannten Trauer- spiels nicht zu entziehen.«

Wiewohl dieser Bericht den Zweck hatte, das PuhUkum anzu- ziehen und sich dem Inhalte nach an zeitgenössische Beurtheilungen der Räuber anschUesst, so unterscheidet er sich düdi durch seinen Ton und L in:,;!!!' so wesentlich \on anderen Ttieateranzeigen Böhms, dass man deuiliLÜ merki, dieser wollte etwas ganz Ausserordcnihchcs

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ankündigen. Auch die Verlegung des Stückes vom 28. aut den 30. Januar liefert einen weiteren Beweis für diese Annahme. Zwar war der 28, Januar kein christlicher Feiertag, aher es fand an dem- selben die öffcntliclie Preisvertheilling der hiesigen Cöntgenschen Zeiclien-Akademie itn Concert-Saale zum Junghofe statt, deren pomp- hafter Feier ein grosser Theil der hiesigen Kunstfreunde und der besseren Gesellschaft beiwohnte. Die l'rankfurter »Oberposiamis- zeitung« vom 31. Januar 1783 No. 17 berichtet, es seien bei dieser Preisvertheilung, die auf Grund von Hntsciieidungen der Chur- ptal/jschen Akademie in Mannheim erfolgte, naliexu t.uisend Zuschauer, darunter die vornehmsten Mitglieder des Magistrats sowie eine Menge iiicsiger angesehener Standespersonen, gegenwartig gewesen. Iis wäre deshalb höchst unklug von Böhm gewesen, wenn er an einem solchen Tage ein Stück hätte geben wollen, auf dessen wiederholte Aufführung hiesige Kunsttreunde augenscheinlich mit Spannung warteten. Der Aufschub crtülgte wohl auch aui den Wunsch von Thcaterliebhabern, die der Feier in der Akademie beiwohnen, aber dadurch nicht ver- hindert sein wollten, die Vorstellung des beliebten Trauerspiels mit anzusehen. Nach dem damaligen Theatergebrau^h bcg.ii.ir, diLi^elbe schon um sechs Uhr, also zu einer Zeit, in welcher der sogar »unter Trompeten und Paukenschall« abgehaltene leierliche Vorgang in der Akademie noch nicht zu Ende war.'

Ob nun der zweiten Aufführung der Räuber in Frankfurt ebensoviel Leute beiwohnten wie dieser in höchst auffallender Weise in Scene gesetzten Freisvenheilung muss dahin gestellt bleiben. Da die Zeitungen damals nur ausnahmsweise kurze Nachrichten über theatralische Ereignisse bringen und seit dem Eingehen der »Frank- furter Beyträge zur Ausbreitung nützlicher Künste und Wissen- Schäften« 1780 in einem Zeitraum von sieben Jahren keine kritisch ästhetische Wochenschrift mehr in Frankfurt erschien, die sich auch mit dem Theater beschäftigte, so fehlen leider regelmässige Berichte ober die hiesigen Aufitihrungen in den ersten Jahren der ständigen Böhne. Erst 1788 erschienen wieder »Dramaturgische Blätter« über

Eine genau« SdiUderuag dieser Festlichkeit ist endialtea in dem Aufsatz »Eine Frankfurter Kunsukademic im achtzehnten Jahrhundert« in »Ueber Kunst, Künstler und Kunstwerke« von Professor Dr. Veit Valentin, Frankfurt a. M. 1889, S r^j— 146. Weitere Nachrichten überdies" Ak.iJemic in der Abhandlung »Frank- I urtcr Akadcmiebcbtrebungcij im aclitzclintcn Jaiirliundcrt» von Professor Dr. Veit Valentin im Archiv (ur Frankfurts Geschichte und Kunst, Dritte Folge» Zweiter Band. S. 290^512.

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lias hiesige und das Mainzer Theater, deren erster Band der Frau Rath Goethe gewidmet ist. Allein ancb diese Zeitschrift hatte kein besseres Schicksal wie die von Seyfried and Rflhl herausgegebenen »Frankfurter Beiträge.« Mit dem Ende des zweiten Jahrgangs

gingen die »Dramaturgischen Blätter« wieder ein, deren Herausgeber, Professor Aloysius Wilhelm Schreiber, mit den Herrn und Damen der hiesigen Bühne auf sehr gespanntem Fusse stand. Am 6. September 1788 wurde Schreiber sogar in einer in die Operette »Die Liebe im Narren- hause« eingeflickten Scene öffentlich verspottet. Der Verfasser der- selben, der Theaterdichter des Mainz-Frankfurtischen Nationahheaiers Dr. Schmieder, wird in der Besprechung dieser Vorstellung in den »Dramaturgischen Blättern« von Schreiber ein »Dichterling« genannt, »den Apollo im Zorn zu einem seiner Nachtwächter auf dem Helikon gemacht bat.« Auch die Schauspieler Böheim und Walter, die zwei Narren darstellten, werden lächerlich gemacht und in spöttischer Weise wie ächte Tollhauskandidaten hingestellt. Wie die Kritiken von Schreiber Über damals moderne Bühnenwerke, besonders aber seine Besprechungen klassisclier Dramen und seine Abhandlungen über die Schauspielkunst und ihre Bedeutung beweisen, war er ein hochgebildeter Mann, der ein feines Verständnis für das Bühnen« wirksame besass, sein Richteramt gerecht verwaltete und in der That zu verwirklichen suchte, was er im ersten Stück der »Dramaturgischen Blättere? (2. Juli 1788) in seiner Anrede an das PubHkum versichert hatte: »Meine Absicht ist, Geschmack und Kritik allgemeiner zu ver- breiten und zur Vervollkommnung in der Kunst mein Schärilein bei* zutragen.«

Was die Oper betrifft, so scheint Schreiber in veralteten An- sch.iuiin<^en befangen und in seinem Unheil keineswegs massgebend gewesen zu sein ; wenigstens beweisen seine Kritiken über Moznns Opern, dass er nicht im Stande war, den herrlichen Tonschöplunucn des grossen Meisters die rechte Würdigung entgegen /u bringen. Desto sicherer war sein Blick für die jMängel und Vorzüge der dar- stellenden Künstler, üeber Herrn Bilau, den ersten Karl Moor der I rankturier Bühne, der lange Jahre bei der Böhmischen Truppe war» äussert sich Schreiber äusserst günstig. Bei Gelegenheit der Be- sprechung der »Erwine von Stcinheinv, 'IViiierspiel von ßlumauer (Dramaturgische Blätter, zweiter Jahrgang, erstes Quartal, zehntes Stück vom 4. Juni 1789) rühmt Schreiber, dass BÜau in der Rolle des Urach »den Anstand und das ungestüme Feuer eines Ritters aus dem Mittelalter« gezeigt habe. »Sein Blick ist voll Ausdruck«, be- richtet er weiter, »er weis malerische Stellungen anzubringen, ohne

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es darauf anziileqcn.« Noch mehr hebt Schreiber den Heldendarsteller Bilau in tuicr C1i:j .iktcrisiik licr gesaniniicn Böhmischen Gesellschaft hervor. »l:r behauptet unstrein*; den ersten Kang in dieser Gesell- schaft«, heisst es ini üreizciiijicn Stück der »Drauiaturgischen Blätter« vom 2$. juni 1789. »Was ein ungenannter irgendwo von Reinike sagt, gilt auch von Herrn Bilau. Die Natur hat für ihn sehr viel gethan und seine glücklichen körperlichen Anlagen verbunden mit feinem Gefülil setzen ihn in den Stand, verschiedene^ oft entgegen- gesetzte Rollen auch ohne ein defes Studiam der Kunst gut zu spielen. Sein Feuer strömt gewaltig in leidenschaftlichen Scenen, aber es reisst ihn bisweilen Ober die Grenzen der schönen Natur« etc. Da Bilau auch von anderen Kritikern als guter Schauspieler, dem in seinen Rollen »Figur und Anstand sehr zu statten kommen«, anerkannt wird»' so darf man schliessen» dass er für die Rolle des Räubers Moor wie geschaffen war. Bilaus Aeusserlichkeit passte sicher besser für die Lieblingsfigur des jugendlichen Dichters als die des Herrn Böck von der Mannheimer Bühne, der nach dem eignen Ausspruch Schillers »nicht genug Person fOr die Rolle hatte«.'

Böhms Anzeige zur zweiten Auffährung der Räuber in Frankfurt, die wohl auch als Avenissement oder Vorbericht auf dem Zettel stand, müssen wir trotz ihrer Anlehnung an andere damalige Be- sprechungen des Stfickes als die erste hiesige Beurtheilung eines Schillerschen Bühnenwerkes auffassen. Sie enthält einen Hinweis auf die künftige Bedeutung Schillers als dramatischer Dichter, der merkwürdig genug klingt und nochmals hervorgehoben zu werden verdient. In keiner der zeitgenössischen Kritiken über die Räuber, die uns bekannt geworden sind, ist mit solch prophetischer Sicher- heit ausgesprochen, was der junge geniale Dichter dereinst für die deutsche Bühne bedeuten wird, als in dieser beachtenswerthen Theater- anzeige vom 28. Januar 1783.

Im Laufe dieses und des folgenden Jahres wurde das Trauerspiel nicht mehr in Frankfurt gegeben. Da in einem damaligen Berichte über die von der Grossmännischen Gesellschaft neu aufgeführten Stücke auch die Räuber genannt sind, fällt diese Thatsache um so mehr auf. Böhm spielte vom März 1783 bis zum Juni 1784 nicht in Frankfurt. Als er in diesem heissen Sommer bis zum xo. August

' Theater-Jminial flir Deutschland» FünCsehntes Stück. Gotha bei Ettinger 1780. S. 112.

* WinembergUches Repotoriytn, Erstes Stück. S. i}4 f. Audi bei J. Braun, Schiller und Goethe im Urdidle ihrer Zeitgenossen, I, 22. ' Tbeater-Kalender auf das Schalt-Jahr 1784, S. }24.

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mehrere Vorstellungen mit seiner Truppe hier gab» war die Jahres- zeit für die Darstellung eines so grossen Trauerspieles nicht mehr geeignet. Das Stück konnte aber hier am Orte unmöglich ohne tiefere Wirkung auf das Theaterpublikum geblieben sein. Die bdden ersten Aufführungen desselben folgten ja vcrhähnissmässig so schnell auf einander, dass an einem grossen Erfolg des Trauerspiels in Frank- furt nicht gezweifelt wcrJcn kann.

Wie das Repertoire Böhms im Xovember 1782 (Beilage Ij und Januar» Februar, März 1783 (Beilage II) beweist, wurde kein anderes Stück wiederholt als die Räuber. Weshalb Grossmann noch über zwei und ein halbes Jahr vergehen Hess, ehe er gelegentlich eines Gastspiels von Böck im Herbst 1785 das Stück hier zur AuHührung brachte, entzieht sich aus Mangel an Nachrichten der Beurtheilung. Keitiesüalls liegt der Grund im fehlenden Interesse für Schillers erstes Bühnenwerk. Inzwischen hatte in Grossmann mehrmals bewiesen, dass er das Genie des jungen Dichters vollkommen zu würdigen verstand und ihn zu fördern suchte, wo und wenn es nur ging.

Der Theaterzettel zu der Vorstellung der Räuber in Frankfurt während Böcks Gastspiel ist der älteste zu diesem Stücke, den wir von der hiesigen Bühne auftinden konnten; er soll deshalb hier wortgetreue Wiedergabe finden.

Mit gnädigster Erlaubnis lünes Hochcdlcn und Hoch weisen Magistrates der Kaiserl.-Freyeii-ReiJis-VVulil- und Handels-StaJt Frankfurt sm Mayn wird heute Dienstags den 25. Oktober 1785 aufgeführt werden Die R a u b c r. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen ; von Schüler.

Maximilian, regierender Graf zu Moor Karl I

Herr Grossmann. Herr BAck.

Herr Un;:elmann. M;td. Fiala. Herr Bösenberg. Herr Stegmann. Herr Wolschowsky. Herr ßossan. Herr Fmnkenberg. Herr Siutbäck. Herr Lippcrt. Herr Schmidt Herr Die/el Herr Sommer. Herr Cassini.

Franz J

Am.ili.i, seine Nichte

Spiegelberg \ ,

Schwdxer

Grimni

Scfaufterle Ubertincr nachher

Hazmann Banditen

Koller

Ko^nsky

Hermann, Bastard eines Edelmanns Eine Magistratsperson ..... D.intcl. ein aller Diener ....

liiu Bedienter

Räuber, Volk.

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Das Stuck spidt in der Zdt als der ewige Landfrieden in Deutsditand «rriditet ward.

Herr Böck wird die Rolle des Karl Moor spielen.

Siebente Vorstdlung im Abonnement

wird federmann ersucht, niemanden auf mdnen Namen das mindeste

au bo^n.

Der Anfang ist um 6 Uhr.

Die Person lahh in den Logen des ersten, zwcytcn und dritten Ranges und im Parkett i Gutden. Eine game Loge zu 8 Guldca. Im Parterre die Person 9 Batten. In der Gallerie 6 Batzen. Auf dem letiten Plata it Kreutzer.

Wer vorher Billett verlangt beliebe solche im neuen Komödien-Hause abholen zu lassen, können aber nicht länger als densdben Tag gültig sein.

«

Den Darstellern nach zu unheilen, muss die auf dem obigeu Theaterzettel angekündigte Vorstellung der Räuber eine sehr befrie- digende gewesen sein. Es sind sammtlich schauspielerische Grössen ersten Ranges, denen die Hauptrollen anvertraut waren. Der Gast vom Kurfürstlichen Hoftheater in Mannheim, Böck, war ja der erste Karl Moor der deutschen Bühne. Unzelmann gab den Franz in ähn- licher Weise wie Iffland, welcher letztere die bodenlose Verruchtheit dieses Charakters mehr vom psychologischen Standpunkt erfasste und in kaltem satanischen Raffinement in Erscheinung treten Hess. Nur an einzelnen Stellen folgte Unzelmann, wie Zeitgenossen urtheilen, schwungvoll den vom Dichter vorgezeichneten grandiosen Linien und brachte in seiner Darstellung die Poesie des Furchtbaren zu ergrei- fendem Ausdruck. Karl Wilhelm Unzelmann, geb. 1755, war 1784 von Berlin zur Grossmännischen Truppe gekommen. Er verheirathete sich in Frankfurt mit Grossmanns schöner und talentvoller Stief- tochter Friedericke Flitmer, geb. 1760, der später so berühmt ge- wordenen Bethmann. Unzelmann war ein ebenso genialer Schau- spieler als hochgebildeter Mensch. Die Frau Rath Goethe widmete ihm und seiner Frau die wärmste Freundschaft und stand den beiden in mancher Lage mit praktischen Erfahrungen zur Seite. Die Gatten waren häufige Gäste im Hause der für das Theater ungemein be- geistenen Frau Rath. Als sie am Anfang des Jahres 1788 wegen Intri^uen und sonstigen drückenden Verhältnissen Frankfurt zum grössten Leidwesen ihrer ahen Freundin verliessen, vergass diese das Ehepaar nicht und unterhielt Jahre lang einen Briefwechsel mit Unzelmann.* Während seiner hiesigen Thätigkeit war der Künstler

* K. Keil, Frau Rath, Briefwechsel von Katharina Elisabeth Goctiie, Leipzig 1871, S. 26$ Ö.

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auf der Höhe seiner Leistungsfähigkeit angekommen, er stand damals

im kräftigsten Mannesalter und fühlte sich in jeder Beziehung gehoben durch den binfluss seiner in jener Zeit noch glückUchen Ehe. Von Frankfurt kehne Unzelmann nach Berlin zurück, wo er allgemeine Anerkennung fand und 1832 starb.

Was Grossmann selbst, den Darsteller des alten Moor, betrifft, so war derselbe ein so gewandter Schauspieler, dass ihm auch Rollen gelangen, die, wie der alte Moor, eigentlich nicht in sein l'ach gehörten. Er spielte Chevaliers, Juden, Deutschfranzosen »mit aller erforderhchen Etourderie und Impertincnccc, wussic sich aber nuch mit jeder ihm fern liegenden Aufgabe gut abzutinden. Böscnbcrg und Stegmann, die den Spiegclberg und Schweizer darstellten, waren zwei sehr begabte Schauspieler von tiefer liinsiclit und i^iidung. Der Letztere war auch zugleich ein bedeutender Sänge nnd verstand es, in seinen beiden Fächern die volle Gunst des brankturicr Publikums zu erwerben. Nur ältere Witer, wie der alte Moor und der Musikus Miller in »Kabale und Liebe« sciieinen ihm nicht ganz gelungen /u sein.

•Auch die anderen Vertreter der Räuber waren begabte und meist noch sehr junge Leuie, die später Grosse.s in ihrer Kunst errei Jiten. Der Schauspieler Sclimidt, der den lierniann gab, war der sclione jugendliche Liebhaber der Frankfurter Bühne. Fr besass ein leiJcn- schaftlich feuriges Naturell, deklamirte ohne Künstelei und war wie geschaffen, das hinreissende Pathos und die kräftigen Impulse der Schillerschen Gestalten zum rechten Ausdruck zu bringen. Um so mehr ist auf Schmidt hinzuweisen, als er der erste l iesko und Ferdinand nicht nur der Frankfurter, sondern überhaupt der deut- schen Bühne gewesen ist.

Die Darstellerin der Amalia in der Räubervorstellung vom 25. Oktober 1785, die schöne Madame Fialn, hat bereits vor der Gründung des ständigen Scliauspieliiauses und dann mit Ausnahme einer kurzen Unterbrechung bis ans Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts die Frankfurter mit allen klas:>ischen Frauen- gestalten des höheren Dramas und feineren Lustspiels bekannt gemacht. Hin Kritiker urtheilte am Anfang der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts folgendermassen über Madama Fiala «Sic spielt iH«.iu allein zärtliche Liebhaberinnen im Lust- und Trauerspiel, sondern

.^antte Weiber und leichtsinnige Mädchen. Die Gräfin von Walltron, AnaJne, Julie, Blanka, Ophelia und Henriette sind ohn- streitig ihre besten Rollen. Die Töne des Schmerzes, des Winseins sind völlig in ihrer Gewalt. Der Uebergang vi;a i leuJe /.u Jammer und Schmerz glückt ihr besonders. Ihre Deklamation ist richtig.

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Ihre Stellungen als eine Wahnwitzige sind nie übertrieben, sie weiss durch dieselben sehr gut das Mitleiden zu erregen. Es ist schade, dass sie 7ai Mädchen*RoUen zu dick wird. Wenn sie Schmerz, niederdrückenden Jammer misdrückt, fährt sie ein wenig zurück, macht eine Bewegung« als ob sie erschrecke, und kömmt in diesem Augenblick mit der rechten Hand an die Lippen. Dieses Spiel, so gut es seyn mag, nimmt sich, wenn es zu oft geschieht, nicht gut aus«.'

Einen Fehler .scheint die grosse Künstlerin gehabt zu haben, durch den sie sich selbst und ihren Berufsgenossen manchmal da.s Leben schwer machrc: sie war herrschsüchtig und cis^cnsinnig und bestand auf ihrem Kopte, auch wenn ihr die künstlerische Hinsicht hätte gebieten müssen, ilire individuellen Neigungen zu überwinden und sich dem gemeinsamen Streben zur Lösung einer grossen Auf- gabe anzuschliessen. Wie weit Madame Fiala in der schroffen Durch- führung ihrer eigenen Ansichten ging, beweist ein Vorfall, dessen wir bei Besprechung der ersten Aufführung des Fiesko in Frankfurt noch gedenken werden.

(Jeher die \'orstellung der Rauher am 5. April 1788, welciie seither für die erste des Trauerspiels in Frankfurt gehalten wurde, besitzen wir eine Kritik von dem bereits trüber erwähnten Wilhelm Alo\ sius Sciireiber. Diese Besprechung stein in dem » Tagebuch der Mainzer Schaubühne«.* dessen 1 (irtset/ung die schon mehrmals genannten >'Dramaiurgisclien Blättere bilden. Beide Zeitschriften ent- halten neben den itDusseldorfer Bagatellenc, den »Kheiiiischen Blättern« und dem »Theater-Journal tür Deutschland« die werthvollsten Beitrage für die Frankfurter und Mainzer Thcatergesehiclue jener Zeit. Die beichtenswerthe Kritik, welche in die iorm des fingirten Schreibens eines Reisenden getasst wurde, ist die älteste bis jetzt entdeckte Besprechung über Schillers erstes Trauerspiel auf der I rankfurter Huhne. Sie soll deshalb auch hier ungekürzte Wiedergabe finden.

Frankfurt am 6. April 178S.

Gestern wurden die Räuber hier aufgeführt. Min hat sich viel Qber die moralische Seite dieses Schauspiels gezankt und es ist auch nicht zu Uttgneo, dass manche Szenen darin ~ ohne Rücksicht auf Entzweck und

* Frankfurter Bcytröge zur Ausbreitung nützlicber Kümte und Wissenschaften, herausgegeben von J. Ph. Rüh) und H. W. Seyfried. Erster Band. XXXIV. StQck

vom 24. .\ug. 1780. .S. 569.

* Tagebuch der Mainzer Sch.iubühne, IV. Stück, S. jq Auch enthalten in j. W. Braun, Schiller und Goethe im Lrtlieile ihrer Zeitgenossen I, S. 222—226.

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Plan des Ganxen das sittliche GefQhl empören und Gescdosigiceit und allen daher entstehenden Unfug KU brünstigen scheinen. Warum hctrachtct

man aber das Cenülvle nur immer von der einen Seite? Zeigt uns der Dichter zuletzt nicht, wie das Laster und die Übertretung der Gesezze sich iu ibreo $clui<öcUichett Folgen ^bst strafen? Sind die Saenen» wo Frant^ «oo den Furien des Gewissens umhergepeitscht, umsonst Ruhe sucht in tiusdienden Sophismoi, wo seine schwarzen Bubenstücke, wie grausende Gespenster ihn umdrängen, das hämische Lächeln auf seinen Lippen in krampfigcii Ziilikungen erstirbt, er von Verzweiflung crgriflen die Hände Iahet zum Gebet, aber um- sonst skh «im Himmd au erheben strebt» sondern schrAcklicher aurficksttect in die dfistcre Leere seines Innern und wo Kart, am Ende seiner Laof- babn, schaudert vor den Verirrungen seiner überspannten Fantasie und mit Grausen erkennt, d.iss. (lesezze und bürgerliche Ordnung zerstören, viel heisse, als die VS'elt durch Gräuel zerswren wollen, Sind, sage ich, diese ScencQ nldtt hinlii^liche Rechtfertigung beides, des moralisdieo Gefiihk und der Absicht des Dichters? Mehr kann ich Aber das Stück izt nicht sagen; man erlaube mir nur noch einige Worte Ober die gestrige Aufführung des« selben.

Den alten Moor spielte Hr. Stegmann. In seinem Spiele war mehr N achahm ung als Darstellung der Natur, melur vorgespiegelte, als wirkliche Empfindung. Wir wollen auf der Bühne nicht den KüDstler sehen» sondern die Person, welche er vorstellt; ihn sdbst möchten wir ver- gessen über seiner Rolle. .\bcr dazu gehön, dass die Leidenschaft auch wirklich in seinem Busen wühle, die er ausdrückt, dass dies alles nicht b!os gelerntes Fingerspiel seie, dass wirkliche kalte Schauer ihn ergreiien im Scbrekkcn und sein Haar sträuben in der Verzweiflung, dass der Gram wirklich seinen Busen au xerspreiigen drohe, und ^der surre Blkk in langen todten Pausen wurzle. Herr Stegmann verlor sich auch luweilen im Gange der Empfindung. Gleich in der ersten Szene, wo Franz die ersonnene Nach- richt von den Vergehungen seines Bruders abliest, äusserte er mehr Lawillcn als Betrübniss. Unwille hat nur bei den geringen Vergehungen derjeoiKCD stan, die wir lieben; reissen sie ihre Ausschweilungen in's Verderben bin, sehen wir zernichtet in ihnen alle unsre Hofnungen und Aussichten, dann versinkt die Seele o]inni;iclnig in die Tiefe des Jammers. In Jer Szent, wo der alte Moor aus dem l'hurmc gezogen wird, erregte Herr Stcgnunn mehr Ekel und Abscheu, als Mitleid. Dies mochte hauptsächlich von dem ekelhaften Bemalen seines Gesichtes und von seiner unanständigen Bekleidung herrühren. O dass Ichs mit der Rede .Mlgewalt jedem Schauspieler und jeder Schauspielerinn /unilen konnte: Natur und Grazie müssen Hand in Hand gehen; kein Kunstwerk taugt, das nicht beide schwesterlich vereint!

Karl von Moor war Herr Böhcim. Herr Böheim hat Feuer und weiss sich glücklich au missigen, und den Stufengang der Leidenschaft zu beobachten; aber in seinem Gesichte und in seinem Anstand fehk das Edle, das äussere Gepräge von innerer Kraft und Geistesgrösse, und eben da'un; scheint er für das Fach der Helden und ersten Liebhaber nicht ganz gewachsen zu sein. In seiner Deklamazion verfällt er oft in den Predigenon, und akzcn- tuirt oft die Worte falsch. Auch die Obergänge von einer Leideoschatt cur anderen nüanzirt er nicht fein und sprechend genug. Die heroischen Sienen gelingen ihm noch besser, als die aärtUchen.

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Franz v. Moor Herr Unzelmann. Herr Unzelmaim spielte anfangs zu

ruhig, /-u überlegt, und machte eben dadurch diesen sdiwarxen Karakter noch «chw.ify'er. Feuer und IvmpfinJun;^ luitten Ciesinnungen und Handlungen mehr motivirt ; besanderb tiel dies in der Scene auf, wo Franz mit der Natur hadert und ihre schönsten Werke /.u zerstören sdiwArt Wahr und erschütternd war sein Spiel im 4. Aultuge* wo Gewissensangst den Verbrecher ergreift, und er in Verzweiflung betend niederstürzt. Das Fnoikfuner Publikum gab hier einen Beu-eis seines um das gclitiJe'^te /ii sa^^en Mangels an Deli- katesse und Cietüh), es lachte wiehernd aul bei einer Situaziou, wo kaltes Entsezzen mich packte 1 Herr Unzelmann fehlte sich und trat im Augen- blikke von der B&hne ab, und der Vorhang musste fallen. Es gereicht ihm indessen zur Ehre, dass er in dem darauf folgenden 5. Akt sein Spiel mit aller Anstren£»ung vollendete, iinii besonders die Iczte S/ene mir sctiauJerndcr Wahrheit ausführte. Und das Publikum lachte beinahe wieder. Wenn doch derlei Geschöpfe, die taub sind Ar die Vergnügungen Geistes und der remen Sinne, wenigstens andern diese Quellen nicht trüben wollten I Sie würden ja in einer Schenke oder Marionettenbude ihre Rechnung besser finden I

Am.iHn von Hdelreich Madame Böheim. Madame Böheim hat Em- ptindung. Anstand, ein deutliches Organ, eine meistens richtige Deklamazion ; sie fasst den Geist ihrer Rolle, und ihr Feuer strAmt ßber in die Seelen der Zuschauer. Nur möcht* ich sie bitten, jede Grimasse, jedes erkünstelte Auf- schwelleti der Muskeln zu vermeiden Wenn alle des Herzens S.iiten an- sprechen, und die Fantasie die Fluth der Emphndung mächtig erregt, dann bedarf es keiner Kunst, um die entspredienden Bewegungen des Körpers hervorzubringen, sie erfolgen unwillkürlich. Auf die einzelnen Tb eile des Spiels der Madame Böheim kann ich midi fär jetzt wegen Mangel des Raumes nicht einlassen.

Hermann Herr Matt.insch. Er hntte den Karnkter richtig gefasst, nur sollte er die Übergänge von einer Leidenschaft zur andern mehr in ein- ander zu verschmelaen suchen. Die Freude, die auf Unw^ und Zorn folgt, ist nicht ganz rein; sie stratet durch die Mienen, wie die Sonne durch ein leichtes Herbstgewölk. Dies lisst sich durchgängig anwenden.

Die ührifjen Herren werden mirs Dank wissen, wenn ich über sie und ihr Spiel für izt nichts weiteres sage. Nur noch einige allgemeine Bemirkui^^ erlaube man mir.

Das Stikk wurde in alldeutscher Tradit gegeben. Ich hätte es lieber in modemer Kleidung gesehen, da doch einmal das Kostüm nicht durchaus

beobachtet werden konnte. Es war ein pnssirlicher Anblik, da einen Räuber in der Tracht unserer Väter, dort einen in der Uniform der ehrsamen Frank- furter Stadtmiliz, dort wieder einen mit einem römischen Heim, da andere mit Hüten zu sehen. So etwas erregt Lachen und stört die Täuschung.

Die meisten Schauspieler hatten ihre Rollen schlecht roemonrt. Dies ist ein unverzeihlicher l'ehkt, und zeigt von Seiten des Schauspielers Mangel an Achtung gcpen'd.is Publikum und riteicli<^'riltit;keit für den eignen Ruhm. Auch lässt es gar erbaulich, wenn mitten in der rührenden Situazion der Blik des Schauspielers sich seliusuclubvoll nach dem Dreifuss des Soutleurs kehrt, um durch einen Spruch dieses unterirrdischen Orakels Ober das Fol« gende bdchrt /u werden. Doch ist dieser I-ehler, so unverzeihlich er auch sdn mag, noch immer weniger auffallend, als ein anderer damit verwandter,

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wenn man nämlich die Worte des Dichters verliert, und so in Gefahr geräth. Unsinn tu sapen. So 7 R. hörte ich von Hrn. Röheim : Kein deutscher Adlerschlag (Aderschlag^ mehr in Barbarossas Enkeln! Von dem- selben — Nun reisse die Hölle an mir, der Himmel an ihr, die Liebe über den Eiden. (Beiden). Es ist wahr, das Eiden steht im Origin.il. aber sollte der Schauspieler nicht sn viel Einsicht oiter Mulh haben, die Druklehier seines Oichtcrs ?u vcr'Hsscrn ^ Die Herren h.ibcn tloch Muth genug, oft die schönsten Stellen aus dem Zusammenhange wegzustreichen. Herr Graubner sagte: Wenn der Geschichtsschreiber nicht die Lükke in Jupiters Sukzessionsletter scheute! Wie um des ge- sunden Mciischciivcr<;t.indc'^ willen, kömmt Jupiter hierher'^ Lh ^e'-chwciei- den übrigen L nsinn. der von den meisten Sch:n!<;pielcrn iK-rvnri^ch-Ächi wurde. Einige, Herr Unzelmanii vornämlich, hatten verschiedene Steilen ia ihren Rollen gestrichen, und darunter solche, deren Einwirltung in das Game sichtbar genug ist. Hätten sie dafür doch den Marschall von Sachsen ausge- mustert, den Schiller, possierlich genug, in das 15. Jahrhundert bringt. Aber dafür entschädigte uns auch Herr Vio, der einige Hol ni i c h J er Te u fei ! seiner Rolle zusezie, vermutlich um seine ßravour als Hauber zu zeigen ti

Ich hätte noch manches auf dem Herzen ; doch werde ich midi dessen bd anderen Anlässen erl^htem.

Wenn :iuch Schreiber in dieser Kritik mit den damaligen Sch.ui- spielern der hiesigen Bühne streng iiib Gericht geht und über die augenscheinlichen Fehler der Regie und die Verständni.slü.sigkcit des Publikums die scharte Geisel der Satire schwingt, so ist diese Be- sprechung dennoch ein merkwürdiges und zugleich ehrenvolles Düküinent für die Geschichte des Frankfurter Theaters. Was die Scliauspieler aus Mangel an Talent oder Verständnis fehl griffen oder versäumten, was die Zuschauer sündigten, hat der Kritiker wenigstens in einer so ernsten und eingehenden Weise gerügt, wie es der Be- dcLUung von .ScliiUers ürstlingswcrk entspricht. Schreibers kritische Abhandlung enthält Winke, Uie das Publikum sowie die d.u >telieii(icn Künstler auch heute noch beaclitcn '.önnen, und liefert einen neuen Beleg für den gewaltigen luniluh.s ur,J die starken Impulse, welclie die Schauspielkunst in jener Hpoche von bk:lii!lers Jul;c:k:v, crken empfing. Karl und Franz Moor, i icsko und i ci Juiaud lu Kabale und Liebe stellten andere Anforderungen an die darstellenden Künstler als die meisten Helden der damals beliebten Schau- und Trauerspiele. Ein Funke von dem Feuer, das in Schillers übersprudelndem Geiste loderte, musste auch im Darsteller glühen, wenn er diese Gestalten einer kühnen und doch auf festem Boden bleibenden Phantasie mit dem Hauche des Lebens erfüllen wollte.

Was Schreiber über die Räuber selbst sagt, ist gew iss zuiretlend und zeugt für dessen tiefes ästhetisches Kunstverständnis. Er begritf

den Geist der Schillerschen Jugenddichtung, fasste das Trauerspiel, ohne dessen menschliche Seite zu leugnen, in seiner Totalität auf und wies auf den von den Zeitgenossen oft nicht erkannten sittlichen Endzweck desselben hin. Ausdrücklich betont Schreiber, dass der junge Dichter nicht das böse Prinzip, nicht die rohe Willkür der Gewalt siegen lässt, sondern in ihrem tragischen Untergang aufs neue die Herrschaft der sittlichen Weltordnung besiegelt. Wenn irgend ein Rezensent der damaligen Zeit, so hat Schreiber den jungen Schiller als ächten Dichter aufgefasst, der trotz aller Liebe und Be- geisterung für die Gestalten seiner Phantasie die gewählten Motive frei beherrscht und sich nicht zu einem Vergehen gegen die tragischen Grundgesetze hinreissen lässt. Gar manche Besprccluinj^cn späterer Auifährungen der Räuber in Frankfurt beweisen, dass viele Kritiker diesem gewaltigen Stück ^c^'ciiöber ganz im Stoffliclicn befangen blieben und nur den wilden Trotz gegen das Bestehende, den unge- zügelten Freiheitsdrang und den Geist der Zerstörung aus demselben herausfühlten. Um so mehr befriedigt es uns, hier feststellen zu können, dass der erste Frankfurter Kritiker der Räuber Schillers Absichten klar durchschaute und die tragische Lösung des Stückes, Jen Ausgleich von Schuld und Sühne in demselben sicher herausfand.

Obgleich wir heute in einer ganz anderen Zeit leben als wie vor mehr als hundert Jahren, so zünden die Räuber doch noch immer bei den Zuschauem, wenn irgend die Darstellung von einem Funken Schillerschen Geistes durchglüht wird! Ob deshalb in unserer fortgeschrittenen Zeit die Absichten des Dichters immer tief erfasse und über dem hinreissenden Schwung der Dichtung nicht gar zu oft vergessen oder auch heute noch mi ssverstanden werden das steht dahin. Da aber Schiller begreifen für uns Deutsche so viel als innerlich fortschreiten heisst, so möchten wir ;in dieser Stelle aui die bedeutende und nach jeder Richtung hin erschöpfende ästhetisch- kritische Berrachtnnq der Räuber \on Richard Weltrich in seinein Werke »I riedrich ScHHIcr, Geschichte seines Lebens und Charak- teristik seiner Werke« aulmerksani machen.

Von detn verdienstvollen, in der Gegenwart lebenden l^io^iMplien Schillers kehren wir zu seinem sachkundigen zeitgenossischen Be- urtheiler zurück. Schreiber verfasste in demselben Jahre noch eine Kritik über die Räuber, die sich an die Vorstellung am i8. Oktober 1783 anschliesst.' Ifäand war damals als Gast in Frankfurt und

' Dramaturgische Hljttcr. Sechstes Stuck des zweiten QMartais, b. Nov. ijö^i.

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spielte den Fran: ; ir vollen Befriedigung des strengen Kritikers. Während Schreiber die anderen Darsteller, die in der vorigen Kritik so scharf getadelt wurden, gar nicht erwähnt, giebt er eine ausfuhr* liehe Schilderung von Ifflands unübertrefflichem Spiel. »Wer da weis, welche Biegsamkeit des Geistes, welche Kenntnis des Menschen und des Ganges der Leidenschaft dazu gehört«, betont Schreiber, »einen solchen Karukter gcrrc i auszuführen, seine Gesinnungen und Hand- lungen durch die Darstellung zu motiviren, wo es der Dichter nicht hinreichend gethan hat, der und nur der allein kann Ifflands Spiel gehörig würdigen. Ich will es versuchen, von einigen Szenen wenigstens eine kleine Skizze zu entwerfen, die freilich Ifflands leben- dige l).irstellung so wenig ganz wiedergeben wird, als der kalte todlc Buchstabe die Schöpfungen eines Rafaels oder Titians nachzubilden vermag.«

Nun schildert Schreiber genau und höchst anschaulich das Spie! Ifflands in den bedeutendsten Scencn und schliesst dann seine Abhand- lung mit den bemerkenswerthen Worten: »Wer über die Moralitäi eines Karakters wie Franz Moor deraisonnirt, der sollte nur Ifflands Spiel sehen, und er würde sich mit Schiller bald aussöhnen und begreifen lernen, dass unmoralische Karaktere mehr zurückschrekken vor dem Laster, als Ideale der Tugend; so wie wir an Krankenbetten eher den Werth der Gesundheit schäzzen lernen als unter Gesunden.«

Auch dieser Ausspruch beweist wieder, dass Schreiber in der Beurtheilung der R;hihcr von ganz richtigen Gesichtspunkten ausging und stets den Kernpunkt der Gestalten ins Auge f.isst. Es liisst sich nicht leugnen, dass I-ninz, eine so wirksame Bühncntigur und vor- zügliche Rolle liir den Schauspieler er auch ist, einige unwahrschein- liche und unmotivirte Züge aufweist. Aber, wie Schreiber mit anderen Worten richtig bemerkt, wo die Linie in der vom DiJncr vorgezeichneten Gestalt aussetzt, muss der Darsteiler nachhelfen und das Unbegreifliche in der Dichtung durch natürliches Spiel in die reale Möghchkeit zu versetzen suchen.

Wie Schreiber dachten wenige zeitgenössische Recensenten über Franz Moor. Die Frage, ob ein Ungeheuer wie diese Gestalt über- haupt möglich sei, besch.ittigte viele Kritiker. Schon Timme in der bekannten Hrturter Recension ' h.ält ein solch g.inzliches Ungeheuer für unnienschhch und unnatürlich; Schiller selbst scheint einige Bedenken gegenüber Franz nicht haben unterdrücken können, andere Kritiker

* Braun 1, 1—7.

hielten ungeachtet aller Bewunderung für Schillers Talent ein solch verruchtes Geschöpf für unmöglich.' Ohne bclireiher diesen Recen- senten »gegenüber ungebührlich herauszustreichen, darf hier gesagt werden, dass er die poetische Berechtigung einer derartigen Figur am wenigsten in Zweifel stellte. Wir werden Schreibers gelegentlich der ersten Autführungen von Fiesko und Kabale und Liebe in Frank- furt noch gedenken müssen und bemerken hier nur noch, dnss das kritische Vermögen starker bei ihm gewesen zu sein scheint als seine poetische Ader. Schauspieler und Andere, die sich durch seine strengen Urthcile gekränkt fühlten, sagten ihm nach, dass er unter anderer Spreu auch schlechte Theaterstücke verf;^sse, statt dessen stellte ihn aber ein zeitgenössischer Schriftsteller neben Lessiog, Schink und andere Dramaturgen."

Beinahe hundert und acht Jahre sind es schon her, seit die Räuber zum ersten Male in Frankfurt aufgeführt wurden, trotzdem haben sie immer wieder ihre ungeschwächte Zugkraft auf das hiesige Publikum ausgeübt. Zur Zeit ihres Erscheinens wurden sie begrüsst wie der Bote einer neuen Zeit, in den Tagen der Revolution hat man auch hier dem freiheitsdurstigen Rauber Moor zugejubelt wie einem geistigen Bundesbruder und in den Zeiten des nationalen Freiheits- kampfes waren sie mit anderen unsterblichen Werken der Dichtkunst der Jungbrunnen, aus dem der Genius unseres Volkes neue Kraft trank, als die Wetter des Schicksals über uns hereinbrachen und unseren Muth zu vernichten drohten. Und auch bei allen nachfol- genden geschichtlichen Umwälzungen und Kulturepochen haben wie allerorts Schillers Räuber auch in Goethes Vaterstadt als geistiger Faktor auf die Massen wirken helfen und diese zu neuer Thatkraft ent- zündet. Wenn es das untrügliche Zeichen eines ächten Dichterwerkes ist, dass es die Stimmungen seiner Zeit wiederspiegelt, aber doch von allen Zeiten verstanden und als eine Offenbarung ewiger W ahi - heiten betrachtet wird, so trifft das bei Schillers Räubern gewiss zu. In unsterblicher Jugendirische leben sie fort und begeistern den Leser und Hörer unserer Zeit, wie sie vor hundert Jahren unsere Voreltern eniflainnu haoen. Wenn man feststellen wonic, wie olt die ll.uiber in einem Zeitraum von über hundert Jahren hier in Frankfurt zur Darstellung gekummcn MUii, es v\ iirde sicher eine ubui raschend grosse Anzahl von Vorstellungen zu verzeichnen sein. W^ie sehr man

* Braun I, 1-7. Kritiken äber die Riuber aus den Jahren 1781, 82 und 8).

* J, Peth, Geschiclite des Theaters und der Musik au Mainz. S. 79.

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Schiller in der alten Reichsstadt liebte und verehrte, welchen Einfluss besonders seine dramatischen Werke auf die geistige Entwicklung unserer Stadt ausgeübt hatten^ das bewies wohl am deutlichsten die grossartige Huldigung, welche Frankfuns Bürger am hundenjährigen Geburtstage Schillers den Manen des grossen Dichters darbrachten.

Zum Schlüsse bringen wir noch als Beilage III verschiedene Besetzungen der Räuber in den ersten Jahrzehnten nach deren Erscheinen und den Zettel zur hundertjährigen Gedenkfeier des Trauerspiels auf der Frankfurter Bühne. Dieser Vorstellung am 20. November 1882, der wir beiwohnten, soll hier noch kurz Er- wähnung geschehen. Sie war in der That, der Bedeutung des Tages entsprechend, so gewissenhaft einstudirt und grossartig in Scene gesetzt, dass wir hier mit warmer Anerkennung dieses Abends gedenken müssen. Der Geist des unsterblichen Dichters durchglühte die darstellenden Künstler, sie spielten in gehobener Stimmung und boten ein einheitliches und erschütterndes Gemälde menschlicher Leidenschaften. Die Brüder Karl und Franz Moor wurden von den Herren Salomon und Hermann ganz vorzüglich dargestellt. Der Erstere, ein Künstler voll Temperament und Leidenschaft, schuf eine ergreifende Gestalt aus dem Käuber Moor und brachte mit seioem herrlichen Organ den Schwung der Schillerschen Sprache vollkommen zur Geltung, während Herr Hermann in der grandiosen Zeichnung des Bösewichtes Franz bald das satanische Raffinement dieses Cha- rakters, bald die schwindelnde N'erruchtheit desselben mehr hervor- treten Hess. Wer über IfBands und Unzelmanns Darstellungskunst Berichte gelesen hatte, der wurde bei Hermanns ergreifendem Spiel unwillkürUch an diese beiden grossen Künstler erinnert. Den Herren Salomon und Hermann stand Fräulein Gündel als Amalie von Edel- reich würdig zur Seite. Die Künstlerin gab diesem unwnhr«;cheir!- lichen Frauencharakter einen lebensvollen Anstrich und verlieh der misslungenen Figur Amalias den Reiz edler Weiblichkeit. Auch die Rollen der Räuber und des alten Moor (Herr Weber) waren gut besetzt. Besonders anerkennenswcrthe Leistungen boten noch Herr Hofmann und Herr Schneider als Kosinsky und Hermann, Beide Künstler wirkten hauptsächlich durch die warme Auffassung ihrer Rollen und die frische unmittelbare Kraft ihrer Darstellungsweise. Den Pater und den alten Diener Daniel gaben zwei jetzt Verstorbene- Mitglieder der Frankfurter Bühne, Herr Werkenthin und Hcn Collin. Der Erstere, ein sehr bedeutender Charakterdarsteller auf dem Gebiete der Komik, gab den Pater trefflich, der Letztere machte besonders durch seine äussere» der Figur des alten Daniel entsprechende

hrscticmung einen rührenden Hiiulriick. Was die Kostüme der D.ir- stellcr betrifft, so waren dieselben mehr nialcrisch als liistoriscli treu. Freilich merkte man sofort, dass nicht die Zeit des ewigen Land- friedens, sondern die Mitte des \ ürii;en Jahrhunderts angenommen war.

Die Erinnerurii^steier begann mit einem Prologs der auf die Bedeutung des Tages hinwies und von Herrn Kcgisseur Pettera gesprochen wurde. Inmitten der Bühne in einem Kreis \on Lorbeer- bäumen und Palmen b,tand Schillers Büste nach Dannecker. Dieselbe wurde, wahrend Herr Pettera folgeode Verse sprach, von ihm mit dem Lorbeerkränze geschmückt.

»Das ist ja grad die Eigenart des Grossen,

Dass es der Zeiten Schranken überwindet

Und mit der Wunderkratt, die in ihm lebt,

Stets neu den Weg zu allen Merxen lindet !

So leg ich denn d.n Km/, auf Deine Stirne,

Die bittres Leiden oUnials trüb umwölkt,

Doch die wie in dem Morgcnglanz die Pirne,

Wenn's rings noch dunkel, selbst in Hrdenqualen

in himmlischer Bcgeistrung konnte strahlen!

Das hiesige Theater hatte sein Möglichstes gethan, um die EfinneruDgsfeier würdig zu gestalten, aber unser Frankfuner Publikum brachte derselben wenig Interesse entgegen. Das grosse Opernhaus war ziemlich leer, was einen um so traurigeren Eindruck machte, als der glänzende Raum im hellsten Lichterglanze strahlte. Freilich die kleine Gemeinde der Erschienenen folgte der Vorstellung in gehobener Stimmung und belohnte die Künstler durch reichlichen Beifall.

Es hat eine Zeit gegeben, und der Anfang der achtziger Jahre i^Ut noch in dieselbe, in der die Theilnahme für Schiller nach der grossartigen Gedenkfeier bei der Wiederkehr seines hundertjährigen Geburtstages durch den m.ächtigen Aufschwung, den die Goethe* forschung erlebte, weit in den Hintergrund gedrängt worden ist. Welch einen tiefen Einfluss derartige geistige Strömungen, die man doch eigentlich nur in den höheren Luftschichten der Gelehrtenwclt spüren sollte, auf die breiten Massen des Volkes ausüben, dafür können die Theater einen schlagenden Beweis liefern. Die Bühne ist nicht nur der Spiegel unseres Lebens und unserer Zeit, sie ist auch ein Barometer für die Werthschätzung, die man in verschiedenen Epochen den Heroen unserer Dichtkunst entgegenbringt. Erst seit- dem in die Schillerforschung neues Leben kam, hauptsächlich seit

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dem ürschcinen eiriij^er Schillerbiographien wie die Weltrichs, Minors und Brahnis, die auf der Höhe der Wissenschaft stehen und daneben den grossen Vorzug reiner verständlicher Darstellung be- sitzen, ist die nationale Begeisterung für den Dramatiker Schiller wieder lebendig und stark geworden. Immer hat das deutsche Volk gerade zu diesem Dichter begeistert aufgeblickt, aber wenn man sieht und hört, dass Schillers Werke überall wieder mit wärmerem [ Interesse aufgeführt werden, so muss man sagen, dass ihn das deutsche Volk in unseren Tagen wieder besonders lief ins Herz geschlossen ! hat. Und das ist gewiss ein merkwürdiges Zeichen in einer Zeit, die realistisch wie eine ist, sich aber dennoch gerne an der ide:t!en Geisteshüheit erquickt, die jedem Deutschen, wenn er sich irgend noch für Grosses und Schönes zu begeistern vermag, aus Schillers Werken entgegensirahlt.

Um einen Ucberbück über das theatralische Leben in Hrankfun zur Zeit, als die Räuber zum erstenniale hier aufgeführt wurden, zn gewähren, müssen wir in unserem Berichte um mehrere Jahre zurück- gehen. Als das neue Komödienhaus am 3. September 1782 erütfnet worden war, sorgte Crossmann, der Direktor der Kur-Kölnischen Gesellschaft, auf jede mögliche Weise dafür, dass die vcrsciiiedenen Bedürfnisse des Publikums nach allen Kichtungen hin befriedigt wurden. Wie sein Repertoire vom 3. September bis 26. Oktober 1782 beweist (Beilage IV), schloss er sich zwar der herrschenden Mode und dem tonangebenden bürgerlich- prosaischen Gesclinuck an, aber seine Vorstellungen scheinen damals doch so abgerundet und trefflich gewesen zu sein, dass sie seihst den strengsten An- forderungen genügten. Grossmann besass aber auch zu jener Zeit ein gut geschultes und höchst strebsames Personal. \'on demselben seien hier crwälini Mad.Bekenkam, Mads. Schroot und Mads. Bösenberg, drei sehr begabte Sängerinnen, Mad. Fiala, die bereits früher gen.inntc tragische Liebhaberin im Trauer- und Lustspiel, Mads. l 'littner, Gross- manns geniale Stiettochtcr, die sowohl als Sängerin wie Schauspielerin in jugendlichen Rollen mitwirkte, die heitere Naive, Mad. Xuth Jic altere, ferner Mad. Xeefe und Mad. Kummerfeld, deren beiderseitige Autgabe es war, Anstandsdamen, allere Heroinen und Mutier im Trauer-, Lust- und Singspiel darzu^iCilen. Ausser diesen Künstlerinnen gehörten noch die reizende Mad. Huber, die junge Bauerntnadchen und sanfte Weiber höchst anmutbig spielte, die erste Heroine Mad.

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Stegmann und ihre Partoerin, Mademoiselle Wollmar, zum weiblichen Persona] der Gesellschaft. Im Laufe des Jahres 178) kam noch die kaam dem Kindesalter entwachsene, aber talentvolle Mad. Josephi hinzu, die jugendlich tragische Rollen spielte und mit ihren Eltern, die früher in Düsseldorf eine eigne Truppe geleitet hatten, gleich» zeitig von Grossmann engagirt wurde. Ebenso bedeutend wie die ersten Darstellerinnen waren eine Anzahl Künstler der Kur- Kölnischen Gesellschaft. Schmidt war ein feuriger, hochbegabter Heldenliebhaber für das Trauer- und Lustspiel, Stegmann hatte eine ausgezeichnete Bariton-Stimme und gab KarrikaturroUen im Trauer- und Lustspiel unübertrefflich. Der Direktor selbst war ein guter Charakterdarsteller und fand besonders als Marinelli in »Hmilia Galotti« und in launigen Juden- und Kavalierrollen viel Beifall. Beck und Bdsenberg gaben komische Bediente und Bösewichier, Dengd stellte Bauern, Militairs und Väter dar, Diezel spielte alte Stutzer und Pedanten naturgetreu und höchst ergötzlich. Es sind noch der schöne jugendliche Liebhaber Steiger, die Sänger Widemann, Pfeifer und Pleissner und Herr Nuth der ältere zu erwähnen, welcher letztere Könige, Feldherrn und zärtliche Väter würdevoll spielte, während sein jüngerer Bruder in komischen Bedientenrollen immer die Lacher auf seiner Seite hatte. Im Laufe des Jahres 1783 kamen noch einige schätzenswerthe Kräfte zu der Kur-Kölnischen Gesellschaft. Der Sänger Brandt, der junge Schauspieler Döbbelin, Sohn des berühmten Theaterdirektors in Berlin, ein Herr von Gerstenberg und der Frank- furter August Wilhelm Seyfhed, dessen wir später noch ausführlicher gedenken werden. Ausser den Vertretern der ersten Rollenfächer wirkten noch eine Anzahl weniger bekannter Schauspieler mit. Auch hatte die Gesellschaft ein eignes Ballet, dessen geschickter Letter Herr Nuth der jüngere war. Das Orchester stand unter Führung des berühmten Musikdirektors Christian Gottlob Neefe, der ver- schiedene Operetten komponirt hatte und es trefflich verstand, gelegentliche Festspiele durch eine passende Musik /u begleiten. Neefe schrieb auch die Musik zu dem festlichen Epilog, der bei der Eröffnung des neuen Komödienhauses am ). September 1782 nach dem Schauspiel »Hanno, Fürst im Norden« zur Feier des Tages gegeben wurde, und sorgte für die damab so sehr beliebten Zwischen- akts-Musiken. '

' Die Nachrichten Aber das Grossmlnnuche Personal sind xusammengestellt

nach dem Theater-Kalender von 178}— 84, dem Theater* Journal, XXI. und XXIL Stück 1783—84» und nach gldchzeitigen Theateraetteln.

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Mit einem so gut geschulten, theib aus hervorragenden Kräften bestehenden Personal liess sich schon etwas ausrichten. Obwohl die Frankfurter im Laute der Zeit in Bezug auf theatralische Vorstellungen sehr verwöhnt worden waren, verstand es doch Crossmann, für die neue Bühne die regste Theilnahnie zu erwecken, lir Hess kein Zug- mittel unversucht, veranlasste Gastspiele von berühmten Sanftem und Schauspielern und ergänzte seine Truppe beständig durch neue ver* heissungsvolle Talente. Es gelang ihm denn auch, wenigstens in den ersten Jahren der ständigen Bühne, durch seine Vorstellungen eine derartige Anziehungskraft auszuüben, dass das neue für die damaligen Verhältnisse sehr grosse Haus f;ist immer gefüllt war. Dies that aber auch nöthig; denn der Direktor hatte dem Pächter Tabor einen hohen Micihzins zu zahlen und durfte an Sonn- und Festtagen, wenn sicher am meisten zu verdienen gewesen wäre, nicht spielen/

Wie gross das Interesse des Publikums für die neue Böhne und ihre' Leistungen war, erfahren wir aus dem Briefe einer berühmten Frankfurterin» die einen lebhaften Sinn für das Theater hatte und auch mit dem neuen Direktor Grossmann in freundschaftlichen Beziehungen stand. Keine geringere als Goethes Mutter, die Frau Rath, schreibt am 22. Oktober 1782 an die Herzogin Anna Amaüa in Weimar: »Ihro Durchlaucht können so ungefähr aus obigem er- sehen, dass Frau Aja immer noch so ungefähr Frau Aja ist, ihren guten Humor beibehäh und alles thut um bei guter Laune zu bleiben

auch das Mittel, das weiland König Saul gegen den bösen Geist 50 probat fand, fleissig gebraucht ; und so hat's menschlichem Ansehen nach noch lange keine Noth mit der guten Frau. Zumal da Herr Tabor (den Ihro Durchlaucht wenigstens dem Namen nach kennen) für unser Vergnügen so stattlich gesorgt hat. Den ganzen Winter Schauspiel! Da wird gegeigt, da wird trompetet. Ha! den Teufel möchte ich sehen, der Courage liäitL, einen niii schwarzem ßlut zu incommodiren. Ein einziger Sir John Fallstaff treibt ihn zu Paaren

das war ein Gaudium niit dem dicken Kerl Christen und Juden, alles lachte sich die Galle vom Herzen. Diese Woche sehen wir auch Klavigo ^ da gehet ganz Frankfurt hinein; alle Logen

' Näheres Cibcr die Uebcrl.issun^ des neuen Hau5.es an Jen Umenielimer in Dr. A. H. E. V. Oven, Djs erste st.idüschc Theater in Frankfurt, Neujahrsbiatt des Verein» für (jcäcliicliic utiil Altcriiium&kuude zu t'r<inkturt a. .M., liiyz.

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sind schon bestellt. ~ Das ist vor eine Reichsstadt allemal ein grosser Spass!« '

Die Vorstelluni: des ungemein lustii^cn Stückes »Sir John ball- staff«, über die I ran Rath Goethe an die Herzogin berichtet, fand am II. Oktober 1782 statt (Beilage »Klnvigo« hingegen

wurde in dieser Saison nicht mehr auii^elührt. Aber das Stück scheint m Vorbereitung gewesen und wegen irgend eines Hindernisses nicht mehr zur DarstelUing gekommen /.u sem; denn bald nach An- kunft der Gesellschaft in Bonn wurde das Trauerspiel im Kurfürst- lichen Theater am 4. Dezember 1782 gegeben. Man scheint dieser V'or'^telking, der zweifelsohne der kunstsinnige Kurfürst Maximilian beiwohnte, eine besondere Bedeutung beigelegt zu haben. Schrieb doch ein Professor Gramer einen Prolog y.u derselben, der von dem Haupt- mann d'Antoine in Musik gesetzt und von dem jugendlichen Helden- darsteller Schmidt gesprochen wurde.' Beiläufig sei hier noch darauf autnierksam gemacht, dass am 19. März 1783 auch Schillers Räuber von der Grossmännischen Gesellschaft im Kurfürstlichen Iloftheater in Bonn gegeben wurden. Pleissner, der einige Zeit nach Düsseldort zu der Josephischen Gesellschaft gegangen war, gab in dieser Vor- stellung den l ranz Moor.'

Frau Rath Goethe hatte gewiss Recht, wenn sie der Herzogin nach Weimar schrieb, der Pächter des neuen Komödienhauses, Hof- rath Tabor, sorge stattlich für das Vergnügen der Frankfurter. Gleich- zeitig mit dem Direktor Böhm, der nach Grossmanns Abreise jede Woche von Mainz herüberkam und mit seiner Truppe eine Vorstel- lung gab, spielte im Januar und Februar 1783 noch eine italienische Operisten-Gesellschaft unter Direktion von Ferrari im neu erbauten Komödienhausc. Nähere Nachrichten über diese Truppe, die aus London hierherkam, liessen sich nicht auffinden, auch blieben unsere Forschungen nach einem Theaterzettel derselben erfolglos. Nur das hiesige Repertoire der Operisten lässt sich aus den Anzeigen zu den Vorstellungen aus dem «Frank tu rtcr Staats-Kistretto« und anderen hiesigen Blättern zusammenstellen und folgt unten als Beilage V.

Die Operisten, deren Autiührungcn durch ein bedeutendes Ballet, hauptsächlich durch die Mitwirkung der schönen ersten Tänzerin,

* R. Keil. F r^u R.itK, S. iä6 1. Auch W ciniars Album zur IV'. Säcularleicr der BuchdruckerkuDst, S. 115.

» Theater-Journal, 1784, XXIL Stück» S. 6$. » Ebenda. S. 59.

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Ziel 'c, i: er ii^jh ^j-: -c: -::l:»;h Jirürcr zu Gr_-ie ^i'

tr;::nvrn r.'.r i'. Nt^rcrin L.r^J an Are. Scv'.cr, Jeren rs^iviersc::^:^ Ai-if^'j: *-' e«. V. ar. r.i.h: n ir in anJirren deutschen St^iter., <o~J^r". aiicli m I rär.'r f'-rt eint neue Ep<>che der Kunst an'rahren rj. he^:er. I'inanzici'cr Ki.in 'A*r Uic i olüc davon, da'^s sie sfc'-» den: S::orce geradezu cnt^c^icnstclltcn . ü : ri. rc>>vr;j i..-.;:j:'c'>: LeberreutU"^ ^c^^cn den ticrrscherj^.- Geschmack des gro^ }^ab'.iku:T:s du'ch- Selzen wollten, li,c<>.^.d Alarcf ,ni. Ccr ;n der. siebziger Ja rirer: des ■, <)r\;'cn jahrhundcrts mit . : c: i rüppe hier spielte, und Böhm erlebtcii ic trt Zcjicij ;;i i rankfurt. Beide pflegten in erster Linie das Singspiel und die (^per und gestatteten dem höheren Drama nur insoweit Raum in ihrem Repertoire, als es sich mit der nöthigen liinnahme in Einklang bringen liess. Freilich muss anerkannt werden, d.iss besonders Böhm die gute und ernste Richtung im Laufe seines Hierseins immer mehr förderte, den Lortschriit der dranutischen Literatur genau verfolgte und jede neue beachienswerthe Erscheinung auf seine Bühne brachte.

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Als Grossmann im neuen Komödienhause zu spielen begann,

wusste er bereits aus Erfahrung, dass kein Theater, das mit seinen Einnahmen, folglich auch mit dem Geschmack des Publikums rechnen muss, hartnäckig einer höheren Richtung folgen kann, wenn ihm nicht in geschäftlicher Hinsicht der feste Grund und Boden geraubt werden soll. Wie Grossmanns Repertoire von 1782 und auch aus späteren Jahren beweist, berücksichtigte er den tonangebenden Ge- schmack und liess fast keine Vorstellung vorübergehen, ohne den Frankfurtern einen musikalischen Genuss /u bieten. Wenn es keine Oper oder Operette gab, dann machte doch immer ein kleines Sing- spiel den Beschluss und bei ernsteren und heiteren Stücken, die den Abend ausfüllten, wurde fast immer in den Zwischenakten mit einem V'iolin-Concert oder einer Arie »aufgewartet«. In Frankfurt gefielen in jener Epoche besonders Ritterstücke und heroische Singspiele wie »Agnes Bernauer« von Thörring, »Kaspar der Thorringer« von dem- selben, »Günther von Schwarzburg« von Klein, »Otto von Wittels- bach« von Ewald, und »Hanno, Fürst im Norden« von Bock. Nach dem Vertrage mit dem Pächter hatten die Rnthsdepuiirten das Recht, eine Vorstellung zum Besten des Kastens und des Armen-Hauses selbst aus20wählen. Hs ist bezeichnend für die damalige Geschmacksrichtung, dass die erste im neuen Komödienhause für die Armen gegebene Aufführung »Hanno, Fürst im Norden« war,' ein heute gänzlich ver- gessenes, halb kraftgeniales, halb süsslich sentimentales Stück, dessen Handlung zu grossem Schaugepränge Gelegenheit bot. Auch im Jahre 1783 blieb Grossmann der gewählten Richtung treu (siehe sein als Beilage VI angefügtes Repertoire), wenn auch darauf hingewiesen werden mus.s, dass er durch die Aufführung des Fiesko von Schiller in diesem Jahre ein Wagnis unternahm, welches den Beweis für sein tieferes Kunstverständnis und seine Willigkeit für die Förderung junger Talente liefert.

Um dem chronologischen Gan<^e der Darstellung von l'rank- furter Theaterverhältnissen treu zu bleiben, gehen wir erst im zweiten Theil auf die erste hiesige Aufführung des Fiesko näiicr ein und theilen hier mit, dass bald nach der Abreise der Grossmännischen Gesell- schaft am 10. Mai 1783 die Zöglinge der »französisch-dramaiisch- lyrischen Schule« aus Petersburg unter der Leitung des Direktors Poscher mehrere Vorstellungen im Theater zum Junghofe gaben. Dass der Rath die Schauspielkunst mittlerweile schätzte, wie auch

' »Theater-Journal« 1784. S. 5$.

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der Keldendarsteller Schmidt in seiner bei (billig aufgenommenen Ab- schiedsrede gesaj^t hatte, beweist die Thatsache, dass er nach einem an theatralischen und musikahschen GeniUscii so reichen Winter auch noch den kleinen französischen Sciiauspielern die Spielerlaubnis gewährte. Das Repertoire der jungen Künstler, die in Frankfurt ausserordent- lichen Beifall errangen und auch in Wilhelmsbaü vor dem Erbprinzen Friedrich von Hessen-Cassel spielten, ist als Beilage VII angeschlossen ; ein Zettel zu den Vorstellungen der Kinder war nicht zu finden. Die Leistungen der jugendlichen Darsteller müssen in der That ganz erstaunliche gewesen sein. Auch in anderen Städten, wo man doch ebenfalls die neuesten Erscheinungen der Kunst zu sehen bekam, erregten sie vorzüglich durch ihr gut geschultes Ensemble die grösste Bewunderung. Die jungen Künstler waren aber nicht allein Schau- spieler, sie sangen und tanzten auch und entzückten das Publikum wahrhaft durch ihre reizenden pantomimischen Ballette.

Bei solchen ungewöhnlichen und anziehenden Abweeli seiungen auf dem Gebiete der dramatischen Kunst musste ein Direktor immer wieder alle Erfindungsgabe aufbieten, um ein verwöhntes Publikum, wie das Frankfurter, durch seine Darstellungen zu befriedigen. Der bewegliche und höchst strebsame Grossmann machte denn auch immer grössere Anstrengungen, um den gesteigenen Ansprüchen zu genügen und die Sorge für die Belustigung der Zuschauer mit ernsten Kunstbestrebungen zu vereinigen.

Welche Ansichten aber trotz der Gründung des städtischen Komö* dienhauses und der gehobenen künstlerischen Verhältnisse in Frankfurt über den Schauspielerstand herrschten, beweist eine Bestimmung, welche der Rath in den Vertrag mit Tabor aufnahm. »Der Beständer hatte seinem Direktor einzubinden, dass er nur Fremde, keine Hiesige als Schauspieler, am wenigsten Minorenne, Gymnasiasten, Gesellen, Soldaten etc. eng.igire, nuf seiner Leute Sittlichkeit sehe, und zur Warnung ge^eii Scliuldenmachen dem Zettel beifüge, dass Niemand etwas aut seinen X.imen Lieborut werde.« ' Wurde ohne Genehmigung des Rathes diese Bedinuunt^ überschritten, so hatte derselbe das Recht, den Vennig .iiit/uheben.

Obwohl nun die N'ater der .Stadt in obiger Klausel deutlich genug .lusgcdrückt hatten, dass sie keinen Frankfurter auf der Bühne des neuen Komödienhauses sehen wollten, führte dennoch die leb- lial teste Kunstbegeisterung im Jahre 178) den Sohn einer hiesigen.

Dr. A. H. i£. V. Oven, Das erste stadtische Theater in Frankfurt. S. 29!.

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und hoclungesehenen Familie mm Theater, Heinrich Wilhelm Scy- fried, geb. 28. Juli 1755 zu l'rankfurt, war der älteste Sohn eines hiesigen A<ivt)katen und hatte ebenialls Jura studirt, ohne Zweifel, um später in seiner Vaterstadt eine ähnliche Laufbahn betreten zu können. Dies scheint wenigstens der Wille seiner l-ltern gewesen zu sein, der aber niciu mit seinen eignen Neiiji.r.gcn im Einklang stand. Zw.iT siudirtc Sevfried einige jnhre in Göttingen, allein er betrieb alles andere eher als juristische Studien. Schon damals nniss er wohl den Vorsat/, gehabt haben, zur Bühne zu _<;ehen, jedoch dieser Plan ist sicher .m dem Widerstande seines Vaters gesclKircrt. Genau lässt sich nicht feststellen, wann Heinrich Wilhelm Se\ir;LJ wieder von Güttingen nach Frankfurt zurückkehrte. Da er aber 1780 und 81 in Gemeinschaft mit dem Hofrath Rühl die »Frankfurter Beiträge«, eine Zeitschrift zur Verbreitung nützUcher Künste und Wissenschaften herausgab, muss er wohl Ende der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wieder hierher gekommen sein. Bald nach seiner Heimkehr von der Universität gründete Heinrich Wilhelm Seyfried ein Liebhaber 'Theater* in Frankfurt, dessen Mitglieder in der Folge zu den besten hiesigen Kreisen gdiörten. Schon 1777 hatte sich hier eine Privatgesellschaft zusammengethan und gar nicht Qbel »Minna von Bamhelm« von Lessing aufgeführt, aber sie wurde von weiteren dramatischen Vorstellungen durch den Spott abgeschreckt. Etwas später entschlossen sich wieder einige Damen und Herren, auch Komödie zu spielen. Sie führten »Herzog Michel«, •Der sehende Blinde«, »Joseph der Gute« und »Eduard Montrose« auf, scheinen aber keine besonderen Leistungen geboten zu haben. »Da f&gte es«, wie Seyfried berichtet, »Apoll, dass er mich zu Ende dieses letzten Winters ( 1781—82} in einen Qrkel von Freunden führte, die auch den Gedanken hatten, Vorstellungen zu geben. Sie ersuchten mich nicht nur, ihnen dazu behilflich zu seyn, sondern auch Rollen mit zu übernehmen. Dass mich ihr Entschluss freute, und ich ihn nach meinen wenigen Kräften zu unterstützen suchte, können Sie sich vorstellen. Man schlug natürlicher Weise den Weg ein, den die Vernunft befiehlt, nämlich von dem leichten zum schweren. Von acht zu acht Tagen wurden folgende Stücke angeführt:

»Der Schneider und sein Sohn«, L. in 2 A. von Fuss. »Die falsche Vergiftung«, Nachsp. in i A.

' Die Mittheilungcii betreffs des i ranKlurtcr Liebhaber-Theaters stuticn sich auf die Abband] u tilgen Seyfneds aber dasselbe im Theater-Kalender 1785 S. 159^167 und 1784 S. 80—90.

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»Der Schatz« yov. Lcssin«,'.

»Die falsche Vergiftung« wiederholt.

»Medon« von Clodius, L. in ^ A.

»Der Mann nach der Uhr«, L. in i A. v. Hippel.

»Die beyden Hüihe«, S. in i A.

»Der Bettler« von Bock.

»Die Juden«, Lustspiel in i A. von Lessing.

»Der Schneider und sein Sohn«. (Auf Begehren wiederholt.)

»Kiivnsolt und Sapphira« von Martini.

»Sechs Freyer und eine l^raut«, L. in i A. von Herrn Hotraih

Hofmann dazu verfertigt. »Der Schatz«, von Lessing, auf Begehren wiederholt. »Das Wintcrtjuanicr in Amerika«. L. in i A. von Bader.a

Alle diese StOcke gab man im Verlauf von drei Monaten wäh- rend des Sommers 1782 im Frankfuner Liebbaber*Theater. Seyfned rQhmt die Bereitwilligkeit der Mitwirkenden, die lieber eine Rolle zur Hand nehmen als anderen Sommerergötzlichkeiten nachhängen, and bemerkt, dass man dem Herrn R. das Direktorium übenragen habe» der nicht nur ein Mann von einem guten moralischen Qiarakter, sondern auch ein einsichtsvoller Kenner sei. R. ist wohl kein andrer als der frühere fürstlich Leiningensche, damals Solms-Rödethdmsche Hofrath E. F. Rühl, mit dem auch Seyfned zusammen die »Frank- furter Beiträge« herau^ab. Von den Darstellern nennt der Letztere zuerst nur den Herrn Hofratb Hofmann, der auch das Stück »Sechs Freyer und eine Braut« schrieb, dessen Schwester, die talentvolle Demoiselle Hofmann, und Herrn Hofmann den jüngeren, Verfasser von »Die Schenke auf dem Lande«. Ausser diesen werden noch drei Schauspieler des Frankfuner Liebhaber-Theaters namhaft gemacht, die zugleich Stücke geschrieben haben. Diese sind Magister Goentchen, der »Unschuld in Fessehi« verfertigte, ein gewisser Rohm, der Autor des zweiaktigcn Lustspiels »Der gebesserte Ehemann« und ein Herr Klenk, Verfasser des Lustspiels »Er und Sie«.

In einem zweiten Briefe über das Frankfuner Liebhaber-Theater werden noch die Herren Hauck, Schneider, Burmaim, Heunisch, Bär und Kautz und eine Demoiselle Andler als Mitwirkende genannt imd genau geschilden, in welchen Rollen dieselben ihr Talent bethätigten. Von sich selbst berichtet Seyfned: »Ich übernahm die Fächer der Juden, der ersten feinen Bösewichter, launigte und sanfte Alten, Dichter-Rollen, edle Charakter-Rollen und Philosophen. Wie ich sie spiele und gespielt habe, überlasse ich anderen, weil ich von mir

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selbst hier nichts zu bestimmen getraue, aber das kann ich doch sagen, dass ich die RoUen eines Marinellis, eines Grimaldis in den »Zwillingen«, eines Thorecks in »Trau, schau, wem?« eines Major Tellheims, eines Fürsten im »Edelknaben«, eines Juden Israel im »Dia- mant«, Mellefont in »Sara Samson« etc. mit Vergnügen gespielt habe. Dass ich keine mit der Delikatesse eines Grossmanns, Schmidt, Reinecke vortrug, weiss ich von selbst, auch kann man es von mir noch nicht erwanen, weil ich zwar ein bischen Lektüre, aber desto weniger Routine des Theaters besitze«.

Doch nicht nur eines der eifrigsten darstellenden Mitglieder des Frankfuner Liebhaber-Theaters war Seyfried, er schrieb auch folgende Stücke fär dasselbe, die sämmtlich mit Beifall aufgeführt wurden:

»Der Recensent«, Lustspiel in 2 Akten.

»Weibertreue«, Lustspiel in 2 Akten.

»Weiberracbe«, Lustspiel in 2 Akten.

»Die Frau hat die Hosen an«, Lustspiel in 3 Akten.

»Nicht jede Liebe ist blind«, Lustspiel in 2 Akten.

»Der Kuppelpelz«, Lustspiel in i Akt.

»Angeführt«, Lustspiel in i Akt.

»Der lebendige Todte«, Schauspiel in 4 Akten.

»Die Sachsenhäuser«, Lustspiel in (?) Akten. (Li Sachsenhäuscr MuodarL)

»Das junge Ehepaar«, Lustspiel in (?) Akten. (In Sachsenhäuser Mundart.)

Ausser den eben genannten verfasste Seyfried noch mehrere Dramen und Lustspiele, von denen es aber nicht feststeht, ob sie im Frankfurter Liebhaber-Theater gegeben worden sind.

Die erwähnten Stücke waren 1785 sämmtlich noch nicht ge- druckt;' ob sie später erschienen sind, liess sich nicht feststellen. So weit unsere Kennmis reicht, ist Seyfried der erste hiesige Schrift- steller» der Frankfurter Lokalstücke schrieb und auf den guten Ge- danken kam, die gemüthliche Sachsenhäuser Mundart auf die Bühne zu bringen. Zwar hatte der Schauspieldirektor Wallerotti schon 1741 eine Harlekinade »Die lustige Spazierfahn nach dem Sausteg« zur Aufführung gebracht und andere Wanderprinzipale waren ihm mit ähnlichen Burlesken gefolgt, allein alle diese Stücke sind bereits in anderen Städten aufgeführt und nur mit lojcalen Anspielungen

* Nnchrichten Ober die literarischen Leistungen H. W. Seyfrieds im Theater- Kalender 1785 S. 141.

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versehen worden. Bei Sevtricd hingegen stüssen wir aut den ersten Versuch, den heimatlichen Dialekt und die originelle Art der Sachsenhauscr auf das Theater zu bringen. Schade, dass keins dieser Lustspiele auf unsere Zeit gekommen ist. Hin Vergleich zwischen diesen und den LokalstucKen der Gegenwari durlte niclu allein von theatergeschichtlichem Interesse sein.

Das rrankturter Liebhaher-Theater ging durch einige unver- muclictc Zufälle, besonders durch den Tod verschiedener Personen im 1 1 Lih] ihr 1783 wieder ein. Aber es war eine Schule für Seyfrieü ge- worden, :i der er sich aufseineu eigenthchen Beruf vorbereitete. Wenn man bedenkt, dass neben den bereits genannten Stücken ein schwie- riges Trauerspiel wie »Die Zwillinge« von Klinger, Lessings Dramen, das damals sehr beliebte Lustspiel »Der Postzug von Ayrenhof« und andere moderne Stücke von diesen Dilettanten gegeben wurden, so darf man wohl mit Sicherheit annehmen, dass sehr talentvolle und für die Schauspielkunst begeistene Leute darunter waren. Zuerst wurden die Vorstellungen »ganz privanm« gegeben. Nur Kenner und eine ausgesuchte Gesellschaft kam als Zuschauer, jedermann wurde lucht zugelassen. Anfangs war das fbr Frankfurt wenig be- kannte Unternehmen eines Liebhaber -Theaters die Quelle grosser Neugierde und vieler Geschwätze. Aus diesem Grunde gingen (fie Vorstellungen auch nur in Gegenwart einsichtsvoller Männer vor sich. Als aber Heinrich Wilhelm Seyfried an Stelle des vielbeschäf- tigten Herrn R. die Leitung der Dilettanten-BUhne übernommen hatte» wurde dieselbe für die hiesige bessere Gesellschaft ein Gegen- stand lebhaftesten Interesses. Man drängte sich zu den Aufführungen, die besser besetzt waren, als man es oft bei Scbauspielcrgcsellschafteo angetroffen hat, oder suchte sogar in dem Dilettanten-Verband Auf- nahme zu finden. Während der Proben und Vorstellungen, die ao jedem Mittwoch stattfanden, überzeugte sich Seyiiried, dass für junge Männer und Frauenzimmer kein edleres Vergnügen gefunden werden kann als die Schauspielkunst. »Aber man muss sie auch männlich und nicht kindisch behandeln. Den Satz, dass Schauspiele für junge Leute so schädlich wären, fand ich ganz unbegründet. Man machte mit einigen Probe und sie arteten sich, fanden Geschmack, entfernten sich von allen Gegenständen^ die an Ausschweifung gränzen, und freuten sich, wenn «man ihnen nur die kleinste Rolle zutheilte. Viele gewöhnten sich eine bessere Aussprache an, lernten mehr auf sich Achtung geben, schärften ihr Gedächtnis und wussten sich besser m etwas hinein zu denken. Dadurch verlor sich das papageienmässige, das noch so vielen Schauspielern anhängt. Auch der Satz, dass junge

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Leute, wenn man sie Schauspiele aufitkhren liesse, zu sehr zerstreut wQrden, zu viel ihr Hauptgeschäft versäumten, traf hier nicht ein. Aber woher rührte dies? Ein jeder entbehrte lieber das angenehme Vergnügen und nahm dafttr eine Rolle in die Hand.«

Wenn in anderen deutschen Städten der Hof oder der Adel die grösste Theilnahme am Theater zeigten, so ist es in Frankfurt die von Seyiried geleitete Dilettanten-Gesellschaft gewesen, die das Ansehen der Bohne ungemein hob und besonders die höheren Kreise immer mehr mit Achtung vor der Wfirde und Bedeutung der mimischen Kunst erfollte. In der rheinischen Schwesterstadt Mainz, deren Theatergeschichte so eng mit der unsrigen verwachsen ist, förderte in einer wichtigen Epoche die geistvolle Reichsgräfin von Wartens- leben den Aufschwung des Theaters,* hier war es abo der bessere Bflrgersund selbst, der zu einer Zeit, als Dichtung und Musik durch Goethe und Schiller, Gluck und Mozan einer neuen BlQthe en^egen gingen, und die Schauspielkunst endlich eine dauernde Heimstätte finden sollte, den ethischen Werth derselben und ihre veredelnde Wirkung auf den Einzelnen am eignen Leben und Streben zu be- weisen suchte. Es ist deshalb unbestreitbar, dass Heinrich Wilhelm Seyfried für die Geschichte des Frankfurter Theaters eine hoch- bedeutsame Persönlichkeit ist. Doch, was wir ihm heute vom über- schauenden Sundpunkte einer spateren Zeit als grosses Verdienst anrechnen müssen, das scheint seinen Eltern einst keinen geringen Kummer bereitet zu haben. Freilich musste Scyfrieds Verhalten schon auf der Universität Anlass zu scharfem Tadel gegeben haben, aber der ernstlichste Widerstreit zwischen sich und den Seinigen scheint doch aus seiner unwiderstehlichen Neigung zur Bühne hervor- gegangen zu sein. Die Eltern wollten ihn in eine sichere geachtete Stellung eintreten sehen, es ging schnurstracks gegen ihre Ansichten, dass er sein Leben und Streben einem Zwecke widmen wollte, dessen Werth ihnen nicht nur zweifelhaft, sondern sogar nichtig erschien. Das alte und gar oft berechtigte Vorurtheil gegen die Bühnenkünstler wirkte auch mit, um die Konflikte zwischen SeyfrieJ und seinen Eltern immer mehr zuzuspitzen. Dass er im Jahre 1782 selbst noch nicht wusste, wie sich seine Zukunft gestalten würde, geht aus einer Stelle seines ersten Schreibens über das Privat-Theater in Frankfurt am Main hervor. Da heisst es »Sie verwundern sich, dass ich die bewussten Stellen ausgeschlagen. Nichts war schuld als die Liebe

' Peth, Geschichte des Theaters und der Musik zu Mainz. S 4j.

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zu meiner Viterstadt. Ich muss Ihneo offenherzig bekennen» dass es mir wehe thut, wenn ich sie verlassen soll, ja muss. Und das um so mehr, da mein seliger Grossvater als Syndicus hier starb und desgleichen mein Vater als der thätigste Patriot. Beyde bear- beiteten das juristische Feld wie gern bearbeitete ich das dra- matische, diplomatische u. s. w. Aber die traurigen Vorurtheile! Doch mein Freand ! stehen werde ich als ein Mann. Ich werde alles erschöpfen, um die Pflichten eines Bürgers zu erfüllen. Schlagen aber denn alle Absiebten fehl, dann verzeihe mir Gott und die Welt Gehn werde und kann ich, aber dann doch die Zukunft wird es entscheiden.«

Viel eher als Heinrich Wilhelm Seyfried erwanete, muss wohl eine unerwanete Wandlung der Verhältnisse in seinem Leben einge* treten sein. Kaum war das neue Komödienhaus ein halbes Jahr eröffnet, als er den festen Entschluss gefasst hatte, der juristischen Laufbahn zu entsagen und Mitglied der Grossmännischen Truppe zu werden. Allein seiner Absicht stand die bekannte Venragsbestimmuog im Kontrakte des Pächters Hofrath Tabor emgegen, weshalb sich Seyfi-ied mit der Bitte an den Rath der freien Stadt Frankfurt wandte, ihm die Ausführung seines Vorhabens zu gesutten. Da seine fiitt- Schrift die erste derartige Eingabe eines hiesigen BOrgersohncs wegen Aufhebung des strengen Paragraphen ist, soll sie hier Au&ahme finden.

Hocbwc^l- Wohl- und Hochedclgcbolime, Gestrenge, Hochedl«^ Vest und Hochgelahrt^ Wohlfbnichtige und Hochwdse Henn Schulthdss»

Bargermeister und Rath.

Da für die Churfürstliche Residenz Stadt Mainz und die Reichs Stadl Frankfurt am M:iin ^ukünfti^c Herbst -Messe eine Natioru! Bühne errichtet wird, und itzo schon tüchtige Mitglieder da/u angenommen werden, so ent- schloss ich mich, nicht nur aus Neigiuig für die Kuubt, sondern auch au» Uebe für meine Vaterstadt, um die wenigen Nebenstunden zu ihrem Nutien mit anwenden zu können, zu der f'u -Cöllnischen Hofschauspieler Gesell- schaft thcils als Theaterdichter, thcils .ils Schauspieler zu gehn. Ich sprach desswegen mit dem Herrn Dircctor Grossmann und bat mir einige Rollen zu spielen aus. Er wQrde auch meine Wünsche befriediget Iiaben, wenn er nicht wegen einem gewissen Punct Anstand genommen hitte. Dieser betrift einen Artikel, der in der Hochweisen Instruction, die die Herrn Tabor und ürossmann von einem Hochedlen und Hochwdsen Rath erhalten haben, vor- kömmt und ohngtlahr lautet:

Keinen hiesigen Bürgers Sohn oder Bürgers Tochter bei der hiesigen Bfihne aufzunehmen. So weise und viterlich diese Verordnung ist, ja wegen gewissen Folgen sehr nothwendig war, so hoffe ich, dass hier von der R^d» ohne dadnitb Verordnung eines Hochedlen und Hocbweisen Magistrats zu verletzen, eine

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Ausnahme gemacht werden kann; denn Theils \erliess ich aus Steigung zu den dramatischen Wissenschaften das juristisdic hach, Theils versichern micb mdne Freunde, die Kenner sind, dass ich in der Folge etwas leisten wQrde, Theils gehe ich in mein 28«« Jahr und habe also die Minorcnnitaets Jahre /uröcki^cIcKt. Theils geschieht es mit Genehmigung meiner Mutter und Theils, welches das wichtigste ist, erhalte ich eine Bestimmung, die mich zu einem rechtschaffenen und nOulichen Mitglied der Welt bildet.

Aus diesen GrOnden lebe idi der Hoffnung, dass Cw. Hochwolü-, Wohl und Hochedelgebohme, Gestrenge und ttorrtichkeit, WohU&rsiditig

und Hochwcisheit dem Herrn Dircctor Grossmann zu erlauben, mich zu seiner (kseUscbaft annehmen zu dörfen, grosgünstigst zu decreiiren geruhen

werden.

Ich werde jederzeit durch meuic Autiuhrung und Handlungen zu be- weisen suchen, dass nun als Theaterdichter und Schauspieler auch em Patriot, cm Menschenfreund und em reditsdiafFeiier Mann seyn kann.

Ich habe die Ehre jederieit mit der grösten Hochachtung zu bestehn

Ew. Hochwohl-, Wohl und Hochedelgebohme, Gestrenge und Henrlidikeit, Wohlförsichtig und Hochweisbeit

gehorsamster

Heinr: Wilh: Seyfried als Seibst-StcUer.

Auf diese Eingabe beschloss üer Rath, den Wunsch des Bitt- stellers unter der Bedingung zu gewähren, dai»s seine verwittwete Mutter nichts gegen die Absichten des Sohnes einzuwenden haben würde. Als derselben dieser Bescheid zugegangen war, richtete sie folgendes Schreiben an die in diesem Falle sehr vorsichtigen Väter der Stadl.

Kachdemc mein ältester Sohn Hetmkh Wilhelm Se\ trkd von mir und meinem secHgen Mann dem gewL";encn Regieruni^srath SL-vfricd m allem guten auferzogeii, mehrere Jahre aul der hohen Scitule zu Göttingen mit schweren KoMen erttflten worden, um dBe Rechtsgclehrsamkeit au erlernen, sich daselbst aber in allem Betracht nicht gut und so betragen, dass er nicht allein übermäsig verschwendet, sondern auch ganz per.idc gegen die, von seinen Aeltcrn ihm gegebene Bestimmung f'ehandclt, auch naclihero bev meinem Wiederhierseyn gegen alle, zu seinem Besten von seinen Aeltern in der besten Meynung wegen sdnes kOnftjgen Eubfissements ihm gemachte gute Vor- schläge nicht allein taub, verstockt und unfolgsam gev^-esen, sondern siel) auch nr»ch so aufgeführt, dass wir, und insl>esonderc ich, nach Jftn Tode seines seel. V.iters. auf keine Weise mit ihm /ufrieden ■.evn konnte, und ich demnach aus seiner ganzen bislierigen Auliuiirung und Betragen, wenn icli es auf das allergelindeste beurteileo wollte, schliesen muss, dass er onge- achtet seiner längst erreichten \'oll)ährigkeit, indeme er i:/o 28 Jalire alt ttt, meiner Meynung nach sich nie in Ordnung begehen und eine mir wohlgc- fnlHge, ilini und seine Aeltern anstandige und hhre bringende Auiiuhrung und Lebensart erwählen wird; so bin ich, bei allen vorerwähnten Umständen, beim M^gd aller Mittel, ihn auf die mir amtindige Sinnes Aenderung au bringen,

28o

bey seinem überdiess bestindigen Trau und vermdiitlidier Wdsheit, «ich Verspottung alles dessen, was ich ihm zu seinem Besten und mit dem besiea

Herzen vorL"?srlilagcn luibc, nacli reiflicher Ucbcrlegung entschlossen, ihn nunmehro hierimien sich selbst, seiner eignen Fuhrung und seinem guten oder bösen Scliiclisaal zu uberlassen, welchen Sund und Lebensart er wählen und aondimen wolle und werde.

Um mich demnach aller denenigen unvernünftigen Vorwürfe, die mir

gedachter mein Sohn theils schon täglich gemacht und noch zu machen sich einfallen lassen könnte, mich auch so viel möglich alles des Verdrusses und aller der Kränkung, die ich bishero kider ausgestanden habe, zu ent- ledigen, begebe ich mich auf sein ausdrückliches Verlangen in diesem Puoct aller der Rechte, die mir Kraft der mQtterlichen Gewalt zukommen mdchtn und könnten, und thue hiemit die traurige lirklärung, so viel hierzu vonnöthcn seyn mag, dass es mir, bei oberzählten Umständen und bei der Unmöglich- keit, ihn auf bessere Gedanken zu bringen, sehr gleichgültig seyn muss und auch würklich sey, welche Lebens Art er ergreife, welche Minci und Wege er einschlage, sidi durch die Welt su bringen und «i ernähren.

Da sich unterdessen gedachter raehi Sohn von selbst bescfacidet and

auch wohl bescheiden muss, dass er auf die Rechte, die er auf mich als seine Mutter hat, die jedes rechtschaffene, fnlg^ame, seinen Acltern Khrc und Ver- gnügen bringende Kind an dieselbe nuchcn kann und welche die Aeltcrn ihren Kindern wiederum mit Vergnügen angedeihen lassen, entsaget und entsagen muss: so will ich mich doch aiadrOekfich um so mehr von den- selben lossprechen, da nach der Natur der Sache solche ohnehin nur siatt- hnden, wenn sich die Kinder gegen ihre Aeltern so betragen, wie es sich gebühret, mein Sohn aber in allem Betracht sclüeduerdings gar nicht gethau bat Urkundlidi meiner eigenhändigen Kamensuntcrschrift und bdgedrucfctan Pettschaft. Frankfun am Main den 5. Mai 1783.

Seyfriedin Wb.*

Dieser Brief der Mutter stellt den begabten Sotin gerade nicht in ein günstiges Licht. Aber wir liegen die Vcrmuihung, dass es um seinen Charakter wohl doch nicht so schlecht stand, wie aus diesem Berichte hervorgeht. Wenigstens berührt es eigenthümlich, dass be•L^: ]"ing;iben :in den Rath dieselbe Handschrift zeigen und aller Wahrscheinlichkeit nach von Heinrich Wilhelm Seyfried selbst herrühren. Handelte die Mutter wolil "r in seinem Sinne, als sie über ihren Aeltesten derartige Miitheilungen maehte? Vielleicht musste den Vätern der Stadt durch einen solchen Bericht über Sey- frieds Verhalten der Glauben aufgenöthigt werden» dass er wirklich zu nichts anderem mehr tauge als zum Komödianten, wenn sie sich überhaupt entschliessen sollten, eine Ausnahn^e von der kaum ge- gebenen strengen Verordnung zu machen. Der junge Mann

' Beide Schreiben in Katbssupplikationeo April bis Juni 178).

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- 28l -

Schulden gehabt und durch die leidenschaftliche Liebe zum Theater seine ganze, in vollständig anderen Anschauungen lebende Familie gegen sich aufgebracht haben, aber ein verkommener Mensch war er deshalb nicht. Wer das annehmen wollte, würde durch einen Blick auf seine vielseitige literarische und dramaturgische Thaiigkeit bald vom Gegentheil überzeugt werden. Seyfried war viel zu fleissig, als dass wir das Recht hätten, ihn als den verlorenen Solin einer guten Familie aufzufassen. Er schrieb für verschiedene Theater- Journale und Kniender, gab poetische Taschenbücher heraus und arbeitete an einer »Frankfurter Dramaturgien, von der wir bis heute leider kein Exemplar aufzufinden vermochten.

Als Seyfrieds Mutter ihre Genehmigung zu dem neuen Berufe ihres Sohnes gegeben hatte, Hess es der Rath »>dabei bewenden«,' was so viel bedeutet, als dass dem Supplikanten WtUfahrung seines Gesuchs 7u theil wurde. Wenn nun der junge Mann vor dem Ein- tritt in die neue Carricrc auf seine Kindesrechte verzichtete, so mag er dies wohl einestheils gethan haben, weil er mehr gekostet und verbraucht hatte als seine Geschwister, anderntheils aber auch, um n ich dem Tode des Vaters desto schneller ans ersehnte Ziel zu koniiTicn. Am 5. Mai 1783 wurde Seyfrieds Gesuch hei Rath ge- nehmigt, am 6. tritt er bereits als Jude Israel im »Diamanten«, eine Rdllc, die er schon früher im Liebhaber-Theater spielte, im neuen Kümodienhause auf.* Wie dies Debüt aushel, können wir nicht sagen, wir wissen nur, dass er engagirt wurde und etwa zwei Jahre bei der Grossmännischen Truppe blieb. Ueber Seyfrieds Wirksamkeit als Schauspieler und Theaterdichter der hiesigen Bühne fehlen weitere Nachrichten, jedoch seine schriftstellerische Thätigkeit lässt sich auf Grund zeitgenössischer Miiiheilungen weiter verfolgen. Am meisten unter Seyfrieds Leistungen interessirt uns eme Arbeit, welche beweist, dass er auch der Klarstellung des historischen Entwicklungs- ganges der dramatischen Kunst in seiner Vaterstadt den rechten Werth beilegte. Er schrieb den »Entwurf einer Geschichte der Frank- furter Schauspielkunst«, der wohl Manuscript geblieben und nicht auf unsere Tage gekommen ist. Wenigstens konnten wir unter den theatralischen Schriften jener Zeit keine Spur von diesem Entwürfe entdecken.

Im Jahre 1785 war Heinrich Wilhelm Seyfried Theaterdichter

' Rathsprotokoli und Bürgermeisterbuch 5. Mai 1783. Thcater-Joumal flkr DeutsdilaDd 1784 S. 75.

382 -

bei der Kesseischen Gesellschaft.' Ende der achtziger und anfangs der neunziger Jahre rouss er in Berlin gelebt haben, >\o er mehrere Schriften erscheinen liess und auch die periodische V'olksschrit't »Berliner Blau und Roth« herausgab. Nach einem wechselvoUen Leben starb Seyfried in Braunschweig am 20. April 1800. Sein schriftstellerisches Talent scheint stark zur Satire geneigt zu haben, wenigstens verfasste er eine Anzahl Schriften, deren Inhalt diese Annahme bestätigt. Kurz bevor Seyfried Theaterdichter der Gross- mannschen Truppe wurde, fasste er den Entschluss, eine »Allgemeine kritisch theatralische Bibliothek für Teutschland« herausnigeben. Nach seinem Plane sollte das periodisch erscheinende Werk im ersten Theile nur deutsche Originale und unpartheiische ßeuriheilungen über aufgeführte Stücke enthalten, während der zweite Thcil Uebersetz- ungen, Musikalien und sonstif^e dramatische Schriften einschliessen würde, jährlich sollten zwei Bände in gross Oktav erscheinen, jedem derselben das Portrait eines dramatischen Schriftstellers vorgesetzt und ein vollständiges Register angehängt werden. Dieser Entwurf, den Seyfried im »Theater- Journal« bekannt machte,* fand Beifall. Ende 1783 erschien das I. und II. Stück des Werkes, das den Titel «Mein theatralisches Tagebuch für Deutschlands erhielt. Meusel bringt in seinem Lexikon der verstorbenen deutschen Schriftsteller (1750 1800) eine Aufstellung von Seyfrieds Werken,' aber das Ver- zeichnis ist nicht vollständig. Zwei kleinere kritische und dramatische Schriften aus .seiner Frankfurter Zeit wie die »Dramaturgischen I rag- mente« , die »Dramatische Apologie. Eine Beheri:igung für den Schauspielalmanachverfasser« (beide Frankfurt 1783) sind nicht ange- geben. Seyfried nniss sehr scharf gegen alle Mängel im Spiele der darstellenden Künstler und gegen irrige Meinungen der Tlieater- schrifisteller aufgetreten sein, denn seine kritischen Schriften erregten an manchen Stellen solches Aergernis, dass sogar 1783 eine »Dra- matische Volkssatyre« auf ihn erschien.''

Als Dramatiker stand Seyfried zwar im Banne der damaligen literarischen Richtung, aber er leistete dennoch etwas Gutes und war mit den Wirkungen der Bühne genau bekannt. Dies beweisen einige

* Theater-Kalender 178$ S. 141. Audi »Geschieht« des Theatm und der Musik in Mainz« von J. Peth. S. 68.

* Thcntcr- Journal fSa Deutschland 1783 XXL Stück, S. $9. » Band Xül, S. 141.

4 Theater-Kalender 1784 S. 191.

i

Scenen aus seinem Schauspiel »König Leopold«, die er in dem »Theater-Jouraal«' veröffentlichte. Der Dialog in diesem 1784 noch nicht gedrackten Schauspiel ist knapp und bündig und der Indivi- dualität der einzelnen Gestalten entsprechend. Auch die Handlung schreitet, ohne durch störendes Beiwerk aufgebalten zu werden, rasch vorwärts. Freilich merkt man, dass Lessings »Miss Sara Sampson«, »Emilia Galotti«, Goethes »Götz« und Schillers »Fiesko« surk auf Seyfrieds Stöck einwirkten. Wie in den meisten Dramen und Romanen jener Zeit ist der Held im »König Leopold«, Prinz Emmerich, ein Mann, der zwischen zwei Frauen hin und her schwankt und durch seine Haltlosigkeit augenscheinlich die Katastrophe herbeiföhrt. Die Gräfin Justine, Emmerichs Geliebte, hat ZOge von der Julia im »Fieskott, der Gräfin Orsina in »Emilia Galotti« und der Adelheid im »Götz von Berlichingen«. Wie die letztere scheut Justine in der Durch- führung ihrer Absichten sogar vor dem Verbrechen nicht zurfick. Sie dingt Mörder, um ihre Nebenbuhlerin, den König und andere ihr im Wege stehende Persönlichkeiten aus dem Wege zu schaffen. Die Gräfin und ihre Genossen, der schlagfenige Hofnarr und der Geheime Rath des Königs Leopold, Baron von Strenitz, sowie Prinz Emmerich waren unstreitig gute Bohnenfiguren, wenn hier auch nochmals betont werden soll, dass sie in den Fussupfen ihrer be- rühmten Vorbilder schreiten und deren Einfiuss keineswegs verleugnen können. Den Schluss des Schauspiels kennen wir nicht, vermuthen aber, dass die verbrecherischen Anschläge der geheimen Verbündeten rechtzeitig verrathen und Prinz Emmerich und seine neue Geliebte Amalia noch als glückliches Paar vorgefiihn wurden.

Wichtiger als Seyfrieds verschollene dramatische Leistungen wäre für uns der Nachweis, dass er der Frankfurter Recensent ge- wesen ist, der sich nach Schillers anonymer Selbst recension der Räuber im »Wincmbergischen Reperiorium« sofort als Vertheidiger des arg mitgenommenen Dichters aufwarf. Bekanntlich hatte Schiller sich in diesem Aufsatz seinem grossen Jugendwerk gegenüber ganz auf Jen Standpunkt eines strengen Richters gestellt und die Schwächen des Trauerspiels selbst so grausam ans Licht gezogen, dass man heute noch über seine tiefe kritische Einsicht und über die Nüchtern^ heit, mit der er sein kaum in die Welt getretenes Kind betrachtete, aufs Höchste erstaunen muss. Da jedermann von dem genialen Werke begeistert war und selbst Kenner demselben ihre Bewunderung

XXU. Stockas. isC

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nicht versagten, darf man es dem von den Räubern ebenfalls enthu- siasmirten Fraokfuner Recensenten nur aJs eine ptetiltvolle That anrechnen» wenn er die Absicht hatte, gegen den verkappten Ver- fasser iener Recension zu Felde zu ziehen. Uebrigens soll der Hrstere nicht wenig erstaunt gewesen sein, als er hörte, dass der Verfasser der Räuber sein eigner Kritiker war. '

Ebenso wenhvoU wie der sichere Aufschluss über die Persön- lichkeit des Frankfurter Recensenten, für den wir Seyfried halten, wäre für uns die Beantwortung der Frage, ob dieser wohl Schiller gekannt hat und, wenigstens so lange als er Theaterdichter der Grossmännischen Gesellschaft war, mit letzterem im Briefwechsel stand. Da gerade in den Jahren 1783 und 84 die Frankfurter Bühne den jungen Dichter der Räuber ungemein förderte und »die Verschwörung des Fiesko zu Genua« und »Kabale und Liebe« noch vor Mannheim zur Darstellung brachte, dürfte die Annahme eines brieflichen Ver- kehrs zwischen Schiller dem Mannheimer und Seyfried dem Frank- furter Theaterdichter keine haltlose Vermutbung sein. Es wäre ja nicln das erstemal gewesen, dass dieser mit einem Heroen deutscher Dichtkunst in Verbindung gestanden hätte. Wir erfahren aus einem Aufsatze Seyfrieds über die Frage »Haben die neueren sogenannten historischen Schauspiele der dramatischen Poesie Nutzen oder Schaden gebracht«,' dass er mit Goethe befreundet gewesen ist. Gelegent- lich der bemerkenswerthen Besprechung des Eindrucks, den »Götz von Berlichingcn« bei seinem Erscheinen hervorrief, heisst es, »dass ich mir den Helden, sobald er die Presse verlassen hatte, kaufte, angaffte, ohiv- ihn zum Buchbinder zuschicken, in einer Hitze durch- las, durchdachte, bewunderte, staunte, alles dieses wird mir niemand verdenken; denn der Verfasser ist mein Landsmann, war mein Freund und würdigte mich seines Umgangs.« Seyfried tadelt die Regel- losigkeit im Scenenauf bau des Götz, er hält deren Hinüuss auf jüngere Dramatiker für verhängnissvoll und meint, die deutsch-dramatische Literatur könne durch sie in die alle Barbarei zurück verfallen. Zwar nimmt Seyfried den berühmten Sohn Frankfurts seinen Nachahmern gegenüber auch wieder in Schutz, aber er äussert doch an einer Stelle der Abhandlung: »Man wird vielleicht denken; dass ich durch dieses oricnhcrzige Geständniss meinem lieben Landsm.mn kein schönes Kompliment mache; denn wer liebt, schätzt, bewundert den Mann

' Näheres darüber bei Weltrich I, ^98 und Minor l, sia " Theater-Kalender 178J S. 7J ff.

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nicht, der es wagte, Shakespeare nnchziisteigen, und dem es plnckte, ihn zu errciclien.« Ausser diesem L'ribcil über Goethe enthalt Sey- frieds obengenannter Aufsatz noch manche wcrthvoUe Mittheikmgen über die damaüge dramatische Literatur und ihre wichtigsten Ver- treter. Auch seine anderen theatergeschiclnüclien und ästhetischen Abhandkvngen, hauptsächlich seine Artikel im Theater-Kalender und Theater-Journal sind reich an sachgemässen Aussprüchen über das gesammie ßühnenwesen und verrathen, dass Seyfried alle Angelegen- heiten des Theaters mit ebensoviel Liebe als Verständniss erfasste.

\ on diesem begabten Frankfurter zu Schiller zurückkehrend, bemerken wir schliesslich noch, dass Goethes Vaterstadt ihm nicht allein auf seiner Flucht im Jahre 1782 ein freundliches Asvl bot,- sondern in der Folgezeit auch manche wichtige Förderung angedeihen liess. Im zweiten l'heile dieses Aufsatzes wird es unsere Aufgabe sein, zu beweisen, dass der Linfluss der I rankfurter Bühne auf den jungen Dichter in dessen wichtigsten Fntwicklungsjahren ein viel grösserer gewesen ist, als man seither annahm. Mannheim hat den Ruhm von DeutsciiLuids grösstem Dramatiker begründet, das Theater der alten Kaiserstadt atn iNLun darf stolz dar.uf sein, »die Ver- schwörung des Fiesko zu Genu.iu aLbald ii.i^a dem Erscheinen des Trauerspiels und »Kabale und Liebe« überhaupt zum ersteiimale in Szene gesetzt zu haben. Das Frankfurter Publikum jener Zeit brachte diesen Aufführungen das lebhafteste Interesse entgegen, wes- halb wir berechtigt sind, mit folgender Behauptung zu schliessen. Wenn irgendwo, so hat man hier bereits früh erkannt, dass Schiller verstehen und verehren für uns Deutsche so viel heisst, als die edelsten Grondsätste der wahren Freiheit, der praktischen Sittlichkeit und der Vaterlandsliebe in bester Weise anerkennen.

Beilagen. No. I.

Repertoire der .Böhmischen Ttuppe April und Mai 1781 (Ostermeftse) im Komödiensaale im ^iinghoC

2. ApriL Sandrina oder die verstellte Grifin. Hin aus 4em

Italienischen überset/res Singspiel in drcv Aufzügen. Den Beschluss macht ein grosses von Herrn Vogt verfertigtes neues Ballet, genannt: Das Fest desTao<e$.'

' Nach Auszügen aus dem »Franl^lurter Staats-Kistrettu.« * Zettel zu dieser Vorstdlung S. 287.

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286

6. April. Die ei n p cb i 1 d eten Philosophen. Ein Singspiel in vmx Aufzügen. Den Beschluss macht ein grosses von Herrn Vo^ dem berühmten Novcrre nachgeahmtes Ballet in 5 Aufzügen» genannt: Die Hora:):ier und Kurasier.

8. April. Juliane von Lindorak. Ein Schauspiel in fünf Aufsögen. Den Beschluss macht ein von Herrn Vogt verfertigtes komisches Baliec, genannt: Die Werbung oder der betrunkene Bauer.

9. April. Agnes B c rn a u c n n. Hin Trauerspiel in lünf Aufzügen von Törnng. 13. April. Erwine von Steinheim. Ein grosses Schauspiel in f&nf Auf-

acttgen. Den Beschluss macht ein neues Drama mit Musik in emem Aufings» genannt: Theon und Theene.

13. Aprii. Die Liebe unter den Handwerkern. Ein Singspiel in } Aufzügen.

1$. April. Der Hausfreund. Ein Singspiel in 3 Au&Ogien. Den B^ schluss macht ein neues Ballet in fünf Au&ügen, genannt: Der weibliche

Deserteu r.

16. April. Ma cbeth.'

19. .'\pril. Die drey Sultaninen. Hin Lustspiel in drcy Aufzügen. Den Beschluss macht ein tQrkisches Ballet: Das Krön ungs fest der Roxelane.

20. April. Die Fee Urgelle oder: Was geffllit den Damen. Bn Singspiel in vier Aufzügen.

22. April. Der Unterschied bei Diensibewerbungen oder: Der Papegey. Den Beschluss macht ein Ballet, genannt: Die Rache der Graziea

36. April. Romeo und Julie. Bin Trauerspiel in Hlnf Autx&gen.

27. April. Zemire und Azor. Ein Singspiel in vier Aufzügen, bn dritieo und letzten Aufzuge werden zwey Ballete gegeben werden» wobey der erleuchtete transparente Saal zu sehen ist.

39. April. Das gute Mädchen oder: Der Dragoner. Ein Smppid in dr^ Aufzügen. Den Beschluss madit ein komisches Ballet, genannt: Der betrogene Vormund oder der ungarische Zwiebelkrlmer.

30. .\pril. Die Holländer oder: Was vermag ein vernünftiges Frauenzimmer nicht. Hin Originallustspiel in drey Aufzügen. Den Bescblu» macht ein grosses Ballet, genannt: Weis und Blau.

4. Mai. Ariadne auf Naxos. Eia Duodrama mit Musik von Hecm Bends. Alsdann folgt: Der Edelknabe, ein Lustspiel in einem Aufzuge. Den Beschluss macht ein grosses tragisches Ballet in einem Aofxuge, genannt: Don Juan oder der steinerne Gast.

6. Mai. Romeo und Julie. Ein Orignal Singspiel in drey Aufs&gen. Den Beschluss macht ein grosses tragisches Ballet in fünf .Aufzügen, genannt: Adelhaid von Ponthicu.

7. Mai. Die seidenen Selm he oder die schöne Schu Sterin. Ein Singspiel in zwey Aufzügen. Den Beschluss macht ein komisches Ballet, genannt: Der betrunkene Bauer oder: Die Werbung auf dem Lande.

II. Mai. Die Liebe unter den Handwerkern. Bin Singspid in drey Aufzügen. Den Beschluss macht ein Nachspiel, genannt: Theon und Theone.

15. Mai. Sophie oder: Der gerechte Fürst. Ein Origirul Schauspiel in drey Aufzügen. Den Beschluss macht ein Ballet, genannt: Der betrogene Vormund.

' Zettel zu dieser Vorstellung S. 288.

4

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14. Mai. Wie man sich die Sache denkt oder: Die xwey schlaf- losen Nichte. Ein Lustspld in f&nf AufzAgen.

17. Mai. Natur und Liebe im Streit. Ein Originalschauspiel m flinf Au&ügen.

Böhm schloss sein Theater vor. dem Phngstfeste.

Repertoire der B51i]iiisofaeii Truppe imNovember luidDesember 1789 im neu erbauten Komödienliauee.

15. November. Die Riuber. Ein grosses neues hier niemals gesehenes Trauer^tel in fitaif AaStSigen von dem berfihmten Friedrich Schiller.

26. November. Glück bessert Thorheit, En neues, hier niemals ge- sehenes n.ich dem Englischen der Miss l.cc von dem berühmten Schauspieler Schröder bearbeitetes Lustspiel. Den Bcscliluss macht ein neues niemals gesehenes, von Herrn Amor verfertigtes Ballet, genamit: Die Frankfurter Bäcker.

). Dezember. Die Nacht. Eine grosse komische, von uns in Frankhirt noch nicht gesehene von Herrn Professor Eschenburg aus dem Italienischen über- NCTztc Oper. Mit der Musik des Königl. Neapolitanisch und Französischen Kappel*

raeisters Piccini.

*

Mit gnadigster Erlaubnis» Eines Hochcdlen und HocfawciaeD Ma^sirais der Kaiscrl. Freyen Reichs- Wahl und Handels-Stadt Frankfurt am Mayn wird heute Dienstag, den 2. April 1782 die

Schauspieler-Gesellschaft unter der Direktion des Herrn Böhm aufzuf&hren die Ehre haben

S a n d r I n a oder

Die verstellte Gräfin.

Ein aus dem Italienischen fibersetztes

Singspiel in drey Aufzügen Wobey Madcmotselle foiiassohn und Herr Grunberg, zwcv neue Sänger, die Ehre haben werden die Rollen der Armid.i und des Raniiro zu spielen.

Die Musik ist von Herrn Mozart dem jüngeren.

Personen.

Der Amtshauptmann von schwarzen See .... Herr Böhm.

Amiid.i, seine Nichte Mads. Jonassohn.

Der Ritter R.imirn Herr Grimberg.

Der Gr.il Belliore Herr Zimmerl.

Sergetta, Mädchen im Hause des Amtsliauptmanns Mad. Zimmerl.

Sandrina Mad. Böhm.

Nardo Herr Gatto.

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Den Be&cltlu^s macht ein von Herrn Vogt verfertigtes grosses neues

Ballet

genannt

Das Fest des Tanges

Wobey Herr und Mad. Schwab, zwey neue Tänuer, mm erstenmale die £brc haben

werden aufzutreten.

Der Anfang; ist mit dem Glockenschkg 6 Uhr. Die Person zahlt in den Logen und Parquet einen Gulden, eine ganze Loge SU 8 Gulden, Parterre lo Batzen, Gallerie 20 Kreuuer, und auf dem ieutCQ PUu

12 KreuCter.

Der SchaopUts Ist im neu erbauten Comödten-Hauss im Jungbof.

\ Dienstags i6. April 1782

wird die

SchattspieLer-GescllscIi ift unter Direktion des Herrn Böhm

aulzutuhren die Hhre haben:

£in grosses, von uns hier noch nicht gesehaies, aus dem Englischen des berOhmten Shakespeare übersetztes

Trauerspid bi ftof Au&ügen genannt ^ Macbeth.

Malcolm, | König Dunkans Herr ZimmerL

Danalbain, \ Söhne Henr Schouwin.

Macbeth» | Feldherm über das ....... Herr Jonaswbn.

Banquo, l Kriegsherr Herr Schimann.

Macduf Herr Bilau.

Mcntheth | Thanes oder Herr Rothe.

Catneuss, \ Baronnen Herr Christel.

Curau, eni Mörder Herr Gatta

Seyton, ein Offiacr Herr Flamant

Ein Arzt Herr Engst.

Lady Macbeth *' Mad. Gatto.

Kammerfrau .............. Mad. Engst.

Hexen, Zauberer, Soldaten, Bediente, Banquos Gebt, verschiedene redende und stumme Erscheinungen.

Das heutige Trauerspiel ist vou dem sonst hier autgetührten ganz unterscliieden- Die Wahrsagungen der Hexen und Zauberer, die vielerley Erscheinungen, die in dem heutigen vorkommen, veriodem den ganzen Innhalt; und obschon derglndien

Gaukeleyen in denen meisten andern Stücken dem Kenner anstössig sind: so muss doch jederni.uip. bekennen, dass sie bcvni Shakespeare sehr interessiren, und unser heutiger Macbeth wird beweisen, dass man sehr unrecht thut, wenn man sie weglisst, und denen MelsterstQcken dieses grossen Genies zu viel tusctst oder

abnimmt

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No. a

Repertoire der Behmiachen Tmppe, Jeniuur, Febmar, JM&rs 178).*

3. Januar. Die unvermutheten Zuffttle. Ein aus dem Französischen

übersetztes neues nie gesehenes Singspiel in drey Auf:^üpen. Mit der \ortrefflichen Musik des benihn^ren Grctrv, Verfasser Zemirens, Silvain;., des Haiistreundc«; etc. UcD Beschluss inaclu cm neues von Herrn Amor vcrtmigtcs DivcrtisM:mcnts- fiallet, genannt: Der Wunsch tum neuen Jahr.

7. Januar. Die schAne Frankfurterin oder: Die Schlittenfahrt. Ein neues hier nie gesehenes, sehr unterhaltendes Original -Lustspiel in filnf Auf- zügen. Den Reschluss macht das hier nie gesehene englische Ballet^ genannt: Der Ciuaker, oder: Die Belustigung im \'auxh.i!!.

14. Januar. Die Lasterschuie. Ein aus dem englischen übersetztes, gaiu neues Iner nodi nie gcselienes Lustspiel. W^en Länge und GrOsse des Stücks kann beute kein Ballett gegeben werden.

2t. Januar. Samson, der Feind der Philistäer. Ein grosses heroisches

von Herrn Wcislcern verfertigtes Schauspiel in fTnif .\uf;'ügcn. Vorbericlii : ("ibschon J.1S heutige Schausniel dem Kenner keine Mmilia (lalotti ist, noch Hrwinen von .Stanlieim, Agnes Bcrnauerin oder den Kaubern gleich kommt, so mu:>s tnun doch inaner gestehen, dass es f&r das Auge vid Anflehendes hat. Ein Oehlbaum, der sidi in einen Lorbeerkranz verwandelt, der Löwe, den Samson tödtet, die mit einem Eselskinnbacken erlegten Philistäer, das aus detnsclben qntüende Wasser, womit Samson seinen Durst löschet: die zerbrochenen eisernen Tliorc des (Iclang- nisses, die er samtut seinem Vater auf den Scliultern davon tragt, und die Eiii- stürzung des Gewölbes im Tempel werden den Zuschauer, der nkht nur gerne hört, sondern auch gerne sehen wdl, wie wir uns schmeicheln, angenehm unter- halten und vergnügen.

50. J.iniiar. Die R. "tu her von Fr. Schiller. (Die weiteren Mittheilungen über das Stück sind im Text wieder gegeben.)

4. Februar. Die xwey Gräfinnen. Ein aus dem italienischeu übersct;:tes Oes denx Contesses) vortreffliches Singspiel von Paisiello, dem Vertasser des Mäd- chens von Fraskati. Dann folgt das Ballet: Die Horazier und Kurazier. dessen fohalt ausfuhrlich angegeben ist.

n. Fcbni.ir, Das Findelkind. Ein neues hier niemals gcscIicnes (Viginal- Lustspicl in fünf Aufzögen. Die Charaktcrcs des heutigen I.ustspicK sind vor/ügItc!i ges^^hildert, besonders hebt der alte taube Scliulmcister durcli Ncine uiuernieugten laletniscben Sentenzen and die flbei verstandenen Reden das Komische des Stückes, so dass wir un.> schmdcfadn dürfen, unsere Gönner angenehm zu unterhalten. Den ßeschluss m.icht ein grosses komisches Ballet, genannt: Der betrogene Vormund oder der ungarische Z wiebeikramer wobey der junge Engst, ein Ivind von 5 bis 6 Jahren, mit ganz besonderer Geschicklichkeit in einem walir- haft ungarischen National - Solo sich das Wohlgefallen eines verdtrenswerthen Publikums zu erwerben äusserst beflissen sein wird.

18. Februar. Die samnitischen Heyrathen. Ein grosses neues von uns noch nie gesdienes aus dem Französischen übersetztes Singspiel in drey Aufzügen

Nach Auszügen aus dem aFrankfurter Staats-Ristretto«.

»9

290

von Gretry. Vorbericht: Die heutige Oper ist unstreitig eine der schönsten des französischen Theaters, und die Musik Gretrys Mcister'^tück. Harmonie. AusiJruck der Leidensdiatt, Anpassung auf die \S orte erheben sie über seine anderen Arbeiten. Da wir nun unsrerseits durch die gehörige Verzierung der Bühne, durch Pracht des Aufzugs und der Kleider und durch unseren Pleiss alles bt^rzmnigen äusserst beflissen sein werden, so schmeicheln wir uns, den BtyhU unseres verdirungs- würdigen Frankfurts zu verdienen.

25. Februar. Erwine von Stein heim. Ein grosses Original -Sciuuspiel in fSmt Aufzügen. Das heutige Stück, das sich auf eine wahre Geschichte in hiesigen Gegenden gründet, hat an Aufzug, Verzierungen und Pradit dwnso inel Anziehendes an sicli als ^^'ahron, Hamlet und Makbeih und seine Vortrefflichkeit wird ebenso sehr den Iky!.»ll der Kenner erhalten, nls der dann vorkommende Pomp das Auge des Zuschauers jeder Gattung vcrgnüga) u ird.

März. Unschuld und Liebe (rAmore in Campagna). Ein aus dem Italienischen übersetztes grosses vortreffliches Singspiel in drey Aufzügen mit der vortrcmichcn Musik des K. K. K.ipcllinei^.ier'; S.)lieri. N'.jch Hndigung des ersten und zweytcn AuI/uü;«; werden sicli Herr Siippus und Herr Kraus, ersterer mit einem Conccrt auf der Oboe, zwcyter mit einem Fagott-Conccrt hören /u lassen die Ehre haben. Den Beschluss wird Mad. Böhm mit einer Danksagungsrede lür alle bisher genossenen Wohlthaten machen«

Ko. III.

Die Räuber von Friedrich Schiller.

N.imen der Darsteller in der Au:ii ' : ii .: 1

II. Okiober

iS. Oktober

9. März

18. Septemba

rersoncn des Muckes. |

1787.

1788.

1801.

i8ii.

Maximilian, regierender Graf

von Moor .....

Herr Stegmann

Herr Stegmann

Herr Schmidt

Herr Schmidt

Karl, 1 cxu 1 - \ seine Söhne . . . T Franz,! \

» BAheim

» Böheim

n Werdy

» Werdy

» Ifland als

» Untelmann

» Prandt

B Gen.-DiFekt.

Gast

Ifland a. G,

Amalie, seine

Nichte . .

Mad. Böhcim

.Mad. Böheim

Denis. Bulla

.Mad. \'oh>

Spiegel bcrg

hernach tcn

Herr Högglen

Herr Czika

Herr Demmcr

Herr Urspruch

Schweixer

» GünthM'

» Koch

» Sudtier

» Haas

Grmiin

» Vio

N Lampe

» Amberg

» Amberg

Schufterle

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I* Walter jun.

» Walter jun.

» Urspruch

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Roller

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Kosinsky

....

»Wolschowsky

»Wolscbowsky

» Düpri

Waller

Hermann, Bastart eines Edel-

mannes

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.) Matt.iusch

» Mattausch

» Otto

» Otto

Eine Magistr.if-pcrson . . .

.> Lüsler

" Brendel

» Haas

» Mcggenbof

Daniel, ein alter Dicuer . .

»> Wideraaim

» Gcissler

» Engelhardt

» Kröuer

» Cassini

Cassini

[ » Mayer ^

w Rühr

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Opernhaus

Montag, ao. November 1882 (Ausser Abonnement) Volksvontdlung

Zur Erinnerung an die -erste Auffiltirung der »Rfluber« in Frankfurt a. M.

vor 100 Jahren Prolog von E. Mentzel, gesprochen von Herrn Pettera.

Hierauf Die Räuber Schau^l in 5. Akten von Schüler. Personen.

Maximilian, regierender Graf von Moor .... Herr Weber.

('arl I . _ , Herr Salomon.

c i scme Söhne u„„ u .

r'in? l Herr Hermann.

Auuiic von Edclrcich Frl. Güiiilel.

Spiegdberg Herr Müller.

Schweiler H r l'ettera.

Schwarz Herr Kisemann.

Grimm Herr Kömpler.

Schufierle Herr Desprez.

RoUer Herr Strohbecker.

Razmann Herr Diegelniann.

Kosinsk\ Herr flofm^nn.

Hermann, Bastard eines Edehujnue^ ..... Herr Schneider.

Ein Pater Herr Werkenthin.

Daniel, ein alter Diener Herr Collin.

Der Ort der Handlung ist Deutschland.

*

No. IV.

Repertoire der Kur-Kölnigclieo Grosainäniiischen Hofechau- flpieler-Geaellschalt vom y. September bis s6. Oktober 178t/

3. Sept. Hrüfinung des neuen Komödienhauses mit Hanno, Fürst im Sorden. iün .Schauspiel in 5 Aufziipcn von BncV. Hierauf folgt: Ein Epilog mit G c ^. a n g. Hiiieni llochcdlcn und Hoclnvciscn Magistr.u und einem vcr- chruugbwürdigen Publiko bey der Eiuweiliung des neu erbauten .Schauspielhauses in tiefster Ehrfurcht gewidmet.

4. Sept. Freundschaft and Argwohn. Bin Lustspiel in $ AofaQgcn von Jünger.

5. .Sept. Der Gläubiger. Ein Lustspiel in j .\ufzQgen von Richter, und Der unwissende Philosoph. Ein italienisches Intermezzo in } Aufzügen, in Musik gesetzt von Paisiello.

6. Sept. .\gncs ßernauerin. Ein vaterländisches .Schauspiel in 5 Auf* z&gen vom Grafen Thörring. Anmerkung. Madame Feraglioni und Signor Carlo

' N.ich Auszögen aus dem »Frankfurter Staats- Ristretto«, der »Frankfurter Oberpostannszeitung« und dem 22. Stück des Theater - Journals für Deutschland.

19*

292

Bussoli sind für die Mcsszcit auf Empfehlung verschiedener Herrschaften von Herrn (irossniann cnRagirt worden. Nicht weniger hat derselbe mit Sr. Kurfürsil. Gnaden Bewilligung, die bcrühnncn Virtuosen aus Munster, die Gebrüder Romberg, Väter und Sflhne, init ittcfa Frankfnn genoannen, wodurch mit Zudehnng d«r geschickten Frankfiurter Miisici das Ordiester ToUsUndig uod vortrefflich besetzt wird.

7. Sept. Wildheit und Grossmuth. Ein OrigilullttSISpidi in 2 Auf- zügen von Wezel und Die Freundschaft auf der Probe. Ein Singspiel in 2 Aufzügen von Mamiontel, in Musik gesetzt von Gretry.

9. Sept. Die seidenen Schuhe. Ein Lustspiel in 2 Aufzügen von Krct.sch- tmnn und Der Alchimist Ein Sings|Nd von Mamiontel nüt MasSk von Gretry.

la SepL Der junge Geisige. Ein Lustspiel von Brandes und Die gelehrte Frau. 1^ italienisches Intermezxo in 2 AnfiQgen mit Musik von Piccioo.

11. Sept. Die Samniiische H o chzcit s f eyer. Ein ganz neues Singspiel von der meisterhaitca Konipusition des Herrn Gretry.

12. Sept Die Badekur. Ein Lustspiel in 2 Aulz&gen von Jünger. Es folgt: Die edle Gärtnerin. Ein Italienisches Intermeno in 2 Autsägen mit Musik von Affossi.

ij. Sept. Nicht mehr als sechs Schüsseln von Grossmann.

14. Sept. Günther von Schwarzburj^. Ein grosses heroisches Sing- spiel von Professor Klein mit der vortrefflichen Komposition des Herrn Holzbauer.

Arn Sonntag (ij.) ist grosses Konzert im rothen Hause wo sich besonders die vierxehnjihrigen Söhne der Gebrfider Rombeig aus Monster auf der Violin und dem Violonchell, und Mad. Beckenkam und Mamsell Grossmann (beide Mitglieder der Kurcc^lntschen Gesellschaft) mit italienischen Arien von Sacdiini und Guglieimi werden hören lassen.

16. Sept. Der Postzug. Ein Lustspiel vom Obersten Ayrenhofer. Ii«, folgt: Ino. Bin Musikalisches Drama vom KönigL Pieuss. Kapdlmdster Reichhard.

17. Sept. Emilia Galotti. I^n Trauerspid in { Aufsögen von Lessing.

18. Sept. Die Folter oder: Der menschliche Richter. Ein Schau* spiel in einem .\ufzuge von Weidemann. Hierauf spielt Herr jacobi ein Violin- conccrt. Den Beschluss m.icht: Die drcy Pachter. Ein Singspiel von der be- liebten Cumposition des Desaidcs.

19. Sept. Die Phisiognomie oder Karl und Sophie. Ein ganz neues Lustspiel von firetaner.

20. Sept. Zayre. Das berühmte Trauerspiel von Voltaire wurde ang«^ kündigt, aber wegen plötzlicher Erkrankung eines Sch.iiispielers nicht gegeben. Statt dessen führte man Mariane, ein Trauerspiel von Voltaire und Der Fass- binder, ein Singspiel von Attdinet, auf.

21. SepL Das schöne Gärtnermidchen von Fraskati. Ein Sing- spid in } Aufs&gen von Philipp Livigni» Münk von Paisiello.

2}. Sept. Der Eheprokurator. Ein neues Lustspie! von Brctzner. Nach dem Stück wird Mad. Beckenkam eine italienische Arie von Mon/.a singen.

24. Sept. Die Liebe unter den Handwerkern. Ein komisches Sing- spiel aus dem Italienischen übersetst von Neefe. Die Musik ist von Gasmann.

25. Sept. Natur und Liebe im Streit. Bio Schauspiel in s AufcOgeD von d*Arien. (Nach dem ersten Akt spielte Herr Romberg aus Münster ein Concert auf dem \'iolonchel!. Madame Schouwirt kam von der Böhmischen Ge- sellschaft und debutirte als Consunze.)

26. Sept. Der Mann, den seine Frau nicht kennt. Ein Lustspiel in 2 Aufzügen von Götter nach Boissy und Der eitersüchtige Liebhaber oder: Die nächtliche Za»aniincnkunft Bm Singspiet in 5 Aufzügen; in Musilc gesetzt von Gretry.

Sept. Adelheid von Veltheim. Hin Schauspiel mit Gesang in 4 Aui/.ugen von Herrn Grossniant? In Musilc f^esetzt von Neefe. (Die Einnahme wurde von Herrn Grossmann z( n \ Ttheile von Denioisclle Grossniann bestimmt.)

30. Sept. Hanno, Fürst im Norden. Zum Besten des Armenhauses wiederholt

1. Okt. Minna von Barnhelm. Ein Lustspiel in 5 Aufzügen von Les- sin^. (Herr Schtinaon kam von der Bölunischen Gesellschaft und debutirte als Paul Werner.)

2. Okt. Romeo und Julie. Ein Schauspiel mit Gesang in 3 Aufzügen von Gotier. Li Musik gesetzt von Georg Benda, und Die beyden HQte. Ein Lustspiel In einem Aufzuge nadi dem Fnnz. des CoUer.

5. Okt. Der unwissende Philosoph. Ein italienisches Intermezzo in j Akten; in Musik gesetzt von Paisiello. Hierauf folgt: Nacht und Ungefähr, liia Lustspiel in einem Aufzuge von Reichard. Den Bcschluss naacht Die herr- schende Magd. Ein italieirisches Intermezzo in 2 Akten, in Musik gesetzt von Pergolesi.

4. Okt. Die Gunst des Fürsten. Ein Trauerspiel in 5 Aufzügen von Dyk nacli B.inl<s, und Lucile. Ein Singspiel in einem .\ufzuge; die Musik ist von Gretry. (Herr Schouwärt kam von der Böhmischen Gesellschaft und debutirte als Graf Essex.)

5. Okt Wer wird sie kriegen? Ein Lustspiel in einem Aufzuge von

einem Soldaten; und Das tartarische Gesetz. Ein Singspiel in 2 Aufzüigen von Götter nach Gozzi, in Musik gesetzt von Herrn Hauptmann dWntoine.

7. Okt. Das Loch in der Thüre. Ein I.ustsnu-l in t'-mf Aüfzüf^en, von Stephanie dan jüngeren. (Zwischen einem Akt sang iicrr Wicdemaun eine bravour- Arie von Majo.)

8. Okt. wurde Günther von Schwarzburg wiederholt. Ein heroisches Singspiel von Profes-^'T Klein. Die Musik ist von dem kurpfalzischen Kapellmeister Holzhauer. (\\ iedcrliolt nebst denen mit Bewilligung des Herrn Verfassers bey seiner Gegenwart getroffenen Veränderungen.)

91 OkL wiederiiolt: Die Phisiognomie oder: Karl und Sophie. Nadi dem vierten Akt singt Madame Beckenkam dne Arie von Bach.

10. Okt. Der weibliche Kammerdiener. Ein Lustspiel in einem Auf- ;^uge von Bonin, und Die Kolonie. Ein Singspiel in 2 Aufzögen; in Musik ge- setzt von Sacchini.

11. Okt. Sir John Fallstaf. Ein Lustspiel nach dem Shakespeare von Doktor SchwicL

12. Okt. Eigensinn und Launen. Ein Singspiel nach dem Italienischen frey übersetzt von Grossmann. Die Musik ist von Daller.

14. Okt. Henriette oder: Sie ist schon ver heyrathct. Ein Lu«t* spiel von Grossmann.

15. Okt Sophonisbe. Ein musikalisches Drama mit historischem Prolog und Chören von Meissner, in Musik gesetzt von Keefe, und Die verstellte Kranke. Ein Lustspiel.

16. Okt. Hamlet. Ein Trauerspiel in j Aufzügen von Schröder nach Shakespeare.

- 294 -

ij. Okt. Der üalcer en>klav. Em Suuuipici, und Dab ßlciidiA erk. EiD komtsdies Siogspid.

18. Okt. Ariadne auf Naxos. Hin musikalisches Drani.i von Hraniks, mit musikalischem Akkompsigncment vom Kapelldirektor fienda, und Die Bade- kur. Ein Lustspiel.

19. Okt. Die Freyer oder; Woraul verlailt eiii Frauenzimmer nicht! Lustspiel in einem Aufzuge von Reidtard, und Das Urtbeil des Mi das. Ein Singspiel von Gretry.

ai. Okt. Der Lüj^ner. Ein Lustspiel in j Aufzügen von Coldoni. 22. Okt. Oer Englische Kaspar. Ein Original - Lu&tspiel, und Der Deserteur. Ein Singspiel von Monsigni.

2|. Okt. Der französische Hausvater. Ein Schauspiel vra Diderot

24. Okt. Der deutsche Hausvater. Ein Schauspiel von GcniniingciJ« Hierauf ein Violincon/ert von Jacohi.

25. Okt. Sultan Achniet, genannt: Die Lust und Liebe seine:» Volks. Ein grosses heroisches Schauspiel von Bock.

26. Okt. Das Rosen fest. Ein komisches Singspiel in } Aufzügen von Herrmann. Die Musik ist vom Kapellmeister Wolf. (Nach dieser Vorstdhing bidl Herr Schmidt eine Abschiedsrede in Versen.)

i>en 27. Okt. reiste die Kur-Kölnische Gesellschaft wieder nach Bonn «urüd.

*

No. V.

Repertoire der Italienischen Operisten vom 11. ^an. bis uVLkrz 178).'

u. Jan. Die aus London hier angckonmicne Gesellschaft Italienischer Operisten werden künftigen Samst:»<^ /xim erstenm.ilc auttuhren: Eine grosse Opera in 2wey Akten genannt; Die Italiener in London. Die Musik ist von dein Ruc^ch Kayserl. Capellmdster Cimarosa aus Neapolts.

18. Jan. Da die sämmtliche Gesellschaft derer Italienischen Operisten allhicr würklich eingetroffen ist : «;o wird die verwichnen Samstag versprochene erste Vor- stellung von ilinen künftit^en S.imsta^s. den 18. dieses ganz ohnfchlb.ir ihren Fort- gang haben. Sie erbitten sich ein /ahlreiciies Auditorium um so mehr, als sie sicli schmeicheln, sowohl mit ihren vortrefflichen Singspielen als auch Ballets alle Ge- nugthuung geben zu können. Das Abonnement för 8 Reprcsent.itionen kostet fünf Gulden; sokiies besnrr^ct L'nterreichncter, hev welchoni auch die Bücher zu dieser Opera teutsch und italienisch /u haben sind, das Stück vor 18 kr. J. Friedridi Scheidweiier in der Hasengass No. 267.

2$. Jan. Der eifersfichttge Bauer. Die Musik ist von dem berühmtem Herrn Capdirodster Sanü aus Mayland.

!. Febr. Der Gc!t/i<,'e. Eine in allem Hetracht sehenswürdige von dan erhabenen grossen Dichter Goldoni zu Venedig verlertigte und äusserst interessante Opera BufTa. Die dem Text angemessene sehr einiaehmende und das Ohr des verehrungsw'ikrd^^ Publikums zweifelsohne vollkommen ergötzende Musik daxu ist von dem berühmten KapdlmciSCer Anfossi aus Ncapolis componirt worden. Zum Beschluss wird noch em ganz neues von dem geschickten Balletmetster Marliani

* Aus dem »Frankfurter Staats-Ristretto.«

i

verfertigtes, noch nie gesehenes und sehr lustiges Ballett Der betrügUche Vor- mond genannt gegeben werden.

8. Febr. Auf ausdrückliches Verlangen eines hohen Publikums die höciist interessante Oper: Die Eifersucht der Bauern. Nachher wird ein sehr lustiges Ballet gegeben werden.

1$. Febr. Die strittige Heyrath. Eine sehr lustige ungemein unter- haltende, von dem berühmten Kapellmeister Valentini in Musik gesetzte Oper. Das erleuchtete Publikum wird viele interessante Sccnen in diesem Stfickc finden, und

man darf nn dem allgemeinen Ri.vf.ill der einsichtsvolljii Kenner im mindesten nicht zweifeln. Der gan/x- Inhalt dieser schenswürdicjcn Oper ht rtitch Deutsch für 6 Kreuzer sowohl bey dem Hingänge in da^ Cuniudieniiau:» ai:> auch bcy Herrn Sehddweiler In der Hasengasse No. 217 zu haben.

19^ Febr. wird von dem geschickten Italienischen Balletmeister, Herrn Mar- Hani, in Gesellschaft der ersten Tänzerin, Mad. Meiondni, eine Akademie g^ebcn.

in welcher recht ausgesuchte Arien gesungen werden, wobey sich ein ganz neu angelangter Sänger mit hotVentlichem Beyfall huren zu lassen gedenket. Nachher wird dne %a dreyen .\ufzügen bestehende pantomimisdie Benefizkomödie f&r erst- gedadtte beyde Personen unter dem Titel »Die in dem Hause des Pantaktns zwar vergnügt angefangene, aber durcli die lächerliche Aufführung des PIcrots wieder zerstörte Heyrath« aufgeführt werden, in welcher verschiedene Masken. Harlekins und andere sehr luftige Auftritte vorkommen, jede von den handelnden Personen wird sich durd) das Naive der Rollen zum Vergnügen des verehrlicheo Publikums bestens zu empföhlen beflissen seyn, und man erwartet daher einen zahlreidiett Zuspruch. Ein sehr sehenswürdiges Ballet: Die Belustigung der Schäfer ;^'en.mnt, wird endlicli den Reschlnss dieses Divertissements mnchcn. '/.u ergöl;^cndcr Unterhaltung der Zuschauer werden die agirenden Personen sich alle mögliche Mühe geben. Da dieses eine fienefizkoroödie für den Herrn Balletmdster Marliani ist, so wird der heutige Tag nicht zum Abonnement gerechnet, sondern davon aus- genommen.

22. Febr. Die Schule der Eifersüchtigen. Eine grosse, sehr histige, ungemein unterhaltende Oper. Die Musik dazu ist von dem berühmten Kay^crlich Königliehen Kapellmeister, Herrn Salleri, verfertigt worden. Ungemein viele bateressante Scenen kommen in diesem Stücke vor, und an dem allgemeinen Bey- f.ill der oinsiclitsvolkn Kenner d.irf m.in nicht im geringsten zweifeln. Den Beschluss wird ein sehr lustiges B.illet unrer dem Titel: »Der Jüger auf der Jiigd« machen. Die Herrn Abotnienten werden respective gehorsamst und geziemend ersudit, die noch in Händen habenden und nur noch für diese grosse Oper brauchbar und gültig seyenden Billets im Komödienhause gefälligst abzugeben.

I Marz. Von Seden zcrschmelnzcnder Freude und reiner Dankbarkeit (üt den bisherigen geneigten Zuspruch durchdrungen, kann Ftndesimterzeichneter Direktor Ferrari für den bereits erhaltenen schmeichelhaften Bevfall des erhabneren I lieils des verdKungswerthen Publikums den Zoll der waliren Hrkemtlichkeit nicht länger unabgestattet verbergen, sondern muss ihn öffentlich hiermit in der grössten Rührung seines Herzens entrichten. Um nun aber die vollkommenste Zufriedenheit bey allen edeldenkendcn Gcmüthern einztierndten, gedenkt angeregter Herr Ferniri die schon angekündigt gewesene, durch einen widrigen Zufall aber unautgeluhrt ge- bliebene grosse Oper: Die Schule der Eifersüchtigen genannt, heute Sonn» abend als den i. März, mit seiner ganzen Gesdlschaft aufzußlhren. Und weil dieses eine Benefizkomödie für denselben, folglich die Einnahme dieser Oper allein für ihn bestimmt ist, so emphdilt sich derselbe zum hoh;rn Wohlwollen aller

296

Tlicatcr-Frcundc bestens. An Zierde und Geschnuck des Theaters sowohl als des Kostüms in den Kleidungen und überhaupt in der ganxen Einrichtung bejr dieser wichtigen Oper wird derselbe nichts ermangeln luieii, um St verdurlkhe Gunst des erleuchteten Publikums «1 erwerben. Nach dem ersten Aufzug dieser Op«r wird Der Jdger auf der Jagd als ein Ballet gegeben; nach dem zweNtra Aufzug aber eine von dem berühmten Dichter Goldoni verfertigte und in fünf Akten bestehende grosse pantomimisclie Komödie: Das steinerne Gastmahl genannt, aufgefühn werden; und wdl da hmen St Person des Hariekbs vorkomnn, so wird der Herr Ballctmeister Marliani die sehr komische Rolle desselben m Vergnügen des hoben Publikums selbst übernehmen.

Ferrari, Direktor der Italienischen Operistea

Am 4. März fordert l-crrnri im »l-rankfiirtcr Sta.us-Ristretto« alle Personen, die noch reclnlichc Ansprüciic an ihn haben, aui, sich am 3. März in der Mittags- smnde bei ihm in seinem Logis» bei Herrn Lieutnant Vogt euuulindea.

«

No. VI

Repertoire der Kur-Kölnischen Hofschauspieler-Geselischafl von April bis Mai und von August bis November 178^.

22. April wird die Bühne eröffnet mit dem musikalisclien Prolog: Üic Liebe fflr das Vaterland. Den Beschluss macht ein noch nie hier gesebeats Schauspiel: Die glückliche Jagd.

23. April. Zum Debüt eines neuen Schauspielers Hamlet. Ein sebens" würdiges Trauerspiel.

24. April. Die konii^clic l amilie. Hin sehr unterlialtcndes Lustspid Zum Beschluss das beliebte Singspiel: Der Kaufmann von Smyrna.

2). April. Der Schwätzer. Ein Lustspiel, worin ein* neuer Schauspieler sich dem hochgeneigten Publikun) zu empfehlen die Ehre haben wird. Den Be- schluss macht der Tanz eines Fnplir^chen Matelnts.

26. April. Die beyden Ilütc. Hin Lustspiel, und Die Lügnerin aus Liebe. Ein komisches Singspiel mit der vortrefflichen Musik des Sailen.

25. .\pril. Laiiassa (Nach dem Französischen des le Miere von Pl&midie). Hin .Ulf der Pariser l^uhne mit so ausscrorJentllchcni Beyfall aufgenommenes Schauspiel. Zwisciicn den Aufzügen wird Herr Jacobi ein Concert auf der Ah Viola geben.

29. April. Die Badekur und die nichtliche Zusammenkunft mit

der vortrefflichen Gretryschen Musik. Der wegen seiner musikalischen und thea- tralischen T.^lente hck.itintc Herr Stegmann wird in diesem Sing^iel dneni hoch- geneigten Publikum sich zu empfehlen die Hhre haben.

3a April. Die Phisiognoniie. Ein Lustspiel, welches aller Orten mit grossem Beyfall aufgenommen worden.

I, Mai. Der Jurist und der Bauer und Das Gär tncrniädchcn von Fraskati. Hin Sin^'spicl, das sich wegen seiner komischen Situatioaen und der berühmten Musik des Paisiello empfiehlt.

Mal Die seidenen Schuhe. Eine komisdie Oper von Fritzieri, und ein pantomimisches Ballet: Die einfältigen Bauern oder die lebenden .Statuen.

j. Mai, Das Mädchen im EichthaL Ein Schauspiel mit Gesängen und

Tänzen.

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6. Mji. Der Diamant. Ein Lustspiel von Enf,'cl. Zum Debüt des Herrn ^Krytricd und Die Olympischen Spiele. Ein grosses heroisches Singspiel von SacdimK

7. Mai. Die Vormünder. Ein Lustspiel vcm Schletter. Zwisdien den Akten werden Italienische Arien gesungen.

8. Mai. üünther von Schwarzhurg. Cjro«ise Oper.

2. Aug. Heute wird im neuen Komödtenhnuse vorgestellct: Die Ent* führung aus dem Sera iL Ein Singspiel mit der mcisterliaiten KompostHon des Moaart Hierauf wird eine Antrittsrede in Versen gehalten. Di« Spieltage

ausser der Messe sind Dienstag, Donnerstag; und Samstag. In dem Abonncnicnr der 120 \'orstelhmgen sind die Messen mttbegriffen, welches man zur Verhinderen'' alles Missver^tändni&ses hiemit anzeigen wollen. Künftigen Dienstag 5. Augui>t wird aufgeführt: Der Triumph der Treue, ^n Singspiel von der Composition des berühmten Guglietmi Der Tempel der Diana mit allen darzu erforderlichen Verzierungen.'

7. Aug. Der .irgwolmisciic Licbli.iber. Ein hier iiocli nie geschtnies Lu>itäpiel von Breuner. Zwischen den Akten wird eine neue Sängerin einige Arien von den besten Componisten singen.

8l Aug. Rangstreit und Eifersucht auf dem Lande. Ein komisches Singspiel in drcy Auflägen nach dem lulienischen mit der vortrefHichen Musik des Sarti.

12. Aug. Romeo und Julie. Ein Singspiel von Gotter und Bcnda. Darauf folgt: Wer ist nun angeführt? Ein Lustspiel aus dem Englischen der Miss Cowley.

14 Aug. Der Nebenbuhler. Ein Lustspiel in (unf Aufzögen von Hi\gcl- bert aus dem Hnglisclien übersetzt.

16. Aug. Jeauetta. Ein Lustspiel von Gotter nach Voltaire, und Der Antiquititensammler oder: Die redende Maschine. Singspiel von Johaim Andri.

19. Aug. Die bevden Killets. Ein Lustspiel von Anton Wall und Unverhofft kommt oft. Ein Singspiel von Gretry. Zwischen den Akten wird Herr Jacobi dn Concert aul der VioUne spielen.

3). Aug. Der Bettler. Ein Lustspiel von Bock und Felix oder: Der Findling. Ein Singspiel von Monsigny.

26. Aug. D.1S gute .Mädchen. Ein kumisckes Singspiel aus dem Italie- nischen mit der vonret)iichen Musik des Piccini.

28. Aug. Der verdächtige Freund. Ein Lustspiel aus dem Englisdwn von Bernhardt, und Die Jungferndiebe. Ein komisches Ballet von Nuth.

3. Sept. Die v;lter liehe Rache. Ein Lustspiel nach dem Englischen des CoT^greve vun Schröder. Am Donnerstag bleibt die Bühne wegen des Geleits- uges verschlossen.

5. Sept. Die Widerbellerin oder Gassner der aweyte Ein Lust- spiel von Schick und Der grossmüthigc Seefahrer. Ein Singspiel von Piccini. Künftigen Sonntag wird im rotlieti Hause ein vollständiges Vokal- und Instrumental Konzert gegeben, wozu die resp. Liebhaber der Musik gehon;nmst eingeladen werden. (Diese Anzeige scliliesst sich unmittelbar an die Theaier- ankfkndigung.)

' In derselben Kummer kündigt der berühmte Kunstfeuerwerker Girandolini an, iiass er in Wilhelmsbad ein prächtiges Feuerwerk »der Tempel der Diana« abbrennen will.

298

Sept. Der Schneider und sein Sohn. Hin Lustspiel und Harlekin al» Bettlet oder: Die Zaubertrompete. Eine Open Pannwiintt tnit ^ndeo sehensw&rdigen VemrandJunc^ der BfUnie.

8. Sept. Genera] Scblenaheim und seine Familie. Ein militiriscbes Schauspiel von Spiess.

9. Sept. Zemire und Azor. Ein Singspiel von Gretry, wobcv der voa dem t>erühmten Architekten Herrn von Guaglio (Mannheim) verfertigte grosse transparente Saal zum erstenmal au sehen seyn wird.

10. Sept. Der argwöhnische Liebhaber. Ein Lustspiel von Brct/ner.

11. Sept. Das Gärtnermädchen voti Fr:isc.it!. Hin komisches Siag- spiel von Paisiello, und das pantomimische Hallet; Die j ung fernd iebe.

12. Sept. König Lear. Lin Trauerspiel von Schröder nach Shakespeare

13. Sept. Die Italienerin zu London. Ein komisches Singspiel von Cimarosa, und Die Riuber. Ein komisch-pantomimisch Ballet von Nuth.

1$. Sept. Der verdächtige Freund. Das beliebte nach dem Engliscben

bearbeitete Lustspiel. Zwischen den Aufzügen werden einige Bravour-Arien von Denioisclle Schrott und Herrn Stengel gesungen werden.

16. Sept. Die Pilgerfahrt nach Mekka. Ein komisches Singspiel mit untermischten TInaen von Gluck.

17. Sept. Nicht mehr als sechs Schüsseln. Lustspiel von Grossmann.

19. Sepr Otto von Wittelsbach. Ein vaterländisches Trauerspiel in fünf Aul/ügcn von Babo.

20. Sept. Das gute Mädchen. Lin komisches Suigspiel von Piccim uiiil Die Wäscher mädchen. Ein komisch pantomhnisches Ballet von Ludwig Nutb.

ai. Sept. Die Phisiognomie. Ein Lustspiel von Bretzner. Den Be&chluss macht ein Divertissement, worin sich ein neuer Tänzer zeigen wird.

2}. Sept. Die Entführung aus dem SeraiL Ein Singspiel von Mourt uebst einem türkischen Ballet.

24. Sept. Der tcutsche Hausvater. Ein Schauspiel von Gemniingen und Die Schornsteinfeger und die Wäschermädchen. Ein panto- mimisches Ballet.

2j. Sept. ju lic oder: Was einem recht, ist dem andern billig. Ein komisches Singspiel von Dcsaides.

26. Sept. Lanassa. Ein Trauerspiel von PiQmicke nach der Vcuve du Malabar des le Miere. Zwischen den Auüügen und nach dem Stück werden Madam ßcckenkam und Herr Pfeifer einige Arien und ein Duett von Sales und Sacctiini singen.

29. Sept. Die Vormunder. Ein Lustspiel von SclUetter nach Goidoni.

30. Sept. Das Testament. Zum Besten des HochL Kasten und Arroea- hauses.

r. Okt. Aza Ii. 1. lün Singspiel von Schwan, und Die Engländer und die Wilden. Ein H.illct von L. N'uth.

2. Okt. angekündigt Die \\ i der b c Her in. Ein Lustspiel von Sciuvk uuü Der Antiquitetensammler. Hin komisches Singspiel von Andr& (Wegen des auf diesen Tag angesetzten Herbstfestes fiel diese Vorstellung aus.)

4. Okt. Die erzwungene Heyrath. Ein Lustspiel von Moliere. Dicxwey Seil Jt/gräbcr. Hin Siniispicl vnn Fleischer imd Die lustigen Pcrbquen- macher. Ein komisches Ballet von Nuth.

6. Okt. Glück bessert Thorheit. Ein Lustspiel aus dem Englischen der Miss Lee, eingerichtet fur's teutsche Theater von Schröder.

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7- Okt. Die nipischen Spiele. Hin Singspiel von S^tcchini, und Die konnsclicn i'eruqucnmachcr. Hin komisches Ballet von Nuüi.

S.Okt Die Verschwdrung des Fi eskö zu Genus. Ein repabükan^hes Tnuefspid von Schiller.

10. Okt. Zum Besten eines Hoc!iI. Kasten- und Annen-Amtes Rangstreit und Hifersuclit aut dem Lande. Hin kcMiiischcs Sinf;:spiel von Sarti.

Ji. Okt. Der teutsche Hausvater. Hin vaterlandisches Scbauspiel von Gemmingen; und Marlborough. Ein grosses pantomimisches Bsllet.

14. Okt. Juliane von Lindorak. Ein Schauspiel in fönf Aufcflgeo vom Grafen Gozzi.

15. Okt. Die schöne Arsene. Hin Singspiel von Monsigni in vier Auf- zügen nebst dazu gehurigen Divertissements.

j6. Okt. Die drei Töchter. Ein Lustspiel von Spicss, und Marl-> borough. Ein pantomimisches Ballet.

17. Okt. Der bcsch.inne Freigeist. Hin Lustspiel von Lessin^.

18. Okt. Die Kolonie. Hin Singspiel von Sacchini, und Die Kroaten und Panduren auf dem Marsch. Ein pantomimisches Ballet von Ludwig Nuth.

2a Okt. Der Barbier von Sevilla. Ein Schauspiel mit Gesang von Beaumarcluus. Musik von Friedrich Bends.

2^ Okt. Der Unterschied bey Dieiistbcwerbunfjen. Hin Lustspiel von Stephan, und Die Kroaten im Lager. Hin pantomimisclies Ballet von Nuth.

28. Der Diamant. Hin Lustspiel von Engel und Der Deserteur. Ein Singspiel von Monsigni.

;i. Okt. Lanassa. Ein Schauspiel von Pl&niecke n.ich dem Französischen de» ie Miere, worin Madam .Albreclu hier zum erstenm.ilc .uittreten wird.

I. Nov. Die Pilger 1.1 hrt nach Mekka. Ein Singspiel vom Ritter liluck.

6. Nov. Doktor Guldenschnitt. Ein neues hier noch nie gesehenes Lustspiel in iilnf Aufzflgen von Stephanie dem Jüngeren.

11. Nov. Der argwöhnische Ehemann. Ein Lustspiel in f&nf Auf- lügen von Gotter nach Hoadly.

18. Nov. Der Graf von Wailtron Hin Schauspiel von Möller.

21. Nov. Das Urtheil des Mi das. Ein Singspiel von Gretry.

25. Nov. Zaire. Ein Trauerspiel von Voltaire und Der Diamant. Ein Lustspiel von Engel.

27. Nov. Die unschuldige Fbefrau oder: Viel L.irmen um nichts. Ein Lustspiel von Schummel, und Das gute Mädchen. Hin Singspiel von Piccini.

No. VII.

Repertoire der Poacberaehen Gesellschaft, Mai i78^.

Hrankturter Staate- Kistrctto den 2}. .Mai 1785. Herr Poscher, Direktcui einer Gesellschaft von Schauspielern ftiq^iOichen Alters, aus der franaösischen Dramatisch- Lyrischen Schule, welche er in Petersburg unter dem Schutz und (ienclnnigung Ihre K.ivserlichen Majestiit. C!luit;irina der Zweyten, errichtet, ist allhier nngekdnimen. und halt es für unumgänglich nothwendig, ohncrachtet er seine .'\breisc beschleu- niget und auch die gegenwärtige Jahreszeit denen Schauspielen nicht angemessen ist^ den Beyfall des aufgeklärten und einsichtsvollen Publikums von Frankfurt mit

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denenjenigen verbinden zu können, welchen er stell bereits in verschiedenen Städr« als z. B. Warschau, Wien, Dresden, Prag, München und Regensburg erworben hii

Et hat die niverlässige Hoffnung, sich durch feineii Elfer die Ehre n erwerben, ein geneigtes Pubfil[um tinigen seiner Vorstetluiven gfltigst bcywohm zu sehen, und diese werden in französischen Schauspielen, lustigen Opern un4 pnntmntmischcn B.illet«; he«;iehen, welche auf dem Theater im Junghof von Schio- Spielern und Schauspielerinnen von 8, 9, 10, 12 und 14 Jahr, von denen die mdirsten Russen, Deutsche, Fkiulinder, Praittoseit sind, aufgefhhrt werden.

Nachdem er die Erlauboiss hierzu von Einem Hoch-Edlen Rath dieser Sudt erhalten, so wird sein Scliauspiel künftigen Sonnabend als den 2}. Mai crötTn«.

24. Mai. La fausse Agnes. Ein Schauspiel in 5 Autzüpcn von Hern Destouches, hierauf folgt: Le tableau parlant, eine lustige Oper mit Hwk von Gretiy. Die EntrÄe kostet in den Logen and im Parqoet i fl., im Parten* 40 h. auf der Gallerie 24 kr. und auf dem Paradies 12 l<r. Der .Anfang ist um 6 Ihr.

27. M.ii. Die Franzosen zu London. Ein Lustspiel von Herrn Boi^sy, darauf lol^t: Der Geist de s W i d c r s p r u ch s , worinncn die achtjährige Actri«, Madenioiselle Poschcr, die Hauptrolle spielen wird. £>eQ Besdiluss nucht ea Zwischenspiel in zwey Aufzügen: Die kluge Maitresse. Die Musilc ist von Pergolese.

}0. Mai. Le jeu d'amour et du hazard. Eine Coniödie in drei .Ahen von Marivaux nebst dem Ballet: de la Cosake, welches man sich wiederaus- gebeten.

)i. Mai. Jeanot ou les battus, Payant Tarnende. Eine KonAdie nebst dem amant, auteur et valet. Dieses Schauspiel beschliesst sich mit einem neuen Bnllei. Auf diese Ankündigung folgt die .Anzeige: Mit GonchmhjhuRg Sr. Hochlürstl. Durchlaucht des Herrn Ilrhprinzen von Hessen-Cassel, wird dx in Franltfun sich auflialtende Gesellschaft junger Comödianten der Dranuttsch-L)thch französischen Schulen morgen den Sonntag (t. Juni) auf dem Theater in WiOiebiv- bad bey Hanau vorstellen: Le franfais 4 Londres. Hierauf folgt : Le tab- leau parlant. Eine Opera Buffa.

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Bas Römerkastell zu Frankfurt.

Von Dr. JL BbauaMui.'

Die römischen Funde an unserem Dom, die wir der Aufmerk« samkeit der Herren Konservator O. Corntll und Architekt Ch. L. Thomas verdanken und deren wissenschaftliche Erhebung nunmehr vorläufig beendet ist, haben mit Recht das Interesse grosser Kreise auf sich gezogen. Sie haben uns eine neue und unerwanete That- sache vor Augen gestellt: dass nämlich das Gebiet der Altstadt Frankfurt, das nach allen seitherigen Erfahrungen für durchaus un- römisch, für unberührt von so frühzeitigem Anbau gehalten werden musste (die urkundlichen Nachrichten datiren erst aus der Karolinger- Zeit), unzweifelhaft im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung durch römische Militärbauten in Anspruch genommen wurde.

Die Thatsache ist, wie es in der Natur der Sache liegt, von mancher Seite bezweifelt worden; man hat geglaubt, dass die Fund- lage vielleicht einer späteren Zeit zuzuschreiben sein möchte. Gegen- fiber dieser Unsicherheit des öffentlichen Urtheib und Angesichts der Wichtigkeit der Entdeckung (iQr die älteste Geschichte unserer Stadt erscheint es als eine Pflicht, die Gründe für die Authentizität jener Funde insoweit darzulegen, dass ihr römischer Charakter als ein wissenschaftlich gesichertes Ergebniss feststehe und nicht als subjek« tives Unheil und zweifelhafte Vcrnuithung betrachtet werden könne.

Wenn irgend etwas aus dem Kreise antiken Lebens und frühester Kultur auf unserem Boden einer einigermassen sicheren zeitlichen Bestimmung unterliegt, so sind es, im Gegensatze zu den meisten Daseinsspuren der einheimischen Bevölkerungen in vorchristlicher

* Die iiTirhrnlL't'ntk'Ti A-isfühniiv:Tcn geben einen /u Anfnnp; Januar 1890 im «Verein lur Gesclnchic und Aiicrthumskunae« gehaltenen Vortrag wieder, in welchem die Bedeutung der damab gerade abgesebkissencn römischen Funde den Vcrdn»' nutgÜedeni dargelegt wurdet Einleitung und Schluss des Vortrages sind Incr

weggclnsscn, da dieselben nur über die allijenicincn Kulttirvcrlialtnisse In den römischen Rheinlanden bvsondcrs die Truppentormation des er:>ten Jahrhunderts, zu Orientiren btötimnn w aren.

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Zeit und selbst noch in den ersten Jahrhunderten der Zeitrechnung, die Denkmale und Lcbcnsäusscrungen der Römer. Nicht nur, d.iss sie durch ihre Anwesenheit selbst eine begrenzte Zeitspanne düku- mcntiren, innerhalb deren dieselbe überhaupt möglich war, sie geben uns auch hiufig durch archäologisch definirbare Einzelheiten ihres Kulturbcstaiides, sei es Hausrath, sei es Schmuck oder Waffen, vor Allem durch die reiche Hinterlassenschaft ihrer Inschriften eine präzise Datirung an die Hand. Die Keramik wechselt, selbst Gewandnadeln ergeben zeitliche Stiluntcrschiedc. Auf dem rechten Rheinuler be- sitzen wir durch die begrenzte Periode der L)kkupation den \'orzug eines abgeschlossenen engeren Zeitraums, der tür romische Kultur in Betracht kommt. Wahrend dieser Zeitraum im Westen des Klicais bis ins fünfte Jahrhundert reicht, haben wir hier nach dem Jaiirc 270 keine römischen Bauten zu erwarten. Die Inschriften reichen nach der anderen Seite im Taunusgebiet bei weitem nicht in so frühe Zeiten hinauf, wie in der Gegend von Strassburg, Mainz und Köln. Das rechtsfiieinische Gebiet ist ausserdem Limesland, es galt gleich dem Vonenain einer Festung und musste oft und leicht aufgegeben werden können. So ist auch die Kultur eine vorwiegend mili* tärische. Die Kastelle spielen namentlich im Mainthal eine grosse Rolle, alle unsere Untersuchungen zeigen ein schon vor der Anlage des Limes bestehendes Ketz solcher Befestigungen, die durch eine sorgfältig angelegte Militärstrasse mit dem Hauptquartier Kastel- Mainz in Verbindung gestanden haben müssen : Wiesbaden, Hoflieim, Nied, Heddernheim, Friedberg, Kesselstadt sind solche früh angelegte Inland*Kastelle.

Gleichwohl waren seither die Spuren ausgedehnterer römischer Kolonisation nur auf einen gewissen Abstand vom Maine nachweis- bar, besonders auf der Wasserscheide der Nidda. Nur bei Nied und Kesselstadt (Hanau) erreichten sie den Fluss. Gerade hier liegen aber die ältesten Kastellanlagen und ihre Position ist durch den Mündungswinkel von Gewässern, der Nied und der Kinzig, bezeichnet. Eine ganz ähnliche Lage zeigt nun eine zwischen beiden befindliche Terrain-Erhebung. Es ist dies die Stelle, wo der Frankfurter Dom steht. Wer auf dem stark ansteigenden Garküchenplatz und in der Nähe des Archivgebäudes jemals den Verlauf von Hochwasser ver- folgt hat, bemerkt leicht, dass sich in dem Domhügel demselben ein Dumm entgegenstellt, den es nicht überwinden vermag, dass es jedoch bis an dessen Fuss vortritt und in der Fischergasse unter den Fischerbogen weit hereingreift. Hs handelt sich um ein heute sehr verändertes Terrain, da die Fahrgasse und das anliegende Gelände

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lies Fischerfcldes, erstere schon zur Zeit der Brückenanlage, beträcht« lieh aufgeschüttet und erhöht werden mussten. In alter Zeit war jedoch unzweifelhatt hier der Einfluss eines Wasserlaufes vorhanden, vielleicht eines Alt-Mains, der durch das Fischerfeld zog, vom alten Metzgerbruch abzweigte und entweder ursprunglich mit der soge- nannten Braubach in Verbindung stand, oder ihr parallel zog. Wie umfangreich dieser Wasserlauf war, können wir heute nicht mehr wissen, iiis der römischen Anlage muss aber gefolgert werden, diis*; es kein schmaler Bach war. Die ganze östliche Mäche lag tiefer und war thcilweise Sumpfgebiet. Der letzte Rest ist offenbar der heutige l ischerbügen unter der Fischergassc und das absteigende Niveau der zum Main führenden kleineren Fischergasse zeigt uns den daneben gegen den Fluss gerichteten Zugang und deutet auf das veränderte Bodenniveau der Umgehung. Der Bau der alten Mainhrücke hat die Terrainsenkung vollständig verwischt. In der Gegend des alten Schlachthauses wird der Mainarm gemündet haben; darauf deutet wenigstens die dortige Terrainsenkung, die bei Hochwasser stets zuerst übersciiwemnu ist. In der Hauptsache handelt es sich bei diesen Rinnsalen um alte Mainläutc, die mindestens in urgeschicht- iicher Zeit noch bestanden haben müssen. Beweis dafür ist das Ried zwischen Knkheim und Bischofsheim, ein trülierer Mainarm, der noch alte Pfahlbauten birgt, und der weiterhin westlich sich erstreckende Metzgcrbruch, dessen Entwässerung noch in den 50er Jahren unseres Jahrhunderts diclit vor tici St/.il: längs der Obern.air.j.i). u_'e herzog. Auch die die l-'ahrgasse ur.J Burngasse schneiJLJiuL B:.r..l\iLli gehört 7.U diesen Wasserläufen. Hntschcidend iii: diese Terrainvci iiaUnisse ist die ILirrc gewesen, welche im Osten Bornheims plötzlich nach Süden vorsprin-i und den Bornheimer- und Röderberg bildet. Indem näm- lich der Bergen- Seckbacher Höhenzug in Folge einer Senkung aus seiner ostwestUchen Erstreckung in eine südliche umbiegt nnd da- durcli vor Bornheim einen rechten Winkel und eine den alten Main- armen zugängliche Bucht bildet, ist, wie Kiokelin neuerdings in einer schönen Arbeit über die älteren MainUlufe hervorhebt, jeder Ansted- tun;^ bei Frankfurt die Lage vorgeschrieben worden. Der Main konnte die Arbdt, die schweren Kalke des Bornheimer Berges zu durchbrechen, nicht bewältigen und so blieb ihm ein kulturifähiger Höhenzug entgegengestellt, während ohne jene westliche Senkung der Lauf des Flusses bis Bockeoheim durchgebrochen wäre und sich ctv^-a bei Rödelheim mit der Nidda vereinigt hätte. »Der Boden Frankfurts,« bemerkt Kinkelin, »wäre längst weggewaschen und das Mainthal wäre zwischen der Friedberger und Darmstädter Warte

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etwa eben so breit wie zwischen Enkheim und Bergen und Offcn- bach, der Main hätte sich nicht mit dem engea Einschnitt zwischen Frankfurt und Sachsenhausen begnügt.«

Gerade wo die beiderseitigen Hohen bei Sachsenliauscn und Frankfurt am nächsten zusammentreten, hegt unsere Römersiätte und unmittelbar vor ihr musste aucli der sie deckende Wasserlauf, dem flohenrückcn des Röderberges folgend, in den Main münden. Wir haben gesehen, dass die Wasscrl.iufe in aher, jedenfalls noch in römischer Zeit andere und ausgedelintere waren als heute; im Süden finden sich bei Sachsenhausen mehrere alte Flussbette des Mains und im Norden gestaltete die Braubach die in der Borngasse wieder ab- fallende Anhöhe des Domterrains zu einer Art Insel. Ebenso war Römerberg und Samstagsberg durch einen Wasserlauf geschieden, wodurch die prächtige amphitheatralische Gestaltung des Platzes be- dingt ist, den der Amerikaner Motley in seinem kürzlich erschienenen Briefwechsel den »malerischsten deutschen Marktplatz« nennt.

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In den IcGsten Tagen des Oktober 1889 trafen die Kanatisations- Arbeiten in der Altsudt aof dem Krautmarkt, an jener Stelle» vo derselbe in die HöUgasse cinniikttdet, auf eine grosse Menge von Thongefässresten und Heizkacheln, die sich sofon als unzweifelhaft römische ergaben. Sie waren, wie sich spiter zeigte, in einer Schacht* artig im Terrain eingeschnittenen Veniefung besonders zahlreich vorhanden, einer Senkgrube, wie wir deren in der Heddemheiroer Römerstadt eine ganze Anzahl gefimden haben. Don fanden sich auch kreisrunde Hypokaust-PIatten, ein profiUrtes Gesimsstück aus Stein, mannigfache Krugfornien, Wandbewurfsstücke (unter denen später ein mit Randleisten schön bemaltes vorkam), Dachzi<^ei, ein mit Namen gestempelter Amphoren-Henkel, Glas und andere ähn- liche Anücagiien, wie sie uns überall in Römerstätten begegnen. Alles dies wurde aus beträchtlicher Tiefe (4 5 Mir.) erhoben, ts würde keinesw^s zur endgültigen Sicherstellung einer römischen Fundstätte genügt haben, obwohl eine solche hoch wahrscheinlich war, da die Lage einen etwas tumultuarischen Charakter zu haben schien und zunächst kein Mauerwerk konstatin werden konnte.

Es Hess sich die Möglichkeit nicht abweisen, dass römische TrQmmer aus irgend einer ferner gelegenen l undstätte, /. H. Heddern- heim, mit Bauschutt hierher gelingt waren, zumal schon im .Mittel- alter das Terrain baulich vicltacli beunruhigt wurde. Ich muss ge- stehen, dass ich in den ersten Tagen keine unbedingte Ueberzeugung von einem hier erfolgten römischen Anbau gewinnen konnte und erst ein weiterer hund erhob mir diesen zur Gewi<;sheit. Am 6. No- vember wurde in etwa 2*/j Meter Tiefe em gemauerter Kanal ge- fuiulen. Derselbe war seitlich ausgebrochen und nur die Sohle lag unv ci st lirt, in dicken Beton gcsetzi und aus 46 Ctni. breiten und je 55 Ctm. langen Thonplatlen gebildet. Die Seitenniauern des Kanals waren, nach dem noch erhaltenen Rest zu urtheilen, etwa 40 Ctm. breit. Es ergab sich damals schon ein Stempel der 14. Legion, der eine ungefähre Dacirung an die Hand gab, injolern er zuverlässig in das erste Jahrhundert zu setzen war. Später, als die durch das l'ort- schreiien der Kanal-Arbeiten gestörte Uniersuchung mit dankens- werther Unterstützung des Tiefbauamtes wieder aufgenommen und der Zug der die Strasse in stumpfem Winkel schneidenden baulichen Anlage in seiner ganzen Länge aufgedeckt werden konnte, ergab sich das erfreuliche Resultat, dass die Sohle derselben durchweg mit ge- stempelten Platten der 14. Legion belegt war, womit der römische Ursprung der Anlage unwiderleglich feststand. Wenn zu Anfang selbst

der gestempelte Stein als ein vielleicht von aussen hereingebrachter

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Fremdling beargwöhnt werden konnte, so war nunmehr durch die fest in Beton liegenden gestempelten Platten und die ausnehmend solide Ausfuhrung mit römischem Mönel die römische Bauthitigkeit am Orte selbst erwiesen. Auf dem Weckmarict, gegenüber dem Leinwandhaus» traf man beim Weiterfahren der Kanalisation, genau in der Verlängerung der Linie, auf eine weitere Spur. Wir erlangten an erster Stelle nach und nach eine kleine Zahl gestempelter Platten, die sämmtlich der 14. Legion angehören und durchweg verschiedene Stempel-Typen, darunter auch einen Rundstempel, aufweisen.' Die Bedeckung des Kanals war vennuthlich aus Steinplatten gebildet, wie ein bei dem römischen Quellenbad am Weissen Löwen iii Wiesbaden gefundener Kanalstrang sie aufwies. Auf diese Weise erklirt es sich am besten, dass sich nichts von Resten deckender Thon- oder 'Schiefer-Platten vorfand; Steinplatten wurden leicht als Material ver- nutzt, wie auch die Settenmauem bis auf die letzte Spur ausgebrochen wurden.

