HARVARD UNIVERSITY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. I Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie in Verbindung’ mit dem Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie herausgegeben von M. Bauer, E. Koken f, Th. Liebisch in Marburg, in Tübingen, in Berlin. Jahrgang 1912. Mit zahlreichen Figuren im Text. STUTTGART. E. Sch weizerbart’sche Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser 1912. Alle Kechte Vorbehalten. Druck der K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann), Stuttgart. Inhalt. Original-Mitteilungen an die Redaktion. Seite Andree. K. : Nochmals über die Deformationen von Salzgesteinen 129 — Eine zweite Graphularia- Art [Gr. Crecelii n. sp.) aus dem mitteloligocänen Meeressand im Mainzer Becken. Mit 1 Text- figur 202 Arth aber, Gustav von: Grundzüge einer Systematik der triadi- schen Ammoneen. Mit 3 Textfiguren 245 Beck, R. : Ueber Kappenquarze. Mit 3 Textfiguren . 693 Beiträge zur Kenntnis der Geologie und Petrographie Ostafrikas. II. M. Goldschlag: Petrographisch-chemische Untersuchung einiger jung-vulkanischen Gesteine aus der Umgebung des Victoriasees , besonders längs der Uganda-Eisenbahn. Mit 1 Textfigur 586 Berek, M. : Die Dispersion der Polarisationsrichtungen auf (111) im Gips. Mit 1 Textfigur 739 Besborodko, N. : Ein einfaches Modell zur Veranschaulichung des Achsenbildes einachsiger Kristalle in konoskopisch betrachteten Schnitten. Mit 6 Textfiguren 449 Beutell, A.: Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution der Markasit- Arsenkies- Glaukodot- Gruppe. Mit 2Textfiguien. 225. 271. 299 Böhm, Joh. : Literarische Bemerkung über Porocystis pruniformis Oragin 86 Temnocheilus (Conchorhynclmsj Freieslebeni Geinitz sp. Mit 1 Textfigur 698 Boeke, H. E. : Räumliche ternäre Kristallisationsmodelle für den Unterricht in physikalisch-chemischer Mineralogie. Mit 14 Text- figuren 257 Brand, H. : Die binären Systeme Cadmiumjodid — Kaliumjodid und Cadmiumjodid — Natriumjodid. Mit 2 Textfiguren 26 Brandes, Theodur: Sandiger Zechstein am alten Gebirge an der unteren Werra und Fulda und die Kontinuität des Land- werdens in Mitteldeutschland. Mit 1 Textfigur 660 R. Brauns: Ferdinand Zirkel f. Mit Porträt 513 Butz, Josef: Die Eruptivgesteine der Insel Samos. Mit 1 Karten- skizze 609. 641. 673 Cornelius, H. P. : Ueber die rhätische Decke im Oberengadin und den südlich benachbarten Gegenden 632 Delhaes, W. : Ein Rhätvorkommen an der patagonischen Küste . 776 Diener, C. : Bemerkungen zur Nomenklatur und Systematik der Gruppe des Hoplites americanus Favre 17 — — Mediterrane Faunenelemente in den Otoceras beds des Hima- laya 58 Die r off, Kurt: Ueber Korundphlogopit- und Pleonastphlogopit- schiefer 361 Dittler, E. und C. Doelter: Zur Charakteristik des Bauxits . . 19 — — Zur Nomenklatur der Tonerdehydrate 104 Dreher, Otto: Großer Aquamarinkristall aus Brasilien. Mit 1 Text- figur .... 338 VI Inhalt. Seite Seidlitz, W. v. : Das schwedische Hochlandsproblem. Eine Ant- wort an Dr. Fredr. SvENONius-Stockholm 369 — Sind die Quetschzonen des westlichen Rhätikons exotisch oder ostalpin? 492. 534 Semper. Max: Ueber Artenbildung’ durch pseudospontane Evolution 140 So'ellner, J. : Die optischen Eigenschaften des Dysanalyts von Vogtsburg und von Schelingen im Kaiserstuhl. Mit 3 Text- figuren • 310 - — Ueber das Vorkommen von Melilithgesteinen im Kaiserstuhl . 523 — — Ueber ein neues Vorkommen von Leucitophyr und Leucitophyr- breccie im Kaiserstuhl 571 Spethmann, Hans: Der „Ausraum“ 448 Spitz, Alb recht: Berichtigung 479 Stromer, Ernst: Funde fossiler Fische in dem tropischen West- afrika 87 Thugutt, St. ,T. ; Ueber Allophanoide 35 Tornquist, A. : Eine Kritik der von Mylius geäußerten, neuen An- sichten über die Herkunft der Juraklippen in der Algäu- Vor- arlberger Flyschzone. Mit 1 Textfigur 345 — — Zur Kritik der von H. Mylius gegen mich gerichteten Ent- gegnung 783 Tue an, Fr.: Ein mehliges Siliciumdioxyd 296 Uhlig, C. : Beiträge zur Kenntnis der Geologie und Petrographie Ostafrikas. I. Ueberblick über den Aufbau Ostafrikas zwischen dem Victoriasee und der Küste des Indischen Ozeans, besonders längs der Uganda-Eisenbahn 559 Vageier, P. : Ueber tropische sandsteinartige Verwitterungsbildungen aus Gneis und Granit 8 Vernadsky, W. : Ueber die gediegenen chemischen Elemente in der Erdkruste 758 Walther, K. : Ueber Transgressionen der oberen „Gondwana-For- mation“ in Südbrasilien und Uruguay 398 Wann er, J. : Timorocrinus nov. gen. aus dem Perm von Timor. Mit 5 Textfiguren 599 W e g n e r , T h. : Scaphites binodosus A. Roemer im unteren Untersenon 500 Weigelin, Max: Der untere Keuper im westlichen Württemberg 118 Wepfer, E. : Zur Lagerung des Flyseh im vorderen Bregenzer Wald, An Herrn 0. Ampferer 378 Wich mann, Arthur: Immanuel Kant und die Hebung der Ko- rallenriffe 366 W ittich, E. : Ueber ein Vorkommen von mitteloligocänem Meeressand bei Hillesheim-Dorndürkheim, Rheinhessen. Mit 1 Textfigur 626 Wittich, E. und Antonio Pastor y Giraud: Riesengipskri- stalle aus Chihuhahua, Nord-Mexiko 731 Zambonini, F.: Ueber die Identität des Baeumlerit mit dem Chlorocalcit 270 Neue Instrumente und Beobachtungsmethoden. Friedrich, K. : Ueber ein einfaches Verfahren zur ersten Orien- tierung beim Studium der thermischen Dissoziation und der Konstitution leicht zerlegbarer Mineralien. Mit 20 Textfig. 174. 207 Koenigsberger, Joh. : Einfache Methode zur Bestimmung von Wärmetönungen bei Silikaten etc. Mit 1 Textfigur. .... 413 Leiss, C. : Neues petrographisches Mikroskop für die Theodolit- Methode, Mit 1 Textfigur 733 Linck, G. : Indikatoren zur Bestimmung des spezifischen Gewichts von Flüssigkeiten. Mit 1 Textfigur 508 Inhalt VII Seite Noll. F. : Zeiclienblock für stenographische Projektionen. Mit 1 Textfigur 380 Besprechungen. Abel, 0 : Grandzüge der Paläobiologie der Wirbeltiere 184 Brauns, R. : Mineralogie 480 Brendler, Wolfgang: Mineraliensammlungen 608 Bütschli, 0.: Untersuchungen über organische Kalkgebilde nebst Bemerkungen über organische Kieselgebilde, insbesondere über das spezifische Gewicht in Beziehung zu der Struktur, die chemische Zusammensetzung und anderes 381 Cat teile, W. R. : The diamond 128 Curie, Mme. P.: Die Entdeckung des Radiums 512 Doelter, C. : Handbuch der Mineralchemie 186. 576 Epp ler, E.: Die Schmucksteine und die Schmucksteinindustrie . . 672 Fischer, Emil: Taschenbuch für Mineraliensammler 127 Foehr, K. : Mineralogie für Ingenieure und Chemiker 127 Guild, F N. : The Mineralogy of Arizona 05 Hatch, F. H. : Mineralogy 127 Hla watsch, C. : Bibliothek der mineralogisch-petrographischen Ab- teilung des k. k. naturhistorischen Hofmuseums nach dem Stande vom 31. Dezember 1909 640 Hobbs, William H : Earth Features and Their Meaning .... 512 Iddings, Joseph P. : Rocks Minerals, Their Chemical and Physical Characters and their Determination in Thin Sections .... 95 Kranz, W. : Zur Entstehung des Buntsandsteins. Erwägungen über das nördliche Alpenvorland. Vulkanismus und Geotektonik . 96 — Geologische Probleme Süddeutschlands 192 — — Dr. Meydenbauer’s Theorien zur Entwicklungsgeschichte der Erde .384 Linck, G.: Fortschritte der Mineralogie, Kristallographie und Petro- graphie 606 Marc, Robert: Vorlesungen über die chemische Gleichgewichts- lehre und ihre Anwendung auf die Probleme der Mineralogie, Petrographie und Geologie 124 Matter, Erh.: Die Symmetrie der gerichteten Größen, besonders der Kristalle 187. 220 Reinisch, Reinhold: Petrographisches Praktikum 543 Rowe, Jesse Perry: Practical Mineralogy Simplified 126 Ruska, Julius: Das Steinbuch des Aristoteles mit literatur- geschichtlichen Untersuchungen nach der arabischen Hand- schrift der Bibliotheque nationale herausgegeben und übersetzt 416 Tab 1 es annuelles de constantes et donnees numöriques de chimie, de physique et de technologie publiöes sous le patronage de Passociation internationale des academies par le Comite inter- national nomme par le VII. Congrös de Chimie appliquee . . 607 Violay, Alfred- Essai sur la genese et l’evolution des roches . 415 Weinhold. Adolf F. : Physikalische Demonstrationen 125 Weinschenk, E. and R. W. Clark: Petrographie Methods . . . . 20 Win ch eil, Alexander N. : Directions for Laboratory Work in Optical Mineralogy 126 Versammlungen und Sitzungsberichte. Londoner Mineralogische Gesellschaft 63. 158. 287. 509 VIII Inhalt. Seite Miscellanea. Bitte des Ar hivs der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte um Einsendung von Briefen, biographischen Aufzeichnungen und Nekrologen von Naturforschern und i rzten 671 Erwerbung der Zoolog. Station in Rovigno und Gründung mehrerer Geolog. Institute durch die Kaiser Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft 128 Ferienkurse Jena. Vom 5. — 17. Aug. 1912 160 Gründung eines Institutes für chemische, physikalische und minera- logische Forschungen von der Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg 256 Gründung einer neuen Sektion für Geologie, Geographie, Berg- und Hüttenwesen in der Schlesisch. Gesellschaft für vaterländische Kultur in Breslau 288 Opal von Simav im nördlichen Kleinasien . . • 511 v. Reinach-Preis für Geologie 352 Personalia. Beutell, A. 288 Boden, K 480 Brush, George Jarvis .... 384 Dacque, E 96 Erdmannsdörffer, 0. H . 320. 672 Goldschmidt, V. M. 352 Hoernes, Rud 576 Druckfehlerberichtigung . • Koken, E 784 Krenkel, E 480 Lachmann, R. 784 Milch, L 576 Preis werk. H. 64 Stille, H. 608 Zirkel, Ferdinand 416 64. 160. 256. 320. 384. 576 Sachregister. IX Sachregister zum Centralblatt für Mineralogie etc. 1912. Die Original-Mitteilungen sind kursiv gedruckt. Achat, Bildung 65. Achatstruktur , Erklärung 282. Achsenbild einachsiger Kristalle , Ver- anschaulichung 449. Afrika , Geologie und Petrographie des östlichen 559. 586. Agathiceratea , triad. Ammoneen 254. Alamosit, Alamosa , optisch 290. Albabbruch zur Donau , Älter 340. Älgäu-Vorarlberger Flyschzone, Herkunft der Juraklippen 345. 501. 783. Allophanoide , Konstitution 35. Alpen Älgäu-Vorarlberger, Herkunft der Jura- klippen in der Flyschzone 345. 501. 783. Schweiz , Hornfelse im Tessin 354. Schweiz, rhät. Decke imOber engadin632. Alpenvorland, nördliches 96. Älumolithe 105. Alunogen , Rudain bei Königsberg (Ungarn), Friesdorf b. Bonn, Neu- seeland und künstlich 723. 766. Ammoneen, Systematik der triadischen 245. Amphibol, Samos, im Gabbro 641. Amphibolith, Samos 644. Anatas, Binnental, großer Kristall 160. Anauxit, Konstitution 39. Andesit, Sardinien, S. Pietro und S. Antioco, Hypersthen- 737 . Ankerit England, in Steinkohlen 64. Erzberg (Steiermark), therm. Disso- ziation und Konstitution 690. Archiv der Gesellschaft Deutscher Natur- forscher und Aerzte 671. Arenicolites didyma, Silur, Hüttchenberg bei Wünschendorf a. Elster 92. Arizona, Mineralien 95. ! Arsenkies - Glaukodot - Markasit - Gruppe, Isomorphismus und Konstitution 225. 271. 299. Artenbildung durch pseudospontane Evo- lution 140. j Asbest, Samos 645. Aspiten, Aspiden = Schild- oder Lava- vulkang 2. Attika, Carbon 169. j Augit, Meteorit El Nakhla el Baharia ! 510. j Auslöschungsschiefen zweiachsiger Kri- stalle, graphisches Verfahren zur Bestimmung 63. Ausraum, Definition 448. Autoplaste Vorgänge bei Umbildung von Salzgesteinen 256. Axinit, Pyroelektrizität 224. Barysilit , Harstig und Lkngban 291 292. Basalt Samos 676. 679. Sardinien , S. Pietro und S. Antioco, Hypersthen- 737. Basaltgesteine, Ostafrika 567 . 586. Bastnäsit, Madagaskar 353. Bäumlerit ident mit Chlorocalcit 270. Kalisalzwerk Desdemona, mittl. Leine 106. Apatit Bildung 545. Samos, im Gabbro 642. Aquamarin Brasilien, riesiger Kristall 338. Deutsch-Südwestafrika 385. Aragonit , Bilin thermische Dissoziation und Konstitution 654. Archaeozonites ? pyramidalis, risgoviensis und aff. subangulosus, Oberoligocän, Ries 89. Bauxit, Charakteristik 19. siehe auch Laterit. Bauxitit 105. Beloceratea, triad. Ammoneen 251. Belonite — vulkan. Felszacken 2. Beryll Brasilien, riesiger Aquamarinkristall 338. Deutsch-Südwestafrika, Aquamarin 385. Lundv Island, im Granit 510. X Sachregister. Bibliothek der m ineralog. -petrograph. Ab- teilung des Wiener k. k. naturhist. Hofmuseums 640. Biegung der Gesteine und plastische Um- formung 751. Biegung , einseitige , Demonstrations- modelle 417. Binnental, Mineralien 159. 160. Biogenetisches Grundgesetz, Gültigkeit bei den Foraminiferen 405. Bithynische Halbinsel, Devon 718. Bitter spat, Gosenbach bei Siegen, mangan- haltiger, thermische Dissoziation und Konstitution 689. Bleisilikate optische Eigenschaften 289. Bohrloch Czuchow II (Ober Schlesien), Temperaturen 43. Brachiopoden , amerikanische , Entwick- lung 143. Braunspat, thermische Dissoziation und Konstitution 691. Brechweinsteinsaures K, Rb u. ('s, Iso- morphismus 509. Brillensteine , Form 390. Brisante Sprengungen und Explosionen 411. Buntsandstein, Entstehung 96. Cadmiumjodid-Kaliumjodid, System 26. Cadmiumjodid-Natriumjodid, System 30. Carbon Attika 169. Donetzbecken 239. Cerussit siehe Weißbleierz. Ceylanit, siehe Pleonast. Chalcedon, siehe Enhydros. Chemische Elemente in der Erdkruste 758. Chemische Gleichgewichtslehre, Anwen- dung auf Mineralogie und Geologie 124. Chlorocalcit, ident mit Bäumlerit 270. Chromate, doppelte, der Alkalien und der Magnesia, Isomorphismus etc. 158. Cimolit, Konstitution 38. Colemanit , Beziehungen zu Xeocole- mannit 159. Commendit, Sardinien, S. Pietro und S. Antioco 737. Conchorhynchus Freieslebeni, Kupfer- schiefer, Milbitz 698. Cyanit , Sillimanit und Staurolith führende Schiefer, Krndija-Gebirge. Kroatien 578. Deformationen der Salzgesteine 129. 256. Demonstrationsmodelle für einfache Schiebungen und für einseitige Biegung 417. Devon Bithynische Halbinsel 718. Donetzbecken 239. Diabas, Samos 648. Diamant, Handbuch 128. Diaspor im Bauxit 21. Diasporit 105. Dictyodora Untersilur , Hüttchenberg b.W ünschen- dorf a. Elster 93. Verbreitung im Paläozoikum 542. Diprotodon australis, Tasmanien 133. Dissoziation, thermische, und Kon- stitution leicht zerlegbarer Mineralien 174. 207. 320. 616. 651. Disthen, siehe Cyanit. Dolerit, Vryheid, Natal, sphärolithisch 288. Dolomit , thermische Dissoziation und Konstitution 684. 690. Donaubruchrand, Alters frage 340. Donaulauf, ältester in Süddeutschland 107. 287. Donetzbecken, Geologie 239. Doppelchromate der Alkalien und der Magnesia, Isomorphismus etc. 158. Drumlins, Mecklenburg, nordöstliches 161. Dufrenoysit, Binnental, mit Seligmannit 63. Dünnschliffe, Apparat zum systemati- schen Durchsuchen unter dem Mikro- skop 532. Dyas, Griechenland, Attika 69. Dysanalyt, Kaiser stuhl, optisch 310. Dis, Schmelzpunktserniedrigung durch einseitigen Zug oder Druck 97. Elastizität trockener und feuchter Gesteine 471. Elemente, chemische, in der Erdkruste 758. Emetikotartrate von K, Rb und Cs, Isomorphismus 509. Enhydros, Bildung 193. Entwicklungsgeschichte der Erde, Meydenbauer’s Theorien 384. Erdgeschichte, Meydenbauer’s Theo- rien 384. Erdkruste, gediegene chemische Elemente darin 758. Ericia Schneidti, Oberoligocän, Ries 90. Erosion, Ausraum 448. Eruptivgesteine Entstehung etc. 415. Samos 609. 641. Eruptivmagmen, Gase 321. Faltungen, Salzgesteine 129: Favrella 23. Sachregister. XI Feldspat , Samos, Umwandlung (Saussu- ritisierung) in den Gabbros 614. Fische, tertiäre etc., tropisches West- afrika 87. Flysch, Bregenzer Wald, Lagerung im vorderen 378. Flyschzone, Algäu-V orarlberger , Her- kunft der Juraklippen 345. 501. 783. Foraminiferen, Gültigkeit des biogeneti- schen Grundgesetzes 405. Gabbro, Samos 613. 645. Gadolinit, Ytterby und Hitterö , spezifische Wärme 393. Gase im Magma 321. Gastriocer atea, triadische Ammoneen 255. Gele Reaktionen 288. von Kieselsäure und Tonerde 35. Geologische Aufnahmen, Karten etc. Preußen , Blatt Bevensen, Bienen- büttel, Ebstorf und Harburg. Kri- tische Besprechung 9. 48. Geotektonik und Vulkanismus 96. Gephyroceratea, triadische Ammoneen 252. Gesteinsbildende Mineralien nach J. P. Iddings 95. Gesteinsdeformation, bruchlose 746. Gesteinselastizität, trocken und feucht 471. Gewicht, spezifisches, von Flüssigkeiten, Indikatoren von Glas 508. Gibbsitit 105. Gips Dispersion der Polarisationsrichtungen 739. Optische Eigenschaften beim Er- hitzen 159. Temperatur, bei der er einachsig wird 64. Chihuahua, Nordmexiko , Riesen- kristalle 731. Glanzkobalt und Glaukodot, Beziehungen 302. Glas mit Rindenbildung, chemische Unter- suchung 23. Glaukodot und Glanzkobalt, Beziehungen 302. Glaukodot - Markasit - Arsenkies - Gruppe, Konstitution, Isomorphismus 225. 271. 299. Glaukophangabbro, Samos 645. Glazial, Mecklenburg, nordöstliches 161. Gleichgewichtslehre, chemische, An- wendung auf Mineralogie und Geo- logie 124. Gneis sandsteinartige tropische Verwitte- rungsbildungen 8. Eidsfjord, anorthositischer 577. Gondwanaformation , Südbrasilien und Uruguay, Transgression der oberen 398. Granit tropische sandsteinartige V erwitterungs- bildungen 8. Riesengebirge, Beziehung zu dem ihn im Süden begleitenden Granitzug 33. Steiermark, Zentral-, Alter 198. Graphularia Crecelii, Mitteloligocäner Meeressand , Weinheim bei Alzey 202. Graptuliten, Lebensiveise und Stammes- geschichte 141. Griechenland , Trias des östlichen Mittel- 67. Grundmoränenlandschaft, M ecklenburg 161. Gyraulus cordatus, aff. spretus u. spec., Oberoligocän, Ries 90. Ifalloysit, Konstitution 35. Halotrichit, Island, Reichenbach i. Sachs, und Neuseeland 723. 766. Hebung der Korallenriffe nach Immanuel Kant 366. Himalaya , mediterrane F aunenelemente in den Otoceras beds 58. Hochlandsproblem, schwedisches 369. Hofmuseum, naturhistorisches, Wien, Bibliothek der mineralogisch-petro- graphischen Abteilung 640. Homaten = Wallberge oder Ringwall- berge 2. Hoplites americanus, Nomenklatur und Systematik der Gruppe 17. Hornblende-Olivin-Diabas, Samos 649. Hornfelse, gemischte, Tessin 354. Hversalt, Island 766. Hydrargillit im Bauxit 21. Hyper sthenandesit, Sardinien, S. Pidror und S. Antioco 737. Hyper sthenbasalt, Sardinien, S. Pietro und S. Antioco 737. Ichthyosaurier, Unterkiefer eines riesigen im Rhät, Aust Cliff bei Bristol 61 Imatrasteine, Lemniskatenform 390. Indikatoren aus Glas für das spezifische Gewicht von Flüssigkeiten 508. Isomorphismus der Tartrate und Eme- tikotartrate von K, Rb und Cs 509. Isomorphismus und Konstitution der Markasit - Arsenkies - Glaukodot- Gruppe 225. 271. 299. Jodide von Cd und K, resp. Cd und Na, binäre Systeme 26. Jodquecksilber, optische Eigenschaften 287. Joufia reticulata, Kreide, Maniago (Friaul) 318. XII Sachregister. Juraklippen, Älgäu-V orarlberger Flysch- zone, Herkunft 345. 501. 783. Kaiserstuhl, Melilithgesteine hei Ober- hergen 523. Kalisalze siehe Salzgesteine. Kalium jodid-Cadmiumjodid , System 27. Kalkgebilde, organische 381. Kalksilikatfels Bellinzona 355. Locarno 359. Kalkspat , Löwenberg , Schlesien, ther- mische Dissoziation u. Konstitution 654. Kalktuff., Ronto (Com. Bihar), pleisto- cäne Molluskenfauna 152. Kant, Immanuel, über die Hebung der Korallenriffe 366. Kantenabschnitte, rationales Verhältnis, Demonstration an einem Topas- modell 237. Kappenquarz, Geyer in Sachsen 693. Karbonate, thermische Dissoziation und Konstitution 617. 651. Kare, Rhön 705. Keramohalit, siehe Alunogen 723. 766. Keuper, Württemberg, unterer 118. Kieselgebilde, organische 381. Kieseriflager, Fältelungen 130. Klasmatische Vulkane 5. Knollen , Lebacher , Entstehung 420. Kobaltglanz, siehe Glanzkobalt. Kolloid- Alumolithe 105. Kolloidchemie, Zsigmondy 544. Kolloiderscheinungen in Konkretionen 282. Konide = Stratovulkane 2. Konkretionen mit Kalloiderscheinungen 282. Konstitution und thermische Dissoziation leicht zerlegbarer Mineralien 174. 207. 320. 616. 65h Kontaktbildungen, Tessin, gemischte Hornfelse 354. Korallenriffe, Hebung nach Immanuel Kant 366. Korund- Phlogopitschief er, Südaustralien 361. Kosmischer Ursprung von Gläsern , zweifelhaft 23. Kreide Maniago in Friaul, Fauna 318. Westfalen, Scaphites binodosus im unteren Untersenon 500. Kriechspuren von Würmern, Silur , Hüttchenberg bei Wünschendorf a. Elster 93. Kristalle, Symmetrie der gerichteten Größen 187. 220. Kristallisationsmodelle, räumliche ter- näre, für den Unterricht in physi- kalisch-chemischer M ineralogie 257 Kr istalloid- Alumolithe 105. Kristallplatte, Durchgang des Lichtes, Gesetz von F. E. Wright 339. Kupferschiefer, Milbitz, Temnoclieilus (Conchorhynchus) Freieslebeni 698. Landwerden , Kontinuität in Mittel- deutschland 660. Lappland, Geologie 369. Latent 104. siehe auch Bauxit. Lebacher Knollen, Entstehung 420. Leucitbasanit, Samos, Kumeika 679. Leucitophyr und -breccie, Kaiserstuhl, Burgberg b. Burkheim 571. Lichtdurchgang durch eine Kristallplatte, Gesetz von F. E. Wright 339. Limnophusa amerbachensis . Oberoliqocän , Ries 90. Limnus pachygaster , Oberoligocän, Ries 90. Liparit ] Samos 673. Sardinien, S. Pietro und S. Antioco 737. Liveingit, Binnental 159. Löllingit, Konstitution und Isomorphis- mus 225. 271. 299. Lüneburger Heide, Geologie 9. 48. Maare 2. Magma, Gase 321. Magnesit, Kaisersberg, Steiermark, ther- mische Dissoziation und Konstitution 653. M agnesiumhydroxy carbonat, chromhalti- ges, Dundas, Tasmanien 569. Makrodoma, triadische Ammoneen 253. Manganspat Colorado, thermische Dissoziation und Konstitution 651. Freiberg (Bescheert Glück), thermische Dissoziation und Konstitution 688. Markasit- Ar senkies-Glaukodot-Gruppe, Isomorphismus und Konstitution 225. 271. 299. Marmor, plastische Umformung 749. , Marsupialier, riesige, Tasmanien 133. M ecklenburg,Osar, Drumlins und Zungen- becken im nordöstlichen 161. Mediterrane Faunenelemente in den Oto- ceras beds, Himalaja 58. Mehlquarz 298. Melanopsis Töthi, Kalktuff, Ronto, Com. Bihar 157. Melilithgesteine, Kaiserstuhl bei Ober- bergen 523. Sachregister. XIII Membrantrümmerachat, Bildung 65. Mensch, diluvialer, Lüneburger Heide 9. Meteoriten, Gläser zweifelhaft 23. Meteorstein Abdel-Malek, Aegypten (12. Juni 1911) 63. El Nakhla el Baharia, Mineralien 510. Meydenbauer’s Theorien über die Entwicklungsgeschichte der Erde 384. Mikrodoma , triadische Ammoneen 250 Mikroskop Apparat zum systematischen Durch- suchen von Dünnschliffen 532. petrographisches, für die Theodolith- methode 733. Mineralassoziation, Anwendung der Phasenregel auf die Gesetze 574. Mineralchemie, Handbuch von C. Doel- TER 186. Mineralien, leicht zerlegbare, thermische Dissoziation und Konstitution 174. 207. 320. Mineraliensammler, Taschenbuch 127. Minerallagerstätten Arizona 95. Deutsch-Südwestafrika,Aquamarin385. Shropshire 288. Mineralogie Brauns 48,0. Hatch 127. für Ingenieure und Chemiker 127. optische, Anweisung für das Prakti- kum 126. praktische, einfache 126. Mitteldeutschland, Kontinuität des Land- Werdens 660. Modelle zur Demonstration einfacher Schiebungen und für einseitige Biegung 417. Modelle, siehe Kristallisationsmodelle. ! Moldawit 23. Mondvulkane 3. Montmorillonit, Konstitution 35. Moränenebene, Mecklenburg, nordöstliches 161. Mylonit, Lappland 373. Natriumjodid-Cadmiumjodid , System 30. j Neocolemanit, Beziehungen zu Cole- manit 159. Neogen, Europa , Pectiniden 425. Nephelinbasalt, Karungu, Viktoriasee, Ostafrika 593. Nephelinit, Karungu, Viktoriasee, Ost- afrika 593. N ephelintephrit, Lunibwa, Ostafrika 591. Nofhotherium tasmaniense, Tasmanien ~l 99 1 OO. Oleacina aff. crassicosta, Oberoligocän, Ries 89. Olivin, Meteorit El Nakhla el Baharia 510. Opal Simav, Kleinasien 511. siehe Siliciumdioxyd. Optische Mineralogie, Anweisung für das Praktikum 126. Organische Kalk- und Kieselgebilde 38L Osar, Mecklenburg, nordöstliches 161. Ostafrika, Geologie und Petrographie 559. 586. Otoceras beds, Himalaya, mediterrane Faunenelemente 58. Palaeochorda marina , Untersilur, Hütt- chenbergb. Wünschendorf a. Elster 93. Palaeodictyum, Silur, Hüttchenberg bei Wünschendorf a. Elster 92. Palaeotachea aff. crepidostoma, Oberoligo- cän, Ries 89. Palagonittuff , Molo-Station, Uganda- bahn 598. Paläobiologie der Wirbeltiere, 0. Abel 184. Pantellerit, Lurnbwa , Ostafrika 587 . Parameter, topische und Valenz- 452. Patagonien, Rhät von San Julian im Territorium Santa Cruz 776. Pecten burdigalensis , Pasinii etc., Neogen , Europa 425. Pectiniden , neogene, Europa 425. Pedioniten = Decken 2. Perm M ilbitz, Temnocheilus ( Conchorhyn- chus) Freieslebeni im Kupferschiefer 698. Werra und Fulda, sandiger Zechstein 660. Petrographisches Mikroskop für die Theodolithmethode 733. Petrographisches Praktikum, Reinisch II. 543. Phasenregel, Anwendung auf die Gesetze der Mineralassoziation 574. Phlogopit-Korund- und Pleonastschiefer, Südaustralien 361. 365. Phonolith, Athi River-Station , Uganda- bahn, trachytoider 590. Phonolithtuff, Victoriasee, Ostafrika 597. Pliysa tasmanica , quartäre Torfmoore, Tasmanien 136. Physikalische Demonstrationen 125. Pickeringit. Thüringen 42. Plagioklasbasalt, Samos 677. Planorbis cornu und crassus, Oberoligocän Ries 90. Plasticität der Gesteine 745. XIV Sachregister. Plebecüla Fraasi, Oberoligocän, Ries 90. Pleistocäne Molluskenfauna, Rontö (Kom. Bihar) im Kalktuff 152. Pleonast-Phlogopitschiefer, Südaustralien 365. Plinian 272. Porocystis pruniformis = globularis, literarische Bemerkung 86. Praktische Mineralogie, einfache 126. Productella , pseudospontane Evolution 142. I Rheumatische Vulkane 4. Rhön, Kare 705. Ries oberoligocäne Schneckenfauna 88. Problem 411. Riesengebirgsgranit. Beziehung zu dem ihn südlich begleitenden Granitzug 33 . (siehe auch Jahrg. 1911.) Riesenmarsupialier , Tasmanien 133. Rindenbildung am Glas, chemische Ana- lyse 23. Projektion, stereographische, Zeichenblock 380. Pseudomonotis aff. Teilen, Servino, Luganer Seegebiet 704. Pseudospontane Evolution, Artenbildung 140. Pyroelektrizität von Mineralien und künstlichen Kristallen 224. Pyroxen, Samos, im Gabbro 641. Quartär Lüneburger Heide 9. 48. Mecklenburg, nordöstliches 161. Rontö (Kom. Bihar), pleistocäne Molluskenfauna des Kalktuff es 152. Tasmanien, Torfmoore mit Riesen- marsupialiern 133. Quarz Esterei, Frankreich, Zwillinge 287. Geyer in Sachsen, Kappen- 693. Quarz und Quarzglas, mittlere spezifische Wärme in drei verschiedenen Tem- peraturbereichen 481. Quarzglas, Brechungskoeffizienten etc. 489. Quarz, siehe auch Siliciumdioxyd. Quecksilberjodid, optische Eigenschaft. 287. Quetschzone des westlichen Rhätikons 492. 534. Quetschzonen und Schuppen , Rhätikon 781. .Radium, Entdeckung 512. Rathitgruppe, Binnental 510. Rationales Verhältnis der Kantenab- schnitte, Modell am Topas 237. Razumoffskin, Kosemütz, Konstitution 38. Rhät Griechenland 70. Patagonische Küste , San Julian im Territorium Santa Cruz 776. Rhätikon Quetschzonen des ivestlichen 492. 534. Schuppen und Quetschzonen 781. Rhätische Decke, Oberengadin und Um- gegend 632. Rhein-Rhonetalzone 479. Rheuklastische Vulkane 5. Rückenberge, Rückenlandschaft, Mecklen- burg, nordöstliches 161. Salzgesteine autoplaste Umbildung 46. 256. Deformationen 129. 256. Salzlagerstätten, plastische Deformationen 745. 751. Salzmineralien, Kohäsion 745. Samos, Eruptivgesteine 609. 641. 671. Sandr, Lüneburger Heide 11. 49. Sandstein, Elastizität, feucht und trocken 474. sandsteinartige tropische V erwitterungs- bildungen aus Granit und Gneis 8. Sardinien , Petrographie der Inseln S. Pietro und S. Antioco 737. Sarekgebirge, Lappland, Geologie 369. Saussuritgabbro, Samos 613. Scaphites binodosus, unteres Untersenon, Westfalen 500. Schiebungen, einfache, Demonstrations- modelle 417: Schiefer, Kondija-Gebirge, Kroatien, cyanit-, sillimanit- und staurolith- führende 578. Schmelzpunkt, Erniedrigung durch ein- seitigen Zug oder Druck 97. Schmucksteine und Schmucksteinindustrie 672. Schuppen und Quetschzonen, Rhätikon 781. Schweden, Hochlandsproblem 369. Schwefel, Entstehung des natürlichen 638. Seismologie, vergl. Vulkane und Erd- beben. Seligmannit, Binnental, mit Dufrenovsit 63. Serpentin Dundas, Tasmanien, Analyse 569. Samos 644. 647 . Servino, Luganer Seegebiet, Fossilien 702. Shropshire, Mineralien 288. Siderit, siehe Spateisenstein. Siebenbürger Becken , N eogenablage- rungen 436. 457. Siliciumdioxyd, Brac, dalmatinische Insel, mehliges 296. Sachregister. XY Silikate , Bestimmung von Wärme- tönungen 413. Sillimanit -, cyanit- und staurolith führ ende Schiefer , Kmdija-Gebirge, Kroatien 578. Silur, Hüttchenberg bei Wünschendorf a. Elster, organische Reste des unteren 91. Skolezit, Pyroelektrizität 224. Smaragditgabbro, Samos 614. Spalten, Beziehung zu Vulkanen 85. 96. Spateisenstein, Stahlberg (Müsen), ther- mische Dissoziation u. Konstitution 686. Spezifisches Gewicht von Flüssigkeiten, Indikatoren von Glas 508. Sphärolithischer Dolerit, Vryheid, Natal 288. Spirifer medius, Carbon, Donetzbecken 242. Staurolith-, cyanit- und sillimanitführende Schiefer, Kmdija-Gebirge, Kroatien 578. Steiermark, Zentralgranit, Alter 198. Steinkohle, England, mit Ankerit 64. Steinsalz, siehe Salzgesteine. Stereographische Projektion, Zeichenblock 380. Steueroceras 17. Stibiotartrate von K, Rb und Cs, Iso- morphismus 509. Strontianit, Hamm, Westfalen , thermische , Dissoziation und Konstitution 655. \ Strüverit Malayenstaaten, mit Zinnstein 64. Perak 511. Süddeutschland, geologische Probleme 192. Sulfarsenit, neues triklines, Binnental 159. Symmetrie der gerichteten Größen, be- sonders der Kristalle 187. 220. Tartrate von K, Rb und Cs, Iso- morphismus 509. Tasmanien, Riesenmarsupialier 133. Temnocheilus (Conchorhynchus), Freies- lebeni, Kupferschiefer, Milbitz 698. T emperaturmessung, Bohrloch Czuchow 1 1 (Ober Schlesien) 43. Tertiär Afrika, Fische des tropischen West- 87. Donautal, Lauf des oberen im Miocän- Pliocän 107. Europa, neogene Pectiniden 425. Mainzer Becken, mitteloligocäner Meeressand bei Hillesheim-Dom- dürkheim 626. Ries, oberoligocäne Schneckenfauna 88. Tertiär Siebenbürger Becken, Neogenablage- rungen 436. 457. Theodolithmethode , petrographisches Mi- kroskop 733. Thermische Dissoziation und Konstitu- tion leicht zerlegbarer Mineralien 174. 207. 320. 616. 651. Tholoide = Kappen- oder Domvulkane 2. Timorocrinus mirabilis , Perm, Timor 599. Titanit, Pyroelektrizität 224. Tonerdehydrate , Nomenklatur 104. Topas Modell des rationalen Verhältnisses der Kantenabschnitte 237. Lundy Island, im Granit 510. Topische Parameter 452. Torfmoore, Tasmanien, mit Riesenmar- supialiern 133. Tornocerätea, triadische Ammoneen 252. Totalreflexionsdiagramm 64. Trachyt, Samos 674. Travertin, siehe Kalktuff. Trias Systematik der Ammoneen 245. Griechenland, östliches Mittel- 67. Himalaya, mediterrane Faunenelemente in den Otoceras beds 58. Luganer Seegebiet (Servino) 702. Württemberg, unterer Keuper 118. Trinil-Expedition, Frau Selenka, Er- klärung von Julius Schuster bezüglich der Pflanzenversteinerungen 18. Tropische sandsteinartige V er Witterung s- bildungen aus Gneis und Granit 8. Tuffe vulkanische, Samos 681. vulkanische, Victoriasee und Uganda- bahn, Ostafrika 597 . Turmalin Deutsch-Südwestafrika 385. Samos, im Gabbro 642. Ugandabahn, Geologie 559. 586. Umformung, plastische, Marmor 749. siehe auch Salzgesteine. Uralitdiabas, Samos 650. | U ralitgabbro , Samos 613. Valenz-Parameter 452. Verwitterungsbildungen, tropische sand- steinartige aus Granit und Gneis 8. Vicentin, Geologie 85. Viktoriasee, Ostafrika, Geologie 559. 586. Vorarlberg- Algäuer Flyschzone, Herkunft der Juraklippen 345. 501. 783. Vulkane , Abhängigkeit von Spalten 85. 96. Vulkanische Baue, Benennung und geo- graphische Verbreitung 1. XVI Sachregister. Vulkanische Erscheinungen der Erde nach K. Schneider , besprochen von K. Sapper 1. Vulkanismus , Gase 321. Wagnerit , Entstehung 551. Wallberge , Mecklenburg , nordöstliches 161. Wärmetönungen bei Silikaten etc., Be- stimmung 413. Wehrlit, Samos 646. Weißbleierz, thermische Dissoziation und Konstitution 621. Wirbeltiere, Paläobiologie, 0. Abel 184. Witherit, thermische Dissoziation und Konstitution 657. Woljramit, Deutsch-Südwestafrika 385. Würmer, Kriechspuren, Silur, Hüttchen- berg bei Wünschendorf a. Elster 93. Zechstein, Werra und Fulda, sandiger 660. Zeichenblock für stereographische Pro- jektion 380. Zentralgranit, Obersteiermark, Alter 198. Zeolithe, Irland, Killyflugh und White Head, County Antrim 287. Zinkspat, thermische Dissoziation und Konstitution 623. Zinnober, Dispersion 527 . Zinnstein, Perak 511. Zirkel, Nekrolog und Schriftenverzeichnis 513. Zonites ( Archaeozonites ) ? pyramidalis, risgoviensis und aff. subangulosus, Oberoligocän, Ries 89. Zungenbecken. Mecklenburg, nordöstliches 161. m f $ a 1. Januar 1912. Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie in Verbindung mit dem Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie herausgegeben von M. Bauer, E. Koken, Th. Liebisch in Marburg;. in Tübingen. in Berlin. 1912. No. 1. STUTTGART. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser. Monatlich 2 Nummern. Preis für Nichtabonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Mk. pro Jahr. Abonnenten des Neuen Jahrbuchs erhalten das Centralblatt unberechnet. Dieser Nummer ist beigefügt ein Prospekt der E. Schweizerbart’schen Ver- lagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser. in Stuttgart betr. AbeJ, Paläo- biologie der Wirbeltiere. Inhalt. Original-Mitteilungen etc. geitfc Sapper, K. : Ueber vulkanische Baue, ihre Benennung und geo- graphische Verbreitung 1 Vageier, P. : Ueber tropische sandsteinartige Verwitterungsbildungen aus Gneis und Granit 8 0 1 b r i c h t , K. : Die Blätter Bevensen , Bienenbüttel , Ebstorf und Harburg der geologischen Karte des Königreichs Preußen . . 9 Diener, C. : Bemerkungen zur Nomenklatur und Systematik der Gruppe des Hoplites americanus Favre 17 Schuster, J. : Erklärung. 18 Dittler, E. und C. Do eit er: Zur Charakteristik des Bauxits . . 19 Rzehak, A. : Chemische Analyse eines Glases mit Bindenbildung . 23 Brand, H. : Die binären Systeme Cadmiumjodid— Kaliumjodid und Cadmiumjodid— Natriumjodid. Mit 2 Textfiguren 26 H.von der Trappen, Stuttflart'Osttaelm. Institut für wissenschaftliche Photographie. Einwandfreie Wiedergabe von Petbefakten und Mineralien für Publikationen. — Mikrophotographie von Dünnschliffen, auch in polarisiertem Licht und in Färb enphotograp hie. Muster gerne zu Dienst. Anfertigung von Diapositiven nach eingesandten Vorlagen. — Großer Verlag von naturwissenschaftlichen Dia- positiven aus den Gebieten der allgemeinen Geologie, Paläonto- logie, Mineralogie, Zoologie und Botanik. Verlagsliste umsonst und postfrei. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, in Stuttgart. ELEMENTE DER GESTEINSLEHRE von H. Rosenbusch. Dritte neu bearbeitete Auflage. Gr. 8°. 692 Seiten. Mit 107 Figuren und 2 Tafeln. Preis brosch. Mk. 23. — , geb. Mk. 25.— K. Sapper, Ueber vulkanische Baue etc. 1 Original-Mitteilungen an die Redaktion. Ueber vulkanische Baue, ihre Benennung und geographische Verbreitung. Von K. Sapper-Straßburg. In einem kürzlich erschienenen Werke über „Die vulkanischen Erscheinungen der Erde“ 1 klagt K. Schneider darüber, daß die Lehre von denselben eine gewisse Stagnation erfahren habe und glaubt, daß die geradezu uferlose Masse von Einzelbeschreibungen dringend eine Durcharbeitung erforderte, wenn man versuchen wollte, tiefer in das Wesen des Vulkanismus einzudringen. Diesen Ver- such hat Schneider selbst in seiner Weise unternommen. Er findet (p. 16), daß ein auf Grund sorgfältiger Beobachtung und zusammenfassender Kritik aufgebautes deskriptives System die Grundlage jeglichen Fortschritts darstellen würde und verlegt da- her das Hauptgewicht seiner Darlegungen auf die Lösung dieser Aufgabe, leider so sehr, daß er im Verlauf seiner Ausführungen der petrographischen und chemischen Unterschiede , die zwischen den einzelnen Vulkangebieten, Vulkanen und Ausbrüchen bestehen, kaum mehr als beiläufig gedenkt, die Theorien über die Ursachen und den Mechanismus der vulkanischen Vorgänge nur gelegentlich streift 2 und auch das innige Wechselverhältnis zwischen Gebirgs- bau und vulkanischen Ereignissen nur in wenigen Fällen an kon- kreten Fällen neu untersucht; ja er gibt nur beiläufig eine ganz magere schematische Darstellung des Verlaufs vulkanischer Aus- brüche (p. 42) und unterläßt es sogar, auf manche seiner früher 3 ausgesprochenen Anregungen wieder einzugehen ; er beschränkt sich vielmehr in der Hauptsache neben der Aufstellung eines morphologischen und genetischen Systems der Vulkanbaue darauf, eine neue Nomenklatur zu schaffen und die zeitliche und räumliche Anordnung der vulkanischen Erscheinungen zu untersuchen. Mit Recht wendet sich Schneider (p. 1 9) gegen das seit neuerer Zeit immer allgemeiner werdende Bestreben einzelner Forscher, die Lokalausdrücke ihres jeweiligen, oft recht ent- legenen Forschungsgebiets (z. B. Island, Mexiko) als allgemeine 1 Mit 50 Abbildungen , Karten und Profilen. 272 p. 8°. Berlin. Gebr. Bornträger. 1911. 2 Über die Rolle des Wasserdampfes bei vulkanischen Ereignissen äußert er sich zurückhaltend und bleibt offenbar in seiner Stellungnahme unentschieden, vergl. p. 11 und p. 31 0 Zur Geschichte und Theorie des Vulkanismus. Prag 1908. Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 1 9 K. Sapper, Ueber vulkanische Baue, Termini teclinici in die Wissenschaft einzuführen und er sucht nun eine neue Terminologie einzuführen , da er die alten Bezeichnungen — meines Erachtens großenteils mit Unrecht — - nicht für ausreichend hält. Er stützt sich dabei in letzter Linie auf griechische Wurzeln und bildet manche neue Wörter und Wortzusammensetzungen , die sprachlich zwar teilweise sehr an- greifbar sind, aber z. T. wenigstens den Vorzug der Kürze be- sitzen und zudem die Möglichkeit adjektivischer Anwendung bieten. Da die Adjektiva rheumatisch, klastisch und pneumatisch im gewöhnlichen Sprachgebrauch schon ihre bestimmte Bedeutung haben , so schuf sich Schneider willkürlich erweiterte Formen daraus: rheumatitisch, klasmatisch, pneumatitisch. Rheumatica sind Laven, Klasmatica lockere Auswurfsprodukte, und Pneumatica gas- förmige Exhalationen der Vulkane. Ein rheuklastisches Gebilde im Sinne Schneider’s ist ein Gebilde, in dem Laven mit Locker- produkten zusammen auftreten. Schneider’s morphologisches System der vulkanischen Bau- werke umfaßt: 1. Pedioniten, d. h. Decken der alten Nomenklatur. 2. Aspiten (sprachlich richtiger wäre Aspiden), d. i. Schild- vulkane, Lavavulkane. 3. Tholoide, d. i. Kuppen- und wohl auch Dom vulkane. 4. Belonite, d. h. Felszacken im Sinne des 1902/03 im Pele- krater erschienenen Gebildes. 5. Koniden, d. li. Kegel (Strato vulkane der alten Nomenklatur)- 6. Homaten oder Wallberge (richtiger wäre zu sagen Ring- wallberge), d. h. aus Lockergebilden aufgebaute vulkanische Ge- bilde mit großem Krater, großer Grundfläche und geringer Höhe und 7. Maare, für die kein Fremdwort vorgeschlagen wird. Ko- niden und Homaten werden als gesellschaftlich auftretende Formen bezeichnet. Für eruptive Rücken oder Rückengebirge , für Ex- plosionsgräben und Vulkanspalten ist in Schneider’s morpholo- gischem System kein Platz. Durch Zusammensetzung wie Aspikoniden und Aspihomaten, Tholobelonite , Homakoniden und Konihomaten will Schneider Kombinationen mehrerer Formen kurz andeuten. Als einzigen Fortschritt in diesem morphologischen System kann man vielleicht die Ausscheidung von „Homaten“ 1 ansehen, obgleich deren Unterscheidung gegenüber Koniden in Grenzfällen sehr schwierig, ja unmöglich wird. Schneider selbst gibt p. 62 als ein Charakteristikum dieses Typus an, daß bei ihm die Böschungen nach innen und außen gleichmäßig abfallen , soweit sie aus Lockermaterial gebildet sind ; aber beim Pipernovulkan, der ebenda ausdrücklich als Homate bezeichnet ist, soll, wie als- 1 Die sprachliche Bildung wird den Beifall der Philologen gewiß nicht finden! ihre Benennung und geographische Verbreitung. 3 bald von Schneider selbst ausgeführt wird, der Außenabfall flach, der Innenabfall aber steiler sein. Bei Aspiten wird angenommen, daß durch Zurücksinken der Lava am gleichen Ort eine Höhlung entstehe (p. 61). Trotzdem scheint Schneider für die Hawaikrater (p. 106) Penck’s Erklärung als Explosionsöffnungen anzunehmen. Bei Koniden kann nach Schneider ein Krater fehlen (p. 61). „Er ist nur das Endprodukt der letzten großen Kraftäußerung. Ist diese geringer und weniger durchschlagskräftig gewesen, so baut sich innerhalb des Kraters eine kleine sekundäre Konide auf, welche in diesem Fall immer frei der Kratertiefung ist. Sie zeigen den reinen konischen Charakter.“ Ich gestehe, daß mir die Bildung derartiger Kegel- gebilde aus Lockermassen ebenso unverständlich ist, wie die klas- matischen Aspiten (p. 131). Mir scheint, daß in den von Schneider erwähnten Fällen Staukegel im Innern der Krater vorhanden sind, also, um in seiner Sprache zu reden, „Tholoiden“. Die auf der Erde unterschiedenen Grundformen findet nun Schneider (bis auf die wegen ihrer Kleinheit nicht sichtbaren Maare und Beloniten p. 127) auch auf dem Monde wieder. Die Mond-Meere sind Pedioniten, die Ringgebirge teils Aspiten, teils Homaten, die Zentralkegel derselben Koniden sehr zähen Magmas oder aus Lockermaterial gebildet, die Gebirge Gruppen von Tholo- iden. Die flachen Böschungen , die Ebert an zahlreichen Ring- gebirgen gemessen hat, machen allerdings die Analogie mit Schild- vulkanen groß ; wenngleich die riesigen Krater der Mondring- gebirge zu den kleinen Rücksinkungskratern der terrestrischen Schildvulkane in starkem Gegensatz stehen, so ist es doch in diesem Fall leichter, Schneider’s Vermutung zuzustimmen, als im Falle des Tycho und des Plato, die Schneider wegen der von Ebert gemessenen steilen Außenböschung als Homaten ansprechen möchte. Die verschiedenen Bilder in den Werken von Nasmyth, Nep. Krieger, L. Weinek, Löwy und Puiseux haben mir doch einen recht verschiedenen Eindruck gemacht, als irdische Ring- wallberge, noch abgesehen von den Riesenmassen der Mondkrater; zugeben möchte ich aber freilich , daß Löwy und Puiseux im 2. Heft ihrer Erläuterungen zu ihrem Mondatlas ein Moment beim Tycho anführen, das bei manchen irdischen Vulkanen tatsächlich ebenfalls zutrifft und für Schneider’s Deutung ins Feld geführt werden könnte: nämlich die Lage der Umgebung des Tycho unter dem mittleren Niveau des umgebenden Plateaus, also wohl in einem Einbruchskessel. Am wenigsten hat mich Schneider mit seiner Erklärung der Mondgebirge als Tholoidengruppen zu überzeugen vermocht. Wir wissen eben in der Tat zu wenig über die Mondgebirge, als daß man sich ein klares Bild von denselben zu machen vermöchte. Fauth’s Ansichten scheinen hier Schneider beeinflußt zu haben. 1* 4 K. Sapper, Ueber vulkanische Baue, In einem besonderen Kapitel stellt Schneider die Entwick- lung der vulkanischen Erscheinungen der Erde in verschiedenen Phasen seit dem Tertiär dar (p. 81 — 126) und kommt zu dem Ergebnis, daß im Tertiär Lavaergiisse, in der Gegenwart aber Lockerförderung bei den vulkanischen Ausbrüchen überwogen hätten. Man kann da vielleicht zustimmen , aber eine gründliche Nachprüfung wäre entschieden noch erforderlich. Widerspruch dürfte vor allem Schneider’s Darstellung der Entwicklung des Ätna als einer Aspikonde und des Doppelbaus Somma-Vesuv finden , namentlich aber die Annahme , daß der Vesuvausbruch von 79 n. Chr. eine Ähnlichkeit mit dem Band- aisanausbruch von 1888 besessen hätte, denn beim Bandaisanaus- brucli handelte es sich hauptsächlich um Bewegung bereits vor- her vorhandener Bergmassen , während die juvenile Förderung vulkanischer Stoffe fehlte , oder mindestens minimal war , beim Vesuvausbruch von 79, der viel länger als jener dauerte, wurden aber große Massen lockerer Auswürflinge gefördert — Schneider schätzt sogar 5 cbkm, ohne freilich die Grundlagen seiner Rechnung mitzuteilen — , dagegen ist den spärlichen Quellennachrichten durchaus nicht mit Sicherheit zu entnehmen, welche topographischen Veränderungen der Vesuvausbruch von 79 zurückgelassen hat. Schneider beklagt sich mehrfach darüber, daß in der Gegen- wart die Bedeutung der Lockermassenförderung der Vulkane nicht genügend gewürdigt werden und zeigt an einzelnen Beispielen, wie gewaltig die geförderten Massen waren. Wenn er aber (p. 85) dem S. Maria- Ausbruch eine Förderung von 50 cbkm zuschreibt, so hat er die tatsächlich errechnete Summe fast verzehnfacht, und wenn er angibt (p. 89), daß E. 0. Hovey die vom Wallibou River in 10 Monaten fortgetragenen Aus wurfsmassen auf 150 Mill. cbm berechnet habe, so ist zu bemerken, daß der amerikanische Geo- loge dafür tatsächlich 135 Mill. Ivubikfuß angegeben hatte. Für die Förderungsprodukte des rezenten Vulkanismus gibt Schneider (p. 87) folgende Entwicklungs- und Altersreihe: 1. Fladenlava. 2. Zacken- und Schlackenlava. 3. Schweißschlacken und 4. Bombenaschen. Diese Aufstellung ist sehr schematisch und dürfte höchstens in der Weise Geltung haben, daß man im all- gemeinen in älteren Stadien eines Ausbruchsgebiets ein Vorwiegen der Fladenlava vor der Zacken- und Schlackenlava zugeben kann, sowie ein Vorwiegen von Lockerförderung beim Alter des Eruptions- gebildes und -Gebietes. Die Schweißschlacken, als relativ seltenes Gebilde, dürften in einer so schematisch gehaltenen Darstellung wohl überhaupt übergangen werden. Nach den die vulkanischen Baue zusammensetzenden Mate- rialien, deren Formen recht kurz und schematisch p. 42 — 46 be- schrieben worden waren, unterscheidet Schneider in seinem geneti- schen System (p. 130) rheumatitische, rheuklastische und klas- ihre Benennung und geographische Verbreitung. o matische Baue, nachdem er mit Recht hervorgehoben hat (p. 128), daß auch „homogene“ Baue geschichtet (Schildvulkane) und auch „geschichtete“ Vulkane homogen sein können (reine Aschen- oder Schlacken vulkane). Die Altersfolge der vulkanischen Gebilde zeigt folgendes Schema seines genetischen Systems (p. 130): Ältere Mittlere Jüngere Eruptions- phase rheumatitische ältere Gebilde jüngere Gebilde rheuklastische klasmatische Gebilde i Konide (und l Pseudoaspite) \ Homate \ Maar f Pedioniten 1 Aspiten | Tholoide \ Belonite Bei all diesen Bauen soll das Oberste zugleich das Jüngste sein — ein Satz , den Schneider auch auf die Tholoide und Belonite ausdehnt. Bei der Belonite des Mont Pele, meint er, hätte die Zähflüssigkeit ein Fließen völlig verwischt und verborgen ; diese Meinung ist aber zweifellos irrig , denn man konnte an der äußeren Längs- und Querstreifung der Felsnadel des Mont Pele deut- lich sehen, daß dieselbe als Ganzes in die Höhe geschoben wurde und die Änderungen der Gipfelform erfolgten offenbar ausschließ- lich durch Abbrüche der obersten Gipfelpartien , aber nie durch „ein Durchquellen der Masse in sich“. Die Maare werden (p. 133 und 112) als Nachzügler, als Epigonen der vulkanischen Tätigkeit aufgefaßt — aber wenngleich zuzugeben ist, daß sie häufig als solche auftreten , so ist doch keineswegs richtig, daß sie nur als solche auftreten, vielmehr können sie zweifellos auch als Embryonen der vulkanischen Kraft erscheinen oder während der Voll Wirksamkeit eines vulkanischen Herdes sich einstellen und wenn sie in der Tat häufig das Ende der Tätigkeit eines Herdes anzeigen, so kommt es doch auch vor, daß inmitten von Maaren auch wieder vulkanische Kegel sich auf- bauen, also die Tätigkeit fortsetzen (so Coatepequc und Masaya in Mittelamerika). Als letzte Phase der Entwicklung des Vulkanismus , des vulkanischen Zyklus, erwähnt Schneider die Gasemanation (pneu- matitische Ausbrüche), die im Gegensatz zu den intermittierenden rheumatitischen oder klasmatischen Ausbrüchen sich durch dauerndes Gleichbleiben auszeichnen (heiße Quellen) ; erwachende und wieder erlöschende Solfatarentätigkeit will Schneider hier ausgeschlossen wissen. Für die Gesamterde nimmt Schneider, wie so viele andere, eine zweimalige Blütezeit des Vulkanismus an: im späteren Paläozoicum und im Tertiär und verfolgt in einem be- 6 K. Sapper, Ueber vulkanische Baue, sonderen Kapitel die vulkanischen Bildungen Mitteleuropas seit dem Tertiär (p. 138 — 162), um dann die geographische Verbreitung der Vulkane der Gegenwart (p. 163 — 228) zu beschreiben und die in historischer Zeit tätig gewesenen Feuerberge in einem besonderen , als sehr dankenswert zu begrüßenden Katalog p. 239 — 257 aufzuzählen. Die Zahl der als tätig registrierten Feueressen beträgt nach diesem Katalog 367, also wesentlich weniger als bei Mercalli (415). Es scheint diese Reduktion z. T. davon herzurühren, daß Schneider annimmt (p. 164), daß Förderungsart und -form der Vulkanberge „den Schlüssel für die Beurteilung des erloschenen oder tätigen Berges“ gebe und demnach z. B. bei den mittelamerikanisclien Vulkanen den Santa Maria (Ausbruch 1902), Ilopango (1880) und Nejapa (1659) weggelassen hätte, weil dieselben seiner Ansicht nach nicht weiter ausbruchs- fähig wären. Aber damit würde nicht stimmen , daß er den Monte Nuovo (1538) in Campanien anfülirt , obgleich er auch von diesem annehmen muß , daß er nie wieder einen Ausbruch haben werde. Ich möchte aber eindringlich davor warnen , sich irgend ein Urteil anzumaßen , ob ein Feuerberg endgültig erloschen sei oder nicht , da wir gar nicht in der Lage sind , irgend ein sicheres Urteil darüber zu gewinnen. Es wäre darum wohl richtiger, in einen derartigen Katalog einfach alle Vulkane aufzunehmen , von denen in historischer Zeit Tätigkeitsäußerungen bekannt sind. Dann würde auch eine Anzahl asiatischer Festlandsvulkane erscheinen müssen, die hier übergangen sind und die Liste würde überhaupt reicher werden. Manche Vorkommen sind auch wohl bloß über- sehen worden und von den berichteten Ausbrüchen sind viele zu streichen, andere Daten aber einzuschieben. Bei der großen Schwierigkeit, die einschlägige Literatur zusammen zu bekommen und die nötige Kritik zu üben , sind allerdings einzelne Über- sehen wohl nicht zu vermeiden. Zur besseren Erläuterung sind für zahlreiche Einzelgebiete Kartenskizzen der Vulkanverbreitung beigegeben. Ich habe davon die mittelamerikanischen Vulkane genauer durchgesehen, aber leider eine ganz unrichtige Anordnung der salvadorenischen Vulkane auf der Kartenskizze bemerkt1. Auch mit dem zugehörigen Text bin ich nicht einverstanden, denn wenn Schneider auf Grund von Bertrand’s tektonischer Karte glaubt, daß die Vulkane Mittelamerikas „an die großen Synklinalen gebunden sind , welche von hier gegen E zu den Antillen ziehen“ und daß „mit jedem Neueinsetzen einer Syn- klinale neue Bogenstiicke beginnen“, so kann ich mich damit nicht 1 Auf der Kartenskizze der kanarischen Inseln, die ich ebenfalls genauer revidiert habe, ist die Montana de Fuego auf Lanzarote an un- richtiger Stelle eingetragen. ihre Benennung und geographische Verbreitung. 7 einverstanden erklären, denn die mittelamerikanischen Vulkane sind mit Ausnahme der costaricanischen in Reihen angeordnet , welche nicht bogenförmig gekrümmt sind und mit dem Streichen der sedimentären Gebirgszüge nicht übereinstimmen, sondern nur mit ■dem benachbarter jungeruptiver Rückengebirge, die gewissermaßen die ältere tertiäre Phase des mittelamerikanischen Vulkanismus darstellen. Die mittelamerikanischen Vulkane sind nach meiner Ansicht an Bruchspalten der Erdkruste gebunden, die vielleicht hervor- gerufen sind durch das Absinken des pazifischen Ozeans , aber nicht an Faltungszonen. Eine Ausnahme bilden vielleicht die süd- lichsten Feuerberge Mittelamerikas, besonders die Vulkane Costaricas, doch sind hier die geologischen Verhältnisse meines Erachtens noch zu wenig geklärt, als daß schon jetzt ein sicheres Urteil möglich wäre. Ich hoffe, daß Pittier’s neue Forschungen darüber mehr Klarheit schaffen werden ! Das Endergebnis seiner Studien faßt Schneider in 10 Thesen zusammen, die er Gesetze nennt (p. 167 f. und p. 230 ff). 8 dieser Gesetze sind terrestrische, die übrigen 2 kosmische. (Mit manchen dieser Thesen kann man sich freilich nicht durchaus einverstanden erklären.) Um die Herdtiefe zu bestimmen (p. 37) und um die vulkani- schen Ausbrüche als solche zu fixieren (p. 237), schlägt Schneider die Errichtung eines seismolo gischen Dienstes in der Um- gebung der Vulkane vor, denn er glaubt, je heftiger ein Ausbruch sei , desto bedeutender müßte auch die Erderschütterung sein (p. 237 und 112 1). Auch ich würde die Errichtung zahlreicher seismischer Stationen an und auf Vulkanen sehr begrüßen, da sie ebenso wie Schwere- und Tiefentemperaturmessungen uns sicher höchst wertvolle Aufschlüsse über Magmabewegungen im Innern der Erde geben würden, aber über die Bedeutung der Ausbrüche sagen sie uns nichts Sicheres. Schon die Geschichte der mittel- amerikanischen und westindischen Vulkanausbrüche zeigt uns, daß heftige Beben zwar häufig Vulkanausbrüchen vorausgehen oder sie begleiten (z. B. S. Maria, Cosegüina), daß solche aber auch ohne nennenswerte seismische Vorboten oder Begleiter eintreten können (Mont Pele) und daß sehr schwere vulkanische Beben sogar in den Ruhepausen der Vulkantätigkeit auftreten können (Katastrophen- beben von Antigua, San Salvador, Cartago). Wenn auch nach dem Gesagten gar manche Ausführungen Schneider’s Grund zu allerhand Zweifeln und sachlichen Ein- würfen bieten, so enthält das Buch doch auch Neues und Wert- volles und dürfte manche Anregung zu weiteren Untersuchungen bieten. Das Werk möge daher der Beachtung der Fachgenossen empfohlen sein. 8 P. Vageier, Tropische sandsteinartige Verwitterungsbildungen etc. Ueber tropische sandsteinartige Verwitterungsbildungren aus Gneis und Granit. Vorläufige Mitteilung von Privatdozent Dr. P. Vageler-Königsberg i. Pr. Man findet unter den Rot- und Grauerden Ugogos, welche letzteren in der Hauptsache, soweit sie eluvialen Charakters sind und es sich nicht um Bildungen in großer Meereshöhe handelt, daraus hervorzugehen scheinen, in fast universaler Verbreitung- ein eigentümliches Gestein als Hangendes des Gneis-Granitunter- grundes, das auch für aufmerksame Betrachtung durchaus den Ein- druck eines fossilleeren Sandsteins macht. Das Gestein ist meistens hell, oft aber auch rot gefärbt und enthält im letzteren Fall zahl- reiche Eisenkonkretionen, die sich so häufen können, daß sie von den Eingebornen zur Eisengewinnung benutzt werden, wo das Ge- stein , wie an sehr vielen Hängen, ansteht und durch Verwitte- rung und Abtrag der leichteren Gesteinskomponenten der Ver- witterungsschutt an den schweren Eisenkonkretionen sich ange- reichert hat. Die Mächtigkeit schwankt von wenigen Zentimetern in expo- nierten Lagen bis, soweit bekannt, 5 m in geologisch alten Senken, wo das Gebilde vielfach an Chalcedonsandstein erinnert. An- deutung von Schichtung scheint auf den ersten Blick für Entstehung des Gesteins durch einen Sedimentationsvorgang zu sprechen. Die Annahme des Sandstein-, d. h. Sedimentcharakters der hiesigen Vorkommen wurde jedoch für die Mehrzahl der Fälle durch genaue Untersuchung größerer Profile als unhaltbar erwiesen. Es zeigte sich in vollständig durchreichenden Aufschlüssen ein so allmählicher Übergang von der oberflächlichen Rot- oder Grauerde durch das fragliche Gestein zum un verwitterten Gneis- Granit, daß der wahre Charakter dieser vermeintlichen Sedimente als Verwitterungsstadien des Gneis-Granits keinem Zweifel unterliegen kann. Es scheint sich um bestimmte Vorstadien der Roterde-, wenn man will , in letzter Linie Laterit-Bildung unter gewissen hier nicht näher zu erläuternden klimatischen Bedingungen zu handeln. Ob freilich alle Vorkommen ähnlicher Natur als Verwitterungs- bildungen aufzufassen sind oder ob daneben echter Sandstein und echte Konglomerate lokal auftreten , muß die Untersuchung des Materials lehren. Als Vorstufe der Lateritbildung muß das fragliche Gestein die für den Laterit typischen Eigenschaften bereits angedeutet zeigen, d. h. die Silikate müssen weitgehend aufgespalten sein und sehr viele freie Oxyde resp. Hydroxyde und Oxydhydrate müssen sich nachweisen lassen. Ein Gleiches muß natürlich auch für die durch rezente Verwitterung des Gesteins entstandenen Grau- erden gelten, die damit zu den äußerlich ähnlichen Grauerden der gemäßigten und kalten Klimate auch chemisch in einen ähnlichen K. Olbricht, Die Blätter Bevensen, Bienenbüttel etc. 9 Gegensatz treten würden, wie es durch größere Oberflächenent- wicklung physikalisch ohnehin der Fall ist1. Ist dem so, so wäre der Widerspruch, der im Vorkommen typisch tropischer Roterden neben auch in kalten Klimaten zu beobachtenden Grauerden am gleichen Orte liegt, auf Täuschung durch äußere Merkmale zurückgeführt und damit beseitigt, womit für das einheitliche Verständnis der Bodenbildung als Funktion des Klimas viel gewonnen wäre. Um eine möglichst vielseitige Untersuchung von den ver- schiedenen Standpunkten zur Frage zu veranlassen , stehen Inter- essenten Proben gerne zur Verfügung. Die Blätter Bevensen, Bienenbüttel, Ebstorf und Harburg der geologischen Karte des Königreichs Preussen2. Von K. Olbricht. In den folgenden Zeilen behandle ich : I. Den Bau der Heide nach meinen gedruckt vorliegenden Beob- achtungen ; II. die Stellung der Karten hierzu; III. allgemeine Fragen; IV. berichte ich über einige neuere Beobachtungen, die für das in Punkt I — III Mitgeteilte von Bedeutung sind. Mehrmals komme ich auch auf folgende Arbeiten Stoller’s zu sprechen : a) Die Landschaftsformen der südlichen Lüneburger Heide (2. Jahresbericht des niedersächsischen geol. Vereins3). b) Spuren des diluvialen Menschen in der Lüneburger Heide (Jahrb. d. Landesanstalt 1909. p. 433 etc.). Beide Arbeiten bezeichne ich kurz als St. 1 und St. 2. 1 cf. Vageler: Die Mkattaebene, Berlin 1910, ferner: Vortrag auf der Versamml. Deutsch. Naturf. und Ärzte: Physikalische und chem. Vor- gänge bei der Bodenbildung in den Tropen. Fühlings landw. Z. 1910. 2 Im folgenden kurz als Be, Bi, Eb und Ha — Erl. = Erläute- rungsheft — bezeichnet. 3 In dieser Arbeit nimmt Stoller das Allertal als Südgrenze des Würmeises an, während ich nachweisen konnte (IX. p. 278), daß dieses bis in die Nähe der Stadt Hannover reichte, also viel weiter nach S vor- drang. Die von Stoller aufgestellte Theorie über das Abbrechen eines großen Eislobus, welcher als tote Scholle die Heide bedeckte, läßt sich durch die Tatsachen nicht beweisen, ist aber zudem völlig überflüssig. P. 128 schreibt Stoller, daß in der südlichen Heide das letzte Inlandeis und seine Schmelzwässer die älteren Formen umgestalteten, „hier niedrige Spitzen abradierend, dort noch einige Mulden und Talungen unvollständig ausfüllend, hier einem Plateaustrich vereinzelte Hügel aufsetzend, dort ein vorübergehendes Tälchen weiter gliedernd“. Auf den Nachweis dieser Einzelheiten bin ich gespannt. 10 K. Olbricht, Meine Ausführungen gliedere ich bei Teil 1 und 2 nach folgenden Gesichtspunkten : a) die ältere Landoberfläche und ihre Verwitterung; b) das jüngere Diluvium und sein Aufünu; c) die postglaziale Gestaltung, die Ilmenauterrassen, der Ge- hängeschutt ; d) allgemeine Fragen. I. Der Bau der Heide nach meinen Beobachtungen. a) Die Heide besteht aus einem aus den Schichten älterer Vereisungen aufgebauten Sockel, der in wechselnder Mächtigkeit von den Ablagerungen der Würmvereisung überdeckt wird. Im Norden sind diese sehr mächtig, im Süden keilen sie allmählich aus und der alte Sockel beherrscht in der ganzen Südheide das Landschaftsbild. (Profile in: 0. die Höhenschichtenkarte der Lbg. Heide. Peterm. Mitt. 1910. II. Heft 3.) Zu diesen interglazial bedingten Höhen gehört auch der Landrücken, den die Ilmenau oberhalb Emmendorf durchschneidet. An seinem Aufbau beteiligen sich die Schichten von wahrscheinlich mehreren Vereisungen. Die Oberfläche desselben war eine wellige Exarationsland- schaft (I, p. 72 unten II, VIII, IX), in deren Senken die inter- glazialen limnischen Schichten sich ablagerten. Diese Kalke und Kieselgurlager sind — abgesehen von Lössen und Talsanden — die einzigen Aufschüttungen auf dem Lande während der Zwischen- eiszeiten. In diesen wird das Land im allgemeinen erniedrigt, die Aufschüttungsgebiete liegen — wie heute — zumeist an der Küste der Randmeere. Eine starke Verwitterung zeichnet die interglaziale Land- oberfläche aus. Diese zeigt sich einmal in der Entkalkung, da- neben aber in der Zersetzung der Geschiebe , der rötlichen Pati- nierung vieler Feuersteine und der starken Ausscheidung von Eisenhydroxyden und (weiter im S) Manganrinden (I, II, VII, IX). Mehrere Gründe sprechen dafür, daß das damalige Klima von dem rezenten erheblich verschieden war (VI). Zu den Hügelgruppen, die einen interglazialen Kern besitzen können — aus morpholo- gischen Gründen — ohne daß er bisher aufzufinden war, rechnete ich die Rauhen Berge (Kirchgellersen) und den Griinhagener Wald. Nachdem ich bei Südergellersen in ca. 68 m Meereshöhe diesen Kern in Gestalt von verwitterten Sanden und Grundmoränen fand, ist dies für den Rauhen Berg als sicher anzunehmen. Diese älteren Sockelschichten beißen bei Neetze am Rande des Elbe- tales aus, wodurch die Erosionsnatur auch dieses Tales bewiesen ist (VI), abgesehen davon, daß auch die schon allbekannte Lauen- burger Seite reine Erosionsprofile aufweist. Auffallend ist die fast überall zu erkennende starke Faltung dieser Sockelschichten, die für eine Exarationslandschaft kennzeichnend ist (VIII). Die Blätter Bevensen, Bienenbüttel, Ebstorf und Harburg- etc. 1 1 b) Auf diesen alten Sockel legen sich die Schichten der jüngeren Vereisung, ihn an vielen Stellen völlig ausgleichend, so daß nur seine höchsten Erhebungen hindurchschimmern. Die Mächtigkeiten dieser jüngeren Schichten schwanken stark. In der Gegend von Amelinghausen und im oberen Lulietal beträgt sie mehr als 50 m. Die dortigen mehr als 100 m hohen Landrücken sind stark zer- talt und erst in den Tiefen der Täler kommt der alte Sockel zum Vorschein (Profile in II). Das jüngere Diluvium erreicht im Gebiete um Lüneburg und Be- vensen auch noch Mächtigkeiten bis zu 30 m und besteht aus der Sandrformation und den hangenden Grundmoränen. Unter der Basis der ersteren liegen bei Lüneburg auch Tone interglazialen Alters (VI). Die Sandrformation besteht aus drei Hauptgliedern. Zum großen Teil ist sie aus verlagerten älteren Schichten aufgebaut und wird darum leicht für älter gehalten, wenn die Aufschlüsse nicht groß genug sind. Diese umgelagerten älteren Schichten finden sich besonders im SW von Lüneburg, wobei offenbar die Gletscher mächtige Deckschichten des im Interglazial gehobenen Lüneburger Horstes ab trugen (I, VI). Dazu kommen Sande mit Diagonal- schichtung (VI) und endlich Sande und Tone, die deutlich auf ruhige Staubeckenbildung hinweisen (I, p. 41). Dieses Staubecken war aber kein interglazialer See, sondern ein junger Stausee zwischen dem Eisrande im W und den höheren älteren Sockel- schichten im S (I). Vereinzelt lassen komplizierte Schichtenfolgen auch auf komplizierte Um arbeitungs Vorgänge schließen (I, p. 41). Die jüngeren Sande sind durchaus nicht immer kalkreich, zumal nicht an den Stellen, wo sie aus umgelagerten älteren entkalkten Schichten aufgebaut werden. Über diese Sandrformation legt sich in wechselnder, meist .aber geringer Mächtigkeit die jüngere nur wenig entkalkte Grund- moräne , der besonders die zersetzten Geschiebe fehlen. Durch Erosion ist diese jüngere Grundmoräne in mehrere Petzen aufgelöst. Die Lagerung der Deckschichten ist meist flach, an anderer Stellung sind sie auch stark gestört (VI Kärtchen). Mehrere Aufpressungsmoränen erheben sich über die Aufschüttungsflächen. Ihnen sind ebene Sandflächen vorgelagert, die besonders zwischen Ebstorf und Kirchweyhe das Landschaftsbild beherrschen und meines Erachtens durch die verebnende Tätigkeit der Schmelz Wässer ent- standen (Karten in I und II). Lokale Hohlformen — Mulden von Kirchgellersen und Himbergen — führte ich auf lokale Gletscheraushobelung (I, 47 unten) zurück. Die Entstehung der Endmoränen habe ich besonders ausführlich behandelt (I, p. 26 bis 30, VI). c) Die Landschaftsformen entstanden besonders durch die Zertalung der diluvialen Aufschüttungen. Im Umenaugebiet sind 12 K. Olbricht, Erosion sbeträg’e bis zu 40 m an zun eh men. Erst auf die Periode der Talbildung — - die nicht zu kurz angesetzt werden darf — erfolgt die Ablagerung der Flottlehme (meines Erachtens sandige Lösse) 1 ; noch jünger sind die Talsande der Ilmenau, die sich in großen Schuttkegeln im Elbtal fortsetzen. (I, II, IV.) Auch vor kleineren Tälern finden wir Schuttkegel, die hier bei geringeren Ausmaßen auch deutlichere Abböschungen aufweisen (I). Die all- mähliche Abböschung der größeren Schuttkegel lassen die Meßtisch- blätter genau erkennen. d) In meinen iVrbeiten bin ich auch auf zahlreiche allgemeine Fragen eingegangen , welche die Gliederung der diluvialen Ab- lagerungen (I, p. 35), die Endmoränen (I, VI), die Mergelsande als umgelagerte Lösse (I, p. 23) und die Art der Abtragung (I, p. 63, 64, V, IV) behandeln. II. Die Stellung (lei* Karten zu meinen Beobachtungen. a) Im Gebiete des Blattes Bienenbüttel sind die Bildungen des älteren Sockels nur an „wenigen“ Punkten durch Handboh- rungen, meist sogar erst durch tiefere Aufschlüsse mit „Sicherheit“ nachzuweisen (Erl. Bi p. 11). Sonst konnte er durch Handboh- rungen nicht mehr nachgewiesen werden. Ebenfalls verschwinden im N der Blätter Ebstorf und Bevensen die älteren Sockelschichten unter mächtigen jüngeren Ablagerungen und sind hier nur am Rande der Täler angeschnitten. Im Süden der Blätter hingegen stehen sie auf weite Erstreckung flächenhaft an. Tragen wir nun das Verbreitungsgebiet dieser anstehenden Sockelschichten auf eine Höhenkarte ein (II), so erkennen wir, daß sie hier offenbar darum zutage treten, weil eine sehr weit- gehende Abtragung die ganzen jüngeren Schichten entfernt hat, so stehen sie meist in den tiefgelegenen Tälern an und das jüngere Diluvium fällt mit einem deutlichen Erosionsrand gegen sie ab (Be Profil). Wie weit an dieser Abtragung die verebnende Tätig- keit der Schmelz Wässer beteiligt ist, läßt sich leicht errechnen. Die Schmelzwässer konnten nicht unter das Niveau des Stausees abtragen, der sich zwischen dem Eisrande und den südlichen Höhen ausdehnte. Dieser Stausee floß im Süden durch das Ise- und Örtzetal ab. Da hier die Überflußschwellen 70 und 73 m hoch liegen, folgt, daß der größte Teil der Abtragung nur auf fluvioerosivem Wege erfolgen konnte und erst als im N durch das Eintiefen des Elbtales eine neue Erosionsbasis geschaffen war. Unterhalb 70 m liegt im Ülzener Becken (I, p. 52 etc.) 1 Diese Anschauung glaube ich durch den Nachweis einer Dreikanter- schichte, von der eigentümlicher Weise die kartierenden Geologen nichts gesehen haben, obwohl auch E. Wüst sich von ihrem Vorhandensein über- zeugen konnte, sehr gestützt zu haben. Die Blätter Bevensen, Bienenbüttel, Ebstorf und Harburg etc. 13 ein Gebiet von ca. 300 km2. Nehmen wir nun an, daß dieses um durchschnittlich 10 m erniedrigt wurde, ergibt sich eine Ab- tragung eines Schichtenkomplexes von ca. 3 km3 Inhalt! Eine Leistung, zu der eine nicht zu kurze Zeit gehört! Über die Wichtigkeit dieser Berechnung nachher. Schon in meinen Grundlinien (I, p. 72) wies ich darauf hin, daß am Aufbau des Sockels wahrscheinlich die Ablagerungen mehrerer Vereisungen beteiligt sind. Andeutungen hierfür finden wir in den Erläuterungen zu den Karten mehrfach. So wird {Erl. Eb. p. 18) ein mächtiger Komplex von Schichten als einer noch älteren (Elster = Mindel) Vereisung zugehörig betrachtet. Andeutungen älterer Interglazialzeiten in Form von verlagerten Braunkohlensanden (Erl. Be p. 15) und verlagerte altdiluviale Tone (Be p. 13) 1 gehören ebenfalls hierher. Die Tone sind besonders wichtig, als sie zeigen, daß dunkle Tone offenbar keinen einheitlichen Horizont bilden, wie es Schucht als möglich hinstellt (über jüngere Tone vergl. VI). Zudem beobachtete ich dunkle dem Sockel ein- gelagerte Tone auch bei Celle (IX, p. 280 oben). Ebenfalls ergibt sich aus den Arbeiten der Landesanstalt klar, daß die Oberfläche des Sockels wellig verlief. (Bi 1, p. 130) (Erl. Bi p. 4). Dagegen glaube ich nicht , daß die Kartenblätter alle Auf- schlüsse des alten Sockels verzeichnen. Die Karte zeigt im S von Melbeck bei der eingegangenen Ziegelei (231 m) Mergelsande. In Wirklichkeit sind die hier anstehenden tonigen Sande nicht nur schichtungslos, sondern auch mit zahlreichen zersetzten Ge- schieben durchknetet, so daß ich hier die ältere Grundmoräne in toniger Ausbildung zu erkennen glaube. Ebenso stehen gleich im N von Kolkhagen (Weg nach Melbeck) stark sandig verwitterte mit Sanden und Bändertonen wechsellagernde zum Teil aufgepreßte Grundmoränen an, die unmöglich mit den ganz anders aussehen- den jüngeren gleichgestellt werden können und wohl auch dem Sockel angehören (h = 38). Die große Meereshöhe dieser Mo- ränen hängt ganz offensichtlich mit der westlich sich anschließen- den Endmoräne des Osterberges (Bi) zusammen. Hier sind offenbar die tiefsten Teile der Aufpressungsmoräne aufgeschlossen. Zwei weitere Fundpunkte liegen bei Bienenbüttel. Hier waren (Sdgr. am Wege nach Grünhagen) in einer jetzt verfallenen Sandgrube Blockpackungen stark verwittert und mit zersetzten Geschieben über eisenschüssigen Vorschüttsanden in ca. 35 m Höhe auf- geschlossen. Der tiefe Wegeinschnitt (Weg von Bienenbüttel nach Hohenbostel) vor Hohenbostel wies dasselbe Profil auf, so daß hier offenbar eine einheitliche durch das Ilmenautal unterbrochene Blockpackung als Rest einer älteren Grundmoräne vorliegt. 1 Ähnliche verschleppte Tonschollen fand ich neuerdings in den Sockelschichten der Hasenburger Gruben. 14 K. Olbricht, Ein weiterer auf der Karte nicht besonders verzeiclmeter Punkt liegt am Wege von Heinsen nach Melbeck ca. 900 m west- lich von Melbeck. Hier steht die ältere Grundmoräne in Form einer Blockpackung unter weißen Verschüttsanden an. Fassen wir alle Zahlen zusammen, so ergibt sich das schon von mir früher (I und II) entworfene Bild. Im N der Ilmenau- mulde liegt die Oberkante des Sockels durchschnittlich in Höhen von 20 — 40 mm. Darüber hinaus sind keine Punkte bekannt, die zahlreichen Aufschlüsse des bis zu 85 m hohen Hügellandes zeigen oberhalb dieser Grenze nur weiße Sande, oder jüngere Grundmoränen. Auch am Steilabfall des bis über 100 m hohen Süsing fehlen Aufschlüsse des älteren Sockels, der erst im S der Blätter Bevensen und Ebstorf in der von mir schon (I, p. 51) bezeichneten Zone auf über 70 m ansteigt. Dieses nüchtern auch auf Grund der Karten zu ersehende Tatsachenmaterial zeigt a^so, daß die jüngere Bedeckung im N recht mächtig wird — bis zu ca. 20—30 m — , ohne daß genaue Angaben gemacht werden können. Die den Blättern Ebstorf und Bienenbüttel beigegebenen Pro- file ergeben nun ein anderes Bild. Zwar zeichnen sie im Süsing auch das jüngere Diluvium nicht zu gering (ca. 12 m), dagegen folgt die ältere Oberfläche im übrigen überall den heutigen Ober- flächenformen, namentlich im Forst Wichmannsdorf. Der Sockel besteht auf diesen Profilen überall aus dem sehr mächtigen unteren Geschiebemergel. An einer Stelle wird uns die Kontrolle des Profils leicht, nämlich bei B (Bi). Hier ist nach Nachmessung der untere Geschiebemergel 10 m mächtig über dem Tertiär ab- gelagert. Das abgedruckte Bohrprofil (Bi p. 29) verzeichnet an genau derselben Stelle nicht Geschiebemergel, sondern lediglich Sande. Das Profil entspricht also an dieser Stelle nicht den beob- achteten Tatsachen. Aber auch im übrigen wird es nirgends durch Beweise gestützt, denn der alte Sockel, der nach ihm überall ca. 10 m unter der Oberkante verläuft, müßte dann auch durch dementsprechende Bohrungen erwiesen sein , während Angaben solcher auf der Karte fehlen und aus den Erläuterungen hervor- geht, daß die Bohrungen im allgemeinen nur 2 m Flachbohrungen sind (vergl. auch Erl. Bi p. 12). Das Profil entspricht aber auch nicht den Beobachtungen, die auf der Karte niedergelegt sind. Wir haben es hier mit einem Erosionshügelland zu tun. Am Nordrande des Süsing finden wir im Hellkuhlengrunde in dichter Nähe Höhenunterschiede im Betrage von 40 m. Im Forst Wichmannsdorf finden wir Erosionstäler, die beinahe 20 m tief eingeschnitten sind, wie es sich ohne weiteres aus dem Betrachten der Höhenlinien ergibt. Wäre hier das jüngere Diluvium so gering mächtig, wie auf dem Profile, so hätte die Kartierung hier überall in den tieferen Tälern die Schichten des alten Sockels feststellen Die Blätter Bevensen, Bienenbüttel, Ebstorf und Harburg etc. 1 5 müssen. Da dies nirgends der Fall ist, so liegt dieser noch tiefer, d. h. die Profile sind unrichtig. Dies nenne ich ein negatives Kri- terium für die große Mächtigkeit der jüngeren Deckschichten. Es handelt sich hierbei nicht nur um eine bloße Redensart, wie Herr Gagel meint (Z. Ges. f. Erdk. 1910. p. 138). Die den Karten beigegebenen Profile zeigen also, daß eine Richtung, die sich stolz die allein exakte nennen möchte, nicht nur Hypothesen nicht vermeiden kann, sondern sogar Profile auf- stellt, die den Karten direkt widersprechen. Auf Blatt Harburg fehlen diese Sockelschichten ganz, obwohl aus der Tatsache, daß sie nicht nur in Neetze am Rande des Elbtales anstelien, sondern auch bei Stelle und Ashausen an zahl- reichen Stellen stark eisenschüssige Sande aufgeschlossen sind — ebenso am Bahnhof Buchholz — das Vorhandensein derselben ziemlich wahrscheinlich gemacht wird. In meiner Arbeit (I, p. 75) beschrieb ich schon bei Neugraben in ca. 15 m Höhe stark eisen- schüssig verwitterte Grundmoränen, die nur dem Sockel angehören können. Auch W. Koert beschreibt (Erl. Ha p. ll) bei Langen- beck in ca. 25 m Höhe eisenschüssige Sande und Grundmoränen, deren Alter er offen läßt. Sehr wichtig für diese Fragen ist das Fleestedter Torflager (Erl. Ha p. 12), welches in ca. 15 m Höhe erbohrt ist. Da man nun nicht wohl annehmen kann, daß die Torflager die Hebungspunkte der interglazialen Landoberfläche bilden, sondern in deren Senken entstanden, ist es wahrscheinlich, daß die Sockelschichten in ca. 20 m Höhe anstehen müssen. Daher halte ich es für sehr wahrscheinlich, daß die bei Heimfeld aus- keilende Grundmoräne (h = 26 m) und die bei Wilstorf (h = 30) anstehenden sandig-lehmigen Grundmoränen schon dem älteren Sockel angehören. Koert vertritt auch wieder (Erl. Ha p. 4) die immer noch unbewiesene durch Tatsachen sogar widerlegte tektonische Natur des Elbtales (vergl. I, p. 91, VI, p. 610)1. Über die Lage des Sockels in der südlichen Lüneburger Heide liegen publizierte Beobachtungen der Landesanstalt nicht vor, wohl aber eine vorläufige Mitteilung von Stoller (St. 1), aus der sich ergibt, daß seine Beobachtungen mit meinen eigenen (vergl. namentlich I, II und IX) durchaus übereinstimmen2. Auch die Beobachtungen des Herrn Sievers (Die Bevölkerungs- und Siedelungs Verhältnisse der Lüneburger Südheide. Diss. Marburg 1911) harmonieren durchaus mit meinen Ergebnissen. b) Über diesem älteren Sockel lagert sich das Würmdiluvium 1 Dazu kommt jetzt auch am Rande des Elbtales ein neu eingetiefter Aufschluß dicht hinter Einemhof (Weg nach Lüneburg), der in ca. 35 m Höhe anstehende verwitterte Schichten des älteren Sockels zeigt. Darüber lagen jüngere weiße Sande meist von Gehängeschuttkies bedeckt. 2 Ein Unterschied besteht allerdings darin, daß ich nicht jeden Hügel als Endmoräne bezeichne. 16 K. Olbricht, Die Blätter Bevensen, Bienenbüttel etc. (Weicliseleiszeit der Landesanstalt) in wechselnder Mächtigkeit. Einige Angaben darüber habe ich schon besprochen. Im Gebiete der genannten Blätter (Bi, Be nnd Eb) wird es im Durchschnitt 20 m mächtig, stellenweise — Siising — aber noch mehr, ohne daß hier genaue Werte angegeben werden können. Auf Blatt Harburg scheint die Mächtigkeit aber noch größer zu werden und 50 m zu übersteigen (Profil Ha), selbst wenn wir die untersten 30 m auf den Sockel rechnen. Daß diese Zahlen nicht übertrieben sind, lehrt die bloße Tatsache, daß im S von Harburg die Grund- moränenlandschaft ca. 100 m hoch liegt und bis 152 in die End- moränen des Rosengartens aufragen. Aus der Gegend zwischen beiden Aufnahmegebieten liegen zahlreiche Beobachtungen von mir vor, die auf den der Höhen- karte beigegebenen Profilen verwertet sind. Das sind einmal die interglazialen Kieselgurlager (62 — 98 m), sodann ver- witterte Grundmoränen bei Toppenstedt (52 m), Gödenstorf (55 m), Luhmühlen (35 m), Wetzen (55 m) und Schwindebeck (42 m). Trotzdem also hier ein auf weiten Elächen über 100 m hohes Erosionshügelland vorliegt, schneiden doch nur an den wenigen Stellen die Täler den Sockel an, darüber lagern jüngere Sande und Grundmoränen , die 'lokal (Weg von Garlsdorf nach Scliätzendorf) zu Endmoränen aufgepreßt sind. Die Erosionsnatur dieses Hügellandes läßt sich nicht nur aus den geologischen Be- funden , sondern auch aus dem topographischen Bilde ableiten. Die steilen, durch die intensive Zertalung herausgeschnittenen Plügel erscheinen dem Wanderer, der flüchtig die Täler durch- wandert, als Endmoränen, sind aber die randlichen Abfälle großer Hochflächen , die überall deutlich erhalten uns entgegentreten (Sottorfer Busch, Höhen bei Raven., Garlsdorfer Wald). So er- streckte sich ein großer jungdiluvialer Höhenrücken von Bevensen über den Siising und Garlsdorfer Wald bis zu den Schwarzen Bergen bei Harburg, lokal von Endmoränen überragt. Nirgends aber sind die Endmoränen in dem Maße ausgeprägt, wie es Stoller (St. 2 p. 439 etc., St. 1 p. 130 etc.) annimmt. In dem Garls- dorfer Walde eine gealterte Endmoräne zu sehen, widerspricht dem geologischen und morphologischen Bilde. Zudem kann das Eis der jüngsten Vereisung hier doch nicht so ganz unbedeutend und ohne Einfluß gewesen sein, wie es Stoller annimmt (St. 2 p. 443). Einmal hätte es dann nicht so mächtige Schichten ablagern können, wie sie nun einmal wirklich vorhanden sind. Dazu müssen wir bedenken, daß es im W bis an die Weser (Schucht im geol. Teil der Heimatkunde des Regierungsbezirkes Stade), im S sicher bis über die Aller gereicht hat (IX) und in der Gegend des Böhme- tales noch recht beträchtliche Ablagerungen hinterließ. (Schluß folgt.) C. Diener, Bemerkungen zur Nomenklatur etc. 17 Bemerkungen zur Nomenklatur und Systematik der Gruppe des Hoplites americanus Favre. Von C. Diener. In seiner Arbeit über die Fauna der Spiti-Schiefer des Himalaya, ihr geologisches Alter und ihre Weltstellung (Denksclir. kais. Akad. Wissensch. Wien. 85. 1910. p. 604) hat mein verstorbener Kollege V. Uhlig die Gründe kurz hervorgehoben , warum eine fremdartig anmutende Gruppe von primitiven perisphinctoiden Hopliten mit ungespaltenen Rippen als eine besondere Untergattung ausgeschieden werden sollte. Diese Gruppe umfaßt die von F. Favre (N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXV. 1908) beschriebenen Formen der patagonischen Unterkreide : Neocomites americanus , V. Steinmanni, N. ovalis, N. patagoniensis , N. Wilckensis, ferner die argentinischen Typen : Hoplites protractus Behrends. und H. an - gulatiformis Behrends. , 'Odontoceras transgrediens Steuer und 0. raripartitum Steuer. Uhlig hat für diese Gruppe die Ver- wendung des Namens Steueroceras Cossmann (= Odontoceras Steuer) in engerer Fassung in Vorschlag gebracht. Für dieselbe Gruppe aber ist ungefähr gleichzeitig der neue Gattungsname Favrella von R. Bouville (Bull. Soc. Geol. de France, seance du 20. Decembre 1909. p. 165) aufgestellt worden. Ich glaube, daß der von Douville vorgeschlagene Name Favrella den Vorzug verdient und für die Gruppe des Hoplites ■americanus Favre beibehalten werden sollte, weil in der Zwischen- zeit auch K. Burckhardt eine wohlbegründete engere Fassung des Namens Steueroceras in einem anderen Sinne als Uhlig be- antragt hat. Burckhardt (dies. Centralbl. 1910. p. 629) ver- wendet den Namen Steueroceras für die in den Andes weit ver- breitete und für die Grenzschichten zwischen Jura und Kreide be- zeichnende Gruppe des St. Koeneni , intercostatum , fasciatum , sub- fasciatum, ellipsostomum , permulticostatum; alamitosense, lamellicostatum, durangense aus Argentinien und Mexico und zieht von mediterranen Arten Ammonites rarefurcatus Pictet, A. karpathicus Zittel sp. (non aut.) und Hoplites delphinensis Retowsky (non Kilian) zu einem näheren Vergleich heran. Es handelt sich hier unzweifelhaft um eine gut umschriebene, auch stratigraphisch bedeutsame Ammoniten- gruppe, für die dem von Burckhardt vorgeschlagenen Namen Steueroceras das Prioritätsrecht zukommt, da er bereits zu einer Zeit publiziert war, als Uhlig’s Arbeit sich noch im Druck befand. Es empfiehlt sich daher, für die Gruppe des Steueroceras Koeneni Steuer diesen Gattungsnamen, für die Gruppe des Hoplites americanus Favre dagegen den Genusnamen Favrella zu akzeptieren. Schwieriger als über die Nomenklatur dürfte eine Einigung über die systematische Stellung von Favrella zu erzielen sein. Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 2 18 J. Schuster, Erklärung. R. Douville hat die Ansicht ausgesprochen, daß Favrella möglicher- weise in nahe Beziehung zu jenen weitnabeligen Neocomiten ( Neo - comites ambiguus Uhl.) zu bringen sein dürfte, die eine Mittel- stellung zwischen Neocomites und Kilianella einnehmen. Es ließe sich aber auch mit mindestens gleichem Recht, wie ich glaube, die Meinung geltend machen, daß wir auf Grund der Skulptur in Favrella eine besondere Gruppe von primitiven, perisphinctoiden Hopliten zu erblicken haben, die mit Beriasella am nächsten verwandt sind. Ich möchte hier vor allem auf die merkwürdige, von Favre festgestellte Tatsache hinweisen, daß die hierher gehörigen Formen in der Jugend echte Parabelknoten besitzen, ähnlich wie Parabo- liceras. Dieses , wie wir wissen , ausgesprochen perisphinctoide Merkmal spricht sehr entschieden zugunsten einer Unterbringung von Favrella bei den primitiven perisphinctoiden Hopliten in der Nähe von Beriasella. R. Douville stellt von europäischen Formen nur Hoplites vol- gensis Uhlig (= amblygonius Pavlow) zu Favrella. In der Tat existiert zwischen beiden eine unleugbare Ähnlichkeit, die nament- lich in der Beschaffenheit des Externteils hervortritt. Es darf aber doch nicht übersehen werden, daß die Skulptur des Hoplites volgensis an keiner Stelle des Gehäuses ausschließlich aus einfachen, üngespaltenen Rippen besteht, wie das bei Favrella der Fall ist. Man wird daher diese systematisch noch nicht sichergestellte Form, die nach Pavlow aus den Schichten stammen soll, vor- läufig besser aus dem Spiele lassen. Erklärung. Zu den meine Person betreffenden Bemerkungen in dem Auf- satz von Dr. J. Elbert (dies. Centralbl. 1911. p. 736) habe ich folgendes zu erklären: Was das in Rede stehende fossile Material betrifft, so war keinerlei schriftliche Verfügung darüber in Leiden vorhanden und die gepflogenen Besprechungen mit der Direktion konnte ich nur dahin verstehen, daß diese gegen eine Versendung des Materials Bedenken habe, nicht aber gegen eine Untersuchung an Ort und Stelle. Ich habe daher unbedenklich und offen die Blätter skizziert und absichtlich meine Bestimmung auf Zetteln beigelegt. Das hatte ich ohne die Absicht einer Veröffentlichung zu meiner privaten Information getan, weil Elbert von dem fossilen Material selbst sagt: „Immerhin erscheint es mir bei der Wichtigkeit dieses kli- matischen Befundes angebracht, daß ein anderer Pflanzenpalä- ontologe meine Pflanzenbestimmung einer eingehenden Revision unterziehen möge“ (Korresp.-Bl. Anthrop. 1908. p. 128). E. Dittler und €, Doelter, Zur Charakteristik des Bauxits. 19 Zur Veröffentlichung des Resultates meiner Revision glaubte ich mich erst berechtigt, als mir nach der Rückkehr nach Berlin und später in München Frau Prof. Selenka wiederholt erklärte, daß der Benützung für die Zwecke der Trinil-Expedition nichts im Wege stehe. In Leiden befand sich nämlich außerdem eine von Elbert angelegte rezente Pflanzensammlung, die nachweislich zum Bestand •der SELENKA-Expedition gehört , dieser aber nicht ausgeliefert wurde; um alle Schwierigkeiten zu vermeiden, blieb diese Samm- lung auf meinen Rat in Leiden. Mit diesem Material glaubte ich nach meinen Informationen das fossile Material als Eigentum der SELENKA-Expedition identifizieren zu müssen. Das war mein Standpunkt bei der Veröffentlichung. Diesen teilte ich Herrn Dr. Elbert auf seine briefliche An- frage vom 3. Juli 1910 mit, ohne darauf eine Aufklärung von ihm zu erhalten. Dies ist um so bedauerlicher, als ich infolgedessen erst jetzt er- fahre, wie sich Herr Dr. Elbert zu der Sache stellt, und so meinen Irrtum, daß das fossile Material Eigentum der SELENKA-Expedition sei , berichtigen kann ; dies wäre schon früher geschehen , wenn mir Herr Dr. Elbert damals eine Aufklärung schriftlich hätte zukommen lassen, aus der ich hätte ersehen können, daß ich Frau Prof. Selenka offenbar mißverstanden und zwischen rezentem und fossilem Material nicht scharf geschieden habe. Ich habe ferner nicht den geringsten Grund zu verschweigen, daß jene rezenten Pflanzen bis auf zwei Faszikel Herr Dr. Hallier unabhängig von mir bestimmt hat. Über die von mir vorgenommenen Bestimmungen werde ich später Rechenschaft geben und dabei auch auf die wissenschaft- lichen Ein wände eingelien. München, den 10. Dezember 1911. Julius Sohuster. Zur Charakteristik des Bauxits. Von E. Dittler und C. Doelter (Wien). Der Begriff Bauxit, welcher ursprünglich nach Berthier 1 für ein Tonerdehydrat von bestimmter Zusammensetzung galt, ist mit der Zeit zu einem sehr unpräzisen Begriff geworden, indem man alle stark tonerdehaltigen Gemenge (Hydrargillit, Diaspor, Kaolin mit Limonit) darunter verstand und Bauxit den Charakter eines Gesteins erhielt. Auf Grund der Untersuchungen von M. Bauer 2 scheint es 1 Hintze, Handbuch der Mineralogie. I. 1953. 1910. 2 M. Bauer, N. Jahrb. f. Min. etc. Festband. 1907. 20 E. Dittler und C. Doelter, wahrscheinlich zu sein, daß auch der Laterit von manchen sogen. Bauxiten nicht wesentlich verschieden ist, da die Bauxite um so mehr Eisen enthalten, je südlicher der Fundort liegt. Der Laterit ist, wie M. Bauer zeigte, kein wasserhaltiges Aluminiumsilikat (Ton), sondern ein Aluminiumhydrat mit wechselnden Mengen von Eisenhydroxyd. Meigen 1 bemerkt mit Recht , daß der Laterit nichts anderes sei als ein Sammelname für alle möglichen tonerde- und eisenhaltigen Produkte; dasselbe gilt auch für den Bauxit, unter welchem man kritiklos alle stark tonerdehaltigen Zersetzungs- produkte einschließlich des kolloiden Ausgangsproduktes, dem eigent- lichen Bauxit, zusammengefaßt hat. In neuerer Zeit wurde von A. Lacroix1 2 und F. Cornu3 der Gelcharakter der Bauxite hervorgehoben, und insbesondere F. Cornu hielt eine Unterscheidung gewisser isotroper Bauxite neben solchen, welche neben der isotropen Substanz auch Hydrargillit und Diaspor enthalten, für zweckmäßig. Diese isotropen Bauxite nannte Cornu Kliac'nit. Im folgenden soll nun mittels der Methode der Anfärbung gezeigt werden, daß unter dem Namen Bauxit zweierlei verstanden wurde : 1 . ein kolloides Aluminiumhydrat , der eigentliche Bauxit, das Ausgangsprodukt der bauxitischen Umwandlung; 2. ein Gemenge von Diaspor, Hydrargillit, Limonit und Kaolin mit wechselnden Mengen des Tonerdegels. Anfärbeversuclie mit Bauxiten hat schon F. Hundes- hagen4 ausgeführt und bei verschiedenen Vorkommen sehr ver- schiedene Resultate erhalten. Die Methode , welche an anderer Stelle genau beschrieben werden soll 5, besteht darin , daß eine konzentrierte Lösung von Methylenblau-Säurefuclisin auf die von Canadabalsam befreiten Diinnschlififpräparate aufgetragen und wenige Minuten einwirken gelassen wurde; bei so kurzer Einwirkung färbten sich nur die kolloiden Teile der Präparate an , während bloße Kapillarwirkungen der anderen Gemengteile nicht zur Geltung kommen konnten. Das amorphe Al203-Hydrat und das wasserfreie A1203 lassen sich weder durch saure noch durch basische Farb- stoffe anfärben. In Gegenwart einer Spur von Säure oder Base sind aber beide imstande, saure bezw. basische Farbstoffe auf- zunehmen, mit anderen Worten, die Tonerde kann , wenn sie ge- wisse Beimengungen adsorptionsartig enthält, von Methylenblau bezw. Säurefuchsin angefärbt werden. Im besonderen Maße gilt dies für das durch Hydrolyse hergestellte Al-Hydroxydgel , bei welchem schon durch sehr geringe Mengen von Si 02-Hydrosol 1 W. Meigen, Geol. Rundschau. II. 4. 1911. 2 A. Lacroix, Min. France 3. 342. 1901. 3 F. Cornu, Koll. Zeitschr. 4 15. 1909. 4 F. Hündeshagen, N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXVIII. p. 335. 1909. 8 Eine ausführliche Arbeit erscheint in der Zeitschrift für Chemie und Industrie der Kolloide. Dresden. Zur Charakteristik des Bauxits. 21 Anfärbung mit basischen Farbstoffen bewirkt wird. Eisenhydroxyd- gel verringert das Anfärbevermögen und bei sehr stark eisenhaltigem Material kann die Aufnahme des Farbstoffes nur durch Chromato- lyse (Behandlung des durch Methylenblau angefärbten Präparates mit sehr verdünnter Essigsäure) nachgewiesen werden. Kiesel- säurezusatz zur Tonerde bewirkt also Basophilie. Auch im Kaolin ist die Kieselsäure derjenige Faktor, welcher das Mineral basischen Farbstoffen gegenüber zugänglich macht. Trotzdem echte Bauxite sehr wenig Kieselsäure enthalten, so dürfte dieselbe für die ausgesprochen basophile Färbbarkeit des in den Gemengen enthaltenen Kolloids in Betracht kommen. Wo aber in Bauxiten K a o 1 i n auftrat, konnte mit Hilfe der oxyphilen Färbungen (saure Farbstoffe), und zwar im alkoholischen Medium — die oxyphilen Eigenschaften des Kaolins kommen im alkoholi- schen Medium nicht zustande — eine Unterscheidung des frag- lichen Kolloids von Kaolin getroffen werden. Ton verhält sich färberisch ähnlich wie Kaolin. Hydrargillit und Diaspor, die Tonerdehydrate mit 3 und 1 H2 03 sind färberisch indifferent und nur nach dem Glühen durch saure Farbstoffe anfärbbar. Auf diesem charakteristischen Verhalten der verschiedenen Tonerdehydrate gegenüber Farbstoffen beruht die Unterscheidungs- möglichkeit der kolloiden Gemengteile des Bauxits von den fremden Bestandteilen. Die Untersuchungsresultate sind für verschiedene Vorkommen folgende : Zum größten Teile aus der Gelsubstanz bestehen die Bauxite von Brignoles, les Baux, gewisse Bauxite der W o c h e i n und die weißen zerreiblichen Einschlüsse des Zirlites. Die Istrianer Bauxite, besonders der von St. Helena, enthalten oolithische Ein- schlüsse und Konkretionen , welche abwechselnd aus kristalloiden und kolloiden Schichten bestehen und Anfärbung nur in den kol- loiden Schichten erkennen lassen. Daran schließen sich die dalmatinischen „Bauxit“ genannten Gemenge von Velka Vodica, welche sehr viel Eisen enthalten und auch Anfärbung mit sauren Farbstoffen (offenbar infolge des sehr geringen Kieselsäuregehaltes) zeigen. Der Bauxit von Le Baux ist größtenteils echter Bauxit, doch zeigen eisenschüssige Konkretionen in einigen dieser mangelnde Anfärbung und verhalten sich darin wie gewisse Varietäten vom Dep. Var, welche jedoch auch untereinander große Unterschiede zeigen ; einzelne bestehen vorwiegend aus Diaspor und Hydrar- gillit, von welchen namentlich der erstere von Säuren ausgezogen werden kann. Der aus Diaspor bestehende Rückstand verhält sich färberisch indifferent; gewisse andere Partien sind dagegen in die Gelsubstanz umgewandelt, so daß diese Vorkommen als unreine 22 E. Dittler und C. Doelter, Zur Charakteristik des Bauxits. Gemenge bezeichnet werden müssen, welche sich z. T. dem Toneisen- stein nähern. Bei der Untersuchung verschiedener Vorkommen von echten Bauxiten zeigte sich, daß unter sonst gleichen Bedingungen die Intensität der Anfärbung wechselte. Besonders bei den Wocheiniten trat diese Eigentümlich- keit charakteristisch hervor, was offenbar auf ein geringeres Alter dieser Gelsubstanzen schließen läßt. Sogenannter Bauxit von Dirnsdorf enthält eisenschüssigen Ton (mangelnde Oxyphilie in alkoholischer Lösung) und Hydrar- gillitschüpp dien. Eisenhydroxyde in oolithischer Ausbildung haben sich an die ursprünglich vorhandenen Kalkkristalle angelagert. Die echte bauxitische Kolloidsubstanz ist z. T. vorhanden. Das Material vom To llinggrab en bei Leoben besteht schon zum großen Teil aus kristalliner Substanz. Ebenso verhält sich der Bauxit von Bitten. Die Vorkommen von Dreistätten entbehren endlich vollständig der kolloiden, basophil sich anfärbenden Substanzen und müssen aus der Klasse der Bauxite ausgeschaltet werden. Für dieses und ähnliche Vorkommen sollte der von Zepharo- yiCH 1 eingeführte Begriff „Toneisenstein“ besser beibehalten werden. Die steirischen Bauxitvorkommen sind sehr viel weiter in kristalline Produkte umgewandelt als beispielsweise die von Krain, welche jüngeren Alters sind. Auch gewisse dalmatinische Bauxite von Drnis wären hier anzuschließen. Bauxite von der Insel Arbe sind z. T. Toneisen- steine, teils echte Bauxite. Das Vorkommen von Ossek in Böhmen enthält sehr viel eisenhaltigen Ton und zeigt nur geringe Chro- matophilie. Die Chromatophilie der beiden den Bauxit zusammensetzenden Kolloidsubstanzen, nämlich T oner de- und Eisenhydroxydgel, kann besonders durch die Anwesenheit adsorbierter C 02, S 03, P205 und Ti02-Ionen usw. pseudooxyphil beeinflußt, d. h. auch durch saure Farbstoffe angefärbt werden, doch ist die Affinität zum basischen Farbstoffe so groß, daß die Färbbarkeit durch saure Farbstoffe kaum ins Gewicht fällt und bei Zusatz geringer Mengen freien NH3 überhaupt nicht in Betracht kommt. Den Herren Professoren Dr. Karl Redlich in Leoben und Regierungsrat Prof. Dr. Friedrich Berwerth, sowie Herrn Assistenten Dr. Rolf von Görgey und Herrn Dr. 0. Grosspietsch danken wir herzliclist für die Überlassung von Material. Mineralogisches Institut der k. k. Universität Wien. 1 Zepharovich, Min. Lex. 1859. p. 195. A. Rzehak, Chemische Analyse eines Glases mit Rindenbildung. 23 Chemische Analyse eines Glases mit Rindenbildung-. Von Prof. A. Rzehak in Brünn. Bekanntlich hat Prof. Weinschenk in diesem Centralblatt (1908. p. 737 ff.) zwei bei Kuttenberg in Böhmen aüfgefundene Glaskftgelchen mit Rücksicht auf ihre eigentümliche Oberflächen- skulptiu*, insbesondere aber mit Rücksicht auf eine nur mehr zum Teil vorhandene Rindenschichte, die als „Schmelzrinde“ gedeutet wurde, für „Moldavite“ 1 erklärt. Ich habe bald darauf (dieses Centralblatt. 1909. p. 452 ff.) gezeigt , daß sich genau dieselbe Rinde an alten Gläsern, die lange Zeit in der Erde gelegen sind, als Folge einer oberflächlichen Zersetzung bildet und habe auch die Entstehung der von Weinschenk als primär auf gefaßten Skulptur der Kuttenberger Glaskugeln erläutert. Da sich meine Argumente auf unwiderlegliche Tatsachen stützen, so hat es Prof. Weinschenk im Interesse seiner einmal aufgestellten Behauptung für zweckmäßig befunden, dieselben ebenso unbeachtet zu lassen wie F. Berwerth’s „Oberflächenstudien an Meteoriten“ (Tscher- mak’s Min. u. petr. Mitt. 1910. p. 165). Er hat sogar neuerdings einer weiteren Anzahl von kleinen Glaskugeln böhmisch-mährischer Provenienz kosmischen Ursprung zugeschrieben und hierbei ins- besondere auf die chemische Zusammensetzung Rücksicht genommen (vergl. Weinschenk und Steinmetz: „Weitere Mitt. über d. neuen Typus der Moldavite“; dieses Centralbl. 1911. p. 231 ff.). Die hierbei zutage getretene „überraschende Mannigfaltigkeit“ würde die Tektitfrage in sehr unangenehmer Weise komplizieren, wenn es sich nicht nachweisen ließe, daß die abnormale chemische Zu- sammensetzung der erwähnten Glaskugeln ebensowenig wie die Rindenbildung oder Skulptur derselben zugunsten ihrer meteorischen Natur geltend gemacht werden darf. Ich will hier nur auf die Analyse des Glaskügelchens von Oberkaunitz in Mähren näher eingehen2. Als Direktor der prä- historischen Sammlung des mährischen Landesmuseums habe ich zur Untersuchung der Glaskugeln von Oberkaunitz durch Prof. Weinschenk schon deshalb meine Zustimmung sehr gerne gegeben, weil es sich hier meiner Ansicht nach keineswegs um prä- historische Objekte handelt. Weinschenk’s Angabe, daß die- 1 Später (Centralbl. f. Min. etc. 1909) hat Prof. Weinschenk die zwischen den Kuttenberger Kugeln und echten Moldaviten bestehenden Unterschiede anerkannt und nur mehr von einem besonderen Typus der Moldavite gesprochen. Es ist jedoch nicht korrekt, wenn er — wie er (loc. cit. p. 550) sagt: nach dem „älteren Sprachgebrauch“ — den Be- griff „Tektite“ durch die viel enger gefaßte Bezeichnung „Moldavite“ ersetzt. 2 Eine ausführliche Widerlegung der WEiNSCHENK’schen Anschauungen wird im nächsten Hefte (1912) der „Zeitschrift des mähr. Landesmuseums“ erscheinen. 24 A. Rzehak, selben „neben Bronzen in prähistorischen Gräbern“ gefunden worden sind, beruht auf einer Verwechslung mit den von mir in meiner ersten Entgegnung (dieses Centralbl. 1909. p. 462) er- wähnten Glasperlen von Eiwanowitz, die ich selbst nur irrtüm- lich als den Kuttenberger Stücken ähnliche Glaskügelchen bezeichnet habe. Bezüglich der Glaskugeln von Oberkaunitz habe ich schon in meiner Studie: „Zur Geschichte des Glases in Mähren“ (Mitt. des mähr. Gewerbemuseums. 1897. p. 70) ganz ausdrücklich bemerkt: „Der prähistorischen Zeit gehören diese Stücke meiner Ansicht nach nicht an“, uud in meiner Abhandlung: „Die prä- historische Sammlung des Franzensmuseums in Brünn“ (Annales Mus. Francisc. 1899, p. 78) heißt es, daß das Alter derselben nicht sicher gestellt ist. Es entfallen also auch alle Mut- maßungen darüber, ob die Menschen „in den ersten Stadien der Kultur“ imstande waren, abnormal zusammengesetzte Glasflüsse herzustellen oder nicht; ohne Zweifel waren die prähistorischen Bewohner Europas zu der Zeit, als das Glas in ihren Kulturbesitz eintrat, über die „niederste Kulturstufe“ schon längst hinaus, aber ganz gewiß noch nicht in der Lage, den von ihnen hergestellten Glasflüssen — sofern man nicht alle vor der jüngeren Eisenzeit Mitteleuropas auftretenden Glaswaren als Importartikel betrachten will — eine bestimmte Zusammensetzung zu geben. Chemische Analysen in Mitteleuropa aufgefundener, sicher prähistorischer Glas- gegenstände sind — wohl wegen der Seltenheit solcher Fundstücke anscheinend noch nicht ausgeführt worden; sie würden ohne Zweifel zeigen , daß die ältesten Glasflüsse in ihrer Zusammen- setzung sehr wechselnd und ihrem Zwecke durchaus nicht immer entsprechend waren. In der jüngeren prähistorischen Eisenzeit war die Glasindustrie bereits sehr hoch entwickelt, denn die durch Kobaltoxyd gefärbten, mit gelben Schmelzeinlagen verzierten Glas- armringe der „gallischen“ Kulturepoche Böhmens und Mährens sind tatsächlich als Kunstwerke zu bezeichnen. Aus der römi- schen Zeit liegen uns Glasreste bereits in sehr ansehnlicher Menge vor und auch einige Analysen römischer Gläser finden sich nament- lich in der älteren chemisch-technologischen Literatur vor. Be- merkenswert ist die von Geuther (Jahresber. d. ehern. Technol. 1856. p. 166) ausgeführte Analyse eines römischen Glasgefässes, dessen Oberfläche mit einer durch Zersetzung entstehenden Rinde bedeckt war. Dieses Glas enthielt bloß 59,2 °/o Si02J. also etwa 5°/o weniger als das von Fehling (Handwörterbuch d. Chemie. 1878. III. p. 371) für „normale“ antike Gläser angegebene Minimum beträgt. Es gab eben schon in früheren Zeiten und gibt auch heute noch viele Gläser, die man nicht als „normal“ bezeichnen kann, trotzdem sie glashüttentechnisch ganz gut ver- wendbar sind. Die abnormale Zusammensetzung solcher Gläser verrät sich oft erst bei ihrer Verwendung oder nach langem Liegen Chemische Analyse eines Glases mit Rindenbildung. 25 in der Erde; die chemische Untersuchung ergibt dann in der Regel neben einem verhältnismäßig sehr geringen Kieselsäuregehalt einen auffallend hohen Gehalt an Kalk, so daß wir auch hier, wie bei den Glaskugeln von Oberkaunitz, mit „ungewöhnlich basischen“ Glasflüssen zu tun haben, deren Neigung zur Entglasung ihre Eignung zur Herstellung von Gefäßen u. dergl. nicht immer ausschließt. So hat Peligot (Ann. du Conserv. 2. p. 458) ein Glas ana- lysiert, welches zur Herstellung von Champagnerflaschen verwendet werden konnte, trotzdem seine Zusammensetzung so abnorm war, daß der darin auf bewahrte Wein schon nach wenigen Tagen gänzlich verdarb. Das betreffende Glas enthielt neben 52,4 ü/o Si02 die ungewöhnlich große Menge von 32,1 ü/o CaO, während ein von Warrington untersuchtes , zur Aufbewahrung von Wein ebenfalls unbrauchbares französisches Flaschenglas bloß einen Gehalt von 49 °/o Si02 bei 27,55 °/o CaO aufwies. Die von Weinschenk in runden Zahlen 1 mitgeteilte Analyse eines franzö- sischen Champagnerflaschenglases bezieht sich ohne Zweifel — Weinschenk macht darüber keine Angabe — auf ein von Dumas untersuchtes Glas von Clichy; dieses enthielt gar nur 45,6% Si02 neben 28,1 °/o CaO, nähert sich also, wie Weinschenk be- merkt, „wenigstens einigermaßen“ dem Glas der Oberkaunitzer Kugeln. Da die Tonerde im Glas wahrscheinlich in Form eines Aluminates enthalten ist, also gewissermaßen einen Teil der Kieselerde vertreten kann, während anderseits in sehr kalkreichen Gläsern die Alkalien häufig zurücktreten , möchte ich den Diffe- renzen im Gehalt von Al2 03 und Alkali keine solche Bedeutung beilegen wie Weinschenk, welcher meint, daß die Übereinstimmung der beiden Gläser im Kieselsäure- und Kalkgehalt durch die Mengen- verhältnisse von Tonerde und Alkalien „wieder völlig aufgehoben“ wird. Die Differenzen der bisher — leider, soweit ältere Gläser in Betracht kommen, nur in einer sehr geringen Anzahl — aus- geführten Glasanalysen sind so bedeutend, daß die Verhältnis- zahlen von Si02 : A1203 : (CaO + Alkali) meiner Ansicht nach keine besondere Wichtigkeit beanspruchen können , am allerwenigsten aber einen sicheren Schluß auf die Provenienz — natürlich oder künstlich — des Glases gestatten. Ich habe Bruchstücke eines höchstwahrscheinlich veneziani- schen Glasbechers, dessen Oberfläche stellenweise eine ganz gleiche Zersetzungsrinde trägt, wie die Kuttenberger Kugel, einer quanti- tativen chemischen Analyse unterworfen. Es wurden die üblichen Methoden angewendet und mit soviel Sorgfalt gearbeitet, daß größere Fehler jedenfalls ausgeschlossen sind. Die Gesamtmenge von A1203 und Fe203 ist etwas zu gering ausgefallen, weil die 1 Die genaueren Angaben findet man z. B. in Muspratt’s Chemie, 4. Aufl. III. Bd. p. 1373. 26 H. Brand, Die binären Systeme Oxydation des letzteren offenbar nicht vollständig1 war; der Ge- samtgelialt von Eisenoxyd wurde titrimetrisch mit 1,57 °/o be- stimmt, doch läßt sich diese Zahl zur Bestimmung des Tonerde- gehaltes aus der zu klein gefundenen Summe der beiden Sesqui- oxyde natürlich nicht benützen. Ich stelle hier die Ergebnisse meiner Untersuchung (I) neben jene der Oberkaunitzer Glaskugel (II) : I II. Si02 . 46,00 °/0 45,67 °/< Al2 03 + Fe2 0, • • . 6.20 „ 7,56 .. Mn 0 ....... . 2,60 „ 1.10 ,, CaO . 27,00 „ 27,49 „ MgO 3,58 ,. 2,60 „ Alkalien (Differenz) . • U,62 „ 15,58 „ 100,00 °/o 100,00°/, Da gröbere Analysenfehler nach meiner Überzeugung ausgeschlossen sind, so muß man wohl zugeben , daß die Übereinstimmung der beiden Gläser eine sehr weitgehende ist. Es gibt also zweifel- los künstliche Gläser, welche genau dieselbe Rindenbildung zeigen wie die Kuttenberger Kugeln und fast genau dieselbe chemische Zusammensetzung besitzen wie die Kugel von Ober- kaunitz. Die Skulptur dieser Kugeln ist nicht primär, sondern ohne Zweifel „ rhegmaglyptisch u , so daß also tatsächlich nicht ein einziger Umstand zugunsten der kosmischen Herkunft der von Weinschenk beschriebenen Glaskörper geltend gemacht wer- den kann. Die binären Systeme Cadmiumjodid — Kaliumjodid und Cadmiumjodid — Natriumjodid. Von H. Brand in Berlin. Mit 2 Textfiguren. Im Anschluß an meine Bearbeitung des ternären Systems Cad- miumchlorid— Kaliumchlorid — Natriumchlorid1 habe ich die Kristal- lisationsvorgänge in den Systemen der Jodide untersucht, die den binären Systemen Cadmiumchlorid: — Kaliumchlorid und Cadmium- chlorid— Natriumchlorid entsprechen. Die Schmelztemperaturen der Komponenten liegen nach ver- schiedenen Beobachtern 2 beim CdJ2 zwischen 350° und 404°, beim KJ zwischen 614° und 722 ° und beim NaJ zwischen 628° und 695 °. Nach den von mir aufgenommenen Abkühlungskurven wurden folgende Werte der Schmelztemperaturen erhalten: 1 H. Brand, Diss. Berlin 1911. N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXXII. p. 627. 1911. 2 Landolt-Börnstein, Phys.-chem. Tab. 271. 1905. Cadmiumjodid— Kaliumjodid und Cadmiumjodid— Natriumjodid. 27 Cadmiumjodid 385 0 1 Kaliumjodid 678 0 Natriumjodid 653 Umwandlungserscheinungen traten bei diesen drei Salzen nicht auf. 1. Das System Cadmiumjodid — Kaliumjodid. Die geschmolzenen Mischungen aus Cadmiumjodid und Kalium- jodid bilden homogene flüssige Phasen , deren Existenzgebiet a im Konzentrations-Temperatur-Piagramm Fig. 1 durch die Kristallisationskurve ADEFBvon den Gebieten getrennt wird, die das Gleichgewicht einer Kristallart mit der flüssigen Phase angeben. Längs des Kurvenstückes AD wird die Tem- peratur der ersten Ausscheidung durch steigenden Gehalt der Schmelzen an Kaliumjodid erniedrigt, bis in D der eutektische Punkt bei einer Konzentration von 47,5 Mol.-°/o KJ und der Tabelle 1. Konzentrations-Temperatur-Diagramm der Mischungen aus Cadmiumjodid und Kaliumjodid. Gehalt Molekül- prozente an KJ Gewichts- prozente Beginn der Kristalli- sation Eutek- tische Kristalli- sation Dauer der eutekt. Kristalli- sation Tempera- tur d. Um- setzung zu a-Cd J2 • 2 KJ Dauer der Um- setzung Umwand- lung von Cd J2 • 2KJ 0 0 385° _ ' L ! 10 4,63 370 185° 100 (sec) — — 20 9,85 351 186 220 — — — 30 15,67 323 186 370 — — — 40 22,56 286 187 450 — — — 45 26,34 247 185 470 — — — 47 27,92 197 185 500 — — — 49 29,57 195 185 450 — — — 50 30,41 203 186 420 ; — — — 53 33,01 231 185 360 215° 55 34,83 242 188 380 — - -V - 215 60 38,61 302 182 210 264° 40 (see) 214 65 44,80 383 183 160 270 100 216 66f 46,63 395 178 120 269 170 215 70 50,48 440 176 70 272 120 215 80 63,61 560 175 60 270 110 214 90 79,73 634 — — 270 80 214 100 100 678 i " - , — ■ — _ . — 1 R. Nacken, Dies. Centralbl. 1907. p. 302 gibt die gleiche Tem- peratur an. 28 H. Brand, Die binären Systeme Fig. 1. Konzentrations-Temperatur-Diagramm der Mischungen aus Cadmium jodid und Kaliumjodid, a Existenzgebiet der homogenen flüssigen Mischungen, b Gleichgewichtsgebiet von CdJ2 und Schmelzen a. c Gleichgewichtsgebiet von KJ und Schmelzen a. d Gleichgewichtsgebiet von «-Doppelsalz Cd J2 . 2 K J und Schmelzen a. e Gleichgewichtsgebiet von /S-Doppelsalz Cd J2 . 2 K J und Schmelzen a. f Existenzgebiet von eutektischen Gemengen aus Cd J2 und /S-Doppel- salz Cd J2 . 2K J. g Existenzgebiet von Gemengen aus K J und «-Doppelsalz Cd J2 . 2 K J. h Existenzgebiet von Gemengen aus KJ und /?-Doppelsalz Cd J2 . 2K J. Temperatur 185° erreicht ist. Das Kurvenstück, das im Punkte B, der die Schmelztemperatur des reinen Kaliumjodids darstellt, be- ginnt, verläuft nicht kontinuierlich bis zum eutektischen Punkte D, sondern weist zwei Knicke in E und F auf. Demnach tritt so- wohl bei E wie auch bei F eine von den Komponenten des Systems verschiedene Kristallart auf. Cadmiumjodid— Kaliumjodid und Cadmiumjodid— Natriumjodid. 29 Aus den Abkühlungskurven ergaben sich ausgeprägte Haltepunkte bei der Temperatur 269 °, die in Fig. 1 die Hori- zontale FJ bestimmen. Ihre Dauer war unter sonst gleichen Versuchsbedingungen bei der Schmelze C' (33^ Mol.-0/« CdJ2 + 66f Mol.-°/o KJ) am größten. Es wurde hieraus geschlossen, daß sich das auf der Kurve BF kristallisierte Kaliumjodid bei 269 0 mit der Schmelze F umsetzt unter Bildung der Verbindung1 Cd J„ . 2 KJ. Allerdings zeigten die Abkühlungskurven der Schmelzen C' bis B' noch Haltepunkte bei ca. 185° der Horizontalen GH entsprechend , die auf eine eutektische Kristallisation in diesen Schmelzen hinweisen. Dieses anomale Verhalten ist dadurch be- dingt, daß sich das primär kristallisierte und spezifisch leichtere Kaliumjodid bei der Umsetzungstemperatur im oberen Teile der Schmelze angesammelt hat und nicht mit dem gesamten flüssigen Teil in Berührung kommen kann. Auch ist es möglich, daß die entstehende Verbindung die Kaliumjodidkristalle derart umhüllt, daß sie von der Schmelze abgeschlossen werden 2 3 *. Die Abkühlungskurven der Schmelzen E' bis B' zeigten außer- dem schwach hervortretende Haltepunkte bei ca. 215 °, die auf eine Umwandlung des vorher gebildeten Doppelsalzes hindeuten. Wegen der geringen Wärmetönung ließ sich die Bestimmung der Umwandlungstemperatur nicht scharf ausführen. Daher versuchte ich sie optisch festzustellen. Eine kleine Menge Substanz wurde zwischen zwei Deckgläschen geschmolzen und konnte dann in einen Erhitzungsapparat 8 gebracht und mit einem auf das Präparat ein- gestellten Mikroskop betrachtet werden. Bei der Erwärmung eines Präparates, das aus der Mischung 33| Mol.-°/o CdJ2 66 f Mol.-% KJ hergestellt war, zeigte sich, daß bei 215° die doppelt brechende Kristallform in die reguläre übergeht. Bei der Abkühlung auf 215° ver- läuft die Umwandlung in umgekehrter Richtung. Es war zu er- reichen, daß bei dieser Temperatur die eine Hälfte des Präparates regulär, die andere doppeltbrechend war. Das Doppelsalz Cd J2 . 2 K J ist also enantiotrop-dimorph : 215 0 d o p p e 1 1 b r e c.!. i K ; •: i I :■'! äT 'T: -;i : : . ■ : . ^ ii . : •T'TI cnTW !'■«*: dV o \Trfsg ,!$ isb .'•Äsfcj'jfoo'-*« .1 i.nf rä , o : . ::;T /;vi n-i ■ i & • , % ,\ü ä vte gäi?E *am.* Ltnt««üCvvKiVu*! : 7 uis-i -.-V -v rt.r> : ; .0. tvb «.v-i-v.-. 4 iteSJfJ >(% - ••••- v < - - - •••’. -•1& .X -rr‘-.'rr, -O .?> ; r £•■* ' 1 Neue Kristallmodelle neu beschriebener Kristallformen natürlicher Mineralien oder solcher chemischen Verbindungen, die in einer der 32 Kristallklassen kristalli- sieren , und deren Formen an natürlichen Kristallen nicht beobachtet worden sind , sollen in kleinen , zwanglosen Serien herausgegeben und in den mineralogischen Semester-Verzeichnissen angezeigt werden. Wir hoffen, damit der mineralogischen und kristallographischen Literatur ein wertvolles Anschauungsmittel zu bieten und zugleich auch den Instituten usw. Gelegenheit zu geben, die früheren Kristall- modellsammlungen zu ergänzen. Jedes Modell ist einzeln käuflich. Den Herren Autoren werden wir dankbar sein, wenn sie mög- lichst zeitig auf neue Kristallformen aufmerksam machen wollen, damit die Modelle womöglich gleichzeitig mit dem Erscheinen der betreffenden Publikationen geliefert werden können. Neue Mineralpräparate und orientierte Mineraldönnschliife. Aus der neuen (achten) Auflage des mineralogischen Haupt- katalogs No. 1 (Juli 1910) empfehlen wir: A. Vorlesungssammlung von 1 00 Mineralpräparaten. Diese Sammlung enthält nur Präparate von natürlichen Mineralvorkommen (mit Ausnahme von künstlichem Rubin und Borax) und ist in der Weise zusammengestellt, daß alle wichtigen optischen Erscheinungen daran demonstriert werden können. Der Preis einer Normalsammlung von 100 Mineralpräparaten in guter Mittelqualität beträgt einschließlich eines zweckmäßig eingerichteten Kastens Mk. 1100. — . Dieselbe Samm- lung in besonders guter Qualität kostet Mk. 2000. — . B. Sammlung von 225 orientierten Dünnschliffen von 134 gesteinsbildenden Mineralien, angeordnet nach H. Rosenbusch und E. A. Wülfing: „Mikroskopische Phy si ogr aphie der petro- graphisch wichtigen Mineralien“, I. Band, 2. Teil, 1905. Preis der ganzen Sammlung von 225 Mineralschliffen, einschließlich Etui = Mk. 375. — . „175 » „ , = „ 295.-. „125 „ , = „ 205.-., Dünnschliffe von eingesandtem Material werden sorgfältig und pünktlich hergestellt, und zwar in der üblichen Stärke von 0,02 mm. Durchschnittlich wird für einen Schliff auf Ver- einsformat (28 X 48 mm) montiert Mk. 1.— berechnet. Nur für be- sonders schwierig zu bearbeitende Gesteine wird ein entsprechender Aufschlag berechnet. Auf Wunsch werden größere, bis handgroße Schliffe angefertigt. Dr. F. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, Fabrik u. Verlag mineralogischer u. geologischer Lehrmittel. Gegr. 1833. — Bonn a. Rlieiu. Gegr. 1833 Verlag der E. Schweizerbart’schen Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, Stuttgart, Johannesstr. 3. Druck von C. Grüninger, K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmanu), Stuttgart. ) 1. Februar 1912, Centralblatt für Mineralogie, Geologie and Paläontologie in Verbindung mit dem Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie herausgegebeii 1 von M. Bauer, E. Koken, Th. Liebisch iu Marburg. in Tübingen. in Berlin. 1912. No. 3. STUTTGART. E. Schweizerbart’ sehe Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser. 1912. < yv “ 2 Nümmern' Preis Nichtabonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Ml, pro Jahr Die”serT "T Ä ^ntralUatt beredet. ' Joh. Stettner)?“Fre\?bergbSaei°etr°Medtederi^UChhandIUng Craz * Ger]ach 'an Delfstoffen etc. ' ' Mededeehnge n von de Rijksopsporing Seite Inhalt. Original-Mitteilungen etc.“ L i es egang, Raphael Ed.: ?Ein Membrantriimmer- Achat. Mit 1 Textfigur 65 Renz. Carl- Oie Trias im östlichen Mittelgriechenland 67 Kranz. W. : Erwiderung an Herrn W. Branca 85 Böhm. Joh. : Literarische Bemerkung über Porocustis pru/niformis Cragin 86 Stromer. Ernst: Funde fossiler Fische in dem tropischen West- afrika 87 Jooss, Carlo H. : Vorläufige Mitteilung über eine vermutlich alt- tertiäre Schneckenfauna aus dem Ries 88 Hundt, Rudolf: Organische Reste aus dem Untersilur des Hüttchen- berges bei Wünschendorf an der Elster. Mit 2 Textfiguren . 91 Besprechungen. Iddings, Joseph P. : Rocks Minerals, Their Chemical and Physical Characters and their Determination in Thin Sections .... 95 Guild. F. N. : The Mineralogy of Arizona 95 Kranz, W. : Zur Entstehung des Buntsandsteins. Erwägungen über das nördliche Alpenvorland. Vulkanismus und Geotektonik . 96 Person alia 96 n.von der Trappen, Stuftgart-Ostheim. Institut für wissenschaftliche Photographie. Einwandfreie Wiedergabe von Petrefakten und Mineralien für Publikationen. — Mikrophotographie von Dünnschliffen, auch in polarisiertem Licht und in Farbenphotographie. Muster gerne zu Dienst. Anfertigung von Diapositiven nach eingesandten Vorlagen. — Großer Verlag von naturwissenschaftlichen Dia- positiven aus den Gebieten der allgemeinen Geologie, Paläonto- logie, Mineralogie, Zoologie und Botanik. 1WT“ Verlagsliste umsonst und postfrei. Chemisches Laboratorium von Professor IDr. M. Dittrich. Heidelberg Brunnengasse 1 4 Mineral-, Erz- und Gesteiusuntersuchungen. — Quell- und Mineralwasseranalysen. — Untersuchungen auf Radioaktivität. — Chemische Praktica, unter besonderer Berücksichtigung der Mineralogen und Geologen, auch in den Universitätsferien. — — — Prospekte auf Verlangen. R. E. Liesegang, Ein Membrantrümmer-Achat. 65 Original-Mitteilungen an die Redaktion. Ein Membrantrümmer-Achat. Von Raphael Ed. Liesegang Mit 1 Textfigur. Läßt man einen Tropfen konzentrierte Kupfersulfatlösung in eine verdünnte Ferrocyankaliumlösung fallen , so entstellt ein nach seinem Entdecker als TRAUBE’sche Zelle genanntes Gebilde. Der Kupfersulfattropfen umgibt sich mit einer dünnen Membran von Ferrocyankupfer. Durch diese dringt aus bekannten os- motischen Gründen Wasser ins Innere, dadurch zerreißt die Haut und an der Bruchstelle bilden sich beim erneuten Zusammentreffen der Kupferionen und der Ferrocyanionen Ersatzstücke. Trotz der Starrheit des Membranmaterials wächst also die Zelle. Hierdurch wurde die Entwicklungsmechanik jener Metallsilikatvegetationen verständlich, welche Glauber schon 1648 erhalten hatte und welche dann später besonders von Böttger studiert worden sind 1. Glauber’s „Eisenbaum“ entstand dadurch, daß er ein Stückchen Eisenchlorid in eine Lösung von Kaliwasserglas warf. Die sich bildende Eisen- silikatmembran leistete dasselbe wie die Ferrocyankupfermembran bei der TRAUBE’schen Zelle. Gräber2 hat auf die Wichtigkeit solcher Vorgänge für die Erklärung einiger geologischer Vorgänge aufmerksam gemacht. Er konnte auf diese Weise eine Synthese der sogen. Blitzröhren herbeiführen. Daß im Anfangsstadium der Achatbildung häufig- derartige Membranen und Zellen entstehen könnten, machte kürzlich Liesegang wahrscheinlich 3. Im Zusammenhang mit diesen Erklärungsversuchen bekam ein Achat aus der Sammlung des Herrn Dr. 0. Reuber, Frank- furt a. M., einige Bedeutung: Auf der etwa 15 qcm großen Schliff- fläche der Mandel sind auf teils weißlichem, teils zart rotem Grund wirr durcheinander etwa 50 gebogene braunschwarze Striche zu sehen. Sie haben nicht das geringste mit der normalen Struktur der Achate zu tun. Ihre Breite ist \ mm, ihre Länge schwankt zwischen 2 und 18 mm. Meist sind sie C-förmig gebogen. Ein im Prinzip vollkommen gleicher Effekt wurde einmal bei einem für photochemische Zwecke angestellten Versuch erzielt : 1 Böttger, Jahresber. physik. Ver. Frankfurt a. M. 1865 — 66. p. 57. 2 Gräber, N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXV. p. 487. (1908.) 3 Liesegang, dies. Centralbl. 1911. p. 500. Central bl att t’. Mineralogie etc. 1912 O 66 R. E. Liesegang, Ein Membrantrümmer-Achat. Eine ziemlich konzentrierte Silbernitratlösung war in eine Gelatine- lösung gegossen worden, welche durch Chlorcalciumzusatz kalt- flüssig gemacht worden war. Die auch von Quincke, Lüppo-Cramer u. a. 1 2 studierten Traubezellen mit Chlorsilbermembranen bildeten sich hierbei in ganz besonders starker Weise aus. Sobald alles Silber gebunden war, so daß auf das Zerreißen der Membrane keine Ausfüllung der Lücken mehr folgen konnte, zerfielen sie bei der geringsten Bewegung. Wurde die Masse dann zum Erstarren gebracht und ein Schnitt hindurchgeführt, so zeigten sich die Querschnitte durch die Membranbruchstücke als Striche von der gleichen Größenordnung, der gleichen Form und vom gleichen Durcheinander wie die Striche im REUBER’schen Achat. Membrantrümmerachat. In natürlicher Größe. Auch die genauere Betrachtung des letzteren ergab , daß er eine ähnliche Entstehungsgeschichte gehabt haben muß. An einer Bruchstelle , welche senkrecht zur Schliffebene steht , läßt sich nämlich verfolgen , wie die Linien zuweilen in schalige Hüllen übergehen. Während bei der Bildung der gewöhnlichen Achate eine Schwermetallösung auf dem Diffusionsweg in eine Kieselsäure- gallerte eindringt ist sie hier fließend vorgedrungen. Entweder war bei ihrem Hinzutritt die Kieselsäure oder das Silikat noch als Sol vorhanden oder ihr Gel war noch sehr plastisch. Dabei bildete sich eine Anzahl Traubezellen von mehreren Millimeter Durchmesser aus , deren Wandstärke bis zu J mm wuchs. Aus einem wahrscheinlich mechanischen Grund erfolgte dann deren Zer- störung. Bei oder nach dem Wabenzerfall trat eine stärkere Koagu- lierung der Hauptmasse der Kieselsäure ein : Das Gebilde wurde 1 G Quincke, Ann. d. Phys. (4) 9. p. 648. (1902.) — Lüppo-Cramer Kolk Zeitschr. 9. p. 116. (1911.) — Liesegang, Phot. Almanach 1901. 2 Liesegang, dies. Central bl. 1910. p. 593. C. Renz, Die Trias im östlichen Mittelgriechenland. 67 fester. Die festen Membranfetzen blieben an der Stelle liegen, wo sie sich gerade befanden. In dem Gel waren nachher noch einige Ditfusionsvorgiinge möglich, wodurch einige Andeutungen von Schichtungen parallel zu den einzelnen Membranfetzen entstanden. Aber diese bieten an sich nichts Ungewöhnliches, wenn man die Ursache der Schich- tungen auf Diffusionsvorgänge zurückführt. Neurologisches Institut Frankfurt a. M., Dir. L. Edinger. Die Trias im östlichen Mittelgriechenland. Von Carl Renz. Wie schon öfters ausgeführt wurde, spielt die jugendliche, jungtertiäre bis quartäre Bruchbildung eine wichtige Rolle in der Ausgestaltung des heutigen Antlitzes der griechischen Gebirge, jene Bruchperiode, auf die die Entstehung der tiefen Quer- und Längs- gräben, der Meeresgolfe und Inseln, der Binnenseen und Binnen- ebenen zurückzuführen ist. Dem Beschauer jeder beliebigen Karte Griechenlands fällt als erstes der tief in das Land ein dringende korinthische Graben auf, der mit seinem ihn nach Osten fort- setzenden Gegenstück, dem Saronischen Golf, den Peloponnes vom Hauptkörper der südosteuropäischen Halbinsel abschnürt. Durch die Korinthisch-Saronischen Golfe und einen hierzu parallel gelegenen Graben, den euboeisclien Graben, der die lang- gestreckte Insel Euboea vom mittelgriechischen Festlande loslöst, und seine westliche Fortsetzung, den Spercheiosgraben , wird die Umgrenzung des östlichen Mittelgriechenlands geschaffen. Eine westliche Verlängerung des Spercheiosgrabens würde auf den ambrakischen Graben (Artagraben) treffen. Das Gebirgsland des östlichen Mittelgriechenlands wird durch einen weiteren sekundären und gleichfalls parallel verlaufenden grabenförmigen Einbruch, den Kopaisgraben , in zwei Abschnitte gegliedert. Der Kopaisgraben zweigt in der Gegend von Oropos vom euboeischen Graben ab. Sein weiterer Verlauf wird dann bestimmt durch die Niederung von Theben , das Kopaisbecken und das Mavronerotal (Kephisostal). Das den Kopaisgraben vom euboeischen Graben trennende lokrische oder atalantische Gebirge zieht von der Katavothra bis in die Gegend von Chalkis und bildet demnach einen Keilhorst. Auch in dem Kopais-Graben selbst, der, wie gesagt, im Südosten in den euboeischen Graben übergeht, sind noch mehrfach Insel- horste, z. B. zwischen Theben und Chaeronaea, zu beobachten. Der Parallelismus zwischen dem atalantischen Sund , dem Kopaisgraben und den isthmischen Brüchen ist daher ebenso aus- 5* 68 C. Renz. geprägt, wie die reine West- Ostrichtung, welche die Thermopylen mit dem Spercheiosgraben (bezw. ambrakischen Graben) und den Westen des Korinthischen Golfs beherrscht. Das Ineinandergreifen der W-0 und WNW — OSO-Richtung bedingt sowohl am Isthmus wie am Golf von Lamia das abwechslungsreiche landschaftliche Bild. Vom Korinthischen Golf zweigen sich nach Osten zu noch sekundäre Gräben ab, wodurch sich am Isthmus die drei Inselhorste der Geraneia, des Karydigebirges und des Korombili — K}Thaeron — Parneszuges ausbildeten, während sich im Golf von Lamia die drei Horste des atalantisclien Lokris, die Westspitze von Euboea und das Othrysgebirge gegenüberstehen. An dem Aufbau dieser durch die ebengenannte Bruchbildung gegliederten Gebirgsabschnitte nimmt , wie meine Untersuchungen ergeben haben, die Trias einen hervorragenden Anteil. Um noch auf die bereits vorhandene Literatur kurz hinzu- weisen, sei vor allem die Abhandlung A. Bittner’s 1 genannt, der von den Gelehrten der österreichischen geologischen Mission der Jahre 1874 — 1876 die Bearbeitung der hier zu besprechenden Landschaften Mittelgriechenlands übernommen hatte. Bittner gliederte die gesamten mesozoischen Ablagerungen des östlichen Mittelgriechenlands in einen oberen und einen unteren Kreidekalk, zwischen denen eine obercretacische Schiefer-Sandsteinformation, der sogen. Macigno, eingeschaltet ist. Der Macigno kann seiner- seits noch einen mittleren Kreidekalk einschließen. Die Kalke unseres Gebietes werden von A. Bittner in der Hauptsache zu seinen oberen Kreidekalken und zum kleineren Teil zu seinen mittleren Kreidekalken gerechnet. Einzelne Landschaften wurden später von R. Lepsius (Attika), von A. Philippson und von V. Hilber untersucht; diese Forscher hielten aber im wesentlichen an der Altersdeutung Bittner’s fest. Auf die Arbeiten der Autoren vor Bittner kann ich in dieser vorläufigen Mitteilung nicht eingehen. Wie ich schon vor längerer Zeit nachwies, sind an der Zu- sammensetzung des Beletsi — Parnes — Kythaeronzuges besonders helle Triaskalke beteiligt. Durch die an zahlreichen Punkten dieses Gebirges gemachten Diploporenfunde ( Diplopora porosa Schafh., D. annulata Schafh., D. herculea Stopp.) konnte ich in ihren der Trias angehörigen Kalkmassen mitteltriadisclie Anteile, d. h. also Äquivalente der südalpinen Esinokalke aus- sclieiden. Von tieferen fossilführenden Gliedern wären hier vor allem noch die Werfener Schichten am Beletsi hervorzuheben. Die attischen Diploporenkalke und Werfener Schichten wurden schon 1 A. Bittner, Der geologische Bau von Attika, Boeotien, Lokris und Parnassis. Denkschr. der Akad. Wiss. Wien (math.-nat. CI.). 1880. 40. p. 1—74. Die Trias im östlichen Mittelgriechenland. 69 in meinen früheren Arbeiten1, auf die ich hiermit zugleich ver- weise, ausführlich beschrieben. Die Existenz der Dyas wird in Attika paläontologiscli durch schwarze Fusulinellenkalke angedeutet. Die Fusulinellenkalke sind sonst noch auf der argolischen Küsteninsel Hydra entwickelt. Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch den mir neuerdings in Hellas gelungenen Nachweis von Kalken mit DoViolina {ßeo- sclnvagerina) craticulifera Schwager erwähnen. Die auf Hydra (Pettas) angetroffene D. ( NeoschwagCrina ) craticulifera Schwager ist die zweite der bisher nur noch aus Japan bekannten Foramini- ferenarten der griechischen Dyas, während von den anderen Klassen die Lyttonien ( Lyttonia Bichthofeni Kayser und L. nobilis Waagen) beiden räumlich so weit getrennten Vorkommen gemeinsam sind. Die Beziehungen zwischen den obercarbonisch-dyadischen Fora- miniferenfaunen Griechenlands und des fernen Ostens beanspruchen jedenfalls besonderes Interesse. Das weitverbreitete Carbon wird durch obercarbonische Fusu- linen- und Schwagerinenkalke (auch mit Bigenerinen u. a. Bi- generina elegans Möller), durch Korallen- und Crinoidengesteine gekennzeichnet. Die am weitesten nach Westen vorgeschobenen Vorposten der Fusulinen- und Schwagerinenkalke wurden bisher auf der Nordseite des Beckens von Mazi ermittelt. Der Fusulinen- und Schwagerinen- kalk bildet hier die nördlichen Kalkvorhöhen des Beckens nord- östlich von Mazi und westlich vom Kloster Hagios Meletios. Die Gegend, wo die Fusulinenkalke auftreten, heißt Meopolis; einige alte Ruinen, die als Pyrgos Mazi bezeichnet werden, machen den Fundort leicht kenntlich. Der anstehende Fusulinenkalk wird hier vielfach durch den lockeren Schutt der die nördlichen Berghänge bildenden Kalke, sowie der obercarbonischen Schiefer und Grauwacken überdeckt. Diese weicheren Gesteine selbst stehen auch östlich der Fusulinen- kalke bis Hagios Meletios an. Es sei hierbei gleich noch erwähnt, daß in den obercarbo- nischen Schiefergesteinen zwischen Kawasala und Kokkini eben- falls Einlagerungen von Crinoiden- und Fusulinenkalken auftreten ; die Kammhöhe bei Kawasala besteht indessen aus grauen, ver- mutlich schon untercarbonischen Quarzkonglomeraten. Die Zone der obercarbonischen Fusulinen- und Schwagerinen- kalkvorkommen Attikas läßt sich somit aus der Umgebung von Kapandriti über den Beletsi und das Parnesmassiv bis in die Gegend von Kasa verfolgen. Inzwischen wurden am Beletsi, sowohl in der Richtung auf Hagios Merkurios, wie gegen die Guritzaquelle zu, 1 Carl Renz , Stratigraphische Untersuchungen im griechischen Mesozoicum und Paläozoicum. Jahrb. der österr. geol. R.-A. 1910. 60. Heft 3. p. 451 — 467. (Hier auch weitere Literatur.) 70 C. Renz, noch weitere Aufschlüsse entdeckt1. Der Fusulinen- und Scliwage- rinenkalk (gleichfalls mit Bigenerinen) zeigt zwischen Hagios Mer- kurios und H. Triada eine wahrhaft großartige Entfaltung, wie ich sie bisher auf griechischem Boden sonst nur noch auf der argolischen Insel Hydra in der dortigen Obercarbonzone navayia xai /qiotos — H. Konstantinos — - H. Joannis gesehen habe. Während die letzten fossilfiihrenden Spuren des Obercarbons in westlicher Richtung zwischen Hagios Meletios und Kasa be- obachtet wurden, habe ich die im Beletsi — Parneszuge gleichfalls weitverbreiteten mitteltriadischen Diploporenkalke noch auf dem Kythaerongipfel ermittelt. Neuerdings ist es mir nun gelungen, in den mächtigen Kalk- massen des Kythaeron auch ob ertriadis che bis rhätische Äquivalente nachzuweisen. Die westliche Fortsetzung des Kythaeronkammes wird durch das Tal von Hagios Vasilios in zwei Rücken gegliedert. Der suu- liche Rücken (nördlich der Bucht von Aegostliena) entsendet seinen letzten Ausläufer bis zum Cap Germano; der nördliche, der oro- graphisch die eigentliche Fortsetzung des Hauptkammes darstellt, endigt in der Bucht von Livadostro. Nördlich von diesem. Rücken legt sich noch ein weiterer niedrigerer Rücken an, der nach Norden zu zum Tal von Livadostro abfällt. In den Kalken des letzteren Rückens habe ich auf der Route von Livadostro nach Aegostliena (südöstlich von Livadostro) deutliche große Megalodontendurch- schnitte beobachtet. Dieselben Megalodontenkalke stehen auch an dem mittleren Rücken an, und zwar da, wo der Weg von Kapa- relion und Kokla nach Aegosthena den Kamm des Rückens nörd- lich vom Tal von Hagios Vasilios umgeht. Die Größe der Megalo- 1 Die obercarbonischen Schiefer und Grauwacken bilden hier den Süd- und Südwesthang des Beletsikammes und erstrecken sich von der Kronisa- quelle über die Sesioquelle und Hagia Triada bis etwa halbwegs zwischen den Kapellen H. Merkurios und H. Triada. In dieser Schieferzone finden sich mehrere Einlagerungen von schwarzen Kalken, die teils außerordentlich reich an Fusulinen und Schwagerinen (nebst Crinoiden), teils aber auch frei von diesen Foraminiferen sind. Unter den Schwagerinen fielen mir besonders große Exemplare der Schwagerina princeps Ehr. auf. Korallen der Gattung Lonsdaleici , die z. T. in Stöcken auftritt, sowie Einzel- kelche von Clisiophyllum und Cgathophyllum sind nicht gerade selten. Vereinzelt wurden an dem neuen Aufschluß auch Cephalopoden auf- gesammelt. Schon früher hatte ich von H. Triada selbst einen Para- legoceras beschrieben ( Paralegoceras [ Pericleites ] atticum Renz). In entgegengesetzter Richtung verläuft die Obercarbonzone mit ihren Fusulinen- und Schwagerinenkalkeinlagerungen von der Kronisaquelle nach Norden bis in die Gegend der Guritzaquelle. Das Obercarbonband umgibt daher den triadischen Beletsigipfel fast vollständig. Eine, weitere östlichere Obercarbonzone, gleichfalls mit Fusulinenkalklinsen, liegt zwischen Kiurka und der Karbatzakiquelle. Die Trias im östlichen Mittelgriechenland. 71 donten ist wechselnd; neben ganz großen Exemplaren wurden auch Durchschnitte von mittlerer Größe angetroffen. Ferner treten hier in den grauen , geschichteten , teilweise schon etwas kristallinen Kalken Gyroporellen auf. Bei einzelnen Exemplaren ist die Struktur noch gut erhalten und spricht für das Vorkommen der Gyroporella vesiculifera Gümbel. Die Blasen der Röhren sind jedenfalls deut- lich wahrnehmbar. Die an diesem Aufschluß aufgesammelten Megalodonten stammen aus den über den Gyroporellen-lialtigen Kalken liegenden Partien. Auf der Nordseite der Bucht von Aegostliena stehen graue Kalke an , die gleichfalls Kalkalgen enthalten , und zwar dürfte es sich hier, wie am Kythaerongipfel , um Diploporen handeln, doch ist die Erhaltung ungünstig; die kristalline Beschaffenheit der Röhren erschwert eine genaue Bestimmung. Weiter oben am Berghang kommen auch Korallen führende Partien vor, in denen mir besonders Thecosmilien ( Thecosmilia fenestrata Reuss) auffielen. Die Diploporenkalke sind bis jetzt die ältesten paläontologiscli festgestellten Triasbildungen des Kythaeron, es sei denn, daß rote Kalke mit spärlichen Ammoniten , die zwischen Aegosthena und Vilia, bei H. Joannis zusammen mit weicheren Gesteinen unter den Breccienkalken des Kythaeron-Siidhanges aufgeschlossen sind, even- tuell triadisches Alter besitzen. Habituell ähneln sie den Bulogkalken Hydras. Solange jedoch keine bestimmbaren Ammoniten vorliegen, muß ihre stratigraphische Stellung unentschieden bleiben. Im Beletsi — Parnesmassiv, in dem die Diploporenkalke eine bedeutende Verbreitung besitzen, sind bis jetzt die obertriadischen Megalodonten- und Gyroporellenkalke des Kythaeron noch nicht nachgewiesen. Doch ist auch hier ihr Vorkommen wahrscheinlich, da ja auch jüngere Gebirgsglieder in Attika bekannt sind, wie jurassische Serpentine und Hornsteine , fossilführende Unter- 1 und Oberkreide. Die oben beschriebenen, im wesentlichen obertriadischen Kalk- massen des westlichen Kythaerongebirges finden ihre Fortsetzung im Korombiligebirge. Auch hier treten in den grauen Kalken Megalodonten auf, so zwischen Korombiligipfel und Livadostro (Hagios Nikolaos) , sowie an den Berghängen zwischen dem Dorf Xironomi und der Chaussee Dombrena — Theben. Die Megalodonten- 1 Es sei hierbei noch erwähnt, daß ich in der Argolis, und zwar in einer langgestreckten Gesteinszone, Lygurio-Kremos-Tal von Alt-Epidauros ebenfalls Unterkreide angetroffen habe. Es handelt sich um dunkle tonige Urgonkalke mit Toucasia carinata Orb. Neuerdings habe ich in diesen argolischen Urgonbildungen noch Gastropoden aufgesammelt, die mit Harpcigodes aff. Pelagi Brongn.. der auch in Attika vorkommt, identi- fiziert werden können. Die Urgon- Ablagerungen Attikas und der Argolis zeigen jedenfalls dieselbe Entwicklung. Vergl. dies. Centralbl. 