у 5 ] ^ LU T ^ t "n & ' ‘ " ` " . Werte à N Y o fp tup t P nme Na eris | . ` ] , . md i ut het "c t sca e oe EP 7 <-> м | $ ит. И ee а e IE a к » 4 ~ X! el C m su" éme " % . mo " ded Y WIRD ten en > are : de " ^1, Ve PS Cc "m Po ata Uc me A * > » eh $e mr À taie een < ES M x ще ~ dr dde dicti age к wn Me tumet e i e AAN LE vn. vh, ro . Dia vor ae 2 амер - ie a e. + к ; u -- + n ur * - E - ~ Pre "abi tum e ve s р H + 4 1 4 м gon dons | ' 14 : г = “~~ + > "be rs | ^ - - LL pA , 3 x ; EI id Y k ep * ‹ X. > E b. Me, n : = e - - * -- I e E B - +". al | | E Е d — : Lac " г x à od у ; . = b | i ~ - ind LJ Lu **- x i * - = I. . = > | " 5 | | * A à + * LA j | LJ ^9 > | » " ‘ “tet on зе à а - LI = LIBRARY Coe | OF THE x Museum of Comparative Zoology D ie | H 1 > À я | р р a i $ à р , * : | ry ha E] 1 E: ; | Vo À ; : Nor ces dms 72) BULLETIN DE LA SOCIETE IMPERIALE DES NATHRABISTRS DE MOSCOU PUBLIR sous LA Répaction pu Docteur RENARD. ANNÉE 1365. Томе ХХХУШ. — PREMIERE PARTIR. ——— (Avec 12 planches.) Moscou. IMPRIMERIE DE L UNIVERSITE IMPÉRIALE. 1865. а: va 2e Ka ‘ BULLETIN DE LA SOCIETE IMPERIALE DES NATURALINTEN Томе XXXVI. ANNÉE 1865. Ne Г. MOSCOU. IMPRIMERIE DE L'UNIVERSITÉ IMPERIALE. (Katkoff & C9.) a DN ^"1865. n Aosnozemo цензурою. Москва. Anpban 24 дня, 1805 года. “2 DER INOCERAMBN-THON VOX SSINBIRSK von H. TnavTsCHOLD. (Mit 3 Tafeln.) Wenn man von der Stadt Ssimbirsk auf der Nordseite derselben den steilen Abhang nach der Wolga hinunter- steigt, so bemerkt man, dass an dieser Stelle das 300 Fuss hohe Ufer ganz aus Thon besteht. Dieser Thon ist bei trockenem Wetter bläulich grau, bei nassem schwarz, bei jedem Wetter ohne beschlagene Schuhe und ohne Stock eine der schlechtesten Unterlagen für die Fortbe- wegung. Was sogleich in die Augen fällt, wenn man flussaufwärts am Ufer der Wolga entlang geht, sind die grossen Steinblöcke, die überall, von dem Flusswasser ausgewaschen, theils unversehrt, theils in zahllose Stücke zerbröckelt, am Abhange umherliegen. Diese abgerunde- ten Blöcke bestehen der Hauptmasse nach aus Kalk, und es scheint, dass sie alle einem und demselben Horizont angehören, doch habe ich nirgends bemerkt, dass sie eine wirkliche Schicht bilden. Sie haben oft 3 bis 4 Fuss im Durchmesser, sind aussen braun und innen grau, und N 1. 1865. 1 2 gewöhnlich in den verschiedensten Richtungen von Bit- | terspath durchzogen, der sich auf Kluftflächen abgeson- dert und diese ausgefüllt hat. Zuweilen haben diese Kalk- Coneretionen eine grünliche Färbung, aber auch dann braust das Gestein mit Salzsäure. Nächstdem findet sich in diesem Thon Gyps in zahlreichen Krystalldrusen; Schwefelkies ist seltener, doch trifft man ıhn zuweilen da, wo man ihn sehr ungern sieht, als Incrustation von Fossilien. Für die geognostische Untersuchung sind bei Ssimbirsk die Uferwände 30 bis 40 Fuss zugänglich, da die periodische Erhebung der Wolgawasser so viel ent- blösst halt; das übrige Ufergehànge ist fast ganz durch Vegetation dem Auge entzogen. Das Ausfüllungs- und Versteinerungs-Material der Schalenreste von Seethieren, welche sich in dem Thone von Ssimbirsk finden, ist dichter, dunkler, harter Kalk, von welchem die Ober- fläche der Fossilien ziemlich schwer zu befreien ist; nur da, wo der Thon weniger plastisch und von lockerer Beschaffenheit ist, sind die Muscheln rein herausgewa- schen und ohne anhängendes Gestein. Die Mächtigkeit der Thonschicht von Ssimbirsk ist eine sehr bedeutende, sie ist auf mehr als dreihundert Fuss anzuschlagen, aber nur der untere Theil ist zugänglich, der mittlere scheint, nach Analogie an anderen Orten zu urtheilen, fossilienleer, der oberste Theil enthält bereits zwei Kreide- Ammoniten. Da das Gestein von oben bis unten gleichartig ist, so hat man um so mehr seine Aufmerksamkeit auf die Fossilien zu richten, und diese lassen unmittelbar über dem Aucellenkalk in der That zwei Zonen erkennen, wenn diese Zonen auch nicht scharf von einander getrennt sind. Der Thon der unte- ren Zone ist locker, und auf demselben liegen zahlreiche Astartenschalen umher, so rein gewaschen und so frisch, 3 als wären sie von den Wellen heutiger Meere ausge- worfen. Die aussen gelblich grauen, inwendig weisslichen Schalen gehören der Азат porrecta an, welche Г. v. Buch zuerst in seinen Beiträgen zur Bestimmung der Gebirgsformation in Russland (p. 94, 95) beschrieben und abgebildet hat. Der Beschreibung Buch’s habe ich nur die Bemerkung hinzu zu fügen, dass die Muskelein- drücke immer deutlich umschrieben sind, und namentlich der dicht unterhalb des Schlosses liegende bedeutend und zwar vorzugsweise nach innen zu vertieft ist. Die Schale ist dick und besteht aus übereinander liegenden Schichten; wenn die äusserste gelblich graue Schicht abgerieben ist, färbt die Muschelsubstanz ab wie Kreide. Da die Abbildung Buch’s nicht alle Theile der Muschel darstellt, so habe ich sie noch einmal vollständiger zeich- nen lassen (T. 1. f. 1). So wie Astarte porrecta die Leitmuschel des die Au- cellenbank bedeckenden lockeren Thones ist, so ist sie auch fast das einzige Fossil, was an diesem Orte vor- handen ist. Nur einen biplexartigen und einen anderen Ammoniten, den ich nachher beschreiben werde, habe ich noch an derselben Stélle gefunden. Der A. biplex? ist wenig involut, so wie ihn Buch beschreibt. Buch führt neben Astarte porrecta und A. biplex noch aus einem, aus Ssimbirsk stammenden Block Belemnites canalicula- tus (absolutus?), Terebratula personata, Avicula brambu- riensis und Plagiostoma péctinoideum (Lima pectinoides Gldf.) an. Ich habe keins dieser Fossilien bei mei- nen wiederholten Besuchen dieser Oertlichkeit entdecken können. In der Zone, welche auf den Astartenthon folgt, sind die Versteinerungen bei Ssimbirsk zahlreicher, als in die- de о sem. Obgleich die Ammoniten in dem oberen Lager stark vertreten sind, so muss doch ein anderes Fossil als Leit- muschel bezeichnet werden, und zwar eine grosse Bival- ve, die einer Aucelle auf das Täuschendste ähnlich sieht. Wenn man sich eine Aucella mosquensis zehnfach ver- grössert denkt, so hat man die Muschel, von der ich spreche. Ganz derselbe Umriss der Gestalt, ganz dersel- be rechts gewendete Hals, ganz derselbe kokett links gewendete Schnabel der Oberschale, ganz dieselben in regelmässigen Bögen verlaufenden concentrischen Wellen. Aber trotz dieser scheinbar vollkommenen Uebereinstim- mung ist es nicht zweifelhaft, dass diese grosse und schöne Muschel nicht zur Gattung Aucella gehört. Ob- gleich ich schon im vorigen Jahre eine ziemlich grosse Anzahl von Individuen zusammengebracht hatte, welche ich in diesem Sommer noch dureh mehrere besser er- haltene Exemplare ergänzt, so befindet sich darunter doch keins, an welchem das Schloss sichtbar wäre, oder sich vom Gesteine befreien liesse. Aber es waren die Schloss- ränder an mehreren Stücken der Unterschale erhalten, und diese Schlossränder genügen nebst anderen Kenn- zeichen, die ich später anführem werde, um die Muschel der Gattung zuzuweisen, zu welcher früher von Buch, Fischer und Anderen das ganze Genus Aucella gerech- net wurde, nämlich der Gattung Inoceramus. Der Leit- muschel des jurassischen Thones von Ssimbirsk fehlt die charakteristische Falte an der Spitze der Unterschale, durch welche sich vor Allem Aucella von Inoceramus un- terscheidet. Nächstdem ist die Structur der Schale von der der Gattung Aucella grundverschieden: sie ist bei unserem Inoceramus perlmutterartig, dick und leicht in mehrere Lagen spaltbar, die oberste ist aussen glän- zend hellbräunlich, die unteren weiss und alle von Perl- ne ен ; 5 mutterglanz. Zu den hauptsächlichsten Charakteren der Gattung Inoceramus wird ferner die faserige Structur der Schale gerechnet: diese war an den von mir im vori- gen Jahre gesammelten Individuen fast gar nicht sicht- bar, aber bei meinem letzten Besuche ist es mir gelun- gen, ein Exemplar aufzufinden, wo diese Faserbildung vollkommen erhalten ist. Goldfuss erwähnt bei der Be- schreibung von I. concentricus Park. von Folkstone, dass diese Art eine perlmutterartige Schale habe, und häufig eine faserige Schicht am Wulste der Schlosslinie zeige. Aehnlich verhält es sich auch bei unserem Inoceramus, doch zeigt sich die faserige Schicht nicht bloss am Wulste der Schlosslinie, sondern zieht sich von dem Wirbel gleichmässig an beiden Schalen und an beiden Seiten der Schalenränder herab. Da der untere Theil der Muschel nicht erhalten ist, so bleibt es unentschieden, ob die Faserschicht sich um den ganzen Schalenrand herum- zieht. Auf den ersten Blick sieht diese Schicht wie Fa- sergyps aus, betrachtet man sie aber etwas genauer, so findet man, dass der Vergleich von dicht gedrängten Bor- sten einer Zahnbürste der bessere ist. Die senkrecht ste- henden Kalkborsten (*) (sie lösen sich unter Aufbrausen völlig in Salzsäure auf) erreichen eine Länge von 6 Milli- meter und vielleicht mehr; die Breite des Schalenran- des, der von ihnen besetzt ist, beträgt 10 Millimeter, und an der Unterschale meines Exemplars nur halb so viel. Diese Verhältnisse mögen nach der Grösse der Mu- schel und nach der Beschaffenheit der Ränder sehr va- гигеп. So stehen die Borsten der beiden Schalenränder einerseits bei meiner Muschel senkrecht nebeneinander, auf der anderen Seite sind sie rechtwinklig zu einan- (!) Die Borsten sind im Bruch muschlig, ohne krystallinische Structur, nach oben zugespitzt, an den Spitzen durchsichtig, 6 der ‚geneigt; das sind Dinge, die sich erst nach Beobach- tung und Vergleichung mehrerer Individuen aufklären werden. — Unser Inoceramus, für den ich wegen der täuschenden Aehnlichkeit mit Aucella mosquensis in Be- zug auf die äusseren Umrisse den Namen Inoceramus au- . cella vorschlage, erreicht eine sehr bedeutende Grösse, die in grossen Exemplaren anderthalb Fuss überschreitet, und er ist so häufig, dass seine übereinanderliegenden Schalen grosse Gesteinsstücke füllen. Zu den nächsten Verwandten unseres Inoceramus au- cella gehört I. concentricus Park. (Pictet et Roux Mollus- ques fossiles раз. 500 pl. 45. f. 2. a, 6, с und Gldf. Petref. Germ. t. 109. f. 8). Der Schlossrand macht bei dieser Species einen stumpfen Winkel mit dem Muschel- rande, die Area unterhalb des Schnabels ist breiter, und die Biegung des Halses und Schnabels der Oberschale weniger stark, so dass die ganze Muschel weniger zier- lich erscheint als Inoceramus aucella. Dass auch I. gry- phoides Gldf. (Petref. Germ. t. 115. f. 2) verwandt ist, scheint kaum der Versicherung zu bedürfen, da Aucella mosquensis vorzugsweise mit dieser Art verwechselt wurde; aber bei I. gryphoides liegt das Schloss links, der Schlossrand bildet auch hier einen Vorsprung und die Muschel ist, wie die vorige, unverhältnissmässig viel kleiner als unser I. aucella. An Grösse stehen ihm nahe 1. nobilis Mu. (Gldf. Petr. Germ. t. 109. f. 4) und I. laevigatus Mü. (Gldf. Petr. Germ. t. 109. f. 6), doch sind beide gleichklappiger, der Schnabel der Oberschale weniger vorgestreckt und weniger gebogen, die Unter- schale bei I. laevigatus gewölbter. Obgleich ich kein einziges ganz vollständiges Exem- plar besitze, so kann ich doch nach sehr verschiedenen 7 ‘sich ergänzenden Stücken in Folgendem eine genügende Reihe von Merkmalen der neuen Species geben: Inoce- ramus aucella (T. I. f. 2, 3) hat eine eiformige Gestalt und ist ungleichklappig; die grössere Schale (Oberschale) ist stark gewölbt, der Wirbel zu einem nach unten ge- krümmten und seitlich gebogenen Schnabel ausgezogen; von dem im Schnabel zugespitzten Vorderende verlaufen die Seitenränder der Schale in sanfter Krümmung nach hinten, ohne durch etwas, was wie ein Schlossrand aus- sähe, eine Unterbrechung zu erleiden. Unterhalb des Schn:- bels befindet sich eine convexe Fläche in der Form ei- nes gleichschenkligen Dreiecks, die mit feinen Rinnen auf der blättrigen Perlmutterschale versehen ist; auf die- sem Dreieck liegt eine dicke Schicht aufrecht stehender Fasern, die, sich von dort als ınehr oder weniger brei- tes Band um den Schalenrand herumziehend, an Dicke auf der dem Rande entgegengesetzten Seite schnell ab- nimmt. Der gewölbte Theil der Schale, also die Haupt- masse, besteht (wie auch bei der kleinen Schale) nur aus Perlmutterblättern. Die kleinere Schale ist weniger gewölbt und läuft mit ihren Rändern zu einer scharfen Vorderecke zusammen, deren Seiten eine Steigung von ungefähr 56° zu einander haben. Unter der wenig ge-. krümmten Spitze der Unterschale befindet sich ebenfalls ein schwach kanellirtes Dreieck, auf welchem sich, wie bei der Oberschale, eine Schicht Kalkborsten erhebt, die sich von dort um die Schalenränder herumzieht. Von Schlossgruben ist an keinem meiner Exemplare etwas bemerkbar. Beide Schalen sind mit concentrischen wel- lenförmigen Erhebungen versehen, doch ihre Innenseite ist glatt. Nächst der Astarte porrecta und dem Inoceramus au- cella sind einige Ammoniten die häufigsten Fossilien im e th 8 Thone von Ssimbirsk. Eine Species, welche an Zahl der Individuen alle anderen zu übertreffen scheint, gehört der Abtheilung des wandelbaren A. Humphriesianus an. Unser Ammonit (T. II. f. 1) steht in der allgemeinen Form dem A. Humphriesianus aus dem unteren Oolith von Les Moutiers ziemlich nahe; die wesentlichsten Ab- weichungen sind die, dass er mehr involut ist, und dass die Windungen eine höhere Rückenwölbung haben. Die Rippenbildung ist ganz so wie bei dem ächten A. Hum- phriesianus, d. h. einfache Rippen steigen von der Sutur- kante mit einer Neigung nach vorn bis zu °/, der Win- dungsbreite hinauf, treiben dort einen zugespitzten Kno- ten, und theilen sich dann in 2, 3 oder, wie in der Blüthe des Alters gewöhnlich, in 4 Rippen, die in gerin- ger Schwingung nach vorn über den hoch gewölbten Rücken ziehen, um auf der anderen Seite sich theils mit den gegenüberliegenden Knoten zu vereinigen, theils die letzte Rippe zu dem nächstfolgenden Knoten auszusenden. Die Lobenzeichnung ist indessen nicht die der Coronati, wie bei dem französischen A. Humphriesianus, sondern die der planulati. Durch die höhere Rückenwölbung tritt unser Ammonit dem A. Braikenridgii näher, der sich aber nach d’Orbigny durch zweitheilige Rippen und durh beständige Anwesenheit der Ohren von A. Humphriesia- nus unterscheidet. Aber wegen der einfacheren Loben- bildung und wegen der mehrfachen Rippentheilung kann unsere Form auch nicht mit A. Braikenridgii vereinigt werden, obgleich er noch in Betreff der stark zugeschärf- ten Rippen und der gleichen Knotenzahl auf einem Um- gange mit dieser Species übereinstimmt. Ich schlage für diesen Ammoniten von Ssimbirsk den Namen A. elatus vor. Nach A. elatus ist der häufigste Ammonit A. versico- lor п. sp. (TI. H.. f. 3, 4), welchem, der А Banden 9 Eichw. nahe steht. А. Panderi ist von d’Orbigny т МУК. $. 33. f. 1—5 abgebildet und Г. v. Buch hat seiner Zeit den Stab über diese Species gebrochen und sie für A. mutabilis erklärt. In meinem Nomenclator der Juras- sischen Formation in Russland bin ich Buch’s Autorität gefolgt, und habe A. Panderi als A. Koenigii aufgeführt, da nach Morris A. Koenigii und A. mutabilis synonym sind. Was Buch unter A. mutabilis versteht, ist aus sei- ner Beschreibung eines Ammoniten von Dmitrijewo, dem er diesen Namen gegeben, ersichtlich (Beiträge p. 84). Es ist ein scheibenförmiger Ammonit mit abgeflachten Windungen, deren Durchschnitt ein längliches Oval bil- det. Hiermit steht in entschiedenem Widerspruche die Ab- bildung des Durchschnitts von d’Orbigny’s A Panderi. Diese Figur kann keinem Buch'schen mutabilis angeho- ren, wenn auch die Seitenansicht f. 1. |. c. jenem Am- moniten ähnlich ist. Ich bin daher für Beibehaltung des Namens, um so mehr, da diese Form in der Virgatus- Schicht nicht selten ist. Der grosse und schóne in Rede stehende Ammonit von Ssimbirsk ist, wie oben bemerkt, dem А. Panderi verwandt, aber er unterscheidet sich von diesem durch zweitheilige und mehr hervortretende Rippen, die sich in sanftem Bogen von der Suturkante erst nach hinten ziehen, um dann in starker Steigung nach vorn über den Rücken zu verlaufen. Diese Eigen- thümliehkeit zeigen namentlich die grossen Exemplare; sie ist weniger deutlich bei den jüngeren Individuen aus- geprägt. Der Ammonit gehört zu dem Subgenus der Biplices, unterscheidet sich aber von dem ächten biplex dureh die runden Windungen, und dadurch, dass die . Rippen sich auf der Mitte der Windungsseite theilen, wä- hrend hei A. biplex die Bifurcation erst im äusseren Drittel beginnt. Von grossen Thieren habe ich nur Bruch- 10 иске gefunden, die sich fast immer durch wohl erhaltene schillernde Schale auszeichnen, das kleine Individuum (T. II. f. 3) verdanke ich der Güte des Hrn. Gontscha- rof, Studirenden der Universität Dorpat. Ausser den beiden eben beschriebenen Ammoniten ha- be ich noch A. striolaris, А. polyplocus und A. corona- tus gesammelt. Dei A. striolaris T. II. f. 2 konnte nur die Frage sein, ob er nicht der nahe stehenden Form des А. planulatus involutus angehóre. А. striolaris ist mir nur aus der Abbildung Quenstedt's (Jura t. 75. f. 6) bekannt, den А. planulatus involutus besitze ich als Steinkern von Grosseisslingen in Würtemberg. Er hat ganz den Habitus meines Ammoniten, die Stammrippen theilen sich im ersten Drittel der Seite des Umganges in drei oder vier Rippen, und gehen dann mit einer be- deutenden Schwingung nach vorn über den schmalen zugerundeten Rücken; aber die niedrigen Rippen oblite- riren an der Vereinigungsstelle zu Bündeln, und geben hierdurch ein unterscheidendes Merkmal zwischen A. involutus und A. striolaris. Bei letzterem verlaufen die Rippen deutlich über die ganze Breitseite, und die Ver- einigung zu Bündeln ist sichtbar. Bei einem grösseren Exemplar sind übrigens Stammrippen und Bündelknoten obliterirt, was vielieicht auf die Identität der beiden ge- nannten Species hinweist. Dem Ssimbirsker A. striolaris sehr nahe steht auch A. Güntheri Opp. (Oppel Palaeon- tol. Mittheil. t. 66. f. 1), und der einzige Unterschied ist der, dass die Rippen bei A. Güntheri ein wenig ge- drängter stehen. Was ich als A. polyplocus Rein. (T. II. f. 6) bestimmt, bildet eine Uebergangsform von A. striolaris zu A. vir- gatus. A. polyplocus unterscheidet sich vorzugsweise da- 11 durch von A. virgatus, dass die Theilrippen ‘mit den Stammrippen nicht fest verbunden sind, sondern abge- trennt vom Bündel neben her laufen. Das findet bei dem ächten A. virgatus nie statt. Ich besitze aus dem Scy- phienkalke der Schwäbischen Alp einen schönen poly- plocus, den ich, wenn ich ihn hier gefunden hätte, un- bedenklich zu A. virgatus gestellt haben würde. Der polyplocus von Ssimbirsk steht unserem A. virgatus we- niger nahe, als der erwähnte Schwäbische. Die drei-bis viertheiligen Rippenbündel sind noch mangelhafter mit den Stammrippen verbunden, und die Windungen sind involuter, als sie es bei dem Schwäbischen polyplocus und bei virgatus sind. Durch das letztgenannte Kenn- zeichen tritt der Ammonit von Ssimbirsk dem A. strio- laris näher. Die Zahl der Stammrippen ist bei A. vir- gatus und unserem polyplocus gleich. Unser polyplocus ist involuter als A. Lothari Opp. (Palaeontol. Mittheil. t. 67. f. 6), mit dem er ebenfalls nahe Verwandtschaft hat, aber nicht mehr involut als der von Quenstedt (Der Jura t. 75. f. 5) abgebildete A. polyplocus. Bemerkens- werth ist noch, dass die Loben sich nicht bei unserem Am- moniten nach dem Nabel vorn hinaufziehen, sondern wage- recht verlaufen. Das gezeichnete Exemplar, etwas grösser und besser erhalten, als das, welches ich selbst gesam- melt, verdanke ich der Gefälligkeit des Hrn Gontscharof. Ammonites coronatus Ziet: (T. II. f. 5) ist in zwei kleinen Exemplaren vorhanden. Sie stimmen recht gut mit der Abbildung d’Orbigny’s (МУК t. 36. f. 1 — 3) und ihre Bestimmung lässt keinem Zweifel Raum. A. coronatus ist ein Fossil, welches die ganze Periode des Russischen Jura überdauert; es bewohnt den Gryphäen- thon, dessgleichen den Lucerna-Sand, und taucht wieder im Inoceramen - Thon von Ssimbirsk auf, Ganz ebenso 19 p verhält es sich mit Belemnites Panderianus: ein Leitfos- sil der Gryphàenschicht erscheint er im Inoceramentho- ne wieder, wie A. coronatus. Ein ganz typisches Exem- plar (T. Ш. f. 14) ist von mir im Thone von Ssimbirsk gefunden worden mit der charakteristischen weiten, bald unterhalb der Spitze beginnenden Alveolarhöhlung, der weit nach vorn geneigten kurzen Spitze und dem massi- gen abgerundet quadratischen Körper. Das sind alle von mir bis jetzt aufgefundenen Cepha- lopoden, wenn ich von verschiedenen gigantischen Am- moniten absehe, die durch das Alter ihrer unterscheiden- den Kennzeichen verlustig gegangen sind, und desshalb eine sichere Bestimmung nicht zulassen. Wenn die Leitfossilien und die Cephalopoden die Haupt- masse der Fossilien inı Thone von Ssimbirsk ausmachen, so ziehen doch ausser Astarte porrecta noch mancherlei Zweischaler die Aufmerksamkeit auf sich. So bildet z. B. eine Avicula auf manchen Gesteinsstücken ein ganzes Haufwerk von Schalen; leider sind sie nie ganz erhalten, oder wenigstens nicht alle Theile sichtbar. Sie ist der A. inaequivalvis sehr nahe verwandt, doch zeigen sich die Unterschiede, dass zwischen den hóheren Rippen der gewölbten Schale nicht mehrere kürzere und niedrigere, sondern nur eine oder zwei secundäre Rippen stehen, ferner ist die Zahl der hervorstehenden oder Hauptrip- pen grósser als bei А. inaequivalvis. Von А. semiradia- ta unterscheidet sie sich durch eine solidere Schale, und durch die höhere Wölbung der linken Valve. А. semi- radiata verträgt nicht den leisesten Druck des Fingers, und jeder Hauch des Windes weht die papierdünne Schale von ihrer Stelle. Wahrscheinlich ist unsere Avi- cula (T. Ш. f. 3) identisch mit A. Münsteri Gldf. (Petref. 13 Germ. t. 118. f. 2), denn die Zahl der Hauptrippen, sechzehn, ist dieselbe, und Grösse, so wie allgemeine Form, stimmen auch. Bei unserer Avicula erscheint dem unbewaffneten Auge das rechte Ohr ungerippt, doch un- ter der Lupe werden ganz feine Streifen bemerkbar. Es existiren noch andere grössere Bruchstücke, die vielleicht der grösseren Schale der Avicula Münsteri angehören; auf diesen giebt es der. Hauptrippen ungefähr 24, zwi- schen denselben je eine secundäre Rippe; auf dem rech- ten Ohr dieser linken weniger gewölbten Schale sehr scharfe und dicht stehende Rippen. Mehrere Bruchstücke einer grossen Muschel scheinen einem Venulites Schlth. (Prono& Ag.) anzugehören. An der grösseren Hälfte einer rechten Schale ist das Schloss erhalten; es zeigt die drei vom Wirbel aus divergiren- den Zähne der Gattung Venus, aber der Mantelrand hat keine Bucht. Diese müsste selbst auf unserem Bruchstücke zu sehen sein (T. Ш. f. 8), wenn die Verhältnisse ähn- lich wie bei Venus Brocchii Desh. sind. Nur wenn die Mantelbucht sehr klein wäre, würde sie nicht sichtbar sein. Die Schale ist an den dicksten Stellen 5 Millime- ter dick, schärft sich nach dem Rande zu, hat deutlich umschriebene, besonders nach oben zu sehr vertiefte Muskeleindrücke, sehr wenig vortretende Wirbel und auf der Aussenseite wenig markirte, dicht stehende, con- centrische Streifen. Ich gebe dieser Art (T. Ш. f. 8) den Namen Venulites mordvensis nach der im Gebiet der südlichen Wolga wohnenden Völkerschaft Mordwa. Eine Cyprina ist in vier Bruchstücken von mir ge- sammelt worden. Das charakteristische Schloss ist an ei- nem Fragment der rechten Schale sehr gut erhalten (T. Ш. f. 6), und zeigt völlige Uebereinstimmung mit dem 14 von Rouillier abgebildeten Schlosse der Cyprina Cancri- niana d’Orb. (Bull. d. Moscou 1848. I. t. H. f. 34). Eine fast vollständige linke Valve lässt den Umriss der Muschel erkennen, und somit die Unterschiede ziemlich deutlich hervortreten, welche sie von unseren übrigen Cyprinen trennen. Von allen unterscheidet sie sich da- durch, dass die Wirbel weniger nach. vorn gerückt sind, sondern mehr in der Mitte liegen; von С. Cancriniana wird sie durch den von den Wirbeln nach hinten ver- laufenden Kiel getrennt. С Syssolae Keys. ist breiter, und С. Helmerseniana grösser. Hauptunterschied ist also Stellung der Wirbel. Ich nenne sie desshalb Cyprina retracta. - Zwei Abdrücke eines flachen Pecten (T. Ш. f. 2) deu- ten auf P. nummularis Phill., denn der eine ist ohne, der andere mit concentrischen Streifen Der Umriss der Schale zeigt keine Abweichungen. Cardium concinnum у. Buch (Т. Ш. f. 5) ist zwar nur in einem Exemplar vorhanden, aber dieses ist so wohl erhalten, dass nicht der leiseste Zweifel über seine Iden- titàt aufkommen kann. Die auszeichnenden Streifen auf der Hinterseite der Schalen verlaufen ganz so, wie sie von der Zeichnung d'Orbigny's bekannt sind. Die Ge- stalt und Grösse sind vollkommen die unseres Chara- schover С. concinnum. Goniomya Шегаа Ag. (Pholadomya Duboisi d’Orb.) befindet sich in einem unvollständigen, aber ganz er- kennbaren Individuum (T. Ш. f. 9) in meiner Sammlung. Es ist ganz dieselbe Form, welche in der Moskauer Virgatus- und Aucellen - Schicht vorkommt. Die linke Valve einer zierlichen Lucina (T. Ш. f. 7) stammt auch aus dem Thon von Ssimbirsk. Sie ist fast 15 kreisrund, der Wirbel ein wenig nach hinten &erückt; dicht unter dem wenig vortretenden Wirbel ein Zahn, der sich nach unten. zu verbreitert, und durch eine nicht tiefe Furche in zwei Hälften getheilt ist; von diesem Zahn verläuft nach beiden Seiten eine vorspringende Leiste, auf deren Enden längliche Zähne sitzen; der hintere Zahn ist bei unserem Exemplar abgebrochen. Die Schale ist gewölbter, als sie es gewöhnlich bei den Lucinen zu sein pflegt; sie ist mit dicht an einander gedrängten, doch scharf einschneidenden, concentrischen Streifen besetzt. Die Lunula ist länglich und klein, doch deutlich um- schrieben. Von unseren russischen Lucinen gleicht ihr keine einzige; von den westeuropäischen haben zwei einige Verwandtschaft, nämlich Lucina minima Roem. (Orl. p. 118. t. 7. f. 19) und L. despecta Phill. (Yorksh. t. 9. f. 1). Lucina minima hat dieselbe Grösse, ist eben- so gewölbt, aber die Wirbel sind ınittelständig; überdiess fehlt zur Vergleichung die Schale, da Roemer nur einen Steinkern abgebildet hat. Die Zeichnung von Phillips stellt eine etwas gróssere Lucina dar, die den ungefáhren Umriss unserer Ssimbirsker hat, da aber Phillips nur eine unvollkommene Seitenansicht giebt, nichts von Wöl- bung, Zahnbau, Lunula etc. zu sehen ist, die Streifung bei unserer dichter scheint, endlich jene grósser ist, so ist einerseits die Verschiedenheit sehr wahrscheinlich, andererseits ist es unmöglich, die Identität festzustellen. Wegen der Wolbung der Schale nenne ich die Art Luci- na fornicata. Von einer Nucula-Art habe ich 5 Exemplare von Ssim- birsk mitgebracht. Sie ist flacher als N. Hammeri und Eu- dorae;. die Wirbel stehen weiter nach vorn als bei N. pal- mae, N. Waltoni N. cordata und Nucula ovata Mant.; der Schlossrand ist eonvexer als bei №. nuda und N. variabilis. 16 N. ornati Onst. (N. СаесШа d’Orb.) steht ihr ziemlich nahe, doch ist bei unserer Nucula der Schossrand mehr con- vex, und auch die Hinterränder der Schalen verlaufen in einer mehr ausgeschweiften Linie. Ganz denselben Um- riss zeigt N. elliptica Phill. (Yorksh. t. 5. f. 6); da aber in der Zeichnung nichts als Contur gegeben ist, so wür- de es zu Verwirrung Veranlassung geben, wenn ich so Mangelhaftes zur Grundlage einer Bestimmung machen wollte; überdiess ist der Name N. elliptica bereits von Roemer für eine andere Species verbraucht. Nucula Oppeli (T. Ш. f. 4), so will ich die Art zu Ehren eines verdienten Zeitgenossen nennen, ist von ovaler Form, die erhaltene Schale ist perlmutterglänzend, glatt, die Wirbel stehen weit nach vorn im fünften Sechs- tel der Lànge. Der hintere Schlossrand ist convex, der vordere concav, die Lunula von herzíórmiger Gestalt, doch nicht immer deutlich umschrieben. Am Steinkerne sind die Eindrücke der Zähne sichtbar. Die Muschel ist halb so dick als lang, und die Breite verhält sich zur Lànge wie 11. 18. | In einem Gesteinsstück mit Avicula Münsteri ist eine Schale enthalten, welche dem Habitus nach einer Tellina anzugehóren scheint. Der Wirbel steht ungefahr in der Mitte, von ihm zieht sich in geringer Entfernung vom Schalenrande eine Kante nach hinten; die Schale ist we- nig gewölbt, mit concentrischen Streifen versehen, 5 Centimeter lang, 2'/, Gentim. breit. Das Schloss ist nicht sichtbar, und desshalb die Gattung fraglich. Myacites politus (T. Ш. f. 10) nenne ich eine kleine Muschel, die manchmal zu Hunderten das Gestein erfüllt. Die Form ist verkürzt harfenförmig, von vorn gesehen elliptisch; die Umbonen sind wenig vortretend, und mit 17 ihren Spitzen nicht viel, doch bemerklich, nach vorn geneigt. Eine umschriebene Lunula existirt nicht. Dem Schlosse fehlen die Zähne. Die Schalen sind sehr fein concentrisch gestreift und wie geglättet; zwischen Schloss und Hinterecke sind beide Schalen ein wenig niederge- drückt, doch nicht so viel, dass eine Falte entstanden wäre. Was Quenstedt aus den Dentalinenthonen unter dem Namen Myacites abbreviatus anführt (Der Jura pag. 508. t. 68. f. 7, 8), scheint nahe verwandt zu sein, doch hat Quenstedt’s Muschel stark markirte Kanten, die bei unserer fehlen, auch ist М. abbreviatus ungestreift. Der Myacites von Ssimbirsk ist vorn und hinten immer fest geschlossen, was Zweifel über die richtige Bestimmung der Gattung erwecken könnte, doch fehlen vorläufig die Mittel, vollkommene Sicherheit zu gewinnen. Von Rhynchonellen ist auch Mehreres gefunden, was aber zum Theil durch Ueberzug von Schwefelkies un- bestimmbar ist. Eine kleine Rhynchonelle habe ich so weit vom Gestein befreien können, dass sie gezeichnet werden konnte (T. Ш. f. 15); sie hat 14 Falten, von denen im Sinus 4; die Falten reichen bis zur Spitze des Schnabels; die Area ist durch Gestein verdeckt. Nach Zahl der Falten und allgemeiner Form, Wölbung der Schalen und Senkung des Sinus steht sie der Rh. sub- obsoleta Davids. (Foss. Brachisp. t. 17. f. 14) am näch- sten, und werde ich sie vorläufig unter diesem Namen aufführen, bis es gelungen ist, an mehr und besser er- haltenen Individuen eine grössere Sicherheit der Bestim- mung zu erzielen. Die zweite Rhynchonella ist die halb verdeckte grös- - sere Valve einer Rh. variabilis (Schlth.) Davids. oder Rh. bidens Phill., die in unserer Virgatus - Schicht nicht N 1. 1865. 2 18 ganz selten ist; sie lässt sich selbst in verstummelter Form leicht an der charakteristischen Fältelung erkennen. Die dritte Form dieser Gattung gehört vielleicht in die Nähe von Rh. tetraédra, ist aber in zu geringen Theilen ihrer Oberfläche sichtbar, als dass eine nähere Bestim- mung zulässig wäre. - Von Gastropoden sind in dem Inoceramen - Thon von Ssimbirsk drei Arten von mir gefunden worden. Die eine ist Acteon Frearsianus d’Orb., welche Bewohnerin der Charaschower Aucellenbank ist, und durch punktirte Längsstreifen charakterisirt wird. D’Orbigny, der es liebte, die Natur zu corrigiren, hat in seiner Abbildung (MVK. t. 37. f. 8—11) auch in der oberen Hälfte der Windun- gen jene Streifen zeichnen lassen. Aus der beigegebenen Abbildung (T. Ш. f. 11) ist zu ersehen, um wie viel d'Orbigny hinzugethan hat. Unser Exemplar, das sonst in Jeder Beziehung mit dem Charaschower Acteon Frearsianus übereinstimmt, ist nur etwas grósser, als sie in der Aucellenschicht gewóhn- lich zu sein pflegen. Nicht weniger Uebereinstimmung zeigt die zweite Art mit einem Fossil der Moskauer Gryphäenschicht, Fusus minutus Roem. (Ronill. Bull. d. Moscou 1849 I. p. 377. t Г. f. 04). Zwar ist unser Exemplar von Ssimbirsk nicht ganz vollständig erhalten, denn es fehlt ihm Spitze und ein Stück der Mündung, das Uebrige aber ist hin- reichend, um die völlige Identität zu beweisen (T. Ш. i59). | Die dritte Art ist neu, und da sie ein ziemlich un- scheinbarer Turbo ist, so habe ich sie Turbo humilis (T. III. f. 12) genannt. Die Oeffnung ist kreisrund, der obe- 19 re Rand der Windungen legt sich flach an die nächste an, und vermindert dadurch das Hervortreten der Wöl- bung derselben. Die Schale ist glatt, hat zum Theil noch ihren Perlmutterglauz erhalten, und vom oberen Rande der letzten Windung verlaufen wenige und unregelmäs- sige Falten in der Richtung des Mundrandes nach unten. Von dem unteren Theile dieses Randes zieht sich eine Callositát um die Spindel herum in die Mundóffnung hin- ein, doch so, dass ein nicht unbedeutender Zwischen- raum zwischen ihr und dem oberen Windungsrande of- fen bleibt. Diese kleine Schnecke hat zwei Verwandte, die eine ist Turbo viviparoides Roem., welche eine mehr ausgezogene Spire und weniger dicht aufliegende Win- dungsränder hat, die andere Turbo Helicites Münst., de- ren letzte Windung unverhältnissmässig gross ist. Die von mir in dem Inoceramenthon bei Ssimbirsk gesammelten Fossilien sind also folgende: hhynchonella variabilis Schlth. » subobsoleta Davids.? Exogyra reniformis Gldf. Pecten nummularis Phill. Inoceramus aucella n. sp. Avicula Münsteri Gldf. Nucula Oppeli n. sp. Astarte porrecta v. Buch. Cardium concinnum v. Buch. Cyprina retracta n. sp. Lucina fornicata n. sp. Venulites mordvensis n. sp. Tellina (2) sp. Goniomya literata Ag. Myacites politus п. sp. 20 Actaeon Frearsianus d’Orb. Turbo humilis n. sp. Fusus minutus Roem. Ammonites elatus п. sp. » versicolor п. sp. » striolaris Rein. » polyplocus Rein. » coronatus Zeit. Belemnites Panderi d’Orb. Von diesen Fossilien sind im westeuropäischen Jura vertreten: Rhynchonella variabilis. Exogyra reniformis. Avicula Münsteri. Cardium concinnum. Goniomya literata. Fusus minutus. Ammonites striolaris. » polyplocus. » coronatus. Dass das Parallelisiren nicht zu brauchbaren Resulta- ten für uns führt, wissen wir schon aus Erfahrung, und haben hier wieder eine Bestátigung, indem die Fos- silien aus unserer obersten Schicht ebenso auf die ver- schiedenen Etagen von Inferior Oolite bis Kimmeridge vertheilt sind, wie die unserer unteren Schichten. Am- mon. striolaris und polyplocus finden sieh in Weiss v, die Biplices in Weiss В; A. coronatus und Braikenridgii und Avicula Münsteri in Braun 9, Goniomya literata in Braun a. Das einzige Ergebniss, was mehr und mehr Sicherheit gewinnt, ist, dass bei uns von Lias nicht die Rede ist, denn wenn auch gewisse Liasformen vorhan- 21 den sind, so sind das einzelne Species von längerer Lebensdauer, wie sie sich durch alle Perioden wieder- finden. Dass eine in's Einzelne gehende und sich auf die ‚kleinsten Schichtenabtheilungen erstreckende Parallelisi- rung nur in beschränkten Räumen und in umschlossenen Becken einer und derselben Zone möglich ist, beweisen wieder die indischen Ammoniten, welche vor Kurzem von Hrn. Prof. Oppel beschrieben sind. Man wird sehr zufrieden sein müssen, wenn man diese Formen den grösseren Unterabtheilungen der vorweltlichen Faunen Europa’s anzureihen im Stande ist. Wir sehen aus dem oben zusammengestellten Verzeich- nisse der Fossilien des Ssimbirsker Thones, dass mehre- re Thiere die ganze Periode des Russischen Jura über- dauert haben. Das sind namentlich biplex-artige Ammo- niten, ferner Amm. coronatus und Fusus minutus. In den drei oberen Schichten, der Virgatus - Schicht, der Au- cellenbank und dem Inoceramen-Thon sind nachgewie- sen Goniomya literata und Cardium coneinnum. In der Aucellenschicht und der Inoceramenschicht finden sich Actaeon Frearsianus und Pecten nummularis. In der Vir- gatus - Schicht und der Inoceramenschicht Ammon. po- lyplocus und Rhynchonella variabilis. Aus diesem Umstande ist man berechtigt zu schlies- sen, dass sämmtliche Jurassische Schichten des russi- schen Flachlandes ein zusammenhängendes Ganzes bil- den, und dass sie für Osteuropa eine in sich abgeschlos- sene Formation constituiren. Diese Formation findet ihre weitere Begründung in der Begränzung durch fossilien- leere Schichten, welche sie nach unten und nach oben von anderen Faunen trennen. Der ganze Complex be- steht, wie ich schon a. a. О. gesagt, aus vier Schich- 22 "ten, die bei Ssimbirsk regelmässig entwickelt sind: An anderen Orten, wie an der Oka, bei Chatjäitschi, giebt es noch modifieirte jurassische Faunen, die aber gleich- zeitig jenen vier sind. Ich habe noch die beiden Ammoniten abbilden lassen, welche als Leitfossilien die unterste Kreideschicht in Grossrussland kennzeichnen. Ammonites Deshaysii Leym. (T. Ш. f. 16) und A. bicurvatus Mich. (T. III. f£. 17) fin- den sich bei Ssimbirsk und an der Wolga überall ober- halb der fossilienleeren Thonschicht, welche die eben beschriebene Ssimbirsker Inoceramen - Schicht bedeckt. Da die beiden genannten Ammoniten dem französischen Aptien angehóren, so ist es wahrscheinlich, dass die fos- silienleere Schicht еше dem Néocomien gleichzeitige ist, die Inoceramen-Schicht aber die oberste Gränze des Rus- sischen Jura darstellt. Moskau d. 25. August 1864. Erklárung der Abbildungen. Tat Ё Fig. 1. a—d. Astarte porrecta v. Buch. » 2. a—c. Inoceramus aucella n. sp. Grosse Schale, von oben, von unten und von der Seite. » 3. а. 6. Inoceramus aucella п. sp. Kleine Schale, von oben und von der Seite. | Fig: 1. 202. SRE » 4 » » 6. Fig. 1 Dog, a—c q. b a. b а =D: а. 6. а. b а. а. 23 Taf. JT . Ammonites elatus n. sp. von der Seite, Rüc- kenansicht und Durchschnitt der Windung. Ammon. striolaris Rein. Seiten- und Rücken- ansicht. . Ammon. versicolor n. sp. Junges Individuum. » » Aelteres Individuum. » coronatus Ziet. Seiten- und Riicken- ansicht und Durchschnitt der Windung. . Ammon. polyplocus Rein. Tat, II. Deckelschale von Exogyra reniformis Gldf. 5. dieselbe von innen c. von der Seite. Ungestreifte Valve von Peeten nummularis Phill. 6. Gestreifte Valve derselben Species. . Avicula Münsteri Gldf. vergrössert. . Nucula Oppeli n. sp. . Cardium concinnum у. Buch. . Cyprina retracta п. sp. . Lueina fornicata п. sp. . Venulites mordvensis n. sp. . Goniomya literata Ag. . Myacites politus n. sp. viermal vergrössert. . Turbo humilis n. sp. e. Ansicht von unten, vergrössert. Fusus minutus Roem. 24 Fig.14. а. 6. Belemnites Panderianus d’Orb. » 15. a—d. Rhynchonella subobsoleta Davids. » 16. а. 6. Ammonites Deshayesii Leym. с. Lobenzeichnung vergrossert. » 17. а. b. Ammonites bicurvatus Mich. e. Lobenzeichnung | vergrössert. UEBER DEN BAU DES SKELETES der COLEOPTEREN. Das Skelet der Brust, und des Kopfes. Von Kari LINDEMANN, aus Nijniy - Nowgorod. (Mit einer Tafel.) A. Ueber den Bau des Thorax der Kafer. Indem ich diesen Artikel dem Bulletin unserer geehr- ten Gesellschaft der Naturforscher in Moskau übergebe, fühle ich mich genöthigt, einige Bemerkungen voraus- zuschicken. Dieser Artikel ist nämlich ein Kapitel aus meinem «Handbuch der Entomologie», welches ich nach Verlauf einiger Jahre in russischer, wie auch in deutscher Sprache herauszugeben gedenke. Einige neue Beobach- tungen, ein Paar neue Gesetze, welche den Aufbau des Käferskeletes regeln, erlauben mir aber dieses Kapitel schon früher in einem wissenschaftlichen Journale ab- zudrucken. Ausserdem will ich das gelehrte Publikum 26 schon jetzt mit meinem Programm und der Ausführung desselben bekannt machen, und darum ist dieser Artikel hier in derselben Form und demselben Umfange abge- druckt, wie er ein Kapitel meines Handbuches ausmachen wird. Ich bin überzeugt, dass die Neuheit und Wahr- heit der hier niedergelegten Beobachtungen nicht beein- trägtigt wird durch die Form des Vortrages, der an ein Handbuch erinnert. Der Feststellung der Thatsachen und Regeln ist eine grosse Coleopteren - Collection, welche mir das reiche Katharinenthal bei Reval zustellte, geop- fert. Darum fühle ich mich berechtigt, meine Gesetze, die auf Untersuchungen von Individuen aus dreissig Fa- milien basiren, auch auf die mir unbekannt gebliebenen zu erweitern. Mit dem Worte «Thorax der Käfer» bezeichnet man im gewöhnlichen Sprachgebrauche nur einen Theil jenes Organes, welches diesen Namen in der Sprache der En- tomologen führt. Das Publikum bezeichnet so nur den ersten Brustring, welcher durch eine, gewöhnlich tiefe, Ringfurche von den übrigen Brustringen getrennt ist; der Entomolog aber bezeichnet mit dem Worte Thorax, der Analogie mit anderen Insekten folgend, denjenigen Theil des Körpers, welcher auf seiner unteren Fläche die drei Fusspaare trägt und dessen obere Fläche an ihren Sei- tenrandern, zur Artikulation der Flügel und Flügeldecken befähigt ist. An seinem vorderen Rande trägt dieser Körperabschnitt den Kopf und verwächst hinten mit dem Vorderrande des Leibes (Abdomen). Betrachtet man den Thorax eines Käfers aufmerksam, so bemerkt man leicht, dass seine Wände aus einer grossen Anzahl einzelner Stücke zusammengesetzt sind, 27 welche sich unter einander so verbinden, dass getrennte Ringe entstehen. Diese, wenn auch unregelmässige Rin- ge stehen in beinahe vertikaler Lage, und indem sie mit ihren Rändern untereinander zusammenhängen, bil- den sie die Wände des Brustkastens. Nur drei solcher Ringe sind an der Brust der Käfer, wie auch aller an- deren Insekten, vorhanden. Der erste Ring-schwach be- weglich mit dem zweiten zusammenhängend, und von demselben bei allen Käfern durch ein tiefe Furche ab- gegrenzt, — trägt die Füsse des ersten Paares, und an seinem Vorderrande den Kopf. Der zweite, fast unbe- weglich mit dem dritten verwachsenen Ring, trägt das zweite Fusspaar und die Flügeldecken (Elytrae). Der dritte endlich trägt das dritte und letzte Fusspaar, und die wahren Flügel. Der erste Ring heisst — Prothorax; der zweite — Mesothorax; der dritte — Metathorax. Als bestes Objekt zum Studium des Baues der einzel- nen Brustringe der Coleopteren dienen die Mitglieder der Familie Lamellicornia. Die relative Grösse derselben, die grössere Einfachheit im Baue ihres Skeletes, zwingen uns, sich namentlich an sie zu wenden. Darum will ich auch meine Beschreibung nach Oryctes nasicornis geben, welcher Kafer der grösste Repräsentant unserer Coleopteren - Fauna ist. Nachdem ich den Bau seines Skeletes auseinandergesetzt haben werde, will ich mich zu anderen Käfern wenden, welche sich sowohl durch Gestalt, als durch Zahl der einzelnen Theile desselben unterscheiden. Auf diese Weise wird es möglieh sein, sich einen klaren Begriff zu machen von den Verände- rungen, welchen der Thorax der Käfer unterliegt, und von den möglichen Grenzen dieser Veränderungen. Wie ich schon bemerkt habe, bestehen die Brustringe aus einer gewissen Anzahl einzelner Theile, oder Stücke. 28 Zum grössten Theil sind diese Stücke unbeweglich, durch Näthe (suturae) unter einander verbunden. Diese unter einander verbundenen Stückchen vertheilen sich in Grup- pen, von denen eine den oberen Theil jedes Ringes bil- det, und den Namen М№ т führt; die andere Gruppe nimmt die untere Fläche des Ringes ein und heisst Sternum; die zwei letzten, identischen — nehmen die Seitenflächen des Ringes ein, und sind unter dem Namen Pleurae bekannt. Ich wende mich jetzt zur Beschreibung dieser Stücke im Speziellen und zwar nach Oryctes nası- corns. Der erste Brustring dieses Käfers hat aber eine complizirte und verwickelte Struktur und ist darum von vorne herein schwer verständlich. Ich wende mich da- her zuerst zum zweiten Brustringe. — — a. MEsorHonax. Der Rücken, notum, dieses Ringes be- steht nur aus einem Stücke, welches die Gestalt eines Halbkreises hat. Dieser Halbkreis ist mit seinem Diame- ter nach vornen, und mit seiner Krümmungslinie nach hinten gerichtet (F. 1). Auf dem abgeschnittenen Hinter- rande des notum sitzt ein abgerundet dreieckiges Stück, welches unter dem Namen Schildchen, Scutellum, be- kannt ist. Dieses Schildchen ist bei den Käfern unserer Familie immer zwischen den Basaltheilen der ausgeschnit- ten inneren Ränder der Flügeldecken sichtbar, gleich hinter der Mitte des Hinterrandes des Rückens des er- | sten Brustringes. Der Körper des notum ist beim unbe- schädigten Käfer nie von oben her sichtbar, weil er im- mer vom Hinterrande des ersten Brustringes bedeckt wird. Betrachtet man den Rücken von der Seite, so ge- wahrt man leicht, dass sein Hinterrand, welcher das Schildchen trägt, etwas nach oben aufgebogen ist. Nach 29 kurzem Verlaufe biegt sich dieser nach oben gewendete Theil von Neuem nach hinten, in eine horizontale Lage gelangend und artikulirt hier mit dem Schildchen (F. 2, 8). Man darf sich das notum nicht als ein ganz flaches Stück vorstellen. Als Abschnitt eines Ringes hat es auch eine, noch aussen, resp. oben gewölbte Gestalt und biegt sich mit seinen Seitenrändern an den Seiten des Ringes allmälich herab (F. 3). Ausser dem Erwähnten, zeigt das notum noch folgende Figenthumlichkeiten. Sein vorderer, freier Rand biegt sich nach unten, und in einer vertika- len Lage herabsteigend stellt es ein unvollständiges Sep- tum vor (F. 3), mit dessen Hülfe der obere Theil des Hohl- raumes dieses Ringes nach vornen abgegrenzt wird. Von der inneren Fläche Jer Seitentheile des notum, etwas hinter ihrem vorderen Rande, entspringt jederseits ein dünner aber ausserordentlich starker Chitinfortsatz. Diese Fortsätze begeben sich nach unten, sich etwas nach vor- nen und innen wendend (F. 2, 3). Sie erreichen die Linie, durch welche wir, in Gedanken, den Hohlraum des Rin- ges in eine obere und eine untere Hälfte theilen können. Der Körper des notum (das Schildehen ausgeschlossen) verbindet sich durch die unteren Ränder seiner beider- seitigen Seitentheile mit den oberen Rändern der Pleurae. Diese Verbindung wird durch eine dünne, aber immer chitinöse Bindehaut bewerkstelligt. Die Pleurae jeder Seite haben die Gestalt sehr unre- gelmässiger Vierecke, deren Höhe fast ums Zweifache von der Länge übertroffen wird. Jede Pleura besteht aus zwei besonderen Theilen, einem kleineren, vorderen und einem grösseren und hinteren. Eine vertikale Nath, durch welche nicht die geringste Bewegung zugelassen wird, verbindet diese zwei kleinen Vierecke unter einander. Das vordere trägt den Namen scapula oder episternum, 30 das hintere — den Namen epimerum (Е. 6, 7). Diese unter einander verbundenen Theile liegen nicht in einer und derselben Ebene, sondern stossen unter einem ziemlich stumpfen Winkel an einander. Die Kante dieses Winkels ist nach innen, in den Hohlraum des Ringes gerichtet, und bildet eine hervorspringende Leiste. Von der inne- ren Seite des Mittelpunktes dieser Leiste entspringt jeder- seits ein dünner Fortsatz, welcher sich zuerst grade nach innen begiebt, später aber sich nach vorne und zugleich etwas nach unten wendet (F. 7). Mit Hülfe eines kleinen Bandes oder Ligamentes verbindet sich dieser Fortsatz mit dem oben beschriebenen Fortsatze des notum, und trägt somit jederseits zur Befestigung der Verbindung zwischen Rücken und Pleurae bei. Für diese Fortsätze, deren Funktion bis jetzt noch nicht vollständig bekannt war, schlage: ich folgende Benennungen vor: Processus mesonoti — fur die Fortsätze des Rückens, der Zusatz sinister und dexter unterscheidet dieselben im Speziellen unter einander, und den Namen processus laterales meso- thoracis — fur die Fortsätze der Pleuren. Auf dem oberen Rande des episternum (des vorderen Vierecks der Pleurae), an seiner vorderen Ecke, sieht man eine kleine Erhöhung, von der Gestalt eines klei- nen Knopfes (Е. 6, a). Diese Erhöhung dient zur Befesti- gung der Flügeldecken, an deren Basis sich ebenfalls ein solcher Knopf befindet, wie wir später sehen werden. Das Epimerum, das hintere Viereck der Pleura, ist noch in einem nach aussen gerichteten Winkel gebogen. Dieser Winkel bildet die Schulter des Käfers. Der obere Theil der Seitenfläche dieses Stückes ist in einer hori- zontalen Richtung nach innen gebogen, und trägt auf diesem horizontalen Theile eine ziemlich tiefe, längliche 31 Grube (Е. 6, 6), in welcher der vordere Rand der Flü- geldecken und seine äussere vordere Ecke liegt. Раз: letzte Stück, welches zur Zusammensetzung des zweiten Brustringes beiträgt, ist das Sternum. Dieses Stück hat die Gestalt einer Trapeze, deren vorderer Rand bogenförmig ausgeschnitten ist, und deren hinterer Rand in seiner Mitte einen ziemlich dicken Fortsatz trägt, wel- chen ich processus mesosternalis posterior nenne. Die Sei- tentheile des Sternum sind nach oben heraufgebogen und ihre oberen Rànder verbinden sich mit dem unteren Ran- de des episternum jeder Seite (F. 4, 5). Diese Verbin- dung geschieht durch eine Nath, welche nicht die ge- ringste Bewegung zulassen kann ('). Die Seitentheile des hinteren Randes des Sternum, so wie auch die Seiten- ränder des erwähnten hinteren Mesosternalfortsatzes, sind nach oben gebogen, resp. in den Hohlraum des Ringes, und bilden auf diese Weise die vordere und die innere Wand zweier Gruben, in welcher jederseits ein Fuss des zweiten Paares eingerenkt ist. Die hintere Wand dieser Grube wird dadurch gebildet, dass sich der vordere Rand des Sternum des dritten Brustringes ebenfalls nach oben, (innen), biegt. Alle diese Theile zusammengenommen bilden also auf der unteren Seite des Brustringes zwei Gruben, welche den Namen acetabulum führen. Es liegt also das acetabulum des Fusses des zweiten Paares zwi- schen dem zweiten und dritten Brustringe. Die Ränder desselben werden gebildet: vorn — durch die eine Hälf- ie des Hinterrandes des Mesosternum (Sternum des zwei- ten Ringes); aussen — durch den unteren Rand des epi- (1) Wo zwei Glieder, oder Theile, durch eine Nath unter einander ver- bunden sind, ist eine Bewegung immer absolut unmöglich. Ich werde daher immer eine unbewegliche Verbindung verschiedener Theile mit dem Worte Nath benennen. 