Es musste das erste Ziel der ganzen Untersuchung sein, zu er- mittein, in welcher Beziehung und Lage der Kanalstrang zu der unzweifelhaft sehr benachbarten Ansiedelung stand. Mit Leichti^^kett Hess sich konstatiren, dass es sich nur um eine Entwässerungsanlage handein konnte, da die Kanalsohle einen bedeutenden Fall zeigte und für eine etwaige Wasserleitung sehr ungünstige Bedingungen bot. Auch war die Annahme, dass Zuleitung von Wasser von der Höhe nach einem am l'lusse im Ueberschwemmungsterrain gelegenen Wohngebiet beabsichtigt gewesen sein könne, durch die Nothwendig- kett der Höhenlage jener Ansiedelung, die als erstes römisches Prinzip gelten kann, ausgeschlossen. Aus der Bestimmung des Bauwerks als Ableitungskanal in Konsequenz seiner Konstruktion ergab sich andererseits um so sicherer die Thatsache, dass die zugehörigen Bauten auf dem Plntcaii des Domhügels zu suchen sind. Die Rich- tung des Kanals weist direkt nach dem Centruni der Höllgasse. Kann man auch angesichts der Dürftigkeit der Funde niui besonder«; des Mangels weiterer Baureste keine allzu weiigehcncien Folgeruiii^cn über den Umfang der Ansiediuiig wagen, so lässt sich doch aus dem lunde der Legionssiempel ein ziemlich sicheres Rrgebniss über deren Zeit und Charakter gewinnen. Hrstere sei zunächst ein- mal als die des ersten Jahrhunderts bezeichnet; für letzteren gibt der

Vgl. die Tafel am Schlüsse des Bandes. Ko. t scheint abgcsdüosseti zu sein. Bcinerkensweith ist der seltene RundMcmpel, bei dem die Beinamen über dem Legionsn-imen stehen; eine nur scheinbare .\nomalie, d.i der Stempel besser umzukehren ist, die Lettern stehen in bekannter VS'eise auf dem Kopf.

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Stempel einen ausnclimciid zuverlässigen Aufschluss. Legions- und Cohoricn-Stenipel sind für den Archäologen gleichsam die Leit- muscheln der FundLigen. Es wai mir schon von Anfang an sehr wahrscheinlich und ich glaube jetzt nicht mehr zweitein zu dürfen, äass die Bauthätigkeit der 14. Legion auf keine bürgerliche Ansied- lung, sondern auf ein Kastell hinweist.

Die 14. Legion kann bei ihrem hervorragenden Amheü an der Okkapation des Maingebietes kaum andere &imen in so Tortiegendem Terrain ausgeftthrt haben; om Villen und Gehöfte kann es sich in dieser FrOhzeit nicht handebi. Sodann ist die gewählte Position aus den mehrfiich besprochenen Gründen wie geschaffen für einen wich- tigen Militflrbau. Mit der Annahme eines von Mauern umschlossenen Kastells ergeben sich aber auch dessen ungefälhre Grenzen; diese können freilich auf einige Meter Genauigkeit nicht angegeben werden, da die Maasse der Kasteile schwanken. Indess wird man nicht all- auweit irre gehen, wenn man die ungef^re Ausdehnung des heutigen Oomhflgels in Betracht zieht, soweit dessen Terrain von der alten Kircbbofsmauer im Süden und Osten umschlossen, sowie im Norden vom Domplatt, im Westen von der Höllgasse begrenzt ist. Diese Ausdehnung betrügt in der Längendimension fist genau 100 Meter, was der Grösse kleinerer römischer Kastelle entspricht. Die heutige, in fnthe Zeit zurückreichende Mauer-Umschliessung des Terrains ist immerhin sehr bemerkenswerth und deutet auf eine alte Immunität, wenn sie auch in erster Linie dem Dom-Friedhof gah. Sie fllllt zusammen mit der höchsten Erhebung des Terrains und dies macht es um so wahrscheinlicher, dass diese ganze Fläche vom Kastell in Anspruch genommen wurde. Im Norden ist die Begrenzung des Friedhofs allerdings in alter Zeit eine andere, derselbe hat den Dom- platz zum grossen Theil noch besettt; aber die südlichen Grenzen zeigen sich schon auf dem ältesten vorhandenen Stadtplan, dem Merian'schen aus der Mitte des 16* Jahrhunderts, als die gleichen wie heute. Die Um£issung entspricht auch in auffallender Weise der geometrischen Proportion, wie wir sie bei den römischen Kastellen kennen. Der Dombau hat sich natürlich seine eigenen Bedingungen geschaffen, wie er sie brauchte ; indessen ist die gcsammte Bebauung des Hügels charakteristisch, da ihre Breitseite nach dem Flusse, ihre Schmalseite nach Osten gerichtet ist, eine Situation, wie sie das Kastell, dessen kleinere Front (die Angriffsseite) nach dem Feinde gewendet war, bedurfite.

Ich glaube, dass man noch weiter gehen kann. Es lässt sich nämlich mit höchster Wahrscheinlichkeit auch eine Strassen v er*

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bind Ulli; bcstinuacn, die der Zeit der Anlage entsj r:^. 1 ür dns Kastel! war unzvveitelluiit die erste Bedingung seiner L.usteiu eine Strasscnlinie nach Westen in direktester Tendenz zur Nidda bei Nied, da nur hierdurch die nothwendige Verbindung mit dem Haupt- quartier Mainz und die Rückzugslinie hergestellt war. Nach Norden, etwa nach Heddernheim, könnte nur eine sekundäre \'erbindung ge- führt haben, die nicht von Belang für den Kriegsfall war. Wenn vir sämmtliche Kastelle des Mainthals in Vergleich ziehen, so ist ihntn allen die schnurgerade und direkte Verbindung mit Kastel und dem Rheine gemeinsam; es war dies eine militärische Kothwcodigkeit. Bezüglich des Laufs dieser Strasse ist kaum eine andere Linie deols- bar, da die Kastellstrassen rechtwinklig in die Porta decumana ein- laufen, als diejenige des heutigen Marktes, und es fällt auf, dass der Markt in seiner Verlängerung (nur die östliche Hälfte kommt in Betracht) ziemlich genau dem Strassenzug entspricht, der durch die Limpurger^asse, Römergasse, Münzgasse und Weissfrauenstrasse re> präsentirt ist. Alle diese Strassen laufen in einer direkten Linie nach Westen und ihre Verlängerung trifft auf die römische Niederlassung bei Nied. Es kaim dies selbstverständlich nicht so versunden werden, als ob diese Strassen römische Strassen wären, aber die alte Kasiell- Strasse kann durch ihren in ältester Zeit noch erkennbaren Zug be- stimmend auf ihre Anlage gewirkt haben. Selbst das alte Gallusthor liegt genau auf dieser Trace und der fränkische Friedhof am früheren Taunusbahnhof mOsste dicht zur Seite der Römerstrasse gelegen haben, wie deijenige bei Miederursel neben der Saalburgstrasse.

Wenn wir dem Kastell keine allzugrosse Ausdehnung zuschreiben dürfen, so können wir gleichwohl nach aller Analogie die überall vorhandene bürgerliche Niederlassung vor seiner Westfront nicht übersehen. Dass eine solche vorhanden war, darauf deuten allerdings, bei der dichten Bebauung jenes Stadttheils und seiner Ausnutzung schon in ältester Zeit, nur äusserst schwache Spuren und seltsamer- weise ist hier niemals während der Jahrhunderte irgend ein Fund überliefert. Aber die einzige IMiatsache des Vorhandenseins der schon erwähnten, an der Ecke der Höllgasse vorgefundenen Senk- grube beweist uns hinlänglich, dass wir uns an dieser Stelle schon ausserhalb der Kastellmauer befinden und zum Ueberfluss gibt uns der Ableitungskanal dieselbe Gewissheit. Wir dürfen mithin eine kleine Ansiedlung westlich und südlich der Höligasse annehmen und immerhin mit einem gewissen Huphemismus von einem »römischen Frankfurt« reden, wenngleich das nichts anderes ist, als was die Grammatiker ein Hysteron Proteron nennen. Denn es lässt sich mit

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gutem Gewissen in keiner Weise behaupten, dass lÜe römische Be- bauung auf die spätere fränkische Ansiedlung bestimmend wirkte, sumal die letztere einen weit abliegenden Bezirk am Mainufer für den ersten Anbau ausgewählt zu haben scheint. Die Anlage des ältesten Rathhauses und der ältesten Kirche am heutigen Domhügel könnte freilich für eine Tradition sprechen, weshalb man nicht allzu sicher sein darf. Wir vermögen nur vorerst eine Kontinuität nicht nachzuweisen und wir dürfen sie wohl bezweifeln.'

Es ist för die Frankenstadt jedesfalls charakteristisch, dass sie es verschmäht hat, den hochgelegenen Hügel der römischen Ansied- lung zur Wohnstätte und zur ersten Kaiserpfalz auszuwählen. Sie wollte, wie es germanische Gepflogenheit ist, dicht am Wasser sein, auf die Ge&hr, sich alljährlich der Ueberschwemmung auszu- setzen, und wenn man noch jetzt bei bedeutenden Hochwasser- ständen die gelbe Mainfluth bis über den Justiciabrunnen des Römer- bergs hereindringen sehen kann, hat man einen Begriff davon, wie die Karolinger und ihre Nachkommen den Römern an Vorsicht nach- standen. Uebrigens ist für die Beurtheilung der Römer-Ansiedlung die £rwägung sehr massgebend, wie lange dieselbe bestand. War sie, vtic es vorläufig bei dem Mangel aller früheren Funde ^t als wahrscheinlich gelten muss, eine nicht bis in das dritte Jahrhundert hineinrciciicnde, so ist es sehr fraglich, ob die Franken daran an- knüpfen konnten. Vorläufig können wir natürlich nur mit dem ersten Jahrhundert rechnen, das uns durch die 14. Legion bezeugt ist. Im Allgemeinen bietet sich anderwärts in sogenannten römischen Städten allerdings die Ers l cinung, Jass in den römischen Anbau angeknüpli wird^ für die Art jedoch, wie in Wien, Augsburg, Regensburg, Köln, Mainx, Worms, Wiesbaden die römische ßaulichkeit mit der späteren verquickt ist, und wie sie dort allerorten und jederzeit von Neuem zu Tage tritt, dafür haben wir in Frankfurt nicht das mindeste Analogo!^ htvJ haben es auch in der Zukunft nicht zu erwarten. Ich kann deshalb keinen eigentlichen Ursprung der Stadt daraus herleiten und halte die römische Fundstätte bis zum Beweis des Gegentheils für eine zeitlich sehr begrenzte, vielleicht später aulgegebene Militär- Anlage des ersten, allenfalls noch des zweiten Jahrhunderts.

' Icli bemerke hier nachtrutjlich, dass in der ^i^ku^s^(ln, die sich ati den X'ortrag kuüpi'te, mit vollem Rechte betont wurde, dass anderwärts fränkische Wohnstäcten vielGicb auf römischen Kastellen errichtet wurden; Mainz, Wies- baden, Krcuznadi u. A. beweisen dies hinlänglich. In Frankfurt» wo dies eben- falls statthaben konnte, ist indessen bisher noch kein Nachweis an jener Stelle vorhanden.

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* JIO

Die germanisch« Niederlassung der Merovingerzeit knüpft, wie schon der Name der »Furt im Frankenlande« besagt, an die Main- furt an. Ob diese für die römische Anlage entscheidend war, kann noch sehr zweifelhaft erscheinen. Aus den bereits angegebenm Gründen halte ich die Wahl des Ortes wesentlich für ein Ergebniss der richtigen Abschätzung der Terrain-Verhältnisse, die einen be- sonderen Schutz boten. Dabei war sowohl der Schutz gegen Osten als gegen Süden massgebend. Aber wenn nun auch die Furt, deren der Main an der Stelle Frankfurts übrigens mehrere bietet, gewiss den Römern bekannt und dienlich sein mochte, so ist doch zu be- achten, dass im ersten Jahrhundert das jenseitige Ufer ein vorwiegend feindliches, vermiithhch eine Wildniss war, wie es ja noch im Mitiel- alter durch seinen undurcbdringliciien Reichslorst und den Mangel grösserer Wohnpl.ntze ausgezeichnet ist. Wenn aucli im zweiten und dritten Jahrhundert römische Stra>sen, die wir vielleicht noch nicht alle kennen, nach den Mainansiedlungen liier durch das Land führten, su !ässt sich doch in der Trühzeit der ersien Niederlassung nichts derart erwarten, die Mainfurt hatte demnach nur den Werth eines Zugangs zu dem l einde. Der i luss selbst scliützie und dass er als Transpon- strasse benutzt wurde, ist sehr wahrscheuihcli ; die verlässige und die kürzeste Verbnuhing war aber jederzeit die gradlinige Militär- strasse. Wie sehr die rechtsrheinischen üeuenden in> Bereiche der Dreieich uiisiciier und gefährdet waren, beweisen uns die Römer selbst durch gelegentliche Ucberlieferung. Von hohem Interesse ist jener am (jehabi)rncr Hot unweit Daraisiadi mitten im Walde ge- iunUcne Grabstein des Clodius Perigenes aus Teanuni Sidicinum in Campanien, den, wie die Inschnli besagt, Räuber dort getckitet haben und dem sein Bruder das Denkmal wiJ;iiete. Die Welunuth, den Sohn der südlichen Hciuui-h in einem um w u tlilichen I.andsiriwh begranca zu wissen, lencl.ic: ai, . Jcni uicu is<.ii<.n Naclu ul heraus, den der Siitter m die Prosa seiner (jrabschrift eintliessen lässt: altera contexit lellus, dedit altera nasci das eine Land gewahrte ihm die Erde, das andere hat ihn geboren.

Es erübrigt noch, eine Frage zu berühren, die von grosser Wichtigkeit für die richtige Schätzung unserer Römerstätte und die damalige Kultur des Mainlandes ist. Wie weit dürfen wir die An- lage des Kastells im ersten Jahrhundert zurück datiren ? Hierüber gibt der einzige Zeuge, der mehrfach gefundene Stempel der 14. Legion, leider keine ganz bestimmte Auskonft. So lange wir von diesem nur ein Exemplar besassen, auf welchem die Beinamen Martia Victrhi fchtten, die bei «m erst nacK dem Jahre 70 auftreten die Legion

erhielt sie in Folge des britaDnischen Fetdsugs» sie hiess vor 43 nur Cemina konnten Zweifel bestehen, ob die Kanal-Anlage vor oder nach diesem Jabre datire; die Beinamen fehlen häufig auch in der zweiten Periode. Nachdem wir aber Stempel mit den drei Beinamen Gemina Mania Victrix gefunden haben, sind wir sicher, dass wenig- stens die Kaoal-Anlage nach dem Jahre 70 gebaut ist. Sie kann freilich eine spätere Zothat des Kastells sein. Dessen eigentliche An- lage könnte dann allenfalls vor das Jahr 45 fallen, ui welchem die Legion nach Britannien abzog; dem widerspräche nur die schon dar- gelegte allgemeine Situation. Die 14. Legion kann alsdann nicht nach dem Jahre 89, als Domitian die Doppellager der Legionen auf- löste, was er vor Allem nach dem am Rhein erfolgten Aufstand des Situminus bei der Rheinarmee und zwar sofort durchföhren musste, in Germanien geblieben sein. Sie ist nacii diesem Jahre nicht mehr bd uns nachzuweisen. Damit erhält die Frankfurter Römerstätte, wenigstens deren Kanal-Anlage, eine bestimmte Begrenzung.

Yereitt für Geschichte und Alterthumskuude

zu

f^rankfurt a. M!.

OesehlftUche Hlttheilvngen.

l Bericht über die Tbätigkeit des Vereins im Jahre 1889.

Erstattet vom Vorstände iii der Generalversammlung am lo. Februar i6^.

Unsere Arbeiten im verHossenen Jahre haben die gleich ruhige Entwicklung genommen, welche wir in unseren beiden letzten j.iiireb- berichten der Thätigkeil unseres V^ereins nachrühmen duritLii, und die Betlieiligung unserer Mitglieder an unseren Arbeiten und \'cr- ^nügungen war eine gleich lebhafte wie in den letzten Jaiiren.

Dem Berichte i'iber die Thätigkeit des Vereins im Jahre 1S8'.; müssen wir eiui. iLtkiaruii^ und luitsL!iMlLi:<^uug vorausschicken, Jass wir die General Versammlung, wcLhc nach ^- 12 unserer Satzungen in den Monaten Dezember oder Januar stattfinden soll, erst auf heute berufen haben. Wie im Jahre 1885 haben sich der Abhaltung während der satzungsgemässen Zeit diesmal Schwierigkeiten entgegengestelh. Der einzige Montag im Januar, an welchem die Versammlung ohne Hinderniss hätte stattfinden können, fiel diesmal mit der Feier des Geburtstages des Kaisers zusammen. Wir hoffen, dass Sie uns Ihre Genehmigung filr die Verlegung des Termins der Versammlung auf heute nicht versagen werden.

Der Vorstand des Vereins bestand nach den in der General- versammlung vom 28. Januar v. J. erfolgten Ergänzungswahlen aus den Herren:

Professur Dr. AliAiuidii Kii'se,

Oberstabsarzt .1. D. Dr. Karl Iheodor Kitiht;^

IVHhelm Mappes,

Gustav Reutlinger,

Konservator Otto Cornill,

Pfarrer Dr. Hermann Dechent,

Otto Donner-von Richter,

Stadearchivar Dr. Rudolf Jung,

Alfred van Neufvilk,

Senator Dr. Bmil vm Oven.

Den Vorsitz führte Herr Professor Dr. Riese, dessen Stellvertreter war H^rr Dr. Küthes das {inn des Schriftführers versah Herr Mappes,

das des Kassiers Herr ReiHlmger, Die Rcdaktions^Kommtssion bildeten

die Herren Professor Dr. Riese, Donner -von Rict^er und Dr. Jung; die Lokal-Koniniission die Herren Reiillinger, Dr. von Nathusius und

Piuljcra: die lixkursions-Komniission die Herren Dr. Küthe, Dr. vm Kaihusius und Kohci ; die ßibliotheks-Kommission die Herren Dr. Jun^, Dr. Heuer und Dr. Palhfiann. Die Verwaltung der im Archivgebaudc mit der Handbibliothek des Stadtarchivs I vereinigt aufgestellten Bücherbeslände des Vereins fiihricHerr Dr. Jung; derselbe hatte .luch die Bearbeitung der in dem Korrespondenzblatte der Westdeutschen Zeitschrift in rcgchiiässiger Folge erscheinenden Berichte über unsere wissenschaftliclien Sitzungen Obemommen.

In der heutigen Jahresversammlung liegt Ihnen zunächst nach den Satzungen ob, die nöthigen Neuwahlen zum Vorstande vorzu- nehmen* Hs haben diesmal diejenigen Herren, welche in der General- versammlung am }0. Januar 1888 gewählt wurden, aus dem Vorstände auszuscheiden: es sind dies die Herren Cornilly Domier-von Richter, Mappes, Rentlinger und Riese. Die genannten Herren liaben sich bereit erklart, eine etwaige Wiederwahl anzunehmen ; wir erlauben uns, Ihnen dieselben vorzuschlagen, und fügen auf dem in Ihren Händen befindlichen Stimmzettel die Kamen von fünf weiteren Herren lun/n : Sie wollen aber unseren Vorschlag lediglich als einen unmassgebhcheii betrachten, da Sie an Vorschläge des Vorstandes in keiner Weise gebunden sind, sondern das satzungsgemässe Recht haben» jedes Vereinsmitglied in den Vorstand zu wählen.

Die Revision unserer Kassenführiin»^ haben auch lür das abgelaufene Jahr die Herren Ferdinand Hyssen und IVilhehn ll'cisnutm übernommen. Unser Kassier Herr Reniliu^er wird Ihnen nachher mit seinem Kassenberichte auch den i-undbeiiclu der Herren KevisDren vortragen. Wir bitten Sie, die genannten Herren unter dein AuNdruckc dch Dankes für ihre bisherige mehrjährige Mühewaltung auch für das laufende jähr wieder zu wählen. Damit aber im Falle von Krank- heit oder sonstiger Verhinderung eines der beiden Herren die Revision keinen Aufschub zu erleiden braucht, bitten wir Sie, zugleich zwei weitere Herren als lirsai/- Revisoren zu ernennen, und schlagen dafür die Herren Rentner Joseph Dibelku und Buchhändler Karl Schnchhard vor, welche wir nöthigen Falls nach alphabetischer Reihenfolge um die Ucbernahnie der Revision bitten würden.

Unser Mitgliederbestand hat sich nn abgelaufenen Jahre leider etwas vermindert. Wir traten in dasselbe mit \^\ Nlitgliedern ein; wir verloren durch Austritt oder Tod 24 Herren und nahir.cii 17. als neue Mitglieder auf, so dass wir das neue Jahr mit 434 Mit-

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gliedern nmretcn. Von den Gestorbenen g;edenken wir hier des Herrn Dr. med, Karl Lorn, der den Herren als ein regelmässiger Besucher unserer Vereinsabende bekannt sein wird, und weiter des Herrn Dr. med. Leopold Wilbrand^ welcher im ii. Bande der Neuen l olge unserer Vereinszeitschrifi eine interessante Arbeit über die Kriegslazarethe in Frankfurt 1792— i8i 5 veröffentUcht hat. Aus der Reihe unserer korrespondirenden Mitgheder verschied am i ^ Dezember I ierr Professor Dr. Wilhelm Crecelius in Hlbcrfcld, der unerniüdhche l orscher auf dem (lebiete der Bergischen I.andes^'eschichte, dem auch die «Miiiheihmgen« unseres Vereins manchen wertinollcn Beitrag verdanken. Unseren verstorbenen Mitgliedern sei ein freundliches Andenken gewidmet!

Mehrere Male hatte ihr Vorstand im abgelaufenen Jahre Gelegen- heit, verdiente Mitglieder des Vereins an l:hrentagen derselben */u begnissen. So beging einer der ältesten l orscher auf den'! Gebiete der vaterstadischen Geschichte, Herr Dr. med. /F. Stricker im August unter grosser Betheiligung seiner Freunde und Berufsgenossen die 1-eier seines 50jährigen Doktor-jubilaums ; im September konnten wir den Nestor der deutschen Aherthumswissenschaft, unser verehrtes korrespondirendes MitgUed, Herrn Professor Dr. Lindenscbmit in Mainz, zu semem 8ü. Geburtstage beglückwünschen, und kurz darauf unserem Schriftfüiirer, Herrn G. /F. Mappes, bei Gelegenheit seines 2jjährigen Gcschatisjubilaeinns unsere Glückwimsche darbringen.

Als neue Veröffentlichungen des Vereins haben Sie im Laute des Monats November den /.weiten Band der dritten l olge des »Archivs für l-rankkirts Geschichte und Kunst« und den /weiten Band der von uns mit städtischer Unterstützung herausgegebenen »Inventare des f i.uikiurter Stadtarchivs« erhalten. Beide I i likationen wurden Ihnen bereits im vorjährigen RechenschaftsberiLlue angekün- digt- livr iKiJc sii)d nicht in der Gestalt aus der Presse hervor- gegangen, welche wir Ihnen dort versprochen ii.ittcn.

Was den Inventarband belangt, so geben wa ihn ohne das dort versprochene Register über die bisiier erschienenen zwei Bände. Da diese und die zwei nächsten Bände eine inhaltlich zusamnicrv- gehörige Gruppe von Archivalien, die auswärtigen Verhältnisse der Stadt, verzeichnen sollen, so schien uns richtiger, erst am Schlüsse dieser Gruppe ein grosses Gesammt- Register zu geben, als jeden einzelnen Band mit eigenem kleinen Register auszusenden.

Auch der Inhalt des Archivbandes entspricht nicht ganz denf im vorjährigen Berichte angegebenen Inhalte. Die umfangreiche Arbeit des Herrn Kammerherm von Heyden Über die Frankfurter

Orden und Ehrenzeichen» flir deren Farbendrucktafeln uns die Dr. /. E Boebmer^sdtie Nachlass- Administration einen Zuschoss von Mk.8oo gQtigst gewährt hatte, konnte keine Aufnahme in diesem zweiten Bande linden, da die übrigen Aufsitze länger, als wir erwartet haicen» ausgefallen waren und wir unserer Finanzen wegen Bedenken tragen müssen, den Umfing von 20 Bogen pro Band zu sehr zu überschreiten. Die hochinteressante Arbeit des Herrn von Heyden musste demnach mit Zustimmung des Herrn Verfassers und der Herren Administratoren des Dr. Boehtner*schen Nachlasses zurückgestellt werden und wird den dritten Band des »Archivs für Frankfuns Geschichte und Kunst«, dritte Folge, eröffnen.

Was unsere nächsten Veröffentlichungen belangt, so müssen wir damit etwas langsam vorgehen. Nicht als ob es uns an Stotf fehlte; unsere vaterstädtische Geschichte ist eine so vielseitige und reichhaltige, die Quellen für dieselbe ruhen in reichlicher Menge, wie sie kaum eine andere Stadt von gleicher geschichtlicher Bedeutung wie Frankfnn aufweisen kann, im Stadtarchive, und auch an ^nssen- schaftlich gebildeten Forschern, welche zur Mcbung und Verarbeitung dieser Schätze befähigt sind, ist Gottlob kein Mangel. Aber die Rücksicht auf die Mnanzen des Vereins nöthigt uns, in der Reihe unserer Veröffentlichungen ab und zu eine kleine Pause zu machen. Wir gedenken, den nächsten Inventar- und den nächsten Archivb.ini! zusammen im Anfange des Jahres 1891 .uis/ugcbcn ; der Druck beider Bände ist bereits in Angriff genommen und wird hoffentlich ohne Störung im Laufe dieses J.ihres weiter geführt werden können. Der Inventarband wird mit einem Verzeiclmiss der städtischen Privilegien beginnen, also derjenigen Urkunden, auf denen die treie Entwicklunji der mittelalterlichen Stadt in erster Linie beruht ; damn schliesst sicli das Tnhaltsverzeichniss der 7 ersten Bande der sogenannten Kaiser- sciirciben, welclie tur die auswärtige Politik der Stadt, insbesondere deren Verhaltmss zum Kaiser, von der höchsten Wichtigkeit sind; weiter folgen dann Uebersichten über den Inhalt der WahltagsaUen und der Reichstagsakien ; der ganze Band wird wie die anderen die ganxo Zeit vor 1500 umfassen. Der Archivband beginnt, wie oben bemerkt, mit der Arbeit des Herrn von Heyden über die I rankfuner Orden und Llirenzeichen ; daran wird sich wohl die von unserem Hhrenniitgliede, Herrn Archivrath Dr. Grotefend in Schwerin i. M., besorgte Ausgabe des »Prorektor« in seiner ursprünglichen, nur handschriftlich vorhandenen Gestalt anschliessen ; weitere Arbeiten über VoUaues Verhaftung in Prankfurt (1753) und Frankfurt im Jahre 1796 stehen in sicherer Aussicht.

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Das Korrespondenzblatl der Westdeutschen Zeit- schrift, Jahrgang 1889, welches unsere Sitzungsberichte mit kurzer Darstellung des Inhaltes der einzehien Vorträge enthält, wird den Herren, welche es nicht monatlich beziehen, demnSchst zugehen. Es emfailt, wie bekannt, kurze Aufsätze aus dem ganzen Gebiete der westdeutschen Geschichtsforschung und berflcksicbtigt besonders die fär dieses Gebiet so wichtige römische Zeit*

In den wissenschaftlichen Sitzungen, deren wir 16 ab- hielten und welche sich der gleich regen Thetlnahme seitens der Mitglieder wie in den Vorjahren erfreuten» wurden nachfolgende Vorträge gehalten:

1) Hinwanderungen in i ranivtur: im 13. Jahrhundert. (Dr. II. von Nathusius.)

2) Die Cronberger Schlacht am 14. Mai 1389. (Dr.O.Hmer.y

3) Eine kaiserUche Kommission gegen Frankfurt 1640. (Dr. /. Kracauer.)

4) Frankfurt während der Verwüstung der Pfalz 1689. (Dr. R. Juns.)

5) Der Plan einer allgemeinen Akademie in Frankfurt 1781. (Professor Dr. V. Valentin.)

b) deschichte der in Frankfurt erschienenen Zeitschrilten bis 181 3. (Dr. A. Düt^.)

7) Der Frankfurter Liederdichter Johann Jakob Schütz 1640— 90. (Pfarrer Dr. H. Dechetit.)

8) Georg Ludwig Kriegk aU 1 rankfurter Geschichtsschreiber und Archivar. (Dr. R. Froning.)

9) Die Hügelgräber im Frankiurter Wald. (Dr. A. Hanimmm.)

10) Bericht über römische l unde am Krintniarkt. (O. ContHI.)

11) Geschichte de.s Römers und der zu ihm gehörigen Gebäude. (O. Cornili und Dr. K. jung.)

12) Der Hauptaltar des Domes von Johann Schilder von Bam- berg. (O. Dotmer-vmi Richter.)

13) Das Frankfurter Lokalstück «Der Prorektor« in seiner ursprüngHchen Gestalt. (Dr. JJ, Grotefend.)

14) Die Römischen Befestigungen zwischen Neckar und Main oder die sogenannte Mümlinglinie nach eigenen Aufnahmen. (F. Kofler:)

15} Der Pfahlgraben in der Wetterau nach eigenen Forschungen.

(K Kofler.)

16) Ueber die Runenschnit. (Dr. K. n, Kulbe.)

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~ VIII -

Von diesen Vorträgen sind oder werden demnächst durch den Druck veröffentlicht : Nr. 2 im Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, dritte Folge, Band 5 ; Nr. 3 in der »Frankfurter Zeitung« 1889; Nr. 4 in der »Didaskalia« 1889, Ende Mai ; Nr. 5 im Archiv für Fraok- furis Geschichte und Kunst, dritte Folge, Band 2; Nr. 7 im »Frankfurter Kirchenkalender« 1889 und in der Zeitschrift »Christliche Welt« Jahrg. 1889; Nr. 8 im Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, dritte Folge, Band 3; Nr. 9 ebenda Band 2; Nr. 10 ebenda Band 3; \r. ir in einer nur an die städtischen Behörden und an die Mitt^liedcr der RömerumlMii-Kommission vertheiltcn Drucksciirift ; Nr. 12 im Archiv für Frankturts Gescliichtc und Kunst, dritte l"olge, Band 2; Nr. 13 ebenda Band 3. Kurze Berichte über diese Vorträge, meist von den Rednern selbst verfasst, finden Sie nn Korrespondenzblatt der West- deutschen Zeitschrift. Sie wollen dem Vorstande aber auch gestatten, an die Herren Vortragenden für die Zukunlt die Bitte ausi^usprechcn, dass ein jeder in den nächsten Tagen nach seinem Vortrage ein kürzeres oder längeres Referat darüber an den Herrn Protokoll führer einsende. Dieser wird es dann in der nächsten Sitzung vorlesen und es dem Protokoll als dauernden Besitz des Vereins einverleiben. Sic werden gewiss Alle eine solche kur/.c Zusammenfassung des wesent- lichsten Inhaltes der Vorträge im Protokoll als zweckmässig ansehen.

Den Herren Vortragenden sprechen wir für die freundliche Bereitwilligkeit, mit der sie uns durch ihre Vorträge erfreut haben, unseren verbindlichsten Dank aus. Wir fühlen uns den Herren, welche von auswärts hierher gekommen sind, um an unseren Sitzungs- abenden zu sprechen, zu besonderem Dank verpflichtet ; so Herrn F. Kofier aus Darmstadt, der uns an zwei Abenden die schönen Resultate seiner umsichtigen Forschungen vorgeführt hat, und unserem Ehrenmitgliede, Herrn Archivrath Dr. Groteu-nd aus Schwerin i. M., der, auf längerer Rcinc lut:r!trcn, Jic \'<irtr.)i;e im Winterhalbjahre eröffnet hat; m(\i:c der /.ulilrcuhc Besuch und ilci^ Icbli.iUc licitall, dti iliiu \n dic.cas Abend zu Theil wurde, ihni gezeigt haben, dass sein l iiim.duiges verdienstvolles Wirken in unserer Mitte von unseren Mitgliedern nicht vergessen worden ist.

Die Veranstaltung der alljährlich in Gemeinschaft mit dem Verein für das historische Museum und dem Freien Deutschen Hochstift begangenen Win ekel manns- Fei er lag im verflossenen Jahre uns ob. Sie fand am II. Dezember im Lokale der Künstlergesellschah statt. Herr Dr. FaBmam lieferte in seinem Vortrage über die Frankfurter Könstlerfamilie Prestel einen interessanten Beitrag zur Kunstgeschichte unserer Stadt.

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Die geselligen Zusammenkünfte wurden auch in diesem Jahre, leider unter nicht sehr starker Theilnahme, fortgesetzt. Es wurden in denselben vorzugsweise Frankofurtensien vorgelegt. Die Herren H. SHebd und O. Lindhemer hatten die Güte, uns aus ihren schönen Sammlungen Bilder und Druckschriften zur Frankfurter Geschichte und Zeichnungen aus Alt-Frankfurt vorzuführen. Beiden Herren sprechen wir auch an dieser Stelle unseren besten Dank für ihre Freundlichkeit aus.

Die städischen Baubehörden haben bei den im verflossenen Jahre von ihnen vorgenommenen Arbeiten, bei welchen man auf Reste früherer Befestigungen und Mauern stiess, verschiedenen Mit- gliedern unseres Vereins ein freundliches Entgegenkommen bewiesen und uns dafür wiederum zu Danke verpflichtet. Wir sprechen den- selben ganz besonders den Herren vom Tiefbau-Amte aus, welche die Arbeiten am Kanalbau auf dem Kraut- und Weckmarkte zu über- wachen hatten. Es ist unseren Mitgliedern bekannt, welch* wichtige Ausbeute an diesen Orten zu Tage gefördert worden ist. Zum ersten Male haben sich zweifellos Ueberreste einer Römischen Niederlassung auf der Dominsel, ja sogar inschrifttiche Zeugnisse derselben in Gestalt von Legtonsstempeln vorgefunden ohne alle Frage das bedeut- samste Ergebniss, welches das abgelaufene Jahr flir die Kenntniss der Frankfurter Geschichte uns gebracht hat. Es drängt uns die unabweisbare Ueberzeugung auf, dass unter dem Boden, auf dem wir leben, noch gar manches werthvolle Dokument zur Geschichte des alten Frankfurt ruht, und mahnt uns zu der wiederhohen Bitte an die städtischen Behörden wie an die privaten Unternehmer, Herrn Konservator Cornill in Kenntniss setzen zu wollen, falls sie bei ihren Arbeiten Spuren früherer Rauten finden. Den Herren Dr. A. Hammeran, Dr. G. IVolff und Chr. L. Thomas, welche sich mit Herrn CornÜl an der Ucberwachung jener Ausgrabungen bethciligt haben, danken wir bestens für ihre freundliche und so erfolgreiche Mühewaltung.

Die Vereins- Ausflüge erfreuten sich auch im verflossenen Jahre der regen Theilnahme unserer Mitglieder. Der erste, am 12. Mai, galt der alten Reichsstadt Worms. Dank der Zuvorkommen- heit mehrerer Herren des dortigen Alterthumsvereins, welche alle Vorbereitungen für die Besichtigung der vielen dortigen Sehenswürdig- keiten in trefflichster Weise getroffen hatten, konnten wir in einem kurzen Tage unsere Wanderung durch die hochinteressante Stadt beenden und in gastlichem Zusammensein mit den dortigen Geschichts- freunden der grossen Vergangenheit der Stadt gedenken: waren doch

in jenen Tagen gerade 200 Jahre verflossen, seit die Franzosen auf

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Befehl Ludwigs XI V. die alte Siadt in Asche legten und ihre Blüihe auf lange Zeit hinaus vernichteten. Wir hoffen, dass es uns bald ver- gönnt sein möchte, die Herren vom W'orniser Alterthum^vercin, dessen frühere Beziehungen zu unserem \'ereine bei dieser Gelegenheit wieder belebt wurden, in Frankfurt begrü:>ben und ihnen hier die gewaline Gasttreundschafi vergelten zu können. Am 1 linmiehahrtstagc (^o. Mai) besuchten wir die Saalburg und das S.i.ilburg-Museum m Homburg v. d. Höhe; hier wie dort hatte unser gesch.u/.tcb Mitglied, Herr Dr.

Hammerau, die (jiiie, die aoihigen hrUuterungen in eingehendster Weise den Theihiehmern zu geben, liin dritter AusHug tührte uns am 29. Juni wieder nach Mainz, woselbst wir das roniisch-germarüsche Central-Museum und den Dom besichtigten; die Herren Dr. / : und Dr. Keller aus Mainz liatten in treundlichsler und sachkundii;sicr Weise die 1-ührung übeinünmien. Der vierte und letzte .\ustiui^ am 11, August galt der Ronneburg und ucia oberliessis^hen Stauuiien Büdingen; 111 eitlerer gab der \ oiMt/ende der l:\kursionb-l\ummis->Riii, Herr Dr. Küthe, die im. ^ihii^cii ■^■^■:'.^.\w\\iiidwA [.aVA.v.iawixu über cie interessante \ ergaiij-,caueit der Burg, und m BuUiiii^li, ua::L der dortige Kreisarzt Herr Dr. Btellel die Llebenswü^dIgi^elt, uns die tretllii.ii erhaltenen Bau- und Beiesiigungswerke der Madt, sowie das ^clllüs.^ des 1 ursten zu Isenburg-Büdingen in seinen interessanten Lin/eiheuen zu zeigen. Die stadtische Bau-Deputation gab uns in dankenswerthcr Weise Gelegenheit, ein altehrwürdiges, vaicrstädtisches Bauwerk, die Domimkanerkirche, nach ihrer Wiederhmtcliung zu beüichugcu.

Die Generalversammlung des Gesammtvercins der deutschen Gescliichts- und Alterthumsvereine fand Aiilaugs bepiembcr in Metz statt; unser Verein wurde auf derselben durch seinen Vor^ sitzenden, Herrn Professor Dr. Riese, vertreten. Die Protokolle der Versammlung, über welche ihnen unser Vertreter bereits in einer Vereinssiczung Bericht erstattet hat, sind im Korrespondenzblatt de» Geiiammtvereins abgedruckt, i-ragen von näherem Interesse tür unsere Verein&bestrebungen kamen in Metz nicht zur Erörterung. Wir möchten bei dieser Gelegenheit unsere Mitglieder daran erinnern, dass der Gesammtverein eine besondere^ monatlich erscheinende Zeilschritt, das »Korrespondenzblatt des Gesammtvereins« veröffem* licht, welches zu dem billigen Preise von 5 Mark jährUch zu be* ziehen ist; es enthält Uebersichten (Iber das wisseiKchaftiiche Leben m den jetzt beinahe lOO deutschen Geschichtsvereinen, sowie zalil' reiche geschichtliche Aufsätze von allgemeinerem Interesse. Der Vorstand ist gerne bereit, etwaige Bcsielluiigcn auf das Koi'i'<-*i>P"n- denzblatc nach Berlin zu übermitteln.

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Wir lenken schliesslich die Aufmerksamkeit unserer Mitglieder nochmals auf die Vereinsbibliothek und das Lager der Vereinsschriften, über deren Zustand wir bereits der vorjährigen Generalversammlung Bericht ersuttet haben. Im abgelaufenen Jahre wurde die Bibliothek nach vollzogener Neuaufteilung revidirt und der Kaulog zu Ende geföhrt; das Schriftenlager wurde durch Ankauf der Restauflage des dritten und vienen Heftes des Archivs für Frankfurts Geschichte und Kunst (1S44 und 1847) vergrössert. Die- jenigen Herren, welche ihre VereinsveröffentUcbungen zu mässigem Preise aus unseren Bestinden ergänzen wollen, bitten wir, ihre Wünsche dem Vorsunde zu äussern.

Mit der Hoffnung, dass unsere Arbeiten im Jahre 1890 von gleichem Erfolge gekrönt sein möchten wie diejenigen der letzten Jahre, schltessen wir diesen Bericht.

1 1 . Rechnungs-Abschlus

1889 1. Jan.

31. Dez,

An CaBW-Conto

Baarbestand

An Mitglieder-Beitrag-Conto

Jahresbeiträge der Mitglieder des Vereins

An Verlags-Conto

Abgesetzte Vereinsschriften

An Bffekten-Gonto

Erlös der Coupons der österr. Loose . .

An Subventions-Gonto

Subvention der städtischen Behörden behufs Drucklegung der Inventare des Stadt- archivs I

i

M. I PI. j M. f IS9 S

142 I 21 1

1 1000

1 I I Frankfurt a.

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- XUl -

II das jahr 1889.

880 Dez.

n

9

It V

Pr. Bibliothek-Conto

Ank.iuf von Büchern und Zeitschriften . .

Buchbinder-Arbeiten

Pr. Verlags-Conto

Fr. I.intz'sche Buchhandlung in Trier, für 4110 Exemplare des KorrespoiiilciizolaLteb der Wesideui>thcu Zeilschrift nebst Porto und Benutzung von 5 Extra-Spahen in demselben

H. Keller, hier, Ankauf von 220 Exemplaren des Archivs ftir Frankfuns Geschichte und Kunst, 3. und 4. Heft

H. Laupp'sche Buchhandlung in Tübingen, pr. Saldo des Bücher'schcn Werkes . .

A. Frisch in Berlin, photograph. Verviel- fältigung einer Kaiserurkunde . . . ,

A. Osterrieth, hier, .\rchiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, III. Folge, 1. Band

Honorare

Pr. Unkosten-Conto

Lokalmiethe

Beitrag fflr den Gesammtverein . . . .

Reisevergütungen und Spesen bei Ausflügen

Vereinsdiener

Honorar für Ordnungsarbeiten in der Bib- liothek

Anzeigen

Dnickarbeiten

Erhebung der MitgUcder-Beitrage und Aus- tragen von Vereinsschrificii

Schril'tlielie Arbeiten

bell reib- und Packmaierial, Vergütungen für Dienstleistungen, Porti und sonstige kleine

Ausgaben

Pr. CmspConto

Baarbestand

1 M.

1

PI.

M.

Pf.

1 20

55 20

92

75

225

20

40

200

25

43

50

1 1023 587

1

22

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1

2779

17

160 10

121

50

50

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70

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1 237

1

1043

42

4

201

48 >

4200

82 1

1

a 31. Dezember 1889.

G. Reutlingor, d. Z. Ka$»cntuhrcr.

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Das Vermögen des Vereins bestand am 31. Dezember 1889 in

Cana-Conto Mk. 291.48

SparkaMe-Gonto 1,098.48

Effekten-Gonto , 551.68

Bibliothek-Conto 1,706.70

Verlaga-Conto 7,136.97

InYentaMiOnto 1,171.87

Mk. 11,956.03

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III. ßcricht über die Thätigkcit des Vereins im Jahre 1890.

Er»utlct in der Gcneraiversammtunf; am 26. Januar

Das verflossene Vereinsjahr, über welches Ihnen der Vorstand nachfolgenden Bericht zu erstatten die Ehre hat, i&c für uns ohne besondere Erlebnisse im guten oder schlimmen Sinne vorüber^c<;an^cn; die Thätigkeit des Vereins, soweit sie an die Oeffentlichkeit trat, ist die gleiche geblieben wie in den Vorjahren, und von der aktiven und passiven Theilnahme der Mitglieder an unserer Arbeit darf das- selbe gesagt, aber doch auch dem Wunsche Ausdruck gegeben werden, dass diese Betheiligung sich von Jahr zu Jahr mehren möge.

Der Vorstand des Vereins bestand nach den von der vor- jährigen Generalversammlimg getroflfenen Ergänzungswaliten aus den Herren:

Konservator Otto Cornill, Pfarrer Dr. Hermann Decheut, Maler Otto Donncr-von Richter^ Stadtarchivar Dr. Rudolf Jung, Oberstabsarzt Dr. Karl Theoditr Kuthr, Kaufmann IViÜttlm Mappes, Bankier Alfred von Neu/ville, Senator Dr. Emil von Oven, Steuerkasse -Vorsteher Gustav KeutUtiger, Professor Dr. Alexander Riese.

Die Aemter im Vorstande waren in derselben Weise besetzt wie im Vorjahre: den Vorsitz hatte Herr Professor Riese inne, dessen Stellvertretung Herrn Dr. Kulhe ob, Scliriftlührer war HistT Mappes; Kassenführer Herr Rmllinger. Die nach den Satzungen von dem Vorstände gebildeten Kommissionen waren wie folgt zusammengesetzt: die Redaktions-Kommission aus den Herren Professor Dr. Riesi, Dcmer-von Richter und Dr. /««^, die Lokal-Kommission aus den Herren ReutUngcr, Dr. von Nathusius und Padjcra, die Hxkursions- Komniission .lus den Herren Dr. Küthe, Dr. von Withusins und Kober^ die Bibliotheks-Kojumission aus den Herren l)r. Jniiir^ Dr. Heuer und Dr. Palbnann, Die Verwaltung der im Sudurchiv aufgestellten

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Vereinsbibliotliek wurde von Herrn Dr. Jung geführt, welcher sich auch der Redaktion unserer Vereinsnachrichten im Korrespondenz- blatte der Westdeutschen Zeitschrift unterzog.

Aus dem Vorstande haben dieses Mal die in der Generalver- sammlung am 28. Januar 1889 gewählten Herren Dechcnt, Jung, Kuthty von KeuJviUe und von Oven auszuscheiden. Mit Ausnaiime des Herrn zw; Neufville, der zu unserem Bedauern auf eine etwaige Wieder- wahl verzichtet hat, haben die genannten Herren, die sämmtlich dem Vorstande bereits seit längeren Jahren angehören, sich bereit erklärt, wiederum in denselben einzutreten; ihre Namen finden Sie auf dem in Ihren Händen befindUchen Stimmzettel, auf welchem wie üblich ausserdem noch die Namen von sechs anderen Herren stehen, welche Ihnen der Vorstand zu einer etwaigen Wahl cmphehlt. Doch haben nur die Zettel Gültigkeit, auf welchen nicht mehr als fünf Namen nicht durchstrichen sind, üass der Vorschlag des Vorstandes für Sie völlig unverbindlich ist, wird Ihnen .wohl bekannt sein.

Der Revision unserer Kassenftthrung haben sich geni.Ui Beschluss der vorjährigen Generalversammlung die Herren Fcid'uiand Eyssen und IVilhelm IVäsmann abermals in dankenswcrther Weise unterzogen ; den Fundbericht beider Herren wird Ihnen unser Kassier nachher mit seinem Kassenberichte vortragen. Wir ersuchen Sie, die beiden Herren Revisoren auch für das neue Vcrcinsjahr wiederum um die Uebernahme der Durchsicht unserer Rechnung zu bitten; die Herren werden in der Wiederwahl den Dank für die Mühewaltung erkennen, die wir ihnen mit Ueberiragung des Revisionsgeschäites aufgebürdet haben. Zu iir^atzrcvisoren schlagen wir auch dieses Mal die Herren Rentner Joseph Dibelka und Buchhändler Aar/ Sihuchhard \or\ die beiden Herren würden gegebenen Falles in alphabetischer Reihen folge in die Stelle der Herren Eyssen und IVeismann zu treten haben.

Leider haben wir wiederum eine wenn auch kleine, so Joch bedauerliche Vcrjiur.Jei ung unseres Mitgliederbestandes zu verzeichnen. Wir begannen das Vereinsjaln um cmcni BcsL.nJc von 434 Mitgliedern, von denen wir duidi den Tod oder durch Austritt 22 verloren; die Zunahme betrug nur 9 Personen, so dass wir das neue Jahr mit nur 421 Mitgliedern betreten. Wir wiederholen ange- sichts dieses klLUKii ..k-.iiiges in unserer Mitglicder/ahl die Mahnung, für neue Genossen zu werben ; je grosser unsere Zahl, um so leichter können w ir den in unseren Satzungen ausgesprochenen Aufgaben ent- sprechen.

Unter den Herren, die uns der Tod entrissen hat, seien hief die Namen von Dr. Heinrich li'cismann und Geistlicher Rath Dr. Münieih

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berger genannt ; wenn auch beide, wenigstens in ihren letzten Jahren, sich sehen an unseren Arbeiten betheiligtcn oder unseren Vereins- sitzungen beiwohnten, so beklagen wir doch in ihnen zwei Männer, welche der Geschichte Frankfurts und den aus unseren Kreisen her- vori^egangenen Arbeiten ein reges Interesse widmeten und selbst wcrthvolle Beiträge zur Aufhellung der geschichtlichen Vergangenheit unserer Stadt geliefert haben. In Weistnann fanden die festlichen Veranstaltungen, die Frankfurt im laufenden Jalirliuiideri zu nationalen \'ereinigungen der Sänger und Schützen traf, einen schwungvollen Dichter und gewissenhatten Chronisten; durd; sctic Ik-schreibung unJ ucliliche Erläuterung der .iliI der hiesigen StadiLnbliotiiek aul- bewahrten JugendarbLitcn Cioethes hat er sich auch aut anderem Gebiete verdient gc:iuiLlii. Münienbct gers Verdienste um die Wieder- herstellung unseres ahehrwürdigcn Domes, für die er 'in Schrift und Wort mit künstlerischem Verständniss wirkte, sind allgemein aner- kannt und sollen unvergessen bleiben.

Nachdem wir schmerzlicher Verluste gedacht haben, erinnern wir an eine Feier zu Hhren eines greisen Mitgliedes, welches noch jügendfrisch in unserer Mitte wirkt, welches durch seine rege Theil- iiahme an allem, was unseren X'erein betritit, uns als leuchtendes Beispiel vorangeht. Unter der Betheiligung der gesaniniten Bürger- schaft beging am i. Juni unser liochverehrter Herr Senator Dr. tv« Oven das Jubelfest der lünfzigjährigen Thätigkeit im Dienste seiner Vater- stadt, in dur stattlichen Reihe der hiesigen Vereine, welche n.i^-h der offiziellen 1 eier seitens der siädtiNchtn Behoiiici; lui Komci ikii Juüdar im Saale der Polvtcchinschen Gesellschait bcgrüssten und ilnn ihren Dank aussprachen tür die erlolgreiche Thiitigkeit, tikc ei dca cuizelnen Gesellschaften gewidmet hatte, durfte auch unser Verein nicht fehlen, dem er vor mehr als drei Jahrzehnten als eines der ersten Mitglieder beitrat, in dessen Vorstand er seit Jahren die Vereinsinteressen in hervorragender Weise zu fördern wusste. Von dem Vorsitzenden gefü iirt, überreichte eine Deputation des Vorstandes dem gefeierten Jubilar nachfolgende Adresse:

Hochverdiner Herr Jubilarl

Der Verein für Geschkhie uod Alterthumskuade gibt steh die Ehre, Ihnen

an Ihrem heutigen Festtage seine innigsten Glückwünsche darzubringen. Hs ist für .Sie ein I'cst von besonderer Art, das fünfzigjährige Dicnstjiihüneiim, ein Fcnt, wie es nur wenigen bevorzugten Menschenkindern zu Thcii wird, und es ist von be- sonderer und sehener Art auch für unseren Verein, dcnti es gibt ihm Gelegenheit xurucluEublkken bi$ auf seine ersten Anfänge, in denen Sie, hochverehrter Herr Jubilar, schon lu den 170 MitgrAndem desselben geh&rten. Seitdem haben Sie durch

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ein Drittel Jalvliundm d«m Vereiti durch ail« Phasen seiner Entwicklung in Treuen angehört, eifrige Thatigkdt ihm zugewendet und ihm gar manche wiclitii^c För<k^ rung zu Thcil werden lassen. Ihre Abhandlungen legen mannigfache Punkte uub der städtisclicn Cicschichtc, aus Jcm Rccfnslebcn und der Kulturentwicklung der Vaterstadt in ircrilichcr Weise klar und bilden Zicrdai unserer Vcrcinssd»rif«n. Ihre Vortrige, Ihre Thdlnahme an den Diskussionen der Vereinsabende haben vid- lach tulchrciid und anregend gewirkt. Und dem Umstände, dass Sie als Mitglied der höchsten städtischen Behörde zugleich einen so regen Sinn für die Geschichte und A!;crthuniskunde der St.idt immer bctii.uigtcn, dürfen wir einen bedcutcndai und scgcnsrciclicn Hinlluss auf uuscic iluiigkcii mit Recht /.usclireiben. Dessluib kommt es von Heraen wenn wir an Ihrem heutigen Ehrentage als Ihre Mitarbeiter auf diesem Gebiete Ihnen unseren lieralichen Dank fSv das in den vielen verHos^nLn Jahren von Ihnen Geldstete und unsere aufricbt^sten Glückwünsche lur die iCukunft darbringen.

Möge sie Ihricn die Kraft und Frische, deren Sic sich in so hervorragendem Grade erfreuen, erhalten, und mAgen Sie unserem Vereine nach wie vor dn gut«r und hochgeschätzter Freund, Gftnner und Berather sdn und bleiben. Das walte Gott!

Frankfurt a. M., den i. Juni 1890.

Von unseren Veröffentlichungen konnten den Mirgliedon inj abgelaufenen Jahre, wie schon der vorjährige Bericht ankündigte, nur das Korrespondensblatt der Westdeutschen Zeitschrift zugesendet werden. Doch sind unsere Arbeiten jetzt so weit gediehen, dass im Laufe des Februar der neue Band des Archivs für Frankfiuts Geschichte und Kunst, der dritte der dritten Folge, zur Ausgabe gelangen wird. Sein Inhalt konnte im früheren Berichte nur unvollständig angegeben werden. Er beginnt mit der Arbeit des Herrn von Heyden Qber die Frankfurter Ehrenzeichen, welche wir Dank der Freigebigkeit der Dr. /. F. Bo^^i^A^i^^Nachlass^Administration mit prächtigen Farben- drucktafcin ausstatten konnten; der genannten Administration, welche sowohl die Arbeiten unseres Vereins in liberalster Weise förderte, wie aucli ausgedehntere Publikationen aus dem Gebtete der Frank* furter Geschichte in den letzten Jahren ins Leben rief, sprechen wir nochtnals unseren verbindlichsten Dank aus, zu dem sie uns im ver« gangenen Jahre von Neuem verpflichtete, indem sie die zu den Heydciisclicn Tafeln gewahrte Unterstützung von Mk. Sooauf Mk. hxm erhöhte. Die weiteren Aufsätze schildern die bisher geschclKncn Verleihungen des Frankfurter Ehrenbürgerrechtes, das Vcrhaltniss Frankfurts zur französisciien Republik in den Jahren 1795 und 1796, die Verhaftung Voltaires in Frankfurt im Jahre 17531 Schillers jtigend- dramen auf der Frankfurter Bühne; den Beschtuss macht eine Dar* Stellung über die Bedeutung der 1889 am Kraulmarkt gefundenen Reste aus der Römerzeit, der eine Tafel mit den damals aus Tages- licht geförderten Legionsstempein, den ältesten Urkunden vom Dasein

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unserer St. idi, beigegeben ist. Zugleich mit dem Archivh.injL .i n. m der letzt abgeschlossene Jahrgang' 1890 des Korrespuiidciizülaiie^ der WcbtJcuischcn Zeitschritt zur Ausgabe.

Im Laute dieses Jahres werden wir icrnei wiederum einen Band der »Inveniare des Frankfurter Stadtarchives« veröffentlichen, dessen Druck bis zur Hälfte gediehen ist und dessen Inhalt wir im vor- jährigen Berichte Ihnen bereits angegeben haben. Wie den Mitgliedern bekannt ist, haben wir die Veröffentlichung der Archiv-Inventarc nur mit einer städtischen Subvention von jährlich Mk. 1000 unter- nehmen können, welche uns die städtischen Behörden durch Magi- stratsbeschluss vom 20. Nov. 1885 für fünf städtische Haushaltsjahre zur Verfügung stellten. Das letzte Jahr, für welches diese Unter- stützung bewilligt ist, läuft demnächst ab; auf Ansuchen des Vor- standes hat indessen der Magistrat nach eingeholter Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung uns durch Beschluss vom 12. Sept. 1890 diese Subvention von jährlich Mk. 1000 zur Fonfilhrung unseres Unternehmens auf weitere fiinf Jahre zugesichert. Der Vorstand hat dem Magistrate in nachfolgendem Schreiben seinen Dank för diese Förderung unseres Unternehmens ausgesprochen:

Frankfurt a. M., den 16. Sept 1890.

Der anteneichnete Vorstand, welchem durch Protokoll-Auszug No. 1 384 vom 13. September d. J. mitgetheili wurde, dass die städtischen Behörden die seit einigen Jahren bezogene Subvention von Mk, loüo behufs Veröffentlichung der Inventare des Stadtarchivs dem Verein auf weitere fünf Jalire bevnJHgt haben, darf nidit verfehlen, dem Magistrate för das durch diesen Beschluss aufs Neue bewiesene Wohlwollen seinen verbnutlicbsten Dank auszusprechen. Er betrachtet die ihm [gewordene Unterstützung aus städtischen Mittchi zugleich als eine Billigung seines bisherigen Wirkens und als Ermutliiguiig, auf der betretenen Bahn fortzufahren, das Material zur lirkenntniss der Frankfurter Geschichte auch fernerhin den Ge- Idirten zu erschliessen und durch Veröffentlichung von Arbeiten derselben das Interesse der grinldetcn Bargerschaft an der Vergangentidt der Vaterstadt xu wecken und zu ndhren.

Dem Danke des Vorstandes werden sich die Mitglieder gewiss gern anschliessen und in dem Beschlüsse des Magistrats zugleich eine Anerkennung dieser neuen Veröffentlichung unseres Vereines sehen, welche der wissenschaftlichen Bearbeitung der vaterstädtischen sowohl wie auch der vaterländischen Geschichte zu Gute kommt. Wenn wir hinzufügen > dass die bisher in den Fachzeitschriften erschienenen Besprechungen das Unternehmen der »Inventare des Frankfurter Stadtarchivs« durchweg wohlwollend und günstig be- urtheilen, so thun wir dies nicht aus Ruhmredigkeit, sondern in dem Bewusstsein, ein der Wissenschaft nützliches Werk begonnen zu haben.

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Die Zahl unserer wissenschaftlicben Sitzungen war im abgelaufenen Vereinsjabre aas verscbiedenen GrOnden etwas geringer als in den Vorjahren. Die 15 Abende, an welchen wir uns im Restaurant Palmen zu wissenscbaftlichen Verbandlungen verewigten, brachten uns die nachfolgenden Vorträge:

1) Das Römische Frankfurt. (Dr. A. Hammeran.)

2) Das Kaufhaus der Deutschen (Foodaco dei Tedeschi) in Venedig und Frankfurts Antbeil am deutsch-venetianischen Handel im Mittelalter. (Dr. Jung.}

3) Geldverkehr, Preise und Lebenshaltung in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. (Dr. G. Sdmapper'Amät,}

4) Frankfurt zu Goethes Jugendzeit. (Pfarrer Dr. H. Decbent.)

5) Die Ehrenbürger der Stadt Frankfurt a. M. (Dr. R. Jung-)

6) Frankfun und die französische Republik im Jahre 1796. (Dr. /. Kracauer^

7) Die französische Verwaltung der Rheinlande und die Ver- waltungseinrichtungen des Grossherzogtbums Frankfun. (Dr. G. Bochttbemer aus Mainz.)

S) Die Baugeschichte und der bevorstehende Umbau de^

Leinwandhauses. {A, Koch.) 9) Die Schlacht im TeutobuigerWald. (Professor Dr. A, Riese.)

10) Die Hauptergebnisse der Hanauer Ausgrabungen in deo letzten 10 Jahren. (Professor Dr. G. IVolff.)

11) Die Beherbergung König Sigmunds in Siena 1432. (Dr. K. Schtllbass.)

12) Eine Kaiserreise im Jahre 1473. fDr. K. Sihcllhihs.)

13) Die Entstehung der geistlichen Spiele des Miitclaher!» in dramatischer und szenischer Beziehung. (Dr. IL i'romn^.)

Von diesen Vorträgen, über welche Sie kurze, meist von den iicncn Rednern herrührende Berichte im Korrespondcnzblatt der Westdeutschen Zeitschrift finden, sind oder werden demnächst gedruckt: No. 1 im Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, dritte Folge, Band 3; No. 4 in der Didaskalia 1890 No. 52—57; Ko. 5 und 6 im Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, dritte Folge Band 3; No. 8 in der Kleinen Presse 1890 No. 270; No. 12 im .\rchiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, dritte Folge, Band 4; No. 3, 7 und 13 sind Auszüge aus Arbeiten grösseren Umfanges, welche die betr. Herren eben unter der Feder haben.

Wir erfüllen gern die so unerlässliche wie angenehme Pflicht, den Herren Vortragenden für die zu unserer Belehrung aufgewendete Zeit und Mühe unseren herzlichsten Dank auszusprechen, und fordern

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- XXI -

unsere Mitglieder nochmals auf, den Herren für ihre freundliche Bereitwilligkeit dorch möglichst zahlreichen Besuch der Vorträge zu danken.

Die Wi nckelmannsfeier, welche wir alljährlich in Gemein- schaft mit dem Vereine für das historische Museum und dem Freien Deutschen Hochstifte begehen, wurde dieses Mal von letzterer Ge- sellschaft veranstaltet; den Vortrag hatte Herr Hofrath Dr. Aldenhofeit aus Köhl übernommen, welcher über den französischen Maler Eugene Delacroix sprach.

Die Administration des Städelsclicn Institutes hatte die Freundlichkeit, unsere Mitplit^icr vn ihren an den Donnerstag- Abenden m diesem Winter statthndcrulLii Kupterstichbeschauun^en (italienische und französische Schulcj cmzuladen. Für dieses Ent- gegenkommen, welches uns zeigt, dass die verehr hchc Administration bei ihren \ eranstakungen auch der anderen, den gleichen idealen Zwecken huldigenden Vereine und Institute wohlwollend gedenkt, sprechen wir unseren besten Dank aus und fordern zugleich die Mitglieder auf, von der freundlichen Hinladung Üeissigcn Gebrauch zu machen.

Die Exkursionskonimission veranstaltete auch im verflossenen Jahre drei Ausflüge des Vereins. Der erste fand wie üblich am Himmelfahrtstage, den 15. Mai, statt, und führte uns in den Odenwald : von Reinheim ging es über Schioss Lichtenberg, den Ringwall Hainenburg und die Neunkirclicner Höhe nach der sagen- umrankien Ruine des Rodensteins und von da nach Reichelsheim. Der zweite Austiug fand am 22. Juni statt; er galt hauptsächlich dem prächtigen Mainstädtchen Miltenberg, welches die Theilnehmcr von Kleinheubach über die Heunesäulen und das Castrum marschirend, zur Mittagszeit erreichten; Herrn Kreisrichter Conrady, der unsere Mitglieder an diesem Tage in ebenso liebenswürdiger wie sach- kundiger Weise führte, sei auch hier unser bester Dank ausgesprochen. Der letzte Ausilug wurde am 24. August unternommen und galt wiederum dem Odenwald und insbesondere dem schon früher von uns' besuchten Breuberg; leider war uns die Witterung an diesem Tage wenig gunstig. Der \'orstand weiss sich in Uebereinsiimmung mit den zahlreichen Theilnehmern an jenen Ausflügen, wenn er den drei Herren Küthe, v. S'iilhiisius und Kober, welche als Exkursions- Kommission unisiciuige \'orbereiter und glückliche Führer unseres \'er- gnügens warci!, auch an dieser Stelle seinen Dank ausspricht und der flortnung Ausdruck gibt, dass diese Herren auch im laufenden Jahre uns einige genussreiche l äge ausserhalb Frankfurts vcrschatien werden.

- XXII -

Zum Sclilusse sei noch kurz der vorjährigen General-Ver- «»nmmluni4 des G c sam m t- V e r e i n s der deutschen Geschichts- iind Alterthumsvereinc i^edacht. Da sie am 7. Sept. zu Schwerin i. M., dem Wohnsitze unseres Ehrenmitgliedes, des Herrn Archivr.uli Dr. H. Grotefend, stattfand, so glaubte der Vorst.ind von der Ab- ordnung eines seiner Mitgüeder Abstand nehmen zu dürien und bat Herrn Dr. Grotefend, auf dessen Anregung die Versammhini^ dDithm berufen worden war, die Vertretung unserer Interessen zu übernehnioii. Fragen, an welchen unser X'erein einen näheren Antheil niniiiH, standen nicin auf der Tagesordnung der Versammlung. Wenn einige MitgHeder die Protokolle dieser und der früheren Vcrsammlunjjen des Cesammtvereins beziehen wollen, so ist der Vorstand gern bereit, diesen Bezug tai vermitteln; der Inhalt dieser Protokolle, in welchen vielfach unter Beifügung gelungener Abbildungen über allgemein interessirende Fragen der Alterthumskunde gehandelt wird, ist ein reicher und anziehender, der Preis des Schriftchens ein sclir massiger.

Was unsere Vereinsbibliothek und das Lager unserer Vereinsschriften belangt, so begnügen wir uns mit einem Hin- weis auf das, was wir in den beiden letzten Jahresberichten Ihnen darüber mitgeiheilt haben, und schliessen mit der llotinung aut ei iolgreiche Arbeit in dem neuen Jahre 1891!

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IV. Rechnungs-Abschluss tür dos Jahr 1890.

- XXIV -

Elmia>lime.

1890 1. Jan.

31. Dez.

it

An CaaM^Gonto

Baarbestand

An Mitglieder-Beitrag-Conto

Jahresbeiträge der Mitglieder des Vereins

An Svbventtons-Gonta

Subvention der städtischen Behörden behufs Drucklegung der Archivinvcntarc . . .

Sullvention der Administration des Dr. Boeh- mer'schen Nachlasses behufs Herstellung von Farbcndrucktateln zum Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, III. l olge, Band 5

An Effekten-Conto

Erlös der Coupons der ostcrr. Loose . .

Pf.

1000

M.

291 J

1000

I 200* t

21

Frankfurt jj

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Pr. Bibliothek-Conto

Ankauf von Büchern unü Zeitschriften . .

Buchbinder- Arbeiten ,

Pr. Verlags-Conto

A. Osterricili, hier, Invenure des Frankfurter Stadtarchivs, Rand 2

Werner & Winter, hier, Farbendruckufeln zum Archiv fOr Frankfurts Geschichte und Kunst, Rl. Folge, Band 3

Dr. C Wolf & Sohn in Mönchen, Druck von Tafeln zu Archiv IIL Folge, Band 2

Fr. Lintz'sche Buchhandlung in Trier für 490 Exemplare des Korrespondenzblattes der Westdeutschen Zeitschrift . . . .

Honorare

Pr. Unkosten-Conto

Anschaffung von Kassenbüchern und eines Protokollbuches

An/cigen

Lokalinicthc

Beitrag zur Gcnciai-Versammluiig des Ge- sammivereins

Beitrag für den Gesammt- Verein ....

Spesen bei den Ausflügen des Vereins . .

Vereinsdiener

Erhebung der Mitglieder-Beiträge . . ' . .

Schriftliche Arbeiten

Porti, Schreib- und Packmaterial, Vergütung für Dienstleistungen und sonstige kleine Ausgaben

Fr. Cassa Conto

Baarbestand

I

31. Dezember 1890.

M.

101 24

1372

1395

164

20ß

8 97 15U

6 10 18

50 52 20

G. ReuUinger,

d. Z. Ka»s«nfülirer.

Pf. I M.

126

30 90

141 r>3

90

50

50

60

45

56

8^35

06

55a

! 653

5168 34

I

XXVi -

^1

. &

Das \*crmögen des Vereins bcstanU .im 31, Dezember 1S90 m.

Cassa-Conto Mk. 653.04

Sparkasse-Conto lyOOS.'l-i .- 1

ElTekten-Conlo 651. tiö

Bibliothek-Conto 1,832.90 ^

Verlags-Conto 8,071.87

Inventar-Conto I,l7l.a7

Mk, 14,279,20

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ARCHIV

iÜR

FRANKFURTS GESCHICHTE

UND

KUNST.

Dritte Folge.

Herausgegeben

von ilcni

Vereine für Geschichte und Alterthumskunde

zu

Frankfoii t am ^Xain. Vierter Band.

Mit sieben Lichtdrucktarchi

FRANKFURT M.

K. TH. VÖLCKERS VERLAG.

1895.

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Drockerei von Aocurr OiTEtKuni m Frankfurt ». M.

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Inhalt.

I Dr. H. Grotefend« »Der Prorektor« und das Frankfurter

Gymnasium am Ende des vorigen Jahrhunderts ... i II. £. M entzel, Sdiillers Jugenddramen zum ersten Male auf der

Frankfurter Buhne. II. Die Verschwörung des Fiesko, Kabale und Liebe und Don Carlos 64

III. Dr. K. Schellhass, Eine Kaiserreise im Jahre 1473 . . 161

IV. Professor Dr. G. Wolff, Die römischen Ziegeleien von Nied

bei Höchst a. M. und ihre Stempel 3ia

V. F. QuilUng» Die in Höchst, Nied und Umgebung gefundenen

antiken MOnzen 347

VI. Kleinere Mittheflnngen.

z. Dr. R. Jnng. Die Anfänge der Porsellan-Fabrikation

in Frankfurt a. M 367

a. E* Mentzel, Lessings »Minna von Bamheiro« und »Freigeist« auf der Frankfurter Bühne in den

Jahren 1767 untl 1768 375

3. Dr. E.Cohn, Zur Erinnerung an Dr. med. Wilhelm Stricker 385

GeschAftliche Mittlieilungeli.

I. Bericht über die Thatigkeitdfss Vereins im Jahre 189 1 III

n. Rechnungs-Abschluss Air das Jahr 1891 .... XVI

m. Bericht über die Thätigkeit des Vereins im Jahre 1892 XIX

IV. RechnungS'Abschluss fUr das Jahr 1892 .... XXVIII

1.

„Der Prorector* und das Frankfurter Gymnasium am Ende des vorigen Jahrhunderts.

VOB

Ardiimth Dr B. Grotofeod zu Schwerin i. M.

Der Frankfurter Dialect hat reiche litterarische Blüthen getrieben, unter allen aber nimmt die wohlbekannte Schulcomödie »der Prorector« unbestritten den ersten Platz ein. Von den bisher durch den Druck be- kannt gewordenen Proben Frankfurter Mundan ist der Prorector die älteste,' denn das Stück entstammt, darüber kann kein Zweifel obwalten, dem Ende des vorigen Jahrhunderts. Ich werde mit dieser unbestimmten Zeltangabe das Kopfschutteln mancher Leser hervor- rufen ; die einen werden mir den Druck aus dem Jahre 1794 vor- halten, die anderen werden wegen der Lebhaftigkeit der Darstellung die Gleichzeitigkeit der Abfassung behaupten, also das Jahr 1795 als Entstchungsjahr verlangen. Allein meine Darlegung, hoffe ich, wird sie überzeugen, dass beide Gründe nicht so ganz beweisend für 1793 oder X794 sind, dass aber die wirkliche Entstehungszeit aller- dings nicht gar weit von diesen Jahren abgelegen haben kann.

Der Prorector ist (abgesehen von einem in den letzten Jahren erschienenen Neudruck) zweimal im Druck erschienen. Die ältere Ausgabe trägt die Worte »Frankfurt 1794« als Orts- und Jahresangabe, die »Zweite mit einer Vignette und einigen Zugaben vermehrte Aus- gabe« ist 1839 bei Carl Körner zu Frankfun a. M. erschienen. Es ist die allgemeine Annahme, dass J. W. Sauerwein, der Verfasser von »der Gräff, wie er leibt und lebt« und zahlreicher anderer, meist bei Carl Kömer verlegter Frankfurter Lokalstücke, der Veranstalter dieser letzten Ausgabe gewesen ist, von welcher der erwähnte Neu- druck nur ein einfacher Abdruck ist. Herr F. Rittweger schreibt mir hierzu: »Die Ansicht, dass Sauerwein der Herausgeber der Aus- gabe von 1839 ist, mag wohl erst weit später entstanden sein; in

» Die im Sachsenhauscr Dialect geschriebenen Stücke Seyfricds sind auch meines Wissens nie gedruckt worden. S. Archiv, }. Folge, III, 275-

1

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meiner Iui:,'cnd7ciT hatte ninn nie davon gebort. Körner ist als Verleger der S;uicr\vcin'sclien Stücke wohl auf die Idee gekommen, den Prorcctor durch Neuherausgnbe dem »Gräff« zur Seite zu stellen; daher hii; die Annahme nahe, diese Ausi;abe auf Sauerwein zurück- zuführen.« In beiden Drucken wird das Stück, als »Hin Lustspiel in zwei Aufzügen« bczciclinet.

Anders war es in einer Handschrift, die sich neben dem Drucke von 1839 in der Biblicnhek meines sei. Vaters behuid, und die er seiner Erzaidun^^ nach in seinen Secundanerjahren in Fr.mkturt 1820 in mehreren 1 reivierielsiunden nach dem Dictar eines älteren Schülers niedergeschrieben hatte. Sie erfreut sich durchweg eines weitaus besseren Textes al.s der ältere Druck, in manchen Punkten sopr besserer Lesarten als der Druck von iS^9. Auf dem Titel der Hand- schrift meines Witers wird das Siück als Lustspiel in vier Aufzüfjcn bezeichnet, troizdem aber ist ebenso wie die Drucke aucli diese Abschrift des Stückes nur in zwei Aufzüge abgetheilt, deren ersier aus drei Auftritten besieht, w.dirend der zweite nur die Ueber- schrift »Hrster Auftritt«, doch keine weitere Theihmg im Verlaui des Textes auf weist. Iis sind mir seitdem noch zwei weitere Hand- schriften bekannt geworden, die inhaltlich bis auf Kleiniijkeiten nri der meines Vaters übereinstimmen und die beide L;leichfalls aul dem Titel den Zusatz tühren: «(.omödie in vier Autzügcn«. Die eine dieser Abschriften (aus der Ireihcrrlich von Fk'thmann'schen Biblio- thek) überirilft die meines Vaters an Alter, scheint ihr aber an Hntsiehungsart gleich zu sein , sie trägt nämlich den Vermerk »22/1 28/1 1810 Fft a. M.«, ist also augenscheinlich in den Tagen vom 22. bis 28. Januar 18 10, vermuthlich auch ui den I rei Viertel- stunden, angefertigt worden. Die andere Handschrift zeigt einige Hörfehler und Lücken, die augenscheinlich auch auf deren Ursprung durch Dictircn hinweisen; sie stiimnit aus dem Besitze des justizraths Eulcr und trägt keine Bezeichnung ihrer Entstehungszeit, die nach der Handschrift aber sicher noch ins erste Drittel dieses Jahrhunderts zu setzen ist. Diesen drei Handschriften gegenüber steht nur eine, die der Hand nach aus der nämlichen Zeit stammt, die aber die Bezeichnung als »Ein Lustspiel in zwei Aufzügen« führt. Geschrieben ist sie von Gewttthe, wie ein Schlussschnörkel den Namen wiedergiebt. Auf dem Titelblatt ist der Name mit Tinte überfahren, so dass man daraus die Richtigkeit der Lesung des Namens am Schluss nur vermuthungsweise bestätigen kann. Ich fand sie ge- legentlich der Räumung eines Actenbodens des Stadtgerichts unter den Criminalasservaten und Corporibus delicti. Wie sie donhin ge>

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kommen, verrieth keine Spur.' Sie stimmt im meisten mit dem ältesten Druck überein, enthält auch die meisten von dessen sinn- störenden Fehlern, bietet aber an manchen Stellen textlich mehr als diese, so dass sie sich als keine einfache Abschrift vom Druck genugsam kennzeichnet. Am Ende ist ihr, wie auch den anderen genannten Handschriften das s. g. »Fragment aus einer theologischen Stunde« angefügt.'

Der Umstand, dass die zwei nachweislich ältesten dieser Hand- schriften, die von 1810 und die von 1820 stammende, beide dem Stücke vier Aufzüge zuschreiben, lässt daraufschliessen, dass die ältere Ueberlieferung noch eine Ahnung von einer Eintheitung des Stückes in vier Abschnitte hatte, während die jüngere nach dem Befunde des Inhaltes das »vier« auf dem Utel in »zwei« schlimmbesserte.

Dieser Schluss führt dann zu dem weitem, dass der erste Druck mit der Jahreszahl 1794 nicht gut aus diesem Jahre stammen kann, da auch er nur zwei Auhuse nennt. Unterstützt wird dieser weitere Schluss dadurch, d^iss die Lesarten dieses Druckes zum' Theil der- artige sind, dass sie eine gänzliche ünbekanntschaft mit damals all- gemein bekannten Personen und Verhältnissen verrathen.' Dass es nicht Druckfehler sind, geht daraus hervor, dass sie auch in der Gewjtthe'schen Handschrift sich linden, die doch schon durch das angehängte »Fragment« und auch sonst sich selbständig vom ersten Drucke zeigt. Es sind eben allmählicli ein «getretene Verschlechterungen des Textes, die bei der Art der Ueberlieferung durch Dictat nicht zu verwundern sind.

' D.i<is sie durch Rriticktiiann. der sp;itcr Pcddl des peinlichen Verhöramts war, in diese Räume «rckommen ist, darf wohl kaum MitTonnninien werden.

' Die Huler'sche Handschrilt hat es nicht, weil sie überhaupt nicht gaiu vollendet ist, sondern mitten im Satze abbricht.

9 »ins Conventhim« statt »ins Conventum«, wie man mit dem Accusativ von Conventus sagte. Convcntus wurde wie aucl) Chorus in» Volk^mundc als Neutrum behandelt: d.is Convcnr. dns Chor. »R.ihro« stntt ßahrdt (der bekannte Theolo^^e, dessen hinterlab;.cuc .Schrilt wResultate« iiocii int Staatsristrctlo vom l6. April 179J Jijgezei^t wird^. Daun aber der Irrthum: »Ich war in der bayrische Krönung dort«, wodurch das Folgende mit der »Kich« auf Hochheim sich bezieht, während bei der Lesart der alteren Handschriften: »Icii wahs in der ba irische Krönung do sinn viel Wein hieher gebrocht worn, do hat ahch die Küch in der Krönung« etc. die \\ einlieferung der stadlischen Weinberge zu Hoclibeim für die Krönung und tiic Ochsenküche richtig zu erkennen sind. Auch die Veränderung des nicht mehr verstandenen Jobwächter (der ahen Bezeidinung der Frankfurter Nachtwächter \'on ihrem Zurul Job heim .Stunden wecliscl) in »Thormwächter« ist dem älteren Drucke und der Gewitthc'schen Handschrift gemeinsam.

Hinzu kommt noch ein weiterer Grund für eine spätere Ent- stehungszeit des Druckes mit der Zahl 1794: die verwendeten Lettern weisen nicht auf das Jahr 1794, sondern auf die zwanziger Jahre Jicscs JahrhunJerts; wenigstens sind es die ulcichen deutschen wie lateinischen Typen, wie die, mit denen z. B. Friedlebens Lehrbuch der Chronologie in Frankfurt bei Sauerländer 1827 gedruckt wurde, nur dass die Typen des Prorcctor abgenutzter erscheinen, so dass man sie fast für ausrangirt halten möchte. Vielleicht dass sie einer Winkeldruckerei oder vielleicht der Privatdruckerei eines wohlhabendcD Schülers entstammten» die mit derartigen ausrangirten Schriften grösserer Druckereien wohl können versehen worden sein. Dass der ältere Druck von dem Verfasser selber ausgegangen sei, ist völlig ausgeschlossen; ausser den angeführten Verschlechterungen durch unverstandene Namen und Verhältnisse, sind gar zu viele sinnsiörende Fehler darin enthalten, die nur durch flüchtiges Nieder- schreiben nach vielleicht auch schlechtem Dictat oder duich Abschritt-

nähme von einer schlechten Abschrift entstanden sein können.'

Neben all diesen bisher behandelten Textes -Ueberlicferungen steht nun eine Handschrift, die ich bei der Uebemahme der Hand- schriften des Vereins für Geschichte und Allerthumskunde ins Stadt- archiv im Besitze desselben vorfand, ohne dass ich erforschen konnte, woher sie stammt. Auch ein auf den Ausscndcckcl mit Blei geschriebener Name «Hut h m achcrc ' ffihrte nicht weiter. Sie ist betitelt: "Die Pr o r ect or iad e. Ein Lustspiel in Aufzügen. Der Schauplatz isi in Secunda an einem Mittwoch VurmitL^gs im Jahre 17^2.«

' S. 6: »nywas Jo dnppern (statt gchccrc) jo Pri:n;iner liin«. Die r^nn/ verderbte Stelle S. 9: uJcss .so a $ch\v.-ir/. Sccl, die nor woile, inmier trachic dorch ihr ciiicrlichcs Betrage, welches gleich dem Gesetze (statt Gelasse) is, 50 auswendig gleldi («tatt r«in) und inwetmig voller Unrecht (statt Unrath) sinn«, wo dann noch zum Schluss das Veibiini »zu vcrHlirn« fehlt. S. 9: »sein unschullig Weis« (<itatt ungeschlilTe). S. 11: »kan .Abwechslung (fehlt: der Zeit) gemacht hfitt«. S. 12: »Betraclu nor« (statt mcr). S. 15: «singe (statt fange) das Lied an«. S. ly. ■Es dcrf nier kahner« (feliH: fort); »Un (st.itt An) anzclne Gcschcpfc«. S. «6: »Person ze geniessc« (stau zugewiese). S. 22: »fetx gcb euer« (statt nur). S. 2|: Heer von .Mensche« (statt Hoor). S. 27: »do sinn mer als (statt mehr als ahnniol) die Calcfacter« ; Wo (statt Wie noch) J;c Kirc!i i^est;inne hot«. S. 50: die gauÄ vertlerbtc Stelle »mit so e poor .Tinicrc mstruire« (statt die iosse sich immer von so e poor annm inspinre. S. } > : »de Mittwoch« (stau den Mittag, was die Handschriften von 1810 und 1820 haben).

* Johann Georg Huthniacher trat kSjo als Stipcndi.it Jlt niodcrl. Indischen Gemeinde in die Cluarta des Gymnasiums ein. Es könnte dieser aber doch nur ein spaterer Besitzer der llaudschritt gewesen sein.

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Also auch sie verspricht vier Aufzüge, hält aber auch dieses Versprechen. Es sind in ihr nicht nur eine Anzahl Scenen bedeutend erweitert, sondern es schieben sich ganz neue Scenen daxwisclien, auch das s. g. »Fragment einer theologischen Stunde« wird als letzter Auftritt des ersten Aufzuges eingeschoben, es tritt sogar eine in der kürzeren Form überhaupt nicht vorkommende Person, ein Junker von Moizlnuisen, handelnd auf. Ueberall, wo Abweichungen vorli.uklcn sind, zcii^Ln dieselben durch die Art, wie sie sich in den Sinn des Stückes eingliedern, und wie dieser erst durch sie einen logischen und verständlichen Zusammenhang erhalt, dass wir in dieser volleren Fassung der ursprünglichen Arbeit des Dichters gegenüber stehen, und dass die kürzere, bis jetzt allein bekannte Fassung nur eine Verschlechterung derselben nach Inhalt und Form war.

Die Hand, welche die Niederschrift auf 64 Seiten klein Octav ausgeführt hat, stammt aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts. Zuerst glaubte ich daher die Hand des Friedrich Karl Ludwig Tex tor darin erblicken zu sollen, allein die Vergleichung mit dessen Schrift- zügen aus den verschiedensten Lebensaltern zeigte eine durchuchende Verschiedenheit des Schriftcharakters, dagegen chcnso deutlich die Gleichheit der Schulung. Der Anstrich der i;rossen L, B, il, be- sonders wenn diese Buchstaben an solenneren Stellen stehen, ein eigenartiger rechtsschräger Grundstrich als oberer Anstrich des F, die Verzierung des D in der Handschrift mittelst eines Vertical- haarstrichs durch den unteren Querzug, der bei Textor in gleich überflüssiger Weise sich bei dem B vortindei alle diese Zeichen und noch andere, kleinere, kaum zu beschreibende Uebereinsiinniiun_L;en lassen darauf schliessen, dass die Resit7:er beider ilande demselben Schrcibmcisier ihren Sclireibunterrichl verdankten. Auch die ()rtho- graphie (k statt ck, i statt tz), die Vertauschung von ß und s lässt die Handschrift auf das Ende des vorigen Jahrhunderts als Zeit der Niederschrift schliessen.

Umsomehr nuiss es auffallen, dass diese älteste, der Entstehungs- zeit am nächsten lallende Handschrift als Zeitpunkt der i4andlung des Stückes 1792 angiebt, während alle anderen Handschriften, wie auch die Drucke, 1793 als Zeit der Handlung aufweisen. Letzteres muss aber richtig sein,' und 1792 ist als ein Fehler zu bezeichnen.

' Dass nur 1793 und nicht im Sommer 1792 das Stück spielen kann, hisst sich schon dadurch zwiiifjcnd nachweisen, dass noch im Octobcr 17^2 Johann Gcrlach Guldener die Tertia bcsuchic. tProgrcssions-liinladung.)

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Für das Jahr 1793 sprechen die Beziehungen auf die Belagerung

von Mainz, wie sie im zweiten Auftritt des zweiten Aufzuges, und namentlich im dritten Auftritt des dritten Aufzuges enthalten sind. Die Erciunissc dieser Belagerung haben durch Goethes Aufzeichnungen weite Verbreitung gefunden, und ich kann sie als allgemein bekannt

voraussetzen.

Wenn der im vierten Auftritt des dritten Aufzuges gemeldete Ruin der Hochheinier Weinstöcke nicht allein auf die Belagerung zurück geführt werden muss, was an sich erklärlicii genug wäre, und auch durch gleichzeitige Nachrichten verbürgt wird,' so ist desscji Erwähnung gerade ein für das Jahr 179} charakteristischer Zug. Das Staatsristretto meldet nämlich aus Frankfurt vom 3. Juni 1793: »Durch die seit einigen Tagen . bei uns sich eingestellte rauhe und kalte Witterung iiai der Wcinsiock nebst den Küchengewächsen in liiesigen Gegenden durch die Nachtfröste starken Schaden gelitten.« Der Zeit nach würde dieser Umstand gut passen. Denn das Johanneum (24. Juni) soll, den Worten des Stückes nach (2. Auftritt des 4, Aufzugs), nahe vor der Thür sein, die Messkataloge sind bereits ausgegeben, was nach dem Staatsristretto vom 4. Juni 1793 nächster Tage zu erwarten war.

Was aber ist die im 4. Auftritt dos 4. Aufzugs als dies solennis erwähnte »Uffart«? Ist es Himmeihihrt, Jie der Volksnnind früherer Jahrhunderte allerdings mit dem Namen L'ffart, Auffahrt bezeichnete?" Dann wiire der Mittwoch, m welchem das Stück spielte, der 8. M.ii, und die Kälte noch niciit eingetreten, auch die Kataloge noch nieln ausgegeben. Nach den Schulgesetzen war Himmeliahrt allerdings nicht als Feiertag anzusehen, wird wenigstens unter den Ferien nicht genannt. Oder liaben wir etwa unter Utfart eine der feierlichen Auffahrten zu verstehen, die in jenen Zeiten des steifen Ceremoniells so oft, namentlich bei den Krönungen das Ergötzen der Frankfurter luvend bildeten.'' Eine solche tand 1793 nachweislich nur in der .Mille des Mai statt, als der SLlioifeiirath bei dem kaiserlichen Ge- sandten Gralen Schlick vortuhr , um zur Geburt des kaiserlichen Thronfolgers, Erzherzogs Ferditiand, zu gratuliren. Mag die Uffahrt nun das eine oder das andere bedeuten (und ich möchte dem ersteren

* . . . erblickt man die herrlichen Weinberge bei Hochheim öde (Staats- ristretto Nr. 121 vom 3. Aii^ :795).

* So 1527 und 1529 bei SchelTcrs Kreinchcn, ducllcn zur Frankf Gesch. U 2S2, 285; 1470 bei Beruhard Rorbach ebd. I, 160, 1352 in Baut, Ikü^. Urk. V, 35;,

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den Vorzug geben), in beiden I"allcn miissen wir das Nichiübcrein- siimmen der Zeitumstände, also ein Zusanimenbchicbcn mciircrcr Mittwochen in eine Handlung constutiren.

Hm/.u koinuit noch eine anscheinende Rcniiniscenz aus dem Jahre 1792, dem Kronungsialirc. Bei der Erwähnung der Ochscn- küclic von der bavrischcii Krönung (4. Auftritt des 3, Aufzugs) heisst es; sie liabc Ja i;chLariJ(ji), ')Wü alleweil die llurc stellt«. Wir wissen nielus davon, dass die Ochsenküchc des Jaiux;, 1792 niciu preisgegeben, sondern bis zum nächsten Jahre stehen gebUebcn sein sollte.

Eine derartige zeitliche Zusannimenschiebung und Einniengung der Zeit nach nicht dahingehöriger Züge spricht nicht für die An- nahme einer völlig gleichzeitigen Bearbeitung.

Andererseits verlangt aber auch die Lebhaftigkeit der dargestellten Scenen eine Herstellung unter dem noch frischen Eindrucke derselben. Wir werden also nicht irre gehen, wenn wir die Abfassung nur wenige Jahre später legen als die Vorkommnisse selbst, und wenn wir die uns überkommene vollständige Handschrift als eine der ersten Niederschriften (vermuthlich nach dem Dictat des Autors) ansehen.

Auf Dictat weisen einige Fehler derselben. Die Handschrift bat im vierten Auftritt des ersten Aufzugs: «So schwache Seele« statt »dass so schwarze Seele« und im dritten Auftritt des dritten Aufzugs: »doch am Tisch« statt »dort am Tisch«. Ebenso den gleich im Schreiben verbesserten Fehler im ersten Auftritt des zweiten Auf- zugs »föhre« statt »füttere«.

Dass es aber eine Niederschrift nach dem Dictat des Autors war, dafür spricht namentlich eine Stelle, wo eine begonnene Wendung gestrichen und eine andere an ihre Stelle geseut wird. Es heisst im vierten Auftritt des vienen Aufzugs: »dass sein Sohnge [so erum lief ohne sein Erlabniss], des zu mer gange is, ihm sagte, es wär kahn Gass'.« Die eingeklammerten Wone sind gestrichen, offenbar noch während des Diaats als eine Verbesserung des Verfassers, der eine andere Wendung vorzog. In demselben Auftritt sind denn auch die Worte »de Mittag« gestrichen. Dieses kann gleichfalls als eine Verbesserung des Dictirenden angesehen werden, dem einfiel oder von dem Schreibenden eingeworfen wurde, da&s Mittwoch Nach- mittags ja keine Schule sei. Vielleicht aber ist die Streichung erst eine spätere Willkür des Schreibenden gewesen, da die Worte sich auch in den Handschriften von 1810 und 1820 finden, in den Drucken dagegen, dem oben gesagten Einwurf nachgebend, in »den Mittwoch« geschlimmbessert sind. Auch die Gewitthe*sche Handschrift corrigin

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gleich im Schreiben Mittach in das dahintergeschriebene Mittwoch. Weshalb Schott vom Mittwoch just bis zum folgenden Mittwoch das Mitbringen der Kreide verschieben will, ist nicht einzusehen. Viel erklärlicher ist, dass er, ohne darüber nachzudenken, dass es gerade Mittwoch war, den Nachmittag als nächste vermeintliche Gelegenheit nannte. Ais Correaur will ich noch anfuhren (doch nur der Vollständigkeit halber ohne irgend eine Folgerung daran zu knüpfen), dass im letzten Auftritt in der Handschrift stand »arabische Grammatike geschriebe hob«, wofür durch Ueberschreiben »corrigirt hob« eingesetzt ist.

Das s. g. Fragment einer theologischen Stunde scheint, seitdem es nicht mehr als Bestandtheil des Ganzen^ sondern als selbständiges Stück überliefert wurde, einige Zusätze erhalten zu haben, die gegen den Wortlaut der ältesten Handschrift in den Text aufzunehmen ich Bedenken getragen habe. Ich sehe vielmehr in ihnen Reminis- cenzcn aus dem sonstigen Inhalte des Stückes^ die in einem selb- ständig stehenden Stücke ganz gut angebracht waren, in das Ganze eingefügt, jedoch nur als störende Wiederholungen empfunden werden würden. Ich habe sie in Fussnoten unter dem Texte wiedergegeben.

Das Stück aus dem Jahre 1791 ist uns nur durch den .\büruck von 1839 erhalten. £ine Handschrift davon exisdrt meines Wissens nicht mehr.

Die Orthographie der Stücke betreflfend habe ich mich bei beiden mögUchst an die Vorlagen gchahen. Bei der Prorcctoriade weicht dieselbe bedeutend von der der Drucke ab. Im Druck ist mehr im Dialect wiedergegeben, während bei der ältesten Hand- schrift eine bei dem niederdeutschen Dialecte »Missingsch« genannte, Mischung mit Hochdeutsch sich zeigt. Ich halte diese Mischung gerade für sehr charakteristisch und daher für einen Vorzug des älteren Textes. Der Prorector spricht hier ganze Sätze des ruhigen Docirens in nahezu reinem Hochdeutsch; icmehr er aber in Eifer geräth und jemehr er von dem eigentlichen Lernstoffe abscliweift, und sich strafend oder ermahnend an die einzelnen Schüler wendet, destomehr Spuren des Dialects zeigen sich in seiner Rede.

Es hat Zeiten gegeben, wo die phonetische Bezeichnung eines Dialects sehr complicirt gewesen ist und zahlreiche Unterscheidungs- zeichen das bessere Verständniss des geschriebenen Lautes vermitteln sollten. Heutzutage ist man davon völlig zurück und wieder zu dem alten einfacheren Gebrauch gekommen, in der richtigen Ueber- zeugung, dass sich kein Dialect bloss nach dem Lesen sprechen lässt, dass aber, wenn der Sprechende genau den Ton des geschriebenen

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Wortes JUS der Praxis kennt, eine derartige coniplicirte Bezeichnung wiederum unnöihi^ ist. So ist denn bei der Handschrift der Prorcctoriade das einzige von der i»ewöhnliv:hen (jeltiiiig abweichende Zeichen das Nasale (für ei stehende) a, das durch ah, manchmal, an scharler betonten, en^phaiischen Stellen äh wiedergegeben ist und das ich der (ileichmässigkeit wegen auch bei dem I ragmenie von 1791 ^iir Durchlührung gebracht habe. Sonst habe icii dessen abw eichende, st.''.vt:; ir^^aidartiiche Weise völlig so gelassen. Sie ujidei ihren Grund wie bei den Di i:v.i,.cii uisd den späteren Handschriften des Prorcctors in der mündlichen Ueberlieferung der langen Jahrzehnte. Lassen wir nun den Abdruck der Stücke selbst folgen.

I>ie l?rorectorIade.

Ein Ltwtepi«! in vitr Anfsfi^ra. ,

Der Siluiuplau Ut 1 s 1; , >i a„ ,;,Kt : Miit«'«kli VorHiiiMKt im Uahre 1793«

Personen :

Prorcctor [Scherbiu»J Kemnictcr Textor Kissewetter

Fresenius

Müller, Calcl'actur. Stark Schott

Mohr S t c 1 1 w .T

Bischoff Brinkmann

Rücssijig j Ciirisi

Dsthmer | v. Holxhsusen

Mül 1er [4ives] i Bchrends

Rodaug

B .1 V e r

Falk

J o n n '

Lattich i GulJiicr.

Erster Aufzug.

Erster Auftritt. (Der ProreOor tritt uc^en großer VßichlbefiissetAeit uhr eil/erli^ in die Stube, sAeint aber iv^eu bdußlieber Aag^egenhätm sAr mürrisch styn.) Prorector. Marschirsi de gleich vom Fenster; wie viel mol liob ich's net

schon E;e5.ir:t. cwek /e bleibe. Ich notir mer .ibcr nll die Niirdcnr.khtigc, die in allem ihr Ptiicht so verkenne. Alleweil gehn die Herrn Parrcr ins tloiivenl und alle Rathsherrn vorbey Wer hott denn die Tisch wieder so verstellt? Textor. A, der Herr Conrector vniVs so habe.

r r orect o r. Hältsie*s Matil; sdi, ich sog's zum letxtemol, du bist ahch ahner

von dcne; ich bemerk mtr^.

Textor. A, von welche bin ich?

Prorector. Loß nor; gestern is widder bcy cm Grose von der gcrcddt wom, wenn ich nor dein boshailt Herz hatt schildern wolle Aber ich notir mer alles. Te X tor. No ja, als notirt. Es kann mer doch niemand etwas schlechtes beweise.

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Zw«yt«r Auftrhi. P r orcc i o r. Gdi' c niol ahner hcr^ Jo hot widdcr so ä verruchter Bub den

^chank vcrstopt.

Textur. Ua, ha, ha.

Prorector. Do kann mcr so recht die bosliaflte Genttlither kenne lerne, wann se sich über so etwas frahe kdane.

Kis sc weiter. Wann ich ä Messer hätt, do wollt ich*s heraus bringe. Lehn

mer ahncr ahns.

Tcxtor. Ach do lehn ich kah' Messer, des k.inii mer vcrbroche jichc und kaliner bezohlls.

Prorector. Da, nemm des Hdltzi.

Kisse Wetter. Ach lauter gek.nut Papier.

Prorector. I.oß nor. Die Strofgericiite bleibe doch nieiuols bey so em ivaunsknechi aus, der nor der Sunde fröhnt un alle gute Ordnung 2U zerstöre sucht.

Textor. Do hab ich ahch mein Tappe, no, was thut's.

Prorector. Sich, Textor, ich sog der% wenn de noch ä Maul uftluist, y> host de zwah Hieb.

Dritter Auftritt

Prorector. Sucht des Lied un singt andächtig.

Mohr. Wer singt dann vor?

Mi'iller. .Ach ich, Herr Prorector, ich k.mi; die Nklodic Prorector. Jiy is widdcr k.ih aiiner von den» nixwerdigc Chor do. No iko sing er.

fMilffrr f.'/j;'/, aber total /i/w''.) Prorector. II ih, scliweiste, des is jo gor nix nuz. Textor. Ha, ha, ha.

Prorector. So kahn Sp&tter der Religion hob ich niemols gesehn. Textor. Worum bin ich ä Spdtter?

Prorector. A, worum liebste? Textor. A. des ^vhi so narrig.

.Müller. No, Herr iVorcctor, es soll jez besser gehe. Prorector. Schweiste, oder ich werlf der des Buch an Kopp. Sing' er e mol Bayer,

Prorector (iviihrind devi Gfsant^). Mnller willst de net so lang aus- hake - Tcxtor was plauderstc unter dem Ucsang. Scz dich gleich wek, do gehöre nor die Primaner hin. Textor horste net?

Textor. Ach sehe se Herr Prorector, do is gor e Druckfehler im Gesangbuch.

Prorector. Halt dein Maut. No bet jezt.

Tcxtor. Ich will bete.

Prorector. Hlcibste, du sollst net bete, denn es is doch nor Heuclieley. Behrends bet er eniol hübsch langsam un andächtig.

Textor. Ko Behrends, dich hott der Ferst der FinsterniO noch net bcritte.

Vierter Auftritt. (Rs iL'inl i^flulit und ein Kapitel aus Jcr Ihhel vorgelesen. Der Prorector strrtrN \ich ein Paar mal das Maul, spevt mit grosem Gerdusch aus und Jängt das vorgeJesenr Kapild

Jolgendermtsett (ritlärm an.) Prorector. Zu alle Zeite hott der Ferst der Finstemiß, um sei Reich ni vermehre, den Saamen des Unkrauts unner des göttliche Wort zu strcvte gesucht, welches tner net nor hier in diesem Kapitel hdre, sondern auch leider 1 noch hiufig

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anter uns bemerke, daß der Satan durch so i Paar Spötter der Kcligioti, die weder m Gott, SOnde, Tod, Teufel un Hölle glabe, unner diejenige, die noch en 1 unke

von Frömm'f,'keit h.ihc, sein schandliches Werk iiuszurichtc bemüht is. Was habe jbcr die, m ileni Saum frölmc. vor en I.ohn^ Nix anJerst. .iIs daß sie dereinst wie die Buiie von den Scliaalcn abgesondert werde, un schon hauhg hier die Slraal- gerichte Gottes aber se komme. Ich hob alKh ahn gekenm, der mit mer in die Cliss is f^nge, der ahch durch Lesung schändlicher Bücher so in den Abgrund des Verderbens gerathe is, dal> er ahch weder an Gott, Suiide, Tod, Teufel un Hüüc uctjhibt. ;iber die Straafgerichte bliebe ahch nei aus; ilm imiste eiuilich, ob' er gleich von euer grose Faniielie abstammte, un die stupendesti: Keichtliunier besaü, ihn muste endlich, so zu sagen, die Läus bey lebendigem Leib verzehre. Ja lach* nor Textor, du host noch net ausgelebt, wer wahs wie Mer hot Hxempel. daf'' Gro^e durch ilir auvsclr.v elk-idcs Leben in den tiefsten Abgrund des Verderbens geratiie sijin. Dernoch iale se erum, elend, jammerlich, nakend un blos; un daß Klalmc, die des göitlidie Wort hochgeschözt höbe, aus dem Siahb un Marast zu den gröste Ehrcstelle erhöbe wem sinn. Und des hahst wirklich schon den Grund mm Gebäude des Unglüks i;e!cL;t wenn nier abscheuliclic Bücher liest, un fuupts.Klüeh den Kaiudt holier ^icluzt als die Bibel. Mer wolle nu jezt sehe

1. Was eigentlich die Versuchung is?

2. Die Mittel, Zeit un Gelegenheit, die der Saun braucin, diese Versuchung ins Werk zu setze?

Wie heldenmüthig sich unser Hdland aus dieser Versucliung gezogen?

Versuclumg is eigentlich des, wann jemand en Mensch durch List vom Gute zum ßösc ab/ul^rin^e sucht, um en dodurch ut' die Prob zu stelle.

So machte es ahcii der Satan. Er suchte durch die grösie Intriguen meinen Herrn zu Fall zu bringe, welches auch noch häuffig bey uns geschieht, [daßj so schwarze Seele, die nur Bibel un Gesetze flbern Haufe werife wolle, immer trachte, durch ihr auserliches irommes Betragen, welches gleich de Geiase ist, die auswendig rein, iti'A endig aber voller ünrath sind, zu verführen; die haben aber ihren Lohn dahin.

Zum zweyten braucht der Satan solclie Marichirst de gleich eaauä ui» Irist draus dein Kirsche, willstc gleich die Kern uflese, Kemmcter. Wie des net aussieht, mer sieht doch gleich, wo so ä Kersche-Sau sizt, anstatt daß se des göttlich Wort anhöre, opfere se lieber dem Satan durch ihr Fresse. Ich will mer- sche aber noiire,

Te.Ktor. No jezi sinn mer schon widder gestört worn.

Prorector. W*ann mer just in der beste Andacht is, so muß immer so 3 verruchter Bub. der so recht von der Satansbrut ist, alle gute Ordnung zu zerstdrn suche, aber lo(> und) nor von em Grose gefragt warn, so will ich der schonn dein Tippche ufdeke, un gerad so .ihm sein ungeschlift'e Wesen anlührc.

Textor. Herr Prorector es schlagt 8 Uhr.

Prorector (sMi auf die Ubr). Nadi mdner Uhr is*$ noch net ganz acht. Do mer ober Amol in unsrer Materie gestört sinn, so well mer die uf die anner

Praces verschiebe, un jezt noch etwas weniges über die indifferente llandlunge der Mensche spreche, worüber mer allbercit» in der gestrige Praces ahch durch m) en Satdiisknccht gestört worn sinn.

Fünfter Auftritt.

Prorector. Giebts indifferente Handlunge? Stell wag. Nein.

Prorector. Was sinn dann indtfierente Handlunge? Des sinn solche, die

weder <^ut noch bös sind, aber so gicbti k:ih. Alle Handlungc sinn ont'.vedcr gut oder bös. Uf die putc fo!s^ :i Bclohnun;'^ un ul die böse a Bcstriiiiini' Alk- Handlungc sinn aho gut oder bös. i^osc liaadiuugc sinn solche, wann ahne: Anw die Fenster eioschineist. Es sinn mer jext vor zwab Guide Sdieibe eingeschmissc worn. Halb wahs ich se schon, aber ich hob jczt Wacht ausgestellt. Ahm wim bald die Bahn en/wah geworffe worn. Der is i^L-l-ifc, tm mein Sohn ho: em en Stahn nochgcworfic un hätt cn b;ild üctrotic. Il.iu crn nur gctrolTc, so hatt ich cn uf die Habtwach setze iossc. kh liab uiii alle Nachbersleut jczt abgercdt uo wann er widder kimmt, do werd er von alle Sötc überfalle. Des zeigt ober e gottlos See! an. I£s is .ihncr hier, der wahs dervon. Do seh' ich ahch a Poor, die diubi.r lachen. Jes is ober ahch :i Zähehe von eni schändliche Cemüth, wann nier sicii uber so ebbes treue kann. Des kann jo em jedwede passiren, del) so e teuflisch Sccl (denn kali rechtschaHener un honetter Mensch übt so ä Schandtbat aus) ahm nct gut is un ihm die Fenster einwerfi^. Es is mer ahch sdum e paar mol g«sdiellt worn; wann emol ahner erwischt werd. so schreib* er sichs selbst /u, wann er ins Armehaus kimmt. Aber die treti'e doch immer die Siraafgcriditc, wie mer alkweil a Paar Excmpel habe, do aluh so ä Paar Verruchte, die sid» iu alle Wollüste herumgewälzt habe, uf ämol gestürzt sinn. Jezt komme se uu bettelo aber do I9st merscbe ahch steke. Was nennt mer dann ä Straafgericht? Stell wag. Ich wahs net.

Prorector. Wahs kahner' Ahch die Primaner net? So will ichs euch sage. Straafgericht nennt mer desjeoigu Bdso, des uf a gottlos Handlung folgt, un des ahner sich selbst zuzuschrtibe hott. Des is wos ganz anners als Uoglük, denn zu Unglük kann mer nia. Was ist dann Belohnung?

Jonas. Eine Fertigkeit, die

Prorector. Wie dumm! Kine Fertigleit sagt mer nor von ener Ti,;.'enil, Wenn so ä Roz-Nas ä Wort hört, dem sein W erth sc gor nci erkennt, so sdwiut scs uberall aus. Belohnung is desjcnigc Gute, was uf e gute Handlung lolgt. Nixnutziger Bub, was plaudcrste?

Falk. A, Herr Prorector, es hahsl, heut käme Kaiserliche.

Prorector. Halt's Maul Biib nJer ich schlag der ufs Ühr.

Falk. Oh ja, des will ich a mol sehe!

Prorector. Was grunzste. Sey still on ordentlich. Mer wolle jezt wieder zurükgehc uf die indifferente Handlunge. Es giebt kahn.* Alle Handlunge sdoime

etnw i der n«it dem Ratlischluß Gottes iibcrein, oder sie sinn wider Gott. Die erste sinn f^iiK-, die !c/.te teuflische. Mer die Scheibe ein/.uwerfTc is e teuflisch Hand- lung. Sollt ahner ebbes davon wisse, so is sein Schuldigkeit, es dem Herrn Rcctor oder mir anzuzeigc, un ich werd cn gewiß bcy er anneren Gelegenheit wicdder diene, wie ich gestern wieder zwah a Station verschafft hob.' Was blitterste Bub, geb' Achtung, daß de was lernst. Vor des Geblatter giebt der ahner ämol kabn 2 Heller. Lern was davor. No, was li.ihe mer alleweil gchatt?

Guldner. Vom benster einweriie.

Alle. Ha, ha» ha.

Wenn gleich ä Paar Rotznäser mahne, es gab erer, so ist es doch net wahr. (Eitiuhtth der späteren Uandschriflm und Jrs Drucks vo» 18^9)»

' Die sich treu un ehrlich gegen ihren Lehrer ufgeluhrt habe (au Stdlwag:) (Einschob der späteren Hanäscbrißen und des Drucks von fS$9).

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Prorector. Wie dumml Ich hitt doch die Primaner vor männlicher ge- lulie, als daß se Qber so cn niederträchtige Bub lache thäte.' No jest,/wo warn mer?

Brin km ,1 n n. An Je iTulifTcrente f !.uunn;iirc.

Prorector. Du host Kecht, Gut, Brinkmann, fahr nor so fort, so kann noch was aus der wäm. Doraus seh ich doch, daß de Acht gebe host Du host Gabe, weod se nor ahch an. Wenn ich seh, daß de fleißig bist, so will ich der gewiß ahch belfTe. Werste ober so nixnutzig, w ic annere, so werd ni.s draus.* No, so weit, es is noch ! Minut uf 8 Uhr Bleibt .ille sitze, es dertl tiicr kalnier cnaus. Die Primaner bleibe hübbe, der Herr Kccior liatts gesagt. Mcr liabe jczt die Theologie. Textor netnm die Bibel, aber blätter net, als biß de ufschlagc must.

Rodaug und Lattig. Herr Prorector, mer müsse xum Chor, mer wolle heut en Krahs singe.

Prorector. No so laft hin Wo Ii.ibt er dann euer Schabraken, do lafe se hiu, wie die Bctteljunge. (DU sämnUUcbai Osorschuler treten ab.)

Zweyter Äuf25ug.

Erster Auttritt.

Prorector. Mer habe heut von der göttliche Vorsehung, die mer schon allbereits etwas durchgegange habe; nu iez sinn mer am 69. $. Mohr les er c

inol. Mer könne gleich de folgende §, weil er klahn is, derzu neninie. (Mohr liest, (,/./ lin zcrmif ~it srhnrU.) Was is dos vor e Geschnatter? Les er Joch langsam ich wahs net, ihr hobt gar kahn Gefühl bey der göttliche Wahrheit. (MiAr lüa immtr sdmdler fort,) Sdiwd still Jung. Les du M&Iler. (MülUr Kest, ährgM aber dlithe Zeätn, worüber ihn der Proreäor wUdrr derb auspu^t, darauf die vorgeletenen 5S f<^ettdennaßen erklärt.}

Prorector. Mer dörfe nor in das Reich der N'.itiir r.elie, so finde n)ei Jie gröHic un evidenteste Spuren der Vorsehung. Mer wolle nur erst e mal in die Schöpfung zurückgehe. Wann Gott kahn Ahwechsiung der Zeit gemacht hitt*, mer mfiste entweder vor lauter Kälte verfnere oder vor beständiger Hiz verschmochte. Betrachte mer aber des Thierreich, do könne mer net genug uns erstaune, und mer njösse mit David ausrufe: »Gros sinJ die Werke des Herrn!« Worum last Gott uet zu, daß sich manche Arte von 'ihierc so vermehr'n als andere? z. B. der Löb, der Tüger, die Hyenne, die in Frankrdch so viele Schade angerichtet hot ich glab, es wor ahch emol ahn die Meß hier zu sehn ^ oder ahch die Rahbvögel von dcnc wisse mer durch die Naturforscher, daß se sich net so sehr vennehre, unsere Schwein, Rindvieli und sunst zohm Vieh, Feder- Vieh im der<;^l. A Löb werttt z. B. nor ahn Junges un so ahch anuere. .\ber a Sau, die /um menschliche Lebe dient, bekommt häufige Ferkel, welche thdls gros gezogc, theils schon jung zur Delicatesse der Mensche diene.

Textor. A main, Herr Prorector, vor was sinn denn nor die Rahbvögel, Klapperschlange un Eydcxe ersdiatfe? Die bringe jo melir Schadde als Nutze.

' Der nor der Sünd fröhnt unn sein Lehier zu verläumde sucht. Aber all

die cm glaabe, sinn entweder ahnfallige Leut odder nixwerdige Bube. (Einsdmh der späteren Uandschriflen und des Druckes von 18)9» der aiierdittgs den ersten Sal:i nicht bat.)

* StatI: »so > draus« haben die späteren Handsebriftem so sey versichert, ich helf der net unn redt kahn Wörtche vor dich unn schilEer dei bosliaft Wähs, wann ich gefrogt wer! Der Druck von tB^ iveiebt vvUig ab.

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Prore 'for Wos vor e narrichter Kerl bot ihm linnn (!e<; nri'chrcnnt? Des siiin dujunic Lcul . die des söge. K gewisser ( irose bot emol ut' seim Gut alle Raabe un Spatze eweg scliiesc loüse, weil se ihm noch seiner Einsicht geschadet lubc. Was wor aber «lernodi ? - Fddratte, Giulskewem, FrAsche un L'ngeiifier aller Art katii mit Heereskratft un überschwemmte sein Land so, dass er mit proser Müir wieder Raabe u!" «;ein Gut 7:n^. die in korzer Zeit wieder alk-s reinigte. Drum is es ahcli e gros Sünd', wanii Mensche so unbarmherzig mit de Schwalbe umgehe, un se nf dem Mahn vor Ihr Pljair * herunterschieße. Ich hob ahch e poor von dene nixwerd^ Frevler kenne lerne.

Textor. No, do hot ahch wieddcr ahner sein Tappe, den ich gut kenne.

Prorcctor. Wos des nei e ahnfälliger Menscli is, alles will er gleich iiiuthmaase. ich kenn ahdi a Poor, die nur immer alles bey aniiere Leut verdretu:, um ihre Ldirer veri£iinide. Ober dene wärs besser» wann e Mfihlstahn an ihrem Hals hing« un se in die Tiefe des Meeres geworfle wim.

Textor. Ha, ha, ha, das war rahr!

P'-orector. .Mcr wolle nu je? uf die Erhaltung sehe, wie weilMich dfs alles eiitgerichtct ist. Et2, mer fmdt Kräuter, Dorn un Distel - do glabe mer, des wir vor nix, aber des bot all sein Nutze. Denn wieviel \'ögel lebe davon; an so geht*s ahch met dem Ungeaifler, do sehe mer manch Thier mit Verachtung an un

trete es met Füsc, aiicr wüste mer imnjcr, zu wos es gebraucht werd, so tha:c mcrs net. Mcr habe jo Exempel, dal> von Manche z. B, den Keller - Esel, dif kosthchste Ar<ceneye verfertigt wkrn. Segt c mol an, wann die Mensche all die Thiere ei4ialte sollte, die Gott erschaffe hot, ey des wäm se net im Stand. Mcr höbe jo Exempel genug, un es is ganz deutlich, daß der König von Engclland mit seine stupendeste Reichthümer net im Stand is, des Reich der Spaize .ilin Ta^ zu lüttere, viel weniger so viele Milliarden von Thiern die mer last gar net e mol alle kenne un die doch lebe. (Eilkht Omhlen hommm vom Qmsui^at zuriuL)

Z w e y t e r Auftritt.

Prorector. ihr mögt ahch schön gemauenzt höbe Ihr seyd schund wieder do. Brinkmann. By mer sinn wieder fortgeschikt worde, es wora unserer zu wenig.

Prorector. Des is gor kahn Wunner, wenn ihr wie die Sau geloffe kummt. wanns euch gefallt. Do sinn die Lcut kalin Narre, daß se iiir Geld vor Ni\ un " icder Ni\ atf^j^chc <;fi)lc. \ch w.ilis /u mcitiLr 7ert. do gings gatu .uiners. Aber iiernoch sinn so e l'tmr iuderüclie Pralecle ans iired kummc, des wor den» Chor sein Verderbe, die läge den ganzen Tag uf der Bierbank oder bey de Menscher, un dernochend liefe se vor Schuld un Ungeduld, weil se des Chor genug geschuppt höbe, unner die Snld.no. Ts liabc m:ch verschiedene Grose ersucht, dass Jic Schüler i\nch nhch Krahs bev ihre Häuser singe sollte. Ich ttiafs ahch. .ibtr die Lcut worns b.ild überdrüssig. Do käme se wie die Bettelbubc, finge des Lied au, un wenn se ahn Vcrss gesungc hatte, liefe se widder fort. Jez mag ich aber niks mehr sage, denn es is doch kahn Dank in dene nixu'ürdige Kerl gewest.

Brinkmann Ach, Herr Prorector, heut lale fünf Spien- Gortc Prorector. Halst de des Maul, Jung. Wer hot dich drum gcfrogt? derfl mer kahner fort, wann er kahn Zettel von seine Eltern hott. Mer wolle nun femer uf die tä^icbe unmittelbare Erhaltung der ganzen Welt und alles, wo« darinnen is, komme. Betrachte mer des I'irmameni, des sciion so viele tau-vmd Jahre gemacht is, es bleibt immer noc!i in der schön tL> Ordnung. Die Be<^bacli!i:ni^ über dasselbe is e recht schön Studiinn. aber es werd heutiges Ta-'s Tier twlir recht bezahlt, un kost doch viel Geld, denn es muß aliner sein gan^ l.ebenN-/.cu

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dran wende. Ati eiitzelnc Geschöpfe sehn mer ferner ahch noch täglich die Vor- MbuQg, wie sie dafür sorg: un w.icht, es m.i<» ahch noch so iinhedciitcnd sevn.

Mohr schlag cmol ul Mathcus am it). Kapitel Vers 29. (Mohr liest den Vers vor.y

Prorector. Hier is des Wort Sperling Synecdochicc genommen, nehmlich Synecdoche spederum animaltuni pro omnibus animaliuni gencribus. Denn hier wcrd nnr von dem Sperling geredet, un alle Gaminge von Thierc nuil\ mer Jaruiiner verMchc. Wann mer nu betrachte (Rosaitn^ lacht auf eiimal !iuti auf). liy Bub, wos laclist de? Glabst de denn, daß de bcy dciiic muthwillige nixiiut/ige Bube «rärstl Aber wort, ich merk mer alles, un kriegt ihr hier net euere Straafe, so habt er doch etiem Lohn dahin.

Textor Oh, Herr Prorector, mer nut(> denke, es ist die liebe Jugend, die ioU jo froh un lustig schon noch der Bibel i>«;y.

Prorector. O du ahnfalliger Kerl, du Kameele-Verschluckcr un iMucken- Säuger Halts Maul oder ich schlage der in die Staflfel, dass der die Zähn wakele Gestern habe nhch widdcr so e p i n \ erruchte Satansknecht, die durch ihre hitrigue der Welt zu schade suche, ihr teul lisch Gemüth an mir gekühlt. Ich hobs schon vorhin ge^gt.

Textor. Ach was des ebe a schöner Pbrasis war, ich glab net, deß mer se so gut in Kirschii lexico latino-germanico findt.

Prorector. (Ohn daß er darauf aditea sdieint) Es sinn mer, wie gesagt, vor zwnh CuIJc Scheibe cingcwortTe worn, un wer mer etwas anzeige kann, den) sein Nohnie bleibt verschwiege un kriet noch zwah Carlin mit Gelegenheit durch mich von abner Person zugewisse.

Textor. Ah die wäm schon mit zu nemme.

Prorector. Ich hab just Gesellschaft bey mer gchobi, do könnt ich dene Hosewichter net t;leich nachschike, aber jemand is en doch nochgclotlc, un do wor ahuer, der hott en Hund bey sicli gehat, wann der war erwischt worn, den \\m er uf dem Platx crstoche. Sie solle mer nor noch e mol komme. Jez habe ich obe un unne Wach ausgestellt.

Tcxior. Vigilantibus jura sunt scripta.

Prorector. (Obiw sich tl^uitirrh mitt-rhri-rlti-n -u lj<<fri.) Ich habs ahch em Grose erzahlt, der sagt mer, ich soiis dem junge Herrn Burgerniasicr anzeige, dann des wär e Stöhrung gegen die allgemeine Securitat un xacm Person. Ich niag*s aber net thun. Do niist idi ahch noch zu dene xwah Guide vielleicht zwölf ßatzc gehe daß es in die /'citung thät gesezt warn. Ich hab aber schon soviel herau'^;_;ebr.Kht, so wcni" ich t;c\vil' dc<- ahch noch hcrausbriiiqe, tm is es not, sn kriee se doch emoi ihm Lohn, wetm iljr Gewisse uf dem Kichtersiuiil sizt und spricht, du bist e Mann des Tods. Dernoch wär*n se schonn an mich denke. No jez, wo war*n mer?

Textor. Ja des wahs der liebe (Jott un seine Engelein!

Prorector. Immer muf^ doch der böse Cieist so c S it.i:is Scel !»csctze, die uns stört. No gut, iaciit nor als fort, folgt hübsch dem nixnutzige Jung, der den Anfang gemacht hot, wie die Affe noch. Daran erkennt mer recht euer teuflisch Gcmütb. Aber ich merk mer se alle, un will se schon davor büse losse.

Textor. Herr Prorector, es schlägt neun Uhr.

' K-nuft num nicht /ween Sperlinge um einen Pfeimig? Noch tüllt derselben keiner auf die Erden ohne euren \'ater.

Prorector. Halts Maul Jot»wächter. Es ts net wohr» mer höbe noch zw»h Minute.

Textor. Wie Jos noch der Sdinur geht.

Prorector. l!y Jung, \v.iiui Jlts net gci.illt, so scher dich enaus. Ich bcobacht mein Zeit, die dovor von em Hochlobhciic Cunsistorio bestimmt is. (lir fährt fort ht seinem ünterritM.) Wie weislich un unvergleichlich hat Gott »et alles eingericht, dann er sorgt für die ganze Welt noch immer, er giebt jedem Thier, un sog.nr dem klnlnistcn W'örniche, seine Speise un hot gleichsam cn I"<^tinct iu die Thiercrcher i^'elegt, daß sc gleich ihr Nnhrung suche. Mer wdlle nor ihn Bcyspiel von de 1 liehe anfülirc. Do wisse mer jo, wann c so ä Gaul uf da« Weg sein Aeppel fallen läst, so komme jo die Fliehe schaarewdO von alle Dorff' schaffte un besetze gleichsam mit HeeresItrafTt diesen Appel, wie e Festung un minire'n so, u ie die Fran/ose jezt Mähnz. Do gl.ibe ah die Leut, sie wirn drutT gewr^chsc. Des is ober net woiir. Su ahch met de Frösch, wanns geregent hot, un die iiiahne Frösdi hoppe uf dem Land erum, do sage se, es hot Frösch gcrt^eoL Des kummt aber doher, weaPs jezt feucht is, do kumme die Frfisdi, die wcge der grose Hit wie todt dagdege höbe, wieder ervor un erquike sich. Wenn mer nu weiter c:eh' un betrachte erst de Mensche. Do könne mer uns net genug ver- wundern. Wer e mol Gclegeniieit hott in ä Anatomie zu gehe, der kann des alles recht betrachte. Mer wolle nor emol des Ahg ncmmc, wie vortrefflich des gemacht is. Wenn mer nu kahn Ahgebraune hätte, so thät uns fo aller Drek enein falle. Mer hot ILnempel, daß Leut sinn ins Feld gange, un A Spatz oder ä Schwalb hott aus der Luft ihr Fxkrementc falle losse. Ey, die Leut sinn jo uf dem Pl.itz um ihr Ahg konmie. Ueberlege mer, wann der Mensch sein Berzel über dem Maul halt oder unner der Nahs. Hy so tbät's jo immer beständig stinke, oder tlüt alles iu das Maul hin^ lafe. Odder wann des Ahg am Fuhs uf der grose Zeh* war, so mitete mer jo vor Stahb un Morast blind un Schill wärn. Mer wolle nu noch sehn Alleweil schlägts 9.

Tcxtor. Wüs des uct uf den Schlag geht, des luhst Ordnung!

Prorector. Du host dich nix drum «u bekflmmere. So is mers von em Hochlöbliche Consistorio voigeschriebe, un wann ders net geßUt, so geh' hin un beschwer dich. So naseweise Kerl müsse immer was wisse. Die Primaner könne jezt fortgehe. Ks derff mer kahner cnaus; bleibt sitze un nemmt euren Julium Caesarcm. Ich will noch emol erinnern, sollt ahuer wos von de Scheibe wisse, so sag rr mer's, sein Nohme will idi verschweye.

Dritter Aufzug.

Erster Auftritt.

(Mehr und Khüi^ haben aeb indessen verabredet, auf den Paraden^eai \u gd$eu und

die Soldaten Spitßrulhen taufen sehen.)

Mohr. Herr Prorector ieh inuG um 9 Uhr nach Hauß. Prorector. Hoste lul.ilinib von dehahm ? Mohr. Ja Herr Prorector. Prorector. Ho geh nor hin. (Mohr und indem er Bössing ansieht, ladtt et und winkl mit der Hand ihm

hall ftddrjift'hu'ri.)

Prorector (Jer Jas IaIi-Lyh hnnoU hdt). Mei , wahste was Bischoff, geh'mcr amol zum Herr Molir, un niacii mein Luipfchiung, un der junge Motu* war weggegange, ob's mit ihrer Bewilligung geschehe wir. Do steke faule Fisch derhinner.

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Rössing. Herr Prorector, derlT ich emol enaus? Prorektor. Nix, du bist ahdi abiier yon dene Vögel. Rössing. Seh* emol, wann mer nu enaus muß.

Prorector. So wahrt, biß der Bischoff wieder do is. Rössing. No des h mer ahch recht, .iher bleib ahch net so lang, BischolT. Bise ho ff (J ortgehend). Nah, ich komm gicich widder. Rössing. Des will ich der gerothe habe, Benge), sonst schlag ich dich knimni an lalnn.

Bise hoff (unter lUr Tlfür). Och ja! mer Icrcht sich.

Prorector Wos host de mit dem Bischori, ich glab' gor, de drohst ein. Rössing. Och worum net gor, do ist mer der viel zu ahnfällig. (Dabmer kommt era muh 9 Vbr m ^ Qätu,)

Zweyter Auftritt.

Prorector. Ah, Doltmcr, wo künunste her? Ich walis net, die Leut nemnie sich soviel eraus. Ich muss do seyn, wie iner*s von em Hochlöblidic Consistorio vorgeschriebe is, un so e Jung will was appartes habe,

D a h m e r. Se könne nach Hauß schike, ob's net wohr is, daß ich dehahm hob ru thun gehöht.

Frorecio r. Do kennt ich jedem Hundsjung noch en apparic Bediente halte. Kunim, waons Zeit is.

D ahmet (der unter der Zeit Rössing von der Execution auf dem Parade-Ptat^ unterrichtet hat, geht mit Jon Prorector auf dir Seite und sagt ^tt ihm) Herr Prorecior es is Widder scliarmantcr Kalk uf dem Kirche-Platz.

Prorector. So, noh, wähst de wos, Männche, geh hin uu hohl a Paar Stak un trag se gleich in mein Hauß, aber bring recht grose un der schön weiß is. Wann de widder zurükkimmst, so hohl mer ahch die Nachricht un breng mer se her, (Dahner geht fort.)

Prorector. Ezt schlagt uf. Ich loß ausserordentlich fortfahre um wers net hott, der kriegt drey Hieb. Weist emol, hobt er denn all euer Bücher. (Rös- smsp vnU seam Nadihars Bvdt imsdbm aus ier Hatid rdssm.)

Prorector. Wo ist dein Buch?

Rössing. Moins werd eingebiinne.

Prorector. Worum willstc dann dem Brinkmann sein Buch wegnehme?

Rössing. Ah no, weil ich kahns hob, un doch pAiclitbeilissc scy will.

Prorector. Haitis Maul. Ich glab, du willst ahch noch Ober dein Lehrer spotte ? Marschir dich gleich jeu an den Tisdi seh uf die melancholisch Rank gana allah un hör zu.

Rössing (indem er hingebt). Des kann mer jo all ahns scy, wo ich sitze. Prorector. Mein, wafas kahner, wo die Mflnz is. Ich braucli soviel Heller. Hohl almer vor is Kr. .\ 1 1 e. Ach, ich will hohle. Prorector. Nix dn, hohl er Bayer. Bayer. Ja, Herr Prorector. (Bischoff lammt lurüek, in dems^em Mmmt Ui^ anA Rbsh^ lur Thür biuaits.) T e X tor. Ach, e Deserteur.

Prorector. Halts Maul, Jung, er hott vorhin ErlabniO ertuhe. No wie

Siehts aus. Bischoff?

Bischoll. H scho Contpliment vom Herr iMohr, un er wüst kahn Wort von ErlabnUi, die er sdm Sohn gegebe hitt.

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Prorector. No hab leh's net gesagt. Aber wart L&gebrut, kimmst de mer nor zurOk. (Bischoff geht an seinett Plaii.)

Prorector. Mein, ich glab die Catalii^^ von der Ostcr-Mess sinn eraus- kumme. Bischofi geh' er doch gleich in die Buchläde un loß er sich a Paar gebe. (Biuhoff geht uneder weg.)

Prorector. No habt der*s jezt all? Textor fang an.

Textor. Es klobt, Herr Prorector.

Prorector. Seh" e mol wer's is.

Tcxtor. Dominus Prorector (Prorector gettt vor du Ihüi).

Dritter Auftritt.

(Unter der Abmesetüieit de Pi oi> .-liV< ({tigen die Scfmin : Rekräa^t mit Lauh etc. Der

Prorector tritt darauj scinteU ein.)

Prorector. Mei, wos wbm das vor teuflische Junge, die so enUrm ver- fahrt habe. Ich geh' gewiß net ohnnöthtg enaus un fercht mich tuanchmal mein Wasser ab/uschiage, un wann ahm ahner von de Herrn College ruft, so macht er so eti teuriische l..irm. Den Rätelsfithrer. den Vorsingor, hob ich an seiner Stimm gekennt. Aber es konuiie Zeite, wo se wolle ^eholfc Itabe, aber last mer se alich im Drek steke. (Es wird an der Thür gek/oßft, Kismvelter macht auf,)

Kisse Wetter. Herr Prorector, es is e Studiosus Theologiae draus, der will met en rcdde.

Pro'^ector. Haltx M.uil im jrig en fort; des is so ä Landstreicher. .So Kerl, wenn se ihr Vermöge ul die schandUchstc Art verpralit liabe, demoJi lafe die Tagdieb enim un bettle.

Textor. Mo soll ich jezt anfange?

Prorector. No f.mg an. Sich, ez geb nur auf das Subject un Pradicat

Achtung, un construir ordentlich.

Tcxlor, Ah, wer kann denn das so nadi detn Wort übersetze. Prorector. No wann du uf deim narrichte Kopp bleibe willst, sothu es.

Do sein so Kerl hier, die von der Neuerungssucht ufgeblosc sion un mähne, \\.m\\ se widderk.ihnK-. h.ittc se die Weisheit mit I.öHel scf'"»-*'»se un könne miitivimijl net mensa decliniren. Wer werd sich aber nach dene Miken-Säu^«. r un K.mieclen Verschluker richte. Ich hob' schon so viele Purste un Grefe inform in, un so almer glabt schund, daß er die Weisheit selbst war, un im Grund versteht er doch nix. (Hisclwff kommt ' unJ ; /7/ /, P: reetor eint» güH^m Pak Cattäagf,) Textor. Ni>, Jc-s li.ilis ich Fourr.iui.

l'rorecior. Uli aluilalliger Jung, es is am beste, man gUn der >jor kahn Antwort nidir. .\h, was plaudcrste Stcllwag ? Ich wahs net, ihr Leut hobt gor kabn Gefühl bey dene schöne heydnische Wahrheite. BischofY fahr fort. No wie lang mechstc, sequens, sequens, sequens.

Schott. Ac'i v\us des schiest.

Prorector. Halt c bissi in, mer wolle a Fenster ufmache; so stark hon> noch niemols geschosse.

St eil wag. Mdhnz soll über sey.

Prorector. Ah, du narrichter Kerl, wer hott dich denn des weit gemacht?

Stell wag. (icsicrn sinn 7 Deserteurs komme, die habe gesagt, sie hätte uix mehr als Wein un Hr(.»d.

Prorector. Ja, die warn sdion die Fässer leere.

Kenimeter. Die Nacht sinn 12 Häuser abgebrennt. Hs hatt mer atadi alliier gesagt, mer hätt brennende Menschehohr in der Luft herumfliebe selie.

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Prorector. O halts Maul Jung, un schwiz mer so kahn ahnläUig Zeug. Ketnmeter. A no, wos is. ich hobt v<m em Grose gehört. Prorector. Halts Maul, Bub, niet wem redste? Wen hoste vor <kr? Mähnste ich wiir dein Narr, daß de so Zeug schwä/.e willst ?

(El uiii ihm einr Ohrfeigt geben, weiche dieser aber auiparirt und ihn mit dtr Faust auf den Bauch sdiigi, und darauf am der Stube läuft) Prorector. No loSt den nor gdin. Ich will (.n schond kriec. Dccurio •<eb er eniol Fcdder un Dinte. kh will eni gleich zwa NB m.iche un des geh' ich gcr od ufs C^(jnsistoriun). No I cxtoi, jez fahr fort. Sehl wann er euch präparirt, üo niCist er die Laudkart nebe euch lege un do die Provinze uffsuche. Ezt wo 1^ des, wie hahst alleweil des. Des is Langedok. Des leyt dort io der Ek. Un hier Isle de France, dort am Katheder DauphiniJ un seh Orleans un Lyon, un dort am Tbch Fr.mche Comte. H.ilt'^te de> M.uil, Stellwaf?. Sich, heut hätt ich wieder Gelegenheit gehatt, bey cm (irose dein ungeschliflenes Wese anzuführe. Ezt thu mer noch e Maul uf, so hoste zwah Hieb.

Vierter Auftritt.

(Kmmtkr stßrmt ^ ThSr btrdn und aUe schreyen:) Ach do is der Kemmeter.

Prorector. Halt's Maul. Komm er her, Kemmeter, un setz er sich neber mich un scy er hübsch still. War er jez do govcsc, nücwcil höbe mer alle Pro\ inze von Fr.itikreich durchgegange, do hatt er wa^ prohtire könne. No schlag er gleidi sein Casar urt", raer sinn am 4. Capitel. ((Mt^aaor MSiltr, wkber krank tuar, kömmt heute i(um erstexmal üt die Oasse,)

Prorector. No, biste ahch widder do? Wo hoste dann gestoke die Zeh?

Müller. Ich wor krank, Herr Prorector.

Stell wag. Nn Müller, sündige lünfort nicht mehr, aul daß dir nicht ein Aergeres wiederfahre,

Prorector. Ol halts Maul, naseweiser Jung, muste ahch ddn 3 Heller dazugebe. (Sforl kommt herein und bringt dem Prorector einm Blunu n-Strauß.)

Prorector. Ah, die sinn schö, sinn die aus seim Corte? Ich bin ihm obligirt, obligirt, Männchc.

Alle. Ach Herr Prorector, ich will se hahm trage.

Prorector. Nix do, Brinkmann, trog er se emol hahm, aber komm er gleich wieder und seh er nei die Wachtparat ufatehe [un strenz mer kahn]. Mei, ruf er mer ahch emol de Rodaug her, do muss mer immer Thürhöter in der Kerch sey. Worum konnut dann der nct in die Kerch?

Textor. Ahl wer werd dann ahch in die Kerch gehn, do üielits jo aus wie in em Schweinstall,* do obe.

Prorector. Sieb er, Textor, wann ich net noch Regard hätt in einiger Absicht, des ich em emol :ill;ihn söge will, so hätt ich's schun längst dem Hoch- löbliclK Consistorio angezeigt, aber iclt sogs em zum lezte Mol.

(Rodaug kommt ^ur Thür bereut.)

Rodaug. Was bdehle se Herr Proredcn-?

Prorector. Sich er, er wahs, dass Zeite komme, wo mer ihm nuzzc kann. \Von!m wor er dann .im Sonntag nit in der Kerch? Do halte die klahne Jung cn Spcktokel; mer muß der i liürhüter sey, un jedem die Thür ufliniache.

Rodaug. Ja, Herr Prorector, wär gern eneingegange ober ich hob uf der daß seyn müsse, wenn vielleicht wos zu singe wir, un der Müller hot des FaoKieber gehott.

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Prorector. Adi, der hott des ganz johr des Faulfieber gehott. Hak er je< hübsch Ordnung. (AlU fangen an tadien.)

VxuTtcxoT. A ihr Bube, dcrff mcr dann kahii gesclieid Won mit em Mensche redde r Must er dann gleich so cn teuf liscbe Lärm halte ? Fresenius geh' er ulT de Katheder uu macli er alle e NB.

Stellwag. Es is lo Uhr.

Prorector. A willste gleich dein alte Runipelkaste eneinthu. Wenn so 1^ narrichtcr Kerl so ahn Uclirchc liott. do muß er de ganze Tog roh spiele. .St eil wag. Sic höbe nier sehe je nei bexohli. Prorector. lahr fort Kisseweitcr. Ki SS e Wetter. Siqmdem

Prorector. No was hähst des? Worum priparirst de dich net. Squidem ?

Sintemal .\ndicwcil

Textor. Des is jo zu altdeutsch, so sägt mer jo jez gor net mehr.

Prorector. Mai, wos willste, willst du des Commando füluer ich wah:> net, die Leut nemnie sich so viel eraus. Des Won finde mer heutnitage noch in de beste Schriftsteller. So e Jung raähnt, wann er*s in seine ahnfätUgc Romane net lese thut. so w.ir's nix nuz.

Stark. Herr Prorector gestern war ich in Hochhcm. Üo sinn alle Weiii- slök ruinirt.

Prorector. Ja» des hab ich gehört. Des is Jammerschadd. Do liobe die

köstlichste Wetn gcwnchse. Ich wahs in der Bayrische KrcSnung, do sinn viele Wein hieher gebrocht worn, di^ bot üich die Küch' in der Krönung an dem n.ini- liche Platz gestanne, wo alleweti die Hütt steht. Do sinn mehr als ahnmol die Kalfacter hingdafe un höbe dch vor ahn Kreuzer de köstlichste Saifk gehohh, un die Hütt ist democh Preiß gegebc wom, do Hobe die Kalfacier des alt .Eise ab- gemacht, do hott ahncr mehr :ils 50 fl. davor krict. Je/, ist es aber nix mehr. Ja seht wie die Kerch noch ijestanne hott, de höbe die ('.ilfacter ahch Cie!d verdient. Do sinn alle Rathsherm, doctores juris et medicinae un Honoratiores uf den Studciue- Lettner kumtne» un waims Meß oder Neujohr wor, do höbe sich die Calfacter an die Thör gestellt un höbe von jedem ebbet in die Hand gedrükt kriet. .Selbigmol hott sich so ahner noch 500 fl. spare könne.

Textor. Ja sclbigs mol, Ao w.irns noch Zeitc! Alleweil schlügts 10 Uhr.

Prorector. Sich, unser aher Jobwachter versieht doch recht sein Amt.

Textor. Jo darinn muss mer Accuratease habe. Ordnung hat Gott lieb.

Prorector. Bleibt iezt all still sitze. Es derff'mer kahner enaus. Es fehle noch viele, die nor cn Ahgeblick en.ius sollte, un jez <chon über c Stunn iehle. Die sinn gewiß zu de Spiügerthe un uf die Wachparat, aber ich merk mer sehe all.

Vierter Aufzug. Erster Auftritt.

(Rössing stürtut gani trhi^i ^ur Thür bertin und läßt sie J>ä hitüeit tuieder «§tn $idm,) Prorector. Rössing, wo bleibt er so laitg? Er holt gewiß ahch «lie

Spieß-Gerte besucht? He?

Rösssing. ich wor ahch net bcy de Spiel>-üertc.

Prorector. Hy mer sieht ders jo an, dab de weh her gerennt kommst. Rössing. .\h, do is die hoch Trepp schuld, do werd*s ahm immer beiß, biß mcr ruf kommt.

Digiti<::ca by GoOglc

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Prorector (der jf^t erst bemerkt, daß die Thür offen geblieben ist), Üh Jung^ willstc gleich die Thür zunuche.

SS in ff. Ich hob* sc net uffgemaeht.

Prorector. Wos Jungl Jen michsiese gleidi de AhgebUk jcu» odder de kriest r\\'3h Hieb.

Rössing. Ich mach sc ahch net zu.

Prorector. Decurio hohl er mer eraol en Stok (Decttrio bringt ihm «mm). Rdssing. Des will ich emol sehn. Ich hob die Thür net ufgetnacht, so kann ich se ahch net /umache. Ich bin jo net Decurio.

Prorector I'v Jung, wer hott se dann ufgetnacht?

Rössing, ich wahs neu

Textor. By Herr Prorector, es kann jo ahner von dene wfitheiute See- Orkane geweht höbe. Ah, mer höbe jo Exempel, daß ä solcher ganse Heeresflotte Caput gemacht hott, warum soll denn der so c ahnfällig Thür net ufberste könne.

Prorector (fmiit dem TfXtor ühcr die Schulter). Halts Maul, ahnOnijjor Jung. Ueberau muß dein ahntällig Gewasch angebracht warn, wanns ahch gleich wie ä Faust ufs Ahg past

Rössing. Ach wos e schöner Vergleich.

Prorector. Ich glab, de spottst ahch noch, Jung? Müller. Calfacier, mach er coiol die Thür je^t ^-ii (Müller ihul es). So. jezt sinn mer allahn, mer muß bicli bcliäme, wanns jemand hört. (Geht aiij Hossing ;u uii giebt Uim \wey Hiebe.) Da Jung, des is vor dein satanisch Kekheit.

Rössing. Des is kahn Kunst, ahn ae schlage, der sich ii«t wehre kann. Aber es hott mer Joch nei weh gethan.

Prorector (ia IVuih). Sich. Jung {gaH\ gelasuu) doch ich will mich nor massige

Textor. Missigung hat Gott Heb.

Prorector (c^iiif auf Texlor achten, Jährt gegen Rössing fort). Sich Jung, Ju h.ittst Widder Schlaf:^ verdient, aber ich seh", die helfe für dein teuflische Muihwillc alle nh. denn liein L:ihdwc«.e fihcr dtc verdiente Bcstr.Lifunf; -^cigt sich net emol, wie bcy annerc junge l-eui, die ncici» a (Jeluhl höbe, in em l'hrane-Cjuß.

Rössing. Ja, do werd mer ahch noch flenne, wann mer nix gethan hat.

Prorector. Schrey nor als fort. Aber ich wahs e Mittel, dich ze zähme. Do i£> ä gewiß Hiiufv wo lc!i heut noch vorhcy geh', do wär ich dein scbö Utführung schildern und de werst schon dein Lolin dahin kriee.

Rössing. Och ja!

Prorector. Hältste des Maull ($€lfwmgt nn^e ZeU, JUam fährt er ge^ lassen gegen Rössing Joel.) Sich er, Männchc, er hott kahn falsch Herz, un der Sat.m Iiott biß je/t noch net sein Wohnung in em ufgeschlnge. Wend er doch die gute Gabe, die en» der Herr verliehe hott, gut an, un hüt er sicli vor so i Paar teuflische Seele, die en in ihr Complott gc/oge habe. Die hetie'n uf, un bey seim satanische Ldditsinn on eingefleischte Muthwilte Is es dann bah Wunner, wann des ins Oehl gegossene Feuer gleich lichterloh brennt.

Tcxtor. No, der hott emol a Straafpredigt gehalte kriet, die war rar.

Zweyter Auftritt. (h/tähr tritt heretn. Um sieht an* Tahais/tfeip aus im Sah,) Prorector. A, geh emol her, Möller, wos gukt der dann do aus dem Sak?

Müller. Ah, wos werd mer erausguke?

Prorector. Gehste gleich her (er nimmt ihm die PJeiffe aus dim Sack und legi si* m sohlen Sdirtmk),

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Prorector. Bistc ahch ahner von dene Bierlemplcr. Do höbe mcr a Paar die müsse immer die Nuddel im Maul höbe. Die Peitf will ich dem Herr Recior gebe.

Möller, ftfir nct so, die Pciff gdiört meim Vater, ich soll wos dran mache losse.

Prorector. Do hoste se dießmal wtdder, aber toß mer se aus der Claß wek.

Tex tor. .\h, was thut dann des wann mcr ä bißi Tubak rahclit, do vergeh» ahm }o die Grille.

Prorector. Du must immer ddn drey Heller denugebe. Du bist ahch

.ilincr von de feine.

(von Holthausen, Daimer, Rössing umi Kisseudtn haben unter der Ztü ein Stück Dithi

los gearbeitä.)

von Holzhausen ^lommi einem DtMstdei auf den ProreOcr tos) Ach, Herr Prorector, do hob ich unner meiner Bank en Diehl gefumie, soll ich en

enaustnige?

Prorector, Mannclic, Männciic! V.t iiuti mcr do iiinne ncy dem Muth- wille gesesse ! Ich glab', ich glab' Sich er, Junker, er is so a brav Männchc, <itell er jezt den Diehl an*n Obe un sc/ er sicii bey mich hieher (er fast ihn hn der Hand und lirhl ihn ritl'ftt sich auf die Bank niedrr).

Textor. Net wohr, Herr Prorector. mer höbe bald Jolunneum?

Prorector. Hahs Maul, v/as wahs ich.

Kissewetter. Feto veniam exeundi, statim redibo.

Prorector. No wist er wos, geht lieber all enunncr, aber kommt mer L;lt.ich Widder, .MIewci! !■> es gerod m Minute iibcr lo Uhr, wer mer in s Minute nct Widder kommt, den uotir icli uti, (Alle /aufm fort, der Proredt^ geht nach.)

Dritter Auftritt. (Der Prvector kommt u-ifdn herein, dan-i ein Schüler mich dem andern.) Kenini ctcr. Drunne hott ahner des Genik gebroche. Prorector. Sich, cy wie wor dann deß. Schott. Alleweil hott ahner den Hals abgesterzt. Prorector. Halts Maul, idi hob*s gehön.

Kissewetter. Drunne ahner vom Gerttst gefalle un hott des Rük- kreua gebroche.

Prorector. Schwey still, narrichter Kerl, ich hobs schon lang gehört

Christ. Herr Prorector a Seckbächer Jung hots Bahn gebroche.

Brinkmann. Ach, es is net wohr, er hott Hals un Bahn gebroche, luer kann en jo niet Bcseni zusammenkehrn.

Rössiii iT- Ach Herr Prorector, drunne hott sich e Manu de Kopp ganz zesammcstörzt. Alleweil kehre se die Stöberchc Hernscbaal zesamme.

Alle. Ach es is net wohr, er hott sich nor e Blohmobl gefalle.

Prorector. Halts Maul, ihr Junge, jext sag id» euch. Wos is des vor ä ahnßlllg Geschwäz. Es is übel genug, do is wos ze lache d.ibey, wer wahs "vte«; euch niorpe frcht. Mcr hot jo Fxempel, dnf' f.eut in der Siubb. uff gleicher Erd Hals uu Bahn gebroche habe, do kann jo des icicht gcscliehc sey.

Vierter Auftritt.

Kemme t er. Dominus Prorector, habe mcr lieui kahn Variation?

Prorector. Vor was soll ich mcr die Muh i;ebe, wann dcrs doch tict macht. Do sinn so ä Paar dumme Kerl, die von der Neuerungssucht uigeblosc

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sind« die loSSC sich immer von sn i Paar annere, die .i Passion ^cgc inich habe, weil ich cn net geholte hob. inspirirc, daß se immer des Cnntrarc thun. Ich will ober doch ahn an die Tafel schreibe losse, über nor vor die Kcchtächaßcnc. Keni- nieier geh er eniol her, un schreib er ämol dh utf.

Kern m et er. Wo dann Krdde?

Fresenius. Ab, «e is all!

Prorector. Ich wähs net, wo die Kreide ali hin kimmt. Mer höbe jo vor A giiaz halb johr kahft.

Schott. No. ich will den Mittag widder mitbringe.

Rössing. No, do midist de dich ahcli verdient utn die Clafi.

Prorector. Do hob ich noch ä tnlH, schieib er emol Kcmmeter: Muhi discipuii gratiam non retiilerunt.

Texior. No des past jeii recht utt die jetzige Zeit.

Prorector. Halts Maul, Jung, sonst xeig ich der den Weg.

Kern m et er. Gelte se Herr Prorector, morge habe mer kahn Claß, weil dies solennis ts?

Textor. Ach ja. morgen is L'tr.irt.

Prorector. Nix do, ich waijs wies geht. I;s hott sich alich cuiol aCiruser druber uHfgelialte, daß sein Sfthnge, des zu mer gange is, ihm sagte, es wir kahn Claß. Ich hob en ober davor geawikt, denn er hott mer eniol drey Stunn allah do sitae un den Julium Caes^em öbcrsetxc müsse, da hott ers empfiinde.

TeN to : . Des war rar, denn alle gute Gebrauch sinn dorch so in ahnfaltige Jung abgebracht wem.

Fünfter und letater Auftritt.

Stell wag. Pulsai {Hodau^ sUht vor der Thür und schreyt hitiriti: Iis brennt!)

Prorector. Lahft, lahft, bhft - Wo es? (Deeuiio Texl<tr last drn Schiank offniilt'bnt, wo mtrr dir AbufunheU der Schüler der Prorektor die :^aitie DinUbouteiUf ami^eltrit bat.)

Kisse weiter (und noch einige a$idere), Es> ib auß, es hott nor im •Sclioriistalm gebrennt.

Textor (und etßehe andere kommen tmh tind nach der Stühe bittein ein feder vir fit) auß.

Prorector. Mer lernt Joch bey jeder Gelegenheit die 'vch;u!defr(ili kenne, die ordentlich ihr Plaisir an so em Unglük höbe könne. No schreibt |e/t (ort.

Kemmeter. Des is }o lauter Satz in dem Dintefasa, do kann ich net niet schreibe.

Prorector. Wo ist dann der Decurio? Textor geb er dem emol Dinte.

Testnr. Obstuhesco f Ach Herr Prorector, all unser Dinte fort, unser Prtichtbeflissenheit werd uns so schlecht belohnt.

Stell wag. Des muß doch so ä rechter Satanskneclu ^cwcse sey »

Textor. Wann ich nor den schlechte Kerl herausbringe könnt.

Prorector. Halt nor des Maul. Worum giebt der Decurio net besser .Vdit utT sein S.Rhe.

Kcmmeter. Den sollt mer wie en Ivirche-Räuber bestrofe.

T e X to r. In meine Ahge is des i schlechter Kerl, er mag ahdt sey, wer er will.

Prorector. No jezt es ze spit, daß ich eudi des Exerdtium dictire. Mer wolle lieber die Frankfurter Grammatik noch i wenig durd^ehe.

Textor. Des is jo e alter Schinke.

I

I

H -

Prorector. O du ahoAlligcr Jung. Wuiii du die Gtimiititik keontit, do

wärst de geborge.

Tcxtor. O, do höbe mer noch viel bessere

Prorector. Ja des mahnt ihr nor. Do gehe se her un schreibe die pm

ab un hänue nor ä neu Mantelchc drOber. Democh hähst's, der hott ä Grammatik

geschriebf. Do wolle alicii iiiaiiclie den Dan/ verachte, im ich wjhs, wie ich noch syrische un arabische Gramnutike corrigirt hob, daß des mehrst aus dem Daiu ge&tohlc war.

Textor. Adi die Classe sinn aus.

Prorector. Wart! ich will enio! uff dtC Uhr Jiehn. NS'anns Zeit if». ilo gut Ja CS recht Hleibi all uff eueren IMatzcn bif' i;ehcht ifv Stark bebt cniol Halt ein do spielt widder so n dummer Jung mit dem Buch Noh, jezt geht Wer mer morge truh iiei pracis Jo is, den schreib ich als abseni ttff. (Alle SMkr gdm fort, der PronOor näA.)

Ende.

Das Weissen des Secunda-Zimmers

oder

Schilderung eines Winter -Freitag -Vormittags

im Jahre ijqi.

(Der Proreclor sUUl sich punktltch acht Vbi in Srcuiuia ein «/»</ trijft von Schülern iin:

Bayer, Rodauf^, Mcbr und KisseimUer.)

Prorector. Brav ihr Mftnnercher» daß %r euch nebt pfficlitbeflisien sdiun eingestellt hobt. Daran tonn mer redit sehen, wer auf Ordnung häh. Jetc seixt euch nont ganz vom hin uf die erst' Bank : wer nachkimmt, der mog anschlicsscn.

(Textor kommt^ Prorector. Textor! schließ er an.

Tex tor. Dos loß ich bldwe; do is mein Plau nett Ich gdiAr uf twabt Baak. Prorector. Textor! halt er hübsch uf Ordnung und sdtließ er an die annem an.

T e X t o r. Do sit/. ich obber nie. Doch weil's lime ein Gdalle is, so will ich mich hin seue.

Rodaug. Herr Prorector! was babben mer dann heut dererst? Prorector. Das zeigt von ahncr grossen LidJerlichkeit bei eni , daß er

dos nct emo! w.ihO un geht doch schun über lohr und Tog novli Secunda.

Rodaug. Mer hatte ewe «?estern e (lusscleich' un do bin ich etwos spot luhmkomme. Do kann ich mich net mehr recht besinne.

Prorector. No, nemmt jetst euern Julium Caesarem vor: wir stehe in> sechste Buch, am 21. Kapitel, No, Ra\er, fang er an. (Rössii^ iommQ

Rössiiit;. ^^'nrunl is dann der Ti^cli so narrii; sclirä «cslellt^

Prorector. Di« host de dicli nix drntii /u bekuninieri' i!es i^eschieht. damit ich euch all' recht ubcrseen kann, dann du bist alich aiincr von de leine. No halt norr Ordnung un schließ an.

(Mliftr äberseiil im Cäsar: qui diutissime hnpuberes permanserunt, maximam inter suOS ierunt laudeng: welche am längsten unmündig geblieben snid, tragen bei den

llirigea das größte Lob davon.)

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2$

Kissewetter. W05 will dann der Cäsar domit söge? Prorttitor. Dos will er söge: Je länger abner bei de ake Deutsehe Jung» gesell gebliwe is, desto mehr hawe se uf cn gehahe. (Ddbmer kommt.)

Dahnier. Ach, Herr Prorcctor! wos ßicbts nett so scheene weisse Kakh Ul cm Kcrche-Platz, ^clln Sc, do h;ihb ich e Stück niitgobroclit

Bayer. Jo, wahrlich Herr Prorector! so kahn scheenei Kalch is mer noch nett vorkomine. Wann Se's erlahwe so vnJl ich die rothe Flecke do oben an der Deck, die die ganz Klass verschänne, demiit eraus mache. Dehahm h.ibb ich e Dippc. Jt) lösch ich den Kalch drinn, dann kahf ich mcr cn Henrcl hchv Berschte- binncr K.^lh in der Neu-Gass (awer versieht sich von selbst. Herr IVorector! des Gclu dcrvor gewwe Se mer aus deni Fiscus ) un Überlahr derniit die Flecke: wobei ich dann doch, ohne in Cisar au gucke, alles so anhöre kann, als wenn ich cnein gucke deht.

Prorector. Jo, Bayer! do hott cr recht. Mach' ers so, dann macht er sich ahch um die Klass verdient.

Bayer. Awer. Herr Prorector! um die rothen Flecke cr.»us/ubrii»gc, muß ich mich dort hinne uf den Disch stelle un den Kalch im Dippe Idsche. ^

Prorector. Des thu er norz Bayer! f .4llc Schült r lächt'ln und ßüsleni verstohlen ivegeit des posiierlichen Anssehein des Hayer, iftdem dieser mit einem vor die HoSf'n .gesteckten Taschentuchc, und einem atten ver- l^gctun Topfe und Pinsel in den Händen an/tritt, Als aber der Top/ unier einem knal/dhntUÄen Ctfi^ ptot^Hcb xerspringt ut$d desstn ga»xer Inhalt mf dm Boden v»t SfCUnd» sith verbreitet, da hrit ll i-in schallendes Gelächter unter den Schülmt aus.)

Prorector. Ich h.itt' Joch mehr M.innlichkeit von den Secund.Jnerti erw;irtel, als dai.^ sie iwer so ebbes lachen thaten. Awer, Bayer ! was lange mer jelJt an, «io liäbOt's warhaftig: aqua haeret, die Ochse stehe am Berg »

Bayer. Mir net so, Herr Prorector! Es hott gor nix zu sage; wisse Sc was. do mer doch emol angefange die Klass zu weisse, so woWc mer ^an/ Sccunda anbensele, es geht in ahm hin un dadurcl) knntnt ahch der Kalch von der Erd weg.

Prorector. Jo, do Iwt er Recht, mach' er jetzt norz fort.

Bayer. Herr Prorector! jetzt bin idi da hinne fertig, ich muß nun vorn« hin un die annctn ehinncr gelte, damit ich fertig weren kann. Sehe Se, es mecht 9i<h cecht faibsdi.

Prorector. Recht, Männche!

Kissewetter. Awer, Herr Prorector! wer kann do ehinner gelie? der Dtsch b putsditröppelnaß, do verderbt mer Bicher un KUhder. Mohr. Mer setae uns nett dahin.

Prorector. No, wißt cr was, Miinnerclier! tragt den Disch uf den Vorblazx, ein ts c alter Lumpe, macht den drunne an der Pump naß un wischt demitt dett Uisch ab, awer macht kahn so arge Spektakel wegen de Herrn Kollege. {"Unttr dem lärmendsten Jubel tragen die SdÜter den Tisdi aus Seatnda at^ den Voiplut^, ^ferriditen das At^em'esene und brit^en ibu Aen so lirmend nach Seeunda lurtäck. Anf dem Vorplätze trifft mit ihnen zusammen der Primaner Feuirh.ich.)

Feuer b ach. Proh Deum et honiinum fideni! w.is treitn ihr denn da?

Kodaug. ücheiß des Prorectors liaben wir Seeunda geweißt, drum

»•cht der 'Usch so aus.

P euer bac h. .\ch, so was Dummes werdet ihr mir doch nicht aufheften wollen.

Textor. Ich schwöre dir den kraftvollsten Eid beim Styx, dass die Sache richtig ist

Feuerbach. Üa ich nhnediel) nach Prima gehe, so muß ich, pour rarit6 du fait, augenblicklich die Sache dem Herrn Rector melden (gdH

26

Kt^tor l'iirrmann (mit Vi<!!rtit Cni^fstüm ohnr an-uifopffn in SfiunJu rin- trrUttJ, ;/i»H l'ronrtor). Ki, Herr l'rorecior! icli höre, dab i>ie durch die Secundancr die KJas»e weissen lassen; statt dessen köiuien sie aber dodi wahrlich etwa» Zweckmäßigeres treiben. Das ist kein Geschäft für Secundaner.

r I o ; c 1 11 r J.i, sie hawe sich von selbst derzu erboite.

Kcctor. Pah! Possen, wenn so etwas nöthig sein sollte, zeigt man e5 aul den) Kau-Amte an. da& ohne Austand das Nöthige besorgen wird. (Gehl äusserst wt^ujricdt n ab.)

Prorector (ntub Ent/ermu^ des Seäars). Do kann mer redit sehe, wie stets Undank der Welt Lx)lin is. Wir mache uns %'crdient um die Klass, daß nur «•che mii c'iserni Flahsch un Blut tj!eich»-nni widder in gute Stand stelle, ohiK Bau-Ann odder Rcchenei ebbcs zuzuniuthe un dodcrvor

Aber loßt norz, die Strof-Gerichte Gottes bleibe doch net aus bei so SatanskRcchte, die nor« der SQnde fröhne.

B.iver. Herr Prorector! es is gleicli elf. ich niul^ in die Mathematik mm Herr Lambert; mit Jcm Weisse der Klass bin ich ganz: tcrtig; jct t niiN'.e Se uiit/ sorge, dass bis de Mittag drei Uhr olles irocuc is, weil der Herr Recior wc^cu des Tercnz gerade um die Zeit hieher kimmt.

Prorector. Ja, Männche, do host de freilich recht. Geh norz hin, wdl de fort niul t. (Zu dfu an-l-rn Sr'-af^-nr) .\\\xr, ihr Leutchcr! wie fange mer's an, dass der Herr Recior den Mittag nix mclir von unscrm Weisse spürt.

Textor. Herr Prorector! die gan/e Klass is ahn Nass, die Deck, die .Scuc- wand, ja sogar die Erd; daher is mem Gedanke, do heut kahn französch Stunn is von elf bis zwölf, so muß der Kalfaktor Rodaug noch e Klötsi in Owe kge, damit alles gehörig trockent, hernach muß der Decurio Dahmcr. wegen dem Dunst, alle Wachholler-Korner, die norr im Schrank sin, hergewe un cn R:ih'^ imche. daß nier sich selbst net sieht, un dann die Penster öffne, daß alles heraub/iehi su werJ sich der Herr Rcctor gewiß net besdiwere könne.

Prorector. Du host Recht, ehrlicher Texter? Do kann mer die Recln- scharteiie kenne lerne, die es trci: v.n rcdiich mit ihrem Lehrer mahne. No, Rodaug! log' er nocli e Klotzt an un Daluner, mach cr's so, wies gesogt worn is, mit de Waciihollerkörner.

Rodaug und D ahmer. Ja, Herr Prorector.

Prorector. No, ihr Lcut, ich verlaß mich druf, daß ihr hübsch Ordnung halte werdt. (Gd^ tih.)

\\\r war nun der Verfasser dicsL-r Stücke? Der X'olk.sniund bc/cithnete stets die n.uh der Titeltit;üi .an meisten hervortretende Person, den StA-unJ.incr 1-. K. L. Textor, ,ils X'eit.isser, und wir können auch den Beweis dafür antreten, nieh den Worten des be- kannten Operntextes: Und er ist der \'.uer, er sa^t es ja selbst. Der Zeuge für diesen Beweis \>i kein ^erini;erer .ils Textors ueuer Schüler, der irefVhclie .Meister des Frankfurter Dialecies: Friedrich Stoltze. Wenn die Prorectoriade nicht schon durch ihr Altci einen

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Anspruch aaf Beachtung hätte, nicht schon durch ihre unübertreffliche Komik das Interesse des Lesenden gewönne, so würde der Umstand dem Stucke stets in der Frankfurter Literatur einen hervorragenden Platz Verschaflen, dass es der Ausgangspunkt geworden ist für Stoltzes dichterisches Schaffen.

Emil Neubörger sagt in seinem Aufsatz Ober Friedrich Stoltze, der in dem Buche »Aus der alten Reichsstadt Frankfurt« CFrank- furt 1889) enthalten ist, S. 152 von Stoltze:

«Auf die Dialectdichtung kam er durch seinen Lehrer, Professor Textor, den Verfasser des »Prorector« , des ältesten Frankfurter Lokalstöckes. Als dieser wahrnahm, wie sehr sich sein Schüler seines Werkes freute, und wie eifrig er sich im Dialecte übte, unter- richtete er ihn im Frankfurter Idiom, schrieb ihm eigens ein Wörter- buch und eine kleine Grammatik und führte ihn so eifrigst in Geist und Wesen der Sprache der geliebten Vaterstadt ein.«

Friedrich Karl Ludwig Textor war am 15. November 1775 zu Frankfurt geboren als Sohn des Schöffen Dr. jur. utr. Johann Jost Textor, des Bruders der Frau Rath Goethe', und dessen Gattin Maria Magdalena Möller. Am 28. April 1784 wurde er in die Sejtta des Gymnasiums aufgenommen und hat dieselbe noch im Sommer 1786 besucht, da bei der damaligen Herbst^Progression die Ehre der Dedamation ihm als Sextaner zu Theil wurde. Auch sein weiteres Aufsteigen im Gymnasium muss nicht ganz regelmässig gewesen sein. Seit dem Herbst 1791 war er in Secunda, wo er noch 1793 im Sommer sich befand, und in welcher Klasse ihn am 19. Sept. 1792 der Tod seines Vaters traf. Dass er einmal zeitweise von der Schule weg war und später wieder eintrat, lässt sich aus den entsprechenden Worten des Stückes schlicsscn. Wann er die Schule definitiv ver- lassen hat und auf welche Hochschule er sich zuerst gewendet hat, lässt sich nicht angeben. Im Herbst 1797 ward er zu Tübingen (vielleicht im ersten Semester stehend) immatrikulirt. Im Mai 1800 machte er dort seinen juristischen Doctor und habilitirte sicli gleich als Privatdocent. Im Jahre 1805 verheirathete er sich mit einer

». Die Vcticrscb.ift scheint von Go«tlu» Sehe nfcht sehr gepflegt werden zu •«ein; Jic einzige Beziehung bicicn die Worte (Joethes :uis einem Briefe an R.uli Schlosser in Frankfurt von lahrc i8il dar : des Herrn Prolcssui l exior in I'übingcn werde ich nicht ennangeln, gehörigen Orts zu gedenken (Frese, Goetlie- Briefe aus Fiitx Schlossers Nachlasse, Stuttgart, 1B77, S. 41). Eine Folge ßlr den in be- drängte Lage geratbenen Textor hat dieser gute Vorsatt Goethes anschdnend nicht gehabt.

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Tübinger Kaufmannstochter Sophie Friederike Gess» die ihn mit zwei Söhnen und einer Tochter beschenkte, im Jahre 1815 aber bei einer unglücklichen Entbindung das Leben einbüsste. Bald nach seiner Verheirathung bewarb er sich ohne Erfolg um eine ausserordentliche Professur: die Fakultät sprach sich gegen seine Ernennung aus, da er noch nichts geschrieben, sich auch im »praktischen Fach« nodi nicht geübt habe, wenn auch seine Vorlesungen nicht ohne Beifall geblieben seien (Düntzer, Das Geschlecht Textor, Grenzboten 1888, II, 278 if. nach Mittbeilungen aus Tübingen). So wenig wir dem Einwand der Fakultät bei den damaligen verknöcherten Universitats- verhähnissen einen gerechten Vorwurf gegen Textor entnehmen können, so sehr spricht der Beifall, den seine Vorlesungen nach diesem Zeugnisse fanden, für seine Leistungen: er glaubte seiner Wissenschaft besser zu dienen, wenn er sie in lebendigem Vortrage den Zuhörern nahe brachte, als wenn er die damals schon übergrosse Zahl der Compendien um weitere Exemplare vermehrte. Bis 181 j war Tcxtor in Tübingen geblieben, aber die Privatdocentenwurdc und die später doch erlangte ausserordentliche Professur hatte, bei dem Rückgange den die Universität während der langen Kriegsperiode n.iliiu, die Zubusse seiner ganzen elterlichen Erbschaft gefordert, und als Tcxtor am 5. Juli 181 3 den Eid als Advocatus Ordinarius in setner Vaterstadt leistete, sah er sich lediglich auf seinen Verdienst als solcher angewiesen. Wenn auch unter normalen Verhältnissen bei haushälterischer Einschränkung derselbe auiveichend gewesen wäre, die Familie zu ernähren, so ging bei der grossen Zerrüttung des Wohlstandes der gesammten Bürgerschalt durch die lange Kriegs- zeit kaum die Hälfte der ausstehenden Gebührenforderungen ein, und Textor verstand es nicht im mindesten, seine Ausgaben den Ein- nahmen anzupassen, ja er brachte es sogar nie dazu, über seine aus- stehenden Forderungen Buch zu führen, und das raschere Eingehen derselben energisch zu betreiben. So sah er sich denn im Jahre 18 r6, aU durch den Tod seiner Frau sein häusliches Glück zur Rüste gegangen war, auch zugleich dem völligen wirihschaftlichen Ruin gegenüber. Der erkannte Concurs bedeutete auch die Aufgabe seiner advocatorischen Praxis.

Doch geistig ungebrochen ^ini! er aus der wirthschaftlichen Niederlage hervor. Durch »ünterrichts-MrtlK iliing in deutscher, römi- scher und griechischer Sprache und den damit in Berührung stehenden Fächern« haue er sicli, wie er selber sagt, bald »eine wiewohl kärgliche, doch sichere Existenz m.L;rüiidet«, die ihn m den Stand setzte, für sich und seine bescheidenen Bedürfnisse zu sorgen, während die

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Sorge für die Kinder durch seine Verwandten, namentlich seine Schwester, ihm abgenommen wurde.

Ich rouss mir versagen, Einzelheiten ans dem Leben des geistig bedeutenden, aber durch seine herben Schicksale eigenartig und sonderbar gewordenen Mannes anzuführen. Seine geistigen Interessen in den letzten Lebensjahren hatten ihn ebenso weit von der Juristerei wie von der Lokaldichtung abgezogen : er ertheilte in den alten Spra- chen, in der Geschichte und Geographie Privatunterricht und er arbeitete zuletzt an einer Weltgeschichte, die unvollendet blieb und fbr die er vergebens einen Verleger gesucht hatte (Duntzcr a. a. O., nach Mittheilungen aus der Familie); die gewaltigen politischen Um- wälzungen, in die seine jQnglings- und Mannesjahre gefallen waren, die herben Schicksale, die er selbst an sich erfahren hatte, mochten ihn zu der seinem Studiengang und seinem praktischen Berufe so wenig entsprechenden Arbeit angeregt haben. Wir haben es in dem Dichter Textor nur mit seiner Jugendentwicklung zu tfaun, und in dieser zeigt er sich ganz als typisches Bild eines genialen Schlingels, wie es so oft unter dem Einflüsse einer laxen häuslichen Zucht gegenüber einer überpedanttschen und vor lauter Buchstaben- gelehrsamkeit zum Sterben langweiligen Unterrichtsmethode sich dar- bietet. Der frühe Tod des Vaters war Textors Verderben. Es fehlte die starke Hand, an der er sich aus seiner jugendlichen Unbedachtsam- keit emporhelfen konnte zu einer geordneten bürgerlichen Thätigkett. Sein reiches väterliches Erbe ermöglichte ihm, seinen genialen Nei- gungen nachzugehen, ohne auf den Erfolg seiner Leistungen bedacht zu sein, bis es zu spät war, und er in langen, entsagungsvollen Jahren es büssen musste, da&s er in einem kurzen Zeiträume äusserlichen Wohlseins und auch wohl innerlicher Befriedigung mehr durch Ver- sänmniss als durch Handeln sein Lebensglück aufs Spiel gesetzt hatte. Professor Textor starb am 31. Dccember 185 1 als Pfründner der Brönnerschen Stiftung im Senckenberg'schen Bürgerspital.