1911. p. 732—736. 72 C. Renz, kalke sind dort grau und ziemlich massig, jedoch immerhin noch geschichtet. Auf dem Wege von der Kalzakiquelle, nördlich unter- halb des Korombiligipfels , zu der zwischen Korombiligipfel und Xironomi gelegenen Hochmulde, wurde gleichfalls ein loses Stück grauen Kalkes mit mittelgroßen Megalodonten aufgesammelt. Bei den zwischen Korombili und Livadostro beobachteten Megalodonten handelt es sich hingegen um sehr stattliche Exemplare. In den grauen Triaskalken zwischen Xironomi und der eben erwähnten Straße konnten außerdem (westlich Xironomi) spärliche Korallenreste, meist von Spongiomorphiden herrührend, beobachtet werden. Sicher bestimmbar sind Exemplare von Spongiomorpha acy- clica Frech, deren Gerüst vollständig mit dem der alpinen Original- exemplare übereinstimmt. Sp. acyclica ist eine bezeichnende Art der alpinen Zlambachschichten und spricht demnach für Äquivalente der obernorischen Zone. Die Kalkmassen des Korombili bilden daher jedenfalls die gleichartige , wenn auch durch den Quer- graben des Golfs von Livadostro unterbrochene Fortsetzung des westlichen Kythaeron. Kalke von genau demselben Habitus herrschen weiterhin bis Dombrena und bilden ferner, soweit ich bis jetzt gesehen habe, die Hauptmasse des Helikon von Zagora. Bisweilen werden diese meist weißgrauen Kalke ziemlich kristallin. Sie besitzen in petrographischer Hinsicht große Ähnlichkeit mit den mittel- triadischen Kalken des Parnes, erinnern aber auch ebensosehr an die obertriadischen oder rhätischen Kalkmassen der ionischen Zone. Sowohl im Kythaeron , wie im Helikon treten dolomitische Partien von meist weißer Färbung auf, so im Helikon zwischen Hagios Georgios (östlich Kukura) und der Lakka — Pulja. Die Fossil- führung der Kalke des Helikon läßt sehr zu wünschen übrig. Zwischen Lakka — Pulja und dem westlichen Paralleltal von Maka- riotissa (am Wege von Kukura nach Makariotissa) wurden einige schlecht erhaltene Megalodontendurchschnitte beobachtet, ebenso in losen Brocken beim Kloster Makariotissa, während unterhalb von letzterem Kloster die weißgrauen , schon recht kristallinen Kalke undeutliche und daher fragliche Gyroporellen führen. Die Grundrichtung des Streichens verläuft im allgemeinen in den eben genannten Gebirgen , wie schon Bittner angibt , von West nach Ost, doch wurden im Helikon von Zagora auch öst- liche und westliche Einfallrichtungen beobachtet. Im Helikon wurde sonst noch gemessen N 60 West bis W — 0; im Korombili- gebirge N 40 — -50 West und im Kythaeron W — 0, N 30 West bis N 30 Ost (obs.). Die Struktur des Gebirges ist besonders am Korombili gut wahrnehmbar. Jener Gipfel scheint, von weitem gesehen, wie das Bittner auch auf seiner Karte verzeichnet hat, eine Aufwölbung zu bilden. In der Nähe erkennt man jedoch, daß sich die ge- Die Trias im östlichen Mittelgriechenland. 73 schichteten Kalke des Gipfels beiderseits im Norden und Süden in Flexuren abwärts biegen1. Durch die Abbrüche im Osten und Westen des Gipfelkammes tritt diese Erscheinung noch klarer her- vor. Besonders von der Kalzakiquelle aus (im Norden des Haupt- gipfels) erscheint das tektonische Bild in voller Deutlichkeit. Die vorherrschende west-östliche Streichrichtung dieses Ge- birgsabschnittes dürfte daher vielfach auch von der Bruchbildung herrühren. Die Abhängigkeit der Berg-, Tal- und Küstenformen von den das Land in vorwiegend west-östlicher Richtung durchschneiden- den jungen Bruchsystemen ist bereits oben dargelegt worden. Die von meinen Vorgängern in der geologischen Untersuchung Griechenlands vorgenommene Zusammenfassung sämtlicher Kalke, Hornsteine und Schiefer als jüngere Kreide machte die Erkenntnis des Aufbaues der mittelgriechischen Hochgebirge unmöglich. Nach- dem ich nun Jura und Trias überall in weiter Verbreitung und jüngeres Paläozoicum im ägäischen Küstengebiet mit Sicherheit nachgewiesen habe, bot der Aufbau der griechischen Hochgebirge überall neue Probleme. Lassen sich nun die geradlinigen , vertikalen Bruchsysteme auch in den sich westlich an den Korombili und Helikon an- schließenden Hochgebirgen nachweisen ? Oder löst hier , wie in einem westlicheren Gebirgsab schnitt , in der Olonos — Pindoszone, das Auftreten größerer Überschiebungsdecken das Rätsel des tek- tonischen Aufbaues? Parnaß und K i o n a stellen nach den bisherigen Unter- suchungen gleichfalls Schollen- und Flexurgebirge dar. Die Kalke des Parnassischen Hochmassivs dürften nach meinen Untersuchungen in der Hauptsache der Obertrias angehören. Parnaßgipfel und die sich zwischen ihm und dem Gerontovrachos ausbreitende Karst- hochfläche bestehen aus grauen, meist geschichteten Korallenkalken (mit Thecosmilia clathrata Emmr., Thamnastraea rectilamellosa Winkler, Margarosmilia cyatkophylloides Frech, Chaetetes spec., Pinacophyllum Pegasi Renz aff. parallelum , Montlivältia marmorea Frech, M. gosa- viensis Frech etc.), die auch untergeordnet Gyroporellen enthalten. Die von mir aufgesammelten Arten sprechen für rhätische oder obertriadische Kalke im allgemeinen. Megalodonten wurden am Parnaß nicht gefunden. Am Süd- wie am Nordhang des Parnaß- massivs lagern sich dann Kreideschollen an. 1 Meine weitere und genauere Kenntnis der tektonischen Verhältnisse Griechenlands veranlaßt mich, auch meine frühere Anschauung über eine jungpliocäne Faltung in der ionischen Zone zu revidieren. Die pliocäne Faltung, z. B. auf Corfu und in Akarnanien, auf die ich früher einmal hingewiesen habe, erscheint mir nach neueren Untersuchungen nicht mehr sicher. Die Schichtenbiegungen des Neogens, die darauf hinzudeuten schienen, dürften lediglich auf Flexuren als Begleiterscheinungen der jung- tertiären bis quartären Bruchperiode beruhen. 74 C. Renz, Soweit ich bis jetzt übersehen kann, wobei ich mich natürlich hauptsächlich an die Beschreibung- Bittner’s halten muß, besteht der zwischen dem Helikon von Zagora und dem Parnaßmassiv gelegene Hauptzug des Helikon, der Zug des Palaeovuno, vorwiegend aus Kreidegesteinen. Schlechtes Wetter vereitelte leider die projektierte Besteigung des Palaeovunogipfels. Die tektonische Linie Kakosi — Kukura — Steveniku — Hagios Georgios dürfte hier eine stratigraphisch hervorragende Grenzscheide bilden, die die Triasmassen des Helikon von Zagora von den cretaci- schen Bildungen des Palaeovuno trennt. Die Grenze verläuft etwas östlich von Kukura bei der Kapelle Hagios Georgios vorüber, bei der noch Rudistenkalke und die sie begleitenden Schiefergesteine an- stelien. In der Bruchzone selbst treten bei Kakosi, sowie auch in der Umgebung von Dombrena rote, sehr harte Knollenkalke auf, die in habitueller Hinsicht den oberliassischen roten Knollenkalken der Argolis und der ionischen Zone sehr ähnlich sind, aber bis jetzt noch keine Ammoniten geliefert haben. Jurassisch sind wohl auch die Serpentine, von denen sich Schollen und kleinere Reste so- wohl in der Umgebung von Dombrena, wie am Talausgang bei Dorf H. Georgios finden. Auch an den beiderseitigen Tal wänden bei Livadostro — das Tal entspricht jedenfalls einem den Golf von Livadostro verlängernden Grabenbruch zwischen Kythaeron und Korombili — haben sich Reste von Serpentin erhalten, ebenso an den Steilhängen der Küste im Nord westen des Korombili. Die Kreidegesteine des Palaeovuno schließen sich in ihrer faziellen Ausbildung allem Anschein nach den kretazischen Ab- lagerungen von Delphi — Arachowa und denen des Kionagebirgs- stockes an. Während, wie gesagt, das Parnaßmassiv im wesentlichen triadisch ist , gehört das Kionamassiv und die Hauptmasse des Katavotliragebirges (Oeta) der Kreide an . Zwischen den Kreidegesteinen der Kiona und der Katavotlira erhebt sich jedoch im südöstlichen Teile des Oetastockes der lang- gestreckte, etwa Nord-Süd orientierte Triashorst des Xerovuni. Auf die übrigen mesozoischen Bildungen zwischen den beiden Hocligebirgsstöcken habe ich hier nicht näher einzugehen. Wichtig für die weitere Betrachtung ist besonders die Ausbildung der Trias des Xerovuniliorstes , da die außerordentlich weitverbreiteten tria- dischen Kalkmassen der lokrisclien oder atalantischen Gebirge die gleiche Entwicklung auf weisen. Schon im vergangenen Jahre (1910) hatte ich den Triashorst des Xerovuni auf dem Wege von Braulo über Hagia Triada nach Mavrolithari überquert, und zwar die zwischen Hagia Triada und der Kanalakiquelle (Hagios Taxiarchis) gelegene Partie. Als älteste fossilführende Bildung der triadischen Kalkmassen hatte ich Cas- Die Trias im östlichen Mittelgriechenland. 75 sianer Äquivalente, d. h. graue Kalke mit Margarosmilia Zieteni Kl. nachgewiesen \ Es wäre allerdings nicht ausgeschlossen , daß Margarosmilia Zieteni Kl. in Griechenland auch noch etwas höher hinaufgeht und zusammen mit den hier häufigen obertriadischen Korallen lebte. Eine sehr nahe verwandte Art, Margarosmilia cgathophglloides Frech, kommt noch in den Zlambachschichten der Alpen vor und wurde ferner von mir auch in den obertriadischen Kalken des Parnaß auf gefunden. Die Obertrias wird gleichfalls durch Korallenkalke mit Theco- smilien, Cladopliyllien, Chaetetiden und Spongiomorpliiden gekenn- zeichnet , unter denen besonders die letzteren häufig sind. Die Obertrias ließ sich nicht weiter horizontieren ; ihre Existenz konnte jedoch außerdem durch Gyroporellen ( Gyroporella vesiculifera Gümbel) und Megalodonten festgestellt werden 1. Vor kurzem kreuzte ich, begleitet von Herrn Prof. Frech, an- läßlich einer Untersuchung des Kionagebirges noch mehrmals den Triashorst des Xerovuni, wobei wir auch noch rhätische Äquivalente, d. h. graue Brachiopodenkalke in karpathischer Fazies antrafen. Schon früher hatte ich allerdings rhätische Korallenkalke im Parnaß und weitverbreitete rhätische Kalkmassen auf den Ionischen Inseln und im westlichen Griechenland festgestellt , . und zwar in den sogen. Dachsteinkalken (Pantokratorkalken) der ionischen Zone2. Die in diesen obertriadischen Kalkmassen der ionischen Zone manchmal angetroffenen Megalodontendurclischnitte lassen sich für genauere Horizontbestimmungen nicht verwenden. Von den ebenfalls spärlich vorhandenen Korallen (meist Thecos- 1 Carl Renz, Neue geologische Forschungen in Griechenland. Dies. Centralbl. 1911. No. 8 p. 255—261 und No. 9 p. 289—298. 2 Dieselbe Kalkentwicklung (mit Megalodonten, Thecosmilien etc.) besitzt ferner in der Argolis eine weite geographische Verbreitung und wurde inzwischen auch an der Basis der zentralpeloponnesischen „Tri- politzakalke“ Philippson’s nachgewiesen (dies. Centralbl. 1911. p. 293). Nach meinen in den letzten Jahren angestellten Untersuchungen sind die unteren hellen Partien der Tripolitzakalkmassen Äquivalente der ionischen Dachsteinkalke, wobei allerdings noch nicht feststeht, ob die beiderseitige stratigraphische Ausdehnung dieselbe ist. Die obertriadischen Anteile sind jedenfalls im Zentralpeloponnes nachgewiesen. Es läßt sich aus der PHiLippsoN’schen geologischen Karte des Peloponnes und der zugehörigen Beschreibung unschwer herauslesen, wo nun überall im zentralen und östlichen Peloponnes die Dachsteinkalke ungefähr zu erwarten sind. Im Artemisiongebirge , d. h. also wohl im arkadisch-argolischen Grenz- gebirge im allgemeinen , lagern ähnliche lichte mesozoische Kalke als Decke auf dem Flysch und den diesen Flysch unterlagernden schwarzen Nummuliten -Rudistenkalken. Bezüglich der Verbreitung der ionischen Dachsteinkalkentwicklung in der Argolis verweise ich auf meine früheren Abhandlungen. Auch die Kalke des Burgberges von Argos dürften übrigens 76 C. Renz, milien und Tliamnastraeen) weist eine auf der Antinioti-Halbinsel (Hagia Katharina) auf Korfu aufgesammelte Stylophyllopsis caespitosa Frech auf obertriadisclien Dachsteinkalk hin. Ein auf den Höhen des Megan Oros (bei Exantliia) auf Leukas aufgefundener Stock von Phyllocoenia clecussata Reuss, also einer der häufigeren Zlam- bachkorallen, spricht für eine Vertretung von kalkigen Äquivalenten dieser obernorischen Bildungen. Eine weite Verbreitung besitzen hingegen die Gyroporellen. Sie weisen jedoch meist eine ungünstig erhaltene Struktur auf, so daß nur bisweilen typische Exemplare der Gyroporella vesiculifera Gümbel. ausgeschieden werden konnten. Ich will hier- bei nicht unerwähnt lassen, daß in Italien (Gran Sasso , Monte Gargano) ähnliche Kalkmassen mit Gyroporellen auftreten, die hier als Gyroporella triasina Schaur. zitiert und als rhätisch angesehen werden. In den Dachsteinkalken der ionischen Zone (und der Argolis) sind , da sie bis in den Lias hineinreichen , selbstver- ständlich auch rhätisclie Anteile enthalten und manche der helleni- schen Gyroporellenkalke mögen wohl auch mit den rhätischen Gyroporellenkalken Italiens ident sein. Jedenfalls weist die Entr Wicklung des Lias, des Rhäts und der Obertrias der ionischen Zone und der Apenninenlialbinsel viele gemeinsame Züge auf. Immerhin ist es interessant, daß das Rhät im Triashorst des Xerovuni (Oetagebirge) nunmehr auch in karpathischer Fazies durch einwandfreie paläontologische Beweise festgestellt werden konnte. Die Vardussia besteht nach meinen schon im Herbst 1910 vorgenommenen Untersuchungen vorzugsweise aus Kreidegesteinen, unter denen die Rudistenkalke, wie gewöhnlich , eine große Rolle spielen. Die Kreidegesteine der Vardussia sind zu einer steil- gestellten, nach Westen übergeneigten Falte aufgeworfen. Die Trias tritt auf den Gipfelhöhen der Vardussia (H. Ilias) als schmale, engbegrenzte Zone hervor. Es handelt sich auch hier wieder um die grauen Kalke der Obertrias mit Gyroporellen, Spongiomorphiden (u. a. Spongiomorplia (Heptastylopsis) gibbosa Frech) und Stylophyllopsis Mojsvari Frech, von denen die letzteren Arten für Äquivalente der Zlambachschichten sprechen würden. Habituell ähneln die Korallenkalke der Vardussia sehr den grauen Kalken des Donnerkogels. hierher gehören. Ferner treten auf dem der Argolis vorgelagerten Hydra obertriadische graue Kalke auf, die das nordöstliche Drittel der Insel ein- nehmen. In den hydriotischen Kalken habe ich gleichfalls Zlambachkorallen angetroffen, wie Thecosmilia fenestrata Reuss, Thecosmilia norica Frech, Th. Oppeli Reuss, Goccophyllum acantophorum Frech, Spongiomorplia acyclica Frech, Stylophyllopsis Mojsvari Frech. Die obertriadischen und wohl auch noch rhätischen Kalkmassen Hydras weichen aber in der Färbung von den gleichalten Kalken der Argolis ab , die ihrerseits , wie schon er- wähnt, den ionischen Habitus aufweisen. Die Trias im östlichen Mittelgriechenland. 77 Nachdem ich somit einen Überblick über den südlich vom Kopaisgraben gelegenen Gebirgsabschnitt gewonnen hatte, begann ich nunmehr ancli mit der geologischen Aufnahme der lokrischen Gebirge, d. h. des Keilhorstes zwischen Kopaisgraben und euboe- ischem Graben. Die gleichen Kalke , die den Triashorst des Xerovuni zusammensetzen, nehmen in gleicher fazieller, petro- graphischer und faunistischer Entwicklung einen großen An- teil am Aufbau der lokrischen Gebirge oder Gebirge von Atalanti. Sie bilden die Hauptmasse des dem Xerovuni- horst zunächst gelegenen Saromatagebirges und wohl zweifel- los auch die kleineren , teilweise zu einem schmalen Band zu- sammengeschrumpften Kalkmassen, die zu den Gebirgen des Chlo- mos hinüberleiten. Die mächtigen Kalk- und Dolomitmassen des Clilomos gehören ebenfalls der Trias an ; sie endigen mit dem Absturz des Aetolim as zum euboeischen Graben. In der epikne- midischen Küstenkette, d. h. in den Gebirgen von Karya, Agnandi (Spartias) und Golem i (ebenfalls Xerovuni genannt), treten unter den das Grundgebirge vielfach verhüllenden Neogen- konglomeraten inselartig gleichalte und auch faziell idente Kalk- schollen hervor. Das Saromatagebirge habe ich auf der Route von Braulo über Glunista, Dernitza nach Budonitza kennen gelernt. Die Hauptmasse des Gebirges besteht aus Triaskalken und einem auf der Nordseite darunter hervorkommenden weißgrauen Dolomit. Die Kalke des Gebirges zwischen Braulo und Glunista zeigen eine dunkle (schwarze und schwarzgraue) Färbung und deutliche Schichtung. Sie sind teils in dünneren, teils in dickeren Bänken abgesondert. Von Fossilien wurden in reicher Menge Spongiomorphiden er- mittelt, während die übrigen Korallen der hellenischen Obertrias seltener sind. Diese dunklen Spongiomorpliidenkalke erlangen in der gleichen Entwicklung nicht nur im Saromatagebirge , sondern auch in den ganzen übrigen lokrischen Gebirgen eine weite horizontale Aus- dehnung. Die häufigste und in den Triaskalken des lokrischen Gebirgs- landes stets wiederkehrende Koralle ist eine mit Spongiomorpha (Heptastylopsis)ram osa Frech außerordentlich nahe verwandte, teil- weise wohl sogar idente Art. Spongiomorpha (Heptastylopsis) ramosa ist eine bezeichnende Spezies der obernorischen alpinen Zlambachschichten. In Griechenland bilden die Schichten mit dieser Spongiomorpha infolge ihrer weiten geographischen Ver- breitung einen äußerst wichtigen Leithorizont der Obertrias. Die Spongiomorphiden kommen teilweise auch zusammen mit den Megalo- donten vor. Die Station Braulo liegt noch auf dem mächtigen quartären Schuttkegel, der das obere Mavronerotal zwischen Gravia und 78 C. Renz, Braulo erfüllt. Der Fuß des Saromatagebirges zwischen Braulo, Glunista und Dernitza wird teils von zusammengebackenem Ge- hängeschutt, teils von Neogenkonglomeraten umsäumt. Zwischen Dernitza und Budonitza überschreitet der Weg die Kammhöhe des Saromatagebirges. Oberhalb Dernitza treten unter den Konglomeraten Serpentin, rote Hornsteine und flyschartige Gesteine hervor, d. li. Gesteine, die die westliche Fortsetzung des Grünsteinlandes um den Fondanafelsen bilden. Das Streichen ist im allgemeinen ein westöstliches, das Fallen wechselnd. Nach Überquerung dieses schmalen Streifens weicherer Ge- steine beginnen die Triaskalke. Die grauen oder dunkelgrauen Kalke enthalten beim Anstieg von Dernitza aus zunächst mittel- große und große Megalodonten, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen, obwohl sie nur unvollkommen ausgewittert oder nur in Durchschnitten erhalten sind. Eines der ausgewitterten Stücke meiner Sammlung dürfte, den bloßgelegten Umrissen nach zu urteilen, vielleicht von Megalodus ampezzanus Hoernes herriihren. Nachdem man etwa 1U Stunde in diesen Kalken aufwärts gestiegen ist, erscheint nochmals bei der Quelle Janula-Vrysi ein Rest wohl eingebrochenen Serpentins und roten Hornsteins. Schon vorher wurden in den grauschwarzen Kalken wieder Spongio- morphiden (Spongiomorpha aff. ramosa) , sowie Cladophyllien und Thecosmilien beobachtet. In einem losen Stück glaubte icli auch Gyroporellen erkennen zu können. Diese Kalke setzen den ganzen Kamm zusammen. Das obs. Streichen ist N 60 West, bei einem Einfallen von etwa 45° nach Süd. Der Weg führt jenseits der Paßhöhe in einem bewaldeten Tal abwärts. Der teils dünner, teils dicker geschichtete Kalk ist meist mit Gehängeschutt überdeckt, so daß der Kontakt mit dem weiter unten in der Schlucht augenscheinlich darunter hervortretenden Dolomit nicht deutlich aufgeschlossen ist. Es sei noch erwähnt, daß beim Abstieg in den schwarzen Kalken eine Lage angetroffen wurde, die vollständig aus großen , weißen , parallel übereinander ge- schichteten Muschelschalen besteht. Auch sonst enthält der schwarze Kalk zahlreiche Fossiltrümmer , darunter Durchschnitte kleiner Brachiopoden und Megalodonten. Weiterhin führt der Weg bis vor Budonitza in den grau- weißen, teilweise zu Asche zerfallenen Dolomiten, die in den Gebirgen um Budonitza eine große Verbreitung erlangen. Da die gleichen Dolomite auf der Südseite des Chlomosmassivs von den- selben im wesentlichen obertriadischen Kalken überlagert werden, so dürften die ersteren wohl älter und vielleicht zum Teil schon mitteltriadiscli sein. Es ist natürlich in diesen Schollengebirgen immer etwas gewagt , die Altersbestimmung auf die Lagerungs- verhältnisse zu basieren. In den Schuttmassen beim Ausgang der Talschlucht vor Die Trias im östlichen Mittelgriechenland. 79 Budonitza fanden sich massenhaft Gerolle mit den überall reichlich vertretenen Spongiomorphiden (Spongiomorpha aff. ramosa). Die Streich- und Einfallrichtung bleibt auch jenseits des Passes die- selbe; das Saromatagebirge besteht demnach aus einer mächtigen nach Südsüdwest geneigten längsgerichteten Gebirgsscholle , die, soweit ich es überblicken konnte, aus denselben obertriadischen Kalken und tieferen Dolomiten zusammengesetzt ist, die beim Paß- übergang zwischen Dernitza und Budonitza angetroffen wurden. In dem Verbindungsstück mit dem weiter südöstlich gelegenen, gleichfalls triadischen Chlomosstoek, herrschen mächtige Serpentin- massen. Da, wo ich den Serpentin oberhalb Dernitza überquert habe, scheint er auf den ersten Blick unter den Triaskalken zu liegen , wie das auch Bittner annahm. Bei genauerer Unter- suchung dürfte es sich jedoch heraussteilen, daß der Serpentin gegen den triadischen Kalk in der Richtung gegen den Kopais- graben zu abgesunken ist und wohl ebenso, wie der Serpentin zwischen Mavrolithari — Guritza und dem triadischen Xerovunihorst jurassisches Alter besitzt. Nach der Karte Bittner’s setzen sich die Triaskalke des Saromatagebirges in einem zum Teil nur sehr schmalen Band bis zum Chlomos fort. Die Hauptmasse des Chlomosstockes mit dem Haupt- gipfel Hagios Ilias besteht aus denselben weißgrauen Dolomiten, die auch die Höhen bei Budonitza zusammensetzen. Der ganze Habitus des Gesteins ist in beiden Gegenden derselbe, vielfach zerfallen hier die Dolomite zu einer weißen Asche. Die weißen Schutthalden des Gebirges sind schon von weitem sichtbar. Es handelt sich natürlich , wie überall in der griechischen Trias, nicht um reine Dolomite , sondern um dolomitische Kalke mit schwankender Beimischung von Magnesiumcarbonat. An einem Punkt des- Chlomosmassivs wurden oolithische Partien beobachtet; öfters weisen die Dolomite eine eigenartige Streifung auf. Ebenso ist auch das Streichen im Saromata- und im Chlomosgebirge das gleiche (obs. Streichen N 60 bis 50 West, Fallen nach SSW). Die Dolomite besitzen scheinbar eine große Mächtigkeit, doch dürften infolge von Staffelbrüchen Schichtenwiederholungen Vor- kommen. Am Südabhang des Chlomosstockes gegen das breite Längstal von Exarchos zu wird der Dolomit von gleichsinnig fallenden schwarzen Kalken überlagert. Zwischen die meist ziemlich dünn geschichteten Lagen der schwarzen Kalke schieben sich massigere Bänke ein , auf deren Oberfläche sehr deutliche Megalodonten- durchschnitte ausgewittert sind. Es handelt sich um mittelgroße Formen. Ferner wurden in den schwarzen Kalken noch zahl- reiche kleine Fossilien , besonders auch kleine Gastropoden be- obachtet, ebenso fanden sich wieder Schichten mit den parallel 80 C. Renz, auf einanderliegenden großen Muschelschalen , wie sie schon im Profildurchschnitt Dernitza — Budonitza bemerkt wurden. Die Megalodontenvorkommen liegen etwa auf halber Höhe des Hanges, während weiter unten am Nordrand des Exarchos- tales wieder die geschichteten schwarzen Spongiomorphidenkalke mit Spongiomorpha aff. ramosa anstehen. Die Struktur der Spongio- morphiden ist hier sehr deutlich und eröffnet günstige Aussichten für eine spätere paläontologische Bearbeitung dieser weitverbreiteten Triasfossilien. Daß es sich hier um eine für die Stratigraphie der griechischen Trias wichtige Gattung handelt, ergibt sich ohne weiteres aus der weiten geographischen Verbreitung dieser dunklen Spongiomorphidenkalke, deren triadisches Alter — abgesehen von der Identität oder nahen Verwandtschaft der in der Regel vor- liegenden Sp. aff. ramosa mit einer typischen Zlambachform — auch noch durch ihren Zusammenhang mit den für die Trias leitenden Megalodonten-, Gyroporellen- und sonstigen Korallenkalken zweifellos feststelit. Daß an den Nordabhängen des Exarchostales die Megalo- dontenkalke , ungefähr auf halber Höhe , die Spongiomorphiden- kalke aber am Fuße des Abhanges angetroffen wurden , läßt auf Längsverwerfungen innerhalb der Triasmassen schließen. Diese Erscheinung zeigt sich auch bei den die Trias überlagernden weicheren Gesteinsmassen, die das Exarchostal erfüllen. Es handelt sich hier um Serpentine und die sie begleitenden meist rot oder rotgelb gefärbten Kieselgesteine, bezw. Schiefer. Daß diese Masse weicherer Gesteine hier die Kalkmassen der Trias überlagert, ist zweifellos , doch scheinen in der Grenzzone Verwerfungen auf- zutreten. Der leichten Zerstörung und Erodierbarkeit dieser weichen Gesteine verdankt das Exarchostal wohl in erster Linie seine Entstehung. Die Frage, ob hier die dunklen Kalkmassen der Obertrias in gleicher Weise wie die Dachsteinkalke der ionischen Zone und der Argolis in den Lias hinaufreichen, ist noch unentschieden. Auf der Südseite des Exarchostales , in dem das Unter- grundgestein vielfach durch Schwemmland überdeckt wird , stehen über den Gesteinen der Schiefer-Hornsteingruppe und den Serpen- tinen graue Rudistenkalke an. Die Rudistenkalke bilden die das Exarchostal im Süden begrenzenden Höhen. Interessant ist die Grenzzone zwischen Rudistenkalk und der unterlagernden Schiefer-Hornsteingruppe. An der Basis der Rudistenkalke stellen sich geschichtete, knollige und tonige Partien ein, aus denen sich große wohlerhaltene Stücke von Radioliten, Hippuriten etc. heraus- lösen lassen. Petrographisch und faunistisch absolut dieselben Bildungen kehren am Keratovuni bei Livadia wieder. Die Rudisten- kalke streichen N 50 West und fallen 20 — 30° nach Südwest. Da sich die Streich- und Fallrichtung stets gleich bleiben,, so kann Die Trias im östlichen Mittelgriechenland. 81 zwischen Rudistenkalk und den Gesteinen der tieferen Schiefer- hornsteingruppe keine Diskordanz vorhanden sein. Es wurde auch keine zwischengeschaltete Konglomeratbildung beobachtet, doch sprechen die Verhältnisse an Ort und Stelle dafür , daß es sich jedenfalls um eine scharf ausgeprägte Grenze oder wahr- scheinlich sogar um eine Erosionsdiskordanz bei konkordanter Lagerung handelt. Genau dieselben stratigraphischen und faziellen Verhältnisse herrschen im hohen Othrys 1, so in der Umgebung von Limogardi und Longitsi. In einem westlicheren Gebirgsabschnitt des hohen Othrys ändern sich die lithologischen Verhältnisse einigermaßen. Bei Hagia Marina (am Giusi) treten unter den grauen Rudisten - kalken Konglomerate aus rotem Hornstein, Serpentin und grauem Kalk mit zwischengelagerten flysch artigen, graugrünen Sandsteinen und Schiefern auf, die dieselben großen Rudisten, wie die knolligen Bildungen an der Basis des Rudistenkalkes bei Exarchos enthalten. Am Giusi selbst folgen über flyschartigen Schiefern Konglomerate mit Rudisten und hierüber der eigentliche graue Rudistenkalk des Kokkali-Bergrückens. Diese Konglomerate enthalten reichlich Brocken mit Triaskorallen (Thamnastraea rectilamellosa Winkl., PhyUocoenia grandissima Frech, Ph. decussata Reuss., Spongio- morpha spec.). Da den knolligen Rudistenkalken an den klaren Aufschlüssen bei Exarchos keine Diskordanz voranging, so handelt es sich wohl auch im Othrys nur um Erosionsdiskordanzen bei konkordanter Lagerung. An der Kiona tritt in dem deutlichen Profil des Diaselo- joches innerhalb der mächtig entwickelten Kreidebildungen gleich- falls eine Konglomerateinschaltung auf, in der wiederum rote Kalk- brocken mit obertriadischen Korallen ( Thamnastraea rectilamellosa Winkl. , Montlivaltia spec.) Vorkommen. Diese Konglomerate des Diaselojoches sind bei konkordanter Lagerung der ganzen Schichtenfolge durch eine deutliche Erosionsdiskordanz von den «ie unterlagernden roten Schiefertonen geschieden und gehen nach oben in flyschartige Sandsteine über, über denen dann grauer Rudistenkalk folgt. Es handelt sich am Diaselo-Joch um zwischengelagerte Brandungskonglomerate (Intraformational-Conglomerates) , die auf eine tektonische Hebung und Senkung des Landes hinweisen. Die Lagerungsverhältnisse in der Kiona zeigen daher ebenso, wie die guten Aufschlüsse bei Exarchos, daß im östlichen Mittel- griechenland innerhalb der Kreide- und Juraepoche keine tekto- nischen Diskordanzen und Faltungsbewegungen Vorkommen und lassen gleiche Schlüsse für den Othrys zu. 1 CArl Renz, Stratigraphische Untersuchungen im griechischen Mesozoicum und Paläozoicum. Jahrb. der österr. geol. R.-A. 1910. 60. p. 538—542. Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 6 82 0: Renz, Meine weiteren Beobachtungen in dem Kreidegebiet südlich des Exarchostales haben noch ergeben, daß der Mavrovuno, ein paralleler Höhenzug zu den Höhen im Süden des Exarchostales, gleichfalls aus Rudistenkalken besteht. Durch die Erosion des breiten Tales zwischen diesen beiden Höhenzügen wird auch noch- mals der tiefere Serpentin bloßgelegt. Zweifellos lagert somit der Serpentin und die ihn begleitenden Kiesel- und Schiefergesteine im Exarchostal und südlich hiervon zwischen Rudistenkalk und Obertrias. Diese weichere Schichtenserie ist demnach wohl in der Hauptsache jurassisch und zum Teil auch untercretacisch. In der Argolis sind die Grenzen noch enger zu ziehen, hier lagert der Serpentin zwischen dem von mir paläontologisch be- stimmten Oberlias und dem Kimmeridge. Ident mit den Serpentinen des Exarchostales und des südlicheren Paralleltales sind jedenfalls die schon erwähnten weitausgedehnten Serpentinvorkommen des Fondanagebirges. Welche stratigraphische Stellung die Serpentine bei Atalanti einnehmen, habe ich noch nicht untersuchen können, doch handelt es sich in Anbetracht der Schollenstruktur des Gebirges aus Wahrscheinlichkeitsgründen auch hier nur um gleichalte Vor? kommen und um eine gegen die Trias heruntergebrochene Scholle. Es wäre aber natürlich nicht ausgeschlossen, daß in Griechen- land, ebenso wie in Bosnien, auch triadische Serpentine Vorkommen, Die Triasgesteine des Chlomos ziehen nach Osten weiter und endigen am euboeischen Graben. Im Norden wird dieses langgestreckte lokrische Gebirge von den Südrändern eines weiten Neogenlandes eingesäumt. Mesozoische Gesteine treten hierin nochmals in den Gebirgen des Xerovuni, des Spartias und von Karya hervor (den Epiknemidischen Gebirgen der Alten). Der Zusammenhang der mesozoischen Gesteine ist hier jedoch durch das vielfach über- lagernde Neogenkonglomerat unterbrochen. Die Altersbestimmung der mesozoischen Sedimente wäre bei jeder der einzelnen von- einander losgelösten Gebirgsschollen für sich allein genommen nur schwer durchzuführen. Es handelt sich indessen um genau dieselben Kalke , Hornsteine , Schiefer und Serpentine , die auch den Saromata — Chlomoszug aufbauen. Durch den Vergleich mit den benachbarten, sicher definierten Ablagerungen konnte auch die Stratigraphie der z. T. von Neogen verhüllten mesozoischen Bildungen dieser Küstenkette in befriedigen- der Weise geklärt werden. Die Kalkmassen des Xerovuni , d. h. der Kalkzug nördlich Golemi, besteht aus den schwarzen, geschichteten Triaskalken, in denen gleichfalls die schon oft erwähnten Spongiomorpbiden (Spongiomorpha aff. ramosa) beobachtet wurden. Der aus dem Neogen aufragende Höhenzug südöstlich Agnandi gibt sich schon von weitem durch seine weiße Färbung als Dolomit Die Trias im östlichen Mittelgriechenland. 83 zu erkennen. Bei der Begehung bestätigte sicli diese Beobachtung aus der Ferne ; es handelt sich um denselben weißgrauen Dolomit, der auch den Clilomos aufbaut. Der Spartias setzt sich wieder vollkommen aus den geschichteten schwarzen Triaskalken zusammen. In der Schlucht westlich von Agnandi führen die schwarzen obertriadisclien Kalke reichlich Me- galodonten. Es liegen meist recht kleine Durchschnitte und Schalen- formen vor. Die auffallenden schwarzen Kalkpartien mit den parallel übereinanderliegenden Muschelschalen, die ich schon aus der Trias des Saromata- und Chlomosgebirges kannte, kehren hier gleich- falls wieder. Der Triasaufschluß ist in der Schlucht westlich von Agnandi im Verhältnis zur Ausdehnung der nördlich, wie südlich hiervon gelegenen Triaskalkmassen verhältnismäßig kurz, von West und Ost dringt das Neogen in diese Schlucht ein und schnürt an dieser Stelle die Kalkmasse des Spartias ein. Ebenso ist die Neogenbedeckung in der Umgebung von Karya dem Studium der älteren Gesteine sehr hinderlich. Östlich Karya erhebt sich eine Kalkkuppe , die aus den schwarzen, triadisclien Spongiomorphidenkalken ( Spongiomorphci aff. ramosa) besteht. In den gleichen Kalken kommen vereinzelt auch noch andere Korallen vor. Die wichtigsten Aufschlüsse wurden am Wege von Karya nach Hagios Konstantinos angetroffen. An den Hängen der Schlucht nördlich Karya stehen wiederum die schwarzgrauen Triaskalke an, allerdings handelt es sich nur um vielfach durch jüngere Gesteine unterbrochene Schollen , die staffelförmig gegen das Meer zu herabgebrochen sind. An mehreren Punkten fanden sich die schwarzen obertriadischen Spongiomor- phidenkalke. Besonders gute Exemplare der Spongiomorpha aff. ramosa mit deutlich erhaltener Struktur konnten auf der Ostseite oberhalb der Ausmündung der Schlucht aufgesammelt werden, und zwar etwa beim Ansatz des Rückens, der das Vorgebirge des Kaps Vromolimni, die Bergkuppe Guwali, mit dem rückwärtigen eigentlichen Gebirgskörper verbindet. Etwas östlich dieser obertriadischen Spongiomorphidenkalke liegt das Ikonostasion Hagios Ilias, während der verbindende Rücken Litharosirma genannt wird. Dieser Rücken wird von Serpentin und dem ihn begleitenden, hier untergeordneten Hornstein gebildet, während die Kuppe Guwali wieder aus Triaskalken besteht. In den Triaskalken des Guwali fanden sich ebenfalls Korallen (u. a. Thamnastraea aff. rectüamellosa und Spongioinorphiden). Am West- liang wird der Kalk zum Teil dolomitisch, den Südhang verkleiden dagegen gelbe und grüne plattige Kieselgesteine. Das gegenseitige stratigraphische Verhältnis dieser Hornsteine und Kalke ließ sich mit Rücksicht auf die schollenförmige Zer- 6* 84 C. Renz, Die Trias im östlichen Mittelgriechenland. Stückelung- des Gebirg-es ohne paläontologisclie Anhaltspunkte nicht entscheiden. Äußerlich ähneln diese kieseligen Gesteine außerordentlich den Halobien- und Daonellenschicliten der Argolis, der Insel Hydra und der Olonos-Pindoszone, doch blieb eifriges Suchen nach Fos- silien erfolglos. Petrographisch genau dieselben Bildungen finden sich auch am Triashorst des Xerovuni (westl. H. Triada) , sowie westlich von Makariotissa (im Helikon von Zagora). Die im Südosten von Litharosirma gelegene, zum Küstensaum schroff abstürzende Kalkkuppe Kotrona besteht aus denselben dunkeln Triaskalken, landeinwärts tritt auf dem Rücken zwischen den Kapellen H. Nestoros und H. Paraskewi roter Hornsteinfels unter dem Konglomerat hervor. Auch westlich der Karyaschlucht fällt das Kalkgebirge außer- ordentlich steil zu der schmalen Küstenebene ab. Unter dem Triaskalk scheint der Fernsicht nach an diesen iVbstürzen weißer Dolomit hervorzukommen. Trias und Jura weisen daher in dieser Küstenkette , d. li. dem Epiknemidischen Gebirge, wie in den lokrischen Gebirgen im allgemeinen, eine recht einförmige Entwicklung auf; immerhin ist aber die Möglichkeit gegeben, daß in dem verstürzten Schollenland der Küstenzone und überhaupt in dem ganzen Keilhorst zwischen Kopaisgraben und euboeischem Graben dereinst noch ältere und jüngere Schichtenglieder auf gefunden werden. Für eine erschöpfende geologische Darstellung und ein ab- schließendes Urteil der Stratigraphie und Tektonik der hier kurz skizzierten, weit ausgedehnten ostgriechischen Gebirge ist mein Routennetz naturgemäß noch lange nicht dicht genug. Meine hier im Auszug wiedergegebenen Forschungsberichte tragen not- wendigerweise den Charakter einer vorläufigen Erkundung der geologischen Verhältnisse. Ich beabsichtige jedoch, die Gebirge des östlichen Mittelgriechenlands noch weiter zu studieren und die jetzigen und künftigen Ergebnisse im Rahmen einer geologischen Gesamtdarstellung von Hellas und der nördlich angrenzenden türkischen Gebietsteile zu veröffentlichen. Die Übersicht meiner bisherigen Resultate zeigt jedoch, daß ich wiederum weite Flächen Ostgriechenlands, die früher für Kreide gehalten worden waren, der Trias und besonders der Obertrias zuweisen konnte. Die Hauptmasse der Kalke der lokrischen Gebirgszüge, des Helikon von Zagora und die Kalke des Korombiligebirges ge- hören der Obertrias (inkl. Rhät) und teilweise wohl auch der Mittel- trias an. Es handelt sich um die kalkige Ausbildung der Trias in Form gebankter grauer und dunkler Megalodontenkalke und gleich- falls geschichteter meist schwarzer Korallenkalke , in denen be- W. Kranz, Erwiderung an Herrn W. Branca. 85 sonders die Spong’iomorpliiden eine bedeutsame Entwicklung zeigen. In tieferem Niveau treten helle Dolomite auf. In den mächtigen Kalkmassen des Kythaeron, die ich schon früher aus der Kreide in die Mitteltrias stellte, konnten nunmehr auch obertriadisclie und wohl auch rhätische Äquivalente in der Ausbildung von Megalodonten- undGyroporellenkalken bezw. Korallen- kalken nachgewiesen werden. Diese jungtriadisehen Kalke setzen den Kythaeronkamm nach Westen fort und bilden auch jenseits der Livadostrobucht (sekundärer Quergraben) das Korombiligebirge. In den lokrischen Gebirgen herrscht bei einem sich gleich- bleibenden SSW-Einfallen, ebenso wie im Parnaß und in der Kiona, eine ausgesprochene Schollenstruktur. Schollenbildung und Flexuren spielen auch in der Tektonik des Helikon , des Korombili und Kythaeron eine wichtige Kolle. Diese Schollenstruktur der Gebirge erklärt sich ohne weiteres aus den schon in der Einleitung besprochenen leitenden Grund- zügen der tektonischen Entstehung und heutigen Begrenzung des ostgriechischen Festlandes. Die Vardussia, die bereits den Beginn des Überfaltungsbaues zeigt, vermittelt wohl den Übergang zu dem schon öfters charakteri- sierten Gebirgstypus der Olonos — Pindoszone. Nach meinen nun- mehr vorliegenden Untersuchungsergebnissen in den Gebirgen des östlichen Mittelgriechenlands dürfte die Wurzelregion der Pindos- decken nicht so weit von ihrem Stirnrand entfernt sein , wie ich früher vermutete. Athen, den 16. November 1911. Erwiderung an Herrn W. Branca. Von Hauptmann W. Kranz in Swinemünde. Die Beleuchtung meiner „abermaligen Angriffe“ durch Herrn W. Branca in dies. Centralbl. 1911. p. 356 ff. und 387 ff. ver- kennt in vielen Punkten in wiederum so persönlich gereizter Darstellung den Inhalt meiner Ausführungen 1 so vollkommen, daß ich eine sachliche Erledigung dieser Fragen einer Zeit über- lasse, in welcher festere stratigraphische Grundlagen mit Sicherheit erkennen lassen , ob hier nicht prävulkanische Spalten den Erup- tionen ihren Weg vorzeichneten. Mit aller Entschiedenheit verwahre ich mich aber gegen den 1 Trotz meiner ausdrücklichen Versicherung z. B., ich halte die Ab- hängigkeit zahlreicher Eruptionsstellen bei Urach von präexistierenden Spalten lediglich für eine Wahrscheinlichkeit, Vermutung, be- hauptet Branca abermals an vielen Stellen, ich hätte diese Abhängigkeit beweisen wollen. 86 J. Böhm, Literarische Bemerkung etc. Angriff, den Branca hierbei gegen meine ersten Ausführungen über mein Arbeitsgebiet im mittleren Vicentin 1 richtet. Hätte er die ersten Sätze dieser Arbeit gelesen , dann wäre ihm klar ge- worden, daß meine Angaben über die Tektonik dieses Landes nicht auf „bloßen Vermutungen“, sondern auf stratigraphischen Neuaufnahmen und Kartierung 1 : 25 000 beruhen2. Ich denke, eine festere Grundlage für die tektonische Beurteilung eines so fossilreichen Gebiets gibt es bis heute nicht. Und wenn mir Branca hierbei „Dogma“ vorwirft, so brauche ich nur auf meine tektonische Skizze (a. a. 0. zu p. 268) und auf den Abschnitt „I. B. Tektonik“ zu verweisen, aus welchem klar hervorgeht, daß ich an einzelnen Punkten des Gebiets nicht präexistierende, sondern p o st vulkanische Spalten feststellte, sowie einige Erup- tionskanäle, in deren nächster Nähe keinerlei tektonische Störung an der jetzigen Erdoberfläche nachweisbar und wahrscheinlich auch nicht vorhanden war3. Ich möchte Herrn Branca4 und anderen empfehlen, vor etwaigen weiteren Erörterungen die angekündigte Karte und genaue Darstellung der Geologie des Gebiets abzuwarten und meine Angaben dann an Ort und Stelle, sowie an Hand meiner stratigraphisch - paläontologischen Bestimmungen 5 nachzuprüfen. Ohne diese Grundlagen sind mir seine Einwürfe nicht maßgebend. Auf die Ausführungen des Herrn Branca und E. Fraas über meine Darstellung des Eiesproblems in dies. Centralbl. 1911. p. 450 ff. und p. 469 ff. werde ich binnen kurzem an anderer Stelle antworten6. Literarisch© Bemerkung über JPorocystis p runifo v mis Cragin. Von Joh. Böhm. Die von Cragin7 1893 als Bryozoe beschriebenen „kugligen bis eiförmigen Körper von der Größe einer Kirsche bis zu der 1 W. Kranz, Das Tertiär etc. im Vicentin. I. N. Jahrb. f. Min. etc. 1910. Beil.-Bd. XXIX. p. 180 ff. 2 Die Karte ist druckfertig, Verzögerung ihrer Herausgabe nicht meine Schuld 3 Vergl. auch W. Kranz, Über Vulkanismus und Tektonik. N. Jahrb. f. Min. etc. 1911. Beil.-Bd. XXXI. p. 717 und 719. 4 Vergl. Lachmann, dies. Centralbl. 1911. p. 683. 5 Das gesamte Fossilmaterial liegt im geologiseh-paläontologischen Museum der Universität München. e W. Krantz, Das Nördlinger Biesproblem. II. Jahresber. u. Mitteil, oberrhein. geol. Ver. 1912. I. Im Druck. 7 Cragin, A contribution to the invertebrate palaeontology of the Texas Cretaceous. 4th Ann. Rep. Geol. Surv. Texas. 1893. p. 165. Taf. 24. Fig. 2—6. E. Stromer, Funde fossiler Fische in dem tropischen Westafrika. 87 einer Gartenerdbeere“1 wurden jüngsthin von May M. Jarvis2 3 einer erneuten Darstellung unterzogen und für eine „gigantische ein- kainmerige Foraminifere“ erklärt. In dieser Schrift wird weder Hill’s 3 Deutungen des Fossils als Goniolina , Parkeria oder Arau- carte-Früchten , noch der eingehenden, von vorzüglichen Abbil- dungen begleiteten Darstellung, welche Rauff4 demselben widmete, Erwähnung getan. Jedoch bereits Mitte des vergangenen Jahr- hunderts hat Giebel5 dieselbe Versteinerung unter der Bezeichnung Siphonia globularis n. sp. in die paläontologische Literatur ein- geführt, so daß die von Rauff wohl mit Recht als Kalkalge ge- deuteten Körper nunmehr als Porocystis globularis Giebel sp. zu bezeichnen sind. Fund© fossiler Fische in dem tropischen Westafrika. Von a. o. Prof. Ernst Stromer, München. Fossilien, speziell Reste von Wirbeltieren aus dem tropischen West- und Zentralafrika gehören begreiflicherweise noch zu den größten Seltenheiten. Die ersten erwähnte wohl Lenz (Verh. k. k. geol. Reichsanst. AVien 1877. p. 278 — 279 u. 1878. p. 151 — 152) aus fraglichem Tertiär von Landana in Nord-Kabinda. In neuerer Zeit mehren sich aber in erfreulicher AVeise die Nachrichten, wo- nach jene Gebiete doch nicht so arm an derartigen Fossilien sind, als man allgemein annahm. So beschrieb Jaekel (in Esch : Bei- träge zur Geologie von Kamerun. Stuttgart 1904. p. 289 — 291) einige Rochenzähne aus dem Tertiär von Balangi am Mungofluß (?4°30/ n. Br.) in Kamerun und einen Fisch (Abli. preuß. geol. Landesanst. N. F. Heft 62. Berlin 1909. p. 392 — 398) aus wahr- scheinlich untercretacischen Schichten am Mamfebach im Croß- Flußgebiet Nordkameruns, wobei er leider die von Düsen südlich davon gefundenen und von Dames (Geol. Foren, i Stockholm Förh. 1894. 16. Hft. 1) auch als untercretacisch erklärten Fisch- reste des Berliner Museums für Naturkunde nicht berücksichtigte. Ferner bearbeitete Priem (Comm. Serv. geol. Portugal. T. 7 p. 74 ff. Lissabon 1907) alttertiäre marine Fischzähne aus Mossamedes und 1 Rauff, Über Porocystis pruniformis Cragin (— ? Arauccirites Wardi Hill) aus der unteren Kreide in Texas. N. Jahrb. f. Min. etc. 1895. I. p. 2. 2 May M. Jarvis , On the fossil genus Porocystis Cragin. Biolog. Bull. Marine Biolog. Labor. Woods Holl, Mass. 9. 1905. p. 388—390. 6 Textfiguren. 3 Siehe die Literatur bei Rauff (Fußnote 4). 4 a. a. 0. 6 Giebf.l, Beitrag zur Paläontologie des Texanischen Kreidegebirges. Jahresber. naturw. Ver. Halle. 5. 1852. (Berlin 1853.) p. 375. Taf. 7 Fig. 3 a. 88 C. H. Jooss, Vorläufige Mitteilung ein Fischskelett von Loanda und ich eocäne marine Fischzähne- aus Südtogo (Zeitschr. d. geol. Gesellscli. 62. Monatsber. p. 478 ff. Berlin 1910), Leriche endlich (Compte rend. Acad. Sei. T. 151. p. 840 — 842. Paris 1910)? triassische Fischreste der Lualaba- Stufe aus dem Innern des Kongostaates. Eine für mich bestimmte Sendung Kapitän Michell’s, die eben- falls kleine Fischreste aus dem Lualaba-Fluß bei Kibindi ent- hielt , ging leider verloren. Jetzt aber erhielt ich eine Gesteins- platte voll Fischreste durch gütige Vermittlung von Herrn Prof. Felix zur Bearbeitung. Die Bedeutung des Stücks , das Herr Missionar Schavab von der Mündung des Benito-Flusses in Spanisch- Guinea (etwa 1°35' n. Br.) ihm sandte, liegt darin, daß hier zum ersten Male Beste tertiärer Süßwasserfische aus dem tropischen Afrika vorzuliegen scheinen. Es handelt sich um einen wohl- geschichteten dunkelgrauen, sehr festen Tonschiefer mit sehr wenig Kalkgehalt, dessen angewitterte Oberfläche Mangan- und Eisen- iiberzüge, wie so oft in tropischen Flüssen, zeigt, und in welchem außer mehreren ziemlich in natürlichem Zusammenhang befindlichen Skeletten kleinerer Knochenfische Schädel- und Stachelreste eines mittelgroßen Welses liegen. Da das Gestein sehr hart ist und da über 200 Genera rezenter Weise unterschieden werden, in ihrem Skelett aber systematisch nocli nicht durchgearbeitet sind 1r dürfte es längere Zeit anstehen , bis eine wissenschaftliche Be- arbeitung der Reste erscheinen kann. Ich möchte aber jetzt schon auf die Bedeutung des offenbar fossilreichen Fundortes hinweisen und die dankenswerte Bemühung Herrn Schwab’s hervorheben in der Hoffnung, daß noch mehr gutes Material am Benito-Fluß zu wissenschaftlicher Bearbeitung gewonnen wird. Vorläufige Mitteilung über eine vermutlich alttertiäre Schneckenfauna aus dem Ries. Von Carlo H. Jooss, Stuttgart. In der Nähe von Am erb ach im Ries wurden in vermutlich alttertiärem Süßwasserkalk Land- und Süßwasser-Gasteropoden ge- funden, welche nächstens an anderen Orten ausführlich besprochen werden, über die ich jedoch, ihrer Eigenart wegen, schon jetzt an dieser Stelle kurz berichten möchte. Die einzelnen Arten sind folgende : 1 Wie ich (N. Jahrb. f. Min. etc. 1904. I. p. 2 ff.) zu beweisen ver- suchte, sind bei dem jetzigen Stande der Kenntnisse die meisten fossilen Welsreste nicht einmal generisch annähernd richtig zu bestimmen. Es hindert das leider nicht, daß immer wieder isolierte Flossenstacheln mit Gattungs- und Artnamen belegt werden ohne irgendwelchen Versuch des Nachweises, daß sie überhaupt systematisch brauchbare Merkmale zeigen. über eine vermutlich alttertiäre Schneckenfauna aus dem Kies. 89 1 . Öleacina aff. crassicosta Sandberger. Es fand sich ein Bruch- stück einer Öleacina, welches sehr viel Ähnlichkeit mit der im unteroligocänen Strophostoma- Kalk von Arnegg bei Ulm vor- kommenden Öleacina crassicosta Sandb. besitzt , sodaß ich dasselbe vorläufig als zu dieser Art gehörig betrachte. 2. Zonites (Archaeosonites t) pyramidalis n. sp. ist eine kaum mittelgroße , hohe , fast rein kegelförmige , neue Art , für welche vielleicht besser eine eigene Sektion zu errichten wäre. Bei der Spärlichkeit des Materials (2 Exemplare) sehe ich vorerst jedoch hiervon ab. 3. Zonites (Archaeosonites) risgoviensis n. sp. ist eine neue Art, welche dem Z. (Archaeosonites) subverticillus Sandb. aus dem oberen Oligocän des Mainzer Beckens und Württembergs nahe- steht, bei gleicher Zahl der Umgänge (6) jedoch nur die halbe Größe des letzteren erreicht. Die typische, ungekielte Form des Archaeosonites risgoviensis ist durch Übergänge mit einer gekielten Form verbunden, welche ich als var. carinata n. var. unterscheide. 4. Zonites (Archaeosonites) aff. subangulosus (Bentz) Zieten. Es läßt sich vorerst nicht mit Sicherheit entscheiden, ob das vor- liegende Bruchstück eines gekielten, größeren Archaeosonites wirk- lich zu dieser Art gehört, jedenfalls ist die Ähnlichkeit desselben mit Archaeosonites subangulosus eine sehr große. 5. Palaeotachea 1 aff. crepidostoma Sandberger. Es wurden zahlreiche Exemplare einer der Helix crepidostoma Sandb. aus dem oberen Oligocän Württembergs zwar nahestehenden, aber nicht mit ihr identischen Art gefunden. Ob dieselbe als neue Art oder vielleicht nur als Mutation von Palaeotachea crepidostoma aufzufassen ist, läßt sich heute noch nicht entscheiden. Palaeotachea crepidostoma wurde früher zu Coryda Albers, in letzter Zeit dagegen zu Tachea Leach gestellt, ich halte beides für unrichtig, da Palaeotachea crepidostoma in Wirklichkeit bei keiner dieser beiden Gattungen direkt unterzubringen ist. Meines Erachtens stellt vielmehr P. crepidostoma und ihre Sippe eine früh ausgestorbene Seitenlinie unseres Tacheenstammes dar , weshalb ich für dieselbe die Gattung Palaeotachea n. gen. errichte. 1 Palaeotachea n. gen. Gehäuse rein kegelförmig bis bauchig oder kugelig kegelförmig, aus 5 — 5i mäßig gewölbten, durch seichte Nähte getrennten Umgängen bestehend, welche vom zweiten ab mit zahlreichen feinen oder kräftigeren , schiefgestellten Anwachsstreifen bedeckt sind. Letzter Umgang manchmal schwach gekielt, kurz vor der Mündung plötz- lich abwärts geneigt, ca. § der Gesamthöhe beanspruchend. Mündung schief gestellt, hufeisenförmig, innen gelippt, Mundränder mäßig breit nach außen umgeschlagen, unterer angedrückt. Typus: Palaeotachea crepido- stoma Sandb. Spezies: Palaeotachea girondica Noulet, P. subsoluta Sandb., P. bohemica Böttger, P. subsulcosa Sandb., P. rugidosa (v. Martens) Zieten, P. colorata Sandb., P. deflexa Al. Braun, P. hortu- lana Thomae, P. Jcinkelini Böttger, P. mcdleolata Sandb. 90 C. H. Jooss, Vorläufige Mitteilung etc. 6. Plebecula fraasi n. sp. Diese neue Art ist mit P. ramondi Bröngn., welche im oberen Oligocän verbreitet ist, nahe verwandt und darf vielleicht sogar als ein direkter Nachkomme derselben aufgefaßt werden. Sie liegt mir auch aus den kreideartigen Kalken der unteren Süßwassermolasse von Talfingen bei Ulm vor und unterscheidet sich von P. ramondi sofort durch ihre weit geringere Größe , worin sie mehr mit P. comatula Sandb. aus dem oberen Oligocän Südfrankreichs übereinstimmt. Letzteres ist aber in der Skulptur deutlich verschieden. P. fraasi besitzt sehr viel Ähnlich- keit mit der ungefähr gleichgroßen lebenden P. punctulata So- werby von Porto Santo. Ich benenne diese Art nach dem um die geologische Er- forschung des Rieses verdienten Herrn Prof. Dr. Eberhard Fraas in Stuttgart. 7. Limnus pacliygaster Thomae wurde in einem tadellos er- haltenen, jüngeren Exempläp gefunden. 8. LimriophySa amerb achensis n. sp. ist eine neue Art aus der Gruppe der L. subpalnstris Thomae aus dem oberen Untermiocän des Mainzer Beckens, welche sich von der letzteren durch schlankere Form, flachere und rascher aufgewundene Umgänge unterscheidet. L. amerbachensis tritt in zwei Formen, dem Typus und der schlankeren var. gracilis n. var., auf. Diese neue Art wurde nach dem unweit der Fundstelle ge- legenen Orte Am erb ach genannt. 9. Planorbis crassus M. de Serres, var. involuta n. var. Die bei Amerbach gefundenen Stücke unterscheiden sich von den typi- schen Exemplaren aus dem französischen Unteroligocän durch ihre enger und tiefer eingesenkte Oberseite , weshalb ich diese Form als var. involuta n. var. unterscheide, 10. Planorbis cornu Brongn. Die typische Form fehlt bei Am erb ach, es finden sich hier vielmehr die Varietäten: subteres Sandb. und mantelli Duncker, von denen die erstere aus dem Ober- oligocän Württembergs bekannt ist, während die letztere im Ober- miocän verbreitet ist, aber auch schon im Oberoligocän Südfrank- reichs auftritt. 1 1 . Gyraulus cordatus Sandb. findet sich auch im älteren Siiß- wasserkalk bei Amerbach, nachdem er bis jetzt nur aus dem oberen Mitteloligocän des Mainzer Beckens bekannt war. 12. Gyraulus aff. spretus Mo übet. Eine dem G. spretus Moulet aus dem Unteroligocän Südfrankreichs sehr nahestehende Art liegt ebenfalls aus dem älteren Süßwasserkalk von Amerbach vor. 13. Gyraulus ? sp. Eine bis jetzt nur in einem Bruchstück gefundene kleine Planorbis- Art ist vorerst nicht bestimmbar. 14. Ericia schneidti n. sp. ist ein kleineres Cy clostoma aus der Gruppe des C. (Ericia) bisulcatum Zieten, welches ich nach R. Hundt, Organische Reste aus dem Untersilur etc. 91 dem Entdecker der Schnecke'nfauna der älteren Siißwasserkalke bei Amerbach, Herrn cand. rer. nat. Theodor Sclineidt benenne. Soviel sich bis jetzt aus der Schneckenfauna schließen läßt, dürften die bei Amerbach entdeckten Süßwasserkalke in den oberen Horizont, der untere Siißwasserkalk also ins oberste Oligocän zu verweisen sein. Organische Reste aus dem Untersilur des Hüttchenberges bei Wünschendorf an der Elster. Von Rudolf Hundt-Gera. Mit 2 Textfigureil. Die Htittclienberge liegen am rechten Elsterufer, gleich ober- halb von Wünschendorf a. d. Elster. Der Fluß verläßt eben das altpaläozoische Schiefergebirge. Sein bis Wünschendorf enges Erosionstal, das sich erst in verhältnismäßig junger Zeit bildete, Fig. 1. Südlicher Bruch. Aufgeschlossen oberer Quarzit des Untersilur mit eingelagerten Schieferlagen, in denen sich die Fossilien fanden. Das Kreuz gibt die Fundstelle an. verbreitert sich unterhalb des Dorfes zu einem breiten Tale, in dem die Elster auf dem alten Seeboden von Wünschendorf bis zu dem Culmquerriegel des Zoitz- und Heersberges hinfließt. In diesen Hüttchenbergen sind Untersilurische Schichten aufgeschlossen, 92 R. Hundt, Organische Reste aus dem Untersilur die wegen ihrer Faltung bemerkenswert sind. Durch zwei Stein- brüche, die Material zur Straßenbeschotterung liefern, ist mit einer Unterbrechung in der Mitte fast der ganze Berghang vom Ver- witterungsschutt freigelegt. Im nördlichen Bruch sind die oberen Quarzite des Untersilurs zu einem Sattel aufgewölbt, der nach Südwesten einfällt. Die Quarzitbänke erreichen einzeln eine beträchtliche Mächtigkeit von über 4 m. Am nördlichen Ende dieses Bruches liegt auf diesem Quarzit der Schotter einer alten Elsterterrasse. Eine kleine Ver- werfung im Süden des Bruches bewirkte ein schnelles Einfallen der Quarzitschichten , so daß ganz plötzlich der obere Schiefer des Untersilurs ansteht. Seine Schichten fallen fast senkrecht ein. Der nahezu 150 m mächtige, schwarze obere Schiefer steht entlang dem Wege bis zu dem südlichen Bruche hin an. Kurz vor ihm mündet eine kleine Schlucht aus, die vielleicht eine zweite wichtige Verwerfung verrät , denn jetzt setzt wieder der obere Quarzit ein. Er ist in dem südlichen Bruche als eine Mulde auf- geschlossen , deren nördlicher Schenkel horizontal und deren süd- licher Schenkel vertikal liegt (Fig. 1). Die vertikal gestellten südlichen Schichten neigen etwas nach Nordwesten über. Den Quarzitlagen sind einzelne bis 30 cm mächtige Schieferlagen ein- geschaltet. Aus ihnen stammen folgende Problematica : Ar enicolites didyma S alter. Silur -Dictyodora. Silur - P alaeodictyum. Kriechspuren von Würmern. A r enicoli t e s didy m a Salter. Schräg und senkrecht die Quarzitschichten und die eingelagerten Schieferschichten durchbrechend, findet man die 2 mm bis 1,5 cm starken Bohrröhren eines Wurms, der vielleicht dem Arenicolites didyma Salter gleichkommt. Die Querschnitte dieser problemati- schen Versteinerung sind teils elliptisch, teils rund. Die Ver- schiedenheit hat wahrscheinlich die wechselnde Druckrichtung zur Ursache gehabt. Stets finden sich zwei solcher Bohrgänge in unmittelbarer Nähe , daß sie nach unten zu hufeisenförmig um- biegen, wie es Zimmermann 1 auf Blatt Lobenstein beobachtet hat, konnte hier nicht festgestellt werden. Die Glimmerblättchen, die beim Quarzit sich stets auf einer Fläche finden , sind auf den Querschnitten des Bohrganges in erhöhter Zahl unregelmäßig ver- streut. Wie Zimmermann von dem Lobensteiner Vorkommen immer von einzelnen Platten spricht, dasselbe ist auch in den Hüttchen- bergen der Fall. 1 Zimmermann, Erläuterungen zu Blatt Lobenstein, p. 23. des Hüttchenberges bei Wiinschendorf an der Elster. 93 S i 1 u r - D i c t y o d o r a. In den eingeschalteten Schieferlagen fanden sich die charakte- ristischen Linien der bis jetzt nur aus dem Culm bekannt ge- wordenen Palaeocliorda marina , dem obersten Querschnitt von Dicty- odora Liebem Weiss, auf den Schichtflächen in sehr großen Mengen. Gewöhnlich waren die Schieferlagen davon erfüllt und nur aus- nahmsweise fanden sie sich auch auf den Quarzitschichten, dann aber weniger deutlich erhalten. Eine sehr zweifelhafte Crosso- podia Henrici, die Basis der Dictyodora Liebeana Weiss, liegt viel- leicht in einem Wulst vor, den man anders nicht gut deuten kann. Zimmermann, der die Culm- Dictyodora so eingehend be- schrieben hat1, sprach diese Vermutung aus. Er fand sich in einem den Schieferlagen dicht angelagerten Quarzite. Die Er- haltungsweise der Dictyodora ist dieselbe wie im Culm. Unter- scheidend von ihr ist wohl nur die geringere Höhe ihres düten- förmigen Körpers , der jedoch anstehend noch nicht beobachtet werden konnte, weil das in Frage kommende Gestein sehr schwer zu erreichen ist. Zimmermann 1 macht schon einmal auf ein kleines Bruchstück dieser Silur- Dictyodora aufmerksam, das er bei Lössau unweit von Schleiz fand. Bis jetzt wurde nur einmal diese Silur- Dictyodora in vielen Exemplaren gefunden , weil der Steinbruchs- betrieb die führende Schicht gerade angeschnitten hatte. Die schönsten Belegstücke sind im Städtischen Museum zu Gera, dessen Kustus Rektor Auerbach unermüdlich in der Ausbeute war, auf- bewahrt. Silur - Palaeodictyum. Ein wurmartiges Problematicum liegt noch aus diesem Schiefer vor, das sich aber bis jetzt nur in sehr wenigen Exemplaren zeigte. Aus dem Silur ist es überhaupt noch nicht bekannt ge- worden. Gümbel unterscheidet im Culm, wo es sich als Begleiter der Dictyodora findet , mehrere Spezies , die von Zimmermann in den Erläuterungen zu Blatt Lobenstein p. 49 erwähnt werden. Wie es scheint, ist dieses Problematikum auch im Untersilur Be- gleiterin der Dictyodora. Die Fragezeichen ähnlichen, glänzenden, daher sich vom Schiefer gut abhebenden Fossilien, sind aber viel seltener als Arenicolites didyma Salt, und Silur -Dictyodora. Sie durchdringen das Gestein nicht und lagern auf den Schichtflächen. Kriechspuren von Würmern. Bis jetzt nur in dem den Schiefern anliegenden Quarziten bemerkte ich Kriechspuren von Würmern, die beim ersten Anblick Palaeochorda- Querschnitte zu sein scheinten. Weil sie aber nicht die Schichtung durchsetzten und der Gegendruck sich als Haut- 1 Zimmermann, Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellsch. 54. 1902. p. 308. 94 R. Hundt, Organische Reste aus dem Untersilur etc. relief von der Schichtfläche abhebt, wird man wohl die Kriech- spur unbekannter Würmer vor sich haben. An den zwei voll- ständigen Exemplaren fallen jedesmal die sechs übereinstimmenden Windungen auf. Das dritte, nicht vollständig erhaltene Exemplar, läßt ebensoviele Windungen vermuten. Ein und derselbe Wurm muß diese Spuren kriechend erzeugt haben. Es fanden sich bis jetzt die drei erwähnten Stücke. Die im Quarzit wohlerhaltenen Wellenfurchen (Fig. 2) deuten auf gering tiefe See hin. Auch die beschriebenen Versteinerungen Fig. 2. Südseite des südlichen Bruches. Die durch Kreuze gekenn- zeichnete Stelle zeigt ganze Flächen von Wellenfurchen. lassen eine solche See vermuten, die manchmal vielleicht sogar so weit zurückging, daß man trockenes Land vor sich hatte. In dem feuchten Sand dieses Untersilurischen Strandes krochen diese Würmer dahin. Ihr Körper enthielt keine harten Bestandteile, die der Nachwelt erhalten bleiben konnten, so blieb nichts weiter übrig als die Spur im Sande, die, mit frischem Sand zugeworfen, sich genau so konservierte. In diesem feuchten Schlamme scheinen die Würmer gelebt zu haben , von denen wir die Bohrgänge des Arenicolites didyma Salter und die Kriechspuren haben, weil sie sich fast nur im Quarzit erhalten haben. Die tiefere See, jedoch nicht die tiefste, belebten die Silur -Dictyodora und das Silur- Palaeodictynm. Es enthalten diese Untersilurschichten eine ganz Besprechungen. 95 interessante Fauna, deren Vertreter sich noch vermehren werden, wenn der Fundstelle genügend Beachtung geschenkt wird. Diese Wellenfurchen und die erhaltenen Kriechspuren erinnern an die Bundsandsteinformation hinsichtlich ihrer Entstehung. Die Fauna dagegen hat manches mit dem Ostthüringer Culm gemeinsam. Treten uns auch nur Problematica entgegen, so muß man bei den Ostthüringer Verhältnissen schon damit zufrieden sein, wo alle Lebewesen durch die varistisclie Emporfaltung vernichtet zu sein scheinen. Alle erwähnten Fossilien sind in meiner Sammlung einzusehen, die im Städtischen Museum zu Gera Aufstellung gefunden hat. Herrn Amtsrichter A. Bogenhard in Gera verdanke ich die photo- graphischen Aufnahmen , für die ihm auch an dieser Stelle Dank gesagt sei. Besprechungen. Joseph. P. Iddings: Rocks Minerals. Their Chemi- cal and Physical Characters and their Determination in Tliin Sections. Zweite Auflage. New York 1911. XII -j- 617 p. Mit 500 Figuren und einer farbigen Tafel. In 1906 ist die erste Auflage dieses ausgezeichneten Lehr- buches erschienen und wurde in dies, Centralbl. 1907. p. 729 besprochen. Im allgemeinen Teile der vorliegenden Auflage, welcher nur um zwei Seiten erweitert wurde , ist sehr wenig geändert worden. Der spezielle Teil ist jedoch durch 57 Seiten verstärkt, indem achtzig nicht häufig vorkommende Mineralien, welche nicht in der ersten Auflage beschrieben wurden, beigefügt sind. Diese Mineralien sind solche, welche besonders in Pegmatiten, als Erze, und in metamorphischen und sedimentären Gesteinen zu beobachten sind. E. H. Kraus. F. N. G-uild : The Mineralogy of .Arizona. Easton,. Pa. 1910. 103 p. Dies ist eine knappe Zusammenstellung der verschiedenen Mineralien, welche im Staate Arizona Vorkommen. Die Mineralien sind nach der DANA’schen Klassifikation angeordnet und die Be- schreibungen behandeln die Arten des Vorkommens, die Begleiter und die chemische Zusammensetzung der einzelnen Mineralien. Die Meteoriten von Tuscon, Canon Diablo und ven Weaver werden auch kurz erwähnt. E. H. Kraus. 96 Besprechungen. — Personalia. W. Kranz: Zur Entstehung des Buntsandsteins. Erwägungen über das nördliche Alpenvorland, Vul- kanismus und Geotektonik. Jahresh. d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 1906. p. 104 — 112. Gegenüber den Beiträgen zur Geologie der westlichen Mittel- meerländer von Tornquist (N. Jahrb. f. Min. etc. 1905. Beil.-Bd. XX. p. 492 ff.) wird an der Wüsten theorie für die Buntsandsteinbildung festgehalten. Verfasser nimmt an, daß Vogesen und Schwarz wald noch im Miocän von einem etwa 300 m mächtigen Mantel haupt- sächlich triassischer Gesteine verhüllt waren, hat sich aber durch seine neueren Untersuchungen bei Rufacli (N. Jahrb. f. Min. etc. 1908. Beil.-Bd. XXVI. p. 61) überzeugt, daß bereits im Oligocän größere kristalline Massen bloßgelegt waren. Der Meeresspiegel stand wahrscheinlich zur Jurazeit etwa 2 km höher als heute, der Erdradius wäre dann um ebensoviel zusammengeschrumpft. Unter der äußeren Erdschale bildeten sich beim Zusammenziehen des Kerns gewaltige Hohlräume, in deren Wölbungen die Spannungen derart wuchsen, daß einzelne angrenzende Widerlager nicht mehr standhalten konnten und unter Rissen und Sprüngen gefaltet wurden. Die Gewölbeteile folgen nun der Schwerkraft und brechen senk- recht hinab, so z. B. das südliche Alpenvorland, dieses ganz lang- sam während der Zeit vom Rotliegenden bis jetzt, während Torn- vQ — w & 9 (Q s *0 = a(b -2d) (c— 2d). Eine Gleichung zur Bestimmung von d als Funktion von #. Der nach Verringerung des Prismenquerschnittes ausgeübte Druck hat den Wert: z = P ‘ (b— 2 5 -“-fr+f) | 0,00144 3 10,08. 10 + | 0,00324 4 17.92 . 10 — 6 — \- -i-1 1 0,00576 V m 2 ) Die Werte sind in der beistehenden Figur graphisch dar- gestellt. Wir gehen nun über zu einer etwas genaueren Betrachtung der Vorgänge des Abschmelzens und Wiederkristallisierens. Die Anwendung des Entropiesatzes erfordert, daß der Prozeß ein um- kehrbarer ist, daß also die in der Figur gezeichnete Gleichgewichts- kurve ebenso vorwärts wie rückwärts durchlaufen werden könne. Denken wir uns den einseitigen Druck von 0 an bis zu dem Werte Zt° gesteigert, so bewegt sich der Zustand des Systems auf des Schmelzpunktes durch einseitigen Zug oder Druck. 103 der Gleichgewichtskurve von 0 bis P. Dabei schmilzt nach unserer Annahme das Eis auf den freien Seitenflächen des Prismas gleich- mäßig ab. Wenn nun der einseitige Druck allmählich wieder bis auf' 0 verringert wird , so soll der Zustand des Systems auf der Gleichgewichtskurve rückwärts sich bewegen, das System soll also rückläufig all diejenigen Zustände wieder annehmen, welche es vorher in der Richtung OP durchlaufen hat. In jedem Stadium des rückläufigen Prozesses müssen also auch die Eigenschaften der Oberfläche wieder dieselben sein, wie in dem entsprechenden Stadium des direkten ; insbesondere darf nie eine von der Phase B ver- schiedene Phase des Eises auftreten, denn sonst erhielten wir ein in labilem Zustande befindliches Dreiphasensystem. Was nun den Prozeß des Wiederkristallisierens anbelangt, so wird man wohl annehmen dürfen , daß er unter günstigen Bedingungen auf den freien Seitenflächen des Prismas ganz gleichmäßig erfolge. Die Frage, ob sich das neu kristallisierende Eis den jeweiligen Span- nungsverhältnissen des Prismas anpasse oder nicht, dürfte zurzeit weder durch eine Theorie der Kristallisation, noch durch die Er- fahrung endgültig zu entscheiden sein. Es ist indes nicht unmöglich, daß sich der Spannungszustand, in dem sich das Eisprisma befindet, auf die unmittelbar angelagerten Schichten überträgt, zumal wenn es sich um Schichten von sehr kleiner Dicke, in der Größenordnung von 10 — 100 /Li/Li handelt. Wenn aber die auskristallisierenden Schichten sich den jeweiligen Spannungsverhältnissen des Prismas 104 E. Dittler und C. Doelter, vollkommen anpassen , so ist der von mir für die Temperatur- erniedrigung durch einseitigen Druck gegebene Ausdruck streng gültig; andernfalls dürfte er wenigstens eine näherungsweise Gültig- keit besitzen. Zu derselben Auffassung kann man auch durch die folgende Betrachtung gelangen. Das Auftreten einer von B verschiedenen Phase des Eises während der Dauer des rückläufigen Prozesses kann man auch dadurch vermeiden , daß man sich den Druck Zt° plötzlich aufgehoben denkt ; die Phase B verwandelt sich dann plötzlich in die Phase A. Der Zustand des Systems bewegt sich auf der vertikalen Linie PR bei konstanter Temperatur. Dann erfolgt durch Auskristallisieren der Phase A der Rückgang des Zustandes von R in den Ausgangspunkt 0. Man sieht aus der Figur, daß die so bestimmte Kurve der Zustandsänderung, PR 0, sich der idealen Gleichgewichtskurve um so mehr nähert, je kleiner die Belastung Zt° ist. Man kann also auf Grund dieser Bemerkung annehmen, daß die Formeln 1 und 8 der Wirklichkeit um so besser entsprechen, je kleiner der einseitige Druck ist. Wie weit die Annäherung geht , kann , wie in allen derartigen Fällen , nur durch die Erfahrung entschieden werden. Zum Schlüsse möge noch bemerkt werden, daß ähnliche Verhältnisse, wie wir sie im vorhergehenden besprochen haben , auch bei anderen Prozessen vorliegen , deren wir uns zur Ableitung thermodynamischer Sätze bedienen. Der ideale Prozeß wird durch eine stetig verlaufende Kurve dargestellt, der wirklich ausgeführte durch eine Zickzack- linie, deren abwechselnde Ecken auf der idealen Kurve liegen, die sich aber aus umkehrbaren und nicht umkehrbaren Elementen zu- sammensetzt. Der thermodynamische Satz hat in allen solchen Fällen den Charakter eines Grenzgesetzes; er entspricht den wirk- lichen Verhältnissen um so besser, je näher sich jene Zickzacklinie der idealen Kurve anschmiegt. Die Betrachtungen , welche zur Aufstellung der Formeln 1 und 8 geführt haben, gelten im wesentlichen auch für ein System, das aus einem Kristall und seiner gesättigten Lösung besteht. Eine Komplikation wird natürlich dadurch bedingt, daß wir in diesem Falle von vornherein auf die Anisotropie der festen Phase Rücksicht nehmen müssen, während wir das Eis wie einen isotropen Körper behandelt haben. Zur Nomenklatur der Tonerdehydrate. Von E. Dittler und C. Doeller. W. Meigen betont mit Recht, daß unter Laterit sehr ver- schiedene tonerde- und eisenhaltige Produkte verstanden werden; noch mehr gilt dies für den Bauxit, weil hier wegen der Ver- wertbarkeit des Bauxits der Name von Technikern auch auf Ge- steine angewandt wurde, welche eisenschüssige Tone oder Ton- Zur Nomenklatur der Tonerdehydrate. 105 eisensteine sind. Ein prinzipieller Unterschied zwischen dem, was man einerseits Latent, andererseits, zum Teil wohl mit Unrecht, Bauxit genannt hat, ist außer ihrer Genesis darin vorhanden, daß die ersteren eisenhaltiger sind und vornehmlich aus kristallinen Tonerdehydraten bestehen. Vor allem sollte aber unterschieden werden zwischen dem Mineral Bauxit und den Gesteinen, welche Bauxit enthalten, ferner zwischen den letzteren, aus kristallisierten Tonerdehydraten , Kaolin und Eisenoxyd bestehenden Gesteinen, welche auch irrtümlich als Bauxite bezeichnet wurden. Es existieren drei Tonerdehydrate: Diaspor, Hydrargillit (Gibbsit), welche beide kristallisiert sind, und ein amorphes Ton- erdehydrat Bauxit. Diese drei Hydrate bilden nun zusammen mit Limonit, Roteisen, Kaolin (Ton) Gesteine. Diaspor und Hydrar- gillit kommen in diesen Gesteinen immer- zusammen vor. Ein großer Teil dessen, was man Bauxit genannt hat, gehört hierher, z. B. manche der französischen Bauxite, welche Arsandaux 1 unter- sucht hat und die er auf Grund des Vorkommens isotroper Ge- mengteile zum Bauxit rechnet, welche jedoch der Hauptmenge nach den in Säure unlöslichen Diaspor enthielten. Solche tonerde- reiche Gesteine sind als Diasporite nach dem Vorgänge von P. Krusch1 2 zu bezeichnen und diejenigen Gesteine, welche aus Hydrargillit (Gibbsit) bestehen, müssen von ihnen abgesondert werden. Reinere Gibbsitite scheinen seltener zu sein (außer unter den Latenten). Wir fassen die aus Diaspor und Gibbsit, mit Eisen- oxyden, Kaolin bestehenden Massen als Kristalloid -Alumo- lith e zusammen. Dagegen bezeichnen wir als Bauxitiie jene Gesteine, welche als Hauptgemengteil ein kolloides Tonerdehydrat, den echten Bauxit, führen. Letztere sind Kolloid-Alumolith e. Die Unterscheidung beider Alumolithe ist durch die Anfärbungs- methode und durch die Löslichkeit in verdünnten Säuren und Alkalien möglich. Demnach gibt es zweierlei Alumolithe , welche bisher irr- tümlich als Bauxite bezeichnet wurden, von welchen aber nur die Kolloid-Alumolithe als echte bauxithaltige Gesteine (Bauxitite) auf- zufassen sind. Wegen des häufigen Zusammenvorkommens der beiden kristallisierten Tonerdehydrate wird man sehr häufig solche Gesteine vorfinden, die als Kristalloid- Alumolithe zu bezeichnen sind. Daß Übergänge zwischen ihnen und den Bauxititen (Kolloid-Alum- olithen) Vorkommen, ist klar. Was die Genesis der Alumolithe betrifft, so zeigen, wie wir bereits in unserer früheren Notiz betonten, die Kristalloid- Alumolithe ein höheres Alter als die Kolloid-Alumolithe, was sich aus der Umwandlung des kolloiden Tonerdehydrats in die kristal- 1 C. R. 148. p. 909. 1909. 2 P. Krusch, Zeitschr. f. prakt. Geol. 16. p. 362. 1908. (Zitat.) 106 0- Renner, Ueber Baeumlerit, ein neues Kalisalzmineral. linen Hydrate erklärt. (Bei höherer Temperatur können sich aller- dings, wie M. Bauer für Laterit betont, auch direkt kristallisierte Tonerdehydrate bilden.) Aus den Versuchen geht hervor, daß in den echten Bauxiten kolloide , leicht lösliche Tonerde vorhanden ist , welche sich im Laufe der Jahre in die kristallinen Produkte umsetzt. Künstliche Hydrogele der Tonerde nähern sich bei Anwendung erhöhter Temperatur nach jahrelangem Liegen der Formel Al2 03 • 3H20, sie werden zu Hydra rgillit und schließlich zu Diaspor. Die Umwandlungsgeschwindigkeit der kolloiden Tonerde in die kristalline wird je nach der Konzentration der Ausgangs- lösungen, der Lagerungszeit und der Erwärmung, eine verschiedene sein. Min. Institut der k. k. Universität Wien. Ueber Baeumlerit, ein neues Kalisalzmineral. Vorläufige Mitteilung. Von 0. Renner-Berlin. Bei meinen geologischen Studien auf dem Kaliwerk Desdemona im mittleren Leinetal hat unter anderem ein Salz meine Aufmerk- samkeit erregt, das auf der 458 m-Sohle im jüngeren Steinsalz in einer Anzahl dünner, konkordanter Bänke auftritt und durch seine starke Zerfließlichkeit auffällt, die ein Herauswittern der Zwischen- lagen im Gefolge hat. Dieses Salz ist im frischen Zustand farb- los und durchsichtig; es besitzt drei ausgezeichnete Spaltbarkeiten, die anscheinend rechtwinklig oder wenigstens annähernd recht- winklig aufeinander stehen. Seine Härte liegt zwischen 2,5 und 3,0; beim Zerbrechen und Reiben zeigt es Phosphoreszenz. Häufig ist es mit Steinsalz und Tachhydrit verwachsen. Quantitative Ana- lysen, die auf meine Veranlassung von Herrn Dr. Wache, Chemiker an der Kgl. Geologischen Landesanstalt , ausgeführt wurden , er- gaben nun, daß ein aus der Natur noch nicht bekanntes Salz von der Formel KCl.CaCl2 vorliegt. Intensive Verzwillingung und seine stark hygroskopischen Eigenschaften stellen der optischen Untersuchung erhebliche Schwierigkeiten entgegen. Doch steht schon fest, daß es optisch zweiachsig und negativ ist. Die Licht- brechung beträgt im Mittel etwa 1,52; die Doppelbrechung ist gering. Die genauen Ermittlungen aller Konstanten , sowie Unter- suchungen über die Existenzbedingungen sind im Gange. Ich schlage für dieses neue Salz den Namen „Baeumlerit“ vor; ich möchte damit einmal meinem Dank Ausdruck geben, den ich Herrn Baeumler , Generaldirektor der Heldburg A. G. , zu H. Reck, Ein Beitrag zur Kenntnis etc. 107 deren Konzern die Grube Desdemona gehört, für seine so liberale Unterstützung meiner Arbeiten auf seinen Werken schulde. Sodann hat der Sohn des Vorgenannten, Herr Bergassessor Baeumler, in gewissem Sinne als erster Finder zu gelten. Er hat nämlich ge- legentlich einer nicht veröffentlichten Examensarbeit auf dieses Salz mit einer Photographie und einer Probe aufmerksam gemacht. Zu einer Analyse , die damals von der Salzschicht angefertigt wurde , ist zufällig nur der mit dem neuen Salz verwachsene Tachhydrit verwandt worden , und dem Ergebnis gemäß ist das Salz bisher für weißen Tachhydrit gehalten worden. Kgl. Geol. Landesanstalt, den 10. Januar 1912. Ein Beitrag zur Kenntnis des ältesten Donaulaufes in Süd- deutschland. Von Hans Reck in Berlin. Mit 3 Textfiguren. Penck1 2 3 hatte als Erster schon im Jahre 1899 den Versuch unternommen, auf moderner morphologischer Basis eine Geschichte der obersten Donau zu geben, und diesen Versuch in so vorzüg- licher Weise durchgeführt, daß bis heute die Resultate seiner Untersuchungen in allen wesentlichen Punkten unwidersprochen geblieben sind. Leider beschränkte er seine Ausführungen auf das Quellgebiet dieses Flusses, ohne ihn noch weiter talab in seinem Durchbruch durch die Alb zu verfolgen. Hier allerdings traten dafür verschiedene andere Autoren ein, welche sich bemühten, die Schicksale des Flusses bis zum Tertiär zurück zu verfolgen. So Haag, Gugenhahn, so auch E. Fraas u. a., vor allem aber Dietrich. Während Haag 2 die Donau einstmals zu diluvialer Zeit durch das Prim-Faulenbachtal zum Neckar abgelenkt sein lassen will, bestreitet Gugenhahn 3 mit Recht diese Möglichkeit, wie auch ich an anderer Stelle bereits betonte und näher begründete4. 1 Penck, Talgeschichte der obersten Donau. H. 28 d. Ver. f. Gesch. d. Bodensees u. seiner Umgebung. 2 Haag, Zur Talgeschichte der oberen Donau. Dies. Centralbl. 1903. p. 597 ff. 3 Gugenhahn, Zur Talgeschichte der oberen Donau. Jahresh. d. Ver. f. vaterl. Naturk. i. Württ. 1903. 4 H. Reck , Die morphologische Entwickelung der süddeutschen Schichtstufenlandschaft im Lichte der ÜAVis’schen Cyklustheorie. Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1912. Heft 1. — Zur Altersfrage des Donaubruch- randes. Dies Centralbl. 1912. — Über positive und negative Krusten- bewegungen in Südwestdeutschland. Jahresh. d. Ver. f. vaterl. Naturk. i. Württ. 1912. 108 H. Reck, Ein Beitrag zur Kenntnis Dietrich 1 dagegen verdanken wir eine genaue Untersuchung der Schottervorkommnisse, welche das alte Donautal zu beiden Seiten während seines Laufes im Albkörper auf den benachbarten Höhen begleiten. Dietrich zeigte, daß diese alten Quarzschotter sozusagen die Restschotter früher viel reicher zusammengesetzter Flußschotter sind , und verlegte ihr Alter ins P 1 i o c ä n , da sie einerseits be- trächtlich höher als die ältesten Diluvialgebilde liegen, somit also wesentlich älter erscheinen als diese, anderseits aber von ober- miocänem Sylvanakalk unterlagert werden. Diese Lagerungsverhältnisse lassen nun freilich, so sicher sie innerhalb der genannten Grenzen sind , noch einen recht weiten Spielraum fiir das tatsächliche, nach dem heutigen Stand unseres Wissens aber nicht näher fixierbare Alter der Schotter. Die Schotter können danach ebensowohl pliocän wie auch noch jüngst- obermiocän sein und es erscheint mir am besten und richtigsten, ihr Alter innerhalb der gegebenen Grenzen möglichst weit zurück zu verlegen , da der Donaubruchrand die Fortsetzung des alten senilen Donaulaufes, dem sie zugehören, und den Dietrich an der Hand seiner in der württembergischen geologischen Karte als Dq.- Schotter verzeichneten Quarzgerölle auf der Alb verfolgt und fest- gelegt hatte, bei Ulm abgeschnitten hat. Aber leider hören auch die DiETRiCH’schen Untersuchungen hier bei Ulm auf, ohne die weitere Fortsetzung des alten, tertiären Flußbettes nach Bayern zu verfolgen. Reste desselben sind aber dort noch an zwei Stellen unver- kennbar erhalten. Einmal im Wellheimer Trockental, in seiner Fortsetzung ins untere Altmühltal und in dem sich anschließenden Flußstück der Donau selbst, bis in die Gegend von Regensburg. Sodann in der Gegend von Passau. Auf diese letzteren Vor- kommnisse alter Flußschotter hat schon Gümbel, und eingehender noch Penck neuerdings hingewiesen, ohne sie aber direkt mit dem altpliocänen — wie ich ihn kurz nennen will — Donaulauf in Zu- sammenhang zu bringen. Ihre genetische Zugehörigkeit zu diesem wird aber um so einleuchtender, wenn das vorher genannte Flußstück sich ebenfalls als gleichaltriger Anlage wird erweisen lassen. Penck1 2 betrachtet den Hausruckschotter nach den Funden von Mastodon angustidens als mittelmiocän, trennt aber davon das Quarzgeröll , welches u. a. im Neuburger Walde oberhalb Passau die Höhen überdeckt und bis auf über 500 m ansteigt. Dieses hält er seiner tieferen Lage entsprechend für jünger und stellt es daher ins Obermiocän. 1 Dietrich, Älteste Donauschotter auf der Strecke Immendingen — Ulm. N. Jabrb. f. Min. etc. ßeil.-Bd. XIX. 1904. 2 Penck-Brückner, Die Alpen im Eiszeitalter. 1. p. 83. des ältesten Donaulaufes in Süddeutschland. 109 Noch 100 — 120 m tiefer, also in ca. 400 m Meereshölie, folgt nun abermals ein Quarzgeröllhorizont, vielleicht derselbe, der sich donauabwärts in den Gerollen bei Pechlarn usw. in ca. 300 m Höhe fortsetzt. Seiner tiefen Lage entsprechend hält Penck diesen Schotter für abermals jünger, und zwar für pliocän, zumal derselbe noch wesentlich höher liegt als die ältesten diluvialen Schotter der Umgebung. Dies stimmt vorzüglich zu einem Vergleich mit den ebenfalls an die Grenze von Pliocän und Obermiocän fallenden Schottern weiter stromaufwärts, wie sogleich noch zu zeigen sein wird. Gümbel hatte die ganze Folge der Schotter bei Passau als jünger aufgefaßt und entsprechend die hier als pliocän angesehenen Flußgerölle als diluvial kartiert. Doch spricht hiergegen neben anderen schon von Penck angegebenen Punkten auch das regel- mäßige Gefälle dieses petrographisch so gleichartigen fluviatilen Geröllhorizontes auf der ganzen Linie Sigmaringen —Ulm — Well- heim— Passau — Pechlarn, welches allein schon den Gedanken sehr nahe legt, daß sie alle einem einheitlichen Strom ihr Dasein ver- danken und daher auch gleichen Alters sind. Dann aber können sie nur altpliocän bis obermiocän sein. Besonders weitgehendes Interesse verdient in diesem Zusammen- hang naturgemäß das schon genannte, erhaltene Stück des alten Donaulaufes zwischen Regensburg und Rennertshofen, und ganz be- sonders das heute trocken liegende Wellheimer Tal, weil diese alten Talstücke als wichtiges Mittel- und Bindeglied zwischen den beiden weit entfernten Punkten Ulm und Passau, von wo man die nächsten erhaltenen, gleichaltrigen Talreste kennt, dienen und so dieselben auch in örtlich näheren Zusammenhang bringen. Das Wellheimer Trockental ist ein zu auffallender Zug in der Topographie der Alb, um nicht längst die Aufmerksamkeit der Geologen und Geographen auf sich gelenkt zu haben. Aber man hatte es fast stets nur als eine Art Notauslaß der Donau während des Diluviums gedeutet; man hatte auch durch es und das obere Altmühltal die Donau wiederum nach Norden zum Rhein abgedrängt sein lassen. Man hatte es aber auf alle Fälle stets nur als diluvialen Donaulauf angesprochen, wenn ich von Schwertschlager1 absehe, der es mit einigen anderen Talzügen des Altmühlgebirges als Rest einer Kreideentwässerung ansieht. Daß diese chronologische Fixierung aber unhaltbar ist, daß Schwertschlager ferner völlig ungleichwertige Talstücke miteinander als gleichzeitig entstanden verglichen hat, während er morphologisch gleichwertige trennte, habe ich an anderem Orte 2 ausgeführt. 1 Schwertschlager, Altmühl und Altmühlgebirge. Eichstädt 1905. 2 H. Reck , Die morphologische Entwickelung der süddeutschen Schichtstufenlandschaft im Lichte der DAVis’schen Cyklustheorie. Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1912. 110 H. Reck, Ein Beitrag zur Kenntnis Dort habe ich auch dargetan, daß in dem nun näher zu unter- suchenden Gebiete der drei Talstücke : Rennertshofen — Dollnstein, Eichstädt — Dollnstein und Treuchtlingen — Dollnstein morphogene- tisch folgendes festzustellen ist : 1. Die Talstiicke Rennertshofen — Dollnstein, Dollnstein — Eich- städt haben eine einheitliche Entwickelungsgeschichte durchlaufen ; sie wurden, da sie morphologisch völlig gleichwertig sind, von einem und demselben Fluß geschaffen. 2. Die Talstücke Treuchtlingen — Dollnstein und Dollnstein — Rennertshofen einerseits, Dollnstein — Eichstädt andererseits sind morphologisch nicht völlig gleichwertig , sie verdanken ihre Ent- stehung daher verschiedenen Flüssen. 3. In bezug auf das Alter in Cyklus und Stadium erscheinen alle drei Täler morphogenetisch völlig gleichwertig und also auch gleich alt. Die Ausbildung der Talztige aber läßt in den ver- glichenen Strecken deutlich das Verhältnis von Hauptfluß und Nebenfluß hervortreten; d. h. die primäre Altmühl mündete bei Dollnstein in einen von Rennertshofen gegen Eichstädt fließenden primären Hauptstrom. Das Trockental von Wellheim mündet nach Süden hin offen und breit gegen das tiefere flache Vorland der Alb in genau der gleichen Weise, wie bei Ulm das längst als alter Donaulauf be- kannte jetzige Blautal. Allein die Größenordnung der hier zum Vergleich in Betracht kommenden Talstiicke weist auf die Stamm ader der ganzen Ent- wässerung des Gebietes hin: Die alte Donau. Ich habe schon eine ganze Reihe morphologischer Hinweise, welche diese Annahme erhärten, erwähnt (1. c.), die ich hier kurz nochmals zusammenstelle : a) Der ursprüngliche Fluß des bei Rennertshofen auftretenden weiten Talzuges muß notwendig bereits eine weite Strecke durch- laufen haben. Seine in der Hauptsache ostwärts weisende Fließ- richtung läßt seine Quellen im Westen vermuten. Dort aber kommt nur der Donauoberlauf als Quellgebiet in Frage. b) Die alte obere Donau zeigte an dem Beispiel des ver- lassenen Blautales eine Tendenz nach Süden im Laufe der Ent- wickelung von der Alb abzugleiten. Alte Flußlaufstücke werden daher, da die geologische Struktur des Geländes auf der gesamten Strecke eine gleichartige bleibt, vornehmlich im Norden des heutigen Flusses zu suchen sein. Dies ist auch hier der Fall. c) Die allgemeine Richtung der Talent Wickelung der ältesten oberen Donau ging — natürlich mit vielen lokalen Abweichungen — nach Osten. Dies ist auch hier so. d) Die Talmäander des obersten Donaulaufes zeigen eine ge- ringere Größenordnung ihrer Schwingungsradien als die des Blau- tales. Die des Blautales sind aber ihrerseits wieder kleiner als des ältesten Donaulaufes in Süddeutschland. 111 die hier vorhandenen (vergl. d. Fig.). Das ist die zu erwartende natürliche Entwickelung in der Entfaltung von Mäandern in einem einheitlichen, großen Strom einer alternden Landschaft. Kartenskizze 1:200000 zur Veranschaulichung der stromabwärts zu- nehmenden Größenordnung der Talmäander der jungtertiären Donau. e) Die Basis der Quarzschotter des oberen Donautales fällt leicht gegen Osten. Auch liier fällt die Auflagerungsfläche alter Quarzschotter nach Osten. f) Die Höhenlage der Quarzschotter fällt vom obersten Donau- lauf an ganz regelmäßig. Sie liegen am höchsten oberhalb Sig- 112 H. Reck, Ein Beitrag zur Kenntnis maringen, wo sie 900 m Höhe übersteigen, sie fallen bis in die Gegend von Blaubeuren auf 600 — 700 m, erfahren dann oberhalb Ulm eine geringe, wohl nachträgliche Verbiegung ihrer Sohle bis zu 547 m tiefster Lage, treten in dem hier behandelten Talstück bei ca. 500 m auf und fallen noch weiter bis in die Passauer Gegend, wo sie in Höhen von ca. 400 m angetroffen werden. g) Als ein weiterer wichtiger Beweis für die Annahme, daß im Wellheim er Trockental tatsächlich ein Stück des ältesten .jung- tertiären Donaulaufes vorliegt, sei nun hier noch das völlig mit den anderen Punkten sich deckende strati- grapliische Verhalten der alten Quarzschottervor- kommnisse etwas näher ausgeführt. Ein Eingehen auf dieselben erscheint um so notwendiger und wichtiger, als über Alter, Herkunft, Bedeutung und Zusammen- gehörigkeit derselben sich die Ansichten in fast ebensolcher Zahl gegenüberstehen wie die Autoren , die hierüber gearbeitet haben. Von weittragendster Bedeutung für die Frage der geschicht- lichen Entwickelung des Donaulaufes und seines Flußsystems ist die Feststellung, ob hier tatsächlich einmal die Donau nach Norden durch die Alb durchgebrochen und zum Rhein abgeflossen ist, wie fast alle Geologen dies vor noch nicht langer Zeit angenommen hatten , und wie auch in der neuesten Literatur über das Gebiet noch vielfach behauptet wird. Es ist eine höchst auffallende Er- scheinung, daß man stets geneigt war, in früheren Zeiten dem Rhein die beherrschende Rolle in der Entwässerung der Landschaft zuzuerkennen. Hatte doch auch Haag schon die kaum aus ihren Quellästen zusammengefaßte Donau nach Norden abgelenkt sein und durch den Neckar zum Rhein fließen lassen! Diese Annahme wurde an anderer Stelle bereits als unzulässig dargelegt (1. c.). Auch sie resultiert aus der hier so vielfach zu beobachtenden Tat- sache, daß weitgehende Folgerungen an lokale, in eng begrenztem Gebiete gewonnene Beobachtungen geknüpft wurden, ohne die ge- ringste Berücksichtigung der geologischen Verhältnisse der weiteren Umgebung und der Einheitlichkeit der Entwickelungsprinzipien innerhalb eines geschlossenen Landschaftkomplexes. Für unser Gebiet hatte wohl als Erster Gümbel *, der ver- dienstvolle Altmeister der Geologie Bayerns, zu der Ansicht hin- geneigt, daß die Donau einst durch das Altmühlgebirge nach Norden geflossen sei; er scheint jedoch später selbst diese Ansicht wieder fallen gelassen zu haben. In ähnlicher Weise hatte sich Penck früher für einen Donau- durchbruch nach Norden ausgesprochen, indem er schreibt, daß es 1 Vergl. z. B. Gümbel , Kurze Erläuterung zu dem Blatt Neu- markt XIV d. geognost. Karte v. Bayern 1888. Desgl. zu Blatt Ingolstadt. — Geognostische Beschreibung der fränkischen Alb. 1891. p. 254. des ältesten Donaulaufes in Süddeutschland. 113 „nicht unwahrscheinlich ist, daß die Donau damals (zur Zeit des oberen Deckenschotters) nicht bloß im Altmühltale abwärts fließend ihren heutigen Lauf wieder erreichte, sondern daß sie auch teil- weise oder gänzlich jenem aufwärts folgte und sich in das Gebiet des fränkischen Beckens zum Main hin ergossen hat1.“ Aber neuerdings erklärt er sich selbst gegen diese seine ältere Auf- fassung: „Daß die Donau vom Altmühltale aus sich in das fränkische Becken ergossen habe, kann ich heute auf Grund der morpho- logischen Entwickelung des Altmühltales nicht mehr glauben2 3.“ Thürach 3 dagegen ist in seinen Publikationen über dieses Thema noch der Ansicht, daß einst eine Entwässerung des Gebietes nach Norden stattgehabt habe. Sein Hauptargument, auf das er sich hierbei stützt, ist ein Fund von Gerollen diluvialen Alters in der Nähe von Treuchtlingen, die er für alpiner Herkunft hält, und aus denen er dann folgerichtig auf einen nach Norden hin die Alb kreuzenden Wasser- oder Eisstrom schließt. Es muß zunächst schon auffallen , und die Sicherheit des THÜRACH’schen Arguments in Frage stellen, daß dieser sich selbst nicht entscheiden kann, ob Wasser oder Eis, die doch beide typische Formen im Fels zu gestalten pflegen, den Transport der Gerolle ausgeführt hatten. Daß Thürach an einer sehr weitgehen- den Vergletscherung Südwestdeutschlands festhält, ergibt sich u. a. aus einer Arbeit, in der er glaziale Spuren in einem viel tieferen und nördlicheren Teil des fränkischen Beckens gefunden zu haben glaubt 4. Thürach’ s Ansicht war zur Zeit der Veröffentlichung seiner Studien wohl die herrschende. Ich erinnere nur, daß ja auch früher schon Deffner und 0. Fraas und zuletzt noch Koken für eine starke Vergletscherung des ganzen Albkörpers eingetreten waren. Und trotzdem konnten bis heute noch keinerlei glaziale Moränen-Ab- lagerungen, welche mehr als lokalen Charakter haben, sicher nach- gewiesen werden. Im Gegenteil mußten gerade die größten dieser Vorkommnisse sich eine andere Deutung mit weit größerer Sicher- heit gefallen lassen. Es muß also als durchaus fraglich hingestellt bleiben, ob in der Alb und ihrem nördlichen Vorlande überhaupt größere diluviale Gletscher vorkamen , wie das mit Recht schon vor Jahren u. a. Branca und E. Fraas dargetan haben. Speziell im Altmiililgebiet ist nichts von glazialen Ablagerungen nachgewiesen , und es erscheint mir daher durchaus unstatthaft, 1 Penck, Das Deutsche Reich. 1887. p. 168. 2 Penck-Brückner, Die Alpen im Eiszeitalter. I. 1909. p. 49. 3 Thürach, Über ein Vorkommen von Geschieben alpiner Gesteine bei Treuchtlingen, nördlich des fränkischen Jura. Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1898. p. 623. 4 Thürach , Über einige wahrscheinlich glaziale Erscheinungen im nördlichen Bayern. Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1896. p. 665. Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 8 114 H. Reck, Ein Beitrag zur Kenntnis einen so großen Gletscher, wie er nötig gewesen wäre, um die Lage der Treuchtlinger Gerolle zu erklären, nur wegen dieser zu supponieren , ohne irgendwelche weitere Anhaltspunkte über sein einstiges Dasein. Dieser hypothetische Gletscher muß daher bei unserer weiteren Bearbeitung außer Betracht bleiben, zumal auch Penck schon mit gewichtigen Gründen gegen sein Vorhandensein aufgetreten ist: „Wir sind auf der Höhe des Jura 70 km von den nächsten deut- lichen Spuren alpiner Gletscher entfernt, und im Zwischengebiete habe icli auf dem Alpenvorlande auch nicht die geringste Er- scheinung gefunden , die auf frühere Gletscherwirkung deutete. Dies spricht nicht für eine solche Annahme.“ Aber Thürach selbst schien dieser Gletscher etwas pro- blematischer Natur; denn er versuchte auch selbst den Transport seiner Gerolle durch fließendes Wasser zu erklären. Sind daher die Treuchtlinger Gerolle alpin , so ist notwendig zur Zeit des mittleren bis älteren Diluviums eine nach Norden gerichtete Ent- wässerung der Alb anzunehmen. Die Ausführungen gipfeln daher in der Frage: Ist für die Treuchtlinger Gerolle die Annahme einer alpinen Herkunft wirk- lich notwendig? Und ist diese Herkunft durch die THüRACH’sche Arbeit sicher erwiesen? Diese Fragen müssen meiner Meinung nach ent- schieden mit nein beantwortet werden. Thürach fand unter einer Menge vorwiegend lokal oder doch nah beheimateter Gesteinsfragmente „einige rote, von weißen Quarzadern durchzogene, gerundete Kiesel, welche ganz auffallend an die roten, alpinen Radiolarien- kiesel erinnerten.“ Da die Kiesel nun im Dünnschliff untersucht wirklich Radio- larien zeigten, hielt er damit den Beweis für ihre alpine Herkunft erbracht. Offenbar sollen sie den oft radiolarienreiclien roten Horn- steinschichten des oberen Malm in den Bayerischen Alpen ent- stammen. An sich scheint mir hieraus wohl die Möglichkeit ihrer Herkunft aus den Alpen hervorzugehen , keineswegs aber ein zwingender Beweis, auf den allein man die Talgeschichte eines großen Stromnetzes aufbauen könnte! Aber gegen diese theoretische Möglichkeit sprechen hier vor allem zwei gewichtige Einwände, welche geeignet sind, ihre Unzulässigkeit für diesen Fall darzutun. 1. Thürach erwähnt selbst auf gleicher Fundstätte mit seinen „ alpinen “ Hornsteinen „sehr häufig schwarze, weiß ge- aderte Lydite“. Lydite aber weisen mindestens ebenso deutlich auf das Fichtelgebirge als Ursprungsort, wie rote Hornsteine auf die Alpen. Dazu kommt aber noch des ältesten Donaulaufes in Süddeutschland. 115 2. daß die Hornsteine und Lydite des Fichtelgebirges eben- falls zum Teil Radiolarien enthalten. Meines Wissens sind da- gegen keine typischen Lydite mit ihrer schwarzweißen Bänderung aus Schotterhorizonten mit sicher alpinen Gerollen bekannt, aber abgesehen davon bleibt nicht zu vergessen , daß diese typische Struktur den Fichtelgebirgskieseln auch fehlen kann. 1 Dann sind es eben gewöhnliche Hornsteine. Wenn solche aber auch nur selten bunt gefärbt sind, so sind doch auch aus dem Fichtel- gebirge rote Hornsteinbänke bekannt , die sehr wohl die Heimat der THüRAcn’schen Geröllhorizonte sein könnten. Für das Vor- kommen solch roter Hornsteine im Fichtelgebirge zitiere ich nur Gümbel’s Beschreibung der Silurschichten von Guttenberg: „Be- merkenswert sind lyditartige Zwischenlagerungen in dem roten und gelben Tonschiefer. Einige derselben zeichnen sich durch eine prächtig rote, carneolähnliche und bunte Farbe aus.2“ Wenn also schon der petrographische Habitus und der palä- ontologische Inhalt nicht beweisend für die alpine Herkunft der Gerolle sind, so spricht die Vergesellschaftung mit typischen Fichtel- gebirgsgeröllen direkt gegen eine solche Annahme. Dazu kommt noch , daß Gerolle alpiner Herkunft hier ein einzig dastehendes Unikum wären, während Lydite im ganzen fränkischen Albvorland, sowie auch auf der Alb selbst bekannt sind. Ihre Herkunft aus dem Fichtelgebirge aber wird sich im folgenden noch auf das un- gezwungenste ableiten lassen. Ich kann nach alledem die alpine Herkunft der Treuchtlinger Gerolle nicht anerkennen. Damit fällt aber auch der einzige gewichtige Anhalts- punkt für die Annahme eines einst in dieser Gegend nach Norden gerichteten Donaulaufes. Bei Treuchtlingen liegen diese Gerolle auf etwa 430 m Meeres- höhe. Thürach bringt dieselben nun in genetischen Zusammen- hang mit solchen, welche am südlichen Eingang des Wellheimer Trockentales , in der Gegend von Sigellöh auf den Höhen in ca. 500 m Meereshöhe lagernd gefunden wurden. Diese Gerolle be- stehen vorwiegend aus Quarziten, unter ihnen fand Thürach aber auch vereinzelte rote Radiolarienhornsteine, die er mit denen von Treuchtlingen identifiziert. Die Unterschiede der Höhenlage er- klärt er durch das Gefälle des alten Flusses. Das Alter der Treuchtlinger Gerolle aber hat TnüRacH mit Sicherheit als diluvial feststellen können. Danach sind also auch die Sigellöher Gerolle diluvial , eine Annahme , die sich sehr gut mit der herrschenden Ansicht deckt, daß das Wellheimer Trockental mit dem heutigen Alt- mühlunterlauf einem diluvialen Donaulauf seine Entstehung verdankt. 1 Gümbel, Geologie von Bayern. II. 1894. p. 522. 2 Gümbel, Geognostische Beschreibung des Fichtelgebirges. 1879. p. 437. 116 H. Reck, Ein Beitrag zur Kenntnis Die Prämissen der THüRACH’schen Schlüsse scheinen mir jedoch nicht ganz stichhaltig. Zunächst die Altersfrage. Sind die Sigellöher Gerolle diluvial, so gehören sie natürlich dem älteren Diluvium an; Thürach hält sie auch für Äquivalente des älteren Deckenschotters. Gegen diese Identifikation hat sich aber schon Penck1 * 3 gewandt „da die von Thürach erwähnten Stellen im Trockental erheblich höher gelegen sind als die benach- barten Deckenschottervorkommnisse von Burgheim, und selbst höher als die gehobenen von St. Wolfgang. Wenn wir sehen, daß das Quarzgeröll des Mittelmiocäns bis dicht am Jura, z. B. südlich von Ingolstadt, Rollsteine alpiner Herkunft führt, unter denen die roten Radiolarienhornsteine nie fehlen, so werden wir dem Vor- kommen einzelner alpiner Rollsteine auf dem Jura keine große Bedeutung für das Eiszeitproblem einräumen.“ Diese Lagerungsverhältnisse bilden ein vollkommenes Analogon zu dem Verhalten von Geröll und Deckenschotter oberhalb Ulm. Auch der petrographische Habitus ist völlig gleichartig. Es sind fast ausschließlich quarzitische Gesteine , das Fehlen von Kalk- geschieben ist äußerst charakteristisch. Dies läßt die Gerolle aber deutlich als härteste Restgebilde einer früher reicheren Zusammen- setzung erkennen. Und wie dies auf ihre Genese als alte bewegte Flußkiese hinweist 8, so deutet es auch ihr hohes Alter an. Hier wie dort haben wir höhere Lage der Gerolle als der älteren Deckenschotter, hier wie dort also auch höheres Alter der Gerolle als dieser. Damit aber fällt ihre Ablagerung aus dem Eiszeitalter hinaus und wird mindestens ins Pliocän gestellt. Hier wie dort aber auch einzelne alpine Gerolle, die oben bereits als das Aufbereitungsprodukt miocäner Schichten hingestellt wurden. Hierfür spricht auch ihre Verteilung entlang dem Bett des alten, großen Stromes. Durch ihn mußten diese Gerolle ja transportiert werden. Ganz entsprechend finden sie sich im Niveau seiner alten Gerolle als seltene Reste in diesen verteilt, aber nirgends außerhalb seines Bereiches , also etwa auf den breiten Hochflächen der Alb ! Wichtig ist nämlich vor allem die Verbreitung der Quarz - gerölle in unserem Gebiet. Den sorgfältigen Begehungen Schwert- schlager’s 3 verdanken wir besonders die Kenntnis, daß sie vieler- orts an beiden Seiten des Urstromtales auftreten , nicht aber im Altmühltal oberhalb Dollnstein. Er nennt sieben Punkte, an denen er sie feststellen konnte. Bedenkt man noch, daß auch schon auf anderem Wege vorher die selbständige Stellung des mittleren Alt- 1 Penck-Brückner, 1. c. p. 49. 50. - Dietrich, 1. c. p. 12. 3 Schwertschlager, 1. c. des ältesten Donaulaufes in Süddeutschland. 117 miililtales gegenüber dem unteren erwiesen wurde, so verliert das Geröllvorkommen bei Treuchtlingen vollkommen seinen Zusammen- hang mit den Quarzgeröllen bei Sigellöh und Eohrbach. Denn bei dem häufigen Auftreten dieser Gerolle im Urstromtal wäre es völlig unerklärlich, warum diese Gerolle im Altmühltal nach Norden hin fehlen sollten, wenn sie jemals dort gewesen wären. Auch Gümbel hatte schon erkannt und betont, daß die Alb einer Ver- breitung alpiner Gerolle nach Norden eine Schranke setzte.1 Da aber andererseits das glaziale Alter der Treuchtlinger Gerolle nicht zu bezweifeln ist , während die Quarzgerölle jung- tertiär sind, fehlt auch diesbezüglich der leiseste genetische Zusammenhang zwischen beiden Bildungen. Beide sind in Unabhängigkeit v on einander entstandene, selbständige Ablagerungen. Daß das Vorkommen von Jurahornsteinen auch bei Sigellöh weder für einen solchen Zusammenhang noch für einen nach Norden gerichteten alten Strom spricht, wurde schon nach der Lageverteilung der Gerolle , sowie nach Analogie mit dem oberen Donautal dar- getan. Aber auch die lokale Morphologie spricht dagegen. Ab- gesehen davon, daß dann morphologisch ungleichwertige Talstücke verglichen würden , hätte auch die seit der älteren Diluvialzeit stattgehabte Umkehrung des Flußgefälles einen Betrag erreicht, der einzig in dem behandelten Gebiet dastelien und völlig aus dem Kähmen der allgemeinen Entwickelung der Landschaft herausfallen würde. Das Resultat all dieser Betrachtungen ist also, daß hier unterhalb Donau wörth ein altes Urstrom- tal in den Jurakörper eingesenkt ist, in das einst die Altmühl bei Dollnstein mündete. Der alte Strom aber setzte sich von da ab, wie heute nach Osten hin fort, ohne jemals nach Norden geflossen zu sein, wie das bisher vielfach angenommen wurde. Seinem Tal folgen jungtertiäre Quarzgerölle, die in ihrem Auftreten völlig an seinen Lauf ge- bunden erscheinen und nach Lagerung, petrograplii- schem und stratigraphischem Habitus ein völliges Analogon zu den Quarzgeröllen oberhalb Ulm und bei Passau bilden. Dies, sowie auch die anderen erwähnten Analogien und Relationen weisen mit zwingender Notwendigkeit darauf hin, daß dieser Ur ström die Fortsetzung der ältesten bekannten Donau ist, die wir bei Ulm verlassen hatten. Dann aber ist also auch liier ein Stück des jüngst- obermiocänen — pliocänen Laufes der Donau festgestellt. 1 Gümbel, Die fränkische Alb. p. 160. 118 M. Weigelin, Dieser Flußlauf aber muß bereits senilen Habitus angenommen gehabt haben, denn er floß in freien, weiten Mäandern auf einer eingeebneten Fläche, soweit wir ihn verfolgen können, und empfing auch ebenso mäandrierende Nebenflüsse. Der diluviale Donaulauf, der zur älteren Diluvialzeit noch hier lag, wie aus tieferen Schotter- ablagerungen unzweifelhaft hervorgeht, hatte sich also nicht selbst ein Bett erst geschaffen, sondern ein altes übernommen. Dies erhellt ohne weiteres auch daraus, daß die Annahme eines primären diluvialen Flußlaufes das Vorhandensein der Zwangsmäander nicht zu erklären vermöchte. Ist nun aber erkannt, daß ein jungtertiärer Donaulauf bei Rennertshofen die Alb betrat und sich über Dollnstein— Eichstädt fortsetzte, so ist damit die Möglichkeit gegeben , den alten Fluß- lauf ohne Schwierigkeiten bis nach Regensburg zu verfolgen, denn ohne Unterbrechung, in genau derselben Ausbildung, setzen die großen , für diesen Lauf so charakteristischen , tief eingesenkten Zwangsmäander bis zum abermaligen Abbruch des Donautales bei Regensburg sich fort, so keinerlei Zweifel an der absoluten morpho- logischen Gleichwertigkeit und Zusammengehörigkeit der ganzen langen Talstrecke offen lassend. Dann aber trennt nur noch ein relativ kurzes Stück die Passauer quarzitisclien Höhenflußschotter von der Austrittstelle des alten Donautales bei Regensburg und läßt' ihren Anschluß an dieses nur um so erklärlicher und natürlicher erscheinen. Berlin, Geologiscli-paläontologisches Institut der Universität. Der untere Keuper im westlichen Württemberg. Von Max Weigelin, Tübingen. Bei Untersuchungen des unteren Keupers, die ich 1910 und 1911 ausführte, kam ich zu folgenden interessanten Ergebnissen, die ich hier als vorläufige Mitteilung veröffentliche. Der untere Keuper, zu dem ich den Gipskeuper im engeren Sinn und den Schilf Sandstein rechne, läßt sich vor allem nach entstehungsgeschichtlichen Rücksichten in folgende vier Stufen nebst Unterabteilungen gliedern : Von oben nach unten : 1. Stufe des Schilfsandsteins. 2. Stufe der Esther ienschichten mit a) obere bunte Estherienschichten, b) graue Estherienschichten, c) bunte Estherienschichten. Der untere Keuper im westlichen Württemberg. 119 3. Stufe der Blei glanzbank mit a) mittlerer Gipshorizont, b) Bleiglanzbank. 4. Stufe des Grenzdolomits mit a) dunkelrote Mergel, b) Grundgips, c) Grenzdolomit zur Lettenkohle. Stufe des Grenzdolomits. Über dem Grenzdolomit zur Lettenkohle beginnt an manchen Punkten der untere Keuper mit einigen Metern grauschwarzer Mergel, in denen gelegentlich kohlige Reste und Bactryllien Vorkommen. Über ihnen, oder sie teilweise ersetzend, folgt überall, wo er nicht sekundär ausgelaugt ist, der Grundgips in einer 15 — 20 m mächtigen geschlossenen Masse. In seinem unteren Teil, etwa 1,50 — 2 m über dem Grenz- dolomit, findet sich eine fossilführende Bank , die schon länger bekannt ist und von Zeller den Namen Mauchachbank erhielt. Gegen oben verliert der Grundgips seine Geschlossenheit, es stellen sich tonige Lagen ein und wir finden etwa 20 m über dem Grenzdolomit eine teilweise recht versteinerungsreiche Bank, die von Schalch als „oolithische Bank co “ auf Blatt Bondorf herausgehoben wurde. Da diese Eigenschaft aber durchaus nicht charakteristisch ist und auch die Fossilführung im Norden eine andere ist als im Süden (in der Stuttgarter Gegend beinahe aus- schließlich Myaciten gegenüber Myophorien im südlichen Württem- berg) möchte ich die Bank nach ihrem typischen Auftreten bei Böchingen, OA. Sulz, Bocliinger Bank nennen. Über dieser Bank gewinnen rasch Mergel eigenartiger Be- schaffenheit die Oberhand, die dunkelroten Mergel. Ich habe sie als selbständige , dem Grundgips gleichwertige Abteilung ab- getrennt, weil sie ein Äquivalent der in Lothringen und im nord- östlichen Frankreich über dem Grundgips auftretenden Salzlager sind. Ihrer Beschaffenheit nach sind es rote, beziehungsweise bei eingetretener sekundärer Reduktion, grüne, schüttige Mergel, die eine ziemlich lose Anhäufung von feinsten Quarzkörnchen, Eisen- glan zsclnippchen und Ton darstellen. Primäres Carbonat fehlt vollständig, dagegen besitzen sie einen verhältnismäßig hohen Gehalt an Kali und Natron, auch Pseudomorphosen nach Steinsalz sind in ihnen recht häufig. Gips tritt sehr zurück, fehlt aber nicht vollständig. Mit den dunkelroten Mergeln schließt die Stufe des Grenz- dolomits. Ihre Entstehung dürfte sicher auf eine gleichmäßige Eindampfung des mit der Grenzdolomittransgression in das bei- nahe ausgesüßte Lettenkohlebecken hereingeschwemmten Meer- wassers zurückzuführen sein. Beweisend hiefür ist vor allem die Aufeinanderfolge der chemisch ausgeschiedenen Sedimente. 120 M. Weigelin, Auf das Carbonat des Grenzdolomits folgt das Sulfat des Grundgipses und auf dieses das Chlorid in den dunkelroten Mergeln. Es ist dies die Reihenfolge , in der sich aus einer gemeinschaft- lichen Lösung von Carbonat, Sulfat und Chlorid (also aus Meer- wasser) die betreffenden Stoffe bei zunehmender Konzentration ausscheiden , wobei ich aber nicht behaupten will, daß die Kalk- und Dolomitbänke - dieser Stufe auf rein physikalischem Wege ent- standen seien. Was die Fossilführung dieser Stufe anbetrifft , so deutet das Auftreten von Myophoria Goldfussi und M. intermedia in der Bochinger Bank und von M. transversa und Gcrvillia snbstriata, neben obigen , in der Mauchachbank , darauf hin , daß die Stufe des Grenzdolomits noch nach unten zur Lettenkohle oder richtiger zum Muschelkalk zu rechnen ist, wofür ja auch die Eindampfung von Wasser der Grenzdolomittransgression spricht. Mit der die dunkelroten Mergel abschneidenden Blei glanz- bank treten wir erst in den eigentlichen Keuper ein. Das Auf- treten der den Myophorien des oberen Muschelkalks fremden Myo- phoria Baibliana, deren Identität mit der M. Kefersteini der Raibler Schichten ich an Hand einer großen Anzahl schöner Schalen- exemplare aus der Blei glanzbank von Sindelfingen nachweisen konnte, gibt uns den Beweis, daß wir die Stufe der Bleiglanzbank als das Produkt einer weit von Süden her ausholenden Transgression frischen Meerwassers aufzufassen haben. Die Eindampfung dieser Wasser geschah dann unter beinahe den gleichen Verhältnissen wie in der Stufe des Grenzdolomits. Auf die Bleiglanzbank mit ihrem reichen Tierleben und der dadurch abgeschiedenen Carbonatbank folgt der mittlere Gips- horizont, in dem sich im allgemeinen keine Steinmergel finden. Knolliger Gips und viel Ton sind in Württemberg für diese Ab- teilung charakteristisch. Im oberen Teil finden sich sehr häufig Steinsalzpseudomor- pliosen, während der Gips znrücktritt. Wir sehen also auch hier wie in der Stufe des Grenzdolomits die Reihenfolge Carbonat — Sulfat — Chlorid. In beiden Fällen haben wir Eindampfungszonen vor uns! Der sicherste Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung wird vor allem durch ein von van Werve ke in den Mitteilungen der geologischen Landesanstalt von Elsaß-Lothringen 6. p. 361 ver- öffentlichtes Profil einer Kernbohrung von Dieuze gegeben. Dort zeigte sich, daß über dem sicher erkannten Grenzdolomit der Letten- kohle zuerst 36 m Gips und Anhydrit folgen, die unserem Grund- gips entsprechen, darauf liegen 34 m Steinsalz, Gips und Mergel. Bis hierher geht also sicher die erste Eindampfung oder die Stufe des Grenzdolomits. Der untere Keuper im westlichen Württemberg. 121 Die Transgression der Bleiglanzbank hat hier zwar nicht zur Abscheidung einer fossilführenden Bank geführt, wohl aber hat sie einen starken Wechsel in der Sedimentation hervorgerufen, indem über dem Salzlager der Stufe des Grenzdolomits ein 34 m mächtiges zweites Gipslager folgt, in dem Salz nur sekundär als Spaltfüllung vorkommt. Auf dieses folgen 80 m Salz , Gips und Anhydrit, die mit dein ebengenannten Gipslager eine zweite Ein- dampfungszone darstellen , die unserer Stufe der Bleiglanzbank entspricht. Bedeckt ist dieses obere Salzlager von 30 m bunten Mergeln, die sicher unseren Estherienschichten entsprechen, auf sie folgt Schilfsandstein. Die Stufe der Estherienschichten, deren Liegendes mancher- orts, z. B. im südöstlichen Baden und in Franken, von einer nicht sehr fossilreichen Bank , der Corbula- Bank Thürach’s , gebildet wird, besitzt in Württemberg eine Mächtigkeit von ca. 30 m. Ich konnte sie, ähnlich wie dies die badischen Landesgeologen im Kraichgau getan haben, in Württemberg und auch im südöst- lichen Baden in zwei Abteilungen gliedern, die, bei etwa gleicher Mächtigkeit, sich durch ihre Farbe unterscheiden. Enten, die bunten Estherienschichten und oben die grauen Estherienschichten, zwischen diesen und dem Schilfsand- stein normaler Fazies befinden sich noch ca. 4 m obere bunte Estherienschichten , die dem oberen Gipshorizont der badischen Landesgeologen im Kraichgau entsprechen. Die Estherienschichten sind charakterisiert durch das starke Vortreten fester Lettenschiefer, daneben finden sich ziemlich häufig Steinmergel, die auch große Entfernungen durchstreichen. Gips in Stöcken ist besonders in den bunten Estherienschichten recht häufig, er erreicht aber nie, außer im südöstlichen Baden, die Ausdehnung und Geschlossenheit wie im Grundgips oder im mittleren Gips- horizont. Von den Steinmergeln sind einige fossilführend, selten läßt sich aber diese Eigenschaft auf größere Strecken verfolgen. Es empfiehlt sich also in den Estherienschichten nicht, Fossil- bänke entfernterer Vorkommen miteinander zu vergleichen, wenn nicht der verhältnismäßig lückenlose Zusammenhang nachgewiesen werden kann, wie dies z. B. bei der Anatinenbank auf große Ent- fernungen möglich ist. Theoretisch könnten ja überhaupt alle Stein- mergel versteinerungsführend sein, weil ihr Carbonat zur Ab- scheidung doch eines tierischen Lebens bedurfte. — Das gleiche läßt sich wohl auch von den fossilführenden Steinmergeln des mittleren Keupers sagen , wie überhaupt die Estherienschichten große Ähn- lichkeit mit den Mergelschichten des mittleren Keupers besitzen. Die Entstehung der Estherienschichten führe ich auf vom Land her einsetzende starke Zufuhr süßen Wassers zurück , mit 122 M. Weigelin, Ol ~ L 1-1 s r • cS ^ ^ 03 o o> m CO +3 £ I e ^ .2 'S <1 Ü Ul 03 «_ 3 ^ 5-1 03 03 +3 £ ui 5h w ^ 03 .2 S.s 51 CO CO PQ ö iS • 3 /-s TO ^ «rH £ s I ! .$ ’co ^ w CO <^> o a :f § 5^ o~ § .^H <*> 3 <1 p >3 03 ^ o O ,— i H-3 03 ^ EP S 03 _,* ^ S | ., 03 .'S 03 #bß ß t; rö u 03 S ui 03 bß £ 'O ß «Ä p S(-1 ^ #03 03 lp •g *3 . iS *03 "cS ■+■= Ul CO p ß !§ £ “ 'Ö3 p co CO 03 .5* Ö HH ^ 03 j. bß 3>| bß 03 ° ! *2 p. ° Ö 03 ß 03 CO i-q m pP O :p 03 'P ±j -U rC rp g | s pq bß «2 Ul Ul ~ 03 B * 'i T 03 co (M ci CO co ß I 03 w H o m 30 Ul 03 0 Sh 03 CO Sh (M rr* C/2 03 03 ° H-3 ts P oä ! 'Ö P * o3 03 «*H 03 Ü 03 o 03 S ^ O O P jjH P B P i— ü HH öS +H O CO co CO rO co Tb rc* i co 1 -H* Herr cand. rer. nat. Pfeiffer fand hierin in der Heilbronner Gegend Myaciten. Der untere Keuper im westlichen Württemberg. 123 dem eine Menge tonigen Materials neben gelöstem Carbonat in das Keupermeer eingeschwemmt wurde. Die Aussüßung gestattete wieder ein Tierleben, das in den grauen Estherienschichten so stark wurde, daß alle bunten Eisenverbindungen reduziert werden könnten, was in den bunten Estherienschichten noch nicht der Fall war. Über den Estherienschichten und in sie in mächtigen Flut- rinnen einschneidend folgt der Schilf san dstein. Er stellt das Maximum dieser Süßwasserzufuhr dar, die dabei nicht nur toniges Material, sondern auch viel Quarz- und Glimmersand mitführte. Dieser Vorschub sandigen Materials erfolgte natürlich nicht plötz- lich, ebensowenig wie er mit einem Schlag aufhörte. Das Ein- setzen sehen wir im oberen Teil der Estherienschichten, wo sich neben viel tonigem Material recht reichlich Glimmersand findet. Man kann dies natürlich nur dort beobachten, wo der Schilfsand- stein in normaler Fazies vorliegt, das heißt, wo er ohne Diskordanz die Estherienschichten überlagert. Das Ausklingen der Sandführung sehen wir in den dunklen Mergeln Lang’s, die ich deshalb auch nur als eine tonige und natürlicherweise etwas jüngere Fazies des Schilfsandsteins ansehe, nicht aber als den Absatz eines erneut vordringenden Meeres. Dieses Einsetzen und Ausklingen des Schilf- sandsteins, ferner vor allem seine lückenlose Ausbreitung über ein riesiges Gebiet und die Zwischenschaltung von Mergeln, ja sogar von Steinmergeln, hat mich zu der Ansicht geführt, daß der Schilf- sandstein in Württemberg und weiter westwärts unter einer Meeres- bedeckung abgesetzt wurde. (Meer nicht im Sinne eines freien Ozeans, sondern als ganz oder teilweise von der hohen See ab- geschnittenes, mit Salzwasser angefülltes Seebecken größter Aus- dehnung.) Die Flutrinnen wären dann trotzdem als untermeerische Fort- setzung von Flüssen aufzufassen, für welche Möglichkeit wir ein Beispiel im Verhalten des Rheins im Bodensee besitzen. Über den Schilfsandstein in Flutfazies läßt sich nicht viel Neues sagen, ich konnte nur die Ansicht von E. Fraas u. a. be- stätigen, daß die allgemeine Richtung der Flutrinnen in Württem- berg von Ost nach Westen geht; interessant ist ferner, daß wir in dem eigentümlichen langgedehnten Höhenzug des Heuchelberges wohl sicher eine derartige, durch die Erosion herauspräparierte Flutrinne besitzen, deren östliche Fortsetzung vielleicht im Neckar- sulmer oder Heilbronner Schilfsandsteinzug zu suchen ist. Ich lasse hier ein Übersichtsprofil des unteren Keupers in Württemberg folgen, wobei ich aber betonen muß, daß die Mächtig- keit der einzelnen Schichten in weitestem Maße von dem Grade der Auslaugung abhängig ist. (Siehe Tabelle p. 122.) 124 Besprechungen. Besprechungen. Robert Marc: Vorlesungen über die chemische Gleicligewichtslelire und ihre Anwendung auf die Probleme der Mineralogie, Petrographie und Geo- logie. Jena bei Gustav Fischer. 1911. 212 p. mit 144 Textfig. Gegen Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bestand der enorme Fortschritt, den damals die Mineralogie machte, darin , daß allmählich die Methoden und Lehren der Physik, namentlich die der Optik auf das Studium der Mineralien an- gewendet wurden. Es war vor allen Des Cloizeaux , der diesen Weg systematisch vorwärts schritt, und ihm folgten die jüngeren Mineralogen jener Zeit, so daß es heute im Gegensatz gegen früher keinen Anhänger und Vertreter der mineralogischen Wissen- schaft gibt, der nicht auf diesem Gebiet vollständig ausgebildet wäre, und keine Vorlesung über Mineralogie, die dem nicht ein- gehend Rechnung trüge. Damit war auch die Möglichkeit gegeben, die Gemengteile selbst der dichten Gesteine in rationeller Weise u. d. M. zu untersuchen , wie es Sorby angefangen und Rosen- busch, Zirkel u. a. weiter ausgebildet haben. Die Folge war ein ungeahnter Fortschritt der Petrographie , der jetzt noch andauert und der auch auf viele Gebiete der Geologie neues Licht warf. Heute steht die Mineralogie wieder vor einem Wendepunkt wie damals, der Fortschritt, den sie jetzt nehmen wird, und der sich schon vielfach fühlbar macht, ist die Anwendung der Lehren der physikalischen Chemie auf die Kenntnis und das Studium der Mineralien. Nur wer die Lehren und die Methoden der physi- kalischen Chemie beherrscht , wird in Zukunft an der Weiterent- wicklung der Mineralogie vollen Anteil nehmen können und das- selbe gilt für die Petrographie und für ausgedehnte Teile der Geologie. Den Vertretern dieser drei Wissenschaften die Kenntnis ] der neuen Hilfswissenschaft zu vermitteln, ist der Zweck des vor- ; liegenden Buches , und man darf wohl sagen , daß dieser Zweck auch vollständig erreicht wird, soweit es in einem so engen Rahmen möglich ist, in dem es nur die Kenntnis der allgemeinsten Grund- lagen der Physik und Chemie voraussetzt , wie sie von jedem älteren Studierenden der Naturwissenschaften gefordert werden. Das Buch, für das der Verf. , der gleichzeitig Dozent der physi- kalischen Chemie und Assistent am mineralogischen Institut der Universität Jena ist, besonders geeignet erscheint, ist hervor- gegangen aus Vorlesungen über den im Titel genannten Gegen- stand, die von den Studierenden mit Interesse gehört wurden. Der Besprechungen. 125 Inhalt dieser 13 Vorlesungen ist der folgende: 1. Der Begriff des Gleichgewichts in der Chemie. 2. Einfluß der Änderungen der Konzentration , des Drucks und der Temperatur auf das Gleich- gewicht: a) Massenwirkungsgesetz, b) Phasenregel. 3. Abhängig- keit des Schmelzpunkts vom Druck, polymorphe Umwandlung. 4. Abhängigkeit der Stabilität vom Druck , Kristallisations- und Umwandlungsgeschwindigkeit und ihr Einfluß auf die Struktur des entstehenden Produkts. 5. Systeme aus zwei Komponenten. 6. Ein- fluß des Drucks auf Systeme aus zwei Komponenten, deren Aus- scheidungsfolge und Ausscheidungsform. 7. Die festen Lösungen. 8. Systeme aus drei Komponenten. 9. Systeme aus mehreren Komponenten , von denen die eine flüchtig ist ; speziell wäßrige Lösungen: a) Kryohydratischer Punkt, Schmelzpunkt von Hydraten, b) Die Zersetzung von Hydraten, c) Dreistoffsysteme, d) Das iso- therme Diagramm, e) Das granitische Magma. 10. Die Unter- suchungen van’t Hoff’s über die ozeanischen Salzablagerungen : a) Einleitende Untersuchungen, b) Die einzelnen Zweistoffsysteme, c) Die Kristallisationsbahnen. 11. Dasselbe wie in 10., Fort- setzung : a) Mitberücksichtigung des Chlornatriums , b) Die Um- wandlungsvorgänge und die Methode ihrer Untersuchung, c) Die wichtigsten Änderungen bei höheren Temperaturen , d) Prüfung der experimentellen Ergebnisse an den natürlichen Vorkommen. 12. Gleichgewichte an Oberflächen : a) Die Adsorptionsreaktionen, b) Die Natur der Gele und ihre Bedeutung im Mineralreich, c) Die Adsorption an kristallinischen Stoffen. 13. Allgemeine geoche- mische Betrachtungen. Man ersieht aus dieser Inhaltsangabe, daß der Stoff sorgfältig und zweckmäßig ausgewählt ist , so daß das Buch für eine erste Einführung wohl geeignet ist; für solche, die weitergehen wollen, ist überall die wichtigste Literatur angeführt. Die Ausstattung in Druck und Abbildungen ist wie bei allen Werken aus dem bekannten Jenaer Verlag vortrefflich, so daß man dem vorliegenden auch aus diesem Grunde den besten Erfolg wünschen kann. Max Bauer. Adolf F. Weinhold: Physikalische Demonstrationen. Anleitung zum Experimentieren im Unterricht an höheren Schulen und technischen Lehranstalten. Fünfte verbesserte und vermehrte Auflage. Leipzig bei Johann Ambrosius Barth. 1. Lieferung. 1911. 352 p. Mit 5 Taf. und 262 Fig. im Text. Das vorliegende Werk hat sich , wie das Erscheinen in 5. Aufl. zeigt, für den von ihm ins Auge gefaßten Zweck recht nütz- lich erwiesen. Auch Mineralogen können aus den klar anschaulich beschriebenen , durch gute Abbildungen erläuterten Versuchen für Unterrichts- und Forschungszwecke manches Brauchbare ent- nehmen , weshalb hier kurz darauf aufmerksam gemacht werden 126 Besprechungen. soll. Der Inhalt der ersten Lieferung ist : Einrichtung der Zimmer- apparate zu mehrseitigem Gebrauch. Einleitung in die Physik. Gleichgewicht und Bewegung. Schwingungserscheinungen. Auch der Inhalt der weiteren Lieferungen soll hier mitgeteilt werden* Max Bauer. Alexander N. Winchell. Directions f or L ab o ratory Work in Optical Mineralogy. Madison, Wisconsin, 1911. 36 p. 1 Tafel. Wenn auch die vorliegende Broschüre hauptsächlich zum Ge- brauch in Verbindung mit des Verfassers Elements of Optical Mine- ralogy in dem optisch-mineralogischen und petrographischen Prak- tikum der University of Wisconsin bestimmt ist, enthält dieselbe doch Angaben von allgemeinem Interesse. Der Gebrauch des Mikroskopes mit gewöhnlichem Lichte, isotrope Mineralien , der Gebrauch von parallelem polarisiertem Lichte, der Gebrauch von gekreuzten Nicols in parallelem und konvergentem Lichte, einachsige Mineralien, die optischen Eigen- schaften zweiachsiger Mineralien , zweiachsige Mineralien und der Gebrauch der analytischen Tabellen zum Bestimmen der gesteins- bildenden Mineralien, wie sie sich in Winchell’s Optical Mineralogy vorfinden, werden in kurzen Abschnitten behandelt. E. H. Kraus. Jesse Perry Rowe. Practical Mineralogy Simpli- fied. New York 1911. 162 p. und 2 große Tabellen. Dieses Buch ist besonders für Bergleute, Prospektoren und solche Studenten des Bergbaus, die nur wenig in der Mineralogie bewandert sind, bestimmt. Die wichtigsten physikalischen Eigenschaften der Mineralien und die verschiedenen Flammenfärbungen werden kurz in der Ein- leitung beschrieben. Dann folgen mehr oder minder gemein- verständliche Beschreibungen der Mineralien, wobei besonderes Gewicht auf die Erze gelegt worden ist, indem zirka 100 Seiten denselben und nur 40 Seiten den nichtmetallischen Mineralien ge- widmet worden sind. Die verschiedenen Eigenschaften und die ökonomische Verwendung der beschriebenen Mineralien sind in zwei großen Tabellen am Ende des Buches zusammengestellt. Obzwar das Buch keine Kristallfiguren oder sonstige Ab- bildungen enthält, was das Verstehen der Beschreibungen natür- lich erschwert, werden praktische Bergleute dasselbe doch recht brauchbar finden. E, H. Kraus. Besprechungen. 127 Emil Fischer : Taschenbuch für Mineraliensammler. Leipzig1 bei Oskar Leiner. 5. Aufl. 1911. 324 p. Mit 2 Farben- drucktafeln und zahlreichen Holzschnitten. Das Buch gibt eine populär gehaltene Anleitung zum Sammeln von Mineralien für Anfänger und eine solche ist offenbar ein Bedürfnis , wie das Erscheinen in fünfter Auflage zeigt. Man findet eine „allgemeine Oryktognosie“ bis p. 43, eine „Physio- graphie der Mineralien“ bis p. 199, „Geognosie und Geologie“ bis p. 231. Dann folgen endlich „Winke für die Sammler“ nur von p. 235 — 240. Den Schluß bildet ein Fundnotizbuch, eine Anzahl leerer, in einige Rubriken geteilter Blätter zu Notizen. Ohne die populäre Darstellung zu beeinträchtigen, könnte der Yerf. den modernen Standpunkt der Mineralogie bei einer etwaigen neuen Auflage etwas besser berücksichtigen und wenigstens bei wichtigen Mineralien das Wissenswerte etwas vollständiger angeben. So werden z. B. beim Diamant mehrere große Steine aufgezählt, die größten „Excelsior“ und „Cullinan“ scheint Verf. aber nicht zu kennen. Anderseits könnte manches dagegen ohne Schaden weg- bleiben, so namentlich die beiden Farbentafeln. Max Bauer. F. H. Hatch : Mineralogy. 4. Aufl. London bei Whitt- acker & Co. 1912. 253 p. und 124 Abbildungen im Text. Verf. hat diese 4. Auflage seines kleinen Lehrbuchs den drei früheren gegenüber vollständig umgearbeitet und nicht unerheblich erweitert. Die allgemeine Mineralogie wird auf 82 Seiten teil- weise wohl allzu kurz für das Verständnis eines Anfängers ab- gehandelt. Dann folgt der zweite beschreibende Teil, in dem die Mineralien in den vier Abteilungen der gesteinsbildenden Mineralien, den Erzen, der Salze und der anderen, nicht zu den Erzen gehörigen nutzbaren Mineralien und der Edelsteine kurz abgehandelt werden. Von einem und demselben Mineral ist dabei an verschiedenen Stellen die Rede. Der Druck ist gut, die Figuren könnten z. T. besser sein. Ein recht ausführliches alphabetisches Register macht den Schluß. Max Bauer. K. Foehr: Mineralogie für Ingenieure und Chemiker. Kollegienhefte. 1. Leipzig bei S. Hirzel. 1911. 173 p. Mit 145 Abb. Das Buch soll wie die anderen von demselben Verfasser herausgegebenen Kolleghefte dazu dienen, in der Vorlesung benutzt zu werden. Zur Aufnahme von Notizen ist jeder Band mit weißem Papier durchschossen. Die Behandlung des allgemeinen Teils ist die allgemein übliche, wobei stets die wichtigste Literatur für die weiter strebenden angegeben ist. Im speziellen Teil legt Verf. sein eigenes Mineralsystem zugrunde (vergl. N. Jahrb. f. Min. etc. 1910. I. -319-). Die Behandlung ist überall kurz und im ganzen übersichtlich. Die Ausstattung ist in Druck und Abbildungen gut. Max Bauer. 128 Besprechungen. — Miscellanea. W. R. Cattelle : The diamond. Johne Lane, The Bodley Head. London 1911. 429 p. Mit zahlreichen Tafeln. Der Verf., dem wir schon ein Werk über Edelsteine ver- danken, behandelt hier den Diamant im einzelnen. Er betrachtet ihn in der Hauptsache vom praktischen Standpunkt aus und betont vornehmlich die Gewinnung und die Verwendung, sowie den Handel, die Eigenschaften im wesentlichen nur, soweit sie darauf von Ein- fluß sind. Da überall der neueste Standpunkt festgehalten ist, bietet das Buch viel Interessantes. Es enthält eine allgemeine Einleitung über den Diamant und betrachtet dann den Diamant als Handelsware und die Entwicklung des Diamanthandels , die berühmten Diamanten, die Eigenschaften des Diamants und den Diamanthandel, die Farben und die Fehler, die indischen und die brasilianischen Diamantgruben, die Gräbereien in Australien, China, Guayana, Rußland, in den Vereinigten Staaten und die Diamanten in den Meteoriten, endlich, selbstverständlich in besonderer Aus- führlichkeit, die Diamantvorkommen in Südafrika, wobei allerdings die in Deutsch-Siidwestafrika ziemlich stiefmütterlich behandelt worden sind. Es folgt eine Betrachtung des Diamants vom kauf- männischen Standpunkt aus , der künstlichen Diamanten und der Diamantengewichte, sowie eine Anweisung, wie man sich beim Ankauf von Diamanten zu verhalten und worauf man dabei zu achten hat. Originell und in anderen Werken über Diamant ist eine ausführliche Darstellung der Rolle, den dieser Edelstein in der (englischen) Literatur einnimmt. Den Schluß macht eine Schilderung des aus den Zeitungen der letzten Jahre bekannten dreisten Diamantenschwindels , den der Franzose Henry Lemoine nicht ohne Erfolg ins Werk gesetzt hat. Die Tafeln stellen haupt- sächlich eine Anzahl besonders prächtiger Schmuckstücke aus Diamant dar und geben Ansichten Zahlreicher Schliffformen, auch der in der letzten Zeit neu aufgekommenen. In dieser Beziehung hätte wohl die Beschreibung etwas eingehender sein können. Ein ziemlich ausführliches Register erleichtert die Orientierung. Max Bauer. Miscellanea. Die Kaiser -Wilhelm -Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft hat die zoologische Station in Ro- v i g n o (Italien) durch Kauf erworben, und es ist ein Kura- torium zur Ausnutzung des Instituts zu Forschungszwecken ge- bildet worden. Ferner hat die Gesellschaft die Gründung mehrerer geologischer Institute eingeleitet. Es handelt sich um ein Unternehmen, das große Mittel in Anspruch nehmen wird. Voigt & Hochgesang * Göttingen Fabrikation von Dünnschliffen von Gesteinen: Preis im Durchschnitt Mk. 1.10 Nur für besonders schwierig’ zu bearbeitendes Material tritt ein geringer Preis- aufsclilag’ ein. Unerreichte Qualität, Dünne 0,02 mm. Kristalle: Genau orientierte Schliffe. Preis Mk. 1.30 — 1.50. Kristailpräparate für sämtliche mineralogischen Untersuchungen in tadelloser Aus- führung zu angemessenen Preisen. Zahlreiche Dünnschliff-Sammlungen, zusammengestellt von bedeutenden Fachleuten der Mineralogie. Neu! 120 Dünnschliffe kristalliner Schiefer, zusammengestellt von U. Grubenmann, mit erklärendem Text von Dr. Laura Hezner. 36 Dünnschliffe typischer Erzlagergesteine, ausgewählt und beschrieben von R. Beck. 14 Dünnschliffe amerikanischer Erzlagergesteine, ausgewählt von E. Ritter, Colorado, beschrieben von E. Beck. 28 Thin Sections of the diamond-bearing. Kimberlites of South Africa, ausgewählt und beschrieben von G. S. Corstorphine, Johannesburg. Anfertigung von Mikrophotographien und Diapositiven. Kristallmodelle aus Holz- und Glastafeln. Schleifutensiiien zur Herstellung von Dünnschliffen Mineralogische und geologische Bedarfsartikel. Kataloge gratis. Im Februar 1912 erschienen: Neuer kristallographisclier Katalog ]*<>. sa. Aus' dem reichen Inhalt möge her voi gehoben sein : Modell zur Demonstration der Lage des rhombischen Schnittes bei den Plagioklasen nach Prof. Dr. K. Hintze. Neue Pappkristallmodelle nach Prof. Dr. K. Orba. Kristallographische Kaleidoskope nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Kristallographisches Spiegel-Poiyskop nach Prof. Dr. K. Orba. Modell zur Demonstration der stereographischen Projektion und Wandtafel für sterecgr. Projektion nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Glasmodelle zur Erläuterung der Aetzmethode nach Prof. Dr. G. Wulff. Modelle zur Erläuterung der Bildung der ozeanischen Salz- ablagerungen nach Dr. E. Jänecke. Neu© Mineralpräparate und orientierte Mineraldünnscblilfe. Aus der neuen (achten) Auflage des mineralogischen Haupt- katalogs No. 1 (Juli 1910) empfehlen wir: A. Vorlesungssammlung von 100 Mineralpräparaten. Diese Sammlung enthält nur Präparate von natürlichen Mineralvorkommen (mit Ausnahme von künstlichem Rubin und Borax) und ist in der Weise zusammengestellt . daß alle wichtigen optischen Erscheinungen daran demonstriert werden können. Der Preis einer Normalsammlung von 100 Mineralpräparaten in guter Mittelqualität beträgt einschließlich eines zweckmäßig eingerichteten Kastens Mk. 1100. — . Dieselbe Samm- lung in besonders guter Qualität kostet Mk. 2000. — . B. Sammlung von 225 orientierten Dünnschliffen von 134 gesteinsbildenden Mineralien, angeordnet nach H. Rosenbusch und E. A. Wülfing: „Mikroskopische Physi ographie der petro- graphisch wichtigen Mineralien“, I. Band. 2. Teil, 1905. Preis der ganzen Sammlung von 225 Mineralschliffen, einschließlich.Etui = Mk. 375. — . ; 175 „ „ • X „ 295. — . „ 125 „ ,. „ =; „ 205.