32 merum des Mesothorax; hinten — durch die entspre- chende Hälfte des vorderen Randes des Metasternum (Sternum des dritten Ringes). Auf der Mittellinie des Kör- pers der Käfer sind die beiden zusammengehörenden ace- tabuli durch den beschriebenen processus mesosternalis posterior von einander getrennt (Fig. A). Dieses Aceta- bulum hat die Form eines unregelmässigen Ovales, des- sen Längsachse von aussen nach innen, und zugleich von vornen etwas nach hinten gerichtet ist, so dass dieselbe die Längsachse des Körpers in einem spitzen, nach hin- ten gerichteten Winkel schneidet. Sowohl Sternum als Notum aller drei Brustringe der Käfer, sind wahrscheinlich durch Verwachsung zweier einzelnen Seitentheile entstanden. Obwohl es schwer hält, bei den meisten Käfern die Spuren einer solchen Verwachsung aufzufinden, so glaube ich doch berechtigt zu sein, dieselbe zu statuiren, indem ich auf die Analo- gie mit anderen Insekten hinweise. Bei Insekten aus der Abtheilung der Orthoptera, bei Periplaneta orientalis zum Beispiele bestehen die genannten Theile auch bei dem erwachsenen Insekte aus je zwei vollkommen abgeson- A derten Theilen, welche auf der Mittellinie des Körpers durch eine Bindehaut unter einander verbunden sind. Unter den Käfern fand ich nur bei Arten aus der Fami- lie Elateridae aus dem Metasternum Spuren, die auf seine Entstehung hinwiesen. Man sieht hier leicht eine schma- le, aber tiefe Furche, welche längs der Mittellinie von vorn nach hinten zieht. — b. МЕТАТновАХ. Der dritte Brustring besteht der Haupt- sache nach aus denselben Theilen, mit denen wir schon beim Studium der Zusammensetzung des Mesothorax be- 33 kannt geworden sind. Auch hier treffen wir, wie dort, ein Notum, zwei Pleurae, je eine auf jeder Seite, und endlich ein Sternum, an. Der Hauptunterschied in der Zusammensetzung dieser Ringe besteht darin, dass wir hier, im Metathorax ein neues Stück vorfinden, welches an dem Aufbau der Pleura Antheil nimmt; die weiteren Verschiedenheiten bestehen nur in der Veränderung der Gestalt der einzelnen Stücke des Ringes und namentlich des Notam und der Pleuren. Uns zuerst an das Notum wendend, finden wir hier eine ziemlich convexe Platte, oder Körper, welche den oberen Theil des Ringes bildet. Die Seiten dieser Platte begeben sich schräg nach unten, um durch еше dünne Bindehaut mit den oberen Ràndern der entsprechenden Pleurae sich beiderseits zu verbinden (F. 10). Die Fes- tigkeit dieses Zusammenhanges wird noch vergrössert durch das Vorhandensein einiger Fortsatze, welche sich, vom Hinterrande des Notum entspringend, in die Leibes- höhle begeben und dort zur Insertion verschiedener Muskeln dienen. Diese Fortsätze entspringen je zu einem von den hinteren Ecken der Seitenränder des Notum, und begeben sich grade nach unten. Sie theilen sich bald gabelförmig (Е. 10, a und 6); der äussere Ast die- ser Gabel verbindet sich mit dem hinteren Rande des epimerum seiner Seite; der innere Ast aber artikulirt durch ein Ligament mit einem Apparate, welchen ich bald un- ter dem Namen Entothorax beschreiben werde. Ausser diesen gabelförmigen Fortsätzen sind noch andere kleine, knopfförmige Höckerchen auf der vorderen Ecke des Seitenrandes des Notum, je eins auf jeder Seite, vorhan- den. An diese Höckerchen begeben sich dünne Fortsätze des episternum und verbinden sich mit demselben durch ein kleines, chitinöses Band (Е. 9, с, с). Das Vorhan- № 1. 1865. 3 34 densein und die geringe Beweglichkeit aller dieser Fort- sätze zeigen uns, dass die Beweglichkeit des Notum schwerlich irgend welcher Erwähnung verdient, obwohl es durch eine grosse Bindehaut mit dem oberen Rande der Pleuren verbunden ist. Das Vorhandensein dieser | Bindenhaut muss auf andere Ursachen zurückgeführt wer- den, denn, wie wir gleich gesehen haben, verbindet sich das Notum durch seine Fortsätze fast unbeweglich sowohl mit den Pleuren, als auch mit dem Sternum. — Auf der äusseren Oberfläche des Körpers des Notum befindet sich eine ziemlich tiefe Längsfurche, welche diesen Körper auf eine rechte und eine linke Hälfte theilt. Diese Furche beginnt auf einem kleinen stumpfen Vor- sprunge der Mitte des hinteren Notumrandes, und indem sie sich grade nach vorn begiebt, erweitert sie sich ganz allmälich und nimmt zuletzt die Gestalt einer dreiecki- gen Grube an. Form und Grösse dieser Grube entspricht vollkommen der Form und der Grösse des Fortsatzes des Mesonotum, welchen ich oben unter dem Namen scutel- lum beschrieben habe. Diese Grube dient aber auch da- zu, das Schildchen in sich aufzunehmen, welches ganz frei in derselben gelegen ist, ohne sich durch irgend welche Bänder oder secundäre Fortsätze zu verbinden. Diese Grube verdient daher vollkommen den Namen fossa pro scutellum, welchen ich ihr zu geben gedenke (F 9). Ueberall wo ein Schildchen am Mesothorax vorhanden ist, befindet sieh auch diese Grube auf dem Rücken des Metathorax. Ап den vorderen Rand des Notum angelangt, biegt sich der Boden dieser Grube unter einem abge- rundetén Winkel, fast grade nach unten, nur ein wenig nach vorn sich richtend. Es bildet sich auf diese Weise ein Septum, welches die ganze obere Hälfte des Hohlrau- mes des Metathorax, nach vorn, resp. von dem obe- 35 ren Theile des Но ]гаитез des Mesothorax, — abschliesst. Auf der nach vornen gerichteten Oberfläche dieses Sep- tum befinden sich zwei flache und schmale Furchen (Е. 9, а. 11, a), welche von oben nach unten und etwas nach innen ziehen (ibidem). In diese Furchen legen sich die Fortsatze des Rückens des Mesothorax, die ich oben unter dem Namen processus mesonoli beschrieben habe. Diese Fortsätze befestigen sich in den erwähnten Furchen durch Bànder und zwar so fest, dass der Mesothorax sich gar nicht bewegen kann. Der hintere Rand des Metanotum biegt sich ebenso wie der vordere, aber unter einem spitzen Winket gra- de nach unten und begrenzt auf diese Weise die zwei oberen Drittheile des Hohlraumes des Metathorax nach hinten, und scheidet dieselben von dem Hohlraume des Abdomens (F. 10). Auf der Mittellinie dieses Septum befindet sich ein ziemlich breiter Spalt, welcher sich von unten nach oben begiebt, den oberen Rand dessel- ben aber nicht erreichend, wie es die Figur 10 zeigt. Durch diesen Spalt treten der Darmkanal, das Herz und der Bauchganglienstrang aus der Brust in das Abdomen. Durch alle die erwähnten Höcker, Fortsätze und die Bindehäute verbinden sich die Seitenrander des Notum mit den oberen Rändern der Pleurae, und speziell mit den oberen Rändern der Epimeren; denn in den Pleuren des Metathorax liegen die Hauptstücke derselben über einander und nicht hinter einander, wie wir dies im Me- sothorax sahen (F. 16, 17). Im Metathorax liegt das Epimerum immer über, und nur etwas hinter dem Epi- siernum. Aber auch hier wie dort sind diese Theile im- mer durch eine Nath untereinander verbunden, ebenso wie der untere Rand des Episternum durch eine Nath 9x 36 mit dem oberen Rande des Sternum zusammenhängt. , Vom vorderen Ende der Nath, welche die Hauptstticke . der Pleura untereinander verbindet, entspringt ein Fortsatz, dessen ich schon oben gelegentlich erwahnt habe, der, sich nach oben richtend, mit dem Hocker des Metano- tum artikulirt. Dieser Fortsatz ist der Analogon dessen, den ich im Mesothorax unter dem Namen processus late- ralis mesothoracis beschrieben habe (F. 16). Bei dem Kafer, den wir hier betrachten, bei Oryctes nasicornis, wie bei allen anderen Arten der Familie Lamellicornia, besteht das Epimerum des Metathorax immer aus zwei verschiedenen Theilen, welche ebenfalls durch eine Nath mit einander verbunden sind. Wie die Zeichnungen 16 und 17 meiner Tafel zeigen, sind hier ein grösseres, vorderes Stück und ein kleineres, hinteres vorhanden. Letzteres liegt über dem Acetabulum des Fusses des dritten Paares, und hat die Gestalt eines Dreieckes, des- sen Spitze nach unten und dessen Basis nach oben ge- wendet ist. Dieses kleinere, hintere dreieckige Stückchen ist das eigentliche Epimerum. Das vordere, grössere, mit dem oberen Rande des Episternum unmittelbar verwach- sene oder zusammenhängende Stuck, ist von Audown mit dem Namen Paraptere benannt. Die allgemeine Gestalt des Sternum des Metathorax ist der des Sternum .des zweiten Brustringes fast vollkom- men ähnlich. Der Unterschied besteht nur darin, dass hier die Seitentheile des vorderen Randes dieses Stückes nach oben gebogen sind, und auf diese Weise die hin- teren Wände der Gelenkpfannen der Füsse des zweiten Paares bilden (Е. 12, 13, 14). Die Seitenhalften des hinteren Randes des Sternum zeigen nicht diese Auf- -wártsbiegung, weil die Acetabules der Füsse des dritten Paares eine solche vordere Wand entbehren. Ihre obe- 37 ren und hinteren Wände werden gebildet durch die un- tere Fläche des ersten Bauchringes. Auf der inneren Fläche der Mittellinie des Sternum unseres Ringes zieht sich von vorn nach hinten eine bedeutende Leiste, welche am Vorderrande des Sternum sich etwas hervorschiebt und auf diese Weise einen kleinen stumpfen Fortsatz oder Höcker bildet (F. 12 a), welcher mit dem processus mesosternalis posterior ует- wächst, und auf diese Weise bildet sich eine Art septum, welches die beiden Gelenkpfannen des zweiten Fusspaa- res von einander abscheidet. Diesen Höcker nenne ich processus metasternalis. anterior. Auf dem hinteren Rande des Sternum bildet die erwähnte Leiste, welche ich er- sta metasternalis nenne, ebenfalls einen, aber hier ziem- lich langen Fortsatz (Е. 12 6), welcher die Gelenkpfan- nen des dritten Fusspaares von einander trennt. Diesen Fortsatz nenne ich processus metasternalis posterior. Vom hinteren Ende der Crista metasternahs, gleich vor ` der Basis des erwahnten hinteren Metasternal-Fortsatzes, erhebt sich nach oben, nur ein wenig nach vorn geneigt, ein dreiseitiger Korper, welcher bis in die Mitte des Hohlraumes des Metathorax reicht (F. 14, 15). Die drei Seiten dieses Körpers haben еше solche Lage, dass zwei von ihnen nach vorn und auf jede Seite des Körpers gerichtet sind; die dritte aber nach hinten. Nach vorn zeigt dieser Körper nur eine scharfe Kante, welche die zwei Seiten trennt. An seinem oberen, freien Ende trägt dieser Körper drei dicke Aeste, die, in fast horizontaler Richtung, einer-gerade nach vorn (F. 15, d), die beiden anderen — auf beide Seiten und etwas nach hinten ge- richtet sind (Е. 15, 6, с, und 14). Ueberhaupt entspricht die Richtung dieser Aeste der Lage der Kanten des Kör- 38 pers, durch dessen Theilung sie entstanden sind. Dieser ganze Apparat, die crista metasternalis nicht ausgeschlos- sen, trägt den Namen Entothorax und dient zur Anhef- tung verschiedener Muskeln, die in dem Abschnitte über Myologie der Insekten auseinandergesetzt werden müs- sen. Ausser dieser Funktion dienen die Seitenäste des Apparates noch anderen Zwecken. Sie verbinden sich nämlich mit den inneren Aesten der gabelförmigen Fort- sätze des Metanotum, die ich schon oben weitläufig ge- schildert habe. Diese Verbindung geschieht durch ein Ligament und trägt somit zur Festigkeit des Zusammen- hanges verschiedener Theile dieses Brustringes bei, na- mentlich der oberen Theile desselben mit den unteren. Der zweite und der dritte Brustring verbinden sich gewöhnlich unbeweglich mit einander. Der gesammte, in ihnen eingeschlossene Hohlraum wird nach vorn wie nach hinten durch Septums unvollständig abgeschlossen. Diese Septums sind, wie wir jetzt wissen, nichts ande- res, als die nach unten herabgebogenen Ränder der Rü- ckenstücke der betreffenden Ringe. Dieser Hohlraum wird aber noch durch ein Septum, welches wir ebenfalls schon kennen, und welches der herabgebogene Vorderrand des Metanotum ist, in eine vordere und eine hintere Abthei- lung oder Kammer getrennt. Alle diese drei Septum bilden das System der Diaphragmen des Käferskeletes. Sie dienen zur Vergrösserung der Oberfläche der Thorax- wand und ermöglichen somit das Vorhandsein einer grös- seren Anzahl von Muskeln, welche zur Bewegung der einzelnen Skeletanhänge oder Glieder dienen. Im Tho- rax eines Insektes sind ja alle Bewegungsorgane con- centrirt. Sowohl Füsse als Flügel sind an demselben be- 39 festigt. Da aber die Grösse und Energie der Bewegung dieser verschiedenen Glieder ungleich ist, so varlirt.auch die Zahl der sie bewegenden Muskeln. Dem entspre- chend finden wir auch, dass bei den Käfern der Hohl- raum des Mesothorax verschwindend klein ist im Ver- gleiche mit dem Hohlraume des Metathorax. Dieses ist sehr erklarlich, wenn wir bedenken, dass der Meso- thorax die Flügeldecken trägt, welche ausserordentlich wenig beweglich sind, während der Metathorax zur In- sertion der wahren Flügel dient. Diese Flügel können sich aber wenigstens in vier verschiedenen Richtungen bewegen, und darum erfordert ein jeder Flügel nicht weniger als vier verschiedene Muskeln, welche alle im Hohlraume des Metathorax untergebracht werden müssen. . Weit entfernt davon, Theleolog zu sein, fühle ich mich doch berechtigt zu sagen, dass dieses eben die Ursache der stärkeren Entwickelung des Metathorax ist. Wenden wir uns jetzt zum Studium des Baues des er- sten Brustringes. c. РвотновАх. Schon oben habe ich bemerkt, dass der Prothorax des Käfers, den wir unserer Beschreibung der zwei letzten Brustringe zu Grunde legten, namentlich bei Oryctes nasicorms, nicht dazu geeignet ist, uns Aufkla- rung uber den Bau desselben zugeben. Aber auch jetzt sind wir immer noch nicht im Stande, uns einen klaren Begriff von ihm zu machen. Darum finde ich es für an- gemessener, unseren Oryctes für eine Zeit zu verlassen, und uns an andere Käfer zu wenden, deren Prothorax einen, den übrigen Brustringen ähnlichen Bau zeigt; spä- ter werden wir aber wieder zu unserem ursprünglichen Objekte zurückkehren. Wenden wir uns zuerst an Käler 40 aus der Familie Sr/phidae und namentlich an Süpla thoracıca und Silpha quadrıpunclala. Im Prothorax dieser Arten finden wir auf den ersten Blick die uns schon be- kannten Theile wieder (F. 25). Wir sehen hier ein No- tum, welches durch seine Seitenränder mit den oberen Rändern der Episternums zusammenhängt. Dieser Zusam- menhang wird durch eine Nath bewerkstelligt und darin besteht der erste Unterschied von den übrigen Brustrin- gen. Der hintere Rand des Episternum verbindet sich ebenfalls durch eine Nath mit dem vorderen Rande des Epimerum; sein unterer Rand aber mit dem oberen Rande des Sternum. Das Sternum trägt in der Mitte seines Hin- terrandes einen horizontalen, nach hinten gerichteten Fortsatz, welcher unter dem Namen processus prosterna- lis posterior bekannt ist. Dieser Fortsatz entspricht voll- kommen den unter dem Namen processus mesosternalis posterior und metasternalis posterior beschriebenen Fort- sätzen. Das Acetabulum der Füsse des ersten Paares wird hier ganz wie im Mesothorax zusammengesetzt. Mit einem Worte, wir finden im Prothorax von Silpha dieselben Stücke, und in derselben Lage, wie wir sie im Mesothorax von Oryctes antrafen. Nur ist hier durch Verwachsung des Notum mit dem Episternum eine grös- sere Festigkeit erlangt. Ueberzeugt davon, dass der Prothorax aus ganz den- selben Theilen zusammengesetzt ist, wie die übrigen Brustringe, können wir jetzt unsere Untersuchung weiter führen. Dabei bemerken wir gleich, dass die gegensei- tige Lage der einzelnen Stücke des Prothorax sehr gros- sen Schwankungen unterworfen ist, — dass deren Lage auch bei solchen Käfern variirt, bei welchen die übri- gen Brustringe vollkommen gleichartig zusammengesetzt sind. Ein anderer Käfer, Carabus coriaceus, aus der Fa- 41 milie der Carabidae, der bei uns überall häufig vorkommt, zeigt uns wieder dieselben Theile im Prothorax. Die Lage derselben hat sich aber schon etwas verändert (F. 20), im Vergleiche zur Lage der Stücke bei Silpha. Der vor- dere, wie auch der hintere Rand des Notum biegen sich hier herunter und bilden je ein kleines Septum, welches aber so kurz und schmal ist, dass es ganz vollkommen von einer Furche eingenommen wird, welche zur Inser- tion eines ligamentösen Bandes dient, welches den Pro- thorax an den Mesothorax einerseits, und an den oberen Theil des Hinterrandes des Kopfes andererseits, — be- festigt. Die Seitenränder des Notum verbinden sich mit- telst einer Nath mit den oberen Rändern der beiderseiti- gen Episternen und mit den oberen Rändern der Epi- meren (F. 20). Das Episternum verbindet sich ebenfalls unbeweglich mit dem oberen Rande des Sternum, welches die bekannte Form hat, und auch auf dieselbe bekannte Weise zum Aufbaue des Acetabulum beiträgt. Das Ster- num trägt auch hier auf der Mitte seines Hinterrandes den bekannten Prosternalfortsatz. Wir finden hier aber einen Umstand, den wir in den bis hieher studirten Rin- gen nicht angetroffen haben. Von der vorderen Ecke des oberen Randes des Sternum von Carabus vor der unteren Ecke des Episternum, erhebt sich ein Fortsatz, der auf der Seitenfläche des Prothorax, vor dem unte- ren Theile des Vorderrandes des Episternum nach oben zieht, sich durch eine Nath mit dem erwähnten Rande des Episternum verbindend. Von der vorderen Ecke des Seitenrandes des Notum begiebt sich, ebenfalls auf der Seitenfläche des Prothorax, ein ziemlich breiter Fort- satz nach unten. Dieser Fortsatz liegt. vor dem oberen Theile des Vorderrandes des Episternum und verbindet sich mit demselben durch eine Nath. Diese Fortsätze 42 liegen also in einer und derselben Ebene wie die Pleu- ren (F. 20). Sie begegnen sich ungefähr auf der Seiten- wand des Prothorax und verwachsen untereinander (F. 20). Von der hinteren Ecke des oberen Sternumrandes entspringt ebenfalls ein beträchtlicher Fortsatz, welcher gerade nach hinten gerichtet ist und dessen oberer Rand mit dem unteren Rande des Epimerum verwächst (F. 20). Der äussere Rand des Acetabulum dieses Ringes wird hier also nicht durch den unteren Rand des Epimerum, sondern durch den unteren Rand dieses Fortsatzes ge- bildet. Durch die zuerst beschriebene Fortsätze wird eine unmittelbare Verbindung des Sternum mit dem Notum zu Stande gebracht und überhaupt eine grössere Festig- keit der Verbindung - aller Stücke des Prothorax durch alle erwähnten Fortsätze bewerkstelligt (F. 20). Wenden wir uns jetzt zum Prothorax des Käfers Ne- crophorus vespillo Linn., aus der Familie Silphidae. Der- selbe zeigt schon sehr starke Veränderungen, die aber nach dem Ausseinandergesetzten leicht erklärlich sind. Die Seitenrander des Notum sind hier unter einem spit- zen Winkel nach unten und etwas nach innen gebo- gen (F. 26). Der vordere Theil dieses herabgebogenen Seitenrandes erstreckt sich in Form eines sehr breiten Fortsatzes viel weiter nach unten, als die übrigen Thei- le desselben Randes (F. 26). Dieser so entstandene Fort- satz verbindet sich durch еше Nath mut dem ganzen obe- ren Rande des Sternum (Е. 26). Die Pleurastücke sind ~ also von ihrem gewöhnlichen Platze verdrängt. Das Ster- num hat dabei aber ganz dieselbe Gestalt beibehalten, in welcher wir dasselbe bei den übrigen beschriebenen Käfern vorgefunden hatten. Processus prosternalis und die Ränder des Acetabulum sind hier ebenso gebildet wie dort. Das Epimerum verbindet sich durch seinen 43 oberen Rand mit der Mitte des Seitenrandes des №- . tum (Е; 26). Sein vorderer Rand ist aber frei, weil die Lage des Episternum stark verändert ist. Das Episternum verbindet sich durch seinen vorderen Rand mit dem hin- teren Rande des Fortsatzes des Notum, statt aber auf der Oberfläche des Brustringes zu bleiben, begeebt es sich grade nach innen, in den Hohlraum des Prothorax; auf diesem Wege verbindet sich sein unterer Rand, durch Nath, mit dem oberen Rande der vorderen Acetabulum- Wand, welche wie wir wissen durch Aufbiegung des Seitentheiles des hinteren Sternumrandes entstanden ist. Das Episternum bildet hier also den oberen Theil der vor- deren Acetabulumwand. Auf den ersten Blick ist es fast unglaublich, dass dieses Stück hier wirklich dasselbe Episternum ist, welches bei Sulpha thoracica z. В. auf der Oberfläche des Prothorax zwischen Notum und Ster- num eingeschaltet war. Und doch ist es derselbe Theil. Dieses wird durch seine Verwachsung mit den Rändern des Sternum bewiesen. — Das Epimerum verbindet sich nirgends mit diesem Theile, und wo eine solche Ver- bindung stattfindet, da geschieht dieselbe immer nur durch einen ganz kleinen Abschnitt der zusammentossenden Ränder, wenn anders kein besonderer Fortsatz dazu kommt. Ausserdem haben wir schon bei Carabus coria- ceus bemerkt, wie das Episternum von dem Vorderrande des Prothorax, seinem gewohnten Platze, zurückgedrängt wird. Wir konnten schon dort ganz deutlich sehen, wie das Sternum durch Bildung von Fortsätzen, durch Um- bildung seiner oberen Ränder, die mit Umbildung der Seitenränder des Notum Hand in Hand gingen, in einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Notum zu treten strebte; und endlich hier, bei Necrophorus vespillo, hat sich dieses Streben vollständig realisirt; das Notum ist 44 durch einen Theil seines Seitenrandes mit dem ganzen oberen Rande des Sternum vereinigt, und als nothwen- diges Resultat dieser Vereinigung, ist das Episternum nach innen verdrängt worden. Ich zweifle auch nicht im Geringsten daran, dass der Theil, den wir hier als Be- standtheil des Acetabulum vorfinden, wirklich mit dem Episternum anderer Käfer identisch ist. Den Bau des Prothorax von Necrophorus vespillo vor Augen habend, wird es uns jetzt schon ein leichtes sein, denselben bei Oryctes nasicornis zu verstehen. Der Seitenrand des Notum dieses Ringes biegt sich auch bei Oryctes unter einem spitzen Winkel nach un- ten Die auf diese Weise gebildete Seitenplatte (F. 18) wird durch einen breiten, von unten nach oben gerich- teten Einschnitt in zwei Theile, oder Fortsätze, geschie- den; in einen vorderen und einen hinteren, die von oben nach unten herabsteigen (F. 18). Der untere, ein wenig ausgeschnittene Rand des vorderen Fortsatzes ver- bindet sich durch eine Nath mit dem ganzen oberen Rande des Sternum; der untere Rand des hinteren, et- was längeren Fortsatzes verbindet sich ebenfalls durch eine Nath mit dem ganzen oberen Rande des Epimerum. Das Epimerum ist auf diese Weise weit nach unten he- rabgedrängt (Е. 18). Das Sternum hat dieselbe Gestalt, in der wir es bei anderen Käfern kennen. Auf der Mitte seines Hinterrandes treffen wir auch hier den uns be- kannten Prosternalfortsatz an; die Seitentheile des Hinter- randes des Sternum sind auch hier wie überall nach oben gebogen, auf diese Weise die vordere Wand des Aceta- bulum bildend. Ueberhaupt ist das Sternum der einzige Theil, welcher ungeachtet der verschiedensten Modifika- tionen im Baue des Prothorax immer seine primitive Ge- 45 stalt und Lage beibehält. Dafür ist die Form des Epime- rum stark verändert. Es erscheint hier in Gestalt eines — Fünfeckes (Е. 18), dessen Basis mit dem unteren Rande des hinteren Notumfortsatzes verbunden ist (F, 18). Eine andere Seite-ist nach vorn; die dritte — nach hinten; die vierte und fünfte sind nach unten gerichtet. Dort, wo die vordere Seite des Epimerum in die vordere untere in ei- nem Winkel übergeht, befindet sich ein kleiner Höcker, mit welchem der Processus prosternalis so eng ver- wächst, dass sogar die Spuren dieser Verwachsung, die Nath, volkommen verschwindet. Auf diese Weise bilden sich die Ränder, welche das Acetabulum von allen Sei- ten umgränzen. Der obere Rand dieses Acetalulum wird durch die Ränder des Einschnittes der Seitenplatte des Notum (resp. seine Seitenfortsätze) gebildet. Der vor- dere Rand wird durch den Seitentheil des Hinterrandes des Sternum, wie überall gebildet; der innere Rand — durch den Seitenrand des processus prosternalis, und endlich der hintere — durch den vorderen Rand des Epimerum. Die Wände dieses Acetabulum werden gebil- det: vorn — durch den aufgebogenen Seitentheil des Hinterrandes des Sternum; innen — durch eine, auf dem Prosternalfortsatze aufsitzende Platte; hinten — durch das Episternum. Ein Rand des Episternum verbindet sich wirklich mit dem Vorderrande des Epimerum; sein ande- rer, namentlich vorderer aber hier nach innen gerichtet ist, — verbindet sich mit dem anstossenden Rande des aufgebogenen Theiles des Hinterrandes des Sternum. Wir finden hier also die Ausführung derselben Idee wie bei Necrophorus vespillo Linn. Hier wie dort ist das Epis- ternum von der Seitenwand des Prothorax auf den Boden des Acetabulum zurückgedrängt; hier, bei Oryctes, ist diese Verdrängung aber noch vollständiger, indem das 46 Episternum hier schon die hintere Wand des Acetabulum vorstellt. Dieses hängt aber von der herabgedrängten Lage des Epimerum ab. Die tiefe Lage des Epimerum bedingt aber noch andere Eigenthümlichkeiten im Baue des Pro- thorax von Oryctes, namentlich in der Lage des Acetabu- lum desselben, Bei allen bis hiezu von uns besehenen Käfern fanden sich die Gelenkpfannen aller Füsse, wie auch die der zwei hinteren Paare von Oryctes nasicor- nis, immer zwischen den einzelnen Brustringen. Hier aber sind, wie man schon aus Obigem sehen konnte, die Gelenkpfannen des ersten Fusspaares immer ın dem Pro- thorax selbst gelegen. Einzelne Stücke der Prothorax- Wand selbst bilden die Ränder dieser Pfanne. Es bleibt uns noch die Form des Epimerum des Pro- thorax von Oryctes nasicornis weiter zu beschreiben. Der hintere Rand des, wie wir gesehen haben, fünfsei- tigen Epimerum, welcher immer etwas nach oben ge- richtet ist, biegt sich unter einem fast geraden Winkel nach innen,. zur Längsachse des Körpers und begegnet auf der Mittellinie desselben mit dem ebenso gebogenen Rande des Epimerum der anderen Seite. Hier verwach- sen die beiden 10 gebildeten Platten untereinander, und bilden eine gemeinschaftliche Platte, in deren Mitte man noch die Spuren der Verwachsung unterscheiden kann. Diese Platte hat die Form eines abgerundeten Dreieckes, oder besser eines Kartenherzens, welches mit seiner Spitze nach unten, und mit seiner Basis nach oben ge- richtet ist (F. 19). Die ganze Platte bildet mit dem Ho- rizonte einen Winkel von ungefähr 45 Graden, wobei die Spitze etwas nach hinten, die Basis nach vorn ge- wendet ist. An den vorderen Rand des Epimerum setzt sich der äussere Rand des Episternum, wie wir es schon oben ge- 47 sehen haben. In der oberen Ecke dieser Verbindung ent- springt ein Fortsatz (je einer auf jeder Seite), welcher gerade nach oben gerichtet ist (F. 19, a, a), und an seinem Ende eine löffelförmige Erweiterung trägt. Es ist ganz leicht die Analogie dieser Fortsätze zu begreifen. Als ich die Pleuren des Mesothorax von Oryctes nasi- eornis beschrieb, erwähnte ich zweier Fortsätze, welche zu einem auf jeder Seite von der, die Stücke der Pleu- ra verbindenden Nath, in das Innere des Ringes hinein reichend, entsprangen. Es ist klar, dass diese Fortsätze, welche ich mit dem Namen processus laterales mesotho- racis benannt habe, die Analoga der Fortsätze sind, die ich eben im Prothorax erwähnt habe. Ich schlage für letztere den Namen processus interni prothoracıs vor. Auf jeden Fall darf man diese Fortsätze nicht mit dem Ap- parate, den wir unter dem Namen En!othorax kennen gelernt haben, paralellisiren. Nachdem wir nun mit Hülfe anderer Käfer den eigen- thimlichen Bau des Prothorax von Oryctes nasicornis entziffert haben, nachdem wir die Verschiedenheiten im Baue der einzelnen Brustringe desselben kennen gelernt haben, will ich jetzt einen kurzen Ueberblick über das Skelet anderer Käfer machen. Ich bemerke hier zu- gleich, dass Alles, was von Oryctes nasicornis gesagt worden ist, auf alle Lamellicornen überhaupt bezogen werden darf. Oryctes nasicornis darfals Typus der gan- zen Familie in dieser Hinsicht betrachtet werden. Als Beispiele von Lamellicornen, deren Skelet identisch mit dem Beschriebenen ist, führe ich an: Cetonia, Geotrupes vernalis und typhoeus, Melolontha vulgaris und hyppoca- stam, Pachypus, Amphicora und Aphodius fimetarius. Kä- fer aus der Abtheilung der Pectinicornen dieser Familie konnte ich nicht zur Untersuchung erhalten. = 48 a. Protuorax. Wir kennen jetzt auf welche Weise das Episternum- des Prothorax von der Oberfläche desselben ‚auf den Boden seines Acetabulum herabgedrängt wird. In der Abtheilung der Coleopteren giebt es aber noch eine Reihe von Veränderungen, deren Resultat die voll- kommene Verdrängung, oder besser der vollkommene Untergang sowohl des Episternum, als auch des Epime- rum, ist. Man muss das Gesagte ganz wörtlich verste- hen. Denn auf den ersten Blick könnte man glauben, dass diese genannten Theile auch hier bestehen, aber durch absolute Verwischung der Verwachsungsnäthe un- kenntlich geworden sind. Dem ist aber nicht so. Ich werde eine Reihe Käfer vorstellen, welche beweisen, dass diese Meinung unhaltbar ist; — wir werden sehen, dass eine ganze Menge stnfenweiser Veränderungen sich aneinander reiht, bis sie endlich, allmälich und ohne Unterbrechung zum oben angedeuteten Resultate führt. Wir werden dabei aber auch noch sehen, dass auch die- se Reihe mit derselben Form beginnt, welche als Aus- gangspunkt der Modifikationen diente, die ganz allmä- lich zum Prothorax von Oryctes nasicornis führten. Hier, wie dort, muss ich meine Beschreibung von dem Pro- thorax der Silpha thoracica beginnen, doch will ich das von diesem Käfer Gesagte nicht noch einmal wiederho- len, sondern verweise hier blos auf das schon oben Ge- sagte und auf die Figur 25 meiner Tafel. Die zweite. Stufe, die gleich neben dieser Sılpha steht, ist Agelastica, ein kleiner Käfer aus der Familie Chrysomelidae. Wir be- merken hier folgende Veränderungen. In Folge von Ver- wachsung der vorderen Ecke des oberen Sternumrandes, mit der vorderen Ecke des Seitenrandes des Notum, ist das Episternum etwas nach hinten gedrängt (F. 27). Das dreieckige Episternum verbindet sich somit durch 49 seinen oberen Rand mit dem hinteren Rande des Seiten- theiles des Notum; durch seinen vorderen (zugleich un- ° teren) Rand — mit dem oberen Rande des Sternum, sein hinterer Rand verbindet sich mit dem unteren Ab- schnitte des Vorderrandes des Epimerum. Der obere Abschnitt des Vorderrandes dieses letzteren Stückes ver- bindet sich mit dem obersten Theil des Hinterrandes der Seitenplatte des Notum. Mit einem Worte, das Epister- num ist also, wenn auch nur wenig von ‚seinem gewohn- ten Platze zurückgeschoben (F. 27, Vrgl. mit 25). Wen- den wir uns jetzt zu einem anderen Käfer, aus dersel- ben Familie, namentlich Crioceris, so bemerken wir, dass das unmittelbare Verwachsen des Sternum mit dem No- tum noch vollständiger erreicht ist (F. 28); das Epister- num ist hier schon so stark zurückgedrängt, dass sein unterer Rand den äusseren Rand des Acetabulum aufzu- bauen mithilft (F. 28). Doch ist es hier noch immer im Zusammenhange mit dem Sternum, d.h. mit dem oberen Rande dieses Stückes (F. 28). Noch einen Schritt wei- ter, und wir sehen bei Chrysomela, dass der ganze obere Rand des Sternum mit dem Seitenrande des Notum ver- wächst (F. 31). Der Seitenrand des Notum erstreckt sich aber noch weit über die Grenzen dieser Verwachsung nach hinten und drängt somit auch die beiden Stücke der Pleuren weit nach hinten (Е. 31). Bei Callidium aus der Familie der Longicornen (Е. 34) haben diese Pleurastücke eine fast mikroskopische Gósse und sind vom Vorderrande des Prothorax fast durch die ganze Lange dieses Ringes entfernt. Endlich, bei Coccinella se- ptempunctata Linn. finden wir, dass das Epimerum schon ganz verschwunden ist. Der Prothorax besteht hier .nur aus folgenden Stücken: dem vollständig mit einander ver- wachsenen Sternum und Notum und dem Episternum № 1. 1865. 4 50 (Е. 35). Aber das Endresultat dieser ganzen Reihe all- mäliger Modifikationen zeigt uns der Prothorax von Chrysobothris, einer Art aus der Familie Buprestidae (F. 36). Hier besteht der Prothorax nur aus zwei Theilen; aus Sternum und Notum. Die Pleurastücke sind on dem Ringe herausgedràngt (^). Auf diese Weise sind wir mit zwei Modifikationsreihen des Prothorax bekannt geworden. So viel mir bis jetzt bekannt ist, enthalten diese beiden Reihen alle wichtigen Veränderungen seines Baues. Weitere Veränderungen, von sekundärer Bedeutung, bestehen nur in Modifikationen der Form seiner einzelnen Theile und der Grósse derselben und gehóren in das Gebiet der Systematik. Sie ziehen keine wichtigen Folgen nach sich, keine so grossen Un- terschiede, wie wir sie zwischen unserer Ausgangsform Silpha und den Enden der Reihen: Oryctes nasicornis einerseits, und Chrysobothris andererseits sahen. Dieses Alles erlaubt mir aber drei Typen für den den Bau des ersten Brustringes der Käfer aufzustellen: 1. Typus, dessen Repräsentanten die Mitglieder der Gattung Sılpha sind. (') Sehr interessant ist die Lagerung der Pleurastücke des Prothorax bei Käfern aus der Familie Elateridae. Bei Käfern dieser Familie, die zu den Gattungen Athous und Elater gehören, verwächst der obere Rand des Sternum ebenfalls vollstandig mit dem Seitenrande des Notum (F. 41, 42). In Folge dessen sind die Stücke der Pleura nach hinten gedrängt, und, was besonders interessant ist, sie haben eine beinah horizontale Lage erhalten, wobei das Episternum über dem Epimerum zu liegen gekommen ist. Das oben liegende Stück muss als Epister- num betrachtet werden, weil sein vorderer Rand sich unmittelbar mit dem Hinterrande der Seitenplatte des Notum verbindet (Е. 41, 42). Dieses Faktum werden wir später, beim Studium des Kopfes der Co- leopteren ausbeuten. 51 2. Typus der Lamellicornen. 3. Typus der Buprestiden. Е b. Mesornorax. Was den zweiten Brustring, den Me- sothorax anlangt, so ist es mir bis jetzt noch nicht ge- lungen, eine Verminderung der Anzahl der ihn zusam- mensetzenden Theile zu constatiren. Im Gegentheil fand ich hier recht oft eine Vermehrung der Anzahl dersel- ben. Es gelang mir auch hier eine allmäliche Reihe stu- fenweiser Veränderungen aufzufinden, welche vom Typus dieses Ringes, wie wir ihn bei Oryctes nasicornis ken- nen gelernt haben, zu complizirteren Formen führt. Ich erinnere, dass dort das Episternum zwischen dem Seiten- rande des Notum und dem oberen Rande des Sternum, am Vorderrande der Seitenflàche des Mesothorax seinen. Platz hatte (F. 8). Bei Chrysobothris, mit dem wir schon oben zu thun hatten, erhebt sich der vordere Theil des oberen Sternumrandes grade nach oben (F. 37), um sich unmittelbar, wenn auch durch eine Bindehaut, mit dem vorderen Theil des Seitenrandes des Notum zu verbin- den (F. 37). Dadurch werden die Pleuren nach hinten geschoben, und der vordere Rand des Episternum, statt den Vorderrand der Seitenfläche des Ringes zu bilden, verbindet sich mittelst einer Nath mit dem hinteren Ran- de dieses nach oben gerichteten Sternum-Fortsatzes (Е. 37). Bei Chrysomela und Tenebrio molitor, einem Käfer aus der Familie Melasoma, finden wir, dass dieser Fort- satz des Sternum von dem Kórper desselben schon ab- getrennt ist (F. 32 und 38). Er erscheint hier also als ein selbststàndiges Stück, welches in einem Niveau mit den Stückchen der Pleura liegt. Bei Carabus coriaceus schickt dieses neuentstandene Stück einen dünnen Fort- " _59 satz nach unten, dessen Hinterrand durch еше Nath an den Vorderrand des Sternum angewachsen ist (F. 21 und 22). An die Mittellinie des Sternumkörpers angelangt, verbindet sich dieser Fortsatz mit demselben Fortsatze der anderen Seite zu einem einzigen dicken Körper, welcher längs der Mittellinie des Sternum nach hinten zieht, sich mit dem Sternum durch eine Nath verbindend, und sogar auf die Aussenflache des Prosternalfortsatzes übereeht (P. 91. 22). Es ist leicht einzusehen, dass die Vergrósserung der Anzahl der, den Mesothorax zusammensetzenden Theile, ganz auf dieselbe Weise eingeleitet wird, wie die Ver- minderung der Zahl derselben Theile im Prothorax. Hier wie dort beginnt die ganze Reihe allmälicher Verände- rungen dadurch, dass das Sternum vom vorderen Theile seines Oberrandes einen Fortsatz, der unmittelbaren Ver- bindung mit dem Seitenrande des Notum wegen, herauf- sendet. Dort verrieth dieser Fortsatz eine Neigung sich in die Breite zu vergrössern, den ganzen Slernumrand mit dem Notum zu verbinden und die Stücke der Pleu- ra nach hinten zu verrücken, um sie, eins nach dem anderen, entweder von der Oberflache des Prothorax, oder ganz aus demselben zu verdrängen. Hier aber, im Mesothorax, theilt sich derselbe Fortsatz vom Körper des Sternum ab, wird selbstständig, ehe noch eine wei- tere Modifikation im Baue der Pleuren hervorgerufen ist. Wir sehen also, dass die Natur, auch hier wie an man- chen anderen Orten, durch ganz dieselben Mittel zwei, scheinbar ganz verschiedene Resultate erlangen. c. Meratnorax. So viel mir bekannt, ist der Metatho- rax derjenige Theil der Brust, welcher am hartnäckig- 53 sten seine primitive Form und Zusammensetzung, wie wir sie bei Oryctes sahen, beibehält. Wirklich, nur sehr selten. konnte ich eine Vergrösserung der Zahl seiner zu- sammensetzenden Theile sehen. Bei einem Käfer aus der Familie der Chrysomelidae, bei Crioceris asparagt, begegnete ich zwei neuen Stücken im Metathorax (F. 30). Das eine befand sich am Vorderrande des Episternum Pleurae; das andere — am vorderen Rande des Sternum. Es thut mir leid, dass ich nicht diejenigen Käfer auffin- den konnte, welche mir ganz positiv den morphologischen Ursprung dieser neuen Stöcke zeigen würden. Nach Ana- logie mit den eben beschriebenen Modifikationen des Mesothorax, glaube ich, dass sie auch hier, wie dort das ähnliche Stück bei Carabus coriaceus durch Lostren- nung eines Sternumfortsatzes entstanden sind. Eine Verminderung der Anzahl der Theile dieses Rin- ges betreffend, muss ich erwähnen, dass bei Tenebrio molitor das Epimerum gar nicht vorhanden ist, und dass bei der grössten Mehrzahl der Käfer dieses Epimerum nur aus einem einzigen Theile besteht, im Gegensatze zu den Lamellicornen, wo noch ein Paraptere vorhanden ist. Was den unter dem Namen Entothorax beschriebenen Apparat anbelangt, so kann ich bemerken, dass ich ihn bei allen Kafern, die ich untersucht, aufgefunden habe. Eine Aufzahlung derselben ware gar zu lang. Doch sind immer einige Verschiedenheiten im Baue dieses Appa- rates zu sehen. So tragt er bei Carabus auratus z. B. nur zwei Aeste, welche den Seitenästen desselben Ap- parates bei Oryctes entsprechen. Es genügt vollkommen des Gesagten, um folgende Ge- setze aufzustellen: 54 Zwischen Notum und Sternum aller Brustringe existirt eine Neigung zur unmittelbaren Verwachsung. Dieses ge- schieht entweder durch die Ränder der benannten Körper- theile selbst, oder durch Fortsdtze, welche immer ganz con- stant nur von den vorderen Ecken der betreffenden Rän- der entspringen. Im ersten Falle bedingt dieses Verwach- sen eine Verdrängung der Pleurastucke; im zweiten — erlangen diese Fortsätze eine gewisse Selbstständigkeit, und tragen so zur Vermehrung der Pleurastücke bei. Ersteren Fall treffen wir ат Prothorax; den zweiten im Mesothorax, und nur sehr selten, im Metathorax. Das andere, nicht weniger wichtige Gesetz besteht darin, dass nur die Pleuren verändert, verschoben, und selbst verschwinden können. Notum und Sternum können in keinem Falle ihren Platz verändern, geschweige denn verschwinden. Es wird hier am Orte sein, eine ziemlich wichtige Be- merkung über den Entothorax zu machen. Aequivalente dieses Apparates, mit dem wir beim Studium des Meta- thorax bekannt geworden sind, existiren auch in den übrigen Brustringen. Im Pro- und Meso-Thorax haben sie aber gar nicht diejenige Gestalt, in der wir ihn kennen gelernt haben. Er tritt uns hier als jenes Septum entge- gen, welches die Gelenkpfannen der beiden Füsse eines Paares von einander scheidet. Wir sind mit diesem . Septum schon aus Obigem bekannt, obwohl ich es dort nicht mit dem Namen Entothorax genannt habe. Die erwähnte crista media, von deren hinterem Ende der Entothorax frei in den Hohlraum des Metathorax herein- ragt, ist in den anderen Brustringen in eine schmale Platte verwandelt, welche längs der Innenfläche des 55 Prosternalfortsatzes und auch theils der Mittellinie des Sternum, von vorn nach hinten gerichtet, aufgestellt ist. Vom oberen Rande des hinteren Theiles dieser Platte, " dem Analogon der crista metasternalis, dort nämlich, wo sie die beiden zusammengehörenden Gelenkpfannen von einander trennt, entspringt und richtet sich nach oben der Körper des Entothorax. Derselbe hat hier die Ge- stalt einer ziemlich breiten Platte, welche von vorn nach hinten gerichtet ist. Diese Platte bildet den oberen Theil der Innenwand der Gelenkpfannen, oder des sie tren- nenden Septum. Bis zu einer gewissen Höhe, in den Hohlraum des Ringes gelangt, spaltet sich diese Platte in zwei Theile, in zwei neue Platten, welche fast eine horizontale Lage annehmen, und sich nach aussen herab- biegen. Eine von diesen Platten begiebt sich nach links, den Boden der linken Gelenkpfanne bildend; die andere nach rechts, den Boden der rechten Gelenkpfanne zusam- mensetzend. Diese zwei Platten entsprechen den Seiten- ästen des Entothorax des dritten Brustringes. Ihr vorde- rer Rand verwächst mit dem oberen Rande des aufge- bogenen Theiles des Hinterrandes des Sternum dessel- ben Ringes; ihr hinterer Rand mit dem oberen Rande des aufgebogenen Theiles des vorderen Randes des Ster- num des folgenden Ringes; ihr äusserer Rand verwächst endlich mit dem äusseren Rande des Acetabulum, wel- cher, wie wir wissen, bald durch den unteren Rand der Pleurastücke gebildet wird, bald durch den Seiten- rand des Notum, bald endlich durch einen besonderen Fortsatz des Notum. Eine solche Verwandlung des Entothorax, oder besser, eine solche Tendenz zur Aufhebung seiner Selbständig- keit, kann leicht auf folgende Weise erklärt werden. Die Sternumstucke des ersten und zweiten Brustringes, sind 56 stark nach unten geneigt, während das Sternum des Me- tıthorax fast horizontal und parallel mit dem Notum liegt. Das Notum aller drei Ringe hat eine fast horizontale La- ge. Diese Veränderung der Lage des Sternum bedingt ein weiteres Entfernen seines Hinterrandes und des Sternalfortsatzes, welcher auf seiner Basis den Entotho- rax trägt, — vom Notum des Ringes. In Folge dessen wird der Entothorax nach aussen gezogen; er tritt aus dem Hohlraume des Ringes hervor. Eine solche Verän- derung der Lage dieses Apparates bewirkt ihrerseits eine grössere Veränderung seiner Gestalt und accomo- dirt ihn zu neuen Leistungen, zu denen er im Metatho- rax in gar keiner Beziehung stand Ausser dem direkten Vergleiche der beschriebenen Theile wird das Gesagte noch durch Folgendes bewiesen. Im dritten Brustringe, wo der Entothorax frei in dessen Hohlraum hereinragt, besitzen die Gelenkpfannen des dritten Fusspaares gar keine Wände, die von diesem Ringe abhängig wären. Dieses Acetabulum hat nur eine hintere und eine obere Wand, die beide durch die untere Seite des ersten Bauch- ringes gebildet werden. Die beiden zusammengehörenden Gelenkpfannen dieses Fusspaares werden nur durch den processus metasternalis posterior, und innen durch die Basis des dreiseitigen Körpers des Entothorax von einan- der geschieden. —— — Nachdem ich nun die Anatomie des Thorax der Co- leopteren nach eigenen Untersuchungen auseinanderge- setzt habe, gehe ich zur Betrachtung der Litteratur. Wendet man sich an den Katalog von Hagen (*) und den (!) Hagen: Bibliotheca entomologica. Verzeichniss aller Schriften im Ge- biete der Entomologie, welche bis zum Jahre 1862 erschienen sind. 1862 — 63. 57 von Carus ('), so überzeugt man sich leicht, dass die Literatur über unseren Gegenstand ganz ausserordentlich arm ist. Ihr grösster Theil bezieht sich auf die ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts. Nur eine Arbeit, von Jacquelin du Val datirt anno 1856. Es ist schwer zu be- greifen, warum diese Frage sich nicht der Aufmerksam- keit der Entomologen erfreuen konnte. Das darauf hin- weisende Faktum steht aber fest. Ungeachtet dessen sind aber auch hier ebenso viele Meinungen als wie anders- wo zu finden; selbst die Thatsachen wurden ebenso viele Male verschieden angezeigt, als Autoren waren. Audouin war der erste Gelehrte, welcher seine grösste Aufmerksamkeit fruchtbringend auf das Studium des Tho- rax der Insekten wandte (^). Er war der erste, der sei- ne Beobachtungen in Form einer ganzen Reihe selbstän- diger niederlegte. Seine Arbeiten können auch noch jetzt, vierzig Jahre später, als Muster einer anatomischen For- schung in dieser Richtung gelten. Alles vor ihm Gelei- stete war unrichtig; die Begriffe und die Nomenklatur der Skelettheile-verwickelt, weil unbasirt, so dass Audou- in die Zeit, welche er auf das Studium der vorherge- gangenen Literatur verbraucht hat, für verloren hält (?). Die anatomischen Resultate, zu denen Audouin gelangt ist, unterscheiden sich nicht sehr viel von denen, zu welchen mich meine Forschungen geführt haben. Man kann ihm nur darin einen Vorwurf machen, dass er sei- ne Uhtersuchungen nicht hinreichend genug erweitert hat- te, um sich einen klaren Begriff von den verschiedenen (') Carus: Bibliotheca zoologica. 1864. Verzeichniss der Schriften über Zoologie, welche in den periodischen Zeitschriften enthalten, und vom Jahre 1846 — 60 selbstandig erschienen sind. (?) Annales des sciences naturelles. Red. par Audouin, Brogniart et Du- mas. 1824. t. I. p. 97 und 416. De p. 105: 58 Umgestaltungen und Dislokationen der einzelnen Skelet- theile zu machen, und zu allgemeinen, diese Modifika- tionen regelnden Gesetzen zu gelangen. Er erwähnt gar | keine Veränderungen im Baue des Thorax bei verschie- denen Familien und Gattungen und ich glaube daher an- nehmen zu dürfen, dass sie ihm ganz unbekannt geblie- ben sind. | | «Nous distinguons dans chaque segment une partie su- périeure, deux parties latérales, et une partie inférieu- re (‘)». Durch Feststellung dieser Thatsache hat Audou- in den ersten Schritt zur Wahrheit gethan. Wie ich, so fand auch er, dass: «une piéce unique constitue la par- tie inférieure du segment, c'est le Sternum». Ihm war auch der, von ihm selbst mit dem Namen Entothorax belegte Apparat bekannt, er fand dass der Entothorax in allen Brustringen, und zuweilen sogar in dem ersten Bauchringe vorhanden ist; «il semble étre en quelque sorte une dépendance du Sternum (7). Das Letztere ist, wie wir gesehen haben, ganz richtig. In Betreff des Er- steren muss ich bemerken, dass ich anderer Meinung bin. Ich finde, dass der Entothorax in Gestalt eines in die Brusthöhle frei hereinragenden, verästelten Fortsatzes nur im dritten Brustringe, nur im Metathorax vorhanden ist. In den beiden ersten Ringen ist er,. wie wir oben sahen, wohl ebenfalls vorhanden; die ihn dort vorstellen- den Septa sind aber nicht von Audouin gemeint worden, da er auch hier einen Entothorax annimmt, welcher ganz dieselbe Gestalt haben soll, wie im dritten Brustringe; ein solcher existirt hier aber gar nicht. Es ist wohl wahr, dass auch im Inneren der beiden ersten Brustringe Fort- заме vorkommen, welche wir unter dem Namen pro- 59 cessus interni Prothoracis und processus laterales Мезо- thoraeis kennen gelernt haben; aber diese Fortsätze dür- fen auf keinen Fall mit dem Entothorax in Vergleich. ge- zogen werden, weil sie erstens nicht Anhänge der in- neren Oberfläche des Sternnm sind, wie es auch selbst Audouin verlangt, sondern von der, die Pleura-Stücke verbindenden Nath entspringen. Zweitens haben diese Fortsätze auch im Metathorax ihre Analoga, wie ich es schon oben gezeigt habe. Allem Anscheine nach hatte aber Audouin auch nicht diese Fortsätze im Auge, als er das Vorhandensein des Entothorax in allen Brustrin- gen als Regel aufstellte. Er unterschied diesen Apparat scharf von den anderen Fortsätzen, indem er dieselben mit dem allgemeinen Namen Apodemata benannte, und noch dazu zwei besondere Formen derselben unterschied: Apodemata articulationis und Apodemata insertionis. Mit ersterem Namen bezeichnete er diejenigen Fortsätze, wel- che von den Näthen zwischen verschiedenen Skeletthei- len entspringen und, seiner Meinung nach, zur Befesti- gung der Flügel dienen. Unter der zweiten Benennung unterschied er diejenigen Fortsätze, welche zur Insertion verschiedener Muskeln dienen, und also ins Innere des Körpers gerichtet sein müssen (^). Meiner Meinung nach ist diese Eintheilung nicht allein unzweckmässig, son- dern auch ganz verfehlt. Wir wissen, dass die Fortsätze der Pleuren und des Notum des zweiten Brustringes, obwohl sie nicht zur Befestigung der Flügel dienen, ins innere des Körpers gerichtet zur Verbindung der einzel- nen Theile dieses Ringes, und zur Artikulation dessel- ben mit dem Metathorax beitragen, zugleich’ auch als In- sertionspunkte verschiedener Muskeln dienen. Dieses be- rechtigt mich, die bezeichnete Eintheilung zu verlassen, (') 1. c. p. 131 und 132. 