So viel über den Autor. Wie haben wir uns aber die Entstehung der beiden verschiedenen Redactionen seines Werks zu denken ? Wie wir schon sahen, war die ursprüngliche Abfassung zwar nicht direct gleichzeitig anzunehmen, aber wir dürfen sie uns auch nicht viel später als die Ereignisse denken. Kacli allem gehört daher das Stück noch Textors Schülerjahren an, als das Interesse an den durch- lebten Scenen noch ein reges war und noch keinerlei Rücksichten den übermüthigen Jüngling fesselten. Dieser frühen Abfassungs- zeil entspicht auch, svie schon hervorgehoben win de, die Handschrift der Prorectoriade, die den unverstünmielten Text darbietet. Schon

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nach wenig über lo Jahren dagegen, im Jahre i8iü, tiiiden wir bereits den verstürnniLhcn Tcxr als ganu und gäbe. Der Autor, der •wahrend der Zeit in Tübingen lebte, hat M^her nicht selbst die H.md an sein Stück gelegt, hat sich wohl überhaupt in jenen Jahren um diese lugendarbeit nicht bekümmert. Also wird wohl ein anütrer die Verstüm- melung vorgenommen haben, und zwar können wir den 1 hater in Frank lurts Schülerkreisen selber suchen. Nicht dass ich auf irgend eine bestimmte Persönlichkeit Verdacht iiäite! Ich schliesse es nur .Ulli der An der Verstümmelung. Von den Schülern, »die in allem ihr Pflicht so verkennen«, sind nämlich bei der Verstümmelung Rössing und V. Holzhausen gut weggekommen. Es sind alle Scenen und Redensarten gestrichen, die ein unangenehmes Licht auf jenen werfen könnten, von letzterem ist die einzige Scene, in der er auftritt, eben- falls ausgelassen, da sie nicht zu seinen Gunsten sprechen konnte. Cui bono? Nun ich glaube zur grösseren Sicherheit der damaligen Verbreiter des Stücks, der Primaner und Secundaner des Frankfurter Gymnasiums, die fär den Fall der Abfassung mit der verbotenen Waare, der Sache in etwas die Spitze abbrechen wollten. Denn Rössing sowohl wie v. Holzhausen waren inzwischen angesehene Leute geworden, deren Amt und gesellschaftliche Stellung vielleicht zu einer schärferen Ahndung im Falle der Abfassung gefobn haben würde. Auf Stark war diese Rücksicht nicht so zu nehmen, ebenso nicht auf Fresenius und Behrends, denn diese erschienen durch das Stück nicht so compromittirt wie jene* beiden.

Wegen der anderen im Stücke erwähnten Schuler brauchte man keine so grosse Rücksicht zu nehmen.

Kissewetter, Anton, Sohn des Hutmachers Joh* Conr. K., war, obwohl ein Jahr jünger, an demselben Tage mit Textor in die Sexta des Gymnasiums aufgenommen, und hat das Gymnasium ganz durchgemacht. Er starb bereits 1806 als Advokat.

Fresenius, Jacob Heinrich Samuel, Sohn des Pfarrers F. zu Homburg (Bruder des späteren Pfarrers Remigius F. zu Frankfurt), geboren den 17. Oct. 1780. Ostern 1787 in das Gymnasium aufge- nommen und Herbst 1789 noch in Quinta, Ostern 1792 noch in Tertia. 1797 wird er wie Textor in Tübingen als Stud. jur. immatrikulirt, am 4. Nov. 1801 leistete er den Eid als Advocatus Ordinarius zu Frankfurt. Starb 1864.

Mohr, Johann Jacob Christian Benjamin, trat im Herbst 1784, sechsjährig, in Sexta ein, er war drei Jahre jünger als Textor, trat aber viel als Sprecher bei den Progressionen auf, so Ostern 1786 als Sextaner, Ostern 1787 als Quintaner, Herbst 1789 als Quartaner,

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Ostern 1791 als Tertianer, Ostern 1792 als Secundaner. Sein Vater war der Schneidermeister Johann Balthasar Mohr. Er wurde Buch- händler in Heidelberg und starb dort 1854.

Bisch off, Achill Adam, gleichen Alters mit Textor und zu gleicher Zeit in die Sexta eingetreten, Sohn des Küsters Jeremias B., Mitglied des Chors und noch im Jahre also im 25. Lebensjahre, Calefactor des grossen Chors, brachte es endlich zum Glöckner« Adjunkt an der Katharinenkirche und Pedell der Kirchenbuchs- tixpedidon.

Rössing, Joh. Georg, Sohn des Procurator Johann Nikolaus Alexander R., über zwei Jahr jimger als Textor, aber doch schon * ein Jahr früher ins Gymnasium getreten, allerdings um es wieder zu verlassen und erst inSecunda 1790 nieder einzutreten. Seit 1799 Advocat wurde er 1816 Senator. Er starb 1820.

Dahmer, Ludwig, auch schon seit Ostern 1783 in der Schule, Sohn des gleichnamigen Kaufmanns; wurde wie dieser Leinwandhändler.

M 0 Her, in mehreren Handschriften als »dives« bezeichnet, viel- leicht Johann Friedrich, Sohn des Peter Clemens M., der als Kauf» mann SchöfT geworden war. Johann Friedr. wurde 1785 als sechs- jährig in Sexta, dann noch einmal Ende 1787 in Quinta aufgenommen, er wurde Kaufmann und führte unter der noch jetzt bestehenden Firma Joh. F. Müller & Co. eine bekannte Weinhandlung.* Er starb 1861.

Rodaug, Wilhelm Carl, Sohn des Schulmeisters von Peter- weil, am 28. Oct. 1790 in Secunda aufgenommen, etwas älter als Textor. 1793 war er schon in Prima. Als Calefactor gehörte er dem Chor an. Was aus ihm geworden, ist unbekannt.

Bayer, Johann Reinhard (oder Reinhold), Sohn des deutschen Schulmeisters Philipp Heinrich B. Ostern 1787 in Quarta im Alter von 12 Jahren aufgenommen, also älter als Textor, sass er schon Herbst 1790 in Secunda, worin er bis Herbst 1793 aushielt. Im Jahre 1821 erscheint er als Notar, dann als Actuar des Graduirten- CoUegs und Secretair des Zeichnungsinstituts.

Lattich, Johann Jacob, trat, selbst schon 10 Jahr alt, mit seinem älteren Bruder Johann Philipp ins Chor und damit in die Sexta des Gymnasiums ein ; beide so arm, dass sie sich weder Röcke noch Mäntel anschaffen konnten. Von letzterem hön man nicht viel.

' In Betracht könnte nocli kommen N'icolaus Miilicr, nm >. iMai 1787 acht» iährig in Qjiinta aufgenommen, Sohn des Kaufmanns Friedr. Wilh. M. Er lebte spitcr in Reinsdorf und starb schon 1809 dortselbst.

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Johann Jacob wurde Schuhflicker und als Sauerwas$erhändler zum Bürger eingeschrieben.

Kemmeter, Heinrich Christian, Sohn des Friedrich Mathias IC, Pastors in MitteLsinn, nach Frankfurt gekommen durch seinen Oheim, der als deutscher Schulmeister hier thätig war. Er war erst zu Ostern 17 J^re alt, in Secunda aufgenommen. 1801 zum Acccssisten in der Gerichts-Canzlei emaant, starb er bereits 1809, verarmt und verkommen, im BOrgerspital.

Müller, Johann Heinrich, der Calefactor des Stückes, Sohn des Schulmeisters aus Heddernheim, seit Ostern 1791 Schüler der Tertia. Was aus ihm geworden, weiss ich nicht. Der gleichnamige Lehrer an der Musterschule (seit 18 14; f 1845) ^7^7 Meden* bach geboren, kann also unser M. nicht sein.

Starck, Ferdinand Maximilian, Sohn des Advocaten Dr. Job. Martin St., seit Ostern 1785 in Sextn, drei Jahre jünger als Textor, starb 1857 als Senator (seit 1816) und Syndicus.

Schott, Johann Christian, Sohn des Papierhändlers Job. Rudolf Sch. in der Fahrgasse, seit Ostern 1786 in Sexta. Seit 1798 Advocat, verstarb er schon im Jahre 1812.

St eil wag, Christian Gottlieb, Sohn des Kotars Friedrich Job. Lorenz St., seit Herbst 1785 in Sexta, ?:wei Jahre jünger als Textor. auch häufig als Sprecher bei Progressionen thätig, so Herbst 1786 als Sextamer, Ostern 1789 als Quintaner, Ostern 1791 als Tertianer, und nochmals Ostern 1792 als Tertianer. Er wurde Notar, enränkte sich aber im Jahre 1817.

Brinckmann, Johann Jacob, Chorist, seit Ostern 1785 inSexta, Sohn des Hutmachers Johann Geoi>; B. , zwei Jahre jünger als Texior. \It brachte es zum Appellations Gerichtsdiener und Pedell des peinlichen Verhöramts und Hrheber der Wittwen- und Waisenkasse.

Christ, Johann Theobald, Sohn des Johann Balthasar Chr., geb. 1777 1 trat er Ostern 1785 in das Chor und die Sexta ein. 1795 war er noch in Prima. 1797 bittet er als Chorpräfect, dem Gmtor Bismann, für den er nun schon seit einem Jahre thatsächlicli vikarire, als Adjunct zur Seite gesetzt zu werden. Was daraus ge- worden, weiss ich nicht. Christ studirte dann Medicin und promovinc 1802; das von ihm gegründete Christ'sche Kinderspital in der 'I luo baldstrasse bewahrt der Nachwelt treu den Namen des verdienten Arztes. Fr starb 1841.

\'on H o 1 / Ii ;nise n, Friedrich Adolf, Sohn des 179- vcr- .storbcnen Carl Ju&iinian Johann Heinrich Ludwig v. H., Ostern 1783

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sechsjährig in die Sexta aufgcnoniTnen« Im Jahre 1811 wurde er durch innen Unglücksfall auf der Jagd erschossen.

Behrends, Johann Conrad, Sohn des Dr. med. und Arztes Johann Adolf B. Etwa gleichaltrig mit Textor, wurde er im selben Jahre mit ihm in Tübingen als Stud. jur. immatrikulirt. Am }i. Juli 1800 schwur er als Advocat. Seit 1824 gehörte er dem Senat, vorüber* gehend auch dem Stadtgerichte an. Starb 1843,

Falck, Johann Georg, Sohn des Kaufmanns Heinrich Martin F. Er wurde Ostern 1787 erst in Sexta aufgenommen, hat daher die Schule sehr rasch durchlaufen. Er wurde Kaufmann, dann (1834) bürgerlicher Gegenschreiber- Vicar.

Jonas, Johann Philipp, Sohn des Chirurgen Abraham Justus Gerhard J., Chorist, Ostern 1787 in Quinta aufgenommen, starb vor 1810 als gemeiner Soldat.

Guldener, Johann Gerlach, Sohn des Kammmachere Joh. Hector (oder Stephan?) G. Geb. 4. Oct. 1777 und Ostern 1788 in Quinta aufgenommen, Chorist, im October 1792 noch in Tertia, October 1795 noch in Secunda, Ostern 1797 nocli in Prima. Ostern 1798 bezog er die Universität Tübingen, um Theologie zu studiren. Seit 1804 gehörte er als Dr. phil. dem Lehrercollegium der Muster- schule als Hilfslehrer, seit 1810 .ils Lehrer an. Starb 1836.

In dem Bruchstück kommt nur eine Person vor, die wir nicht in der Prorcctoriade finden, der damalige Primaner Feuerbach. Es ist Paul Anselm, der, einen Tag jünger als Textor, durch seine Herbst 1784 nach Quinta erfolgende Aufnahme demselben gleich um eine Classc vorgekommen war. Feuerbachs rechtlicher Sinn, der den späteren Criminalisten in so hohem Grade auszciclmete, zeigt sich auch in dem kleinen, im Fragmente geschilderten Zuge. Auch sein Angedenken lebt in der Feuerbachstrasse in Frankfurt weiter.

Die Hauptperson des Stückes, der Frorector, befand sich zur Zeit, als die älteste datirte Handschrift niedergeschrieben wurde, schon geraume Zeit nicht mehr unter den Lebenden. Er liatte bereits im Jahre 1804 im Alter von 75 Jahren 9 Monaten 27 Tagen das Zeit- liche gesegnet.

Jobann Jacob Gottlieb Scherbius wurde am 28. Dec. 1728 zu Frankfun getauft. Er war der Sohn eines geborenen Türken, »welcher vormals Pery Schcrbi qeheissen, Rescheb Schcrbi eines türkischen aus Palotta in Nicder-Ungarn gebürtigen Aga Sohn, so Anno 1684 zwischen besagtem Palotta und Griechisch- Weissenburg (Belgrad) von einem kaiserlichen Officicr Herrn Pancratio v. Matter nach seinem d.ibci niedergesäbeltcn Vater gelingen, darauf i) nachcr

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Wien» 2) nacher Nfirnberg und 3) nacher Altdorf gebracht und 1690, 18. junt von dem dasigen Herrn Gustav Georg Zeltnem, Pastom, im sechsten Jahre seines Alters laut dessen Attestats geuuft worden.«* Im Jahre 1726 wurde Georg Gottlieb als Buch» und Kupferdnicker- Gesell zum Beisassen aufgenommen und bald darauf vermählte er sich mit der Tochter eines gewesenen Hessen-Casselischen Fähnrichs, Anna Elisabeth Aks.* Der nach anderthalbjähriger Ehe ihnen ge- schenkte Sohn genoss den Unterricht des hiesigen Gymnasiums als Chorschüler und ersparte sich durch seine Einkünfte ak Präfect des kleinen Chors und durch Privatinformationen als Exemter so viel, dass er nicht nur als treuer Sohn seinen durch Altersschwäche am Verdienst behinderten Vater hatte unterstützen können, sondern dass er auch Ostern 175 1 bei seinem Abgange zur Universität Jena, wo er Theologie Studiren wollte, noch ein Sümmchen übrig hatte, um die Kosten des Studiums davon zu bestreiten. Wir empfinden es nur als eine gerechte Belohnung der Sparsamkeit und des löblichen Eifers des angehenden Studio, dass auf sein Ansuchen der Rath dieses Sümmchen durch ein Viaticum von 20 Guklen erhöhte. Hatte sein Gymnasialstudium, wohl vornehmlich durch die Theilnahme am Chor und die Privat- informationen, lange d. h. bis zu seinem vollendeten 22. Jahre ge- dauert, so war auch vrohl aus ähnlichen Ui saclKn sein Studium ein anhaltenderes, als es heutzutage durchschnittlich bei Theologen vor- kommt. Erst zu Dstcrn 1756, also nach vollen fünf Jahren, bittet Scherbius noch als Studiosiis Theologiae bei dem Consistorium um die Zulassung zur Probepredigt in der Nicolaikirche, wo just eine Vacanz entstanden war. Die Zulassung wurde ihm auch praevio exaniine consucto zugestanden, und die Prüfung fand 1111 24. Mai durch die Pfarrer Fresenius, Starck und Schmidt statt. Deren Zeug- niss zufolge hat er »auf die in philoiogicis et theologicis gethane Fragen fertige Antworten gegeben, dergcstalten, dass er auf das allerbeste bestanden und sich zum Predigen sehr würdig bezeiget*«. Trotzdem aber vermochte der Candidat einen praktischen Erfolg mit seiner Predigt nicht zu erzielen. Er sah sich daher einstweilen auf die mühsame und kummervolle Existenz als Privatinformator ange- wiesen, zeigte sich indessen bei dieser Thntigkeit anscheinend als ein guter Schulmann. So konnte denn im M:\r7 1758 das ("onsisio- rium ihn auf seine Meldung hin zum Pracceptor teriiae classis vor-

' (:o(>iilati<'nsbiich, 1726, Jafi 17.

' In Uer Genitivlomi Alssen genannt.

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schlagen, da er »sowohl in Hehraids, Graecis, der Philosophie und Latinität geschickt« als auch »gleichsam zu einem Schulmann gehören« erscheine. Am 6, April 1758 pflichtete der Senat dem Vorschlage des Consistoriums bei. Doch kaum sah er sich im Amte, ak sein Streben gleich höher hinauf ging. Der zum Lehrer der Secunda berufene auswänige Gelehrte leistete diesem Rufe nicht Folge. In einer wohlgezterten lateinischen Eingabe bewarb sich daher Scherbius sofort um die zweite Cbsse und erhielt sie.

Im Jahre darauf starb Conrector Keck und sofort meldete sich in einer fast noch kühner aufgebauten lateinischen Hingabe Scherbius darum, die vacante Stelle einstweilen verwalten zu dürfen (ut mea officia in munere quod vacat administrando vobis, viri excellentissimi, eoquodecet observantiae cultu deferam, procuratbnemque instruendae titterarum studiosae iuventutis ad altiora promotae infimis precibus ezpetam). Dieses Mal aber waren dem jungen Manne, der durch sein bisheriges Glück allzu kühn geworden war, die Väter der Stadt denn doch nicht zu Willen. Rector und Prorector theilten sich vielmehr in den Unterricht des Verstorbenen und empfingen auch die dafür bewilligte Remuneration. Zur Stelle des Conrectors wurde aber cum spe succedendi in rectoratum Johann Georg Purmann berufen.

Die folgenden Jahre brachten für Scherbius' äussere Stellung keine Aenderung. Er hatte sich am 14. August 1758 durch Ver- mählung mit Jungfrau Anna Catharina Elisabeth, Herrn Caspar Gollen- bergs, teutschcn Schulmeisters allhier Tochter, einen eigenen Hausstand gegründet, doch sollte er nur bis zum 7.Dec. 1765 seiner jungen Gattin sich zu erfreuen haben. Am 18. August 1766 schloss er denn zum zweiten Male den Ehebund mit Catharina Elisabeth, Herrn Johann Bachmanns, Bürger-Capiiains und Mitglieds eines löblichen 51er Collcgs, Tochter, die, bei ihrer Vermählung bereits im 24. Jahre stehend, bis zum 19. Xov. 1800 sein Leben theilte. Die diesen Ehen entsprossene Nachkommenschaft übergehe ich hier als für den Gegenstand völlig unerheblich.

Nur über den in dem .Stücke selbst erwähnten Sohn will ich bemerken, dass hierunter vermuthlich ein noch auf der Schule be- findlicher Sohn verstanden werden muss, der im Jahre 1792 von Secunda nach Prima überging.

Eines Vorkommnisses aber aus den sechziger Jahren muss ich vor Allem Erwähnung ihun, da sich gelegentlich seiner in den Acten Bemerkungen iinden, die über Scherbius' Wirken an der Schule, sowie über den mannigfachen Aerger, der sich mit dem Schulamie für ihn verband, Aulschlüsse gewähren. Vor Allem erfahren wir aus dem

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Vorfalle, dass schon damals der Respect der Schüler vor Scherbius nicht gar ^ross «gewesen jiu sein scheint, und dass sein eigenes Ver- halten scum grössten Theil an dieser Thatsache schuld war durch übermässige, oft unbegründete Härte in den Strafmitteln an un- passender Stelle, anstatt einer gleichmässigen, gerechten, doch das GefQhl der Schüler nicht verletzenden Strenge.

Es ist der bereits von Kriegk erwähnte Vorfall des Fenstcrein- Werfens, den ich meine, der hier aber etwas eingehender geschildert werden muss, als Kriegk es (KuUurbilder 139) gethan hat, schon wegen des Analogons, das sich in dem Stücke aus den neunziger Jahren dafür findet. Scherbius klagt am 25. März 1763 dem G)nsis- torium :

i»Da ein hochlöbliches Consistorium nach dem am 2). März a. c. von mir geschehenen mündlichen Vortrag von der zügellosen Dreis- tigkeit einiger Schüler des löblichen Gymnasii, mir den Befehl zu ertheilen geruhet, selbsten einen schriftlichen Aufsatz von diesem Vorgang zu überliefern: so habe solchem Befehl zu gebührender Folge die wahre Beschafl'enheit dieser verabscheuungswürdigen That in möglichster Kürze vorzutragen ohnerniangeln sollen.

£$ war am. 21. dieses, Abends zwischen 7 und 8 Uhr, da ich eben meinen gewöhnlichen GeschälTten abwartete, dass einige un* danckbarc Schüler, deren Namen sich in der einem hochlöblichen Consistorio übergebenen schriftlichen Anzeige des in dieser Bosheit mit befangenen Johann Christoph Stoes befinden, nach schon ver* schiedcncn vorhergegangenen Versuchen ilires ruchlosen Vorhabens auf eine die allgemeine Ruhe und Sicherheit stöhrende Weise sich erfrechten, mit Steinen, davon Ilie 3 gri>stcn nebst oben gedaciiter Anzeige auf ein hochlöbliches Consistorium gebracht worden, nach meinen Fenstern zu werffen , und mich dadurcii in den gröstcn Schrecken zu versetzen. So wenig ich auch die Wiederhol tmg eines solchen Frevels vermuthetc, so gewiss muste selbige zu meiner al>cr- maligen grossen lkstür/ung und Schaden an meinen Fenstern erfahren.

Um die Urheber eines so verhassten Unterfangens zu entdecken, begab ich mich durch die Hofthür auf die Casse* und halte das Glück den vorerwiihnten Johann Christoph Stoes in meine Gew^alt zu bekommen. Der auf dem Weg der Bosiieit ergritlene folgte niir alsobald in meine Behausung, wo er den ganzen Verlauf der Sache auf eben die Weise erzehlte, wie solches einem hochlöblichen Con-

i.

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ststorio von dessen eigener Hand geschrieben übergeben worden. Hierbey habe nicht unbemerkt lassen wollen, dass der Stangen/ welcher gleichfalls einem hochlöblichen Consistorio überreichet worden, eben demjenigen Clemens Apt /.ugehöre» der nach Aussage des Johann Christoph Stoes den grösten Stein nach meinen Fenstern geworffcn haben soll. Wie denn derselbe zu einer andern Zeit nicht nur während des Gottesdienstes an die Thür der 5. Class des Herrn Witlemers einen Galgen geschnitten, sondern auch durcii verschiedene verläumderische Reden andere junge Leute von Besuchung meiner Classe boshafFter Weise abzuhalten bemühet gewesen.

Ebensowenig kann ich die unbesonnene und von der vorigen unterschiedene Auffuhrung einiger Primaner, namentlich Fenner, Klein und Marr des Jüngern, welche durch Bohrung der Löcher in die gemeinschaftliche Thür und andere Unanständigkeiten die Andacht im Gebet und die Aufmerksamkeit beym Lehren und Lernen öfTtcr gestöhret, mit Stillschweigen .übergehen. Es ist dieses Ucbel bey ihnen bisher Icyder zu einer solchen Gewohnheit worden, dass so ofit tdi die gemachte Oeffnungen, »m allem daraus erwachsendem Ucbel vorzubeugen, zumachen lassen, selbige gleichwohl Gelegenheit gefunden, ihr iiiutliwilliges Betragen zu wiederholen. Wie wenig bey so gestalten Sachen der wahre Endzweck meines Amts, wenn diese Uebei nebst der schädlichen Wurzel nicht ausgerottet werden, erreicht weriicn könne, überlasse der erleuchten Einsicht meiner Hochgebieteiukn Herren. Gleich wie Hochticroselben bekannte Ge- rcchtigkeiis-Liebe mich um so weniger cinii^e Weitläutftigkeit besorgen lässt, als die Sache durch eigenes Gestandniss ausser allen ZwciHel geset/.et ist, der ich übrigens Gott anflehe, dass er Deroselben, der Kirchen und Schulen so hochscliätzbare Gesundheit erhalten wolle und mit der unvcrlczlichsten und tiefsten Elirturcht verharre

Euer Wohl- und Hochedelgebohrene, Hochwürdig und liochehrwürdigen, wie auch Hochedeln und Hochgelahrten sonders Grossgünstigen Hoch- gebietenden Herrn

unterthäniger Diener, Johann Jacob Gotilieb Scherbius, Sccundae Classis Collega.« Das Consistorium trat selbstverständlich in solortige Untersuchung der Sache ein. Enthielt doch schon diese blosse Eingabe des Lehrers

Stauchen, Manschette.

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Mj vK.c Beweise dafür, dass seine Autorität einer Stärkung von hochobrigkeitlicher Seite dringend bedurfte, sollte nicht alle Discipiin verloren gehen.

Die Verhöre der ScludLi u)rJc:u LilleriianJ KLi^epuiikte gegen Scherbius zu Tage. Stoes, der Hauptzeuge, sagt : »üiebem Marr habe Scherbius, solange er seine Ciasse Irecjuentirt, allen Tort angethan, und dieses habe ihn zur Revanche bewogen, wie denn überhaupt Herr Scherbius bcy dem geringsten Versehen sogleich drohete, dass er dem fehlenden einen Stein stossen wolle.« Ein anderer Coniplice, der vormals mit Stoes darüber berathen hatte, ob nicht gelegentlich eine mit Pulver gefüllte Granate in den Ofen der Secunda geworfen werden sollte, hatte als Grund zu diesem geplanten Unfug angegeben, »dass ihnen Herr Scherbius so scharffe Predigten hielte.«

Wegen des Löcherbohrens m die Thür nach Prima sagte Stoes, es sei angeAttigen »sobald Herr Scherbius in secundani gekommen sei«.

Klein gibt als Grund des beabsichtigten Fenstereinwerfens an: »die vielen Kindereyen, so Herr Scherbius in Secunda getrieben und dann, weil er bei dem geringsten Versehen sogleich gedrohet, einen Stein zu stossen.« Die Kindereien erklärte er dann auf Befragen durch »das den ganzen Tag angedauert habende Certircn, femer dass Herr Scherbius vor etliche in der Thür zwischen Prima und Secunda befind* liehe kleine Löcher einen Vorhang hängen lassen.«

Scherbius selber» »zu mehrerer Aufheiterung der obschwebenden Untersuchung« vor das Consistorium geladen, sagt auf die Frage, »ob er bei dem geringsten Versehen oder Vergehen seiner Schüler drohe, dass er ihnen einen Stein stossen wolle«: »die Fehler des Verstandes habe er sehr oft pardonniret, weil er aber auch bei ver- schiedenen grose Malice wahrgenommen und Warnungen nichts helflTen wollen, habe er sich endlich genöthigt gesehen zu drohen, dass er die Sache höbem Orts anzeigen würde. Den terminum vom Stein stossen habe er niemals gebraucht«. Ueber Klein und Marr befragt sagt er: »Er habe gegen keinen Menschen einen Hass, er könne aber nicht leugnen, dass, da sich diese beyde Schuler jeder- zeit sehr boshaft aufgeführt, er freyhch auch genöthigt gewesen, sie öfHers zu bestrafen.« Leber das Ceniren sagt er: »Habe es zwar einstmalen gethan um das Plaudern zu verhüten, weilen er aber ge- sehen, dass es ntclits geholffen und sie noch hartnäckiger worden, habe er es wieder eingestellt.«

Diese Aeusserungen lassen nicht auf eine geordnete DiscipHn, vor allem nicht auf eine gleichmässige und gerechte Behandlung der Schüler, die erste Grundlage einer guten Zucht, schliessen.

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Die Remedur, die hochlöbliches Consistorium eintreten liess» bestand für die ergriffenen Uebelthäter in einem Verweis und 4, 3 und 2 Wochen gefilnglicher Haft auf der Hauptwache bei Wasser und Brod ; der Haupträdelsföhrer hatte sich aus dem Staube gemacht.

Was die Strafen nutzten» das sehen wir aus einem nach wenig Wochen vom G>nsistorium niedergeschriebenen Visitationsprotokoll. Das Löcberbohren in die Thür zwischen Prima und Secunda hatte trotz des davorgehängten Vorhangs nicht nachgelassen, es fanden sich wieder neue Löcher an ungeschützten Stellen, und Herr Scherbius klagte auch dariihcr, dass zwei der Missethäter nach ausgestandenem Gefängniss seine Preces gar nicht oder doch nur sehr sehen be- suchten, einer derselben aber im Vorbeigehen »den Hut mit der grösten Effronterie sitzen lasse«. Man verwies ihnen das mit der Erinnerung, »dem Herrn Scherbius ja nicht sein Amt schwer zu machen oder aber zu gewärtigen, dass seine Autorität von Seiten des Consistorii durch fernere ihnen ohnbeliebige Mittel werde unter- stützet werden«. Was würden wir heutzutage von einem Lehrer halten, der in solcher Weise von den höchsten Behörden in der ihm zustehenden Autorität künstlich erhalten werden muss?

Was die bei allen Gelegenheiten hervorbrechende Härte betrifit, so beruhte sie entschieden auf einem angeborenen Mißtrauen, das auch der Collega quintae Classis Willemer bezeugt , indem er schreibt: »Was Herrn Collegani Scherbius anlangt, so ist er voller V'oruriheile und trauet ausser dem Herrn Zinck, mit welchem er wahrscheinlich zum Nacluheil meiner, der III., und der VI. Classe in nexu steht, Niemand.«

Ks st.imnu diese Aeusserun^ aus einem längeren Gutachten Willemers, und will ich es auch, bei der nicht ganz sinceren Art dieses Mannes, seine Sachen zu vertreten, nur hcTreiTs des bezeugten Misstrauens heranziehen, denn über den behaupteten Ncxcs sagt der College Zinck, Willemerb hauptsächlichster Gegner,: »Sobald Herr Willemer in quintam kommen war, so ersuchte er mich, ich möchte mit ihm gute hreundschalt halten, und wenn ich dieses thate, so könnten wir unsere beyde Classen in gutem Stand erhalten, die andern aber, besonders den Herrn Scherbius, welcher damals in Tertia war, drücken. Als ich aber mit dergleichen ordnungswidriger Bedingung diese IVeundschaft nicht eingehen wollte, so drohete er mir alsbald, dass er es sodann mit dem Herrn Scherbius halten, und mich drücken würde, dass ich es empfinden würde. Den Herrn Scherbius hat er auf gleiche Art um seine Freundschaft angesprochen, wie derselbe nicht läugnen wird, welcher aber eben so wenig als ich

in seine Freundschaft mit gedachter Bedingung sich hat einlassen wollen, soviel mir davon bewasst ist.«

Das können wir aus diesem Geständniss entnehmen: Wenn auch ScherbiüS oft ungerechtfertigtes Misstrauen gegen Collegen wie gegen seine Schüler gehegt haben ma^, eine unmoralische Hand- lung war ihm nicht zuzutrauen. Diese Ueberzeugung schöpfen wir auch aus seinen eigenen Worten vom Jahre 1764, als das Consistorium von ihm und allen anderen Collegen ein Gutachten forderte über die Mängel des Gymnasiums und deren Abhülfe. Seine edle Auf- fassung des Scliulberufs weswegen ihn das G)nsisioriuni früher einen geborenen Schulmann genannt haben mochte erhellt daraus, aber in sachlicher Hinsicht und nicht minder in formeller und stylistischer erscheint das Gutachten geradezu als eine kostbar possir- liche Antwort auf des Consistoriums Frage, durchaus nicht auf der Höhe ihrer Zeit stehend. Sie lautet:

»Ein hochlöbliches Consistorium haben sich schon um das hiesige Gymnasium, dessen blühenden Wohlstand Hochdieselben durch die ßcfördcrung der besten Mittel /u erhalten suchen, so sehr verdient gemacht, dass Jedermann, der Verdienst schätzet, sich für verbunden achtet, Hochdenenseiben d.ifiir den schuldigsten Dank zu widmen. Und ich verehre noch in dankbarstem Gedächtniss und preise die edelste Art der Bemühungen, die Hochdieselben in Absicht meiner bei dem letzten ]-enster-V'orf;tll anzuwenden geruhet, der ihr Haupt erhebenden Bosslieit durch eine gemasse Züchtigung Schranken zu sei/cn, und d.idurch Kuhc und Ordnung zu bewürken.

Anitzt .ibcr zoii;et sich auch noch Hochderoweise Sorgfalt in ihrem vulligL-n Glanz in der L;n;idi_L;cn Aufmerksamkeit auf die ander- \veiii,L;e M.ini^el , wodurch der l'lor und Wachstlium des Gymnasii gehemmet wiui. Da Ilcicluliesclbc luiii eine nähere Nachricht cin- zuzielicn 1 lochgenei^st bcnuilict sind un^i dahero auch einem jeden Collegen von den Mangeln die geliörii^c Hr(itVnuni; zu thnn aufge- tragen, so habe mich veranlasset befunden aut dero gnadiijsTen Befehl folgendes kürzlich einzusenden, dabei ich mich denn für diesmal bloss dahin einschränke, dass ich nach dem Begriff, den ich jetzo davon habe, mich äussern werde. Ich bemerke hierbcy zum Voraus, dass der Verfall unseres Gynmasii bev weitem nicht so gross, und die Anzahl der frequeniirenden lugend nicht so gering, als es in der Stadt zu unserem Nachrheil hin und wieder verbreitet worden ist; es scy denn, dass man die zwo untersten Glasten ausnimmt, welche fast zu allen Zeiten die /ahlreichsten gewesen, die aber jetzo nicht so frcqueni mehr seyn sollen.

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Was min die Ursachen, welche übcrli;iupt den gröscrn Zuwachs der Schüler unseres Gymnasii würkHch hindert, anbetrift, so kann ich nicht die zuverlässigste davon anfuhren. Soviel aber lässt sich vermuthen, ddss eben die Ciagen mö<>ea bey uns gegründet seyn, welche andere hohe Schulen berühmter Städte und Academien, welche die Gymnasia als ihre Quellen anzusehen haben, seitdem das Kriegs- feuer ausgebrochen ist, im Munde fuhren.

Zu diesem vergesellschaftet sich noch, welches nicht wenig bey- trä|>t, und das nach meiner geringen Einsicht nicht leicht als durch die Zeit, die alles ändert^ kann geändert werden, die frühzeitige und häuBge Erlernung der französischen Sprache, welche als der Grund aller zeitlichen Wohlfart mit Hintenansetzung der übrigen nöthigen Wissen- schaften heutzutag angesehen zu werden pfleget. Da nun die Be- mühung, dieselbe zu erlangen, anizo sehr hoch gestiegen, so darf es niemand wundern, dass Plätze der Classe, die sonsten wurden besetzet worden seyn, leer sind.

So kan auch sehr viel zur Verminderung der sonstigen zufälligen grossen Anzahl Gymnasiasten beigetragen haben, die unzehlige Andichtungen, derer man sich pflichtvergessen bedienet, unser Amt und guten Namen ohne Unterscheid zu beflecken. Ob nun gleich die vieirdttigc Verläumdungen, die ausgesäet worden, auf einen schlechten Grund gebauet sind, so hat es doch die Wflrkung, dass Eltern ihre Kinder in das Gymnasium zu schicken Be- denken tragen.

So viel von der Sache des Gymnasii, ich mache daraus den Schlüss, da dieses Ursachen sind, die ausser uns sich befinden, dass ein jedweder unter uns selbst sich mit Anstrengung aller Kräfte zu beeifern habe, die ihm anvertraute Jugend als eine Sache Gottes an- zusehen, ihr nach allem Vermögen vorzustehen, so viel an einem jedweden ist, eine wahre Eintracht und nngeheudielte Liebe blicken lasse, so wird alsdann der Segen des Höchsten nicht aussenbleiben und das Gymnasium im besten Flor blühen.

Noch eins kann ich, ehe ich schliesse, nicht übergehen, nemlich den Allerhöciisten für Hochderselben Leben und seegensvollem Wohl- ergehens anzuflehen wegen des väterlichen Augenmerks, so Hoch- dieselben auf unser Gymnasium gerichtet, das vielen Städten und Orten die brauchbarste Leute, deren Tugend und Geschicklichkeit nie einen Ausfall gelitten , gegeben hat. Ich aber füge diese eintzigc unterthänige Bitte noch hinzu, dass Hochdieselbe dero mir unschätzbaren Gnade noch ferner beybehalten mögen, als wie ich in alierschuldigster Ehrerbietung versichere, alle meine

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Kräfte zum Vortheil der mir jinvertrauten Jugend anzuwenden und zu verharren

Euer Wohl- und Hochedelgeboren unterthäniger Diener etc.«

Kann wohl dem G>nsistünum, dem es um sachliche Vorschläge zu thun war, wie dem verfallenden Gymnasium aufzuhelfen sei, mit der Einreichung deraniger Gutachten irgend gedient gewesen sein?

Die Vorschläge der anderen CoUegen des Gymnasiums, be- sonders auch des Conreaors Purmann ermöglichten die neue Gym- nasialordnung von 176;, der bald 1766 die Emeritirung Albrccbts und sevat Ersetzung durch Purmann folgte. Scherbius erhieh bei dieser Gelegenheit den Titel des Prorectors, ohne in die damit sonst verbunden gewesenen GebaltsbezQge einzuröcken, da einstweilen Rector Atbrechts Pension die Möglichkeit hierzu benahm. Erst nacb Albrechts Tode gelang es Scherbius , und auch nur durch eine eigene Eingabe, in den wirkliciicn Gcnuss des Gehalts als Prorector zu kommen. Es bedeutete das eine Steigerung seines festen Gehalts von 400 Gulden auf 600 Gulden. In dieser Stellung verblieb er nun, bis er im Jahre 1798 um seine Hmeritirung einkam. Die Hingabe, worin er diesen Antrag stellte, ist uns nicht mehr erhalten, wir kennen nur die Gründe, die er dafür angeführt hatte: »Er habe bereits das 70ste Jahr erreicht, auch schon 41 Jahr sein Amt treu und red- lieh verwaltet; die Last der Jahre und das damit verknüpfte Unver- mögeti des Geistes und der körperlichen Krähe drückten ihn sehr, so dass er seinem Amte niciit mehr mit der gehörigen ehemaligen Lebhaftigkeit und erforderlichen Thatigkcit vorzustehen vermöchte. Alle diese mit einem so iiolien Alter verbundenen körperlichen Leiden hätten bei ihm schon seit mehreren Jahren Abgang der Vermögens' kräfte, Mangel des Gedächtnisses, Schwäche der Augen u. s. w. bewirkt, welche ihn zur Erfüllung seiner obhabeuden schweren Amtspäicluen ganz unfähig machten.«

Das Gesuch wurde genehmigt, ja, wie man anzunehmen berechtigt ist, gerne genehmigt. Hufnagels Begutachtung desselben Hest sich geradezu wie ein unausgesprochenes: Gott sei Dank. Er sagt u, A.: »Erhält also der gegenwärtige Herr Prorector Scherbius, was ihm so sehr /u gönnen ist, auf seine Bitte die hochohrigkeitliche Ent- lassitn«^ von seinem Anne, so hat er allerdings noch Jas Verdienst, gerade zu dem Zeitpunkte eine der bedeutendsten Gvmnasiumsstellen niederzulegen, wo sie wieder unvergleichlich wird besetzt werden können;« und weiter; »da nun zu aller Zeit, und jetzt vorzügUdi

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von dem guten Zustande des Gymnasiums so viel abhängt, gerade die beiden Ordnungen des jedesmaligen Prorectors und des dritten Lehrers die entscheidendsten für Jünglinge sind, und eben jetzt beide mit Männern besetzt werden können, welche SchuUEifer, Schul- Kenntnisse» Schul-Erfahrungen und Schul-Verdienste worunter das einer' guten DiscipHn vorzüglich zu. schätzen ist in so vorzüglichem Grade besitzen: so bin ich überzeugt, dass unsere verehrliche Obrig> keit und Bürgerschaft den Augenblick segnet, wo bei dem grösseren Aufwände, selbst im drückendsten Zeitpunkte, doch ein alter Lehrer beruhigt, und das beste des ganzen Gymnasiums, wie es nicht zu jeder Zelt geschehen kann, aufs wirksamste befördert wird.«

Ich denke, man braucht hier kaum zwischen den Zeilen zu lesen. Textors Werk hatte vielleicht schon das seinige gethan, um die Disciplinlostgkeit des Unterrichts oflen vor Augen zu stellen.

Noch einmal wandte sich der Scheidende an das Omsistorium, um seinen Dank auszusprechen für die ihm gewährte Entlassung.

»Euerer Hochwohl- und Wohlgebomen Hoch- und Hoch-Ehr- würden haben meine gehorsamste Bitte um Versetzung in den Ruhe* stand nicht unerhön gelassen, sondern derselben die günstigste und wirksamste Richtung zu geben und meine Wünsche durch Hoch- dero vielvermögende Verwendung zu unterstützen huldreichst geruhet. Diese gnädige Entschliessung , welche Hoclidieselben in Hinsicht meiner Person zu fassen grossgünstigst beliebet haben, war t'ür mich von so kraftvollem und erwünschtem Nachdrucke, dass nicht nur der Gegenstand meiner Besorgniss gehoben, sondern mein Anliegen mit dem glücklichsten Erfolge einer gnädigen Willfahrung auch von Seiten eines HocliLcllcn und Hochweisen Raths bekrönet wurde. Hochdenselben habe ich es dieseninach zu verdanken, dass mein Gesuch auch bey dieser hohen Behörde seinem ganzen Umfange nach nicht unerhöret geblieben und alles dieses konnte nicht anders als die süssesten Hmptindungen einer völligen Zufriedenheit und des ungcheuchelten und unbegränzten Dankes bey mir erwecken. Ja ich würde gewiss meinem nicht unemptindlichen Herzen alle Beruhigung versagen, wenn ich die vollste Gefühle der reinsten Dankverptlichtung bei dieser Gelegenheit zu unterdrücken vermöchte. Es sey mir daher vergönnet, für die ini bezweifelte Merkmale Hochdero Gnädigen Ge- sinnungen, die ich ihrem ganzen Gehalte nach so innig empfinde, anjetzt Eueren Hochwohl- und VVohlgebornen Hoch- und Hoch- Ehrwürden meine reinste und feurigste Dankbegierde an den Tag zu legen und den gefübitesten , wärmsten Dank andurch abzustatten.

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In dieser aufrichtigsten Gesinnung werde ich nie aufhören meine redliche Wünsche zu dem Allerhöchsten für Hoch- und Wohl- deroselben respective Hochnnsehnliche Häuser dauerhafte und be- glückteste lirhaltung zu schicken und den Allmächtigen anzuflehen, duss er Hochdieselben in seinen heiligen Schutz nehmen und unter dem Schirme und Fittigen der allwaltenden \'orsehung gnädiglich behüten wolle. Der ich bis an das Ende meiner Tage in unbc- bcschränktcr tiefster Ehrfurcht verharre

Euer Hoch wohl- und Wohlgebornen, Hoch- und Hoch-Ehrwürden treu gehorsamster Johann Jacob Gottlieb Scherbius Prorector Gymnasii emeritus.«

Sechs Jahre konnte der Prorector, wie es Hufnagel ihm ge- wünscht hatte, »frey von öffentlichen Geschäften der Ruhe geniessen«, dann ging er am 24. October 1804 zur ewigen Ruhe ein.

Seine Silhouette, die den Druck von 1859 zierte, will ich hier wiederholen, anstatt der zwei Zeilen aus dem Stück jedoch die Unterschrift aus der Eingabe des Jahres 1771, die ich obenerwähnte, darunter setzen.

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Dem Lehrer, wie den Schülern, denen ich die voraufgegangenen Zeilen widmete, bin ich es in gleichem Masse schuldig, über das Gymnasium zu Frankfurt zur Zeit der geschilderten Vorgänge, über seine Einrichtungen, Lehrplan, Lehrart und Schulzucht, soweit sie nicht schon Berücksichtigung gefunden haben, kurz zu berichten. Gar manches, was uns in den Stücken als im höchsten Grade auf- fölligy i^ls geradezu beleidigend entgegentritt, findet seine ent- schuldigende Erklärung in den damals herrschenden Schulverhältnissen ; was wir als Missbräuche anzusehen geneigt sind, erschien jener Zeit als ein Fortschritt gegenüber noch üblerem früheren Gebrauche.

Ich lege dieser Darlegung zumeist die schon erwähnte Gym- nasialordnung von 1765 zu Grunde, füge aber an geeigneter Stelle gleich die bis 1793 eingetretenen Veränderungen und Nachträge, sowie auch einige in den Archivactcn enthaltene Urtheile von Zeit- genossen über die damaligen Zustände ein.

Eigenen Urtbeils kann ich mich um so eher enthalten, als es mir ja einerseits zumeist nur auf eine Erklärung der in dem Stücke berührten factischen und rechtlichen Verhältnisse der Schule an- kommt,* und als andererseits bereits Kriegk in seinem Aufsatz in den deutschen Kulturbildem: »Goethes Lehrer, der Rector Albrecht«, das Gymnasialwesen Frankfurts im vorigen Jahrhundert einer kritischen Betrachtung unterzogen hat, auf die hinzuweisen ich mehrfach Ge- legenheit haben werde.

Das Schullokal der damaligen Zeit kann ich ebenfalls als be- kannt voraussetzen. Das Neujahrsblan des Vereins für das Jahr 1870 belehrt uns zur Genüge darüber, dass es die Klostergebäudc, namentlich aber der Kreuzgang des ehemaligen Barfüsserklosters waren, in denen sich d.is Gymnasium, wie auch ein Thcil der Lehrerwohnungcn be- fand, und dass an der Stelle derselben jetxt J is alte Börsengebäude steht, während die 1833 vollendete Paulskirchc die Stelle der 1786 abgerissenen und seitdem im langsamen Neubau begriffenen Barfüsser- kirche einnimmt.

Das Gymnasium bestand zur Zeit der Handlung der beiden Stücke aus sechs Gassen, von Soxtn bis Prima, wie heute noch ; nur mit dem Unterschiede, dass Sexta, Secunda und Prima zwei- jährige, Quinta, Quarta und Tertia andenhalbjährige Curse hatten. Von der Aushaltung dieser Zeit konnte aber »der grosse Fleiss eines

* Dass ich nidit bei alten EiiUEcIhdtcii Auf das StQck verwiesen habe, wird man mir, denke ich, Dank wissen, da die Darstellung darunter nur gelitten haben wfirde.

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Schülers, oder von den Eltern oder VormQndem vorgebrachce und triftig befundene Grunde« entbinden. Ebenso aber konnten audi die Unfleisstgen Ober die festgesetzte Zeit in den einzelnen Classen sitzen bleiben, oder auch gar in eine niedrigere Classe zurückversetzt werden, was die Consistorialordnung allerdings als eine öffentliche Beschimpfung bezeichnete.

Nach dem zweijährigen Besuche der Prima kam dann noch ein einjähriger, oft aber auch zweijähriger Besuch der Schule als Ezemtus hinzu. Solche Exemten besuchten nur för gewisse Fächer, nament- lich die Sprachen und Religion, die Prima und erhielten daneben in eigenen Stunden Unterricht in Rhetorik, Philosophischer Propädeutik, Literaturgeschichte sowie Griechischen und Römischen Alterthflmem. Die Schulordnung schreibt vor, dass niemand eximin werden solle, »der nicht im Stande wäre, das nöthige von bekannten Sachen mit ziemlichem Latein vorzubringen und ohne langen Bedacht und merk* liehen Anstos herauszureden, auch sine vitiis et a latinitate abhor- rentibus phrasibus, Germanismis et Soloecismis ex tempore zu schreiben«, allein 17S2 stellt der Senior Mosche den damaligen Exemten das Zeugniss aus, dass die meisten unter ihnen soweit zurück seien, »dass sie kaum einen leichten lateinischen Autorem lesen und exponiren können.«

Das war der allerdings klägliche Erfolg eines 10 bis 1 1 jährigen Gymnasialstudiums. Dass es sich später nicht gebessert hatte, zeigt ein Gutachten des Consistorialraths Pfarrer Zeitmann aus dem Jahre 1798, in dem er u. A. sagt:

»Man ordne und unterscheide nur die Schüler nicht nach ihrem Verlangen, sondern nach ihrer Fähigkeit. Man setze nicht einen jeden in eine Classe, in welche er will, man entferne grosse und er- wachsene Leute, die noch nicht decliniren können, und zum Studiren ganz untauglich sind, von dem Gymnasio, und verweise sie an deutsche Schullehrer, anstatt man sie zum Verderben des Gymnasii, sogleich, weil solche Idioten gross und erwachsen sind und es be- gehren, in Primam oder Secundam setzet, und durch sie jüngere, Äeissigere und dem Studiren gewidmete Schüler aufhält und ärgert so werden gar bald viele Unordnungen wegfallen und das d^yo^ des Gymnasii bestehen und erhnlten bleiben.«

Mit der hier getadelten falschen Setzung der Schüler hatte es folgende Bewandniss.

Der Eintritt in die Schule geschah der Regel nach in Sexta, gefordert wurde in dem l alle weiter nichts als die Kenntnis-^ des Deut&chlescns und die Aniangsgründc des Sclireibens. Schüler, die

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in andere Qassen aufgenommen werden wollten, meldeten sich zu dieser an und unterlagen keiner besonderen Aufnahmeprüfung, sondern nar»derpflichtmässigen und unpartheiischen Beurtheilung desRectors.« Was man aber von dieser höheren Orts zu halten sich berechtigt glaubte, das erhellt aus den Bestimmungen der Schulordnung von 1765 ober die Aufnahme der armen Schüler, die auch der Beurtheilung des Rectors Oberlassen war: »jedoch, wann die übrige Präceptores, insonderheit Conrector und Prorector, verspüreten, dass hierinnen einem oder dem andern Schüler, vielleicht gar aus unerlaubten Ur> Sachen, z. B. wegen hiemit gänzlich verbotener Geschenke, zum Nachtheil anderer favorisirt würde, sollen sie solches unserm Con> sistorio anzuzeigen schuldig sein, das dann die nöthige billigmässige Vorkehrungen zu machen wissen wird.« Es liefen nun auch das kann nicht Wunder nehmen bei der Aufnahme der Schüler mancherlei Ungerechtfertigkeiten unter. Zumeist verlicss sich der Rector zu sehr auf die bei der Anmeldung gemachten Angaben, die oftmals an den von der Anmeldung seitens der Eltern vorher ver- ständigten Öassenlehrem lebhafte Unterstützung fanden, und denen, auch im Falle der nicht vorhergegangenen Verständigung, die Qassen- lehrer um so weniger widersprachen, als ihnen ja das Schulgeld der ihre Ciasse besuchenden Schüler zufloss, und der Zuwachs eines neuen Zahlers ihnen darum nur wiinschenswerth sein konnte. Oder aber, und dieser Fall trat nach den Acten oft genug ein, der Rector hegte eine Parteilichkeit gegen einen der Lelirer, begünstigte dagegen einen anderen, und wies aus diesem Grunde den eintretenden Schüler einer höheren Classe zu, als er mit Recht nach seinen Kcmunissen hätte beanspruchen können. Riet' nun der Neid des benachtheiligten oder sich benachtlieiligt glaubenden Collegen nicht einen Protest gegen den [entscheid des Rectors an das Consistorium hervor (und dieser unterblieb meist wegen der in praxi geringen Aussicht auf Hrf()]g), so hatte es bei der Zutheilung des Neueintretenden zu der für ihn vielleicht völlig unpassenden Classe sein Bewenden. Sass ein «solcher Schüler dann länger darin als die gesetzliche Zeit, oder bedurfte er, um mitzukommen, der privnten Nachhülfe, so war ja beides wiederum nur der Vortheil des bevorzugten Classcnlehrers.

Dass dieses Unwesen aber nicht an der Persönlichkeit des Rectors oder der Lehrer liege, dass vielmehr der Grund des Uebels in dem mangelhaften Besoldungswesen der Lehrer zu suchen sei, hatte schon im Jahre 1770 vorausschauend der Consistoriale Siegner erkannt, indem er in einem Gutachten sagte, dass die passende Auswahl zu den Studien geeigneter Schüler «so kinge ein frommer Wunsch bleiben

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wird, so lang« die Docenten von der Vielheit der Schuler ihren Unterhalt haben«, d. h. so lange das Schulgeld der Schüler einer Ciasse und die sonst von ihnen zu ziehenden Nebeneinnahmen den Hauptbestandtheil des Gehaltes des auf diese Ciasse angewiesenen Lehrers bildete. Und dieses war zu den Zeiten unserer Stücke, und selbst jahrelang nachher noch immer so, und hatten sich daher die von Kriegk in seinem Aufsatze über Rector Albrecht (S. 141} ge- schildenen Missstände trotz eines Verbesserungsversuchs der Schul- ordnung von 1765 noch immer nicht gebessert. Die neue Schul- ordnung hatte Dämlich das promoviren per saltum, wie man es be> nannte, das Ueberspringen einer Classe durch längeres Sitzenbleiben in einer tieferen ein Ende bereitet. Doch war die Zotheilung Neu- eintretender noch immer in die Hand des Reaors gelegt, und so wusste denn auch <^ar bald die Findigkeit Sitzengebliebener, die sich vorwärts schieben wollten, oder derer, die gerne einen bestimmten Lehrer vermeiden wollten, eine Hinterthür zu finden, durch die sie das Verbot der Schulordnung umgehen konnten.

Ein Schüler, der gern eine Clause überspringen wollte, ging ab, nahm Privatunterricht, sehr oft bei dem Lehrer, dessen Classe er verlassen, und der ihm zu diesem Schritte gerathen hatte, und brachte es gar rasch so weit, dass er sich /.u dem gewünschten höheren Coetus aufs Neue beim Kector melden konnte, wobei dann das Zcugniss des Privaünformators, namentlich wenn dieser ein College des Gynmasii war, und die Fürsprache der Kitern, die in diesem l"alle meist wohlhabenden und angesehenen Familien angehörten, der Meldung den nöthigen Nachdruck verliehen. So hatte es nach den Inscriptionsregistern Rössing gemacht, der im Jahre 17S3 in Sexta, im Jahre 1790 dann wieder in Sccunda eingetreten war, und auch Textor scheint nach des Prorcctors Worten einmal abgegangen und wiedergekommen zu sein.

Das feste Gehalt der Gymnasiallehrer betrug damals in den drei obersten Stellen 600 Gulden, in den mittleren 400 Gulden, in den unteren 200 Gulden, daneben hatten der Rector und Conrector eine Dienstwohnung, alle aber Accidentien an Holz, Korn und Salz in gradatim abgemessenen Portionen.

Das Sclmlt,'eld betrug halb)ahrhch in den Unterklassen 3 Gulden, für C.horschuler i Gulden, in Secunda und Prima 5 Gulden, iür Ghorschuler 2 Gulden. Die Exemten zahlten halbjährlich 2 Gulden, die dem Rector zu Gute kamen. Vun jedem vollen Schulgeld von 3 und 5 Gulden mnsste der emptan^ende I. ein er halbjährlich i Gulden an die Rechnet abliefern, das Schuij^eld der Choristen verblieb ihm

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ganz. Die Privatinfortnatton, sowohl im Hause, als auch classen- weise m der Schule, sowie der zu Messzeiten während der Ferien enheilte Unterricht war eine den Lehrern garantirte Nebeneinnahme» jedoch sollten sie den ärmeren Schülern ein geringeres Honorar abfordern.

Der Unterricht im Französischen, Englischen und der Mathe- nuitik wurde ebenfalls besonders honorirt.

Zur Beschaffung von Tinte, Kreide und anderen kleinen Schul- utensilien wurde durch halbjährliche Zahlungen der Schüler, die nach und nach sich auf halbjährlich je i8 und 24 Kreuzer für Unter- und Oberdassen fixirte, eine Classenkassc, der fiscus classis gebildet.

Ein jedes Halbjahr brachte sodann noch eine weitere Gelegen- heit zu Einnahmen für den Lehrer, die allerdings stets als eine frei- willige bezeichnet wird, die aber schon durch die Aufnahme in die Schulgesetze und in die Bestallungen der Lehrer bei der Aufzählung der ilinen zustehenden Emolumente dieser Freiwilligkeit in erheb- licher Weise wieder entkleidet wird, so dass die Freiwilligkeit nur noch in der nach den Vermögensumständen höheren Bemessung der gespendeten Geschenke sich äussern konnte. Es heisst darüber in den Schulgesetzen : »Obwohl wir auch das Neujahr und sogenannte Johanneum bei seitherigen theuren Zeiten gänzlich zu verbieten Bedenken tragen, vielmehr hoffen, dass selbige die Präceptores zu niehrerem Fleisse zu ermuntern nicht undienlich seien, so muss doch alles dieses derer Schüler Eltern und Vormündern freien Willen aus- gesetzet bleiben, und ein armer Schüler, wann er nichts dergleichen geben kann, hierüber nicht übel angesehen, oder anders als seine Mitschüler gehalten, oder geringerer Fleiss als an einen von wohl- habenderen oder vornehmeren Eltern herkommenden an ihn gewendet werden.« Diese Geschenke kamen den Lehrern zu, die mit ihren Einnahmen auf die betreftenden Classen angewiesen waren. Noch 1805 w^'rden sie in der vom Gymnasium gedruckt ausgegebenen »Nachricht über die zu entrichtenden Gebühren und freiwilligen Ge- schenke der Schüler des hiesif^'cn Gymnasiums« als freiwillige Ge- schenke aufgeführt, zugleich auch cniplehlend hinzugesetzt: »diejenigen, welche dem ünterrichi in der frani^ösischen und englischen Sprache oder dem Zeichenunterrichie beiwohnen, können sicli zu jenen Zeiten gegen die Lehrer dieser Lehrgegenstände dankbar beweisen.« Diese drei Gegenstände sind alle drei erst in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in dem Gymnasium eingeführt, von der französischen Sprache stein als Einführungsjahr 1784 fest, von der englischen schweigen die Acten bis 17S8 ganz, das Zeichnen und die damit verbundene Geometrie lehrte seit 1787 Herr Lambert.

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Alle drei DisdpHnen aber standen bis zu diesem Jahrhunden noch ausserhalb des eigentlichen Lectionsplans, der an regelmSssigen wöchentlichen Stunden nur 26 umfasste und zwar täglich Vormittags von 8 bis II Uhr, Nachmittags (mit Ausnahme der Mittwoche und Samstage) von 2 bis 4 Uhr.

Im Sommer traten dann noch von halb acht bis acht Uhr die s. g. Preces hinzu, »worinnen mit einem Gebet der Anfang gemacht, hierauf ein Capitel aus der BUmsI* gelesen und zum Nutzen derer Schüler, sowie es sich vor ihre Umstände schicket, angewendet werden soll.« Hierzu kommen je zwei und zwei Gassen Qm vor- liegenden Falle Prima und Secunda) zusammen.

Sonntags war für die Schüler der vier oberen Classen, unter wechselsweiser Aufsicht eines Lehrers, der Gottesdienst Vor- wie Nachmittags obligatorisch. Sie hatten so lange die Barfüsser- kirche stand den s. g. Studentenlettncr zu besuchen. Derselbe war für die Schüler der Gelehrten-Schule,, sowie auch »andere Ge- lehrte und Studiosos« bestimmt und hatten die als Calefactores des Gymnasiums angestellten Schüler die Ver|>flichtung, »beide sich bei Zeiten vor der Thür einzufinden und ausser der studirenden Jugend und denen, so mit Recht Studenten und Literati können genennet werden, niemandem, es wären dann hohe Standes- oder andere fremde Personen von Distinction, die Thüre zu eröffnen.« Der Abbruch der Kirche hatte in die Regelmässigkeit des Kirchenbesuchs wohl eine grosse Lücke gerissen, immerhin aber war die Controlpflicht, wie man aus des Prorectors Rede an den Calefaaor und Primaner Rodaug sieht, bestehen geblieben.

Der Beginn des halbjährigen Unterrichts war auf Samstag in der dritten Messwoche festgesetzt, der eigentliche Unterricht be- gann aber erst Montags darauf. Den Scbiuss des Halbjahrs bildeten die in der Woche vor der Geleitswoche abgehaltenen Examina, die durch ihre Oeifentlichkeit einen Beweis von dem Fortschreiten der Schüler liefern sollten. Was sie in Wirklichkeit bedeuteten, lässt uns schon die SchÄl-Ordnung von 1765 erkennen, da sie dem Con- sistorium zur Pflicht macht, »wohl zuzusehen, dass die an die Schüler gethanc Fragen und die vorgenommene Lcctiones nicht abgezahlct oder gar in die in Händen habende Bücher gcicget, oder auch sie lange Zeit auf den Tag des Examinis vorbereitet werden«, und da sie ebenso vorschreibt, dass auch die Examensexercitien nicht von dem Ordinarius, sondern von dem Rector selber und zwar bis zur lertigstellung beaufsichtigt werden sollten. Dass dieses in der Praxis doch nicht ausgeführt wurde, zeigen mehrfache consistoriale

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Eraialmungen an das Lehrercollegium , diesen Vorschriften genau nachzuleben. Der Consistorialrath Senior Dr. Mosche sagt geradezu in einem Gutachten über die Schul-Ordnung im Jahre 1782» dass das Vorbereiten auf die Examina zwar verboten sei, »dass dies aber bishero demungeachtet von manchen Praeceptoribus alle Zeit geschehe.«

Dem Beginne des halbjährigen Unterrichts ging am Donners- tag der letzten Messwoche die Progression vorauf. »Und weilen bei der Progression gemeiniglich ein grosser Zuspruch von Zuhörern, so sollen vor andern solchen Schülern teutsche und lateinische Orationes gegeben werden, die eine gute Aussprache haben und von denen* Zuhörern verstanden werden können; dabei dann die Praecepcores um ;so unpartheiischer ver&bren, und geringe Schüller denen vornehmen um so mehr gleichhalten werden, als vor diese Orationes etwas zu fordern verboten ist, folglich alles auf derer Eltern und Vormfinderen Willkür ankommt, auch um des Geldes willen niemand eine Rede zu halten gezwungen werden soll.« So sagt die SchuKOrdnung. Wie aber reimt es sich damit, dass noch bis in dieses Jahrhundert hinein zu den regelmässigen Accidentien der Lehrer, auf die sie neben ihrem Gehalte bei der Anstellung an- gewiesen wurden, ausser dem Didactrum (Schulgeld), dem Neujahr, dem Johanneum und dem Messdassenbonorar auch die Einnahme filr Anfertigung der Orationes im Anstellungsdecret aufgezählt wurde? Dass dabei das Zünglein der Wagschale doch stets auf die Seite des Wohlhabendem sich senkte, wenn es bei dem Lehrer um Abwägung der grössem Befähigung zum Redeaaus sich handelte, ist bei den damaligen Zuständen einleuchtend, ebenso begreiflich auch der Stolz eines Consistofialrathes und Pfarrers, der, selbst aus dem Qior her- vorgegangen, in einem Gutachten 1798 mit Ruhm hervorhebt, dass er ausser Neujahr und Johanneum auch f&r seine zu haltende Rede aus seinen Choreinkünften ein Geschenk gegeben habe. Er wird eben wohl nur dieser Opferwilligkeit die Zulassung zur Rede ver dankt haben.

Von den Lehrgegenständen, denen die Schulordnung ausser dem ausführlichen Stundenpläne noch 24 Paragraphen und Rector Purmann 1772 ein vollstiindiges Herbstprogramm widmet, will ich nur das zum Verständniss der damaligen Zustände unbedingt Noth- wendige wiedergeben.

»Die Hauptabsicht«, dies wird mehrfach ausgesprochen, »i.st auf Erlernung der lateinischen, griechischen und hebräischen Sprache gerichtet, damit, wann man aul Universitäten kommet, die Fertigkeit

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in bemeldeten Spraclicn allschon erlanget sein und die kostbare Zeit mit deren ohnehin gemeiniglich allzuspäten und unthunlichen Er- lernung nicht zugebracht, und die übrigen höheren und wichtigeren Wissenschaften darüber versäumet werden mögen.« Die nicht zum Studium bestimmten Schüler des Gymnasii sollen während der auf Griechisch und Hebräisch verwendeten Zeit anderweitig beschäftigt werden. Sie besuchten nach dem 1784 eingereichten Typus lectionum solange die geographischen und historischen Lecttonen der Exemten.

In der Theologie ist, der Schul-Ordnung nach, nicht auf grosse Weitläufigkeit und viele Dictate, sondern auf den Begriff und Zu- sammenhang der vorzutragenden Wahrheiten das Augenmerk zu richten. Nach dem Lectionsplane von 1774 wurde dem Unterricht in den Oberclassen Schop}Krlins populärer Religionsbegriff fär evan* gelische Schulen und G3iinnasien zu Grunde gelegt. Die erste Auf<> läge dieses Buchs war 1771 zu Nördlingen erschienen, im Jahre 1774 erblickte eine zweite Auflage das Licht. Erstere kenne ich aus der Schweriner Regierungsbibliothek, letztere besitzt die Stuttgarter Kgl. öffentliche Bibliothek. In der ersten Auflage kuten die $$ 69 und 70, der 5. und 6. $ des dritten Artikels: »Von der göttlichen Vor- sehung, die über den Menschen waltet«, folgendennassen:

69. Hat nun der Mensch von Gott die Fortdauer seiner Lebenskraft und seine ganze Wirksamkeit, hat der Mensch von Gott die Lebensmittel, so ist Gott nicht allein sein Schöpfer sondern auch sein Erhalter. Aber seine Hubaltung ist an den Gebrauch dieser natürlichen Mittel gewiesen.

$ 70. Alle lebendigen Wesen haben der göttlichen Erhaltung ihre Wirksamkeit zu danken. Gott wusie von Ewtgkdt vorher, wie jedes in seiner Art wfirken würde. Es geschieht demnach in der Welt nichts, was Gott nicht beschlossen hätte, geschehen zu lassen. Das heisst Gott regiert die Welt, und in der Erhaltung und Regierung der Welt besteht die göttliche Vorsehung. Lasset uns die göttliche Regierung näher kennen lernen.«

Die in den Preces behandelten indiH'crenten Handlungen sind nicht in der ersten Auflage erwähnt. $21 htntet: »Thut der Mensch den Willen Gottes, so ist er gut und so beschaffen, als er beschaffen sein soll, das heisst rechtschaffen.« Und weiter § 22: »Die Fertigkeit in der Erfüllung des göttlichen Willens heisst Tugend und die Fertigkeit in der Uebertretung desselben maclit das Laster aus.« Beide Paragraphen sind nicht ohne Rinlluss auf des Prorectors Gedankengang bei der Behandlung der indifferenten Handlungen gewesen.

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Ansmt der Bibel, die man aus chörichter Prüderie den Schülern nicht in die Hand geben wollte, waren für jede Classe einige Exemplare voti Seilers Auszug aus der Bibel bescbifft, die zum Vorlesen und gelegentlichen Nachschlagen benutzt wurden. Auch war ein eigenes Schulgesangbuch mit Gebeten gedruckt und jedem Schüler ein Exemplar gratis zugetheilt worden.

Ueber dem Lateinischen, das, wie wir sahen, die Hauptspracbe bildete, sollte nach der Schulordnung das Deutsche nicht vergessen werden, auf dessen »Rein- und Zierlichkeit mit Emst zu dringen ist.« Auch soll in allen Gassen auf »eine insonderheit heut zu Tage sehr beliebte saubere Hand im Schreiben« gesehen werden, »als wodurch gar mancher in der Welt sein Brod reichlich findet.« Dass es aber mit dem Deutschen in Wirklichkeit nicht so eingehalten wurde> wie es die Schulordnung und noch darüber hinaus der Schulplan des Rectors von 1772 in Aussicht stellt, kann man aus den bitteren Klagen des Consistorialrath Ettling entnehmen, der im Jahre 1775 sagt: »Es ist zu bedauern dass in unserm Gymnasio 10 bis it Jahre mit Erlernung des Lateins und ein elend bischen Griechisch und Hebräisch verschwendet, an die Teutsche Spradie aber gar nicht gedacht wird. Es sind doch wirklich einige unter denen Präceptoren— denn von allen kann man es sicherlich nicht behaupten welche unserer Muttersprache mächtig sind. Diesen wäre aufzugeben, die Jugend der 3 oder 4 oberen Qassen in dem teutschen Styl besonders dem Briefschreiben zu unterrichten.« Etwas besser war es nun freilich gewcMrden, allein wenn man die Eingaben und Gutachten der Gymnasiallehrer auch aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts liest, und wir dürfen die des Prorectors durchaus nicht ausnehmen, so sieht man, dass für diese Herren die Classiker unseres deutschen Stils allerdings bis dahin noch umsonst ihre Meisterwerke ge- schrieben hatten.

Der geschichtliche Unterricht sollte nach der Schulordnung den Schülern »die . IL cmeinsten Begriffe der Historie und die aller- merkwürdigsten Begebenheiten« lehren »damit sie hernach auf Uni- versitäten, und bei weiterer Fortsetzung ihrer Studien, wie sie sich alles, was sie von Begebenheiten lesen und hören, zu Nutze machen sollen, wissen mögen.« Der Rector Purmann entwickelte in dem Programm von 1772 den Plan noch genauer. Danach beginnt der Geschichtsunterricht in Quarta mit Biographien und Schilderungen der hauptsächlichsten Umwälzungen im ErzähUmgston. In Tertia zeigt man den Schülern »den Hauptzusammenhang der Begeben- heiten, man formirt die Haupt-Epochen und sucht sie den Kindern

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durch allerhand Kunstgriffe leicht zu machen. Nunmehr lernen sie» wohin sie die vorhin gehörten grossen Begebenheiten stdlen sollen. Es ist ihnen z. B. von Alexander, Hannib.il verschiedenes erzählt worden, jetzo hören sie, dass sich die Geschichte des ersten hundert Jahre vor den letzten zugetragen habe. Die Zeitrechnung, die sonst so wild aussieht, macht man ihnen durch die Anordnung grosser Begebenheiten leicht.« Dieser Grundriss wird in den folgenden Classen immermehr erweitert, auch die wichtigsten Begebenheiten der Kirchengeschichte eingefügt. Die römische Geschichte in der alten Zeit und die deutsche Kaiserhistorie in der mittleren und neueren Geschichte ist der Grundstock, woran sich die gleichlaufende Geschictuc .\ni;liedcrn muss. Die neueste Geschichte seit i6)0 wird nur den Hxemten vorgetragen. Geographie wird nur in Verbindung mit der Geschichte tractirt und zwar als eine Verbindung der pliv- sischen Geographie mit der politischen, sowohl alterer als moderner Zeit. »Durch diese Verbindung der alten und neuen Geographie«, sagt Furmnnn, »wird der Verstand der Autoren, weiche die Schüler lesen, ungemein erl;ichtert."

Zur Finführung der Schüler in die neueste Ge^ciiichte und Geographie, zugleich um sie mit den Werken der Kunst und den neuesten Ertindungen bekannt zu machen, wurde am Samstag in der letzten Stunde des Vormittagsunterrichts von dem Lehrer der Tertia mit den Hxemten und den Schülern der drei oberen Glauben, aUo bis zur Tertia einschliesslich hinunter, eine politische Zeitung ge- lesen und kunstgerecht durchgenommen. Das sollte dann neben dem Nutzen für die neueste Geschichte auch aut die Philosoplue und Literaturgeschichte, die klassischen Alterthüiner u. s. w. vor- bereiten, mit denen die Lxciuien, wie schon oben gesagt, das Gebäude ihrer classischcn Bildung krönten.

Der damalige CoUega tertiae classis Schiller war um so ge- eigneter zu diesem Amte, als er zuerst langjähriger Mitarbeiter am Journal , seit dem Jahre 1772 aber Eigenthümer und geistiger Leiter der von ihm neiibegründeten Zeitung »Staats-Ristretto« war.

Französisch wurde im G3'mnasium, wie ich schon erwähnt^ erst seit dem Jahre 1784 gelehrt, und zwar zuerst nur üicultativ und in beschränkter Stundenzahl, mag den eingefleischten Lateinern schwer genug angekommen sein, sich zu der Concession an den Zeitgeist zu bequemen. Noch 1772 sagte Purmann abweisend: »Es waren Zeiten, wo man glaubte, dass man kein nützliches Mit- glied der Republik sein könnte, wenn man nicht alles Kuchengeschirr in lateinischer Sprache benennen könnte, heut zu Tage wird sie

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grossentheils verachtet, im Gegentheil glaubt man, dass man kein vernünftiger Mensch sein könne, wenn man nicht sein plait-il Mon- sieur bei aller Gelegenheit könnte hören lassen. Allein Freunde nicht der flatterhaften, sondern der wahren Gelehrsamkeit sind von der Unentbehrlichkett der lateinischen Sprache überzeugt, und der galanten Mode ungeachtet fahren wir fort, allen Fletss auf den Unterricht in dieser Sprache zu wenden. Wir sind überzeugt, dass der bessere Theil des Publid auf unserer Seite sein werde.«

Zwölf Jahre darauf musste man sich aber von dem Gegentheil überzeugt haben, denn die £inföhrung des Französischen wird dann von demselben Reaor Purmann beantragt. Als ein nicht unwesent- licher Grund zur Einführung desselben erscheint allerdings der Um- stand, dass alle französischen Sprachmeister der Zeit katholischen oder reformirten Glaubens waren, und man durch eine Ueberlassung des französischen Unterrichts an diese Privat-Sprachmeister, wie sie die Schulordnung vorsah, eine Gefahrdung der reinen lutherischen Lehre befurchten musste. Was hätte das Consistorium nicht gethan, und ein Hochedler Rath nicht bewilligt, wenn ihnen dieses Schreckgespenst gezeigt wurde. Der Unterricht wurde dem Cand. theol. J. J. Römer übertragen, der s. Z. das französische Stipendium genossen hatte, das gestiftet war, um Theologen Augsburgischer Confession Französisch lernen zu lassen, damit sie als Prediger den früher noch französisch redenden eingewanderten Niederländern A. C predigen könnten. Die französische Predigt war aber schon geraume Zeit abgestellt. In die Bresche, die durch Einführung dieser modernen Sprache in die wahre Gelehrsamkeit gelegt war, drang dann auch Englisch itnd Mathematik ein, aber sie waren beide noch mehr als jene die Stiefkinder der Anstalt.

üeber die Lehrart ist zwar in den mehrfach genannten ge* druckten Quellen der 6ocr und 70er Jahre mancherlei gesagt worden, die vielfachen Berichte Purmanns und die darüber sprechenden Gut- achten der Consistorialen aus den äoer Jahren beweisen aber, dass gerade in diesem Punkte inzwischen manche Wandlung sich voll» zogen hatte. Die Expectorationen des Prorectors lassen darauf schliessen, dass die neue Ordnung der Dinge nicht ganz seine Billigung hatte, wie er denn überhaupt als treuer Sohn der alten mit der modernen Gelehrsamkeit sich auf gespanntem Fusse befand. Docii das Detail dieser Veränderungen gehört nicht in diese Schilderung der Gymnasiaiverhäitnisse im Allgemeinen. Nur ein Punkt mag erwähnt werden, der in dem Stücke mehrfach erwähnt wird, die Schulbücher* frage, namentlich die Frage der lateinischen Grammatik.

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Schon 1769 sagt Purmaniij dass die s. g. Frankfarter Gramroatikt die fast seit den Tagen der Reformatiofi im Gymnasium im Gebraach gewesen war, und die auch der Berichtende nicht unter die schlechtesten zähh, seit einiger Zeit von der Langischen verdrängt sei, »ohne dass,«

wie Puriiiann eingesteht, »ich von jemanden habe erfahren kiMincn, ob CS auf höhere Verordnung oder allein auf Gutbehndcn der Collegen

des Gymnasii geschehen.«

Die besondere l-inrichtung der Frankfurter Grammatik, dass sie durch Zeichen jeder Classe ihr Fensum an Regeln, Formen und Worten zuweist, lässt sie aber, nach Purmanns Ansicht, gerade sehr geeignet erscheinen, in den lateinischen Unterricht durch die ver- schiedenen Gassen eine Harmonie zu bringen, die bei der Langischen Grammatik bei der W^illkür der sie handhabenden Lehrer sehr zum Schaden des Unterriclits nicht zu erreichen sei.

Die l-rankfurter Grammatik war aber schon vor Purmannh Eintritt in das Collegium, auf Antrag des Consistoriums, bei dem der Consistorialrnth Heinold den \'orschlag gemaclu hatte, weil sie zu schwer und zu weitläuhg sei,- durch Scnatsbcschluss vom 6. April 1758 nbgesch.itft und statt dessen die L.intiische eingeführt. Indess die liinführung des neuen Buchs scheint nicht so glatt gegangen zu sein, da auch Rector Albrecht wegen des Kostenpunkts tur die Schüler sich für eine alltDrihliche, factiltative Hintnhriing desselben aussprach. Purnianns Bctrebungen gegen sie scheinen auch nicht von sofortigen Folgen gewesen zu sein, denn noch in dem Programm von 1772 zeigt sich der Eindringling im Besitze seiner Herrschaft, trotzdem Consistorialrath Grisebach schon einige Jahre zuvor die Grammatik seines Scluvagers Rainbach in (jiessen, der bald daraul an das i ranklurter Gymnasium berufen wurde, als praktischer em- pfohlen hatte. Schon lange aber plante Purmann selber ein Schul- buch lür die L ntercUissen, das deutsche und lateinische Grammatik (letztere aullallender Weise nach der Ordnung der Langischen Grammatik), Leseiibungen und Uebersetzungsstiicke enthalten sollte, welchem Inhalte sich dann nach einer weiteren 1-Tklarung von 1784 Religionslchrc, Griechische Gramnuitik und Chrestomathie, Geschichte und Geographie, Poetik und Oratorik für die Oberclassen und ein mathematisch-physisches Handbuch anschliessen sollte, sodass das Buch nach diesem etwas abenteuerlichen Plane für 6 Gulden alles liefern sollte, was als Lernstoff aus Büchern für die ganze An- stalt vorgesehen war.

Der Senat hatte den Plan gebilligt^ und Purmann mit der Aus* arbeitung beauftragt, der seinerseits wieder einige der jüngeren

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GymnasialcoUegen zur Bearbeitung einzelner Abtheilungen des weit- schichtigen Werkes heranzog. Wie weit das Unternehmen gedieh, geht aus den Acten nicht hervor. Noch 1800 war die Bearbeitung im vollen Gange und in Quarta Purmanns VoFber[eitung?l als Lehr- gegenstand im Stundenplane angegeben.

In der Hebräischen Sprache hatte die Danz'sche Grammatik Jahrzehnte lang die Alleinherrschaft Doch schon 1758 machte der Consistorialrath Pfarrer Hcinold den Vorschlag, den allzuschweren Danz erst in Prima zu gebrauchen und in Secunda für den Anfang des licbraischen Unterrichts »eine der neuesten Grammatiken, die nach dem Danz eingerichtet sind«, zu tractiren. Mit dieser die Anfangsgründe enthaltenden Grammatik scheint dann öfters ge- wechselt zu sein.

Der der Schulordnung von 1765 bcigcgebene Typus lectionum war bereits bei dem Neudruck mit der Consistorialordnung im Jahre 177^ durch einen neuen inzwischen eingeführten ersetzt worden. Die Hinführung des Französischen als Lehrgegenstand machte im Jahre 1784 die Feststellung eines neuen Lectionsplans nothwendig, der dann in den Haupifaciiern bis zum Jahre 1800 in Gültigkeit blieb. Danach gestaltete sich der Unterricht in den beiden oberen Classen an dem hier hauptsächlich interessirenden Wochentage, dem Mittwoch, so, dass nach den für Prima und Secunda gemeinsamen um 7V1 Uhr beginnenden Preces von 8 bis 9 die Primaner mit den Exemten vereint bei dem Rector Theologie hatten, die Secundaner bei dem Prorector denselben Unterrichtsgegenstand. Von 9 bis 10 Uhr hatte die Secunda Cäsarlectüre beim Prorector, von lo bis 11 Uhr war ebenfalls beim Prorector lixercitium svntacticum, also ein deutsch dictirtes Extemporale für die Uebung der lateinischen Syntax ange- setzt. Als noch in Secunda nach dem früheren Lehrplane eigene Stunden für lateinische Grammatik festgesetzt waren, war mit ihnen .iijch pflichtgemäss die \'ariation verbunden, die auf dem Stunden- plane von 1747 mit dem volleren Titel variaiio sentcntiae ahcujus bezeichnet wird. Es war also eine freie poetische Leistung in la- teinischen Hexametern und Pentametern, der ein bestinnnier Spruch zu Grunde gelegt wurde, den der granun.iiikalischen Form, dem Ausdrucke, ja auch dem Sinne nach zu ändern, die Autgabe war. Mit der. Ab^ciiatVung der (iramniatikstunde 1774 scheint die Variation, mehr aus Liebhaberei der Lehrer, als aus Zwang, an den Stellvertreter der Grammatikstunde, das Excrciiium svntacticum sich angeschlossen zu haben, als dessen Appendix wir sie in dem Stücke auftreten seilen. Wie eme solche Variation ausgeführt wurde, mag uns ein

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Beispiel zeigen, das sich hinter der Handschrift des Stuckes vom Jahre 1810 findet, die in der Freiherrlich von Bethmann'schen Biblio- thek aufbewahrt wird. Dass es sich hierbei um einen schlechten Witz, eine Verhöhnung vermuthlich des Prorectors handelt, ist nach dem Inhalt der Verse und nach dem Orte der Auffindung anzunehmen. Die Worte lauten:'

In toto mundo lex, arb, Mars cuncta gubemant.

Ceria mihi lex ars, sit quoque lex mihi Mars, In hello mihi sit Mars lex, in pace sit ars lex.

Quid rides Germane? tibi si dispKcet ars haec, Esto mihi Mars, lex ars mihi, lex mihi Mars.

Difficiles lectn mihi Mars facit improbas herbas.

Nach Schlnss des Cl:isscnuntcrrichts war dnti!^ für diejenigen Schüler, die nicht Privitlcctionen in dieser Spr.ichc hauen oder i^e- habt hatten, der Ii -l : ich: in der l'ranzösischen Sprache, der mit Prima und Tertia gemeinschaftlich ini t^rossen Auditorium stattfand.

Der Freitag V'ormitta',' war bei den Secundanem ganz den classischen Studien gewidmer ; in der ersten Stunde \v urde Casar tractirt, seitdem im Jahre 1784 der bis dahin obligatorische Freitags- Wochengüttesdiens't für die Schüler abgeschafft war, dann tolgte die griechische Chrestomatie , den Beschluss machte die Lectüre des Lalius. Alle drei Stunden gab der Prorector. Am Nachmittag tand zuerst eine französische Stunde gemeinsam mit Prima und Tertia statt, erst um 3 Uhr hatten sich die Secundaner wieder in ihrer Classe einzuhnden, wo der Rector den Terenz erklärte.

Aus den Bestimmungen der Schulordnung über Schnlzucht interessiren hier nur einige wenige, /.u denen wir Anklänge in den vorliegenden Stiicken finden. Sie werden uns zum 1 heil ki.ind thun, dass man scharfe Bestimmungen für sehr geboten erachtete, um die Disciplin aufrecht zu erhalten, zum Theil in Hinsicluen, die man heutzutage gar nicht mehr in Schulgesetzen zu finden gewohnt ist. So wird feierlich festgesetzt, dass die Schüler »ihre Praeceptores bei ihren Eltern, Verwandten, Freunden oder andern Leuten nicht ver- leumden und dadurch zu allerlei Verdriesslichkeiten Gelegenheit geben« sollen. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung, und »Anmerkung

' Wobei ich nur den Versuch mache, durch Einschiebung der beiden sit im dritten und des tibi im vierten Verse, sowie Aenderiinp des vTdc; in ridcs der Hexameter heraus zu bekommen. I;s sind nun je zwei Hexameter mit einem Pentameter in der Mitte.

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und Angebung der abwesenden, zu spät koninicnJcn, plaudernden, lärmenden oder sonst strafwürdigen« Schüler sollen aus den Schülern von Woche zu Woche abwechselnd Decuriones erwählt werden. Die Strafen sollen mit vernünftigen Vorstellungen und vituperationibus beginnen, dann kann zu körperlicher Züchtigung geschritten werden, wobei in Prima und Secunda »nicht die Ruthe, sondern blos der Bacul zu gebrauchen.« Hilft das nicht, so soll die Anzeige bei dem Consistorium erfolgen, und von hier aus »öffentliche Züchtigung, Setzung in das Armenhaus zu harter Arbeit, öffentliche Abbitte oder gar Stossung aus dem Chor oder dem Gymnasioc verfügt werden. Bei »Fehlern aus Schwäche der Gaben des Verstandes« soll es nicht so genau genommen werden, desto schärfer soll eingeschritten werden, »wenn entweder Unfleiss oder besonders Bosheit zum Grunde liegt.«

Aber auch die Lehrer erhalten in der Schulordnung Vorschriften, die mit den heutigen Standesbegriffen derselben nur schwer zu ver- einbaren wären, die aber erklärlicher sind, wenn wir den sonst bereits geschilderten Zustand der Anstalt ins Auge fassen. Sie sollen die ersten und letzten in ihrer Classe sein, nicht ohne Noth sich heraus rufen und nicht Ober den Glockenschlag durch unnöthige Zettungs- Gespräche sich aufhalten lassen. Ihre Stunden sollen sie »völlig ohne Abgang oder andere vorgenommene Geschäfte, Gespräche, Lesen oder dergleichen Hinderung« allein mit Lebren zubringen.

Beim Strafen der Schüler sollen sie die zu nichts dienenden Anzüglichkeiten auf die Schüler selbst oder ihre Eltern und An- verwandte, die Beilegung von Unnamen oder auf lange Jahre ver- ächtlich machendes Beschimpfen der Schüler vermeiden. Ihre CoUegen sollen sie in Ehren halten, einander nicht die Schüler abspannen, zum Sitzenbleiben bereden oder verhalsstarrigen, wie das trotzdem, wie wir sahen, noch immer Gegenstand der Beschwerde der einzelnen Lehrer gegen Collegen, ja gegen den Rector selber gewesen ist. Der Rector erhält dagegen seinerseits noch den besonderen Befehl, »mit den Praeceptoribus es stets redlich zu meinen, sie nicht beneiden, anfeinden, verachten oder austragen« zu wollen:

Die Ursache aber dieser scharfen Bestimmungen der Schulzucht ist nicht sowohl in dem Zeitgeist oder in der grösseren Atigst vor Ausschreitungen der studirenden Jugend zu suchen, sondern vor- nehmlich in der eigenthümlichen Zusammensetzung der Schüler des Gymnasii, davon unliebsame Spuren bereits in den voraufgehenden Darlegungen sich bemerklich gemacht haben. Den Schalem wohl- habender Eltern, oder wie sie noch 1787 vom Consistorium geradezu officiell bezeichnet werden, den Divites, die das volle Schulgeld be-

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zahlten, traten die Pauperes, die armen Schttler, zur Seite. Ursprüng- lich soUte die Aufnahme von solchen nur eine Unterstützung fähiger, aber bedOrftiger Bflrgerkinder sein, um sie des sonst ihnen uner- schwinglichen Gymnasialunterrichts theilhaftig zu machen. Die

Bildung eines Singechors aus diesen Paiiperes hatte dann den weiteren löblichen Nebenzweck, ihnen schon als Schülern Gelegenheit zu geben, durch eigenen Verdienst sich für das spätere Universitätssiudium ein Sümmchen zu ersparen. Namentlich gelang das denjenigen, die 3tix den vielumworbenen Stellen der Prat'ecten und Calefactoren deN grossen und kleinen Chors erwählt wurden, welche letztere gegen die Verpflichtung, Winters die Classcnzimmer zu lieizen, freie Wohnung im Gymnasium und sonst noch namhafte Einkünfte hatten, während jenen für ihre stellvertretende Leitung des Chors ein Löwenantheil von dessen Einnahmen zutiel. Allein das »Chor« das Wort ist stets Neutrum in jener Zeit wurde gar bald das Verderben der einzehien ilmi angehörigen Knaben, wie der ganzen Schule, deren Ruf durch die Zuchtlosigkeit der Choristen .nij; geschädigt wurde. Wie gross nniss schon die Kohhcit derselben zur Zeit des Erlasses der Schulordnung^ (^7^)) gt^wesen sein, wenn die »)Leges, die armen Schüler beiretfend« gleich mit den Worten beginnen müssen: »Nach- dem unter den Pauperibus allerlei gottlos- und ärgerliches Leben verspürt worden, dass sie die Almosen nicht, wie sichs gebührt, an- gewendet, sondern üppiglich und sciiandlich verschwendet haben«!, wenn ferner die Pauperes bei ihrer Annahme unter anderen Stucken auch geloben müssen, »unsern Bürgern mit üppigem Wandel, Bl- suchung der Wein-, Bier-, Catfee- und l abacks-Häuser oder Umgang mit Weibsleuten, nächtlichem Herunibuleii, Spielen, eitler Kleidung und Degentragen kein Aergerniss zu geben.«

Es Hess sich aber in der That den Acten nach keine Rohheit erdenken, nani«.iii.li..li in der durch das (Jeliihde angezeigten Richtung, die nicht durch die Choristen ausgeübt wurde, ja zu welcher nach Befund der angestellten Untersuchimgen sie nicht die Sohne der angeseheneren Familien zu verführen gewusst hätten. Kriegk hat in seinem Aufsatze über Rector Albrecht aus dessen Zeit manches Beispiel der Ungebühr angefühn. Später war es nicht besser bestellt. Mehrfach werden Untersuchungen wegen der Wirtbshaus-Excesse der Choristen geführt« meist wegen des gewohnheitsmässigen Besuchs der verrufenen Wirthsbauser Bornheims; Schlägereien der Choristen mit Sachsenhäusem und Bockenheimern, auch mit Soldaten der Frank* furter Garnison werden uns von den Acten berichtet; zwei ältere Chorschüler machten den Versuch zu den holländischen Soldaten zu

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entlaufen, wurden aber wieder zur Stelle gebracht, von einem andern ist die gelungene Anwerbung acienmässig festzustellen. Betrügereien bei dem Einsammlen der von der Bürgcrhchaft freiwillig gespendeten Gaben för den regelmässigen Currendengcsang gehönen zur Tages - Ordnung, zu mehreren Malen musste wegen Diebstahls von SchuU eigenthum, von Büchern aus den Buchhändlermagazinen im Bar- füsserkreuzgange» ja von Sachen aus dem Besitze der selbst armen Calefactoren, die ihnen von Kameraden aus ihren Stübcben genommen waren, gegen Choristen eingeschritten werden. Meist waren es die älteren, zu Präfecten und Calefactoren beförderten Choristen, die den Unfug anstifteten und die Hand zur Verführung boteh.

Schon 1766 klagte der Cantor Bismann : »Die Präfecten fehlten bei den Singstunden, steckten im Calefactorstübchen oder liefen sonst herum.« 1775 sagt Rector Purmann von den abgehenden Präfecten, es sei ihm lieb, »dass man einmal einen neuen Boden legen kann, damit nicht ein Saame der Liederlichkeit zurückbleibt; denn sie sind alle vier keinen Schuss Pulver werth. N. ist noch der erträglichste, die andern sind weder in die Classe noch bei das Chor gekommen, desto häufiger waren sie in den Bierhäusem.« 1778 heisst es von den Choristen, deren einer Präfect wieder eine Umhat verübt hat und dem Verweise des Rectors frechen Trotz entgegensetzt: »ein solcher Trotz verdient um so viel mehr eine Ahndung, da er bei einem ohnedies rohen Haufen junger Leute leicht noch schlimmere Folgen haben könnte.« Da wundert es uns nicht mehr, dass 1768 der Consistorialrath Pfarrer Grisebach geradezu sagt, dass mancher Vater »aus Furcht, sein Sohn werde verführet oder lerne unanständige Sitten, ihn nicht in das Gymnasium schickt.« Auch Goethes Vater hegte diese Abneigung vor dem Gymnasium und wollte seinen Sohn lieber durch Privatlehrer unterrichten lassen und selber unterrichten, statt ihn der öffentlichen Schule anzuvertrauen. Doch sollte auch die Abschliessung den jungen Goethe nicht vor der Berührung mit den durch die Chorschüler angesteckten Kreisen der auf dem Gym- nasium vorgebildeten jungen Leute schützen.

Die Chorschüler waren je nach ihrer musikalischen Befähigung in zwei Abtheilungen, das grosse Chor und das kleine Chor, getheilt, beide vereint bildeten das Leichencbor. Jenes nahm nur an der Vocalmusik in der Kirche und den vollen Gassenleichen theil, an dem Currendesingen (Kreissingen) aber nur auf besonderes Verlangen und gegen besondere Zahlung. Bei dem Singen vor dem Sterbehause bei Beerdigungen (dem s. g. Ortsingen, weil es am Ort und nicht bei dem Leichenzuge im Gehen geschah) stellte sich das Chor im

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Kreise auf, die Prifecten, soviel« ihrer aus dem Sterbehause Flor, Haodschuhe und Citronen gereicht bekamen, stellten ach sunt Cancer in die Mitte des Kreises, die übrigen Präfecten halfen den Kreb verstärken, da es dem Sterbehause nicht zum Ansehn gereichte, wenn Präfecten ohne Flor und Handschuhe im Kreise standen. Hatte der Cantor eine Abhaltung oder musste das Chor wegen des zeitlichen Zusammenfallens mehrerer Beerdigungen sich theilen, so versah einer der Präfecten des Cantors Stelle. Bei der Begleitung der Leichen zum Kirch liefe (den s. g. Gassenleichen) dispensirte sich der Cantor seines Alters wegen gar gerne von der Mitwirkung, ebenso bei den s. g. Nebenleichen (wo nur auf dem Kirchhofe gesungen wurde); bei dem Currendesingen, oder wie es meist hiess, dem Kreissingen war der Cantor nie gegenwärtig. PAirrer Zeitmann entwirft im Jahre 1798 von dem Benehmen des Chors dabei folgende drastische Beschreibung, die in manchen Zfigen sich durch das Stück bestätigt tindet. Danach lief das Chor herum als »ein Haufen 'gross und kleiner Schüler mit zerfetzten lumpigen Kleidern, ohne Mäntel, die doch sonstcn die zerrissenen RöcVe bedeckten, von einem grossen s. II. Präfecten, der aber auch nur zum Zeichen, dass er der Anführer dieses Singhautens sei, einen bhinen Lappen über die Achsel hangend hat, angciühri. Sic schreien, aber ohne alle Melodie, in den Tag hinein und haben niclit einmal ein Gesangbuch bei sich, sondern werden durch Vorsagung eines , des zweckmässigen Lesens noch unerfahrenen Schülers regiert.« »Wer sollte an «solchen Unordnungen X'ergnügen und Wohlgelallcn tinden, und solchen Missstand durch milde IkMträge unterstützen ? Wer sollte ein solches Geplärr von unartigen Gassenbuben an seinem Hause erdulden, oder wem sollte es zur Aufmunterung und Trost gereichen?«

Die Leichenzüge fanden meist in den Friihstuuden des Vormittags statt, ihnen schloss sich das Kreissingen an, so dass die Choristen manchesmal nicht einer der Vormittagsstunden beiwohnen konnten, oder aber mitten ans den Sttmden fortgingen, u!n ihren Chorver- ptlii-ltiLuigcn zu L'ciiu^v.n. Dass dieses lür den Unterricht sehr vom Uebel wai, Ja che Versäumniss meist geiauc die schlecliier veranlagten Schüler traf, ist einleuchtend.

Wir können dreist behaupten, dass mit der gründlichen Ver- änderung des Chors, die die Uebelstände beseitigte, ohne den Vortbeil des Gesang-Unterrichts der Schule zu nehmen, der wichtigste Schritt zu der Verbesserung des Gymnasiums geschah» dass erst seitdem von einer Zunahme der Anstalt an äusserem Wachsthum und Tüchtigkeit der Leistungen die Rede sein kann, und daför kann die Stadt dem

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Senior Hufnagel, der mit Ernst und Eifi^ auf dieser Aenderung be- stand und sie endlich durchsetzte, im Interesse ihrer studirenden Jugend nicht dankbar genug sein. Diese Verbesserung des Gym- nasiiims und die bald darauf eintretende NeU'Ordnung des Volks- schulweseus unter der Initiative Anton Kirchners sind die Grund- lagen gewesen, auf denen der stolze Bau des Frankfurter Schul- wesens der Jetztzeit aufgerichtet werden konnte.

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II.

Schillers Jugenddramen zum ersten Male auf der

Frankfurter Bahne.

N«bst Beiträgen air Frankfuner Theater* und Musikgeschichte von 1784 bis 1788.

Von Naalsd.

9. Die Veracbwöning des Fiesko, KakMÜe uad Liebe und

Don Carlos.

Während die Kur-Kölnische Hofschauspieler-Gesellscliaft in der Ostermesse 1783 in Frinkfurt spielte, erschien bei Schwan in Mann- heim Scliilicrs republikanisches Trauerspiel »Die V'erschwömng des Fiesko zu Genua.« Bald nach diesem literarischen Ereigniss reiste die Truppe von hier fort, um gleich darauf an dem Hofe des Kur- fürsten von Köhl in Bonn ihre Vorstellungen zu beginnen. Hatte sich Direcior Grossmann merkwürdigerweise den Käubern gegenüber bisher ablehnend verhalten, so bewies er alsbald nach dem Hrscheinen des ncneü Stückes, dass er nicht nur Schillers Bedeutung als dra- matischer Dichter voll anerkannte, sondern auch sogar eine Ehre darein setzte, dessen zweitem Werke zur lebensvollen Gestaltung zu verhelfen. Diese That muss (Jrossmnnn um so höher angeschlagen werden, weil der Mannheimer Intendant von Dalberg den Fiesko als untauglich lür das Tlieater erklärt hatte, und auch andere Bühnen- kenner der Ansicht waren, dass dies Trauerspiel nicht lebensfähig sei und nnch den Raubern einen Rückschritt bedeute.

Bereits im Juni wurden die Rollen zum Fiesko ausuetheilt, ein Beweis dafür, dass Grossmann i^leich nach dem Frscheinen des Trauerspiels an die Vor.irbeitcn zu dessen erster Auffulirung ging. An die Besetzung des Stückes in Bonn knüpft sich nun ein Vorfall, der hier erwähnt werden muss, weil er sich als offenbarer Widerstand gegen die Darstellung einer Schillei "sehen Frauenrolle kennzeichnet und der Kur-Kölnischen Gesellschaft einen Liebling des Frankfurter Publikums raubte.

Madame Fiala erhielt bei der Verthcünng der Rollen zum 1 iesko die Gräfin Julia Iniperi.di. Obwohl der Kunstlerin, wie sie selbst eingestand, diese Aufgabe zukam, hatte sie doch schon einige Zeil

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vorher Ober die Besetzung des Trauerspiels in der Garderobe ge- äussert, dass sie die Gräfin unter keinen Umständen spielen wQrde. Ohne den Grund ihrer Weigerung mitzutheilen, gab Madame Fiala die Rolle denn auch sofort >\'ieder zurück. Darauf wurde ihr dieselbe nochnials von »höherer Hand«, demnach von dem Kurfürsten Maximilian oder dessen Vertreter, zugeschickt, aber die Künstlerin erklärte» eher die Kur- Kölnische Gesellschaft verlassen als die Panie übernehmen zu wollen. Trotz dieser Aeusserung versuchte man es dennoch, sie zur Nachgiebigkeit zu bewegen, allein alle Bitten und Vorstellungen blieben erfolglos. Madame Fiala bestand lieber auf ihrem eigen- sinnigen Kopfe, »als dass sie wissen lassen wollte, sie sey zur An- nehmung dieser Rolle befehligt worden.« Ihre schriftlich eingereichte Entlassung wurde 7.\var «wegen Jcs gegebenen ärgerlichen Beispiels« von Dircctor Grossmann angenommen, doch sollte die Künstlerin erst noch .ibwarten, was »um sie zu ihrer Schuldigkeit anzuhalten« höheren Orts verfügt werden würde. Obwohl dieser Hinweis deutlich verrieth, wie ungern man sie gehen sah, verliess Madame Fiala dennoch Bonn, ohne die Hntscheidimg des Kurfürsten abzuwarten. Dadurch verscherzte sie sich muihwillig dessen Gnade und die Gunst »einer hohen Noblesse, denen sie unzählige Wohlthaien zu ver- danken hatte.« '

Der Berichterstatter dieses Vorfalls erkennt an, dass die Kur- Kolnische-Gesellschaft an Madame Fiala eine sehr gute Schauspielerin verlor, überlässi es aber Theaterfreunden zu beurtheilen, ob die Ursache zu einem solchen Schritt wichtig genug war. Nachdem er am Ende des Berichtes dann der Künstlerin noch gewünscht hat, dass sie ihr \'ci halten nie bereuen möge, erinnert er an die Folgen, welche dieser Eigensinn allenfalls in Zukuntt für sie haben könne und schliesst mit der etwas boshaften Anspielung, »da wir doch nicht immer jung bleiben, wenn wir es schon seyn wollen.«

Warum verliess nun Madame Fiala lieber eine Kunstler-Gesell- schaft, mit der sie seit Jahren eng verwachsen war, als dass sie die Rolle der Julia Imperiali spielte? War ihre Weigerung nur ein Vor- wand oder empörte sich ihr künstlerisches Gewissen gegen die Wiedergabe einer Frauengestah, die sich in der Leidenschaft bis an die äusserste Grenze der Sittlichkeit wagt und dafOr von dem Liebling der genuesischen Damen in wenig ritterlicher Weise vor seiner Gemahlin gedemöthigt wird? Falls diese Annahme zutrifft» wie sich

Theater-Journal för Deutschland 1784, XXII. Stflck, S. 77 f.

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aus den Umständen ziemlich sicher schltessen lisst, so ivar wohl Madame Fiala die erste, aber nicht die letzte BfibnenkOnstleriD , die sich gegen die Üebernahme dieser Rolle sträubte. Der Tadel des Theaters hat von jeher die ftark karikine Gestalt der Julia getroffen, deren ganzes Verhatten nur zu sehr verräth, daß lie in Wirklichkeit ganz undenkbar und einzig als Folie für den Helden geschaffen wor- den ist. Schon Iffland äusserte in seinem Gutachten ' Qber das auch in der zweiten Bearbeitung vom Mannheimer Theater zurückgewiesene Trauerspiel, die Gräfin Julia sei gemein, wo sie stolz sein solle.

Ob nun der Widerwille gegen die Rolle oder sonst noch ein unaufgeklärtes Motiv Madame Fiala zu ihrem mindestens taktlosen und statutenwidrigen Benehmen anspornte, mag dahingestellt bleiben. Gewiss gereichte es dem StQcke des jungen Dichters nicht zum Vor- tbeil, dass eine Künstlerin wie die Fiala die Rolle der Imperiali nicht spielte. Diese wurde nun der Demoiselle Vollmar fibertragen, die keineswegs so bedeutend war wie ihre Kollegin und auch deren glänzende äussere Mittel nicht besass. Aber die Auffiihning in Bonn scheiterte wenigstens nicht an dem Starrsinne der Fiala, sie wurde von Grossmann durchgesetzt und fand am 20. Juli 1783 statt.* ALuiemoiselle Josephi debütirte in dem republikanischen Trauerspiel als Leonore, Fieskos Gemahlin, und Herr Ehrhard alsGianettino Doria.

Wenn man das gerade in jener Zeit an seltsamen Verkettungen so reiche Leben Schillers fiberblickt, so wird man es auch als eine eigenthümliche Fügung ansehen müssen, dass er sein stilles Asyl in Bauerbacb bei der Familie von Wolzogen an demselben Tage ver> Hess, an dem sein Schmerzenskind, der Fiesko,,in Bonn zur ersten Aufführung gelangte. War es doch dies Trauerspiel, das ihn von don weg und nach Mannheim trieb, wo er trotz aller Enttäuschungen gerade wegen seines zweiten Werkes mit Dalberg in neue Verbin« dung treten wollte.'

Am 25. Juli kehne Grossmann mit der Kur*Kölnischen Gesell- schaft von Bonn nach Frankfurt zurück; den 26. Juli Abends und den 27. Morgens weilte der junge Dichter auf der Durchrebe in Frankfurt. Obwohl uns jeder Anhah dafür fehlt, auch Schillers er- haltene Briefe aus jener Zeit keinen Aufschluss geben, können wir

Maricrstcirj, Protokolle des Mannheimer Theaters, S. )i8 ff. Minor, Sduiler, 11. Band S. 27.

' Theater- Journal für 1784. XXll. Stuck, S. 77 H. > Schillers Leben von Caroline von Wolzogen, S. 6?.

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uns doch der Meinung nicht entschlagen , dass er während des Vor« mittags, den er hier zubrachte, mit irgend einem Mic^Iicde der Kur* Kölnischen -Gesellschaft zusammen gekommen ist. Von seinem Gönner Schwan in Mannheim, an den Direktor Grossmann ja über den Erfolg der Bonner Aufführung des Fiesko berichtet hatte, war Schiller sicher Ober deren Verhuf und die Abreise der Schauspieler nach Frankfurt in Kenntniss gesetzt worden. Allein, wenn man auch liiervon absieht, so erscheint es dennoch zweifelhaft, dass Schiller, dem die Bonner Premiere seines Werkes doch nicht unbekannt ge- blieben sein konnte, die Gelegenheit versäumt haben sollte, von einem der Mitwirkenden etwas Näheres über dieselbe zu erfahren. Vielleicht traf der junge Dichter, wenn auch nicht mit Direktor Grossmann selbst, so doch mit H. W. Seyfried (über Seyfried siehe den ersten Tbeil dieses Aufsatzes im »Archiv für Frankfurts Ge- schichte und Kunst« III. B. III. Folge) oder dem Darsteller des Fiesko, dem Schauspieler Schmidt, zusammen, welcher letztere mit Schwan befreundet war.

Wie Schiller gleich nach seiner Ankunft in Frankfurt an Frau V. Wolzogen schrieb, hatte er vor, wegen seines kranken Geldbeutels noch in der Nacht nach Mannheim zu reisen, aber er blieb doch den nächsten Vormittag in dem theuren Frankfurt. ' Seinem späteren Schwager Hofrath Reinwald in Meiningen, von dem ef nicht mehr mündlich Abschied nehmen konnte, gibt er dann als Grund seiner plötzlichen Abreise von Bauerbach ausser geschäftlichen Angelegen« heitcn auch die Begegnung mit einem Onkel in Frankfurt an.' Ohne gerade annehmen zu wollen, dass dieser Verwandte nur eine vorgeschobene Persönlichkeit ist, erscheint es uns ziemlich sicher, dass Schiller h.uiptsächlich etwas länger in Frankfurt blieb, um über die Bonner AuHuhruni- des I icsko fachmännische Auskunft zu er- halten. Gerade damals hatte ja das Urtheü einer bühnenkundigen Persönlichkeit den grössten Werth für den jungen Dichter, weil er im ßcgrifT stand, wieder mit Dalberg anzuknüpfen und die von diesem für nöihig erachteten Veränderungen an seinem republika- nischen Trauerspiel vorzunehmen. Leider ist eine wichtige Quelle tür die iVankfurter Bühnengeschichie jener Zeit, der Briefwechsel Heinrich Wilhelm Seyfrieds, wie es scheint, nicht auf unsere Tage gekommen. Sonst würden wir sicher in der Lage sein, für unsere

Schillers Leben von Caroline v Wolzogen, S. 64. » Minor, SchUlcr II. Th., S. iio.

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Vennuthuiigen den Beweis bringen und noch mehr Berührungspunkte zwischen dem jungen Schiller und der Frankfurter Bfihne feststellen

zu können.

Falls dieser auf der Durchreise nach Mannheim wirklich eine Persönlichkeit vom hiesigen Theater gesprochen hat, so werden ihm gegenüber wohl mündlich dieselben Bedenken geltend gemacht wor- den sein, die Grossmann dem Buchhändler Schwan über die theatra- lischen Mängel des Fiesko schriftlich mittheilte. ' Der bühncnkundigc Mann schreibt am 26, August 1783 von } rankfurt aus: »Wenn der liebe feurige Mann nur mehr Rücksicht auf Theater-Konvenienz nehmen und besonders vom Maschinisren nicht schier unmögliche Dinge verlangen wollte. Ein Schlosshof mit Mauern und Gitterwerk und Nacht und illuminirter Saal mit einer Spanischen Wand in einem Nu und dergleichen V^erwandlungcn mehr, gehen sonst nie ohne Unordnung und gewaltiges (k-räusch ab; wie sehr das dem Dialog und der Handlung schadet , hah ich hei der Vorstellung des Fiesko gesehen. Ich hab auf dem Hoftheater zu Bonn gethan was Menschen- hände thun können, und Joch haperte es hier und stockte es da.

Plümicke in Berlin bietet Veränderungen zum Behufe der Theater an, ich wünschte, dass Schiller sich dazu entschlö.sse, beson- ders einige Geräuschvolle Auftritte abänderte. V'on bester Wirkung waren die Scenen zwischen Vater Verrina und Bertha und Burgogn, dem Maler und Fiesko; die Erzählung der Fabel aus dem Thierreich. Die herrliche Scene zwischen Lconore und Fiesco that die Wirkung auf der Bühne nicht, die sie beim Lesen that.

Gerne möchte ich den Fiesko hier bald bei dem Zusammeniaut von Menschen geben; möchte sich Herr Schiller schon entschlossen haben oder gleich entschliessen , einige theaterrechte Veränderungen vorzunehmen, mir solche durch Ihre gütige Besorgung recht bald zukonnuen zu lassen, weil nächste Woche schon die Geleiiswoche ist«.*

Wie gut es Grossmann mit Schiller meinte, welchen Werth er auf den Fiesko legte , geht aus diesem Briefe klar hervor. Und, was für uns das Wichtigsie ist, der hiesige Theaterdirektor verwirft nicht wie Dalberg das Stück m seiner )etzigen Gestalt, sondern er verlangt nur ein Anpassen desselben an die damaliLM- Technik der Bühne. Obwohl das neue Frankturter Komödieniiaus mir allen Hülfsmiiteln des Dekorationswesens ausgerüstet war, reichten die-

Urlich Briefe an Schiller, S. 6-8. Minor. SchUIer II. Th. S. 199. ' Die Messe begann 1785 am 8. und endigte am 29. September.

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selben doch nicht hin, um ohne die grössten Schwierigkeiten einen erleuchteten Schlosshof schnell in einen illuminirten Saal umzu- wandeln. Welche Ven'oUkommnungen das Theater seit jener Zeit gerade in maschineller und dekorativer Hinsicht erfuhr, beweisen die technischen Aui>stellungen Grossmanns. Der hiesige Theaterdircktor klagt Jd auch nur über Schillers ungewöhnliche Anforderungen, weil er türchtet, durch die geräuschvollen Szenenwechsel den Hindruck der herrlichen Dichtung zu schädigen. Unbeeinflusst von dem nb- talligcn Urtheil der Mannheimer Bühne über Fiesko, gedenkt er das Stück sogar wahrend der Herbstmesse hier aulzuführen und verlangt nur schnell einige »theaierrechte Veränderungen«.

Ohne Zw^eifel hat Schwan den jungen Dichter über Gross- manns Wünsche unterrichtet, aber Schiller war nicht im Stande dieselben zu erfüllen. Als er von Bauerbach abreiste, hatte er sich selbst vorgenommen, gleich nach seiner Ankunk in Mannheim den Fiesko tür die dortige Bühne umzuarbeiten, allein heftige Fieber- anfälle hinderten ihn an der Ausführung dieses Vorhabens. Während des heisscn Sommers 178^ kränkelte Schiller an einer Seuche, die viele Bewohner Mannheims dmiederwarf und zum Theil auch hinweg- raffte. Diese nicht gerade lebensgefährliche Krankheit griff ihn doppelt an, weil er sich durch seuicn Aufenthalt in Bauerbach an die kräftige Luft der Thüringer Berge gewöhnt hatte und das durch allerlei gesundheitswidrige Verhältnisse zu jener Zeit höchst schäd- liche Mannheimer Klima schlecht vertrug. Ausserdem brachte der junge Dichter seinen Körper durch die damals übliche, aber ent- schieden verkehrte licluiidlung des l-iebers mit Chinarinde immer mehr herunter. Obwohl er vom i. September 1783 in Mannlicim als Theaterdichter angestellt war, fühlte er sich doch zu allen Ar- beiten und Geschäften unfähig. Erst Mitte Dezember kam er in die Lage, sein Versprechen zu lösen und dem Intendanten von Dalberg den umgearbeiteten Fiesko xn überreichen. ' Von Mitte Oktober bis über die erste Hälfte des November hinaus hatte Schiller trotz seines leidenden Zustandes alle Kraft an die Lösung dieser Aufgabe gesetzt» vorher unternahm er noch halb krank in Gemdnschaft mit einem Freunde* eine Reise nach Speyer zu Frau von La Roche. Um dieselbe Zeit bringt Grossmann, wiewohl Schiller die gewünschten

> Minor, Schiller II. Th. S. 197.

' Es war M. Christmann aus Ludwigsburg, seit 1784 Pfarrer in Heutings- heim. Siehe Urlich, Briefe an Schiller» S. 10.

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Abänderungen nicht gemacht hatte, gleich nnch der Herbstmesse »Die Verschwörung des Fiesko von Genua<c auf die Frankfurter Buhne. Da das Trauerspiel in seiner ersten Fassung fast unmögliche Leistun- gen von dem Maschinisten verlangte, liegt die Frage nahe, warum wohl Grossmann die Huhnenhearheitung des Stückes nicht abwartete und dasselbe nochmals in seiner alten Form in Frankfurt in Scene gehen liess. Wollte er das hiesige Publikum ungeachtet aller Schwierigkeiten, welche die Aufführung bot, mit dein neuen Werke des Verfassers der Räuber bekannt machen , oder hatte ihn dieser vielleicht selbst um die Wiederholung des Stückes gebeten? Bei dem zweifelhaften Hrfolg desselben in Bonn, den vielen Unkosten und technischen Hindernissen ist, nachdem nun gar die Messe vor- bei war, eine gcschältliche Spekulation Grossmanns vollständiL' aus- geschlossen, wohl aber liegt die Vernuuhung nahe, dass ei -dem lieben feurigen Mannec au^ eigenem Antriebe die Gelegenheit ver- schaffte, sich zu überzeugen, wo es in dem Trauerspiele »noch stockte und haperte.« Merkwürdig wäre es jedenfalls, wenn Schiller es ver- säumt hätte, sich bei dieser Frankfurter Aufführung von den ange- gebenen Mängeln sdnes Stückes selbst zu überzeugen. Gerade da- mab musste ja ein selbstgewonnener Eindruck den grossten Werth für ihn haben» weil er durch die verschiedenen Meinungen der Theaterleute über Fiesko in einen qualvollen Widerstreit mit sich selbst geratben war. Da er es möglich machte, trotz seines ange- griffenen Zustandes Frau von La Roche in Speyer zu besuchen, sollte man mit einiger Sicherheit annehmen, dass er in einer so wichtigen Angelegenheit auch eine Reise nach Frankfurt nicht gescheut haben würde.

Und wenn es vielleicht, wie wir glauben, in Schillers Absicht lag, diese Reise in Mannheim geheim zu halten, so hatte er ja gar nicht einmal nöthig, von Speyer wieder nach dort zurückzukehren. Er konnte von Oggersheim aus Frankfurt mit der Strassburger Post verhältnissmässig schneit erreichen. Vielleicht werden mit der Zeit noch Quellen erschlossen, die den Beweis bringen, dass Schiller in der That der ersten Aufführung seines republikanischen Trauerspiels in Frankfurt beiwohnte. Wir sind überzeugt davon und rechnen zu den Geschäften, die nach seinem Briefe an Frau von Wolzogen vom I. November 1783 ausserhalb Mannheims im Oktober seiner warteten,* auch eine Reise nach Frankfun. Möglicherweise befand

' Schillers Leben voq Caroüne v. Wolzogen, S. 7).

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sich der junge leichter, unerkannt vom hiesigen Publikum , unter den Zuschauern wie früher in Mannheim hei der Premii^re der Räuber, die über sein Schicksal entschied. Üb Schiller den Theater- direktor Grossmann damals oder erst im Frühjnhr 1784 näher kennen lernte, lässt sich aus Mangel an Belegen schwer entscheiden. Ein Brief des jungen Dichters vom 8. Februar 1784, der an einer anderen Stelle Wiedergabe finden wird, deutet zwar an, dass Schiller erst /u jener Zeit mit Grossmann in Verbindung trat, allein Ton und Inhalt des Schreibens maclien den Eindruck, als ob die beiden Männer bereits schon früher in irgend einem Verkehr zusammen gestanden hatten. Wahrscheinlich war derselbe bis zum 1-rühling 1784 ein rein tbrmeller und gestaltete sich erst von diesem Zeitpunkte an zu herz- licliercn Beziehungen aus. Wie dem nun auch sei, die auch in den hiesigen Zeitungen angekündigte Vorstellung von des Dichters rÄ'eitcr Tragödie land ini ilcrbste 1783 gerade iiri neu erbauten Komudien- hausc statt, als es jährig wurde, dass der flüchtige Regimenismedikus Schiller mit seinem treuen Freunde Streicher in dem Gasthofe in Sachsenhausen als Doktor Ritter ein bescheidenes Unterkommen fand. Fast möchte man es für einen Ausgleich des Geschicks halten, dass Frankfurt, wo Schiller in jenen Tagen der Prüfung durch Dalbergs abweisendes Verhalten um Fieskos willen sokh bittere Enttäuschung erlebte, dies Stück in seiner ursprünglichen Gestalt bald nach seiner Drucklegung in für die damalige Zeit glänzender Weise in Scene gehen Hess.

Der Zettel zu dieser Vorstellung, die schon allein durch die Raumverhiltnisse und neuen dekorativen Hülfsmittel der hiesigen Bühne sich viel grossartiger gestaltete als die Bonner Premixe des Fiesko, ist ein Plakat in Gross Quart -Format und hat folgenden buchstabengetreu wiedergegebenen Inhalt:

Mit gnädigster BewUligung

F.ines Huchedlen und Hochweisen Magistrats der Kaiserl.- Frevcn Reichs- Wahl- und HandelvStadt Frankfurt am Mayn wird heute Miirwoch den 8. Oktober 1783 von der Gro$$nifliinisdi«n Schauspielergesellschaft aufgeführt werden:

Die Verschworung des Fiesko von Genua Ein repabfikanödics Traoerspiel, in fünf Aufz&ges: von Friedrich Schiller i

Verfasser der Räuber.

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Persooen.

Andrejs Dorla, l^ogc von (icnua Herr Stef^mann.

Gianetiino Doria, sein Nerie, Prätendent ..... Herr Erhard.

Fiesko, Graf von Lav^na, Haupt der Verschworung Herr Schmidt

Venrina, versdiwoiener Republikaner Herr Dengel.

Bourgognino, Verschworener Herr Steiger.

Kalkngno, Verschworener » Herr Stoll.

Sacco, Verschworener . , . , Herr Hüisncr.

Lomeltino, Gtanettinos Vertrauter Herr Kutlu

Zenturiooe Herr Pldsner.

Zibo Mbsvergnügte Herr Diezcl.

Asserato Herr Ehrling.

Romano, Maler Herr Lekow.

Muley Hassan, Mohr von Tunis Herr Bdsenberg.

Tcutsche der Herzoglichen Leibwache | J^sephi.

" I Herr Br.iiuU.

Herr Lobenstan. Herr Widemann. Herr Stengel.

Innere, Fieskos Geniahliti Demoib. Josephi.

Julia, Gräfinn Witr^-e Imperiali Demois Wollmar.

Bertha, Vernnas. lochtcr Madame Huber.

« 1 Uonorims Kamnieriuadchcn Madame Koni. Arabella l Madane Brandt.

Sdüldwachen '

Drey aufrühreri&che Bürger

NobiU.

Bürger

Teutsche Soldaten. Bediente.

Diebe.

Herr Cassini.

Drey und Vierzigste V orstellung im Abonement.

Das Stück ist Abends am Eingange für 12 Batten «u luben.

Wegen Länge des Stücks nicht sowohl, dem man keinen Auftritt, ohne dem Pub* likum etwas Schöne» zu entziehen, nehmen kann, als wegen den vielfältigen Ver« Wandlungen, ist

heute der Anfanjj; nnt dem Glockcnschlag halb 6 Uhr.

Die Person zahlt in den Logen des ersten, zwcyien und dritten Ranges und im Parket t Gulden. Eine ganze Loge zu 8 Gulden. Im Parterre die Person 10 Batzen. In der Gallerte 20 Kreuzer. Auf dem letzten Platz i2 Kreuzer.

Wer vorher Biiiets verlangt, beliebe solche bey mir ini Koniödicnliausc abholen «u lassen, können aber nicht länger als denselben Tag gültig scyn.

Gr ossmann.

Welchen Erfolg diese Vorstellung in Frankfurt erzielte, können wir leider nicht feststeilen, weil nirgends ein Bericht über dieselbe

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aufzufinden war. Da aber Grossmaoti die Bühnenbearbeitung des Fiesko mit Ungeduld erwartete, muss man annehmen, dass auch diese Aufführung des Stückes mit zu grossen scenischen Schwierig- « keitcn verbunden gewesen ist. Vor einem zahlreichen und bunt zusammengesetzten Publikum ist sie jedenfalls gegeben worden. Abgesehen von den hiesigen Besuchern des Thenters waren gewiss viele Fremde und manche Verehrer Schillers aus der Nahe im hie- sigen Theater, um sich das neue Werk des Verfiissers der Räuber anzusehen. Frau Rath Goethe, die grosse rheatcrfreundin, hat sicher dieser Vorstellung des Fiesko beigewohnt und wohl auch über deren N'erlauf an den Sohn nach Weimar berichtet. Das Schreiben, in dem diese Nachrichten standen, gehörte z.wcifellos zu den Briefen, die Frau Rath im ersten Jahrzehnt ihrer Wittwenschaft (1782—92) an den Sohn richtete und die von Goethe selbst im Sommer 1792 vernichtet wurden. *

Bei der ersten Aufführung des Fiesko in Frankfurt waren die ni umhclicn Hauptrollen jedenfalls sehr gut besetzt, besonders fanden der Heid des Stückes, sowie N'errina und der Mohr m den Herren Schmidt, Dengel und Bösenberg treffliche \'crtrcter. In Bonn hatte Grossmänn selbst den Maler Romano gespielt, hier gab er diese Rolle wahrscheinlich nur ab, um die Regie desto besser führen zu können. Ohne Zweifel war alles geschehen, um den Vorschriften des Dichters gerecht zu werden und die Schönheiten seines Stückes zu voller Wirkung zu bringen. Dass Grossmann den Fiesko för ein hervorragendes Bühnenstück hielt, beweist auch der ungewöhnlich frühe Anfang der Vorstellung und der Vermerk auf dem Zettel, man könne von dem langen Stück keinen Aufuitt fortlassen, ohne dem Publikum etwas Schönes zu entziehen. Da die Frankfurter Theaterzettel aus jener Zeit keinerlei Andeutungen über den Inhalt der aufzuführenden Stücke mehr bringen, erscheint ein solcher Hin* weis als etwas Ungewöhnliches.

Wenige Tage nach der Premiere der Tragödie in Frankfurt erliess Schiller in Mannheim am 12. Oktober 1783 folgende Anzeige: »Unüberwindliche Schwierigkeiten, die sich bei der Aufführung des Fiesko gezeigt haben , veranlassen mich , die zweite Hand an dieses Schauspiel zu legen, um ihm eine mehr theatralische Gestalt zu geben. Ich ersuche also jedwede Schauspielergesellschaft, die meinen

' Goethes Mutier. Von Dr. K. Heinemmn» S. 166, Leipiig 1991, Verlag von Anur Seemsum.

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Fiesko zu geben gesonnen ist, sich an niemand als unmittelbar an mich selbst zu wenden, und denselben nach keiner anderen Ver- änderung als nach der meinigen zu spielen, welche in wenigen Monaten im Manuscript zu haben sein wird. '

Diese Anzeige wurde jedenfalls durch die bei der Frankfurter Vorstellung gewonnenen Eindrücke veranlasst und dient zugleich als Abwehr gegen einen gewissen C. M. Plümicke in Berlin, der Schillers Räuber bereits für die Bühne willkürlich zurechtgestutzt hatte und eben dabei war, auch den Fiesko in eine wirksamere theatralische Form zu bringen. In dieser Plümickeschen Bearbeitung wurde das Stück in Wien und Berlin am Anfang des Jahres 1784 gegeben,' wahrend Grossmann am Montag, 26. Apri! 1784 Schillers eigene neue Fassung, die am 11. Januar desselben Jahres zuerst in Mannheini aufgeführt wurde, in Scene gehen Hess. Bereits am 8. Februar hatte der junge Dichter dem hiesigen Theaterdirektor das Stück von Mannhenii aus mit dem folgenden und bereits früher erwähnten Brief zugeschickt:

Eridlicli bin ich ini Stande, mein Versprechen zu halten und Ihnen den neu- gcformtcn Fiesko zu schicken, den Sie mein wertbester Herr mit der Cieduld eines Märtyrers haben abwarten müssen. Möchte er Ihre Wünsche erf&Uen im(f der Auf- merksamkeit würdig seyn, die Sie durch Ueberwindung der ungeheuersten Schwierig- keiten seinem erstgeborenen Bruder zu meinem grössien Erstaunen haben wider- fahren lassen ! Jene .Schwierigkeiten sollen wie ich hoffe in dieser neuen D3r<;te]- lung gehoben seyn, ob aber ein Produkt der Begeisterung durch Thcatcr-Conveiiienz und kritisches Flicken und besdmeiden auf der einen Sdte nidit wieder verUeie, was es allenfalls auf der anderen Seite mochte gewonnen haben . kann niemand besser entscheiden, als der Mann, der als Dichter und Schauspieler und Schauspiel- direktor alle Granzen der theatralischen Welt umgangen haben muss. Darüber vortrefflicher Mann werde ich mir Ihre ausdrückliche ungeheuchelte Mcmung erbit- ten, und Sie erwerben sich kein geringes Verdienst um mich» wenn Sie mir mit der Offenherzigkeit des Könstlers gegen den Künstler gestdien, wo der Neue Fiesko gegen den Alten im Rückstand geblieben ist.

Unterdessen treue ich midi dieses Anlasses, der mich mit einem Manne in Verbindung bringt, dem ich schon s«t so lange mdne vollkommenste Achtung wdhe , und welcher mit doppelter Wirksamkeit und doppeltem Glück mit mir die na-r'iche Raiin gellt. \\'e]cher (lewinn für mich, wenn ich mich mit Vertrauen und Bruderliebe an Sie anschliessen und Ihre reife Kenntniss der Bühne bei meinen kunftiga» Arbeiten zu Käthe ziehen kann, ich werde Sie also gewiss fest halten und mein Freund müssen Sie werden, das ist ausgemacht!

Herr Rennschub (Regisseur der Mannheimer Bühne) sagte mir, dass man Fnde der Fastenzeit das Vergnügen haben werde. Sie hier in Mannheim ni sehen. Lassen Sie sich ja nicht von diesem Vorhaben abhalten; Sie dxiden hier, was ein

' »Die Räuber«, »Fiesko« von Schiller, hrsg. von Boxbergcr. S. XLVI. * Minor, SchUlcr H. B. S. 209.

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Mann wie Sic zuerst wünschen muss, Kenner und Patriottn Ihrer Kunst und einen Freund, der Sie mit Ungeduld erwartet.

P. S.

Gegenwärtig druckt Schwan ein neues Trauerspiel vtm mir, Louise Millerin, da^ in 4—5 Woclicn die Fresse verlassen kann Icli darf hoffen, dass es der deutschen Buhne iteine unwillkommene Aojuisition seyn werde, weil CS durch die Einfachheit der Vorstellung, den weni^n Aufwand von Maschinerie und Statisten uiid durch die leichte Hasslichkeit dc^ Plans für die Direktion bequemer und (&r das Publikum gcniessharer ist als die Räuber und Fiesko. '

Aus diesem schmeichelhaften Schreiben Schillers an Grossmann j^eht deutlich genug hervor, wie hoch er demselben die äusserst schwierige Aufführung des ersten Fiesko atirechnete und welchen Werth er auf die Verbindung mit dem Frankfurter Theater legte. Augenscheinlich ergriff der junge Dichter die Gelegenheit mit Freu- den, um seinem hiesigen Förderer und Gönner eine f^uldigung dar- zubringen. Dass er dabei Grossmanns Thätigkett als Bühnenschrift- steller absichtlich überschätzte, war nicht allein ein Akt der Höflich- keit, sondern auch ein kluger Schachzug von Schiller, der sich die Gunst .eines in der Theaterwelt höchst angesehenen und einfluss* reichen Mannes auch femer erhalten und von dessen Fachkenntnissen Nutzen ziehen wollte. Wie spätere Briefe Schillers an Grossmann bezeugen, schlössen die beiden aiiLh Freundschaft miteinander, ist der Fiesko wirklich der Vermittler näherer Beziehungen zwischen den Mannern geworden.

Obgleich das mit Spannung erwartete umgearbeitete Stück bereits im Februar 1784 in Grossmanns Hände kam, schob dieser die Neueinstudirung desselben doch für einige Zeit hinaus. Es geschah dies sowohl des Dichters wegen als aus Rücksicht für das hiesige Publikum, das in dem eisig kalten Winter 85 -84 und der durch den jähen Witterungsumschiag darauf folgenden Ueberschwem- mungszeit das Theater nur wenig besuchte. Erst in der zweiten Hälfte des April begannen sich die leeren Räume des Komödien- hauses neu 7.U füllen, erwachte in Frankfurt wieder der Sinn für theatralische und musikalische Genüsse. Hnde April 1784 begleitete Schiller die Schauspieler Itfland und Beil von Mannheini auf einer Gastspielreise nach Frankfurt und wohnte zweifellos der Aufführung des umgearbeiteten Fiesko am 26. April 1784 bei. Am 5. Mai

' »Lausitiisdies Magazin«, 59. B. S. aSa (Deutsches Bahnenleben im vorigen Jahrhundert. Kultur- und Literaturgescfaichtliehes aus Kestners Handschriften- Archiv.

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berichtet üaoil der junge Dichter an Reinwald: »Das Mannheimer Publikum verstand den Hicsko nicht. RcpubHkanische Freiheit ist hier zu Lande ein Schall ohne Bedeutung, ein leerer Name in den Adern der Pfälzer fliesst kein römisches Blut. Aber zu Berlin wurde er vierzehnmal (ein Irrthum oder eine Uebertreibung Schillers) innerhalb drey Wochen gefordert, auch zu Frankfurt fand man Gefallen daran. ' Die letzte Mittbeilung bezieht sich v^ohl nicht allein auf die Vorstellung des umgearbeiteten Fiesko am 26. April 1784, sondern auch auf die frühere, nach der gedruckten Fassung ge<;ehcne Premiere des Stückes im Oktober 178^. Wenn ir<^end\vo, so nuisste man doch in der alten freien Reichsstadt Frankfurt das rechte Verständniss für ein derartiges Trauerspiel besitzen. Den Frankfurtern war ja republikanische 1-reiheit kein Schall ohne Be- deuten*;, kein leerer Name. Seit ahen Zeiten fühlten sie sich wohl in ihrer stolzen ünahhan<;igkeit und verstanden es von jeher treff- lich, ihre Freiheit zu behaupten und den Druck mächtiger Herrn, wenn auch gerade nicht durch heroische Thaten , so doch durch Klugheit und Vorsicht von sich abzuwehren. Findet sich deshalb auch in der Geschichte Frankfurts kein Gegenbild zu dem mit cäsa- rischer Grösse ausgescatteiea Fiesko, so berichtet sie doch von den leidenschatthchen Kämpfen des Bürgerthums gegen das übermachtige Patriziat, von anderen umgestaltenden Aufständen und Bewegungen, in denen um die höchsten Güter, »um Herrschaft und um l-reiheit« ward gerungen. Eine stahlfeste Gestalt wie der Kepubhkaner \'errina, der die Souveraiaiai des Volkes für das Höchste hält, wurde sicher hier in ihrer historischen Wahrheit begriffen und auch gewürdigt. Bei einem Publikum mit freiheitlichen Hrinnerungen wie das Frankfurter, durfte Grossmann deshalb auch auf volles Verständniss f&r ein solches Weiic rechnen. Und wenn wir die Anschauungen tonangebender Kreise jener Zeit in Betracht ziehen, so finden wir sicheren Halt für die Annahme, dass hier die erste Form des Fiesko jedenfalls mehr Anklang fand wie die spätere Bearbeitung des Stückes. In Frank- * furt, wo jedes Vergehen gegen die Staatsordnung stets streng geahndet worden war, musste man einen Fiesko besser verstehen, der sein Vergehen im Tode sühnt als einen solchen, der nach geföhr» liehen Gelüsten sein Herz bezwingt und glücklich im Kreise der Mitbürger weiterlebt. Das Trauerspiel ist denn auch in seiner alten Form später wieder hier gegeben worden, während man in den

' Schillers L«bcn und Werke. Von E. Palleske. S. 388.

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meisten deutsches Theatern noch den umgearbeiteten Fiesko auf* fahrte.

Noch einmal zu jener Vorstellung des Stückes am 26. April 1784 zurOckkehrend, bemerken wir, dass die Besetzung der männlichen Hauptrollen fast dieselbe geblieben ist wie in der Frankfurter Premiere des Fiesko im Oktober 1783. Nur Herr Stegmann übernahm dies- mal den Verrina, und Herr Nuth spielte dessen frühere Rolle, den Andreas Dona. Ausserdem gab Direktor Gro^mann an Stelle des abgegangenen Lekow den Maler Romano. Die drei ersten Frauen- rollen waren diesmal in ganz anderen Händen. Die geistvolle Madame Albrecht stellte Leonore, Fieskos Gemahlin, dar, Madame Stegmann spielte die Gräftn Imperiali und Demoiselle Flittner-Grossmann (Stief- tochter des Direktors, spätere Madame Unzelmann) die Bertha* Un- streitig überragten die drei Künstlerinnen die früheren Vertreterinnen dieser Rollen ganz bedeutend. Ein Jahr später bei der AuiTührung des Fiesko am 2. April 1785 hatte Madame Albrecht die Gross- männische Truppe wieder verlassen. An ihre Stelle kehrte Madame Fiala zurück, die sich aber noch immer nicht entscbloss, die Gräfin zu spielen, sondern die Leonore darstellte. Das Programm zu dieser Vorstellung findet sich in dem umer Beilage 1 angefügten Verzeich- niss von Fiesko-Aufführungen , die zu verschiedenen Zeiten auf der Frankfurter Bühne stattfanden. Der Zettel weist ausser Herrn Unzel- mann als Gianettino Doria wenigstens in den Hauptpartien wieder dasselbe Personal auf. Den Helden des Trauerspiels gab bis 1786 regelmässig Herr Schmidt, ein Darsteller voll feurigen Empfindens, der auch eine ritterlich schöne Aeusscrlichkcit bcsass. Nach dem Urtheil kunstverständiger Zeitgenossen gelang es Schmidt , den Ge- danken der Dichter warmes Leben einzuliauchcn und besonders heroische Gestalten mit blendenden Vorzügen und verhangnissvollen Leidenschaften wirksani zu verkörpern. Schmidts Darsiellungstalent war damals jung wie Schillers Muse. Beide begegneten sich m dem Dr.mge nach schwungvollem Ausdruck von Idee und Empfindung und in der begeisterten Hingabe an die Durcbiührung künst- lerischer Ideale.

Ob dem Zettel zur Premiere des umgearbeiteten Fiesko auf der hiesigen Bühne (26. April 1784) auch eine »Erinnerung an das Pub- likum« * angefügt war wie bei der ersten Auffilhrung des Werkes in

» Die trinnerung an das i'ubiikuni findtfl sich bei Boxbergcr »Die Räuber«, »Fiesko«, von Fr. v, ScMHer. S. XLVI.

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Mannheim (ii. Januar 1784) wissen wir nicht, bezweifeln es aber. Seit der Eröfihung des städtischen Komödienhauses war es, wenigstens bei der Grossmännischen Truppe, nicht mehr Sitte, derartige Ab« handkingen über die moralischen und ethischen Motive eines Stuckes auf die Zettel zu drudcen. Diese unterscheiden ach hauptsächlich dadurch von den Theaterprogrammen früherer Bühnenepochen, dass sie kein »Avertissement«, das heisst keinen Abriss von dem Inhalt des darzustellenden Stuckes oder sonstige Winke für das Publikum mehr bringen. Immerhin liesse sich die Möglichkeit fiir die Beigabe der »Erinnerung an das Publikum« zum betreffenden Theaterzettel daraus schliessen, dass Grossmann vielleicht bei Schiller eine Aus> nähme gemacht hätte, um die Frankfurter mit dessen höchst geist- voll mitgetheilten ästhetischen Absichten in Bezug auf diese neue Form des Fiesko bekannt zu machen.

Die zeitgenössische Kritik hat sich kalt gegen Schillers repu- blikanisches Trauerspiel verhalten und es weit unter die Räuber gestellt. Es ist hier nicht der Ort, darauf weiter einzugehen, wir verweisen in dieser Beziehung auf die neueren Publikationen über den Dichter, besonders aufWeltrichs und Mmors Schillerbiographien und auf Brauns Buch »Schiller und Goethe im Urtheile ihrer Zeit- genossen«. Nur einer Rezension des Fiesko müssen wir hier gedenken, weil sie sich in dem für Frankfurts Theatergeschichte höchst wich- tigen »Tagebuch der Mainzer Schaubühne« befindet. Diese Kritik' schliesst sich nicht an eine AuHiihrung des Stuckes auf der hiesigen oder der Mainzer Bühne an, sie ist vielmehr eine freie ästhetische Abhandlung und stammt aus der Feder des bereits im ersten Theile dieses Aufsatzes oft erwähnten Mainzer Präzeptors Aloysius Wilhelm Schreiber. Derselbe war ein grosser Bewunderer Schillers, er wusste an dessen Werken immer die kühnen genialen Züge herauszufinden, ohne deshalb die vorhandenen Mängel und Schwächen zu übersehen. Auch die erwähnte Rezension Schreibers über Fiesko zeugt wieder für dessen auf tiefe Einsicht gegründeten Enthusiasmus für den jungen Dichter. Zweifellos nimmt dieselbe unter den Beurthcilungen, die in den ersten Jahren nach dem Erscheinen des Stückes erschienen, einen hervorragenden Rang ein, weil Schiller in ihr als durch und durch dramatischer Geist aufgefasst und der heroische Wille als quellender Mittelpunkt der Handlung betrachtet wird. Auch für die Schauspieler,

Tagebuch der Mainzer Schaubühne 17ÖH, VlU, Stück, S. 113—119. Auch bei Brmio, Schiller und Goethe im Urtheile Ihrer ZcitgcnosMii, I. B. S. 2xS—tyy

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besonders für den Darsteller des Fiesko, enthält diese Kritik beacbtens- werthe Winke. Da Scbreibers Abhandlung bereits in Brauns verdienst» voUem Werke erschien, verzichten wir hier auf deren Wiedergabe.

Wenn man auch der Ansicht der Zeitgenossen Schillers bei- pflichten IDUSS, dass Fiesko die volle dramatische Grösse seines gewaltigen Erstlings »Die Räuber« nicht erreicht, so kann doch keineswegs bestritten werden, dass das republikanische Trauerspiel als die Offenbarung eines genialen Geistes, als ein ans lebhafter theatralischer Anschauung hervorgegangenes Werk zu betrachten ist. Um Fiesko richtig zu beunheilen, muss man ihn in Vergleich bringen mit nnJercn sogenannten Geschichtsdramen, die damals die deutsche Bühne beherrschten. Wie ein stolzer B:.nm aus dem Unterholz, so ragt Schillers Fiesko aus der Menge tormloser und abenteuer- licher Schauspiele und lärmender Ritterdramen , in denen der oppo- sitionelle Cieist der Sturm- und Drangperiode unter dem Banner der Natur die feudale Weltanschauung und Philisterhaiiigkeit der da- maligen Gesellschaft bekämpfte. Alle diesen w^ilden überschwang- lichen Stücke haben für unsere Zeit nur noch literaiurhistorischen Werth, während Schillers Jugenddramen , die doch in demselben Boden wurzeln, heute noch die Gemüther ergreifen wie damals. «Die Räuber« und »Die Verschwörung des Fiesko zu Genua« sind unter dem Zwang und Druck äusserer Verhältnisse entstanden, ein Grundton durchklingt beide, beide schmückt auch der unvergängliche Keiz feuriger jugendfrische. Karl Moor kämpft für individuelle Freiheil, Fiesko ist eine Verherrlichung des republikanischen Gedan- kens. Was eine leidenschaftlich bewegte Zeit in dunklem Drange durchbebte, brachten diese beiden Gestalten und ihre Gegenspieler in flammenden Worten zum Ausdruck.

Die Bühncnschicksale beider Werke sind sehr verschieden. Während die Räuber ihrem Schöpfer grossen Ruhm eintrugen , hat Schillers um l'ieskos willen viel gelitten. Unser Theater kann des- halb stolz auf die Thaisache sein, dai.s l iesko in seiner ursprüng- lichen Form gerade zu einer Zeit hier in Scene ging, als der Wider- streit der Memungen über das I i auerspiel kurz zuvor in schroffster Weise entbrannt und Schiller ganz klcinmüthig geworden war. Um so hoher darf Grossmanns \'eilialien gegea ^ucsen geschätzt v cidcn. weil dem kranken Dichter in seiner inneren und äusseren Kothiage nichts mehr zu gönnen war, als eine licundlichc Aufmunterung, wie sie ihm durch die hiesige Autnihrung seines icpublikanischen Trauer- picls zu Theil wurde. Inzwischen hatte Schiller ja unter seeHschen Stürmen ein neues Trauerspiel »Luise Millerint*, später »Kabale und

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Liebe« genannt, vollendet, von dessen Erfolg nach der lauen Auf* nähme des Fiesko ungemein viel für ihn abhing.

Bevor wir über die Premiere von Schillers drittem Werke auf unserer Bühne bericliten können* haben wir noch einen Röckblick auf das theatralische Leben vom Beginne des Jahres 1784 zu thun. Die Grossmännische Gesellschaft spielte um diese Zeit abwechselnd in Mainz und Frankfurt und kündigte als erste hiesige Vorstellung im neuen Jahre das Trauerspiel »Alzire« von Voltaire an. Aber die Kälte war in diesen Tagen so streng, dass die Darsteller nicht von Mainz herüberkommen konnten, und der Beginn des Schauspiels ver- schoben werden musste. Erst am 6. Januar 1784 fand dann die an- gezeigte Aufiührung von »Ahirc« im neuen Komödienhause statt.' Da es nach einem gelinderen Tag wieder grinimig kah geworden war, suchte Direktor (irossmann dem Publikum dennocli den Besuch des The.iters dadurch zu ermöglichen, dass er eine Anzahl Personen anstellte, die tür testen Verschluss der Thören im Komödienhausc zu sorgen hatten. Ks wurde in diesem Winter jede Woche einmal gespielt, die nächste Vorstellung hatte also Dienstag, 13. Januar stattfinden müssen. Allein dieselbe tiel aus, weil ein starker Schnee- fall die Wege unfahrbar machte. Am 20. Januar ging dann das neue hier noch nicht aufgeführte Lustspiel »Der Fähndrich« von Schröder und das Balett »Das spröde Mädchen oder die verzauberte Rose« in Scene. Bei der Anzeige zu dieser Vorstellung wird aus- drücklich bemerkt, dass man, um die Kälte erträglich zu machen, alles aul bieten, auch einige Zunmer im neuen Komödienhausc heizen wolle, in denen sich das Publikum zwischen den Akien en\'ärmcii könne. Die Ankündigung des Schauspiels «Der Einsiedler« von d*Arien, das am 27. Januar gegeben wurde, enthält diesen Zusatz nicht, dagegen wurde die Vorstellung des Singspiels »Claudine von Villabella« von Goethe mit Musik von ßeck^ wegen unerträgUcber Kälte vom 3. bis zum 10. Februar verschoben.

Am 12. Februar dieses Monats schreibt Frau Rath Goethe an Fritz von Stein: »Hier giebt's nicht viel Keues das interessant wäre, wir haben diesen Winter nur alle Dienstage Schauspiel Die Schau* Spieler sind in Mainz und Schnee und Eis machen die Wege über- aus schlimm.*

* Die Nachrichten über die Vorstellungen im Januar und Februar 17^4 sind den »Frankfurter Suiis-^tcetto« vom 6. 19. ao. 26. Januar, und a. Februar dieses Jahres entDomnien»

' Bricfwecluet von Frau Rath Goeth^ hrsg. von Robert Keil, S. ao2 ao}.

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Am Dienstag, 17. Februar vrarde das Trauerspiel »Oda oder die Frau von zwei Männern« von Babo zum erstenmale gegeben, nach dieser Vorstellung wird die hiesige Bühne für 2 Monate geschlossen. Während dieser Zeit hätten die Bewohner Frankfurts sicher auch wenig Sinn fQr den Besuch des Theaters gehabt. Naturereignisse bedenklichster Art nahmen nämlich das öffentliche Interesse ganz in Anspruch« Wie bereits früher erwähnt wurde, trat nach der grim> migen Kälte und dem starken Schneefiill plötzlich ein Wittenmgs- Umschlag ein , der nicht allein Frankfurt , sondern auch die ganze Umgegend in eine noch schlimmere Nothbge versetzte ab der un- erhört strenge Winter. Am 26. Februar verkündeten Kanonenschüsse der hiesigen Bürgerschaft das Aufbrechen des Maines. Bereits am 27. und 2^ desselben Monats standen der Weckmarkt, die Saal-, die Bender- und Buchgasse, sowie Theile von Sachsenhausen unter Wasser. Bis über die Mine des Römerberges hinaus stieg dasselbe; die beiden Blockhäuser an der alten Brücke wurden zertrümmert, diese selbst und die Mühle stark beschädigt. Wie das »Frank- furter Staats-Kistretto« am 2. März 1784 (Nr. 36) berichtet, wussten sich die ältesten Leute eines derartigen Wasserstandes nicht zu erinnern ; er war mehr denn zwei Fuss höher als die grosse Fluth im Jahre 1764. Ebenso wie hier in Frankfurt sah es auch in der Um- gegend aus. Hunderte von Menschen waren obdachlos und ohne Lebensmittel. Es war eine Zeit der höchsten Aufregung und Angst, wahrend welcher nun eher an alles andere als an theatralisches Ver- gnügen denken konnte. '

Frau Rath Goethe schildert die Ueberschwemmung in Frank- furt und die bei derselben getroffenen Sicherheitsmassregeln in einem Briefe an Fritz von Stein vom 22. März 1784* und in einer humoristisch gefärbten poetischen Abhandlung vom i. März, welche letztere an d.is Weimarische Hoffräulein Louise von Göchhausen gerichtet ist. Anfangs und Mitte dieses Monats herrschte gelindes Wetter, allein gegen Ende desselben war es wieder »dicker Winter.« Wie Frau Rath schreibt, konnte kein Mensch wegen heftigem Wind und starkem Schneefall das Haus verlassen. ^ Doch bald wurde es wieder milder;

* Leber die Ueber*>ch%vemmung im i-'cbruar 1784 siehe die Nummern der Frankfurter Oberposiamiszeitung, des Frankfurter Jounial und des Frankfurter StaatS'Ristretto vom Februar und März 1784. Auch Leben in Frankfun, Aus- zöge aus den Frag und An/cigungs-Nachridiwn von iM. ßclK-Gontard. B. VII.

' Bricfwcciiscl von Frau Rath, hrsg. von Robert Keil, S. ai}— ai4.

' Ebd., S,

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der Frühling kam mit Macht und mit ihm kehrte die Lust an Ver- gnügungen aller Art bei den Frankfurtern zurück. Bereits ;\in 17. März 1784 wurde im weissen Hirsch im grossen Hirschgraben ein kleiner Luftballoo »frey io die Luft gelassen,« ' ein Vorgang, der viele Leute liier in grosse Aufregung versetzte. Auch Goethes Mutter wohnte dem Aufstieg des Ballons I i und berichtet, dass dies recht spasshaft anzusehen gewesen sei. ' Die Luftfahrten kamen damals in Mode, Fürsten und Herren waren bei dem Aufsteigen der Ballons zugegen und unterstützten die staunenerregenden Versuche auf alle mögliche Weise. Selbst die Bühne bemächtigte sich des belieb- ten Sports und suchte ihn zu Stoffen für Lustspiele und Ballets zu verwenden. Als der berühmte Luftschitfer Bl.mchard am 3. Ok- tober 1785 von der Ikjrnheimer Heide aus seine grosse Luftreise im Beisein vieler vornehmen Herrschaften und einer unabsehbaren Men- schenmenge unternahm, wurde er am anderen Tage nach seiner Kuck- kehr un neuen Kuniodienhause durch eine für jene Zeit i;an/ uruss- arti«»e Huldii^unt;, die auf seine külme 1-ahri Bezug nahm, gefeiert. Keine fürstliche Persönlichkeit, kein Dichter oder Komponist ist wohl seit der Eröffnung der neuen Bühne so im hiesigen Schauspielhausc verherrlicht worden wie 1785 der allgemein vergötterte Blancbard. *

Mit dem Beginne des Jahres 1784 hatte Grossmaim die Direk- tion in Bonn seiner Frau überlassen, weil er damals zu der Leitung des Frankfurter Theaters auch noch diejenige der Mainzer Bühne übernahm. Frau Grossniann, früher vcrehlichte Flittner» starb jedoch schon 1784 im 33. Lebensjahre,*

Direktor Grossmann spielte ausser hier und in Mainz den Sommer über im Bade Pyrmont, in Kassel, Düsseldorf und anderen Städten. Grossmanns künstlerische Thätigkeit in Frankfiin seit der Eröffnung des neuen Komödienhauses bis zu seinem Abgange von hier nach Hannover, Ende Juli 1786, ist sowohl der Glanzpunkt in seiner eignen Laufbahn als eins der wichtigsten Kapitel der Frank- furter Theatergeschichte. Wir halten es deshalb jetzt für geboten, einige Nachrichten über den Mann zu bringen, der, wie der Mann- heimer Intendant von Dalberg den Häubem, Schillers republikanischem

' Leben io Frankfurt. Von M. Belü^Gontard, B. VII, S. 44. * Briefwechsel von Frau Rath, hrsg. von Robert Keil» S. at).

' Berichte über die Feier bringen die hiesigen Blätter und der Theater- Kalender auf dns J;ihr 1786, S. 2')5 tT.

Karolinc Ciro-ismann, eine biographische Skizze von KapcUnjtnster Ch. N. Neefc, Güttingen 1783. Awh Theaterkalender «uf das Jahr 178$, S. 192.

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Trauerspiele »Die Verschwörung des Fiesko zu Genua« und seinem dritten Stück »Kabale und Liebe« den Weg auf die deutsche Bühne bereiten soUte.

Gustav Friedrich Wilhelm Grossmann ' war 1746 (nach Anderen 1744) zu Berlin geboren. Als Sohn eines mittellosen Privatschul* halters stand er von Jugend auf unter dem Einfluss drückender Ver- hältnisse. Um seine intellektuellen Anlagen und Neigungen zur Gel- tung zu bringen» hatte er ähnliche Hemmnisse und Schwierigkeiten zu fiberwinden wie Friedrich Schiller. Nach abgelegtem gutem Examen betrat Grossmann die juristische Laufbahn. Er erhielt die Stellung eines Legationssekretairs in Oanzig, wurde sogar mit diplo- matischen Missionen betraut und erwarb sich die Anerkennung als eines pflichttreuen und gewissenhaften Beamten. Während seiner Wirk- samkeit als preussischer Legationssekrctair schloss Grossmann eine Menge cinflussreicher Verbindungen, die ihn später ungemein fördern sollten. Im Jahre 1769 brachte ihn seine Stellung auch in Berlin mit Lessing in Berührung. Dieser trui,' sich gerade damals mit reforma- torischen Gedanken für die Begründung eines deutschen National- iheaters und übte auf Grossmanns Leben einen umgestaltenden Ein- fluss aus. Lessing erkannte nicht nur das schöpferische Talent und die kiinsilLi ische Bildung des jungen Mannes, er sah auch in ihm ein brauchbares Wi^rkzeug zur Hebung der deutschen Bühne und forderte ihn auf zum Theater zu gehen. Diese Mahnung muss mit Gross- manns eignen Wünsciien übereingestimmt haben; denn 1774 wurde er Mitglied der berühmten Seylerschen Truppe, bei der er zum ersten«

* Zu der Darstclluug von Grossmapos Lebensgang und dramaturgischer Thätigbdt wurden folgende Quellen benuttt: Deutsches Bfihnenlebcn im vorigen

Jahrhundert von A. Sehr in Laushnsches Magazin, 59. Bd. S. 267 tf. Archiv für Literaturgeschichte III R., S. 109 fT. und S. 277 tl. fn^t?. (Sclicbte Scliatten, S. 23. Minor, Schiller, II. Bd., 217 IT. Devrient, Gesciiiclite der Schauspiel- kunst, S. 100 ff. Frau Rath, Brlefwechsd, hr^. v. R. Kdl. S. z%i. GeseMchte des Theaters und der Musik in Mainz, von J. Peth, S. 64 ff, Theater-Journal, hrsg. von Reichhard, 1777— 178^. Thcaterkalctuler von 1776— 1797. Goedcke, Geschiltsbriefe Schülers, Uriich liricfe an Schiller. Jordans Lexikon deutscher Dichter und Prosaisten, IL B., S. 257—26} und VL B., S. 249 tt. Allg. Deutsche Biographie. Das erste Städtische Theater lu Frankfurt a. M. ; von Dr. A. H. E. von Oveo. NeujahrsBlatt des Vereins für Gesdtidite und Alterthumskunde, für das Jahr 1872, S, 30 ff. Geschichte der Schauspitllamst zu Frankfurt a. M., von E. Mcnt2el. Einschlägige Akten des Frankfurter Stadtarchivs. Goethes Mutter von Dr. K. Heinemann. S. 168 ff. Beluiken Geschichte des Bremischen Theaters, S. 4$— 47. Lynker, GescUchte des Theaters und der Musik in Kassel

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male als Marinelli in »Hmilia Galotti» auftrat. Im Jahr 177S berief ihn der kunstsinnige Kurfürst Friedrich Maximilian zur Leitung seines Hoftheaters nach Bonn. Von hier aus unternahm er mit der Kur- Kölnischen Gesellschaft Gastspielfahrten nach Frankfurt a. M. und anderen Städten. Als es sich um die Wahl einer Truppe bei EröfT- niing der standigen Bühne handelte, engagirte der Pächter des hiesigen neuen Komodicnliauses, der Fürst). Waldecksche Hotrath Tabor, mit Genehmigung der Stadt die unter Grossmanns Leitung stehende Kur-Kölnische (;esel]schalt, deren Leistungen hier schon bekannt und allgemein geschätzt waren.

In Frankfurt stand Direktor Grossmann im Verkehr mit der besten Gesellschaft. Schon als Mitglied der Seylerschen Truppe, die im Sommer 1777 hier spielte, wurde er im Hause der Frau Rath Goethe eingeführt, zu der er in der Folge in ein herzliches Freund- schaftsverhältnis trat. Wenn nach Schluss der Messen die Sevlersche und später die Grossmännische Gesellschaft Frankfurt vcrlicsscn, unterhielt Frau Rath in der Zwischenzeit mit dem Freunde einen Briefwechsel, der tm die siebziger u:iu a^^-nziger Jalux des vorigen Jahrhunderts eine der wichtigsten Quellen zur I rankfurter Theater- geschichie bildet. Freilich darf bei Benutzung derselben nie ausser Acht gelassen werden, dass Frau Rath für Grossmann voreingenommen und gegen andere hier auftretende Wanderprinzipale» z. B. gegen Böhm, sehr ungerecht war. Frau Rath Goethe konnte als die ächte Mutter ihres grossen Sohnes wohl die Schönheiten der Dicbtongen und darstellerischen Leistungen nachempfinden, aber ihr Urtheil über die verschiedenen Truppen ist nicht objektiv und unparteiisch genug und wurzelt ganz in persönlichem Empfinden. Da sie Grossmann und seinen Schauspielern all ihr Wohlwollen zugewandt hatte, hielt sie mit weiblicher Vorliebe jeden anderen Theaterdirektor, der hier spielte, für einen Stümper und unberechtigten Rivalen ihres Lieblings. Wie der Briefwechsel zwischen Frau Rath und Grossmann bezeugt, blieb sie diesem bis zu seinem Tode 1796 eine zuverlässige Freundin. Sie hob ihm ein Kind aus der Taufe, suchte ihm zu nützen, wann und wo es ging, und gab ihm in familiären Angelegenheiten, z. B. bei seiner zweiten Heirath mit Demois. Schroot, ihren treuen un- geschminkten Rath.

Grossmann zeichnete sich unter den meisten damaligen Theater- prinzipalen durch seine umfassende literarische Bildung und seine wdtmännisch feinen Manieren aus. Im gesellschaftlichen Verkehr war er schlagfertig, geistreich und witzig und von bestechender Liebenswürdigkeit. Als Bühnenleiter gcnoss Grossmann bedeutendes

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Ansehen; iikhi merkte seiner gewissenhatten Geschäftsführung an, dass er in die ernste Schule des preussischen Beamtenthums gegangen war. Hei seinem Personal hielt er streng auf Ordnung und gute Sitte und ertheilic bei Uebertreiungen der Statuten sogar öfientliche Rügen. Ungemein viel that Grossmann für die soziale Hebung des Schauspielerstandes; sein Hauptziel war die Errichtung einer alli^e- mcineo deutschen Versicherungsanstalt für invalide Bühnenkünstier, ein Plan , der erst in diesem Jahrhundert in der deutschen Mühnen- genossenschatt in erweiterter Form seine Verwirklichung fand. Nur wenige Truppen schützten im vorigen Jahrhundert ihre Mitglieder in Krankheitsfällen oder .sonstigen Nothlagen vor vollständigem Ver- armen. Zu den Gesellschaften, die bereits 1780 eine eii;ene Kranken- kasse besassen, gehörte ausser der Grossmännischen auch die Truppe Jobannes Böhms.

Grossmann zeigte sich daneben auch als ein fruchtbarer drama- tischer Dichter. Seine Werke gehören zwar nicht zum eisernen Bestände der deutschen Literatur, aber sie nahmen im Repertoir jener Zeit einen ebenso grossen Raum em wie die Stücke der heutigen Modeschriftsteller. \'on (Jrossmanns Dramen tühren wir die nachfolgenden an, die sämmtlich in Frankfurt mit grossem Beifall gegeben wurden, bemerken jedoch, dass diese nach den Theater- Kalendern gemachte Aufstellung auf Vollständigkeit keinen An- spruch erhebt.

oDie Feuersbrunst,« Schauspiel 177?.

»WiUielmine von ßlomlheim.« ScH.iuspiel in ^ Aiit/ugen 177^ »Henriette oder sie ist schon vcriieirathet.f Lublspiel in \ .Aufzügen 1779. »Meüde oder der erste ScliilTcr,« Schauspiel mit Gesang in 2 Aufzügen 1779.

(Die Musik von Neefe.) »Die Ehcstaodskandidaten,« Lustspiel in ) Aufsagen t78a »Was vermag ein Mädchen nicht,« Schauspiel tnit Gesang; in 1 Aufsug, Musik von N'et'fc. 1780.

»Nicht mehr als sechs Schüssehi,« Schauspiel in 5 .Aul/cu^'i-'n, 177Q oder 1780. »Adelheid von Vehheiiii,« Schauspiel mit Gesang; in 5 .-\ut/ugcn, Musik von

Neefe, 1782.

»Was dem Einen recht ist, ist dem Andern billig,« Schauspiel in 3 Akten 178].

Ausser diesen Dramen lieferte Grossmann noch eine Anzahl Uebersetzungen und Bearbeitungen französischer, englischer und italienischer Theaterstücke. Wir erwähnen davon nur »Die Komödie der Irrungen« von Shakespeare und das Lustspiel »Der Barbier von Sevilla« von Beaumarchais. Grossmanns bedeutende Sprachkenntniss machte es ihm sogar möglich , Lessings »Minna von Bamhelm« ins Französische zu übertragen.

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Wie die meisten Schauspiclenurbeiten streben auch die Stücke Grossmanns weniger danach, die Literatur zu bereichern als die dar- stellende Kunst zu fördern. Er suchte lebenswahre, wenn auch keineswegs ausgeführte Gestalten zu zeichnen und verliess sich dabei auf die ausgleichende Erfindungskraft der Darsteller. Die genaue Kenntniss der verschiedensten Gesellschaftskreise und des Volkes befkliigte Grossmann, naturwahr zu schildern und eine Anzahl neuer Figuren auf die Böhne zu bringen. Daneben verstand er es, anziehende Situationen zu schaffen und einen witzigen poincirten Dialog zu schreiben, der trotz der naturalistischen Richtung des bürgerlichen Schauspiels bei dem damaligen Publikum sehr beliebt war* Das beste Schauspiel Grossmanns »Nicht mehr als sechs Schüsseln,« das auch Frau Rath Goethe so gut gefiel, wurde noch zu Anfang dieses Jahrhunderts in Frankfun mit vielem Beifall aufgeführt. Das Stück beschäftigt sich mit dem beliebten Bühnenthema der achtziger Jahre des vorigen Säkufaims: der Ehe zwischen zwei Gatten aus ver- schiedenen Gesellschaftsklassen. In gewissem Sinne ist 'Grossmann also ein Vorläufer Schillers , der das beliebte Motiv der Mesalliance am ergreifendsten in dem bürgerlichen Trauerspiele »Kabale und Liebe« behandelte.

Als Bühnendichter ist Grossmann längst vergessen, als der erste Schauspieldirektor des hiesigen Theaters und als verständnisvoller Förderer Schillers hat er sich unvergängliches Verdienst erworben. Um so mehr müssen wir ihn anerkennen, weil der hohe Schwung von Schillers Poesie mit seinen eignen Zielen und der Geschmacks- richtung der dichtenden Schauspieler jener Zeit im grellsten Wider- spruch stand. Und ebenso eifrig wie Grossinann den jungen Schiller zu unterstützen suchte, trachtete er danach, das Andenken an Lessing sowohl in Künstlerkreisen als auch beim deutschen Volke lebendig zu erhalten. In einer Schrift »Lessings Denkmal« lordert er sogar aut, Geldsammlungen und Theatervorstellungen zum Zweck der Er- richtung eines Denkn^ds auf Lessings eingesunkenem Grabe in Braun* schweig zu veranstalten.

Neben grossen Vorzügen besass Grossmann ;uich viele Schatten- seiten. Hr neigte in vielen Dingen ^nr Pedanterie und w.n trot/dem von unruhiger Beweglichkeit. Ungemein wurde der Verkehr nm ihm dureh sein leicht gereiztes Wesen, sein st;irk entwickeltes Selbst- gefühl und seinen unbeugsamen Starrsinn ersclnvert. Diese l£igen- Schäften zeigten sich n.ich dem Brande im Schauspielh.uise im April 1785 in so unangenebnier Weise, dass es zu vielen Reibereien zwischen dem Pächter Tabor, der Stadt und Grossmann kam. Ob-

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wohl eintlussrcichc C{)nner für ihn eintraten und der grösste Theil der bessern Gesellschaft auf seiner Seite stand, führten diese Streitig- keiten doch schliesslich im Sommer 1786 zur Auflösung seines Con- traktes. Auch in Hannover benahm sich Grossmann spater so selt- sam, dass er in peinliche Lagen ^erieth und zuletzt seines Amtes entlassen wurde.

Zum frankfurter Bühnenleben des Jahres 1784 zurückkehrend, weisen wir nochmals darauf hin, dass die ersten iMonate desselben für den Theaterbesuch fast gänzlich verloren gingen. Um so mehr war man nun nach dem harten freudlosen Winter auf die Wieder- eröHnung des Schauspiels gespannt, als ein Stück zur ersten \'or- stellung angesetzt war, dessen Verlasser in Frankfurt eine grosse Ciemeinde von Verehrern zählte. Es war Schillers neues Trauerspiel »Kabale und Liebe/« das hier überhaupt zum erstenmale über die Bretter gehen sollte. Dass man diese Premit;re für ein wichtiges Ereigniss hielt, beweist eine briefliche Mittheilung der Frau Rath Goethe an Fritz von Stein. Am ersten Ostertage 178} sclireibt sie: »Lieber Sohn. Ich wünsche sehr, dass sie jetzt bei mir wären. Uebermorgen geht unser Schauspiel wieder an, und /war wird ein ganz neues Stück gegeben. Alles verlangt darauf und es wird sehr voll werden.« *

Dass Grossmann ein neues Werk Schillers mit besonderer Spannung erwartete, geht schon aus seinem Schreiben an Schwan vom 26. August 1783 hervor. Gleich zu Anfang heisst es da: »der Schauspieler Schmidt hat mir gesagt, dass wir bald Holfnung zu einem neuen Stück von Schiller hätten, worauf ich mich sehr freue.« In dem Briefe, der dem umgeformten Fiesko beiliegt, kündigt der junge Dichter dem hiesigen Theaterdirektor dann selbst die »Luise Millerin« an. Zugleich erfahren wir, dass Grossmann die Absicht hat, am Ende der Fastenzeit nach Mannheiin zu reisen. Der Vor- satz ist zweifellos ausgeführt und bei dieser Gelegenheit wohl die erste AuHührung von »Kabale und Liebe« verabredet worden. Auch das Gastspiel der berühmten Mannheimer Schauspieler Itfland und Beil, die Ende April und Anfangs Mai 1784 in mehreren ihrer Glanz- rollen hier auftraten, kam wahrscheinlich während Grossmanns Anwesenheit in Mannheim zum Abschluss. Als der Letztere Anfangs

' Briefwechsel von Frau Rath, hrsg. von Robert Keil, S, 217 und die aus- l&hrliche Abhandlung über Frau Rath als Theaterfreundin in »Goethes Mutter«, von Dr. Karl Hdnemann. (Ldptig, Verlag von A. Seemann 1891.)

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April wieder nach Frankfurt zurückkehrte, begannen sofort die Proben zu dem Stücke, das in der Ostermesse in Buchform erschien.

Was irgend mdglich war, that Grossmann, um dem neuen Werke Schillers hier eine ehrenvolle Auftiahme zu sichern. Als erfahrener Bühnenleiter wusstc er ja, wie viele Faktoren im rechten Augenblick zusammenwirken müssen, um einem dramatischen Werke zum verdienten F'rfolge zu verhelfen. Höchst wichtig für die über- aus günstige Aufnahme des bürgerlichen Trauerspiels in Frankfurt ist der Tag, an dem das Stück hier angesetzt wurde. Es ist der 13. April 1784, der dritte Ostertag und erste Mcsstatr. nn dessen Nachmitragsstiinden nach altem Gebrancli die Gehultcn, die Laden- diener und Ladenmädchen in den Geschalten, sowie die sonstigen .Angestellten und Hilfsarbeiter in den städtisciien Bureaus zu teiern pflegten. Da ausserdem die Anwesenheit zahlreicher Messfremden m Betracht zu ziehen ist, darf man wohl mit Hestniimtheit annehmen, dass das neue Komödien haus an jenem denkwürdigen Abend von unten bis oben dicht bei.cut gewesen ist. Schillers Name war ja damals schon allein ein Zugmittel , um nicht nur Pei sonen der höheren Kreise, sondern auch Leute aus dem \'olke ins Theater zu locken. Dies wussten die hiesigen Bühnenleiter jener Zeil sehr wohl und suchten Xut/.en daraus /.u ziehen. Aul vielen Zetteln und auch in den 'I la.iu; aii/ei^en der Tayesblätter zu Aufführungen von Schillers Dramen lindct sich hinter dessen Namen der Vermerk »Verfasser der Räuber.«

Dass auch Grossmann bei der Premifere von »Kabale und Liebe« die Anziehungskraft dieses Epithetons zu Ehren Schillers und zu seinem Vortheil ausnützte, steht ausser jedem Zweifel Trotz aller aufgebotenen Mühe war der Zettel zur ersten und zweiten Vorstel- lung des bürgerlichen Trauerspiels in Frankfort bisher nicht aafzu* finden. ' Doch dieser Mangel wird durch das erhaltene Programm zur dritten hiesigen Vorstellung von »Kabale und Liebe« fast aus- geglichen. Die Besetzung war ja an den drei Theaterabenden die nämliche, nur dass Schiller hier den Kammerdiener wieder einschob, * der für die hiesige und die Mannheimer Premiere gestrichen worden war. Obwohl man in der freien Reichsstadt Frankfurt keine Ruck-

' Am Dicn'itag, den 1 5. April wird im neuen Schauspielhause von der Grossmännischeii Schauspielcr-Gesill^cliaft vorc:e«;tel!t werden Kabale und Liebe, ein bürgerliches Trauerspiel in iunf Autzügen von üchilier. (Frankfurter StMts-Rbtretto No. $9, vom la April 1784.)