— . Dünnschliffe von eingesandtem Material werden sorgfältig und pünktlich hergestellt, und zwar in der üblichen Stärke bis zu 0.02 mm und darunter. Durchschnittlich wird für einen Schliff auf Vereinsformat (28 X 48 mm) montiert Mk. 1.— berechnet. Nur für besonders schwierig zu bearbeitende Gesteine wird ein ent- sprechender Aufschlag berechnet. Auf Wunsch werden größere, bis handgroße Schliffe angefertigt. Dr. F. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, Fabrik u. Verlag mineralogischer u. geologischer Lehrmittel. Gegr. 1833. — — ■ ISoim a. Rheiis. Gegr. 1833 Verlag der E. Schweizerbart’scben Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, Stuttgart. Johannesstr. 3. Druck von C. Grüninger. K. Hofbnchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann), Stuttgart. X'b.fe O & 1. März 1912. '\X 3 Centralblatt für Mineralogie, Geologie and Paläontologie in Verbindung mit dem Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie herausgegeben von M. Bauer, E. Koken, Th. Liebisch in Marburg. in Tübingen. jn Berlin. 1912. No. 5 STUTTGART. E. Schweiz erhärt’ sehe Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser. 1912. Monatlich 2 Nummern. Preis für Nichtabonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Mk. pro Jahr. Abonnenten des Neuen Jahrbuchs erhalten das Centralblatt unberechnet. Nu“mer ist beigefügt ein Prospekt der E. Schweizerbart’sehen Ver- ÄÄÄ‘Dr' Spr0eSSer- in ** FrecÄIel Inhalt. Original-Mitteilungen etc. c .. w ^ Seite Andree. K. : Nochmals über die Deformationen von Salzgesteinen 129 Noetling, Fritz: Das Vorkommen der Riesen-Marsupialier in Tasmanien 133 Semper, Max: lieber Artenbildung' durch pseudospontane Evolution 140 Kormos, Theodor: Die pleistocäne Molluskenfauna des Kalk- tuffes von Rontö (Komitat Biliar) in Ungarn 152 Versammlungen und Sitz uii^be richte 158 M i s c e 1 1 a n e a • 160 Druckfehlerberichtigung 160 = Zu kaufen gesucht = Giimbel, Geognost Beschreibung von Bayei Abteilung IV: Fränkischer Jura. Komplett oder Blatt Neumarkt apart. Off. mit. U. 8. an den Verlag dieses Centralblattes. E. Sch weizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Nägele &Dr. Sproesser in Stuttgart. A. Osann, den Jahren 1884- Beiträge zur chemischen Petrographie. II. Teil: Analysen der Eruptivgesteine aus 1900. Mit einem Anhänge : Analysen isolierter Gemengteile. Preis Mk. 16. — r. (Preis von Teil I Mk. 9. — .) K. Andree, Nochmals über die Deformationen von Salzgesteinen. 129 Original-Mitteilungen an die Redaktion. Nochmals über die Deformationen von Salzgesteinen. Schlußwort auf die „Erwiderung“1 des Herrn R. Lachmann. Von K. Andree in Marburg a. L. Wie zu erwarten war, hat R. Lachmann (im folgenden mit L. abgekürzt) das Bedürfnis gefühlt, auf mein „Nachwort“ 2 in der Frage der „Inneren oder äußeren Ursachen der Deformationen von Salzgesteinen“ zu „erwidern“. Ich könnte es mir schenken, noch- mals auf die Sachlage zu sprechen zu kommen, da L. meine Ein- wände in keiner Weise entkräftet hat, und da ich mir vorgenommen hatte, „erst auf das Prinzipielle der fraglichen Erscheinungen ein- gehender zurückzukommen“, nachdem L. seine neue Ansicht durch die Angabe der umgestaltenden physikalischen Kräfte gestützt haben würde. Diese Begründung seiner revolutionären Anschauungen ist mir aber bisher nicht bekannt geworden. Ich zweifle auch daran, daß sie sich bei L. mittlerweile zu einer klaren Vorstellung ver- dichtet hat , lese ich doch , aus seiner Feder stammend , folgende Sätze3: „Im übrigen kann ich auch heute noch nicht Herrn Harbort zufriedenstellen , wenn er dargelegt haben will , mit welchem physikalischen Namen die Salzauftriebskräfte abgestempelt werden müssen. Nach Kraftgröße und Ablauf scheint mir manches in die Gruppe der osmotischen Kräfte zu weisen, über die ja allerdings i selbst unter den Physikern keine gemeinsame Vorstellung existiert. Wie weit sich hier die Laboratoriumsbegriffe und die Erscheinungen in der Natur entgegenkommen , bleibt anderweitig’ auszuführen.“ Das ist , von L. selber ausgesprochen , der Beweis für die Be- rechtigung meines allgemeinen Vorwurfes über L. ’s Arbeits- weise, auf welchen derselbe jedoch in seiner „Erwiderung“ ein- zugehen vergessen hat. Die Art und Weise nun, wie L. diese vorbringt, zwingt mich, nochmals auf die Sachlage zurückzukommen. Indem ich aber vorausschicke, daß ich gar keinen Wert darauf lege, L. zu meiner Auffassung des Begriffs der „Diagenese“ zu bekehren — wenn dieselbe von irgendwelcher Bedeutung für den Fortschritt der Wissenschaft ist, wird sie sich ohnedies durchsetzen — , habe ich folgendes festzustellen : 1 Vergl. dies. Centralbl. 1912. p. 46 — 48. 2 Ibidem 1911. p. 698—701. 3 Monatsber. deutsch, geol. Ges. 63. '1911. p. 491. (Diskussion mit E. Harbort.) Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 9 130 Iv. Andree, 1. L. erklärt Fältelungen von Kies erit lagen inner- halb relativ ungestörter Salzgesteine durch die Volumvermehrung, welche frisch sedimentierter Kieserit durch Wasseraufnahme bei der Umwandlung in Magnesiumsulfathexahydrat oder gar Reichardtit erleidet. Er bezieht sich hierbei darauf, daß der heute zu Halden aufgeschüttete Kiegerit infolge oberflächlicher Verwitterung „ Auf- wölbungen“ und „Hohlräume“ entstehen läßt, „auf deren Boden wieder kleinere Krusten vom Boden sich auf hebend“ emporwachsen. Von diesen Aufwölbungen und Hohlraumbildungen ist es aber meines Erachtens ein weiter Weg zu den gefalteten Hexahydrat- bezw. Reichardtit - L agen , die L. sich in der Zechsteinzeit an der Erdoberfläche entstanden denkt, und ich bestreite eben auf Grund der Tatsachen, die L. unnötigerweise nochmals anführt, nach wie vor, daß Fältelungen von der Art der Kieseritfältelung in dünnen , oberflächlichen Salzschichten ent- stehen können. Es wäre natürlich interessant zu erfahren , wie sich nun solche Aufwölbungen von Hexahydrat, bezw. Reichardtit bei weiterer Belastung mit Sediment, sowie bei der schließlichen Rückbildung in Kieserit verhalten sollen. Hierüber schweigt sich L. wohlweislich aus. (Es erübrigt sich für mich, die Vorwürfe von „tatsächlichen Irrtiimern“ und einem „Übersehen“ — den Ausdruck der Verlegenheit über meine ihm unbequemen Einwände nach dem bewährten Prinzip: die beste Verteidigung besteht im Angriff — zurückzuweisen; denn jeder unbefangene Leser der be- treffenden Sätze meines Nachwortes wird in meinem „Ansinnen“ (? !) an L., „mir in der Natur im ursprünglichen, durch Hutbildung nicht veränderten Lager, „verkrampfte" Lagen von Magnesiumsulfathexa- hydrat oder Reichardtit“ nachzuweisen, zwischen den Zeilen lesen, daß dieses im Zeclisteinsalzlager ziemlich unmöglich ist, da ge- rade infolge der tiefen Versenkung jene Umwandlung eingetreten sein mußte, über welche mich L. zu belehren versucht. Anders aber liegt der Fall — und das bedeutete der in meinem „Nach- wort“ folgende Satz — in jüngeren, nicht so tief versenkten Kalisalzlagern (z. B. Oberelsaß) ; aber auch hier sind meines Wissens die höher gewässerten Verbindungen des Magnesiumsulfats im unveränderten Lager nicht gefunden worden, wohl aber Kieserit. L. hat also gar nicht verstanden , daß er eben durch das Aus- sprechen meiner Erwartung ad absurdum geführt werden sollte. Nur anhangsweise sei bemerkt, daß die von L. hierbei er- wähnte und tatsächlich nachweisbare tiefe Versenkung der Zech- steinsalze sich sehr schlecht zu dem nach L. kontinuierlichen Auf- steigen 1 der Salzkörper reimt. Es ist doch äußerst merkwürdig, daß das Salz sich dieses hat bieten lassen und nicht mittlerweile nach oben ausgewichen ist !) Indem nun L. schreibt: „Der Betrag der Formänderung“ (der 1 Hierzu seihe auch noch weiter unten. Nochmals über die Deformationen von Salzgesteinen. 131 Kieseritlagen) „übersteigt niemals einige Dezimeter. Es muß also deren Ursache eine lokale gewesen sein, und wir sind berechtigt, sie von der Deformation der gesamten Massen zu trennen. Ver- fehlt wäre es und ist mir auch niemals in den Sinn gekommen, hierbei nach den Kräften zu suchen, welche die inneren und äußeren Störungen der Ekzeme verursacht haben“, gibt er indirekt zu, daß er Druckwirkungen , welche die Salze durch physikalische und chemische Zustandsänderungen infolge Abänderung der Bedingungen erzeugen können, nur für lokale Fältelungen heranzieht, welcher Ansicht ich in meinem Nachwort ebenso zu- gestimmt habe, wie andere in Frage kommende Autoren. Es würden also nunmehr die für die Tektonik im großen als De- formatoren in Betracht kommenden physikalischen Kräfte zu suchen sein, wenn man nicht hierfür, wie Verf. und andere, äußere Ur- sachen ausreichend hält. Und hiermit komme ich zur 2. Feststellung. Sie bezieht sich auf die Bedeutung, welche dem Riecke’ sehen Prinzip für die Umformung von Salzlagern innewohnt. Es geht aus meinen Ausführungen (Nachwort p. 7 00/701) wohl deutlich hervor, daß ich dieselben auf die auf den Druck der auflagernden Gebirgsmassen zurückgeführte Lösungsum- lagerung nach Riecke beschränken wollte, welche L. als pas- siven Rekristallisationsvorgang nach der hangenden Salzauflösungs- fläche und als Hauptdeformator der Salzmassen nicht nur in ihrem Iunern , sondern auch in ihrer Lage zu den hangenden Schichten bezeichnet. Und indem icli hierbei der Meinung Ausdruck ver- lieh , daß in dem Beispiel von Köhler der (natürlich tektonisch entstandenen) Alpenfaltung wohl die Auslösung der RiECKE’sclien Lösungsumlagerung zugetraut werden dürfe , wollte icli lediglich betonen, daß hierbei doch wesentlich bedeutendere Kräfte in Tätig- keit gewesen sind, als diejenigen, welche auf den Salzen lagernde Gebirgsmassen auszuüben vermögen. Es ist aber eine voll- kommene Verdrehung der Tatsachen, wenn L. es jetzt so darstellt, als hätte ich mich bei dieser Argumentation auf Stille be- rufen, welcher bekanntlich in einem Salzlager Nordhannovers mehr- fache Überfaltungen feststellen konnte. Ganz abgesehen davon, daß die hier gemeinten Verhältnisse des Kaliwerks Riedel bei Celle keineswegs eine solch’ weite Verfrachtung von Gesteinsmassen, wie sie für den alpinen Deckenbau anzunehmen sind, erfordern ( — was Stille natürlich auch niemals behauptet hat — ), ich habe an keiner Stelle meines „Nachwortes“ von dem Wirken der Lösungsumlagerung nach Riecke in diesem speziellen , tektonisch so verwickelten Fall gesprochen, und es ist eine Frage für sich, (die zu erörtern aussichtslos ist , solange nicht die genauen Auf- nahmen des genannten Kaliwerkes vorliegen,) ob und inwieweit hier, durch starke tektonische Druckkräfte hervor- gerufen, das RiECKE’sche Prinzip in Wirksamkeit getreten ist. 9* 132 K. Andree. Nochmals über die Deformationen von Salzgesteinen. Indem aber L. anführt, daß „Deformationen durch Rekristallisation nach dem RiECKE’schen Prinzip auch bei geringen Drucken phjr- sikalisch wohl erklärlich“ seien, hätte er füglich liinzufügen können , daß sie auch geologisch nachweisbar sein müssen. Daß dem bisher nicht so ist, habe ich in meinem „Nachwort“ betont, worauf L. aber vergessen hat einzugehen. Schon Stille 1 hat darauf hingewiesen , daß das kontinuierliche Aufsteigen, das L. für sein unter dem Einfluß der RiECKE’schen Lösungsumlagerung stehendes Salzgebirge annimmt , nicht nach- weisbar ist. Aber es ist auch folgendes zu bedenken: Denken wir uns einen auf einer Unterlage aufliegenden Salzklotz von den Dimensionen einer beliebigen Salzlagerstätte, an dessen Unterkante eine Salzauflösung nach Riecke eintritt, und stellen wir uns vor, daß durch fortwährende Addition der einzelnen Diffusionsweiten bei diesem Vorgänge im Laufe geologischer Zeiten die gelöste Substanz bis an die Oberkante des Salzklotzes gelangt , dann wäre die Möglichkeit für einen Abtransport dieser Lösung gegeben, sofern diese Oberkante bis in das Gebiet der subterranen Ab- laugung hinaufreicht ; andernfalls müßte das in der Tiefe Gelöste an der Oberkante wieder auskristallisieren. So weit wäre nun alles in Ordnung, wenn nicht an der Unterkante durch eben die- selben Vorgänge ein Substanz Verlust einträte. Dieser kann sich aber nur dadurch ausgleiclien, daß der ganze Klotz um denselben Betrag, um welchen er durch Auflösung unten verkleinert wird, einsinkt. Daß eine Ortsveränderung der Gesamtlager- stätte im Sinne einer Aufwärts b ewegung durch einen solchen Vorgang nicht erreicht wird, liegt auf der Hand. Es ist demnach auch die Ablaugung ein Vorgang für sich, den hiermit in Zusammenhang zu bringen sinnlos ist. Ich könnte also den Vorwurf, des „circulus vitiosus“, den L. mir zu machen be- liebt, der mich aber nicht trifft, mit mehr Recht auf ihn selber zurückfallen lassen. Das ist das Sachliche, was ich zu L.’s „Erwiderung“ zu sagen habe. Im übrigen unterlasse ich , mich über die Form , in welcher L. dieselbe vorbringt, auszusprechen, die sicher nicht zum Fortschritt unserer Wissenschaft beiträgt. Der Leser kann sich ohnehin ein Bild darüber machen, ob L. berechtigt war, sich mir gegenüber in dieser Weise aufs hohe Roß zu setzen. Jedenfalls fühle ich mich nunmehr veranlaßt, auch auf die Gefahr hin, daß dieses als Rückzug aufgefaßt und ausgebeutet werden könnte, auf eine Erwiderung künftiger L.’s eher Ausführungen, sofern sie in ähnlich ausfallender Weise ab- gefaßt sind, zu verzichten. Marburg, 30. Januar 1912. 1 H. Stille, Die Faltung des deutschen Bodens und des Salzgebirges. „Kali.“ 5. 1911. Heft 16 u. 17. Sep. p. 11 ff. F. Noetling. Das Vorkommen der Riesen-Marsupialier etc. 133 Das Vorkommen der Riesen-Marsupialier in Tasmanien. Von Fritz Noetling in Hobart. Es wurde bisher allgemein angenommen , daß die Riesen- Marsupialier ausschließlich auf den Kontinent von Australien be- schränkt seien 1, aber nicht in Tasmanien vorkämen. Im Jahre 1888 schrieb Johnston 2, der die Geologie Tasmaniens besser wie irgend jemand kannte: „In Tasmania no remains of the extinct giant marsupials, such as Diprotodon, Nothotherium , and Thylacöleo, liave as yet been found eitlier in the ossiferous cavern breccias or in the older alluvial beds.“ Die Überraschung war daher allgemein, als Mitte 1910 in einem Torfmoor in der Nähe von Smithton, das unter dem Namen Mowbray Swamp bekannt ist, angeblich die Reste eines Riesen- Marsupialiers gefunden wurden. Anfangs schien es, als ob die Entdeckung unsicher sei, allein einige Photographien des Schädels und der Femora ließen keinen Zweifel zu, daß in der Tat die Reste eines Riesen-Marsupialiers zutage gekommen waren. Die- selben wurden von dem Museum in Launceston erworben und sind seither von dem Kurator desselben unter dem Namen Nototherium tasmaniense beschrieben worden 3. Leider ist die Beschreibung eine so wenig zufriedenstellende, daß man füglich daran zweifeln darf, ob die Bestimmung auch richtig ist. Was ich gesehen habe, bringt mich, nachdem ich die prachtvollen Skelettreste und Schädel im Museum zu Adelaide gesehen habe, zur Ansicht, daß die in Tasmanien gefundenen Reste zu Diprotodon australis gehören. Jedenfalls wäre eine Untersuchung und Bearbeitung der in Tas- manien gefundenen Skeletteile von berufener Seite erwünscht, aber dieselbe ist vorläufig wenigstens kaum zu erhoffen. Wenn auch somit die generische und spezifische Bestimmung nicht ganz sicher steht, so steht wenigstens doch so viel fest, daß wir es mit Überresten eines gigantischen Marsupialiers zu tun haben, der, falls er nicht mit D. australis Owen ident ist, so doch sehr nahe mit demselben verwandt war. Smithton ist ein kleines Städtchen an der Mündung des Duck- River, nahe der Nordwestecke Tasmaniens (etwa 41° 8' südl. Br. und 145° 8' östl. Länge), das erst in den letzten Jahren einen Aufschwung genommen hat. Ungefähr drei Meilen westlich von Smithton findet sich ein großes Torfmoor, der sogen. Mowbray Swamp , das sich fast von der Meeresküste an mehrere Meilen in südlicher Richtung erstreckt. Ein Dünenzug trennt das nördliche 1 Stirling, Fossil Remains of Lake Callabona. Mem. Royal. Soc. South. Austr. 1. Pt. II (so that this great marsupial appears to liave bad an immense ränge and to have probably wandered over the whole Continent of Australia). 2 Geology of Tasmania. p. 327, siehe auch p. 325. 3 Tasmanian Naturalist 1911. 134 F. Noetling. Das Vorkommen Ende von der See , und wie es scheint unterlagert der Sand den Torf. Die Oberfläche des Moores ist gegenwärtig dicht mit Wald bestanden. Man könnte vielleicht darüber streiten , ob das Wort „Moor“ ganz zulässig sei, denn der Mowbray Swamp ist kaum ein Moor in dem Sinne , wie wir das Wort in Deutschland auf- fassen. Noch viel weniger ist es ein „Sumpf“.. So viel steht fest, daß wir es mit einer ausgedehnten Boden- senke zu tun haben, deren tiefster Punkt nicht über, wenn nicht gar unter dem heutigen Meeresspiegel liegt. Diese Bodensenke, die ziemlich in nordsüdlicher Richtung verläuft , kann möglicher- weise einen alten Flußlauf darstellen , dessen Mündung durch Dünensand blockiert wurde. Erfüllt ist dieselbe mit einem schweren, schwarzen Humus. Überall finden sich auf der Oberfläche niedrige, kraterartige Hügelchen, die zumeist aus lockerem, manchmal auch recht festen Kalktuff aufgebaut sind. Die kraterartige Öffnung ist mit einem kristallklaren Wasser erfüllt, das bis zur Spitze des Hügels reicht, in welchem Gasblasen aufsteigen. Manche dieser Hügelchen sind nur wenige Fuß hoch , der höchste , den ich sah , hat eine Höhe von etwa 30 Fuß. Da das Wasser über den Rand abfließt und das umlagernde Land in einen Sumpf verwandelt, so wurden bei den Kultivierungsarbeiten die Hügel durch einen schmalen Ein- schnitt, der vom Rande bis zum Schlot reichte, geöffnet. Durch den so hergestellten Graben floß dann das Wasser direkt ab. Dieser Einschnitt gewährte einen Einblick in die Struktur der Hügelchen. Zu meinem größten Erstaunen waren dieselben zumeist aus Torf aufgebaut, und die Oberfläche wurde durch einen harten Kalksinter gebildet. Es scheint, als ob unterirdischer Gas- druck die Humusdecke zu einer Blase emportrieb , die schließlich platzte; durch die so hergestellte Öffnung floß dann stark kalk- haltiges Wasser ab , das dann beim Verdunsten eine Decke von Kalktuff zurückließ. Letzterer führt häufig dieselben Mollusken- schalen, wie weiter unten erwähnt. Ich konnte mich davon über- zeugen , daß die im Wasser aufsteigenden Gasblasen Kohlensäure sind , denn ein brennendes Streichholz verlosch sofort , als ich es in dem Einschnitt in die Schicht unmittelbar über dem Wasser brachte. Das Wasser, das beim Auf steigen kristallklar ist und keinerlei Geschmack besitzt , setzt einen dicken , flockigen Schaum einer Eisenverbindung ab, wenn es nur kurze Zeit in Berührung mit der Luft gelangt. Ein Stück Torf war nach monatelangem Trocknen mit einer Kruste von weißen Nadeln überzogen , die ganz den adstringierend süßlichen Geschmack von Eisensulfat besitzen. Leider ist bisher noch keine Analyse des Wassers gemacht worden , allein alle diese Erscheinungen deuten darauf hin , daß es trotz seiner Klarheit einen außerordentlich hohen Mineralgehalt der Riesen-Marsupialier in Tasmanien. 135 besitzen muß. Leider hatte ich kein Thermometer zur Hand, aber jedenfalls war die Temperatur eine niedrige, wir hatten es also bei diesen Quellen mit einem kalten , stark eisen- und kalk- haltigen Säuerling zu tun. Eine Erklärung dieser Erscheinung steht noch aus, doch glaube ich , daß diese Quellen das Resultat eines sehr intensiven Verwesungsprozesses sind, der sich im Innern des Moores abspielt. Angeblich sollen auch Quellen mit stark schwefelartigem Geruch Vorkommen , doch habe ich solche nicht gesehen. An -sich wäre dies ja wohl verständlich. Wie weit die Nähe der See auf das Grundwasser des Moores von Einfluß ist, vermag ich nicht zu sagen. Das Wasser hat keinerlei salzigen Beigeschmack , trotzdem es nur durch einen schmalen Sandstreifen von etwa 1 — 2 Meilen Breite von der See getrennt ist, und trotzdem der Boden der Senke im Niveau des Meeresspiegels, wenn nicht gar tiefer liegt. Der Humus oder Torf ist noch nicht untersucht, er besteht durchaus aus vermoderten Pflanzenresten , deren Struktur meist noch deutlich erkennbar ist. Ein reichliches Quantum anorganischer Substanz, wohl Schlamm, ist demselben beigemischt. Eingelagert darin liegen mächtige vermoderte Baumstämme; ebenso sind die Strünke von Baumfarrn noch wohl erkennbar. Wenn drainiert , so liefert dieser Humus fruchtbares Acker- land, und während der Ausführung von Drainagearbeiten wurden die Knochen aufgefunden. Die Kultivierung bewegt sich zurzeit noch längs des Randes des Moores , aber so viel hat sich schon ergeben , daß dasselbe eine Mächtigkeit von nicht weniger als 25 Fuß besitzt. Der Drainagegraben wurde bis zu einer Tiefe von etwa 10 Fuß ausgehoben und bei dieser Gelegenheit stießen die Arbeiter auf die Knochen etwa 8 Fuß unter der Oberfläche. Leider ließ sich zur Zeit meines Besuches im Anfang des Jahres 1911 nicht mehr ermitteln, wie die Knochen lagen, es scheinen aber die Reste zwei Individuen , einem größeren und einem kleineren anzugehören. Ich untersuchte die Stelle genau, dieselbe unterschied sich aber in nichts von den in allen Gräben zu beobachtenden Durchschnitten, nämlich vermoderte Pflanzensubstanz mit wirr eingelagerten Stämmen | oder Wurzelstrunken. Sehr häufig finden sich unregelmäßige Schmitzen von Wiesenkalk eingelagert im Torf und diese sind voll von Schneckenschalen. Wie es schien, so lagen die Knochen halb in einer solchen Schueckenschicht. Eine Aufsammlung ergab reichliches Material, das ich in Hobart sorgfältig mit typischen Formen, z. T. Originalien der betreffenden Arten vergleichen konnte. Hiernach fanden sich : 1. Vitrina (Taryphanta) Mülegctni Pfeiffer. 2. Helix (Hammülino ) Hamütoni Cox. 136 F. Noetling, Das Vorkommen 3. Bulimus (Gary ödes ) Busfresnii Leach (nur Eier). 4. Succinea australis Jer. 5. Physa tasmanica Ten. Wood. 6. Bithynella nigra Quoy u. Gaimard sp. 7. Cyclas tasmanica Ten. Wood. 8. Pisidium tasmanicum Ten. Wood. 9. Ostracodmn spec. indet. Besonders interessant ist unter diesen Formen Physa tasmanica . Nach Tennison Wood, der diese Art zuerst beschrieb1, soll sich dieselbe so wenig von der europäischen Ph. fontinalis unterscheiden, daß er zuerst geneigt war, die tasmanische Form als eine im- portierte Art anzusehen. Daß dies nicht der Fall ist, ist nunmehr durch ihre Auffindung 8 Fuß unter der Oberfläche im Mowbray Swamp erwiesen. Hiermit ergibt sich aber ein anderes merkwürdiges Problem. Ist Ph. tasmanica wirklich so nahe ver- wandt mit der europäischen Ph. fontinalis, daß beide kaum zu unterscheiden sind, so kann man, da jede andere Möglichkeit aus- geschlossen ist , nur an eine unter dem Einfluß klimatischer Ver- hältnisse entstandene Konvergenzerscheinung denken. Nach dem Abschmelzen der Gletscher mögen sich gewisse Molluskenformen in Tasmanien in ähnlicher Weise entwickelt haben wie in Europa unter denselben klimatischen Bedingungen. Die Folge wird eine Analogie der Form sein , die nicht notwendigerweise auf einen direkten Zusammenhang deutet. Ich glaube , niemand wird auch in seinen kühnsten Träumen annehmen , daß Ph. fontinalis von Europa nach Tasmanien gewandert ist, oder umgekehrt Ph. tas- manica nach Europa zog und dort als Ph. fontinalis weiterexistiert. Sämtliche hier bestimmte Arten mit Ausnahme von Caryodes Bufresnii sind sehr häufig, Helix Hamiltoni ist nicht sehr häufig. Alle diese Arten sind heute in Tasmanien lebend und gehören mit zu den häufigsten Formen. Hieraus ergibt sich , daß die Torfschicht , in welcher die Überreste dieses Riesen-Marsupialiers gefunden wurden, durch- aus rezent sein muß, mit anderen Worten, daß also dieser Riesen- Marsupialier, ob wir ihn nun Biprotodon australis oder Nototherium tasmaniense nennen, noch in sehr junger Zeit in Tasmanien gelebt haben muß. Das Aussterben dieser Riesenformen muß also in allerjüngster Zeit erfolgt sein. Es scheint bezeichnend , daß diese Reste gerade dort zutage gekommen sind, wo in noch sehr rezenter Zeit eine Landverbindung über King Island mit dem australischen Kontinent bestand, ander- seits mag dies aber auch ein Zufall sein. Vorläufig läßt sich noch nicht erweisen , ob die Riesen-Marsupialier über ganz Tas- manien verbreitet waren, oder ob dieselben nur auf den nördlichen 1 Pap. u. Proceed. Roy. Soc. Tasmania. 1875. p. 74. der Biesen-Marsupialier in Tasmanien. 137 Teil beschränkt waren. Gefunden sind solche Reste bisher noch nicht, aber das würde an sich nichts beweisen. Johnston, der die Knochen- breccien in den Höhlen des nördlichen Tasmaniens untersuchte, hat keine Reste von gigantischen Marsupialiern gefunden. Ausgeschlossen ist es nicht, daß sich die Reste von Riesen-Marsupialiern auch im Süden Tasmaniens finden , aber aufgefunden sind dieselben bisher noch nicht. Jedoch mögen die zahllosen vertorften Seen auf dem Hochplateau Tasmaniens noch manche Überraschungen bergen. Auf Grund unserer gegenwärtigen Kenntnisse müssen wir also annehmen, daß die Verbreitung der Riesen-Marsupialier in Tasmanien recht beschränkt war. Man sieht sich fast zur Annahme gedrängt, daß die Einwanderung derselben gerade dann stattgefunden hatte, als dieselben auch anfingen auszusterben, ohne Zeit gehabt zu haben, sich weiter zu verbreiten. Ferner steht fest, daß die Einwanderung zu einer Zeit, als noch die Landverbindung zwischen Tasmanien und dem australischen Festlande existierte, stattgefunden haben muß. Wenn man also nicht annehmen will, daß die Riesen-Marsupialier in Tasmanien noch lange Zeit nach der Unterbrechung der Land- brücke existierten — und wäre dies der Fall, so wären deren Reste jedenfalls häufiger — , so sieht man sich weiterhin zur Annahme gezwungen, daß die Trennung zwischen Tasmanien und dem Fest- lande in verhältnismäßig sehr rezenter Zeit stattfand. Ich habe ferner in einer anderen Arbeit ausgeführt, daß Ein- wanderung und Aussterben der Riesen-Marsupialier vor der Ein- wanderung der Ureinwohner stattgefunden haben muß1. Die Folge der Ereignisse wäre somit: Qß W S 5^ S e eö « ~ § a> Af % 'S ps Letzte Phase der Exi- stenz der Landbrücke zwischen Tasmanien und Australien Meeresenge zwischen Tasmanien u. Australien a) Einwanderung der Riesen- Marsupialier ^ b) Aussterben der Riesen- Marsupialier c) Einwanderung der Tas- manien 2. Zerstörung der Landverbindung zwischen Tasmanien und Au- stralien ; wahrscheinlich durch große Einbrüche, verbunden mit vulkanischen Eruptionen und nachfolgendem Steigen des Meeresspiegels. [ a) Einwanderung der Europäer 3. b) Aussterben der Tasmanier (c) Herrschaft der Europäer. 1 Das Alter der menschlichen Rasse in Tasmanien. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1911. Beil.-Bd. XXXI. p. 303—341. — Siehe auch: The Antiquity of Man in Tasmania. Pap. Proceed. Roy. Soc. Tasmania. 1910. p. 231. 138 F. Noetling, Das Vorkommen Die Feststellung der Tatsache, daß die Riesen-Marsupialier mit der heutigen Molluskenfauna und der heutigen Flora zusammen existierten, ist von großer Bedeutung. Noch im Jahre 1900 war E. C. Stirling der Ansicht, daß sich die Reste von Diprotodon australis in pliocänen Schichten fänden J. In den Ablagerungen des Lake Callabona fanden sich neben den ausgestorbenen Marsupialiern nur eine einzige Mollusken- art Potamopyrgns sp. neben einigen rezenten Pflanzenresten. Sterling hat seine Altersbestimmung wesentlich auf die Angaben Tate’s gestützt. Tate’s Auffassung vom pliocänen Alter der Lake Callabona-Schichten steht jedoch auf sehr schwachen Füßen. Wahr- scheinlich hat er dieselben deswegen als Pliocän gedeutet, weil sie jünger sind als das, was er als Miocän und Eocän ansah, andererseits aber die ausgestorbenen Säugetiere enthielten. Der Nachweis , daß in Tasmanien die Diprotodon-PaLiinsL in postglazialen Schichten vorkommt, harmoniert vortrefflich mit der bereits im Jahre 1892 ausgesprochenen Ansicht von Sack und Etheridge1 2. Diese Forscher gelangten zur Überzeugung, daß, wenn auch in den südlichen Kolonien, wie Neu-Süd-Wales, Viktoria und Süd- Australien , die Diprotodon - Fauna im Pliocän vorkomme, dieselbe in Queensland ganz entschieden posttertiären Alters sei. Der Bann der TATE’schen Ansichten über das Alter des austra- lischen Tertiärs ist hierin unverkennbar, denn im Jahre 1892 hätte niemand daran zu zweifeln gewagt, daß Schichten, die Tate als Pliocän erklärt hatte , möglicherweise gar nicht zum Tertiär gehören könnten. Obsclion die Möglichkeit, daß die Riesen-Marsupialier bereits im Pliocän erschienen, nicht zu bestreiten ist, so will mir diese Auffassung doch nicht recht einleuchten. Ganz abgesehen davon, daß die TATE’sclie Ansicht vom Alter der Tertiärschichten in Australien sich neuerdings als grundfalsch erwiesen hat, und daß all das , was Tate z. B. in Südaustralien und Tasmanien als Eocän bezeichnete, ins Miocän hinaufreicht, so ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß die Riesen-Marsupialier vom Pliocän, durch die ganze Diluvialzeit bis — nach europäischem Maßstabe ge- messen — in die historische Zeit existierten. Der Fund im Mowbray Swamp hat gelehrt, daß die Riesen- Marsupialier in Tasmanien wenigstens in sehr junger Zeit lebten. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, gewinnt auch die An- gabe Stirling’s vom Vorkommen rezenter Pflanzen zusammen mit den Diprotodon- Resten eine ganz andere Bedeutung. In Tasmanien sind die Riesen-Mai’supialier auf alle Fälle 1 1. c. p. 9. 2 Geologv and Palaeontology of Queensland and New Guinea. 1892. p. 608. der Riesen-Marsupialier in Tasmanien. 139 postglazial. Selbst wenn man ein so jugendliches Alter für die Diprotodon-Re ste in Südaustralien nicht anerkennen will , so sind dieselben meiner Ansicht nach doch höchstens glazialen (= dilu- vialen = pleistocänen) Alters. Ich bin zur Auffassung gelangt, daß die Riesen-Marsupialier eine kälteliebende Fauna repräsentieren, die zu der Zeit existierte, als die höher gelegenen Teile Australiens und Tasmaniens vergletschert waren. Mit dem Ab schmelzen der Gletscher, das wohl in den nördlichen Teilen Australiens zuerst einsetzte, verschwanden auch die Riesen-Marsupialier, bis ihre letzten Reste dort ein vielleicht kümmerliches Dasein fristeten, wo sich auch die Gletscher am längsten erhielten , nämlich in Tasmanien. Auch in dieser Hinsicht bin ich eins mit Sack und Etheridge 1 ; diese meinten , daß das Aussterben der Riesen-Marsupialier mit dem Einbrechen großer Landschollen, wodurch klimatische Ver- änderungen eingeleitet werden, zusammenhinge. Ich bin der oben dargelegten Ansicht und meine, daß die großen Einbrüche in post- glazialer Zeit auftraten , nachdem die Riesen-Marsupialier bereits ausgestorben waren. Ich fasse dieselben als das südliche Analogon des auf der nördlichen Halbkugel vorkommenden Elephas primi- genius auf. Es wird noch vieler, emsiger Arbeit bedürfen, bevor die obige Ansicht als vollständig erwiesen angesehen werden kann. Nament- lich müssen die Forschungen in Tasmanien einsetzen, um den be- stimmten Nachweis zu führen , ob in der Tat die Riesen-Marsu- pialier nur auf den Norden der Insel beschränkt sind und im Süden fehlen. Hoffentlich führen die Drainierungsarbeiten im Mowbray Swamp zu weiteren Funden, denn es ist doch wohl kaum anzunehmen , daß die beiden bisher gefundenen Individuen die einzigen sind, die dort begraben lagen. Allerdings ist dieses Torf- moor recht groß und die Skelette liegen jedenfalls vereinzelt. Ein Sondieren mit dem Bohrer führt zu nichts; die Zahl der im Torfe liegenden Baumstämipe ist zu groß, und ein Aufstoßen des Bohrers auf ein hartes Objekt zeigt eher einen Baumstamm als einen Knochen an. Ich möchte zum Schluß noch betonen, daß, wenn die Ansicht, daß der Einbruch der Bass-Straße von einem Steigen des Meeres- spiegels begleitet war, richtig ist, der Mowbray Swamp ursprüng- lich eine größere Höhenlage als heute gehabt . haben muß. In diesem Falle wird er auch einen natürlichen x^bfluß gehabt haben, und Stagnation trat erst ein, als mit dem Steigen des Meeres- spiegels das Gefälle ausgelöscht wurde. 1. c. p. 609. 140 M. Semper, Ueber Artenbildung durch pseudospontane Evolution. Von Max Semper, Aachen. Es dürfte allgemein verbreitete Ansicht sein, daß die morpho- logischen Merkmale der niederen Tiere, bei denen Wille, Gebrauch und Nichtgebrauch der Organe u. dergl. nur verschwindenden Ein- fluß auf die Gestaltung üben kann, im wesentlichen bestimmt werden durch die Existenzbedingungen, daß also eine Formänderung durch passive Anpassung, durch Reaktion auf geänderte Verhältnisse zu und in der Umgebung zu erklären sei. Nun gibt es unzweifelhaft derartige momentane Anpassung, so z. B. wenn eine englische Auster, ins Mittelmeer versetzt, schnell ihre Größe ändert, diver- gierende Stacheln bekommt und sich in jeder Weise der im Mittel- meer einheimischen Auster angleicht 1. Auch zeichnen sich die Faunen der heutigen Korallenriffe durch lebhafte Färbung und, soweit Schalen vorhanden sind, durch deren gesteigerte Ornamen- tierung vor ihren lebenden Verwandten aus. Die Fossilfaunen gewisser Kalke, die bionomisch den heutigen Korallenriffen gleich- gesetzt werden dürfen, zeichnen sich durch dasselbe Merkmal aus, bescheeren daher dem Paläontologen zumeist eine üppige Ausbeute charakteristisch geformter Arten, freilich meist von geringer hori- zontaler und vertikaler Verbreitung, zugleich aber auch zahlreiche Beispiele für iterative Artbildung oder auch für morphologische Konvergenzen zwischen Angehörigen von keineswegs immer nah verwandten Gattungen. Man darf diese Rifffaunen daher wohl als einen durch passive Reaktion auf Umgebungseinflüsse um- gestalteten Teil der gleichzeitigen, allgemeiner verbreiteten Faunen betrachten und die in diesem Lebensbezirk auftretenden Merkmale, wie gesteigerte Ornamentation, scharfe Vorschwingungen und Zurück- beugungen im Verlauf der Anwachsstreifen und des Schalenrandes durch fazielle Umformung erklären. vVollte man annehmen, daß die Rifffaunen direkt voneinander abstammten und eine besondere, stark lückenhaft überlieferte Reihe bildeten, so hätte man die Frage zu beantworten, weshalb diese Fazies in älterer Zeit eine indifferenter gestaltete Fauna habe umprägen können, später aber nicht mehr. Anderseits gerät man auch vor eine große Anzahl unlösbarer Fragen, wenn man alle und jede Formveränderung als Ergebnis fazieller und momentaner Anpassung auffassen wollte. So müßte man dann der Theorie nach fordern, daß zwischen den Gliedern einer Stammreihe ein zeitlicher Abstand dem morphologischen Ab- stand entspreche, findet jedoch nicht selten die Reste verschiedener Entwicklungsstadien gleichzeitig nebeneinander. Waren jene allein der Umgebung angepaßt, so konnten die Vorläufer nicht fort- dauern. Es erhellt also, daß die nebeneinander lebenden Ent- 1 Romanes, Darwin und nach Darwin. 2. p. 250. Leipzig 1897. Ueber Artenbildung durch pseudospontane Evolution. 141 wicklungsstadien sämtlich den Lebensbedingungen angepaßt waren und daß die Triebkraft der Weiterentwicklung nicht in Anpassungs- notwendigkeiten gesucht werden darf. Im Rahmen eines von der Natur oder eines künstlich angestellten Experiments können wir zwar nur momentane Umformungen beobachten, das jedoch nicht, weil es nur momentane Umformungen gäbe, sondern zunächst wegen der Bedingungen, unter denen wir beobachten. Nun hat Walther vor mehreren Jahren eine Mitteilung von Lapworth über die mutmaßliche Lebensweise und Stammesgeschichte der Graptuliten veröffentlicht, in der ein vom Obercambrium bis ins Obersilur dauernder Anpassungsprozeß vorgestellt und auf eine einzige, gleich anfangs in voller Schärfe auftretende Veränderung der Lebensweise zurückgeführt wird, ohne daß je irgend ein neuer oder gesteigerter Antrieb den Verlauf der Entwicklung gefördert hätte1. Die weltweite Verbreitung der Graptuliten, zusammen mit der Tatsache, daß sie nur in feinkörnigen, ruhig sedimentierten Schichten mit starkem Kohlegehalt häufig sind, läßt sich zu dem Schluß ver- werten, daß diese Tiere ein pelagisches Pseudoplankton bildeten, vergesellschaftet mit Algenresten, wie sie jetzt das Sargassomeer bedecken. Also hefteten die Graptuliten, deren Lebensweise der der rezenten Sertularien ähnlich zu denken ist, sich wahrschein- lich an Algen an und wurden mit deren losgerissenen Ästen ver- frachtet. Als Ahnen der Graptuliten kommen Dictyonemen in Be- tracht, die zuerst im oberen Cambrium nach Art der Graptuliten und als ihre Vorläufer auftreten. Wären diese also im oberen Oambrium auf Tange übergesiedelt, so gerieten dadurch die Kolonien, die nach der früheren Lebensweise auf dem Meeresgrund aufwärts wuchsen, nun in ein eine herabhängende, der Organisation wider- sprechende Lage. Die älteren Formen, wie Didymograptus , ge- langten nur zu einem seitlichen Ausweichen, die jüngeren, wie Monograptus, bis zu völliger Umkehr und Wiederaufrichtung, indem das Rhabdosom nunmehr ganz „proximal“, der nach wie vor ab- wärts geöffneten Sicula genau entgegengesetzt gerichtet ist. Dieser Umgestaltungsprozeß , der nach Lapworth zum Verständnis aller wesentlichen Merkmale der Graptuliten führt, wird also geleitet durch das Bestreben, sich der herabhängenden Lage zu entwinden. Die Nachwirkung des einmaligen Antriebs zur Umgestaltung er- reicht erst im Verlauf einer langen geologischen Periode ihr Ende. Daß ein solcher Entwicklungsgang tatsächlich eine Anpassung 1 Joh. Walther, Über die Lebensweise fossiler Meerestiere. Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1897. p. 241 — 248. Die Darstellung, die Lapworth von der Phylogenie gab, ist nicht unwidersprochen. Hier steht nicht die Stammes- geschichte der Graptuliten zur Diskussion, sondern es handelt sich um die Ableitung eines phylogenetischen Begriffs, der an Hand von Lapworth's Darstellung besonders klar und einfach zu gewinnen ist. 142 M. Semper, wäre, läßt sich nur mit Hilfe der allerersten Anfangsstadien er- kennen. Hätte man nur ein herausgerissenes Stück des späteren Fortgangs beobachtet, in dem trotz der in gegebener Richtung weiterschreitenden Umformung keine Veränderung der Lebensweise mehr angenommen werden kann, so würde man ein Zeugnis für innere Gestaltungskräfte, für spontane Evolution zu erblicken glauben. Man wird also einen Entwicklungsprozeß, der generationenlang in einem und demselben Sinn fortgeht, ohne außer dem ersten ur- sprünglichen einen weitertreibenden oder steigernden Anstoß zu erfahren, als einen Fall von pseudospontaner Evolution bezeichnen können 1. Sucht man zur festeren Fundierung dieses Begriffs nach weiteren Beispielen, so empfiehlt es sich Ausschau zu halten nach Formen, die einerseits sich gegen die Faktoren der faziellen Um- formung möglichst refraktär erweisen, anderseits aber durch eine Veränderung der Lebensweise einen tiefen Eingriff in die Organi- sation erfuhren. Dadurch lenkt sich der Blick auf die Gattung’ Productus, stiellos gewordene Brachiopoden, bei denen die Funktion des ontogenetisch aus dem Schwanzsegment der Larve entstehenden Halteseils und Aufrichtungsapparats von andern Formelementen in voraussichtlich langwährender Anpassung übernommen sein muß, deren sonstige Schalenmerkmale aber höchst eintönig sind. Es fehlen die Faltungen und Knickungen der Schale, die Vor- und Zurückschwingungen der Schalenränder, die inneren Scheidewände, kurz, die Mehrzahl jener Formelemente, welche hauptsächlich die bei andern Brachiopodengattungen vorhandene Mannigfaltigkeit hervor- bringen. Die Artenunterscheidungen bei Productus beruhen so gut wie allein auf dem Schalenornament, das aus gröberen und feineren Stacheln in ein paar Typen von Anordnungsweisen , oder aus stärkeren und schwächeren Streifen , radial oder peripher ge- richtet, besteht. Hier zeigt sich nun in der Entstehung des linearen Ornaments aus dem pustulaten, von ebenmäßig verteilten Stacheln gebildeten, ein Beispiel, das kaum anders als durch pseudospontane Evolution erklärt werden kann. Productella , der devonische Vorläufer von Productus , besitzt noch eine schmale Area, die beim eigentlichen Productus ver- schwunden ist, oder doch nur selten und als atavistischer Rück- 1 Die Bezeichnung ist schwerfällig und der Begriff nicht neu; er fällt vielmehr zusammen mit Nägeli’s „Vervollkommnungs-“ oder „Pro- gressionsprinzip“, soll aber den Einschlag teleologisch belasteter Ausdrücke vermeiden, der vielfach zu Mißverständnissen des von Nägeli gemeinten geführt hat. Es soll lediglich bezeichnet werden . daß eine Entwicklung ohne äußeren Antrieb weiter verläuft und nicht wegen eines Zieles, sondern wegen der Bedingungen des Anfangs eine dauernd beibehaltene Richtung verfolgt. Ueber Artenbildung' durch pseudospontane Evolution. 143 j schlag auftritt1. Die Schalenform ist bei den ältesten, an der | Grenze von Unter- und Mitteldevon auftretenden Exemplaren noch I liacli und erreicht erst gegen Ende des Devon die aufgeblähte Wirbelgestalt, die für den carbonischen Productus typisch ist. Das Schalenornament besteht aus einzelnen, ungefähr in Quincunx stehenden Pusteln, den Basen abgebrochener Stacheln. Die Produc- tellen des europäischen Devon werden meist unter dem Namen ! Productella subacideata Murch. zusammengefaßt und bilden so einen Komplex recht verschieden beschaffener Formen, den man trotz | aller „Zwischenformen“ schwer als einheitlich anerkennen, noch j schwerer aber in Komponenten zerlegen kann. Die Unterschiede bestehen in der Stärke der Wirbelaufblähung, der weiteren oder | gedrängteren Gruppierung der Stachelbasen und deren steigender j Menge, besonders aber darin, daß die Pusteln sich bei den ober- | devonischen Vertretern in der Nähe des Schalenrandes oft strecken | und dann zu radialen Streifen zusammenzutreten beginnen. Der Typus, der sich so herausbildet, lebt neben dem älteren, rein pustu- laten in der Gattung Productus als Gruppe des P. scabrictdus fort. Hall und Clarke’s systematische Übersicht der amerikanischen I Brachiopoden erlaubt eine schnelle und bequeme Ausschau über den Entwicklungsgang, der sich in Amerika auf denselben Bahnen wie in Europa, wenn auch unabhängig davon, vollzogen zu haben scheint2. Auch dort beginnt die Entwicklung im Mitteldevon mit Productella subaculeata Murch., mit dem Typus eines aus weit- gestellten Pusteln bestehenden Ornaments, das sich im Oberdevon in P. rarispina Hall u. a. und im Carbon in der Gruppe des Pro- ductus aculeatus Mart, fortsetzt. Productella speciosa Halt, aus dem Oberdevon und Untercarbon zeigt Pusteln, die sich zu Wimper- kränzen zu ordnen beginnen , gibt also einen Hinweis auf den Ornamentstypus des carbonischen Productus fimbriatus Sow. Dagegen verlängern sich in einiger Entfernung vom AVirbel die runden Pusteln zu radialen Streifen bei Productella spinulicosta Hall und navicella Hall (Corniferous und Hamilton). Etwas ab- weichend gestaltet, mit zahlreichen Streifen und Stachelansätzen, ist die gleichzeitige P. dumosa Hall (Hamilton) , dagegen setzt sich die Reihe, die schließlich zu lineaten Formen führt, durch P. hirsuta Hall, costatula Hall und striatula Hall des Oberdevon fort, aber erst bei Productus altonensis Norw. und Pratten (gleich P. ovatus Hall und P. tenuicostatus Hall) in der Kinderhookgroup des Untercarbon ergreift die Verschmelzung der Punkte zu Streifen die ganze Wirbelregion. Daneben kommen in Productella Shurnar- \ diana Hall noch Vertreter des Zwischenstadiums, in P. arcuata Hall die ältesten Vertreter des semireticulaten Typus vor. 1 Tornquist, Carbon der Südvogesen. 1. p. 30. 2 Hall und Clarke, Palaeontology of New York. 8. Parti, Taf. 17. 144 M. Semper, Die älteste, rein lineate Form, die in Europa auftritt, ist sehr nahe verwandt mit P. altonensis Norw. und Pratten, wahr- scheinlich sogar in diese Art einzubeziehen. Es ist Productus corrugatus Whidborne (non M’Coy) aus den Piltonbeds von Freming- ton in Devonshire \ Als Bestätigung dessen, daß es sich bei den Fadenstreifen des lineaten Typus tatsächlich um verlängerte und zu fortlaufenden Reihen verschmolzene Stachelbasen handelt, können noch feine Nadelstacheln dienen, die sich mehrfach bei geeigneter Erhaltung auf Abdrücken der Schalenaußenseiten beobachten ließen1 2. Sie bringen beim Abbrechen auf den Schalen selbst keine Spuren hervor und unterscheiden sich dadurch von den gleich zu be- sprechenden Röhren stacheln, an deren Basis immer mehrere Faden- streifen zusammenfließen. Die Nadelstacheln sind ersichtlich mit den Ausstülpungen der Mantelmembran in Verbindung zu bringen, den Ursachen der punk- tierten Schalenstruktur, die bei den Proäuctella- und Productus- Arten, von einer feinen Kalkscheide umgeben, über die Schalen- fläche heraustraten, bei einigen Rassen sich in Kränzen gruppierten, bei andern gleichmäßig verteilt an Zahl Zunahmen bis zur Aus- bildung eines dichten Stachelpelzes (bei P. horridus u. a.), bei andern aber unter Erweiterung des Lumens an der Basis sich zu Reihen verbanden , ohne daß bei diesen fast stets neben einander auf- tretenden Rassentypen der „Anpassung“ irgend ein Einfluß auf die Entwicklung zugeschrieben werden könnte. Es müssen daher 1 Whidborne, Monograph Devonian Fauna South of England. 3. 2. p. 173. Taf. 21 Fig. 4, 5. Herr Whidborne hatte vor einer Reihe von Jahren die Liebenswürdigkeit, mir Exemplare der von ihm als Productus corrugatus beschriebenen Formen zugänglich zu machen. Unter dem ge- sandten Material befand sich ein Block schwarzen Kalkes von Kingdons Shirwell mit einem Abdruck des typischen P. corrugatus M’Coy, außer- dem aber mit P. semireticulatus, Spirifer lineatus u. a. untercarbonischen Formen. Dieses Gestein, obwohl den Piltonbeds zugerechnet, wird doch wohl als reines Carbon betrachtet werden müssen. Andere Schichten mit Spirifer Verneuili und Rhynchonella togata Whidb., die einer noch un- beschriebenen Rhynchonella des oberen Fammenien der Eifel sehr ähnlich ist, gehören dagegen sicher ins Oberdevon. P. corrugatus Whidb. (oder P. altonensis var.) fand sich häulig in einem braungelben Sandstein von Fremington, der petrographisch denen des eifler Fammenien ähnlich ist, der Fauna nach weder diesem, noch dem eigentlichen Carbon angehört. Übereinstimmende Faunen sind auf dem Festland nicht bekannt; es ist jedoch, worauf auch das Auftreten einer auf enge Verbindung mit der Kinderhookgroup verweisenden Art deutet, wohl wahrscheinlich, daß diese Sandsteine Grenzschichten zwischen Devon und Carbon bilden. Die geo- logischen Verhältnisse der Piltonbeds scheinen auch aus andern, hier nicht zu besprechenden Gründen noch der Klärung zu bedürfen. 2 Nach Exemplaren, die mir Vorlagen, bei Productus corrugatus M’Coy, P. altonensis N. u. Pr. sowie bei P. altonensis var. (P. corrugatus Whidb.). Ueber Artenbildung' durch pseudospontane Evolution. 145 -diese Umformungen ohne vitalen Wert und reine Nebenwirkungen einer andern, tiefer begründeten Evolution gewesen sein. In der Tat haben einige der zu Nadeln umgestalteten Mantel- ausstülpungen bei den Productiden eine höchst vitale Funktion übernommen, nämlich die schon bei Chonetes auftretenden Stacheln am oberen Rand der Area. Sie sind zu Ankerpfählchen geworden •und halten die Schale andauernd aufgerichtet, also in der Stellung, die von gestielten Brachiopoden nur vorübergehend, mit Hilfe des Stiels eingenommen wird. Diese Ankerstaclieln greifen bei Pro- ductus, in verschiedenen Rassen zu verschiedener Zeit, auf die Fläche der Ventralschale, sogar auf die der Dorsalschale über und bilden hier die starken, teils wohl als Hilfsstützen funktionierenden, teils aber funktionslosen Röhrenstacheln , die wegen ihrer Größe an ihrer Basis die benachbarten, zu Streifen zusammengeschlossenen Mantelausstülpungen aufsaugen und vorübergehend verschmelzen. So tritt die Ornamentsentwicklung der Gattung Productella- Productus als ein Spezialfall und eine Nebenwirkung in den Rahmen der Familienentwicklung. Diese wird veranlaßt durch den Verlust •des Stiels, eine Veränderung, die sich bei den Strophomeniden schon vorbereitet, da erkennbar dort die halbkreisförmigen Arten mit langem Schloßrand kurzgestielt waren 1, und die sich bei Chonetes nach Ausbildung der Ankerpfählchen schon vollendet hat. Der völlige Verlust der Area im Übergang zu Productus und alle sonst besprochenen Umformungen erscheinen als Folge dieser höchst vitalen Anpassung, derzufolge ein überall in der Schale vorhandenes Form- element zuerst nur lokal den Antrieb zu gesteigerter Ausbildung empfängt und dann sich allgemein gesteigert, obwohl in rassen- weise abgestufter Stärke ausbildet. Nun dürfte gegen den genetischen Anschluß von Chonetes an Strophomeniden kein Widerspruch zu erheben sein, da außer den Schalenmerkmalen auch die innere Organisation die nahe Ver- wandtschaft erweist2. Dagegen fehlt es an einer engen Verbindung zwischen Productella und Chonetes , denn letztere Gattung besitzt I in allen devonischen und älteren Arten bereits das lineare Ornament, das doch bei Productus ein neu erworbenes Merkmal darstellt. Wohl sind die ältesten Productellen im Umriß der Schale und durch die flache Wölbung entschieden Chonetes- ähnlich, jedoch treten glatte Chonetes- Arten , wie man sie am liebsten als Vorläufer von Productella subaculeata einsetzte, erst im Carbon auf. Man könnte also vermuten, daß Productella aus einem sonst unbekannten, glatt- schaligen Parallelstamm abzuleiten sei und würde dann in weit- 1 Schuchert, Synopsis americ. foss. Brachiopoda. Bull. U. S. geol. Surv. No. 87. p. 83 ff. 2 Neumayr , Über Brachialleisten der Brachiopoden. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1893. II. Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 10 146 M. Semper, gehender und nicht übermäßig einleuchtender Polyphylie die im Carbon auftretenden glatten Choneten, die sich sonst in nichts von den typischen unterscheiden, sowie die triassische Koninckina von diesem unbekannten Productus- Stamm abzuleiten haben. Bedeutend näherliegend und durchaus im Einklang mit dem Bekannten ist jedoch der Schluß, daß die lineare Streifung bei Chonetes ein rückbildungsfähiges und in mehreren unabhängigen Fällen rückgebildetes Merkmal darstelle. Die Verstärkung der Mantelausstülpungen beim Übergang von Chonetes zu Productella bedeutet auch einen so tiefen Eingriff in den gesamten Schalen- aufbau, daß dabei auch andere, nicht unmittelbar beteiligte Merk- male mitbetroffen werden mußten, und daß die Annahme eines sprunghaften Entwicklungsschrittes, wie solche doch offenbar Vor- kommen können, gerade an dieser Stelle, wo ein gewisser Ver- erbungswiderstand zu überwinden war , sehr wohl statthaft er- scheint. Leitet man in dieser Weise, im Einklang mit Schuchert’s knapper Darstellung1, die Gattung Productus über Productella und Chonetes von Strophomeniden ab und betrachtet dabei die auf- tretenden Veränderungen als Folge des Stielverlustes und als Wirkung pseudospontaner Evolution, so verliert das Nebeneinander- bestehen verschieden weit vorgeschrittener Bassen gänzlich den Charakter eines Problems. Es fragt sich nur, behufs weiterer Bestätigung, ob die von Productella abzweigende Strophalosia-Reihe , die fernerhin zu Formen wie Aulosteges , Scacchinella und Bicht- liofenia führt, ebenfalls als ein Fall pseudospontaner Evolution verstanden werden könne. Die devonischen Stroplialosien sind den gleichzeitigen Pro- ductellen sehr ähnlich , befestigen sich aber auf ihrer Unterlage nicht durch Ankerstacheln , sondern durch ein am Ventral wirbel abgesondertes Zement. Diese Art, den Verlust des Stiels unter Verlassen des anfangs eingeschlagenen Weges auszugleichen, wieder- holt sich mehrfach ; so tritt bei dem untercarbonischen Productus complectens Eth. Zementabsonderung zu der Ausbildung ranken- förmig die Unterlage umschlingender Böhrenstacheln hinzu und umgekehrt bei dem obercarbonisclien Aulosteges spondyliformis White und St. John die Ausbildung rankender Stacheln zu der ererbten Zementierung. Im allgemeinen bleibt aber die Ausbildung von Stacheln im Strophalosia-St&mm auf dem Productella- Stadium stehen, d. h. es werden nur Nadelstacheln ausgebildet, die gleichmäßig ' über beide Schalenflächen verbreitet sind, zuweilen ähnlich wie bei gewissen Procluctus- Arten , einen dichten Pelz bilden , aber nachdem ihnen einmal die Funktion des Verankerns genommen ist, sich nicht mehr vergrößern oder zu Böhrenstacheln vergröbern*. SCHUCHERT, 1. C. p. 83 ff. Ueber Artenbildung durch pseudospontane Evolution. 147 Dafür zeigt sich bei den permischen Strophalosien und bei Aulosteges , daß die Rückbildung der schmalen, von Productella über- erbten Area nicht nur zum Stillstand gekommen ist, sondern sich in ihr Gegenteil verkehrt hat. Die nach Yakowlew 1 für alle angeheftet lebenden Brachiopoden charakteristische Verlängerung und Überhöhung der Area tritt fast regelmäßig, zuweilen außer- ordentlich stark auf. Dabei aber werden nicht frühere Zustände der Organisation einfach wieder hergestellt, sondern die neu- gebildete Area hat an Stelle des Delthyrium entweder nur einen linearen Spalt ohne Deckplatte , oder eine breitere Öffnung , die durch eine nur deltidiumähnliche Platte verschlossen wird. Das Pseudodeltidium von Chonetes ist glatt und unpunktiert, wie es auch ontogenetisch gegenüber der Schale ein selbständiges Gebilde ist; die entsprechende Platte bei Aulosteges trägt wie die übrige Schale kleine Nadelstacheln , dokumentiert dadurch also ihre punktierte Struktur1 2. Man kann das Überhandnehmen von Nadelstacheln, ebenso die Ausbildung funktionsloser Röhrenstacheln sehr wohl als ein „Über das Ziel schießen einer im Rollen befindlichen Evolution“ bezeichnen. Als parallele Erscheinung zeigt sich im Strophalosia- Stamm , daß bei Scacchinella unter starker Verlängerung der Area die Absonderung des Zement überhand nimmt und sich auf die ganze Schale erstreckt. Bei Bichthofenia ist dann sogar die auf den Strophalosia- Stamm verweisende Organisation durch die alles überdeckende starke Runzelschicht dicht verhüllt, gewiß die denkbar extremste Übersteigerung dieser seit dem Devon fort- laufenden Evolution. Die Grundlinien der Entwicklung im Productidenstamm lassen sich also sehr wohl als ein Fall von pseudospontaner Evolution begreifen. Zugleich zeigt die Erscheinung des „Über das Ziel schießen“, daß es sich nicht um einen Anpassungsprozeß, sondern um eine Wirkung der Vererbung handelt, um einen weiteren Beleg zu der längst bekannten und in der ersten Auflage von Darwin’s Entstehung der Arten3 schon ausführlich besprochenen Beobach- tung, daß ein von Veränderung betroffenes Merkmal ohne äußere Ursache von Generation zu Generation stärker variiert übererbt wird. In diesem Sinn könnte man mit leichter Paradoxie die pseudospontane Evolution geradezu als „Evolution durch weiter- treibende Vererbung“ bezeichnen. Die Anpassung hatte ihr Ziel 1 Yakowlew, Fixation des coquilles de quelques Strophomenacea. Bull. Com. geol. Russie. 26. 1907. Die Anheftung der Brachiopoden als Grundlage der Gattungen und Arten. Mem. Com. geol. Russie. n. s 48. 1908. 2 Hall und Clarke, 1. c. Pt. II. p. 330. Anm. 3 Darwin, On the origin of species. 1860. p. 150 ff. 10* 148 M. Semper. erreicht . als bei Chonetes die Stacheln am Rand der Area aus- gebildet waren. Diese Anpassungswirkung- ward von der Ver- erbung ergriffen, die nun, wie sie bekanntermaßen nie alle Merk- male einer Generation sämtlich und gleichmäßig der folgenden überträgt, das variierende Merkmal in einigen Rassen vorwärts trieb, in anderen vorzeitig fixierte, so daß also das örtliche und zeitliche Nebeneinander der verschieden weit fortgeschrittenen Rassen — unerklärlich , solange man Anpassung als alleinige Entwicklungsursache einsetzt — in den Kreis der Vererbungs- probleme tritt und damit zwar keineswegs gelöst, aber doch dem größeren Zusammenhang als Spezialfall eines Grundproblems ein- geordnet ist. Nach dieser Theorie, die, wie ausdrücklich betont sei, im wesentlichen abgeleitet wurde aus der in ihren Grundzügen leicht übersichtlichen Stammesgeschichte der Productiden, muß man bei der Entwirrung komplizierter und durch Konvergenzen unüber- sichtlich gewordener Umgestaltungsreihen unterscheiden zwischen den Ergebnissen fazieller Umgestaltung, Merkmalsverschiedenheiten von geringem Wert für phyletische Erkenntnis, die eine größere Verschiedenheit der Arten Vortäuschen, als den tatsächlichen Ver- wandtschaften entspricht und zweitens solchen von hohem phyle- tiscliem Wert , den Ergebnissen pseudospontaner Evolution oder einer Evolution durch weitertreibende Vererbung. Die ersteren lassen sich — wenigstens zuweilen — verhältnismäßig leicht durch vergleichende Untersuchungen feststellen, denn Merkmale, die durch Faziesbedingungen hervorgerufen werden , müssen sich jedesmal wieder hersteilen, sobald diese Fazies vorliegt und schaffen dann morphologische Konvergenzen zwischen selbst ent- fernter verwandten Gattungen1. Die letzteren ergeben sich erst aus der Betrachtung langer Reihen und behalten immer, weil auf weniger direkter Beobachtung ruhend, einen stärker hypothetischen Charakter. Aber es kann ein jedes, ursprünglich durch Anpassung hervorgerufene Merkmal von der Vererbung ergriffen und pseudo- spontan weitergeführt werden, ferner darf ein Merkmal, das in einem Einzelfall durch fazielle Umformung erworben ist, nicht immer ohne weiteres als solches betrachtet werden. Für beides bieten die Spiriferen des rheinischen Unterdevon — jedenfalls nach der Darstellung Scupins2 — treffliche Belege, denn während die radialen Knickfalten bei Derbya ( Geyerelia ), Enteletes und Orthis der Permfauna von Palazzo Adriano wohl sicher auf fazielle Um- 1 Romanes, 1. c. II. p. 238. 241. — Semper, Über Konvergenz- erscheinungen bei fossilen Brachiopoden. N. Jahrb. f. Min. etc. 1899. I. p. 245, 250. 2 Sccjpin , Die Spiriferen Deutschlands. Paläont. Abh. Dames und Kayser. 8. 1899. p. 125 ff. Ueber Artenbildung durch pseudospontane Evolution. 149 gestaltung zurückgeführt werden dürfen1, scheinen sie sich bei genannten Spiriferen im pseudospontanen Weiterverlauf einer im Obersilur eingeleiteten Bewegung herauszubilden. Umgekehrt stellt die Dickschaligkeit dieser Spiriferen ein erworbenes, für küsten- nahe Lebensbezirke allgemein charakteristisches Merkmal dar, aber es wird hier in eigentümlicher Weise pseudospontan gesteigert durch die zunehmende Anhäufung von Schalensubstanz hinter den Zahnstützen, wodurch dann an den Steinkernen die allmähliche Vergrößerung der Muskelzapfen bewirkt wird. Betrachtet man nunmehr die Diskussion, die über Steinmann’s geologische Grundlagen der Abstammungslehre mit teilweise mehr hitzigen als treffenden Schlägen geführt wird 2, so erschließen sich auf dem Boden der Theorie von der pseudospontanen Evolution gewisse Beobachtungs- und Untersuchungsmöglichkeiten, durch die eine wirkliche Entscheidung ermöglicht werden könnte. Es handelt sich in dieser Diskussion um die Frage , ob der phyletische Erkenntniswert der Merkmale besser so zu bemessen ist, wie es bisher allgemein üblich war und zu dem bestehenden System geführt hat, oder besser so, wie es Steinmann, um ge- wissen Schwierigkeiten und Unverständlichkeiten der bisherigen phylogenetischen Vorstellungen zu entgehen, umwertend vor- geschlagen hat. Man bleibt jeder wirklichen Entscheidung fern, solange man nur das Kriterium des Erfolgs anwendet und die- jenige Bewertung für die richtige erklärt, die dem Inhalt unserer Erkenntnis am vollständigsten Rechnung trägt, denn der Beweis des Erfolgs wird von beiden Seiten mit Recht in Anspruch ge- nommen, da als „Inhalt unserer Erkenntnis“ auf jeder Seite etwas anderes hingestellt wird, und auf beiden Seiten eine völlige Harmonie besteht zwischen dem, was jedesmal erklärt werden soll und den Erklärungsweisen und -mittein. Der Unbeteiligte , der sich erst eine Entscheidung nach den vorgebrachten Argumenten bilden will und noch keine fertig gebildete besitzt, findet bisher oft nicht mehr als die Selbstverständlichkeit bestätigt, daß man bei ver- schiedener Bewertung der Merkmale auch zu verschiedenen phyle- tischen Systemen gelangt. Wenn ein Merkmal hier für konvergent erworben und deshalb für phyletisch irrelevant, dort für durch Vererbung übertragen und für phyletisch ausschlaggebend erklärt wird, so muß sich die Entscheidung darüber auf solche Beobach- tungen berufen können, die noch nicht bei der Systembildung ver- wertet sind und auch von den für die Systembildung bestimmenden Anschauungen nicht beeinflußt wurden, also auf eine unabhängige 1 Semper, 1. c. p. 245. 2 So hat Pompeckj (gegen Steinmann's geol. Grundlagen der Ab- stammungslehre. Jahresb. nieders. geol. Vereins. 3. p. 37. 1910) sich ver- sehentlich dem Verdacht ausgesetzt, den Stiel der Brachiopoden funktionell dem Sipho der Zweischaler gleichzustellen. 150 M. Semper, Instanz von vergleichenden Beobachtungen über das Auftreten eines Merkmals und seine Beziehungen zu gleichzeitigen gestaltenden Faktoren. Wenn nun Steinmann1 die Arcestiden und Haploceratiden zu einer Einheit zusammenfaßt und die darin vor sich gehende Ver- änderung wie folgt beschreibt: „So sehen wir bei den verschiedenen Stämmen der Arcestida nur die wenigen gleichen, aber unbedeutenden Mutationen sich vollziehen , zunehmende Komplikation der Lobenlinie , Zunahme der Evolution und Skulptur etc.“ so fühlt man sich versucht — einerlei, ob die Theorie von der Kassenpersistenz oder die von der pseudospontanen Evolution be- rechtigt ist oder nicht — , beide Theorien zusammenzufassen, da eine so lange Zeiträume hindurch in einer Kichtung fortschreitende Evolution auch unbedingt auf eine gleichmäßig nachwirkende Trieb- kraft verwiese. In der Tat ist auch nicht einzusehen , welche andere Ge- staltungsursache bei den zum Pelagial gehörigen Ammoniten- gruppen Formveränderungen hervorbringen sollte, da in den sich gleichbleibenden Existenzbedingungen dieses Lebensbezirkes von Anpassung an Faziesverhältnisse doch wohl nicht geredet werden kann. Dann aber muß als Möglichkeit im Auge behalten werden, daß auch ein Teil der bei litoralen Gruppen auf tretenden Ver- änderungen in pseudospontaner Evolution seine Erklärung findet. Bei diesen würden also faziell entstandene neben pseudospontan entstandenen Merkmalen einhergehen. Zur Unterscheidung stehen direkte Beobachtungen nicht zur Verfügung, denn wenn man auch in Berücksichtigung der an andern Organismen — freilich spär- lich — angestellten Experimente vermuten darf, daß fazielle Um- tormung sich in momentanen und sprunghaften , pseudospontane Evolution dagegen in allmählichen und schrittweisen Veränderungen vorzugsweise äußern wird, so ist damit für die Untersuchung fossilen Materials sehr wenig geholfen, weil bei lückenhafter Über- lieferung auch die allmählichste Umwandlung sprunghaft aussieht. Wenn Pompeckj auf einen bei süddeutschen Ammonitenfaunen aus Lias und Dogger bemerkbaren Zusammenhang zwischen Fazies und Fauna verweist 2, so ist damit zwar vermutlich nicht auf eine Abhängigkeit der auftretenden Artenmerkmale von der Fazies, sondern eher auf eine Abhängigkeit des Gattungsbestandes hin- 1 Steinmann, Kassenpersistenz bei Ammoniten. Dies. Centralbl. 1909. p. 11. 2 Pompeckj , 1. c. p. 36. Zu vergleichen : Pompeckj , die zoogeo- graphischen Beziehungen zwischen den Jurameeren Nordwest- und Süd- deutschlands. Jahresber. nieders. geol. Vereins. 1. p. 10. Erst nachträg- lich werden mir die Bemerkungen V. Uhlig’s bekannt, wonach die Form- verwandtschaften zwischen borealen Ammoniten vielleicht Konvergenzen, Ueber Artenbildung durch pseudospontane Evolution. 151 gedeutet, aber es muß danach doch möglich, jedenfalls als höchst wünschenswert erscheinen , daß eine auf jenes gerichtete Studie zur Aufklärung phylogenetischer Fragen beitragen würde. Viel- leicht ist diese Untersuchungsrichtung schwer als vorhanden zu erkennen von einem deszendenztheoretischen Standpunkt, der alle und jede Umformung als Ergebnis einer besonderen Anpassung an veränderte Existenzbedingungen betrachtet. Eine derartige, von Schritt zu Schritt durch äußere Einflüsse vorwärts getriebene Entwicklung vermag nur kurzatmige Stammreihen zu erklären und bei dieser Grundvorstellung wird man stets geneigt sein , wenn eine sich zunächst als einheitlich darbietende Reihe , die lange Zeiten hindurch dieselbe Richtung innehält, nicht durch fortdauernd und stetig in einer Richtung gesteigerte Umgestaltungsfaktoren erklärt werden kann , entweder teleologisch gefärbte Begriffe ein- zuführen, oder aber die lange — stets unterbrochen überlieferte — Reihe in eine Anzahl selbständiger, parallel entwickelter Reihen aufzulösen. Demgegenüber verändert die Theorie von der pseudo- spontanen Evolution* 1 den ganzen Aspekt deszendenztheoretischer Vorstellungen , indem sie die Vererbung nicht nur als konser- vativen, vielmehr auch als selbständig umbildenden Faktor betont und dazu führt , viele der äußerlich auffallendsten Merkmale als möglicherweise phyletisch geringwertig zu betrachten und nach langwährenden , in einer Richtung gleichmäßig fortschreitenden Entwicklungsreihen zu suchen. durch „gleichmäßige Veränderung mehrerer Stämme unter dem gleichartigen Einfluß der gesamten Lebensverhältnisse des Borealreichs“ sind. (Die marinen Reiche des Jura und der unteren Kreide. Mitt. geol. Ges. Wien. 4. p. 352. 1911.) Die Klärung dieser Verhältnisse überweist Uhlig künftigen Untersuchungen, denen also — auch in dem oben geforderten Sinn — eine günstigere Prognose, als ein bloßes „möglich und wünschenswert“ gestellt werden darf. 1 Diese Theorie und das Wesentliche der hier gegebenen Darstellung war in meiner vor ca. 11 Jahren ausgearbeiteten Habilitationsschrift (Über die Gruppe des Productus Cora d’Orb.) enthalten, die ungedruckt blieb, weil Tschernyschew’s Arbeit über die obercarbonischen Brachio- poden des Timan sie in faunistisch-stratigraphischer Beziehung hoffnungs- los überholte. Steinmann’s Lehre von der Orthogenese (Die Abstammungs- lehre, was sie bieten kann und was sie bietet. Vortrag auf der Natur- forscherversammlung Karlsruhe 1911) enthält eigentlich die von mir ent- wickelte Theorie gleichfalls , sucht aber darüber hinaus zu erklären , auf welche Weise die Vererbung die ihr zugeschriebene Evolution zuwege- bringt. Vielleicht ist es trotzdem nicht überflüssig, mit dieser vor den letzten Problemen Halt machenden und enger an einen Spezialfall ge- knüpften Darstellung jetzt noch hervorzutreten. 152 Th. Kormos, Die pleistocäne Molluskenfauna Die pleistocäne Molluskenfauna des Kalktuffes von Konto (Komitat Bihar) in Ungarn. Von Dr. Theodor Kormos, Budapest. Seit 1874, als Philippi die in den Thermen von Püspökfürdö bei Nagyvärad lebende Melanopsis Parreyssi als Erster beschrieb, entstand über die eigenartige Fauna dieser Thermen eine reiche Literatur. M. Staub betonte bereits 1891, daß die in den Thermen von Püspökfürdö lebende Nymphaea thermalis De. samt Melanopsis Par- reyssi ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten ist1. Brusina2 war der Erste, der sich mit der einstigen und gegenwärtigen Fauna des Püspökfürdö eingehender befaßt hat. Er gab der Auffassung Staub’s eine bestimmtere Form, indem er ausführte, daß die Thermen von Püspökfürdö eine wahrhaftige, aus dem Tertiär zurückgebliebene „subtropische Oase“ darstellen,, deren heutiger Fauna an dieser Stelle eine lange Entwicklungs- reihe voranging. Zwei Jahre später hatte ich selbst Gelegenheit, mich mit der geologischen Vergangenheit der Fauna von Püspökfürdö eingehend zu befassen 3. Mein diesbezüglicher Aufsatz ist im Bd. XXXV des Földtani Közlöny erschienen, und jedermann, der sich für die Frage interessiert, findet dort eine ausführliche Besprechung dieses Gegenstandes. Hier will ich bloß kurz wiederholen, daß ich in meiner an- geführten Arbeit die 31 Melanopsis- Arten und -Varietäten Brusina’s in 5 Arten zusammenzog, zu denen noch 3 neue Arten hinzu- kamen (Mel. Szontaghi Korm., Mel. sublanceölata Korm., Mel. hun- garica Korm.). Von den 5 Arten Brusina’s {Mel. Parreyssi Phil., Mel. SiJcorai Brus. , Mel. Hazayi Brus. , Mel. Töthi Brus, und Mel. Staubi Brus.) kommen drei lediglich im Untergrund des Püs- pökfürdö vor, während die Exemplare von Mel. Töthi ohne Aus- nahme aus den Kalktuffablagerungen von Rontö stammen. Mel. Staübi kommt im Untergrund von Püspökfürdö und im Kalktuff von Rontö vor, ist jedoch, wie im weiteren gezeigt werden soll, mit Mel. Töthi zusammenzuziehen. In der Gemarkung von Rontö, in der unmittelbaren Umgebung von Püspökfürdö , findet sich eine etwa 6 m mächtige Kalktuff- bildung, auf welcher die Dampfmühle von Rontö steht. 1 M. Staub, Die Gegenwart und Vergangenheit der Seerosen. Eng- ler’s Botan. Jahrb. Beibl. No. 31. Jahrb. XIV. (1891.) 2 Sp. Brusina, Eine subtropische Oasis in Ungarn. Mitteil. d. Naturw. Ver. f. Steiermark, Graz (1902). 3 T. Kormos, Über den Ursprung der Thermenfauna von Püspök- fürdö. Földtani Közlöny. 35. p. 421 — 450. (1885.) des Kalktuffes von Rontö (Komitat Bihar) in Ungarn. 153 Mit der Fauna derselben hat sich seinerzeit M. Töth 1, Pro- fessor an der Realschule in Nagyvärad, befaßt, weshalb ich mich in meiner oben angeführten Arbeit bloß auf die Berichtigung einiger Irrtümer beschränkte. Jetzt aber — nachdem ich Gelegen- heit fand, dieses Vorkommen neuerdings aufzusuchen und dort ein reiches Material zu sammeln — bedarf die Arbeit Töth’s einer gründlichen Revision. Vor allem muß festgestellt werden , daß sich M. Töth bei der Beurteilung der petrographischen Beschaffenheit und der Ent- I Stellung der Ablagerungen irrte. Nach ihm tritt nämlich in dem Aufschluß hinter der Mühle von Rontö, welcher etwa 20 m lang und 4 — 5 m hoch ist, zu oberst, in etwa 1 m Mächtigkeit grauer, etwas sandiger Mergel mit kleinen Schotterkörnern auf, in welchem „der durchsickernde kohlensaure Kalk stellenweise korallenförmige Gebilde, Kalkmergel- röhren, hervorbrachte“. „Die folgende Schicht ist ein 1^ m mächtiger feiner, grauer Löß. An der Berührung dieser beiden Bildungen ist der Kalktuff in ^ m Mächtigkeit am besten aus- gebildet . . . und verleiht durch seine ganze Struktur der Schicht ein gesteinsartiges Aussehen.“ „Die untere, bloß bis zu m auf- geschlossene Schicht ist ein bereits zäherer, festerer Löß, infolge seiner Feuchtigkeit von mehr dunkler Farbe.“ Demgegenüber fand ich ebendort folgendes Profil : zuunterst nicht aufgeschlossener Torf, welcher am Ufer des nahen Pece-Baches zutage tritt; darüber 0,6 — 0,7 m toniger Kalkschlamm mit Schnecken; ., 1,5 m röhrenförmige Konkretionen führender Kalktuff, stellenweise mit kalktuffigen, eisenschüssigen Nestern und Schnecken; „ 1,0 m toniger Kalktuff- Grand mit viel Schnecken; „ 3,0 m pisolithischer Kalktuff mit Schnecken; „ Alluvium (Humus). Hieraus ist ersichtlich, daß das ganze Proül keine Spur von Löß enthält und die ganze Ablagerung als un- bedingt einheitliche Quellenbildung aufzufassen ist. Schnecken kommen in allen kalkigen Bildungen vor und die Fauna ist — wie bereits Töth betonte — durchwegs einheitlich und schichtenweise nicht zu trennen. Töth zählt aus diesen Schichten folgende Fauna auf: 1 M. Töth, Adatok Nagyvärad Környeke diluviälis kepzödmenyeinek ismeretehez (= Beiträge zur Kenntnis der diluvialen Ablagerungen in der Umgebung von Nagyvärad). Arbeiten der XXV. Wanderversamml. ungar. Ärzte und Naturforscher. Budapest 1891. 154 Th. Kormos, Die pleistocäne Molluskenfauna „1. Unio batavus Lam. var. la- 24. Planorbis corneus Lin., custris (?), 25. „ albus Müll., 2. Unio batavus Lam., 26. „ marginatus Drop. 3. 33 sp., (sic !), 4. 33 amnicus Ziegl., 27. Cyclostoma costulatum Ciegl. 5. sp., (sic !), 6. Helix pomatia Lin., 28. Lymnea (sic!) minuta Drop., 7. lutescens Ziegl., 29. „ peregra Drap., 8. 33 strigella Drap., 30. „ auricularia L., 9. 33 sp., 31. „ auricularia L. var. 10. 33 candidans (sic!) Ziecil. hasta Cless., var. obvia , 32. „ palustris Müll., 11. 3? austriaca Mühlf., 33. „ „ ■„ var.?, 12. 33 53 33 34. Succinea oblonga Drap., (var. ?), 35. „ Pfeiffer i Rossm., 13. 33 hispida Lin., 36. Clausilia sp., 14. 3) sp., 37. „ sp-, 15. 33 sp., 38. „ sp., 16. V bidens Chemn. var. 39. Pupci doliorum Brüg. (sic!), major Rossm., 40. „ muscarumljiKix. (sic!), 17. 33 bidens Chemn. var. 41. Bulimus tridens Müll.. minor, 42. Isthmia (?) minutissima 18. 33 cellaria Müll., Hartm., 19. 33 sp.. 43. Cionella lubrica Müll., 20. 33 sp., 44. Melanopsis praerosa Lan. 21. 33 triaria Friv., 45. Neritina serratilinea var. 22. Zonites sp., thermalis. “ 23. 33 sp.. In dieser Faunenliste sind außer den nicht näher bestimmten Formen (2 Unio-, 4 Helix-, 2 Zonites- und 3 Clausilia- Arten) , welche nicht in Betracht kommen können , noch folgende zu streichen : Unio amnicus, Melanopsis praerosa, Limnaea minnta, Neritina serratilinea, welche teils nicht existierende Arten ( Unio amnicus, Neritina serrati- linea) sind , teils aber hier nicht Vorkommen {Melanopsis praerosa recte M. praemorsa). Xerophila obvia Hartm. , Pomatia lutescens und Cyclostoma costulatum (Z.) Rossm., welche Toth bloß in den oberen Schichten fand, sind ganz sicher subfossil und haben mit der Fauna des Kalktuffes nichts zu tun. Ferner ist unter Unio batavus wahrscheinlich U. pictorum L., „ Helix bidens var. major „ Fruticicola äibofhryonP*. A.Bz., „ . „ cellaria „ Hyalinia cellaria Müll., „ „ triaria „ Acanthinula acuteata Drp., des Kalktuffes von Konto (Komitat Biliar) in Ungarn. 155 unter Zonites sp. wahrscheinlich Campylaea banatica Rossm. juv., „ Melanopsis praerosa unzweifelhaft Md. Töthi Brus, und „ Neritina serratilinea „ X. Prevostiana C. Pfr. zu verstehen. Die von mir gesammelte Fauna besteht aus folgenden Arten : 1. Daudebardia calophana West. (I)1, 2. Crystallus crystallinus Müll. (2), 3. Zonitoides nitidus Müll. (9), 4. Euconulus fulvus Müll. (2), 5. Vallonia pulcheUa Müll. (20), 6. Acanthimila aculeata Drp. (4), 7. Fruticicola strigella Drp. (1), 8. „ bidens Chemn. (6), 9. „ dibotliryon (E. A. Bielz) Kim. (2), 10. Eulota fruticum Müll. (2), 11. Pomatia pomatia L. (1), 12. Tachea vindobonensis Fer. (2), 13. Orcula döliölum Brug. (4), 14. Vertigo antivertigo Drp. (2), 15. „ angustior Jeffr. (3), 16. Isthmia minutissima Hartm. (2), 17. Cochlicopa lubrica Müll. (5), 18. Clausilia pumüa (Ziegl.) Rossm. (1), 19. Succinea elegans Risso (4), 20. „ oblonga Drp. (8), 21. Carychium minimum Müll. (23), 22. Gulnaria ovata Drp. (7), 23. „ lagotis Schr. (1), 24. Limnophysa palustris Müll, (var.) (17), 25. „ truncatida Müll. (3), 26. Tropidiscus marginatus Müll. (15), 27. Gyrorbis vortex L. (1), 28. Armiger nautileus L. (1), 29. Valvata cristata Müll. 30. Melanopsis Tötlxi Brus. (93), 31. Neritina Prevostiana C. Pfr. (53), 32. Unio pictorum L. (2). Es ist wohl möglich, daß es einige Arten in der Liste von Töth gibt, die ich nicht fand (so z. B. Hyalinia cellaria, Helix hispida, Planorbis corneus, PL albus, Succinea Pfeifferi, Ghondrula tridens ) , doch sind diese unbedeutend und ändern den Charakter der Fauna in keiner Hinsicht. 1 Die in ( ) befindliche Zahl bezieht sich auf die Individuenzahl der einzelnen Arten. 156 Th. Kormos, Die pleistocäne Molluskenfauna Der thermale Charakter der Fauna prägt sich in dem großen Eeichtum an Melanopsiden und Neritinen aus. Die übrigen Wasser- schnecken dürften teils in den Thermen selbst, teils in deren mehr abgekühlten Abflüssen gelebt haben, während die Landschnecken, die in der Umgebung lebten, in das Wasser hineingefallen sind. Unter letzteren sind gerade jene am häufigsten ( Zonitoides nitidus , Vallonia pulchella, Succinea oblong a, Carychium minimum), die sich mit Vorliebe in der Nähe von Gewässern aufhalten. Die übrigen Landschnecken sind in meiner Sammlung meist nur durch 1 — 2 Exemplare vertreten , was darauf hinweist , daß dieselben nur zufällig in die Kalktuff absetzende Therme gelangt sind. Hierauf ist es zurückzuführen, daß die obige Fossilliste nicht ein- mal ein annähernd getreues Bild der damaligen Molluskenfauna gibt. Sehr interessant ist das Vorkommen von Daudebardia calo- phana, Acanthinula aculeata und Fruticicola dibothryon bei Konto. Diese Arten waren bisher aus den pleistocänen Bildungen Ungarns nicht bekannt, ja Daudebardia calophana und Fruticicola dibothryon wurden meines Wissens bisher fossil überhaupt nicht gefunden. Das Verbreitungsgebiet von Daudebardia calophana erstreckt sich nach Wagner1 heute auf den östlichen Teil von Galizien und den nördlichen Teil von Siebenbürgen, während Fruticicola dibothryon mit Ausnahme des Banates östlich von der Hohen Tatra in der Zone der Karpathen überall vorkommt. Aus dem Biliar- gebirge ist bisher keine dieser Arten bekannt 2. Viel interessanter als die Landsclmecken, sind die thermalen Arten des Kalktuffes von Konto. Die eine derselben , Neritina Prevostiana C. Pfr. , wird von Brusina 1. c. unter dem Namen N. Adelae Brus, angeführt, wäh- rend eine andere abweichende Form von Brusina als N. Gizelae beschrieben wurde. Beide betrachtet Brusina als Varietäten von N. Prevostiana. Ich hielt diese beiden Arten in meinen bisherigen Arbeiten von N. Prevostiana getrennt, meine neueren Studien je- doch sowie die Arbeit Soös’ über die ungarischen Neritinen3 über- zeugten mich davon, daß N. Adelae mit N. Prevostiana endgültig* zu identifizieren ist. Auf N G-izelae, welche im Tuff von Konto nicht vorkommt, bezieht sich dies nicht. Das eigenartigste Fossil des Kalktuffes von Rontö ist jeden- falls Melanopsis Tothi Brus., welche sich nicht in den Stammbaum der berippten Melanopsiden des Püspökfiirdö einfügt und im Unter- grund von Püspökfiirdö überhaupt nicht vorkommt. Brusina hat diese Art hier samt Neritina Adelae zwar ebenfalls angetroffen, 1 A. J. Wagner, Die Arten des Genus Daudebardia Hartmann. Denkschr. d. math.-nat. Kl. d. k. Akad. d. Wiss. 42. p. 15. Wien 1895. 2 L. Soös, Magyarorszäg Helicidäi (Die Heliciden Ungarns). Allatt. Közl. III. 3. p. 156. 3 L. Soös, On hungarian Neritinae. des Kalktuffes von Konto (Komitat Biliar) in Ungarn. 157 jedoch fand er dieselbe nicht im Aufschluß, sondern auf den Park- wegen, wohin sie mit dem Beschotterungsmaterial von Rontö ge- langt ist. Ich kann entschieden behaupten, daß Melanopsis Töthi außer dem Kalktuff von Konto nirgends vor- kom m t. Die Beschreibung von Mel. Töthi ist in meiner angeführten Studie über Püspökfiirdö enthalten, weshalb ich hier von einer solchen absehen will. Ich möchte hier nur darauf hinweisen, daß nach meinen an Exemplaren von Rontö gemachten Beobachtungen Mel. Staubi Brus, mit dieser Art zu identifizieren ist, indem die beiden durch eine kontinuierliche Reihe von Übergängen verbunden sind. 1 — 2 spirale Reifen, ja Kiele sind an etwa 25°/o der Exem- plare von Rontö zu beobachten. Sämtliche (9) BRusiNA’sche Varie- täten von Mel. Töthi sowie Mel. Staubi samt deren zwei Varietäten möchte ich nun zu dieser Art ziehen. In meiner oben angeführten Arbeit wurde bereits darauf hin- gewiesen, daß ich Mel. Töthi als einen jungen, auf hoher Stufe der plrylogenetisclien Entwicklung stehenden Typus betrachte, welcher Hemisinus acicularis und H. Esperi am nächsten bezw. zwischen diesen beiden Arten steht. Zugleich habe ich erwähnt, daß zuweilen auch an H. acicularis ebenso wie bei Melanopsis Töthi eine Spiralskulptur zu beobachten ist. Heute kann ich bereits jener meiner Ansicht hinzufügen, daß Mel. Töthi als unmittelbarer Vorfahre der bei uns lebenden Hemi- sinus acicularis, zu betrachten ist, und dies um so mehr, als auch an den Exemplaren dieser Art zuweilen, obzwar sehr selten , ge- kielte Formen anzutreffen sind, was als atavistische Erscheinung zu deuten ist. Ein solches Exemplar von Melanopsis acicularis gelangte mir aus dem Kalktuff von Vertesszöllös (Komitat Komärom) zu Händen. Mit Betracht darauf, daß aus unseren mittel-, ja sogar unter- pleistocänen Sedimenten überall bereits Hemisinus acicularis und H. Esperi bekannt sind, liegen bei Beurteilung der Bedeutung der Melanopsis Töthi von Rontö zwei Möglichkeiten vor. In dem einen Fall wäre der Tuff von Rontö älter als unterpleistocän. Dies ist jedoch in Anbetracht dessen, daß von den 32 Arten der Fauna 31 in Ungarn auch heute noch leben, nicht wahrscheinlich, ja sogar ausgeschlossen. Die zweite — wahrscheinlichere — Möglichkeit ist die, daß Mel. Töthi ein plistocänes Relikt ist, welches im Pleistocän so lange in den Thermen von Rontö lebte, bis diese schließlich ver- siegten. In den übrigen Teilen des Landes hingegen, wo die Vor- fahren der Hemisinen den Klimaschwankungen mehr ausgesetzt waren als in diesen Thermen, hat sich zu dieser Zeit bereits der den heutigen Lebensbedingungen angepaßte Vertreter der Gattung 158 Versammlungen und Sitzungsberichte. Hemisinus lierausgebildet. Die heutigen Quellen von Püspökfürdö sind mit dem Kalktuff von Konto in keinerlei genetischem Zu- sammenhang und setzen auch keinen Kalktuff ab. Bemerkenswert ist , daß Mel. Töthi dementsprechend im Untergrund von Püspök- fiirdo auch nicht vorkommt. Und während von Melanopsiden in den heutigen Thermen bloß zwei berippte Formen (Mel. Parreyssi und Mel. lmngarica) leben , Mel. Töthi aber als vollständig aus- gestorben zu betrachten ist, kommt Neritina Prevostiana, wie an zahlreichen anderen Puukten Ungarns, hier auch heute noch vor. Dies ist umso interessanter , als bekannt ist , daß in den ehe- maligen Sedimenten der Quellen von Püspökfürdö bloß N. Gizelae vorkommt, welche ihre Lebensbedingungen in den heutigen Quellen bereits nicht mehr angetroffen hat und demzufolge ausgestorben ist. Versammlungen und Sitzungsberichte. Londoner mineralogische Gesellschaft. Sitzung am 23. Januar 1912 unter dem Vorsitz von Professor W. J. Lewis, F. R. S. Miss M. W. Porter und Dr. A. E. H. Tutton: Die Be- ziehung zwischen Kristallform und chemischer Zu- sammensetzung; die Doppelchromate der Alkalien und des Magnesiums. Die Untersuchung der Kristalle von Ammonium-Magnesium-Chromat mit 6 H2 0 und derer der ana- logen Salze mit Rubidium und Caesium (die Bildung des analogen Kaliumsalzes ist unmöglich) zeigt nicht allein, daß die Doppel- chromate zu derselben monoklinen Reihe gehören wie die Doppel- sulfate und -selenate , die früher von Dr. Tutton untersucht worden sind, sondern auch, daß ihre gegenseitigen Beziehungen genau denjenigen parallel gehen, die bei den anderen Gliedern der Reihe festgestellt worden sind. Die Salze des Rubidiums und des Caesiums zeigen dieselben progressiven Änderungen der morpho- logischen und physikalischen Eigenschaften in der gleichen Richtung wie die Rubidium- und die Caesiumsalze aller der anderen unter- suchten Gruppen, so daß, wenn das Kaliumsalz hergestellt werden könnte, diese drei Salze zweifellos eine in ihren Eigenschaften progressive eutropische Reihe bilden würden gemäß den Atom- gewichten der drei Alkalimetalle, und es ist sogar möglich, die Eigenschaften vorauszusagen , die das fehlende Kaliumsalz haben würde. Wie in allen anderen Fällen ist das Ammoniumsalz isomorph und nicht eutropisch. Außerdem sind die Doppelchromate isomorph und nicht eutropisch mit den eutropischen Sulfaten und Selenaten. Versammlungen und Sitzungsberichte. 159 Professor W. J. Lewis: Über ein bl ei grau es Sulf- arsenit von Binn, wahrscheinlich Livein git. Die Kristalle zeigen zwei herrschende Zonen, die unter 90° gegen- einander geneigt sind, die eine ausgesprochen schief und die andere symmetrisch prismatisch. Bei Annahme monokliner Kristallisation ergeben sich für die Flächensymbole sehr hohe Zahlen; unter der Voraussetzung eines triklinen Systems werden die Symbole ein- facher, aber die Kristalle zeigen einige Beziehungen, welche für monokline Symmetrie charakteristisch sind, und Zwillingsbildung, obwohl unzweifelhaft vorkommend, ist keine genügende Erklärung hierfür. R. H. Solly und Dr. G. F. H. Smith: Ein neues triklines Mineral vom Binnentale. Seit dem Auffinden der fünf kleinen Kristalle auf (wahrscheinlich) Rathit durch Mr. Solly im Jahr 1902 sind keine weiteren mehr zutage gekommen. Sie wurden daher kürzlich von neuem gemessen. Sie sind bleigrau und ihr Strich ist schokoladenfarbig ; sie sind daher wahrscheinlich ein Sulfarsenit von Blei. Keine Flächen oder Achsen der Symmetrie wurden beobachtet; das System ist daher triklin. Das Achsen- verhältnis ist: a : b : c = 0,9787 : 1 : 1 , 1575 ; ce = 116° 53J'; ß— 85 0 12' ; y = 1 13 0 44^' ; 01 0 : 001 = 62 0 41' ; 001:100 = 83°4^/; 100 : 010 = 65 0 46'. Etwa 21 Formen wurden be- obachtet, deren wichtigste sind: (100), (010), (001), (110), (111), (111). Dr. A. Hutchinson: Über Colemanit und Neocolemanit. Bei einer leichten Modifikation in der Orientierung, die für die Kristalle des letzteren Minerals angenommen worden ist, können seine kristallographischen und optischen Eigenschaften mit denen des ersteren in Einklang gebracht werden. Dies läßt sich be- werkstelligen durch eine Drehung des Kristalls um 180° um die Normale zu der Fläche (001); (100) des Neocolemanits kommt dann mit (201) des Colemanits zur Koinzidenz. Dr. A. Hutchinson und Dr. A. E. H. Tutton: Fernere Beobachtungen über die optischen Eigenschaften des Gipses. Mit Hilfe eines neuen Apparats, mit welchem die Gipsplatte senkrecht zur ersten Mittellinie während der Beobachtung des Interferenzbildes im fließenden heißen Wasser herumgedreht werden kann, wobei sich die Temperatur des Wassers unmittelbar vor und hinter dem Gipskristall genau messen läßt , waren die beiden genannten Forscher in der Lage, endgültig zu beweisen, daß die Temperatur, bei der das Mineral einachsig wird, beträgt: für Na-Licht 91°, für Roth C und für grünlichblau F des Wasserstofflichts 89 0 und für die violette Wasserstofflinie nahe G 87 °. Diese Temperaturen stimmen genau mit denen überein, bei denen die beiden Bilder des Spektrometerspalts in einem 60 °- Prisma zusammenfallen, das so geschliffen ist, daß man daraus 160 Miscellanea. — Druckfehlerberichtigung. die Brechungskoeffizienten a und ß erhalten kann. Angesichts der großen für die Führung des Kristallhalters nötigen Korrektion bei der Anwendung des gewöhnlichen FuEs’schen Erhitzungs-Luft- bades und in Anbetracht der Schwierigkeit der Bestimmung ist es nicht zu verwundern, daß frühere Bestimmungen der Temperatur, bei der eine Gipsplatte einachsig wird, zu hoch ausfielen und nicht mit der Prismenbeobachtung übereinstimmten. Dr. G. F. H. Smith: Bemerkungen über einen großen Kristall von Anatas vom Binnental. Der Kristall bot die Kombination : a(100) ■ 2t(313) * z (113) und andere Formen mit kleineren Flächen ; er ist bemerkenswert durch die Tatsache, daß die Flächen von t vollständig ersetzt sind durch zahllose winzige Kristalle mit den Formen: z(113), k ( 1 1 2), p (111) und e(101) und von derselben Orientierung wieder große Kristalle. Miscellanea. Ferienkurse Jena. Vom 5. — 17. Aug. 1912. (Für Damen und Herren.) Es werden im ganzen mehr als 50 verschiedene Kurse ge- halten, meist zwölf ständige. Naturwissenschaftliche Abteilung: Naturphilosophie; Botanik ; botanisch-mikroskopisches Praktikum ; Zoologie ; zoologi- sches Praktikum; Astronomie; Geologie; Chemie; Physik; Phy- siologie: physiologische Psychologie. Ferner sei auf die pädagogischen , literaturgeschichtlichen, religionswissenschaftlichen und staatswissenschaftlichen Kurse hin- gewiesen. Ausführliche Programme sind kostenfrei durch das Sekretariat der Ferienkurse (Jena, Gartenstraße 4) zu haben. Druckf elilerb ericht i gung . 1911, No. 5, p. 131. Z. 14 v. u. lies c:c statt a : C. 1911, No. 23, p. 724. Z. 13 v. o. statt ca. 80° lies ca. 65 °. Voigt & Hochgesang * Göttingen Fabrikation von Dünnschliffen von Gesteinen: Preis im Durchschnitt Mk. 1.10 Nur für besonders schwierig zu bearbeitendes Material tritt ein geringer Preis- aufschlag ein. Unerreichte Qualität, Dünne 0,02 mm. Kristalle: Genau orientierte Schliffe. Preis Mk. 1.30 — 1.50. Kristallpräparate für sämtliche mineralogischen Untersuchungen in tadelloser Aus- führung zu angemessenen Preisen. Zahlreiche Dünnschliff-Sammlungen, zusammengestellt von bedeutenden Fachleuten der Mineralogie. Neu! 120 Dünnschliffe kristalliner Schiefer, zusammengestellt von U. Grubenmann, mit erklärendem Text von Dr. Laura Hezner. 36 Dünnschliffe typischer Erziagergesteine, ausgewählt und beschrieben von B.. Beck. 14 Dünnschliffe amerikanischer Erzlagergesteine, ausgewählt von E. Ritter, Colorado, beschrieben von R. Beck. I - ° ■ 28 Thin Sections of the diamond-bearing. Kimberlites of South Africa, ausgewählt und beschrieben von G. S. Corstorphin e, Johannesburg. Anfertigung von Mikrophotographien und Diapositiven. Kristallmodeile aus Holz- und Glastafeln. Schleifutensilien zur Herstellung von Dünnschliffen Mineralogische und geologische Bedarfsartikel. Kataloge gratis. Im Februar 1912 erschienen: Neuer kristallographischer Katalog KTo. 3*. Aus dem reichen Inhalt möge hervorgehoben sein : Modell zur Demonstration der Lage des rhombischen Schnittes bei den Plagioklasen nach Prof. Dr. K. Hintze. Neue Pappkristallmodelle nach Prof. Dr. K. Vrba. Kristallographische Kaleidoskope nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Kristallographisches Spiegel-Poiyskop nach Prof. Dr. K. Vrba. Modell zur Demonstration der stereographischen Projektion und Wandtafel für stereogr. Projektion nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Glasmodelle zur Erläuterung der Aetzmethode nach Prof. Dr. G. Wulff. Modelle zur Erläuterung der Bildung der ozeanischen Salz- ablagerungen nach Dr. E. Jäneckk. Neue Mineralpräparate und orientierte Mineraidiinnschliffe. Aus der neuen (achten) Auflage des mineralogischen Haupt- katalogs No. 1 (Juli 1910) empfehlen wir: A. Vorlesungssammlung von 100 Mineralpräparaten. Diese Sammlung enthält nur Präparate von natürlichen Mineralvorkommen (mit Ausnahme von künstlichem Rubin und Borax) und ist in der Weise zusammengestellt, daß alle wichtigen optischen Erscheinungen daran demonstriert werden können. Der Preis einer Normalsammlung von 100 Mineralpräparaten in guter Qualität beträgt einschließlich eines zweckmäßig eingerichteten Kastens Mk. 1100. — . Dieselbe Sammlung in besonders guter Qualität kostet Mk. 2000. — . B. Sammlung von 225 orientierten Dünnschliffen von 134 gesteinsbildenden Mineralien, angeordnet nach H. Rosenbusch und E. A. Wülfing: „Mikroskopische Phy si ographie der petro- graphisch wichtigen Mineralien“, I. Band. 2. Teil, 1905. Preis der ganzen Sammlung von 225 Mineralschliffen, einschließlich Etui = Mk. 375. — . „175 „ „ „ = „ 295.-. » 325 „ ., „ = „ 205.-. Dünnschliffe von eingesandtem Material werden sorgfältig und pünktlich hergestellt, und zwar in der üblichen Stärke bis zu 0,02 mm und darunter. Durchschnittlich wird für einen Schliff auf Vereinsformat (28 X 48 mm) montiert Mk. 1.— berechnet. Nur für besonders schwierig zu bearbeitende Gesteine wird ein ent- sprechender Aufschlag berechnet. Auf Wunsch werden größere, bis handgroße Schliffe angefertigt. Spezialität: Schliffe fossiler Hölzer. Dr. F. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, Fabrik u. Verlag mineralogischer u. geologischer Lehrmittel. Gegr. 1833. — Bonn a. Rlieiu. — Gegr. 1833 Verlag der E. Schweizerbart’schen Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, Stuttgart, Johannesstr. 3. Druck von C. Gröninger, K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann), Stuttgart. 15. Marz 1912. vynE^Äs Mineralogie, Geologie and Paläontologie in Verbindung mit dem Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie lierausgegeben von M. Bauer, E. Koken, Th. Liebisch in Marburg. in Tübingen. in Berlin. 1912. Uo. S. STUTTGART. E.* Schwei z erb art’ sehe Verlagsbuchhandlun, Nägele & Dr. Sproesser. 1912. Monatlich 2 Nummern. Preis für Nichtabonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Mk. pro Jahr. Abonnenten des Neuen Jahrbuchs erhalten das Centralblatt unberechnet. Seit«* Inhalt. Original-Mitteilungen etc. Geinitz, E. : Wallberge (Osar), Rückenberge (Drumlins) und Zungen- A becken im nordöstlichen Mecklenburg. Mit 1 Textfigur . . . 161 Renz, Carl: Neue Carbonaufschlüsse in Attika 169 Neue Apparate und Beobachtungsmethodeii. Friedrich, K. : Ueber ein einfaches Verfahren zur ersten Orien- tierung beim Studium der thermischen Dissoziation und der Konstitution leicht zerlegbarer Mineralien. Mit 20 Textfiguren. (Schluß folgt) 174 Besprechungen. Abel, 0.: Grundzüge der Paläobiologie der Wirbeltiere ..... 184 Doelter, C. : Handbuch der MinerU chemie 186 Matter, Erh.: Die Symmetrie der' gerichteten Größen, besonders der Kristalle 187 Kranz, W. : Geologische Probleme Süddeutschlands 192 71. von der Trappen Stuttgart-Ostfielm Institut für wissenschaftliche Photographie. Einwandfreie Wiedergabe von Petrefakteu und Mineralien für Publikationen.— - Mikrophotographie von Dünnschliffen, auch in polarisiertem Licht und in Farbenphotographie. Muster gerne zu Dienst. Anfertigung von Diapositiven .nach eingesandten Vorlagen. — Großer Verlag von naturwissenschaftlichen Dia- positiven aus den Gebieten der allgemeinen Geologie, Paläonto- logie, Mineralogie, Zoologie und Botanik. Verlagsliste umsonst und postfrei, “’sflfg Kolorierte Gipsmodelle des neuen Buntsandsteinsauriers Koiloskiosaurus coburgiensis (s. Veröffentlichung Prof. v. Huene's Palaeontograpliica. Bd. 59. H. 1/2) sind durch den Unterzeichneten käuflich zu' haben. Die Abgüsse sind in dem Atelier eines Geolog. Universitätsinstitutes bergestellt. Preis der Einzelplatte Mk. 25.— bezw. Mk. 30.— (für die größere). . Bei Abnahme beider Platten, die sich in wesentlichen Dingen ergänzen, Preis Mk. 50. — . Größe der Platten 26 x 39 bezw. 27 x 44 cm. I Naturwissenschaftliche Sammlungen, Veste Goburg Fischer, Stabsarzt a. D. E. Geinitz, Wallberge (Osar), Rückenberge (Drumlins) etc. 161 Original-Mitteilungen an die Redaktion. Wallberge (Osar), Rückenberge (Drumlins) und Zungenbecken im nordöstlichen Mecklenburg. Von E. Geinitz-Rostock. Mit, 1 Textfigur. Die mecklenburgische Oberflächengestaltung bietet klassische Schulbeispiele für die verschiedenen Glazialformen Norddeutsch- lands. Von Norden her die Moränenebene (sogen. Grundmoränen- landschaft), welche durch die Rückenlandschaft überführt zu der Endmoränenlandschaft; nach der nördlichen Haupt- moräne die Seenplatte, begrenzt von der südlichen Hauptendmoräne; an diese sich angliedernd die Sandur mit den breiten SW laufenden Tälern, die zu dem großen Urstromtal der Elbe führen. Im Detail kleinere Sandur, das Sollphänomen, die Moore und mannigfaltigen Erosionsformen. Die Küste schneidet schräg die zwei nördlichen Typen an, in Holstein auch den dritten. Den Unterschied zwischen „Grundmoränen-“ und „Endmoränenland- schaft“ machte ich schon 1886 in der Arbeit über die meckl. Höhenrücken (Forsch, z. d. Landeskunde. Stuttgart). Wahnschaffe betonte ihn 1888 (Zur Frage der Oberflächengestaltung im Gebiete der baltischen Seenplatte. Jahrb. preuß. geol. Landesanst. für 1887. p. 163) und trennte später1 nach Vorgang Keilhack’s in ersterer die beiden Typen der flachen und kuppigen Grundmoränenlandschaft. Für die erstere möchte ich, da es sich bei ihrer Oberflächenbildung vielfach um die Innen- und nicht Grundmoräne handelt, den Namen „Moränenebene“ benutzen, für die zweite den Keilhack- schen Namen „Rückenlandschaft“. 1. Wallberge. Das Vorkommen von Osar, oder wie ich sie später nannte, Wall- b er gen, ist im norddeutschen Diluvialboden zuerst 1886 aus Mecklen- burg bekannt geworden; später sind sie an vielen anderen Orten nach- gewiesen, doch ist eine kartographische Übersicht über ihr Gesamt- auftreten noch nicht möglich. Für das nordöstliche Mecklenburg lassen sich bereits einige Beziehungen zu den Endmoränen und Talläufen geben. Eine ausführlichere Arbeit darüber werde ich im Archiv d. Fr. d. Natur- gesch. in Mecklenburg veröffentlichen. Zwischen Warnow- und Peenetal finden sich drei Hauptzüge, jenseits der Peene ist noch ein weiterer, der von Stavenhagen bisher bekannt, noch andere erst als Teilstücke. 1 Siehe Wahnschaffe, Oberflächengestaltung des norddeutschen Flach- landes. III. 1909. p. 142 und 147. Oentralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 11 162 E. Geinitz, Wallberge (Osar), Rückenberge (Drumlins) 1. Der Gnoien-Teterower Wallbergzug ist auf eine Länge von 41 km verfolgt. Er beginnt bei Groß-Methling und zieht sich zunächst unter vielfachen Schlängelungen in WSW- : Richtung bis Nieköhr, um dort in SSW-Richtung umzulenken. Seine vielfachen Biegungen bilden recht interessante Einzelheiten ; j so mag die eigenartige Lage der Siedlung von G n o i e n erwähnt werden, in der Konkave eines fast halbkreisförmigen Bogens, der die Stadt wie ein künstlicher Wall umgibt. 1 a. Bei Nieköhr geht ein langer Seitenzweig nach Wardow ab , auf einem seiner Rücken liegt der interessante Burgwall der Moltkeburg. In Thürkow endigt der Hauptzug in Sandwällen, doch kann J man über eine Reihe von Rückenbergen seine Fortsetzung i; nach Süden weiter konstatieren, z. T. in ausgezeichneten Wall- | formen („Körte Pust“) bis auf die Höhe der Heidberge von I Teterow. Hier ragt der Wall bis 101 m auf; er besteht z. T. | aus den groben Kiesgeröllmassen, die seit Jahren zur Ausbeute in „Steinbrüchen“ reiches Material liefern. Vom Südabfall der „Wein- berge“ läßt sich der Zug noch eine kurze Strecke weit verfolgen. Interessant ist hier einmal die bedeutende Höhe, mit der sich der Zug, ausnahmsweise, über seine nachbarliche Um- j gebung erhebt (die Mächtigkeit der Geröll- und Sandmengen ist | durch eine Bohrung auf 18 m nachgewiesen), und sodann das j Vorkommen von terrassenförmigen Abrutschungen an seinen j Seiten. Dieser Zug liegt in der Mitte zwischen den Tälern der Recknitz und Peene, seine Verlängerung trifft auf die von den Moränen- und Zungenbecken im nordöstlichen Mecklenburg. 163 bögen gebildete Ecke von Krevtsee, die die Grenze zweier benachbarter E i s 1 o b e n darstellt. 1 b. Noch ein zweiter Seitenarm geht hier nach Westen ab , der Roge — Zierstorf — Schlieffenberg — Oevelgönner Wallbergzug. Im einzelnen zeigt dieser Zug wieder prächtige Typen, der Burgwall Zierstorf, Schloß und Kirche Schlieffenberg liegen auf seinem Kamm, in der schönen Waldung des Priemer bei Güstrow endigt der Zug undeutlich verbreitert in dem Rehberg. Die Hauptrichtung ist Ost — West, mit Aufbiegung nach Norden, man möchte ihn daher fast als Queros bezeichnen. 1 c. Von ihm zweigt sich noch ein kleiner SW gerichteter Zug nach H o p p e n r a d e ab. 2. Kölzow — (Sanitz) — Prisannewitz — Wiendorf, mit Seitenzweig Dolgen. Der bekannte schöne Zug mit seinem Nebenarm hat einiges Neue ergeben. Auch der Dolgener Bergrücken erhebt sich bedeutend über seine Nachbarschaft, an seiner Siidostseite sind schöne Terrassen vorhanden; von den begleitenden Sollen sind einige als Osgruben zu betrachten. Der Hauptzug zeigt bei Klingendorf die wichtige Erscheinung, daß trennende Torf- niederungen auch von dem (stark erniedrigten) Wallberg durch- zogen werden; in dem Moor fand ich als Verbindung der Einzel- riicken eine rückenförmige Aufragung von grauem Kies, die oben noch von ^ m Torf bedeckt war. Und nach NO ließ sich der Zug noch weit verfolgen, wenn auch mit vielfachen Unterbrechungen. Im Göldenitzer Moor wies cand. Stahl ebenfalls einen unterirdischen Kies- (oder Grand-) rü ck en nach, der in NO-Richtung durchzieht und in hoch- interessanter W7eise hier sogar auf die Bildung des Torflagers von Einfluß war. Undeutlich verfolgbar sind seine Spuren in Nordrichtung nach der Gegend von Sanitz und von da nach NO, wo sie wieder als kleine, aber schöne Wallberge bei Barkvieren, Dettmannsdorf und über Kölzow bis in die Gegend von Kneese bei Sülze Vor- kommen. Danach hat dieser Zug eine Länge von 36 km. 3. Wulfshagen — Bartelstorf, mit Seitenzweig Kusse- witz, 24 km lang. Ein ganz auffälliger schmaler Wall schlängelt sich bei Kloster Wulfshagen in NS-Richtung durch das Gelände, im Volksmund als rüggbarg bekannt. Sein NO-Ausläufer verliert sich in Heide- sandgebiet bei Brünkendorf. Seine SW-Fortsetzung ist nur un- deutlich über Gresenhorst zu verfolgen, bis er wieder in Stein- feld und Fienstorf als schöner Kieswall erscheint. In mehreren undeutlichen Kies- und Sandrücken setzt der Zug fort, um in der Bartelsdorfer Kiesgrube bei Rostock zu endigen als breiter, nicht sehr hoch, aber doch deutlich aus der Geschiebemergelebene 11* 104 E. Geinitz, Wallberge (Osar), Rückenberge (Drumlins) auf steigen der Berg. Jetzt ist freilich der 24 m hohe Berg ver- schwunden und an seiner Stelle liegt die Tiefung der ehemaligen Kiesgrube. Der Abbau hat hier den Untergrund als den grauen Ge- schiebemergel gefördert, dessen Oberfläche klippenförmig zerfurcht erscheint und von dem viele große Gerolle in dem Kies gefunden wurden, und man kann die Mächtigkeit des aufgeschütteten Kies- materials etwa zu 8 — 10 m annehmen. Eine kleine Abzweigung bildet der Gehlsdorfer Wallberg. - Ein anderer längerer Seitenarm ist der Höhenzug von Grand und j Kies, der von Volkenshagen über Kussewitz verläuft. Überblickt man das Vorkommen der Wallberge, so ergibt sich folgendes : Die beschriebenen Wallberge treten in der „Moränenebene“ innerhalb der Bogen der nördlichen Hauptendmoräne auf. Trotz aller Einzelschlängelungen ist die herrschende Richtung ihres Verlaufs die nach SW und Süden (nur Roge-Oevelgönne weicht hiervon ab). Als wesentlicher Bestandteil sind die sie begleitenden Al- | luvialtalungen (und Wannen) zu betrachten, die häufig in breiten Depressionen des umgebenden Geschiebemergelbodens liegen, j Solle sind vielfache Begleiter. Von den großen NO laufenden j Haupttälern der WTarnow, Recknitz und Peene sind sie unabhängig, z. T. endigen sie mit Zuflußtälern zu denselben. Der innere Bau zeigt iu ein und demselben Zuge oft große Verschiedenheiten. Immer herrscht fluviatiles Material (Sand, Kies, Gerolle), oft mit Block- und Moränenan- und -auflagerung , bisweilen auch mit Aufragung der liegenden Moräne , als Erosionsrest. Anfang | und Ende sind bisweilen von Sandfeldern begleitet; das Ende I ist bei Bartelsdorf und Teterow mächtige Geröllanhäufung. Moräne beteiligt sich sehr häufig und zwar in verschiedenster Art, als Decke , Mantel , Erosionskern , mit und ohne Stauchungen. Man ! findet einfache Übergußschichtung , Mulden mit Steilflügeln, Steil- j Stellung (einseitig oder fächerförmig), Stauchungen, kleine Verwer- L fungen; an den Seiten zuweilen terrassenförmige Abrutschungen. Die Kammlinie übersteigt meistens nicht die mittlere Höhe des '[ weiteren umgebenden Geländes. Ausnahmen bilden Bartelsdorf, | Dolgen, Heidberg, Priemer. Die Fluviatilbildungen haben gleiches Alter mit der an- und j aufgelagerten Moräne (meist Innenmoräne) und ebenso mit der i unterlagernden, aufgewühlten und aufgestauten Grundmoräne. Be- züglich ihrer Entstehung möchte ich nicht eine rein subglaziale Bildung annehmen, sondern glauben, daß offene Spalten oder wenigstens geschwächte Stellen der Eisdecke hierbei in Frage > kamen , besonders deshalb , weil die begleitenden Niederungen (Seen, Moore, Täler) alle deutlich jugendlich sind und niemals j eine Bedeckung durch Moräne haben , also wohl nicht von einer j und Zungenbecken im nordöstlichen Mecklenburg. 165 zusammenhängenden Eisdecke überzogen waren. Nimmt man z. B. Stellen, wo zwei Eisströme oder Loben zusammengrenzten, als Bildungsort der Wallberge an , so erklärt sich auch leicht die Erscheinung, daß Wallbergzlige in ihrer Verlängerung auf Bogen- ecken der Endmoräne hin weisen. Nur ganz kurz seien die Beziehungen der beobachteten Lage- rungsverhältnisse mit dieser Auffassung angedeutet: Das normale wäre die einfache Aufschüttung mit horizontaler oder mulden- förmiger oder Übergußschichtung. Steilstellung der Schichten kann 1 durch eine Anlagerung an die Eiswand zustande gekommen sein ; hierbei waren lokalisierte Stauchungen möglich, die bis zu Knickungen | ausarten konnten. Eingeschaltete Geschiebemergelbänke entsprechen Auflagerungen von Eis mit Innenmoräne , die alsdann weiter von fluviatilem Material überschüttet wurden, Aufsagungen unterer Moräne dem durch die Wässer ausgefurchten Grundmoränenboden (dessen Klippen dann samt der Sedimente seitliche Stauchungen erfahren konnten). 2 . R ü c k e n b e r g e (Drumlins). Die zweite eigentümliche Bodenform der Moränenebene, die der Drumlins, ist mir schon lange in Mecklenburg bekannt, doch konnte bisher keine ausführlichere Darstellung derselben ge- geben werden. 1886 wurde ihrer unter der Bezeichnung Esker und Karnes gedacht, aber erst Keilhaok gab 1896 die erste ein- wandfreie Darstellung der pommerschen Drumlinlandschaft, seitdem sind sie auch in anderen Teilen des norddeutschen Diluvialbodens bekannt. Als wesentlichen Bestand der „Rückenlandschaft“ nenne ich diese Hügel zu deutsch R ü c k e n b e r g e. Vereinzelt kommen die Rückenberge bereits in der ebenen Moränenlandschaft vor. So finden wir sie, um nur einige Beispiele anzuführen, in der Gegend von Marlow, bei Gutendorf, Wöpken- dorf, Sülze, Barkvieren, Wendfeld z. T. ganz typisch ausgebildet, ferner bei Vilz und von da nach Gnoien; südlich dieser Linie werden sie häufiger. Auch von Lantow über Karow bei Güstrow verläuft ein schmaler Strich, der dann von Boldebuk — Prüzen weiter nach SW streicht zur Endmoräne. Die Richtung der einzelnen Rücken und Züge ist hier immer SW. Ein ausgezeichnetes und dabei bequem zu erreichendes Gebiet der Rückenlandschaft durchquert man mit der Bahnstrecke Plaaz — j Laiendorf, hier liegt auch das der Seenplatte vorgelagerte Kl ein - see- Gebiet. Der Beginn ist bei Liessow in eigentümlichen schroff aus SW j streichenden Moorniederungen aufsteigenden Rücken , die über | Knegendorf weiter streichen. Bald hinter Plaaz durchschneidet | die Bahn die typische Rückenlandschaft. Ein 4,5 km breiter Schwarm von Rückenbergen erstreckt sich in SW- Richtung. Es 166 E. Geinitz, Wallberge (Osar), Rückenberge (Drumlins) sind elliptische schmale Geschiebemergelrücken, bald lang, bald kurz, bis 10 m hoch, die hinter und neben einander liegend, ge- trennt durch schmale wannenförmige Niederungen, der Landschaft ein äußerst unruhiges Gepräge verleihen. Oft gewahrt man, daß das südliche Ende steiler als das nördliche abfällt. Viele der Hügel sind zu Koppeln eingerichtet, so daß sie das ganze Jahr * über freien Blick gewähren. Zahlreiche Solle begleiten sie auf dein schweren Geschiebemergelboden. Nach NO setzt sich der Schwarm fort zu dem S chm o oks- berg. Dieser ist nichts anderes als ein mächtiger Schwarm von Rückenbergen und läßt sich sehr schön auf dem Wege von Plaaz nach Tolzin studieren, wo man eine Menge paralleler Rücken aus der Waldung heraustreten und den W'eg überqueren sieht. Lehmiger Steinkies bedeckt sie, nach den Flanken gehen sie in den schweren Lehmboden über, schmale tiefe Furchen trennen sie. Der Schmooks- berg zeigt in der Waldung steinbestreute Sandrücken, getrennt durch zahllose tiefe Talfurchen, nebst Sollen. Östlich davon liegen bei Pölitz weitere typische Rückenberge, die schon 1886 erwähnt worden sind. In vollkommener Form treffen wir die Rückenberge wieder, nachdem der Schwarm den Gremmeliner Wallbergzug überquert hat, bei Vietgest, Schwiggerow usw., dort prächtige Bergformen bildend, östlich von dem Hoppenrader Wallberg. Östlich folgt eine weitere Menge von Rückenbergen bei Mamerow, Wockern usw. Das alte Kirchlein zu Gr. Wockern steht auf einem solchen, der einen südlichen Anhang an den Roger Wallbergzug ! darstellt. An dem Bau der mecklenburgischen Rückenberge beteiligen sich fast ausnahmslos ein fluviatiler (Kies-, Grand- oder Sand-) Kern und ein Moränenmantel; ferner sind sie allermeist seitlich begleitet von (vielfach moorerfüllten) kleinen Niederungen. Der Fluviatilkern zeigt verschiedenartige Schichtung, flache Gewölbe mit Übergußschichtung, auch einseitigen Bau, kleine Verdrückungen. Die auf- und angelagerte Moräne zeigt fast stets eine deutliche I Aufschichtung in ihren unteren Teilen und ist konkordant auf- j gelagert; vielfache Aufschlüsse zeigen eine innige Verschmelzung ; des Moränenmantels oder wenigstens deutlichste Konkordanz mit dem Sandkern, was für eine sub glaziale einheitliche Bildung spricht, nicht für Durchragungen im ScHRöDER’schen Sinne, auch ] nicht für Exarationsformen. Zum Teil sieht man deutlich die Reihenfolge der Bildung: Zuerst Absätze aus W'asser, auf die sich dann ein Mantel von Moräne legte, welche auf der Höhe des Rückens stark ausgeschlemmt erscheint, an den Abhängen aber mehr kompakt blieb. Die Schichten j waren vom Wasser angehäufelt, auf dessen Oberfläche schwimmende, Innenmoräne enthaltende Eismassen — sei es als große tafelförmige und Zungenbecken im nordöstlichen Mecklenburg. 167 Schollen, sei es als mehr weniger zusammenhängende Decke des schwindenden Inlandeises — wie ein letzter Schaum aufsaßen und ruhig abschmolzen. Unwillkürlich kommt einem der Vergleich von Davis mit den Sandbänken eines weiten seichten Stromes, den auch Früh unter Hinweis auf das „fließende der Drumlinlandschaft“ verwendet, indem er die Drumlins als sub- oder englaziale Bildungen anspricht. Wenn die pommerschen Drumlins wirklich nur aus Geschiebe- mergel bestehen und nicht doch vielleicht auch einen Sandkern haben, so müßte man einen mecklenburgischen und einen pommerschen Typus unterscheiden. Unsere Rückenberge haben sonach denselben Bau wie die Wal Iber ge und unterscheiden sich von denselben nur durch die Art ihrer Anordnung: dort reihenförmig hinter einander und mehr oder weniger zu einem Zug verschmolzen, hier mehr selbständig und bei geselligem Auftreten teils hinter, teils (im typischen Falle) neben einander; die begleitenden Depressionen dort meist zu größeren Talungen gehörig, hier mehr selbständige kleine Einsenkungen bildend. 3. DieZungenbecken des östlichen Mecklenburg. Die großen NO gerichteten Täler des östlichen Mecklenburg, das der Warnow, Recknitz, Peene und Tollense, welche z. T. noch Wasserreste als Randseen enthalten und welche (bis auf die Warnow) in den Sammelstrom des „mecklenburg-pommerschen Grenztales“ einmünden, unterscheiden sich sehr wesentlich von den im SW des Landes in SW-Richtung zum Elburstrom laufenden Tälern. Während diese sich normal aus den sich der südlichen Hauptendmoräne außerhalb anschließenden Sandurn entwickeln, haben die nord- östlichen Täler ihren Beginn innerhalb der Konkaven der nörd- lichen Endmoränenbogen, in ausgezeichneten Evorsionszirken. (Vergl. die Karten in: Seen, Moore und Flußläufe Meckl. 1886 und Endmoränen Meckl. 1894 *.) Es wurde schon mehrfach betont, daß diese tiefen und breiten Täler nur kurze Zeit voll Wasser gewesen sein können (vergl. Peterm. Mitteil. 1903. 4. p. 26 und 27) und es ist dies auch soeben durch botanische Untersuchungen aus den Torfen des Warnowtales von R. Stahl sicher nachgewiesen worden. Da diese Täler vom ehemaligen Eisrand (Endmoräne) gegen die Eisrichtung verlaufen, wurde die Möglichkeit erwähnt, daß sie subglazialen Strömen ihren Ursprung verdanken. (Geogr. Mitt. 1903. p. 26; Endmoränen 1894. p. 10, 34. Bern. z. Eiszeit- problem, Archiv Nat. Meckl. 65. 1910. p. 10.) 1 Zur Entscheidung der (1886, Seen, Moore, p. 17, verneinten) Frage, ob bei Bildung unserer Täler tektonische Verhältnisse mitgespielt haben, liegen auch jetzt noch keine sicheren Anhaltspunkte vor, höchstens in der Umgebung des Malchiner Sees. 168 E. Geinitz, Wallberge (Osar), Rückenberge (Drumlins) etc. Aber ich muß gestehen, daß auch diese Erklärung mich nicht befriedigen konnte und ich immer mehr zu der Aulfassung ge- kommen bin, die ich schon in der Arbeit über die mecklenburgischen Endmoränen, 1894, p. 34, angedeutet hatte, daß nämlich jene Täler durch Gletscherzungen gebildet seien. Alle vier Täler zeigen gewisse Verschiedenheiten: Der Tal- beginn des Warnowtales ist von Endmoränenzirken umgeben, der untere Lauf macht Abbiegungen von der ersten NO-Richtung. Das Recknitztal ist bei Güstrow durch eine Sandfläche unter- ' brochen von den Seewannen im SW ; im übrigen hat es ziemlich reinen NO-Verlauf. Peenetal beginnt mit Moränenzirken, hat zwei große Seereste in gleicher NO-Richtung, endet aber mit Abbiegungen. Tollense mit einem Restsee gabelt im Unterlauf. Trägt man auf einer Karte die Alluvialerfüllung der Täler ein, so bemerkt man, daß diese im oberen Teil des Tallaufes eine breitere Fläche einnehmen, als im unteren. Besonders auffällig ist es beim Recknitztal, welches die breite Wanne eines Zungen- beckens darstellt, die bis Laage reicht und nun von dem gleich- mäßig verengten Tal abgelöst wird. Bei der oberen Warnow reicht der breitere Teil bis vor Schwaan. Hier finden sich, be- sonders schön vor Bützow, die langgestreckten zungenförmigen Erosionsreste von Sand, begleitet von schmalen, dem Tale parallelen Rinnen, an Rippeninseln erinnernd. Die Seen der Peene und j Tollense gleichen Zungenbecken. Tiefenmessungen und Abbohrungen werden wohl die Wannen- form jener Talstücke ergeben. Die oberen Teile unserer NO-Täler sind danach als wannen- förmige Zungenbecken aufzufassen, nach dem Schema der vor- j alpinen Zungenbecken. (Vergl. Penck und Brückner, Die Alpen J im Eiszeitalter. 1901. p. 16 u. a.) Es ist selbstverständlich, daß unsere Zungenbecken zahlreiche Verschiedenheiten von den vor- alpinen zeigen müssen: z. B. führen sie nicht in eine bergige • Landschaft, aus welcher die Eisloben hervortraten, sondern sind j sogar noch beträchtlich entfernt von der großen Ostseesenke. Die Hauptentwässerung dieser Zungenbecken erfolgte nicht, | wie man es nach dem allgemeinen Schema erwarten sollte, durch die Endmoräne in südlicher Richtung, sondern rückläufig in den breiten und tiefen Tälern, welche dem pommersclien Urstrom tributär waren und zum größten Teil noch sind. (Durchbruchs- I täler durch die Endmoräne waren allerdings auch vorhanden, ver- j loren aber rasch ihre Bedeutung.) Daß diese Umkehrung der normalen Verhältnisse möglich war, i lag im wesentlichen nicht an dem Ansteigen des Landes zur Seen- j platte, sondern wurde durch die Landsenkung bedingt, welche j sehr bald nach dem Rückzug des Eises einsetzte. Wir haben die floristischen Beweise dafür, daß die Zungenwannen bald wasserarm | C. Renz, Neue Carbonaufschlüsse in Attika. 169 resp. -frei wurden und erst später durch Rückstau wieder ver- sumpft sind und in ihren Unterlaufen sogar bei fortschreitender Senkung marine Bildungen über limnischen erhalten konnten. Auch die Erscheinung der über tieften Täler kann man liier herauslesen : die Seitentäler und -Schluchten mit ihrem starken Gefiill machen den Eindruck von unfertigen jugendlichen Tälern. (S. Penck, a. a. 0. p. 145 u. a.) In Mecklenburg schneidet die Küste im Osten die Moränen- ebene, im Westen auch die Rückenlandschaft an, weiter nach Westen in Holstein aber tritt sie auch an das Endmoränengebiet heran. Schon mehrfach habe ich darauf hingewiesen, daß nur noch eine weitere Senkung um 5 m genügen würde, um unser ostmecklenburgisches Küstengebiet vollständig zu verändern, zu ähnlichen Formen wie bei Rügen, daß die Mündungstrichter, Förden, Haffe, Strandseen u. dergl. der säkularen (i. e. Litorina-) Senkung ihre Entstehung verdanken 1 . Jetzt können wir somit die holsteinschen Förden als er- trunkene Zungenbecken bezeichnen. Diese Auffassung (s. Peterm. Mitt. 1903. 4. p. 28) wird weiter bestätigt durch die Untersuchungen der submarinen Moorbefunde von Weber u. a. 2 Rostock, 2. Januar 1912. Neue Carbonaufschlüsse in Attika. Von Carl Renz. (Vorläufige Mitteilung.) Im Laufe der letzten Jahre habe ich die weite Verbreitung des Carbons in Attika nachgewiesen. In stratigraphischer Hinsicht besonders bemerkenswert ist die Entwicklung von Fusulinen- und Schwagerinenkalken, die als Einlagerungen in den obercarbonischen Schiefer- Grauwackenzonen auftreten. 1 Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1883. p. 304. Berendt verwies damals auf dieselbe, bereits von Beyrich betonte Auffassung, N. Jahrb. f. Min. etc. 1884. I. p. 104. Beitrag VI. Archiv 1884. p. 212. Der Boden Mecklenburgs, Forsch, d. Landesk. I. 1885. p. 32. — Peterm. Mitt. 1903. Heft 4. — Wahnschaffe spricht dieselbe Auffassung aus. (Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1910. p. 277. Gesenkte Seen s. a. Gagel, Jb. L.-A. 1909. p. 236 f.) 2 Manche andere Fragen , wie vermeintliche Klimaschwankungen, lokale Torflager scheinbaren diluvialen Alters werden wohl eine einfachere Erklärung finden bei Berücksichtigung der Staue infolge der vorschreiten- den Litorinasenkung; vergl. auch das Torflager am Schulauer Strand, nach Wolff, Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1911. B. 410. Auf gleiche Verhältnisse deutet auch das Verbundensein von Süßwasser- und marinen Ablagerungen an zahlreichen prä- (und inter-?) glazialen Fundpunkten. 170 C. Renz, Neuerdings habe ich nun die bereits von mir entdeckten zahl- reichen attischen Fusulinen- und Schwagerinenkalk-Aufschlüsse noch um einige weitere Vorkommen vermehren können. Die obercarbonischen Schieferzonen mit den Fusulinen- und j Schwagerinenkalklinsen wurden aus der Gegend von Kapandriti I über den Beletsi und das Parnesmassiv bis in die Umgebung von Kaza verfolgt. Die westlichsten der bisher aufgefundenen Vor- kommen von Fusulinen- und Schwagerinenkalken bilden die nörd- lichen Kalkvorhöhen des Mazibeckens, westlich von Hagios Meletios ! und nordöstlich vom Dorf Mazi. Die ganze Gegend heißt Meopolis, einige Pyrgos Mazi genannte Ruinen bezeichnen die Fundstelle noch genauer. Die anstehenden Fusulinen- und Schwagerinen- kalke werden hier zum Teil durch das Geröll der das Mazibecken im Norden einsäumenden Kalkzüge bedeckt. Östlich von den Fusulinenkalk-Aufschlüssen bis Hagios Meletios herrschen die ober- carbonischen Schiefer und Grauwacken. Eine noch größere Ver- breitung besitzen diese weicheren Gesteine in dem Bergland zwischen Kawasala und Kokkini. Auch hier ünden sich Einlagerungen von dunklen Crinoiden- und Fusulinenkalken. Der Gebirgskamm süd- östlich von Kawasala besteht indessen aus grauen, wohl bereits untercarbonisclien Quarzkonglomeraten. Die bisher bekannten Aufschlüsse des Beletsigebietes dehnen ; sich gleichfalls weiter aus , und zwar nach zwei verschiedenen Richtungen hin. Die zuerst entdeckten Vorkommen bei Hagia Triada wurden über die Sesioquelle bis zur Kronisaquelle verfolgt. Sie reichen I von hier weiter nach Norden bis in die Gegend der Guritzaquelle. j; Tadellose Fusulinen-, sowie auch Scliwagerinenkalke wurden hier j nordöstlich unterhalb des Beletsigipfels (oberhalb des Weges Mala- j kassa — Kiurka) aufgesammelt. Von diesem Fundort aus zieht die j Schieferzone noch weiter nach Norden und wurde auch nördlich unterhalb des Beletsi beobachtet. Von diesem Schieferband, das durch die Quellenzone Hagia Triada — Sesio — Kronisa — Guritza be- s zeichnet wird, zweigt in der Nähe der Guritzaquelle ein weiterer r Schieferstreifen ab , streicht über ein Joch zur Karbatzakiquelle | hinüber und erfüllt den oberen Teil des von da nach Süden gegen 'i Kiurka zu hinabziehenden Tales. In dieser östlicheren Schiefer- zone treten im West-Siid-Westen der Karbatzakiquelle gleichfalls Fusulinen führende Einlagerungen auf und bestimmen somit ihr ! obercarbonisches Alter. In einem lose aufgesammelten Stück glaubte ich auch Bigene- ! rinen erkennen zu können. Bei der Karbatzakiquelle selbst steht indessen Keratophyrtuff j an , die Höhen im Osten bestehen aus den lichten Deckkalken, j Auch hier ist die Struktur des Berglandes die des ausgesprochenen | Schollengebirges. Neue Carbonaufschlüsse in Attika. 171 Auf der anderen Seite von Hagia Triada zieht die ober- carbonische Schieferzone weiter nach Nordwesten in der Richtung auf Hagios Merkurios zu. Etwa halbwegs zwischen diesen beiden Kapellen zeigen die obercarbonischen Fusulinen- und Schwagerinen- kalke eine besonders großartige Entfaltung, wie ich sie in Griechen- land nur noch auf Hydra wiedergefunden habe. Die Schwagerinen (, Schwager ina princeps Ehr.) weisen in dieser Gegend eine zum Teil ganz auffallende Größe auf; die Erhaltung der Foraminiferen ist überhaupt tadellos. Zusammen mit den Fusulinen und Schwagerinen treten Crinoiden und Korallen auf, so Angehörige der Gattungen Clisiophyllum, Cyathophyllum und Lonsdaleia. Es handelt sich um eine der Lonsdaleia fforiformis Lonsd. sehr nahestehende, eventuell sogar idente Art. Die schwarzen Fusulinen- und Schwagerinenkalke bilden größere oder kleinere Linsen in den schwarzen Schiefern und braunen und graugrünen, dunklen Grauwackensandsteinen. Kalkig-tonige und Sandsteinz wischenlagen dieser Schieferserie sind gleichfalls mit Fusulinen erfüllt. Nicht alle Kalkeinlagerungen enthalten Fusulinen und Schwa- gerinen , sondern manche der schwarzen Kalklinsen sind auch foraminiferenfrei. In losen Stücken solcher foraminiferenfreier schwarzer Kalke wurden spärliche Ceplialopoden angetroffen. Schon früher hatte ich bei Hagia Triada einen Paralegoceras nachgewiesen. (Paralegoceras (Pericleites) atticum Renz.) Die obercarbonische Schieferzone mit den Fusulinen- und Scliwagerinenkalklinsen zieht sich demnach fast rund um den triadischen Beletsigipfel herum. Der Beletsi zeigt somit in kleinerem Maßstabe denselben tektonischen Aufbau, wie der Parnesgipfel. Auch hier liegt die Trias mit den die höchsten Höhen einnehmenden Diploporenkalken der jungpaläozoischen Unterlage ähnlich einer Kappe auf. Der Parnesgipfel wird ebenso von einem breiten ober- carbonischen Schieferbande, das gleichfalls Fusulinen- und Schwage- rinenkalklinsen enthält, umschlungen. Die obercarbonischen Bil- dungen treten, wie ich schon erwähnte, auch in den südlicheren Höhen des Parnesmassivs noch vielfach unter den oberflächlich weit- verbreiteten lichten Deckkalken zutage, so oberhalb Tatoi und Varibopi, in den Schieferzonen beim Kloster Hagia Triada, d. h. also nördlich der Höhen Korifi tis aeras (Windspitze) und Mavro- vuno (Schwarzberg), ferner bei Keramidi (Zone Panagia ton Kliston — H. Georgios). Die Athen zunächst gelegenen Vorkommen von Fusu- linen- und Schwagerinenkalken finden sich dann am Gebirgsrande nordwestlich und nördlich von Menidi. Das Obercarbon ist nunmehr auch auf der Insel Salamis süd- westlich mit genügender Sicherheit nachgewiesen worden. Der südwestliche Teil von Salamis bis westlich der Bucht Perani dürfte 172 C. Renz, im wesentlichen von den dunklen Schiefer- und Grauwackensand- steinen des Obercarbons eingenommen werden. An einer Kalkkuppe südwestlich Perani fand ich einen schwarzen Kalk, in dem deutliche Bigenerinen und spärliche Fusu- linenreste zu konstatieren waren. Es handelt sich um dieselben Bigenerinen, d. h. in erster Linie um Bigenerina elegans Möller, die ich auch sonst im schwarzen Fusulinenkalk Attikas und Hydras angetroffen habe. Der dunkle, Fusulinen und Bigenerinen haltige Kalk und die damit in Verbindung stehenden Schiefergesteine von Salamis können sonach Wohl mit Recht als Obercarbon angesprochen werden. Die grauen Kalke, die nördlich von Perani bei Kaka Vigla und weiterhin die Küste von Salamis zusammensetzen, dürften triadisch sein. Anderseits wurden zwischen den Dörfern Ambelakion und Salamis jedoch auch Rudistenkalke angetroffen und neuerdings haben wir auf der Insel Hagios Georgios zwischen Salamis und dem attischen Festlande neben Rudistenkalken auch untercretacische Bildungen (dunkle Urgon-Kalke mit Toucasia carinata Orb. und Harpagodes aff. Belagi Sow. (vergl. dies. Centralbl. 1911. No. 28 p. 732) nach- gewiesen. Auf Hagios Georgios transgrediert das Neogen über die ober- und untercretacischen Bildungen. Die gleichen Neogenbildungen, die auf Hagios Georgios verbreitet sind, bilden auch die Haupt- masse der langgestreckten Insel Psyttaleia (Lipsokutali), die beim Eingang in die Bucht von Salamis liegt. Hier transgrediert das Neogen über graue Triaskalke, von denen sich noch ein Rest an der Südkiiste, in der Nähe des Leuchtturms erhalten hat. Diese Triaskalke würden also die Fortsetzung der Kalke von Kaka Vigla bilden. Paläontologische Beweise für ein triadisches Alter dieser Kalke stehen noch aus, doch ist habituelle Übereinstimmung mit den Triaskalken des Parnes-Kytliaeronzuges so groß, daß ich an der Identität beider Kalke nicht zweifle. Die Neogenbildungen von Psyttaleia sind ebenso, wie die von Hagios Georgios, im wesentlichen nach Süden geneigt. In der Nähe des Leuchtturms ist eine Schichtenbiegung wahrnehmbar. Meine letzten Untersuchungen in Mittelgriechenland haben gezeigt, daß die jungtertiäre bis quartäre Bruchperiode bei der Ausgestaltung der heutigen Begrenzung des Landes und seiner Oberflächenformen in hervorragendem Maße mitgewirkt hat. So beruhen wohl auch die eben erwähnten Schichtenbiegungen , wie manche ähnliche Schichtenbiegungen, die im corfiotischen 1 und akar- 1 Die Schollennatur der ionischen Gebirge tritt auch auf Korfu deutlich hervor. Das nördliche Hauptgebirge (Pantokratormassiv) bildet eine nach Westen übergelegte Falte, die dann durch die folgende Bruch- periode zerstückelt wurde. Der komplizierte Mechanismus der Schollen- Neue Carbonaufschlüsse in Attika. 173 nanischen Neogen auf eine jungpliocäne Faltung hinzudeuten schienen, eher auf Flexuren und sind besser als Begleiterscheinungen dieser jugendlichen Brucliperiode aufzufassen. Im Zusammenhang mit meinen neuen Forschungsergebnissen in Attika seien noch einige Funde im Obercarbon und in der Dyas von Hydra mitgeteilt. Die oben erwähnten Bigenerinen , unter denen besonders Bigenerina elegans Möller wichtig ist, treten auch im Fusulinen- Schwagerinenkalk von Hydra und einigen anderen carbonischen Küsteninseln der Argolis auf. Bigenerinen habe ich noch gefunden in den weißgrauen bis dunkelgrauen Fusulinen — Scliwagerinenkalken von Stavronisi und Platonisi (Platia), sowie auf der Hauptinsel Hydra selbst in der obercarbonischen Fusulinen — Schwagerinenkalkzone Panagia und Christos— H. Konstantinos — H. Joannis. Von weitaus größerer stratigraphischer Bedeutung, als das Vorkommen der Bigenerinen, ist jedoch der Nachweis von Neo- schwagerinen, und zwar von Doliolina (Neoschwagerina) craticulifera Schwager auf der kleinen Insel Pettas bei Hydra. Die Neo- schwagerinen treten hier zusammen mit Fusulinen in lichtgrauen Kalken auf, die über den eigentlichen Fusulinenkalken folgen. Doliolina (Neoschwagerina) craticulifera Schwager ist sonst nur noch aus der Dyas von Japan bekannt und zeigt auf Pettas mit Sicherheit die Existenz von Dyas an , die ich auf der größeren Nachbarinsel Hydra schon früher durch den Nachweis von Lyt- tonienkalken ( Lyttonia BicMhofeni Kayser und L. nobilis Waagen) festgestellt hatte. Es ist ferner bemerkenswert, daß auch die hydriotischen und attischen Fusulinellen mit einer bisher nur in der japanischen Dyas vorkommenden Art übereinstimmen, doch erweisen die Fusulinellen die Dyas noch nicht mit der Sicherheit, wie gerade Doliolina (Neoschwagerina) craticulifera Schwager. Triest, den 30. November 1911. hebung und Schollensenkung war noch nicht genügend geklärt und bat die Herausgabe meiner Monographie etwas verzögert. Der Kern der liegenden Falte, der obertriadische Dolomit, könnte auch teilweise wieder schollenförmig entlang der Linie Betalia — Panagiahochtal — Straße Strinilla — Spartilla abgesunken sein und wird auch im einzelnen, so am Westabsturz des Stravoskiadi von Brüchen durchsetzt. Es ist noch festzustellen, ob die den Flyschzug Spartilla — Episkopi scheinbar in zwei Teile zerlegende schmale Dolomitzone Stravoskiadi— Hagia Triada tat- sächlich zusammenhängend ein und derselben Scholle angehört, ob zu- treffendenfalls die Lagerungsverhältnisse dieser Zwischenscholle zum Flysch durch Einsenkung bezw. Horstbildung zu erklären oder auf eine lokale Überschiebung zurückzuführen sind. 174 K. Friedrich, Neue Apparate und Beobachtungsmethoden. Ueber ein einfaches Verfahren zur ersten Orientierung beim Studium der thermischen Dissoziation und der Konstitution leicht zerlegbarer Mineralien. Von K. Friedrich in Breslau. Mit 20 Textfiguren. Die thermische Dissoziation von Mineralien ist in den letzten Jahren mehrfach Gegenstand der Untersuchung gewesen. Ich er- innere hier nur einmal an die Carbonate, über welche das Nähere z. B. in C. Doelter, Handbuch der Mineralchemie, Bd. I, nach- gelesen werden kann. Im nachstehenden soll nun auf ein einfaches Verfahren hingewiesen werden, welches das gleiche Ziel verfolgt, aber hierzu einen anderen Weg als die bisher angewandten Unter- suchungsmethoden einschlägt. Entsprechend seiner Einfachheit liefert es wohl keine wissenschaftlich-exakten, sondern nur ver- gleichbare Daten, die aber für die erste Orientierung recht will- kommen und für viele Fälle auch vollständig ausreichend sein dürften. Die Methode beruht in der Aufnahme von Erhitzungskurven. Sie läßt sich für alle solche Mineralien in Anwendung bringen, bei denen die Abspaltung flüchtiger Bestandteile, wie H20, S03, C02, S, As usw., mit Wärmetönungen verbunden ist, die so stark sind , daß sie in den Bereich der Meßbarkeit unserer Apparatur fallen. Das Verfahren besitzt für die vorliegenden Untersuchungen einen um so größeren Wert, als es ohne weiteres und gewisser- maßen nebenbei auch über andere Vorgänge, die mit thermischen Effekten verknüpft sind , wie z. B. Schmelzungen bezw. Erstar- rungen, Reaktionen und Umwandlungen, Aufschluß gibt und diese innerhalb des untersuchten Bereiches lückenlos registriert, sofern sie nur kräftig genug sind und weit genug voneinander entfernt liegen. Eine wertvolle Ergänzung können die Erhitzungskurven durch die Abkühlungskurven erfahren, deren Aufnahme sich z. B. dann empfiehlt, wenn man über die Umkehrbarkeit eines bei der Erhitzung beobachteten thermischen Vorganges sich Aufklärung verschaffen will. Bezüglich der Arbeitsweise sei für den ersten Überblick noch folgendes erwähnt. Man nimmt mit einem geeigneten Pyrometer oder Thermometer bei möglichst gleichmäßigem Wärmezu- oder Abfluß den Gang der Temperatur in der Probesubstanz auf. Treten Vorgänge ein, welche mit einer Wärmeentwicklung oder W'ärme- bindung verknüpft sind, so verraten sie sich durch eine Änderung lieber ein einfaches Verfahren zur ersten Orientierung etc. 175 in der Erhitzungs- bezw. Abkühlungsgeschwindigkeit. Graphisch läßt sich der Befund darstellen , indem man die Zeit und die zu- gehörige Temperatur in einem Koordinatensystem abträgt; durch Verbindung der einzelnen Zeit-Temperatur-Punkte miteinander er- hält man dann die sogen. Erhitzungs- bezw. Abkühlungskurven. Verwendet man an Stelle der Zeit die Zeitdifferenzen, so ergeben diese die Erhitzungs- bezw. Abkühlungsgeschwindigkeitskurven. Während nun diese Kurven für den Fall, daß keine Wärmetönungen auftreten , stetig und ohne Störung verlaufen , zeigen sie an den Stellen, wo Wärmetönungen stattgefunden haben, Knicke. Selbst- verständlich geht aus diesen Aufnahmen allein noch nicht hervor, ob die beobachteten thermischen Effekte auf Schmelzungen bezw. Erstarrungen oder aber Reaktionen , Umwandlungen und Zersetz- ungen zurückzuführen sind. Meist genügen jedoch sehr einfache Manipulationen, um diese Fragen zu beantworten. Die Methode ist der Metallographie entlehnt, wo sie für die Erforschung der Konstitution der Metall- legierungen sehr wertvolle Dienste ge- leistet hat. Während aber hier die Auf- nahme von Erhitzungs- und insbesondere Abkühlungskurven zum Ziele führt, bleibt man bei dem Studium der Konstitution solcher Mineralien, die bei der Erhitzung Zersetzung erleiden und unzersetzt nicht schmelzbar sind, auf die Aufnahme der Erhitzungskurven allein angewiesen. In- wieweit das Studium der Zerlegung uns einen Einblick in die Konstitution des ur- sprünglichen Minerals in Aussicht stellt, darüber soll das Nähere weiter unten angegeben werden *. Ich lasse nunmehr einige spezielle Angaben über die Apparatur und die Arbeitsweise folgen. Da , wie erwähnt , die zu unter- suchenden Vorgänge hauptsächlich nur während der Erhitzung studiert werden können, so muß ein Ofen benutzt werden, der eine möglichst gleichmäßige Temperatursteigerung gewährleistet. Ich habe hierfür den Platinreagenzrohrofen als recht geeignet be- 1 Wie für die Mineralchemie, so ist auch für die Hüttenkunde die thermische Erforschung der Zerlegungsvorgänge von ziemlichem Interesse. Ich verweise hier auf meine diesbezüglichen Abhandlungen in der Me- tallurgie, Jahrg. VII, Heft 2, und Stahl und Eisen 1911, Heft 47 u. 50, welche übrigens auch noch auf andere Anwendungsgebiete der thermischen Analyse für die Hüttenkunde aufmerksam machen. Fig. 1. Platinreagenz- rohrofen. 