60 und nur den allgemeinen Namen Apodemata beizube- halten. Die Seitentheile der Brustringe sind von unserem Au- tor beinahe ebenso wie von mir beschrieben; doch irrt er, wenn er glaubt, dass alle Ringe in dieser Hinsicht gleich gebaut sind. Man vergleiche nur meine Abbildun- gen des Meso- und Metathorax; man wird gleich einen Unterschied bemerken, den ich in meiner Beschreibung nicht unerwähnt gelassen habe. Weiter irrt er stark, in- dem er annimmt, dass der von ihm Paraptere genannte Theil, in allen Brustringen vorhanden ist. Wir haben oben gesehen, dass dieses Paraptere nur im Metathorax (bei den Käfern nämlich), und auch hier nur bei den Lamel- licornen, so weit mir bekannt ist, vorkommt. Ausser den uns bekannten zwei Hauptstücken der Pleurae, nimmt der Autor noch ein kleines, neues Stückchen an, welches, von viereckiger Gestalt, durch seinen oberen Rand mit dem Epimerum und seinem unteren Rande mit der Huf- te in Verbindung steht. Er nennt dieses Stückchen Tro- chantin (!). Bei der grössten Mehrzahl der Käfer ist dieses Stück gar nicht vorhanden. Ungeachtet meines eifrigen Nach- suchens fand ich es nur bei Arten aus der Familie Cur- culionidae und auch hier ausschliesslich nur im Mesotho- rax. Bei den hierher gehörenden Käfern, namentlich: Otiorhynchus, Phyllobius, Curculio und Balaninus, bei wel- chen der Mesothorax ebenso gebaut ist wie derselbe Ring bei Oryctes nasicornis, befindet sich am unteren Rande des Epimerum, mit demselben durch еше Nath verbun- den, ein ganz kleines, viereckiges Stückchen. Dieses Stückchen befestigt sich aber nicht an die Hüfte; wie es (") 1. с. p. 125. _ 61 Audouin will, sondern trägt nur dazu bei, durch seinen Unterrand den Rand des Acetabulum zu bilden (F. 43). ‚Ueberhaupt besteht ein grosser Mangel der Untersuchung Audouins darin, dass er von allen Insekten auf einmal redet, die von ihm gefundenen Thatsachen auf alle In- sekten bezieht, nicht aber den Bau des Brustskelets nach einzelnen Abtheilungen durchführt, und die bezüg- lichen Verschiedenheiten andeutet. Dieses bedingt aber eine Unpünktlichkeit, verursacht viele, ziemlich grobe Feh- ler, die aber doch nur durch eine grosse, eingehende, und nothwendig sehr spezialisirte Arbeit aufgeklärt und entfernt werden können. Beim Lesen des Aufsatzes von Audouin weiss man oft nicht, auf welche Insekten das Gesagte zu beziehen ist. Zum Theil ist es begreiflich, wa- rum Audouin in einer solchen Form seine Arbeit abge- fasst hatte; man braucht nur zu bedenken, dass der Autor nur das Allgemeine, das Einheitliche im Baue des Ske- lets bei den verschiedensten Insekten auffinden wollte, die speziellen Verschiedenheiten ganz aus den Augen lassend. Zu den Fehlern, die ihren Grund darin haben, dass die Beschreibung nicht gehörig auseinauder gehal- ten worden ist, gehört auch die Ansicht Audouins über das Notum der Brustringe. Audouin nimmt an, dass die- ser Theil bei allen Insekten aus vier verschiedenen Theilen zusammengesetzt wird, die hintereinander folgend, von ihm mit den folgenden Namen belegt worden sind: Prae- scutum, Scutum, Scutellum und Postscutellum (*). Alle zu- sammengenommen heissen bei ihm tergum. Meine An- sicht über diesen Punkt betreffend verweise ich blos auf die oben gegebene Darstellung. Wir sehen also, dass die Arbeit Audouins, ungeachtet ihrer Mängel, ungeachtet ihres gar zu engen und einsei- (‘) 1. c. p. 128. 62 tigen Programms, doch eine wahre und feste Basis für alle folgenden Untersuchungen abgeben konnte. Wir ver- danken ihm auch eine einfache, aber rationelle Nomen- klatur, welche ich fast ganz vollkommen in meiue Un- tersuchung übergeführt habe, sie nur mit neuen eigenen Namen solcher Organe vervollständigend, die Audouin unbekannt seblieben sind. Es ist daher mehr als zu be- dauern, dass die Autoren, welche nach Audouin in der- selben Richtung arbeiteten, seiner Arbeit nur wenige, oder meistens gar keine Aufmerksamkeit schenkten. Durch einen solchen Mangel an Einheit, wurde natürlich die Entwickelung unserer Frage sehr wenig befördert, oder besser, sie wurde eben dadurch mehr von der Entwic- kelung zurückgehalten. Nur ein einziges Mal in der gan- zen nachfolgenden Literatur, die ausserdem ungemein arm ist, finde ich die Arbeit Audouins erwähnt; dieses namentlich in der Untersuchung von Mac Leay (*). Die- ser Autor beschreibt den Bau des Thorax der Insekten ganz ebenso wie Audouin, dessen warmer Anhänger er auch ist. Ebenso wie Audouin findet auch er, dass der Rücken eines jeden Ringes, tergum nach seiner Nomen- klatur, aus vier verschiedenen Theilen besteht,, welche bei ihm dieselben Namen tragen, welche ihnen Audouin ertheilt hat. Doch hat Mac Leay hier den Fehler seines Vorgängers begriffen, und darum hält er es für seine Pflicht, das Gesagte ein wenig zu spezialisiren. Er theilt mit, dass bei Coleopteren gewöhnlich eins, aber zuweilen sogar zwei dieser das Notum zusammensetzenden Stücke, (') Explanation of the comparative anatomy of the thorax in winged In- sects, with a review of the present state of the nomenclature of its parts. V. Zoological Journal. 1830. | Exposition de l’Anatomie comparée du Thorax, etc. trad. en franc. par Audouin. V. Annales des sciences naturelles. Red. par Audouin, Brogzniart et Dumas. 1832. t. XXV. p. 95. 63 ganz verschwinden können, so dass bei dieser Insekten- Abtheilung dasselbe nur aus drei, oder selbst nur aus zwei Stücken besteht. Welche von diesen Stücken’ aber namentlich verschwinden, welche zurückbleiben, darüber spricht sich unser Autor nicht weiter aus. Ich erinnere hier, dass, wie ich schon oben gezeigt habe, das Scu- tellum des Mesothorax kein besonderes Stück, sondern nur ein Fortsatz des Notum ist, wie der processus me- sosternalis zum Beispiele. Ebenso wie Audouin findet auch Mac Leay, dass der Entothorax, welcher bei ihm den Namen Furca trägt, in allen Brustringen vorhanden ist, und zwar befindet er sich in den zwei ersten Rin- gen nicht in der rudimentären Gestalt, wie ich ihn dort gezeigt habe, sondern behält auch hier ganz dieselbe Form und Lage wie im Metathorax. Dieses ist aber ab- solut falsch und zum Beweise verweise ich auf meine oben gegebene Darstellung. Bennet ('), über eine von Chabrier (*) gelieferte Ar- beit referirend, beschreibt die Ansetzungspunkte der Flü- gel an den Thorax und die Art ihrer Befestigung an den- selben. Beide Arbeiten, obwohl sie sich nicht durch be- sonderen Reichthum der Tathsachen über den Thoraxbau rühmen können, enthalten doch einige, ziemlich richtige Bemerkungen über denselben. Etwas vor der Arbeit von Mac Leay erschien eine grosse Untersuchung von Strauss-Dürkheim (*). Unge- achtet dessen, dass dieser Autor vier Jahre später als Audouin schrieb, scheint er gar nichts über die Existenz (1) Isis von Oken. 1830. p. 422. (?) Essai sur le vol des Insectes. У. Mémoires du Museum d’histoire na- turelle. (3) Strauss-Dürkheim: Considérations générales sur l'Anatomie compa- . ree des animaux articulés, etc. 1828. 64 der Arbeit dieses letzteren zu wissen, denn er erwähnt ihrer mit keinem Worte. Ungeachtet dessen, dass Au- douin schon die Nomenklatur für die einzelnen Theile des Brustskelets festgestellt hatte — ungeachtet, dass diese Nomenklatur hinreichend einfach und bequem war, schafft Strauss-Dürkheim eine neue, eigene, die aber zum Thei- le auch von früheren Autoren entlehnt ist, welche vor Audouin schrieben, obwohl letzterer die Verwirrung in derselben schon zur Genüge bewiesen. So heisst bei Strauss - Dürkheim der Theil, den wir unter dem Namen Prothorax kennen gelernt haben, Corselet; sein Prothorax entspricht unserem Mesothorax; Metathorax hat allein die- selbe Bedeutung bei ihm, wie bei uns. Das Wort Meso- thorax ist ganz aus seiner Terminologie gestrichen. Die Beziehung des Notum des ersten Ringes (seines Corselet) zu dem Sternum desselben und die Verbindung dieser Theile bei Melolontha vulgaris, von der das Werk vorzüglich handelt, unter einander, ist von ihm ganz ebenso aufgefasst wie von mir; aber die Disposition der Pleuratheile ist ihm ganz unbekannt geblieben. Die Fort- заме, die ich oben processus intern! Prothoracis nannte, waren auch von ihm unter dem Namen apophyses epi- sternales antérieures beschrieben (*). In der Beschreibung der anderen Brustringe kann ich aber dafür nicht mehr das Skelet von Melolontha vulgarıs erkennen. In Betreff des zweiten Brustringes sagt er: «Le corps du Prothorax est forme de quatorze pieces, sans y comprendre plu- sieurs autres, trés petites, dépendants des élytres (*)». Das Septum des Notum, die Seitentheile desselben, alle ihm nur bekannten Fortsätze, sind als besondere Skelet- (‘) 1. c. р. 78. (ee c. p. 90. 65 Iheile aufgefasst und so beschrieben worden; jeder hat auch seinen besonderen Namen erhalten. Die viereckigen Pleuren bestehen auch nach seiner-Mei- ‘nung hier aus zwei besonderen Theilen, welche hinter einander liegen und mit einander verwachsen sind. Er nennt diese Theile pièces ?laques, oder Iles (*). Ganz richtig beschreibt er auch ihre Lage bei Melolontha, in- dem er sagt, dass sie mit ihrem Vorderrande den Vor- derrand des Seitentheiles des betreffenden Ringes bil- den (*). Ihm waren auch die Fortsätze, welche ich unter dem Namen processus laterales Mesothoracis beschrieben habe, bekannt, und er nennt sie apophyses transverses des iliaques (*). Ihre Bedeutung aber und ihre Verbindung mit den ihm unbekannt gebliebenen processus mesonoti, kannte er gar nicht. Der Metathorax besteht seiner Meinung nach aus 18 verschiedenen Theilen, oder Stücken, von denen sechs allein auf unser Notum kommen. Er findet, dass der vordere Brustring sich mit dem Hinterrande des Kopfes durch vier kleine Stückchen, welche er pièces jugulaires nennt, verbindet. «J'appelle pieces jugulaires deux petites chaines, com- posées chacune des deux plaques consécutives, contenues inférieurement dans la peau du cou, et unissant la téte au corselet. La premiére piéce de chaque chaine, ой la Jugulaire antérieure s'articule par un petit condyle, qu'elle porte à son extrémité, sur un tubercule, place -au coté interne de l'apophyse postérieure de la piéce ba- silaire (des Kopfes). А son extrémité opposée la méme (2) 1. с. р. 83. (5) 1. с. p. 94. № 1. 1865. 9 66 jugulaire s'articule avec le second, ou Jugulaire posté- rieure, et celle ci se fixe à l'extrémité de l'apohyse an- térieure du Sternum du Corselet. --- Les jugulaires sont constamment au nombre de deux paires chez tous les Coléoptéres, et varient peu pour leur forme. - - - Elles réprésentent les derniers restes de deux segmens, qui sont disparus entre la tête et le corselet(*)». Was diese eben beschriebenen Theile betrifft, so muss ich sagen, dass dieselben, als besondere Theile des Skelets, bei keinem Käfer vorhanden sind. Ich habe sie selbst bei Melolontha vulgaris, und noch viel besser bei Orystes nasicornis u. A., bei weitem aber nicht bei allen Kàfern gesehen, und konnte mich so von ihrer wahren Natur überzeugen Sie sind hier nichts anderes als Theile der chitinisirten Mus- kelsehnen, welche aus dem Hohlraum des Prothorax he- raustretend, sich an den unteren Theil des Hinterran- des des Kopfes ansetzen. Sie finden sich ebenso oft an den Sehnen der Depressoren, wie auch der Levatoren des Kopfes. Ueberhaupt finden sich soche kleine chitinisir- ten Platen sehr oft an den Muskelsehnen im Insekten- reiche, und haben immer eine sehr verschiedene, zufälli- ge Gestalt. Sie sind schon von Audouin entdeckt worden, der sie ebenfalls für selbstständige Theilchen hielt, und unter dem Namen Epidemata beschrieben hatte (*). Was die dreiste Behauptung anlangt, die pieces jugulaires seien Reste zweier untergegangener Brustringe, so ist dieselbe auf gar nichts basirt. Es ist dies blos eine Phrase, die ohne alle Ueberlegung in die Welt geschickt worden ist. Strauss-Dürkheim beschreibt noch ein kleines Stück- chen, welches in allen Brustringen vorkommen soll und (1) i. c. p. 18. (?) Aujouin. l. c. 67 welches ег Rotule nennt. Dieses Stückchen ist nach sei- ner Beschreibung mit dem von Audouin unter dem-Na- . men Trochantin aufgestellten analog. Ebenso wie Audou- in findet er, dass sich dieses Stuckchen mit einem Ran- de an die Hüfte befestigt und mit dem anderen mit der piéce iliaque postérieure (unserem Epimerum) verbunden wird. Dieses Rotule ist hier ganz beweglich eingelenkt (*). Oben, bei Gelegenheit der Untersuchung der Arbeit Au- douins, erwähnte ich das Vorhandensein eines besonde- ren Stückes bei Käfern aus der Familie Curculionidae und sprach mich dort über dieses Stück aus. An den Füssen des zweiten Paares bei Lamia textor, eines Käfers aus der Familie der Longicornia, findet sich ein Stückchen, welches scheinbar das Rotule und Trochantin der beiden Autoren ist. Dieses Stückchen hat die Gestalt einer läng- lichen, schmalen, fast linsenförmigen, kleinen Platte, wel- che eine ihrer Flächen nach aussen, die andere nach in- nen kehrt. Diese Platte liegt auf der Oberfläche der Coxa der genannten Füsse, in einem besonderen Einschnitt, gleich neben dem Loch, welches zum Durchlassen der den Fuss bewegenden Muskeln dient. Bei Abduktion des Fusses nach vorn, kann man leicht diese Platte erblik- ken; aber nur die zwei unteren Drittel derselben sind so sichtbar, weil ihr oberer Theil in der Gelenkpfanne selbst, hinter der äusseren Wand derselben, d. h. hinter dem Epimerum, versteckt ist. Die Ränder dieser Platte verbinden sich auf keine Weise, weder durch Nath, noch ‘durch ligamentöse Bänder, mit den Rändern des Coxal- einschnittes, in welchem sie liegt. Schneidet man behut- sam das Epimerum ab, die gleich unter ihm liegenden Fussmuskelsehnen schonend, so kann man sich leicht überzeugen, dass der obere, spitze Rand dieser Platte, () Strauss-Dürkheim. 1. c. p. 95. 5° 68 Rotule,-sich an die Sehne eines Muskels des Fusses ansetzt und in gar keiner Verbindung mit dem Epimerum sieht. Hat man sich einmal davon überzeugt, so ist es gar nicht mehr schwer zu sagen, wohin dieses Rotule, Trochantin, gehört. Ich glaube, es muss, zusammen mit den pie- ces jugulaires Str. D. in die Gruppe der Epidemata Aud. versetzt werden. Somit ist aber dieses Stüekchen gar kein integrirender Bestandtheil des Käferskelets. Es fin- det sich dazu bei weitem nicht bei allen Käfern. | Auf diese Weise konnten wir uns vollkommen über- zeugen, dass die Angaben Strauss-Dürkheims, den Bau des Käferskelets betreffend, einige, sehr wenige That- sachen ausgenommen, gar keine Aufmerksamkeit verdie- nen. Ausserdem ist seine Nomenklatur, wie man zum Theile aus meinem Referate sehen kann, sehr unbequem und verwirrt, und darum wurde sie auch von keinem Entomologen angenommen. Dasselbe Schicksal erlitten die Arbeiten, die vor Au- douin erschienen sind, die jedem beim Lesen des Buches von Strauss - Durkheim ins Gedächtniss treten. Durch barbarische Nomenclatur und mit Fehlern überhäufte Beo- bachtungen zeichnen sich besonders folgende Autoren aus. Thon (*), Knoch (*), llliger (*), und Kirby (5). Burmeister (°), indem er die Untersuehungen dieser Na- (1) Thon: Das Skelet der Käfer. У. Meckels Archiv für die Physiologie. 1823. p. 574. Der Autor willim Baue des Skelets der Käfer eine Ana- logie mit dem Skelet der Wirbelthiere finden und benennt daher die Theile des Käferskelets mit Namen, die aus der Anatomie der Wir- belthiere entlehnt sind — so findet er bei den Käfern sogar einen pro- cessus arietinus! (*) Knoch: Neue Beiträge zur Insektenkunde. 1801. (5) Zusätze zu der Terminologie der Insekten. V. Illiger: Magazin für In sektenkunde. 1806. ( Einleitung in die Entomologie. 1823 — 1833. (5) Handbuch der Entomologie. Bd. I. Allgemeine Entomologie. 69 turforscher erwähnt, findet es nicht für nothwendig, oder konnte vielleicht nichts Eigenes hinzusetzen. Lucas (*), speziell die Lagerung der Thoraxstigmen beschreibend, fand es für unnütz, etwas mehr Eingehendes über den Bau des Thorax selbst mitzutheilen, obwohl der Titel seiner Arbeit solches erwarten lässt. Ausser der erwähnten Arbeiten, welche das ganze Skelet der Insekten umfassen, haben wir noch eine Arbeit, welche speziell nur einen Theil desselben be- schreibt. Es ist die Arbeit von Eschscholtz über den Ento- thorax, vom Jahre 1820 (7). Er betrachtet hier haupt- sächlich den Entothorax bei Gryllotalpa vulgaris, da in seiner Arbeit aber auch von Käfern gehandelt wird, so führe ich sie hier an. Eschscholtz findet, dass der Ento- thorax, welcher bei ihm den Namen «Brustknorpel, inne- rer Knorpel» führt, bei Gryllotalpa in allen Brustringen, und selbst im Kopfe vorhanden ist. Bei allen Insekten besteht er aus einer grossen Anzahl einzelner Theile, welche unter einander durch Bänder verbunden sind. Jeder einzelne Theil dieses Apparates entspricht immer einem Knochen aus dem Skelete der Wirbelthiere. Im Entothorax des Kopfes findet er ein os basilare oder sphaenoideum, welches auch hier, wie im Schädel der Wirbelthiere grosse und kleine’ Flügel besitzt, die sich ihrerseits mit solchen Theilen verbinden, welche den ossa parietalia und temporalia der Wirbelthiere entspre- ( Lucas: Observations pour servir à l'histoire naturelle du Buprestis. mariana, précédées de quelques rémarques sur la composition thora- cique de la larve de cette espéce, et sur la position qu'occupe la pre- miére paire des stigmates. V. Annales de la Société entomologique de France. 2 série. 1844. p. 315. Beschreibung des inneren Skeleis einiger Insekten aus verschiede- nen Ordnungen. Von D. Е. Eschscholtz. V. Beiträge zur Naturkunde. aus den Ostseeprovinzen Russlands, her, von Pander. 1820. p. 24. — [iv] — 70 chen. Im Entothorax der Brustringe findet er solche Thei- | le, welche den Knochen des Brustskelets der Wirbel- thiere analog sind, u. s. w. In Hinsicht der Coleopteren sagt er folgendes: «Bei Geotrupes nasicornis (Oryctes) fand ich im Kopfe blos eine dünne Scheidewand zwi- schen der Hirn- und Mund-Höhle; im Thorax (‘) gar kei- nen im Inneren hervorstehenden Knorpel, weil die Haut sehr hart ist». Auf welche Weise die Härte der Haut auf das Fehlen des Entothorax einwirkt, dieses erklärt er nicht. Weiter: «Von der Insertionsstelle der Hinterfüsse aber fängt wieder ein zusammengesetzter Apparat ап. - - - Aus der Mitte nämlich steigt, etwas nach vorn geneigt, ein platter (?), gleich breiter Knorpel, der vorn und (?) hinten eine Längskante hat, nach oben und theilt sich in der Mitte der Körperhöhle in zwe (?) Aeste, von denen jeder wiederum sich theilt (12), indem er einen Nebenast nach der äusseren Schaale, (4. В. wahrscheinlich nach der Seitenflache, denn sonst sind ja die Schaalen alle äussere) den anderen aber in gekrümmter Richtung nach der Mitte der Oberschaale schickt. --- Der Zwischen- raum zwischen diesem oberen Aste und der àusseren Schaale ist noch auf jeder Seite durch eine dünne Knor- pelplatte geschlossen (*)». Endlich schliesst die ganze Arbeit mit folgenden Worten: «Schliesslich will ich noch anmerken, dass die Benennung wirbellose Thiere jetzt wohl in ruckgrathslose umgeändert werden muss (?)». Statt Kritik verweise ich auf das oben von mir über diesen Apparat Gesagte. Nach der Beschreibung, die Eschscholtz giebt, kann man gar nicht glauben, dass wir einen und denselben Käfer in Händen hatten. (1) Unter dem Namen « Thorax» versteht Eschscholtz ebenso wie das Pu- blikum, nur den ersten Brustring, unseren РгоШогах. м Gehen wir jetzt zu den Arbeiten der neuen Zeit. Hier begegnen wir nur einer Monographie von Jacquelin du Val (*). In dieser Arbeit müssen die allgemeinen An- schauungen von dem beschreibenden Theile auseinander- gehalten werden. Ich will sie hier nach einander anfüh- ren und ein jeder kann dann selbst urtheilen. A. Allgemeine Anschauungen. «1-0 Le squelette extérieur des insectes se compose des segments ou anneaux répétés, un plus ou moins grand nombre de fois, pouvant se modifier plus ou moins pro- fondément suivant les besoins, mais tous constitue de la méme maniére». Der erste Theil dieses Satzes ist ganz richtig, dafur widersprechen sich die beiden letzten Zei- len. Ist denn wirklich der Prothorax von Oryctes nasi- cornis auf dieselbe Weise aufgebaut wie der Metathorax desselben Kafers, oder der Prothorax von Silpha quadri- punctata? «2-0 Les piéces qui forment ces derniers peuvent a leur tour s’accroitre, diminuer, disparaitre, et sübir en- fin les modifications les plus diverses suivant les besoins ou les divers groupes de la série naturelle. «3-0 L’accroissement ou la modification d’une piece influe d'une maniere notable sur les pieces voisines et s’opere toujours a leurs depen». Dieses ist alles ganz wahr, ausser die schon bezeich- nete Phrase. B. Beschreibender Theil. «1-o Tout segment ou anneau du squelette extérieur (') Note sur l'organisation du squelette extérieur des Insectes, et les lois fixes qui la régissent; par M. C. Jacquelin du Val. V. Comptes ren- dus. 1856. XLHI, p. 999. 72 des insectes se compose normalement de seize pieces et quatre appendices articules. «2-0 Les pieces peuvent étre distinctes, ou, ce qui pour un certain nombre est le cas le plus frequent, sou- dees sur la ligne mediane. «3-0 Elles forment deux arceaux, l'un supérieur, nor- malement composé de huit piéces et deux appendices, et l'autre inférieur, constitué de méme. «4-0 L'arceau supérieur se compose non seulement de pieces en nombre égal à celles de l'inférieur, mais en- eore complétement analogues. «9-0 Les huit piéces de chaque arceau sont disposées symétriquement, quatre de chaque cóté de la ligne mé- diane, et celles d'un eöte sont identiques à celles de l'autre, (ainsi que les appendices). | «б-о La secondo picce doit étre considérée comme étant normalement la plus importante et comme la plus fixe; les premiere et quatriéme comme les moins impor- tantes, en général et celles qui peuvent disparaitre le plus souvent». Was hier unter dem Namen erstes, zwei- tes und viertes Stück beschrieben wird, das erklärt der Autor nicht, und darum bleibt das ein Räthsel. «7-0 La seconde pièce porte toujours l'appendice; elle doit étre en outre considérée comme normalement sub- divisible en plusieurs autres piéces peu importantes, cas rare et exceptionel pour les autres. «8-o La position relative des pièces peut varier, leur ordre peut méme s’intervenir en totalité, mais leurs connexions mutuelles fondamentales restent toujours les mémes». 73 Diese Resultate, oder Gesetze, wie sie vom Autor selbst genannt werden, bilden fast die ganze citirte Ar- beit. Hinweisungen auf Thatsachen sind nicht vorhanden. Wo kann man z. B. 16 Stückchen und vier Anhänge am Prothorax der Käfer finden? Nirgends trägt irgend welches Stückchen einen Anhang (d. h. einen geglieder- ten Anhang). Dieselben sind immer zwischen mehreren Stückchen untergebracht. Istes denn wirklich wahr, dass .. das Sternum zu dem Notum im Prothorax von Oryctes in derselben Bezichung steht, wie dieselben Theile im ersten Brustringe von Chrysobothris? Ueberhaupt scheint es mir, dass diese ganze Arbeit mehr auf Erfin- dung als auf Beobachtung und Untersuchung basirt. Gerstacker (*) drückt sich ganz kurz über den Skelet- bau der Käfer aus. «An den Thoraxringen, heisst es bei ihm, sind stets die Weichen (Pleurae) auf die Unterseite neben das Sternum gerückt, obwohl sie gerade am Pro- thorax häufig mit dem Dorsum fest verschmolzen, vom Sternum jedoch stets durch eine Nath getrennt sind. Am Meso- und. Metathorax sind die beiden Theile der Pleura, die Episterna und Epimera deutlich geschieden, liegen jedoch nicht über, sondern hinter einander». Und dieses ist Alles, was ein Werk aus dem Jahre 1863 mittheilt. Ausserdem ist diese kurze Bemerkung von Beobachtungs- fehlern überfüllt. Erstens ist es niemals und nirgends zu beobachten, dass die Pleuren so stark mit dem Notum (Dorsum) verwachsen, dass sogar die Näthe verschwinden. Zweitens sind die Stücke der Pleura nicht immer hinter einander in den letzten Brustringen gelagert; im Meta- thorax sind sie eben gerade immer über einander liegend von mir angetroffen worden. a () Handbuch der Zoologie, von Peters, Carus und Gerstäcker. T. И. 1863. p. 82. 74 Soll ich einen kurzen Ueberblick über das von mir hier in Betreff der Literatur Gesagte machen, so wird es folgendermassen klingen. Bis zum heutigen Tage wuss- te man mit Bestimmtheit nur, dass das Skelet der In- sekten, und speziell das der Käfer aus Ringen bestehe; man kannte auch die Zahl dieser Ringe; wusste, dass dieselben aus mehreren einzelnen, besonderen Stückchen zusammengesetzt sind; die Anzahl und die Bedeutung dieser Stückchen blieb aber noch immer ungewiss. Die |. Modifikationen im Baue des Brustskelets; die strengen Gesetze, welche diese Modifikationen beherrschen, blieben aber ganz unbekannt, — und wenn einige Autoren glaubten, diese Gesetze entdeckt zu haben, so irrten sie, wie z. B. Jacquelin du Val. Die ganze betreffende Litteratur möchte ich am liebsten in zwei Kategorien theilen. Zu der ersteren würden alle vorgeführten Monographien ge- hören, — alle Bemerkungen, die in den Hand- und Lehr- büchern der Entomologie gefunden werden. Ich habe sie nicht aufgezählt, weil sie meistens Compilationen aus den grösseren Arbeiten darstellen. Zur zweiten Kategorie ge- hört aber nur eine einzige Arbeit; das ist die Untersu- chung Audouins. Die Arbeiten der ersten Kategorie müs- sen ganz vergessen werden. Mit diesem Ziele, die Wis- senschaft nämlich von ihrem unnützen Ballast wenigstens in Bezug auf eine Frage, zu befreien, widmete ich einen Theil meiner Untersuchung der Kritik der vorhandenen Literatur, das Wahre und Gute neben dem Schlechten und Falschen hervorhebend. Auf diese Weise denke ich die Möglichkeit künftiger Untersuchungen in diesem Ge- biete erleichtert zu haben, indem ich die Naturforscher der Mühe enthoben habe, ihre Zeit auf das Studium die- ser Arbeiten zu verlieren. Nach Verlauf von vierzig Jahren sind wir also genö- 75 z thigt gewesen, von Neuem zu Audouin zurückzugehen, um seine primitiven Beobachtungen weiter zu entwickeln und seine nothwendigen Fehler zu verbessern. Ob und wie viel es mir gelungen ist, die gestellte Aufgabe zu lösen, wodurch sich meine Arbeit von den Vorgeführten unterscheidet, — darüber mögen diejenigen urtheilen, de- ren Kenntnisse ihnen das Recht dazu geben. — — Fast zu derselben Zeit als Audouin sich an das Stu- dium der feineren Verhältnisse im Baue des Insektenske- lets wandte; als auf diese Weise und durch den, von Cuvier (*) über seine Untersuchungen gemachten Bericht, die Aufmerksamkeit seiner gelehrten Zeitgenossen auf diese Frage gerichtet wurde, — fast zu derselben Zeit ver- suchte es Etienne Geoffroy Saint Hilaire die philosophi- schen Begriffe über das Insektenskelet zu entwickeln (°); versuchte es, das Wesen dieses Skelets, seine Bedeu- tung und seine Analogien mit demselben Systeme höhe- rer, namentlich Wirbelthiere zu zeigen. Nachdem er viel Geist und schöne Worte auf die Feststellung des Begrif- fes über das Vertebrum im Allgemeinen verbraucht hatte, findet er, dass jeder einzelne Ring des Brust- wie auch Bauchskelets der Insekten den Prototyp eines Wirbels der höheren Thiere vorstellt. Der Körper des Wirbels wird hier, bei den Insekten durch das Sternum jedes Ringes dargestellt; die Pleurae und das Notum sind Ae- (t Rapport sur les recherches anatomiques, sur le thorax des animaux articulés, et celui des insectes en particulier par M. V. Audouin. Pa- ris. 1823. V. auch in der Isis, von Oken. 1822, T. I. p. 80. - f9 (C) Mémoire sur l'organisation des insectes. Journal complémentaire du dictionnaire des sciences médicales 1820. T. V. p. 340; VI. p. 138. 1823. Mémoire sur la vertébre. V. Mémoires du Museum d'Histoire na- turelle. Paris. T. IX. p. 99. & 76 quivalent der Wirbelbögen. Die Füsse sind nach seiner Meinung die Analoga der Rippen. Da das ganze Wirbel- system des Insektes auf die äussersten Grenzen, auf die Oberfläche seines Körpers herausgetreten ist, sind auch die Rippen aus dem Körper herausgetreten. Einmal aus dem Inneren des Thierkörpers nach aussen gelangt, verwandeln sich diese Theile in die Bewegungsorgane, namentlich Füsse. Um diesen Satz etwas glaubenswürdi- ger zumachen, zieht Saint Hilaire Analogien herbei und zeigt, dass auch Wirbelthiere, welche keine Füsse besit- zen, sich ihrer Rippen als Stütz- und Gehwerkzeuge bedienen, obwohl dieselben hier noch unter der Haut bedeckt liegen. So stützen sich die Schlangen beim Krie- chen durch die Enden ihrer Rippen. Er verwirft voll- kommen die Meinung der alten Gelehrten über diesen Punkt, welche annahmen, die starren Theile im Organis- mus der Insekten seien nichts anderes als ihre verhär- tete Haut, und dass gar keine Analoga der Knochen im Insektenkörper zu finden seien. Er verwirit diese Mei- nung auf Grund der von ihm entdeckten Analogie der Hartgebilde der beiden erwähnten Thierclassen, indem er das Skelet der Insecten mit dem Schädel der Fische, - und dem Hautskelete der Schildkröten vergleicht. Er findet ausserdem noch, dass die Theile des Insektenske- lets selbst in ihrem feineren Baue eine vollständige Ana- logie mit den Knochen zeigen. Natürlich wurde hier diese Frage nicht mit Hülfe des Mikroskops gelöst, sondern durch die gröbsten Manipulationen. Wie die Knochen bei Bearbeitung mit Chlorwasserstoflsäure auf eine grosse An- zahl feiner Lamellen zerlegt werden können, so können auch die Theile der chitinösen Bedeckungen der Arthro- poden, mit Hülfe desselben Reagens, ebenfalls in eine gewisse Zahl Lamellen zertheilt werden. Weiter findet er, 4 77 a dass die Hautbedeckungen der Crustaceen dieselben an- organischen Salze enthalten, wie wir sie in den Knochen antreffen. Gestützt auf alle diese Gründe halt Saint-Hilaire die von ihm erhobene Frage zu seinen Gunsten gelöst. Basirt auf seinen Hauptsatz verwirft er vollkommen einen tiefen Unterschied zwischen den wirbellosen und den Wirbelthieren. Der Unterschied zwischen denselben be- steht seiner Meinung nach nur darin, dass die Insekten auf den Rücken gestellt gehen, ihre Extremitäten nach oben kehrend, und sich mit ihren umgewandelten Rip- pen stützend, während die Wirbelthiere immer ihre Ruc- kenseite nach oben wenden. Dieses paradoxale Resultat wurde von einem anony- men Autor noch weiter entwickelt (Hagen und Latreille erklären denselben für Ampere) ('). Die Identität des Brustringes der Insekten mit dem Wirbel, welche Saint- Hilaire festgestellt hatte annehmend, beginnt der Autor sei- ne Betrachtungen folgendermaassen. Jeder normale Wirbel besteht aus zwei besonderen Ringen. Der eine, hintere wird durch den Körper und die Bögen des Wirbels ge- bildet; der zweite, vordere, durch den Körper desselben, die zwei zusammengehörenden Rippen und den Theil des Brustbeines, welcher die beiden Enden dieser Rip- pen unter einander verbindet. Den ersten Ring nennt er Hirnring, anneau cerebral; den zweiten — Eingeweide- ring, anneau splanchnique, perisplanchnique. Im Skelete der Insekten besteht jeder Wirbel nur aus einem einzi- gen Ringe, Es frägt sich nun, welchem Wirbelringe der Ring des Insektenskelets entspricht? Bedenkt man, dass in dem Ringe eines Insektes seine Eingeweide, sein Cir- culationssystem und andere vegetative Organe eingeschlos- (') Annales des sciences naturelles, red. par Audouin, Brogniart et Du- mas. Serie 1. 1824. T. II. p, 295 und T. III. p. 199. 78 sen sind; bedenkt man ferner, dass das Nervensystem der Insekten in der Anordnung seiner Knoten das sym- pathische System der Wirbelthiere erinnert; dass endlich im Nervensysteme der Insekten keine Abtheilung vorhan- den ist, welche dem Cerebro-Spinal Apparate der Wir- belthiere entspräche; — bedenkt man dieses alles, so findet man, wie es Autor glaubt, ganz leicht die Ant- wort. Er meint, dass jeder Ring des Insektenskelets dem vorderen Wirbelringe, anneau splanchnique der Wirbel- thiere entspricht. Der hintere Wirbelring, anneau cere- bral, ist bei den Insekten nicht vorhanden; seine Bögen haben sich geöffnet und die Gestalt der Füsse angenom- men, indem sie die Funktion der Bewegung auf sich ge- nommen haben. Die Flügel des Insektes — sind seine Extremitäten. Er widerspricht also E. Geoffroy Saint- Hilaire darin, dass er die Füsse als metamorphosirte Bö- gen des geöffneten Hirnringes betrachtet und nicht als vervollkommnete Rippen. Darauf hin glaubt Autor erklä- ren zu können, warum den Insekten die Fähigkeit zu urtheilen abgeht; das blosse Vorhandensein des sympha- tischen Systems ermöglicht nur die Entstehung instink- tiver Vorstellungen. Es ist wohl wahr, dass dort, wo kein Nervensystem vorhanden, auch keine Seele, kein Gedan- ken anzunehmen möglich ist. Die Insekten besitzen aber dasselbe, wenn auch in einer Form, die niedriger steht als das Сетерго - Spinale System der Säuger und darum dürfen wir ihnen keine fühlende, wollende und urthei- lende Seele absprechen. Seine gewonnenen Resultate überträgt Autor auch auf den Kopf der Insekten, indem er über denselben folgen- dermaassen redet: «C'est dans les branches périsplanch- niques du squelette des animaux vértébrés, qui entourent les orifices supérieurs du canal digestif se ramifiant dans 79 > les nez, les trompes d’Eustache, les canaux lacrymaux, qu'il faut chercher les analogues des toutes les parties supérieures de la tête des insectes et des Crustacés, les antennes, les pédicules des yeux, etc. Mais si l'on fait attention que l'ouverture unique de leur tube digestif à cette extrémité doit étre assimilée au dernier orifice du tube intestinale des vertébrés, celui qui se termine aux narines, on concevra que leur mächoire inférieure et leurs mandibules correspondent aux ós du cräne ouvert, puisqu'il n'y a plus de cerveau, et présentent avec le pattes formées des autres branches vertébrales l'analogie établie par M. Savigny». Auf scheinbar ganz wissenschaftlichem Wege, mit Hül- fe der Morphologie, sind die angeführten Autoren zu einem Resultate gelangt, welcher meiner Meinung nach vollkommen den Beinamen «paradox» verdient. Etwas spáter werde ich noch einmal zu demselben zurückkehren. Von anderer Seite ist Eschscholtz (^), als er den En- tothorax sah, zu der Meinung gelangt, die Insekten be- sässen ein inneres Skelet, welches in der Anordnung der dasselbe zusammensetzenden Theile mit dem Skelete der Wirbelthiere vollkommen analog ist. Das Hautskelet darf seiner Meinung nach nicht mit den Wirbeln vergli- chen werden. Ich habe schon oben ausführlich genug uber die Anschauungen Eschscholtz’s referirt. Doch weder die eine noch die andere Lehre konnte die alte, von allen Entomologen und Philosophen ange- nommene vertreiben. In ihrer neueren, jetzigen Form, besteht diese Lehre in Folgendem: Das äussere Skelet der Insekten ist nichts anderes als die äusseren Körperbe- deckungen desselben, welche eine gewisse Härte und oe, 80 Starrheit durch Ablagerung eines besonderen Stoffes, Chitin genannt, in dieselben erhalten haben. Zuweilen finden sich hier aber auch bei Insekten, wie bei den Crustaceen, Ablagerungen von Salzen anorganischer Kör- рег ('). In Ermanglung einer inneren knöcherigen Stüt- ze für die Organe, hat die Haut die Funktionen dersel- ben übernommen. Der Vollständigkeit wegen will ich hier noch eine An- sicht über die Bedeutung des Insektenskelets erwähnen. Dieselbe mag uns hier an den transcedentalen Unsinn der Naturphilosophie erinnern. Oken nämlich findet, dass die Ringe des Insektenskelets mit den Ringen der Luft- röhre der Wirbelthiere (trachea) identisch sind. Das In- sekt ist also nichts anderes, als ein Stück Trachea eines Wirbelthieres, welches selbstständig geworden ist und in welchem alle Organe entstanden sind, die zur Erhaltung eines selbständigen Lebens nothwendig sind (*). Dieses ist schon so paradoxal, dass ich es nicht einmal wage, ein unnützes Wort mehr zu verlieren. Es fragt sich nun, welche von allen diesen Ansichten und Lehren die richtigere ist? Vielleicht ist es möglich, eine neue zu begründen, welche am Besten unseren neuen Kenntnissen entspräche? Ich will hier jetzt einige eigene Beobachtungen in dieser Richtung vorlegen; viel- leicht helfen uns dieselben, die gestellten Fragen der Be- antwortung näher zu bringen. Machen wir einen vertikalen Durchsnitt durch die äus- seren Kórperbédeckungen, oder durch die Haut der Füsse / (t) Ueber Kalkablagerung in der Haut der Insekten von Fr. Leydig. V. Archiv für Naturgeschichte von Troschel. 1860. T. II. p. 157 — 160. Leydig findet grosse Kalkconcremente, die in den trichterförmigen Porenkanälchen abgelagert sind, welche die Haut der Larve’einer Fliege, Stratiomys chamaeleon, vertikal durchsetzen. (2) Lehrbuch der Naturgeschichte von Oken. 1815. 81 eines Käfers, oder irgend eines anderen Insektes, зо kön- nen wir uns leicht, schon mit schwachen Vergrösserun- gen. von Folgendem überzeugen. Die Haut besteht näm- lich aus zwei verschiedenen Lamellen, die eine über der anderen gelagert sind. Eine von diesen Lamellen ist überaus fein; immer und überall vollkommen durchsich- tig und farblos, doch dabei aus Chitin bestehend. Diese Lamelle liegt auf der äusseren Oberfläche der zweiten, inneren. Letztere ist sehr viel dicker; ist bei dem mei- sten Insekten stark pigmentirt, und ist somit leicht von der ersteren zu unterscheiden. Im frischen Zustande lie- gen beide Lamellen mit ihren zugewandten Oberflächen einander unmittelbar an; wird der Durchschnitt aber durch die Haut eines eingetrockneten Käfers gemacht, so sieht man gewöhnlich die beiden Lamellen durch grosse Hohl- räume von einander getrennt; diese Hohlräume sind mit Luft angefullt und haben daher ein dunkles, schwarzes Aussehen. Wie bekannt sind diese Lamellen nichts ande- res als Cuticularbildungen einer Epithelialzellenschicht, welche die innere Oberfläche der zweiten Lamelle aus- kleidet ('). In Folge dessen haben dieselben gar keine feinere Strktur, ausgenommen das Vorhandensein soge- nannter Porenkanäle, welche in vertikaler Richtung die ganze Dicke der Haut durchsetzen. Die äussere, dünne und durchsichtige Lamelle, nenne ich Hautschicht, die innere, dickere, kann den Namen Skeletschichte erhalten. Die weitere Beschreibung wird die Richtigkeit dieser Benennungen beweisen. Die Skeletschichte der allge- meinen Körperbedeckungen bildet die einzelnen Ringe des Skelets, die dieselben zusammensetzenden Stück- chen, mit denen wir oben bekannt geworden sind, und die Glieder der Füsse. Diese Schichte setzt sich nicht (' Kölliker; Leuckart. № 1. 1865. 6 82 von einem Ringe auf den anderen, von einem Stücke auf das andere fort, sondern endigt an den Grenzen die- ser Theile. Die blos von ihr gebildeten Leibesringe oder Fussglieder stehen in keinem Zusammenhange unter ei- nander, ausgenommen dort, wo eine Nath den Zusammen- hang vermittelt; und auch hier stossen sie bloss an ei- nander, gehen aber nicht in einander über. Die Haut- schicht dagegen geht an den Näthen wie an den Arti- kulationen von Ring zu Ring, von Stück zu Stück, von einem Fussgliede auf das andere über. Alle diese Theile mithin unter einander verbindend, bildet die Hautschich- te die Artikulationen, die Glieder, wo sie unter dem Namen der Bindehaut schon längst bekannt ist. Auf der äusseren Oberfläche der Hautschichte sitzen die bei den Coleopteren von Lindenberg entdeckten (* Schuppen und Haare. Die Hautschichte könnte daher vielleicht auch un- ter dem Namen Tastschichte von der anderen Lamelle unterschieden werden. Ich habe auf diese Weise noch einmal Gelegenheit gehabt, mit solchen Gebilden Bekannt- schaft zu machen, welche ungeachtet ihres einheitlichen, gemeinsamen Ursprunges, ihres identischen Baues, zwei ganz verschiedenen Funktionen dienen. Die Skeletschich- te bildet und dient als wahres Skelet; die Hautschichte bildet die Gelenke und ermöglicht somit die regelmässi- ge Bewegung der Skelettheile. Die Muskeln, welche die einzelnen Theile des Skele- tes, die Leibesringe und Fussglieder zu bewegen haben, liegen nicht in demselben Ringe oder Gliede, deren Be- (1) V. Naturforscher. 1780. Stück 1%. p. 211. Es ist hier eine ziemlich gute Tafel Abbildung beigegeben. Lindenberg beschreibt hier die von ihm entdeckten Schuppen bei Käfern aus der Familie Curculionidae. Zum zweiten Male sind diese Schuppen.speziell von Fischer beschrie- ben worden. V. [sis von Oken. 1846. p. 401. 83 wegungen sie. hervorbringen, sondern immer in den vor- ‚ hergehenden, oder (in Bezug auf die Füsse), im "höher liegenden. Die Sehnen dieser Muskeln treten aus dem Hohlraume des Ringes, welcher sie enthält, hervor, be- geben sich im Gelenke auf die äussere Oberfläche des Ringes, welchen sie zu bewegen haben und inseriren sich hier an die äussere Oberfläche des vorderen Randes der Skeletschichte der Körperbedeckungen, sich von aussen mit der Haulschichte derselben: bedeckend (*). Fassen wir nun das Skelet auf als ein System von Or- ganen, welches die regelmässigen Bewegungen der ein- zelnen Körpertheile ermöglicht, bei der Bewegung der- selben ihre Gestalt unverändert erhaltend; betrachten wir dasselbe also bloss als ein System von Stützen für die bewegenden Muskeln, so stellen wir es somit ganz ins Gebiet der Bewegungsorgane. Sehen wir nun dabei, dass die Muskeln sich an die äussere Oberfläche der Skelet- theile ansetzen, dass diese Muskeln, wenigstens mit ih- ren Sehnenenden dem Skelete von Aussen anliegen, so können wir uns schwer davon enthalten, hier, bei den Insekten, eine schwache Andeutung dessen zu sehen, was bei den Wirbelthieren vollständig realisirt vor unse- re Augen tritt. Da aber bei den Insekten die Muskeln selbst in dem Hohlraume der Skeletringe eingeschlossen sind, da das Skelet nicht allein bloss die oben ange- zeigte Funktion zu erfüllen hat, sondern auch als einfa- che Stütze für die inneren Organe dient, so können wir nur mit grosser Kritik die oben angedeutete Analogie (!) V. meine folgenden Untersuchungen: Notizen zur Lehre vom äusse- ren Skelete der Insekten. Im Bulletin de la Société Impériale des Na- _ turalistes de Moscou. 1864. T. IT. und Zoologische Skizzen. Anatomie und Physiologie der Bewegungsorgane von Phalangium opilio. Ibi- dem. 1864. T. IV. 6* 84 annehmen. Als ich die auseinandergesetzten Verhältnisse bei Гатруг noctiluca entdeckte und an einer Masse an- derer Insekten bestätigte, versuchte ich es gar zu vor- schnell, dieselben nach ihrer Analogie aufzufassen (*). Ich hoffe später einmal eine besondere Untersuchung über das Skelet überhaupt liefern zu können. Die beschriebenen Thatsachen zeigen also, dass der Hauptsatz Geoffroy Saint Hilaire’s, auf den er seine ganze Betrachtung basirt, ganz volkommen falsch ist und darum die Morphologie nicht angeklagt werden darf. Zwischen einem Ringe des Insektenskelets und einem Wirbel des Wirbelthieres ist eine grosse Kluft, ein grosser Unter- schied vorhanden. Hier haben wir es mit einer Cuticu- larbildung zu thun, dort — mit einem Gewebe aus der Gruppe des Bindegewebes. Die von Saint Hilaire con- struirte Lehre ist in Folge eines einseitigen Begrifles ent- standen, eines Begriffes, welcher alles Lebendige nach einem und demselbem allgemeinen Geselze sich hervor- bilden lassen will. Meine Philosophie erlaubt mir nicht, so etwas anzunehmen. Ich lasse mehrere verschiedene Organisationsplane gelten, welche unter einander nur durch einige Hauptprinzipien verbunden werden. В. Das Skelet des Kopfes der Coleopteren. Indem ich die Beschreibung des Baues des Käferko- pfes beginne, will ich zuerst an die Struktur des Pro- thorax, wie wir ihn bei Elateriden aus den Gattungen Athous und Elater kennen gelernt haben, erinnern. Wir haben gesehen, dass in Folge einer volkommenen Ver- wachsung des Seitenrandes des Notum mit dem ganzen (‘) Cfr. Notizen zur Lehre vom äusseren Skelete der Insekten. 1, c. 85 oberen Rande des Sternum, die Pleuren dieses Ringes weit nach hinten gerückt sind, und sich in horizontaler ‚Richtung, das Episternum über dem Epimerum, gelagert haben. Stellen wir uns nur vor, dass die beiden Stück- chen der Pleura nicht unter einander verwachsen sind, und dass sich das Episternum ebenfalls von dem Hin- terrande der Seitenplatte des Notum abgetrennt hat. Stel- len wir uns weiter vor, dass die beiden Stücke der Pleu- ra, mit den übrigen Theilen des Ringes nicht durch Nath, sondern ganz frei beweglich verbunden sind; auf diese Weise erlangen die schmalen Stücke der Pleura eine vollkommene Selbständigkeit, sich nur durch ihre kurzen Vorderränder in einem Gelenke mit den Grund- stücken des Ringes verbindend. Stellen wir uns noch weiter vor, dass der Ring sich ganz umgekehrt hat, dass sein vorderer Rand zum hinteren, und umgekehert sein hinterer Rand, welcher die frei gewordenen Stücke der Pleuren tragt, zum vorderen geworden ist Stellen wir uns weiter vor, dass die selbständig gewordenen Pleu- rastucke durch blosses Auswachsen oder durch Aus- wachsen mit Gliederung, die Gestalt der Mandibeln und Maxillen erlangen, — dass auf den Seitenflächen des Kopfes die Augen, und neben ihnen die Antennen erschienen sind — so haben wir einen ganz ausgebildeten Coleop- terenkopf vor Augen. Und wirklich, betrachten wir den Kopf irgend eines Käfers, zum Beispiele Oryctes nasicor- nıs, so bemerken wir gleich, dass er nur aus einem Ringe besteht, welcher aus denselben Theilen zusammen- gesetzt wird, die wir schon in den Thoraxringen kennen gelernt haben. Neuen Funktionen entsprechend haben sich aber diese Theile hier, im Kopfe mehr oder weniger verändert. Wir finden hier ein dem Notum entsprechen- des Stück, welches die obere und die Seitenflächen des 86 Kopfes bildet, und den Namen Epicranium, Calva trägt. Die Seitenränder dieses Kopfstückes verbinden sich durch — Nath mit den Seitenrändern eines anderen Stückes, wel- ches die untere Fläche des Kopfes bildet und den Na- men sternum capitale, pars basilaris, trägt. Dieses ist sehr oft in zwei besondere Stucke getrennt, welche, eins hinter dem anderen liegen. Das vordere tragt dann den Namen pars praebasilaris, Vorgrundstuck Burm. Das Epister- num und Epimerum haben sich in die Kauwerkzeuge verwandelt, wie es schon oben angezeigt worden ist; das Episternum ist zur Mandibel geworden, das Episte- rum zur Maxille. Der processus sternalis der Thoraxrin- ge, der hier nach vorn gerichtet ist, wie z. B. der pro- cessus mesosternalis anterior, hat sich in die Unterlippe, labium, verwandelt, und zerfällt gewöhnlich in zwei Theile: das Kinn - mentum, und das labium. Der vordere Rand des Notum des Kopfes, des Epicranium, hat sich ebenfalls abgetheilt, und erscheint sehr oft in Gestalt eines besondern Stückes, welches unter dem Namen Clypeus bekannt ist. Die Oberlippe, labrum, welche bei allen Käfern vorhanden, ist ebenfals nichts anderes als der abgetrennte Theil des vorderen Randes des Epicra- nium. In Folge der Selbständigkeit und starken Entwicke- lung der zu Kauwerkzeugen verwandelten Pleurastücke, haben sich dieselben in die Breite verdickt, sind in das Acetabulum des Kopfringes herabgestigen und haben dasselbe ganz ausgefüllt. In Folge dessen ist der Fuss herausgedrängt worden; er hat auf der Seitenfläche des Kopfes Platz genommen. Durch diese Ortsveränderung musste er natürlich seine Funktion ebenfalls umändern, was aber auch seinerseits eine Gestaltsveränderung verur- sachte. Die Füsse haben die Gestalt der Antennen an- genommen und erscheinen als dieselben. 87 Der Hohlraum des Kopfes wird bei vielen Käfern durch einen Querbalken, oder eine schmale Platte in zwei übereinanderliegende Höhlen getheilt. Dieser Querbalken befestigt sich mit einem Ende an die hintere Ecke des Seitenrandes des Sternum, pars basilaris, — begiebt sich in horizontaler Richtung auf die entgegengesetzte Seite, und nachdem er hier wieder die Wand der Kopfhöhle erreicht hat, befestigt er sich mit seinem anderen Ende ebenfalls an die hintere Ecke des Seitenrandes der pars basilaris. Man muss das Gesagte nicht so aufnehmen, als ob ich es gesehen habe wie die benannten Theile sich in einan- der verwandelten. Ich glaube sogar, dass die Embryo- logie uns schwerlich jemals Antwort аш diese Frage ge- ben wird. Die Morphologie vertritt bei solchen Fragen vollständig die Embryologie; und wenn es ihr gelingt, die von mir hier entwickelte hypothetische Anschauung zu bestätigen, so können wir dieselbe als erwiesen be- trachten. Wie in den Thoraxringen von mir einige Modifikationen im Baue derselben angezeigt worden sind, so können wir auch in den Köpfen verschiedener Käfer einige Ve- ränderungen sehen. Hier ist aber die Zahl der Modifika- tionen überaus klein; ja, ich kann sagen, dass es über- haupt nur eine einzige Modifikation hier giebt. Dort na- mentlich, wo der Kopf hinten mit einem Halse versehen ist, welcher schmäler als der Kopf selbst ist, und darum sogleich in die Augen fällt, dort schickt die pars basilaris capitis von der hinteren Ecke ihres Seitenrandes einen breiten Fortsatz nach oben. Dieser Fortsatz bildet die ganze seitliche Oberfläche des Halses, und biegt sich sogar auf die obere Fläche, in deren Mittellinie er mit 88 dem gleichnamigen Fortsatze der anderen Seite zusam- menstöst, und verwächst (F. 40). Der auf diese Weise gebildete vollkommen geschlossene ringartige Hals, ver- bindet sich mit seinem vorderen Rande durch eine Nath mit dem hinteren Rande des Epieranium. Das Uebrige ist ganz ebenso wie bei Oryctes nasicornis. Einen solchen Hals haben fast alle Gattungen der Familie Carabidae. Das Vorhandensein des beschriebenen Halses, die Art und Weise seiner Enstehung, zeigt mir, dass hier im Kopfe, wirklich eine nach vorn gerichtete Verdrangung der Pleurastucke statt gefunden hat; oder wenigstens dass eine Verdrängung derselben nach hinten nicht statt gefunden haben konnte. Die Erklärung liegt vor Augen. Der Unterschied im Aufbaue des Kopfringes und eines Thoraxringes liegt also in Folgendem. Als wir die Tho- raxringe studirten, konnten wir sehen, dass in Folge des Strebens des Sternum zur unmittelbaren Verwachsung mit den Rändern des Notum, in Folge der vollkommenen Realisirung dieses Strebens, die Stücke der Pleura nach hinten gedrängt werden. In den Thoraxringen können die Stücke Чег Pleuren nirgends und auf keine Weise nach vorne verdrängt werden. Im Kopfringe werden die Pleuren dagegen immer nach vorne, niemals und nirgends nach hinten verdrängt. Für den Kopfring 15 sogar eine solche Verdrängung der Pleuren nach vorne — die Norm. Ich habe nie einen solchen Insektenkopf gesehen, wo die Pleurastücke noch auf der Seitenfläche desselben sich befänden, wie zum Beispiele im Prothoaax bei Silpha thoracica. Dieses ist aber auch ganz erklärlich. Wenn bei irgend einem Insekte die Pleuren auf der Seitenfläche des Kopfes zu sehen wären, so würde, meiner Hypothese folgend, dieses Insekt keine Mundwerkzeuge besitzen, 89 Dieses, .unter anderem, trägt zu Gunsten meiner Нуро- these bei. "Th In den aufgestellten Organisationsgesetzen besteht der einzige Unterschied im Baue der Kopfes und Thorax. Ich nehme also somit an, dass der Kopf nur einem Thoraxringe entspricht, dass in diesem Kopfringe alle Theile eines Ringes vorhanden sind. Hier ist ein stark convexes Notum, zur Einschliessung des Hirnknoten, der Augen und des Schlundanfanges; ein Sternum, — welches die untere Wand der Schädelhöhle bildet; hier sind auch die nach vorn verschobenen Pleuren, welche in die Mundwerkzeuge verwandelt sind. Indem ich eine solehe Auffassung des Kopfes zu be- gründen strebe, widerspreche ich scheinbar Allem, was die Wissenschaft Jetzt besitzt, Was erlaubt mir denn an- zunehmen, dass die Mundwerkzeuge wirklich verwandelte Pleurastücke sind; dass der Kopf der Käfer wirklich nur einen einzigen Ring vorstellt? Wir haben oben gesehen, dass das Sternum und das Notum die Grundstücke eines Jeden Thoraxringes vor- stellen; wir haben dort gesehen, dass diese Theile nie verschwinden können. Wo Sternum und Notum nicht vorhanden sind, da ist und war niemals em Ring gewe- sen. Indem wir gar kein Recht haben, einen grossen Un- terschied zwischen Kopf- und Thoraxringen anzunehmen, können wir die gefundenen Gesetze auch auf den Kopf anwenden. Wir finden hier sogleich, dass der Kopf nur ein einziges Notum — das Epicranium, und nur ein ein- ziges Sternum pars basilaris, besitzt. Clypeus, pars prae- basilaris, mentum, können nicht als Notum oder Sternum vorstellende Theile betrachtet werden, weil sie bei einer grossen Anzahl Käfer gar nicht vorhanden sind. Sie kön- 90 nen also blos in oben angezeigter Weise betrachtet wer- den. Darauf basirt dart ich annehmen, dass der Kopf blos aus einem Ringe besteht. Betrachten wir, zusammen mit Oken und Savigny, die Mundwerkzeuge der Insekten als umgewandelte Füsse, und die Unterlippe als Verwachsungsprodukt zweier Maxillen, welche ebenfalls umgewandelte Füsse sind, so müssen wir der Consequenz halber annehmen, dass der Kopf aus einer grösseren Anzahl besonderer Ringe zusammen- gesetzt ist.