* Sdiitlcrs Briefwechsel mit Dalberg. Brief vom 1. Mat 1784.

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sieht auf einen Fürsten zu nehmen hatte, der Üntenhanen gegen Geld an kriegführende Staaten verkaufte und sich deshalb durch die Aeusserungen des Kammerdieners getroffen fühlen konnte, wurden doch alle amerikanischen Beziehungen auch hier aus der Rolle weg- gelassen. Wahrscheinlich rieth Grossmann dem jungen Dichter wohU meinend hier zur Vorsicht. Hätte es doch immerhin leicht geschehen können, dass von den hiesigen Residenten einiger Fürsten die kühnen Worte des Kammerdieners als Beleidigung ihrer Herren aufgefasst worden wären. Wurde aber in solchem Falle beim Rath Beschwerde geführt, dann stand das Verbot eines Stückes bestimmt in Aussicht.

Bei der zweiten Frankfurter Aufführung von »Kabale und Liebe« spielte Iffland den Kammerdiener, später stellte dann Grossmann selbst diese wirksame £pisoden6gur bei den verschiedenen Vorstel« lungen des Stückes bis zum Sommer 1786 dar. Oer Zettel zur dritten hiesigen Aufführung von »Kabale und Liebe«,' ein Plakat in Gross- querfolioformat, folgt hier in buchstabengetreuer Wiedergabe:

Mit gnädigster BewÜiiguDg

Eines Hochedicn und Hochweisen Magistrais der Kaiserl. Freyen- W'nh!- und Handels-St.idt Frankfurt am Mayn wird licute Freytags, den 17. September 1784 von der Grossmänoisdien Sdiaaspieler-GeseUscbaft aufgeffihret werden

Kabale und Liebe, Ein b&rgerliclies Trauerspiel in f&nf Aufzügen von Friedrich Schiller.

President von Walter Herr Nutli.

Ferdinand, sein Sohn ........ Herr Schmidt.

Hotmarscball von Kaib Herr Diezel.

Lady MUford, Favorttin des Fürsten . . . Madame St^^mann.

Wurm, Hausselcretair des Präsidenten . . Herr Bösenberg.

Miller. StaJtiiiusilcant Herr Stegmann.

Dessen Frju MaJanie Cassini.

Louise, dessen iuchter Madame Sophie Albrecht.

Sophie, Kammerjungfer der Lady . . . Madame Nudi.

Ein Kammerdiener des Pursten .... Herr Grossmann»

Kin Kamnicriliener der Lady Herr Sommer.

Kammerdiener des Präsidenten .... Herr Wolschowrsky. Bediente, Gerichtsdiener.

Elfte Vorsteliuug im Abonemem.

Es wird jedermann ersucht, niemanden auf meinen Namen das mindeste zu borgen.

' Im Besitze des Herrn Ferdinand Eysen dafaier, der gütigst die Benutsung gestattete.

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Der Anfang ist um 6 Ubr.

Die Persern sahlt in den Logen des ersten, zweyten vnd dritten Ranges, und in» Parket i Gulden. Eine game Loge zu 8 Calden. Im Parterre die Person lo Bataen.

In der Gallerie 20 Kreiuer. Aul dem letzten Platz 12 Kreuzer.

Wer vorher Billets verlangt, beliebe solche bey mir im Komödienhaiuc abholen zu lassen, können aber nicht länger als denselben Tag gültig seyn.

Grossmann.

Da die Frankfurtci Zciuin^cn am Aniang der Öocr Jahre noch nicht durch berufsmässige Kritiker über die Vorstellungen auf der hiesigen Bühne urtheilen lassen, ist kein eingehender Bericht Ober den denkwürdigen Abend, an dem i»KabsiIe und Liebe« hier zum ersten- male in Scene ging, auf die Nachwelt gekommen. Doch erfahren wir wenigstens durch zwei Gutachten aus jener Zeit, wie die Gross- niännische Gesellschaft das bürgerliche Trauerspiel darstellte. Die beiden Kritiken stehen sich in der Beurtheilung der schauspielerischen Leistungen zwar fast diametral gegenüber, sind aber gerade deshalb um so wenhvoUer fOr uns. Der eine Bericht, dessen wir erst später gedenken werden, «rührt von Schiller selbst her, der andere stammt aus der Feder eines ungenannten Autors^ ' der ohne jegliche Beein> flussung sein Kunsturtheil abgegeben zu haben scheint. Weil aber diese Kritik keine Vorstellung auf der hiesigen Bühne schildert, ist es nöthig, nachzuweisen, dass dieselbe dennoch für die Fremi&re von »Kabale und Liebe« in Frankfurt den grössten Wenh besitzt.

Die Grossmännische Gesellschaft spielte vom April bis Ende Juni 1784 in Frankfurt und begab sich von hier nach Göttingen, wo am 8. August eine Vorstellung von »Kabale und Liebe« genau in der Frankfurter Rollenbesetzung gegeben wurde. Ueber diese berichtet der anonj^e Kritiker der »Berliner Literatur- und Theater-Zeitung« in einem hauptsachlich die Leistungen der Schauspieler beleuchtenden Artikel.* Schmidt, der Darsteller Ferdinands, ist ein Künstler, den der Rezensent sehr schätzt und schon früher w^en seines durch- dachten Spieles bewundert hat. Als Ferdinand machte er dem literarisch fein gebildeten Kritiker weniger in den Sccnen der Liebe als in denen der lintschlossenhcit und des männlichen Trotzes einen tiefen Ein- druck. Wenn man Schmidt von anderer Seite vorwarf, er fiele oft in den

Vielleicht A, F. F. I reiherr von Kniggc, der aucli in seinen 178H erschei- nenden dramatischen Blättern fortlaufende Besprechungen über die Grossmännisdie Truppe brachte. Frau Rath doctlic war eine eifrige Leserin derselben.

* Berliner l.itcr.itur- und Theater-Zeitung, 28. Auf^ust. 1784. - Auch .ih^c- druckt bei ßraun, Sdüllcr und Goethe im Urtheile ihrer Zeitgenossen. S. 75—74.

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Predigerton, so setzte dies der Schreiber der Beurthetlung weniger auf das Schuldkomo des Schauspielers als auf dasjenige des Verfassers . von »Kabale und Liebe,« der nach seiner Ansicht zu viel Pathos in die Aussprüche des Majors gelegt hatte*

Uneingeschränktes Lob wurde der schönen und geistvollen Dar- stellerin der Louise Millerin, Madame Sophie Albrecht, zu theil. Nach Ansicht des Kritikers mussce ihre meisterhafte, sogar bis auf einzelne Silben richtige Deklamation jeden Zuschauer in Entzücken versetzen. »Nie« heisst es im Fortgange des Berichtes, »sah ich da* bei eine simplere, natürlichere Aktion als die ihrige, sie ist immer ganz bei ihrer Rolle, man vergisst bei ihr mehr als je, dass man nur vor der Buhne steht und nichts Wirkliches sieht. Sie zeichnete das unschuldige Mädchen, das ihren Ferdinand nur als ihn, nicht als den Major von Walter liebte, den Kampf der Liebe zu ihm und ihrem Vater; und mit einem Worte alles, was nur zu zeichnen war als ächte Kennerin der Natur und des Herzens. Ihr glühender liebe- voller Ausdruck, ihr sanfter Blick, ihre interessante Figur, alles ver» einigte sich. Man muss sie selbst sehen, um hingerissen zu werden und ganz 7.U begreifen, was die Schauspielkunst durch sie gewonnen hat.«

Weniger wie mit dieser seltenen Künstlerin, die erst kaum ein halbes Jahr der Bühne angehörte, ist der Berichterstatter mit den Leistungen der Madame Stegmann als Lad) Milford zufrieden. Frei- Uch entspringt sein Tadel nur den hohen Anforderungen, die er an eine Schülerin des ehemaligen Hamburger Theaters stellt. Madame Stegmann, deren künstlerische Laufbahn unter Schröder begann, war zweifellos eine begabte Schauspielerin, aber sie hätte nach Ansicht des Kritikers mehr Werth auf die feinen Nuancen in der Rolle der Lady \c^Qw müssen. Mit Herrn Stegmanns Leistung als Musikus Miller erkl.ürt sich der Rezensent vollkommen einverstanden. Kr nennt dessen Spiel vortrefflich und bemerkt, dass es die grösste Rührung hervor l; er ufen habe. Auch Diezel als Hofmarsclinll gefiel wegen der fein durchdachten Auffassung der Rolle .msserordentlich. Grossniann, der den Kammerdiener spielte, findet ebeni.ills im Ganzen Anerkennung, nur die Wiedergabe des Präsidenten durch Herrn Nulh wird als eine mittelmässige Leistung bezeichnet.

Was der Göuinger Rezensent über das bürgerliche Trauerspiel selbst sagt, beweist, dass er vor Schillers Genius die grösste Aciuung hatte, aber desshalb die Schwächen des Stückes, die langen schwül- stigen Stellen im Dialog und das Uebcrtriebenc in den einzelnen Charakteren, nicht übersah. Auch dessen literarische Verwandtschai t mit Gemmingens damals sehr beliebtem Stücke »Der deutsche Haus-

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vater« ist dem Kritiker nicht entgangen. Schiller, dessen bürger- liches Trauerspiel »Kahale und Liebe« sich an eine ganze Reihe literarischer Vorbilder anschliesst, hat aus dem Gemmingscben Werk nicht nur das Motiv entlehnt, sondern sogar Gestalten und SituatioDeo mit in sein Stöck hinObergenoramen. Die zeitgenössische Kritik bat dies vielfach als ein Plagiat aufgefasst und den Wenh des Schillerschen Dramas damit herabgesetzt. Wir jedoch erkennen darin nur einen neuen Beweis für die Thatsache, dass in den verschiedenen Epochen der Literatur viele Geister vorgearbeitet haben müssen, che eine poetische Gattung durch das Werk eines Genius zur höchsten Blüthe gelangt. Das Neue ist stofflich in solchen Erscheinungen gewöhnlich nicht ganz neu, nur die eigenartig künstlerische Behandlung des Vorwurfs verhilfi ihm zu durchschlagendem Erfolge. Mit dem glück- lichen Griff des geborenen Dramatikers verknüpft Schiller die Fäden, die Andere vor ihm gesponnen haben, und schafft in »Kabale und Liebe« einen poetisch dramatischen Protest gegen die Knechtung des Bürgerstandes und die von den deutschen Höfen ausgehende Sitten« verderbniss.

Was man auch an dem bürgerlichen Trauerspiel aussetzen mochte, sein Eindruck war ein gewaltiger. Auch der Göttinger Rezensent erkennt dessen unmittelbare grosse Wirkung an und ver- sichert, dass es die Aufmerksamkeit des Zuschauers ganz zu fesseln vermöge. Da nun die Grossmännischc Gesellschaft in Göttingen dem Stücke zu einer Darstellung verhalf, die demselben nicht nur einen grossen Erfolg verschaffte, sondern auch feingebildeie Kenner be- friedigte, wird man wohl mit Sicherheit annehmen dürfen, dass sie dies auch wenige Monate vorher in Frankfurt i^ethan hat. Eine kurze Notiz in einem Bericht über das Gastspiel der Mannheimer Schau- spieler Iffland und Beil giebt uns Aufschluss darüber, dass das hiesii:c Publikum am 13. April 1784 dem neuen Werke Schillers bei seiner ersten Autführung einen sehr freundlichen Htnpi in<j bereitete. Das Stück wurde mit lautem Beifall auti^enommen. ' hcis.si es, was aber diese wenijj;en Worte bedeuten, kann man nur nach Hrwä^unj^ der Thatsache ermessen, dass derartit:«.' Kundgebungen zu jener Zeil lui Theater noch nicht gebräuchlich waren und höchst sehen vorkamen. Wird es docli in den damalii^en Berichten über die Leistunt;en der Schauspielergesellschaften immer als etwa> L;an/ Besonderes hervor- gehoben, wenn einem Mitgliede oder einem Gaste die Ehre wider-

' Frankfurter Siaats-Ristrctto vom 7. Mai 1784, No. 72, S. J2}.

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fuhr, nach eioein Akcschluss oder am Ende des Stückes heraiisgenifen zu werden.

Leider konnte Schiller den theatralischen Geburtstag von »Kabale und Liebe« in Frankfurt nicht miterleben. Zwei Tage nach der hiesigen Aufführung fand die Premiere des Stückes in Mannheim statt, bei deren Einstudirung der junge Dichter gegenwärtig sein rausste. Wenn er aber auch an dem denkwürdigen Abend hier nicht zugegen war, so sollte ihm doch bald danach während des Gastspiels der Mannheimer Schauspieler Iffland und Beil Gelegenheit geboten werden, sein bürgerUches Trauerspiel auch im hiesigen Theater zu sehen.

Ehe wir über dieses Gastspiel berichten, müssen wir noch einen Blick auf das Repertoire der Frankfurter Bühne im April 1784 werfen. * Auch hier herrschte wie damals in Mannlieim eine wahre Novitätenjagd Auf die Premiere von »Kabale und Liebe« folgte am 14. April ein neues Singspiel »Die Messe von Venedig« von Salieri und am 15. »Die Wankelmüthige ,(( Lustspiel von Schröder (nach dem englischen Drama von Cibber bearbeitet) ein Stück, das neu einstudirt war. An den nächsten Theaterabenden wurden )>Oda oder die Frau von zwei Männern,« Schauspiel von Babo und das komische Singspiel »Die eingebildeten Philosophen« von Paisiello in theilweise neuer Besetzung gegeben. Am 19. April ging neu ein- studin in Scene »Lanassa« von Plümike* (nach dem franzDsischen Original von le Miere »La veuve du Malaber« frei bearbeitet). Der später so berühmt gewordene Schauspieler Ünzelmann gastirte in dieser Vorstellung als Montalban, General der europäischen Truppen, auf Engagement. Der KonHikt in dem /u der Zeit ungemein belieb- ten Rührstück »Lanassa« haut sich auf dem grausamen Gebrauch auf, der die Wittwen indischer Braminen nach dem Ableben ihrer Gatten zum Tode auf dem Scheiterhaufen verdammt. Die Lanassa gehörte zu den Paraderollen aller jugendlich tragischen Heldinnen i^erZeit. Madame Fiala war vorzüglich als junge indische Braminen- wittwe und ihre Nachfolgerin auf der hiesigen Bühne, M;id.ime Sophie Albrecht, hatte sich in dieser Rolle die Herzen der sehr ver- wöhnten und kritischen Frankfurter im Sturme erobert.

* Das Repenoire im April wurde nach Au»Ogen aus den hiesigen Zeitungen und nach den betreifenden Theaterzetteln ^u&ammengeste^t.

* Der Zettel zu dieser Vorstellung findet sich bei von Oven, Dts erste Stid:ische Theater zu Frankfurt a. M. Neujahrsblait des Vereins lür (jeschichtc und AUerthumskundc zu Frankfurt a. M., für das Jahr 187a.

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Auf »Lanassa« folgte am 20. April das komische Singspiel »Die Liebe unter den Handwerkern«, das bereits früher hier betfillig auf- genommen \i70rden war. Am 21. wurde Grossmanns Lustspiel »Henriette oder sie ist schon verheirathet« gegeben und am 32. April ging »Otto von Wittelsbachc in neuer Einstudirung in Scene. Am 23. fand dann die Premixe des Bretznerschen Lustspiels »Oer arg- wöhnische Liebhaber« statt. Dies Stück hatte einen so grossen Er- folg in Frankfurt, dass es später die städtischen Deputinen für die Vorstellung zum Besten des Arnicnamtcs auswählten. Am 25. April wurde »Der Herr im Hause,« ein Lustspiel von Anton Wall nebst dem nachfolgenden ganz neuen Intermezzo »Pierre und Narcisse« aufgeführt, am 26. April war dann die erste Vorstellung des umge- formten l iesko. Tags darauf kamen »Die'Dorfdeputirten,« Singspiel von Schubauer, auf die Bretter, und am 28. erzielte die Premixe von Schröders dreiaktigem Lustspiel »Der Fähndrich« mit dem nachfol- genden beliebten Singspiel »Der Antiquitätensammler« von Andrte einen schönen Hrfolg.

Nach den harten Anstrengungen der Grossmännischen Gesell- schaft im April 1784 folgte vor dem Hintreffen der Mannheimer Künstler ein Tag Pause. Dieser war aber jedenfalls nicht der Ruhe gewidmet, sondern den Vorbereitungen zur ersten Vorstellung von llilands ernstem Familiengemälde »Verbrechen aus Ehrsucht.« Also mcht mit Irischer und iini^eschwächter Kraft, vielmehr abgehetzt und nuiJe durch die rasch aiiieiiiandcr folgenden Premieren mussten die hiesigen Mimen dem Gastspiel ihrer berühmten Mannheimer Kollegen und der Ankunit des geleierten Verhissers von »Kabale und Liebe« entgegensehen. Dieser Umstand muss in Betracht gezogen werden, wenn man bei Schillers harter Bcurtheihing der Grossmannischen Gesellschaft nicht gerade auf des Meisters Worte schwören und genauer priilen will, in wie weit dieselben wohl bereciitigt oder durch die Macht der verschiedensten Umstände und Verhahnissc beemflussi waren.

Ob Schiller in Begleitung der Mannhi i:ner Schauspieler, oh er bereits einige Tage vorher nach iTanklui t leiste, können \s u i.uhi entscheiden. Wie schon früher bemerkt wurde, möchten wir aber annehmen, dasS er der Aufführung des neu bearbeiteten Tiesko am 26. April 1784 im hiesigen Theater beiwohnte. Jedenfalls hatte Grossniann einen bestimmten Zweck im Auge, als er diese Vorstel- lung so nahe mit dem Gastspiele zusammenlegte. In einem Zeitraum von etwas mehr als zwei Wochen drei BQhnenabende den Werken eines Dichters zu widmen, wäre bei der damaligen Sucht der Frank>

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funer nach theatralischer Abwechslung, für einen vom Publikum abhängigen Direktor doch ein bedenklicher Versuch gewesen. Frei- lich konnte Grossmann flir Schiller, dessen »Kabale und Liebe« kaum erst einen bedeutenden Erfolg hier erlebte, schon etwas Ungewöhn- liches wagen, ohne desshalb befürchten zu müssen, seine Kasse da- durch zu schädigen.

In den letzten Tagen des April trafen die Mannheimer Gäste in Frankfurt ein ünd am 30. wurde Ifflands emsthaftes Familien- gemälde »Verbrechen aus Ehrsucht« zum erstenraale gegeben. Der Verfasser spielte in dem Stücke den Eduard Ruhberg und sein Kollege Beil den Oberkommissar Ahlden. Wie gross die Spannung war, mit der man hier das schon in Mannheim mit ungewöhnlichem Bei- fall aufgeführte Stück erwartet hatte, bewies das bis auf den letzten Raum gefällte Haus und die unerhörte Stille in demselben während der Vorstellung. Das Programm zu dieser Frankfuner Premiere ist nebst zwei anderen Zetteln zur ersten Autfülirung IfHandscher Werke durch die Grossmännishhe Gesellschaft im Jahre 178$ als Beilage II angefügt.

Ifllands ernsthaftes Familiengemälde machte in Frankfurt Epoche und wurde ein ud ihrlichcr Nebenhulcr von Schillers »Kabale und Liebe.« Eine kurze Charakteristik des liilandschen Stückes erscheint deshalb hier am Platze. Wenn es gestattet ist, die Bühne als Kan/e) aufzufassen, so kann man »Verbrechen aus Ehrsucht« eine dramatische Predigt gegen die Ueberhebung und Eitelkeit der bür«^erlichen Gesell- schaft nennen. Eduard Kuhberg, ein verwöhntes Muttersöhnchen, lebt über seine Verhältnisse hinaus und liebt ein Fräulein von höherem Range als er selbst. Schliesslich begeht er, durch allerlei Umstände gedrängt, einen Kassendiebstahl. Zwar ereilt den jungen Verbrecher nicht die gesetzliche Strafe, allein der poetischen Gerechtigkeit geschieht dadurch genüge, dass er ohne Hülfsmittel, ohne Freund, »ohne die Hoffnung, sich selbst entfliehen zu können« in die weite Welt hinausgestossen wir<l. Einen schroffen Gegensatz zu seinem Sohne bildet der biedere rechtschaffene Rentmeister Ruhberg, der durch Eduards Verbrechen alle seine Hoffm nL-cn vernichtet sieht, aber dennoch Mitleid mit dem Gefallenen emptindet. Frau Ruhberg will mit ihren Kindern hoch hinaus, sie besitzt eine gewisse Aehn- lichkeit mit der Frau des Musikus Miller, während Luise Ruhberg, ein sanftes hausbackenes Wesen, wenig gemein hat mit ihrer Namens- schwester in »Kabale und Liebe.« Ausser den genannten Personen sind noch einige dankbare Rollen in dem Drama. Der Ober- kommissar Ahlden, sein Sohn, der Baron Ritau, der Diener Christian

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und der wucherische Jude sind Figuren, deren wirksame Zeichnung die Hand des Bahnenkenners verrathen.

Wenn man heute dies Stück liest und mit Schülers bürgerlichem Trauerspiel vergleicht, so begreift man schwer, dass die Kurpfälzisch Deutsche Gesellschaft in Mannheim »Kabale und Liebe« nachstellen und »Verbrechen aus Hhrsucht« mit der goldnen Medaille krönen konnte. Ohne die historische Berechtigung und den Bühnenwerth dieses Dramas in Abrede stellen /.u wollen, kann es doch in keiner Weise einen Vergleich mit Scliillers bürgerlichem Trauerspiel aus- halten. Doch nicht nur in Mannheim» auch in Frankfurt hat das aus nüchterner Berechnung hervorgegangene Stück dem feurigen Werke des Genius den Rang abgeluifcn, ist Schiller, der geborene Beherrscher der Scene, gegen den klugen Bühnenpraktiker zurück- . gesetzt worden. Freilich nur am Beginne jener Epoche, in der man es liebte, in rührseligen Schauspielen durch prosnisclie Abschrift der Wirklichkeit und langathmige Reden über 'l'ugend und Moral auf das Publik um zu wirken. D.mn jedoch geriethen Itflands Stücke immer mehr in Vergcssenlicu, wahrend Schillers We'-kt- heute noch ihren iinvertinn«lichen Reiz aiisnhcn. Wer sie sieht, empfängt stets wieder neu den liindruck, dass die gesciiilderten Vorgänge nach den ewigen Gesei/.cn innerer Nothwendigkeit so und nicht anders m poetische Hrscheinung treten konnten. Wir bringen in Beilage I a eine Uebersichi über »Aufhihningen von »Kabale und Liebe« zu ver- schiedenen Zeilen, bemerken aber i^leichzeitig, dass im X'erlaute von mehr als loo Jahren kein Schillcrsches Stück öfter hier gegeben -wurde, als sein bürgerliches Trauerspiel. Die erhaltenen Theater- zettel liefern den Beweis hierfür.

Neidlos berichtet Schiller am l. Mai 1784 dem Intend.mten \ on Dalberg über den grossen Erfolg, den sein Nebenbuhler IH'land als Dichter und Darsteller in Frankfurt erntete.

»Noch voll und warm von der Geschichte des gestrigen Abends die kh £. E; von dem I riumph zu benacJirichtigeo, den die Mennliamer Schauspielkuim feierlich in Frankfurt crliic!! (Hestern. Freytags, wurde Hn. Ifflands Stück bei vollem Haus und un-'cwolm lieber Stille mit ausserordentlichem Beifall gegeben. Herr Itfland als V'ertasser und Schauspieler und Herr Beil wurden mit lärmendem Hituleklatschen herausgerufen, und Alles bewies die iusserste Achtung gegen die fürtreffUchen Abgesandten des Mannheimer Theaters. Es ist zu weitläufig f&r einea Brief meine Meinung über Grossmanns Gesellschaft auszukramen, das aber ist zu- verlässig w.ihr. dass Ifiland und Bei! wie der Jupiter des Phidias unter Tüncher- arbeiten hervurragtcn. Nie habe icli lebendiger gefühlt, wie sehr jede» andere Theater gegen das Unsrige nirfickstehen mOsse,* als hier, und Gro«smann wird

* Dr. Katika schreibt in seinem Werke ItVland und Dalberg, S. ijb, es kootnsdre seHsam mit diesem Lobe Schillers und mit der beispiellosen Thätigkeit

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Mühe haben, nnch der Abreise unserer Schauspieler, n\ Frankfurt in seinem Wert!) zu bleiben. Es soll einer nieiiK-r jti genehmsten Augenblicice seyu, Eurer Exoellcnz «osfuhTlich zu sagen, wie sehr gegründet diese Erltlärung ist, wenn idi die Gnade habe, mündlich mit Ihnen darüber zu sprechen.

Wo wir hinkommen, beweist man dem Mannheimschen Theater die cnt- schicJcnsic Achtung; IfTlands und Beils Spiel haben eine Reputation unter dem l rarikturter Publikum veranlasst. Man ist warm tur die Bühne geworden. Jeder- nuinn sagt auch, dass Grossmanns S£haus|Heler noch nie so warm als gestern gespielt IuIhii, ein Beispiel, wie gross Muster Und Mitschaiispiclcr zu wirlien im Stande sind. Heute ist die väterliche Rache und Mnntni: K.ihalc und Liehe; ic!i gestehe, dass mir bei den schrecklichen Atissiciiten aul meine L;idy und dergl. bange ist, konvulsivische Bewegungen auszustehen, wie ein Verurtheiiter und dass ich gerne auf die Ehre Verzicht thflte, eins meiner Stdclte hier vorgestellt zu sehen, wenn ich Grossmann mit guter Art davon zurückbringen körmte ; indessen hulTe ich, dass meine Ge<:;enw.trt, verbunden mit ItTlands und Reils Spiel, inelir bewirken »oll, als Frankfurt von Grossmaniis Gesellscliait erwartet, iti land wird den Kanmier- diener spielen, den ich mit Weglassung aller amerikanischen Beziehungen wieder ins Stück hineingesdtoben habe. Ich brenne vor Begierde» Eurer Exeeilenz weit- läufig alle Bemerkungen mit/utheilen, die ich hier machte und noch machen werde; und ich weiss zuverlässig, dass, wenn es möglich wäre, meine .^chtiin^ für das Manolieimer Theater zu vergrössern, nichts in der Weit dies mehr bewirken könne, als mein hiesiger Aufenthah.

Herr MQller, der die Gnade hat. Eurer Exeeilenz diesen Brief zu übergeben, hüt aus Nolhwendigkcit und Ivifer für die Mannheimer Bühne alle angenehmen \'eibinduni?;en abgebrochen, die ihn in unserer (jesell^chaft hielten, um bei Zemir und Atar gegenwärtig zu seyn, und wird Huer Excellenz von dem \S'eiteren benachrichtigen.

Ich bin mit der tiefsten Verelirung

Sr. Excellenz unterthäniger Schiller. »

Aelinliches wie dem Intencl.mtcn von Dalberg schreibt Schiller auch an den Mannheimer Regisseur Kcnnschül;, * dessen I r.ni dort die Ladv in »Kabale und Liebe« spielte. Wenn man den Inhalt dieser beiden Briefe als die wahrheitsgetreue Schilderung der That- sachen auffasst, miiss man unwillkürlich fragen, warum die Frank- funer sich eine Schauspielergesellschafi wie die Grossmännisthe

der Mannheimer Bühne, dass ger.ide um diese Zeit, wie aus den Protokollen lu ersehen sei, der Intendant l^alberg dem Ausschuss die ernstlichsten Vorstcllun^'en über eingerissene Nachlässigkeit und über den schlechten G.ing der Vorstetiungen gcniucht habe. Dalberg drohte sogar deslialb, die i iieaterfulirung an einen Anderen abgaben zu wollen.

' Friedrich Schiliers Briefe an den Freiherrn Heribert von Dalberg in den Jahren 1 781 85, S. 97— im. Auch vott Oven, .Das erste städtische Tlieaier ai Frankfurt a. M., S. 1 17 tV.

' Friedrich Schillers Briefe an den Freiherrn lleribert von Dalberg, S. 10a bis 101: von 0\'en, Das erste städtische Theater zu Frankfurt a. M., S. 118.

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gefallen Hessen, Seit alten Zeiten war man doch gewöhnt, stets das Neueste und Beste hier zu sehen und den Geschmack an den Leistungen der berühmtesten deutschen Wandenruppen zu bilden. Zudem hatte die Stadt erst kaum ein fär die damalige Zeit prächtiges Komödienhaus gebaut und bei der Ernennung eines Schauspieldirektors Gelegenheit ge- habt, unter verschiedenen angesehenen Fachmännern zu wählen! Wenn man deshalb kein unzutreffendes Bild vom Frankfurter Böhnenlebeo jener Epoche gewinnen will, ist es nöthig, Schillers Berichte an Dalberg und RennschQb mit den thatsächlichen hiesigen Verhältnissen zu vergleichen.

Was der junge Dichter in beiden Briefen über den Erfolg von Ifflands »Verbrechen aus Ehrsucht« und das Gastspiel der Mannheimer Künstler berichtet, entspricht vollkommen der Wahrheit, was er fibcr die Grossmännische Gesellschaft sagt, ist entschieden übertrieben und augenscheinlich in der Absicht niedergeschrieben, dem einilussreichen Intendanten durch Hervorheben des von ihm geleiteten Personals ein verkapptes Kompliment zu machen. Keineswegs soll bestritten werden, dass das Mannheimer Nauonaltheater künstlerisch einen höheren Rang einnahm als die Frankfuner Bühne, aber immerhin gehörte die Grossmännische. Truppe zu den angesehensten deutschen Schauspielei^esellschaften jener Zeit. Bei der Beurtheilung der beiden Schill ersehen Briefe, besonders des unterwürfig gehaltenen Schreibens an Dalberg, darf deshalb nicht vergessen werden, dass der abhängige Mannheimer Theaterdichter seinem einflussreichen Gönner und Vor- gesetzten gewissennassen offiziellen Bericht über die hiesige Premiere eines Werkes erstattete, das Dalberg in vieler Hinsicht für unüber- trefflich hielt.

Zum rechten Versländniss der Schiüerschen Briefe kommt femer in Betracht, dass er das Mannheimer Theater als Wiege seines Ruhmes liebte. Er war mit ihm verwachsen und hatte die Gestalten seines bürgerlichen Trauerspiels den dortigen Künstlern auf den Leib geschrieben. Jedoch Schillers gewiss berechtigte Voreingenommen- heit für die Angehörigen dieser Bühne konnte ihn unmöglich blind gegen die Vorzüge anderer Kün!»tler machen. Da Grossmanns Personal damals wirklich Vorzügliches leistete, auch in tonangebenden kritischen Blättern gerechte Würdigung fand,' müssen wir Schillers Unheil,

Kritiken über die Grossmänniscbe Gesdbchaft finden sich in den Frank-

furter Beytr.igi.ii zur Ausbreituiii; niit/liclicr Künste und Wissenschaften 1780 unJ 178!. in den BoniRi di.iiiiaturgischen Nachrichten von 1779—84, in der Bcrlimf Literatur- und Theaterzeitung für das Jahr 178), XX\'. undXXVJ. Stück vom 2L

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da wir weit davon ciulcriu ^mJ, ihn der }:nisicllLiiu^ zu zeihen, ent- weder für zu hart oder (ür w.dii zuirctfend haliLii. Aii;-,di k lieh weisen wir darauf hin, dass er in einem Briefe an KLiu\\ald vom 5. Mai 1784 kein Wort über die schlechte hiesige Aiitlühruiig seines Stückes schreibt, vielmehr nur Folgendes mitihcili; oX'orige Woche war ich zu Frankfurt, Cros.smann zu besuclien und einige Stücke da spielen zu sehen, worin zwei Mannheimer Schauspieler, Beil und IfFland , Gastrollen spielten. Grossmann bewirthete mich unter andern auch mit Kabale und Liebe.« Ob sich dies »unter andern« auf den Fiesko bezieht, muss dahingestellt bleiben, bemerken wollen wir jedocii, dass Schiller in demselben Briefe dem Freunde berichtet, man habe Geschmack an dem republikanischen Trauerspiel in Frankfurt gefunden.

Welche Eindrficke der junge Dichter auch damals im hiesigen Kom6dienhaase empfangen haben mag, so viel steht fest, dass gerade zu jener Z&t das Zusammenspiel der Grossmännischen Truppe ein vorzOgliches war. Im Jahre 1784 wirkten, wie Frau Rath Goethe schreibt, Leute hier, »die schon auf den besten Theatern Deutsch- lands mit Ruhm geehrt worden sind und in ihrem Ruhm stehen.« Die voitrefBichen Darbietungen des hiesigen Theater-Ensembles standen auch in der Schätzung fein gebildeter Reisenden und Frankfurter so hoch,' dass die gesellschaftliche Stellung der Schauspieler dadurch gehoben wurde. Stegmann, der »Liebling des Frankfurter und Mainzer Publikums«, sass nicht nur »am runden Tisch der Frau Rath«, er verkehrte ausserdem mit seiner Frau in den ersten hiesigen Kreisen. Der Heldendarsteller Schmidt scheint sich eines Brustleidens wegen vom gesellschaftlichen Leben ferngehalten zu haben, jedoch sein Partner, der Schauspieler Steiger, ein ebeiuo schöner als braver Mensch, sowie die Charakterspieler Bösenberg und Diezel traf man mit noch andern Mitgliedern der Grossmännischen Truppe in den besten Frankfuner Familien. Dass auch der Direktor und seine

und aS. Juli 178; in derselben sind auch fortlaufende Berichte über Aufführungen vom 30. Juni Ms 24. Aug. 178] enthalten in Jen I-phcmcriJcn der Musik und de"! Theaters 1786 \:v:<'. 17.S7, in den Hridcn der Frnu H.uh (iocilic, im Tlicatcr- Journal für i>cuti.chiaiid 1779—84, in Knigges Draniaturgisciicn Blattern 1788.

Dass die Henogin Anna Amalia, die das Theater in Frankfurt während ihres mehrmaligen hiesigen Aufenthalts besuchte, von den Leistungen der Scli.ui Spieler befriedigt war, beweist eine Stelle in einem Briefe der Frau R.uli ui dit- Fürstin vom 15. Nov. 178) »Aus Ihrer Durchlaucht gnädigsten» Schreiben erselie ich aber zu meinen) grossen Trost, dass wir iiier docJi etwas haben, das besser ist als in Weimar» oämHch'das Schauspiel.« Heinemann, Briefe von Goethes Mutter an die Henogin Anna Amalie, S. iii*

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Finiilien-Angehörtgen gesellschaftliches Ansehen genossen, ist bereits frQher erwähnt worden. Es erübrigt nur noch, der geachteten Stel* lung zu gedenken, die sich Madame Sophie Albrecht während ihrer Kunstthätigkeit bei der Grossmännischen Truppe hier erworben hatte. Die Mannheimer Gäste brauchten also nicht, wie Schiller schreibt, »eine Reputation unter dem Frankfurter Publikum zu veranlassen.« Man war längst warm iur das Theater und seine Mitglieder geworden, ehe die beiden berühmten Künstler hier eintrafen. Seit der Eröffnung des Koniödienhauses stand die Bühne im Mittelpunkte aller geistigen und künstlerischen Interessen Frankfurts. Theilnehmend beschäftigte nun sich mit allen Ereignissen und Erscheinungen im hiesigen Bülinenleben. Gerade dies rege Interesse war ja neben den vorzug- liclicn Leistungen der Mannheimer die Ursache von dem glänzenden Verlaufe des Gastspiels. Dass die Mitglieder der Grossnaännischen Truppe wahrend desselben warmer spielten als sonst, besonders wie im letzten ihre Kräfte fast aufreibenden Monat, wollen wir Schiller gerne glauben. In diesem l-alle mögen die grossen Muster in der Tlmt anfeuernd gewirkt haben, üm so bedenklicher erscheint des- halb der Vergleich, das Spiel der Mannheimer Gäste habe unter den besten hiesigen Schauspielern wie der Jupiter des Phidias unter Tüncherarbeiten hervorgeragt. Wohl mochte Schiller einen Unter- schied zwischen dem Frankfurter und dem Mannheimer Bühnen« personal herausfühlen, allein das eben mhgetheihe Urtheil ist über- trieben und sicher von der Politik des eignen Vortheils beeinflusse Als Schiller ein paar Monate früher den umgeformten l iesko an Grossmann schickte, hatte er ja auch in den schmeichelhaftesten Aus- drücken dessen literarische Verdienste über Gebühr hervorgehoben. Aus Erfahrung wusste der junge Dichter bereit«;, wie leicht derartige Huldigungen bei Persönlichkeiten vom Theater verfangen. Dalberg ist hiervon keineswegs auszunehmen, er war ja sehr stolz auf seine Bühnenleituni: und hörte es gewiss gerne, wenn man ihm s.iptc, jedes andere i heaier müsse gegen diis M:innheimer zurückstehen. Wer wollte es deshalb dem jungen abhängigen Dichter als Sünde anrechnen, dass er bei semem \'or«;esetzten etwas hart nnd ungerecht über die Frankfurter Künstler urtheilt und sogar den Ausspruch thut, er möchte bei solchen Aussichten am liebsten auf die Ehre \' erzieht leisten, »Kabale und Liebew hier aufgeführt zu sehen. Im Ernste hat er gewiss nie daran gedacht, Grcvssmann mit guter An von der geplanten Aufführung abzubringen. Dies wäre ja nicht allem eine grosse l'iuiank iMrkeit gegen den Mann gewesen, der ihn bisher so wohlwollend gefordert halte, sondern auch eine bittere Enttäuschung

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für seine Frankfurter Verehrer und das hiesige Bühnenpersonal. Schon allein aus Rücksicht für Madame Sophie Albrccht, die erste Darstellerin der Luise, konnte er in Wahrheit nicht an eine Zurück- nahme seines Stückes denken. Schiller lernte während seines hiesigen Aufenthaltes die Künstlerin näher kennen, die mit begcistener Ver- ehrung an ihn herantrat.'

Sophie Albreclit war eine junge bionde i*rau, deren interessante Schönheit ebenso bewundert wurde wie ihre seltenen Geistesgabcn. Als älteste Tochter des Professors der Medizin und Philosophie Baunier in Erfurt hatte sie sich 1776 mit einem Schüler ihres Vaters, dem Dr. med. Ernst Albrecht aus Stade, verheirathct und jahrelang dessen Aufenthalt in Russland , wo er Leibarzt eines Grafen war, getheilt. Doch die Sehnsucht nach der Heimath wurde so mächtig in der jungen Frnu , dnss sie ilircii Gatten bewog , seine Stellung aufzugeben. Nach wcchsclvolk-n Schicksalen und nachdem sie bereits 1781 einen Band lyrischer Gedichte und einen Roman »Aramena« herausgegeben, ginu Sophie zum Theater und debütirtc am ^i. Ok- tober 1783 in brankturt als Lanassa in dem vürerwahmen Rührstück gleichen Namens. Das Ehepaar Albrecht stand zu dem I reunde Schillers, dem Hofrathe Reinwaid in Meiningen, in herzlichen Beziehungen, welcher Umstand die Veranlassung zu näherem Bekannt- werden der drei Menschen in Frankfurt wurde. Der junge Dichter verlebte glückliche und genussreiche Stunden bei der geistvollen Kitnstlerin , deren schwärmerisches Wesen wie geschaffen erschien, auf sein hochgestimmtes Gennith einen tiefen Eindruck zu machen.

Schiller, wie vielfach angent)nitnen wird, wirklich an die gefeierte Künstlerin sein Herz verlor, das müssen wir unentschieden lassen. Fest steht nur, dass er über ihre Erscheinung, die ganz für die Luise passtc, und über ihre CJaben in begeistertes Entzücken gerieth. Dass hingegen Sophie .Albreclu mchv für Schiller empfand als reine Ver- ehrung, hat sie in überschwenglichen Gedichten offen ausgesprochen.

' Die Wichrichten ttber Sophie .\lbrccht stützen bich auf lolgciidc Oiiellcn : Götz, Geliebte ScliaiitMj, S. 25, Lausitzisches Mag.tzin 59. Bd., S. 267 ff. Minor, Schiller, 2. Bd.» S. 220 (f. Palleske, Schillers Leben und Werke, S. ff. Allg. Deutsch, Biographie. Dresdner Schillcrbuch, ü. 158 iX. Streicher, Schillers I-lucht von Stuttgart und Aulenthah in Mannhcin.. S 182 iX. I'eth. Geschichte des Theaters und der Musik in M.»inz, S. 69. Dcvrieni, Geschichte der Sdiau- spiclliumt ; Bd.. S. 90. Gedichte und Schauspiele von Sophie Albrecht (Erfurt und Dresden 1781—91). Zerstreute . Mittheilungen in den Theaterkalendern und kritischen Zeitschriften.

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Obwohl der junge Dichter Sophie ak Künstlerin hochstellte, gewann er doch alsbald in Frankfurt die Ueberzeugung, ihr hoch- fliegendes, »Ober den Kleinigkeitsgeist der gewöhnlichen QriceU erhabenes Wesen sei (br das Bühnenleben nicht geeignet. Wie er an Reinwald schreibt, hat er die Absicht, seine Freundin, die auch in ihrem neuen Wirkungskreise, überhaupt in keinem Lebensverhältniss die rechte Befriedigung fand, vom Theater abzubringen. Diesen Vor- satz konnte aber der Dichter nicht ausführen. Sophie Albrecht blieb bei der Bühne, sie führte ein Leben, in dem die grössten künstlerischen Erfolge mit den bittersten Enttäuschungen abwechselten, und starb vollständig verarmt 1840 in einem Spital in Hamburg in einem Alter von 83 Jahren. Die vollständig gebrochene Greisin erinnerte in nichts mehr an die Frau, von deren Nähe sich Schiller während seines Frankfurter Aufenthaltes »göttliche Tage« versprochen hatte. Damals stand Soplile Albrecht in der vollen Blüthe ihrer Schönheit. Sie war der Liebling des Frankfurter Publikums und wurde sogar von verschiedenen luesigen Kunstfreunden in ihren Glanzrollen mit Begeisterung besungen. Unter diesen Gedichten erscheint uns eines besonders bemerkenswerth, das sie als Marie Beaumarchais in der Vorstellung von Goethes »Clavigo« am 11. März 1784 feiert.' Der Autor vergleicht sie mit Charlotte Ackermann und rühmt ihr achtes Kunststreben. Dies und ihr unsträflicher Wandel landen übrigens auch bei anderen, z. B. bei einem Rezensenten der damaligen Zeit, warme Anerkennung. *

Von Sophie Albrecht, die seine Luise gewiss anmuthig ver- körperte und ihn durch liebenswürdiges Entgegenkommen die Schwierigkeiten und Bedrängnisse seiner Mannheimer Stellung bei- nahe vergessen liess, spricht Schiller in den Briefen an Dalberg und Rennschüb mit keinem Wort, ebenso wenig erwähnt er Schmidt, dessen l'erdinand doch eine vorzügliche Leistung war. Das ungünstige Unheil des jungen Dichters über das Frankfurter Theater ist dann später noch erweitert und verschärft worden. Während er hier weilte, soll er alle Naciuhcilc einer prinziplosen Theaterwirthschaft kennen gelernt haben,* eine Behauptung die jeglichen Haltes entbehrt. Ganz abgesehen davon, dass Sciiiller nur über die künstlerischen Leistungen der Truppe spricht und mit keiner Silbe Grossmanns Direktion an- greift, brauchte dieselbe auch die eingehendste Kritik nicht zu scheuen.

Theatcrkalendcr .uif das Jahr 1786, S. 246—47.

' Petl), Geschichte der Musik und des Theaters zu Maine, S. 6^

i Palleske, Schillers Leben und Werke, S. 302.

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Grossroann stand nicht umsonst in grossem Ansehen, er leitete die hiesige Bühne aur grössten Zufriedenheit der Frankfurter, kam seinen Verpflichtungen pünktlich nach und hielt so sehr auf Sitte und Zucht, dass selbst die strengen Väter der Stadt in dieser Hinsicht nichts gegen ihn einwenden konnten. Wie an den meisten Theatern, so mag auch hier damals der CouUssenteufel gespuckt und manchen Wirrwarr heraufbeschworen haben. Wenn man aber so weit geht, zu beliaupten, der junge Dichter habe diese Schattenseiten der hiesigen Bühne kennen gelernt , oder gar den Eindruck von einer grundsatz- losen Theaterwirihschaft empfangen, so heisst das ganz einfach die Wahrheit entstellen und willkürliche Vermuthungen für historische Thatsachen ausgeben. Schiller war in der kurzen Zeit seines Hier- seins viel zu sehr in Anspruch genommen, als da.ss er einen gründ- liehen Einblick in alle Bühnenverhältnisse hätte thun können.

Nach der glänzenden Aufnahme von »Verbrechen aus Ehrsucht« gab es am zweiten Gastspielabend der Mannheimer »Die väterliche Rache« ein Lustspiel von Schröder. ' Dies Stück beabsichtigt wie IfFlands Familient;emälde eine moralische Wirkung zu erzielen. Hin- sichtlich der Charakterzeichnimg bleibt es dem Schauspieler über- las.sen, durch sein Spiel zu ergänzen, was der Dichter nur andeutete. Die wirksame l-ii^ur des Werkes ist wohl der von Beil gegebene Kapitän, ein Men- !i ohne Hrzieiiung, aber reich an angeborener Herzensgüte und mannliLhem Freimuth.

Wie Schreiber, der Kritiker der Frankfurter und Mainzer Bühne, sagt, musstc der Darsteller des Siegmund (Kapitän) es vermeiden durch Bootsknechtssitten und grobe Manieren zu wirken.* Beil that dies, ohne die Derbheit der Figur zu mildern, und errang in Frankfurt einen grossen Erfolg. Auf das Schrödcrsche Stück folgte noch die beliebte Pantomime »Montijolfier oder die Luftkugel« von dem hiesigen Balletmeister Franz Xuth. In diesem Ballet wurde in graziöser Weise der bereits früher erwähnte Sport der damaligen besseren Gesellschaft veriierrlicht.

Nach Schröders Lustspiel fand dann am 2. Mai die erste Wieder- holung von »Kabale und Liebe« statt. Ifl'land stellte in derselben den Kammerdiener des Fürsten und Beil den Stadtmusikant Miller dar. Welchen Eindruck die \ orsiellung auf Schiller machte, ob er sich wirklich, wie er in dem Briefe . an Dalberg befürchtet, gleich einem

' Ueber daü Gastspiel Jcr Mannheimer Sc]i.iLi.spi<:ler in Frankfurt 1784 siehe Xheaterkalcndcr auf dns Jahr 1785, S. 211. .Miimr. Scliillor, 2. B. ^17 ff.

* Dramaturgische Blauer, hrsg. v. Schreiber, 11. Jahrg. Iii. Quart. 1788, S. 154.

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Verurilieikcn vorkam, wissen wir nicht, möchten es aber stark bezweifeln. Jedenfalls niusste es den Dichter ganz sehsani berühren, sein Stück auf der Frankfurter }3üline zu sehen. Hatten doch gerade hier die Figuren desselben festere Gestak gewonnen, während er einige Jahre früher als Müchtling in dem schlichten Sachsenhäuscr Gasthüte wohnte und oft in gedrückter Stimmung auf der Main- brück c stand oder die volksbelebten Strassen der alten Krönungs- siadt durchstreifte.

Leider besitzen wir über Schillers \'erhalten während der zwei- ten hiesigen Autl ülnung von »Kabale und Liebe« keinen solchen auslüiirlichen Bericht, wie ihn uns der treue Streicher von der Mann- heimer Premiere des Stückes lui]tcrla:-.;-,Lii hat. Xur ein kurzes Referat über jenen denkwürdigen Abend und das Gastspiel der Mannheimer Künstler fanden wir in einem hiesigen Blatte. Das »Frankfurter Staats-Ristretto« vom 7. Mai 1784 (No. 72) bringt folgenden Bericht vom 4. dieses Monats: Am Frey tag, den 30. April wurde auf unserer Böhne zum ersten Mahle aufgeführet:

Verbrechen aus £hrsucht, ein ernsthaftes

Familiengemälde.

Der Verfasser, Herr IflFland und Herr Beil, beyde Schauspieler von der Nationalbahne in Mannheim spielten selbst vortrefflich darin, und unterstützt vom Eifer der Mitwirkenden, machte das Stück einen ausserordentlichen Eindruck. Die stille Aufmerksamkeit war bei unserem Publikum noch nie so gross gewesen, und am Schlüsse des Stückes waren alle so hingerissen, dass dem Verfasser Herrn IflFland zuerst und hernach Herrn Beil die Ehre widerfuhr, herausgerufen zu werden. Den i. May spielten beide in der väterlichen Rache, den 2. May in dem vortrefflichen Trauerspiele Herrn Schillers »Kabale und Liebe,« wobey der Herr Verfasser selbst zugegen war und welches mit ebenso lautem Beyfall wie das erstemahl aufgenommen wurde. Zum Beschlüsse in dem Nachspiele »Zwei Onkels fUr einen.« Heute ganz früh haben sie unsere Stadt verlassen; der Eindruck aber, den besonders Herrn Ifflands schönes Gemälde auf uns gemacht, wird lange bleiben.«

Diesen Bericht muss Schillers Freund Reinwald in Meiningen gelesen haben, denn es verdross ihn, dass man in hiesigen Blättern mehr Rühmens von dem Itflandischen Stück als von »Kabale und Liebe« gemacht habe.* Iffland, der zweifellos dafür gesorgt hatte,

* Die Frankfurter Oberposumts-Zeitung bringt aber das Gastspiel ketnen Bericht. Weitere Nachrichten über dasselbe waren nicht an finden.

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dass sein Stück vor Schilters Trauerspiel in Scene ging, errang also för den Augenblick nicht nur als Dichter einen Sieg über den letzteren, sondern sab auch seinen schauspielerischen Ruhm durch dies Gastspiel an unserer Böhne bedeutend wachsen. Stolz berichtet er an Dalberg »grösseren Triumph kann die Schauspielkunst nicht erleben»«' fägt aber wenig freundlich hinzu, »Grossmann verschmerzt es nicht als Direktor, Dichter und Mensch.« Wenn Grossmann wirklich so neidisch auf den Ruhm Andrer war, wie diese Bemerkung andeutet, hätte er weder das Gastspiel der Mannheimer zu veranlassen, noch IfTlands Stück unter so günstigen Umständen zu geben brauchen. In dem Verhalten Grossmanns gegen Schiller zeigt sich nicht eine Spur von Autoreneifersucht, vielmehr das uneigennützigste Streben, zu unterstützen und zur Geltung zu bringen, was ihm der Förderung Werth erschien. Auch Iffland sollte in Zukunft erfahren, dass Grossmann die Anerkennung Andrer mindestens zu ertragen ver- mochte. Mehrmals berief dieser während seines Frankfurter und Mainzer Theaterdirektorats die beiden Grössen der Mannheimer Bühne zu Gastspielen noch nach hier und in die rheinische Schwester- stadt; auch föhrte er in der Folge alsbald nach den Mannheimer Premixen von Ifflands Stücken dieselben hier in Frankfurt auf, Wohl mochte die Aussicht auf eine gute Einnahme dabei mitwirken, allein damals waren die besseren Plätze im neuen Komödienhause fast sätnmtlich abonnirt und der Theaterbesuch ein so reger, dass fiir Grossmanns Rasse eigentlich nie etwas zu befürchten stand.

Seit seinem ersten Gastspiel im Frühling 1784 kelirte Iffland stets mit Freuden wieder nach Frankfun zurück. Noch viele Jahre später gedenkt er in seinen Lebenserinnerungen des Erfolges, den er damals mit »Verbrechen aus Ehrsucht« hier errang.* Doch nicht nur als Dichter und Darsteller feiene man Iffland, auch in der besseren Gesellschaft fand er sammt seinem Genossen Beil und dem Verfasser von »Kabale und Liebeir die freundlichste Aufnahme. Nach Frank- furter Art suchte man die drei Berühmtheiten durch reichliche Tafel - frettden zu ehren und zu ergötzen. Schiller schreibt zwar hierüber im Tone der kraftgenialen Epoche an Rennschüb: »wir werden von Fresserei zu Fresserei herumgerissen,« ' aber trotz seiner Klage, keinen

' Minor, i»chillcr, II. Theil, S. 219.

* Meine ihcatralische Laufbahn von August Wilhelm Inland. Leipzig bei Georg Joachim Gdtcheo, 1798» S. 128.

' Schillers Briefe an Dalberg» S 10t, von Oven, Das erste stidtische Theater xts Frankfun a. M,, S. ttS.

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nöchterncn Augenblick finden zu können, wird ihn das joviale Eni* gegenkommen hiesiger Kunstfreunde doch wohl gefreut haben. Im Grunde war es ja nur eine andere Form des Triumphes für ihn, die ihm augenfällig zeigte, welche Wandlung sein Geschick seit seinem ersten Aufenthalte in Frankfurt im Oktober 1782 genommen hatte.

In der alten reichen Handels« und Krönungsstadt Frankfurt ver- band man seit den ältesten Zeiten mit der grössten Gastfreundschaft gegen Fremde, besonders gegen Künstler oder sonstige bedeutende Menschen, auch eine anregende und gemQthvoUe Geselligkeit. Man würde deshalb ein durchaus unzutreffendes Bild von dem hiesigen gesellschaftlichen Leben in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts gewinnen, wenn man dasselbe nach einer Schilderung Goekingks in einem Briefe an Bürger vom 10. Juni tyZt beunheilen wollte. * Dem Herrn Kanzleidirektor zu Ellrich behagte die Stadt Frank- furt nicht, er machte Spazierfahrten in die Umgegend, weil er mit Leuten nicht ausdauem konnte, die sich nur aufs Fressen, Saufen und Kanenspiel verstehen. Kur den Theaterdirektor Grossmann schliesst Goekingk von diesem hanen Urtheil aus. Mit welchen Leuten der angesehene Poet und Beamte, der mit der gesammten literarischen Welt Deutschlands in Verbindung stand, hier verkehrte, wissen wir nicht, doch die tonangebenden feinen Kreise Frankfurts können es unmöglich gewesen sein. Das Haus der Frau Rath Goethe stand in Bezug auf anregenden geselligen Verkehr keineswegs vereinzelt da. Wer das gesellschaftliche Leben in Frankfurt gerade um die Zeit als Goekingk und Schiller hier weilten, aus zeitgenössischen Schilderungen und brieflichen Berichten kennt, weiss, dass man die Gäste hier nicht nur mit materiellen Genüssen bedachte, sondern auch für eine gute anregende Unterhaltung sorgte. Htwas zugeknöpft haben sich freilich die Frankfuner bei aller Gastfreiheit von jeher gegen Fremde verhalten. Wer ihnen nicht zusagte oder gar hochmüthig entgegen- trat, hat wohl wenig von ihrer liebenswürdigen An gemerkt, auch wenn er eine angesehene Persönlichkeit war wie Goekingk. Ganz anders wie dieser berichtet z. B. Mozart über das freundliche Ent- gegenkommen der Frankfurter an seine Gattin, als er während der Kaiserkrönung 1790 hier weilte.'

* Briefe von und an Gottfried .\ugust Bürger, hrsg. von Adolf Strodtmann,

j. Bd., S. 4}.

' Jihi), W. .\. Mozari, III. Thcil, S. 485 und - Uchcr Moznrts damaligen Aufentlult in Frankfurt Mcntzel, Mozart in I'rankiurt vor iiundert Jahren, im Frank- furter G«:uerat-.\nzeiger vom i>. und 16. Oktober No. 242 und 245.

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Nach kurzer Abschweifung kehren wir tu den Mannheimer Gästen der hiesigen Bühne zurück. In jeder Weise befpedigt ver- liesscn dieselben am 4. Mai Frankfurt, um eine zweite Gastspiel- fahrt nach Stuttgart zu unternehmen. £inen Tag später kehrte Schiller nacii Mannheim zurück. Wenn nichts anderes ffir den geistigen Gewinn der Frankfuner Reise Zeugniss ablegen könnte, so würde es liinreichend seine gehobene Stimmung bei der Rückkehr nach Mannheim thun. Von frischem Muthe beseelt, von neuen Plänen und Hoffnungen erfüllt, traf er in Mannheim ein und machte noch an demselben Tage seinem übervollen Herzen in einem Briefe an Reinwald in Meiningen Luft.' Nichts war dem jungen Dichter mehr zu gönnen, als der Lichtblick der genussreichen Frankfurter Tage. Zogen doch bereits neue Wolken herauf» die seinen Weg verdüstern und auch einen Schatten auf sein geistiges Streben werfen sollten.

Leider fehlen die Quellen, aus denen man feststellen könnte, welche Einnahme Schiller durch die Aufführungen seiner Stücke »Die Verschwörung des Fiesco zu Genua« und »Kabale und Liebe« im April und Mai 1784 in Frankfurt erziehe. In H;ui(.Tbach hatte er Schulden zurück gelassen, an deren Tilgung er mannigfacher üebelstände wegen bis zum 11. Februar 1784 nicht denken konnte. An diesem läge bittet er seine Gönnerin, Frau von Wolzogen, in grosser Verlegenheit, doch seine dortigen Glaubiger bis auf Ostern zu vertrösten. Bis dahin hoffe er durch die Finnaluuc tür seine Stücke im Stande zu sein, allen seinen Verpflichtungen nachzukommen. * Ob Schiller die versprochenen 8 Karolin der Freundin um diese Zeit zurückerstattet hat, ist eine Frage, die wir nicht zu beantworten ver- mögen. Da er ihr aber am 26. Mai 1784* w ieder mit einem freieren unbefangnen Herzen schreibt, schliesscn w ir, dass ihn die hiesige Ein- nahme für die Aufführungen seiner Werke wenigstens in die Lage brachte, einen Theil seiner Schulden zu begleichen.

War die Frankfurter Theatersaison bis zum April 1784 durch den kalten Winter und das iiochwasscr ziemlich öde verlaufen, so entwickelte sich nach Weggang der Mannheimer Gäste im Mai und Juru noch ein reges ßühnenleben.

Folgende Vorstellungen wurden w ährend dieser Zeit hier gegeben. Dienstag, 4. Mai: »Der argwöhnische Liebhaber,« Lustspiel iu 4 Auli. von

foetzner. (Zum Besten der Arnum.)

» Streicher, Scliillcrs Flucht von Stuttgart und Aufcnth iU in Mannheim, S. 179 ff. Karoline von Wolzogen, Schillers Leben, S. 80—81. 1 Ebd. S. 81.

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Samttag, 8. Mai: »Alter hilft vor Thorheit nicht oder der junkerircnde

Pliilister« nach Moliere voo Mylitts mit musikalischem

Zwischenspie!.

Montag, lo. Mai; »Der Kinsicdkr,« Sciiauspici in 5 Aui^. von d'Aricn. Dienstag, 11, Mai: »Klavigo,« Trauerspiel iu j Aufz. von Goethe und das

Ballet »Montgolfier oder die LuftkugeL« Donnerstag, ij. Mai: aGeneral Schlen/hcim und sdne Faimiie»« Scitausptd in

\ Auf/, von Spiess.

Freitag, 14. Mai: »Lessing,« eine (Kantate, dem Andenken Lcssings gewidmet

von Neefe und ßenda. Darauf »Emilia Galoiti,« Trauerspiel in 5 Aufz. von Lessing.

Sanistag, 15. Mai: »Der Bettler.« Lustspiel in i Aufz. von Bock und »Die

eingebil.k-tcn Pliilosdphcn." Sint;spic! von Paisello.

Montag, 17. Mai: »Das Geheimnisse, oder »Die Nebenbuhlerinnen.« Schauspiel

in 4 Aufz. von Schink. (Zum cr:»tenmale.)

Dienstag. 18. Mai: »Die verwandelten Weiber oder der Teufel ist los,« komisdic

Oper in j Auf. von Weisse, Musik von Hillcr.

Freitag, 21. Mai: »Verbrechen aus Ehrsucht,« FamiUengemÜde in $ Aufz.

von Itfland.

Samstag, 22. Mai: »Der Todte, ein Freyer.« Lustspiel in 2 Aufz. von Sedaine.

und »Eins wird doch helfen,* Operette in 2 Aufa.

nach le Sage. Musik von .\ndre. M.iri.inc," ein hürgerlichcs Trauerspiel in 3 Aulz. von Gotter, und »Die Dorljf^ala,« Operette in i AuU. von Gotter, Musik von Schweitzer. »Gassner der Zweyte,« Lustspiel in 4 Aufz. nach dem Engl. \-on Schink.

»Der Lügner,« Lustspiel in 5 .\ufz. von Goldoni. vsDie Pilgrinunc von Mckkn.c Singspiel in j .Auf/, von Gluck. »Die Glücksritter oder die Liebe steht ihren Giiostlingcn bei,« Lustspiel in % Aufz. nach dem Engl, des Farquhar. (Zum crstenmalc.) »Karl und Sophie oder die Phisiognomie,« Lustspiel in

5 .'\uf?. vnn Rrct^ncr. »Die Pilgrimme von Mekiia,« Singspiel in j .Vutz. von Giuck. »Hamlet,« Trauerspiel in s Aufz. nach Shakespeare. »Der Schmuck,« Lustspiel in 5 Aufz. von .Sprickmann. »Das Tc st.iiv.ent Lu.stspicl in 4 AulV.. von Schröder, /wischen dem 2^ iiiui ^ Akt spielte iierr Jacobi ein Concert aul der \'ioline. »Der Geburtstag,« Operette in j Aufz. \'0n Sprickmann, Musik von Jobann Gottüeb Nicolai. (Zum crstenmalc.) »Die Holländer.« Lustspiel in ; Aufz. von Bock. (Zum crstcnm.Ue.)

«Der dankbare Sohn," laiidhches Lustspiel in 1 .Xuf/ug von Engel und »Das redende Gemälde,« Singspiel von .\nseaume, Musik von Grctry. (Das Lustspiel von

Hngcl zum crstenmale.) »Adeistahn,« Trauerspiel in s Aufz. nach dem Engl, von Lconardi. (Zum crstenmale.)

Montag, 24. Mai:

Dienstag, 25. Mai:

Freitag, 28. Mai: Samstag. 29. Mai : Donnerstag, j. Juni:

Freitag, 4. Juni:

Samstag, 5. Juni; Montag, 7. Juni: Dienstag, 8. Juni : Freitag, ti. Juni:

Samstag, 13. Juni: Montag, 14. Juni:

Dienstag, 15. Juni:

Freiug, 18. Juni:

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SflinsMg» 19. Juni: »Das tartarische Gesetz,« Singspiel in 2 Aufz. von Gotter

nach Goui» Musik von d'Amoine. Montag, 21. Juni: »Die eingebildeten Philosoplien.n Singspiel in 2 Aufz. von>

Paisello, Zwischen den Akten spielte Herr Kronen- burger) ein Virtuose aus Mainz, ein Coiicert auf dem Violonschdl.

Als die Truppe F.iulc Juni lyS] von hier abgereist war, kam Böhm im Juli und crötliKte :iin 1 5. dieses Monats seine Vorstellungen mit dem bereits früher hier aulfiefühnen heroischen Singspiel »Günther von Schwarzburg.« Der Verfasser desselben, l'xjesuit Antun \ un Iviciu, war ein Gönner Schillers und veranlasste auch, dass dieser in die Kurpfälzisch - Deutsche Gesellschaft aufgenommen wurde. ' Das Kleinsche Stäck gefiel in Frankfurt ungemein, wahrscheinlich, weil ein Theil desselben in der alten Mainstadt spielte und eine denk- würdige Episode aus deren Geschichte wieder auffrischte.'

Am 17. Juli ging das W'eissesche Trauerspiel »Jean Calas« in Scenc, und ini L;ui!e des Monats wurden dann von Böhm noch einige Sin^- und Lustspiele nur^efiihrt, die er bereits früher hier aui dem Repertoire hatte. Am 31. Juli iand danit die Premiere von Glucks Oper »Alccste« statt, in der Böhms gesanglicli liod^begabte und lildschönc Frau die Tiieholle sang. Die Oper gefiel in I'rankturt so sehr, dass am 7. August auch die von der Böhmschen 'J rnppe einige Jahre vorher gegebene Oper »Orpheus und Euridice« von Gluck wieder über die Bretter ging.

Am 9. August war die Premiere von Sbcrid.nis Lustspiel »Die L:l^^erschule« , am 10, verabschiedete sich Böhm von der hiesigen Bühne mit dem gern gesehenen Singspiele »Unschuld und Liehe« von Salieri. Madame Böhm sang darin das Lenchen, die naive Toch- ter des Dorihirten J.ikob, eine Rolle, die zu ihren besten Partien /.uhlte. Als Schauspielerin reichte .\Lidanie Böhm wohl nicht nn die besseren Kimstleritnien der Grossniannii>chen Truppe heran, hinsicht- lich der nnisikalischen VeiaiiL.uung überranie sie last deren erste Kralte. Unzweifelliaii ist sie eine der bedeutendsten Sängerinnen, die in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Frankfurt auftraten. Ein Rezensent rühmt ihre gute Schulung, ihr tiefes, auch in die Seele der Zuschauer dringendes Gefühl und ihre schöne

' Uebcr Schillers Beziehungen ai Anton von Klein siehe Minor, Schiller

2. B., .S. 16K und S. 23H fr

' Die Vnrslelliin;^cn Röhms sind au^ dem l'rankkirter Staats-Ristretto, anderen hiesigen Blattern und nacli dca bctrcflenden ri)eater/euehi zusammengesieUt.

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Aeosserlicbkeit. * In Frankfun war Madame Böhm sehr bdiebr» gleichwohl fehlte es ihr und ihrem Manne nicht an Gegnern. Zu diesen gehörte auch, wie bereits früher bemerkt wurde, Goethes Mutter, die keine Freundin von Balletten war, auf deren grossartige Arrangements Böhm gerade viel Wenh legte. Wahrend er im Sommer 1784 hier spielte, traten sogar einige Schüler des berühmten französischen Taozkünstlers Noverre in grossen Balletten hier auf. Als Böhm Mitte August nach Wilhelmsbad ging, um am laodgräf' lieh hessischen Hofe mehrere Vorstellungen zu geben, wurde die allzufruhe Abreise dieser guten Gesellschaft, welche den Frankfunem »mit den ausgesuchtesten Sing-, Lust- und Trauerspielen, besonders aber mit ausnehmend schönen Balletten manche vergnügte Abend- stunde bereitet hatte,« sogar öifentlich bedauert.*

Anfangs September 1784 kehrte die GrossmSnnische Truppe zur Herbstmesse nach Frankfurt zurück und eröffnete die Bühne mit »Ino,« musikalisches Drama von Reichardt und »Der Kobold,a ein einaktiges Lustspiel nach Hauteroche.' Am Mittwoch darauf, 7. September, fand dann die Premiere von Mozans reizender Oper »Die Entführung aus dem Serail« statt. Als nächste Novität folgte am 16. September das Trauerspiel »Gianetta Montaldi« von Schink, am folgenden Tag war die dritte Vorstellung von »Kabale und Liebe.« Am 22. September gab man bei übervollem Hause das hier ungemein beliebte Singspiel »Zemijre und Azore« von Gretry, bei welcher Vor- stellung ein berühmter Gast die grösste Anziehungskraft auf das Publikum ausübte. Madame Aloysia Lange vom Kaiserlichen National- Theater in Wien, die Schwägerin Mozarts, sang die Zemire. Die Künstlerin gab ausserdem noch die Louise im Deserteur von Mon- signy und sang zum Schluss auf vielfältiges Begehren die Constanze in der Entführung, welche Partie zu ihren glänzendsten Leistungen zählte. Gleichzeitig mit der trefflichen Sängerin trat ihr Gatte, der Schauspieler Lange vom Kaiserlichen National-Theater in Wien, als Fähndrich in dem ebenso betitelten Lustspiel von Schröder, als

* Theater-Jounial flir Deutsddand 1$ St., S. iia (Nachrictiten von der

Böliniischen Gesellschaft). Ferner Chronologisdie Geschichte der Mainser Bühne enthalten in Rhenus, Sonntagsblatt für l ircratur, Kumt und nürgerlcbcn, Kn. Beilage zur Neuen Mainzer Zeitung. Siehe auch Pclh, Geschichte des I healers und der Musik iii Mainz, S. 64.

* Frankfurter Staats-Ristretto vom 14. Aug. 1784, No. tiS.

^ Das Repertoire der Grossniännischen Truppe von Anfang September bis Mitte November 17H4 nach den Theaterzetteln und Theater.in^ei^en in tJein Fraukturicr Staais Kistrctto und anderen hiesigen Blättern zusanmengesteJlt.

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III

Deserteur in dem Monsignyschen Singspiel und als St. Alhin in dem Hausvater von Diderot auf. ' Das Künstlerpaar, vorzüglich M.idaine Lange, wurde mit rauschendem JiciLill belohnt. Sie hatte wunder- voll mit ihrer glockenhellen Stimme gesungen und grosse Begeiste- rung für den genialen Componisten der htululirung erweckt, dessen neiiLrc Opern in Frankfurt später dann alsbald nach ihrem hrsciieinen in Scene gin^^cn. '

Zu Jlmi \u\]{.iU-'^, die Crossiij.iiin bi;-> zum Sclilusse des hiesigen Thcuc; ., l iidc Noveniber 1784, gab, zählt nuch die fade zweiakuge Posse VC']] (iottcr »Der schwarze Mann,« die ain i. Oktober zum crsteninalc .lulgelulirt und am 14. wiederholt wurde, in UiL .cr Posse kommt eine episodische Figur, die des Theaterdichters Flickwort, vor, in der Schiller verspottet worden sein soll. Wenigstens beging IfTland die Taktlosigkeit, den aufgeblasenen Dichterling Flickwort in der Maske Schillers in Mannheim auf die Bühne zu bringen. * Jeden- falls ist dies in Frankfurt nicht geschehen. Der Dichter war ja hier keine bekannte Persönlichkeit wie in Mannheim, auch stand er in viel zu grossem Ansehen bei dem hiesigen Theaterdirektor, als dass dieser eine öifentliche Verhöhnung seiner Person hätte gestatten sollen. Das Publikum hat sich wahrscheinlich hier wie an anderen Onen über das Zerrbild des absonderlichen Poeten amusirt, ohne den wahren Kern der Sache zu ahnen.

Gleich auf die erste Vorstellung vom schwarzen Mann folgte die Premtfcre des spater hier oft gegebenen Singspiels »Der Schmaus« von Bürrmann und Qmarosa am 2. Oktober. Einige Tage später (8. Okt.) kam neu einstndin das Trauerspiel »Agnes Bemauer« auf die Bühne, in dem Schillers Freundin, Madanie Soplüe Albrecht, die Frankfurter durch treffliche Wiedergabe der Titelrolle entzückte.

Ende Oktober trafen IlTIand und Beck zum Gastspiel in * Frankfurt ein. Zuerst trat Beck am 26. Oktober unter grossem Beifall als Hamlet auf und war am 27* in Ifflands neuem Stück »Die Mün« det«* der Philipp Brock, während der Verfasser selbst den Kauf- mann Drave darstellte. Ausserdem spielte Iffland noch zwei seiner Glanzrollen, den Agapito im Lustspiel »Der verstellte Kranke« von

' Ueber das Gastspiel des Künstlerpaares siehe gleichzeitige Mitiheilungen im Frankfurter Staacs-Rbtietto und im Thcaterkaleader auf das Jaln- 178$, S. 211.

Mozarts bekannteste Opern zum erstenmak auf der Frankfurter Bühne ent- halten tn »Die kleine Chronik«, Frankfurter WodtenschriÜ, Nov. 1887, No. 23—2$.

5 Minor, Schiller 2 B. S. 2j} ff.

* Am 24. Oktober 1784 fand die Premix der Mündel in Mannheim sutt, also nur drei Tage später ging das StQck hier in Scene.

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Goldoni am 28. Oktober und den Baron in der iJIsteTschole von Sheridan tags darauf. Beck gab in der lustigen Komödie den Karl. In dieser Vorstellung des Goldonischen Stückes brach das anwesende Publikum jedenfalls in Folge von liTlands trefflicher Darstellung der Titelrolle in ein solches Gelächter aus» dass »die Schauspieler«, wie Frau Rath an die Herzogin Anna Amalia schreibt, »mitangesteckt wurden und alle Muhe von der Welt hatten, im Gleise zA bleiben und sich nicht zu prostituiren.« '

Auf vielseitiges Verlangen wirkten die beiden Künstler noch am 3a Oktober in dem damals berühmten Stöcke »Der deutsche Haus- vater« von Gemmingen mit. lifland war Graf Wodmar und Beck dessen Sohn Karl, Madame Stegmann dagegen die stolze Wittwc Amaldi und Madame Albrecht die Malerstochter Lottchen, das simple Vorbild zur Luise in »Kabale und Liebe.« In der dem Schauspiel nachfolgenden einaktigen Komödie stellte Itfland den Kantor Ferbius dar, eine Rolle, die zu seinen bedeutendsten VirtuosenstQckchen gehörte. '

Seit dem erfolgreichen Gastspiele der Mannheimer Grössen in

Frankfurt kamen diese Künstlerfahrten immer mehr in Aufnahme. Irtland schätzte den Linfluss der Gastspiele auf das Publikum und die Darsteller. Er war der Ansicht, das Vergnügen, das ein Künstler einem neuen Publikum gebe und von ihm empfange, verleihe frisches Blut, neue Aussichten und neue Kraft. ^ Gewiss ist etwas Wahres an diesem Aussprucli, doch wahr ist auch, dass die Gastspiele Jas reisende, nur aus merkantiler Berechnung hervorgegangene Virtuosen- thum in der Schauspielkunst erzeugt und den Fersonenkulius auf der Bühne zur höchsten BUuhe gebracht haben.

Von Michaelis 1785 bis dahin 1784 fanden eine Reihe von * Debüts bei der Grossmfinnischcn Gcsellschat't statt.* Herr Stol! gastirte als Kalkagno in der Verschwörung des i iesko olme lirlol^'. Herr Kunst trat als Doktor Linse in^ Eheprokurator auf und wurde Mitglied der Gesellschaft. Dann folgte das von Beifall gekrönte

* Goethes Mutter von Dr. K. Heinemann, S. 17$. In diesem Werke tinJen die Heziclmngcn der Frau Radi zum Frsinkfurter Theater auf Grund ihres

BriefwechsHs eingehende D.irstelluni»

> Ueber ItTlänJs und Heils dastspiel im Dktober 1784 sielte die gleichzeitigen Nachrichten in hiesigen Blättern und die Miltheilungcn im Theatericatender fiu das Jahr 17X6, S. 25 j ff.

' Petli, (iLAvjliichte des Theaters unJ Jcr Musik in Mainz, S. 70.

^ Theaterkaleiider auf das Jahr 1783, S. 219. Aus dem Bericlue über die Grossmäunische Gesellschaft .

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Gastspiel der Madame Albrecht als Lanassa im gletchoamigea Stücke und als Lottchen tm deutschen Hausvater. Herr Zimdar debütirte als Licentiat Frank im argwöhnischen Ehemann und als Eduard MoQtrose in dem ebenso betitelten Stücke. Madame Zimdar geb. Benda spielte die Angelika im argwöhnischen Ehemann und die Claudine von Villabella. Das Künstlerpaar wurde engagirt. Herr Poysel gab während seines Gastspiels den Justizrath von Morrbach in der Wankelm üthigcn und den Fetronio in den eingebildeten Philosophen. Herr Wolschowsky stellte sich dem Frankfurter Pub- likum als Marquis de Falaise in den drei Töchtern vor und Herr Unzelmann that desgleichen als Montalban in Lanassa und als Giro in der Liebe urtcr Jen Handwerkern. Alle drei Gastspiele führi«.n 2u Engagementsabschlüssen, ebenso das Debüt der Madame Brandel»^ die als Obristin in der Henriette von Grossmann niiftrar. In der zweiten Aufführung des neuen Fiesko spielte ein Herr Lippen den Mohr, er trat auch mit Erfolg :ils Belmonte in der Entführung aus dem Serail auf. Lippert wurde fast gleichzeitig mit Madame Wol- schowsky engagirt, die als Franziska im Schmuck vielen Beifall fand. In dem Schauspiel »Die Mutter« von Gotter debütirten Herr Dunst als Baron und Madame Gensicke als Auguste, zur selben Zeit spielte Herr Gensicke den Sir John Trotley im Ton der grossen Welt und Herr Neumann den Adrast im Freygeist. Auch die letztgenannten Künstler traten sämmtlich in den Verband der Grossniannischen Gesellschaft. Ausser den bereits Genannten gaben noch Herr Rothe als Oront im Hausfreund und Madame Rothe als Violante im schönen Gärtnermädchen von Fraskati hier Engagements nach sich ziehende Gastrollen.

Im Herbste 1784 kehrte auch Madame Fiala an die alte Stätte ihrer erfolgreichen Wirksamkeit zurück. Sie debütirte ils Sophie in iJeni Schauspiel i>General Schienzheim und seine Familie« von Spiess und trat vom Beginne des Jahres 1785 an Stelle der abgehenden Madame Albrecht wieder in die Grossmännische Truppe.

Von Michaeli 1783 bis dahin 1784 schieden folgende Mitglieder aus dem Verbände des Mainz-Frankfurterischen Theaters:' die Herren Nuih, Gardien, PfeitFer (der Letztere wurde unruhiger und lüderlicher Aufführung wegen auf der Steile entlassen), Vigano, Ehrling, Pleisner,

' Üie leitende Cinellc für diese MiUheilungcn bleibt immer der Bcnclit über die Grossnuinnische Gesdischaft im Theaterkalender für das Jahr 178$. Zur Ergänzung dienten die betreffenden Theaterzeitel und Bülmennachricliten in den Frankfurter Blättern.

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Lobenstein, EhriiuiJt, Ju.scphi, Huhcr, Hiilsncr, Dcngcl, Böck, Döb- belin, v. Gerstenberg, Müller, Bürmann, Stengel, Jütner, Ntuiiiann, Giesicke, Beckenkam, Brandt und Rothe. Feiner verliesscn theils freiwillig, theils nach erfolgter Kündigung folgende Damen die Grossmännische Gesellschaft: Madame Kuth die jüngere, Madame Korn, Gardien, Vigano, Madame Ehrhardt, ehemalige Mlle. Hartmann, Madame und Mlle Josephi, Madame Huber, Fiedler, Hülsner, Brandt, Dengel, Kummerfeld und Mlle« Wollmar. Auch die Ehepaare Zim- dar, Dunst und Gensick e, die erst im Laufe des Jahres engagirt worden waren, traten nach Michaelis 1784 nicht mehr im hiesigen Theater auf. Ebenfalls verliessen der angesehene Kapellmeister Neefe und seine Frau um diese Zeit die Grossmännische Truppe. Den An- lass zu diesem Schritte bot jedenfalls Grossmanns zweite Heirath mit einer Demoiselle Schrodt, welche die Billigung des dem Direktor und seiner verstorbenen Frau langjährig befreundeten Ehepaares nicht gefunden zu haben scheint. Wie Neefe und seine Gattin so war auch Frau Rath Goethe von diesem Entschlüsse ihres lieben Gevatters nicht besonders erbaut.'

Am Ende des Jahres 1784 war also die Grossmännische Truppe volbtändig neu organisirt. Nur der alte Summ war geblieben, aber zu diesem gehörten doch ausser der Familie des Direktors Künstler wie Schmidt, Stegmann, Bösenberg, Steiger, Diezel und Nuth; Künstlerinnen wie Madame Fiala, Stegmann, Nuth die ältere und Madame Unzelmann. Herr Schmidt verliess seiner schwankenden Gesundheit wegen nur zeitweise das Theater, um sich zu erholen. Er behielt bis zu Grossmanns Abgang von Frankfurt die Stelle eines ersten Helden und tragischen Liebhabers und spielte noch im Sommer 1786 den Götz von Berlichingen sowie den Otto von Wittelsbach. Dann zwang ihn ein gefährliches Brustleiden, seiner schauspielerischen Thätigkeit zu entsagen. Er ging von hier nach Wiesbaden, um die Bäder zu gebrauchen, wurde aber immer kränker. Der Schauspieler Beil in Mannheim, der ihn dort besucht haben muss, schreibt im September 1786 an Grossmann »Schmidt ist mehr als jemals in Wies- baden dem Tode nah, ach, dass ihn Gott ausspannte, es giebt einen schönen Engel, sagt man hier.«' Am Ende des Jahres 1786 oder am Anfang des folgenden muss Schmidt gestorben sein; denn sein Name findet sich von da ab nicht mehr auf Frankfuner I heater^

* Lausitziscbes Magazin, 19. B., S. 280: Deutsclies BQImenlebeD im vorigen Jahrhundert, lüithalt Briete von Frau Rath an Grossmann. ' Urlich, Briefe an Schilkr, S. 41.

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zetteln. Dass aber Schmidt nicht vergessen war, beweist ein seinem Andenken gewidmetes Gedicht, das im XI. Stück der Frankfurter dramaturgischen Blätter steht und als Beilage III angefügt ist.

Gleich bei Eröffnung der Saison gab Grossmann am 2. April 1785 Schillers Fiesko. Am 9. Mai ging »Kabale und Liebe« neu einstudirt in Scene. Demoiselle Flittner, bald darauf Frau Unzelmann, gab die Louise. Am 25. Oktober dieses Jahres fand die bereits im ersten Theilc dieser Abhandlung geschilderte Aufführung der Räuber wäh- rend Böcks Gastspiel auf der hiesigen Bühne statt.

Bevor wir nun wieder in der Lage sind, über die Premiire eines ScbiUerschen Werkes in Frankfurt zu berichten, müssen wir erst den wichtigen Abschnitt des Frankfurter Bühnenlebens besprechen, der mit Ende des Jahres 1788 abschltesst. ' Das bedeutendste Theaterereigniss von 1785 war hier die Novität »Der lustige Tag oder Figaros Hochzeit« von Caron von Beaumarchais. Das Stück wurde bereits am 9, April angekündigt, jedoch wegen Krankheit einer Schauspielerin verschoben und zum erstenmale am 11. April, nicht, wie wir früher vermutheten, am 3. Mai aufgcfühn.* An diesem Tage wurde die erste Wiederholung gegeben, der noch weitere Auffilhningen des Stückes am 22. und 24. September und am 29. Oktober folgten. Auch in den folgenden Jahren lassen sich zahlreiche Vorstellungen der lustigen Komödie nachweisen. Gleich bei ihrem Erscheinen nahm man dieselbe in Frankfurt mit solchem Enthusiasmus auf, dass bereits am 12. April die achte Ausgabe des Werkes »so wie es hier aufgeführt wird« für den Preis von i fl. 30 kr. in einer Buchhändleranzeige angeboten wird.' Der Uebersetzer des Intriguenstücks ist in derselben ebenso wenig angegeben wie auf den Theaterzetteln und in anderen zdt- genössischen Berichten. Vielleicht hat Grossmann selbst das Werk ins Deutsche übertragen. Er beherrschte ja die französische Sprache und ubersetzte schon früher den Barbier von Sevilla von Beaumarchais* Dass auch in Frankfurt der Umschwung in den Begriffen und An- schauungen, der bald alle erschütterten Zustände in revolutionärem Ansturm gewaltsam umzugestalten drohte, die Gemüther bereits

* Die Nachrichten Ober das B&hnenjahr 17S5 sind nach den HieateranceigeQ

in den hiesigen Blättern, besonders in dem Frankfurter Staats-Ristretto, nach MittheiUingen Jcs 'nic3ter!;a!endtr für 1785 und nach Tbeaternotizen in den Brieten

der Hrau Rjlli (loctlic /usaniniciii^f^tcllt.

* Heincmann Goethes Mutter, S. j6o. Der Zettel zu der zweiten Vorstel- lung v«i Beaumarchais* Lusts|nel ist dort S. \6i abgedruckt

' Frankfoner Staats*Ristretto Ncl $8 vom 12, April i-jH'i.

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mäcijUi^ erregt hatte, beweist die begeisterte Aufnahmt' von '^Ficaros Hoclizcit« von BeauniarLluis. Das Stück wurde alleiJin*^;. .ililIi j;anz vorzüglich hier gegeben. Unzehiumn spielte den Helden l'igaro, der bekanntlich ein lebendiges Manifest gegen den Widerspruch zwischen äusserer Lebenslage und innerem Verdienste ist. Mit der mächtigsten Waffe, mit Spott und Satire, griff Beaumarchais jene Klasse von vornehmen Leuten an, die sich »blos die Muhe geben, geboren zu werden.« Und sein blendender Witz zündete ; er deckte die krankhaften und angefaulten gesellschaftlichen Zustände auf und •weckte gleichsam wie durch Hahnenruf, was in tiefen Schlaf gelulh oder durch niederdrückenden Einfluss betäubt worden war.

Wie kurz vorher in J ' i: . machte das Stück .lu^n in IVaiik- fun lipuche. Aus verschicUcnen iknierkungcn über dasselbe lässt sich schliesscn, dass in die Handlung; inclirere gesangliche Einlagen eingestreut waren, die hier in hohen und niederen Kreisen viel gesungen wurden. Eine derselben war Cherubims volksthümliche Romanze »Mein Rüsslein sollst mich tragen,« die nach der Melodie des Marl- borougiiliedes gesetzt war und 1785 von der jugendlichen Deraoiselle Bösenberg reizend vorgetragen wurde. Einer der Vorstellungen des Lustspiels im September muss Frau Rath Goethe mit Fritz von Stein beigewohnt haben, der seit Anfang dieses Monats bei ihr zu Besuch weilte. In einem späteren Briefe redet sie ihn »Mein lieber Cherubim« an und schreibt für Fritz die Romanze ab, wdl sie nicht weiss, ob der deutsche Figaro in Weimar Mode ist. ' »Lieber Fritz,« ßlhrt sie dann fort, »erinnert er sich noch, wie wirs zusammen gesungen und dabei so fröhlich und guter Dinge waren?«

Die bei;ei^ieiLe X'orhebe der l'rau Rath für das Siück ist gleich- sam ein Gradmesser iVir den lündruck, den dasselbe aus das hiesige Publikum gem.iclu liai. Auch die D.irsieller scheinen durch die fesselnde Aufgabe zum Aulgebot aller ihrer Kräfte angespornt wor- den zu sein. Freilich konnte man sich so wie so für die Rollen des Grafen Almaviva, der Mar/cUine und des Doktor Bartholo keine besseren Vertreter denken als Herrn Schmidt, Madame Fiala und Herrn Bösenberg. In besonders gehobener Stimmung spielte das Liebespaar in dem Stücke, 1-igaro und Susanne, welche letztere sehr graziös von Grossmanns Stieftochter dargestellt wurde. Unzelmann

Briefe an Fritz von Stein von 1784—1790, zu finden in Briefe von Goethe

und Jessen Mutter an Friedrich Freilicrrn von Stein, hrsg. von Eben und Kahlen 1846, S. 91. Ferner Heinemann» Goethes Mutter, S. |6a

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hatte sich nämlich kurz vorher mit der siebzehnjährigen Könstlerin verlobt; beide wirkten demnach als glückliche Brautleute mit.

Die erste Aufführung des Werkes von Beaumarchais »Der lustige Tag oder Figaros Hochzeit« im Jahre 1785 ist in der Folge oft für die hiesige Premiere der Mozartschen Oper »Die Hochzeit des Figaro« gehalten worden. An diesem Irrthum sind jedenfalls die gesang- lichen Einlagen des Lustspiels schuld, die man för Mozartsche Melodien hielt. Da aber dessen Oper erst 1786 am i. Mai in Wien ihre Premiere erlebte, liegt die Verwechslung auf der Hand. Mozarts Meisterwerk wurde zum erstenmale am n. Oktober 178S unter grossem Beifall in Frankfurt aufgeführt. '

Bald nachdem das Stück des französischen Dichters im hiesigen Theater einen glänzenden Erfolg erlebt hatte, brach mitten in der Nacht Feuer im neuen Komödienhause aus und zwar in den Zimmern des Direktors. Grossmann wollte seine Papiere und sonstige Werth - Sachen retten,' wurde aber dabei nicht unbedeutend verletzt und mit brennenden Kleidern von dem Schauspieler Bösenberg gerettet. Auch seine Kinder mussten wegen des Rauches und Dampfes auf den Treppen mit Leitern aus dem zweiten Stock geholt werden. Der Brandschaden im Hause selbst war nicht gross, die Bühne und der Zuschauerraum erlitten keinerlei Beschädigungen, nur die Balken und Decken der Grossmannschen Wohnung waren verkohlt, die Fenster darin zerbrochen. Auch einige Logenthüren und Gesimse waren angebrannt, ein paar Wände geschwärzt und einige Räume durch das Wasser beschädigt. Ziemlich schnell wurde das Feuer wieder gelöscht. Wie Kirchner berichtet, ohne eifrige Hülfe der Bürgerschaft, die »das Teufelshaus« brennen lassen wollte und erst nach lebhaftem Zuspruch von Seiten des Schöffen Textor und des Senators Hoppe sich an den Löschungsarbeiten betheiligte.

Einen weit grösseren Verlust als die Stadt hatte Grossmann selbst durch den Brand zu verschmerzen. Es waren ihm nicht nur ein grosser Theil der Garderobe, seine Möbel und sonstige Haus- hahungsgegenstände vernichtet, auch eine Anzahl Werthsachen und

* Momarts bekannteste Opern zum ersten Maie auf der Frankfurter Bühne von £. Mentzel, enthalten in »Die kleine ChromUt« No. 22—25, ^^7-

* Ueber den Braiui itn Komödienhaui^c siehe Kirchner» Ansichten, 1 B.. S. 74; Belli, Lcboii in Frankfurt, 7 B., S t); von Oven Das erste städtische Theater zu Frankturi a. M. (Neujahrsblatt des Vereins für Geschichte und Altcr- thuniskuudc für das Jahr 1872) S. }i; auch die Nachrichten in den hicsi<^en Blättern and den Brief der Frau Rath Goethe an Frit« von Stein vom 1$. Mm 1785 abgedr. bei Keil, Frau Radi S. 233.

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etwa 1000 Gulden Geld waren ihm beim Brande abhanden gekommen. Am 23. April 1785 dankt Grossmann öffentlich für die ihm beim Feuer im neaen Komödienhause geleistete Hülfe, bittet aber die- jenigen Leute, die zufällig in den Besitz seiner vermissteo Sachen gekommen seien, dringend um deren Ablieferung. Darunter befanden sich ausser den 1000 Gulden in Geld, mehrere goldene Uhren, ver* schiedene Berloks, Grossmanns in einen gelben Topas geschliffenes Petschaft, eine goldene Dose, mehrere goldne und silberne Medaillen und ein Brillantring. '

Ob Grossmann diese Gegenstände zurdckerhielt, ist uns mcht bekannt, wir möchten es aber bezweifeln. Nach dem Briefe der Frau Rath Goethe an Fritz von Stein vom 16. Mai 1785 sagt diese, dass der Direktor durch das Feuer alles eingebüsst und nur sein und

seiner sechs Kinder Leben gerettet habe. Doch wie die vom Schicksal des Freundes tief ergriffene Frau weiter berichtet, wurden sofort für Grossmann drei Kollekten eröffnet, eine vom Adel, eine von den Kaufleuten und eine von den Freimaurern, die hübsches Geld zus.immen brachten. Mit freudigem Stolz weist Goethes Mutter bei dieser Gelegen- heit auf den oft bewährten Wohlthätigkcitsbinn der Frankfurter hin, der in solchen Fällen stets aufopfernd zu Tag trete. Auch mit Kleidern und Geräthc (Frau Rath meint Weisszeug) wurde Gross- manns Familie so reichlich von den Frankfurtern versorgt, »dass es eine Lust war.«

Tief gerührt, jedoch in etwas theatralischer Weise dankte der Direktor einige Tage später vor der Auflftihrung des Schauspiels »Der deutsche Hausvater« von Gemmingen dem hiesigen Publikum für seine freundliche Hülfe. Als der Vorhang in der Höhe war, erschien er in seinem halbverbrannien Frack, mit verbundenem Kopf und Händen und hielt eine Rede. Grossmanns sechs Kinder standen in armseligem An/.uge um ihn herum und weinten alle so, dass man, nach Ansicht der Frau Rath, von Holz und Stein hätte sein müssen, wenn man nicht mitgeweint hätte. Es blieb denn auch kein Auge trocken. Am Schlüsse des rührenden Vorgangs klatschte das Pub- likum dem Direktor lauten Beifall zu, um ihm frischen Muth zu machen und ihn zu überzeugen, dass man ihm seine Unvorsichtigkeit, durch die das Feuer doch eigentlich entstanden war, verziehen habe. Grossmanns Verlust, der etwa 4000 5000 Gulden betrug, wurde, wie es scheint, so ziemlich wieder ausgeglichen. Das ansehnlicbe

' hranklurtcr Staats-Ristrctio No. 64 vom a}. April 1785.

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Ergebniss der drei Kollekten mag wesentlich dazu beigetragen haben. Seit dem Bratide war aber Grossmanns Stellung doch erschüttert. Er gerieth in Folge dessen in häufigen Widerstreit mit dem Pächter des Komödienhauses, Hofirath Tabor, und der Stadt und musste schliesslich dadurch seine hiesige Direktion niederlegen.

Ende April und Anfangs Mai fanden noch eine Anzahl Auf- fübrungen statt, von denen wir nur noch »Die Irrungen«, dramatische Posse von Grossmann nach Shakespeare am 29. April und »Minna von Bamhelm« am 10. Mai 1785 hier anführen wollen. Mitte Mai ver- Hess Grossmann mit seiner Gesellschaft Frankfort. Durch einen Brief der Frau Rath Goethe erfahren wir, dass er nicht einmal bis zum Schluss des Abonnements hier spielte, sondern dasselbe an Böhm abgab; Sie äussert sich entrüstet darüber und macht dem Freunde bittere Vorwürfe, dass er seinen Anhängern, die sich nach dem Brande viel Mühe für ihn gaben, so etwas anthun könne. Goethes Mutter ist aus bereits früher angegebenen Gründen nicht gut auf Böhm zu sprechen und urtheilt auch diesmal wieder sehr abfällig über dessen Leute. Nach ihrer Ansicht durfte sich der Freund durchaus nicht den Anschein geben, als ob seine Künstler und Böhms Pfuscher einerlei Schrot und Korn seien.'

Die Ursache der Abgabe des Abonnements an Böhm war eine zwiefache. Erstens wollte Grossmann durch seine beschleunigte Abreise den durch den Brand verschärften Missheiligketten mit dem Pächter Tabor aus dem Wege gehen und zweitens suchte er einem öffentlichen Eklat gegen seine zweite Heirath vorzubeugen. Wie sehr das hiesige Publikum über diesen Schritt Grossmanns empört war, bezeugen verschiedene Briefe der Frau Rath Goethe.* Weshalb die Frankfurter in einer Privatangelegenheit des hiesigen Theater^ Direktors lebhaft Partei ergriflfen, ist uns nicht bekannt, wir ver- muthen aber, dass sich die Erwählte Grossmanns nicht des besten Rufes erfreute und gegen dessen erste »brave Frau,« deren Biographie eben in »jedermanns Händen« war, zu sehr abstach.

Ende September 1785 kehrte Grossmann mit seiner Truppe nach Frankfurt zurück. Mit Ifflands ' »Verbrechen aus Ehrsucht« setzte in der Herbstmesse die Saison wieder ein, dann wurde »Macbeth« von Shakespeare in Bürgers Uebersetzung zum erstenmale

* Lau$it/:ischc3 Magaziu 59. B., S. 279: Dcui:»chcä Bulmenicben im vorigen Jahrhundert von A. Sohr.

' Ebd. Briefe der Frau Rath an Grossmann, S. 272-^282. Aueb abgd. in Archiv (Üt Literatur 3. B.» S. 109— tjOw

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gegeben. Die Musik zu den Gesängen dieses Stückes wnr von Herrn Sicgin.inn, der seit Nccies Abgang das Amt eines Kapell- meisters bei der Grossniänniselien Truppe versah. Am 17. September ging »Die Lästerschule« neu einstudirt in Scene. Der Schauspieler Bossan gasürie darin als Baron und wurde engagirt. Ende des Jahres trat auch dessen l'rau in den Verband des Mainz-1 rankfurtischcn Theaters. Als Osmin in Mozarts Oper »Die Entführung aus dem Serail« debütirte im September während der Herbstmesse der berühmte Bassist und Fürstlich Taxissche Kapcllsänger Fischer, welcher auch in einem Koazert im neuen Komödienhause verschiedene italienische und deutsche Arien sang.

Die erste Novität im Oktober war Itflands Schauspiel »Die Reue vor der That,« das nebst dem einaktigen Lustspiel »Der Alchymist« von demselben Verfasser am 5. gegeben wurde. Am 12. Oktober folgte dann die Prenuere von Itilands bestem Schauspiel »Die Jäger,« ' mit ihm selbst als Oberförster. Ifllanu kam von einer Gastspielreise nach Lübeck, Hamburg und Hannover wieder zunick und macliiL i ici die letzte Station. ' Ausser dem Oberförster spielte er noLli Jeu alten Saalstein in »Juliane von Lindorak,« den Ebrecht in den Malern, den Grafen Wodmar im deutschen Hausvater, den jungen Ruhberg in »Verbrechen aus Ehrsucht,« den Kantor Ferbius in «Wer wird sie kriegen?« und schliesslich wieder auf allgenieinci. Verlangen den Agapito im verstellten Kranken. Auch diesmal war Itflands Gastspiel hier von grossem Erfolg gekrönt. Man bewunderte in Frankfurt ebenso die minutiöse Zeichnung seiner komischen Rollen als den feinen Schliff seiner Gestalten aus der grossen Welt und die edle Haltung, den warmen natürlichen Ton seiner Biedermänner. Damals hielt sich auch Iffland hier in den Grenzen seines Talentes, er gab keine hochtragische Rollen, sondern trat nur in Partien auf, die seiner Anlage gemäss waren. Welchen Eindruck der während der hiesigen Gastspiele in den Jahren 1784 und 1785 erworbene Bei« fall auf ihn machte, beweist eine Stelle in seinen Lebenserinnerungen. Dort heisst es bei einem Rückblick auf damalige Ereignisse: »Ich trat dieses Jahr, so wie vorher im Jahr 1784 in Frankfurt a. M. auf der dortigen Bühne auf. Die warme herzliche Theilnahme, welche das Frankfurter Publikum mir jedesmal gewährt hat, wird stets zu den schönsten Erinnerungen meines Lebens gehören.« ^ Was Iffland über

' Siehe den Zettel zu dieser Vorstellung in Beilage IV.

* Theaterkalender für 1786, S. 2S4-

1 IlTland, Meine theatralische Laufbahn, S. 174.

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seine hiesige Kunstthätigkeit in diesen beiden Jahren berichtet, konnte er ebenfalls von seinen folgenden hiesigen Gastspielen sagen. Das ' Frankfurter Publikum nahm ihn nicht nur stets freundlich auf, es ehrte ihn auch als Grosse seiner Kunst und Hess es nie an reichem Beifall fehlen.

Gleich nach Iffland kam im Oktober 1785 sein Kollege Böck von der Mannheimer Bühne zum Gastspiel nach Frankfurt. ' Dieser trat am 18. Oktober zuerst als Graf Essex in dem gleichnamigen Trauerspiel von Dyk auf und gab dann am 20. den Hauptmann Drave in den Mündeln .und in dem darauf folgenden Lustspiel von Schink »Gasner der zweite« den Hauptmann Gasner. In der Novität »Die Schule der Schauspieler« von Beil stellte Böck den jungen Waldeck dar. Zum Beschluss seines Gastspiels wählte der Künstler den Karl Moor in den Räubern. Ob Bdck in dieser Rolle gefiel, ob er überhaupt in Frankfurt Beifall fand, bleibt aus Mangel an Nach- richten dahin gestellt. Zu bedenken giebt allerdings, dass der Theater- kalender von 1786, der liflands hiesigen Erfolg ausdrücklich betont, bei dem Bericht über Bocks Gastspiel von öffentlicher Anerkennung nichts meldet. So weit uns bekannt ist, erwähnt auch Frau Rath Goethe in ihren an Theatermittheilungen so reichen Briefen Röcks Gastspiel mit keinem Worte. Wiewohl dieser grossen künstlerischen Ruhm besass, so liatte er doch in dem hiesigen Heldenspieler Schmidt einen Rivalen, der zwar über weniger Routine verfügte, aber an Wahrheit und Empfindung den Mannheimer Kollegen sicher über- ragte. Auch Schmidts stattliche hohe Gestalt passte besser für Heidenrollen wie ßöcks untersetzte gedrungene Figur. Die Frank- furter waren aber für derartige Hülfsmittel einer natürlichen Dar- stellung von jeher sehr empfänglich.

Grossmann führte noch am 28. Oktober »Minna von Bamhelm« und zum Schluss der Saison »Der lustige Tag oder Figaros Hoch- zeit« auf und verliess dann mit seiner Truppe fiir dieses Jahr Frank- furt. Unter den Novitäten des Jahres 1785' ist auch das Schauspiel

' Theaterkalender f&r 1786, S. 254.

' Ausser den berdts angegebenen in diesem Jahr zuerst in Fr.inkfurt gespielten Stücken nennen vnr noch: Irrtluini niif nücn l'cken, I.isstspiel in fiuif Auiz. nach dem Engl, von Sdirödcr. Der !!>iricii durcli die Kcclinung, Lustspiel m 4 Auf^. von Jünger. Der politische Kannegicsscr, Lustspiel in $ Aufz. von Holbcrg, verbessert vom Schauspieler Böck in Mannbdtn. Die Spieler, Schau- spiel in 5 Akten von Beil. Medea, Drama von Ciotier und Benda. Im Trüben ist gut fischen, Singspiel in j Aulz. von Sarti, deutsch von AinJn! Die Scfi.iu- spiclerschule , Lustspiel in 3 Aufz. von Beil. Fritz und Hansciien oder Die

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»Die Geschwister« von Goethe. Wann dasselbe hier in Scene ging, liess sich nicht feststellen» weil viele Theaterzettel aus jener Zeit fehlen und die Theateranzeigen in den Blättern damals noch nicht mit zuverlässiger PänktUchkeit erschienen sind.

Es ist schon dfters die Vermuthung ausgesprochen worden, am Anfange des Jahres 1786 habe die Koberweinsche Truppe in Frank« furt gespielt, doch liess sich trotz eingehendsten Forschens weder in den geschriebenen noch gedruckten Quellen eine Spur davon ent- decken. Statt dessen giebt Grossmann, der sich abwechselnd in Mainz und Frankfurt aufhielt, im Januar und Februar wöchentlich einige Vorstellungen im neuen Komödienhause. Die eigentliche Saison beginnt aber erst am Anfange der Ostermesse, 18. April, mit Schröders Lustpiel »Der Vetter von Lissabon.«

Die nächste Novität war »Götz von ßcriichingenit von Goethe, welches Drama am 8. Mai 1786 bei aufgehobenem Abonnement in Scene ging, und am 30. Mai auf iiohes Verlangen wiederholt wurde. Der lirlös der ersten AutTührung kam den Frankfurter Stadtannen zu gute. Frau Rath Goethe berichtet über die Premiere an Fritz von Stein:' »Der (S. Mai war sowohl für mich als für Goethes Freunde ein fröh- licher Ta^ Götz von Berlichingen wurde aufgeführt, hier schicke ich Ihnen den Zettel, Sic werden sich vielleicht der Leute noch erinnern, die Sic bei Ihrem Hiersein auf dem Theater gesehen haben. Der Auftritt des Bruder Martin, Götz vor den Rathsherrn von Heilbronn, die Kugelgiesserei, die Bataille mit der Reichsarmee, die Sterbcscene von Weislingen und von Götz thatcn grosse Wirkung. Die Frage: »wo seid ihr her, hochgelehrter Herr und die Antwort : »von Frankfurt am Mayn,« erregten einen solchen Jubel, ein Applau- diren, das gar lustig anzuhören war und wie der Fürst (denn Bischöfe dürfen hier und in Mainz nicht aufs Theater*) in der dummen Behaglichkeit dasass, und sagte: »Potz, da müssen ja die zehn Gebote auch darin stehn,« da hätte der grössie Murrkopf lachen müssen. Sunima Sumarum! ich hatte ein herzliches Gaudium an dem ganzen Spektakel.«

Mildibrüdcr, Lustspiel in x Aufz. von Frau " cjunoir. Der offene Briefwechsel, I.ii'iTspiel in 5 AiilV. von J-.incer. K.npnr tk'r Tliorririgcr, Sch.iTispie! in ^ Aut^. von Graf Törring. Kurze lliorhcit ist die beste, Singspiel in l Aulz. von Andre.

* Briefe von Goethe und dessen Mutter an Friedrich Freiherrn von Stein, hrsg. von Ebers u. Kablert, Leipzig 1846. Brief an Fritz von Stein, vom 25. Mai 1786.

Seit der ersten AulTiihrung des Julius von Tarent von Leisewitz bestand das Verbot, dass gci tlichc Herrn nicht auf dis Tlieater kommen durften. Siehe Menucel, Geschiditc der bdiauspielkuost in Frankfurt a. hL, S. 289 ff.

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Als Nachschiift macht l-rau R.uli die Miuhcilunj;: DDieiista^, den 30. Mai wird auf Begehren des Erbprinzen von Darnii.udt ' Götz von Berlichingen wieder aufgeführt. Potz, Fritzchen, das wird ein Spass sein.«

Die erste Vorstellung des Götz war fast ebenso besetzt wie dk iweitc, deren Zettel in Betkge IV nebst anderen Tbeaterprogrammen aus diesem Jahre Wiedergabe findet. Wie aus dem Zettel hervor* geht, befinden sich die Hauptrollen des Stückes m guten Händen. Ausser einigen neuen Mitgliedern der Gesellschaft und Herrn Schmidt, der die Titelpartie gewiss vorzüglich darstellte» waren eigentlich nur Freunde der Frau Rath mit hervorragenden Aufgaben betraut. Gross- mann allein fehlte in der zweiten Vorstellung, der in der ersten den Bruder Martin vorzQglich gespielt hatte. Ein Vergleich zwischen beiden Zetteln zeigt, dass nach Grossmanns Abgang die schöne Scene des Bruder Martin mit Götz überhaupt gestrichen war. Unzelmann gab wieder den Lerse, Steiger den Weislingen, Stegmann den Fürsten, Frankenberg den Franz von Selbitz, Madame Unzelmann die Marie, Madame Stegmann den Georg und Madame Fiala die Adelheid von Walldorf. Beide Aufführungen trugen also gewissermassen einen familiären Charakter und erhielten eine besondere Weihe durch die Anwesenheit der Mutter des Dichters. Ueber die Premiere des Götz hat sich eine Kritik erhalten, in der auch der Frau Rath mit Ver- ehrong gedacht wird. »Das Stück wurde nach den Mannheimer Veränderungen und Abkürzungen gegeben,« heisst es da. »Es gefiel wegen seines eigenen allgemein erkannten Werthes, weil es zu Frank- fun dem Geburtsort des grossen Goethe und unter den Augen seiner vortrefflichen Mutter gegeben wurde; von der einer unserer beliebten Dichter und Philosophen nach einer mit ihr gehabten Unterredung sagte: Nun begreife ich wie Goethe der Mann geworden ist.«*

Die Inscenirung des Götz war die letzte künstlerische l'hat, die Grossmann als Frankfurter Scliauspieldirektor ausführte. Hinige Tage darauf am 12. Mai trat er noch einmal als Marinelli in »Emilia Galoiti« auf (siehe den Zettel in Betlage IV), dann verlicss er die hiesige Bühne für immer. Sein Abgang von hier scheint schon lange vor-

* Erbprinz Ludwig von Hessen geb. den 14. Jutii 175^ vermählt mit seiner Cousine, Prinzessin Louise von Hessen, Schwager K;>il Aufjust'; von Weimar.

s Fphemeridcn <icr Literatur und des '!"hc;uers, Herl In 17X6, 3, B., S. j8o bis 381. Auch abgedr. bei öraun, Göthc im L rtlicile seiner Zeitgenossen, i. Band, S. 409. In den Ephemeriden der Literatur und des Theaters von 1786 finden sich im 2^. 24. und 28. St Kritiken über Aaffbhnin^ der Grossmännischen Gesell- s€ha^t vom i& April bis 8. Juli 1786.

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August 16—27,' Freiburg August 28 bis September 2, tember 3—14,' S. Avold September 20—24, in Metz 25—27, und schliesslich in Trier September 28 bis N zu finden erwartet, wird schmerzlich enttäuscht sein, mannigfachen Vorzüge unseres Aktenstücks werden, so i diese Verstimmung zu überwinden wissen.

m

Zeitgenössischer Bericht über Kaiser Friedrichs Heia östlichen in's westliche Deutschland 1473 März bis D

F aus Franklun Stadtarchiv, Reichssachen nr. 5789 cop. ch. 0 folioheft von 12 Blattern. Blatt 1 leer. Auf der vorderen Seite von E oben der Text. Derselbe ist von 2 Händen geschrieben. Die erste unten mit »nach«, $. p. 17} Varr. h u. 1. Die rv^-eite beginnt Fol. Fol. 9^ mit »herolzs«, mitten auf der Seite, deren andere Hälfte unbt s. p. 190 Var. f. Fol. loa izh rühren wieder von der ersten Hai mehr über die zwei Hände und die Herkunft des Berichts in der I im .\nhang. Eine dritte Hand, wol aus der Frankfurter Kanzlei, sd die Eingangsworte »In amen« vor; eine vierte, wol ebendaher, (fi besserung ein p. 169 Var. a.

Für den Abdruck waren die bei den deutschen Reichstagsak Grundsätze massgebend.

In nomine domini amen.* '

Anno domini, da man zalte noch Christi gebun

hundert jare und darnoch in dem drien und siebenzigstei

lieben tVawen abent der verkundung, zu mitvasten, am mit

Ictare' zwischen sechs ^ uern-' und sieben * etc./ do zoc

allerdurchluchtigister und großmechtigstcr turst und

Fridrich Romischer keiser, zu allen ziiten merer des r'u

a «In amen« von einer gleiclizcitigeii Hand, wol aus der Fr.»nkl übergeschrieben.

/' sie em. ; F /wein, siehe .Anmerkung 4.

c F wern, das tönende »w« von uns durch »u« gegeben.

d sie em., F drien, siehe .\nmerkung 4.

' Vgl. Chnicl a. a. O. p. $2— SS-

' Vgl. C^hniel a. a. Ü. p. 56 und 57. Lindner a. a. O. p. 50— ' 147} März 24.

In der Vorlage ist durchweg unsere heutige .Stundcn/ahluni verbesserten demnach die Zciibestiinnuing au dieser Stolle »/wischet und drien« (siehe Varr. und </), die mit Rücksicht auf die folge «als man die coniplet lutei« (siehe p 167 .\nnicrkuiig i) nicht richtig »zwischen sechs uern und sieben.«

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»Frankfurter Kauuual-TlK-ntcr« genannt wird. N;icli der zweiten Vorstellung des Götz folgten im Juni noch zwei andere Ritterstücke. Am ij. i>l-ust von Stromhcrg« vom I lülgerichtsratli Meier und am 24. »Joliann von ScI a bcn« von Meissner in der Bearbeitung von Plümike. ' Wöcheiuii..li landen zu jener Zeit drei Vorstellungen statt, Montags, Donnerstags und Samstags. An Sonntagen musste das Theater noch immer gcsclilossen bleiben, obwohl sich bereits der Unternehmer Tabor und einige hohe Herrn um die Gewährung der Spielerlaubniss an Sonntagen an den Rath gewandt hatten. Erst im September 1787 will&hrte derselbe dem Begehren, dass wenigstens an den beiden letzten Sonntagen der Herbstmesse gespielt werden dürfe.'

Im Juli 1786 traten die Taborscben Schauspieler in Wildbad auf, von August an bis Ende November gab die französische Kinder- trappe unter Direktion von Pocher, die im Mai 1783 hier so grossen Beifall fand, im Komödienhause wöchentlich eine, manchmal auch mehrere Vorstellungen, meist kleinere Operetten oder Lustspiele mit nachfolgenden Balletten. Seit der Rückkehr von Wilhelmsbad spielte die Taborische Gesellschaft bis Anfangs Dezember abwechselnd hier und in Mainz; nur während der Herbstmesse blieb ihre Kunstthätig- keit einzig auf Frankfurt beschränkt. Folgende Novitäten wurden von Anfang August bis zum Bahnenschluss 1786 hier gegeben: sAmtnumn Graununn,« Schauspiel in 5. Auf«, von einem Ungenannten am

! }. Anglist.

»Coriolun.« von Shakespeare, bearbeitet und übersetzt von Dyk am 9. August.

Zu diesem heroischen Trauerspiel waren die Dekorationen und Kleider neu angcsdiaiit.

^>l)er Ring,t Lusts{Hel in $ Auf«, von Schröder am 18. Septcniber. •Die Zwillinge,« Trauerspiel in 5 Aufz. von Klin{»cr am i }. Oktober

Dies bereits trühcr hier gegebene Stück gewann 1776 den Schröder- Acker-

numnclien Prets. »Haiinlet,« von Shakespeare» neu einstudirt» 21. Oktcher.

■Die Drillinge,« Lustspiel in 5 AuO.. nach dem Franxdsischen neu umgearbeitet

von Herrn v. Bonin, am 2}. Oktober. »Die Höhle des Trophonio,u Komisclie Oper in 2 Aufz, von Salien, dcuiscli von

Professor Faber, am 25. Oktober. sGenend Moorner oder der Strdt swisdien Liebe und Pflicht,« Schauspiel in 5 Aufz.

nni Oktober.

»Juliu!^ voti 1 ircnt,« Trauerspiel in 5 Aufzügen von Leiscv^iu am 2. November. Neu cinsiudtrt.

aDer Strich durch die Redinung»« Lustspiel in 4 Aufz. am 2t. November.

' Die Frankfurter Theatemachrichten von 1786 ntcist nach den betreffenden Zetteln, nach den Anzeigen in den Tstgesbiittern und nach Beriditcn in den Theater- Kalendern (ür 1787 und 1788 zusammengestellt.

* von Oven, Das erste städtische Theater zu Frankfurt. S. 32.

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dem Wesicrich/ und fiel bischof und graven, hem, rittef und belcittcn den kaisser ein, und zoch da ein wol unib « CS gare sere und vast. also wurden die hern zu ratt d über vierzelien tag. ' darnoch da ritten die herren von Sac l-rnst'' und herzog Wilheyni von dan,^ und der kaise lieruß biß zu dem wasser. * darnuch reit er in etliche kirchen, dann widder in sin pallas. an dem<^ pHngsten Erasmus dag, da was gebuet ein stuel auf dem winniarkt der bischof von Metz,** und dem ward da gelehen. ui gar kostlich, und bereitten den stul. und waren da von marggrave von Brannenburg kurfurst, der trugk zu den keiser vor den^ zcpter, ^ der swarz hirzog den aphel Mayntz die keiserliche kroin, der marschalk von Papinhainr auch « was da hirzog Albrecht und hirzog Cristoff' hirzog Ott von Neumarckt, sin prüder herzog Hans, marggrave von Paden," der Durgchs keiser, bischof ' bischof von Mentz,*' bischof von Aigstat,' bischof vo

F Oestcrich, in F am »r« ein Schnörkel. Siehe p.

a MC eni. F Enst. c F dam. J sie em. ; F den. e sie cm.; F Mcntz. / F eher »dem«. g in F zwciniai. /; es folgt durchstrichen ein W. / F kaum .Mgstet. k sie.

' Über den Augsburger Reichstag vgl. Chmel, .Mon. Habsb. 1, ' Dem Lech. Das ist »Donnerstag« ; .Mai 27.

* Georg, Bruder des M.irkgraten Karl von Baden. > Als Kämmerer.

* .^Is Truchsess in \'ertrciung von IM'al/

' In Vertretung von Sachsen; vgl. p. 17.S Anm. ii.

* Siehe p. 170 Anm. 1 1. ' Siehe p. 169 .\nm. .|.

Siehe p. 171 Anm. 18. " Siehe p. 171 Anm. 19. " Wol Christoph. Sohn des Markgrafen Karl.

Siehe p. 169 .Anm. 14.

Johann, Bruder des Bischofs von Metz. •> .Man erwartet anstatt «Mentz« einen andern Namen.

Wilhelm v. Reichenau; vgl. Var. wo in dem W vielleicht Will: '7 Wer ist gemeint?

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nur einigemal im Januar, Februar und Marz herüber. Am lo, Januar sollte mit grosser Pracht das vaterlanJische Schauspiel »Gisella Brömserin von Rüdesheim« von citK-m ungcnaniuen Verfasser hier gegeben werden, allein die Autlüiiruu^ wurde wegen Jcr Kähe ver- schoben und fand erst am 30. April während der Ostermesse statt. Im Laufe dieses Monats kommen verschiedene neue Opern und Singspiele zum erstenmaie auf die Bühne. Am 14. April »Nina« oder »Wahnsinn aus Liebe« von Delairak, am 19. »Der Irrwisch« mit neuen Dekorationen, unter Jenen ein grosser trani.yjai enter Saal in den Theateranzeigen besonders gerühmt wird. Am 21. April ging dann »Das schöne GartnermäJchen von 1-ra.skati«, Oper in 3 Auf- zügen von Paisello in sehr glänzender Ausstattung in Scene. Madame Waller, die sich bereits hier allgemeine Beliebtheit erworben hatte, sang in dieser Vorstellung die Donna Stella und Demoiselle Wtll- mann, ein neu enga^utes Mitglied, die schöne Gännerin. Ehe DemoiseDe Wülmann hiorherkatn, hatre sie sich trotz ihrer Jugend bereits in Wien und Prag kOnstlerischen Ruhm erworben. Obwohl sie keine besonders schöne Erschdnung war, gefiel sie doch schon bei ihrem ersten Gastspiele in Frankfurt deranig, dass sie sofort engagin warde. Als am 28. April die hier sehr gern gesehene Oper »Die beiden Geizigen« in Scene ging, zählte Demoiselle Willmann bereits zaro Personal der hiesigen Böhne.

Trotz der Bevorzugung der Oper brachte auch der April dem Schauspiel neuen Gewinn. Am 20. gastirte för den unheilbar kranken Heldendarsteller Schmidt Herr Mattausch von der Schröderschen Bühne in Hamburg als junger Ruhberg in »Verbrechen aus Ehrsucht« von Ifiland und trat in den Verband ein. Ob der Künstler auch bereits am 16. April in »Kaspar der Thorringer,« vaterländisches Schauspiel von Graf Törring (Thörring) mitwirkte, liess sich, weil der Zettel fehlt, nicht feststellen. Unter Tabors Direktion wurde neben der Oper das Ritterstück sehr gepflegt. Fand doch am 24. April bereits wieder die Premiere eines derartigen Dramas» des Schauspiels »Johann von Schwaben« von Meissner in neuer Bearbeitung statt.

Von wichtigen Bühnenereignissen bis zum Juli 1787 ist zunächst die erste Aufluhrung des Salierischen Singspiels »Das Narren-Hospital« .oder »Die Schule der Eifersucht« (übersetzt von Zehmark) am I. Mai und eine Vorstellung des »Hamlet« am 7. Mai zu nennen. Am 14. gastirten Herr und Madame fiisler aus Hamburg in dem Lustspiel »Die Nebenbuhler« und wurden cngagirt. luwas früher müssen bereits der Bassist Frankenberg und der Sänger Vio zur Taborischen Gesellschaft gekommen sein. Frankenberg sang in der

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driivaliigkeil tag.' da was man iif umb eins noch niii des [lagesj* fünf mil in ein markt und schloß dapi, heil da erpott iem der von Siayn ^ grosse ere, und iederman gel sanct-Vits tag^ was man uf umb 8 und 6 miel gein Ulm. man iem entgegen mit der procession gar kostlich und enf kciser also, und mit der processio also in die kirchen, wa gar ein kostlich kirch ist und gar kostlich erpuet. also sc) iem da dusent guld[en|, I2 vas wins und groß wein*»* m und ochsscn und schoff, und erpott all sim folk da vil ei lichnam*' ging der keiser umb |in*|der processio. da man ding gesehen hieß. ^ also lagk er in dem Dutschen hüß da acht tage und reit da in all kirchen. also am eichten sanct Johanns tag zu suinbent/ hub er sich uf umb eins nai und des tages drii meil in ein statt, heist Geysling,^ und i Ulm, und ligt daran ein kostlich slois.'" des tages quam schaor" und wetier uns uf dem felde. an dem suinben' früwe zu Geysling, und zwo meil in ein statt, heist Gapj ist des von Wirttenberg.'^ und der erpott uns da grosse

d om. F.

b sie eni. ; F win. c F habm. d sie ein.; F sin. e om F.

/ sie cm.; F Swinberg (sie!). ^ sie cm. ; F Swinbcnt mit grossem Anfangsbuchstaben. /; in F am »r« hier und oller ein Schnörkel, nicht berücksichtigt

' Juni 14. Da an diesem Tage der Kaiser noch in j\ugsburg urku Cod. German, dipl. II col!. .S97. 898 iir. ij;, -o war ein »nacli« nach » erg.in/en. »montag«« nicht etwa in »sontag« /u verbessern; s. p. 17^ V

^ litwa Jetiiiigen. zwisclien Lhn und .\ugsburg:

* L'ns unbekannt geblieben. ^ Juni 15.

i Das sind »Wagen« (contrahirle l'orm).

* Juni 17.

7 Der Sinn: man hiess sichtbar werden etc.

* Juni 2], am Tage vor Sonnweiide (suinbent). 9 GeisHngcn.

"* Büsching a. a. ü. 7. Theil p. 649 nennt die Schlösiscr Gey Heltenstein.

" Hagelwetter.

Juni 2j, Sonnwendeabend.

Göppingen. '■♦ Des Graten I-Ibcrhard.

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•Die Liebe unter den HanJwcrkcrt^,« Sogspiel In 3 Auf«, von

Gassmann, Text nach (iolJoni 22. September.

(Wurde später oft \vit\tcr aiirgcliihrt.) »Der verdächtige FrcunJ,« Lustspiel in 4 Aufz. von Leonhard 2$. September. »Die Entf&hntng aus dem Serail,« Oper in } Aufz. von Mozart 26. September.

(Neu einstudirt.)

»Das lustige Bauernmädchen« oder »Die unerwartete Hoclizcit.« Singspiel in 2 Akten von Paisello. (In der Kollc der Gräfin Olympia trat Demoiselle Purschka, Hofsängerin aus Mainz, auf, die im August bereits wihrend einer Vorstellung in den Zwischenakten italienische Arien gesungen hatte.) Zum Schlüsse »Der vernünftige Narr,« Lustspiel in i Aufz. von Schröder jo. September.

»Clavigo« von Goethe (neu einstudirt) 2. Oktober.

»Der Mönch von Carmel,« ein dramatisches Gedicht in $ Aufz. von Frcilicrrn von Dalberg in Mannheim. Nebst Prolog und lipilüg gcsproclien von Madame Ln^elmann 8. Oktober.

(Der Zettel 2u dieser Vorstelluixg in Ikilage V) 25. wiederholt

»Der Jurist und der Bauer,« Ltistspid in 2. Aufz. von Rauten- strauch und die schon früher gqgebene Oper »Adrast und Isidore« von Preu 9. Oktober.

»Die Räuber« von Schiller (neu einstudirt) 11. Oktober.

»So zieht man dem Betrüger die Larve vom Gesicht,« Lustspiel in

S Aufz. von Graf Brühl X2. Oktober.

oDas Testament,« Lustspiel in 4 Aufz. von Schröder 1$. Oktober.

»Wohlthun trägt Zinsen,« Lustspiel in 4 Auf/, von Schröder. (Madame Brandel von Mannheim spielte die Frau von Duval) Zum Sdiluss »Der Magnetismus« von Iffland 18. Oktober.

•Una Cosa rara,« deutsch »UUa oder Schönheit und Tugend,« Oper in 2 Aufz. von Vincenzio Martin, Kapellmeister bei dem Prin/en von Asturien. Text von da Ponte, überset/t von Andree. (Den Zettel zu dieser Vorstellung siehe Beilage V)

»Das Blendwerk,« Singspiel in 2 Aufz. von Gretry, vorh«»' das sdion früher gegÄene Lustspiel von Schröder »Der Vetter von Lissabon« 26. Oktober.

Bis zum Sclilussc der Saison wurden noch die bereits früher gegebenen Opern »Una cosa rara,« »Nina« und »Hetrui^ durcli Aber- glauben« wiederholt, dann verHess das Theaterpersonal l-rankkirt, um die \'orstellungen in iMain/. zu beginnen. Fast sämnitliche oben niitgetheilten Stücke, besonders die Opern, erlebten im Laufe des Jahres mehrere AulTührungen. Das vorzügliche Opernensemble, in erster Linie die hervorragende gesangliche Begabung des Künstler» paares Walter und der Demoiselle Willmann, scheinen auch die Frankfurter sehr angezogen und sogar den Neid des Schauspiel- personals stark erregt zu haben. Der Umstand, dass die früheren Lieblinge des hiesigen Publikums, z. B. Herr und Madame Unzelmann, durch die neuen Sterne der Oper etwas in den Schatten gestellt

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muriicn» \cnir%Jh:liic uncrr «km TheJterpcmMul tmt Rrikr «er l'ttrr\u<htclcHti uml M«^%hcl1i»:iciicn. Dic^ orun|cmchmffi Vrriu:* ttvjc muy%cn \wh ifnincr mehr «cr^tiArft lijhm, j1% dur^lsi ic PrvniKfe der l«crultmtco Oper •Ctu \v\a riri.« deren isLiiiMiiJc Mtn i!r«>^%em Betull üelfiMite Auffuhnng 4ii% Kcdeutcndttc TVjtr crci(ni\% dicvr% Wmtcr% i«t» di% AiHchen de% Wihcrwfcw UMftum Kim 1 f miturter l*ublikum nur ncxh mehr uieg. Viel Streit wSe dirubcr efisMjnden fu %ein, Midime Uttictnunn die P«n«e Jr m der üben Ketunnien l>per iiine iuttr. dir jUerdmic« rmt» ffeuUeren Sii;^*crtn und rmir der I)em<»i\« Ik Witlminn iiikjfR I -< ••Hcnr un4 nuht ^^cride mii vjul'^rcn Wjlfrn im SttSlcn «rtc* iTk*' Hric ( *»üin.-H iitchUc \crjiT!4\\te j'lctlei hetit|;e Aoltrutc f»"v*4* den Mili:liedern der hicvt^cri Huhne und hrjuhtc «eir. «

iin j-i' M.r *ri eil de* FerMmaK v^Mio^luh feindlich f/^tftr ^ '!iiid Immer Jciitlivfur /i.^:c r- \k^Uht l'eheUtindc m:*.*«»<* ^ jn einrt H> - i c die leittndc H^nd eine« li^hminmKh yehUk««^ Mr f.cN ii!i't l :'.-/.mjnn *cil ■'t ^^helm m> «utli m die ••«l«^* und heiM-luhen Reil'efcien vcf \A i<.li !t >je»c*< /u \r:n. Jj\» mar rulct^l M»j«4r eu ui r vdri^ren Kii^heiki |;c|;en dj% K*>n«t!erpur /i:tfji.Ttf. I>iN "1 r ji»'..:;.rti r Sta4t%-Ki'ktrettc>« \'iv. j'** Inr.: .tIixIi t<' ,\tu!c I r^iaruni; um ihiti A^n t: ; ^'%n «we* i reinde lube uh cruhrin, dj'*'. tnjji n,ivlt W\tii I*uK »i.-- ? JJ* VerJi^^cr in lleirti i !>J M.iJjmc \S f U jitcr) \i»n M«f«^ ' ji \ fcv*hricVv ' ». '1 H'^!»^ ! jlt. uc'whcr ihre Verdtrnttc t.*'J iwl iiT*e ; iUiiiit cniie An herunter \etft. LH vKJtfc ^e*^ * ^ . 'J ir\te iii'J hiie ik.r ihre muMKjliv%hen 1 j'ot*:r j"c rr. . A«*.?».'*i: Auvrrdctn A,«-r i.\t\n es nur «■Itnuv, ' .. S «tiRult •* w* .< c 1 II r :f ^o .luvvvrvt vhjt/l'irv* ktjm denkt, dj% R*ir Je *k' J.''V '»i> A ' ' j'V nui t; . /uhen l*ri»ben «4** l f<

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gegnerischen Parteien gegen einander aufzuhetzen, dafür zeugen unter anderen Nachrichten auch die Briefe der Frau Rath an Unzelmann.' Dieser befand sich am Anfang des Jahres 1788 in sehr bedrängter Lage. Ausser den Intriguen seiner Kollegen drückten ihn auch Schulden, beunruhigte ihn die Befürchtung, dass der nun bald ein- treffende Direktor Koch ihm die besten Rollen wegnehmen und da- durch seine Stellung herabsetzen werde. Unzelmann scheint sich in all diesen Wirren nicht gerade tadellos verhalten und seine Freunde und Gönner, besonders die Frau Rath und den kunstsinnigen kur- mainzischen Kammerherrn Grafen Spaur, beinahe an sich irre gemacht zu haben. Aus zahlreichen Briefstellen ist zu sehen, wie sehr sich Goethes Mutter darüber bekümmerte, dass die Ehre des genialen Künstlers, dem sie so manche genussreiche Stunde verdankte, viel- leicht gar ötfentlich gebrandniarkt werden könnte. In mütterlicher Weise giebt sie ihm Rathschläge, crmahnt sie ihn zu tadellosem Verhallen, hält sie ihm auch seine Verkehrtheiten vor. Und als schliesslich nach Unzclmanns heimlicher Abreise von Frankfurt anfangs April 1788 seine Schulden und sonstigen Ausschreitungen das Gerede in allen Gesellschaften waren, da fühlt sich Frau Rath so im tiefsten Innern erschüttert, dass ein dunkler Schatten auf ihr sonst so heiteres Gemüth Hillt. Sie hat den jungen begabten Künstler, dessen vielseitiges Talent sie entzückte, ihres näheren Umgangs ge- würdigt und ihn gefördert, wann und wo es nur ging, jetzt jedoch ist sie so empört, dass sie beinahe bereut, ihn jahrelang wie einen Sohn behandelt zu haben. Allem Anschein nach sollte Unzelmann den damals schon mit den Theatcrgcschäftcn am kurmainzischen Hofe betrauten späteren Intendanten Freiherrn Friedrich Karl von Dalberg wegen seiner heimlichen Flucht um Entschuldigung bitten, weil sich der Künstler bereits dem neu zu gründenden Mainzer National-Theater verpflichtet hatte.

Keine Mühe war gescheut worden, um das Künstlerpaar Unzel- mann dem neuen Unternehmen zu erhalten. Als der oft unbesonnene Mann schon mit der Truppe von Mainz nach Frankfurt abgereist war, suchte ihn noch sein Wohlihäter und Gönner Graf Spaur, dem augenscheinlich nichts Gutes ahnte, auf alle mögliche Weise von einem gewagten Schritt abzuhalten. Er scheint von der guten Absicht geleitet worden zu sein, Unzelmann möge unter allen Umständen eine heimliche Flucht unterlassen und seine Verpflichtungen auf

' Dorow, Rcminiscenzcn, Leipzig 18.12, Briefe der Frau R.ith an Unzel- mann, S. i}4— 1^9- Auch Meincmann, Goethes Mutter, S. 179—186.

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ttifcn üc\ NjtiumiM'hciim ru ruhten und L luclnunm Cmcn^hr «biufitcr «cum, Uiocr \}^icr nkhi lOci kennen «lAic. * ittMi Npjuf «iiLluh cinrr %o niedrigen lliikllnnK iäht^ «if* m^%% «i^liin |.'e%tellc bleiben. JeürniilK «ir er «omt cm cillcr jtniwimpi^-cv* Men^«,h, Jcr Uniclitfann \tcle WciMthitcn «r«ie»cii und «ktica Uib*< bjrkvil in rekh^tcm Mjui« verdient kjttc. Vcrwkicilciic lN.«;4tf hin en in dincm I iUe ntKh der gründlichen Autilifunit. Wir « tr % r* mufhen» nu^htc Dalberje dem Künstler Vt>rhjliangen über die/«««? keitcn unter dem HieiCerpcrMmal, viilieichi mch uher dcvMn VhttU««- M<<»-!uh « irr )A, dj\\ l'nrrlminn, der \tm vmchiedctwa C^^^nScm hjrt bednitgt «urdr, %uh aul Kcvhnung der •I mrcpmc« «cum* Kredit \er««.hjKt hitie« «'4^ «treng^tem verKoten wir. /a r«w** Uiden%«hjitUv'hen Auftritt /«is«,hen Dalbcrf( und L'nrrlmjnn n-u^i n (•iktimmenvein, denn der letrtefe wticint in der llettigVeii brkidvftCfUr Aiivralle gegen «einen Vmgevriiten gewige tu haben. CM*et(ir» Mwvc- riiii iinn*rr rum («Uten« %u' lorderi Unielminn »vi, %emcn ir*««« nH<th:.:en (f«>nner Spaur tum Vermittler fu «ihirn und kund- irr dt< I teutidvkhift, U\\\ er di% Venvjuen de« rdten (traten ab^hcv fiii««brjiuhe und ilin mit in di% Khc Spiel hinrintiehc. WtthS nn^**« (»r4i Spaur ir/cnd einen cnt««.l>eidcndcn Schritt im Intcfr»«« K.. notier« irethan haben» aber da«« er «eincf«egen rmc li'.viw^ S'rri(*«'en haben ««>!lte, ef«^heint ganz an1a^%lKh. Wlic dnr m *.:^S «t» ^H«e«rr. dj« ie<»h!luhe Grmuth der brau Rath luftc «.' wbi-r dji;iren i;(^:r^,.bt, den C^iaten nicht nur in Vbuii ru ne^-Te- %iM>d&rn aiKh \«>n dem Verhallen iTnaehiunn« gegen diem «i^ |t •!*itri."«,* der alten I-reund«vhjlt abhani;.»; fU machen

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ihm fera«r aus Verlegenheiten half, kann man zu seiner Ehre an- nehmen, dass er sich nicht unedel gegen einen Mann verhielt, der ihn künstlerisch gefördert und ihm aus mancher Nothlage geholfen hatte.

An Unzelmann und seiner Frau verlor die Frankfurter Böhne im Frühling 1788 zwei unersetzliche Kräfte. Frau Rath, die lebhafte Theaterenthusiastin, wusste das wohl und konnte sich deshalb nur schwer in den Abgang des Künstlerpaares finden. Dennoch freut sie sich über dessen grosse Erfolge in Berlin, aber sie selbst kann das alte Vergnügen am Schauspiel nicht wiederfinden. Unzelmanns Scheiden von Frankfurt und die damit verbundenen Unannehmlich- keiten versetzten ihrer Vorliebe fUrs Theater und ihrer Freude am Umgänge mit gebildeten Bühnenkünstlern einen Stoss, den sie bei aller Nachsicht und Gutmüthigkeit nie wieder ganz überwunden hat. Im März 1788 spricht sie von dem »verwünschten Volk, dem Ottern- gezüchte« und deutet an, dass ihr ausser Unzelmann noch Personen von der hiesigen Bühne Hnttäuschungcn bereiteten, auf die sie grosses Wrtrauen gesetzt hatte. Der Briefwechsel mit Unzelmann, der Frau Rath gewiss manche Aufregung kostete, ist eine der werthvolUten Quellen der Frankfurter Theatergeschichte für die beiden letzten Dezennien des vorigen Jahrhunderts. Die meisten Nachrichten fallen auf das Jahr 1788, während dessen Verlauf die hiesige Bühne nach kurzem Interregnum immer mehr einer neuen Gestaltung entgegenging.

Am 19. Januar sollte das Theater mit einem neuen Lustspiel »Die Sitte« von Graf Sp;iur eröffnet werden, allein wegen Abbruch der Schitibrücke in Mainz und anderer Hindernisse konnte die an- gesagte Vorstellung erst am 22. Januar stattlinden. (Siehe den Zettel in Beilage V.) Wöchentlich scheint einmal gespielt worden zu sein ; denn Ende März, als es bereits I rühling geworden war, nimmt die eigentliche Theatersaison ihren Anfang. Hine der ersten Vor- stellungen nm 28. März ist «Der Mcinch vom Carmel,« dann folgen bis zur früher besprochenen Aufführang der Käuber am 5. April, in der Unzelniann kurz vor seiner heimlichen Flucht von I-rankfurt den Franz darstellte, Wiederholungen der beliebten Opern »Una cosa rara,« »die Entführung aus dem Serail« und »der Apotheker und der Doktor.« Auch das ungemein beliebte Lustspiel »Das Räuschchen« von Brctzner wurde am 2. April wiedergegeben, ebenso ging das effekt- volle Rittersiück »Kaspar der Thorringer« auf Verlangen wieder in Scene. Die Dekorationen und Kostüme zu diesem Stücke waren neu angefertigt worden und ungemein prächtig; ausserdem zählte ßöheim den Titelhelden aucii zu seinen (jianzroUen. Am ij. April wurde mit grossem Beifall eine neue Oper »Der Geizige« oder

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ftWcf di% («)u«.k hit, liihn die Brjut heim« iufisclulut, «iAOO t%^t jm Mitt«owh April Jic l^rinkfurtcr Frcmkrc %i>a SwIuiUr« tlX' (^flc>%.« In Jen lliciccrjnicifscii der hicM^scn BUitet «ufdc ier*Jt %tt «ctner Zeit Kci der crMen Aufführung dr% l-ietko bckjam mi«,hf. d4%% wci;cn l^ngc des Siuckn der Anfang wn ( Uhr v:

Mn der IVemicre de% ■Don (Iirl<H« luhnc %h:h der hm Thejicrdirekttir Sie|;lned (fOichilt' H%khjrdt, gemnm KiK.h» hn hic%ii;cn INihlikuni ein. Gleuh mivh «einer Ankunft in Irjnk;«- i.nde Marx 17KK bt-gannen die fVuh<n tu dem Werke, da» hrc?» in llimhurK, Ix-ipng, Dresden und Mannheim AulTuhrungen tt\tf lijtte. Da S«:htl1er »eit GrcHimmcn Abgang nicht mehr m m^cnf Rc/ühungcn ru der hie^gen Buhne stand und kctncrict Anftg«%te III seinem neuen Drami von l'rinkfun au» empfing, hahm ^rr n««,hi weiter auf die Hniuehungsgewhichtc und verKhiedcncn l *s geMaliungen desselben naher emiugehen und nur in bemerke«^ iS««* S^^h \Ur den bereit» im Druck erschienenen »Don ClirttM m Uvhcr Weis« lur da» Theater bearbeitet hatte. In der emen Kh*(tt er den jambischen Ver» bei, in der anderen Umc er 7 l*ri»sa 4uL Wj» dies« letztere Bearbeittmg betnlTt, Mt «ar die VeM- li'V'c de» Hu^hjramjs ruummeiigedrangt und aiistcr unhcJruiettar* I iM/«!Kcitcn der Svhlnss dahin abgeändert, da»» Don Cark» d^ t- s^h«.!J def Kcmiicin utTenbart und »uh dann cniKhc. V«« dcv Vefi'ulcfuri; «erspraclicn suh sowohl die Bohnenpraktiker a » Duhtvr \i::*.t eine ^»ri-were Wirkung aul da» PuM kum *

Üt'r-ts tr Jier ist gelegentlich erwähnt wurden. da>s der S,''a. sp i\i!riitt>r K«Kh in Kiga %on Schiller da» Aulfuhfimg»re^^ X «I>t n (.j;!«>«t ii.r imiTluVr erworlsm hatte. Kuvh wählte w e 4 * K»>'\,-c BiH'J 'M in Dresden die l'rovtbeaibettimi;. wahrind V^* 4'i! Auv:u\t d:*r Jen firitbiuhen Ver» beibclialtendc l •• s«ir/- /«»f ef We'.e nr I>jrst\''»ng brachte. <H» Ktich. br»i* er I . Jts »rc/cn VhauvpieK übernahm, den »Dun ILaiU*»* äx» ;n H .'i at.l «! e H H'ie bfuhte, ist un» n<,.ht bekiwii, « r « r.»r. d»«\ J%t MjT.p.:> I'i*\a seine liie%>,:e Ai>tnttsft*üle ^e«e»cr

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1 •* 1.

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Wiederholung des Dramas im Sommer 1787 wissen wir wenigstens, wer zum erstenmal dessen Hauptrollen in Frankfurt darstellte. Die fünf Vorstellungen des Trauerspiels »Don Carlos, Infant von Spanien,« die am 16, April, 31. Mai, 30. Juni, 29. August und 24. September hier stattfanden,' gingen in gleicher Besetzung in Scene und errangen sämmtlich grossen Beifall. Also auch dies Werk Schillers gewann die Sympathie des Frankfurter Publikums im Fluge und blieb hier keineswegs eindruckslos wie in anderen Städten.* Vor dem Beginne der ersten »Don Carlos«-Auf!bhrung am 16. April 1788 sprach Direktor Koch eine Antrittsrolle in Versen, in der er auf seine Kunstthättg- keit am Dünastrande zurückblickt und sich der Gunst des hiesigen Publikums empfiehlt.' Die Ansprache unterscheidet sich in keiner Weise von den schwülstigen, in unterwürfigem Tone gehaltenen Theaterreden jener Zeit und findet deshalb hier keine Wiedergabe.

Zur Vorstellung jenes denkwürdigen Bühnenabends übergehend, der eine neue Aera des hiesigen Theaters einleiten sollte, führen wir zunächst an, dass Koch sein Bestes gethan hatte, um die Inscenirung des Stückes so glänzend als möglich zu gestalten. Damit das mit grosser Spannung erwartete Drama in würdigem Rahmen dem hiesigen Publikum vor Augen geföhrt werde, müssen sogar neue Kostüme und Dekorationen dazu angefertigt worden sein. Diese reiche Ausstattung ist freilich nicht nur als besondere Anerkennung des Dichterwerks aufzufassen, sie stellt sich vielmehr zugleich als augenfälligü Zeugniss dar, was der neue Direktor auf dem wichtigen Gebiete der Regie zu leisten vermochte. Koch wollte ja an diesem Abend als Marquis Posa nicht nur sein schauspielerisches Können zeigen, sondern auch eine Probe seiner Befähigung zum künstlerischen Leiter des hiesigen Schauspiels ablegen. Besetzt war das Stück in den Hauptpanien folgendermassen :

Stegmann, der bewährte Freund der Frau Rath, gab den König Philipp, Madame Fiala die Königin Elisabeth. Die Eboli wurde von Madame Böbeim dargestellt, Herr Mattausch spielte den Don drlos« Böheim den Herzog Alba und Wolschowsky den Perez.^ Die Ver-

Die rt»e.itcr;in/cigen /.u dem Stück finden sich in den hiesigen Blattern. Die Vorstellungen des »Don Carlos« am 29. Au^just und 24. September sind S. 19} ff. des I. und S. 49 ff. des II. Qpartals 1788 der Dramaturgischen Blätter von Sdirdber be^wocben.

* Devrient, Deutsche Theatergescfakhte, ). B., S. 166. ) Theaterkalender für das Jahr 1789, S. 227—229.

4 Siehe die in Note i angegebenen Stelten.

tfciet <lcf jmicrcii RolUn Uvttn s»%U tiuht iscnau KTMiamwn* 4i»k^ tut /«ciiilliK btfi (1cm i^n»^'^ PcrMUMl dct S(ii«.kn 4cr bokwimK'r Tlicil der TiKifiKhcn Gi-%c11^hjlt bei «kr VocKrllui^K cnitc«« «i- l>ic ktciitc lur Kindcrroücn cnK^i^ine htiut StcKiman ftth »uhl St Inumiit Ojra Hu|>c7)u.

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t ixthJ-c Ai.i.'Civhruitti: i.'; er vl.ivcn Hi. Imcrubcnxl. \koh! Jtxr . - |y.!ji;f . 0 Htü^crkun/cn in ikn lirurcti jn l'n/tlrujr"., . ( jfl*'^- f:< ..ti IUI St>nnr.i.r 17.VS f,'iMlicn und Scuu-mcn it.» is-*. i:: ;firi.ri Spriv )in,. Jut/ auli:cr>OTnincn fut.

U I :iu Rath (»ov-t!)C IciJcr un:erl:cs\, Hai ihr Hcitf^ tftf Vctth'tr Pfi'ii .Sur A!«>\Mu> Willsvliu Svlirc::'cr cir!rj!cf"'i'.*ir* VC* .}'xv. \\m d.-u ^H- ;:/iri ^ir nKhfrfc KfüAcn [iri

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eines ungenannten Literaten, ' der andere bespriclit die Leistungen der Hauptdarsteller. Die Auffiilirung des Trauerspiels an diesem Bühncn- abcnd war nach Schreibers Ansicht ^ine sehr mittelmässige. Dann berichtet er weiter : '

»König Fillip Herr Stcgmann. Stegmanii ist kein König sagte mir ein berülimtcr Schauspieler, der neben mir stand, und ich niusste ihm Recht geben. Selbst die Mischung von Aberglauben, Eifersucht und Despotismus, die doch leiciitcr auszudrücken sind, als Hoheit und Würde, fand man sehen in seinem Gebehrden- spiele. Er benahm sich so, dass man verlegen war, was man aus ihm maclien solhe.

Ebenso wenig ist Madame Eiala eine Königin l'iUsabeth. Diese Würde bei so viel Herablassung, diese Weiblichkeit bei so viel Hoheit der Seele, diese ÜlFen- heii bei dem Gefühl ihres Standes ist freilich schwer zu erreichen.

Don Carlos Herr Maitausch. Hier und da glückt ihm der Ton dieser Rolle; aber sein Spiel ist nicht Wicderklang der Saiten des Herzens, nicht eigent- liche Darstellung in ihm fehlt die augenblickliche Reizbarkeit, die elektrische Berührung, die durch alle Fibern zittert und die ganze Empfindung in Be- wegung setzt.

Eboli Mad. Böhcim. In ihr sahen wir das sanfte, Liebe aihmcnde, aber auch eitle Mädchen, das sich ganz hingeben will einem Einzigen, kein einzelnes Blatt abreissen lässt von der Blume ihrer Schönheit das nur einmal schenkt, aber ewig! nur Einen glücklick macht, aber diesen Einzigen zum Gott! Aber auch das Mädchen, deren Tugend ihr Stolz bewachte ! das seine verschmähte Liebe mit Aufopferung seiner Tugend zu rächen sucht. Vornehmlich gefiel sie mir in der Scene, wo Karlos zu ihren Füssen stürzt und um eine Zusammenkunft mit seiner Mutter bittet. Das Bcwusstsein ihrer Schande glühte auf ihren Wangen und sprach in verwirrtem Blicke Liebe und Hass arbeiteten in ihrem Busai und wie nun der Marquis den Prinzen gefangen nimmt, überfiel sie schrecklich der Gedanke: »Deine Verrätherei bringt ihn auf das Blutgerüste!« Mit Verzweiflung in ihren Mienen eilte sie zu den Füssen der Königin und bekannte zitternd ihr Verbrechen, das wie ein Fels auf ihr lastete.

Marquis von Posa Herr Koch. Ungeachtet sein Körperbau auch hier mit seiner Rolle einen kleinen Widerspruch machte, so vergass man ihn doch über die Wahrheit und Schönheit seines Spiels. Nur in der ersten herrlichen Sccnc mit dem König hätten wir gewünscht, er hätte weniger Händespiel an- gebracht. Der Marquis spricht hier mit ruhiger Wärme das, was er dem Könige sagt, sind Ideen, mit denen er vertraut ist, und der Ausdruck liegt daher mehr in dem eindringenden Ton der Worte, als in der Gestikulation, die noch dazu in Gegenwart eines Monarchen sich nicht ganz mit den feinern Regeln des Wohlanstandes vertragen dürfte.

Wegen Mangel des Raums kann ich über das Spiel der übrigen Herren und Damen für jetzt nichts sagen : ich verspreche es für ein andermal.

In Schreibers Rezension über die hiesige Vorstellung des »Don

Carlos« am 24. September 1788' werden Herr Stegmann und

' Dramaturgische Blätter von Schreiber, 1788, I. Quartal S. 19} tT., ferner S. 209 u. II. Qyartal S. 17 tT.

* Ebenda, I. Quartal, S 200—202. ' Ebenda, II. Quartal, S. 49— SS-

MjJjroc I >fc:«.Jcr iK Konu: IMitUpp ui>J Kont^jm hhviSct^ ,v tjj.i.!; Ikrrn Siij^rnjnii wirit SsKrciK-r xor, dis\ er \tt*it iV.t' \ Jm Ml VM.ni»: JUS Jcr Kollc iiu^iic, unj M-iJ-inK } iili « irJ «U^i-^ j .'1 ? w^jiTi ^crtuvlit, uic vkciii^ ihre hti:cnart ij»J ihre Airuv%<r kc»; ti.r iiic )uj;cnilh^hc K«Miii^ui pjvstkü t)ic Kuti"v!lcnn * ir i t.M'%^*vi Jvn /II ilt für titic Rolle. Jic in Majjriic l fwc!rtt»n'' t TK* !(! 'tiltr Bc/ichiirii: pisstiiJcrc \ crtrttcrm ^cftnulcn hi!:c ^ i." Mifr Mi'.tJuvvli in Jcr vorigen Kc/cnii^m juch n;».h! ^ii::/ k-rs:. i«ri.r:hv;4 werden, spendete ihm Svlircibcr diiMTi jI Scir.i^ic i.?-^ - ^•i v^hflnktc* l oh »l.r vpicitc un^lci^h bc>v<T aK tieu!:».h,« n.' Jvr DfinU'.ii'i:. »1 Js: Jur^hjns /c:}:tc er ut^s Je« Uurii^cn 1 \o\\ I^Jm^^lul:, in dem jbcr jede I cidcfu^hiU d:e edcl>Tf <p. jnnimntt Nur «>unvh( der Kritiker, cmi^je SutUn mi>;e der K - u Icf in einem anderen Ton ^precKoi. hr mA«:hi Jen Ic^/urm

jhcT immer «ledcr do^-n l.ct^tun^ an und mctm kKIi<\*1uK djtw »tXm (UrU^v« \ie)letvht nt^h da« whtinuc /<U|etiu% t^x Ku'utlirrulrnt ^ihi Mituuwh «erden kimnc.

Herr Kovh aU l'ovi und Madime ßtihcim aK hbuli tindm m.cidc- Sliralxrt %• !!c Ancrkvnni!'^«:. MKh Herr Ik>hcini »Ullmoic Sl^4 » yut irtimrt» Nur beijmft S«»l>rcibcr nuhi, «arum «r M%h Jen lU.»* i'.vttofite. aS<» ctm«% ver};u-N man nur im l.u^%|iie>c. iVle« c karjktcr>%tiKh «vin'« Im i:jn/in lult der nemli^h vircni^e K'* t;« MtKh d<n IVrc# Herrn W<nv.h<m«k\ ruf eine i;«iic 1%. tt^*. a^cr er nu^m /un Vh! .v^c ; >'.tiN^!i. die indcren Mimrkc^Sr* l< "*Hn \iin \^^A\ vi|:cn' »Nin ntjtneru% Mi*nti\*«

Au^%er d^n M'fM%!:etidcn Kr;fkcti ^i'id nuKh /«o Retef * d%-% S;i.%ke\ M»'} S.r>rci^er -lu^ dem jähre \ivliAnd«n (K< e « '^*J'.o'»l «vh an <i:"e h:e*;»c Vof«t;!wnu dc% Muvke« Jiti H IC« ^ di a'id%'e k'i: «:Tt eine vt>Uhe. die in Main« am t4. Ma: »ur*«-c fi. 'c lU'prikh. "/«rn ^:"J t ? d;« li'vv^e llt/ine um %•» 4 n .«vk '«run rn |\-r\i t:i2 «ii.^ Main/ I rankluner TTiea;e«i .m, \ ifi; dt.; /III \iir/e» i*','en uareti. Herr Mattai.%%!i, Herr ^ M> ! " « h ' t '11, d.t I Ii''* di« lMe%'/en und dc% Ala*nfcf 1^.^ «linn a -.1.' .iven, aw^h H^rr und Madame CiuntK^ H. - t ' 'C. J^r 11 I :'v. I jm'i di.% |. ;ev I7HS jit L nre^ituitti V%'.« ..'d « »I j* di«tf M-!/ .vJir hiiun \<^\H*n t*«. ur ihren Ar «i^f •< I :t'i S'.itt di -M.*! «arm neu in dt,n Verband «1er C»eic..«»i*^ '

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eingetreten die Herren Zieglcr, Krug und Clirisi, ferner Herr und M.idamc Mendc, Herr und Madame Forsch und Herr uiul Madame Eunike, die später so berühmt gewordene Händel-Schütz. '

In der Vorstellung, des »Don Carlos« am 8. Mai 1789 spielte Herr Christ den König Philipp, ein Schauspieler, der nach Ifflands Unheil durch einfache Mittel die grössien Wirkungen hervorzubringen wusste. Obwohl Christ die schwere Rolle in der Eile für Herrn Stegm.mn übernehmen mussie, verfehlte er n.ich Schreibers Ansicht »doch keinen der liauptztige des Karakters und gab auch seinem Körper eine scliöne Haltung.«

Die Prinzessin Eboli wurde diesmal von Madame Mende gespielt. Sic liess in ilirer Darstellung weniger die feine stolze Hofdame als d.is heissliebende Mädchen, das Liebe um Liebe tauscht, hervortreten. »Diese Eboli,« bemerkt der Kritiker, »hätte sich nicht mit Aufopferung ihrer Tugend gerächt.«

Don Carlos wurde nach Schreibers Ansicht von Herrn Forsch, besonders in den Scenen der stillen Schwcrniuih und Niedergeschlagen- heit, trefflich gespielt. Wir gehen hier nicht weiter auf die Beurthei- lung seines Spiels in dieser Vorstellung ein und bringen statt dessen eine Stelle aus der Mainzer Kritik, in der die Darstellung des Don Carlos durch Forsch mit derjenigen seines Vorgängers Matiausch verglichen wird. Nachdem Professor Schreiber mitgetheilt hat, dass die Bühne in Mainz mit »Don Carlos« eröffnet worden sei, weist er auf das dortige erste Debüt der Madame Mendc als Eboli und des Herrn Porsch als iueihclden des Trauerspiels hin und laiin fort:

•Schwer allerding» und sehr gewagt f&r dnen Sduii^ieter war es« nach Herrn Matuosch vor unserai Publikom is dieser Rolle aufxutreten ; nkht als tA Herr M.tttausch unerreichbar wäre, oder als ob sein Glanz notliwcndig jeden nach ihm kommenden Künstler verdunkeln nujsste, .ibcr Herr .M.itf;uisch war in dieser Rolle besonders Liebling; sie war seine Forceroiie. Vorurtlicilc, Jugend und schdner Körper standen auf seiner Sdte. Herr Pcirseh hatte daher mit vielen Naeh- dteilen <u kämpfen, er wagts und erringt Beifall. Herr Porsch ^Mb ui^s einen ganz anderen Karlos, als Herr Mattausch. Rci diesem wars der rasclie aull^rausende, hochfliegendc schwärmerische h'inj^litig, bei jcticm der Jüngling, hn^ umhergetrieben durch Leidenschaft, mit gemildertem l euer, mit einem Trübsinn, der schon au der Wurzel des Lebens frass; der, selbst als Posa ihn auls neue emporhebt aum wir- kenden Menschen, doch inmier einen Attstridi jener sanften Schwermuth beibehält Wefclicr Karlos den« Bilde des Dichters am nächsten kommt? welcher .nm richtigsten dcu üeist ausdrückt, der in seiner Holle liegt? welcher mciir \\irkuug n)acht? welcher unwitferstehlicher «fie Herzen an sich reisst? sind Fragen, die der unbefangene Kritiker vielleicht anders als der grosse Haufe, der selten nach richtigen Begriffen

' Dramaturgische Blätter von Sclirdber, 1789, II. Jahrgang, I. Quartal, S. ia9 und IIL Q»uiru], 5. 158.

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Welchen GroU die xiemlich strengen Rezensionen Professor Schreibers aber unter den Schauspielern wach riefen, beweist unter anderem folgender Vorfall. Unzelmanns Nachfolger, der Komiker Chike, Ober dessen schlechtes Spiel Frau Rath fast in jedem ihrer Briefe an den Freund entrüstet schreibt, hatte den Registrator Rendius in Ifflands »Magnetismus« so ungenügend dargestellt» dass er von Schreiber scharf getadelt wurde. * Darüber ergrimmte Chike derartig, d.iss er sich in des Professors Wohnung begab und ihn ohrfeigte. Schreiber verklagte darauf Chike, der für diesen Ueberfall liart bestraft wurde. Erstens musstc er im Römer seinem Gegner öffent- lich Abbitte thun, zweitens alle Kosten bezahlen und drittens acht Tage auf die Hauptwache ins Gefängniss. Als er nach dem Vorfall zum erstenmale wieder auftrat, kam es zu einem Theaterskandal. Sobald sich Chike auf der Bühne blicken Uess, wurde er ausgepfiffen, und als er dann ein komisches Lied sang, auf höchst störende Weise weiter verhöhnt. Das Publikum, namentlich viele hiesige Kaufleute und Gekhrte, waren über Chikes Bubenstreich i nipört, dass er sich nicht länger hier halten konnte und bald darauf abging. Chike scheint auch seinem Vorgänger in keiner Weise nahe gekommen zu sein und es als grober CouÜssenreisser verdient zu haben, dass ihn da«; durch die besten Kräfte verwöhnte Frankfurter Publikum nicht leiden mochte.

Die drolligen Aciisserungcn der Frau Kath über Chike, den von ihr gehassten Pächter Tabor und über üenioiselle Willmann sind so schlagend, dass nur der mit den danialii^en Bühnenverhältnissen Ver- traute deren <^anze Komik recht verstehen kann. Herrn Chike nennt sie das »Monstrum«, Herrn Tabor, der sich in seiner Stellung sehr wichtig machte, »das Organ« und die Nachfolgerin der Madame Unzcl- mann, Demoiselle WiUmann, »die (-osa rara.« Diese Be/.eichnun<^ be- zieht sich auf die damals sehr berühmte Martinsche Oper s^leichen Namens, in der die junge Künstlerin das Baucrnniadchcn Lilla sang. Wenn man nun bedenkt, dass Demoiselle Willmann von ihrer I-amilie, die ihr immer für Beifall sorgte, für ein Genie ersten Ranges gehal-

» Dorow, Reminisccn/cn. Bride der Frau K.itli (joctlic an Unzclmann. S. 167. Die betreffende Stelleim ILStück des Il.Q.ujnalsS.61 der Dramaturgischen Blauer von ijiSS liQtet: «Herr Qnke spielte den Registrator Rendius. HStte ihn Ifftand gesehen, er hitte es bereut, seitien Magnetismus ^Lscliricbcn zu lubeir Um seinen Helden recht pnssirlich darzustellen, machte er ein s.;hieres M.iul. v-elches .il>er jlle Augen- blicke wieder in seine natiirüche Lage zurückkam. \V c»/.u dcrgicicliai Grimassen, die liüclistcns der Pobel belacht ? Wusste Herr Chike seinem Karakter sonst keinen komisclien Amtrich zu geben?«

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DuiUKsclU* Willnunt> ui^crtru^ Das^ Jcm W'cmii Jrf f r ju Rjc^ citi tici vim-rnitivcr '/.vi- it^^vrii %kjr, /ct^-t vivfi rcvht Je..'" > * ihren Bv .itUitn^cn /u Jiti llwrrn und Uimcfi Jcr V ..v:^c'i iL Wenn MC ctninil einem Künstler t>Jer cuar K.ü^ hieran ihre li--it ^v^lcnltc, Ml mJk* «c kerne amlcre l'cr-^HilK'hlcit in Acren Vc'* seilen. Im Vorius hjt vte ««.Ihhi «einen l*ici> aiii %ivn Sii.,ttf«K|^tfT,i&-* *irf« MC Jovcn l.entun^en mit einer Vt »n-.n j,'cn4m»mcnlKit, t*

Ai.wli li.f DiTvlr.'i K< Jj. Jir ilir ^c^f irvur,!'?.': ct-Tj^c^'. *!• ' it \;c n ..In -^ii \u"l r i: W C cliciinl"« t>ir (»r\r.\ii».jnTi Sc . ; r./ i l' i!:(.TiJ ^ i. Ltj d<.n iKniM H i :)\ . Npfiv?!t ^ v'i r; , .r > •*".- ;v

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Was sonst die Vorgänge im Frankfurter BGhnenleben im Jahre 1788 betrifft» so haben wir zunächst zu berichten, dass die Herren Frankenberg, Vio und Widmann nach Berlin kamen, während ein langjähriges Mitglied der hiesigen Bühne, Herr Diezel, nacli Rostock ging.* Am 26. April trat als Beaumarchais in Goethes »Qavigo« ein Herr Meyer auf, der aber nicht nur der Frau Kath,' sondern Oberhaupt dem hiesigen Publikum misshel.

Bald nach diesem erfolglos gebliebenen Gastspiel wurde Herr Walter jun. als zweiter Liebhaber engagirt. Dann debQtinen noch die Herren Grosse ak Just in «Minna von Bamhelm« und Lange als Hauptmann Sturmwald in der Oper »Der Doktor und der Apotheker.« Beide zählten Ende des Jahres 1788 zu den Mitgliedern der Taborischen Gesellschaft.' Ausser den bereits früher erwähnten und engagirten Künstlern ist noch Herr Gunkel zu nennen, der Bedienten- und andere kleine Rollen spielte, aber doch ein ganz tüchtiger Darsteller war.

Unter Kochs Direktion wurden ausser »Don Carlos« bis zum Schloss des Theaters am i. Kovember folgende Stücke zum ersten- male in Frankfurt gegeben.^

«Die Heirath durcli ein Wochenblatt,« Lustspiel in i Auh. von

Schröder und »Die Vorm&ndcr,« Operette in ) Aufit. von

Tallcrad am 24. April.

»Heinrich IV. « von Sh.ikcspc.ire, bearbeitet von Schröder nm j. Mai.

(Frau Rath Goethe lobt Koch a!s FaHstaff, meint aber, da«;

Stück sei kein Gericht für Funklurt. Am 18. August fand

die erste Wiederholung statt) »Der doppelte Uebhaber,« Lustspiel in 5 Auf/, von Jünger am 7. Mai. jiDic Fifcrsüchtigen,« Lu«;tspiel in 4 Aufz. von Schröder nm 24. Mni

»Der Seelenverkäufer,« Lustspiel in j Aufz. von Dr. Schnucdcr am 7. Juni. »Der Baum der Diana,« Oper in } Aufz. von Vincenzio Martin aiti 12. Juni. »Die Sdtlittenrahrt,« Lustspiel in 2 Aufz. von Goner nach Weisse»

vorher »Romeo und Julie« von Gotter nach Shakespeare 18. Juni.

{I.ct7tcre<: schon oft jjegeben.) »Die otiene Fehde,« Luitipiel in j Auf^. von Huber am 25, Juni.

•Töflel und Donchen,« Oper in 2 Aufi. von Dcsaidcs am 2. Juli.

«Das Kleid aus Lyon,« Lustspiel in 4 Auft. von JQnger am 21. Juli.

»Die Gr.ifcii v(in (iuisk.ir Ji,t< Trauerspiel in $ Auf«, vom Freiherrn

H. vüti l-l\rcti! eru' ::ni 30, Juli.

(Am 11. August und 8. Oktober wiederholt).

' Theaterkalender &r das Jahr 1789, S. 161.

* Dorow. RcminisccTiP'cn, Iktcfe der Fr.iii H.ith (ioethe an Unxelmann, S. 141.

' 1 heaterkulender für das Jahr 1789, S. 161.

^ Zusammengestellt nach den Anzeigen in hiesigen Blattern und nacli dem Berichte fiber das Frankfurter Theater im Theaterkalender auf das Jahr 1789.

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Leben begonnen, war er seihst innerlich fester geworden und 711 grosserer künstlerischer Reite uiul Iksonnciihcit gelangt. Mag man der Tragödie »Don Carlos, Inlant von Spanien« auch /.um Vorwurf machen, dass in ihr die Personen des Gegenspiels, besonders die Eboli und der meisterhaft gezeichnete König Philipp, mehr fesseln, als der Held selbst, so lüsst sich doch nicht leugnen, dass die Aus- sprüche des Marquis Posa über Freiheit und Menschenrechte von jeher von zündender Wirkung auf das Publikum gewesen sind. Hatte bei den »Räubern« und bei »Kabale und Liebe« die grossartige Kühnheit in der Zeichnung realistisch gedachter Charaktere die Gemuther mächtig ergriffen, so that dies jetzt, wenigstens hier in Frankfurt, die edle getragene Darstellung der neuen Dichtung. Obwohl diese nicht so populär gehalten war wie Schillers Räuber und sein bürgerliches Trauerspiel, so spürte man doch, dass derselbe Feuergeist, der den Räuber Moor beseelte, den Republikaner Verrina zum Mörder des Freundes machte, der Ferdinand, den deutschen Jüngling, sich gegen die Standesvorunbeile empören liess, auch mit ungebrochener Kraft unter der Hülle schönen poetischen Schwunges im neueren Drama mächtig war. Mögen die Gestalten von Schillers Jugend- draroen sich auch hie und da in der Zeichnung von der Grenze der Natur entfernen, einen unwiderstehlichen Zauber übten sie deshalb doch aus. Und was zog denn die Zeitgenossen Schilters in den Bann jener jugendfrischen Dichtergebilde, was fesselt uns noch heute, wenn wir sie auf der Bühne verkörpert sehen? Es ist das Geheim- niss ächter Dichterkraft, unser Inneres zu ergreifen und in die rechte Stimmung zu versetzen, es ist das Feuer des Genius, der spielend in alle Herzen Funken des göttlichen Feuers streut. Gegen solche Mächte können selbst augenfällige Fehler und sonstige UnvoUkommen- heiten eines Werkes in Form und Ausdruck nichts ausrichten. Die Gluth der Empfindung, der Adel der Gesinnung, der Drang nach Recht und Wahrheit, der Kampf gegen das Schlechte und Gemeine ergreifen die Geister und reissen sie mit sich fort.

Es ehrt die Frankfurter, dass »Don Carlos« 1788 hier nicht abgelehnt wurde wie an anderen Orten, vielmehr eine begeisterte Aufnahme fand. Schon damals war Schiller also ein Liebling des hiesigen Publikums, genügte sein Name, um einem seiner Werke hier einen ehrenvollen Empfang und dauernden Erfolg zu sichern. Seit der ersten Auffuhrung der Räuber in Frankfurt am 19. No- vember 1782 bis zu Ende des Jahres 1785 waren nachweislich mindestens ider und zwanzig Bühnenabende den Aufflührungen Schiller- scher Werke gewidmet. Wenn man nun in Betracht zieht, dass

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JitttjU tuKh nullt « jhrciHl Jc^ m^mtn Jjhrr« in I rinktun (c«r- * i."J «lern l*uHikum in Jcr Liirfcn Zeit mi»i;!uhM \tr«N<tic« i»«:- 1«* «^urJc, Ml 4urtic Jcr Be«ci% crbrjwhi %tftn« Ji>% m fmcn |ihtbii vi i»- Skhilicr lur Jic 1 rjnkluncrcm p«>pulircr Uichicr «jr,dc%«<n Smuh . i' numhrn AnJcfcn in Jen Avisen Je« Tlieitefpublikumi »et . %tMHhe Die |ui;cnJJrjinien S«.hiltcf\ übten ihre Antscbunie%kri*t « . Icrnvr luv lU Jie hioif:e Ruhne Mtn ikr Mamjrer jsetrennt LnA t"*: Kl Ji« I tjnklurtcr Safumal-TheAter uiii|:e» in Jclc «tirJc Werke bewAhncn Jen Kei/ un%ef|:.ini:luher |ii^-enJir«%«.he Jur»" c * Ijhi hundert hinJurvh und \ic »erden ilui behüten, vii Un^c \(iik n«»«.fi ! r J;c W irkung en ivhicr PiKMe cin txfene» Met « ^r*«l und ^i*.h <1j[ ..: ct c> ketn («eluhl ti^r t'.hfe, Saw .* :

d«u:\«hc% Ke^bi und dcu:x. in Sktic ^:tcbt, dl« nulu tn eifie* *v t% ti.n^'%\4>':en Steüe in S^lit!lcr\ Werken «eine pnieii^he VerKe«* , * rvfundcn hjitc.

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No. III.

Dem Andenken Schmids gewidmet.

Uinsam unter trauernden Zypressen O Tl)aliens LieMini;' schlummerst Du! Und vnn neincn BnukTii selbst vergessen

Ist die Statte Deiner Ruh!

lc!i. ein Frctiullitip, n.ih' in stiller Feier Deinem Hügel, der dort einsam ragt; Wo die deutsdie Kunst im Trauerschleier Laut um ihren Liebling tilagt.

Klage, wdnel Du hast Recht zu wdn«n!

^\'enige sind Deiner Söhne nur.

Die, wie er, Genie mit 'lugend einen,

Wahrheit suchen und Natur 1

Die die Tugend auf der Biihnc lehren! Und nidi unter ihren Brüdern sie Durch ein tadelloses Leben eliren; Diese Lorbeem welken nie.