176 K. Friedrich, funden. Er besteht im wesentlichen aus einem besonders konstruier- ten Heizkörper, der das Erhitzungs- bezw. Schmelzgefäß aufnimmt und — gegen Wärmeverluste isoliert — in einem Chamottezylinder untergebracht ist. Das Erhitzungsgefäß besitzt Keagenzrohrform und ist aus hochfeuerfester Masse hergestellt. Der Ofen kann sowohl in einem schmiedeeisernen Dreifuß fest montiert werden (Fig. 1), als auch — nach Loebe — eine Vorrichtung erhalten, Fig. 2. Kurven ohne Wärmetönungen, a = Erhitzungskurve, b = Erhitzungsgeschwindigkeitskurve. welche ihn um seine horizontale Achse zu drehen gestattet. Für I den Fall, daß man in beliebig gewählten Atmosphären experi- mentieren will , ist er mit einer Gaszuführung ausgerüstet. Der 1 Heizkörper ist so konstruiert, daß der Ofen ohne Schaden so- j wohl mit 110 als auch 220 Volt betrieben werden kann. Bei der j letzteren Spannung beläuft sich der Strombedarf auf 2 — 4 Ampere, j wobei — bei forciertem Betriebe — binnen 5 Minuten Tempera- : turen von 1100 — 1200° ohne Störungen erreicht werden können, j Bei ruhigem Betriebe und entsprechender Stromregulierung läßt sich die Erhitzung bis zu 1350° steigern. Ueber ein einfaches Verfahren zur ersten Orientierung etc. 177 Als Widerstand speziell für die Aufnahme von Erhitzungs- kurven empfiehlt es sich, den sogen. Heizstromregler zu verwenden. Es ist bekannt, daß bei dem Beheizen von Platinwiderstandsöfen die Temperatur des Ofens wohl ziemlich gleichmäßig, aber doch in gleichen Zeiträumen nicht um den gleichen Betrag an Graden Celsius ansteigt. Mit zunehmender Temperatur wächst der Wider- stand des Platins. Außerdem wird die Temperatursteigerung er- schwert durch die Wärmeabgabe nach außen , die einen um so größeren Betrag erreicht, je höher die Temperatur ist. Trägt man die Temperatur in Abhängigkeit von der Zeit bezw. den Zeit- differenzen in ein Koordinatensystem ein, so bekommt man keine gerade Linie, sondern eine Kurve, welche für den Fall, daß man die Zeit in der Eichtling der Abszisse absetzt, mit zunehmender Fig. 3. Heizstromregler. Temperatur sich mehr und mehr einer Horizontalen nähert. In Fig. 2 ist eine derartige Erhitzungs- bezw. Erhitzungsgeschwindig- keitskurve wiedergegeben. Nun ist es für die Verfolgung der Wärmevorgänge innerhalb eines erhitzten Körpers recht erwünscht, die Temperatursteigerung so zu gestalten , daß die Erliitzungs- bezw. Erhitzungsgeschwindigkeitskurve eine gerade Linie darstellt. Dieses Ziel läßt eben der Heizstromregler erreichen. Bezüglich des Prinzipes und der Einrichtung dieses neuen Apparates, der in den Fig. 3 und 4 in der Ansicht und in Schnitten wiedergegeben ist, verweise ich auf meine ausführliche Beschreibung in der „Me- tallurgie“, 1912. Heft 3. p. 83, 84 ] . Zur Illustration der Wir- kungsweise diene nur noch die Fig. 5, welche eine Erhitzungs- und Erhitzungsgeschwindigkeitskurve darstellt, die mit Hilfe des Heiz- stromreglers aufgenommen worden sind. Hierbei wurde eine Sub- 1 K. Friedrich, Das Metallhüttenmännische Institut der Kgl. Tech- nischen Hochschule Breslau. Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 12 178 K. Friedrich, gtanz vorgelegt, welche in dem untersuchten Bereich keine Wärme- tönung auf wies. Zu den Temperaturbestimmungen können für niedrigere Wärme- grade Quecksilberthermometer herangezogen werden. Für höhere / kommen Thermoelemente in Betracht. Die zugehörigen Millivolt- j meter lassen die entsprechende Temperatur sofort ablesen. Er- j forderlich ist nur noch, daß die Verbindungsstellen des Thermo- ! elements mit den kupfernen Zuleitungsdrähten zu den Voltmetern | auf einer bekannten und möglichst gleichmäßigen Temperatur ge- halten werden. Es läßt sich dies sehr einfach in der Weise er- j Ueber ein einfaches Verfahren zur ersten Orientierung etc. 179 reichen, daß man diese Verbindungsstellen in Glasrohre verlegt, welche in einem Wasserbade untergebracht sind. Um nun den Gang der Temperatur in dem zu untersuchenden Material verfolgen zu können, muß das Thermometer bezw. Pyro- meter in dieses eintau dien. Greift die Probesubstanz das Thermo- element nicht an, so kann man es ohne Schaden nackt verwenden. Tejny Fig. 5. Kurven — ohne Wärmetönungen — aufgenommen mit Heizstromregler. Bei Substanzen , bei denen die Anwesenheit schädlicher Bei- mengungen nicht ausgeschlossen ist, empfiehlt es sich, eine Schutz- hülse anzuwenden, die in diesem Falle aus Platin bestehen kann. Fig. 6 zeigt einen Schnitt durch das Ofeninnere mit dieser An- ordnung. Die Probesubstanz befindet sich hierbei in einem Platin- topf. den man zum Zwecke der bequemen Beschickung und Wägung vermittelst der an ihm befestigten und über die Oberkante des sogen. Schmelzrohres herausragenden Drähte einsetzen und lieraus- 12* 180 K. Friedrich nehmen kann. Die Anordnung1 kann Verwendung finden zur Unter- suchung von Carbonaten und Sulfaten. Sollen Arsenide, Sulfide usw. welches zweckmäßig in sehr fein pulverisierter Form verwendet wird, gelangen ca. | bis etwa 5 g zur Untersuchung. Die Ablesung der Zeit erfolgt an einer Sekundenuhr. Zur Kon- . struktion der Erliitzungs- bezw. Abkühlungskurve kann man ent- weder in bestimmten Zeiträumen den Stand des Quecksilbers bezw. des Zeigers am Voltmeter oder aber in bestimmten Temperatur- abständen, wie z. B. von 5 zu 5 oder 10 zu 10°, den Stand des Sekundenzeigers ablesen. Bei den Erhitzungskurven verursachen j Wärmebindungen eine Verzögerung in dem Ansteigen der Tem- I peratur. Sind sie bedeutend, so kann der Zeiger des Voltmeters j oder die Kuppe des Quecksilberfadens längere Zeit an ein und 1 Vollständige Einrichtungen für diese thermischen Untersuchungen liefern die Vereinigten chemisch-metallurgischen und metallographischen Laboratorien, Berlin C 19, Adlerstr. 7. JJiermilsmml bearbeitet werden, so kommt der j Platintopf in Wegfall. Das Probe- material wird direkt in dem Schmelz- rohr oder einem Einsatztiegel aus Porzellan bezw. Quarz unterge- bracht. Das Schutzrohr aus Platin wird durch ein Porzellan- oder ' Quarzrohr ersetzt. Während aber bei dem ersteren zur Vermeidung von Kurzschluß beide Schenkel des Thermoelements isoliert werden mußten , ist dies bei Anwendung der letzteren nur für einen Schenkel erforderlich. Fig. 7 zeigt die gesamte Versuchsanordnung. Hierbei ist allerdings nicht der Heizstrom- regler, sondern nur ein gewöhn- licher Widerstand vor den Platin- ofen vorgeschaltet worden. Wie die Aufnahme erkennen lassen wird, ist die Apparatur eine äußerst einfache, handliche und übersicht- liche 1. Fig. 6. Schnitt durch das Ofeninnere. Entsprechend der Apparatur stellt sich auch die Arbeitsweise als eine sehr einfache dar und ist hierzu nach den einleitenden Be- merkungen nur noch wenig nach- zutragen. Von dem Probematerial. Ueber ein einfaches Verfahren zur ersten Orientierung etc. 181 derselben Stelle verharren. Vorgänge, welche mit Wärmeentwick- lung verknüpft sind, verraten sich durch eine Beschleunigung im. Gange der Temperatur. Unter Umständen kann diese so stark sein , daß man auf die Ablesungen innerhalb der normalen Zeit- bezw. Temperatureinheiten verzichten muß. Bei der Abkühlung führt eine Wärmeentwicklung zu einer Verzögerung des Tem- peraturabfalls bezw. einem Verharren des Zeigers oder Queck- silberfadens, während eine Wärmebindung einen rascheren Gang verursacht. In den Fig. 2 , 8 und 9 sind Erhitzungs- und Er- hitzungsgeschwindigkeitskurven schematisch dargestellt und zwar für den Fall, daß nicht mit dem Heizstromregler gearbeitet wurde. Fig. 2 entspricht, wie schon früher erwähnt, einer Substanz, die innerhalb des untersuchten Bereiches keine merkliche Wärmetönung aufweist; die Kurve steigt stetig und ohne Störung an. Fig. 8 Fig. 7. Apparatur für Versuche bei Atmosphärendruck. zeigt eine Wärmebindung, Fig. 9 eine Wärmeentwicklung. Da die Erhitzungsgeschwindigkeitskurve die Punkte, wo eine Wärmetönung stattgefunden hat, schärfer zum Ausdruck bringt als die Erhitzungs- kurve, so wird man der ersteren in den meisten Fällen den Vorzug geben. Sind die thermischen Effekte nicht sehr stark ausgeprägt, so daß die Aufnahme der Erhitzungskurve versagt, so kann die ther- mische Verfolgung der Erhitzung doch noch recht nützlich sein, wenn nämlich Erscheinungen anderer Art als Anhalt für den Ein- tritt des untersuchten Vorgangs benutzt werden können. Ich möchte hier auf meine allerdings etwas fernerliegenden Untersuchungen über den Röstbeginn von Sultiden hinweisen , wobei ich als Ver- gleichspunkte diejenigen Temperaturen wählte, bei denen im Luft- und Sauerstoffstrom bei annähernd gleicher Gasgeschwindigkeit die Entwicklung von schwefliger Säure sich durch den Geruch eben bemerkbar zu machen begann U Zu dem gleichen Zwecke könnte z. B. auch die Entwicklung von sichtbaren Dämpfen, wie z. B. Metallurgie. Jahrg. VI. Heft 6. p. 171 ff. 182 K. Friedrich, von arseniger Säure und von Schwefelsäurenebeln, herangezogen werden. Über ein Hilfsverfahren, das speziell zum Studium der Dissoziation von Mineralien , wie z. B. der Carbonate , geeignet j ist und die rein thermischen Untersuchungen in wertvoller Weise | ergänzt, wird eine nahe zum Abschluß gebrachte Arbeit meines Assistenten L. Gärrett Smith demnächst berichten. Dieses Yer- Fig. 8. Kurven mit einer Wärmebindung, a = Erhitzungskurve, b = Erhitzungsgeschwindigkeitskurve. fahren beruht darauf, daß die bei der Zerlegung abgegebenen Gase j aufgefangen und ihre Volumina gemessen und verglichen werden. i Um sich nun über die Leistungsfähigkeit des hier in Rede stehenden Verfahrens speziell für das Studium der thermischen Dissoziation und der Konstitution leicht zerlegbarer Mineralien ein richtiges Urteil bilden zu können, müssen zunächst einige theo- retische Bemerkungen Platz finden. Ueber ein einfaches Verfahren zur ersten Orientierung etc. 183 Da beim Erhitzen unsere Untersucliungsobjekte in einen festen und einen gasförmigen Bestandteil zerfallen, so haben wir es hier mit heterogenen Systemen zu tun. Die dabei herrschenden Ge- setzmäßigkeiten wollen wir an dem Beispiel des kohlen sauren Kalkes erläutern. Kohlensaurer Kalk zerfällt beim Erhitzen nach der Gleichung CaC03-< ^CaO + C02. Bringen wir Calciumcarbonat in ein Fig. 9. Kurven mit einer Wärmeentwicklung, a = Erhitzungskurve, b = Erhitzungsgeschwindigkeitskurve. luftleeres Gefäß und stellen auf die Temperatur t ein, so wird so lange eine Kohlensäure-Abspaltung erfolgen, bis die Kohlensäure- Atmosphäre in dem Gefäß einen Druck von p mm Hg erreicht hat. Dieser Betrag ist nur abhängig von der Temperatur, nicht aber von den Mengenverhältnissen des Calciumcarbonates , Oxydes und der Kohlensäure; auch die Gegenwart indifferenter Gase, wie z. B. von Stickstoff, bleibt auf ihn ohne Einfluß. 184 Besprechungen. Von G. Zavrieff wurden für den kohlensauren Kalk folgende Kohlensäuretensionen gefunden : Tabelle 1. t == 725 815 840 870 892 910 926° p = 67 230 329 500 626 755 1022 mm. Diese Zusammenstellung besagt: Bei 870° z. B. entspricht p 500 mm Hg. Ist dieser Druck im Gasraume erreicht, dann tritt Stillstand in der Reaktion ein; j die Zersetzung des kohlensauren Kalkes hört auf. Tragen wir | dafür Sorge, daß p ständig unterhalb 500 mm Hg bleibt, dann muß alles Carbonat in Oxyd übergehen. Das Umgekehrte ge- schieht, wenn wir in der Gasschicht den Kohlensäuredruck höher als 500 mm halten; die Reaktion ist reversibel. Steigern wir t auf 910°, so erreicht die Kohlensäurespannung den Betrag von I 755 mm Hg. Bei 910° C könnten wir also das gesamte Carbonat zerstören , wenn wir unter Atmosphärendruck arbeiten und der | entstehenden Kohlensäure Gelegenheit zum Entweichen bieten. Dies ist nun auch der Punkt, der bei unseren thermischen Unter- suchungen eine Rolle spielt, sofern wir, wie dies hier geschieht, i mit offenem Gefäße, also unter Atmosphärendruck arbeiten. Die mit der Erreichung der Tension von einer Atmosphäre verknüpfte stärkere Zerlegung des Carbonats benötigt eine bedeutende Wärme- I menge, die der Erhitzung der Substanz verloren geht; der Zeiger des Voltmeters verharrt. Freilich ist so die Temperatur, wo die Tension dem Betrage I von genau einer Atmosphäre entspricht, nur angenähert zu er- i mittein. Bei der nicht zu umgehenden verhältnismäßig raschen 1 Erhitzung wird die Anomalie in der Erhitzungskurve in höhere | Temperaturzonen verschleppt. Der Druck in der Gasschicht er- I reicht für Kohlensäure bei 910° nur dann die Höhe von einer j Atmosphäre, wenn das System genügend lange Zeit sich über- lassen bleibt, und sich Gleichgewicht zwischen CaC03, CaO und j C 02 einstellen kann. (Schluß folgt.) Besprechungen. O. Abel: Grundzüge der Paläobiologie der Wirbel- tiere. E. Schweizerbart, Stuttgart 1912. 708 p. 470 Fig. Dieses Buch bringt an Material und Methode viel Neues. Paläobiologie ist die Anwendung der ethologischen Methode in der Paläontologie. Die ethologische Methode ist hauptsächlich durch Dollo eingeführt worden. Ethologie besteht in der Erforschung Besprechungen. 185 der Organismen in ihren Beziehungen zur Umgebung. Die Unter- suchung der Biologie fossiler Tiere hat zur Voraussetzung, daß die Umformungsgesetze für die lebende und fossile Tierwelt die gleichen waren. Die Biologie der lebenden Formen bildet natur- gemäß den Ausgangspunkt der Untersuchungen. Die Bezeichnung Paläobiologie , die Verf. einführt, ist eine treffende. Eine große Menge von Abbildungen, unter denen viele neue sind , erleichtern den Gebrauch des Buches. Nach einer Einleitung historischer Natur ist der erste größere Abschnitt den Arten und Gründen der Erhaltung fossiler Wirbel- tiere gewidmet. In dem großen Kapitel über die Einwirkung der Außenwelt auf den Organismus werden zuerst die verschiedenen Anpassungen an die Bewegungsart durchgenommen, das Schwimmen, Kriechen, Schreiten, Fliegen, Graben, Klettern. Dann geht Verf. zu den Anpassungen an den Aufenthaltsort, sowohl in den ver- schiedenen Meeresregionen als auf dem festen Lande, über. Es folgen die Anpassungen an die Nahrungs weise, wobei hauptsächlich Gebiß und Kieferformen, Zahn Wechsel, Beduktionen des Gebisses und Arten der Nahrungsweise besprochen werden. Dann kommen die An- passungen an den Kampf mit Feinden und Futtertieren. Ein inter- essanter, ein großes, noch fast ganz neues Gebiet kurz andeutender Abschnitt ist der über die vergleichende etliologische Geschichte der Wirbeltierfaunen. Paläobiologie und Phylogenie heißt das Schlußkapitel, das in kurzer Form einige vergleichende Zusammen- fassungen bringt. Das von Dollo ausgesprochene Erfahrungsgesetz der Irre- versibilität der Entwicklung wird vom Verf. folgendermaßen for- muliert : 1 . Ein im Laufe der Stammesgeschichte verkümmertes Organ erlangt niemals wieder seine frühere Stärke; ein gänzlich ver- schwundenes Organ kehrt niemals wieder. 2. Gehen bei einer An- passung an eine neue Lebensweise (z. B. beim Übergang von Schreittieren zu Klettertieren) Organe verloren, die bei der früheren Lebensweise einen hohen Gebrauchswert besaßen, so entstehen bei der neuerlichen Rückkehr zur alten Lebensweise diese Organe niemals wieder ; an ihrer Stelle wird ein Ersatz durch andere Organe geschaffen. Viele Beispiele werden dafür angeführt. Auch die ähnliche Umformung verschiedener nicht miteinander verwandter Tiere durch gleichartige Lebensweise wird mit Beispielen belegt; die STEiNMANN’sclien Entgleisungen auf diesem Gebiet sind in der Tat sehr bedauerlich ; zu einer gründlichen Widerlegung derselben wird manches wertvolle Material gegeben. Es wird wiederholt auf den innigen kausalen Zusammenhang zwischen Entstehung von Anpassungen und der Lebensweise hingewiesen. Dem Umstand, daß die unmittelbar den Organismus beeinflussenden Reize der Außenwelt, die unter den die Anpassung bewirkenden Faktoren die Hauptrolle spielen, „seit den ältesten Zeiten organischen Lebens 186 Besprechungen. auf der Erde unverändert auf die Lebewesen einwirken, verdankt die Ausbildung konvergenter und paralleler Anpassungen ihre Ent- stehung und versetzt uns in die Lage, durch die ethologische Analyse die Lebensweise und Lebensformen der ausgestorbenen Tierwelt zu ermitteln“. F. von Huene. C. Doelter : Handbuch der Mineral cliemie. 3. und 4. Lieferung. Dresden bei Theodor Steinkopff. 1911. p. 321 — 480 und 481 — 640. (Vergl. dies. Centralbl. 1911. p. 717, 783.) Von dem Handbuch sind inzwischen zwei weitere Lieferungen, die dritte und die vierte, erschienen. Von diesen enthält die dritte: Calcit (Schluß). Ätzfiguren. Löslichkeit des Calciumbicarbonats. Synthese des Calcits. Entstehung des Calcits. Genesis des Marmors (H. Leitmeier). Aragonit: Chemische Eigenschaften und Analysen. Oolithe und Rogensteine. Aragonit mit Bleicarbonatgehalt (Tarno- witzit). Physikalische Eigenschaften. Thermische Eigenschaften. Auftreten und Genesis des Aragonits. Anhang. Pelagosit. Thinolith, Pseudogaylessit und Jarrowit. Analysen (H. Leitmeier). Die 1 Hydrate des Calciumcarbonats (P. v. Tschirwinsky). Cal- : ein mm agnesium carb onat (Dolomit). Chemische Zusammen- setzung und Analysenzusammenstellung. Eisenarme Dolomite. Eisen- reiclie Dolomite (Ankerit, Braunspat). Manganreiche Dolomite (Braunspat, Kutnoliorrit, Ankerit). Nickelhaltiger Dolomit (Taraspit). Analysen von Dolomitgesteinen (Normaldolomit). Analysen von Dolo- mitmarmor. Physikalische Eigenschaften. Thermische Eigenschaften. Löslichkeit. Synthese des Dolomits. Genesis des Dolomits. Genesis des Dolomitmarmors. Umwandlungen. Wasserhaltige dolomit- ähnliche Mineralien (H. Leitmeier). Die Analysenmethoden der Manga n-, Eisen- und Kobaltcar bonate: Rodochrosit. Siderit. Spliärokobaltit. Remingtonit. Zinkspat. Hydrozinkit. Zaratit (M. Dittrich). Mangan carbonat (MnC03). Manganspat: Che- mische Zusammensetzung und Analysenzusammenstellung. Erzana- lysen. Physikalische Eigenschaften. Synthese. Genesis desManganspats. Umwandlungen des Manganspats (H. Leitmeier). Ferro carb onat (FeC03). Siderit: Chemische Zusammensetzung und Analysen- ergebnisse. Erzanalysen. Physikalische Eigenschaften. Vorkommen und Genesis des Siderits. Toneisensteine und Sphärosiderite. Kol- loider Sphärosiderit (H. Leitmeier). Kobaltcarbonat (Kobalt- spat). Chemische Zusammensetzung und Analysen. Physikalische Eigenschaften. Synthese. Genesis und Vorkommen. Anhang zum Kobaltcarbonat. Kobalthydrocarbonat (Remingtonit) (H. Leit- meier). Zinkcarbonat: Zinkspat. Chemische Zusammensetzung und Analysen. Physikalische Eigenschaften. Löslichkeit. Synthese des Zinkspats. Verbreitung und Entstehung des Zinkspats. Hydro- Besprechungen. 187 zinkit: Chemische Zusammensetzung und Analysenzusammenstel- lung. Physikalische Eigenschaften. Synthese des Hydrozinkits und der basischen Zinkhydrocarbonate. Genesis und Verbreitung (H. Leitmeier). Nickel h yd roxycarbonat: Zaratit. Analysen (H. Leitmeier). Analysenmethoden der Kupfercarbonate (Malachit, Azurit) (M. Dittrich). Kupfer carbonat. Malachit: Analysen. Physikalische Eigenschaften. Synthesen. Bleimalachit. Mysorin. Azurit: Analysen. Synthesen. Zinkazurit. Atlasit. Auricalcit: Analysen. Synthese (A. Himmelbauer). Rosasit (G. d’Achiardi) : Die Analysen m et h öden der Strontium- und Baryumcarbonate. Strontianit. Strontianocalcit und Emmonit. Witherit. Barytocalcit. Alstonit (M. Dittrich). Stron- tium c a r b o n a t : Strontianit (H. Leitmeier). In der vierten Lieferung wird die Betrachtung des Strontianits zu Ende geführt. Daran schließt sich Baryumcarbonat (H. Leit- meier). Alstonit. Barytocalcit (St. Kreuz). Cadmium- carbonat (H. Leitmeier). Analysenmethoden der Blei- car bonate (M. Dittrich). Bleicarbonat (H. Leitmeier). Allgemeine und technische Darstellung der Bleicar- bonate (0. Hönigschmid). Bleichlor carbonat (C. Doelter). Analysenmethoden der Carbonate des Yttrium, Lan- than, Cer und Didym (M. Dittrich). Tengerit (H. Leit- meier). Lanthanit (Hj. Sjögren). Die fluorhaltigen Lanthan-, Cer-, Didym-Carbonate (G. Flink). Analysen- methoden der Wismut carb onate (M. Dittrich). Wismut- carbonate (Ph. Kreutz). Analysenmethoden der Uran- carbonate (M. Dittrich). Urancarbonate (A. Ritzel). Car- bide (Hönigschmid). Silikate: Silicium (C. Doelter). Analytische Methoden der Silikate (M. Dittrich). Allgemeines über Synthese der Silikate (C. Doelter). Elektrischer Laboratoriums- ofen (K. Herold). Die Silikatschmelzen (C. Doelter). Die bisherigen Mitteilungen über das vorliegende Werk haben wohl ein genügendes Bild von der Behandlung der einzelnen Gegenstände gegeben. Über die folgenden Lieferungen wird daher in kürzerer Form berichtet werden. Max Bauer. Erh. Matter: Die Symmetrie der gerichteten Größen, besonders der Kristalle. (44. u. 45. Programm d. k. k. Obergymnasiums der Benediktiner zu Seitenstetten. 1910. 1911.) Zur Vorstellung verschiedener Arten von Symmetrieelementen kommt Verfasser durch Ableitung der verschiedenartigen Kon- struktion zweier Polygone, bezw. Polyeder, in dem er gleiche Strecken nach entgegengesetzten Richtungen auf trägt, je nachdem 188 Besprechungen. er dabei von einer Grundlinie, einem Grundpunkt oder einer Grund- fläche ausgeht, welche beiden Polygonen oder Polyedern gemeinsam sind. Im ersten Falle erhält er eine Symmetrieachse, im zweiten ein Symmetriezentrum, im dritten eine Symmetrieebene. Verfasser bringt sodann eine historische Betrachtung der Ent- wicklung des Begriffes Kongruenz nach Euklides , Leibniz, Wolf und Legendre. Die Bezeichnung kongruent und symmetrisch nach der LEGENDRE’schen Definition, wonach die ersteren deckbar gleich, die anderen spiegelbildlich gleich sind , hält Verfasser nicht für geeignet, da die beiden Begriffe einander nicht gegenseitig aus- schliessen und im LEGENDRE’schen Begriff „symmetrisch“ die Sym- metrieachse und das Symmetriezentrum nicht inbegriffen sind. Er fügt derselben darum noch zwei weitere Fälle an : 1 . Zwei gleichsinnig kongruente Figuren lassen sich stets symmetrisch zu einer beliebigen Achse anordnen. (Symmetrieachse.) 2. Zu einer Figur F1 läßt sich eine mit ihr gegensinnig kongruente Figur F2 stets symmetrisch anordnen in bezug auf einen beliebig angenommenen Punkt Z. (Symmetriezentrum.) Letz- terer Satz wird unter Anwendung der „Ebene zusammengesetzter Symmetrie“ bewiesen. In einem weiteren Kapitel bringt Verfasser die historische Entwicklung des Begriffes Symmetrie nach Homer, Pythagoras., Heräkleitos, Demokrit, Platon, Vitruvius und Legendre, wobei aber Pythagoras und Vitruvius unter Symmetrie einen dem heu- tigen Begriff der Harmonie ähnlichen Begriff verstehen. Im nächsten Kapitel werden die Begriffe Symmetrie und Antimetrie erörtert, und die folgenden Sätze aufgestellt: 1. Zwei Figuren liegen zueinander symmetrisch in bezug auf einen Punkt, eine Gerade oder eine Ebene, wenn jedem Punkt der einen Figur ein in bezug auf das Symmetrieelement symmetrischer Punkt der anderen Figur entspricht. Dieses gegenseitige Verhältnis der beiden Figuren heißt: Symmetrie der Lage. 3. Zwei symmetrisch liegende Figuren sind zueinander sym- metrisch oder antimetrisch gerichtet, je nachdem die in den gegen- gleichen Ordnern liegenden gegengleiclien Richtungen einander ] gleichwertig sind oder nicht. Im ersteren Falle heißt das Ver- hältnis, in dem die beiden Figuren zueinander stehen, Symmetrie der Richtung, im andern Falle wird es Antimetrie genannt. Dabei wird als Ordner der Abstand eines Punktes eines symme- trischen Gebildes von seinem Symmetrieei ement bezeichnet; die Ungleichwertigkeit der Richtung bei der AntimetriO aber auf das Vorzeichen beschränkt. Zur Anwendung der vorhergehenden Betrachtungen auf die Kristalle werden zuerst die beiden Hauptgesetze der Kristallo- graphie (Gesetz der Parallelverschiebung = Gesetz der Konstanz der Kantenwinkel; und Gesetz der rationalen Achsenabschnitte), Besprechungen. 189 sowie der Begriff des kristallographischen Achsenkreuzes erörtert. Wird nur das Lageverhältnis der Flächen zueinander berücksich- tigt, so spricht man von einem Lage- oder Systemachsenkreuz (da hierdurch die Kristallsysteme bestimmt werden) ; wird auch die in den Flächen sich offenbarende und die zwischen symmetrisch liegenden Flächen auftretende Richtungssymmetrie und Antimetrie in Betracht gezogen , so heißt man diese Darstellung Richtungs- oder Klassenachsenkreuz ; in einer Kristallklasse sind alle Kristalle von gleicher Richtungssymmetrie vereinigt. Das nächste Kapitel enthält kristallographisch wohlbekannte Erläuterungen über Parameter, Indizes und Achsen Verhältnisse (Einheiten des Achsenabschnitts). Bemerkenswert ist liier aber, daß Verfasser in diesem Kapitel durch das Vorzeichen nur eine Gegengleichheit der Lage, nicht eine Ungleichwertigkeit von Rich- tung und Gegenrichtung bestimmt, durch Ungleichwertigkeit der Achsen eine Verschiedenheit (Inkommensurabilität) der Achsen- einheiten bezeichnet. Als Parameter werden Vielfache der passend gewählten Eiuheitsstrecken , als Indizes Teile derselben definiert. Die bildliche Darstellung der Kristallstruktur, die Verfasser anwendet, ohne dabei eine bestimmte Vorstellung von der wirk- lichen Molekularstruktur geben zu wollen, ist die, daß er zunächst Elementarräume annimmt, für die das Gesetz der Parallelverschie- bung keine Geltung mehr hat, diese Räume denkt er sich durch Kugeln (Kristallmolekeln) ersetzt , auf denen die Atome durch Punkte angedeutet sind. Der Abstand zweier Nachbarmolekel derselben Zone (Gerade) in demselben Kristall ist überall derselbe, in der Anordnung und Qualität der Punkte (Atome) kommt die Symmetrie oder Antimetrie zum Ausdruck. Das HAüY’sche Symmetriegesetz, nach welchem sich an jedem einfachen Kristall eine Grundform so auswählen läßt, daß sie die- selbe Symmetrie besitzt, wie der ganze Kristall, alle übrigen Flächen sich aber so zusammenfassen lassen, daß jede solche Flächengruppe sowohl für sich allein, als auch in Kombination mit der Grundform oder mit einer anderen Flächengruppe desselben Kristalls dieselbe Symmetrie besitzt, wie die Grundform, gilt nur für die Symmetrie der Lage, also für die holoedrischen Klassen. Holosymmetrisch nennt Verfasser jene Grundform, bei welcher sämtliche Symmetrieelemente der Lage auch Symmetrieelemente der Richtung sind. In den hemisymmetrischen Klassen besitzt die Grundform weniger Symmetrieelemente der Richtung als der Lage 1. Nach einer historischen Einleitung über die Bezeichnung der Holoedrie und des einfachen Kristalles nach Weiss in ihrer Be- 1 Da Verfasser bei Unterscheidung der Richtung ausschließlich an Verschiedenheit von Richtung und Gegenrichtung denkt (Antimetrie), so könnte nach dem bisherigen die pyritoedrische Hemiedrie eigentlich als ein eigenes System betrachtet werden. 190 Besprechungen. zielmng zum Achsenkreuz, wonach Hemieder eine solche Form ist, welcher eine geringere Lagesymmetrie zukommt, als dem Achsen- kreuz, auf welches sie bezogen wird, bespricht Verfasser die Unter- scheidung der Hemieder nach ihrer physikalischen Beschaffenheit. Als antimetrische Gegenformen bezeichnet er solche korrelate Hemieder, die sich durch ihr physikalisches Verhalten unterscheiden. Antisymmetrische Gegenformen nennt er solche korrelate Hemieder, welche sich durch die gleiche (symmetrisch gleiche) physikalische Beschaffenheit ihrer Flächen auszeichnen. Die zwischen diesen bestehenden Symmetrieelemente bezeichnet er als Antisymme- tri e- Elemente. Unter diesen lassen sich wieder axioantisymme- trische und enantiosymmetrische Gegenformen , je nachdem eine Achse oder nicht als Antisymmetrieelement auftritt, unterscheiden. Die zweitgenannten lassen sich nicht, wie die ersten, durch Drehung ineinander überführen. Ein Beispiel für solche sind die Trapezoeder am Quarz, bei einem Linksquarz zeigt das linke Trapezoeder die gleiche physikalische Beschaffenheit wie das rechte am Rechtsquarz. Bei den axioantisymmetrischen lassen sich die beiden Formen nicht gut unterscheiden, da sich jedes Hemieder sowohl als Hemieder I. als auch als solches Stellung betrachten läßt. Von den anti- symmetrischen Gegenformen gilt der Satz der gegenseitigen Aus- schließung am einfachen Kristall, antimetrische Gegenformen können hingegen am selben Kristall auftreten, jedoch sind die Bildungs- bedingungen für sie verschieden. Anschließend daran definiert Ver- fasser die „einfache Form“ wie folgt: Die einfache Form ist der In- begriff aller symmetrisch zueinander liegenden und symmetrisch gerichteten (oder: geometrisch und physikalisch gleichwertigen) Flächen in einem gegebenen Richtungsachsenkreuz. (Das ist ein Achsenkreuz mit Angabe der physikalisch gleichwertigen Richtungen.) Die antisymmetrischen Gegenformen unterscheidet Verfasser als physikalisch positive (oder positiv gerichtete) und physikalisch negative (negativ gerichtete), als Zeichen dafür ein eingeklam- mertes (-(-) oder ( — ) vor dem Buchstaben, die antimetrischen als positiv gelegenes oder Hemieder erster Stellung, und negativ ge- legenes oder Hemieder zweiter Stellung. Als Zeichen dafür dienen -j- oder — ohne Klammer vor dem Buchstaben, bezw. nach der Bezeichnung der Antisymmetrie. (Ref. kann diese Bezeichnung nicht glücklich finden , da sie leicht zu Verwechslungen Anlaß gibt und sich schwer dem Gedächtnisse einprägt.) Antisymme- trische Gegenformen nennt er auch geminationsbildend (weil sie Ergänzungszwillinge charakterisieren) antimetrische auch kombina- tionsbildend, weil sie als verschiedene Kombinationen am selben Kristall auftreten können. Das der Verschiedenheit des Vor- zeichens entsprechende verschiedene physikalische Verhalten anti- metrischer Gegenformen charakterisiert sich am besten im pyro- elektrischen. Mutatis mutandis kann natürlich das von der Zer- Besprechungen. 191 legung der Holoeder in Hemieder auch auf die Zerlegung der letzteren in Tetartoeder angewandt werden. Verfasser denkt sich nun die BuAVAis’schen Raumgitter derart, daß die Moleküle als räumliche Gebilde, bestehend aus Atomen, aufgefaßt werden ; die Atome, welche um das Zentrum der Molekel auf einer oder mehreren Kugelschalen liegen, bilden für sich dem Molekelgitter kongruente Atomgitter , die ineinander gestellt sind. Gitter hemiedrischer Kristalle kommen nun dadurch zustande, daß im Molekel symmetrisch gelegene Punkte durch verschiedene Atome i besetzt sind. („Die symmetrisch gelegenen Atome sind antimetrisch gerichtet.“) Durch Ineinanderstellen zweier solcher Gitter, die untereinander antisymmetrisch sind, kommt ein holosymmetrisclies Gitter zustande. Auf diese Weise erklärt Verfasser das Auftreten hemisymmetrischer und holosymmetrischer Kristalle bei derselben Substanz, z. B. dem rhombischen Schwefel. Auch die Ergänzungs- zwillinge denkt sich Verfasser so entstanden, daß anfangs liolo- symmetrische Molekel gebildet wurden, die den Kern des Kristalles zusammensetzten, später bildeten sich nur hemisymmetrische , und zwar antisymmetrische Moleküle, die sich an den Kern in derselben Weise, wie die Moleküle des Kernes ansetzen. Durch Ineinanderstellen mehrerer Molekelgitter niederer Sym- metrie können ferner auch höher symmetrische Gitter entstehen, so stellt sich Verfasser das Gitter des Calcits als aus mehreren Aragonitgittern gebildet vor. Auch die Erscheinung, daß Körper, wie z. B. Santonin, die, auf verschiedene Weise zum kristallisieren gebracht, gänzlich ver- schiedenen Habitus zeigen, und denselben auch beibehalten, wenn sie später im gleichen Lösungsmittel gelöst, unter denselben Um- ständen wieder auskristallisieren, erklärt Verfasser so, daß die Lösung nicht bis zu den kongruenten Bausteinen fortschreitet, sondern komplexe Molekel erhalten bleiben, denen der Habitus der gelösten Kristalle gewissermaßen schon anhaftet. Antimetrische Gegenformen werden im allgemeinen verschiedene Löslichkeit in verschiedenen Lösungsmitteln, demgemäß auch ver- schiedenes Wachstum zeigen, es wird sich darum jene der beiden bilden, die im gegebenen Lösungsmittel der Lösung den größeren Widerstand entgegensetzt. In dem folgenden (5.) Kapitel gibt Verfasser eine geschicht- liche Übersicht über die Kenntnis der Pyroelektrizität. Bemerkens- wert daran ist nur die Hervorhebung der HANKEL’schen Beobach- tung, daß Pyroelektrizität nicht an Hemimorphismus gebunden sei, sondern eine allgemeine Eigenschaft der Kristalle sei. Verfasser geht nun zur Erklärung der pyroelektrischen Erscheinungen, namentlich jener, die mit der scheinbaren Symmetrie des Kristalles in Widersprueh stehen , über. Er nimmt an , daß ähnlich wie beim Magneten die Elementarmagnete, die einzelnen Molekel des 192 Besprechungen. Kristalles Pyroelektrizität aufweisen, die sich im Innern des Kri- stalles aufhebt. Bedingung für Vorhandensein von Pyroelektrizität ist Antimetrie der Ordner („Das Antimetriesymbol ist der Aus- druck der Verteilung der Pyroelektrizität im ganzen , homogenen Kristall und in der Kristallmolekel“ ).. Um die Unregelmäßigkeiten im Auftreten von Pyroelektrizität zu erklären, so das Auftreten von Pyroelektrizität an holosymme- trischen Kristallen, das verschiedene Verhalten von Teilen der- selben Kristallfläche, namentlich in der Nähe der Kanten, das verschiedene Verhalten von verschiedenen Kristallen desselben Körpers, endlich die Änderung der Polarität mit der Temperatur nimmt Verfasser an, daß die Kristalle aus Molekülen aufgebaut sind, bei denen sich die antisymmetrischen Hälften bald vollkommen durchdringen (wobei keine Pyroelektrizität zustande kommt), bald weniger vollkommen , so daß symmetrisch verteilte analoge und antiloge Punkte übrig bleiben. Verdünnte Lösungen sollen die. mangelhaftere Durchdringung bewirken. Kanten werden , da in ihnen ein größerer Teil der Molekeloberfläche wirksam ist, stärkere Wirkung zeigen, als die Fläche, natürlich wird mit der Lage der Kante ihre Pyroelektrizität verschieden sein. Werden die anti- symmetrisclien Hälften verschoben, so kann die Polarität an einem Kristalle mit der Temperatur wechseln. Manche Teile eines Kri- stalles oder auch einzelne Kristalle im ganzen können fast nur aus hemisymmetrischen Molekeln aufgebaut sein, andere wieder nur aus holosymmetrischen. (Schluß folgt.) W. Kranz: Geologische Probleme Süddeutschlands. Beilage der Münchener Neuesten Nachrichten vom 5. 9. 1908. No. 57. In gemeinverständlicher Darstellung wird der Zusammenhang zwischen den tertiären vulkanischen Erscheinungen Süddeutschlands, dem Einbruch des nördlichen Alpenvorlandes und derEmporfaltung der Alpen dargelegt, entsprechend den Ausführungen in dies. Centralbl. 1908. p. 556 ff. Durch paläontologische Untersuchung sind die Eruptionen Süddeutschlands (ausschließlich Kaiserstuhl und seinen Nachbarn), das Steinlieimer Becken und das Eies als obermiocän erwiesen. Hebungen haben nördlich der Alpen nur ganz unter- geordnet gewirkt, vielmehr ließen gewaltige Senkungen seit alten Zeiten und vor allem während des Nachlassens der Spannungen im Gefolge der größten alpinen Faltungsperioden große Schollen nach und nach tiefer einbrechen. Eine Folgeerscheinung dieser Be- wegungen waren die vulkanischen Ereignisse. Eine nördliche und südliche Zone mit verschiedener Gesteinsbildung und Geschichte wird im allgemeinen durch den südlichen Abbruch der Alb entlang der Donau geschieden. Das Donauspaltensystem ist ein noch wenig gelöstes Problem. Bef. d. Verf. Voigt & Hochgesang » Göttingen Fabrikation von Dünnschliffen von Gesteinen: Preis im Durchschnitt Mk. 1.10 Nur für besonders schwierig zu bearbeitendes Material tritt ein geringer Preis- abschlag ein. Unerreichte Qualität, Dünne 0,02 mm. Kristalle: Genau orientierte Schliffe. Preis Mk. 1.30 — 1.50. Kristallpräparate für sämtliche mineralogischen Untersuchungen in tadelloser Aus- führung zu angemessenen Preisen. Zahlreiche Dünnschliff-Sammlungen, zusammengestellt von bedeutenden Fachleuten der Mineralogie. Neu! 120 Dünnschliffe kristalliner Schiefer, zusammengestellt von U. Grubenmann, mit erklärendem Text von Dr. Laura Iiezner. 36 Dünnschliffe typischer Erzlagergesteine, ausgewählt und beschrieben von R. Beck. 14 Dünnschliffe amerikanischer Erzlagergesteine, ausgewählt von E. Ritter, Colorado, beschrieben von R. Beck. 28 Thin Sections of the diamond-bearing. Kimberlites of South Äfrica, ausgewählt und beschrieben von G. S. Corstorphin e, Johannesburg. Anfertigung von Mikrophotographien und Diapositiven. Kristallmodelle aus Holz- und Glastafeln. Schleifutensilien zur Herstellung von Dünnschliffen. Mineralogische und geologische Bedarfsartikel. Kataloge gratis. Im Februar 1912 erschienen: Neuer kristaliopphischer Katalog Wo. 28. Äus dem reichen Inhalt möge hervorgehoben sejn : Modell zur Demonstration der Lage des rhombischen Schnittes bei den Plagioklasen nach Prof. Dr. K. Hintze. Neue Pappkristallmodelle nach Prof. Dr. K. Viiba. Kristallographische Kaleidoskope nach Prof. Dr. E. A. W ülking. j l Kristallographisches Spiegel-Polyskop nach Prof. Dr. K. Yrba. Modell zur Demonstration der stereographischen Projektion und Wandtafel für stereogr. Projektion nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Glasmodelle zur Erläuterung der Aetzmethode nach Prof. Dr. G. Wulff. Modelle zur Erläuterung der Bildung der dzeanischen Salz- ablagerungen nach Dr. E. J anecke. Neue Mineralpräparate und orientierte Mineraldiinnschliffe. Aus der neuen (achten) Auflage des mineralogischen Haupt- ■ katalogs No. 1 (Juli 1910) empfehlen wir: A. Vorlesungssammlung von 100 Mineralpräparaten. Diese Sammlung enthält nur Präparate von natürlichen Mineralvorkommen j (mit Ausnahme von künstlichem Rubin und Borax) und ist in der Weise zusammengestellt, daß alle wichtigen optischen Erscheinungen daran 1 demonstriert werden können. Der Preis einer Normalsammlung von A 100 Mineralpräparaten in guter Qualität beträgt einschließlich eines J zweckmäßig eingerichteten Kastens Mk. 1100. — . Dieselbe Sammlung | in besonders guter Qualität kostet Mk. 2000. — . B. Sammlung von 225 orientierten Dünnschliffen von 134 | gesteinsbildenden Mineralien, angeordnet nach II. Rosenbusch und E. A. Wülfing: „Mikroskopische Physiograpbie der petro- [ graphisch wichtigen Mineralien“, I. Band. 2. Teil, 1905. i Preis der ganzen Sammlung von 225 Mineralschliffen, einschließlich Etui = Mk. 375. — . , 175 „ » . = , 295.-. ,125 , , 205.-. Dünnschliffe von eingesandtem Material werden sorgfältig und pünktlich hergestellt, und zwar in der üblichen Stärke bis zu 0,02 mm und darunter. Durchschnittlich wird für einen Schliff auf Vereinsformat (28 X 48 mm) montiert Mk. 1.— berechnet. • Nur für besonders schwierig zu bearbeitende Gesteine wird ein ent- sprechender Aufschlag berechnet. Auf Wunsch werden größere, bis handgroße Schliffe angefertigt. Spezialität: Schliffe fossiler Hölzer. : Dr. F. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, Fabrik u. Verlag mineralogischer u. geologischer Lehrmittel. Gegr. 1833. — — Bonn a. Rhein. Gegr. 1833 Verlag der E. Schweizerbart’schen Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, Stuttgart, Johannesstr. 3. Druck von C. Grüninger, K. Hofbuohdruckerei Zu Gutenberg fKlett & Hartmann). Stuttgart. 1. April 1912. Centralblatt für Mineralogie, Geologie and Paläontologie in Verbindung mit dem Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie herausgegebeu von M. Bauer, E. Koken, Th. Liebisch in Marburg. in Tübingen. in Berlin. 1912. Uo. 7. > STUTTGART. E. Sehweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser. 1912. Monatlich 2 Nummern. Preis für Nichtabonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Mk. pro Jahr. Abonnenten des Neuen Jahrbuchs erhalten das Centralblatt unberechnet. Dieser Nummer ist beigefügt je ein Prospekt der Großh. hess. geologischen landesanstalt in Darmstadt über deren Pablikationen sowie der E. Schweizer- art’schen Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser. in Stuttgart betr. nebel-Reck, Island. Seite Inhalt. Original-Mitteilungen etc. Liesegang, Raphael Ed. und ,T. Ronck: ßiihydros-Bildung, Mit 2 Abbildungen 193 Heritsch, Franz: Das Alter des obersteirischen „ Zentralgranites u 198 Andree, K. : Eine zweite Gr aphuldria- Alt [Gr. Crecelii n. sp.) aus dem mitteloligocänen Meeressand im Mainzer Becken. Mit 1 Textfigur 202 Neue Apparate und Beobaclitungsinethodon. Friedrich, K. : Feber ein einfaches Verfahren zur ersten Orien- tierung beim Studium der thermischen Dissoziation und der Konstitution leicht zerlegbarer Mineralien. Mit 20 Textfiguren. (Schluß) 207 Besprechungen. Matter, Er h. : Die Symmetrie der gerichteten Größen . besonders der Kristalle. (Schluß) 220 Kolorierte Gipsmodelle des neuen Buntsandsteinsauriers Koiloskiosaurus coburgiensis (s. Veröffentlichung Prof. v. Huene's Palaeontographica. Bd. 59. II. 1/2) sind durch den Unterzeichneten käuflich zu haben. Die Abgüsse sind in dem Atelier eines Geolog. Universitätsinstitutes hergestellt. Preis der Einzelplatte Mk. 25. — bezw. Mk. 30. — (für die größere). Bei Abnahme beider Platten , die sich in wesentlichen Dingen ergänzen. Preis Mk. 50. — . Größe der Platten 26 x 39 bezw. 27 x 44 cm. Naturwissenschaftliche Sammlungen, Veste Coburg Fischer, Stabsarzt a. D. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Nägele & Pr. Sproesser, in Stuttgart. ELEMENTE DER GESTEINSLEHRE von H. Rosenbusch. Dritte neu bearbeitete Auflage. Gr. 8°. 692 Seiten. Mit 107 Figuren und 2 Tafeln. Preis broscli. Mk. 23. — . geb. Mk. 25. — . R. Ed. Liesegang und .T. Renck, Enhydros-Bildung. 193 Original-Mitteilungen an die Redaktion. Enhydros-Bildung. Von Raphael Ed. Liesegang-Frankfurt und J. Renck-Offenbach. (Aus dem Neurologischen Institut Frankfurt-Main und dem Mineralogischen Institut Marburg.) Mit 2 Abbildungen. I. Es ist wahrscheinlich, daß in diesen Steinen die Kieselsäure der Chalcedonschale mit dem eingeschlossenen Wasser vereinigt war. Durch eine besondere Art der Entmischung erfolgte ihre Trennung. Gleichmäßige Verteilungen von Kieselsäure und Wasser liegen vor : 1 . In den Kieselsäuregallerten, welche mit sehr wechselndem Wassergehalt in der Natur angetroffen worden sind. (Spezia fand sie im Simplon als eine plastische Masse. Das andere Extrem stellen die Opale dar: Halbopale, Feuer- und Edelopale.) 2. Sole, d. h. kolloide Lösungen, in welchen die Kieselsäure- teilchen im Gegensätze zu den Gallerten noch getrennt sind. 3. Echte Lösungen von freier Kieselsäure kommen dagegen als Vorstufe der Enhydros nicht in Betracht. Sie sind sehr viel zu arm an Kieselsäure, als daß ein abgeschlossenes Quantum das Material für die Schale liefern könnte. 4. Ist die Kieselsäure dagegen mit einem Alkali chemisch verbunden, so ist bekanntlich in Form des Wasserglases eine wirkliche Lösung möglich , die sehr reich an Kieselsäure ist. — Anfangs füllte eine der unter 1 , 2 oder 4 genannten Massen die Hohlräume, z. B. des Melaphyrs aus. Die Trennung der Kieselsäure von der Hauptmenge des Wassers mußte nun derart erfolgen, daß zunächst an der Peripherie die Kieselsäureteilchen (ev. nach intermediärer Lösung) dichter zusammentreten. D. h. i das Membranogel mußte sich zuerst an der Oberfläche dieser : Massen bilden. Dieses ist aber normalerweise immer der Fall. I Denn das , was das Gel verdichtet, was das Sol in ein Gel ver- wandelt , was ein etwa vorhandenes Wasserglas unter Bildung von Kieselsäure oder von einem unlöslichen Silikat fällen könnte, das dringt von der Peripherie her ein. Auch bei der Umwandlung des Einschlusses in einen Achat ist dies der Fall. Aber hier ist eine andere Bedingung nicht erfüllt, Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 13 .194 R. Ed. Liesegang und J. Renck, welche für die Enhydros- Bildung notwendig ist : Die Kieselsäure- membran muß nämlich frühzeitig genug wasserundurchlässig werden. Eine Achattheorie nimmt an , daß z. ß. ein Eisensalz unter Schichtungsbildung tief in eine Kieselsäuregallerte eindiffundiert sei. Läßt aber ein Medium das Eindiffundieren eines in Wasser gelösten Salzes zu , so ist es (wenigstens während dieser Zeit) auch durchlässig für Wasser. Tatsächlich erweckt die Enhydros- Schale auch einen vollkommen anderen Eindruck : Sie ist nicht durch langsame Diffusion entstanden, sondern durch eine raschere Fällung. Da bei letzterer eine frühzeitigere vollkommenere Dich- tung der Membran möglich ist, sind die Vorbedingungen für die Entstehung dieser Gebilde gegeben. II. Auch bei der Bildung der Achate ist die zuerst gebildete äußere Wand gewöhnlich so fest, daß die Masse trotz ihres Wasserverlustes ihre äußere Form bewahrt. D. h. die Lücke zwischen Melaphyr und Achat ist nur gering. Beim Achat sind daher dann erhebliche Innenschrumpfungen feststellbar. Die Lücken zwischen den Clialcedonkristallen (hauptsächlich der nichtpigmen- tierten Lagen) sind als solche aufzufassen. Und ebenso die so häufig vorhandenen Hohlräume im Innersten. Auf Ausnahmen hiervon wurde bei der Besprechung der Achat- entstehung schon hingewiesen L Zuweilen schrumpft der erste Inhalt doch auch äußerlich zusammen. — Solches ist nun auch bei den Enliydros möglich, wie sich dies an dem Exemplar aus der Sammlung des Herrn RENCK-Off'enbach zeigt, welches zum Schluß beschrieben werden soll. Während diejenigen Partien seiner Oberfläche , welche dem Melaphyr lange Zeit angelegen haben, die typischen Narben der Achat Oberflächen zeigen, besitzt die eingefallene Partie die für die Enhydros typischen Kieselringe. Ganz vollkommen ist übrigens die Ausfüllung der Hohlräume bei den Enhydros doch fast nie. Ein durch spätere Verdichtung herbeigeführter sehr geringer Hohlraum macht sie zu Klapper- steinen. — In anderen Fällen ist dieser Raum zwischen Enhydros und Melaphyr durch nachträglich hinzutretende Kieselsäure wieder ausgefüllt worden, ebenso wie sich neben dem geschrumpften ersten Achat ein zweiter ausbilden kann. III. Darf man mit der Möglichkeit rechnen, daß die erste Füllung des Hohlraumes einen Gehalt an Alkalisilikat aufwies , so sind diese folgenden Experimente von Interesse : Ein Reagensrohr wurde ungefähr gefüllt mit einer Lösung Dies. Centralbl. 1911. p. 500. Enhydros-Bildung. 195 von Natronwasserglas von 38 0 Be. Darüber wurde eine konzen- trierte Eisenchloridlösung' geschichtet , die noch etwas weiter mit Salzsäure angesäuert war. Bald danach begann das Eisenchlorid sich nach unten zu arbeiten. Dieses geschah aber durchaus nicht diffusionsartig. Vielmehr schob sich eine sehr dünne Schicht der Eisenchloridlösung zwischen die Gefäßwand und das Wasserglas. Zugleich entstand dort an der Berührungsfläche eine Eisensilikat- membran. Dieses Vordringen und Membranbilden erfolgte nun nicht kontinuierlich , sondern ruckweise : Das Eisenchlorid schob sich rasch etwa 2 mm vor, dann zog es sich um etwa die Hälfte wieder zurück. Kurz darauf wiederholte sich dasselbe wieder. Auf diese Weise bildete die Membran nachher regelmäßige Schrump- fungswülste , die bei oberflächlicher Betrachtung des Präparats wohl an Diffusionsschichtungen erinnern konnten , in Wirklichkeit aber mit solchen durchaus nichts zu tun hatten. Allmählich hatte sich das Eisenchlorid an der Gefäßwand ganz nach unten ge- arbeitet und der Sack schloß sich am Boden des Gefäßes. Das flüssige Wasserglas war nun also vollkommen von einer festen Silikatmembran umhüllt. Wurde die Eisenchloridlösung stärker angesäuert, oder wurde reine Salzsäure zur Überschichtung des Wasserglases angewandt, so drang diese ebenfalls nur zwischen letzterem und der Gefäß- wand vor. Die Kieselsäuremembran ist aber sehr viel starrer als diejenige aus Eisensilikat. Die Schrumpffalten treten zurück und bei geeigneten Mischungen entstehen Oberflächengebilde , welche mehr denjenigen der Enhydros gleichen. Bei den meisten Reaktionen pflegt allerdings die Geochemie, ähnlich wie die Biochemie , nur mit ganz schwachen Säuren zu rechnen. Aber es ist nicht ausgeschlossen , daß stärkere Säuren häufiger zur Wirksamkeit gelangen , als man bisher vermutete. Man findet sie nur deshalb zum Schluß nicht wieder, weil sie beim Zusammentreffen mit den Carbonaten und Silikaten deren schwächere Säuren in Freiheit setzen und sich selbst dabei neutralisieren. Es wäre aber falsch , wenn man wegen ihres schließli dien Fehlens ihre Mitwirkung leugnen wollte. Gräber und Andere haben auf die Experimente Traube’s zur Lösung von petrogenetischen Problemen zurückgegriffen. Auch die Enhydros können in gewissem Sinn als derartige Zahlen auf- gefaßt werden. Blickt man bei den soeben beschriebenen Experi- menten aus der Perspektive des Eisenchlorids oder der Salzsäure, so sind es diese und nicht das Wasserglas , welche sich wie die Tropfen bei den TnAUBE’schen Experimenten verhalten , obgleich das Wasserglas schließlich das vollkommen Eingeschlossene ist. Der kürzlich beschriebene Membrantrümmerachat 1 hatte gezeigt , daß auch bei den Achaten Gebilde wie TRAUBE’sche Zellen möglich sind. 1 Dies. Centralbl. 1912. p. 65. 13* 196 R. Ed. Liesegang und J. Ilenck, IV. Das charakteristische Exemplar eines noch im Gestein sitzen- den Enhydros, ein Enhyclros, der durch Schrumpfung (Wasserverlust) an Volumen verloren hat und somit auch ein sogen. Wackelstein geworden ist , das Veranlassung zu dieser Arbeit gegeben hat, stammt aus der Mineralogischen Sammlung des Herrn RENCK-Offen- bach. Der Euhydros ist teilweise umgeben von einer rein weißen mehligen Masse, die amorphe Kieselsäure sein dürfte. Derselbe sitzt noch vollkommen im Melaphyr. Nur auf einer Seite ist er bloßgelegt. Die Kieselringe zeigen sich dort nur an einer etwas geschrumpften Stelle. Die andere Oberfläche zeigt Achatnarben. Eine sehr schmale Kluft trennt Enhydros und Melaphyr. Spuren von Kieselsäure stellen den Beginn einer Wiederausfüllung dieser Kluft dar. Das Gestein, in dem der Enhydros eingeschlossen ist, ist ein schwarzer, kompakter, frischer Melaphyr. U. d. M. sieht man. daß Plagioklas in Form langer, an den Enden z. T. ausgefranster Leisten , vielfach mit deutlicher Zonarstruktur vorherrscht. An den Rändern bilden Glaskügelchen einen schmalen Saum. Nach der Größe kann man wohl zwei Generationen unterscheiden. Er ist noch frisch, während der ebenfalls reichlich vorhandene Olivin schon angegriffen ist. Außerdem bemerkt man größere und kleinere Magneteisenkriställchen, aber keinen Augit. Die Struktur ist die intersertale. Die Mesostasis besteht aus reichlichem braunen, von Magneteisenkörnern durchsetztem Glas. Die mikroskopisch kleinen Hohlräume des Gesteins enthalten Infiltrationsprodukte von ver- schiedener Farbe und Beschaffenheit, die aber nicht näher be- stimmbar sind. Die Abb. 1 stellt den etwas locker sitzenden, den Hohlraum nicht auch ganz ausfüllenden Enhydros dar, der aus der Sammlung von Herrn J. Renck in Offenbach a. Main stammt, während die Abb. 2 einen etwas größeren, ganz in weißem Kieselmehl ein- gebetteten und somit nicht direkt mit dem ihn umschließenden Gestein in Berührung kommenden Enhydros darstellt, der uns gütigst von Herrn Geheimrat Maxt Bauer aus der Sammlung des Minera- logischen Instituts zu Marburg zur Verfügung gestellt wurde. Zum Schluß möchten wir noch hinzufügen, daß der Teil des ersterwähnten Enhydros (siehe Abb. 1), der das ihn umschließende Gestein direkt berührt, an der Oberfläche mit halbkugeligen Narben bedekt ist, ähnlich denen der Oberfläche der gewöhnlichen Achat- kugeln (siehe auf der Abb. 1 den rechten und linken Teil des Enhydros ), während der mittlere Teil des Enhydros, der etwas zurücktritt, und ursprünglich ebenfalls mit jenem weißen Kiesel- mehl bedeckt war, an diesen Stellen wahrscheinlich etwas ein- geschrumpft ist und die für die Enhydros so charakteristischen, Enhydros-Bildung. 197 kugeligen und wulstigen Kieselringe aufweist (siehe Abb. 1). Da der andere Eiihydros (Fig. 2) an keiner Stelle direkt das Gestein berührt, sondern allseitig von Kieselmehl umgeben ist, so weist er nur die Kieselringe auf und zeigt an keiner der sichtbaren Stellen die halbkugeligen Näpfchen der Achatkugeln. 198 Fr. Heritsch, Zusammenfassung. Die vorgetragene Enliydros- Theorie geht von der Vorstellung aus, daß die Kieselsäure des Mantels und das Wasser im Innern ursprünglich vereint waren. Es trat dann eine Entmischung dieser zwei Bestandteile ein. Sie begann an der Peripherie. Die dort sich bildende Kieselsäuremembran wurde bald so dicht , daß sie undurchlässig für Wasser wurde. Das Alter des obersteirischen ,.Zentralgranites“. Von Dr. Franz Heritsch in Graz. Die Frage nach dem Alter und der Stellung der Granite der Rottenmanner und Sekkauer Tauern in Obersteiermark schien seit der Veröffentlichung E. Wetnschenk’s 1 2 3 und der gegen sie gerichteten Erörterung R. Hoernes 2, sowie durch die Referate M. Vacek’s 3 sichergestellt zu sein ; und zwar war die Sache offenkundig zu ungunsten einer Ansicht entschieden, welche von einer Kontakt- metamorphose des Carbons der Grauwackenzone sprach. Um so mehr konnte man glauben, daß jene, von überaus weitgehenden Kontaktmetamorphosen handelnden Ansichten wenigstens für das in Rede stehende Gebiet endgültig verschwunden seien, als neuere Studien 4 5 nicht nur keinen Anhaltspunkt für die kontaktmetamorphen Spekulationen boten, sondern sogar neuerlich absolut auf hebende Gegen- beweise brachte. Wenn daher Cl. Lebling 5 die alten, längst als nicht stichhaltig erkannten Ideen neuerlich vorbrachte und — wie gleich betont sein möge — ohne einen neuen Gedanken wieder erörtert, so könnte Ich mich füglich darauf beschränken, die von Hoernes und Vacek Wkinschenk gegenüber angeführten Beweise zu zitieren; wenn trotzdem auf Cr. Lebltng’s Ausführungen ein- gegangen wird, so geschieht dies, nicht um die Tendenz jener Zeilen zu beleuchten, sondern um neuerlich mit verstärkten Be- weisen gegen die hier so wenig am Platz befindliche Anwendung einer übertriebenen Kontaktmetamorphose zu protestieren. Vorerst noch einige Bemerkungen über das Wort Zentralgranit. Das Wort Zentralgranit — besser überdies, wie die gesamte moderne Literatur über die Hohen Tauern zeigt, Zentralgneis — bezeichnet einen so scharf umrissenen Begriff, daß es einzig zu größeren 1 Zeitsclir. f. prakt. Geol. 1900. Abhandl. d. bayer. Akad. d. Wissenseh II. Kl. 21. Zeitschr. f. prakt. Geol. 1903. 2 Mitteil, des natuuwiss. Ver. f. Steiermark. 1900. 3 Verhandl. d. k. k. geol. Reiclisanst. 1900, 1901. 4 F. Heritsch , Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien; math.-naturwiss. Kl. Abt. I. 1907. 5 Cl. Lebling, Dies. Centralbl. 1911. p. 727 — 731. Das Alter des obersteirischen „Zentralgranites“. 199 Verwirrungen Anlaß geben kann, wenn dieses Wort für mehr oder- weniger inetamorphe Massen von granitischer oder ähnlicher Zu- sammensetzung angewendet wird. Der Begriff Zentralgneis ist in petro graphisch er Beziehung scharf gekennzeichnet, denn außer seinem Verbreitungsgebiet, in welchem der Name entstanden ist (Stur, Peters), läßt sich ihm nichts Analoges entgegensetzen, weder im ostalpinen Wurzelgebiete, noch im schwebenden Vorlande nördlich der Hohen Tauern ; ob im Gebiete der Ötztaler Alpen Zentralgneis in Begleitung der Schieferhülle au ft ritt, mag vor- läufig noch als unentschieden behandelt sein. Der Begriff* Zentralgneis ist auch in geologischer B e - z ie liung scharf definiert, und zwar durch den Verband, in welchem er auftritt und mit dem zugleich er gefaltet und überfaltet wurde {Tauchdecken1); diesen für den Zentralgneis der Hohen Tauern so ungemein charakteristischen Verband bildet die Schieferhülle, die nach der Deckengliederung der Ostalpen vorläufig dem lepontinischen System zugewiesen wurde; durch das für die Hohen Tauern so ungemein charakteristische Duo Zentralgneis-Schieferhülle ist ein so festgefügter Begriff entstanden , daß es als nicht angängig, daher geradezu als verwirrend angesehen werden muß, wenn der eine Name dann verwendet wird, wenn das andere fehlt. Da die so charakteristische Schieferhülle den „Zentralgraniten“ der ßottenmanner und Sekkauer Tauern fehlt, so ist hier der Name „Zentralgranit“ zum wenigsten schlecht am Platze, abgesehen von den petrographischen Verhältnissen des Granites und seiner tektoni- schen Stellung, seiner Zugehörigkeit zur ostalpinen Deckenserie. Der Erörterung über die Beziehung der Granite der Rotten- manner und Sekkauer Tauern2 zu den Schiefern der Grauwacken- zone des Liesing- und Paltentales liegt folgendes zugrunde : Weinschenk3 hat behauptet, daß die Graphitlagerstätten der Grau- wackenzone und auch die Schiefer kontaktmetamorph seien ; von Hoernes wurde dies in eingehender Erörterung abgelelmt; dasselbe geschah von Vacek. Die Fragestellung lautet nun: 1. Was kann aus den Verhältnissen der Graphitlagerstätten und der Schiefer zugunsten von E. Weinschenk’s H^^pothese angeführt werden? 2. Entscheiden andere Umstände die Frage? Da dies der Fall ist, so fällt die Erörterung der ersten These für mich weg, um so mehr, als bei ihrer Beantwortung jede Erörterung eine prinzipielle, weit über 1 Siehe Posepny, Archiv f. prakt. Geol. 1880. — Uhlig. Mitteil. d. geol. Gesellsch. in Wien. 3. 2 Die Granite werden nach meinen Beobachtungen — ich stimme darin mit C. Doelter überein — immer durch Gneise von dem Carbon getrennt. Ob unter diesen Gneisen Paragneise Vorkommen oder herrschend sind, könnten nur eingehendere Begehungen, als sie Weinschenk’s Arbeiten zugrunde liegen, entscheiden. 3 Literaturzitate bei Cl. Lebling, 1. c. 200 Fr. Heritsch. den Umfang dieser Zeilen hinausreichende Auseinandersetzung wäre. Hoernes und Vacek haben Weinschenk gegenüber das von Vacek entdeckte Rannachkonglomerat ins Treffen geführt. Auf den Graniten der Sekkauer Tauern liegt Gneis und dieser Gneis wird von einem schieferigen Gestein mit zahlreichen Gerollen als Basis der Grauwackenschiefer überlagert. Unter diesen Gerollen fand Vacek neben vorwiegenden Quarzen auch Gneis. Da nun die Serie der Schiefer der Grauwackenzone mit diesem Konglomerat eingeleitet wird, so muß mit Vacek und Hoernes der Schluß ge- zogen werden, daß das Gneisgebirge bereits abgetragen war, als die Sedimentation der uns heute im schieferigen Gewände entgegen- tretenden Gesteine der Grauwackenzone begann. Würde man trotz- dem die Gneise der Sekkauer und Rottenmanner Tauern als jüngere Intrusiva ansehen, so hätten die Gesteine der Grauwacken- zone ja in der Luft schwebend abgelagert werden müssen. Den Horizont des Rannachkonglomerates hat Vacek viele Kilometer weit an den rechten Abhängen des Liesingtales verfolgt und ich konnte ihn auf beträchtliche Strecken in der Paltentaler Grau- wackenzone nach weisen L Durch die Existenz dieses Basaltkonglomerathorizontes ist E. Weinschenk’s Idee einer Kontaktmetamorphose der Grauwackenzone widerlegt und alle theoretischen Erörterungen un- nütz geworden. Gegen diesen Hauptpunkt der Argumentation R. Hoernes hat Weinschenk 2 auch nichts anderes anführen können, als daß er des öfteren versichert, daß die Bedeutung des Rannach- konglomerates ganz außerordentlich gering sei. Ich kann nun zu Hoernes’ und Vacek’s Ausführungen hinzufügen, daß ich sowohl im Rannaclikonglomerat, die Beobachtung M. Vacek’s bestätigend, Rollstücke eines granitischen Gesteines gefunden habe1 2 3, daß ich ferner im Konglomerat des Sunk bei Trieben Gerolle von Granit beobachtet habe; diese Granitgerölle sind derselbe Biotitgranit, welcher den Bösenstein zum großen Teil aufbaut; da nun dieses Konglomerat zwar stratigraphisch höher liegt als das Rannach- konglomerat, aber zwischen beiden keine Diskordanz durchgeht, so muß das Vorkommen von Biotitgranit im Konglomerat des Sunk auch für das tiefere Konglomerat in der Richtung beweisend sein, daß das letztere seinen derzeitigen Habitus nicht einer Kontaktmetamorphose verdankt. Daher muß der Granit älter sein als das Carbon, da er in den klastischen Bildungen desselben bereits aufgear beitet worden ist und keine Metamorphose auf dieses und damit 1 Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien; math.-naturwiss. Kl. 1907, 1909, 1911. 2 Zeitschr. f. prakt. Geol. 1903. 3 Vor Jahren habe ich bei Prof. Hilber ein Herrn Vizedirektor Vacek gehöriges Rannachkonglomerat mit vielen Gneisgeröllen gesehen. Das Alter des obersteirischen „Zentralgranites“. 201 auch nicht auf die Graphitlager Stätten ausgeübt haben kann. In den tiefsten Teilen der Grauwackenzone des. Liesingtales, ferner über St. Michael und Leoben bis Bruck fort- schreitend tritt ein Gestein auf, das von den ältesten Autoren als Granulit oder Weißstein, von Foullon als Phyllit- oder Mikro- turmalingneis bezeichnet worden ist; dieses Gestein hat eine Er- streckung im Streichen von ca. 60 km. Weinschenk hat das Gestein als Aplit angesprochen. „Unzweifelhaft erscheint in diesem Gestein das aplitische Salband wieder, das .... nicht selten den äußersten Rand der Granitmassive umsäumt“; es ist als eine „lagenartige granitische Apophyse zu deuten“. Nicht der Weiß- stein ist oberste Grenze des Gneises , sondern das Rannach- konglomerat! Vacek 1 schreibt: „Er (nämlich Weinschenk) wird dann begreifen, in welchem sonderbaren Lichte die theoretische Spekulation über die Rolle des Weißsteins, als einer eigen- artigen aplitischen Randfazies der Zentralmasse, demjenigen erscheinen muß, der das tiefere Grundkonglomerat der Quarzpliyllitserie (d. i. das Rannaclikonglomerat) auf meilenweite Strecken entlang dem Nordrande des Bösensteinmassives verfolgt hat.“ Ich habe den Weißstein in den am rechten Ufer in die Liesing einmündenden Graben kennen gelernt ; der Verband und die Art und Weise des Auftretens sprechen in intensiver Weise gegen die WEiNSciiENK’sche Auffassung. Im Rannachgraben z. B. fällt der Weißstein, abgesehen von Verfaltupgen, unter ca. 30 ^ gegen Nordosten ein und wechsellagert mit Serie it- s chief er n; unter ihm liegen mächtige, vielfach gefaltete Sericit- schiefer und unter diese erst folgt das Rannaclikonglomerat. Die Verbindung mit den Sericitschiefern, bezw. Phylliten kommt, wie ich einer freundlichen Mitteilung des Herrn J. Koritschoner ent- nehme, auch bei Leoben vor. Alles spricht sehr für einen syn ge- netischen Verband der Phyllite mit dem Weißstein. Ausschlag- gebend für seine Beurteilung ist der Umstand, daß der Weißstein immer im Handstück wie im Dünnschliff als Quarzit oder Quarzit- schiefer erscheint. Die Dünnschliffe der „Weißsteine“ vom Rannachgraben bei Mautern zeigen granoblastischen Quarz als überwiegende Komponente, wenig Feldspat, eine geringe Menge- unregelmäßig verteilten Turmalins, reichlich Sericit; in einzelnen sehr quarzreichen Schliffen tritt der Quarzit-Habitus sehr deutlich hervor. Ganz ähnlich sind Weißsteine aus der Umgebung von Leoben, die ich der Liebenswürdigkeit des Herrn J. Koritschoner in Leoben verdanke ; die Schliffe bieten ein etwas wechselndes Aussehen, das durch den Grad der Schieferung bezw. durch die größere oder kleinere Entwicklung von Sericitfasern, welche in einzelnen Fällen größere kataklastisclie Quarze umfließen, hervor- 1 Verhandlungen 1900. 202 K. Andree. gerufen wird. Immer aber ist der Gesamteindruck des Handstückes sowohl als auch des Schliffes der eines Gesteines klastischer Genesis. Überdies spricht schon die Längenentwicklung (ca. 50 — 60 km) des im Streichen zu verfolgenden Weißsteins gegen seine eruptive Natur. Zum Schluß noch einige Bemerkungen zu Lebling’s Aus- führungen \ Was den Zitierungen des Adamellogranites, der Pegmatite der Laaser Schichten, des Kontaktes von Tuxer Gneis und Hochstegenkalk an Beweiskraft für den obersteirischen Zentral- granit innewohnen soll und wieso ich durch den Verzicht auf die Erörterung der WEiNSCHENK’schen Ansichten in meinen bisherigen Arbeiten über die Grauwackenzone mein „ Geröllargument“ sehr geschwächt habe, ist mir recht unklar geblieben. Klar ist mir •dagegen, daß die Frage nach dem Alter der obersteirischen „ Zentralgranite “ nur eindeutig zu beantworten ist: „Vor- € a r b o n i s c h ! “ Daher keine Metamorphose auf das Carbon. Endlich noch eine Anregung bezw. Anfrage! Warum kleben die Kontaktmetam orphiker bezüglich der Graphitlagerstätten immer an demselben Fleck, wo der so bequeme Gneis in der Nähe ist? Man möge doch einmal die Frage für etwas größere Gebiete an- gehen , etwa für die gesamten Graphitlagerstätten in der ober- steirischen Grauwackenzone, wo es Lagerstätten weit von Gneisen entfernt gibt, welche dieselben Erscheinungen, dieselbe Metamorphose zeigen wie im Palten- und Liesingtal, obwohl kein Gneis in der Nähe ist. Hier wäre der Platz, wo der Kontaktmetamorphismus «ine Probe bestehen könnte. Hic Rliodus, hie salta! Ob man da w o h 1 ohne einen Deus ex m a c h i n a i n d e r Tiefe a us k o in m e n w ü r d e ? Graz, Weihnachten 1911. Eine zweite Graphularia- Art (Gr. Crecelü n. sp.) aus dem mitteloligocänen Meeressand im Mainzer Becken. Von K. Andree in Marburg i. H. Mit 1 Textfigur. Das Pennatuliden-Genus Graphularia E. and H. hat seit seiner Aufstellung um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts mehrfach die Aufmerksamkeit der Paläontologen und Geologen auf sich ge- zogen, da seine kalkige Achse mit ihrem faserig-blätterigen Aufbau 1 Lebling hat mir die Unkenntnis der Arbeiten Weinschenk's vor- geworfen, obwohl in meinem von ihm zitierten I. Bericht über die Grau- wackenzone eine Auseinandersetzung mit Weinschenk vorhanden ist. — Von Lagergängen von,, Zentralgneis“ im Werke Leines ist, wie mir Herr Bergverwalter Jenull mitteilte, nie etwas zu sehen gewesen. Überdies steht das Werk seit 2 Jahren und ist nicht mehr zugänglich! Eine zweite Graphularia-Art (Gr. Crecelii n. sp. i etc. 203 leicht eiiie Verwechslung mit Bruchstücken kleiner Belemnitenröstren herbeiführt, das Auftreten solcher im Tertiär, auf welches die Gattung im wesentlichen beschränkt erscheint, aber als recht auf- fällig gelten mußte. W. Branco hat 188b (siehe untenfolgendes Literaturverzeichnis No. 14) diese Frage eingehend beleuchtet. Immerhin sind diese Fossilien doch verhältnismäßig so selten be- obachtet worden — was sie vermutlich weniger ihrem seltenen Auftreten als ihrem unscheinbaren Äußeren , zumal in kleinen Bruchstücken, verdanken — , daß es lohnend erscheint, einen neuen, besser als die meisten bisher beschriebenen Stücke erhaltenen Fund aus dem Alzeyer Meeressand bekannt zu geben. Gelegentlich der vorjährigen Pfingstexkursion des Marburger Institutes in das Mainzer Becken erwarb ich vom Händler Lind in Weinheim bei Alzey, als von der „Trift“ bei Weinheim stammend, ein größeres und ein kleineres hierher zu stellendes griffelförmiges Gebilde; ich glaubte zunächst, die erste Feststellung dieser Gattung für das Tertiär des Mainzer Beckens gemacht zu haben, da weder R. Lepsius und H. Schopp sie in ihren Versteinerungslisten führen, noch ein so guter Kenner der Mainzer Tertiärfaunen, wie Al. Steuer, was derselbe mir bald darauf freundlichst mitteilte, sie von dort kannte. Indessen hatte schon W. Branco 1885 (14) eine von Braun an der „ Wirtlismühle“ gesammelte Graphulario Breiuni n. sp. beschrieben. Daneben bedeutete aber die Tatsache für mich eine erwünschte Bestätigung des Fundortes meiner Stücke, daß Herr Hauptlehrer Crecelius in Lonsheim bei Alzey, ein eifriger Erforscher der Geologie des Mainzer Beckens, mir nach genauer Beschreibung des Gesuchten aus seiner ausgezeichneten Sammlung Mainzer Tertiärfossilien ein an der „Trift“ selbst gesammeltes Graphularia- Bruchstück (der gleichen Art) vorlegen konnte. Außerdem gelangte derselbe, ein- mal darauf aufmerksam gemacht, durch Kauf von Lind in den Besitz weiterer drei Bruchstücke, die er mir ebenfalls freundlichst zur Untersuchung lieh. Diese ergab nun. daß die letzten drei Bruchstücke — sie sind nur mit Weinheim als Fundortsbezeich- nung versehen — identisch sind mit der von Branco (14) be- schriebenen Gr. Brauni , was insbesondere ihr abgerundet drei- eckiger Querschnitt beweist. Völlig anders verhalten sich die übrigen mir vorliegenden Stücke, die ich als neue Art auffasse, ob- wohl wir ja, wie Branco zutreffend bemerkte, bei der Seltenheit dieser Reste , nicht über die Konstanz oder Inkonstanz der als Artmerkmale aufgefaßten Eigenschaften , über die Variabilität der Arten, unterrichtet sind, und die ich Gr. Crecelii nenne. Das vollständigste Exemplar der Gr. Crecelii von 11 cm Länge ist etwa in der Mitte zerbrochen, die Bruchstücke sind in der Längsrichtung gegeneinander verschoben und vom Gestein wieder zusammengekittet, wodurch eine Reduktion der Länge um \ cm eintrat. Diese Verschiebung muß recht frühzeitig nach der Ein- 204 K. Andr6e, bettung des Körpers erfolgt sein, als die kalkige Skelettmasse wohl noch reichlicher von organischer Substanz durchdrungen war, da im Zusammenhänge hiermit eine Aufsplitterung der Achse in der Längsrichtung erfolgt ist, vergleichbar etwa dem Zersplittern eines saftigen Baumzweiges beim Zerbrechen. Heute sind diese Gebilde, die auf dem Querschnitt mit bloßem Auge den Blätter- a Graphularia Creceln n. sp. Mitteloligocäner Meeressand, Trift bei Wein- heim. (Original in der Sammlung des Verfassers.) a) Nat. Größe in vier verschiedenen Ansichten, b) Querschnitt in nat. Größe und vergrößert. bruch des Kalkspats erkennen lassen, natürlich sehr spröde und zerbrechlich. Der Querschnitt des fraglichen Stückes ist abge- rundet rechteckig. Die Durchmesser betragen am unteren dünneren Ende 1,5 und 2 mm, am oberen Ende 2,5 und 3 mm und gehen ganz allmählich ineinander über. Während die eine Breitseite Eine zweite Graphularia-Art (Gr. Crecelii n. sp.) etc. 205 makroskopisch glatt, durch die Lupe betrachtet aber mit feinen, häutig aussetzenden vertieften Längsstreifen verseilen erscheint, verlaufen auf der gegenüberliegenden Seite zwei Furchen zwischen einer relativ breiteren flachen Mittelrippe. Auf dieser Mittelrippe stellt sich etwa 2 cm unter dem oberen Ende des Stückes eine dritte Furche ein, welche den beiden ersten bald an Stärke gleich wird. Die Schmalseiten sind durch je eine Längsfurche ausge- zeichnet, wie dieses aus den beistehenden Abbildungen hervorgeht. Durch stärkere Ausbildung der einen oder anderen Furche tritt einmal die eine, bei einem anderen Stück die andere Kante mehr hervor, im Querschnitt eine etwas schärfere Ecke erzeugend ; auch kann der Querschnitt einmal etwas mehr quadratisch sein, aber die Anordnung der Furche und der ganze Typus bleibt derselbe, völlig abweichend von Gr. Brauni vom gleichen Fundorte. Zu bemerken wäre noch, daß eine Differenzierung des Kalkgewebes der Sklerobasis dieser Koralle zu bestehen scheint, indem — - aller- dings nicht bei allen Stücken sichtbar — die strahlig-blätterige Hauptmasse von einer dünnen Rinde andersartiger Substanz um- hüllt wird, die anscheinend nur konzentrischen Aufbau besitzt. Hierauf bezieht sich vermutlich auch die Angabe von Milne Ed- ward und Haime (4): „Transverse section showing the existence of a thing coating, and a radiate structure in the bodv of tclie coral'L Es wäre wohl der Mühe wert, dieser Tatsache, wenn einmal mehr Material von diesem Fossil gefunden werden sollte, mit Hilfe von Dünnschliffen weiter nachzugehen. Die mir bekannt gewordene Literatur über unsere Gattung ist folgende : 1. J. Decarle Sowerby u. Wetherell: Geol. Trans. 2d series. 5. 1. p. 136. Taf. VIII Fig. 2 a, b. 1834. („ Pennatula“ .) 2. Morton: Synopsis of the organic remains of the cretaceous group of the United States. Philadelphia 1834. p. 35. Taf. I. Fig. 4, 5. (Belemnites (?) ambiguus Morton.) 3. Vicomte d’Archiac : Description des fossiles du groupe nummulitique recueillis par MM. S.-P. Pratt et J. Delbos aux environs de Bayonne et de Dax. Mdm. Soc. Göol. France. 2. sörie. III. PI. 9 Fig. 14. 1848. ( Virgularia 1 incerta d'Archiac, Nummulitenschichten von Biarritz.) 4. H. Milne Edwards u. J. Haime : A monograph of the British fossil Corals. London 1850 — 1854. (The Palaeontographical Society IV.) p. LXXXIII. p. 41—42. Taf. VII Fig. 4— 4e. ( G . Wetherelli M. Enw. u. J. H., Londonton = „ Pennatula “ in 1.) 5. H. Milne Edwards u. J. Haime : Histoire naturelle des coralliaires. I. Paris 1857. p. 216 — 217. (G. incerta von Biarritz.) 1 W. Branco schreibt hierfür .. Vulgär ia“. (Vergl. 14 p. 424.) 206 K. Andree. Eine zweite Graphularia-Art eto. 6. Nauck: Amtl. Bericht über die 33. Vers. Deutsch. Naturforscher und Ärzte. Bonn 1857. p. 100. {? Graphularia . Oberoligocäne Sande von Crefeld.) 7. W. M. Gabb: Synopsis of the Mollusca of the Cretaceous formation. Philadelphia 1861. p. 22. („ Belemnites (?) ambiguus Morton is a I „fish spine“, lide Leidv.“) 8. Mc Coy : Prodromus of the Palaeontology of Victoria. (Geological | Survey of Victoria) Dec. V. 18/7. p. 32 — 34. T. 48, Fig. 2, 3. 4. ((?. Robinae Mc Goy. Miocän von Australien.) 9. R. Tate: Quart. Journ. Geol. Soc. XXXIII. 1877. p. 257. Fig. 1 a — c. („ Belemnites “ senescens R. Tate. Miocän von Australien.) 10. Ferd. Roemer : Notiz über Belemnites ambiguus Morton aus der Kreide von New-Yersey. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1880. II. p. 115—117. 11. K. A. Zittel: Handbuch der Paläontologie. Abt. I. 1. München 1876 — 1880. p. 209. Fig. 117. ( G . desertorum Zittel aus eocänem Nummulitenkalk von Farafreh in der libyschen Wüste.) 12. P. Merian : Zur Gattung Graphularia M. Edw. u. Haime. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1881. I. p. 96. 13. E. Pratz: Eocäne Korallen aus der libyschen Wüste und Ägypten. | In K. A. Zittel. Beitr. zur Geol. u. Pal. d. libyschen Wüste und 1 der angrenzenden Gebiete von Ägypten. I. Palaeontographica. 30. I. p. 221, 222. Taf. XXXV Fig. 43 a — c. (Cr. desertorum Zittel.) 14. W. Branco: Uber einige neue Arten von Graphularia und über 1 tertiäre Belemniten. Zeitschr. deutsch, geol. Ges. 37. 1885. , p. 422 — 432. Taf. XX. (G. sp. Miocän, Baden bei Wien; G. sp. j Septarienton. Buckow ; G. Beyrichi n. sp. Septarienton, Herinsdorf; G. Brauni n. sp. Mitteloligocän, Alzey.) 15. A. von Koenen : Referat über 14. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1886. II. p. - 132 — 133 -. (Cr. Brancoi von Koenen. Aus dem oberoligocänen Meeressand von Crefeld. Ohne Abbildung!) 16. Ant. de Gregorio: Monographie de la Faune eocenique de PAlabama. Annales de Geologie et de Paleontologie. 1890. p. 253. Taf. XLIV. Fig. 5a — c, 6a— c. (vCorallium perplexum de Gregorio.“) 17. E. Vincent: Sur la prCsence de Pennatulines dans l’eocene beige. Proces-verbal Soc. R. Malacol. de Belgique. 1892. LXIV. (Referat j im Neuen Jahrb. f. Min. etc. 1893. II. p. -559-). (G. belgica Vinc.) 18. T. Wayland Vaughan: The Eocene and Lower Oligocene Coral Faunas of the United States etc. Monographs of the United States ! Geological Survey. 39. Washington 1900. p. 56. Taf. II Fig. 7 — 8 b. j (Kopien nach de Gregorio.) (G. perplexa [de Gregorio].) fl Es sind demnach bis jetzt folgende Arten von Graphularia | beschrieben: Aus dem Senon : Gr. ambigua Morton sp. Timber Creek. New Jersey. (2, 7, 1Ö, 14.) K. Friedrich. Ueber ein einfaches Verfahren etc. .207 Eocän : Gr. Wetherelli M. Edw. et H. Londonton (1, 4). Gr. incerta d’Arch. sp. Nummulitensch. v. Biarritz (3, 5)* Gr. desertorum Zittkl, Libysche Stufe von El — Guss — Abu — Said bei Faräfrah, £7smon$ia-Schicht vom Todtenberg1 bei Siut und Gebet Ter bei Esnehr Callianassa- Bänke und obere Mokattamschichten von Minieh (11, 13, 14). Gr. belgica Vincent , Bruxellien und Laekenien von Belgien (17). Gr. perplexa de Gregorio, Eocän von Alabama (16, 18). Mitt.eloligocän : Gr. Brauni Branco, Meeressand von Alzey im Mainzer Becken (14). Gr. Crecelii Andree, Ebendaher (s. oben). Gr. Bcyriclii Branco, Septarienton. Hermsdorf. Buckow (?) (14). Oberoligocän : Gr. sp. Meeressand von Crefeld (6). Gr. Brancoi von Koenen, ebendaher (15). Miocän : Gr. sp., Baden bei Wien (14). Gr. Bobinae Mc Coy, Australien (8, 12). Gr. senescens R. Tate, Australien (9, 12). Neue Apparate und Beobachtungsmethoden. Ueber ein einfaches Verfahren zur ersten Orientierung beim Studium der thermischen Dissoziation und der Konstitution, leicht zerlegbarer Mineralien. Von K. Friedrich in Breslau. Mit 20 Textfiguren. (Schluß.) In ähnlicher Weise wie die Carbonate verhalten sich die Sultide und Arsenide. Auch das Verhalten der Sulfate beim Er- hitzen ist demjenigen des Calciumcarbonats vollständig analog. Nur läßt der nachträglich eintretende Zerfall des abgespalteten Schwefeltrioxyds in schweflige Säure und Sauerstoff den Vorgangs etwas verwickelter erscheinen. Auch bei den Sulfaten entspricht jeder Temperatur eine ganze bestimmte S 03-Tension, welche sich immer einstellt, gleichgültig, ob noch andere Gase vorhanden sind oder nicht. Im Falle des Ferrisulfats fanden L. Wöhler, Plüdde- mann und P. Wöhler1: Ber. d. Deutschen ehern. Gesellschaft. 41. 703 (1908). 208 K. Friedrich, Tabelle 2. Temperatur in °C. S03 Druck in mm Hg1. 580 600 620 640 660 680 700 24,7 86,6 50.5 70.6 93,5 133,5 233,0 Wenn wir demnach Ferrisulfat in einem luftleeren Gefäß auf 700° erhitzen, müßten wir für den Fall, daß die Zerlegung des Schwefeltrioxyds vollständig unterbunden werden könnte , einen Druck von 233 mm Hg erhalten. Nun zerfällt aber S03 nach der Gleichung 2 S 03 >- 2 S 02 -j- 02, und es entsteht also bei der Zerlegung der Sulfate eine Gasphase, die nicht bloßS03, sondern auch S02 und 02 enthält. Dabei ist dieser Zerfall des Trioxyds bei den hier in Frage kommenden mittleren Temperaturen schon ein sehr weitgehender. Nach Angaben von Bodenstein und Pohl erhält man beim Erhitzen von S 03 unter Atmosphärendruck nach Einstellung des Gleichgewichts folgende Gasgemische : Während wir es also beim kohlensauren Kalk mit nur einer Reaktion zu tun haben, sind bei der Zerlegung der Sulfate gleich- zeitig deren zwei zu berücksichtigen. Sie werden charakterisiert durch die Gleichungen : 1. Me S 04 -< Me 0 +'S08; 2. 2 S 03 ^ .=— 5*-: 2 S 02 + 02. Bei dem kohlensauren Kalk macht sich dessen Zersetzung thermisch sehr lebhaft bemerkbar, wenn der Kohlensäuredruck den Betrag von einer Atmosphäre erreicht bezw. überschritten hat. Bei den Sulfaten wird die Zerlegung lebhaft , wenn die Summe der Partialdrücke von S 03, S 02 und 02 auf eine Atmo- sphäre angestiegen ist. Freilich wird bei der bei unseren Unter- suchungen eingehaltenen raschen Erhitzung sich für beide Reaktionen niemals Gleichgewicht einstellen. Die Tensionen von Schwefel- trioxyd, von schwefliger Säure und von Sauerstoff werden immer niedriger bleiben, als der betreffenden Temperatur eigentlich zu- kommt, so daß die Gesamttension von 760 mm Hg auch erst wieder bei einer etwas höheren Temperatur erreicht werden kann. Temperatur in °C Tabelle 3. 400 500 600 700 Volum-°/o S03 S02 97,5 87,3 69,0 41,5 1,67 8,47 20,67 39,0 0,83 4,23 10,33 19,5 Ueber ein einfaches Verfahren zur ersten Orientierung etc. 209 Ist die Gesamttension auf den Betrag von einer Atmosphäre an gestiegen, so wird zunächst eine größere* Menge Gai$ entweichen. Infolge Mangels an Zeit kann das Gleichgewicht in beiden Reaktionen noch weniger erreicht werden als vorher, und die Folge davon ist, daß während der Zersetzung die Temperatur langsam ansteigt. Denn da die Partialdrücke während der Zersetzung kleiner werden, als sie bei deren Beginn waren, sinkt die Ge- Zeit. Fig. 10. Ferrosulfat (bei Atm. -Druck). Fig 11. Ferrisulfat (bei Atm. -Druck). samttension unter 760 mm Hg und die Zersetzung selbst kann nur durch Temperaturerhöhung weitergeführt werden. Vorstehende Betrachtungen dürften zeigen, daß bei unserer Methode und Apparatur Resultate gewonnen werden, welche von den exakten Gleichgewichtsdaten mehr oder weniger abweichen können. Auch erfährt die Genauigkeit der Resultate dadurch eine Einbuße , daß die Zerlegung nicht bei einem ganz bestimmten Punkte , sondern innerhalb eines Temperaturintervalls vor sich Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 14 210 K. Friedrich, geht. Auf die Verschleppung' der Wärmebindungen in höhere Temperaturzonen sowie ihre Ursachen wurde schon oben hin- gewiesen. Das Temperaturintervall wird aber noch dadurch ver- größert, daß die Abspaltung des gasförmigen Bestandteiles prak- tisch schon einsetzt, ehe der Dampfdruck den Betrag von einer Atmosphäre erreicht hat. Dies hat seinen Grund entweder in einer verhältnismäßig raschen Erhitzung, oder in dem Vorhanden- sein eines größeren schädlichen Baumes bezw. dem Auftreten von Zen Fig. 12. Kupfersulfat (bei Atm. -Druck). Gasströmungen. Es ist klar, daß bei einer raschen Erhitzung die Temperatur im Innern, wo das Thermoelement sich befindet, um ein Beträchtliches niedriger sein kann, als an der Außenwand. Tritt nun eine Wärmebindung in der äußeren Materialzone auf, so verursacht sie einen geringeren Wärmezufluß zu dem Thermo- element, was seinerseits wieder in einer Verzögerung im Ansteigen der Temperatur seinen Ausdruck findet. Das Resultat ist dann Heber ein einfaches Verfahren zur ersten Orientierung etc. 211 also das, daß thermisch die Zerlegung* schon bei einer Temperatur in die Erscheinung tritt, die niedriger ist, als die eigentliche Zer- setzungstemperatur der Partien von der Außenzone. Ein größerer schädlicher Raum aber kann Anlaß zu Gasströmungen geben, die bekanntlich auf eine Zerlegung bei niedrigerer Temperatur hin- wirken h Die Anwendung von sehr engen Ofenquerschnitten, ver- bunden mit einer langsamen Erhitzung und die Benutzung von J SJ7ZJI. Fig. 13. Aluminiumsulfat (bei Atm. -Druck). Erhitzungsgefäßen mit wenig schädlichem Raum dürften das vor- zeitige Einsetzen der Gasentwicklung aber wohl auf ein ziemlich geringes Maß herabdrücken lassen. Nebenbei sei hier noch bemerkt, daß auch der Punkt des Gasentwicklungsbeginnes mit Hilfe unserer Methode nicht genau 1 Vergl. Abegg, Handbuch der Anorganischen Chemie, 2. Band, 2. Ab- teilung. S. 112. 212 K. Friedrich. festzulegen ist. Die Entwicklung geringer Mengen von Gas ent- zieht sich naturgemäß der thermischen Beobachtung. A\ enn wir später von einem thermischen Beginn der Zerlegung sprechen, wollen wir dieser Tatsache immer eingedenk bleiben. Trotzdem also unsere Methode keine wissenschaftlich-exakten, sondern nur mehr vergleichbare Daten zu liefern imstande ist, so kann sie uns aber doch, wie schon eine ganze Reihe von Unter- suchungen erwiesen hat . zur Orientierung beim Studium der Fig. 14. Zinksulfat (bei Atm. -Druck). thermischen Dissoziation leicht zerlegbarer Körper recht wertvolle Dienste leisten. Innerhalb gewisser Grenzen, die 20 — 30 0 nicht überschreiten dürften, gibt sie uns die Temperaturen des ther- mischen Beginnes der Zerlegung bezw. des Maximums derselben für eine Atmosphäre Gegendruck an. Von Interesse würde es nun sein zu ermitteln , ob die Zersetzungstemperaturen für kri- stallisierte und amorphe Vorkommen des chemisch gleichen Ueber ein einfaches Verfahren zur. ersten Orientierung etc. Körpers die gleichen sind. Für verschiedene Mineralien stellt uns die Methode vergleichbare Angaben bezüglich der Beständigkeit dieser Körper bei höherer Temperatur in Aussicht. Ferner wird sie uns eine stufenweise Zerlegung enthüllen, vorausgesetzt, daß die Zersetzungsstufen weit genug voneinander entfernt liegen. In diesem Falle bekommen wir mehrere Wärmebindungen hinter- einander. Ob freilicli bei dem Auftreten einer größeren Anzahl von Wärmebindungen diese lediglich durch Zersetzung hervor- gerufen worden sind, bedarf natürlich erst noch der Prüfung. Wärmebindungen können ja auch verursacht werden durch Schmel- zungen bezw. Umwandlungen. Haben wir es mit einem der beiden letzteren Vorgänge zu tun, so tritt innerhalb des fraglichen Temperaturbereiches eine Gewichtsabnahme nicht ein. Auch ist der Vorgang , wie durch die Aufnahme der Abkühlungskurve konstatiert werden kann, gewöhnlich reversibel. Ob Schmelzung ^ fTMtzvjisstthü-X b 5s: Zsit. Fig. 15. Nickelsulfat (bei Atm. -Druck). 214 Iv. Friedrich, oder Umwandlung stattgefunden hat, entscheidet das Aussehen der Substanz. Liegt dagegen eine Zersetzung vor, so muß die Wärme- bindung mit einer wesentlichen Gewichtsverminderung verknüpft sein. Unter Umständen, wie z. B. bei den Sulfaten, kann sie sich auch optisch durch das Auftreten von Nebeln verraten. Haben wir konstatiert, daß die Abspaltung des gasförmigen Bestandteils tatsächlich in Abschnitten vor sich geht, so läßt sich — wenigstens in vielen Fällen — des weiteren auch die Zu- Fig. 16. Kobaltsulfat (bei Atm. -Druck). sammensetzung des nach der ersten Zerlegung zurückbleibenden basischen Salzes bestimmen. Man braucht dann bloß die Erhitzung bis zu dem Punkte zu treiben, bei welchem die erste Zerlegung schon beendigt ist, während die zweite noch nicht eingesetzt hat. Eine einfache Gewichtsbestimmung gibt Aufschluß über den Ge- wichtsverlust bei der ersten Zersetzung und damit über die Zu- sammensetzung des Rückstandskörpers. Das Verfahren ist natiir- Feber ein einfaches Verfahren zur ersten Orientierung etc. 215 lieh nur dann einwandfrei, wenn die Zersetzungsstufen so weit voneinander entfernt liegen, daß die Zerlegungen nicht wesentlich ineinander übergreifen. Liefert uns also die Aufnahme der Erhitzungskurven eventuell in Verbindung mit der Abkühlungskurve Aufklärung über die un- gefähre Lage der Zersetzungspunkte (für 1 Atm. Gegendruck), die Existenz basischer Salze und deren Beständigkeitsbereiche, so stellt sie bei zusammengesetzten Mineralien ausschließlich aber Jsjim Fig. 17. Mangansulfat (bei Atm. -Druck). auch noch die Möglichkeit eines Einblicks in die Konstitution des ursprünglichen Materials in Aussicht. Voraussetzung ist hierbei, daß die Zersetzungstemperaturen der einzelnen in Frage kommen- den Komponenten des betreffenden Minerals , die natürlich nach dem gleichen Verfahren ermittelt sein müssen, bekannt sind und weit genug voneinander entfernt liegen. Es leuchtet ohne K. Friedrich. 216 weiteres ein, daß in dem Falle, wo nur ein Getoe'nge von z. 1L zwei Carbonaten vorhanden ist, die Zersetzung desselben stufen- weise, und zwar bei genau denselben Temperaturen zu erfolgen hat, welche den einzelnen Bestandteilen zukommen. Liegt hin- gegen eine feste Lösung bezw. eine Verbindung vor, so besitzen diese nicht mehr die Eigenschaften ihrer Komponenten, sondern verhalten sich wie einheitliche neue Körper und weisen somit für einen bestimmten Gegendruck auch nur einen einzigen Dampfdruck Fig. 18. Silbersulfat (bei Atm.-Druck). auf. In diesem Falle werden wir also nur einen Zersetzungspunkt erhalten, der sich übrigens für gewöhnlich mit keinem der reinen Komponenten decken wird. Die Frage freilich, ob wir es hierbei nur mit einer festen Lösung oder aber mit einer wirklichen chemischen Verbindung zu tun haben, vermag die thermische Untersuchung nicht zu entscheiden. Hier müssen andere Beobachtungen und Methoden den Ausschlag geben. lieber ein einfaches Verfahren zur ersten Orientierung etc. 217 Am Ende meiner theoretischen Betrachtungen angelangt, bin ich schließlich noch den praktischen Nachweis dafür schuldig, daß trotz der dem Verfahren anhaftenden Unsicherheiten dieses doch noch recht brauchbare Resultate zu liefern vermag. Zur Illustration seiner Leistungsfähigkeit für das Studium der thermischen Dis- soziation mögen deshalb in dieser Arbeit die Erhitzungsgeschwindig- keitskurven von einer An- zahl künstlicher einfacher Sulfate Aufnahme finden. (Eig. 10—19.) Die Unter- suchungen, die übrigens insofern unter ziemlich un- günstigen Verhältnissen stattfanden, als noch nicht mit dem Heizstromregler, sondern mit einem ge- wöhnlichen Widerstand gearbeitet wurde , sind bei Atmosphärendruck in ruhender Luftschicht durch geführt worden. Sie haben natürlich zunächst die Punkte enthüllt, bei denen Schmelzungen ein- treten. Dies gilt für das Mangansulfat, für welche der Schmelzpunkt zu 700° C (Fig. 17), und das Silbersulfat (Fig. 18), für welches er zu 660 0 C gefunden wurde. Auch Umwandlungen konnten nachgewiesen werden. Schenck und Rässbach haben ermittelt, daß Blei- sulfat in zwei Modifika- tionen aufzutreten ver- mag. Der entsprechende Umwandlungspunkt liegt bei 845 0 C. In Über- einstimmung damit zeigt unsere Erhitzungsgeschwindigkeitskurve für das Bleisulfat (siehe Fig. 19) eine stärkere Wärmebindung, die bei etwa 850° C einsetzt. Neue und bisher unbekannte Umwandlungspunkte wurden gefunden für Silbersulfat (Fig. 18) bei 410°, Zinksulfat (Fig. 14) bei 740° und Mangansulfat (Fig. 17) bei 860° C. Die stärksten Wärmebindungen aber wurden ver- ursacht durch die Abspaltung von Wasser und Schwefelsäure- anhydrid. Da unter Atmosphärendruck gearbeitet wurde, so traten m> Fig. 19. Bleisulfat (bei Atm. -Druck). K. Friedrich, 218 diese Zerlegungen bei denjenigen Temperaturen stark in die Er- scheinung, bei welchen der Dampfdruck des Wassers bezw. des Schwefelsäureanhydrids mit seinen Zersetzungsprodukten S 02 und 02 den Betrag von einer Atmosphäre überschritten hat. Hierbei erfolgte die Abspaltung des Schwefelsäureanhydrids meist voll- ständig, so daß nach Beendigung der Wärmebindung reines Oxyd, bei Ag2 S 04 Metall übrig Besinn der Zerlegung bei Atm. -Druck von Jejiiß. JMO SM w blieb. Nur bei Kupfer und Zink fand die Zerlegung in Abschnitten statt, und es konnte so der Nachweis für die Existenz der basi- schen Sulfate 2 Cu 0 • S03 und 3 Zn 0 • 2 S 03 er- bracht werden (Fig. 12 und 14). Andere basische Salze, von denen in der Literatur noch eine An- zahl angegeben ist , konnten nicht aufgefun- }ZnO.:sq*)Z»3.isz. ien wei;deiL über die Natur des registrierten Vorganges haben Wä- ■‘fCuü in 2CuD+DJ. "JTLtiSO^ in fisa. CoSCL inCaJ+SO,. ^ZCu 0.5 ’Oj in 2 Cu 0 * 50j . 5 0„ in Jli 0+50, . ''3Zr.50t in ZZxO.ZSOj +50} . mJSOrl iHAW'350,. 2 Cu 50. 2CuO.£Cj + 5Cj. MS°,L in\0i*3SOy Fig. 20. Aufschluß gegeben. In der beigefügten ^Zahlentafel 4 sind bis auf die Wasserabspaltungen, die noch einmal Gegen- stand besonderer Unter- suchungen werden sollen, die Ergebnisse zusammen- gestellt. Bei den Zer- setzungen entsprechen die eingetragenen Zahlen den Temperaturen, bei denen dieZerlegungen thermisch sich bemerkbar zu machen begannen. Die Punkte hingewiesen wurde, nicht identisch. Fig. 20 zeigt sind natürlich , worauf schon früher etwa mit dem Gasentwicklungsbeginn die Ergebnisse für die Zersetzungen in graphischer Darstellung. Die Befunde sprechen wohl für sich, so daß eine weitere Erläute- rung hierzu überflüssig ist. Beispiele für die Brauchbarkeit der Methode zum Studium der Konstitution und der thermischen Dissoziation von zusammen- Tabelle 4. Untersucht! n gsergebnis s c. lieber ein einfaches Verfahren zur ersten Orientierung etc. 219 220 Besprechungen. gesetzten und einfachen Mineralien werden die in späteren Nummern dieser Zeitschrift erscheinenden Arbeiten enthalten. Um ihnen nicht vorzugreifen, möchte ich an dieser Stelle auf die Beibringung von weiteren Belegen verzichten. Zusammenfassung. Es wurde auf eine Methode hingewiesen, welche uns eine- Erweiterung und Vertiefung unserer Kenntnisse über die thermische Dissoziation und die Konstitution leicht zerlegbarer Mineralien in Aussicht stellt. Diese Methode beruht in der Aufnahme von Er- hitzungskurven. Sie ist generell und läßt sich für alle solche Mineralien anwenden, bei denen die Zerlegung und Abspaltung gasförmiger Bestandteile mit Wärmetönungen verknüpft ist, die so stark sind, daß sie in den Bereich der Meßbarkeit der Apparatur fallen. Nebenbei liefert das Verfahren auch Aufschluß über eventuelle Umwandlungen , Schmelzungen und unter Umständen auch Reaktionen. Es ist anwendbar zur Untersuchung von Hydraten, Sulfaten, Carbonaten, Sulfiden, Arseniden usw. Die Methode liefert zwar keine wissenschaftlich-exakten, aber sehr wohl vergleichbare- Daten, die für viele Fälle und zur ersten Orientierung ausreichen dürften. Wie durch Untersuchungen an einer größeren Anzahl von künstlichen einfachen Sulfaten nachgewiesen werden konnte,, gibt sie, abgesehen von Schmelzungen und Umwandlungen, Auf- klärung über die gegenseitige Lage der Zersetzungspunkte. Vor- ausgesetzt , daß die Einzelzerlegungen weit genug voneinander entfernt liegen , enthüllt sie die Existenz basischer Salze und deren Beständigkeitsbereiche. Daß sie aber auch unter Um- ständen für das Studium der Konstitution 'zusammengesetzter Körper recht nützlich sein kann, wurde theoretisch entwickelt. Das Ver- fahren und die hierzu erforderliche Apparatur sind außerordentlich einfach und führen in verhältnismäßig kurzer Zeit zu Resultaten. Metallhüttenmännisches Institut der Kgl. Teclin. Hochschule, Breslau. Besprechungen. Erh. Matter: Die Symmetrie der gerichteten Größen, besonders der Kristalle. (44. u. 45. Programm d. k. k. Obergymnasiums der Benediktiner zu Seitenstetten. 1910. 1911.) (Schluß.) Im letzten Kapitel des Abschnittes II werden die verschiedenen Deünitionen wiederholt, dabei wird unter anderen auch eine ver- ständlichere Definition des Begriffes „Antisymmetrieelemente” ge- geben : Die zwischen zwei Kristallen vorhandenen Elemente der Besprechungen. 221 Ri ch tu n gs sy m m e trie , die in dem einzelnen Kristall Antimetrie- elemente sind, heißen Antisymmetrieelemente. Im dritten Abschnitte , welcher in dieser Publikation noch nicht abgeschlossen ist, werden die einzelnen Kristallsysteme und -klassen nach der oben auseinandergesetzten Auffassung besprochen. Zunächst das trikline, aus dem sich dann leicht durch Zusammen- stellung die Verhältnisse der höher symmetrischen Systeme und Klassen ergeben. Zur Bezeichnung der Antimetrie wendet Verfasser Pfeile an, welche die Richtung der Ordner oder , bei der Grundform , auch der Achsen haben ; Flächen gleicher physikalischer Eigenschaft sind durch die Richtung der Pfeilspitzen , bezw. des stumpfen Endes gekennzeichnet, bei antisymmetrischen Formen sind also die Pfeile im Kristalle entgegengesetzt gelegen. Die Enantiosymmetrie bezeichnet Verfasser als Art der Enantio- morphie, was mit der gewöhnlichen Benennung nicht übereinstimmt, da dieselbe eben für enantiosymmetrische Formen gebraucht wird. Die trikline , holoedrische Form zerlegt Verfasser in vier korrelate hemisymmetrische Hemieder, von denen je zwei einander antisymmetrisch (enantiosymmetrisch), bezw. antimetrisch sind. Er erhält so 1. das positiv gerichtete und positiv gelegene, 2. das positiv gerichtete und negativ gelegene , 3. das negativ gerichtete und positiv gelegene und 4. das negativ gerichtete und negativ gelegene 1. Was die Strukturhypothese anbelangt, so unterscheiden sich die beiden antisymmetrischen Formen durch den antisymmetrischen Bau der Molekel, nicht durch die Molekelmasche. Die pyroelektrischen Eigenschaften triklin hemiedrisclier Kri- stalle erläutert Verfasser sodann an den Beobachtungen Hankel’s an K2 Cr2 07 , nach denselben ist dieses Salz sicher als triklin pedial aufzufassen , und sind deutlich beide, einander enantiosym- metrische Varietäten beobachtet. Bemerkenswert ist auch , daß Hankel die Erscheinung hervorhebt, daß antisymmetrische Kri- stalle mit gegengleich liegenden, aber physikalisch gleichwertigen Flächen aufgewachsen sind. (Vergl. Johnsen, X. Jahrb. f. Min. etc. Beih-Bd. XXIII. p. 332.) Als weitere Beispiele pyroelektrischer, trikliner Substanzen werden angeführt, aber weniger ausführlich besprochen: Saures, weinsaures SrO mit 2 und mit 4 aq, Axinit, Albit. Die monokline Molekel kann man sich nach dem Verfasser durch Vereinigung zweier trikliner, zu einer Ebene symmetrisch gelegener Molekel entstanden denken. Verfasser führt zunächst den Beweis, daß damit auch die Symmetrieachse bedingt ist. 1 Klarer wird dies, wenn man z. B. pyroelektrische Verschiedenheit mit dem Vorzeichen des Index verbindet, also 1. -j- elektrisches (111), 2. -f- elektrisches (TlT), 3. — elektrisches (111), 4. — elektrisches (ITT). 222 Besprechungen. Folgende drei Fälle als Unterabteilungen (Klassen) sind möglich: 1. Alle Ordner symmetrisch gelegener Punkte sind auch sym- metrisch gerichtet. (Holoedrie) Symbol : S. Z. ; b ; B. (R. S.) 1 2. B ist Antimetrieebene (Axiosymmetrische = monoklinsphe- noidische Klasse). Symbol: (S.Z.); b; — (R. S.) ; (A.Z.); B, (A). 1 3. b ist Achse der Antimetrie. (Planosymmetrische Klasse == domatische Klasse des monoklinen Systems.) Symbol: (S. Z.), B, (R.S.); (A. Z.) b, (A.). In jeder der beiden liemiedrischen Klassen erhält man aus der holoedrischen durch Zerlegung der Grundform zwei antisym- metrische, je nachdem die Ordner in bezug auf B oder b bald als positiv, bald als negativ in der gleichen Richtung im Achsen- kreuz bezeichnet werden. Man erhält die liemiedrischen Molekel der monosymmetrischen Kristalle durch Vereinigung zweier trikliner hemiedrischer Molekel (4-Mtj) (+ Mt2) ( — MTl) (**- Mt2) je nachdem, ob man (-j-MTl) mit (+ Mt2) bezw. ( — MtJ mit ( — Mt2) so vereinigt, daß die eine gegen die andere um eine Achse um 180° gedreht erscheint (axio- symmetrische Klasse) oder ob man ( — ) Mt mit (+) Mt symmetrisch zu einer Ebene gruppiert (planosymmetrische Klasse). Letzteres kann man sich versinnbildlichen, wenn man in der holosvmme- trischen , triklinen Molekel den einen Teil um eine durch das Symmetrie-Zentrum gehende Achse um 180° gedreht denkt. Die dabei möglichen antisymmetrischen Formen können durch Drehung in- einander übergeführt werden, während jene der axiosymmetrischen Klasse enantiosymmetrisch sind. Als Beispiel für die pyroelektrischen Eigenschaften eines monosymmetriscli-holoedrischen Körpers und die Erklärung der von der Regel abweichenden Erscheinungen wird der Titanit nach den Beobachtungen von Hankel und Traube besprochen. Die Beobachtungen beider führen teilweise zu entgegengesetzten Resul- taten, indem Traube diejenigen Stellen, die Hankel antilog fand, als analog erkannte und umgekehrt. Hervorgehoben sei noch, daß überhaupt nicht alle Titanite pyroelektrisch erregbar sind. Ver- fasser nimmt nun erstens an , daß beim Titanit Molekel mit ver- schiedener Verteilung der Elektrizität vorhanden seien, also anti- symmetrisch , welche nun derartig miteinander verbunden sein können, daß die beiden Mittelpunkte nicht miteinander zur Deckung kommen. Je nachdem , welche Enden der kugelförmig gedachten Molekeln frei bleiben, wird bald die eine, bald die andere Art der Verteilung der Pyroelektrizität zu beobachten sein. Analog erklärt 1 Die eingeklammerten Symbole (S. Z.) (A. Z.) bedeuten, daß sie nur unvollständig vorhanden sind. S. Z. bedeutet Symmetriezentrum, A. Z. Antimetriezentrum, B bedeutet eine Symmetrieebene B, b eine Symmetrie- achse b. [R. S.] bedeutet Richtungssymmetrie, (A) bedeutet Antimetriesymbol, (R. S.) Richtungssymmetriesymbol. Besprechungen. 223 Verfasser die Beobachtung* Haxkel’s , daß manche Titanite ent- gegengesetztes Verhalten an den Enden von b zeigen, je nachdem, ob die Allsgangstemperatur bei der Abkühlung über oder unter 112° lag. In diesem Falle würden nach der Zeichnung die beiden Enden der b-Aehse nicht zusammenfallen ; mit der Änderung der Temperatur werden die beiden Molekel gegeneinander verschoben, so daß sie sich bei 112° decken. Ober dieser Temperatur sind die einen, unterhalb die andern Enden der Molekel frei. Bei 112° tritt eine pyroelektrische Erregung nicht auf. Mit beiden Beob- achtungen stimmt überein, daß Titanit von Hessenberu als axio- syinmetrisch aufgefaßt wurde. Ähnlich, wie Titanit, verhält sich Gips. Von Orthoklas werden pyroelektrische Eigenschaften nicht angeführt, dagegen versucht Verfasser die Bildung des Mikroklin bezw. seine Zwillingsbildung zu erklären, indem er annimmt, daß sich die bei geringerer Konzentration triklinen Molekel bei größerer zu monoklinen Molekeln vereinigen. Den Anfang machen mono- kline Molekeln, an diese legen sich, da die Konzentration infolge Ausscheidung von Substanz abnahm und Dissoziation der monoklinen Molekel eintrat, trikline an , wodurch ein aus zwei einfachen tri- klinen Individuen bestehender Zwilling entsteht; durch raschere Verdunstung vergrößert sich die Konzentration , es scheiden sich wieder monokline Molekel aus, deren trikline Hälfte jetzt von den benachbarten triklinen Molekeln gerichtet wird, darauf scheiden sich wieder trikline Molekel aus etc. (Bef. ist sich über diese Anschauung nicht klar geworden.) Als Beispiel für die pyroelektrischen Eigenschaften plano- symmetrischer Kristalle führt Verfasser die Beobachtungen Rinne’s am Skolezit an 1. Die beiden anzunehmenden antisymmetrischen Grundformen , bezw. Molekel sind hier nicht mehr enantiosymme- trisch, sondern lassen sich durch Drehung um b ineinander über- führen. Die Erscheinung nicht pyroelektrischer und solcher Kri- stalle, deren Pyroelektrizität der Holosymmetrie entsprechend ver- teilt ist, erklärt Verfasser analog wie am Titanit durch vollständige (mit zusammenfallenden Mittelpunkten) oder unvollständige Ver- einigung zweier antisymmetrischer Molekel (also ev. Zwilling). Als Beispiele für die axiosymmetrische Klasse wird 1. die Weinsäure angeführt. Eine Wiederholung der Erläu- terung ist nicht nötig, die Bildung der triklinen pinakoidalen Traubensäure aus entgegengesetzten Weinsäuren erklärt sich Ver- fasser durch Zusammensetzung der monoklinen Molekel aus zwei triklinen, mit gleichem Vorzeichen. In der vereinigten Lösung kann bei größerer Konzentration die Anziehung zwischen zwei entgegengesetzten Teilmolekeln (+ M^) und ( — Mt<>) größer werden 1 N. Jahrb. f. Min. etc. 1894. II. p. 51—68. Besprechungen. 224 als zwischen den beiden 3 (4-) gerichteten . wodurch es zu einer Lösung* des Verbandes des monoklinen Molekels und zur Bildung des triklinen Molekels kommt. 2. Santonigsäureäthyläther nach den Untersuchungen von Strüver und Brugnatelli. (Zeitschr. f'. Krist. 1878. 2. p. 592, bezvv. 1897. 27. p. 88.) Hemiedrische Ausbildung der Kristalle erhält man nur aus alkoholischer Lösung mit H CI oder mit Essig- säure , aus Essigäther oder Alkohol allein erhält man nur an- scheinend holoedrische Formen. 3. Li2 S 04 + H0 0. (Nach H. Traube, X. Jalirb. f. Min. etc. 1892. II. i>. 66.) Aus K2 S 04-haltiger Lösung bilden sich Zwillinge nach s (101), deren beide Einzelindividuen enantiosymmetrisch sind. Ver- fasser erklärt dies durch eine anfängliche Ausscheidung von vier vereinigten triklinen Molekeln, während später, bei geringerer Konzentration, nur zwei sich vereinigen und zu s als Symmetrie- ebene sich an die schon vorhandenen anlegen und das Weiter- wachsen beherrschen. 4. Saures äpfelsaures Lithium nach Traube : hemiedrisch ent- wickelte Formen bilden sich aus stark saurer Lösung. 5. Zinnwal dit nach den Ätzungs versuchen von Baumhauer. (Zeitschr. f. Krist. 1879. 3. p. 115.) Zum Schlüsse versucht Verfasser noch die Erscheinung am Li-Sulfat zu erklären, daß einfache Kristalle bestimmter Kichtungs- sjnnmetrie nach dem Lösen und nochmaligen Auskristallisieren wieder beiderlei Kristalle geben. Er denkt sich die Molekel nicht kugelförmig, sondern polyedrisch und beim Lösen derartig dis- soziiert , daß nicht nur trikline Hälften entstehen , sondern auch diese noch so geteilt erscheinen , als ob man das Netz in eine Ebene ausgebreitet hätte, in zwei Teile, welche je drei der Grund- flächen enthalten , geteilt hätte , und diese verkehrt wieder zu- sammengelegt hätte. Bei den in Lösung aktiven Substanzen tritt diese Dissoziation nicht ein. Der Arbeit sind drei Tafeln, welche die pyroelektrische Ver- teilung am sauren weinsauren SrO + 2 aq, am Axinit, Titanit (nach Traube und Hankel) , Skolezit , Weinsäure , Santonigsäureäthyl- äther und Li-Sulfat in der üblichen Weise durch rote und gelbe Farbe andeuten, beigefügt. C. Hlawatsch. Voigt & Hochgesang • Göttingen Fabrikation von Dünnschliffen von Gesteinen: Preis im Durchschnitt Mk. 1.10 Nur für besonders schwierig’ zu bearbeitendes Material tritt ein geringer Preis- abschlag ein. Unerreichte Qualität, Dünne 0,02 mm. Kristalle: Genau orientierte Schliffe, Preis Mk. 1.30 — 1.50. Kristallpräparate für sämtliche mineralogischen Untersuchungen in tadelloser Aus- führung zu angemessenen Preisen. Zahlreiche Dünnschliff-Sammlungen, zusammengestellt von bedeutenden Fachleuten der Mineralogie. Neu ! 120 Dünnschliffe kristalliner Schiefer, zusammengestellt von U. Gruben m ann, mit erklären dem Text von Dr. Laura Hezner. 36 Dünnschliffe typischer Erzlagergesteine, ausgewählt und beschrieben von E. Beck. 14 Dünnschliffe amerikanischer Erzlagergesteine, ausgewählt von E. Ritter, Colorado, beschrieben von R. Beck. 28 Thin Sections of the diamond-bearing. Kimberlites of South Africa, ausgewählt und beschrieben von G. S. C or storp hin e, Johannesburg. Anfertigung von Mikrophotographien und Diapositiven. Kristallmodelle aus Holz- und Glastafeln. Schleifutensilien zur Herstellung von Dünnschliffen. Mineralogische und geologische Bedarfsartikel. Kataloge gratis. Im Februar 1912 erschienen: Neuer kristallographischer Katalog No. 23. Aus dem reichen Inhalt möge hervorgehoben sein: Modell zur Demonstration der Lage des rhombischen Schnittes hei den Plagioklasen nach Prof. Dr. K. Hintze. Neue Pappkristallmodelle nach Prof. Dr. K. Vrba. Kristallographische Kaleidoskope nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Kristallographisches Spiegel-Polyskop nach Prof. Dr. K. Vrba. Modell zur Demonstration der stereographischen Projektion und Wandtafel für stereogr. Projektion nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Glasmodelle zur Erläuterung der Aetzmethode nach Prof. Dr. G. W l'LFF. Modelle zur Erläuterung der Bildung der ozeanischen Salz- ablagerungen nach Dr. E. Jänecke. Neue Mineralpräparate und orientierte Mineraldiinnsciiliffe. Aus der neuen (achten) Auflage des mineralogischen Haupt- katalogs No. 1 (Juli 1910) empfehlen wir: A. Vorlesungssaminluiig von 100 Mineralpräparaten. Diese Sammlung enthält nur Präparate von natürlichen Mineralvorkommen (mit Ausnahme von künstlichem Rubin und Borax) und ist in der Weise zusammengestellt . daß alle wichtigen optischen Erscheinungen daran demonstriert werden können. Der Preis einer Normalsammlung von 100 Mineralpräparaten in guter Qualität beträgt einschließlich eines zweckmäßig eingerichteten Kastens Mk. 1100. — . Dieselbe Sammlung in besonders guter Qualität kostet Mk. 2000.- . B. Sammlung von 225 orientierten Dünnschliffen von 134 gesteinsbildenden Mineralien, angeordnet nach H. Rosenbusch und E. A. Wülfing: „Mikroskopische Phvsiographie der petro- graphisch wichtigen Mineralien“, I. Band. 2. Teil, 1905. Preis der ganzen Sammlung von 225 Mineralschliffen, einschließlich Etui == Mk. 375. — . „ 175 „ „ * == „ 295.—. ,125 „ „ $ „ 205.-. Dünnschliffe von eingesandtem Material werden sorgfältig und pünktlich hergestellt, und zwar in der üblichen Stärke bis zu 0,02 mm und darunter. Durchschnittlich wird für einen Schliff auf Vereinsformat (28 X 48 mm) montiert Mk. 1.— berechnet. Nur für besonders schwierig zu bearbeitende Gesteine wird ein ent- sprechender Aufschlag berechnet. Auf Wunsch werden größere, bis handgroße Schliffe angefertigt. Spezialität: Schliffe fossiler Hölzer. Dr. F. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, Fabrik u. Verlag mineralogischer u. geologischer Lehrmittel. Gegr. 1833. — — *— Bonn a. Rhein. — Gegr. 1833 Verlag der E. Schwelzerbart’sohen Verlagsbuchhandlung, Nägele &, Dr. Sproesser, Stuttgart, Jobannesstr. 3. Druck von C. Grüninger, K. Hofbuchdruekerei Zu Gutenberg (Elett & Hartmann), Stuttgart. 1HS53 15. April 1912. Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie in Verbindung mit dem Neuen Jahrbuch (ür Mineralogie, Geologie und Paläontologie herausgegeben von M. Bauer, E. Koken, Th. Liebisch in Marburg. in Tübingen. in Berlin. 1912. Wo. 8. STUTTGART. E. Sehweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser. Monatlich 2 Nummern. Preis für Nichtahonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Mk. pro Jahr. Abonnenten des Neuen Jahrbuchs erhalten das Centralblatt unberechnet. Seite Inhalt. Original-Mitteilungen etc. Beutell, A. : Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution der Markasit-Arsen kies-Glaukodot-Gruppe. Mit 2 Textfiguren. (Fortsetzung folgt) 225 Johnsen, A. : Ueber ein Topasmodell zur Demonstration des ra- tionalen Verhältnisses der Kanten abschnitte. Mit 1 Textfigur 237 Lebedeff: Neues über den geologischen Bau des Donetzbeckens. Mit 6 Textfiguren 239 Arthaber, Gustav von: Grundzüge einer Systematik der triadi- schen Ammoneen. Mit 3 Textfiguren 245 Lach mann, R. : Zur Beendigung der Diskussion mit Herrn K. Andree 256 Miscellanea • 256 Druckfehlerberichtigung 256 Chemisches Laboratorium von Professor Dr. M. Dittrich Heidelberg Brunnengasse 1 4 Mineral-, Erz- und Gesteinsuntersuclmngen. — Quell- und Mineralwasseranalysen. — Untersuchungen auf Radioaktivität. — Chemische Praktica , unter besonderer Berücksichtigung der Mineralogen und Geologen, auch in den Universitätsferien. — Prospekte auf Verlangen. - === E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, in Stuttgart. Soeben erschien : Island. Eine naturwissenschaftliche Studie von Dr. Walther von Knebel f. Nach seinem begonnenen Manuskript herausgegeben von Dr. Hans Reck, Berlin. Nebst einem Nachruf von Geh. Bergrat Prof. Dr. W. Branca. gr. 8°. 290 Seiten mit 55 z. T. farbigen Bildern auf 28 Tafeln. 1 Übersichtskarte und 20 Textfiguren. ®ü"* Preis brosch. Mk. 7.40, eleg. geb. Mk. 8.60, Ein für alle Geologen, Geographen, Vulkanologen und die ent- sprechenden Institute und Bibliotheken hochbedeutsames Werk. A. Beutell, Ueber die Isomorphieverhältnisse etc. 225 Original-Mitteilungen an die Kedaktion. Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution der Markasit- Arsenkies-G-laukodot-Gruppe. Von A. Beutell in Breslau. Mit 2 Textfiguren. 1. Ars en kies, Markasit und Löllingit. Der Arsenkies hat wegen seiner zahlreichen , überall ver- breiteten Varietäten , sowie wegen seiner relativ einfachen Zu- sammensetzung das Interesse der Mineralogen in hohem Maße auf sich gelenkt, zumal da man glaubte, in ihm ein ausgezeichnetes Material für das Studium der Isomorphie zu besitzen. Auf diese Weise sind eine Reihe umfangreicher, sehr sorgfältiger Arbeiten entstanden , die sämtlich das Ziel verfolgen , einen gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen den physikalischen Eigenschaften und der chemischen Zusammensetzung aufzuünden. Leider hat sich die Materie als äußerst spröde erwiesen, sodaß der positive Erfolg, verglichen mit den sehr mühevollen Untersuchungen , ein recht geringer war. Sehr auffallend ist der Umstand, daß sich die Ergebnisse der einzelnen Forscher in direktem Widerspruch befinden. So kommt z. B. Arzruni (Zeitschr. f. Krist. etc. 1878. 2. p. 430. 1883. 7. p. 337) zu dem Schlüsse, daß sich die Arsenkiese nicht durch die Formel S2Fe + nAs2Fe ausdrücken lassen, wie man allgemein angenommen hatte. Während Weibull (Zeitschr. f. Krist. etc. 1892. 20. p. 1) und Scherer (ebenda 1893. 21. p. 283) diese Formel durchaus bestätigt finden, tritt Rammelsberg in seinem Handbuch für die Formel RS2 + xRmAsn ein. Es ist daher nicht zu ver- wundern , wenn die Lehrbücher der Mineralogie noch bis zum heutigen Tage die verschiedensten Ansichten über die empirische Zusammensetzung der Arsenkiese vertreten. Nicht weniger wider- sprechend sind die Meinungen über eine gesetzmäßige Beziehung zwischen den physikalischen Eigenschaften und der chemischen Zusammensetzung der Arsenkiese. Auch die Frage , ob Markasit und Löllingit unter sich sowie mit dem Arsenkies isomorph sind, oder ob die Arsenkiese als isomorphe Mischungen von Markasit und Löllingit anzusehen seien, hat noch keine Erledigung gefunden. Bei der großen Fülle von Beobachtungen kann von einer erneuten experimentellen Prüfung dieser interessanten Fragen kaum eine wesentliche Förderung erwartet werden. Die Ursache der Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 15 226 A. Beutell, Mißerfolge darf nicht in den verdienstvollen Forschern gesucht werden , sondern sie findet ihre Erklärung in dem ungeeigneten Material, welches eine Menge ungeahnter Schwierigkeiten in sich birgt. Da sich nunmehr die Gründe übersehen lassen , welche zu diesem Chaos von widersprechenden Ansichten geführt haben , er- schien es aussichtsvoll, das gesamte Material einer kritischen Durch- arbeitung zu unterziehen. Außerdem sind vom Verfasser eigene experimentelle Untersuchungen über die chemische Konstitution beigefügt worden, welche geeignet erscheinen, auch die Frage der Isomorphieverhältnisse zwischen den verschiedenen Gruppen einer endgültigen Lösung näher zu führen. In erster Linie wird es sich darum handeln, die Widersprüche aufzuklären , welche über die empirische Zusammensetzung der Arsenkiese zwischen Arzruni , Weibull, Scherer und Rammels- berg zutage getreten sind. Hierfür ist es unerläßlich , die ana- lytischen Methoden , welche den Untersuchungen zugrunde liegen, einer genauen Prüfung* zu unterziehen. Die erste umfangreichere Arbeit stammt von Arzruni, welcher dann fünf Jahre später den Gegenstand nochmals gemeinsam mit BAERWALDtin Angriff nahm (Zeitschr. f. Krist. etc. 1883. 7. p. 337). Das Resultat der chemischen Untersuchung* faßt er in folgender Weise zusammen: „Die Zusammensetzung der Arsenkiese läßt die Auffassung, sie seien isomorphe Mischungen von den Verbindungen Fe S2 und Fe As2 nicht zu. “ Arzruni hat von den drei Elementen des Arsenkieses nur den Schwefel und das Eisen direkt bestimmt, das Arsen hingegen aus der Differenz berechnet. Das Mißliche einer indirekten Bestimmung konnte einem so gewandten Analytiker wie Arzruni nicht entgehen; es müssen daher wichtige Gründe gewesen sein, die ihn zu diesem Entschluß gedrängt haben. Die quantitative Arsenfällung mit Schwefelwasserstoff ist eine sehr zeitraubende und lästige Operation. Man muß häufig vier- bis fünfmal während mehrerer Stunden Schwefelwasserstoff einleiten, ehe alles Arsen niedergeschlagen ist. Hat man einmal das Arsen quantitativ abgeschieden, so geht seine endgültige Fällung* als As04MgNH4 ohne Schwierigkeit von statten. Arzruni hätte sicherlich von einer direkten Arsenbestimmung nicht Abstand genommen, wenn er dasselbe quantitativ aus der Eisenlösung ausgefällt hätte. Daß seine Analysen z. T. mit der Formel S2Fe + nAs2Fe nicht stimmen, kommt daher, daß sich beim Fällen des Eisenhydroxydes mit Ammoniak die letzten Spuren des noch in Lösung befindlichen Arsens als As 04 Fe zusammen mit dem Eisen niederschlagen. Der Eisengehalt wird dann (falls noch As in Lösung ist) zu hoch, und der Arsengehalt zu niedrig gefunden. Hierdurch erklären sich die starken Abweichungen der Arsen- kiesanalysen von Sala, Joachimsthal und Sangerberg. Die übrigen Ueber die Isomorphieverliältnisse und die Konstitution etc. 227 von Arzruni untersuchten Arsenkiese weisen eine befriedigende Übereinstimmung mit obiger Formel auf, wenn man beim Atom- verhältnis Fe : As eine Abweichung um eine Einheit der ersten Dezimale als zulässig ansieht. Die von Arzruni für die Schwefelbestimmung benutzte Me- thode ist einwandsfrei, so daß seine Schwefelbestimmungen als richtig angesehen werden müssen. Die folgende Tabelle ist der Arbeit Arzruni’s entnommen. Um das Atom Verhältnis von Eisen und Arsen übersehen zu können (welches nach der Formel 1 : 2 sein müßte) , hat er das zum Schwefel gehörige Eisen als S2Fe abgerechnet und dann das Atom- verhältnis zwischen dem Rest des Eisens und dem Arsen festgestellt. Tabelle 1. s2 s Fe Fe Fe As Fe : As Reichenstein 18,05 15,80 18,88 42,27 1 : 1,87 Sangerberg 18,29 16,00 19,05 46,66 1 : 1,83 Hohenstein I 19,58 17,14 17,71 45,56 1 : 1,92 Hohenstein II 19,76 17,29 13,35 45,62 1 : 1,97 „Plinian“ 20,08 17,57 16,89 45,46 1 : 1,99 Sala 20,41 17,85 19,11 42,63 1 : 1,67 Joachimsthal 20,52 17,96 18,57 42,95 1 : 1,73 Freiberg 20,83 18,22 16,80 44,14 1 : 1,96 Binnenthal 22,47 19,66 15,25 42,61 1 : 2,09 Wie aus der Tabelle ersichtlich ist , stimmt genau die Ana- lyse des BREiTHAUPT’schen „Plinians“, welche von Plattner her- rührt. Befriedigende Übereinstimmung mit dem Atomverhältnis Fe : As = 1 : 2 zeigen die Analysen der Arsenkiese von Reichen- stein, Hohenstein I und II, „Plinian“, Freiberg und Binnenthal. An dem Analysengang Scherer’s ist zu bemängeln , daß er die Schwefelsäure in der eisenhaltigen Lösung des Arsenkieses gefällt hat, ohne den erhaltenen Niederschlag hinterher noch mit CG3Na2 aufzuschließen. Das Plus, welches seine Schwefelbestim- mungen gegen die ARZRUNi’schen und WEiBULL’schen auf weisen, dürfte in einem geringen Eisengehalt zu suchen sein. Nachdem feststeht, daß die mit reinem Material ausgeführten Analysen mit Ausnahme der drei erwähnten von Arzruni mit der Formel S2Fe + nAs2Fe in Einklang zu bringen sind, ist es von Interesse , auch die übrigen in der Literatur verzeichneten , sehr zahlreichen Analysen nach dieser Richtung zu untersuchen. Zu diesem Zwecke habe ich für sämtliche mir zugängliche Analysen 15* 228 A. Beutell, Fe o 0 o ©^ ©^ c ©^ rH ©^ P o p^ O. 0 0 O T_l r~i H rH rH rH d' d rH r-f d' <-f d' t-T rH H rH ©_ o o o o o ©^ ©^ -f H' d 33 o o o o o ©^ © p <0 o p p_ ©_ o H rH rH rH rH rH 1-1 rH 1—1 rH 1-1 rH rH rH [>" D-" t-P cd' ccT vd H' H' rjf H' Hf co" CC* tH 1— 1 1 o ° co CI 03 o o cS O o d O *3 o 0,30 A CO O O bß o N3 O CO 1 c: . Xfl o i i . 1 CO Ä 2 CO co 1 o >o co 1 1 — 1 co 1 1 1 1 co © r-ö o 1—1 co 03 rH I—1 Ol t- 03 a o o O o o d' © 00^ ö cT cd cf © co co 03 t- co 03 a Ol t" 03 o o o •CH co o o o o co o o o co -tf o 1-H 03 o o *o t— p i— o p o co p CO o. o p p s oT cd' ©~ 03~ o~ cT cT of of ©~ cf of o" of of cf cf cT d' d d 03 03 03 03 o o o 03 03 o o 03 o 03 03 o o o o o © CO 1— 1 1—1 1—1 1-1 T“1 ■*—1 r-1 fc- o o* 03 03 03 rH 03 00 03 U0 ■H CO 03 03 03 GO © 03; p GO 03 »O 03 »o p C— iO p p O o_ p GO p o p p pR cd' cd' id' id hT rfT id id d' r-ti ccf »d cd id cd H' H' »d' H' H CM CO co co co CO CO co co co co CO co CO CO co CO CO co co co CO L— CO o r — i o 00 00 rH co Tt< o 03 >o -H co co © m co t> 03 03 co 00 CM p CO P p p p tH i— ^

£> * o Ü c 03 s§ o ce a 'S cä 03 -4-=> ’o c3 o cc c$ § rO bß CD cS o QD s rp öS bß r rO O ?cö bß o «3 O bß a bß Sh 03 Elpe •4p /. k3 S 03 <1 o o5 'S o o co & s 03 co io co t> 00 03 O 03 CO id cd O CO 03 © rH 03 03 Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution etc. 229 o. © o ©^ o ©_ — ^ o, CD ©^ © CD © © o_ © ©^ ©_ ©^ © ©, © r-^ ©^ © ©^ ©_ ©^ © © ©^ ©^ © ©^ ©^ ©^ © ©N ©^ ©^ © ©^ © ©^ ©^ © ©^ ©_ © ©_ ©^ ©^ ©^ ©^ ©^ © ©^ ©^ © ©^ ©^ ©^ © ©^ © © ©^ ©^ ©^ ©^ © © ©^ © I I i I I I I I I cp^ © 03^ 70 70 70 70 03 © 03^ © ©__ 00^ GO 00 CO CO^ CO GO 03 03^ 03 03^ 03 03^ (Dl 03 ©_ c6 70 P 70 70 r-T t-T 1-i r-T r-T P i-T t-T r-T t-T — T P r-T P P © CT bß -+^> '•— 5 CO §\g © P m (M © ©2 Q o öS bß pq CO ©2 iS ©2 x; Ph CO o Ci 03 ’s P o CQ CO I t>* >o © © | ^ | 1 ®i. P CO O 03 Ol CO ©_ CO © ©r © © ©~ ©~ t-T ©* ©~ 03 - iß © ©~ -d^ ©~ © ©~ o ©~ ’“1 iG © © © -TI 03 t— © co © KO 03 CD rH © CD cc CD © -T i 00 © r**- © -T ©^ © oo © iß © -T^ KO © ©^ © © CQ tr~ CD © »ß_ i ©~ ©~ ©~ 00~