— Wir brauchen wenigstens fünf Ringe, denn jeder Fuss (welcher sich zu einem Mundwerkzeuge ver- wandelt hat), entspricht bei den Insekten immer einem besonderen Ringe‘ (natürlich auf jeder Seite desselben zu einem Fusse). Bei den Insekten, sensu strieto, kennen wir keine Beispiele, wo ein einziger Ring mehrere Fuss- paare tragen könnte. Weiter dürfen wir auf keinen Fall annehmen, dass verschiedene Theile eines und desselben Insektenkörpers, verschiedene Ringe seines Körpers, nach verschiedenen Typen sich entwickelt hätten. Nichts giebt uns ein Recht anzunehmen, dass die Thoraxringe nach dem Typus des Insektes sensu stricto entstehen, d. h. mit einem Fusspaare auf jedem Ringe; der Kopf aber nach dem Typus der Myriopoda Chilognatha, d. h. mit zwei Fusspaaren auf jedem Ringe, oder nach einem imaginirten Wesen mit drei, oder sogar vier Fusspaaren auf jedem Ringe. Indem wir nun ganz genau wissen, dass der Kopf der Käfer nur aus einem Ringe besteht; indem wir weiter wissen, dass dieser Kopfring ebenso construirt ist wie die übrigen Brustringe, — schliessen wir auf dem Wege der Negation vollständig die Sätze von Oken und Savigny aus. Derselbe Weg, dieselbe Negation zwingt uns aber 91 auch meine Hypothese anzunehmen, dass nämlieh die Mundwerkzeuge modificirte Pleuren sind. Nachdem ich gezeigt habe, dass dieselben nicht durch Verwandlung der Füsse entstanden sein können, weil die Füsse nicht in hinreichender Anzahl im Kopfe vorhanden sind, blei- ben uns noch zwei Möglichkeiten. Wir müssen anneh- men, dass die Mundwerkzeuge entweder Neubildungen sind, Creations nouvelles Milne Edwards; oder sie sind durch Umbildung anderer, im Ringe vorhandener Theile, entstanden. Das Vorhandensein der Kiefer, welches immer mit dem alsoluten Mangel der Pleurastucke zusammenfällt; das unmittelbare Verwachsen der pars basilaris mit dem Epieranium, welches auf eine Verdrängung der Pleuren hinweist; das Vorhandensein des Halses bei den Carabı- den, und anderen Käfern, welches zeigt, dass die Pleu- ren nach vorne verdrängt worden sind; die gegenseitige Lage der Kiefer und der Grundstücke des Kopfes, welche an die Lage der Pleurastücke im Prothorax der Elateri- den erinnert, alles das zwingt mich zur Annahme der oben ausführlich entwickelten Hypothese, zumal da ich weiss, dass die Natur neue Theile mehr auf dem Wege der Adaption und Vervandlung alter hervorbringt, als ‚auf dem Wege der Schöpfung neuer, noch nicht dagewe- sener. Ich gestehe es wohl, dass ich nicht solche That- sachen besitze, welche sogar die Möglichkeit eines Ge- genbeweises ausschliessen. Ich kann kemen Käfer, und bis jetzt auch keinen anderen Arthropoden vorstellen, bei dem ein Stück der Pleura schon alle Charaktere eines ausgebildeten Kiefers vorstellen würde, und das andere noch unverändert an dem vordern Rande des Epicranium aufsässe, frei, oder durch eine Nath mit demselbem ver- bunden. Aber basirt auf Alles von mir Gesagte bin ich 92 fest überzeugt, dass ich einen solchen Kopf bei irgend einem Arthropoden auffinden werde. Ich könnte sogar vorhersagen, dass der fragliche Kopf nur die Maxillen besitzen wird, nur die Unterkiefer, welche durch Modi- fikation der Epimeren entstanden sind, die ihrerseits, wie wir wissen, immer zuerst von der Seitenfläche des Ringes verdrängt werden. Beim Auseinandersetzen der Literatur werde ich mei- ne Kritik noch weiter entwickeln. Gehen wir jetzt zu derselben über. Was die Ansichten der Autoren auf die Zahl der den Kopf zusammensetzenden Ringe anbelangt, so sind hier ebenso viele Meinungsverschiedenheiten vorhanden wie in Betreff der Struktur des Thorax. So nımmt Goureau an, dass der Kopf der Käfer aus der Familie Longicornia, nur aus dem vorderen Rande des ersten Brustringes ihrer Larven entsteht (*). Er nimmt somit an, der Kopf bestehe nicht einmal aus einem ganzen, selbständigen Ringe, sondern sei nur ein abgetrennter Theil eines Brust- ringes. Er selbst macht übrigens nicht diese ganz con- sequente Conclusion aus seinem Grundsatze, welchen ег, als dnrch seine Untersuchungen bewiesen, betrachtet. Ueberhaupt ist es mit dem anatomischen Theile seiner Untersuchung sehr schwach bestellt; die grösste Auf- merksamkeit ist dafür auf die Lebensweise der benann- ten Larven gewandt. (1) Note pour servir à l'histoire du Morimus lugubris et de la Saperda scalaris, et recherches sur la constitution céphalique des larves des Longicornes, et sur la position de la premiere paire de leurs stigma- tes. V. Annales de la Société entomologique de France. ser. 2. 1814. t. II p. 427. 93 Viel mehr Einzelnheiten finden wir in der grossen Untersuchung Strauss- Dürkheim’s (*). Er sagt Folgendes in Betreff des Kopfes. «La téte ne semble composée que d'un seul article, mais en l'étudiant dans ses détails et en la comparant à celle de Scolopendra, dont nous ve- nons de parler, on reconnait facilement qu'elle est, comme chez ces derniers, formée des plusieurs segmens simples, analogues à ceux du corps, et réunies en une seule masse, et dont les pattes respectives sont repré- sentées par les mandibules, les máchoires, et la lévre inférieure; le labre ou lévre supérieure parait étre un dernier rudiment du corps du premier segment dont les membres sont entièrement disparus (*)». --- «De ces faits anatomiques et des conséquences que nous avons eru devoir en tirer, il résulterait, que la téte des in- sectes est formée par la réunion de sept segmens sim- ples représentés par le Labre, le Chaperon (Clypeus), l'Epicräne avec les Mandibules, la Lévre, la piece Prae- basilaire, et les deux derniers par la piece Basilaire, dont les appendices réunis formeraient les Mächoires (?). П serait cependant possible que le labre, ou plutót le cha- péron, ne fût que la partie supérieure du méme segment auquel appartient la lévre, et que ГЕретапе fit éga- lement partie de celui duquel dépend la piéce prébasilai- re, et alors la téte ne serait réellement composée que de cing segments (*).» Was kann man zu einer solchen Mittheilung sagen? Vielleicht nur, dass sie eine übereilte Phrase ist, ausge- sprochen zur Bekräftigung einer vorhergebildeten Idee! (") Considérations générales sur l'Anatomie comparée des Animaux arti- culés, etc. 1828. (?) 1. e. p. 42. (3) ie; р. 44. 94 Jacquelin du Val (*) nimmt seinerseits an, dass der Kopf aus vier Ringen bestehe. «J'ai déterminé clairement la - composition de la téte, laquelle comprende normalement quatre segments, l'un formé par la boite cränienne, l'autre par les mandibules en dessus et les máchoires en des- sous, le suivant par la lévre supérieure et la lévre in- férieure, et enfin le dernier par l'épipharynx et l'hypo- pharynx (^). Dieser Autor widerspricht also Strauss- Dürkheim, indem er annimmt, dass die Kiefer Theile eines besonderen Ringes sind, und nicht Anhänge der- selben vorstellen. Die respektiven Anhànge der Kopfrin- ge sind nach Jacquelin du Val folgende (°): im zweiten Ringe — die palpi maxillares; im dritten — die palpi labiales; im vierten — die Antennen; der erste Kopfring hat gar keine Anhänge. Als Kritik verweise ich auf das oben von mir Gesagte. Der beschriebene Querbalken, welcher den Kopf in zwei besondere Hohlräume trennt, ist ganz zuerst von C. G. Carus gesehen worden (^). «Bei Lucanus cervus, sagt er, wird der Hohlraum des Kopfes in zwei über- einanderliegende Räume durch einen Querbalken. ge- theilt (?)». --- «Im unteren, sehr kleinen Raum liegt das Unterschlundganglion; der obere Raum dient zum Durchlassen der Speiseröhre (“)». -- - «Dieser innere Kopfwirbel scheint überhaupt eine Bildung, welche nur in Folge vollkommener allgemeiner Organisation hervor- (^) Comptes rendus. 1856. XLIII. р. 999. (*) 1. с. p. 1001. (3) 1. с. Tafel auf Seite 1002. (3) Entdeckung eines inneren Schädelwirbels im Kopfe einiger Insekten. Von С. G. Carus. У. Zeitschrift für Natur- und Heilkunde. 1822. Bd. II. p. 305. (5) 1. c. p. 313. (6) 1. c. p. 313. 95 tritt, und daher theils vorzüglich in den Käfern, als den vollkommensten Insekten, theils nnter den Käfern wieder-.nur in den höheren Gattungen gefunden.wird. Sehr bemerkenswerth musste es mir daher sein, dass als ich die Köpfe von mehreren Rüsselkäfern (') (2. В. den ziemlich grossen Curculis fuscomaculatus) und Holz- böcken (z. В. die noch grössere Lamia textor) unter- suchte, ich in diesen offenbar sehr niedrig stehenden Gattungen durchaus nichts von diesem inneren Schä- delwirbel vorfand (*). Der übrige Theil der Arbeit ist veralteten philosophischen Auffassungen, über den Urwir- bel und dessen Modifikationen gewidmet. Ich kann hier hinzusetzen, dass gegen die Angabe von Carus man bei Lamia textor sehr leicht den Querbalken im Kopfe sehen kann (°). Anno 1800 stellte Oken (*), und nach ihm, aber auch ganz selbständig Savigny (*), den Satz auf, die Kiefer und die Unterlippe der Insekten seien blos durch Um- wandlung der Füsse entstanden (°). (! ImTexte bei Carus steht Reisenkäfer, das ist wohl blos ein Druck- fehler. ?) I. с. 314, 315. ) Die Arbeiten von Spix: Cephalogenesis, sive capitis ossei structura, formatio etc. 1815; und von Bonsdorff: Differentiae capitis insecto- rum, 1789, sind mir unbekannt geblieben. (4) Lehrbuch der Naturgeschichte. 1800. Isis. 1818. p. 477. (5) Isis 1818. р. 1200. (8) Es ist sogar lächerlich zu lesen, mit welch’ einer Giftigkeit Oken sein Prioritatsrecht in dieser Frage zu beweisen und zu erhalten sucht. Isis 1818. p. 477, «Wir haben dort (im Lehrbuche der Naturgeschich- le) ausführlich gezeigt, dass die Kiefer Wiederholungen der Füsse im Kopfe sind; die Deutschen haben aber dazu gelacht. Wir haben dort gezeigt, dass die Fresswerkzeuge aller Insekten nichts anderes als Kiefer sind, hier verwachsen, hier zerfallen, da verlängert, dort verkürzt, da vollständig, dort verkümmert. Die Deutschen haben aber dazu gelacht. Wir haben in unserer Naturgeschichte die Abbil- 96 Sie gründeten diesen Satz auf das Faktum, dass bei den Arthropoden, bei welchen die Kiefer unentwickelt - sind, oder sogar vollständig fehlen, die Beine die Funk- tion derselben übernehmen. Als Beispiele dienen die Crustaceen und die Arachnoiden. Später ist diese Idee noch weiter von Brullé (*) entwickelt worden. Dieser Autor will sogar auf embryologischem Wege die Bewei- se für die bezeichnete Theorie finden. In seinem ange- führten Werke sagt er: «On voit done qu'en réalité les appendiees sont formés d'éléments identiques, qui se modifient par le progrés de l'áge chez un méme indi- vidu, comme ils semblent se modifier par les progrés de l'organisation chez les individus d'espéce différente (?)». Als Objekt der Beschreibung dient hier Limulus, der Repräsentant der Poecilopoden. Einige Zeilen weiter sagt der Autor: «On voit que les piéces de la bouche et les antennes se manifestent avant les pattes; celles-ci ne se montrent que par suite de développement ultérieur. De leur cöte les antennes sont encore fort peu développées, que les piéces de la bouche ne le sont déjà plus; enfin, c'est lorsque les appendices buccaux ont revétu la forme dungen der abweichenden Fresswerkzeuge aus verschiedenen In- sektenordnungen stechen lassen, und nach unserer neuen Lehre er- klärt; die Deutschen haben aber das nicht geachtet. Nun kommt ein Franzos, ein tüchliger braver Mann, der in Aegypten gewesen, der sagt das auch, gibt auch Abbildungen dazu, freilich hübschere und bessere als wir in dem armseligen und unterstützungslosen Deutsch- land hervorbringen konnten. Wir müssen hier der Wahrheit zur Steuer bekennen, dass auch hier die Deutschen über Savigny lachten (Göttinger Anzeigen). Es ist etwas zu schnell nach einem Deutschen gekommen.» () Brullé: Recherches sur les transformations des appendices dans les Arliculés. V. Annales des sciences naturelles, red. par Milne-Edwards. Serie 3. 1844. t. II. p. 271. (*) I. с. p. 282. 97 qu'ils doivent concerver que les pattes commencent à paraitre:. ll en résulte done cette conséquence rémarqua- ble, que les appendices se montrent d'autant plustót que leur structure doit être complexe (*). Diese Beo- bachtung widerspricht aber der Theorie, welche der Au- tor damit zu begründen sucht. Wenn die Kiefer früher erscheinen als die Füsse, wie können sie dann wohl durch Verwandlung der letzteren entstehen ? Darum kann ich es gar nicht begreifen, wie sogar die Embryo- logie folgenden Satz begründen kann. «Les pattes sont done des mächoires incompletes (?)». Natürlich werde ich nicht die feststehende Thatsache bestreiten wollen, dass die Füsse die Funktionen der Kie- fer übernehmen, wo letztere nicht vorhanden sind. Aber meiner Meinung nach beweist dieses Faktum noch gar nicht die Identität genannter Theile, noch gar nicht, dass dieselben durch Umwandlung aus einander entstanden sind. Uns sind Beispiele bekannt, wo ganz verschiedene Organe die Funktionen anderer, ihnen gar nicht verwand- ter Apparate, übernehmen. Dieses war schon einem der Verfechter der Theorie von Oken-Savigny bekannt, na- mentlich Strauss- Dürkheim, als er unter anderen Orga- nisationsgesetzen des Thierreiches auch Folgendes aul- stellte (?). «3-0 Les organes changent souvent de fonction pour en remplacer d’autres qui disparaissent.» Wir ken- nen viele Beispiele; aber das beste Beispiel ist die in der Wissenschaft unter dem Namen Hektocotylie bekann- te Erscheinung. Wie hier der Fuss gewisse Theile des Geschlechtsapparates bei den Cephalopoden und den De- capoden vertritt; so vertritt er bloss bei den Crustaceen co — un trauss-Dürkheim: Considérations générales etc. p. 7. № 1. 1865. - 98 die fehlenden Kiefer, ist aber nicht identisch mit ihnen. Die Füsse verändern sogar etwas ihre Gestalt der bes- seren Compensation der fehlenden Kiefer wegen; wir kennen eine ganze Reihe allmäliger Veränderungen der- selben; aber doch haben beide Organe eine ganz ver- schiedene Entstehung, eine ganz verschiedene Bedeu- tung und verwandeln sich nie in einander. Erklärung der Abbildungen. Tafel. IV. Fig. 1 bis 12. Verschiedene Theile des Skelets von Orye- les na$icornis. 1. Mesonotum von oben. 6. Scutellum. 2. Dasselbe von der Seite. 6. Scutellum. с. Processus mesonoti. 3. Dasselbe von vorn; А. Mesosternum von unten. 5. Dasselbe von der Seite. Man sieht den Fortsatz und die aufgebogenen Seitentheile des Hinterrandes (die vorderen Wände des Acetabulum). 6. Pleura des Mesothorax. a. Episternum, oben einen Hocker tragend. 6. Episternum. bei d. die Grube für die äussere Ecke der Flügeldecke. 7. Dieselbe Pleura von oben. с. Processus lateralis meso- thoracis. | 9. Mesothorax von der Seite, die gegenseitige Anordnung der , ihn zusammensetzendeu Theile zeigend. (s. Text). 9. Metanotum von oben. 10. Hinteres Septum und gabelfórmige Fortsätze des Meta- notum. 1%, 12. 12. Vie 18. 19. 99 Metanotum von vorn. Man sieht die fossa pro scutello, das vordere Septum (a) mit den Furchen für die processus шезопой. : Metasternum von unten. a. Processus metasternalis ante- rior; 6. Proc. metasternalis posterior. Die aufgebogenen Seitentheile des Vorderrandes des Metasternum. Entothorax von hinten. a. Körper; 6, c Seitenäste. Entothorax von der Seite. a. Körper; 6, с. Seitenäste; d. horizontaler Ast. Pleura des Metathorax. a. Episternum. 6. Epimerum. с. c. Paraptere. Metathorax von der Seite, um die gegenseitige Anord- nung der einzelnen Theile zu zeigen. Prothorax. a. Notum. 6. Sternum. с. Epimerum. d. Episternum. Kartenherzförmige Platte der Epimeren des Prothorax von hinten (s. Text). a — a. Processus interni Protho- raeis. Prothorax von Carabus coriaceus. . Mesothorax von demselben. Mesothorax uud Metathorax desselben in Verbindung. Metathorax desselben. 4a. Entothorax von Carabus coriaceus von hinten. 24 b. Dasselbe von der Seile, und etwas von oben. Prothorax von SwWpha thoracıca. a. Notum; 6. Epister- num; c. Epimerum; d. Sternum. Prothorax von Necrophorus vespillo. Prothorax von Agelastıca. Prothorax von Crioceris. Mesothorax von Crioceris. Melathorax von Crioceris. Prothorax von Chysomela, 15 32. 33. 54. 35. 36. 37. Зо. 39. 40. A. 42. ДЗ. АД. 100 Mesothorax von Chrysomela. Metathorax von Chrysomela. Prothorax von Callidium. Prothorax von Coccinella septempunctata. Prothorax von Chrysobothris. Mesothorax von Chrysobothris. Mesothorax von Tenebrio mohtor. Kopf von Oryctes nasicornis. a. Epieranium; 6. pars basilaris. Kopf von Carabus auratus, mit einem Halse. Prothorax von Athous. Prothorax von Elater. Mesothorax von Phyllobius. Kopf der Melolontha vulgaris von unten. a. a. Augen. 6. pars basilaris. с. pars praebasilaris. 4. labium, die palpilabiales sind nicht gezeichnet. e — e. Ma- xillen. А. Oryctes nasicormis von der Seite; die Stücke des Brust- skelets sind nicht tuschirt. Die Füsse der zwei ersten Paare sind aus ihren Gelenkpfannen heraus- geschält. CHRISTIAN STEVEN. der NESTOR DER BOTANIKER von Dr. Avex. v. Norpmann. — Wenn ich mich unterfange, eine Skizze zu einer Bio- graphie Steven's zu entwerfen, so geschieht es nur da- her, weil ich den alten berühmten Landsmann über 30 Jahre persönlich gekannt, über 130 Briefe von ihm em- pfangen und für ihn stets die grösste Verehrung gehegt habe. Eine gewandtere Feder, als die meinige, wäre wohl eher im Stande, Steven, so würdig darzustellen, wie er es verdient, und mit lebendigen und anregenden Bildern den langen Lebenslauf des Weisen am Salgihr in Taurien so zu schildern, dass die jetzt lebende und künftige Generation der Naturforscher in Russland ein seltenes und sprechendes Vorbild hätte, wie ein, in einem entlegenen Winkel unseres grossen Vaterlan- des versteckter Naturforscher bis zum letzten Augen- 102 blicke seines Wirkens und Lebens das regste Interesse für die Wissenschaft zu bewahren wusste! Als ich Steven's Tod erfuhr, ward ich heftig erschüt- lert, denn aus seinem letzten Briefe schien es hervorzuge- hen, dass der alte und stets liebe Gönner noch die Hoff- nung hatte, das Alter eines Humboldt’s erreichen zu können. Seitdem Steven uns verlassen hat, sind bereits einige kleinere necrologische Notizen über ihn erschienen, näm- lich von dem Herrn Akademiker P. v. Kóppen (^), dem H-rn Paul Ignatjevitsch Tschabovski (?), von mir (?) und Trautvetter (*). Als zu benutzende Materialien liegen mir ausserdem vor: eine Copie von Steven’s форму- лярный Списокъ о служб Попечителя Странноприм- Haro дома Таранова-БЪлозерова въ Симферопол$, Abü- ствительнаго Статскаго СовЪтника Христана Стевена von 1850. Diese hat er, auf mein Verlangen, selbst mir zugeschickt. Ferner, wie schon erwähnt, seine 133 Briefe und namentlich eine ziemlich weitlaufige autobiographische Notiz, welche Steven der finnischen Wissenschafts-So- cietät d. 22-ten April 1847 mit dem aus der Krim zu- rückgekehrten H-rn C. Wulisma zuschickte. Wir wol- len zunächst das letztere für uns wichtige Document, — in der Uebersetzung zum Theil wörtlich wiedergeben, . . denn dasselbe ist in schwedischer Sprache geschrieben. (!) Христанъ Христановичъ Cresent, Tasp. Губ. ВЪдомости 1863, № 19, 61, kleine Seiten. (2) Eure HBCKOZPKO caos» о покойномъ X. X. Cresenb, ibidem № 22, 9 Seiten. (3) Helsingfors Tidningar 1863, N? 120. Eine Spalte. (^) Einige Nachrichten über Chr. v. Steven, von E. В. v. Trautvet- ter. Bulletin v. Moskau 1863. № IV. p. 574, mit dem Verzeichnisse der wisseuschaftlichen Arbeiten v. Stevens, welche sich auf das Pflanzenreich beziehen. Es sind ihrer 1% und noch mehr. 103 «Christian Steven, ein Sohn des Zollverwalters und Collegienrathes Chr. Steven, wurde d. ‘*°/,, Januar 1781 zu Fredrikshamn in Finnland geboren. Seinen er- sten Unterricht genoss er im väterlichen Hause, woselbst seine Muttersprache bis 1788 die schwedische war. Seit dem Kriege mit Schweden und nach dem Einrücken der russischen Truppen, deren Officiere meist Esth- und Lief- lànder waren, fand jedoch die deutsche Sprache Eingang im Hause. Steven besuchte die Kreisschule in Fredriks- hamn, wo der Lehrer Uttecht ihm so viel Liebe für die Mathematik beizubringen wusste, dass der Schüler, im 11-ten Lebensjahre, die Universitat zu Äbo, als der jüngste Student (nicht als so genannter Cautions-Student wie es zu jener Zeit mehrere waren) beziehend, — schon mit den conischen Sectionen beginnen konnte. Dem Wun- sche seines Vaters gemäss sollte er die Medicin studi- ren, und besuchte demnach die medicinischen Vorlesun- gen, nachdem er vorher die üblichen philosophischen Studien zum Theil absolvirt hatte. 1793 kam er in das Haus des damaligen Magisters, des späteren Bischofs Michael Franzen, mit welchem er in demselben Fruh- jahre Stockholm besuchte und unter dessen freundlicher Leitung er sich mit der Literatur und der Poésie ver- schiedener Sprachen bekannt machte. Durch das Geschenk eines kleinen Herbariums, welches zum Theil noch auf- bewahrt ist, legte jener würdige Mann und gefeierte Dichter in das Herz des’ Jünglings den ersten Grund zur Liebe für die Botanik, welchem Studium Steven, von nun an, beinahe ausschliesslich sich widmete. 1795 kam er in das medicinische Institut an der Ka- linkinbrücke, eine Anstalt, welche später mit der medico- chirurgischen Akademie in St. Petersburg vereinigt ward. In derselben verblieb er zwei Jahre und besuchte das 104 Clinicum, nicht allein als «Auscultant» sondern später auch als «Practicus». Zugleich setzte er damit das Stu- dium der Botanik mit Eifer fort. Im Jahre 1797 reiste er nach Jena, damals eine der berühmtesten Universitä- ten Deutschlands. Hufeland und Loder zierten zu der Zeit die medieinische Facultät und waren seine Lehrer. In dem darauf folgenden Sommer musste er jedoch, einem Ukas des Kaisers Paul zu Folge, nach Russland schon zurückkehren. In der medico-chirurgischen Akade- mie beendigte er seine Studien und legte nach dem Exa- men eine Abhandlung: Spieilegium eryptogamicum florae petropolitanae, der Akademie vor, worauf er zum Dr. der Medicin ernannt und zugleich als Arzt bei dem Land- hospital angestellt wurde. (Die erwähnte Abhandlung ist aber leider nicht gedruckt worden.) Unterdessen machte er die Bekannischaft des Barons Marschall von Bieberstein, welcher den Kaukasus jährlich bereiste, den Winter aber gewöhnlich in St. Pe- tersburg sich aufhielt. Von Bieberstein, dem ausge- ‘zeichneten Botaniker, welcher den Auftrag erhalten hat- te, den Seidenbau in Sudrussland einzuführen, wurde Steven der Vorschlag gemacht, eine Anstellung als In- spector der Seidenkultur in den kaukasischen Provinzen zu bekleiden. Mit Freuden willigte der junge Gelehrte ein, verliess das Hospital und damit zugleich Чаз medi- cinische Studium und reiste mit Bieberstein im April 1800 nach Moskau, wo beide in dem Hause des Bota- nikers Stephani, welcher das dem Grafen Rasumofski gehörende Gut in Perovo bewohnte, einige Wochen ver- blieben. Die während des Frühjahrs so schöne und zu der Zeit so wenig untersuchte Flora längs der Wolga und 105 des Tereks, wurde von beiden Reisenden mit Enthusias ‘mus begrüsst und Gewächse wie auch Insecten in Mas- sen eingelegt und gesammelt. | Sarepta, schon damals ein bedeutender Ort in Süd- russland, hatte mehrere Liebhaber der Naturgeschichte aufzuweisen, unter welchen Stählin, welcher eine be- deutende Insectensammlung besass, vorzugsweise zu nen- nen ist. Je weiter nach Süden, desto interessanter ward die Flora und Fauna und unter anderen, — waren in den Steppen südlich von Astrachan, das Auffinden vie- ler schöner Astragal, der zierlichen Statice spicata und der vielen Onitis-Arten, — Gegenstände von besonderem Interesse, In Kislar wurde drei Monate gerastet. Der Aufenthalt in diesem Orte, bewohnt damals von ungefähr I000 Ar- meniern, Tataren und Grusiniern bot den Wissenschafts- männern viel Interessantes dar, sowohl durch die da- selbt herschenden asiatischen halbpersischen Sitten, wie auch durch die südländische Kultur des Weins, Reises, Sesams und des Seidenbaues. Die Zucht der Seidenrau- pen so wie das Abhaspeln der Cocons nahmen die Zeit reichlich in Anspruch. Das Sammeln von Gewächsen und Inseeten wurde dabei keinesweges vernachlässigt und weder die drückende Hitze noch die Legionen der lästigen Mücken, noch die Gefahr von den tschetschen- schen Ràubern. überfallen zu werden, — verhinderten die beinahe täglichen Ausflüge in der Umgegend. Im August verliessen Beide Kislar, um die weitere Inspecktionsreise in Betreff des Seidenbaus zu verfolgen. In Georgievsk, der damaligen Gouvernementsstadt, tra- fen sie den Grafen Mussin-Puschkin aus St. Peters- burg, einen gelehrten Magnaten, welcher in Upsala stu- 106 dirt hatte und später Mitglied des Bergcollegium’s wur- de. Derselbe kam über Nischni-Novgorod längs der Wol- ga und von Astrachan zur See nach Kislar. Der Zweck seiner Reise war die kaukasischen Mine- ralquellen zu untersuchen. Durch den Grafen bot sich die Gelegenheit dar, gemeinschaftlich die Schwefelbäder in Constantinogorsk und den Sauerbrunnen Narzann zu erforschen. Diese Reise konnte jedoch nur unter einer starken militärischen Bedeckung unternommen werden und seit Pallas (1793) war kein anderer gebildeter Europäer daselbst gewesen. Die herrliche und zum Theil alpine Flora jener Ge- genden war beinahe ganz unbekannt und wurde jetzt von Bieberstein verzeichnet und beschrieben. Bis Stavropol wurde die Reise gemeinschaftlich fortgesetzt, doch hier trennte sich Steven und kehrte nach Kislar zurück. Sobald jedoch seine Dienstgeschäfte es erlaubten, besuch- te er in der Gesellschaft einiger Studirender, welche mit in dem Gefolge des ‘Grafen Puschkin waren, wie- der Georgievsk. So verflossen drei Jahre auf der kau- kasischen Linie. Den Winter theils in Kislar oder Geor- gievsk sich aufhaltend, brachte Steven den Sommer auf Reisen innerhalb seines Districts zu. Nach Georgievsk kamen aus Russland schon damals viele Gurgäste, ob- gleich dieselben noch immer in kalmückischen Filzhütten wohnen mussten. Die öfteren Besuche von Baron v. Bie- berstein bildeten jedes Mal eine angenehme Episode in dem einförmigen Leben in Kislar. Der Graf Puschkin hatte sich zugleich auch in Grusien aufgehalten; 1801 verliess er Tiflis und eilte nach St. Petersburg, versehen mit dem wichtigen Documente des Zaren Georgi, wel- cher um den Bürgerkrieg zwischen seinen vielen Brüdern 107 und Söhnen zu vermeiden, — nach seinem Tode, sein kleines Reich dem Kaiser vermachte. 1802 wurde die Incorporation vollzogen. a Die Nahe des Kaukasus, dessen schneebedeckte Gipfel täglich vor den Augen lagen, hatte seit der Ankunft nach Kislar den Wunsch erregt, diese, damals noch unbekannte Umgegend, genauer zu erforschen. Nur durch die Ver- mittelung von Hablitz! und Bieberstein und nachdem Steven zum Inspector des Seidenbaus in Grusien oder Georgien ernannt worden war, konnte a 1804 er- mögligt werden. Im April desselben Jahres verliess Steven das lang- weilige und ungesunde Kislar; von Mosdok ging die Rei- se zu Pferde und unter der Bedeckung eines Infanterie- regiments nach Grusien, zu dem Fürsten Zizianoff, welcher bekanntlich in Baku ermordet wurde. Die Strecke von Mosdok nach Tiflis, welche jetzt in einem Tage zurückgelegt wird, erforderte damals mehr als zwei Wochen; über Schluchten und reissende Bäche mussten Brücken geschlagen, auf sumpfige Stellen Faschinen ge- legt und eine Unmasse von Steinen zur Seite gewälzt werden. Der Weg bis Wladikawkas, am Fusse der Ge- birgskette, war schon äusserst beschwerlich, als man aber endlich die Abgründe des Tereks, welcher Fluss be- deutend angeschmollen war, erreichte und ihn 17 Mal auf Brücken überschreiten musste, konnte die Expedition täglich kaum eine Werste zurücklegen. Von Kobi am Fusse der Schneeberge war die ganze Gegend von liefem Schnee bedeckt, auf dem 7000 Fuss hohen Gipfel war der Weg nur einige Ellen breit, zu beiden Seiten umgürtet von fadenhohen Schneewänden; der ‚starke die Augen blendende Sonnenschein schmolz den 108 Schnee und die ermudeten Wanderer waren gezwungen, oft am Pferdeschweife sich haltend, bis an die Knie. durch das schlammige Wasser zu waten. Desto herrlicher erschien am südlichen Abhange das tief gelegene Thal von Aragvi mit seinen in Blüthen stehenden Bäumen und Gesträuchen, den grünenden Wiesen und Fluren, seinen Thurmen und Dörfern, welche wie Schwalbennester an den Gebirgswänden schwebten. Tiflis lag noch, zu Folge der vor zehn Jahren von dem grausamen Agamahmet, Ragnet in Persien, erlittenen Zerstörung, in Ruinen, und ein luftiger Raum mit undichten Wänden und Papier be- . klebten Fenstern war alles, was ein Reisender als Obdach vorfinden konnte. Schon vor der Ankunft nach Tiflis hatten einige starke Fieberanfälle Steven’s Gesundheitszustand geschwächt, so dass, vor Ende des Maimonats keine Reisen in Gru- sien unternommen werden konnten. Diese Reisen wur- den später bis zum Ende des Jahres fortgesetzt, erlitten aber 1805 wieder durch das Wechselfieber eine häufige Unterbrechung. Steven bereiste und durchforschte Cache- tien, Cartalinien wie auch einen Theil von Somchetien und die Umgegend von Gandscha, später wurde der Ort Elisavethpol benannt. Im Auftrage der Regierung wurde die Seidenkultur, der Weinbau und andere Gegenstände der Landwirthschaft, dabei aber auch besonders die Bo- tanik berücksichtigt. Alle neuen Pflanzen theilte er dem Hrn. Marschall v. Bieberstein mit, welcher letztere am Ende des Sommers 1805 Tiflis von Neuem besuchte. Im November desselben Jahres verliess Steven Gru- sien und ging über Mosdok, dessen Umgegend wieder von Schnee bedeckt war, Kislar und Moskau nach St. Petersburg, wo er nach einer Abwesenheit von beinahe 109 6 Jahren zu Weihnachten eintraf. Hier benutzte er die Zeit zu dem Bestimmen der zusammengebrachten Pflan- zen und Insecten und machte zugleich einen - Ausflug nach Finnland. Ernannt zum Gehulfen des Oberinspectors des Seiden- baus, — mussten wieder weitläufige Reisen von ihm un- ternommen werden. Der Sommer 1806 wurde zugebracht in Kislar und auf den kaukasischen Mineralquellen, welche unterdessen schon einen Ruf erlangt hatten und von zahl- reichen Gästen besucht wurden. Die Letzteren mussten aber, wie früher, noch immer in kalmückischen Kibitken wohnen. Im Spätherbste reiste Steven über Tscherkask, Taganrog nach Taurien und die damals vor einem Jahre angelegten, später durch ihren Reichthum so bekannt gewordenen Mennonit - Colonien an dem Flüsschen Mo- lotschnaja. Die ganze Umgegend war unbewohnt und nur nogaische Tataren nomadisirten hin und wieder, von diesen konnte man nur mit Mühe Pferde zum Weiter- reisen erhalten; bald darauf erhielten die Horden jedoch bestimmte Wohnsitze. | Zum neuen Jahre traf er in Sympheropol, damals ei- nem ärmlichen und elenden Orte ein, während die jet- zige Stadt ungefähr 13,000 Einwohner, gerade Strassen und schöne steinerne Häuser aufzuweisen hat. Die schö- ne und geschützte Lage, am Salgihr wie auch der ge- linde Winter gefielen Steven so sehr, dass er den Ent- schluss fasste, sich daselbst auf immer niederzulassen. Der Zufall brachte es mit sich, dass Steven unfern der Stadt eine Wohnung im Hause eines Liefländers, des Hofraths Hagendorff bezog, wo ihm das Schicksal vor- behalten hatte, 30 Jahre später die Tochter desselben zu heirathen. 110 Im Februar 1807, als der Frühling so eben sich ein- gestellt hatte, reiste er nach dem schönen Thale von Sudagh, an der südöstlichen Küste der Halbinsel, und zwar ın der Absicht, Pallas daselbst zu besuchen. Dieser berühmte Naturforscher, dessen Schriften fortwäh- rend um Rath befragt werden, lebte hier mit seiner Tochter in einem Weingarten und in philosophischer Ein-. samkeit, mit seinem grossen Werke, der Zoographia rosso - asialica beschäftigt. Liebevoll ward der junge Steven empfangen und verblieb einige Tage in Sudagh. Pallas war im Umgange sehr angenehm, erzählte auf eine unterhaltende Weise mehrere Anekdoten aus sei- nen weiten Reisen und obzwar körperlich schon kränk- lich, schien der Geist und das Gemüth noch vollkom- men rege zu sein. Seine Frau lebte getrennt von ihm in Sympheropol, was sie beide doch nicht hinderte, zärt- liche Briefe sich einander zu schreiben, und gewöhnlich besuchte die Dame ihren Gemahl einmal jährlich. Etwas später im Frühjahre besuchte Steven die Süd- küste der Krim, welche dem Reisenden zu der Zeit gar keine Bequemlichkeiten zu bieten hatte, nur einige Griechen besassen Weingärten und kleine Grundstücke. Statt der herrlichen Kunststrasse, welche heutzutage von Symphe- ropol nach Aluschta führt und dann längs der Küste bis Sevastopol sich erstreckt, musste man damals auf Hals brechenden Wegen reiten; russische Sprache und Münze waren den Tataren unbekannt und um fortzukommen war man gezwungen, einen Dollmetscher zu miethen und tür- kische «Jusluken und Paras» mitzuschleppen. Die Neuheit der Gegenstände auf der schmalen Küstenstrecke zwischen dem schwarzen Meere und der hohen Gebirgskette, mit blühenden Thälern von Cypressen und Olivenbäumen, welche in den durchforschten Gegenden des Kaukasus ] 111 nicht vorgekommen, waren: die anmuthigen Thäler zwi- schen hohen, nackten und abentheuerlich gestalteten Felsen und Gebirgskuppen, die romantischen Klippen am Meeresufer mit Ruinen von alten Festungen und Bauten begränzt, wie auch die zwar armen aber zufriedenen, von der übrigen Welt und dem menschlichen Verkehr abgeschlossenen Tataren; alles dieses machte auf Steven einen bleibenden Eindruck, welcher in 40 Jahren sich kaum verwischt hat. Während des Sommers 1807 besuchte Steven Odessa, zu jener Zeit eine unbedeutende Stadt, die aber unter dem unvergesslichen Duc de Richelieu zu blühen an- fing und in dem übrigen Europa sich bald einen Namen machte. Die Reise wurde weiter durch die neu angeleg- ten deutschen und bulgarischen Kolonien längs des Dnie- ster nach Kamenez-Podolsk fortgesetzt, — von da nach Kiew, den Dniepr entlang nach Ekaterinoslaw und den merkwürdigen Katarakten des erwähnten mächtigen Stro- mes, welcher bei Ekaterinoslaw eine Breite von 600 Fa- den hat. Der Spätherbst wurde in Charkow und Merefa, dem Baron v. Bieberstein gehörig, zugebracht. Ausser dem lehrreichen Umgange, den Steven bei dem gelehrten Botaniker genoss, hatte er noch die Frevde, in dessen Hause schwedisch sprechen zu können, denn M-me Bieberstein war eine gebornen Fräulein Klick aus Finnland, eine Grosstochter des Barons Armfeld. Ende des Jahres 1808 reiste Steven abermals nach St. Petersburg, wo sein Aufenthalt 4 Monate dauerte: darauf begab er sich nach Charkow und nach einem kurzen Verweilen daselbst, auf 4 Monate nach Parkan, einer kleinen bulgarischen Kolonie, gegenüber Bender am Dniestr, wo eine Seidenspinnerei angelegt worden war. 112 Von Мег machte ег Ausflüge zum unteren Dniepr, nach Mariopol und Taganrog. Den Winter brachte er in Sym- pheropol zu, beschäftigt mit der Anlage einer Maulbeer- baumpflanzung und dem Ordnen der eingesammelten Pflanzen und Insecten. Pallas hatte unterdessen beschlos- sen, Russland zu verlassen, in Folge dessen seinen Wein- garten in Sudagh verkauft und war auf ein kleines Gut, Namens Kalmukara, 15 Werst von Sympheropol, gezo- gen, im Sommer 1809 verkaufte er auch letzteres und reiste später nach Berlin ('). Das Frühjahr 1809 wurde zu mehreren Ausflügen auf der taurischen Halbinsel benuzt, — der folgende Som- mer zu einer Reise nach dem kaukasischen Gouverne- ment, wo in der Umgegend des Berges Beschtau und (! Pallas betreffend will ich beilaufig Folgendes in nochmalige Erinne- rung bringen: Peter Simon Pallas ward d. 22 September 1741 in Berlin geboren. Sein Vater Simon P. war Professor der Chirurgie bei dem Collegium medico-chirurgicum und dirigirender Wundarzt bei der Charité. Seine Mutter hiess Susanna Leonard aus der fran- zosischen Colonie bei Berlin. Er hatte zwei Geschwister, einen um 10 Jahr alteren Bruder August Friedrich, ebenfalls Arzt, und eine Schwester. welche als Wittwe des Bankiers Döll 1811 starb. Pallas war zwei Mal verheirathet, die zweite Frau hiess Caroline Pohl- mann und lebte bei meiner ersten Reise 1833 nach Taurien noch in Sympheropol, wo dieselbe, halb erblindet, von dem Dr. Erast An- drejevski operirt wurde. Nach einem fünfzehnjährigen Aufenthalt in der Krim verliess Pallas Kalmukara d. 20 April 1810 und kam gegen das Ende des Junius zu seinem Bruder nach Berlin, wo er in den Armen seiner Tochter d. 8 September 1811 starb. Die letztere war mit dem General-Lieutnant Baron у. Wimpfen verheirathet und hatte 1802 in der Krim einen kleinen Sohn « Wolodinka» bei sich. Die letzten Briefe, welche Pallas mit sterbender Hand schrieb, waren an den Grafen Rasumovski und den Staatsrath v. Fuss gerichtet. Pallas Grab auf dem Halle’schen Kirchhofe deckt ein einfacher Stein «So wollte er es selbst.» Vergl. zum Theil: P. S. Pallas ein biographischer Versuch von Dr. Karl Asmund Rudolphi in den Beiträgen zur Anthropologie und allgemeinen Naturgeschichte. Berlin bei Haude und Spenner 1812. fi А. N-nn. 113 am Sauerbrunnen Narzann das Pflanzensammeln einige Wochen in Anspruch nahm. Den Herbst und den gan- zen Winter hielt er sich in Kislar auf, beschäftigt mit der Anlage eines bedeutenden Weinlandes für die Krone und der Erziehung von Lehrlingen für eine bessere Weinre- benkultur, Weinbereitung und namentlich für die Herbei- schaffung von grösseren Weinfässern. Zu diesem Zwecke wurden Weinkelter aus dem Auslande verschrieben. Diese Anstalt existirt noch. Nachdem Solches zu Stande gebracht worden war, unternahm er eine Reise nach den neu eroberten Provinzen des östlichen Kaukasus. Im Mai 1810 verliess er Kislar, und der Küste des Caspisees folgend, erreichte er auf einem ziemlich ebenen Wege Derbent, nicht ohne Gefahr von den Lesghinern gefan- gen zu werden. Diese Stadt ist ausser der historischen Ruinen, in landwirthschaftlicher Beziehung wegen seiner Safran- und Krappkultur bemerkenswerth. Die Umgegend von Kuba, von vielen Flüssen und Kanälen bewässert, ist ungemein fruchtbar. Von der kleinen Stadt Kuba wurde eine der interessantesten Excursionen zur Alpe Scha- dagh, nach Casbeck und Elbrus, dem höchsten Berge im Kaukasus, unternommen. Aus Mangel an allen physica- lischen Instrumenten wäre es nur verlorene Zeit gewe- sen, die höchste Spitze besteigen zu wollen, es war ge- nug am Rande des ewigen Schnees einen Tag zu her- borisiren und die seltensten Draba-Arten und andere al- pine Gewächse einzulegen. Nach Kuba zurückgekehrt, setzte er seinen Weg über sehr hohe Berge und durch Buchenwälder, .in welchen die Axt noch nie einen Baum gefällt hatte, nach dem grossen und wohlhabenden les- ghinischen Dorfe Chinalug fort. Bisher war er nur von einigen Kosaken begleitet worden, welche nun von einem Trupp von 12 Lesghinen abgelöst wurden und die ihn № 1. 1865. 8 114 über die Alpe Tyfendagh längs der südlichen Abdachung der kaukasischen Gebirgskette nach der Provinz Scheki begleiteten. Es ist schwer einen grösseren Gegensatz sich zu denken als den, welchen die beiden Seiten des Kaukasus darbieten. Das grosse Dorf Chinalug auf der nördlichen Abdachung, zusammengedrängt, aus dunklem Gestein aufgebaut, umgeben von nackten schrecklichen Felsen und im Hintergrunde die eisigen Alpen, — hat ein Grausen erregendes düsteres Aussehen, — während Wandam, ein noch grösseres Dorf, auf der südlichen Abdachung mit schönen Gebäuden, welche zwischen üp- pigen Kastanien, riesigen Walnuss- und Maulbeerbäumen zerstreut liegen, ein ungemein reizendes und lachendes Bild abgiebt, wozu die Hunderte von rieselnden Quellen und Bächen viel beitragen. Von Wandam ging die Reise über Bum nach Nuchi, woselbst Dschafarkuli - Chan damals residirte, und welcher aus Choi in Persien sich unter Russlands Schutz begeben hatte. Nach einem Auf- enthalte von einigen Tagen, begab sich Steven zurück östlich nach Fitsdagh, einer Bergfestung, damals von dem mächtigen Mustapha-Chan aus Schirvan bewohnt. Schamachi war zu der Zeit öde und zerstört. In Fitsdagh wurde vor dem versammelten Divan so eben ein Pro- cess verhandelt. Ein Bewohner des Ortes hatte aus Blut- rache einen anderen ermordet und die Verwandten for- derten den Tod des Mörders, welcher indessen auch Vertheidiger gefunden hatte, die Verhandlung dauerte ei- nige Tage, während welcher Zeit Steven Schamachi und Baku besuchte, um dann nach Karabagh zu gelangen. In Sardaf angekommen und im Begriff den Kur zu pas-' siren, erfuhr er, dass persische Truppen umherstreiften und dass, ohne einen mannstarken Convoi kein weiteres Fortkommen möglich war. Er wandte. sich deshalb wie- 115 . der nach Gandscha oder Elisavethpol und von da nach Tiflis, wo er d. 6 August anlangte. Nach einem Aufent- halte von einem Monat hierselbst und den einigermaassen geebneten Weg nach Wladikawkas benutzend, passirte er die kaukasische Gebirgskette auf deren, für einen Bota- niker interessantesten Stellen indessen schon Schnee lag. In Mosdok wurde eine kurze Quarantanfrist abgehalten. Die Reise, bis dahin immer zu Pferde, konnte nun mit Rädern bis Kislar und von da etwas später, nach St. Petersburg fortgesetzt werden. Die Ankunft daselbst ge- schah 1810, wieder kurz vor Weihnachten. Gegen das Ende des Frühjahres 1811 verliess Steven St. Petersburg, hielt sich kurze Zeit in Moskau und Me- refa beim Baron v. Bieberstein auf und bereiste wie früher den südwestlichen Theil von Russland, nament- lich in landwirthschaftlicher Beziehung. Einen Theil des Herbstes brachte er in Taurien zu. Hier hatte indes- sen der General-Gouverneur von Südrussland, Due de Richelieu, wie auch der Gouverneur von Taurien Bo- rosdin, beide ausgezeichnet durch ihren Eifer verschie- dene Zweige der Industrie, wie auch die Wissenschaft zu fördern, die Idee gefasst, auf der südlichen Küste in der Nähe des Dorfes Nikita, einen Garten für die Accli- matisirung südlicher Pflanzen anzulegen, und die Dire- ction desselben Steven anzutragen. Mit Beibehalten sei- nes früheren Postens und einer mässigen Zulage des Ge- haltes erfolgte die officielle Ernennung 1812, während dessen Steven in Moskau sich aufhielt. Denselben Tag als die Franzogen und die Verbündeten die Gränzen Russ- lands überschritten, reiste er nach Sympheropol, um sich daselbst zu etabliren. Jm Herbste und nachdem ein Gärtner angestellt worden war, wurden die ersten Baum- und Gesträuchsamen gesäet. Von den damaligen Schwie- g^ 116 rigkeiten, welche mit der Anlage des Garten verbunden waren, kann man sich keinen Begriff machen; auf der Küste wohnten nur indolente Tataren, ein fahrbarer Weg existirte nicht, alle Bedürfnisse mussten auf den Pferde- rücken mühsam herbeigeschleppt werden und namentlich konnte man bei den ungeregelten Zuständen des Landes nur mit grósster Mühe die Arbeiter auftreiben (^). Das darauf folgende Jahr wurde während einiger Monate wieder auf Reisen im südlichen Russland zuge- bracht, desgleichen 1814; den Winter 1815 besuchte er abermals und zwar zum letzten Male St. Petersburg. So vergingen mehrere Jahre unter fortwährenden Ausflügen zu Pferde von Sympheropol nach Nikita und aufReisen, bald nach dem Kaukasus, Kislar, Astrachan und Saratow oder auch nach den westlichen Provinzen: Kiew, Podo- lien und Wolhynien. Ueberall wurden Notizen über die verschiedenen Zweige der Landwirthschaft wie auch der Ethnographie, Geschichte und besonders seltene Gegen- stände der Naturgeschichte gesammelt. Die Direction des Gartens in Nikita bot ihm häufig Gelegenheit dar, berühmte und angesehene Personen sowohl schriftlich als auch im Umgange kennen zu lernen und dieser Zeitraum gehörte in vieler Hinsicht zu der angenehmsten Periode seines Lebens. (1) Ueber die Verdienste, welche Steven und später sein Nachfolger Nis Hartviss bei der Verwaltung des Gartens sich erworben haben, sie- he den Aufsatz des Akademikers P. v. Kóppen über Pflanzen-Ac- climatisirung im Buliet. historico-philologique T. XIII, N? 20 und 21. Auf meiner gefahrvollen Reise 1836 nach Abchasien, Mingrelien, Imeretien, Guriel und zu dem Gebirgsrücken von Adshara, während welcher wir etwa 60 neue Pflanzenarten entdecken, beschrieben in der Flora Rossica vonLedebour, begleitete mich der Obergärtner von Nikita, Thomas Döllinger, ein Sohn des bekannten Prof. und Rectors der Universität in München. Döllinger starb in Mos- Кай 1837, у. Hartviss auf seiner Villa Artek auf der Südküste d. 12/1 Nov. 1860. A. N-nn. 117 1816 besuchte der Grossfürst Nicolai den Garten, 1847 der Grossfürst Michael Pavlovitsch und 1818 im Mai nächtigte daselbst der Kaiser Alexander der I. 1825 war der Kaiser abermals, einige Wochen vor seinem Tode, in Nikita, und :erkannte das Bildniss von Pallas, seinem alten Lehrer. Im Jahre 1837 beehrte S. M. der Kaiser Nicolai nebst der Kaiserin zum zweiten Male die Anlage mit einem Besuche. Unter anderen Notabilitäten, welche zu derselben Zeit den Garten besuchten, ist vor- zugsweise zu nennen der Erzherzog Johann von Oester- reich, indem er, als Sachkenner, sich Alles genau besah. 1818 verliess der edle Herzog von Richelieu für im- mer Russland und Taurien, vergass aber dabei nicht sei- nen ihn stets verehrenden Untergebenen Steven, und wirkte für ihn während des Congresses in Aachen von dem Kaiser von Russland die bedeutende Summe von 2000'Dukaten als Unterstützung zu einer Reise ins Aus- land. Begleitet von seinem Stiefbruder Friedrich, reiste Ste- ven im Februar 1820 über Kremenez, wo er bei dem Professor Besser die freundlichste Aufnahme fand, nach Wien. Hier verblieb er zwei Monate, genoss fast täglich die Gesellschaft des Barons Jacquin und machte mit ihm häufige Ausflüge in der Umgegend. Von Wien ging er über Breslau, wo Steven einen alten Studienkame- raden aus Jena, Treviranus, antraf, nach Berlin; da- selbst wurde der reichhaltige botanische Garten. oft be- sucht, mit der Erlaubniss des Prof. Link das Herbarium von Willdenow fleissig benutzt, und die Umgebung bo- tanisch untersucht. Ein Abstecher nach Möglin, wo. der verdienstvolle Thaer noch lebenskräftig wirkte und zu Wilhelm v. Humboldt, welcher in Zurückgezogenhsit 118 seine herrlichen Werke damals verarbeitete, ward eben- falls nicht unterlassen. Den häufigsten Umgang hatte Ste- ven indessen mit dem Physiker Seebeck und Link, der letztere war ohne Zweifel der grösste Polyhistor auf der Erde; keine Doktrin war demselben fremd geblieben, in mancher ging er mit der Fackel voran, die ungeheure Masse von Kenntnissen aller Art erwarben dem sonst anspruchlosen Gelehrten den Beinamen einer wandern- den Encyclopaedie. Nach einem Aufenthalte von zwei Monaten verliess Steven Berlin und reiste über Halle, Leipzig, Dresden, Freiberg, Carlsbad und Nürenberg nach München; an allen diesen Orten einige Tage verweilend und besonders die bekannten Naturforscher aufsuchend. In München lebte damals noch der alte Schrank, welcher von den Seltenheiten, die ihm von Martius und Spix aus Brasilien zugeschickt worden waren, mit Frei- gebigkeit Vieles an Steven mittheilte. Leider befanden sich aber die Gegenstände nicht selten in einem schlech- ten Zustande. Von München ging die Reise über Inspruck und die Berner Alpen nach dem schönen Italien, wo die Natur üppiger als im Kaukasus, unter derselben Breite ist. Ein Theil des Weges wurde von Roveredo bis Ve- rona zu Wasser längs dem Lago di Garda zurückgelegt. In Milano und Pavia verweilte er acht Tage, meistens in ' der Gesellschaft des Prof. Morett?, Vorstehers des bota- nisch - ökonomischen Gartens in Pavia, einer Anstalt, welche, wie es schien, zu jener Zeit zu wenig bekannt war. Weiter ging es nach dem unvergleichlichen Lago | di Como, zu der damals verfallenen Villa pliniana, de- ren zauberschöne Lage einen unvergesslichen Eindruck machte. Den Lago maggiore mit den bewunderten borro- meischen Inseln bereiste Steven auf dem Wege zum Simplon und nach Genf. Hier verlebie er 14 Tage in der Ho liebenswürdigen Gesellschaft von De Candolle, welcher ‚ für sein Systema vegetabilium damals die Familie Cru- ciferae bearbeitete. (Für dieses gediegene Werk erhielt De Candolle von dem Verleger nur 80 Franken für den gedruckten Bogen; für seinen Prodromus 120, für die Flore francaise 18,000, für den 6-ten Theil des Systema 5000 fr. Einen grossen Theil des Honorars nahm er in Büchen). 