Deines hohen Geistes Schöplervvcrkc Gingen leider auch mit Dir zu Grab! Deines Ottos Biedersinn und Stärice Schlang Vergessenheit hinab.

Aber Derne stille Tugend schwindet Nicht mit Deines Künstlernamens Glan/ ! Ewig lebt sie, und Dein Schutzgeist windet Unvergänglich ihren Kranz- Wenn kein Marmor, der Verdienste lüget. Noch dem Wandrer Deinen Namen «eigt, Nennt das Heiz ihn, dessen Spruch nicht trüg et. Sich nicht leerem Schimmer neigt!

Unter dem Gedichte findet sich die Fussnote:

«Wir werden unsem Lesern eh^tens von diesem als Künstler und als Mensch verehrungswürdigen Manne eine möglichst vollständige Biographic zu liefern im Stande sein«. Ob dieselbe erschien, Hess sich leider nicht feststellen, aufzuiinden war sie nicht.

No. IV.

Mit gnädigster Erlaubniss Eines Uochedlen und Hochweisen Magistrats der Kaiser!. Freyen Reichs- Wahl- und Handels-Stadr Frankfun am Mayn

wird heute Mittwochs Jen i:. Octcber jyS). von der Grossnimmsclien Schauspieler-Gesellschaft aulgeiuiirct werden:

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Item" am montag' vor*' sanct Ursula tag da hett dern! pesttrn diner lossen zuricht[cn] sich auf das kostlichst' mit \ hengsten und darauf ganze geliger* und sew* in kostlichen von fuess auf, und da* ziehn in ein weiis veld und het lassen'' fuern* wol zehen grosser pugsen, und der plattnei auf jeder sitten zwölf und mesi[e]nK mit ander thrivirn''' ur also sew nun geschickt warden, da sew zusamb hengten,* man auf und liß die pugsin ab. also ranten sew zus worden wol vier oder fünf dernider gerani. und was d rennen marggrave Albrecht "* von Rottli,* graveOswolt" von* auch jungheren^'* und ander viel gutter leut, auch ein f Assaw. da ward dem' hirzogen siner besten diener ainer und plibin da zwen kostlicher hengist an der stat, und dar

<i in F Alinea. h F fhcr »var«. c F kostlichs.

d folgt, wol durchstrichen, »hin«.

e sie em. ; F »swem»«. Das tönende »w« von uns durch »u« wiec /sie em. ; F ward. g F niest n. h sie eni. ; F thririrn. f sie.

k so wol zu lesen, in F die zweite Silbe undeutlich und die erste fast / F den.

4

» Oktober iS.

' Das ist overdcckicna (mit Decken und Harnisch).

' »geleger« ist ein Pferdeschmuck (Scliabrackc). ohne dass sich < genauer bestimmen lässt: vgl. Wcstcnriedcr, Beitrage Band ], 127: »und» ieder rois auf im .lin perleins gelcgor« . . . »des kunigs« (.Matth, von Ung hett ain gcleger von perlcin, gold und cdelstain«.

< «sie«.

> .Man ergänze etwa »Hess er sie«. * Geharnischte, vgl. p. 171 Anm. i.

7 Der Kampf a tnviers (= travers).

8 Das ist »gegen einander stürmten«. ' Seil, zum Signal.

Vgl, p. 178 Anm. 5. " \'gl. p. 179 Anm. 6. " Hdelknaben, Junker.

'5 Wol ein Graf von Nassau? »»vonassaw« stand vielleicht in dei An dem lissen nalnnen Theil Adolf und Philipp von Nassau (vgl. die Note I citirtcn Stellen). Vgl. auch p. 179 Anm. Ij. Hier = »»überrannt«.

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- 153 -

ümilia Gafotti.

Ein I raucr.spici , in Uiiii Aul/.ugcu, von Gottliold Epiiraini Lcssiiig.

Personen:

OdoMrdo Galotti, Herr Stegmann.

Claudia GaloUi Madame Fiala.

Kmilia Gaintti. ihre Tocliti-r Madame Un/elmann.

Hettore Gonzaga, Prinz von GuastaUa, . . Herr Unzelmann.

MariDelli, Kammerherr des Prinzen Herr Grossmann.

Caniillo Rota, einer von des Prinzen Räthe, . Herr Frankenberg.

Conti, ein Maler, Herr Diezel.

Graf Appiani, Herr Steiger.

Graiui Orsina, Madame Schnielka.

Angelo, ein Bandit, Herr GQndier.

Kammerdiener des Prinzen Herr Wolsdiowsky.

Pirro, Bedienter Jes Obersten Herr Norrmam).

Banisu, Bedienter des Kammerherrn, .... Herr Bek.

Madame Schmelka wird die RoUe der Gräfin Orstna spielen.

Sechste Vorstellung im Abonnement.

Abonnements-BUlets sind i6 l^r lO fl. bey Hern) Sdieidweiler au haben.

Es wird jedermann ersuchet, niemanden auf meinen Namen das nundcste zu borgen.

Der Anfang ist um 6 Uhr.

Die Pefson zahh in den Logen des ersten, zweyten und dritten Ranges, und im

Parket I Gulden. Eine ganze Loge zu 8 Gulden. Im Parterre die Person 9 Batzen.

In Jcr C.dlerie 6 Batzen. Aul dem letzten Platz I2 Kreuzer.

W«r vortier Bfltets verlangt, beliebe solche im neuen Komödien-Hause abholen au lassen, kflonen aber nidtt llnger als denselben Tag gültig s^.

Grossmann.

Ha$idsAn/tHdie Btnurkm^: Herr Grossmann zum Letztenmahl.

Mit gnädigster Erlaubniss Eines Hochcdicn und Hochweisen Magtstrais der Kaiserl. Freyen Reichs- Wahl- und Handc]«;-Stadt Frankfurt am Mayn. wird heute Montags den 29. NI.iv 1786. auf dem hiesigen National-Tiieater aufgeführet werden:

, Das Räuschgen,

oder

Die ZurOckkunft aus Amerika Ein hier noch nie gesehenes Lu$t>Spiel, in vier Aufzögen; von Brezner.

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- 155 -

*

Personen

Gut/ vun Hcrlicliiitgen, ......... ilcrr Schmidt.

lilisabeth, seine Fmu, . Madame Beck.

Marie, seine Schwi^tcr Madame Unzelni nm,

Karl, sein Söhnciicn, Wilhelm StegnKuin.

Georg, sein Bube, Madame Steginann.

Frans von Selbig, Herr Frankenberg.

Lersc, Herr Un/clniann.

Adeihcit von Walldorf Madame Fiala.

Wdslingen, Herr Steiger.

Franz, .Wdslingens Bube, Herr Wolschowsky.

Der Fürst, Herr Stcgmaim.

Liebeiratit, Hofniarscliall, Herr Norrmann.

Ülcarius, bcyder Rechten Doktor Herr Günther.

Hauptimmn von den Reidistruppen,- .... Herr Beck.

Kayserlicher Kommissar, Herr Diesel.

Kayserlicher Rath, ........... Herr Grublairc.

Anführer der Bauern, .......... Herr Weyrauch.

liin Wirth, Herr dlöckner.

Ein liinsicdler. Richter und Ruler des licimlichcn GericlUs. Rebellische Bauern

und Schwaben. Banibergisdtc Reuter und Knechte. Berlichingsclie Reuter und Knechte. Stadtwache zu Heilbronn. Gefängntsswirter. Zigeuner. Hauptmann.

Ztgeoner und Zigeunerinnen.

Elfte Vorstellung im Abonnement.

Abonnements-BiUets sind i6 für lo H. bey Herrn Scbeidweiler zu haben.

Es wird jedermann ersuchet, niemanden auf Rechnung der Entreprise das mindeste

zu borgen.

Der Anfang ist um 6 Uhr.

Die Person zahlt in den Logen des ersten, zweyten und dritten Ranges und im

Parket i Gulden, l-joe ganze Loge n\ 8 Gulden. Im Parterre die Person 9 Batzen. In der Gallerie 6 Batzen. Auf dem letzten Platz 12 Kreuiaer,

Wer vorher Billets verlangt, beliebe solche im neuen Komddien-Hause abholen zu lassen, können aber nicht länger als denselben Tag gültig s^n.

No. V.

Mit gnädigster F>laubnisb wird heute Dotincrstips Jen $. Juiii 1787

aulgeiuhrct vvcriien:

H a m 1 e t, Prinz von Dänemark. Hin Trauer-Spiel, in $ Aufzügen; von Shakespeare.

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mit einander, aber der lantgrave wart dem felde in ein Puin/' und lit an dem Rine, und ist gewesen des bischoft her im geben, noch ^ Uesen sie unsern Herren dem keise ungerorei* durchziehen. ^

Also*" Hgt der keiser zu Collen^ und detinkt'' zwu bischof und des hmtgraven und des cappittels." und de**j haben dem keiser groß ere erbatien mit Schenkung. 1

Item** 10 ochsin, lo vas wins, lo wegen habern und! vergolten köpf und darin zwei tusent guld|cn), auch de heren zwcn köpf und darin sechß-halb hundert guldjen). ur nach einander* allen dag zwornt'" fünfzig kandel" win, u den hoff tragen." ^

Item* zu diesem male wissen wir nicht mee nuwer hcrrc der kaiser ist in willen zu ziehen gegen Ach'' etc. ^

i

a F »Puin« oder »Pum«, über dem »u« ein Schnörkel, in dem ei ^ in F Absatz. e zu em. sdi«? </ in F Alinea. « in F Alinea.

' Bonn.

* Das ist »hatte«. Ucbcr die Schlacht etc. vermochte ich Nil zu finden.

' Das ist »gleichwol«.

* Das ist »unangefochten«.

5 Die .Ankunft erfolgte am }0. November, vgl. p. 165 Anm. 2.

< Das ist »verhandelt, vermittelt«.

' Siehe die von mir a. a. O. gedruckte Urkunde.

* = »die«.

' Vom jo. November. Friedrichs Ankunft, an gerechnet, wurde auf etwa Dezember 14. Siehe darüber Einleitung p. 16, I. 4.

Das ist Dzweimal«, vgl. »tzwornt« Frankfurter Tassionsspiel 21 " Kannen, vgl. p. 195 .\nm. 7 »kandi«. " Das ist »getragen«.

'■' Aachen. Der Aufbruch erfolgte am 18. Dezember (nach Jans; furtcr Reichskorr. II, }02).

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Der Mönch vom Carmel. *) Ein üramattscfaes Gedicht in fünf Auf/ugcn; vom Fretheim von Datberg,

zu Mannheim. Nebst Prolog und Epilog gesprochen v6n Madame Unzebnann.

Personen:

Graf Wallori, Mönch vom Carmel, Herr Stcgniann.

Hildebrand, Kitter Herr Unaelmann.

Ockoursi, Kreuzritter und Abgc:>andtcr dc^ Königs

Heinrich, Herr Böheim.

Montgomeri» Herr Mattausch.

Gyffort, Herr Frankenberg.

Fiz-AII.in, Herr Wolschowsky.

Kaimond, Herr WiUemann.

Matilde, Madame Fiala.

Die Scene ist auf der Insel Wight.

Abonnement suspendu för die bestimmte halbjährige Komödie zum Besten der Armen.

wird jedermann crsuciiet, niemanden aut Rechnung der Hntreprise das mindeste

zu borgen.

Zur ErluJtung guter Ordnung, wird Niemand, weder bei den Proben, noch Abends bei der Vorstellung, auf das Thenter gelassen.

Der .\nfaog ist um 6 Uhr.

Die Person zahlt in Jen Logen des ersten, zweyten und dritten Ranges und im Parket i Guldeii. Kinc ganze Loge zu S Gulden. Im Parterre die Person 9 Batzen. In der (.alleric 6 Bauen. Aul dem letzten Platz 12 Kreutzer.

Wer vorher liillets verlangt, beliebe solche im neuen Komödien-Hause abholen zu lassen, können aber nicht länger als denselben Tag gültig sein.

•) .'Der Mönch von Carmel« wurde zuerst am 10. September 1786 auf der Mannheimer Ruhne gegeben. Das Werk erschien 1787. München und Leipzig in der neuen Buchhandlung. Diese Aufgabe enthalt zwei Kupier und eine an Götter gertchtece Vorrede, in der Dalberg flkr die Beredittgung des Verses hn Drama ein- tritt. Folgende Stelle aus dem Prolog zu dem Stficke giebt kurz dessen Inhalt an :

»Ein armer Rittermönch vom stQrmschen Wind

Geschleudert an die Kü;>te, kommt nach schweren Leiden

Mit .'Ahndungen von neuen Freuden

Aus Orient zurück ins Vaterland

Und findet, was das Schicksal ihm entwand,

Zum Preis für Heldenthaten : Freundsdiaft, Liebe !

Zugleich im seligsten der Mcr^cnstricbe

Die Q^al zu neuen Leiden. «

202

crhältnisse sich geändert haben. Jedenfalls hat im 15. u hundert Nürnberg an dieser Erscheinung des Oberpfälzi nach Norden in die fränkischen Gebiete hinübergreift (1 I, 193; 208), Theil genommen; vgl. BGr. § 176 (aber auchj Alemannische Grammatik § 215 S. 183) und weiter nochi Städtechroniken (Chr.) 2, 305 Var. 17, ^egeid (gejeide) ibd. genner (Jenner) ibd. 5, 165, 7; 290, 23, gar (jär), gudm (Jude Baumeisierbuch S. 396 b sub gy gocb (joch) ibd. 74, 18; 27 beweisen die umgekehnen Schreibungen / für g. Denn des Wandels von / zu g brauchten die unsicher gewordene! beide Buchstaben promiscue und setzten ; für sicheres niemals ein ; gesprochen wurde (vgl. BGr. § 198 S. 197): J4 (Genua) Chr. i, 100, 8 u. ö, jaratis^ (garaus) Chr. i, | Jera (Gera) ibd. i, 86, 17 u. ö., jarausj^ (garaus) ibd. 5J garaus;^, jubeniaior (f!,uhcrndior) ibd. 5, 840 b sub verb., Tucher, Baumeisierbuch 294, 19; 21. 299, 13. 325, 7, jatig, /| Tucher, Haushaliungsbuch S. 78. 85. 99, jarn (Garn) ibd jüß (güsse) ibd. 107. Diese Beispiele zeigen klar, dass i 16. Jahrlumdert noch g für / in Nürnberg herrschte, wähi zutage durchaus nur / vorkommt.* ^ In unserm Texte hndet sich einige Male a statt des lieberen ai f= ei) geschrieben: baden (beiden) 170, pelat (

pelaten (peleitlen; Handschr. prelaten) 185, ratt (rait) 187, 11

Zur Erklärung dieser Erscheinung ist auf die Thatsache zul dass am Übcr-Main, Pcgniiz, Kczat vor sammiliclien Ling /, n, vor den Labialen und selten vor g altes ai sich zu (Schmcller § 140 H'., BGr. § 39 S. 52).

Bayrisch (speziell obcrpfälzisch) scheint auch die Ft (Dom) 198 zu sein, au für (' ist heutzutage nuch ob (BGr. § 71), und auch die Wandlung von m zu ;/ läss Bayrischen nachweisen (vgl. BCir. § 169). In unserm Texte bea nuspein (Xussbaum) 197,5//; (sim) 174, Je;/ (dem) 172, den (= 199 (zweimal). Möglicherweise gehört hierher auch die 1* (acht) 175, da auch für kurzes a ein au auftritt, wenn das // das später zu erwähnende / als Nachlaut aufzufassen ist. (\ steuh [Stäbe] 195 und Seugew 195). Neben auebt herrscht Texte die lorm ecbt 174. 178, die sowohl oberpfälzisch, als rh

Es durfte wahrscheinlicher sein, den Wandel lür diese (lebiete zu nehmen, trot/deui er .nuch in rhein. Mundarten vorkommt und z Frankfurter I'assionsspiel von 149} öfter .lufiritt.

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Der vorgebliche T o d t e. *")

Ein Lust-Spiel in zwcy Aulzü^cn, nach dem Französischen Ircy bearbeitet von

Herrn Hofrath Rühl.

Personen:

Herr von Adler Herr BöhLuri,

Von Adler, dessen Neveu, ........ Herr Matiausch.

Von Helm Herr Wo!scho\i'sk)'.

Wirthüi, Madame Wolsdimvsh'.

Rudolph, Bedienter des jungen von Adler, . . Herr Cxike.

Wolf, ein Jude, ............ Herr Koch

Geyer, ein Wucliercr Herr Günther.

Bin Bedienter, Herr Gunckel.

Den Beschluss macht: Der Schreiner. Hin Last-Spiel, in zwd Aufzügen.

Person en:

Herr Simon, ein Schreiner, . Herr Stcf^nunii.

l'rau Juditli, sein Weib, Madame dunther.

Herr von Marson, ein empirischer Arzt, . . . Herr Mattau«ch.

Frau von Stemwald, eine reiciie Wittwe, . . . Madame ßoheim.

Herr Thomas, Simons Schwiegervater, Schlosser, Herr Czike.

Märtchen, .Magd der Frau Judith, Madame Wolschowsky.

Max, Tischlergcselle, Herr Walter Jun.

Hundert utui Neunte Vorstellung im Jahr-,\bonnement. Zweite Vor'^tclUing im kkiiien Abonnement, wo/41 16 Billets für 10 Gulden im Schönbornerhof m haben

»nd.

Zur Nachricht aber dienet, dass diese Abonnements-Billets nur an hiesige Ein- heimische ausgegeben werden, in fremden Händen aber ungültig sinJ.

Es wird jedemiann ersuchet, niemanden auf Rechnung der Entreprisc das mindeste

zu borgen.

Der Anfang ist um 6 Uhr.

Die Person zahlt in den Logen des ersten, zweyten und dritten Ranges und im Parket 1 (julden. Eine gan/e Loge >;u 8 Gulden. Im Parterre die Person 9 Batzen. In der Gallerie 6 Batzen. Auf dem letzten Platz la Kreutzer.

Wer vorher Billets verlangt, beliebe solche im neuen Komödien-Hause abholen zu lassen, können aber nicht länger als denselben Tag gültig seyn.

"> Der Verfasser dieses Stückes, Hofrath Philipp Jakob Rühl, ist eine fikr das

iiierarische Leben in Frankfurt wichtige Persönlichkeit. Er war der Gründer des Frankfurter Liebhabcr-The;iters und gab gemeinschaftlich mit Sevfried 1780 und 1781 die Zeitschrift »Frankfurter Beytrage zur Ausbreitung nui/.lichcr Künste und Wissenschaftenc heraus. Eine im allgemeinen günstige Beurtheilung des Stückes •Der vorgebliche Todte« findet sich im III. Stück des II Quartals (16. Okt. 178K) der dramaturgischen Biälter von Schreiber.

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Eine Kaiserreise im ilahre 1413.

Herausgaben von Dr. K. 8eli»Uliaaa'in Rom.

Vorbemorkung.

Für die Beurthciliing des nachstehenden Stücks war eine Untersuchung des- selben in spr.ichliclicr Hinsicht uncrlässlich. Dieser Aufgabe, die nur ein C>ermanisl auf" sich nehmen konnte, unterzog sich auf meine Bitte Herr iJr. John Meier Fs sdiien praktisch» insbesondere mit Rücksicht auf die CiUitc, seine Beobachtungen am Schlüsse in einem Anhang folgen zu lassen, eine Verwerthung der Resultate* für die Einleitung stand dem nicht entgegen.

In Betreff der Anmerkungen Folgendos: Sic bringen sprachliche und sachliche Erlaulerungen, verzichten jedoch im Allgemeinen, wo der Zweck es nicht erheischte, auf die Anführung der gesammten gedruckten Litteratur

Unterst&txte mich nach der spracblidien Seite hin Dr. John Meier, so ein anderer Freund, Dr. H e r m a n n H e r r e , insbesondere in der mittleren Partie, vor Allem bei der oft reLht schwierigen Ikstimmung der Personennamen. Ihnen Beiden sei auch an dieser Stelle von Herzen gedankt.

Einleitung.

Das Jahr 1475 ist nicht .irm an chronikalischen oder chronik- artigen Berichten, die auf Kaiser Friedrich III. Bezug haben. Indessen bchchranken sicii dieselben, so weit sie i;edrLicki vorliegen, fast aus- schliesslich auf die Trierer Zusamnicnkuntt, die mit ihrem äusseren Glänze und ihrer Prachtentfaliung die Zeitgenossen zu Aulzeichnun^en geradezu aufforderte.' Auch das in Auszügen von J. Baader' init- getiicilte Reisejournal der Brandenburgischen Gesandten Hcrtnid von

' Siehe vor .^llcm den Bericht eines .\ugenzeugen über die Zusammenkunft des Kaisers Fnednch III. mit Karl dem Kühnen bei Chmel, Mun. Habsb. I, 54—59; l'agcbuch des Johann Knebel in den Basler Chroniken II, iff., namentlich 16 fl.; Ubellus de magniticentia ducis Burgundiae in Trcveris visa conscriptus in den Basier Chrt)nikon III. 56) ^- i-'her andere Quellen vgl. Chmel a. a. O. Einleitung p. 50 ti. in den .\nnierkuniicn und besonders Lindner. Frz., Die Zus:immenkunft Kaiser Friedrichs III. mit K^rl den; Kuhnen von Burgund im Jahre 147 j zu Trier, Greifswaldcr Oissert. 1876, p. 30-

* Im Anzeiger f&r Kunde der deutschen Vorzeit, N. F. XI (1864) 201^207,

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einer Vorlage zu entnehmen, deren Beschaffenheit es zuUess, dass, während der Eine Anfang und Schluss zugewiesen bekum, der Zweite gleichzeitig mit der mittleren Partie beginnen konnte. Als sich dann -herausstellte, dass das Pensum des Letzteren durchaus nicht die Blätter 4—9 füllte, blieb ihm, da sein Gefährte bereits auf Fol. 10* fortgefahren haben wird, nur übrig, den sich ergebenden Zwischenraum möglichst gering erscheinen zu lassen. Die Thatsache, dass er (vgl. p. 189 Var. d und p. 190 Var. e) schliesslich grösser zu schreiben begann, entsprang zweifellos diesem Wunsche, der freilich nur un- vollkommen erfüllt wurde.

Auf eine vermuchlich verlorne Vorlage, deren mechanisches Copiren unter Anderm auch durch Verwechseln der Zeilen und un- vollständige Wiedergabe der Sätze einen äusserst verderbten' und det Verbesserung bedürftigen Text verursachte, weisen sodann hin die Stellen p. 181 Varr. c d und / und vornehmlich p. 187 Var.

Oass ein Nürnbergischer oder jedenfalls oberdeutscher Reise- bericht, der bis in den Dezember 1473 reicht und Kaiser und Verfasser' als damals anwesend in Köln zeigt, sich abschriftlich von hessischen oder wetterauischen, wenn nicht gar Frankfurter Händen im Frankfurter Stadtarchiv befindet, hat an und für sich nichts Auf- fallendes an sich. Zudem liegt hier die Sadie vermuthlich so, dass eine am 20. Dezember in Köln eintreffende Frankfurter Gesandtschaft** von diesen Notizen, die, so wie sie auf uns gekommen, etwa am 15. Dezember abgeschlossen sein werden,* Kunde erhielt und die* selben für ihre Oberen copiren liess.

Schwieriger und in ihrer ersten Hälfte nur mangelhaft zu beantwonen ist die Frage nach dem ungenannten Verfasser und nach dem Zustandekommen seiner Aufzeichnungen. So viel ist auf Grund seiner Darstellung gewiss, dass er nicht zu jenen gehörte, die schon durch ihre Geburt und durch ihre amtliche Stellung mit der Person des Kaisers und der hohen Politik in Berührung kamen. Von dieser und einer Einsicht in die am kaiserlichen Hofe obwaltenden Motive ist nichts bei ihm zu spüren. Sein Stand wies ihn vielmehr

' Sehr verderbt ist z. B. p. 197.

* Auf ein zu Grunde liegendes Original deuten etwa auch p, 17s Var. / und p. 176 Var. c.

5 Zweifellos auch diesen. Sie be&tatid aus Johann Gelthaus, Aniuid von Holzhausen und Ludwig von Waldeck. Die uni^druckten Berichte derselben im Frankfurter Stadtarchiv, Reichssachen 5809; vgl. auch Janssen, Frankfurts Rdchskorrespondenz II, )0}.

i 5iehe darüber weiter unten.

144 -

in Jic «eitere l'itiv,'i-l>un^ Jc^ lUKburKcr« »nJ %hn \<c:!r»V

aU Kru>*Nrninti «nkf lUnJUr j cNcm t<*t|;cn. ' Ni%hi% Joto mtf^r (¥ler eben üc^tulb Mn«i ^lac Miithcilunicm \vn einon eii(ctkcn kf . Nie /vu|:e» \tn einer harten Betitu^htuiiK^ilibe unJ *inJ. w

vi;:c iVutUII^ 01OK'!i«.h. will itls^:CsJTIimt cr!js«|5. AtlctJ^TiE*- »{ !•*

Ilt»n/t>nt nur ein be^iTiiilicr Ncheri An^^^m ur^i «Im: ut^rft^ K T,.;i;tcn C^rte und - Scf l-esclulucitcn linden \uh mit Vii*W?x t-f« Henieikun|:en iiK-r Jic dutc der Ver ptfe^uni;. * N^iMendrc; ersten St4ii'»r)cti Jet Rei''<- tu.r tunutit^ vh. Jj 'rn . .ÜcuKi wv^ bekamii, und ohne etnctl |i>tHiu)cn tidr* 't^Kindeii /uiatr ai.** t/:*t er iu«.hher» /uefM K- i rwjlmun^ dv^ I tmer Mt.iuu- K: ; V jti dem \un ihm (ie\vluuU'n. Aber «clb^t ha^ «.^'^ die i r/idlunt: nulit i.Ser eitlen gcuisMrn tf4K.lncn l. n. iki s.*»«; aiie iol^c Je- iicnt Autor zur \\r!;,i..ut*K' %tchcnJcti i;cfinccii VV v.!iilie« tsi, ÜiexelWn W*irte und AuvJru«.lc xfcicJcrh«»kn ^s.»» . "^f"^' (*cHi%^ mi^' tiier'von min%he\ der hnt«tehun|:vin der Autir.' nuni: /i r I j^t tallcn. Uaw w m einem /ui^'e i^vKhriebevi mti, » *: Niemand hchjupti'i \\.''!cn, ebcti%u «cni^. Am\% i^c i#s ! ;c,ct»Jcti (icsta!; mit Jen hri rj>;tu\vcn ;*\ vh/citi^, J »-.•T-i dc N M-1'%^Ik > n ü I /u 1 ijj, nirJcr^C'^ irict*cn m: l> t W . •'^ uirj IT» lUi Mint. !-.ii,!cn- \X ir n'.cincn Jct Kv t'<rivht Ss,»**

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/;.«4Si <f der S^(ia.^'»nou/ i-v€t eme >ieffic^ii*

- i6s -

tägliche Spende Köln.s an «Jen Kaiser/ die von Friedrichs Ankunft in Köln, d. h, vom 30. November \ 7x\ rechjien sein wird, d.iss der Verfasser etwa am 13. Dezember^ auf irgend eine Aufforderung hin, die ihn die Reise des K.iisers von Trier nach Ki)hi schliesslich i;anz summarisch und nicht mehr Tag für Tag* hehaiideln Hess, seinem Bericht einen voriäuhgen Abschliiss gegeben haben wird. )diinen vorläuhgen Abschluss« insofern iils dem Autor die Absicht wenigstens vorgeschwebt haben mag, in einer l-ortsctzimg au^l, des Kaisers Rückreise, die im Januar 1474 über Frankfurt erfoli>ie, * zu be- handehi.

Müsse zur Ausarbeitung war für den Verfasser in Städten wie Augsburg mehr als reichlich vorhanden, da für ihn im Vordergrunde des Interesses <Ier Onswechsel und das Wandern von Stadt zu Stadt standen. Ein Tagebuch über die Vorgänge etwa während des Augsburger Reichstages oder während der Trierer Zusammenkunft zu schreiben, lag ihm fem. Dass der Werth des Berichts, wie schon im Anfang bemerkt, demnach hauptsächlich in der gründlichen Aufstellung eines Itinerars liegt, ergiebt sich hiernach von selbst; nur die Tage, an denen der kaiserliche Herr und sein Gefolge unterwegs waren» sind einzeln verzeichnet,* aus der Periode eines längeren Aufenthalts dagegen bloss wenige Momente hervorgehoben, die, wie eine feierliche Lehensertheilung, ein festliches Gastmahl oder ein Turnier, die besondere Aufmerksamkeit des Autors erregt hatten.

Derjenige daher, welcher im Folgenden werthvolle Aufschlüsse über Friedrichs Aufenthalt in Augsburg April 26 bis Juni 14,' in Ulm Juni 15^23, in Baden Juni 30 bis August 15,* Strassburg

' Siehe p. aoo: und 14 tage nach einander allen dag zwornt fünfzig kandel wio, etc.

* Ankunft in Köln am 30. November (nach Chmel, Mon. Habsb. 1, i Hinl. p. 77), s Dazu stimmt, dass der Autbruch des Kaisers nach Aachen noch nicht

x\.\\\cT festgesetzt scheint: der Kaiser ist in willen zu ziehen gegen Ach (p. 200). ! ricdrich wandte sich nach Aachen am 18. Dezember (nach Janssen, Frankfurts Kcidiskorrespoiidcn/' II, -yoi).

* Hr giebl i. B. nur die Mcilenzahl von irier nach Cobiciu an; ij bzw. ji Meilen (p. 199), sagt aber nicht, auf wie viel Tage sich diese Meilen vertheilicii.

> Siehe Janssen, Frankfurts Reichskorrespondenz II» 303. ^ Dass der Verfasser gegen den Schluss hin summarisch verfahrt, m soeben bemerkt.

^ Man vergleiche über Ucti Augsburger Keiclistag insbesondere Ciimel, Mon. Habsbwgica I, EinL p. 14—49.

* Man vergleiche insbesondere Chmd a. a. O. p. $0 und $1 und Lindner a. a. O. p. 41-49.

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- 167 -

Gretzs/ als man die coraplet lutet,' und des nachtes 4 niUe gein Lynniz.* da am morgen' horte er messe, des selben tags vier mile gein Meduburg,*'^ darnach des dritten tags* vier mile gein Traugur,*^^ darnach am Vierden dag^ 4 mile gein Volkumargt.* damoch 4 mile gein Sancc-Vyc' in Kirnten.'' da quam zu im sin lantschaft, viel ritter und knecht, und lag da biß an den eutften. "* da quam zu itn der hochgepam fürst und her her Maymilian erzherzog in Osterrich" und sin swester frawc Kungundt," sin keiserltche gnade kind. und schicket als bi hundert pherde hinüber gein Straspurg'' zu in, das sie herabe beleic. daher in'* engcigcn quam des Durchsehen keisers bruder,'* der von Maynt/.'* und ander viel ritter und knecht, und ' was das am mantag noch judica in der vastcn. da bliben sie biß uf den sampstag vor dem palmtag.'" da hub her" sich uf, der kaiser

« F Gtttxs mit Schnörkel über »r«. b F kaum »Mcdoburg«.

c F Traug, und dann über der Zeile das Sigk für »um.

1/ in F Kirnten mit Schnörkel am »m. e das ist »er«; und so oticr.

* Die Zeit gleich nach Sonnenuntergang.

' Lienz oder Lüen?. am Fluss Isol? Siclic Bu&ching, Hrdbesdireibuug, Fünfter Theil. Hamburg 1 789 p. 610 (d. Oesterreich. Kreis).' Nach Büscbing »in Abnahme geraüiene Stadt«.

' Mar/ 2;.

* Ob Marburg a. d. Drau? $ März 26.

< Gemeint ist wol Draburg a. d. Drau. 7 Mira ly.

« Volckmarki a. d. Drau.

* S. Veit.

*• April j. Die Landschaft bewilligte dem Kaiser ein Ungcld (nacli cuicm Briefe von 2 gen. Frankfurter Gesandten an Frankfurt vom 17. April 1475: Frank» furt St'A. Kcichssachen Akten 80 nr. 14 or. Chart., die betr. Noti« auf einem ein- gelten Zettel).

»« War damals 14 Jalire alt. Damals 8 Jahre alt.

An der Gurk; die Stadt liegt nw. von S. Veit.

das ist »ihnen«.

Pr'mr ('.iH\t Osmnn, der in (ielan-^ensclialt f,'erathcn war unii il;e heilige Taule angenommen hatte, s. Krause, Gottl., lk*2tchuiigcn zw, Habsb. u. liiirg. bis z. Ausgang der Trierer Zusammenkunft im Jaltre 147). Gott. Diss. 1876 \\ 16. ** Erzb. Adolf von Nassau 146t <~75.

'7 .\pril >.

April 10. Dieser Tag w ird auch von den Frankfurter Gesandten (s. Anm. lo) als der des Aufbruchs bezeichnet.

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IV.

Die römischen Ziegeleien von Nied bei Höcht

und ihre Stempel. m

Prof. Dr. Georg Wolff. WM Mit 6 Tafeln, aufgenommen und zusammengestellt von Ingenieur H.^

I. Vorgeschichte und topographische Vorausset

der Ausgrabungen.

Von der Stelle an, wo der Main oberhalb Aschaffenl dem mehr oder weniger engen Thal zwischen Odenwald unc in die oberrheinische Tiefebene tritt, sind zwei Punkte voi ragender geographischer und geschichtlicher Bedeutung: dit mündung zwischen Hanau und Kesselstadt und die Nidda zwischen Höchst und Nied. Erreicht an der erstgenannt« der alte Verkehrsweg, welcher zwischen dem Vogelsberg i der Rhön und dem Spessart anderseits dem Laufe der Kinz und der späteren Leipzig-Frankfurter Heer- und Handelsstr sprach, den Main, so war dasselbe bei Höchst der Fall mi die älteste Geschichte zweifellos noch wichtigeren Nati welche, zwischen Vogelsberg und Taunus verlaufend, i Chatten ins Main- und Rheinland, aber auch die Römer ins und Cheruskerland führte. Dass die beiden Funkte in der his Zeit nicht so sehr hervortreten, wie man es nach ihrer Lagt setzen sollte, hat seinen Grund z. T. darin, dass die Stellt der Frankenfurt aus einer königlichen V'illa die berühmte Kc erwuchs, die X'orteile der getu'rapliischen Lage beider g vereinigte, in topographischer Hinsicht aber ihnen überle« Doch ist den filteren Lokalforschern die Bedeutung der beid' mündungen für die Eroberung und Sicherung des untere gebiets von der linksrheinischen Seite aus nicht entgangei der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts gleichzeitig mit einer barl Zerstörung der damals noch weit zahlreicher vorhandene der Vorzeit ein lebhaftes Interesse für eben diese geschi(

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Ii

t

169

abe gein Saltzpurg.* da bleube er den heiligen ostemg.' am montag* auf tunb zehen uern,^ und fore ab auf dem wasser 7 mite gein Purghawsen.* und zu Saltzpurg' quam herngegen herzog Kristoff* und herzog jorig^ von Paim und foren auch mit im ab zu Purghusen. da herngegen quam man im kostlich mit der processe. und da rait her zu hoff, und da in dem hoff stoindt die hirzogin* und ir dochter' mit schonen frawen und jungfrawen, und da wart er schon ent- pbangcn. und also ging iderman an sin geware,*** und iderman' gebin essen und drinken visch und wilbret genung, und gaben win und hier, am erchtag'* da quam der herzog Ludwig" selber, und da ward noch essen ein köstlicher tanz in einem schonen huß. da danz der keiser selbes mit siner miimen," und die junghen fursien*' und der Durchs* keiser'* und ander hem ritter und knecht alle.

a in F von einer ^'Icichzeitigcu Hand, wol aus der Frankfurter Kanzlei, über dinchstrichenem »Straspurg«.

* F wem, wie p. 166 Var. c,

c sie cm.; F Strasburg.

1/ sie cni ; 1' j.ire. Vgl. u. a. p. 176 Var. b.

e F üurchclii.

' April 18. In dem p. 167 Anm. 10 erwihnten Briete beiast es (auf dem Zettel): Ankunft FriedricJis in Salzburg April 17 mi: Maximilian und dem Herrn von Mainz, dort stiessen zu ilini die Herzoge Georg und ('hrisiopli von Haiern; Herzog Sigmund von Oestreidi werde heute (April 17) kommen, AulbrucI» von Salzburg voraus- sichtlich Montag [April 19J: die Henoge Emst und WUhdm von Sachsen und Markgraf Albrecht von Brandenburg haben in Augsburg einige Tage auf Friedrich gewanet; das Gerächt gehe, Maximilian solle Römischer König werden.

' April 19, s. vor. Anm.

J Burghausen a. d. Salzach, wo seit etwa 146) Amalie von Sachsen, die (ic- itiahiin Herzog Ludwigs von Baiern. lebte, s. Kluckhohn, A., Ludwig der Reiche, Nördl. t86s p. 3 14 IT.

4 Christoph von Baiem-MOnchen, geboren 1449; s. Anm. i.

{ Der einzige Sohn Ludwigs des Reidien, geboren 14$$; s. Anm. i.

« Amalie, s. Anm. 3.

' -Margarethe, wurde Fastnadit 1474 mit Philipp von der Pfak vermihlt,

s. Kluckhohn a. a. Ü. p. 31Ö.

Quartier.

* Nach »iderman« ist stillschweigend ein »wurde« zu ergänzen. »• April aa

" Ludwig der Reiche 1450— 79> Gemahl der Amalie. " Der Herzogin.

Maximilian, Georg. Christoph. ^ Prinz Calixt Osman, p. 167 Anm. i j des Türkischen Kaisers Bruder genannt.

- i;a -

Jctii We\tcruh.* uml hcl biv.lu>l und grj^rn, Sirti, riiicr uihl äih.«^* und bili'ttivn Jrt» Vji^mti ran» unj niwh «ia ein uol um^ f urtj rcccr.« Ifjirc %crc und aImi «urJcn Jic hcrn /u rjtf «i4 c?r«fi t«* uhcr %icf#<'hcit ta^. ' tl4rmH.h Jj intcn «iw hctrcn «un Ni^hm Mr«i.v Itfi^C i.i*J hcTA*^ Wilhc\ni \(in Jan. uoJ ikr kiitcr hcic ' lititi» bili tu «Icni «j\wf ' ilimuhh r«it er in tliuhc kir«.licti. dann «iddcr in |uUi% in d«in^ |>hii^^icn' «i<r vt-^- i'rj\mu« dj»;, di »j« ftcbuct cm «lue) Jut dcnt «imMurit. mi» ^ d<r fi>«.lMti um McU/* und dem »ird di K^khen und «|iat- ^. ,jr i<>%t)ivb, und bereuten den Mul und «Jren ^un fisr«i<* 4c >njr|;t;ri>c \tm Hrjinnenburie Luriur\t» der tfu|;i ru dem Ichcn Vcivcf %(M den' /epief,' der s%M£ hir«i|C den Jfdiel.* iter « v Mi^ntf die kciserliwhe krtun, der martcKilk von Pipialuini* 4ä\ i..^U* %i\ di lnrni|; Alhe«:hi' und hir/oK (.n«uiif* %ir p-Jc- 'f/it^ Ott %<>n Neunur^Lt," «in prüder ]ier#i»iE IUn%." de« i wiT^^f»>K M»t\ l'iden,'" der I>ur}:vli% keivrr,*' hwlmt »-v 'Ifwm- ' ' %«hi>l vtin Ment// ** h\%,hul \on AifCMJt, bt%%htil tun Revcr. *

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es was auch da von viel fursten Botschaft: von dem konnig von Ungern/ von dem kunig von Polan, von dem kunig Tenmarch,^ von dem konnig [von]' Franckri^h, von dem konnig [vonJ< Gcilia, von dem'' pasi,' von dem hirsog von der Ettsch* sein reit, von dem birzogen von Pairn' sein rein, von dem hirzogen^ von Sachsen sin botscbaft. auch was da zwen herren von Wirtenworg.* und wurden da zu rat sieben vochen.' auch wurden an dem lehen viel ritter geslagen. also herginge der dag. auch reit der keiscr 3 mile kirch|tcjsten<7 gein sanct Leonhart;* auch reit er am phinstag vor phinstag^ aus zu Auspurg umb 6 nachmittag und des nachtes 6 mile über die heid"* i'n ein' stat haist Landtsperg,«" und quam dahin wol umb 12 in die nacht, zum morgen" fruwe auf und 4 meil auf den Heiling-Berg.*' da ist fiel heltumbs und fiel wunder, und des nachtes herwider in die stat, und am sampstag'* nacht ^ wider* gein Außpurg. und da bliben biß an montag [nach]'' dem*

a lüni^'ern« imd weiter »PoUn, l'enmarch, Franckrich, Ciciiia, past« unter* strichen von der i. Hand.

b F eher »Temmarch«. c om. F.

(/ "sie em.; F dan.

f sie cm. ; F kirdisien.

/ sie cm.; F sim.

if in F am »g« mm UeberAuss ein Schnörkel, der sonst »er« bedeutet.

b F nach; am Schluss der Seite unter dem letzten Worte der letzten Zeile; iir5pri:ti^lich sollte noch eine neue Zeile mit »nach« beginnen, das zu diesem Zweck geschriebene »nach«« ist durchstrichen.

f hiermit beginnen neue Seite, andere Dinte und eine 2. Hand.

k om. F ; s. p. 174 Anm. i.

/ F den.

* D. i. »pabst«.

' Herzog Sigmtrad von Tirol, vgl. p. 169 Anm. i.

' Herzog Albrecht? ■* Wo! Kurfürst T'mst.

> Eberhard I. im Bart (f 14^6) und Ulrich V. (t 14H0)? « Wozu das Datum der kaiserlichen Abreise am 14. Juni stimmt. 7 Das ist »wallfahren«, ygl. Grimm, Deutsches Wörterbuch $, 8t6^ « Bei Augsburg.

9 D.is ist Donnerstag vor Pfingsten, Juni 3.

Das Ixchleld. " Am Lech. " Juni 4.

n.is ht die Benediktiner-Abtei Andechs, nicht weit vom Amm«rsee. *♦ Juni $.

4tii\ .!i'.i:kctt uc ' tii «iv in^n ul umb cin% ruK.li iritt«ikt, «%: Ol» [ti):cH|' ii:nl mil iii vtn ntirkt und %«,M(>ß «bp, bcitt \tt*»* «2t crpi>tt Jctii Jcr \%m Suvfi' |;r4i%Mr rtc. itmi icticrititf fi%w^.s » •ar»: uj:« «i> ttt tim^ H und ^ iiik! kvih \.\nt «U II t) ;«tii cnti;«^-ct) ititt der |trtKi%^UMi j^jf ktniluh und ctitffiTv *• Kt j'm>, und itut dct {>riK.i*%%ii) al^t» in die ktr^hco« ^Mt tm\

t^.t 4*11 Lt>\(!u!i kiuh (v| ui:J Lll^t^lvh i'CpUCt J>«>> «%lun4t

k'ii d4 dl. cnt j:uld|cf' . 12 \A\ und i:f«>l'> ifti.iti" n.ix I.' d «N* ..II (.'.%! Sanofi, und ifpt*ii iK sim'it'lV da v^' er 4^ » 't !u!.:.in.* ^tin; d«.f Vt.; vr u-:.!' fin*|dcr pfiut>N;»>. Ja nun < > df,: ,4.1 ".Ol *;.iJ» * jl.*» bi:*. IT ;:i .Uni I>ut\«.bcn h—« ^rj , dj A«. lind rcit d4 m ih kn^licn. 4\st* Jini ci*htcn ta*.' f

\xr.y\ UtikiV"\ tj,- /u NiitiiK'm,' tii*t* rf \i«.li ut umb ciiH ni%'f " *

,i diN tiiicv J'.j n!4i* m c"n -m:*. ';t dtwlmi;. * und .*! t C (■ vi d* ^11 4:11 Lt»s::<,^h \i«>i\/' «ic\ «luim c:' •*

\.khioi'* i.iij «cftif t.tiN u! lUm filde. an dem %«.;n>c;-ss *z\*'* !• .«c «4i (fo.'r.*. u"d /%4ii rui! in «:» sijii, hovl CiApp* » .j d4* x-'fi ^if::*' t'cf,'.'* und d4r cfp«»:! unv da k'^*^*^ '* "

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iederaian gtng essen und drinken. und pleben des nachtes da. und am smnbenf'tag^ noch dem mal, da zogen wir von dan.** und der von Wtrttenberg mit uns, und drii meil in ein grosse statt, heißt Esting* und gehört zu dem rieh, da wart dem keiser groß crc erpotten, und schankt iem da 8 hundert guld[en] und win und habern und ander notiurft und ein köpf,' und dem jungen* 3 hundert gülden, noch ein köpf von achstein. ^ noch musten die von EsHng da swern uf dem platz mit ufgcrektem eide,^ der raitt und die gemeine, noch die von Aaspurg' und die von Ulm desgUchen. an frittag^ noch sunibent' da zogen wir von EsUng /.wo meil in ein statt, heist Siockan,** und sitzt da'dcr alt grave Ulrich" von Wirttenberg. da ist es gar ein schone lant von win und trau(bcn],^ und köstlich schloß und** stede. auch wart da dem keiner vil und groß er erpotten. auch hett man da zugericht uf dem hoti Linen bumen" mit aucht roren.* des morgens ran weis w ein und nachmittag roti. und iedernian wer darzu quam, der hat zu drinken gnung. auch hctt er in einer grossen wilten stoben lassen zurichten ein tatfei und daruf setzen vil schons und kostUdis silbers.' und da vil disch, und da iedernian gesatZT nach sinem statten. und essen und drinken gnung. auch asse er selbs an dem disch in der stoben, nach tisch hett her'* lassen

a sie eni.; I*' »S« und dann »winbenta. h F dem.

c F »trau« und am »u« ein SchoÖrkeL

J F un, am »n« ein Schnörkel.

e lülgt durchstrichen »und iedernian der dar/M quam«. / sie em. ; F silberasch, was vieHeicht daraus entstanden, dass man »siiberscb« sprach.

' juni :? }, Sonnwendetag.

* üsshugen.

) Triokgefäss. ■* Maximilian.

> Das ist Bernstein und Ma^netstein, vgl. Lexer I, 28 sub »agcsteina und Kachtragt' p. 12 sub »jchstein« und p. i> suh »agcsiein«.

* Hracliylogie i eigentlich nmit autgereckter Hand« einen Jiid sciuvorai; vgl. Schmeller, Bair. Wb. > 2> 42.

' Augsburger und Ulmer nai&rltch während der Anwesenheit des Kaisers iti ihrer St, dt. hier nachträglich erwähnt.

* juni 25.

* Das ist bonnwende. *• Stuttgart

" Ulrich V., t 1480, der Vielgeliebte. " = Brunnen (ixüt acht Köhren). 'J Sund, Wurde. *•* Wie schon früher gleich wer«.

beute an sonstigen Fundstücken auf. Am »alten Berti wurden dagegen im Jahre 1858 und ebenso bei einer in i Jahre durch Geometer Jost vorgenommenen Ausgrabunj an derselben Stelle' Funde gemacht, die auf die Existen gestatteter Wohnräume schliessen Hessen. Wenn daher 1 Anschluss an die Aufzählung der hier gewonnenen FunC Fundbericlue bemerkt wird: »das Vorhandensein bedeutendet Militärstationen an der Nied wurde damit evident erwii muss dieser Behauptung entschieden widersprochen werd die »Fundamente eines runden Thurms,« die »massives l in unmittelbarer Nahe vermuten Hessen«,^ sprechen eher^ für militärische Anlagen, und die »Kanäle« sind wenigs für solche beweisend ; und ein im Jahre 1870 bei bauli änderungen auf dem Areal der Fischer-Schmidtschen Fabrik, nahe der Nidda, an dem westlich gerichteten Teil ihres 1 machter Fund^ wiedersprach dieser Ansicht nicht. Die R Wohnhauses, die von uns bei den Ausgrabungen im Hci dicht an der Grenze des genannten Besitztums, wenige l der früheren Fundstelle aufgedeckt wurden, dürften mit der da sie sich nach ihr hin über die Grenze hinaus fortsetzte sammenhang stehen.

So blieben denn allein die Ziegel übrig, welche als E das Vorhandensein einer militärischen Anlage betrachte konnten, und zwar umsomehr, da neben ihrer grossen A sonders auch der Umstand aufticl, dass nicht weniger als 4

' Wenn es in den Periodischen Bl.utern der (leschichts- und Alten zu Kassel, Darmstadt. Frankfurt a. M. und Wiesbaden vom Jahre 1.^ S. 15) lieisst: »seitwärts nördlich der von Höchst nach Nied führenden: ganz nahe an der Niddac, so zcijit der .\ugeiiscliein. dass nur vom »alte die Rede sein kann, an dem auch der genannte W eg entlang luhrt.

' Diese Stelle führt Hammeran nicht an, ollenbar, weil er mit J:videnz des Schlusses bezweifelt. Im .Museum zu Wiesbaden land ich als im Jahre 1858 bzw. 1S59 an der ».Militärstalion bei Nied« gelunden Diese Bezeichnung rührt ollenbar von derselben Cluellc wie die Bemerki Periodischen Blattern her und kann daher nur auf denselben Grad von 1 .Anspruch machen.

' A. a. O. S. I jH und 1 59. Bestanden denn die l'undamente di Turmes" nicht aus massivem Mauerwerk ? Wir kommen aut diesen I*unkt sp;

* Hammeran a. a. O. S. 9}. Die Stelle wurde bei den vorj.ih grabungen aufs neue festgestelli. Sie liegt am sudlichen iinde der Fabr die auf Talel I östlich vom Buchstaben D /wischen der Nidda und der suchen sind.

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177

am wailiic' da es unsicher was ut dem wald, quam her iciii ent- gegen, der junf:;k margj^rave* von Badauwe*', (da ^iciiij sin land ane) und beleit uns des nachtcs in ein stait, heisi Phurua,"* und ist ein hübsch siati. da wart dem kciscr auch vil ere erbotien. anc sanct Pclers tag' nacht'' zugcn ein mcil, und uf halbem wegk da rast* unser tr.uiwc.^ gar gnediglich da stund der kciscr abe. und da geschach ein man.* da erstach Herasm"^' Mneger ein swert durch ein marschalk'" von Stiipf'b.ich." also wart der d>i begraben, der .mder quam d;ivon. und des nachtes zogen wir in ein stat, heist Oil;ng,'^ und ist des von Baden, am .inderm tag'' nach essen uf und drii meil gein Baden. ' das ist ein stinkcndiu ' statt, und under- wegen quam hergegen der alt marggrave'* und der bischof von Metz und pelaten « uns. in der statt da wart dem keiser und sin lutten wenig er erpotten. zu Baden da quamen vil heren, groß ritter und knecht hin und vil potschaft von nianigen fursten, und wan da uft ratt gehabt bi dem' keiser. auch wart da zu Paden gctcdingt zwischen unsers« [herrn des keisers und des Palizgraven bi

a sie. b F nach,

c sie cm.; F hensin.

</ sie em.; F stinkenden.

e SIC em. ; F pre!.itcn vgl. p. i8> Var h.

J b »de« Hill Schnörkel am »e«.

f sie em.; da •zvriiscben« in uiueron Text stets Jen Genitiv ngicrt. F unscrm. h om. F.

' Schwarzwald, die Nagold entlang.

* Wol Christoph, s. p. tj2 Anm. 12. Ist xu schreiben »quam i«m herent- gegen der j. m.«?

J B.iden.

Ftorzheim. < Juni 391

* Das ist «rastete« oder »machte Aufcnthali«.

' W'nl Kuiügunde, Friedrichs Tochter?, vgl. p. 167 Anm. 12.

* Mord.

' Erasmus.

Vorsteher eines Marstalls. " Wol im Oesterrcichisclicn xu suchen. '* Ettlingen w. von Pforzheim. 'i Juni }o. ■4 Baden-Baden. 'I Carl.

'* Georg, Bruder Carls, '7 D. i. »geleiteten«.

12

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220 «MH^^H

Weiten des in Betracht kommenden Terrains auf die regwi Raumdispositionen römischer Befestigungen hinzuweisen «

Schon Hammerau hatte bemerkt, dass im Norden dei »das Feld schroff über dem Wiesenihal erhöht ist und ; Stelle eine rechtwinkelige Ecke bildet«, während »an der Stelle es geradlinig fast wie durch einen ehemaligen Wall ist«.' Auf dieselben Stellen wies uns später ein Mitg Frankfurter Altertumsvereins hin, das bei einem gelegentlich über die Ausgrabungsstätte uns »an ganz falscher Stelle gra während doch die wirkliche Lage des Kastells leicht zu < sei.« Damals waren wir freilich nach wiederholten Untersu des Terrains und eingenhenden Erfragungen bei den Besits Grundstücke in der Lage, uns gegen den Vorwurf der 1 durch den Hinweis darauf schützen zu können, dass der gei Wall das alte Niddaufer sei und die rechtwinkelige Eck Ursprung einem Einschnitt in eben jenes alte Ufer behufs Ge' des dort anstehenden Lehms für eine vor ca. 30 Jahren vorübc betriebene Russenbrennerei verdanke. Bei dieser Gelegenh wieder angeblich ein Kanal aufgedeckt worden, nach dem wi an Stellen, an welchen er nach der angegebenen Richtung siel musste, vergeblich graben Hessen.

Wichtiger schien uns eine andere Beobachtung, welche vot der früheren Forscher gemacht worden war. Wenn auf de umschriebenen Terrain, wie alle älteren Berichterstatter an und auch Ilammcran zu vermuten geneigt schien,' ein Kas so musste es mit der rechten l-lanke an das Hochufer der Ni< so anlehnen, dass seine I-ront von da an, wo der Muss di Biegung macht,' um bis zur Einmündung des Sulzbachs de parallel zu iliessen, durch den östlichen Anbau der l'ischer-Sclim; Fabrik nach NNO. bis an den Rand des alten Flussbeties zog, hier den von llammeran beobachteten wallariigen l:indiuck Wirklich Hess sich auch in den Wiesen unterhalb des ge Besitztums (nach S.) eine gegen die Grenze des letzteren verlaufende Böschung erkennen, welche östlich in einem Bt die angedeutete nordnordöstliciic Richtung übergeht, nach \

' A. a. O. S. 94.

' l).«r.iul weisen die oben erw.ihnten Terr.iinbcob.icHtutJijcn (S. 94) h auch S. 92 mit begrütidcter Vorsicht gesagt wird: »Ob .»bcr ein Cistcll aii^jc werden darf, ist noch nicht /.u entscheiden «•

' Tafel 1 budlich von E und D.

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179

Aigstet, der bischof von Ausburg,* bischof von Metz;* auch von graffen graif Jacob von Lichtenberg,' graff von Bitsch/^ graif von Leyning,^ graff von Dyerstain,* graff von Sultz,' graff von Zorn,* graff von Winenberg,* grafc von Montftir,^** graff von Winspcrg," graffe von Sunenberg,«'* graffe von Assa,*' graff von Krabatt,*^ graff von Wirtenberg,'* graffe dem Segew,^'* graff von Raperscatn;*' auch von hcm zwen her« Jorgf», her Wolfgang schencken

Ii sie ein.; t' Büschs. ^ am »m ein Schnörkel.

c nacbtrilglich von derselben Hand und Dinte eingef&gt anstan des durch- strichenen »Wirten bcrg«.

(/ SIC em. ; F »Seiner« mit Sohnnrkel .im ur«.

t Der Gedankenstrich vor »her« und der nach »Wollgang« von uns m\x\ leichtern Vcrstinduiss eingefügt.

/ Der I. BuchstalN; des Wortes fast einem C ähnelnd.

* Johann II., Graf von VVerdenberg.

* Des Markgrafen Cari Bruder Georg.

-* Friedrich III. 1464—91.

* Wol Schalind (= Gottfried), der 1464—7) Ruh des Kaisers und .luch 1473 mit in Trier war ("nach VA Brinckmeier. Genealog. Geschichte des Hauses Leiningen Band i. Hraunscliwcig 1890, p. 206j.

* Wol Oswah, vgl p. 19b 1. 10.

7 Wol sicher Kudolf, f 1487: Sulz \v. von Hechingen. Rudolf war aucii in Augsburg.

< Das ist Jost hßkol. I. von ZolJern (Zollem oft s Zoten oder Zorn), f 1488.

> Ulrich.

Graf Hugo X., t 149I.

•« Philipp.

'* W'ol Graf Eberh. von Wünnenberg, der aur der Trierer Zusainmcnkunli war (laut Ubdius de magnilicentia ducis Burgundiae in Tveveris visa cooscriptus: in Basler Chroniken III, H^^O*

'J Etwa Nassau? Vgl. p. 196 Anm. ij.

Das ist K.irva in Ungarn ? Vgl. p. 195 Anm. $.

Eberh.ird.

Das ist Seegau? Identisch wol nut dem p. 191 Anm. 6 erwähnten Grafen Wilhelm? Siehe dort.

*7 Wol Wilhelm L von Kappoltstein, f i S»7 (n^<^l> R-^thgebcr, Die Herrsduft Rappoltstein. Strassbui^ 1874 p. )6).

In einer 1478 Mai |0 von seinem NcfTen Hans Schenk von Osterwitz ausgestellten Urkunde als verstorben erwähnt: Chmel, Aktenstücke, Band II S. 86j.

'9 Nicht nachweisbar ; ein Bruder Jörgs, Wilhelm, 1478 AAäri 9 als verstorben erwähnt : Chmel a. a. ü. S. 846.

12»

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zeichneten Kastells wäre abgesehen von der allerdings a Vernachlässigung der Position von Höchst nicht ungiii wesen und würde manche der Bedingungen erfüllt haben, wt Römer bei der Anlage ihrer Befestigungen zu stellen pflej der Front und auf der rechten Flanke durch die Nidda und ^ den Main gedeckt, würde der Platz auch von Norden her w alten Niddabetten schwer zugänglich gewesen sein. Ob der \ dass auch vom Rücken her der Zugang nur durch Uebers» des Sulzbachs möglich war, zu den günstigen zu rechnen ist, nicht zu entscheiden. Dass aber der römische Anbau si erheblich weiter nach Westen hin erstreckt habe, als ma annahm, das wurde mir schon bei den ersten Begehungen d durch zahllose Ziegelfunde, darunter auch mehrere ges zweifellos. Die Mitteilung endUch, dass auch bei Neub; östlichsten Teile von Höchst, dicht jenseits des Sulzbachs, 2 römische Münzen gefunden seien, schien darauf hinzudeuten, sich Gräber längs einer durch das heutige Höchst nac führenden Strasse hinzogen. Alle diese Beobachtungen ko einer neuen, systematischen Untersuchung des Terrains nur a und ermuntern.' Bei derselben musste der militärische ( der Ansiedelung trotz der sich immer wieder auf die l Höchst, gelegentlich auch auf den auffallend quadratischen von Nied richtenden Seitenblicke als Voraussetzung gelte Voraussetzung zu bestätigen oder zu widerlegen, musste der Arbeit sein, nicht zu den alten Anzeiclien römischen An neue hinzuzufügen. Dies waren die Grundlagen, dies die Ausgrabungen, die mit Hülfe einer in Privatkreisen aufgi Summe im Herbste 1891 ausgeführt wurden. Sie muss man behalten, will man sich nicht mit manchen durch und für grabungen gewonnenen IVeundcn in Nied-Höchst und ander über wundern, dass gerade die nach den bisherigen Frfahru

' An einer solchen fehlte es bisher ganzlich, was schon H.mimer: S. 95 betont. In den Periodischen Blattern .1. a. O. -S. 1^9 finde ic\ leilung, dass die am 12. Juni 1858 »vorläufig eingestellten« .Arbeiten Verbindung mit der demnächst beginnenden Konsolidation« fortgeset sollten. Die Konsolidation hat dann stattgclunden und manche früher V( Anhaltspunkte für die Erkenntnis der alten Topographie für immer Lieber eine andere Notiz der Periodischen HIatter und die durch sie t Auflindung des Berichts über jene Ausgrabungen werden wir, da de lange nach Abschluss der .\rbeitcn zu Tage gefordert, auf den Verlaul keinen Hinfluss ausgeübt hat, weiter unten zurückkommen.

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i8i -

6 stom' gein Straßbur^. da ein halp niil hcrdiset^' Revn quam licrgein* der bischof' von Straßburg gar kostlich mit biiicn) volk und cmplun^ da und pelat den kciscr über die brück* in die statt, da gcet ^ar ein kosiiich brück ubci Jen Rin, die ist wol besetzt und beiiut mit luten und mit |pühsen|' ' und mit zeu^.'' d.izwuschen der prucken und der statt quamen hergegen die bürget von Siraßburg mit irn plainern' und heuen einen wedeliclien gezug von geharneschten luten und ein köstlichen scfalitien, darin heiten sie hibscher senger. also entpfing[en]s si den** keiser. und ging licroß ein kostlich processio von pfaffen und schulem und iglicher orden den dostem besunder. und also was der gar vill. und wart unser her der keiser gar kostlich entpfangen und in die stat beiait, und reit also mit der processio zu dem tbum und ging in die kirchen. darnach wart er beleit in sin gewar^' und wan iem gegeben zwei buser: in einem was er/ in dem andern der hochgebom fürst sin sun. die von Straßburg schankten iem* vill win, habem, ochsin und schaff, darzu thausent guld[en] und ein kostlichen köpf,*" und quamen dahin vill potschaft von manigen fursten und hcren.

a sie em. ; F mont.

b sie cm. ; F herdisel.

c es lulgt ein sinnloses »ul« und dann ilurchüti'ichen »über den Hin« ; s. V'ar. d und oben 1. 4*

d folgt duichstridien »ul«.

« sie em.; F »put« mit Schweif am »t«, aber dem »u« amsdieineod dn »>«. / F wol »<eag« mit Schnörkel am »g«; e$ folgt »da haben di von Straflburg ieo«* ein vom Abschreiber unvollständig wiederg^ebener Satx, von uns deshalb getilgt. g sie era.; F entpfing. h SIC em. ; F der.

* Das ist: berdicssdts.

* Das ist: »en^egenc.

' Ruprecht.

* Das sind m Büchsen«.

5 Das ist »f^eschfitz«.

* Das sind »(jcpaiucrtc«, vgl, p, lyi Anni. i. 7 Vgl. p. 176 Anni. 1.

( Nach der Strassburger Chronik lag er »zum jungen sant Fetter, in der Lieditenberger hoff«, s. die auf Friedrichs Aufenthalt bezügliche Stelle der Chronik in : Code historiqne et diplomatique de la ville de Strasbourg, I, 3 p. 206 und 107.

' Vgl. p. 174 Zeile 7 <r.

<• Trinkgefiss.

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224

war die Wahl des Ortes abhängig, an dem wir den Spaten Dass wir dies überhaupt konnten, verdanken wir ausschliess höchst anerkennenswerten Entgegenkommen des derzeitiger meisters von Nied, Herrn Franz Simon, und des Ortsbürgers Wagner. Dieselben stellten uns für die Zeit nach Abem Frucht ihre beiden nebeneinander gelegenen Äcker* zur die sich nahe dem Bahnkörper (der Ludwigsbahn), in ein« von ca. 100 m von O. nach W. so erstreckten, dass ihr v Ende mindestens 200 m von den nächsten aus früherer Zeit b Fundstellen , aber noch innerhalb des Bereichs lag , in römische Reste, hier ausschliesslich Ziegelsteinfragmente, hatten. Wenn wir hier einen oder mehrere Versuchsgi der Längsrichtung der Äcker zogen, so konnten wir hoffe Anhaltspunkte für planmässige Nachgrabungen zu gewinnen, > aber die Besitzer anderer Äcker für unsere Arbeiten zu inte und dadurch weitere Erlaubnis zu Nachgrabungen, auch Terrain zu erhalten, auf welches sich nach der oben ange Hypothese das Kastell erstrecken konnte. Da mir selbst sammenhängende Arbeit nur die vierzehntägigen Herbstfe Verfügung standen, für eine möglichst gute Ausnutzung di aber sondierende Vorarbeiten wünschenswert waren, so w schlössen, diese sofort nach Aberntung der Äcker mit besc Arbeitskräften zu beginnen. Sie wurden während des Auj der ersten Hälfte des September in zwei durch längere Paust brochcncn Abschnitten so ausgeführt, dass zwei Arbeiter nach Anweisungen Versuchsgraben aushoben, die dann nachmiti abends näher untersucht wurden. So konnte zwar langsa da die Arbeiter alle etwaigen Reste unberührt lassen mus: genügender Sicherheit ein Stück Arbeit vorweggenommen \\ Ich gehe nun zur Darstellung des Verlaufs unserer Ausgi über. Hatte ich im Stillen gehotft, dass wir auf dem Sin Acker wohl Anhaltspunkte für die Ausdehnung und Orientie: römischen Anbaus, aber keine Veranlassung Huden würden einer einzelnen Stelle fest zu arbeiten, so sollte sich diese l nur sehr unvollständig erfüllen. Die ersten Spatenstiche füh unter der Ackerkrume auf eine Schicht römischer Ziegelt wenige Meter aber vom Anfange des Versuchsgrabens stie: bereits auf tiefe Schutimassen, die sich unzweifelhaft als 1 eines römischen Bauwerks erkennen Hessen; aber die Zerstör

' Talcl 1 A und B, Tal. II, Lageplan bei .\ und B.

A

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- .85 -

schone köstlich gegeitz' gein Friburg in Priska, und das lant |istj* als der hern von Osterich. auch Friburg ist gar ein köstlich statt und ist vcst und woll erpuet. da ist ein hohe schuel und vill Studenten, da lag unser her der keiser piß an den siebenten tag.* auch ging man zu Friburg kostlich heruß mit der process. und sint da vil doster und kirchen. und betten auch da ein als' grossen gewappetten^ man den ich als groß nie gesach. noch betten * die von Straßburg ein silber-man^ ritten uf einem huß vor dem keiser, als er inzoge in die statt, noch die von Friburg detten ieni groß ere und schankten iem 6 hundert guld[en], und wart iem da w<dl erpatten.«*

Alse* am phinstag nach mittag' umb druwe da zoch er zu Friburg und des nachtcs drij miU in ein statt heist Nuwcburg.^ das ligt an dem Ryn, das^ der Ryn der statt grossen schaden dutt, und ist noch der hern von Osterich, da quamen wir noch hin bi der nacht, und nm morgen uf umb 8 und drij mill gein Basel.

Das« ist ein groß mechtige statt und flust der Ryn mitten dardurch. auch gingen die von Basel kostlich heruß mit der process, und da vil heltum und schöner omet und iglicher ornet der geistlichen besunder. und stunden da uudcr dem thar vil gewappenter lute. also zoch unser herre der keiser in den thuni und darnach in des bischofs hoö und lag da zuo ^ herberge, und wart iem auch geschenkt

oni> F. h Sic

c sie.

in F kein Alinea. # in F kein Alinea.

/ F iwo, das tdoende aw« von uns durch »u« gegeben.

* = Jagdrevier.

* I).is heisst: den 7- Tag nicht mitgerechnet. Friedricli brach auf am S.Sep- tember Nachmittags. Von August 28 bis September 2 sind t> iage.

' Comspondirend dem folg. »als«: so so.

* = hatten.

> Wol einen (j.mkler in einem mit Silber vcr/icrtcn (Jcwand, vgl. eine Mittlieiiung über einen C) U)kler m Frankfurt im Jahre 1545: QMcUcn zur Frankfurter Geschichte, Band 2 p. 25, 27 tl.

^ » »EhrerbietuQg erwiesen«.

' September a.

* Neuenburg.

' »so da«;«;«. *"* September 3.

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in Lehmverband, in allen andern Fällen ausschliesslich a steinen bestand.

Im Widerspruch dazu wurde der Nieder Ofen,* der durcf rechteckigen Grundriss mit dem zuletzt in Heddernheim gefu übereinstimmte, ihn aber in den Massen übertraf, von einer gange aus erwärmt, der sich von dem nicht durch Seiten verlängerten Schürloch an in seiner ganzen Länge erstreckt Heizgang hatte 68 cm lichte Breite und war von zwei aus breiten und langen Backsteinplatten aufgemauerten Seitea eingefasst, während sein Fussboden aus gut gebrannten tegulae \ wurde, die unter jene einbanden.' In 40cm Höhe über den platten waren auf die Seitenwangen senkrecht gegen die I achse 4 je 30 cm starke Querzungen aus Backsteinen auf welche in Verbindung mit der vorderen und hinteren Wand kanäle trennten und einfassten, deren Breite bei dem ersten und 30, bei den übrigen 25 cm betrug. Diese Querzungen überb den Heizgang in Wölbungen, welche vermittelst grosser Ke gebildet waren, während über und neben diesen das Mater Rippen aus roheren Backsteinen bestand. 4

So bildete denn der Heizgang in seiner Gesamtheit einen langen, 0,68 m breiten und im Scheitel i m hohen Bogengang, > vermöge seiner Dimensionen bequem bis ans hintere Eni Brennmaterial gefüllt und ebenso bequem gereinigt werden 1 Von demselben aus verbreiteten sich die Verbrennungsgase^ 5 Quergassen, so d.iss der über dem Ofen befindliche Raum massig gelieizt werden konnte. Die Art, wie dies geschah, ist höchst merkwürdig und von der bei anderen Öfen beoba«

' Man vgl. zu deii folgenden Ausführungen die Grundrisse und Qjic auf Tafel II.

' Sehr ahnlich konstruiert scheinen die Öfen von Westerndorf gev sein. Vgl. v. Hefner, Die römisclie Topferei in Westerndorf. Oberl Archiv für vaterländische Geschichte, XXII. Band, .München iS6}, S. $• Tafel IV, Fig. I, II, III. Wahrend sie sich dort durch die Funde als Tc charakterisierten, lagen in Rheinzabern zahlreiche Ziegel- und Töpfcröfci einander, die (a. O. S. 59) »in der inneren l-inrichtung mit einander übcrcins sich aber in der äusseren Fomi unterschieden, indem die Ziegelöfcn viere Töpferöfen aber rund gebaut« waren. Dass dieser Unterschied nicht überall zeigt das Beispiel der Westerndorfer und nach der anderen Seite der Gros* burger Öfen. Vielmehr scheint sich aus der Fomi der Öfen beiderlei Zw das Alter derselben schliessen zu lassen, indem die mit einem Hauptheizkai die älteren, die mit einer teilenden Zunge versehenen die jüngeren (Ziej Töpfer-) Ölen sind.

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- .85 -

ein halb mill in ein statt,' das ist des biscliots von Str.ilibiirj^, da ligi Sanct V'aUin. ' und darnach /oge er in die statt. da in dem )and ab nach der hnkcn sitten im f;cpir<;c * und kostHch winwahs.* und Ua sieht einer vill ane zale kostlicher slosser und stede, und ist gar eins schons tins lant. darnach am morgen* uf zu Koinwurg,' und des tages iier miel über in ein richstatt, die heist Schliizstatt^ und Ugt zwo mill in dem Elsas, da ward iem auch grosse ere erpotren. und stunden' darnach am morgen ^ uf und des tages 4 mill über in ein richstatt, die heist Oberneharn. da* ein mill davon ist der bcrg, daruf ligt die heiligen frauwe Sana Otyli.' da in der statt wart dem keiser noch groß ere erpotten.

Da^ lagen zunehst drij stett bi einander in einer halben mill/* da in einer lagk der bir/.og von Munichen**, in der andern der swarz hirzog ** und der von Mentz, der von Wirtenberg, der von Augstett,*^ und ander hem.

Oes< andern'^ tags sechs mill. da uf halbem weg in einem Velde da hetten sich gesammet die lantleude des bischofs von Straiß- burg und pelaten^ *> uns dadurch, also zogen wir des tages in ein

a F nwmwaxs« corr. aus »winwas«.

b sie.

c F eigentlich »Kelnwurg«.

d über durchstrichnem »gesdiankt«.

e sie cm.; F das. / in F kein Aline.i.

m F kein Alinea. h sk em.; vgl p. 181 1. ); 177 i. ij; F prelaten.

* ZwisclKt) (^olni.ir umf J'iisishcini war ein kleiner Landstreiten Strassburgisch, und darin lagen Rutach und Kloster Murbach. Rutach woi gemeint?

* Zu ergänzen wot »begraben*, aber welcher hdl. Valentin? i Colmar.

* Die Vogesen.

' September i6. ^ Schlett Stadt. ' September 17.

* ObeRhcnhdm.

* S. Odilienberg w. von Oberchenheim.

" Wol Ober-, Nieder-Ehenheim und Rosheini.

" .MbrcJa.

" Vgl. p. 171 Anm. 20. «] Eichslidt. X September iS. *t SS »geleiteten«.

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228

den Leisten nach oben gerichtet, eine 45 cm breite Rinne * Enifcrnung der Asche bildeten. Leider war es hier weger Marksteins und des dicht anliegenden Feldweges nicht mögli Praefurnium bis zu der zweifellos zur Überfläche führenden Rani Treppe frei zu legen. Bis in eine Entfernung von mehr : vom Heizloch verlief sein Boden horizontal; darf ich nach A eines früher beim Kastell Marköbel aufgedeckten Brennofens sch so war dies in einer Länge von ca. 4 m der Fall, sodass m; genügend langen Schür- und Kratzeisen operieren konnte, auch genug für Heizmaterial vorhanden war. Dass man auch für s Arbeiten den jedenfalls überdeckten und in der kühlen Jal behaglich warmen Raum benutzte, darauf deuteten hier wi die in ihm gefundenen Reste reinen Thons hin, wie auch hier Scherben roher Küchengeräte und Tierknochen auf Einrichtung der Arbeiter schliessen Hessen.' ^ Die nach dem Praefurnium gerichtete Wand des Ofens wai gemäss die der Zerstörung am meisten ausgesetzte, da sie, wen in ihrer Mitte, nicht wie die anderen sich an den natürlichen lehnte. Sie hatte sich denn auch erheblich nach aussen geneigt, w der hinter iiir liegende Heizkanal breiter und seine Decke infolge weniger widerstandsfähig geworden war. Besonders in der Mit die ursprüngliche Backsteinmauer zweifellos bereits zur Zt Betriebs einmal eingestürzt. Denn das hier befindliche Schürlo nicht wie die übrigen Teile des Heizgangs durch Keilplatten übe SüJiJcrn vermöge zweier grosser Dachziegel giebcltörmig übt hinter und über welchen Dachziegelfr.igmente den Ausbruch die sich von den stehengebliebenen Teilen der Backsieinmaue lieh als Mickmaterial abhoben." Dass sie zum Teil Sieni}

' Als der Ch.irakier dos Hauwerks noch nicht erkannt war, fiel die keil der Cicfässscherben, insbesondere der Mangel jeglicher Sigillata in der Ur desselben auf und veranlasste vorubergeliend zu der Meinung, dass wir eim aus spatrömischer Zeit, d. h. aus der Zeit nach dem Abzug der Legionen vor un ein Irrtum, der durch die Funde der Zicgcistempcl im Bau selbst bald beseitig

* Bei den Ziegel- und Töpfcrölcn von Rheinzabern ist nach v. Hefner I das oScliürioch ein von der Stinnuauer des Ofens vorspringender Vorbau, mit einem Spitzgewölbe, das durch gegen einander gelehnte Ziegelplatten ist.« nie Beschränkung »meistens« lässt es unklar, wie es in den änderet war. Dabei ist zu bemerken, dass v. Hefner nur einen der Öfen selbst au gesehen hat. Es ist wahrscheinlich, dass die Konstruktion vermittelst giebt gestellter tegulae einer spateren Gepflogenheit entspricht, der man in Nied Ausbesserung des alten Ofens folgte. Die anderwärts aufgedeckten Ofen sind sehr oberflächlich beschrieben und so, dass man sich von ihrer Konstrukii(

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tassen als mit vill volks. darnach am samsta^; ' truc ut umb iicr uwer. dahin zogen 6 mill gein Metz, da ein mill von der statt da quamen die von Metz iem entgegen ut' dem feldc als uf zwein hundert pferden. die warn zumal gar kostlich in irm harnesch und die schön- sten pferde, und hetten drij hunt'en' und den kostlichsten harnesch und kostlicher spiess' und platner.* also beleitten sie den keiser in die stttt gar köstlich, daher der statt quam man gar kostlich mit der process und empfing ien gar wirdiglich und ratt* da in die statt under dem Himmel,' das trugen die besten fier als sie da waren.

Item* Metz ist gar ein groß und'' mechtige statt, da in der stat sitzen woU )2 ritter und sin gar mechtig. die schenkten dem keiser 15 hundert g[ulden] und ein guld[enj köpf, 32 ochsin, hundert schaff, 32 vas wins, 32 wegen mit habern, dem jungen heren ein köpf und darin 6 hundert guld[en| 4 ochsin, 32' schaff, 10 wegen babem, 10 vas wins, und allen hoffluten vill ere erpotten. die mechtig- keit zu Metz kan man nicht ersagen, und ist vast uf das allerwolfelist' da von aller zerunge, und vil hubscher Frandosien, wan es nicht Dutsch da ist. jedoch sin die Ostericher mee da geen warden dan in einer Dutschen statt.

Item' der birzog von Lottringen' hat' die stat willen zu ge- winnen an dem karefrittag** in dem jar," und sin da siner lut vil hinein in die statt komen und all zu tode erslagen worden, davon

(i in l- kein Alinea. b F un.

c folgt durdistridieii »ochsincr. <f io F kein Alinea.

' ikptcniber 2J.

' Hmifen, vgl. p. 190 nt. 14.

) ^liester, mit einem Spicss bewaffnete Leute.

* Mit Hämisch gepanzerte Leute. > D. i. »reit« ; « »ritt«.

*> Baldachin.

7 Das ist »allerwohlfeilstec.

* Nikolaus, f kinderlos 1473 Juli 34. Ueber das im Folg. erwähnte Ereignis« vgl. den ausführlichen Bericht in »Gedenkbuch des Metzer Bürgers Philippe von Vigticulles aus den Jahren 1471 1522,« herausgegeben von H. Michelant (Eibl, des Litterar. Vereins in Stuttgart. Stuttgart 185a) p. }— 6.

' Das ist »hatte«. » April 16.

" Der in der drittleuten Amnerkung erwihnte Beridit verlegt (a. a. O. p. 4) den' Ueberfall auf den 9. April.

230

dass sie die letzte, nicht entnommene Füllung gebildet hätten. Si aber ist dieser Ofen oder ein anderer, der vor ihm an seiner Stell dicht daneben stand, von der 21. Legion in früher Zeit erbaut v denn sie liat dasjenige Material gestempelt, welches für die Konsti des Ofens von Haus aus bestimmt war; ich darf hier sogleich erNÄ dass wir verschlackte Decksteine dieser Legion auch über südlich von unserem Ofen am Niddaufer gefunden haben. 4 Durch die Untersuchung des erhaltenen Ofens war zunäcl Charakter des 2 m von seinem Südrande beginnenden vertieften F zweifellos festgestellt. Er hatte dieselbe Tiefe und, soweit es s stinniien Hess, die gleiche Grösse wie unser Ofen, mit dem c in der Orieniirung genau übereinzustimmen schien. Ebenso \ ihn ausfüllende Schuttmasse verschlackte Backsteine, rotgeb zerbröckelnde Lehmmasse und Bruchstücke hartgebrannter, z. Stempeiter Ziegel dieselbe, die wir erhalten würden, wei unserem Ofen das noch brauchbare Material entnähmen und dem Einfluss der Witterung aussetzten. Ausserdem fanden sich Lücken zwischen den Ziegeltrümmern grosse Mengen feinen ^ Thons, dem ganz gleich, den wir auch im Praefumium des und an vielen anderen Stellen in der Umgebung desselben Er hatte offenbar nahe dem Rande der Baugrube als unverarl Material gelegen und war durch Überschwemmungen in die hinabgeflösst worden. Dass dem so sei, ergab auch die Beschaf der in dem westöstlichen Hauptgraben gefundenen Reste. Der Bauhorizont liegt hier und überhaupt an allen Stellen nordli Mainzer Landsirasse, die wir untersucht haben, 50—80 ein der heutigen Oberll^tche, und überall fanden wir auf dem natü Boden eine Schuttschicht aus Ziegelstücken und spärlichen Gefäss häufig untermischt mit Holzkohlen und ungebranntem Thon. D. stiessen wir aui diesen Äckern nirgends auf massive Mauer umso merkwürdiger war, da wir noch an zwei Stellen auss beschriebenen tiefgehende Schuitmassen fanden, die in jeder H der zuerst aufgefundenen Stelle gleich waren und aus ihrer sowohl als aus den in ihnen gefundenen Gegenständen sich zw« gleiciifalls als zerstörte Ziegelöfen erkennen liessen. Dass die Sch die gebrannten Lehm- und ungebrannten Thonmassen, sowie i stempelten Ziegel nicht etwa aus den zuerst aufgefundenen ()fen verschleppt waren, zeigten besonders die letzteren, da die östlichen Trüinnierstäiten durchgehends andere Stempel aufv sowohl was. die l orm derselben, als auch was die Trupp betrilli, deren Bezeichnung sie trugen. Dazu kamen noch fc

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also in dar stat' uf dem platz do hett er* lassen puwen ein galgen, daran er etlich gehenkt hett.

Also* zogen wir des nachtes in ein statt, die heist Zworg**' und ist des nuwen herzogen < von Lutringen, wan der hirzog von Lutringen ein grave von Wymam * ist» und das recht geschlecht der hirzogen von Lutringen abgangen ist mit dem vergeben ist Warden*, und gar ein hubscher her gewesen ist.

Also* an sant Michelstag abent' zogen wir 6 mil und quamen<* gein Tryer. da es nfi nacht was uf dem felde, quam erentgegen* der bischof ' und der jung marggrave " von Baden mit einem hübschen gezttgk als uf zwei hundert pfert und* beleitten uns in die statt, also ging man gar kostlich hcruß mit der process. und der keiser zoch darnach in des bischofs palast. also am mittage" quamen die nner, der herzog zöge daher, des doch nicht was, wan" iederman uf was. also an dem pfinsug'' da quam der Peter von Hnynpach/'^ der sagt, eri kam. also warden uf all Fürsten mit dem keiser und graven, ritter und knecht uf das kostlichst, der keiser hett an ein

d in F kein Alinea.

^ sie; als »Zuorg« lu nehmen.

« in F kdn Alinea.

J von hier an bo<7innt die 2. Hand breiter ZU schreiben bis p. 190 Var. e. e tolgt durchstrichen »p«. /Sic

f sie cm.; F es.

DiedenhoCen.

- Kar! der Kühne.

} Wol Sierck a. d. Mosel, damals Lothringisch. ■* Renais II.

f Das ist aVaudemontc. Renat war Graf von Vaudemont

* Vgl p. 188, Anmerkung ).

September 28.

Das ist »hcrentpe^^cn« ; = »entgegen«.

' Johann, Onkel des jun<;en Mark^afen.

»• Karls ältester .Sohn Christoph; v^I. das von Moltzer, M. I-.. abgedruckte Gedicht über die Trierer Zusammenkunft : Frederic III en Karel Je Stouic te 1 Vier 1473 (in Btblioiheek van Middelnederlandsche Letterkunde 44. aflevering. Groningen. Wolters. 1891. auch separat) p. 11 Vers $4.

" September 29.

" = »als«. September ^ü.

Hagenbach, vgl. p. 184 Anm. 6.

|<i|il

^iKiljtfi] rtKk und ein* kmtluhcn krant' an dkni Ui\, Jrr ^tr-w cm* Mlhvrn \^hiiK.' Jir \<«i Mvnt/ cm* »animjnJ, J<r \vm Mcti* ein ^kimatii, 4cr \oii A(i^"">tct * nn %ani<nt, licr vt«i I ricr ini ^urci:- iKtrof^ Alt»rcvhi vu« MoiauIkmi mo pcrhn niantd unj %uci ntoco' ^'cuein, il« vtM» WinenbcTg* cm i;uUcn fo*.^, *kr DutLkS* »n»«* ein ^ulticii ><.Iiu(h:(). und %in boUhcn* icti}ir itnituh a^- j!l ander K'-i^^'" und hcrrcn ut da« kmciu)i»t. alw codi oun i- l'tr- an der Mund umh rwull über div briK'k aU ctn halb md! di * man Kdcfman ao %m %tatt.** und der hutof. hielt hal»" t«» l^iabrnv da wa% cm wctl'^tclt " va%t cm tulb miU. da Khs%kt er k.* t(«lk »clb%. al^i c% iiu |^v'V')uk( «av, da ««»vh der ket«<f h iic^m alvEt iii^c er'* Inct nni einem kleinen bunten** >:c|;cn dcrn kc.t<* und stn uunielter und herul/%' vt»f ' im, und er m un ^moj^ hamev.h «av. und er über den hamcvwb an hat em mamct «Srr. man« rft%lut/en kundt, aber der kai^er bet in jre^iirtf %Kt«na a tutcnt' ^'ui4en. und «^a» der maniel xu bcideti Mttcn ii4cfl ao«s

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- 191 -

biß uf den sadel. also entphin^^cn si anander. aber der liirzog siaindt nicht ab gegen im, aber die ' andern t'urstcn und bischef stonden al abe gegen-' dem iiirzogen. also was il. Jn' und irumeiten, und ein groser staub dü.s scliier nimanz gesehen n\oclu. alzo zoch man in die stat, und quam ein groß regen,' und wert' es^ nu, zchcnf^^ das der kciser und der hirzog in die stat quanicn/ umb acht uern*^ in die nacht, und worden da liel faccebi« und liecht. also auf dem platz nammen si" urlaub. der keiser raii in sinen palast,' der hirzog für die stat ein armußschusse'' in ein dosier.^ da zwisciien der stat und des clüsters do worden aufgeslagen vil zcU und hutten und ein Wagenburg vor dem clostcr. und'* bette viel grosser buchsen, und lag da sin t'ulk, das da vor im vil kamen was und nach im quam, aber über 6 duseni man hat er nicht da gehabt, aber in lo moein' umb in Stetten, markten und dorfern ist es als wo! gelegen, also am sampstag'"* umb eins noch mittag da quam der herzog hcrin in des keiscrs palast und hctt an im \e'm\^ gülden rock und darüber sin hirzügen kappin" und ain' liospel io dem huet und an dem linken

a :\m Rande von einer wol dem i6. Jahrhundert angehörenden Hand NB.

h lolgt durchstrichen »im«.

c »es nu« von uns eni. ; F wol »enu« mit Punkt über >*e«. ä sie em.; F lehen. e F vielleicht »quomen«.

/ F wem, das »w« durch »u« von uns gegeben; vgl. u. a. p. i66 Var, <*.

/ F fncchi.

h sie cm.; F sich.

j F samptag.

k von uns ergSnat

/ F aim.

m sie em.; in F eigentlich »hopsrel«, jedoch undeutlich und anscheinend corr.

' Pauken (Weherbildung von »buken«).

In den» p.iR. iRg .^nm lo angeführten GcJiclu heissi es Vers 159 und t6o: h«*t wert donker ende spade, oic regendet, dat was schade. ^ Das ist »wälirte«.

4 Das ist »adiant«; » »sobald als«» vgl. Lexer 3, 1041 f.

5 Den Palast des Krzbischofs; vgl. u. a. Krause» Beziehungen xwischen Habshtir^ und Rurtrund bis zum Ausgang der Trierer Zusammenkunft t. J. 147), p. si.

6 Arnibrustscluiss.

7 S. Maximiu, vgl. Krause a. a. O. p. $1. < Man ergänae »er«.

' Meilen. »<» Oktober 2.

Manteiartiges Kleid (seinen Herzogsmantel), vgl. Lcxer 1, 15 ij, " Das ist »haspel« = fibula oder Spange, s. Lexer i, 11^4.

234

Bei der Bedeutung, welche die Auffindung der ZiegelÖ mal, wie wir später sehen werden, für mich persönlich ge^ halte, lag die Versuchung nahe, den Rest der zur Verfügung den Zeit ganz auf ihre weitere Untersuchung zu verwenden. ^ dem haben wir dort die Arbeit im Interesse der Lösung Hauptaufgabe abgebrochen , sobald uns Gelegenheit zum 4 auf dem Felde südlich der Strasse geboten wurde. Hier uns derselbe Besitzer, auf dessen Acker wir den ersten Spat gethan hatten, Bürgermeister Simon, auch sein unmittelbar \ von der Fischerschen Fabrik gelegenes Grundstück zur Ver Der Acker' erstreckt sich nach S. bis zu dem nach der Nie fallenden Wiesenstreifen, nach N. über die »alte Strasse« bis zur heutigen Mainzer Chaussee, bot also Gelegenheit zur suchung der »alten Strasse« und zugleich der Stelle, an > unserer Hypothese nach die Südfront des etwa vorhandenen I in spitzem Winkel die Grenze des Ackerlandes schneiden \ Wir Hessen gleichzeitig an beiden Stellen und später auch zv ihnen und seitwärts Gräben ziehen. Auch hier stiessen wir auf massenhafte Ziegeltrümmer und unt r ihnen auf eine in Tiefe horizontal verlaufende Brandschicht, welche gekennz ist durch Stempel der 22. Legion, die in ihren auf späte Zeit deu Formen den im NO. gefundenen entsprechen, aber zugleich eine Menge neuer Typen und Zieglernamen aufweisen. H. Rande der Wiesen fiel der natürliche Boden unter einer kanal Anlage aus tegulae der 22. Legion,* die genau in der von i genommenen I luchtlinic der Südfroni verlief, steil zur Ni( Zwischen iiim und der genannten Anlage landen wir im Schutt fast 2 m tief Stempel der Legion. Ich will sogleich hier ben dass sich diese l:rscheinunij : zwei Brandscliichien über einand Spuren der 14. Legion in der unteren, der 22. in der ober diesem Felde an verschiedenen Stellen wiederholte, ein neuer für die Richtigkeit unserer Annahme, dass die erste Festsctzu Romer in Nied und Frank lurt glrichzeitii,' durch die 14. Legic vielleicht andere mit ihr kooperierende Truppenteile statttani aber die Stelle an der Niddamündung in den folgenden beidei hunderten bis zum Aufhören der Rönierherrschaft sehr manni Schicksale gehabt hat, die eine äusserst schwer zu enizitfernde im Boden zurückgelassen haben. Leider mussten wir gerade «

' Tal. I. ' Taf. I, X

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193

des nachts aufgeschobin biß an den erchtag.' do reit unser her der keiser aber hinuß zu im und was aber zu rat disen tag. also bat der hirzog den kaiser zu huse und leid' in an den phingtag.' da was bestellet alle ding auf das köstlichst.* da quam der keiser hinuß und was da zu kirchen. do hat der fairzc^ lassen bereitten den ahar in der kirchen mit ganz gu1d[in] zwolbotten^ und cnux, das man den altar schetzt^ über umb zehenmal hundertdusent gülden, und woren der ptlde achtzeben und die scbonests dach, und ducher als wit die kirchen was> und in allen gemachen in dem doster des tags erschain sein mechtikeit« wol etc..

Item<* so es nun zu kirchen fruwe was,* da was besteh in einem lusthuß tafFel* und tisch, und ein tetfel^* aufgemacht, dai staindgolt kandi/ flaschen und scheim,* köpf,* zwai schifT,'* sechs atngehawen " credenzvas, das aber das geschätzt ward über umb zehenmallc hundert' dusent^ guld[cn]. und der gold und silber[vas]* auf der tafeln nutz man kains nit etc.

a V 1< östlich«?.

b über dem »c« ein von uiis nicht berücksichtigter Strich oder Schnörkel. f P muchtikeit.

if in F neue Seite und neuer Absatz.

f F uffl.

/ F tcfTI; über »e* ein Schnörkel, in dem ein »u« verborgen, nicht berücksichtigt oder etwa »teulel« (= tautel) gemeint? f[ em.; F das. b sie em.; F hindertdusent. I* om. F.

' Oktober 5.

' Das ist »lud ein« ladete).

) Oktober 7; vgl. u. a. Krause p. Si*

4 Den 12 Aposteln; vgl. u. a. das von Moltser abgedruckte Gedicht Vers 396:

die 12 aposTolen van gouwe.

i Der Sinn ist wol: im Hinblick aui die frühe Zeit der Messe war nach derselben ein Essen angerichtet

<»TaJd.

7 Das sind »Kannen« (kanne, kante), vgl. Lexer i, 15 10. » Becher, vgl Müller- Zamcke» Mittelhochdeutsches Wörterbuch 2, a, 170^ und Lexer 2, 762 sub »schiure«. 9 Becher.

Ein Trinkschiif, Geßss zum Trinken in Gestalt eines Schilfes. Vgl. Du Gange, Glossaiwm medi» et inlimae latinicatts (Nioit 1883—1887) 5, 580 und Alwin Schulti, HAfisches Leben zur Zeit der Minnesinger 2 Autl. i, }8i. " Gefässe mit eingelegter Arbeit (wol ciseliert).

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- 1*4 -

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195

pubin' in gülden rockin, darnach sin hcrrolz in ganz gul'd[en| rocken niii ivilbicn sieben und ain teil vor<,'()lt, und woren'* die stehe eins arnis qri)il>/ daran su)nd|cn| i;ar kostlich sin wappin und sine lant; um! der ' woren zwuU und die darchuiter-sieub waren der gekichen darnach grafi Hawig-^^ von Wcrdinwcrg, der ging vor dem essen der erst, drugses-* was gratf Andree* von Krabatien, der ander gralf Williallni* dem Seugfewl/' her I-ridrich' von Stubinbcrg/ her Martt'^ von Folhaiin und ander, darnach des kaisers drugsessen. und Warden da tragen zu tisch 46 essen, und wcrd das dessen [bis|^ innb zwoi nach mittag, und als oft man essen in den sal trueg,' so was pawk|e|n und trummetten,' und stand[eni da vor der tuer,' di da hutten,"* vill guotter gewoppenter lute. also nam' da/, male ain cnd," und harnach raitt iderman und der keiser zu hoff," und quanien nicht aüer'^ zusam biß an den erchiag'' darnach, da quam der herzog in des kaisers hoff und warden da aber zu rat etc.

a sie cm.: F wnrdftv

b folgt «Jurohstrichcn »nacti«.

c F fast BHalbig«.

d F daugses.

e F »Scg« mit Schnörkel am »gm, der sonst »er« bedeutet ; Aber dem »e« ein

»n» mit Sclinörkcl.

/ Über Jcni »u« der ersten Silbe ein von uns nicht bcrucksichiigtcs *»n«.

g sie em.; F »dag» als viertes und letztes Wort in der letzten Zeile auf fol. 110; nh beginnt dann mit »essenti und zwar mit grossem Anfangsbuchstaben; fehlt etwas i

h oro. F.

r F trw eg.

k sie cm. \ F kummcUen. / F twer,

w sie eni.; F man. n F emd.

Vgl. p. 193 1. I) f. und Var. f dort: die sin sin druchses.

* Das ist »dick«.

^ Sei!, wol »Landcsthciic«?

^ Haup von Werdenberg; vgl. über dm Franz Wiedemann, Die Rciclispolitik des Grafen Haug von Werdenberg 1466—86. Greiiswald. Dis». t88). s Identisch mit dem p. 179 Note 14 erwähnten? ^ Uns unbekannt geblieben» vgl. p. 179 Anm. 16.

7 Sccgau?

s \^gl. p. iHü Anm. 2.

Vgl p. 180 Anm. 3. . *^ »die da hiliteten«.

" Das ist: in die biscliöfl. Pfal«. " 1 Abermals« (aver). •J Oktober 12.

j^i-vttrj Jiiicr Ii' - eil /(ii ivlitj«. :i 1 -.jj) aut Jj- ki- tl.vK^: rv : *i</c- '

\<'ji liicvs iiil. unj Ja' /K'liT) m cmi \cIJ :a j:

j. I cvlcr MtTffJ /vkulf unj 1tJc^t|l n* rim inJ<.r ;!:r'.'. ' i jiM» scu nim ^:(.%^lnJ*.{ %kjrJcn. »cvi /t:si'n^ fitr^:cr .* Jj nun Ji.! * uritl Jic |nj^Mti ib. j1i<» rjritcn vv* .•^.ani.' *t>4

Ai'fJiTi Will \:cr oJiT tiinl Jirt'iJcr i^trjnt i.riJ i: r J<—

rcf:iicij ri'jr^'i r JVC A'.;>ri\f»t "* \ »»n Ki»::Ii, iirjvc < ^- v. i.l: " . '1 - . ji.Jj ;:.r\ *irrcn' " i;tid Jtuli-r \nl i uttcf Itiil, jü.S .

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- 197 -

drin an* der stat der* auch pelaib, und sew das pest mit slahen an einander tetten. also [namj'' es zu dem mal [ein* endj, und zoch damoch iderman an sin gewer.' auch hatt er lossen bi der Strossen, so unser her der keiser und iderman zwischen ' des kloster und der stat euntis in dem her henult^ an ain nuspein * und phaffen und (rawen wen er an dem wenigsten unrecht fuiid[enj hatt; ver dann kain scbanung gehabt und unser her der keiser swore peiten. die weil der kaiser pei im in« dem closter zu ratt was, die weil lies er di pei dem weg hengen. da der keiser hinein nach^ [derj'^^ statt raitt, do muest' für sew* reitten. cr^ liess si**' auch des andern tags ganz nakatt' awß ziehen etc.

Auch'' an aller heiling abent' da was er ganz peraitt, und sein Nvegen'** all von den" geschickt, und er des abünz' auch von dan wolt sein, also raitt der keiser hinawß zu im, und worden da zu ratt, also das sew eins wardi^und darnach in 5 tagen" gcpawi" wart

a MC tiin.; F in. b om. F.

c «ein end« om. F ; von uns ergänzt.

d F »benult« mit a schrägen Strichen über *u«.

e sie em. ; F an.

/ sk em.; F auch.

om. F. h sie em.; F in.

; über dem ersten »a« ein liier wol bedeutungsloser Uet>erstrich.

k in F rw^r neue Reihe, aber kein Ahs.it/ bt-absichtigt.

/ iti F über »u« zwei »chrägc Striche, von uns durch zwei Punlcte (ü) wieder-

m sie.

it em.; F gepairt.

* Das ist = »dar« (dort).

* = Quartier. Vgl. u. a. p. 169 Anm. 8; p. 176 Anm. 2; p. 181 Anm. 7.

J Die Stelle "/wischen des kloster sworc pcircri" ist völlifj verderbt. Man könnte nach »stat« ein «reinen nmesieu« einschieben, anstatt »euntis« : nmenic« und für nhenult«: »henken« (hangen) lesen, aber die Sache ist xa problematisch und unsicher.

* Nussbaum.

5 Man crf^.inze : der Kaiser.

6 Das ist »an ihnen vorbei«.

7 Der Herzog.

* Wir emendiren ■»»«, da von mehreren Personen die Rede m sein scheint. ? Oktober Jl.

'<» W.if^en. «» »danncnw.

Bis November 15 also.

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199 -

da wolt unser her der keiser von dan gezogen sin. also quamen sie Widder zusanicn, und die sage ist gewesen, darumb nidit vor- gangen ist: der hat d[ajz anders haben woir, wan ' fore betracht ist, und unser her im zumal vil darumb nacli^jegebin hatt.* also Scheden sie abe mit vast inanigung. ' an Sanct-Kathrinen morgen, ^ fruwe vor tag, da blies«* man uf. und der keiser hört messe und an das schiff, und fruwe von ^ dan. damoch d[ajz hofegesindt must reitten über hmt bißgcin Kobelentz 15 mite, und der keiser fore uf dem wasser,^ da hat er ^2 mile.' also [blies« man] [bi]^ dem« hirrogen auch auf und zoch auch des dags* von dan, und was gar kostlicli in sinejm] harnesch gewesen, zu Kobelentz was der keiser über nacht"', und ist gar ein hübsch siat und ein stoß und ist des bischofs von 'friere und lit an dem Rine. darnach fore der keiser aber" of dem Rine zwölf mile bis gein Collen," und die pherde über lant. 4 mile ob" Collen an dem^ Rine da logen zwei felde:*' der lantgrave von Hessen und der bischof von Coln.*^ und hatten fiel volgs zu beiden sitten. und des dags wir für sie zogen,'* da hetten sie ein vormessens«** slaen^'

a sk em.; F bleub,

/ F u on.

c »blies man« von uns cm.; F bisroan. d onu F. « F den. /F den.

g sie em.; F vonnesse».

' Das ist »als«.

* Vgl Deutsche Zeitschrift etc. a. a. O. p. 8$ Note 2. ' Das heisst: »mit Starker Uneinigkeit«.

■* November 25.

^ Das i^t »biiess mao auf zimi Aufbruch«.

* Der Mosel.

' Wegen der vielen Krümmungen, welche die Mosel madtt.

* November 35.

' Etwa die Nacht vom 27. auf a8. ? •o Das ist nabermals«. " Köln.

" Das ist »oberhalb«. *' »Heerlager«.

Ritterschaft und Kapitel von Köln, gerührt vom Landgrafen Herniann von Hessen, ^n<Jt'.^ in Streit mit Erzbischof Ruprecht von Köln, vgl. u. a. die von mir a. a. 0. abgedrucl<tc Urkunde p. 81— 8 j. 'i Das ist: an ihnen vorbei zogen.

Das ist: »vermexsenea« = »kühnliches«. *7 Schlagen.

242

Dem würde auch der Umstand nicht widersprechen, dass »gan:i| der östlichen Fortsetzung dieses Platienganges, etwa 50' da auf dem Speziaiplan liegt er 50' nördlich »ein gut ii stehender 12' breiter Canal« gefunden und auf 8' Länge at| wurde. Die Zeichnung auf dem »Detailplan« zeigt, dass d^ ähnlich dem in Frankfurt gefundenen auf der Sohle mit Fal der 14. Legion belegt war, die aber auffallender Weise 0 Falz nach unten liegen. Wenn nun auf der oberen Fläche defl sichtbar wird, so beruht dies zweifellos auf einem Fehler dd nung, da diese Art von Ziegeln regelmässig auf der Seite gej sind, nach welcher der Rand vorspringt. Mit dem nach dem D ca. 4 Fuss im Durchmesser (!) breiten Turmfundament (A* der von Höchst nach Nied führenden Chaussee«, welches in d der betonartig festen »Fundamentmasse eine konische Vei) hatte, kann man nach der sehr oberflächlichen Beschreibung! Aufnahme ebenso wenig anfangen, als es nach den gedruci richten seither der Fall war. Nur das darf man mit Sicherhei dass, wenn auf dem beschriebenen Feld ein Kastell lag, dieses liehe Turmfundament nichts damit zu thun hatte. I Viel wichtiger für eine spätere Wiederaufnahme der forschungen ist es, dass »in der Mitte zwischen A-' und j Spuren eines Weges fand, welcher incl. der Gräben 18' br< Beide Gräben waren mit Brandschutt, worunter alte Nägel, Holz Knochen und Scherben aller Art vorkamen, ausgefüllt.« Das« Gräben, resp. dieser Weg . . . wie alles andere nur auf ein Strecke verfolgt werden konnte«, nämlich auf den bei der Konso neu angelegten Feldwegen, war für die Frgebnisse jener Ausgra recht ungünstig, um so günstiger für eine planmässige Wiederau der Nachforschungen. Dass dieselbe an den angeschnittenen Stell« bedeutende Resultate verspricht, das und nicht viel mehr die Mitteilungen Josts, in vollkommener Cbereinstimmung mit 1 oben ausgesprochenen, auf der Besichtigung des Feldes beru Vermutungen. Fin entschiedenes Verdienst aber hat sich J worben durch Fintragung der Strassennchtung auf dem Spez wenn auch leider nur auf eine kurze Strecke. Die nordw Verlängerung des eingetragenen Stückes würde an unserem ofen A vorüber, die südöstliche, mit der von uns gefundenen konvergierend, zur alten Niddabrücke führen.' Damit aber sine

' Dass der Weg, bevor er diesen Tunkt erreichte, nach deni »Spe über das »TurnifunJanient« führte, beruht sicherhch auf einer Ungcnaui^ Zeichnung. Es wird wohl unmiticlbar neben dcni Wege zu suchen sein.

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Sprachliches. '

Es ist auf den ersten Blick klar, dass unser Reisebericht in seiner vorliegenden Fassung kein einheitliches sprachliches Ganze bildet, sondern dass zwei oder mehr Mundarten in ihm gemischt erscheinen. Man hat den Versuch zu machen, die einzelnen Schichten ihrer Herkunft und der Reihenfolge ihrer Einwirkung nach zu bestimmen.

Schon bei oberflächlicher Betrachtung sieht man, dass sich bayrische und mitteldeutsche Sprachformen in unserm Texte mischen und erkennt bald, dass der bayrische Dialekt die Grundlage bildet, Bayrisch(-Oesterreichisch) sind die Benennungen der beiden Wochen- tage, Dienstag und Donnerstag als Ertag (Erichtag) und Pßn:^tag : Erich- lag i68. 169. 193. i^)'),. ibcr dinslag iS^,phinstag 173. 183. iS^, phingsten 172, phingtag 193. Zu (v;V/.'/iii,' vgl. Weinhold, Bairischc (jfanimntik (BGr.) § |6^, Schmeller-l-rüinmann, Bayrisches Wörrcrhuch (BWb.) i, 127 f., zu phin;iäg BWb. i, 437^. Brenner (Mundarten und Schriftsprache in Bayern S. 44 fRrcnner|) betont, dass jetzt im Königreich Bayern ■'lirtdi^ (Irtu) und P(in{ia(g) nur bayrisch und oberpfälzisch sind, hier aber bis an den Grenzen überall verbreitet; auch Nürnberg hatte ehedem diese Bezeichnungen«.

Weiterhin sind die Formen gcgaidl (i^ejeide) 171 und gegeit^ (i^t'jcii^e) 183 zu beachten. Der Wandel von / zu erstreckt sich in den modernen bayrischen Dialekten nach Sciimcller (Mundarten Bayerns § 503 (Schmeller|) aut die l lussgebiete des Regen, Nab, Vils, Rösla, sächsische Saale, Pegnitz, Übermain, nach Ed. Fentsch (Bavaria II, i, 206) findet er sich an der Lautcrach, Vils, Naab, Hger, Rösla, Wondreb, das Böhmerwaldvorland herab und am Regen; an der Pegnitz behalt nach ihm / seinen hochdeutschen Laut (vgl. noch Brenner S. 41). Icli will aut" die Differenz der beiden Angaben be- zuglich des Pegnitzgebietes nicht eingehen; möglich, dass in den vierzig Jahren, die zwischen den beiden Darstellungen liegen, die

* Hier soll keine erschöpfende Behandlung der Sprache des Reiseberichtes gegeben, sondern nur kur;r nuf die '.vichtifrstcn und für die lüitstcluingsfirage des Schriftstückes ausschlaggebenden Eigenthünilichkeitea hingo^iesen werden.

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- 256 -

Rundstempel, in der äusseren Linie TRAS . REN . O . . . pel in der unteren MIL CHO .T ASTVR. Doch erklärt er die I oder II, für zweifelhaft, plaidiert aber für die Lesan Coh. I /

Leg io VIII Augusta. |

i) LEG VITT. AVG. (Fig. 2).

I Dachziegel (tegula), gefunden in den Trümmern des

bei D. i

Die vorliegende Form mit frei von der Matrize abst Schwalbenschwänzen, wie sie die Ziegel der 21. (auch der i 14. Legion in ihren zweifellos ältesten Exemplaren regelmässig ist bei der 8. Legion selten. Mir ist ein Exemplar der Milt< Schlosssammlung, jetzt im Besitz Conradys, und zwei Ty Saalburg (v. Cohausen und Jacobi LXXVIII, 17. und 2 welchen der eine mit dem Habeischen identisch ist, bekai haben aber sämtlich weit geringere Masse als der unsrige, < darin den Stempeln der 21. und 14. Legion nahe steht. Alle mir im Original oder durch Abbildung bekannt gewordenen der 8. Legion, so besonders die 4 übrigen der Habeischen Sai und 7 von der Saalburg haben ebenso wie die von Conrady beim Kastell Miltenberg gefundenen Exemplare dieselbe rechteckige Form, wie wir sie bei den Nieder Stempeln der Adiutrix fanden (Fig. 3 ff.)» "^'^ welchen sie auch in der sowie in dem Umstand übereinstimmen, dass bei einigen vo den Schwalbenschwänzen ähnliche Ornamente als lineare Hrh( innerhalb des rechteckigen Stempels erscheinen, Exemplare der l Art fand ich auch in den Museen zu Wiesbaden (Kat. 9908 au baden) und Darmsiadt aus Oberflorstadl (Kat. D I A 93), I bürg bei Butzbach (G. DieHcnbaciis Handkatalog, Bd. XVI, Capersburg (ebendaselbst Bd. II, p. 45J; letzterer Typus ist mit einem aus der Sammlung des älteren Dieffcnbach stam im Darmst. Mus. (K.it. I A 9). Von Heddernheim war d kommen der 8. Legion auf Ziegelsiempeln Br.imbach noch unb er hat nur eine Steininschrift (1492) aus Praunheim (prope Heddernheim). Hammeran führt (Urgeschichte S. loi) i »Verzeichnis der römischen Truppenkörper des Taunusgebiet Stempeln und Sieininschriften)« die 8. Legion unter der Heddernheim an, nennt aber S. 66 73 keine Ziegel de während er solche der i. (S. 70) sowie der 14. und 22. (S. 72) erwähnt. Ich fand unter den älteren Beständen des Frai Museums 2 Typen der Legion aus Heddernheim, von welcl

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203 ~"

scbok (sollte) 198 ist speziell bayrisch (BGr. $ 327), und die ober- pfälzische Mundart hat den Anlaut noch heutzutage bewahrt. In den Nürnberger Chroniken und Polizeiordnungen finden wir das gleiche Schwanken zwischen sch- und j-, das in unserm Texte begegnet.

Wir sehen femer die bayrische Wandlung von wzabm dem Reise- bericht vertreten : nuinbend i74.i75,i»n/^«frJt75 (Sonnenwende), Sarberd (Sarwerden) 18^, daher tritt auch die umgekehne Schreibung w fUr b auf, so :i'JMt'« (banen) 171, Wirtctiworg 173, 194 neben Wirttenherg 175, 179, Kolnwur^, A't>////>«rji,^(Kolmar) 184. 185, IVcrdhiivcrg CWerdenberg) 195; vgl, Bür.§§ 124 und 136. Ebenso plah if)S,plabiii (blauen) 194, vgl. BGr. § 137.'

Bayrisch-Oesterreicbisch ist auch die Form srw (sie) 196 (öfter). 197 (öfter). Obgleich Formen v^üe heiling Berg 173, heiling 197. 198 auch rheinisch vorkommen, so sind sie doch bayrisch, auch Nürnbergisch, häufiger, vgl. BGr. § 168. Bayrisch-Oestcrreichisch ist auch in der Haupt- sache die Schreibung ai für den mittelhochdeutschen Diphthong ei: rait (rat) 169. 191, belait 181, ^u'^i 171,01115 171, a/n/rr 194, allain 194, haisl 173.

Oberdeutsche Schreibungen sind weiterhin : ttuirkchf 171, Temiarch 175, lagk 174, vo/jff 199, torfer Ebenso die sehr häufig auftretenden/) für b im AiilaitT, z. V^. prüder 170. i'jl^procken (Brücke) 171. iSi, erpot 174 (drcim.il). 176, erpolten 175 (zweimal). 177. 183. iS$ypleben tj$, patschaft, potschaft 178. 180 (zweimal), erpuet 174. 182, piß 183, gepirge 185 u. a. m.

Dies dürften die oberdeutschen Besundtheile unseres Denkmals in der Hauptsache sein. So möge es mir gestattet werden, die Resultate zusammenzufassen und die sich ergebenden Folgerungen daraus zu ziehen. Die Ausdrücke Erlag und Pfinilag schlössen durch ihre bayrische Herkunft sofort das alemannische Gebiet als Heimath aus, ebenso etwa Franken. Damit stimmten der Wandel von w zu by die I'orm sew, gewisse Schreibungen der Consonanten und Vokale (ai iiir et), endlich die Bewahrung des sch in scholl. Dieser Umstand wies schon näher auf ein kleineres Gebiet, auf die Oberpfalz, hin, wie v^'ir sahen. Und oberpfälzisch ist auch der Wandel von / zu nur dass er in ftlterer Zeit NürnivrL', das auf einem von Brenner (Karte) als Ucbcri^anLisniundart bezeichneten Gebiet liegt, an dieser, wie :m den meisten andern Erscheinungen des Oberpfälzischen Theil nimmt. Speziell nberpfälzisch schien der Wandel von (' zu an zu sein. Hin andrer Lautwandel einiDi^lklue es uns aber die Grenzen für die Herkunft der uberdeutschen Bestandtheile unsres Denkmals

* /um Thcil, aber nicht in so weiter Ausdehnung eignet der Lautwandel auch hcbsisclj-\vctrerntn-,chcn Ccbieteti, $o z. B. Alsfeld; vgl. das dortige und das _ Frankfurter Passionsspiel von I4yj.

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~ 258 -

7) LEG- T- AD (Fig. 9). 2 Falzziegclfragmente, gefunden im Ofen A; 1 Keilzie

043 m lang, 0,43 breit, 0,07:0,04 dick, gefunden im Fracfun Ofens A.

Der Stempel ist ähnlich den Formen 4 u. 5, aber das dichter an den Rand.

8) leg. TAD (Fig. 10).

I Falzzicgelfragment. Fundort am Ende des Kanals 2 A u. B.

Der Grösse nach (0,027 ^ breit) scheint der Stempel 1 mit einem im Museum zu Mainz befindlichen aus Main^. entspricht die Grösse fast genau einem Gernsheimer Falzziegel (J zu Darmstadt D A 86).

9) GAID^T oder lECIVD (Fig. 11). I Falzziegel. Fundort bei Ofen A.

Der Stempel scheint von einem des Schreibens unk Ziegler nach dem Vorbild eines Abdrucks (daher Spiegelbi geschnitten zu sein. Die Grösse entspricht genau dem Sten einem aus Mainz stammenden Hohlziegel (imbrex) im Wies Museum 9904, dessen Form, sonst gleich No. i ist.

10) aiAIDHT oder XEGIAID (Fig. 12).- I Falzziegel aus dem Ofen A. Vgl. 9, dem der Stempel sehr ähnlich ist, nur dass du

weiteres Missverständnis zu dem A oder V noch ein ungc Strich hinzugekommen ist, der aus ihm ein .\ oder <4 macht

11) LHGTAD(i?) (Fig. 13).

I Deckplatte eines Ofens, 0,07 dick, l'undort bei A.

12) LEG (i ad?) (Fig. 14).

I Backstein 0,055 dick, von Sinter bedeckt. Fundort I schleppt). Für die Zugehörigkeit zur Leg. lAD. spricht das schwaibcnschwanzähnlichc Ornanicni an der linken Seite, welcl bei einem Wiesbadener Stempel der Legion wiederfindet. (K; und 9906.) Die Grösse entspricht der eines Main/er Stempels dt Legion im Mainzer Museum, dessen Form im übrigen mit übereinstimmt.

Die in den Museen zu Mainz und Wiesbaden befindlichei der I. Legion stimmen im Material, soweit sich dies durch den Augenschein entscheiden lässt, mit unseren Nieder Exemplarei ein. Was Form und Grösse der Stempel betrifft, so bilden weitere \'ariationen desselben Themas, länglich rechteckige F in die nur bei einigen wenigen an beiden Schmalseiten kleir

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205

192. Vgl. MhdGr,* § 46. 47 und för Frankfurt Wülckcr, PBrB. 4, 15. 22 und weiter geriddin ich (rede ich) Wyss, Hessisches Urkdb.

[Wyss] 2, 565, No.SjSa. 1349, gewirt (gewehrt) Lörsch, Der Ingel- heimer Oberhof S, 229, 5, unver^iri (unversehrt) ibd. 244, 45. 245,. 2^, dit ridde Frankf. Passionsspiel ri8. 123. 126. 162. 293. 295. 423. 936. i6ti u. ö., du riddest ibd. 719. 3807, ridde (imperat.) ibd. t}i6, geridda ibd. 2470. Wechsel zwischen 0 und u (ii): uft 177, ujfen 190^ fulk 191 neben volgs 199 (vgl. WQlcker, PBrB. 4, 22 und MhdGr. ' $65). Auch 6 aus4S wird zu 11: damuch 172. Weiter: komigikunig 173, kang, kunittgi^/ore i^^prockm (brücken) i7i(WülckerPBrB.4, 14 f.). Wechsel zwischen 0 und ax machen (mochten) 168» ituh (zog) 171, mirr/(mord) ijj, patschaft 178, erpatten 183, erhalten 200 (erboten), hatschaft 184, nach (noch) 186, kamen (part.) kam (komme) 189. 191, thar (thor) 183, darehutter 192. 195, Warden 187. 188. 189 (zweimal). 196. 198. Umgekehrt aber (aber) 188; vgl. Wülcker PBrB. 4, 21, MhdGr.* S 67, BGr. $ 6.

Oer Diphthong ie wird zu £: Scheden 170. 199, tf« (die) 300» vgl. de (die) HU. i, 316 No. 446 a. 1306» MhdGr.' $ 135, Wulcker PBrB. 4, 24. Der Diphthong ei verengert sich zu /: vgl. hdtumhs 173, hehum 183, t(ro(/e/iV/ (wohlfeilst) 187» ein Wandel, der mitteldeutsch sehr häufig (MhdGr.* $ 98, Wülcker PBrB. 4, 25), bayrisch jedoch nur selten eintritt (BGr. § 45). Hierher gehört auch die Form Ment:^ (Mainx), die öfters (172. 178 zweimal) auftritt; vgl. auch den Schreib* fehler Ment;^ statt Aff/^ (172). Die mitteldeutsche Form tven (170. 188) tritt neben dem häufigeren oberdeutschen wan auf.

Für die Diphthongierung des langen t finden sich die Schreibungen oi und oe (moili 170, moein 191, für altes ei ebenfalls 0/ (^oi) 195, für altes ei ein eu (bleuhe er 169. 170. 199, neben hlcib 171, eulfien |eilftcnji67) ; umgekehrt tritt für diphthongiertes!« die Schreibung« auf : scbeirn 193. Alle diese Darstellungsweisen setzen eine sehr gerundete Aussprache des Diphthonges voraus, die sich noch heute in Hessen, der Wetterau und den benachbarten Gebieten findet (vgl. noch MhdGr. ' § 124 und weiter Frankfurter Passionsspiel [Drama des ' Mittelalters, herausgegeben von R. Froning 2] keuchen 418. 479. 810. 1581 u. ö.). Aus Urkunden führe ich als Beispiele für die seltnere Schreibung oi noch ein paar herau.sgegriffene Belege an : Moyne (Main) so öfter Böhmer, Codex dipioniat. Moenofrancfurtensis (FrU.) 482 a. 1325, droy (drei) Wyss 2, 557 No. 822 a. i^^, geboiß (geheiss) HU. I, 78$ No. 1176 a. 1387.

Aus dem Gebiete des Consonantismus sind noch folgende Thatsachen hervorzuheben. Intervokalisches v (aus b) fällt aus in

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207

Mitteldeutsch ist ferner das im Anlaut unverschobenc p: Pall:^- ^t üve iS6,plc^en 192. Auch das Ausfallen des/in /««r:^A-w ( 1 5 oder 50) 194 mag in das (jebiei des .Rheinfränkischen gehören, ebenso aus der Flexion Formen wie dn Romischer keiser 178, eins schons ftns hnt 185, eins kkins stettUn 184. Mitteldeutsch wäre auch geit 192, wenn wir es nicht etwa als gfit auffassen müssen, vgl. geet 181. 192. Ferner aus der Wortbildung: vor-goli 195, vor^äaglen vor^messes 199 för ver-goldel etc

Bei einer Reihe von Figciuhümlichkeiten kann man sich nicht für eine bestimmte Provenienz entscheiden, da sie ebenso Nürnbergisch, wie rheinisch vorkommen. So ist wer 189, mfer 200 (mare) im 14. bis 1 6. Jahrhundert auch bayrisch, \gl. BGr. § 47. Ebenso wenig lässt sich das Auftreten der Medial^ för hochd. I (antlasdag 168, dags 170. 173, äisch 175, ducber 176, i/an^ 176, dotl i'jStdäten, dutt 1 83» (zweimal) 186, deiding 198, deitnkt 200, dusent 171. 174, darebutler 192. 195, drinken 169, latüleude 185} zur Scheidung verwenden, obwohl man eher dazu neigt, es dem mitteldeutschen Schreiber zuzusprechen; vgl. BGr. $ 145 f. Dem Rbeinfränkischen und Bayrischen sind gleich eigenthümlich die Verwendung von s und jOpromiscue; vgl. MhdGr.' $ 205, BGr. $ 151: grose 170. 191, haisser 172, büße (hüse) 176, Uesen 200. Allgemein mittel- deutsch ist der Umlaut in heu^mann 184 (zweimal), heuhtstai 184.

Neben der allgemein ^chriftdeutschen Form j^wiscben 166. 177 tritt einige Male (181, 182, 200) wuschen auf, eine Gestaltung, die vermuth- lieh südfränkisch ist; jedoch fehlt auch dem Bayrischen ein ähnlicher Wandel nicht (BGr. 30. 33). Ebenso lassen sich die Formen ^olf 195. 196. 199, :(wolbolen 193 nicht mit Sicherheit Hir den mittel- deutschen Schreiber in Anspruch nehmen, trotzdem dort ähnliche Bildungen in der Wetterau auftreten (:^iuüUen Wyss 2, 644 No. 967 a. 1358, Rieger, Leben der heiligen Elisabeth, Glossar sub :(wef\ vgl. weiter :^welbotte EUs. 834).

Weiter ist die Erhaltung oder Entwickclung eines v oder w wesentlich mitteldeutsch, obgleich auch hier das Bayrische nicht mit Sicherheit auszuschliessen ist: süwer (sauer) 176, rnnven 189, nuwer 200, dagegen nuen 176, fruwe 168 (zweimal), frue 170, uwer (uhr) 186. 187 u. a. m., vgl. MhdGr. § 180. Zu beachten ist noch die Form druwe (drei) 183 ; vgl. druw phund Frü. 750 a. 1375. dremoer Dürstdorf in Nassau, Grimm, Weisihümcr 1, 591, </nitv«r neben drver Boos, Wormser Urkundenbucb 2, 20 No. 30 a. 1305.

Die Form sieht (sieht) 185 ist bayrisch (BGr. J 183), wie rhein- fränkisch. Ich führe, für das letztere ein paar Beispiele an: geschiecht Sauer, Cod. dipl. Nassoicus i, 3, 364 No. 3198 a. 1366, geschiebt

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/;ri ':i4:n t'i\ zur süJlivhon drtn/e Jcv K:jeirjJ'jnk..»vt:c" Nr jC.r , 217. S 2l6 t . Vilnur. IJu>ti'M>n Ki r^i-u;' ;

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Ii .J:e ' rr in^* i ' . 'irtet» |iciN|vele s'jn.fuen n;»..\Tet>> j... Dctivitcn. inJre ^ t'.J KeNs;xvlier, e-n pur ju^ii N^.rn!e'»;i' Mi:*i.- Weiterhin i\t tn^ti ;ii ^i-iijer^rn iu\ Jcr ( J^^cler Mi^iv^*' l*rcJ;^Tt-t) Mr:H:cr Klfi.>r:v, /e,:\vlir:rt u,r d\:\.:\J:c\ Ar^r:^,^ f!*<-2) VF 41,. :2. t:». fi; ^27, M. i;;. j " ii"

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zwar sowohl vor Dentalen als vor Labialen, vgl. mt^scht (meiste) Bavaria IV, 2, 237, hau- Je ibdJ S. 2?i. Aus der älteren Zeit vgl. noch memsUn Hombach sQ. ZweibrQcken GrW. 5. 690.

Vor Labialen scheint sich im Nürnbergischen keine Nasalirang zu finden und dieser Umstand mag für den rheinfränkischen Ursprung der Formen meinste und hut^en sprechen. Denn abgesehen von der Rheinpfalz findet sich auch im modernen Dialekt von Naunheim bei Wetzlar und im Wetterauischen in dem letzteren Worte Nasalirung. Beispiele aus älterer Zeit weiss ich nicht anzuführen. Leidolf (Naun- heimer Mundart. Diss. Jena 189 1 S. 25 Anm. i) erwähnt die Form hafe (a kurz und nasalirt) Haufe und meint, dass auch die wetterauische Form haffe (Weigand, Deutsches Wörterbuch r, 773) nasalirt sei. Beide Gestaltungen sind mit unserm bunfe zusammenzustellen, denn Naunheimisch Imfe hat sich wol hieraus, und nicht aus mhd. houfe entwickelt, wie die Parallelen, die Leidolf a. a. O. S. 21, 2 an- fährt, zeigen.

Endlich ist noch der Wandel von nd zu nn zu erwähnen : gesin (Gesinde) 168, Brannenbttrg ijj, der auch heutzutage noch Nümbergisch wie rheinisch ist : Schmeller $ 447, BGr. $ 171, Frommann, Versuch einer grammatischen Darstellung der Sprache des Hans Sachs (Progr. Nürnberg 1878) $ 33, MhdGr.' § 219. In den modernen Dialekten ist vom Rheinland nur der südlich einer Linie Malmed^'-Blankenheim- Ahrweiler -Königswinter -Hamm -Siegen liegende Theil von dem Lautwandel betroffen.

Zum Schluss niuss ich noch ein paar mir unverständliche Formen erwähnen: leitls (die leute) 170, herol:^s (die lierolde) 190. 192. 195, die schone s!s ducb 193. Ich bin geneigt sie für verderbt zu halten, denn au das unter niederländischem Einfluss auf niederdeutsches Gebiet in der Umgangssprache eingetretene Plural-j (z. B. Jungens} kann man kaum denken, da es mittelniederländisch nur an Formen mit auslautendem -r antritt, und eine Bildung wie letiis damals, wie heute, noch unerhört wäre. Bei dem Plural herol;^ darf man vielleicht an die Entstehung aus lat. beraldus erinnern, das einen Singular /r^ffo/;^ ergab (vgl. die Eigennamen, z. ß. Pl)ilips aus nUippus), so dass dann von diesem schematisch ein Plural heroli^e gebildet wurde. In diesem musste der allgemeinen Regel nach das -e abfallen, und so konnte sich für Singular und Plural die Form herol:^ ergeben.

Nicht mit apodiktischer Bestimmtheit vermögen wir die Heimath der Abschreiber der Nürnbergischen Vorlage festzustellen, aber doch werden wir mit grosser Wahrscheinlichkeit behaupten können, dnss die Schreiber der rheinfränkischen, speziell hessisch- wetterauischen

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und es ist dann nicht unwahrscheinlich, dass die Copisten sich unter dem sie begleitenden IV-isonal befanden. Ob wir die beiden Schreiber (v^l. oben S. i62f.) als 1-rankfurter anzusetzen haben, lasst sich nicht mit Bestimmtheit sagen, wohl aber stammen sie höchstwahrscheinlich

aus der Unit;ci;end von brankfurt. Worauf die ausserordentlich schlechte Ueberlieferung begründet ist, lässt sich nicht sagen. Möglich, dass die Augenblicksaufzeiciiniaigen des Nürnberger Berichterstatters sehr schlecht geschrieben, die Frankfurter Schreiber aber nicht grade paläographisch gut gebildet \v n cn und darum Manches Unleserliche ganz wegliessen, Manches durch Hrrathenes ersetzten. An vielen Stellen mögen aiicii I h i Jitigkeitsfchlc: (so z. B. A/»:///^ statt A/t'/^ S. 172 Var. t iL.; Jen i rankfurter Sein einer charakteristisch) mit uiucrgelauten sein.

Halle a. S. John Meier.

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IV.

Di« rüminchen Ziegeleien von Nie<l b«i Höclwt a.

und ihre Simpel.

I Ita (fMfff ««MI.

1 Vor|:c %«.h»%hlc und l(>p<>t:rjphi'^«.hi Vor Jit%%ct : , - "

J ci A u % >: r i u n i; c II.

\t*n der Sulic Mi, «I» ticr M^m «»Kfl:: / Av,' . »Ii '11 II 1 r «Hl«,r *%cr!^TCT ccu cn 'l :*4l luivh^i» l >Jc;.^ ^^J - . iti 4 c *• vrrhcini^whi* Ticfct^v^c triii, »inJ #*<i Purku v.hi <• n. tr'Jir i;c«u'TJt*i-)^^lii'f iiiiil );c>^}iuhtluhcf Rcilcutun«; J.c k' tt;t.nJi.i>»: #ift:%«,licti Ibtua utit! Kc%\c!\iiJt und d;c Ntddini.'^.* /«»«.hcn il«KliM und Nivd. Ürrcuht m der cr%t|;mjnfis(t ^ der VcrLchr%«if'. «cUlicr /Aiwticti dem Vi>i(dvi*cr^ rrc«« dir K^<<n und dem '^jn sjrt jiidcrM-i{% dem IjuIc der K " i.nd der •pilcrm ].ei|V'ik'*l rjnklurtcr lircr* und llindt'^^iri'^ ^t*f4«:i, d<-n Mjift, «jr diN\cU>e l*ct I(>k^ der 1 jK nt.- d<* de 4lte^ie C*c^«.!l^k^:e iuei'i-i!<»\ no»,!« «uhttt'crrn S^r.*.'«* - /uss^hcn Viv«t •xri; und l'iunt.« %cibi.}ct:J. » & C !..t!tt-ii tf'\ iAr.n- t.i d KtiL-inUnd. ibct jü^Ii dse Rt'n*«! .R^ t ^l' u*.d CJit-rii'li-r'^t J I. Vric. I>a^> dir beiden |*t:*'Iie in iler * /ril n-.M Ml M'fir l!cf\i*rtreteii» «ic mm nuh ''rrla.;« tri; (II M !'te, hil M'.i^t'i (<r«;nd r. T. d^nn, «ite v. < « . Jtr I * r'Lti l\.n V »et ^-'iv-'.en V:*' » d.« berühmte Rc.*»'"» et«.,«*«, de \i*ru''e dir |:nil"J|*^ -wi^lun I iice Kr**kr » » te?i ' . te« .11 ii'fH .^..iier -i«.'!! iK-r i!incti i<>cfl«£C? lK,'i lit'i itte'i** 1 i>ii^4l*iir\^fic>n d:c Hed%*i»!i.ni; der i^Jc*- - »i «J.".!!! i..f Jic I 'i<K'n.ri: Lfid V^heruf'i; dei iintrfir^

t!* der I«:». ??'v"..vt:i"n V;:c au* r-khi eiK«;aR|f<r . 1:4! c tcn IWmic ti.K |4}.r!.:.! dtft* 1 'cs^h/eis *: n'ii einer M»rr »-••rx At'i / dcf d^JVj * «isti »til /4'.>iuhef \(»rltJfldencr *«vt der \«-rfc'.t r.n Irl 'litti« liiierr««c lur eben dicic ^ev.**

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Denkmäler erwachte, hat man, ganz im Sinne der damaligen Lokal- forschimg, die sich mehr durch entliiisiastischen Eifer als durch kühle Kritik auszeichnete, an beiden Orten »Komerkastelle« weniger gesucht als ohne weiteres angenonmien, wobei freilich zufallige l unde von »Altertümern« mehr massgebend waren als die angedeuteten historischen Kombinationen. Entsprechend der grösseren Reichhaltigkeit der Funde trat denn auch die Niddamündung in der Wertschätzung der Forscher ganz entschieden hervor gegenüber dem Mainknie bei 1 lanau-Kessel- siadi, wo der Namen »Kastellstätte« den Mangel thatsächlicher Beweise decken musste. Schloss man hier aus dem Namen auf das Vorhandensein einer ßetestigung, so war man an der Nidda ebenso bereit, für das aus den autgetundenen Kesten, besonders zahlreichen Legionsziegeln, vermutete Kastell aus der antiken Litteratur einen entsprechenden Namen zu hnden. Man lokalisierte dort das am Mittelrhein und Untermain so lange vergeblich gesuchte «nuiniiuentum Traiani" des Ammianus Marcellinus.' Die Willkürlichkeiten einer solchen Forschung veranlassten dann in neuerer Zeit einen Rückschlag: indem man die unbewiesenen l olgerungen ablehnte, übersah man die Bedeutung der ihnen immerhin als Grundlage dienenden That- sachen und berechtigten Kombinationen. Das neu erwachte Interesse für den die endgültige Grenzlinie des romischen Germanien bildenden Grenzwall und seme Kastelle, der glücklich gelungene Nachweis seiner Einheitlichkeit und seines Zusammenhanges lenkten die Auf- merksamkeit der »Limesforscher« umsomehr von dem Hinterlande ab, als sich ein grosser Teil der von den älteren I^okalforschern angenommenen »rückwärtigen Verteidigungslinien« und »Römer- kostelk« aU nichtrömiscben Ursprungs herausstellte. Ich bin weit

* Vgl bes. Lehne, DieGatmi des Taiinus md ihre Dcnbnller. N. A. (Annalen des Verdns f&r Nassautsche Altertumskunde und Geschichte) U i> 1827. S. itff.

Abgedruckt in den Cicsammcltcn Schriften, herausgegeben von H. Külb. III Dändc 18 j8 S. 38 tr. Wenn Lehne N. .\. a. a. O. S. 12 meint: »Die Anhaltspunkte scheinen mir hinlänghcli, meine Meinung, dass hier (etwab oberhalb dem heutigen Orte Nied gegenüber) das munimcntum Traiani gelegen, zu bestätigen«, so wird ihm heute kein Forscher zusthnmen. Was er aber von der Bedeutung der Nidda» mQndung für die römische Okkupati n s. n) sagt, ist vollkommen nurcfTeiui, so besonders auch, wenn er betont, dass olmc Helestigiing der Nidd.>linic die Be- sctzun^^ des Taunus keinen Sinn habe. Die altere Litteratur über das römische Nied und seme militärische Bedeutung llndet sich zusammengestellt bei Habel, Die römischen Ruinen bei Heddernheim N. A. I, i, 1807 S. 50. Ueber die In* Schriften \^]. man Klein u Becker, I. N (Die lateinischen Inschriften des Herzogturas Nass.iu ) in den N. A IV, S. 485 ff. und Brambach, C L R. (Corpus Inscriptionum Rbenauarum 1498—1502.

III

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Strassen, durch die sie Mainz mit der Grenze verbanden, dieser Weisung der Natur gefolgt zu sein. Haben doch unsere Nachforschungen während der letzten Jahre, auch abgesehen von den bei Kesselstadl und durch die Auffindung einer römischen Niederlassung auf dem Frankfurter Domhügel gewonnenen Anhaltspunkten, eine Reihe von neuen Belegen für die Hxistenz einer das rechte Mainufer von Kesselstadt über Frankfurt nach Höchst begleitenden und anderseits einer von der Elisabethenstrasse in mehr südlicher Richtung nach dem Main verlaufenden Strasse ergeben.' Ueber den. Zusammenhang beider und ihren weiteren Verlauf werden hotfentlich die Arbeiten der Limeskommission Aufklärung bringen. Hier werden sie nur insoweit erwähnt werden, als sie mit den interessanten Funden, über welche wir in den folgenden Blättern berichten wollen, in Zusammenhang stehen.

Es leuchtet ein, dass gerade die Auffindung der Anlagen von Frankfurt und Kesselstadt mit Notwendigkeit zu einer neuen Prüfung der Berichte über ältere Funde an der Niddamündung drängen mussie. Erleichtert wurde dieselbe durch die sorgfältige Zusammenstellung der Littcratur in Hammerans Urgeschichte.* Doch führte eigene Prüfung der Originalberichte von den angedeuteten Gesichtspunkten aus und wiederholte, eiiigeiiende Untersuchung des in Betracht

* Vgl. Wcstd. Korrbl. a. a. C). S. 5 und 7. In allerjüngster Zeit ist an der Hinniüiiduiig der Wcscrstrassc in die Gutleiitstrassc, also genau in der Richtung, in welcher nach den gewonnenen Anhahspunkten die reclitsniainische Ufersirassc das Frankfurter Stadtgebiet durchschneiden niussic, eine Bronzeniünze Gordianus' III. bei .\rbeitcn des Tiefbauanits gefunden und dem Museum übergeben worden Noch spater wurden bei einem der letzten Häuser Nieds in der Richtung nach Grieslieini-l raiikfurt römische Reste gefunden, nacli einen» mir vorgelegten Kruge und den .Angaben der Finder Bestandteile eines Grabes, dessen Lage wiederum jener Strassenrichtnng entsprechen wurde.

' .\. Hanimeran, Urgescliichte von Frankfurt a. M. und der Taunusgegend. Festschrift zur XIII. Jahresversanmilung der deutschen .Anthropologischen Gesellschaft, Frankfurt i88i. Die dort zusammeiigtsicllte Litteratur ist vollständig verglichen Nvordcti. nur die Blatter der Mainzer Zeitung, welche Mitteilungen über Nieder Funde von Lehne enthalten, waren mir unzugänglich. Ihr Inhalt ist aber wieder- gegeben in desselben Verfassers Mitteilungen in den Nassauischen Annalen (siehe oben), die mir vorlagen. Ich werde übrigens die älteren Angaben nur da neben Hammerans Citaten anführen, wo sie die letzteren ergänzen oder von mir anders verstanden werden. .Xusser der von H.inimeran angeführten Litteratur bieten auch die K.italoge der .Museen von Bonn (Hettner), Mannheim (Baumann), letzterer erst nach Hammerans .\rbcit im Jahre 1890 erschienen. Notizen über Nieder Provenienzen. Von den im Wiesbadener Museum von mir verglichenen Stempeln aus Nied und Höchst wird später die Rede sein.

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zum Sulzbach und dicht an die Häuser von Höchst gehört. Dieses Feld, bzw. der Teil desselben, welcher im N. vom Bahnkörper der Hessischen Ludwigsbahn, im S. und O. von der Nidda, im W. vom Sulzbach begrenzt und etwa in seiner Mine von der Frankfurt» Mainzer Landstrasse auf erhöhtem Damm durchsogen wird, ist das Gebiet, auf welches sich zunächst unsere AosfQhrungen beziehen. In seinem nordöstlichen Teile macht sich noch ein altes Kiddabett deutlich bemerkbar, welches, vom Fluss unterhalb des nördlichen Knies abbiegend, ihn dicht oberhalb des südlichen und der dort über ihn führenden steinernen Brücke wieder erreicht. Nur auf die etwa 150 m lange und breite Halbinsel zwichen dem alten und neuen Niddabett südlich und nördlich der Strasse, von der Brücke bis zur Fischer>Scbmidt*schen Fabrik, beziehen sich, von einer Notiz ab* gesehen, alle älteren Fundberichte, nur auf sie beschränkten sich alle früheren Nachforschungen. Daher fasst Hammerau' seine Ansicht über die Ausdehnung der vermuteten Römerstätte in die Worte zusammen: »Alle diese Funde scheinen indessen auf ein Terrain beschränkt zu sein, das dicht am Niedufer liegt; die Ausdehnung desselben nach Westen ist nicht ersichtlich.« Wenn er aber auf Grund dieser Ansicht bezüglich einer Angabe Habels, dass ein durch Schapper ins Wiesbadener Museum gelangter Ziegel der 22. Legion »zunächst der Steinmühle« (am Sulzbach) gefunden sei, meint, dieselbe sei «vermutlich cum grano salis zu nehmen, da die Fundstätte sich kaum so weit nach Westen erstreckt haben dürfte,« so haben die Ergebnisse unserer Ausgrabungen diesen Zweifei als unbegründet erscheinen lassen.

Was den Charakter der Fundstücke betrifft, auf welche wir bei der ausserordentlichen Mangelhaftigkeit der Fundberichte för die Beurteilung der Bcschatfenheit der Ansiedelung fast allein angewiesen sind, so fällt bei den älteren Mitteilungen, die sich auf gelegentliche Funde und oberflächliche Nachforschungen an dem zerrissenen rechten Ufer der Nidda »nahe an der Brücke« und »am Wege nach Frankfurt« beziehen, die qrossc Menge der Legionsziegel verschiedener Art und verschiedener Truppenteile i>ei ausserordentlich geringfügiger Aus-

gdcüirzten Namen ein Nidomagus oder «n anderes ihnlicligebildete& keltisches Wort

ails alte Bezeichnung für Hcddcrnheini stecke, und dass die platea dcxtra mit der Elisabctlu'n<:Tr;i"^sc i^lcntisdi <ci. V'nüc Uebcrcinstimmiing des Ortsnamens mit dem des Husses nndct t.icli, gieiciitalis aut keltischem Gebiete, auch bei dem Namen Deva in Britannien, vgl. HObner, Römische Herrschaft in Westeuropa 1890, S. 29; bei deutschen Orts- und Flussnamen bekanntlich oft. ' A. a. O. S. 9J.

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(VIII, XIIII, XXI und XXII) vertreten waren, darunter solche, welche nach all';emeiner und wohlbegründeter An.sicht nur in der ersten Zeit der rechtsrheinischen Okkupation in Germanien standen. So wenig daher das \'orhandensein von Zicgelstempehi an sich als Beweis dafür «gellen kann, dass die auf den Stempeln genannten Truppenteile an dem betreffenden Orte gelegen haben, .so erforderten dieselben doch im vorliegenden l alle umsomehr Beachtung, da ohnehin innere Gründe für die Annahme einer frühzeitigen Besetzung und Befestigung der Niddamündung sprachen. Aber gerade der letztere Umstand liess die Wahl des Ortes auffallend erscheinen. Den nachweislich frühzeitigen, d. h. aus der ersten Zeit der Okkupation stammenden Anlagen, wie z. B. Wiesbaden, Kesselstadt u. a., ist neben dem quadratischen Grundriss die Wahl eines beherrschenden Platzes eigentümlich.* Ein solcher, von der Natur geradezu für eine den Fluss beherrschende Befestigung geschaffener Platz aber findet sich in unmittelbarster Nähe unserer Fundstätte: es ist der, auf welchem Alt-Höchst mit seinen fast quadratischen Festungsanlagen, seinen 4 alten Thoren und fast rechtwinkelig sich kreuzenden Strassen liegt. Aber in Höchst war angeblich »nie etwas Römisches« gefunden; die als »aus Höchst« stammend bezeichneten Fundstücke des Wies- badener Museums, fast ausschliesslich Ziegelsteine, konnten ebenso wie einige in neuester Zeit in den Fundamenten eines Hauses in Nied gefundene und durch Hammerau ins Frankfurter Museum verbrachte Backsteinfragmente mit Recht als vom oben beschriebenen Felde verschleppt betrachtet werden. Es war kein Zweifel: die Nach- forschungen mussten, wenn man nicht ganz planlos vorgehen wollte, von dem thatsächlich Gegebenen ausgehen, die Beschaffenheit der auf dem Nieder Felde einst .vorhanden gewesenen Niederlassung niusste festgestellt werden, ehe man weiter suchte. Und auch hier war es zweckmässig, den militärischen Charakter der ersteren zunächst wenigstens als denkbar anzusehen, zumal da maqche Eigentümlich-

' Ich habe dies eingehender nachgewiesen in der oben angefiilirten Schrift iihcr das Lager von Kessclstadt. Die dort für die Annahme, dass das genannte Lager alter als die Anlegung des Gren/walls sei. aus der Situation und der Technik entnuuiniencn Gründe sind in allen mir bekaniU gewordenen Besprechungen des Buches als berechtigt anerkannt worden; so von Haug in der Berl. phil. Wochen- schrift II. Jahrgang 1891, Xr. 17, S. J57. A. Riese im Korrespondenzblatt der Westd 7tit chrift 1890, S. 195. NeucrJinL;s K.icnen in den Bonner Jahrbüchern Heft LXXXXil, 1892, S. 240 IT., der sogar noch weiter geht als ich, indem er da^ Kessebtädter Kastelt bereits am Anfang des i. Jahrhunderts n. Chr. entstanden sein lisst (S. 24a), eine Vermutung, in der ich dem verdienten Forscher nicht bei- xustimmen vermag.

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winkelige Ornament am Rande, welches auf weniger gut aus^cpi Exemplaren ffir F gehalten werden kann.

ms IVorms. Platte 0,27:0,035 nach Weckerling Kat. II, gefunden bei Ausgrabungen bei Martamfinster 1882. Der St ist nach dem Abklatsch vorzOgltch ausgeprägt.

5) LEGiixiipr.p.i. ? (1 1^. 99).

I Falzziegelstück, gefunden unter vielen Ziegeln iimtncrr Brandschutt 12 m sikllich der Strasse. Der Stempel \\ u icd< dem vorigen seht ähnlich, wie der Antanir des st.iri;cn 'lieni' balLenb und eines Zweiges, bzw. einer Ahrc, ci kLi;iKn Lisst. \Vc der bei Becker Kat. 304, 16, 19, 37, 38, 39 ani:ctiihi icii St. die:>er und der vorhergehende entsprechen, ist niciu eniscii'

6) KEGXXiiPKl (iig. 100). PF

I Keüplatte 0,27 lang, 0,13 breit, 0,014:0,03 dick, gefunde dem Felde /wischen Nied und Höchst, im Besitze des Herrn Dr. iD Höchst.

I Bruchstuck einer gleichartigen Platte, gefunden von uns i dem Ölen A.

= M<n';/^. Platte 0,28 i. Q. : 0,1)) niii anklcbtndem Ziegclir ct. Becker Kat. 304, 77 und Hr.uiib.Kh 1377, g, 47, wo f.ils' PRIMI gelesen ist, indem das Orn;unent .1111 rechten K.indc, v bei dem M.ünzer Exemplar geschehen konnte, für ßuchstabci halten wurde.

Worms. IM.iite 0,21 i. Q. ; cf. Weckerling Kat. II, S. 89, 1

7) Lb(^ (I r). Zwischen beiden Zeilen ein Bhubiiadel (Pig.

XXIIPP

I Palz/ic^'el, [gefunden neben dem Sclilämnibdisin, vgl. b,

8) LEGXXÜ (Hg. 102*)- '

PRPFA^'?

I Hypokaustplattc 0,22 i. Q. : 0,04. Fundort D.

Die Platte war, wie alle am Niddaufer im Überscluvenmi gebiete des Flusses gefundenen Ziegel, sehr stark mit Sinter be( der vom Stempel kaum die vertiefte Rosette bemerken liess, W ill;! eine gleiche an der linken Seite entsprochen hat. Vorsic Behandlung mit Salzs.nire liess nach Beseitigung der aufsitze Sandkörner allmählich die obere Zeile und das aus sdir.'igcn Kit zwischen 2 Paralleilinien bestehende trennende B.uid erkennen, untere Linie ist nur mit Benutzung wechselnden Lichtes unsicb« erkennen. Der Zusatz ANT (oniniana) in ablicher Ligatur sc

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die Grenze des Ackerlandes und die geradlinige Abböschung nach dem Flussufer in spitzem Winkel schneidet, dann jedoch infolge der NivelHerung durch den Ackerbau verschwindet. Die späteren Aus- grabungen haben erwiesen, dass diese Linie wirklich die südliche Begrenzung des römischen Anbaus noch andeutet. Nahm man die Existenz eines Kastells an, so konnte es keinem Zweifel unterliegen, dass dort die Südfroni desselben zu suchen sei. Diese Annahme schien durch folgende Umstände bestätigt zu werden. Es fiel auf, dass der genannten Böschung eine damtnartige Erhöhung in dem Felde unmittelbar südlich der Chaussee annähernd parallel läuft,' welche am Brückchen über den Sulzbach, dicht am letzten Hause von Höchst, der Steinmühle, beginnend, sich im spitzen Winkel so von der modernen Strasse entfernt, dass ihre Verlängerung, die Fischer- Schmidtsche Fabrik in der Mitte ihres Nordflügels schneidend, die Nidda dicht unterhalb der Nieder Brücke trifft. Als ich diese Erhöhung bei der ersten Begehung des Feldes im Frühhng 1891 gemeinsam mit einem jungen Kollegen, Herrn Biümlein, entdeckte, da war der erste, sich natürlich aufdrängende Gedanke der, dass wir den Um- lassungswall des oftgesuchteti Kastells vor uns liätten; und alle, welchen ich später die Stelle zeigte, waren geneigt, jeden Zweifel an der Richtigkeit dieser Erklärung als unberechtigt zu betrachten, ja die von mir vorgebrachten anderweitigen Erklärungen der Er- scheinung als Zeichen der Unsicherheit anzusehen. Auti.illend wäre nämhch bei der angedeuteten Annahme der geringe Abst.ind des Walles von der siidUchen Böschung gewesen. Er betrug nur ca. 70 m, .ilso die Hälfte der Breite eines normalen Limeskastells. Abkühlend aber wirkte, und zwar gerade auf die sanguinischen Verfechter der W allhypothese am meisten, die Mitteilung der Ürtsbew ohner, die sich bestätigen sollte, das der Wall die »alte Strasse« sei, welche man in den 20er Jahren beim Bau der steinernen Niddabrücke wegen der Veränderung der Brückenachse um wenige Meter nach N. verlegt habe. War somit die dammartige Erhöhung aufs einfachste erklärt, so blieb doch der Parallclismus zu der südlichen Böschung. Wie, wenn die »alte Strassca einem noch alteren römischen Wege ent- sprach, der, das Kastell in seiner Längenaciihe schneidend, zu der römischen Brücke über die Nidda und über sie als rechtsmainische (Jlerstrasse zur Grenze bei F^anau luiirte? Der Gedanke lag zu nahe, um abgewiesen zu werden. Dann ergab sich eine nur male Breite von ca. 150 m. Die Lage des hypothetisch in den Flurplan einge-

< Tafel 1. F.

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33a

Vcf1IJt.lu4\^•l'lUtl« der PoMittlll M*t) ll»sSl»t tluSf i * .

«vM;n unj «of Je nuiuhc «iii HiUm^un/iii «.ri.. Is hiixti. . . Kiiincf :*ci Jcr Anljjcc ihfcr B«.lv-ttii,:;iTt);i-n /u %tcl*<i r*^«*»*»' 1 Jcf Iti»iii bnJ 4uf der rcihscn i SjuIc durvh die NiJJj deit M*-ii itcdvwll. %kiirdc dvr l*Ut/ 4i.vh mhi S't'rJ«» : cf » -v'' - 4llcn NiddiKitcn Hh^i-i /u. irt'l;t.li .rtfuc^in m.'I * Ji- l iu^li %«*m K4.«.ki-fi hvr dcf /ii;:4r^ nuf Juuh 1..%' « do ii;t'^-!:^ti ykjft /u dm ^- ..r.'^tij'i'n /u t««,lircn «

nhibt /u rtit^vhiidcn. tU^s 4^cf der r.>*r>K'lic AkV««. - crkcKuh «u!cr iiA«.h W(.s;cn hm cr«>tr«r«ki l»hc. j!v t aniuhiti. dj% «urdtf n>tr w!u>n bei diu irMcn Bctrc' ur^«r J.« I dur^h /ahl!«>%« /uf:i-llundc, darunter iUi.h mrhrcfc k,c%:«R:f* f^cifclU)\. Die Mittciluri): endlich, d^^^ 4uJi bn SvuM.'C i»%(!iwh%icn Teile svn Ho^h^t, divbt |cn^it» dc\ S»l/b4i.:.s U' . . fomi^hc Mun/cn ^viurtdrii Mrivn, \«,hivti dir 4ul hinjudrisscr. J •« : ' skU C«r4l'Cf Uu^\ cjiicr düf%h d4% heutig'« I1> 1..'.'in4cn Str4*sc htn/*n:in. A"i: du-sc Bci':ui.htun^*«n « i';ncr ncucti, \) \tcn:ati».*,ljc« L nti-tsuvhiinK' dv\ TctJi.f.» ** 4^" . und ermuntern.' Bei dcr^tU'cn im, •\te der n: tjr.w'< l ^^'u " der An^trdrtun^' - lunt Jcf skIi itiimcr USiJct 4l! «2 < II IUt.}iNt. , . ^ , t-ni!uh 4i)vli jut Jen 4u:!i!1eii-l . Ur:* •» ,i Kk«*- . Vt»n \iid rutilC'sJiii SejUuMu'^e - aIn Vor Ji , ^.tr .. \(»;ju> cl/;.'i^' XU Ii rar.^'in i»Jer /j ^iJcrl*,, vt>. in. ii» . iJcr A».t.i! niwlii /Ii Jen alten An/wuhen r*»m ^».?im Anri^-. n-

neue fjm/u/ut«^'cn. Dha *4ren die Gr .1 >,i:\ J o . /«., ' A- , r .:;.n^'cn, w.c üas H..lfi- ei"tr in Pn%4ilft. cti 4. »" Suiture im llerl-^te is-ii i;i ,;c:u:.ri wurden. Sic mii\% it.4" ■•?* K-Ju ;«.! , vfc.il n:jn »lulit !T.:i n:jMvhcn dur%h i*nJ '„r J * \-

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223 ^

roeisten versprechenden Stellen unberührt blieben, dagegen solche angeschnitten wurden, an welchen man bisher gar nicht gesucht und nichts gefunden hatte, auch wirklich weit weniger ansehnliche Fund- stücke erwarten konnte.

II. Der Verlauf der Ausgrabungen.

Wäre es uns darauf angekommen, bei den Arbeiten schnell in die Augen fallende Resultate zu erzielen, so hätten wir den Spaten an den Stellen ansetzen müssen, auf welche sich die älteren Berichte beziehen. Sie zu finden war nicht schwer. Zwischen der Strasse und dem alten Niddabett erstreckt sich eine flache Erhöhung gegen die heutige Nidda nach Osten,* welche den bezeichnenden Namen »Huhnerberg« im Volksmunde führt, während das mehr westlich gelegene Feld zwischen der Strasse nnd den) Bahnkörper auf der Flurkarte als »Römerberg« bezeichnet ist. An der erstgenannten Stelle fanden sich sogleich bei den ersten Terrainbegehungen im Frühjahr 1891 die gewöhnlichen Spuren römischen Anbaus in Menge. Sie entsprechen ganz den aus den Berichten zu ziehenden Folgerungen; und die Besitzer und Anlieger haben zweifellos recht, dass dort noch »Mauern«, »Töpfe«, »Münzen« u. dgl. in Menge zu finden sind. Aber das wussten wir ja ohnehin ; eine Nachgrabung würde sicherlich, da eine solche nie halb ausgeführt werden soll, zur Vertiefung ins Detail geführt haben. Daför ist später noch Zeit genug, daflür haben die Museumsverwattungen auch eher Müsse und Geld als für die undankbarere, aber wichtigere Arbeit der Terrainaufklärung, die doch für die Detailarbeiten erst den Rahmen schaffen soll, in dem die Ergebnisse der letzteren ihre richtige Stelle und Erklärung finden. Es lag nun sicherlich am nächsten, die oben geschilderten Beobachtungen auf dem Terrain südlich der Strasse zu benutzen und Querschnitte gegen die alte Strasse und die Böschut]l|g des Niddaufers zu machen. Die späteren Arbeiten haben ergeben, dass wir dort sofort wichtige 'Anhaltspunkte für die. Topographie des römischen Nied ganz im Sinne unserer Vermutungen gewonnen haben würden. Aber der Unistand, dass das Niddaufer von fiskalischen Wiesen begleitet ist, sowie andere hier nicht zu erwähnende Gründe Hessen uns zur Aus- führung von Einschnitten an der genannten Stelle überhaupt nicht, auf den Äckern zu beiden Seiten der Strasse erst später kommen.

Nicht von unseren Wünschen, sondern von der Erlaubnis der Besitzer von Grundstücken und der Art der Bestellung dieser letzteren

« Tafel I bei AJ.

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mar «lir Wjht JcNi>rii;v jMiJtiL k . -»n Jen» mir Jen VfkAtm A-*e*jtf- 1>J%% «ir üic% ubcriiJiipt Itnintcri, vcrjjnkcti «ir ju%\«hS Je* luK,h\l jocrkf nncii%iftcf!cti I nriiircnLoninun Jc^ Jcf/cit-.ctt ^*p.' nu-isicf\ \*»n NicJ, Hcfrn I ran/ SmM»n, »inJ (ic% Ort*V'i.r»:r'" ^ '* ' ^ i. ur. DicMrlhcn stellten um luf J e /eil a»»,h Ats^t . ; Iri^hf ihre beiden ncKticiiunJcr i^li.cnvii A..lcf' r^t \ ct!-. , J-r %Kh »uhc dem Rlhukmpcr (vltr l.i.Jv, i ^im'h; ). m c- c* Ii-» \«ffj » i<ir>m \»»ri n,u:h W. crvtrcv»>tcr\ Ja^\ ihr %äV I :^Jc iiiiik1(.'.:viin 21*» m \tm den luih^ten ius tfuhefrr /»,!• ^c»*r'^c• I i.njxu ] 1 1! , al^cr riiv^li inncriijlb de* HrrcKh^ t , ■»

fi'riü-.Jic Kc>:c, lucr Jin\chhe«ivhvh /;t; v Nuü^'tii, * t.'*'. . * J'v:icn \K ctUJ Vkir hier virun «^J^f tiu-h'irt- \if i, .-.r^»- Ji-r I at: . r !». Im;'!^; Jcr AvLcr /*>i:cti, v«< Li-nrntn * hn'i f r.- Apl',4li>p;,riL!(. !iir plinfn.i% . .'f \.i«.iit:r j;'ut-.v>ti :i. ^k '-k ' <: ' * , ü't^T du- Hc>:t.'cT .nuii-Tif Awkct lur u:r.<.rc A'tv.'.f ; iiiKl d-idur»!i wnücrc I r'.ii!: ^ti Si. '•.»::• ut:/c'\ j ^

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jinnivt ..in>:iiui«.' Art'cU nur ilio \ :i.r.-i.-hfi: Hi.' WtJi.uhi; "-titidrrj, liif itnc m»'/!iJui /w.*: Ai.^' . : . \4'' JicJtfidc \ 1 T J r ; i ::cfi * i,;r ^ hcn-'V^ Cf: wjtv'*. -. - ^»i l.> -.»n, '«Tt njvti AintTüiiri: J^r \»»<.f r v . . k *

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eine so hochgradige, dass wohl die ungefähren Dimensionen, nicht aber bestimmte Fluchtlinien fcstgesielU werden konnten. Das Suchen nach den letzteren machte einen gegen den westöstlichen Hauptgraben senk- recht gerichteten Versuchsgraben nötig, der uns am Rande des nord- lich anL;renzenden Ackers auf die offenbar wohlerhaltenen Reste eines Bauwerks führte, welches durch manche Anzeichen, die auf Hypokaust- anlagen zu deuten schienen, unsere Neugierde in hohem Grade erregte. Unserem Plane entsprechend liessen wir trotzdem die Stelle vorläufig unberührt, da ihre Aufdeckung fortwährender Aufsicht bedurfte und ausserdem der Nachbaracker erst für spätere Zeit zur Verfügung gestellt wurde. Wir gingen zunächst im Hauptgraben weiter bis an das Ende des Simonschen Grundstücks. Da aber die hier aufgefundenen Reste ihre volle Erklärung erst durch die Aufgrabung des genannten Bauwerks fanden, so nehme ich die Beschreibung desselben vorweg. Die Verzögerung hatte übrigens den Vorteil, dass die bereits durch das gänzliche Fehlen aller massiven Mauern, durch das massenhafte \'orkommen von Backstein- und Ziegeltrümmern der verschiedenste«! Form, sowie durch manche Anzeichen anderer Art in mir erwachte Vermutung, dass wir es nicht mit einem mit Hypokausteinrichiungen versehenen Bau, sondern mit einer Ziegelei zu thun hätten, sich vor dem Beginn der Aufdeckung so sehr befestigt hatte, dass wir dieselbe von vornherein nach einem klar vorgezeichneten Plan ausführen konnten.

Der Ofen war sowohl durch seine Grösse als auch durch seine BeschatTenheit von allen bisher in unserer Gegend gefundenen Ziegel- und Töpferöfen verschieden. Bei den Töpferölen von Heddernheim und Heidelberg, sowie bei den grösseren Ziegelofen von Grosskrotzen- burg bestand der unterirdische Heizraum aus einem durch Seiten- wangen nach aussen verlängerten Schürloch, an welches sich zwei durch eine Längsmauer getrennte, ebenfalls gewölbte Heizkanäle anschlössen.' Die Decke derselben war durch konische I^fcifen durchbrochen, welche die Heizgase in den über ihnen behndlichen Raum für das zu brennende iMaterial leiteten. Diese Teilung des Heizgangs war für alle diese Ofen charakteristisch, so verschieden sie sonst waren, indem der im Jahre 1881 aufgefundene Heddernheimer Ofen rechteckigen, die Heidelberger und Grosskrotzenburger An- lagen ovalen, bezw. kreisrunden Grundriss hatten und das Baumaterial des eigentlichen Ofens am letztgenannten Orte aus Basalt Bruchsteinen

' Ich habe die Grundrisse und Qperschnitte derselben in gleichem Massstab in der Arbeit über den »Römischen Grenzwall hei Hanau«, Hanau 188$, Tafel J mitgeteilt. Dazu »Exkurs über römische Brennülen«, S. tiotf.

in LdMDvcrhtoU, m allen amkni 1 aUch Aits«eiiiic«Ji«:ii mi ttcincn be^tjnd.

Im Wi«)cr>pnich dira wurJ« «kr NirJcr (Hau* Jiff»b «r-"«* rc<hif«:ki|:cfi Grundri%« mit Ucnt luktit m HoUrnibcim t^^ui^rr uhfTciintimmie, ihn »hrr in «kn Mj%«cn ubaifi(. %<Nt eine« llrj ^:4n|;c JUfr crwirnit. «kf \iki dem nuiht Jurch Neiicii««'^ «eilinfgeften S^hitrliKli an in wner k^"'^ I^n|re entri^itv lleuKinK hittc 68 cm lichte Brette unJ «Jr %<» f«ci «' breiten und bn^cn Ba<kMcuipUticn lutKcmJueften Netten« Mst^ cmiteliM, mihreiki wm l-u%«biMlen juv ^in gebrannten teiralae «e9t*9r «uiik, die unter fcne einbanden.' In 40 %m Hvktc vbcr <kn ÜMiki» pbiten waren auf die Seiten«an|;cn ^enire^lit k'cv<« die l^^r" acine 4 yo cm turkc Quer/unfsen *us BacLucinen j«t»»vti; «eUhe tn VerbindunK ntit der wirdcfcii und hinteren Wand i lleu kaiufe fffcnntcn und emU^^tcn. deren Breite br; dem erucn und U«i*fl- 141. hei den ubriiEcn cm bctni^. I>ic\c ^i..vf7Ut)t:en i.c««^fu»»*«- den Het/^in^ tn Wolbuo^cn. \»cU:lie %ermitteUt jcroMcr Ke i.ci« isebildet «aren. ikihrcnd über vnd neben die^ da% Mater u. Rippen aut roheren Bikkiteinen bestand.

Su bildete denn der lleu^4n>: in «cmer (^e^imtliett emen 2.H ^ langen. (i>8 m breiten und im Schettel i m hohen Biv<^"f^->nf . «eft^acr \erm«i|;e «einer Dimenkumeo bc«|uem hn am hmiere hnir 's > Brennmaterial gefüllt und ebenso bequem K«^fvini|:t mcrdcn k%w'-i V«Ni demtelbcn au% verbreiteten %t^h die Verbrenmin;:^i:i%< 4ev j t^ucri'a^'icn» m> di%% der ul«er dem 4>len belinJIuhc Rju» »iw** ma%Mi; |{clicut «erden koimte. Die A't. »le duN k'c^Hah. ta ht^hit merkmurdii; und vtm der bei anderen (Hcn bet>6ftiilt:cv

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verschieden. Die Heizkanäle waren nämlich nicht, wie sonst, durch Backsteine überwölbt, sondern folgendermassen gedeckt. Auf den 30 cm starken Querzungen lagen 40 cm breite hartgebrannte quadra- tische Ziegclplatten, die also auf beiden Seiten 5 cm fiberstanden, so dass die Breite des Kanals, abgesehen von dem ersten und letzten, auf 15 cm verminden wurde; auf diesen Ritzen lag eine zweite Lage gleich grosser Platten, an deren die Stossfugen bildenden Seiten in der Mitte ein driiieckiger Bnschnitt so ausgespart war, dass je zwei Ziegelplatten an ihrer Fuge ein ca. 8 cm breites viereckiges Loch gerade über der Mitte des Heizkanals freiliessen. Da über jedem Kanal 7 solcher Pfeifen angebracht waren, so betrug die Gesamtzahl 35. Die 15 cm breiten Lücken, welche zwischen je zwei Reiben der oberen Platten sich ergeben mussten, waren durch Fragmente von Dachziegeln ausgefüllt und mit Lehm ausgestrichen, der durch das Feuer zu einer dem Baumaterial ganz gleichartigen Backsteinmasse verhärtet war. Da nun durch vielfachen und langjährigen Gebrauch nicht nur die Backsteine der Heizungskanäle, sondern auch die Occl:- platten zum Teil verschlackt und rissig geworden waren und sich der ganze Fussboden des Oberraums, besonders in der Mitte über dem Gewölbe, gesenkt hatte, so waren die Unebenheiten durch Lehm aus- geglichen worden, der an manchen Stellen zwei- und dreifache Lagen dünner Ziegelplatten bildete, die, wenn sie von den darunterliegenden Ziegeb abgehoben wurden, auf ihrer unteren Seite z. T. den gut- gdimgenen negativen Abdruck der Legionsstempel fast ebenso fest wie die Originale enthielten. Über dieser Abdeckung war der für die Aufnahme des zu brennenden Materials bestimtnte Kaum gleichfalls noch aussergewöhnlich gut erhalten. Er war umschlossen von 37 cm starken, aus lufttrockenen Lehmsteuien hergestellten Mauern, die durch den Betrieb des Ofens samt der ihnen ganz gleichartigen natürlichen Lehmschicht, an die sie sich anlehnten, und den Lehm- fugen, die sie verbanden , rotgebranot und an der inneren Seite verschlackt waren. Die Wände waren noch 50 cm hoch über dem Boden des Raumes, und ebensoviel unter der heutigen Oberfläche, d. h. bis zu dem ursprünglichen Niveau erhalten, welches sich überall an der Ausgrabungsstättc durch eine dunkle Brandschicht bemerkbar machte, über welcher Ziegelbrocken bis zur Ackerkrume und in diese hineinreichten. Während nun nach N., O. und W. die Backstein- .wände sich unbeschädigt in eine Tiefe von 2,70 bis 2,80 m unter dem heutigen Ackerniveau erstreckten, schloss sich an die Westseite, die das Heizloch enthielt, ein Praefurnium an, welches in gleicher Tiefe wie der Ueizkanal vor diesem mit Dachziegeln belegt war, die, mit

IS*

2S6

Die KoflerscbcD Funde von Oberflorstadt sind mir leider im ! Städter Moseum nicht vorgelegt worden. Der im Westd. ! spondenzbl. VII, 1888, Ko. 48, Sp. 71 abgebildete Stempel ist unsrigen nicbt gleich, scheint vielmehr mit No. 22 identisch tu

« Wiesbaden, Wiesbadener Museum 10085 und 10417.

a Frieäberg* DieflTenbach, Handkat. V, 45.

CS Ai^sU Wiesbadener Museum 10188. Hypokaustptatti lang, 0^055—0^ dick.

mm Niedemhergt nach Abklatsch.

22} LEGXXU (Fig. u^^^^y PRIPIF

Form SB b, 20 und 21, aber mehr oval und grösser.

I PlattenstOck, op5 dick, gefunden bei D.

Im Mannheimer Museum ist ein ganz erhaltenes Excmpla; Nidda*, cf. Baumann iio; es ist nach dem Abklatsch mit dem uii identisch.

« Heddernheim (Fig. 116*). Grosse Platte (V|i i. Q., fasi erhalten, gefunden im Hypokaustum auf dem Friedhof im V 1.S91/92. Hbendort fand sich auch ein Plattenfragmcnt mh Teil des Stempels vermauert.

» Saalburg. Neu gefunden. Abklatsch.

sas Oberiloi s!ndi? Vgl. die Bemerkung zu Na 21.

23) leg XXII (Fig. 117). pr p f ?

Kreis n)it Capricornus in der Mitte.

I Falz ziegelstück, gefunden südlich von de| römischen ^ bei F. Welche von deii verschiedenen Pormen des Capricornus vc lässt si.:h bei dem Zusund des StempeU nicht mit Sicherheit ; wohl aber, dass es keine der bisher veröffemUchten ist, wcnr die Grösse zu mehreren derselben au stimmen sclieint. Vgl. N. A. H, 3, Tif. V, 1—3; V. C. u. J. Taf. LXXVII, 13 ur Suchier 1885, l'af. II, 50 und 1882, S. 17, 6. Die Angabc Becker Kat. 304, 105 und 106, sowie bei Brambach an verschic Stellen genügen nicht zur Unterscheidung. Sehr ahnlich abgesehen von der Legende, ein aus Heddernheim staniir Stenjpel des Wiesbadener Museums auf einer 0,2I langen Hypo plcilcrplatte (Kat. 102 19) zu sein.