- CD r- © »cf © 03 i © ©^ -TJ. co ©^ KO^ -d^ oo^ © t- 03 —i T— 1 o CD^ -d^ © ©^ ©^ — i ©~ 1 70 co" cd' 70 co 70 of -T1 ©~ -T P ©" »cf »cf P p KO iO P »cf KÖ P ■ T -dl — r -di -TI m -Ti -T< -Ti -Ti -n -T< -T -TI -T -di -Ti -di -TI -di -Jl ' © »ß -ti © © © © iß © t" ■ ß -Ti © o* © C— © *ß -di © D- 1 © © © »ß T- 1 © KO © © © 03 03^ 03 © c— H © CC cc CC CQ C— i ©~ ©~ ©~ ©" ©'' ©~ CD © ©~ ©~ ©" o* ©" ©*■ Ci ©" ©' ©^ Ci Ci Ci' cf ©" ( 03 03 03 03 03 03 03 03 03 03 03 03 03 03 03 Ol T— 1 1—1 ■ ^)C^X05©HCSlC0T)tiOC0t>Q0C5O iMNCvitMcoeomcococoMcococo-^ 03 © -Ti »ß -dl -dl -T -dl 46. Wester Silfberg . . 19,96 45,96 34,14 100,06 Summe Inklusive °/o S2 Fe j As pe S : As : Fe 230 A. Beutell, © ©^ q p ©^ 0,0^0 ©^ ©^ ©_ ©^ ©^ ©^ © p h o ©^ © ©^ cq © cq © ©^ © © ©^ ©^ ©^ © ©^ ©^ ©_ ©^ ©^ © © © © ©©©©©©©©©©©©©©© © © © © © © I I I I II II O 1"“* H r-* i-H « r— * r-T of co co io io io ICT «s I I 60 ö bi) r§ Sh ^ ® %a ^ Vß a 5 ® o c i ä g§ , SSft- 1 ® o 1 §«o M ©~ cT rH -o 'J‘i CO © co © *q. © ^ t-^cx>io©eo— <0 © p p p ©^ © © p iP i>r ccT ©~ ©~ ©" ©' ©' ©®©©©©©©HN©00©tH(MCO®t# © © I> t-h © <© io LO ©CM^t> ©^ o © cg H CM ©n ©r ©r ©r cT © ©~ ©~ ©r ©r © ©'©'©'©■ © ©~ ©' © ©~ O 3 “ *5 Ö .2 co S j= «ö ° * Ph Ul cS .S O.SÖ^ cö I £ a o a § £ § o H M « 2 rS :ce S q O a ® a K m ph N! l ’1 5 i j ^ W Ä • CD . a ,ß .§ § bD .£ ^ D ^ > ff 3 l> © © © -* -T^ ^ »O Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution etc. 231 !o © © © T— < © © © © CM CM CM^ (M^ p 3 öS 05 03 P Th CM 1,25 Pb 1 1 © 7— 1 a r— ^ CG 1 30" Ä © ©" o" a O 7—! ©^ ©" CM s o 03 W t- 4,38 Nid ©" © o O 0,002 Au TjH o" O | © CO © eS H M O P © © © o H rH © ©" TU ■p p© <1 7— 1 ©" Ttn" cm' © o © r- D— co © © © 03 a © © © © CM © © © © © © © © © 7—C >o 30 © © ©^ a © p. o o ©^ © © CM © ©_ 05~ ©" 8 ©" ©" ©" o" ©" cd ©" o" ©" o" oT ©" o" ©*' ©" 8" ©" D-" 05 o © © © © © © a © © o © © © © © © © © rH 1-1 rH rH 03 bß rH r""t 7—1 1-1 H Th 00 © 00 t> © 03 bß © 7—1 © 30 r— CM © ■Hi © 0 o 00 © CM CM -1 ©^ T-H D- Th ©^ © © ©„ ©~ CM CM ©^ ©_ CM CM CG Th" ©" ©" Th" Th ©" ©" ©" ©" CG © D-" ocT ©" ©" ■HH Ttn" ©" io" CO co co co © co CO CM © 03 © © CO © © © CM CM © © CM © © iP1 © © © CG ©■ © © CG -oH © © 30 CG © CM © © © © p © p ©" ©" *o" cd ud' t-" iP Th" »o" ©" ©" o" ©" oo" CG CG cm" t-" ©" ©" t-H CM CM - © © © CM © -tH lO © v~ © : ® © l> t- L- b- t- C— C— i>- CG CG CG CG © GO © CG © 232 A. Beutell. das Atom Verhältnis S : As : Fe ermittelt. Kobalt und Nickel wurden in Eisen, Antimon und Wismut in Arsen umgerechnet. War im Vergleich zum Arsen ein Überschuß von Schwefel vorhanden , so wurden, die überzähligen Schwefelatome mit dem Atomgewicht des Schwefels multipliziert, um die entsprechenden Gewichtsprozente des Schwefels zu erhalten. Aus diesen ergaben sich dann die Gewichtsprozente des dazu gehörigen Eisens unter der Voraus- setzung, daß dasselbe als S2 Fe beigemischt war. In der gleichen Weise wurden bei einem Überschuß von Arsen die Gewichtsprozente des als As2Fe beigemengten Arsens und Eisens ermittelt. Ent- sprechen die analysierten Arsenkiese der oben angeführten Formel S2Fe + nAs2Fe, so muß nach Abzug des Überschusses von S2Fe respektive von As2 Fe eine Mischung übrig bleiben , welche die Formel S2 Fe -j- As2 Fe aufweist. Die Atomverhältnisse von S : As : Fe müssen nunmehr 1,0 : 1,0 : 1,0 sein. Die obenstehende Tab. 2 von 88 Arsenkiesanalysen ist in ihrem ersten Teile nach abnehmendem S2Fe-Gehalt geordnet1. No. 1, ein Arsenkies von Assinghausen weist mit 13,2 °/o das Maximum an S2Fe auf. Nachdem der Gehalt an S2Fe bis auf 0,6 % ge- sunken ist, folgen (No. 51 — 56) einige „Normalarsenkiese“, welche gleich viel Moleküle von S2Fe und As2Fe enthalten. Von No. 58 ab beginnen die Varietäten, welche einen Überschuß von As2Fe erkennen lassen. Die Tabelle schließt mit einem Arsenkies von Freiberg (No. 76), welcher 19,0 °/o von As2Fe aufweist. Die Analysen, welche in ihren Atomverhältnissen um mehr als eine Einheit der ersten Dezimale ab weichen, sind als weniger zuverlässig abgesondert. Sie umfassen die Nummern 77 — 88 und sind unter sich in derselben Weise geordnet , wie die übrigen Analysen. Die Umrechnung der Arsenkiesanalysen beweist, daß 87 % aller Analysen eine gute Übereinstimmung mit der Formel S2Fe -f- nAs2Fe aufweist. Der Umstand, daß 13 °/o mit dieser Formel nicht in Einklang gebracht werden können, darf gegen ihre Richtig- keit nicht geltend gemacht werden. Denn Arsenkiesanalysen sind an und für sich schwierig, und ferner ist nach den Untersuchungen Weibull’s „der Arsenkies kaum ein einziges Mal rein zu finden“. Somit haben die Untersuchungen Arzruni’s, Weibull’s und Scherer’s, sowie die überwiegende Mehrheit aller sonstigen Arsen- kiesanalysen auf die Formel S2Fe + nAs2Fe geführt. Für die Formel von Rammelsberg (N. Jalirb. f. Min. etc. 1897. II. p. 45; Mineralchemie 1895. p. 12, 1875. p. 28; Zeitschr. d. geol. Ges. 1873. 25. p. 266) RS2 + xRmAsn, welche außerdem gegen die geltenden Anschauungen über Isomorphie verstößt, fehlt es nunmehr an jeder Unterlage. 1 Die Berechnungen sind mit abgerundeten Atomgewichten und mittels Rechenschiebers ausgeführt. Münsterthal 51,95 46,93 99,88 - 100,00 1,9 : 1,0 Hannover 52,70 — 44,90 99,60 — — 100,00 2,0 : 1,0 Annaberg (Kyrosit) . 53,05 0,93 45,60 100,99 — 2,0 97,58 1,3 2,0 : 1,0 Hausach 49,56 2,73 45,12 100,54 — 5,6 91,81 3,6 2,0 : 1,0 Freiberg, Lonchidit . 49,61 4,40 44,23 99,54 — 9,5 88,74 6,0 2,0 : 1,0 Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution etc. 233 r-(M J o o o o o o o o o o o o o O 1—1 O 05 05 C5 05 05 H c-jqr-j co qoa qq q qcq q t> cd" zo cd" cd cd' cd cd' cd cd cd cd cd r-T r-T r-T i-T i-T c I>* COjqo" o" o" cd cc td cd" co" CO i-H i— ( i— I r— I q_ co^ q q q q q q \o icd tF rt cd co cd r-T WO o ^ qq cT cd oO' öS CO i-H HCO ©" wo d ö cö bß © bß GG 5-1 {=L| ^ ,Q o -7® ad^ Tr co uoi>o o O 0,79 N pur Co ^ C -O GO öß 3*5 < » b= CM q OCOn cT cd d'd -A*q ©. H q ao qjg cd Ci O O Ci 00 GO O crTedcsr CI © 2 CI CI Ci © g g § -HOOOC0CDK1 00 t* cM^qo^qco q cc Ci Ci Ci © Ci Ci Ci CC Ci Ci CI O Ci Ci Ci CI owcjacDcooo^io CO(MOO'-OOJCOt'Ht> r-1 O IO t> CO 00 CO q cc q q q q q id t—" O- o" cd" cd cm i— i rd co" cd td xrd cd" o cd cT o" CO©OxOCOCDCDt-iOOt- »O O 00 iO CO 00 GO go qio cooOrHH cd ©" r-T o" cT cd i-T CO 1> O D' l> t> HCDOH-^COlOOCOO XO CO i-T i-T o" o" o cd" d o" hß ö Qi 0} — O i^- m 03 o3 Ö § Qi Cb cC ^ fl sä rt H © JQ ^ =2 C ß «1 ® rO ; cs cb q q Qi Qi CC ö H H " B CC3 ®-C Ö Ö S «8 <; co w di ce §s0 S O) 5^0 £ • . d bßd os c S w .5 ^ r» S ~ - ^ ifd'Sl d ©H fe C c» O © co O g ^ o 'H ® eä cö ^ ü © WO^ÖficoP (M CO xO t> 00 Ci O CM CO rf< uO 234 A. Beutell, Es entstellt die Frage, ob sich die arsenhaltigen Markasite und die schwefelhaltigen Löllingite ebenso deuten lassen wie die Arsenkiese. Um hierüber Klarheit zu erhalten , habe ich in den folgenden Tabellen auch die Analysen dieser Mineralien zusammen- gestellt und ebenso umgerechnet wie die Arsenkiesanalysen. Die- jenigen Analysen , welche von dem richtigen Atomverhältnis um mehr als eine Einheit der ersten Dezimale ab weichen , sind als unzuverlässig nicht auf geführt worden. Leider gehören hierzu auch die einzigen analysierten Löllingitkristalle von Reichenstein. Es wurde zunächst nach dem Arsengehalt des Markasits, beziehent- lich dem Schwefelgehalt des Löllingits der prozentische Gehalt an Arsenkies SAsFe berechnet, und erst nach Abzug desselben das Atom Verhältnis ermittelt. Von 39 Löllingitanalysen erwiesen sich nur 19 als brauchbar. Die meisten enthielten zu wenig Arsen , was sich durch fremde Beimengungen erklären dürfte. Unter sämtlichen Löllingiten findet sich nicht ein einziger schwefelfreier, während unter den sechs analysierten Markasiten zwei kein Arsen aufweisen. Die Markasite sind nach steigendem S AsFe-Gelialt, die Lölliu- gite nach fallendem S As Fe-Gehalt geordnet; die Arsenkiese würden zwischen diese beiden Gruppen zu stehen kommen. Die großen Lücken , welche die Mischungsreihe aufweist, treten in den Tabellen klar zutage. Während der arsenreichste Markasit nur 9,5 °/o SAsFe aufweist, enthält der schwefelreichste Arsenkies von Assingliausen (Tab. 2, No. 1) bereits 86,8 °/o SAsFe, so daß das Intervall von 9,5 — 86,8 unüberb rückt bleibt. Die Lücke am anderen Ende der Reihe ist weniger beträchtlich , da der arsenreichste Arsenkies 81,0 °/o SAsFe enthält, während sich für den schwefelreichsten Löllingit 35,7 °/o SAsFe berechnen. Es ist nicht ausgeschlossen , daß die Lücke in Wirklichkeit noch größer ist, da die Analysen ausnahmslos an derben Varietäten ausgeführt worden sind , so daß mechanische Beimengungen sehr wohl möglich erscheinen. Die Frage , ob der Arsengehalt der Markasite durch Bei- mischung von As2Fe oder von SAsFe zu erklären ist, läßt sich durch die chemische Analyse allein nicht entscheiden. Ebenso kann vom Standpunkt des Analytikers aus der Schwefel der Löl- lingite sowohl als S2Fe wie als SAsFe beigemischt sein. Jedoch spricht der Umstand, daß der Arsenkies zwischen Markasit und Löllingit steht so, daß seine geometrischen Konstanten von denen der beiden Endglieder weniger abweichen, als die der beiden End- glieder unter sich , mehr für eine isomorphe Beimischung von Normalarsenkies sowohl zum Markasit als auch zum Löllingit. Da für einige der in der Tabelle 2 aufgeführten Arsenkiese auch die Dichte bestimmt wurde, ist es interessant zu prüfen, in- wieweit die Dichtebestimmungen einen gesetzmäßigen Zusammen- Tabelle Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution etc. 235 IM I I r - 1 i s s i i CO io lo 1 : cd 07^ CD Ol CO_ CO 03^ CD^ -H CO CO 00. Tjd CO t-*' r-T CO- !>” cT 00 t-T r-T t> I 2 l O) N |Q O CO N O H cooioiMMiO^t'ooaiai 00. oo. co. © ©. © o ©. ©. © ©. ia io ud cd co' cd cd" ccT cd~ cd' cd" cd cd cd cd cd CO Ol tH (M CO 03 O l-H t-H 1—t Ol OCOOMiOCONO; COOlOOir'iOOO ©. CD 03. 00. t*. TH 03. © CO. CO 1> 00 i© ©. o cd ö' cd cd ad ad cd ad ad' cd cd' ad ad o" cd cd 0000)030500)05000503000 O CO CO CO cd cd 05 o 03 o od ©~ 03 o O3CO00rt((NXCO(Mit'rH(N(M^®i'.H tH. t-H. CO. CO O »O lO ©. O 03 O* CO. L"*^ ©. rH. »d tjT -d ~-fT »cd -d' -d' ,cT id' »cd rd rd -rjT tJT »cd rjT cocococococococococococococococo 00 L>- O O' 00 O O tH (M ^ i>. 03 03 ©. 03. CO^ ©^ 03. t-(. i-H. CO co \o c-" .Cd co”' cd cd t-T -d' »od cd cd O CM CO CM O CO 03 (M »O ^ CO o ^ oo d 0 co cd od 03 -r-H 35 w r § % CQ P3 <1 03 <1 CG ‘ M iJ S £ 55 g 3 9 g g w 3 os « m ffi N w P5 O ^ w o ^ CG O CG 9 bß a> .q O 00 03 O o öS rQ -1-3 'cö -U O öo 03 -l-o 9 .03 CO eS 0 03 « 03 2 Ö .öS co S cg 0 cS s Ü CQ 0 ’o P5 S 5 "9 Ph 2 03 CG CO a> O 'Ö3 Q a> cs < c s 53 g PQ CO 03 W' ‘3 0 seg CQ cö H 00 O 05 co 03 03 05 CD »0 CO CM »0 © cd 03 CD co 03 co CO CD CD CO »O l>- A. Beutell, Ueber die Isomorphieverhältnisse etc. 236 hang mit der chemischen Zusammensetzung erkennen lassen. Zu diesem Zwecke sind in der folgenden Tabelle die Arsenkiese nach steigender Dichte zusammengestellt. Die Numerierung ist dieselbe wie in Tabelle 2, und da diese nach fallendem S2Fe- resp. nach steigendem As2 Fe-Gehalt geordnet ist , so war zu erwarten , daß die Numerierung der Dichte ungefähr parallel laufen würde. Aber leider spielen auch hier wieder die analytischen Eigentümlichkeiten der einzelnen Forscher eine so störende Rolle, daß auf den ersten Blick von einer Gesetzmäßigkeit kaum etwas zu bemerken ist. Betrachtet man die Zahlen jedes Beobachters für sich , so tritt ein unver- kennbarer Parallelismus zutage. Die Daten Weibull’s, Scherer’s und Schmidt’s, für sich be- trachtet, folgen der Numerierung, d. h. mit abnehmendem S2Fe und zunehmendem As2Fe tritt eine Vermehrung der Dichte ein. So fallen auf die Werte Weibull’s der Reihe nach die Nummern 49, 63 und 74, auf die Scherer’s die Nummern 18, 33, 4, 35 und 46. und endlich auf die Schmidt’s die Nummern 9 und 36. Es fällt somit nur eine einzige Bestimmung (No. 4 von Scherer) aus der Reihe heraus. Bei der von Scherer erkannten Inhomogenität der allermeisten Arsenkiese (einschließlich der Kristalle) kann dies nicht wundernehmen , da es unmöglich ist , unhomogenes Material mit Sicherheit auszuschließen. WTenn es hiernach, trotz aller Auf- merksamkeit, Scherer passieren konnte, daß er einen inhomogenen Arsenkies für seine Beobachtungen benutzt hat, so wird es ver- ständlich , daß Arzruni’s Dichtebestimmungen , weil ihm die In- homogenität unbekannt war, z. T. nicht mit der chemischen Zu- sammensetzung übereinstimmen. Unter seinen Bestimmungen ver- dient die am Material von Hohenstein ein besonderes Interesse, weil sie von einem Normalarsenkiese von der empirischen Formel SAsFe herrührt, und weil gerade aus der Dichte geschlossen werden kann , ob der Normalarsenkies eine Mischung oder Ver- bindung darstellt: die Dichte einer Mischung läßt sich aus den Komponenten berechnen , während die Dichte einer chemischen Verbindung von dem berechneten Werte ab weichen muß. Bei der Wichtigkeit dieser Entscheidung ist es sehr zu begrüßen, daß von dem Arsenkies von Hohenstein zwei Analysen von Arzruni und Balson (Zeitschr. f. Krist. etc. 2. p. 335) ausgeführt sind, welche eine gute Übereinstimmung zeigen und welche beide auf die Formel SAsFe führen. Diese Übereinstimmung weist auf gleichmäßiges Material hin , so daß die von Arzruni bestimmte Dichte als zu- verlässig gelten kann. Arzruni hat, weil der Arsenkies porös war, und weil durch Lufteinschlüsse die Resultate ziemlich stark differierten, die Dichte siebenmal mit dem Pyknometer und fünfmal mit dem Körbchen bestimmt, wobei die beiden Mittelwerte 6,1253 und 6,1826 ge- A. Johnsen, Ueber ein Topasmodell zur Demonstration etc. 237 funden wurden. Als wahrscheinlichste Zahl darf in diesem Falle nicht das Mittel gelten , da Lufteinschlüsse das Ergebnis stets in demselben Sinne beeinflussen, d. h. herabdrücken. Die wahr- scheinlichste Zahl ist hier die höchste. Aus diesem Grunde gibt Arzruni nicht den Mittelwert als Dichte an, sondern einen höheren, und zwar 6,192. Für den Markasit sind Dichten zwischen 4,65 und 4,88 und für den Löllingit von 7,0 — 7,4 bestimmt worden. Da die Beimengung von SAsFe die Dichte des Markasits erhöht, so ist die niedrigste Zahl, d. h. 4,65 die wahrscheinlichste. Für den Löllingit ist umgekehrt der höchste Wert, nämlich 7,4 der richtigste, wreil die niedrigeren Resultate von beigemengtem SAsFe herrühren. Aus diesen beiden Zahlen berechnet sich für den Normalarsenkies, wenn man ihn als Mischung einer gleichen Zahl von Markasit- und Löllingit-Molekülen betrachtet, die Dichte 6,08. Die beobachtete von 6,192 ist also um 0,112 höher, d. h. der Normalarsenkies weist eine beträchtliche Kontraktion auf. Hier- nach kann der Normalarsenkies nicht als -Mischung von Markasit und Löllingit aufgefaßt werden; er ist vielmehr eine selbständige chemische Verbindung. Die vom Normalarsenkies abweichenden Varietäten sind als Mischungen des Normalarsenkieses SAsFe mit S2Fe beziehentlich mit As2Fe zu deuten. (Fortsetzung folgt.) Ueber ein Topasmodell zur Demonstration des rationalen Verhältnisses der Kantenabschnitte. Von A. Johnsen in Kiel. Mit 1 Textfigur. Oft findet man Haüy’s Gesetz der Kantenlängen an „Achsen“ exemplifiziert, wobei obendrein — besonders in dem kristallograpliischen Kapitel physikalischer und chemischer Lehr- bücher — oft in dem Wort „Achse“ der Begriff der Koordinaten- achse mit demjenigen der Symmetrieachse vermengt und von Kanten überhaupt nicht die Rede ist r. Will man Haüy’s Gesetz in seiner allgemeinsten Form demon- strieren, d. h. an zwei beliebigen Kanten (statt der drei Koordinaten- achsen), die von zwei beliebigen Flächen geschnitten werden, so kann man sich des folgenden Topasmodells (Figur) bedienen, das den Schneckensteiner Habitus {00l}, (llO), {120}, {02 1 } , { 1 1 1 } zeigt. Die Fläche (111) genügt obigen Anforderungen, da sie von vier un- gleichwertigen Kanten begrenzt ist: [(111): (001)] — [HO], [(111) : (120)] = [211], [(111): (021)] = [112], [(1 11): (111)] = [TOI]. 1 Von Büchern, deren Verfasser das HAÜY’sche Gesetz so vollkommen mißverstanden haben wie Foehr in „Mineralogie für Ingenieure und Chemiker“ (Leipzig 1911, Hirzel) sehe ich natürlich ab. 238 A. Johnsen, Ueber ein Topasmodell zur Demonstration etc. Verschiebt man die Kante [211] parallel ihr selbst, bis der Schnittpunkt von [211] und [112] mit dem Schnittpunkt von [112] und [110] koinzidiert, so bilden die drei Kanten [211], [110] und [112] mit der Kante [101] drei Schnittpunkte, und es verhalten sich die Abstände der beiden äußeren Schnittpunkte von dem inneren wie 1:2. Man berechnet dieses Verhältnis, indem man die Koordinaten der Flächen von dem üblichen Achsensystem X = [100], Y = [010], Z = [001] auf das neue X' =' [101], Y' = [110], Z' = [001] trans- formiert und irgend eine Fläche (k -f 1 2 k 21), wo k und 1 be- liebige ganze Zahlen sind. z. B. (231), des alten Systems zur Einheits- fläche (1 1 1) des neuen Systems macht; dann erhält die Fläche mit dem alten Symbol (120) das neue (110) und diejenige mit dem alten Sym- bol (021) das neue (121). Diese letztere Fläche schneidet also auf X' = [101] einen doppelt so großen Abschnitt ab als die erstere. Von obigen vier Kanten des Pappmodells 1 sind drei durch aufgesetzte Leisten bis über ihre Schnittpunkte hinaus verlängert; vier auf der Leiste [101] in gleichen Abständen angebrachte schwarze Streifen markieren das Verhältnis 1:2. 1 Das ganze Modell, etwa 40 cm hoch, wird von der Firma Krantz in Bonn nach einem von mir konstruierten Netz ausgeführt. Lebedeff, Neues über den geologischen Bau des Donetzbeckens. 239 Neues über den geologischen Bau des Donetzbeckens. Von Prof. Lebedeff (Ekaterinoslaw, Südrußland). Mit 6 Textfiguren. Seit dem Jahre 1892 bis jetzt wird das carbönische Donetz- b ecken in geologischer Beziehung untersucht. Der Verf. dieser Notiz nahm an diesen Untersuchungen in den Jahren 1892 — 1894 teil und hatte Gelegenheit, auch später seine vorigen Unter- suchungen durch neue Beobachtungen zu ergänzen. Die Resultate dieser Untersuchungen sind in den „Nachrichten des geolog. Komit.“ zu Petersburg, T. NIL No. 3— -4, IV. T. XIII. No. 4, IX. T. XIV. No. 8 — 9, XI. gedruckt. Später wurden dieselben noch in der Arbeit von Tschernyschew und Littugin „Le bassin du Donetz“1 auch in der „Steinkohlenformation“ von Prof. Frech2, p. 300 — 301, zusammengestellt und in der letzten Zeit vom Ver- fasser mit einigen Ergänzungen in der „Notiz über die geologischen Forschungen des Donetzbeckens“ (Nachricht, d. Berg- und Hütten-Hochschule zu Ekaterinoslaw, 1911, Lief. 1, russisch) und in den „Materialien zur Geologie des Carbons im Donetz- gebiet“ (ibidem, 1911, Lief. 2, russisch) niedergelegt. Die Re- sultate dieser Untersuchungen brachten den Verfasser zu einer Gliederung des Untercarbons des Donetzbeckens in 7 Stufen. Zu dieser Gliederung werden Ergänzungen gegeben, welche das Resultat der späteren Untersuchungen des Verfassers und seiner Bearbeitung des paläontologischen Materials darstellen. Im Süden ist das Donetzbecken von kristallinen Gesteinen — Gneisen und Graniten — archäischen Alters begrenzt. Gneise und Granite haben in diesem Gebiete eine Absonderung hauptsächlich in der Richtung NW , welche mit allgemeiner Richtung der Falten des Donetzbeckens zusammenfällt, und die andere, nicht so klar dargestellte — in der Richtung NO. Innerhalb der ungeheuren Fläche, die die obengenannten Gesteine des archäischen Alters in Südrußland einnehmen, erscheinen an einigen Punkten, schon außerhalb des Donetzbeckens, auch kristalline Schiefer, die zuweilen (Kriwoi-Rog, Korsak-berg und andere Erzlager- stätten des Eisens) Eisenerze enthalten; während in dem Teil dieser Fläche, welcher sich dem Donetzbecken direkt anschließt, kristalline Schiefer nicht zutage treten. Als Hangendes der archäischen Formation treten auf Sand- steine, Konglomerate, Tuffe und Schiefer — in den letztgenannten sind fossile Pflanzen gefunden, welche von Prof. Schmalhausen3 1 Guide des excursions du VII congres geologique international, 1897. 2 In dieser Arbeit von Prof. Frech ist die Untersuchung des nörd- lichen Teils des Donetzbeckens dem Verfasser dieser Notiz irrtümlich zugeschrieben , während sie nur den südlichen Teil des Beckens betrifft. 3 Über devonische Pflanzen aus dem Donetzbecken. Verhand- lungen d. geolog. Komit. zu Petersburg. T. VIII. No. 3. 240 Lebedeff. als oberdevoniscli bestimmt sind. Der Charakter dieser Ab- lagerungen erinnert an oberdevonisclie Ablagerungen von Eng- land (ober old red). Diese Gesteine sind von Kalksteinen dis- kordant bedeckt. Die Kalksteine im Hangenden des Oberdevons gehören zu der untersten Stufe (C, *) des Untercarbons,- charakte- risiert durch Sp. medius Lebed. n. sp. ; sie liegen daher unter der Stufe mit Sp. tornacensis (C1 2). An anderen Orten des unter- suchten Teils des Beckens beobachtet man noch einen Kalkstein (CD), der keine unmittelbare Beziehung zu dem obengenannten Kalksteine in diesem Gebiete hat. Da der Kalkstein mit Sp. medius jedoch unmittelbar unter dem Kalkstein mit Sp. tornacensis liegt und da die Fauna des Kalksteins CD, welcher keine unmittelbare Beziehung zu den obengenannten Kalksteinen zeigt , aus carbo- nischen und devonischen Formen besteht, d. h. der Fauna der Stufe von M a 1 ö w k a - M u r a j e w n a (Moskauer Becken) ent- spricht, so muß man schließen, daß dieser Kalkstein (CD) eine tiefere stratigraphische Stellung als der Kalkstein mit Sp. medius (C/) und der Kalkstein mit Sp. tornacensis { Cj2) einnimmt. Für eine bestimmtere Entscheidung der Frage von den wechselseitigen Beziehungen dieser 3 obengenannten Kalksteine wäre es wichtig, sie in einem und demselben Profil zu beobachten; was in dem noch nicht untersuchten Teile des Donetzbeckens gefunden werden kann. Stellen nicht alle diese Ablagerungen Gesteine dar , die kontinuierlich von dem oberen Devon bis zu dem untercarbonischen Kalksteine abgelagert worden waren ? Wie gesagt nimmt der Kalkstein mit Sp. medius im Donetz- b e c k e n die niedrigste Stellung in der unteren Abteilung des Carbons ein. Die Beschreibung dieser für den Kalkstein C^1 charakteristischen Art und ihre Abbildung wird unten gegeben. Früher war schon gezeigt, daß die klare Beziehung zwischen dem Kalkstein , der der Stufe von Malö wka-Murajewna ent- spricht, und dem Kalkstein mit Sp. medius bis jetzt noch nir- gends nachgewiesen worden ist. Wenn man bedenkt, daß man in diesen Schichten bis jetzt nur jene, zwar charakteristische, aber einzige Form gefunden hat, so kann man nicht sicher entscheiden, ob dieser Kalkstein zu den Übergangsablagerungen zwischen LTnter- carbon und Devon oder zu den echt untercarbonischen Ablage- rungen gehört. Daher schreiben wir bedingungsweise denselben den untercarbonischen Ablagerungen zu, indem wir ihn durch C, 1 bezeichnen. Dazu zwingt uns auch der Umstand, daß sehr ähn- liche Kalke am Ural gefunden sind, die von den Untersuchern des Urals mit C,1 bezeichnet sind. Dieser Kalk tritt in nahe Be- ziehung zu dem oben liegenden Kalkstein mit Sp. tornacensis (Cj2). Dieser letzte Kalkstein ist durch die Auffindung von Sp. tornacensis stratigraphisch bestimmt. Er ist der Stufe mit Sp. tornacensis anderer Gebiete analog, besonders auch weil der Teil seiner Fauna, Neues über den geologischen Bau des Donetzbeckens. 241 welcher bis jetzt genau bestimmt ist, am meisten für die Stufe mit Sp. tornacensis, wie die letzte in dem Carbon von Belgien ausgedrückt ist, charakteristisch ist. Außerdem wird dieser Kalk- stein durch seine Fauna von der im Hangenden befindlichen Stufe ausgezeichnet, indem er unter 27 Formen (hauptsächlich Brachio- poden) 15 Arten enthält, die nicht in das Hangende übergehen. Unter den (von unten nach oben) folgenden Stufen unter- scheidet Verfasser zwei , welche sich durch Prod. giganteus cha- rakterisieren; diese Art erscheint in der unteren Stufe C,3 als Varietät und dabei sehr selten, und in der oberen Stufe C,4 — als typische Form und zugleich sehr häufig. Außerdem unter- scheidet sich auch die übrige Fauna dieser zwei Stufen unter- einander auf bedeutende Weise: von den bestimmten Arten — 23 Formen in der Stufe C,3 und 18 Formen in der Stufe C^4 — - erscheinen nur 4 Formen in beiden Stufen, sind also für sie ge- meinsam. Diese zwei Stufen unterscheiden sich auch petrographisch scharf voneinander: die Stufe C.,3 ist durch die Mergel, die zu- weilen kieselartig, sehr oft kreideähnlich sind, vertreten, und die Stufe Cj4 besteht ausschließlich aus dem Kalk. Die darüber abgelagerten Gesteine des unteren Carbons im Donetzb ecken sind vom Verfasser in drei Stufen geteilt. Charakteristisch für alle diese drei Stufen erscheint Prod. la- tissimus. Außerdem sind die Fauna und einige andere Unter- schiede jeder von dieser Unterabteilungen charakteristisch genug, um ihre Gliederung in die einzelnen Stufen zu rechtfertigen L Die Stufe Ci5 zeichnet sich wesentlich von dem Hangenden und Lie- genden durch ihre petrographische Zusammensetzung aus, indem sie bei sehr großer Mächtigkeit von Schiefern und Sandsteinen mit nur sehr dünnen untergeordneten Schichten von Kalk zusammen- gesetzt ist und sich auf solche Weise vor ihnen als der Ufer- ablagerung unterscheidet. In dieser Stufe erscheinen schon solche Arten, welche in den Stufen Cj 1 — Ct4 nicht gefunden worden waren , zum Beispiel die Formen , die Sp. trigonalis nahestehen, und andere Arten mit groben Rippen. Die Stufe C46 enthält eine genügend reiche Fauna, die sie von den oben- und untenliegenden Ablagerungen unterscheidet1 2. Endlich, die letzte, oberste Stufe des Untercarbons im Donetz- becken C, 7 (zugleich auch die oberste der Stufen mit Prod. latissimus) enthält eine arme Fauna. Sie zeichnet sich vom 1 Erst nach der ausführlichen Bearbeitung des ganzen paläontologi- schen Materials wird es sich entscheiden, ob man diesen Unterabteilungen die Bedeutung von Stufen oder der Unterstufen geben muß. 2 Eine ausführliche Liste ihrer Fauna ist in dem obengenannten Artikel (Nachricht, d. geol. Komit., T. XII. No. 3—4, IV) gegeben; dort sind die für diese Stufe am meisten charakteristischen Formen durch :i- bezeichnet. Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 16 242 Lebedeff, Liegenden durch die Abwesenheit von Formen aus, welche für die vorhergehende Stufe Ct6 besonders charakteristisch sind, und von dem Hangenden (C2) — hauptsächlich durch die Abwesenheit des ■Sp. mosquensis und anderer diese Art begleitenden Formen. Im Hangenden der unteren Abteilung des D o n e t z carbons tritt die mittlere Abteilung — die Moskauer Stufe mit Sp . mos- quensis — auf, die vorläufig, da ihre Fauna noch nicht bearbeitet ist, in Unterabteilungen noch nicht eingeteilt werden kann 1 und daher nur im allgemeinen durch C2 bezeichnet werden soll. Alle obengenannte — devonische, Übergangs-, unter- und mittel- carbonische Ablagerungen — 1 streichen in dem untersuchten Gebiete NW.— SO., mit der allgemeinen Richtung der Falten im Donetz- b ecken übereinstimmend (die Richtung des Verflachens der Schichten ist hier am meisten gegen NO. 10 — 30°). In dem vom Verfasser untersuchten Gebiet sind auch einige andere Dislokationserschei- nungen, besonders Verwerfungen hervorzuheben, welche nahe der Grenze des unteren Carbons und seines Liegenden verlaufen; diese Verwerfungen folgen entweder ungefähr dem Streichen der Schichten nahe, oder einer dazu senkrechten Richtung. Mit diesen Ver- werfungen hängen die Entblößungen der porpliyrischen Gesteine zusammen 2. Faltungen sind im gegebenen Gebiet von geringer Bedeutung. Spirifer medius Lebed. n. sp. Die Schalen dieser Art haben gleiche Länge und Breite. Z. B. haben drei Exemplare unserer Sammlung folgende Dimen- sionen. Länge Breite Dicke Arealänge I. 44 mm 45 mm 23 mm 25 mm II. 46 mm 50 mm — 28 111m III. 50 mm 50 mm 30 mm 34 mm Es gibt Exemplare, welche größere Dimensionen bis zu 65 mm Länge haben. Die Ventralschale ist etwas mehr gewölbt als die Dorsalschale, wie man auf Fig. 6 sieht. Der Schloßrand ist viel kürzer als die größte Breite der Schale (s. Fig. 1, 3, 5), da die Area nicht lang ist. Daher verbindet sich der Schloßrand mit 1 Die unbedeutenden Listen der fossilen Fauna, welche für diese Stufe von einigen Untersuchern des Donetz b'eckens (s. Nachricht, d. geol. Komit. zu Petersburg, T. XII. No. 3—4, V. T. XIII. No. 4. VIII. T. XIV. No. 8 — 9. XII) gegeben sind und auf welchen die Gliederung der mittleren Abteilung des Donetzcarbons in sechs Stufen fußt, können diese Gliederung nicht begründen, wie das auch von Prof. Frech (s. „Stein- .kohlenformation“, Tabelle zu S. 301) gezeigt wurde. 2 Diese Beziehungen treten auf der geologischen Karte klar hervor, welche einer der Arbeiten des Verfassers (Mater, zur Geologie des Carbons im Do netzgebiet) beigegeben ist. Neues über den geologischen Bau des Donetzbeckens. 243 den Seitenrändern in abgerundeter Linie , und die ganze Schale hat, zufolge der gleichen Entwicklung in Länge und Breite, einen runden Umriß (außer jenem Teile, der dem Schloßrande entspricht). Die beigefügten Zeichnungen S 'p. medius zeigen: Fig. 1. Fig. 2. Fig. 1. Dorsalschale mit dem Medianseptum und den dieses begleitenden Vertiefungen (auf dem abgelösten Teile der Dorsalschale erscheinen sie als Erhöhungen), mit dem Schloßrande, dem Wirbel und der Area der Ventralschale. Fig. 2. Ventralschale desselben Exemplars. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 3. Dorsalschale mit dem Wirbel und der Area der Ventralschale. Fig. 4. Ventrale des gleichen Exemplar mit Sinus-, mit Rippung und Anwachsstreifen. Der Wirbel der Ventralschale ist nicht sehr stark gebogen , so daß die dreieckige Öffnung der Area von ihm nur in ihrem oberen Teile bedeckt ist. Der Wirbel der Dorsalschale ist stumpf, nicht stark gebogen. Die Area ist dreieckig, glatt oder mit feinen 16* 244 Lebedeff, Neues über den geologischen Bau des Donetzbeckens. Streifen der Länge nach bedeckt. Ihre Fläche ist im Sinne ihrer Biegung konkav. Die Höhe der Area ist viel geringer als ihre Länge. Die Ventralschale hat einen Sinus , welcher nahe dem Wirbel ziemlich schmal und nicht tief ist, sich gegen den Stirn- rand aber erweitert. Die Seiten des Sinus gehen unbemerklich in die übrige Fläche der Schale über (s. Fig. 2, 4). Die Dorsal- schale hat einen mittleren aber sehr schwach ausgedrückten Sattel (s. Fig. 1, 3). Die ganze Fläche beider Schalen ist mit sehr feinen Rippen bedeckt, deren Zahl sich durch Dichotomierung vermehrt; daher erscheinen die Rippen auf der ganzen Fläche der Schale gleich stark. Ihre Zahl beträgt meistens 12 — 14 auf 10 mm. Unter der Lupe kann man außer den Längsrippen auch die An- Fig. 5. Fig. 6. Fig. 5. Dorsalschale mit Sattel und Rippung. Fig. 6. Seitenansicht des Exemplars der Fig. 4. wachszeichen als konzentrische Streifen, die eng aufeinander folgen, sehen1. Die Steinkerne der Dorsalschale (s. Fig. 1) zeigen ein langes Septum, welches vom Wirbel ausgeht und von ziemlich langen Vertiefungen auf beiden Seiten begleitet ist. Wie früher gezeigt, ist diese Art in dem Kalkstein, der unter der Stufe mit Spirifer tornacensis liegt, gefunden ; sie besitzt nach ihrer Gestalt größere Ähnlichkeit mit devonischen, als carbonisclien Spiriferen. Etwas ähnlich sind nur Sp. recurvatus de Kon. 2 und Sp. rostellatus Hall.3. Aber diese beiden Arten zeichnen sich vor Sp. meclius durch eine stärkere Entwicklung der Schale nach 1 Gröbere Anwachsstreifen sieht man mit unbewaffnetem Auge (s. Fig. 4, 5). 2 De Köninck, Description des animaux fossiles de Belgique. p. 211. PI. XVI, Fig. 5 a, b, c. Diese Art ist in der späteren Arbeit von de Köninck von der belgischen Fauna nicht beschrieben. 3 Hall, Report of the geolog. Survev of the state of Iowa. Vol. I. Part II. p. 641. PI. XX, Fig. 2 a, b, c. G. v. Arthaber, Grundzüge einer Systematik etc. 245 der Länge , durch gröbere Rippen und durch eine größere Höhe der Area aus. Von Sp. glinkanus Vern. 1 unterscheidet sich Sp. niediiis in der Gestalt des Sinus und des Sattels , die bei Sp. glinkanus von der übrigen Fläche der Schale scharf abgegrenzt sind; daher ist der Stirnrand der letztgenannten Art mit einem mittleren Aus- schnitte versehen. Sp. medius ist im Donetzb ecken (in der Gegend des Flusses Kalmius und seiner Nebenflüsse) und im Ural gefunden (Samm- lung des geol. Komit. zu Petersburg, vom Chefgeologen Krasno- polsky in der Stufe gesammelt). Die Exemplare aus dem Ural zeichnen sich vor denen des Donetzbeckens durch etwas kon- vexen Sattel der Dorsalschale aus, welcher daher ziemlich deutlich aus der übrigen Fläche der Schale herausragt. Grundzüge einer Systematik der triadischen Ammoneen. Von Gustav von Arthaber. Mit 3 Textfiguren. Die Beschreibung eines interessanten Cephalopodenmateriales der albanischen Untertrias1 2, welche unsere Aufmerksamkeit be- sonders deshalb in Anspruch nimmt, weil ihr Habitus vollkommen von jenem der untertriadischen Cephalopodenfauna des Mediterran- gebietes ab weicht und sich durch seine Mannigfaltigkeit als ein Teil der indischen Fauna erweist , bot den willkommenen Anlaß , die Systematik näher zu untersuchen, welche gegenwärtig in Mono- graphien und Lehrbüchern Verwendung findet. Zur diagnostischen Behandlung jenes albanischen Materiales mußte aus dem oben angegebenen Grunde die untertriadische Fauna in ihrer Gesamtheit herangezogen werden und dadurch konnte ein allgemeiner Überblick über den heutigen Stand unserer Kenntnis der triädischen Cephalopoden überhaupt gewonnen werden , die sich oft nur zwangsweise in die bisher verwendete Systematik ein- ordnen lassen. Nicht nur betreffs Auffassung der Gattungen und ihrer Vereinigung zu Familien, sondern besonders in der Auffassung der genetischen Gruppen ergaben sich bedeutende Differenzen gegen die herkömmliche Art der Systematik, welche kein Bild der Ent- wicklung des Stammes gibt, sondern ein Haufwerk von wirr durch- einander laufenden genetischen Einzellinien zeigt, die sich zu keinen Einheiten höherer Ordnung vereinigen. 1 Verneuil, Geol. de la Russie d’Europe et des montagnes de rOural. Vol. II. Paleontologie, p. 170. PI. III. Fig. 8 a, b. c, d, e, f. 2 G. v. Arthaber, Die Trias von Albanien. Beiträge zur Paläont. und Geologie Österreich-Ungarns. 24. p. 169 — 277. Taf. XVII — XXIV. Wien, Braumüller. 1911. 246 G. v. Arthaber, Wie unbefriedigend dies für den Fachmann ist, illustriert 4ie auffallende Tatsache, daß z. B. C. Diener in seinen zahlreichen älteren Arbeiten über die asiatischen Cephalopodenfaunen (1895 — 1908) die Gruppierung des reichen Materiales nach den syste^ matischen Einheiten : Ordnung, Familie, Gattung usw. vorgenommen hatte, während in seiner letzten Monographie1 (1909) nur mehr Gattung neben Gattung ohne bestimmte systematische Folge und Gliederung gestellt wird. Mit dem abfälligen Urteil über die Unbrauchbarkeit der bis jetzt in der Trias verwendeten Systematik soll aber keineswegs ein Vor- wurf gegen die Verfasser unserer Lehrbücher verbunden sein, welch letztere bis zu einem gewissen Grade maßgebend auch für die in den Monographien verwendete Systematik sind. Stets wird es Aufgabe des Spezialisten sein, eine derartige Spezialfrage zu lösen. Da aber ein Einzelner innerhalb einer bestimmten Zeit und trotz größter Mühe nicht Spezialist auf allen Gebieten werden kann, des- halb kann das Lehrbuch eines einzelnen Verfassers in der Syste- matik nie gleichwertig in allen Gruppen auch sein und allen An- forderungen vollständig genügen. Daß wir in der Systematik der triadischen Ceplialopoden bei dem heutigen Chaos angelangt sind, hat gewissermaßen seine historische Begründung. Die heutige Systematik geht im allgemeinen auf die Cephalp- podenarbeiten E. von Mojsisovics’ speziell auf dessen „Ceplialo- poden der mediterranen Triasprovinz“ 1882 zurück. Sie wurde dann von K. von Zittel ziemlich unverändert in das „Handbuch“ übernommen, lindet sich mit ihren wenigen, umfangreichen Familien auch heute noch in der neuesten Auflage der „Grundzüge“ in etwas erweiterter Form wieder und zeigt nur in Hyatt’s englischer Bearbeitung eine Hypertrophie an „Familien“, die wieder in das andere Extrem verfällt. Hyatt’s Systematik ist nicht auf die Suturstadien, sondern auf die Gestalt der Sutur Sättel allein basiert. Es entstehen dadurch Teilungen in große Gruppen , welche aber die heterogensten Elemente enthalten. Eine weitere Gruppierung bringt z. T. ganz abweichende, z. T. natürlich zusammengehörige Formen in engere phylogenetische Beziehung, aber das Endergebnis dieser Behandlung der Materie ist in meinen Augen keine über- sichtliche Vereinigung, sondern eine minutiöse Zerfaserung des ganzen Stoffes, aus der sich eine Phylogenie nicht ergibt. Erst nach 1882 sind allmählich die großen, verschieden alten Faunen der asiatischen Trias bekannt geworden, welche nun schlecht und recht in den alten systematischen Rahmen hineingepreßt worden sind; daher die Fülle der Details ohne rechten phylogenetischen 1 A. von Krafft and C. Diener, Lower Triassic Cephalopoda from Spiti, Malla Johar and Byans. Memoirs geol. Surr, of India, Palaeont. Indica. Ser. XV. 6. Mem. No. 1. 1909. Grundzüge einer Systematik der triadischen Ammoneen. 247 Zusammenhang’ höherer Ordnung. In systematischer Beziehung ging die Übersicht total verloren, so daß der oben erwähnte Aus- weg Diener’ s logisch vollkommen begründet war. Allerdings ist damit die phylogenetische Zusammengehörigkeit der Formen voll- ständig verloren gegangen und wir sind wieder auf den rein deskriptiven Standpunkt von Buch und Beyrich zurückgekommen. Im Zusammenhang ist über die Entwicklungsstadien des Ce- phalopodenstammes im Paläozoicum und in der Trias im ganzen nur wenig gearbeitet worden, mit Ausnahme von E. Haug1 2 3 und F. Frech 2 . Ersterer hat sich vorwiegend mit den paläozoischen Ammoneen befaßt und die triadischen anhangsweise in Beziehung zu ihnen gebracht, Letzterer hat die Cephalopoden mehr vom praktischen Bestimmungs-, oder auch vom stratigraphischen Stand- punkte aus gruppiert und ist dadurch zu Gruppen und Stämmen gekommen , die mir zum Teil nicht recht akzeptabel erscheinen. J. Perrin Smith 3 endlich übernahm aus den früheren Gliederungs- versuchen nur einen Teil älterer Familien, die sich zu 6 Stämmen zusammenfügen. Diese Systematik ist jener Hyatt’s weitaus über- legen; sie erleichtert die Übersicht und nähert sich, wenn auch auf anderen Wegen, am meisten der unsern. Diese Beobachtungen sind der Anstoß für meine systematischen Studien gewesen, deren Endzweck war: 1. Der phylogenetischen Zusammengehörigkeit der systemati- schen Einheiten niederer und höherer Ordnung im Bereiche der triadischen Ammoneen und ihrer Vorläufer nachzugehen; 2. die historiscli-stratigraphische Entwicklung der Stämme in Beziehung damit zu bringen ; 3. den Einfluß der tiergeographischen Verbreitung auf beide zu untersuchen. Vielfach sind natürlich die Beziehungen , welche sieh aus diesen drei Gesichtspunkten ergeben, und mannigfach ihr Einfluß auf die Auffassung der bisherigen Systematik gewesen. Als Einteilungsprinzipien höchster Ordnung sind bisher das Fehlen oder Auftreten einer Schalenskulptur (v. Mojsisovics, Steinmann) und die Art der Suturform (Zittel, Hyatt, Haug, Frech) verwendet worden. Da innerhalb großer sowohl wie kleinerer systematischer Gruppen erst ein leiostrakes, später das trachyostrake, und gegen das individuelle oder Gruppenalter häufig abermals ein leiostrakes 1 Les Ammonites du Permien et du Trias. Bull. Soc. geol. de France. Serie III. 22. p. 385 — 412. 1894. — Etudes sur les Goniatites. Mem. Soc. geol. de Fr. Paleont. Mem. 18. p. 1—112, 1898. 2 Lethaea geognost. I. Teil. p. 629 ff. 3 Hyatt and Smith, The triassic Ceplialopod Genera of America. U. S. geol. Surv. Prof, paper. No. 40. Ser. C. Syst. Geol. and Palaeont. 74. Washington 1905. 248 G. v. Arthaber, Schalenstadium auftritt, deshalb läßt sich für eine primäre Gliede- rung die Schalenskulptur nicht verwenden. Weil ferner eine gewaltige Menge von Arten Suturformen besitzt, die sich vollkommen, weitgehend oder nur im allgemeinen ähneln (z. B. Ceratites, Meelwceras, Beyrichites, Flemingites, Japonites, Monophyllites , Proptychites u. v. a.), deshalb können weder die Suturform allein , noch auch beide Einteilungsprinzipien vereint eine befriedigende Systematik ergeben. „Familien“, welche von diesen Gesichtspunkten aus gebildet wurden, entsprechen fast nie einer vertikalen Entwicklungslinie , sondern meistens nur einem horizontalen Schnitt durch die Stammesreihen. Da auch die Mundrandsformen , soweit dieselben überhaupt bekannt geworden sind , nur sehr fragliche Ergebnisse für die Systematik geliefert haben, bleibt als primäres Einteilungsprinzip nur die Wohnkammerlänge übrig, die in Verbindung mit dem Sutur- typus — unter dem wir verstehen : ob viel oder wenig Sutur- elemente zur Ausbildung kommen, ob Adventive vorhanden sind oder fehlen — die gesuchten systematischen Charaktere liefern. Danach findet eine erste Sonderung der paläozoiscli-triadischen Ammoneen in makro dorne und mikro do m e Formen statt. Da der Entwicklungsgang der Ammonitiden sich erst in der Anlage eines geschlossenen Spiralgehäuses, später in der Tendenz äußert, die Schale wieder abzustreifen, deshalb sind die meisten posttriadischen Ammoneen mikrodom. Als Grenzwert zwischen lang- und kurz- kammerigen Gehäusen gilt die Wohnkammerlänge, welche kleiner resp. größer als 1 Umgang ist und von . dieser Kegel gibt es nur seltene Ausnahmen. So entstehen innerhalb der Ammonitiden-„Ordnung“ % große „Unterordnungen“: die Mikrodoma, welche wir vom Devon angefangen bis ins.Rliät, und die Makrodoma, die wohl gleich- alt, wir mit Gewißheit aber erst vom Carbon bis ins Khät ver- folgen können. Innerhalb beider „Unterordnungen gibt, wie gesagt, der Sutur- typus das Kriterium für eine weitere Teilung in „Stämme", die bei gleichbleibendem Typus eine Sutur besitzen, welche entweder „goniatitisch“, „partit“ oder „ammonitisch“ sein kann, je nach Entwicklungshöhe und geologischem Alter der Formen und deren Skulptur aus denselben Gründen leiostrak oder trachyostrak ist. Daß diese Stämme nebeneinander aufwärts streben, sich verzweigen und zahlreiche Konvergenzformen erzeugen, ist von vornherein klar. Dieselben treten sehr häutig auf und verdunkeln den phylo- genetischen Zusammenhang der einzelnen Formen, welcher sich nur dann klärt, wenn wir die leitenden allgemeinen Gesichtspunkte nicht aus den Augen verlieren. Daß gerade innerhalb dieses Tat- sachenkomplexes der subjektiven Anschauung ein weiter Spielraum bleibt, ist naheliegend. Grundzüge einer Systematik der triadischen Ammoneen. 249 Nach Erscheinen meiner Arbeit über die albanische Fauna, welche die gleichen Anschauungen über diese Fragen der Syste- matik vertritt, werde ich von befreundeter -Seite darauf aufmerksam gemacht , daß der Gebrauch des Terminus „ cerati tisch “ in dem weiten , dort angewendeten Sinne (vergl. die folgende Textfigur) SO 'S- i -1 (S o 4-=> CO 03 03 Sh 03 -g O 8 ® ~ 03 rc 'O' P$ Ö < 03 i-3 rG J :0 W 2 -C ft! 3 ? öS ö 03 03 (Ü H - 03 O C ^ ^ 5 e O pq o ^ W * u bn g 5 O II S 03 W £ o ä P=H 5 03 T 03 SS rö +» 03 GG o 03 © ü S c _© CQ Pi w s® T3 03 C Sh C3 03 r ® 3 * 63 or Ä 03 d 63 ."g GG 'q ^ ^ ft ^ £ o ft 3 eö ' C> £3 J> 03 . ft © o S .. ft :o ft eö u • N co S ci cö TI &£^ _ 03 - s = 43 .-*5 .as Ä f 03 03 03 03 4J -P 03 O d ^ <1 d O C|- T ® ’S 3 Ä 3 c3 cö .S 03 ^3 5 GG £ « Oj öS ^ N ^ <® ® J« 0) „ ü « o g C O ® Ä K • S* 63 Eft . d ft u 43 ft Oft"-1 bß 03 03 £ Oh S <| C zu Irrtümern Anlaß bieten könne und überdies „cerati tisch“ als eindeutige Bezeichnung im Sinne v. Büch’s erhalten bleiben müsse. Biese Auffassung ist volL berechtigt und ich ersetze daher die Be- G. v. Arthaber, 250 Zeichnung „ceratitiscli“ in jenem weiten Sinne durch „partit“, also „partites Stadium“ mit den Teilbegriffen: bipartit (vergl. Fig. la), tripartit (vergl. Fig. 1 b, c), ceratitiscli (Fig. 1 e, f) usw. ; dabei bezieht sich die Tatsache der „Teilung“ vorwiegend auf die Beschaffenheit der Loben. Die Bedeutung der Begriffe: „goniatitisch“ mit unzerteilten Loben und Sätteln und den Teilbegriffen lanceolat, stenophyll, eurypliyll etc., sowie „ ammonitisch “ mit zerteilten Loben und Sätteln und den Teilbegriffen brachyphyll, phylloid etc., die einst L. v. Buch aufgestellt hatte, sind längst bekannt und zweifellos festgelegt. Schwierigkeit macht nur die Definition des Mittel- stadiums „partit“, d. h. eine Sutur mit ganzrandigen Sätteln und zerteilten Loben. Keine scharfe Grenze, wie bei allen Mittel- werten, trennt das „partite“ sowohl vom tieferen, dem „gonia- titisclien“, wie vom höheren, dem „ ammonitischen “ Suturstadium. Wenn auch die logisch-konsequente Durchführung der Begriffs- definition „partit“ uns relativ leicht die Grenze gegen das tiefere Stadium finden läßt , macht trotzdem die Abgrenzung gegen das höhere, ammonitische Schwierigkeiten, weil die Suturform sich nicht sprunghaft, sondern allmählich weiter fortbildet und unmerklich in das höhere Stadium übergeht. Auch hier kann nur der allgemeine Gesichtspunkt über die Zusammengehörigkeit der Formen leiten, aber es bleibt dennoch dem subjektiven Empfinden ein weiter Spielraum offen. Innerhalb der „Stämme“ unterscheiden wir nach Suturtypus und Form, Schalengestalt und Skulptur einzelne Familien, welche aus ungleichartigen Gattungen bestehen. Speziell in diesen tieferen systematischen Einheiten äußert sich der Einfluß tiergeographischer Verbreitung am meisten. Da eine ausführliche Darlegung der Systematik älterer und triadisclier Ammoneen mit den unbedingt notwendigen illustrativen Erläuterungen und Beweisen in Vorbereitung ist, soll im Folgen- den nur in den allgemeinsten Zügen die neue systematische Gliede- rung angeführt werden , weil diese von allgemeinerer Bedeutung sein dürfte und in der oben angeführten Arbeit über die „Trias von Albanien“ schon verwendet worden ist. A. 3Iikrodouia. Wie im folgenden weiter ausgeführt werden wird, löst sich die große Gruppe der mikrodomen Ammonitida, deren Wolm- kammerlänge kürzer als ein Umgang ist , in 3 Stämme auf, welche wir nach den ältesten Vertretern, den Stammformen, benennen : I. Stamm : Beloceratea. II. „ Tornoceratea. III. „ Gephyroceratea. Grundzüge einer Systematik der triadischen Ammoneen. 251 Wenn auch die beiden letzten Stämme, wie Fig. 2 zeigt, in ihren Wurzeln, und wie sich herausstellt, auch in ihren Zweigen vielfach gemeinsame Züge und so ziemlich gleiche geologische Verbreitung besitzen, weicht die Entwicklung des ersten Stammes sehr stark ab. Seine diskoidalen, engnabeligen und im allgemeinen glattsclialigen Gehäuse besitzen eine aus vielen Elementen be- stehende Sutur, in welcher sich zwischen Extern- und Lateralloben Adventive ausbilden, während außerhalb der Naht noch Auxilliar- loben auftreten. Jene Adventive bilden sich erst in bestimmtem individuellen Alter aus (vergl. Arthaber , 1. c. p. 212 Fig. 8) ; diesem Adventivstadium geht daher ein adventivfreies voran , in- dem eine gewisse Annäherung an den Suturbefund bei den zwei anderen Stämmen eintritt. Immerhin kontrastieren die B e 1 o - Fig. 2. Suturformen der Stam m typen der mikrodomen Stämme. a Belocercis Hyatt (nach Sandberger), b Tornocer as Hyatt (nach Haug), c Gepliyroceras Hyatt (nach Haug), Devon. ceratea noch durch die Menge der Suturelemente auffallend gegen die einfacher gebauten Suturformen und die meist weiter genabelten und stärker aufgeblähten Formen der Tornoceratea und Ge- phyroceratea. Während das Entwicklungsmaximum bei letzteren in der Unter- und Mitteltrias liegt, erreichen erstere das Maximum schon im Perm und der Untertrias , doch blühen jüngere Zweige noch reich in der Obertrias. Zwischen beiden Stämme-Gruppen linden wir Konvergenzformen dort, wo die Adventive schwach oder nur rudimentär ausgebildet sind, z. B. bei einzelnen Noritiden oder Prodromitiden. Zwischen Tornoceraten und Gepliyroceraten zeigen z. B. innerhalb der Ptychitiden und Meekoceratiden besonders Proptychites und Meekoceras eine Fülle von Konvergenzformen, ganz abgesehen von den Bindegliedern innerhalb der Familien ein und desselben Stammes. Beloceratea sowie Gepliyroceratea zerfallen in mehrere Familien, die wir im Folgenden, soweit sie besonders das Paläo- zoicum und die ältere Trias betreffen, übersichtlich anführen, während die Tornoceratea nur durch eine einzige Familie, von allerdings bedeutendem Umfange, repräsentiert sind. I. Stamm : Beloceratea Arth. 1. Familie: Beloceratidae Frech emend. Arth. Beloceras Hyatt, Medlicottia Waag., Episageceras Noetl., Propinacoceras Gemm. , Sicanites Gemm .,Psendo- sageceras Dien., Sageceras Mojs., Cordiller lies H. etS>i. 252 G. v. Arthaber, 2. Familie: Noritidae Waag, emend. Arth. Pronorites Mojs. , Parapronorites Gemm. , Dar ac- htes Gemm.. Norites Mojs. 3. Familie: Prodromitidae Arth. Prodromites Sm. et Well.. Hedenstroemia Waag. (== Clypites Waag.), Aspenites H. et Sm. , Longo- bardites Mojs.?, Paranorites Waag.? 4. Familie: Pinacoceratidae Mojs. Bcatites Arth., Pinacoceras Mojs. s,s., Pompeckjites Mojs., Placites Mojs. 5. Familie: Carnitidae Arth. Procarnites Arth. , Ussuria Dien. ?, Lanceolites H. et Sm., Arthaberites Dien., Carnites Mojs., Meta- carnites Dien. (Bambanagites Mojs.), Tibetites Mojs. (Para-, Anatibetites) , Pseudosirenites Arth., Pseudo- hauerites Arth. Weit verbreitet sind die Beloceratea in allen marinen Ge- bieten, nur fehlen sie der Arktis. Ihr stratigraphisches Vorkommen umfaßt die gewaltige Zeitspanne vom Devon bis Bhät; in der Unter- trias finden wir sie besonders in Albanien, schwächer in Westamerika. II. Stamm : Tornoceratea Arth. Familie : Ptycliitidae Waag, emend. Arth. 1 . Unterfamilie : Ptychitinae Arth. Nannites Mojs., Paranannites H. et Sm., Proptg- cJiites Mojs., Ptgchites Mojs., Sturia Mojs. 2. Unterfamilie: Gymnitinae Waag. Xenodiscus Waag. , Xenaspis Waag. , Flemingites Waag., Proteusiies Hau., Japonites Mojs., BuJcow- skiites Dien. , Monophgllites Mojs. (inklusive Mojs- varites Pomp. , Discophyllites Mojs. , Bhacophyllites Zittel), Gymnites Mojs. (inklusive Paragymnites Hyatt, Anagymnites Hyatt, Buddhaites Dien.). Wir finden die ältere Gruppe, die Gj^mnitinae, vom Perm bis Ehät (eventuell mittels Bhacophyllites noch im Lias), die jüngere Gruppe, die Ptychitinae, in der Unter- bis Obertrias. Alle Meeresgebiete enthalten zahlreiche P t y c li i t i d e n ; sie sind be- sonders reich im asiatischen Anteile der Tethys , relativ schwach in Westamerika vertreten und fehlen wieder der Arktis. III. Stamm: Gephyroceratea Arth. 1 . Familie : Meekoceratidae Waag, emend. Arth. I. Unterfamilie: Lecaiiitiiiae Arth. Paralecanites Dien., Lecanites Mojs., Ambites Waag., Kymatites Waag., Parakymatites Waag., Proavites Arth. Grundzüge einer Systematik der triadischen Ammoneen. 253 2. Unterfamilie: Ophiceratinae Arth. Ophiceras Griesb. emend. Arth. (= Gyronites Waag.). 3. Unterfamilie: Hungaritinae Arth. Hungarites Mojs., Otocercis Griesb., Dalmatites Kittl ?, Stacheites Kittl. 4. Unterfamilie: Arctoceratinae Arth, Arctoceras Hyatt (= Gr. d. Ceratites polaris ), Bagnocer as Arth. 5. Unterfamilie; Meekoceratinae Arth. MeeJwceras Hyatt. emend. Arth, (inklusive Prionölobus ), Aspidites Waag, emend. Arth, (in- klusive Kingites und KonincJätes), Prionites Waag. emend. Arth., Beyrichites Waag, (inklusive Niko- medites Toula und „KonincJätes'1 bei Toula). 2. Familie: Ceratitidae Mojs. 3. Familie: Trachyceratidae Haug. Zwischen beiden ist noch eine vierte Familie anzunehmen, welche sich besonders um Arpadites gruppiert, vorwiegend ober- triadisches Alter besitzt und das meiste von dem umfaßt, was E. v. Mojsisovics (Ceph. d. Hallst. K. II. p. 397 ff.) als Dinari- tinen-Gruppe seiner obertriadischen Ceratiten bezeichnete. Die Verbreitung umfaßt Devon bis Rhät, jedoch sind die drei Familien verschieden alt. Die älteste, Meekoceratidae, lebt vom oberen Perm bis in die untere Obertrias und ist besonders reich im zentralasiatischen , weniger in allen anderen Gebieten verbreitet. Die nächst jüngere, Ceratitidae, beginnt in der Untertrias aller Gebiete und reicht (?) bis in die untere Obertrias ; die jüngste Familie, Trachyceratidae, tritt erst in der unteren Mitteltrias auf und erreicht in der Obertrias das Maximum. Da in der albanischen Untertrias die Ceratiden nur als Tirolites auftreten, die Trachyceratiden überhaupt noch fehlen, deshalb sind die jüngeren Geschlechter derzeit noch nicht bis ins Detail durchgearbeitet, weshalb wir uns vorerst nur auf die sum- marische Angabe dieser Familien beschränken. Der ganze Formenkomplex ist universell verbreitet. B. Makrodoma. Die beiden makrodomen Stämme , welche sich durch den Besitz einer langen Wolinkammer, deren Länge größer als eine Umgangslänge ist, auszeichnen, benennen wir nach ihren ältesten V ertretern Gastrioceratea und Agathi- ceratea. Sie besitzen anscheinend ein etwas geringeres Alter als die mikrodome Gruppe, da sie erst vom Carbon an sicher nachzuweisen sind. Aus den oben angegebenen Gründen aber 254 G. y. Artliaber, scheint dies geringere Alter noch nicht zweifelsfrei sichergestellt zu sein. Die Hauptmasse beider Stämme hat eine globose, enggenabelte Gestalt, doch wird in beiden Gruppen eine weitgenabelte Nebenreihe ausgebildet. Diesen gemeinsamen Momenten stellt als trennendes die Entwicklung der Suturlinie entgegen, da wir bei den Gastrio- ceratea nur eine geringe, bei den Agatliiceratea dagegen eine größere Anzahl von Suturelementen schon im Obercarbon an- gelegt finden. Diese weitgehende Differenzierung beider Stämme bleibt durch alle drei Suturstadien bis in die Obertrias bestehen. Fig. 3. Suturformen der Stammtypen der makrodomen Stämme. a Gastrioceras Hyatt (nach Gemmellaro), b Agathiceras Gemm. (nach Gemmellaro). Perm. Der Stamm der Gastrioceratea scheint enggeschlossen bis ins Perm aufzustreben; in der Untertrias findet eine reiche Zerteilung in Zweige statt, welche Mittel- und Obertrias reich mit Tr opitiden bevölkern; noch in der Obertrias entwickelt sich eine neue große Gruppe, die Haloritiden. Bei den Agatlii- ceratea dagegen tritt nach reicher Teilung im Perm, in der Untertrias ein Rückschlag ein , alte Zweige sterben ab , neue be- ginnen erst in der Mittel- und Obertrias zu treiben, die Are es - tiden und Cladiscitiden, und zwischen beiden vermitteln nur wenige harte Dauertypen. Beide Stämme zerfallen in eine Anzahl von Familien und bilden ein Äquivalent der mikrodomen Tornoceratea und G e p h y r o c e r a t e a. IV. Stamm : Agatliiceratea. 1. Familie: Agathiceratidae Arth. Agathiceras Gemm., Adrianites Gemm. (s. restr. Arth.), Lobites Mojs. 2. Familie: Sphingitidae Arth. Hoffmannia Gemm., ? Boryceras Gemm., Prosphin- gites Mojs., Sphingites Mojs. 3. Familie: Arcestidae Arth, (non Mojs.) 1. Unterfamilie: Popanoceratinae Hyatt (s. restr. et emend. Arth.). Popanoceras Hyatt, Parapopanoceras Haug, Megaphyllites Mojs. 2. Unterfamilie: Cyclolobinae Arth. Stacheoceras Gemm., Hyattoceras Gemm., Cyclo - lobus Gemm., Joannites Mojs. Grundzüge einer Systematik der triadischen Ammoneen. 255 3. Unterfamilie: Arcestinae Arth. Waagenoceras Gemm., Proarcestes Mojs., Arcestes Suess, Didymites Mojs. 4. Familie: Cladiscitidae Zittel. Procladiscites Mojs., Cladiscites Mojs., Psilodadi- scites Mojs., Paradadiscites Mojs. Die Agathiceratea erreichen ein erstes Maximum im Perm, ein zweites in der Obertrias und besitzen eine Lebensdauer vom Carbon bis Rliät. Die ältesten Vertreter führen die Ab- lagerungen des marinen Obercarbon und wir kennen sie vorläufig aus Europa und Westamerika. Gleichweit verbreitet, aber in größerer Formenmenge treten sie im marinen Perm von Sizilien, Ural, Salt Range, Westamerika und Westaustralien auf. Die Haupt- masse der jüngeren Agatliice raten beherrscht die Mittel- und Obertrias; sie zeichnet sich durch großen Formen- und Individuen- reichtum aus und beherrscht als Arcestiden und Cladisci- tiden die jungtriadisclien marinen Ablagerungen der ganzen Erde. V. Stamm: Gastrioceratea Arth. 1 . Familie : Acrochordiceratidae Arth. Acrochordiceras Hyatt, Stephanites Waag., Pseudo- sibirites Arth., Sibirites Mojs. 2. Familie: Tropitidae Mojs. (s. restr. Arth.) Protropites Arth., Prenkites Arth., Columbites H. et Sm. , Tlianamites Dien., Isculites Mojs. , Styrites Mojs. , Sibyllites Mojs. , Haidingerites Mojs. , Tro- pites Mojs. 3. Familie: Haloritidae Dien. (= Subfam. Mojs.). Halorites Mojs. , Jovites Mojs. , Sagendes Mojs., Juvavites Mojs. , Barrandeites Mojs. , Leconteia H. et Sm., Tardeceras H. et Sm. 4. Familie: Celtitidae Arth. Celtites Mojs., Tropiceltites Mojs.. Margariten Mojs. Von ähnlichem Alter wie der frühere Stamm sind auch die Gastrioceratea vom Obercarbon bis ins Rliät verbreitet. Sie er- reichen ihr Maximum in der oberen Mitteltrias und unteren Obertrias und sind auch in der Untertrias schon relativ gut vertreten ; erst in der unteren Obertrias erlangen sie durch die individuenreichen Tro- pitiden und Halo riti den eine ähnlich weltweite Verbreitung wie die Arcestiden und Cladiscitiden. Die weitnabelige Gruppe der Celtiti den reicht mit gleichen Familienmerkmalen und eng- geschlossenem Formenkreise aus dem Perm bis ins Rliät. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich zwingend als Kon- sequenz , daß die Ammonitidenfauna der Trias polyphylletischen Ursprungs ist. Rücklaufend lassen sich die Stämme z. T. bis ins Devon, z. T. weniger weit verfolgen. Dieses Ergebnis mag durch den zufälligen Stand unserer Kenntnis oder durch feststehende 256 Lachmann. Miscellanea. — Druckfehlerberichtigung. Tatsachen bedingt sein, aber sicherlich sind die Stämme nicht von gleichem x\lter. Ob auch Polyphyllie für kleinere genetische Gruppen, z. B. für Gattungen angenommen werden kann, wie es in jüngster Zeit geschehen ist, erscheint mir recht fraglich. Viel weitgehen- der, als gewöhnlich angenommen wird, scheint mir hingegen die Konvergenz der Formen zu sein, und zwar insbesondere in den einzelnen tiergeographischen Verbreitungsbezirken. Zur Beendigung der Diskussion mit Herrn K. Andree. Von R. Lachmann. Die Vorwürfe von K. Andree 1 kommen verspätet. Die physi- kalische Begründung für die von mir geäußerten Anschauungen über autoplaste Vorgänge bei der Umbildung von Salzgesteinen liegt bereits seit November 1911 vor in einer Arbeit von Svante Arrhenius zur Physik der Salzlagerstätten 1 2. Hier ist von autoritativer physikalischer Seite eine vollkommene Bestätigung der Schlußfolgerungen gegeben, zu denen ich auf Grund der geologischen Tatsachen gelangt bin. Wo sie von meinen bisherigen, stets nur als vorläufig gegebenen Erklärungen abweichen, trete ich um so lieber den ARRHENius’sclien Ansichten bei, als ich in einem Briefwechsel mit dem Stockholmer Meister für manche dieser Deutungen Anerkennung gefunden habe, während andere als physikalisch unhaltbar aufgegeben werden müssen. Eine erneute Darstellung der so gewonnenen Anschauungen befindet sich bereits, im Druck in der Geologischen Bundschau. Es besteht daher für mich kein Grund, dem Wunsche Herrn Andree’s nicht nachzukommen und die Diskussion hier bis auf weiteres abzubrechen. Breslau, den 1 1 . März 1912. Miscellanea. Ein Institut für chemische, physikalische und mineralogische Forschungen ist von der Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg begründet worden. Es soll zur Erinnerung an den russi- schen Naturforscher Michael Lomonossow, dessen 200. Geburtstag im November 1911 gefeiert wurde , LoMONOSSow-Institut heißen. Druckf e hlerberi chtigun g . Centralbl. 1911. p. 759 Z. 1 von unten statt 1911. II. Bef- lies: 1912. I. -18-. 1 Dies. Centralbl. 1912. p. 129. Abs. 1 2 Meddel. k. Vetensk. Akad. Nobelinst. 2. 1912. No. 20. Vergl. auch K. Lachmann, Ueber die Bildung und Umbildung von Salzgesteinen. Jahresber. d. Schles. Ges. f. vaterl. Kultur 1912. (Vortrag v: 15. Febr. 1912.) Voigt & Hochgesang * Göttingen Fabrikation von Dünnschliffen von Gesteinen: Preis im Durchschnitt Mk. 1.10 Nur für besonders schwierig zu bearbeitendes Material tritt ein geringer Preis- aufsclilag ein. Unerreichte Qualität, Dünne 0,02 mm. Kristalle: Genau orientierte Schliffe. Preis Mk. 1.30 — 1.50. Kristallpräparate für sämtliche mineralogischen Untersuchungen in tadelloser Aus- führung zu angemessenen Preisen. Zahlreiche Dünnschliff-Sammlungen, zusammengestellt von bedeutenden Fachleuten der Mineralogie. Neu! 120 Dünnschliffe kristalliner Schiefer, zusammengestellt von U. Grubenmann , mit erklärendem Text von Dr. Laura Hezner. 36 Dünnschliffe typischer Erzlagergesteine, ausgewählt und beschrieben von R. Beck. 14 Dünnschliffe amerikanischer Erzlagergesteine, ausgewählt von E. Ritter, Colorado, beschrieben von R. Beck. 28 Thin Sections of the diamond-bearing. Kimberlites of South Africa, ausgewählt und beschrieben von G. S. Gorst orphine, Johannesburg. Anfertigung von Mikrophotographien und Diapositiven. Kristallmodelle aus Holz- und Glastafeln. Schleifutensilien zur Herstellung von Dünnschliffen. Mineralogische und geologische Bedarfsartikel. Kataloge gratis. Im Februar 1912 erschienen: Neuer kristallographisoher Katalog Ufo. 2». Aus dem reichen Inhalt möge hervorgehoben sein : Modell zur Demonstration der Lage des rhombischen Schnittes bei den Plagioklasen nach Prof. Pr. K. Hintze. Neue Pappkristallmodelle nach Prof. Pr. K. Vrba. Kristallographische Kaleidoskope nach Prof. Pr. E. A. Wülfing. Kristallographisches Spiegel-Polyskop nach Prof. Pr. K. Yrija. Modell zur Demonstration der stereographischen Projektion und Wandtafel für stereogr. Projektion nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Glasmodelle zur Erläuterung der Aetzmethode nach Prof. Dr. G. Wulff. Modelle zur Erläuterung der Bildung der ozeanischen Salz- ablagerungen nach Dr. E. Jänecke. Neue Mineralpräparate und orientierte Mineraldünnschliffe. Aus der neuen (achten) Auflage des mineralogischen Haupt- katalogs No. 1 (Juli 1910) empfehlen wir: A. Vorlesungssammlung von 100 Mineralpräparateu. Diese Sammlung enthält nur Präparate von natürlichen Mineralvorkommen (mit Ausnahme von künstlichem Rubin und Borax) und ist in der Weise zusammengestellt, daß alle wichtigen optischen Erscheinungen daran demonstriert werden können. Der Preis einer Normalsammlung von 100 Mineralpräparaten in guter Qualität beträgt einschließlich eines zweckmäßig eingerichteten Kastens Mk. 1100. — . Dieselbe Sammlung in besonders guter Qualität kostet Mk. 2000. — . B. Sammlung von 225 orientierten Dünnschliffen von 1 34 gesteinsbildenden Mineralien, angeordnet nach H. Rosenbusch und E. A. Wülfing: „Mikroskopische Physiographie der petro- graphisch wichtigen Mineralien“, I. Band. 2. Teil, 1905. Preis der ganzen Sammlung von 225 Mineralschliffen, einschließlich Etui = Mk. 375. — . « 175 „ „ „ = „ 295.—. «125 „ „ „ = * 205.-. Dünnschliffe von eingesandtem Material werden sorgfältig und pünktlich hergestellt, und zwar in der üblichen Stärke bis zu 0,02 mm und darunter. Durchschnittlich wird für einen Schliff auf Vereinsformat (28 X 48 mm) montiert Mk. 1.— berechnet. Nur für besonders schwierig zu bearbeitende Gesteine wird ein ent- sprechender Aufschlag berechnet. Auf Wunsch werden größere , bis handgroße Schliffe angefertigt. Spezialität: Schliffe fossiler Hölzer. Dr. F. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, Fabrik u. Verlag mineralogischer u. geologischer Lehrmittel. Gegr. 1833. — ■■■ Bonn a. Rhein. ■■■ ■■ Gegr. 1833 Verlag der E. Schweizerbart’schen Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, Stuttgart, Johannesstr. 3. Druck von C. Grüninper. K. Hofbucbdrnckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartinann), Stuttgart. 1. Mai 1912. V 'A i» 'S 2> Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie in Verbindung mit dem Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie | \ .. .> ' \v.. - ^ ; herausgegeben von M. Bauer, E. Koken, Th. Liebisch in Marburg. in Tübingen. in Berlin. 1912. ITo. 9. STUTTGART. E. Sehweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser. 1912. Monatlich 2 Nummern. Preis für Nichtabonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Mk. pro Jahr. Abonnenten des Neuen Jahrbuchs erhalten das Centralblatt unberechnet. n Jr Inhalt. Original-3Iitteihingen etc. geitfc Boeke, H. E. : Räumliche ternäre Kristallisationsmodelle für den Unterricht in physikalisch-chemischer Mineralogie. Mit 14 Text- iiguren 257 Zambonini, F. : Ueber die Identität des Baeumlerit mit dem Chlorocalcit 270 Beutel], A. : Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution der Markasit- Arsenkies-Glaukodot-Gruppe. Mit 2 Textfiguren. (Fortsetzung) 271 Geinitz, E. : Kolloiderscheinungen in Konkretionen. Mit 6 Text- figuren 282 Haag. F. : Erwiderung auf H. Reck s „Beitrag zur Kenntnis des ältesten Donaulaufes in Süddeutschland“. Dies. Centralbl. 1912. p. 107 287 Versammlungen und Sitzungsberichte 287 Miscellanea 288 Personalia 288 E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, in Stuttgart. Soeben erschien Island. Eine naturwissenschaftliche Studie von Dr. Walther von Knebel f. Nach seinem begonnenen Manuskript herausgegeben von Dr. Hans Reck, Berlin. Nebst einem Nachruf von Geh. Bergrat Prof. Dr. W. Branea. gr. 8°. 290 Seiten mit 55 z. T. farbigen Bildern auf 28 Tafeln, 1 Übersichtskarte und 20 Textfiguren. Preis brosch. Mk. 7.40, eleg. geb. Mk. 8.60. Ein lür alle Geologen . Geographen , Vulkanologen und die ent- sprechenden Institute und Bibliotheken hochbedeutsames Werk. | E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser in Stuttgart. Soeben erschien: Deutschlands Steinkohlenfelder und Steinkohlenvorräte von Prof. Dr. Fritz Frech, Breslau. gr. 8°. 165 Seiten mit 7 Karten und Profilen, sowie 18 Textfiguren. Preis Mk. 16.—. Ein für alle Fachgelehrten und Fachbibliotheken des In- und Auslandes hochbedeutsames, unentbehrliches Werk. H. E. Boeke, Räumliche ternäre Kristallisationsmodelle etc. 257 Original-Mitteilungen an die Redaktion. Räumliche ternäre Kristallisationsmodelle für den Unterricht in physikalisch-chemischer Mineralogie. Von H. E. Boeke in Halle a. S. Mit 14 Textfiguren. Seitdem nunmehr auch Dreistoffsysteme in den Kreis der ex- perimentellen mineralogischen Forschung hineingezogen werden, ist es erwünscht , für den Unterricht Raummodelle zu besitzen, welche die einfachsten Typen der hier obwaltenden Verhältnisse darstellen. Zu diesem Zweck habe ich zunächst sechs verschiedene Modelle konstruiert und den Vertrieb derselben der Firma Dr. F. Krantz in Bonn überlassen. Es sind in diesen Modellen nur die Fälle dargestellt, daß entweder keine Verbindungen der drei Komponenten auftreten, oder nur eine binäre Verbindung oder schließlich eine ternäre. Ist einmal die richtige Anschauung für derart einfache Systeme mit Hilfe der Modelle gewonnen , so läßt sich das Zusammenvor- kommen mehrerer binärer oder ternärer Verbindungen an der Hand projektiver Zeichnungen in der Ebene leicht erläutern. Die all- gemeinen Grundsätze , die dabei gelten , treten schon in den er- wähnten sechs Raummodellen zutage. Die Möglichkeit der Bil- dung zweier oder dreier nicht mischbarer Schmelzen wurde bei diesen Modellen nicht in Betracht gezogen, weil sie für die minera- logisch-petrographische Forschung bislang von untergeordneter Bedeutung ist; auch ist das Auftreten der Dampfphase unberück- sichtigt geblieben wegen des bisherigen Mangels an mineralogisch wichtigen Beispielen. Weiterhin gelten die Modelle für konstanten Druck. Die ternäre Mischkristallbildung wird eventuell später noch in Modellen erläutert werden, obwohl der räumlichen Dar- stellung der mit den Schmelzen im Gleichgewichte stehenden ternären Mischkristalle gewisse Schwierigkeiten im Wege sind. Die Figuren 1 und 2 geben eine photographische Abbildung der Modelle. Die Seite des Grunddreiecks hat eine Länge von 33 cm, die Höhe beträgt ca. 36 cm. Die Eigenschaften der ternären Kristallisationsdiagramme wurden zuerst eingehend von Bakruis Roozeboom1 beschrieben, 1 H. W. Bakhuis Roozeboom, Zeitschr. f. phys. Chemie. 1893. 12. p. 359—389. Centralblatt f. Mineralogie etc*. 1912. 17 258 H. E. Boeke, nachdem einige grundlegende Beziehungen derselben schon lange Zeit vorher (1875) von W. Gibbs abgeleitet worden waren. Die erschöpfende Behandlung findet sich bei Schreinemakers auf •dessen Werk hier besonders verwiesen sei. Die Darstellung in den Modellen geschah auf die übliche Weise mit Hilfe eines horizontalen gleichseitigen Dreiecks für die Zusammensetzung des Gemisches (Koordinaten parallel den Fig. 1. Big. 2. Dreiecksseiten) und einer dazu senkrecht stehenden Temperatur- achse. Es wurden die nachfolgenden Fälle gewählt. 1. Nur die drei Komponenten kristallisieren aus der Schmelze aus, Verbindungen treten nicht auf. Mineralogische Beispiele sind noch nicht bekannt, dagegen gehört das System Blei — Zinn — Wis- mut diesem T3^pus an (Charpy, Shepherd). 1 F. A. H. Schreinemakers, Die heterogenen Gleichgewichte. 3. TI. 1. Braunschweig 1911. Räumliche ternäre Kristallisationsmodelle etc. 259 Schmelzpunkte 325° (Pb), 232° (Sn), 268° (Bi). Binäre Eutektika . . . 182° (Pb— Sn), 127° (Pb— Bi), 133° (Sn— Bi). Ternäres Eutektikum . 96°. 2. Eine Komponente A ist dimorph mit enantiotroper Um- wandlung, der Umwandlungspunkt liegt oberhalb der Temperatur des Eutektikums A, B und unterhalb derjenigen des Eutektikums A, € (vergl. Fig. 5). Die „Modifikationskurve“ FG (Schreine- makers a. a. 0. S. 53) ist horizontal. Die instabile Verlängerung der xAussclieidungsflächen der beiden Modifikationen liegt jedesmal in einem heterogenen Gebiet, d. h. die Löslichkeit in der ternären Schmelze ist für die stabile Modifikation kleiner als für die in- stabile. Beispiel dieses Typus : Pseudowollastonit — Wollastonit im System CaO — A1203 — Si021. Hier erreicht jedoch die Ausschei- dungsfläche für Wollastonit die Prismenseite für das binäre System CaO — Si02 nicht, ihre Umgrenzung liegt vielmehr ganz innerhalb des Prismas. (Die Temperaturen der Eutektika CaSi03 — Si02 undCaSi03 — Ca2Si04 liegen oberhalb der Umwandlungstemperatur von 1190° für Pseudowollastonit — Wollastonit). 3. Es bildet sich eine binäre Verbindung AB mit kon- gruentem Schmelzpunkt ; die Ausscheidungsfläche für A B schneidet die Fläche für die Komponente C, zwei ternäre Eutektika sind vorhanden. Besonders ist zu beachten, daß die Fläche für AB von dem höchsten Punkte D (Schmelzpunkt der reinen Verbindung) nach dem Prismeninnern sofort abfällt. Eine horizontale Tangente ist nur in der Seitenfläche A, B des Prismas vorhanden. Beispiel: Das System Na2 S04 — Na CI — Na F mit dem Doppel- salze Na2S04.NaF2. Im Modell 3 ist die Ausscheidungsfläche für die Verbindung AB so konstruiert, daß in einem gewissen Gebiet die Ausscheidungs- temperatur von AB aus der binären Schmelze durch Zufügung der dritten Komponente C erhöht wird (vergl. die Isothermen in Fig. 3 und Schreinemakers, p. 145). Die Linie GH auf dem Modell geht durch ein Maximum, so daß ein weiterer Zusatz von C Gefrierpunkterniedrigung hervorruft. 4. Eine ternäre Verbindung ABC mit kongruentem Schmelz- punkt tritt auf, die Lage der Flächen ist derart, daß drei ternäre Eutektika gebildet werden. Der Schmelzpunkt M der reinen Ver- bindung ABC ist das Maximum der inneren kuppelförmigen Aus- scheidungsfläche. Diese Fläche besitzt in M eine horizontale Be- rührungsebene. Jeder beliebige Vertikalschnitt durch M zeigt 1 E. S. Shepherd und G. A. Rankin, Zeitschr. f. anorg. Chemie. 1911. 71. p. 19-64. 2 A. Wolters, N. Jahrb. f. Min. etc. 1910. Beil.-Bd. XXX. p. 55— 95. 17* 260 H. E. Boeke, also ein Maximum in M (Unterschied gegenüber der binären Ver- bindung). Beispiel für eine kongruent schmelzende ternäre Verbindung: Anorthit im System CaO — Al2 03 — Si02 1. Der Fall einer inkongruent schmelzenden ternären Ver- bindung (ternäres „verdecktes Maximum“) ergibt sich aus dem Modell 4 durch eine Verschiebung der Ausscheidungsfiäche einer der Komponenten über das Maximum M hinweg. Die Lage der neu entstehenden Schnittlinien der verschiedenen Flächen im Raume ist unten sub c) besprochen (Fig. 8). 5. Eine binäre Verbindung AB mit kongruentem Schmelz- punkt scheidet sich aus der Schmelze aus , jedoch nur bis zu einer gewissen Minimaltemperatur Tm. Unterhalb Tm stoßen die Ausscheidungsflächen für die Komponenten A und B zusammen. Kristallisiert die Verbindung AB aus einer Schmelze aus, so wird sie unterhalb Tm neben der Schmelze instabil und muß daher resorbiert werden. Zwischen Tm und dem Punkte U, wo ein Vertikalschnitt durch die darstellenden Punkte für C und A B die Linie TmE schneidet (vergl. die Projektion Fig. 9), befindet sich AB im Umwandlungsintervall2 3. Beispiele für eine untere Bildungstemperatur bei ternären Verbindungen : Carnallit K C 1 . Mg Cl2 . 6 H2 0 — 21 0 3 Tachhydrit Ca Cl2 . 2 Mg Cl2 . 12 H2 0 .... 2204 Beispiel für ein IJmwandlungsintervall (wofür allerdings nur die obere Grenze zu 40 0 festgelegt wurde) : Ammoniumcarnallit N H4 CI . Mg Cl2 . 6 H2 0 5. 1 Shepherd und Rankin, 1. c. 2 Unter der von W. Meyerhoffer (Zeitschr. f. phys. Chem. 1890. 5. p. 97 ; vergl. auch J. H. van’t Hoff, Bildung und Spaltung von Doppel- salzen. Leipzig 1897. p. 10) herrührenden Bezeichnung „Umwandlungs- intervall“ wird ein Temperaturintervall verstanden. Bei Temperaturen außerhalb des Umwandlungsintervalls kann eine Verbindung ABm (oder ABmCn) aus einer Lösung in der dritten Komponente C rein auskristal- lisieren (z. B. Alaun in Wasser), innerhalb des Umwandlungsintervalls dagegen läßt eine Lösung von A Bm in C bei der Entfernung (Verdunsten) von C zunächst eine Komponente, A oder B, ausfallen (z B. Carnallit in Wasser). Der Begriff des Umwandlungsin rervalls hat besonders bei Salz- lösungen in Wasser Bedeutung und darf mit der später zu erwähnenden „Umwandlungsknrve“ nicht verwechselt werden. 3 J H. van’t Hoff und W. Meyerhoffer, Zeitschr. f. phys. Chem. 1899. 30. p. 64—88. 4 J. H. van’t Hoff, F. B. Kenrick und H. M. Dawson, Zeitschr. f. phys. Chem. 1902. 39. p. 27—63. 5 W. Biltz und E. Marcus, Zeitschr. f. anorg. Chem. 1911. 71. p. 166—181. Räumliche ternäre Kristallisationsmodelle etc. 281 6. Eine binäre Verbindung A2B kann s icli aus der binären Schmelze von A und B nicht, dagegen wohl aus der ternären Schmelze ausscheiden. Die Verbindung hat daher eine obere Bildungstemperatur aus der Schmelze bezw. ein nach oben ab- geschlossenes Umwandlungsintervall. In diesem Modell ist an- genommen worden, daß die untere Grenze des Umwandlungsintervalls nicht erreicht wird (die Linie C — A2B liegt ganz außerhalb der Ausscheidungsfläche für A2B). Entsprechend ist nur ein ternäres Eutektikum vorhanden. Beispiel : Tricalciumsilikat Ca3Si05 im System CaO — A1203 — Si02J. Der Fall einer inkongruent schmelzenden binären Verbindung läßt sich durch eine kleine Verschiebung der Ausscheidungsfläche für die Komponente B aus dem Modell 6 ableiten (vergl. Fig. 11, wo auch eine untere Grenze des Umwandlungsintervalls in U an- genommen ist). Aus Konstruktionsrücksichten sind die Ausscheidungsflächen der drei Komponenten in den Modellen als Ebenen angenommen. Im allgemeinen sind diese Flächen gebogen , jedoch ist die sche- matische Vereinfachung der ebenen Darstellung der betreffenden Flächen auf die daraus abzuleitenden Eigenschaften ohne Einfluß. Horizontale Durchschnitte durch die Raumdiagramme ergeben die Isothermen, welche die Löslichkeit der Komponenten und Verbindungen in den ternären Schmelzen bei konstanter Temperatur darstellen. Die Isothermen der Komponenten haben eine Aus- breitung von 60°, diejenigen der binären Verbindungen von 180° und der ternären Verbindungen von 360°, wie es aus der Lage der Bodenkörper im Konzentrationsdreieck hervorgeht (Komponenten in den Ecken, binäre Verbindungen auf der Seite, ternäre im Innern des Dreiecks). Von diesen Isothermen können jedoch jedesmal Teile instabil werden. Die Projektion der Isothermen auf dem Grunddreieck läßt die homogenen und heterogenen Gebiete für die zugehörige Temperatur leicht übersehen (vergl. für entsprechende Figuren z. B. Schreinemakers, p. 44). Der oben unter 3 erwähnte Fall der Schmelzpunktserhöhung der binären Verbindung durch Zufügung einer dritten Komponente ist in der Projektion Fig. 3 erläutert. Es sind darin zwei Hori- zontalschnitte des Modells 3 wiedergegeben , und zwar für die Temperatur von G und vom Maximum J. J liegt dort, wo die Linie GC (Fig. 3) die Isotherme für t + z/ t° berührt. Für eine konstante Temperatur t treten Komplexe ' der Linie G C zu- nächst in das heterogene Gebiet Lösung -j- festes D ein und 1 Shepherd und Rankin, 1. c. 262 H. E. Boeke, von K ab in das Gebiet der homogenen Lösung. Zufügung von C zur binären an D gesättigten Lösung G bewirkt also bei kon- stanter Temperatur zuerst Ausscheidung, dann Auflösung von festem D. C Eine Mineralausscheidung aus dem Magma durch Änderung der Zusammensetzung des letzteren (Einschmelzung des Neben- gesteins) und darauffolgende Resorption des Ausgeschiedenen, alles bei konstanter Temperatur, dürfte neben der Resorption während der Abkühlung eine häufige Erscheinung sein. Bei den geschlossenen Isothermen für kongruent schmelzende ternäre Verbindungen ist die Erscheinung der isothermen Aus- scheidung und Resorption allgemein möglich. In den Fig. 4 — 11 sind die Raumkurven der Diagramme auf das Konzentrationsdreieck projiziert. Die Grenzen der Ausschei- dungsfelder der verschiedenen Bodenkörper (in den Figuren sind die Bodenkörper umkreist angegeben) unterscheiden wir nach Bakhuis Roozeboom als Seitenkurven, wenn sie eine Seite des Dreiecks erreichen, und als Mittelkurven, wenn sie ganz innerhalb des Dreiecks liegen. Die beiden Arten von Kurven können als (isobarische) Sättigungskurven zweier Stoffe und in der Projektion als F elder grenz en oder Grenzkurven bezeichnet werden. Die Richtung der sinkenden Temperatur ist in der Projektion durch Pfeile angegeben. Diese Pfeile deuten daher an , in welcher Richtung sich die Zusammensetzung der Schmelze während der Kristallisation ändert. Die Haupteigenschaften der Seiten- und Mittel- kurven und der Isothermen, die bei der Konstruktion der Modelle maßgebend waren, sind nachfolgend kurz zusammengestellt. Die graphisch und rechnerisch mit Hilfe des thermodynamischen Potentials geführten Beweise finden sich bei Schreinemakers a. a. 0. Räumliche ternäre Kristallisationsmodelle etc. 263 c c A c c * 264 H. E. Boeke, A C a) Alle Seitenkurven, mit Ausnahme derjenigen für enantio- trope Umwandlungen fallen von der Prismenseite ah sofort nach tieferen Temperaturen. Die binären Eutektika und inkongruenten Schmelzen binärer Verbindungen sind daher keine Maxim a der Sättigungskurven zweier Stoffe in mathematischem Sinne. b) Seiten- und Mittelkurven für enantiotrope Umwandlungen verlaufen horizontal (vergl. Fig. 5). c) Wir bezeichnen die gerade Verbindungslinie der darstellen- den Punkte zweier Bodenkörper als Konjugationslinie. Schneidet eine Konjugationslinie die gemeinsame Feldergrenze für die beiden zu- gehörigen Bodenkörper, s'o stellt der Schnittpunkt ein Temperatur- maxim um dar1. Diese wichtige (zuerst von Gibbs abgeleitete) Be- ziehung kann nur für Mittelkurven gelten (vergl. Fig. 6, 7, 8, 11). In Fig. 8 liegt die Schmelze P mit maximaler Temperatur nicht zwischen den Punkten A und M für die zugehörigen Bodenkörper, in den übrigen Figuren dagegen wohl. Für ein verdecktes ternäres Maximum gilt somit die Beziehung : Wenn die Ausscheidungsfläche für A das Maximum ABmCn verdeckt, so besitzt die Sättigungskurve für A + ABmCn ein Temperatur- maximum auf der Verlängerung der Verbindungslinie A — ABmCn. d) Die Temperatur auf Sättigungskurven zweier Stoffe steigt in der Eichtling des Punktes, wo die Verlängerung der Felder- 1 Mit Hilfe dieser Beziehung kann umgekehrt aus Temperaturmes- sungen auf den Sättigungskurven die Zusammensetzung eines Bodenkörpers abgeleitet oder wenigstens kontrolliert werden , wenn die Zusammensetzung des anderen zugehörigen Bodenkörpers bekannt ist. Sämtliche gerade Linien durch die darstellenden Punkte des einen Boden- körpers und des Temperaturmaximums auf der zugehörigen Grenzkurve müssen durch den darstellenden Punkt des unbekannten Bodenkörpers gehen (vergl. Fig. 7). Räumliche ternäre Kristallisationsmodelle etc. 265 grenze die Konjugationslinie der zugehörigen festen Phasen schneidet. Diese Beziehung geht aus c) unmittelbar hervor, wenn inan die Grenzkurve instabil bis zum betreffenden Schnittpunkte verlängert denkt. Mit Hilfe der unter a) bis d) genannten Gesetzmäßigkeiten läßt sich also auch ohne Raumfigur aus der Projektion die Richtung der fallenden Temperatur allgemein ableiten1 (vergl. Fig. 5 — 11). e) Liegen die darstellenden Punkte der zu einer Grenzkurve gehörigen Bodenkörper an verschiedenen Seiten der Kurve bezw. ihrer Tangente , so kristallisieren die Bodenkörper bei ab- nehmender Temperatur gleichzeitig aus. Derartige Kurven (vergl. z. B. EF in Fig. 6) nennt Schreinemakers (a. a. 0. p. 81 ; Schr. betrachtet im allgemeinen die Vorgänge bei steigender Tem- peratur) nach Bakhuis Roozeboom S chm e lz kurven. Liegen dagegen die darstellenden Punkte der beiden Bodenkörper an derselben Seite der Grenzkurve bezw. ihrer Tangente, so wird beim Durchlaufen der Kurve ein Bodenkörper ausgeschieden und der andere gleichzeitig aufgezehrt. Diese Kurven bezeichnet man als Umwandlungskurven. Eine Sättigungskurve ist teilweise Schmelz- und teilweise Umwandlungskurve, wenn aus dem dar- stellenden Punkte des einen Bodenkörpers eine Tangente an die Sättigungskurve gelegt werden kann 2. Der Berührungspunkt der Tangente bildet den Übergangspunkt der Schmelz- und Umwand- lungskurve. So gilt in Fig. 12 für 14 T das Schema Lösung Uj -f- B2 - > Lösung u2 -j- Bj, d. h. die Lösung u dargestellter Komplex von Lösung ux B2 S : Uj S (Schwerpunktsbezieh- ung) sich umwandelt in Lösung u2 festes B Verhältnis B,S u, S. im B2 wird also aufgezehrt , während Bj ausgeschieden wird; 14 T ist eine „Umwandlungskurve “ . Dagegen lautet für die Schmelzkurve T u4 das Schema : Lösung u„ > Lösung u,4-B, B2. Die an der Reaktion beteiligten Mengen ergeben sich wiederum durch Anwendung des Schwerpunktsprinzips, wobei jetzt u3 in dem von und B9 gebildeten Dreieck 4’ liegt. B über, indem ein durch S festem B0 im Verhältnis Fig. 12. 1 Vergl. Fußnote 3 p. 266. 2 Die Eigenschaften der Feldergrenzen als Schmelz- oder Umwand- lungskurven und die zugehörigen Kristallisationsbahnen wurden ausführlich erläutert von W. C. Geer. (Journ. of Phys. Ohem. 1904. 8. p. 257 —287.) 266 H. E. Boeke, Die Pfeile auf der Grenzkurve u, u4 geben wieder die Richtung der fallenden Temperatur, also die Veränderungsrichtung der Lösung bei der Kristallisation an. In Modell 6 (vergl. Fig. 10) ist der Fall des Übergangs einer Schmelz- in eine Umwandlungs- kurve dargestellt1. Schmelzkurven sind auch bei der Entfernung der festen Phasen Kristallisationsbahnen, Umwandlungskurven dagegen nicht. Die letzteren werden bei der Entfernung (Überkrustung) der aus- gefallenen Bodenkörper von den Kristallisationsbahnen überschritten2. Sättigungskurven , die auch Schmelzkurven sind , wurden in den Fig. 4 — 13 mit einfachen Pfeilen, die Umwandlungskurven mit Doppelpfeilen angedeutet 3. Eine petrographisch wichtige Tatsache , auf welche Brani> (1. c. p. 650) aufmerksam macht, kommt in Fig. 1 1 zum Ausdruck. Schmelzen des Gebiets DUG lassen erst A ausfallen, A wird bei der weiteren Abkühlung wieder vollständig aufgezehrt und kommt in G von neuem zur Ausscheidung („Rekurrenz“ einer Mineral- ausscheidung). f) Bezüglich der invarianten ternären Punkte bei konstantem Druck (Quadrupelpunkte) als Schnittpunkte dreier Sättigungs- kurven ergibt sich noch folgendes. Fällt die Temperatur auf den drei Kurven nach dem Qua- drupelpunkte hin ab, so liegt dieser Punkt innerhalb des von den drei Bodenkörpern gebildeten Dreiecks und der Quadrupelpunkt ist ein ternäres Eutektikum. Nennen wir die Bodenkörper Bp B2 und B3, so ist die Reaktion bei Wärmeentziehung Lösung q > B, + B2 + B, (1) Beispiel: Ein-, zwei- und dreifach in allen sechs Modellen. 1 Von H. Brand (Neues Jalirb. f. Min. etc. 1911. Beil.-Bd. XXXII p. 647) wird für den Übergang der Schmelz- in eine Umwandlungskurve ein willkürlicher Punkt M angenommen. M ist nach Obigem vollständig definiert als Berührungspunkt einer Tangente. Die weitere Annahme von Brand, daß die Sättigungskurve in M einen Knick aufweist, ist un- richtig. 2 Eine ausführliche Anwendung der Begriffe der Schmelz- und Um- wandlungskurven und des Schwerpunktprinzips auf die Bildung der Kali- salzlagerstätten findet sich bei H. E. Boeke, Ein Schlüssel zur Beurteilung des Kristallisationsverlaufs der bei der Kalisalzverarbeitung vorkommen- den Lösungen. Kali. 1910. 4. Heft 13 und 14. Vergl. auch Zeitschr. f. Kristall. 1910. 47. p. 273—283. 3 Eine Ergänzung des CaO — A1203 — Si 02-Diagramms von Shepherd und Rankin in bezug auf die Richtung fallender Temperatur auf den Feldergrenzen und ihren Charakter als Schmelz- oder Umwandlungskurven, nach den in a) — e) gegebenen Prinzipien, erleichtert die Deutung der Ver- hältnisse in diesem Diagramm beträchtlich. Räumliche ternäre Kristallisationsmodelle etc. 267 Ein zweiter Typus liegt vor, wenn die Temperatur auf zwei der Kurven nach dem Quadrupelpunkte hin abfällt, auf der dritten in dieser Richtung steigt (wie in Modell 5 und in Modell 6 Punkt G). Die Reaktion im Quadrupelpunkt ergibt sich bei Betrachtung der Figuren 9 und 10 durch Anwendung der Schwerpunktsbeziehung (vergl. unten) Fig. 9 : A B > A + B Fig. 10 : Lösung G + A > A2 B -f- C oder allgemein : Lösung q + B, > B2 + Bs. (2) Die Reaktion (2) geht so lange vor sich, bis entweder Lösung q oder das vorhandene Bj erschöpft ist, was sich aus der Lage des ursprünglichen Komplexes ersehen läßt. (Liegt z. B. in Fig. 10 dieser Komplex innerhalb des Dreiecks CDA, so geht die Lösung G zuerst aus , d. h. das Ganze wird im Punkte G fest ; liegt der Komplex dagegen in z/CGD, so ist Afest zuerst erschöpft und die Kristallisationsbahn geht an GH entlang nach tieferen Tem- peraturen bis zum ternären Eutektikum H. Fällt schließlich die Temperatur nur auf einer Sättigungs- kurve nach dem Quadrupelpunkte hin, wie in Fig. 10 Punkt F, so ist die Reaktion A + B > A2B oder allgemein, wenn die drei festen Phasen nicht auf einer Linie liegen, Lösung q + Bx + B2 — > Bs (3) Wiederum hängt es von der Lage des ursprünglichen Kom- plexes ab, welche Phase in (3) zuerst ausgeht, ob also das Ganze im Quadrupelpunkte erstarrt oder welche Feldergrenze (z. B. FG oder FH in Fig. 10) weiter als Kristallisationsbahn benutzt wird. In speziellen Fällen kommt man mit dem Schwerpunktsprinzip immer gleich zum Ziel, wenn man bedenkt, daß bei Wärmeabfuhr stets eine Verringerung der Menge der Schmelze (Lösung) statt- lindet. Fs sind dann nur drei Fälle möglich. 1. Lösung q liegt innerhalb des Dreicks B, B2B3 (Reaktions- gleichung 1). 2. Die Konjugationslinie von q und einem der Bodenkörper schneidet die Konjugationslinie der beiden anderen Bodenkörper (Kreuz s ehern a, vergl. s in Fig. 10 und das sub e) zu Fig. 12 Gesagte). Reaktionsgleichung (2). 3. Ein von Lösung q und zwei der Bodenkörper gebildetes Dreieck umschließt den darstellenden Punkt des dritten Boden- körpers (Gleichung 3). Schreinemakers (p. 89) nennt invariante Lösungen (Qua- drupelpunkte) dieser drei Typen resp. mono-, bi- und trigenetisch. H. E. Boeke, 268 Bei den bigenetischen Lösungen liegen q und Bt (Gleichung 2) in „Opposition“ bezüglich B2B3, d. h. an verschiedenen Seiten von B2 B3, bei den trigenetischen sind q und B3 (Gleichung 3) in „Konjunktion" in bezug auf Bj B2 , d. h. an derselben Seite von B, B2 (Sohr. p. 69). Während die Bezeichnungen mono-, bi- und trigenetisch leicht zu Verwechslungen Anlaß geben , sind die Begriffe „Opposition“ und „Konjunktion“ nützlich bei der Deutung spezieller Fälle. g) Für den normalen Fall , daß die Löslichkeit der Boden- körper im Quadrupelpunkt mit Temperatursteigerung zunimmt, ist die Lage der drei Grenzkurven in diesem Punkt, so , daß immer die instabile Verlängerung der einen zwischen die beiden anderen fällt. Für die Zunahme der Löslichkeit mit der Temperatur ist es nötig, daß die Lösungs wärme des Bodenkörpers im Quadrupel- punkte positiv ist. Unter Lösun.gswärme versteht man die Wärme, die dem System zugeführt werden muß, um die Mengen- einheit einer festen Phase in einer so großen Menge ihrer gesättigten Lösung aufzulösen, daß die Zusammensetzung der letzteren sich nicht merklich ändert. Von Schreinemakers wird ausdrücklich nur der Fall einer positiven Lösungswärme und die zugehörige Lage der drei Sättigungs- kurven im Quadrupelpunkte berücksichtigt1. Bei binären S3rstemen ist jedoch nicht selten eine mit der Temperatur abnehmend- Lös- lichkeit vorhanden (z. B. wässerige Lösungen von Natriumsulfat, Gips, Calciumchromat, organische Calcium Verbindungen) und ähn- liches dürfte auch bei den ternären Systemen Vorkommen. Eine abnehmende Löslichkeit eines Bodenkörpers bei Temperaturzunahme 1 Schreinemakers a. a. 0. p. 65 : „Wir setzen hier, wie in allen folgenden Ableitungen, voraus, daß zur Bildung einer Lösung Wärme zugeführt werden muß . . . “ Räumliche ternäre Kristallisationsmodelle etc. 269 zeigt sich im Raumdiagramm durch eine abgeneigte Lage der Sättigungsfläche in bezug auf die Vertikale über dem darstellenden Punkt des Bodenkörpers. In der Projektion fallen dann die Aus- scheidungsfelder für die drei Bodenkörper beim Quadrupelpunkte teilweise übereinander. In Fig. 1 3 ist die Lage der Grenzkurven angegeben für den Fall , daß sich ein einfaches Eutektikum der drei Komponenten bildet und B eine negative Lösungswärme in der Lösung E besitzt. Die in Fig. 13 gezeichnete Isotherme ab für B bei einer Temperatur oberhalb TE zeigt, daß die homogene Lösung E bei Temperaturerhöhung in ein heterogenes Feld für Bfest + Lösung gelangt. Werden die Lösungs wärmen für zwei der Bodenkörper im Quadrupelpunkte negativ, so haben zwei Ausscheidungsflächen die abgeneigte („widersinnige“) Lage. Der Verlauf der Sättigungs- kurven und der Isothermen in diesen und in weiteren verwickelteren Fällen soll hier nicht näher verfolgt werden, nur war auf die Be- deutung des Falles hinzuweisen, daß die drei Feldergrenzen im Quadrupelpunkt nicht die normale gegenseitige Lage (die Ver- längerung einer der drei Kurven immer von den beiden anderen eingeschlossen) aufweisen b Für die Isothermen gelten noch die folgenden Beziehungen: h) Die Isothermen auf zwei sich schneidenden Ausscheidungs- flächen berühren sich im Maximum der zugehörigen Sättigungs- kurve der beiden festen Phasen , also auf der Konjugationslinie dieser Phasen. Gleichzeitig berühren die Isothermen die Sättigungs- kurve selbst (bezw. ihre Projektion) in diesem Punkte. i) In den binären Eutektika durchschneiden sich die Iso- thermen. (Berührung würde mit a) in Widerspruch stehen.) k) Durchschneiden sich zwei Isothermen, so liegen beide ent- weder innerhalb des Konjugations winkeis (bezw. dessen Scheitel- winkel! oder beide außerhalb desselben, oder schließ- lich berühren sie gleichzeitig je einen Schenkel des Konjugationswinkels. Eine andere Lage der Iso- thermen ist unmöglich. Der Konjugations winkel (Bj SB2 in Fig. 14) wird gebildet durch die Ver- bindung des Schnittpunktes S mit den darstellen- den Punkten der beiden Bodenkörper. Über die Unterscheidung als Lösun gs kurven (Isothermen innerhalb des Konjugationswinkels und Verdräng- ungskurven (Isothermen außerhalb des Konju- gationswinkels), vergl. Schreinemakers p. 71 — 73. 1 Die schematischen Figuren 4 — 7. 9 und 10 bei Brand. 1. c., sind sämtlich für den abnormen Fall negativer Lösungswärmen gezeichnet. 270 F. Zambonini, Ueber die Identität des Baeumlerit etc. Ueber die Identität des Baeumlerit mit dem Chlorocaloit. Von F. Zambonini in Palermo. Vor kurzem hat Herr 0. Renner 1, Berlin, eine vorläufige Mit- teilung über ein neues Kalisalzmineral veröffentlicht, für welches er den Namen Baeumlerit vorschlägt. Das neue Mineral ist „ein aus der Natur noch nicht bekanntes Salz von der Formel KCl . CaCl2“. Ich muß bemerken, daß ein Mineral obiger Zusammensetzung schon bekannt ist; es ist der Chlorocalcit A. Scacchi’s, welcher von dem Entdecker als kristallisiertes Calciumchlorid oder genauer als eine isomorphe Mischung von Ca Cl2 , K CI und Na CI betrachtet wurde, während ich2 schon vor zwei Jahren bewiesen habe, daß es sich um ein Doppelsalz KCaCl3 oder KCl.CaCl2 handelt. Die Übereinstimmung zwischen Chlorocalcit und Baeumlerit er- streckt sich auch auf die physikalischen Eigenschaften. A. Scacchi hat die Chlorocalcitkristalle als kubisch beschrieben: sie besitzen eine leichte Spaltbarkeit nach den Würfelflächen. Dieselben drei ausgezeichneten Spaltbarkeiten hat Herr 0. Renner in seinem Baeumlerit beobachtet und gefunden , daß sie anscheinend recht- winklig oder wenigstens annähernd rechtwinklig aufeinander stehen. Der einzige Unterschied zwischen den zwei Mineralien besteht in den optischen Eigenschaften. Während ich kleine Stückchen als isotrop erkannt habe , ist der Baeumlerit optisch zweiachsig, mit intensiver Verzwillingung. Der Widerspruch ist aber nur scheinbar. Wegen Mangel an Material habe ich für die optische Untersuchung nur über wenige Stückchen verfügen können und die optische Prüfung wurde durch die außerordentlich starke Hygro- skopizität des Chlorocalcits stark erschwert. Die „intensive Ver- zwillingung“, welche Herr 0. Renner beobachtet hat, spricht viel- mehr für sogen, optische Anomalien, welche natürlich nicht leicht festzustellen sind, wenn man nicht genügendes Material zur Ver- fügunghat3. Übrigens habe ich selbst bemerkt, daß der von mir benutzte Kristall rhombisches Aussehen zeigte. 1 Dies. Centralbl. 1912. p. 106. 2 F. Zambonini, Mineralogia vesuviana. 1910. p. 50. 3 Auch Herr 0. Renner , welcher über ein reichliches Material ver- fügte, hat erhebliche Schwierigkeiten bei der optischen Untersuchung gefunden. In der hiesigen Sammlung habe ich eine Stufe Chlorcalcit ge- funden, welche von A. Scacchi geschenkt und in einem zugeschmolzenen Glasrohr geschützt worden war. Ich habe aus dieser Stufe zahlreiche Kriställchen isoliert und untersucht. Die Spaltblättchen zeigen zwischen gekreuzten Nicols keine homogene Struktur: man sieht Partien mit schwacher und andere mit stärkerer Doppelbrechung. Einige Splitter bieten nahezu isotrope Teile und es gibt auch Bruchstücke, welche als nahezu isotrop zu betrachten sind. A. Beutell, Ueber die Isomorphieverhältnisse etc. 271 Das Gesagte genügt , um die Identität von Chlorocalcit und Baeumlerit zu beweisen, weil beide Mineralien gleiche Zusammen- setzung und dieselben Koliäsionsverliältnisse besitzen. Herrn 0. Renner bleibt das unbestrittene Verdienst, ein neues, reichliches und sehr interessantes Vorkommen des Cliloro- caicits entdeckt zu haben , welches ihm sicher auch eine er- schöpfende Untersuchung dieses merkwürdigen Doppelchlorides er- lauben wird. Palermo, Min. Institut der k. Universität, den 5. März 1912. Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution der Markasit- Arsenkies-Glaukodot-Gruppe. Von A. Beutell in Breslau. Mit. 2 Textfiguren. (Fortsetzung.) Es wird nun zu untersuchen sein, wie weit die hier gezogene Folgerung mit den Ansichten in Einklang ist, welche von Arzruni, Scherer und Weibull auf Grund eingehender Messungen geäußert worden sind. Arzruni (Zeitschr. f. Krist. etc. 7. p. 343) war zu folgenden Schlüssen gekommen: 1. „Mit einer Änderung der Achse a ist eine gleichsinnige Änderung im Schwefelgehalt verbunden.“ 2. „Die Änderungen sind einander direkt proportional, und ist eine Differenz von 0,00001 in der a-Achse äquivalent einer Differenz von 0,0236 °/o im Schwefelgehalt.“ Weibull (Zeitschr. f. Krist. etc. 20. p. 22) fand die genaue Pro- portionalität zwischen Schwefelgehalt und der a-Achse nicht be- stätigt. Nach ihm „ist dieser Zuwachs nicht gleichförmig, sondern er geschieht in verschiedener Progression ober- und unterhalb des Schwefelgehaltes von 19,63 °/o, welcher der Formel FeSAs oder dem Normalarsenkies entspricht“. „Bei höherem Schwefelgehalt entspricht jeder Zuwachs der a-Achse um 0,00001 einer Ver- mehrung des Schwefelgehaltes von 0,0026 °/o, bei schwefelärmeren Arsenkiesen nur um 0,0019 °/o.“ Während Weibull ein Wachsen der a-Achse mit zunehmendem Schwefelgehalt bestätigt , kommt Scherer (Zeitschr. f. Krist. etc. 21. p. 382) auf Grund der folgenden Tabelle zu dem Schlüsse, „daß die Zunahme der Brachyachse nicht in einem regelmäßigen Zusammenhänge mit dem Schwefel- gehalt steht“. In der Tat erweckt die Zusammenstellung der Daten Arzruni’s, Weibull’s, Scherer’s und Magel’s, welche nach 272 A. Beutell, zunehmendem Winkel (110) (110) -geordnet ist, den Eindruck, daß sich der Schwefelgehalt ganz unregelmäßig ändere. Tabelle 6. (iio) (lio) a ! s Wunsiedel 67° 25' 0,66713 18,64 Oebbecke Thala Bizstra 67 26 0,66733 19,36 Scherer Spräkla II 67 41 0,07049 17,49 Weibüll Beichenstein 67 43 0,67092 18,05 Arzruni Deloro 67 46 0,67155 22,23 Scherer Wester-Silfberg .... 67 50 0,67239 ! 18,22 Weibüll Mitterberg 67 59 0,67429 21,36 Arzruni Hohenstein 68 13 0.67726 19,41 Arzruni Auerbach II [ 68 15 0,67768 j 20,10 Magel Freiberg Himmelf. . . . I i 68 19 0,67834 ! 20,27 Scherer Nyberg I | 68 22 0,67917 19,00 Weibüll „Plinian“ 68 24 0,67959 20,08 Plattner Macagäo 68 28 ; 0.68046 21,07 Scherer Sala j 68 29 0,68066 j 20,41 Arzruni Joachimsthal j 68 36 0,68215 20,52 Arzruni Spräkla I 68 36i ! 0,68077 19,42 Weibüll Auerbach I 68 37 0,68236 20,64 Magel Freiberg j 68 39 ! 0,68279 20,83 Arzruni Wester-Silfberg 11 . . . 68 40 0,68300 19,86 Weibüll Sala i 68 44 0,68386 20,39 Weibüll Freiberg 68°48'-69°-24' 0,689 21,60 Weibüll Binnenthal 69 11 0,68964 22,47 Arzruni Ein ganz anderes Gesicht bekommt die Tabelle , wenn man die Analysenresultate jedes einzelnen Forschers zusammenstellt, wie ich es weiter unten getan habe. Es stellt sich dann heraus, daß für diese Unregelmäßigkeiten nicht die Arsenkiese, sondern die unzulänglichen analytischen Methoden verantwortlich zu machen sind. Zum besseren Vergleich habe ich durch Interpolation die Schwefelgehalte für alle in der Tabelle angeführten Winkelwerte berechnet. Die Originalmessungen sind von den interpolierten durch einen beigefügten Stern zu unterscheiden. Die von Scherer selbst als weniger zuverlässig bezeichneten Daten über die Arsen- kiese von Bieber, Modum und Turtmannstlial habe ich nicht zum Vergleich herangezogen ; ebenso ist nicht aufgeführt eine Einzel- bestimmung von Oebbecke, sowie zwei Bestimmungen von A. Schmidt und Loczka, weil sie sich nicht zum Interpolieren verwenden lassen. Ueber die Isomorphieverhältnisse lind die Konstitution etc. 273 Tabelle 7. (HO) (110) Scherer S Magel S Arzruni S Weibull S Thala Bisztra . . . 67° 26' 19,36* — — Sprakla 67 41 19,62 — — 17,49 Reichenstein . . . . 67 43 19,65 — 18,05* 17,65 Deloro 67 46 (22,23*) — 18,18 17,89 Wester-Silfberg . . 67 50 19,77 — 18,36 18,22* Mitterberg 67 59 19,93 — (21,36*) IS, 44 Hohenstein .... 68 13 20.17 ■ 19,41* 18,78 Auerbach 68 15 20,20 20,10* 19,53 18,83 Freiberg i 68 19 20,27* 20,20 19,77 18,93 Nyberg 68 22 20,54 20,27 19,96 19,00* „Plinian1* 68 24 20,72 20,32 20,08* 19,10 Macagao j 68 28 21,07* 20,42 20,34 19,29 Sala 68 29 — 20,44 20,41* 19,34 Joachimsthal . . . . 68 36 — 20,62 20,52* 19,67 Spräkla I 68 36| ■ — 20,63 20,57 19,69 Auerbach 68 37 — 20,64* 20,63 19,72 Freiberg 68 39 — — 20,83* 19,81 Wester-Silfberg II . ; 68 40 — — 20,88 19,86* Sala I 68 44 — — 21,09 20,39* Serbien 68 55 — — 21,65 20,99 Freiberg 68° 48' -69° 24' — — 22,21 21,60* Binnen thal 69 11 — — 22,47* — Unter den aufgeführten Daten lassen sich nur zwei nicht •einordn en, nämlich der Arsenkies von Deloro und der von Mitter- berg, welche ich durch Klammern kenntlich gemacht habe. Der Arsenkies von Deloro ist von Scherer gemessen und auch ana- lysiert, weist jedoch einen viel zu hohen Schwefelgehalt auf. Be- denkt man, daß nach Scherer „viele Vorkommen von Arsenkies einen deutlichen Aufbau aus verschieden löslichen, daher auch verschieden zusammengesetzten Schalen erkennen lassen“, und „daß zuweilen Kristalle, die äußerlich einheitlich zu sein scheinen, aus mehreren Individuen aufgebaut sind“, so kann es nicht Wunder nehmen, wenn gelegentlich eine Beobachtung nicht in den Rahmen hineinpaßt. Denn es wird der Winkel der äußeren Schale ge- messen, deren Zusammensetzung von der Bauschanalyse des ganzen Kristalls unter Umständen sehr verschieden sein kann. Die Analyse des Arsenkieses von Mitterberg wurde durch v. Hauer (Jahrb. geol. Reichsanst. 1883. 4. p. 400) ausgefiihrt, und zwar 25 Jahre bevor Arzruni seine Messungen vornahm. Bei >der großen Verschiedenheit , welche selbst Arsenkiese desselben Cfcntralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 18 274 A. Beutell, Fundorts aufzuweisen pflegen, ist es daher möglich, daß zur Ana- lyse und zur Messung verschiedenes Material gedient hat. Alle- übrigen Daten beweisen ein Anwachsen des Schwefelgehaltes mit steigendem Winkel des Prismas (HO), solange wir jede Be- obachtungsreihe für sich betrachten. Miteinander verglichen, tritt hervor, daß Scherer durchweg" höhere Werte für den Schwefel gefunden hat, als die drei übrigen Analytiker, während im Gegensatz Weibull durchweg die niedrigsten Schwefelprozente ermittelt hat. Man kann hiernach mit Beeilt den absoluten Wert einzelner Versuchsreihen bemängeln, doch nicht den relativen und die aus ihnen gezogenen Schlüsse. Die Erklärung für diese auffallenden Abweichungen ist leicht zu Anden. Scherer löst die Arsenkiese in Salpetersäure, welche- er dann mittels Salzsäure austreibt , worauf er die Schwefelsäure in der eisenhaltigen Lösung fällt. Die Besultate fallen, wie schon oben erwähnt , nach dieser Methode stets zu hoch aus , weil der S 04 Ba-Niedersclilag trotz ausgiebigsten Waschens stark eisenhaltig" bleibt. Derselbe muß daher, um richtige Besultate zu erhalten,, durch Schmelzen mit C03Na2 aufgeschlossen und die Schwefel- säure nochmals gefällt werden. Arzruni’s Schwefelsäurebestimmung ist ein wandsfrei , so daß. in bezug auf den Schwefelgehalt seine Angaben die zuverlässig- sten sind. Weibull hat zur Schwefelbestimmung den folgenden Weg eingeschlagen : „Das fein pulverisierte Mineral wird mit der zehn- fachen Menge Kaliumnitrat und Natrium carbonat geschmolzen. Ein Verlust von Schwefel ist bei vorsichtigem Erhitzen nicht zu befürchten , und wenn die Schmelze nach dem Erkalten in am- moniakaliscliem Wasser gelöst wird, so kann das Eisenoxyd meist klar filtriert und ausgewaschen werden. Die Arsen- und Schwefel- säure enthaltende Lösung wird mit H CI sauer gemacht , die Sal- petersäure von jener Säure vollständig verdrängt und der SchwefeL in der gewöhnlichen Weise bestimmt.“ Weibull bemerkt selbst,, daß der Eisengehalt nach dieser Methode in der Begel etwas zu groß ausfällt , was er durch fremde Beimengungen oder unreine^ Beagentien erklärt. Da er das Eisen durch Auflösen des Arsen- kieses in Salpetersäure bestimmt , ist der erwähnte Fehler zwar ohne Bedeutung für die Eisenbestimmung, jedoch nicht für die Schwefelbestimmung. Denn zur Erklärung der zu hohen, für das Eisen gefundenen Werte braucht man keine unreinen Beagentien. heranzuziehen ; vielmehr wird der Fehler durch die Methode selbst verursacht. Fällt man Fe(OH)3 aus einer Lösung, welche be- trächtliche Mengen Alkalisalze enthält (hier C 03 Na2, N 03 K und die entsprechenden Sulfate) , so bleibt der Niederschlag stets mit diesen Salzen verunreinigt. Da sich nun unter denselben auch Sulfate befinden, so wird der Schwefel stets zu niedrig ausfallend Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution etc. 275 Unter Zugrundelegung der von Arzruni ermittelten Schwefel- prozente ist aus Tabelle 7 zu ersehen , daß der Schwefelverlust zwischen 0,1 und 1,0 % schwankt. Ein noch klareres Bild von dem Zusammenhang zwischen dem Schwefelgehalt und der a-Achse gibt die graphische Dar- stellung, welche ich durch Aufträgen der Schwefelprozente auf die Abszissenachse und der entsprechenden Längen der a-Achse auf die Ordinate erhalten habe. Alle drei Kurven zeigen einen Knick, und zwar liegt derselbe bei Arzruni und Weibull ungefähr bei dem Schwefelgehalte des Nor- 3 malarsenkieses , während er bei Scherer, von dem leider nur drei Beobachtungen vorliegen, erst bei einem höheren Schwefelgehalte auftritt. Da seine Schwefel- prozente zu hoch sind , ist diese Verschiebung des Knickpunktes erklärlich. Allerdings erscheint bei Arzruni der Knick nicht so deutlich ausgeprägt , und dies war wohl der Grund, weshalb er auf genaue Proportionalität zwi- schen Schwefelgehalt und a-Achse geschlossen hat. Jedoch trägt die geknickte Linie seinen Be- obachtungen besser Rechnung als die gerade, welche die beiden Endbeobachtungen verbindet, da in diesem Falle alle anderen Beobachtungen außerhalb der Verbindungs- linie liegen. Übrigens würde sich der Knick auch bei Arzruni verstärken , wenn man nicht den schwefelreichsten Arsenkies von Binnenthal der Konstruktion zugrunde legen wollte, sondern einen der beiden aus der Geraden herausfallenden. Der Umstand, daß sich die Arsenkiese, die außerhalb liegen, beide unter der Ver- bindungslinie befinden, weist mehr auf diesen Weg hin, doch habe ich von dieser Konstruktion abgesehen , um den Schein des Er- künstelten zu vermeiden. Bei der WEiBULL’schen Kurve kann ein Zweifel nicht auf- kommen , da sich sämtliche Beobachtungen , mit Ausnahme einer einzigen, auf der geknickten Geraden befinden. Die graphische Darstellung der WEiBULL’schen und Arzruni- sclien Resultate erbringt den Beweis , daß sich sowohl oberhalb wie unterhalb des Knickpunktes (bei der Zusammensetzung S As Fe) der Schwefelgehalt proportional mit der a-Achse ändert; doch muß, entgegen den Ansichten Arzruni’s, aus dem Knick auf zwei ver- schiedene Proportionen geschlossen werden. Es bestätigt sich 18* 276 A. Beutell, also in vollem Maße die These Weibull’s , daß die Progression eine verschiedene ist ober- und unterhalb des Schwefelgehaltes von 19,63, welcher dem Normalarsenkies (SAsFe) entspricht. Sowohl der Knickpunkt der Dichtekurven, als auch die hohe Dichte des reinen Arsenkieses von Hohenstein hatten zur Annahme einer völlig unabhängigen , chemischen Verbindung von der em- pirischen Formel SAsFe geführt. Ein anderes nicht zu unter- schätzendes Argument für die Selbständigkeit eines solchen Normal- arsenkieses muß in der Tatsache erblickt werden, daß schon sechs Arsenkiese dieser Zusammensetzung aufgefunden worden sind. Wenn hiernach an der Existenz des Normalarsenkieses nicht mehr zu zweifeln ist, so tritt nunmehr die Frage in den Vorder- grund, welcher Art die Mischungen sind, welche mit dieser Formel nicht übereinstimmen. Vom Standpunkte des Kristallographen aus ist zu untersuchen, ob die geometrischen Konstanten des Markasits und Löllingits denjenigen Grad von Übereinstimmung besitzen, den man bei Mischkristallen anzutreffen pflegt. Wie aus einem Vergleich der Winkel (110) (110) beim Markasit und Löllingit , . sowie der be- treffenden Achsenverhältnisse zu ersehen ist, weichen die geo- metrischen Konstanten recht erheblich ab. Markasit Löllingit Winkel (110) (110) . . 74° 38' 67° 33V Achsenverhältnis . . . 0,7623: 1 : 1,2167 0.6689 : 1 : 1,2331 Mit Recht sagt daher schon Auzruni (Phj^sik. Chemie der Kristalle, Braunschweig 1893, p. 206): „Ungezwungen lassen sich Markasit und Löllingit nicht als isomorph betrachten.“ Auch be- tont er, daß die aus den Arsenkiesen durch Extrapolation für die a-Achsen von Markasit und Löllingit abgeleiteten Werte mit den durch Messung gefundenen nicht übereinstimmen , was bei iso- morpher Mischung der Fall sein müßte. Da diß Arsenkiese in ihren Winkeln zwischen dem Markasit und Löllingit stehen , so wäre es viel eher möglich, daß sich der Normalarsenkies mit den beiden Endgliedern mischte , als daß dieselben direkt miteinander Mischkristalle bilden sollten. Gegen die Mischbarkeit des Markasits mit Arsenkies liegen weniger Bedenken vor, weil sich beide in der Kristalltracht außerordentlich ähnlich sehen. Für den Löl- lingit und den Arsenkies trifft dies nicht zu; es muß im Gegenteil betont werden, daß die Kristalltracht eine so verschiedene ist, daß sie gegen eine Mischungsmöglichkeit beider spricht. Allerdings darf nicht unerwähnt bleiben , daß , wie die folgende Zusammen- stellung zeigt, die geometrischen Konstanten des Arsenkieses mehr von denen des Markasits als von denen des Löllingits abweichen. Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution etc. 277 a-Achse | Differenz Arsenkies Markasit Löllingit Für den Arsenkies sind die Messungen Weibull’s von Wester- Silfberg II zugrunde gelegt worden (Zeitschr. f. Krist. etc. 1892. 20. p. 8). Retgers (N. Jalirb. f. Min. etc. 1891. 1. p. 151), dessen Arbeiten über Isomorphie grundlegend für die heutigen Anschau- ungen geworden sind, spricht sich über die Markasitgruppe folgender- maßen aus: „Die drei rhombischen Minerale Markasit (FeS2), Arsenkies (FeSAs oder FeS2 + FeAs2) und Arseneisen (FeAs2) sind nicht isomorph , sondern das Doppelsalz steht wiederum iso- liert mit 19,63 °/o S und 46,01 °/o As, während die Markasite nur wenig As (0,039 — 4,39 °/o) und das Arseneisen nur wenig S (0, 0,70, UO, 1,97, 2,36, 3,18, 4,31, 5,18 — 7,22 °/0) enthalten. Auch hier trifft man also wieder links und rechts des Doppel- salzes eine beträchtliche Lücke an. Was die Formähnlichkeit zwischen den drei Mineralien be- trifft , so ist erstens das Arseneisen viel zu abweichend , sowohl vom Markasit als vom Arsenkies , um noch eine ungezwungene Analogie annehmen zu können. Sowohl im Habitus als im Kri- stallwinkel ist ein deutlicher Unterschied von den beiden andern vorhanden. Ich halte es demnach für kristallographisch völlig unabhängig: es ist nicht nur nicht isomorph mit FeS2 und FeSAs, sondern auch nicht morphotrop. Was diese beiden letzteren be- trifft , so weisen sie allerdings unverkennbare Formähnlichkeiten auf : die Abweichungen ihrer Winkel , resp. Achsenverhältnisse sind jedoch nach meiner Ansicht größer, als sie bei echt iso- morphen Körpern Vorkommen.“ Retgers verwirft also sowohl die Möglichkeit der Isomorphie als auch der Morphotropie zwischen Markasit , Arsenkies und Löllingit. Da jedoch der analytische Befund die Existenz derartiger Mischungen ganz unzweifelhaft nachweist, wird zu prüfen sein, inwieweit die Ansichten Retgers’ den Tatsachen Rechnung tragen. Seine Vermutung: „die sehr seltenen Arsenkiese nach anderer Zu- sammensetzung (als FeSAs) werden, wie ich glaube, als inhomogene Mischungen (z. B. Umwachsungen von FeSAs um einen FeS2-Kern) aufgefaßt werden müssen,“ konnte bisher nicht bewiesen werden. Auch sind die Arsenkiese „anderer Zusammensetzung“, wie die Tabelle 3 beweist, durchaus nicht selten, sondern viel häutiger als die Normalarsenkiese. Eine Umwachsung von Markasit mit Arsen- kies hätte bei den sehr eingehenden Versuchen Scherer’s zutage 278 A. Beutell, treten müssen, welcher angeschliffene' und polierte Flächen mit Königswasser ätzte. Wahrscheinlich wäre beigemengter Markasit schon auf der polierten Fläche ohne Ätzung sichtbar geworden. Nun hat ja Scherer in der Tat bei Vielen Arsenkieskristallen einen schaligen Aufbau nachgewiesen, welcher beim Ätzen wegen der verschiedenen Löslichkeit der einzelnen Schichten deutlich zu- tage tritt. „Da der Arsenkies zweifelsohne wässeriger Ent- stehung ist, so ist es beim Wechsel der Zusammensetzung der Mutterlauge leicht erklärlich, daß um einen schon vorhandenen Kern chemisch verschieden zusammengesetzte und deshalb ver- schieden lösliche Schichten ankristallisierten“ (Zeitschr. f. Krist. etc. 1893.21 . p. 378). Daß Scherer hier keineswegs an Markasitschichten denkt, geht daraus hervor, daß er den Arsenkiesen die allgemeine Formel Fe m n S2m As^n zuschreibt. Gegen die mechanische Bei- mengung von Markasit spricht auch die von Scherer hervor- gehobene Tatsache, daß der Arsenkies von Sala, welcher 3°/o S2 Fe enthält, gegen Säuren sehr widerstandsfähig ist, und daß erst nach langem Behandeln mit Königswasser Ätzlinien er- scheinen. Da Markasit in Königswasser viel löslicher ist als Arsenkies, so müßten die Ätzlinien, falls sie von beigemengtem Markasit herriilirten, sehr rasch auftreten. Ein nach dieser Richtung interessantes Arsenkiesvorkommen aus den Gängen von Bergmannstrost bei Altenberg in Schlesien befindet sich in der Sammlung des hiesigen mineralogischen Museums. Dasselbe besteht aus einem Aggregat von 1 — 2 cm großen Kri- stallen, deren stark gestreifte Brachydomen sich zu gewölbten Flächen zusammenfügen ; nur stellenweise ist auch das Vertikal- prisma zu beobachten. Im Innern ist die Struktur strahlig in der Richtung der Vertikalachse. Auf Rissen treten intensive An- lauffarben von allen Nuancen des Regenbogens auf. Dieselben bieten einen ausgezeichneten iVnhalt zum Nachweis von Über- wachsungen oder mechanischen Beimengungen. Auch auf der Oberfläche (auf den Brachydomenflächen) treten derartige Anlauf- farben auf, doch sind sie hier weniger intensiv. Weder auf der Oberfläche, noch auf Sprüngen in der Richtung der Vertikalachse, noch auf solchen senkrecht dazu, konnten Umwachsungen oder Beimengungen nachgewiesen werden. Nach der chemischen Analyse, die von W. Stockmann im Laboratorium des Mineralogischen Instituts zu Breslau ausgeführt wurde, enthält der Arsenkies von Altenberg 21,17 °/o S, 34,82 0,o Fe und 44,35 °/'o As. Die Berechnung ergibt 4,2 °/o beigemengtes S2Fe, woraus nach Abzug desselben das Atomverhältnis S : As: Fe 1,0: 1,0: 1,0 folgt. Würde es sich bei derartigen, abweichend vom Normalarsenkies zusammengesetzten Vorkommen, im Retgers- schen Sinne um Umwachsungen mit S2Fe und As2Fe handeln, so hätte diese Erscheinung durch die Anlauffarben zutage treten lieber die Isomorpliieverhältnisse und die Konstitution etc. 279 müssen, da der Markasit gegen chemische Agentien viel weniger widerstandsfähig ist als der Arsenkies. Auch die Proportionalität zwischen dem Schwefelgehalt und •der Brachyaclise ist ein klarer Beweis für die Haltlosigkeit der Um- wachsungstheorie. Denn, da das Achsenverhältnis von a : b aus dem Prismenwinkel der äußersten Schale berechnet wird, während die chemische Analyse die mittlere Zusammensetzung sämtlicher Schalen gibt, könnte eine regelmäßige Änderung der a-Achse mit wechselndem Schwefelgehalt nicht auf treten. Auch könnte es bei Umwachsungen nicht mehr als drei verschiedene Winkel geben, nämlich den Prismenwinkel des Markasits, des Arsenkieses und des Löllingits. Da alle diese Tatsachen gegen die RETGERs’sche Umwachsungs- hypothese sprechen, und da für dieselbe keinerlei Beweis erbracht worden ist, so handelt es sich darum, eine Erklärung zu suchen, welche dem reichen, an Mischkristallen erhaltenen Beobachtungs- material gerecht wird. Schon Arzruni hat auf den Weg hin- gewiesen, welcher geeignet erscheint, Licht in diese komplizierten Verhältnisse zu bringen. Er schreibt (Physikalische Chemie p. 292): „Auf eine andere Erklärung machte mich Herr 0. Wiemer auf- merksam. Es können die Arsenkiese als Mischungen von aller- dings hypothetischen, aber ebenfalls rhombischen labilen Modifi- kationen von FeAs2 und FeS2 aufgefaßt werden, deren a-Aclisen durch Extrapolation aus den entsprechenden Werten der Arsenkiese folgen und für FeAs2 0,59441, für FeS2 0,8204 (Arzruni gibt irrtümlich 0,72464 an) ergeben würden. Diese Erklärungsweise darf eine um so größere Beachtung beanspruchen, als der Fall •eines Zusammenkristallisierens zweier labiler Modifikationen nicht isoliert dastelit, sondern in demjenigen der beiden monoklinen Verbindungen CuS04, 7 H20 und ZnS04, 7H20 ein längst bekanntes •Gegenstück besitzt.“ Die graphische Darstellung bringt das ganze Verhalten am klarsten zum Ausdruck. Verlängert man die bereits weiter oben abgebildeten Kurven nach beiden Seiten, so müßten, falls die von der Formel SAsFe abweichenden Arsenkiese Mischungen des Nor- malarsenkieses SAsFe mit Markasit respektive Löllingit wären, die gestrichelten Verlängerungen rechts auf den Markasit und links auf den Löllingit führen. In Wirklichkeit liegt jedoch der Markasit viel tiefer und der Löllingit viel höher. Schon der bloße Augenschein zeigt, daß die Abweichung beim Löllingit etwra doppelt so groß ist als beim Markasit. Genaueren Aufschluß gewähren die folgenden Daten, welche auf Grund der WEiBULL’schen Angaben berechnet sind. (Es dienten zur Extra- polation die Arsenkiese von Spräkla I und Freiberg einerseits, und die von Spräkla I und Spräkla II anderseits.) 280 A. Beutel], a gemessen a extrapoliert Differenz Markasit 0,7623 0,8032 0,0460 Löllingit 0,6689 0,5773 0,0917 Bevor man den von Arzruni an gedeuteten Weg betritt, ist es nötig, sich die Momente vor Augen zu führen, welche für oder gegen denselben sprechen. Obwohl die geometrischen Konstanten des Löllingits von denen des Arsenkieses nicht so sehr abweichen, daß man deshalb die Isomorphie für ausgeschlossen halten müßte. so sind doch die Kristalltrachten beider Mineralien so verschieden, daß schon allein aus diesem Grunde schwere Bedenken gegen ihre Isomorphie vorliegen. Man sollte nun erwarten, daß sich wegen der großen Verschiedenheit nur ganz geringe Mengen von As2Fe dem Arsenkies beimischen könnten ; doch trifft diese Vermutung nicht zu, da der Arsenkies von Freiberg (No. 77 der Tabelle 2) 19 Gewichtsprozente oder, was dasselbe ist, 18 Molekularprozente As2Fe aufweist. Auf 4 Moleküle SAsFe kommt hiernach etwa 1 Molekül As2Fe. Da eine so beträchtliche Beimischung von Löllingit nach den bisherigen Beobachtungen an isomorphen Mischungen nicht denkbar erscheint, so wird die Existenz einer labilen, rhombischen Modi- fikation vonAs2Fe, welcher die extrapolierte Brachyachse 0,5772 zukäme, äußerst wahrscheinlich. Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution etc. 281 Für den Markasit liegen die Verhältnisse anders. Die Kristall- tracht ist die gleiche wie beim Arsenkies, wenn auch die Achsen- verhältnisse ziemlich abweichend sind ; der durch Extrapolation berechnete AVert der a-Achse liegt dem am Markasit gemessenen bedeutend näher als beim Löllingit. Bei der Inhomogenität der Arsenkiese, sowie bei der Unsicherheit des Achsenverhältnisses des Markasits, können sich diese Abweichungen durch die Beobachtungs- fehler erklären. Ein zwingender Grund für die Annahme einer labilen Form von S2Fe liegt nach Weibull’s Messungen nicht vor. Allerdings muß anerkannt werden, daß es bis zu einem ge- wissen Grade Gefühlssache ist, ob man Isomorphismus noch für möglich hält oder nicht, denn feste Normen für die Differenzen der Achsenverhältnisse bei isomorphen Substanzen konnten bisher nicht aufgestellt werden. Die Messungen Arzrtjni’s führen zu den gleichen Schlußfolgerungen ; die von Scherer sind an Zahl zu gering und erstrecken sich auf ein zu kleines Intervall, um für allgemeine Folgerungen geeignet zu sein. Ferner spricht gegen die Existenz einer labilen, rhombischen S2Fe-Modifikation die Tat- sache, daß die beigemischten Markasitmengen trotz der großen Ähnlichkeit der Kristalltrachten, und trotzdem der gemessene und berechnete Wert der a-Achse hier viel näher liegen, nicht größer sind als das beigemischte As2Fe. Denn je ähnlicher zwei isomorphe Substanzen sind, in um so höherem Grade müssen sie mischbar sein. Die größte beobachtete Menge beigemischten Markasits be- trägt 13,2 Gewichts- oder 21 Molekularprozente: 4 Molekülen Arsenkies entspricht 1 Molekül Markasit. Somit würde die Ansicht Retgers’ bestehen bleiben, daß der Löllingit vom Markasit und vom Arsenkies völlig unabhängige ist und aus diesem Grunde weder isomorphe noch morphotrope Mischungen mit den beiden andern bilden kann. Jedoch müssen im Gegensatz zu den Ausführungen Retgers’ Mischungen zwischen Arsenkies und Markasit einerseits, sowie mit einer labilen Modi- fikation von As2Fe anderseits zugestanden werden. Während für die Deutung der arsenhaltigen Markasite keine Schwierigkeit besteht, stellen uns die schwefelhaltigen Löllingite vor eine neue Frage. Sind dieselben Mischungen von Löllingit mit Arsenkies — in diesem Falle müßte man eine labile Modi- fikation von SAsFe annehmen — oder ist vielleicht die labile Modifikation des As2 Fe durch die beigemischten, nicht unbedeutenden Mengen von SAsFe stabil geworden? Der Löllingit enthält bis 35,7 Gewichtsprozente oder 23 Molekularprozente SAsFe, d. h. 3 Molekülen As2Fe entspricht etwa 1 Molekül SAsFe. Da von den gemessenen und gleichzeitig analysierten Löllingiten keiner auf das richtige Atomverhältnis führt, so fehlt es für die Lösung- dieser Frage noch an der nötigen Unterlage. Zwar wird in den Lehrbüchern der Mineralogie und Chemie 282 E. Geinitz, •dem Arsenkies fast allgemein die einfache Formel SAsFe zu- geschrieben , doch spricht gegen dieselbe der Umstand , daß es wegen der Dreiwertigkeit des Arsens unmöglich ist, eine Kon- stitutionsformel aufzustellen. Durch Verdoppelung derselben fällt diese Schwierigkeit fort, und zwar nicht allein für den Arsenkies, sondern auch für die mit ihm isomorphen Mineralien, welche zwei Metalle enthalten. So läßt sich z. B. der Glaukodot , dem die Formel S2As2CoFe zukommt, überhaupt nicht durch die einfache Formel ausdrücken, so daß dieselbe unhaltbar geworden ist. Mit Recht ist daher Groth (Tab. Übers. 1898. p. 21) dazu über- gegangen , die Formel zu verdoppeln, wobei er gleichzeitig für den Arsenkies die folgende Konstitutionsformel aufgestellt hat: S S / \ Fe Fe \ / As As Wenn man aus den angeführten Gründen für das Arsenkies- molekül die verdoppelte Formel S2As2Fe2 annimmt, und wenn man außerdem die Mischbarkeit zwischen Arsenkies, Markasit und der labilen Modifikation von As2Fe anerkennt, so erhebt sich die Frage, ob sich die Verbindung S2As2Fe2 mit den Verbindungen S2Fe oder As2Fe mischen kann, oder ob auch diese verdoppelt werden müssen. (Schluß folgt.) Kolloiderscheinungen in Konkretionen. Von E. Geinitz in Rostock. Mit 6 Textfiguren. Die im Centralbl. 1910. p. 593 und „Aus der Natur“, 1911. p. 561 — 566 mitgeteilten Versuche von Liesegang über rhythmische Ablagerungen in Kolloidsubstanzen, die er zur Erklärung der Achat- struktur heranzieht, erinnerten mich an ähnliche Bildungen in unseren Diluvialtonen, gewöhnlich unter dem Sammelnamen „ Kon- kretionen“ bekannt. In den oberen Lagen der Tone , die durch den Einfluß der atmosphärischen Wässer ihre blaugraue Farbe verloren haben und gelb gefärbt sind, sieht man häufig, oft massenhaft verteilt, festere, kugelrunde, elliptische oder zylindrische Konkretionen von härterer Beschaffenheit, die sich mehr oder weniger leicht von dem um- gebenden Ton herauslösen lassen. Sie zeigen einen ausgeprägt konzentrischen Bau, indem sie nämlich aus konzentrisch wechseln- den Lagen bestehen , welche abwechselnd reinere Tonmasse und eisenschüssigen Ton zeigen; letzterer kann wohl auch zu einer Kolloiderscheinungen in Konkretionen. 283 festen Kinde werden. Entsprechend ihrem Bau bröckeln sie z. T. in .Schalenform auseinander. Fig. 1. Fig. 1 zeigt drei solcher Beispiele : ein Tonstück mit einer durchschnittenen Kugel, eine kugelige Knolle und den Querschnitt einer bombenförmigen Knolle von 9 cm Durchmesser. Zahlreiche festere eisenschüssige Zonen wechseln mit (hellen) tonreicheren ab ; im Zentrum ist ein Rest von Schwefelkies zu erkennen, welcher den Ausgangsort der nach und nach in den Ton sich verbreitern- den Lösung bildete. (In anderen Fällen ist der Scliwefelkieskern bereits aufgebraucht). In gleicherweise wie bei dem Versuch von Liesegang rückte also auch hier die Lösung als übersättigte Lösung in dem Ton vor und bildete nur sprungweise feste Niederschläge. Die Verhältnisse waren in dem mageren Ton wohl etwas komplizierter als die in einfach imprägnierter Gelatine , und so waren auch einige Ver- suche, die ich mit ausgeschlämmtem Ton, der auf Glasplatten aus- gegossen und dann nach Trocknen mit verschiedenen Lösungen (Salpetersäure , Eisenvitriol , Tannin , MomFsches Salz) betropft wurde , nicht voll befriedigend. Die besten Resultate erhielt ich mit MoHR’scliem Salz : konzentrische helle und dunkle (Oxydations-) Ringe. Der Versuch in kolloider Substanz läßt sich auch in festen Substanzen anstellen, handelt es' sich doch tim' kapillare und Dif- 284 E. Geinitz, fusionserscheinungen. Eine überraschende Analogie fand ich auf einer Steingut-Entwicklungsschale, welche lange für Tonfixierbad benutzt worden ist : Eine kleine, puuktfönnige, schlechte Stelle der Glasur ist umgeben von konzentrischen, durch Silber- und Goldlösung dunkel gefärbten Zonen, zwischen denen weiße Stellen freigeblieben sind. Besser als auf der Innenseite sind diese Zonen auf der Unterseite zu sehen und schließlich hat die dunkle Streifung sogar auf den Rand übergegriffen , wo genau einem Kugelschnitt ent- sprechend die Fortsetzung des Kreissystems zu verfolgen ist. Im Laufe der Jahre ist hier ein Kreis von 7 cm Durchmesser entstanden. Eine andere Schale zeigt dieselbe Erscheinung im Werden. Hier ist also die Lösung kapillar in dem gebrannten Ton ausgebreitet , beiderseitig durch die Glasur farbig durch- scheinend. Es wird von Interesse sein, den Versuch, der nur lange Zeit in Anspruch nimmt, fortzusetzen. Bei dem Interesse, welches gegenwärtig die Kolloide für die Petrographie und Pedologie haben (vergl. u. a. Stremme in Zeitschr. f. prakt. Geol. 10. p. 329), glaubte ich auf unsere konzentrischen Tonkonkretionen hinweisen zu dürfen und möchte ferner noch hinzufügen, daß ähnliche Streifungen, konzentrisch oder mehr planparallel, sich auch mehrfach in Feuerstein finden, als der Oberfläche der Knolle parallel verlaufende, gut markierte, durch Anreicherung des dunklen (organischen) Farbstoffes dunkle dünne Lagen in der helleren grauen Masse. Dieselben verursachen hier Fig. 2. sogar beim Bruch bisweilen eigenartige wellige Oberflächenformen, offenbar durch eine etwas größere Härte bedingt. (Auch eisenrostig gefärbte Streifen werden zuweilen in horn- steinartigem, hellgrauem Flint beobachtet.) Es kommen auch Stücke vor, in denen solche gestreifte Partien wie Fremdlinge plötzlich an der einheitlich dunkelgrauen Masse ab setzen. Damit kommt man auch zu einer Erklärung von eigen- artigen Gestaltungen im Feuerstein, welche als rätselhafte Fossilien gingen (vergl. E. Geinitz, Über einige rätselhafte Fossilien. Naturw. Wochenschr. 10. 1895. p. 215). Es sind zylindrische Kolloiderscheinungen in Konkretionen. 285 Formen, die teils nach Art von Orthocerensepten mehrere hinter- einanderliegende, etwas vorspringende Schalen zeigen, teils regel- mäßige, schräg ahf steigende Wülste (s. Fig. 2 der erwähnten Yer- Fig. 4. öffentlichung). Es sind die mehr oder weniger gut aus dem um- gebenden Feuerstein herausgelösten Teile solcher (hier zylindrischer) kolloiden Verdichtungen. Bisweilen liegen im Feuerstein auch sich scharf absetzende Knollen von grauem Hornstein , einem anders gearteten Kristalli- sationsvorgang entsprechend ; der umgebende Feuerstein zeigt dann zuweilen konzentrische kolloide Farbstreifen. Fig. 3. Während bei den Achaten die färbende Substanz doch wohl von außen her, also zentripetal eindrang (wie man aus vielen Stücken ersehen kann, s. z. B. Fig. 5), ist die Bewegung in den Experimenten Liesegang’s und in den erwähnten Tonkonkretionen und Feuersteinen zentrifugal von innen nach außen erfolgt. Die hier genannten kolloidstreitigen Feuersteine des Senons 286 E. Geinitz, Kolloiderscheinungen in Konkretionen. unterscheiden sich auf den ersten Blick von den sogen, hand- streifigen Feuersteinen unseres Turons, in denen schichtig verteilt breite und schmale Lagen von dunklem und hellem Feuerstein, auch wohl kalkreiche Lagen wechseln, an den Grenzen teils haar- scharf geschieden, teils lokalisierte Übergriffe zeigend. Da sich die kolloidstreifigen Feuersteine auf unserem Boden, wenn auch immerhin nicht sehr häufig, finden, so ist zu vermuten, daß sie auch zuweilen für prähistorische Geräte verwendet worden sind. Das Rostocker Museum besitzt ein schön geschliffenes Beil von 8 cm Länge (leider ohne Fundortsangabe, daher viel- leicht nicht aus Mecklenburg), auf dessen Flächen die Linien- zeichnungen sehr hübsch erscheinen (Fig. 6). Bei Neubukow hat Fig. 6. Herr Lehrer Berg einige aus dem streifigen Feuerstein roh ge- schlagene Geräte gefunden, darunter große Spanmesser, die noch neben dem Block lagen , von dem sie abgeschlagen waren. Im übrigen sind aber solche Feuersteingeräte aus Mecklenburg fast unbekannt, während sie weiter östlich häufiger auftreten. Im Schweriner Museum findet sich kein Stück ; die Sammlung von Dr. Lettow aus der Wustrower Manufaktur zeigt unter den Keilen, Meißeln , Dolchen kein einziges gestreiftes Exemplar , von vielen Tausenden Spänen und Messern bestehen nur 9 und außerdem eine querschneidende Pfeilspitze aus (undeutlich) gebändertem Feuer- stein.; unter den zahllosen paläolithisclien Geräten der Gegend von Teterow (Sammlung Dr. Asmus) liegt nur ein aus typischem streifigem Feuerstein geschlagener Spalter vor. Aus Pommern er- wähnt Deecke nur „buntgebänderte, gefleckte und gemaserte Varietäten aus dem Danien“. Die Spärlichkeit des Vorkommens im Westen gegenüber der Häufigkeit im Osten und die Funde von Neubukow und Teterow, aus denen ersichtlich ist , daß das seltene einheimische Material auch hierzulande verarbeitet ist, bestätigt wohl die Meinung von F. Haag. — Versammlungen und Sitzungsberichte. 287 Kosinna (Mannus. I. p. 229), daß die Silexbeile mit der „achat- ähnlichen Maserung“ aus Ostgalizien stammen und von dort über Ostdeutschland verhandelt worden seien. Rostock, Februar 1912. Erwiderung auf H. Reck’s „Beitrag zur Kenntnis des ältesten Donaulaufes in Süddeutschland“. Dies. Centralbl. 1912. p. 107. H. Reck bestreitet, daß die zwischen Sigmaringen und Ried- lingen durch den Rheingletscher gestaute Donau durch das Faulen- bach— Primtal geflossen sei. Ohne den geringsten Versuch eines Beweises für seine Behauptung verweist er auf eine künftige Ar- beit, in der er die Entwicklungsprinzipien für einen größeren Landschaftskomplex feststellen will. Solche allgemeine Betrachtungen lassen sich auf einen besonderen Fall nur unter Berücksichtigung- der für diesen geltenden Umstände an wenden. Sollte H. Reck in der angekündigten Arbeit eine Erklärung der verwickelten Ver- hältnisse der Schotterbildungen im Prim-Faulenbachtal versuchen, so wird doch erst die Landesaufnahme die endgültige Entscheidung- bringen, der ich mit Ruhe entgegensehe. F. Haag. Versammlungen und Sitzungsberichte. Londoner Mineralogische Gesellschaft. Sitzg. v. 12. März. 1912 unter dem Vorsitz von Professor W. J. Lewis, F. R. S. Dr. Gr. F. Herbert Smith und F. N. A. Fleischmann: Über die Zeolithe von Killyflugh und White Head, County Antrim. Chabasit findet sich in drei verschiedenen Arten von Kristallen , Gmelinit in zweien ; der erstere bildet auch Pseudo- morphosen nach Kalkspat. Analcim kommt in klaren Ikositetra- edern und Natrolitli als feine Nadeln vor. Die Art des Auftretens wird beschrieben. Dr. J. Drugman : Über Quarzzwillinge. Es wurden weitere Exemplare von nach einer Fläche des primären Rhombo- eders verzwillingten Bipyramiden vom Esterei in Frankreich vor- gezeigt und diese Art der Zwillingsbildung erläutert, die zuerst 1858 von Qu. Bella beschrieben worden ist. Von denselben Fundorten wurden auch nach einer Fläche von § (1122) ver- zwillingte Bipyramiden vorgelegt, bei denen das Prisma fehlt und keine Abplattung senkrecht zu der Zwillingsfläche stattfindet, wie bei den Kristallen vom Dauphine und von Japan. T. V. Barker : Notiz über die optischen Eigen- schaften des Jodquecksilbers. Vorläufige Bestimmungen an zwei Prismen von 30° gaben Werte von 2,746 und 2,447 für 288 Miscellanea. — Personalia. den ordentlichen und den außerordentlichen Brechungskoeffizienten im Natrinmlicht , sowie 2,566 und 2,357 im Lithiumlicht, wobei der Grad der Genauigkeit ungefähr = 0,002 ist. Genauere Werte sind von besseren Prismen zu erwarten, aber auch die schon er- haltenen Ergebnisse genügen zu zeigen, daß die Doppelbrechung und die Farbendispersion bemerkenswert hoch sind. Arthur Russell: Bemerkungen über die Mineralien und Mineralfundorte von Shropshire. Das Vorkommen von 32 Spezies außer den gesteinsbildenden Mineralien wird be- schrieben. Kalkspat wurde in Form glänzender Kristalle von ver- schiedenem Habitus von der Snailbeach mine, Minsterley erhalten, darunter große hellbraune Zwillinge nach c (111) und trübe weiße prismatische Zwillinge nach r(lO0). Sehr große Kristalle von Schwerspat und schöne Kristalle von Kalkspat stammen von der Wotherton mine, Chirbury. Das Vorkommen von Pyromorphit und Witherit an einigen Arten wird erwähnt. Dr. Emil Hatschek führte eine Anzahl von Exemplaren und von Reaktionen von Gels vor und erläuterte sie durch Lichtbilder. Ein unorganisches Gel, Kieselsäure, wurde benützt und die Ver- bindungen,, die durch die hierin stattfindende Diffusion einiger Verbindungen entstanden, gezeigt. Es ergab sich eine Tendenz zur Bänderung in dem oberen Teil des Niederschlags, während sphärolithisches Wachstum fast in jedem Fall beobachtet wurde. W. Campbell Smith zeigte einen sphärolithischen Dolerit von Vryheid, Natal, vor, der durch die Größe und Schönheit der auf der verwitterten Oberfläche hervortretenden Sphärolithe inter- essant war. Miscellanea. In der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur in Breslau , welche erheblich älter ist als die Breslauer Universität selber, ist im Anfang dieses Jahres eine neue Sektion für Geologie, Geographie, Berg- und Hüttenwesen gegründet worden, deren Mit- gliederzahl bereits über 80 beträgt. Den Vorsitz der Sektion führen Berghauptmann Schmeisser und Professor Dr. Frech. Zu- sammenkünfte finden an jedem zweiten Dienstag in den Winter- monaten statt. Die Veröffentlichungen der Sektion erscheinen als besonderer Teil im Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft (mit Illustrationsbeilagen nur für die Sektionsmitglieder). Personalia. Habilitiert: Dr. A. Beutelt als Privatdozent für Minera- logie an der Universität Breslau. Voigt & Hochgesang * Göttingen Fabrikation von Dünnschliffen von Gesteinen: Preis im Durchschnitt Mk. 1. 10 Nur für besonders schwierig’ zu bearbeitendes Material tritt ein geringer Preis- aufschlag ein. Unerreichte Qualität, Dünne 0,02 mm. Kristalle: Genau orientierte Schliffe. Preis Mk. 1.30 — 1.50. Kristallpräparate für sämtliche mineralogischen Untersuchungen in tadelloser Aus- führung zu angemessenen Preisen. Zahlreiche Dünnschliff-Sammlungen, zusammengestellt von bedeutenden Fachleuten der Mineralogie. Neu ! 120 Dünnschliffe kristalliner Schiefer, zusammengestellt von U. Grubenmann, mit erklärendem Text von Dr. Laura Hezner. 36 Dünnschliffe typischer Erzlagergesteine, ausgewählt und beschrieben von R. Beck. 14 Dünnschliffe amerikanischer Erzlagergesteine, ausgewählt von E. Ritter, Colorado, beschrieben von R. Beck. 28 Thin Sections of the diamond-bearing. Kimberlites of South Africa, ausgewählt und beschrieben von G. S. Corstorphine, Johannesburg. Anfertigung von Mikrophotographien und Diapositiven. Kristallmodelle aus Holz- und Glastafeln. Schleifutensilien zur Herstellung von Dünnschliffen Mineralogische und geologische Bedarfsartikel. Kataloge gratis. Im Februar 1912 erschienen: Neuer kristallographisoher Katalog sr©. ss. Aus dem reichen Inhalt möge hervorgehoben sein : Modell zur Demonstration der Lage des rhombischen Schnittes bei den Plagioklasen nach Prof. Dr. K. Hintze. Neue Pappkristallmodelle nach Prof. Dr. K. Vrba. Kristallographische Kaleidoskope nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Kristallographisches Spiegel-Polyskop nach Prof. Dr. K. Vrba. Modell zur Demonstration der stereographischen Projektion und Wandtafel für stereogr. Projektion nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Glasmodelle zur Erläuterung der Aetzmethode nach Prof. Dr. G. Wulff. Modelle zur Erläuterung1 der Bildung der ozeanischen Salz- ablagerungen nach Dr. E. Jäxecke. Neue Mineralpräparate und orientierte Mineraldünnschüffe. Aus der neuen (achten) Auflage des mineralogischen Haupt- katalogs No. 1 (Juli 1910) empfehlen wir: A. Vorlesungssammlung von 100 Jlineralpräparaten. Diese Sammlung enthält nur Präparate von natürlichen Mineralvorkommen (mit Ausnahme von künstlichem Rubin und Borax) und ist in der Weise zusammengestellt , daß alle wichtigen optischen Erscheinungen daran demonstriert werden können. Der Preis einer Normalsammlung von 100 Mineralpräparaten in guter Qualität beträgt einschließlich eines zweckmäßig eingerichteten Kastens Mk. 1100. — . Dieselbe Sammlung in besonders guter Qualität kostet Mk. 2000. — . B. Sammlung von 225 orientierten Dünnschliffen von 134 gesteinsbildenden Mineralien, angeordnet nach H. Rosenbusch und E. A. Wülfing: „Mikroskopische Physiographie der petro- grapliisch wichtigen Mineralien“, I. Band. 2. Teil, 1905. Preis der ganzen Sammlung von 225 Mineralschliffen, einschließlich Etui = Mk. 375. — . ,175 „ , . = » 295.-. » 125 , » „ = , 205.— Dünnschliffe von eingesandtem Material werden sorgfältig und pünktlich hergestellt, und zwar in der üblichen Stärke bis zu 0,02 mm und darunter. Durchschnittlich wird für einen Schliff auf Vereinsformat (28 X 48 mm) montiert Mk. 1.— berechnet. Nur für besonders schwierig zu bearbeitende Gesteine wird ein ent- sprechender Aufschlag berechnet. Auf Wunsch werden größere, bis handgroße Schliffe angefertigt. Spezialität: Schliffe fossiler Hölzer. Dr. F. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, Fabrik u. Verlag mineralogischer u. geologischer Lehrmittel. Gegr. 1833. Bonn a. Rhein. — Gegr. 1833 Verlag der E. Sohweizerbart’schen Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, Stuttgart. Johanuesstr. 3. Druck von C. Grüninger, K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann), Stuttgart. 10 15. Mai 1912. X/ Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie in Verbindung mit dem Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie herausgegeben von M. Bauer, E. Koken, Th. Liebisch in Marburg. in Tübingen. in Berlin. 1912. No. 10, STUTTGART. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser. 1912. X lonatlich 2 Nummern. Preis für Nichtabonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Mk. pro Jahr. Abonnenten des Neuen Jahrbuchs erhalten das Centralblatt unberechnet. Seite Inhalt. Original-Mitteilungen etc. Kraus, E. H., H. C. Cooper und A. A. Klein: Die optischen Eigenschaften einiger Bleisilikate. Mit 1 Textfignr 289 Tue an. Fr.: Ein mehliges Silicium dioxyd 296 Beutell, A.: Ueber die Isomorphieverliältnisse und die Konstitution der Markasit-Arsenkies-Glaukodot-Gruppe. Mit 2 Textfiguren (Schluß) 299 tSoellner. J. : Die optischen Eigenschaften des Dvsanalyts von Vogtsburg und von Schelingen im Kaiserstuhl. Mit 3 Text- figuren • 310 Kling har dt, F. : Vorläufige Mitteilung über eine Kreidefauna aus Friaul 318 Besprechungen. Weinschenk. E. and R. W. Clark: Petrographie Methods . • • 320 320 Verlag von FERDINAND ENKE in Stuttgart. Soeben erschienen: Bey schlag, P°0tD^.. Xruscfa, Dprrp,Vogt, ’ Prof. Dr. H. L. Die Lagerstätten der nutzbaren Mine- nach Form . Inhalt und Ent- ralien und Gesteine II. Band, 1. Hälfte. Art und Ursache der Spaltenbildung. Junge Gold- Siibererz-Ganggruppe. Alte Golderz-Ganggruppe. Metasomatische Goldlager- stätten. Alte Blei-, Silber-, Zinkerz-Ganggruppe. Radiumerzgänge. Meta- somatische Blei-, Silber-, Zinkerzgruppe. Antimonerz-Ganggruppe. Mit 66 Abbildungen. Lex. 8°. 1912. geh. Mk. 8.40. Kayser, ™h0rRt Lehrbuch der Geologie. Zwei Bände. I. Teil: Allgemeine Geologie. Vierte Auflage. Mit 611 Textabbildungen. Lex. 8°. 1912. geh. Mk. 22.40 : in Halbfranz geb. Mk. 25. — . (Für die bisherigen Abnehmer der 4. Auflage des II. Teiles [Geolog. Formationskunde] auch in Leinw. geb. Mk. 24. — .) Klockmann, Pffi-DfaF.. Lehrbuch der Minera- Fünfte und sechste verbesserte und vermehrte Auflage. Mit 562 Textabbildungen und einem Anhang: Tabellarische Uebersicht (Bestimmungstabellen) über die 250 wichtigsten Mine- ralien. Lex. 8°. 1912. geh. Mk. 15.— ; in Halbfranz geb. Mk. 17.60. logie. I Kraus, Cooper u. Klein, Die optischen Eigenschaften etc. 289 Original-Mitteilungen an die Redaktion. Die optischen Eigenschaften einiger Bleisilikate. Von E. H. Kraus, H C. Cooper und A. A. Klein in Ann Arbor, Michigan, und Syracuse, New York. Mit 1 Textfigur. Einleitung. Diese Mitteilung bespricht die Resultate einer optischen Ana- lyse des Systems Pb 0 — Si02 und die Verwandtschaft zu diesem System der Bleimineralien Barysilit, 3 Pb 0 : 2Si02, und Alamosit, Pb 0 : Si 02, sowie auch der Bleikristalle, welche unter einem alten Bleiofen gefunden wurden. Diese Untersuchung ist eine Fort- setzung der Arbeit von Cooper , Shaw and Loomis 1 und wurde teilweise 1. von E. H. Kraus und A. A. Klein, 2. von E. H. KRaus und H. C. Cooper in Ann Arbor, und 3. von H. C. Cooper in Syracuse ausgeführt. In 1907 stellten Cooper, Shaw und Loomis eine größere Reihe von Präparaten und Kristallisationen aus den Schmelzen von Bleisilikatmischungen her. Diese Autoren glaubten , daß das Orthosilikat Pb2 Si 04 und das Metasilikat Pb Si 03 scharf bestimm- bare Verbindungen seien. Zu derselben Zeit machten auch Hilpert und Weiller 2 in Berlin eine selbständige Untersuchung dieses Systems, und ihre Arbeit ist einige Wochen früher als die von Cooper, Shaw und Loomis veröffentlicht worden. Aber bald nach der Publikation der CooPER’schen Arbeit kamen Hilpert und Nacken 1 2 3, nachdem sie die Arbeit von Hilpert und Weiller re- vidierten , zu den Schlußfolgerungen , daß die Untersuchung der Abkühlungskurven keine befriedigende Resultate gibt, aber mittels des NACKEN’schen Rührapparats 4 wurden Indikationen der Existenz von Pb2 Si 04 und Pb Si 03 und der wahrscheinlichen Existenz von den Verbindungen 3 Pb 0 : lSi02 und 3Pb0:2Si02 beobachtet. Annähernde Messungen der Kristallisationsgeschwindigkeit und des spontanen Kristallisationsvermögens gaben Resultate , welche mit den obigen Beobachtungen in Einklang gebracht werden konnten. Die optischen Eigenschaften der Präparate der 3 : 2-Mischung 1 Amer. Chem. Journ. 42. 461; auch Berichte der deutsch, chem. Gesellsch. 42. 3991. 2 Berichte der deutsch, chem. Gesellsch. 42. 2969. 3 Ebenda. 43. 2565. 4 Dies. Centralbl. 1910. p. 454. Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 19 290 E. H. Kraus, H. C. Cooper und A. A. Klein, deuteten auf eine neue Verbindung. Die Kurve des spezifischen Volumens gab aber keine brauchbaren Resultate. In unserer Arbeit haben wir folgende Präparate berücksichtigt. 1. Das Mineral Barysilit, wovon uns Exemplare des originellen Materials von der Harstigmine, Pajsberg, und von Längban, Schweden, in liebenswürdiger Weise von Herrn Intendanten Dr. Sjögren des Reichsmuseums der Naturgeschichte in Stockholm zur Verfügung gestellt wurden. 2. Das neue Mineral Alamosit 1. welches als das Metasilikat zu betrachten ist. Exemplare dieses Minerals hat Professor C. Palache von Harvard University uns freundlichst zum Studium überlassen. 3. Kristalle von einem wahrscheinlichen Bleisilikat, die unter einem alten Bleiofen gefunden wurden. Diese Kristalle wurden uns von Herrn F. P. Graves aus Doe Run, Missouri, zur Verfügung gestellt. 