3 Ein Ausflug auf 3 Tage nach Chamouni gewährte ein grosses Vergnugen; auf dem Wege dahin wurde d. 6 September 1820 die totale Sonnenfinsterniss beobachtet. In Bern verweilte er drei Tage. Während eines Besuches in Hofwyl bei Fellenberg wurde die Bemerkung ge- macht, dass nicht die landwirthschaftliche Einrichtung, als vielmehr die mit derselben verbundene vortreffliche Erziehungsanstalt das meiste Einkommen dem Vorsteher verschaffte. In Zürich bei dem Studienkameraden Schinz aus Jena wurden einige Tage zugebracht und während dieser Zeit der berühmte Rheinfall bei Schaffhausen bese- hen. Die Reise wurde den Rhein hinab nach Cöln fortge- setzt, in Schwetzingen und Heidelberg ein kurzer Aufent- halt gemacht, in Diez der berühmte Pomolog Diel be- sucht. Ueber Bonn, Cöln, Aachen, Brüssel, Enguien, wo der Bürgermeister Parmentier eine ausgezeichnete Sammlung von lebenden Pflanzen besass, erreichten un- sere Reisenden endlich Paris. In Paris wurden 4 Monate, bis zum Anfang vom März 1821, zugebracht, grossentheils in der Gesellschaft von Cu- vier, Jussieu, Dejean, Desfontaines und Richard. Alexander v. Humboldt und Kunth waren leider schon nach Berlin gezogen. Der tägliche Gesellschafter war der geistreiche Agardh, welcher jedoch Paris bald verliess. 120 Von Paris wurde die Wanderung nach Lyon zu dem ehrwürdigen B albis fortgesetzt, —von dorten über Avignon nach Montpellier und Marseille. In der leztgenannten Stadt miethete Steven ein Fahrzeug, um nach Candia zu ge- langen, erfuhr aber in dem Hafen von Canéa, dass der griechische Aufstand ausgebrochen sei; er war demnach gezwungen, unmittelbar nach Constantinopel zu segeln. Nur auf der Insel Zea, von wo er vergebens den Ver- such machte, nach Athen zu kommen, sammelte er wäh- rend einiger Stunden Pflanzen und Insecten, welche da- mals zum grossen Theil sich als neu erwiesen, denn un- ter den Insekten befanden sich mehrere damals noch nicht Beschriebene. Fortwährender Gegenwind verzögerte die Ueberfahrt von Tenedos nach Constantinopol um 14 Tage. In den Dardanellen wurde ein finnisches Schiff aus Tornea und ein anderes aus Uleaborg angetroffen. In Constantinopol herrschte zu jener Zeit eine grosse Erbitterung gegen alle Europäer, so dass die letzteren es kaum wagten, die eigentliche Stadt zu betreten. Nach einem Aufenthalte von einigen Tagen in Bijukdere und Pera wurde ein anderes Fahrzeug bis Theodosia gemie- thet, von wo die Reisenden nach einer Quarantaine von 14 Tagen, und nachdem sie anderthalb Jahre abwesend gewesen waren, den 21-ten Juni Sympheropol glücklich erreichten. : Kurz vor der Reise ins Ausland hatte Steven, in der Nähe von Sympheropol am Salghir, ein Haus mit einem Garten gekauft; hier liess er sich nun auf immer nieder | und ausser seinen Dienstgeschäften als Gehülfe des In- spectors des Seidenbaues und Direktor des Gartens von Nikita; und während er zugleich fortfuhr, seine jährlichen Inspectionsreisen anzustellen, vergingen einige Jahre mit 121 dem Blasen. des Herbariums und seiner Insectensamm- lung, welche beide durch einen weitläufigen Briefwech- sel und viele Tauschverbindungen einen bedeutenden Zuwachs erhielten. 1823 hatte er die Freude, seinen geehrten Gönner und Vorgesetzten, den Baron Bieberstein während einiger Wochen bei sich beherbergen zu können, es war das letzte Mal. Der treffliche Gelehrte starb 1826. Nach dessen Tode ward Sieven zum Oberinspector des Seidenbaues ernannt, legte den Posten als Director des Gartens von Nikita nieder, behielt aber fortwährend die Oberaufsicht über die Anstalt. Die Inspectionsreisen, von der Donau bis zur Wolga und dem Caspischen Meere sich erstreckend, dauerten indessen ununterbrochen fort. Im Jahre 1825 schenkte Steven seine reichhaltige In- sectensammlung der Universitätin Moskau und zwar mit der Bedingung, dass eine Summe von 12,000 Rb. Banco auf der Bank ein Capital bilden würde, dessen Interes- sen zwei Studirenden der Naturwissenschaften als Sti- pendium zufallen sollten, Nachdem S. M. der Kaiser Alexander dazu Seine Zustimmung und mittelst eines gnädigen Rescriptes Sein Wohlwollen Steven zu erken- nen gegeben hatte, wurde die ganze Sammlung 1826 nach Moskau abgesendet (:). Einige Jahre später erwachte bei Steven von Neuem die Lust und Liebe für das Studium der Entomologie; mit () Se lange Stevens alter Freund und Fachgenosse, G. Fischer v. Waldheim noch lebte, erhielt er jährlich die Nachricht, wie seine Stipendiaten wenigstens hiessen, später aber fehlten ihm hie- rüber alle Nachrichten. St. sprach oft mit Unzufriedenheit über diesen Gegenstand und meinte, dass die Universität trotz der Sammlung und der Stipendien bisher doch keinen Entomologen herangebildet habe. 125 grossem Eifer brachte ег bald еше zweite, noch grös- sere Sammlung zusammen,. welche jedoch zufolge des geschwächten Sehvermögens nur bis 1843 bearbeitet wer- den konnte. In diesem Jahre wurde diese, an sehr vie- len noch unbeschriebenen Arten reiche Sammlung von dem Ministerium der Kaiserlichen Domainen um den Be- trag von 2000 Rb. Sr. für die agronomische Anstalt in Gorigorezk in dem Mogilevschen Gouvernement ange- kauft. Leider ist die ganze Sammlung, falls sie noch »exi- stirt, von Insecten raubgieriger Art, wie Anobium pani- ceum jetzt gehörig mitgenommen. Mit der Errichtung des Ministeriums der Domainen, 1840 ward der Posten des Oberinspectors der Seidencultur in den eines Inspectors der sämmtlichen Landwirthschaft Südrusslands umgewandelt und Steven zu diesem Amte 1841 berufen. Den letztgenannten Posten bekleidete er zehn Jahre und machte während der Zeit alljährlich seine gewöhn- lichen und beschwerlichen Reisen, welche indessen in botanischer Hinsicht nicht mehr so grosses Interesse dar- ‚ boten als die früheren. Nur hin und wieder fand er oder wurden ihm einige Pflanzenarten zugeschickt, welche ihm noch nicht vorgekommen waren. Insecten sammelte er nur beiläufig oder liess er sammeln. «So viel aus Steven’s _ Autobiographie». Als der, in einem sehr grossen Maassstabe angelegte botanisch-ökonomische Garten in Odessa dem 3-ten De- partement des Ministeriums der K. Domainen zugezählt und in eine Centralgärtnerschule umgeformt wurde, ward Steven auch mein unmittelbarer Chef. Beinah jährlich kam er nach Odessa, um den Garten, die Gärtnerschule und die verschiedenen Versuche mit der Seidenkultur zu 123 besichtigen. Die vielfach modificirten Apparate für das Abhaspeln und Spinnen der Seidenfäden, gewonnen von mehreren Varietäten der Seidenraupen gaben uns Arbeit genug und Schreibereien ohne Ende. Am genauesten durchmusterte Steven die weitläufigen Anlagen der Baumschulen, aus welchen jährlich с. 20 bis 30,000 junge Bäume, meistens ohne Zahlung, den Militar-Ansie- delungen abgelassen wurden. Dabei vergass er nicht, der damals schon alte Mann, das Parterre mit den wild- wachsenden Pflanzen Südrusslands, unter welchen viele seltene Arten sich befanden und aus den kaukasischen Provinzen, aus der Krim und den Steppen zusammen- gebracht worden waren, — auf allen Vieren kriechend, genau zu prüfen, und wenn er dann z. B. eine Astraga- lus-Art nicht ganz richtig bestimmt vorfand, so schüttelte er sein, mit üppigem silberweissem Haarwuchs begabtes schönes Haupt und schrieb in sein, seit 50 Jahren regel- mässig geführtes Tagebuch, wie ich solches später ge- lesen «N. kennt die Astragali nur oberflächlich». Bei ei- ner Musterung der Art machte der alte, liebe Gönner ein ungewöhnlich finsteres Gesicht und konnte lange nicht vergessen, dass ein Astragalus nicht recht mit einer Eti- kette versehen war. Bei einer so fatalen Gelegenheit, blieb mir damals nichts anderes übrig, als dass ich ihm mein Herbarium der gesammelten Steppenflora von Odessa vorzeigte, und als der alte Herr dieselbe genau durch- gesehen, ward er wieder mild und meinte, dass dieselbe mit vielem Fleisse gesammelt worden sei ('). Während der 17 Jahren, welche ich im südlichen Russland zugebracht habe, besuchte ich jährlich die Krim, und fand bald in Sympheropol, oder auch in Sudagh im- (*} Das ganze Herbarium Odessannum habe ich im vergangenen Jahre Herrn Dr. Regel in St. Petersburg zugeschickt. 124 mer die freundlichste Aufnahme bei Steven. Bei ihm traf ich 1833 einen alten Berliner Kameraden, den be- kannten Geologen und Reisenden Du Bois de Montpe- reux, den berühmten Professor H. Rathke aus Dorpat, Krynicky aus Charkow, Dr. Kutorga, in der Folge Professor bei der Universität in St. Petersburg, Dr. Wie- demann, welcher bei Steven eine Zeitlang wohnte, später für den botanischen Garten in St. Petersburg Pflanzen und Insecten sammelte, mit mir während meh- rerer Jahren correspondirte und zuletzt in Nordamerika um’s Leben kam. Die Touristen und Naturforscher Dr. Brunner (') aus der Schweiz, Dr. I. Kohl und Dr. à) Als Dr. Brunner 1853 bei Steven sich aufhilt, schickte er mir nach Odessa einen lebenden Aasgeier (Neophron percnopterus) mit folgendem Gedichte begleitet: Ich eingenáh'ter armer Teufel, Willkomm' Herrn Nordmann sonder allen Zweifel, Bring’ einen schönen Gruss aus Staatrath Steven's Haus; Nun ziehet schleunigst mich aus Sack und Koth heraus, Flugs reinigt mir das zierliche Gefieder, Mit Speis' und Trauk stärkt mir die müden Glieder, Gefressen habe ich seit gestern Morgen nicht, Das weiset wohl mein Armsünder - Angesicht. Gekostet hat mein Hemd 80 Kopeken, Die musste Dr. Brunner mir vorstrecken. Jetzt richtet über mich, — soll ich die Sammlung zieren ? Da sparet keine Müh’, wer fährt, — muss auch gut schmieren. ' Dr. Brunner. Der Vogel lebte später in meiner kleinen Menagerie in Odessa drei Jahre. Im Zusammenhang hiemit will ich bemerken, dass, als ich 1833 zum ersten Male Steven in Sympheropol besuchte, ich viel von Berlin zu erzäblen hatte, von Humboldt, Link, E h- renberg, Lichtenstein, v. Siebold, Burmeister, Erichson und Anderen. Steven, so eben emsig begriffen mit dem Ordnen seiner Insecten-Sammlung, kam mit mir überein, dass auch die beiden letztgenannten Kameraden weltberühmte Naturfor- scher werden würden, — wie es auch gescheben ist. Während der 125 Moritz Wagner, alle drei wohlbekannte Namen, und welche auch über Südrussland geschrieben haben, be- fünf Jahren, welche ich in Berlin zubrachte, waren wir auch be- freundet mit Hern Zimmermann, welcher damals eine Mono- graphie über die Gattung Amara schrieb, demzufolge Amarus ge- nannt wurde, und später nach Mexico übersiedelte. In Bezug der damaligen Verhältnisse der entomologischen Freunde in Berlin er- laube ich mir folgenden Schwank von einem berühmten Fachge- nossen mitzutheilen: Amarus Traum. Ein berühmter Carabidolog, Von Halle her nach Spreestadt zog, Quedlinburg heisst sein Vaterland, Es ist ein Städtchen wohlbekannt, Seinen Namen ich nicht nennen mag, Die Amaren sind sein liebstes Fach. Die Zabroiden hat er auch so eben, Ohne Synonymen h’rausgegeben. Mit den Amaren aber steht’s so so, Denn er will jetzt hin nach Mexico Und auf mein gehorsamtes Verlangen Einen ellenlangen Brentus fangen. Es ist schon einige Wochen her, » Dass er hat’ studiret sehr. Müde ward, und ging zu Bett, Da lag er auch ganz warm und nett. Aber auf seinem Herzen liegt ein Stein, Dess Name, der war Altenstein Und auch Dietrich liegt ihm im Sinn, Den wünscht er wohl neunmal zum Teufel hin. Doch sank er bald in sanften Schlummer, Gleich bösen Dünsten wich sein Kummer, Es fioh der Gram, es schwanden die Sorgen, Ihm träumt: es sei ein schöner Morgen. Und nach Nordmann eilt er mit schnellem Schritt, Kommen Sie, ruft er, kommen Sie mit, Verlassen Sie Ihre Entomostraceen, Wir wollen auf den Käferfang geben. 126 suchten häufig das Steven'sche Haus. Weit früher, näm- lich schon 1814 (2), waren die Professoren aus Dorpat Sie gehen mit einander aus dem Unterbaum, О Himmel! was ist da für ein Wunder auzuschau'n: Dicht vor dem Thor, — steht ein Chimborasso Höher als alle Berge in Mexico! Da giebt's was zu brudern! sagt Einer zum Anderen, ‚Da müssen wir gleich hirraufwandern! Da giebt’s gewiss exotische Sachen! Da müssen wir'n starken Fang machen! Sie steigen hinauf, im Traum geht es leicht, Bald ist die unendliche Höhe erreicht. — Nun greif dich an Musa! — und singe, Was sie daselbst finden für herrliche Dinge! Caraben mit Hörnern, gestreifte Pelidnoten, Cicindelen mit ungeheuer feinen Pfoten, Unendliche Menge der schönsten Agra’s Und die prächtig — schenklichsten Sagras. Goliath, Hercules, Alcocharen, So viel nur irgend Zu wünschen, — waren, Brasilsche Colliuris, ostind’sche Ctenostomen Glatte Chlamys und rauhe Lamprosomen ! Sie fanden viel neue Manticoren; Grosse Blapse umschwirrten ihre Ohren; Beim hellen Tage leuchten so die Lampyren, Dass sich die Sonne musste geniren. Grosse Brachinen schossen und knallten, Dass die Lüfte bebten und schallten, Doch keinen Curculio gewahrte ihr Blick, Die waren all’ auf der schwed’schen Fabrik. Demnach der Käfer die Мы! und die Full’ Es war fiir Flaschen und Schachteln zu viel, Und beide freuten sich schier zu Todt, Denn jeder Kafer, — war ein Exot. Da sieht Amarus eine Amaram fliegen, Wart’, ruft er, ich werde dich bald wohl kriegen: Und eilt ihr nach von Ort zu Ort, Die Amara fliegt aber immer fort. 127 М. у. Engelhardt und Fr. Parrot auch in der Krim gewesen, und fanden in Steven einen eifrigen Unter- stützer. Vergl. die Reise dieser Herren in die Krym und den Kaukasus, Berlin 1815. Nach meiner Rückkehr aus dem Transkaukasus, im Herbste 1836, fand ich bei Steven unseren berühmten Landsmann und Sprachforscher, den Akademiker Sjö- gren vor, welcher kurz vorher Ossetien besucht hatte. Bei dieser Gelegenheit schenkte Steven an den letzteren alle seine, mit vielem Fleisse gesammelten, historischen, ethnographischen und geographischen Notizen und Auf- zeichnungen über die kaukasischen Völker, eine unstreitig kostbare Sammlung, welche aus einigen inhaltsreichen Thei- lenbestand. Steven hatte den Kaukasus, bei den damali- Und zieht ihn so mit Zauberhand Hin zu des jähen Abgrunds Rand, Da stürzt er blind vor Eifer hinunter Ihm wird's vor den Augen grün, gelb und noch bunter. Er stürzt wohl zehntausend Klafter hinab, Und erreicht noch nicht sein sicheres Grab, Auch wacht er nicht auf, wie es sonst wohl geschieht, Denn so ordinär träumt Amarus nicht. Es kam auch noch Hülfe, denn mit schnellem Entschluss Nimmt Nordmann einen Cerambyx longimanus Und hält den in den Abgrund hin, — Um Amarum gleich hinauszuziehn. Longimanus reckt seine langen Beine, Und ergreift damit Amarus seine, Er packt ihn mit seinen tüchtigen Krallen, Sonst war er in die Pulvermühlen gefallen. Kaum ist er gerettet, da wird er wach, Wo sind die Exoten alle? ach! Verschwunden ist Chimborass'os Hóh! Dafür aber hat er das Bett voll Fl. — W. F. Erichson, Berlin 1831. 128 gen schwer zu überwindenden Hindernissen genau er- forscht, — und wie v. Köppen in dem kurzen Necro= log über Steven uns belehrt, nämlich schon weit frü- her, bemerkenswerthe Notizen über die kaukasischen Bewohner dem Akademiker Lehrberg, gestorben 1813, mitgetheilt, und im Jahre 1815 einen Aufsatz: «Idées sur la population du Cauease et sur l'origine des Géor- gien» an die Akademie der Wissenschaften in St. Pe- tersburg eingereicht, eine Arbeit, welche aber leider aueh nicht gedruckt worden ist. Steven sprach den tatarischen Dialekt der türkischen Sprache ganz gelàufig. Schwerlich hätte mein alter lieber Lehrer, der Pro- fessor der Naturgeschichte in Abo, С. В. Sahlberg, die etwas sonderbare Idee durchgeführt, zwei junge an- gehende Naturforscher, W. Dammert und C. Tams 4824—26 nach Taurien und dem Kaukasus zu schicken, um Naturalien zu sammeln, wenn die Unternehmung nicht von Steven unterstützt worden wäre. Steven sprach oft von dieser Expedition, welche c. 18,000 Rb. Banco kostete, war aber mit derselben nicht zufrieden, denn meine akademischen Jugendfreunde waren für eine Unter- nehmung der Art, viel zu wenig wissenschaftlich vor- bereitet; brachten zwar eine Masse von Käfern und Vó- geln, aber beinahe keine Pflanzen, anderen Thiere, ge- schweige denn Versteinerungen oder wissenschaftliche Notizen mit. Bei dem grossen Brande 1827 in Abo ging auch Alles verloren und von der ganzen Ausbeute exi- stirt Jetzt, — nur eine Partie von Käfern in den Samm- lungen von Sahlberg und Mannerheim. Bei Steven fanden indessen unsere jungen Landsleute eine liebevolle Aufnahme und an ihm selbst einen zwar strengen, aber freundlichen Rathgeber. 159 Alle wissenschaftlichen Reisenden, welche die Krim be« suchten, wendeten sich sogleich zu dem zuvorkommen- den und gelehrten Steven und ich zweifle sehr, dass der berühmte Botaniker emeritus in Dorpat, v. Lede- bour nach Sudagh übergesiedelt wäre, wenn er nicht in seiner Nachbarschaft einen Fachgenossen wie Steven, vorgefunden hätte. Von Steven wurden unter mehreren anderen auch mein unglücklicher Reisevorgänger im Trans- kaukasus, der «harmlose und fleissige Pflanzen- und In- secten-Sammler» Skovitz, wie auch der jetzt bekannte Reisende in Ostsibirien Radde aufgemuntert, beide wa- ren ursprünglich Apotheker. Der Erstgenannte hatte wie Moritz Wagner (!) sagt, ein ähnliches Schicksal wie der Botaniker Ancher Eloy, er holte sich auf dem- selben Gebirge Adshara, welches ich einige Jahre spä- ter glücklich durchforschte, das colchische Fieber, — starb unbeweint im fremden Lande und liegt auf dem Kirch- hofe in Kutais, dem Lande des goldenen Vliesses, begra- ben. Seine letzte botanische Ausbeute wurde von den Kosakenpferden aufgefressen. Radde (7) ist glücklicher gewesen, und gegenwärtig steht ihm ein neues und grosses Feld für die Erforschung der Naturgegenstánde im Kaukasus zu Gebote. Zu den (1) Vom 19 (31) März 1853, Brief JV 104, schreibt mir Steven «was ich aber bedaure ist, dass Ihre sibirische Reise immer nicht zu Stande kommt, Herr Demidoff hatte doch Ihnen die Direction der Expedition übertragen und wie ich vernommen habe, auch der Präsident, der General Muravieff in der geographischen Gesell- schaft, und ich hoffe immer noch, dass Sie die Leitung überneh- men werden. Es ist hier seit einem Jahre ein junger Danziger Phar- maceut, Namens Radde, der vortrefflich ausstopft, selbst ein Jä- ger ist, sehr hübsch zeichnet, guter Ornitholog, etwas Botaniker und Entomolog ist und eine ganz unbändige Lust hat, zu reisen. Er hat bei mir mehrere Monate gewohnt, nehmen Sie den jungen Mann mit.» № 1. 1865. 9 150 wissenschaftlichen Personen, mit welchen Steven schon _ früh bekannt war, ist namentlich zu nennen Hablitz, der Freund von Pallas und Verfasser der vortrefflichen physikalischen Beschreibung von Taurien, herausgegeben schon 1787. Die Mitglieder der gelehrten Expedition des Herrn Anatol Demidoff's nach dem südlichen Russland, be- stehend aus den Herrn de Sainson, le Play, Hyot, Léveillé, Raffet, Rousseau, du Ponceau, Nord- mann, Malinvaud, Lalanne, Ayraud und der später in Paris zugekommenen «collaboration» von Dr. Mandl und Dr. Goubert, — fanden bei Steven eine gastliche Aufnahme und der uns begleitende Botaniker Dr. Lé- veillé ward überrascht, als er in Steven seinen ge- lehrten Fachgenossen und Meister persönlich kennen lernte. (Mein zoologischer Beitrag, 60 Kupfertafeln in Fo- ho, kostete Herrn Demidoff etwa 15,000 francs.). Steven unterstützte Jahre lang den ausgezeichnet fleis- sigen Pflanzensammler Compére, einen Zógling der polytechnischen Schule in Paris, hat nach ihm auch eine sehr schöne und nur bei Laspi und im Walde von Bai- dar vorkommende Orchis - Art benannt; Compére war aber ein ganz wunderlicher Kauz, hatte nirgends Ruh’ und Rast, streifte überall in der Krim umher und starb, man weiss nicht wo und in welcher elenden Tataren- hütte, und mit ihm ging auch seine vortreffliche Pflanzen- sammlung der südöstlichen Küste der Krim | verloren, | worüber Steven nicht wenig jammerte. Ich habe, wie schon gesagt, das Glück gehabt, Steven sehr oft zu besuchen. Das erste Mal 1833. Zu der Zeit machten wir zusammen еше Excursion nach der Sud- küste. Der nächste Weg führte uns zu.Pferde auf hals- 131 brechenden Pfaden über das tatarische Dorf «Kockos» und die Gebirgskette, genannt «Jaila» nach Alupka, zu dem edlen Magnaten Grafen Woronzoff. Auf dem Gebirge, es war im Mai, lag noch Schnee. Wir sammelten viele Pflanzen und Insecten, auf dem höchsten Kamme der Jaila blühte noch Crocus retieulatus, fanden aber in dem Walde der Pinus taurica keinen Elater Parreyssii, welchen seltenen und exotisch aussehenden Kafer Parreyss eini- ge Jahre früher daselbst entdeckt hatte. (Später, 1836 fand ich ihn in grosser Menge in einem Buchenwalde unfern Bambori in Abhasien). Im Spätherbste desselben Jahres war ich, aus Tagan- rog kommend, wieder bei Steven. 1843 im Mai reiste ich mit Steven von Odessa nach Bessarabien, Parkan, Tiraspol, Bender und Kischinew, an welchem letzteren Orte die Steinbrüche und nament- lich die daselbst vorkommenden Tertiär-Versteinerungen unsere Aufmerksamkeit auf sich lenkten. Steven, obgleich er mit der Lupe viel gearbeitet hatte, besass ein schar- fes Sehvermögen, und konnte im Wagen sitzend, die sel- tener vorkommenden Pflanzen von weitem erkennen. Dem- zufolge musste der Wagen sehr oft stehen bleiben. Das Gesammelte wurde sogleich vorläufig eingelegt. Ein Fi- scher oder Jäger war er nie, studirte aber fortwährend die Zoographie von Pallas. Der gemüthliche Du Bois hatte ihm das Interesse für die Geologie und Paläonto- logie auch beigebracht. Theils auf seiner am Salgihr romantisch gelegenen Villa oder auch in dem seiner Frau gehörenden Weingarten in Sudagh, die von Reisen nicht eingenommene Zeit zu- bringend, versammelten sich seine näheren Freunde je- den Donnerstag bei ihm. Zu diesen gehörten namentlich 0* 132 die Staatsräthe Dr. Mühlhausen, sein Nachbar, Dr. P. Lang, der Medicinalchef von Taurien, de Serre, zu welchen aueh sehr oft Dr. Arndt und Grootten hin- zukamen (+). () Mein unvergesslicher Freund Du Bois de Montpéreux schil- dert die Villa Steven, Voyage autour du Caucase V. p. 392 folgender- weise: «Mais le Simféropol que j'aime, n'est pas celui qui est sur la hau- teur, sur la steppe poudreuse et desséchée. Mon Simféropol est daus la vallée, sur les rives du Salghir. - - - - - N'est-ce pas aussi là que M. deSteven, successeur deP alla s, a sa modeste campagne, au pied du lambeau de calcaire à nummulites qui fait le pendant de celui des ruines, et forme l'autre cóté du por- tail de la vallée du Salghir. Son portique, qui regarde le sud-ouest, domine les terrasses de son jardin, oü le savant botaniste aime à faire prospérer des plantes rares et lointaines; quelques sentiers bordés de massifs d'arbres et d'arbustes fournissent un ombrage délicieux à toutes les heures dela journée, et ménent à une vigne qu'il a plan- tee; c'est un des premiers essais que l'on a faits dans la vallée du Saighir, que sa hauteur relative de 789 pieds au - dessus de la mer rend moins favorable que toutes les autres vallées à la culture de la vigne, dont il faut enterrer les ceps pendant l'hiver. Cet essai avait réussi et avait encouragé plusieurs autres particuliers à imiter M. de Steven. Un berceau de vignes qui traversait le jardin et la vigne, menait au verger riche en arbres fruitiers et traversé par un canal du Salghir ой prospérait /'Unio Steveniana K r y n. Des terrasses, la vue dominait Ja vallée et les vergers; l'oeil péné- ‘trait jusqu'au Tchatyrdagh, qui s’eleve sur l'horizon comme une large tente. La piéce qui s'ouvrait sur le portique, était une salle à man- ger avec une bibliothèque et une chambre de travail à droite, et à gauche un salon ой M. de Steven réunissait, chaque jeudi, ses amis à diner; jour de féte, de discussion, de nouvelles et d'amitié, ^ auquel ne manquait pas celui qui était à la portée de Simféropol. L'herbier avec le portrait dePallas était à l'étage supérieur dis- ‘posé pour cela, avec un balcon sur le portique. Une chambre, dans une maison attenante, était réservée pour les amis qui venaient en visite, ou pour les voyageurs qui se trouvaient heureux d'étudier la Crimée sous la direction d'un savant comme M. de Steven. Qui pourrait enumerer les noms de tout ceux qui sont venus de l'Alle- 133 Zu den nächsten Freunden Steven’s gehörten unter vielen anderen russischen Naturforschern, Fischer v. Waldheim in Moskau, F. Fischer Director des bota- nischen Gartens in Petersburg, mit welchem während 40 Jahren ein ungemein fleissiger Briefwechsel und Pflan- zentausch stattfand. Unter den fleissigsten Corresponden- ten Steven's ist vor allen Anderen besonders der erste Secretär der К. naturforsehenden Gesellschaft, Staatsrath Dr. C. Renard in Moskau zu nennen. Während der beinah 25 Jahren, welche Dr. Renard mit einer ausgezeichneten Akkuratesse den Geschäften der Gesellschaft gewidmet und während der langen Zeit in keiner ihrer Sitzungen fehlte, erhielt er jeden Monat sicher einen Brief, oft selbst zwei Schreiben von Steven: Jeder derselben zeigte Steven’s grosse Liebe zu den Naturwissenschaften und brachte stets etwas neu Beobachtetes. Ich habe die vie- len Hunderte Briefe gesehen, welche, wie die der vielen ausländischen Fachgenossen, nach dem Tode der Schrei- ber mit einer besonderen Akkuratesse und alle verzeich- net, eingebunden waren. In dieser Hinsicht erinnerte Steven an den Grafen Mannerheim. Der gelehrte Sta- tistiker und Akademiker P. v. Köppen ('), welcher frü- magne, de la Suisse, de la France ou de la Suède, trouver instruction et hospitalité dans cette chambre modeste? Combien de pages de mon journal m'ont été dictées dans cette retraite paisible. Le Salghir sépare le domaine de M. de Steven d'un autre domai- ne, qui appartient aussi à l'histoire: celui de madame Pallas. --- M. le prince Woronzoff en a fait l'acquisition.» (! Herr v. Köppen, unter anderen auch der Verfasser des «Krimskii Sbornik» und als Fortsetzung desselben der Taurica, Memoiren der Akademie der Wissenschaften T. IV. 1840. überlebte Steven nur mit etwa zwei Jahren, und starb auf seiner Villa Karabagh d. 23 Mai dieses Jahres. Als ich ihn im Mai 1861 besuchte, war er eben beschäf- tigt, seine Grabstätte eigenhändig zu bereiten und mit Cypressen zu umpflanzen. 154 her Steven s Gehulfe bei der Inspection des Seidenbaues gewesen war und zuletzt nach der Südküste übersiedelte, gehörte ebenfalls zu den Decennien-alten Freunden. Im Jahre 1849 d. 12 October feierte Steven sein 50- jähriges Jubiläum im Staatsdienste, worüber ein ausführ- licher Bericht von Dr. Theodor Basiner, aufgenommen im Bulletin de la Société des Naturalistes de Moscou, 1850, Ae II. p. 645 ff. uns vorliegt. Bei dieser Gelegenheit erhielt der Jubilar die grosse Goldmedaille von dem ge- lehrten Comité des Ministeriums der Reichsdomanen und wurde Ehrenmitglied sämmtlicher russischer Universitä- ten, der K. Akademie der Wissenschaften und mehrerer anderen gelehrten Gesellschaften. Auf vielmaliges Bitten erhielt Steven 1850 im 69-ten Lebensjahre endlich seinen Abschied, nachdem er öfters gekränkelt hatte, und namentlich litt er an einer mit heftigen Kopfschmerzen verbundenen Migräne und klagte oft, wiewohl ohne Grund, über eine Abnahme des Ge- dächtnisses. Schon 1840 schrieb er mir vom 8-ten Ja- nuar: «Da meine Augen schwach werden und auch ich gar keine Zeit habe, weder mit Botanik noch mit Ento- inologie mich zu befassen, so habe ich einen desperaten Entschluss gefasst und an Anatol Demidoff geschrie- ben, ob er nicht alle meine Sammlungen und naturhi- storischen Bücher für irgend eine Lehranstalt in Russland kaufen wolle? Ich fordere für alles nur 25,000 R. Ass. Sollte er Sie darum fragen, so helfen Sie mir es zu ver- kaufen, vielleicht schenkt er alles dem Odessaér Lyceum. Mein schönes Herbarıum könnten Sie sehr wohl ge- brauchen, auch die Insectensammlung». Die Letztere kam später nach Gorigoretzk, die Pflanzen- sammlung, in der Folge ungemein bereichert, wie auch 135 eine Auswahl der botanischen Bibliothek, wie wir un- ten sehen werden, 20 Jahre spater nach Helsingfors. Zurückgezogen von einem beschwerlichen, mit vielen Schreibereien verknupften Dienste, verlebte der Weise am Salghir, beschaftigt mit der Erziehung seiner Kinder, denen er selbst, unter anderen Lehrgegenstanden, Unter- richt in mehreren Sprachen gab, — dabei tauschte er fleissig Pflanzen, war fortwahrend in Anspruch genommen von - einem Briefwechsel mit den, wie er zu sagen pflegte, Bo- tanikern der dritten Generation, ordnete fortwährend sein Herbarium und unternahm auf seine alten Tage eine neue und critische Arbeit uber die in der taurischen Halbinsel wildwachsenden Pflanzen, welche im Bulletin der naturforschenden Gesellschaft 1857 bekannt gemacht worden ist. Als ich 1860—61 in der Krim mich aufhielt, arbeitete der alte prachtige Landsmann an einer neuen Auflage des Werkes. Der Tod uberraschte den uber 80- jahrigen Gelehrten; kurz vorher schrieb er mir nur eine Lebensfrist von einigen Jahren, so bin ich mit der Ar- beit fertig». Von seinen alten akademischen Fachgenossen über- lebte ihn nur Treviranus, gestorben in Bonn 1864 im Frühjahre. Steven, obgleich so weit von uns enfernt wohnend, hegte stets eine grosse Vorliebe für sein Vaterland Finn- land, und als ich, nach dem Tode meiner Lebensgefähr- tin 1848 Sudrussland verliess, und namentlich von mei- nem alten Freunde Prof. Ilmeni überredet wurde nach der Universität in Helsingfors überzusiedeln, — erinner- te er sich mehrerer der Pflanzen, welche zu seiner Zeit in dem akademischen Garten in Abo im Freien wucher- ten. Diese musste ich ihm oft schicken, denn, — wie * 136 er sich ausdrückte, hiess es «sehe ich dieselben bei mir blühen, — so werde ich um 50 Jahre jünger und denke an meine Jugendzeit in Abo. In dieser Hinsicht lautet sein Brief, der 97-te der Reihenfolge nach: Sympheropol d. *°/,, Mai 1849. «Wie geht es mit Ihrer Flora Odessana, wann und wo wird dieselbe gedruckt werden? Sie wissen, dass Lede- bour's Flora rossica in's Stocken gerathen ist; es wäre ewig: Schade, wenn er das classische Werk nicht been- digen könnte (*). Ich bin in meinem Herbarium sehr fleissig und habe oft Gelegenheit, mich Ihrer zu erinnern bei den schónen Alpenpflanzen aus Guriel, die Sie mir gegeben. Wenn Sie in Helsingfors Achillea Ptarmica fl. pl. (Bou- ton d'argent) im Garten vorfinden und mir Wurzeln da- von schieken wollten, so wurden Sie mich sehr verbin- den. Prof. Sahlberg hat sie mir vor vielen Jahren, nebst der Fumaria nobilis zugeschickt, aber sie ist her- nach ausgegangen, die letztere hat dagegen sich sehr vermehrt.» Ich schickte ihm dieselben, zugleich damit auch un- sere vortreffliche Maamura, Rubus arcticus, welche je- doch in dem warmen und trockenen Klima von Taurien nicht aushalten konnte. Die Fumaria nobilis blühte noch 1861 im Garten und als wir dieselbe zuletzt sahen, so unterhielt mich Ste- ven nur mit Geschichten, welche Porthan, Calonius und Franzen näher betrafen. d Die Ruhe und Muse, die Steven nach seinem erhalte- nen Abschied genoss, und welehe er nun der Wissenschaft (1) Ledebour’s Flora rossica ist bekanntlich doch vollständig er- schienen. 137 widmen konnte, dauerte indessen nicht lange;.der orien= . talische Krieg mit allen seinen schrecklichen und bluti- gen Thatsachen brach über die Krim los, — und obzwar die Ereignisse aus den vielfach bekannt gemachten Schil- derungen uns geläufig sind, so werden einige Mittheilun- gen von Steven vielleicht nicht ohne Interesse sein. Brief № 106, Sympheropol 4. 22 October (3 Novem- ber) 1854. «Trotz aller durch die Zeitungen verbreiteten und pri- vatim zugekommenen Nachrichten wollte niemand, vom Obersten bis zum Untersten an eine Landung der drei- fachen Flotte glauben, bis den '/,, September sie leider zur Wahrheit wurde. Den 2-ten erfuhren wir es hier, d. 3-ten fuhren viele aus der Stadt, um von der Anhöhe die ungeheure Flotte zu sehen, die indess ohne allen Wider- stand die Truppen ausgesetzt und Eupatoria eingenom- men hatte. Was in den Zeitungen von dem schlechten Wetter beim Landen geschrieben war, und von dem Un- gemach, das die Feinde die erste Nacht ausgestanden, ist nicht wahr. Die Witterung ist vom '/,, Sept. bis zum *°/,, October unvergleichlich schön gewesen, warm, still und trocken. Das ganze Land war entblosst von : Truppen, nur um Sevastopol lagen ausser den Matrosen etwa 30,000 Mann, bei Theodosia 4 — 5000; das war alles! Aus Furcht vor weiterem Vordringen der Feinde und besonders vor den Baschibusuks, flohen schon 9. 4-ten, darunter ich mit meiner Frau und vier Kindern, alle ineinem Wagen. Wir gingen über Korasan, unserem Steppengut und die Tschongarische Brücke nach Tonkoje oder Genitschefsk oder Ustasofsk, wie man es absurder Weise officiell benannt hat, da der Ort eigentlich Ust- Sivasch heissen sollte, indem er die Mündung des Si- 138 vasch ins Asovsche Meer ist. Hier blieben wir 11 Tage in der Hoffnung, es werde sich bald entscheiden, da aber dieses nicht der Fall war und wir ein gar schlechtes Quartier hatten, zogen wir allmälig nach Prischib, ei- ner Colonie an der Molotschna. Hier verweilten wir bis zu unserer Rückreise; bald hätte uns aber die, .glück- licher Weise falsche Nachricht von der Einnahme Seva- stopols genöthigt umzukehren. Nach uns zog allmälig alles, was dazu die Mittel hatte, aus Sympheropol fort; bald nach der Landung der Feinde war der Weg nach Perecop so unsicher, dass die Meisten über Tschongar flohen. Indess war am 8-ten Septbr. die für uns un- glückliche Schlacht bei Burluk, nah am Ausfluss der Alma, wo wir nur 5, die Feinde 8000 Mann sollen verloren haben, nach der aber unsere Armee sich von Sevasto- pol auf den Weg zur Katscha zurückziehen musste. Am 9-ten war die Nachricht davon hier angekommen, alles gerieth in panischen Schreck und Pestel, unser Gouverneur, befahl, ohne vom Fürsten Menschikoff da- zu Befehl zu haben, allen Behörden, sogar der Polizei und den Gendarmen wegzuziehen; mit diesen zogen auch alle Einwohner aus. Es soll ein herzzerreissender An- blick gewesen sein, über 2000 Fuhrwerke aller Art, manches füs das lezte Geld eines armen Einwohners ge- miethet, ohne Lebensmittel, — so dass bei der ersten Raststelle schon um Brod geschrieen wurde! — Glück- licher Weise hatte ein Militarbeamte dem Fürsten diesen Scandal gemeldet und Menschikoff schickte sogleich einen Befehl umzukehren, der nach 10 — 15 Werst die Fliehenden einholte, die mit Freude wieder zurückkehr- ten. Noch jetzt lebt dieser fürchterliche Tag in aller Er- innerung. 139 Aus Freude über den d. 8-ten erfochtenen Sieg haben die Engländer und Franzosen mehrere Tage gezecht, — die Menschikoff benutzte, um Sevastopol von der Südseite zu befestigen, wo es fast ganz offen war und das sie nach jenem Tage sogleich ohne Mühe hätten nehmen können. Die Feinde zogen sich indess nach dieser Seite, nah- men Balaclava ein, aber durch eine unbegreifliche Ver- blendung, oder vielmehr Irrthum verliessen sie gänz- lich die «GtBepHaa» (Sie erinnern sich wohl der Lage, oder haben bei der Hand eine Karte), deren kleine Fe- stung sie, wie man sagt, vergeblich zu nehmen versucht hatten, und machten somit die Communication zwischen Bachtschisarai und Sevastopol wieder frei. So konnte Sevastopol, das schon gànzlich abgeschnitten war, von neuem mit Munition, Proviant und Truppen versehen wer- den. Seitdem sind oftmals kleine Gefechte vorgefallen, d. 5-ten October aber ein sehr blutiges, doch ohne Er- folg beiderseits. Mein Sohn Anton, als Marine - Cadet, auch im Landdienst gebraucht, ist zweimal im Feuer ge- wesen und mit einer ganz leichten Blessur weggekom- men. Auf Befehl des braven, zum grossen Leidwesen aller, in einer Schlacht gefallenen Korniloff, ist Anton nebst den übrigen Cadetten nach Nikolajef zurückgeschickt, wo er seine nautischen Studien fortsetzt. Jetzt soll unsere Armee, nachdem sie bedeutende Verstärkungen erhalten, etwas vorgerückt sein, so dass alle Communication der Feinde zu Lande abgeschnitten ist, und sie keine Zufuhr mehr von Schlachtvieh haben. Sie haben noch Balaclava inne, und bei Savastopol die Козачья und vielleicht noch andere Buchten, in denen sich die Schiffe aber bei star- kem Winde nicht halten kónnen. Der Linie zwischen die- sen beiden Puncten gegenüber stehen unsere Truppen von Sevastopol bis Balaclava. 140 Alle Garten und Besitzungen an der Küste von Eupas toria bis Balaclava, besonders am unteren Belbek, der Katscha und Alma sind gänzlich verheert; in Alupka und Salta haben die Feinde etwas gebrandschatzt; weiter im Innern ist nichts geschehen. Nur der Koslover-tatarische Kreis ist aufrührerisch geworden und hat dem Feinde vieles zugeführt, die anderen Tataren sind ruhig geblie- ben. Eupatoria selbst ist noch in Feindes Händen, die Türken haben sich da förmlich verschanzt und ein Pascha regiert daselbst, ein Renegat. Die Güter von Woron- zoff, Popoff etc. in Tarkankut und Achmetschet sind ganz ruinirt. In Theodosia ist keine Landung geschehen; in Sudagh geht die Weinlese ganz ruhig vor sich. An Friede ist übrigens nicht zu denken. Keine Seite wird nachgeben wollen. | d. 24-ten October. Es freut mich meinen Brief mit der Nachricht beendigen zu kónnen, dass d. 21-ten die feindliche Armee unser tapfer vertheidigtes Sevastopol gestürmt hat, aber mit grossem Verlust zurückgeschlagen ist, und dass Eupatoria wieder in unseren Händen sein soll? Es sind gestern wieder viele Verwundete herge- bracht worden. Gefangene werden beiderseits sehr we- nige gemacht, alles rein gemordet! Ein Sohn des gewe- senen Gesandten Lord Seymour, ist doch in unsere Gefangenschaft gerathen und nach Kaluga gebracht wor- den. Einige verwundete englische Officiere liegen noch hier. Brief № 107 4. 9 December 1854. ---- Es sieht, wenigstens nach allen Nachrichten so aus, dass die Feinde die Krim bald verlassen werden. Es soll bei ihnen der grösste Mangel an allem herrschen und was früher nicht der Fall war, es sollen oft Deser- 141 teure zu uns herüber kommen. Seit 14 Tagen. ist auch Baron Osten-Sacken in Sevastopol an Dannenberg's Stelle. Von Sacken hofft alles sehr viel, bis jetzt ist aber nur von einem kleinen Handstreich zu hóren, den die yepHomopskischen Schützen mit einigen anderen aus- geführt haben. Dieselben haben in der Nacht sich an- geschlichen, eine Batterie erstürmt, die Leute grossen- theils niedergemacht und ein Paar Mórser weggenom- men, mit einem Verlust von 30—40 Mann. Dann sollen zwei unserer Dampfschiffe eines Tages ausgelaufen sein, das Lager der Franzosen an einer der äusseren Buchten des Chersons beschossen und bei der Annäherung der englischen Schiffe sich glücklich wieder in den Hafen retirirt haben. Der furchtbare Orkan, der den ?/,, Novem- ber wüthete, hat eine grosse Menge Schiffe scheitern ge- macht und sonst beschädigt. Hätte er noch 2—3 Stun- den gedauert, so wäre die ganze Flotte wahrscheinlich zu Grunde gegangen. Sie haben doch noch viel Schiffe nach, denn man sagt, es sei eben jetzt wieder eine neue Landung bei Eupatoria geschehen. Dies scheint mir doch unwahrscheinlich, oder wenigstens zwecklos, denn wir haben da eine Menge Cavallerie. In Odessa soll man ein neues Bombardement erwarten. Alles das sind Gerüchte; so nah am Kriegsschauplatz wissen wir doch nichts Ge- naues. Gewiss ist, dass die Stellung der beiden Armeen immerfort dieselbe ist, trotz der fürchterlichen Schlachten. Unser Sympheropol ist voll von Verwundeten und Kran- ken, leider vielen Typhosen; in 42 Häusern sollen mit den Hospitälern 4600 Kranke liegen, ausser was in Bachtschisarai und Karassubasar unterbracht worden ist. Ich habe auch Einquartirung; im oberen Stock bei mir ist ein verwundeter Husaren Officier. ---- Noch ist bei uns kein Winter, vielmehr schönes 142 Herbstwetter, Mittags 10 — 12° Warne, Nachts 4 — 6° Chrysanthemum indicum, Cheiranthus ineanus, Scabiosa atropurpurea und vieles Andere bluhen noch auf meiner Terrasse; kommen Sie theurer Freund wieder nach dem Süden zurück, man lebt ja angenehmer als wie im Norden, herzlich freut mich Ihr Versprechen uns we- nigstens besuchen zu wollen; erfüllen Sie es bald, so lange ich noch lebe. Ich bin bald 74 Jahr alt und denke täglich an meinen Tod und an das Schicksal meines schönen Herbariums. Sagen Sie mir, ist Ihre Universität reich genug, um es nach meinem Tode mitsammt der Bibliothek zu kaufen?. | Brief № 108, Sudagh d. 28 November (10 Decem- ber) 1855. - - - «Meine Briefe hätten doch nichts wie Klagen ent- halten können, die Ihnen nicht Vergnügen gemacht hät- ten. Ausser dem allgemeinen Zustande unseres Landes, den Sie aus den Zeitungen kennen, ist noch unsere La- ge hier besonders peinlich; Sudagh ist ganz offen, wie Sie wissen, es sind hier keine Truppen und wäre auch Thorheit hier welche herzuschicken; so sind wir jedem Piraten preisgegeben, der Lust hat, uns zu plündern. Noch ist freilich nichts ähnliches vorgefallen, nicht ein- mal ein Dampfschiff ist bis jezt an unser Ufer gekom- men, aber es kann doch geschehen. Zur Zeit des Mu- hamed bairams, Anfang Juni, erwartete man so etwas und zugleich damit einen Aufstand der Tataren; wir und alles was wegziehen konnte, — floh für diese 8 Tage über das Gebirge in die nächsten russischen Dörfer; es ging aber Alles glücklich vorüber, und seit der Zeit le- ben wir wieder hier. Indess hatte ich das Unglück mei- ne älteste Tochter Julie an der Ruhr zu verlieren, mein 143 liebstes Kind, welches auch Sinn für die Naturgeschichte hatte, und unter anderen Gegenständen auch die Fische sehr schón zeichnete. Dr. Brandt in Petersburg besitzt einige von den Bildern. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie mich dieser Verlust betrübt hat! - - - Mein Haus in Sympheropol ist seit dem April von | Kranken und Verwundeten eingenommen, aber wenn es auch frei wäre, würde ich schwerlich da wohnen; alle meine alten Freunde sind todt oder weggezogen, neue, die mir zusagen könnten, finde ich keine! Ich habe jezt mein Herbarium aus Sympheropol, 40 grosse Schränke, naeh Sudagh bringen lassen und beschäftige mich da- mit vom Morgen bis Abend. Die Cornus sanguinea aus Gottland und Finnland, die Sie mir zugeschickt haben, hat mir grosses Vergnügen gemacht. Meyer hat Recht, unsere in Taurien scheint verschieden zu sein. Eine Enu- meratio plantarum peninsulae tauricae habe ich der Mos- kauer naturforschenden Gesellschaft zum Druck geschickt. P. S. Anton, mein àlterer Sohn, ist seit dem Mai Of- ficier d. В. Midshipman, und hat den berühmten Re- dan mit gegen die Englànder vertheidigen geholfen, auch dafür schon zwei Auszeichnungen erhalten; er ist auf der Съверная geblieben, die jetzt sehr befestigt ist. Der gróss- te Theil des kleinen hestes unserer Matrosen und See- officiere ist nach Nikolajef übergeführt. Warum hat mir das Schicksal nicht erlaubt in meinen alten Tagen Sie in meiner Nähe zu haben»? Steven umfasste mich, wie ich schon früher bemerkt habe, stets mit einer, ich möchte sagen, väterlichen Liebe, legte auf meine geringen wissenschaftlichen Lei- stungen einen viel grösseren Werth als dieselben solchen 144 verdienten und nur diesem Umstande und dem, — dass er selbst ein Finnländer war, hat die Universität in Hel- singfors zu verdanken, dass dieselbe in den Besitz sei- nes Herbariums und der theuren Auswahl seiner botani- schen Bibliothek gekommen ist. Die Correspondenz hierüber wurde zwischen uns fünf Jahre geführt, bis dass Steven, obzwar er für die Samm- lung, so überreich an Typen von Adams, Hablitz, Pallas, Bieberstein, Besser, Fischer, Szovitz, F. A. Meyer, Hohenacker, Ledebour und anderen bekannten Botanikern, im Auslande eine namhafte Geld- summe hätte erhalten können, sich endlich entschloss, die ganze Sammlung der vaterländischen Hochschule zu schenken. Er schreibt darüber, Brief № 110, Sudagh 4. 30 August 1856: - - - «Mein schönes Herbarium werde ich also wohl der finnischen Universität vermachen, wenn meine Kräf- te so abnehmen, wie sie es dies letzte Jahr gethan, so schenke ich es noch bei Lebzeiten und schaffe mir das Vergnügen, Sie zum Empfang hier zu sehen. Vielleicht lebe ich noch bis zum nächsten Sommer, da kommen Sie hübsch her und bleiben eine zeitlang mit uns in Su- dagh». Brief № 112, Sympheropol d. 30 April 1857: ^--- «ch bin sterbenskrank gewesen. Es muss ein Stein abgegangen sein, da die heftigen Schmerzen so plözlich aufhórten, worauf denn allmälig die übrigen Lei- den ein Ende nahmen. Ihrem Rathe zu Folge habe ich an den Grafen Armfelt geschrieben, dass ich mein Her- barium und meine botanische Bibliothek der Universität in Helsingfors darbringe, aber bis zu meinem Tode be- 145 halten will, wo der Graf dann Sie beauftragen-móge, es abzuholen. Schicken Sie mir wieder die Achillea Ptarmica fl. pl. wir hatten sie in unserem Gärtchen in Fredrikshamn». Brief № 118, Sympheropol 4. 1 Aug. 1859. - - - «Es thut mir leid, dass Sie nicht mein Herbar dies Jahr empfangen können. Ich arbeite indess an einem Supplement zu meiner Enumeratio der taurischen Flora». Im September 1859 wurde Steven wieder sehr krank, fing zwar einen.Brief an, selbst zu schreiben, konnte aber denselben nicht beendigen, den Rest dictirte er einer seiner Töchter. Brief № 120, Sudagh 4. 7 December 1860. - - - Ich bin sehr schwach geworden und kann jetzt seit mehreren Wochen das Bett nicht mehr verlassen. Vor etwa drei Wochen hat der Tod nach einer fünftägi- gen Krankheit, mir meine Frau in ihrer vollen Thätigkeit geraubt. Ich leide nur an Marasmus». Das folgende Schreiben war wegen des Krankheitszu- standes mehr beruhigend und enthielt schon mehrere wissenschaftliche Mittheilungen und Bemerkungen: Brief N 121, Sudagh d. 6 März 1860. - - - «Radde ist schon längst wieder aus Ostsibirien zurück und obzwar er bei mir gewohnt, hat er mir nicht ein Blättchen von Amurpflanzen zugeschickt und ich ha- be überhaupt von daher nichts zu sehen bekommen. Die letzte Zeit haben mir mehrere ausländische Botaniker Pflanzen verschafft, wofür ich von meinen hiesigen und -caucasischen Seltenheiten habe hergeben müssen. Wir haben einen sehr gelinden Winter gehabt, nur die N 1. 1865. 10 146 letzten 8—10 Tage hat es einige Mal bei Tage gefroren, sonst auch Nachts nicht mehr als — 8°, aber leider ist wenig Schnee gefallen; es fingen schon Mandeln an zu blühen, Crocus, Scilla bifolia, Colchicum bulbocodioides, Primula acaulis, Farfara und andere waren in voller Blithe, jetzt da die Fröste vorüber zu sein scheinen, werden sie wohl wieder erscheinen. Es thut mir wohl leid, dass von meinen zwei Sohnen keiner Lust zur Naturgeschichte zeigt. Kommen Sie und sehen Sie sich die Abdrucke der Fucoideen an, welche die Steinplatten um meinem Hau- se in Sudagh bedecken. Von der grossen Tarentula mit den vielen Jungen auf dem Leibe, hat mir Alexei ein Exemplar gebracht, das ich jetzt füttere, es will keine Fliegen haben, die sind ihr wohl zu klein, aber einen Gryllus hat sie zu verzehren beliebt. Sie erhalten anbei einen sehr schönen Gryllus, sehen Sie doch zu, ob der- selbe in Fischer’s Entomographie abgebildet ist. Ich habe auch eine Locusta, vielleicht Ephippium mit weiss- gerandetem Brustschilde, die kein Grass frisst, aber einen Gryllus italicus mit Haut und Haar verspeisst und nur die Hinterbeine nachgelassen hat. Den neuen Astragalus hat Hr. Seletski nicht wieder in Sudagh auffinden können. Mir läge besonders an dem Namen der weissen Spinne (ist Thomisus Diana), die der grosse Sphex (Polepoeus pensilis Illig.) in solcher Men- ge für seine Jungen in meiner ПЕНЬ herbeischleppt. Die Orchis satyrioides und pustulata sind während des vergangenen Sommers sehr selten vorgekommen. Wir haben in Sudagh eine Riesentraube «Chatymbarmak», de- ren Beeren 45 Millim. lang und 22 M. dick sind. Ha- ben Sie in der Universitäts-Bibliothek ein Werk, wo Sie 147 nachsehen könnten, so bitte ich mir zu sagen, wie solche in Frankreich oder Deutschland heisst? -. Man hat mir Streusand aus Sevastopol gegeben, ich schicke Ihnen eine kleine Portion mit der Bitte, alles oder einen Theil davon an Prof. Ehrenberg zu senden, des- sen Bekanntschaft ich vor etwa 42 Jahren in Berlin mach- te, wie er im Begriff war, nach Aegypten zu reisen; vielleicht findet er darin etwas von Infusorienschalen.» So schrieb mir der über 80-jährige, wie er sich aus- drückte lebensmüde Greis, ein sprechender Beweis, dass er trotzdem ein lebendes Interesse für die Wissenschaft zu bewahren wusste! Nachdem ich von dem Kanzler der Helsingforser Uni- versität den Auftrag erhalten hatte, das vielbesprochene Herbarium von Steven abzuholen, reiste ich endlich, begleitet von meinen beiden Tóchtern und einer Malerin, D-elle Olson d. 27-ten Mai 1860 von Helsingfors, ging über Schweden, Berlin, Wien der Donau entlang nach Odessa, von da den Dniepr hinauf nach Ekaterinoslaw zu meinem Bruder Carl und dann den nàchsten Land- weg nach Sympheropol, wo wir den 4-ten August glück- lich anlangten und auf der Villa von Steven am Sal- ghir abstiegen. Das Schicksal wollte es haben, dass ich nach ешег Abwesenheit von 12 Jahren den herrlichen Süden mit allen seinen Erinnerungen der daselbst ange- nehm und traurig verlebten Zeitperiode noch ein Mal wiedersehen sollte. Sudagh liegt 100 Werst von Sym- pheropol entfernt; d. 11 August hatte ich das Glück und die Freude, meinen innig verehrten Gónner und Lands- mann umarmen zu kónnen. Bei uns Beiden glànzten die Freudenthránen und eine Weile fanden wir keine Worte. Ich komme, um Ihnen Ihr Liebstes zu rauben, war das 10* 148 Erste, welches ich herausbringen konnte, worauf der alte Herr mich liebevoll ansehend, erwiderie, — «So ist's recht, machen Sie es nur geschwind, packen Sie das Gras fort, — und dann wollen wir so lange wie möglich noch beisammen bleiben und uns noch ein Mal des Le- bens freuen; die schönsten Trauben und Früchte aus mei- nem eigenen Garten und pour la bonne bouche auch Sol- pugen, Skorpionen, Taranteln und anderes Gethier kön- nen Sie als Desert aufspeisen, dieselben sind nicht gif- tig. Darauf erzählte er mir sogleich, er habe vor Zeiten eine grosse Epeira selbst verschluckt, um bei einer vor- gefallenen Gelegenheit seiner erschrockenen Umgebung zu beweisen, dass die Bestie nieht giftig sei. Dem Aeusseren nach zu urtheilen, fand ich den alten prächtigen Herrn trotz dem, dass er um 13 Jahr älter geworden war, nicht auffallend verändert. Seinen schó- nen Kopf umwallte ein reicher silberweisser Haarwuchs, dessen Locken er bei Gelegenheit und gewöhnlich ohne Kopfbedeckung dem Winde preisgab, seine freundlichen himmelblauen Augen glänzten wie vormals, zahlreiche Furchen bedeckten sein geistreich aussehendes Antlitz, welches man ohne gerührt zu werden nicht lange anse- hen konnte, sein feingeschlitzter Mund mit seinen sar- kastischen Winkelzugen beurkundete den gelehrten Men- schenkenner. Eine meiner Töchter, nachdem sie einige Jahre in Dresden Studien der Malerei vollendet, hatte das Glück, ein getroffenes Bildniss von ihm wiederzugeben. Das Original davon ist bei Stevens Erben, die Kopien sind bei mir zu haben, eine von denselben, zugleich mit dem Portrait von P. S. Pallas sind der neu zu errichtenden Neurussischen Universität in Odessa verabfolet worden. 