24) p p f (l^ig. u8*).

ii:cxxn

Kreis mit Capricornus in der Mitte. 1 Faizziegelfragmeut, gefunden bei D.

229 **•

22. Legion trugen, wahrend das übrige zum Bau verwendete Material, soweit es gestempelt war, auf andere Truppenteile hinwies, war, wie es ein weiterer Beweis für die ausgesprochene Ansicht ist, so auch von hohem Werte für die chronologische Bestimmung der ganzen Anlage und die Kenntnis ihrer Schicksale. Schon auf dem Wege von der zuerst gefundenen TrAmmerstÜtte zu dem Ofen fanden sich in dem sQdnördlichen Quergraben neben Stempeln der 14. und der 22. Legion auch solche der in Nied-Höchst früher noch nie gefundenen ond in Germanien auf Ziegelstempeln überhaupt höchst sehen vertretenen Legio I Adiutrix, die, kurz vor dem Bataveraufstand in Spanien von Galba gegründet, im Jahre 70 nach Germanien kam und nach der allgemeinen Annahme dort höchstens bis in die ersten Jahre des 2. Jahrhunderts, also im Ganzen ca. 50 Jahre geblieben ist. Noch überraschender war es für uns, einige Stempel der ebenfalls sehr frühe in Germanten auftretenden, aber auf Ziegebtempeln bisher nur ganz sporadisch und meistens unsicher nachgewiesenen Cohors I Asturum zu finden, deren Zusammenvorkommen mit der spanischen Legion jedenfisills bemerkenswert ist. Dazu kam als dritte und nach der gewöhnlichen Ansicht allerälteste die Legio XXI Rapax. Aber von besonderem Interesse war die An des Vorkommens dieser Stempel. Den Fussboden des Heizkanals bildeten tegutae der Leg. I Adiutrix, die auf diese aufgesetzten Seitenwangen bestanden z. T. aus Platten der Leg. XXI Rapax, die schon früher in einem ähnlichen Ofen verwendet gewesen waren, wie ihre VerschUckung auf der einen Fläche und bei einer der Umstand, dass sie die dreieckigen Einschnitte hatte, die nur bei ihrer Verwendung als Deckziegel der Kanäle einen Zweck hatten, verriet; als Deckplatten dienten aus- schliesslich die Ziegel der 21. Legion, die fast sämtlich die nämHche Matrize zeigten. Flickarbeit war endlich, wie ich früher nachgewiesen, mit legulac der 22. Legion ausgeführt, und Bruchstücke von Fabrikaten fanden sich in und neben dem Ofen auf dem natürlichen Boden von allen genannten Truppenteilen, am wenigsten von der 22., am reich- 'ichsten von der Leg. I Adiutrix, deren tegulae den erhaltenen oberen Raum des Ofens so ausfüllten, dass es schwer war, nicht anzunehmen,

Vorstellung machen kann. Dies gilt besonders von der im übrigen lehrreichen Bcsclirciiuini; «.icr i)T<iprLTci zu Riegel im Brcis^ iiH' Jtirch Dr. Schreiber im 1. Band <\ f,6-) der Zcitichrill der (iesellschaft Uir Belorderung der Geschichts-, Altertums- uiid Volkskunde von Freiburg i. B. S. 1—42. Im Wiesbadener Museum betmdet sich dzi Modell eines bei Eim gefundeneo Ofens, der dem unsrigen vollkommen glächarttg gewesen zu sein scheint, auch in der rundbogigen Form der durch Ketlziegel hergestellten Rippen. Eine Beschreibung des Ofens scheint nicht veröffentlicht xu sein.

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MC Jic Icutc, uuht entnommene i ulUmK lecbiUct hiiica ? AiKi v%tvi;v ^:t i>ttnud%r ctn inü«;r<rr, <lcr %iir ihm m kCiM Nccik ««kf dulit üiiivtxn }>timl. \on Jcr 3i. I.Ci::on tn Uuhtt Zat CTk*JHi »«irJm «Icnn hjt 44^1«. ir^c Miurt^l ^c-.uiii(h;1i, wckhc« (ur «lic li«MMfii*:«r «Iv % I Htfi> von IUu\ AUS K'^ummt w4r , u.h dtfl hier ««lelcKh cf « JMnce. iL . wir vt.rM.hUvktc lX:«:k\tcii v Jicvcr t^fiian «iKh i*t«r Jn* * wh iiHt unserem Olm jm NtJ4jnit«r KCl undca haben Ihiuli du tau(^k<«.:iui)^ ik« crlullcncn i>tiii% »jr fi.iUftti«* 4c* ( ;ut4ki4,r tiv^ j m %cm %cmem Su4f jnüc ki:itu)cn«lcti «efiieiun RAbi«« r»e>J»."«»% ii' ii^v uüt. l.r lutic *liv'<U< Tide uitd. wimcit c% w." :iteii >s >:>cKhc Gri'^^e \»ic unwr (,)tcii, tpit «Icta er tu «Icr l)f anoruit^: >:<.nju u^reiii/uniimmen whien. l'>en«ti mM <ft€ il;u AI. .(..llviulc S^huttnuvu; vervt.lib«.kie lka«>k»icuu, Tot|^x^jaMc. /irSr«uleln4k l.ehmnu\%e uml Bruchstui^kc lurifcebf innief. i 1 rt »iuiijH'ltcr /ic^icl Jit^cii^t, tlic wir criultcti «urJcn, «efsfi ti*'Hriin i)ivn Ji% lUKi'. KfJUt,hh.uc Mjtiruil entnlhmen ui J«. ri) I lflHu^^ der Wiiicfur.- jii-.si uicn. Au%\cfJetn finden M%h in l i.Alii /*;.s.htti Jen /:v ^:t!:rummtni k-»'"»"^" Mtr.c« icinc« «esMC* l!ii'n\. dem ^ifit Jen mir JiKii mi Pfierummm io i ••r^

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dvf dL-i.\M . vfi Hjiipt^ 'al'ctj i „;idcj>cn Kote Ucf f*"^'-»*^ liii. -/.i!: I !':tf i.iid Li vTh.iuj't ..ti jI in Nellen nur4*.a «ic Ml -v? I a!,J ::j ^. du visf i:ntefM;w*i: lubcn, J»>--Jfci *.nj ^s-**» .lif . .ti i V tTil;.|ic, i.:id - efall lj:idvtr mir lul dem QJit-" »"»^

!. Ur ^ r V :r> J J»: jt. . / w'i ' Ich «mJ *pi?lKHcn(»*lA**^<'»*f* l . . "»rtT. . ■;;.t|l . .. v'! .vi i.t , ci r Aünjc'l: I ' 0«a:<Y<*' ^: ^ j .' J ^ tti A<"i.i.rTi 1 ' ».::dv JH.! nuv.:;»; Mjwctc •<

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2)1

Thatsachen. 6 ni östlich vom Rande der westlichsten Trümtn erstatte fan- den wir den Anf ang eines aus Dachziegeln hergestellten kleinen Wasser- kanals,' der auf dem alten Bauhorizont begann und, sich allmählich senkend, 5 m lang in örtlicher Richtung verlief, um schliesslich in einer mit Ziegelpl.tttcn belegten, i m im Geviert messenden Vertiefung zu endigen. Die Ziegel waren z. T. mit dem Stempel der 14. Legion versehen, wie sie auch in den Ofentrümmern auf verschlackten Platten fraomenten gefunden waren. Reste von weichem Thon auf dem Buden der Vertiefung und neben dem Kanälciien sprechen dafür, dass die erstere als klemes Scblämmbassin oder »Sumpf« gedient hatte.

Was hier wahrscheinlich war, stellte sich als zweifellos richtig heraus bei einer iihnhchen, aber weit ansehnlicheren und besser er- liaiicnen Anlage, die 20 m weiter östlich, dicht an der zweiten Schuttgrube lag.* Da war aus meistens 55 cm grossen, z. T, aber auch kleineren, gutgebrannien Ziegelplatten und rechteckigen Parkett- zicgeln * ein quadratförmiger Plattenboden von 2 m Seitenlänge gebildet, der i m tief in den natürlichen Hoden gebettet und von aufrechtsiehenden, 55 cm hohen Falzziegeln, die mit den l-aUen aneinander stiessen, eingefasst war. Fussbodciiplatten und tegulae bildeten so ein kleines Bassin mit '/» ni hohem Rand, welches durch reichliche Reste feinen Thons, der alle Fugen des Budcrrs und der Einfassung ausfüllte und besonders in den Ecken sich noch in ziemlich hohen Lagen fand, deutlich genug charakterisiert war. Die Fussbodenplatten trugen teils den Stempel der 14., teils den der 22. Legion, während zu dem einfassenden Rande ausschliesslich die letztere das Material geliefert hatte.

Jenseits unseres Schlämmbassins nach Osten zog sicli uit m der naiurliche Boden in gleicher Tiefe von 90 cm hoiizunial l.m, reichlich mit Kohle bedeckt, bis in 50 m Entfernung vom Anfang des Grabens wiederum die Trümmer eines Ofens s\di tjuden.* In diesem aber war ausschHesslich die 22. Legion vertteien, und

' Taf. II Lageplan bei A und B. m II bd B,

> Diese Bcxeichnung erfand mein eifriger Mitarbdier, Hen Obentabsartt Dr. Kuth^ för kleine, teils rechteckige, teils rautenförmige Ziegelplattcn, die wir in

gro5i<icr Menge in und neben den Öfen f:inden, in welchen sie offenbar hergestellt waren, um als Fussbodenbelag verwendet zu werden. Die rechteckigen waren teils 0,127 m 1., 0,08 j br., 0,04 dick, teils 0,08s U 0^06 br., 0,025 dick ; die rauten- förmi|;en massen: <^oS :0,06s '<M>) und 0,08 : : o^). Von den grdssten recht- eckigen fanden sich zwei mit dem Stempel der 33. Legion (s. Taf. IV F^. 70). Ich habe ähnliche Fundst&cke anderwirts nicht gesehen. 4 Taf. I und U B.

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zwar itiit Uuicr Sti-uipclt). die durch ihre kunttliclw. «iK^ %a^cn. Tiunicrtcftc Vofm uii s\me Zeit hinwieset», «ilvco^ ilc rt Jcr i| l oti vcf \».h»i\Uri j:cluiiJcfvcn mil *cn:j:cn Autiuhmcn iA M..Ncr!;*h jUci»: l fri» de* cinfachm Rcchic*.ls i- T mn »^h««M> vhmjnijhnluitcfi HndtHnimcnuii. /ci^tvii. (IhiraWicrmiwh «;i.N*.n Dtcn au*h da iloppd/ciIuMi und bcMHidct* die m.l Vf^.jir njtnen %cf\<hcnen T\p*ii orucili^cn Sfcmpc) «ctirtcn m ^c'J•T Inden hj*>niondttirfi>tt:c iMircn, d:c, mit der i>tfnun|f njkh Junct >:crK}<tcr, /vi.citctlc>% iK /«^pM»,: cnuitctc Swhi»il>«T>Kh»jiiw Mik vchcn Mod.' DicvclWn Unden u ir iiKh 10 emcm m-iedcnan ca i'» % «ctTcf i'vtlich. <iuht in dem ihm Niddjbett und dem jtn Ir *««r /ci( K'l^nntcn I undviitun f^'c/ni^vm-n VmiKhi|;rabcn.' der « kJc«*v tute Tlioo*, I.chni- und /?c,:t:lmjs%^ olwn: crietinhAre f-tinn l^'c^* Kh fnuw iwkH hinfufu). if>, Ja\^ 4lle m dicken VcfMifchv**^^ t»jrrti l '.^..htlinicn von lii% in% und i»r üben« Olcn^ Kim und Vj" i^fuKn dieselbe vici-usilKhe Kulitun^, ^hr.i^: k'«^*^'*-'" den VeT%».."» ijrjhen und fuf ! ilcf I j'i#:cnifch\e unMrrcs ciKiltcf»eni>teÄ» ef»»^»r* Iis cti. Dk-nv ^hJ!^■>^hc erklärt »uh mir au* der |-it%ierf rrc tn defNe'.SHrn Ru'i'.uii^ \ct!4i'ti-ndefi Stri%%e, die tMxK 9u \wm^ i%t ' An JicMTf cnttjn^* tut M«.h nun eine Reihe %«in /.«fc.c* Hl icitluhrr Aurr:nandcrtul>;e vt» rnt« iwkelt, da«« dir AltrMen Ar«M;r* Iv/ciwimet dufwh di» entv^hiedvne V*when>^hen der nur im e?*-r Uhr .:ndrn in ( ^:Hr^ er minien nai^hnkeivharen I.e|EH>ncn, ifD ^kt^"' t-.t-.cti. in der MiKe neutrale* (jt'^teC aul eine AbUnun« Äcie 1 j . vUti '\ duivH die eril *en Jim tnde de» ersten |ah(^.^rMi" i'ui.Ai < irc 23 I.ci'um h'ndeiitei, im iKten endiuh die i /fci! u- it-tiriTHr lU i/t^ und illcin iivT An»c%enh«l der la l r \'itt":t»t'Jt n Su'.i ^A -, t. T. nul Z:e#r!i:rnanK:\ ^-vh rsttJki»

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sein. Es entscheidet hier wie in Grosskrotzenburg ganz zweifellos Ar Ziegel£dMikätion. Zunächst wurden in und neben den Öfen, abgesehen von einigen Scherben ziemlich roher, und zwar gebrauchter Thongctässe und Krüge, wie sie bei den Ziegelarbeitem auch ohnehin vorauszusetj^n sein würden, gar keine Funde gemacht, die auf das Vorhandensein zahlreicher Töpferwaaren an unserer Stelle schtiessen lassen könnten. Der Mangel an Gefässen war sogar auffallend. Dagegen war nicht nur in der Umgebung der Öfen, sondern auch weit und breit, wo immer wir Versuchsgräben oder auch nur Löcher aushoben, der natürliche Boden unter der Ackerkrume mit Ziegel- trümmern und Backsteinresten geradezu bedeckt. Obgleich natur- gemäss nur ein kleiner Prozentsatz der Ziegelstücke gestempelt war, haben wir in den wenig ausgedehnten Versuchsgräben ca. 400 Stempel gefunden, und zwar zeigten diese, abgesehen von den zum Bau des erhaltenen Ofens verwendeten tegulae und Platten, überall die ver- schiedensten Typen. Wir haben über 160 verschiedene Matrizen, und zwar von 6 verschiedenen Truppenteilen, gefunden, eine Er* scheinung, die bei so beschränkten Aufgrabungen selbst in den Trümmern einer römischen Stadt einzig dastände, die aber bei einem Platze wie Nied nur eine Erklärung übrig lässt, nämlich die, dass er eine Centralstatte (dr Ziegelfabrikation war, von der in weitem Umkreis andere Orte versorgt wurden. Wohin die Materialien vor allem gingen, das gedenke ich weiter unten nach zuweisen. Hier nur einige Andeutungen. Rings um den Ofen fanden sich auf dem natürlichen Boden, d. h. also auf dem einstigen Niveau, regellos •/crsireut ausser den erwähnten tegulae und Platten fr igmenten quadrat- förmige Platten von 55, 44, 40, 37, 27Vt cm Seitenlange, Hypokaust- pfeilerplättchen von i7</sund 20—21 cm, femer Kcilplatten von 55 cm im Quadrat und ebensolche von oblonger Gestalt von 36 : 2$ und 28: II cm. Dazu kommen die früher erwähnten Parkctt/ici^cl in i^rosser Menge und von verschiedener Form und Grösse, einige, wie auch je ein Keilziegel, mit dem Stempel der 22. Legion. Fügt man nun zu diesen Fundstücken hinzu, was uns über die früher am Niddaufer aus- gegrabenen und zufällig aufgefundenen Gegenstände berichtet wird auch damak fiel ia die relativ grosse Ausbeute an Ziegeln mit und ohne Stempel auf , un ' n chnci man dazu, was nach Berichten der Be- wohner allein in den ieuten 30 Jahren ausgepflügt und beiseite ge- worfen ist, so wird m.in es nicht als zu kühn ansehen, wenn ich mich anheischig mache, unter Voraussetzung der nötigen Geldmittel und bei freier Verfügung über die Grundstücke, nich zweiwöchiger Arbeil Tausende von Legionsstenipeln noch heute zu Tage zu fördern.

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nul , vkic >*i' ^^>J:cr scIicn %Mrrdcn. L.r ujuh |^cr\«»n!t»^ ^-c^» ^ lunc, I-ii; JtL" \'crMi«.hiin>^ iniic. ilvii Kcvt der n:t Wrt. * ''f*^ den /t'it >:iu/ 41.1 ilirt ^*ci!irv l titcr\u».ljuni; /*j wr vi c^vicr 1 ' dem hl cn vtiT dort die Afbcn rn Irjicrtwv d«>f ^\;r/ ..Tvetc» Mji.p^i .", ii*c jt^i!cl'n>».ln:ii , ^oi'jld um (>cu. cnbci: r.n <,*iVf aul dl M> l ildc Midlivh diT Str.; sc t^cl'tJtcu Hi:rjt h \'< u*i% der .ci^'c BcMl/er. jut de .-en Avlker Vkf din erN^er: :,• i it'iin ii4t!efj, liur j^crniiiNier Sinu»ii, JUvh •►eiri imfi iMcli Jr «c : * i»»fi Jcf I I ■wJter-'sUen I Jtv;* ^'elei'eju^ <i?inuisMxk nif \(,r?...-, l)vi Avkif' crsue^Kt Nivfi fuuh S. t :s im Jertv ni-', der \ .Ui* ljUrtldin \K le n^rrt teii , lu^li \. lil'vr die »jIjc S!tiv>c* fti^mu,-^ bf% iv.r lieu: .:en Mjiti/er (JiJus\ce, t»o{ iIs.» ( iclev'*' "»'k -t l "t*

NU*.l)unf: der "jlicn S:ra. c i.rid ,v<.txh der c, i". ^<

i n-ocr IKyHii'n .e ri.i..li du Siidtfuiu de^ e!v,j \i>rriandii*cn Ki« ; Mt j ../i :i Winkel die dreii/e de% A..«.ef linde s».h!K*ider. tt s*f

IT iic-- en L t. . Ji/», i;;^' an he deti Su 'Icr» i.i'd '■pj^er ihnen i,id \«.:;jkif:\ (ifji>eii /;Lhen Aiuli (iitf sres^e»- i*tf * j».f niisNenfi-»l!e /le^ii llri.:iHi;er «.•:d nv. r th* en jur i:f*»; ifi TuIl hcn/^'titil \er!ju!viide Hr ir>d-.v hii. hl , >*est»e ecfccrv:. Ut di.f ^l« "^'eti ; 1 , der 2i. I i ^ Mir), die in ihren ii:t %pj'.c /e : J*; ,r<- . !- InfTiurt den im \l ) i'v tt.ruJeiien et '.sprechen, ü er /i., e: » - ' < inc Meiu e nen^r I \ pen m d / i ,'"e r "uineti j .t»e. .rT> M •* Kin>ie JlT \\ u ^ei» lu i der r^j: '.e H«>d n unter eru: '».ini - ' r* Ai" V ans le. i.ijc der 12. I.v. »Ii,' d e ^u'uu in der \i>- ..- ^ t \ Me der S li'ri»- ; vul.i) >:v: /-r S S^i i*

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ihre Züge uns deutlicher zu werden schienen, die Arbeit abbrechen; denn die Wiesen sind Staatseigentum, auf welches wir vorläufig nicht hinübergreifen durften. Dort aber war gerade die Lösung der Frage zu erwarten» ob auf unserem Felde ein Kastell gelegen habe, welches den Kern der Nieder Anlagen bildete. Zunächst schienen alle Ergebnisse der Arbeit diese Annahme zu bestätigen. Wenige Meter nördlich vom Ackerrande fanden wir die Trümmer eines massiven Bauwerks,' dessen FluchtUnien sich trotz der Zerstörung noch dadurch erkennen Hessen, dass das wertlosere Material in die Fundamentgräben zurück- geworfen und die noch verbleibenden Gruben mit andern in der Nähe befindlichen Trümmern ausgefüllt waren. So landen sich unter Massen von Kalkbruchsteinen uncj Mörielbrocken auch einige wenige wohlbehauene Sandsleinquadern, neben zahlreichen Stempeln der 22. Legion auch einige verschlackte Deckplattender 21, und schwarz- gebrannte tegulae der i. Legion, ganz gleich den im Ziegelnfen verbauten. Sie waren zweifellos versciileppt worden. Hier fanden wir auch endlich die ständigen Beioaben römischer Wohnhäuser: Esirichbrocken, Gelässreste aus terra sigillata und andcicm Material, Glasslücke, eine Münze u. dgl. Hs waren die Trümmer eines statt- lichen Hauses, die wir leider auch nur bis nahe der Grenze des Fischerschen Grundstücks, in welches sie hineinzureichen scheinen, verfolgen konnten, teils mit Rücksicht auf das zu Gebote stehende Terrain, teils auch, weil unsere Zctt für dieses Jahr abgelaufen war. Die .genaue Auinahn.c wird ein Anknüpfen an die bisherigen Er- gebnisse jederzeit ermöglichen. Vorl uiliL ist auch das Gefundene von hohem Interesse. Denn die t : kciiiil ai cn 1 luchtlinien des Bauwerks verHefen fast genau parallel iind senkrecht zu dir von mir vorher in die Flurkarte hvpothetisvii eingezeichneten Südfront und zu der aiten Strasse. Hs lag daher anfangs nahe, das Bauwerk alseinen Thorturm aufzufassen; doch bestätigte das Hrgcbnis der weiteren Aufdeckung diese Vermutung nicht. Für die Orientierung der gctundciicn An- lagen gab CS nur zwei mögliciie Erklärungen: entweder sie war be- stimmt durch die Orientierung des noch vorhandenen KastelLs, oder, wenn dieses nicht dort lag, durch die Riclitung der alten Strasse. Darüber wird die i ortsetzung der Nachforschungen iaulit verbreiten.

Für diese wurde nun aber eine sichere Graudlage gewonnen durch den gelungenen Nachweis, dass unter der »alten Strasse« wirklich ein römischer Strassenkorper, oder vielmehr mehrere über- einander liegen. Die Arbeit an dieser Stelle war ganz besonders

» i at. I, D.

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j:n irin u^vT Ji ^u^rciu«. tiJc Icrtjitn tio^h um i n: v,r:J cf fi< -litcr ^:i:r jJlitr,^:cf l)iium vi.JliJj Jcf (lluus f'"." l v » fuhrr.v", JJ^^ Mine Ik; Jc^ lun^* Kim l'!iu;!ctt Jc^ IclJt\ ; ^: iirij von ilwiT S!ctti|»j Aun^ Jic uKrall iu\ Je v Dintn^t /cnrctf? HtikIi^tvimc aus I .ii.niis\i.hulcr vtjiinmitri l>its : ^.^•Jv.i;:t -.»K \K ir tjniii.ri Jic Ki^tt «Jrr S:i.i'v>i.r!{».is.liir4>j ui Jet .in/er: lir. *f : i |)>nititt'\ ufMtf Jet l^ci uixjc, uiittf ihntti Jt*rT, 7»»-'*-

Jir heutig lU 1 )i'trtU».lii*, cjtu allere Ab«iu'/unj:*v».hit!i:, ^< .*.r »»^ iiif Anlaste * Mief lti:i\t uiiertn Strasse. Jsc tivlit Jr.,Sef J > Mitte J*.>\on,en ) jlif luituler Is lu r i i si». '.Ii miu J .* Itv , .Jie W e. .i^ . * » i*t :!«.lcl 'i.iicn %Mr.l iVi.wita -k rci». he forscher ui.Jen . r j!x Jt f iiTiiiNvlKti Stra-.sc ••(. ••m.j,:t |label^ Ahef uniet ihr JioJr- in tlk m I •• * M!, der stitu; ^ >!" den l.;MJru».V. des nat..' : c^: Ks: iTijJite, In-mi /cffeil>en th>Ji sKvkiudeUupJjjfti'-se /icic>^i*. v

i l.elirn-. J:i Jit er 'treckte Mwf» in einer /vki^Jicn -it s . -'

*tvhse]niiL:i Starke bis ni unter der hcii:.».en 4*:x^''..-

W'ir v^:-. «.n |et/t. dasN sie kunsi'uh an;:e\«.huttct \A«»rdin ^• die THuere »alte Stra .-.e' ulnr das I cK ; .^^u t. tutiuint.'s^ict'ie: ^ '♦v Nr- Cnlcr ihr ^t.^. .^en v^ir :>u\ i nc sehr k^te Kii '-viüvht J untf ^ , u:«cKr Ji:t ei'u- ^•CNjiw .u/te AbniH/ijn^ >- ft) Jjt. l>jrin k:?" c^W , * aul eüie letzte K l >!u:e ^jelvltet, f:cnau untcf der M:ltt d-' , Sira uiJjtuttie'. eitic nur 2.2y ni breite Pa^kun,^ aus 17 ^^ •."fr* Mild h.ihen S .\svk 1. iT k jlksu iiien, die n«>vh lest an et'^i'^dt ' f - »

M. da .', es '.(. hr sJpAcr xsar, d e ersten hcraiiv/ubrex \4 «*

dl vr Ta^kuru« cT\:rewkte s:^}» nJe^i N. der W v ri»». -1 •*» jli : e, |'»vin starke Ku sl :/e, an die suh emCi'a xn ;~ , de- in Pr.-' i. * f. . 2 ?m i r J.i. 'u fieuii.'tn N » 1. ^ . ^

\*'",*. ':v.-\'it% »iv dctv' dv ' r' '^"^ i.d dl tvtti.' r.,- ."^-^

Ii. -kr» Ut^i d. r Lf -in; ; ^ ' . •. t K . veil» ::-d / i ' <■

J.-fvh »,tr:in S. ; .v k ^ l) i.s v r J.t ^ . ^ .

Jcr I i !. l).; r i! "."i . . K. . . ^.1-

ttl^U i.J .N«T1 ctv^av % ««r.'i*% I , •• _ . , V , : *k -i ; ; .s J r-r i;' ••i.hli.^h \e»^"'^ :i :• , .: .r !^rid .ii, .;wiidi. -

it%-t fit »muten V1.V ! : 'i. i.'".r d«.ti K . i^:et^ L.'vd : iU* * ,

ti.s II. ' ' . i (.• ,i /n t t . 'n ' -. . -st . V -

S'*. ; . \ :;!,.. . r A ' I ^^Uf. ,

. . . ... : 1 1

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niuMcnforniig eingedrückt /.eisten. Nehmen wir die Mitte der Kalksieinp.ickung als die Mitte des ganzen Weges an, so erhalten wir für die älteste, zweifellos römische Strasse einschUesslich der (Kraben eine Breite von 7 8 m, für den eigentlichen Strassenkörper mit den Kiesbaiiketts von höchstens 5 m, vielleicht aber, wenn das südliche Bankett, wie ich es bei Strassendurchschnitten t^ctundcn habe, schmäler als das andere war, auch noch weniger. Dies ist nicht auffallend ; denn alle wirklich nachgewiesenen römischen Strassenprotile sind im Widerspruch zu früheren Ansichten , die teils auf der blossen äusseren Anschauung jetzt noch vorhandener Strassen, teils auf der Verwechselung spaterer Schiciiten mit den ursprünglich römischen beruhten, von geringer Breite und durchaus nicht imponierender Mächtigkeit. Die römischen Miliiäranlagen imponieren überhaupt nicht durch die von Halbwissern so oft ge- rühmte Stärke und Grösse des Details, sondern durch die Zweck- mässigkeit und das Zusammenstimmen der einzelnen Teile zu einem grossen Ganzen, die überall erkennbare Planmässigkeit und die dadurch bedingte Uebersichtlichkeit. So ist es auch mit unserem Wege ; er ist meiner Ansicht nach ein Stück der von Mainz nach Kesselstadt l'ulirenden rechtsmainischcn 1 leerstrasse.

Dies waren die topographischen Ergebnisse unserer Ausgrabungen, ücber die Beschaflenheit der wichtigsten l undstücke und ihren Wert tür die Lösung einiger allgemein wissenschaftlicher Fragen werden die lolgenden Abschnitte handeln. Ehe wir dazu übergehen, muss ich aber zur Ergänzung des von uns selbst Gefundenen auf den Inhalt eines älteren Berichts zurückkommen, der, von allen neueren Bearbeitern und anfangs auch von uns übersehen, die bisher ver- öffentlichten Mitteilungen über 1 undc bei Nied in einigen wesentlichen Punk :l 11 ergänzt. Wäre er uns vor unseren Ausgrabungen bekannt geworden, so luitie er denselben vielleicht eine ganz andere Richtung gegeben; ob dies vorteilhaft gewesen wäre, ist freilich schwer zu entscheiden.

Bei der abschliessenden Bearbeitung der Ausgrabungsresultate fiel mir eine Stelle der Periodischen Blätter ' auf, die ich früher unbeachtet gcLissen hüte. Hs heisst da von Geometer Jost: »der sorgfähige Aufnahmen und Kariierungen vorgenommen hat.« Zwar musste ich, da Haninieran gerade diesen wichtigen Satz nicht erwähnte, bei der anerkannten Sorgfalt dieses Forschers annehmen, dass er sich umsonst nach den »Aufnahmen« umgesehen habe, sei es dass sie von dem

' A. a. Ü., S. ijs.

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- »1» -

^'cTVjnmcn (»ci>iiictcr nie ibi:cl;cfi:rt w«>fJcn u ircfi . <>«icT Jiv» ui suh vkaii^stcTiN iu Jen v<U4iiv/UNf t/cndi:r> .Aul : i * jf^n;f i"<»':r* ra^S* M»TljnJcn i)o^h eine l.rkiinJi^un^ n >kti Jen >.»U4*

Jlc^cT unter jücn L TiiManiicn vncKiii^n M-itcfulun nr: ^' \ r in Herrn t V:<t-|>H-n von CUrliiiiMH ^rcruhtctc Anlrü^c tr^.c": ,*'^.- JUwh n:Jit nur die Mitteilung:, Jinn nkM die Aul:ii*iincn rx-r^' cmj— erljuiefndvn Heiulitc im At,.Iii\ N J^\4i;" sv Jit n A!:* . ."»r-

\t^r^:ctun«!cn liJtien, sondern Muh die Zu^iv^Kfiing, «Ia«« ittif :^Jk* iuf Ik-nut/iini^ liSefNjndi werden solle.

Def lWri,.lit, der ul>tij.;enN sotmt in xcmcm I;in^:i*^^ f kC-^" l iN<.t, diss \i>n den I eitern dv N.is\JuiN*.tjen AlteTtii-n , v'. - i' :? .l[it^ reNvIulun l^t, um tur die iin:ern*>Tiifnercn A..^/Ti7i ' . . ' r plJnt^Vl^• i,'e Au-fuhruni: /u M«.ljer!i, bes:Jt..:i /univ'r* ■.'^vc•^, » v ,ii;^^;espr. »V liute Ansudt, di^s di«. .\rKiten su ; uut 31* d. u' •: J111 jitcn NidduSetie ^elei:cnc Terratn efvire^lt luSen It Jie Svfiiif ti:in:en in den nienten StclIeTj, »ai.'.! d;c I of-K?;.'-» Jr («(.ibun^ Ji.twh besjnue"v A».lkef!and k'eMort *urde,i t

' t';.*- cti Au?^!anl^l: der S::iiji;o'i !i>r!i:e>et.'t wi-^ltv #4 iiixli Jer Heru!): m^ln i^.in/ dcTi I r-* ^nuM^^iTj ejit j't;..'i*, *. '^jr j;i dix 1 'j^t>rjt eitje\ '|'c*fJntke^^ /u Mcileti bere<»}i::/: \ i^H^tihar die (iriind!.ti:t- der in den Per w »dr-^-^ien H rit"! , , M:!tc; i.'^. en ^.Cc . .Icl. NHiMie itn x;ri> -iti und , i^/cr < - Ir^* rufit:;'. aivr in cin/^if^en l'unt^rcn di.r».li dse en' , ^ "* ■>^. div iWr: Jit^ r T.i'.!cr\ ^».fjrit, :(.der^e! «.n Ai...?^ dt:;- ^' ;'C'»!rT!i;^ei thsit min \M>hl, von den I rl I jn;'n'en I< .'«^i," *.' /u c)uti und d:e ol ;tikti\en .AtuiiJ'en illetn A l -

Di : t Jei n /uiUsh t k ■^t . i: tt ! len. J.in>> \t»n ifi^'end i' ... Ik :-ujtu eti. NkeLlie. %Me e^ 1:1 den l'ef u «Jn.^ rien Il i'T," *div \'i >: djndcii- eiti : vvli. ^iteiKier r\>siu%^hcT ^l^'.:i^^:J■ -vc^ .* - N'.cd* K-^e <ti.' i'.ir keine KeJe •' A!\ i-v<- ri f di- r iM^h.vwi .'V n *NtL,.i.Ti ji.I.H li.n.!v 'cti, z I Bfind»"^:: » "

hfl t \ f i Ti . ; (. ? j! . d:e -i cf i i!i i : \ he .Mt ^ % . / . , /•t i'i .. f. V ken i it:/ ci : ; ^ . tu! uti>.». :: He - » J ii.-' , l— - i . ' ■^j-re^ V M J j ' , i i!i V k T i 'i |i ; . ^ » i iten, \4»wi-: / ^ ^ ^ », 4-4. .* iM» tu; i,iU" u!'. j W > '•. i * ...de oder l..r .^ac" \

*^ , 'rsv'l J:c i' te " j i. T >.• ti t l-s e i- J *-e^. * 'c ; c-. jfi» Mci.c' ut i(;:t:«I* ät mi der M.w..vit%tcii Aus. uvhtun^ «icr Atter: S . *

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sich, zuiua] vuid: den bei unseren Ausgrabungen geiii.i«.litcii i:i lalnun^cn, ganz zvvcitcUos als ein Brennofen mit zugehörigen Maierialräumen erkennen. Ich lasse den Berichterstatter selbst reden: »Dann« (nach Auffindung von Münzen dicht unter der Oberfläche) »kam man etwa senkrecht, von der Ackerfläche 4' tief, auf einen mächtigen Aschen- häufen welcher »ch bis 7 Fuss tief unter die Erdoberfläche erstredete und 7 und 5 Fuss Durchmesser hatte. Die senkrechten Wände, aus gewachsenem Boden, waren nicht ausgemauen, aber bis zu einigen Zoll Tiefe angebrannt;* etwa 2' höher, oder 5' unter der Oberfläche kam man auf eine geebnete, ebenfalls brandige Stelle, die unmittelbar an das Aschenloch anschloss, welche aber bis zu einer Höhe von 2 Vit y mit teils ganzen, noch mehr aber mit zerbrochenen Gefässen aller An buchstäblich angefbUt war; von dieser Stelle sind alle .die itis Museum gesandten Töpfergegenstände. Die Stelle war 12' lang und wohl ebenso breit. Auf der Ostseite dieser KQche (?) lag ein mächtig grosser Haufen zerbrochener unregelmässtg aufeinanderge- schobener Dachziegeln, wovon nur einige noch ganz waren; es schien . als wäre man hier tm Mittel eines Holzbaues, in welchen bei Gelegenheit eines Brandes das Dach zusammenfallend seine Ziegel geschüttet hätte; unter diesen Ziegelstücken, welche bis 5' hoch aufeinander geschichtet waren, fand sich eine Stelle, welche tiefer als das Plateau der vorher beschriebenen (Küchen-) Lage war und in welcher sich die Trümmer einer thönemen ellipsenförmigen Wanne fanden, welche wohl 4 und 7' Durchmesser gehabt haben möchte ; es schien eine Badewanne gewesen zu sein. Leider waren aber eine grössere Masse dieser Bruchstücke ohne alle Consistenz, so dass sie nicht aulbewahrt und zusammengebracht werden konnten.« Dann wieder die bedauerliche Angabe, dass die Ausdehnung der ganzen Anlage nicht ermittelt werden konnte, und darauf: »Spuren von Ausmauerung fanden sich auch hier nicht.«

Das ist aber gerade das wichtigste. Wenn je massive Mauern dagewesen wären, so mussten sie bei der otTenbar guten HilKÜtung der AnInge noch wenigstens teilweise vorbanden sein. Jeder Gedanke an ein »Bad« ist demnach ausgeschlossen; für die Erklärung des zuerst beschriebenen Rnnmcs als »Küche« ist auch keine Spur eines Grundes vorhanden.' Charakteristisch ist die Zerbröckelung der

' Man vgl. unsere Schilderung des Helundes bei den zerstörten Ziegelöfen oben Sb 330.

* Knochen u. dgl. Abfillle werden nicht erwflNi^ ebensowenig charakteristische Geräte. Die in den Periodisdien Blättern erwähnten »KOcbengerätschaften« sdieinen,

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lijJcvk annc«, die DutvliKluhimg Jc\ Btnicm an Jctn ilt«,hl lUMMnrnr* vcnicfim Rautik-, s1x\ ma^^cnfultc Vurlmmmcn Gct4%*c unJ / . bcMmtletN Jcf Ittrtcrcn. deren y \nt\\c (rj Svlii».hlcn m krtncn \ cf hihr fum t'mljii^v lües angeblich %mi ihnen gok«.kicn Rjumn »cibcr A piNNt .1 i;;t>;in >onrcitl vh litt Annahm« cmcf ct»a* ku«.;- : /ii^ivivi (ur.d loplcrci?). Dazu 'inrnrin mm -lu^h Ja* mcrrf? •Inwj 6* hoher ab Ict^crr Sohle« (J. h moW Jtr «HaJ«!.*- i.; uiit ilircr »Wjnru-*, dein Hii/;;jn)^') und \ Kt>fKT i.s O c K-,

iin ^bttcr I truh. bn^ mul I6" rrcit t^si ^a:^

hi>T./tn»:jl uar; er i>ur J" i;jiici der jct/si^en Aw*.cT<>iH'*ii» .c An den LmtkIi svhUn% em schmaler, mir 2^t' hrcitcr liir^ rr - nu'iif!ie'--cn ^Hj^ljtiti. in. Die liH^e^ aber »jren \aaitl:.**i n" irurnnK-rt, Jiuh ohne I.if. uti>Mcmpcl« Wenn ÜKtc «lue««»« iwr ur>priin^:li J>tn Anlj^e ^eiu'fien, **» halfen »ir eine gaai *^ 4 l i^^hvmun^; vuc bei unseren Olen in dem Svhatnmba»un ursi Ar mit I j!//ic|:cln her^c\te!!ten WJ^^rf rinne. Die Z*ff'ufrt»«»'jr« der l[:^'wcn uurdc mi>hl iu».h hier \ivh au\ der Ver^«(««i^r.. »te* MatetiiU erik'.ifcn. I.Mrufncuvke landen mir auvh xmi\«;her i.r«cmr iKen A uitd den 'rtunimcm de* ihm benachbarten I^.'xt I>etaii der At.l./c ^^uattet der Beruht keine Vermurua^ec « ** nel^eti /. v j i ^; jbnkaiioii an dicker den Wcilinun^cn naifc«.f ..r ^ S:<!lc Jüvh 1 i | !eu. betrieb aniunehiitcn i^t, dis tu cnt'«.hci*i«« »an eine tewhnuv he l nie? u.vhuu^ de% im Wicxi*a*icncr Mu<M:um m»»^ jnüe*«- Maiei.j'.N n. t vn»lxi aber Voran ^M:l^ul)f: t«l,dai>> da^^ci^e \uher >tH) dem an anderen Stellen jf^etunJenen tretirim la^u Aa> tüllriKl IM di% kelüen aller Stempel aut ikn I Iie^n 4n Di^'. '.i^etn i\i Jaiuber nuht^ Unicrkt c* kimme i -f |V*r fiduNtne ^|He«.hen, die htert aut «ier Anic^-uri^ dct M...tJrM- .a«t^ her\4>f^e».i;.^eu und \ul!cKht \<m Veteranen betrieben, nwht» la'.lende^ Kjtte <:;id die l.visien/ t>t{c^^Jr gilt au%geMa:tr!cT h.iaKT in u!'-t .iie*:'afef Nahe der Sul'e und «eiicrkdi 4ce l der Ni»Lla n«>^h mehr rtk.jien «iirde» ii\ die Mi!>MfaKf&eW*cr *. \«.)ain (hui.

•Mehr «).e ;i;v'i« i atnlKh, el«a i(»i<' \i>n I.' cnttirrv. K'Cuh in Ja: t. . WerWcui:. em Meitvcl. Vi«r: r^.

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zerbrochene Geschirre und ein sehr grosser schön rot aussehender Kuppe (sie) Letten, Töpfertbon, wovon dem Museum eine Probe zugesandt wurde. Auch eine grosse angehäufte Aschenmasse, Knochen, Fischgräten etc.« Hier haben wir also die oben vermissten Spuren häuslicher Einrichtung, wiederum aber daneben unzweifelhafte Anzeichen des Töpferei- oder Ziegeleibetriebs.

Wenn es nun weiter heisst: »Zwischen hier und E* ist die mehrfach beschriebene Brandstelle in einer Tiefe von 2* unter der Oberkrume, überall und selbst durchschnittlich W hoch anzutreffen. Unter dieser Brand Inge kommt gewachsener Boden vor,« so entspricht dies der Beobachtung, die wir überall in der Umgebung der Öfen, ja im ganzen Nieder Felde gemacht haben.

Der dritte Einschnitt wurde wieder »einige hundert Schritte weiter am Niddabett aufwärts bei gemacht. Es ist dies nach dem Plane dicht neben der Stelle, an der wir, hart am Rande der alten Nidda und neben den Spuren früherer Schürfungen, die Reste eines Ofens (C) zu erkennen glaubten und neben gestempehen Ziegeln Massen feinen rötlichen Thons fanden. Jost fand dort »2 Stellen, welche auf eine Tiefe von 7 8' und eine Breite von 8— lo' in unregelmässiger Form mit in Kreuz und Quer aufeinander geschütteten Dachziegelresten, StQcken von Thonplatten u. dgl. m. ausgefüllt waren.« Und hier kommt nun endlich, was man bei einem Techniker längst hätte erwanen sollen, und was seine Benutzer vermöge ihres Verharrens bei unbewiesenen Hypothesen übersehen haben, die allerdings noch schüchtern auftretende Ahnung des wirklichen Sachverhalts. »Hier«, sagt Jost, »sah es nicht so aus, als sei irgend ein Gebäude eingefallen, sondern es schien mehr, als seien Vertiefungen mit dem Bruchwerk einer Ziegelei ausgefüllt worden; es hat sich hier kein einziges ganzes Exemplar irgend einer Ziegelgattung vorgefunden, jedoch mehrere Stücke mit wohl leserlichen Legionsstempehi.« Ich füge zu dem Gesagten nichts hinzu.

Die folgenden Angaben über einen »7' breiten Gang (bei B'') mit gebrannten Fliesen belegt,« der »in der Mitte auf die Breite von 2' etwas eingesenkt war, so dass sich schliessen liess, es sei ein Canal darunter hergegangen, dieser aber eingefallen«, erregen unsere Verwunderung darüber, dass der Berichterstatter, vine es scheint, diese »Fliesen« gar nicht aufgehoben hat. um sich zu überzeugen, ob seine Vermutung begründet sei. Die Schilderung wie auch die Zeichnung auf dem Detailplan legen die Ansicht nahe, dass es sich um eine dem oben geschilderten Schlämmbassin ähnliche Anlage handelte.

Auf Tafel 1 bei EJ.

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Dem %ur«lc AU<h der t*m»ijnd nuhi «kiJer^prrchcn. «1»%% »^iiu ^crt. r der ONduhdi i'(>r(%ctfunK 4lic%r% Pl4Ucii^:4"^> v, et»i liit»«^* Atii dem Spc/ulplifi liCKt er fiV nordlivb ttn i;m :n Mmc «tchcnikr la* brater (Ucul« |:diifiiien und ral'H' l^i:c au^edr.k* wurde. Dte ZeKlinutt^ Atit dem «UeuilpUn« <eii:i» divi Jet kvu. jKit!««h dem m I rinkluri ^vlundcneo wi der ydile t I aJ» ... - der 14 K^i:um be1ei;t «ar» die iber jutfallender Wciw n*-s ^ I all iu«.h umen lii-):en. Wenn min jut der tiberen l lj^hr der Ncv^i «ulithar «ird« mi heruln die« <«eitellt*% Jut einem l ehler der icm* nunjc. da dic^ An «tm Zie|:cln rc»:clmi\»ii; aul der Seile f^t^pf Mnd, nawh wc:t.hcr der Kand vtir^prin^t. Mit dem nach dem IXctk

t lim im Diirvbme%«ef (!) breiten TurmfundanKin (A^) muV der %iin HiKint na^ti Nied führenden (Ihaii»»ee«» «cUhe% m der ü": der bettmarug feMen •|-tindamenima%%e ane Itmivhe \<f:'«etf^< haue, kam man navh der Mrhr iibcrila«iiluhen BewhreibuPi; hjnft ar Auicuhmc eben««} «eni}{ anlangen, aU o nach den ffedru«»?«* k ruhten «either der ball war. Nur da« darf man mit Nuliethcis da««» menn auf dem beschriebenen l eid ein Ka%tell iac. d>%M« a-««* hfiie lurmlundamem ni^ht« daiiut lu thun hatte.

Viel «Kliii|;er lur eine «patere Wiederaulbahaic der (<«f«:httnKen i%i r«. da«% »in der Mitte ««iwben A' and B* 9jr Spuren einci Wei;r« fand* wcUhrr iikL der Graben iK' httit %t. Beide (jraben waren mit Braodt«,huti, n^iirumer alte Kapre!. H««Ii4.^^ KiMtwhcn und Scherben aller Art nnkatnen, Jtt«i;ela!li IIa«» iC«v <<rabcn. re«p. die%er Wc^* . . . «le alle« andere nur aus c-ie «irr.* Sire^lc «erit>l^( »erden k«inme«, naniiuh aul den bn der Knrna«.^'^« neu an^clcfcicn beldwefcm, »ar iur die l.f^chnt^ve imer .Au'A:**Nr«^ recht iini;t«n\ii|;» um vti i.»n«ii^'i'r für ena pljnma\%i|;eWi<d«r«."«*-T!» der Ka«.htorvhit.n^rn. Da^«dir<<*be an den anf;e«%hiiistcnen vtcl-c* ' bedeutende R€%uiiJte «cr%pf.«ht, da% und nuht «le! meKt rrin die Miifi.>.ii:^cn lo^is in «ittlkunitiutict t wrri'!%!immuinf; m »bin au^l,'r^pro^hrllin, aul der R«:%Khti^uii|; dr% leide« **'\m*^*ta Vernm:ui*»'i-n. I.m tfit'vchiedefie« Verdien«! aber hat % I <r . »ttr;en diifvh I riitrif i.f:»; der Mra\^mt<.liiu'ti: aul dem Srvr wenn auvh leider nu auf eme lur/e Sire%ke. l>ic ^wA^vf - VecUni cruni» de« cau'rtrj^'cnen Sfuvke« wurde an umcftw i tr- olcn A «uruKr* die «ujuvituhe, mit der ««m un» tceivAirM" k tili« er gierend, rar 4'teti SlJda^r«iwke !..'iren.* Damti as«c« wv«:

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wichtige Anhaltspunkte für die Topographie des römischen Nied und, wie wir später sehen werden, für die Lösung der Frage nach der Herkunft des. in den Ziegeleien verarbeiteten Thons gewonnen, die enge zusainmenhängt inil der nach den Ursachen der Wahl und Beibehaltung gerade dieser Stelle iür die Anlage einer römischen Militärziegelei ersten Hanges.

III. Ve r k e hrswege und Herkunft des Materials.

Die weiteren Mitteilungen Josts über die nach Angaben der Orts- bewohner in der Umgebung von Höchst und Nied noch vorhandenen l'undsiellen römischer Gebäudereste und Gräber sind teils auch anderweitig bekannt,' teils gehören sie nicht in den Rahmen dieser Abliandlung. Soweit sie erwähnenswert sind, werde ich sie demnächst an anderer Stelle und in anderem Zusammenhang verwerten. Nur auf einen Punkt müssen wir schon hier eingehen. Er betrifft die einzige, schon früher als zweifellos erwiesen angesehene Strasscnverbindung der Niederlassung von Nied mit anderen Römerplätzen der Wetteraii. Man erkannte dieselbe in dem vom Dorfe Nied am Römcrhote vorüber nach Bockenheim führenden, auffallend geradlinig verlaufenden und stattlichen Vizinalwege, auf dessen Benutzung in römischer Zeit man aus der AufHndung römischer Gebäudereste am »Heidenschloss« im Niederwalde, nahe dem Römerhofe, und hei der Bockenheimer Husarenkaserne schloss.' Als Fortsetzung dieser Strasse betrachtete man den ebenfalls ziemlich geradlinig von Bockenheim nach Bergen ziehenden »Diehsweg«, dessen Richtung jenseits Bergen dann wieder die »hohe Strasse« bis zum Limeskastcll Marköbel einhält.' Dass diese Wege in ihrer Richtung durch das Vorhandensein einer römischen Strasse bedingt sind, ist unzweifelhaft und für den östlichen Teil von mir selbst an verschiedenen Stelleu näher belegt worden. Dass aL->cr die heutigen Wege, insbesondere auch beim »Heidenschlosse«, nicht überall noch genau die alte Strassenflucht einhalten, werden die Ausgrabungen der Limeskommission, die sich ja auch auf dieses

* Man vgl. meinen Bericht über »römische Ausgrabungen in der Umgebung von f lochst-NicJ und Rödelheim«. Austug im Konrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschritt. XF, 1H92, i, i.

V. Coluuscn, Der römische Grenzwall, S. 28*^. Hammf ran, ürgesch., S. 27. ' V. Cohausen 1. L Um die Erforschung dieses und anderer aher in

der Umgebung Frankfurts hat sich Sanitätsrath Dr. Lots verdeint gemacht. Die Ergebnis'^c seiner Begehungen dci Tcrr.iins uiui Hrkundigungen bei den Ortsinsassen ^ind in zahlreichen Artikeln des Knrrcsponden/blattes des (jesamtvcrein*? der deutschen Geschichis- und Altertumsvereine aus den Jahren 1875—88 verotienllichl.

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einen Drnckfehler als 90 bezeichnet; das Gtat aus Fuchs zeigt, sie sich auf 93 bezieht.) Trotz aller Differenzen ist die Identitä sSmttichen genannten Stempel nach den von mir vorgenomm Messungen und Vergleichungen zweifellos. Dasselbe gilt von folgenden Exemplaren.

«B Witshadtn. Wiesbadener Museum ohne nihere Angab« Fundortes. 3 Hypokaustplatten o»3i 1. u. br., Kat. 10061 und ic cf. N. A. XXI, Taf. III, n. (Das F der zweiten ZeUe fehlt).

iK Mariet^eU, Wiesbadener Museum« 4 Hypokaustplatten o u. br«, Kat. 10346, 10247, 10249 Stempel zweimal quer einander), 10250 (fragmentarisch), i grössere Plane 0,27 lang breit (wohl aus demselben Hypokaustum wie die anderen als Zwis< läge zwischen dem Fussboden und dem eigentlichen Pfeilerc Kat. 10209; Brambach 1545, 8. Die Stempel finden sich bei B< und Klein, L N. nicht ; sie sind also wohl nach Ablassung der St ins Museum gekommen.

« Heädemhäm, cf. Brambach 149 1, c, ii; Frankfuner A VI, 17, 3. Becker hat hier das F der zweiten Zeile richtig erk: auch der Punkt nach S scheint nach einem Mainzer Exemplare rii zu sein.

^ Bimtadt (?). Becker, I. N. 1878, S. 545: 'y'^.^^jiJiv**

wohl ein Stück desselben Stempcb. Ich habe das Exemplai Wiesbad, Museum, wo es nach B. sich befinden soll, nicht geAin cf, Brambach 1509, 4. (Im Register $. 380 fehlt diese Nummer

» IVoms (Fig. I }8 ). 2 Platten 0,42 1. u. br. und i H kaustplatte 0,21 i. Q. Im Faulusmuseum. * Weckerling II, S 6, 8 und 9 (auch 7?). Das F nach dem Namen ist hier üb erkannt; die Verschiedenheit der Interpunktion zwischen 6 ui (bei letzterem fehlt der Punkt nach G und L) ist irrelevant (s. ol Der Grössenunterschied (loVt cm und 10 cm Länge) zwisch« und 8 erklart sich durch schrägen Eindruck des Stempels 6, noch deutlich am Abklatsch zu erkennen ist. In der atlgenie Bemerkung zu dem Stempel (S. 90), wo W. die ihm l ckaii Fundorte desselben angiebt, nennt er auch Birstein. Das beruht Verwechselung mit dem früheren Auf bewahrungsorte eines RückL Stempels (jetzt im Hanauer Museum). Üb W. mit Recht einen 1 Schannat Hist. ep. Worm. im ersten Teil des Katalogs als Legi baustein bezeichneten »Denkstein« jetzt mit Rücksicht auf die neu ZieijcHnnde bezweifelt und annimmt, dass es »jedenfalls auch solcher war« (S. 89)» lässt sich, da der früher im Bischo£sbol

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und der Grenze ansah, hat es verschuldet, dass man die als sekundiren Verbindungsweg betrachtete Linie Bergen-Nied an letzterem Orte gleichsam in einem toten Winkel endigen liess, ohne eine direkte Verbindung mit Kastel-Mainz zu suchen, obgleich doch schon die früher erwähnten Inschriften, wenn sie auf Nied bezogen wurden, auf eine solche hinzuweisen schienen. Man suchte nur einen nördlichen Anschluss an die Elisabethenstrasse und über dieselbe hinaus Ver- bindungswege mit Jen Taunuskastellen, wobei man Fundstellen römischer Reste als Wegweiser benutzte.' Ein wirklicher Strassen* körper war weder gefunden, noch, soviel sich aus den Berichten erkennen lässt, ernstlich gesucht worden. Um so auffallender ist es, dass gerade das wichtigste Ergebnis der Jost'schen Ausgrabungen so gänzlich unbeachtet geblieben ist. Dass der von ihm gefundene Weg nicht nur verschiedene Teile der Zieglerkolonie verband, sondern aus derselben hinaus ins Land führte, dafür spricht bei aller Ober- Bächlichkeit des Berichts die Erwähnung von Chausseegräben, die er mit unserer rechtsmainischen Landstrasse gemein hat, es sprechen dafür auch die Mitteilungen der Dorfbewohner über Urnenfunde in der Verlängerung der von Jost angegebenen Kichtung nach NW., jenseits der Bahnlinien Höchst-Frnnl;furt.' Der weitere Verlauf dieser Strasse ist noch festzustellen und durfte, nachdem man nun bestimmte Anhaltspunkte gewonnen hat, auch ohne grosse Schwierigkeiten fest- gestellt werden

Noch günstiger sttht es in Beziehung auf die westliche Fort- setzung der rechtsrnainisciien Ufersirassc. Dass dieselbe, der Haupt- richtung des Mains folgend, im heutigen Höchst jenseits des Sulzbaches ein Knie bildete, war a priori anzunehmen ; ebenso dass das Knie etwa da zu suchen sei, wo die Verlängerung des westlichen Stückes der Elisabethenstrasse' in der heutigen Stadl die Verlängerung des von uns aufgedeckten Strasscnkorpers schneiden würde.^ Für die Richtigkeit

* F. \'v uuclm Sclimidt in Lukalutucräucliuiigcn über den Pfahlgraben, heraus- gegeben von E. Schmidt in d«n Nass. Ann. Vf, 107 £, der S. 141 ff- Habels Ver- mutungen weiter ausführte und begründete.

* Ähnliclic N'.ichrichtcn wn'cn c$ wohl, wckhc Habel uiul luich iliuj Oberst- licutcnant Schmidt veranlassten, eine nStrasseiiiinie« von dem von ihnen angenommenen Kastell nacli N. (nach der «Heidenkirche« am kleinen Feldberg) anzunehmen. Vgl. Nass. Ann: VI, S. 141.

3 Ich incitK den von Mainz-Kastel bis über Diedenbergen hinausführenden Teil, che sie das tioppdtc Knie bei f!ofheini macht.

•» Etwa bei dem Buchstaben vJ westlich der bteinmülile auf unserem Plan Tafet L

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- Saalburg (Fig. 149*). v. C u. J. LXXVI, 24.

= Haßtim, cf. Brambach, 150;, nach Becker, I. N. S. 547 (134) ^i*^ museo Wisb.«

wm Heddembeim, cf. Brambach 1491, 6, nach Becker,' L N. ^> 543 (137) museo Wisb.« Ich fiind die beiden Exemph Wiesbadener Museum, das eine (Kat. 10174} auf einer 042 1. 0^5 dicken Platte, das andere (Kat. 10 170) auf einer 0,28 1. Hypokaustplatte. Dadurch, dass auf den Abklatschen die Si, weggelassen wurde, ist es mir leider nicht mehr mdglich, zu welches der beiden Exemplare von Hofheim und welche Heddernheim stamnu. Beide aber sind mit unserem Nieder Si identisch; die scheinbaren Abweichungen, Jass nach B. beiff beimer Stempel das F nach R, bei dem Heddernheimer nach P sind, wie ich mich durch Vergleichung der Originale überz nur durch die Be£.!nKiii:^iint:, h/.w. mangelhaften Abdruck des Stt veranlasst. Aus Heddembätn Hndet sich der Stempel noch t sehr gut ausgeprägt im Frankfurter xMuseum X, 6358 (Fig. Was den Namen betrifft, so ist wohl eher an Augurinus zu d als an Augur, wie Brambach nach dem Register S. 380 die St 1491, c, 6 u. 14. und 1503, 6 liest. Hin practectus C. lulius Aug wird genannt auf einer Steininschrih aus Keros Zeit, die im 1882 bei den Brückenarbeiten im Rliein bei Mainz gefunden w cf. J. Keller, I. Nachtrag zu Beckers K:it. S. 12, No. 130, b. Ü Stempel Brambach 1491, c, 14 von Heddernbmmt ^^'^ welcher selbe Legende wie auf dem unsrigen, aber in einer Linie stein Becker, L N. 1878, S. 547 (134) ungenau wiedergegeben ist, ich nicht entscheiden; im Wiesbadener Museum, in dem er sich Beckers Angabe befinden soll, iiabe ich ihn nicht gesehen.

= Schlossiui. cf. K. Christ, B. J. XLIX, S. 112.

10) LHG XXHIM^ (Hg. i$o). IVLBLLLiCl-

I Lalzziegclsiück, gefunden bei D.

= U'ieshadt'ti, nach v. Cofiausen, X. A. XXI, Taf. III, f. habe den Stempel im Museum nicht gefunden.

Im Wiesbadener Museum befmdei sich ein Volivaliar (cl. i bach 1107), der »in der Mainzer Festiinpsmauer innerhali' Walle zwischen dem Neuthor und der C'it.ulcüe hoch oben t mauert war«. Denselben h.u I5IBIS TRiBLS QUDKVil (?) Bl I.l I(:\'S- V... RA lJiGXXÜ P 1^ gewcihr. Hei der Selu des (.ognomens ist dieser Stein von besonderer Bedeutung fu hrklurung unseres und anderer Namenstempel. Darüber unten 1

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ist aus der alten Sudt nur ein Fund, und zwar ein Mfinzfond, fest- gestellt worden, was sich leicht daraus erklärt, dass für jene sich eine mehr als uusendjährige Existenz nachweisen lässt, während die östlichen Teile der Stadt, eben die, in welchen zahlreiche Münzfunde gemacht sind, erst in den letzten Jahrzehnten entstanden sind. Es ist daher auch erklärlich, dass Schmidt »vor den östlichen Häusern« von Höchst noch freilich sehr unbestimmt angedeutete Spuren einer nach N. führenden Strasse konstatieren konnte.' Ob dieselbe das von Schmidt angenommene Ziel verfolgte, das können wir ebenso wenig entscheiden, wie dies bei dem von der Nieder Fundstelle nach N. verlaufenden Wege möglich war.

Dagegen scheint es mir aus inneren Gründen zweifellos, dass, sei es bei Nied oder im heutigen Höchst, ein Weg nach NW. ab- zweigte, der, dem Laufe des Liederbachs folgend, der Herbeischaffung des für den Ziegeleibetrieb nötigen Materials diente. Auf diese Richtung wurde bereits während der Ausgrabungen unsere Aufmerk- samkeit gelenkt. Zu den Besuchern der Ausgrabungsstätie gehörte auch der Besitzer einer grösseren Dampfziegelei in Münster im Taunus, Herr Schuckmann. Derselbe erklärte beim Anblick des im Schlämm- bassin' und neben dem Ofen A gefundenen weissen Thons sofort, das sei Münsterer Material,. und zwar gerade aus den Lagen, welche er wieder in Anbau genommen habe. Zum Zweck der Prüfung dieser- seiner Ansicht nahm er sich einen Klumpen des Materials mit^ um ihn zu brennen. Ich erinnerte mich später an diese Bemerkung, als ich, um die Provenienz unseres Thons festzustellen, mich in der einschlägigen Litteratur' umsah und dabei immer wieder auf die Gegend von Münster und Kelkheim verwiesen wurde, wo mächtige Thonlat'er zu Tage treten und daher zu einer bereits seit langer Zeit bestehenden Ziegler- und Töpferindustrie die Grundlage geboten haben, während in der Umgebung von Höchst, Nied und Heddernheim der reine Thon durch eine so starke I,öss- und Lehinschicht bedeckt ist, dass an eine örtliche Gewinnung des von uns aufgefundenen

* A. a. O. S. 141.

* Nach seiner Angabe wire die techaisch richtigere Bezeichnung: »Sumpf«.

' Von besonderem NX'cit wir mir die Schrift von Dr. phil. F. Kinkclin; Die nutzbaren (»esleine und Mineralien zwischen Taiimis und Spessart. Sonderal-'druck au!> dem Hericiit über die Sencitcnbcrgisclic nalur forschen de Gej^elli^chalt in l'rank- furt a. M. 1887/88. Daneben bot mir nummgfache Aufklärung über topographische Tragen das Buch von Sanititsrath Dr. Grandhomme: Der Kreis Höchst in gcsund- heitliclitr und <^e>undheil:-.poli/cilic:ier Rc/ichung cin?>chliesslich einer gCSChichllichen und geologischen Beschreibung desselben. Frankfurt a. M. 1887.

t kleines ZlegetstQck, auf welchem nur die bei dem ers fehlenden Teile der ersten Zeile erhalten sind. Nach der G und Form der Zeichen, sowie nach der Beschaffenheit des Mar durfte es demselben Stempel angehdren. Fiindort bei D.

= Schhssau, im Mannheimer Museum (Fig. 152^); cf. mann 115. Nach meiner Vergleichung des guten Abklatsches is von Baumann als zweifelhaft beaEcichnete Venilcalstrich nach zweiten V nur ein dreieckiges Interpunktionszeichen, so das: Namen C V V* lautet mit folgendem F(ecii). K. Christ hat i XLIX, S. Iii) frühere irrige Hrklärungen z. T. selbst zurOck^enoin Hin C. Vibulius Wilentinus milcs leg* XXU wird auf einem Grat aus Mainz, im Mainzer Museum genannt ; cf. Becker, Kat. 192.

13) (C?)AriTFORTF (Fig. i53"-*). kEGXXPR

I Backsteinbrocken (Fig. I53')> gefunden vor Beginn der grabungen in der Nähe des alten Niddabettes bei einer Bc^ehun^ Feldes durch Gymnasiallehrer Blflmlein und den Verfasser.

^ Htääenbfim (Fig. 153^). Backsteinstflck ganz gleichci im Frankfuaer Museum X, 6355. Geschenk des Herrn Sanitäi Lot7, angeblich aus Heddernheim. Der Namen (C ?) Avitius F scheint zweifellos. Ober das nomen gentilicium Avitius (röm nicht celttsch) handelt Holder, Altceltischer Sprachschatz, S. 3 1 j

14) LHG XXIIP-F l (1-ig. 154'"''). LCASKVl

I Ziej^clstück o,(> | dick, ijelb, gut gebrannt, mit geringem S Zusätze, l'unduri l> (1 i^. J >4 )■

= Schlossau. »Ziegel« im Mannhcinur Mu.scum (Fig. i cl, B.iuin.inn ii8; d. Christ, H. J. XLIX, S. 110, ^ Die Deu L(uciü.s) Cae(i.i!nis) Sev(cius) t(ecit) ist nur eine \on vielen r liehen. Denn w.is B;Hini;inn für den Qucisuuh hiiucr CA hiclr nur ein Intorpimkiiuni/cuhfn, wie :nkh K, Christ (R. J. X S. iio, 1) erk.uHue; Brambach 6i8 \Mi\i ein Caldius Severus «;cn. i>t)e!i können gerade bei diesem Stempel alle Citaie nur excii (ikatonschen Wert haben.

15) . . G XX HR Ii F (Hg. ijsO.

\ KD

1 Backsteinbrocken 0,044 dick, gelbrot, gut gebrannt, ( Qitarz, wenig Sand.

Nfiirnhfiiii ^ aber nicht identi ^^ li. M innhcimer Mus (Fig. lij'J. cl. Baumann 1 16^ Christ l. i. 216. Die Ähnlichkeit be

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alten Gruben deckt, nach Angabe der Ortsbewohner an Stelle eines älteren Hochwaldes getreten, dessen Boden nach der lokalen Tradition niemals Thon entnommen ist. Diese Aussage gewinnt an Glaub- würdigkeit durch die Erklärung, die mir Herr Schuckmann auf meine Frage gab, warum denn die Mfinsterer die zweifellos weit reicheren und besseren Thonlager unbeachtet Hessen und sich mit schlechterem Material begnügten. Es sei zu fett und sandfrei, sagte er, und werde daher ohne die richtige Vermischung mit Sand beim Brennen rissig; bei zweckmässiger Behandlung dagegen sei es vorzüglich und ebenso» wohl zur Töpferei wie zur Herstellung von ßrandziegeln zu verwenden.

Bei dieser Gelegenheit sei die Bemerkung gestattet, dass zwischen Münster und Oberliederbach am Wege nach Höchst Ziegeleien liegen, welche feuerfeste Ziegel aus dem dort anstehenden Thon herstellen, der mit scharfkantigen Quarzkömern so gemischt gefunden wird, dass eine künstliche Zerkleinerung der letzteren nicht nötig ist. Die Zusammensetzung der Steine erinnert an die der Decksteine in unserem Nieder Ofen, während die in demselben hergestellten Hypokaust- kacheln zweifellos künstliche Mischung des Münsterer Thons mit dem geeigneten Quarz verraten.

Diese Beobachtungen bringen uns zugleich die einfachste Losung der Frage, warum die Römer gerade Nicd-Höchst für die Anlage ihrer Militärziegeleien gewählt haben. Es ist die Stelle am rechten Mainufer, welche den Thonlagern des Taunus am nächsten liegt, und von den letzteren hat wiederum kein Teil geringeren Abstand vom Mainknie bei Höchst als die Münsterer Gruben.

Nun fiel mir schon beim ersten Besuche von Münster dicht östlich vom Dorfe, jenseits des Liederliches, ein am rechten Ufer des letzteren z. T. liIs Hohlweg verlautender Feldweg durch seine Gcradlinigkeit und durch den Umstand auf, dass er, den Vizinalweg von Soden nach Münster kreuzend, ausserhalb des Dorfes bleibt und nördlich desselben sich so gabelt, dass der eine Arm nach den Thongruben, der andere naeh Kelkheim zieht, wo ebenso wie dort sich alte Thongruben befinden und eine althergebrachte Töpfer- industrie bestehen soll. Nach SO. zieht der Weg, z. T. durch den Licdcrb.ich, der sein Bett verändert zu haben scheint, zerrissen, an den Dörfern Niedcr-iiotheim , Oberlicderb;ich und Unterliederbach vorbei; er hält sich immer auf der rechten Seile de^ Baches, wahrend die jetzige Strasse dem linken Ufer folgt, und ist bis in die Gemarkung Höchst 7A\ verfolgen. Die Verlängerung des zuletzt erkennbaren Stückes würde nördlich von Höchst nach der Steinmühle und jenseits derselben auf unsere Ziegelsiätte führen. Da, wo der Weg nahe dem

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XXII MAK^ PR P AEK F F

I Platicnstück, gut gcbr.iiiin, uelb, 0,05 dick, gefunden (l it'. 159'). Die Form des Stempeln w Ärc niis dem kleinen Fni; welche^, dazu bo unglücklicli abgebrnchcu war, d.iss rnan das i liegende T für einen Teil des symmetrischen Strichornamenis njussie, nic!it /u erkennen gewesen, wunu ww nicht im 1 coruar il dem auf Jcui i nedhule zu IkdJernlKini aufgedeckten Hvpokai den LMn-^en Stempel (11^;. i y) ) uctuiulen und dadurcli zuglcK Müglichkcu gewonnen hatten, die Idcniit.u unvcrcs Fragtnent mehreren anderen, z. T. fali»cli puhhzierien, von anderen * nachzuweisen.

= Ht'dderuhehn (Fig. 159''). S. t)bcn. Platte 11.56 1. u

0. 045 »J'^^j uiucrste Lage eines H\ pokaustpfeücrs, und 7:wei E Mucke einer gleichen Platte mit der rechten lülüe des Ster Im Musemn /w W iesbaden l.md icli I ragmente des Stei eins, K.M. 10215, .uil einem (^O) ni dicken Plattenstucke \ov. i^li Bescli.ifkiihcit wie die unsrigen, um .nuicie-., K.u. 10214, * tJuntKit.n Zu. i;elsiück, die Ixidc .ils .uis llcdJtiiiheim st.nii bezeiclinci .sind, ho dem einen 1S60 als j.ihr der hiv,e angegeben ist, so Likl.ni es sicli, d.i^^ die Stucke bei Becker-

1. N, noch nicht vorkommen. Auch bei Brambacli finde sich nicht.

« Frieiihtijy. Mehrere Fragmente des Stempels im Schult Bau des Wasserturms von G. DieHenbach und Rektor Schaefer gefunden. Diefenbach, Handkat. \\ 93 stellt aus ihnen die Le^

zusammen: [^.i^^i^fAHRF ' ^u^ntiUt nach den sorj hergestellten Pausen zweifellos.

=s H'ieshadni, ^ciiind\.\) aut lingelhardts Ackei«. cl. Bran 1537, f, 29 (nach Per. Blätter 1860, 15, p. 365 und Steiner 5708 dem Zusatz »in mus. per. (iit)«. Thatsächlich ist der Stempel mehr dort vorhanden. Brambachs Gewahrsmäimer iibersalici liegende T und lasen in der otfenbar z. T. zerstörten dritten des Namens nur die Vertikalst riche 1 1. Brambach selbst aber f im Register S. 380 im Widerspruch zu seinem eigenen Texte S

nur MAR an; cf. Becker u. Klein i. N. S. 562, No. 97, wo j|

angeführt ist mit dem Zusatz, dass es vermutlich der Töpicn

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können. Es wird für die mittelrheinis^hen Lokalforscher, welche in der Lage sind, die von mir nur bei vorübergehenden Besuchen der Museen oder nach Abbildungen durchmusterten Sammlungen an Ort und Stelle eingehend zu studieren, leicht sein, zu den von mir nachgewiesenen Fällen der Identität noch weitere hinzuzufügen, welche dann neue Beweise für die Stichhaltigkeit der von mir gezogenen Folgerungen darbieten würden. Freitich gehört eine lange dauernde und sehr eingehende Beschäftigung mit dem Material dazu, um in den einzelnen Fällen volle Sicherheit der Bestimmung zu gewinnen. Scheinbare Verschiedenheit der Typen erklän sich oft aus mehr oder weniger energischem, aus schrägem oder senkrechtem Eindrücken der Matrize, oft auch aus Unreinlichkeit derselben oder aus der Be- schaffenheit des Thons. Dagegen sind auch ganze Reihen gleich- zeitig gebrauchter Stempel oft einander so ähnlich, dass nur genaueste Vergleichung und Messung, und zwar nicht nur der ganzen Stempel, sondern besonders auch der einzelnen Buchstaben und ihrer Abstände von einander, die Verschiedenheit der Matrizen erkennen lässt. lo dieser Hinsicht ist besonders vor der bequemen Erklärung kleiner Unterschiede durch das »Schwinden« der Ziegel beim Brennen zu warnen. Das mag bei verschiedenem Material (mclir oder weniger reinem, bzw. quarzhaltigem Thon) manchmal richtig sein, bei gleicliartigcn Ziegeln aber ist auch das Schwinden ein so gleich- mässiges, dass selbst die gati/cn Fl uten nur geringe Massunterschiede zeigen, diese aber bei Jen Stempeln bereits fast wegfallen, bei den einzelnen Buchsuben endlich ganz ausser Betracht zu lassen sind. Anderseits ergeben dieselben Matrizen, wenn die Zeichen in konver- gierenden Flächen auf Holzpläiichen geschnitten sind, bei leichtem Eindruck schöne, breite, aber flache Züge, während bei tiefem Ein- pressen die Buchstaben scharfkantigen Rücken haben. Verzerrungen und Verbreiterungen durch schiefen Eindruck kann man bei einiger Übung und Sorgfalt leicht auf das richtige Mass zurückführen.

Was nun das tut Vergleichung herangezogene Material betrifft, so habe ich mich räumlich auf das Gebiet zwischen l.ahn und Necknr beschränkt, weil sich bald herausstellte, dass durch die (irenze Ober- germnniens einerseits und einen der Xeckarmündung entsprechenden Breitengrad anderseits die Zone bezeichnet ist, innerhalb deren sich bei Ziegelfunden Identität der xVlatrizen mit Jen Nieder Stempeln nachweisen lässt. Innerhalb dieses Gebietes sind mir die im Hanauer Museum untergebrachten I undc vom Grenzwall seit langer, die des Frank turter Museums seit neuerer Zeit durch Autopsie bekannt. Das Material des Mainzer und des Wiesbadener Museums habe ich Stück

L

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ihm gestempelt fanden, erhielt er für unsere Präge besonderen ^ Durch die Güte der Herren Prof. Hettner und Geh« Rat Bücheler icli in den Besitz guter Abklatsche des Bonner Stempels, welch Annahme voUkonmiener Übereinstimmung mit dem unsrigenbestäti Ich hatte inzwischen auf gut ausgeprägten Hxeraplaren der letz \m O ein kleines n gefunden. Da ferner über dem angeblichen erhöhten Rande sich der Querstricl) als leichte Verbreiterung selben erkennen liess und K mit V otTenbar ligiert ist, so Heitners Konjektur, ohne d;Ks irgend welche Ergänzung nöt-i: ^ bestätigt. Rechts scheint, dicht an den Rand gedrückt, noch t beabsichtigt zu sein. Ich nniss hier bemerken, dass ich meine deckungen später im K.itnlog des Wiesbadener Museums (ic schon von einem underen (Rossel?) ebenfalls gemacht fand.

= Heddernheim. Frankfurter Museum. 12 Uypukaustpl (Fig. 160) 0^21 :o»2i : 0^38; neu (noch nicht katalogisiert).

SS Hlesbaäen, Wiesb. Museum Kat 10022 (Rhetnstrasse li Hypokaustplatteo, nach Grösse und Material «= den Heddemhe Exemplaren. *

« Marietifeh. Wiesbadener Museum. 7 Hypokaustplatten, (. falls =a den obigen i nur dass die Länge und Breite zwischen und 0,22 m variiert. Kat. 10041, 10095, 10256, 10260, 10275, 10259. Brambach 1545, 9 liest hier MOIANSF und fi^gt in Anmerkung hinni »sexies« (?). cf. I. K. 187S, S. 545: »lege Mol neve Moians, Mdans, Mojanus«. Becker weist N. A. XDI, 235 auf Molianus bei Brambach 1050 hin.

Die Wichuglicit der Nanjcn:>uü)pel für die uns hauptsacf beschäftigenden Fragen veranlasst mich, den für Nied nac wicsencn '1 \ pen noch einige andere hnizu/utOgen, die leüs uns in Heddernlieim zuerst gefunden, iciU von mir dureh Vergleik-Ii der in den verschiedenen Sammlungen vorhandenen LxeaipUre \ i.Lmdigcr oder richtiger festgestellt worden sind, als sie s.icli Brambach verzeichne: finden.

In dem 1 h pokaustuin auf dem 1 riedliof m Hedderuijeiin wui ausser deu oben genannten im Februar 1S92 folgende Stempel gefuac

21) LEGXXn-PR P F CAL- STRABO

fn reich ornaniemierier Hinfassung mit reeliuvkiger Aus/.ahii am Rande, wie W). 6, uiui kleinen .S,.h\v alhenst^hw .m/eii vor und u |cdci der beiden Zeilen (mneriiaib der Umrahmung^.

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glüssten Wcnc Suchiers Publikationen* wegen der von mir immer aufs neue erprobten Zuverlässigkeit ihrer Angaben und Zeichnungen, die durchweg auch für den, welcher die Originale nicht m vergleichen in der Lage ist, eine vollkommen sichere Entscheidung über Indentität oder Verschiedenheit der Matrizen möglich macht, was ausserdem nur noch bei sehr wenigen Arbeiten auf dem in Betracht kommenden Gebiete der Fall ist. Manches entnahm ich den älteren Publikationen von Hansselmann,' P. Fuchs,' Dorow^ und Habel,' welche besonders von Figuren- und Namenstempeln Abbildungen in natürlicher Grösse gegeben haben. Wo dies sonst bei interessanten Funden geschehen ist, werden die betreffenden Werke an geeigneter Stelle angefahrt werden. Dagegen habe ich es nicht för angezeigt gehalten, auch die llteren und neueren Publikationen, welche die Stempel nur durch den Druck wiedergeben, fonlaufend zu zitieren. Denn wenn ich mir auf Grund der Stempclform und der hinzugefügten Erklärung auch in sehr vielen Fällen eine subjektive Ansicht über die Ober* einstimmung der angeführten Typen mit den unsrigen zu bilden vermochte, so genügten diese Merkmale doch nur selten, um eine absolut sichere Behauptung auszusprechen. Dies gilt auch von Brambachs verdienstlichem Werke, in noch höherem Grade von Beckers Katalog der Mainzer Inschriften, bei dessen Benutzung ich besonders bedauert habe, dass der Verfasser es unterlassen hat, die von ihm verzeichneten Stempel auch auf den Originalen mit Signaturen zu versehen und die Herkunft derselben anzugeben^ so weit es möglich war. Es war mir aus diesem Grunde gerade bei den wichiigen Mainzer Steinen nicht möglich, den Angaben Ober die Übereinstimmung mit Nieder Typen die nähere Bezeichnung der betretenden Exemplare hinzuzufügen. Um so wertvoller war mir

kürzunf:;en H. J., W. Z. b/\v. K tf. W. '/.. luul N. A an. Auch dem Archiv des hisl. Vereins für das Grossherzogtum Hessen, sowie dem Arcliiv lür Frankfurts Geschichte und Kunst konnte ich manche Angaben entnehmen.

I) In der Zeitschrift (Ür Hess. Gesch. und Landeskunde. Neue Folge VIII. Suppl. 1882 11, S. 16 ff. 2) m den Mitt. des Hanauer Bexirksvercins für Hess Gesd). u. Landesk. Nn. ro, 1885. j) in derselben ZciTschrift. Nn 1890 S 96 iT.

* Ch. E. Hansselmanns Beweis, wie weil der Rtmier Macht in denen mit verschiedenen teutschen Völkern geführten Kriegen in die nunmehrige ostfrinkische sonderlich Hohenlohische Lande eingedrungen ist. Schwabisch Hall 1 768, II. Tbl. 1773.

' P. ]o% Fuchs .Mtc Geschichte von Mainz. Bd. I. 1771, Hd II, 1772.

•* Dnro'A , K^l. preu«;';- Hofrai. ( ipfcr'^t.ittc und Grabhügel der Germanen und Konter am Rhein. 1. Heit 1819, Ii. Hett 1821.

i Von Habds Schriften kommt besonders der Anfsata der Nass. Ann. II» III, i8$7 in Betracht: Ober die Feldzeichen des römisclien Heeres, insbesondere die Cohorten» tetcbcn der 32. Legion. .S. 98-269. Nebst Tafel II- VIIL

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aa) leg XXirP P-F VALPRISCI

Oblong mit abgerundeten Schwalbenschwänzen « Fig. 147^ Nachlassig geschnitten mit ungleich grossen BuchstJ Das I nni l-,ndc der zweiten Zeile soll jedenfalls F bedeuten.

Dachziegelstück, im Hypokaustum vennauert.

Im Wiesbadener Museum 15294 befindet sich ein 1883 d Schenkung in die Sammlung gekommener Dachziegel mit demse Stempel, gleichfalls aus Hedäernbdm. Der Stempel war bisher bekannt.

2j) LEG XX H P Pf BRIGICän

Oblonj^ mit halbkreisförmigen Ohren (sutt der Schwal schwänze No. 2). Der letzte Buchstabe der zweiten Zeile ist Steher. Am wahrscheinlichsten ist er die Hälfte eines zweiten V. dass dieselbe Ligatur vorläge, die ich bei No. 11 annahm.

DachziegelstQck, im Hypokaustum vermauert.

■B Hleshaden. Wiesbadener Museum. Brambach 1537, f

Buchsube der zweiten Zeile ist zweifelhaft. Der Zusatz B.*s in Anmerkung S. 286: »ulis, sed II omissis, dicitur Bonnae esse in 1 reg.« Lersch C. IL 5 findet keine Bestätigung in Hettners Kat No. 15J, S. 60 u. 61. Dorow, Opferstätte II, p. s u. Taf. XI, F: hat denselben Stempel. Der Stempel ist auffallend, weil abweicl von der sonst bei Ziegelstempeln geltenden Regel nur ein und ] ein nichtrömischer Name angeführt ist. Dies, sowie das M, innen an Topferstempcl, cf. Froehner 445 BRIC . . . . (Augu Raur. rep.).

24) SENTI SÄBEL LEG XXII PRPF Oblong, an den Rändern mit schrägen Strichen als Omam

Hypokaustplatte 0,28 1. u. br., 0,04 dick.

=s Wiesbaden. Platiensnick ' 0,05 dick, im Wiesb.ul Mus. K)i \i. 1867 .Uli S^luitxcnhul gdiMuUn. i anderes, aus 2 I r.ignici zusammengesetztes l'l.irtenstück. 0,04 dick (14219) in der lloii mauer veiuuucrt ^ciunJcii. c\. Wcstd. /citNchr. X, 1\ . 1891, Na S. ^9^, wo der Namen Scniiui, habcUus erklärt wird mit dem sitz: ) Ziegelmacher « (v. Cohausen), und Nass. Ann. XX\

(nach L N. S. 547) liest

LEG XXII . . . BRICIC . . .

Das G als vii

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artigen Ziegelfragmencen. Von den beiden ganz erhaltenen Stempeln zeigt der eine (Fig. r ' ) die Buchstaben in hohem Relief mit schmal- zulaufendem Rücken und lässt so erkennen, dass dieselben in die Holzmatrize von beiden Seiten schräg eingeschnitten sind. Diese Art der Herstellung verrät auch der Buchstaben O, indem er noch tien zweimaligen Ansatz das Schnitzmessers erkennen lässt. Das andere Exemplar ist weniger tief eingedrückt; daher erscheinen die Typen breiter, wie sie bei der angedeuteten Art der Herstellung auf der Fläche der Matrize sich darstellen mussten. Der nach links hakenförmige Zahlstrich tritt auf dem im übrigen deutlicheren Stempel (Fig. I*) weniger hervor als auf dem anderen und mehreren der Fragmente, weil der Stein an jener Stelle verletzt ist. Dagegen lässt sich auf ihm scheinbar hinter dem S noch ein kleineres T erkennen. Das Material der Matrize verrät sich auf beiden Exemplaren auch dadurch, dass der rechte Schwalbenschwanz oben, der linke unten verstümmelt ist, wie es leicht geschehen konnte, wenn die Matrize aus einem Holzplättchcn bestand, dessen Fasern der Längenachse derselben parallel Hefen. Von den Fragmenten zeigt eins den linken, das andere (Fig. i*") den rechten Schwalbenschwanz vollkommen erhalten. Bezü^^Üch der Typen zeigen dieselben die nämlichen Ver- schicdcnlicitcn durch ungleich tiefen Eindruck. Die Identität der Matrize ist bei allen durch die Masse, sowie durch gewisse Eigentümlich- keiten der einzelnen Buchstaben zweifellos festgestellt. Der Fundort aller war das Praefurnium des Ofens A.

Die Kohorte ist bisher auf Zicgelsterapeln nur einmal mit Sicherheit nachgewiesen, und zwar wie hier mit leg. I, VIII, XIV und XXII zusammen, in Gernsheim von F. Kofler. Zuerst veröffentlicht im Quartalblatt des bist. V. für das Grossh. Hessen, 1885, 3, S. 12. Die irrige Lesart Coh. lasorum ist von Kofler selbst W. Z. IV, 1883, S. 67 und V, 1886, S. 194 ff. und von Hammeran, Korrespondcnzblatt d. W. Z. V, 1886, S. 74 ri. korrigiert worden. Da«; von mir im Mu<;cum zu Darmstadt verglichene l'Acmplar von Gernsheim (Katal. I H }3) stimmt mit den Nieder Zicgehi, was Material und Matrize betrifft, vollkommen überein. Es existiert also in Ober^ermanien bis jetzt nur ein Typus der Kohorte (von derselben Matrize). Die daraus und aus den Umständen der Auffmdung sich ergebenden Folgerungen werden weiter unten besprochen werden.

Aus Germania inferior veröfFentlicht Steiner in der Westd. Zeitschrift 1885, IV, Muscographic 96 ein in der Sammlung des Nicderrhcinisclicn Altertumsvereins in Xanten befindliches, von Aus- grabungen auf der »alten ßurg« herrührendes »Ziegelbruchstück« mit

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1>6

Rundttcmpcl. in der liM«cren Linie TRAS.RHS i> pvfIfJUV in arrtmtrr«» Mll. UID.T AST\'R. Doch crkba ci Jk /«V.« I iiJcr II, für imctlcUult, pbiJicn Aber für Jic Lc«jnCi>h. 1 Aumir

I. C ^ U) \'1 1 1 A u U V l i.

I) IH, VTTT. AV(. (1 iK- 2)

I l)4%fa/icgel (it^uii), licluiKicn in den Trummcfv ik« bei D.

Die %orlieKcfiile l'unn mit frei von Jer Mitfire abiicWM- S«.h«ilbenvb»inien, uie «ie die Ziegel der ii. (aiKli Jer ii 14. LeiiMM in ihren iweilellos ilte^en htempliren regeimituic ü i«t bei der IL Legion «dien. Mir nt ein i-.ienipbr der Mi'tceMTAr NchltMftsimmlttng, |ct#t im He^ici (^rjd%\ nnd tau T^pc« Ar Saithirg (v. Cohju«eii und Jjhjubi LXXVUL t7. uiU )k<\ 1 * i»ekhen der eine mit dem IUbe1»«,hcn ideniiwh tu, Kck^fr: hjbcn aber vimtlub «eit gcfittgere Mjue il« der untrue. de* »i«^* dir in den Stempeln der ai. imd i f. Legion nihe %tchi AUe lAarrs mir im Original oder durch Abbildung bekannt ge«ordcncii T w der K J^gMMi, w beMinder% die | übrigen der llibciKhc«» Sae«<.«g und 7 von der Sailburg haben ebcnvi «ie die ««« 0«*rU. - a beim Ka«tel] Miltenberg gclundenen hKcfnp!are dieuSN * ^'m* rechteckige lortn, wie wir Me bei den Nicdef Niemprin dcv Adtuiru linden (i ig. mit »ekbcn «le auch tti der « Ml« IC in dem CniMand uberein\timnien, di%« bei ewigem %^ den Swhwai:*cm<h« anren ähnliche Dmamcme al% lineare IrSk^^w" innerhalb de^revhieck Igen StemiH-Ueruhanen. L«emplared<« etr^ff An fand uh au^h in den Mmeen nt Wiesbaden (Kat. ^»«^ % >• baden) und Darm\tadi aus Oberflar^tadl (Kat. D I A Hj9m- burg bei Butzbach ((f. I>icrirnbawh% llandlauU»g, Bd X\l 7 (Ufer%burg (ebendatetKt Rd. II, |>. letzterer Typu« :«? «J«-' nm cirrm iu% der Sammlung de« alteren DietlcnKa^h itin-t.«w* im DarniM Muv (Kit. I A 9). \m lleddeinheim «ir ia* * kimtmc» der K. Lc/ion jut ZicccUtcnipcIn Bramra«.h ikH*» ^rNtiAY er hat nur rtne Su :ntnsvhrili (14«) 2) aii\ Praunheim (prific •>.v^ HiJJirfi!)r:'i ) lia'i*nic*i'i !i.hrt (L'rt;evhuhte N t*»i I » "* tScrcu^'" % d«r r><fnt\^fun Ticj^penlurper de« Taufiuvcvtteti Vv«i';-t''i i.t;J Su;!;!iiKhrilU(- die X. Le):ion boier der gis*« iKJili'f! *.r 'ti an. n«nni aber S 1^ 71 keine /»eier! der « '«^ «ihtciij er «t^rie Jet 1. (N 7«i) Mmte der 14 u'ij si irt^^ (N 7;} et««' i«i Lh lind unter den a!:rren Befinden Irv4*tf^ MuKi.iti» 1 'l>f>en der Legion au« Heddernheim, ««wta ^'

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eine mit einem Stempel der Habelscheo Sammlung» der andere mit einem von der Saalburg (v. Cohausen und Jacob! LXXVIII, 22) identisch ist. Einen beiden ähnlichen, aber nicht ganz gleichen Stempel fand ich selbst im Sommer 1892 auf dem Heddemheimer Friedhof im Schutt eines neu ausgehobenen Grabes. Ein von G. DieiTenbach 1882 in Friedberg gefundenes und der Legion wohl mit Recht zugewiesenes Fragment (Handkatalog V, S. 338) weicht von allen anderen ab, da es zweizeilig ist.

Legio I Adiutrix.

1) LEG T AD (Fig. 3).

9 Falzziegel, mehr oder weniger fragmentiert und gebogen, in und neben dem Ofen A gefunden, offenbar als unbrauchbare Fabrikate ausgeschossen. Material gleichartig, ziemlich sandhaltiger Thon, rot* gebrannt. Vollkommen gleiche Exemplare habe ich anderwärts nicht gefunden. In der Grösse stimmt genau flberein ein Ziegel aus Maimi im Museum zu Wiesbaden 9997.

2) lEG T AD (Fig. 4).

1 Deckplatte eines Brennofens dick, schwarzrot, halbver- schlackt. Dem vorigen sehr ähnlich; aber der Abstand des D vom Rand (0,009 ni) ist erheblich grösser alS bei jenem (0,004 ™}* Ob dicht am Rande noch ein I stand, ist zweifelhaft.

Im Wiesbadener Museum (Katalog No. 1023 1) fand ich einen in der Form genau übereinstimmenden Stempel auf einem mit zahlreichen eckigen Quarzkömera durchsetzten (feuerfesten?) Backsteinbrocken, Fragment einer Hypokaustpfeilerplatte oder einer Ofendeckplatte. Er stammt wohl von derselben Matrize. Der Rand an der rechten Seite ist ebenfalls undeutlich.

5) lEG TADL (Fig. 5).

3 Falzziegelfragmente 0,02- 0,025 Fundort neben Ofen A nach Süden.

4) LEG T - AD (Kg. 6).

8 Falzziegelfragmente wie No. 3. Fundort im Ofen A.

5) LEG - T - AD (Fig. 7).

34 mehr oder weniger fragmentiene Falzziegel 0,02—0,025 dick, die Stempel z. T. sehr undeutlich. Fundort der meisten in und neben Ofen A; 2 bildeten Bestandteile seines Fussbodens; sie sind geschwärzt und bröckelig; ein Fragment wurde südlich der Strasse (bei D) gefunden, wohl dorthin verschleppt.

6) LEG T AD (Fig. 8).

2 Falzziegelfragmente. Fundort Ofen A.

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7) LEG 1 AD (hu. 9).

a I ilMicgcltrj^mcncc. itcfimdcn im iHcn A , i Krwf ^«c r 41.4 t m Un|!. ivi) brcii, CM17 .t^M pdunJcn im l*ij*ii.T?-a.— .\ (Wem A.

Der Sicmpcl m jhnluh tlcn Ii>nn«n 4 u. {. iKf «it- 0 *- Jtchtcr an Jen Rjmi.

X) Ick . I AD (I i«. IC*).

I l'ittiicf:cltrji^nKni. FunJort 4m httJi tlc% Ka^^il« . A u B.

Der Cir«»«%e fu<h («m^^; m brvti) \«.hnnt Jcr Ntcmp« .Jr*" mic aorm im Mu%eum ru Mami bdimlluhcn *u.\ %hs»- i ^ cm^prKht liicGrtnic Uit ^ttuu oncm 0>HiVfi«^ I a1r/:t M. f. lu J>arm%uJt D A Hl»).

9)nAi:r-ii »der iecivd (fv-. h).

t fjl/fici^el l-unJm hct ()len A.

Der Stempel whemt \cm ancm do S«.Krc'S-;« - - /ici;ler iiA^h dem VorltilJ ciih's AMriKi« (daher \.«»t.^ . Kcwhniiten tu wm. Die Cirmse eni%pru'lif jrcniu JtT -s . einem la« Miini stimmenden llolit/ie>:el (im(»re«) t-» U .«r«^ Museum •hi>|, de^^ l'orm, umst gleuh So 1 i%t.

nOClMOai oder JKCI.MD(tiK. n)

I Filixiegel lu« dem Ofen A.

V|;l ^ dem der Stempel %«br ihnlicli ivi, nur di^ J,*. «eitere« Mm%er%Mndni% lu dem A cider V mKh e.r ..'»c* Sirivh hmiui;ek(mtmen im. der au^ ihm ein S «lüer K ^

n) LK(;fAD( ) (1:, lO

I Devkpbue einev C)len\, wr; duk. iundun bei A

12) I.hC (I jd') {hfl, 14).

I Ki^L%tein v,<>i) JisV. \im Sinter hcdcAi luiji^ D «^hUj j t). lur die Zuk:eh4tri;;Vett /ur Lei; IAH. \pfi*.St ^1 &». vhma'U'nvh« jnrjKnls^hc thnamcni an der holen Neste, «c *'«r» - Ni einem ^ie\l*idener Stempel der I.cirttm «ledertsnJct tK.' und 9^1* ) Die GroN^e ent^pruhi der eine« Main/et Stempel 4e*-4 lei;:i»n im M^inm Museum, dv\%en lotm im i*bri|;cfi ff * K ubcrr.nMimmi.

Dte in den Mu%een tu MiiTur und Wiesbaden befind «•.Sf / der I Lei:i«>n \timmin im Matciut» S4»«eil suh dies du«vh irr i. A«.|,cn^<.han enivheidcn U\st. mit ur%eren Nieder I »cmpUfe^ - « ein. Wj% form und (»ftnNc der Sicn.|>c! Ketritfi« b-^de" « . 1 «»eitere Vjr'itu*nen des^Iben Thenus, UnifSuh rc^hte^k^;« in d«e nur bei eiiu|;en «efi.|;en an beiden S^hmilicim k^rm «

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eckige Ornamente flach dogeschnitten sind» welche also auf dem Fabrikat ebenso flach hervonreten.

Wenn daher auch bei keinem Exemplar vollkommene Identität der Matrize mit Nieder Stempeln zu erweisen ist, so nehme ich aus den genannten Gründen, bei den Gemsheimer Exemplaren auch wegen Jcs gemeinsamen Vorkommens mit Coh. I Astiiriim, für sänuliclie Heddernheimer, Mainzer, Wiesbadener Ziegel der Legion die Nieder Provenienz an. Die Litteratur über diese Fundstücke tindet sich bei Brambach zu 1377a, 1491a, 1537a. Abbildungen von zweien derselben bietet Rossel (Ein Militärdiplom Kaiser Trajans, Taf. III, Fig. 7 u. 8), doch nicht ganz genau (vgl. Brambach 1537a, I Anm.). Die Trierer und Rheinzaberner Stempel der Legion (Bram- bach 829 u. 1822a) kommen für unsere Frage nicht in Betracht.

Legio XXI Rapax.

1) LEGXXIR (Fig. i5->).

4 Falzzicgclsiucke 0,03 0,053 dick und i ß.ickstcinbrocken, sämtlich bei Ofen A gefunden j der Stempel bei allen nur teilweise erhalten.

e= Ut'ddinriheim. Plattenfragmeni 0,06 dick, ira Wiesbadener Museum 10048, gef. 1863.

2) LEGXXIR (Fig. i6' ^ ).

3 Falzziegelstücke, gef. beim Ofen A und in den Gebäudetriimmern D, und 2 Deckplatten aus dem Ofen A. Ein Falzziegel und eine Platte zeigen den Schwalbenschwanz unten beschnitten (Fi^. 16'^ '-). Auch im Mannheimer Museum ein Exemplar »aus Niddan (Nied); nach Baumann, Römische Denksteine und Inschriften der vereinigten Altertums-Sammlungen in Mannheim. Mannheim 1890, No. 96. Der rechte Schwalbenschwanz verstömmelt wie bei 16'.

Wiesbaden, Platte 0,055 dick, Wiesbadener Museum 10040.

3) LEGXXIR (Fig. 17).

2 Falzziegelstücke, gef. bei Ofen A, der eine fast ganz erhalten mit beiden Rändern, von dem anderen nur ein Stück.

4) LEGXXIR (Flg. 18).

8 Ofendeckplatten, aus dem Ofen A gebrochen, z.T. verschlackt und zerbrochen, wodurch die Stempel undeutlich geworden sind.

Maini. Hypokaustplatte 0,175:0,175:0,045, schlecht und rissig. Museum zu Mainz.

n laHöcbsijuL Falzziegelfragnient im Wiesbadener Museum 9982.

17'

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5) I i:gxxir (i i^; ui).

lt> / k^r r. /fft'ri'vluru' Dia LpUttin jus Ai.'.y t *'f V. T

S^uftürtrn Wi Hculiu'iri; Mjnnhi 'nc? M . «..t r.

A i iV «ii, 1,^1 C hrist, Wrh. Je . Hc'.Jclhvr^ci i*hil»»*»v^' -i.- *■ S Jl6

Af.i.'j 2 I i\ jH)Ljuvij>!a;uti 4)1,17 *'»*r *s**>i »- v-4 ^

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2 Sui^h/ic^clviuwkr, \cr«cnJct» um Iu»cti .'•«-

1 chm, ücf )<jrtgclM4tini üic Sicfrpi'UhJri.«ikc a-. rc*j: . V.

Alllftt*. li;kp«»k4U^lptCllcfpbtlC 11.17 I«.I7 . ^

MuHTim) /u Miin/.

M li'uitjJfn, IKpitLjustpt'vticrplaitr m M4*nr Mw«c.

K) UXXIR (Ii»:. Ii).

a i)icr)J€«.VpIjiicn, rmc ^rrtunJcn im i>Tcti A, J:c jricc Irummctn an «)cr NiJJi l> (\cr«<.Mcp(n) Dci ^:cn«iv. ani:t«%hukt i;c%vhnitirn, er verrat KcnHHlet\ «l«uti «ti «Sc K'* ** unj dj\ Mau'fuI (Iii»'/). « il*Wtm. ll\pt>kJu%ipUtictitrii:m«ni Mu^ ^ . . « H ''*'ffm l'tjtte t^4l :o.|i. Museum lu \^ic«'iJc*^ « i^ieJ'/*c H%(*<<kau\tp acte. Museum ^ o."!^* v- w $4'tt *ujfn. ll\p«>kao\tplaitr Ml*^cl(:n /u U:c^a^- I I-,XX1K (I . )

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- 26l -

tigten Auswüchsen an den Buchstaben L, E u. R und der Verbindung des letzteren mit I, otfenbar infolge des Aussplitterns der Holzfaser.

= Maini. 3 Hypokaustplatten, 0,17 10,17 10,045 u. 0,055. Mainzer Museum.

= Wiesbaden. Hypokaustphitten 0,17 1. u. br., 0,055 ^»03 dick, sehr ungleich und roh. Wiesbadener Museum 9994.

10) LEGXXR (Fig. 24'"

4 Falzziegel, gefunden neben ciem (^tcti A. = ')N{f(f.« Fal;:ziegel im Museum zu Wiesbaden 9985. = irieshaäen. l alzzie^el im Museum zu Wiesbaden loi }6. SB Matni, nach Abklatsch; nur ist dort der linke Schwalben- schwanz oben abgeschntitcn.

11) LEGXXR (Fig. 25).

3 Deckplatten aus deoGi Ofen A, 2 aus der Decke ausgebrochen, die 3. im Praefurnium gefunden.

12} LEGXXR (Fig. 26).

2 Hypokaustplatten 0,17:0,17:0,045, neben Ofen A gefunden. Material ganz gleich den in Mainz gefundenen (vieie Quarzkömer); s. oben No. 4, 7, 9 u. a.

13) LEG XXI r (Fig. 27).

1 Falzziegelfragment, Stempel sehr schwach, abgerieben, auf der Rückseite sich rautenförmig schneidende Striche.

=s »Nied,9i Platte 0,20:0,205:0,045, im Museum zu Wiesbaden 10469 (gef. 1834).

14) legxxiR (Fig. 28).

I verschlacktes Stück einer Deckplatte von Ofen A.

15) Icgxxir.? (Fi|;. 29).

I Keilplatte 0,39 : 0,265 : 0,06 : u,u.|, M<-'Hinden im Praeturnium des Ofens A, 50 cm über dem Boden im Schult. Legende verwischt. Nach Form und Griisse des Stempels und wegen des Fundortes durfte das durcii seine Beschaffenheit interessante Exemplar (aus zieriilicii reinem l'lion, nicht wie die beim Bau des Ofens verwen- deten Keilplaiien mit vielen eckit;en Quarzkornern vermischt) der 21. Legion angehören. Doch ist dies nicht <^anz zweifellos.

Die Stempel der 21. Legion sind von allen in Nied vorkommen- den die gleichiörmigsten. Überhaupt ist mir am Mittelrhein und Main unter den von mir selbst untersuchten und den von anderen ver- ötfciitliclnen keiner begegnet, der eine andere Form als die des rechtecki^'en Schildes mit 2 frei aus demselben heraustretenden Schwalbenschwänzen hatte. Auch der von Dietienbach, Handkatalog,

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2t2

BJ. V, Seite 77 };c/ci«,hiicic» <Ser im Jihrv iHKj m l-ncifec*» <c tumien i%t, Mintmt Mimoht in dicker llimicht al» lo «kr Gr^mc r.: fcncn uL'crcio, ucnn %t<U Müh di» IriKmctn nuh ikff imar'«^ i^cuhtiuiig niwhi mit Sishcfbeic einen umcrcr T^pcn nirui?».*^«- *si\\\. L*chcrhiit|«i sind ille Stempel der l.c|:uin ncmlkh flc*%^ ^^-t iinJ i*sv?trctlcn die der i. und K. I^^mm, mit Autnjhmc dr% »«^r /iiundenen der letiieren» erlicHuh. Uncer den Miinicr /.«£c> 21. I K f:\im habv ich nur einen ^elunden, der m%h: im Cinc9

T%pen Kehorte, jber Atah dicur %t«ht Nm. $ in <acr ^ ^ K'Sf Rihc und hii mit ihm d^Mrtbe Gfi»sse. Im Wie\l»jd«fier U.tcv- :4 n:ir keine abwcuhende Matriic hrireicnec.

I. e V' I (> XIIII Gern inj Mirti4 V'ivCr:%

^ 1 j'.//ivi;cl, 7. yj. T. -tr^Mo^hcfi. J /crSr^s^bene l'"-!'r r* ' ••kh «Mf breit, (M>i duL. Uk I il;.'u>'cl v^ur^kn t. T drr Ksr.

riJHi.r!:,,hcii li^ ^cn Midluh von l>ten A Die Plifilc ^TJ-r-s" «•

dvn t!. . I i,!tJ>»rtc. n%o diel runimer cirK-. eilen Otei*%(A i, wii*' %(»n A) den liersivltunK^ort diocr und ilcr nie ^un !.<1|[codcn /.•er der l| lA; :ijri \crr:iiiti.n Ijwcn I ins der DA«:hfie|{eltrA|r«ic^c W* /c'i'; dvn Buwhsijhcn L imf^ rniliJi c-r\\r:tir: tum t-n4cn hvi vnem anderen l^t liti- rei:hie luVc ol^cn jmutfMrr-iJ «s^r

U'lvli: 4u>»:ii n-v* cn. Bcivic \.irijnten erkUnr ^ d«f. %pl'!:cr . am H*»'.MtcmfH:l (v ohvo /u l.c;: XXtR« So S. « t>. (^ih. I AMurum). m hcvtnJcrN /u bea«.htcn. da%t de«« j*« r:!' WC andere lormcn» bei mvl^i vM Jcr eni;c /.ttummcnhafv ir-* fU;r:c.«c di% /«cttilUi^ aiuh Hhr tn.i cn Ofm^ A i auf Ir. k ' ..11 t, sivh t'i'i Lt-srcm Bauwerk ativserhalb Nied« t:cl«.Rdc? ^.i?^ 2) U (;XniI (\ :^. M" ),

2 l'.jitui .41.1$ <vi6. i'undt>rt: Btiden des Vblamis «..r. Dat.!:/k>'el im Wiesbadener Muieuoi

«le Ott, statt O I P\ittr n,|i }«.nJ(tft Praetuniium det «Vf-üi \

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llt.:i.**\ M| I M*!i.i Mu-kvi-'n X* it>v ; , i-.*4 . -

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Wf 'j dkf /.' ' !• .*s imJ d.« l,' lt':*tn, .1 »^^H-n Je?

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263

wie bei dem Strich daraus erklärt, dass auf allen Exemplaren der Stempel sehr schlecht au^eprägt ist, eine Beobachtung, welche sich bei zahlreichen in diesem Jahre auf dem Heddemheimer Friedhof gefundenen Fragmenten der Legion, die denselben oder einen sehr ähnlichen Typus zeigen, wiederholt.

4) legnmC (Fig. 33).

1 Backsteinbruchsiück 0,06 dick. Getundcn im August 1891 in den Fundamenten des Gasthauses zur Krone, wohin es wohl durcli Verschleppung gekommen war. Von Dr. Hammer.in dem Museum übergeben. Die Fürm des Stempels ist abgesehen vom Schwalben- schwanz der vorigen sehr ähnUch.

5) LEGXimc (Fig. 34).

2 Platten 0,28 I. (ursprünglich quadratisch): 0,05. Fundort bei A. Der Stempel, ähnUch No. 3, aber niedriger, ist schlecht ausgeprägt, der Zahlstrich zweifelhaft.

« Wiesbaden, Vergl. Rossel, Militärdiplom Taf. III, 2.

= ? Heddernheim, gefunden im Sommer 1892 auf einem sehr dicken Backsteinfragment. Die Legende ist sehr verwischt ; die Masse stimmen genau überein.

0LEG5CiniG (Fig. 35').

1 Platte mit sehr undeutlichem Stempel, dessen Form z.T. durch die Vergleichung mit den anderwärts gefundenen Exemplaren be- stimmt werden musste.

2 Falzziegelfragmente zeigen nur i Stück der linken Hälfte LEG, waren aber zur Feststellung der Identität mit anderen Exem* plaren wertvoll, weil durch sie sich deutlich erkennen Hess, dass die scheinbare Abrundung auf der rechten Seite von einem kaum erkennbaren schwalbenschwanzförmigen Ansatz herröhrt.

= Frankfnri, Weckir.jrkt. i:in von lk:i'n Arciuieki Thomas 1891 bei einer Kanaleinfulnung in der geradlinigen V^erlani^erung des 1889 aufgetundcnen Kanals nach SO. getundencs Falzziegelstück zci^t die rechte ila.iLc lics Stempels durch Ausrutschen der Matrize etwas verwischt (35''). wurde vom Fmder duidi mich dem Museum geschcuki.

= Hedäft uhtim, im Frankf. Museum X, 599S. Der sehr undeutliche Stempel ist von einem anderen mit der Legende LEGXlUlCM(v ?) quer überdruckt (sehr ähnlich No. 12).

Sehr ähnlich, nur ein wenig kürzer ist ein Stempel des WieS' badener Museums ohne Angabe der Herkunft.

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2i4

IkvlpUttcn vmck i>lviiv lutidort A t, ^udluh \tm iMtn \ K) VM^'linXSRI OiC XV ) l>cr l>iiiil! fij> v

fVi-ir suhcr /II erkennen

I ]b«.Vs:i3nMi<%l iM'S ilul. KtlunJui in Jct NiJdi :t- Jw«* 1 -

fluni htfi D.

1 I'jil//:(.^tfIstuwL, K^^'tunJvn an JefwIS:*! Su-Ile \«>n C«\-' 2

Lliinctv Irjcmcnt ()7') b^^t die erhaltenen BiuK^sahcti ic«.' ."«' i-f kennen aU Ja\ er\:c.

t) llc;xinif.M V {i -ü. ;v ).

{ I tl. .'.v,;e!su«ke, J.:viin 2 au* «lern Kanal A . Ii « jt.t Ji" Civl<ai;«!etrt.'iinicrn an der SidJa ({H")

M iitJJ/tmi'ttm ({Hv). 1>4\ l*rai;mcfic einer Da.**;«.* : . u»,f*ie \«>n n;:r tm Wimer iS'ii '^a im Schutt eine« lln«r-%«' ,* I ' *i.rt, din der Könnet \ itor de\ ^ri«lk^u^er Mu«cuii!\ a.tp'iv K\v Die Idtmnlt der Ma?:i>^e dur«.h Umif^M.Sunjf \l' U Tp:v 'UU:. It M:l<r jS':\'.ir, aKr Lbt/ifer S;eni|^* au« H-i^" }'^i:n titij«! %..h im I rank?i.rur Mu%euni tuSli

i<0 UCi XIIII 'G M V (!:»;. 19).

2 iUvkstv.nir ..«mcnic Juk, K'ide rcle^rali*l .e.:

m'.f jiMt», j-'jur!.,: tn Bruch, /«eilcllt»* ReMe *»t *»•?-- |t.*^ii»rt Al» >. d!:vh von t^len A II) IK.XIIlKiMV (1:^ 41U). 1 i at/^u-. i!s;L«vk, icvlunden bei Al i i|! |»)') ■B hj'i'*tttt, (ian/er }al//ir>:t'l (i 't: |<* ). in de' H l***! .1 s dvn Kar it k*ct'rii,.hin und in l'n* i:**r%:tf i:tk«»i'»r .. H ".M'i (Ii •'*'.'?cr Ar^' III |.»\;i. III HJ ) .'.t N».-r HvT*- Iv.tf i .r Wiener n4«l:,r<.«ie%en. ^t»n m:f eJ*:i-ii-

Di'f %,T l!»'i ••:ciJTi III./ I w'k'ett !*e Ven i,* I I n n:.! des« inKf5v*n »den?

12H I »Min« »MV •M dis-5'/?cr l *• '*'"r •.«••••?/ (1 . |J»

ii.::»". Iti'k* ftti Ml^ituui

t;i <.M\ (I . 1:) II (.Min

iV "i* i' ■, * ,. 4 J-M« Hl***ndevV j*'"t"»i»

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26j

A Heddernbem, im Wiesb. Mus. 10234, Platte 0,30:0,30:0^0142. J^e Schwalbenschwänze sind bei dem dortigen üxciuplar ebenso ver- stfimmelt wie bei dem unsrigen.

Diese Form, Verbindung von Kreisform mit Schwalbenschwänzen, ist der 14. Legion eigentümlich. In der Grösse des Kreises stimmt mit unseren Exemplaren ein Wiesbadener Stempel überein (Wiesb. Museum 10235); doch sind don die Schwalbenschwänze länger und die Legende lautet: LEGXIIII .

GMV

Dag(;gen entspricht in letzterer Hinsicht unseren Exempbren einer der Frankfurter Typen vom Jahre 1889 (Hammeran, Archiv III. Folge, III. Band, No. 2). Aber dieser ist wiederum erheblich grösser und reicher ornamentiert. Ich fand denselben Typus übrigens unter den alten Beständen des Frankfurter Museums aus Heddem» heim vertreten. Endlich entspricht dem Frankfurter Exemplar in der Grösse und annähernd in derOrnamentierung ein Wiesbadener Stempel (10235) Platte (0,28 i. Q.) aus Heddernheim; aber (tie

LEG

Legende lautet don: XIIII . Man vgl. auch Rossel» Ein Militär-

GMV

diplom Kaiser Trajans, Taf. III, 5.

14) L (?)XmiGmv? (Fig. 43-).

2 Faizziegelstücke mit unvollständig erhaltenen Stempeln. Fund- ort: GebäudetrOmmer am Ufer der Nidda (0).

» Rambacb* Wiesbadener Moseum 9932. Dachziegel.

Ein aus Wiesbaden stammendes Exemplar im Wiesbadener Museum (Fig. 43^) von ganz gleicher Gestalt und Grösse, nur mit stärker hervortretenden Schwalbenschwäna^, zeigt im Bogen einen Kreis nnd zu beiden Seiten desselben Kaprikome.

15) kEGXfflIGMV (Fig. 44-).

I Falzziegel in 3 Stücken, gefunden in den Gebauderesten am Ufer der Nidda. In dem Halbkreise scheint noch ein Ornament an- gebracht gewesen zu sein. Die Stelle ist auch auf den anderen Exem- plaren zerstört. Nur auf dem sogleich zu erwähnenden Frankfurter Fragment findet sich eine Andeutung. Ein kleiner Stempel der 22. Legion im Mainzer Museum zeigt dasselbe Motiv und in dem Bogen einen Kaprikom und einen Adler einander gegenüber.

= Frankfurt. Von Herrn Architekt Thomas neben dem Kanal mit No. 6 gefunden, jetzt im Frankfurter Museum, abgebildet als Fig. 44^ Hin grösseres Stück fand ich im Museum; es stammt nach Angabe der Signatur aus

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- 366

« HttUmthtm, von wti nifch Bc*:kcr, l-rjoklun. Ar%K ju«:h ein lUempUr in iU\ Wic\biJcacr Museum iim. Im Siuwl wurtSc (ioR iscIunJcn.

M i$'iethdJfm. Att» deni ü«>ftt)!m Ki»icll. Wiorjtkticr M,<«* <H71. Dacliiici;cl, nur von «icf /jbl an tu^h tt^ht% ctlultc* H ICcteut Jü«.K Vi*n Km^U Miliurilipt«Nn Tii HI« 6, al^cf fn:; Vk. U%%uni; <lc% fl«>f;cn%. Kine D<ivlt/!ci!clpbttc tio Muk^is« * \oU%un«iii: crhihencRi Siempc'. (7H 0 i>hnc An^jbc «Ic» iiAAk«* t\l mohl d;c %'cm Becker VHNpriKhcnc ««Ixn).

M ) I I.(.\II1I(,M (! )

U(i.i.iffn'''.\m I f.mUuricf Mu<h;uui. 17) I lA XTTTi (I

I I jl.'/ii. . < :; lii'iKüt. I i::iJort /\s: .vJ;cr: A t-' J .W;.^':- .»»1 bc: Hc v!cl;vri. Mar 'v::»ur M < 'V, H.." S ; *. N.' >n. K. ( Jir \ 1 -i.ri^l'uf :i>'n % II. ..v

I Hi«k^iL*Mth(KVcn «t^i| U(«.k, ^>ttunJvn hci Ai m Je?. Vluvhtrn.

H) LhGXIui' (In»;. |K). t IUvL\ti:in^rcKlen im»S «Ji^^^

l.l;GXmi(') (Ii«: H). 1 J..T111C STr:wS/tc»:c!pijtie c),i>| JuL 21) lck:uin(;M/('} (<>). t I j!//:it;v'!'riKn)i-nt. |:c!uiJi*fi bei B

12) U^WUMLm } (I :^^ m)-

I lljice t^tvV« };v-ii.i>Jcn an iii*f NtiU« Kri t) De« vr?

hat ^lcu!;c (»?u^>e un4 1 uf in n^i einem Mimm l.tctrp.«*. •« « die I.c/cnJe M<«Xnil<»M #i ^x. An «lern un%ri):eti .»t ni^ entrn (".«.le, i'n Kn ixt Uv» Vlmal«<envih«anfes etn Bi»» ^!a^c rii crVvnviii» dvr der 3 Sp t/e de» M frnl^prc^hin «v;de

, . \:Tn (1 .

J% * v'x'vt^ iii t N«L '\ Jt .1 ..(,'.:.•..,• j . j. K \ . . T. . -

267

Form aber der unseres Exemplars entspricht, nur dass die Schwalben- schwänze etwas breiler sind. Ein Mainzer Backstein der 14. Legion hat dagegen vollkommen gleiche Grösse, auch in Bezug aut den Schwalbenschwanz.

24) LEG XIIII (Taf. VI, Fig. 162). GMV

Dieser Stempel, welchen Herr Architekt Thomas bei Kanal- arbciten auf dem Weckmarkl in Frankfurt a. M. im Jahre 1891 in der Verlängerung des früher aufgedeckten römischen Kanals mit anderen Stempeln Jerbelben Legion (l'ig. ^S** ""d .\.\-), und zwar auf zwei Dachziegeln fand, wird mit Rücksicht auf seine lokale Bedeutung hier mitgeteilt, weil er Hammeran (Frankf. Archiv, IIL Folge, Iii, Tafel IV) noch nicht bekannt war und, wie aus der Identität der anderen Exemplare von derselben Fundstätte mit Nieder Typen hervorgeht, zweifellos aus Nied stammt. (Vgl. 22. Legion b, 47.)

Die Stempel der 14. Legion zeichnen sich vor allen anderen, ausser denjenigen der 22,, durch die Mannigfaltigkeit der Formen aus, wie sie auch im unteren Maingebiet an Zahl der aufgefundenen Exemplare nur von denjenigen der genannten Legion übertroffcn werden. Über- wiegend finden sich von ihr die einfachen Formen des rechteckigen Schildes mit und ohne Schwalbenschwanz, der oft, besonders bei den im letzten Jahre gefundetien Heddernhenner Backsreinen, sich durch Mangel an Symmetrie unvorteilhaft von den entsprechenden Formen der 21. Legion unterscheidet. An letzterem Orte fand sich zusammen mit den genannten Formen öfters ein Stempel, auf dem die Legende LEGXIIII ohne Beinamen in rohen erhabenen Zeichen in eine; stumpfwinkeligen Vertiefung, die dem Halbkreise sich nähert, ange- bracht ist. Dieselbe Matrize findet sich bei Mainzer und Wiesbadener Ziegeln, ist in Nied aber bisher von uns nicht gefunden worden. Zu beachten ist dabei, dass auf einer Wiesbadener Platte von 0,2^ m im Quadrat, deren i undort im Katalog nicht angegeben ist, ein Stempel der genannten Art zugleich mit einem der oben beschriebenen ob- longen mit Schwalbenschwanz eingedrückt ist (Kat. No. 9958). Alle diese Formen dürften zu den ältesten der Legion gehören, wenn .111 ch auf den Umstand, dass bei ihnen die Beinamen meistens ganz fehlen oder nur der erste (gemina) vorhanden ist, kein Gewicht zu legen ist; sicherlich nicht in dem Sinn, dass etwa ein Schluss auf Bautii.it iu'keit der Legion vor ihrer briunnUchen Periode gezogen werden dürfte.

Was die künstlicheren Stempelformen betrifft , so steht die Legion in dieser Hinsicht in der Mitte zwischen den zweifellos nur

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WS %chr fruhcf '/,tn \rnrrtcnvn Truppenteilen (I vi: I Ai XXI Rjpj\« 0>lu)r% I A^turutn, unJ ti<r Jj^ untere Mi.r>»r' :* hilft «la/u auch die Lci;t<* Vlli AupiMJ) und der 22 Vk^ * * " Sub-eliivi%mu\. der »uh juI den i.nM-fer Afi«uhi tu* . %:.*! I %eirp*jreii der letzteren hemerlhAr nuvtit. er ««.heim m de* > - 1 '1 fu»,.h Jiifihh einen pemuMn Ssit trttccelu-n Mjnri|i*4';.«^« Ssv'iip«! der I4. Ic^ton er\t Jri*el«jhiii Min«.he Mt<>%e der Ut- * iindei) «if direkt M^n der er^cren jdopturt i«nd ur i .c- . ' In d.cwr liiii%uht i\t \Km beMHiderem IntetiN^ der ru S 1 . ifc4Mitc Mim/er Sti-mpcl der 22 I.epon, lul «t\ficni d e k*' |u;iiii-n der 14. (o, iii N«» l| und i;j |;K-:vh«j?r. en nu' u'uft « prr»:cben \iiid u<*d dem tu Nt>. t| er«i'in:en Kjpfikif^v* « ' ^ hin/i«t:i rui>t i«t Wir uerden 111 inderer Stelle jtd^utcn «t* lo!gerun|:en %uU I .r die (jv%whuhic der I.c«:»t»nen m% d»%r?' trJivhiunjsett er^v:*cn. Aut eim ibet miK'ittn w r h«' > «? «ei%<n. («ende d:c kun^tvtklt^tin Vnnpel der, l| Lt^ •>r. « «enn iu^h die jwn^'Men die^e\ TtupptDu ' , dt^h ni*.\t d«r .r ^zeltenden An%Khc Lium uler dj% «rvte fthrhundift h;nj«% tc «erden itmncn, /iiicoi Biivh^taVnitirmen, «t!«:ic, «etui .c . Stemm^%hri1:cn \ 01 Linien, diese |!in/ «:vher nuiit dtr in cp»-. ««.her II:n^:»,ht lux di« re^ht^rtietm^^he I ind «Krvter A;t« t^i i:i%titteii «i.rdi.n. Wir kimtnun jul d.e^en Punkt «piTer .t * /iivininicnhjn^ ruriuk.

I. e 1 o XXU P r I ni I e ni i l* 1 i I i d e ! ^ 1. t)K««**k:e Stempel nm e:i:<ii'.f*er I etrcndc i) k\ (»XXIIIW (hl r)

I I)a«.K'ur* 'ffiKWV:!, j:cri.r.itn jmi N.Jdii«tct t^i Ii «■ /rvj'.f.-. (1, I):i!*t'n -j. . H^nJküj *n' H», . :t C . /r in.n/ t.: i><'77 j .1 Jcr Bi ". , ' tun / c> ^ '• ViTWi.»"». r..r d:c |l..^!i>u:'en ^1: cm - v i «id vinr.jti.'. » c* «le» :i 1 i'.i:.'» ^t»k'i di> »jJvfu. •*. „f.ir K It ricHt ctnet» !- \ .

'^.tn Jus, ,c I tir U I.JtTc:.. i ' J Kt»«lH, di»* d:c ie^ \ fc *' •••^•c Jvr/i ! j.*t dc! .* vi %«■*•' St*. vjx^»:ini.Jr' •»•■•»j . \* \\ ; « . .1! . dj -k vi i 'c t r. dkl /. HT r I* u: J K ♦«

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2) KECXXriPRpf (F?g. 54).

1 I ;ilxzicL;cIsikjck, gelunden neben dem Schlämmbassin, ahnlich dem vorigen, aber, wie die Bruchstelle an der rechten Seite noch erkennen lässi, mit PK; nachlässiger geschnitten.

3) leg.xXXIIPKpf (Fig. 55)-

I FaUzicgelstück, gefunden bei B. Die Gesamtlorm und Grösse lässt ein in mehreren Exemplaren im Frankfurter Museum befind- lieber Stempel aus

Heddernheim erkennen.

4) LEG XX II dK (FiR. 56*).

I ganz erhaltener» aber verbogener Falzziegel, der als Einfassong des Schlämmbassins diente, 0,52 1., 0,41 b., 0,025 d.

I Fragment derselben Art von derselben Stelle.

I Platte von 0,41 m im Quadrat aus dem Boden des «Bassins.

= Heddernheitti. Frankfurter Museum X, 6356.

s Gernsheim» 2 Falzziegel im Darmstädter Museum D I A 108 u. 128 (Fig. 56*»).

5) L£GX xnpr.p.f.? (Fig. 57).

I Falzziegel vom Niddaufer bei D. Zugehörigkeit zur 22. Legion nach der Form des Stempels zweifellos.

6) LHGXXIIPRPl- (Fig. 58). R auf dem Ziegel deutlich.

I Stück eines Falzziegels oder einer dünnen Platte (0,04 dick). Der Stempel ist durch Ausrutschen, wie es scheint, etwas verbreitert,

das eigentliche Mass demnach ein wenig geringer anzunehmen.

Grösse und i onn = Dorow, Opferstätie I, p. 43 ; vgl'. Bram- bach ij37, f, 25, Bein. S. 286. Nach Hettners Verweisung aut diese Stelle (Katnioi4 des Bonner Museunis .S. 60, No. i)), 2) scheint ein Hxtmpiar durch Dorow ins Bonner Provinzialmiiseuni gekoinmen zu sein. l:in im Wiesbadener Museum belindliches Lxemplar von Nied, gefunden 1858 (Knt. loi-)) ist nicht ganz gleich.

Sehr ~ ObiTßorsiadt, Darmst. Mus. I A 52, » )) Saalbut^', nach Abklatsch eines neuen Fundsiückes.

7) LEGXXIIPR (Fii:. 59-»').

Lüngsstrich quer über die .Mitte der Buchstaben, rechts und links doppelte hintassungsiinien, dazwischen ein kleines halbmond- foriTiiges Ornament an Stelle eines Schwalbenschwanzes. Diese Details sind nur durch genaue Vcrgleichung sämtlicher Exemplare zu erkennen, da auf keinem der Stempel vollständig ausgeprägt ist.

1 Backsteinfragment. Die I'undstelle kann nicht genau ange- geben werden, da die Signatur durch den Regen verwischt war.

47*' '

" Sfunif'f:nt Sei HciJcIKt^ ; I- vcnipliff itf, •?>r M*.vciini V^!. Hiuiiunn, u. oK*n zur 2\ l N.' ;

.S./jiV ff^ Nv ucN I i.n Jsti-tK. ^) I.IX.XXlIl'Kl'l (I t- N») I \ JicrncfU, I unJ'-'.cIlc ^ J.

./) i I (-XXiii IRl'l (l :^ »).

C fiJTjlicriN:t>k:h i>t Jic nvIuj^i- Sicilun^ Jct ii^.rv%;i;'Hk-- K

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ms Saalburg. v. Cübauscn und Jacobi, Tat. LXXN'lll, 5.

Main:;^. Platte 0,38 im Quadrat. Vgl. Becker, Kat. 304, 124. Fuchs, Ahe Geschichte von Mainz II, Tab. VIII, das. IV, No. XXI bezieht den nur bis XXI crhahcnen Stempel fälschlich auf die 21. Legion (s. Text S. 104).

Im Wiesbadener Museum fand ich den Stempel zweimal auf Hypokaustpfeilerplatten von 0,21 m im Quadrat, die nach dem Katalog (X0200 u. 10207) aus Mainz summen.

Worms. Platte 0^2:0,42:0,05 nach Weckerling, Paulus- mttseum II, 6. Die Abbildung giebt den Stempel nicht genau in halber Grösse. Die Angaben im Text S. 92, 14 aber, sowie der mir vorliegende Abklatsch lassen über die Identität keinen Zweifel

12) LEGXxii pr.p.f. ? (l ig. 64).

I dreieckig behauenes grosses Stück einer grossen Platte, ge- funden bei A.

13) legxXIIPPi (Fig. 65).

I. Falzziegelstiick, gefunden am Niddauler bei D.

14) LEGXXIIRP. (Fig. 66"*»). 2 FalzziegelstQcke, gefunden am Niddaufer bei D. I PlattenstQck, gefunden am Niddaufer bei D (Fig. Gr0sskr<>t:ietiburg. Suchier, Festschrift vom Jahre 1882, S. 16, No. 2.

BS Rückingen (Fig. 66''). Sochier, 1885, S. 11, 2 und Taf. I, 2. Neuerdings wurde ein vollständig erhaltenes Exemplar von dem ge- nannten Orte durch Dr. Eisenach in Hanau erworben und dem Hanauer Museum Qbergeben. Die von Suchier aus dem Fehlen des F auf das Alter des Stempels gezogenen Schlüsse sind, wie wir weiter unten sehen werden, unberechtigt. Damit fallen auch die daran gekn&pften Vermutungen über das hohe Alter des »Röroerbades« bei Rückingen und dadurch der Bäderanlagen bei den Kastellen sowie der letzteren überhaupt. Das Vorhandensein des zweiten P würde ja ohnehin zeigen» dass die Legion bereits den Beinamen »pia«, also doch wohl auch »fidelis« hatte, cf. Westd. Korrespondenzblatt 1886, p. 186.

sm Saalburg, v. Cohausen u. Jacobi, Taf. LXXVI, 11.

K Atfafiq:. Platte 0^285 : 0,29: 0,05 und Hypokaustplatte 0^21 im Quadrat.

V Capershurg. Hypokaustplatte im Quadrat. Darmstädt. Museum I A 33, 2.

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- 2;a -

V If^ff^«//». WietbjdcnerMotcum. Riclittctnfrji|tiiicfitfv»t : i

w imt, Wic%Ki4icncr Mu\cuin. i*bne cm>| Juk 1$) Icü.xXIlHB (I in. 6;). t 1 i!//icf!cKtu^k. gefunden bei I) ari NiJJiufer Oer Stempel ist «lern vori|sen jhnlkh, «her Krctter, K, \tjbcii «in«i breiler unJ nihcr anciiumler |ceru«:it.

- H'»e\hadm, Wie%Kjilencr Museum 10114. K>ne 16) l.kGXXUPRPF (hig. 68).

3 Strwhnegel, gefunden neben Ofen A; %tn dem em sv di« Riodiimimenf erhaUen.

t;) ISH'IIIXXiVI ! (Flg. HY

a i jlriieKeUtuvke, Jtclunden in dem SvhUmmbi%«:n >e B

Dei Stempel mit seinen ei|ieniunili^h mit eint*>dcf ser>.«s£r«* Anfing: %bu<.listjben und r-inkethmgen am Rand ser^ü, Se«'..' «enn mjn den ne^Jttven Abguss Ketrachtet, deufuh \r ^ Herstellung (jus Hc»lr).

« .Wfurir. V. C u. J. Taf LXXVni. u. l$'ifihaJfii, I)i«:h/iegel oder PUtte di^k W:c%«*^"v* Museum ioi4<i.

' Aitffi^' Iis s«.heim, diss Bev-Ler (Kit. ^14. it) < * links %(itlstjndt^'c% Hxetnplir s«ir sich |;ehjbc kji.

iK) kH;XXni'RPI* {Im T«!-

2 1 »ssbiHienpUiKhen, re<.hi«k.kig« gefunden bei l> it \ ' I li«»h!/)eget sim dersell*en lundstelle (l»g 7<*'> Lh lube soLhe Pljtichen mit Stempeln in keirctr

gc\tempe'te H«>hl/iegel «ber svhr selten gefunden IcKXMipRPUD (I K :0 1 ÜAkkstetnbriKken <v>4 duk. ■B HeJJtrnhMm, Im Irjnklurter Museum

Aiim;> Wic^bidener Museum. BevLer u. Klein. J \ *

S Brambjch 1177. g, H»).

>*) IcGXXIIlM'l (Ii.- 73).

t I j4//ickrcl, üK' i.iiJcn »cvt!ikh nei'^n dem V^hlimm^s««.* " Ws/ Jim. MuH-tiin ii"*>>t, gsiundrn »im Vnrir-!*rir'

^ 1 1, d c Kriimbjvh i:«>''^'**ui* «

w ''.'rM9 2 l>j%}i^u>i;cl im I>irmiiid:er Musev«?: I ^

i.*:J III.

Dil Steir}»!-! i\i nuU (in»^*e i.fid l«»rm e«»»em lir-r;-*- *.* der ru Bfufn (tUwh Su^^lncrs llindfeKhnung) uod cir«*«

4' » jj: I |lifr\'jO?cr Mu c«»n. I A *ehr Ahi:. ..fe

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273 -

21) leg.xxiipr.PF (Fig. 73).

P ist z. T. abgesplittert, der Bogen am Original erkennbar. Fal7ziegelfr;)gment aus dem Scblämmbassin.

22) kEGXXIIPRPl (l ig. 74).

2 Platten 0,41 i, Q. aus dem Schlämmbassin.

? Main:^, im Stephansbad 1885 gefunden. Grosse Platte.

SS ? Wiesbaden, Wiesbadener Museum 10240. Der Stempel ist ebenso wie ein anderer in derselben Sammlung, der nach dem Katalog 10187 aus Höchst stammt, dem unsrigen in Grösse und Form ganz gleich ; nur erscheint das F etwas näher an den Rand gerückt, viel- leicht, weil die Matrize auf unseren Exemplaren beim Eindrücken sich nach rechts verschoben hat.

23) Ll:GXXIIPR P F (Fig. 75).

I Falzziegel, zwischen dem Kanal und dem Schl.Kumbnssin Liet linden. Im Wiesbadener Museuni befindet sich eine Plane aus »Höchst« mit demselben Stempel, Kat. looi^.

9s Main:^. 1 al/.ziegel im Mainzer Museum. Platte 0,29 : 0,04 im Wiesbadener Museum 10186.

24) leGXXUPRPf (Fig. -]€).

I Falzziegel, gefunden nahe dem Kanal bei B. = Saalburg. v. C. n. J., LXXVI, i.

= irViesbaden. Wicsb. Museum 10225. Platte 0,31:0,31:0,06.

25) LEGXXII PR P F (Fig. 77).

6 Platten, 0,045 0,06 dick, in mehr oder weniger Iraj^men- larischcm Zustande. Fundort teils ini Schlämmbassin, teils bei D an» Niddaufer.

=s Main:( Mainzer Museum.

= frieshaden. Wiesbadener Museum 10070. Plane 0,04 dick. = Gcf'HsJh'iin. Darmsiadter Museum: i » Heizplatte « I A 125 und I Dachzieyelsiück I A 95.

26) LFG XXIIPRPF (Fig. 78»°>).

1 Stück einer 0,05 dicken Platte (Ofendeckplatte). Fundort D. " Heddernheim. Stück einer Strichxieqelpl.nte, welclies in dem

im Winter 1891/92 auf dem Friedhof aufgedeckten Hypokaustum ver- baut war (Fig. 78'').

Ä Mannheim, nach Abklatsch, cf. Baumann 105.

^ Main-. Stück einer Keilplaite 0,41 (?): 0,28 : 0,05 (oben).

~ Obeijiorsiadt. Darmstädter Museum l A 49. Dachziegelstück.

27^ LEG XXII PKPf (Fig. 79).

2 Falzziegelstückc, gefunden bei D am Niddaufer.

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- 274 -

Ht IViesbaden. Wiesbadener Museum 10078. HB Heddernheim. Wiesbadener Museotn 10086. aas Saalbttrg, Neuer Fund.

28) legxxIIPRPF (Fig. 80).

I Falzziegelfragmeiit. Fundort D.

«B Heääembeim. Wiesbadener Museum 13293. Falxziegi

-B Saalburg. v. C u. J., LXXVI, 3.

29) KEGXXITPRP^ (Fig. 81).

8 Falzziegel, verbogen, mehr oder weniger fragmcntarisc funden sämtlich bei B (Trümmer eines Ofens), Die Siempt sehr undeutlich, die ersten Buchstaben sehr nahe an cinandi röckt. £ erscheint nur wie F hat schräg emporgerichtete striche.

c«s Marienfels (Villa). Wiesbadener Museum 1024 1. Hypo platte 0,22 i. Q.

s> llleshaden (?). Wiesbadener Museum 10226, ohne A des Fundorts. HypokausipLute 0,21 i. Q.

= Höchst, Wiesb. Museum 10065. Hypokaustplaite 0,3 1

B Main;^. Mainzer Museum. Hypokaustplatte <i,2i i. Q

30) LEGXXPPF (Fig. 82).

3 Fal7zicL;cl = 29. Fundort B.

--- Heddeinheim. Gefunden im Winter 1891/92. H\pi»k.uisi = ll'iesbadetu Wiesbadener Museum 101 78. Uypokausi 0,28 : 0,04,

31) KEGXXIIPRFf^ (Fig. 83»).

4 1-alzziegelstÜcke 29. Auch der Stempel sehr äl^ Fundort B.

= Ilidiicrnhcifn. (Fig. 83'). i Hypokaustpfeilerplaitc 11 FraguHiii 0,215 im Quadrat, gefunden im Hypokaustum aut Friedhofe im Winter 1891/92.

= Höchst. Wiesbadener Museum loioi. II) pokaustpfeilcr

32) ^qnxxDHJ (Fig. 84-).

7 Falzziegel 0 28. Fundort B. Die Ohren sind bei den m Exemplaren kaum erkennbar. F hat nach 84*' schräge Querstri

= Heddertämm (Fig. 84^). Platte 0^37 1., o/>45 dick, gdi im Winter 1891/92 in dem Hypokaustum auf dem Friedhofe.

33) LIiGXXIlPRPF (Fig. 85). Falzziegelstück, gefunden sudlich von A.

= Maini. Mainzer Museum. Platte 0,37 : 0,37 : 0,04.

- 275 -

= Wiesbaden (Igstadt). Wiesbadener Museum 10122. Falzziegel. Bergen^ nach Suchiers Handzeichnung No. 6; ob identisch, ist zweifelhaft.

34) KEGXXIIPRPF (Fig. 86).

I FalzziegelstQck. Fundort A..

SS SaaJbttrg. v. C. u. J. LXXVI, i.

a Maini, Mannheimer Museum. Baumann 11 1. Fundon ein Soldatengrab bei Mainz. Fickler, Arch. Z. 186S, S. 29.

Sehr Oberflorstaäl. Ziegel frag iiient im Darmstädtcr Museum I A 44.

3j) LHgxxiiprpf (Hg. 87).

Ergänzt nach einem Mainzer Exemplar, welches die Querstriclie des F schräg aufwärts gerichtet zeigt.

t Falzztegelstuck, gefunden bei D am Niddaufer. = Main:^. Mainzer Museum. Abklatsch.

^r.) KI-GXXIIlMU'l" (I i-. S8).

Sehr .ilmlich a, 22; jedoch isi dort das F sciuef gestellt.

1 1 .ilz/icLjclsukk, gefunden nm Niddaufer bei D.

Hin licddLmhcimer Stentpcl des liaiik Im icr Mnscunis h.it i;an7. gleiche Grösse und l orni ; nur isi bti iinn \iV schief nach links gerichtet.

^7) KHGXXIIPr.p, f.? (Fig. 89).

I l alzzieijelstück, ijciunden bei D .im Niddaufer.

38) ll:GXXiIPr.p.r? (Fi- 90).

I l'alzzici,'ektück, i;cfunden im Kanal zwischen A und B. 59) LFGXXFr.p.f.^ (Fig. 91).

I Falzziegclstück, als Füllmatcrtal im Boden des Schlämmbassins benutzt.

40) legxXIiPKlY (Fig. 92).

1 Falzziegelfragment, gefunden bei D am Niddaufer.

= Bei i^eu. Wiesbadener Museum 13475. Falzziegel. Dazu stimmt Suchiers Handzeichnung eines ßergener Stempels No, l.

Heiiiieruhe'nii. Neuer Fund. Sonimer 1892.

Ein Stückstadter Stempel zeigt nach dem Abklatscli dieselbe Form der Buchstaben, nur sind dieselben ein wenig niedriger. Doch sind die zahlreichen Stempelformen dieser Art z. T. so wenig von einander verschieden, dass es oft schwer ist, sie mit Sicherheit zu unterscheiden. Ich habe in solchen Fällen bei den zuletzt aufszcführien Nummern die ldentii;(t als zweifelhaft bezeichnet» bezw. nicht ganz sichere ParalieU'unde unerwähnt gelassen.

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abgesehen von dem Zusatz I am Hiuic, in l-omi und Massen gcnnu iibcreinstinimcndc Typus h, lo (Fig. 104) nicht bekannt war. d. Brambach 1377, 9, 21. Die Sclilussfolgerung, welche P. l uchs (II p. 123) zu dem auch ihm bekannten Stempel (Taf. XI, No. XXXVU) aus der Form der Buchstaben auf Jic Spätzeitigkeit der I'undstücke (Constantins Zeit) zieht, ist nicht haltbar gegenüber dem Vorkommen am Grenzwall.

= W iesbaden. Dachziegel im Wiesbadener Museum 10177, doch ohne Angabe der Fundstelle.

Wolil auch = DorieiiveiL \^\. Becker, Frankfurter Archiv VI, 1854, S. 18. Wenn B. ebenso wie Römer-Büchner C statt G schreibt, so erklärt sich dies leicht aus der auffallenden Form des Buchstabens.

3) 1 EG- XXII (Fig. 970- pR»P-F

1 FalzziegelstOck, gefunden bei B.

= Heddernheim. 2 Ziegelstücke (tegulae), gefunden im Jahre 1892 auf dem Friedhofe (Fig. 97'').

Sehr Maini; nur ist der dortige Stempel ein wenig kleiner und hat in den halbrunden Ohren je einen geraden Strich. Er stimmt genau mit dem Saalburgstcmpel v. C. u. j. LXXVIII, 6 ubercin. Bezüglich der Angabe bei Becker 304, 78—85 vgl. die Bemerkung zu b, I. Dasselbe gilt für Brambach 1377, g, 20 u. 62.

4) lf:gxxiipp (Fig.

2 Falzziegelstiicke, gefunden bei B u. D.

= Ma'm:^, Mainzer Museum. Platte 0,28 im Quadrat und Hypokaustpbtte 0,21 : 0j2i : 0,06. Auf Jen Mainzer F.\emplarcn ist das Ornament zwischen den beiden sich begegnenden Zweigen weit deutlicher als auf den unsrigen. Es erscheint wie ein breites lapidares A, an dessen Querstrich nach unten zwei bogenförmige Verzierungen angebracht sind.

s= Heddenthe'nn. Wiesbadener Museum 10199. Platte 0,285 i. Q. s= IViesbaden. Wiesbadener Museum 10167 ohne Angabe des Fundorts. Der Stempel ist zweimal übereinander auf derselben 0,28 I. n. br. Platte angebracht. Dasselbe ist der Fall bei einer anderen Platte derselben Sammlung, die ausserdem noch eine eingeritzte Kursivinscbrift zeigt. Ein drittes Exemplar ebendaselbst 10200 ist den genannten gleichartig.

« Saalbuig. V. C. u. J. LXXV'I, 17, wo der Schluss PF gelesen ist. Eine genaue Vergleichung des Stempels zeigt aber seine Identität fntt dem unsrigen, zugleich auch den Grund des Irrtums, das spitz-

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lii't j' .riri !< I ■^.ii.iltvti UifJcn KJtir».

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TKIMl k'i'V^vii 14. ii:ü«.m i>Miinitm Jiii rechten K^rJ«. %. . Jctn Man.'cr I ximt^jr ;'\Nb>ulicT» U»nnic, li.f Hu»h»siX"

7) 1 1 (I ') /«i\«,!kii Kiilin Zeilen tiii Hl.tx: utiji.. ^1 , XXII I* P

I I iit. . iiis'tt, Hilgen dttii S^liljmn t

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l. i* J . t: S, . 'i . . Ik < . i.t;,' ^',f ^

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mir zwcifdlos. Ornament und Zusatz haben wir in Kied sonst nicht gefunden. Da^c^cn befindet steh im Wiesbadener Museum eine der unsrigtn gleichartige Hypokaustphitte aus Nied, welche einen kleineren Stempel (Fig. 102') trägt, der auf beiden Seiten von Rosetten, ganz gleich dem unsrigcn, begrenzt ist (Kat. 10282). In derselben Sammlung kommt derselbe Stempel noch einmal auf einer gleichanif;en Platte vor (Kat. 10150), die in Main:^ gefunden wurde. Im Wiesbadener Museum fand ich einen im dortigen Kastell ge- fundenen Rundstempel mit sonst nicht vorkommender Einfassung und einer der unscrigen ganz gleichen Rosette in der Mitte. Die dieselbe umgebende Legende zeigte den Zusatz JT deutlich. Auch im Mannheimer Museum befindet sich dieser Stempel auf einer Ziegclplatte aus Schiossau. Baumann Kat. 122 liest die letzten Buch- staben PA* und hält sie für Teile eines Namens, dessen »Lesung und Deutung unsicher« sei. Mir scheint nach dem Abklatsch auch dort fr gelesen werden zu müssen, indem, was B. und Christ für ein sehr grosses dreieckiges Interpunktionszeichen halten, ein ebeaso wie in den oben angeführten Fällen mit N ligiertes T sein dürfte. Das Ornament bezeichnet B. richtig als Rosette. Dasselbe scheint demnach charakteristisch för die späte Zeit zu sein. Ob lilerher auch ein Mainzer Rundstem pel gehört, dessen Ornament Habel, N. A. l\y 3, S. 253 als Rad mit 6 Speichen ansieht und als Kohorten- zeichen der 22. Legion erklärt, lasse ich dahingestellt sein. Auf der Abbildung zeigt das sonst ganz unseren Rosetten ähnliche Ornament allerdings in der Mitte noch einen kleinen Kreis, der vielleicht als Nabe gedeutet werden könnte (1. 1. Taf. VIII, 4). Bei den oben beschriebenen Stempeln fehlt derselbe; die Deutung als Rad ist hier unmöglich. Wegen der Wichtigkeit des Zusatzes Antoniniana für die Chronologie der Nieder Zieglerkolonie war es mir wertvoll, dass auch Prof. A. Riese auf unserem Nieder Stempel die Ligatur AT als zweifellos vorhanden anerkannte. 9) leg XX II (Fig. 103). prpif

I Plattenstück 0,43 1., 0,065 dick. Von dem Stempel ist nur die Gesamtform und die unteren Enden von Buchstaben zu erkennen. Da die Form und Grösse des Stempels genau mit einem Mainzer Exeniplir auf einer Hypokaustpfeilerplatte von 0,18 i. Q. übereinstimmen und dies sich bei einer gleichartigen Wiesbadener Platte wiederholt, nehme ich Identität an.

= Main^. Mainzer Museum.

S3 H^irsbaden, Wiesbadener Museum IQ029.

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ringen. Hanssclnunn, ii, l ab. XIII, Fi^. S. Grosse und horm stimmen iicnaii; nur fehlt t)cr Buckel in der Mitte, wohl weil der nacht^ebildetc Stempel schleclu .uis<;epri!i^t war.

= A/rt/M^. Museum. Platte 0,55:0,36:0,04); die Mitte ist un- deutlich. Eine andere grosse Platte derselben Sammluni^ zei^t dasselbe Kandornament, aber in der Mitte eine undeutliche, von der unsri^cii verseil ic Jene Hgur. Vielleicht identisch mit dem Grosskrotzenburger I-ragnient ?

13) LEG- XXII P P P (Pij;. 107O.

Durchmesser 0,064 (bei schärfer ausgeprägten E\eiupL\ien 0,061). In der Mitte ein Palniblatt, über der Zahl ein gebogener Strich, scheinbar V'crdoppehmi» des Randes des Palmblattes.

3 1 al/ziet^eKtueke, gefunden bei D. Der Stempel ist nur auf einem Exemplar und zwar sehr undeutlich erhalten, ein Fr:ii^ment ?:eiut nur noch Reste der Zahl, ein drittes Stück den gan/en Stempel- cindruck, so dass die Grösse zu erkennen ist, von der Legende aber nur schwache Spuren. Es kann daher mit Sicherheit nur das erste Excnipl.ir bestimmt werden.

Sdiilhnrii. V. C, u. J. LXXVII, II. Der Durchmesser des sehr gut ausgeprägten Stempels ist ein wenig kleiner; da aber die Masse und Abstinde der Buchstaben und des inneren Ornaments übereinstimmen, ist die Identität zweifellos. Die grössere Aus- dehnung und geringere Schärfe unseres Stempels ist wohl durch Verschiebung beim Einpressen zu erklaren.

= iVfti/M^. (Eig. 107^), Main/cr Museum. 1 Ivpokau.stp!atte 0,2: 0,21:0,07, und längliche Platte 0,41 : 0.29 : 0,05 - (),()55. cL Becker Kat. 304, 10^: »in der Mitte ein Bäumchen«. Ein im Wiesbadener Museum betuidiicher Kundstcmpel aus Mainz nut Baumchen (Kat. 10169) ist dagegen nicht identisch mit dem vorstehenden und dem unsrigen.

= ll'icsbüden. Wiesb. Museum. Ilypokaubiplatte 0,21 i. Q.

= Mari mj eis, Wiesbadener Museum iou6o. Hypokaustplatte =5 der vorigen.

= Friedber^. (,. Dieffenbach, Handkatalog XVI, 1 »mit Pahne.«

= Hunnenhiir^ bei But:(bacb. Dachziegelstück 0,026 dick. Darm- Städter Museum 1 A 61. cf Hess. Archiv I\^ 302, Eig. 99.

= Ohrini^cn. Hansselmann II, Lab. XII, Eig. 3.

Habel. N. A. II, 3, 243, erwähnt einen Stempel aus Höchst mit der »Palme«. Nach der Zeichnung, Tab. VII, 4, ist er identisch mit dem unserigen; nur ist statt des ersten I* ein P in Verbindung mit rück \v.ärtsstehendem R gezeichnet, oHenhar durch Verkennung des vorher|;ehenden dreieckigen Interpunktionszeichens. Diese Vermutung

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282

y:\rii bestätigt durch den Abklatsch des in der Habeischen Samt vorhandenen Exemplars.

14) leGXXII Pr.p.f. Qri'^. iü8). Zwisclicn II und P nur punktion.

I Plattcnstiick, 0,05 dick, gefunden bei C.

« Maht:(. Mainzer Museum. Dachzicf^elstück, kenntlich Jen Hindruck einer Hundcptbte. Der Stempel ist gut erhalten.

Haselheek, Oarmstädter Museuni I A 68. Plane 0^8 i 0,05. Stempel z. T. zerstört.

Der Saalburgstempel, v. C u. J. LXXVII, i, sowie ein gefundener von gleicher Form und mit gleicher Legende sind k' als der unsrige.

15) LEGXXIIPP1-- (Fii;. 109). In der Mitte ein Halbi mit abi^estumphcn landen (oder Ania/onenscliild ?).

I IIy|)ukaii:>iplaue 0,2 1 i. Q.. gefunden bei D. = Ohrin^^en? Hansselmann II, T;ib. XII, 1 ii^. 5. Gröss< l-urm stimmen tjenau überein : nur ist der Halbmond mit sj: Enden gezeichnet und die Legende ein wenig nach rechts schoben. Übrigens sind die V^iri.mten dieser Form sehr zahl imd schwer von einander zu unterscheiden, daher oft falsc identifiziert.

16) LEGXXIlPq-' (Hg. iio).

Der Stempel ist, abgesehen von der Ligatur des P und I vorigen ganz gleich. Doch hat der Halbmond spitze Enden zwischen seinen Hörnern einen kleinen Buckel.

I Platte, oblong 0,37:0,265. Fundort D.

= Siialburg. G. Diefl'enbach, Handkat. V, 27. 1878 t Geschenk in Dieffcnbachs Besitz gekommen und mit dessen Sanur wohl ins Darmsiädier Museum. l:r befmdet sich auf dem '»^ einer Heizrohre«. Auf der Abbildung fehlt nur der an F nach 1 wärts (durch Ligatur des P) angesetzte Bogen, der auch auf uns Exemplar schwer zu erkennen ist. Identisch scheint auch ein G. Dieflenbach, N. A. XIV', S. 298, 186 beschriebener Sitnipc sein, der sich in Fricdbcrg »auf einer grossen ziegeKihnlichen W.i leitungsplatte« fand. Die im Gegensatz zu dem bei Habel, N. A. Taf. Fig. 5 abgebildeten Mainzer Stempel (ich fand den Stc in .N!;iinz auf einer grossen Platte wieder; Hammeran, Westd. Kf V, 1)9 konstatierte ihn unter den Florstädter Tvpen) angeycb Merkmale passen ebenso wie die als dem Mainzer Exemplar sprechend nngenommcne Grösse genau auf unseren Stempel.

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- 281 ~

Ä Heddernheim. Wiesbadener Musciini iüi6o. Backhieinfra^ment. Im Katalog steht dazu die Bemerkung : »derselbe iand sich (auch) in Burg I Vicdberf^" ; s. oben S. 282.

17) legxxlIPKlM" (I-ig. III).

I batzziegelstückchcn. Stempel sehr undeutlich; da&s in der Mitte eine Figur angebracht ist, kann man erkennen, nicht aber, welche. Fundort D.

= ? M;/w;j. Museum. Xacli Grösse und Form der auf dem unsrigen erhaltenen Buchstaben ist Identität anzunehmen. Die l"ii;iir in der Mitte gleicht auf den beiden Mainzer Exemplaren einer Sicliel, deren Stiel sich über dem L befindet. Vor ilirem nach links offenen Bogen sind mehrere erhöhte Dreiecke. Doch ist die Deutung und Identifizierung, letztere besonders aus dem oben angeführten Grunde, zweifelhafc. Habel deutet das Zeichen 1. 1. S. 263 als CX (Cohors dccima). Ich vermag aber die X auf den Mainzer Exemplaren, von welchen er Taf. VIII, Fig. 7 offenbar das eine in Abbildung wieder* gibt, nicht zu erkennen. Wenn nun Habel selbst sagt: »der Stempel ist von ungemein rohem Schnitt, und kaum ist das breite Kreuz in der Mitte für ein Zahlzeichen zu erkennen,« so kann uns dies in unserer Vorsicht gegenüber seiner Erklärung nur bestärken.

Aber gerade die grosse Zahl dieser an Gestalt und Grösse fast ganz gleichen Stempel mul ihr Vorkommen an verschiedenen Nach- barplätzen, sowie die Gleichheit des Materials sprechen für Nieder Provenienz, wenn auch von mehreren derselben zu fall ig bei unseren Ausgrabungen nicht identische Exemplare gefunden sind.

18) KEG XXII (Fig. 112').

Der Stempel stellt eine Vereinigung des oblongen Schildes mit eingekerbtem Schwalbenschwanzornament und des Kreis- (oder Kad-) Motives dar. Ob die speichenartigen Verbindungsstriche zwischen dem innern Kreis und dem Rande Buchstaben sein sollen und etwa (nach links zu lesen) PRIPIF bedeuten, ist schwer zu sagen. Habel scheint den Stempel nicht gekannt zu haben, sonst hätte er ihn W0I1I für seine Kohorienzeichentheorie verwendet.

I Falzziegelstück. Fundort D.

s Saallmrg. v. C. u. J. LXXVIII, S.

ss= Obcrßorstadt. G. Dietienbach, Handkatalog XVI, 21 u. 23. Thonplatienfragniente, von welchen das eine (2^) DieHenbach selbst auf dem Felde s. ö. von Überflorstadt am 12. Oktober 1886 gefunden, das andere vom Ortsbürger W. Stoffel an demselben Tage erhalten hat. Die Zusammengehörigkeit der beiden gewissenhaft gezeichneten Stückchen war D. entgangen.

284

sss fViesbaden. Wiesbadener Museum 10097. Fatzziegeltrag cf. Rossel, Militärdiploni, Taf. III, 11. Ausserdem befindet si demselben Museum ein Exemplar ohne Angabe der Provc Kat. 10181 (Plattenstück 0,047 ^ick).

SB Main;;^. Wiesbadener Museum 10057, 10126, 10057 Ziegel), 10182 (Platte 0,29 : 0^45).

SS Gemsbeini (Fig. 1 12''). Vollständig erhalten auf 4 Hypo platten von 0,29 m im Quadrat (wohl vom Sockel der Pfeiler Darmstädter Museum I A 97, 98, 109 und 113. Fragmentaris« drei Plattenstücken, von welchen zwei die untere Hälfte des und die rechte Seite enthalten (I A 112 und 128), die dritte (I nur das Ornament an der linken Seite und die Buchstabe (Fig. 112'). Dieses FundstQck ist aber von besonderem Wene auf demselben Ziegel noch ein zweiter Stempel (Fig. ii2<*) ausgi ist, der sich mehrfach allein und mit anderen vereinigt gefunde: bisher aber meistens unrichtig wiedergegeben ist. Auch wir ihn, freilich kaum kenntlich, zusammen mit einem Namenst gefunden. Ich werde datier bei der Beschreibung der letzteren c, 3 näher auf diesen interessanten Gegenstand eingehen.

Charakteristische Vereinigung von Kreuz* und Kreisforni.

I Plattcnfragnient 0,05 m dick, l'undort: das Feld nebe Zicgelöfen. Besitzer: Dr. Lina in Höchst.

= Saalburg. v. C. u. J. LXXVII, 19.

^ Meuns^, Mainzer Museum. Neu gefundene Hypokausi o»2i : 0,21 : 0,05. Eine gleichartige Platte, »gefunden von En' römischen Ruinen bei Mainz«, ini Wiesbadener Museum 10058

20) H j>T cl (Fig. 114). LEGXXII

Kreis mit einer Scheibe an jeder Seite. Über die Form ^ frühere Ansichten zusammenfassend, Suchier in der Eestschrif 1882, S. 16, 4 bei Erwähnung des folgenden Stempeb (b, 2f^ 1885, S. 12, 4.

4 FalzziegelstOcke mit Bruchstücken des Stempels, gefi bei D.

I Plattenstück 0,045 dick, mit dem ganzen Stempel, von selben Felde, im Besitze des Dr. Lina in Höchst. Zu dem« gehört ein anderes Stttck, welchem mit ersterem eine grosse, ii weichen Thon geritzte Kursivinschrift gemeinsam angehdn. Erl

19) LE GXXii (Fig. 113).

0^

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285

sind von derselben die beiden Zahlstriche und P nebst der Hälfte eines F, also leg. xx II PF.

S8 iMtfifK^. Plattenfragment 0,045 '^^^^* Becker 304, 88.

» Rüekingert, Sachter 1885, S. 14, 26 u. Taf. I, 26. Auch die dort gefundenen Exemplare sind Plattenfragmente von 0,045 Dicke.

« Saalburg, v. C u. J. LXXVII, 18.

3= Worms, cf. Weckerling II, S. 92, 10 u. 1 1. Die Abbildung Taf. II, 5 ist etwas zu klein. Die Abklatsche beweisen die Identität. Die von Weckerling angenommenen Unterschiede der beiden Exem^ plare des Wormser Museums beruhen auf Täuschung durch mangel- haften Abdruck der einen Scheibe bei No. 1 1 und aufsitzenden Sinter wie der Abklatsch erkennen lässt bei No. 10.

a= Capersburg. Darmstädter Museum I A 33. Dachziegelfragment

<)ick.

= Niidernberg, 2 Exemplare nach Abklatsch.

SB Wiesbaden, Wiesbadener Museum 10202. Backsteinbrocken ohne Angabe der Fundstelle. In derselben Sammlung eine 0,29 1., 0,045 dicke Platte aus Höchst mit gut erhaltenem Stempel.

21) .1 fl dll (Fig. 115^"»'). LEGXX

Form = b, 20 (Fig. 114), nur dass die beiden Zalilenieile II von XX getrennt sind.

2 Falzzie^clstücke, ^eluiKicü oei i).

a= Grosskrot-enburg. Suchier 1882, S. 16, 4 und 1885, S, 12, 4. Platte 0,56 lang, 0,06 dick. Fin gutes Exemplar aus Grosskrotzen- burg fand ich im D.irni .:.iJ:er Museum aus der Diellenbnehscticn Sammlung. Kat. I A ]2: Ilvpokaustplatte 0,29 lim,', 0,032 Jiciv. = Rückini^en. cl. Suchier 188), S, 12, 4. l l utc 0,29 I. Miiiii;. Museum. Neu »^eiunden au: cmer 0,21 1. u. 0,05 dicken Hvpokausiphme. Nach Habel, X. A. 11, 3, S. 1S2 u. Taf. VIII, ^, in Mainz und Nied i^efunden. ^ Mainzer Exemplare belinden sich im Wiesbadener Museum K.it. 10009, 10090, lui^r, cbendort auch zwei ältere aus NicuJ : ioi)4 (Ilvpokaustplatte 0,21 lang und breit^ und 10196 (oblonge l'i.iitc 0,41 : 0,14 : 0,04).

= Ohertloishidl? el. H.i iunciai!, W'estd. Korrespondenzbl. V, 159. Da Hammerau bei Auizalilun^ der Morstädrer Stempel, nachdem er gesai^t bat: »So findet sich der Stempel mit dem Capricorn, dem Rnd, den beiden Disken vor«, dieselben ausdrücklich als identisch niit den »bei Habel, Nass. Ann. II, 3 gut abgebildeten« erklärt, dori aber von den 3 Nieder Stempeln «mit Disken« nur unser Tvpus No- 115 abgebildet ist, so muss Ilamnieran diesen erkannt haben.

- 286

Die Koflerschen Fände von Oberilorstadt sind mir leider im 1 Städter Museum nicht vorgelegt worden. Der im Westd. I spondenzbl VII, 1888, No. 48» Sp. 71 abgebildete Stempel ist unsrigen nicht gleich, scheint vielmehr mit No. 22 identisch zt

» Wiesbaden, Wiesbadener Museum 10085 10417.

= Friedberg, Dieflfenbach, Handkat. V, 45.

SS AttgsL Wiesbadener Museum 10188. Hypokaustpbtt« lang, 0,055—0,06 dick.

B Niedemberg, nach Abklatsch.

22) LEGXXII (Fig. iiö-").

PRIPIF

Form B b, 20 und 21, aber mehr oval und grösser.

I Plattenstück, 0,05 dick, gefunden bei D.

Im Mannheimer Museum ist ein ganz erhaltenes Exemplai Nidda«, cf. Baumann iio; es ist nach dem Abklatsch mit dem uh identisch.

= Heddernheim (Fig. 116''). Grosse Platte 0,41 i. Q., fasi erhalten, gefunden im Hypokaustum auf dem l-riedhof im \ 1 89 1/92. Hbendort fand sich auch ein Plattenfragmcnt mit Teil des Stempels vermauert,

Ä= SaaJbutg. Neu gefunden. Abklatsch.

== Oherflor Stadl? Vgl. die Bemerkung zu No. 21,

23) leg XXII (Fig. 117), pr-p f- ?

Kreis mit Capricornus in der Mitte.

I l-alz^.iegelstuck, gefunden südlich von de, römischen S bei I'. Welche von den vcrscliicdcnen Formen des Capricornus vo lässt sich bei dem Zustand des Stempels nicht mit Sicherheit i wohl aber, dass es keine der bisher verötFeoilichten ist, wenr die Grösse zu mehreren derselben zu stimmen scheint. Vgl. K. A. II, 3, Taf. V, i~3; v. C. u. j. Tat. LXXVII, 13 ur Suchier 1885, T.if. II, 30 und 1882, S. 17, 6. Die Angabc Becker Kat. 304, 105 und 106, sowie bei Brambach an verschie Stellen genügen nicht zur Unterscheidinig. Sehr ahnlich s< abgesehen von der Legende, ein aus Heddernheim stamn .Stcnipcl des Wiesbadener Museums auf einer 0,21 langen Hypo pleilerpiatte (Kat. 10219) zu sein.

24) p p f (Fij;. iiS^. LIXXXII

Kreis mir Capric^rtins in der Mine. I Falzziegelfragnieut, getunden bei D.

l

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287 -

SS Rückingen. Suchier 1885« S. 1 5, 30, Taf. II, 30. Die von Suchier angefühnen Verschiedenheiten der 3 gefundenen Exemplare beruhen wohl auf verschieden sorg^Icigem Eindruck der Matrize. Müsste man verschiedene Matrizen annehmen, so wäre jedenfalls die eine nach der anderen geschnitten. Von den von Suchier im Manuskript in natQrlicher Grösse gezeichneten Formen entspricht die mit a bezeichnete der unsrigen genau.

asB Main^, Platte 0,55 lang, 0,045 ^^^^ 118'').

= SaaUfurg, v. C u. J. LXXVl, 13.

s Oberßorsiadt f ' cf. Hammeran, Westd. Korrbl. V, 159. Ich habe den Stempel nicht vergleichen können. Nach Hammerans An< gäbe (s, oben zu No. 115) muss der dort gefundene »Stempel mit dem Capricom« dieser, nicht Fig. 117, sein.

X

25) LEG^Hd (Fig. 119).

cu

Kreuz, in der Mitte ein kreisrunder Buckel 2 ßacksicinstücke (keilförmige?), (^03 und 0,045 dick. I Platte, oblong 0,13 breit, noch 0,17 lang, 0,045—0.04 dick, gefunden bei D.

= A/rt/;/^. Brambach 1377, g, 54.

Ik'cker Kat. 304, 71 meint wohl denselben Stempel, wenn er auch das umgekehrte PR mit den Bogen nach rechts gestellt sein lässt: Hb.

=: Saalbur^. Neu gefunden, nach Abklatsch.

26) KHGIXxii priPF (Fig. 120). IX auf dem Ziegel deutlich erkennbar. Halbkreis.

I Falzziegel, gefunden in dem Schlämmbausin. Auf demselben Ziegelstücke fand sich der folgende Stempel zweimal.

= Main-? P. 1 uchs I, Tab. XX, No. I.II, p, 177. Jedenfalls sehr ähnlich; nicht ss Brambach 1377, g, 48.

27) anqi)Mi5iMiix(xT:i i) (Fig. m'^^^y

Hallikrcis, nicht mit dem Zirkel gemacht.

I Falzziegelfragment; s. zu No. 26. Von dem einen Abdruck ist etw*as mehr als die Hülfte von links aus, doch o\mc die Hnden, von dem anderen nur die Fnden ohne Buchstaben crlialten.

= SiUiU'Hn:. Diet]liU>.ich, Handkat. X\*I, S. 61. (jclunden 1.S76, in Dietenbachs Besitz gekommen als »Geschenk der Frau Seminar- direktor Schaefer am 29. April 1890«.

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I

--aas- ig) LEGXXnPRPFi . . . (Fig. 122). Hufeisenform (zu lesen mit der Öffnung nach oben). I Platte 0,44 : 0^ : 0^)65 Boden des Schlämmb

gebrochen.

« Afoiif^C. cf. P. Fuchs n, T. XI, Clas. IV, No. XXXVII einem »ungewöhnlich dicken gebackenen Stein«. Wegen dei ihm in der Nähe der Albanschanze gefundenen MQnzen verleg P. Fuchs in die Zeit des Severus Alexander. Leider sind aui Stempel dieselben letzten Buchstaben zerstört wie auf dem uns Die bei P.Fuchs angegebenen Reste (vgl. auch Brambach 1577, lassen ebenso wie bei uns statt der Ergänzung: centuriae DID in FIDEL zu. Jedenfalls würde ich statt der von Fuchs angc menen Erklärung, wenn der Name DIDIVS in den Buchst trömmem stecken sollte, lesen DIDIF.

29) LEGXXIIPPF (Fig. i2r).

Halbkreis (zu lesen mit der Öffnung nach oben). 3 Falzziegelstficke, i gefunden neben dem Schlämmbassin 2 bei D.

s Saalburg. v. C. u. J. LXXV, la Dazu ein neuer Fund, Abklatsch identisch.

K Aftfinv Platte 0,28:0,28:0,05. (^ig' I2)^)

CI 1 ■■{

30) IHMI1XX;)3J (Fig. 124). Delphin.

I Keilplatte 04 (?) : 0,28 : 0,045—0,03.

I Falzziegelfragnient. I-undort beider bei D.

a= AfdiViv J Hypokaustplatic 0,21 im Quadrat und i 1 041:0,41:0,045. et". P. Puchs, II, T. XI, Clas. IV, No. XX Das D der oberen Linie ist fälschlich als F aufgetasst. Fuch merkt, die heiden letzten Buchstaben seien eingedrückt, die an« erhaben. Das ist oflcnbnr, wie ich mehrfach beobachtet habe, < Aussplittcrung der beiden Buchstaben bewirkt, die ursprür ebenfalls erhaben waren und dadurch dem reibenden Gegens Wi ! r f ind leisteten, l uchs' Bemerkung, »olfenbar« sei »jeder I Stabe für sicii ausgedrückt worden«, ist sicher falsch. Auel Wiesb. Museum befindet sich ein Exemplar aus Mainz, Kat. ick:

= Arnshnt;^. Dachziegelfragment. Darmstädter Museum A 62; cf Archiv d. Hess. V. III, XV, 9 (verkehrt gezeichnet).

= Marietifcls{»\i\\in), Wiesb.idener Museum tuo 12. Hypoi. plane 0,21 i. Q.

= Ihddmtham. Wiesbadener Museum 10087. Hypokaust| 0,21 i. Q.

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" fVieshaäetiy nach v. Cohausen, N. A. XXI, 9 (umgekehrt und nicht ganz richtig gezeichnet). Ich habe diese Platte (0^20 im Quadrat) im Museum nicht gefunden.

9 Saaihurg. v. C. u. J. LXXVIII, ^. Doch ist der Stempel umgekehrt 2U lesen. Die Delphinform konnte aus dem Fragment kaum erkannt werden.

51) LBÜXXUPPF (Fig. 125'). Delphin.