4. Zahlreiche Tiegelpräparate von verschiedenen Mischungen von Pb 0 und Si 02 , welche durch langsame Abkühlung der Schmelze hergestellt worden sind. Von den verschiedenen Untersuchungsmethoden führte die mikroskopische Untersuchung zu den brauchbarsten Resultaten. Die optische Identifikation der Bleisilikate ist jedoch außerordentlich schwierig, da die Brechungsexponenten des Bleioxyds und der ver- schiedenen Bleisilikate sehr hoch, d. h. in der Nähe von ca. 2, sind. Da wir keine Immersionsflüssigkeit mit einem Brechungs- index von ca. 2 jetzt besitzen, konnte die Schröder van der Kolk- sche Methode nicht angewandt werden. Jedoch waren wir imstande, die verschiedenen Bestandteile der Präparate meistens mittels Immersion in Methylenjodid (n=l,74) nach Blätterbruch, Farbe, optischem Charakter, Doppelbrechung usw. näher zu studieren. 1. Präparate des Metasilikats PbSi03. Diese Präparate bestanden aus Fragmenten des Minerals Alamosit und aus Schmelzmischungen mit 48 — 52 Äquivalent- prozent Pb 0. a) Alamosit aus Alamos, Sonora, Mexiko. Die Fragmente dieses Minerals sind farblos und besitzen einen guten Blätterbruch in einer Richtung. Schiefe Auslöschung. Hohe Brechungsexponenten und starke Doppelbrechung. Die Inter- ferenzfigur ist zweiachsig und positiv. Diese Beobachtungen sind im Einklang mit denen von Palache , der den Alamosit mittels Kristallmessung als monoklin bestimmte. b) Dünnschliff und Fragmente der Schmelze mit 50 °/o Pb 0 (Pb 0 : 1 Si 02). Diese sind homogen und zeigen eine körnige Textur mit einem Blätterbruch in einer Richtung. Schiefe Auslöschung. Hohe Brechungsexponenten und starke Doppelbrechung. Positive zwei- achsige Interferenzfigur. Am. Journ. of Sc. 1909. 27. p. 399. Die optischen Eigenschaften einiger Bleisilikate. 291 c) Dünnschliff der Schmelze mit 48 °/o PbO. Diese Schmelze ist kieselsäurereicher als die 1 : 1 -Präparate. Der Dünnschliff zeigt meistens eine farblose, mehr oder minder körnige Substanz mit einem Blätterbruch in einer oder zwei Rich- tungen. Die Auslöschung ist schief und die Interferenzfigur zwei- achsig positiv. Diese Substanz stimmt mit der des 1 : 1 -Präparats überein. Die Brechungsexponenten und die Doppelbrechung sind auch sehr hoch. Unregelmäßige und sechsseitige Körner von Quarz sind auch in dem Dünnschliff zu beobachten, welche mittels der niedrigen Brechungsexponenten, schwacher Doppelbrechung, und der positiven einachsigen Interferenzfigur leicht zu identifizieren sind. Etwas glasiges Material war auch vorhanden. d) Dünnschliff einer Schmelze mit 42,9 % Pb 0 (3 Pb 0 : 4Si02). Die optischen Eigenschaften dieses Schliffes stimmen mit denen des 48 °/ oigen Präparats überein, jedoch sind die Kristalle und die Menge des vorhandenen Glases kleiner. e) Fragmente und Dünnschliff der Schmelze mit 52 °/o PbO. Diese Präparate enthalten mehr PbO als die 1 : 1-Schmelze. Die Fragmente zeigten zwei Substanzen. Die vorherrschende ist zweiachsig und positiv und besitzt eine ziemlich hohe Doppel- brechung und einen Blätterbruch in einer Richtung. Die Aus- löschung ist geneigt. Diese Substanz stimmt wieder mit dem 1 : 1 -Präparate überein. Die zweite Substanz besitzt hohe Brechungsexponenten und ist zweiachsig, und zwar positiv, schwach pleochroisch, und dem Pb 0 ähnlich. In einem Präparate, welches ohne Sinterung abgekühlt wurde, blieb ein großer Teil der Schmelze glasartig. f) Schlußfolgerung. Diese optischen Beobachtungen deuten hin, daß die sjmthetische Schmelze mit 50 Equivalentprozent PbO (lPb0:lSi02) eine definitive Verbindung, das Metasilikat PbSi03, ist; und weiter, daß dasselbe als identisch mit dem Mineral Alamosit zu betrachten ist. Es ist interessant, hier noch beizufügen, daß diese Verbindung synthetisch im Laboratorium gemacht worden ist, ehe man sie in der Natur fand. 2. Präparate, welche das Bleipyrosilikat 3Pb0:2Si02 ent- halten. Hier wurden mehrere Exemplare von Barysilit, Fragmente und Dünnschliffe von der Schmelze mit 60 Äquivalentprozent PbO (3 PbO : 2 Si02) , sowie auch Präparate von Schmelzen mit nahe verwandten Zusammensetzungen, und endlich Kristalle von einem Bleiofen studiert. a) Fragmente und Dünnschliff von Barysilit von Harstig, Schweden. Dieses Mineral ist homogen und farblos , und besitzt eine stengelige Struktur und einen transversalen Blätterbruch. Die 19* 292 E. H. Kraus, H. C. Cooper und A. A. Klein, Brechungsexponenteil sind wahrscheinlich höher als 2. Einachsig und negativ. Schwache Doppelbrechung. b) Lamellen von Barysilit von Längban, Schweden. Die oberflächliche Schicht besteht aus einer Mischung, da das harte, weiße Material mit einem Perlmutter glanz nicht Barysilit ist. Der Barysilit besteht aus Lamellen, hat einen Glasglanz und eine mittlere Doppelbrechung, und sieht dem Glimmer ähnlich. Die 0,01 — 0,02 .dicken Lamellen zeigen eine ausgezeichnete negative, einachsige Interferenzfigur. c) Fragmente und Dünnschliff der Schmelze mit 60 °/o Pb 0 (3 Pb 0 : 2 Si 02). Diese Präparate sind farblos und scheinen durchaus homogen zu sein. Die Struktur ist der des Barysilits von Harstig mit einem transversalen Blätterbruch sehr ähnlich. Die Brechungß- exponenten sind sehr hoch. Die Doppelbrechung scheint auch stark zu sein. Dieses Präparat lieferte eine negative einachsige Interferenz- figur. In einem Präparate wurde auch ein einachsiges Material beobachtet, welches das Metasilikat ist. Im ganzen scheint diese Schmelze homogen zu sein, und die Ähnlichkeit derselben mit dem natürlichen Material ist außerordentlich groß. d) Fragmente der Schmelzen mit resp. 59, 58 und 57°/o Pb 0. Diese Präparate sind mehr kieselsäurehaltig als die 3:2- Schmelzen. Alle diese Präparate waren sehr langsam abgekühlt. Die optische Untersuchung zeigte, daß die Präparate ein positives, zweiachsiges Material mit paralleler Auslöschung, welches in großer Menge in den Schmelzen mit den kleineren Prozenten von Pb 0 vorhanden ist, enthalten. Nur in dem Präparat mit 59 °/o Pb 0 war das stengelige, negative, einachsige Material der 60prozentigen Schmelze (3 : 2) vorhanden. Die Struktur war meistens feinkörnig und der charakteristischen eutektischen Struktur sehr ähnlich. Die Schmelze mit 58°/oPbO, welche durch verzögerte Abkühlung dar- gestellt worden ist, zeigte nur eine geringe Tendenz zum Kristal- lisieren und das vorhandene kristallinische Material war größten- teils sehr feinkörnig. Das 57prozentige Präparat war etwas besser kristallisiert, indem die körnige Struktur gröber war. Die Struktur und geringe Kristallisationstendenz deuten auf einen möglichen eutektischen Punkt bei ca. 59°/0 hin. e) Fragmente der Schmelzen mit 61 und 62°/0 Pb 0. Diese Präparate wareu auch mittels langsamer Abkühlung dargestellt und die Struktur derselben war faserig bis stengelig, mit einem transversalen Blätterbruch. Die dem 60prozentigen Präparate charakteristische Substanz war hier in abnehmender Menge vorhanden. In dem 62prozentigen Präparat war eine geringe Menge der negativen zweiachsigen Substanz, die der 2 : 1 -Schmelze charakteristisch ist, zu beobachten. Eine bedeutende Menge eines positiven zweiachsigen Materials war auch vorhanden, wie in den Die optischen Eigenschaften einiger Bleisilikate. 293 Präparaten mit niedrigen Prozenten von Pb 0, aber wir waren leider nicht imstande, dasselbe zu identifizieren. In keinen dieser Prä- parate mit Zusammensetzungen zwischen den 3 : 2 und 2 : 1- Ver- hältnissen konnte man optische Indikationen einer eutektischen Mischung beobachten. f) Kristalle und Dünnschliff eines Bleisilikats von einem Bleiofen. Hier sollen die Beobachtungen an dem kristallisierten Material von einem alten Bleiofen in Doe Bun, Missouri, beigefügt werden. Zuerst wurde geglaubt, daß die Kristalle künstlichen Barysilit dar- stellten, aber die kristallographische Untersuchung zeigte, daß die- selben mit denen von Dana und Penfield gemessenen und auch von einem Bleiofen stammenden Kristalle gut übereinstimmten, die eine 7 Pb 0 : 4Si02 Zusammensetzung besitzen. Kristallographie. Die Kristalle sindprismatisclifFig. 1 ) und kommen aufsitzend oder in einer körnigen, mit einer an Sphalerit erinnernden Glanz be- sitzenden Grundmasse einge- sprengt vor. Die Farbe ist braun. Der Glanz glasartig. Die beobachteten Formen sind c(0001),_ m (1010), p(10ll) und a (1120). Die vorherrschen- den Formen sind c(0001) und m(1010). Ausgezeichnete Re- flexe wurden auf den Flächen von c (0001) erhalten, während die von m (1010) gut waren. Um die Flächen von p(10ll) und a (1 120) festzustellen, muß- ten wiederholte Schimmermes- sungen gemacht werden. Von den genannten Formen ist ( 1 1 20) nicht von Dana und Penfield Autoren ist der Winkel c (0001) : p(1011) ca. 50°; unsere Mes- sungen ergaben 49° 42'. Dihexagonale bipyramidale Klasse. a : c = 1 : 1,0246. Beobachtet Messungen Berechnet c(0001) : p (1011) = 49° 42' 24 c(0001) : m(10I0) = 89 58 5 m (1010) : m (01 10) = 59 59 4 m(10T0): a(ll20)= 29 55 10 90° 60 30 Physikalische und optische Eigen sc haften. Frag- mente besitzen einen muscheligen Bruch, sowie auch Indikationen 294 E. H. Kraus, H. C. Cooper und A. A. Klein, eines Blätterbruches nach der Basis. Im Dünnschliff ist ein deutlicher Pleochroismus, tief orange (c o = Q) bis hellgelb zu beobachten. Hohe Brechungsexponenten. Starke Doppelbrechung. Die Interferenz- figur ist einachsig und positiv. Der Dünnschliff der körnigen Grund- masse war jedoch nicht homogen und zeigte außer diesem Material eine Substanz mit ähnlichen Eigenschaften, aber optisch negativ. Magnetitkristalle kamen auch vor und ein wolilausgebildeter Augitkristall ist auch beobachtet worden. g) Schlußfolgerung. Diese optischen Analysen zeigen, daß das Präparat mit 60 Äqui- valentprozent Pb 0 eine definitive Verbindung, Pb3 Si2 07, darstellt, welche optisch einachsig und negativ ist und in der Natur als Bary- silit vorkommt ; weiter, daß die Struktur und Kristallisationstendenz auf eine eutektische Mischung in der Schmelze mit 58 % Pb 0 hindeuten. Das sogenannte Bleisilikat eines alten Bleiofens ist von mehr oder minder unbestimmter Zusammensetzung und als eine komplexe feste Lösung von Blei- und anderen Silikaten zu betrachten. 3. Präparate des Bleiorthosilikats Pb2Si04. a) Fragmente und Dünnschliff der Schmelze mit 66 2/s °/o Pb 0 (2 Pb 0 : 1 Si02). Diese waren farblos und schienen homogen zu sein. Die Struktur war faserig bis stengelig, mit einem transversalen Blätter- bruch. Die Auslöschung ist parallel und eine negative, zweiachsige Interferenzfigur wurde beobachtet. Die Brechungsexponenten und die Doppelbrechung sind hoch. Nach Cooper, Shaw und Loomis soll dieses Präparat hexagonal sein, welche Angabe jedoch auf unvollständige Beobachtungen basiert wurde. b) Fragmente und Dünnschliff der Schmelze mit 65°/nPbO. Die Struktur ist meistens stengelig und der der 2 : 1 -Schmelze ähnlich. Wird das Präparat gepulvert und zwischen gekreuzten Nicols untersucht , so beobachtet man , daß zwei Substanzen in ungefähr gleicher Menge vorhanden sind. Die eine Substanz ist weiß bis blaßgelb zwischen gekreuzten Nicols und gibt eine negative einachsige Interferenzfigur und ähnelt dem Barysilit, während die andere hohe Farben zeigt und eine zweiachsige Figur lieferte, welche jedoch zum Teil positiv und zum Teil negativ wie für die 2:1- Mischung war. Die Substanz mit dem positiven optischen Charakter konnte nicht identifiziert werden. c) Dünnschliff der Schmelze mit 69°/o Pb 0. Dieses Präparat enthält mehr Pb 0 als das Orthosilikat. Der Dünnschliff war nicht homogen. Eine Substanz war faserig und farblos, mit einem transversalen Blätterbruch. Parallele Auslöschung. Negativ und zweiachsig. Diese Eigenschaften deuten auf die 2 : 1 -Verbindung hin. Eine braune, mehr oder minder opake Substanz mit optischen Anomalien der Interferenzfarben und -figur war auch zu beobachten. Die anomale blaue Farbe war sehr Die optischen Eigenschaften einiger Bleisilikate. 295 charakteristisch und die Figur zeigt ein anomales Kreuz, welches im monochromatischen Lichte nicht geändert wurde. Diese schein- baren Anomalien sollen weiter untersucht werden. Sie wurden auch in den Präparaten mit höherem Gehalt an Pb 0 beobachtet. d) Schlußfolgerung. Nach dieser optischen Anatyse scheint die Schmelze mit 6 6 2/a Äquivalentprozent Pb 0 (2 Pb 0 : 1 Si02) eine definitive Ver- bindung (Pb2Si04) darzustellen, welche optisch zweiachsig und negativ ist, aber bis jetzt noch nicht in der Natur gefunden worden ist. 4. Präparate mit mehr als 70°/o PbO. a) Fragmente der Schmelze mit 75°/o PbO (3 Pb 0 : 1 Si02). Stengelige Struktur mit transversalem Blätterbruch. Freies PbO war gar nicht, oder nur in sehr geringer Menge vorhanden. Dieses Material zeigte fast ausschließlich die anomale blaue Inter- ferenzfarbe, die im 69prozentigen Präparate beobachtet wurde. Einige Körner waren mehr gelb , aber alle zeigten das farbige Achsenkreuz , welches gewöhnlich blau war. Das Material hat scheinbar die Eigenschaft einer einachsigen Substanz. b) Fragmente der Präparate mit noch höherem Gehalt an Pb 0. Diese besitzen eine geringe Menge der Substanz mit einer anomalen blauen Farbe, aber scheinen mehr freies Pb 0 zu enthalten. c) Schlußfolgerungen. Das Präparat mit der Zusammensetzung 3 Pb 0 : 1 Si 02 scheint homogen, aber optisch anomal zu sein. 5. Bleioxyd und Kieselsäure. Die Komponenten des Systems sind in der Literatur ziem- lich vollständig beschrieben L Bleioxyd ist unter dem Mikroskop etwas pleochroisch und besitzt einen auffallenden Blätterbruch. Zweiachsig und positiv. Quarz ist leicht mittels der niedrigen Brechungsexponenten, schwacher Doppelbrechung, hexagonaler Um- grenzung, der einachsigen Interferenzfigur und des positiven Cha- rakters zu identifizieren. 0. Allgemeine Schlußfolgerungen. Die optische Untersuchung einer großen Reihe von PbO — Si 02- Präparaten und der verschiedenen Mineralien dieses Systems zeigt, daß wir die Existenz der 1:1-, 2:1- und 3 : 2 -Verbindungen als festgestellt betrachten können. Die Eigenschaften der 1:1- und 3 : 2 -Verbindungen stimmen resp. mit denen der Mineralien Alamosit und Barysilit überein. Die Existenz einer 3 : 1 -Verbindung ist auch höchst wahrscheinlich. Das Bleisilikat, welches sich unter einem Bleiofen bildete, scheint eine komplexe und unbestimmte, feste Lösung zu sein. Februar, 1912. 1 Groth, Chemische Kristallographie. I. p. 76 und 86. 296 Fr. Tucan, Ein mehliges Siliciumdioxyd. Von Fr. Tucan, Agram (Zagreb, Kroatien). Gelegentlich einer Studienreise auf die dalmatinische Insel- gruppe (im Jahre 1911) fand ich auf der Insel Brac unmittelbar bei der Ortschaft Mil na ein Siliciumdioxyd, welches nach seinen Eigen- schaften und der Art seines Vorkommens bemerkenswert erscheint. Wie fast alle dalmatinischen Inseln so besteht auch die Insel Brac aus Kreidekalk , der der Insel den Charakter des typischen Karstes verleiht. Die weißen Kalkwände, welche sich über dem Meeresspiegel erheben, sind mit Pflanzen spärlich bewachsen; am häufigsten begegnet man dort der Weinrebe und der Olive. Wasser- quellen kommen nur selten vor, und wo sie erscheinen, hat das Wasser einen salzigen Geschmack. Terra rossa (Bauxit), dieser ständige Begleiter der Karstgegenden, ist auf der ganzen Insel sehr verbreitet und hebt sich sehr schön durch seine rote Farbe auf den weißen Kalken hervor. Auf der Insel stößt man auch auf einige Höhlen. Eine solche Höhle befindet sich in dem Weingarten N. Filipic auf der Südseite des Dorfes Mi Ina. Von den Orts- bewohnern wird diese Höhle Slana spilja (Salzhöhle) genannt, und zwar mit vollem Rechte, da sich auf ihren Wänden Kochsalz angesammelt hat, (in der Form von winzigen Haaren, Haarsalz). Der Kalkstein, auf welchem das Kochsalz ausgeschieden ist, ist sekundären Ursprunges und man sieht, wie sich derselbe am Kreide- kalke angesammelt hat, der ihm als Unterlage dient. Während Kreidekalk ein dichtes , festes Gestein ist , das unter dem Mikro- skope eine feinkörnige Struktur zeigt, ist dieser sekundärer Kalkstein der Schreibkreide sehr ähnlich. Er kann sehr leicht gepulvert werden und kleinere Stücke kann man mit den Händen leicht zerbrechen. Seine Farbe ist trübweiß mit einem Stich ins Gelbe. Wenn man ein Stück von diesem Kalke mit Wasser begießt, wird das Wasser allmählich milchigweiß, und wenn man diese milchige Lösung zu filtrieren versucht, so geht dieselbe durch das Filter. Mit Salz-, Schwefel- oder Salpetersäure angesäuert, verändert sich diese milchige Lösung nicht im mindesten. Ebensolche Lösung erhält man, wenn man den erwähnten Kalkstein in HCl, H2S04 oder HN03 auflöst; auch diese HCl-, H2S04-, oder HN03 Lösungen sind nicht filtrierbar: das Filtrat ist wieder immer milchigweiß. Bei der chemischen Analyse erzielte ich folgendes Resultat: Si09 20,27 AU 0, 0,03 Fe2 Oo 0,20 CaO" 40,38 Mg 0 0,89 Na 1,78 K Spur H2 0 0,42 CI 3,15 C 02 33,18 100,30 Ein mehliges Siliciumdioxyd. 297 Aus dieser Analyse sieht man , daß im Kalksteine außer Na CI, MgO, A1203, Fe203 und H20 auch noch Si02 vorhanden ist. Na CI kann man schon makroskopisch als feine Fasern und Haare auf dem Kalksteine feststellen. U. d. M. sieht man diese Fasern in verschieden gebogenen Formen. Neben den sehr winzigen Kalkkörnchen und einigen Kochsalzfasern kann man u. d. M. mit dem besten Willen keine Spur von Quarz bemerken, welchen man als Ursache jenes Si02 vermuten könnte. Ich habe von diesem kreideartigen Kalke ein größeres Stück in kalter, verdünnter Salzsäure aufgelöst und bekam einen weißen Niederschlag als unlöslichen Rückstand. Durch vielfaches De- kantieren beseitigte ich den größeren Teil von CaCl2 und Na CI, welche in Lösung vorhanden sind , dann brachte ich den ganzen Niederschlag auf das Filter, wo er so lange ausgewaschen wurde, bis keine Spur mehr von Ca, Na und CI zu konstatieren war. Bei diesem Auswaschen ging der Niederschlag durch das Filter, der größere Teil desselben blieb jedoch auf dem Filter zurück. Diesen Niederschlag (unlöslichen Rückstand) unterwarf ich einer chemischen Analyse und erhielt folgendes Resultat: SiOo . 97,92 ai2ö3 0,26 Fe2 03 0,41 Ca 0 . 0,72 H0 0 . 0,18 C02 . 0,60 100,09 Der unlösliche Rückstand ist also nichts anderes als ein Silicinmdioxyd, welches als außerordentlich feiner Staub auftritt. Dieser Staub ist weiß und so fein, daß man ihn zwischen den Fingern nicht fühlt. Wenn man davon ein Präparat für die mikro- skopische Untersuchung anfertigt und dasselbe u. d. M. beobachtet, kann man erst bei einer starken Vergrößerung (540fach, Mikro- skop Modell I a, von Fuess) winzige Pünktchen wahrnehmen. Die Beobachtung zwischen gekreuzten Nicols gibt keinen sicheren xAuf- schluß darüber, ob man eine isotrope (amorphe) oder anisotrope (kristallinische) Substanz vor sich hat. Erst wenn eine Gipsplatte vom Rot I. Ordnung angewendet wird , kann festgestellt werden, daß diese Siliciumdioxydsubstanz doppelbrechend ist, daß dieser feine Staub eine kristalline Phase von Si02 ist. Was die Löslichkeit dieser mehligen Kieselsäure anbelangt, so zeichnet sie sich durch einige Eigentümlichkeiten aus, welche bei dem Quarz nicht bekannt sind. Nach den Untersuchungen von G. Lunge und C. Millberg 1 hängt die Löslichkeit des Quarzes 1 G. Lunge und C. Millberg: Über das Verhalten der verschiedenen Arten von Kieselsäure zu kaustischen und kohlensauren Alkalien. Zeitschr. f. angew. Chemie. 1897. p. 398. 298 Fr. Tucan, Ein mehliges Siliciumdioxyd. von der Feinheit des Materials ab; je feiner der Quarz gepulvert ist, desto löslicher ist er. Allerfeinstes, als Milchtrübung schwebend bleibendes Quarzpulver wurde beim Kochen mit Alkalilauge nach 2 Stunden vollständig gelöst. Unsere mehlige Siliciumdioxyd- varietät ist so fein , daß sie mit dem Wasser begossen , eine milchige Lösung gibt. Erst nach 68 ständigem Stehen fällt der größte Teil des Pulvers zu Boden; ein Teil des Pulvers bleibt aber schwebend im Wasser und auch nach mehrmonatlichem Stehen sedimentiert es nicht, sondern bleibt noch immer schwebend und gibt dem Wasser eine starke Opaleszenz. Dieser feine Staub wurde nicht nur in verdünnter, sondern auch in konzentrierter Alkalilauge gekocht. Das Kochen dauerte 20 Stunden, das Si- licium dioxydpulver blieb aber unverändert. Ob etwas von diesem Si02-Pulver aufgelöst wurde, konnte ich nicht kon- statieren, da das Filtrieren unmöglich ist ; durch das Filtrierpapier (Baryt-Filtrierpapier von Max Dreverhoff und schwedisches Be- zeliuspapier) geht die milchige Lösung hindurch und im Filtrate findet man wieder Si02- Pulver. Ebenso geht es auch mit dem Auflösen im Alkalicarbonate. Nach 20 ständigem Kochen in 20 °/oiger Sodalösung wurde nur 4 °/o Si02 gelöst; alles übrige blieb im staubigen Zustande unverändert, und wenn man mit dem Auswaschen auf dem Filtrierpapier beginnt, geht die milchige Lösung durch das Filter. Durch das mehrstündige Kochen in konzentrierter Salzsäure bleibt das Siliciumdioxydpulver ebenso unverändert, Schwefelsäure aber ist nicht ohne Wirkung: beim mehrstündigen Kochen in konzentrierter H2 S 04 geht das Pulver in einen flockigen (voluminösen) Zustand über und in diesem Zustand läßt es sich leicht filtrieren. Durch Kochen mit konzentrierter Schwefelsäure ist also unsere mehlige Kieselsäure aufschließbar. In Flußsäure löst sich das Si 02-Pulver sehr leicht und mit Alkalicarbonat schmilzt es leicht und schnell. Hier möchte ich noch eine Eigentümlichkeit erwähnen: wenn diese mehlige Kieselsäure geglüht wird , verändert sie sich inso- ferne, als sie filtrierbar wird. Solches geglühtes Pulver zeigt u. d. M. keine Veränderungen. Soweit ich die mineralogische Literatur kenne, so ist eine s olche Varietät des kristallinischen Siliciumdioxyds nicht bekannt. Nur A. Frexzel1 hat eine Notiz über Mehl- quarz mitgeteilt, daraus geht aber hervor, daß dieser Mehlquarz nicht aus allerfeinsten Teilchen besteht, da Frenzel u. d. M. konstatieren konnte, daß der Mehlquarz aus unregelmäßigen Körnchen zusammen- gesetzt ist. In dieser Notiz findet man keine Angaben über die Löslichkeit des Mehlquarzes, und man kann nicht sagen, inwie- weit derselbe unserer Varietät ähnlich ist oder von ihr abweiclit. 1 A. Frenzel , Mineralogisches. 5. Mehlquarz. Min. u. petr. Mitt. 3. p. 514. A. Beutell, Ueber die Isomorphieverhältnisse etc. 299 Während A. Frenzel im Terrain selbst die Entstehung* des Mehlquarzes aus dem Amethyst verfolgen und erklären konnte, ist die Herkunft unserer Varietät noch ganz unerforscht, so daß man nur Vermutungen auf stellen kann. Die Art des Vorkommens spricht mehr für die Entstehung aus wässeriger Lösung. Das Silicium- dioxyd kommt, wie schon erwähnt, zusammen mit dem Kalke als dünne Schicht auf dem dichten Kreidekalke vor. Der Kalkstein, im welchen das Siliciumdioxyd vorkommt, ist unzweifelhaft hier auskristallisiert. Möglicherweise trugen jene Wässer, welche durch die Klüftungen und Sprünge des Kalksteines durchfließend auf- gelöstes Calciumbicarbonat führten , auch aufgelöste Kieselsäure mit sich, die dann zusammen mit dem Kalkcarbonat auskristallisierte und sich sedimentierte. Diese Auffassung nötigt uns zur Annahme, daß das (kohlensäurehaltige) Wasser, welches leicht den Kalkstein löst, auch den Quarz in Lösung bringen kann, der sich regelmäßig in den Kalken und Dolomiten des kroatischen Karstes findet. Min.-petr. Institut zu Zagreb (Agram), 1912. Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution der Markasit- Arsenkies-Glaukodot-G-ruppe. Von A. Beutell in Breslau. Mit, 2 Textfiguren. (Schluß.) Um der Besprechung dieser, für die Konstitution der ver- schiedenen Glieder der Arsenkiesgruppe wichtigen Frage , eine sichere Grundlage zu geben, lege ich den folgenden Betrachtungen die Ausführungen Nernst’s zugrunde (Nernst, Theoretische Chemie 1907. p. 183), welcher den gegenwärtigen Stand der Isomorphie- lehre in folgender treffender Weise präzisiert: „Die Fähigkeit fester Stoffe , ein molekulares festes Gemisch zu bilden , ist eine ganz allgemeine; in weitaus den meisten Fällen aber sind Misch- kristalle nur innerhalb gewisser Grenzen, nämlich derer der gegen- seitigen Sättigung, darstellbar. Jeder feste Stoff vermag also jede andere Substanz mindestens spurenweise aufzunelimen und mit ihr eine , wenn auch meistens äußerst verdünnte , feste Lösung zu bilden; ihre Konzentration ist zweifellos außerordentlich klein, wenn der feste Stoff ein Metall und die zu lösende Substanz eine nicht metallische ist, oder vice versa, und sie entzieht sich meisten- teils wegen ihrer Geringfügigkeit, obwohl wahrscheinlich sehr viel größer als im obigen Falle, der Wahrnehmung auch dort, wo es sich um Auflösung von festem Salz in Salz handelt. Mit der chemischen Analogie wächst der Grad der Mischbarkeit , so daß man die Fähigkeit, innerhalb weiterer Grenzen oder gar in jedem Mengenverhältnis Mischkristalle zu bilden , fast ausschließlich bei chemisch völlig vergleichbaren Stoffen antrifft. Da beim Falle 300 A. Beutell, vollständiger Mischbarkeit alle Eigenschaften des Mischkristalls, also auch seine Form eine stetige Funktion der Zusammensetzung (genau wie bei jedem flüssigen oder gasförmigen Gemische) sein muß, da aber ein allmähliger, stetiger Ausgleich der Kristallform erfahrungsgemäß nur möglich ist, wenn bei den beiden reinen Kristallen bereits anfängliche Ähnlichkeit vorhanden war, so folgt (gewissermaßen als ein Spezialfall des obigen , viel allgemeineren Satzes) die MiTSCHERLiCH’sche Regel, daß häufig chemisch analoge Stoffe ähnliche Kristallform besitzen. Zeigt die Mischungsreihe eine Lücke , so kann die Kristall- form der Endglieder beliebig verschieden sein, während chemische Analogie doch im weitesten Maße vorhanden ist; da nun in den Mischungsreihen zu beiden Seiten der Lücke jeder Kristall ge- zwungen ist , sich der Kristallform des andern anzupassen , so deutet eine größere Ausdehnung der Mischungsreihe darauf hin, daß er sie anzunehmen eine gewisse Neigung besitzt , tatsächlich wird es dann oft beobachtet , daß auch in ganz reinem Zustande der eine Kristall als labile Modifikation die Form des anderen anzunehmen vermag (Isodi — Isopolymorphie). Sozusagen versteckt liegt also der Isomorphie die Regel zu- grunde, daß die Mischbarkeit mit der chemischen Analogie wächst.“ Da auf die große Ähnlichkeit im Habitus des Markasits und des Arsenkieses, sowie auf die Verschiedenheiten zwischen Arsen- kies und Löllingit wiederholt hingewiesen worden ist, so erübrigt nur noch die Diskussion der chemischen Analogie, weil sie sich nach den Ausführungen Nernst’s in dem Grade der Mischbarkeit wiederspiegeln muß. Wie aus den Tabellen 3, 4 und 2 hervorgeht, enthält nach den bisher ausgeführten Analysen der Markasit der Löllingit der Arsenkies bis 9,5 °/o SAsFe „ 35,7 „ SAsFe „ 13.2 „ S2 Fe ,, 19,0 „ As, Fe beigemischt. Die Mischbarkeit ist zwar eine beschränkte, doch geht sie wTeit hinaus über diejenigen Beimengungen, die man als Verunreinigungen zu bezeichnen pflegt und die nur in Spuren auf- treten. Während aus solchen- spurenweisen Beimengungen auf chemische Analogie zwischen den Komponenten nicht geschlossen werden kann, weisen die aufgefundenen Beimengungen von S2Fe, As2 Fe und S As Fe immerhin schon auf eine beträchtliche che- mische Ähnlichkeit hin. Nun sind Schwefel und Arsen so unähn- liche Elemente (sie gehören verschiedenen Gruppen des periodischen Systems an), daß an eine gegenseitige isomorphe Vertretung nicht zu denken ist. Die. Untersuchungen von Retgers haben ergeben, daß viel ähnlichere Elemente isomorphe Verbindungen nicht zu Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution etc. 301 bilden vermögen. Wenn hiernach die chemische Analogie nicht in der Ähnlichkeit der Komponenten begründet ist , so kann sie nur auf der gleichen Konstitution beruhen. Auf diese Weise führt die bereits als notwendig erkannte Verdoppelung der Arsenkies- formel mit Notwendigkeit auch auf die Verdoppelung der Markasit- und Löllingitformel , so daß der Arsenkiesformel S2 As2 Fe2 für Markasit und Löllingit die Formeln S4Fe2 und As4Fe2 an die Seite zu stellen sind. Auch diese Konsequenz ist bereits von Groth gezogen worden. Der GROTH’schen Konstitutionsformel für Arsen- kies würden die folgenden Konstitutionsformeln für Markasit und Löllingit entsprechen : S S As - -As / \ / \ Fe Fe Fe Fe Übrigens ist die Verdoppelung der Markasit- und Löllingit- formel auch deshalb unbedingt notwendig, weil isomorphe Sub- stanzen ein ähnliches Molekularvolumen besitzen müssen. Wenn dem Markasit und dem Löllingit die Formeln S4Fe2 und As4Fe2 zukommen, so wird man die Frage aufwerfen müssen, ob der Arsenkies S2As2Fe2 überhaupt noch als Doppelsalz von Markasit und Löllingit aufgefaßt werden kann. Betrachtet man ihn nicht als Doppelsalz , sondern als völlig selbständige Verbin- dung, so fällt das Hauptargument Retgers’ fort, welcher isomorphe Mischungen zwischen Arsenkies und Markasit, sowie zwischen Arsenkies und Löllingit gerade deshalb für unmöglich hielt, weil sich die Komponenten nicht mit dem Doppelsalz mischen können. Nun ist diese RETGERs’sclie Hypothese durch so viele Tatsachen gestützt, daß sie einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit besitzt, und es ist daher nicht anzunehmen, daß der Arsenkies eine Aus- nahme von derselben machen sollte. Vielmehr dürfte sich das abweichende Verhalten desselben dadurch erklären , daß er kein Doppelsalz ist. Deshalb liegt auch bei den Kurven , welche den Zusammenhang zwischen der Länge der a-Achse und der chemischen Zusammensetzung zur Darstellung bringen, der Normalarsenkies nicht außerhalb der Kurve (wie es bei Doppelsalzen stets der Fall ist), sondern als Knickpunkt in derselben. Nachdem die obigen Betrachtungen zu dem Resultat geführt haben, daß die Arsenkiesformel mindestens verdoppelt werden muß, bleibt noch zu untersuchen, welche Stellung den Atomen im Mole- kül anzuweisen ist. Außer der bereits erwähnten Konstitutions- formel von Groth , ist von Starke , Shock und Edgar Smith (Journ. Am. Cliem. Soc. 1897. 19. p. 948; N. Jahrb. f. Min. etc. 1899. II. p. 10). die folgende Gruppierung in Vorschlag gebracht worden : A. Beutell, 802 Fe S S Fe v / \ / As As Zar Begründung derselben führen die Verfasser die Tatsache ins Feld, daß sich der gesamte Schwefel durch heißen Wasser- stoff aus dem Arsenkies austreiben läßt, woraus hervorgehen soll, daß der Schwefel mit dem Eisen nicht direkt verbunden sein kann. Daß diese Formel höchst unwahrscheinlich ist, geht aus folgender Überlegung hervor. Da an der Isomorphie des Markasits und Arsenkieses nach dem Vorhergehenden nicht zu zweifeln ist, und da dieselbe bei der großen Verschiedenheit der Komponenten nur durch die gleiche Konstitution zu erklären ist, so muß sich die Formel des Arsenkieses ohne weiteres auf den Markasit an- wenden lassen. Dies ist jedoch nicht der Fall, da sie nur für das dreiwertige Arsen möglich ist. Die Untersuchung der bei der Vakuumdestillation erhaltenen Destillate hatte für den Normalarsenkies zu folgender Konstitutions- formel geführt (dies. Centralbl. 1911. p. 316): S As / ! \ Fe Fe \ I / S As 2. Glaukodot und Glanzkobalt. Der Habitus der Kristalle ist bei den Glaukodoten derselbe wie beim Arsenkies ; auch die chemische Analyse ergibt eine ganz ähnliche Zusammensetzung, nur ist das Eisen teilweise durch Kobalt vertreten. Groth schreibt dem Glaukodot (Tab. Übers. 1898. p. 23) die Formel (Fe, Co) As S oder (Fe, Co) (As, S)2 zu. Er spricht somit den Glaukodot als eigene Mineralspezies an , deren Formel von demselben Typus wäre, wie die Arsenkiesformel ; aus seiner zweiten Formel geht hervor, daß er eine isomorphe Vertretung des Schwefels durch Arsen annimmt. Anstatt der Annahme einer gegenseitigen Vertretung von Arsen und Schwefel, die vom chemischen Standpunkte als höchst unwahrscheinlich gelten muß, kann ebenso wie beim Arsenkies auch an eine isomorphe Beimengung von S4Fe2 und As4Fe2 ge- dacht werden, wie sie für die Arsenkiese nachgewiesen worden ist. Eine dritte Möglichkeit besteht in der Annahme einer selbständigen Eisen- neben einer selbständigen Kobaltverbindung von der Formel SAsFe beziehentlich SAsCo. Die letztere Ansicht ist von Tscher- mak vertreten worden (Sitzungsber. Akad. Wien 1867. 55. p. 447; No. 9, 72 ; N. Jahrb. f. Min. etc. 1867. p. 477 u. 713), welcher große Kristalle von Häkansboda untersucht hatte. Inzwischen hat sich das Analysenmaterial vermehrt, sodaß sich die Isomorphieverhältnisse Tabelle 8. Glaukodot. Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution etc. 303 -1 ’-l 1 i-'OOOOOnOCO'M— ‘i-i ßl -i ßl Ti i-l —i i-i -T 1 -1 TT T -T 1 tH TT TT TT — il H i- 1 tH O h ö ö O O o O © © © © ©^ ©^ t^ tH t- ^ TT TT tT 1-H 1— TT T- ’-l — T- — " TT o o o © 1 OOOOOOrHOO . ’-l. T- 1 1 + in ii n 1 T- 1-T - TH TT TT -H Ti -1 — 1 tT TT 05 II II II II II II ll H ll ll ll || ll II II II l| II II -+ iß if H X CM r- i— ißlßiOn—1 © CM X LT- © X rH t— 1 1-H co M CM (M TT 1-T ,-T i— 1 “ H CM CO + + + + Hb + + + + + + + + + + + + + + t> D- X (M >ß 05 © 'cH ■gj © © iß © o 1-1 t— © CD ^ Tf iß iß CM CM CO w Tf In iß io (M rfl »ß io co X CO (N i 1 co — i-H © ® C! I> O »O © X l>> iß © ßl CO CC CD 1 co CO © iß iß iß iß iß iß iß iß io iß iß iß »ß © 1 Iß 05 X CM ßl ßl iß © © o X co ßl X L't iß iß *o I Iß iß iß © © © © iß iß lO © © © © iß +=> ci h£ O cS 33 ° « S 2 X > *co 2 o"x ° % 2 s 1 1 1 1 i 1 x * + X 1 'S 1 X 1 l 1 © -r c cm" vo ß> © X 2 qP Ä co © cm" © X ©" tQ ©" X ©^ - x © © © L- L- © © © (M^ X © © 2 ocT cf ©" | ©" cf ©" ©" ©" © ©" ©" x" ©" ©" cd ©" ©" C5 05 05 © © © © © © © © © © © © © © CO 1-1 i-H TT H TT ,—l TH tT i-T tT -T X O iß T* GO CD O Ct cq (M iß © © iß T^ © O m o ro iß^ I> © © © ©^ ©^ Tf^ © X © X X o x" cf co co" nT co CD CD^ iß" x" x" ©" ©" Ifl c— x" iß" ©" rH r-8 rH r_l ßj 1—1 ^ CO r>- c— H I> © n O X CO © -fl Ol © © Ol T-i T^ a> iß CO^ ©_ I> © CM ^ X^ ©. © ©^ ©_ ©^ X © iß^ T-H X ©" co' ©" co © co" ©" ©" of iß" x" T*" cm" x" tT ©" co" CM CM (M CM CO Ti ll 1—1 H (M (M (M CO X ßl 70 X ßl IO CO 1 iß n -fl co © X ^ T* T* o CC L— © x_ iß ©^ CM X^ — f X X i>" co" co" r-" iß" iß t+T cd ßf x" i-T ßf x" ßf -f cd tu ^ itH T* ifl ^fl t* t* Tfl -f( Tfl rjC rfi X D- -fl © X H t' © »ß X © X T*l n © t iß H CO iß^ x. ©^ I Tjl ©^ © X X^ ©^ X^ ©^ X X ßJ GO^ CM D-" co" x" 1 r*" ©" x" ©" ©" ©" ©" ©" t>" x" ©" ©" ocT ©" x" — * Ti 1— ( i-H — ■n i— 1 ^ TT CM Ti T- CM CM ßl 1 nn O . ec o • o £5 © Q} CO ^ s O s ~Q CQ R R R R CÖ ~ S 2 CC CD CQ X «■ « § c8 aS o* ^2 co W GO O ö X P o W n CM CO -t iß co’ O X 05 d 1 N co Tfi io © t' X © tT Ti ll tT T— 1 tT H 304 A. Beutell. auf rein chemischem Wege mit ziemlicher Sicherheit feststellen lassen. Die folgende Tabelle enthält eine Zusammenstellung aller bekannten Analysen, wie sie sich in Hixtze’s Handbuch p. 865 findet. Neu hinzugefügt ist nur eine einzige, vom Verfasser aus- geführte Analyse eines Kristalls von Häkansbo. Um eine bessere Einsicht in die empirische Zusammensetzung der Glaukodote zu erlangen, wurden der Tabelle die Atomverhältnisse von S : As : (Fe + Co) beigefügt. Man ersieht aus dieser Tabelle zunächst, daß das Atom- verhältnis S : As : (Fe Co) ungefähr gleich 1 : 1 : 1 ist ; die größte Abweichung beträgt drei Einheiten der ersten Dezimale. Was das Atomverhältnis zwischen Eisen und Kobalt anbelangt, so ist es in vier Glaukodoten von Skutterud nahezu wie 1:1, was auf einen , dem Normalarsenkies entsprechenden Normalglaukodot hinweist , dem die Formel S2As2CoFe zuzuschreiben wäre. Nur in dem Glaukodot von Huasco überwiegt das Kobalt; in den übrigen findet sich ein z. T. sehr beträchtlicher Überschuß von Eisen. Es fragt sich nun, wie die von dem Normalglaukodot ab- weichenden Vorkommen zu deuten sind. Da sich die Arsenkiese als Mischungen des Normalarsenkieses S2As2Fe2 mit S4Fe2 und As4Fe2 herausgestellt haben, so liegt es nahe, die Glaukodote in gleicher Weise aufzufassen. Um zu prüfen, ob diese Vermutung mit dem vorhandenen Analysen material im Einklang ist, wurden die Atomzahlen von Schwefel und Arsen gleichgemacht und der Überschuß des einen oder des anderen als S4 Fe2 oder As4Fe2 abgerechnet. Die Rechnung ergibt, daß der Gehalt an As4Fe2 von 2,06 bis 8,24 °/o steigt, während der Gehalt an S4Fe2 zwischen 0,60 und 4,80 °/o schwankt. Setzt man die zulässige Fehlergrenze auf eine Einheit der ersten Dezimale fest, so führen von 1 9 Ana- lysen 13 auf das richtige Atomverhältnis S : As : (Fe Co) =1:1:1. Die Anatysen, welche größere Abweichungen aufweisen, haben im allgemeinen einen Überschuß von Metall. Unter diesen befindet sich auch die Analyse des Verfassers von Häkansbo, welche auf das Atomverhältnis 1,6: 1,0: 1,2 führt. Durch Anschleifen und Polieren von Stückchen desselben Kristalls konnte ich Einschlüsse von Magneteisen nachweisen. Es liegt nahe, den Überschuß an Eisen auch bei den übrigen Analysen auf die gleiche Weise zu erklären. Die Übereinstimmung der Analysen mit der Annahme, daß die Glaukodote als Mischungen eines Normalglaukodots von der Formel S2As2FeCo mit S4Fe2 und As4Fe2 anzusehen sind, ist hiernach eine vorzügliche. Die folgende Zusammenstellung enthält die für jeden Glaukodot in Abzug gebrachten Gewichts- prozente von S4Fe0 und As4Fe2 sowie die Atomverhältnisse von S: As: (Fe + Co). Ueber die Isomorphieverhältnisse und die Konstitution etc. 305 Tabelle 9. Nach Abzug von S4Fe2 |As4Fe2i S : As : (Fe + Co) S : As : (Fe Co) 1. Skutterud .... — . 8,24 55 : 55 : 43 -f- 14 = 1,0 : 1,0 : 1,0 2. .... — 8,24 54:54:43 + 15 = 1,0: 1,0: 1.1 3. „ • • • • — 5,15 56:56:46 + 14 = 1, 0:1.0: 1,1 5. * .... — 8,24 55 : 55 : 56 + 8 = 1,0: 1,0: 1,2 6. „ .... — 2,06 59:59:28 + 32 = 1,0: 1,0: 1,0 ^ { V — 3,09 58:58:28 + 27 = 1,0: 1,0: 1,0 8. Häkansboda . . . 1,80 — 59:59:33 + 27 = 1,0: 1,0: 1,0 9. * • • • 1,80 — 59:59:32 + 25 = 1,0: 1,0: 1,0 10. Siegen 1,80 — 59 : 59 : 49 — |— 15 = 1,0:1, 0:1,1 11. jj 4,80 — 57:57:46+15 = 1,0:1, 0:1,1 12- „ — 6,18 52 : 52 : 41 + 14 = 1,0:1, 0:1,1 13. Franconia .... 0,60 55 : 55 : 58 + 11 = 1,0: 1,0:1, 3 14. Graham R80 _ 56 : 56 : 58 + 9 = 1,0: 1,0: 1,2 15. Huasco 3,00 58 : 58 : 19 + 42 = 1,0:1, 0:1,0 16. San Simon .... 3,60 57:57:44 + 18 = 1,0:1, 0:1,1 17. Chile 4,20 — 55 : 55 : 56 + 7 = 1,0:1, 0:1,1 18. Copiapö 2,40 — 59 : 59 : 52 + 10 = 1,0: 1,0: 1,0 19. Häkansbo .... 3,00 — 52:52:33 + 28 = 1,0: 1,0: 1.2 Die Atomzahlen von Eisen und Kobalt befinden sich auch nach dem Abzug1 von S4Fe2 und As4Fe2 nicht im Verhältnis von 1:1, wie es bei Norm al glauko dot sein müßte, sondern es ist im allgemeinen ein beträchtlicher Überschuß an Eisen zu konstatieren. Nur die Nummern 7, 8 und 19 führen nahezu auf das Verhältnis Fe:Co=l:l. Es ist daher wahrscheinlich, daß sich bei den übrigen Glaukodoten außer Markasit respektive Löllingit als vierte Komponente noch Arsenkies zugesellt. Die Berechnung derselben Analysen auf Grund der Tscheii- MAK’schen Hypothese, daß die Glaukodote isomorphe Mischungen von SAsFe und SAsCo seien, führt auf die in der folgenden Tabelle zusammengestellten Resultate. Die Berechnung wurde in der Weise ausgeführt, daß zunächst die Gewichtsprozente Schwefel und Arsen, welche zum Eisen gehören, abgezogen wurden. Wenn die Hypothese zutreffend wäre, müßte für 1 Atom Kobalt je 1 Atom Arsen und Schwefel übrig bleiben. Es müßte sich das Verhältnis S : As : Co = 1 : 1 : 1 ergeben. Schätzt man die zulässige Fehlergrenze der Atomzahlen wieder- um auf eine Einheit der ersten Dezimale, so stimmen von den 19 Analysen nur 4 mit der Theorie überein (No. 6, 7, 8 und 9), und zwar sind es dieselben , welche nahezu die Zusammensetzung •des Normalglaukodots besitzen. Die übrigen führen zum großen Centralblatt t. Mineralogie etc. 1912. 20 306 A. Beutell, tc IO CO rc CO co EC EC EC !_! |_L oo CO co EC o CO co go LC EC JX JC’ JO JX Ci jn o JO CC' jn p_j H-i rj.r t-L Qi cc ZP CO CO Tn 0 To Tp- Tc To To 'oo T^ O 4- EC o 4- LC 4- ° CO 00 4*- 41 -Tj o tC 4- 4». 4- 4» EC EC tc EC 4^ CO co 03 41 © 4* JO _4*> j4 o 41 Ü« CH w» tc >— 1 J— 1 Ci JC’ > "° " To *bt ~4i V] Tn c " Tx Tc Tx °’ Tc Tp To Ul EC jn o» oz 4] jt— CC cc J» JX Ql jn jTi JX jP JX co X o CO Tx To Tx ~41 To Tp- Ci To cc o Tn T-* Tn ~4] To 'o To o Ci 4* Qi c 41 ü’ EC CC 41 Ci X 4- Cn X 1 1 X 1 1 oz J— 1 L Qi CO o »— k G0 j4 JC’ JO JX JX CD © JC tc EC Ul CB To "4* Tc T-ü Tc Tc T» To 41 ~41 To V O c 1 tc tc IC As J— 1 co EC «<1 41 JO JO JC JO* <1 JX JX 03 jP GO CD J— k J— k- Tx ~4] Tx Tc w Tp> Ql ~4) Tc c © Tx Tx 1 tc I-1 i X Ti’ Tx © Ti Tc 1 Tn T- Tri T- T— T- © 1 Tn © o Ti. A JA JA 1 1 i— ►_» i— H-L 1— EC tc > Tn Tn 1 "© Tn 1 1 4. Tn © To Tn A* Tn Tn Tp T— ‘ To ^ i , jo CO k— * 1 ►— *• JO k— * k— 1 h-k- *— k- k— k JC tc _ * V] To 1 1 G0 To T als ü, C = dunkler schmutziggraugrün , d — heller sclimutziggrau- 1 Hauser, 0., Über den sogenannten Dysanalyt von Vogtsburg i. Kaiserstuhl. Zeitschr. f. anorg. Chemie. 60. 1908. p. 237. 2 Die optische Prüfung rührt anscheinend nach einer Notiz am Schlüsse der Arbeit von Tannhäuser her. 3 Hügel, E., Über den Dysanalyt von Vogtsburg im Kaiserstuhl. Inaug.-Diss. Freiburg i. Br. 1912. (Erscheint demnächst im Druck.) 4 Daub, R., Beiträge zur Kenntnis der Kontaktmineralien aus dem körnigen Kalke des Kaiserstuhles. Inaug.-Diss. Freiburg i. Br. 1912 Basel 1912. 5 Fischer, H., N. Jahrb. f. Min. etc. 1865. p. 439. 312 J. Soellner, grün. In den gelbbraun gefärbten Feldern sind die schwachen Ab- sorption sunterschiede im Dünnschliff nicht wahrnehmbar. Zwischen gekreuzten Nicols im parallel polarisierten Licht zeigen Schnitte nach den Würfelflächen in allen Fällen eine deutliche Doppel- brechung mit Felderteilung. Die Würfelfläche zerfällt in eine Reihe optisch verschieden orientierter doppelbrechender Felder. Die Grenzen der einzelnen Felder verlaufen entweder unregelmäßig, oder es tritt eine regelmäßige Zwillingslamellierung auf und die Grenzen der Zwillingslamellen laufen parallel den Würfelkanten (s. Fig. 1). Die Lamellierung ist oft außerordentlich fein. Die rMjTi I II III V und und IV VI Fig. 1. Schematisierte Darstellung der polysynthetischen Zwillings- verwachsung bei Dysanalyt auf einem Schnitt nach einer „Würfel“fläche. optisch einheitlichen Felder fallen nicht mit einheitlich gefärbten Flecken zusammen, namentlich bei den Zwillingslamellen ist deut- lich zu erkennen, wie sie ganz beliebig durch die verschieden gefärbten Felder, insbesondere durch die Zonarstruktur hindurch- setzen. Ein Teil der Felder, sowohl der unregelmäßig begrenzten wie auch der lamellierten, löscht diagonal zu den Würfel- kanten aus. Die Polarisationsfarbe dieser Felder ist im Dünn- schliff blaugrau bis klareres Grau I. Ordnung. Im konvergenten Licht tritt auf ihnen immer die optische Normale b eines optisch zweiachsigen Minerals senkrecht aus, C und a liegen also in den Diagonalen der Würfelfläche. Schaltet man bei der Untersuchung im parallel polarisierten Licht zwischen gekreuzten Nicols noch das Gipsblättchen Rot I. Ordnung ein , so erkennt man , daß die Die optischen Eigenschaften des Dysanalyts etc. 313 diagonal auslöschenden Felder nicht alle gleichsinnig orientiert sind. Gehen die Würfelkanten den Nicolhauptschnitten parallel, so daß C und a der diagonal auslöschenden Felder 45 0 gegen die Nicolhauptschnitte gedreht sind, so zeigt bei eingeschaltetem Gips- blättchen ein Teil dieser Felder Grlin II. Ordnung (additive Lage) und zugleich ein anderer Teil dieser Felder Gelb I. Ordnung (subtraktive Lage). Die Felder zeigen also verschiedene Orientierung von C und d. Während in der einen Art von Feldern z. B. C von NW nach SO verläuft, liegt in den anderen Feldern Cl in dieser Richtung. Die Felder I und II (siehe Fig. 2) befinden sich also zueinander in Zwillingsstellung nach einer „Würfel “fläche. Beide JE I JE ZF E Y I je f \* / \ 1 X / \ X / \ w ►e* i C\ X \ i jy I ^ 't X \ n a 't X \ Y * 0/ X / \ I * & X / \ t I a cy X / \ l I IE F JY E W JY Fig. 2. Schematische Darstellung der optischen Orientierung der einzelnen Felder auf einem Schnitt nach einer „Würfel “fläche. löschen diagonal zum Würfel aus und beide zeigen senkrechten Austritt von b. Ihre verschiedene Orientierung von C und Q und damit ihre Zwillingsstellung zueinander ist erst bei Einschaltung des Gipsblättchens Rot I. Ordnung sichtbar. Auf jeder be- liebigen „Würfel“ fläche ist die gleiche Erscheinung sicht- bar. Ein anderer Teil von Feldern ist im Vergleich zu den vorigen scheinbar isotrop, in Wirklichkeit aber, wie sich nament- lich bei eingeschaltetem Gipsblättchen ergibt, noch deutlich schwach doppelbrechend. Diese Felder löschen gerade, parallel den „ Würfel “- kanten aus. Im konvergenten Licht zeigen sie immer einen wenig schiefen Austritt einer optischen Achse eines optisch zweiachsigen Minerals. Die Achsenebene geht in einem Teil dieser Felder der einen, in anderen Feldern der anderen Würfelkante parallel (Felder (III, IV) und (V, VI) in Fig. 2). Die Achsenebenen der Felder (III, IV) und (V, VI) stehen also senkrecht aufeinander und die Felder 314 J. Soellner, (III, IV) und (V, VI) befinden sich zueinander in Zwillingsstellung nach einer „Rhombendodekaeder“ fläche. Bei der Prüfung des optischen Charakters an Achsenbalken mittels Gipsblättchen Rot daß C spitze Bisektrix ist, der optische I. Ordnung ergibt sich, Charakter also positiv, allzusehr ab. Nach dem \ oP , coP ix °P/ ooP \v< / \ .S' X—, St 1 \/^ 1/ \ / 'S'- — m jTo'PZ^I ^ ,b | looP _A-U- i 1 oop C a c ' ©oP ! i _ - c " ! ! coP a 1 1 ^ 1 * [ Der Achsenwinkel weicht von 90 0 nicht optischen Verhalten scheinen nur viererlei optisch verschieden orientierte Felder aufzutreten I. II und (III. IV), (V, VI). Daß die Gruppen (HI, IV) und (V, VI) in Wirk- lichkeit jeweils wieder aus zweierlei verschieden orien- tierten Feldern bestehen müssen, geht aus folgendem mit abso- luter Klarheit hervor. Auf Schnitten nach jeder be- liebigen Würfel fläche treten die gleichen Erschei- nungen auf, wie sie oben die Felder I und II zeigten, es kommen also auf den drei Würfelflächenpaaren im ganzen sechs Individuen zum Vor- schein, die alle verschieden von- einander orientiert sind. Wenn wir uns diese sechs Individuen jeweils in Gestalt des „ Würfels “ w denken , so zeigen sie die Orientierung, wie es die „Wür- fel“ I bis VI in Fig. 3 dar- stellen. Wenn wir die „ Würfel “ - fläche in Fig. 2 als die vordere „Würfel “fläche (100) ansehen, so würden die beiden „Wür- fel“ I, II in Fig. 3 der Orien- tierung der beiden Felder I und II im Fig. 2 entsprechen. Die Individuen III und IV würden die Orientierung entsprechender Felder auf der seit- lichen „Würfel “fläche (010) darstellen und die Individuen V und VI würden denjenigen Feldern entsprechen , die auf der oberen „Würfel “fläche (001) den Austritt der optischen Normalen zeigen. Denken wir uns die sechs Individuen in der Orientierung der Fig. 3. Schematische Darstellung der Orientierung der sechs einfachen Dys- analytkristalle , die in dieser Orientie- rung zu einem Durch wachsungs-Sechs- ling von „würfelförmiger Gestalt zu- sammentreten. Fig. 3 durcheinandergewachsen, so würden auf der vorderen „ Würfel “- fläche die Individuen I und II den senkrechten Austritt der optischen Normalen zeigen und gekreuzte Lage von et und C. Die Individuen Die optischen Eigenschaften des Dysanalyts etc. 315 III imd IV würden einen wenig schiefen Austritt einer optischen Achse ergeben, die Trace der Achsenebene in beiden parallel der vertikalen „Würfel “kante. In III würde der Austrittspunkt der Achse, da C spitze Bisektrix ist, ein wenig nach oben gerückt sein, in IV entsprechend ein wenig nach unten. Die Individuen V und VI würden auf der vorderen „Würfel “fläche ebenfalls beide einen wenig schiefen Austritt einer Achse zeigen, die Trace der Achsen- ebene parallel der horizontalen „Würfel “kante. In V würde der Achsenpunkt etwas nach rechts gerückt erscheinen , in VI ent- sprechend nach links. Praktisch sind also Felder der Orientierung III und IV und ebenso der Orientierung V und VI auf der vorderen Würfelfläche jeweils nur dann voneinander zu unterscheiden, wenn man im konvergenten Licht genau auf die Lage des Achsenpunktes in bezug auf die Umgrenzung des Schnittes achtet. Entsprechendes gilt für die anderen „Würfel “flächen. Die ganzen optischen Er- scheinungen des Dysanalyts lassen sich am einfachsten und un- gezwungensten erklären, wenn man für den Dysanalyt rhombischen Symmetriecharakter annimmt. Ein einfacher Dysanalytkristall von scheinbar würfelförmiger Gestalt würde eine Kombination von Basis OP {001} mit rhombischem Prisma ooP {110} darstellen. Der Winkel des Prismas nahezu 90 °. Optische Achsenebene parallel OP (001), auf OP {001} senkrechter Austritt der optischen Nor- malen. Auf den Prismenflächen jeweils nur wenig schiefer Aus- tritt einer Achse. Der Achsenwinkel anscheinend nur verhältnis- mäßig wenig von 90 0 abweichend. Spitze Bisektrix ist C, der optische Charakter daher positiv. Sechs solche Dysanalytindividuen treten nun in der in Fig. 3 angegebenen Orientierung zu einem mimetisch regulären Kristall von würfelförmiger Gestalt zusammen. Die scheinbaren Würfelflächen setzen sich aus Basis- und Prismen- flächen zusammen. Die Kristalle I und II, III und IV und V und VI sind dabei jeweils zueinander symmetrisch nach ocP{ll(>] (scheinbar oüOoo). Die Individuen I : III, I : IV, II : III, II : IV, I : V, I : VI, II : V, II : VI, III : V, III : VI, IV : V und IV : VI sind jeweils zueinander symmetrisch nach einer Pyramide P {l 1 1 ) (scheinbar 00O), die 45° gegen 00P (110} geneigt ist. Die schein- bar einfachen würfelförmigen Dysanalytkristalle sind also Durch- wachsungs-Sechs linge, mit z. T. lamellarem Aufbau, nach zwei Gesetzen, nach 00P (scheinbar 00O00) und P (scheinbar 00O). Der Symmetriecharakter entspricht allem Anschein nach dem rhom- bischen System. Von Knop (1. c. p. 43) wird angegeben , daß der Dysanalyt ziemlich deutlich nach dem Würfel spaltet. Bei der Untersuchung von Dünnschliffen ergab sich nun, daß auf Feldern, die einen senkrechten Austritt von b zeigen, ziemlich zahlreiche und scharfe Spaltrisse nach 00P { 1 1 0) auftreten , der Winkel der Spaltrisse beträgt rund 90°. Die Auslöschung verläuft diagonal zu den 316 J. Soellner, Spaltrissen. Auf den gleichen Feldern sieht man hier und da auch noch gröbere Risse, die diagonal zu den vorigen verlaufen, und zwar immer parallel C. Außer der guten Spaltbarkeit nach ooP{llO} würde also noch eine schlechtere parallel ooPoö {100} verlaufen (c = b gesetzt). Auf Feldern , die den Austritt einer optischen Achse zeigen, sind nur Spaltrisse senkrecht zur Achsen- ebene, also parallel der einen Prismenfläche, zu beobachten, deut- liche Spaltrisse parallel der Achsenebene, also parallel OP (001), fehlen dagegen. Eine Spaltbarkeit nach OP ist also nicht vor- handen. Die optischen Eigenschaften des Dysanalyts sind ganz entsprechend denen, wie sie der Perowskit zeigt. Von Bowman 1 2 ist neuerdings durch Untersuchung der Struktur des Perowskits von der Burgumer Alpe im Pfitschtal, Tirol, nachgewiesen worden, „daß die Eigenschaften des Perowskits so weit mit rhombischer Symmetrie übereinstimmen, daß er zurzeit am besten zu diesem System gerechnet werden kann.“ „Die Perowskite zeigen Lamellen infolge von Zwillingsbildung : 1. durch eine halbe Umdrehung um die Normale auf {HO}; 2. durch eine Viertelumdrehung um die- selbe Achse; 3. durch eine halbe Umdrehung um die Normale auf Jlll}.“ Man kommt auf diese Weise für den Perowskit zu den gleichen sechs Individuen wie beim D3fsanalyt. Die Perowskite sind also ganz entsprechend aufgebaute Sechslinge nach ooP (l 10} und P{lll}. Die optische Orientierung ist beim Perowskit die gleiche wie beim Dysanalyt. Sehr häufig zeigt der Dysanalyt, wie die Untersuchung im Dünnschliff lehrt , eine mehr oder weniger intensive Umwandlung in eine grauweiße, trübe, leukoxenartige Substanz, die ganz ähn- lich aussieht, wie die Leukoxensubstanz bei anderen Ti-reiclien Mineralien, Titaneisen etc. Diese Umwandlung ist im Schliff am besten im auffallenden Lichte zu beobachten. Die grauweißen Leukoxenpartien heben sich durch ihr trübes erdiges Aussehen von den in dickeren Schliffen im auffallenden Lichte fast schwarzen Partien des frischen Dysanalyts deutlich ab. Die Leukoxen- Umwandlung läßt häufig namentlich die Zonarstruktur parallel der „Würfel “Umgrenzung und ferner die Felderteilung und Zwillings- lamellierung schön hervortreten. Daß dieses Umwandlungsprodukt Titanit entspricht, wie das bei dem Titaneisenleukoxen der Fall ist , ist hier wenig wahrscheinlich , da die neueste Analyse des Dysanalyts durch Hügel 2 nur einen sehr geringen Gehalt an Si 02 von 0,29 °/o ergab. Es ist eher denkbar, daß es sich um eine 1 Bowman, H. L., Über die Struktur des Perowskits von der Burgumer Alpe, Pfitschtal, Tirol. Min. Mag. 1908. 15. p. 156 — 176. Ref. Zeitschr. f. Kristallogr. 48. 1910. p. 670. 2 Hügel, E., Über den Dysanalyt von Vogtsburg im Kaiserstuhl. Inaug.-Diss. Freiburg i. Br. 1912. Die optischen Eigenschaften des Dysanalyts etc. 317 reine Ti 02-Verbindung handelt. Ganz ähnliche Leukoxen-Umwand- lungen sind beim Perowskit beobachtet worden, so von Sauer1 2 an Perowskit von Oberwiesental und von Hussak 2 an Perowskit von Cataläo in Brasilien. Von letzterem wurde das Zersetzungsprodukt als aus reiner Ti02 bestehend bestimmt. In jeder Beziehung ganz die gleichen optischen Verhältnisse wie der Dysanalyt vom Badlocli bei Vogtsburg zeigt der Dysanalyt in dem Monticellitkalk von Schelingen. Dieses von Fischer3 beschriebene Vorkommen ist in der Tat djrsanabytfiihrend. Schon Fischer führt besonders „Perowskit“ an. Knop4 5 hat dann das Vorkommen von Monticellit sowohl wie von „Perowskit“ in den Kalken der Schelinger Gegend in Abrede gestellt und den Monti- cellit für identisch mit Forsterit angesehen und bezüglich des „Perowskits“ eine Verwechslung mit dunkelbraunen bis schwarzen Würfeln von Schwefelkiespseudomorphosen für möglich erachtet (Kaiserstuhl p. 43). Diese Annahmen Knop’s sind, wie neuere Untersuchungen von Daub 5 an dem Originalmaterial Fischer’s zeigen, durch nichts begründet, und die Beobachtungen Fischer’s bezüglich des Monticellits und des „Perowskits“ vollkommen zu- treffend. Der „Perowskit“ (Dysanalyt) kommt allerdings nicht in dem normalen koppitreiclien Kalkstein von Schelingen vor, sondern in einem koppitfreien , dagegen an Monticellit reichen körnigen Kalk , der nach den Fundortsangaben auf den Originaletiketten von Fischer aus dem Gebiet zwischen Schelingen und der Katha- rinenkapelle- stammt. Die genaue Fundstelle ist nicht mehr be- kannt und auch in neuerer Zeit noch nicht wieder aufgefunden worden. Die optische Untersuchung an Schliffen von dem FiscHER’schen Originalmaterial zeigte, daß der Dysanalyt in diesem Kalk in allen seinen Einzelheiten vollkommen übereinstimmend ist mit dem Dysanalyt vom Badloch bei Vogtsburg. Er zeigt sowohl die grüne wie die gelbbraune Färbung, die gleiche polysynthetische Viellingsbildung nach ooP und P etc., nur fehlen bei den wenigen untersuchten Kristallen die Zersetzungserscheinungen. Die Dys- analytkristalle sind in dem Monticellitkalk immer vollkommen frisch. 1 Sauer, A., Erläuterungen z. Sekt. Wiesental d. geol. Spezialk. d. Kgr. Sachsen. Leipzig 1884. p. 54. 2 Hussak, E., Über ein neues Perowskitvorkommen etc. N. Jahrb, f. Min. etc. 1894. II. p. 297. 3 Fischer, H., N. Jahrb. f. Min. etc. 1865. p. 439. 4 Knop, A., Kaiserstuhl, p. 55 u. 43. 5 Daub, R,., Beiträge zur Kenntnis der Kontaktmineralien aus dem körnigen Kalke des Kaiserstuhles, p. 35. 318 F. Klinghardt. Zusammenstellung (1er Eigenschaften des Dysanalyts. Kristallsystem: ["anscheinend rhombisch — pseudoregulär, a : b : c = 1:1: 0,7071 approx. Beobachtete Formen: OP {001} • ooP{llO} = scheinbar „Würfel“. <3C (HO) : (HO) = 90° approx. (HO) : (111) = 45° approx. Einfache Kristalle nicht beobachtet. Die scheinbar einfachen „ wiirfel “ förmigen Kristalle sind Durch wachsungssechslinge nach ooP (110} und P(lll} mit z. T. lamellarem Aufbau. Spaltbarkeit: Mikroskopisch deutlich nach ooP (110}, weniger gut nach ooPöo{100[. 0 p t. : Eisenschwarz mit halbmetallischem bis metallischem Glanz im auffallenden Lichte. Im Dünnschliff mit gelbbrauner bis nelkenbrauner oder schmutziggraugrüner Farbe durchscheinend bis durchsichtig. Häufig schwache Zonarstruktur parallel der „ Würfel “- Umgrenzung. Optische Orientierung : c — b *, b = c, a = a. Ebene der optischen Achsen // OP {00 1 }. Auf den Prismenflächen wenig schiefer Austritt je einer optischen Achse. Achsen winkel anscheinend von 90° nicht allzusehr abweichend. C spitze Bisektrix, optischer Charakter daher positiv. Lichtbrechung hoch, Doppelbrechung schwach. Polarisationsfarben auf OP (001} im Dünnschliff blaugrau bis klareres Grau I. Ordnung. Pleochroismus schwach, nur in den graugrün gefärbten Partien im Dünnschliff wahrnehmbar. C dunkler schmutziggraugrün, d heller schmutziggraugrün. Vorläufige Mitteilung über eine Kreidefauna aus Friaul. Von F. Klinghardt in Bonn. Eine der merkwürdigsten Rudistenarten ist Joufia reticulata G. Boehm von Maniago in Friaul. Es liegen darüber 2 Notizen von G. Boehm vor, ferner eine Arbeit von Snethlage. Im geo- logischen Institut zu Freiburg i. B. befinden sich die Original- stücke. Das vorhandene Material war jedoch zu gering, um eine klare Vorstellung über den Bau des Tieres zu gewinnen. Auch waren die abgebildeten Schalen — wie Kossmat an einem Exem- plar von anderer Fundstelle richtig erkannte — nicht Unter-, sondern Oberklappen. Mit Joufia zusammen wurden von Sneth- lage noch unbestimmbare Ehynchonellen und schlecht erhaltene Orbitulinen gefunden. Durch andere Fossilien konnte das Alter der Jo«^a-führenden Kalke bisher noch nicht festgestellt werden. 1 In Übereinstimmung mit der von Bowman (Min. Magaz. 1908. 15. p. 156—176) für den Perowskit gewählten Stellung. Vorläufige Mitteilung über eine Kreidefauna aus Friaul. 319 Von Snethlage wurde zwar oberes Cenoman oder unteres Turon angegeben, aber Boehm bemerkte : „daß es darauf ankäme, Joufien mit beiden Klappen und daneben andere Fossilien zu finden, die es ermöglichen, das Alter der betreffenden Kalke festzustellen.“ Im Herbst 1911 besuchte ich die alte Fundstelle bei Maniago in Friaul. Sie befindet sich am rechten Ufer des Torrente Colvere nahe dem kleinen Ort „Poffabro“. Hier sammelte ich in dem einzigen vorhandenen Steinbruch mehr denn 20 Exemplare von J. reticulcita in allen Größen , ferner zahlreiche andere Rudisten, Corallen und Brachiopoden. Was zunächst VJ. reticulcita“ anbetrifft, so sei hier nur das allerwichtigste der neuen Untersuchung mitgeteilt, da eine aus- führliche monographische Bearbeitung mit zahlreichen Figuren später folgt. Während sich in Freiburg nur ziemlich schlecht erhaltene Oberklappen dieser Art befinden, die nicht aus dem Gestein heraus- präpariert werden konnten, erlaubt das von mir gesammelte sehr reichliche und gut erhaltene Material eine sehr genaue Unter- suchung. Beide Klappen sind in der äußeren Form sehr variabel. Die Unterklappe hat verkehrt-kegelförmige Gestalt , ihre äußere Schale ist sehr dünn und zeigt am Rande Fältchen, die sich aufs engste an die gleichen Gebilde der Oberklappe anschließen. Den Hauptbestandteil der aufgewachsenen Schale bildet eine äußerst mächtige Hohlprismenschicht. Zahngruben sind keine vorhanden, dagegen finden sich im obersten Teile der Unterklappe Muskel- apophysen. Die Oberklappe mit den bezeichnenden Kanälen wird vollständig von einer Schicht leicht abblätternder Kalklamellen eingenommen. Siplionalöffnungen fehlen. Das treffliche Material erlaubte ferner Zähne , Muskelapophysen , die Bandfalte etc. ein- gehend zu studieren, doch können diese Gebilde nur an der Hand von Figuren erläutert werden. Ferner fand ich mit Joufia zusammen: Radiolites squamosus d’Orb. „ mammillaris d’Orb. „ Beaumonti Bayle „ Cattuloi (?) Pirona „ macrodon Pirona Praeradiolites sinutus d’Orb. Sphaerulites pasiniana Pirona zwei neue Rudistenarten ; ferner Pironea polystulus Pirona. Diese letzte Art ist recht häufig. Bis jetzt waren nur die Unterklappen bekannt. Die Oberschale entspricht in ihrer Struktur und Beschaffenheit ganz der Unterklappe, Poren fehlen vollständig. Nach dem Abpräparieren der äußeren Lage erscheinen zahlreiche 320 Besprechungen. — Personalia. — Druckfehlerberichtigung. breite und sehr kräftige Rippen , die sich nach unten dichotom verzweigen. Chamideen : Caprotina trilobata d’Orb. „ spec. Caprinideen: Sabinia sinuata „ sublacensis. Von anderen Zweisclialern : Skurria alta Schnarr Lima aff. consobrina d’Oob. Bracliiopoden : Eliynchonella Chelusii Par. Eine noch nicht näher bestimmte Art. Korallen: Microsarea JDistefanoi Prev. Ulastreci spec. Gastropoden : Zwei nicht näher bestimmbare Arten. Aus dieser Liste ergibt sich, daß das Alter der Jonfia-führen- den Kalke nicht Cenoman oder Turon, sondern Senon ist. Besprechungen. E. Weinschenk and R. W. Clark: Petrographie Me- tliods. New York. 1912. XVII u. 396 p. Mit 371 Figuren und 19 Tabellen. Dies ist die englische Übersetzung von den wohlbekannten Weinschenk’ sehen Büchern: „Anleitung zum Gebrauch des Polari- sationsmikroskops“ (dritte deutsche Auflage) und: „Die Gesteins- bildenden Mineralien“ (zweite deutsche Auflage), und zerfällt daher in zwei Teile: a) The Polarizing Microscope und b) Rock Minerals. Obzwar in letzter Zeit einige Lehrbücher, welche’ für die An- leitung zum petrographisclien Studium bestimmt sind, in englischer Sprache geschrieben worden sind, wird diese Übersetzung wegen der knappen aber sehr klaren Darstellung eines umfangreichen Materials und der vielen Illustrationen und Tabellen zweifelsohne viele Freunde finden. Die Übersetzung ist wohl gelungen, und die Ausstattung und der Druck sind ausgezeichnet. E. H. Kraus. Personalia. Dem Privatdozenten an der Universität Berlin , Bezirksgeo- logen Dr. O. H. Erdmannsdörffer ist das Prädikat Professor ver- liehen worden. Driickfelilerberichtigiing zu der Arbeit von K. Friedrich: „Über ein einfaches Verfahren zur ersten Orientierung usw.“ Auf Seite 215 Zeile 8 von oben lies: „uns schließlich“ statt „ ausschließlich “ . Auf Seite 217 Zeile 2 6 von oben lies : „ für welches “ statt „für welche“. Voigt & Hochgesang * Güttingen Fabrikation von Dünnschliffen von Gesteinen: Preis im Durchschnitt Mk. 1.10 Nur für besonders schwierig zu bearbeitendes Material tritt ein geringer Preis- aufschlag ein. Unerreichte Qualität, Dünne 0,02 mm. Kristalle: Genau orientierte Schliffe. Preis Mk. 1.30 — 1.50. Kristallpräparate für sämtliche mineralogischen Untersuchungen in tadelloser Aus- führung zu angemessenen Preisen. Zahlreiche Dünnschliff-Sammlungen, zusammen gestellt von bedeutenden Fachleuten der Mineralogie. Neu! 120 Dünnschliffe kristalliner Schiefer, zusammengestellt von U. Grubenmann, mit erklärendem Text von Dr. Laura Hezner. 36 Dünnschliffe typischer Erzlagergesteine, ausgewählt und beschrieben von R. Beck. 14 Dünnschliffe amerikanischer Erzlagergesteine, ausgewählt von E. Ritter, Colorado, beschrieben von R. Beck. 28 Thin Sections of the diamond-bearing. Kimberlites of South Äfrica, ausgewählt und beschrieben von G. S. Corstorpliine, Johannesburg. Anfertigung von Mikrophotographien und Diapositiven. Kristallmodelle aus Holz- und Giastafeln. Schieifutensilien zur Herstellung von Dünnschliffen Mineralogische und geologische Bedarfsartikel. Kataloge gratis. Im Februar 1912 erschienen: Neuer kristallographischer Katalog x«. 33. Aus dem reichen Inhalt möge hervorgehoben sein : Modell zur Demonstration der Lage des rhombischen Schnittes bei den Plagioklasen nach Prof. Dr. K. Hintze. Neue Pappkristallmodelle nach Prof. Dr. K. Vrba. Kris tallo graphische Kaleidoskope nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Kristallographisches Spiegel-Polyskop nach Prof. Dr. K. Vrba. Modell zur Demonstration der stereographischen Projektion und Wandtafel für stereogr. Projektion nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Glasmodelle zur Erläuterung der Aetzmethode nach Prof. Dr. G. Wulff. Modelle zur Erläuterung der Bildung der ozeanischen Salz- ablagerungen nach Dr. E. Jänecke. Neue Mineralpräparate und orientierte Mineraldünnschliffe. Aus der neuen (achten) Auflage des mineralogischen Haupt- katalogs No. 1 (Juli 1910) empfehlen wir: A. Vorlesungssammlung von 100 Mineralpräparaten. Diese Sammlung enthält nur Präparate von natürlichen Mineralvorkommen (mit Ausnahme von künstlichem Rubin und Borax) und ist in der Weise zusammengestellt, daß alle wichtigen optischen Erscheinungen daran demonstriert werden können. Der Preis einer Normalsammlung von 100 Mineralpräparaten in guter Qualität beträgt einschließlich eines zweckmäßig eingerichteten Kastens Mk. 1100. — . Dieselbe Sammlung in besonders guter Qualität kostet Mk. 2000. — . B. Sammlung von 225 orientierten Dünnschliffen von 184 gesteinsbildenden Mineralien, angeordnet nach H. Rosenbusch und E. A. Wülfing: „Mikroskopische Physi ographie der petro- graphisch wichtigen Mineralien“, I. Band, 2. Teil, 1905. Preis der ganzen Sammlung von 225 Mineralschliffen, einschließlich Etui = Mk. 375. — . „ 175 „ „ . „ ■ = „ 295.—. „ 125 „ „ /■;«=■ „ 205.--. Dünnschliffe von eingesandtem Material werden sorgfältig und pünktlich hergestellt, und zwar in der üblichen Stärke bis zu 0.02 mm und darunter. Durchschnittlich wird für einen Schliff auf Vereinsformat (28 X 48 mm) montiert Mk. 1.— berechnet. Nur für besonders schwierig zu bearbeitende Gesteine wird ein ent- sprechender Aufschlag berechnet. Auf Wunsch werden größere, bis handgroße Schliffe angefertigt. Spezialität: Schliffe fossiler Hölzer. Dr. F. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, Fabrik u. Verlag mineralogischer u. geologischer Lehrmittel. Gegr. 1833. — — Bonn a. Rhein. — — Gegr. 1833 Verlag der E. Schweizerbart’schen Verlagsbuchhandlung, Nägele &. Dr. Sproesser, Stuttgax-t, Johannesstr. 3. Druck von C. Grüninger, K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann). Stuttgart. 1. Juni 1912. \H,g ■v Centralblatt für Mineralogie, Geologie and Paläontologie in Verbindung mit dem Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie herausgegeben von M. Bauer, E. Koken, Th. Liebisch in Marburg. in Tübingen. in Berlin. 1912. No. 11. STUTTGART. E. Schweizerbart’ sehe Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser. 1912 Monatlich 2 Nummern. Preis für Nichtabonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Mk. pro Jahr. Abonnenten des Neuen Jahrbuchs erhalten das Centralblatt unberechnet. lagsbu^hhandllXer\’? bfge|“Sj ei" ProsPekt der E. Schweizerbart’schen Ver- rendagiru "g’ S Dr' Sproesser' in Stuttgart betr. Hennig, Am Seite 321 338 Inhalt. Original-Mitteilungen etc. Niggli, Paul: Die Gase im Magma. Mit 9 Textfiguren . . . Dreher, Otto: Großer Aquamarinkristall aus Brasilien. Mit 1 Text figur Sch wi et ring, Fr.: Ein einfacher Beweis eines allgemeinen Ge- setzes von F. E. Wright für den Durchgang des Lichtes durch eine Kristallplatte. Mit 1 Textügur 339 Reck, Hans: Zur Altersfrage des Donaubruchrandes 340 Tornqnist, A. : Eine Kritik der von Mylius geäußerten, neuen An- sichten über die Herkunft der Juraklippen in der Algäu- Vor- arlberger Flvschzone. Mit 1 Textfigur 345 M i s c e 1 1 a n e a 352 Personalia 352 E. SCHWEIZERBART’SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG Nägele & Dr. Sproesser — STUTTGART Soeben erschien : Grundzüge der Palaeobiologie der Wirbeltiere von Prof. Dr. O. Abel, Wien. Gr. 8°. 724 Seiten mit 470 Textfiguren. Preis geb. M. 18.—. Das Werk behandelt: I. Die Geschichte und Entwicklung der Palaeontologie. II. Die Überreste der fossilen Wirbeltiere. III. Die Wirbeltiere im Kampfe mit der Außenwelt. IV. Die Palaeobiologie und Phylogenie — und legt die strenge Gesetz- mäßigkeit dar, nach der sich seit den ältesten Zeiten organischen Lebens die Anpassung auf der Erde vollzieht Ein gewaltiges Wissens - und neues Arbeitsgebiet ist in diesem Buche erörtert und eröffnet; das Werk wird von keinem Pa- laeontologen unberücksichtigt gelassen werden können. E. Schweizerb art’sche Verlagsbuchhandlung, Nägele &Dr. Sproesser in Stuttgart. A. Osann, Beiträge zur chemischen Petrographie. II. Teil : Analysen der Eruptivgesteine aus den Jahren 1884 — 1900. Mit einem Anhänge : Analysen isolierter Gemengteile. Preis Mk. 16. — -. (Preis von Teil I Mk. 9. — .) P. Niggli, Die Gase im Magma. 321 Original-Mitteilungen an die Redaktion. Die Gase im Magma. Von Paul Niggli. Mit 9 Textfiguren. Die Heranziehung physikalisch-chemischer Theorien zu gene- tischen Studien in der Gesteinskunde bedeutet nicht die Ausbildung eines neuen Zweiges der Petrologie, sondern bloss eine wissenschaft- liche Vertiefung der Deutungsversuche. Von den drei Gesteins- klassen der Eruptiva, Sedimente und kristallinen Schiefer, sind es insbesondere die beiden letzten , auf die die Probleme der theo- retischen Chemie die unmittelbarste Anwendung finden konnten. Männer wie J. H. van’t Hoff, F. Rinne, E. H. Boecke einerseits, U. Grubenmann, F. Becke, Ch. R. van Hise, V. M. Goldschmidt anderseits machten die Bahn frei. Die Eruptivgesteine , deren Entstehung aus dem Magma, jenem geheimnisvollen feuerfliissigen Medium, von jeher das größte Interesse wachgerufen hat, boten vorerst einer physikalisch-chemischen Behandlungsweise merkliche Schwierigkeiten. Ist doch die Kon- stitution dieses Magmas recht kompliziert und in den Einzelheiten unbekannt. So war es den äußerst wichtig, daß man als Haupt- bestandteil des Magmas eine Lösung von Silikaten und entsprechenden Ionen ineinander erkennen konnte. J. H. L. Vogt schloss daraus, daß man die Hauptvorgänge bei der Erstarrung der Massengesteine an Silikatschmelzflüssen studieren könne. Dadurch schien die theo- retische Chemie auch auf die Eruptivgesteinsbildung anwendbar geworden zu sein. Die vielen Untersuchungen insbesondere der bewunderungswürdigen amerikanischen und der skandinavischen Schule brachten schnell ein ziemlich ergiebiges Material zutage. Von anderer Seite, besonders von C. Doelter, der selbst den experimentellen Teil stark bereicherte, wurden mehrfach Einwände gegen zu weitgehende Anwendung gemacht. Nun ist von vorn- herein klar, daß die Schmelzflüsse das Magma nicht vollständig ersetzen. Anderseits durfte man sicher darauf rechnen, daß die durch das Studium gewonnenen Einsichten auch bei der Gesteins- bildung von Belang sind. In diesem Sinne arbeiten ja Vogt und die Amerikaner. Daß die gewöhnlichen Gesetze der Schmelzen und Lösungen , wie sie für ideale Fälle aufgestellt wurden (ganz abgesehen von der komplexeren Konstitution des Magmas), durch Kristallisationsvermögen, Kristallisationsgeschwindigkeit, Viskosität, Centralblatt f. Mineralogie ete. 1912. 21 322 P. Niggli, Unterkühlung etc. ganz wesentlich modifiziert werden können, wird niemand in Abrede stellen. Das bedeutet aber nicht etwa ein Fiasko der physikalisch-chemischen Methoden ; denn die physikalische Chemie ist theoretische Chemie, infolgedessen gehören auch alle diese Faktoren in ihr Gebiet. Ebenso wie es eine ideale Mechanik und eine Mechanik der Reibung gibt, wird es mit der Zeit auch gelingen, die nicht idealen Fälle in der physikalischen Chemie mathematisch zu fassen. Diese Erkenntnis darf uns nie- mals hindern, vorerst einmal die Erscheinungen für ideale Ver- hältnisse abzuleiten und auch experimentell durch Kata- lysatoren diese Bedingungen zu verwirklichen trachten. Ein Einwand anderer Art bezieht sich auf die Konstitution des Magmas. Sicherlich stellt dieses nicht nur eine Schmelzlösung dar. Ein ganz wesentlicher Bestandteil sind die sogenannten Gasmineralisatoren, das sind Komponenten, deren kritische Temperatur weit unterhalb der Schmelztemperatur der übrigen schwerflüchtigen Bestandteile ist. Bei der vulkanischen Eruption spielen sie eine große Rolle. Hier sind sie auch neuerdings be- sonders von A. Brun untersucht worden. Als Hauptmineralisator dieser Art ist bisher immer das Wasser betrachtet worden. A. Brun glaubt aus seinen Versuchen schließen zu dürfen , daß bei den vulkanischen Vorgängen Wasserdampf eine geringe Rolle spielt. Die Argumente seiner grundlegenden Arbeit sind folgende (ich benutze dabei sein ausgezeichnet zusammenfassendes Referat: Les rech ercli es modernes sur le Volcanisme. Verhandl. d. Schweiz, naturf. Ges. 1911. 1. p. 162): Gesteinslaven verschiedener Art wurden in geschlossenen Gefäßen erhitzt , das abgegebene Gas gesammelt und analysiert. Cl2, HCl, S02, C02, CO waren die Hauptkomponenten, H2 0 fehlte. Ferner soll sich nach A. Brun bei 1000° — 1 100° H2 0 Laven gegenüber als Oxydationsmittel be- tragen , H CI würde zersezt , Kohle verbrannt. Diese Reaktionen fehlen nach ihm im Terrain. Die gefallenen Aschen sind trocken und nur dann feucht, wenn sie Wasserdampf der Atmosphäre ab- sorbierthaben. An wenigen Vulkanen konnten auch die ausströmenden Gase direkt erhalten und untersucht werden. Wasserdampf fehlte. Die festen Bestandteile der weißen Wolke sind wasserlöslich. Zweifellos beweisen die Untersuchungen Brun’s zur Evidenz, daß man mit Unrecht die weißen Dampfwolken der Vulkane kurzweg als Wasserdampf bezeichnen darf. In vielen Fällen sind sie sogar vollkommen trocken. Anderseits darf man nicht zu weit gehen und heute schon behaupten, Wasser spiele im Magma überhaupt keine Rolle. Abgesehen davon , daß H2 0 eine Komponente ist wie irgend ein anderes Oxyd, infolgedessen bald mehr bald weniger vorhanden sein kann, sprechen eine Menge petrographischer Tat- sachen für ganz erheblichen Einfluß, besonders in der granitodio- ritischen Tiefenfazies. Die Gase im Magma. 323 Die Untersuchungen Brun’s betreffen vulkanische Exhalationen. Jedes Gas wird bei einer bestimmten Temperatur einen bestimmten Druck haben, bei dem es aus der Schmelzlösung entweicht. Nun ist klar, daß dieser Druck für verschiedene Gase verschieden ist. Daher kann bei der Eruption eine fraktionierte Destillation statt- finden, in dem Sinne, daß das Testierende (infolge der beginnenden Erstarrung nicht mehr entweichende) Gas z. B. an H2 0 ärmer ist als das ursprüngliche Gemisch. Dadurch würden auch eventuelle chemische Reaktionen zwischen den Gasen verschoben. Schon längere Zeit in Betrieb befindliche Vulkane würden ebenfalls trockene Exhalationen liefern, und nur bei ganz großen, neuen, um- wälzenden Eruptionen Wasserdampf abgeben! Daß in tiefmag- matischen Bassins oft Wasser vorhanden ist, zeigen die primären OH-haltigen Mineralien, ferner viele Umwandlungen während der Abkühlung und, wie mir scheint , verschiedene Erscheinungen bei der Pegmatitbildung und Injektion. (Siehe auch die experimentellen Arbeiten von E. Baur) \ Wenn A. Brun, nachdem er erfolgreiche Versuche bespricht, Quarz und Albit aus trockenem Schmelzflüsse zu erhalten, schreibt : „Enfin, chose que j’hesite ä vous dire, de crainte de passer aupres de mon auditoire pour un esprit imaginatif et poetique, les minera- lisateurs, d’äpres les experiences faites sur la silice dans un vide presque parfait, les mineralisateurs dis-je, eux aussi, sont inutiles. „Mais, pour satisfaire quelques esprits peut-etre inquietes par ces nouvelles conceptions, je me contenterai de reduire les mineralisateurs au simple röle d’agent accessoires, d’une utilite douteuse, et bien probablement peu necessaires. 11 s’ensuit donc que la cristallisation de n’importe qu’elle röche eruptive , qu’elle soit alcaline acide ou calcique basique,, obeit aux lois simples des Solutions dont le seul et unique facteur reside en la temperature de formation des cristaux“, so darf man unseren gelehrten Genfer Kollegen nicht missverstehen. Wenn vieles Geheimnisvolle, für dessen Entstehung man die Mineralisatoren verantwortlich machte, auch ohne solche Minerali- satoren begriffen werden kann , bleibt natürlich die Anwesenheit von Gasen im Magma bestehen, seien diese nun trocken oder nicht. Und Aufgabe einer fortschreitenden Erkenntnis ist es , die wirk- liche Rolle dieser Gasmineralisatoren festzustellen , mit anderen Worten, die Anwendung physikalisch-chemischer Gesetze auf eigent- liche magmatische Lösungen zu versuchen. Das ist das Ziel der folgenden Betrachtungen. Dem Verständnis der Wirkungsweise von Gasmineralisatoren irgendwelcher Art bot die Tatsache große Schwierigkeit, daß die f. 1 E. Baur, Zeitschr. f. phys. Chemie. 42. (1903.) p. 567. — Zeitschr. anorg. Chemie. 72. (1911.) p. 119. 21* 324 P. Xiggli, kritische Temperatur dieser Stoffe weit unterhalb der Schmelz- temperatur der übrigen Bestandteile ist. Man schloß daraus irr- tümlich, daß auch im magmatischen System bei keinen noch so hohen Drucken jene Stoffe als flüssige Phasen am Schmelzfluß teilhaben können. Im Jahre 1822 beobachtete Cagxiard de la Tour zum ersten- mal die kritischen Erscheinungen im Rohrlauf eines Gewehres. 1869 veröffentlichte Andrews seine grundlegenden Arbeiten über diese Erscheinungen und 1881 erschien die berühmte Arbeit von van der Waals über die Kontinuität des Gas- und Flüssig- keitszustandes. Bis dahin hatten sich die Untersuchungen auf einfache Stoffe beschränkt und höchstens noch kritische Erschei- nungen von Flüssigkeitsgemischen berücksichtigt. Doch schon 1879 stellten sich Haxxay und Hogarth die Frage, ob die Eigen- schaft, feste Körper aufzulösen, eine Eigentümlich- keit der Flüssigkeiten sei, oder ob auch in dieser Beziehung vollständige Kontinuität herrsche. Im ersten Fall müßte der feste Stoff beim Überschreiten des kritischen Zustandes des Lösungsmittels auskristallisieren, im zweiten Falle sollte die Löslichkeitskurve keine Unterbrechung zeigen. Vom naiven Standpunkte aus schien das erste wahrscheinlich ; denn setzen wir einen schwerflüchtigen festen Stoff voraus und ein Lösungsmittel, dessen kritische Temperatur verhältnismäßig niedrig liegt, so hat ja nach der Voraussetzung der feste Stoff zunächst oberhalb des kritischen Zustandes des Lösungsmittels einen sehr geringen Dampfdruck. Homogene Systeme können aber bei diesen Bedingungen nur im Gaszustand existieren. Die Untersuchungen von Haxxay und Hogarth waren ganz eindeutig. Sie bewiesen, daß eine Reihe von festen Körpern in verschiedenen Lösungsmitteln auch oberhalb des kriti- schen Punktes in Lösung gehalten werden. Die Arbeit erregte übrigens damals keine große Aufmerksam- keit. Von verschiedenen Seiten wurden die Ergebnisse infolge von Mißverständnissen angezweifelt , im übrigen aber von den Zeitgenossen gar nicht beachtet. Auch in der neueren Zeit be- schäftigen sich nur sehr wenige Arbeiten mit diesen Erscheinungen, trotzdem man sich in bezug auf die Lösungen in einem Gebiet befindet, in dem die Gesetze von vax’t Hoff mit den Gasgesetzen auch äußerlich identisch werden. Das steht selbstverständlich im Zusammenhang mit den technischen Schwierigkeiten (hoher Druck und hohe Temperatur), die im allgemeinen solche Systeme bieten. Betrachten wir einmal den Vorgang, der beim Erhitzen einer Lösung, bestehend aus schwerflüchtigem Salz und leichtflüchtigem Lösungsmittel, in geschlossenem Gefäß vor sich geht. Die Löslich- keit in der flüssigen Phase nehme mit steigender Temperatur zu. Bei einer bestimmten Temperatur und dem dabei im Rohre Die Gase im Magma. 325 herrschenden Druck löst sich der feste Körper vollständig auf. Erhitzen wir weiter, und war das Volumen der Lösung gerade gleich dem kritischen Volumen, so treten bei einer höheren Tem- peratur die kritischen Erscheinungen auf, es verschwindet der Meniskus , es tritt Nebelbildung auf und schließlich verschwindet auch der Nebel, das ganze Rohr ist mit „Gas“ gefüllt. Der gelöste feste Stoff fällt hierbei nicht aus, das Salz ist somit auch in der fluiden oder gasförmigen Phase des Lösungsmittels gelöst. War die flüssige Lösung gefärbt, z. B. wasserfreies Co Cl2 in Äthylalkohol (blaue Lösung), so sieht man in der Nähe der kritischen Temperatur, wie sich der Dampfraum auch allmählich färbt und bei der kritischen Temperatur genau gleich intensiv blau wird wie die Lösung. Diese Farbe behält die gas- förmige Lösung (vorausgesetzt, daß keine Zersetzung eintritt) auch bei weiterem Erhitzen bei. Die Temperaturen, bei welchen die kritischen Erschei- nungen der Lösungen auftreten, sind stets höher als die kritische Temperatur des reinen Lösungsmittels. Der kritische Punkt des Lösungsmittels wird somit durch Auflösen eines festen Stoffes erhöht. (Analog wie Siedepunktserhöhung.) Dadurch ist schon die Möglichkeit gegeben , in polynären Systemen einen Stoff oberhalb seiner unären kritischen Temperatur als flüssige Phase zu erhalten. Folgende Zahlen verdeutlichen das : 2 °/o Borneol in Äther gelöst erhöhen dessen kritische Temp. um 8° 45 °/o „ „ „ „ „ „ „um 1070 4 °/o Resorcin in S 02 gelöst erhöhen die kritische Temp. um ca. 30° 1 22 °/o 7° -*-3"" /u 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33 0,4 °/o Naphthalin in Sü2 gelöst erhöhen die kritische Temp. um 1,3° Die meisten Resultate waren gelegentlich bei Versuchen über Leitfähigkeit der Lösungen in der Nähe der kritischen Temperatur gemacht worden. Erst im Jahre 1903 unternahm M. Centners- zwer eine systematische Untersuchung in betreff der Erhöhung der kritischen Temperatur durch gelöste Körper. Daraus folgte, daß eine dem RAOULT’schen Gesetz analoge Beziehung auch für die Erhöhung der kritischen Temperatur gültig ist. Das Gesetz lautet At = K . ML A t = Temperaturerhöhung K = Konstante s = eingewogene Menge Gelöstes in L g Lösungsmittel M = Molekulargewicht des Gelösten. Wie man sieht, wächst bei verdünnten Lösungen die Erhöhung der kritischen Temperatur proportional mit der Konzentration. Über die Konstante K liegen theoretische Spekulationen von 326 P. Niggli, J. E. van’t Hoff und J. J. van Laar vor, auf die wir hier nicht näher eingehen. Wir haben bis jetzt nur von verdünnten ungesättigten Lösungen gesprochen. Wir wollen nun von dieser Voraussetzung abstrahieren und die Gesamtheit der Erscheinungen betrachten , die in einem binären S}rstem , bestehend aus leichtflüchtiger Komponente und schwerflüchtigem Stoff bei hohen Temperaturen stattfinden. Diese Betrachtungsweise wurde begründet und ausgearbeitet von A. Smits (von 1903 — 1911, Zeitschr. f. phys. Chemie). Grundlage bildet die Baumdarstellung mit Druck (P), Temperatur (T) und Kon- a = Schmelztemperatur von A b = Schmelztemperatur von B « = kritische Temperatur von A ß = kritische Temperatur von B c = eutektischer Punkt zwischen A und B. zentration (X) als Achsen. Der Einfachheit halber benutzen wir nur die Projektionen auf die PX- und TX-Flächen. Die einfachste Darstellung wird durch die TX-Figur geliefert. Für den Fall, daß bei allen Konzentrationen die kritischen Erscheinungen an ungesättigten Lösungen auftreten, gilt folgendes Diagramm. ac zeigt uns die Erniedrigung des Schmelzpunktes von A durch Zusatz von B, cb ist der zweite Teil der Löslichkeitskurve von B in A, respektiv A in B. Die Löslichkeitskurve geht vom eutektischen Punkt bis zum hohen Schmelzpunkt von B. Unter- Die Gase im Magma. 327 halb der Kurve a c b ist das Gebiet gesättigter Lösungen und fester Phasen , oberhalb a c b das Gebiet ungesättigter Lösungen. Mit jeder gesättigten Lösung auf der Kurve a c b koexistiert ein Dampf von der Zusammensetzung auf ac[b. Der Dampf ist somit stets reicher an der leichtflüchtigen Komponente als die Flüssig- keit. a ist die kritische Temperatur von A. Durch Zusatz von B wird diese kritische Temperatur erhöht. Eine kontinuierliche Kurve verbindet so die kritischen Temperaturen von A und B. acba/J ist das Gebiet ungesättigter Lösungen. Oberhalb aß existieren nur fluide (gasförmige) Phasen. Es sei nochmals erwähnt, daß die Fig. 1 eine Projektion darstellt und nicht etwa einen Schnitt für konstanten Druck. Dem- entsprechend sind für verschiedene Punkte der Kurven die dazu- gehörigen Drucke (z. B. die kritischen Drucke) verschieden. Eine P X-Projektion wird durch Fig. 2 dargestellt. Die Kurve o b gibt die Drucke gesättigter Lösungen an, die in geschlossenen Gefäßen bei den jeweiligen Lösungstemperaturen herrschen. Die Zusammensetzung des gleichzeitig koexistierenden Dampfes wird durch die Kurve n b bestimmt, b ist somit der Dampfdruck von reinem B bei dessen Schmelztemperatur. Eben- so wie die kritische Temperatur von A durch Zusatz von B vor- erst erhöht wird, erhöht sich auch der kritische Druck anfänglich. a ß ist die Kurve der kritischen Drucke. Selbstverständlich ist für verschiedene Punkte der Kurven a — ß, n b, o b auch die Temperatur eine verschiedene , hat man es doch wiederum mit 328 P. Niggli, einer Projektion und nicht mit einem Schnitt zu tun. Die ge- strichelten Kurven stellen Isothermen dar. Es möge z. B. hei einer Temperatur T, die gerade gesättigte Lösung die Zusammensetzung x3 haben, der bei demselben Druck koexistierende Dampf die Zusammensetzung x2. Bei der gleichen Temperatur Tt zeigt eine viel weniger konzentrierte (ungesättigte) Lösung Xj bei viel höherem Druck die kritischen Erscheinungen. Zwischen beiden Drucken existieren jeweilen eine Dampfphase und eine Flüssigkeitsphase nebeneinander. Beide Phasen werden im kritischen Punkt identisch, n m gibt die Zusammensetzung des Dampfes an, m o die Zusammensetzung der Lösungen. Anderseits wird durch steigenden Druck die Löslichkeit etwas verändert (er- niedrigt oder erhöht), o r gebe die diesbezüglichen Abhängigkeits- beziehungen. n p ist eine Dampfdruckkurve für die Temperatur TK Denn wenn wir den Druck niedrig wählen, d. h. das Volumen groß, so wird neben [B(fest)] um’ ein Dampf möglich sein, der fast alles A enthält und dessen Zusammensetzung durch die Kurve np gegeben ist. Wir setzten bis jetzt voraus, daß die Löslichkeit der schwer- llüchtigen Komponente bei höheren Temperaturen so groß ist, daß kritische Erscheinungen nur an ungesättigten Lösungen auftreten. Wenn keine Entmischungen stattfinden, wird das stets dann der Fall sein, wenn der Schmelzpunkt der schwerflüchtigen Komponente nicht sehr viel oberhalb der kritischen Temperatur des anderen Bestandteiles ist. Für magmatische Verhältnisse ist ein zweiter, zuerst von A. Smits gefundener Typus maßgebend: Ist die Lös- lichkeit von B bei der kritischen Temperatur von A relativ gering, was sehr oft dann eintreten wrird, wenn der Schmelzpunkt von B viel höher als die kritische Temperatur von A liegt, so werden sich die Löslichkeitskurve und die kritische Kurve schneiden. Folgende TX-Projektion (Fig. 3) resultiert daraus. Diese Figur ist nach den ausführlichen Erklärungen zu Fig. 1 sehr leicht verständlich. Zur besseren Übersicht sind die Kurven (gestrichelt) auch zwischen den beiden Schnittpunkten gezeichnet, cpqb ist wiederum die Löslichkeitskurve, daneben ist noch die Kurve für die koexistierenden Dampfphasen gezeichnet. a p und q ß sind die Projektionen der kritischen Punkte. Wie man sieht, ist die Löslichkeit von B in A bei der kritischen Temperatur von A nicht groß, die Löslichkeitskurve schneidet bald die kritische Kurve. Der Schnittpunkt p ist ein ausgezeichneter Punkt. Dort treten die kritischen Erscheinungen gerade an einer gesättigten Lösung auf. Dampf und Lösung besitzen selbstverständlich in- folge der kritischen Erscheinungen gleiche Zusammensetzung. Da bei vollständiger Mischbarkeit zwischen A (flüssig) und B (flüssig) die Löslichkeitskurve zum Schmelzpunkt von B ansteigt, die kritische Die Gase im Magma. 329 Kurve aber zum kritischen Punkt von B, müssen sich naturgemäß beide Kurven ein zweites Mal schneiden ; das geschehe im Punkt q. Eine zweite gesättigte Llisung befindet sich hier im kritischen Zustand. Weiterhin treten die kritischen Erscheinungen wieder an ungesättigten Lösungen auf. Zwischen p und q ist nun ein interessantes Gebiet. Die Lösungen, die die kritischen Erscheinungen aufweisen sollten, existieren nicht , da die Löslichkeit geringer ist. Infolgedessen tritt zwischen den Temperaturen p und q keine flüssige Phase auf. Hier sind nur fluide (gasförmige) Lösungen mit oder ohne festem B möglich. Die Löslichkeit von B nimmt in dieser fluiden Phase mit steigender Temperatur zu, bis sie die Konzentration von q erlangt hat, worauf flüssige Phasen wieder auftreten können. Kühlen wir ein Gemisch von der Zusammensetzung xx ab, wobei sich auch der Druck stetig ändere, so werden wir neben Flüssigkeit stets Dampf haben. Bei fortschreitender Abkühlung erreichen wir die Kurve q b. Unter Abscheidung von B ver- ändern sich Lösung und Dampf gegen q hin. Bei q werden Lösung und Dampf identisch. Im weiteren Verlauf der Abkühlung ist nur noch eine (fluide) gasförmige Phase neben festem [B] vor- handen. Dabei scheidet sich stets mehr [B] ab, bis die Zusammen- setzung des Punktes p erreicht ist. Hier treten wieder Nebel auf, eine Flüssigkeit erscheint, die bei fortschreitender Abkühlung 330 P. Niggli. (gleichwie der Dampf) immer ärmer an B wird. Aus dem mit Dampf koexistierenden Schmelzfluß entsteht somit durch Abkühlung und Abscheidung von [B] eine äußerst leicht bewegliche, fluide, gasförmige Lösung und daraus weiterhin eine an B wenig reiche flüssige Lösung , neben fast ausschließlich aus A bestehendem Dampf. Die PX-Projektion des zweiten T3rpus ist aus Fig. 4 er- sichtlich. Den experimentell zu erwartenden Daten ist auch im Größen- verhältnis der einzelnen Kurven Rechnung getragen. So ist dem Umstande Ausdruck verschafft, daß der mit den Schmelzlösungen koexistierende Dampf stets viel reicher an A sein wird. Wieder wird wie bei Fig. 3 das Diagramm in zwei Teile zerlegt. Den Punkten p und q kommt die gleiche Bedeutung zu wie dort. Die drei Isothermen (gestrichelte Kurven) sind nach den eingehenden Erläuterungen zu Fig. 2 leicht verständlich. Der kritische Druck von A wird bei Zusatz von B zum mindesten anfänglich sehr stark zunehmen, so daß der Punkt q bei hohen Drucken liegt. Während wir bis jetzt stets Projektionen besprochen, wobei die Kurven nicht nur Funktionen von zwei der drei (P T X) ver- änderlichen Parameter sind, sondern von allen dreien, müssen wir jetzt noch einige Vertikalschnitte durch die Raumfigur erklären. Wir fragen uns , wie sich ein derartiges binäres Systems beim Ab kühlen unter konstantem Druck verhält. Ist der Druck größer als der maximale Druck der kritischen Kurve , so sind die Erscheinungen normal. Aus einem Schmelzfluß mit wenig Die Gase im Magma. 331 gelöstem A scheidet sich bei einer Temperatur, die etwas niedriger ist als die Schmelztemperatur von B, vorerst [B] aus. Bei weiterem Abkühlen nimmt die Menge an festem [B] ständig zu. Der Flüssig- keitsrest wird immer weniger viskos , bis er schließlich als fluide gasförmige Lösung angesehen werden kann. Auch aus dieser Lösung scheidet sich bei fortschreitender Temperaturerniedrigung [B] aus. Später wird die Viskosität wieder etwas zunehmen, wir sind im Gebiet der flüssigen Lösungen von B in A. A verhält sich somit wie irgend eine andere Komponente, nur würde seine Ausscheidung erst bei sehr tiefen Temperaturen stattfinden. Zudem verringert A die Viskosität sehr stark , be- sonders im Gebiet der fluiden Lösungen. Ganz andere Verhältnisse treten ein, wenn der konstant ge- haltene Druck zwischen den kritischen Drucken von A und B ist. Fig. 5 gibt ein diesbezügliches Diagramm. Eine Schmelzlösung von der Zusammensetzung x, wird bei hohen Temperaturen mit einem Dampf im Gleichgewicht sein, dessen Zusammensetzung längs 1 r sich ändert. Zugleich verringert sich die Dampfmenge und verschwindet bei der Temperatur T1 ganz. Bei der Temperatur T2 beginnt sich B auszuscheiden. Bei der Temperatur T3 erstarrt die größte Menge von B, es erscheint zugleich eine gasförmige Lösung von der Zusammensetzung 1. Die plötzliche starke Abscheidung von B hält so lange an , bis nur noch gasförmige Lösung 1 vorhanden ist. Aus dieser scheidet sich bei weiterer Abkühlung B in prächtigen Kristallen 332 P. Niggli, aus. Dadurch wird die Konzentration von B verringert. Wenn die Konzentration n erreicht ist, bildet sich von neuem (z. T. unter Resorption von B) eine flüssige Lösung o , worauf Abküh- lung und Abscheidung ihren gewohnten Gang gehen. Man hat somit zwei Phänomene bei der Erstarrung zu unter- scheiden : 1 . Plötzliche Erstarrung der Hauptmenge der Schmelz- lösung. 2. Abscheidung von B aus fluiden und später aus wenig viskosen, flüssigen Lösungen. Bedenken wir, daß die kritischen Drucke der im Magma vor- kommenden Gase ungefähr zwischen 70 und 190 Atmosphären sind, die maximalen kritischen Drucke noch höher, so sieht man ein, daß bei den Intrusionen ähnliche Verhältnisse oft eintreten müssen. Fig. 6 stellt ein Diagramm für eine konstante Tem- peratur bei variierendem Druck dar. Es ist nichts anderes als eine der Isothermen von Fig. 2 oder Fig. 4. Im durch s m n be- grenzten Gebiet existieren flüssige Lösungen von der Zusammen- setzung auf s m neben festem [B], Im Gebiet lmnr koexistieren Dämpfe 1 r neben festem [B]. Im Gebiet 1km koexistiert Dampf längs 1 k mit Lösung längs m k. Links von der Kurve smklr ist das Gebiet homogener Zustände in gasförmigem, fluidem oder flüssigem Zustand. Beim Druck Pj wird ein System von der Zusammensetzung X! dargestellt durch die Lösung a und festes [B]. Die Gase im Magma. 333 Bei Druckerniedrigung entsteht beim Druck P2 gasförmige Lösung 1, was nur unter starker Ausscheidung von [B] erreicht werden kann. Ebenso wird eine fluide Lösung x2 , nachdem sie sich in Dampf und Flüssigkeit gespalten hat, direkt unterhalb P2 aus festem [B] und Dampf 1 bestehen. Durch Druckerniedrigung, resp. Volumvergröße- rung, kristallisiert [B] aus. Das findet z. B. statt, wenn mineralisatorenreiche Lösungen in Spalten oder Nebengesteine in tradieren. Ein vollständig untersuchtes System vom P — Q-Typus ist das System Äther- Ant rachin on Zur allgemeinen Orientierung über die Größenverhältnisse seien einige Daten mitgeteilt. Kritische Temperatur von Äthyläther 194° C. Kritischer Druck von Äthyläther ca. 36 Atmosphären. Der erste Schnittpunkt p (kritische Erscheinung einer ge- sättigten Lösung) liegt bei 43 Atmosphären und 203° C, die Lösung enthält 4 Gewichtsprozente Anthrachinon. Der zweite Schnittpunkt q liegt bei 64 Atmosphären und 247° C. Die Lösung q enthält ca. 30 °/o Anthrachinon. In der fluiden (gasförmigen) Lösun g wächst somit die Kon- zentration im Temperaturintervall von 203 — 247 ° von 4 % auf 30 °/o. Der Schmelzpunkt von Anthrachinon liegt bei 273 °, der Siedepunkt (Dampfdruck = 1 Atmosphäre) erst bei 380°. Um die Erstarrungs Vorgänge in einem System zu verfolgen, das wenigstens im prinzipiellen als ein einfaches Magma angesehen werden kann, untersuchte ich das ternäre System HgJ2 — HgBr2 — S021 2. Die kritischen Erscheinungen von reinem S02 finden bei 157,6° und bei ca. 79 Atmosphären statt. Die Schmelztemperatur von HgJ2 ist bei 254,5°, die von HgBr2 bei 236,5° C. HgJ2 und HgBr2 bilden eine kontinuierliche Folge von Mischkristallen. S02 ist zugleich einer der im Magma vorkommenden Gasmineralisatoren. Aus experimentell technischen Gründen durften nicht Komponenten mit zu hohem Schmelzpunkt genommen werden. Selbstverständlich bietet auch das einfachste Gesteinsmagma in Wirklichkeit komplexere und quantitativ ganz andere Ver- hältnisse. Theoretisch lassen sich ja ohne weiteres verschiedene ternäre Systeme dieser Art ableiten. Da aber mit der Ableitung dieser Fälle erst begonnen worden ist (Zeitschr. f. anorg. Chemie) und das obengenannte System den einzigen untersuchten Prototyp 1 A. Smits, Zeitschr. f. phys. Chemie. 51. u. 52. 2 Siehe Zeitschr. f. anorg. Chemie. 1912. 75. Die vorliegende Arbeit möchte eine Ergänzung und Erläuterung zu der gleichzeitig erscheinenden Arbeit in der Zeitschr. f. anorg. Chemie sein. Die Ableitungen wurden dort mit Hilfe des thermodynamischen Potentials ausgeführt. Die ex- perimentellen Daten finden sich daselbst in Tabellen zusammengestellt. 334 P. Niggli, darstellt, ist es nicht angezeigt, jetzt schon stets auf kompliziertere Typen hinzuweisen. In einem Gebiet wie das vorliegende gilt es zuerst, die Wege in theoretischer und experimenteller Hinsicht gangbar zu machen, bevor man die eigentlichen Probleme in An- griff nehmen kann. Wenn wir daher jetzt schon Anwendungen auf petrologische Fragen versuchen, so wollen wir damit nur das Interesse wecken und zeigen, was für neue Gesichtspunkte zu- künftig in Betracht kommen. Vorläufig besprechen wir den meines Wissens bis jetzt noch nie untersuchten und behandelten einfachen Fall, daß neben dem leichtflüchtigen Bestandteil (A) zwei schwTerflüchtige Komponenten (B und C) vorliegen, die in festem Zustande keine Mischkri- stalle, •wohl aber ein Eutektikum geben. Die beiden binären Systeme A — B und A — C seien vom Typus Äther- An- thrachinon (p — q-Typus). Binäre oder ternäre Verbindungen fehlen. Fig. 7 ist entstanden durch Zusammenfügen von TX-Projektionen. Längs der Ver- tikalachsen ändern sich also nicht nur die Temperaturen , sondern auch die Drucke. Dreieck ABC ist ein einfaches gleichseitiges Konzentrationsdreieck, wie es beispielsweise auch im Osann- schen Dreieck vorliegt. a ist die kritische Temperatur von A, b und c stellen die Schmelzpunkte von B und C dar. c e b ist die Schmelzkurve des binären Systems B C. a p, , q, ß ist die zwischen p3 q, unterbrochene kritische Kurve von Ä — B ; ebenso a p2 q2 y die von A — C. Die zwei Flächen a p, p3 p2 und q3 q1 q2 ß y sind im ternären System die kritischen Flächen (d. h. die Teilstücke einer einzigen Fläche). Die Flächen ebq,q3 p3p, und ec q2 p O a ■^3 0 p 43 o o Ci lO r— » O — -h co — 5 ÖD [ ° ° Ä r-H C0 ^ 30 i-H 03 Öß th lO CO d d R R R P ft R R cg P d R h th cg cg cT cT cTcT cT cT ö o" cT o~ o o' cT cTcT ö'ö' *o o* >— 1 cT ! z ~ . • . • 1 ‘ oo z W o <1 Eh • £h 4-3 <1 S P w P z Oh a o H CO | es w - P Ph iX aä es w w z O p p * W dn 1-5 pq ö 1 HH W <4 M P3 Ueber die mittlere spezifische Wärme von Quarz etc. 483 03 . 1 2 « ca bß s« a bß 9 fl C fl 9 2 5 co ’o 05 CD t- CO CO »O lO OS 05 »O »O lO IO CO CO CM COQO OOiOOCOOSGOOOOOOiO— ICO OiOiQQOO^^iOiOOOOOaOt' 'MCMCMCMCOCOCOCOCO^f'Ttffl-'-r-f'-f fl • CG 05 05 (M O ’-i fl • >2 E "fl1 05 Ä 05 GO .5 30 — I .§ • ^ .•2 t> O tH > ""O CG N fl K'-s-rH fl lO ~ £ 05 03 -fl GO Ä ^ fla | ^ . tc . E^ JZ| CO 00 05 ^ S K 00 S co . ^ . «2 CO tf « § ^ ■ w m ^ £ g a I fl K~ H ~ co fl ^ 03 fl g 14 ° cd p ^ dn >■ ^ JO bl Ol j» 00 00 'cc 01 Ü« 4- CJX © © To To o o Ü< OX OO 00 CI 00 ot I— CO to o o b< f— *• OS 00 Ü0 4^* Ol Ol to CO 00 CD ^ o -0 00 CO to o< o i-l bi os o< p o © 'cd OO oo oo oo 4*. o ^ CD O p p bo o CO« to oo o« p o To To to CO üx o« 4* CO CD CD To bo 00 00 bo p cd ox CD CD CO CO o o CD O« -t Ox Ü> CD CD IO OS OS OO OO Ol CO 00 Ol Ol CO CO O« ^1 to to JO« p To To Qx O« CO O CO to I 4^ 4- ■ CD CD GO OO CD CD Ox Ol 4^ CD O -O 00 to o bo 'cd OO to o 00 00 •vl -q ^ o CO IO CD CD o o c p p P To 00 00 I I CD o P O bo to Ol CO 4^ -1 üx 4^ oo oo p p 00 00 01 üx CO «J Ol o Ol Ol 4^ oo CD OS -1 Ol CO !—• p p 00 00 -J 05 Tabelle 4. Versuchsdaten. Ueber die mittlere spezifische Wärme von Quarz etc. 489 c Die berechnete mittlere spezifische Wärme. M Der Mittelwert von c aus je zwei Versuchen. I. Quarz, Marmarosch. II. Quarzglas, geliefert von Heraeus. III. Quarz, Minas geraes. IV. Quarzglas, liergestellt aus Quarz, Minas geraes. III. Um für das Quarzglas außer der mittleren spezifischen Wärme noch zwei andere Konstanten festzustellen , wurden bestimmt der Brechungsexponent für Natriumlicht und das spezifische Gewicht bei Zimmertemperatur für die beiden verwendeten Gläser. Zur Ermittlung des Brechungsexponenten diente ein Total- reflektometer nach Abbe-Czapski, dessen Vertikalteilkreis 20" ab- zulesen gestattet. Die Justierung des Instrumentes wurde durch Untersuchung von Platten mit bekannten Brechungsexponenten (Quarz und Glas) geprüft; als Zwischenmedium diente a-Mono- bromnaphthalin. Es ergab sich: Brechungsexponent für Natriumlicht. Quarzglas, geliefert von Heraeus 1,4589. Quarzglas, hergestellt aus Quarz von Minas geraes, 1,4584. Die Feststellung des spezifischen Gewichtes geschah nach der Schwebemethode an kleinen homogenen Stücken in einem Gemisch von Acetylentetrabromid und Benzol. Damit nicht Temperatur- unterschiede in der Flüssigkeit das Auftreten störender Strömungen hervorriefen und um eine konstante Versuchstemperatur zu erzielen, war das Gefäß mit der Schwebeflüssigkeit während des Versuches in einem Wasserthermostaten von Zimmertemperatur aufgestellt. Die Messung des spezifischen Gewichtes der Flüssigkeit, in welcher der Versuchskörper schwebte, wurde mit einer Mohr-Westphalschen Wage vorgenommen. Die Ergebnisse sind folgende: Spezifisches Gewicht d Quarzglas, geliefert von Heraeus, d = 2,21 (2,209) bei 20,4°. Quarzglas, hergestellt aus Quarz von Minas geraes, d = 2,21 (2,28) bei 20,5°. IV. In Tab. 5 sind die Versuchsergebnisse und die daraus be- rechneten Beträge der Differenzen der für gleiche Temperatur- bereiche festgestellten mittleren spezifischen Wärmen angegeben. In Fig. 2 ist die Abhängigkeit der mittleren spezifischen Wärme des Quarzes von Minas geraes und des aus ihm hergestellten Quarzglases von der Erhitzungstemperatur dargestellt. Aus Tab. 5 und Fig. 2 ist folgendes zu entnehmen. Die Differenz der mittleren spezifischen Wärme des Quarz- glases und des Quarzes zwischen 20 und 100° hat im Tabelle 5. Mittlere spezifische Wärme Ueber die mittlere spezifische Wärme von Quarz etc. 491 Gegensatz zu dem entsprechenden Wert für die früher untersuchten Stoffe (Bleimetasilikat, Adular, Mikroklin, Spodumen und Gadolinit) stets das negative Vorzeichen. In den Meßbereichen 20 bis 250° und 20 — 410° sind jene Differenzen gleich- falls negativ und ihr Zahlenwert steigt proportional mit der Erhitzungstemperatur. Die Kurve der Abhängigkeit der mittleren spezi- fischen Wärme des Quarzes von der Erhitzungstemperatur verläuft im Versuchsintervall oberhalb der entsprechenden Fig. 2. Abhängigkeit der mittleren spezifischen Wärme von Quarz, Minas geraes, und daraus hergestelltem Quarzglas von der Erhitzungstemperatur Kurve des Quarzglases, was nach den Ergebnissen W. Nernst’s im Gegensatz zu dem Verhalten der wahren spezifischen Wärme dieser Stoffe bei tiefen Temperaturen steht. Der Verlauf der Kurven für die Abhängigkeit der mittleren spezifischen Wärme beider Körper für Erhitzungstemperaturen zwischen 100° und 410° macht es wahrscheinlich, daß sie sich für eine unterhalb 100° liegende Erhitzungstem- peratur schneiden, wofür auch das Verhalten ihrer wahren spezifischen Wärmen bei tiefen Temperaturen zu sprechen scheint. Abermals hat mich Herr Geheimer Bergrat Prof. Dr. Th. Diebisch durch die freundliche Hergabe des Untersuchungsmaterials und der Apparate für die vorliegenden Untersuchungen in dem ihm unter- stellten Institut zu großem Danke verpflichtet. Berlin N. 4, Min. -petr. Institut der Universität, 12. Juli 1912. 492 W. y. Seidlitz, Sind die Quetschzonen des westlichen Rhätikons exotiseh oder ostalpin? Von W. v. Seidlitz. Vor kurzem hat A. Tornquist in dies. Centralbl. (l. Juni 1912) einen Teil des von Hugo Mylius in seinen „Geologischen Forschungen an der Grenze zwischen Ost- und Westalpen. I.“ 1 be- handelten Gebietes eingehender Kritik unterzogen. Wenn ich mich auch Tornquist’s Ansicht über die Algäuer Juraklippen ebenso- wenig anzuschließen vermag, wie der von Mylius geäußerten, so stimme ich doch Tornquist in seiner Schlußfolgerung zu, daß es Mylius nicht gelungen ist, die Deckentheorie auszuschalten und unsere Vorstellung vom Alpenbau zu vereinfachen. Ich bin per- sönlich weit entfernt von der Annahme, daß unser Arbeitsgerüst, wie es besonders für das besprochene Grenzgebiet augenblicklich vorliegt, ein unumstößliches Schema darstellt, das jeder neuen Anregung und Befruchtung entraten könnte. Es wird sogar für eine Hypothese, die man allmählich zum festen Bestand wissen- schaftlicher Forschung zu rechnen beginnt, ganz förderlich sein, wenn von Zeit zu Zeit ein Versuch unternommen wird , an Hand der inzwischen fortgeschrittenen Erfahrung die Festigkeit ihres Fundaments von Grund aus zu prüfen , weil so manchmal vor- handene Lücken und Mängel erst hervortreten. Die Deckentheorie ist aber schon ein so innig zwischen Tektonik und Stratigraphie verzahnter Bau, wo Probleme der östlichsten wie der westlichsten Alpen in mannigfaltiger Weise miteinander in Wechselbeziehung treten, daß derjenige, der es unternimmt, sie nach lokaltektonischen Untersuchungen in eng begrenztem Gebiet und nach Begehungen weniger Sommerwochen abzulehnen, heute nur dann noch auf ernst- hafte Beachtung rechnen kann, wenn er das vorhandene Tatsachen- material durch eine neue Erklärung verbindet , die ebenso allen Erscheinungen gerecht wird, oder sie noch besser erklärt, als die bisherige Auffassung. Dieser Nachweis ist Mylius aber nicht geglückt , da er sich offenbar der Tragweite seines Unternehmens , das auf einer nur scheinbar sehr breiten Grundlage aufbaut, nicht ganz bewußt ge- worden ist , sonst hätte er seine Untersuchungen nicht dort ab- gebrochen, wo Stratigraphie und Tektonik in ihrer regionalen Be- ziehung eine Erklärung fordern, oder er hätte mit der Veröffent- lichung des I. Bandes seiner Untersuchungen gewartet, bis er sich auch über manche der nah benachbarten Probleme ein Urteil gebildet. Die Lokaltektonik der Triasdecke, die den Hauptinhalt von Mylius’ Arbeit bildet, hat aber nur sekundäre Bedeutung für die Decken- theorie, da erst an ihrem Rande die eigentlichen Probleme beginnen. 1 München 1912 (Piloty u. Loehle). Mit 14 Tafeln (3 Karten) und 47 Abbildungen im Text. Sind die Quetschzonen des westlichen Rhätikons exotisch etc. 493 Man sollte auch nicht vergessen , daß es sich heute nicht mehr nur darum handeln kann , ob im Algäu oder Vorarlberg Deckenbau vorherrscht, sondern daß bei seiner Ablehnung noch eine ganze Fülle alter Probleme wieder auftauchen , für die alle es dann eine Erklärung zu suchen gilt. Neben den lokalen Schub- massen und Schollen mit wechselnder Überschiebungsrichtung, die Mylius als die einzige und neueste Erklärungsmöglichkeit ansieht, ohne sich zu erinnern, daß sie mit all ihren lokalen Vorteilen und regionalen Nachteilen noch vor 10 Jahren die allgemein anerkannte Auffassung bildete, rückt der Nord — Südschub (Klippen. Nord- fliigel der Glarner Falte) mit dem „Vindelizisclien Gebirge“, das niemals zur Ruhe zu kommen scheint, wieder in bedenkliche Nähe. Gleichzeitig steigen auch die Glarner Doppelfalte und die Fjord- stratigraphie — für die Mylius, vielleicht unbeabsichtigt, so eifrig neue Grundlagen zu schaffen sucht — wieder aus der Versenkung empor. Mit diesen Problemen zusammen muß man eine Erklä- rungsformel finden für die Klippen am Vierwaldstättersee und für das Engadiner Fenster, deren Tektonik untrennbar mit der Grau- bündens und Vorarlbergs verbunden ist; denn die Deckentheorie, die sie jetzt auf einheitliche Grundlage stellt, ist eine Arbeits- hypothese, um stratigraphische Schwierigkeiten zu lösen , nie und nimmer aber lokaltektonische Fragen, die man wohl in den aller- meisten Fällen dem großen Bauplan wird einordnen können, wenn man einmal nicht nur durch schematisch verallgemeinerte Dar- stellungen in die Entwicklung und Bedeutung der Deckentheorie eingedrungen ist1. Eine solche Erklärung ist Mylius uns aber schuldig ge- blieben, abgesehen von lokaltektonischer Darstellung und Deutelung 1 Bei Mylius sollte man eigentlich eine gewisse Vertrautheit mit dem Wesen der Theorie, die er sich abzulehnen vorgenommen, voraus- setzen. Dem scheint aber nicht so , da er sowohl bei den Algäuer Jura- klippen wie im Rhätikon vermeintliche Ansichten der „Anhänger der Deckentheorie“, wie er sich mit Vorliebe ausdrückt, bekämpft, die von sehr geringem Verständnis für den Überschiebungsvorgang zeugen. Es hat niemand behauptet, daß Decken und Deckenreste immer flach gelagert sein müssen und daß losgelöste Deckschollen nicht auch mehr oder weniger steiles Einfallen zeigen könnten, die ja das heutige Oberflächenbild und fast die ganze Faltungs- und Schollentektonik auf eine spätere Phase, ja vielleicht sogar auf eine zweite Periode der Gebirgsbildung weist. So können die Juraklippen im Algäu sehr wohl von oben gekommen sein (aber von der Basis der Schubmasse), während sie jetzt von Flysch umwickelt er- scheinen. Ich kann hier auf weitere Einzelheiten nicht eingehen, möchte aber bemerken , daß die Deckentheorie bereits den Keim des Verfalls in sich trüge und reif erschiene, durch eine bessere Auffassung ersetzt zu werden , wäre sie wirklich schon bei so starrem Schematismus , der keine Möglichkeit der Weiterentwicklung bietet, angelangt, wie es Mylius seinen Lesern glaubhaft machen will. 494 W. v. Seidlitz, einzelner Profile , die für den Wert oder Unwert der regionalen Auffassung nicht mehr als nebensächliche Bedeutung haben. Aus Mylius’ Schlußworten ist bis jetzt nicht viel anderes zu entnehmen, als daß er sich zu einer von Osten kommenden „rhätischen Schub- masse“ bekennt, die trotz seines Protestes (p. 151) sich von der Rothpletz’ nur dadurch unterscheidet, daß er auf die sehr wenig begründete Herleitung aus dem fernen Osten verzichtet und mit einer etwas weniger, aber noch gerade genügend schematisierten Schichtenfolge arbeitet. Man darf deshalb mit Spannung seinen Ausführungen entgegensehen, die er uns für die folgenden Bände seines Werkes in Aussicht stellt. Es hieße jedoch die vorzeitig abgeschlossene und zu früh veröffentlichte Arbeit zu hoch einschätzen und durch einen gleich umfangreichen Band beantworten, wollte man alle Irrtiimer und Lücken eingehend besprechen. Vielleicht wird es bei späterer Gelegenheit möglich sein, auf manche der angeschnittenen Fragen zurückzukommen, wenn die tatsächlichen Verhältnisse mit der Darstellung auf den Karten verglichen sein werden. Aber auch ohne daß mir bisher eine eingehendere Nachprüfung im Felde möglich gewesen wäre, muß ich auf einige Punkte kurz eingehen, in denen unsere Auffassungen auch jetzt schon recht bedeutend auseinandergehen. Obgleich Mylius das in Frage stehende Gebiet nur z. T. und auch nur während kurzer Aufnahmezeit kennen gelernt hat, hält er es doch für nötig, seine abweichende Meinung in einem ironisch-polemischen Tone vorzutragen, der besonders wunder nimmt, wenn man ihn mit der sachlichen und ruhigen Behandlung ver- gleicht, die er seinen anderen Gegnern (Tornquist, Ampferer) ange- deihen läßt, die in Gebieten gearbeitet haben (Algäu, Bregenzerwald), in denen er auf Grund langjähriger Erfahrung schon eher zu schärferem Urteil berechtigt gewesen wäre. Ich selbst bedaure dies umsomehr, als er mich hierdurch zwingt, ganz entschieden gegen eine solche überflüssige Form der Polemik Stellung zu nehmen, die ich bei einer wissenschaftlichen Kontroverse weder für erfreulich noch förderlich halte. Darin unterscheiden sich auch Mylius’ Ausführungen, der jeden „AnliäDger der Deckentheorie“ als mindestens beschränkt hinstellen möchte, nicht gerade vorteilhaft von vielen Veröffentlichungen, die in letzter Zeit ein ähnliches Ziel1 verfolgt haben. Dennoch trete ich auf seine Angriffe nicht ungern ein , weil ich ihm für seine Darstellung Dank weiß , aus der hervorgeht, daß ich mich mit meiner kurzen Mitteilung „Schollenfenster im Vorarlberger Rhätikon und im Fürstentum Liechtenstein“ 2 auf ganz richtigem Wege befunden habe. 1 Ich denke besonders an die sachlichen Ausführungen bei Ampeerer und Hammer. Geologischer Querschnitt durch die Ostalpen. Jahrb. k. u. k. Reichsanst. 61. 1911. p. 531. 2 Mitt. geol. Ges. Wien. 1911. p. 37. Sind die Quetschzonen des westlichen Rhätikons exotisch etc. 495 Im August 1908 und 1909 1 habe ich durch einige Wande- rungen einen Teil des Liechtensteiner Landes kennen gelernt und hätte ich in der Literatur mehr als nur zwei spärliche Andeutungen über die Eruptivgesteine vorgefunden , so hätte ich mit der Ver- öffentlichung meiner Funde von Saß, Malbun, Vallorsch, Bettler- joch, Gr. Furka und Sareiser Joch, die ich naturgemäß mit früheren Beobachtungen im Brander Tal und im östlichen Rhätikon kom- binierte, wohl noch gewartet, bis ich Zeit zu genaueren Begehungen gefunden. Bei einer Gruppierung der erwähnten Punkte mußte ich mich, da mir genauere eigene Aufnahmen fehlten, an die bisherige Darstellung des Gebietes durch Mojsisovics und Roth- pletz anlehnen und es drängte sich mir unwillkürlich das Schollen- system Mojsisovics auf, wodurch die auffallende Verbindung der ophiolitischen Eruptiva mit tektonischen Linien 2, die Mylius ja auch nicht leugnet und die mir schon im Grassentobel bei Brand nicht entgangen war , noch mehr hervortrat. Es ist daher eine Verkennung der Tatsachen, wenn Mylius behauptet, ich habe ge- rade die Mojsisovics’sche Scholleneinteilung, die in ihren großen Zügen ja auch schon morphologisch deutlich hervortritt, aufs neue bestätigt, während ich sie nur als einzig vorhandenes Arbeits- gerüst akzeptierte und mich darauf beschränkte, von den durch Mojsisovics aufgestellten Linien und den RoTHPLETz’schen Re- visionen dasjenige zu übernehmen, was mir am sichersten bestätigt zu sein schien3. Nicht auf den Verlauf der Linien kam es mir im wesentlichen an , auch nicht , ob diese als Verwerfungen oder Überschiebungen4 ausgebildet sind, sondern zu zeigen, daß die 1 Ich ging folgende Wege: 1908, 11. August: Feldkirch — Saminatal — Sücca. 12. Aug.: Sücca — Saß— Vallorsch — Sücca. 13. Aug.: Malbun— Sar- eiser Joch— Paifienz — Brand. 1909, 24. Aug. : Scesaplanahaus — Gr. Furka — Bettlerjoch- Sücca. 25. Aug. : Sücca— Gepfahl — Heupiel. 26. Aug. : Sücca — Triesenerberg— Vaduz. 2 Meine Voraussage (p. 57 u. 62), daß man noch weitere Stellen finden würde, wenn man den tektonischen Linien nachginge, hat sich durch Mylius’ Untersuchungen bestätigt. 3 Ich wundere mich, daß Mylius (Fig. 30 p. 103) die Rothpletz- sche Schollenkarte des Rhätikons reproduziert, sich aber gegen meine nicht unerheblich abweichende Darstellung (1. c. p. 38. Fig. 1) wendet, die im Verlauf der Linien viel mehr den Verhältnissen der Landschaft und den jetzt durch die Kartierung festgestellten Verhältnissen entspricht. Es werden dadurch falsche Vorstellungen bei den Lesern erweckt, da meine Eruptivpunkte auf der von Mylius gegebenen Karte gar nicht mehr mit tektonischen Linien zusammenfallen. 4 Mylius wirft mir vor, daß die tektonischen Linien Überschiebungen, keine Verwerfungen seien; damit wendet er sich an die falsche Adresse. Überall, wo ich die Quetschzonen untersuchte, habe ich auf meiner Karte auch Überschiebungen eingetragen. An den Stellen, die ich nicht besuchte, habe ich eine einfache Bruchlinie ausgezogen und mich so an meine Vor- 496 W. v. Seidlitz, basischen Eruptivgesteine in ihrem Auftreten an tektonische Linien gebunden sind * 1. Der beste Beweis für die Richtigkeit dieser An- nahme ist der, daß sie auch jetzt noch ausnahmslos stimmt, selbst nachdem Mylius manchen dieser Linien, ob mit mehr oder weniger Berechtigung, kann ich jetzt noch nicht nachprüfen, einen anderen Verlauf zugewiesen hat. Es ist auch unrichtig, davon zu sprechen, daß ich eine Vermittlung zwischen der Anschauung Rothpletz’ und Steinmann’s versucht hätte, da man doch sehr gut die lokale Tektonik der Schollen und Verwerfungen anerkennen kann , ohne daß man sicli dadurch in Widerspruch mit der Deckentheorie zu .setzen braucht. Mylius stellt (p. 117) vier Punkte auf, in denen seine An- schauung von der meinigen abweicht, von diesen erledigen sich 1 — 3 durch obenstehende Ausführungen, während einzig und allein der letzte einer Erörterung bedarf. Durch eingehende Kartierung — leider nicht auf den Originalkarten 1 : 25000 — - hat Mylius die Kenntnis des westlichen Rhätikons wesentlich gefördert, besonders auch dadurch, daß er seine Aufnahme (Karte, Tafel XIV), die den wertvollsten Teil des Buches bildet, von der Darstellung der theoretischen Anfassung (Taf. XIII) trennte; eine genauere Gliede- rung des Flyschs , die man sehr vermißt , hätte wohl sehr viel längere Aufnahmszeit erfordert. Die alte Linienführung der Schollen- teilung ist damit überholt, doch ganz so unrecht hatte sie nicht, denn die Tatsache bleibt bestehen , daß sich auch auf der neuen MYLius’schen Karte alle Mojsisovics-RoTHPLETz’schen Linien bis auf die Linie Malbun — Bludenz (Rothpletz), die nach Mylius anderen Verlauf zu haben scheint, wieder finden lassen. Außer- dem hat Mylius noch eine Reihe weiterer Linien nachgewiesen, aus denen hervorgeht, daß eine Ost-Westüberschiebung, die ich schon an der Linie St. Rochus — Gr. Furka und Gaflei — Gapfahl gezeichnet, noch häufiger vertreten, ja sogar die Regel ist. Meine Vermutung (1. c. p. 39), daß es sich größtenteils nicht um Bruch- spalten (Rothpletz), sondern Überschiebungen handelt, konnte Mylius dahin ergänzen , daß Verwerfungen vorzugsweise nur bei ganger angelehnt. Eine Ost — Westüberschiebung kam für mich deshalb nicht in Frage, weil ich die Quetschzonen am Mattierjoch, und besonders an der Noßspitze und Gritschalpe noch nicht kannte, obgleich sie als sekundäre, nach dem Deckenschub erfolgte Ausgleichungsbewegung auch mir nicht befremdlich gewesen wäre, da ich an der Gr. Furka selbst eine Ost— Westüberschiebung gezeichnet und ein östlich wirkender Faltungs- druck aus dem Scesaplana- und Zimbagebiet mir wohl bekannt ist. Den- noch sind nicht alle nordsüdlich streichende Linien auch Überschiebungen, wie die Brandner Tal Verwerfung zeigt. 1 Schon Lorenz 1902, p. 40, weist darauf hin, daß Diabasporphyrit immer dort auftritt, wo sich die Überschiebung am gewaltigsten ge- äußert hat. Sind die Quetschzonen des westlichen Rhätikons exotisch etc. 497 den Ost — -West streichenden Linien, bei den nord — südlichen da- gegen Überschiebungen vorherrschen. Dadurch, daß er eine Reihe weiterer Stellen auffand (p. 116. No. 13 — 17), ergibt es sich, daß die basischen Eruptivgesteine hauptsächlich an die Nord — Süd streichenden, nach Westen gerichteten Überschiebungen 1 gebunden zu sein scheinen, was Mylius (p. 141) auch bestätigt, ohne weiter darauf einzugehen. An meiner Behauptung ändert sich damit nichts; um aber nun doch einen Gegensatz unserer Anschauungen zu betonen, legt Mylius Wert auf die Feststellung, daß ich nur die Eruptivgesteine 2, er aber hauptsächlich die Sedimente verfolgt habe. Damit komme ich zum 4. Punkt unserer Differenzen , der hauptsächlich darin besteht, daß Mylius seine „Quetsch Zonen“, die gleichbedeutend sind mit meinem Ausdruck „Schollenfenster“, als Reste des Hangenden , ich des Liegenden der Trias-Juramassen ansehe. Ein Nachweis für die eine oder andere Behauptung läßt sich nur auf stratigraphischem Wege führen, doch konnte Mylius meine Behauptung, daß es sich um Reste handelt, die dem ostalpinen Gebiet fremdartig (exotisch) sind, nicht widerlegen. Da er weder im Algäu noch Rhätikon zum faziellen Verständnis des exotischen Flysches durchgedrungen ist, kann man die Strati- graphie der Flyschgebiete ruhig als den schwächsten Punkt seiner Darstellung bezeichnen und damit verlieren tektonische Betrach- tungen , die mit Umgehung dieses Problemes (der Flyschstrati- graphie3) angestellt werden, erheblich an Wert. Wichtig erscheint es mir ferner, das Mylius alle seine Ftyschquetschzonen — mit und ohne Eruptivgesteinen — überall in anormalem Kontakt (durch Überschiebungslinien begrenzt), mit den Triasschichten zeichnet 4. 1 Nur das Sareiser Joch scheint sich seiner Linienführung nicht an- zupassen ; ob dieses etwa doch mit der Verwerfung der Noßspitze in Zusammenhang steht, die auf der theoretischen Schollenkarte weggelassen ist? Für meine Auffassung ist es gleichgültig, ob die exotischen Reste an einer Verwerfung oder Überschiebung liegen, da eine Aufpressung aus dem Liegenden in beiden Fällen möglich ist. 2 Das stimmt insofern nicht, indem ich an allen 12 von mir an- geführten Punkten besonders darauf hingewiesen, daß neben den Eruptiv- gesteinen auch fremdartige Sedimente vorhanden sind, die sonst dem Hangenden der Trias nicht eigen sind. 3 Auf seiner Karte sind wohl zwei Flyscharten vermerkt, aber nicht der Farbe nach getrennt, so daß ihre Verbreitung nicht zu ersehen ist. Zur stratigraphischen Verallgemeinerung und Zusammenfassung scheint mir aber die Zeit noch nicht gekommen; nur durch möglichst scharfe Gliederung, die aber in einem Sommer kaum durchzuführen ist, kann das schwierige Problem des Flysches, der Bündner Schiefer etc geklärt werden. 4 Es scheint mir zur Verbindung der Quetschzonen mit dem Liegen- den der Triasmassen durchaus nicht nötig, daß die Spalten nach der Tiefe zu divergieren (Myliüs, p. 125), wenngleich schon die tief aufgeschlossene Quetschzone Parfienz- Grassentobel selbst dafür eine Bestätigung geben Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 32 498 W. v. Seidlitz, Ich kann ihm auch den Vorwurf nicht ersparen , daß er -dabei allzu schematisch vorgegangen ist und alles irgendwie Flyschähn- liclie — nach meiner Auffassung auch Triasschichten — in seine Quetschzonen einbezogen und mit Grenzen anormalen Kontaktes umrändert hat, so z. B. die Partnachschichten im Brandner Tal* 1. Besser wäre es auch gewesen, die Karte mit dem Brandner Tale abzuschließen , da durch die sehr oberflächliche Begehung des Nonnenalpgebietes einem doch Zweifel aufsteigen , ob nicht auch noch andere Strecken der Karte auf ähnlich flüchtiger Untersuchung beruhen. könnte. Ich halte es sogar für wahrscheinlich, daß die Verbindung mit dem Untergrund an den meisten Stellen vollkommen unterbrochen ist und die Schichten längs einer Verwerfung oder Überschiebung gänzlich aus- gequetscht und geschleppt sind , wie dies Mylius ja z. B. für die Erup- tiva auch in seinem Profil, p. 92, zeigt, oder wie er die Juraklippen im Algäu erklärt, die demnach auch Schollenfenster wären. Für die Zuzäh- lung zum Hangenden oder Liegenden ist es daher ganz belanglos, ob die Dislokationen divergieren oder konvergieren , was in den meisten Fällen sich ja nicht einmal beobachten läßt. Für eine Zugehörigkeit der Quetschzonen zum Liegenden sprechen aber die Eruptivgesteine, die in normal gelagertem ostalpinen Triasgebirge nirgends im oberen Flyschgebiete, sondern immer unter der Trias liegen. Würden sie dem hangenden Flyschschiefer des Trias- Juragebietes angehören, so müßte doch auch irgendwo ein Durchbruch oder Kontakt mit Trias oder Jura gefunden werden, oder auch Vorkommen bekannt sein , wo die Eruptiva ohne Flysch nur im Verband mit Trias oder Jura stehen. Die von Mylius erwähnten Kontakterscheinungen, auch die berühmte Stelle an der Gaisalp, wo ich selbst eifrig danach gesucht, zeigen aber überall nur starke Pressungserscheinungen an weichen Schiefern (an der Gaisalp z. B. auch Algäuschichten) , die ebensogut rein tektonischer Entstehung — durch die Überschiebung der Triasmassen — sein können und niemals erhalten bleiben . sobald die Eruptivmassen passiv verfrachtet werden (Mylius’ Profil p. 92). Bei einem solchen Trans- port der Eruptiva können Kontakterscheinungen nicht entstehen und primär vorhandene werden durch die Schleppung zerstört. 1 Besonders in dem Zuge vom Eingang ins Zalimtal zum Amatschon- joch. Ebenso fallen mir aber auch seine Quetschzonen unterhalb des Klamperschrofen zwischen Arlbergkalk, und Arlbergkalk und Muschelkalk auf, über die ich aber erst urteilen kann, wenn ich sie näher angesehen. Bei Btirserberg und Bürs gehören die Schiefer sicher nicht dem Flysch. sondern der Trias an. Partnachschichten sind ihrer verschiedenartigen Ausbildung wegen, die auch Skuphos bestätigt, nicht immer leicht zu er- kennen und können zu Verwechslung mit Flysch Veranlassung bieten. Da Fossilien oft fehlen, so muß man vielfach vom Hangenden und Liegen- den ausgehen. Ich bin daher geneigt, dort, wo Schiefergesteine konkor- dant zwischen Muschelkalk und Arlbergkalk liegen und weder Fucoiden noch Bactryllien oder andere Partnachfossilien sich finden lassen, diese trotzdem ihrer Lage nach für Partnachschichten und nicht für Flysch zu halten. Sind die Quetschzonen des westlichen Rhätikons exotisch etc. 499 Bei dieser sogen. Quetsclizone Nonnenalp — Brand muß ich des- halb noch verweilen, weil Mylius mir vorwirft , ich kenne keine flyschartigen Schichten der ostalpinen Fazies , obgleich ich doch vor zwei Jahren (Scesaplana 1910. p. 5o u. 60) darauf hin- gewiesen und sie auch in das von Mylius übernommene Profil (Mylius p. 111) eingezeichnet habe. Über den helleuchtenden Aptyclien- kalken des oberen Jura folgen in der Mottakopf- und Zimbamulde sandige Schichten und hell- bis dunkelgraue Schiefer und Kalke von flyschartigem Habitus , in denen ich makroskopisch keine Fossilien gefunden, die aber stellenweise sehr reich an Globigerinen sind (cf. Haniel, Kreide im Lechtal). Diese Mottakopfmulde liegt ganz normal konkordant dem oberen Jura auf ; am Sprung der Brandner Talverwerfung sinkt sie ab und wir treffen sie bei Schattenlaggant unten wieder. Von dort zieht sie sich über die Fluralp und Rothornalp in das Täli bei Sarotla und endigt bei der Nonnenalp. Überall treffen wir — also auch an der Nonnen- alp -- die normale muldenförmige Lagerung auf hellen Jurakalken, die z. B. bei der unteren Sarotlaalp, an den Hängen des Valbona- kopfes, deutlich an den beiden steilgestellten Juraflügeln zu er- kennen ist. Eine zweite ähnliche Mulde findet sich an der Zimba- spitze, besonders in der Nordwestwand aufgeschlossen, wo sie teilweise noch stärker flyschartigen Charakter zeigt. Es sind also normale Mulden flyschartiger Gesteine als Hangendes des Trias- Juragebirges, die weder mit den Quetschzonen (Mylius), noch mit meinen Schollenfenstern in Zusammenhang gebracht werden können, deren fazielle Gesteinsausbildung anderseits nur bei sehr flüchtiger Begehung mit den übrigen Flyschbildungen des Grenzgebietes zwischen Ost- und Westalpen verwechselt werden kann. Die feineren Unterschiede der Gesteinsausbildung , die man freilich nicht von heute auf morgen kennen lernt, sind jedoch mindestens ebenso scharf wie die zwischen helvetischem und exotischem Flysch. Wessen Blick aber für diese Unterschiede nicht geschärft ist, die immerhin so bedeutend sind, daß sie von den Schweizer Geologen kartographisch ausgeschieden werden , dem wird es auch schwer fallen, den ostalpinen Flysch von dem der Unterlage zu trennen. Wäre es Mylius darum zu tun gewesen, zu zeigen, daß seine Quetschzonen tatsächlich dem Hangenden der Trias angehören, so hätte er gerade von solchen Gebieten ausgehen müssen, wo fly schartige Bildungen dem Trias- Jura - gebiet normal aufgelagert sind, also z. B. von der Motta- kopf— Nonnenalpfalte, die weder im Hangenden noch im Liegenden von Linien anormalen Kontaktes begrenzt wird. Dann wäre der Nachweis notwendig gewesen , daß auch in solchen normal ge- lagerten Mulden basische Eruptivgesteine, grobe und feinere Brec- cien , Ölquarzite , wildflyschartige Quetschbildungen und Fetzen 32* Th. Wegner, 500 kristalliner Gesteine (Gapfahl) eingelagert sind 1. Ein solcher Be- weis würde meine Anschauung entkräftet haben , doch steht er noch aus , wohl aus dem einfachen Grunde , weil er Mylius so- wohl im Rhätikon wie im Algäu schwer fallen dürfte. Profile, wie am Zitterklapfen , wo meines Erachtens der z. T. exotischen (= lepontinischen) Schichtenfolge arger Zwang angetan wurde, können nichts beweisen, weil sie am Rand des Triasgebietes ge- legen sind, da wo der Deckenzusammenhalt auch in der ostalpinen Schubmasse vollkommen gelockert ist und wo die Schichten durch- einandergestochen sind, so daß Triasfetzen mit exotischen Resten vermengt liegen. Dafür gibt es im Lechtaler Gebiet Profile, wo sich die Zusammensetzung des Flysches ostalpiner Fazies nach- prüfen ließe, wenn ich auch einige Zweifel habe, ob die viel be- sprochenen Gosauscliichten 2 auch überall normale Einlagerungen in die Trias-Jurafalten darstellen3 4, da es auffällt, daß viele Punkte so nah an tektonischen (meist Überschiebungs-)Linien liegen. (Schluß folgt.) Scaphites binodosus A. Roemer im unteren Untersenon. Von Th. Wegner in Münster. Nach der Gliederung des westfälischen Senon durch Schlüter sind die oberen Schichten des Untersenon durch Scaphites binodosus A. Roemer charakterisiert. 1905 4 konnte ich nachweisen, daß 1 Anderseits vermisse ich eine Erklärung, weshalb in Mylius’ Quetschzonen die ganze normale Umrahmung und Unterlage der ostalpinen Flyschzonen fehlt. Da Mylius seine Quetsch- zonen etwa so erklärt wie Hammer das Engadiner Fenster, so soll man wohl annehmen, daß sie verschluckt sind? An der Mottakopf- und Zimbafalte wird der Flysch unterlagert von hellen Jurakalken, Aptychen- kalk, Algäuschichten, Adneter Lias, Kössener Kalk (Dachsteinkalk) und Mergeln, die im westlichen Rhätikon nur am Rand in wenigen Fetzen erhalten sind, während den Hauptdolomitschollen der ganze Jura- etc. Aufbau fehlt. Die vereinzelten Malmschieferreste mit Calpionella alpina Lorenz sind doch nicht genügend als Vertreter der ganzen erwähnten gewaltigen Serie, von der man unbedingt Reste erwarten müßte, wenn es sich in den Quetschzonen um Reste des Hangenden handelte. a Gänzlich verfehlt erscheint es mir, jedes grobe Konglomerat auch im Flyschvorland (Feuerstätter Kopf, Zitterklapfen) einfach als Gosau zu bezeichnen, auch wenn keine Fossilien darin gefunden wurden. Dort, wo nur die geringste Möglichkeit vorliegt, daß verschiedene Faziesbezirke in- einandergreifen, sollte man doch sehr vorsichtig mit diesem Ausdruck sein. 3 In Zusammenhang damit möchte ich auch an den Block mit Gosau- fossilien (Merian) vom Cavelljoch im Rhätikon erinnern, von dem ich 1906 ausführlich gesprochen , dessen Anstehendes ich aber bisher noch nicht aufgefunden habe. 4 Die Granulatenkreide des Münsterlandes. Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellsch. 1905. p. 138. Scaphites binodosus A. Roemer im unteren Untersenon. 501 S. binodosus sich, wenn auch sehr selten in den quarzigen Gesteinen von Haltern am Stimberg bei Oer, also in Schlüter’s Mitteluntersenon, findet. Daraufhin, vor allem aber auf Grund der Lagerungsverhältnisse zog ich den Schluß, daß die quarzigen Gesteine mit Pecten muricatus eine küstennahe Fazies 1 2 der Diilmener sandigen Gesteine mit Scaphites binodosus darstellten. Bereits damals war mir, wie in der Liste p. 140 und in einer späteren, kurzen Mitteilung zum Ausdruck kommt, das Vorkommen von S. binodosus A. Roemer aus glaukonitischen Mergeln des Kanaleinschnittes von Olfen bekannt. ln der letzten Zeit habe ich in zwei neuen Aufschlüssen am Hebewerk bei Henrichenburg und in der neuen Rapener Ziegelei bei Recklinghausen Aufsammlungen vornehmen lassen. An beiden Stellen fand sich je ein Exemplar von S. binodosus. Vom Hebewerk bei Henrichenburg erwähnt G. Müller 2 zuerst das Vorkommen des untersten Untersenon in der Zone des Inoceramus cardissoides. Die zurzeit beim Bau der neuen Schleuse aufgeschlossenen Schichten gehören einem höheren Niveau, nach meinen früheren Aufsammlungen in der unmittelbaren Nähe allem Anschein nach der Zone des Uintacrinus an (vergl. p. 121 a. a. 0. 1 9(J 5). Der zweite Fund- punkt Rapen liegt ebenfalls in typischem, untersenonen Reckling- häuser-Mergel , wie eine von dem Bergmann Falk gekaufte Samm- lung dieses Fundpunktes dartut. Die beiden neuen Funde zeigen aber, daß dem Scaphites binodosus keine stratigraphische Bedeutung als L eitfossil für das o b er e Unter senon mehr zukommt. Die älteren Angaben von Geinitz und Dewalque über das Vorkommen des S. binodosus in der Mukronatenkreide von Vaels und Mastricht besitzen daher erneutes Interesse. Die Auf- sammlungen in den genannten neuen Aufschlüssen, die eine vor- zügliche Fauna geliefert haben, werden fortgesetzt und bearbeitet werden. Entgegnung an A. Tornquist. Von H. Mylius. In No. 1 1 des gleichen Jahrgangs dies. Centralbl. hat Prof. Dr. A. Tornquist „Eine Kritik der von Mylius geäußerten, neuen Ansichten über die Herkunft der Juraklippen in der Algäu-Vorarl- berger Flyschzone“ veröffentlicht. In seinen Ausführungen be- müht sich Tornquist einerseits für die von ihm vor vier Jahren aufgestellte Hypothese über die Herkunft der Klippen einzutreten, während er die von mir gegebene Erklärung zu widerlegen trachtet. 