149 Steven war klein von Wuchs und von zartem Kör- perbau, sein Temperament ungemein feurig und lebendig, seine individuelle Auffassung aller Beurtheilung der viel- fach durchlebten Verhältnisse solidarisch geprüft, empfäng- lich für das Gute und Schlechte; dem Ersten spendete er vielleicht eine zu grosse Anerkennung, das Letzte geis- selte er vielleicht auch zu strenge. Wehe dem, welcher seiner Ansicht nach in die letztere Kategorie gefallen war! Ausgerüstet mit einer grossen Menschenkenntniss, sprudelte sein Urtheil, voll Witz und schlagenden Argu- menten; bei alle dem war er doch kein Rechthaber und milderte oft sein strenges Urtheil. In seinem Glauben war er zu aufgeklärt, um dem auf crassen Dogmen gebau- ten Bekenntnisse einen allzugrossen Werth beizulegen, in dieser Hinsicht war er der einzige, welcher nach eige- ner Ueberzeugung in seiner Familie abwich. Sein älte- ster krimmscher Freund und nächster Nachbar am Salg- hir, der ehrwürdige Staatsrath Mühlhausen, Vorsteher der deutschen Gemeinde in Sympheropol, war einer an- deren Meinung, und dennoch blieben sie bis zuletzt treue und gute Freunde. Steven steckte in der Gesellschaft voll geladen mit überraschenden witzigen Erzählungen aller lustigen Bege- benheiten, und wenn er etwas Neues in dem Bereiche der Gonversation hörte, so konnte er herzlich, ich möchte sagen, kindlich lachen, war aber immer bereit etwas noch mehr Komisches vorzutragen. Einst traf ich ihn beim Lesen einer Reisebeschreibung. «Das Buch, sagte er mir, ist langweilig, nur eine Stelle ist amüsant. Auf einem Schiffe befand sich ein Affe, welchen die Matrosen in einem Käfig zusammen mit ei- .nem Ferkel einsperrten. Beide wurden bald intime Freun- t 150 de, doch kaum hatte der Affe den gewundenen Schwanz des Ferkels bemerkt, als er sofort sich abpeinigte, dem Schwanze eine gerade Richtung zu geben, mit einer Hand denselben ausstreckte, mit der anderen nach vie- len Versuchen andrückte, dann wieder losliess, worauf das Schwänzlein doch wieder in seine frühere Spiralwin- dung zurückschnellte. Sie sehen, meinte Steven, der Affe mühte sich, wie wir Menschen, vergebens ab und wollte etwas zu Wege bringen, welches sich nicht er- zwingen lässt». Unter vielen anderen heiteren Geschichten, nannte er mir einen alten Akademiker in Petersburg, welcher ganz abweichend den Namen Pallas declinirte, er liess nàm- lich drucken «apud Aristotelem et Pallantem». Degabt mit einem feurigen Temperamente, gingen alle seine Unternehmungen und Beschlüsse eilig vor sich. Alles musste sogleich vollzogen werden; die Faulheit hasste er, und oft schien es mir, dass er mit seinem Vorhaben sich überstürzte. Um einen grósseren Nachdruck auf sein Urtheil zu legen, gebrauchte er einige Kraftausdrücke, welche in seinen Briefen gewöhnlich vorkommen, statt sehr schrieb er immer «fam». So heist bei ihm: Herr v.B. in Petersburg, «ein infam geistreicher Naturforscher» Dr. B., еш infam fleissiger Zoolog, В. ein infam thäti- ger Briefwechsler und Naturaliensammler, Prof. Trevi- ranus in Bonn, ein infam lieber alter Freund, sein vor Zeiten bei ihm angestellter Secretär M., ein Schüler von mir in Odessa, ein infamer Latinist u. s. f. Steven hatte in seinen rüstigen Jahren und auch spä- ter einen schnellen und trippelnden kaum hörbaren Gang, denn er trug, wo solches geschehen konnte, selten Stie- fel, statt deren immer eine leichte Schuhbekleidung, * men EFF ERES me NET E NI P PER IT RI EURE EN IY 151 Sein Anzug war bequem, altmodisch und veraltet. Seine Droschke in Sympheropol war in der ganzen Umgegend, bekannt, unbequem, mit einem hohen Sitze versehen und klapperte ganz unbarmherzig, worüber, wenn ihm deswegen Bemerkungen gemacht wurden, er herzlich lachen konnte. Doch wir wollen wieder auf meinen letz- ten Aufenthalt in Sudagh zurückkommen. Derselbe fiel dieses Mal in die heisseste Jahreszeit; trotz dem sammelte ich fleissig Spinnen und Insecten, namentlich die stechenden Vierflügler, welche gegenwär- üg von Dr. Gerstäcker in Berlin verzeichnet wer- den. Bei jeder vorzunehmenden Excursion erhielt ich, wie vor zwanzig Jahren, stets nachdrückliche Instructio- nen, da und da, hiess es, blüht Jetzt die prachtvolle Capparis spinosa, vier Astragalus-Arten tragen jetzt Scho- ten, vergessen Sie nicht Sium lancifolium am Bache ein- zulegen, wo ist ihr Kóscher und Ihre anderen Jagduten- silien, Sie wollen zu den alten genuesischen Ruinen, da finden Sie in der Umgegend schóne Liasversteinerungen und wahrscheinlich auch seltene Spinnen, denn solche sind hier noch von Niemand gesammelt worden; haben Sie Ihren Hammer mit?» Mit einem Worte, der alte liebe Herr überrumpelte mich geschäftig mit Aufträgen und Erinnerungen aller Art, bedauerte aber jedes Mal, dass er nicht mehr mitfolgen könne. Steven gab mir den ganzen Vormittag, wenn ich etwa beschäftigt war, die gesammelten Insecten, Spin- nen und Pflanzen vorläufig unterzubringen, — keine Ruhe. Ich kletterte auf allen den nächst gelegenen Ber- gen, kroch in die Schluchten, schwitzte, befand mich aber ganz wohl; gebrauchte jeden Tag das wohlthuende Seebad. Stevens Pferde waren wohlgenährt. Bin nie so 152 schnell gefahren als bei ihm von seiner Behausung nach dem etwa zwei Werst entfernten Seeufer. Auf dem schlechten, steinigen und gefährlichen, von wuchernden Gesträuchen beengten Wege, ging es in hastiger Schnel- le über alle Hindernisse, immer aber glücklich fort, und als der Abend kam, wurde die ganze Ausbeute genau von Steven durchgemustert; bei der Gelegenheit war ich ganz erstaunt über sein Gedächtniss, welches er vor- gab schon längst verloren zu haben. Die lokalen tata- rischen Benennungen der Pflanzen kannte er ganz vor- trefflich. Viele derselben hat er auch in seinem Verzeich- nisse der taurischen Flora angegeben. Zur Theezeit, welche auf der Veranda stattfand, ver- sammelte er seine Nachbaren, meistens aus älteren Da- men bestehend. Die schönsten Früchte, Weintrauben, Mandeln, Birnen und s. f. waren, wie auch der Sudagher Wein und Melonen reichlich aufgetischt, gewürzt mit possirlichen Anekdoten, welche er ganz meisterhaft wie- dergab. Doch kaum war die Sitzung halb vollendet, da hiess es wieder: «machen Sie, dass Sie wieder fortkommen». Im Garten habe ich auf Brettern geschnittene Aepfel und Birnen zum Trocknen ausbreiten lassen. Da finden Sie eine Masse von Noctuen, jetzt muss die, im Sitzen mit gefaltenen Flügeln versehene, Brotolomia meticulosa und Consorten häufig sein ('). (') Bei derselben Gelegenheit fing ich unter vielen anderen : Triphaena subsequa, pronuba und innuba, Noctua xantographa, Hadena monochroma Esp., Acontia solaris, var. albicollis Fabr. Plusia circumflexa,. Grammodes stolida, Plusia ypsilon Dahl., Agrotis crassa, puta Hübn., obesa Boisd., lata Tr., Stephania puniceago, Neclia famula Fr., Solidosema plumaria, Gnophos obscurata, Stenopteryx hybridalis u. $. Г. Unter den Spinnern war für mein Verzeichniss der taneika neu, — Trichosoma parasita 153 Mein diesmaliger und letzter Aufenthalt in dem roman- tisch gelegenen, seit Pallas Zeit berühmten Sudagh-Thale währte vom 11-ten August bis zum 7-ten September. Während derselben Zeit ereilte mich d. 30 August eine Telegrammdepesche mit der überraschenden Nach- richt aus Paris, dass das französische Institut, nachdem mein alter Lehrer Ehrenberg als Associe Humboldts Platz eingenommen hatte, mich zu seinem ausländischen Mitgliede ernannt habe. Ich erwähne des Umstandes nur deswegen, weil sol- ches in dem entfernten Winkel von Sudagh zuerst be- kannt wurde. Steven freute sich über diese seltene ge- lehrte Auszeichnung mehr denn ich, erbärmlicher Natur- forscher, und fand nicht Worte genug, um darüber sei- ne volle Zufriedenheit auszudrücken. О! wie gern hätte ich gewünscht, das Diplom mit dem beflügelten Miner- vahaupte, dem anspruchlosen Nestor der Botanik am Salghir zu gönnen. Steven meinte aber, wenn seine alten Freunde, Lamarck, Cuvier, Richard und an- dere noch leben würden, so hätte er dieser Ehrenbezeu- gung schon vor 25 Jahren sich erfreuen konnen! Nachdem solches geschehen war, behandelte er mich mit noch grösserer Freundlichkeit. Sobald ich das Herbarium und eine Auswahl der bo- tanischen Bibliothek aus Sympheropol verpackt und fort- geschiekt hatte, war es meine Absicht, sogleich heimzu- kehren. Aber bei den nächtlichen Schmetterlings-Excursionen aus der Sleppe. Sphinx Convolvuli und stellatarum wie auch Atropos waren gemein. S. Nerii kommt alle Jahre in der Krim und bei Odessa vor. Am letztgenannten Orte habe ich die Raupen mit Lonicera lalaríca gefüttert, und 9 Stück Schmetterlinge vollstandig entwickelt erbalten. 15% auf der Villa am Salghir, holte ich mir ein mit beäng- stigendem Herzklopfen und stagnirendem Pulsschlage verbundenes taurisches Fieber, der herbeigerufene Arzt glaubte mich retten zu können, wenn er Blutverlust ver- ordnete, demzufolge ward ich so schwach und krank, dass ich meiner irdischen Auflösung jeden Tag entge- gen sah. Eine Ohnmacht folgte der anderen, und als ich die Villa Steven verliess, um bei einem meiner frühe- ren Schüler aus dem Lyceum Richelieu in Odessa, H-rn Eckart mich vorläufig zu etabliren, Dank dem lieben Eckart, so war ich so schwach und erbärmlich, dass ich kaum ein Glied rühren konnte. Am meisten plagten mich indessen die Lichtmomente während der Fieberanfälle. Die dieses Mal versäumten Versteinerungen in dem Thale «Badrak» unfern Bachtschi- sarai, die vielen bekannten und unbekannten Gobius-Ar- ten, von welchen schon Pallas, Zoogr. Ш. р. 148, sagt: «Euxinus Pontus tandem gobiis pullulat und die ich noch ferner beabsichtigte zu sammeln und zu unter- suchen, — verfolgten, spuckten und vorgaukelten in bunten und zerrissenen Bildern meinen Krankheitszu- stand. Ich war demnach gezwungen, den Winter ш Sym- pheropol zu bleiben, miethete mir ein Quartier, ein, wie es sich später ergab, kaltes und unfreundliches, in wel- chem ich und meine Umgebung während des ungewöhn- lich rauhen Winters viele Unannehmlichkeiten auszuste- hen hatten. Im Oktober, konnte ich bei einer scheinbaren Recon- valescenz eine Excursion in der nächsten Umgebung von Sympheropol unternehmen, d. 16-ten eine weitere nach der Südküste, Sevastopol, Oreanda, und Karabagh zu Hr. v. Köppen. 155 Steven war unterdessen mit seiner zahlreichen Fami- lie und den vielen Grosskindern von Sudagh nach sei- ner Villa am Salghir in Sympheropol übergesiedelt. Der häufige Umgang mit ihm war mir eine wahre Wonne. Am 23 Jan. (4-ten Februar 1861), erlebte ich, übrigens krank und erbärmlich, einen Freudentag, indem mein Sohn Arthur, vom Amur konımend in Sympheropol glück- lich ankam. In Folge des ungewöhnlich strengen Winters, hatte er aber auf der weiten Reise seinen Kopf gräss- lich erkältet und verfiel in eine Gemüthskrankheit, wo- bei er, gereizt und verstimmt, fortwährend von dem Wie- derkehren zu dem mir jetzt verhassten Amurgebiete fa- selte, und uns Allen Kummer und Sorgen verursachte. Der Winter 1861 in Taurien gehört zu den unange- nehmsten, den ich je verlebt habe. Mein einziger Trost war wie gesagt Steven. Zum Frühjahre wurde es indessen etwas besser, auch konnten wir im April eine Excursion nach Jenisala zu Hrn. Grootten und zu der bekannten Grotte in der Umge- gend vornehmen; später reisten wir wieder nach Kara- bagh zu Hrn. v. Kóppen. Diese beiden Ausflüge verschafften mir eine Menge neuer Spinnen, 4 Arten Fledermäuse und, als wir bei Hrn. v. Kóppen am Ufer Fische angelten, war Arthur so glücklich, einen für die Fauna taurica neuen Lepadoga- ster zu erwischen ('). ( Ich habe das bunte Fischlein Lepadogaster Kessleri genannt und die nach dem Leben gemachte und bereits gedruckte Abbildung derselben Hrn. Kessler mitgetheilt. Die Fische haben doch in der Regel un- bewegliche Augen, aber mein Fisch, den ich mehrere Tage lebend beobachten konnte, bewegte seine bunt gezeichneten Augen sehr leb- haft, wie mir solches früher nicht vorgekommen war. 156 Zwei ganz ausgezeichnete Epeiriden, und eine Masse von stechenden Vierflüglern waren unter anderen auch unsere Ausbeute. Während des ganzen Frühjahrs war das Wetter sehr unbeständig, kalt und unbehaglich, d. 19-ten April fiel in Sympheropol bedeutend viel Schnee. Nach langem Zögern stellte sich endlich im Mai eine warme Witterung ein und jetzt erst konnte ich an die be- schwerliche Rückreise denken. Der Abschied von dem prächtigen Steven, den ich nicht mehr wieder zu sehen hoffen konnte, presste uns Thränen aus den Augen; zuletzt warf ich noch einen Blick m die schon vor längerer Zeit gegrabene und ge- mauerte Gruft, an der nördlichen Mauer seines Gartens, hinein. Am 15-ten Mai verliessen wir Sympheropol und lang- ten d. 2 (14-ten) Juni glücklich in Helsingfors an, wo ein Schreiben von Steven meiner bereits harrte. Um die Skizze zu seiner Biographie zu vervollständi- gen, will ich noch einige Notizen über seine nächsten Verwandten folgen lassen: Sein Vater, Zollverwalter in Fredrikshamn und Colle- gienrath Christian D. Steven war zwei Mal verhei- rathet und hatte mehrere Kinder, von welchen unser Nestor das höchste Alter erreichte und sämmtliche Ge- schwister weit überlebte. Die erste Frau war eine geborene Wulffert und aus dieser Ehe gingen hervor: Die Söhne 1) Anton, Generalproviantmeister, war ein grosser Beschützer seiner Landsleute Guist und Kiri- lin, starb geisteskrank in der Umgegend von Dorpat. 157 2) Christian und 3) Alexander, General - Lieutenant, heirathete die einzige Tochter des General~Gouverneurs von Finnland Grafen Steinheil (‘), wurde von dem letz- teren adoptirt und führte den doppelten Namen Graf Ste- ven-Steinheil, starb 1827 oder 1828. Von den Schwe- stern war eine verehlicht mit dem Generalen von der Artillerie und Director des ersten Kadettencorps in St. Petersburg I. Markewitsch. Sie starb 1825 oder 26. Die andere Schwester heirathete einen Dr. Körber. Die zweite Frau war eine geborene Bruun, Jacobine Catharina, geboren 1766 d. °/,, December. Dieselbe war die Tochter des Kaufmanns Heino Erik Bruun und wurde mit Steven, dem Vater, vereirathet d. 4-ten October 1789. Steven’s Vater war damals Collegien- Assessor, und unser Botaniker 9 Jahr alt; zwei Jahre später war er schon Civis academicus in Abo. Die Halbgeschwistern waren: A) Friedrich, gestorben 1850, August, in Ostende, Geheimer Rath und Gehülfe des Minister-Staatsseeretären von Finnland, Grafen A. Armfelt. Derselbe liess sich trauen mit seiner leiblichen Nichte, Fräulein Markewitsch, und begleitete den Halbbruder, unseren Christian, auf seiner Reise durch Europa, ohne dass es gelungen wäre «lem Fritz den geringsten Sinn für das Studium der Na- turgeschichte beizubringen». B) Jacobine, verheirathet mit dem Kaufmann Anton Bruun (geboren 1778, gestorben 1823), Besitzer der schön gelegenen Landstelle Summa unfern Fredrikshamn, dem Tummelplatze aus der Jugend und Schulzeit von mir und meinen Geschwistern. Anton Bruun hinter- (1) Die Universität in Helsingfors besitzt von ihm eine ausgezeichnete Mineralien - Sammlung. 158 hinterliess drei Kinder: Charlotte, verheirathet mit dem Obersten Apollon Markewitsch und bereits gestorben; Friedrich, verheirathet mit Marie Fock, gegenwärtig wirklicher Staatsrath und angestellt in der Kanzlei Sr. Majestät des Kaisers, und Vera, verheirathet mit dem Generalen Jakowlew. C) Charlotte, verehlicht gewesen mit dem Magistrats- Secretären Gabriel Procopaeus in Fredrikshamn, zwei Söhne, beide im Militär, und eine Tochter Margaretha le- ben noch. Christian Christianowitsch Steven hatte einen Onkel, Wilhelm Jacob Steven; aus einem alten Stammbuche, welches ich von meinem Vetter, dem Obersten David Bruun, gegenwärtig verabschiedet und in Wilmanstrand sich aufhaltend, zur Benutzung erhalten habe, ersehe ich, dass W. J. Steven gestorben 4. 7 Juli 1792, verheira- thet war mit einer Margaretha, geborenen Bruun, welche d. 12-ten März 1805 starb. Von dieser Ehe stammen 6 Kinder, zwei Söhne und 4 Töchter, und von ihnen bis . zum 13 Juni 1824, 27 Kinder. | Die Abzweigung Wilhelm, früher Gutsbesitzer von Tavastila unfern Fredrikshamn, ist bei uns allbekannt ge- wesen durch die ausgezeichnete Antlitzschónheit seiner Mitglieder und obzwar ich mich, zufolge meiner Reise im Transcaucasus, über den bildschónen Menschenschlag von Mingrelien und namentlich Guriel mit Steven aus- gesprochen habe, so meinte der alte Herr doch, dass er nie schónere Frauenzimmer gesehen habe, als seine Cou- sinen aus Tavastila. Eine von denselben ward verhei- rathet mit Woskoboinikow, eine andere, die schönste, mit dem Fürsten Baratow, eine dritte mit Meisner, und eine vierte mit dem Ingenieur - Generalen Brandt, 159 welcher als beinah 90-jähriger Mann in diesem Jahre gestorben ist. = | Unser Steven heirathete spät, namentlich im 57-ten Le- bensjahre, eine Witwe Marie Karlowna Garzewitsch, welche er in ihrem Kindesalter auf seinen Armen um- hergetragen hatte. Dieselbe war, wie ich schon oben be- merkt habe, eine geborene Hagendorff, aber grie- . chisch-katholisch getauft. Aus dieser Ehe stammen folgende Nachkommen: Anton, geboren d. 12 December 1835, Marinelieute- nant und einer der tapferen Vertheidiger von Sevasto- pol, Ritter mehrerer Orden. Alexander, geboren 1844 d. 15-ten Màrz, im Gym- nasium von Sympheropol ausgezeichnet mit einer golde- nen Medaille; hat spáter Chemie studirt in Heidelberg. Julia, geboren 1837 d. 24 August, Stevens liebste Tochter, weil dieselbe die einzige der Kinder war, welche von dem Vater einen vielversprechenden Sinn für das Studium der Naturgeschichte geerbt hatte. Starb 1855, 18 Jahr alt. Natalia, geb. d. 27 August 1839, verheirathet wäh- rend meines letzten Aufenthalts in Sympheropol, mit dem Obristlieutenant Hippenreiter, konnte, kommend aus Taurien, das Klima in St. Petersburg nicht vertragen, und starb daselbst 1862. Katharina, geboren 1841 d. 16-ten August, bis jetzt unverheirathet. Als Steven nach der Krim kam, kaufte er die schönsten Weinlànder auf der Südküste, Azdanil, Masandra und zum Theil Magaratsch. Die Parcellen der- selben verkaufte er während seines Aufenthalts in Paris, 160 jedes Stück um eben so viele Dukaten, als es ihm Pa- pierrubel gekostet hatte, dem Grafen Woronzoff. Steven besass eine schón gelegene Villa am Salghir, mit der Aussicht auf den Tschatirdagh; die obere Terrasse der- selben war übrigens unfruchtbar und über und über von EI- lobius murinus durchwühlt; die untere, unterhalb des Müh- lenkanales, war dagegen überaus fruchtbar, weil dieselbe bewässert werden konnte. Ausserden gehörte ihm ein Steppengut, «Karasan» — aber mit seiner Frau, einer em- sigen Hauswirthin, erhielt er zwei grosse Weingärten in Sudagh, der eine gelegen in der nàchsten Umgegend, wo Pallas dereinst gehaust hatte und wo dieser seine berühmte Zoographia zum Drucke bereitete. Das andere Weinland heisst «Aisawa» und ist nur einige Werst von dem ersteren Gute entlegen. Schóne Weintrauben, aber auch seltene Dipteren und Hymenopteren in Menge. Steven behielt, wie ich schon oben erwähnt habe, die jugendliche Frische seines Geistes bis zuletzt bei. Der letzte Brief, den er mir schrieb, war vom 15-ten März 1863. Derselbe ist im Bülletin der naturforschenden Ge- sellschaft zu Moskau 1863, I. р. 279 abgedruckt. Etwa einen Monat später, d. **/,, April 1863, legte der allverehrte, weisse 82-jährige Greis seinen müden Lebensstab nieder und ruht, wie ich vermuthe, in der von ihm selbst bereiteten Gruft auf seiner Villa. In Symphe- горо! halten die Cypressen den Winter nicht aus, sonst hätte er wie Hr. у. Köppen auf der Südküste, sein Grab wahrscheinlich auch mit denselben umpflanzt. Schreiber dieses aber neigt sein Haupt auch unter den Schatten der Robinia pseudoacacia, welche dem Grabe am nächsten steht und gedenkt mit inniger Dank- barkeit und Verehrung der Namen Pallas, Bieberstein und Steven. 161 Steven starb als wirklicher Staatsrath, ernannt dazu den 24 März 1844, war Dr. der Mediein und zufolge des 200-jährigen Jubiläums der finnischen Universität 1840 Dr. der Philosophie, Mitglied der K. Akademie der Wis- senschaften in St. Petersburg seit 1815, der Akade- mie in Stockholm 1817; und ausserdem Ehrenmitglied aller Russischen Universitäten und von 22 gelehrten Ge- sellschaften des In- und Auslandes, Ritter des St. Annen- Ordens zweiter Classe mit der Kaiserlichen Krone und des St. Wladimir’s 3-ter Classe. Steven's Schriften und Arbeiten über Zoologie, Bota- nik, Seidenbau, Obstbau und Landwirthschaft sind allbe- kannt und zum Theil von Prof. v. Trautvetter und auch Hagen in der Bibliotheca entomologica bereits an- gegeben worden. Ausserdem hat er eine Menge von Auf- sätzen geliefert, welche sich in sehr verschiedenen Zei- tungsartikeln und Abhandlungen über Botanik und Land- wirthschaft des In- und Auslandes befinden. Das der Universität in Helsingfors geschenkte Herba- rium enthält etwa 23,000 Pflanzenarten, Steven's ei- genhändig verfasstes Verzeichniss darüber geht indessen nur bis 1851. Die Auswahl seiner Bibliothek enthält ei- nen ganzen Schatz für die Flora von Russland; ich würde nur wünschen, dass der zu ernennende Prof. der Bota- nik bei unserer Universität sowohl das eine als auch das andere, gehörig benutzen und verwerthen könnte. Helsingfors d. 20-ten December 1864. № 1. 1865. 11 SUR UNE STATION QUASI- SPONTANÉE DU SAPIN DE SIBÉRIE (aies sıBırıca Led.) dans le Gouvernement de St. Pétersbourg. Par A. BEKETow. (Avec la planche V.) — Au commencement de l'été dernier (1863) j'entrepris une exploration botanique du Gouvernement de St. Pé- tersbourg. Quelques étudiants de l'Université, que j'in- vitai à m'aider dans la formation des collections néces- saires à cet effet, ont bien voulu me rendre ce service. L'un d'eux, M. le bachelier es — siences S. Rosanow, ayant fait la reconnaissance d'un endroit, qui lui avait été désigné par des paysans comme station de méléze, me rapporta quelques branches d'un Sapin qui ne pouvait étre déterminé, vu l’absence des cönes. Au commence- ment d'Octobre je me portai moi-méme sur les lieux, afin de constater les faits et de m'en assurer person- nellement. 163 L'endroit mentionné est situé sur le terrain ‘du district de Schlüsselbourg, aux confins de ce district avec celui de Novaia-Ladoga. Il y a surlarive gauche du Volkhow, à 60 verstes de la station Volkhowskaia (Волховская) du chemin de fer qui unit les deux capitales, un village appelé Osnyezky (Оснички). Arrivé là, on loue une car- riole pour se diriger à l'ouest, jusqu'au village d'Olom- - na (Оломна), sur la riviére de ce nom, à 15 verstes d'Osnyezky. Au de là d’Olomna on fait encore une quin- zaine de verstes à l'ouest, et l'on arrive sur une petite éminence, de tous côtés entourée par une forêt maréca- geuse. L'éminence s'appelle Sadovaia Lédina (Садовая Ледина): elle fait partie d'un domaine forestier de la Couronne, qui porte le nom de Poreczenskaia Dacza (ПорЪфченская дача) et ne contient pas moins de 26,000 dessiatines de foréts et de taillis. L'endroit n'a Jamais été habité et l'habitation la plus rapprochée, qui en est ac- tuellement à 5 ou 6 verstes, est la maison du garde forestier. А cent pas de cette maison il y a quelques vestiges d'un village délaissé, qui s'appelait Katerinow- ka (Катериновка) et avait appartenu jadis à un particu- lier, se trouvant alors intercalé dans les domaines de la Couronne. Depuis Olomna jusqu'à la Sadovaia Ledina il n'y a qu'un sentier praticable pour des piétons, et en- core tres-peu praticable. On est obligé de traverser des endroits que les habitants de ces parages appellent mousses (мохъ): ce sont des marécages couverts d'une couche épaisse de Sphagnum; le pied s'y enfonce à cha- que pas et on est plongé jusqu'à la cheville dans une vase bourbeuse. Je n'ai pas l'intention de faire iei la description cir- constanciée de mon pelerinage; si j'en parle quelque peu, c'est uniquement pour préciser les lieux qui sont 11* 164 indiques d’ailleurs sur la carte topographique du gouver- nement de St. Pétersbourg, dréssée par Schubert. La description que j’en ai faite suffit, je crois, pour démon- тег que l’éminence Sadovaia Lédina, qui se trouve être justement la Station du Sapin en question, ne peut pré- senter aucune trace de culture. L'éminence elle-méme est couverte d'une épaisse forét. de Sapins ordinaires (Picea vulgaris Lin.) entremelée de vieux bouleaux et de trembles. Le terrain est jonché de trones d'arbres renversés, pourris et moussus. А en juger par la hau- teur des arbres. et leur diamètre, leur âge approximatif doit être d'une centaine d'années. Au milieu de ces vieux arbres je trouvai une petite futaie de Sapin à feuil- les distyches et plates, qui pouvait être l’Abres excelsa de Link ou JU Abies sebirica de Ledebour. Je comptai une quarantaine de ces arbres, dont quelques troncs, gisant à terre, me permirent de déterminer leur áge ap- proximatif, qui est de 40 à 45 ‚ans. De tous cótés en- tourés et en partie entremélés de vieux Sapins ordinai- res, ils se trouvent continuellement ombragés par eux, ce qui fait qu'ils eroissent plutót en longueur qu'en dia- metre et leur feuillage est peu touffu. Toutefois leur apparence n'est rien moins que chétive et aucun ne pa- rait endommagé par la gelée. А quelque distance de la futaie principale Je trouvai encore plusieurs exemplaires de la méme езрёсе, mais beaucoup plus jeunes. Ces faits une fois constatés, je cueillis une bonne provision de branches et je revins à Olomna. Je fis de vains ef- forts pour trouver au moins un seul cóne de ce Sapin. Je fis des perquisitions pour savoir si quelqu'un se rap- pelait l'époque à laquelle ces arbres auraient pu étre semés. Quelques personnes me répondirent que le Sapin s'y trouvait de lui-méme; d'autres prétendaient avoir a 165 entendu dire qu'il avait été semé il y 90 ou 60 ans. Toutes mes tentatives pour obtenir des indications plus précises furent infructueuses. # Pour déterminer avec quelque précision l’espêce du Sapin en question, il fallait en avoir au moins un cône; car les descriptions du Sapin blanc et du Sapin de Sibérie n’mdiquent aucune différence remarquable quant à leur feuillage. Je ne pouvais d’ailleurs raison- nablement compter sur la présence de cônes à l'endroit nommé Sadovaia Lédina, puisque ce Sapin, qui se rap- proche le plus du Sapin blane d'Europe, ne fructifie ap- paremment qu'à la einquantiéme année de sa vie. D'un autre cóté, comme le Sapin blanc ne s'étend pas au nord au delà du gouvernement de Grodno (') et tout au plus de quelques localités de la Courlande, ой on le trouve planté dans les pares, il faut présumer que notre arbre appartient à une autre espéce. А l'appui de cette asser- tion nous rappellerons encore que le Sapin blanc n'a jamais bien réussi dans les environs de Pétersbourg, et que dans le jardin botanique, par exemple, il n'a jamais pu atteindre à une grande hauteur, а cause des gelées qui en détruisent ordinairement la cime. Toutes ces cir- constances me portent done à considérer l'arbre en ques- tion comme le Барш de Sibérie (Abies sibirica Led.). Pour m'assurer définitivement de l'identité de J arbre trouvé par moi dans les foréts d'Olomna, avec le Sapin de Sibérie, j'entrepris l'étude comparative de l'ànatomie des feuilles du Sapin blane et du Sapin de Sibérie. Cette étude m'amena à des résultats assez intéressants dont Je veux faire ici une courte exposition. (1) V. Trautvetter: Die Planzengeographischen Verhältnisse des Euro- päischen Russlands. Riga, 1849. 3 Heft, p. 79. 166 C'est à l'obligeance de M. Regel, directeur du Jardin botanique Impérial de St. Pétersbourg, que je düs la pos- sibilité de faire mes recherches sur des exemplaires vi- vants du Sapin blanc, car c’est de lui que j'en reçus une branche de 5 ans, parfaitement bien développée. Du reste, quant à la structure anatomique de cette espé- ce, J'aurais pu m'en rapporter aux travaux de quelques savants allemands, tels que MM. Schacht, Hartig, Berg et autres, d'autant plus que ces travaux sont accompa- gnés de figures (*). Quant au Sapin de Sibérie, outre les échantillons que je recus du jardin botanique, je pus m'en procurer dans les pares des environs de St. Pétersbourg, ой cette espéce est assez répandue. J'en rapportai aussi de la station Wolkhowskaia, où il en-a quelques exemplai- res dans les Jardins attenants à la station. Je commencerai done par comparer les feuilles des deux espéces authentiques. Leur forme extérieure présen- te déjà quelques differences assez marquées, et ces dif- férences sont, comme nous le verrons plus loin, en rap- port avec leur structure anatomique. Les feuilles du Sa- pin blane sont plus larges que celles du Sapin de Sibé- rie; ceci se voit particulièrement bien sur des coupes transversales (V. la planche, fig. 1 et 2). On voit sur la planche que les angles de la section transversale du S. blanc sont beaucoup moins arrondis que ceux du Sa- pin de Sibérie. Les trois nerfs qui parcourent les feuil- les en longueur sont mieux accusés chez le Sapin blane, surtout les nerfs marginaux. Enfin la couleur des feuil- les de ce Sapin est d'un vert bleuätre, tandisque celle dn Sapin de Sibérie tire plutót sur le jaune. Les deux (1) Ces figures ne sont pas, du reste, ni assez détaillées, ni assez ex- plicites. 167 raies blanches, situees sur la face inferieure des feuil- les des deux especes, presentent une difference bien marquee. Ces raies occupent les parties de la feuille qui se trouvent entre les nerfs: elles proviennent d’une le- gere couche de resine blanche, qu’exsudent les stomates; en frottant la feuille avec un linge mouillé dans l'alcool, on parvient a enlever la plus grande partie de cette re- sine, qui ne reste alors que dans les enfoncements, ой se trouvent, comme on le sait, les stomates des sapins. А l'aide d'une bonne loupe il est facile de voir alors que les raies blanches sont composées d'un grand nombre de stomates, disposés en lignes paralleles. Cette particu- larité est surtout remarquable sur les feuilles du Sapin blanc. Il est trés-facile de compter les lignes des sto- mates, et il se trouve que le Sapin blanc en a de 8 à 9, et le Sapin de Sibérie n'en a que de quatre à cinq, ce qui est en rapport avec la largeur respective de ces deux feuilles. Les sections transversales des feuilles nous montrent encore une différence entre les deux espèces, différen- ces qu'il est possible de constater méme sans le secours du microscope. On sait que les feuilles des Sapins sont à l'intérieur traversées longitudinalement par des canaux résiniféres, qui présentent sur la section transversale la forme de deux lacunes circulaires (V. la planche, fig. 1, 2 et 3), trés-apparentes à la loupe. Ces deux canaux touchent immédiatement l'épiderme de la face inférieure chez le Sapin blane, ou bien n'en sont séparés que par une seule cellule libérienne. Chez le Sapin de Sibérie, au contraire, on trouve le plus souvent entre chacun des canaux et l'épiderme de la face inférieure trois gran- des cellules parenchymateuses, reconnaissables à la dé- licatesse de leurs parois et à la chlorophylle dont elles 168 sont gorgées. Toutes les differences que je viens de sig- naler se voient parfaitement sur les figures dessinées par moi d'aprés nature, et l'on n'a qu'à Jeter les yeux sur celles qui se trouvent dans l'ouvrage de M. Schacht (*) pour voir que le Sapin blane disséqué par moi ne diffé- re aucunement de ceux qui servirent à l'auteur men- tionné. LJ Cette derniére remarque s'applique aussi à ce qui va suivre sur l'histiologie des feuilles en question. La feuil- le du Sapin blane, ainsi que celle du Sapin de Sibérie, a une cuticule assez épaisse, qui recouvre un épiderme formé de cellules à parois épaisses. L'une de ces parois, et nommément l'extérieure, est traversée par des canaux de pores; les deux espéces concordent assez bien sous ce rapport, mais les différences commencent sous l'épider- me. Chez le Sapin blane on trouve immédiatement sous l'épiderme une rangée de cellules libériennes, caractéri- sées par l'épaisseur de leurs parois, par leur forme va- guement hexagonale et par l'absence de chlorophylle. Cette couche libérienne n'est interrompue ordinairement que sur les régions occupées par les stomates, ainsi que sur celles qui y correspondent à la face supérieure de la feuille. Les angles etle nerf médian se trouvent done renforcés ici par du liber. Dans les feuilles du Sapin de Sibérie on ne trouve souvent aucune trace de ces cellules libériennes; d'autres en présentent quelques unes, qui sont disjointes. J'en trouvai tout au plus une dizaine. dans plusieurs feuilles du Sapin de Sibérie, tandisque dans celles du Sapin blane je les comptai par dizaines sur chacune des faces (V. planche, fig. 4 et 6). 1) Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Gewächse. 2-er Th. p. 102 et 121. Voy. aussi Der Baum du méme auteur, pl. I et VI. 169 La presence du liber dans les angles de la feuille du Sapin blanc et sur la region du nerf medien est juste- ment cause que ces parties sont mieux accusées, quoi- que souvent moins proéminentes chez ce Sapin que chez celui de Sibérie. En résumé, nous pouvons donc constater les différences suivantes entre les feuilles de l’Abies excelsa et de I Abies sibirica. 1. Les feuilles du Sapin de Sibérie sont plus étroites que celles du Sapin blanc; 2. elles sont plus arrondies sur les angles et sur les lignes longitudinales élevées (ou nerfs) que chez le Sa- pin blanc; 3. les stomates ne forment sur leurs faces inferieures que 4 à 5 rangées de chaque cóté du nerf médian, tan- disque il y en a de 8 à 9 de chaque côté du même nerf sur la feuille du Sapin blanc. 4. Les conduits résiniféres ne touchent pas l'épiderme chez le Sapin de Sibérie, étant séparés de lui par du parenchyme vert, tandis que ces mémes conduits dans les feuilles du Sapin blanc sont immédiatement collés à l’épiderme, ou séparés de lui uniquement par une seule cellule libérienne. 5. Les angles et le nerf médian des feuilles du Sapin de Sibérie ne sont pas ou presque pas renforcés par du liber, се qui se voit au contraire invariablement chez le Sapin blanc. En comparant les feuilles du Sapin des forêts d’Olom- na avec celles que nous venons de décrire, nous trou- vons ce qui suit. La feuille est un peu plus large que chez le Sapin de Sibérie, mais les nerfs en sont aussi peu accusés. Les stomates ne forment que 5 rangées de 170 chaque cóté du nerf; les conduits résiniféres ont du pa- renchyme vert enir'eux et l'épiderme. Les cellules li- bériennes sont en trés-petit nombre, et manquent tout- a-fait sur les angles et sur la face supérieure. Quant à la plus grande largeur des feuilles, cela dépend sans doute de la station ombragée des arbres. Cette circon- stance détermine aussi le faible développement de leur parenchyme, ainsi que la plus grande flexibilité des branches, qui sont d'ailleurs plus minces et beaucoup moins feuillues. Cette derniére supposition sur la station ombragée, comme étant la cause des varietés signalées, se trouve confirmée encore par deux exemplaires de Sapin de Sibérie cultivés dans les serres du jardin bo- tanique, qui présentent les mêmes particularités et res- semblent beaucoup aux échantillons rapportés par moi des forêts d'Olomna. Toutes les cellules ont d'ailleurs des parois plus minces, ce qui dénote aussi l’insuffisan- ce de la lumière. Ce que je viens d’exposer m’amene donc à affirmer que le Sapin de la Sadovaia Lédina n'est qu'une légère variété de l’Abies sibirica Led., variété produite par les particularités de sa station. Reste à constater main- tenant si ce Sapin est véritablement spontané dans l’en- droit désigné, où il croit d’ailleurs dans des conditions de spontanéité parfaite. Selon M. Trautvetter cet arbre ne s'étend pas à l'occident au delà des bords du lac Koubinskoyé (Кубинское) du Gouvernement de Vologda. Depuis cet endroit sa limite se dirige au NNE d'un cóté et au SE de l'autre. Il n'y aurait done rien d'extraordi- naire à ce que le Sapin de Sibérie se trouvát dans nos con- trées, car le climat de son habitation habituelle (jusqu'à présent constatée) est infiniment plus rigoureux que celui de Pétersbourg. En outre, j'ai des raisons pour croire 171 que l'Abies sibirica se trouve dans le Gouvernement de Novgorod; à l'heure qu'il est je ne puis encore préciser les lieux, mais des recherches ultérieures pourront süre- ment éclaircir cette question. a D’apres la nature des renseignements pris par moi sur les lieux, je ne puis admettre des a present la com- pléte spontanéité du Sapin de Siberie dans les forets d’Olomna. Il serait fort etonnant, toutefois, que l’on eut l’idée de semer un arbre qui a parmi les habitants de sa patrie naturelle la réputation d'un bois de construc- tion inférieur à celui du Sapin ordinaire, contrairement à l'opinion répandue en Allemagne au sujet du Sapin blanc. On pourrait peut-être trouver dans les archives de l'Administration forestiére quelques données précises sur les semis qui ont été faits dans les endroits en question, depuis l'année 1812 jusqu'en 1825. St. Pétersbourg, 1864. NOVA REVISIO FLORAE KURSKIANAE auctore Epvanpo А LinpEMANN, Membr. plur. societatum literal. VORWORT. Durch meine Versetzung aus dem kurskischen Gouver- nement, musste ich leider schon frühzeitig meine Beob- achtungen uber die dortige Flora als geschlossen betrach- ten. Die grosse Anzahl von Arten, die ich in einigen Jahren dort aufgefunden und zusammengebracht habe, welche die fruhern Verzeichnisse kurskischer Pflanzen bedeutend vervollständigt, bewog mich, als einen kleinen Beitrag zur Flora Russlands, die bisher von mir gewon- . nenen Resultate der Veróffentlichung zu übergeben. — Da ich jedoch fast ausschliesslich nur in den Reisen von Bielgorod, Korocza, Obojan und Graiworon zu botanisi- ren Gelegenheit hatte, so habe ich der Vollständigkeit wegen in dieses Verzeichniss auch diejenigen Arten auf- - 173 genommen, welche, so weit mir bekannt, dort von an- dern Botanikern aufgefunden worden sind; namentlich fühle ich mich zu grossem Danke dem Herrn Staatsrathe Dr. Augustinowiez in Kursk verpflichtet, welcher die Güte hatte, zu diesem Verzeichnisse einen sehr wesent- lichen Beitrag zu liefern. Die Literatur der kurskischen Flora ist bisher nur sehr spärlich vertreten: Ioh. von Böber gab 1794 in «Pallas neue nord. Beiträge VI. pag. 256 — 264 einige bota- nische Reisenotizen; T. M. S. V. Hofft veröffentlichte 1826 einen ziemlich reichhaltigen Conspekt unter dem Titel: «Catalogue des plantes, qui croissent spontanément dans le district de Dmitriew sur la Suapa dans le gou- vernement de Koursk, welchen auch Prof. Carl v. Lede- bour bei Bearbeitung seiner Flora rossica benutzte; end- lich erschien im Jahre 1859 von Prof. B. Czernajew der «Conspectus plantarum circa Charcoviam et in Ucrania sponte crescentium» — in welchem jedoch die Pflanzen von Kursk leider nicht besonders bezeichnet sind. Dieses von mir zusammengestellte Verzeichniss der kurskischen Flora umfasst 1021 Arten, von denen Jedoch 174 Arten von mir selbst bisher nicht aufgefunden wa- ren, ich habe daher dieselben mit einem Minus (—) be- sonders bezeichnet. — Zu den in diesem Conspekte zum ersten Male für das Gouvernement Kursk angeführten 315 Arten, habe ich dureh Buchstaben die Kreise des Gouvernements mich bemüht anzugeben, wo namentlich diese Arten von mir oder anderen Botanikern aufgefun- 174 den worden sind. — Die Kreise sind, wie folgt, bezeich- net: В = Bielgorod; D = Dmitriev; Е = Fatesch; G == Graivoron; Ko == Korocza; К = Kursk; L = Lgow; — NO = Novy -Oskol; О = Obojan; P = Putiwl; В = Rylsk; SO — Stary-Oskol; Su = Sudza; Sz = Szygry; T — Tim. | Móge diese Nova Revisio einer Lokalflora auch von ihrer Seite bezeugen, wie reichhaltig die Flora des Gou- vernements Kursk sei, und wie viel hier früher nicht beobachtete Arten in den letzten Decennien aufgefunden worden sind, wie auch zu weitern Untersuchungen auf- fordern, damit wir, dem Beispiele Deutschlands und Frankreichs folgend, auch für Russland recht bald mehr Lokalfloren hätten und dadurch ein allgemeineres Inte- resse für die holdeste der Wissenschaften in unserem ausgedehnten Vaterlande erweckte. Elisabethgrad, den 22 Aug. 1864. CLASS. I. DICOTYLEDONEAE. SuBcLASS. I. THALAMIFLORAE. vulgaris Mill. Ko. — 6. Ordo 1. Ranunculaceae, | (Augustinowicz). 1. Clematis. integrifoliaL.) B. Ko. fre- 5. Adonis. recta L. quens. Flammula L. NO. (Au- gustinowicz). . Thalictrum. aquilegifolium L. minus L. | a Jaquini Regel. = Th. montanum Wallr.B ro- | ridum Wall. В. — rare. В procerum Regel. Ko. B. collinum Wallr. Ko. fre- quens in cretaceis. SO. (Augustino wicz). angustifolium L. « ste- nophyllum Wimm. flavum L. . Апетопе. ranunculoides L. sylvestris L. . Pulsatilla. patens Mill. pratensis Milb. Ko. vernalis L. . Myosurus. minimus L. D. (Hofft). . Ceratocephalus. orthoceras DC. — Ubi- que. . Ranunculus. aqualilis L. polyphyllus Kit. S. prope Skorodneja (Augusti- nowicz). pedatus Kit. Ko. In mon- tosis frequens. illyricus L. B. Ko. O. Ad vias, in pratis non rare. Ficaria L. Lingua L. Flammula L. auricomus L. ß fallax Wimm. et Grab. — УПагзи DC. Ko. (Augu- stinowicz). Rarissime. acris L. ß laciniatum Mill. Ko. in repens L. locis cultis, rare. 9. Hs I . Ordo 5. Fumariaceae. palustris L. 19. Corydalıs. 10. Trolhus. solida Gaud. europaeus L. Marschalliana Pers. — 11. Aquilegia. frequens. vulgaris L. В. Ко. К. fabacea Pers. K. 12. Delphinium. 20. Fumaria. Consolida L. offieinalis L. rare. elatum Г. y cuneatum Vaillantii Lois. frequens. DC. B. rare. .. Ojacis LM. Ordo 6. Cruciferae. : 13. Aconitum. 21. Nasturtium. — Anthora L. D, (Hofft), ^ ^ sylvestre RBr. Lycoctonum L. palustre RBr. 14. Actaca. aureum Bois. Ko. prope spicala L. Jablona. Ordo 2. Berberideae. 22. Barbarea. 15. Berberis. |— vulgaris L. vulgaris L. Ka. — K. in arcuata Reichb. В. Ko. sylvula Makva (Augu- DC | stinowicz). stricta Andrz. Ko. rare. Ordo 3. Nymphaeaceae. = pu 16. Nymphaea. 94, ae Gerardi Bess. u QUE hirsuta Scop. DRE eur — агепоза Scop. К. (Augu- Ordo 4. Papaveraceae. stinowicz). 18. Chelidonium. — pendula L. S. (Augusti- majus L. nowicz). 95. Cardamine. 26. 21. 28. 29. 30. 177 31. amara L. pratensis L. -parviflora L. B. prope Sabyllino. Impatiens L. 39. Denlarıa. | digitataLam.? D. (Hófft). 33. bulbiferaL..D. (Höfft). К. NO. (Augustinowicz). quinquefoba МВ. К. (Reinhard). Sine du- bio hue etiam perti- 34 net D. digitata Lam. secundum Höfft. Berteroa. ds шеапа DC. D viridis Tausch. _ 36. Psilonema. calycinum C. A. M. Ko. in eretaceis copiose. Alyssum. minimum L. Ko. fre- quentissime. Draba. nemorosa L. lutea Gilib. verna L. « et В. — cretaceaCzern.Ko.(Czer- № niajew). NO. (Augu- 37. stinowicz). 1. 1865. Cochlearia. Armoracia L. Ubique. amphibia Ledeb. austriacaLedeb. Ko. non rare. Thlasp:. arvense L. Euclidium. syriacum RBr. Ko. рго- pe urbem ad vias co- piose. S. NO. (Augu- stinow.). . Chorispora. tenella DC. Ubique vul- gatissima. Hesperis. matronalis L. В. Ko. in sylvis non rare. Sisymbrium. officinale Scop. strictissimum L. Ko. co- piose. pannonicum Jacq. Ko. austriacum L. Ко. rare. Laoeselii L. Columnae (Höfft). Sophia L. Alliaria Scop. Thalianum Gay. Jaeg. В. Erysimum. strictum Gartn. B. Ko. 0. 12 38. 32. 40. 41. 45. ' arvensis L. 178 Marschallianum Andrz. G. B. Ko. cheiranthoides L. AndrzejowskianumBess. 46. Ко. ©. Syrenia. siliculosa Andrz. Ko. sessiliflora Ledb. Ко. — 47. К. NO. (Augustino- wicz). angustifolia Reichb. В. 48. Ko. G. O. copiose. Camelina. sativa Crantz. microcarpa Andrz. dentata Pers. K. L. P. (Augustinowicz). 49. Capsella. Bursa pastoris Mönch. Lepedium. ruderale L. latifolium L. 90. . Neslha. paniculata Desf. . Isatis. tinctoria Г. y praecox. О. ргоре Drozdy, ra- re (Augustinowicz). . Brassica. Rapa L. Napus L. .D. (Höfft). Sinapıs. taurica Fisch. B. Ko. rare. alba L. Ko, Crambe. tatarica Г. Ko. in cre- taceis copiose. NO. (Augustinowiez). Raphanus. sativus L. q. spont. B. Ko. О. Bunias. orientalis L. Ordo 7. Cistineae. Helianthemum. | oelandicum Wahlbg. Ko. in cretaceis, copiose. vulgare Gärtn. Ordo 8. Violarieae. Viola. — uliginosaSchrad_ G. pro- pe Chatmisk. (Augu- stinowicz). hirta L. odorata L. elatior Fries. pratensis Mert. et Koch. B. Ko. O stagnina Kit. — V. mon- tana L. y Regel. canina L. arenaria L. D. (Höfft). tricolor L. ß arvensis Murr. y saxatilis Schmidt. Ordo 9. Droseraceae. 51. Drosera. — rotundifolia L. D. (Höfft). — longifolia L. D. (Höfft). 52. Parnassia. — palustris L. D. (Höfft). Ordo 10. Polygaleae. 53. Polygala. sibirica L. Ko. tacels copiose. vulgaris L. Ubi- que fre- Vaillantii Bess. comosaSchkuhr. major L. NO. (Augusti- 2s nowicz). Ordo 11. Sileneae. 54. Dianthus. barbatus L. B. Ko. — R. (Augustino wiez). Carthusianorum L. Ko.— К. L. 0. Е. NO. (Au- gustinowicz). polymorphus prope Murom. atrorubens All. Ko. capitatus DC. Ko. Seguieri Vill. campestris MB. Ko.G. O. 61. deltoides L. in cre- MB. В. — superbus L. Bóber in 99. 59. 60. Pallas nord. Beitr. VL. p. 238. (Höfft). Gypsophila. | muralis L. panieulata L. altissima MB. . Saponaria. officinalis L. . Vaccaria. vulgaris Hohl. B. Ko. . Suene. inflata Sm. Otites Sm. В. Ко. С. ©. wolgensis Spr. Ko. viscosa Pers. K. (Augu- stinowicz). noctiflora L. О. (Augu- stinowicz) nutans L. chlorantha Ehrh. Ko. in montosis cretaceis, ad margines nemorum. Armeria L. B. ad mon- tes cretaceos pr. Sta- ry-Gorod. parviflora Pers. Ко. Gr. Melandryum. pratense Rohl. Viscaria. vulgaris Röhl. Lychnis. chalcedonica L. B. Ko.— 12* 180 К. in sylvula Makwa (Augustinowicz). 62. Gilhago. segetum Desf. v. simplex. Mihi. Caule simplici, laciniis caly- LI graminea L. — uliginosa Murr. D. (Но. 68. Cerastium. viseosum L. semidecandrum L. vulgatum L. cinis corollam subae- 69. Malachium. quentibus. у. ramosa. Mihi. Саше ramoso, laciniis caly- cinis corollam supe- rantibus. 63. Cucubalus. bacciferus L. Ordo 12. Alsine ae. 64. Sagina. — procumbens L. D. (Höfft). — nodosa Fenzl. D. (Höfft). 65. Arenaria. graminifolia Schrad. tenuifolia L, serpyllifolia L. 66. Moehringia. trinervia Clairv. 67. Stellaria. media Vill. umbrosa Opitz. Vix di- versa a Stellaria me- 70 71. aquaticum Fries. Ordo 13. Elatineae. . Elatine. Alsinastrum L. Ordo 14. Lineae. Linum. flavum Г. B. Ko. fre- quentissime. a linearifolium Mihi— L. ucranicum Czern. В lanceolalum Mihi. Y obovatum Mihi. hirsutum L. B. Ko. co- piose. nervosum Kit. Ko. non raro. catharticum L. usitatissimum L. passim quasi spont. perenne L. Ordo 15. Malvaceae. dia Vill. — Reichb. 72. Lavatera. flor. germ. No 4906. Holostea L. glauca With. Иа. thuringiaca Г. Allhaea. offieinalis L. 181 74. Malva. mauritiana L. B. Ko. : sylvestris L. В. Ko. rotundifolia L. borealis Wallr. crispa L. B. Ko. in cultis. Ordo 16. Tiliaceae. 75. Та. parvifolia Ehrh. Ordo 17. Hypericineae. 76. Hypericum. perforatum L. quadrangulum L. Ko. ra- rissime. — tetrapterum Fries. (Höfft). hirsutum L. | elegans Steph. Ko. fre- quens. — NO. (Augu- stinowicz). D. Ordo 18. Acerineae. 77. Acer. tataricum L. Sugcrassiıs |. Ordo 22. Celastrineae. 