Der Vertikalstrich des G ist stark verl.ingert, so dass der Buch- stabe aussieht wie ein umgekehrtes D. Vielleicht liegt Ligatur mit I vor.

r Falzziegclstück, geluiiden bei D, enthält nur den Schwanz. Im Wiesbadener Museum Kat. 10018 ist der Stempel vollständig auf einem «bei NiVf/« gefundenen Falzziegel.

= Rückingen. Suchier 1885, Taf. il, ^4 und Text S, 16, 34. Abgebildet Fig. I2)^

=s Kitdi'tnberg, nach Abklatsch, cf. Suchier 1. 1. u. Westd. Korrbl. 11, 5. 72, S. 55.

= Maini. Phtte 0,41 i. Q. Sehr fihnÜch ist auch der Stempel einer dort befindlichen Keiiplatte 0,28 : 0,14 : 0,06—0,055.

52) L E G XX n pripf (Fig. 1 26 ).

Bandförmiger Stempel, ähnlich einem langgezogenen, liegenden S. I Falzziegelfragment. Fundstelle wegen Verwischung der Signatur nicht genauer zu bestimmen, wahrscheinlich D. *■ Friedberg* G. DieiFenbachs Handkat. V, 4. SB Saalburg, v. C u. J., LXXVIH, 7. a ff^esbadetit nach Abklatsch.

SB Gernsheim, Hypokaustdeckplatte im Darmstädter Museum 1 A 126.

LEGXXIIPR PI F (Fig. 127). Hammer?

I Striclizicgel, geliindcn südlich vom Ofen A. i F.il/ziegel, gclundcn bei D.

Ich liabe diesen autlallenden Stempel in keinem Museum ge- funden; ebensowenig ist er bisher vcrötkniliclu wurden.

34) LEGXXUPRPF1D(HL?) (Fig. 128). Sandalcnform.

I Plattenstück 0,04 dick. Fundort 0,

Auch dieser Stempel, der schon durch seine breiten und abge- rundeten Buchstaben auffällt, ist mir sonst nirgends begegnet. San- dalenform kommt noch vor im Mainzer Museum, ebenso im Wies- badener Museum 100 14 und 10074 ^"s Wiesbaden.

«9

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3)) H4IIXX0HJ (Fig. iz^"»-«»), Sandalcnform?

2 Plattenfragmente, das grössere 0,06 dick (zusammengehe gefunden bei D. Auch von diesem Stempel gilt, was zu No. 3 34 bemerkt ist.

j6) K6GXXIIPRPF (Fig. ijc/-»')-

Bandform in Gestalt eines umgekehrten S (Spiegelbil gebrochenen Linien, 0,07 lang, 0,04 breit. Das L hat sch Querstrich, das E ßogenform.

2 Falzzicgclfragmente, gefunden bei A.

mm Heddernheim. Frankf. Museum. 3 Exemplare X, 5999 u.

M iVUsbaden, Falzziegelstück. Wiesbadener Museum 100

37) LEGXXIIPPF (Fig. J31). Langgezogenes S.

I Plattenstock 0,04 dick, wahrscheinlich Deckplatte eines ( gefunden bei D.

Maifii, Platte 0,28 im Quadrat. P. Fuchs I, Tab. XX, Ho. zeigt einen ähnlichen Stempel, cf. Becker, Kat. 304, 100, lot,

A Saalburg. Neuer Fund nach Abkbtsch.

^ fVUsbaäm, Wiesb. Museum 10166, Backstetnstück 0,04s Fundstelle nicht bezeichnet.

^ Heddernheim, Wiesbadener Museum 10089.

38) LEGXXII P P FI- (Fig.1320. Stark geschwungci I Falzziegetstuck, gefunden bei D.

a Saalburg. v. C u. J. LXXV, 9.

MziH^. KeilziegelstQck 0,28 br., 041 1.? 0,09 dick (Fig. : cf. P. Fuchs zum vorigen Stempel.

SB Wiesbaden, Fundort nicht angegeben.

Gernsheim. Dachziegelstück im Darmstädter Museum I A

39) ^fl^nXX^OHJ (Fig. 133-"). Langgestrecktes S. Auffallend grosser Zwischenraum zwi:

G und X.

I Falzziegclstück, gefunden im Wirtshaus zum Schwan mit Ein sehr ähnlicher Stempel, nur umgekehn gebogen, befindet im Wiesbadener Museum Kat. 10216. Fundort »HochsLK

wm Wiesbaden (Fig. 133*'}. Wiesbadener Museum iot02, funden »im Kastell«. Der Stempel ist ganz erhalten und erglnzi unsrigen.

» Saalburg. Neuer Fund nach Abklatsch.

40) lEGXXlIppf (?) (Fig. 134). Form unbestimmt.

1 Falz7.iege!stiick, gcluiidcn bei D.

^ Siiülhnr^. V. C. und J. LXXVl, 14.

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- 291 -

41) LEGXXHRP (Fig. 13$'" 0-

Oblong mit gebogenen Schwalbenschwänzen, der Länge nach in drei Felder geteilt, im oberen und unteren Felde scblangenförmiges Ornament. R =

I Falzziegelstflck, gefunden bei D (Bg. IJS**).

« Rüdtti^m (Fig. 135«). Suchier i8S$, I, 16 u. S. 13, 16.

>-* fTtesbaden} N. A. XXI, 1889, Taf. III 1. Ich habe den Stempel im Museum nicht gefunden.

42} leGXXIIPPf (Fig. 156). Unsichere Form.

1 Ptattenstück 0,04 dick, gefunden bei B in den TrQmmern eines Ziegelofens.

43) . . . IPF (Fig. 137). Form und Legende unsicher, r Falzziegelfragment, gefunden bei D.

44) LEG XXII PRFF (Fig. i38-.'"> 0-

Oblong mit reicher Ornamentierung 0,27 1., 0,098 h.

2 zusammengehörige (.^) Stücke einer Heizkachel (Fig. ijS*» ''). Fundort B.

V Wiesbaden. Wiesbadener Museum Kat. 10340 und 1034 1: »2 Heizkacheln gefunden an der Rose«, abgebildet Fig. 138'. cf. N. A. XXI 1890, Taf. III, c (nicht Taf. III, i, wie es im Text S. 12, c heisst). Der Stempel hat je 11, nicht 8 rechteckige Zacken, wie er auf der dortigen Abbildung erscheint.

= Saalburi^, nach Abklatsch, v. C. und J. LXXV, Dazu Suchicrs zutreffende Berichti;;unt; (im hand^chi ittlichen Nachtrag zur Arbeit von 1885), dass die locken nicht recliteckig, sondern .ihu;c- stumpft sind. Nach Suchier ist ein im Hanauer Museum betindliches »winziges Fragment« des Stempels durch Buchenau von der Saal- burg dortliin verbracht.

= Oherßor Stadt. »Thonröhrenstückchen«, Geschenk des Wilh. Stoffel von Oberflorstadt an G. Dieffenbach, jetzt im Museum zu Darmstadt. (]. Dieffenbachs Handkat. XVI, 16.

= Friedberg. »Auf einer Thonheizröhre«. G. Dieffenbachs Hand- kat. XVI, 17.

= Gernsheim. Fragment im Darmstädter Museum I A 128, zv^-eifellos ebenfalls von einer Hcizkachel. F>halten sind die oberen Teile von XXllF nnt dem angrenzenden Kandornament.

45) HS4IIXX0H1 (oder umgekehrt) (Fig. 139). Halbkreis.

I Falzziegelstück, gefunden bei D von Prof. Sommer, dessen Sohn es an der Ausgrabungsstätte nach Beendigung der Arbeiten zu Tage gefördert hatte.

19-

29a

46) npF ? (Fig. 140).

t abgeriebenes FalzziegeUtQck. Fundort D. Legende uns

47) LEG (Fig. 161), Kreis. XXII

PRP

Dieser Stempel ist zwar nicht von uns in Nied bei den grabungen gefunden; da er aber als von diesem One stammer Wiesbadener Museum mehrfacli bezeichnet ist und wir ein Exci auf einem Strichzicgelstück bei den Ausgrabungen auf clcm Hea bämer Friedhofe im Sommer 1892 gefunden haben, so lüeit i mit Rücksicht auf das häufige Vorkommen der Form für angcm« dieselbe beizugeben. Vgl. zur 14. Legion, No. 24 (Fig. 162).

= Friedberg. G. Dietfenbaciis Handkat. 1, 140. cf. N, A. 298, No. 185.

= iWa/«-. cf. ßranib.ich 1377, g, 15, nach P. Fuchs II, Taf. X, XXV^II. Der Stenipel findet sich auch heute noch im Museum auf einer op^ dicken Platte. Becker, Kat. 304. 35 i scheint das oben quer liegende I' übersehen zu iiaben. Übrigen: ich einen sehr ähnlichen Stempel auf einer Keilziegelplatte 0,14 : 0,047 ^><H) Mainzer Museums ohne das charakteristis«

LHG

mit der Legende: XX IIP » Saalburg v. C. u. J. LXXVi

PF

Derselbe fehlt bei Br.imbach und Ik-ckcr, wenn nicht bei letzterer 304, 128 wie das eine X, so auch das P der let/ien Zeile ubersehe

= IVieshaden. Wiesbadener Museum. Zweimal Kat. 10103. 1 mit ausdrÜLklichen Angaben über die Provenienz aus der Stadt deren n.iclistcr L^mi^ebunq ; zweimal, 10203 u. 10205, ohne ni Ani^abc des l'undorts. Pl.uten 0,05 dick. cf. N. A. XXI, Taf. Ii Das F ist auch hier übersehen.

= Orltu. Wiesbadener Museum. Kat. 10148

= Aiiysl. Wiesbadener .\lu>eum. Kat. 10204 Aus »XitJu und »Höchito befinden sich im Wiesbadener Mus 3 Platten gleicher Beschaffenheit: Kat. H1017, T0129, 10159, wo Suchiers Bemerkung 1883 S. 12, 3 zu erweitern ist.

3= Rückini^en. Suchier 1885 S. 12, 3 u. Taf. I, 3 : »fünfmal zwar in dem Hypokaustgebäudc (im Kastell) auf dicken und grc Plauen.«

= Gtoiskrot^cnbttrg. Suchier 1882. S. 16, 5. Dort ist das lieg F noch nicht erkannt.

I Platten 0^05

i

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293

» Mannheim (?). Mannheimer Museum. Baumann io8. Ohne Angabe des Fundortes.

Die Deutung der Figurenstempet hat seit mehr als hundert Jahren den Lokalforschern viel Kopfzerbrechen bereitet, ohne dass wir durch die Ober diese Frage angestellten Untersuchungen erheb- lieh weiter oder gar zu einem Abschlüsse gekommen wären. Die Auffindung mehrerer, sämtlich mit Nieder Typen identischer Stempel gab im Jahre 1773 Ch. E. Hansselmann Veranlassung, die Vermutung auszusprechen, dass wir in dem BlitzbOndel, dem »Bock« (Caprioomus), der »Palme« etc. Kohortenzeichen zu erkennen hätten, deren Ver- teilung auf die zehn Kohorten der 22. Legion aber schwierig sei.' Diese Verteilung hat dann 60 Jahre später Habel in einem gelehrten Aufsätze durchzuführen gesucht,* während schon vorher Lehne' gegen die Deutung gerade des Capricomus, von dem Habels Beweisführung hauptsächlich ausging, als Kohortenzeichen polemisiert und darauf aufmerksam gemacht hatte, dass der Capri nus als Nativitätszeichcn des Augustus sich auf die gan/cc Legion beziehe, übrigens auch bei anderen Legionen vorkomme/ Das letztere ist wahr, würde aber nicht das beweisen, was Lehne behauptet. Ebensowenig aber ist es Habel gelungen, seine Ansicht so /u begründen, dass dieselbe, wie manche seiner Nachfolger stillschweigend oder ausdrücklich zustim- mend voraussetzten, über allem Zweifel erhaben wäre» Denn wenn auch der hochinteressante Capricomus aus Bronze, dessen Auftindung in der Nähe der Platte im Taunus Habel zu seiner Hypothese ver- anlasste, wohl zweifellos ein Feldzeichen krönte, und wenn auch das Schildchcn mit den Buchstaben COHV zu demselben gehörte und sich auf die 5. Kohorte der 22. Legion bezog, so beweist dies nicht, dass auch der Capricomus selbst noch einmal diese Kohorte bezeichnen sollte; er konnte ebensowohl das Ganze, die Legion, andeuten, deren Teil, die Kohorte, durch das Schild bezeichnet wurde. Wenn nun im folgenden Habel die übrigen ihm bekannten Figuren, beson- ders der Ziegelstempcl, unter die einzelnen Kohorten unterzubringen versucht, so hält er sich zwar von 'Hansselmanns phantastischen

Ch. £. Han»sdinann*s Beweis, wie weit die Römer etc. Baad II, 177}, S. 176 fü, bes. 177 u. 17S.

s F. G. Habel, Über die Feldzeichen des römischen Heeres, insbesondere die Kohorteuzeichcn der XXII. Legion. N. A, II, III 18 J7, S. 98—269, nebsi Taf. II

^ Fr. Lehne^s gesammelte Schriften, herausgeg. von H. Kölb. II. Bd. 18^7,

S. 241 tv.

* L 1. S. 341.

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- m

Deutungen» nicht aber von mannigfachen Willkfirlichkeiten fre wir dies bei dem Stempel b, 17 bereits gelegentlich an einen spiele gezeigt haben. Aber während dort der Mangel einer bt baren Figur für die 10. Kohorte Habel nötigte, zur angeblichen X seine Zuflucht zu nehmen, sind wir heute in der umgekc Lage: wir kennen jetzt noch eine Menge weiterer Figurei Stempeb, die ebensogut wie die von Habel beschriebenen Spruch darauf erheben könnten, als Kohortenzeichen angeseh« werden, es aber ebensowenig als jene sein durften. Es haben auch die meisten neueren Forscher Habels Hypothese auf beruhen lassen und, wenn sie überhaupt auf die Frage zu spn kamen, sich begnügt, die Bedeutung der ein/einen Figuren an festzustellen, was auch nicht immer ganz Iciclu ist. Wenn ic l-iguien auf die Herstellung der Ziegel beziehe und ihre Dci nicht von der der Namenstempel trenne, so hat dies u. a. darin s Grund, dass bei einem Stempel (c, 3) die l imir, welche zwei ein grosses lateinische^ S darstellen soll, den Anfangsbuchstabet beiden verschiedenen in dieser Fassung vorkommenden Namen wi holt. Ich erkenne in den Figurenstempeln im engeren Sinne \ Übergang von der älteren Sitte, die Legion allein zu nennen und durch kleine Nuancen die Hersteller der Ziegel anzudeuten, zi späteren Gepflogenheit, die letzteren mit ihrem Namen zu bezeich und speziell die oben erwähnte Figur mit den beiden nur durd ersten Buchstaben angedeuteten Namen : MS* und L* L* S * steht Wissermassen an der Grenze. Dazu stimmt der Umstand, dass w einem und demselben Hypokaustum auf dem Friedhofe zu Hedd heim neben zahlreichen Namenstempein gerade jenen S-Stemp« den Pfeilern fanden, und ausserdem von den einzeiligen, unter a zeichneten Stempeln diejenigen, bei welchen die halbmondförir Ohren eine spätere, verzopfte Abart der Schwalbenschwänze erkei lassen,' während andere einzeilige Stempel sich auf den in Mauern verbrauchten Ziegelbrocken fanden, die sehr wohl als F älterer Bauwerke angesehen werden können. Dass die cntwickcli Figurenstempel mit den Namenstempein f^lcichzeitlg und /.war > zeitig sind, beweist auch das Vorkommen des oben be^prociK Stempels IVSTVMFECIT auf denselben Ziegeln mit Figuren- Namenstempein. Auf diesen Punkt kommen wir weiter unten gehender zurück.

* Vgl. oben a, }o (Fig. 82).

1

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c. Namenstempel.

i) LEG- XXII PFF (Fig. 141*). MSTMF

8 Falzzicgclstückc, sämtlich aus stark mit weissem Quarz gemischtem Thon, in dem der Stempel sich meistens undeutlich aus- geprägt hat ; vollständig erhalten war er nur auf einem Exemplare. Fundort B, bei einem Fragmente D.

= IViesbndcn. »Aus der Heidengasse«. Museum 10024.

Bei zwei anderen Fxeiiiplaren derselben Sammlung, 1020Ö und 10244, fehlt genauere Angabe des Fundortes.

= Heddernheim. Falzziegelstück (Fig. 141''). Gefunden bei den Ausgrabungen auf dem Friedhof im Februar 1892.

Der Stempel ist besonders dadurch wichtig, dass er uns /x'igt, dass Xamenstempel und zweizeilige Figurenstempel gleichzeitig neben einander gebraucht wurden. Unter den Saalburgstempeln finden sich nämlich zwei, welche in der äusseren Form und Grösse fiist voll- kommen mit dem unsrigcn übereinstimmen, so dass wohl zwei Nach- ahmungen eines Originals vorliegen. Von denselben zeigt aber der

eine (Fig. 141') die Legende ^ p^^^^pj^^ (cf.v.C,u. J.Taf.LXXVIlI, 2),

der andere dagegen (links fragmentarisch) nach der Abbildung:

^G >n AI^ (cf. v.Cu.J.Taf. LXXVI, 28). Doch dürfte dieselbe nach

dem Abklatsch nicht vollkonmien sicher sein. Zweifellos aber ist die zweite Zeile verschieden von der der beiden anderen Stempel. Mit dem letztgenannten Stempel ist identisch ein Mainzer Typus auf einer grossen Keilplatte, welche noch (als Fragment) 0,37 breit lind in der Mitte 0,055 ^^'^^ Auch hier ist die zweite Zeile

undeutlich ausgeprägt; docli scheint statt des X ein C vor- handen zu sein; und da diese Form nach dem Abklatsch auch auf dem Sa.ilburt^stenipel möglich ist und zwischen (i und N noch ein schmales E zu stehen scheint, so lauiei der Xanie vielleicht C ' GENIAL(is). Dem P der oberen Zeile scheint ausserdem rioch ein l* in der unteren entsprochen zu haben. Bei Brambach und Hecker fehlt der .Mainzer Stempel. Ob er erst nach dem Erscheinen ihrer Bücher ins Museum gekommen ist, konnte ich nicht feststellen. Dagegen ist das bei Becker I. N. 1878, S. 5.};? mit der Bezeichnung » incerto loco« unter den Stempein des Wiesbadeiier Museums

aufgeführte Exemplar mit der Legende ^^p^. zweifellos

identisch mit unserem Nieder Stempel uud dem oben angeführten,

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29^

Katalo*^ i(52o8. Die von Recker angeführte Legende habe i genannten Miiseiiin nicht ^'clunden. Dass die zweite Zeile di Namen eines römischen Rürijers, etwa M.(arcus) Statilius oder M. Statutius (oder Statius) M.uurus o. dt;!, enthielt, scheir /weifellos, da bei Ziegelstenipeln die Antuhrung der drei > Ke>^cl ist, wenn Abkürzungen bis auf die Anfangsbuchstaben wendet !>iiid. Das Ml* hat man bei Toplerstcmpeln wohl au manu fecit erklärt. Doch ist von der Hxempnfizierung au letzteren, wie ich später nachweiscu werde, gänzlich abzusehen

2) LEGXXIIRBF (Fig. I42-«-'')- CCSECVNF

4 Falzziegelstücke, 3 gefunden bei B und i bei D.

SMS Heddernheim. (Fig. 142'), 2 Falzziegel! ragnienic, ein PI fragment und eine ganz erhaltene Platte 0,36 : 0,36 : 0,05 ni, geh im Februar 1892 bei der Aufdeckung des Hypokaustbaus auf Friedhofe. Die Dachziegelstücke fanden sich neben dem Hypokau die Platte lag noch an ihrer ursprünglichen Stelle als unterste grösste Lage eines der Pfeiler, über welcher zunächst eine 0,27 1 0,28) m i. Q. messende Platte folgte, die dann den aus 0,21 m grossen Platten aufgeftihnen Pfeiler trug, der also hier eine aus Platten gebildete, nach unten sich verbreiternde Basis hatte. Heddemheimer Stempel waren z. T. besser ausgeprägt als die K und zeigten besonders die Rosette in der Mitte des die beiden 2 der Legende trennenden ornamentierten Streifens deutlich.

Ä ll"u-shadcn. Falzzicgelfragment vom »Höfcheii bei \ baden". Mus. 1014}. Brambach 1537, g. 19 und 22 fu'in Jen Stc cuiiiial ohne nähere l'undan^abe, das andere Mal als »in c Komanü« gefunden im Wiesbadener Museuni an. Einmal hat selbe ihn in No. 19 ganz gleicher Form (das erste C ist nichi geprägt) bei Heddernheim, 149 1 c. 10, als im Wiesbadener Muj befindlich aufgeführt unter Berufung auf Becker I. K. 1878, S. 343 ( Da er auch für die Wiesbadener Stempel nicht eigene Verglcicl angiebt, so liegt wohl eine doppelte Anführung desselben Exem für Wiesbaden und Heddernheim vor. Übrigens verweist Bram im Register S. 380 auf beide Stellen unter der falschen Bezeichi S . SECVN.

= Schlossan, nach Abklatsch von Conrady. cf. K. Christ, I XLIX 1870, S. 199; dsgl nach Abklatsch von ßaumann aus > Mannheimer Museum, cf. Baumann, R. Denksteine etc., S. 40, No. der aber mit Unrecht gegen K. Girist, Verhandl. des Hddelbei

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Fhilologeniages 1865, S. 216, nach einem anderen Stempel der Mannheimer Sammhing die fehlenden (uiuleutlich ausgeprägten) ersten Buchstaben ergänzt: CAI-]('«^"ilius) Secundus fecit. Der von R. heran- gezogene Stempel aus Xeuenheim (No. 116) mit der deutUchen

Legende: ^cA jfshxVND^ ^^^^ Grösse und Form (Oblong mit

Schwalbenschwänzen) von dem unsrigen verschieden. Einen dem letztgenannten sehr ähnlichen (ni)isi derselbe«) Stempel erwähnte K. Christ a. a. O. als im Grossh. Antiqu. zu Karlsruhe betindiich mit der

Legende: ^qV S^EcVnI^' später (B. J. XLIX 1870, S. 109)

selbst erkannt, dass er mit Mone (Zeitschrift für die Gesch. des Ober- rheins XVII, S. 386) und Brambach (add. 1736) die ersten Buchstaben mit Rücksicht auf das vorschwebende CAE falsch gelesen hat für C G .

Ebenso dürfte der Stempel Brambach 1307, 2: ^^^i^^^i^VN^ ^

der »aus den im Jahre 1862 und 1683 (sie!?) entdeckten römischen Badegemächern des Castclls« stammt, da B, sich auf Steiner beruft, dem unsrigen gleich sein ; denn das 1 der zweiten Zeile ist bei vielen Exemplaren kaum sichtbar, wie auch die ersten Buchstaben meistens uenig deutlich ausgeprägt sind. Die Differenzen in der Interpunktion endlich sind bei Zicgelstempeln in den meisten Fällen nicht mass- gebend, weil die Punkte undeutlich, oft auch bei rauher Oberfläche des Ziegels überhaupt nicht erkennbar sind und daher bald übersehen, bald fälschlich angenommen werden. Ob in dem GAE des Neuen- heimer Stempels, wie Christ 1. 1. meint, »derselbe \'orname gemeint ist,« wie bei unserem Nieder und dem Schlüssauer Stempel, mag umsomehr dahingestellt sein, da Christ selbst später die Erklärung C (aius) C (ornelius) SECVN(dus) F(ecit) vorgezogen hat (B. J. XLIX, S. iio). £r bezieht sich dabei auf einen zu »Buchen auf-

LE G * X\ II PP F

bewahrten Schlossauer Stempel« mit der Legende: C(^R SEON

von dem er aber selbst sagt, dass »das Cognomen undeutlich aus- geprägt sei« (a. a. O. S. 110, 2.). Ohne Zweifel haben wir aut unserem Nieder Stempel die 3 Kamen eines römischen Bürgers, das praenomen und das nomen gentilicium nur mit den ersten Buch- staben, das cognomen fast ganz ausgeschrieben, zu erkennen. Auf- fallend ist, dass auch Christ (a. a. O. S. 109 und iio) von Töpfer- Danien spricht, wenn er auch sicherlich mit Recht auf den Schloss- atter Stempeln Namen erkennt und Mones und Knapps z, T. phan- tastische Erklärungsversuche ablehnt.

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5) LEGXXIIRPF M S F (Kg. mj«)-

7 FalzziegelstQcke, meistens verbogen, sämtlich neben dem störten Ofen B gefunden, zu dessen missgluckten Fabrikaten ebenso zweifeltos gehörten, wie die unter a, 29, 30, 31 und 32 zeichneten, durch ihre halbkreisförmigen Ohren (statt der Schwal schwänze) ausgezeichneten Typen.

= Heddernheim, Falzziegelstück mit Spuren einer nägelbesc genen Sandale (Fig. 14'^^).

^ IViesbaden. Wiesbadener Museum. Kat. looii und ic 2 Platten. Sic sind den unsrigen vollkommen gleich, nicht wie N. A. XXI, k abgebildete Stempel gleich den folgenden Exeropli

^ Marien/eis. Wiesbadener Museum. Kat. 10 157. Platte i, Q, cf. Br.unbach 1545, 7 nach Becker I. N. 1878, S. 545 (84

Die Legende i rS l' statt M'S'F war ich anfangs gen für einen Lesefehler Beckers zu halten, zumal da das Wiesb.id Exemplar von Maricnfels nicht lecht deutlich ist. Als ich aber bei Becker im Mainzer Katalog unter No. 304, 125 und 126 mit Bezeichnung Bk (Backstein) Bd (ßandstempel) verzeichneten Siei im Mainzer Museum auf einer HypokaustpUttc (Fig. 143«) wi fand, sah ich, wenn auch Beckers Lesung nicht vollständig, so < die Verschiedenheit von unserem Nieder Stempel bestätigt. Schluss der Legende lautet nämlich L'L S F. Die dreteck Punkte nach den beiden L sind zweifellos vorhanden, bei S unsit Die horizontalen Striche des L fügen sich so an den unteren } an, dass eine Verwechselung mit I leicht möglich war, wie < auch Rossel, Ein Militärdiplom etc., Taf. III, Fig. 12 den undeu ausgeprägten Stempel nach PF mit wiederholtem F: FISF gel hat. Besonders merkwürdig aber ist die fast vollkommene Übei Stimmung der beiden Typen in der Gesamtform und Grösse, so da auch die Buchstaben und Zahlen bis auf den Schluss genau gl gestellt sind, die Unterscheidung bei schlecht ausgeprägten E> plaren sehr schwer ist. Der einzige Unterschied ausser den B Stäben besteht darin, dass bei unseren Exemplaren die Enden ei ausgeschweift und durch ein vertieftes Schwalbenschwanzornar au^L!c:/eichnet, bei dem Mainzer Typus dagegen leicht ausgez sind. Da auch der Stempel c, i aus dem Ofen B stammt, liegt Vermutung nahe, dass unser M"S' denselben Namen wie das doi M'ST* enthält. Was die Gesamtform betrifft, so halte ich dia nicht für die Imitation eines Bandes, sondern für ein S, weicht beiden Fällen auf den mit S beginnenden Hauptnamen des Zici huiweisen soll. Die vollkommene Gleichheit der Form und Gr

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nötigt zur Aonahme gleicher Provenienz, da ofTenbar ein Stempel nach dem anderen mit genauer Anlehnung an das Original geschnitten ist. Ein Exemplar unserer Nieder Ziegel ist dadurch von besonderem Interesse, dass ausser dem sehr gut erhaltenen Namenstempel noch ein anderer eingeprägt ist, dessen Legende im noch weichen Thon ausgekratzt zu sein scheint, während die beiden konzentrischen Kreise, zwischen welchen sie sich befand, noch vollkommen deutlich erhalten sind (Fig. 14)*). Da Form und Grösse dem oben unter b, t8 erwähnten Rundstempel von Gernsheim (Fig. 112') zu entsprechen schien, der gleichfalls neben einem anderen Stempel eingedrückt war, so unterwarf ich beide und mehrere andere, besser erhaltene Exemplare aus Gerasheim und Mainz einer genauen Untersuchung und Messung, welche nun nicht nur zweifellose Identität aller Exem- plare ergab, sondern auch bei dem Nieder Stempel unter Anwendung wechselnden Lichtes noch die Spuren der Buchstaben Cl T in denselben Massen und Abständen wie bei den besser erhahenen Exemplaren erkennen liess. Die Legende der letzteren ist folgende: IVSTVM''ECIT mit einem grossen Blatt als Interpunktionszeichen nach T (dasselbe ist besonders gut ausgeprägt auf dem von uns Fig. 112^ mitgeteilten Mainzer Exemplare). Derselbe Stempel kehrt teils ganz, teils fragmentarisch wieder auf einer Reihe von Gems- heimer Ziegeln, die wie der obengenannte durch Kofler gefunden und dem Darmstädter Museum einverleibe sind, wo sie mit I C 30, 31* 33» 35> 3^ und I A 124 bezeichnet sind. Eines dieser Exemplare stimmt auch darin mit unserem Nieder Ziegel überein, dass neben dem Rundstempel ein Figurenstempel in Gestalt eines langgezogenen S (ähnlich dem unter Fig. 131 aus Nied aufgeführten) angebracht ist (Fig. 143^)» dessen Legende freilich bis zur Unkenntlichkeit entstellt ist. Ein anderer, von dem nur die Buchstaben EG sichtbar sind, ist mit einem kreisförmigen Stempel der 22. Legion auf einem Dach* Ziegel vereinigt, wobei der Kreis von einer oblongen Einfassung umrahmt ist, welche an beiden Seiten mehret e bogenförmige Aus- schnitte nebst ihnen entsprechenden Strichornamenten zeigt. Die Art der Ornamente deutet auf Gleichzeitigkeit mit einer Gruppe von Stempeln hin, welche durch den mehr oder weniger deutlich erkenn- baren Zusatz Ar(oniniana) dem IIL Jahrhundert zugewiesen werden. Wie wenig die Form der Buchstaben bei Stempeln für die chrono- logische Bestimmung derselben ausschlaggebend ist, zeigte neben vielen anderen Beispielen dieses in schlagender Weise. Während der Rund- stempel, wie alle von mir beigegebenen Abbildungen (Fig. 112^'^'', 143*') zeigen, durch schöne^ regelmässige Buchstaben ausgezeichnet ist, fliUt

- 3a> -

die Legende des anderen durch ihre ausserordentlich flüchtiger

unre>;c] massigen Zeichen auf, deren Bedeutung z. T. nur zu ei

ist (I statt L, die I der Zahl mit P verbunden, das zweite F

» I). Der Stempel IVSTV\FECIT ist identisch mit dem

rigcn auch in Obernburg von Conrad}- gefunden. Vgl. Westd.

Schrift IV, II 164 und Taf. III, Fig. 7. Ein sehr gut erha!

Exemplar befindet sich im Mainzer Museum aus Mainz (l ig.

Endlich ist derselbe auch auf der Saalburg also wiederum i

zahlreichen Stempeln der 22. Legion, deren Typen auf

hinweisen gefunden worden; cf. v. C. u. J. Taf. LXXIX

IVSTVM CIT. Wenn Becker, N. A. XIÜ, 236 eine Verschi.

heit des Saalburgstempels von dem Mainzer Exemplare annimmt, i:

er den ersieren IVSTVMECIT (ohne das mit M ligicrtc F)

so zeigt die Abbildung bei Jacobi, dass gerade an der fragl

Stelle der Stempel so mangelhaft ausgeprägt ist, dass Jacobi es

gezogen hat, eine LQcke zu lassen. Die Legende scheint don

selbe wie bei den übrigen Exemplaren zu sein, dagegen ist die

durch mehrere konzentrische Kreise reicher omamentien. In

mittelbarer Verbindung mit LEGXXIIPPF erscheint die Le|

IVSTVMFECIT und IVST-MF (?) auch auf zwei unter sich

schiedenen Stempeln von Marienfels bei Brambach 1545, 4 und

r" tn

4) SEMPgERO (N oder F?) (Fig. i44»"^«»),

I Falzziegelsiück, gefunden bei D (Fig. I440>* Den vollständigen Stempel beschreibt nach den Rück Exemplaren (Fig. 144^) Suchier 1885, S. 16, No. 38 zutreffend gendermassen: »von links nach rechts LEG XXII PR PF (ligier und PF), unter dem L ein X, über dem letzten P noch ein X: unten nach oben SEMP (M mit P verbunden) FRO und ganz ein Zeichen, das nicht gut ein F sein kann.« Wenn er aber fährt : »vielleicht bedeutet es nur die Zahl II, die sich mit den h* XX zu XXII vereinigen würde,« so möchten wir mit Rucksich die verzerrte Form auch der übrigen Buchstaben doch entschi die Erklärung als F(fecit) vorziehen. Die Deutung des Ka^

^ Auf der Tafel ist imümlicb bei No. 144 ^ Nieder Stempel auch bezeichnet.

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Sempronius Frontinus ist auch ohne die E. verfehlte Hioweisung auf Töpferstempel zweifellos richtig. Sie wird besonders durch einen früher in Nied gefundenen Stempel bewiesen, der in der Gesamtform dem unsrigen sehr ähnlich, aber sorgfältiger geschnitten ist und auch die gleiche Legende, aber in kleineren und weit regelmässiger geformten Buchstaben zeigt (Fig. I440> Sie lautet don deutlich: SEMPR FRONT. Er ist in 2 Exemplaren im Wiesbadener Museum (Kat. 1022 1 und 10131) vorhanden. Derselbe Stempel findet sich im Wiesbadener Museum auf einem Dachziegel aus dem Kastell Hoßam (Kat. 11061; cf. Brambach 15 p, c,4), aus Mosbach (Kat. 10092; cf. ibid. ijio), aus Mttini (Kat. 10091; cf. ibid. 1537, g, 98). Ein aus Nied stammendes Exemplar befindet sich auch im Mannheimer Museum; cf. Baumann 1. 1. No. 125.

Mit unserem Nieder Fragment identisch sind folgende Stempel : ^ Rückingen, (Fig. 144'')' 3 Exemplare. Suchier 1885, S. 16, 38. 9B Saalburg, nach Abklatsch, v. C. u. J. LXXVI, 27. Doch ist die Legende nicht ganz richtig wiedergegeben, indem das mit dem M ligierte P übersehen und der letzte zweifelhafte Buchstabe als N bezeichnet ist.

IM Main^. Keilziegel 041 : 0,28 : 0,092—0,055 m ; cf. Becker Kat. 304, 1:4. Bei Brambach fehlt er; denn 1577, g, 98 ist der oben beschriebene andere Typus; auch heisst es ausdröcklich : »in museo Wisbadensi«.

« Arnsburg, Im Darmstädter Museum, 1843 gefunden. Bram- bach 1422, a, 7 giebt den Stempel nach eigener Vergleichung i. g. richtig wieder, besonders auch in der Schreibung E für F bei Fron- tinus. Doch bezeichnet er den letzten Buchstaben auch als N und übersieht die Ligatur des R mit P.

sss Obaflorstadt, nahe dem Mithräum. Darmstädter Museum D I A 92. cf. Westd. Korrbl. VII, 1888, No. 48, S. 71.

Im Bonner Museum befindet sich ein wahrscheinlich durch Dorow donhin gebrachtes Exemplar aus Nied (»Nidda in Nassau«), welches nach Hettner, Kät. S. 61, No. 55, 7 den Namen SEMP RON und die Bezeichnung der Legion in der Form LEG XXII PPF zeigt. Wäre das letztere nicht der Fall, so würde ich annehmen, dass bei unserem Typus das F vor RON übersehen wäre, welches auf manchen Exemplaren kaum zu sehen ist. In der mitgeteilten Form stimmt der Bonner Stempel mit keinem der oben angeführten genau überein. Zweifelhaft ist die Identität des Stempels von Bingen, Brambach 873, b, 2, wenn ihn Brambach auch S. 380 als 1377, g, 98« bezeichnet.

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j) KEG XXIIPRP^ (Fif». 145'" '^). M DEV ATf^

I Falzziegelstöck, gefunden bei D (Fig. 145 ).

Saalbur<: (Fig. 145^). v. C. u. J. LXXVI, 25. Der don ^ hafte vorletzte Buchstabe der unteren Zeile ist nach meiner gleichung des Abklatsches mit dem unsrigen wohl zweifellej T, dessen oberer Querstrich ebenso wie bei dem F schräg gt und nach links verkürzt ist. Der ihm entsprechende untere < strich dürfte nur eine ungehörige Verbreiterung des Venikalstrichf Das Saalburgexemplar ergänzt das unsrige nach rechts und zeig Schwalbenschwanz, der auf dem letzteren undeutlich ausgepräji deutlich.

6) lEGXXIIPRPF (Fig. 146). MI..VATVSF

5 ZiegelstQcke von gelblichem, mit zahlreichen weissen Q kdrnem vermischtem Thon. Dieselben haben die Oberfläche rauh und den Stempel undeutlich gemacht, der bei dem ein: ganz erhaltenen Exemplar auch noch durch bogenförmige Eindi entstellt ist. Fundort D.

Der Name scheint derselbe wie bei No. 5 zu sein. (M. Dr mit Weglassung des nomen gentilicium ?)

mt IVtesbadm» Wiesbadener Museum 1021 1, ohne nähere An des Fundortes. Platte 0,04 dick. Auch dort sind nur die bei un* Exemplaren deutlich erkennbaren Teile erhalten. Das Material mit dem unsrigen überein. cf. Brambach 1537, f, 28 und 6e I. N. 1878, S. 547 (97).

7) LEGXXnPRPF (Fig. 147«).

DIDIVSFE

3 Falzziegelstücke, gefunden bei B.

In Heddernheim fanden sich im Winter 1891/92 bei den grabungen auf dem Friedhofe mehrere Strichziegelstücke, die Imitation unseres Stempels in roherer Form und mit flüchtiger geschnittenen Buchstaben zeigten (Fig. 147''}. Denselben Typus ich im Wiesbadener Museum (Kat. 10038) als von HoUerharn s* mend. Er dürfte identisch sein mit dem bei Brambach 1537 f und Becker, I, N. 1878, S. 547 (8) verzeichneten Stempel des W

vf w ^ n 1 1 r LEG XX II Fl

iVuisciinis. Wenn derselbe uurt m der iorm DI DIN

erscheint, so zeigt schon die Zahl der Buchstaben, dass die zv Zeile verstümmelt ist. I:s erklärt sich dies aus der nachlässigen I und Anordnung der Buchstaben, von welchen S fast nur als 1<

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30?

gebogener Strich erscheint. Den Namen DIDIVS glaubte auch Fuchs II, 123 auf einem luifeisenförmigen Main/er Stempel (zwischen der Albanschanze und der Kapelle gefunden) in den verstümmelten letzten Buchstaben zuerkennen, die er las: »piae hdelis centuriae (?) DIDü«. Doch man vergleiche oben zu b, 28.

8) LHGXXII F P F (Hg. 148'). I\L- PK IM VSF

2 Falzziegelstücke, gefunden bei D. Auf dem einen ist der Stempel ganz, aber sehr undeutlich, auf dem anderen nur das rechte Ende, aber deutlich erhalten. Auch im Mannheimer Museum ist ein gut aasgeprägtes Exemplar unseres Stempels »aus Niddas; cf. Bau- mann, S. 124. Die Platte ist auch dadurch bemerkenswert, dass derselbe Stempel dreimal auf derselben abgedrückt ist. K. Christ (B. J. XLIX, S. 112) führt einen Stempel der 22. Legion aus »Nidda bei Frankfurt" als »im Mannheimer Altertumsvcrein befindlich« an, worauf in einer Reihe LEG XXP P IVL PRIMVS F- stehe. Baumann kennt ihn nicht. Es dijrfte wohl ein Irrtum Christs vor- liegen. Wo sich das von Christ a. a. O. S. 112, 7 angeführte

doch lässt der Zusammenhang auf Schlossau, mindestens auf die Odenwaldlinie schliessen. Die Identität mit unserem Stempel dürfte mit Sicherheit anzunehmen sein, wenn auch die Ergänzung nicht ganz richtig ist.

= Rückingen, auf einer Platte. Suchier 1885, I, 25.

= Saalhurg. v, C. u. j. LXX\'I, 21, wo das I am Anfange der zweiten Zeile, welches unmittelbar nnt dem \' zusammenhängt, und das kleinere 1- am Ende der zweiten Zeile übersehen sind.

= Mam^ (l^'K- ^4^'")- 3 Hypokaustplatten 0,21 lang und breit, 0,055 dick; eine trägt denselben Stempel zweimal, cf. Brambach '377' K> 93 ~95'> angenommenen Diflerenzen der Interpunktion beruhen nur auf mangelhaftem Abdruck des Stempels. Dasselbe gilt gegenüber Becker, Kat. 304, 116— 118. Das 1" hinter dem Kamen, welches ebenso wie das der ersten Zeile kleiner und sehr undeutlich ist, haben beide übersehen, obgleich es gerade auf dem einen der beiden vollständigen Mainzer Stempel deutlicher ist als auf irgend einem anderen ausser dem Rückinger l-\emplare. Auch P. Fuchs hat es auf einem II, Taf. XI, XXXV abgebildeten und p. 122 beschriebenen Stempel nicht, wie er auch in der ersten Zeile I statt l* schrieb, cf. Brambach 1377, 92. (Die dazu gehörige Anmerkung ist durch

Fragment

LEG- XXII (p. p.f.) IVLPRI(mus)

gefunden hat, ist nicht angegeben ;

r

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einen Druckfehler ab 90 bezeichnet; das Gm aus Fuchs zeigt, sie sich auf 92 bezieht.) Trotz aller Differenzen ist die Identitä sämtlichen genannten Stempel nach den von mir vorgenomm Messungen und Vergleichangen zweifellos. Dasselbe gilt von folgenden Exemplaren.

» Wnshaden. Wiesbadener Museum ohne nähere Angabt Fundortes. 5 Hypokaustplatten o»2i l. u. br., Kat. 1006 1 und i( cf. N. A. XXI, Taf. III, n. (Das F der zweiten Zeile fehlt).

K Marier^äs. Wiesbadener Museum. 4 Hypokaustplatten 0 u. br., Kat. 10246, 10247, 10249 (^^^ Stempel zweimal quer einander), 10250 (fragmentarisch), i grössere Platte 0,27 lang breit (wohl aus demselben Hypokaustum wie die anderen als Zwis< läge zwischen dem Fussboden und dem eigentlichen Pfeilerc Kat. 10209; cf. Brambach 1545, 8. Die Stempel finden sich bei B< und Klein, L N. nicht ; sie sind also wohl nach Abfassung der S< ins Museum gekommen.

s Heddernheim, cf. Brambach 1491, c, ti; Frankfuner A VI, 17, 3. Becker hat hier das F der zweiten Zeile richtig erki auch der Punkt nach S scheint nach einem Mainzer Exemplare rii zu sein.

XXII P P F

«s Bierstadt (?). Becker, I. N. 1878, S. 545: rimv^

wohl ein Stück desselben Stempels. Ich habe das Exempbi VViesb:id. Musciini, wo es nach B. sich befinden soll, nicht gelun cf. Brambach 1509, 4. (im Register S. 380 fehlt diese Nummci

« Worms (Fig. 148''). 2 Platten 042 1. u. br. mul i Ii kaustplatte 0,21 i. Q. Im Paulusmuseum. cf, Weckerling II, S 6, 8 und 9 (auch 7?). Das F n.icli dem Kamen ist hier üt erkannt; die Verschiedenheit der Interpunktion zwischen 6 u (bei letzterem fehlt der Punkt nach G und L) ist irrelevant (s. ol Der Grössenunterschied CioV« m und ro cm Länge) /.wisch« und 8 erklärt sich durch schrägen Hindruck des Stempels (\ noch deutUch am Abklatsch zu erkennen ist. In der allgenie Bemerkung zu dem Stempel (S. 90), wo W. die ihm bekan Fundorte desselben angiebt, nennt er auch Birstein. Das beruhi \'cr\vechselun£; mit dem früheren Aufbewahrungsorte eines Rücki Stempels (jetzt im Hanauer Museum). Ob W. mit Recht einen 1 Schannat Hist. ep, Woim. im ersten Teil des Katalogs als Lci;i baustein bezeichneten '^Denkstein« jetzt mit Rücksicht auf die neu Ziegelfunde bezweifelt und annimmt, dass es »jedenfalls auch solcher waro (S. 89), lässt sich, da der früher im Biscliofshol

i

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-

»Bruchstück« cini;cmauerte »Denkstein« nicht mehr exisdcrt, nicht mit Sicherheit entscheiden. Brambach bemerkt, wohl nls Konjektur:

I FC' XX PP*

»in latercuto«. Die Legende lautet bei ihm ivL pj^l^VlVS ' ^* WeckerliDK- I P' ' ^^(^OP P

= Marköbel. I ra^nuiu eines D.ichziegels mir den Biichst.ibcn .'IVSF und unbedeutenden Resten der oberen /eile, i;elnnuen an dci poria principalis sinistr.i des Kastells bei deren Auldeckung im September 1892 durch den Streckenkoniniissar der Reichs- Limes- Kommission. Das winzige i-undstück ist von liervorKiiiender He- deutuui^. Denn wie bereits bei der ersten Adllinduni; des K.istells iliiicJ den Hanauer Geschichtsverein der Mangel an gestempehen Zieuel tLii';Lii .iiiHiol (cl. Wolff-Daliui, Der romische CJren/.wall bei li.iiKU,, S. und hu^hter 1885, S. 17), st: iind auch in diesem fahre neben zahllosen ungestempelten Ziegeln ur,J Backsteinen nur zwei gestempelte Fragmeuic L;etunden, die beide, wie das einzige Fundstück vom JaluA. 1884, der 22. Legion an^Liioren. Alle diese l:\emplare stimmen in) Material nnt den Nieder Ziegeln überein und unter- scl .iden sich aul ccu ersten Blick von der Mehrzahl der oflenbar an Ort und Stelle hergestellten übrigen Markobeler Steine, welche ui>ei li.ui^Jt durch ihre intensiv rote l';irbung eine besondere Stellung unter dem gleicharngeii Material einnehiucn. Was die 'i"\ pcn betriH't, so stehen die beiden anderen bragniente den oben angeluluten Stempeln 1 ig. 94 nnd 118 sehr nahe.

Über den Stempel IV L IM<iM VS I", tlen auj hautigsten vor- kommenden \on allen Namenstempeln, existiert bereits eine ganze Liiter.uur, aus der ich nur diejenigen Werke und Steilen angeluhrt habe, die lür meinen Zweck, Nachweis der Identität oder \'er- schiedcnheit der Matrize, von Wert suiu. Bei den vielen klcuien Diskrepanzen der uberlieterten lorm war es mir \c)n besonderem Werte, dass ich durch Vcrglcichung der (^rigiiKilc oder guter Abklatsche mir noch die sichere Uberzeugung der Identität aller scheinbar vet- schiedeiien 1 ormen bilden und in den meisten Fällen die Ursachen jener Abw eichungen nachweisen konnte. Sie liegen in der Beschatlenheii des Materials, nicht in ungenügender Sorgfalt der Herausgeber.

9) LFG XXllPR P F (Fig. 149^" '').

N'LIVSAVGVKF 2 Plattent'ragmenie 0,045 ^^-^'5 dick, das eine orfenbar von der Deckplatte eines Otens, braunrot geglüht, mit Kesten gebramuen .Lehms auf der Rückseite. Fundort D.

20

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io6 ^

» Saatburg (Fig. ^* J* LXXVI, 24.

= Hoßeim. cf. Brambach, 150)» 6 nach Becker, I. N. S. 547 (134) »in museo Wisb.«

« Heddernheim, cf. Brambach 1491, 6, nach Becker,' L K, S. 543 Ci)7) museo Wisb.« Ich fand die beiden Exempli Wiesbadener Museum, das eine (Kat. 10174) auf einer 042 1. 0,05 dicken Platte, das andere (Kat. 10170) auf einer 0,2$ 1. Hypokaustplatte. Dadurch, dass auf den Abklatschen die Si: weggelassen « urde, ist es mir leider nicht mehr möglich, zu welches der beiden Exemplare von Hofheim und welche: Heddernheim stammt. Beide aber sind mit unserem Nieder Si idemisch ; die sciicinharen Abweichunijen, dass nach B. beim heimer Stempel das F nach R, bei dem Heddernheimer nach P sind, wie icli mich durch Vergieichung der Originale überz nur durch die Beschädigung, bzw. mangelhaften Abdruck des Stc veranlasst. Aus Iledderubehn findet sich der Stempel noch t sehr gut ausgeprägt im Frankfurter Museum X, 6358 (Fig. Was den Namen betrifft, so ist wohl eher an Augurinus zu d als an Augur, wie Brambach nach dem Register S. 380 die St 1491, c, 6 u. 14. und ij03, 6 liest. Ein pracfectus C. lulius Aug wird genannt auf einer Steinitischril't aus Neros Zeit, die im 1882 bei den Brückenarbeiten im Rhein bei Mainz gefunden w cf. J. Keller, I. Nachtrag zu Beckers Kat. S. 12, No. 130, b. C Stempel Brambach 149 1, c, 14 von Hcddernheimf auf welclien selbe Legende wie auf dem unsrigen, aber in einer Linie stein Becker, L N. 1878, S. 547 (134) ungenau wiedergegeben ist, ich nicht entscheiden : im Wiesbadener Museum, in dem er sich Beckers Angabe befinden soll, habe ich ihn nicht gesehen.

= Schlossiiu. cf. K. Christ, B. J. XLIX, S. 112.

10) LEG XXIllM^ (Fig. 150). IVLBELLICE

1 1-alzziegelstück, gefunden bei D.

= IVicsbadeu, nach v. Cohausen, N. A. XXI, Tal. III, f. Iiabe den Stempel im Museum nicht gefunden.

Im Wiesbadener Museum behndet sich ein N'oiivaltar (ct. 1 bach 1107), der »in der Main/er 1-estungsnuucr innerlull Walle /.wischen dem \ cuthur und der Citadellc hoch oben t mauert war«. Denselben hat BiBlS TKIBIS QVADKVll (.-) BI-.I.I.IC\ S- V... KA i.l-r.XXTl P F l i^cwLiht. Bei der Selu lle^ Cognomens ist dieser Stein von l e^omieier Bedemung tu Erklärung unseres und anderer Namensteinpel. Darüber unten 1

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107 -

Das G>gnoinen Bellicus erklärt Holder in seinem soeben erschienenen Bach: Altceltischer Sprachschatz, S. 388—390 als celtischer Ab- stammung. Von den von ihm angefuhnen Beispielen sind för unsere Frage von Interesse: C. I. L. VlII, 5790: Julia Q, f. Bellica (Beni Ziad) wegen der Gleichheit des nomen gentilicium mit beiden ange- föhnen Fällen, C L L. VII, 1^3: Deo trivii Bellicus don. aram. (Procolttiae) und p. 315, n. 191: Deae Conventinae Bellicus v. o. !. m. p. (ehester). Die angeführten Töpferstempel kommen nicht in Betracht.

11) LEGXXIIPRPF ? (Fig, 15 1-' *»). IVLII^^F ?

I Ziegelsiück, stark durch Kohle und Asche j;et;irbt, von Herrn Dr. Breetz in Höchst dem I rankl. Museum geschenkt. I:s dürfte mit den Münzen des Herrn Bauunternelmier Kunze zusammen gefunden sein; dann würde seine Bescliatfenheii sich aus dem Zusammen- liegen mit dem Inhah der Brandgraber erklaren (Mg. iJiO-

=B Afa/«^ (Fig. 151^). Platte 0,27 1. u. br., 0,05 dick, Stempel ganz erhalten. Brambach 1377, g, 99 hat die Legende, so gut es durch beschnittene Lettern möglich ist, 'Aiedergegeben. Doch schreibt er auffallender Weise den zweiten Buchstaben I, während hier gerade das E sowohl auf unserem als auf dem Mainzer Lxem- plare ganz deutlich zu erkennen ist. In den letzten Zeichen der ersten Reihe erkenne ich vollkommen sicher das übliche PRPF, wenn auch diese wie alle Buchstaben missgestaltet sind und deutlich erkennen lassen, dass sie von ungeübter Hand in Holz eingekerbt sind, wobei jede Abweichung von der geraden Linie möglichst vermieden wurde. Für die zweite Zeile vermutet Brambach sicherlich mit Unrecht den Namen IVL priMus. Becker (Kat. 304, 34) erkannte, dass in der Mitte des Namens eine Ligatur von zwei M vorliegt, der Art, dass nur 6 Striche (statt 8) zu einem Zeichen vereinigt sind ; das Lnde des Namens festzustellen, darauf verzichtet er. Wiederholte \'er- gleichungen machen es mir zweifellos, dass die letzten Buchstaben (unf.) bedeuten und dass der Stempel zu lesen ist: IVL(ius) JM MVN(is) F(ecit). Die Namenverbindung Julius Immanis scheint auch in der Inschrift bei Brambach 665 zu stecken.

12) LEG XXU P P F (Fig. isa" «»). C- V- V F

I FalzziegelstQck von gelblichem, wenig mit Sand vermischtem Thon, von dem Gymnasiasten StifTt aus Höchst mir für das Museum überlassen. Fundort nach Angabe des Gebers bei D (Fig. 152').

I kleines Ziegelscück, auf welchem nur die bei dem ers fehlenden Teile der ersten Zeile erhalten sind. Nach der C und Form der Zeichen, sowie nach der Beschaffenheit des Mat dürfte es demselben Stempel angehören. Fundort bei D.

= Schhssau, im Mannheimer Museum (Fig. 152**); cf. mann 115. Nach meiner Vergleichung des guten Abklatsches is von Baumann als zweifelhaft bezeichnete Vertikalstrich nach zweiten V nur ein dreieckiges Interpunktionszeichen, so das« Namen C V V' lautet mit folgendem F(ccii). K. Christ hat { XLIXjS, Iii) frühere irrige Krklarungcn z.T. selbst zurückgcnom Bin C. V'ibulius \' aleniinus miles leg. XXU wird auf einem Grat aus Mainz im Mainzer Museum genannt; cf. Becker« Kat. 192.

13) (C?)AriTFORTF (Fig. I53*»-''). kEGXXPR

I Backsteinbrocken (Fig. 153O1 gefunden vor Beginn der grabungen in der Nähe des alten Niddabettes bei emer ßegeliunt Feldes durch Gymnasiallehrer Blfimlein und den Verfasser.

=»= Heddernheim (Fig. 1^3^)- Backsteinstück ganz gleichci im Frankfurter Museum X, 6355. Geschenk des Herrn Sanitäi Lötz, angeblich aus Heddernheim. Der Namen (C ?) Avitius !• scheint zweifellos. Ober das nomen gentilicium Avitius (rön: nicht celtisch) handelt Holder, Altceltischer Sprachschatz, S. s i j

14) LEG X.XIIP P F (Fig. 154'"-^).

I. c:a si-vf

I XiLi^clstiick o,H.| dick, .i;clb, gut gebrannt, mit geringem Zusätze. 1 uikIoii 1) (l ii^. i)4')-

=: Sihloiidu. »»Ziegel« im Manalicimcr iMuseuni (Fig. i cl. Bauniann iiiS; cf. Christ, B, J. XLIX, S. iio, 3. Die Den L(uciiis) Cae(ciliiis) Sev(erus) f(ecit) ist nur eine von vielen r liehen. Denn uas ßauinann für den Querstrich hinter CA hielt nur ein Interpunktionszeichen, wie auch K. Christ (B. J. .\ S. 110, 4) erkannte; Brauibacii 6i»S \\ 'u\\ ein Caldius Severus gen. Doch kdimen gerade bei diesem Stempel alle Cuate nur e.\er likaionschen Wert haben.

IS) . . G XX II HUF (Fig.

\' M>

I Backstein brocken 0,044 ^^^^> M^^li^rot, gut gebrannt, ( Quarz, weni«^ Sand.

^ Av/Zf /z/'f //// , aber nicht identiscli. M.Mi'i'iciincr Mus (Fig. 1)5'). cf. iiaumann 116; Christi. LS. 216. Die Ähnlichkeit hc

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hcsoiKicis darin, dass beide Slcnipcl Scli\valbtuscli\van/c liaben, durch welche der die beiden Zeilen tieniiende Querstrich hindurchgeht. Bs wäre also wohl denkbar, dass wir, wie bei No. 7, zwei Man izen desselben Zieglers anzunehmen hätten, dessen Namen nach Baumann I. c. S. 109, ]]6 Caecilius Sccundus wenigstens gewesen sein könnte. Da nun anderseits der Stempel Baumann 116 mit unserem oben bebchricbcnen N'ü. 2 dasselbe Ornament am Rande der hangseiten (recluei:ki;^e Anszahnuni^cn) Inn, so ist die Identität des Namens aller 3 Stempel ziemlicii wahrscheinlich.

16) LEGXXIIPPF (Fig, i56-">). FELCAMVL

I Ziegelstückcben, gelblich, gut gebrannt, feiner Glimnierscliicfcr dem Thon heigemischt. Fundort D (Fig. 156').

«s Saalhurg (1-ig. 156''). v. C 11. J. LXXVI, 19; cf. Becker N. A. XIII, 234. Dass anf den von B. angenommenen }»Punkt zwischen CA und MVL nicht zuviel Gewicht zu legen ist«, darf man zugeben, aber nicht, »weil solche Punkte auf Inschriften öfter nicht blos, wie hier, die Silben, sondern selbst bisweilen die einzelnen Buchstaben trennen«, sondern weil der scheinbare Punkt nach den uns vor- liegenden Abklatschen Oberhaupt nicht zur Inschrift gehön, sondern iu der Beschaffenheit des Ziegelmaterials seinen Grund hat.

= Wifsbaäm. Wiesb. Museum 10245 ohne nähere Angabe des Fundones. Platte 0,28 i. Q., op4 dick. Der erste Teil des Namens bedeutet jedenfalls Helvius, der zweite ist zweifelhaft, Beckers Deutung (K. A. XIII, 255) Camulus wahrscheinlich.

17) LE (Fig. 157 ).

VE

I Ziegelstück, dunkelgrau versinteri, Brucli gelb, gut gcbianni, Thon wenig mit Sand vermischt. Der in dem Museum zu Wiesbaden befindliche Stempel (Hg. i)-;*^) VERA CAPIT = Veranius (?) Capito ist nicht identisch, cf. Brambach 1491, c, 5 (auü Heddernheim) und 1537, f, 9 (niis Wiesbaden?).

18) lEGXXiipr.p.f? (Fig. 158).

I Platte, noch 0,33 lang und 0,22 breit, gefunden bei D.

Die zweite Zeile enthält nach der Zahl der in ihren Resten erkennbaren und der unter den abgebrochenen Teilen der oberen Zeile zu ergänzenden Buchstaben wohl einen Namen, nicht die Buchsuben PRPF.

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L L XXII MAK^ PR P AER

F F

I Phuicnbiück, gut uebriniu, gelb, 0,05 dick, ^cUmden i (Fii;. 159')- D'^' l orm Jcs Stempels wäre nus dem kleinen IVag welches d.i/u so unglücklich .il\L;cbrochen war, dass man das ^ . liegende T lui einen Teil des syinnuirischen Strichornaments 1 mussic, nicht zu erkennen gewesen, wenn wir nicht im I cbruar iJ dem aut dem l-riedhule zu Heddernheim aufgedeckten Hypokai den 1,'anzen Stempe! (1-ig. i)9'0 gefunden und dadurch zugleit. Möglichkeit gewonnen hatten, die Identität unseres Fragment mehreren anderen, i. T. falsch publizierten, vun audcrcn ' nachzuweisen.

= Hi'ddci nl-i-nn ('-ig. 159' ). S. oben. Pkute 0,^6 1. u

0. 045 dick, unterste L.ige eines H\ pok.uistpfeilers, und zwei £ stücke einer gleichen Pl.itte niit der reclit.n ues Sler Im Museum zu Wiesbaden fand ich /wci 1 i.i^niente des Stei eins, Kat. 10215, ^^^^^ einem u,üj m dicken l'laLtenstücke \ongl( Beschatlcnheit svie die unsrigen, em anderes, Kat, 10214, aut < dünneren Ziegelstück, die beide als aus llcddernhe'un stani bezeichnet sind. Da bei dem einen 1S60 als Jahr der Erwet angegeben ist, so erklärt es sich, dass die Stücke bei Becker-

1. N. noch nicht vorkommen. Auch bei Brambach finde: sieb nicht.

B Friedberg. Mehrere Fragmente des Stempels im Schutt Bau des Wasserturms von G. Diedcnbach und Rektor Schaefer gefunden. DicflTenbach, Handkat. V, 93 stellt aus ihnen die Lcj

leg.XXIIPRPF ,v M . u i

zusammen: j^^^j^^j^p ' iuentitdt ist nach den sorg

hergestellten Pausen KweifeUos,

= Wi«/fö</*v/, gefunden »auf Engelhardts Acker«, cf. Brau '$37> 'i 29 (nach Per. Blätter 1860, 15, p. 365 und Steiner 3708 dem Zusatz »in mus. per. (iii)«. I hat.sächlich ist der Stempel mehr dort vorhanden. Brambachs Gewährsmänner übersähet liegende T und lasen in der offenbar z. T. zerstönen dritten des Namens nur die Vertikalstrichc 1 1. Brambach selbst aber f im Register S. 380 im Widerspruch zu seinem eigenen Texte 5

nur M A R an ; ci. Becker u. Klein 1. N. S. 562, No. 97, wo

angeführt ist mit dem Zusatz, dass es vermutlich der Töplcn

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MsirtiaHs sei (?), »quimi 1. I casii potius incis.i esse videatur« (?), An derselben Stelle p. 541, n. 78 findet sich »P XX GIVI AKl vel GMARI rep. 1732 Aq. M.ut«. cf. Brambach 1537, f, 5 und Anm. S. 286, der den Stempel nach » Schwcnck p. in« (Schenck ?) LEGXXHP

XX G M aIu ß''*'**^**^^ ^^^^ ^hn übrigens im Register

fälschlich unter I 557' ^5 (statt 5) an. Bei der offenbar unsicheren ÜberHeferung der l'oi iu Ia<;e es nahe, an Identität mit unserem Nieder und Heddcrnliciincr Txpus zu denken. Umso erJrculichcr wnr es mir, einem .illcrdm^s ebenfalls fra«;nientarisch erhaltenen Sicaijicl aus Oberßorstadt (Dachziegel) im Darmstädter Museum (I A 129) zu

I* G XX II

be^^e^nen, der deutlich die Legende zeigt. Der weit

G M A ^ 1

nach hnks überragende Horizontalstrich des K, eine Ligatur mit T, hat offenbar die verkehrte Ligatur Ä veranlasst. Vor G scheint noch ein C sichtbar, welches zu dem zweifellos verderbten XX W'ran- Inssung gegeben hat. l eider sind Anfang und Ende abgebrochen» so dass es zweifelhaft ist, öb wir auch in diesem Namen das nomen gcntilicium Martins zu erkennen haben, oder ob dieses in dem G mit dreieckigem Interpunktionszeichen? steckt und der Name zu deuten ist: C'G" Martinus. Hannneran, Wcstd. Ki)rrbl. V, 159, S. 21 }, scheint denselben Stempel gesehen zu haben, da er ihn als idemisch mit dem von Klein, K. A. VI, i, S. 48 verzeichneten . . . XGNIARI bezeichnet und auf v. Cohausen,. N. A. XV, S. 115: AVGNIARI (?) iiinwcist. Der Namen unseres Nieder Stempels lautet zweifellos L. Martins Ater. Afer als (^ognomeji hndet sich nach Kellers Ergänzung auch auf einem Grabstein von Mainz, cf. L Nachtrag S. 14, no. 140, a.

20) LEGXXlIPPF (Fig. 160).

t€LVIVSM®TANVS(I ?)

Der Stempel befindet sich im Bonner Musciim, wo ihn als »in WJdiiii in Nassau gefunden« Br.nnbachs C>c\v.ilHj>niaiuier (Lersch, Ccniralmuseum rlieinisclier Inschrittcn II, 64 ; Klein, X, A. \'I, 47, 26; Steiner. C. I. R. Rh. 662) .luliuhrtcn. lir.unb.Kli ( i ^oi, > Anni.) konnte ihn doti nicht linden («in incli^csi.i I.ucruui Lur.igiuf nun inveni"). Hr giebt den Namen in der lorni lULVIVS MOIANS. Hetmer fand ihn und führt ihn im Kat.ilog 155, 5 in der lutui i i 1:I.\I\^S MOTANS an, mit dem Zusatz: »Motans wolil gleich Mont.uuis«. Da wir nun im l ebruir 1892 in dem aut dem lleddern- hciiijcr i riedliüie aulgedeckten Hypokausium die Pfeilerplaiien mit

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ihm gestempelt fanden, erhielt er für unsere Frage besonderen ^ Durch die Güte der Herren Prof. Heitner und Geh. Rat Bücheler icli in den Besitz guter Abklatsche des Bonner Stempels, welch Annahme vollkommener Übereinstimmung mit dem unsrigenbestaii Ich halte inzwischen auf gut ausgeprägten Exemplaren der letz im Ü ein kleines N gefunden. Da ferner über dem angeblichen erhöhten Rande sicli der Querstrich als leichte Verbreiterung selben erkennen liess und X mit V' offenbar liniert ist, so Hettners Konjektur, ohne dass irgend welche lu^änzung nötig i bestätigt. Rechts scheint, dicht an den Rand gedrückt, noch t beabsichtigt zu sein. Ich muss hier bemerken, dass ich meine deckungen später im Katalog des Wiesbadener Museums (ic schon von einem anderen (Rossel?) ebenfalls gemacht fand.

= Heddernheim. Frankfurter Museum. 12 Hypokaustpl. (Fig. 160) 0,21:0,21:0,038; neu (noch nicht katalogisiert).

B Wiesbaden. Wiesb. Museum Kat. 10022 (Rhetnstrasse t! Hypokaustplattcn, nach Grösse und Material ^ den Heddenihe Exemplaren. '

K Marienfeh. Wiesbadener Museum. 7 Hypokaustplatteo, « falls &sa den obigen; nur dass die Länge und Breite zwischen und 0,22 m variiert. Kat. 10041, 10095, 10356, 10260, 10275, 10259. Brambach 1545, 9 liest hier MOIANSF und fügt in Anmerkung hinzu »sexies« Q). cf. I. N. 1878, S. 545: »lege Mol neve Moiaus, Molans, Mojanus«. Becker weist N. A. XIII, 235 auf Molianus bei Brambach 1030 hin.

* Die Wichtigkeit der Xaaicii^tenipcl tur die uns liauptsaef beschäftigenden I ragen veranlasst mieh, den für Nied na*:! wiescnen 'i'\pen noeli einige andere hinzu/ulngeii, die teils uns ni Heddernheim zuerst gefunden, leib von mir durch Vergleich der in den verschiedenen Sammlungen vorhandenen lixemplare \ ständiger oder richtiger festgestellt worden sind, als sie sich Brambach verzeichnet linden.

In dem Hvpokaustum aiii dem I riedhot /u I Icädniil'eim wi^c ausser den oben genannten im hebruar 1892 folgende Stempel gefutu

21) LEGXXII PR P F CAL- STRABO

In reich ornamentierter Hinfassung mit rechteckiger Aus/.ahin am Rande, wie No. 6, und kleinen Schwalbenschwänzen vor und n jeder der beiden Zeilen (innerhalb der Umrahmung).

\

I

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2 Uypokaustplatcen aus dem Sockel der Pfeiler (Mittelplatten) 0,28—0,29 1* u* t>r'> 0,04 dick.

3 Bruchstücke solcher Platten mit fragmentiertem Stempel, z. T. in der Seitenmauer des Hypokaustums vermauert.

I Fragment mit gut erhaltenem Stempel im Frankfurter Museum X, 2499.

I kleines Bruchstück, vor Jahren von Prof. Riese auf dem Heddemheimer Felde gefunden, in dessen Besitz.

K ff^ieshadcH (Spchmühle). Dachziegel im Wiesbadener Museum 10071. cf. Brambach 1537, l, 13 und 26 nach Becker, I. N. 1878, S. 543 (104) u. 1878, S. 546 (10). Becker schreibt CArSTRA(BO) und fügt S. 543 hinzu: i. e. Giius Strabo? Nach ihm schreibt auch Brambach überall CAI. Nach meiner Vergleichung ist aber der Wiesbadener Stempel (ich find nur einen) dem Heddemheimer voll- kommen gleich und L statt I zweifellos.

= Marieujt'ls, auf einem Ziegel im W iesbadener Museum hk>;^; cf. Brambach 1545, 11 nach I. N. 1878, S. 546 (99), vgl. oben.

= Ho/lM'itii, aul einem Dachziegel im Wiesbadener Museum iüi i.S; ct. I. N. 1S78, 546 (39). Von Brambach 1503 und im Kegi!>icr übersehen.

= Oberfloi Stadt . Üachziegelstück. Vom Stempel ist erhalten CAL nebst Resten des S und T und ein Teil des Randes. Die Identität ist zweifellos. Die Einreihung unter die Kobortenstcmpel 1 B 44 dürfte demnach zu korrigieren sein Hammeran, Westd. Korrbl. V, 159 S. 214 sah utfenbar dasselbe Fragment bei Koflcr und bezog es richtig auf den »aus Wiesbaden, Marienfels, Hofheini, Hoddernheini bekannten CAI 'STRABO«. Wenn er sagt: »wenig- stens sind die 3 ersten Buchstaben erkennbar erhalten«, so ist dies bezüglich des I nach unserer obigen Bemerkung zu korrigieren.

Zur Erklärung des Namens vgl. man die verlorene Steininschrift

LEG'XXIIPR-PI-

(»titulus lapideus«) aus Mainz bei Brambach 1062 ^^j^'. STRABO *

zu der P. Puchs, I, 163, 40 vor C das Centurionenzeichen ergänzt, Vk'ie es sich auf zahlreichen Legionsbausteinen (ein solcher ist nach der Abbildung bei i-'uchs Tab. XX'III, No. XXXX [nach Huttich| der Stein) in Mainz vor dem Namen änUet. Lehne schreibt GAL. Auch bei unserem Zicgelstempel konnte man zweifelhaft sein, ob C oder G zu schreiben sei, da das G auch in LEG, wie oft auf Stempeln, von C kaum zu unterscheiden ist. Der Name könnte lauten: Calpumius, aber auch Calvius oder Calvisius etc. Strabo.

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22) leg XXIIP P-F VALPKISCI

Oblong mit abgerundeten Schwalbenschwänzen = Xc Fig. 147''. Nachlässig geschnitten mit ungleich grossen BucliMJ Das I am Hnde der zweiten Zeile soll jedenfalls F bedeuten.

Dach/iegelstück, im Hypokaustum vermauert.

Im Wiesbadener Museum 13294 befindet sich ein 1883 d Schenkung in die Sammlung gekommener Dachziegel mit demse Stempel, gleichfalls aus Heddernheim. Der Stempel war bisher bekannt.

2$) LEG XXII PPf BRl GICKSE

Oblong mit halbkreisförmigen Ohren (statt der Schwal schwänze ^ No. 2). Der letzte Buchstabe der zweiten Zeile ist sicher. Am wahrscheinlichsten ist er die Hälfte eines zweiten M dass dieselbe Ligatur vorläge, die ich bei No. 11 annahm.

Dachziegelstück, im Hypokaustum vermauert.

SS Wiesbaden. Wiesbadener Museum. Brambach 1537, f

(nach 1. N. 1Ü78, S. 347) liest ^BRI^l C ' * * * ^

Buchstabe der zweiten Zeile ist zweifelhaft. Der Zusatz B.'s in Anmerkung S. 286 : »talis, sed II omissts, dtcitur Bonnae esse in 1 reg.« Lersch C. IL 5 findet keine Bestätigung in Hettners Kat No. i$5, S. 60 u. 61. Dorow, Opferstätte II, p. 5 u. Taf. XI, Fi hat denselben Stempel. Der Stempel ist auffallend, weil abweic! von der sonst bei Zicgelstcmpeln geltenden Regel nur ein und 3 ein nidurömischer Name angeführt ist. Dies, sowie das M, innert an Töpferstempel, cf. Froehner 445 BRIC . . . . (Augu Raur. rep.).

24) SENTl SÄBEL LEG XXII PR PF Oblong, an den Rändern mit schrägen Strichen als Ornant H) pokaustplattc 0,28 1. u. br., 0,04 dick.

Wiesbaden. Plattensiiick 0,05 dick, im Wiesbad. Mus. IUI 1867 am Schützenhof gefunden, i anderes, aus 2 Fragmci zusammengesetztes Plattenstück, 0,04 dick (14249) in der Hei« mauer vermauert gefunden, cf, Westd. Zeiischr. X, IV, 1891, Nc S. 393, wo der Namen Sentius Sabellus erklärt wird mit dem satz: » Ziegelmacher tt (v. Cohauscn), und Nass. Ann. XX^ 1891, S. 150.

1

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» Main:(, nach Abklatsch ; cf. Becker Kat. 304, 87. Der Stempel kommt bei Brambach nicht vor.

aj) LEG-XXUP P F C* DO SEl€X F ObIun>; mit ausgezackten Schwalbenschwänzen, ähnlich No. 14,

Fig. 154.

2 ZiegeUtQcke, vom Dach des Hypokaustgebäudes?

Der Stempel ist bisher noch nicht gefunden worden. AU nomen gentiticium von Centurionen findet sich im Rheinland Donnius (cf. Bram- bach 651) mid Domitius (cf. Brambach add. 2028 und Hetiner, Westd. Zeiischr. II, IV, 427), das letztere bei Soldaten der 22. Legion in Afrika C. L L. VIII, 9655 u. 9656. Das seltene cugnomen Senex fand ich auf einer Grabinschrift im C. J. L. VIII, 6750 und unsicher beglaubigt bei Brambach add. 2055.

Im Miiiinhfinii'r Museum bclinden sich .iu:>ser den oben als mit Xicdcr Stempeln idciuiscii bczw. ihnen ähnlich bezeichneten Typen nocii lolgcnJc :

26) LHGXXIIPPF VALPR1M(VS)P

Oblong, ;in den Randern rechteckig .uisgc/. ihnt, wie No. 6 u. 21.

Aus Ncuenham. cl. Baumann 121. Fr schreibt den Namen I.VAI. PRIMV . . Das L halte ich für einen Feil des linken Kand- üiiiaiiicuts; dagegen erkcime ich nach M noch Teile des 1 ; der Zwischenraum zwischen ilnicn und M beweist, dasb der Name aus- gesehrieben war. cf. Christ Verhandl. d. Philologenvers 1865, S. 216. Der Name wird von Brambach add. 1708 S. ^80 als val. prinius angeführt. Fs ist das Neuenheimei l'xcniplar j^cmeini, das einzige, wie es sclicim, welches bis jetzt bekannt geworden ist.

27) LFGXXil p.p.f. . IVLFE F

Oblong, oben und unten schräge Striche als Ornament, rechts und links breite, aber undeutliche Ornamente; zwischen beiden Zeilen, nicht parallel den I angseiten, sondern sehrai; von links oben nach rechts unten, zwei Parallellinicn mit schrägen Strichen im Zwischen* räum zwischen ihnen.

Aus Schlossau. cf. Bauiiiann iiy u. K. Christ, IV J. XFIX, S. üi. Die Frgän/.ung Julius helix dürfte kaum zweifelliaft sein. Der Stempel war Branibaeli noch nicht bekannt ; dagegen Habel nach einem in G. Dieticnbachs Handkaialog V, bei S. 11 eingehefteten \ crzeichnisse.

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28) LliGXXliP 1> 1- IVLSATVRMs'SF

Oblong, klein, ohne Ornamente.

Aus Sihlos.uiH; cf. Naumann 119. Die Erklärung des N.n'ic als lulius Saturninu?^ ist zweifellos richtig, die IJcntitit nm de von Rcckcr K:u. 304, 123 mitgeteilten Stempel aber niclu w.ii scheinlicli, wenn auch die dort vorhandenen Buchstabenenreste gleic falls den Namen Saturninus enthalten dürften. Brambach kann weder den einen noch den anderen.

Ausserdem wurden in unserem Gebiete noch folgende Typ* {■efundeo :

29) LEGXXUPPF LCOPECFE

Oblong mit bogenförmigen Ohren» ähnlich No. 2, (Fig. 1 42) ui No. 23. Zwischen beiden Zeilen eine Reihe rautenförmiger Erhö ungen als Trennungsstrich.

Auf einem Ziegel in Friedberg gefunden, gezeichnet von < Dietfenbach im Handkatalog V, S. It.

= IVieshadm. Wiesb. Museum ohne Angabe des Fundortes. < Brambach 1537, f, 23 : {[.^^"p^C'^p!/ Dicticnbaciib Zeichuui

ist ohne Zweifel genauer; demnach sind 3 Namen (etwa L. Cornelii Peculians oder dgl.) anzunehmen.

30) LEGXXIIP-W BRE QVA

Oblong mit halbkreisförmigem Ausschnitt auf beiden Sciti' innerhalb der Umfassungslinie; in dem Halbkreis je ein schrä gestelltes Kreuz. P und F ligiert.

Im Museum zu M//;/^. Hypokaustplatte 0,21 1. u. br., 0,05 liicl

Rückingen? cf. Suchier 1885, S. 14, No. 24. Hin düiiiu

Ziegelstuck, auf dem nur und das linke Ornament sichtbar sini

Iis fand sich unter den alteren Bestanden dci> H.maucr Museums vo: Suchier vermutete, dass es aus dem Römerbad stamme. In spätere handschrililiclKn Ergänzungen zu seiner Arbeit spricht er, da ihn inzwischen der Stempel auch von der Saalburg bekannt gewordti ist, die Vermutung aus, das Stück könne durch Buchenau von de Saalburg mitgebracht sein. Die Provenienz ist demnach unsicher Suchiers Vermutung, in dem BR stecke ein verschriebenes PR, wiri durch den vollständigen Mainzer Stempel widerlegt.

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SB Saalburg. V. C tt. J. LXXVI, 26, In den Seitenornamenten ist das X zu ergänzen.

31) LEG XXII P - PF MNCANÜIF

Oblong ohne Ornamente.

Marienfeh. 6 Hvpokanstplattcn 0,21 i. Q. im Museum zu Wiesbaden 10255. ^^*l<^ll Abklatsch, cf. Bnunbach 1545, 6-

= Mdiiiz^. 1^77, g, 96 u, 97. ct. Brambach nach Klein. Wenn No. 96 MANGANDIF, No. 67 MNXANDIF geschrieben isi, so ist nur die letztere l orni nach einer Vergleichung der Wiesbadener Hxcniplarc i icliiig, demnach auch Brambach 1545, 6 und Kcgisier S. 580 zu korriiiicrcn.

a= Siialbtirg. V. C. u. J. LXXV'I, 25. .^uch hier ist nach dem Abklatsche C deutlich und auf der Abbildung richtig wiedergegeben, cf. Becker N. A. XI II, 235. Ob eine leichte Eriiöhung zwisclien C und A ein inicrpunktionszeiclicn bedeutet und dort also der erste (abgekürzte) Namen endigt, lasst sich nicht mit Bestimmtheit sagen. W ahrscheinlicher ist die 1 rennung MAN(lius.^) CANDI(dns?) F(ecit), Becker K. A, XIII, 235 lässt in der Wiedergabe der Lcgciuie G oder zweifelhaft, liest dann aber den Namen Mangandius unter Hm- v^eisung aut die Mainzer Stempel ; doch steht seine Ani;abe, Jass bei diesen »MA teils getrennt geschrieben, teils in eine Ligatur zusammen- gefasst war«, im Widerspruch vw seiner \'eri)tlemliclning derselben im Kaial. ^o). 119—121, wo nur .lul einem Fxemplar die eisten Buch- staben erhallen und dort wie bei uns ligiert sind. Iis scheint dem- lucl) nur ein einziger Typus vorhanden zu sein.

32) LEG XX FF IVNIFRF

Oblong mir abgerundeten Schwalbensch wän/en, die nach aussen zwei halbkreisförmige Aus;^abuungen und ihnen entsprechende bugen- lörmige Strichornamente zeigen.

lin Wiesbadener Museum kommt der Stempel auf einem Plaiten- fragmeni 10119 aus Ho/heitn (cf. Brambach 1503, b, 3 nach I. N. 1877, wo der Name fälschlich VNFFR lautet) und auf einem Dachziet el- stück 10021 aus Nied WOT. Identisch ist das bei v. C. u. J. LXXVI, 22 abgebildete Fragment mit undeutlicher Legende. Der Name könnte IVNl(us) FR(ontinus) F(ecit) bedeuten. Brambaclis Vermutung: w ^ccun i'cc.^a (S. )8o) ist sicher falsch.

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I

Fügen wir zu diesen Xunimcrn noch die oben unter c, i, i 4, 7, 17, 19 f^elegenilich .ingetührrcn Nnmen bzw. Varianten hii so steigt die Zahl der von mir verglichenen Nanienstempel aus c in Betracht kommenden Gebiete auf 40. Ausserdem durlien n eiiiiiie Tx-pen anzutührcn sein, welche ich weder in den betreffen Sainnilun^en, noch unter den mir zur N'ertii^unii gestellten Abklatscl vollständig wieder autgelundcn habe, die aber doch sicher beglaul sind. Es sind toigende:

41) LEGXXnP P'F IVL GRAT F

»Ziegel« im Mainzer Museum, cl. Bc^r^cr, Kat. 304, l Brambach 1377, g, 91. lu der Habeischen Sammlunu auf Sehl Miltenberg bctindci sich ein Stcnipclfragnieni mit der Lege L E G' X

IVL GR ' ^'^^^ zweifellos mit dem angeführten Main Exemplar ideiltisch.

42) In derselben Sammlung sind auf einer Platte zwei Stcm übereinander angebracht, von welchen der eine L XX II , der and SATURNV (N umgekehrt, rechts abgebrochen) enth.ilt. cf. Beel Kat. 304» 123. Zwar giebt Becker den Stem|>el in dieser For L XX II

ATVRN VS * ^^^^ charakteristischen Merkmale beider Zeil

das Fehlen der Buchstaben HG, die verkehrte lorm des N, macl es mehr als wahrscheinlich, dass Becker eine Platte vorlag, atif beide Stempel so dicht untereinander aniiebracht waren, dass er für einen /Zweizeiligen Namenstempcl hielt und demnach auch nehmen mussie, die erste /eile habe die üblichen Beinamen enthalt die nur nicht deutlich ausgeprägt seien. Der Habeische Steni zeigt, dass das nicht der Fall war. Fr stimmt in der Form 1 Grösse, in dem Fehlen der beiden genannten Buchstaben und 'je» Beinamens (PR'P'F') mit einer Reihe von Mainzer und Milt beri^er l{\emp;aren (wohl alle auch aus Main/) überein, die in je lluisiclu von allen Nieder Stempeln verschieden sind und mir du ihre X'erwandtschaft mit den im Spe\ erer Museum vorhandei Stempein auf Rheinzaberner Provenienz liinzuweisen scheinen.

43) PPFAGRIPF

Neben No. 8 in Bierstadl bei Wiesbaden getunden. ct. H.r-i bach 1509. Nach I. N. 1878 im Museum zu Wiesbaden vorhand Ich habe ihn don nicht «gesehen.

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44) LEG XXU ATTIVLII

Nach Brambach 149 1, c, 2 u. I. N. 1878 in Heddernheim gefunden und im Wiesbadener Museum aufbewahrt. Vgl. die letzte Bemerkung zu No. 43. Nach Habel io DiefFenbachs Handkatalog V zu S. 11 lautet die Legende ATTI IVNL

45) LEG-XXtl P P FQVi

Auf bandfürmigcni bzw. in Gestalt eines S gebot^enem Stempel. Gefunden auf grossen Platten im Ihpokaustum des Rüchin^er Kastells, d. Suchier 1S8), Tat'. 11, 36 und S. 16, 36. Zweifellos identisch ist der bei Knapp, Rümisthc Denkmale des Odenwalds, Taf. VII, Fig. 54 abgebildete Stempel aus Vielhrunn im Odenwald, der ebenfiills auf grossen Platten eines Hypokaustums gefunden wurde. Knapp las LEG XXU P * P F Q- F ; die einzige Differenz F statt 1 erklärt sich leicht. (Die Punkte kommen bei Ziegelstempeln, da sie oft nicht erkennbar sind, nicht in Betracht.) Phantastisch aber «nd Knapps Erklärungsversuche. Auch Suchiers Deutung: Quirinus fecit hat nur exemplifikatorischen Wert. cf. Hammeran, Westd. Zeitschr. 1885, S. 406, dessen Bemerkung, dass der Stempel ausser in Rückingen nicht vorkomme, nach obigem jedoch zu korrigieren ist. Man vgl. auch K, Christ, B. J. XLIX, S. 114, der Knapps Deutung zurückweist.

46) LEGXX MVSF

Ein Kieisstcnipel, gcluiiden \ 'Sk:!' SaaUmrg. cf. v. C. u, |., EXX VII, 20. Die Buchstaben sind nusserordeinlich flüchtig geschnitten, so dass sie 7. T. fast wie Kursivschrift aussehen, jacobi giebi die Lebende nach PPF so, dass man etwa R1.'\.\U'S liest. Es dürfte wohl der Name PRIMVS darin 7x\ erkennen sein. Anderwärts ist der Stempel ni. VV. nicht gefunden.

47) (?) LEG XXII PPF

IVLSAEVIO Diesen Stempel führt K. Christ B. J. XLIX, 112 als aus Schlossau Stammend unter den Exemplaren des Mannheimer Altertunisvereins an und erklärt ihn: »>Iulii Saevi ofllcina?« Unter den mir zugestellten Ab- klatschen der Mannheimer Sammlungen fand sich der Stempel nicht. l:benso wenig führt ihn Baumann nn. Die von Christ a.a.O. S. 112, 8, 9, 10 aufgeführten Mannheimer Namenstempel scheinen falsch gelesen zu sein. No. 8 dürfte in seinem letzten Teil den Beinamen Antoniniana enthalten, No. ^; lautet /.weifelios LEGXXilPRlPF Vgl. auch Baumanu a. a. O. S. 40.

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Im Ganzen sind also bis jetzt etwas mehr als 40 Namenstem der 22, Legion aus Obergermanien bekannt. Von denselben kan Brambach 26, grösstenteils in verstümmelter oder falsch Qbertiefei Form. Ganz neu sind von uns gefunden : No. 7 in zwei Typen 1 Nied und Heddernheim» xo, 13, 17 in Nied, ^2, 25 in Heddemhe Bei einer sehr grossen Anzahl boten unsere Funde und ihre Vergleichi mit den in den verschiedenen Sammlungen vorhandenen Exempta die Möglichkeit sicherer Ergänzung und Deutung. Mit sehr weni| Ausnahmen aber weisen sie durch die Form der Stempel sowie Beschaffenheit des Materials auf gleiche Provenienz hin. Von besi derem Interesse ist es, dass von den angeführten Namenstemp die Hälfte bei den vorjährigen Ausgrabungen in Nied gefunden, be: wiedergefunden worden ist, während ausser dem benachbarten Heddc heim keine andere Fundstätte, selbst Mainz und Wiesbaden nicht, mi als 10 Namen aufzuweisen hat, wobei noch in Betracht kommt, d bei einigen Wiesbadener Ziegeln, von welchen der Fundort nicht : gegeben wird, die Herkunft aus Nied wahrscheinlich ist.

Was nun die Bedeutung der Namen auf Militärziegeln beiri so sind hierüber ebenso verschiedene Ansichten geäussert worJ wie über die Figurenstempel Man hat sie für die Namen der G turionen gehalten, von deren Abteilungen die Ziegel hergestellt 04 die Bauten ausgeführt worden seien, bei welchen die erstcren V Wendung fanden. Man konnte sich dabei auf die zahlreich in Ma gefundenen Bausteine berufen, auf welchen ebenso wie auf li Ziegeln in einer rechteckigen Umrahmung mit Schwalbenschwän;* unter der Bezeichnung der I.egidn ein dreiteiliger Namen mit Q turicn/.cichen davor eingenieisselt ist. Riner dieser »>tituli lapide der freilich nicht mehr existiert, hatte nach P. Huchs I, lab. 40 11 p. 164, 40 genau dieselbe Legende (ohne Centunenzeichen) wie uus Stempel c, 21 (cf. Brambach 1062), und bei einem anderen hat diese vo kommene Übereinstimmung mit dem Stempel c, 8 sowohl Brambach veranlasst, im Widerspruch zu der ausdrücklichen Angabe Schaiinats a Rand die Bezeichnung »in laterculo« hinzuzufügen, als auch Weck« ling bewogen, seine frühere Ansicht im Hinblick auf die späteren Hon der Ziegelstempel in gleichem Sinne zu andern, cf. Kat. des Pauli Museums I, 76, 2u. 11, 89. Diesen beiden nicht ganz sicher beglaubigt Fällen stehe ein anderer gegenüber, wo ein Nieder Stempclnanicn, ui zwar ein seltener, genau in derselben Form auf einer Weihinscbr vorkommt (c, 10 und Brambach 1107^, auf der letzteren aber sein Träg als veteranus leg. XX II p. p. f. bezeichnet ist. Als Beweise können bcii Fälle weder für noch gegen die angefühne Ansicht betrachtet wcnic

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Andere bezciclineicn gleichf-ills mit einer von der Bcwcispliiclu sich entbindenden Selbstverständlichkeit die auf den Ziegeln genannten Personen als «centnriones labrum«. Dabei ist es unklar, ob sie sich bei einer Legion nur eine oder mehrere centuriae fabrum hglinorum denken. Das letztere wäre kaum denkbar, dem erstercn würde die von uns in Heddernheim beobachtete Thatsache widersprechen, dass in einem einzigen H\ pokaustuin, und jrwar in den untersten Lagen der Pfeiler, die allein noch vorhanden waren, nicht weniger als zehn ver- schiedene Namenstempel sich landen, und zwar unter Umstanden, welche die Annahme teilweiser Zerstörung und späterer Wiederherstellung aus zerstreutem Material ausschlössen. Auch in der Villa zu Marienfels scheint nach den Notizen im Katalog des Wiesbadener Museums dieselbe Erscheinung, wenn auch in geringerem Umfange beobachtet zu sein.'

Demnach sclieint es wie vorsichtiger, so auch zutreffender zu sein, mit Brambach, K. Christ, Baumann u. a. in den Namen ein- fach die Bezeichnung der Ziegelbrenner oder, wie v. Cohausen es ausdrückt, der Ziegelmacher zu sehen, sei es, dass dieselben aktive Soldaten waren, die, weil sie bestimmte Mengen von Ziegeln fertig- stellen mussten, ein Interesse daran hatten, ihre Erzeugnisse durch Kamen oder andere Zeichen kenntlich zu machen,* oder sei es, was jedoch nur in später Zeit der Fall gewesen sein dürfte, dass Veteranen auf eigene Rechnung für die Legion arbeiteten.

l ür die Entscheidung dieser Frage würde der oben bei b, i8 und c, 3 erwähnte rätselhafte Stempel IVSTViVFECIT von beson- derem Werte sein, wenn er von C. Klein richtig gedeutet sein sollte durch die Worte: ocr hat das Gerechte gethan« (cf. Becker, N. A. XIII, S. 236); wir würden dann in dem Stempel einen Approbations- stcmpel zu erkennen haben, welchen der die Aufsicht führende Militärbeamte, vielleicht der bei Brambach 105 (nach Janssens Kon- jektur) erwähnte magistcr figulorum, auf den in anderem Zusammen- hang auch Hammerau (Westd. Zeitschr. IV, iv, 1885, S. 406) auf- merksam macht, auf die Schlussziegel der einzelnen straturae (cf

' Man vgl. .luch Brambach 1545. Auch bei der Villa bezw. dem Badegebäude beim Kastell Schlossau fällt die Mannigfaltigkeit der ijcfundenen Namenstempel auf.

Für diese Annahme sprechen besonders auch die Ziegclstempel von Aaclieu,

welche Heitner, W. Z. II, IV, S. 428, in überzeugender Weise ergänzt: »trans Rbenum f(edt) . . . . us lullinus ni(iles} l(egkmis) I M(inemae).« Die Bezeich- nung »Fabrikanteostempel«, welche licttncr gebraucht, ist wohl in dem von uns angenommenen Sinne zu fassen, da der »Fabrikant« sich ja als aktiven Soldaten zu erkennen gicbt.

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Brambach 1397 und Hammeran 1. c.) drückte. Ffir die Richtig dieser Deutung und gegen Beckers Erklärung (N. A. XUI, S. und Kat. S. 99, VII, A, VII) als Namenstempei: Justufn(us) t sprechen aber mehrere gewichtige Gründe. Kur würde die Ü1 Setzung wohl besser lauten: »£r hat das rechtmässige (ihm gebührer Quantum (von Ziegeln) gemacht.«*

Zunächst würde die Ligatur bei aller gerade auf diesem Geb herrschenden Regellosigkeit doch auffallen, wenn der eine ligierten Buchstaben zum vorhergehenden , und zwar verkür? Namen, der andere zum Verbum gehörte, während sie sehr erklär ist, wenn iustumfecit zu einer Approbationsformel erstam v Femer fällt die regelmässige, an lajndare Inschriften erinnernde Fe der Buchstaben umso mehr auf, wenn sie sich, wie oben gezeigt auf derselben Ziegelptatte mit anderen Stempeln finden, welche tr wenn man die allgemeinen chronologischen Merkmale der Epigrap auf diese An von Inschriften anwenden dürfte, in eine weit spät Xcit setzen müsste. Die Sache verliert alles Auffallende, wenn den Lcgionsstenipcl als Privateigentum, vielleicht eigenes Fabrl des Ziegelmachers, den anderen dagegen als offizielles Instrum« ansehen.

' Dass das Adjdctivutn iustus in Verbindung mit etnem von einem Verb weldies eine Leistung (wie facere) ausdrfickt, abhängigen Objektssubstantivum

der oben angenommenen entsprechende Bedeutung hatte, und zwar besonders . in der niiHtarischen Spraclie, zeigen u. v. a. besonders auch Stellen wie C! bell. civ. I, 25, 3, III, 76; bell. gall. \'III, jy. Man vgl. besonders dcu Ausdi »iustum iter conficere« in der Stelle b. c III, 76: »confecto iusto itinere eins ijuod proposuerat Caesar«, in welcher mit Recht »iusto« auf ein bestimmtes, di das militärische Reglement festgesetztes Quantum bezogen wird; vgl. I-(»rcelIini (n Lipsiuii) sub V. »iustus«. Aut dieselbe Bedeutung weist auch die Steile: »li iusta muri altitudu expicatur« Caes. b. g. \°II, 23 hin. Au der Substantivier des ncutr. sing, im Sinne eines vorschriftsmässigen Cbiantums wird man bei i entsprechenden Gebrauche des verwandten debituro (x. B. persoKere) und gm über Stellen wie »iumentuni ad iusta perduccre« = ad solitum ac debituni o prac»tandum (Coluni. de rc ru&t. 1. c, ü) am wenigsten bei einer Stempelinsd Anstoss nehmen, bei der es auf Kurze ankam.

Der Stempel ist von allen Nieder Typen der einzige, der gan« eotschic den Eindruck macht, als ob er von einer Metallmatriae herrühre; und den ent»pr

.luch das von der Saalburg stammende Hxemplar nach Jacobis Abbildung. D; wurdr sich tk-r grosse Unterschied der Huchstabenformen auf zwei gleichzeitig < gcdrucl<tcn Siempchi desselben Ziegels erklären, iiiu gut gearbeiteter Metallitem würde in der Hand eines beaufsichtigenden Beamten ebenso natürlich sein, wie demselben (centurio) ein so . sdilechtgcarbeiteier oder gar mit falscher Legende t scheuer I lol/steinpel auliallen würde, wie wir sie oben beschrieben haben und u bei Fig. 1 1, u, 2}, 6i, 94 und selbst bei einem Namenstempei Fig. 151 dargestellt seh

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Ebenso erklärt sich bei unserer Annalimc das öftere Kebeii- einandervürkonimen des letzteren mit den unserer Ansiclit nach sämtlich gleich den Nnmenstenipeln nuf persönliche Leistungen hin- weisenden i igurcnstempchi. Wenn dei Approbaiionsstempel gelegent- lich auch ohne Lci^ionsstenipcl aber immer mit solchen gemein- sam verbaut vorkommt, so ist dies daraut zuriick/.utuhren, dass nicht alle Ziegel einer Lieferung gestempelt wurden, wie das der Befund bei unseren Ziegelöfen bestätigt liat, und wie es auch heutigen Gepriügcnheiien entspricht.

Dass auf unserem Ziegel c, 3 der Approhationssieinpel wieder aubgekrutzt ist, kann man darauf zurückführen, dass bei näherer Unter- suchung sich herausstellte, dass die richtige Zahl noch nicht erreicht war. Wollte man mit Becker annehmen, dass von zwei Namen der eme genigt sei, so iniisste man wohl un betrügerische Stempelung fremden Materials denken, wälirend- der öfters vorkonnneiide i'all, dass zwei Stempel verschiedener Lorm auf einem Stein abgedrückt sind von Numenstempeln ist mir dies nicht bekannt' ohne dass der eine getilgt wäre, auf einen Irrtum neben einander arbeitender Ziegler zurückgeführt werden kann. Das mehrmalige Xebeneinander- vorkonnnen derselben borm auf einem Stein endlich wird, wo nicht der mangelhafte Abdruck des einen Stempels eine genügende Erklärung bietet, .ils Spielerei gedeutet werden müssen.

Welche Kategorie der bei der Ziegelfabrikation beschäftigten Personen die Xamen bezeichnen, mag aber um so mehr unentschieden bleiben, da in dieser Beziehung unter verschiedenen \'erhaltnissen und zu verschiedenen Zeiten verschiedene GepHogenheiten geherrscht zu haben scheinen. So kann z. B. mit unseren Nieder Xanienstenipeln nicht in Vergleich gebracht werden der in Mucbcau gefundene Stempel LI-:G-VIII-AVC'L' APPIO LEG-, den man sicherlich mit Recht aut den StatiiiaUer L. Xorbanus Appius Maximus bezogen hat.* Eben- sowenig wird man spatzciiige Stetnpel heranziehen dürfen, auf wcltlitn, wio / B. aui pannonischcu Ziegeln C. I. L. III, 37.19 tV. hohe Beamte mit Titeln bezeichnet sind. Aber das zeigt sich doch

übt I .lix, L^ai-K, jui solchen Stempeln Persotun genannt sind, .Aclchc, ;>ei als AuUraggeber, sei es als Ausführende mit der Herstellung der Ziegel in Zusaiuuicnhang stehen; und dies allein scheint auch der Sitte der verschiedensten Zeiten und Völker und ganz besonders auch

( Der von Hettner, Westd. Z. II. n, (88^ Museogniphie von t882» S. 22t, erwähnte Fall bezieht sich nicht auf Militarziegcl.

' Th. Mommsen, Lingooische Legionsstempel, Hermes XIX, S. 437.

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der unsrigen zu entsprechen. Es ist daher auffallend, dass Socli bei Besprechung des Stempelnamens Frondnus sagt: »Die Töpl Stempel nennen den Verfeniger der Gefasse, die Namen auf Legio steinen können aber nicht den bezeichnen, der die Backsteine mad sondern nur den Stempelschneider«. Diese Annahme ist vieli» die denkbar anglaublichste, wenn» wie es ja nach Suchiers Wor angenommen werden moss und für die kunstvolleren Stempelfoni auch siclierlich anzunehmen ist, Stempelschneider und Ziegelmad vcrscliiedene Personen waren.* In diesem Falle könnte der Siemf Schneider seinen Namen an irgend einer SteUe des Instruments : gebracht haben, sicherlich aber nicht so, dass derselbe in gleid Grösse wie die Be7:cichnung der Legion auf Jera Ziegel prang Aber nn es auch denkbar wäre, dass der Besteller der Matr. dem Holzschnitzer gestaltete, seinen Namen in so anspruchsvol Weise anzubringen, wie dies z. B. auf dem prächtigen Stempel c, (Fig. ij^**) der Fall ist, sei st es dagegen kaum denkbar, dass ein sold Stempclungeheuer wie das c, ii (Fig. 151) von einem Spezialk ünst herrührte, und dass dieser den Ehrgeiz besessen haben sollte, sich ; den unverwüstlichen Ziegelplatten ein monumentum aere perenni seiner Unfähigkeit zu setzen. Von dem Ziegelmacher, der nicht sei Fertigkeit im Holzschnitzen, sondern die Thatsachc der HersteUui einer gewissen Anzahl von Ziegeln dokumentieren wollte, ist es t gegen sehr wohl denkbar, dass ihm auch ein den Anforderungen d Epigraphik und Ästhetik nicht entsprechendes Instrument genügte.

Mit Recht bemerkt Hammeran' gegen Suchler, dass die Hera Ziehung der Töpferstempel keinen Zweck habe. Den einzigen Grui aber, den er dafür anführt, dass die Töpferstempel »doch naturgcnij meist der letzten Zeit römischer Okkupation, also dem ^. jahrliupJc angehören, die Namenstempel aber grossenteils aus der Zeit c Erbauung des Kastells stammen werden«, kann ich weder als bewiest noch nach meinen Beobachtungen auch nur als wahrscheinlich a

' Weitere römische Münzen und Stempel etc. iSSj, S. 16 Anm.

' Auch Hammeran, Westd. Zeitschr. IV, iv, S. 406 spricht von dem «Narr

dcs Stcmpelschncidcrs, den dieser in eine Holztbrni einschnitt«, ohne dass man )ed( seine Ansicht i;. das Verhältnis desselben zum Benutzer des Stempels crkein konnte. Wenn er an anderer Stelle (Westd. Zeitsclvr. III, Ii, S. lyi) Jic&cri Sttfmp den Charakter von Urkunden vindiziert, so ist nicht recht verstindlich» was ; diesen, die doch nur die Herstellung, brK, Verwendung des Baumaterials berurkund kl nncn, der Namen eines von dem Benutzer verschiedenen Holsscbnitzers zu th Iwben solhe.

i 1. l. S. 406.

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erkennen. Sämtliche Namenstempel von Rückingen, auf die sich zu- nächst Suchiers und Hammerans Bemerkungen beziehen, stammen aus dem Hypokaustbau und dem sog. Römerbad, die zweifellos nicht in der ersten Zeit der Anlage des Kastells erbaut wurden, und die meisten Namenstempel aus Nied, von welchen genauere Fundnotizen vorbanden sind, besonders die zahlreichen Exemplare von Marienfels und Heddernheim wurden in Hypokausten gefunden, welche aus später Zeit stammen, wie denn der grosse Gebäudecomplex in Heddern- heim nachweislich auf Trümmern älterer Bauwerke errichtet bt. Auch die komplizierte Umrahmung mancher Namenstempel, welche eine Kombination aller älteren, einfacheren Stempelformen darstellt, spricht für ihre Spätzeitigkeit. Hiermit sind wir an die Frage nach dem Werte der Stempel Hir die Entscheidung historischer, besonders chronologischer Fragen herangetreten, welche ein näheres Eingehen erfordert.

V. Über die wissenschaftliche Bedeutung der Nieder Z i c g e 1 f u n d e.

Ich habe, veranlasst durch die Auffindung ausgedehnter Ziegeleien der 4. Vindelicierkohortc beim Kastell Grosskrotzenburg und die That« Sache, dass die Ziegel dieses Truppenteils an auffallend vielen Orten des Taunuslimes einerseits und der Mainltnie Miltenberg^Gross* krotzenburg anderseits, und zwar an der letztgenannten Strecke mit den gleichen Stempcitypen wie in Grosskrotzeoburg gefunden werden, zuerst im Jahre 1885' die Ansicht ausgesprochen, dass i) die Auf- findung von Stempeln irgend eines Truppenteils in einem bestimmten Kastell allein nicht massgebend sein könne für die Bestimmung der Garnison des letzteren und dass 2) die Auffindung derselben Typen von Stempeln der 4. \'indelicierkohorte an verschiedenen Funkten der Mainlinie sich am leichtesten erkläre, wenn man annähme, dass die Grosskrotzenburger Ziegeleien auch andere Truppenteile, die mit den Vindeliciem zu einem Armeeverbande gehörten, mit Baumaterial versahen.

Der von mir ausgesprochene Gedanken fand in den meisten Be> sprechungen der Arbeit mehr oder weniger entschiedene Zustimmung.'

' Wolff-Dahm, S. 8 ff.

' So mit aller Entschiedenheit O. Keller in der Berliner phil. Wochenschrift, 188s 29/30, S. 9}0 f. und P. Ladewig in den Jahresberichten der Gcschiehts» Wissenschaft, herausg. im Auftrage der Hist Ges. zu Berlin, VII. Jahrg., II, 7. Eben-

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Von besonderem Werte aber war es mir, dass v. Cohausen, der, ich wusste, gerade auf diesem Gebiete auch in technischer Hinsicht eingehendsten Stadien gemacht hatte und der noch in seinem gros Pfablgrabenwerk, der bis dahin als selbstverständlich angesehenen gemeinen Ansicht folgend, die Garnisonen der Kastelle nach den fundenen Ziegeln bestimmt hatte, die ausgesprochene Ansicht n: nur ruckhaltlos als berechtigt anerkannte, sondern durch Hinzufög' des neuen Grundes befestigte, »dass wir Ziegel mit Militärstem] auch bei Villen und Gehöften finden, die, fem von Gamisonsor nichts mit dem Militärwesen zu thun hatten.«' Einen von mir angedeuteten Grund' führt v. Cohausen weiter aus durch die merkung, dass »der bei der Knpersburg, Saalburg, am Feldberg bei Holzhausen an der Heide vorkommende Lehm«, wie es sehe »nie ein Ziegelprodukt geben könne, wie es die dort gefunde Legions- und Kohortenziegel geben.«' Wenn er Jinn hinzuff »das sind, wenn auch unangenehme, aber schlagende Wahrheiten, uns abhalten müssen, aus den Ziegel stempeln zu schliessen, dass darauf genannten Truppcnkörper da in Garnison lagen, wo wir j gefunden haben«, so ehrt dieses Zugeständnis den verdienten Torsc jedenfalls mehr, als wenn er seine Autorität eingesetzt hätte, einen Irrtum, den wir alle mit ihm geteilt haben, festzuhalten.

Entschiedenen Widerspruch fand die Hypothese nur von ei Seite: A.Hammeran erklärte in einer Recensioo unserer Schrift^ von mir angenommene Lieferung von Ziegeln an einen Ort, an < die auf den Stempein genannte Kohorte nicht gamisoniert habe, einen »merkwürdig unrömischen Betrieb« und sagt an diaer and< Stelle:^ »Die Anwesenheit der einzelnen Truppenkörper, welche Stempel bekunden, an den Fundorten kann und darf nicht bezwei

so V. Collhusen Im KorrespondenzbUtt des Gesamtvereins der deutschen G4 und Altertumsvereine 188$ Ko. 6 und in den Nus. Annalen Bd. XIX» 1886 S.

Man vg!. A. Dunckcr in v. Sybels Hist. Zdischr. i88> S. J65 und A. ^■^! " der Dei!:<;chen I.itteraturzeitung 1885 No. 40, der die Frage unentschieden i Wenn Hl. Moninisen im Hermes XIX. 458 bei Besprcdiung der Liugonen^ bemerkt, dass im allgemeinen die Zickel filr Garnison in der Provina bewei seien, im vorliegenden Falle nicht, so begrüsse ich diesen Sata als ein indin Zeugnis des bcnilmncn Forschers für meine Ansicht, dass die Stempel nidit bewct sind lür Garnison in loco.

Vgl. Korrespondeuzblati a. a. O. und N. A. XJX, S. 160.

1. 1. S. 10.

J N. A. ;i. a. Ü, S, 160.

» Westd. Zeit-schr. IV, 11, 1885, S. 177 If., bes. S. 185. i Westd. Zeiiscbr. IV, iv, S. 404,

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werden, wenn wir niclu alle Verhältnisse auf den Kopf stellen wollen, und es erscheint als eine verhängnisvolle Verkennung der lumulichen Voraussetzungen römischer Militärbauten, sich die Ziegel und Back- steine von anderen Weikleuten als den darauf bezeichneten verbaut zu denken«. Dab Vorkommen derselben Typen an verschiedenen Orten erklärt er daraus, dass »eine identische Matrize bestanden haben werde, woraus an verschiedenen Orten gleichzeitii? von Abteilungen derselben Kohorte Stempel gebrannt winden.«' Anderseits sagt er an derselben Stelle: »Der fruchtbarste (kdanke, der in Wolffs Aus- iuhrungen liegt, ist der, dass überhaupt von auswärts fertige Ziegel geliefert und dass nicht alle in dem Kastell, wo sie sich landen, ge- brannt wurden, liin bcstimn>ter Fabrikationsort, ein Depot gleichsam für den Truppenbedarf wird supponiert werden dürfen; wo geeignete Thoniager sich fanden, fabrizierte man, an anderen Orten nicht«.*

Die zuletzt aniretührtcn Satze entsprechen so vollkommen meiner Überzeugung, die schon vorher bei verschiedenen Gelegen- heiten ausgesprochen hatte,' sie bezeichnen so sehr den eigentlichen Kernpunkt meiner Hypothese, dass ich auf die einzelnen Ausstellungen um so weniger einzugehen Veranlassung habe, da sie teils, w ie z. B. die Annahme, dnss eine identische, an veischicdcnen Orten gleich- zeitig gebrauchte (also doch wohl in verschiedenen Exemplaren vor- handeoe?) Matrize das Vorkommen derselben Typen an verschiedenen Orten erkläre, durch meine Bemerkungen zu den einzelnen Typen hinlänglich widerlegt erscheinen, teils von mir als bereclitigt zuge- standen werden. So gebe ich selbstverständlich die damals aus* gesprochene Vermutung, die in Friedberg und Rückingen gefundenen Heizkacheln mit identischen Stempeln der 22. Legion möchten aus einer Friedberger Ziegelei stammen, auf, nachdem ich den Fabri* kationsort der Rückinger und Friedberger Ziegel bei Nied gefunden habe. So habe ich es langst als eine Inkonsequenz erkannt, wenn ich noch im Jahre 1885 ^^s dem Vorkommen von Ziegeln der 22. Legion neben denjenigen der Kohorten in den Limeskastellen mit Uammeran^

\\'esid. Zeitschr. IV, ii, 1885, S. 186.

* Derselbe Gedanke wird von H. mit noch fjrösscrcr l'tusclncdcnlicit in der Kcccnsion von Suchicrs Arbeit über »Weitere römische MLin2cii und Slcujpel *U5 der Nähe von Hanau«, Wescd. Zeitschr. IV, iv, S. 406, beront und durch neue Grunde gestützt. Daneben aber wird ebenso entschieden »die Anwesenheit der auf

den Stempeln gen.mtüen Trappt- :\m Fundort« betont.

5 So Wolff-Dahm, Der r nnibche Gren/wall, S. 10.

4 Hammeran a. a. O. IV, u, S. 187 nimmt nicht nur von der L^on an, dass sie »in sehr ausgiebiger Weise auseinander gerissen werden mosste, um der

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und den meisten anüci tn lorsLhcrn lolgcric, dass kleine Abteilun des L;ct ; ii icn Truppenteils neben der aus den Auxiliarkohorien siehenden Garnisün in den Kastellen gelegen hätten. Bei allen dit Fragen waren wir bis in die neueste Zeit so sehr genötigt, aus t Kulien heraus zu arbeiten, und überhaupt war und ist die gcsai Limesforschung in einem solchen Hntwicklungsprozess begriffen, ( CS ein zweifelhafter Rahm wäre, hier mchts gelernt und nichts ^ gessen zu haben.

Der eigentliche Fundamentalsatz meiner Ausfbhrungen vom Ja 18S5, dass aus dem Vorhandensein von Stempeln eines Truppenc an einem Platze nicht sofort, wie man bis dahin allgemein geti hatte, der Scbluss gezogen werden könne, dass der Truppenteil Besatzung des betreffenden Platzes gebildet habe, dürfte jetzt als gemein anerkannt betrachtet werden;* bestände noch Irgend Zweifel an seiner Richtigkeit) so mOssten ihm die Nieder Stern und die Art ihrer Auffindung jetzt ein Ende bereiten. Eben di aber bietet fflr die vermutete Existenz einer »Centraiwerkstätte Ziegelfabrikation« der 22. Legion einen ebenso überraschenden ^ erfreulichen Beweis. Dass neben dieser Centraiwerkstätte »ein sondener Betrieb in den Kastellen bestand«,' steht nicht im Wid sprach zu meiner früher geäusserten Ansicht. Hatte ich doch ger: die Existenz der Kohortenziegel beim Krotzenburger Kastell na^ gewiesen und daneben Legionsziegeleien vermutet, die ich nur Friedberg suchte, 'wie Hammeran in Mainz,' während die Wahrh uns beiden räumlich viel näher lag. Ja ich habe sogar an einer 1 deren Stelle eben jener von Hammeran besprochenen Schrift^ auf 1

I.inic4u'sclzung /u entsprechen w. sondern j;Iaubi auch »tiic gleichzeitige Anwcsciil (der 4. Vindelicicrkohorte) auf der Saalburg, in Krotzenburg und Miltenberg na gewiesen lu haben«.

* »Dass dieser Schlnss zu unmöglichen l'ulgcrungen iiihrt,« betrat at E. Hübner in seinen »Neuesten Studien Ober den römischen Grenzwall« in c Bonner JahrbOchern LXXK, 1889, S. j8.

' Westd. Zeitschr. IV, iv, S. 406.

' Westd. Zeitschr. IV, iv, S. 40$.

* S. 62 und Taf. III. Dass bei einem KastelJ, welches zu gewisser Zeit eigen Zicgclbctricb hatte, irot7deni sic!i Fabrikate von anderen Hcrsiellungsoricn firniß habe ich bereits damals aus der langen Dauer der Okkupation erklärt (S. 10), währe welcher man wohl schwerlich, wenn nach längerem Stillstand ein Neubau hcrgc:>te werden sollte, »immer sogldcb eine besondere Zi^lei baute oder eine vor Jah zehnten gebrauchte wieder herstellte«. Ich gebe auf diesen Punkt weiter unten a Grund neuerer Erfahrungen näher ein*

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wahrscheinliche Fundstätte einer Ziegelei auch heim Röcktnger Kastell hingewiesen.

Gegen die Annahme einer Centralwerkstätte, von der »dann die Ziegel nach allen Seiten versandt sein müssten,« erhöh £, Hühner' Bedenken, die so lange eine gewisse Berechtigung hatten, als eine solche Centralwerkstätte nicht thatsächlich nachgewiesen war. Er meinte, gerade die grosse Verschiedenheit der wenn auch dem Inhalte nach gleichen Stempel eines und desselben Truppenteils spreche viel- mehr daför, ihre Herstellung an verschiedenen Orten anzunehmen. Ich glaube oben eine mit den Thatsachen besser in Einklang stehende Erklärung dieser Erscheinung für die Stempel der 2a. Legion, für welche die erwähnte Beobachtung ja doch in erster Linie gilt, gegeben zu haben. Wenn aber Hühner bemerkt, das Vorkommen »völlig identischer, aus einer Matrize stammender Stempel an verschiedenen Orten« beruhe, »wie häufig nachgewiesen werden könne, auf Ver- schleppung in modemer Zeit,« so habe ich auf Fälle dieser Art wieder* holt selbst hingewiesen und daran die Mahnung geknüpft, bei alten Ziegelfunden sorgfähig die Fundumstände zu notieren;' ein grosser Teil des in <ien Museen vorhandenen Materials ist, wie wir oben an zahlreichen Beispielen sahen, wegen des Mangels zuverlässiger Fund- notizen iur wissenschaftliche Fragen wertlos. Auf diejenigen Fälle, die mich zu den angegebenen Schlussfolgerungen veranlassten, passt * die Bemerkung nicht. Auch »die successive Benutzung derselben Matrizen an verschiedenen Orten«, die an sich wohl denkbar wäre, kann viele der oben beschriebenen Erscheinungen nicht erklären, ins^ besondere diejenigen nicht, wo die Matrize in verschiedenen Stadien der Erhaltung, bezw. Verletzung, an Stempeln verschiedener Orte nachweisbar ist. Wenn daher der verdiente Forscher sagt: »bis auf den schwerlich zu erbringenden Gegenbeweis werde man stets anzu- nehmen haben, dass in der Regel auch die Ziegel in loco von den für die Bauten kommandienen« (also nicht notwendig in loco stationierten?!] »Truppenteilen hergestellt worden seien«,' so glaube ich gegen die Notwendigkeit der Annahme einer Herstellung in loco nicht nur durch die angedeuteten Thatsachen, sondern vor allem durch die Auffindung der Centralziegeleien den vermtssten Gegen- beweis erbracht zu haben.

A. a. O. S. 39.

* So schon in der Festsdirift vom Jahre 1882, S. 6}, Anm. f « ferner Röm. Grenxwali 188;» S. 9 u. 10, und an vielen anderen Stellen.

3 A. a. O. S. 40.

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So bleibt denn nur ein Punkt, auf den sich eigentlich I- merans Widerspruch im Grunde allein bezog und worin Hühner beistimmt, die Möglichkeit, dass die Ziegel von and Trup)>enteilen als den auf ihren Stempeln genannten verbaut ^ den. Denn nur die Möglichkeit dieses Vorgangs habe ich ; behauptet und speziell für die MiUenberger Ziegel der 4. Vindele< kohorte, von welcher die ganze Untersuchung ausging, ausdrüc) die Alternative gestellt, dass die «Kohorte entweder bei der i Stellung des nachweisbar z. T. /.erstörten und wieder aufgeba Kastells thätig war oder nur Ziegel für die Bauten in und bei c selben lieferte«.* Aber freilich, die Möglichkeit einer solchen Licfei genügt, um den Ziegelfundcn unter Umständen einen Teil ihrer weiskraft für die Stationierung ihrer Hersteller zu nehmen und dad manchen früher einfach als selbstverständlich hingenommenen Sch folgerungen ihre trügerische Grundlage zu entziehen.

Aber handelt es sich denn wirklich um ganz andere Trup teile in den von mir angenommenen i-älien? Dass das Heer 0 germanicns in der in Betracht kommenden Zeit ein geschioss Corps bildete, dürfte ja wohl keinem Zweifel unterliegen. Nm aber doch sicherlich anzunehmen, dass, seit nur zwei Legionen in C germanicn lagen und diese nach Domitians Aufhebung der Do] lager ihre Garnisonen dauernd in Strassburg und Mainz hatten, ( Legionen samt den ihnen beigegebenen Kohorten bestimmt 1 grenzte Bezirke hatten wie unsere Armeecorps. Die geographi Lage und die Ziegelfunde sprechen übereinstimmend dafür, dass Bezirk der 22. Legion sich nach Süden bis über den unteren Nc hinaus erstreckte. Wenn innerlialb desselben sich Inschriften Ziegel der 8. Legion tinden, so dürften beide Arten von Denknii zum grüssteu Teil aus der Zeit vor und während der Anlage

* A. a. O. S. 8. Bei dieser Gelegeohat bemerke ich, dass auch id

bciwciiclt liabc, dass die Zicrrcl in den weitaus meisten Fällen von dem Tru teil verbaut wiinien. der sie 1 r.uitr.e und stet^pclte Wenn nun eine Inkonsc gegenüber meiner Hypothese dann gesellen iiat, dass ich doch die 4. Vinde koliortc in Grosskrotzenburg und die DalmatcrkduHte in Rückingen statto so übersieht man, dass ich mich für erstenm Ort auf Steininschriften, dar besonders auf den vot! mir autgerundenen d itierten grossen Doliclicnusaltar s und dass wir auch in Hückingen ein Inschrifilragment der Coh. III Dilm. gcti haben, weldics nach Fürm und Grosse der Budistabcn. sowie njit Hückiicl: den Fundort, als ein architektonischer Bestandteil des Praetoriums angesehen w> muss. Vgl. WoIlT-Dahm S. 38. Wo Steininschriften und Ziegel so schön zusam stimmen , ;t i niemand s(i thöriclii sein, auch den ietxtereti Beweiskraft ß ^btdtiunierung des betr. Truppimtcils bcuumesseu.

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Pfahlgrabens, also auch vor der definitiven Teilung der Bezirke, stammen,' T. auch durch gelegentliche Verschiebungen zu erklären sein, deren Veranlassungen uns naturgemäss zum grössten Teil ver* borgen sind und bleiben dürften. Dass zur Zeit, wo der Pfalilgraben zweifellos vollendet war, also in der Mitte des 2. Jahrhunderts, die 8. Legion ihr Stuidquartier dauernd in Strassburg hatte* und in Mainz nur die 22. Legion lag, kann als allgemein anerkannt betrachtet werden.' Nur auf diese Zeit aber konnten und sollten sich die Be- merkungen aber Versendungen von Zicgelmaterial an benachbarte, mit der fabrizierenden Kohorte unter einem Oberkommando, dem des Legionskommandeurs, stehende Truppenteile beziehen. So gut wie derselbe von den grossen Legionsziegeleien Sendungen nach den seiner Oberaufsicht unterstellten Grenzkastellen dirigieren konnte, ebensogut konnte er auch eine Kohortenziegelei, welche wegen des in der Nähe ihres Gamisonsortes vorkommenden guten und reichlichen Thons die Ziegelfabrikation Ober das nächste Bedürfnis hinaus fort- setzte, zu ergänzenden Lieferungen heranziehen. Dass dies geschah, lehren die Thatsachen, wenn man ihnen unbefangen ins Auge sieht. Einen Widerspruch gegen das, was wir sonst durch Schriftsteller und Inschriften von den militärischen Gepflogenheiten der Römer wissen, wird man in einem solchen Vorgang wohl schwerlich erkennen. Wohl aber kann derselbe uns dazu dienen, das noch sehr lückenhafte Bild römischen Lebens an der Grenze, welches wir uns nach jenen Quellen entwerfen, zu ergänzen.

Aber sehen wir zunächst von jenen Lieferungen der Kohorten ab und suchen die wissenschaftlichen Ergebnisse der Nieder Funde unbeeinträchtigt durch Rück- und Seitenblicke so festzustellen, wie sie sich bei vorurteilsfreier Betrachtung von selbst mit Notwendigkeit darbieten. Schon bei der Beschreibung der einzelnen Ziegelstempel habe ich bemerkt, dass dieselben nach ihren Typen in zwei sich streng

' Dass die 8. I-cgion auch den nördlichen Teil des Grenzwal!«; anlegen half, zt^igen uns u. a. Inschriften, wie die Brambach 1548 vom Linieskasteil Orlen bei Idstein: PEDN TREVEROR / VMJP- LXXXXVI / SUB CUR AGENTE CRES/ CENTINO RESBECTO g LEG-'W^AVG'

* Nach Piolcniacus Geographia II, 9, 9.

> Dass 7.iir Zeit der Besetzung des I.imes nicht nur die Knhnrren, sondern auch die 22. Legion »»in sciir ausgiebiger Weise auseinandergerissen werden musstc, um der Limesbeseuung zu entsprechen« (Westd. Zeitschr. IV, ii, S. 187), dürfte nach dem, was niiiitärische Forscher über die Bedeutung des Limes tn den letzten 10 Jahren geschrieben haben, k.umi noch annehmbar sein. Denn so weit ihre An- sichten im cinzchicn auseinandergehen, so «stimmen sie liocli d.irin alle überein, d.iss der Pfahlgraben mit seinen kleineu Kastellen und kleinen Garnisonen ah eigentlich militärisches Centrum Mainz mit einer starlten Besatzung voraussetze.

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von einander scheidende Gruppen teilen, zwischen welchen die Ster der 14. Legion gleichsam eine verbindende Brücke herstellen. D Scheidung steht nun aber auch in vollkommenem Einkiang mit Geschichte der auf den Stempeln vertretenen Legionen, soweit selbe bis jetzt festgestellt werden konnte.

Es wird allgemein angenommen, dass von den in Betr: kommenden Truppenteilen die 21. und i. Legion nur im ersten J. hundert einige Zeit in Obergermauien gestanden haben* und <

' Über die 21. LegkNi ist die grundlegend« Arbeit die von H. Mcycr, Gesch der XI. und XXL Legion in Mitth. der antiq. Gesellscfa. in ZOricK Band VII, 1

S. 125 IT. Don ist auch die ältere Litteratur besprochen, S. 144 ff. Dass die Le vor dem Bürgerkriege in Obcrgennanien stand, ist zwc-IfLlIos , ihre Staiinnic la V'indonissa in dieser Zeit wird durch Grabi>tcine und Zickel bewiesen. Am Büi kriege nahm sie hervorragcoden Anteil; nach Beendigung des iulisdioi Kri wird sie zur UnterdrGdcung des Aufstandes des Cl. Civilis an den Rhdn gesd und bleibt einige Zeit in Germania inferior (cf. Momtuscn, R. G. V, 145, Anm Von da an wird üirc Geschichte dunkel: seit Domitians Zeil fehlen alle Spuren den I-egionsverzciciinissen aus der zweiten Hälfte Je> 2. Jahrli. fehlt sie. Über und Ursache ihres Unterganges bestehen verschiedene Meinungen ; doch setzen Neueren denselben spätestens unter Traiao an. Ausser den genannten QücUen man bes. Riticrlin^', DcIi-t;. X j^cmina, S. 69 ff.; .Schiller, R. Kaiserzeit, I, 2, S. V. l)om.i";:''C'A --kl in M.irqu.irdt. Hämische Stantsvcrw.iluin?:^ III. S. 450, Anm. S i Uergk, Zur tjesciiiciite und Topographie der Rhcinlandc in römisdicr Zeit, S, E. HQbner» Heimes XVI, S. 584; Hettner» Bonner KaL S. 9, Na 2;. Nach Rt ling a. a. S. 69 blieb sie von 70 n. Chr. an in Untergermanien, wurde aber Domiti.m rxim Chaitenkriege herangezogen, was bereits Meyer ;i. .1. O. S 142 mutet li.utL 1111 J neuerdings Asbach, Westd. Ztschr. Y, 1886, S. 570 mit Entschic lieit aiininum. .\ucii Keller, VVestd. Ztschr. VI, 1887,5.81 ff. sdiUessl sich Ritterl

Die ältere Litteratur Qber die Leg. I Adiutrix findet man bei Marquardt, R Staatsverwaltung, II. .\uf1., III, S. 449, Anm. j mit Zusatx von v. DoraaszeM Nach Mommsen, R. Gesch . V. ^9 .\nm. k.im Jio von Galba gestiftete Legion .Spanien im Bataverkrieg an <k-u l^heiii. kehrte J.iiin n.Kh Spat^ien zurück, kam Jahre 88 n. Chr. zum zweitenmal nach Germanien, locht unter Domitian an Donau und stand unter Traian noch in Obergermauien (a. a. O. 145, Anm. i r. der Inschr. bei Brambach 1666). S. 199, Anm. i bestimmt er den Aufenthall der '.et^tcren Provinz gennitcr bis n\m Anfang von Traians Regierung und t die I.ef;io!i Jjtin nach Pannonien kommen, wo Inschriften und Ziegel il: Auicuilialt in Brigctio im 2. Jalirhuudcrt beweisen. Dagegen lässi Riticri a. a. O. S. 70, n. i sie seit 70 in Obergermanien bleiben und am Chanenkriege 1 nehmen, S. 74. Dersellv poleini^ert S. 75 gegen Pfitcner, Kaiserlegionen S. n.nch dem die Legion seit Domiti.m J.uiernJ ;in vier Donau stand, wohl mit Re Wenn aber R. aus dem \'orkommen ilirer Stempel in Friedberg und ßergeo und dem Pehlen derselben am Limes sclUiesst, sie sei 8$ oder 86 an die Doi beordert und unter Traian noch dnmal nach Obergermanien gekommen, $0 dieser Sciüuss nicht überzeugend. Man könnte eher folgern, dass der eigcntli Grenzwall später angelegt sei, als R. annimmt. Asbach, der NN'estd. Zeitschr. III. nacit Mommsen a. a. O. die i. Legion mit d«: 7. gegen Antonius an den Rh

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mit ihnen gleich/.citi^ hcrciis die Coli. I Asturum' und die 8. Legion* sich dort beraiid. Von der 14. Legion ' wcibs man, dass sie 70 n. Ch. n.icli Dbcrgcrin.inien zurückkehrte, und nimmt aus guten Gründen an, d.iss sie ums Jahr 100 n. Ch. nach Pannonien verlegt wurde oder bereits verlegt wnr. Dagegen ist die 22. Legion erst seit dem linde des ersten Jjiiirhunderts wieder in der Provinz nachweisbar, in die

geführt werden licss, ninmu Wcstd. Ztschr. V, )70 ih^ Betdligiing am Chatteokrieg mit Ritterling' an. N'.ich Schiller I. 2, 'j^t, n. 2 \v;irc sie unter Dnmitian aus Hisp.mien nach Pannonien ^'ehiiirt worden tur die im D.tkcrkrieL; <S6 n, ("h, ver- nichtete 21. Legion. Die Inschriften und Ziegel sprechen bei ilir jedenfalls für einen liageren Atifenthalt am Mittelrhein und Main als bei der XXI Rapax. Was die Nieder Stempel betrifft, so wird man wegen des oben bewiesenen engen Zu- sammenhangs der Erzeugnisse beider Legionen sich entsclieiden müssen, oh mnn die I. Legion bereits wahrend des Chattenkrieges im Maingebict stationiert sein oder die Nieder Ziegeleien schon im Jahre 69/70 in Betrieb seiij lassen will.

* Die Coh. I. Asturum stand in den Jahren 74 und 82 n. Ch. nach den Militär- diplorocn IX und LXVIII in Germania bzw. Germania superior. Die Zeit ihrer Verlegung nach und von Germanien ist zweifelhaft, besonders niis welcher Periode die Inschriften in Noricum stammen; cf. C. L L. III, 48 J9, 4842, 5292 u. 5530 (?); Pidiier, Virunum, Graz j8S8, S. 2$6; Urlichs» Die Schlacht am Berge Graupius, WOnburg i88a, S. 23. Aus Germanien Usst sie Urtichs a. a. O. S. 26 im Jahre 84 nach Brii.uMiien kommen, während Hühner, Das römische Heer in Britannien, Hermes X\ |, S. 576 n. 577 annimmt, dass dies erst unter Hndrianns geschehen sei. Die Folgerung Henzens, Riicin. Jahrb. Xlli, S. 66, dass die Kohorte, da sie kun vor und nach Hadrians Regierung in Britannien nachweisbar sd, wohl auch in der Hadrianischen Zeit dort stationiert gewesen sein möge, ist in dieser allgemeinen Fassung unhaltbar, seit bei den ersten Arbeiten der l^eichsHmeskommission im Herb<;tc J.S92 in Ncckarbnrken ein Militärdiplom vom Jahre gefunden ist, welches die Kohorte als Bestandteil des Heeres in Obergermanien erkennen lasst. F. Hetmers Bericht über die Thatigkeit der ReichsUmesliommission, wo S. 154 dieses wichtige Dokument mm ersten Mal veröffentlicht wird, ging mir «t, als das .Vlanuskript dieses Rögens berdts in der Druckerei, aber noch nicht abgedruckt war. Ich konnte daher die Mitteilung noch verwerten: die früheren I>ivähnungen der Kohorte, bes. S. 268, zu ändern, war dagegen nicht melir möglich, übrigens auch kaum nötig, da imsere Nieder und die Gemsheimer Ziegel, wie ihre Form und die Pundumstände beweisen, zweifellos aus dem ersten Jafarhiudertn. Ch. stammen

* Über die früheren Schicksale der 8. Legion vgl. man Mommsen, C. I. L. III, 482. Vor dem Bürgerkriege war sie in Mösien stationiert (Tac. hist. II, 85 ; vgL Marquardt a. a. O. S. 449, Anm. >); nach Beendigung des Bataverkrieges blieb sie dauernd in Obergermanien (Mommsen, R. G. V, 143 n. 1), wo sie au Ptolemaeus Zeit ihr Sundquartier in Argentoratum hatte. E. Hflbner (Westd. Ztschr. V, S. 339) lässt sie vom Jahre 70 an »längere Zeit vn unteren Germanien« mit der 22. Legion vereint sciti. Dies könnte höchstens bis zur Zeit des Chattenkrieges der Fall gewesen sein. Doch vgl. man auch Ritterling a. a. O. 71.

> Mommsen, C. L L. III, 416 u. 483. Hübner, Hermes XVI. 535 u. a. FOr unsere Frage kommt nät der «weite Aufinithah m Obergermaoien seit dem Jahre 70 n. Ch. in Betracht

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sie vielleicht ums Jahr 90 n. Chr. kam, um, eine vorfihergehei Anwesenheit in Afrika abgerechnet,' bis zum Ende der römisch Herrschaft, bzw. ihrer Auflösung, dort zu bleiben.*

Nun ist eine ebenso allgemein geltende Annahme die, dass i Maingebiet und die Wetterau, abgesehen von der unmittelbaren Ui gebung von Mainz, nach der Räumung des rechtsrheinischen Gebiet erst unter den Flaviem, in weiterer Ausdehnung wohl durch Oomitia Chattenkrieg, wieder besetzt wurde.' Da nun die Existenz von Ziegeid an der NiddamQndung den Besitz der Wetterau mindestens bis Frankfi und Homburg, wahrscheinlicher aber bis Hanau-Kesselstadt und Frit berg voraussetzt, und da ferner der Gedanke, dass die ältesten Nied Ziegelstempel schon in der Zeit der ersten Okkupation unter August ' hergestellt seien, unbedingt abzulehnen ist,* so bleibt för den Zieg

* MommseD,.C. L t. VIII, 817. Hcttner, Wesrd. Zeitschr. V, S. 24;, Anra

* Wie bei der i i J.is I-nde. so steht bei der 22. Legion der Anlang ib obergertiumischcn Auftntli.dts nicht f^anz fest, (irotcfcn.'l m Pauly's RealencvUopj (sub V. !e^*0) nahm an, sie sei von Claudius gestiltct und seitdem immer in Gc sup. gewesen, nur dass ein Teil von ihr mit Vitcllius nadi Italien zog. Gc^ Pfitzner, der sie von 71—91 n. Cb. in Pannonien verweileD Usst, weist RiRer} a. a. O. S. d8 auf die DetiKtn ikr ihres Attfenthatis in Untergermanien hin. Er v mutet, dass die LcL'iiin. nachdem sie nus Obergermanicn mit Vitcllius nach Im' gezogen war (S. oöi, nach Illyricum geschickt wurde und von dort ca. 71 n. ' nach Germania inferior kam (S. 67). Dort erhielt sie nach ihm wegen ihrer Tn gegen Antonius Saturainus im Jahre 89 n. Ch. den Beinamen »pia fidelis« und Ic bald darauf, vielleicht schon 90 n. Ch. nach Übergermanien, wo sie dann in Ma dauernd ihr St.ni Jquartier hatte fS. 76 f.). Dagegen lasst Hettner im Bonner Kat. zu No. aj, Anm. 2 u. S. 10 sie in Germ. inf. nur unter Traian und Hadrian itch ähnlich schliesst Urliclis, Bonner Jahrb. XXXVI, 1864, S. loi aus der Form Denkmäler auf die Zeit von 104—120. Ihm stimmt Klein, B. J. LXXX, 21} bezüglich der neueren Ziegelfundc vom .\ppdlhofe in Köln.

' Der Chattenkrieg Domitians ist in neuerer Zeit ?um GL'^enstnn Je eingehen* und erfolgreichen Studiums gemacht, bes. von J. Asbach, Die Kaiser Domitian t Traian am Rhein, Westd. Zeitschr. III, S. i Hf., dann von K. H. Zwan2iger, I Chattenkrieg des Kaisers Domitian, WQnburg 188$, und neuerdings von J. Asb; in einer Besprechung der letztgenannten Arbeit, Westd. Zeitschr. V, 1886, S. ; bis 37 j. Die Ergebnisse .\sbachs, wie sie diese Besprechung z. T. korrigiert i ergänzt, siimn»cn, was die Beteiligung der I, VIII, XI, XXI u. XIV Legion (S. > an dem Kriege betrifft, volikommen mit den Sehlossfolgerungeu überein, zu weld mich unsere Nieder Funde und ihre vtrissenschaftliche Verwertung genötigt hab

* Über C. Koencns Vermutung (Bonner Jahrb. LXXXXII, 240 ff.), d bereits in augusteischer Zeit Liger und Kastelle mit massiven Mnuern bis zur Ki:>.' mündung angelegt seien, habe ich oben (S. 219, Anm. i) gesprochen. Aber ai wenn dieser, wie ich glaube, verfehlte Gedanken des vodicnten Forschers f erkennung fände, so wfirde doch, wie u-ir weiter unten sehen werden, und wie ai Koeiicii S. 2 12 andeutet, an Herstellung gestempelter Lcgionsztegd in der damalig' Zeit nicht zu denken sein.

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betrieb der zuerst genannten Truppenteile nar der sehr beschränkte Zeitraum von höchstens 20 Jahren, wahrscheinlich aber ein noch geringerer übrig. Zu diesen Truppenteilen aber rechne ich auch die 8. Legion, die zwar in der Provinz noch lange Zeit verblieb, nicht aber in deren nördlichen ' Teilen, und für deren nur frühzeitige Fabrikation in Nied sowohl die geringe Zahl der dort gefundenen Ziegel als auch bei dem einzigen ganz sicher beglaubigten Exemplare, weiches wir selbst fanden, die von allen anderen bekannten Typen abweichende, mit den Stempeln der 21. und 14. Legion und der Coli. I Ast. übereinstimmende Form spricht. Während daher, wie wir oben sahen, bei der 21. und i. Legion es mehr als wahrschein- lich ist, dass von ihnen während ihres Aufenthalts in Obergermanien nur in den Nieder Ziegeleien gestempelte Ziegel und Backsteine her- gestellt worden sind, stammen die an verschiedenen Orten gefundenen Stempel der 8. Legton ebenso zweifellos grösstenteils aus anderen, wahrscheinlich später angelegten Öfen, deren Lage noch unbekannt ist. Der umgekehrte Fall scheint bei der 14. Legion vorzuliegen. Im Mainzer Museum fand ich eine Anzahl von Ziegehi der genannten Legion, welche von allen Nieder Rxemplaren durch die Beschaffen- heit des Materials sowie dadurch abweichen, dass der den älteren Nieder Exemplaren ähnliche Stempel die Buchstaben G M'V ganz oder teilweise, sowie auch andere Buchstaben in den Schwalben- schwanzen aufweist ,' und dass ein Teil von ihnen die Legende LXllU statt LHG'XÜH h.n.' Dieselben Formen finden sich nun im Museum zu Speyer. Da bei ihnen die Provenienz aus Rheinzabern ausdrücklich angegeben wird, so nehmen wir wohl auch bei ersteren dieselbe mit Recht an u! il schreiben sie der Zeit kurz vor der Okku- pation des rechtsrheinischen Gebietes zu. Dagegen spricht bei einer Anzahl von linksrheinischen Stempeln der 22. Legion, die z. T. ebcn- talls auf Rheinzabern zurückgeführt werden, die geringe Grösse des Stempels und die verwildertCj der Kursivschrift nahekommende Fiirm

Das meint offenbar auch Rr.iinbachs Gewihrsmann r.u No. 1822, wenn er von Stempeln der i.j. I cj^ion aus Rheinzabern «.priclit, »die sich durch die Buch- staben K und N, A und (j in den ClrilTen (f) auszeichnen.«

' Nur beiläufig mache ich bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam, dass diejenijjen meistens in Holland gefundenen Stemp«! der jo. Legion, bei welchen d«r Zusat;: P(>^) f (ideli$) fehlt, /um grössten Teil die Legende LXG zeigen, während die mit dem Zusatz versehenen, welche nach Rinerlings einleuchtender Beweisführung der Zeit nach 88 n. Ch. angehören, sowie die pannomsclieii Ziegel in überwiegender Zahl den Stempel LEGXG-PF- tragen.

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für späte Zeit, wo der Verlust des Mainlandes wieder auf linksrheinis Thonlager anwies.

Neben der Kürze der Zeit, die für die Ziegelthätigkeit der älte Legionen Obrig bleibt, fällt die Thatsache auf, dass, abgesehen ^ den Funden identischer Matrizen in Mainz, Friedberg, Wiesbaden e in Gernsheim am Rhein von Kofler neben Ziegeln der 22. Leg auch solche der 8., 14. und i. Legion sowie der 'Coh. I Ästun und zwar alle, die ich vergldchen konnte, von Nieder Matri; stammend, gefunden sind. Besonders ist dies zweifellos und hoc auifallend bei den Stempeln der Kohorte. Es legt dies den Gedanl nahe, der sich schon aus der gemeinsamen, wie es schien, abwei selnden Benutzung desselben Ofens seitens mehrerer der genanni Truppenteile ergab, dass dieselben abgesehen von der 22, Legii deren Vorkommen an allen benachbarten Römerstätten nichts Ai fallendes hat zur Zeit der Herstellung der Ziegel zu einem Hei vereinigt waren, von welchem und für welches Bauten sowohl eroberten Gebiete als auch rückwärts in Mainz und Gemsheim, ^ man sicherlich mit Recht einen wichtigen Rheinübergang sucht,' ai geführt wurden.

Eine bedeutende Stütze flkr diese Ansicht, zugleich aber au neue Rätsel bietet nun aber der an sich höchst merkwürdige Zieg fund von Mirebeau-sur-B&ze bei Dijon, den Th. Mommsen im Henr nach Mowat beschrieben und erklärt hat*. Da fanden sich zuoäcl zahh'dche Dachziegel mit dem Stempel LEG'VÜI'AVG', von welch die Hälfte den Zusatz hatte: L'APPIO'LEG* gleich den in Neris Aquitania zu Tage gekommenen, was Mommsen mit Mowat auf d Statthalter L. Norbanus Appius Maximus, den Besieger und Nachfolg des aufständischen L.Antonius Satuminus bezieht. Wichtiger für unse Frage ist eine Gruppe von ebendort gefundenen Ziegeln, die sämtli* von kombinienen Vexillationen verschiedener Truppenteile gebrao sind. Abgesehen von zwei ganz fragmentansch erhaltenen Stempe .... . . .VEXIL- LEGION VM , . VEXIL LEGIOXun

sindMebe^eichnei: Oi.vm-XI'Xmi XXl ""^ VIII XI XIUI X X

Hier haben wir also zunächst, was ich soeben als \'Lrmutung au sprach: Ziegel eines vereinigten Heeres, die sogar die Teile diesi Heeres auf einem Stempel vereinigt enthalten. Aber weit wichtig) ist es, dass wir genau dieselben 4 Legionen vereinigt finden, die i

Hübner, Bonner Jalirb. LXXX, S. ji nach Kofler, Wesid. Korrbh lY, i8fl S. 145 ff.

* Un((onisdie Legtonsziegel, Hermes^ XIX, 1884, S. 4J7 AT.

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Nied als die ersten nebeneinander, ja in demselben Ofen gebrannt haben." Zu ihnen kommt noch eine, die ii^ welche zwar in Nied noch nicht gefunden ist, dagegen in Friedberg, und zwar in einer Form, die den Typen der 21. und den älteren der 14. Legion ganz ausserordentlich nahe steht.' Sollte das Zufall sein? Mommsen hebt hcr\'or, dass die Fünfzahl der Legionen (lir eine ausserordentliche Konzentricrung von Truppen spreche und stützt Mowats Vermiitiint:, dass dieselbe bei Gelegenheit des Bataverkrieges stattgefunden habe, durch einleuchtende Gründe. Er hält den Fundort für eine Reserve- und Depotstellung der konzentrierten Armee.

Nun hat aber 12 Jahre später für den Chattenkrieg Domitians zweifellos auch eine starke Truppenkonzentraiion in Übergermanien stattgefunden; die beteiligten Legionen werden uns von den Quellen nicht genannt. Wir finden aber eben jene 5 Legionen in dem da- mals eroberten Gebiete auf Ziegelsteinpeln vertreten, und zwar unter Umständen, die sowohl ihre Zusammengehörigkeit zu einem Heere, als auch die Kürze ihres Aufenthalts in jenen Gegenden beweisen.' Und wiederum dieselben Truppenteile kommen endlich auf Ziegeln mit gleichen Matrizen bei einer Rheinübergangsstelle vor, die für die Sicherung des neu gewonnenen Gebiets jedenfalls höchst wichtig war und überdies in der Verbindungslinie zwischen jenen vorge- schobenen Posten und der von Mommsen angenommenen Depot- stellung bei MirebeaUy dem Knotenpunkt der von Genf und Lyon

' Vgl. oben S. 239.

* über die 11. Legion vgl. man neben der grundlegenden Arbeit von Meyer, Gesch. der XI. u. XXI. Legion, a. .1. O. S. 146 tY. Marquardt a. a. O. S. 448, Aniii. }. Ihren Aufenthalt in Genn. sup. zu An£uig der Regierung Traians beweist Mommsen, R. G. V, S. 145, Anm. 1 durch die Jnsdurift bei Brambach 1666. Er ISsst

sie C. I. L. III, 280 n.ich Tac. hisi. IV, 68 b.ild n.ich 69 n. Ch., wo sie noch in Dalmatien stand (Tac. hist. II, 11, 67, 86 u. III, 50) nncli Cierni. sup. verlegt worden. Dass sie niit der i., 14., 21. und 8. Legion am Chattcnkriege teilnaimi, ninuut Ritter- ling a. a. O. S. 74 wohl mit Recht an; nach ihm auch Asbach, Westd. Ztschr. V, 1886, S. )7a Einen kurzen Aufenthalt in Mainz und Friedberg nach 70 n. Ch. hält auch Hammeran, Westd. Korrbl. VI, 1887, No. 48, S. So »T. für wahrscheinlich.

' Während die bei der Rczicliung der Lingoncn/ict^rl .uif den B.itavcrkricg vorausgesetzte Zusanimcnset/ung des obergermanischen Heeres in den Jahren 69, 70 doch mit Rücksicht auf die handscluriftlichen Lesarten der wichtigen Stelle Tac hist. IV» 68 immerhin zweifelhaft ist cf. Tadtus ed. C Hahn, tom. I, p. XXVIII. 68» 19 u. 22. A. Riese, Das rheinische Germanien m der antiken Littcratur, V, 92, S. 142, nebst .-Xnm. l u. 2. Schon Ritterling, a. .1. O. S. 75, n. i, h.u die Ver- mutung ausgesprochen, dass die Lingonen/iegel auf den Chattenkrieg zu beziehen seien, obgleich er mit Mommsen an der angetührtcn Stelle der Hatorien die t., nicht äk la Legion liest

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nach Mciz und Paris (nicht auch zum Rhein ?) führenden Heerstrass lag. Wie, wenn bei Mirebeau die Depots (Ür Domitians Chattenkrieg { wesen wären? Dann würde auch die mit dem Namen des Norbai versehene Gruppe von Ziegeln der 8. Legion der unsrigen zeiili nahe rücken ; vor allem aber würde auf ein für die Geschichte < rheinischen Germanien hochwichtiges Ereignis, den Chattenkri Domitians, über den wir zu unserem Bedauern so mangelhaft unt< richtet sind, ein neues Licht fallen. Auf die Zusammensetzung d kaiserlichen Heeres, seine Anmarsch- bzw. Rückzugslinie, die seh damals vorhandenen befestigten Rheinübergänge würden sich me oder weniger zwingende Sclilüsse ziehen lassen.

Dass aVcr etwa umt'ckehrt das Nebeneinandervorkommen u Zusammenarbeiten der genannten Truppenteile bei Nied für ei dauernde Besetzung derWetterau bereits vor dem Bataverkriege sprecl wird man beim gegenwartigen Stand der auf die Okkupation d rechtsrheinischen Germanien bezüghchen Torschung kaum anzunehm geneigt sein. Es würde dagegen auch die Beschatfenheit der Zie^: und die Form der Stempel sprechen, die eine zweifellose Kontinuii des Ziegeleibetriebe.s in Nied zwisclien jenen älteren und den z. weit ins 3. Jahrhundert hinein reichenden Erzeugnissen der 22. Legn erkennen lassen, wie anderseits die Nieder Ziegel sich deuthch v( denjenigen Exemplaren derselben Legionen unterschieden, die n grosser Wahrscheinlichkeit vor das Jahr 70 n. Ch. zu setzen sind.

Dies führt uns auf die Frage über das Alter der Sitte, iMilita ziegel mit dem Stempel des betretiendcn Truppenteils zu versehe die nicht ohne weiteres, wie oft geschieht, mit der nach dem Ah der Militärziegeleien überhaupt identitiziert werden darf. E. Hubn hat darauf aufmerksam gcin.iclii, dass in Britannien vor dem En* des I. Jalirhundcrts die dort liegenden Legionen keine Ziegeleien ti ihren Bt\Lir: angelegt li.ibcu.' Lbcn.so sagt Th.MonurjSLn von Pannunie dass dic Siue, Militärziegel zu stempeln, erst aai Lnde des i. Jah hunderts beginne," und von Dalmatien, dass vor Vespasian keir »figlinae militares« angelegt seien.' Das Fehlen der Miiii.uziegLl : ganz Kärnten aber, welches F. Pichler hervorhebt,* erklärt dieser darau dass Noricum bereits im ersten Jahrhundert »als friedliches Gebici zu betrachten war.

* Hermes XVI, $21 und $31.

' C. I. L III, 482 und 41*. 3 C. I. I.. III, 280.

* \ irurium, Graz 1878, S. 222 und 76.

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Diese Beobachtangeo stimnien voUkommen mit der Oberzeugung dberein, die ich mir seit längerer Zeit durch das Studium der ger- manischen Militirstempet gebildet habe, nur dass die Anfangsgrenze hier gegenüber Britannien etwas zurückzusetzen ist. Die in der Varianischen Niederlage untergegangenen Legionen (XVII, XVIII, XIX) haben keine Stempel hinterlassen. Ebensowenig scheinen von den beiden im Jahre 45 n. Ch. nach Britannien geführten Legionen, II Aug. und XX Val. Victr., Stempel am Rhein vorhanden zu sein.' Dagegen hat die 13, Legion, die unter Nero nach Pannonien verlegt wurde,* nach der Überlieferung durch P. Fuchs einige Stempel in der Umgebung von Mainz himerlassen,' und ebenso sind im Otter- bach bei Rheinzabern neben zahllosen Produkten der dortigen Privat- ziegeleien einige wenige Ziegel mit Stempeln der i). (?) und 4. Legion gefunden worden.^ Von der letztgenannten Legion, die ebenso wie die I Germ., V Alauda und XVI nach dem Bataverkrieg aufgelöst wurde, kommen in den mittelrheinischen Museen Stempel vor; aber sie sind selten, von jedem Truppenteil nur in wenigen Typen ver- treten, überdies z. T. zweifelhaft oder falsch gelesen (z. B. Uli Mac. statt XIIIIG M V-).

£s scheint demnach, dass am Rhein die Sitte, Militärziegel mit dem Stempel des Truppenteils zu versehen, kurz vor dem Jahre 70 n. Ch. aufgekommen ist und sich von dort erst später nach Britannien verbreitet hat, so dass z. B. die 14. Legion, als sie im genannten Jahre aus Britannien nach Obergermanien zurückkehrte, dort noch keine gestempelten Ziegel zurückliess. Es ist daher schon aus diesem Grunde das Fehlen des Zusatzes G'M'V* auf Ziegeln im Main- und Rheinlande bei ihr nie als ein Beweis dafür zu betrachten, dass der betr. Ziegel vor dem Jahre 43 n. Ch. gebrannt sci.^

Von ganz besonderer Bedeutung würden die Ziegel der 21. Legion für die Lösung dieser Frage sein, wenn ihre Geschichte nach dem

' Brambach 128, b und g dürfen nach des Verfassers begrünvlctcn Zwcifchi Schwerlich als Bewen für d.is Vorhandensein je eines Stempels mit der Legende LII und L'XX'V' angesehen werden, ganz abgesehen davon, dass der erstere eben- sogut auf die II Adiutrix bezogen werden könnte.

* cf. Mommsen, C. I. L. III» 482.

J Brambach 1377, d, i, 2, 5.

« Westd. Zeitschr. IV, S. 205 (Harster),

S Wenn die Legion bereits vor dem Jahre 4) n. Ch. in Gerftianieii Ziegel gebrannt iüite, so wäre es schwer verständlich, dass sie während der 27 Jahre ihres

britannischen Aufenthalts, in welchen sie an der Eroberung der hisel und an dcy Gründung der ersten Stationen und Städte so hervorragenden Anteil nahm, kein derartiges Zeiclien ihrer Tliätigkcit dort hinterlassen hatte.

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Jahre 70 n. Ch. weniger dunkel w äre. Ausser dem von mir Lieferungsgebiet der Nieder Ziegeleien in Anspruch genommer Bezirk sind Stempel der Legion in grösserer Anzahl im all \ imloiiissa und dessen Umgebung, nördlich bis in die Gegend f Schaffliauscn (Sclilcithelm), und einige wenige, z. T. unsicher äb liefert, am Niederrhein gefunden worden.

V^on diesen sind die oberrheinischen und ein Bonner Typus natürlicher Grösse von Meyer veröffentlicht.* Die ersteren cntbehi sämtlich des Beinamens R(apnx), haben dagegen z. T. andere Biu Stäben nach der Zahl, welche noch nicht sicher erklärt sind.* 1 haben ferner alle bis auf einen, dessen Zugehörigkeit zur Legion c sicher ist,' die Legende L XXI*, nicht LEG* oder LE* Die Buc Stäben sind bis auf einen Typus vertieft, wie Meyer wohl mit Rci meint, durch eiserne Stempel eingedrückt.* Die niederrheiniscb Ziegel scheinen, soweit sie sicher beglaubigt sind, sämtlich den ß namen zu zeigen. Hin von Meyer in natürlicher Grösse veröffentlich Bonner Stempel » stammt zweifellos von einer hölzernen Matrize, l erhöhte Buchstaben, die in ihrer iinref^clm.issii^cn 1 orm fast gen mit unseren beiden Nieder Typen l'ig. 22 und 2^ übereinstimmen. AI der Beiname der Legion ist durch ^ ikiciistaben RAF (R und ligiert)*^ .ingedeutet; d.i^eLicn ist das Won le^io abweichend von all Nieder Stempeln und übereinstimmend mit den Schweizer Tvp nur durch L bezeichnet.' Da wir die letztere Schreibart auch ;i den nicht aus Nied stammenden und nur auf dem linken Rhcinu' vorkommenden Stempein der i.j. Legion hnden,"' die auch aus ander Gründen als die ältesten dieses Truppenteils zu betrachten sind, haben wir hier woiil eine Geptlogenheii ^u erkennen, welche in J ersten Zeit in den MiÜtär^^iegeleien des Ober- und Mittelrlieins eben allgemein verbreitet war, wie später die Schreibweise LEG. würden dann in den Schweizer Stempeln die ältesten, in den Nici' Typen die jüngsten formen zu erkennen haben, zwischen welch

I Minh. der antiq. Ges. in Zürieh, VII, Taf. 1 un4 H.

* A. a. O. Taf. I, lo, ir, 12 und Taf. II, i}— 16. Vgl Text S. 14$.

5 Taf. II, 16.

^ A. a. O. S. ij8.

i Taf. II. 17.

< Mnn \ gl. .luch Brambach, C. I. R. 5 1 1, c, i und Hcttner, Bonner Katalog, 1 7 Die von Rr.inib.icli und Hettner vcnekhncten Bonner Exemplare hab

iingcqcn die Form I.FCjXX 11^ AP.

s \i,r hc" V N'i -der Typus ist die Fomi L'XIIIIG wahrsdieiiiUdi(Fig.4} aber uuvli d.i nicht sicher.

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die niederrheinischen eine Übergaii^^spliase bilden. Dies entspricht aber vollkommen den Vermutungen, welche bereits Meyer in Beziehung auf die Schicksale der Legion nach dem Jahre yon.Ch. ausgesprochen hat. Insbesondere spricht die Gleichförmigkeit der Schweizer Stempel für die Richtigkeit seiner Annahme, dass die 21. Legion nach dem Jahre 70 n. Ch. vom Niederrhein nicht noch einmal nach Vindonissa zurück- kehrte,' sondern von dort aus an den Main kam, und zwar, wie die Gleichförmigkeit ihrer mittelrheinischen und wetterauischen Stempel im Gegensatz zu denjenigen der 14. Legion annehmen lässt, erst später als diese, wohl im Chattenkriege. So stimmen alle uns be- kannten Thatsachen darin überein, dass sie uns beweisen, die 21. Legion habe nur verhältnismässig kurze Zeit nach dem Jahre 82 in Mainz und dessen Umgebung gestanden.

Dagegen nimmt unter allen äheren Legionen die 14. eine be- sondere Stellung ein, teils durch die grosse Zahl der von ihr vor- handenen Ziegel und ihrer Fundorte, teils durch die Mannigfaltigkeit ihrer Stempel und die Verwandtschaft mancher der letzteren mit solchen der 22. Legion. Diese Umstände erklären sich wohl am leichtesten durch die Annahme, sie habe, während jene nur die Wetterau erobern und mit den ersten Veneidigungsanstalten versehen halfen, noch einige Zeit nach ihrem Abgange in hervorragender Weise die Besatzung derselben gebildet, bis sie dies der 22. Legion und deren Hülfskohorten allein überlassen konnte.'

Die 22. Legion endlich hat den Ziegelbctrieb, den sie von iiireii Vorgängerinnen übernommen hatte, wahrend der ganzen Zeit fried- lichen Besitzes der durch den Grenzwall gesicherten Wcttcr.m fort- gesetzt. Jetzt erst, unter den veränderten \'crhältnisscn, da anderthalb Jahrhunderte lang keine nennenswerten Veränderungen in den Besitz- crhältnissen, ja, so auffallend dies erscheinen mag, selbst in den Truppendisiokationen an der germanischen Grenze stattfanden, kann

' Auch der L"mft;nK!, dass die 21. Legion nur wenige Mülicn über Jen Rlicin nach N. bis Scitlcitheini, nordwc!>tUcli von Sclidtfluui>cn nacli\vci:>bar ist, wahrend die II. Spuren iltrcr Anwesenheit in Baden-Baden und Ronweil hinterlassen hat^ stimmt zu der Annahme Meyers, dass die «rstere, ab die Besetamg des Neckar- gcbictcs begann, nicht mehr in Vindonissa stand.

* Dns^ bei der Anhupe de? Pfah!<.^rabens, an der die 14. Legion nicht beteiligt gcwcicn /.u sein scheint, Abteilungen der «. Lcgiüu, bzw. der ilir beigegebenen Hülfstruppea, auch in den nördlichen Gegenden thätig waren» habe ich oben ah wahrscheinlidi bezeichnet. Iis setzt dies nicht zugleich ehie Stationierung der Legion in Mainz vor.ius. Dieselbe scJieint vieimehr zu jener Zeil bereits in Argentoratum in Garni&ou gclcgeu zu haben.

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von einer Centraiwerkstätte für Zicgclbctrieb in dem oben anjz deuteten Sinn mit allen aus dieser Annahme gezogenen Konsequcnzi die Rede sein.

Besondere Schwierigkeiten bietet die Frage nach dem Verhälir der Legionsziegeleien von Nied zu den einzelnen Kastellen bezQgli der Gründe, welche zu Ziegelsendiingen von der ersteren Stelle a Veranlassung gaben» wenn die letzteren eigene Ziegeleien am G oder in der Nähe hatten, zumal wenn dieselben, wie es in Gros Krotzenburg zweifellos der Fall war, lange Zeit hindurch über d> eigenen Bedarf hinaus produzierten. Hier genügen in weitaus d meisten Fällen die Fundnachrichten nicht, um ein bestimmtes Urteil gestalten. Manche Arten von Ziegelfabrikaten scheinen nur in d Nieder Öfen der 22. Legion gefertigt zu sein; so die grossen H\p kaustkacheln, die Keilzicgel, die Parketplättchen und oblongen Bac steine, anderseits scheinen die Krotzenburger Vindelider besonders vi< kleine Hx pokaustpfcüerplatten versandt zu haben, welche wiederu in Nied seltener und, wie es scheint, nur zu einer gewissen Zeit g brannt wurden. Aber andere Kategorieen, wie Dachziegel, grosse Hypokaust' und Fussbodenplatten kommen an denselben Orten s wohl aus den Öfen der 22. Legion als auch mit Stempeln der vc schiedenen Kohorten so zahlreich vor, dass man hier nur an zeitli' verschiedene Bauten einerseits und an einen die Leistungsfahigki der Kohonenziegelei übersteigenden Verbrauch bei schnell herz stellenden Bauten anderseits denken kann. An manchen Stell scheinen die Kohortenziegel hauptsächlich an den Türmen des Kaste selbst verbaut worden zu sein, während Legionsziegel besonders den grossen Badegebäuden und den Hypokaustbauten im Kaste die zweifellos aus späterer Zeit stammen, gefunden werden. Leuter ist in Rückingen auch bezüglich der von Grosskrotzenburg stamme den Vindeltcterstempel der Fall. Was die von v. G>hausen erwähn Thatsache betrifft, »dass wir Ziegel mit Militärstempeln auch in Villi und Gehöften finden, die^ fern von Garnisonsonen, nichts mit de Militärwesen zu tbun hatten«, so sind dies m. W. ausschliessli« Legionsziegel und zwar, wie es scheint, m.r solche der 22. Legion ai verhähnismässig später Zeit.' Die in der Villa Marienfcls gefunden« zahlreichen Stempel sind fast sämtlich Namenstempel und zwar zu

* Von Ranibach erwahm Brambach 15}Ö nach 1. N. 1876 und Aulop: mehrere Stempel der 14. Legton ohne nähere Fimdangabe. v. Cohausen crwih an der von ihm als »Villa« bezeidineten Stelle nur einen Stempel der 22. Leg» Der r. Grenxwall, S. 4.

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Teil dieselben Typen, die wir im vorigen Winter in einem spiten Hypokaustum, das, wie es scheint, mit dem Militärwesen nichts zu thun hat, auf dem Friedhofe zu Heddernheim fanden. Aber alle diese Bemerkungen erbeben keinen Anspruch darauf, abschliessende Resultate 2U geben; sie sollen nur andeuten, worauf man bei künftigen Funden mehr als bisher zu achten hat, um denselben wissenschaft- lichen Wert zu verleihen. Wenn man bei den Arbeiten der Limes- kommission alle gefundenen Ziegelstempel nach den angedeuteten Gesichtspunkten inventarisiert, so wird man sicherlich in wenigen Jahren mehr als jetzt in der Lage sein, dieselben wenigstens die der 22. Legion chronologisch zu bestimmen. Dass aber dann diese unscheinbaren Denkmäler recht wichtige Quellen für die Ge- schichte des Pfahlgrabens und seines Hinterlandes werden können, leuchtet von selbst ein. Kur wird man darauf verzichten müssen, für die -Zeitbestimmung der Ziegelstempel die bei Stein- und Metall- inschriften, ja auch bei Griffelinschriften massgebenden epigraphisch- palaographiscben Grundsätze ohne weiteres als massgebend anzusehen. Auf welche Irrwege das führen könnte, glaube ich oben bei Be- sprechung der einzehien Typen an einigen wenigen Beispielen dar- gethan zu haben.' Wichtiger als die Buchstabenform ist die Gesamt- form der Stempel, wichtiger als diese die genaue Feststellung der Fundumstände. Mit Hülfe beider Kriterien habe ich bereits die Möglichkeit gewonnen, gewisse Gruppen von Stempeb, auch inner- halb der 22. Legion, chronologisch zu unterscheiden; nur auf diesem Wege wird man weiter kommen.

Anhang L

Zur Erklärung der Tafeln.

Tatcl I ist nach einer im Besitze des Ticlbauamts zu I r.inkfurt a. M. be- hndliclicn Aufnahme, bei der die Katasterblätter zu Grunde gelegt wurden, im IkUssstab i:$ooo gexeicbnct worden. Sie zeigt die und Grandstädcsgrenzen, wie sie seit der Konsolidierung vom Jahre i8$8 bestehen; die früheren Crcni^en zu erlangen, wurde vergeblich versucht. Die neueste Regulierung der Nidda wurde, weil sie für das Verständnis der Auslührungen belanglos ist und bei dem Masssubc

' Auch die Vergleichung des Bonner Stempels der 2! I/^lmoh mit den Nieder und Schweizer Typen derselben, die doch samthch in dib i. Janrhuudcri gehören, zeigt, wie gefahrlich einseitige Schlüsse aus der Form der Buchstaben auf das Zeit- alter der Aosieddongen, in welchen sie gefmiden werden, sein können.

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des Kirtchens nur verwirrend wirken würde, weggelassen; dagegen ist das in Aus;^r.ibnn;;sbcr)clu oft crw.llniic ».iltc NidJabcti«, obglcicli es l.'mgst vollkonmi ausm.-tr<)Ll,iK't und jvfine L'tcr teilweise in neuester Zeit versclileilt sind, eingczcichi worden. Die 1 crrainunterscliicdc ^ind durch [iorizonulkurven, welche Höht schichten von 2 zu 2 Fnnkf. Fuss von einander trennen, bezeichnet, wobei zi^ie: durch Abschattierung der höheren L4g^tt versucht worden ist, das Bild dnag.

nnssen pl.istiseh zu machen.

Die Hinzeidarsiellungen auf Tafci il sind ursprünghdi im doppelten Masi> gezeichnet. Die von Herrn QjuilUng beschriebene Münze ist ab Zeichnung natürlidier Grösse, sowie anderthalbfach vergrössert nach tinemGipsabguss ab Pho graphie wiedergegeben. Bei dem Profil A— F— E durch das ganze Ausgrabun iTcbiet sind die Höhen ini lofachen Massstab der Längen gezeichnet. Das Lichtt des Ziegelolens bei A ist au Ort und Stelle in dem Augenblick aufgeaomiu als die zur Erkenntnis der Konstruktion und Baugeschichte des Ofens notwenJ Zerstörung so weh vorgeschritten war, dass sie einen Einblidc üi die Gesai anläge von aussen gestattete.

Bei der WiedcTf^abe des Stempeltvpen auf Tafel III VI war die Auf^. /u luicn, dass die grosse Zahl vou 160 Typen, bczw. 235 Stempeln aul .niöglic geringem Raum mit möglichst grosser Deutlichkeit, und zwar unabhängig von }c subjektiven Auflassung des Ver&ssers oder eines Zdebners dargestellt wurde. es gelungen ist, dieses Ziel in einem so hohen Grade zu erreichen, dass die z Teil nur fragmentarisch erhaltenen und sehr undeutlich ausgeprägten Stempel tr der Reduktion auf Grösse auf den iafein ebenso deutlich, z. T. we^ der Beseitigung der Farbenunterschiede noch deutiicher «1 lesen sind, als den Ziegelplatten, so bt dies vor allem dem rastlosen Eifer des Herrn Ingenii Wehner zu verdanken, der keine Mühe scheute, um durch immer neue Versu. das angewendete Vcrt'.ilireM von allen ihm .nit.uiL^s anh.Utenden Mangeln /u betrc und so sclUicsslicli cia Resultat zu gewinnen, wie es der Vcriasscr als Gruuuia itkr seine Beweisführung nur wünschen konnte, aber kaum zu erhoffen ^wagt ha Von den verschiedenen ins Auge gefassten Methoden der Wiedergabe erschien Hcrsrelhtni^ von Gipsabgüssen für die photographische Aufnnhme am t^.v massigsten, teils wegen ihrer Vor/uge tur die letztere an sich, teils weil die Lii platten Iciciit bis zu dem tur die Darbteilung dcb Stempeb notwendigen Masse schnitten und so in mü^Bchst grosser Zahl auf verhiltnismässig geringem Rau gruppiert werden konnten. Die Matrizen wurden aus feinem weissen Thon (Pfeif' erde) hergestellt, der vermittelst einer höl/ernen Wal/e in Kuchenfomi auf Ziegelplatten autgerollt, nach seiner lintfernung von den letzteren beschnitten i durch Umrahmung mit Stäbchen aus demselben Material in eine zur Aufnahme Gipsbreis geeignete Gussform verwandelt wurde. Bei sorgfältiger BdiandU gab der Abguss nicht nur (ten Stempel auf das genaueste wieder, sondern Hess ai die Bcscliaflenheit des Steins tnil allen seinen auf der Verschiedenheit seines Mater und seiner Schicksale beruhenden Higentümlichkeiten erkennen. Dadurch ist Leser in die Lage verseut, besonders mit Hülfe der Lupe, die Riditigkelt der Lesi und Deutung der Stempel so sicher zu kontrollieren, ab wenn er die Zkgd sei vor sich hätte.