1 Zur Faziesbildung des westfälischen Untersenon. Ebendort 1910. Monatsber. p. 429. 2 Das Diluvium im Bereiche des Kanals usw. Jahrb. d. K. Preuß. geol. Landesanst. 1895. p. 44 und Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1900. No. 5. p. 39. 502 H. Mylius,. Die folgenden Zeilen sollen zeigen , daß Tornquist weder zum einen noch zum anderen berechtigt ist. Was zunächst Tornquist’s Ansicht betrifft , die Juraklippen seien Reste der großen ostalpinen Schubmasse und beim Schub der Lechtaler Masse über die Algäuer von letzterer plattenförmig abgerissen und über deren Kopf hinweg von oben in den Ftyscli hinabgestoßen worden, so wurde diese Ansicht schon von Ampferer gründlich widerlegt. Ampferer, der gleich mir an eine Herkunft der Klippen aus dem Untergrund des Flysch glaubt, faßt seine Entgegnungen in folgenden vier Punkten zusammen 1 : .' „So erfordert die von Tornquist gebildete Erklärung: 1. einen unerwiesenen weiten Vorschub beider Triasdecken; 2. die unwahrscheinliche Abscherung einer einzelnen schmalen und langen Schichtplatte; 3. einen eigenen Versenkungsakt dieser Platte in die Flyseli- masse ; 4. eine auf das Kreidegebirge und seine nächste Umgebung beschränkte, außerordentlich gesteigerte Abwitterung." Indem ich mich, dieser von Ampferer geäußerten Ansicht an- schließe, füge ich noch den folgenden Punkt hinzu, der in gleich starkem Maße gegen die ToRNQuisUsche Hypothese in die Wage fällt, dieselbe sogar völlig unmöglich macht. Tornquist scheint in meiner Arbeit nur das eine Kapitel gelesen zu haben , das die Algäuer und Vorarlberger Juraklippen behandelt, aber nicht dasjenige, in welchem das ostalpine Trias- gebirge besprochen wird. In diesem stellte ich fest , daß alle großen Überschiebungen, von denen das Gebirge durchzogen wird, aus Überfaltungen hervorgegangen sind. Insbesondere gilt dies von der Leclitaler Überschiebung, die man im Südosten der Klippen, auf der Nordseite des Algäuer Hauptkammes aus einer normalen, nur nach Norden überkippten Falte entstehen und nach Osten weiterziehen sieht2. Da nun der Feuerstätten Kopf, die westlichste der Klippen, nordwestlich vom Biberkopf liegt, einem Berg des Algäuer Haupt- kammes , wo die Lechtaler Überschiebung erst im Entstehen be- griffen ist, so ergibt sich, daß im Süden und Südosten der Klippen, der Richtung, aus der sie stammen müßten und aus der sie von 1 Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. 1908. No. 9. 0. Ampferer, Be- merkungen zu den von Arn. Heim und A. Tornquist entworfenen Er- klärungen der Flysch- und Molassebildung am nördlichen Alpensaume. 2 In dieser Hinsicht stimme ich mit meinen Münchner Kollegen G. Schulze und C. A. Haniel durchaus überein, die im Gebiet des Al- gäuer Hauptkammes Detailaufnahmen gemacht haben und die nach den letzten mündlichen Besprechungen und schriftlichen Mitteilungen ebenfalls der Ansicht sind, daß in den Algäuer Bergen die Überschiebungen aus Überfaltungen hervorgegangen sind. Entgegnung' an A. Tornquist. 50 3 den höheren Teilen der Algäiief Schubmasse abgerissen und weg- geschoben sein sollen, diejenige Schubmasse gänzlich fehlt, welche diesen Vorgang hervorgerufen haben könnte. Haben somit Ampferer’s Ausführungen gezeigt , daß Torn- quist's Hypothese im Bereich der Klippen ein hoher Grad von Unwahrscheinlichkeit zukommt , so zeigen die meinigen , daß ihr im Bereich des Triasgebirges für die Erklärung des mechanischen Vorganges die Basis gänzlich entzogen ist. Tornquist ist nun weiter bestrebt , die von mir vertretene Ansicht der Herkunft der Klippen vom Untergrund des Ftyscli zu widerlegen. Zunächst wendet er sich dagegen , daß die Klippen auf tektonischen Linien liegen sollen, die den Flyscli durchziehen und diesen daher in tektonische Einzelelemente zerlegen. Gegen meine und für seine Ansicht führt er die von ihm gemachte Be- obachtung ins Feld, daß der Flyscli mit gleichem Streichen unter den Klippen durchziehen, dagegen unter einem spitzen Winkel mit diesen Zusammenstößen soll. Als Orte , an denen seine Be- obachtung zu bestätigen ist, führt er an die Neu-Grämpl-Alp, den Ränktobel und Schelpen, und diese Orte wollen wir nun besprechen. Neu-Grämpl-Alp. Allerdings ist an dieser Alp zu be- obachten, daß unter dem östlichsten Ende der Klippe des, Feuer- stätter Kopfes der Flyscli mit mehr oder weniger gleichem Streichen unter der Klippe durchzieht. Aber hier bildet auch der Flyscli, wie meine Karte es übrigens durchaus klar erkennen läßt, nebst Seewenschichten die tektonisch einheitliche Basis beiderseits der Klippe. Erst weiter westlich von der Alp stellt sich derjenige Flysch ein, der als südliche Flyschsclmbmasse die Feuerstätter Klippe überschiebt. Dieser Flysch aber, der auf der Klippe oben drauf liegt, also ihr Hangendes bildet, besteht aus gänzlich schichtungslosen , glaukonitischen Kieselkalken und Sandsteinen, so daß zwischen ihnen und den nördlich des Feuerstätter Kopfes im Liegenden der Klippe anstehenden Gesteinen überhaupt kein tektonischer Verband erzielt werden kann. Törnquist’s Karte gibt nun zwar an, daß die Feuerstätter Juraklippe sich ostwärts bis zum Roßschelpen zieht und hier von einer Verwerfung ab- gesclinitten wird, so daß man aus seiner Karte wohl vermuten könnte, der Flysch zöge auf eine längere Strecke unter der Klippe durch; aber die Feuerstätter Klippe im Osten der Grämpl-Alp kennt nur Tornquist allein , und wer den Rücken zwischen der Alp und dem Roßschelpen begeht, wird niemals auch nur einen Fetzen von Juraklippe, dafür um so mehr Flysch zu sehen bekommen. Tornquist versucht zwar in einer Fußnote den von ihm be- gangenen schweren Kartierungsfehler mit der „in hohem Maße falsch gezeichneten österreichischen Generalstabskarte“ 1 : 25000 zu entschuldigen. Ich bedauere, diese Entschuldigung nicht gelten lassen zu können, da ich mich für meine Aufnahme der gleichen 504 H. Mylius, Karte bediente und dieselbe im Gebiet zwischen Grämpl-Alp und Landesgrenze in bester Ordnung fand. Ränktobel. Tornquist scheint es zu lieben, sich beim Zugestehen von Irrtümern der hierfür so geeigneten Fußnoten zu bedienen. Nicht nur hat er dies anläßlich des soeben genannten Kartierungsfehlers bei der Grämpl-Alp getan ; auch um einen im Ränktobel begangenen weit gröberen Irrtum möglichst unauffällig zuzugestehen , bedient er sich einer solchen. Das von ihm hier angewandte „Rezept“ der „Verwechslung einer älteren Tagebuch- notiz“ halte ich für ein derart wirkungsloses, daß ich dasselbe in meiner geologischen Apotheke leider nicht führe. Daß ich insbesondere im vorliegenden Fall berechtigt bin, Tornquist’s Entschuldigungs- grund nicht gelten zu lassen, möge der Leser aus folgenden An- gaben entnehmen : 1 . Tornquist kommt auf die Südseite der Klippe und erkennt trotz vorzüglichen Aufschlusses nicht die Grenze zwischen Klippe und Flysch, über die hier überhaupt nicht gestritten werden kann. 2. Er photographiert die Klippe nebst angrenzender Schutt- halde zweimal (Taf. V und VI) und skizziert dieselbe in einem Profil (Fig. 5) und in einem Grundriß (Fig. 6). 3. Zwischen der Nordseite und der Südseite der Klippe hebt Tornquist unterscheidend hervor, daß auf jener „eine gut wahr- nehmbare, aber geringe Diskordanz zwischen Flysch und Klippe erkennbar ist“, daß dagegen auf dieser die Jurakalke „an voll- ständig in sich verschobenen und zerkneteten Flysch“ grenzen, „welcher so stark dynamisch verändert ist, daß seine Schichtung kaum erkennbar bleibt“. 4. Von den beiden Photographien sagt er: „Die Photogra- phien auf Taf. V — VI zeigen die Grenze der zerrütteten südlichsten Jurabänke gegen den Flysch mit den eckigen Jurablöcken sehr deutlich. Es ist das ausgesprochene Bild einer durch einen gewaltigen Schub der Klippen in asse über die Flysch schichten her vorgeb rächten Überschiebungs- breccie“ (letzterer Satz ist von Tornquist selbst durch ge- sperrten Druck hervorgehoben). 5. Während 4 Jahren läßt Tornquist die Leser des N. Jahrb. f. Min. etc. im guten Glauben, das Muster einer „Überschiebungs- breccie“ abgebildet zu sehen, bis er 6. auf meine Arbeit hin das Geständnis ablegt: „Durch eine Verwechslung einer älteren Tagebuchnotiz ist hier von einer Über- scliiebungsbreccie die Rede, während die Photographie in Wirklich- keit nur Gehängeschutt zeigt.“ 7. Obwohl Tornquist also unumwunden zugibt, die Südseite der Ränktobelklippe gänzlich mißdeutet zu haben, und obwohl er in seiner Flyscharbeit (s. oben Punkt 3) die Verschiedenartigkeiten auf der Nord- und auf der Südseite der Klippe betont, behauptet Entgegnung an A. Tornquist. 505 er heute in seiner Kritik zu meiner Arbeit, daß die Verhältnisse im Ränktobel für seine Idee sprächen , nämlich , daß der Flyscli unter der Klippe hindurch mit gleichem Streichen durchziehe. 8. Nach meinen Beobachtungen kann von einem solchen Ver- halten des Flyscli weder im engeren noch im weiteren Umkreis der Klippe die Rede sein. Schelpen. Im Bereich der beiden Schelpenklippen , von denen die westliche dem Hohen Schelpen angehört, sprechen die Verhältnisse weder für die Ansicht Tornquist’s noch für die meinige, da hier wie auch sonst überall der Flyscli ungemein inten- siv gefaltet und überdies stark bewachsen ist. Vom Flyscli ist daher bald zu sehen , daß er unter spitzem Winkel, bald daß er parallel zur Klippe streicht. Weiter wendet sich Tornquist gegen die Art und Weise, wie ich mittels den Flysch durchziehender tektonischer Linien ent- weder die Juraklippen unter sich oder mit Teilen des Kreidegebirges verbinde. Ich habe drei solcher Linien in meine Karte gezeichnet, und eine jede sei nun kurz besprochen : Die Linie, welche die Juraklippe des Feuerstätter Kopfes mit dem Schrattenkalkkeil der Gauchenwände verbindet, nennt Torn- quist eine „kompliziert verlaufende Schlinge“. Durch diese Be- hauptung gibt Tornquist den vollkommenen Beweis , daß er mit den Grundbegriffen der darstellenden Geometrie nicht Bescheid weiß, und wer diese nicht beherrscht, sollte bei Ausübung einer Kritik vorsichtig sein. Wenn , wie ich in meiner Arbeit deutlich genug gesagt habe , und wie es die Profile genügend erkennen lassen, sowohl der Jurakeil des Feuerstätter Kopfes wie der Schrattenkalkkeil der Gauchenwände nicht steil stehen , sondern nach Süden geneigt sind, so kann doch selbstverständlich diejenige tektonische Fläche, welche die beiden Keile miteinander verbindet, nicht als gerade Linie ausstreichen. Diese muß vielmehr bogen- förmig verlaufen, und zwar ließ ich sie rein, nur um den Gesetzen der darstellenden Geometrie nicht zu widersprechen , beim Über- schreiten des Rückens, der sich vom Roßschelpen zu den Gauchen- wänden zieht , einen Bogen nach Norden , dagegen auf der Süd- seite des Roßschelpen einen solchen nach Süden beschreiben. Doch hier , wo es tatsächlich angebracht ist , in dieser einfach sach- gemäßen Weise theoretisch zu überlegen, weil die Verhältnisse im Gelände dazu zwingen, da verzichtet Tornquist darauf, um einer wissenschaftlich unrichtigen Einwendung den Vorzug zu geben. Die zweite meiner Linien verbindet die beiden Schelpenklippen untereinander und diese mit den beiden Granitvorkommen des Böigen. Was Tornquist an dieser Linie, die vier dicht bei- einander und schnurgerade in einer Richtung liegenden Gesteins- vorkommen verbindet, hypothetisch finden kann, ist mir, vielleicht H. Mylius, 506 auch dem einen oder anderen, der meine Karte studiert, nicht ganz begreiflich.. Dagegen.muß man wirklich staunen, wenn man vor . dem gewaltigen, mindestens 1000 cbm messenden Granitblock des Böigen steht und von diesem sich vorstellen soll, daß. er ein sedimentäres Geröllstück im Flysch ist, denn von einem kristal- linen Konglomerat oder Haufwerk kann nicht die Rede sein. Die dritte Linie verbindet eine nördlich vom Feuerstätter Kopf gelegene Klippe, die Tornquist gänzlich unbekannt geblieben zu sein scheint, mit der Ränktobelklippe und diese mit dem Kreide- gebirge. Die Verbindungslinie zwischen den beiden Klippen als „unnatürlich“ zu bezeichnen, hätte Toknquist sich sparen können, nachdem ich sie in meiner eigenen Arbeit (p. 78) als „hypothetisch“ bezeichnet habe. Eine Polemik, die sich nicht durch Sachlichkeit auszeiclinet, ist der Wissenschaft nicht von Nutzen, dies am wenigsten, wenn der eine der beiden Beteiligten die Ansicht seines Gegners mißdeutet. Wenn ich auf p. 81 sage: „Die Erscheinung1 * * ist selbst- verständlich, doch mache ich auf sie aufmerksam, weil sie es ist, die ein scheinbar fjordartiges Eingreifen der Grenzfazies in die helvetische Fazies bewirkt hat, nämlich ein solches in ost- westlicher Richtung von Hindelang bis Sibratsgfäll. D i e s e r F j o r d ist aber kein primär-sedimentärer, sondern ein sekun- där-tektonischer“, so kann es nur als unsachlich bezeichnet werden, wenn Tornquist demgegenüber feststellt: „Um die Mög- lichkeit der Auffaltung von Gesteinen von astalpiner Fazies aus der Tiefe der nördlichen Flyschzone möglich erscheinen zu . lassen, muß er (Mylius) einen zunächst mindestens 30 km von West nach Ost, nördlich der helvetischen Fazies vorgelagerten , Fjord4 — der Ausdruck ist denkbarst unglücklich — ostalpiner Fazies suppo- nieren.“ Dieser eine Satz von Tornquist enthält folgende drei Unkorrektheiten : 1. Er schiebt mir den Gebrauch des Wortes „Fjord“ in einem -Sinne unter, nämlich im faziellen, wie ich ihn ausdrücklich von der Hand gewiesen habe. 2. Er nimmt für den „Fjord“ eine Länge von mindestens -30 km an, während meine Tafel V, die als Basis die Lepsiuskarte besitzt, die ebenfalls im Maßstab 1:500 000 gezeichnet ist, nur 1 Die Erscheinung, daß die sigmoide Kurve, mit der das ostalpine Triasgebirge zwischen Lech und Bregenzer Ach an das helvetische Ge- birge grenzt und die nach meiner Anschauung „schon seit frühen Zeiten in ähnlicher Gestalt den ostalpinen Bezirk vom helvetischen getrennt hat” (p. 80), „durch die intensiven Faltungen und zahlreichen Überschiebungen eine starke Verkürzung- erlitt, und zwar durch die vorzüglich von Süden nach Norden gerichteten Druckkräfte naturgemäß eine solche in nord- südlicher Richtung“ (p. 81). Entgegnung an A. Tornquist. 507 eine Länge von 17,5 km aufweist. Solange Tornquist nicht mit Sicherheit nachweisen kann, was für Gesteine ehemals unter dem Flysch und den See wenschichten lagen, die heute das Dreieck zwischen Hindelang, Sonthofen und Oberst- dorf erfüllen; ist er nicht berechtigt, meinen „Fjord“ attch nur um einen halben Kilometer zu verlängern. 3. Aber selbst gesetzt der Fall, ich hätte mit 17,5 km in meinem Interesse gerechnet, und der „Fjord“ besäße eine Länge von 20, ja 30 km, so darf Tornquist seinen Lesern nicht obigen Satz mit einer Faziesskizze erläutern , .in der er meine Auffassungsweise vollkommen verzerrt dargestellt hat, weil in ihr die ursprüngliche Verteilung der Sedimente in ostwestlicher .Richtung von den tek- tonischen Vorgängen so gut wie unbeeinflußt geblieben ist, während sie quer zu dieser Richtung durch intensive Faltung und zahlreiche bedeutende Überschiebungen wesentlich, vermutlich um ein Mehr- faches verkürzt wurde. Schließlich sei erwähnt, daß Tornquist das von ihm begangene Versehen , von der Fazies der Klippen nicht erkannt zu haben, daß sie um ein Wesentliches von der ostalpinen Fazies abweiclit und tatsächlich nur als Grenzfazies zwischen der ostalpinen und der helvetischen aufgefaßt werden kann, in unzutreffender Weise beschönigt. In vorstehender Erklärung habe ich manches scharfe Wort gegen Tornquist geäußert. Vielleicht wird sie der eine oder andere Leser nicht billigen. Diesen fordere ich auf, mit Tornquist’s und meiner Arbeit das Gebiet der Algäuer und Vorarlberger Klippen zu begehen und sich selbst ein Urteil darüber zu bilden, inwie- weit Tornquist’s Kritik , inwieweit meine Entgegnung Berechti- gung besitzt. War ich zwar damals nicht wenig erstaunt, als ich die Klip- pen untersuchte und mich davon überzeugte, in welch flüchtiger Weise Tornquist dieselben begangen haben muß, wie er die wich- tigste der Klippen, die des Feuerstätten Kopfes, scheinbar über- haupt nicht abgegangen, sondern nur durch Umschau von der Höhe des Berges untersucht hat und dann mit langem Pinselstrich auf der Karte fixierte, nun schnell und wenig überlegt eine von Wider- sprüchen erfüllte Hypothese aufstellte , so erstaunt es mich heute durchaus nicht, eine Kritik von ihm über meine Arbeit zu lesen, die von Anfang bis zu Ende den Charakter der Unsachlichkeit trägt. Unter diesen Umständen kann ich es nur bedauern, sonst würde ich es gerne begrüßen , mit Tornquist in eine Polemik geraten zu sein. M ii neben , Geologisches Institut, Juni 1912. 508 G. Linck, Neue Instrumente und Beobachtungsmethoden. Indikatoren zur Bestimmung des spezifischen Gewichts von Flüssigkeiten. Von G Linck in Jena. Mit 1 Textfigur. Man kommt häufig in die Lage, sich eine Lösung von be- stimmtem spezifischem Gewicht hersteilen oder das spezifische Gewicht eines Körpers annähernd bestimmen zu müssen ; da es aber umständlich und zeitraubend ist, dies mit der hydrostatischen Wage auszuführen, so hat man sich vielfach Indikatoren hergestellt, die aber meist zu weite Abstände zwischen den einzelnen Skalen- teilen zeigen und meines Wissens nicht in den Handel kamen. Da mir nun von seiten der Firma Schott & Genossen hier freundlichst Gelegenheit geboten wurde, aus ihrem außerordentlich reichen Bestände an Gläsern eine Auswahl zu treffen, so habe ich eine solche überaus handliche Skala zusammengestellt. Sie besteht aus 24 Glas Würfel dien von rund 6 mm Kantenlänge und umfaßt so die spezifischen Gewichte von 2,24 bis 3,55 bei einem durch- schnittlichen Abstand zweier Skalenteile von 0,05 7. Natürlich sind die Abstände nicht immer ganz gleich, sondern sie gehen ver- einzelt herunter 0,025 und in einzelnen Fällen hinauf bis zu 0,14, doch sind die großen Abstände selten und liegen bei sehr hohen Gewichten, wo sie weniger in Betracht kommen. Sämtliche Würfel dien sind mit Nummern beschrieben und befinden sich in einem gefächerten Kästchen, dessen einzelne Fächer mit den gleichen Nummern versehen sind. Auf der Rückwand des Kästchendeckels aber ist ein Nummernverzeichnis mit Angabe der zu den Nummern gehörigen spezifischen Gewichte eingeklebt. Indikatoren zur Bestimmung des spezifischen Gewichts etc. 509 Ich lasse nachstehend die spezifischen Gewichte meiner Skala folgen, bemerke aber dazu, daß jeweils die letzte Zahlstelle mit Ungenauigkeiteil behaftet ist, welche in der Beschaffenheit des Materials begründet sind. No. 1 £ k G. 2,240 No. 9 S. G. 2,617 No. 17 S. G. 3,180 2 n u 2,330 77 10 2,690 77 18 3,205 , 3 2,387 75 11 2,750 77 19 3,240 „ 4 2,410 7? 12 2,785 75 20 3,275 » 5 2,480 77 13 2,870 77 21 3,350 „ 6 2,518 14 2,935 7f 22 3,480 ,, 7 2,550 75 15 3,040 77 23 3,530 , 8 2,576 16 3.110 77 24 3,555 Über den Gebrauch ist folgendes zu sagen : 1. Beim Eindampfen von Lösungen auf ein bestimmtes spe- zifisches Gewicht wird man in die Lösung dasjenige Wiirfelchen legen, welches dem verlangten Gewicht nach unten am nächsten kommt, und so lange eindampfen, bis es schwimmt. 2. Beim Verdünnen einer Lösung auf ein bestimmtes spezifisches Gewicht wird man in die Lösung dasjenige Wiirfelchen geben, welches dem gewünschten spezifischen Gewicht entspricht und außerdem noch das nächst niedrigere und das nächst höhere. Die beiden letzteren signalisieren dann die Annäherung an das verlangte Gewicht und gestatten eine sehr schnelle Einstellung. 3. Beim Bestimmen des spezifischen Gewichts eines anderen Körpers wird man zuerst bis zum Schweben jenes Körpers verdünnen, dann vier oder fünf in Betracht kommende Wiirfelchen in die Flüssigkeit geben und die davon schwimmenden mit einem Horn- oder Glaslöffel herausholen, daun erkennt man das Gewicht sofort. Es mag nur noch erwähnt werden, daß es in meinem Institut als zweckmäßig erkannt wurde, zum Rühren in der Flüssigkeit nicht Glasstäbe, sondern solche von Hartgummi zu verwenden, weil sie einerseits die Wiirfelchen weniger beschädigen und andererseits auch die Wände des Becherglases nicht so leicht durchschlagen werden. Die Skalen können zum Preise von 20 Mark durch die Firma Dr. F. Krantz in Bonn bezogen werden. Jena, Mineralogisches und geologisches Institut, im April 1912. Versammlungen und Sitzungsberichte. Mineralogische Gesellschaft London. Sitzung vom 18. Juni 1912 unter dem Vorsitze des Vizepräsidenten Dr. A. E. H. Tutton. T. V. Barker : Der Isomorphismus der sauren Tar- t r a te und E m e t i k o t a r t r a t e von Kalium, Rubidium 510 Versammlungen und Sitzungsberichte. und Caesium. Die Verbesserungen früherer Messungen der sauren Tartrate sind bestätigt worden und gleichzeitig wurden die Molekularvolumina berechnet. Für die Eigenschaften der drei Salze wurde ein regelmäßiges Fortschreiten nach Maßgabe der Molekularvolumina festgestellt. Lösungen von brechweinsteinsaurem Cäsium liefern bei der Verdunstung einen Sirup, der nicht zur Kristallisation gebracht werden kann ; selbst wenn er mit einem Kristall eines vermutlich damit isomorphen Salzes geimpft wird. Das Rubidiumsalz dagegen gibt gute Kristalle, die, im Gegensatz zu früheren Beobachtungen Messungen lieferten, die mit denen an den isomorphen Thallium- und Ammoniumsalzen fast identisch sind und denen an dem Kalisalz sehr nahestehen. Es bestellt daher die bestimmte Vermutung, daß diese Gruppen von Salzen ganz ähnliche Beziehungen zeigen , wie die , welche Tutton an den Sulpliaten und Selenaten derselben Metalle nachgewiesen hat. Der eutropische Charakter der Kalium-, Rubidium- und Cäsium- verbindungen wurden im einzelnen besprochen und es wurde nach- gewiesen, daß nicht nur die Fälle, in denen Isomorphismus besteht, sondern auch diejenigen, in denen Isopolymorphismus angenommen werden muß, mit Bestimmtheit auf die intermediäre Stellung des Rubidiums hinweisen. W. F. P. Mc Lintock und T. C. F. Hall: Über den Topas und den Beryll' aus dem Granit von Lundy Is- land. Der Granit besteht im wesentlichen aus Quarz, Orthoklas, Albit , Biotit und Muscovit , zu denen sich auch Cordiefit und Granat gesellen. Wohlbegrenzte Kristalle von Topas und Beiyll sitzen auf Drusen in dem Granit und werden darin von Turmalin, Apatit und Flußspat begleitet. Der Feldspat der Drusen ist häufig kaolinisiert und in allen hat der Orthoklas damit den Anfang gemacht. Es wird vermutet, daß Kohlensäure das Hauptagens war, das diese Umwandlung verursachte und daß die dabei ent- standenen Alkalicarbonate den Topas angriffen , dessen Kristalle sämtlich geätzt und z. T. in einen sekundären weißen Glimmer umgewandelt sind. Die Entstehung des Flußspats wird derselben Periode zugesch rieben. R. H. Solly: Über die Rathit gruppe. Die Eigen- schaften der Glieder der Gruppe werden besprochen und die Ähn- lichkeit der Winkel in der Prismenzone hervorgehoben. Dr. G. T. Prior: Über die Mineralien des El Naklila el Baharia-Meteoriten. Dieser Meteorstein besteht aus ziem- lich grobkörnigen Aggregaten von grünem Augit , einem stark eisenhaltigen braunen Olivin und dazwischen etwas Feldspat. Der Augit, der dem Gewicht nach ungefähr drei Viertel des ganzen Ge- steins bildet, hat eine chemische Zusammensetzung, die der Formel* 3 Ca Si 03 . 3 Mg Si 0, . 2 Fe Si 03 nahezu entspricht, einen mittleren Brechungskoeffizienten = 1,685, Versammlungen und Sitzungsberichte. — Miscellanea. 511 eine Doppelbrechung = 0,035 ca., und einen optischen Achsen- vvinkel : 2E = 89°. Der Olivin steht dem Hortonolith sehr nahe, doch fehlt ihm die Magnesia. Er hat eine Zusammensetzung, die durch die Formel : 2Fe2Si03 . Mg2Si03 ausgedrückt werden kann ; der mittlere Brechungskoeftizient ist = 1,785 ca., Doppelbrechung nahezu = 0,052, und der optische Achsenwinkel ist : 2 V = ö 7 u. J. B. Scrivenor: Mitteilungen über das Vorkommen von Zinn st ein und Strüverit in Perak. Die Ausdehnung des Vorkommens von Strüverit wird besprochen und Proben eines ungewöhnlichen Vorkommens von Zinnerz vorgezeigt und beschrieben. Miscellanea. Opal von Simav im nördlichen Kleinasien. Neuerer Zeit kommen Opale in den Handel, die große Ähnlichkeit mit den bekannten mexikanischen zeigen. Sie stammen aus Lydien, und zwar aus der Grube Karamandja, nahe dem Städtchen und dem See Simav, 2^2 Wegstunden von der Stadt entfernt, 80 km west- südwestlich von Kutahia, einer Station der anatolischen Eisen- bahn, sehr nahe unter dem 30. Grade östlich von Greenwich, im Vylajet Brussa. Die Gegend ist eine vulkanische und das Muttergestein der Opale, die nach ihrem Fundorte als Simav-Steine (fälschlich auch als Simoa-Steine) bezeichnet werden, ist ein sehr hell gefärbter, feinkörniger bis dichter, poröser Liparit mit einer trüben mikrosphärolithischen Grundmasse und mit vereinzelten Aus- scheidungen von Sanidin und stark korrodiertem Quarz. Der Opal erfüllt darin rundliche Hohlräume von verschiedenem Umfang, so daß er Knollen von entsprechender Form bis zu Walnußgroße, selten darüber bildet. Er ist öfters fast farblos, meist aber mehr oder weniger intensiv gefärbt, gelblich, rötlich bis tief und feurig braunrot. Es sind dieselben Farben wie bei dem Feueropal von Zimapan und dieselbe Bezeichnung ist auch hier am Platze. Viele Steine sind getrübt, nicht wenige aber auch sehr stark durchscheinend bis durchsichtig. Einzelne zeigen , meist auf hellem, seltener auch auf dunklerem, braunrotem Hintergrund das lebhafte irisierende Farbenspiel des Edelopals , teilweise ebenso schön wie bei anderen edlen Opalen. Diese edleren, durchscheinen- den Varietäten werden aber auch begleitet von gänzlich undurch- sichtigem weißen und dunkelbraunen und -grünen gemeinem Opal. Es wird vermutet, daß die Grube schon im Altertum im Betrieb war und daß Krösus einen Teil seiner Schätze aus ihr bezogen habe. Später, vor etwa 500 Jahren, sollen die Genuesen darin gearbeitet haben, so daß sie bei den Bewohnern noch heute die 512 Miscellanea. — Besprechungen. genuesische Grube heißt. Vor etwa 30 Jahren wurde die Grube von neuem entdeckt ; 1896 kam sie in den Besitz eines türkischen Großkaufmanns und später durch Kauf an die österreichische Firma R. Kaul in Konstantinopel. Von dieser wird sie für Rechnung der Deutschen Minengesellschaft „Lydia“ in Mainz betrieben. Ihr Vertreter ist Herr Karl M. Hinrichsen in Hamburg (Hansastr. 58), durch den einzelne Exemplare wie auch ganze Suiten für Samm- lungen, roh und geschliffen, bezogen werden können. Der größte bisher gewonnene rohe Stein wiegt 192, der größte geschliffene 12 Karat. Die nicht farbenspielenden geschliffenen Steine kosten bis 1 1/a Karat 6 — 8 Mk., bis 3 Karat 12 — 18 Mk., bis 5 Karat 20—28 Mk., größere 30 — 40 Mk., alles pro Karat in Partien; helle, farbenspielende Steine werden mit 12 — 40 Mk., dunkle mit 30 — 120 Mk. berechnet, je nach Größe und Qualität. Die nicht farbenspielenden Opale von Simav werden im Handel speziell „Simav- Steine“ oder auch „King Crösus Stones“, die farben- spielenden einfach Opale genannt. In chemischer Hinsicht wird an- gegeben, daß der Eisenoxydulgehalt geringer sei als bei den mexika- nischen Opalen und daß die von Simav 0,00012 °/o Pt, 0,00007 °/o Au und 0,003 Ag enthalten. Eisen, Kupfer, Silber, Gold und Platin enthaltende Erzadern sind in der Umgebung bekannt. M. B. Besprechungen. Mme. P. Curie: Die Entdeckung des Radiums. Autori- sierte deutsche Übersetzung. Leipzig, Akademische Verlagsgesell- schaft. 1912. 28 p. Mit 5 Abbildungen. Die Geschichte der Entdeckung des Radiums wird hier in Kürze von der berufensten Hand dargestellt. Es ist die Rede, die die Verfasserin bei Empfangnahme des Nobelpreises für Chemie am 11. Dezember 1911 in Stockholm gehalten hat. In der Über- setzung wären Worte wie Cornouailles , Barium etc. besser ver- mieden worden. Max Bauer. William H. Hobbs : Eartli Features and Tlieir Meaning. Bei Macmillan Company, New York. 1912. XI + 506 p. Mit 493 Textfiguren und 24 Tafeln. Dieses Lehrbuch enthält in einer etwas erweiterten Form das Material der Vorlesungen des Verfassers, die er in den letzten Jahren an der University of Michigan gehalten hat. Es umfaßt 31 Abschnitte und 5 Anhänge. Da das Buch in einem gemein- verständlichen Stil geschrieben und mit zahlreichen Textfiguren und Tafeln illustriert ist, wird dasselbe sehr wahrscheinlich für An- fänger als Einleitung in das Studium der allgemeinen Geologie aus- schließlich der historischen, gut dienen können. E. H. Kraus. Im Februar 1912 erschienen: Neuer kristallographischer Katalog Ko. 33. Aus dem reichen Inhalt möge hervorgehoben sein : Modell zur Demonstration der Lage des rhombischen Schnittes bei den Plagioklasen nach Prof. Dr. K. Hintze. Neue Pappkristallmodelle nach Prof. Dr. K. Vrba. Kristallographische Kaleidoskope nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Kristallographisches Spiegel-Poiyskop nach Prof. Dr. K. Vrba. Modell zur Demonstration der stereographischen Projektion und Wandtafel für stereogr. Projektion nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Glasmodelle zur Erläuterung der Aetzmethode nach Prof. Dr. G. Wulff. Modelle zur Erläuterung der Bildung der ozeanischen Salz- ablagerungen nach Dr. E. Jänecke. Neue Mioeralpräparate und orientierte Mineraldünnschliffe. Aus der neuen (achten) Auflage des mineralogischen Haupt- katalogs No. 1 (Juli 1910) empfehlen wir: A. Vorlesungssammlung von 100 Mineralpräparaten. Diese Sammlung enthält nur Präparate von natürlichen Mineralvorkommen (mit Ausnahme von künstlichem Rubin und Borax) und ist in der Weise zusammengestellt, daß alle wichtigen optischen Erscheinungen daran demonstriert werden können. Der Preis einer Normalsammlung von 100 Mineralpräparaten in guter Qualität beträgt einschließlich eines zweckmäßig eingerichteten Kastens Mk. 1100. — . Dieselbe Sammlung in besonders guter Qualität kostet Mk. 2000. — . B. Sammlung von 225 orientierten Dünnschliffen von 134 gesteinsbildenden Mineralien, angeordnet nach H. Rosenbusch und E. A. W7ülfing: „Mikroskopische Physi ographie der petro- graphisch wichtigen Mineralien“, I. Band, 2. Teil, 1905. Preis der ganzen Sammlung von 225 Mineralschliffen, einschließlich Etui = Mk 375. — . 175 „ „ „ - » 295.-. „ 125 „ „ „ = » 205.-. Dünnschliffe von eingesandtem Material werden sorgfältig und pünktlich hergestellt, und zwar in der üblichen Stärke bis zu 0,02 mm und darunter. Durchschnittlich wird für einen Schliff auf Vereinsformat (28 X 48 mm) montiert Mk. 1.— berechnet. Nur für besonders schwierig zu bearbeitende Gesteine wird ein ent- sprechender Aufschlag berechnet. Auf Wunsch werden größere, bis handgroße Schliffe angefertigt. Spezialität : Schliffe fossiler Hölzer. Dr. F. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, Fabrik u. Verlag mineralogischer u. geologischer Lehrmittel. Gegr. 1833. Bonn a. Rhein. — Gegr. 1833 Voigt & Hochgesang * Göttingen Fabrikation von Dünnschliffen von Gesteinen: Preis im Durchschnitt Mk. 1.10 Nur für besonders schwierig zu bearbeitendes Material tritt ein geringer Preis- aufschlag ein. Unerreichte Qualität, Dünne 0,02 mm. Kristalle : Genau orientierte Schliffe. Preis Mk. 1.30 — 1.50. Kristallpräparate für sämtliche mineralogischen Untersuchungen in tadelloser Aus- führung zu angemessenen Preisen. 8®" Neu erschienen: “iS Sammlung von 124 Dünnschliffen gesteinsbildender Mineralien, zusammengestellt von Geheimrat Prof. Dr. F. Kinne, Leipzig. Preis 200 Mark. Diese Sammlung ist sehr übersichtlich geordnet und enthält manche Neuerungen, so besonders Salze. = : — Verzeichnis auf Wunsch. — — Anfertigung von Mikrophotographien im einfachen u. polarisiertem Lieht in jeder Vergrößerung. Zu unseren Aufnahmen verwenden wir nur Objektive erster Firmen, wir liefern daher vollkommen einwandsfreie erstklassige Bilder. .. . = Preise gering. ======= Aufnahmen von Naturobjekten in natiirl. Größe oder in jeder Vergrößerung. Anfertigung von Diapositiven in jeder Größe. Verlag der E. Sohweizerbart’schen Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, Stuttgart, Johannesstr. 3. Druck von C. Grüninger, K. Hofbuohdruokerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann), Stuttgart. 1. September 1912. Centralblatt in Verbindung mit dem herausgegeben von M. Bauer, E. Koken, Th. Liebisch in Marburg. in Tübingen. in Berlin. \yn~E Ris STUTTGART. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser. 1912. Monatlich 2 Nummern. Preis für Nichtabonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Mk. pro Jahr Abonnenten des Neuen Jahrbuchs erhalten das Centralblatt unberechnet , Inhalt. Original-Mitteilungen etc. geite R. Brauns: Ferdinand Zirkel f. Mit Porträt 513 Kaemmerer, P. : Bemerkung zu einem allgemeinen Gesetz von F. E. Wright für den Durchgang des Lichtes durch eine Kristallplatte 521 Soellner, J. : Ueber das Vorkommen von Melilithgesteinen im Kaiserstuhl 523 Rose, H. : lieber die Dispersion des Zinnobers. Mit 2 Textfiguren 527 Pietzsch, K. : Eine einfache Vorrichtung zum systematischen Durchsuchen von 'Dünnschliffen unter dem Polarisations- mikroskop. Mit 1 Textfigur 532 Seidl itz, W. v. : Sind die Quetschzonen des westlichen Rhätikons exotisch oder ostalpin? (Schluß) 534 Hundt, Rudolf: Vertikale Verbreitung der Dictyodora im Paläo- zoicum 542 Besprechungen. Reinisch, Reinhold: Petrographisches Praktikum 543 513 Ferdinand Zirkel f. Original-Mitteilungen an die Redaktion. Ferdinand Zirkel f. Mit Ferdinand Zirkel ist ein Forscher dahingegangen, dessen Namen für alle Zeiten mit der Wissenschaft der Petrographie ver- bunden ist, denn sein Verdienst ist es gewesen, die mikroskopische Untersuchungsmethode zur Geltung gebracht zu haben, durch welche unsere Kenntnis von den Gesteinen und den Mineralien, welche sie bilden, eine ungeahnte Erweiterung und Vertiefung erfahren hat. Mit Genehmigung des Kunstverlags Louis Pernitsch (Theodor Gruhl), Leipzig. Zirkel ist am 20. Mai 1838 in Bonn geboren, und Bonn ist Zeit seines Lebens seine Heimat geblieben , hier wohnte bis zu ihrem in hohem Alter erfolgten Tod seine heiß geliebte Mutter, seine Schwester, die Witwe des der Wissenschaft so früh ent- rissenen Hermann Vogelsang, seine Freunde, mit denen er auf der Schulbank gesessen hatte; jeder erste Ferientag führte ihn nach Bonn, hier hat er die letzten Jahre der Ruhe verlebt, hier hat ihn am 11. Juni ein sanfter Tod hinweggenommen aus einem an Arbeit und Erfolgen reichen Leben. Centralblatt f. Mineralogie ete. 1912. 33 514 Ferdinand Zirkel f. Nach bestandener Reifeprüfung hat Zirkel im Herbst 1855 die Universität Bonn bezogen , um sich durch das Studium der Chemie und Mineralogie auf die bergmännische Laufbahn vorzu- bereiten. Nach mehrsemestrigen praktischen Arbeiten in Berg- werken der Rheinlande und erneutem Studium an der Universität Bonn unternahm Zirkel in den Jahren 1859 und 1860 mit Preyer eine Reise nach den Farör und Island , und hielt sich auf der Rückreise 3 Monate in England und Schottland auf, um hier die berühmtesten Bergwerke zu besuchen. Diese Reise wurde für sein späteres Leben bedeutungsvoll; den Beobachtungen auf Island ent- sprang seine Dissertation, mit der er am 14. März 1861 in Bonn promovierte, dem wiederholten Aufenthalt in England seine Bekannt- schaft und Freundschaft mit Henry Clifton Sorby. Hier lernte Zirkel die von Sorby ausgebildete Methode der mikroskopischen Untersuchung der Gesteine in Diinnschliifen kennen, und sein Ruhm wurde es , die volle Tragweite der Methode erkannt und sie un- ermüdlich weiter ausgebildet zu haben. Freilich hatten sich schon andere Forscher der Dünnschliffe bedient, um Mineralien und Ge- steine mikroskopisch zu untersuchen, ich nenne nur Websky und G. vom Rath, und Oschatz hatte schon im Jahre 1851 und danach wiederholt auf Versammlungen Deutscher Naturforscher und Ärzte und der Deutschen geologischen Gesellschaft Serien von Gesteins- dünnschliffen vorgelegt, aber kein Verständnis dafür gefunden, „sie verdienten die Aufmerksamkeit der Mineral Chemiker“, war die ent- täuschende Antwort, die er erhielt. Sorby selbst hat in einem Vortrag auf der Naturforscherversammlung in Speyer die Anwendung des Mikroskops zum Studium der physikalischen Geologie empfohlen, aber es war doch erst Zirkel, der die mikroskopische Untersuchung der Gesteine und der gesteinsbildenden Mineralien systematisch aus- gebildet hat, so daß er mit Recht als Begründer der mikroskopi- schen Petrographie gelten darf. Seine ersten mikroskopischen Gesteinsstudien , den Granit, Porphyr, Basalt, glasige und halbglasige Gesteine betreffend , hat Zirkel im Jahre 1863 der Akademie der Wissenschaften zu Wien vorgelegt, wohin er sich im Jahre zuvor begeben hatte, um an der geologischen Reichsanstalt und dem Hofnaturalienkabinett zu arbeiten. Zur großen Befriedigung gereichte es ihm, wie er in der Einleitung bemerkt, die aus einem Teil seiner Studien hervorgehende Gewiß- heit, daß die Resultate der von Sorby mit seltenem Scharfsinn erdachten, mit beharrlichem Fleiß durchgeführten Untersuchungen eine allgemeine Geltung haben. So hat Zirkel niemals den An- spruch erhoben, etwa selbst die mikroskopische Untersuchungs- methode an Dünnschliffen ersonnen zu haben, wohl aber ist es richtig, was die Preußische Akademie der Wissenschaften ihm zum 50jährigen Doktorjubiläum ausgesprochen hat, daß die bewunde- rungswürdige Untersuchung Sorby’s über die mikroskopische Struktur Ferdinand Zirkel f. 515 der gesteinsbildenden Mineralien wohl unbeachtet geblieben wäre, wenn Zirkel nicht sofort die volle Tragweite der neuen Arbeits- methode richtig bemessen hätte. Schon in demselben Jahre linden wir Zirkel, 25 jährig, als Extraordinarius in Lemberg, bald als Ordinarius (1865), kurz darauf als Ordinarius in Kiel (1868). Der angehende Bergmann war in kurzer Zeit der Führer der petro- graphischen Wissenschaft geworden. In diese Zeit fällt das Erscheinen des Lehrbuchs der Petro- graphie (1866) und der Abhandlung „Mikroskopische Untersuchung über die glasigen und halbglasigen Gesteine“ (1867), das erstere schließt die ältere Geschichte der Wissenschaft ab , indem es in klarster Darstellung das damalige Wissen zusammenfaßt, die andere ist ein Markstein für den Wendepunkt der Wissenschaft. Ihr folgten kurz danach die wichtigen Abhandlungen über das Vor- kommen des Leucit und Nephelin in Eruptivgesteinen (1868) und das berühmte Werk über die mikroskopische Zusammensetzung und Struktur der Basaltgesteine (1870). Nachdem in jenem Lehrbuch bezüglich der Basalte gesagt worden war, daß die Kenntnis ihrer mineralogischen Zusammensetzung keineswegs abgeschlossen sei, daß zu ihrer Ermittlung neuerdings Dünnschliffe mit Erfolg an- gewendet werden, auf diese aber noch weiter kein Bezug genommen wird, wird in diesem, Sorby gewidmeten Werk, durch das Studium von 305 Dünnschliffen auf einmal Licht verbreitet über die Ge- mengteile der Basalte und ihre Mikrostruktur, während in den beiden anderen Untersuchungen die mikroskopische Struktur der Leucite und die Verbreitung mikroskopischer Nepheline in glänzender Weise behandelt werden; die Abbildungen der zierlichen Einschlüsse in Leucit sind seitdem in fast alle petrographischen Werke über- gegangen. Diese Arbeiten gründeten Zirkel’ s Ruhm als des ersten Meisters der mikroskopischen Gesteinsuntersuchung, und in dem gleichen Jahre, in dem sein Werk über die Basaltgesteine erschienen war, folgte der junge Professor einem Rufe an die Universität Leipzig als Nachfolger von Carl Friedrich Naumann. Nahezu 40 Jahre hat Zirkel dieser Universität als einer ihrer hervorragendsten Lehrer angehört, hier gründete er das erste, für wissenschaftliches Arbeiten auch der Studierenden eingerichtete mineralogische Institut in Deutschland, hier versammelten sich um ihn Studierende aus aller Herren Länder. Wie 100 Jahre zuvor die Lehren der Minera- logie und Geologie von Freiberg aus durch die Schüler Werner’s in alle Welt verbreitet wurden, so jetzt die der mikroskopischen Petrographie durch Zirkel und seine ihm mit großer Begeisterung folgenden Schüler. Und weit über den Kreis der Universität hinaus wirkte Zirkel anregend und zur Mitarbeit anspornend durch sein grundlegendes Werk über die mikroskopische Beschaffenheit der Mineralien und Gesteine (1873). Die petrographische Literatur, 33* 516 Ferdinand Zirkel f. bis dahin einem dünnen Wässerlein gleichend, schwoll in kurzer Zeit zu einem stattlichen Strome an. Aber die Geister, die er rief, wußte der Meister zu bannen ; in der auf drei umfangreiche Bände angewachsenen zweiten Auf- lage seines Lehrbuchs der Petrographie hat Zirkel die Ergebnisse der Forschungen zusammengefaßt und kritisch gesichtet, einem Werke, das in der Fachliteratur aller Länder unübertroffen da- steht , das auch kein einzelner in neuer Auflage erstehen lassen kann , weil keiner mehr über die umfassenden Kenntnisse verfügt wie Zirkel. Nicht in allen seinen Teilen hat das Werk rückhalt- lose Zustimmung gefunden ; in der Ansicht über die Ganggesteine schied sich Zirkel scharf von dem andern Hauptvertreter der Petrographie in Deutschland, und mehr und mehr häufen sich die Beobachtungen dafür, daß den Ganggesteinen doch eine besondere Stellung zukommt, die Zirkel ihnen nicht einräumen wollte. Wenn wir erst die Ursachen kennen, welche zu magmatischen Spaltungen führen , werden wir immer klarer erkennen , welche von den Ge- steinen, die in Gängen auftreten, als Ganggesteine von den Tiefen- und Ergußgesteinen zu trennen sind, es wird sich da wohl zeigen, daß sich Rosenbusch auf dem richtigen Weg befindet, und daß das, was damals noch als eine Ansicht bestritten werden konnte, doch unbestreitbare Tatsache ist. Die Differenzierung der Magmen selbst, die Spaltung in ein saures und basischeres Teilmagma, die Existenz komplementärer Gänge hat Zirkel niemals bestritten, nur die Abtrennung solcher Gangausfüllungen als Ganggesteine von den Tiefen- und Ergußgesteine schien ihm ungerechtfertigt. Die letzten Arbeiten Zirkel’s galten den Urausscheidungen in rheinischen Basalten. Wenn die Schlußfolgerungen dieser Unter- suchungen nicht ganz ohne Widerspruch geblieben sind, so möge man daraus entnehmen, daß in der Deutung dieser Fremdlinge im Basalt ganz ungewohnte Schwierigkeiten zu überwinden sind, die darin liegen, daß viele der Mineralien und Mineralaggregate , die der Basalt umschließt, schon intratellurisch oft tiefgreifende Ände- rungen erfahren haben, daß sie danach von Basalt verändert worden sind und eine Beschaffenheit angenommen haben, die ebensowenig gestattet, sie glattweg mit Einschlüssen bekannter Gesteine zu identifizieren , wie sie als Urausscheidungen aus dem basaltischen Magma zu erklären. Die Entscheidung über die Natur und Genesis dieser Einschlüsse und Urausscheidungen mag ausfallen wie sie will, Zirkel’s großes Verdienst bleibt es, auf ihre ungeahnte Mannig- faltigkeit hingewiesen und zu weiteren Forschungen angeregt zu haben, ehe der Finkenberg, der sie birgt, völlig abgetragen und dem Erdboden gleich gemacht sein wird. Neben allen diesen Aufgaben unternahm Zirkel nach dem Tode Naumann’s die Bearbeitung der neuen Auflage von dessen „Elemente der Mineralogie“ mit so glücklichem Erfolg, daß in Ferdinand Zirkel f. 517 kurzen Abständen neue Auflagen nötig wurden, und auch die jüngste legt Zeugnis dafür ab , daß Zirkel das Gebiet der Mineralogie beherrschte und den Neuerungen in allen ihren Zweigen gerecht wurde. Mit eigenen Untersuchungen auf dem Gebiete der reinen Mineralogie ist Zirkel nur im Anfang seiner Laufbahn hervor- getreten, indem er in demselben Jahre, in dem seine erste mikro- skopische Untersuchung von Gesteinen und Mineralien erschien, den Versuch einer Monographie des Bournonit veröffentlicht hat. Fortan galten seine Forschungen der mikroskopischen Untersuchung der Mineralien und Gesteine, das Wort wahr machend: In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister. Daß aber Zirkel doch den Fortschritten der Wissenschaft in dem gesamten Gebiete, das er zn vertreten hatte, wie in den weiten Grenzgebieten der Geologie und der physikalischen Chemie bis in die letzte Zeit hinein folgte, beweist, außer der Neubearbeitung der NAUMANN’sclien Elemente, sein im Jahre 1904 in St. Louis ge- haltener Vortrag über die gegenseitigen Beziehungen zwischen der Petrographie und angrenzenden Wissenschaften , in dem er von hoher Warte mit offenbar innerer Befriedigung das Gebiet der petrographisclien Wissenschaft überblickt, das mit unter seiner Führung gewonnen worden und seine Blicke schweifen läßt in das ausgedehnte Gebiet, dessen Eroberung mit Hilfe der physi- kalischen Chemie erst eben in Angriff genommen war. Groß wie als Forscher und Lehrer war Zirkel als Mensch. Ein wahrhaft vornehmer, edler Charakter, ein geistreicher, humor- voller Gesellschafter, ein liebevoller, treuer Freund. Seinen Schülern blieb er ein teilnehmender Berater, auch wenn sie längst aufgehört hatten, in seinem Institute zu arbeiten ; seinen Fachgenossen war er immer der liebenswürdige Kollege , gern bereit , aus dem reichen Schatz seines Wissens und seiner staunenswerten Literatur- kenntnis mitzuteilen ; der jüngeren Generation war er ein warmer Förderer ihrer Bestrebungen, ein väterlicher Freund; eine reine Freude war es für ihn, wissenschaftliche Arbeiten anregen oder fördern zu können , und nie hat er mit seiner Anerkennung zurückgehalten , wenn es galt , verdienstvolle Leistungen anderer zu würdigen. An äußerer Anerkennung und Ehrungen hat es Zirkel nicht gefehlt. Die wissenschaftlichen Akademien aller Länder Europas rechneten es sich zur Ehre an, ihn zu ihren Mitgliedern zu zählen, die Universität Oxford hat ihn zu ihrem Ehrendoktor ernannt, die Fürsten haben ihm hohe Ordensdekorationen verliehen , durch das Vertrauen seiner Kollegen hat er das Lektorat der Universität Leipzig bekleidet; die Liebe und Verehrung seiner Schüler fand an seinem 70. Geburtstag einen sinnigen Ausdruck in der Über- reichung eines Albums mit ihren Photographien und einer sich daran anschließenden Feier; den Ehrenbezeugungen, die ihm hier 518 Ferdinand Zirkel f. im vorigen Jahre aus Anlaß seines 50jährigen Doktorjubiläums zugedacht waren, hat er sich entzogen. Seit einiger Zeit hatten sich Herzbeschwerden bei Zirkel ein- gestellt, die ihn aber doch nicht abhielten , Gesellschaften zu be- suchen und Reisen zu unternehmen ; von einem Schwächeanfall am Morgen des 11. Juni schien er sich wieder zu erholen, nur mit Mühe konnten seine Freunde ihn bereden , am Abend , früher als er es gewohnt war, das Bett aufzusuchen. Der Schlaf, in den er bald verfiel, sollte zum ewigen Schlafe werden. Nun ruht Zirkel in rheinischer Erde auf dem alten Bonner Friedhof. Sein Tage- werk war vollendet , wir Jüngeren wollen aber immer eingedenk bleiben dessen, was wir Zirkel verdanken, ihm, dem Forscher, dem Lehrer und dem Freunde. Bonn, im Juli 1912. R. Brauns. Verzeichnis der Veröffentlichungen von Ferdinand Zirkel. Dissertation: De geognostica Islandiae constitutione observationes. Bonn 1861. I. Selbständig erschienene Werke und Schriften. 1. Reise nach Island (mit W. Preyer). 499 p. Leipzig 1862. 2. Lehrbuch der Petrographie. 2 Bde. Bonn 1866. 2. Auflage 3 Bde. Leipzig 1893 — 94. 3. Untersuchungen über die mikroskopische Zusammensetzung und Struk- tur der Basaltgesteine. 208 p. 3 Tafeln. Bonn 1870. 4. Umwandlungsprozesse im Mineralreich. Sammlung gemeinverständ- licher wissenschaftlicher Vorträge. Herausgegeben von Rud. Virchow und Fr. v. Holtzendorff. VI. Serie. Heft 136. Berlin 1871. 5. Die mikroskopische Beschaffenheit der Mineralien und Gesteine. Leip- zig 1873. 6. Die Einführung des Mikroskops in das mineralogisch -geologische Studium. Programm. Leipzig 1881. 7. Ceylon. Vortrag, gehalten im Verein für Erdkunde zu Leipzig am 5. Februar 1896. 8. Elemente der Mineralogie, begründet durch C. F. Naumann. 10. Aufl. 1877. 11. Aufl. 1881. 12. Aufl. 1885. 13. Aufl. 1898. 14. Aufl. 1901. 15. Aufl. 1907. II. In Zeitschriften erschienene Abhandlungen. 1859. 1 . Die trachy tischen Gesteine der Eifel. Zeitschr. d. Deutschen geol. Ges. 11. 507—540. 1861. 2. Bergmännische Mitteilungen über Cornwall. Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- u. Salinen wesen im Preuß. Staate IX. p. 242 — 261. Ferdinand Zirkel f. 519 1862. 3. Versuch einer Monographie des Bournonit. 36 p. Sitzungsber. d. Kais. Akademie der Wissenschaften, Wien. XLV. Sitzg. v. 13. März 1862. p. 431—466. Mit 7 Tafeln. 4. Gesteine des Melegyhegy. Geolog. Verhandlgn. Wien. 12. 2 p. 5. Mikroskopische Untersuchung von Gesteinen und Mineralien. Ver- handlgn. d. k. k. geol. Reichsanst. XIII. p. 8. 1863. 6. Mikroskopische Gesteinsstudien. Sitzungsber. der Kaiserl. Akademie d. Wisssenschaften, Wien. XLV1I. Sitzung v. 12. März 1863. 1864. 7. Syenit- und Granulitanalyse. Poggend. Ann. 122. p. 621 — 625. 8. Petrographische Untersuchungen über rhyolithische Gesteine der Taupo- Zone. (v. Hochstetter gesammelt). 1866. 9. Über die mikroskopische Zusammensetzung und Struktur der dies- jährigen Laven von Nea-Kammeni bei Santorin. N. Jahrb. f. Min. etc. 769—778. Mit 1 Tafel. 1867. 10. Dünnschliffe echter Basalte. Brief!. Mitteilg. N. Jahrb. f. Min. etc. 1867. p. 81—82. 11. Über die mikroskopische Zusammensetzung der Phonolithe. Poggend. Ann. 131. p. 298—336. 12. Mikroskopische Untersuchung über die glasigen und halbglasigen Ge- steine. Zeitschr. d. Deutschen geol. Ges. 19. p. 737—802. Mit 2 Tafeln. 13. Beiträge zur geologischen Kenntnis der Pyrenäen. Zeitschr. d. Deut- schen geol. Ges. 19. p. 68—215. Mit 4 Tafeln. 1868. 14. Über die mikroskopische Struktur der Leucite und die Zusammen- setzung leucitführender Gesteine. Zeitschr. d. Deutschen geol. Ges. 20. p. 97-152. Mit 1 Tafel. 15. Über die Verbreitung mikroskopischer Nepheline. N. Jahrb. f. Min. etc. 1868. p. 697—721. 1869. 16. Leucitgesteine im Erzgebirge. Poggend. Ann. 136. p. 544 — 561. 1870. 17. Mikromineralog. Mitteilungen. N. Jahrb. f. Min. etc. 1870. p. 801 — 832. Mit 1 Tafel. 18. Über den mikroskopischen Tridymit. Poggend. Ann. 140. p. 492—495. 1871. 19. Geologische Skizzen von der Westküste Schottlands. Zeitschr. d. Deutschen geol. Ges. 23. p. 1 — 124. Mit 4 Tafeln. 20. Über die mikroskopische Zusammensetzung von Tonschiefern u. Dach- schiefern. Poggend. Ann. 144. 319 — 326. 21. Über den Bytownit. Tschermak’s Mineralog. Mitteilgn. 1871. p. 61 — 63. 520 Ferdinand Zirkel y. 1872. 22. Mikromineralogische Mitteilungen. N. Jahrb. f. Min. etc. 1872. p. 1 — 25. Mit 1 Tafel. 1873. 23. Bemerkung, die nadelförmigen Kryställchen in den Dachschiefern be- treffend. N. Jahrb. f. Min. etc. 1873. p. 60. 1874. 24. Das mineralogisch-geologische Museum der Univ. Leipzig. N. Jahrb. f. Min. etc. Brief!. Mitteilgn. 404. 25. Der Phyllit von Becht im Hohen Venn. Verhandlgn. des naturhist. Ver. d. pr. Rheinlande u. Westfalens. 31. p. 83—86. 1875. 26. Leucit in Basalt von der Insel Bawean bei Java. N. Jahrb. f. Min. etc. Briefl. Mitteilgn. p. 175 — 176. 27. Mikroskopische Untersuchung der in Norwegen niedergefallenen vul- kanischen Asche. Ebenda p. 399—401. 28. Turmalin und Zirkon in Taunusschiefer. Ebenda 628 — 629. 29. Die Zusammensetzung des Kersantons. Ber. d. k. sächs. Ges. der Wissen- schaft. Sitzg. v. 21. Juli 1875. p. 200—209. 30. Die Struktur der Variolite. Ebenda 210—221. 1876. 31. Bemerkung über den Variolit von Berneck. N. Jahrb. f. Min. etc. p. 279-280. 32. Microscopical Petrography. United States geological exploration of the fortich Parallel. Mit 12 Tafeln. Washington 1876. 1877. 33. Über die kristallinischen Gesteine längs des 40. Breitegrades. Ber. d. k. sächs. Ges. d. Wissenschaft. Sitzg. v. 29. Januar 1877. p. 156 — 243. 1878. 34. Über Mikrofelsit. Briefl. Mitteilg. N. Jahrb. f. Min. etc. p. 514. 1879. 35. Limourit aus der Vallöe de Lesponne. Briefl. Mitteilg. N. Jahrb. f. Min. etc. p. 379. 1880. 36. Über den Zirkon als mikroskopischer Gesteinsgemengteil. Briefl. Mit- teilg. N. Jahrb. f. Min. etc. I. p. 89 — 92. 1886. 37. Über die Ursache des Schillerns der Obsidiane des Cerro de las Nava- jas (Mexico). Zeitschr. d. Deutschen geol. Ges. 38. p. 1011 — 1013. 1887. 38. Zur Geschichte des sächsischen Bergbaues. Festrede. Zeitschr. f. Berg- recht. ßd. 28. p. 344— 365. 1891. 39. Cordieritbildung in verglasten Sandsteinen. N. Jahrb. f. Min. etc. I. p. 109. P. Kaemmerer, Bemerkung zu einem allgemeinen Gesetz etc. 521 1903. 40. Über Urausscheidungen in rheinischen Basalten. Abliandlgn. d. Königl. sächs. Ges. d. Wissensch. Mathem.-phys. Klasse. 28. No. III. p. 103 — 198. Vorgetragen am 1. Dez. 1902. 1904. 41. Über die gegenseitigen Beziehungen zwischen der Petrographie und angrenzenden Wissenschaften. Adress presented at the International Congress of Arts and Sciences, Univ. Expos. St. Louis 22. Sept. 1904. Journ. of Geology. Vol. XII, No. 6. p. 485 — 500. 1905. 42. Mit R. Reinisch : Untersuchung des von Enderby-Land gedredschten Gesteinsmaterials. Wissenschaftl. Ergebnisse der deutschen Tiefsee- Expedition auf d. Dampfer „Valdivia“ 1898—99. Herausgegeben von C. Chun. 10. Lief. 2. Petrogr. I. p. 37 — 49. Jena 1905. 1906. 43. Zur Literatur über die Ursachen der abweichenden Kristalltracht. Tschermak’s Min. u. Petr. Mitteilgn. 25. p. 351 — 355. 1908. 44. Weitere Beiträge zur Kenntnis der Urausscheidungen im Basalt vom Finkenberg bei Bonn. Centralbl. f. Min. No. 14. p. 417 — 424. 1909. 45. Über Quarz in Basalten. [(Eine Erwiderung.) Tschermak’s Min. und Petrogr. Mitteilgn. 28. p. 298. 1911. 46. Über die granatreichen Einschlüsse im Basalt des Finkenbergs bei Bonn. Centralbl. f. Min. No. 21. p. 657—663. Bemerkung zu einem allgemeinen Gesetz von F. E. Wright für den Durchgang des Lichtes durch eine Kristallplatte. Von P. Kaemmerer in Dresden. Fr. Schwietring 1 hat neulich einen einfachen Beweis gegeben für ein Gesetz, das von F. E. Wright1 2 für den Durchgang des Lichtes durch eine Kristallplatte aufgestellt worden ist. Er hat dabei nachgewiesen, daß dieser von F. E. Wright als „anscheinend neu“ bezeichneteSatz sofort aus einer von A. Potier 3 gefundenen Beziehung folgt und seinem Inhalte nach im wesentlichen mit der letzte re n identisch ist. Ich darf hierzu bemerken, daß ich mich auch vor einiger Zeit in Zusammenhang mit anderen Fragen mit dieser Angelegenheit 1 Fr. Schwietring, Centralblatt f. Min. etc. 1912. No. 11. p. 339. 2 F. E. Wright, Amer. Journ. of Sc. (4). XXXI. p. 157. 1911. — Min.-petr. Mitt. 30. p. 194. 1911. 3 A. Potier, Journ. de Phys. (2). 10. p. 354. 1891. 522 P- Kaemmerer, Bemerkung zu einem allgemeinen Gesetz etc. beschäftigte und zu demselben Ergebnis wie Fr. Schwietring kam. Meine bis jetzt nur im Manuskript vorliegende Äußerung, die ich nach dem Studium der F. E. WRiGHT’schen Arbeit Ende 1911 formulierte, lautet : „Es wurde gesagt, daß aus der Kristallplatte ebene Licht- wellen in allen möglichen Richtungen austreten. Es handelt sich zunächst darum, wie solche Wellen polarisiert sind. Allgemeine Gesetze hierüber sind von J. Mac Cullagh und A. Potier gegeben worden. Die von letzterem abgeleitete Regel ist von mir durch eine geometrische Konstruktion erläutert und später von F. E. Wbight in eine neue Form gebracht worden, die so lautet: Ist W1 eine ins Innere der planparallelen Kristallplatte gebrochene Welle, W2 die gleichzeitig entstehende, und erzeugt W, beim Austritt aus dem Kristall eine Welle W mit dem Polari- sationsazimut d, hat ferner die auf den Kristall fallende uni- radial polarisierte Welle W', die nur W2 hervorbringt, das Polarisationsazimut s, so sind 8 und 6 um 90° voneinander ver- schieden. “ Die erwähnte geometrische Fassung der PoTiER’schen Regel, die ich bereits früher behandelt habe, ist folgende 1 : Die Polarebene der Hilfswelle W2, die zu der einfallenden Welle Wj im Kristall gehört, schneidet die Wellenebene W des austretenden Lichtes in dessen FitESNEi/scher Schwingungsrichtung (Richtung der elektrischen Polarisation). Selbstverständlich läßt sich die geometrische Anschauungs- weise auch auf die neue WRiGHT’sche Form des Gesetzes von A. Potier anwenden. Man braucht nur zu bedenken, daß die Wellenebene W des austretenden Lichtes dieselbe ist, wie die auf die erste Grenze der Kristallplatte einfallende Lichtwellenebene, aus der die Wellen Wx und W2 als gebrochene hervorgehen. Man bekäme dann die neue Form des obigen geometrischen Satzes : Gehen aus einer einfallenden Lichtwelle We beim Durchschreiten einer durchsichtigen inaktiven Kristallplatte, die parallele Grenzebenen hat, die gebrochenen Wellen Wl und W2 im Kristall und Wx' und W2' im Außen medium hervor, so schneiden die Mac CuLLAGH’schen Polar ebenen von Wx und W2 die gemeinsame Wellenebene von We, Wx' und W2' in zwei Geraden dx und d2, die für We die uni radialen Polarisationsrichtungen bedeuten; dx gibt ferner die Richtung der elektrischen Polarisation in der Welle W2', d2 die in der Welle Wx' an. 1 P. Kaemmerer, Inaug.-Diss. Göttingen 1905. N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XX. p. 244. 1905. J. Soellner, Ueber das Vorkommen von Melilithgesteinen etc. 523 üeber das Vorkommen von Melilithgesteinen im Kaiserstuhl. Von J. Soellner in Freiburg i. Br. Melilith und melilithführende Gesteine waren bisher aus dem Kaiserstuhl so gut wie unbekannt. Kur Rosenbusch 1 hatte Melilith als sehr seltenen akzessorischen Bestandteil in Nephelinit (Hauynophyr) vom Horberig bei Oberbergen und im Leucitophyr vom Eichberg bei Oberrotweil beobachtet. Gesteine, die durch einen höheren Gehalt an Melilith ausgezeichnet sind, für die Melilith den Charakter eines wesentlichen Gemengteiles besitzen würde, fehlten bis jetzt jedoch aus dem Kaiserstuhl vollständig. Das Fehlen von melilithführenden Gesteinstypen in einer aus- gesprochenen Alkaligesteinsprovinz, wie es der Kaiserstuhl ist, war um so auffallender, als in unmittelbarer Nachbarschaft desselben, am Schloßberg von Mahlberg, in der Luftlinie ca. 16 km in nord- nordöstlicher Richtung von Riegel (am Nordostende des Kaiser- stuhles) entfernt, am Rande der Schwarzwaldvorberge gelegen, ein Nephelinbasalt auftritt, der stellenweise so reich an Melilith ist, daß er den Charakter eines Melilith-Nephelinbasaltes annimmt. Die geringmächtigen Basalteruptionen längs des Schwarzwald- randes stehen jedenfalls unzweifelhaft zeitlich und ursächlich mit den Kaiserstuhleruptionen in Zusammenhang, es lag also nahe, auch im Kaiserstuhl selbst die Anwesenheit von Melilithgesteinen zu vermuten. Bei meinen geologischen Aufnahmen im zentralen Teile des Kaiserstuhls gelang es mir nun in der Tat, in der Umgebung von Oberbergen eine Reihe von Gängen aufzufinden, deren Gestein ausgezeichnet ist durch einen hohen Gehalt an Melilith. Bis jetzt sind mir fünf solcher Gänge bekannt geworden, vier davon am Südfuß des Heßleterbuks nordöstlich von Oberbergen, einer auf halber Höhe des Pulverbuks nördlich von Oberbergen gelegen. Ein Gang am Heßleterbuk hat nur eine Mächtigkeit von 2,5 — 6 cm, die anderen daselbst haben Mächtigkeiten von 10 cm, 40 cm und 70 cm. Der Gang am Pulverbuk hat eine Mächtigkeit von 8 cm. Das Streichen der Gänge schwankt zwischen h. 8 und 9 obs. Es handelt sich um meist sehr frisch aussehende schwarze eigentümlich pechglänzende Gesteine, die sich schon makroskopisch von allen anderen basischen Erguß- und Ganggesteinen des Kaiser- stuhles (Tephrite, Nephelinbasalt, Nephelinit, Limburgit, Monchi- quit etc.) mit Ausnahme des Mondhaldeits sofort durch den auf- fallenden Mangel oder besser gesagt, das vollständige Fehlen von Augiteinsprenglingen unterscheiden. Auch bei der mikroskopischen Untersuchung zeigt es sich, daß sie so gut wie frei von Augit 1 Rosenbusch, H., Mikroskop. Physiogr. d. Gest. Stuttgt. 1877. 1. Aufl. p. 236 und 504. Rosenbusch, H. , Elemente der Gesteinslehre. 3. Aufl. Stuttgt. 1910 p. 463. 524 J. Soellner, sind, der Augit ist vollständig durch Melilith ersetzt. Dieser Mangel an Augiteinsprenglingen ist daher für das makroskopische Erkennen des Gesteins ein Hauptkennzeichen. Das Gestein ist weiterhin makroskopisch ausgezeichnet durch einen ziemlich hohen Gehalt an idiomorph begrenzten Einsprenglingen von Hauyn. Die- selben erreichen hier beträchtliche Dimensionen, bis zu 5 mm Größe. Sehr häulig sind sie in der Richtung einer trigonalen Achse gestreckt. Schon auf den frischen Bruchflächen des Gesteins treten die dunklen sechseckigen und rechteckigen Durchschnitte durch ihren fettig glasigen Glanz auf den Spaltflächen deutlich hervor. Besonders gut sind sie aber auf angewitterten Kluft- flächen des Gesteins zu erkennen. Die Hauyne zeigen dann eine helle, gelblich weiße Zersetzungsrinde, die den dunklen Kern pla- stisch hervorhebt. Neben Hauyn sind noch makroskopisch hie und da deutlich Einsprenglinge von Melilith sichtbar, entweder leisten- förmige Durchschnitte mit Spaltflächen nach {110} oder taflige mit Spaltbarkeit nach {00 i}. Sicher als Melilith sind sie aller- dings erst durch die mikroskopische Prüfung zu bestimmen. Von weiteren Gemengteilen treten makroskopisch nur noch kleine schwarze Körner hervor, die teils Perowskit teils Magneteisenerz angehören. Die mikroskopische Untersuchung ergibt nun von der Zu- sammensetzung und dem Aufbau dieser Melilithgesteine folgen- des Bild : Die Gesteine haben durchweg hypokristallin-porphy- risc he Struktur. In allen treten als Einsprenglinge auf : Hauyn, Melilith, Apatit, Perowskit, Magneteisen- erz und ganz lokal Reste von Ägirinaugit. Als G r u n d- massengemengteile kommen in Frage : Melilith, Hauyn, Biotit, Perowskit, Magnetit und braunes Glas, dazu noch in zwei Vorkommnissen Nephelin und lokal Ägirinaugit. Sekundär sind Carbonate und Zeolithe. Der wichtigste und interessanteste Gemengteil sowohl unter den Einsprenglingen wie in der Grundmasse ist der Melilith. Die Einsprenglingsmelilithe sind gut ausgebildete, tafelig nach {00 1} ent- wickelte Kristalle. Die Tafeln erreichen zuweilen eine Größe bis zu 4,5 mm und eine Dicke bis zu 1 mm. Begrenzt sind sie in der Regel von {00 1 } • {l 1 o} • JlOO} • {3 1 0}. Zuweilen lassen sie eine Abstumpfung durch {llij und {20]} erkennen. In den meisten Vor- kommnissen ist der Melilith frisch, der optische Charakter des- selben ist negativ. In außerordentlich schöner Weise zeigt der Melilith eine charakteristische Pflock- oder Zapfenstruktur. Diese Struktur ist hier jedoch unzweifelhaft nicht bedingt durch primäre Glaseinschlüsse, sondern beruht auf einer Umlagerung oder Um- wandlung des Meliliths in ein homogenes, farbloses und vollkommen isotropes Mineral, dessen Lichtbrechung beträchtlich geringer als Ueber das Vorkommen von Melilithgesteinen im Kaiserstuhl. 525 die des Melilitlis und auch noch geringer als die des Canadabal- sams ist. Die Umwandlung ist oft so weit vorgeschritten, daß größere Melilitlieinsprenglinge von einem breiten Saum der farb- losen isotropen Tochtersubstanz umgeben sind. Von diesem Saum dringt die isotrope Substanz immer tiefer in Form von parallel gestellten Zapfen in den frischen Melilith ein. Eine ausführliche Beschreibung aller dieser Erscheinungen erfolgt an anderer Stelle. In dem Gang vom Pulverbuk zeigt das isotrope Mineral weiterhin eine Umwandlung in faserigen gelblichgrünen Serpentin. In der Grundmasse ist der Melilith der wichtigste und verbreitetste Gemengteil. Er zeigt die gleiche Formausbildung wie unter den Einsprenglingen. Es sind außerordentlich dünne Tafeln, die eine Größe bis zu 1,25 mm und eine Dicke bis zu 0,12 mm erreichen. Vor allen Dingen treten die leistenförmigen Querschnitte der Tafeln sehr zahlreich hervor. Der Grundmassenmelilith zeigt die gleichen Erscheinungen bezüglich der Pflockstruktur, Umwandlung etc. wie die Einsprenglingsmelilithe. Der optische Charakter ist ebenfalls negativ. Die zahlreichen langleistenförmigen Durchschnitte bedingen eine ausgeprägte Fluidalstruktur. Wo neben Melilith noch Nephelin in der Grundmasse auftritt, ist der Melilith durchweg älter als dieser, er ist ebenso älter als der Hauyn der Grundmasse und Biotit. Hauyn tritt in zwei Generationen sowohl als Einsprengling wie in der Grundmasse in völlig normaler Ausbildung auf. In letzterer ist er gegen Melilith allotriomorph, gegen Nephelin, wo derselbe vorhanden, dagegen idiomorph. Der Grundmassenhauyn zeigt zu- weilen eine Zersetzung in Zeolithe und Carbonate. Die Menge des Hauyns ist in der Grundmasse ziemlich groß. In einigen Gängen kommt neben Melilith und Hauyn als weiterer wesentlicher Gemengteil der Grundmasse noch Nephelin in hypidiomorpher Ausbildung in Frage. Er ist hier ausgesprochen tafelig nach {0001} entwickelt, begrenzt durch {0001} {1010}. Die Täfelchen erreichen in der Regel eine Größe bis zu 0,3 mm und eine Dicke bis zu 0,15 mm. Die Nephelinkristalle drängen sich zuweilen zu ganzen Nestern zusammen. Meist ist der Nephelin vollkommen frisch, nur hie und da zeigt er eine beginnende Um- wandlung in faserige Aggregate. Ein weiterer sehr wesentlicher Gemengteil, der ebenfalls wie Nephelin nur in der Grundmasse entwickelt ist, ist rotbrauner Biotit. In sechsseitigen Blättchen bis zu 0,15 mm Größe und 0,06 mm Dicke zeigt er auf Basisschnitten den Austritt der negativen spitzen Bisektrix eines sehr kleinen Achsenwinkels. Die Achsenebene ist parallel {010}, also Glimmer II. Art. Der Pleo- chroismus ist deutlich, a heller rotbraun, b = C dunkelrotbraun bis schmutziggrünlichbraun. Die Dimensionen der Blättchen sinken herab bis zu winzigen Maßen, so daß die einzelnen Blättchen 526 J. Soellner, Ueber das Vorkommen von Melilithgesteinen etc. oft kaum noch wahrnehmbar sind. Der Biotit gehört unzweifelhaft zu den jüngsten Bildungen der Grundmasse, wo er mit Melilitli, Hauyn oder Nephelin zusammenstößt, ist er jünger als diese. Ein Pyroxen als normaler wesentlicher Gesteinsgemengteil fehlt vollständig. Unter den Einsprenglingen treten nur ver- einzelte Reste von Ägirinaugit auf mit allen Merkmalen einer tief- greifenden magmatischen Korrosion unter Neubildung von Melilith. Manche solche Korrosionsreste sind mit einem ganzen Melilith- kranz umgeben. Zuweilen liegt auch ein Ägirinaugitrest in einem einheitlichen Melilithkristall. In der Grundmasse fehlt Pyroxen im allgemeinen vollständig, nur in den beiden nephelinführenden Gängen kommen geringe Mengen von Ägirinaugit vor. Allem Anschein nach gehört er dann ebenso wie Biotit zu den jüngsten Bildungen. Der für Melilithgesteine so charakteristische Perowskit tritt hier sowohl unter den Einsprenglingen wie besonders reichlich in der Grundmasse auf. Unter den Einsprenglingen sind es bis 0,4 mm große Kristalle in der Form des „Würfels“ oder von „Würfel“ und „Oktaeder“. Sie sind mit rotbrauner bis nelken- brauner Farbe durchscheinend, und zeigen alle charakteristischen Merkmale wie deutliche Doppelbrechung, Zwillingslamellierung etc. In der Grundmasse sind es entweder kleine würfelförmige Kri- ställchen oder ausgeprägt schöne skelettartige Wachstumsformen von charakteristischer Gestalt. Die Farbe des Grundmassen- perowskits ist ebenfalls rotbraun bis nelkenbraun. Apatit tritt ziemlich häufig unter den Einsprenglingen in bis 2 mm langen und bis 0,8 mm dicken Kristallen auf. Er zeigt tiefgreifende Korrosionserscheinungen. Magneteisenerz kommt unter den Einsprenglingen in einzelnen größeren Kristallen und in der Grundmasse in ziemlich zahlreichen kleinen oktaedrischen Kriställchen vor. Außer den kristallisierten Gemengteilen beteiligt sich noch an der Zusammensetzung der Grundmasse ein gelbbraunes Glas. Es bildet im allgemeinen einen gerade noch zusammenhängenden Kitt, der die übrigen Gemengteile miteinander verbindet. Sekundär treten in der Grundmasse Carbonate und Zeolithe auf. Was das Alter dieser Melilithgesteine im Kaiserstuhl betrifft, so scheinen sie zu den jüngsten gangförmigen Eruptionen zu gehören. Der Gang am Pulverbuk ist unzweifelhaft jünger als die in Gängen auftretenden Phonolithe, da er direkt in einem Phonolithgang aufsetzt. Bis jetzt sind die Gänge mir nur aus dem zentralen Teile des Kaiserstuhles bekannt geworden. Sie scheinen daselbst eine größere Verbreitung zu besitzen. Die weiteren geologischen Aufnahmen werden darüber Aufschluß geben. Die Melilithgesteine des Kaiserstuhls sind allem Anschein nach als Glieder der lamprophyrischen Ganggesteine der Alkalireihe H. Rose, Ueber die Dispersion des Zinnobers. 527 aufzufassen und gehören in ihrer Stellung in die Nahe der Alnöite, Melilithmonchiquite und Hauynmonchiquite. Ihre genaue Stellung läßt sich erst fixieren, wenn die chemische Untersuchung der Gesteine, die gegenwärtig im Gange ist, beendet ist. Diese Zeilen sollen nur von dem Vorhandensein melilithreicher Gesteine in dem Kaiserstuhl Kenntnis geben. Die ausführliche Beschreibung der- selben nebst ihrer chemischen Charakteristik erfolgt demnächst an anderer Stelle. Freiburg i. Br., den 15. Juli 1912. Ueber die Dispersion des Zinnobers. Von H. Rose in Göttingen. Mit 2 Textfiguren. Der Güte von Herrn Dr. K. Simon (Optische Werkstätten von R. Winkel, Göttingen) verdanke ich einige sehr schöne Zinnober- kristalle. Diese ermöglichten es, die früher von mir1 infolge eines mangelhaften Prismas ungenau festgestellte Dispersion dieser Substanz an Material von Neu Almaden von neuem zu bestimmen. Hierzu diente ein nach dem Wülfing’ sehen Schleifverfahren her- gestelltes Prisma mit zur kristallographischen Hauptachse par_ alleler brechender Kante. Da der Zinnober sehr vollkommen nach dem Prisma {1010} spaltet, konnte die Orientierung der Prismen- flächen an einer an dem Prisma vorhandenen Spaltfläche mit dem Goniometer leicht geprüft werden. Der Prismenwinkel betrug 16° 52' 52". Die Beobachtungsergebnisse an diesem Prisma sind in der folgenden Tabelle (1) zusammengestellt. Bei Betrachtung der Tabelle fällt sogleich auf, daß die Brechungsexponenten des außerordentlichen Strahles etwas weiter nach abnehmender Wellen- länge verfolgt sind als die des ordentlichen. Einer Bestimmung jenseits von 598 /u/li setzte die beginnende Absorption des ordent- lichen Strahles eine Grenze. Während der außerordentliche Strahl für Licht von 762 fi/u bis etwa 607 /uf.i stärker absorbiert wurde als der ordentliche, trat für Licht von kleinerer Wellenlänge das Umgekehrte ein , so daß der Brechungsexponent des außerordent- lichen Strahles noch für Licht von der Wellenlänge 589,3 be- stimmt werden konnte. Aber auch dieser Strahl verlor bei einer Dicke der durchstrahlten Schicht von etwa 0,4 mm und bei Licht von 586 Wellenlänge schon dermaßen an Helligkeit, daß Messungen nicht mehr auszuführen waren. 1 H. Rose, Über Dispersion und Rotationsdispersion einiger natürlich- aktiver Kristalle. N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXIX. p. 70. 1910. 528 H. Rose, Tabelle 1. Dispersion Licht- quelle Wellenlänge in fifx Barometer- stand in mm Tem- peratur Halber Ablenkungs- winkel des ordentlichen Strahles Sonne 589,3 747,0 21,0 7) 598.5 747,2 19,5 16° 48' 0" Hg 607,5 746,3 22,0 16 36 22 Hg 612,7 746,6 21,2 16 31 52 Hg 623,9 747,0 20,5 16 23 53 Hg 672,0 747,1 20,2 15 57 31 Hg 690,7 747,2 19,5 15 49 4 Sonne 718,8 746,5 20,0 15 38 18 7i 762,0 749,1 18,5 15 25 31 Die Dispersion der meisten, im sichtbaren Gebiet des Spek- trums durchsichtigen Substanzen kann man, wie F. F. Martens1 nachgewiesen hat, mit Hilfe der KETTELER-HELMHOLTz’schen Dis- persionsformel unter der Annahme von nur einer Eigenschwingung im kurzwelligen Gebiete des Spektrums mit hinreichender Genauig- keit darstellen. In der Tat stellte auch, wie ich früher zeigen konnte, die genannte Formel die Dispersion des Zinnobers mit der damals erreichten Genauigkeit der Beobachtungen dar. Es fragte sich nun, ob die Formel auch noch den jetzt genauer fest- gestellten Verlauf der Dispersion hinreichend genau wiedergibt. Um diese Frage zu beantworten, mußten die Konstanten m, nF und /' der KETTELER-HELMHOLTz’schen Dispersionsformel: 1. n" = m -f- r — k* von neuem berechnet werden. Dazu dienten folgende zusammen- gehörigen Werte von Wellenlängen / und Brechungsexponenten n: 2 = 0,5985 n, = 2,90510 X2 = 0,6720 = 0,7620 n2 = 2,81429 n8 = 2,75642 Die Einführung dieser Werte in die Gig. (1.) und die Auflösung der dadurch erhaltenen 3 Gleichungen lieferten nachstehende Kon- stanten : X‘ = 0,42034, m = 5,33965, m/ = 1,570858. Demnach lautet die Dispersionsformel für den ordentlichen Strahl des Zinnobers: n. _ 5 33965 | 1,570858 Ä2 n _5,rfd%o+ _ 0,176685 ' 1 F. F. Martens, Drude’s Annalen. 6. p. 611. 1901. 8. p. 459. 1902. Winckelmann’s Handbuch d. Physik. 6. p. 618. 1906. Ueber die Dispersion des Zinnobers. 529 des Zinnobers von Neu Almaden. Brechungsex- ponent des or- dentl. Strahles Halber Ablenkungs- winkel des außer- ordentlichen Strahles Brechungsexponent des außerordent- lichen Strahles Differenz der Brechungs- exponenten 20° 15' 41" 3,27188 — 2,90510 20 6 34 3,25599 0,35089 2,88423 19 53 30 3,23323 0,34900 2,87615 19 48 16 3,22409 0,34794 2,86181 19 37 31 3,20531 0,34350 2,81429 19 2 14 3,14344 0,32915 2,79904 18 49 30 3,12103 0,32199 2,77957 18 34 35 3,09473 0,31516 2,75642 18 17 57 3,06533 0,30891 Berechnet man die Dispersion des Zinnobers nach dieser Formel, so erhält man Resultate , die in der Tabelle 2 mit den beobachteten Werten zusammengestellt sind und in der Fig. 1 graphischen Ausdruck gefunden haben. Man sieht, daß die Formel Fig. 1. Dispersion des ordentlichen Strahles des Zinnobers. Beobachtete Kurve Berechnete Kurve Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 34 530 H. Rose, Tabelle 2. Zusammenstellung der beobachteten uml nach Formel 1 berechneten Brechungsexponenten des ordentlichen Strahles. Wellenlänge in jnf.1 Brechungsexponenten beobachtet berechnet Differenz 598,5 2,90510 2,90510 — 607,5 2.88423 2,89021 -f 0,00598 612.7 2,87615 2 88222 + 0,00607 623,9 2,86181 2,86639 + 0,00458 672,0 2,81429 2.81427 — 0,00002 690,7 2,79904 2,79902 — 0.00002 718,8 2,77957 2,77972 + 0.00015 762,0 2,75642 2.75637 — 0.00005 die Beobachtungen bei größeren Wellenlängen einigermaßen genau wiedergibt, daß sich aber mit abnehmender Wellenlänge Ab- weichungen zwischen Beobachtung und Rechnung ein stellen, welche die Beobachtungsfehler, die etwa eine Einheit der vierten Dezimale Fig. 2. Dispersion des ordentlichen Strahles des Zinnobers. Beobachtete Kurve Berechnete Kurve Ueber die Dispersion des Zinnobers. 531 erreichen, weit überschreiten. Eine zweite Berechnung“ der Kon- stanten m, m' und V mit anderen Ausgangswerten hatte kein günstigeres Ergebnis, wie die Tab. 3 und die Fig. 2 lehren. Die Dispersionsformel lautete in diesem Falle : »’=«*"»+ Die Ausgangswerte zur Berechnung der Konstanten in obiger Formel erkennt man in der Tab. 3 daran, daß ihre Abweichungen von der Beobachtung null sind. Tabelle 3. Zusammenstellung der beobachteten und nach Formel 1 berechneten Brechungsexponenten des ordentlichen Strahles. Wellenlänge Breclmngsexponenten Differenz in utu beobachtet berechnet 598,5 2,90510 2,90510 _ 607,5 2,88423 2,88789 4- 0,00366 612,7 2,87615 2,87896 + 0,00281 623,9 2,86181 2,86181 672,0 2,81429 2,81020 — 0,00409 690,7 2,79904 2,79635 - 0,00269 718,8 2,77957 2,77957 — 762,0 2,75642 2,76028 + 0,00386 Um demnacl i die Dispersion des Zinnobers mit einer Genaui^- keit darzustellen , die den Beobachtungen entspricht , müßte man noch eine zweite Eigenschwingung im Ultravioletten annehmen und daher noch ein weiteres Glied der Ketteler- HppiHOLTz’s ch en Formel heranziehen, so daß diese zu einem Ausdruck mit 5 Kon- stanten anschwillt. Da sich gezeigt hat, daß schon die Dispersion zu ihrer genauen Darstellung durch die Kettele r- Helmh o ltz 5 s ch e Formel die Annahme zweier Eigenschwingungen k‘ und /" im kurzwelligen Gebiet des Spektrums erfordert, kann man auch nicht •erwarten, daß die DnuDE’sche Formel1 mit nur einer Konstanten V den Messungsergebnissen der außerordentlich starken Rotations- dispersion des Zinnobers gerecht wird. Somit erklären sich auch die starken Abweichungen, die ich früher2 zwischen der beobachteten und der nach der DRUDE’schen Formel berechneten Rotations- dispersion gefunden habe. Göttingen, Mineralogisches Institut, Juni 1912. 1 P. Drude, Lehrbuch der Optik, p. 403. Formel (38). 1906. 2 H. Rose, a. a. 0. p. 103. 34* 532 K. Pietzsch, Eine einfache Vorrichtung zum systematischen Eiüe einfache Vorrichtung zum systematischen Durchsuchen von Dünnschliffen unter dem Polarisationsmikroskop. Von K. Pietzsch in Leipzig. Mit 1 Textfigur. Für ein genaues Durchmustern von Gesteinsdünnschliffen unter dem Polarisationsmikroskop genügt es einerseits nicht, den Schliff einfach mit der Hand kreuz und quer auf dem Objekttisch hin- und herzuschieben , weil man dabei niemals Gewißheit erlangen kann , auch wirklich alle Stellen des Schliffes im Gesichtsfeld ge- habt zu haben. Anderererseits sind die Kreuzschlittenvorrichtungen, soweit sie für das Polarisationsmikroskop in Betracht kommen, infolge ihres erheblichen Preises für die Verwendung bei den ge- wöhnlichen Gebrauchsmikroskopen ungeeignet. Ich habe mir daher von der Firma W. & H. Seibert in Wetzlar zu dem angegebenen Zwecke eine kleine Vorrichtung in Gestalt eines verschiebbaren Lineals an den Objekttisch meines Mikroskopes anbringen lassen , die sich bisher recht gut bewährt hat. Sie kann und soll durchaus nicht einen Kreuzschlittentisch mit seiner Präzision ersetzen , dürfte aber bei petrographischen Arbeiten, namentlich solange nicht sehr starke Vergrößerungen zur Anwendung gelangen, meist völlig genügen. Die Vorrichtung ist in beistehender Skizze dargestellt. In den Objekttisch T , dessen randliche Gradteilung in der Skizze weggelassen wurde, ist eine flache Rinne r eingefräst, deren Quer- schnitt am Rande des Tisches zu erkennen ist. In dieser Rinne ist eine Schiene s von entsprechendem Querschnitt verschiebbar. Mit dieser Schiene, die über die Oberfläche des Tisches nicht empor- ragt, so daß also ein Dünnschliff ohne jede Hemmung über sie hinweggeschoben werden kann , ist ein Lineal 1 fest verbunden, welches seinerseits auf dem Objekttisch aufliegt. Bei Verschiebung der Schiene s in der Rinne r wird daher das Lineal 1 auf dem Objekttische parallel mit sich fortbewegt. Den zu durchsuchenden Schliff legt man, wie die Skizze zeigt, mit seiner langen Seite an das Lineal an und schiebt ihn mit der Hand längs dessen vorderer Kante hin und her. Hat man auf diese Weise einen Streifen im Präparat durchmustert, so verschiebt man das Lineal und mit ihm das Präparat um den Durchmesser des Gesichtsfeldes und verfährt wie vorher. Um durch Andrücken des Schliffes an das Lineal beim Hin- und Herschieben des Präparates nicht auch das Lineal selbst zu verrücken, ist unter der Schiene s eine klemmend wirkende Feder angebracht. Zum Anfassen beim Verschieben des Lineals bedient man sich am besten einer an der Stelle h angebrachten Hand- habe (die etwa die Gestalt einer Schraube besitzt), weil so ein Verbiegen des Lineals 1 gegen die Schiene s vermieden wird. Durchsuchen von Dünnschliffen unter dem Polarisationsmikroskop. 533 Die Länge des Lineals ist so gewählt, daß inan jede Stelle eines Dünnschliffes (z. B. im Format 28/48 wie in der Skizze) ins Gesichtsfeld bringen kann, ohne daß die Vorrichtung über den Rand des Tisches hinausragt. Dadurch ist erreicht, daß der Tisch jederzeit völlig um dreh bar bleibt. Um das Präparat in einer gewünschten Lage leicht durch Objektklemmen befestigen zu können, ist es ratsam, die Löcher für diese in der durch die Figur an- gegebenen Lage (k, und k2) anzubringen. Schließlich sind, um eine bestimmte Stelle des Schliffes mar- kieren und wieder auffinden zu können , zwei Teilungen in halbe Millimeter auf den Objekttisch aufgetragen. Die eine (I), parallel dem Lineal 1, rechnet direkt von der Mitte des Tisches aus ; die andere (II), parallel der Rinne r, ist so gelegt , daß die äußere Kante des Lineals auf dem Nullpunkt der Teilung steht, wenn die innere Kante desselben, an welche der Schliff angelegt wird, durch die Tischmitte geht. Gleichzeitig ist die Länge von s und r so gewählt, daß bei dieser Nullstellung des Lineals die Leistes am hinteren Ende der Rinne anstößt. Gewöhnt man sich nun , die Dünnschliffe immer in derselben Orientierung (z. B. so , daß die Schrift der Etiketten stets nach links zeigt) an das Lineal anzulegen und liest man jedesmal zuerst die Teilung I, dann die Teilung II ab , so gibt die Ablesung genau die Koordinaten des im Mittelpunkt des Gesichtsfeldes beündlichen Objektes in bezug auf diejenige Ecke des Objektträgers, in welcher in der Skizze das Wort „Zirkon“ stellt. Ein kleiner Zirkonkristall z. B., W. v. Seidlitz, 534 der bei der abg'ebildeten Lage des Präparates im Schnittpunkt des Fadenkreuzes, also auch im Mittelpunkt des zentrierten Objekt- tisches liegt, ist durch die Ablesung 31,5 x 19,5 in seiner Lage genau fixiert; er liegt 31,5 mm von der (im Bilde) linken Kante des Schliffes und 19,5 mm von seiner (im Bilde) unteren Kante ent- fernt. Wenn man will , kann man die Lagenbestimmung noch genauer machen, indem man die Bruchteile der halben Millimeter, die man bequem schätzen kann, noch berücksichtigt. Da bei der vorgeschlagenen Art der Teilung jede Ablesung auf das Präparat selbst bezogen und also unabhängig vom Mikro- skop ist, kann man eine solche Lagebestimmung auch zur Wieder- au fffndung des betreffenden Objektes unter jedem anderen Mikroskop benutzen, an dem eine auf den Mittelpunkt des Tisches bezogene Teilung angebracht ist. Die skizzierte Vorrichtung, die von der Firma W. & H. Seibert in Wetzlar für wenige Mark hergestellt wurde, bietet also zum systematischen Durchsuchen von Dünnschliffen die Vorteile eines Kreuzschlittentisches , abgesehen natürlich von dessen Präzision. Sie kann an jedem beliebigen Mikroskop angebracht werden , da sie bei ihrer Benützung nirgends über den Rand des Tisches hinausragt und dieser daher bei jeder Lage des Präparates noch vollständig umdrehbar bleibt. Außerdem kann man sie leicht ganz vom Tische abziehen oder sie wenigstens bis an den Rand des Tisches zurückschieben und hat dann den Vorteil, zeitweilig den Schliff wieder ohne Anlehnung an das Lineal kreuz und quer ver- schieben zu können, wie es sonst üblich ist. Will man die Vor- richtung wieder benutzen, ist sie ebenso’ schnell wieder in den Tisch eingeschoben. Sind die Quetschzonen des westlichen Rhätikons exotisch oder ostalpin? Von W. v. Seidlitz. (Schluß.) Da ein Zusammenhang mit den Flyschmulden der ostalpinen (bei Mylius = rhätischen) Schubmasse bisher nicht erwiesen ist, so gilt es also, die Schichtenfolge der Quetschzonen daraufhin zu untersuchen , ob sie Anklänge an andere Gebiete zeigt. Sowohl im Habkerntal, wie an den Klippen bei Iberg und an der Grabser Klippe (Berglittenstein) findet sich nun eine Flyschausbildqng, die in der Schweiz als exotisch bezeichnet wird und vom helvetischen Flysch (auch kartographisch) zu trennen ist. Neben den von Kaufmann als Wildflysch bezeichneten schwärzlichen Reibungs- produkten mit Quetschlingen, wie im Grassentobel, finden sich darin Olquarzite, denen ein Leitwert für exotischen Flysch nicht Sind die Quetschzonen des westlichen Rhätikons exotisch etc. 535 abzusprechen ist, grobe Breccien und graue und rote Grlobigerinen- schiefer (couches rouges). Am wichtigsten sind aber die akzes- sorischen Bestandteile, die einmal (aber nicht überall) aus basi- schen Eruptivgesteinen (Diabas, Diabasporphyrit, Serpentin, Ophi- calcit) und ferner aus vereinzelten exotischen Blöcken und Urgebirgs- fetzen (Gapfahl) bestehen. Außer in den Schollenfenstern des Rhätikons linden wir diese exotische Flyschfazies der Schweiz auch stellenweise im Algäu am Nordrande des Triaswalles, besonders gut ausgebildet am Kühberg bei Oberstdorf, im Reichenbachtal unter der Gaisalp, im Retterschwangertal und bei Hindelang. Ist er auch dort mit anderen Aufschürfungsprodukten der ostalpinen Über- schiebung durchstochen und vermischt, so kann man seine faziellen Eigentümlichkeiten doch immerhin gut erkennen , wenn man ihn mit seiner typischen Ausbildung in der Schweiz und in Graubünden vergleicht. Geht man hingegen vom Algäu aus, wo „leider die meisten Spezialaufnahmen der Eigengliederung des Flyschs zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben“ dann wird man ihn im Rhätikon bei kurzem Aufenthalt schwerlich unterscheiden lernen. Der exotische Flysch stellt ein Mittelding zwischen helvetischem und ostalpinem Flysch, eine Mischfazies dar, wie Mylius (p. 112) sie auch für die Algäuer Klippenzone und für das Falknisgebiet anerkennt , ohne sich über die Lagerungsverhältnisse , besonders in letzterer Gegend, näher auszusprechen s. Wenn ich es also zusammenfasse, so kommt Mylius wohl das Verdienst zu, die Scholleneinteilung des Rhätikons nach Moj- sisovics als Erster neu untersucht zu haben, wobei sich heraus- stellte, daß die Zerstückelung der Triasplatte noch größer ist, als früher angenommen. Auch scheint die Richtung der Überschiebung sich vielfach als eine ost-westliche zu zeigen1 2 3, so daß die Moj- 1 F. F. Hahn, Referat über Algäuer Alpen. Geol. Rundschau. II. 1911. p. 211. 2 Auflagerung der Falknisschichten auf Trias (und zwar nicht am Falknis selbst, sondern nördlich davon am Heupiel) beweist bei der Karten- spielstruktur des ganzen Prätigaurandes doch nichts. Man kann doch nicht ein beliebiges Lokalprofil herausgreifen und mit vereinzelt auftreten- den Lagerungsverhältnissen eine ganze Theorie stürzen wollen. Eine Ver- einigung der drei Schwestern- und Falknisscholle , möchte ich bei dieser Gelegenheit bemerken, stützt wohl die MYLius’sche Auffassung von bogen- förmigen Quetschzonen und ostwestlich übereinander geschobenen Schollen, stratigraphisch ist sie aber keinesfalls gerechtfertigt , da die Falknis- schichten gleichfalls der exotischen Klippenfazies angehören, oder zum mindesten mit den Quetschzonen zusammengehören. — Bei Gapfahl liegen nämlich in der Quetschzone auch vereinzelte Blöcke von Falknisbreccie. 3 Trotzdem ist es sehr überflüssig, daß Mylius besonders darauf aufmerksam macht, daß die Neigung der Schubflächen nicht immer auf die Bewegungsrichtung der Schubmassen schließen läßt, was jedem klar sein sollte, der in den Alpen gearbeitet. Er selbst aber schließt offenbar 536 W. v. Seidlitz, sisovics’sche Auffassung der Schollen , auf die ich mich auch mangels genügender Zeit hei meinen in wenigen Tagen gesammelten Beobachtungen stützen mußte, einer besser begründeten zu weichen hat. Meine Schollenfenster bekommen dadurch eine andere Lage und fallen mit Mylius’ Quetschzonen zusammen, doch hat Mylius nicht überzeugend beweisen können, daß es sich um eingesunkene Beste der Triasauflage handelt, so daß meine Ansicht, daß Aufschiirfungs- und Aufpressungsprodukte vorliegen, die an der Basis der Schubmassen oder Schollen — gleichviel, mit welchem Überschiebungsausmaß — nach oben transportiert wurden* 1, erst noch widerlegt werden muß. Ich kann mir daher keine glänzendere Bestätigung meiner vor einem Jahr ausgesprochenen Ansicht (Schollenfenster, 1911. 1. c.) wünschen als wie sie die MYLius’sche Arbeit und Karte bringen, durch die meine kurzen Beobachtungen eine noch viel allgemeinere Bedeutung für den Gebirgsbau des westlichen Bliätikons bekommen , als ich ursprünglich vermutete. Da es mir bisher nur daran lag, nachzuweisen, daß strati- graphische Unterschiede zwischen dem Flyscli der ostalpinen, hel- vetischen und der Quetschzonenfazies (Mylius) besteht, habe ich nur von exotischem Flyscli gesprochen und stehe auch nicht an, die Flyschbildungen der Schollenfenster mit derjenigen Ausbildung gleichzustellen , wie ich sie z. B. im Habkerntal kennen gelernt habe. Dieser exotische Flyscli ist jedoch der gleiche, der im Rhätikon einen nicht unwesentlichen Bestandteil der großen, zwi- schen helvetischen und ostalpinen Decken eingelagerten lepontini- sehen Deckenserie ausmacht, die aber gegen den Nordrand der überschobenen Massen zu schon stark zertrümmert ist und ihre faziellen Eigentümlichkeiten nicht mehr so unvermischt zeigt, wie doch nur daraus auf einen Ost-Westschub (während seine Quetschzonen, die er doch auch mit den Schubmassen in Verbindung bringt, etwa ein Streichen WSW — ONO zeigen und eher auf eine Überschiebung aus SO schließen lassen) im westlichen Rätikon, den er für einen Beweis gegen die Deckentheorie ansieht. Ost-Westschub und Faltung ist nun an und für sich nichts Neues (vergl. z. B. mein Profil vom Panüler Schroffen oder meine Anmerkung in Schollenfenster 1911. p. 60) und wohl auch nur eine sekundäre Erscheinung (als Kompensation gegen eine Rheintalsenkung oder Flexur im hercynischen Alpenkern), da der regionale Verband der Schichten nach Süden zu weisen scheint. 1 Wenn schon an der Hauensteinüberschiebung ein Aufschürfungs- und Aufbreitungsmaterial (cf. Buxtorf, 1912, Profil f. Exkursion d. Oberrh. Geol. Ver.) entstand, so darf man bei einer so gewaltigen Schubmasse, wie sie Mylius ja auch annimmt , ein Ähnliches erwarten , besonders da die Basis der Schubmasse mit Buntsandstein und Sericitphylliten (Grassen- tobel) mehrfach dicht an den Quetschzonen aufgeschlossen ist , wie ich schon früher nachgewiesen. Mylius teilt auf seiner Karte noch einen weiteren Punkt (Mattierjoch) mit, wo Buntsandstein an der Quetsch- zone liegt. Sind die Quetschzonen des westlichen Rhätikons exotisch etc. 537 in Gebieten mit weniger gestörter Deckenlagerung1. Der Aus- druck lepontinisch scheint Mylius besonders fatal zu sein , da er ihm eigens dazu geschaffen scheint, um die Deckentheorie zu stützen. Er übersieht dabei, daß gerade umgekehrt, die besondere fazielle Ausbildung gerade dieser Schichten , die Mylius bis jetzt noch nicht erfolgreich zu widerlegen vermochte, dazu geführt hat, die Deckentheorie zur Erklärung heranzuziehen. Der gewaltige Schichtenkomplex , der wohl viele Anklänge und manche gemeinsame Schichten mit den beiden benachbarten Faziesgebieten zeigte, mit keinem jedoch vollständige Überein- stimmung, wurde als eine Mischfäzies2 angesehen, die früher mit dem vindelizisehen Gebirge in Zusammenhang gebracht und dem- nach vindelizische Fazies benannt wurde. Der Begriff einer lepon- tinisclien Fazies, und zwar ursprünglich nur von Trias und Jura mit Bezug auf die Ausbildung in den lepontinischen Alpen wurde zuerst von Steinmann (1897. p. 289) beiläufig erwähnt, und zwar gleichbedeutend mit dem Ausdruck „vindelizische Fazies“, der alle 1 Die Schichten zwischen den Bündner Schiefern und der ostalpinen Trias sind im Rhätikon und Plessurgebirge kartenspielartig durchstochen, so daß von einem Deckenschema nicht gesprochen werden kann, man hat vielmehr eine gewaltige tektonische Breccie vor sich, in der nur einzelne Zonen, wie der Sulzfluhkalk auf längere Strecken zu verfolgen sind. Außer- dem haben sich bei der schürfenden Bewegung der Schubmassen hier schon viele nur akzessorische Bestandteile beigemischt, so Schollen kri- stalliner Gesteine, die vom Untergrund mitgerissen wurden. Mylius (p. 90) braucht zum Verständnis der Gneis- und Granitfetzen und der exotischen Blöcke im Flysch keine „weiten Schübe“, sondern nur den mechanischen Vorgang, der sich bei seiner rhätischen Schubmasse ab- gespielt hat, zu überlegen. Am Fuß einer Schubmasse bildet sich eine Trümmerbreccie aus Material der Schubmasse und der Unterlage, das gar nicht so weit geschleppt zu sein braucht und trotzdem meist zer- bröckelt, z. T. bis zu Mylonit zermahlen sein wird. Einzelne festere kri- stalline Schollen, die vom Untergrund aufgeschürft wurden und jetzt lose im Flysch drin stecken (Retterschwangertal, Kühberg, Gaisspitz, Gargellen), oder, durch Erosion freigelegt, darauf liegen (Böigen), bezeichne ich als Überschiebungsapophysen. 2 Wie sie Mylius, wenn auch in engerer Begrenzung, zur Erklärung der Juraklippen im Algäu heranzieht. Dort meint er, es lasse sich die Misch- fazies nicht scharf abgrenzen, im Rhätikon ist dies jedoch möglich, da die Fa- ziesgrenzen zugleich mit tektonischen Grenzen zusammenfallen (Überschie- bung der ostalpinen Decke, Mylius rhätischer Scholle). Ein Streit um Worte ist es übrigens, wenn Mylius das Falknisgebiet für seine Mischfazies in Anspruch nimmt (p. 110) und sich mit Lorenz in Gegensatz zu setzen sucht, indem er erklärt, es sei nicht vindelizisch, obgleich Lorenz (p. 37) gerade diese Fazies als Mischfazies zwischen helvetisch und ostalpiu an- sieht. Falknis wie Algäuer Juraklippen sind sowohl vindelizisch wie lepontinisch, was untereinander und mit Mylius’ Mischfazies gleich- bedeutend ist. 538 W. v. Seidlitz, Schichten der „Bündner Aufbruchszone" mit Ausnahme der Bündner Schiefer selbst umfaßt. Doch bis zum Jahre 1905 blieb die Be- zeichnung vindelizisch (Steinmann 1 905. p. 26) für die exotischen Gebiete Graubündens und der Klippen in Geltung und wurde erst von E. Suess (Inntal b. Nauders, 1905. p. 705) endgültig durch den Ausdruck lepontinische Fazies = Bündner Schieferfazies + vindelizisehe Fazies ersetzt. In dieser Abgrenzung finden wir den Begriff zum erstenmal näher erläutert auf Steinmann’s (1 906. p. 32) Kartenskizze der Alpen und die gleiche Bedeutung hat er bis zum heutigen Tage behalten. Ob es nun angängig ist, das ganze verschiedenartige Schichtenpacket auf der Grenze zwischen ost- und westalpiner (helvetischer) Fazies, in dem ja sogar ver- schiedene Teildecken abgetrennt wurden , die aber im Rhätikon kaum oder nur andeutungsweise hervortreten, mit einem zusammen- fassenden Namen zu bezeichnen , soll hier nicht erörtert werden, da aber Suess (Antlitz d. Erde. III. 2. p. 171) schon andeutet, daß der Name „lepontinisch“ bestimmt sei, mit dem Fortschreiten der Kenntnisse zu verschwinden, so will es mir an der Zeit er- scheinen , die Fazies der Bündner Schiefer , die ihrerseits auch wieder Teildecken zu umfassen scheint, als eine selbständige Zone davon abzutrennen. Ich fasse den Begriff lepontinisch daher nur als gleichbedeutend mit dem schon früher gebräuchlichen „vinde- lizisch“ = Aufbruchszone“ (Steinmann) auf. Im Gebiet des Rhätikon s, wo die einzelnen Deckenanteile derart durcheinander ge- worfen 1 und verknetet sind, daß es (mit Ausnahme der Sulzfluh- kalke) kaum möglich ist, selbständige Teildecken herauszugliedern, bietet einzig und allein die ostalpine Decke mit ihren gewaltigen Schollen einheitlichen Deckencharakter dar und tritt als Schub- masse (vergl. Mylius’ und Rothpletz’ „rhätische Schubmassen“, die nur wenig voneinander verschieden sind) erkennbar hervor, 1 Diese Durchstechung der Schichten zeigt die Unbrauchbarkeit eines starren Deckenschemas am Alpennordrand, wo die Schubmassen zum Teil aufgelöst und zertrümmert sind und Fetzen der Schubmasse mit solchen des Untergrundes vermischt liegen. So ist es zu erklären, daß oft Trias- fetzen unter lepontinische zu liegen kommen (Mylius, p. 126 u. 131) wie am Zitterklapfen und Heupiel und daß Gesteine , die eigentlich dem basalen Gebirge angehören, oben aufliegen. Auf die gleiche Ursache muß man es zurückführen, daß die Gesteine der Algäuer Juraklippen im Flysch drinstecken und nicht darauf schwimmen (Mylius, p. 76). Ordnung ist nur in der ostalpinen Decke, alles darunter wird verworrener, je mehr man sich dem Nordrand nähert. Daher kann man dort keine Normal- profile zeichnen , mit denen sich die Deckentheorie entkräften ließe. Ich möchte hier auch die Vorwürfe gegen Lorenz zurückweisen , die Mylius (p. 132) wegen seiner verschiedenen Ausbildung der Trias erhebt ; diese zweierlei Ausbildung der Trias (mit und ohne Gips) erkennt ja heute auch niemand mehr an, Lorenz hat sich um die Trias niemals gekümmert, wie er selbst sagt, und sein Verdienst liegt auf ganz anderem Gebiet. Sind die Quetschzonen des westlichen Bhätikons exotisch etc. 539 während alles , was zwischen dem Bündner Schieferland und der Triasdecke liegt, nur als gewaltige Trümmerbreccie erscheint. So kann derjenige , dein der Name lepontinisch ein Ärgernis bildet und als der Ausdruck eines besonderen Programms erscheint, ruhig auf die früher gebräuchlichen Namen Aufbruchszone 1 und exotisch zurückgreifen. Man darf aber dann füglich erwarten, daß die darauf bezügliche Literatur, die auch heute noch die Basis unserer tektonischen Auffassung Graubündens bildet, nicht einfach, viel- leicht als schon historisch 2, beiseite gelassen wird. Da dort oft- mals genug wiederholt wurde , um welche besonderen Gesteins- charaktere es sich im lepontinischen Schichtenpacket handelt, die es grundsätzlich sowohl vom helvetischen Untergrund wie von den auf gelagerten ostalpinen Triasgebieten unterscheiden 3, will ich hier nicht weiter darauf eingehen. Übergänge zwischen den ein- zelnen Faziesgebieten sind natürlich auch vorhanden , da die Schichten wohl einst einander nah benachbart abgelagert wurden, aber nicht so, wie Myltus es auffaßt, sondern von Nord nach Süd hintereinander4. Die heteropische Heterotopie (Suess) braucht aber nicht allein auf Leitfossilien zu basieren, wiewohl die Unter- scheidung dadurch sehr erleichtert würde 5, wir müssen hier viel- mehr zu Gesteinseigentümlichkeiten petrographischer Natur greifen, die deutlich genug von verschiedenartiger Entstehung und Her- 1 Mit exotischem Flysch als Bindemittel, vielgestaltigen Breccien und Schiefermassen. Jurakalken und Hornsteinen, spärlicher Trias und litoraler Ausbildung der Unterkreide, während die obere Kreide sich petrographisch nur wenig von den übrigen Faziesgebieten unterscheidet. Als Einlage- rungen linden sich basische Eruptiva und losgelöste kristalline Schollen (Uberschiebungsapophysen , exotische Blöcke), die weder im helvetischen noch im ostalpinen Gebiet bekannt sind, und niemals in normalem Kontakt mit der Unterlage Vorkommen. 2 Obgleich Mylius über die lepontinische Fazies urteilt, vermisse ich in seinem Literaturverzeichnis erstaunlicherweise Steinmann’s Geol. Beob- achtungen in den Alpen. I II. Das Alter der Bündner Schiefer, 1895 97, welche Mylius nicht nur durchblättern, sondern gründlich durchstudieren sollte, bevor er seine Untersuchungen fortsetzt. 3 Bei den losgelösten Schollen des Nordrandes liegt die Vermutung nahe, sie mit Schichten ostalpiner Fazies zu vergleichen (Tornquist), da die Anklänge der Mischzone an helvetische Fazies außerordentlich gering sind, während gerade im Rhätikon und Plessurgebirge sich in ihr viele Schichten finden, die mit ostalpiner Fazies große Ähnlichkeit zeigen (Radiolarit, Gneis und Granitfetzen, Rauhwacken, Dolomite und verschiedene Breccien). 4 Vergl. Steinmann, Geol. Probleme des Alpengebirges. Prof. 17. p. 31. 5 Ebenso wie der zweifelhafte Wert der immer wieder angeführten Flyschfucoiden die stratigraphische Gliederung des Flysches erschwert, weil ihretwegen andere viel wichtigere Eigentümlichkeiten außer acht gelassen werden. 540 W. v. Seidlitz, kunft der Schichten reden und wenn auch makroskopisch sichtbar, doch eine größere Übung des Blickes 1 und stetigen Vergleich mit den benachbarten Gebieten voraussetzen, als wenn die Unterschei- dung der Schichten auf Grund von Leitfossilien möglich wäre. Diese verschiedenartige Ausbildung gleichalteriger Bildungen hat nun dazu geführt , zur Erklärung der Lagerungsverhältnisse zuerst lokale Überschiebungen und Übereinanderlagerungen bis zu 5 und 12 km 2 zur Erklärung heranzuziehen, die jetzt von Mylius als neues Ergebnis seiner Forschungen dargestellt werden , nach- dem man sich seit 10 Jahren von ihnen abzuwenden begonnen, um sie durch Vereinigung aller dieser lokalen Überschiebungen gleicher Art unter die gemeinsame Erklärung eines einheitlichen Siid-Nordschubes zusammenzufassen. Im Triasgebirge des Rliäti- kons , das Mylius durchwandert , zeigen sich keine Decken , oder sie sind höchstens durch exotische Reste an den Schollenfugen dürftig angedeutet. Deshalb ist es freilich ein undankbares Be- ginnen (p. 117), dort Deckenbau zu suchen, der sich morpho- logisch ausprägt, da er nur an den Rändern der großen Schub- massen zu beobachten ist und augenfällig eigentlich erst dort in Erscheinung tritt , wo Mylius seine Darstellung abbricht. Wir dürfen darüber also Näheres erst im nächsten Bande er- warten und es erscheint mir schon jetzt nicht im mindesten zweifelhaft, daß er weiter gegen Süden auch nur lokale Über- schiebungen3 etc. vorlinden wird, wie sie einem jeden, der in Grau- 1 So sehr der Auerkalk, der Jura des Feuerstätter Kopfes und der Aptychenkalk der ostalpinen Decke, denen allen Calpionella cdpina Lorenz eigen zu sein scheint, sich voneinander unterscheiden, ebenso zeigen auch die verschiedenen globigerinenführenden Mergel und Kalke der oberen Kreide verschiedenartigen petrographischen Habitus; als echte Seewenkalke und Mergel in der helvetischen Region, als graue und schwärzliche Kalke und sandige Schiefer im Hangenden der Aptychenkalke im ostalpinen Gebiet und als vorzugsweise rotgefärbte Mergel — wie es Mylius ja auch zugibt im Gebiet der lepontinisch-vindelizischen Aufbruchs- und Mischzone. Diese Färbung der sogen, couches rouges ist eine Eigentümlichkeit , die im Gebiet des exotischen Flyschs fast überall zu beobachten ist, im hel- vetischen Gebiet der Seewenschichten kommt sie dagegen nur ganz unter- geordnet und spärlich vor, wie mir von Schweizer Kollegen freundlichst bestätigt wurde. Man kann daher die roten Seewenkalke, wofern sie nicht in normaler konkordanter Lagerung mit älterer Kreide Vorkommen, überall — auch nach dem Charakter des Flyschs — für die exotische Fazies in Anspruch nehmen, so am Feuerstätter Kopf, Zitterklapfen , Oberstdorf, Hindelang, Retterschwangertal. 2 Diese 5 — 12 km sind die Breite des natürlichen Aufschlusses an dem durch Rückver Witterung erzeugten Rande (Suess, Inntal bei Nauders, p. 703). 3 Die Sulzfluh zeigt danach Überschiebung nach Süden (oder Auf- wölbung aus dem Untergrund — Richthofen), die Madrisa und die Arosaer Berge nach Westen. Einigermaßen gespannt bin ich jedoch, zu welcher Sind die Quetschzonen des westlichen Rhätikons exotisch etc. 541 blinden gearbeitet hat, wohl bekannt sind und von denen alle weiteren tektonischen Fragen ausgegangen sind. Bei dieser Ge- legenheit möchte ich auch nachdrücklich darauf hinweisen , daß bei allen Arbeiten , die die Grundlage zur Tektonik Nord-Grau- bündens gelegt haben1, niemals die Tektonik im Vordergrund stand, sondern daß sie ausgingen von den großen stratigraphischen Diffe- renzen einzelner Zonen und daß die tektonischen Erklärungen erst gefolgt sind, als es galt, die Erscheinungen in Verbindung zu setzen. Niemals wurde aber zwischen Falknis und Tiefenkastell mit dem festgefügten Deckenschema an ein Gebiet herangetreten und die Tatsachen zugestutzt , bis sie hineinpaßten , wie Mylius glaubt. Von seiner Arbeitsweise dagegen kann man eher be- haupten, daß sie nicht unbefangen war, da er mit der festen Ab- sicht an Gebiete herantrat, die ihm bis dahin völlig fremd waren, um an ihnen die Wertlosigkeit der „Deckentheorie“ zu erweisen, und versuchte, die Tatsachen, die ihm paßten, herauszugreifen, die- jenigen, die ihm aber bedeutungslos erschienen (die ganze Flyschfrage), als Nebensache zu behandeln. Ich halte nichts von einem ein- seitigen und unabänderlichen tektonischen Glaubensbekenntnis, und besonders im Rhätikon scheint es mir unangebracht, ein starres System von (Teil-)Decken herauszugliedern2, doch wird sich ein jeder, der in den Gebieten zwischen Cavelljoch und Lenzerheide arbeitet, mit der gegenseitigen Stellung der drei großen Schicht- packete (Ostalpin, Lepontinisch und Bündner Schiefer) auseinander- zusetzen haben , mag er sich zur Deckentheorie stellen , wie er will. Für derartige Fragen war freilich das von Mylius bisher untersuchte Gebiet das denkbar ungünstigste 3. Wäre er dagegen von der Trias des Algäu ausgegangen und hätte sich einstweilen Erklärung die gewaltige Schollen- und Quetschzonenmasse von Arosa Mylius veranlassen werden , da er mit Flyschquetschzonen allein nicht auskommen wird. Will man sich vom Deckenbau übrigens eine Vorstel- lung machen, so darf man Gebirgsketten nicht nur im Streichen verfolgen, wie es Mylius getan, sondern auch auf größere Entfernung in der Fall- und Faltungsrichtung. 1 Bei den Arbeiten von Steinmann, Lorenz, Hoek und auch bei meiner Dissertation (1905) war von Deckenbau noch nicht die Rede. Ich habe mich erst im Sommer 1905 von der Brauchbarkeit dieser Anschauung überzeugt und mein abgeschlossen vorliegendes Material unter diesem Ge- sichtspunkt geordnet (vergl. Unters, im östlichen Rhätikon. 1906. p. 342). 2 1911 (Schollenfenster, p. 47) habe ich dies schon ausgesprochen und im Exkursionsführer der Geolog. Rundschau III. 1912 gezeigt, wie ich den Schichtenverband im Rätikon jetzt auffasse. 3 Wenn auch aus allen neueren Spezialarbeiten immer deutlicher hervorgeht, daß die lepontinische Fazies am Ostalpenrand vorhanden ist, so tritt sie doch nur in schmalen Schollen und Fetzen zutage , die man nur erkennt, wenn man sie mit der weit ausgebreiteten Schichtenfolge im mittleren Graubünden vergleicht. 542 Rudolf Hundt, Vertikale Verbreitung der Dictyodora etc. auf einen Vergleich des Rätikons mit Algäuer und Leclitaler Alpen auf Grund seiner Kenntnisse des vorderen und „hinteren“ Bregenzer Waldes beschränkt und die Frage der lepontinischen Fazies aufgespart, bis er sie erst einmal richtig kennen gelernt, so würde es sich um einen wertvollen Beitrag zur Alpengeologie gehandelt haben. So aber kann sein Versuch, eine bessere Lösung für die tektonischen Erscheinungen der Alpen vorzuschlagen, noch nicht als gelungen gelten, und trotz seiner Bemühungen, die Grund- festen des Gebäudes zu erschüttern, bleibt die Deckentheorie doch diejenige Lösung, die das komplexe Problem der Alpentektonik von einem einheitlichen Grundprinzip aus zu erklären vermag, wenn sie auch noch keineswegs als abgeschlossen oder auch nur abgerundet gelten kann und sehr wohl mancher weiteren Erklärung bedarf, besonders was den Mechanismus der Bewegung anlangt. Mit ironischem Lächeln allein läßt sich freilich eine solche berechtigte Arbeitshypothese nicht bekämpfen, auch wenn man sich im Vorwort schroff als ihren Gegner bezeichnet. Stx’aßburg i. E. , 1 . Juli 1912. Vertikale Verbreitung der Dictyodora im Paläozoicum. Von Rudolf Hundt in Gera. Zu dem Vorkommen der Silur -Dictyodora im Untersilur von Lössau bei Schleiz1 und Wlinschendorf bei Gera2 kommen noch andere interessante Funde , teils aus derselben Schicht , teils aus höheren Horizonten, die erst neuerdings veröffentlicht worden sind. Sie zeigen alle, wie diese rätselhafte Versteinerung nicht nur auf das Untersilur und den Culm beschränkt bleibt , sondern daß sie auch , zum Beispiel in Portugal , in den in Ostthüringen gleich- zusetzenden Unterdevonschichten sich findet. Neuere Funde haben sie auch im sicheren Oberdevon Schlesiens nachgewiesen. Sie sind bis jetzt von ihrem Entdecker Prof. Dr. E. Zimmermann noch nicht veröffentlicht worden. Dann hat sie sich in dem Platten- schiefer eines Wasserrisses im Schiefereinsgraben im Kellerwald als Palaeochorda gefunden 3. Diese Schichten scheinen mir nach Graptolithenfunden der liegenden Schichten tiefmittelsilurisch zu 1 E. Zimmermann, Dictyodora Liebeana ( Welss) und ihre Beziehungen zu Vexillum (Rouault), Palaeochorda marina (Geinitz) und Crossopodia Henrici (Geinitz). 32 — 35. Jahresbericht der Gesellschaft von Freunden der Naturwissenschaften in Gera. 2 R. Hundt, Organische Reste aus dem Untersilur des Hüttchenberges bei Wünschendorf an der Elster. Dies. Centralbl. 1912. p. 91 — 95. 3 A. Denckmann, Der geol. Bau des Kellerwaldes. Abhandl. d. K. Preuß. geol. Landesanst. Heft 34. Besprechungen. 543 sein. In den portugiesischen Schichten findet sie sich im Unter- silur mit IHdymograptus sparsus Hopkinson in den „schistes de Barrancos“ zusammen auch als Palaeochorda 1 . Von demselben Forscher sind nun in den „schistes ä Nereites de San Domingos“, die den Nereltenschichten Osttliüringens entsprechen, ebenfalls Reste der JJictyodora gefunden worden, die dem unteren, wulstigen Teile unseres Ostthüringer Vertreters entsprechen. Delgado führt für sie den Namen : Crossopodia Nicholsoni, C. Etheridgei und Crossopodia aff. Henrici Gein. an. So sind die Vertreter der Dictyodora im Untersilur (Portugal. Ostthüringen), im Mittelsilur? (Kellerwald), im Unterdevon (Portugal), im Oberdevon (Schlesien) und im Culm (Ostthüringen) nacligewiesen worden. Nur ein Vertreter im Unter- devon fehlt noch, weil die „schistes de San Domingos“, gieicli- alterig mit denen Ostthüringens , wie diese , mitteldevonisch sind. Besprechungen. Reinhold Reinisch : P e t r o g r a p li i s c h e s Praktikum. II. Teil : Gesteine. Zweite umgearbeitete Auflage. Berlin bei Gebrüder Bornträger. 1912. 217 p. Mit 49 Textfiguren. Nachdem bereits 1907 der erste, die gesteinsbildenden Mine- ralien behandelnde Teil dieses mit Recht für die Einführung in die Methoden der Gesteinsuntersuclmng viel benützten Buches in zweiter Auflage erschienen ist (vergl. dies. Centralbl. 1909. p. 380), ist nun auch dasselbe der Fall mit dem die eigentliche Petrographie enthaltenden zweiten Teil, dessen erste Auflage aus dem Jahre 1903 stammt (vergl. N. Jahrb. f. Min. etc. 1905. I. - 58 -). Dem seitdem eingetretenen Fortschritt der Wissenschaft ist durch eine weitgehende Umarbeitung Rechnung getragen , von der namentlich die Abschnitte über die Eruptivgesteine und die kri- stallinischen Schiefer betroffen worden sind. Bei jenen ist die Trennung in Alkalikalk- und Alkaligesteine auch äußerlich durch- geführt, die Anzahl der Analysen vermehrt und überall die Osann- sche Formel angegeben worden. Auf eine Methode graphischer Darstellung der Analysen, die für die Veranschaulichung von Ver- wandtschaftsbeziehungen. besonders bei Spaltungs- und Mischungs- reihen, Resultate verspricht, wurde hier nur hingewiesen, da ihre ausführliche Darstellung an anderem Orte erfolgen soll. Neben den beiden Hauptgruppen der Eruptiv- und der Sedimentärgesteine erscheint eine dritte Hauptgruppe , die in zwei getrennte Abtei- 1 Nery Delgado, Terrains palaeozoiques du Portugal. Etüde snr les fossils ä Nereites de San Domingos et des schistes ä Nereites et ä Grap- tolites de Barrancos. Lisbonne 1910. 544 Besprechungen. hingen, die Kontaktgesteine und die kristallinischen Schiefer, zer- fällt. Verf. ist der Ansicht, daß die ersteren so eine ihrem Wesen entsprechendere Stellung erhalten, wie als Anhang zum Granit in der sonst üblichen Weise. Sehr nützlich ist die Vermehrung der wie in der ersten Auflage vortrefflichen Textfiguren von 22 auf 49. Die Brauchbarkeit des Buches hat dadurch entschieden gewonnen , das wohl auch in der Zukunft von Anfängern in der Petrographie gerne und mit Nutzen zur Hand genommen werden wird. Max Bauer. Richard Zsigmondy: Kolloidchemie, ein Lehrbuch. Leipzig bei Otto Spamer. 1912. 294 p. Mit 37 Textfiguren. Die Kolloidchemie gewinnt auch für die Mineralogie und Geologie immer größere Bedeutung, es sei daher auch hier auf das vorliegende Lehrbuch dieses Wissenszweiges hingewiesen, das zur Einführung in dasselbe geeignet ist. Der Verf. hat sich ja schon seit langer Zeit erfolgreich mit der Kolloidchemie beschäf- tigt (vergl. u. a. dies. Centralbl. 1907. p. 471). In dem vor- liegenden Buch wird das Hauptgewicht auf die Beschreibung der kolloiden Systeme gelegt, dabei aber weniger Vollständigkeit an- gestrebt, als vielmehr näheres Eingehen auf einzelne Fragen von allgemeinerer Bedeutung. Mineralogische Beziehungen der Kol- loidchemie findet man nicht viele , doch sind u. a. Liesegang’s Ansichten über die Entstehung des Achats und deren Grundlage erwähnt. Bequem für solche , die nur einen flüchtigen Einblick in die Eigentümlichkeiten der Kolloide gewinnen wollen, sind die zusammenfassenden Übersichten, die einzelnen Gruppen von Kolloiden vorangestellt werden. In dem allgemeinen Teil findet man eine kurze Einleitung, der die Besprechung der Systematik, der Eigen- schaft der Kolloide und der Theorien folgt. Sodann werden im speziellen Teil eingehend erst die anorganischen, dann die organi- schen Kolloide besprochen. Ein Anhang gibt die spezielle Be- schreibung der chemischen Natur einiger Farbstoffe. Ein Sach- register . jd ein besonders ausführliches Autorenregister erleichtern die Benützung. Max Bauer. Voigt & Hochgesang * Göttingen Fabrikation von Dünnschliffen von Gesteinen: Preis im Durchschnitt Mk. 1. 10 Nur für besonders schwierig zu bearbeitendes Material tritt ein geringer Preis- aufschlag ein. Unerreichte Qualität, Dünne 0,02 mm. Kristalle: Genau orientierte Schliffe. Preis Mk. 1.30 — 1.50. Kristallpräparate für sämtliche mineralogischen Untersuchungen in tadelloser Aus- führung zu angemessenen Preisen. B®" Neu erschienen: “US Sammlung von 124 Dünnschliffen gesteinsbildender Mineralien, zusammengestellt von Geheimrat Prof. Dr. F. Rinne, Leipzig. Preis 200 Mark. Diese Sammlung ist sehr übersichtlich geordnet und enthält manche Neuerungen, so besonders Salze. : Verzeichnis auf Wunsch. =:■■■■ : Anfertigung von Mikrophotographien im einfachen u. polarisiertem Licht in jeder Vergrößerung. Zu unseren Aufnahmen verwenden wir nur Objektive erster Firmen, wir liefern daher vollkommen einwandsfreie erstklassige Bilder. ===== Preise gering. Aufnahmen von Naturobjekten in natürl. Größe oder in jeder Vergrößerung. Anfertigung von Diapositiven in jeder Größe. Ausstellung Mineralogischer und Geologischer Apparate und Modelle bei Gelegenheit der .Versammlung der Mineralogischen Gesell- schaft und der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte vom 15. — 21. September in Münster in Westfalen. Die Ausstellung umfaßt die im Laufe des letzten Jahres neu beschriebenen und konstruierten Apparate und Modelle: a) mineralogische Apparate und Modelle: 1. Linck’scher Apparat zur Bestimmung des spezifischen Gewichtes, eine Skala von 24 Glaswürfeln als Indikatoren mit dem spezifischen Gewicht von 2.240 — 3.555. 2. Modell zur Demonstration des rhombischen Schnitts, nach Hintze* 3. » für die Ableitung des Rhombendodekaeders aus dem Würfel, nach Hintze. 4. Transporteur für Kristallzeichnungen, nach Hutchinson. 5. Zeichenblock für die sphärische Projektion, nach Noll. 6. Topasmodell zur Demonstration des Gesetzes der rationalen Kantenschnitte (Haüy), nach Johnson. 7. Modelle zur Demonstration der Ätzmethode, nach Wulff. 8. Lichtschwingungsmodelle aus Draht, nach Vrba. 9. Modell des Nicol’schen Prismas aus Glas, nach Vrba. 10. Pappmodelle verzerrter Kristalle und gesetzmäßige Kristall- verwachsungen,' nach Vrba. b) geologische Modelle : 1. Modelle zur Erläuterung der ozean. Salzbildungen, nach Boeke. 2. „ „ ., , Jaenecke. 3. Geotektonische Modelle, nach Steinmann. 4. Modell' eines Ichthyosaurus mit Haut Von Holzmaden. 5. Modell eines ausgezeichneten Dorygnatus sp. (Plieningei’) Holz- maden. 6. Geologische Reliefmodelle der Inseln: Helgoland r Santorin, Palma. 7. Geologische Reliefmodelle des Ätna, Schweizer Jura. 8. Reliefmodelle einer Talsperre (Urfttalsperre). Ferner wird ausgestellt eine Suite von 13 Gesteinen und Dünn- schliffen der primären Platinlagerstätte von Koswinczki im Ural, gesammelt und beschrieben von L. Duparc in Genf. Dr. F. KRANTZ Rheinisches Mineralien-Kontor Fabrik und Verlag mineralogischer und geologischer Lehrmittel Gegr. 1833 BONN a. Rhein. Gegr. 1833 Verlag der E. Schweizerbart’schen Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, Stuttgart, Johannesstr. 3. Druck von C. Qrüninger, K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann), Stuttgarts 15. September 1912. Centralblatt für Mineralogie, Geologie and Paläontologie in Verbindung mit dem Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie herausgegeben von M. Bauer, E. Koken, Th. Liebisch in Marburg. in Tübingen. in Berlin. 1912. No. 18. STUTTGART. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser. Monatlich 2 Nummern. Preis für Nichtabonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Mk. pro Jahr Abonnenten des Neuen Jahrbuchs erhalten das Centralblatt unberechnet. Inhalt. Original-Mitteilungen etc. gejte Nacken, R. : Ueber die Bildung des Apatits. I. Mit 6 Textfiguren 545 IJhlig, C. : Beiträge zur Kenntnis der Geologie und Petrographie Ostafrikas. I. Ueberblick über den Aufbau Ostafrikas zwischen dem Victoriasee und der Küste des Indischen Ozeans, besonders längs der Uganda-Eisenbahn 559 Hezner, Laura: Ueber ein neues chromhaltiges Magnesiumhydroxy- carbonat 569 Soellner, J.: Ueber ein neues Vorkommen von Leucitophyr und Leucitophyrbreccie im Kaiserstuhl 571 Goldschmidt, V. M. : Ueber die Anwendung der Phasenregel auf die Gesetze der Mineralassoziation 574 Besprechungen. Doelter, C. : Handbuch der Mineralchemie 576 Personalia 576 Druckfehlerberichtigung 576 Junger Dr. phil., Privatdozent der Paläontologie (Univ.) sucht Stellung als Assistent oder dergl. Gefi. Zuschriften unter C. B. an den Verlag des Centralblatts für Mineralogie. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesse* in Stuttgart. Soeben beginnt zu erscheinen: Die diluviale Vorzeit Deutschlands Unter Mitwirkung von E. Koken und A. Schliz, herausgegeben von R. R. Schmidt. I. Archäologischer Teil von R. R. Schmidt. Die diluvialen Kulturen Deutschlands. II. Geologischer Teil von Ernst Koken. Die Geologie und Tierwelt der paläolithischen Kultur- stätten Deutschlands. III. Anthropologischer Teil von A. Schliz. Die diluvialen Menschenreste Deutschlands, gr. 4°. ca. 300 Seiten, mit 47 Tafeln und vielen Textfiguren. In 8 Lfgen. ä Mk. 10. — . nach Abschluß des Werkes wird der Preis erhöht. Ein für die Erforschung der Kultur anfänge in Deutschland hochbedeutsames, unentbehrliches Werk. R. Nacken, Ueber die Bildung des Apatits. I. 545 Original-Mitteilungen an die Redaktion. Ueber die Bildung des Apatits. I. Von R. Nacken in Leipzig. Mit 6 Textfiguren. Die Synthese der Apatitmineralien ist häufig mit Erfolg aus- geführt worden. Insbesondere wurde Chlorapatit, Ca Cl2 • 3 Ca3 P2 08, durch wechselseitige Umsetzung beim Zusammenschmelzen geeigneter Salzpaare, wie Natriumphosphat und Chlorcalcium, Calciumphosphat und Natriumchlorid in Kristallen erhalten 1. H. St. Claire Deyille und H. Caron2 3, G. Lechartier s, A. Djtte4 * stellten aus Schmelz- fluß der Komponenten Apatite dar, und konnten auf diesem Wege nicht nur calciumhaltige Körper, sondern auch Blei-, Strontium- und Barium- Verbindungen gewinnen und nachweisen , daß durch Einführung von Brom oder Jod die Kristallform dieser Verbindungen nicht wesentlich geändert wird. Aus überhitzten CaCl2-Lösungen, die auf phosphorsaure Salze einwirkten, erhielten H. Debray0 und E. Weinschenk6 Apatit- mineralien, und schon A. Daubree 7 hatte gezeigt, daß heiße Chlor- phosphor-Dämpfe mit kohlensaurem Kalk unter Bildung dieses Minerals reagieren. Trotz dieser mannigfachen erfolgreichen Versuche ist die Kenntnis der Bildungsbedingungen , insbesondere von Chlor- und Fluorapatit, sowie deren Fähigkeit Mischkristalle zu bilden, noch unvollständig. Über Schmelztemperaturen von Apatitmineralien berichten R. Cusack8 und C. Doelter9. Cusack fand 1221 bis 1227°, Doelter bestimmte am Apatit von Renfrew bei 1270° beginnendes Schmelzen und bei 1300° vollständige Verflüssigung. 1 N. Manross, Arm. Chem. Pharm. 82. 348. 1852. — J. G. Forch- hammer, Ann. Chem. Pharm. 90. 77. 1854. 2 H. St. Claire Deville und H. Caron, Compt. rend. 47. 983. 1858. 3 G. Lechartier, Compt. rend. 65. 172. 1867. 4 A. Ditte, Compt. rend. 94. 1592. 1882; 96. 575, 846, 1226. 1883. b H. Debray, Compt. rend. 52. 43. 1861. 6 E. Weinschenk, Zeitschr. f. Krist. 17. 489. 1890. 7 A. Daubree, Compt. rend. 39. 135. 1854. 8 R. Cusack, Proc. Roy. Irish. Acad. 1897. (3.) 4. 399. v C. Doelter, Min.-petr. Mitt. 22. 316. 1903. Centralblatt f. Mineralogie ete. 1912. 35 546 R. Nacken, Auch über die optischen Konstanten der ungemischten End- glieder sind Daten nicht vorhanden, wenn auch eine große Anzahl sorgfältiger Messungen von Licht- und Doppelbrechung an natür- lichem Material ausgeführt worden sind. Von besonderem Interesse ist das Vorkommen dieser Mineralien als Erstausscheidung in Silikatgesteinen. Nur vereinzelt liegen synthetische Versuche in dieser Richtung hin vor1. Bevor in- dessen die Bildungsbedingungen im Silikatmagma festgestellt werden, ist es notwendig, Klarheit über das Verhalten der Komponenten CaCl2, CaF2 und Ca3P208 bei der Kristallisation aus Schmelzfluß zu gewinnen. Im folgenden berichte ich zunächst über das Tempe- ratur-Konzentrationsmodell dieses Dreistoffsystems. 1. Fluorapatit, Ca F2 . 3 Ca3 P, 08. Aus Schmelzen von Flußspat mit überschüssigem Calcium- phosphat bilden sich bei der Kristallisation dünne, hexagonale Nüdelchen. Sie zeigen eine allerdings unvollkommene, einseitige Begrenzung durch Pyramidenflächen, wenn sie in einem Hohlraum der Schmelze endigen. Die Lichtbrechung dieser Nüdelchen wurde nach der Immer- sionsmethode für Na-Licht bestimmt : wNa = 1,6325 + 0,001 Die Doppelbrechung ist schwach und besitzt negativen Charakter : • wNa — fNa = ca* An Stelle der üblichen Methode, durch Mischen zweier Flüssig- keiten mit geeigneten Brechungsindizes die Immersionsflüssigkeit herzustellen, wurde die durch Erwärmen von Tetrabromacetylen hervorgerufene Änderung des Brechungsindex benutzt. In einem Glasgefäß befindet sich zwischen Deckgläschen das zu untersuchende Pulver in Tetrabromacetylen eingebettet. Diese Vorrichtung be- findet sich in einem kleinen Wasserbade. Nach R. Weegmann (Zeitschr. f. phys. Chem. 2. p. 2 1 6 f . 1888), ist für Tetrabrom- acetylen bei 0° no= 1,64788, und es beträgt die Abnahme des Brechungsindex zwischen 10° und 35° für 1° C 0,000497. Der Punkt, an dem die BECKE’sche Lichtlinie verschwindet, läßt sich mit dieser Vorrichtung sehr deutlich festlegen , da das Präparat ständig u. d. M. beobachtet werden kann. So lag beim Abkühlen bei 33° die Lichtlinie noch im stärker brechenden Kristall, bei 31° war sie verschwunden und bei 29° konnte erkannt werden, wie jetzt beim Heben des Tubus die Linie in die Immersions- 1 J. H. L. Vogt, Bih. tili k. svenska Vet.-Akad. Handlingar. 1884» Ueber die Bildung des Apatits. I. 547 fliissigkeit wanderte. Unter Zugrundelegung der Daten von Weeg- mann entsprechen diesen Temperaturen die Brechungsindizes für: 33° 1,63148 31 1,63248 29 1,63347 Als Mittelwert für den Brechungsindex des Apatits kann dem- nach wsa = 1,6325 angesehen werden. Die Methode erlaubt auch die Trennung des ordentlichen vom außerordentlichen Strahl. Zwi- schen 35° und 34° C konnte für £ne ca. 1,630 bestimmt werden. Der Brechungsindex des benutzten Tetrabromacetylens wurde mit Hilfe des Totalreflektometers nach Pulfrich kontrolliert (np 18° = 1,6390). Die so bestimmten Indizes sind praktisch identisch mit den bei Zimmertemperaturen geltenden , da sich die Brechungsindizes von Kristallen durch Erwärmen um 50° erst in der 4. Dezimale ändern. Da nun diese Daten den Werten nahe kommen, die für den fast chlorfreien Apatit 1 von Minot, Maine, U.S.A., angegeben werden : 88 1160 18 82 1 1 1280 30 V 7) 7) 70 „ [ > Ca CI, . 3 Ca3 P2 08 1530 II Schmelztemperatur von Ca CI, . 3 Ca3 Pa Og Ueber die Bildung des Apatits. I. 551 kurven nicht festgestellt werden konnte. Es verhält sich das Salz- paar CaCl2 — Ca3P208 etwa wie ein System aus Wasser und Steinsalz, in dem Abkühlungskurven nur unsichere Resultate geben würden, infolge der geringen Änderung der Löslichkeit mit ab- nehmender Temperatur. Nur die eutektischen Kristallisationen der CaCl2-reichen Mischungen ergaben Wärmetönungen bei 770°. Da nun geschmolzenes reines Chlorcalcium bei 772 0 in doppeltbrechen- den, stark verzwillingten Aggregaten kristallisiert, so geht hieraus hervor, daß eine merkliche Beeinflussung der Schmelztemperatur von CaCl2 durch das Phosphat nicht eintritt und dementsprechend das Eutektikum E2 in unmittelbarer Nähe von D an der rechten Seite des Diagramms liegen muß. Die Punkte der von E2 ausgehenden Löslichkeitskurve wurden durch Bestimmen des Chlorgehalts der mit Bodenkörpern im Gleich- gewicht befindlichen Schmelzen ermittelt. Hierzu wurden Schmelzen unter beständigem Umrühren längere Zeit bei verschiedenen Tempera- turen konstant gehalten. Die Art des Bodenkörpers wurde durch mikroskopische Untersuchung festgestellt. Nachdem sich die Kristalle gut abgesetzt hatten, was bei der Differenz der Dichten von Lösung < 2,18, und Bodenkörper, 3,17 bis 3,19, leicht vollständig vor sich ging, wurde eine Spirale aus Platindraht in die Lösung getaucht und die auf demselben kristallisierende Schmelze herausgehoben und analysiert. Es ergaben sich die Werte der Tab. 2, die den Kurven E2U und Uc entsprechen. Ein Fehler, welcher dieser Methode anhaftet, besteht darin, daß leicht primäre Kristallisations- produkte der Schmelze mit entnommen werden können. Zieht man dies in Rechnung, so werden sich die Kurven cU UE2 nach rechts verschieben und noch steiler verlaufen müssen. Bis 1040° trat als Bodenkörper Ca Cl2 • Ca3P2 08 , Chlor- calciumwagnerit, auf, kenntlich an den scharf ausgebildeten stark doppeltbrechenden Kristallen , die im Gegensatz zum mono- klinen Wagnerit (MgF2 • Mg3P208) im rhombischen System kristalli- sieren. Begrenzt wurden sie meist von Basis und Vertikalprisma, der Winkel (110): (HO) betrug 96° 33' als Mittel aus mehreren Messungen u. d. M. Vereinzelt wurde auch {100} beobachtet. Als mittlerer Brechungsindex für Na-Licht ergab sich 1,658. Ihr spezifisches Gewicht, am Pulver pyknometrisch bestimmt, betrug bei 20° 3,17. Ihr CaCl2-Gehalt entspricht der oben angegebenen Formel. Trotz dieses größeren Gehalts sind die Kristalle gegen Wasser ebenso bestandfähig wie Apatit. Nach dreitägigem Schütteln mit destilliertem Wasser ließ sich nur wenig Chlor in der Lösung nachweisen. Bei Temperaturen über 1040° tritt ein anderer Bodenkörper auf: Kristalle von schwacher Doppelbrechung, reiner Chlorapatit. Meist sind es gedrungene kurzprismatische Säulchen mit unvoll- 552 R. Nacken, kommener beiderseitiger pyramidaler Endigung, deren Brechungs- index nach der Immersionsmethode mit THouLET’scher Lösung als bei Kanadabalsam. In Be- rührung mit Quarz (nach Becke) habe ich bei einfachen Individuen gefunden in Parallelstellung . w<^a', e 2,4 ist2. Was nun die Analyse an sich betrifft, so gilt für meine Analyse dieselbe Charakteristik, wie sie H. Arsandaux3 für die Pantelle- rite Äthiopiens gegeben hat. Er faßt die Merkmale dieses Magmas in folgendem prägnanten Satze zusammen: „Les caracteres minera- logiques, aussi bien que les caracteres cliimiques, conduissent ä rapprocher ces roclies du groupe de la pantellerite, caracterise au point de vue mineralogique par la presence de feldspats ex- clusivement alcalins, de pyroxenes et d’amphiboles sodiques (la cossyrite en particulier) , au point de vue chimique par l’abon- dance des alcalis, la faiblesse de l’alumine, l’absence presque complete de chaux et de magnesia et la proportion variable, mais toujours elevee de fer (avec predominance de Fe203 sur FeO).“ Abweichend ist nur in der obigen Analyse der etwas größere Gehalt an Mag- nesiumoxyd. Man kann sich wohl den Überschuß an Magnesium durch das Vorhandensein des Pyroxens erklären. Rechnet man die gefundenen Werte auf die ungefähre minera- logische Zusammensetzung des Gesteins um, so ergibt sich ein ungesättigter Kieselsäureüberschuß. Es muß daher die Existenz freier Kieselsäure in der Grundmasse angenommen werden, wenn auch solche im Mikroskope nicht nachzuweisen ist. Pantellerite und pantelleritälmliche Gesteine sind aus Ost- afrika seit langer Zeit von mehreren Orten bekannt, allerdings wurden sie nicht unter diesem Namen beschrieben. Als nahe ver- wandt sind wohl sicher die Gesteine, die 0. Mügge4 als Liparit und G. T. Prior5 als Paisanit vom Naivashasee beschrieben haben, zu betrachten. 1 F. Loewinson-Lessing, Note sur la Classification et la nomenclature des roches eruptives. Mem. pres au Congres geologique intern. 7. Session. Petersbourg. 1897. p. 19. Ref. N. Jahrb. f. Min. etc. 1898. II. p. 52. 2 Eine Erklärung dieser Formeln findet man im Referate von L. Milch, N. Jahrb. f. Min. etc. 1898. II. p. 52. — Diese gewöhnlich nicht gebrauchte Bezeichnungsweise habe ich aus dem Grunde angewendet, weil die aus der Analyse berechneten Werte mit den von Loewinson-Lessing angegebenen Typenformeln fast genau übereinstimmen. 3 H. Arsandaux, Contribution ä l’etude des roches sodiques de l’Est- Africain. Comptes rendus. 137. 1903. p. 876—879. 4 0. Mügge, Über einige Gesteine des Massailandes. N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. IV. 1886. p. 576—609. Speziell p. 585—589. 5 G. T. Prior, Contributions to the Petrology of British East-Africa. Mineralogical Magazine. 13. p. 61. 590 M. Goldschlag, H. Lenk1 und Künzli2 berichten über ähnliche Gesteine aus dem Massailande, und zwar bezeichnet der erste es als Rhyolith, der andere dagegen rechnet es zu den Akmit-Trachyten. M. Weber 3, von dem die neuesten Untersuchungen stammen, stellt es zu den Commenditen. Die mikroskopischen Angaben stimmen bei allen Autoren in der Hauptsache überein. Als trachytoiden Phonolith bezeichne ich ein Gestein, welches von der Station Athi River stammt. Es ist ein graues, feinkörniges Gestein mit isometrisch begrenzten Einsprenglingen von Feldspat. U. d. M. erscheinen in der Grundmasse Einsprenglinge von Feldspat neben Pyroxen und ein wenig Glimmer. Der Feldspat ist Sanidin, frisch, tafelförmig ausgebildet, idiomorph mit gerundeten Ecken. Zwillinge nach dem Karlsbader Gesetze sind nicht selten. Als Einschlüsse führt er seltener die farbigen Gemengteile, besonders an den randlichen Kristallpartien, sonst aber eine sehr große Menge von Mikrolithen, die entweder den Kristall durchwachsen oder in der Nähe des Randes in einer Zone kranzartig eingelagert sind. Die Erscheinung ist vielleicht dadurch zu erklären, daß der Kristall, nachdem sich die Mikrolithen verfestigt hatten, weitergewachsen ist. Eine ähnliche Ausbildung wurde bereits früher von H. P. Cushing und E. Weinschenk4 in den Phonolithen des Hegaus beobachtet. Die dort gegebene Be- schreibung paßt fast genau auf die von mir beobachteten Merk- male. Sie sagen dort: „Von besonderem Interesse sind unter den Einschlüssen mikroskopische Nädel dien, mit welchen einige von den Sanidin en, . . . ganz durchspickt sind, und welche schon von Zirkel5 erwähnt werden. Die optischen Eigenschaften derselben sind starke Licht- und Doppelbrechung, . . . Färbung ist an den meisten nicht zu erkennen, nur einzelne etwas größere Individuen erscheinen lichtgrünlich, einem Diopsid oder Malakolith nicht un- ähnlich. Die individualisierten Einschlüsse und vermutlich die Nädelchen ordnen sich sehr gerne zonal an, und besonders häufig ist um einen einschlußfreien Kern eine Randzone mit Hunderten der kleinen Nädelchen zu beobachten.“ Die Kristalle sind meist 1 In Baumann, Durch Massailand zur Nilquelle. (Petrographischer Teil von H. Lenk.) Berlin 1894. 2 E. Künzli, Die petrographische Ausbeute der ScHÄLLER’schen Ex- pedition in Äquatorial-Ostafrika. Viert eljahrsschr. d. Naturf. Ges. in Zürich. 46. 1901. p. 128 u. ff. 3 M. Weber, 1. c. p. 643. 4 H. P. Cushing u. E. Weinschenk, Zur genauen Kenntnis der Phono- lithe des Hegaus. Min.-petr. Mitt. 13. 1892. p. 21. 5 Zirkel, Über die mikroskopische Zusammensetzung der Phonolithe. Poggendorfe’s Annalen. 1867. 