82. Evonymus. europaeus L. verrucosus L. campestre L. platanoides L. 0. Ordo 19. Hippocästaneae. 78. Aesculus. Hippocastanum L. Arbor culta. Ordo 20. Geraniaceae. 79. Geranium. sanguineum L. sylvaticum L. pratense L. palustre L. collinum Steph. D. (Hóf.). pusillum L. — divaricatum Ehrh. К. in cultis (Augustinow.). — Robertianum L. K. (Au- gustinowicz). 80. Erodium. cicutarium Herit. Ordo 21. Balsamineae. 81. Impatiens L. — Noli tangere L. D. /Hóf.). CALYCIFLORAE. Ordo 23. Rhamneae. 83. Rhamnus. cathartica L. Frangula L. 182° Ordo 24. Papilionaceae. 84. Ononis. hireina L. Ko. sat rara. 85. Genista. tinctoria L. 86. Cytisus. austriacus L. В. Ко. О. G. copiose. ratisbonensis Schäff. elongatus Kit. B. Ko.non rare. 87. Medicago. falcata L. lupulina L. Melilotus. officinalis Lam. alba Lam. Trifolium. arvense L. alpestre L. D distachyum Ser. medium L. pratense L. — fragiferum Г. К. (Au- gustinowicz). montanum L. B cinereum Ser. repens L. hybridum L. elegans Auct. flor. germ. Ko. — K. 0. D. SO. (Augustinowiez). 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. —— 95. spadiceum L. О. D. (Au- gustinowicz). Lotus. corniculatus L. Caragana. arborescens spont. frutescens DC. B. circa urbem sat frequens. — 0. (Augustinowicz). Lam. q. Oxytropis. | pilosa DC. Ko. Astragalus. hypoglottisL. B. Ko. rare. Onobrychis L. Ubique frequens. austriacus L. Ko. in cre- taceis copiose. Cicer L. glycyphyllos L. virgatus Pall. B. Ko. albicaulis DC. Ko. pro- pe Koroeza et Biko- rjukowka in cretaceis copiose; NO. (Augu- stinowicz). subulatus MB. Ko. rare. Ervum. hirsutum L. D. (Höfft). tetraspermum L.D.(Hôf.). Vicia. sativa L. angustifolia L. D. (Höfft). 96. gi. 98. 99. -dumetorum L. Szygny (Augustinow.) 183 sepium L. pisiformis L. Cracca L. tenuifolia Roth. B. Ko. villosa Roth. F. SO. NO. (Augustinowicz). Gerardi Jacq. К. (Augu- stinowicz). polyphylla Desf. K. (Au- gustinowicz). sylvatica L. D. (Höfft). Lathyrus. sativus L. Ko. sat rare. tuberosus L. B. Ko. co- piose. pratensis L. sylvestris L. В. Ko. O. latifolius L. pisiformis L. palustris L. D. (Höfft). Orobus. vernus L. niger L. D. (Höfft). albus L. B. Ko. in cretaceis canescens L./ copiose. Coronilla. varia L. Hedysarum. ` grandiflorum Pall. NO. (Augustinowicz). prope 100. Onobrychis. sativa Lam. Ordo 25. Amygdaleae. 104. 102. 104. Amygdalus. папа L. Ko. — D .(Hófft). NO. (Augustinowicz). Prunus. spinosa L. Cerasus L. Chamaecerasus _ Ко. Padus L. Jacq. Ordo 26. Rosaceae. 103. Spiraea. Filipendula. Ulmaria L. В = Sp. glauca Schultz. Geum. urbanum L. strictum Ait. Ko. in fru- tieetis humidis non ra- re. As intermedium Ehrh. B. Ko. rivale L. . Sanguisorba. offieinalis L. . Alchemilla. vulgaris L. D. (Höfft). . Agrimonia. Eupatgria L. pilosa Ledb. 108. 141. 112. . Comarum. 184 Potentilla. supina L. norwegica L. B. Ko. Anserina Г. recta L. Ко. Gr. 0. inclinata Vill. M3. argentea L. intermedia L. opaca Schkuhr. В. Tormentilla Schrank. 114. reptans L. В. P. (Au- |... 115. gustinowiez). cinerea Chaix. verna L. D. (Höfft). alba L. D. (Но. palustre Г. . Егадата. уезса Г. elatior Ehrh. B. cirea nemus episcopale; pr. pr. K. (Augustinow.). collina Ehrh. Rubus. Idaeus L. caesius L. = hispidulus Weihe et Nees. saxatilis L. Rosa. 118. einnamomea L. eanina №. 147. a vulgaris Koch. 6 dumetorum Koeh. y collina Koch. Ordo 27. Pomaceae. Crataegus. Oxyacantha L. monogyna Jacq. Ubi- que frequens. Cotoneaster. vulgaris Lindl. Ko. Pyrus. communis L. Malus L. Aucuparia Gärtn. Ordo 28. Onagrarieae. 116. Epilobium. angustifolium L. hirsutum L. parviflorum Schreb. montanum L. D. (Höf.). palustre L. tetragonum L. Oenothera. biennis L. Circaea. ) | lutetiana Г. D. (Höfft). alpina Г. D. (Höfft). Ordo 29. Halorageae. 19 Myriophyllum. verticillatum L. spicatum L. 185 Ordo. 30. Hippurideae. 120. Hippuris. vulgaris L. Ordo 31. Callitrichineae. 121. Calhtriche. vernalis Kützing. (Augustinowicz). hamulata Kutzing. Ordo 32. Ceratophylleae. 122. Ceratophyllum. submersum L. Ko. demersum L. Ordo 33. Lythrarieae. 123. Lythrum. Salicaria L. a vulgare Ledb. В canescens Koch. y ramosum. virgatum L. D. (Höfft). 124. Peplis. Portula L. D. (Höfft). alternifolia MB. G. in K. locis humidis depres- sis (Augustinowicz). Ordo 34. Cucurbitaceae. 125. Bryonia. alba L. Ordo 35. Sclerantheae. 126. Scleranthus. annuus L. perennis L. 128. Ordo 36. Paronychieae. 197. Herniaria. glabra L. odorata Andrz. Ko. Spergularıa. rubra Pers. 129. Spergula. arvensis L. D. (Höfft). Ordo 37. Crassulaceae. 130. Sedum. vulgare Link. purpureum Link. Ko. Gr. O. acre L. B. Ordo 38. Grossularieae. 131. Ribes. rubrum L. Ko. nigrum L. Ordo 39. Saxifragaceae. 132. Saxifraga. — Hirculus L. D. (Hoff). 133. Chrysosplenium. alternifolium L. (Höfft). Ordo 40. Umbelliferae. 134. Eryngium. planum L. campestre L. 135. Cicuta. virosa L. ß tenuifolia Koch. Ko. D. 136. 137. 138. 159. 140. 143. 144. 145. 186 Trinia. Kitaibelii \ MB. ei sop + i Hoffm. Falcaria. Rivini Host. Aegopodium. Podagraria L. Carum. Carvi L. Pimpinella. Saxifraga L. o mera DC. 3 Tragium Vill. Ko. in cretaceis copiose NO. (Augustinowiez). . Berula. angustifolia Koch. Ko. (Augustinowicz). . Sim. latifolium L. lancifolium MB. Bupleurum. falcatum Г. В. Ko. rotundifolium L. Ko. pr. Teterewina. Oenanthe. Phellandrium Lam. Aethusa. Cynapium L.G.B.Ko.0. 146. 155. 156. cynapioides МВ. С. В. Ko. О. | Seseli. coloratum Ehrh. В. Ko. . Libanotis. montana All. sibirica C. A. M. — D. (Hofft). . Cnidium. venosum Koch. . Levisticum. officinale Koch. В. Ko. 4. spont . Selinum. CarvifoliaL. D. (Höfft). . Ostericum. palustreBess. D.(Höfft). . Апдейса. sylvestris L. . Archangelıca. officinalis Hoffm. . Peucedanum. palustre Mönch. Cervicaria Guss. D. (Höfft). Oreoselinum Mönch. alsaticum L. Anethum. graveolens L. B. Ko. in cultis. Pastinaca. sativa L. 187 - 157. Heracleum. .sibiricum L. ß angustifolium Ledb. 158. Laserpitium. — J]atifolium L. D. (Höfft). — hispidumMB. D. (Hófft). 159. Daucus. Carota L. 160. Torilıs. Anthriscus Gärtn. 161. Anthriscus. sylvestris Hoffin. 162. Chaerophyllum. bulbosum L. Prescotii DC. Ko. Conium. maculatum L. Ordo 41. Corneae. 164. Cornus. sanguinea L. Ordo 42. Loranthaceae. 165. 163. Viscum. album L. В. pr. To- plinowa. Rare. Ordo 43. Caprifoliaceae. 166. Adoxa. Moschatellina (Hofft). 167. Sambucus. nigra L. Viburnum. Opulus L. LD: 168. 169. Lonicera. ^ Xylosteum L. Ko. in montosis sylvaticis co- piose. Ordo 44. Rubiaceae. 170. Asperula. tinctoria L. eynanchica L. galioides MB. В. Ko. Gr. non rare. odorata L. Aparine (Höfft). Galium. Mollugo L. uliginosum L. palustre L. rubioides L. verum L. cruciatum Scop. (Höf.). Ordo 45. Valerianeae. 172. Valeriana. exaltata Mikan. B. Ko. officinalis L. tuberosa L. Ko. rare. Schott. D. E. Ordo 46. Dipsaceae. 173. Dipsacus. strigosus Schlecht. Ko. — NO.(Augustinow.). 174. Кпаина. arvensis Coult. 175. 188 Scabiosa. ochroleuca L. Columbaria L. B. rare. Succisa L. Ordo 47. Compositae. 176. Ir 178: 179. 180. 181. Еираютит. cannabinum L. Petasites. niveus Baumg. NO. in sabulosis ad fl. Oskol copiosissime (Augus- tinowicz). Tussilago. barra b. Aster. Amellus L. Galatella. punctata : Lindl. = dracunculoides Lal- lem. B. Ko. Erigeron. canadense L. acre L. . Solidago. Virgaurea L. . Linosyris. vulgaris Cass. D.(Hofit). . Inula. . Helenium L. B. inter Bielgorod et Kisselo- wa copiose. hirta B. Ko. haud rare. 186. 187. 188. 1947 squarrosa L. T. (Au- gustinowicz). salicina L. ensifolia L. SO. (Au- gustinowiez). britannica L. . Pulicaria. vulgaris Gärtn. Xanthium. Strumarium L. spinosum L. Ad vias et domos ubique vul- gatissima ac molestis- sima herba. Bidens. tripartita L. cernua L. ß radiata Thiel. Anthemis. arvensis L. B. Ko. tinctoria L. . Ptarmica. vulgaris Clus..D. (Höf.). . Achillea, Millefolium Г. setacea Kit. haud rare. tanacetifolia All. rare. magna L. Ko. rare. nobilis L. frequens. Maruta. Cotula DC. В. Ko.. Ko. 192. 193. 194. 196. 197. 198. 199. 200. 201. - Matricaria. 189 Leucanthemum. vulgare Lam. Chamomilla L. B. ra- re; an spontanea? ` criodora L. Pyrethrum. corymbosum W. . Artemisia. campestris L. inodora МВ. В. Ko. G. scoparia Kit. D. (Höfft). procera L. B. Ko. austriaca Jacq. B. Ko. 0. G. vulgaris L. С commu- nis Ledeb. Absinthium L. Tanacetum. vulgare L. Helichrysum. arenarium DC. Gnaphalium. uliginosum L. sylvaticum L. В ma- 905. crostachyum Ledb. Antennaria. dioica Gärtn. Filago. arvensis L. Ligularia. sibirica Cass. Ko. in locis elevatis ad syl- — 202. 203. 204. 206. varum margines; ra- rissime. Senecio. vulgaris L. vernalis Kit. erucaefolius L. В tenui- folius DC. Jacobaea L. 6 grandiflorus Turcz. paludosus L. y hypo- leucus Ledeb. D. (Höfft). campestris L. macrophyllus MB. Ko. rarissime. palustris L. Calendula. officinalis L. В. Ко. pas- sim quasi spont. Echinops. sphaerocephalus L. B. Ko. Ritro L. G. (Augusti- nowicz). Carlına. vulgaris L. Centaurea. ruthenica Lam. В. Ко. Jacea L. a genuina Koch. В pratensis Koch. y decipiens Koch. phrygia Г. D. (Höfft). 207. 208. 209. 190 Marschalliana Spr. Ko. 210 rare. arenaria MB. Ko. Cyanus L. Scabiosa L. ß tenuifolia DC. = stenophylla Ledeb. С adpressa Ledeb. Biebersteinii DC. ovina Pall. B. Ko. orientalis L. Onopordon. Acanthium L. Carduus. macrocephalus Desf. В. Ko. (frequens). nutans L. hamulosus Ehrh. Ko. rare: crispus L. Cirsium. serrulatum MB. Ko. ra- rissime. lanceolatum Scop. eriophorum Scop. B. palustre Scop. В. Ко. arvense Scop. ß mite Koch. y setosum Koch. oleraceum Scop. heterophyllum All. pannonicum Gaud. Ko. canum MB. 214. 215: 216. 21T: 218. Lappa. major Gärtn. minor DC. tomentosa Lam. . Serratula. tinctoria L. О. (Höfft). radiata MB. Ko. heterophylla Desf. Ko. . Jurinia. Pollichii DC. mollis Reichb. Ko. . Lampsana. communis L. Cichorium. Intybus L. Achyrophorus. maculatus Scop. Leontodon. autumnalis L. hastilis Г. Tragopogon. major Jacq. Ko. 0. campestris Bess. pratensis L. В tortilis Koch. undulatus Jacq. К. (Au- gustinowicz). | orientalis L. Ko. floccosus Kit. SO. (Au- gustinowicz). Scorzonera. purpurea L. | humilis L. D. (Höfft). 219: 222. 223: 224. 191 hispanica L. B. austriaca W. Ko. Pieris. hieracioides L. Odds 293. . Lactuca. altissima MB. Ko. Scariola L. muralis L. legit Böber. 996. . daraxacum. officinale Wigg. serotinum Sadl. Ad li- mites Gub. Charco- viens. (Augustinow.). Crepis. tectorum L. biennis L. praemorsa Tausch. sibirica L. | Sonchus. oleraceus L. asper Vill. uliginosus MB. arvensis L. Hieracium. Pilosella L. Auricula L. praealtum Koch. a florentinum Koch. 6 Bauhini Koch. y hirsutum Koch. glaucescens Bess. Ko. rare. echioides Kit. 2241 228. Nestleri Vill. umbellatum L. virosum Pall. 48. Campanulaceae. Jasione. montana L. rare. Campanula. sibirica L. glomerata L. farinosa Andrz. Cervicaria L. latifolia L. D. (Höfft). Trachelium L. ß dasycarpa Koch. rapunculoides L. y trachelioides Ledeb. bononiensis L. persicifolia L. var. minor. patula L. Rapunculus L. Ko. pro- pe Jablona copiose. rotundifolia L. D. (Hôf.). Adenophora. liliifolia Ledb. D. (Höf.). Ordo 49. Vaccinieae. Vaccinium. Vilis IdaeaL. D. (Höfft), K. (Augustinowicz). Myrtillus L. D. (Höfft). L. (Augustinowicz). 192 229. Oxycoccus. Ordo 51. Pyrolaceae. — palustris L, D. (Höfft). 232. Pyrola. Ab aliis botanieis ad- — rotundifoliaL. D.(Höf.). hue non observatur. minor Г. D. (Hófft. secunda L. Ordo 50. Ericaceae. — chlorantha Schw. L.P. 930. Calluna. Pb iu 233. Chimophila. — vulgaris Salisb. D. (H.). j bcd Nutt. 231. Ledum. Ordo 52. Monotropeae. — palustre L. Czerniajew: 934. Hypopitys. Conspect. plantarum — multiflora Scop. D. in Ucrania sponte cre- (Но. P. (Augusti- scentium pag. 38. nowicz) copiose. Sugctassıs II]. CoROLLIFLORAE. Ordo 53. Lentibularinae. 239. Naumburgia. 235. Utricularia. thyrsiflora Reichb. vulgaris L. 240. Lysimachia. Ordo 54. Primulaceae. vulgaris L. 236. Hottonia. nummularia L. palustris L. 241. Centunculus. 237. Primula. DE offieinalis Jacq. minimus L. K, (Rein- ` 938. Androsace. hard). villosa L. Ko. in cre- Ordo 55. Oleaceae. taceis pr. Kurakowka copiose. — №0. (Au- 249. Fraxinus. excelsior L. gustinowicz). elongata L. В. Ko. 243. Syringa. | septentrionalis L. К. vulgaris L. В. circa (Reinhard). Bielgorod sponte facta. 193 Ordo 56. Apocynaceae. Ordo 59. Convolvulaceae. Vinca. herbacea — minor L. ra- rior. | 244. Ko. B. G. O. . Vincetoxicum. offieinale Mönch. . Cynanchum. acutum L. P. sat rarum (Augustinowicz). Ordo 57. Gentianaceae. 247. Erythraea. Centaurium Pers. linariaefolia Pers. ' (Augustinowicz). pulchella Fries. 248. Gentiana. Amarella L. legit Bö- ber. — Pneumonanthe Г. D. (Höfft). du Cruciata L. 249. Swertia. perennis L. D. (Hofft). 9.7 250. Menyanthes. trifoliata L. Ordo 58. Polemoniaceae. 251. Polemonium. coeruleum L. N 1. 1865. 252. 253. 258. Convolvulus. arvensis L.” y vulgaris Ledeb. = sagittatus Ledeb. Calystegia. sepium RBr. Ordo 60. Cuscutaceae. 254. Cuscuta. europaea L. Epilmum Weihe. D. (Augustinowicz). Ordo 61. Boragineae. P dun. Echium. vulgare L. rubrum Jacq. altissimum Jacq. 7? Вб- ber in Pallas n. nord. Венге. VL-pàáp. 259. . Nonea. pulla DC. а praecox Mihi. В serotina Mihi. . Borago. officinalis L: B. Ko, in cultis. Symphytum. officinale L. tanaicense Stev. B. Ko. G. O. frequens. 13 259: 260. 262. 263. 264. . Cynoglossum. 194 Lycopsis. arvensis L. raro. 267. Onosma. simplieissimum L. Ko. орз. in cretaceis copiose. NO. (Augustinowicz). . Lithospermum. arvense L. tenuiflorum L. P. (Au- gustinowicz). 269. officinale L. purpureo-caeruleum L. Pulmonaria. 970. offieinalis L. angustifolia L. Ko. azurea Bess. Myosotıs. palustris With. caespitosa Schultz. sylvatica Hoffm. 8 alpestris Koch. intermedia Link. stricta Link. G. Ko. B. sparsiflora Mikan. ucranica Czern. Ко. 271. Echinospermum. Lappula Lehm. barbatum Lehm. Ko. . Азрегидо. er procumbens L. 272. offieinale L. Ordo 62. Solaneae. Datura. Stramonium L. Hyoscyamus. . niger Le a agrestis Koch. 8 pallidus Koch. Solanum. Dulcamara L. persicum W. Ubique frequens. nigrum L. Lycium. barbarum L. Ubique ad sepes. Ordo 63. Serophularia- ceae. Verbascum. Thapsus L. Lychnitis L. : orientale MB. Ubique non rarum. nigrum L. rubiginosum Kit. Ko. ad limites gub. Cher- coviens rarissime. phoeniceum L. Blattaria L. D. (Augu- stinowicz). Linaria. vulgaris Mill. 276. 271. 195 L. genistaefolia Mill. B. Ko. G. frequens. odorata Chavann. Ko. . Scrophularia. aquatica L. D. (Höfft). nodosa L. . Gratiola. officinalis L. G. — В. (Augustinowicz). . Limosella. aquatica L. Digitalis. grandiflora All. Veronica. spuria L. В. Ko. longifolia L. spicata L. a vulgaris Koch. 6 latifolia Koch. incana L. Anagallis L. BecabungaL. D. (Höf.). austriaca L. a dentata Koch. В pinnatifida Koch. Y bipinnatifida Koch. latifolia L. officinalis L. scutellata L. D. (Höfft). serpyllifolia L. arvensis L. verna L. agrestis L. 278. 279: 285. Odontites. rubra Pers. Euphrasia. -. officinalis L. . Rhinanthus. major Ehrh. minor Ehrh. . Pedicularis. palustris L. comosa L. Sceptrum L. D. (Hofft), . Melampyrum. cristatum L. arvense L. nemorosum L. pratense Г. О. Т. (Au- gustinowicz). sylvaticum L. 64. Orobanchaceae. ‚ Phelipaea. ramosa С. А. М. D. (Höfft). ‚ Lathraea. Squamaria L. Ко. — 0. (Augustinowicz). Orobanche. alba Steph. Саш Duby. Ko. elatior Sutt Ordo 65. Verbenaceae. 286. Verbena. officinalis L. B. prope 13° 288. 289. 290. 291. 292. 196 Murom. — S. (Augu- stinowiez). Partim co- piose. Ordo 66. Labiatae. 987. Mentha. sylvestris L. B. — K. (Augustinowicz). arvensis L. Lycopus. europaeus L. exaltatus L. fil. B. Ko. non rarus. Origanum. vulgare L. Thymus. Serpyllum L. angustifolius L. Serpyllum L. ß angustifolius Ledeb. pannonicus АП. = Т. Serpyllum L. C Marschallianus Ldb. Calamintha. Acinos Clairv. Clinopodium Benth. Salvia. pratensis L dumetorum Andrz. Ko. raro. sylvestris L. nutans L. Ko. copiose. verticillata L. memi 299 294. Nepeta. Cataria ib. nuda L. Glechoma. hederacea L.= Nepeta Glechoma Benth. hirsuta Kit. = Nepeta Glechoma Benth. В hirsuta Ledeb. . Dracocephalum. thymiflorum L. Ruyschiana L. D. (Höfft). . Scutellaria. peregrina L. NO. (Au- gustinowicz). altissima L. galericulata L. hastaefolia L. NO. (Au- gustinowicz). Raro. . Brunella. grandiflora Monch. vulgaris L. . Marrubium. vulgare L. peregrinum L. Ko. . Betonica. offieinalis L. . Stachys. germanica L. P. (Au- gustinowicz). sylvatica L. palustris L. 302. 303. 304. 197 annua L. В. К. С. ©. recta L. . Galeopsis. Lodanum L. Tetrahit L. versicolor Curt. Leonurus. Cardiaca- L. B villosus Benth. Marrubiastrum L. Lamium. amplexicaule L. purpureum L. — maculatum L. Ballota. nigra L. . Phlomis. | pungens L. B. Ko. tuberosa L. . Teucrium. Chamaedrys L. Szezy- 307. gry, raro (Augustino- wicz). | Polium L. NO.in creta- ceis (Augustinowicz). Ajuga. pyramidalis L. Ko. genevensis L. 8 excelsa Mihi. Laxmanni Beath. В. NO. (Augustinowicz). Chamaepitys Schreb. В. Ко. copiose. Ordo 67. Plantagineae. 308. Plantago. major L. media L. lanceolata L. B altissima Ledb. arenaria Kit. SuBCLASSIS IV, MoNoCHLAMYDEAE. Ordo 68. Salsolaceae. 310. Bhtum. 309. Chenopodium. polyspermum Г. album L. glaucum L. urbicum Г. hybridum L. 311. virgatum L. polymorphum C. A.M. 9 chenopodioides Moq. Tand. Atriplex. nitens Rebent. rosea L. Ко. O. А. laciniata L. R. haplorhizus Czern. Ko. hastata Г. Ko. O. Acetosella L. patula L. 318. Fagopyrum. 312. Ceratocarpus. esculentum Mönch. B. — arenarius L. SO. (Au- K. quasi spont. gustinowicz). 319. Polygonum. 313. Kochia. Bistorta L. arenaria Roth. Ko. — amphibium L. SO. (Augustinowicz). y terrestre W. scoparia Schrad. B. — lapathifolium L. 5. (Augustinowicz). Persicaria L. 314. Salsola. Hydropiper L. Kali L. Ко. — SO. (Au- — alpinum All. SO. (a gustinowicz). D-re Augustinowicz anno 1861 in prato Ordo 69. Amarantaceae. р sini nd: 315. Amarantus. la specimina lecta). retroflexus L. Ubique. Convolvulus L. Blitum L. dumetorum L. 316. Polycnemum. aviculare L. arvense L. Ko. ad li- mites gub. Charcov. copiose. Ordo 71. Santalaceae.. - 320. Thesium. | ie Ordo 70. Polygoneae. intermedium ; Ko. — K. Schrad. \ O.(Augu- 317. Rumex. ramosum | stino- maritimus L. Hayne. \ wicz) obtusifolius L. Ko. crispus L. Ordo 72. Thymelaeae. domesticus Hartm. Ko. Hydrolapathum. Huds. 321. Daphne. confertus W. D. (Hofft). Sophiae Kaleniez. Ko. Acetosa L. pr. Bikorjukowka. 199 Ordo 73. Aristolochieae. 322. Asarum. europaeum L. 323. Aristolochia. Clematitis L. Ordo 74. Euphorbiaceae. 324. Euphorbia. procera MB. palustris L. Ko. Gerardiana L. B. Ko. 0. С. virgata Kit. Ко. 0. Esula L. — nicaeensis All. NO. (Augustinowicz). — gracilis Bess. SO. (Au- — gustinowicz). Cyparissias L. B. Ko. 325. Mercurialis. perennis L. Ordo 75. Cupuliferae. 326. Corylus. Avellana L. ^ 327. Quercus. pedunculata Ehrh. Ordo 76. Salicineae. 328. Salix. pentandra L. fragilis L. . alba L. amygdalina L. — 5. acutifolia W. К. (Au- gustinowicz). purpurea L. В. — К. (Augustinowiez) fre- quens. cinerea L. nigricans Fries. Caprea L. myrtylloides L. K. pro- pe Korenaja (Augusti- nowicz). rosmarinifolia (Hofft). Lapponum L. D. (Hofft). Populus. alba L. canescens Smith. K. (Augustinowicz). nigra L. Е. D: 329. Ordo 77. Cannabineae. 330. Cannabis. sativa L. B. Ko. O. 331. Humulus. Lupulus L. Ordo 78. Urticaceae. 332. Urtica. urens L. dioica L. Ordo 79. Ulmaceae. 333. Ulmus. campestris L. 200 vulgaris Ledb. pumila Czern. B. K. non rare. suberosa Ehrh. Ko. montana With. Ko. peduneulata Fouger. & ^ Ó Ordo 80. Betulaceae. 334. Betula. alba L. B. pubescens Ehrh. humilis Schrenk. D. (Höfft). 335. Alnus. glutinosa L. Ordo 81. Abietineae. 336. Pinus. sylvestris L. An primi- tive spontanea? CLASSIS I. MONOCOTYLEDONEAE. Ordo 82. Typhaceae. 931. Typha. latifolia L. D. (Höfft). Ko. — angustifolia L..D.(Höfft). 338. Spargamum. | ramosum Huds. simplex Huds. natans L. Ordo 83. Aroideae. 339. Calla. palustris L. D (Höfft). . Acorus. Calamus L. В. Ko. — D. (Hôfft). — S. SO. (Augustinowicz). Ordo 84. Lemnaceae. 341. Lemna. minor L. trisulca L. 349. Telmatophace. gibba Schleiden. Ko. Spirodela. polyrhiza Schleiden. Ko. Ordo 85. Najadeae. 343. 344. Caulima. fragilis W. D. (Höfft). 345. Potamogeton. natans L. . fluitans L. gramineus L. 6 heterophyllus Fries. lucens L. P. perfoliatus L. _crispus L. compressusL. D. (Hóf.). — pusillus L. D. (Но). pectinatus L. Ordo 86. Juncagineae. 346. Triglochin. palustre L. maritimum L. Ko. . Scheuchzeria. palustris Г. D. (НОМ. Ordo 87. Alismaceae. 348. Alısma. Plantago L. В linearifolia Czern. 349. Sagittaria. sagittaefolia L. Ordo 88. Hydrocharideae. 350. Hydrocharis. Morsus ranae L. 351. Stratiotes. aloides L. D. (Höfft).— P. (Augustinowicz). Ordo 89. Butomaceae. 359. Butomus. umbellatus L. Ordo 90. Orchideae. 353. Corallorhiza. innata RBr. 361. D. (Hoff). 399. 357. 358. 360. . Orchis. latifolia L. mascula L. D.-(Höfft). coriophora L. militaris L. D. (Höfft). Gymnadenia. conopsea ВВг. Ко. — D. (Höfft). cucullata Rich. P. (Au- gustinowicz). 356. Platanthera. bifolia Reichb. chlorantha Custor. P. rarissime (Augustino- wicz). Listera. ovata RBr. Neottra. Nidus Avis. L. D. (Höfft). P. (Augusti- nowicz). . Cephalanthera. ensifolia Rich. P. co- piose. (Augustinow.). Epipactis. palustris Swartz. latifolia Swartz. atrorubens Schult. B. rara. Cypripedium. Calceolus L. guttatum Swartze D. (Hofft). Ordo 94. Irideae. 370. Lilium. 362. Iris. == Martagon I: legit Bö- — bees L. D. (Höfft). ass D. (Hofit). PE den corne D 371. Hyacinthus. furcata MB. leucophaeus Stev. 363. Gladiolus. 372. Scilla. imbricatus L. bifolia b. в Rn: (Au- t | : Ordo 92. Smilaceae. ep cernua Red. 364. Paris. `В pluriflora Ledb. quadrifolia L. АН 365. Polygonatum. rotundum L. officinale All. sphaerocephalum L. В. multiflorum All. GN 8 bracteatum Ledb. Ko. prope Korocza. 366. Convallaria. majalis L. 367. Smilacina. — bifolia Desf. D. (Höfft). Schoenoprasum L. Ko. oleraceym L. Ko. — ochroleucum L. O.(Au- gustinowicz). carinatum L. paniculatum L. legit Bo- Ordo 93. Liliaceae. ber. 368. Gagea. tulipaefolium Ledb. Ko. — stenopetala Reichb. D. prope Korocza rare. (Höfft). 374. Anthericum. pusilla Schult. Ubique ramosum L. frequens. 375. Asparagus. minima Schult. officinalis L. ELE EE: da Ordo 94. Melanthaceae. G. reflexa Czern. lutea Schult. 3/6. Veratrum. 369. Fritillaria. nigrum L. ruthenica Wickstr. Ko. album L. Ordo 95. Junceae. 383. 377. Juncus. communis E. Meyer. a effusus Ledb. В conglomeratus Гар. — — glaueus Ehrh. D. (Höf.). 384. articulatus L. Pos alpinus Vill. Ko. 385. compressus Jacq. bufonius L. 378. Luzula. campestris DC. — Ordo 96. Cyperaceae. 379. Cyperus. a — flavescens L. D. E fuscus L. 380. Elaeocharıs. = acicularis RBr. Le palustris RBr. ovata RBr. 381. Scirpus. paueiflorus Lightf. D. (Hófft). Tabernaemontani Gm. — . Ko. LM lacustris L. sylvaticus L. 382. Isolepis. — Holoschoenus Rom. et Schult. С. (Augusti: — nowicz). Eriophorum. vaginatum L. D. (Hofft). latifollum Hoppe. angustifolium Roth. gracile Koch. D. (Höf.). Rhynchospora. alba Vahl. D. (Höfft). Carex. dioica L. D. (Hofft). intermedia Good. vulpina L. muricata L. D. (Но. — Ko. teretiuscula Good. Ko. panieulata L. K. (Au- gustinowicz). paradoxa W. elongata Г. D. (Höfft). leporina L. D. (Hôfft). remota L. NO. (Augu- stinowicz). brizoides Wimm. Buxbaumi Wahlbg. NO. (Augustinowicz). digitata L. D. (Hofft). pediformis C. A. M. K. (Augustinowicz). pilosa Scop. panicea L. Michelii Host. flava L. D. (Но. Oederi Ehrh. 204 С. hordeiformis Host. NO. (Augustinowicz). praecox Jacq. D. (Hóf.). montana Wahlbg. D. (Höfft). ericetorum Pall. (Höfft). pallescens L. limosa L. Pseudo-Cyperus L. Ko. caespitosa L. stricta Good. acuta L. riparia Gurt. paludosa Good. nutans Host. Ko. vesicaria L. ampullacea Good. D. (Höfft). hirta L. filiformis L. D. (Höfft). D. Ordo 97. Gramineae. 386. 397. Nardus. stricta L. K. (August.). Elymus. sabulosus МВ. 50. (Au- gustinowicz). . Secale. fragile MB. Ko. . Triticum. Tr. eristatum Schreb. Ко. 392. JDD prostratum L. NO. (Au- — gustinowicz). caninum Schreb. К. (Augustinowicz). repens L. glaucum Desf. Ko. . Lolium. perenne L. Linicola (Höfft). Sond... D. . Festuca. ovina L. duriuscula L. glauca Schrad. No. (Au- gustinowicz). rubra L. B. Ko. elatior L. gigantea Vill. Bromus. asper Murr. erectus Huds. inermis Leys. sterilis L. K. (August.). tectorum L. mollis L. arvensis L. squarrosus L. Ko. patulus Mert. et Koch. secalinus L. Brachypodium. pinnatum Р. В. NO. (Augustinowicz). sylvaticum Р. В. D. (Hofft). SCENES 397. 398. >34, 205 . Briza. media L. D. (Höflt).. . Dactylis. glomerata L. 403. : Poa, bulbosa L. Ko. pr. Ja- 404. blona et in aliis locis copiose. altissima L. В. Ко. nutans L. M. viridiflora Czern. — M. nutans. | В picta Koch, — Ko. Koehleria. ( cristata. Pers. Ko. Hierochloa. repens Fries. D. (Höfft). K. (Augustinowicz). compressa L. 405. Anthoxanthum. serotina Ehrh. odoratum L. nemoralis L.. 406. Avena. pratensis Г. fatua L. Y angustifolia. — strigosa Schreb. К. trivialis L. (Augustinowicz). Catabrosa. pubescens L. aquatica P. B. pratensis L. Ko. Atropis. | flavescens L. distans Ledeb. Ko. pr. 407. Arrhenantherum. Eon: — . elatius Koch. NO. (Au- > gustinowicz). one fes 408. rigo uitans RBr. caespitosa P. B. aquatica Sm. : 409. Calamagrostis. nie sylvatica DC. zu. — — neglecta Gärtn. D. . Molinia. (Ной. coerulea Mönch. D. _ ]аха Host. D. (Höfft). (Höfft). — Epigejos Host. D. . Melıca. (Hofft). ciliata L. 410. Agrostis. В varia Ledeb. Ко. alba Г. В gigantea Roth. vulgaris With. 411. 412. 206 — Agr.canina L. D. (Hofit). Apera. | ‘spica Venti. P. В. Stipa. сарай L. Ko. — 0.— SO. (Augustinowicz). Lessingiana Trin. — Ко. pennata L. .. Milium. effusum Г. D. (Hofft). . Beckmannia. erucaeformis Host. B. Ko. O : Digraphis. arundinacea'Trin.— Ko. . Phleum. Boehmeri Wib. pratense L. . Crypsis. alopecuroides Schrad. NO. (Augustinowicz). Rara. — Cr. aculeata Ait. P. (Au- 418. 422. gustinowicz). rara. Alocepecurus. lanatus Sm. К. (Au- gustinowicz). pratensis L. ruthenicus Weinm. 0. (Augustinowicz). geniculatus L. . Leersia. oryzoides Soland. D. (Höfft). . Digitaria. glabra Schult. D. (Hofft). . . Setaria. varıdıs Р.В, glauca Р. В. verticillata P. B. — К. (Augustinowicz). Echinochloa. Crus Gl Po Be . BEITRAEGE zur NATURGESCHICHTR DER ANTILOPE SAIGA PALLAS. Von CONSTANTIN GLITSCH. — So viele merkwürdige und schóne Bildungen die Klas- se der Haarthiere überhaupt aufzuweisen hat, — so einig sind wohl die àsthetischen Beschauer der Natur darin, den Preis hóchster Lieblichkeit der Gazelle (Gazella Dor- cas) und einigen ihr nächstverwandten Thieren dersel- ben Gruppe zuzuerkennen. In der That bietet die ganze Familie der Antilopen des Interessanten und Ueber- raschenden viel, auch in ihren weniger schönen, als auf- fallenden, ja bizarren und grotesken Formen: und um so mehr reizt sie zu genauer Beobachtung, da bisher die Naturforschung manche Lücke in der näheren Kenntniss dieser Thiere noch nicht auszufüllen vermocht hat. — Ein jeder unserer Welttheile, mit alleiniger Ausnahme von Australien, besitzt seine Repräsentanten der grossen ° Familie der Antilopen. Ihre meisten Vertreter hat diesel- № 1. 1865. 14 208 be in Asien und besonders in Afrika, welche die weiten menschenleeren Strecken dieser Länder zu hunderttau- senden bevölkern, und dem Reisenden in der tiefen Ein- samkeit der Wüste ein stets willkommenes, oft höchst liebliches Schauspiel bieten. Europa hat von jeher nur 2, in sich höchst verschie- dene Arten besessen: die eine: die durch ihre tief er- forschte Geschichte weit und breit bekannte Bergantilope, die berühmte Gemse (Antilope rupicapra), die andere: ein echtes Thier der Steppe, die noch höchst unvollkom- men beschriebene Antilope Saiga. Freilich gehört uns dieselbe nur theilweise an, denn das eigentliche Stamm- volk dieser Thiere weidet noch heut zu Tage ausserhalb unseren Europäischen Gränzen. Ungleich der Gemse, welche nie gänzlieh auszurotten ist, da ihre hohen und schroffen Weideplätze immer nur ausnahmsweise einzel- nen besonders kühnen Verfolgern zugänglich bleiben wer- den, ist die Saiga, so weit sie noch unsern Welttheil be- wohnt, in schnellem Verschwinden begriffen, und die Zeit nicht mehr fern, da wir sie in unsern zoologischen Registern als ein rein Asiatisches Thier aufgeführt finden werden. Schon ist die Verbindung zwischen jenen öst- lichen Stammheerden und ihren westlichen Vorposten auf- ‚ gehoben. Der gegenwärtige Weidegrund der Letzteren ist im Verhältnisse zur Anzahl der darauf wohnenden Thiere nicht sehr ausgedehnt, zieht sich mit jedem Jahre enger und enger und die Verfolgung mehrt sich in demselben Maase. Durch meinen Wohnort (Sarepta am unteren Lauf der Wolga) in den Stand gesetzt, Zuverlässiges über die Lebensart der Saiga Antilope theils selbst zu beobachten, theils auch von glaubwürdigen Personen zu erfahren, — 203 scheint es mir Pilicht, einiges Wissenswerthe darüber zu veröffentlichen; bald werden diesseit des Ural keine Beo- . bachtungen über dieses merkwürdige Thier. mehr zu machen sein. Noch Pallas konnte dem europäischen Wohnsitze der Saiga sehr weite Grenzen bestimmen. Ihr Gebiet reichte damals von den Marken des alten Polen, vom Dnepr an durch das ganze sud - ost - europäische Binnenmee- rische Steppenland, im Süden begrenzt vom schwarzen Meere und dem Kaukasus, nördlich bis zum 50 — 52° der Breite. Nach Osten hin, jenseits der Wolga, bewohn- ten ihre Heerden die ganze Wolga-Uralische Steppe und zogen sich um das Kaspische Meer herum weithin tief in die Steppen der grossen Tartarei. Den Ural umge- bend reichten sie, östlich desselben, nach Norden hinauf bis zum oberen Irtisch, während der Altai die äusserste Ostgranze darstellte. Aus ihren asiatischen Wüsten brach sie in ungeheuren Heerden, durch Trockenheit und Misswachs vertrieben, häufig über den Uralfluss in die diesseitigen Steppen ein, überschritt die Wolga auf dem Eise und wurde, die sparsamen Felder verheerend, zur Landplage. Noch kurz vor Pallas fand eine solche westliche Wanderung über die Wolga statt. Aber schon zu seiner Zeit ward ein starkes Zurückweichen der Saiga aus dem Westen be- merkbar. Er selbst sagt, dass sie damals schon diesseit der Wolga seltener erscheine, indem sie die bewohnten Gegenden fliehe. Ein volles Jahrhundert liegt zwischen diesem Ausspruche und unserer Zeit, und wir finden den Schauplatz injener Beziehung noch mehr verändert. Am Dnepr ist schon lang keine Spur dieses Steppenthiers zu finden gewesen, in der Ukraine ist sie spurlos ver- 14° 210 schwunden und selbst im Donischen Lande tritt die Saiga nun, als seltenes Wild, einzeln und versprengt auf. — Sehr seltsam erscheint es, wenn selbst die Wolga - Ura- lische Steppe gegenwärtig gänzlich von ihr verlassen ist. Alle Aussagen stimmen darin überein, dass sie wirklich nicht mehr daselbst vorkommt, wo sie früher in Menge weilte, und wo sie daher doch alle Bedingungen ihrer Existenz so lang gefunden haben muss. Freilich, von den fetten Niederungen der Achtuba und Wolga ist sie durch zahlreiche Ansiedelungen zurückgedrängt worden und die hohe Steppe allein, welche viel Sandboden ent- hält, mag ihr zu spärliche Weide geben, zumal das ei- gentlicbe Weideland darin von den Nomaden dieser Ge- gend, den Kirgisen, eingenommen wird. Nach alle dem bleibt es um so merkwürdiger, dass sich eine an Zahl nicht ganz unbedeutende Schaar dieser Thiere noch immer, auf verhältnissmässig kleinem Raume zusammengedrängt, diesseit der Wolga hält. Die Saiga belebt noch heute einen grossen Theil der Kalmücken- steppe zwischen Don und Wolga. Dieses ihr Wohngebiet bildet gegenwärtig ein Dreieck, dessen Scheitelpunkt im Norden die Stadt Zaryzin an der Wolga (48° 42’ Nördl. Breite) bezeichnet, dessen östliche Seite die Wolga bis Astrachan, dessen westlich gelegener Schenkel der Don, und dessen Basis im Süden der Steppenfluss Manitsch bildet. Auf dieser flachen, völlig baumlosen Ebene zieht die Saiga noch heut zu Tage in ziemlicher Menge hin und her, beständig vor den menschlichen Ansiedelungen flie- hend, welche sich jährlich in grösserer Menge erheben, — und leider! in Folge der wachsenden Bevölkerung von Jahr zu Jahr an Zahl abnehmend. Im Sommer ist sie 211 über diesen ganzen Plan zerstreut, im Winter (vom Mo- nat November an) durch Schnee und Kälte aus den nörd- licheren Weideplätzen vertrieben, sammelt sie sich im Süden, in dem mit reichlichem Gras bestandenen Nie- derungen des Sal und Manitsch. Dort weidet sie den Winter über auf gewöhnlich schneefreiem Boden, dort erfolgt Brunst und Begattung und im Frühling, sobald der Schnee in den nördlichen Gegenden geschmolzen und die Triften grün werden, beginnt ein grosser Theil der Thiere seine Wanderung nach Norden. Sie wandern dann, die Geschlechter getrennt, in sehr ansehnlichen Haufen, die Böcke voran, die Ziegen folgend. Ende Mai neuen Styls hat der Vortrab die nördlichste Grenze ihres Gebietes bereits erreicht (*). Indess treten in Betreff die- ser Sommerwanderungen maassgebende Umstände ein, die ein unregelmässiges Erscheinen der Thiere an ihrem Sommeraufenthalt veranlassen, besonders in den am wei- testen vom Wintersammelort entfernten Gegenden. In der Umgegend von Sarepta, dem Nordende des Territoirs, sind solche Verschiedenheiten in der Frequenz oft sehr auffallend. Es giebt Sommer, in denen höchstens ein- zelne, versprengte Individuen gesehen werden, während in anderen Jahren grosse Truppen ihre Standquartiere den ganzen Sommer hindurch daselbst behaupten. Es hat Jahrzehnte gegeben, während welcher keine Saiga hier zu sehen war, wo sie der jüngeren Generation ein völ- lig unbekanntes Thier geworden, so in den Jahren von 1825 — 39. : Diese Unregelmässigkeit in den jährlichen Zuzügen, ist wohl hauptsächlich vom Nahrungs-Interesse, folglich im Е ihrer Hauptweideplätze im nördl. Theil ihres Gebietes ist gegenwärtig die Steppengegend Kapdacha, 60 Werst südlich von Sarepta. 212 Grunde von den alljährlich wechselnden klimatischen Ein- flüssen abhängig. Indess scheint auch eine Lust an plan- losem Herumschweifen mächtig darauf einzuwirken. In der That wäre es sonst nicht leicht zu erklären, warum die Antilopen es nicht vorziehen, in den weniger Stö- rung unterworfenen, einsamen Weiden am Sal und Ma- nitsch, welche ihnen, höchstens mit Ausnahme des Spät- sommers, stets reichlich Futter bieten würden, das gan- ze Jahr hindurch, ruhig zu verweilen. Die südliche Lage jener Gegenden ist indess nicht tief genug, um ihnen in jedem Winter sichere Zuflucht zu bieten. Tritt dort starke Kälte mit tiefem Schneefall ein, dann irren die hungernden Thiere weitaus im ganzen Bezirk rathlos umher, und suchen unbedeckten Weide- boden. Sie kommen dann selbst bis an ihre äusserste nördliche Sommergrenze in die Gegend von Sarepta und Zarizyn. Meist schon von Hunger abgeschwächt, bleiben ganze Heerden im tiefen Schnee der Ebene und in den verwehten Schluchten stecken, und fallen zu Hunderten den sie eifrig zu Pferde Verfolgenden zur leichten Beu- te. Zum Glück kommt dieses Verhängniss selten über sie: sonst würden sie schon lang ausgerottet sein, denn die Mordlust der Menschen kennt in solchen Fällen kein Maass und Ziel! Wie hoch könnte man die Anzahl der auf unserem Areal, also in Europa, gegenwärtig noch lebenden Sai- ga schätzen? Nach den oft tausend und mehr Individuen zählenden Zügen der Frühlingswanderer, so wie bei der Thatsache, dass ein grosser Theil der Thiere ihre Winterweiden auch im Sommer nicht verlässt, kann man wohl auf 10,000 mindestens schliessen, ohne sich übertriebener | 213 Annahme schuldig zu machen. Aber bei dem Eifer der vielen Jäger, welche sich alljährlich bedeutend vermeh- ren; bei dem stets fortschreitenden Anbau der Steppe, und den überall entstehenden Höfen und Dörfern, bei der wenigen Schonung des Thieres, welches durch den Schaden, den es den Getreidefeldern zufügt, den Land- bauern hier ebenso verhasst ist, wie in Deutschland der Hirsch und das Wildschwein, — ist ein schnelles Zu- sammenschmelzen des jetzigen Bestandes nur zu sicher vorauszusehen. Abgesehen davon, dass die Nomaden, welche die Saiga früher bei mangelndem Feuergewehr nur sparsam in Schlin- gen fingen, — seit Jahren sich immer mehr gewöhnen, sie mit Büchsen zu jagen, abgesehen von dem unermüd- lichen Jagdeifer der russischen Ansiedler, so erhält die Kalmückensteppe in der Jetztzeit auch viel Besuch frem- der Jagdgesellschaften vom Don her und vom linken Ufer der Wolga, welche seitdem das Thier dort abge- nommen oder völlig verschwunden, es hier auf seinem letzten, verhältnissmässig begrenzten Jagdgrund Jagen. Die Verminderung bei so bewandten Umständen wä- re gewiss jetzt schon weit fühlbarer, wenn nicht haupt- sächlich nur männliche Thiere der Jagd zum Opfer fie- len, weil sie ihres Gehörnes wegen weit leichter im Auge zu behalten sind, und dem Verfolger ein viel sichereres Ziel bieten, als das ungehörnte weibliche, das, niedergeduckt, dem Blicke völlig im Grase ver- schwindet. Antilope Saiga gehört in die Reihe der 2 hörnigen An- tilopen mit Hörnern ohne Ansatz, zu denjenigen Arten, bei denen nur der Bock gehörnt ist. Diese Hörner sind geringelt und stehen leierförmig gegen einander. Sie be- 214 sitzt Thränengruben, welche nicht umzustülpen sind, kleine Afterklauen, keine eigentlichen Kniebüschel. Das Weibchen hat 2 wirkliche und 2 Scham - Zizen. Ihre Grösse ist die eines starken Schaafes. An alten Thieren gemessen beträgt die Länge des Körpers von der Schwanzwurzel bis ans Ende der Muffel 50 Zoll engl., die Höhe vom Widerrist bis zur Sohle des Vorderhufs 30 Zoll, dagegen von der Kruppe bis zur Sohle des Hin- terhufs 31'/, Zoll. Kopflange vom Ohre über die Wange zum Nasenloch: 10'/, Zoll. Dieselbe aus der Ohrenlinie zwischen den Hörnern her längs des sehr erhabenen Nasenrückens bis ans Ende der Nase gemessen: 12'/, Zoll. Länge des Halses aus der Mitte der Schulterblätter bis ans Hinterhaupt 11 Zoll. Ohrenlànge 4 Zoll. Durch- messer eines Nasenlochs an der Oeffnung '/, Zoll. Das volle Gewicht eines alten Bockes beträgt durch- schnittlich 110 Pfund russisch, einer Ziege nur 90 Pfund. Die Färbung des Theres ist für die verschiedenen Al- tersstufen ziemlich stabil; nach der Jahreszeit aber mis sich darin eine auffallende Verschiedenheit. Das Sommerfell Alter und Junger von beiden Ge- schlechtern ist bei kurzer, brüchiger Behaarung (an der Oberseite ist das Haar ca. 1" lang, unten ganz kurz) an Kehle, Unterhals, Bauch, Innenseite der Vorder- und Hinterschenkel gelblich weiss, — Flanken und Rücken braungelb, letzterer mit dunklerem rehfarbenen Mittel- streif. Dieser Rückenstreif besteht aus làngeren nieder- liegenden, aber bei Angst und Schmerz kammartig auf- richtbaren Haaren, und reicht bis zur Sehwanzwurzel. Auf dem Kreuze haben diese Haare die doppelte Lànge der Rückenbehaarung. — Hinterschenkel auswendig weiss- 215 gelblich. Der unbequastete, oben behaarte 3'/, Zoll lan- ge Schwanz unten nackt. Vorder- und Hinterläufe gelb- braun wie die Oberseite. An den Knien sind die Haare etwas verlängert. Hufe und Afterklauen schwarzlich. Der Kopf ist bei den Jungen durchweg graugelblich, bei älteren Thieren färbt sich Stirn und Nase graugelb- _ lichweiss und nähert sich in der Farbe bei höherem Alter immer mehr dem Reinweissen, ohne indess im Sommer diesen Ton je ganz zu erreichen. Im Winter- pelz ist Nase, Vorderkopf und Scheitel heller, bei alten Thieren rein silbergrau. Nacken und Rücken nach beiden Seiten herab bis zur Mitte der Flanken hellgraubräun- lich mit dunklerem braunlichen Fleck im Nacken und zollbreitem, fahlbraunem Streifen längs des Rückgrades über die Kruppe bis zur Schwanzwurzel. Kopfseiten, Vor- derhals und Brust fahlbräunlich. Wangen und Halsseiten stark mit Schwarz untermischt, wodurch jederseits ein über die Wangen und Halsseiten nach dem Blatte herab- gehender dunkler Streifen gebildet wird. Die unteren Flanken, der Bauch, Oberschenkelrand und Schwanz rein silberweiss. Die Winterbehaarung am Oberkörper ist 2— 3 Zoll lang, — an den unteren Körpertheilen kürzer. Auf den Wangen bilden die Haare einen Wirbel und stehen auf dem Vorderhals, von der Mittellinie der Halsseiten an, steif und lang nach vorn und unten gerichtet, so dass dadurch eine Art von Bart entsteht, welcher vom Kinn längs des Halses bis auf die Brust zwischen die Vorder- beine reicht. Je älter das Thier ist, um so heller wird seine Win- tertracht. Das Gehörn ist wachsfarben, nach der Wurzel hin ins 216 Bleifarbene mit schwarzer oder schwärzlicher Spitze. Die Hörner sind rund, zeigen keine Spiralwindungen, und sind mit Querrunzeln versehen, deren Anzahl zum Alter des Thieres in gewisser Beziehung steht. Wie schon er- wähnt, entbehrt die Ziege diesen Hörnerschmuck. Bei älteren Böcken stehen die Horner, 12 — 13 Zoll hoch nach gerader Messung und 13 — 14 Zoll lang (in der äusseren Krümmung gemessen), auf der Stirn etwa 1%, — 2 Zoll auseinander und steigen nach oben und aussen, zugleich auch in einem Winkel von 70 Grad gegen die Scheitelbeine nach hinten geneigt, empor; die grösste innere Entfernung von einander (4*/, — 5”) fällt über das erste Drittheil bis zur Hälfte der Gehörnhöhe. Von da ziehen sie sich wieder nach innen gegen einander und erreichen ihre grösste Annäherung (2'/, — 4'/,) im 3-ten Viertel der Höhe. Dies Letzte gilt indess völlig nur von den verhältnissmässig seltenen Gehörnen von ent- schiedener lyraformiger Form. Bei den meisten indess kommt dieser Grundtypus nicht zum völligen Ausdrucke, so dass dann im Endtheil keine Zusammenziehung ein- tritt und also das Gehörn von der mittleren Ausbiegung an strack in die Höhe geht. Im Endviertel, welches je- derzeit, im Gegensatze zu dem unteren beringten Theile eine glatte Oberfläche hat, biegt sich die gewöhnlich schwarze Spitze wieder nach aussen und vorn. Die Hör- ner sind von unten nach oben mit knotigen, starkmar- kirten Ringeln besetzt, welche an der Basis am engsten (etwa '/,") und nach der Spitze hin weitläuftiger von einander stehen, auch über der Hälfte der Höhe das Horn hinten nicht mehr ganz umfassen; die letzten nach oben (ein Endviertel) sind nur durch kurze Wulste an der vorderen Seite noch angedeutet. Die Zahl dieser vollkom- menen und unvollkommenen Ringel beträgt nie mehr als 217 höchstens 22, wovon wenigstens die letzten 4 das Horn nicht mehr umschliessen. Selbstverständlich hat man vielfach versucht, aus der Zahl dieser Ringwulste auf das Alter des Thieres zu schliessen, ohne jedoch, namentlich für die späteren Jah- re, bestimmte Anhalte zu gewinnen. Das, was sich mit einiger Bestimmtheit in dieser Hin- sicht ermitteln lässt, ist etwa folgendes: Beim volljährigen jungen Bocke (im Mai seines 2-ten Lebensjahres) hat das Gehörn etwa 5” in der Höhe und 3 geschlossene, 3 offene Wachsthums-Ringe. Die Spitze des Hornes ist ohne Spur einer dunklen Färbung wachs- bleich, wie das übrige ganze Gehörn. 3 Monat später im August ist es um einen Zoll gewachsen und die Spitze schwarz markirt. Diese Färbung, welche nicht nur die Oberfläche betrifft, sondern die ganze Hornmas- se an dieser Stelle durchdringt, nimmt im 2-ten Jahre immer mehr überhand, so dass sie zu Anfang des 3-ten, also beim voll 2 jährigen. Bocke, bis zu einem Zoll die Spitze tief schwarz erscheinen lässt. Diese Schwärzung wird stabil und der Bock behält sie die Jahre seiner kräftigsten Lebenszeit hindurch. — Beim Bocke von 2 Jahren ist das Horn 8 Zoll hoch mit 4 —5 geschlosse- nen und 3 offenen Ringeln. Im Anfange des 4-ten Jahres misst das Gehörn 9’/, Zoll mit 7 vollkommenen und 4 offenen Wülsten. Bis zu dieser Zeit ist der Stand der Hörner gegeneinander bis zur Spitze divergirend. Von nun an nähert sich das, sich ganz normal entwickelnde Gehörn durch Zuneigung der Hörner im Spitzendrittheil einer mehr lyraartigen Form, welche beim 5 jährigen Thiere oft schon ganz entschieden ausgedrückt ist. Aus- serdem hat das Gehörn zu dieser Zeit fast eine Höhe 218 von 12 Zoll erreicht, und wächst von da an überhaupt höchstens noch einen Zoll; es hat jetzt wenigstens 9 geschlossene und bis 7 offene Ringel — So lang das Horn noch wächst, nehmen die Wulste von unten her an Anzahl verhältnissmässig zu, und nachdem es seine grösste Längsausdehnung erreicht, geht das Wachsthum nur in die Dicke. Recht alte Böcke haben bei gleicher Länge verhältnissmässig dickeres und schwereres Ge- hörn als jüngere. Wenn z. B. bei einem 5 jährigen der Umfang eines Hornes dicht über der Basis 4'/," bei 12” Länge betrug, so war derselbe bei einem alten Indivi- duum bei gleicher Länge 4°/,”. — Hat das Horn so nach jeder Richtung seine grösstmögliche Ausbildung erlangt, so beginnt die durchgehende schwarze Färbung der Spitze von innen nach aussen allmälig zuerst in einzelne Streifen zu verschwimmen und im Laufe mehrerer Jahre . endlich ganz zu verschwinden. Dies ist der regulaire Verlauf des Vorgangs. Man findet allerdings manchmal jüngere, sogar 5 jährige Böcke, bei denen das Schwarz der Spitze schon mehr oder weniger im Verschwinden begriffen ist. | Früher wurden nicht selten sehr schwere Böcke ge- schossen, welche sieh durch die auffallend weisse Stirn und Muffel als sehr alte auswiesen, bei denen die Spitze des Gehórns bis auf. die ersten Querwülste von oben fehlte; die Hórner waren dadurch auffallend verkürzt und verunstaltet. Diese Thiere, von den Jägern als eine be- sondere Art angesprochen und Agamol oder Siwolop ge- nannt, waren auf der Jagd besonders willkommen; da sie, sehr faul und phlegmatisch, fast immer lagen und den Verfolger ohne Schwierigkeit nahe kommen liessen. Ihr Wildprett war aussergewóhnlich fett. Ich bin geneigt zu glauben, dass diese Verkürzung des Gehörns, welche 219 bis auf die Spitze des Stirnzapfen reicht, weniger еше Abnutzung, als hauptsächlich eine durch hohes Al- ter bedingte Verkümmerung ist. — Gegenwärtig finden sich solche Thiere gar nicht mehr, an welchem Mangel leicht die so gesteigerte Verfolgung der Saiga in neuerer Zeit, bei so bequemer Erlangung des nicht mehr flüch- tigen, abgestumpften Thieres die Schuld tragen kann. Die Gestalt des Thieres weicht in so weit von derje- nigen der Gazellen ab, als sie weit weniger schön, als vielmehr sonderbar und auffallend erscheint. Dieser all- gemeine Eindruck wird hauptsächlich durch den Anblick der höchst merkwürdig gebildeten Nase hervorgerufen, welche durch ihre Grösse und abentheuerliche Form dem Kopfe ein ganz besonderes Gepräge aufdruckt. Derselbe erhält dadurch einen überwiegenden Umfang und eine scheinbar unverhältnissmässige Schwere. Wäre das gros- se, glänzend schwarze, sanft und feurig blickende Auge nicht, so würde die Physionomie wahrhaft hässlich er- scheinen. Im Eindruck des schönen Blickes aber, ver- liert sich das Groteske des Gesichtes in Etwas. Durch den auffallenden Bau der Nase unterscheidet sich die Saiga von allen andern ihres Geschlechtes, ja von simmt- lichen anderen Säugethieren. Von den kurzen, erhabenen Nasenbeinen wölbt sich das, durchweg mit feinen, kur- zen Häärchen bedeckte Organ gewaltig nach oben und aussen und endet, kurz abgestumpft, in den 2 weiten Nüstern von beinahe ein Zoll Durchmesser. Die dicken Wandungen bestehen aus weichem Knorpel und Fett, sind aber durch Längs- und Quermuskeln und Sehnen, welche der Oberfläche des Knorpels anliegen, ausseror- dentlich beweglich, und daher beim lebenden Thiere in beständiger Formveränderung begriffen, zumal die Saiga sich hauptsächlich auf dieses Hülfsmittel der Wahrneh- . 