Für die in IVivalbesit/ oder .luswärtigcn Museen befindlichen Stempel, wel teils zum Nachweis der Identität mit Nieder Typen, teils besonders zur Hrgan^i der letzteren, wenn dieselben nur fragmentarisch erhalten waren, dienen mussi wäre eine Herstellung der Abgüsse an Ort und Stelle zu umständUdi gewes Hier leisteten die oft erwähnten Abklatsche auf Filtrierpapier gute Dienste. E selben wurden möglichst trocken auf einige Sekunden in eine klare Spiritusa

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lösnng gebleichten Schellacks f;cbracht, so d.iss sie von dem I.ack nicht iiber/.ogcn. sondern nur durchtrankt waren. Nachdem sie darauf an der Luit oder am Olcn getrocknet waren, wurden sie in feines ijebJeichtcs LeinAl geuucht und dieses dann mit Fliesspapier sorgfaltig abgetupft. Die Abklatselie waren nun so hart und un» durchlässig, dass sie, die negative Seite nach oben gelegt, ganz wie Thonabdrücke gebraucht werden konnten, indem man sie mit Thonstnbchen iinTr.ilinnc und mit Gipsbrei übcrgoss. Mit Hülfe soldicr Abklatsche sind alle nicht von uns selbst gefbodeneo oder im Frankfurter Museum befindlidien Stempel wiedergegeben worden, mit Ausnahme des grossen und schAnen Wiesbadener Exemplars Taf. V, Fig. i)8c, welches direkt vom Papierabklatsch Photographien worden ist. Die Gipsplaitcn wurden schliesslich beschnitten und .uif einem Brett zu Tafeln in dreifacher Grösse iltis beabsichtigten Formats zusammengestellt. Ein Ralimen mit cingezeiclmetcn Centimelerabteilungen liess die beabsiditigie Verkleinerung leichter kontrollieren und bietet auf unseren Tafeln selbst fikr die Vergleichung mit anderen Fund- stücken einen zuverlässigen M.issstab.

Znm ScliIusNC mache ich die Benutzer dieser Tifeln noch auf eine Eigen- tümlichkeit derselben aufmerksam, welche sich, ohne unsere Absicht, als eine Folge des angewandten Verfahrens ergab. Wenn man die BUtier umkehrt, sodass die Buchstaben auf dem Kopfe stehen, sieht man statt der positiven Wiedergabe des Stempels das Bild der negativen Matrize. Die Abbildung giebt so genau den Allblick der Oberfläche des benutzten Instruments u iedcr. was wesentlich dazu bei- tragen dürfte, meine Bemerkungen über .Material und Herstellung der Matrizen, besonders auch über erkennbare Beschädigungen der letzteren, leichter verständlich zu nuchen.

Anhang II.

An dieser Stelle sollte der Arbeil die im chemisch- technischen Institut der flerren Dr. Popp und Dr. Becker ItergestcUte Analyse einer grösseren Anzahl von Zicgclproben aus Nied und Heddernheim beigegeben werden. Leider ist die zeit- raubende Arbeit vor der Beendigung des Druckes noch nicht vollendet. Die Ver- öflcntlichung ihrer Ergebnisse muss daher für einen späteren Band des Archivs aufgespart werden. Nach den bisher festgestellten Analysen von S /üe^elstfickcn verschiedener Art aus Heddernheim (mit Nieder Stempeln) steht, wie mir Herr Dr. Popp schreibt, schon jetxt fest, dass der für dieselben »verwendete Thon der- selben Fundstätte entstammt.« Der Thon ist je nach dem Zwecke der Fabrikate in verschiedenem Verhältnis gembcht. Besonders von den von Hypokaustpfeilern und Hci/kachc!n entnommenen Proben wird gesagt, dass sie »ein augenscheinlich durch Mischung erzieltes, ausgezeichnetes, teuerfestes Material darstellen«.

Diese durch die beigegebeuc .\nalysc begründete Ansicht stimmt voUkonuuen ^ zu der, welche ich auf anderem Wege gewonnen und oben (S. 24S ff.) dargelegt

- habe, dass unsere Ziegel nicht aus dem bei Nied anstehenden Lehm, sondern aus

- Mfinsterer Thon in berechneter Mischuni; mit anderen Best.inJleilen, besonders > Sand- und QjuarzkOrncrn hergesielU seien. Sic eutsprichi auch den Angaben der ^- Alten über das Material (creta nicht luturo) der Brandziegel (tcgulae, tcsta, lateres

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cocti, latcrculi coctiics), die von technischen Autoren ebenso deutlich von den Li siegeln (latercs) unterschieden werden, wie bei den Griechen (z. B. Xcnoft Meni. III, I, 7) Ktpa^oi; von «X(v6og wenn auch die Ausdrücke bteres und «Xiv im weiteien Sinii oft fiir Branddegd gebraucht werden, ganz ebenso, wie wir ni> immer zwischen Ziegel und Backstein, Tlion und Lehm untcrbcheidcn. Man v Vitnivius de archit. II, 8, 18 und 19 neben If, 3, i ff. und Plinius N. H. XXV, i Wir haben es in unserer Arbeit bei den gut crhahenen Dachziegeln und Plati selbstverMändlidi pur mit der crsteren Kategorie an thiui, auf wddw mao Yan Angaben (II. )> 3 C) Qber die Ablieben Masse u. 4gL mäA, «ne es oft geschie anwenden sollte.

Berichtigungen.

Auf 5. Z. 16 «t (Schult) graben statt graben ni lesen.

Auf S- 26} zu Leg. XIIII, 4 und S. 270 zu Leg. XXII, a, 11 ist als Fundort fälsch!) das Gasthaus »«ur Krone« pcnjnnt, wahrend es heisscn niuss : w7um Schwan

Auf S. 388, No. Z. 2} ist der erste Buctistabc ^1 nicht I lu Ic^n.

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V.

Die in Höchst, Nied und Umgebung gefundenen

antiken Münzen.

Von

F. Quilling.

So reich die Erj^ebnisse der in der Nieder Gemarkung im vorigen Jahre veninstaUeten Ausgrabungen im Allgemeinen gewesen sind, so gering war die Ausbeute an den neben den Zicgelstcmpeln besonders für Daiirung der Funde wichtigsten Monumenten, den Münzen: es sind deren w\ihrend der Ausgrabungen selbst nur zwei (No. 17 u. 31) gefunden worden.

Um so mehr war es, wenn das gesammte bis jetzt vorliegende Fundmaterial zur Verwendung kommen sollte, geboten, die bereits früher in Höchst, Nied und Umgebung gefundenen, in Privatbesitz daselbst und sonst zerstreuten Münzen zu sammeln und zu verzeichnen, so weit noch möglich, mit genauer Angabe des Fundortes und der Fund umstände. Diese Arbeit wurde sehr erleichtert durch das bereit- willige Entgegenkommen der verschiedenen Besitzer, welchen auch an dieser Stelle mein Dank hierfür ausgesprochen sei, '

Für einen Theil der Münzen wenn auch nur einen geringen Hess sich der Fundort nebst den Fundumständen noch ganz genau feststellen, für einen anderen wenigstens noch im Allgemeinen ; beide Theilc, zusammen genommen, ergeben fast die Hälfte der gesammten überhaupt in Betracht kommenden Münzen. Die andere Hälfte ist nach Aussage der Besitzer zwar ebenfalls in Höchst, Nied und Um- gebung zu Tage gefördert worden, doch konnten Fundort und Fund- umstände meist gar nicht mehr, vereinzelt nur sehr unsicher an- gegeben werden; jedenfalls ist dieser Theil der Münzen wissenschaftlich nur mit grosser Vorsicht zu verwerthen und zwar aus folgenden Gründen:

' Zu ganz besonderem Danke bin ich auch Herrn Gymnasiallclirer Dr. E. Suchicr in Höchst verpflichtet für seine thatkraftigc Unterstützung während meiner Arbeiten dortselbst.

- 34» -

1) Haben Einige der Besitzer neben den in ihrer Nachbarscl^ gefundenen Münzen auch andere gesammelt, auswärts Auktionen erworben und sonst. Es können infolgedcs: sehr leicht Verwechslungen der Münzen untereinander v gekommen sein.

2) Fand sich unter den Münzen der zweiten Gruppe eine grt Fälschung (No. 56). Hs ist dies schon an und lör sich bedenkhcher Umstand; dazu kommt aber, dass das Sti seinem Äusseren nach niemals wie man etwa annehn könnte in der Erde (vielleicht schon früher durch Verl dahin gerathen) gelegen haben kann, also irgendwoher erwort sein muss*

3) Machen die Mönzserien einzelner Besitzer durch die ununt brochene Reihenfolge der darin vertretenen Kaiser in ih; Vollständigkeit den Eindruck, als seien sie nicht etwa einz« und von verschiedenen Seiten nach und nach erworbi sondern als Gesammtheit auf einmal, als Theil eines grösser Ganzen.

4) Damit im Zusammenhange steht ein Moment, welches ein scharfen Unterschied zwischen der ersten und iinsrcr Grup markirt, hier aber nur angedeutet werden kann: Hier ». gleichmässige Vollständigkeit, dort eine grosse Lücke zwisch der Münze des Alexander Severus (No. 36) und den Consinntins I. (Ko. 38 ff.). Wir kommen auf diese nb( raschende Thatsache und ihre Erklärung weiter unten zurue

Aus den angeführten Gründen empfahl es sich, die beidi Gruppen nicht ineinander zu verarbeiten, sondern eine Scheidung d gesammten Münzen in zwei Abtheilungen vorzunehmen:

A. solche, welche sicher in Höchst, Nied und Umgebung gefundt

sind und deren 1 undort und Fundunistände (wenigstens ; den meisten Fällen) noch angegeben werden konnten,

B. solche, welche angeblich zwar ebenfalls in Höchst, Nied ur Umgebung gefunden, jedoch nur mit Vorsicht zu benutzen ^in^

Die verschiedenen Besitzer vertheikn sich auf beide Gruppe wie folgt:

A. Gymnasiallehrer Brotz' in Höchst.

B.u'.unternelnner B. Elzenheimer in Hanau. Kaulmann Lugenbühl in Wiesbaden.

' Merr H. i -t im I?csi:/e der \ o:i srincm Sclnvics^ervatcr, dem BauunteroehOK Herrn Kunz, ni den Jaiucn 1 0)7—^3 in Höchst gefundenen Mün2ca.

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Städtisches Museum' zu Frankfurt a. M. Museum zu Wiesbaden. Tischlermeister Schäfer in Höchst. Fabrikbesitzer Scriba in Höchst. Steuerrath von Winckler in Wiesbaden. B. Lackfabrikant Basten

Gastwirth G. Döft (»Krone«)

Spezereihändler L. Döft Höchst Gastwirth J. B. Hartmann (»Schöne Aussicht«) ^ Gymnasiallehrer Dr. Lina Tischlermeister Schäfer

Für beide Gruppen gebe ich im Folgenden je zwei Tabellen, die erste chronologisch, die zweite nach den Besitzern angeordnet. Letztere wurde beigefügt, um einen Oberblick zu ermöglichen, ein- mal Ober das Gepräge der einzelnen Sammtungen (woraus sich, wie wir gesehen, wichtige Schlüsse ergeben können), zweitens über deren augenblicklichen Bestand, von welchem dann die später erworbenen und später zu bearbeitenden Münzen leicht zu trennen sein werden.

Den Beschluss bildet ein fünftes Verzeichniss, in welchem die Münzen soweit möglich nach Fundorten (mit den Buchstaben q— z vgl. die zu der vorhergehenden Abhandlung des Herrn Prof. WolfT gehörige Karte angegeben) unter genauer Mittbeilung der Fund- umstände, soweit sie noch bekannt waren, zusammengestellt sind.

' Der Bestand des Frankfurter Museums an H&dister MQnzen setzt sich ni- sammen aus:

8 Stück (No. 7—9. II. IJ.), wclclie Herr nnuuntcmclimcr Seide! in

Höchst ihm in libcraUter Weise zum Geschenk machte,

I (No. t7.)t Geschenk des Herrn Prof. G. WolflT.

I (No. }!.), Geschenk des Herrn Domänenrath Thalcr in HöchsL

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Nicht aufgenommen in vorstehende Verzeichnisse' wurde eine Münze, deren Bestimmung nicht absolut sicher ist; ich halte sie flQr einen Alexander Severus» ebenso Herr Prof. B. Pick in Zürich;* doch ist nach des letzteren Meinung bei der schlechten Erhaltung des Stückes die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass sie dem Elagabalus oder alleD&lls dem jugendlichen Caracalla angehört. Ich gebe diese Münze, da sie meines Wissens bisher noch nicht publicirt ist, in mechanischer Reproduktion auf Tafel II vergrössert wieder; neben dem Lichtdruck befindet sich eine von Herrn Ingenieur Wehner' ausgeführte Federzeichnung in natürlicher Grösse zur Verdeutlichung der Typen und fiuchstabenvertheilung.

Beschreibung: [IMPJCM AV XAND AVG Beiorb. K. n. r.

R. GENlCOL?JCRE Genius mit Schale und Füllhorn n. 1. stehend.

Die Münze gehört also nach Cremna in Pisidien.

Was nun die Beobachtungen und Folgerungen betrifft, zu welchen man bei eingehender Betrachtung der gegebenen Zusammenstelkmgen £,'clan^t, so sind dieselben nur von geringer Bedeutung, wenn anders man nicht den sicheren Boden verlassen und sich zu allzu gewateten Hypothesen verleiten lassen will. Es sind eben zu einer richtigen Beurtheilitn^' des bis ]et/t aus Höchst, Nied und Umgebung vorliegenden Münzcnmateriali. immer zwei Punkte im Auge zu behalten: einmal der, dass die Anzahl der wissenschaftlich verwerthbaren Mün/.en nur eine vcrhaltnissmassiu geringe ist und ferner, dass alle diese Münzen nicht planmassigen und erschöpfenden Ausgrabungen entstammen.

' S.imnitlichc darin .luft^cfüliric Mimzen kenne ich aus Autopsie und habe ich selbst bcNtiinmt mit Ausnahme Jcr im Museum Wiesbaden und ir; Jer I,u;;cnbuhr- sdicn .Sammlung befindlichen. Doch hat mir Herr Dr. FIorschQtz treundhchst ein Ver- zeidiiiiss der in beiden Sammlungen vorhandenen, für mich in Betracht kommenden Münsen zur Verfikgung gcstelh, worin dieselben nach Bestimmung n des stets sorg- fältig arbeitenden Herrn Isenbeck .iufL'Cf'fihri sind; Idt li.ibe tiic^es \'cr/ei^:hIn^s, welches nach der ersten Aut läge von Cohen citirt, nach der zweiten /Vuriage dieses Wcrkei umgeändert. Ebenso wie Ur. Florschütz gebe auch ich in Klammern hinter der Beschreibung jedesmal die Katalognummem der im Museum zu Wies^ baden befindlichen Exemplare.

* Für wichtige Mittheilungen bezüglich dieser Münze sowie der Nummern 55 und 60 spredie ich Herrn Prof. Pick auch hier meinen verbindlichsten Dank aus.

' Herrn Wehoer bin icli ausserdem fax Überwachung der Reproduktions» arbeiten tu lebhaftestem Danke verpflichtet

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sondern einzelnen, gelegentlich gemachten Funden. Erst wenn die fu die nächste Zeit in Aussicht genommenen grösseren undsystematischei Ausgrabungen daselbst zum Abschlüsse gelangt sein werden, ers dann wird man durch Heranziehung des gesammtm Münzenmateriale zu bedeutenderen und endgültigen Resultaten gelangen können.

Immerhin lassen sich auch jetzt schon zwei Ergebnisse als ge sichert betrachten:

1. Bei einer genaueren Betrachtung des Verzeichnisses No. J muss es, wie schon oben angedeutet, aufiEallen, dass siel zwischen der Münze des Alexander Severus (no. 36) un- denen Constantins I (no. 38 ff.) eine grosse Lücke finde (der eine ref^i us no. 37 kommt dem gegenüber kaum it Betracht). Diese Lücke kehn nun aber regelmässig wieder ii sämmtlichen Verzeichnissen der Münzfunde an Limesplätzen. Zuletzt hat Herr Prof. Wolff in seiner Abhandlung »Römisch Totenfelder in der Umgebung von Hanau« (Westdeutsch Zeitschr. f. Gesch. u. Kunst II (1883) H^*^ 4 P^g- 4^6 tf.) au diese Thatsachc hinuewiesen und dafür a. a. O. eine ausser ordentlich ansprechende HrklärunL' .luf Grund der damalii^ci H;indclsvcrhaltnissc t^t\i;cben. Seine Vernnuhung erhalt durcl unsere Zusamnicnsicllung der in Höchst etc. gefundenci Münzen ihre volle Bestätigung.

2. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass sämmtliche Stellen, ai welchen bis jetzt Munzfunde gemacht sind, in einer Rtchtuni von Ost nach West liegen und zwar dermassen in gerade Linie, dass die Vermuthung gerechtfertigt erscheint, es se dort eine römische Strasse zu suchen. Herr Prof. Wolff is auf Grund anderer Beobachtungen zu derselben Annahnw gelangt und ein Stück dieser Strasse, genau in der ange gebenen Fluchtlinie liegend, ist auch wirklich früher zu Tagt gekommen in dem Hofe des Herrn Eisenhandler Brende gehörigen Gebäudes (Ecke Hauptstrasse und Homburgerstrasse bei Erdarbeiten, welche unter Leitung des Herrn Seidel daselbs stattfanden. Der Fundort q liegt genau in der Verlängerung dieser Fluchtlinie nach Westen zu.

* Der Urostand, dass dies bei Gruppe B nicht der Fall ist, spricht g^et ihre Zuverliasigkeit (vgl. den unter no. 4 bei Beleudituog derselben angefäbncr Grund)w

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Nach den längs dieser Strasse gemachten Funden darf man schliessen, dass schon in der frühesten Kaiserzeit* Niederlassungen daselbst bestanden, dass solche noch in der letzten Zeit römischer Herrschaft, ja noch sp&ter dort exiscirt haben und von den »unter germanischer Herrschaft zurQck- gebliebenen Romanen« besiedelt waren.

Diese beiden Schlussfolgerungen sind meines Eraclitens die ein- zigen, welche mit Recht aus den oben gegebenen Zusammenstellungen zu ziehen sind; alle anderen würden zu sehr in das Gebiet der Hypothese 'gehören und müssen daher unterbleiben. Ist es doch auch nicht der Zweck dieser Zus;\mmenstelUingen, zu epochemachenden Resultaten r.u führen, sondern der, das bis jetjrt in Höchst, Nied und Umgebung an Münzen zu Tage geförderte Material lest zulegen, es zu retten und zugänglich zu machen für eine wissenschaftliche Ver- -werthung.

' Dass die an den beieichiieten Fundstellen entdeckten Münzen auch wirklich

zu Rückschlüssen auf die Zeit, welcher sie ihrem Gepräge nach 4ngch(^ren, berech- tigen und dass sie nicht etu;i vpitcr durch irgcndwclclieti /ul ill in den Bovien gc- ratben sind, beweisen die FundLm):>tandc, namentiicii die iiuisachc, dass samnitliclie Münzen der früheren Zeit in einer Tiefe von 2—) m, die der späteren meist nur I m tief gefunden worden sind.

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Kleinere Miitheiiungen.

1. Die Anfange der Porzellan-Fabrikation in Frankfurt a. NL

Von Stadurdüvar Dr. R. Joag.

Als 17 II Johann Friedrich BOttger in Dresden den Chinesen die

Fabrikation des Porsellans nacherfunden hatte, entstanden bald eine ganze Reihe kleinerer oder grösserer Manufakturen in Deutschland, von denen nur die Fabriken von Meissen, Wien und Berlin ihr Dasein bi« auf un'^ere Tage fortführen konnten. Die Meissener Anstalt war dit Stammmutter, ihre älteste To« hier war die W iener, die Zweitälteste dit Höchster Fabrik. Von der Bedeutung der Manutaktur im benarhiiarten Mainstädtchen hat vor einigen Jahren Herr Ern^t Zais in einem irefT- liehen, schOn ausgestatteten Werke eingehende Nachrichten gegeben,' von der Schönheit ihrer Erzeugnisse können wir uns an der stattlichen Anzahl der Höchster Porzellane in unserem historischen Museum noch heute überzeugen. Mit berechtigtem Stolze mag der Frankfiirter beim Anblicke dieser niedlichen Figtlrchen sich erinnern, dass Frankfurter Unternehmungsgeist und Frankfurter Kapital die Grtlndung der Höchster Fabrik zu verdanken ist. Die hiesigen Bürger Johann Christoph GöU/ und Johann Felician Clani«; vereinigten sich 1746 mit dem Techniker Adam Friedrich von Löwenfint ken. dem l.andsrnanne Höltgers, zur An- legung der Porzellanfabrik in Hörhst. welche die zahlreichen Neben- buhlerinnen in der unteren Maingegend weit tiberragte. Denn gerade unsere Gegend, die einerseits den Bezug billigen und guten Rohmaterials und andereiseits dank ihrer emsigen Handelsthätigkeit und ihren günstigen Verkehrsverhältnissen den leichten Vertrieb der Erzeugnisse gestattete, sah um die Mitte des vorigen Jahrhunderts eine ganze Reihe solchet Manufakturen entstehen und leider auch vergehen: aus der nächsten Umgebung seien nur Offenbach, Kelsterbach, Flörsheim, Weissenau, Neu-Hanau, aus der weiteren Frankenthal, Kassel, Fulda, Ludwigsburg

' Zats, Die Kurnuinziscfae Porzellan-Msaufsktur zu Höchst, ein Bdtrag zur Geschichte des deutschen Kuns^ewerbes (Mainz 1887).

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genannt.' Die ältesten dieser Fabriken wurden noch im 17. Jahrhundert gegründet und swar fOx die Hentelhing von Fayencen, welche der Sprachgebrauch damals ah Porzellan bezeichnete. Erst nach Böttgers Erfindung wurde diese BeflKchnung auf die durch ihn berühmt gewordene Masse beschränkt. Von diesen Ponellan* oder richtiger Fayence>Fabriken entstanden die Hanauer 1661. die Kasseler 16S0.

Nur wenige Tage vor der Gründung der HanaucT Fabrik wurde auch in Frankfurt der Vcrsiu h gemacht, die Fabrikation der Fayence in der alten Handelsstadt am Main einzuführen. Am 21. Februar 1661 wurde im Käthe das nachfolgende Gesuch vorgetragen : *

Wollcdcll, ge5.trc!ip, edle, vcst. hochgelehrt, wolfQr- Stchtig undt hochweisc, insondcrs grossgünstige, hoch- geerte und gebietende Herrn Schulteiss, Bfirgermdsier und Rhade.

Ew, Wohledel Gestrengen undt Herrlichkeiten beliebe Ihne imi Under- thcnigkeit anbringen /.u besscn, wass mas«.en wir underschribene aliiiesigc Einwohner unss entschlossen, wann es tnic i;w. Wohledel, Gestrengen undt Herrlichkeiten grossgflostigem Conseos zu erhalteti wdire undt uttss auflf die zweinzig Jahr sicherer Freyheit, dass unss kein anderen cinnichcn Eintrag thun dörffe, neben Verstattung einer hierzu erfmdercnder Few erNStadtgerechtigiikcit undt dass der Otien, an des«>eu \'crici'tigung überaus viel gelegen, weil solches fasset Ort Meistern unbekandt, garrcn (?) Hollendischer Maarer aufzurichten unss verguDstiget wurde, dass wir alhicr ein Porcellcnbadcherey annchten, ein gewisses Capital hiezu anwenden undt damit Wagenuss thun wollten, wann allein von Ew. Woledcl, Gestrengen und Herrlichkeiten wir bencben discs erlangten möchten, dass so wohl die ienige Materia, so wir hierzu gebrauchen, undt Materiau über dass, wo mit aeye iezunder belegt, in dass kOniitig mh femer AuiTlag nicht beswhen, alss auch unsern Director undt dessen Gesiodt, denen wir dieses Negotium acnvertrauwcn möcliten, gepen Ivrlegung eines billichcn undt erträglichen Bcysictzsgeh alhicr gelitten wurden, dass seyc sonsten anders geraeinncr Statt Bes werten nicht undcrwürthg sein mochten.

Nachdemahlen wir dann an unserem underthenigen Ort derf&r gehalten, weiln durch dergleichen Negotii keinem dnnkhen Menschen den geringste Eintrag!) oder Naclitheil mit bescluchet, hingegen aber Nahrungh undt Cewerb zu der Burgerschaäts besten vermehret, benebens auch gcnjeinen Stadt Khumb und Aufnehmen hiedurgh befordert wirdt, dass Ew. Woledel. GföUcngcn und Herrlichkeiten zu obverstandcnncr VergQostigung nicht al^eneigt sein möchten.

Weshalben Ew. Woledcl. (»e^trengen undt Herrlichkeiten wir hiemit gehorsaroblich ansuchen wollen, die geruhen grossgünstig unss nicht allein zu verstatten, dass wir in alhiesigem Tcrritorto ein dergleichen PorceUain>Backcrey anrichten, ein Inerau bequemliches Haus bestehen undt unss der Feuwers»

' Leber die Fabrik am letztgenannten One vgl. PfcilTer, Die Ludwigsburgcr Poraellaniabrik, in den WQrttembergischen Vierteljahrshdten für Landesgeschtchte,

Neue Folge, I, 241 tT., woselbst reichliche Anmerkungen Ober die Litteratur zur Geschichte der einzelnen F.ibriken zu linden sind.

' Rathssupplikaiionen des Stadiardiivs I, Jahrgang 1661.

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Gerechtigkeit bedienen mögen, sondern iinss bcvelen mit solchem Privile^ie unJt i ryheidt, dass in denen neclisi nach einander folgende zwcintzich Jahren der gleiclien Gewerb aihier Niemant sonsteo gebrauchen und aentange möge, ai» dass auch die Materia andt Materiate höcher, alss ietdcbf^ Zdt beschicbt. nicht ferner beleght, dann auch unser Dircctor undt Gcsindt gegen F.rlcgung eines biI!i,;Jien undt crtragliclK-! Schu;/i;clis f're\ wuhnen undt gelitten u-crda: möchten, verseilen unJt bitten auch unss dcs^wcgcn einen schrifftlichcii Schciti schleunigst, sinienialil ^ich die Arbeytsknecht ehistcu Tlugcn aul die Rcisj» erheben werden, eftheiten zu lassen, diesem obrigkeitlichen Favoor sein umb Hw. Edel. Gestrengen undt Herrlichkeiten wir andernwertigh in Underthenidi- keidt erbietig undt willigst, alss wir ohne dem verbleiben

Es handelte «r.h somit um die Einführung eines ganz neuen Gewerbes in die Stadt« für welches die Bittsteller auch ganz besondere Ver-

i^Unstigungen seitens des Rathes beanspruchen. Die wichtigste dieser Vergünstigungen ist der monopolistische Betrieb auf die Dauer von 20 Jahren, der das junge Unternehmen vor jeder Konkurrenz «rh(tt/er sollte : weniger von Bedeutung und fUr den Rath Icii hier zu erfüllen sind die Gesuche um eine Feuerstätte, um billige Sc hutzlxdingungen für das Personal, um Versthonung mit Abgaben, welche das Rohmaletial für die Fabrik und deren Erzeugnisse vcrtheuern. Von Interesse ist lOr uns noch die Angabe der Gesuchsteller, dass es zur Errichtung des Ofens eines holländischen Maurers bedarf, dass also die erforderlichen technischen Kenntnisse hier und in der Umgebung fehlten.

Auf diese Eingabe fasste der Rath den nachfolgenden Beschluss;

Alss Daniel Rch.iu'c' vor sich undt im Namen Jacobus von der Wallen gebetten, ihnen iISuc eint- Feucrsiäti undr Pi:rce!b!n-Backerc\ uff 20 Jahr der- gestalt ^u vergönnen, dass in solcher Zeit dergleichen keinem andern vergönnet undt die Arbdtere bey einem leidlichen Schutzgclt geiasen werden aiödiien: sollen sich die Herrn Burgemieistere der Umbstände mehrers erkundigen undt mh ncchstem referiren.

Dieser vorsichtige Beschluss des Frankfurter Rathes, der in Hin sieht auf die Begründung einer neuen Industrie in der Stadt und auf die von den Unternehmern geforderten Gegenleistungen des (iemeinwesen«. nicht ungerechtfertigt erscheint, wurde von P.ehaghel und seinem Sc hwager von der Walle offenliar al< Ablehnung uufgefassi. Denn nur wenige Tage später, am i. Mar/. i66i, wandten sie sicii mit dem gleichen (le=iKbc an den Rath der Neustadl Hanau. Hier hatte sich durch die in der /weiten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts erfolgte Einwanderung zahlreicher Wallonen und Niederländer eine bltlhende industrielle Thstig* keit entfaltet, welcher die Verwaltung der Stadt wie auch der I^andes* herr allen Vorschub leisteten. Die Vorbedingungen fbr die GrOadung eines industriellen Unternehmens waren hier gleich günstige wie in der

Rw. Wolledel, Cesfengen undt Herrlichkeiten

underthemghe gelujrsame Scbutzverwante Daniel Behaghd in meio alss meines Swafers Jacobus von der Wallens Nähme.

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Handelsstadt am Main, die Freiheit in der Führung eines solchen bei dem Entgegenkommen der Behörden eine grossere, die Kosten des Grunderwerbs und des Baues der Fabrik sowie der Lebenshaltung der Angestellten geringere. Das Gesuch an die Stadt Hanau, nach welchem die Bittsteller in dieser Sache schon verschiedene Reisen in Sachen ihrer Gründung nach den Niederlanden untcrnotntnen hatten und auch Ober ein Kapital von 6oon fl verfügten, ging auf Oewährung eines Privilegs ftlr die alleinige Fabrikation auf 25 Jalire, Zollfreiheit fUr den Import der Materialien und den Kxport der Fabrikate, Erleichterung der bürger- lichen Leistungen für das Personal der Fabrik also ungefähr dasselbe, was die Bittsteller von dem Frankfurter Rathe begehrt hatten. Die von diesem mit misstrauischer Vorsicht betrachteten Unternehmer wurden in Hanau mit offenen Armen aufgenommen; bereits vier Tage nach Einreichung des Gesuches wurde von dem Grafen Friedrich Casimir von Hanau das Privileg unterfertigt, kraft dessen Daniel Behaghel und Jakob von der Walle ihre Fabrik in Neu^Hanau gründeten.

So wurde Frankfurt in der Fabrikation der Fayence von der kleinen Nachbarstadt uberholt ; aber bald darauf muss auch hier ein derartiges Unternehmen entstanden sein. Die erste Spur einer hiesigen Porzellan- fabrik findet .si( h in einer Notiz Lersners, ' laut welcher am 19. Januar 1713 ein »Porcelain-Mahler in dem Porcciain HolTc \ on einer Stiege abstürzend \LTunglUt;kte. Dieser Porzellanhof lag auf dem (irundstttcke Lit. B No. 213 der Stclzengasäc, die Erinnerung an ihn lebt noch heute in dem Namen der nach ihm benannten Gasse fort.' Nur wenig ist Ober die Geschichte der Fabrik in dem Hofe bekannt. Noch 174t wird in diesem eine Fabrik erwähnt, aber nicht, was diese Fabrik erzeugt. Die Frankfurter Porzellan^Fabrik wird in den dreissiger Jahren des vorigen Jahrhunderts als Konkurrentin der Hanauer genannt. In der 1747 erschienenen Beschreibung Frankfurts von J. B. Müller wird der Fabrik nach den Seiden- und Tabak- Manufakturen an dritter Stelle gedacht: »Na« h diesen ist die Tor« ellain-l-'abric, worinnen vieles Por< ellain wohl gemacht und vieler Orten hin verführet wird.« 1773 wird .sie nodi als Konkurrentin der Hanauer Fabrik von dem BesitÄcr derselben in einer Eingabe an seinen Landesherrn erwähnt. In den 1786- 1 / öS erschienenen Beschreibungen der Stadt von Moritz, Faber und Gercken wird unter den hiesigen Fabriken keine Porzel1an>Fabrik mehr genannt; sie war

Chronik II, 825.

' Das Bürgcr-Rcceptionsprotokoll der Neustadt Hanau m 1736 SAgt von dem Porzcllanbrenncr Philipp l-'riedrich Lav . er i^t 50 j.iliic \ou 1 Luise weg. binnen welcher Zeit er /u iTanckfuri in dem dasigen l'orcellain-Hauss gewesen«; wenn diese Angabe wörtlich genommen werden darl, so hätte die hiesige Porzelbnlabrik *»chon etwa 1706 bestanden.

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alio damals bereits eingegangen. Im Haadelskalender von 1771 dem ältesten mir bekannten werden die Porseltenwaaren-GesdiMfte Carl fiebagel, HöcUein, Jordis und Dilges au%ef)lhrt; sie handeln mit Dresdener, Ostindischen, Frankenthaler und Höchster Fabrikaten, aber nicht mit Frankfurter. So ist uns von der hiesigen Fabrik ni« ht> weiter als die Existenz in der ersten Hälite des vorigen Jahrhunden- bekannt, (iern wtlrden wir diesen Mangel an Nachrichten verschmerzen, wenn wir uns noch einiger Krzeugnisse dieser vaterstädtischen Industrie erlreuen könnten; solange aber die Marke der Frankfurter i-aunk noch nicht festgestellt werden kann, sind wir lediglich auf Vermuthungen angewiesen. '

Wir kehren zu den zwei Männern zurück, welche 1661 den ersten Versuch machten, in Frankfurt eine Pondlan-Fabrik so begründen. Beide sind interessante Menschen.

Die Familie Behaghel gehörte zu jenen Auswanderern, welche durch die kirchliche Reaktion der spanischen Gewalthaber um die Mitte des sedissehnten Jahrhunderts gezwungen wurden, ihre Heimath, die süd- lichen Niederlande und das nördliche Frankreich, zu verlassen. Der Zuwachs an Bevölkerung, welchen diese Auswanderung dem westlichen Deutschland brachte, war zwar gering an der Zahl, aber reich an Werth und Bedeutung. Ueberall, wohin sie sich wendeten und ihre Sonder- gemeinden begründeten, rief ihr Gewerbfleiss neue Industrien ins I.el en oder gab den bereits vorhandenen einen frisc hen Aufschwung. Eine der bedeutendsten niederländischen Kolonien entstand in Frankfurt .im Main. In dem Verzeichniss ihrer Angehörigen vom &. Juli 1560 finden wir auch »Nicles Behagele, Jaquemeyn seyn weyb, 1 raagt;a bereits am 30. April hatte er den BOrgereid geleistet und das Burgerbuch nennt uns auch Sund und Heimath; er war ein Handelsmann aus Kemmel bei Yperen. Er ist bald wieder von hier verzogen; 1573 wird er nicht mehr in dem Verzeichniss sdner hiesigen Landsleute erwähnt ; von den Schicksalen dieses Zweiges der Familie ist mir tlberhaupt nichts bekannt. Einige Jahre vor dem ersten Behaghel war auch der erste Walle nach Frankfurt gekommen; das BUrgerburh verzeichnet unter dem 13. März 1556: Johann und Rupert \on Wall aus St. '^h(>ma«^, welche beide dun h Heirath mit Burgcrstöchtern das Frankfurter Bürgerrecht erwarben. Diese Familie pflanzte sich io Frankfurt fort.

' Nur vermuthlich darf ein im Historischen Museuni betindlicher Fayence- Knig. dessen Boden mit »Johsna Carl Auer 174s s Fraokfurdi« beieiefanet ist und

Jer einen in R'.iu .uifgcni alten Adler mit F auf der Brust trägt, als Erzcugniss der hiesigen Fibrik betraciitct weiden - L'cbcr die beiden bedeutenden Frankfurter Porzellanmaler Kunuc vgl. Hüsgens Artistisches Magazin S. }j6 if.; dass sie in der hiesigen Fabrik gearbettct haben, in nicht bdtannt

t$6» fluchtete Jakob Behaghel aus der Gegend von Nieukerken, Waraeton und Amuuiti^res, welche Städte ebenso wie Kemmel zwischen Yperen und Lille, also an der heutigen Grenzscheide zwischen Belgien und Frankreich liegen, nach Norwirh in England nnd fand hier bald seinen Tod. Dessen gleichnamiger Sohn aber wanderte 1569 aus Nieu- kerken nach Frankenthal aus und gründete hier eine Familie, deren Zweige sich bald auch nach Hanau und Frankluri ausdehnten. Ein Enkel dieses Jakob Behaghel, des Gründers der Familie, war UDsn* Dmiel BdiagheL Er wurde am 18. November 1625 in Hanau geboren, heiratbete am 20. Kai 1654 in Mülheim bei Köln Magdalena v. Blas- tricht und starb am 15. A^l 1698 in Frankfurt Hiesiger Bürger ist er niemals gewesen, sondern nur Beisasse, Scbuts verwandter; seine beiden Shesten Brtlder dagegen waren die ersten Behaghel, welche 1638 bezw. 1641 das Frankfurter Bürgerrecht erwarben. V^icl ist von Daniel nicht bekannt. Seine Mutter war 16 v '^r^ Hieronymus Simons van Alphen aus Köln m Hanau eine zweite Ehe eingegangen ; eine Tochter aus dieser Verbindung, Johanna, heirathete 1655 Jakob van der Walle aus Rotterdam; der letztere war also der Gatte einer Stiefschwester Daniels und wie dieser niemals Bürger, sondern nur Beisasse in Frankfiut.' Aus den oben roitgetheilten Thatsadien haben wir eifthren« dass und in welcher Weise sich die beiden Schwäger zu geschäftlichen Unter- nehroungen vereinigten*

Bs werde hi^ noch ein kurser Blick auf das Schicksal ihrer gemeinschaftlichen Gründung, der Hanauer Fayence -Fabrik, geworfen. Nach vierzehnjährigem Betriebe, im Jahre 1675, bewarben sich Daniel Behaghel und Jakob \'an d«T Walle bein^ Grafen von Hanau tun die Erneuerung ihres Privilegs : in iluer Eingabe sagen sie, dass die Fabrik zwar der Neustadt Hanau vielen Vortheil bringe, ihnen selbst aber nur einen bescheidenen Nutzen getragen habe. Die Intriguen ihres Werkmeisters Johann Baly brachten ihr Gesuch zum Schdtem und verschafften diesem selbst im Jahre 1679 ^ Privileg auf iq Jahre. Nach Balys und seiner Wittwe Tode erlangten aber 1694 Daniel Behaghel und seine Stieftchwester, die inswiichen ihren Gatten Jakob van der Walle verloren hatte, wiederum das Privileg. Sie und ihre Erben betrieben nun das Geschäft gemeinsam bis 1727, in welchem Jahre Daniels Sohn Abraham und Schwiegersohn Gerhard Bieben ihren

' Ueber die Genealogie der vieiverzwcigtcu i amilic Behaghel gibt deren sStammbucfa« dngehcnde Auskunft; es wurde 17 12 von Isaak B. jua. in Frankfurt

angd^ und von Karl B. jun. ebenda 1744 fortgesetzt. Auch befindet sich noch eine Faycncc-Piattc mit dem Wappen des Geschlechtes, welches sich der Vater Isaaks 1710 aus Holland hatte mittheilcn lassen, im Besitze der Familie; dir Platte wurde nach der Unterschrift 171 1 angefertigt, das Wappen in Farben daraui ein- gebrannt, wohl dne Arbeit der Hanauer Fabrik.

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Anthcil an Henrich Sinions van Alphen, den damaligen Besitzer der van der VVaileschen Hälfte, verkauften. Die weitere Creachidite der Fabrik gehört nicht hierher.'

Und noch auf einem anderen Gebiete, das vom geschäftlichen Treiben weit ab liegt, treten uns die beiden Schwäger als innig ver- bundene Genossen cTit j^ri^en, Daniel Behaj^hel und Jakob van der Walle gehörten zu jeiicm Kreise f'roiiimcr Seelen, die sirh um den neu- berufenen Senior des Prediger-Ministeriums. Dr. rhilip)) lakol» S|)ener, schaaricn. Al.s am 20. AugiiMi 1677 V\ilbam Penn, der bekannte Quäker-Apostel, nach Frankfurt kana, wurde er von Jakob van der Watle vor der Stadt empfangen und hielt dann in dessen Wohnung eine eindrucksvolle Ansprache an die versammelten Gesinnungsgenossen. Fünf Jahre s|>äter ging aus diesen Kreisen die Frankfurter Kompagnie hervor, welche in dem I^nd Pensylvania in Aroerika, dem Besitztbume des Quäkers, Land ankaufte und dasselbe besiedeln wollte. Zu den ersten Mitgliedern und Landbesitzern in Amerika gelierten Jakob van der Walle und Daniel Hcha;:hc!. Sie selbst haf>en freilich die alte W elt niemals \ erlassen ; der ( lesi häftsfulirer der Gc-^cHm h.ift in Amerika war Kran/ i)aniel IMstorius, die dortige drtlndun^' Germantown. die erste deutsche Ansiedelung in den V ereinigten Staaten, bildet jetzt emen l'iieil der Riesenstadt Philadelphia.'

Daniel 1-Jehaghel und seinem bchwager Jakob van der V\aile gebunri auf alle Fälle das Verdienst, die Porzellan* oder Fayence-Fabrikation in Frankfurt zuerst in Anregimg gebracht xu haben. Die Familie fiehaghel ist seitdem der Porzellan^Branche bis auf den heutigen Tag treu geblieben: sie hat die Fabrikation in Frankfurt einführen wollen, hat sie dann in Hanau mit Erfolg betrieben, hat schon 1771 das grösste Porzellan- Geschäft in Frankfurt besessen und noch heute steht die Firma J. M. Be- haghel und Söhne an der Spitze der Frankfurter Porzellan^Geschäfie.

' M.1U vergleidie darüber die oben niehrtach benutzte Arbeit von Professur C. A. V. Drach in der »Deutschen Töpfcnseitung«, Jalirg. XXI, No. 42 ff.

* Vgl. Seldenstickcr, Die erste deutsche Einwanderung in Amerika und die

Gründung von Germantown 1685 (Pliiladclphia iH8}). Stricker, Die hktorischen Beziehungen von Frankfurt zu Nordamerika, in den Mittheil unpcn unserem Vereins V, 266 ff. Dechcnt, Johann Jakob Schütz, ein Frankfurter Liederdichter, in nChriittiichcu Welt« 1889 und im Kirchen-Kalender für die cvang.-iuth. Gciucinüe Frankfurt M. 1S90.

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s. Lessinys nMinna von Barnhelm'' und „Freigeist" auf der Frankfurter Bühne in den Jahren 17O7 und 176S.

Von E. MenUel.

Das bedeutendste theatralische Ereigniss des Jahres 1767 ist das Erscheinen von Lessings Lustspiel »Minna von Barnhelm.« Niemand hat den Werlli dieses Stückes klarer erkannt und gerechter c^ewUrdigt als Goethe. Er nennt dies Werk »die erste, aus dem bedeutenden Leben gegriffene Theaterproduktion von specifisch temporärem (lehalt, die deswegen auch eine nie /.u berechnende Wirkung that.« - Matte Lessing, als er zum ersten Male htlrgerliche Personen in das deutsche Schauspiel einführte, den steifen Alexandriner verschmähte und seine Gestalten die einfiAch natttrliche Sprache des Umgangs reden Hess, in »Miss Sara Sampson« eine tragische Familiengeschichte auf die .Bahne gebracht, so gab er seinem neuen Werke dadurch eine erhöhte Bedeutung, dass er die familienhaften Motive durchtränkte mit den politischen Elementen der Gegenwart und den Gegenstand des Lustspiels zum getreuen Spiegel der Zeitstimmung werden Hess. So ist »Minna von Barnhelm« wohl ein bürgerliches Lustspiel, jedoch zugleich auch ein historisches, ein im edelrten Sinne patriotisches Stück. Aus Lessings eignen Erlebnissen^ aus seinen unmittelbaren Anschauungen erwuchs dies Werk, dessen lebendigen Gehalt die Zeitgenossen solort herausfühlten.

^'ic 1755 „Miss Sara Sampson« einen ganz ausserordentlichen Erfolg erlebte und in verhältnissmässig kurzer Zeit die Runde (Iber alle deutschen Theater machte, so bahnte sich au» Ii »Minna \un Üarnhelm« sofort den Weg auf die meisten Buhnen. Bereits 1767 wurde dat. Stück in Hamburg, Berlin und Frankfurt a. M. mit grossem Beifall gegeben. Wie man bis jetzt mit Sicherheit annahm, gebührt Hamburg die Ehre, das Sittck suerst auf die Bretter gebracht zu haben. Die dortige Vorstellung fand muthmaasUch unter Lessings Augen, der damals Dramaturg des Nationaltheaters war, am 28. September 1767 auf der Bohne desselben statt Die berühmte und berüchtigte Frau Hensel spielte die Minna, EckhofT den Tellheini. die M^cour die Franzisca, Borchers den WirUi. Auch die übrigen Rollen waren in guten Händen. Wann die erste Auf« fuhrung von »Minna von Barnhelm« in Herlin stattfand, können wir nicht feststellen, keines Falls ging das Stück dort \ or dem Heginne der Wintcr- saison in Scene. Jedoch erst im Frühjahre 1768 erlebte dasselbe in Berlin seinen durchsc hlagenden Erfolg. Vom 21. März bis Ende April wurde es dort dreissig Mal bei stets vollem Hause gegeben.

Da bisher in Frankfurt keine frtlhere Aufführung von »Muiua von Bamhelm« nachzuweisen war, als diejenige von Ende Oktober 1767, so durfte man mit einiger Sicherheit annehmen, dass das Lustspiel hier wohl

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auch nicht eher auf die Bühne kam. Nun spricht aber ein neuerdings aufgefundener The«teraettel fUr eine bereits firtlher erfolgte hiesige Auf» ftohrung von Leasings Meisterwerk. Ehe wir dies fast 126 Jahre alte Programm in buchsubengetreuer Wiedergabe folgen lassen, diene Fol* gendes su seiner Erlilaterung.

Im Frdhling 1 767 erhielt der Theaterdirektor Josef v. Kurtz, der die Maske des oHcrnardono, eines tölpischen, luderlichen und dem Srapino in der italicnisc lien Komödie verwandten Gesellen srhuf und daher den Heinanien »Bernardona führte, vom Rathe der Reichsstadt Frankfurt die Erlaubniss, auf dem Rossmarkt ein Theater bauen zu dürfen. Die Aufrichtung dieses für die damalige Zeit sehr gut ein- gerichteten bretternen Musenlerapels erregte wegen der damit verbundenen »Tügend* und Feuersgefahr« bei der Nachbanchaft grosses Aergerniss, konnte aber trotz mehrerer Bittschriften an die Väter der Stadt nicht verhindert werden. Ehe die Ostermesse begann, war die «grosse Hatte« fertigt deren Aufbaq Kurts nicht weniger als 5000 Thaler gekostet hatte. Zum Entsetzen aller Anwohner, besonders eines auch als Schriftsteller thätigen Frankfurter Advokaten, Namens Johann Balthasar Kölbele, der den Rath immer wieder mit dern Ersuchen bestürmte, das Niederrei-jern der Hütte zu befehlen. Miel) diesel!>e dorh bis Knde Oktober 1767 stehen. Kurtz hatte .cute KUrsiirerher bei den \'ätern der Stadt; besonders suchte btin hoher (lönner. der Kurfürst Emmerich losef von Mamz. seinen Einfluss für ihn gellend /.u machen. Ivurti hclbst war, wie schon oben angedeutet wurde, ein ausgezeichneter, wahrhaft genialer Komiker, seine Frau Theresina, eine frühere italienische Tänserin, leistete als Columbine, Harlekinnetta und als Darstellerin naiver, lustiger Rollen VorsUgliches. Zu dem Personal der Kurtzischen Truppe zahlten ausser- dem einige sehr tüchtige Kräfte. Wir nennen hier nur den Heldendarsteller Bergobzoomer, den Charakterspieler Waitzhoffer, die später als Madame Sacco so berühmt gewordene nemoiselle Risrhar (Ric liard) und den jungen Friedrich 1-udwig S< hröder, welcher letztere kurz vor der Ostermesse von Kurtz in .Mainz als Tänzer und Schauspieler engagirt worden war.

Cilei« Ii nach Ostern 1767 wurde die neue, mit allen möglw hen Maöcliinenen und sonstigen dekorativen Hulfsmitteln fUr die damalige Zeit prächtig eingerichtete Buhne eröffnet. Die erhaltenen Kurtzischen Theaterprogramme, welche Vorstellungen vom April bis Ende Oktober 1767 anktmdigen, sind grosse Plakate, die leider nicht den Tag der Auffahrung angeben. Stets findet sich auf ihnen die damals Qbliche Form: »die Bühne wird eröffnet und auf derselben aufgeführt,« welche Bemerkung leicht zu dem irrthUmlichen Schluss verleiten kann, als ob die betreffende Vorstellung das £rÖffnungsstttck der Saison gewesen sei. Hiervon ist also abzusehen.

^^ ie eine Anzahl neu autgefundener Theaterzettel beweist, gab Kuitz wahrend seines Aufenthaltes in Frankfurt in den Jahren 1 767 und

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1768 viel mehr Schau- und Lustspiele, als seither aus Mangel an Nach* richten angenommen werden konnte. Freilich pflegte er daneben die

Bourleske, das Stegreifspiel und die Bemardoniaden.StUcke, in denen er meist durch komische Eingebungen des Augenblicks das Publikum zu stürmischem Beifall htnriss. Auch auf jedes ernste Stück folgte ein lustiges Nachspiel oder ein pantoniimisrhes Ballet, in welchen beiden der Harlekin stets seine tollen Possen trieb. Im Jahre 1767 brac hte Kurt/ verschiedene Neuheiten auf die hiesige Bühne, die erst kurz vorher im Hamburger Nationaitl»e<iter gegeben worden waren. Vm diesen Novitäten zählte auch Lessings »Minna von Bamhetm.« Wie Direktor von Kurtz aber auf dem Zettel bekannt macht, ftihrte er das Stüde Überhaupt zum ersten Male auf, war dies bis dahin in keinem anderen Orte gegeben worden. Die Frage ist nun, ob Kurts es wagen durfte, mit einer haltlosen Be- hauptm^ Reklame zu madien, oder ob er ihatsächlich die Wahrheit be> richtete? Da der Zettel kein Datum trägt, so lässtsich dies heute nicht mehr entscheiden, allein so viel steht fest, dass eine derartige Bekanntmachung den hiesigen Theaterdirektor in eine peinliche T.agc hätte bringen können, in Hamburg lebte ja der Dichter, der ihn leicht zur Rerhenschaft ziehen kcmnte und ohne dessen Genehmigung eine Auffuhrung der »Minna von Barnhelma in Frankfurt gar nicht denkbar war. Uebrigens macht auch der ganze Ton des Zettels den Eindruck der Wahrheit, er lässt sogar den Schluss su, dass Kurtz Ober die Entstehungsgeschichte des I^istspiels genau unterrichtet war. Das Programm zur ersten Frankfurter Vorstellung desselben lautet folgendermassen:

Mit gnädigster Bewilligung Eines Hodiedlen und Hodiweisen Magistrats der Kayscrl. Wahl-, Freien- Reichs- und Handel-Stadt Frankfurt Wird heute unter der Direktion des Herrn Josephs von Kurtz, als Entrepreneur,

Die neu-erbaute Schaubühne erOfnet und auf derselben aiifföhren: Hin ganz neues, hier und an keinem Ort noch vorgestelltes

Lust-Spiel,

In ungebunJner Rede und fünf Aul/uqen. Nur vor unsre Hohe, gnädig und geneigte Gönner und Kenner unsrer Schaubune

Auf diesen Tag aufbdulhen; Bedtielt:

Minna von Barnhelm,

oder

Das SoidateuglucK. Von Gotthold Ephraim Lessing. Personen :

Major von Tellheitn, verabschiedet Herr Waimhofler.

Minna von Bamhclm Madn« Rischarm.

Graf von Bruchsall. ihr Oheim Hr. Grünberp.

Fraiiciska, ihr Mädchen Madame von Kuru.

Just, BeiScnter des Majors Hr. Köppc

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Paul Werner, gewcsoier Wachtmeister des Majors .... Hr. BergdMOonier.

Wir liefern unsem Hohen, gnäJig und geneigten Gönnern und Kennern von imsrer Schaub&hnc ein Meisterstück des Herrn GotthoM Ephrum Lesang.

M.in sieht und liört in dem ganzen Stück nichts Geborgtes, sondern eine soldatiichc Denkimgsnrt, die sich selbst /i: einem Original m.ichct. Die C.ir.ictcur'- «-ind dj-ch- aus vollivOniiuen und sciion geschildert: der Major ein verdienätvuilcr, dudi durch Armuth verunglückter Mann, zeigt einen edlen Cacacteur, ohne Prahlerey; Minna von Bamhelni, ein junges Fräulein, aus Sachsen, xejgt 3ir Ichhaftes und nach ilirer angebohmen Landesart schertzvollcs und munteres \Ve«;en; Fr.mcisli.i cii .erliebtes und geschwätziges .Vlagdgcn, hat der .\utor auch vollkommen nach Saciiseu gebildet. Paul Werner, ein rcchtsclutTner zärtlicher Mann, der vor seinen Major Gut, Blut und Leben opfern will, schildert der Verfasser als einen edlen und redttsdufinen Freund und guten Soldaten; Soy wie die Rolle des Justs, der seinen Herrn aodi in dem L'nt^lück nicht verlassen will: Der ('haracteur de«» Winhs, eines intriguantcn Mannes, hat der Autor voiikommei], nadi emigen aul dergleichen Art m der grosM;ii Welt »ch beAndendc, geschildert. Das Stikb ist abwechsekid und voll UamUung. die Natur vollkommen nachgeahmet, und die Redensart Poetisch Prosaisdi, ein Stil, an welchem uns bereits ein (;c«'>ner. ein Wieland, ein Gcrstetibcrg, ein Schmidt etc. und .uulerc gelehrte ^l.iniier CJc^chni.ic!-; ni finden ^^elehn haben. Unser Lob wird nicht hinreichend scyn, das gebührende, dem Verlasser, zum Lohu seiner Verfassung, zu geben, seine MSihe su vergelten, da er 4 J«hre das Stück liegen gelassen, um täglich mit neuen Schönheiten 2U verbessern; Ndn ein all- gemeiner Ikyläll miiss ^ei:ic Arbeit krönen

Wir haben also heute die f!hre, /um crsienmale dieses Stück aufzutührcn, und unsem Hohai, gnädigen, geneigten Gouner luid Kciutcr damit tu unterhalten. Em Stück, wo wir uns schon mm Voraus nicht wenig einbilden: aber was werden wir uns nicht erst einbilden f wenn wir und das Soldaten>Glück von unsem Hohen, gnädigen und geneigten (Sönnern und Kennern sind mit einem Laut, mit einem gnädigen Beyfall autgenommeu wurden.

Preis deren Plätze:

Loge, im ersten und anderen Rang j 4 Personen 4 H.; Gallericn, im ersten und anderen Rang die Person i fl.; im Parterre die Petton 10 Batten, im dritten Rang die Person Batzen und im fünften Rang die Person $ Batzen.

Der Eingang in das llieater von der Cnssa aus in dk erste und andere Gallerie, wie auch denen Trogen i.st rechter Hand. Zu der dritten und vierten Galleric aber i:>t er linker Hand. Zu Ende des Schauspiels werden aut beiden Seite; Tbüren eröflhet, damit man desto be<]u«ner aus dem Schauplatz kommen liaiui. Die Billieter, welche man auf den heutigen Tag ablangen lisaet, werden den andern nicitt prashvt.

N. ß. Auf d.ts l Iteater wird niemand, weder bd der Probe, noch währcndau Schauspiele mit oder ohne Geld, gelassen.

Hin Gastwirth . . Line Daotc in Trauer Ein Feldjiger . . .

Mad. Koppe.

Hr. M.ivcr.

Herr Pul.

Nachriclit :

Den gänzlichen Beschluss machet ein neues Ballet: Genannt :

Die eifersüchtigen Bauern.

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Die Logen -Schlüä:»cl ünd zu bekommen auf der grossen Gollcngassen Lit. B. Nr. 6. in des Hrn. Hauptmann von Kahlden Behausung, bey dem Herrn Entreprcncur.

Der Sc)i.uipl.it/ ist auf" dem Rossmurkt, in dem ncuerbaulen Comoiddieil« Hauss. N. B. Der Anlang ist gewiss mit dem Schlage 6 Uhr.

Da sich im Laufe des Oktober noc^ zwei Aufführungen von »Minna von Barnhelm« auf der Kurtzischen Bühne nachweisen lassen und an- genommen werden darf, dass mindestens acht Tage zwischen jeder dieser Vorstellungen liegen, so muss das Lustspiel zum ersten Mal

entweder Ende September oder Anfangs Oktober in Frankfurt gegeben worden sein, l^is in die achtziger Jal^e des vorigen jahrluinderts kommt es nämlic h hier nicht vor, dass ein Sttlelt an mehreren Abenden hintereinander aut die Htlhne gelangte. Dies verbot damals die RiU k- sieht auf das \ erlüilinissnuii5.sig nit lu sehr grosse PiibHkuiu, das, wie die verschieden.sten Wanderprinzipalc in Bittschriften an den Kall» äussern, nur zu befriedigen war, wenn es jeden Abend etwas Neues gab. Lessings »Minna von Bamhelm« muss also einen grossen Erfolg in Frankfurt errungen haben ; denn sonst h&tten nicht in einigen Wochen »auf vieles Verlangen« drei Vorstellungen davon stattgefunden. Die Besetzung der Rollen ist stets die gleiche. Es fehlt Riccaut de la Marlini^re, dessen Partie jedenfalls gestrichen war, weil keiner der Schauspieler die fran- zösische Sprache beherrschte. Der junge Friedrich Ludwig Schröder !^rach zwar gut französisch, allein er unterzog sich im Herbste 1767 einer Kur bei einem hiesigen Arzte. Dr. HofTmann, weither l'mstand muihtnasslich mit dem Fehlen der Rolle zusammenhängt. Alu r Schröder hielt sich doch in Frankfurt auf, er wurde zweifellos von seiner Mutter und seinem Stiefvater A( kermann Uber die ihcalralischen ^'orgänge in Hainl)urg genau unterrichtet und würde sicher bei seinem gerechten und muthigen Naturell, wie es ja auch bei einem anderen Anlass vorkam, gegen sdnen Direktor aufgestanden sein, wenn dieser die Ankfhidigung der allerersten Aufmhrung eines Lessing'schen Werkes grundlos in die Welt geschleudert hfttte. Es ist auch kaum denkbar, dass Kurtz, der sonst für einen sehr vorsichtigen Mann galt, eine solche Behauptung gewagt haben sollte, wenn er nicht den Beweis der Wahrheit antreten konnte. Dies wttre eine Reklame gewesen, die ihn leicht um die Gunst »der geneigten Gönner und Kenner« seiner Schaubühne hAtte bringen können. Gab es doch gerade zu jener Zeit eine grosse Anzahl an- gesehener Personen in Frankfurt, die sich für alle neuen Hühnenwerke sehr interessirten und au< h Uber die Vorgänge an anderen Theatern genau unterrit htet waren. Dass aber Herr son KLurtz von der .\uffuhrung der »Minna von Barnliciju« in Haniburg nichts gcwusst haben sollte, ist völlig ausgeschlossen. Er unierhielt lebhafte V^erbindungen mit dort, hatte ausser Schröder noch einige Hamburger Schauspieler bei seiner Truppe und bewies durch gelegentliche Improvisationen in den Possen

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dass er das BtthDenleben an anderen Theatern genau kannte. Als ein weiterer Beweis iUr die Wahrheit der Ankündigung »ein gana neues, hier und an keinem anderen Ort vorgestelltes Lustqiielc durfte folgende Thatsache gelten. Kurtz bemerkte es immer auf den Zetteln, wenn die Novitäten, die er brachte, bereits auf anderen Buhnen anr AufiUhning gelangt waren. Zum Beispiel finden sich auf den Programmen zu den Lustspielen »Der blinde Ehemann« von Krüger. »Solimann der Zweite« von Favart und »Das Cafe-Haus« von Hume Mittheihmgen über den Beitali, welchen diese Stücke bereits an anderen Orten erzielten. Auch der Zettel su dem Lustsi)iel »Medon oder die Rache des Weisen« von Professor Clodius in Lcij^zig erhillt den Vermerk : acfies Stock hatte das GlOck in Mainz, wie an jedem Ort, wo es vorgestellet wurde, mit einem gnädigen Bei&ll aufgenommen zu werden.«

Es durfte also kaum noch ein Zweifel darQber walten, dass Frank- furt a. M. diejenige deutsche Stadt gewesen ist, in der »Minna von Bamhelm« zuerst Uber die Bretter ging. Um so mehr gewinnt diese Annahme an Wahrscheinlichkeit, als Lessings Verhältnis'; ?um National- Theaier in Hamburg damals bereits einen gereizten Charakter trug und es ihm jedenlails nicht s< hwer werden Hess, das Recht der ersten Auffuhrung einem auswärtigen Theater zu uberlassen. Zudem war die von Kurtzische Gesellschaft eine der angesehensten Wandertruppen, und Frankfurt selbst eine Stadt, deren Bedeutung Air das deutsche Bllhnen- leben längst anerkannt war. Freilich wären noch mehr Beweise fllr die Premiere der »Minna von Bamhelm« in FrankAiit zu wflnsdien. hoffentlich werden dieselben auch noch gefunden. Glauben wir aber Kurtz einstweilen unbedingt, halten wir jeden Zweifel an seiner An* kUndigung fur ausgeschlossen, dann sind es beinahe 126 Jahre, dass »Minna von Bamhelm« in Frankfurt a. M. zum ersten Male in Deutsch» land aufgeftihrt wurde.

Seit der Premiere von »Minna von Barnheim« scheint man hier der Auffuhrung Lessing'scher Dramen mit grosser Spannung entgegen gesehen zu haben. Dies beweisen nicht nur die weiteren Vorstellungen des »auf vieles Verlangen wiederholten, hier zum erstenmahle gegebenen Lustspiels,« sondern auch die Darstellung von Lessings Jugendwerk »Der Freigeist«. Zwar wurde dies Stack nicht mehr 1767 in dem brettemen Theater auf dem Rossmarkte, vielmehr erst in der Ostennesse des folgenden Jahres in dem grossen, ftlr musikalische und theatralische Zwecke in damaliger Zeit vielbenutzten Saale im Junghofe aufgeführt. Obwohl sich Direktor von Kurtz eifrig beim Rathe bemühte, auch in der Ostermesse 1768 seine geräumige und im Innern prächtig ausgestattete Hude auf dem Rossmarkte wieder aufrichten zu dUrten, gelang es ihm doch diesmal nicht, den Einfluss der Gegner dieses Unternehmens zu Uberwinden. Aber trotz der Beschränktheil des Lokales und der ver- hältnissmässig sehr hohen Abgabe, die KurU an den Besiuer des Saales

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im Junghof, den Oberst von Bienentfaal, entrichten sollte, fligte er sich doch dem fllr ihn höchst unangenehmen Bescheid des Rathes und erOfinele »die Schaubahne im Junghof« beim Beginne der Ostenneise 1768 mit dem von Johann Benjamin GrOnberg, einem Mitgliede der Gesellschaft, verfassten neuen Vorspiele »Der Reiz des Frühlings oder die an dem Ufer des Majrnstrohms opfernde Schauspielkunst«. Diesem scenischen Prolog, der »auf einem herrlich aiis^^eschmückten und beleuchteten Schauplatz unter 'i'rompeten- und l'aukenschalhc aufgeführt werden sollte, folgte das rührende Lustspiel »Die Freundschaft auf der Probe« von Christian Felix Weisse. Bald nach der EruiiViung der Kurtzischen Schaubühne Junghofe muss dann die Vorstellung von Lessings Lustspiel »Der Freigeist« stattgefunden haben. Elf Jahre frtther hatte die Ackermännische Gesellschaft das Stock schon zweimal während der Oster* und Herbstmesse hier gegeben, doch diese Aufführungen «cheinen ganz in Vergessenheit gerathen zu sein. Wenigstens wuaste Direktor von Kurtz nichts davon ; denn er kündigte Lessings Erstlings- werk in der Ostennesse 176S für Frankfurt als eine Novität an. Wie schon oben erwähnt wurde, sind sämmtliche Theaterprogramme der \ on Kurtrisrhen Trn|>pc datumlo.s, auch der Zettel zum »Freigeist«, den wir mit dem Vermerk hier folgen hissen, dass er, wie aus seinem Druck und seiner Faföung hervorgeht, sicher aus dem Jahre 1768 stammt.

Mit gnädigster Bewilligung

Eines Hochedlen und Hochweisen Magistrats der Kaiserl. Wahl- Freien Reichs- und Handels-Stadt Frankfun

Wird heute

Von der von Kurtzischen Gesellschaft vorgesieliet

Ein neues althier noch niemals gesehenes

Lustspiel

In ungebundner Hede und lunl Aul/ügcn Betiteh: Der Freigeist. Von tessing.

Personen:

Adrast Herr Wahr.

Theophan, ein junger Geistlicher Harr Brockroann.

Lisiitor, Vster der Herr GrfiDbefg.

Juliane, Schwester der Mdlle. Risdur.

Henriette , MaJatnc von Kurt/.

Libette .Mdllc. Ingcrmannin, die ältere.

Ara^pe Theophans Vetter ... Herr Schwager.

Ein Wechsler . ' Herr Volbnann.

Johann, Bedienter des Adrast Herr Köppc.

Martin, Bedienter des Thcophans Herr PiaL

Nachricht

In der vorigen Zeit luben \\ir das vcrj-weifelndc Ende des Freigeists im Trauerspiel vun Herrn ilrave mit ailgemcincm ikifall vorgestellt. Heute aber

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erscheinet der Freigeist von Herrn Lessiofr im Lustspiele; Es w&rde lu sdundchel-

hafi seyii, wenn wir sagten, dass in dem heuti>;en Stücke die Charaktere so geschildert

sind, dass wir wenig dergleichen satyrische Lustspiele von dic<;er Art auf unserer deutschen Buikiic haben. Voltaire hat in seinem TariüHe vieles angebracht; doch Herr Lessing zeiget in seinem Theophan den rechtschaflenen und undgennützigen Menschen, w eichen er zum Gegensatz des Ffeydenkers gewihltt Die Verwicklung

dieses Stuckes wird viele Aufmerksamkeit verdienen. Lind da jede spielende Person nach seinen» (Jharaicter seine Roile spielen wird, so hotlen wir uns und deni Ver- fasser Ehre zu machen und unsere hohe gnädige Gönner mit diesem sJtynscheii Lustspiele «i vergnügen.

Den völligen Beschluss machet Das grosse Pamomimisdie Ballen^

Genannt :

Die verkehrte Welt, Oder:

Die bösen Weiber.

Preiss deren Platze. Auf denen Galierkn zahlt die Person i. fl., Amphidieater 12 Batten, Parterre 10 Ratzen, letzten Platz 5 Batzen.

NB. MB. Es stehen alle Logen offen, die nicht ganz bestellet sind, und kann

jedermann mit einein Gallerie-Billet von 1 ri. dahin gelangen. Wer aber eine ver- sperrte Loge vor sich allein behalten will, ist der Preiss 8 fl.

Die Bilüetter wie auch die Logen sind Vorinitt;igs von 9 bis 11 Uhr und Nachmittags von 2 bis 3 ühr in dem Junghof bei der Frau von Kunz zu bestellen und zu bekommen.

lX*r Antang ist um 5 Uhr.

Wie ein Vergleich zwischen den Besetzungen der verschiedenen Rollen im Herbste 1767 und im Frühling 1768 lehrt, waren inzwischen im Personalbestände der von Knrtzischcn Truppe grosse Veränderungen eingetreten. Der ] leklendarslciler Waitzhoffer hatte die (Jeselhc hafr verlassen, seine Aufgabe Ubernahm der Schauspieler Wahr, ein suu- ticher junger Mann, der hier zuerst grössere Partien gespielt zu haben scheint Bis zum Schlüsse der Saison 1767 finden sich swet Ehepaare Usler and eine Madame Denns auf den Zeltein, deren Namen später nicht mehr vorkommen. Auch Madame Waitahofier, die komische Rollen spielte, tmd eine Mdlle. Rockin werden auf den ICortxischen Theaterprograromen von 1768 nicht mehr genannt, ebenso fehlt von da ab der Name des später so berühmt gewordenen Friedrich Ludwig Schröder. Die schöne und begabte Mdlle. Ris« har theilte sicli 1767 noi h mit Madame Dcnns in die Rollen jagendli* her Heldinnen, während die crstere in dem fol_:^enden Jahre dies Fach allein beherrscht. Als /weite Liebhaberin trat Mdlle. Jngermann die ältere in die 1 ruppe. deren jüngere Schwester Kinderrollen spielte und im Ballet mitwirkte.

Den wichtigsten Zuwachs erfuhr die von Kurtzisdie Gesellschaft im Frühling 1768, durrh den später zu grossem Ansehen gelangten

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Schauspieler Brockinann, der damals ein junger Mensch von 23 Jahren war. Wie für Friedrich Ludwig Schröder so wurde auch für Brockmann der Aufenthalt bei der von Kurtzischen Truppe eine ernste Kunstschule. Brockmann trat zuerst in Frankfurt in der Eröflnungsvorstellung des Theaters im Junghofe als Nelson in dem Weisse*schen StOck »Die Freundschaft auf der Probe« auf und spielte als eine seiner nächsten Rollen den Teophan in Lessings Lustspiel »Der Freigeist.« Ausserdem wurde er noch mit einer Anzahl Partien betraut, die er auch drei Jahre später in Hamburg Übernahm, als er 1771 in die damals unter Srhroden? Leitung stehende Ackermann'si he Truppe eintrat. Damals fanden die Kollegen seinen Ton zu wemerlich '(Mnen Anstand zu geziert, ^eine AusspraHie dialektisch und iinvollkoninicn. Trotz dieser Unvollkonimen- heiten erkannte S< hröder in I'rockniann das hofTnunt,'svol)e Talent und weissagte ihm mit künstleris< hciu Scharfbink eine grosse Zukunft. An geistiger Bedeutung üheiragte Brockmann, dessen Rut später durch seine vortreffliche Hamletdarstellung begründet wurde, zweifellos seinen da- maligen Kollegen Bergopzoomer. Dieser soll nach dem Urtheil von Zettgenossen zwar sehr bahnengewandt, jedoch auch »ein grosser Effekt- Spieler und Coulissenreisser« gewesen sein. Bergopzoomer ist auch der erste deutsche Schauspieler gewesen, den man als Zeichen des Beifalls hervorrief. Dieser aus Italien stammende Gebrauch fand in Nord- deutschland in den 70" und So" Jahren des vorigen Jahrhunderts noch wenig Verbreitung, bildete si< h aber auch dort bald zu einer oft sehr störenden Unsitte aus. Brockmann war der erste deutsche Schau« Spieler, dessen feurige Hamlet- Darstellung in Berlin durch Her^'r>rruf belohnt wurde. Oh die Künstler bereits 1767 und 1768 in Krankfurt a. M. in der^ellien Weise ausgezei* hnet wurden, können wir mit Bestimmtheil nu;ht sagen. Da aber, wie aus den Hittschrifien der Nachbarschaft an den Rath hcrvorgelu, oft ein so lauter Jubel »n der »grossen Komödien- hotte auf d^ Kossmarkt erschallte«, dass die Anwohner dadurch gestört wurden, könnte man schliessen, dass der Gebrauch rauschender Beifallsbezeugungen damals auch hier schon Mode gewesen sei. Wir dtlrfen unseren Bericht Uber den Personalstand der von Kurtsischen Truppe in Frankfurt nicht schliessen, ohne zu bemerken, dass 1768 auch Brockmanns junge Frau bei derselben engagirt war. Sie scheint keine bedeutende Künstlerin gewesen zu sein, wenigstens trat sie damals nur in Nebenrollen auf. Auch die Namen der Herren Mayer, Volk- mann und Schwager treffen wir auf den neu aufgefundenen Kurtzischen Zetteln. Der letztgenannte Schauspieler wurde später ein bekannter Wanderprin/ipal in den Rhein- und Main-Gegenden.

Ob Ixssings T iistspiel »Der Preigeist« damals auch wiederholt niif^eführt worden ist wie »Minna von Barnhelm«, nitlssen wir wegen mangelnder Nachrichten daiun ;4estellt sein lassen. Iroudem die Per- sonen des Lessing's<hen Jugendwerks noch den stereotypen Figuren

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der französischen Komödie nachgebildet sind und des individuellen Lebens seiner späteren Gestalten entbehren, wurde das StOck doch noch oft in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Frankfurt mit groMeni

Beifall gegeben. Diejenigen Personen des von fnuuöaischen Mustern abhängigen Lustspiels, die Bedienten und Kammerzofen, welche nirhi nur die Vertrauten ihrer Herren und Damen sind, sondern auch gar oft der gebrechlichen Kunst der damaligen iJraniaiiker in der Entwicklung ihrer Siückc aufiielfen iuüi>sen, besassen durc h ihre meist sehr flotte Darstellung die Gunst des deutschen Publikums noch lange nach Lcssings Reformbestrebungen. Vermochte doch der grosse Kunstrichter selbst in seinen reifsten Schöpfungen die Wegspur ntdit au verlassent die er in seiner Jugend betreten hatte. Im »Freigeist« haben wir einen Johann and eine Lisette, die das grosse Wort fuhren und in die Handlung eingreifen: in »Minna von Barnhelmu finden wir den Just und die Franziska, welche letztere sogar die Stellung einer Freundin bei ihrer Herrin inne hat.

Welches Ansehen sich Lessing durch das Erscheinen der »Haro- burgischen Dramaturgie« in der theatralischen \\ elt Deutschlands erworben hatte, das beweist nicht nur die 1767 und 1 76S wiederholte Aufführung seines neuesten W erkes, sondern auch sein geistiger Einiluss aut' das künstlerische Programm der von Kurtzischen Gesellschart überhaupt. Bisher hattt der Direktor das Stegreifspiel, die Burleske und die Maschinenkomödie in seinem Repertoire sehr bevorzugt und sich in Bezug auf das ernste Drama der Autorität des französischen Geschmacks unterworfen« jeut fuhrt er immer häufiger deutsche Stacke und sogenannte nationalisine Bearbeitungen fremder Originale auf. Durch die aufgefundenen Zettel lassen sich 1768 nicht nur Vorstellungen von Dramen Lessings tuid Christian Felix Weisses, sondern auch Darstellungen von Bühnenwerken anderer zeitgenössischer Dichter nachweisen. Zuerst nennen wir von diesen Autoren die drei hoffnungsvollen, leider zu früh vcrstorl)enen Dichter Elias Schlegel, Joseph Franz von Cronegk und Joachim W ilheln^ von Brawe, dann Clodius, Krtlger und einige andere ungenannte Dramatiker. Zu den Letzteren sählt auch ein Frankfurter »Liebhaber der schönen Wissenschaften«, der ein Original>Trauerspiel »Die Corsen« oder »Die Liebe zur Freiheit« schrieb, das hier zum erstenmale 1768 in Scene ging. Der Stoff dieses Ruckes behandelt ein damals zeitgemtsses Thema aus der corsischen Geschichte, ist aber in ziemlich steife Alexandriner gezwängt. Direktor von Kurtz führte das Trauerspiel nach dem Manu.skripte mehrmals auf; ein Jahr später, 1769, erschien es. durch einen bcachtenswerthen Vorbericht emgeleitet, im Druck. .Auch hier ist der Name dieses Frankfurter Dichters leider nicht genannt.

Der immer n\ehr zu Tage tretende Unisf hwung nn Geschmack des Publikums, durch den in der Dramatik der siebziger Jahre eine folgenwichtige Wendung herbeigeführt wird» zeigt sich auch an der hiesigen beifiLlligen Aufnahme des sogenannten »weinerlichen Dnimssi

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(com^e lannoyante), dem Direktor von Kurte 1767 und 1768 ebenfalls grossen Raum in seinem Repertoire gewährte. Das Diderot*sche Schatt- spiel »Der Hausvater« (Lc p^re de fatnllle) wurde in dieser Zeit mehr- mals gegeben, auch von dem Drama »Eugenie« von Beaumarchais lassen sich drei Aufführungen feststellen. Dies Drama ging am 29. Januar 1767 in Paris zum ersten Male über die Bretter und wurde dort bis Anfang Mai zehnmal aufgeführt. . Bald darauf erfolgte seuie Uebersetzung in die meisten Kultursprachen und seine Vorstellung auf vielen ausländiäi.hen Bühnen. Die Frankfurter Premifere des Rührstücks »Eugenie« in der Ostermesse 1768 war wohl eine seiner ersten Darstellungen in Deutsc h- land, wenn es nicht überhaupt die erste gewesen ist.

Dass auf der Kurtsischen Btthne nach wie vor neben den ernsten Dramen auch lustige Stücke aller Art aufgeführt wurden« versteht sich von selbst. Ebenso mirden zwischen den einzelnen Akten dtt »seriOsen Produktionen« und am Schlüsse derselben heitere Zwischen* und Kach> spiele, die oft recht derbe Titel fuhren, zur Darstellung gebracht. Es geschah dies, wie es auf einem Zettel heisst, um »die fUneberen Im- pressionen derer geneigten Liebhaber wieder ein wenig zu refraischiren.« Die stärkste Anziehungskraft unter den auf dem Kurtzischen Theater gegebenen ii n lcsken übten die Bernardoniadcn aus, in denen der Direktor seü'st in der kuinis< hen Maske des Bernardon das Publikum durch seine kecken, doch stets anständigen Witze belustigte.

y. Zur Erinnerung an Dr. med. Wilhelm Stricker.'

Von Dr. med. & Cohn.

Nun ist selbst dem alten Biographen der medizinischen Wissen- schaft die ßeissige Feder entfallen, die seit (hnf Jahrsehnten die Verlust- liste der Naturforscher und die Würdigung derselben so peinlich genau und gewissenhaft zu geben wusste» und er selbst in den dunklen Schatten des Nachrufs getreten!

* Aus dem »Berichte der Scnckcnbcrgischcn naturforschenden (iesellschatt lur 1891« mit Berichtii:una;en und Zii-^ntzcn abgedruckt. Die Jon beigefügte Biblio- graphie der Strickcr .sclieii Arbeilen ist hier insofern abgeändert, als ein von Herrn Stadurchivar Dr. Jung ausgearbeitetes Verwichniss der Arbeiten Strickers aus dem Gebiete der Frankfurter Geschichte vorangestellt wird. Für dasselbe ist Vollzählig- keit angestrebt worden; sie ist aber bei Strickers sehr zerstreuter Tliätigkeii auf dem l-rnnkfurter Gebiete schwer crreiclicn. Für die sonstigen litterarischen Arbeiten Strickers gilt das zweite V'erzeichuiss, welches die wesentlichsten Schrillen Strickers auf anderai Gebieten aufieähht es ist dn nur wenig vennchrter Auszug aus der oben erwähnten BibKographie des Herrn Dr. Cohn.

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W illiclm Friedrit h Carl Stricker wurde am 7. Juni 1S16 zu Frankfut im Seiiioratshause als Enkel des Seniors der evangelischen Geistlicher Huiiugci geboren. Nach dem Tode seines Vaters, der im Hause Man^ kopf-Sarasin angestellt war. siedelte er von dem hiesigen Gymnasiun nach dem Kreuznacher Uber. Seine akademischen Studien begann ei 183$ auf Wunsch des Prof. Friedrich August v. Ammon, eine Vetters setner Mutter, der den Beginn seiner Studien überwachen wollte in Dresden auf der medico-< hirurgisrhen Akademie, »die zur Erlangung sowohl tllrhiiger f"eldsrhcerer bei der Armee, als auch andrer geschicktet Barbierer un<l Bader vor das Publikum« gegründet war. i80 ging i i nach Göttinnen und blieb dort bis 1838. die Vorlesungen von iSlumen bach, llimly. K. M. I.angenberk und Wöhler besucliend. Von der Landsleutcn traf er dort Heinrich üernhard Oppenheim, den späterer politischen PaMiaisten, Theodor Creisenach, den stud. jur. Meyer Karl V, Roths(*hild und war in enger Freundschaft K.arl Vierordt, dem Physio- logen, augethan. Die politischen Zustände des lindes warfen ihre Schatten in das Universitätsleben hinein. Entfesselte auch das loojähng« Jubilaeuin der Cöltinger Hochs« hule die helle Festesfreude der Jugend so blieb doch ein düsterer Hintergrund dem ruhigen Heobachter nichi verborgen. Denn längst war in Böttingen der Hoden, auf dem die Wissenschaft Mühen konnte, unteruühlt. Ks erlolgtc die Aiifhcl>iing de- Staatsgruiulneset/cs, der IVotcst und die A ns\v eisung der sieben Vro- fcssoren. Unter der neuen N luiar l)egeistcrler Siudenien, die Dahlmann. Jakob Grimm und Gervinus das Geleite von Witzenhausen aus gab, befand sich auch der Studiosus Stricker mit seinem Landsmanne Theodor Creizenach. der beim Uebergang auf das hessische Gebiet den Verbannten einen poetischen Abschiedsgruss zurief. Die darftigen poliklinischen An* stalten Güttingens befriedigten Stricker nicht, desshalb siedelte er zur Be- endigung seiner Studien nach Berlin über. Hier traf er alte Bekannte und I.andsleute: wiederum Oppenheim und Meyer Karl v. Rothschild sowit Gustav Passavant. Nur mit Mühe gelang es ihm, zum Exnmen zugelassen zu werden, da er ii nicht vier Jahre auf Uni\ ersitaten studirt hatte Die Erlaubnis erfolgte auf die Wrwendung \i>n Joliannes Müller unici der feierlichen Hedingiuig, nie jn IVcussen als Arzt zu praktiziren. Mit der Dissertation »Evolutionis auris per animalium Seriem brevts historia«. einem Abschnitt aus einer Gottinger Preisbewerbungsschriflc, wurde die Promotion vollzogen. Unmittelbar nach derselben trat er eine Keise narh Italien zur Begleitung eines rekonvaleszenten jungen Frankfurters an. l>as Bewusstsein glücklich vollendeter Studien, die Brust von Hoff- nungen geschwellt, das Auge geschärft für die Schönheiten der Natur, alles vereinte sich, um die Reisceindrn< ke zur harmonischen VoHenduni; /u gestalten. Ihre Erinnerungen sind der Schmuck seines Lebens ge- bliei ien, dem er in Wort und Schrift gcluildiiLjt hat. 1 S40 kehrte er nai Ii Berlin /urü<.k, wo mit Schoniein ein frischer, belebender Hauch in djt

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klinischen Hallen eingezogen war. Nach einem kurzen mit Ch. £. Neeff gemeinsamen Aufenthalte in Paris im Sommer 2841 nahm er bei Prof. V. Ammon, der sich von der Praxis zurttckziehen wollte, die Assistenten* stelle an, unterwarf sich dem sächsischen Staatsexamen und erlangte das Dresdner Rnrgerrerht. Aber vergebens war aller Liebe Müh'; die Privatpraxis des Prof. v. Ammon war inzwischen seinen früheren Assi- stenten zugefallen. Die unfreiwillige Müsse verwandte er trcfnii h. indem er sich der Politik und Littcjratur zuneigte. Kinc Zaiil hcrvorragcnfk'r politist her Kräfte hatte sich nach Dresden gc/ogen. An ihrer Spille Arnold Rüge, unter ihnen Bakunin, I5iederniann, Robert lihmi. Die Frucht jener Anregungen iur Stricker waren die von nationalem Geiste angehauchten Artikel in Biedermanns Monatsblättern : die Sprachmengerei der Deutschen, Uber die Ursachen der Beschrilnkung des deutschen Sprachgebiets, ttber Kolonisation und Auswanderung.

Gleich im Beginn der ersten Arbeit bekennt sich der Verfasser zu dem Bestreben» mit gewissenhafter Vermeidung aller Fremdwörter die Sprache in ihrer Reinheit zu pflegen, dem zu entsprechen er sich in urofangreirher schriftstellerischer Wirksamkeit bemüht hat. Ueber der journalistischen Thätigkeit war die Berufswissenschaft nicht vergessen worden. 1841 war sein Reisehandbuch für Aerzte und Naturforscher zugleich ah Vorlni« h eines W ürterbuches der medicinisrhen (Geographie erschienen. Kiner Anregung des Prof. v. Ammon entsprossen, uiuer- niinint das \\ erk eine Ueber^i» ht des für den reisenden Arzt und .Nalur- lorsciicr V\ issenswerthen mit sorgfältiger Angabe der Littcratur. eine Zusanmmenstcllung der Bäder und Heilquellen, sammtlichcr Kranken-, Armen- und Arbeitshäuser, medicinischer oder naturgeschichtlicher l^br> Anstalten, der gelehrten Vereine und Zeitschriften, der geograpliisch, geologisch und mineralogisch merkwttrdigen Punkte in alphabetischer Anordnung. Es war eine Riesenarbeit, die mit Aroeisenfleiss aus den zerstreuten K.enntnis'ken in- und ausländischer Werke gesammelt war, und deren Zusammenfassung vielfach persönliche Anschauung oder örl- Ii» hc Krkundigung erheist hte. Noch war das wissensc haftlic he Vercins- lebcn Deutschlands zu sehr in den Anfängen begriffen, um fördernd in cJas Unternehmen eingreifen zu können, aber aurh das Wrständni.ss für die Wichtigkeit desselben zu wenig ausgebildet, um eine zahlreiche Mit- arbeiterschafl, wie deren sii Ii neuere Kompendien erfreuen, zu erniöi^lu l,cn. Vier Jahre später ers( hien euic zweite- Auflage. \\ ahrcnd die eiste nur Mittel- europa umfai>.Nt hatte, erstrec kte sich die zw eite über die ganze zivilisiricKrde, die Zahl der einzelnen Artikel war von to8oaufi9oo gestiegen. DieHoffnung des Verfassers, ein Jahrbuch mit allen Neuerungen in dauernder Zeitfolge zu beschaffen, hat sich nicht verwirklicht. So ist das Werk stehen geblieben als ein rtthmliches Zeugniss für den unermUdeten, die gesammte Fach- iitteratur umspannenden Fleis.s des Autors, sowie als Baumaterial ftlr spätere, von der Gunst der Zeitgenossen in hdherem Masse getragene Unternehmen,

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1841 war von der Redaktion der »Annales oculistiques« in IkUss^il die Prclsaufgabe gestellt : »Determiner par les recherches d'anatomit pathologiqiie la nature et le si^ge de la cataracte.« Zwei Gründe bestimmten Stricker zur Betheiligung: die Erzielung einer physio- logischen Auflassung der Krankheiten des Linsensystems und die Aussicht, die Bekanntschaft mit der vollständig unbekannten Litteratur durch die Brüsseler augeoärztliche Zeitschrift in Frankreich einzufllhren, um die herrschenden irrigen Malgaigne'schen Angaben zu bekämpfen. Der Preis wurde am 13. September 1842 der Stricker 'sehen Schrift sowie gleichzeitig der eines Heilbronner Arztes zu gleichen Theiten zuerkannt. Aber er bekam weder die versprorbene goldene Medaille zu sehen", noch sein eignes Manuskript, noch Überhaupt irgend eine Antwort auf seine wiederholten Anfragen. So blieb der Preis ein pretiuni affectionis.

1844 verliess Dr. Stricker Dresden, um mit der rekonvaleszenten Gräfin Reichenbach -Lessonitz (der späteren Gräfin Bose) nach Italien zu gehen. Nach seiner Rückkehr im selben Jahre trat er in die Zahl der Frankfurter Aerzte, in demselben Hause seine Praxis beginnend, das er bis zu seinem Hinscheiden 47 Jahre lang bewohnt hat. Die Stadt zählte damals ca. 56000 Einwohner mit 74 Aerzten, von denen jetxt (Anfang 1895) nur noch Dr. H. Hofmann lebt. Die Aussichten auf Erlangung von Praxis waren wenig gtinstig, tler Kanii)f um das Dasein hart. Von Assistenzar/.tstellen gab es nur eine im Meiligen Geist -Spital: sie gewahrte freie Station, keinen Gehalt. Auch die von diesem Sjuiale abhängigen Armenar/tstcllcn waren thatsä( litich nicht besoldet. Nur in dem Falle, dass auf öffentliche Auiiuraerung zur unentgeltlichen Ueber- nähme der Stellung sich keine geeigneten Bewerber meldeten, sollte eine Bezahlung von 200 fl. eintreten. Stets aber fand ein Wettlauf von zahlreichen Anwärtern statt und nur mit Mtthe gelang es Dr. Stricker, das unbesoldete, ihm nur Beschäftigung gewährende Amt am i. April 1846 zu erhalten. Nach 1856 trat ein festes Gehalt von 75 fl. ein, das allmählich auf 1000 Mk. erhöht wurde. 1845 hatte er im Verein mit Dr. Appia und Dr. Ctustav Passavant aus öffentlichen Beitragen die Augenheilanstalt gegründet. 1846 trat er als Nachfolger von H, Hnfmann in die Annenklinik em. In demselben Jahre beginnt seine Thäiigkeii an der Scnt kcnbcrgischen Bibliothek. Dem standigen Bibliuihckai Dr. Christian Ernst Neefl" wurden Vertreter der Senckenbergisrhes naturforschenden Gesellschaft und des Physikalischen Vereins beigesellt. Von letzterem war Dr. Stricker mit Dr. Kloss entsandt worden.

Bald nach seiner Niederlassung in Frankfurt hatte er sich an den aufblähenden Vereinsleben betheiligt Seine erste Lehrthätigkeit widmete er dem Geographischen Vereine. Derselbe befand sich damals noch nicht in der ghirklirhen Lage, die hervorragenden Reisenden und Vertreter der geographischen \Vissens<:haft aus weiter Ferne heranzuziehen. 10 II.

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var das Honorar ftlr eine Vorlesung. Freudig begrilssteder Verein die junge, arbeitstreudige« aus eignen Anschauungen und fleissigen Studien schöpfende Kralt. Fast vierzig Jahre hat Dr. Stricker in jedem Winter in dem kräftig aufttrebenden Vereine Vortrage Ober viele lJ.nder und Völker gehalten. Als rother Faden zieht sich vielfach durch dieselben das Bestreben, die Kenntniss des Deutschthums mit patriotischem Geiste zu erweitern: so in den Vorträgen tlber die Verbreitung des deutschen Volkes Uber die Erde, deutsch-russische Wechselwirkungen oder die Deutschen in Russland fbei'!e \n Buchform erschienen und letzteres in Russland verboten, aber von dem Akademiker R^ne Taillandier aus- zugsweise in der »Revue des deiiv mondcs« übersetzt), die Deutschen in Spanien und Portugal, die deuisch-französisclien Grenzbezirke, die Deutsciien im Venetianischen, in (Jber-Ungarn. die deutsche Sprachkarte, die dcuijjche Sprachgrenze gegen Westen sowie die deutsch-welsche Sprachgrenze vor 300 Jahren.

Es ist unmöglich in dem engen Rahmen eines Nachrufs auch nur annäherungsweise ein Bild der geographischen und historischen Ver- öffentlichungen des Verfassers zu geben. Ist doch mit der geographischen und historischen Thätigkeit nur ein Theil der Gesammtletstungen zu schildern. Es sei nur gestattet zu erwähnen, dass der fruchtbare Schrift- steller Uber seinem Blick in ferne Zonen die Vaterstadt nicht vergessen hat. Davon zeugen seine vielfachen, unermüdlichen Arbeiten über Frankfurts Vergangenheit in vielen Monats- und Jahresberichten der gelehrten Vereine, sowie sein Werk »Nettere Gesrhi< hte Frankfurts von 1S06 66. (' Auch die GoethefurschuDg ist ihm für manchen werlhvullen Beitrag dank!)ar.

Aber au« ii grOHücre litlerarii>< he l'nicrnehuiungcn vvur/.elten in Frankfurts Boden. Nachdem am 24. September 1846 die erste Ger- manistenversammlung im Kaisersaale getagt hatte, liess er, angeregt von ihren Zielen, die Zeitschrift »Germania, Archiv zur Kenntniss des deuts«:hen Elements in allen Ländern der Erde« erscheinen, deren erster Band Arndt und Dahlmann zugeeignet war. Sie brachte es unter der Mit- arbeit der gefeiertsten Namen der germanistischen Wissenschaft auf drei Jahrgänge. Dann ging sie in dem Reaktionsstrudel des Jahres 1849 unter« Gleichzeitig mit dem ersten Kande der Germania erschien ein grösseres medicinisches Werk »Die Geschichte der Heilkunde und der verwandten Wissenschaften in Frankfurt a. M,«, das für die Kenntniss der hygienischen Entwicklunp; der Stadt von grossem Werthe ist.

Das Jahr 1S48 rief den emsigen Gelehrten unter die W allen. Kr trat bei den S( hutzwachen ein, die zur Krleic hlenmg der Stadtwehr berufen waren. Mit Wachstuchkiippi, schwarzrothgoldener Kokarde, messingner Quartiernuramer angcthan, um den Arm die Binde in den F rankfurter Farben, so marschirte er festen Schrittes in der Kolonne, die unter dem schneidigen Befehle des strengen Dr. Fabricius stand. Aber

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er ging nirht ganz in seinem Berufe als S< hutzwachmann auf. Der Ein- Auss der Nationalversammlung in der Paiilskinhe Hess den Cledanken, die (le'U*irhe Auswanderun r.u überwachen und den auswandernder Söhnen «ics X'alcrlandcs Fürsorge und Schutz angedeihen zu lassen, reifen und tührtc zur Bildung des Nationalvcreins für dc.usrhe Aus- wanderung und Ansiedelung. Dr. Stricker und Dr. Küntzcl m Darmstadt erstatteten den ersten Bericht Uber denselben und gaben als dessen Organ »den deutschen Auswanderer« heraus. Im deutschen Reicbs- handelsministeriuro Duckwttz wurde eine besondere Abtheilung ftr Auswanderungsangelegenheiten errichtet, die jene Zeitschrift mit allen eingelaufenen Berichten der Konsuln versorgte. Dem Zuge der Zeit folgend ging 1850 aus dem Verein ein Auskunftshureau hervor, das jährlich hunderte von Auswanderern mit wcrthvolkni Rate, mit prak- tischen Handbuchern, mit iil>crsccis( hcn Kniprchlnngcn ausstattete. So führten die Studien des stillen Gelehrten zu ticfemgreilenden praktischen Maassn ahmen.

Nach dem Tode Ch. Ernst Neeffs, dem er in seiner Biographie ein pietätvolles Denkmal gesetzt hat. dem poetisch hochbegal^en und um die physikalische Wissenschaft wohlverdienten Manne, war er 1854 zum zweiten, 1865 zum ersten Bibliothekar der Senckenberg-Bibliothek er- nannt worden. Es gibt wohl Niemand in Frankfurts Gelehrtenwelt, der nicht an sich erfahren hätte, wie freundlich und entgegenkommend Stricker dieses Amtes gewaltet hat. Ihm selbst erschlossen sich die Schätze der Bibliothek : über viele C.cbiete, (lesrhirhte. Ethnologie. Mc cIk iu hat er mit ihrer Hülle VerolTentli« hungen gtbraclit. hc^i'fiders aber ^tets die histori» he Seite gepflegt. DafUr gebührt ihm .Anerkennung zu einer Zeil, die, durc lj neue Errungenschaften und Entdeckungen ver- anlasst, geneigt ist, sich von der buchmässigen Ueberlieferung loszusagen/ sich auf eigne Beobachtung und Untersuchung sttttzend. Es ist und wird aber immer werthvoH bleiben, auf die Quellen zurückzugehen und die Rntwickelung einer wissenschaftlichen Frage litterarisch aus ihnen dar< zustellen. »Es wird dabei der Geist der Zeiten klar und der Zusammenhang, den die Medicin mit der Richtung der Zeitepoche gehabt.« Von diesem Gesichtspunkte sind die Studien zu beurtheikn. die in Fachzeits« hriftcn, wie Virchows Archiv, der Vierteljährige liriü für öfTentliche Gesundheits- pflege, der Allgemeinen Deutschen }!i<l^ra}dne, dem biotiraphischcn I.evikon der hervorragenden Aerzte und dem Zoologischen (iarten, den Jahresberichten der Senckenbergischen Gesellschaft und des Physikalischen Vereins sowie in den Publikationen des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde niedergelegt sind, deren staunenswerthe Fülle es unmttg' lieh macht, auch nur ihre Titel anzuführen. 1860 wurden seine Studien aber Menschenblattem, Vaccination und Revaccination mit dem Preise der Genfer medizinischen Gesellschaft gekrönt ; zwar wurde ihnen nicht der Hauptpreis zuerkannt, sondern eine besondere Anerkennung in Form einer

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graviricn ( iol(lniUn/.c. medaille d'ein oiiragcmcnt. Neben den »Heitriigen zur äretliclicn Kulturgeschirhtc« sind die Al)hand!ungen für die SainniUing wissenschaftlicher Vorträge von Virchow-IIoltzendorff zu erwähnen : Mono- graphien ober die Amazonen, die Feuerzeuge, Geschichte der Menagerien und der zoologischen Gürten, über den Blitz und seine Wirkungen. Letzteres Werk ist für den betreffenden Abschnitt der Fitha<Bil]roth'schen Chirurgie und der Maschka'schen gerichtHchen Medicin grundlegend geworden. Eines Werkes sei besonders gedacht, da es in seiner pietätvollen Ge- sinnung den Autor ziert: »Samuel Thomas von Soemmerring, nach seinem Leben und Wirken geschildert.« Trotzdem das bedeutungsvolle Buch von Rudolf Wagner über den grossen Anatomen erschienen war, so ist es doch keine llias posl Homentm. Ks war ein Grund vornehmlich, der Dr. Stricker die Feder in die Hand drückte: die Fdhrung des Nach- weises, dass Soemmerring der Erfinder des elektris< hcn '['elegraphen sei. Aber es genügte ihin ni» ht, dem \ on ihm hex h\ erehrteii Manne die l'rioniat zu retten, es war ihm Herzcn.s.sa< he, auf diesem Ütwcihe tub^end dem Erfmder des elektrischen Telegraphen ein üfTentUchcs Denkmal zu setzen. Auf seine Mitanregung traten Männer in unserer Vaterstadt zusaniinen, die das Monument, von der Meisterhand Eduard v. d. Launitz*s geschaffen, bei Gelegenheit der in Frankfurt 1867 tagenden Versammlung der deutschen Aerzte und Naturforscher einweihen wollten. Die politischen Umwälzungen jener Zeit haben den Plan vereitelt, der erst jetzt seiner Verwirklichung entgegenzugehen scheint.

Neben der wettverzweigten litterarischen sowie der gewissenhaften bibliothekarischen Thättgkeit hat Dr. Stricker die mtlhsamste Wirksamkeit seines Fachberufes, die armenärztliche, ausgeübt. 41^/4 Jahr, von 1846 bis t886, ist er Armenarzt gewesen. Erst die Rücksicht auf seine erschütterte Gesundheit sowie auf die Neuordnung des Armenwesens bewogen ihn, von dieser Stellung zurQckzutreten. Mit seltener Treue lind Hingebung hat er die Armenpraxis ausgeübt ; in ihr konnte er seine Herzensgute vollauf bethätigen. Stets hulfsbereit wandte er nicht blos dem Einzelnen seine Fürsorge iw, sondern suchte durch die Anregungen und Kr;;el)ni*;se seiner Studien über Volkswohlfahrt, wie tlber Kinder- sterbli( hkeit, Prostitution, Hygiene Frankfurts an der Hebung der I^ge der Armen milzuwirken.

Welche Anerkennung sein vielseitiges, unermudetes Streben gefunden hatte, bewies die Feier des 50jährigen Doktorjubilaeums, die der Aerzilii he Verein am 17. August 1889 ihm und seinem nun atK h dahingest hiedenen Altersgenossen 1 )r. Flesi Ii darbrachte. Die ( llUckwünsche und I )anksamingen, die viele gelehrte KoriJcrschaJten der Stadt, des Vaterlandes nnd selbst des Auslandes ihm widmeten, fanden ihren Nachhall in den weitesten Kreisen der Bürgerschaft. Die Erinnerung an dieses l est verklärte mit goldenem Abendroth seine letzten Tage. Am 4. März 1891 wurde er, im Begriffe

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in sein alicü Heim einzutreten, in die ewige Heimat gerufen, nachdem er des Tages noch in gewohnter Treue ^nes Amtes gewaltet hatte.

Ein l)is zuiii Tode arl>eit??ames, mühevolles Leben hatte seinen Abschluss gefunden. Eine stille, lleissige Gelehrtennatur fand nicht im Erwerb materiener Gttter, sondern in einngen Studien, sowie in Armen- praxis Befriedigung. Als ihm die Gattin nach einer glocklichen Ehe entrissen war, gestalteten seine Kinder, eine Tochter und awei SOhne. seine Häuslichkeit zu einer innigen, gemathvoUen.

Veberblickt man seine aber viele Gebiete der Wissenschaft weit» verzweigten Arbeiten, so ist ihnen allen ein bewussler historischer oder kulturhistorischer Zug eigen. In einer Zeit, die auf allen Gebieten die berechtigte Einzelforschung bis in ihre miskroskopische Faserung erstrebt, ist es notwendig, die in der Vergangenheit geschaffenen Bimieglieder nachzuweisen, wenn nicht der historische Zusammenhang verloren gehen soll. Es ist dies kein antiquarisches Interesse, sondern gebieteri'^rh durch die Kin<iirht j^ewonnen. dass in dem Kurvengang der Gest liic htc die licbircbungen und Erfahrungen vergossener Zeiten der Forteniwickclung der Gegenwart dienen. Besonders für unser Zeitalter, in welchem sich das Reich der Naturwissenschaften sowie der Geschichte in unzählige Provinzen aufzuKisen droht, bt der Nachweis der Verbindungen wichtig, die froher bestanden haben, der Nachweis der abgebrochenen Brocken, die wieder geschlagen werden können. Nach diesem Ziele hat Wilhelm Stricker gestrebt.

Ueber so viele Gebiete des Erdballs aber auch seine Studien gerichtet waren, am liebsten kehrten sie doch bei seiner Vaterstadt ein.

In der Liebe zu ihr wurzeln seine besten Bestrebungen, sei es in der Aufhellung ihrer Ges<:hi<:hte, ihrer Topographie, ihrer Baudenkmäler, ihrer hygienischen Entwicklung, in der Schilderung ihres ärztlichen Standes und dessen hervorragender Vertreter, in der Würdigung ihres -lössten Sohnes, des unsterblichen Dichters. Ein guter Frankfurter isi gleit hbedentend mit einein guten Deutsc hen. Nächst Frankfurt galten seine Studien dem Vaicrlande. Er bemühte sich, die aus demselben Auswandernden zu berathen, die Geschicke der frOher in ferne Wellen Ausgewanderten zu verfolgen, den Kampf und die Wandlungen des Deutschthums in der Fremde zu schildern, die Sprachgrenzen fesua- stellen. Diese Wanderungen in der Feme befreunden ihn der geo* graphischen Wissenschaft, in der ihn indess nicht die Gestaltung des Bodens, sondern stets das ethnologische, durch V^ergleichungen geschärfte Interesse fesselt. Vor allem aber zieht ihn der Mensch mit seinem tausendfachen Weh an. So schliefst sich in der Kette seiner Bestre- bungen das Ende an den Anfang an. Der .\r7.t, der Historiker, der Kiilturhistoriker wirken glei« limäs^ig in seinen aus einer ersiaunliclien kaleidoskopischen i^üile des Wissens geschaffenen, wenngleich nicht

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krilisch angelegten Arbeiten« Sind es auch disjecta membra, immerhin, sie werden als feste Steine in dem stoUen Bau der Wissenschaft ver- wandt werden iind Strickers Namen stets in Ehren tragen*

A. Verieicbniss der Arbeiten Siriekers aus dem Gebiete der iraokfurler Geechicbtc.

Zu:>aumjcagcslclll vuti MUilurcliiv.ir Dr. K. }uitg.

Vgl. Jic Aiimi^kung auf S. jSj. M = Miuheitungeii an die Miiglictkr Ju Vcrviiu tur Ge>;bi»bic

uad AltcnkoBilnuide in Pnalfun II.

Geschichtliches und Kulturgeschiclitliclies. ßcitroiie zur KuHuigCschichte von Fraokfun. Zeitschrift {ur deutsche Kuhurgc-

schlchie, Neue Folge, Bd. I, 317 (1872). Kulturhistorische Bilder aus Frankfurt. DidascaUa i8S7, No. 89 tf, 120 iT. Beiträge einer Naturgeschichte der Frdstädte. Monatsschrift für deutsches Städtv-

und Gcmcindcwesen V, 492 (18)9). Kulnirhistorischc Skizseu aus dem Verkehrswesen. M IV, 344. Die Frankfurter Messen. Im Neuen Reich 1873, II, 372.

Frankfurter Familien-Namen. Im Neuen Reich 1871, II, 427 und (mit Eq^äitsuogen)

M iV, 454-

Die Prostitution in «icr Stadl i ranklurt. Virchows Archiv für patii. Anatomie. Bd LXXX, i8f.

Der Sdbstmord in I rankfurt in statistischer und «tieugeschichtlicher Hinsicht. Au&

dem Nicdf^MU i<S69. N'o. }02. Hin Brand im mittelalterlichen Frankluri. M IV, 329, Die Artikel der Frankfurter 1J25. M IV. 19).

Die Einwirkungen des dreissigjihrigen Krieges auf die Main- und Rbeingi^cnden.

Neue Frankfurter Zeitung 1861, S. S06. Die historischen Rc/ichunpfcn von Frnnkfurt zu Nordamerika. M V, 266. Zur Kulturgeschichte von Frankfurt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhundcrii.

Didascalia 187 j, No. lai ff. Der grosse Christenbrand xu Frankfurt a. M. am 26. und 27. Juni 1719 im Uchte

der Kulturgeschichte. M IV, 555. Zur Geschichte der französischen Kolonien in Deutschbnd. Raumers lüsturische»

Taschenbuch, V. Folge, II, 201. Fninkfurttr Secularsdirift. Der Ueberfall der Reichsstadt Frankfurt durch die

Franzosen am 2. Januar 17S9 und die vier ersten Monate der fransÖMScbcn

Besetzung. Frankfurt 1859. Die Besetzung der Reichsstadt Frankfurt durch die Franzosen (I7S9)- Räumers

hbtorisdies Taachaibuch, VI. Folge, IV. M VII, 109 (Beiicht ikbcr dnenVortragX Aktenstücke über den Ueberfall voif Frankfurt durch die Franxosen am 2. Januar 1759U

M I, 272.

Der Ueberfall der Reichsst.uii 1 rnnkturt durch die Franacosen am Januar 17J9.

Im Neuen Reich 187J, II, 18 tf. Frankfurt a. M. und die Fransosen 17^9—1814. Zeitschrift für prew»uehe Geschichte

und Landeskunde 1869. Ueber den Aufenthalt Königs jüsepli II. ini Cronstett'schen Stifte 1704. M IV, 516,

521 (Bericht über einen Vortrag). Frankfurts angeblicher Verlust an Kanonen bei der Belagerung von iMainz (1792).

M III, 352 (Bericht Ober einen Vortrag).

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Ueber das Auftreten der fraii«d»iscfaen Revolutionsarmeen in den RheinlanJen.

M III, 226 (Beriolu über einen Vortrag). Briel des SchötVcn, paicr st.Kttschultheissen vou Günderrode den Senior Dr.

Huinagcl (liHijj. M 1, 14J. ' i

Verzeichnis» der Kosten bei Erlangung einer börgerlichen Fähndnchsstelle aus dent

Jahre 180^ M III, 5«. Neuere Geschichte von IVanklurt am Main j8o6^i866. Frankfurt j. M. 1881. Napoleons zwcimAÜgrr Himug in Frankfurt. Im Neuen Reich JÜ74, I, 227. Wer föhrte den Kaiser Napoleon ani }i. Oktober 181 Aus dem Niedgau (Bei-

la^ zu dem Fr. Familienblatt) 1870, No. i-j. Die AuflAsang des Grossherzogthunis Frankfurt. Em geschichtlicher Rückblick .luf

die beiden letzten Monate des Jahres läo}. Archiv für Frankfurts Geschichte

und Kunst, N. F., III, $12. Frankfurter Monardiencongress 181;. Im Neuen Reich 1874, II« 414. Das ,\ttei)i,i; vom ]. April 18)5 und dessen Folgen. Im Neuen Rcicii'iSyi. 1, .s^o. Das Frankfurter .Attentat vom 3. April i8)j. Picks Monatshefte für die Geschichte

We:>tdeutschlands \', 62. Oer 18. September 1848. Ebenda VI, 385.

Statistik der freien Stadt Frankfurt und ihres Gebietes. Zeitschrift des Vereins lur

deutsche Statistik 1847. Kuri^e St.nistik von Frankfurt. RunJsch.ui für (jeopraphie und Statistik iSSj, S. 250. l'rankturter Verfassungs-Jubilaum. liiustrirtes Familien- Journal 1661, No. 4)2. Zur Geschichte des Frankfurter Buchhandels. M V, 9$.

Ueber den merkwürdigen Blit/schlag, der am 20. Juni die Taubstummenanstalt tral. Gemeinmit/ipc Chronik VI, 14 ]; Po<^'gendorfs Annalen CXLV, ij4; Dtnglers Pol}'techniächcä Journal 1^147, S. 265.

Ortsbeschreibung und B a u g; c s c h i c h t c.

L'chcr d:c lintsteliung und bauliche f niwict.c-Kin^ von l'rankfurt. .M V, 70. Frankfurt in den Topographien und Reisebcschrcibungen des 16. und 1 7. Jahrhunderts.

Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, N. F., \' I, 407. Mittheilungen aus Kappels Beschreibuni; von Frankfurt am Main (181s). M III, })9

f Bericht ul cr einen Vortrag). Vergleichende Charakteristik europäischer Grossstädtc. i. Frankfurt a. M. Didascalia

1854, No. 291 ff.

Wanderungen durch Frankfurt. Festschrift für doi 10. deutschen Juristentag, Frankfurt 187».

Historisdie W'anderun^ren diircli Frankfurt. Festschrift der |i. Hauptversammlung

des Gustav-Adolf- Vereins, Frankfurt 1877. Ueber den Güldenthurni und dessen Ableitung von Gotiathenthumi. M V, 39;

(Bericht Ober fcinea Vortrag). Gasse und Strasse. M V, 290.

Gassen- und Hausernamen in Fr.ankfurt und Str.issburg. Im Neuen Reich 187;. I, si.

Zur Topographie von Frankfurt (Strasscnnanico, Hau» zur Jungfrau, Barfüsserklo^tcr und Umgehung» Goethesdier Garten, Schwarzer Stern, Grosser Kornmarkt, Falkenspeicher, Judengasse und Judenfriedliof)» M IV, 135; Zusätze dazu V, )7

(Berichte über einen VorTr.i<j). Die Ciallusgasse, d.is ( J,iI:.;entlior unJ CJal^enfeld, Aus dem Niedu.u: 1S70, N'o. Das Ochs von Ücltsensteui sehe Haus (Gr. Hirschgraben j8). M V, 20j (Beridu

über einen Vortrag).

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395

Zur Geschichte des Hauses n/uin grossen Rudenberg« (l'riiu Karlj, I i(;9, Alte

Mainzergasse ^2. MV, 467. Die Baugcschichte der Paulskirche (Batrf&sserkirche) su Frankfurt am Main 1782

bis 181 ^ Neujahrsblatt des Vereins fllr Geschichte und AHertiiumskunde zu

1-rankfiirt n. M. 1870. Das Grab des Kurfürsten Albrecht Achilles von Braiideuburg. M IV, \y2. Zur Frankfurter Local-Orthographie (Galljctigass, Cksern Hof). M.I1I, 451. Auf den Tr&mmern der Frankfurter MainJust. M V, 7$. Das X auxhal! in Frankfurt. M IV, 559.

I")iLj fudciif^asie in Frankfurt, Im Neuen Reich 1X73, I, 611.

iXr alle israelitische tiegrabntsspiatz. i raiikiurrie Famihenblatier i8oy, No. 2}^.

M e d i c i n a 1 \v e s e n. Die Geschichte der Heilkunde und der verwandten Wissenschaften in der Siadt

Frankfurt a. M. Frankfun 1847. Geschichte der öflentlichen Gesundlieitspflege tn Frankfurt. Vtrchows Archiv CXIX.. Beiträge nn ir/tlichen Kulturgeschichte. Frankfurt 1865, (Die nur Frankfurt bc

trettendcn Abschnitte sind hier unter den einzelnen Rubriken besonders int'eführt.) Kulturgeschiduliche Ai\naien der Stadt Frankfurt a. M. nut besonderer Rücksicht

auf Gesundi^csxustand und Medicinalverfossung. Zeitschrift flQr deutsdic

Kulturgeschichte i8$6. 1857. Beiträge zur mediclnischen Topographie Frankfurts. M IV, 4)7 (Bericht über einen

Vortrag).

Geschichte der Volkskrankhciten der Siadt Frankfurt u. M. Archiv für 1-rankfurts GcsdUchte utid Kunst, Heft IV, 147.

Physikat^tachten pcto. Impotentiae. Beiträge üur ärxtUchen Kulturgeschichte, Ab- schnitt II.

Das Senckt.'nhi.Ti^iN.iic Stifl .li.uis. M Hl, t i^. Zur Ge&cl)icl)te der Scncktnbcr-^ischen Stiliiiiauscr. M V, 2^1, Geschichte di» vereinigten Dr. Senckenbergischcn Bibliothek. Archiv fiir Frankfurts Geschichte und Kunst. Heft VIII, 1 }s und Jahresbericht Ober die Verwaltung

des Medicinalwesens etc. in Frankfurt 1857, S. 275. Die Incun.1! !cn der Scnckenbergischeu Bibliothek in Frankfurt. M iV, 148. Das Riedhotier W asser. M I, 142.

Mittheilungen über die Lebensumstände von Frankfurter Aerzten. M. IV, 13^.

Historisches über Frankfurter medicinische Jubiläen. Kleine Chronik 188], No. 12.

Jodenärttc in Deutschland, besonders in Frankfurt. Zeitschrift (ur deutsche Kultur- geschichte 1858. S. 2?0.

Ver^ccichniss von Frankluriern, welclic derzeit auswärts in dem Fache der Medicin und der Naturwissenschaften thätig sind. Frankfurter Zeitung 1868, No. 52.

Uebersicht der lebenden oder jQngst verstorbenen Frankfurter, wdche in Natur- wissenschaften und Heilkunde in auswärtigen Stellungen sich ausgezeichnet haben M IV. 161.

liutwickelung der populären Belehrung in Naturkunde in Frankfurt. Jahresbericht

des Physikalischen Vereins für 1879—80. Sätze zur Frage der Arbeiter» und Amienwohnungen in Frankfurt a. M. Deutsche

Vierteljahrsscbrift (ur öffentliche Gesundlieitspllcge XVIII.

Biographisches.

Zur lirinnerung an Fritz Bamberger. M V, 98.

Minheilungen zur Frank fuitcr Familiengeschichte (Bimsen, Stricker, Hufnagel). M III, 472; Kleine Chronik V, No. aj.

- 396 -

Uebcr das Leben des jüngeren Dr. Burggravc und dessen niedicinischc Topographie.

M V, j6o (Bericht über einen Vortrag); Virchows Archiv LXIV. Ueber Johann von Cube, Siadtarrt zu Frankfurt a. M. und Verfasser des Orius

sanitatis. Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Heft VII, i lo; Janus,

Zeitschrift für Geschichte der Medicin. Theodor Creizenach in Göttingea. M V, 62$,

Johann Christiaa Ehrmann. Beiträge zur ärztlichen Kulturgeschichte, .\bschnitt L Ludwig von Hörnigk, ein Charakterbild aus der Geschichte der Medicin. Virchou

.Archiv XLI und (erweitert) Archiv für Frankfurts Geschichte und Kuiiil.

N. F., IV, 2J2,

Lrinnerungsblätier an Wilhelm Friedrich Hufnagel. Frankfurt 185 1. Zur modernen Sagenbildung (über Hufnagel). M V, uxL Wilhelm Friedrich Hufnagel, ein Lebensbild. Im Neuen Reich 187J, II, jjj tf. Hermann Kloss. Jahresbericht über die Vc^^•altung des Mcdicinalwcsens etc. S. 267.

Nekrolog des Stadtarchivars Dr. phil. G. L. Kriegk. .M V', 6ji.

Worte der Erinnerung an Prof. G. Lucae. Jahresbericht der Senckenbergischen naiurforschenden Gesellschaft 1884— 8j.

Johann Christian Gustav Lucae. Jahresbericht über die Verwaltung des Medicinal- wesens etc. 188$, S. 270.

Nekrolog des Dr. med. Georg Melber. Bericht über die Senckcnbergischc natur- forschende Gesellschaft 1872—73; Jahresbericht über die Verwaltung de^ Medicinalwesens etc. 187} S. 232.

.Sebastian Münster, der Cosmograph. M IV, jk.

Christian Ermt Neeff. Frankfurter Konversations-Blatt 1849, No. 17;.

(Christian Hrnst NeetT. Frankfurter Hausblätter III, No. 109.

Zur Erinnerung an Christian Ernst Neeff. Kleine Chronik 1882, No. 6^ Jahresbericht

des Physikalischen Vereins 1881 82. Hert von Rcineck. Neues Frankfurter Museum 1861, No. 21: Herr von Rcineck. Im Neuen Reiche 1872, L 376; M VI, 460. Ueber Kramers Buch »Karl Ritter, ein Lebensbild« (Halle 1864—70). M IV. 296. Pfarrer Roos. Frankfurter Nachrichten 1880, Jan. 12,

Denkrede auf Eduard Rüppell. Jahresbericht des Frankfurter Vcrein> für Geographie

und Statistik, Jahrgänge 48—49 (1883—85). .\us Rüppells Briefwechsel. Ebenda Jahrgänge 51—52 (1886—88). Eduard Wilhelm Peter Simon Rüppell. Ohne Ort und Jahr. Wohl Sonderabdruck

aus?

Nekrolog des Gymnasialprofessors Dr. Schn)idt. Bericht über die Senckenbcrgische

naturforschende Gesellschaft 1872 73. Zur C^liarakteristik Johann Christian Senckenbcrgs. M IV, 326. Dr. Johann (Christian Senckeuberg und seine Zeitgenossen. Kleine Chronik 1883,

No.

Detmar Wilhelm Soenm)erring. Jahresbericht über die Verwaltung des Medicinal- wesens etc. 1871 S. 272.

Samuel Thomas von Soemmcrring, nach seinem Leben und Wirken geschildert. Neujahrsblatt des Vereins für Geschichte und .'\ltcrthumskundc in Frank- furt a. M. 1862.

Nekrolog von Georg Eduard Sieitz. .M V, 653.

Nekrolog von Dr. Stichel. Preussischer Staatsanzeiger 1869 April Virchows

Archiv XLVII, S. 314. Lebenserinnerungen 1833—44. Kleine Chronik IV— VII.

i

397 -

Zur Erianemag an den kfinigl. Geheimen Sanitttsnith Dr. med. Georg Vantntrapp Jahresberidic des Frankfurter Verdns für Geographie und Statistik, Jahr- gang )0 (18S5-86).

J. P. Wagner. Jalircsbcricht des I^hvsikali,sclii.'n Vereins jS-q—So.

In der »Allgemeinen Deutschen Biographie« stammen laut treundlicher Mitthciiuiig der Redaktion die nachfolgenden Anikel von Stricker:

Bamberger, Fritt.

Bethmann, Simon Morita v,

Bo/zini, Pliiüpn

de Bry, Maicrumilie.

Hurggrave, Johann Philipp.

^Herold, Johann Moritz, '

Hcssemer, Friedrich Maximilian.

Hufnagel. Wilhelm Friedrich.

Humbradit, Joltann Maximilian.

Jügel, Karl.

jungen, Max zum.

Jüngkcii, Johann Helfrich.

Juncker, Justus.

Kirclwer, Anton.

V Kittlita» Friedrich Heinrich.

^Kleebcrger, Johann.

Kloss, Georg.

Kriegk, Ccor^ Ludwig.

Ledere, i^avid.

Lentxner, Johann Nicolai».

V. Lersner, Achilles August.

i.inJhcinicr, Ferdinand.

Lingelbach, Johann.

Lippold, Franz.

Loüi, Johann Michael v.

Lonicerus, Adam.

» , Philipp. Lotichius, Joh;inn Peter.

Macklot, Heinrich. Malss, Karl.

Mappes, joh.inn Michael. Meidinger, Johann \ alentin. Morgenstern, Christian Emst. *MQhk»ii>erg, Heinr. Melchior Bernhard.

* » , l*etcr.

Mühlig. Johmn (jottfVied Gottlieb.

Necff, Christian Hrnst.

Nothnagel, Johann Andreas Benjamin.

Orth, Johann Philipp.

Prestel, Johann Amadeus.

Radi, Anton.

V. Reineck, Friedrich Ludwig. Reis, FhUipp.

Römer-Büchner, Bei>edikt Jakob.

•Rosenberg, Karl B. H. Roth, Johann Franz. Rothschild, Meier Anselm. Rfippell, Wilhehn Eduard. Sandrart, Joachim. *.S.irtorius, Christian. *Schlcgcl. Hermann. Schmidt, Maximilian. Sdiütx, Malcrfamilie. 'Schwab, Daniel. Soemmerring, Samuel Thomas. > , Wilhelm.

Lucae, Samuel Christian.

Strickers überaus aahlrdche Artikel in Hirschs »Biographischem Lexikon der hervorragenden Aerzte« können hier nicht einaehi aufgeftthn werden.

Zur ü o c t h c - L i 1 1 c r .1 1 u r.

Goethe und 1 rankturt a. M. Die Beziehungen des Diduers zu seiner Vaterstadt. Virchow und HoItsendoriT, Sammhing wissenschaftlicher Vorträge, .Serie Xt,

Heft 261

Goethes Bezicliungen zu seiner Vaterstadt, Frankfurter Konversations^Blatt . 1862.

No. T)6, Auch separat. Ucbcr Goethes Ik/.iehungen zu Q^ctelet. M III, 248.

Die Aerxte in Goethes Jugendgeschichtc. Frankfurter Konversationsblatt t86{, S. 447; \'ircho\\ s Archiv XXVI; auch in den Beiträgen aor äntlichen Kultur* geschichte, Abschnitt IV.

' n. rn t vrr«li> nc:> Njn c i : I. ircii ^clicn PerwiieR «<i, wakbv nicht tm% Frinkfuri iiaminen nnJ keine h«zirtiuii};cii /»r SuJi gclijbi lulnn.

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- 39« -

Drei Besuche bei Gocibe. Frankfurter Nachrichten 1877. Juni 5; Kleine Chronik

1H82, No. 48. Ungedruckte Briefe Goethes. M V, 78. Zwei ungedruckte Briefe Goethes. M. III, 115.

Zu Ciocthes Leben und Werken. Im Neuen Reich 1880, I. 549; M VI, 245. Randbemerkungen zu Goethes Dichtung und Wahrheit. Im Neuen Reich 1871, 11, 194.

Umgebung der Stadt.

Die Wctierau und ihr Weinb.iU. M V, 272.

Meusenstauini. M V, 95. (ichihausen. M IV, 15.

B. Sonstig« Arbeiten Stricken. Zusammengestellt von Dr. med« £ Coba.

I. Heilkunde und Katurwissenschalt. Medicini^.-Iio Roisebemerkungen über Italien und SiciKen. Oppenheims Zeitschrift

La nauirc et le siige de la caiaracte. 1841. Gekrönte i'reisschriü. Die Krankheiten des Linsensy&tems. Frankfurt 184^ Reisch;indbuch für Aerzte und Naturforscher.

Anwendung des Gnlvanismus xur I'rüluiig de<i Kh'tzableiters. FoggcndoriTs Annalcn

XI. IX (1846); Dingler, Poljtechmsclies Journal 1847. Lebensregeln, l-rankfurt 1854.

Studien über Menschenblattem, Vaccination und Revaccination. Frankfurt i86t.

Von der SociM' midicale in Genf gekrönte Preisschrift. i>er Ritter Taylor, ein Beitrag /.ur Goschtclite Jer .Xuijcnheilkundc vor iix) J.ilircn

Journal für Cliirurgie und Augenheilkunde, N. K. II ; Beilrage zur är/.tlicl>en

Kulturgeschichte, Abschnitt X. Ueber dic\\ irkungen des Blitzes auf den mcnschliclien Körper. Virchows Archiv XX. Pockenpoesie, lübenda XX; auch Beiträge xur äratlichcn Kuiturgcschichtc. Ah-

schniit III.

Die getJgraphische Verbreitung des Lippen i<reb.ses. l;benda XXV. Ueber Kindersterblichkeh. Ebenda XXXIi, LIV.

Der Abonus in seiner Bedeutung für die Zunahme der Bevölkerung. Kbenda XXXII.

Ilttners niedicini^clu- Roir.inc, Tbcrida XXXVU. .Mitiheilungen nw» der Praxis. i;benda XLI. Ueber bürtige Frauen. Ebenda XLIV. LXXI, LXXUL

Historische Studien über Heereskrankheiten u. Militärkrankenpflege Ebenda I.XIII. Ueber Menstruatio praecox mit einer Tabelle aller bis jetxt beobachteten Halte.

i:benda LXVllI, LXXII, LXXVf, I.XXVIII. Litterarhisiorische Studien über Zwitterbildung beim Menschen von i))4— i8ji.

Ebenda LXXXII

Ueber ausländische Preisvertheilungen an dcutsclM! Aerzie und Naturforscher. FKndi LXXXII, LXXXIV, l.XXWI.

Der Blitz und seine Wirkungen. Virchow-HoltzendorHsche .Sainnilung wissen- schaftlicher Vortrage 1872.

Die Amazonen. Ebetida 187).

Die Feuerzeuge. Ebenda 1874.

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- 399 -

Geschichte der Menagerien und zoologischen Girten. Ebenda 1879.

Albrecht von Hnller, Johann Georg Zinimermann. Paldamus, deutsche Dichter und

Prosaisten. Leipzig 186t. Die afrikanische Tiiicrlabcl vcrxüchcii mit lier curopaisclien. Ikrichl über die

Senckenbergische naturf. Gesellschaft 187U— 71. Ueber die sogenannten Haarmenschen, insbes. die bärtigen Frauen. Ebenda 1876—77. Ueber die Sprache, naturwissensch. Mitiheilungen in Vergangenlieit und Gegenwart.

Hbcnda 18S6. Ueber (icsichtsurucn. Hbcnda 1888—89.

3. Geographie, Geschichte und Kulturgeschichte.

Die Sprachmcngerei der Deutschen. Riedcrmanns Monatsblätter 1842.

Ueber die Ursachen der Beschränkung des deutschen Sprachgebietes. Ebenda 1842,

Ueber Kolo:iis.itton und .\us\vanderung. I'beiuia 1842.

Die Verbreitung des deutschen Vollics über die Hrde. Leipzig 184).

Ueber deutsch-russische Wechselwirkungen. Leipzig 184 5.

Germania, Archiv zur Kenntniss des deutschen Elenients in allen Ländern der Erde.

5 B.inde. I'rankfurt 1846 49. Der deutsche Auswanderer. Zeitsclirift tür deutsche Auswanderung und Ansiedelung

von Dr. Stricker und Kuntzel. Frankfurt 1849. Entwicklungsgeschichte der deutschen Nationalität seit dcni RcfnrmationNxeitalter.

IVanklurt 18^0. Die Deutschen in Spanier, und Portugal. Leipzig 1850. Ueber Slaven und Wenden, l-ranklurt iSsi. Die Deutschen in» Vcneliamsclien. Frankluri i8j}. Die Deutschen in Ober-Ungarn. Frankfurt 1854. Die deutsche Sprachkarte. Franklur: i8j$. Die deutsche Sprachgrenze gegen W esten. 18^ ^ Die Jcutsch-weKchf Sprachgren/c v«ir 500 Jahren. 1X56.

Die deulsclj-walsciie Spracligren/e in der Schwei/, und Italien vor {o > J.djren. M III, 170.

Zwei \ .ibische Reichsst.idlc. .VI 559. Reisen der ikiider Sclionibuigk in Brilish-CJiiian.i. IV.inklurt l8jl. Charakteristik europäischer (irossst.idte. l-ranklnit l8ft2.

Ueber die Bedeutung der europäischen .Sprachen, jahresbericlit des I rankiuiier

Vereins (Ür Geographie und Statistik 1869—70. üebcr Robinsonaden und tingine Reisen. Kbenda 1870 71.

Die deutsch-lranzösischen ( Ircn/he/irkc. I'rankfurt 1871.

Christi.in Sartorius. Jahresbericlit des I-rankkuter Vereins lür (leogr. u.Stai 72. Beiträge zur politischen und Kulturgeschichte, zumal vt>n l'reiissen, aus ungedruckten

Briefen mitgetheih. M III, 409. Zwei schwäbische Reichsstädte. M IV, 5^9. Das angebliche Testament Peters des Grossen. M VI. 7.

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Verein für Geschichte und Alterthumskuiide

zu

"Prankfurt a. M.

Oeschftfiliche Mitthellongen.

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l. Bericht über die Thiitigkcit des Vereins im Jahre 1891.

Erstattet in der Generaiversamnilung am 2$. Januar 1892.

Wenn der Vorstand Ihtien beute in üblicherweise über das I.ebcn des Vereins im abgelaufenem Jahre 1891 berichtet, so thut er dies mit dem Gefühle der Genugthuung, dass Uber die Vereinsthätigkeit und ober die Theilnabme der Mitglieder an derselben nur Erfreuliches gemeldet werden kann.

Den Vorstand bildeten na« h den in der (leneralversamralung am 36. Januar vorigen Jahres geschehenen Wahlen die Herren

Konservator Ott<y Comt'll,

Pfarrer Dr. Hermann Declwnt.

Maler Otto Donnfr--<on Ru htt r,

Stadtarchivar Dr. Kudolj Jnn^,

Oberstabsarzt a. D. Dr. Karl Tkwdor Ktithe,

Kaufmann Vf^lhilm Mappis,

Senator Dr. Emil von Oven,

Steuerkasse« Vorsteher Gustop RtutUngtr,

Professor Dr. Alexander Riese,

Professor Dr. Georg Wolff. Den Vorsitz führte Herr Professor Dr. Riese und in dessen Stell- vertretung Herr Dr. Kuth,\ das Amt des Schriftführers bekleidete Herr Mappes, das des Kasscnfuhrcf^ Herr R,utlin-^er. Die nach den Sa!7itn«;en seitens des Vorstandes gebildeten Konmiissioncn waren loigenderns.i.'v^cn zusammengesetzt: Die Redaktions-Kommission aus den Herren Professor Dr. Riese^ Dcniur-von Richter und Dr. Jung; die Lokal-Kommission aui den Herren Reutlinger^ Dr. von Nathusius und Padjera; die Ex- kursions-Kommission aus den Herren Dr. Kuthe^ K<^r und Dr. von Nathusius; die Bibliotheks- Kommission aus den Herren Dr. Jung^ Dr. Heuer und Dr. J*allmann. Die Gcs< häfie des Bibliothekars der in den Benutzungsrnumen des Stadt-Archivs I. .Abtheilung mit dessen Büchern vereinigt aufgestellten 15iI)liotlu'k des Vereins versah Herr l>r. //////f. Die Redaktion der im Korresj^ondenzhlatte der W'estdetitPchen Zeitschrift zur Veröffenllit hung gelangten Vereinsnachrichten Ubernahm ebenfalls Herr Dr. Jung.

Nach zwcij.lhriger Amtsthätigkcit haben jetzt die in der General- versammlung des Jahres 1 890 gewählten Herren Cornilty Donntr^ron Rifhfer.

- IV -

AfappeSf ReutUnger und Rhu aus dem Vorstande auszuscheiden. Da diese fUnf Herren sich bereit erklärt haben, eine etwaige Wiederwahl anzunehmen, so hat sich der Vorstand gestattet, deren Namen auf dem in Ihren Hfintlcn Ijcfmdlif hen Stimmzettel für die Neuwahlen an erste Stelle -fw setzen. Auf dcniscilien w erden Sie zugicif h die Namen vf»n fünf anderen \'ereinsrniti;liedern linden, deren eventuelle W .ihl in den \'«irsland Ihnen in dureiiaus unma-ssgeblit:her Weise cmptulilen wird. F> ist Ihnen bekannt, dass nach den Satzungen jedes Vereins-Mitglied m den Vorstand wählbar ist, dass aber nur solche Stimmzettel gültig sind, auf welchen nicht mehr als ftlnf Namen stehen.

Die Revision der Kassenfflhrunig haben wie seit Jahren so auch fUr das abgelaufene Jahr die Herren Ferdinand Eysstn und Wilhelm Wfinnann auf Ersuf hen der vorjährigen Generalversammlung bereitwilligst tlliernommen. Dem Danke des Vorst."i ^ - werden Sie siih gewiss mit I retiden ansrhliessen und diesem Danke AusdriteJc geben, indem Sie die l»eiden Herren wiedermn bitten, uns nnrh ttlr 1893 ihre Mitw irkung nicht /u \ ersagen. Als Ersafz-Rcvisi ircn bringen wir au» h dieses Mal die Herren: Rentner Joseph Dtbtika und Buchhändler Karl Schickhürd in Vorschlag, welche erforderlichen Falles in alpha* betischer Reihenfolge die verhinderten Revisoren zu vertreten hätten: doch geben wir uns der Hoffnung hin, dass die Herren Eysstn und Weismann ihrem gewohnten Amie unverhindert obliegen können und dass wir die Herren DibeJka und Sckuthhard nicht zu bemtlhea brauchen.

l'nser Mitgliederbestand hat sieh auch im abgelaufenen Jahre nur wcntp, \cr.1ndert. Kr i)etriig zum Beginne desselben \2z Miti:^1ieder. von denen wir dun h 'l od imd Austritt 34 verloren; diesem \ erlu-'t' stehen 1 5 neue Aufnahmen gegentiber, so dass wir mit einem Üc-sianiit von 403 Mitgliedern in das neue Jahr eintreten. An unsere Mitglieder, besonders an diejenigen, welche sich an den Versammlungen und Ar* beiten des Vereines regelmässig betheiligen, richten wir abermals die dringende Bitte, uns neue Mitglieder zuzuführen, welche an der Geschichte des alten Frankfurt und deren Aufhellung regen Antheil nehmen. Wir sind Überzeugt, dass es bei vielen unserer Mitbürger nur einer An- regung bedarf, sich uns anzuschliessen, denn das Interesse an der Ver gangenheit Frankfurts ist in den weitesten Kreisen der Bürjxerschaft ein lebendiges, und der von uns verlangte Mmdest-lJeitrag von 6 Mark ein mässiijer im Vergleich /u dem, was der Verein seinen Mitgliedern durch Vcransiultung von Vorträgen und Ausflügen sowie durch Ver- öffentlichung von Schriften über das alte Frankfurt zu bieten bestrebt ist. Möge Jeder von uns in seinem Kreise dem Vereine neue Genossen werben!

Das Jahr 1891 hat uns leider eine Reihe recht schmerzlicher Ver- luste gebracht Von den Herren, welche duirch das Shrenverhältniss als korrespondierende Mitglieder uns angehörten, haben wir nicht weniger

als vier zu beklagen: Rcihtsanwalt Frrisf Horner in Darmsladt, Kauf- mann Gustav Dieffenbach in Friedberg, Universitätsprofessor Ür. WUhtlm ffollaiui in Tubingen, GymnasialdiickiDf a. 1>. Dr. Johannes Classen in Hamburg. Der letztere, welcher zu den (irtlndcrn des Vereins im Jahre 1857, dann zu den ersten und th.it igstcn N'orsiandsmitghedcrn gehörte, wird nur noch wenigen in unserer Mitte aus personhi her Bekanntschaft in Erinnerung stehen, da er bereits 1864 das seil 1852 bekleidete Amt des Direktors des städtischen Gymnasiums niederlegte, um die gleiche Stelle am Johanneum in seiner Vaterstadt Hamburg anzunehmen; dort ist er am 51. August vorigen Jahres im beinahe vollendeten 86. Lebensjahre heiibgegangen. SUnd er auch der ThAtig« keit des Vereins seit seinem Wegzuge nat h Hamburg nicht mehr so nahe wie früher, so nahm er doch an dem Gedeihen der von ihm mit- begrUndeten Genossenschaft und an den Arbeiten auf <'iMn C^ebiete der Frankfurter Ges( hi( hte reiben Antheil. Unter den Männern aber. w eU hc der Erforschung der Wrgangenheit Frankfurts ihre Kraft gewidmet haben, wird sein Name alle Zeil mit Ehren genannt werden: seine Schrift Uber Jakob Micyllus, den bedeutendsten Leiter unseres Gym- nasiums in der Reformationszeit* sein Programm Uber die Beziehungen Melanchthons zu Frankfurt sind gründliche und ihren StolT erschöpfende Arbeiten, welche tn feinsinniger Weise die Anfilnge unserer eisten Bildungsanstalt und das bedeutungsvolle Eingreifen Melanchthons in die Frankfurter evangelische Bewegung dargelegt haben.' Auch Wtxx Ernst Horner, der am 8. Se])tembcr 1890 in Darmstadt starb, ist uns. weni'^stens in den letzten Jahren, nicht persönlich näher getreten. Er winde iSSi in Anerkennung seiner vielen Verdienste um die Geschichte des benach- barten Hesseniandes und seiner regen Thätigkeit für die Bestrebungen des Gesammtvcreins der deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine, dessen Organ, das Korrespondenzblatt, er 1875— 1884 trefflich redigiert hat, zu unserem korrespondierenden Mitgliede ernannt; der uns befreun- dete Darmstädter Verein hat durch seinen Tod einen schweren Verlust erlitten.' Der am 4. April 189 1 verstorbene Hen Gus/av Dieffenbach in Friedberg, seit 1879 unserem Vereine als korrespondierendes .Mitglied angehörend, hat hiiufig unsere A'ersammlungen und unsere Ausflüge mit seiner stets anregenden Theilnahme beehrt, hat vielen von uns gern

* Vgl. den Nekrolog in deo Mittheiltin^ des Vereins f&r Hamburgische Geschichte, Jahrg. XIV, S. 271 ff.

' N'.»ljcrcs über ihn in dem Nckrolojj «Fricdricli Ritsert unJ Frnst W'nrncr« in den Qyartalblattern des historischen Vereins für das Ciriisshcr nLMhiini H.'^^cn. Jahrgang 1890, S. 87—100. Der am i>. Januar 1890 gestorbene Ht.>rrct l-ncdncli Ritsert hat sidi besonders um die Geschichte der benachbarten Adclsgcschlechter verdient gemacht; in unserem Neajahrsblatt für 1882 hat er gemeinschaftlich mit Dr. Grotefend Qber die Familien von Eschbora und Cronberg gehandeh.

- VI

den Anblick seiner prächtigen Alterthumssammlung gestattet, deren schönster llieil seit einigen Jahren unser historisches Museum ziert, und

hat unsere Bestrebungen auf dem Gebiete der prähistorischen Forschung stets mit bestem Eifer und reichen Kenntnissen gefördert. Professor Dr. Wilhelm Uvllii >!if, der am 22. Aufust 1891 aus diesem l eben schied, j^ehörte seit 25 jalircii unscrt-m \'ereine als korrcs]«)ndicrcndes Mit^jÜed an; seine \ crdienNic aul dem üei)iete der rom.inisi hcn und deulst hen Spiat h- und Littcraturfors< hung sowie seine 'I hatigkeii a.u der Spit/u des Litterarischen Vereins in Stuttgart sind uns allen bekannt.

Von den hiesigen Mitgliedern, die wir im Laufe des vergangenen Jahres verloren, sei zunächst des am 4. März 1891 verschiedenen Herrn Dr. med. HtiAe/m Sfrüker gedacht. Durch sein Abteben verloren wir eines unserer ältesten und thätigsten Mitglieder, die Frankfurter Gc< hchichtsforsrhung aber einen Arbeiter, dem sie viel zu verdanken hat. Seinen Verdiensten dur« h die Aufzählung der einzelnen S< hriften und Aulsäl/e gerecht /u werden, ist uns in dem enuen Rnhmen diesem Jalire^- beri« htes ni< ht moglit ii ; wir hoffen, llI1^crn Mitgliedern im naihMeri Ar« luv batide eine liebcvail und sorgfäliiu gex hncbcnc liiographie des Verstorbenen mit Aufzählung aller seiner Aibeiicn aus der Feder seines Kollegen, des Herrn Dr. £, CoAUf vorlegen zu können, welche bereits im letzten »Bericht der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschafl« erschienen ist. Wenn deren Verfasser von Strickers Thätigkeit für die Frankfurter Geschichte urtheilt: »Ueber so viele Gebiete des Erdballs aber auch seine Studien geric htet waren, am liebsten kehrten sie (!och bei .seiner Vaterstadt ein; in der Liebe zu ihr wurzeln seine besten Bestrebungen, sei es in der Aufhellung ihrer Ges<hi<:hte, ihrer To^hj- j^rajihie, ihrer llaudenknialrr, ihrer hygieni-i hen Kntwicklung. in der S< iiilderung ihres ärziiithen Standes und dessen hervorragenden Ver- tretern, in der Würdigung ihres gto.»ien buhnes, des unsterblichen Dichters« so sind hier kurz die mannigfaltigen Gebiete angedeutet, denen er seine Forschungen gewidmet hat; es sei aber hier nur hervor- gehoben, dass das von ihm mit grOsstem Erfolge angebaute und bear- beitete Feld das der Geschichte der Heilkunde in Frankfurt in allen seinen Zweigen gewesen ist. In unserem Verein gehörte er Jahrzehnte lang zu den häufigsten Rednern, unsere Vereinsschriften enthalten die meisten seiner auf Frankfurt bezüglichen Aufsätze. - /-u unseren ältesten Mitgliedern zählte ferner au«-h der am Tage vor W eilina« hten ans dem Leben abgerufene Prälat Professor Dr. foha)iiiis /ijr!<s,n. Ks ist lirer nicht der Ort, eine urdi;,'unir der wisscnst luifili« hen l iiaiigkeit dic>C3 Mannes im Allgemeinen auszusprechen, der als Cieschiehtsschreibcr von seinen Gegnern so bitter befehdet wurde, wie ihn seine Freunde erhoben; wir haben hier nur seiner Verdienste um die Geschichtsforschung unserer Vaterstadt zu gedenken, die ihm eine zweite Heimath geworden war. Die Veröffentlichung von Urkunden und Aktenstttcken, welcher die Ver-

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arbeitung des Materials in einer allgemein lesbaren Darstellung' iiKtiigcU, ist kein Werk, we!rhes den Namen seines Verfassers in weite Kreise triiuX : es wird nur den (»elehrten nSher vertraut, welchen es das Roli- niaierial für ihre Arbeiten bietet. So kommt es, dass /anssens erstes grösseres Werk »Frankfurts Rci< Iiskorrespondenz 1376—1519« nur einem kleinen Kreise von Freunden der vatersUdtischen Geschichte vertraut geworden ist; diese aber wissen den Fleiss des Verfassers, mit dem er die Schätze unseres städtischen Archivs aufgestöbert, und das Verdienst, welches sich durch den Abdruck dieser Akten nicht nur um die Geschichte Frankfurts, sondern auch um die allgemein-deutsche Oeschichiu er^\ fiiben hat, in vollem Masse zu schätzen. Von nicht geringerem Ver- dienst ist seine Biograi)hie Johann Friedrich Höhmcrs, des bedeutendsten Frankfurter (Icschiehtssc hrellK rs in diesem jahrhundt rt ; das ^V'erk ist ein werihvoUer Beitrag zur ( . hi»-hte der wissensi liattlic hen und kdnst- Icrist hen Bestrebungen in Frankiuri m Böhmers Lebzeiten. Den Arbeilen unseres Vereins ist der Verstorbene stets mit lebhaftem Interesse und warmer Anerkennung gefolgt, wenn ihm auch seine historischen Studien auf weiteren Gebieten und seine Gesundheitsumstände in den teteten Jahren eine persönliche Theilnahme nicht gestatteten. ' Lassen Sie uns endlich dem am 7. September verschiedenen Herrn August Ehingtr ein Wort der Trauer nachrufen I Auch er gehörte zu unseren ältesten und, was mehr wiegt, zu unseren eifrigsten und treuesten Mitgliedern. Er war einer der deissigsten Besucher unserer Vortragsabende, der f(lr alle Uestrehungcn des Vereins auf dem Gebiete der Alterthumskunde ein lel)ha(tes Interesse und hNufig aurh eine offene Hand hatte. Mit dank- barer Anerkennung soll liier erwähnt werden, dass er auch in seinen letzten Willensverfügungen dieses Interesse bewährt hat, indem er dem historischen Museum seine ganze werthvolle Sammlung von Bttchern, Kunstwerken und AUerthUmem und ein ansehnliches I^at vermachte.

Das Andenken der aus unserer Mitte geschiedenen Mitglieder, der genannten wie der nichtgenannten, soll in Ehren bleiben; und zum Zeichen dessen wollen Sie sich von Ihren Sitzen erheben!

Wie schon im vorjährigen Berichte angekündigt, haben wir im abgelaufenen Jahre ausser dem Korrespondenzblatt der West- deutschen Zeitschrift. Jahrgang 1890, au( h einen weiteren .■\ rc h i V b a n d. den dritten der dritten Folge, ausgegeben. Der dritte Band der von uns mit städtischer Subvention herausgegebenen »Inven« tare des Frankfurter Stadtarchivs« konnte Hder noch nicht ganz fertig gestellt werden, naht aber jetzt seiner Vollendung und wird den Mitgliedern in den nächsten Wochen zugehen. Er enthält die

> Vgl. über Janssens Leben die Arbeit seines Sdifliers Ludwig Pastor, lohannes Janssen, 1829— 1S91, ein Lebensbild, vornehmlich nach den uugtdrackten Briefen und Tagebüchern desselben (Freiburg 1892).

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Verzcirhnissc der für die auswärtige Politik der Stadt im Mittelaiter wit litigstcn Archiv ht'ijtaadthcile : die Privilcj^ien, die Kaiscrs< hrciben, die KopialbUcher, die Wahltagshandlungen und die Reiclistagsakten , in der Bearbeitung dieses Bandes hat sich neuerdings Herr Dr. R, Froning dem bisherigen alleinigen Bearbeiter, Herrn Stadtarchivar Dr. R. Jun^, zugesellt und wir hoffen, dass diese neueingelretene, aber altbewährte Kraft diesem jüngsten und für die Forschung auf dem Gebiete der städtischen und allgemein-deutschen Geschichte Uberaus wichtigen Unter* nehmen des Vereins noch recht lange erhalten bleibt

Herr Dr. Froning hat im abgelaufenen Jahre eine grössere Arbeil Uber das Drama des Mittelalters vollendet, welche einen '1 heil des von Joseph Kürschner herausgegebenen Sammelwerkes »Deutsche Nauunai- litteratur« bildet; von dem Absclmiltc, welcher die Frankfurter Passionsspiele behandelt, hat der Vorstand für die Mitglieder des Vereins 450 Sonderabdrttcke erworben, welche demnächst mit dem dritten Inventarbande und dem Jahrgange 1891 des Korrespondenz«- blattes der Westdeutschen Zeitschrift zur Vertheilung gelangen. Wir freuen uns, dass wir Dank dem Entgegenkommen der Verlagshaadhmg unseren Mitgliedern die hübsch ausgestattete Schrift des Herrn Dr. Froning darbieten können, dessen Vorträge Uber das Passionsspiel in Frankfurt in unserem Vereine so reichen Beifall fanden und wohl allen '/uliörcrn den Wunsch nahe legten, die interessanten Ausfulirungen des Kedners durch den Druck verbreitet zu sehen. Der nac hste Are hivband. dcsb.Ln ersten Aufsatz die schon fertig gedruckte Neuausgabe des »Prorektor« mit erklärendem Texte von Herrn Archivrath Dr. Grotefend bildet, wird erst im Anfange des nächsten Jahres ausgegeben werden. Von einer Neuerung, die mit diesem Bande beginnen wird, wollen wir Ihnen schon jetzt Mtttheilung machen. Es sollen fortan in jedem Archivbande etwa 2 bis 3 Bogen fUr Aufsüt^e kleineren Umfanges vorbehalten und, um Raum zu sparen und sie besser von den grösseren Arbeiten hervonni- heben, in kleiner Schrift gedni» kt werden. FUr solche kleinere Mit- thciiungen belassen wir früher eine besondere Zeitschrift : seit deren Eingang hat sich mehrfach das Ikdürfniss geltend gemacht, derartige Arbeiten aufzunehmen, was bei der seitherigen Einrichtung der Archiv- bände aber stets Schwierigkeiten begegnete.

Der Vorstand hatte urs|)rUnglich noch die Absicht, Ihnen eine schone Arbeit des Herrn Doniur-von RUhter über die Baugeschichte und die Wandgemälde des hiesigen Karmeliter-Klosters entweder in einem Archivbande oder in einer besonderen Schrift als Vereinsgabe zugänglich /u inachen. Der Stand unserer Finanzen hat uns aber nicht gestattet, das Werk, zu dem Herr Donner 17 Tafeln mit Abbildungen jener herrli( hen, wenn aurh jetzt leider fast völlig ver- blichenen Gemälde gezeichnet hatte, auf eigene Kosten drucken zu l.xssen. \\ ie schon so oft in den letzten Jahren hat sich die Administration des

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Dr. J. Fr. Böhmer'schen Nachlasses auch dieser hötlisi inieressanten Arbeit angenommen und wird sie demnächst als besonderes Werk an die OefTentVi« hkcit treten lassen. Können wir auch nnsern Mitgliedern diese S( hrift mit den dazu gehörigen Tafeln, welrhe die Firma Kuhl <^ Co. in trcfflii her W eise mit Lichtdruck hergestellt hat, ni( ht als \ erems- \ eröfl'entli( hung darbieten, so ergreifen wir doch gern die ütlcgenheit. an dieser Stelle aut das demnächst erscheinende, lUr die Frankfurter Bau- und Kunstgeschichte höchst wichtige Werk aufmerksam «u machen und der Freigebigkeit der Herren Administratoren des Böhmer'schen Nachlasses rahmend zu gedenken.

Bei einem anderen Werke, welches bestimmt ist, ein nunmehr ver> schwundenes Bauwerk Frankfurts, den Russischen Hof, in allen seinen einaelnen Schönheiten der Nachwelt zu ttbeiliefa'n« war nur die moralische Unterstützung des Vereins nöthig. Die auf Veranlassung des Arcliitekten- Vereins und unter Leitung des Herrn Professor O. Sommer zur Veröffent- Uchung fertiggestellten Pläne und Ansichten des Russischen Hofes sollen von einer Berliner Firma herausgegeben werden; doch verlangt diese einen namhaften Zuschuss zu den hohen l)ru( kkos(en des Werkes. Mit den anderen Vereinen, weh he vor vier Jahren gemein- schaftlich für die KrliaUung des herrlic hen dehäudes eingetreten sind, haben auch wir Schrille in Aussiclu genommen, welche dem schönen Werke hoffentlich zum Erscheinen verhelfen werden.

Noch ein weiteres wissenschaftliches Werk, dessen Zustandekommen unser Verein oder vielmehr eine grosse Zahl unserer VereinsmitgUeder hat ermöglichen helfen, dttrfen wir hier zu unserer Genugthuung er« wAhnen. Wie Ihnen erinnerlich sein wird, haben sehr viele Herren des Vereins im Herbste 1887 zu der von seinen Freunden dem scheidenden Herrn Dr. Greiefenät dem Ehrenmitgliede unseres Vereins, gewidmeten Ehrengabe Beiträge gesteuert. Der wissenschaftliche Zweck, dessen Erreichung sie fördern sollte, war die Neubearbeitung des von Herrn Dr. Grotefcnd 1872 veröffentlichten »Handhurhes der liisiorist lu-n Chronologie«, eines von allen auf dem (»ebiele des deutschen Mittel- alters thätigen Forschern hochgeschätzten W erkes. In erweiterter ( Jestall und mit stark vermehrtem Lihalte ist vor kur/ein der erste I'.and des Werkes erschienen, welches den Titel trägt; »Zeilrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit (Hannover i89i)u. Freilich werden nur die wenigsten unter uns Gelegenheit haben, dieses Werk in näherem Gebrauche kennen und schätzen zu lernen ; wir wollten aber nicht unterlassen, in diesem Berichte die Vollendung einer wissen* scbaltlichen Arbeit zu erwähnen, an welcher unser Verein, wenn auch nur mittelbar, betheiligt bt.

In den w i sse n sc h af t Ii ( h e n Sitzungen des Vereinn, deren wir 14 im altgewohnten Lokale des Restaurants Palmen abhielten, wurden die nachfolgenden Vorträge abgehalten:

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1) l)asPassionb^])ici im niittelalterlic licn Franklurt. (Dr. Froniii^.\

2) Die Baugeschichte des ICarmeliter -Klosters. (O. Dinner- tfon Richter.)

3) Das Friedberger Thor im Mittelalter. {E. Padjeta.)

4) Der Riedschtag, der Schafhof, die Quiriitspfbrte. {O. Cn-mll.)

5) Die Frankfurter MOttersunft. {A. Norm,)

6) Das Frankfurter Gymnasium im Anfange des 17. Jahrhunderts. (Dr. K, Reinhardt.)

7) Die Vertreibung der Schweden aus Sachsenhausen 1635. (Dr. /. Kraiuiuer.)

8) Die Einwanderung Tri 'ionischer Familien in Frankfurt im 17. und 18. Jahrhundert. (Dr. /\. Juni:.)

9) Die Kamille Textor. (Dr. O. HcurrA

10) Zinzendorls Beziehungen zu Frankiurt. (Dr. H. Diifunt.)

1 1) DerRusslscheHof und die Familie von Schweitzer. (Dr. L.HolthoJ.)

1 2) Bilder aus dem kirchlichen Leben wahrend der Franzosenseit. (Dr. H, Deckend)

13) Die neuesten Ausgrabungen in der Dreieich. (/^ Küßtr.)

14) Die .\usgrabungen bei Dortelweil. (Prof. Dr. G, Weif und Prof. Dr. A. Ä'üsr.)

15) Neuere Römische Funde bei Höchst und Rödelheim. (Prof. Dr. G. Uoiff.)

Von diesen Vorträgen sind oder werden demnächst in crMeitcrler Gestalt gcdriK kt :

No. I und 2 in besonderen Schriften, worüber bereits das Nöthigc bemerkt wurde; No. 10 in unserem »Archiv für Frankfurts Geschidile und Kunst« dritte Folge, vierter Band; No. 11 in einem besonderen, nicht in den Handel gelangten Schriftchen, welches die letzten Besitzer des Russischen Hofes, die Herren GebrQder Drexelf drucken Hessen; No. 12 im Kirchenkalender ftlr die evangelisch-lutherische Gemeinde flJr 189s und in der Didaskalia 1891; No. 15 im nächsten Archivbande.

Der Dank an die Vortragenden, welchen wir den einzelnen Herren schon ausgesprochen haben, werde hier nochmals im (lanzen wiederholt und damit der Wunsch verbunden, dass sie uns au( h ferner durc h Mi!- theilung der Ergebnisse ihrer Forschungen an unseren Veremsabendcn erfreuen mögen! Unsere Mitglieder aber bitten wir, den Herren Vor- tragenden filr Ihre Bereitwilligkeit durch möglichst häufigen und zahl- reichen Besuch der von uns zu veranstaltenden Vortragsabende zu danken.

£ine solche Mahnung und Bitte, unsere Vereinssitzungen zu be* suchen, erscheint angebracht, wenn wir einen Blick auf die statistische Uebersicht des Besuchs unserer wissenschaftlichen Sitzungen werfen, die wir der fleissigen Arbeit unseres Schriftftlhrers, des Herrn Mappes. ver- danken. In den rwei Jahrzehnten 1S71 -1890 schwankt die Zahl der jährlich abgehaltenen wissenschaftlichen Sitzungen, die Generalversamm-

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hing und Winckelinaonsfeier abgerechnet, zwischen lo und 19; die Anzahl der anwesenden Herren betrug jährlich im Durchschnitt zwischen 35 und 35. Zwar k<lnnen wir da nicht von zahlreichem Besuche sprechen, doch wollen wir nicht unterlassen, festzustellen, dass der Besuch der Sitzungen in den letzten Jahren und besonders in diesem Winter ver- hältnissmjissig erfreulich gewesen ist.

Die V\ i n k e 1 m a n n s f e i c r wurde am 9. Dezember im neuen 1,(jkale der Kiinstlcr-( iesells< halt abgehalten, die Vcraii<taltun£( hatte der Verein tUr das hisiorih« he Museum ubcrnutnmen und die Mitglieder des Freien deutschen Hochstifts und des Alterthumsvereins wie gewöhn- lich dazu eingeladen. Herr Dr. O, Htuir s])rach aber »Wincketmann und Goethe«, Nach dem Festvortrage hatten jdie Anwesenden noch Gelegenheit, eine von Sigmund Feyerabendt David ZOpfel und Johann Rasch in Frankfurt 1560 gedruckte und mit prächtigen Bildern ge- schmückte Bibel in näheren Augens« hein zu nehmen, welche die Stadt- bibtiothek seitdem käuflich erworben liat.

Die Administration des Städelschen Instituts hat uns auch in diesem Jahre wieder mit einer Einladung zu ihren Kupier- stichbeschauungen beehrt: sie finden an den Donnerstag Abenden statt und bringen in diesem Winter die Werke der französischen Schule zur Vorlage. Indem wir unsere Mitglieder nochmals von diesem dankens- werthen Entgegenkommen benachrichtigen, fordern wir zur fleissigen Befolgung dieser Einladung auf.

Mit den Vorständen anderer auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft gleichstrebender Vereine wurde au( h der unsere aufgefordert, einen Vertreter in das aus allen Krei'^en der Bürgerschaft gebildete ("omite zu entsenden, welches- si« h die Krri< htung eines Denktnales fUr den am 28. Marz Nori^^^en Jahres aus dem Leben geschiedenen Friedrich Sloltze zum Ziele gesetzt halte. Wir glaubten uns dieser Einladung nicht vcrschliessen i\\ sollen: hat der verstorbene Di<hter unserem Vereine auch fern gestanden, so hat doch der Sänger und Humorist des alten Frankfurt und nur diese Seite seines dichterischen Schaffens konnte fllr den Verein als solchen in Betracht kommen auf einem anderen und schöneren Wege dasselbe Ziel wie wir gesucht und erreicht: das Interesse an der Vergangenheit Frankfurts und damit die Liebe zur Vaterstadt zu wecken und zu pAegen. Als unser Vertreter betheiligte sich Herr Senator Dr. von Oven an den Berathimgen des weiteren Comites; eine werkthatige I heilnahine an der Angelegenheit des Stoltzc- Denkmales dun h Zei< hnung eines Beitrages verbietet uns ausser anderen Gründen schon der Wortlaut unserer Satzungen.

Den Ausgrabungen nach Spuren der Vorzeit in unserer Stadt und im Gebiete der benachbarten Ortschaften haben wir im abgetaafenen Jahre eine besondere Aufmerksamkeit zugewendet. Mehrere Vorträge des Herrn Professor Wolff^ welcher hauptsächlich diesen Zweig der

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V'ereinsthrf tigkeit mit unermüdlt( heni Kifer und reic hen Erfolgen pflegt, haben Ihnen gezeigt, wie die Ausgrabungen der letzten Jahre unsere Kenntniss von dem Zubiande des von uns bewohnten Gebietes in Fränkischer, Römisc her und vorgeschichtlicher Zeit in ungeahnter Weise erweitert haben, wie viele Fragen von wissenschalUicher Bedeutung die DurchwUhlung des Erdbodens schon gelöst hat und noch lösen muss. Mit dankbarer Anerkennung sei auch in diesem Berichte wiederholt, dass mehrere Herren und Damen die Arbeiten des Herrn Professor Woljf durch eine reiche (Geldspende zu Ausgrabunj^wecken gefördert und damit der Wissenschaft einen trefflichen Dienst erwiesen haben ; dürfen wir auch zu unserem Bedauern die Namen der hochherzigen ficbcr nicht nennen, so t'uhlcn wir uns doch verpflichtet, auch hier den Iteiden Herren ( )berstabsarit Dr. Küthe und Sanitätsrath Dr. Herxheiincr . deren Bemühungen es gelang, jene Geldsumme zu sammeln, den Dank des Vereins abzustatten.

Die knappen Geldmittel des Vereins haben uns nicht gestattet, die Ausgrabungen in unserer Nachbarschaft finanziell zu unterstQtzen. Ii>er Vorstand hat aber in eingehende Erwägung gezogen, in welcher Weise den S< hu icrigkciten zu begegnen sei, welche vielfach von Seite n der I,4indbewohner diesen Arbeiten bereitet werden und deren Erfolg sc hwer gefährden. Den meisten St baden verursachen die planlosen Naciigrabungen, welche die Anwohner lediglich in L'cwinnstSchtiger Ab- sicht zur Erlangung von Fundstücken anstellen. So wenig wir den Eigenfhümer hindern können, sein CirundslU« k nach sokhen Resten der Vergangenheit zu durchwühlen, so sehr sind wir berechtigt und ver- pflichtet, Einsprache zu erheben, wenn dieser Raubbau von Unbefugten auf öiTentlichero (irund und Boden ausgeübt wird. In* Gemeinschaft mit dem Verein ftlr das historische Museum, der gegenwärtig nach einem von wissenschaftlichen Grundsätzen eingegebenen Plane Ausgrabungen anstellen lässt, haben wir Schritte bei den staatlichen Behörden in Aussicht genommen, um deren Unterstützung für unsere Bestrebungen zur Hebung tmd Erhaltung der antiken Schat/e der Römischen Trümmer- statte ])ei Heddernheim zu gewmnen. l'eber den Erfolg un&eres Vor- gchenis wurden wir Ihnen semer Zeit Beri( ht erstatten.

Die im vergangenen Jahre von unserer Exkursions-Ronunis&ion veranstalteten Ausflüge nahmen den erfreulichsten Verlauf. Dar erste wurde, wie üblich, am Himmelfahrtstage unternommen; sein Ziel war Langen, Dreieichenhain und Heusenstamm. Unter den 53 Theilnehmern am Ausfluge befanden sich auch 'einige Herren vom^Alterthumsvereine in Langen und aus Darmstadt. Der zweite Ausflug galt der Begehung der Münilinglinie \ on Lützelbach bi> Eulbach; die sachkundige Führung hatte der bewährte I reund unseres Vereins, Herr F. Kofler an< Darm- stadt, übernommen, der uns im voraufgeijantrenen ^\ inter in einer Sitzung des Vereins einen interessanten Vortrag Uber die Römischen Reste in

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jener Gegend gehalten hatte. Ein dritter Ausflug bezweckte die Besieh* tigung des südlichen Theiles der Mttnilinglinie von WUr/.burg bis Schlossau. I>er letzte Ausflug, der nur einen Nachmittag in Ansprucli nahm, galt der Besichtigung des Museums, der Heidenmauer, des Rathshauskellers und der Textilausstellun£? in Wiesbadt-n: durrh die ^i^dtigst iihcrnommene Führung' der leider nicht sehr zahlrcit hen 'riicilnehmcr haben uns die lierrcn Oberst von Cohauseu, Sanitalsraih Dr. Fior schütz und Direktor Fischbach zu lebhaftem Danke verpflichtet. Für die treffliche Anordnung der einzelnen Ausflüge und für die Bemühungen zur Unterhaltung der theilnehroenden Mitglieder und Freunde des Vereins sei auch hier den Herren von der Exkursions-Komtnission bestens gedankt.

Auf der vorjährigen Cf eneral-Versam mlung des Gesammt* Vereins der deutschen Geschirhts- und Allerthumsvereine waren wir durch den Vorsitzenden, Herrn Professor Dr. Kiese, vertreten, welcher Ihnen in einer wissenschaflliciu ti Sitzung des V'ereins den üblichen Kcricht Uber den Verlauf der Versammlung abgestattet hat. Die Ver- handlungen, deren ausftihrb« lies, mit interessanten I.i< htdru< keii in schöner Ausfuhrung geschmücktes Protokoll Sie dur< h Vermitilunj^ des Vorstandes beziehen können, boten unserem Vertreter keine Veran* lasfiung, dort besondere Interessen und Wtlnsche unseres Vereins zur Geltung zu bringen.

In den Verhältnissen unserer Vercinsbibliothek und des Lagers unserer Vereinsschriften sind im letzten Jahre keine Veränderungen eingetreten. Diejenigen unserer Mitglieder, welche ihren Resitz an den von uns veröfTentlichten Schriften zu dem den Mitgliedern zustehenden Vorzugsjireise ergänzen wollen, werden ersucht, sich an den \ er\valier unserer lübholhck, Herrn Arc hivar Dr. ///«j^. zu wenden. Seit der vor drei Jaliren erfolgten let/Aen V'cfürfcuilK:hüng des Ver- zeichnisses der mit uns im Schriftenaustausch stehenden Geschichts- vereine sind mit uns neuerdings die folgenden Gesellschaften in Aus- tausch getreten:

Birktnjeldf Verein fOr Alterthuniskunde,

Frankfurt a. M., Verein für Geographie und Statistik,

Heidelberg, Historisch-philosophischer Verein,

Insterburg, Alterthums-(^esellschaft.

KifL Gesellscluift für Kieler Stadtgeschichte,

Werden, Historischer Verein lUr das Gebiet des ehemaligen

Stiftes Werden, Antwerpen, Stadtarchiv, LondM^ The Huguenot Society, IVieUt Heraldische Gesellschaft Adler. Die Schriften der sechs letztgenannten Gesellschaften gehen ver* tragsgemäss an die Stadtbibliothek über, die der anderen drei, deren Forschung- und Arbeitsgebiete sich vielfach mit den unseren berühren,

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verbleiben der Ver«insbibUotbek. Dagegen sind ai» unserem Austausch' verzeichniss zu streichen:

Aathettj Verein fUr Kfinde der Aachener Vorzeit,

Mtts, Verein für Erdkunde.

IVieHt k. k. Geographische Gesellschaft.

Indem der \ or^iand die Mitglieder beim l^iiUritt in das neue Vereinsjahr auf das herzliciistc begrüsst, hofft er, dass sie auch ferner den Arbeiten und Interessen des Vereinslebens die gleiche Theilnahme entgegenbringen wie in dem abgelaufenen Jahre, tiber welches sich dieser Bericht erstreckt. *

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II. Kechnungs-Abschluss für das Jahr 1891.

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XXVIII -

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1 1892.

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> An Cftssa-Conto

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M.

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ai. Dez.

An initglieaer-Deilrajj-C/onlü

Inhresbcitr.igL- der Mitglieilcr tlcs Vereins .

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, An Subventions-Conto

i Subvention der städtisthen Hchördcn Ix bufs Drurkleijung der Ar« hivirucntarc . . .

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; An Verlags-Conto

Abgesetzte Vcrein&schriltcn

1

An £ffokten*Gonto

Erlös der Cotipons der österr. Ixiose . . .

F r a n k t u r i i

I

- XXIX

H92. .Dex.

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Pr. Verlags-Gonto

A. Osterrieth, hier, Satz und Druck des Archivs für Frankfurts Geschichte u. Kunst, lU.Folge, Band 3

Kuhlft Cie., Lichtdruckarbeilen lür das Archiv, III. Folge, Band 4

Honorare

Pr. Bibfiothek-Conto

Ankauf von Bachern und Zdtschriflen . . Buchbinderarbeiten

M.

1680 577 '

Pf.

15 50

M.

Pf.

49 43 !

20 80

2764 65

93

Pr. Unkusten-Conto

Lokaliniethe

Zuschuss pro 1891 und 1892 zu den Druck- kosten des Werkes von A. Bing »Rflck» hli< ke Ulf die Geschichte des Frankfuner Stadt theaiers«

Erhebung der Mitgliederbeiträge und Zu- stellung der Vereinsschriften

Fr. Lintz in Trier fbr 440 Exemplare des

Korrcspondenzhlittes der Westdeutschen

Zeitschrift 1892

l^nkosten l>ei den Ausflugt-n des Vereins , K. 6. Mililer <Sc Sohn in Berlin fur das Kor- respondenzblatt des Gesammtvereins, den Beitrag zu demselben und 10 Protokolle der (kner.il Versammlung in Sigmaringen , Dru< karhciten !

loO ,

200 HU To

212 12

(10

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Reisespesen

Schriftliche Arbeiten

Heizungsbeitrag filr das I^kal im Archiv- gebäude

Porti, Schreib- und Packmaterial, Vergütungen für Dienstleistungen und sonstige kleine

Ausgaben

Vercinsdiener

25

17 I 50 Ii

11 :t2

«0 70

5 :

Pr. Cassa-Conto Baarbestand

18«;

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M 31. Dezember 1893.

G. Reutlinger,

<]. Z. Kassenf ahrcr.

9.'>2 (»0

^117

84

- XXX

Das Vermögen des Vereins bestand am 31. Dezember 1893 in:

Cama-Conto Mk. 917.59

Sparka886*Conto ^ 1,202.39

EfTekten-Conto .'»ril.Gb

Bibiiothek-Conto , 1.977.05

Verlags-Conto « 10,000.—

Inventar-Conto « 1,171.37

Mk. 15,82ü.08

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WOLFF, Römische Ziegeleien von Nied.

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