920 mung verlässt. Im Tode, in völliger Ruhe sowohl, wie auch auf der Flucht oder beim Biesen hängt die Nase bei weitgeöffneten Nüstern schlaff herab, und reicht dann bei alten Thieren um eine gute Handbreit über die Ober- lippe herunter, schlenkert hin und her und bildet so ei- | nen förmlichen ungestalteten Rüssel. Beim Aesen, beson- ders aber beim Wittern wird sie durch Anspannung der Längs- und Quermuskeln scharf nach rückwärts und da- bei niedergezogen. Ihr Ansehen erinnert so an dasjeni- ge der Nase von Hircus thebaicus. Die Haut erscheint dann an der Oberfläche in unzähliche Fältchen querge- rieft und die Nüstern sind zusammengezogen, wie ge- schlossen. Beim Wittern wird dieses Organ ausserdem beständig abwechselnd nach links und rechts gezogen und befindet sich daher in beständiger, rümpfender Be- wegung. Unter den Augen liegt jederseits ein Thränensack, wel- cher ziemlich geräumig ist und zu allen Zeiten eine braune, butterähnliche, scharf nach altem Käse riechen- de Schmiere absondert. Sonst verbreitet das Thier, be- sonders im Winter, einen auffallenden Schaafgeruch. Die Gestalt des Thieres im Ganzen hat eigentlich nichts Gracieuses. Zwar sind die Beine äusserst schlank und leicht, aber der Körper selbst hat etwas anscheinend Schweres, nicht die feinplastische Ausprägung, wie bei der Gazelle oder beim Reh, und stimmt daher nicht recht zu seinem zierlichen Unterbau. Dazu kommt, dass der umfängliche Kopf selten in die Höhe gerichtet wird: in der Ruhe wie im Laufe schwankt er, zur Erde gesenkt, am nach vorn geneigten langen, dünnen Halse. Nur beim Sichern erhebt die Saiga Hals und Haupt. Beobach- tet ınan ein ruhig dahinwandelndes Rudel, so hat man 221 viel eher den Anblick einer Schaafheerde, als denjeni- gen hirschartiger Thiere. Freilich verwandelt sich dieser Eindruck schnell in hohe Bewunderung und Vergnügen, wenn man den Trupp auf der Flucht dahinstürmen sieht. In pfeilschnellem Passgange, oft unterbrochen von steilen Luftsprüngen, auch mit Leichtigkeit in die Länge 20 Fuss weit setzend, verschwinden die Thiere bald dem stau- nenden Blicke. Nicht zu ermüden ist das flüchtige Thier und Niemand kann es selbst zu Pferde erjagen, sobald es mehrere Tage alt ist. Auch das Schwimmen soll die Saiga verstehen, hat aber freilich wenig Gelegenheit in den gewöhnlich wasser- leeren Steppen diese Fertigkeit anzuwenden. Ihre Spur ist der Schaafspur ähnlich, indess am Ran- de viel schärfer ausgeprägt und an der Spitze schmäler, indem die zwei Klauen dicht nebeneinander ohne Zwi- schenraum aufsetzen. Die Losung, wie Schaafmist, nur unzusammenhängend, trockener, kleiner und spitzer. Alte Thiere werden bei guter Weide sehr feist. Das Fett lagert sich namentlich oben auf dem Rücken und an den Seiten desselben ab. Junge 1—2 jährige zeich- nen sich hingegen stets durch Fettmangel aus. Die Stimme ist ein tiefes, lautes Blöcken. Die Jungen lassen sie häufig hören, die Alten aber nur bei der Paa- rung und bei Verwundungen. Das Mutterthier lockt das Junge blöckend mit höherem Tone. Gehör, Gesicht und Geruch sind vortrefflich, und es bleibt unentschieden, welcher Sinn der bevorzugte ist. — Die Saiga äugt weiter, als der scharfsichtigste Jäger se- hen kann, wie aus dem Zeugnisse des Letzteren zur Ge- nuge hervorgeht: Oft ereignet es sich, dass in einem 222 ruhenden Truppe plötzlich eine lebhafte Bewegung ent- steht und ein allgemeines Aeugen nach einem Punkte in der Ferne, wo der verborgene Beobachter zunächst durch- aus nichts entdecken kann, bis endlich erst nach län- gerer Zeit der die Thiere beunruhigende Gegenstand. auch ihm sichtbar wird. Das Geruchsorgan scheint indess dasjenige zu sein, auf welches sich das Thier allein völlig verlässt. So lan- ge es nicht den Wind vom nahenden Jäger bekommt, er- laubt es, wenn auch unruhig, die fortgesetzte Annäherung; über dem Winde, wenn es den Geruch hat, ist es nicht möglich näher, als höchstens 200 Schritte zu gelangen. Die geistige Begabung der Saiga ist nicht auffallend; Vorsicht kann ihr nicht abgesprochen werden. Freiwillig verliert sie sich niemals in Schluchten, wo sie am freien Umblick behindert wird, und setzt, getrieben mit ver- doppelter Schnelligkeit über die verdächtige Stelle hin- weg. Sie ist gutmüthig und sanft, und spielt gern mit Ihresgleichen, welcher Zeitvertreib sich in Jagen und Stossen kund giebt. Trotz ihrer äussersten Schüchternheit besitzt sie viel Neugier. Stets lässt sie den herankriechen- den Jäger, wenn sie ihn lang schon sieht, näher kom- men, unruhig hin und her sich wendend und ihn be- ständig anblickend. Selten wird sie flüchtig, ohne erst die Witterung von ihm genommen zu haben, indem sie ihn umkreist, um ihn über den Wind zu bringen. Im Augenblicke, wann sie ihn riecht, wirft sie sich mit der grössten Schnelligkeit in die Flucht. Um Mitte December neuen Styls tritt bei der Saiga die Brunstzeit ein. Zu dieser Periode befindet sie sich, zu grösseren Heerden gesammelt, in den, wärmeren, meist schneefreien Niederungen des Sal und Manitsch. 223 Die nomadischen Jäger erzählen einstimmig, dass zu dieser Zeit die Ziegen von den ältern Böcken zusam- mengetrieben werden und dann in Dichthaufen gleich Schaafen, zusammenstehen, während sie beständig von den zahlreichen Böcken in grosser Aufregung umkreist wer- den. Die Böcke kämpfen im Umkreis heftig mit einander, so dass sie sich gelegentlich mit dem Gehörn durch- bohren. Die etwa ausbrechenden Ziegen jagen sie un- sanft mit Stössen zum Platze zurück und bespringen be- ständig die brünstigen Thiere. Dabei blöcken sie häufig. Die jungen Böcke werden jetzt von den alten nicht bei den Ziegen gelitten und weiden daher für sich besonders. Die Mutterthiere gehen trächtig fünf Monat lang bis Mitte Mai neuen 54515. Kurz vor dieser Zeit hat ge- wöhnlich die Zerstreuung in die Sommerweiden begon- nen, wobei, wie schon erwähnt, die Züge in getrennten Geschlechtern erfolgen. Kommt der Augenblick der Ge- burt heran, so suchen die Mütter in einzelne, oft sehr ansehnliche Trupps vereint, einsame Orte in der freien Steppe, wo möglich mit höherem Pflanzenwuchs be- standene, woselbst sie fast zu gleicher Zeit in Gesellschaft ihre Jungen absetzen. So nahe bleiben sie dabei zusam- men und so gleichzeitig treten die Geburten ein, dass nach dem Bericht von Augenzeugen, ganze Niederungen von neugebornen Thierchen wimmeln und dass man auf einem Raum von nur 10 Quadratfaden ein Dutzend oder mehr aufheben kann (‘). In der Regel setzt die Saiga zwei Junge, selten Eins; ja man sieht manchmal ein Mutterthier von 3 Zicklein gefolgt. Ein Jäger behauptete en sieht man den lammenden Müttern einige aus dem Sü- den hierher verflogene Arten von Geiern (Fullur percnopterus, ci- nereus und fulvus) folgen, um, zwar nicht die lebende Frucht, wohl aber die Nachgeburt gierig zu verschlingen. N 1. 1865. 15 224 im Tragsack einer geschossenen, trächtigen Ziege 3 Junge gefunden zu haben. Das Wahrscheinlichere ist in- dess, dass in jenem erstgenannten Falle das 3-te der folgenden Jungen ein angenommenes Pflegekind der Führenden ist, dessen Mutter durch Zufall umgekommen, . oder einem Jäger zur Beute geworden war. Gleich nach der Geburt verbergen sich die Zicklein ins Gras: und in höhere Kräuter und verlassen fürerst nicht ihren Lagerort. Aufgejagt gehen sie im Bogen im- mer wieder an ihren Platz zurück. Die Alte zieht früh Morgens, nachdem sie die Jungen gesäugt, meilenweit von ihnen hinweg ihrer Nahrung nach, und überlässt sie den ganzen Tag sich selbst, welche Zeit die Kleinen meist verborgen liegend verbringen. Ein hiesiger, erfah- rener Jäger, wurde einst Zeuge einer lieblichen Thier- Idylle. Er sah an einem Morgen früh bei Sonnenaufgang in einer flachen Vertiefung 10 Mutterziegen bei einander stehen, theils ihre Zicklein säugend, theils von ihnen in den zierlichsten Sprüngen umtanzt. Nach und nach duckte sich Eines der Letzteren nach dem andern hier und da in’s hohe Gras; nachdem sich alle gelegt, begaben sich die Alten nach allen Seiten davon, zuerst ganz langsam und oft zurückschauend, dann aber, als sie überzeugt schienen, dass von den Kleinen keines folgte, in pieil- schnellem Laufe. Mit Sonnenuntergang kehrt die Mutter gemächlich zu- rück: die Jungen springen ihr freudig blöckend entgegen und fallen sogleich heisshungrig an das Euter, das von der 42 Stunden angesammelten dünnen, blauen Milch so strotzt, dass letztere beim geringsten Druck in Strahlen aus den Zizen springt. Die Sättigung der Kleinen ist in- dess nicht schnell beendet, denn die Alte steht nicht 225 ruhig, sondern weicht beständig dahin und dorthin aus und enzieht dadurch den Begierigen fast nach je 3 Zü- gen wieder das Gesäuge. Während der Nacht bleiben Mutter und Junge beisam- _ men. Schon nach 4 Tagen folgt das Junge -.der Alten und bald schliesst sich letztere den gemischten Rudeln wieder an, so dass man in Mitte Juni neuen Styls Böcke, Ziegen und Junge zusammen weiden sieht. Vor dieser letzten Zeit liegt das Zicklein am Tage meist noch ver- borgen, obgleich es der Mutter zur Weide folgt. Werden beide beisammen überrascht, so ermuntert zunächst die Alte die Kleinen zur Flucht, und hält aus, bis die Zick- lein davoneilen, worauf sie ihnen folgt. Schon 4 Wochen alt nehmen die Jungen zarte Kräuter neben der Milch. Um dieselbe Zeit brechen bei dem Böckchen die Hörner durch, welche zuerst ganz schwarz sind, sich aber im Laufe des ersten Jahres völlig wachs- bleich färben. Bis Ende October nehmen die Jungen das Euter und folgen der Mutter bis in den Winter. Das Saiga-Zicklein ist ein sehr anmuthiges , munteres Geschöpf; ausserordentlich lebhaft und höchst neckisch und spielerisch. Das Gesicht hat nicht das plumpe, bi- zarre Ansehen der Alten, da die Nase noch klein ist und weniger dominirend heraustritt. Fast vom Anfange ihres Lebens thun die Jungen es an flüchtiger Schnellig- keit den Alten ziemlich gleich. Unmittelbar nach der Geburt kann man sie freilich ohne Schwierigkeit mit Hän- den greifen, aber schon am 4-ten Lebenstag ist es kaum mehr möglich sie zu Pferde zu erjagen. Ich selbst jagte ein 2 tägiges Thierchen: nachdem mein Pferd dem Ha- sen gleich dahineilenden etwa 10 Minuten lang im schar- fen Galopp gefolgt war, warf sich.das letztere in einer 15" 226 Vertiefung plötzlich ins tiefe Gras; aber sobald ich, schnell herabgesprungen, eben neben ihm stand, entwischte es von neuem und trieb dieses Spiel mehrere Male, bis es endlich, völlig ermattet und bewusstlos, sich greifen liess, aber bald wieder auflebte. Die Zicklein haben nach dem ersten Vierteljahre die halbe Rückenhöhe der Erwachse- nen, das Gehorn der Böckchen ist dann ohngefähr einen Zoll lang. Schon im ersten Winter sind wahrscheinlich beide Geschlechter, bestimmt aber die Ziegen, fortpflan- zungsfähig. Nach Art ihrer Stammverwandten ist der Antilope Sai- ga nichts mehr zuwider, als Einzelnleben. In hohem Grade gesellig, zeigt sie sich stets in Rudeln, freilich je nach der Zeit und den Umständen, in grösseren oder kleineren. Auf dem Zuge nach oder von dem Winter- aufenthalt nimmt der Umfang solcher Trupps grosse Di- mensionen an, besonders auf der Frühlingswanderung. So lang die Thiere nach Norden ziehen, kann man (na- turlich näher dem Ausgangsplatze) Heerden von 1000 Stück und mehr erblicken. Von diesen grossen Bestän- den sondern sich zunächst bald nach dem Eintritt des Lammens die Mutterziegen in kleinere Gesellschaften ab und die andern Thiere zerstreuen sich ebenfalls nach und nach je nach der Weide in weniger zahlreiche Trupps von 5 — 50 Stück Noch sieht man beide Geschlechter getrennt, und nur gelte Ziegen befinden sich in Gesell- schaft der Böcke. Von den letzteren gehen jetzt alle Al- tersstufen gemischt durch einander. Im Laufe des Juni- Monats gesellen sich, wie oben erwähnt, die Mutterthie- re mit ihren Jungen zu den Böcken, und bleiben so den ganzen Sommer und Herbst hindurch mit ihnen zusam- men bis zum Frühling des nächsten Jahres. 227 Ihr tägliches Leben verläuft in ziemlich gleichbleiben- der, stetig wiederkehrender Folge. Schon mit dem er- sten Taggrauen erheben sich die ruhenden Thiere, und fangen an langsam vorwärts schreitend zu grasen, wo- bei sie sich mässig zerstreuen. Dass sie im Weiden sich rückwärts bewegen, ist ein merkwürdiger Irrthum, von dessen Grundlosigkeit sich ein Jeder leicht überzeugen , kann, welcher Gelegenheit hat, das Thier einmal lebend zu beobachten. Bis zur Mitte des Vormittags äsen sie sich; dann sammelt sich das Rudel und zieht eng ge- schlossen, den Kopf tief herabgesenkt, hin und her: zu dieser Proınenade wählen sie gern luftige Anhöhen. Ist das Wetter kühl, so bleiben sie meist in Bewegung; an warmen Tagen liegen sie viel, den Kopf auf die Erde stützend. Gegen Sonnenuntergang begeben sie sich wieder auf die Weide und grasen bis zum Einbruch der Nacht. Dann thun sie sich nieder und bleiben ruhend auf einem Fleck bis zum Morgen. . Regelmàssige Wachen, welche sie, etwa nach Art der Gemsen und andern Antilopen, ausstellen, kann man nicht bemerken. Bei kleineren Rudeln kommt es sehr oft vor, besonders in der heissen Tageszeit, dass alle Thiere stundenlang liegen. Bei grösseren Gesellschaften werden zwar immer einige stehend getroffen; bei Rudeln von 50 Stuck und darüber sind meist 2 — 4 auch mehr auf den Beinen. Aber auch da ist keine eigentliche Ab- lösung der Wachen zu bemerken; indem die an sich un- ruhigen Thiere beständig insgesammt im Aufstehen und Niederlegen begriffen sind. Ausserdem verrathen die Stehenden oft ganz und gar keine Aufmerksamkeit auf ihre Umgebung. Bemerken sie 228 indess irgend eine Gefahr, зо lassen sie es sich angele- gen sein, ihre ruhenden Gefährten zu benachrichtigen und zu wecken, indem sie die Heerde stampfend durchge- hen, und die trägen Kameraden mit dem Gehörn wie- derholt anstossen und zur Wachsamkeit mahnen. Beson- ders sind alte Böcke eifrig in diesem Liebesdienst. Be- giebt sich ein Rudel auf die Flucht, so führt immer ein altes Mutterthier; die vorhandenen Jungen aber werden stets von den ältern Thieren vorangetrieben. Die Nahrung der Saiga besteht weniger in eigentlichen Graspflanzen, als vielmehr in blätterigen Steppenkräu- tern, wie Wermuth (Artemisia), Melden (Atriplex), Süss- holz (Glycirhiza), ferner in einer hie und da viel wach- senden Pflanze: Inula dissenterica und verschiedenen. Salzkräutern; Getreide, so lang es noch keine Aehren gebildet hat, und Hirse, in jedem Stadium der Ausbil- dung, lieben sie ganz besonders. Die auf den eigentlichen Salzflecken der Steppe üppig gedeihenden Salzpflanzen scheinen sie nicht zu achten, und die auf màssig gesalztem Boden wachsenden vorzu- ziehen. Man bemerkt wenigstens bei ihnen durchaus kei- ne Vorliebe für jene häufig sich vorfindenden Stellen, welche von meist schwefelsauren Salzen förmlich ge- schwängert, mit weissem mineralischem und purpurro- them vegetabilischen Ueberzuge sich schon von fern kennt- lich machen, Der gesalzene Anflug der Oberfläche scheint sie nicht anzuziehen. Bei jungen Thieren in der Gefan- genschaft zeigte sich indess eine Vorliebe für Kochsalz, wenn es ihnen, in Brot eingerieben, geboten wurde. Sie trinken sehr selten, und es ist gewiss, dass sie, selbst im heissesten Sommer, tagelang das Wasser ent- behren können. Daher ziehen die Jäger bei der Verfol- 229 gung das Besuchen von Tränken seitens der Thiere ше in ihre Berechnung, weil, wie sie einstimmig behaupten, noch niemals Eines derselben beim Trinken zu erlauern war. Ein glaubwürdiger Mann, welcher seit 30 Jahren der Saiga-Jagd leidenschaftlich obliegt, versicherte mich, die Thiere in der Freiheit nie beim Trinken belauscht zu haben. Auch keine Spuren deuteten auf den Besuch einsamer Steppenquellen. Einmal sah er, während der Bieszeit Hunderte von abgejagten, erschöpften Saigas sich in einen Teich stürzen und stundenlang, bis an den Leib im Wasser stehen, um sich zu kühlen und Ruhe vor den Peinigern zu gewinnen, — aber er sah keine Ein- zige trinken. Junge, aus der Schaale mit Milch getränkte Zicklein senken Maul und Nase zugleich tief in die Flüssigkeit, und scheinen ebenso herzhaft durch die Nüstern das Ge- tränk einzuziehen, als durch den Mund. Ausser den Menschen, hat die Saiga-Antilope bei uns eigentlich keine Todfeinde. Wolf und Fuchs, die einzigen grösseren Raubthiere der hiesigen Steppe, können höch- stens ganz junge Zicklein erbeuten. Das erwachsene Thier entgeht durch seine Wachsamkeit und Schnelligkeit leicht ihrer Begierde. Die grösste Plage der Saiga sind die stechenden Inseckten, vor allen ein Oestrus, von wel- chem sie allerdings zu Zeiten grausam gequält wird. Von Mitte Mai an, 4 Wochen lang, sieht sie sich von diesen Biesfliegen beunruhigt, und schon im Juli tritt nach eini- gen Ruhewochen wiederum eine solche Bieszeit ein. So lang die Sonne hoch steht, wird sie von diesen Fliegen aufs äusserste gepeinigt, welche dann in grosser Menge auf der Steppe schwärmen und höchst empfindlich und anhaltend stechen. Ein anderes genus wie diese Dassel- 230 fliege als mögliche Ursache des Biesens zu bezeichnen, wäre für jetzt schwierig, da z. B. die eigentliche Brem- se (Tabanus) in der hohen Steppe zu keiner Zeit vor- kommen soll. — So scheint also bei Antil. Saiga ein Oestrus das Biesen zu veranlassen. Gleichviel ob in die- sem Falle angenommen werden muss, dass der Oestrus mit dem Saugrüssel verbohrend, den Legestachel durch das schon geöffnete Loch unter die Haut schiebt, um seine Eier in das Zellgewebe zu legen, oder ob wir nur letzterem Instrumente das ganze böse Werk zutrauen wol- len, — genug der Schmerz dieser Operation ist offenbar gross genug, um die Thiere in förmliche Raserei zu ver- setzen. Die Entwickelung der unter die Rückenhaut in’s Zell- gewebe gelangten Eier, oder vielmehr diejenige der aus den Eiern geschlüpften Maden, welche unter der Haut in schwürigem Lager eingebettet liegen, dauert den gan- zen Herbst und Winter hindurch bis in den Frühling und Sommer des nächsten Jahres, also fast Jahresfrist. Bis dahin hat die Larve ihr Anfangs verwachsenes Eingangs- loch in der Haut wieder geöffnet, was (anolog dem Ver- halten von Oestrus bovis) von Monat Januar an gesche- hen mag, und verlässt durch die allmählig erweiterte Oeffnung ihr bisheriges Bett, um auf der Erde einen kurzwährenden Puppenzustand einzugehen und nach völ- liger Entwickelung zur Fliege, während weniger Lebens- tage, im vollkommenen Zustande ihre Eier wiederum den geplagten Thieren in gezwungene Pflege zu geben. Man findet daher in der Regel unter der von alten und neuen Löchern stark durchbrochenen Rückenhaut eine grosse Menge Larven im Zellgewebe. Die Species dieser Insec- ten, ob eine ob mehrere, ist noch nicht bestimmt wor- den. Auch ist bisher nicht in Erfahrung zu bringen ge- 231 wesen, ob die Saiga auch im Darmkanale, und in den Nasen- und Stirnhöhlen solche Gäste beherbergt. Bei feisten Thieren finden sich wenig oder gar keine solche Engerlinge. Während der Bieszeit führen die ar- men Antilopen offenbar ein elendes Leben. Mit Eintritt der Tageshitze oft schon zur späteren Morgenzeit sieht der Beobachter plötzlich das bis dahin ruhig grasende Rudel aufhören zu weiden, sich angstvoll sammeln, beim Nahen des summenden Feindes wild auseinanderprellen und wieder zusammenlaufen, bis bei fortdauernder Vermehrung der Biesfliegen endlich der ganze Trupp nach allen Seiten auseinanderstürmt und durch ungeheu- res Rasen den drohenden Stichen zu entgehen sucht. In Zeiten augenblicklicher Ruhe lagert sich das gehetzte Thier, springt aber bald wieder auf, lauscht mit gesenk- tem Kopfe und gespitzten Ohren und setzt sich schleunig wieder in fliegenden, langandauernden Lauf bis fast aus dem Gesichtsfelde des Zuschauers, kommt ebenso im ' Bogen zurück, wirft sich zu Boden und: springt wieder in die Höhe, bis endlich der einbrechende Abend seine Plagegeister entführt. Jetzt sammelt sich allmählig die gersprengte Heerde und beginnt sich zu äsen. Auch die Stechfliegen setzen den Saiga sehr zu, in- dess suchen sich die letzteren derselben nicht durch Lau- fen und Rennen zu entledigen, sondern nur durch be- ständiges Schütteln und Stampfen. Das Thier schafft sich dadurch ein oft 1'/, Fuss ausgetieftes Lager und liegt, die empfindliche Nase tief in den Staub geborgen, gern und lang in diesen Vertiefungen. Jagd und Fang der Saiga wird in neuerer Zeit (wie schon oben bemerkt) weit eifriger betrieben, als früher. Das dünne, meist von Oestrus-Larven am Rücken dicht 232 durchlöcherte Fell kann wohl den Erwerb nicht locken. Als Pelzwerk fast unbrauchbar, da die Haare sehr brüchig sind und leicht ausgehen, wird es meist roh gegerbt und zu Jacken, Mützen ес. verarbeitet. Das Fleisch hin- ‚gegen ist zart und von recht gutem Geschmacke; etwas trocken und gewöhnlich nicht besonders fett, hat es sonst Aehnlichkeit mit mürbem Schaaffleische, welchem es schon im Geruche ähnelt. Das Wildprett jüngerer Thiere, frisch in Essig oder gesäuerter Milch gebeizt und wie Rehbraten (mit dem es sonst nicht die geringste Ver- wandschaft zeigt) zubereitet, auf die Tafel gebracht, — ist besonders zu loben. Bei weitem das meiste Fleisch wird von den Landleuten eingesalzen aufbewahrt. Letz- tere, so wie auch ‘die Kalmucken, halten übrigens die Nase, ihrer knorplichen und fetten Bestandtheile wegen, fur den leckersten Theil am Thiere. Die Hörner haben gegenwartig hier gar keme Verwendung, also auch kei- nen Werth. Fruher wurden sie von der hohen Krone in Masse aufgekauft, um fiir die Kaspische Flotte als so- genannte Merlpfriemen verwandt zu werden. Der heutige Werth eines erlegten Thieres ist im Ganzen nicht bedeu- tend und steht daher zu den Beschwerlichkeiten der Jagd in keinem rechten Verhältnisse. Das Wildprett eines schweren, alten Bockes (ohne Kopf, Füsse und Einge- weide) wiegt selten mehr als 80 Pfund russ., dasjenige der Ziege kaum 60 Pfund. Da das Pfund Fleisch durch- schnittlich mit 3 Kopek bezahlt wird, die Haut aber nicht mehr als 20 Kopek eintragt, so schwankt der ganze Er- trag eines Thieres zwischen 2 Rubel und 2'/, Rubel. Die Hauptjagdart ist, wie es auch den hier geltenden Verhältnissen nach nicht wohl anders sein kann, die Pirsch mit der Büchse. Sie erfordert ihrer hohen Mühse- ligkeit wegen, einen grossen Jagdeifer und ist in dieser 233 einen Beziehung gewiss nicht mit Unrecht, (trotz der Seltsamkeit des Vergleiches) der Gemsenjagd , gleichzu- stellen, so sehr sie sich auch sonst in der Scene und durch den Mangel jeder gefahrlichen Situation von jener unterscheidet. Begleiten wir den Jager, wenn er vor Morgengrauen seine Wohnung verlasst, um zurechter Zeit das entlegene Revier des Wildes zu erreichen. Einige Lebensmittel und ein Wasserfässchen werden in den Wagen gelegt, die Büchse zur Hand genommen und so bei schmetterndem Lerchengesang in die unendlich scheinende Steppe hi- neingefahren. Günstiger Weise ist es heut windstill und der Tag fängt schon mit Sonnenaufgang an, heiss zu werden. Nach 6—7 Stunden befinden wir uns auf einer sich weit ausdehnenden Anhöhe, von hohen Grabhügeln der Vorzeit in langer, einförmiger Reihe überragt. Schon hat der Jager mitscharfem Auge verschiedene Rudel von Antilopen in der Ferne bemerkt, und bevollständigt jetzt seine Beobachtung vom höherem Punkte aus. Der Wa- gen wird ganz in der Nähe in eine enge Schlucht ne- ben eine kleine, sparsam fliessende Quelle gebracht, das Pferd ausgespannt, und mit gefesselten Füssen sich selbst überlassen. Man labt sich an Speis und Trank, und be- gnügt sich jetzt nur in geschützter Stellung vom Rand des Grabens aus, das Wild zu beobachten. Noch sind die Thiere in munterer Bewegung, weidend und sprin- gend, bis endlich bei Eintritt der grossen Hitze sich eins nach dem andern niederthut und endlich das ganze Ru- del zum Liegen kommt. Jetzt ladet der Jäger mit Sorg- falt sein Gewehr, prüft den Wind und begiebt sich auf den Anschlich. Zunächst muss er in möglichst weitem Kreise das Rudel, tiefgebückt, umgehen, um unter den Wind zu gelangen. Von dort bewegt er sich hingestreckt, 234 auf dem Bauche rutschend, langsam dem Wild entgegen, oft still haltend und beobachtend, ob etwa irgend eines der Thiere seine Ruhe verlässt. So lang alles liegt, ist keine Entdeckung zu fürchten. So legt er in vollster Sonnengluth, lechzend, 2— 3 Werst zurück; jetzt aber ist er in Schussweite auf ca. 200. Schritte herangekom- men. Noch sieht er nichts, als die ragenden Gehörne der Böcke und dann und wann eine gewaltige, schlaffe Muffel, die mit dem Kopfe, Fliegen scheuchend, in die Höhe geschleudert, schwerfällig wieder zurückfällt. Die Körper sind von dem dichten Gestrüppe völlig verdeckt. Schon will er durch lauten Pfiff die faulen Thiere zum Aufstehen bewegen: da erhebt sich ein grosser Bock, äugt scharf nach ihm hin, durchgeht unruhig den Trupp, Ein und das Andere anstossend, und bleibt, von den nun sich erhebenden Gesellen umgeben, vor dem niederge- duckten Schützen stehen, ihn mit grossen Augen mes- send, und die Nase bis auf die kleinste Dimension zu- sammenrümpfend. Der Jäger hat indessen die Büchse auf die im Enddrittel angebrachte, niedrige Gabel ge- stellt, — platt auf den Leib gestreckt, zielt er- und hoch aufsetzend stürzt der Bock im Feuer zur Erde. Die Uebrigen machen sich in tollen Sätzen auf die Flucht, welche aber nicht gar weit geht, so lang sie noch kei- nen Wind vom Jäger hatten. Oft aber umkreist eines der behenden Thiere den Lauernden, und im Augen- blicke, wann es die Witterung von ihm bekommt, flieht . es von dannen, die Gefährten mit sich fortreissend, und dann geht die Flucht ziemlich lang fort. Folgt man ih- nen aber wieder und wieder unter dem Winde, so kann man mehrere aus einem Rudel tödten, ehe der Rest so scheu geworden ist, dass er schon bei weiterem Erblicken des Jägers, ohne auszuhalten, sich in Sicherheit setzt. 235 Oft ereignet es sich, dass ein Bock über dem Winde den Jäger im Anschlag gewahrt, aber, nach Aeusserung einiger Unruhe, sich gestreckt hinstellt um zu uriniren, was mehrere kostbare Minuten in Anspruch nimmt. Während dieser ganzen Zeit steht er fest, wie eine Bild- säule, und lässt, grossblickend, den Schützen gemächlich sich heben, zielen und abdrücken. Wird das Thier nicht auf's Blatt oder durch den Kopf geschossen, so geht es gewöhnlich noch sehr weit, ehe es verendet. Auch kommt es nicht selten vor, dass man einem angeschossenen, dessen völliges Erkranken man nicht abwarten kann oder mag, 3— 4 gut sitzende Ku- geln geben muss, ehe der Tod eintritt. — Wunden, bei welcher kein edlerer Theil verletzt ist, heilen sich ohne Schwierigkeit sehr gut aus. So fand mein Gewährsmann am Halse einer Ziege die starke Narbe eines früheren Schusses, dessen noch an einer Seite unter der Haut steckende Kugel den Hals dicht vor dem Kehlkopf quer durchbohrt hatte. Ein andermal bemerkte er beim Aus- weiden eines fetten Bockes einen verheilten Schlusska- nal, welcher über dem Nabel quer durch die Unterleibs- höhle ging. Der verletzte Pansen war mit dem Bauch- fell verwachsen. Wie schon oben erwähnt wurde, sind neugeborne Zick- lein am ersten Tage mit der Hand aufzuheben, während sie die nächsten zwei darauf folgenden noch zu Pferde erjagbar sind. Aeltere Thiere spotten (ausser bei tiefem Schnee) jeder solchen Verfolgung. Sehr viele Saiga Antilopen werden in eisernen Schlag- fallen gefangen. Das Thier hat die Eigenheit in der Bies- zeit besonders gern staubigen Pfaden zu folgen, und biest daher vorzugsweise auf den die einsame Steppe 236 durchziehenden Fahrwegen. Diesen Umstand benutzt der Jäger, stellt seine an Ankern befestigten Schlageisen in die Wagengleise und erlangt oft reichliche Beute. Die Kalmücken fingen früher die Saiga meist in Leder- schlingen, in ähnlicher Art, welche nach A. E. Brehm in den innerafrikanischen Ländern beim Fange der Ga- zelle Darcas gebräuchlich ist. Auch hier wird die Schlinge auf einen sogenannten Teller ausgelegt. | Dazu nimmt man ein Stück steifes, aber geschmeidi- ges Leder, in dessen Mitte man 2 sich kreuzende 2—3 Zoll lange Schnitte macht. Der Lederteller wird nun so gebogen, dass die durch die Kreuzung der Schnitte ge- bildete Doppelspalte die tiefste Stelle bildet. Dann wird auf dem Pfade des Thieres ein kleines Loch ausgehöhlt und die Scheibe so darüber gelegt, dass sie das Loch völlig deckt, und die durch die Schnitte gebildete Oeff- nung im Leder auf die Mitte trifft. Darauf kommt nun die mitgeóffnete Schlinge, welche durch einen starken Pflock am Erdboden befestigt ist; und zuletzt wird das Ganze gut mit daraufgestreuten Staub zugedeckt. Die des Weges springende Saiga, welche zufällig auf die Scheibe tritt, gleitet nach der Mitte auf die, noch durch die Steif- heit des Leders geschlossene Schnittöffnung, und indem der Fuss hindurchfährt, streift sich das Leder an das Bein hinauf und mit demselben die Schlinge. Entsetzt springt das Thier seitwärts, um sich von dem am Beine festhaftenden Lederstück zu befreien, zieht dadurch die Schlinge zu und ist gefangen. Jung eingefangen wird die Saiga ohne Schwierigkeit gezähmt. Sie erfreut durch ihre Munterkeit und Zutraulichkeit, so wie durch ihre interes- saute Physiognomie. Aber ihre Zahmheit geht selten so weit, sich am Rücken und den Seiten berühren zu las- 237 sen; den Kopf zu streicheln erlaubt sie eher. Ihr körper- liches Gedeihen in der Gefangenschaft, was Aufzucht und Erhaltung anbelangt, scheint manchen Hindernissen unter- worfen. Sehr häufig sieht man in Ställen und Höfen jun- ge Saiga-Zicklein in den ersten Lebenswochen bei Kuh- milch prächtig gedeihen, aber ich habe bis jetzt keine erwachsene, zahme Saiga gesehen. Auf Höfen einge- schlossen, kommen sie gewöhnlich nach einiger Zeit durch irgend ein Unglücksfall ums Leben, welchen sie sich durch unmässiges Rasen beim Spiel und im Schreck | zuziehen. Gewöhnlich brechen sie bei solcher Gelegen- heit die zarten Läufe, oder rennen sich gegen eine Wand zu Tode. Lässt man ihnen hingegen freien Ein- und Aus- gang, so kehren sie wohl, so lang sie noch jung sind, unbedenklich Abend nach Hause zurück, bleiben aber später einmal fort und kommen nicht wieder. Von der Kaiserlichen Russischen Acclimatisations-Ge- sellschaft ersucht, Saiga Antilopen für den Zoologischen Garten in Moskau zu beschaffen, habe ich 2 Jahre hin- durch unter Beihülfe eines hiesigen erfahrenen Jägers Versuche gemacht mit Fang, Aufzucht, Zähmung und Haltung junger und alter Antilopen, und fasse die dabei gewonnenen Erfahrungen in folgende Mittheilung zu- sammen. Der Fang erwachsener Thiere erwies sich für den Zweck ganz unvortheilhaft. Meist waren die Beine der- selben ernstlich verletzt, — wenn nicht durch die ange- wandten Schlageisen und Schlingen zerbrochen oder ge- quetscht, so durch das Toben der Thiere in der Falle verrenkt- und selbst bei keiner sichtbaren, äusseren Ver- letzung gingen die Gefangenen bald ein, trotz dem, dass sie gewöhnlich ohne alle Umstände die gereichte Nah- 238 rung annahmen. Dies Resultat des ersten Sommers be- lehrte uns, dass nur mit jungen Thieren die Versuche fortzusetzen seien. | | Im Mai des 2-ten Jahres liessen wir daher, junge Zicklein am Tage ihrer Geburt von den Müttern nehmen. Alle die, welche auf dem weiten Transporte aus der Step- pe mit einiger Sorgfalt behandelt worden waren, blieben munter, tranken mit Begier die '/, mit Wasser verdünn- te Kuhmileh dureh ein Saugrohr und gediehen einige Wochen lang auf das Beste. Wir hatten damals eine Heer- de von 23 Stück beisammen; in einer Hürde von unge- fähr 36 Quadratfaden Flächenraum waren die Thierchen, freilich eng genug, untergebracht: indess that sich keines derselben beim häufigen Laufen und Springen Schaden. 14 Tage waren verflossen, da brach plötzlich eine seuchenartige Krankheit unter ihnen aus: in einer Nacht wurden allein acht. hingerafft und überhaupt die ganze Gesellschaft im Verlaufe von 2 Wochen auf einige wenige reducirt. Die Symptome dieses fast unbedingt tódtlichen Leidens waren: Drängen im Mastdarm mit sparsamem Blutabgang, Fieber, Versagen von Speise und Trank, Stöhnen und wässriger Fluss aus Nase und Augen. Die Krankheit hatte dadurch einige Aehnlichkeit mit der hier fast beständig grasirenden Rinderpest. Die Section erwies den Magen anscheinand ganz gesund, ebenso die dünnen Därme, und sämmtliche andern Organe, mit Ausnahme des Herzens, welches mit schwarzem Blute überfüllt und an seiner Oberfläche stark entzündet war. — Durch wiederholten Ankauf gelang es nach und nach den Be- stand wieder zu completiren. Die Thiere wurden in einen andern luftigeren und schattigen Raum untergebracht. Allein dieselbe Seuche raffte zu wiederholten Malen die sonst kräftig Gedeihenden hinweg und so kam es, dass 239 von 49 Exemplaren, welche nach einander angekauft worden, im Monat August nur noch 13 Stück am Leben verblieben waren. Je grösser sie heranwuchsen; um so lebhafter fingen sie an, sich zu geberden. Offenbar war ihnen der gebotene Raum für ihre Springlust völlig un- genügend: dies hatte zur traurigen Folge, dass noch 4 von ihnen im Anrennen gegen einander und gegen die Wand verunglückten. Zuletzt konnten von Allen nur 9 Exemplare im besten Zustande nach Moskau abgefertigt werden. Die böse Seuche war sehon Ende Juli ganz verschwunden, und die Thierchen waren von dieser Zeit an völlig gesund und munter. Die Fütterung anlangend, so fingen die jungen Saiga schon Anfangs des 2-ten Monats an, blätterige Kräuter, (namentlich verschiedene Atriplex-Arten) mit Appetit zu verzehren. Später genossen sie gern daneben Hirse, auch Roggenbrot, mit Salz eingerieben. Hafer würde ge- wiss nicht verschmäht worden sein, wenn derselbe ge- reicht worden wäre. Da aber frühere Erfahrungen ge- lehrt haben, dass der Hafer für die Saiga leicht schäd= lich ausfällt, indem sie zunächst. verschlagen und steif zu werden und bei langwieriger Kränklichkeit einzuge- hen pflegen, so vermeiden wir jenen ganz. Verdünnte Milch fuhren die Thierchen fort stets mit Behagen anzu- nehmen. Suchen wir nach dem Ursprunge jener Seuche, welche wir genöthigt sind allein dem Umstand Jer Gefangen- schaft der Thiere zuzuschreiben, da sie an den in Frei- heit lebenden nie beobachtet worden ist, — so ergeben sich für jetzt folgende Vermuthungen: Zunächst hat gewiss die den jungen Saiga widerna- turliche mit Wasser verdünnte Kuhmilch daran Theil; № 1. 1862. 16 240 Schaafmilch würde sich vielleicht besser für sie geeignet haben. Dann war wohl auch die Methode des Tränkens nicht richtig gewählt. Wie oben erzählt wurde, tränkt die Saigaziege ihre Jungen nur Morgens und Abends. Den ganzen Tag hindurch erhalten sie Nichts. Fällt denn das hungrige Junge der Alten ans Euter, so lässt die letztere es nur mit starken Unterbrechungen trinken und der Durst wird so sehr allmählig gestillt. Das Tränken unserer Zicklein wurde 3 mal am Tage, Morgens, Mit- tags und Abends vorgenommen. Die Thiere tranken je- desmal mit grosser Gier, und — da wir es für nöthig hielten, — sie völlig sich sättigen zu lassen, eine auf- fallende Menge Milch, so dass ihre Bäuche danach trom- melhart aufgetrieben waren. Obgleich nun niemals sonst eine Veränderungsbeschwerde zu bemerken war, im Ge- gentheil die Thierchen prächtig gediehen, so muss doch diese von der naturgemässen doppelt abweichende Er- nährungsart überhaupt die Empfänglichkeit für Krankheit fördernde Umstände gesteigert haben. Die Hauptursache ihrer massenhaften Erkrankung ist wohl ohne allen Zweifel in der Enge des viel zu karg bemessenen Gangraumes zu finden, in welchem die Thie- re zwischen hohen Bretterwänden eingeschlossen waren, und welcher ohne Luftzug die grösste Hitze des Som- mers fast den ganzen Tag in sich bewahrte. Nachdem die Zicklein in eine geräumige, steinerne Scheune mit kleinem, umhegten Tummelplatz davor, versetzt worden waren, nahm das Sterben sogleich ab und verlor sich bald gänzlich. Freilich waren zu dieser Zeit die Ueber- bliebenen auch älter und daher kräftiger geworden. — Im August bot die kleine Heerde einen höchst erfreuli- chen Anblick dar, der nur dadurch getrübt wurde, dass mit dem Alter das Durcheinander - Rasen und Springen 241 der spielenden Thiere, ohne die geringste Rücksicht auf die engumschliessenden Schranken beängstigend zunahm. Vier von ihnen fielen auch, wie erwähnt, dem di cup chen Zeitvertreib. Unsere üblen Erfahrungen in Betreff der engen Um- schliessung wurden durch eine Gegenprobe, welche un- ter unsern Augen vorging, in noch helleres Licht ge- stellt. Dicht neben unserer Einhegung stand ein Kal- mückenzelt, dessen Bewohner zu derselben Zeit, ein Saiga - Zicklein, frei und jeglicher Schranke baar (eben- falls mit Kulmilch) aufzogen. Das Thierchen war stets gesund und erstarkte kräftiger, als unsere eingepferchten. Auch in den Dörfern der Steppe und in dortigen Kal- mückenlagern werden jährlich junge Saiga freilaufend auferzogen, und stets mit sicherem Erfolg. Dies ist also jedenfalls die richtige Methode. Ist das Thier ‘/, Jahr und drüber alt geworden, dann wird es unschädlich, ja rathsam sein, es in ein umschlossenen Raum zu bringen, namentlich falls man die Absicht hat, es später zu ver- schicken. — Bis zu diesem Alter, und noch länger, bleibt die junge Saiga, wie schon erwähnt, zahm und zutraulich und flieht selten oder nie das gewohnte Haus; auch wenn sie den ganzen Tag allein oder in Gesellschaft von Schaafen und Ziegen weit umher schweift, findet sie sich Abends regelmässig ein. — Lässt man ihr die- se Freiheit, so ist es höchst interessant zu beobachten, mit welcher Lust sie ihren Trieb zur schnellen Bewe- gung, als bestes diätetisches Gesundheitsmittel, befriedigt. Sie wird nicht müde, unzählige Male pfeilschnell ins Weite hinauszujagen, um eben so rasch in grossem Bo- gen zurückzukehren. Gern jagt sie sich mit Kindern, ja selbst mit Hunden, ohne Furcht zu zeigen. Jenes, von den kalmückischen Nachbarn erzogene Zicklein führte 16* 242 die es eifrigst verfolgenden Hunde werstweit im Zirkel: herum, und flüchtete. zuletzt, des muthwilligen Spiels - überdrüssig, mit weitem Bogensatz durch die offene Thü- re in das heimische Zelt. . Beabsichtigt man die jungen Antilopen zu transporti- ren, — welches schon naeh 4 Monaten ohne Schaden unternommen werden kann, — so erfordert das ihre vor- gängige, allmählige Eingewóhnung in den engen Raum der Käfige, welche sie auf der Reise, vielleicht wochen- ja monatelang bewohnen sollen. Ohne diese Rücksicht, bei plötzlicher Einsperrung, setzt man das Leben und die Gesundheit des Thieres unfehlbar auf's Spiel. — Die in halber Freiheit erzogene, junge Saiga muss minde- stens den letzten Monat vor ihrer Reise in einem nicht zu weitem Gehege verbringen. Zugleich wird in diesem Raume der Reisekafig offen aufgestellt. Sie gewöhnt sich bald, (so weit es ihre Natur überhaupt ermöglicht) an die Einschränkung, geht auch ohne Bedenken in dem Käfige ab und zu, besonders, wenn ihr öfter darin ihr Lieblingsfutter (Hirse) aufgeschültet wird, und lagert end- lich stundenlang darin. Unsere Saiga hatten sich, auf diese Weise, ehe sie auf die Reise gingen, schon völlig in ihre Käfige eingewöhnt. Diese auf allen 4 Seiten mit Holz vergitterte Kasten waren jeder zu je 2 Thieren be- stimmt, da die Gesellschaft von ihres Gleichen zu ihrem Wohlbehagen wesentlich gehört und die Isolirung gewiss Toben verursacht haben würde. Die Grösse der Käfige war in der Länge 7 Fuss, in der Breite 3” und in der . Höhe 4'/, Fuss. Dieser Raum scheint völlig genügend und, worauf es ganz besonders ankommt, — er ist eng genug, um den Bewohnern die Versuchung zu wilden Sprüngen und hefliger Bewegung überhaupt zu beneh- men, die ihnen nur schädlich werden könnte. — Aus- 243 serdem ist wohl zu beachten, dass die Saiga den Trieb hat, sich öfter jäh in die Höhe zu schnellen. Daher wird es nöthig zum Schutz ihres Kopfes und Gehörns, wel- ches letztere namentlich die jungen Böckchen sehr leicht durch Anstoss verletzen, die Holzdecke des Kastens ma- tratzenartig auf's beste zu polstern, wenigstens °/, Fuss dick. So sehr man in neuerer Zeit in den Thiergärten es sich angelegen sein lässt, die Gruppe der Antilopen, wenig- stens in ihren ausgezeichneteren Vertretern, zu halten und zu züchten, — so fehlte bis jetzt in allen unsere Sai- ga. Dies ist um so auffallender, da man doch eine An- zahl südafrikanischer Arten glücklich nach Europa zu bringen gewusst hat, welche alle die lange Reise wohl- behalten ertragen haben. Seit 3 Jahren sind unsere hiesigen Gegenden durch Eisenbahn und Dampfschiffen dem Westen erschlossen und somit also die Möglichkeit gegeben, die Thiere in nicht zu langer Zeit von hier an den Ort ihrer Bestim- mung zu versetzen. — Es muss das Streben jedes Euro- päischen Thiergartens sein, einige dieser interessanten Geschöpfe zu besitzen, einmal, weil die Saiga, als die einzige Steppen - Antilope unsers Welttheils, schon des- halb besondere Berücksichtigung verdient, sodann ihrer hóchst auffallenden und einzigen Gestalt wegen, und end- lieh in Hinsicht auf die voraussichtlich schnell eintreten- de Ausrottung des Thieres hier in seiner letzten Euro- päischen Zufluchtsstätte (4). (7) Ich kann den Herren Directoren von Zoologischen Gärten, so wie an- dern Liebhabern, welche Saiga-Antilopen zu erwerben wünschen, den Herrn Wilhelm Rückbeil in Sarepta (Gouvernement Saratof) zu die- sem Zwecke bestens empfehlen. Die hier bisher unternommenen Versuche in der ahnung und Aufzucht des Thieres standen unter seiner unmittelbaren Bemühung. 944 | Der besonderen Bedingungen zur Eingewöhnung und zum Gedeihen der Saiga in den Thiergärten von West- Europa sind wenige. Die klimatischen Einflüsse des We- stens können unmöglich dauernd nachtheilig auf ein Thier einwirken, welches früher das Klima Ost-Polens für sich geeignet erprobte und sich darin wohl befand. Indess wä- re vielleicht dabei zu beachten, dass die Saiga sich ge- genwärtig seit einem ganzen Jahrhundert in einem Land- striche fortgepflanzt hat, der sich durch ganz besondere Trockenheit der Luft, und durch grossen Mangel an athmosphärischen Niederschlägen auszeichnet. Daher wür- de es jedenfalls passend sein, sie durch gute, trockene Stallung vor Nässe und Feuchtigkeit zu schützen, wo sie nach Belieben aus und ein gehen kann. Hingegen bedarf sie keines Schutzes gegen die Win- terkälte. In der Freiheit hält sie 25 Grad der letzteren ohne alle Schwierigkeit bei gutem Futter aus. Zwei jun- ge Thiere, welche ihren ersten Lebenswinter hindurch hier auf einem geräumigen Hofe gehalten wurden, ver- schmähten auch bei der strengsten Kälte ein Nachtlager unter Dach (obgleich sie gern den Tag in der Schmiede ihres Herrn verbrachten) und nächtigten stets mitten im Gehöfte auf dem Sehnee, ohne irgend Nachtheil für ihre Gesundheit. Das Futter betreffend, so gilt dabei sorgfältige Aus- wahl. Saftige Futtergewächse, Gras von feuchten oder Als erfahrener Jäger hat er ausserdem durch seine Kenntniss der Ge- wohnheiten des Thieres in der Freiheit, — ein Resultat langjähriger Beobachtungen, — ein gutes Urtheil über das Erforderliche. Ihm verdanke ich auch, wie ich hier rihmend anerkennen muss, einen grossen Theil des über die Naturgeschichte der Saiga hier Zu- sammengestellten, an welchen Mittheilungen er sich erzählend, er- gänzend und bestätigend mit vielem Interesse und Zuverlässigkeit be- theiligt hat. 245 gar nassen Wiesen sind zu vermeiden, sowohl tm fri- schen, als auch im trockenen Zustand; ebenso Hafer, welcher durch Hirse zu ersetzen ist. Grün- und Trocken- futter muss auf trocknem Lande gewachsen sein. Gut aus- gebackenes Brot von geschrotenem Roggenmehl, mit Salz eingerieben, scheint den Thieren vorzüglich zu bekommen. Die Hauptbedingung jedoch für die Gesundheit der Saiga (wie sämmtlicher Antilopen) bleibt ein grosses, weitläuftiges und luftiges Gehege. Je unbeschränkter sie sich bewegen, je mehr sie ihren natürlichen Trieb zum Rennen und Springen befriedigen kann, — um so woh- ler wird sie sich befinden und um so weniger Sorge und Mühe wird sie in allen andern Dingen ihren Pfle- gern machen. Ja, sie wird dann, was das Futter anbe- langt, auch mit Manchem ohne Schaden vorlieb nehmen können, was ihr sonst nicht zusagen würde, und auch ungünstigen Witterungsverhältnissen weit weniger unter- worlen sein. Ihre Fortpflanzung würde dann ohne Schwie- rigkeit vor sich gehen und da sie in der Regel jährlich 2 Junge bringt, — der Bestand in kurzem erfreulich zu- nehmen. Dem Beschauer würde dann Gelegenheit gebo- ten sein, ein Rudel dieser luftigen Thiere in ihrer grös- sten Munterkeit und in der vollén Entfaltung seiner schó- nen Flüchtigkeit zu bewundern. SOLUTION D'UN PROBLEME FONDAMENTAL DE GÉODÉSIE. Par M. HANDRIKOFF. 1. Le probleme que je vais resoudre est le suivant: Etant donné les latitudes réduites В et ß’ de deux points et l'angle azimuthal au premier point, déterminer la longueur s d'un arc Géodésique compris entre ces deux points et la différence en longitude de ses deux extré- mités. Les équations différentielles de la plus courte ligne sur une surface donnée и==о sont d'x d’y d’z ds? ds? ds? : 247 pour l'ellipsoide de révolution autour de son petit axe situé à Гахе de z nous avons done qu 22. du "Jy du 2x — — ° — — = —— de x quas a de V par conséquent les équations différentielles de la courbe géodésiqué peuvent étre mises sous la formé d'a; d'y d?z y ds. zu. dd a 5 — a wy = 0 i ou d’y d'a NI ui Em 2 i 2 ale ec — a dus 2 by ds* TES de ve La premiére de ces équations aprés l'intégration donné DOME dp CS Lin 0 (0) dont une seule suffit, conjointement avec celle de là surface donnée pour déterminer la ligne géodésique. 248 Pour la determination de la constante с, concevons un triangle rectangle infinitésimal, dont l’hypothenuse soit Гагс élémentaire de la courbe géodésique et les deux au- tres côtés soint l’arc du méridien et celui du parallele. Soit ds l'arc de la courbe géodésique, rdA Vare du pa- ralléle et RdB l'arc du méridien, alors nous aurons ds == dA ELSE R pour que s soit l'are géodésique, il faut que E fd с | ал E + T ral zi posons | e +() A. | D =, par conséquent V = f (B,.p). Cel posé, la cendition que s est l'are de la courbe géodésique prendra la forme o) 15 dic = von ker A + dV à dX) — o. d'ou l'on a Y £A + {eV dk — 8AdV) =o. ... (1) Mais ^ dV ^ f dV № 6V == dB ор -- dp Q je Ud 249 ой би est la partie de la variation dépendante de ce que la relation entre X et В change. D'aprés cela nous trou- vons que dou = — ER done "S (dV da dV dp dV dV dou L'équation (1) prendra la forme y à + | (Gg oe ud +o du) = o. Ver 2 (8—1 E | t Bom i CB en) =o. La partie qui est délivrée du signe | ne contenant que les variations des coordonnées des points fixes s’évanouit elle-méme; et la condition du minimum est dB sl. (iz RIT (В — 4 M)—0. Ce qui exige que dV dV 48 dp —— pd dp L0. parconséquent iV mop dp + | (= ав + Е ар Ya ou dV pte RE , p dp C mais mu pR’ dp UE vr? + pue done ; gt oe e Se (2) VO pum ou bien Ce ds. = TO) I MON mais 2. а cos 9 Œ — @ 368 о A y =a cos D sin À о et, par sulte, dx == —acosßsin À dÀ — a sin D cos À df ay = a cos В cos A dA — a sin В sin À df d'ou l'on à х4у — ydx = a? cos? В dA et, par conséquent, l'équation (0) prendra la forme ou l'équation (3) a’ cost В dA = c ds dA 2 2 a a” cos — —c Po donne dÀ @ 008? m ds 251 par suite ее Pour la détermination de la constante с’ l'équation (2) donne a "Vet "Uu mais R 43 = — ds cos a г dÀ = — ds sin a. ou x est l'angle azimuthal au point donné, done 6 == a cos D gm а. Les expressions (4) donnent ae dy RN : m = er ee) oc À 18 а cos В cos A d a sin D sin dz | ; dp === b COs В. on peut mettre l'équation xdy — ydx == cds sous la forme = put = (+ GE) + (i): TT 252 mais on obtient aisement LG) + (a) + a T- dÀAN * )* | sin’ В + b° cos? В + a^ cos’ В (a) | nous avons vu que d C 1 RZ ар par suite 4 Siig i ал 2-7p* c'est BT — € LLL e | | d'ou l'on a (55) tc. (D^ eos d La sm 0) 48). а’ eos B (a eos Вы) L'are entre deux points sur la surface de l'ellipsoide est =f u VG) + + (4) + (5) ой В, et D, sont les latitudes réduites des deux points extrémes, par suite | f 5 : 5 al dß | tsi Ero + ao (=) | f ou В, (5 cos? B +. a? sin* В) (a? cos? 8 — с*) а*со5* B | =] о ß | а* cos’ В (a? cos? 8 — c?) oA ou f» 1 a (b eos Doe vs mj P x ap a” cos’ В — c* By Pour que la distance s soit l'are géodésique il faut introduire ä la place de с la valeur trouvée a la condition 8 | У cA = 0 d’aprés cela nous aurons 1 Ps b? 2 22 pl + «a e sin Se bcos 3 u ea dd cos” В — cos’ В, sin° a, ou la valeur de la constante с correspond au premier point, Soit cos D, sin a, == cos ф e cos В, sin a, == cos ¥, où vy et V, sont les valeurs constantes; cela posé, intro- duisons la nouvelle variable 9 déterminée à la condition sin D cos Y . cos Ф = ou 1 . © 2 H > sin В == cos 9 (1 — cos D, sin’ a) d'ou 1 cos В dd = — sin.9 (1 — cos? В, sin? ay do et, par suite, 1 $ — | | + at е (1 — cos? В, sin? a) aw e. d & (1 — cost В, sint a) sint o | do mais be + ae (1 m Gost p, sm wj a uut od done | Ф, 2d : 1 , e sm UL... Ss == a SUE { — ————— sin" 0 | d Y | | sun” wy, 1 ? Le soit ( Py e sunt D : dg do 5 и = wd — Re sin? Y DUM Quy alors $—a sin v, li (и — uw) + Z(u,) — Z c | mais d’après «Fundamenta nova theoriae functionum elli- pticarum. Jacob» pg. 143 ZW = Qwo NY mare W) soe K ford, | ji que TU Du 2 — OK et K, E sont les arguments elliptiques com- pléts de premiere et de seconde espèce. D’apres cela, 955 в. s— a sin dye (u — %) + Án == c "n : 5 1 Voilà l'expression de l'are géodésique compris entre deux points donnés. La difference des longitudés des extrémités de l'arc considéré pourra avoir une valeur de la forme 1 E "ree dp sin? 4 — sin В cos D Ny ge mais ıl est aise de voir que dpi im dd sho os à. ds done X, ut ^ V3 --a*e D ud b?+a*e? sin? cos” + : sin i cos cut” sh sin? y —sin* cos? © © 1— sin’ ycos*9 a ou 9, 2.008 b [ (6? + a? e sin? À cos? gy : : ü | — sin À cós Q^ do - 608 f — (E. + af e sin? — a? e sin? @ sin? у de. 1 pi (cos? фт? b sin’ ©) (| фз” o) (b*- a? e? sin? —a?e? sin 0) № 1. 1865. 17 256 mais b + à ef sin? d == a* sin* À, par conséquent hor 1 Le зу — af e sin? @) do | beoe, Susi + tg* y sin *@) (a? sin’ y, — ae? sin *9) 9, = sin’ Y a eM ON dei _ pos 9» A - tg? Ÿ sin? 9) en -— Pos dem 3; ou "er om sind, Г qu d ‘ iue Wee ф) en г т et par suite, à cos? a Vo D B ( Bud “ap ee ee (A + tg *b sin“ » : — Kk sin? 9) PR 91 e'cos Q dolio sin v, (1 — А" sin? ©) Pa mais оп à Ton & cost uoo do cost p, oe vos e d sin? d, sin? Y, ~ sin? y, C’est pourquoi l'équation précédente devient 257 Py 6 .. 20 "ay ad IG | f ei er — Ф! à — € cos? Ÿ | d Pa 4. En résumant tout ce qui précède, on voit que la solution de notre problème dépend principalement de la fonction Ф и" о (1 + tg? V sim? ©) Ao posons ig’ ) = K* tg’«’ et considérons l'intégrale d d : | у nun: . (EE Dae si l'on a (9 BOUES. ii, 2 о (1 — А" sin? © sim? a) Ag alors aprés avoir posé $ = am(w), a = amla) d’où | do = du Аат(и), Ao == Аат(и) nous werrons que l'intégrale précédente devient T “du Jo 1 — KE sin am(u) sin? am(a) ' 17° 958 Considerons la тёте intégrale. mais avec le coeffi- cient Г oim ou es а : an ‚( Ka) da | (a) — H(@ 6(а) ‚ c'est à dire l’intégrale ÍCBA du O(a) ‚ À — № si? am(u) sin? am(a) d’après fund. nova pg. (173) H(a) O(a) H(a) : oe "da — Vk sin am(a) par suite — vk cos am(a) Aam(a) ; H(a) O(a) c'est pourquoi l'intégrale précédente prendra la forme — cotg am(a) Aam(a) y H9) E ‚ (1 — E sin? a sin? 9) Ag cotg am(a) Аат(а) du | — № sin? am(a) sim? am(u) 0 M. Hermite a démontré (*) que {1) Hermite, Note sur les fonctions elliptiques. | 959. d cotg am(a) Аат(а) du | , 1 — E sim .m(u) sin” am(a) H (a) d 9 (и — а) т ! O (и + a) mais il est aise de voir que y Ho) f " en (4 — К sin? a sin” 9) Ao GNE [S de et, par suite | May AG s du о... l o(s)J, 7 [AO Hac Ee ai O(a) Ou)