131. p. 298. Petrographisch-chemische Untersuchung etc. 591 mit parallel verlaufenden Quersprüngen durchsetzt, an denen eine Verwitterung zu hochpolarisierenden glimmerartigen Substanzen stattfindet. Der ägir inartige Augit tritt in winzigen idiomorphen platten oder in die Länge gezogenen Säulclien von grüner Farbe mit einem deutlichen Pleochroismus von dunklerem und hellerem Grün auf. Einzelne Individuen sind selten, meist sind sie zu Häufchen, die in der Flußrichtung langgestreckt sind, zusammen- geballt. Die selbständigen Kriställchen zeigen manchmal einen helleren Rand, der von der dunkleren Partie nicht scharf getrennt ist, sondern in diesen allmählich übergeht. Der braune Biotit ist skelettartig ausgebildet und tritt meistens in Begleitung von Augit auf. Von Nebengemengteilen ist Apatit selten. Magnetit fehlt vollständig. Die Grün dmasse , deren trachytoide Struktur ganz typisch ausgebildet ist, ist ein Gemenge von Sanidin und Nephelin. Sanidin ist vorherrschend. Hier und da findet man ein isometrisches Korn von Nephelin mit einem seitlich oder zentral eingelagerten Mikro- lithenkorn. Der Nephelintephrit stammt ebenso wie der Pantellerit aus L u m b w a. Es ist ein sehr feinkörniges , schwarzgraues Gestein mit makroskopischen Ein- sprenglingen von Nephelin. U. d. M. tritt die charakteristische Mineralkombination Augit-Neplielin auf. Feldspat ist in geringer Menge nur in der wahrscheinlich glashaltigen Grundmasse vorhanden. Der idiomorpli ausgebildete Nephelin ist frisch, einschluß- arm, nur hier und da Flüssigkeitströpfchen einschließend. Häufig ist er von kleinen Augitkriställchen kranzartig umgeben — eine Erscheinung, die auch bei den größeren Augitindividuen vorkommt. Er ist meist optisch anomal, seine Doppelbrechung positiv. Der Brechungsexponent wurde nach der Methode Schröder van der Kolk’s zu etwa 1,45 bestimmt. Der Ägir in augit ist sehr stark resorbiert — wahrschein- lich zugunsten der Feldspatbildung. Nur bei starker Vergröße- rung kann man selten ein idiomorphes Kriställchen ausfindig machen. Meistens sind sie filzartig zusammengedrängt. Die barkevikitische Hornblende kommt in kleinen Schüppchen mit dem Augit zusammengewachsen vor. Die Grundmasse ist mikrokristallin und erscheint stellen- weise isotrop. Sie bestellt aus Augit, Hornblende und einer Nephelinfülle. Selten ist ein ganz schmales Feldspatleistchen wahrzunehmen. Es läßt sich aber nicht mit Sicherheit feststellen, ob Glas vorhanden ist. Die chemische Analyse ergab folgendes Resultat : 592 M. Goldschlag, Analyse II. Gew.-°/o Mol.-Prop. Mol.-0/« Si02 . . . . . 54,71 0,9058 63,03 Ti 02 . . . . Sp. — — ai2os . . . 20,29 0,1985 13,82 Fe2 03 . . . 5,44 1 FeO . . . 4,60 J 0,1260 8,76 Mn 0 . . . . • Sp. — — MgO. . . 2,03 0,0503 3,50 CaO ... . . 2,10 0,0374 2,60 Na2 0 . . . 6,42 0,1034 7,19 K20 . . . . . 1,58 0,0164 1,14 Glühverlust . . 2,00 — — 99,17 1,4378 100,04 Aus der nach Osann umgerechneten Analyse ergeben sich folgende klassifikatorische Werte: s: 62,17; A: 9,56; C: 4,06; F: 9,59; n: 7,40; aus denen sich die . Formel s: 62,17; a: 8,23; c: 3,49; f: 8,26; k: 0,96 oder abgerundet: s: 62; a: 8; c: 3,5; f: 8,5 berechnet. Nach Loewinson-Lessing liegt hier ein „Magma ultrab asique“ (monosilicate) vor, von der Gesteinsformel: bei und 1,01 RO, R203, 3,26 Si02 1,64 R2 0 : R 0 = 1:1,02 Die Einreihung dieses Gesteins in einen bestimmten Osann- schen Typus bietet große Schwierigkeiten. Einen Nephelinbasanit von dieser Formel gibt Osann nicht an, wohl aber einen Trachy- d o 1 e r i t. Es ist der Typus Dobranka 1 mit folgender Formel : s: 61; a: 6,5; c: 4,5; f: 9; n: 7,6; k: 0,87. Trotzdem glaube ich auf Grund der Analyse annehmen zu können, daß hier ein saures Glied der Nephelinbasanite vorliegt. Die Ab- grenzung zwischen den Trachydoleriten und Nephelinbasaniten ist selbst nach chemischen Gesichtspunkten ziemlich schwierig, wenn 1 A. Osann, Versuch einer chemischen Klassifikation der Eruptiv- gesteine. II. Die Ergußgesteine. Min.-petr. Mitt. 20. 1901. p. 462. Petrographisch-chemische Untersuchung etc. 593 auch A. Osann darüber sagt, daß „gerade in dieser Gesteinsfamilie bei der außerordentlich stark variierenden mineralogischen Zu- sammensetzung eine schärfere Abgrenzung nur nach chemischen Prinzipien ausgefiilirt werden könne“ 1. Vergleicht man die Analyse 1 und 2 , so läßt sich eine gewisse Verwandtschaft dieser beiden Gesteine nicht verkennen. Es ist aber unmöglich, auf Grund des geringen vorliegenden Materials — zumal mir keine einzige Angabe über das geologische Auftreten dieser Gesteine vorliegt — irgendwelche theoretische Schlüsse zu ziehen. Nephelinit und Übergang zum Nephelinbasalt. Vom Nephelinit liegen aus Karungu, 1 km landeinwärts vom Viktoriasee drei Handstücke vor, die mikroskopisch zwar fast dieselbe Ausbildung, makroskopisch aber recht auffallende Ver- schiedenheiten zeigen. Die eine Ausbildungsart — ich bezeichne sie kurzweg als Varietät A — stellt ein feinkörniges Gestein dar mit Einsprenglingen von Augit. Die Varietät B ist in ihrer Ausbildung der ersten analog, nur ist sie von einer großen Menge winzig kleiner Hohlräume in fluidaler Anordnung durchsetzt, in den sich zeolithische Substanzen ausbildeten. Die dritte Varietät C ist ein braunschwarzes Gestein von deutlicher porphyrischer Aus- bildung mit großen Augiteinsprenglingen und zahlreichen Hohl- räumen. Die Hohlräume haben eine verschiedene Gestalt und Größe, manche kugelrund, andere ellipsoidisch in die Länge gezogen. Die Zeolithe füllen die Hohlräume entweder ganz aus oder es bilden serpentinöse oder chloritische Verwitterungsprodukte nur einen weißen oder grünlichen Beschlag an den Wänden. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal bietet die wechselnde Ausbildung der Grundmasse. Diese ist bei den Varietäten A und B hypokristallin. Die dritte Varietät C besitzt eine „gemischte“ Grundmasse, worunter Rosenbusch eine Grundmasse versteht, die neben idiomorph ausgebildeten Grundmassekomponenten auch wesent- liche Mengen von Glasbasis enthält. Mikroskopisch sind alle drei Varietäten durch die Mineral- kombination Nephelin- Augit ausgezeichnet. Verschiedenheiten treten nur in der Ausbildungsform des Nephelins auf. In der Varietät A erscheint der Nephelin meistens in der Grundmasse, nur hie und da kann man ein idiomorphes Korn auf finden. Die Varietät B führt in ihrer Grundmasse eine größere Menge von idiomorph aus- gebildetem Nephelin. In der Varietät C steigt die relative Menge des Nephelins noch mehr, und er ist in der Richtung der Hauptsache idiomorph ausgebildet. Der Nephelin zeigt, wo er in größeren Individuen 1 A. Osann, 1. c. p. 463. Oentralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 38 594 M. Goldschlag, vorhanden ist, dieselbe Ausbildung wie im Übergangsgestein zum Nephelinbasalt (v. S. 15). Der Augit ist zum größten Teile derart zonar gebaut, daß eine hellgrüne Zone einen saftgrünen unregelmäßig begrenzten Kern umschließt. Es liegt also ein ägirin- und diopsidartiger Augit vor. Prächtig ausgebildete Zonar- und Sanduhrstrukturen sind häufig. An manchen Individuen bemerkt man eine höchst charakteristische zackenförmigeW eiterkristallisation. Man könnte zunächst glauben , daß hier eine Verwitterungserscheinung vorliege, was aber keineswegs der Fall ist. Läge hier eine Verwitterungserscheinung vor, so müßte der Übergang von der angeblich verwitterten Zone zur frischen ein kontinuierlicher sein. Hier ist aber der Übergang kein allmäh- licher, sondern ein ganz scharfer, und die Ansatzlinie ist deutlich sichtbar; es liegt hier also zweifellos eine spätere Wachstums- erscheinung vor. — Die magmatische Resorption hat die Kristalle stark beeinflußt. Gabelartige, treppenförmige Resorptionsformen sind nicht gar selten. Pleochroismus J_ c schwach grünlich bis strohgelb, // c sehr schwaches Gelb mit einem Stich ins Grüne. Die Auslöschungsschiefe c : d auf (001) gemessen schwankt zwischen 40 — 42°. Charakteristisch ist, daß das grüne Korn immer eine kleinere Auslöschungsschiefe zeigt als die hellere Umrandung. Als Einschlüsse kommt im Augit idiomorph begrenzter Apatit vor. Von den Nebengemengteilen tritt der Magnetit in gröberen zerlappten Körnern auf, doch sind Häufchen von rekt- angulären Individuen häufig. Körner von größerem Umfange sind z. T. selbständig oder sie umgeben die teilweise resorbierten Augitkristalle. Der Titanit ist schwach rötlich und kommt ganz vereinzelt in keilförmigen Schnitten vor. Der Apatit tritt entweder allein oder als Einschluß im Augit auf, auch hie und da im Magnetit. Er ist durch seine scharfe kristallographische Begrenzung, starke Lichtbrechung und die übliche bräunliche Bestäubung gekennzeichnet. Von sekundären Produkten füllen zeolithische Sub- stanzen und Opal die Hohlräume aus. Die Zeolithe sind schwach lichtbrechend und erscheinen unter dem Mikroskop fast isotrop. Auch sind sie sehr trübe, was jedoch als eine sekundäre Erscheinung zu betrachten ist. Bei ganz starker Vergrößerung kann man in ganz kleinen Hohlräumen halbsphärolithisch angeordnete Nadeln serpentinöser Substanzen wahrzunehmen. Besondere Schwierigkeiten bietet hier die Feststellung der Aus- scheidungsfolge der einzelnen Mineralien. Selbst H. Rosen- busch bemerkt hierzu: „Die Reihenfolge dieser intratellurischen Ausscheidungen festzustellen ist hier ebenso schwer wie beim Basalt. “ Für unsere Gesteine dürfte sich die Ausscheidung nach folgen- dem Schema vollzogen haben : Petrographisch-chemische Untersuchung etc. 595 Apatit, Titanit I 1 Magnetit ! 1 Augit I 1 Nephelin I — 1 Wie bereits hervorgehoben, tritt hier der Magnetit entweder isometrisch ausgebildet oder resorbiert, den Augit umgebend, auf. Die Analyse weist darauf hin, daß zur Bildung des Augits ein Teil des ursprünglich ausgeschiedenen Magnetits aufgelöst werden mußte, dagegen wurde der Augit zugunsten des Feldspates, der in sehr dünnen Leistchen in der Grundmasse auftritt, resorbiert. Die zu analysierende Probe wurde der Varietät A entnommen. Die Analyse ergab folgendes Resultat: Analyse III. Gew.-°/o Mol.-Prop. Mol.-0/ Si02 .... . 37,53 0,6214 44,90 Ti02 . . . . 1,96 0,0244 1,76 A1203 • • • . 8,35 0,0817 5,90 Fe203 - . • . 13,81) 0,2258 16,42 Fe 0 . . . ■ . 5,01 ) MnO .... . 1,02 0,0144 1,04 MgO .... . 5,94 0,1472 10,64 CaO . . . . . 10,96 0,1954 14,12 Na2 0 • . . . 3,31 0,0533 3,85 K2 0 . . . . . 1,99 0,0206 1,48 C02 . . . . . 1,00 — — Glühverlust . . 9,33 — — 100,21 1,3842 100,11 Hieraus berechnen sich : s: 46,66; A: 5,33; C: 0,57; F: 42,22; n: 8,34; k: 0,61 und für die Projektion ergibt sich: a: 2,21; c: 0,23; f: 17,54. Die Typenformel nach Loewinson-Lessing hat folgende Gestalt : 2,75 RO, R203, 3,48 SiO bei « = 1,15. Das Gestein stellt also ein „Magma ultrabasique, mono- silicate“ dar von der Untergruppe : „Magmas plus ou moins riches en alumine“, deren Aziditätskoeffizient ce00° ist die Kohlen- säureabgabe eine vollständige Bei dieser Temperatur wurde eine Gewichtsabnahme von 99,9 °/o des theoretischen Betrages an C 02 konstatiert. Der Rückstand gab , mit Salpetersäure behandelt, keine Kohlensäurereaktion mehr. Oberhalb 500° haben wir es also mit Bleioxyd zu tun. Die Wärmebindung bei ca. 900 0 ent- spricht dann dem Schmelzpunkt der Glätte l. Was nun die Deutung der beiden Wärmebindungen unterhalb 500° anbetrifft, so muß wenigstens eine derselben durch die Abspaltung von Kohlensäure 1 Doeltz fand ihn zu 906 0 (Metallurgie 1907. Heft 10, p. 289, 290). 622 K. Friedrich, verursacht sein. Die andere könnte unter Umständen einer Um- wandlung entsprechen. Es liegt aber auch die Möglichkeit vor, daß beide durch die Zerlegung des Bleicarbonats hervorgerufen wurden. In diesem Falle müßte die Abspaltung der Kohlensäure stufenweise erfolgen. Um hierüber Aufklärung zu erhalten, wurde die Erhitzung des Cerussits zwischen den beiden Wärmebindungen bei etwa 400° abgebrochen. Die Gewichtskontrolle ergab nun Fig. 2. Cerrussit von Mies,' Kärnten. Jamja. auch hier schon eine sehr bedeutende Gewichtsabnahme. So waren bei 400° in einem Falle bereits 57,2%, in einem anderen sogar 64,4% der vorhandenen Kohlensäure ausgetrieben. Bemerkens- wert ist hier ferner, daß bei derjenigen Probe, welche einen Ver- lust von 57,2 °/0 ergeben hatte, der Rückstand noch rein weiß aussah. Bei der Probe mit 64,4% zeigte die Substanz vom Rande her eine rötliche Farbe. Daraus müssen wir schließen, daß wir es in dem ersten Rückstandsprodukt nicht etwa nur mit einer Mischung von PbO und PbC03 zu tun haben. Dieser Befund und die bedeutende Gewichtsabnahme bei der ersten Wärmebindung lassen es als zweifelsfrei erscheinen, daß die Abspaltung der Kohlen- Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation etc. ß2B säure stufenweise erfolgt. Darnach geht Bleicarbonat bei 335 ° erst in ein basisches Carbonat über, welches seinerseits bei 460° seinen Gehalt an Kohlensäure verliert. Die Aufnahme der Ab- kühlungskurve des basischen Carbonates ergab keinen Anhalt für das Vorhandensein einer Wärmeentwicklung, die dann einer Um- wandlung hätte zugeschrieben werden müssen. Was nun die Zusammensetzung des auf diese Weise auf- gefundenen und bisher wohl noch unbekannt gewesenen basischen Bleicarbonats anbetrifft , so wagen wir hierfür auf Grund der vorliegend beschriebenen Untersuchungen eine bestimmte Formel noch nicht aufzustellen. Die beiden Wärmebindungen liegen so nahe beisammen, daß sie sehr wahrscheinlich ineinander über- greifen. Außerdem wird bei der eingehaltenen verhältnismäßig raschen Erhitzung die Temperatur innerhalb der Probesubstanz niemals eine so gleichmäßige gewesen sein, wie es zur Klärung der Frage erforderlich wäre. Am Bande ist sie naturgemäß höher als in den Mittelpartien, weshalb auch die Rotfärbung der Sub- stanz vom Rande aus eintrat. Die endgültige Formulierung des neuen basischen Carbonates möchten wir auf später verschieben, und es sind hierfür besondere Untersuchungen bereits im Gange. Das von uns gefundene Ergebnis weicht von der Angabe Schnabel’s, wonach sich Bleicarbonat schon bei 200° in Bleioxyd und Kohlensäure zerlegt, nicht unwesentlich ab. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, daß die Angabe Schnabel’s recht un- bestimmt gehalten ist. Durch die mechanische Fortführung des Kohlendioxyds, wie sie ja bei den Arbeiten im großen immer mehr oder weniger stattfindet , kann infolge der Verminderung des Partialdruckes des C 02 die Zerlegung eher zu Ende geführt werden als bei der hier eingehaltenen Arbeitsweise , wo eine ruhende Gasschicht zur Anwendung kam. Mit den Angaben von Colson bez. Brill stimmt unser Befund, soweit es sich um den Beginn der Zerlegung des PbC03 handelt, befriedigend überein. Davon abweichend und neu ist das Ergebnis, daß die Zersetzung stufenweise vor sich geht. Zinkspat (Fig. 3). Die Analyse ergab 98,60 °/o ZnC03 und 1,28% CaC03. Beobachtet wurde bei der Erhitzung bis zu 1020° nur eine Wärme- bindung, welche bei etwa 395 ° einsetzt. Das Maximum der Wärmetönung liegt bei 440 °. Bei einer Probe, welche bis zu 600° erhitzt wurde, betrug der Gewichtsverlust 99,4 °/o bei der Erhitzung bis zu 1020° 100 °/o des für C02 theoretisch erforder- lichen Betrages. Der in beiden Fällen verbliebene Rückstand brauste mit Salzsäure behandelt nicht auf. Soweit ein Vergleich möglich ist, stimmt unser Befund mit den von Doeltz und Grau- mann erhaltenen befriedigend überein. Zinkspat von Thasos, Türkei. Fig. 4. Eisenspat von Ivigtut, Grönland. 624 K. Friedrich, Eig. 5. Eisenspat von Neudorf am Harz. Eig. 6. EisenspaEvon^Niederschelden, Westfalen. Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation etc. 025 Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 40 626 E. Wittich, Eisenspat (Fig. 4, 5 und 6). Die chemische Zusammensetzung der untersuchten Eisenspate ist aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich. Tabelle 1. Material Fe C 03 Mn C 03 Si02 Ca C 0, MgC 03 Spat von Jvigtut . . . . 95,1 4,4 0,10 Spat von Neudorf . . . . 80,0 14,6 1,68 — 1,42 Spat von Niederscheiden . 80,2 16,1 — nicht geprüft — Bis zu 1130° ist nur eine starke Wärmebindung zu beobachten gewesen. Der Beginn derselben dürfte bei ca. 400° zu suchen sein. Die Maxima liegen bei 460, 480 und 500°. Da das bei der Zerlegung primär entstehende FeO bei unserer Arbeitsweise sofort höher oxydiert wird, so konnte die Gewichtskontrolle zum Nachweis dafür, daß die Zerlegung eine vollständige war, nicht herangezogen werden. Daß aber schon bei 650° sämtliche Kohlen- säure ausgetrieben war, zeigte die Prüfung des Rückstandes mit Salzsäure. Die Angabe Akerman’s, wonach die Zersetzung des Eisencarbonates zwischen 300 und 400 0 durchzuführen ist, dürfte für die Praxis zutretfen, da hier mit strömender Gasschicht gearbeitet wird und eine lebhafte Störung des Gleichgewichtes stattfindet. (Fortsetzung folgt.) Ueber ein Vorkommen von mitteloligocänem Meeressand bei Hillesheim-Dorndürkheim, Rheinhessen. Von Dr. E. Wittich, Mexiko. Mit 1 Textfigur. Wenn man die Verbreitung des mitteloligocänen Meeressandes im Mainzer Becken betrachtet, so fällt auf, daß dieses älteste Schichtglied des Mainzer Tertiärs fast nur an den Rändern des Beckens oder in der Nähe des Ufers zu finden ist. Innerhalb des Beckens ist der Meeressand bis jetzt nur an sehr wenigen Punkten getroffen worden , aber stets verrät die Ausbildung des- selben die Nähe der Küste oder einer Insel. In der hessischen Provinz Rheinhessen ist der Meeressand des Mitteloligocäns im Südwesten gegen die Pfälzer Berge hin entwickelt, etwa südwestlich der Linie Alzey — Wällstein — Kreuz- nach. Außer dieser Zone gibt es in Rheinhessen bis heute nur noch einen Fundpunkt von Meeressand, nämlich den zwischen Hillesheim und Dorndürkheim, etwa 12 km nordwestlich von Alzey. Zwischen diesen beiden vorgenannten Dörfern endigt ein niederes, von Nordost nach Siidwest ziehendes Plateau mit einem steilen südost — nordwest gerichteten Abfall, an dem die Schichten Ueber ein Vorkommen von mitteloligocänem Meeressand etc. 627 des Meeressandes hängen. Bereits R. Ludwig hatte diese Bil- dungen richtig als Meeressand erkannt; auf seiner geologischen Karte, Blatt Alzey mittelrhein. Geologen-Verein , gibt er jedoch das Vorkommen viel zu groß an. In Wirklichkeit erstreckt sich die ganze Ablagerung kaum auf 1,5 km von Osten nach Westen, bei einer Breite, die oft unter 100 m bleibt (nach den Auf- schlüssen, die vor etlichen Jahren dort gemacht worden waren). Mit dem Meeressand ist hier zugleich ein schmaler Streifen Rotliegendes1 erhalten geblieben; es sind meist rote feinkörnige Sandsteine, die selten kleine Geröllstreifen oder Konglomeratbänke enthalten; oft könnte man bei dem lockeren Material eher von Sanden als von Sandsteinen sprechen. Soweit sich erkennen ließ, ist das Einfallen des Kotliegenden steil nach Südwest. Vermutlich gehören diese Schichten der Kreuznacher Stufe an. Dicht an dem Abhange des Berges verläuft die Fahrstraße von Hillesheim nach Dorndiirkheim ; sie bezeichnet ungefähr die Richtung einer Ver- werfung (SO nach NW) , an der jene Scholle von Rotliegendem aufragt. Die unmittelbare Nähe einer Verwerfung erklärt auch die auffallende Lockerung des Sandsteines. Steigt man den Abhang herauf, so trifft man in der Richtung nach Nordwest immer mehr und mehr Geröllschichten , die meist aus Quarzen , Quarziten und Tonschiefern , seltener aus Porphyr- geröllen bestehen. Bei der steilen Stellung des Rotliegenden ist es wahrscheinlich, daß hier bereits Waderner Schichten auftreten. Mangels geeigneter Aufschlüsse war es nicht möglich, die Mächtig- keit des Rotliegenden zu bestimmen. Ein schmaler, aber tiefer Graben durchschneidet das Rotliegende in der Richtung SW nach NO. Die Anhöhe wird bedeckt von diluvialen Gerollen. An dieser schmalen Scholle des oberen Rot- liegenden hängen die erwähnten Sand- und Geröllablagerungen des Mitteloligocäns, charakterisiert durch zahlreiche Fossilien. Durch- setzt werden diese Sande, die in einigen Gruben am Bergabhange aufgeschlossen waren , von Brauneisenbändern oder förmlichen Limonitsandsteinen ; sie hängen stark nach Südwesten und ihr Einfallen wird weiter südlich noch steiler. In den beiden ge- nannten Orten werden die Meeressande nur noch bei tieferen Brunnengrabungen angetrofifen, unter einer starken Tonschicht (ob Rupelton?), die als dünne Decke auch in den erwähnten Auf- schlüssen die Sande überlagert. Es erinnert dies an die Profile, die ich von Vilbel im Centralblatt 1905 publizierte. Ein Schnitt durch den Bergabhang von Nordwest nach Südost ergab seinerzeit folgendes Bild (Textfigur p. 628). 1 Auf der geologischen Karte von R. Ludwig, Blatt Alzey, fehlt das Rotliegende; dagegen ist es auf der Karte von R. Lepsius, Das Mainzer Becken, angegeben. 40* 628 E. Wittich. Trotz der geringen Ausdehnung wechselt das Aussehen des Meeressandes in jeder Sandgrube, wie sich in folgenden Profilen kund gibt : In der großen Sandgrube von Dorndürkheim, dem am weitesten nach Osten gelegenen Aufschluß, war der Meeressand bis zu 15 m Tiefe angeschnitten. Die Oberfläche bildet Ackererde und Löß- lehm bis ca. 1 m, darunter graugrüner, unreiner Ton mit unregel- mäßiger Sohle 0,5 — 1 m. Dann folgen die Schichten des Meeressandes, beginnend mit 1,5 m Kiese mit Limonitbändern und Eisenschuß, nach unten stellen sich förmliche Eisensandsteine ein. Der überlagernde Ton greift unregelmäßig in diese liegenden Kiese ein. Die Sandsteine enthalten gelegentlich Hohlformen von Cerithien, Rissoen u. a. m. Nach unten geht der Kies über in feinen , gleichkörnigen Hillesheim o .. . RotHead. Meeressd Meeressand / r . , / G Basaltgang / \ STUTTGART. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser. 1912. / »Monatlich 2 Nummern. Preis für Nichtabonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Mk. pro Jahr. Abonnenten des Neuen Jahrbuchs erhalten das Centralblatt unberechnet. Dieser Nummer ist beigefiigt ein Prospekt der E. Schweizerbart’schen Verl- agsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, in Stuttgart betr. R. R. Schmidt. I>ie diluviale Vorzeit Deutschlands. Jf Inhalt. Original-Mitteilungen etc. Seite Butz, Josef: Die Eruptivgesteine der Insel Samos. Mit 1 Karten- skizze. (Fortsetzung) 641 Friedrich, K. : Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation und der Konstitution leicht zerlegbarer Mineralien. Mit 25 Textfiguren. (Fortsetzung) 651 Brandes, Theodor: Sandiger Zechstein am alten Gebirge an der unteren Werra und Fulda und die Kontinuität des Land- % Werdens in Mitteldeutschland. Mit 1 Textfigur 660 Mi s c e 1 1 a n e a 671 Besprechungen. Eppler, E. : Die Schmucksteine und die Schmucksteinindustrie . . 672 Personalia 672 Chemisches Laboratorium von Professor Dr. M. Dittrich Heidelberg Brunnengasse 14 Mineral-, Erz- und Gesteinsuntersuehungen. — Quell- und Mineralwasseranalysen. — Untersuchungen auf Radioaktivität. — Chemische Praktica, unter besonderer Berücksichtigung der Mineralogen und Geologen, auch in den Universitätsferien. Prospekte auf Verlangen. Tertiär-Gonchylien (Mainzer Becken), tadellos erhaltene Sammlung oder nach Liste verkauft E. Kupp, Frankfurt a. M. Röderhergweg 5i n. E. Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung. Nägele &Dr. Sproesser, in Stuttgart. Am Tendaguru Leben und Wirken einer deutschen Forschungsexpedition zur Aus- grabung vorweltlicher Riesensaurier in Deutsch-Ostafrika von Dr. Edw. Hennig. 8°. 131 Seiten mit 62 Abbildungen im Text, 8 schwarzen, 1 farbigen Tafel und 1 Kartenskizze. — Preis broschiert Mk. 4. — , geb. Mk. 4.80. Ein fesselnd geschriebenes Buch für jeden Gebildeten, der sich für das Leben und Wirken während einer derartigen Expedition, für deren Organisation und wechselvolle Umgebung an Land und Leuten interessiert. Josef Butz, Die Eruptivgesteine der Insel Samos. 641 Original-Mitteilungen an die Redaktion. Die Eruptivgesteine der Insel Samos. Von Josef Butz aus Coblenz. Mit 1 Kartenskizze. (Fortsetzung.) b) Pyroxen und Amphibol. Auch der Diallag ist einer Umwandlung unterworfen, und zwar bildet sich daraus eine uralitische bezw. smaragditische Hornblende, aus der sich an einigen Stellen Muscovit weiter entwickelt hat. Frischer, wenig zersetzter Diallag findet sich nur in dem Saussuritgabbro südlich von Pagonda. Hier liegt er in großen Kristallen vor, bei denen Durchwachsungen eine nicht seltene Erscheinungsform sind. Er ist farblos bis graubraun gefärbt und mit dichtgedrängten feinen Spaltrissen versehen, auch die Quer- absonderung tritt in Schnitten senkrecht zur c-Achse recht deut- lich hervor. Die Ränder sind stets etwas ausgefranst und um- gewandelt, doch ist bei dem Saussuritgabbro die Umwandlungszone sehr schmal, dagegen beim Uralitgabbro bedeutend breiter, so daß meist nur noch ein kleiner Diallagkern in der Mitte übrig bleibt. Die Umwandlung schreitet also vom Rande her nach innen fort und die c-Achse des neuentstehenden Kristalls fällt mit der des ursprünglich vorhandenen Diallags zusammen. Der resultierende Uralit bezw. Smaragdit ist in Schnitten aus der Prismenzone leb- haft saftgrün oder schmutzig graugrün und zeigt deutlichen Pleochroismus, wenn auch mit geringen Absorptionsunterschieden. In Schnitten senkrecht zur Vertikalachse hat er einen bräunlichen Ton. Von den Uralitkristallen sind am Rande kleine Partien los- gelöst, vielfach sind auch die Diallag- und Uralitkristalle ver- bogen, letztere auch zerbrochen und, wie schon oben erwähnt, in feine Nadeln und Büschel aufgelöst. Die Uralitisierung von Diallag wurde einerseits auf Gebirgs- druck, andererseits auf Kontaktwirkungen zurückgeführt. Nun hat in der Tat ein stellenweise sogar sehr intensiver Druck auf diese Gabbros eingewirkt, wie aus den geschichteten und intensiv ge- falteten Handstücken hervorgeht. Doch liegen eine ganze Reihe von Smaragditgabbros vor, die keinerlei Anzeichen eines inten- siveren Druckes aufweisen ; somit käme der Gebirgsdruck als Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 41 642 Josef Butz, uralitisierendes Agens in unserem Falle nicht in Betracht, auch äußerer Kontakt hat nicht stattgefunden, vielmehr müssen wir die Uralitisierung als innere Kontakterscheinung auffassen , die von selbst verläuft und als ein normal sich vollziehender Vorgang anzusehen ist. In dem Uralitgabbro von Myli ist zumteil der Diallag, wie gesagt, noch in gut erhaltenem Zustand, aber von seinen Rändern sind Partien losgelöst und die Kristalle von Rissen und Sprüngen durchsetzt — die allerdings in diesem Falle nicht auf Gebirgs- druck, sondern auf atmosphärische Verwitterung zurückzuführen sind. Hier tritt dann an jedem einzelnen losgelösten Teilchen und auf den Sprüngen zonar nach innen fortschreitende Uraliti- sierung ein, doch entstehen hierbei keine einheitlichen Uralitkristalle, sondern vielmehr ein Gewirr von unregelmäßigen verzahnten Uralitfetzen. Dieses geht so weit fort, daß schließlich ein Horn- blendeschiefer entsteht, wie ein solcher besonders deutlich aus- geprägt ist an einem von Myli stammenden Handstück, das an der einen Seite aus typischem Saussuritgabbro , an der anderen aus Hornblendeschiefer besteht. Wenn also der Diallag durch irgendwelche Einflüsse zer- sprengt und zerfetzt wird, so können bei der Uralitisierung jeden- falls keine einheitlichen Smaragditkristalle entstehen, wie sie in den Smaragditgabbros vorliegen. Es kann also bei den Smaragdit- gabbros der Druck, der die Faltung bewirkte, erst eingesetzt haben, als sich die Uralitisierung schon zum großen Teil vollzogen hatte* Im Inneren der großen Uralitkristalle geht nun wiederum eine Umwandlung vor sich, die ausschließlich in den Smaragdit- gabbros zu beobachten ist. Der Smaragdit wird allmählich blasser, die anfangs in großer Menge darin enthaltenen punktförmigen Einschlüsse — dieselben sind meist regellos, selten strichweise angeordnet — verschwinden mit zunehmender Bleichung und die Interferenzfarben werden höher; schließlich erscheinen eine ganze Anzahl beliebig orientierter, farbloser bis schwach bläulich ge- färbter Muscovitblättchen mit äußerst scharf ausgeprägter Spalt- barkeit ; die Auslöschung erfolgt parallel zu den Spaltrissen. c) Apatit und Turmalin. Von den Übergemengteilen wurde bei der makroskopischen Beschreibung schon das Vorkommen von Apatit und als besonders merkwürdig das von Turmalin hervorgehoben. Letzterer zeigt starken Pleochroismus von farblos bis olivengrün, purpurrote oder grüne Interferenzfarben und parallele Auslöschung. Die Anwesenheit der genannten beiden Mineralien deutet darauf hin, daß während oder kurz nach der Verfestigung des Gesteins Gasexhalationen stattgefunden haben. Beide Mineralien finden sich sowohl in dem Saussurit- wie in dem Smaragditgabbro. Die Eruptivgesteine der Insel Samos. 643 Rosenbusch erwähnt in Bd. II der Mikr. Phys. d. Min. u. Gest. S. 338 einen Fall, daß Turmalinsonnen in einem Gabbro vou Dulutli beobachtet worden seien. Doch steht es keineswegs fest, daß es sich hierbei wirklich um Turmalin handelt. Von dem in Frage stehenden Gabbro heißt es nämlich nach der Be- schreibung M. E. Wadswouth’s 1 : „A radiated group of epidote crystals was observed in the section.“ Hierzu bemerkt Winchell1 : „The radiating group of crystals mentioned above — at least only one such group was seen in the section - — - has the characters of tourmaline rather tlian of epidote.“ Ein weiterer häufig verbreiteter Übergemengteil ist das Leu- koxen genannte Umwandlungsprodukt des Titaneisens ; er bildet größere Partien, die im Schliff mit bloßem Auge als orangegelbe oder rötlichgraue Flecken zu erkennen sind. In den Gabbrogesteinen von Myli finden wir Uralit- und Smaragditgabbro zu einem zusammenhängenden Lager eng ver- bunden. Der hier vorkommende Smaragditgabbro unterscheidet sich von dem nördlich von Pagonda lagernden nicht im geringsten; andererseits steht der Uralitgabbro dem südlich von Pagonda auf- tretenden insofern sehr nahe, als in beiden gut erhaltene Diallag- kristalle Vorkommen. Diese Tatsachen und die früher angeführten Übereinstimmungen lassen auf einen unterirdischen Zusammenhang und auf eine gleichzeitige Entstehung sämtlicher Gabbro - lager aus demselben Magma schließen. Während oder kurz nach der Verfestigung fanden pneuma- tolytische Vorgänge statt. Nachher setzte infolge inneren Kontaktes Uralitisierung ein, die in verschieden weit vorgeschrittenen Stadien vorliegt. Dem- nach sind die makroskopisch hervortretenden, hauptsächlich an den farbigen Gemengteilen ausgeprägten Unterschiede keine generellen, sondern nur graduelle. Später setzte Gebirgsdruck bezw. Pressung ein. Dieser Druck bewirkte Schichtung und Faltung eines Teiles der Smaragdit- gabbros oder Zerbrechung und Quetschung der Smaragdit- und Diallagkristalle. Durch hinzutretende atmosphärische Einflüsse entstanden weiterhin Hornblendeschiefer, Amphibolite und Serpen- tine. Letztere sollen im folgenden noch näher besprochen werden. 1 Zitiert nach N. H. Winchell: Geological and Natural History survey, volume V of the final report p. 539. 41* 644 Josef Butz, 2. Amphibolit und Serpentin. Ständige Begleiter der Gabbros und mit diesen zumteil eng verbunden sind Amphibolite und Serpentine; nur bei dem Smaragdit- gabbro nördlich von Pagonda finden sich die letztgenannten Ge- steine nicht vor. Die Amphibolite sind grünlichsclivvarze, dichte Gesteine, in denen noch große Uralitreste in größerer oder geringerer Anzahl enthalten sind. Dieselben sind entweder tiefschwarz, pechglänzend oder mit zunehmender Verwitterung etwas matter und hellbläulich oder grünlich gefärbt. Ihre Dimensionen sind in den einzelnen Handstücken verschieden groß. Mit abnehmender Größe der Uralit- reste geht das Gestein allmählich immer mehr in Serpentin über, in welchem diese Reste nur noch mikroskopisch und schließlich überhaupt nicht mehr wahrgenommen werden können. An dem von Myli stammenden Amphibolitblock ist eine schwache Schichtung und sanfte Biegung angedeutet. Die Serpentine sind zumteil von etwas hellerer Farbe als die Amphibolite. Die direkte Entstehung des Amphibolites aus Gabbro wird unzweifelhaft bewiesen durch die Erscheinung an dem Uralitgabbro von Myli, an dem sich durch oberflächliche atmosphärische Ver- witterung ein ziemlich unvermittelter Übergang in ein schieferiges Hornblendegestein vollzieht. In einem Dünnschliff, der so geschnitten wurde, daß er die Übergangszone enthält, beobachtet man folgendes : In dem nicht amphibolisierten Teile liegen in einer Grundmasse von grobkörnigen Epidot- und Zoisitkristallen — der Epidot ist bei weitem vor- herrschend— große Diallagindividuen. Dieselben sind von Schnüren und Sprüngen durchzogen, auf denen sich faserige Hornblende- aggregate gebildet haben. Die farblose Hornblende breitet sich mehr und mehr aus und wird schwach grünlich oder bläulich ge- färbt und damit tritt ein ganz schwacher Pleochroismus ein. Der Epidot tritt immer mehr zurück und kommt schließlich in der Hornblende nur noch in vereinzelten Körnern vor, die ebenfalls zumteil schwach pleochroitisch sind. Bei dieser Umsetzung bleibt kein Feldspat zurück, sondern alles setzt sich restlos in Hornblende um. Eine Amphibolisierung der Smaragditgabbros ist mir nicht bekannt, vielmehr ist dieser Prozeß der atmosphärischen Ver- witterung nur auf solche Gabbros beschränkt, in denen noch un- zersetzter Diallag vorliegt. Mit dem nachweislich aus Gabbro entstandenen Amphibolit haben die übrigen die allergrößte Ähnlichkeit. Unter dem Mikro- skop stellen sie ein wirres Gemenge von kleinen verzahnten und ineinandergreifenden Hornblendefasern und -fetzen dar mit schwachem Pleochroismus von weingelb bis apfelgrün. In dieser Grundmasse liegen noch größere zumteil spindelförmige Hornblendestücke manchmal zu einem Knäuel vereinigt; sie sind entweder farblos Die Eruptivgesteine der Insel Samos. 645 bis rötlichgrau oder weisen Pleochroismus von farblos bis gras- grün auf. In einem Amphibolit von Spazarei hat diese Hornblende auffallende Ähnlichkeit mit dem Diallag, der in den aus Wehrliten hervorgehenden Serpentinen vorkommt. Die mit den Gabbrogesteinen zusammen vorkommenden Ser- pentine sind schwarz, dicht und graugrün gefleckt. Die vorliegenden dunklen Serpentin- und Amphibolitgesteine zeigen folgendes mikroskopisches Bild. Einige lassen lediglich ein dichtes Gewirr kleiner Fetzchen und Balken von Hornblende erkennen. Andere bestehen in ihrer ganzen Masse nur aus einer grünlichen bis farblosen serpentinösen Substanz. Dazwischen kommen alle möglichen Übergänge vor, die in einer Serpentin- grundmasse rötlichgraue Hornblendereste enthalten, und zwar wächst die Serpentinmasse auf Kosten der rötlichgrauen Horn- blende. Die Serpentinmasse zeigt entweder zwischen gekreuzten Nicols nur schwache Aufhellung, ist aber dann durchzogen von deutlich aufhellenden Fasern und Streifen von Serpentin, auf denen sich randlicli Magnetit ausgeschieden hat, oder sie ist aus lauter gut aufhellenden Fasern und Balken zusammengesetzt. Der Serpentin entsteht also aus dem Saussuritgabbro, und zwar entwickelt sich aus letzterem zunächst ein Amphibolitschiefer ; in diesem wiederum bildet sich auf Kosten der Hornblende ser- pentinöse Substanz, wobei anfangs noch größere Hornblendereste übrig bleiben. Diese aber verschwinden bei weiter fortschreitender Zersetzung gänzlich, und es resultiert reiner Serpentin, welcher Balken- und Faserstruktur aufweist oder maschenartige Struktur dadurch erhält, daß die Fasern, die anfangs parallel nebeneinander lagerten, aufgelöst werden. Magnetit wird hierbei stets in kleinen Körnchen ausgeschieden. Asbest tritt als Begleiter der Gabbros und Serpentine auf, und zwar ist er an den verschiedenen Fundpunkten von verschiedener Güte. Der von Spazarei stammende ist meist hart, steinig und schieferig. Eine besser gefaserte und weichere Qualität findet sich bei dem Gabbrovorkommen von Pagonda , wo man auch seiden- glänzendes Bergleder antrifft. 3. Glaukophangabbro. Ein ganz kleines Lager eines dunklen Gabbrogesteins , das ebenfalls von Serpentin begleitet ist, finden wir im kristallinen Schiefer unterhalb Kusmadei. Dasselbe tritt , ebenso wie die Gabbrogesteine in der Karvunikette, als stockartige Einlagerung auf. Dieser Glaukophangabbro bildet makroskopisch ein grob- körniges Gemenge von grünlichschwarzer Hornblende und rötlich verwittertem Feldspat. Der Schliff zeigt in einer grünlichgelben Grundmasse von feinkörnigem Epidot eine Fülle von Glaukophankristallen, deren 646 Josef Butz, Umrandung- stark zerstört ist, mit folgenden charakteristischen Absorptionsfarben: senkrecht zur Symmetrieebene farblos bis gelb- lichgrün; in der Symmetrieebene bläulichviolett; in der Prismen- zone himmelblau bis farblos. Auch hier begegnen wir einem neugebildeten quarzähnlichen Feldspat. Er findet sich als Ausfüllung in Adern ohne vollkommen ausgebildete kristallographische Begrenzung meist in Form ver- zahnter rundlicher Körner, die farblos und unverzwillingt sind und nur selten Spaltbarkeiten erkennen lassen. Als Übergemengteil ist reichlich Leukoxen zumteil als Einschluß im Glaukophan enthalten. In dem Epidot haben sich kleine Museo vitblättchen gebildet. 4. Wehrlit. Es ist oben schon erwähnt worden, daß die Wehrlite in- mitten der Diabase den Kern des Kerkimassivs ausmachen. Die Wehrlite von Prinias haben auf frischer Bruchfläche ein dunkles, fast schwarzes Aussehen. Die feinkörnige bis dichte Grundmasse dieser Gesteine enthält in ziemlich großer Anzahl Diallagkristalle in der Größe von 2 — 5 mm Durchmesser. Diese sind von schwarzer Farbe und besitzen Glas- oder Seidenglanz, manchmal läßt sich auch auf hervortretenden Spaltflächen ein metallischer und perlmutterartiger Schimmer erkennen. Außerdem machen sich in der Grundmasse zahlreiche grünlichgraue Serpentin- flecken bemerkbar. U. d. M. erkennt man als wesentliche Bestandteile Olivin und Diallag sowie in großer Menge Serpentin, der aus den beiden erst- genannten Mineralien hervorgeht. Die an den Bändern stets mehr oder weniger zerbrochenen oder abgerundeten Diallagindividuen liegen vielfach in mehreren Stücken zu einem Knäuel vereinigt. Frischer Diallag ist im durchfallenden Licht vollkommen klar und farblos, besitzt scharf ausgeprägte Spaltrisse und die Inter- ferenzfarben Orange bis Gelb zweiter Ordnung sowie dichtgedrängte feine Nadel- und Stäbcheneinschlüsse, die sich in paralleler An- ordnung in geradlinigen, zumteil sich kreuzenden Streifen quer über den Kristall hin oder längs den Spaltrissen und unregelmäßig verlaufenden Sprüngen erstrecken. Vereinzelt findet sich auch ein Olivinkern in dem bräunlichen Diallag. Der Diallag erleidet eine Umwandlung, die sich einerseits in einer schwachen rauchgrauen Trübung, dem Auftreten fleckiger Interferenzfarben, in Verwischung der Spaltrisse, niedrigerer Licht- brechung, körnigen Magneteisenausscheidungen und allmählichem Verschwinden der Stäbcheneinschlüsse, andererseits durch Los- lösung und Zerfetzung randlicher Partien und Eindringen von Serpentinmasse auf den Spaltrissen und Sprüngen bemerkbar macht. Bei der Umwandlung des Diallags in Serpentin bleibt vielfach Die Eruptivgesteine der Insel Samos. 647 die Richtung’ der früheren Spaltbarkeit durch eine dichte und feine Faserung des Serpentins noch deutlich gekennzeichnet, doch ist die Auslöschung des entstandenen Serpentins von der des ur- sprünglich vorhandenen Diallags verschieden. Einige Diallage zeigen eine sanfte, kontinuierliche Verbiegung. Der in großer Menge vorhandene Olivin zeigt ebenso wie der Diallag nirgends mehr kristallographische Begrenzung. Meist schwimmt er in Körnern oder Fetzen im Serpentin. Die noch vorhandenen größeren Individuen sind mit Serpentinmaschen durch- zogen und so in lauter rundliche Körner zerteilt. Der Olivin ist stets farblos und zeigt vereinzelt kurz absetzende Spaltrisse; selten beobachtet man winzige schwarze Pünktcheneinschlüsse, die isoliert auftreten oder in einer kurzen Kette geradlinig hinter- einander liegen. In der Nähe der Randzone des Gesteins sind die Olivinkörner von bläulichschwarzem Magneteisenstaube umkleidet. Der in dem Gestein sehr verbreitete Serpentin ist, wie ge- sagt, der Hauptsache nach aus Olivin, weniger häufig aus Diallag hervcrgegangen. An dem Diallag vollzieht sich eben die Um- wandlung langsamer als am Olivin. Der im gewöhnlichen Licht vollkommen homogene, klar durchsichtige Serpentin zeigt zwischen gekreuzten Nicols an den meisten Stellen ein Gewebe von Fasern und Balken, zwischen denen noch kleine Körnchen, Reste von Olivin, eingeklemmt liegen. Seltener findet sich feine Gitterstruktur, welche auf direkte Entstehung des Serpentins aus Diallag deutet. In einem Schliff aus der oberflächlichen Verwitterungszone finden sich Serpentinpartien von grüner, gelblicher und rötlich- brauner Färbung, die zwischen gekreuzten Nicols nur eine äußerst schwache Aufhellung geben. Zusammen hiermit kommt die Bildung eines äußerst feinen blauschwarzen Staubes vor, der vorwiegend in den Maschen liegt, aber stellenweise so stark angehäuft ist, daß der Schliff völlig undurchsichtig wird. Vereinzelt liegen im Serpentin körnige Magneteisenausscheidungen. 5. Serpentin vom Kerki. Mit zunehmender Verwitterung schreitet die Serpentinisierung immer weiter fort, bis schließlich reine Serpentine aus den Wehr- liten entstehen. Ein solcher findet sich bei Prinias in engem Zu- sammenhang mit Wehrlit, ist aber schon makroskopisch durch seine bedeutend hellere, bläulichgraue bis gelbgrüne Farbe von den eigentlichen Wehrliten zu unterscheiden. In dem Serpentin- gestein liegen ohne scharfe Abgrenzung gegen die Grundmasse, vielmehr allmählich in diese übergehend, schwarze Diallagreste, an denen stellenweise noch kleine Spuren schimmernder Flächen zurückgeblieben sind. Als weiteres Zeichen von Verwitterung treten an dem Handstück mehrere feine Verwitterungsklüfte auf. U. d. M. zeigt der Serpentin geringe Aufhellung sowie 648 Josef Bntz. Maschenstruktur, wobei die Maschen etwas besser aufhellen. Die Maschenstruktur deutet auf Entstehung aus Olivin , während die seltener vorhandene feine Parallelfaserung die Entstehung aus Diallag anzeigt. Oft schwimmen spindelförmige oder elliptische Streifen und Fetzen, Reste von Diallag, von den verschiedensten Dimensionen im Serpentin. Sie sind regelmäßig mit Ausscheidungen von kohlen- saurem Kalk umkleidet oder durchzogen und hängen vielfach noch mit größeren, weniger zersetzten Diallagkristallen zusammen. Diese liegen, ganz ähnlich wie im Wehrlit, gewöhnlich zu mehreren zu einem Knäuel vereinigt; sie besitzen rötlichgraue, trübe Färbung, sind zerfetzt und teilweise zerlöchert und sehen einer Hornblende nicht unähnlich. Magnetit ist in körnigen Ausscheidungen über den ganzen Schliff verteilt. 6. Diabas. Wir haben schon erfahren, daß ein kleineres Diabaslager in der Nähe des Gabbromassivs existiert, daß aber der Hauptkomplex der Diabase am Kerki als niedrigere Kuppen um einen ultra- basischen Kern von Wehrliten kranzartig herumgruppiert ist. Die sämtlichen Eruptivgesteine im Westen der Insel liegen unter den nach Ostsüdosten einfallenden Kalksteinschichten des Kerkimassivs. Äußerlich treten an den Diabasen keinerlei bemerkenswerte Verschiedenheiten hervor; sie zeigen eine ziemlich einheitliche feinkörnige oder dichte Struktur, wobei im allgemeinen die einzelnen Mineralkomponenten sehr wenig deutlich voneinander zu unter- scheiden sind. Die sämtlichen Diabasen eigene graugrüne Farbe variiert stark mit dem Grade der Zersetzung, und zwar besitzen die stärker zersetzten , kristallinisch-körnigen Varietäten einen hellen , ins Gelbe gehenden Ton, im allgemeinen bedingt durch zahlreich auf- tretende Epidotflecken, während die weniger stark umgewandelten ein feineres Korn oder dichte Beschaffenheit aufweisen und schmutzig graugrün bis schwarz gefärbt erscheinen. Es lassen sich folgende Arten von Diabasen unterscheiden : a) Diabasaphanit, b) Hornblende-Olivin-Diabas, c) Diabasporphyrit, d) Uralit-Diabas. a) Diabasaphanit. Von dem Diabasaphanit existieren zwei Typen. Dieselben sind auf frischer Bruchfläche vollkommen schwarz und dicht und besitzen einen rotbraunen bis schwarzen , stellenweise metallisch Die Eruptivgesteine der Insel Samos. 649 glänzenden Verwitterungsüberzug. In dem einen Typ finden sich winzige, goldgelb glänzende Pyritflecken. Das mikroskopische Bild zeigt ein außerordentlich feinkörniges Gemenge , bestehend aus grüner chloritischer Substanz, schwarzen Magneteisenkörnchen und einer weißen, feldspatartigen Masse. Der andere Diabasaphanit unterscheidet sich von dem ersteren durch das Hinzutreten kleiner schmaler Plagioklasleistchen von frischem Aussehen mit nur wenig punktartigen chloritischen Ein- schlüssen. Leukoxen ist ein in reichlichem Maße vorhandener Gemengteil. Außerdem ist das Gestein sehr stark mit kohlen- saurem Kalk in Form winziger Pünktchen und feiner Äderchen imprägniert. b) Hornblende-Olivin-Diabas. Der Hornblende-Olivin-Diabas, der unten am Vorsprung östlich vom Hafen Agios Isidoros auftritt, ist ein körniges, etwas bröcke- liges Gestein und enthält in einer schmutzig graugrünen Grund- masse zahlreiche weiße Feldspatkristalle von 1 — 2 mm Länge. Das mikroskopische Bild zeigt die den Diabasen eigentümliche ophitische Struktur in guter Ausprägung, indem die meisten Horn- blende- und Olivinkristalle von Feldspatleisten durchsetzt werden. An einigen Stellen allerdings sind die Feldspäte der Hornblende gegenüber nicht idiomorph. Die Hornblendekristalle fallen zunächst durch ihre bedeutende Größe und intensiv bräunliche, tiefgrüne oder bläuliche Farbe auf. Ihre äußere Umgrenzung ist nur wenig zerstört und zeigt niemals die Form des Augites; ich bin deshalb geneigt, auf die primäre Natur dieser Hornblende zu schließen. Klarer Olivin ist zwischen den Feldspatleisten eingeklemmt, größere Partien desselben sind durch schmale Sprünge und Schnüre, die mit grüner Substanz angefüllt sind , in rundliche Körner zer- teilt. Fast stets besitzt er deutliche, kurz absetzende Spaltrisse und hinterläßt bei der Umwandlung schmutzig graugrün gefärbte, zackige Lappen einer anscheinend isotropen Substanz. Der breitleistenförmig ausgebildete Feldspat mit wenig wieder- holter Zwillingsbildung nach dem Albitgesetz zeigt dem Feldspat des Diabasaphanites gegenüber ein etwas weiter vorgeschrittenes Stadium der Zersetzung. Dieselbe besteht in einer Chloritisierung, wobei sich anfänglich graue Punkteinschlüsse bilden , die nebst chloritischer Substanz allmählich den ganzen Kristall erfüllen und stark trüben. Nebenher geht Saussuritisierung, die ebenfalls im Innern des Feldspates ein setzt , bis schließlich der ganze Kristall unter Bei- behaltung der Leistenform durch Epidot bezw. Zoisit ersetzt wird. Eine frühere Feldspatleiste wird hierbei jedoch nicht durch einen einheitlichen Epidot- oder Zoisitkristall vertreten , sondern von 650 Josef Butz, Die Eruptivgesteine der Insel Samos. vielen Körnern erfüllt, was erst besonders deutlich zwischen ge- kreuzten Nicols durch die bunten Interferenzfarben hervortritt. Zumteil zeigt der Epidot schwachen Pleochroismus in Gelbgrün. Als Ausfüllung hat kohlensaurer Kalk ziemliche Verbreitung; als Übergemengteile sind Apatitnadeln, vereinzelt Magnetit, häufiger Leukoxen zu nennen. c) Diabasporphyrit. Von dem Diabasaphanit unterscheidet sich der Diabasporphyrit makroskopisch durch seine bedeutend hellere, grünlichgelbe Farbe. Die gelben Flecken rühren von Epidot her. Makroskopisch tritt die porphyrische Struktur wegen der starken Chloritisierung des Gesteins nicht mehr hervor; man erkennt dieselbe vielmehr erst unter dem Mikroskop. Hier ist sie deutlich gekennzeichnet durch das Vorhandensein großer breiter Feldspatleisten von fast quadratischem Querschnitt. Dieselben sind vollgepfropft mit kleinen rundlichen Einschlüssen grüner chloritischer Substanz , die den ganzen Kristall einheitlich erfüllen. Zwischen den aus dem Feldspat entstandenen Produkten und der vorhandenen Grundmasse bestehen kaum nennenswerte Unterschiede. Reste von Olivin sind noch vorhanden, der sowohl im Innern als auch randlich in chloritische Substanz umgewandelt ist. Hornblende habe ich nicht beobachtet, auch fehlt fast voll- ständig der Magnetit. Kohlensaurer Kalk durchsetzt in Adern das Gestein. d) Uralitdiabas. Dieses Gestein ist feinkörnig und von hellgrüner Farbe, welche zumteil bedingt ist durch zahlreiche Epidotfleckchen. Feldspat ist auch unter dem Mikroskop nicht mehr wahr- nehmbar, statt dessen treffen wir die schon mehrfach erwähnten Zersetzungsprodukte desselben an , unter teilweiser Beibehaltung der Leistenform. Sodann hat eine uralitische , feinfaserige Hornblende mit Pleochroismus farblos bis bläulichgrün ausgedehnte Verbreitung. Stellenweise ist dieselbe verbogen oder zu feinen Nadeln fächer- oder büschelförmig auseinandergelöst. Diese Nadeln sind oft ein- gebettet in farblose , klare Substanz , welche vielfach die Lücken zwischen den einzelnen Gemengteilen ausfüllt, auch in Adern auf- tritt und sich meist als Quarz bestimmen läßt. Die Übergemengteile sind dieselben wie beim Hornblende- Olivin-Diabas. Bemerkenswert ist noch die Tatsache, daß dieser Uralitdiabas nicht mit den übrigen Diabasen im Kerkimassiv auftritt; er liegt K. Friedrich, Beiträge zur Kenntnis etc. 651 vielmehr in der Karvunikette bei Kuzira, nördlich von dem Gabbro- massiv und bildet hier eine längliche Kuppe. Die Struktur der vorliegenden Diabase lehrt uns, daß im all- gemeinen die Feldspäte zuerst aus dem Magma ausgeschieden wurden; nur vereinzelt ist die Ausscheidung der femischen Ge- mengteile mit der der Feldspäte gleichzeitig erfolgt. Nehmen wir hierzu noch die Tatsache , daß die Diabase des Kerkimassivs als Randglieder um die Wehrlite herumgelagert sind, so kommen wir zu dem Ergebnis : die Wehrlite und Diabase des Kerkimassivs sind aus einem einzigen Magma durch Differenzierung und Faziesbildung entstanden , indem sich an den Rändern ein acideres Magma und in der Mitte ein basischer Kern bildete. Aus der Randzone dieses Gesteinskomplexes wäre noch ein rötliches Gestein zu erwähnen, welches zahlreiche Kalkspatmandeln enthält, deren Durchmesser etwa 2 — 4 mm beträgt. Außerdem findet sich hier noch ein breccienartig aussehendes, dunkelgrünes Gestein, wesentlich bestehend aus Epidot, dazwischen ziehen sich Adern von kohlensaurem Kalk hindurch. U. d. M. erkennt man eine filzige, grau gefärbte Masse mit grünen chloriti- schen Punkten und Fetzchen; darin l ogen längere cliloritische Streifen und Epidotleisten ; an manchen Stellen des Schliffes ist der Epidot sehr stark ausgedehnt, Ähnliches trifft für den kohlen- sauren Kalk zu. Magnetit ist nicht vorhanden. Ob dieses Gestein eine Breccie , oder ob es das Produkt einer Kontaktwirkung ist, konnte ich nicht entscheiden. (Schluß folgt.) Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation und der Konstitution leicht zerlegbarer Mineralien. Von K. Friedrich in Breslau. Mit 25 Textfiguren. (Fortsetzung.) Manganspat (Fig. 7 und 8). Laut Analyse enthielten der Spat von Colorado: 90,66% MnC03, 3,47% FeC03, 3,82 °/o MgC03 und 1,90% Si02 und derjenige von Peru: 91,5 °/o MnC03 und 6,0 °/o FeC03. Die Zersetzungstemperaturen stimmen nahezu überein. Speziell bei dem Spate von Colorado, bei dem die Zerlegung thermisch besonders deutlich sich bemerkbar machte, dürfte der Beginn der beobachteten Wärmebindung bei 525° zu suchen sein, während das Maximum bei 570° liegt. Bei der Erhitzung der Probesubstanz bis 1130° 652 K. Friedrich, betrug der Gewichtsverlust nur 96,8 °/o, bei einem Versuche, welcher bei 700° abgebrochen wurde, aber 99,0 % des theoretisch erforderlichen Betrages. Die in ersterem Falle gefundene geringere Gewichtsabnahme ist zweifellos mit auf eine Sauerstoff- Aufnahme seitens des MnO bei erhöhter Temperatur zurückzuführen. Jeden- falls ist die Zerlegung schon bei 700° praktisch als vollständig Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation etc. 653 anzusprechen. Der Rückstand brauste mit Salzsäure behandelt nur ganz schwach auf. Von den Angaben Joulin’s und Brill’s weichen unsere Befunde wesentlich ab. Magnesit (Fig. 9). Die Analyse ergab 94,11 °/0 MgCOs, 0,50 °/o CaC03, 0,84 °/0 FeC03, 1,40 °/0 Si02, Spur Mn. Die Kurve des untersuchten Fig. 9 Magnesit von Kaisersberg, Steiermark. Magnesits zeigt einen ähnlich scharfen Knick wie diejenige des Manganspates von Colorado. Er beginnt bei 570° und hat sein Maximum bei 600°. Nach der Erhitzung bis auf 950° betrug der Gewichtsverlust 98,4 °/o, nach der Erhitzung auf 750° 96,8 °/0 des theoretischen Betrages. Der Rückstand gab keine bezw. nur eine sehr schwache Reaktion auf Kohlensäure. Auch hier besteht ein recht bedeutender Unterschied zwischen unserem Befunde und demjenigen von Brill, welcher als Dissoziationstemperatur für eine Atmosphäre 445 0 angibt. Vielleicht ist die Ursache hierfür in der Verschiedenheit der von uns angewendeten Materialien, sowie aber auch der Apparatur und Arbeitsweise zu suchen. Wenn Fig. 10. Kalkspat von Löwenberg, Schlesien. Fig. 11. Aragonit von Bilin, Böhmen. 654 K. Friedrich, wir eine stufenweise Abspaltung der Kohlensäure nicht zu kon- statieren vermochten, so kann dies in unserer Methode begründet liegen. Mit den Ergebnissen von Vestenbekg und Wülfing stimmt unser Ergebnis besser überein. Kalkspat und Aragonit (Fig. 10 u. 11). Die chemische Analyse ergab für Kalkspat 99,00 °/o CaC03, 0,82 °/o Fe C 03, für Aragonit 99,50°/o CaC03, Spur MgO. In Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation etc. 655 Übereinstimmung mit unseren bisherigen Kenntnissen über die Lage des Umwandlungspunktes von Aragonit in Calcit zeigten beide Modifikationen des Calciumcarbonats bezüglich ihrer Zerlegung keinen wesentlichen Unterschied. Thermisch wurde die erste Wärmebindung beobachtet bei 895°, das Maximum liegt bei 910°. Der Gewichtsverlust betrug bei der Erhitzung bis auf 1 1 00 0 beim Kalkspat 99,9, beim Aragonit 99,7 bezw. 99,8 °/o des theoretisch erforderlichen Betrages. Die Untersuchungen haben bestätigt, daß für eine gegebene Temperatur bis zu einer Atmosphäre der Kohlen- säuredruck des Calciumcarbonats geringer ist als derjenige des Zink- und Magnesiumcarbonats : die Zerlegung der letzteren er- folgt bei wesentlich niedrigeren Temperaturen. Wärmetönungen, welche auf eine Umwandlung des Aragonits in Calcit hindeuten, konnten in dem untersuchten Temperaturbereich auch von uns nicht aufgefunden werden. Die nach der Methode der Erhitzungs- kurven ermittelte Dissoziationstemperatur stimmt mit den neueren Angaben von Zavkieff, Riesenfeld und Johnston sehr gut überein. Strontianit (Fig. 12). Die Analyse dieses Materials ergab an Verunreinigungen 12,42 °/o CaC03 und 0,40 °/o FeC03. Die thermische Analyse ließ zwei Wärmebindungen erkennen. Die erste beginnt bei ca. 830° und hat ihr Maximum bei 860°, die zweite schließt sich dicht daran mit einem Maximum bei 895° an. Da, wie der Augenschein lehrte, Schmelzung nicht eingetreten war, so können diese Wärme- tönungen entweder nur durch eine Zerlegung von Carbonat oder durch eine Umwandlung verursacht sein. Für die Zerlegung kann aber nur eine Verunreinigung in Betracht kommen. Bis auf 1 1 60 a erhitzt, verlor der Strontianit nur etwa 12°/o des theoretisch er- forderlichen Betrages an Kohlensäure. Berücksichtigt man , daß der Calciumcarbonatgehalt 12,4 °/o beträgt, so liegt die Annahme sehr nahe, daß eine der beiden zwischen 830 und 910° beobachteten Wärmebindungen auf Rechnung dieses Carbonats zu setzen ist. Um nun zu ermitteln , ob außerdem etwa auch eine Umwandlung vorliegt, wurde dieselbe Substanz mehrmals hintereinander erhitzt, wobei neben der Erhitzung auch die Abkühlung verfolgt wurde. Dabei konnte beobachtet werden, daß die eine der beiden Wärme- bindungen schwächer wurde, während die andere in derselben Stärke regelmäßig weiter auftrat. Außerdem wurde stets in den Ab- kühlungskurven eine Wärmeentwicklung gefunden, und zwar be- sonders stark, nachdem die Probesubstanz eine Stunde lang auf 1100° erhitzt worden war. Aus diesen Befunden müssen wir un- bedingt schließen, daß tatsächlich die eine der beiden Wärme- bindungen einer Umwandlung zukommt. Da CaO nicht in Betracht kommen kann, so dürfte es nur das Strontiumcarbonat sein, welches diese Umwandlung erleidet. Die Frage, welche der beiden Wärme- 656 K. Friedrich. bindungen der Umwandlung entspricht, möchten wir dahin beant- worten , daß es sehr wahrscheinlich die erste ist. Die Wärme- entwicklung auf den Abkühlungskurven setzte um etwa 20 — 30° tiefer als die erste Wärmebindung ein. Vor allem aber entspricht die Lage der zweiten Wärmebindung ziemlich genau der Disso- ziationstemperatur des Calciumcarbonats. Die Methode der Erhitzungskurven hat uns also eine Um- wandlung enthüllt, welche am Strontianit thermisch bisher noch Fig. 12. Strontianit von Hamm, Westfalen. femp. f baiAbn.-i 'ruck) 1 .7 w IC . y / % i { t / 16 % , . : ■ 16 m j ^ m fjacrJlitewigskiirse a st.ZliA / m zm mÜ’Mzum&sJiui.'K. I waSe:. Zell nicht beobachtet worden war. Hier werden wir an die Angabe von Vernadsky erinnert, wonach SrC03 bei höherer Temperatur eine Umwandlung erleidet. Vielleicht entspricht dieser die von uns gefundene Wärmetönung. Freilich verlegt Vernadsky die Um- wandlung auf 700°, während wir sie erst bei ca. 800° nach weisen konnten. Die Angabe von Le Chatelier bezw. Conroy, daß SrC03 bei 820° bezw. 1050° sich zerlege, haben wir für Atmosphärendruck nicht bestätigen können. Dagegen stimmt unser Resultat, wonach bis zu 1130° eine merkliche Zersetzung noch nicht eintritt, mit den Befunden von Stiepel und Herzfeld bezw. Brill überein. Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation etc. 657 Witherit (Fig. 1 3). Hier wurden zwei Versuchsreihen durchgeführt : die eine mit •einem etwas weniger reinen Material von Aiston, Cumberland, die andere mit einem sehr reinen Witherit unbekannter Herkunft. Die Analyse des letzteren ergab 99,49 % BaC03, Spur Si02. In beiden Fällen zeigten die Erhitzungskurven bei ca. 810° einen •scharfen Halt, welcher bei etwa 780° beginnt. Nun konnten Fig. 13. Witherit, Fundort unbekannt. Zeit auch bei der Erhitzung bis zu 1130° nur ganz geringe Verluste konstatiert werden. Beim Witherit von Aiston machten sie ca. 4%, bei dem reinen Witherit aber nur 1 bis maximum 2% des für reines Bariumcarbonat theoretisch erforderlichen Betrages aus. Die bei ca. 800 0 beobachtete relativ starke Wärmebindung kann also einer Abspaltung von Kohlensäure nicht zugeschrieben werden. Ferner trat aber auch keine Schmelzung ein. Der Glührückstand des reinen Materials war nur in Spuren, derjenige des unreinen Witherits ganz schwach gesintert, keinesfalls aber geschmolzen. Somit bleibt nur noch die Annahme übrig, daß die in Rede stehende Wärmebindung von einer Umwandlung herrührt. Diese Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 42 658 K. Friedrich, Umwandlung ist reversibel: bei beiden Materialien trat beim Ab- kühlen der Substanz eine Wärmeentwicklung auf, welche zwar um ca. 40° tiefer einsetzte, aber ebenso stark ausgeprägt war, wie die Wärmebindung auf der Erhitzungskurve. Auch nach mehrmaligem Erhitzen und Abkühlen der gleichen Substanzmenge ließ die Intensität der Wärmetönungen nicht merklich nach. Die Untersuchungen haben also die Angabe Boekes bestätigt, daß Bariumcarbonat bei ca. 800 0 einen Umwandlungspunkt besitzt. Fig. 14. Beginn der Zersetzung bezw. Umwandlung (bei Atm. -Druck) von f I J.W73. 1000 9 00 po W 500 300 S?ren?iaxit, Witten? [Xattsjoa? '‘Jnpn:/ Strontium? ll/ittieri ? slerse?nvir. s Ibnwdndhuir. Jhßrnssi? JftiJlfeUlSm? bas. Bliicarbma? r linJisjjal £ isansml [lllille lam 3 JJorJcojmenJ Cernssi? bas. [arbojia?. Eine Zerlegung des BaC03 kann erst bei sehr hohen Tempera- turen (über 1100°) stattfinden. Die Ergebnisse der Einzeluntersucliungen aus den Erhitzungs- kurven sind in der Tabelle 2 und in Fig. 14 zusammengestellt. In die letztere sind der Übersichtlichkeit halber nur die Tempera- turen des thermisch nachweisbaren Zersetzungs- bezw. Umwand- lungsbeginns, in die erstere außerdem aber auch die Maxima der Wärmebindungen aufgenommen worden. Die Zusammenstellungen lassen die Reihenfolge erkennen, in welche die natürlichen reinen Carbonate hinsichtlich ihrer Zersetzbarkeit bei erhöhter Temperatur einzuordnen sind. Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation etc. 659 oi -<-=> 03 02 © 03 N bß © S S N H 03 OT a .5 03 1 bß P3 2 S a > g i? I S g | o £3 FÖ :eö cö £>• C ® O .5 1:0 *bß ^ 03 ö M ^ bß C Ö 03 m 03 N N O o f, I I I I I I I O >n CO i-H 00 GO o o JO 00 00 t" W t» 03 W j-i eS | o 8* Ö O r-J 3 S CD bJD 9 Im bß g CS] »ooooooooo S2l£:2E2oc£l|>*,f:|o o o 05 05 o »o CO Ol ^ io »o io o 05 05 CO 00 00 y-t bp 'S s :c5 D N 3 m .2 eö * M bß S-i 03 -© Ö 03 Sä :© PQ <1 GQ 42* 660 Th. Brandes, Was die Bedeutung der gefundenen Zersetzungspunkte für die Praxis anbetrifft, so muß in Rücksicht gezogen werden, daß die Untersuchungen zwar bei einer Atmosphäre Gegendruck, aber in ruhender Gasschicht angestellt wurden. In der Praxis arbeitet man meist mit strömender Gasschicht. Da hierbei infolge der ständigen Verminderung des Partialdruckes der Kohlensäure die Zerlegung eher zu Ende geführt wird als bei ruhender Gasschicht, so können die gefundenen und mitgeteilten Zersetzungstemperaturen nicht ohne weiteres auf praktische Verhältnisse übertragen werden. Wohl aber sind sie als Grenzwerte zu benutzen, indem sie die Maximalwärmegrade darstellen, bis zu denen bei den Prozessen im großen die Carbonate in Pulverform noch beständig sind. (Schluß folgt.) Sandiger Zechstein am alten Gebirge an der unteren Werra und Fulda und die Kontinuität des Landwerdens in Mittel- deutschland. Von Theodor Brandes in Göttingen. Mit 1 Textfigur. Schwere terrigene Sinkstofife sind — abgesehen von dem groben Material des Basalkonglomerates — eine ungewöhnliche, örtlich sehr beschränkte Erscheinung im deutschen Zechstein. Da- j her ist das Vorkommen von Sand im Unteren Zechstein Nieder- hessens , in der Umrahmung der inselartig aus einem Mantel jüngerer Sedimente emportauchenden Kerne präpermisch gefalteten Gebirges an der unteren Werra und Fulda, von besonderem Interesse. I. Strati graphisches. Etwa 1,2 km südwestlich von Alb un gen1 a. d. Werra, an der Straße vom Bahnhof Albungen nach Wellingerode , zeigt der Untere Zechstein mit seinem Liegenden folgendes Profil2: Liegendes: Ein graugrünes, weitgehend zersetztes Eruptivgestein, das von zahlreichen quarzerfüllten Klüften durchschwärmt ist. Es re- präsentiert wahrscheinlich einen stark verwitterten Diabas, dessen Augit ! in die chloritischen Zersetzungsprodukte übergegangen ist. In den Er- läuterungen z. Bl. Allendorf (p. 11 und 12) wird ein analoges Vorkommen .{ 1 Bl. Allendorf d. geol. Spez. -Karte von Preußen. 2 Durch dieses Profil, auf das ich bei der Suche nach Fossilien im alten Gebirge aufmerksam wurde, angeregt, verfolgte ich die Faziesverhält- nisse des Perm an der Grenze von Rotliegendem und Zechstein durch j Niederhessen. Für wertvolle Ratschläge bei der Beurteilung der Gesteine j und ihrer Einschlüsse bin ich den Herren Prof. Dr. Pompeckj und Prof. Dr. Mügge sehr zu Dank verpflichtet. Sandiger Zechstein am alten Gebirge etc. 661 aus der Nachbarschaft , von der Sommerseite bei Albungen , beschrieben. Die starke Zertrümmerung des Gesteins spricht dafür, daß es sich um ein Eruptiv der präpermischen Falten handelt, das bei der Aufrichtung des variskischen Gebirges mitgefaltet wurde. Postcarbonische Bewegungen von so erheblichem Ausmasse, daß sie eine derart intensive Zerklüftung hervorgerufen haben könnten, sind aus diesem Gebiet unbekannt. Im südwestlichen Teile des Aufschlusses ruht auf dem Diabas folgende Sedimentreihe : 1. Zechsteinkonglomerat, 0,45m. Neben einem aus ge- rundeten Körnern von Grauwacke , Diabas , Ton- und Kiesel- schiefer bestehenden Grus birgt das Konglomerat nuß-, ver- einzelt auch faustgroße Milchquarzgerölle. 2. Kupferschiefer, 0,45 m. Schwarzer, leicht sandiger Mergel- schiefer, reich an kohliger und bituminöser Substanz. Außer unbestimmbaren Pflanzen- und Fischresten fand sich darin ein relativ gut erhaltenes Gebiß von Janassa bituminosa Schloth. (Jaekel, Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellsch. 1899. p. 259. Taf. XIY, Fig. 2.) 3. a) Sandsteinschiefer, 1 m. Dunkelgrauer, ebenschich- tiger, toniger Sandsteinschiefer mit Glimmerplättchen. b) Sandstein, 4 m. Graugelber, mürber, mergelreicher, sehr feinkörniger Sandstein, dem Glimmerschüppchen eingestreut sind. c) Sandiger Kalk. Dunkelblauer, bituminöser, wenig sandiger Kalk; 4 — 5 m aufgeschlossen. Im Hangenden folgen Gips und Dolomit des Mittleren Zechsteins. Etwa 25 m in nordöstlicher Richtung von hier entfernt hat ein kleiner, auf den Kupferschiefer getriebener Versuchsstollen einen wohl dem Zechsteinkonglomerat äquivalenten gelbbraunen, grobkörnigen Sandstein (0,5 m sichtbar) als Unterlage des Kupfer- schiefers angefahren. Zwischen beiden Beobachtungspunkten liegt ein Bruch von sehr geringer Sprunghöhe. Abermals 5 m ent- fernter überragt eine Partie des Diabases seine südwestliche Nach- barschaft als kleine Kuppe, an deren SW-Böschung sich der Kupfer- schiefer unmittelbar dem Diabas anschmiegt. Demgemäß ist hier auf ganz kurze Erstreckung (nur wenige Dekameter) der Über- gang von dem relativ mächtigen , groben Zechsteinkonglomerat in einen grobkörnigen Sandstein und schließlich das gänzliche Fehlen des ältesten Zechsteingliedes zu beobachten. In ganz ähnlicher Weise wie bei Albungen ist der Untere Zechstein am NW-Ende der Grauwackeninsel, im Gelsterbachtale bei Witzen liausen, sandig ausgebildet1. Der Zechstein ist dort einer grobkörnigen Grauwacke unsicheren Alters aufgelagert, 1 Hier wurde auch von Herrn H. Wegele sandiger Zechstein be- obachtet. ( Zech- stein-< kalk 66 2 Th. Brandes. welche teilweise in ein Konglomerat mit bis zu walnußgroßen rotbraun und graugrün gefärbten harten Ton- und Schieferbrocken übergeht. In dem Permgebiet zwischen Sontra und Rotenburg a. d. Fulda liegt der Untere Zechstein auf dem Rotliegenden und hat an der Basis eine z. T. erheblich von der an der Werra beobachteten Ent- wicklung abweichende Ausbildung. Bei K o r n b e r g 1 ist er mit seinem Liegenden in Thon ’s Steinbrüchen an der Bahnlinie von Sontra nach Bebra recht gut aufgeschlossen. Ein Zechsteinkon- glomerat fehlt hier ebenso wie im Richelsdorfer Gebirge. Der leicht sandige Kupferschiefer mit Lingula Credneri Gein. über- lagert einen lichtgrauen , mittelkörnigen , fossilleeren Sandstein (10 — 15 m mächtig), der ausgezeichnete diskordante Parallelstruktur besitzt mit Böschungswinkeln bis zu 30 °. Dieser Sandstein, dem in seinen obersten Lagen Kupfersalze infiltriert sind, lagert rot- gefärbten grobkonglomeratischen Sedimenten von wahrscheinlich ! rotliegendem Alter auf. Aus diesem Grunde wurde er von Moesta (Erläuterungen zu Bl. Sontra, p. 4 u. 5) „als eine obere Ab- teilung des Rotliegenden mit dem Namen Kornberger Sandstein belegt“. Für das rotliegende Alter dieses Sandsteins liegen je- doch keine zwingenden Gründe vor. Über dem Kupferschiefer 1 folgt hier wie bei Albungen ein grauer, mergeliger, schieferiger Sandstein , welcher nach oben übergeht in einen dunkelblauen, sandigen Kalk mit Productus horridus Sow. und Camarophoria multiplicata King. Der Kornberger Sandstein ist außerdem bei Rockensüß unweit Kornberg und bei Sontra ausgebildet. Sehr bemerkenswert ist das lokale Fehlen des Zechstein- konglomerates und des Kupferschiefers mit einem Teil des Zech- steinkalkes über dem Kornberger Sandstein bei Sontra, wie aus folgendem Profil, das in einem Steinbruch 1,5 km OSO von Sontra2 j aufgeschlossen ist, hervorgeht: Liegendes: Kornberger Sandstein, analog entwickelt wie bei Kornberg als lichtgefärbter, diskordant geschichteter Sandstein, im oberen Dezimeter etwas fester durch ein eisenreiches Bindemittel verkittet. Darüber liegt auf einer leichtgewellten Oberfläche braungefärbtei, z. T. körniger („oolithischer“) Dolomit mit marinen Fossilien. Unmittol- : bar darüber erhebt sich der Gips des Mittleren Zechsteins. Beachtenswert ist, daß der Kupferschiefer 100 m von diesem Aufschluß entfernt schon wieder in seiner normalen Ausbildung I entwickelt ist. Bei Baumbach — Niederellenbach unweit Rotenburg a. d. Fulda, liegt der Untere Zechstein analog wie an der Werra mit dem ■ Zechsteinkonglomerat auf altem Gebirge (Grauwacke) 3. 1 Bl. Sontra der geol. Spez. -Karte von Preußen. 2 Vergl. Bl. Sontra der geol. Spez.-Karte von Preußen. 3 Bl. Altmorschen u. F. Meinecke, Das Liegende des Kupferschiefers, j Jahrb. d. k. preuß. geol. Landesanst. 1910. Teil II. p. 287/88. Sandiger Zechstein am alten Gebirge etc. 663 II. Paläogeographisches L Wo lag' das Land , dem der Untere Zeclistein Niederhessens seinen Sand verdankt? Gröbere Sedimente- kennen wir im Verbreitungsgebiete des deutschen Zechsteins bisher nur am Saume der beiden großen alten Massen , d. h. im Osten des Rheinischen Schiefergebirges und im Norden der Böhmischen Masse. Die dort ausgebildete Küstenfazies bezw. terrestre Entwicklung des Zechsteins , wie H. L. F. Meyer 2 sie z. T. deutet, ist ein Beweis für die Fest- landsnatur jener beiden alten Massive zur Zechsteinzeit, wie dies von Meyer im Anschluß an eine eingehende Untersuchung der Frankenberger Permbildungen1 2 in jüngerer Zeit ausgeführt worden ist. Es läge nun nahe, die südöstlich, eher jedoch noch die west- lich gelegene Landmasse als den Lieferanten des sandigen Sedi- mentes im Unteren Zechstein an der Werra und Fulda in Anspruch zu nehmen. Landgebiete, die zur Zeit des älteren Zechsteins dem Herzen Deutschlands noch näher lagen als im jüngsten Perm, wie dies klar hervorgeht aus dem örtlichen Fehlen des Unteren und Mittleren Zechsteins am Ostrande des Rheinischen Schiefergebirges (s. Bl. Kellerwald und H. L. F. Meyer, Kali 1911. p. 181) und am Nordsaume des Böhmischen Pfeilers (wo der* Untere und Mitt- lere Zechstein südlich von Gera bis Triptis nicht ausgebildet ist und der Obere Zechstein transgredierend auf Paläozoicum liegt3. Bei Salfeld4 fehlt das Zechsteinkonglomerat und der Kupferschiefer). Dieses wäre eine mögliche Deutung der Dinge , doch nicht die wahrscheinlichste, wie weiter unten ersichtlich werden wird. Wenn man aus der reizvollen Gegend des Oberharzes um Braunlage und Andreasberg dem charakteristischsten Bergrücken des Oberharzes, dem Silurzuge des Acker-Bruchberges , als Weg- weiser folgt — der in seiner Richtung das Streichen der Kern- schichten recht anschaulich vor Augen führt und außerdem das geologisch höchste Gebiet des ganzen Harzes ist, das auch topo- graphisch die Umgebung weithin beherrscht — , so stößt man im SW-Fortstreichen der paläozoischen Gebirgsschicliten nach dem Verlassen des Harzes und dem Überqueren des Eichsfeldes zu- nächst an der unteren Werra zwischen Witzenhausen und Albungen wieder auf eine Partie präpermischen Gebirges. Analog dem Harz, 1 Vergl. hierzu die geol. Karte des Deutschen Reiches von R. Lepsius. 2 H. L. F. Meyer, Frankenberger Zechstein etc. Jahrb. d. k. preuß. Landesanst. 1910. Teil I. p. 383 ff. — Ders., Kali. 5. Jahrg. 1911. p. 179 ff. - — Ders., Ber. d. oberhess. Gesellsch. f. Natur- und Heilkunde zu Gießen. 1910-11. 4. p. 142 ff. 3 H. L. F. Meyer, a. ä. 0. 1910. p. 435. 4 F. Meinecke, Das Liegende des Kupferschiefers. Jahrb. d. k. preuß. geol. Landesanst. 1910. Teil II. p. 284. 664 Th. Brandes, äußerlich herzynisch gerichtet, besitzt sie im Innern variskischen* Bau h Wir wandern von hier weiter nach Südwest über die iso- lierte Grauwackenkuppel an der unteren Fulda bei Baumbach, nordwestlich von Rotenburg, und erreichen, den Kellerwald streifend, zwischen Marburg und Bad Nauheim das ' rheinische Paläozoicum, dessen variskische Falten sich durch das Lahngebiet und den. Taunus über den Rhein hinüber in den Hunsrück fortsetzen. Das gemeinsame Moment aller berührten Punkte ist das Fehlen der rotliegenden Sedimente auf den im großen, und ganzen NO — SW streichenden prä permischen. Schichten und die direkte Überlagerung des paläozoi- sehen Grundgebirges von verschiedenen Gliedern; des Zechsteins. Wenige Dekakilometer SO der eben’ verfolgten Linie queren wir bei der Rückwanderung auf einer nahezu parallel zu ihr gerichteten Route zunächst das bedeutsame Verbreitungsgebiet des Rotliegen- den in der Saar-Nahe-Gegend, dann rechtsrheinisch das Rotliegende- des nördlichen Odenwraldes, des Spessarts und der Wetterau, weiter- hin zwischen Werra und Fulda die mächtigen rotliegenden Sedi- mente des Richelsdorfer Gebirges (und des nordwestlichen Thüringer Waldes) und erreichen den Harz wieder über die rotliegenden Ablagerungen bei Ilfeld am Siidharz. Es erhellt : im Nordwesten der NW — SO gerichteten Linie „Bingen — Bad Nauheim- Rotenburg a. d. Fulda — Albungen a. d. Werra — Lauter- berg i. Harz“ fehlt das Rotliegende so gut wie ganz, im Süd- westen dagegen ist es in einer Mächtigkeit zur Ablagerung gelangt, die nach Hunderten von Metern mißt (Erläuterungen zu Bl. Sontra). Es unterliegt daher keinem Zweifel, daß uns in den oben erörterten, sporadisch zwischen Harz und Rheinischem Schiefergebirge aus der jüngeren Sedimenthülle auf tau eilenden alten Gebirgsinseln Reste einer großen Falte gegenüberstehen , die in carbonischer Zeit ganz Mitteldeutschland querte: „die mitteldeutsche- Hauptfalte“ 1 2. Der im NW der oben bezeichnten Linie „Bingen — Lauter- berg“ 3 gelegene Teil dieser Gebirgsfalte repräsentierte das Hoch- (First-) Gebiet (Denudations- bezw. Deflationsbereich) , der südöst- liche dagegen war das zu ihm gehörende Tief-(Mulden-)Land (Ak- 1 Vergl. Erläuterungen zu Bl. Witzenhausen. p. 6. * Hierunter wird, wie wohl ersichtlich, keine einzelne Falte, sondern eine Faltenregion verstanden. 3 Diese Linie ist auch insofern von Interesse, als auf ihr die Durch- bruchsstellen der größten in postkulmischer Zeit aufgedrungenen Eruptiv- massen liegen : Brockengranit , Basalt des Meißners , des Knülls und des Vogelsberges, und daß nördlich von ihr jüngere vulkanische Erscheinungen in Deutschland nur noch von untergeordneter Bedeutung sind. Sandiger Zechstein am alten Gebirge etc. 665 kumulationsbezirk), dem im Rotliegen den die Abtragungsprodukte des NW liegenden Faltenliochgebietes zugefülirt wurden1. Die heute zutage liegenden , oben gestreiften alten Kerne (geologische Gipfelpunkte) waren demgemäß schon einmal (das erste Mal) nach der variskischen Faltung Teile eines geologischen Hochgebietes und bewahrten sich allesamt diesen Charakter durch das Rotliegende bis zu Beginn des Zeclisteins. Welche Veränderungen greifen nun um die Wende des Rot- liegenden zum Zechstein in diesen Verhältnissen Platz? Darauf soll die Diskussion der eingangs geschilderten Profile Antwort geben. Eine auffallende Tatsache, die schon von Moesta2 und Bey- schlag3 hervorgehoben wurde, ist das Fehlen des Zechsteinkon- glomerates über dem Rotliegenden im Sontra — -Richelsdorfer Perm- gebiet, während es in der Umrahmung des alten Gebirges an der Werra und Fulda mit vereinzelten Ausnahmen normal auf diesem entwickelt ist. Eine bisher ebenso ungeklärte Erscheinung ist das lokale Auftreten des 10 — 15 m mächtigen Kornberger Sandsteins im Liegenden des Kupferschiefers bei Kornberg, Rockensüß und Sontra, und zwar an Punkten, deren Verbindungslinie bemerkens- werterweise nahezu SW — -NO, parallel der Achse der mittel- deutschen Hauptfalte, verläuft. Erst in seinem Liegenden zeigt sich ein Gestein, das dem im Richelsdorfer Gebiete von Moesta als Rotliegendes angesprochenen Sediment ähnelt, dessen Alters- grenze jedoch in Parallele mit den analog entwickelten Ablage- rungen im Rotliegendgebiet am Südharze 4 zwischen Obercarbon und Oberrotliegendem schwankt, solange keine exakte Gliederung auf Grund von Fossilien möglich ist. Es erhebt sich nun die Frage : Kann der Kornberger Sand- stein etwa eine Vertretung des Zechsteinkonglomerates repräsen- tieren? Ich glaube, dies ohne weiteres bejahen zu müssen; denn der in seinem Auftreten ganz lokal beschränkte lichtgefärbte Korn- berger Sandstein, der vollkommen frei ist von tonigen Zwischen- lagen , läßt sich in Anbetracht seiner Fossil- und Kalkfreiheit, vor allem aber wegen seiner ausgezeichneten Kreuzschichtung und gleichmäßigen Korngröße ungezwungen als eine im wesentlichen durch die Tätigkeit des Windes am Ufer des ältesten Zechstein- meeres aufgehäufte Dünenbildung auffassen. Damit würde 1 F. Meinecke, a. a. 0. 1910. p. 253 ff. , hat die Abhängigkeit der Senkensedimente des Rotliegenden vom Bau der variskischen Falten über- zeugend auseinandergesetzt. 2 Erläuterungen zu Bl. Sontra, p. 7. 3 Erläuterungen zu Bl. Altmorschen, p. 7. 4 Beyschlag und v. Fritsch, Das jüngere Steinkohlengebirge und das Rotliegende. Abh. d. k. preuß. geol. Landesanst. N. F. H. 10. 1900. p. 225 ff. 666 Th. Brandes, eine Altersgleichheit mit dem Zechsteinkonglomerat und dem ihm äquivalenten „Weißliegenden“ (Meinecke) Thüringens resultieren, dem Meinecke 1 eine analoge Entstehung zuschreibt. Diese An- nahme erfordert die Existenz eines benachbarten festen Landes im NW oder SO der im variskisclien Sinne (SW — NO) verlaufen- den Kornberger Zechsteindüne. Hat dieses etwa im Nordwesten gelegen ? Zweifellos nicht ; denn dort ist das Zechsteinkonglomerat unter dem Kupferschiefer auf dem alten Gebirge entwickelt. Im Südosten? Sehr wahrscheinlich; denn hier fehlt das Zechstein- Thons Steinbruch bei Kornberg. ZKo Kornberger Sandstein; ZKu Kupferschiefer; ZKa sandiger Zechsteinkalk. konglomerat und lokal (bei Sontra) noch der Kupferschiefer und der Zechsteinkalk e. p. Da diese Region jedoch im Rotliegenden das Depressionsgebiet der Hauptfalte war, ist die Annahme jung- rotliegender Bewegungen erforderlich , welche den Bereich der nahezu ausgefüllten Senke unweit Richelsdorf, Ivornberg und Sontra um ein Minimum über das abgetragene benachbarte Hochgebiet im Nordwesten erhoben. Für solche Bewegungen liegen Beweise aus der Nachbarschaft vor. Meinecke1 2 beobachtete unweit Walters- liausen (Fischbach) bei Gotha eine Diskordanz zwischen dem Zecli- steinkonglomerat und dem Mittelrotliegenden. Aus übergreifender Lagerung des Oberrotliegenden auf Wettiner Schichten bei Wettin 1 Meinecke, a. a. 0. 1910. p. 264 u. 269 ff. 2 Meinecke, a. a. 0. 1910. p. 283. Durch ein Versehen wurde die Abbildung- auf S. 666 des Central- blattes ganz undeutlich gedruckt; wir bitten daher, eventl. an betr. Stelle den beifolgenden Neudruck einkleben zu wollen. Sandiger Zechstein am alten Gebirge etc. 667 folgerten Beyschlag und v. Fritsch1 beträchtliche interrotliegende Bewegungen. Zu analogen Schlüssen gelangen Kayser und Bey- rich auf Grund der Lagerungsverhältnisse des Rotliegenden am Slidharz 2. Hand in Hand mit diesen jüngsten paläozoischen Bewegungen wurden dem Zechsteinmeere die Tore nach Mitteldeutschland ge- öffnet. Will man die oben versuchte Altersdeutung des Kornberger Sandsteins nicht gelten lassen , sondern ihm dennoch ein oberrot- liegendes Alter zusprechen und ihn etwa parallelisieren mit ähn- lichen Vorkommnissen im nordöstlichen und südwestlichen Teile der Hauptfalte, z. B. mit dem Walkenrieder Sand im unmittel- baren Liegenden des Zechsteinkonglomerates am Südharz 3 und einem Sandstein bei Bieber im Spessart4, der konkordant vom Zechstein überlagert wird, so fehlen bei Kornberg ebenso wie im ganzen Richelsdorfer Gebiete Sedimente aus der Cancrinizeit (Zecli- steinkonglomerat). Das ist eine bei Sontra lokal noch den Kupfer- schiefer und den unteren Teil des bei Albungen sehr mächtigen Zeclisteinkalkes mit umfassende Lücke, die beweist, daß trotzdem das in Rede stehende Gebiet in der ältesten Zechsteinzeit von mariner Hülle frei gewesen ist. Damit tritt dem älteren, nordwestlich gelegenen Hochgebiet aus carbonischer Zeit eine neue Region als Landgebiet von rot- liegendem Alter gegenüber, die jedoch, nachdem sie kurze Zeit ihre nordwestliche Nachbarschaft überragt hat, mit dieser zusammen unter dem Meere des Mittleren Zechsteins wieder verschwindet und von da an als ein an das alte Gebiet angegliedertes , geologisch jüngeres Element zu betrachten ist. Die eingangs gestellte Frage nach der Herkunft des fein- sandigen Materials im Unteren Zechstein Niederhessens läßt sich nunmehr dahin beantworten, daß insulares flaches Land, wie es z. B. bei Sontra bis in die Zeit des Mittleren bis jüngeren Zech- steinkalkes angenommen werden darf, wohl noch an mehreren, heute der Beobachtung unzugänglichen Punkten Niederhessens exi- stierte und den feinsandigen Detritus aus nächster Nachbarschaft lieferte. So sprechen recht deutlich für nähergelegene Landmassen die Funde von Proterosaurus Spenceri Meyer 5, eines typischen Landbewohners , der , in einer größeren Anzahl von Exemplaren .aus dem Kupferschiefer von Richelsdorf bekannt, wohl nur aus 1 Beyschlag und v. Fritsch, a. a. 0. 1900 und Meinecke, a. a. 0. 1910. p. 258. 2 Erläuterungen zu Bl. Lauterberg. p. 19; z. Bl. Zorge. 1893. p. 16. 3 Meinecke, a. a. 0. 1910. p. 262, 269, 286. 4 H. Bücking, Der nordwestliche Spessart. Abh. d. k. preuß. geol. Landesanst. 1892. N. F. H. 12. p. 129—130. 5 Erläuterungen zu Bl. Sontra, p. 9. 668 Th. Brandes, nächster Nähe vom Festlande eingeschwemmt worden sein kann \ zusammen mit zahlreichen Landpflanzen (die Konifere Ullmann\d)y welche das Flöz dort birgt1 2. Das Profil bei Albungen zeigt dann recht deutlich, wie das ingredierende Meer des ältesten Zechsteins die Unebenheiten des abgeschliffenen alten Hochgebietes erst allmählich überwand und mit Sediment bedeckte : das Zechsteinkonglomerat fehlt auf der kleinen Diabaskuppe und an einzelnen anderen Punkten an der Werra3, erst das flache, faziell so eigenartige hessische Kupferschiefermeer verhüllt mit seinem schwarzen Schleier die letzten zutage- (oder doch bis dahin von Sediment unbedeckt am Meeresboden) liegenden Zeugen des alten Hochlandes. In den Fluten des Mittleren Zech- steinmeeres taucht dann auch das z. T. erst im jüngsten Rotliegen- den entstandene Inselland unter, und es verschwindet damit der hessische Archipel der ältesten Zechsteinzeit unter jüngerem Sediment. Das ganz analoge Bild eines schrittweisen Untertauchens hat die Natur in den Zechsteinsedimenten des nordöstlichen Teiles der Hauptfalte , am südlichen Harzrande , aufgezeichnet. 0. Grüpe 4 schreibt darüber: „Wie vielfach am Harzrande in der Scharzfelder Gegend, so überlagert auch in der Fuhrbacher Bohrung der Haupt- dolomit des Mittleren Zechsteins unmittelbar das paläozoische Grund- gebirge. Es scheinen danach auch in diesem Gebiet gleichwie am Thüringer Walde im Zechsteinmeere an verschiedenen Stellen Untiefen existiert zu haben, die in der ersten Zeit des Zechsteins frei von irgendwelcher Sedimentbedeckung blieben und erst von den späteren Ablagerungen des Mittleren und Oberen Zechsteins 1 Vergl. 0. Jaekel, Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1899. p. 274 u. 275, der auch daran denkt, „daß die Individuen von Janassa möglicherweise in das Meeresgebiet des Kupferschiefers erst nach ihrem Tode ein- geschwemmt seien“. 2 Es läge nun nahe, das von Beyschlag (Erläuterungen zu Bl. Alt- morschen. p. 6) und Leppla (Jahrb. d. k. preuß. geol. Landesanst. 1890. p. 82) erwähnte Fehlen des Unteren und Mittleren Zechsteins auf der Ost- seite der Grauwackenpartie bei Baumbach an der Fulda, auf das H. L. F. Meyer jüngst wieder Bezug genommen hat (a. a. 0. 1910. p. 439) als Transgression zu deuten , wie dies von den beiden letzten Autoren ge- schehen ist. Ich habe mich jedoch beim Begehen des Gebietes nicht von dem „Übergreifen“ des Zechsteins auf Grauwacke überzeugen können, viel- mehr zwingen die Verhältnisse zu der Annahme, daß die unteren Glieder des Zechsteins durch eine ca. N— S streichende Verwerfung, welche in einem Wegeinschnitt aufgeschlossen zu beobachten ist , abgeschnitten sind und somit der Obere Zechstein neben der Grauwacke liegt. 3 Erläuterungen zu Bl. Allendorf. p. 17. 4 0. Grupe, Die stratigraphischen und tektonischen Ergebnisse der neueren Kalibohrungen etc. 2. Jahresber. d. niedersächs. geol. Ver. 1909, p. X. Sandiger Zechstein am alten Gebirge etc. 669 eingehüllt wurden,“ Ebenso weist Meinecke (a. a. 0. 1910. p. 286) darauf hin, daß am Südharz (Bad Sachsa) altes Ufer- gebiet vorliegt. In Niederhessen und am Harz, am Böhmischen Pfeiler ebenso wie an der Rheinischen Masse offenbart sich dasselbe paläogeo- graphische Bild, nur mit dem Unterschiede, daß das alte Hoch- gebiet in Hessen dem vordringenden Zechsteinmeere ganz unter- liegt, während die drei übrigen wohl nur randlich eine mehr oder minder große Einbuße erleiden. Die Schicksale der vier gekennzeichneten Hochgebiete im Laufe der Trias sind uns noch reichlich in Dunkel gehüllt. Das gilt besonders für den Harz und die alten Kerne in Hessen. (Möglicherweise ist das Hochgebiet des Harzes einem Teile der um sich greifenden Triasmeere zum Opfer gefallen. Andererseits ist jedoch gerade das fast ganz auf die Umgebung des Harzes beschränkte Vorkommen der Rogensteine im Unteren Buntsand- stein für eine derzeitige Sonderstellung des Gebietes recht be- zeichnend. Und bei dem Vorkommen von Glaukonit im körnigen Schaumkalk des Unteren Muschelkalkes der Umgebung von Göt- tingen, für dessen Genesis im allgemeinen eine Küste mit Eruptiv- gesteinen in Anspruch genommen wird, könnte man an kristalline. Gesteine denken , die ebenfalls im Bereiche des Harzes mit dem Muschelkalkmeere (vielleicht nur submarin) in Berührung traten. Es liegt hier noch ein breites Feld für exakte Untersuchungen offen. Daß die beiden großen Massive (Böhmisches und Rheinisches) in der Trias nicht allzeit in der heutigen Ausdehnung bestanden haben, ist ebensowenig zu bezweifeln, wie ihre Existenz über- haupt. Über die Strandnähe des Muschelkalkes an der Böhmischen Masse (Sandreichtum am nördlichen Frankenjura und am Fichtel- gebirge) hat sich J. F. Pompeckj 1 ausgesprochen. Direkte An- zeichen für ein westlich gelegenes (rheinisches) Muschelkalkfest- land birgt der z. T. recht körnige („oolithische“) Obere Muschel- kalk des Eggevorlandes in seinem auffallenden Reichtum an terri- genem (tonigem) Gesteinsmaterial (Bahneinschnitt bei Nörde und Driburg i. Westf.), das in solch einer großen Quantität dem öst- lich gelegenen Göttinger Muschelkalkgebiet fremd ist und somit seinen Ursprung zweifellos im Westen haben muß. In der Letten- kohle stellen sich in ganz Mitteldeutschland Sandsteine und kohle- führende Partien ein und damit Sedimentationsverhältnisse, zu deren Möglichkeit erhebliche Veränderungen in der Verteilung und Beschaffenheit von Land und Meer der Muschelkalkzeit statt- gefunden haben müssen. Es ist daher nicht ausgeschlossen , daß 1 J. F. Pompeckj, Die Juraablagerungen zwischen Regensburg und Regenstauf etc. Geognost. Jahresh. XIV. München 1901. p. 172. Dort ist auch weitere Literatur angegeben. 670 Th. Brandes, Sandiger Zechstein am alten Gebirge etc. ein stärkeres Aufleben der alten ans dem Zechstein bekannten Hochgebiete bereits am Ende des Muschelkalks eintrat; sicher ist jedoch an der Wende Trias — Jura damit zu rechnen, wie das andernorts 1 bereits ausgeführt wurde. Im Rhät und ältesten Lias machen sich die alten Hochgebiete Harz, Böhmisches Massiv und rheinische (Ardennen-)Insel zweifels- frei als Festländer wieder geltend. Das rheinische und das böh- mische Land schieben sich über den Kellerwald bezw. Thüringer Wald nach Mitteldeutschland so weit vor, bis sie nur noch durch eine Meerenge, die hessische Straße, voneinander getrennt werden. Diese schließt sich in der Hochstufe des Unteren Lias (Oxynoten- zeit), und damit ist der hessische Archipel der Zechsteinzeit mit den heute zutageliegenden Resten des carbonischen Faltenhoch- landes an der Werra und Fulda als ein in die hessische (Lias-)Land- brücke eingeschweißtes älteres Element zu betrachten, dem von neuem (mindestens das zweitemal) der Charakter eines Hochgebietes verliehen wird. Gleichzeitig erscheint im Norden ein neues Land- gebiet, die Sollinginsel, welche wohl zeitweilig an die südlich ge- legene hessische Festlandsbrücke angeschmiedet wird. Dieses in- sulare bezw. halbinsulare Neuland, das im Lias zum ersten Male als Hochgebiet hervortritt , ist möglicherweise von den jüngeren Lias- bezw. Braun jurameeren noch einmal wieder überflutet und die hessische Landbrücke zeitweilig wieder gesprengt worden. Be- weisen läßt sich dieses nicht. Im oberen Braunen Jura nimmt die hessische Brücke jedoch mit Sicherheit für lange Zeiten Beständig- keit an 2 3 und wird unter endgültigem Einschluß der Sollinginsel, des Harzes und der zwischenliegenden Gebiete mit der nördlich vorgeschobenen Rheinischen Masse zu Stille’s 3 „mitteldeutscher Landschwelle“, im Norden umsäumt von dem „niedersächsischen Uferrand“ (Stille). Diese alte Strandlinie, die in ihrem Verlaufe schon etwas Starres, Vollendetes besitzt, ist anzusehen als der Schlußakt eines in jungpaläozoischer Zeit begonnenen Verlandungs- prozesses, dessen oben geschilderte aufeinanderfolgende, durch mehr oder minder lange andauernde Perioden mariner oder äolischer Transgression voneinander getrennte Phasen ein Bild ständigen Landzuwachses vor Augen führen. Für das Werden der allgemeinsten Züge in der geologischen Physiognomie Mitteldeutschlands gilt demgemäß folgendes : j e 1 Vergl. Th. Brandes, Die faziellen Verhältnisse des Lias zwischen Harz und Egge etc. Neues Jalnb. f. Min. etc. 1912. Beil.-Bd. XXXIII. p. 460 ff. 2 J. F. Pompeckj, Die zoogeographischen Beziehungen zwischen den Jurameeren Nordwest- und Süddeutschlands. Jahresber. d. Niedersächs. geol. Ver. f. 1908. p. 10-12. 3 H. Stille, Die mitteldeutsche Rahmenfaltung. 3. Jahresber. f. 1910. p. 141 ff. Miscellanea. 671 älter die F or mationsglieder sind, die in irgend einem größeren geotektonischen Bezirk an die Oberfläche treten (bezw. je größer die geologische Höhenlage dieses Ge-, bietes ist), desto früher und häufiger hat sich diese Region als Hoch gebiet im Laufe der erdgeschicht- lichen Entwickelung Deutschlands seit dem variski- schen Faltenwurf geäußert. Göttingen, Geol.-pal. Institut, im August 1912. Miscellanea. Bitte des Archivs der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte um Einsendung von Briefen, biographischen Aufzeichnungen und Nekrologen von Naturforschern und Ärzten. Nachdem das Archiv den Auftrag übernommen hatte , alles Aktenmaterial der früheren Verhandlungen deutscher Naturforscher und Ärzte zu sammeln und zu ordnen, lag es als selbstverständ- liche Nebenaufgabe mit im Plane, auch biographisches Ma- terial über die Träger aller dieser Ereignisse, die deutschen Naturforscher und Ärzte, zu sammeln. Andere Betätigungs- art deutschen Geisteslebens, namentlich nach der künstlerischen Seite hin, hat schon längst ihre Stelle, wo gewissenhaft alles zusammengetragen wird, was sich auf das Leben und Schaffen der betreffenden Kreise und ihrer einzelnen Vertreter bezieht. Für die Naturforscher und Ärzte fehlte bisher eine solche Sammelstätte. Das Archiv unserer Gesell- schaft soll sie in Zukunft bilden. Wir richten daher an alle Naturforscher und Ärzte Deutsch- lands das Ersuchen, in ihrem Besitze befindliche Briefe von Verstorbenen und Verwandten und Freunden, desgleichen bio- graphische Aufzeichnungen und Nekrologe, dem Archiv schenkweise oder leihweise in Verwahrung zu geben. Täglich werden ja alte Briefschaften vernichtet, die irgendwo als unnützer Ballast im Wege liegen; namentlich die Herren Ärzte als Familien- berater, auch über ihren Beruf hinaus, können in dieser Hinsicht viel Gutes stiften und den Untergang unschätzbaren Aktenmaterials verhindern. Ebenso wichtig ist die Sammlung der in der Tages- literatur erschienenen Lebensberichte bei festlichen Gelegenheiten und beim Todesfall (Nekrologe). Die Archivleitung richtet an alle Naturforscher und Ärzte die Bitte, in ihrer Bibliothek nachzusehen, was von solchen Gelegenheitsschriften noch vorhanden und entbehrlich ist. Das gleiche Ersuchen ergeht an die Redaktionen unserer natur- 672 Besprechungen. — Personalia. wissenschaftlichen und medizinischen Zeitschriften für die Vergangenheit und für die Zukunft. Was etwa an alten Sonderabzügen von Nekrologen noch vorhanden ist, bitten wir ergebenst uns herüberreichen zu wollen. Besonders zu Dank ver- pflichten würden uns die verehrlichen Redaktionen, wenn sie für die Zukunft von allen Jubel- und Gedächtnisschriften über deutsche Naturforscher und Ärzte einen Sonder- abzug für das Archiv zurücklegen und gelegentlich an dasselbe senden möchten: Leipzig, Talstraße 33 11. Im Namen der Archivleitung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte : Prof. S u d h o f f . Besprechungen. A. Eppler : Die Schmucksteine und die Schmuck- steinindustrie. Aus Natur und Geisteswelt. Leipzig bei B. G. Teubner 1912. 83 p. Mit 64 Figuren im Text. Verf. will die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf die schönen echten Steine lenken, das Interesse an ihnen wecken und fördern und dem gedankenlosen Kaufen wertloser Imitationen entgegen- arbeiten. Nach einer kurzen historischen Übersicht bespricht er die Benennung der Schmucksteine, sowie deren Eigenschaften und Fundorte und die Art ihrer Gewinnung, und beschreibt sodann die wichtigsten Arten der Schmucksteine in der Reihenfolge des ge- bräuchlichen mineralogischen Systems. Auch Korallen und Perlen werden anhangsweise behandelt. Den Schluß bilden in verhältnis- mäßiger Ausführlichkeit Mitteilungen über die deutsche Schmuck- steinindustrie, wie sie besonders in Idar-Oberstein blüht und deren Entstehung und Entwicklung im Laufe der Jahrhunderte, sowie der Technik der Schmucksteinindustrie, die Achatschleiferei, das Brennen und Beizen der Achate und Chalcedone, das Gemmen- schneiden, die Lapidärschleiferei, die Diamantschleiferei, das Bohren der Steine und die Verwendung der Schmucksteine. Die Zahl der Textfiguren ist verhältnismäßig groß , die Bilder sind aber zum großen Teil wenig scharf und deutlich. Max Bauer. Personalia. Privatdozent Prof. Dr. O. H. Erdmannsdörffer in Berlin ist an die Technische Hochschule in Hannover als Nachfolger von Prof. Dr. H. Stille berufen worden. Voigt & Hochgesang * Göttingen Fabrikation von Dünnschliffen von Gesteinen: Preis im Durchschnitt Mk. 1.10 Nur für besonders schwierig zu bearbeitendes Material tritt ein geringer Preis- aufsclilag ein. Überreichte Qualität, Dünne 0*02 mm. Kristalle: Genau orientierte Schliffe. Preis Mk. 1.30 — 1.50. Kristallpräparate für sämtliche mineralogischen Untersuchungen in tadelloser Aus- führung zu angemessenen Preisen. üß“ Neu erschienen: "H! Sammlung von 124 Dünnschliffen gesteinsbildender Mineralien, zusammengestellt von Geheimrat Prof. I)r. F. Rinne, Leipzig. Preis 200 Mark. Diese Sammlung ist sehr übersichtlich geordnet und enthält manche Neuerungen, so besonders Salze. - Verzeichnis auf WlUlSC ll. _ Anfertigung von Mikrophotographien im einfachen u. polarisiertem Lieht in jeder Vergrößerung. Zu unseren Aufnahmen verwenden wir nur Objektive erster Firmen, wir liefern daher vollkommen einwandsfreie erstklassige Bilder. :z= Preise gering. --- = Aufnahmen von Naturobjekten in natiirl. Größe oder in jeder Vergrößerung. Anfertigung von Diapositiven in jeder Größe. Im Februar 1912 erschienen: Neuer kristallographischer Katalog Xo. Sä». Aus dem reichen Inhalt möge hervorgehoben sein : Modell zur Demonstration der Lage des rhombischen Schnittes bei den Plagioklasen nach Prof. Dr. K. Hintze. Neue Pappkristallmodelle nach Prof. Dr. K. Vrba. Kristailographische Kaleidoskope nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Kristailographisches Spiegel-Polyskop nach Prof. Dr. K. Vrba. Modell zur Demonstration der stereographischen Projektion und Wandtafel für stereogr. Projektion nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Glasmodelle zur Erläuterung der Aetzmethode nach Prof. Dr. G. WlTLFF. Modelle zur Erläuterung der Bildung der ozeanischen Salz- ablagerungen nach Dr. E. Jänecke. Neue Mineralpräparate und orientierte Mineraldünnschliffe. Aus der neuen (achten) Auflage des mineralogischen Haupt- katalogs No. 1 (Juli 1910) empfehlen wir: A. Vorlesuiigssammlung von 100 Mineralpräparaten. Diese j Sammlung enthält nur Präparate von natürlichen Mineralvorkommen (mit Ausnahme von künstlichem Rubin und Borax) und ist in der Weise zusammengestellt , daß alle wichtigen optischen Erscheinungen daran demonstriert werden können. Der Preis einer Normalsammlung von 100 Mineralpräparaten in guter Qualität beträgt einschließlich eines zweckmäßig eingerichteten Kastens Mk. 1100. — . Dieselbe Sammlung in besonders guter Qualität kostet Mk. 2000. — . B. Sammlung von 225 orientierten Dünnschliffen von 134 gesteinsbildenden Mineralien, angeordnet nach H. Rosenbusch und E. A. Wülfing: „Mikroskopische Physiographie der petro- graphisch wichtigen Mineralien“,;!. Band . 2. Teil , 1 905. Preis der ganzen Sammlung von 225 Mineralschliffen, einschließlich Etui = Mk. 375. — . ,175 „ „ ' „ = ' „ 295.-. * .. 125 „ „ 205.-. Dünnschliffe von eingesandtem Material werden sorgfältig und pünktlich hergestellt, und zwar in der üblichen Stärke bis zu 0,02 mm und darunter. Durchschnittlich wird für einen Schliff auf Vereinsformat (28 X 48 mm) montiert Mk. 1. — berechnet. Nur für besonders schwierig zu bearbeitende Gesteine wird ein ent- sprechender Aufschlag berechnet. Auf Wunsch werden größere, bis handgroße Schliffe angefertigt. Spezialität: Schliffe fossiler Hölzer. Dr. F. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, Fabrik u, Verlag mineralogischer u. geologischer Lehrmittel. Gegr. 1833. Bonu a. Rhein. — — Gegr. 1833 Verlag der E. Sobweizerbart’schen Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, Stuttgart, Johannesstr. 3. Druck von C. Grüninger. K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klet.t A Hartmann), Stuttgart. 15. November 1912. Monatlich 2 Nummern. Preis für Nichtabonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Mk. pro Jahr. Abonnenten des Neuen Jahrbuchs erhalten das Centralblatt unberechnet. Dieser Nummer ist beigefügt ein Prospekt der Firma H. Meusser, Berlin betr. Doelter. Handbuch der Mineralchemie. V\SS-S> Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie in Verbindung mit dem STUTTGART. Schweiz er hart’ sehe Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser. 1912. Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie herausgegeben von M. Bauer, E. Koken, Liebisch in Marburg. in Tübingen. in Berlin. No. Inhalt. Original-Mitteilangen etc. Seite Butz, Josef: Die Eruptivgesteine der Insel Samos. Mit 1 Karten- skizze. (Schluß) 673 I Friedrich, K. : Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation und der Konstitution leicht zerlegbarer Mineralien. Mit 25 Textfiguren. (Schluß) 684 j Beck, R. : Ueber Kappenquarze. Mit 3 Textfiguren 693 j B öhm, Joh. : Temnocheilus ( Conchorhynchus ) Freieslebeni Geinitz sp. Mit 1 Textfigur 698 Reich, Heim.: Ueber ein neues Vorkommen von Fossilien im Ser- vino des Luganer Sees 702 Chemisches Laboratorium von Professor Dr. M. Dittrich Heidelberg Brunnengasse 14 Mineral-, Erz- und Gesteinsuntersuchungen. — Quell- und Mineralwasseranatysen. — Untersuchungen auf Radioaktivität. — Chemische Praktica, unter besonderer Berücksichtigung der Mineralogen und Geologen, auch in den Universitätsferien. Prospekte auf Verlangen. ------ E. SCHWEIZERBART’SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG Nägele & Dr. Sproesser — STUTTGART Grundzüge der Palaeobiologie der Wirbeltiere von Prof. Dr. O. Abel, Wien. Gr. 8°. 724 Seiten mit 470 Textfiguren. Preis geb. M. 18.—. Das Werk behandelt: I. Die Geschichte und Entwicklung der Palaeontologie. II. Die Überreste der fossilen Wirbeltiere. III. Die Wirbeltiere im Kampfe mit der Außenwelt. IV. Die Palaeobiologie und Phylogenie — und legt die strenge Gesetz- mäßigkeit dar, nach der sich seit den ältesten Zeiten organischen Lebens die Anpassung auf der Erde vollzieht, „Wir haben in der hier dargestellten und meisterhaft begründeten Methode etwas ganz Neues vor uns. . . . Auf die üppige Ausstattung mit Bildern sei nur kurz hin- gewiesen. Das ist ein Buch, das jeder Biologe anschaffen und eifrigst studieren sollte. . Prof. Dr. Bardeleben in Anatom. Anzeiger. Josef Butz, Die Eruptivgesteine der Insel Samos. 673 Original-Mitteilungen an die Redaktion. Die Eruptivgesteine der Insel Samos. Von Josef Butz aus Coblenz. Mit 1 Kartenskizze. (Schluß.) II. Jüngere Gesteine. Das Vorkommen von jüngeren Eruptivgesteinen auf der Insel ist auf die Karvunikette beschränkt. Hier lindet sich Liparit, Trachyt, Plagioklasbasalt und Leucitbasanit, und zwar liegen die saueren Gesteine vorwiegend im nördlichen Teile des Ambelos ; die Liparite treten als gangartige Vorkommen zwischen Tussa und Gninei auf; die Trachyte bilden ganz in der Nähe der Nordküste zwischen Agios Konstantinos und dem Tertiärbecken von Karlo- vathy niedrige Kuppen. Dagegen finden wir die Basalte an dem Ostrande der Karvunikette nach dem Tertiärbecken von Mytilini zu, zumteil liegen sie aber im Tertiär selbst, das sind die Basalte von Kokkari und Mawradsei. Sodann bildet der Leucitbasanit bei Kumeika mit einem kleinen Basaltlager ein zusammenhängendes Vorkommen in Form einer kleinen Kuppe innerhalb des Tertiärs. 1. Liparit. Die Liparite sind ausgezeichnet durch ihre reine, zumteil glänzend weiße Farbe, sowie ihre kristallinisch feinkörnige bis dichte Beschaffenheit. Einige derselben sind völlig einsprenglings- frei, oder wenigstens treten größere Kristallindividuen aus der Grundmasse makroskopisch nicht hervor. Andere Handstücke da- gegen enthalten zahlreiche Quarzkristalle eingesprengt , an denen gewöhnlich Rhomboeder und Gegenrhomboeder gute Ausbildung zeigen , während sonstige Flächen nicht vorhanden sind. Die Farbe dieser Quarze ist grau. Als Übergemengteil beobachtet man kleine schwarze Magneteisenwürfel , die in einigen Hand- stücken sehr häufig , in anderen seltener sind. Außerdem weisen diese Gesteine zahlreiche Rostflecke auf, die durch Verwitterung des Magnetits entstehen. Das mikroskopische Bild zeigt uns bei dem einsprenglings- freien Typ eine gleichmäßig getrübte graue Masse , in welcher stellenweise kleine klare Partien von unregelmäßiger Form ent- halten sind. Zwischen gekreuzten Nicols erkennt man Mosaik- Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 43 674 Josef Butz, Struktur, indem kristallinische Quarz- und Feldspatkörner verzahnt nebeneinander liegen , wobei jedoch die ersteren viel seltener als die letzteren Vorkommen. Die Feldspatkörner sind mit grauen Punkteinschlüssen voll- ständig erfüllt, daneben finden sich auch noch zahlreiche Mikro- litlien einer schwach grünlichen cliloritischen Substanz, sowie feine braune Nadeln. Stellenweise treten in der Grundmasse äußerst feinfaserig, felsitisch struierte Partien hervor. Demnach können wir diese Gesteine auch als Felsoliparite bezeichnen. Der Kiesel- säuregehalt des einsprenglingsarmen Typs beträgt 76,85 °/o, der des einsprenglingsreichen 74,29 °/o. Die Quarzeinsprenglinge haben bedeutende Dimension , aber im wesentlichen die gleiche Größe und zeigen im allgemeinen gute Ausbildung mit scharfer kristallographischer Begrenzung, oft aber auch sind dieselben an den Ecken gerundet und manchmal vom Rande her angefressen, wobei sich sack- oder schlauchartige Einbuchtungen gebildet haben , die mit Grundmasse erfüllt sind. Sämtliche Quarze sind klar durchsichtig und nur selten enthalten sie wenige Punkteinschlüsse. Die eingesprengten Feldspäte sind zuweilen kleiner als die Quarzeinsprenglinge , in den meisten Fällen aber übertreffen sie letztere an Größe. Vielfach liegen mehrere Kristalle beieinander und sind dann nicht selten unregelmäßig verwachsen. Die große Mehrzahl derselben ist von sanidinähnlicher Beschaffenheit und enthält graue , zumteil dichtgedrängte Punkteinschlüsse. Die Ecken sind ebenso wie beim Quarz vielfach abgerundet. Einige zeigen Zwillingsbildung nach dem Karlsbader Gesetz , auch die Auslöschung, parallel zu den Kanten, deutet auf Orthoklas. Seltener findet man die Ausbildung des Mikroklin. Ferner linden sich Reste von Biotit darin, welche aber stets zersetzt und in ein muscovitisches Produkt umgewandelt sind. Von Übergemengteilen ist schwarzer Magnetit ziemlich häufig;' er besitzt sehr scharf ausgeprägte Kristallform und ist stets von einer rotbraun gefärbten Zone, die wahrscheinlich aus Eisenhydroxyd besteht, umgeben. 2. Trachyt. Bei keinem der auf der Insel vorkommenden Trachyte be- obachteten wir eine poröse Ausbildung, wie man sie für gewöhn- lich bei den Trachyten antrifft, vielmehr sind die hier vorliegenden Gesteine durch eine außerordentlich dichte Beschaffenheit der Grundmasse charakterisiert. Die Färbung dieser Grundmasse bei den einzelnen Trachytvorkommen ist jedoch sehr verschieden, und zwar bei den Trachyten von Moustaki rot , von Paläonwlos grün und von Nenedes grau bis grauschwarz. Das makroskopische Aussehen dieser Gesteine ist folgendes. Die Eruptivgesteine der Insel Samos. 675 Der erste Typ enthält in dichter rötlicher Grundmasse meist gelblich bis apfelgrün gefärbte matte Feldspäte, nur wenige sehen etwas frischer aus und zeigen dann auf Spaltflächen eine trübe Spiegelung. Eine eingetretene Verwitterung gibt sich ferner kund durch schmale Verwitterungsklüfte, die die Handstücke durchziehen und mit Eisenhydroxyd ausgefüllt sind. Die Ausbildung der Feld- späte ist isometrisch oder nach der Basis etwas gestreckt; ihre Größe schwankt zwischen 2 und 6 mm. Die im Gestein angetroffenen Biotitblättchen zeigen auch Spuren von Verwitterung, indem der Glanz auf den 'Spaltflächen nur sehr schwach ist oder gänzlich fehlt. Oft trifft man auch trübe braune Flecken , die zuweilen sechsseitige Begrenzung auf- weisen und wahrscheinlich als ein Verwitterungsprodukt des Biotits anzusehen sind. Pyrit findet sich hier nur selten. Die in dem zweiten Trachyttyp mit der grünen Grundmasse vorkommenden Feldspäte sind zwar ebenfalls rauh und undurch- sichtig, haben aber etwas frischeres Aussehen, hellere Farbe und bessere, wenn auch schwache, Spiegelung auf den Spaltflächen. Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, daß dieses Gestein eine ganze Anzahl dunkler Einschlüsse von mitgerissenem Quarzit- schiefer enthält; dieselben sind teils linsenförmig, auch rundlich gestaltet oder treten als kleinere Flecken auf. Bei den größeren, die mehrere Zentimeter lang sind, ist manchmal die Schieferstruktur deutlich zu erkennen. Zahlreiche winzige Pyritpünktchen sind über das ganze Gestein verbreitet. Der dritte Typ unterscheidet sich makroskopisch , abgesehen von seiner dunklen Farbe der Grundmasse, durch die Anwesenheit klarer, durchsichtiger Sanidineinsprenglinge mit glänzenden Spalt- flächen von den beiden anderen Typen. Zu den vorher genannten Gemengteilen tritt außerdem in diesem Trachyt noch Augit hinzu. Der makroskopisch hervortretende Unterschied in dem Grade der Verwitterung bei den Feldspäten läßt sich auch mikroskopisch sehr gut verfolgen. Sämtliche Feldspäte des rötlichen Trachytes sind mit einem feinen , im ganzen Kristall etwa gleichmäßig ver- breiteten Staube angefüllt , wodurch die Kristalle stark getrübt erscheinen und die Aufhellung sehr undeutlich wird. Die ursprüng- lich im Magma enthaltenen Feldspäte wurden zum großen Teil wieder resorbiert und korrodiert, und es setzten sich dann später um die noch vorhandenen Reste neue Kristalle an, was man deut- lich an dem zonaren Aufbau mancher Feldspäte erkennen kann, indem nämlich ein an den Ecken gerundeter und sanft ausgefranster Kern, der gewöhnlich noch stärker getrübt ist, von einem etwas anders orientierten Rande umschlossen wird. Die Messung der Auslöschungsschiefen auf Spaltblättchen zeigt Orthoklas und Oligo- klas an. Auch die Feldspäte des grünen Trachytes sind verhältnis- 43* 676 Josef Butz, mäßig- stark mit grauen Punkteinschlüssen erfüllt, stets randlich resorbiert und liegen meist in mehreren Stücken ineinander ver- zahnt zu einem Knäuel zusammen. Im Inneren derselben findet man häufig grüne chloritische Lappen als Einschlüsse, auch braunes Eisenhydroxj^d und Magneteisenkristalle. Zwillingsbildungen sind vorhanden nach dem Karlsbader und Bavenoer Gesetz. Auf Spalt- flächen nach der Basis habe ich die Auslöschungswinkel von 2 0 und 0°, auf solchen nach dem seitlichen Pinakoid von 9,2° und 5° gemessen ; demnach liegt Anorthoklas und Orthoklas vor. Mikro- chemische Reaktionen mit Fluorwasserstoffsäure ergaben Kaliurn- und Natrium-, sehr selten Calciumreaktionen. Demgegenüber erweisen sich die Feldspäte des grauen bezw. schwarzen Tracliytes als klar durchsichtiger, wenig getrübter Sanidin , bei dem graue Punkteinschlüsse in der Regel am Rande angeordnet sind und von hier aus manchmal in schmalen Reihen in das Innere des Kristalls hineinreichen, nie aber denselben ganz erfüllen. Auch Zonarstruktur ist vorhanden, doch ist hierbei nicht wie bei den vorigen Trachyten der innere Kern ausgefranst, sondern hebt sich in der Regel scharf von dem Randkristall ab. Andere zeigen Zwillingsbildung nach dem Albitgesetz , und zwar wurde in der Zone senkrecht zu 010 die Auslöschung von 21,1° ge- messen, wonach wir es mit einem Feldspat zwischen Andesin und Labrador zu tun haben. Von den übrigen Einsprenglingen hat brauner Biotit in den sämtlichen Trachyten Verbreitung. Derselbe ist oft verbogen und verstaucht und erscheint vielfach am Rande gebleicht, manchmal ist er auch zerfetzt oder in Chlorit umgewandelt mit deutlichem Pleochroismus von weingelb in dunkel olivengrün, letzteres be- sonders in den grünen und dunklen Trachyten. Verein zeit findet sich ein farbloses muscovitisclies Zersetzungsprodukt in Leisten- form mit lebhaften Interferenzfarben. Wahrscheinlich ist dasselbe aus Biotit entstanden. Das Innere der Leisten ist von schmalen Fasern und Streifchen oder Lappen von braunem Eisenhydroxyd und wenig Magnetit durchzogen. Augit als Einsprengling kommt nur in den dunklen Trachyten, welche zwischen Paläomylos und Nenedes liegen, vor. Die intensiv grün gefärbten Kristalle sind gut und scharf ausgebildet, die Ecken wenig abgerundet, auch enthalten sie ziemlich große Einschlüsse von Magneteisenkörnern und weniger häufig solche von Glas. Nicht selten sind zwei Kristalle nach der Querfläche hin miteinander verwachsen. Apatit kommt in Form von Nadeln in sämtlichen Trachyten vor, in dem rötlichen aber auch als großer farbloser Kristall von der Größe der Einsprenglinge. Das mikroskopische Bild der Grundmasse hat bei sämtlichen Trachyten als gemeinsame Eigenschaft eine sehr dichte felsitische Die Eruptivgesteine der Insel Samos. 677 Beschaffenheit. Man beobachtet meist ein Gewirr winziger Feld- spatleistclien, die aber zu einem dichten Faseraggregat auseinander- gezogen sind; in den dunklen Typen nimmt dieselbe auch eine kristallinisch-körnige Art der Ausbildung an. An vielen Stellen enthält die Grundmasse Quarzkörner, von denen jedoch mit ziem- licher Sicherheit sekundäre Bildung nachgewiesen werden kann, sie sind nämlich spätere Infiltrationen oder mitgerissene Partien, die aus den Quarzitschiefern stammen. Demnach können diese Gesteine nicht zu den Lipariten bezw. Pantelleriten gestellt werden, zumal der Kieselsäuregehalt des grünen Gesteines 62,43 °/o und der des roten 62,21 °/0 beträgt. Sodann ist die Grundmasse stark durchsetzt mit eisenhaltigen Mineralien oder deren Zersetzungsprodukten; so enthält z. B. der rötliche Trachyt in der Grundmasse zahlreiche graue Flecken, die im auffallenden Licht durch ihre rötlichbraune Färbung sich als Eisenhydroxyd erweisen, daneben fein verteilten schwarzen Magnet- eisenstaub, ferner Eisenkies und wenig chloritische Substanz. In den grünen Trachyten tritt das Eisenhydroxyd etwas zu- rück , statt dessen ist die Grundmasse erfüllt mit grünen Lappen und Punkten chloritischer Substanz. Letztere macht auch den wesentlichen Bestandteil in der Grundmasse des dunklen Typs aus, worin noch stärkere Anhäufung der Magnetitkörnchen die dunkle Färbung hervorrufen. Letzteres trägt auch dazu bei, daß die Grundmasse , welche überhaupt in diesem Typ bedeutend feiner und dichter ist, zwischen gekreuzten Nicols fast dunkel erscheint. Bei einzelnen der dunklen Trachyte ist die Chloritisierung außerordentlich stark vorgeschritten. Hier haben sich auch im Inneren des Sanidins in der Richtung der Spaltbarkeit grüne chloritische Lappen abgesetzt. Desgleichen hat sich auch Kalk- spat und an anderen Stellen Epidot aus dem Sanidin gebildet. Es hat demnach bei diesem Trachyt jedenfalls noch eine spätere Zu- fuhr von Kalk stattgefunden. Den letztgenannten, bei Paläomylos vorkommenden Trachyt, können wir wegen seiner starken Chloriti- sierung auch als Grünsteintrachyt bezeichnen. 3. Plagioklasbasalt. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, daß die Basalte an dem Ostrande der Karvunikette ausgebreitet sind. Außerdem findet sich bei Kumeika noch ein Basaltvorkommen von ganz geringer Dimension. Dasselbe bildet zusammen mit dem Leucit- basanit eine einzige kleine Kuppe innerhalb des Tertiärs. Der hier zutage tretende Basalt weist den erstgenannten Basalten gegenüber mancherlei Verschiedenheiten auf, weshalb ich seine Beschreibung auch von der der Plagioklasbasalte abtrennen und im Anschluß an den mit ihm vereinigten Leucitbasanit geben will. Am schönsten und typischsten ist der Basalt von Pagonda Josef Butz, ausgebildet. Er bildet liier eine Schlotausfiillung ohne Kuppen- bildung. Die von diesem Punkte stammenden frischen Stücke ent- halten in einer dichten schwarzen Grundmasse bis zu 1 cm große Augitkristalle. Durch Verwitterung wird das Gestein rötlichbraun bis orangefarben und bröckelig. Die Basalte von Kokkari und Mawradsei treten in Form von Gängen auf und sind grau oder braun und etwas porös. Die in den Basalten von Pagonda, Mawradsei und Kokkari enthaltenen Augite haben nicht alle die gleiche Dimension, i sondern sind in zwei verschiedenen Größen entwickelt, von denen j die einen etwa halb so groß sind wie die anderen; unter sich sind die einzelnen Individuen jedoch ziemlich gleichgroß ausgebildet. Diese Tatsache führt uns zu der Vermutung, daß die Augite in zwei verschiedenen Generationen gebildet wurden. Die größeren Augite waren jedenfalls schon vor der Eifusionsperiode im Magma ent- halten und zeigen Resorptionserscheinungen, indem ihre Ecken ab- j gerundet, die Kristalle vielfach randlich angefressen sind und Grund- J masse ins Innere eingedrungen ist. Die kleineren dagegen sind gut ausgebildet mit scharf aus- geprägter kristallographischer Begrenzung, doch sind sie vor den Plagioklasleisten der Grundmasse ausgeschieden worden, was daraus j hervorgeht, daß die Feldspatleistchen zonar um die Augite herum | angeordnet sind. Die meisten Augite sind farblos und klar; wo Einschlüsse vorhanden , sind sie gewöhnlich parallel der äußeren Begrenzung angeordnet, seltener sieht man die Einschlüsse strichweise hinter- einander quer über den ganzen Kristall hingehen. Die kleineren i Kristalle sind im Innern stärker mit Einschlüssen erfüllt. Wenn | die Augite gefärbt auftreten, so sind sie gewöhnlich schwach grau, I rötlich oder bräunlich , seltener grasgrün gefärbt. Bei den a gefressenen finden sich im Innern Magneteisenkörner abgeschiede manchmal auch kohlensaurer Kalk. Bei weiterer Zersetzung i häufen sich die kleinen Magnetitkörnchen , und es treten unregel- mäßig verlaufende Sprünge im Kristall auf. Zwillingsbildung, zu- ’ weilen auch mehrfach wiederholte, kommt vor, ist aber nicht die Regel. In dem Basalte von Pagonda trifft man frischen Olivin nur selten an ; gewöhnlich findet man seine Zersetzungsprodukte. Manchmal sind es rundliche oder unregelmäßige Lappen von dem ; Umfang der großen Augiteinsprenglinge , andere zeigen noch die für den Olivin charakteristische kristallographische Begrenzung, ! auch kommen kleinere bis punktförmige Partien vor. Die Natur : dieser Substanz läßt sich nicht genau definieren. Die größeren Individuen erkennt man als aus einem Aggregat von schlauch- artig ineinandergreifenden Teilen bestehend, gebildet von kohlen- saurem Kalk und einem grünen isotropen Material, dazwischen ist in unregelmäßigen Streifen eine graue Masse verbreitet. Die Eruptivgesteine der Insel Samos. 67 9 Auffallend ist die Tatsache, daß in dem verwitterten bröcke- ligen Basalt von Pagonda noch große, völlig klar und frisch erscheinende Olivinreste enthalten sind, während die Augite voll- ständig zersetzt und aufgelöst sind unter Bildung von rotbraunem Eisenhydroxyd , das über das ganze Gestein sehr stark verbreitet ist. In den Basalten von Kokkari und Mawradsei ist überhaupt kein Olivin nachzuweisen. In der Grundmasse finden wir vorherrschend schmale Plagio- klasleistchen verschiedener Dimension, von der Form winziger Stäbchen bis zu der Länge der kleinen Augiteinsprenglinge an- wachsend. Ihre Anordnung ist bei den Basalten von Pagonda beliebig. Die im Tertiär liegenden Basalte dagegen zeigen eine parallele Anordnung der Plagioklasleistchen und eine schön aus- geprägte Fluidalstruktur ; gewöhnlich haben sich die Leistchen auch kranzartig um die Einsprenglinge herumgelagert. Sie sind klar durchsichtig und mit wenig Punkt- oder klaren Stäbcheneinschlüssen versehen; Zwillingsbildung nach dem Albit- gesetz ist nicht häufig wiederholt, in der Regel besteht eine Leiste aus zwei verzwillingten Individuen. Nach den Messungen der Auslöschungsschiefe, die in der symmetrischen Zone etwa 32° ergibt, gehören die Leistchen einem Feldspat zwischen Labrador und Bytownit an. Gelegentlich kommt auch ein größerer Feld- spatkristall vor. Die von den Leisten gelassenen Zwischenräume sind ausge- füllt mit farblosen Stäbchenmikrolithen, schwarzen Magneteisen- körnchen und stellenweise Eisenkies, auch liegen grünliche und graue fleckige Partien in der Grundmasse eingestreut, welche jedenfalls Reste oder Zersetzungsprodukte von Augit und Olivin darstellen. Die fluidal struierten Basalte aus dem Tertiärbecken von Mytilini enthalten auch dazwischen wenig Glasmasse. Außerdem zeigen hier die Feldspatleistchen im Innern sehr starke Chloritisierung, die sich vielfach über den ganzen Kristall verbreitet hat. Der Pleochroismus des gebildeten Chlorites ist schwach. Zwischen gekreuzten Nicols bemerkt man keine Aufhellung. 4. Basalt und Leucitbasanit von Kumeika. Der mit Leucitbasanit zusammen vorkommende Basalt von Kumeika enthält in dichter, schwarzer Grundmasse, die sich beim Verwittern braun färbt, außer kleinen Augiteinsprenglingen noch große, klare Feldspatkristalle, die in der Verwitterungszone rot- braun gefärbt sind und dann einen fettigen Glanz besitzen. U. d. M. sind die Feldspäte vollkommen klar und durch- sichtig und fast frei von Einschlüssen. Dagegen ist die Grund- masse in diesem Gestein bedeutend dichter als bei den übrigen Basalten und bildet ein filzig aussehendes, undurchsichtiges Gewirr kleiner Kristallindividuen. Dazwischen breiten sich über den ganzen 680 Josef Butz, Schliff kleine fleckige Partien von grüner und grauer Farbe aus, welche sich anscheinend aus Augit und Olivin gebildet haben. Die Leucitbasanite von Kumeika sind dichte, feinkörnige Ge- , steine von schwarzer Farbe. Einige haben ein schmutziggraues, fleckiges Aussehen ; dies rührt daher, daß winzige Feldspatkristalle makroskopisch in großer Anzahl hervortreten, wodurch ein körniges, gesprenkeltes Aussehen bedingt wird. Sodann lassen sich auch mit bloßem Auge winzige Olivinkristalle erkennen, die meist zu einer bröckelig erscheinenden, rostfarbigen Masse verwittert sind und an den Rändern bronzefarbig schimmern. Als Einsprenglinge größerer Dimension treten unter dem Mikroskop Olivin und Augit auf. Letzterer ist meist blaß grau- grün , mitunter aber auch grasgrün gefärbt und zeigt fast stets Zonarstruktur. Viele derselben sind verzwillingt, und zwar derart, daß sich eine schmale Lamelle zwischen zwei größere Partien einschiebt. Die Umrandung der Kristalle ist nicht an allen Stellen scharf aus- geprägt, sondern vielfach zerfetzt und erscheint getrübt ; am Rande tritt häufig ein dunkler Streifen als Saum auf. Nicht selten sind die Kristalle von außen her angefressen, wobei sich Kanäle und Hohl- räume im Inneren gebildet haben, die mit Grundmasse gefüllt sind. Die kleineren Augitkristalle sind meist scharf begrenzt, während die größeren durch Lostrennung randlicher Partien zerfetzt und mit Sprüngen durchsetzt erscheinen. Große Olivineinsprenglinge sind ziemlich häufig verbreitet, und zwar sind sie teilweise klar, farblos oder schwach grünlich von frischem Aussehen, während andere eine starke Umwandlung erlitten haben. Die frisch aussehenden besitzen zumteil eine gute Spaltbarkeit, j Die Umwandlung beginnt stets vom Rande her derart, daß j dieser durch schmutzig graugrüne chloritische Substanz getrübt wird. Die gleiche Umwandlung vollzieht sich auf unregelmäßig verlaufenden Sprüngen und Rissen. Stellenweise sind von den Rändern her schlauchartige Einbuchtungen und sackartige Ver- tiefungen in das Innere der Kristalle eingedrungen. Es hinterbleibt öfters Chlorit, aber auch ein graues Produkt, das anscheinend isotropen Charakter hat. Die Chlorite behalten die Form des Olivins bei, der Rand wird in der Regel noch be- sonders deutlich angezeigt von einem braunen schmalen Eisen- hydroxydstreifen. Manchmal bewirken diese braunen Streifchen dadurch, daß sie auch im Inneren des Kristalls auf traten, einen schalenförmigen Aufbau. Vielfach liegen Olivin- und Augitstiicke von gleicher Größe zu einem Knäuel vereinigt. In der Gruudmasse sind enthalten Leucit, kurze Plagioklas- leistehen, Augit- und Olivinfetzen, grüne chloritische Körner, sehr viel Apatit, Magneteisen und braune Eisenhydroxydkörner. Eine Begrenzung der kleinen Leucitkristalle ist nirgends deutlich zu erkennen. Dieselben enthalten sehr zahlreiche Stäb- Die Eruptivgesteine der Insel Samos. 681 cheneinschliisse meist glasiger Substanz , deren Längsrichtung parallel dem Rande angeordnet ist, so daß also die kranzartigen Gebilde entstehen, wie sie beim Leucit häufig anzutreffen sind. Die Plagioklasleistchen sind in den meisten Fällen zonar sowohl um die Olivin- und Augiteinsprenglinge wie auch um die kleinen Leucitkristalle herum angeordnet. Diese Tatsache zeigt uns an, daß der Leucit nicht als zur Grundmasse gehörig be- trachtet werden kann, sondern vielmehr gleichzeitig mit den Augit- und Olivineinsprenglingen , jedenfalls früher als die Plagioklas- leistchen, ausgeschieden wurde. Die undeutliche Abgrenzung läßt ferner vermuten, daß ursprünglich größere Leucite vorhanden waren, die aber resorbiert wurden. Die chloritische Substanz findet sich in feiner Verteilung über den ganzen Schliff verbreitet oder auch zu lappigen Aggre- gaten angehäuft. III. Tuffe. In den beiden Tertiärbecken treten an verschiedenen Stellen erdige und kalkige Tuffe auf. Dieselben sind den muldenförmig gelagerten Pliocänschichten eingelagert. In der Gegend von Kon- dakeika, Phurni und Ambara haben wir Trachyttuffe. Dieselben sind von weißer, gelblicher oder rötlichbrauner Farbe. Der letztere ist verhältnismäßig fest und von dichter Beschaffenheit. Die hellen Tuffe bestehen im wesentlichen aus einer sehr kalkreichen Masse, die unter dem Mikroskop als filziges Gewirr erscheint. Darin liegen sehr zahlreiche Individuen von Muscovit, welcher stark verbogen, in Fasern aufgelöst und gequetscht ist. Daneben findet sich Glas sowie Anhäufungen von Quarzindividuen, welche zackig und ineinander verzahnt sind. Viele dieser Quarz- körner zeigen undulöse Auslöschung. Sodann kommen rundliche Magneteisenkörner vor, seltener Eisenkies. Die Tuffe, welche bei Kokkari und zwischen Vigla und Hereon liegen, sind weiß und bimssteinartig. Unter dem Mikroskop erweisen sie sich als Basalttuffe. Auch diese zeigen eine faserige, teilweise durch chloritische Substanz grünlich ge- färbte, sehr kalkreiche Grundmasse. Darin finden sich große klare Feldspäte (Plagioklas) frei von Einschlüssen, ferner größere Augitkristalle und Biotitstreifen. Stellenweise sehr verbreitet sind große Glasschlieren, zwischen denen vielfach eine schwarze kohlige Substanz hindurchzieht. Es finden sich aber auch noch zahlreiche, unregelmäßig begrenzte Partien von Plagioklasbasalt eingesprengt von wechselnder Größe. Diese zeigen feine Plagioklasleistchen und Augitnadeln. Letztere sind von graugrüner Farbe und schwach pleochroitiscli. Mitunter enthalten die eingesprengten Basaltpartien auch noch recht große Bruchstücke von Plagioklaskristallen, die vollkommen klar erscheinen. In den Tuffen, welche vorwiegend 682 Josef Butz, Glasmasse enthalten, kommen auch zahlreiche kleine Körnchen von Hauyn vor, die oft erst bei stärkerer Vergrößerung wahrnehmbar sind. Quarzbruchstücke sind ebenfalls vorhanden, doch sind die- selben seltener als in den Trachyttuffen. Die von Vathy stammenden Tuffe sind grau gefärbt und erdig aussehend und ebenfalls sehr kalkreich. Darin sind eingeschlossen rundliche Partien von Glas in verschiedener Größe, sowie Feldspat und wenig Biotit. C. Zusammenfassung. 1. Die auf der Insel Samos vorkommenden Erup- tivgesteine sind teils ältere, teils jüngere Gesteine. Er stere bestehen aus verschiedenen Gabbrotypen, Wehrliten und Diabasen. 2. Die im Ambelos voneinander getrennt zutage tretenden Gabbrolager sind gleichzeitig aus einem Magma entstanden und besitzen jedenfalls einen unterirdischen Zusammenhang. 3 . Während oder kurz nach der V e r f e s t i g u n g dieser Gesteine fanden pneumatolytische Vorgänge statt. 4. Die in den einzelnen Gabbrolagern hervor- tretenden Unterschiede, die hauptsächlich durch die farbigen Gemengteile bedingt sind, sind keine gene- rellen, sondern graduelle und sind eine Folge der bei den einzelnen Gesteinen verschieden weit vor- geschrittenen Uralitisierung des Dia llags infolge inneren Kontaktes. 5. Ein später eintretender Gebirgsdruck be- wirkte Schichtung und Faltung eines Teiles d^r S m a r a g d i t g a b b r o s. 6. Durch hinzutretende atmosphärische Einflüsse entstanden weiterhin Amphibolite und Serpentine. 7. Die W e h r 1 i te und D i a b a s e d e s Kerkimassivs sind aus einem einzigen Magma durch Differen- zierung und Faziesbildung entstanden, indem sich an den Rändern ein acideres Magma und in der Mitte ein basischer Kern bildete. 8. Die jüngeren Eruptivgesteine liegen an ver- schiedenen Punkten der Karvunikette; es sind Liparite, Trachyte, Plagioklasbasalt und Leucit- basanit. Über die Zeit der Entstehung dieser Gesteine lassen sich auf Grund derpetrographischen Untersuchungen keine genaueren Angaben machen. Die Eruptivgesteine der Insel Samos. 683 9. In den beiden Tertiärbecken existieren kalkige und erdige Tuffe von weißer oder gelblich ey und rötlicher Farbe. Es sind Trachyttuffe im west- lichen und Basalttuffe im östlichen T e r t i ä r b e c k e n. Inhaltsübersicht. Seite Benutzte Literatur 609 Vorbemerkungen 609 A. Geographische und geologische Übersicht 609 B. Petrographischer Teil .611 I. Altere Gesteine und ihre Umwandlungsprodukte 612 1. Gabbrogesteine 613 Makroskopische Beschreibung 613 a) Saussuritgabbro 613 b) Uralitgabbro 613 c) Smaragditgabbro 614 Mikroskopische Beschreibung 614 a) Feldspat und seine Umwandlung 614 b) Pyroxen und Amphibol 641 c) Übergemengteile 642 Gegenseitige Beziehungen der Gabbrogesteine 643 2. Amphibolit und Serpentin aus dem Gabbrogebiet ; Asbest 644 3. Glaukophangabbro 645 4. Wehrlit 646 5. Serpentin vom Kerki 647 6. Diabas 648 a) Diabasaphanit 648 b) Hornblende-Olivin-Diabas 649 c) Diabasporphyrit 650 d) Uralitdiabas 650 Beziehungen zu den Wehrliten 651 Mandelstein und Epidotgestein 651 II. Jüngere Gesteine 673 1. Liparit 673 2. Trachyt 674 3. Plagioklasbasalt 677 4. Basalt und Leucitbasanit von Kumeika 679 III. Tuffe 681 C. Zusammenfassung der Ergebnisse der Untersuchung 682 684 K. Friedlich. Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation und der Konstitution leicht zerlegbarer Mineralien. Von K. Friedrich in Breslau. Mit 25 Texlfiguren. (Schluß.) II. Mit L. Garrett Smith. Nachdem die im Abschnitt I mitgeteilten charakteristischen Daten für die einfachen reinen Carbonate ermittelt worden waren, ging man dazu über, auch zusammengesetzte Carbonate bezw. weniger reine Vorkommen der thermischen Analyse zu unterwerfen. Hierher gehören : Dolomit von Kragerö, Norwegen, von Imfeld, Wallis und von Simplon, Schweiz, Siderit von der Grube Stahl- berg, Manganspat von Bescheert Glück bei Freiberg, Mangan- haltiger Bitterspat von Gosenbach bei Siegen, Ankerit von Erzberg in Steiermark, Dolomit von Cumberland, sowie zwei Braunspäte von Himmelsfürst, Freiberg und ein Braunspat von Frizington. Bezüglich des angewendeten Verfahrens und der Apparatur gilt sinngemäß dasselbe wie in Abschnitt I angegeben. Die er- haltenen Ergebnisse sind in Form von Erhitzungs- und Erhitzungs- geschwindigkeitskurven in den Fig. 15 — 25 niedergelegt. Auch diese Arbeit wurde aus Mitteln der Jubiläums-Stiftung der deutschen Industrie ausgeführt. Dolomit (Fig. 15, 16 und 17). Die Befunde der chemischen Analyse der hier zu nennenden drei Vorkommen sind in folgender Tabelle zusammengestellt : Material Fe CO, Tabelle 3. Mn C 03 Si 02 CaC03 Mg CO, Dolomit von Kragerö 4,17 — Spur 54,50 41,79 „ „ Imfeld Spur Spur 0,14 55,09 45,02 „ „ Simplon » „ 0,12 55,02 45,00 Darnach kommt die Zusammensetzung der Dolomite von Imfeld und Simplon der Formel Ca Mg (C 03)2 sehr nahe. Reines Ca Mg (C03)2 erfordert theoretisch 54,3 °/o CaC03. Hier sind nun in allen drei Fällen zwei sehr stark ausgeprägte Wärmebindungen beobachtet worden, die bei praktisch denselben Temperaturen auftreten. Die erste setzt bei ca. 730° — 745° ein und erreicht bei 750 bezw. 760° ein Maximum, um dann wieder nachzulassen. Die zweite folgt bei ca. 880 bezw. 890° mit einem Maximum bei ca. 910 bezw. 930°. Die Zersetzung ist bei 1130° eine vollständige gewesen. Die Gewichtsabnahmen betrugen hier 98,4 bezw. 99,3 bezw. 99,4 °/o des theoretischen Wertes. Der Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation etc. ßB5 Rückstand brauste mit Salzsäure behandelt nicht mehr auf. Nun ist auch die erste Wärmebindung schon mit einer bedeutenden Kohlensäureabgabe verknüpft. Als die Erhitzung bei 830° ab- gebrochen wurde, waren von der vorhandenen Kohlensäure bereits 36 bezw. 40°/o abgegeben worden. Die Zerlegung des Dolomits geht also stufenweise vor sich. 686 K. Friedrich, Aus dieser recht interessanten und bisher wohl noch unbekannt gewesenen Tatsache1 liegt es nahe, einen Rückschluß auf die Konsti- tution des Dolomits zu ziehen. Bekanntlich faßt man dieses Mineral zurzeit fast allgemein als eine chemische Verbindung auf. Die Annahme, daß eine isomorphe Mischung vorliegt, wird zwar als möglich, aber recht unwahrscheinlich bezeichnet. Würden nun die Fig. 17. Dolomit von Simplon, Schweiz. Tmjj. Zeit reinen Dolomite nur ein Gemenge von CaC03 mit MgC03 dar- stellen, so müßte ihre Zerlegung in der Weise vor sich gehen, daß beim Magnesitpunkt das Magnesiumcarbonat gespalten wird, worauf dann bei der dem Calciumcarbonat eigentümlichen Tem- peratur die Zersetzung des letzteren erfolgt. Daß sich Mischungen tatsächlich in dieser Weise verhalten, konnte durch besondere Ver- 1 Genaueres über die thermische Dissoziation des Dolomits ist bisher noch nicht bekannt (C. Doelter, Handbuch der Mineralchemie. 1911. 1. p. 384). Nach Vestenberg’s und Wülfing’s Versuchen zerlegt sich Magnesit leichter als Dolomit, und zwar bei ca. 500° bezw. etwas darüber, während die Zersetzungstemperatur des Dolomits viel höher liegt (1. c. 1911. I. p. 23). Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation etc. 687 suche, bei denen die Carbonate im Molekular Verhältnis von 1 : 1 angewendet wurden, nachgewiesen werden. Das Resultat war das gleiche, ob man die Carbonate einfach in der Reibschale zusammen- mengte oder das Gemenge einem Drucke von ca. 5000 Atmosphären 2 */a Stunden lang aussetzte. Im Gegensatz hierzu tritt nun beim Dolomit die erste Wärmebindung erst bei einer Temperatur ein, die ca. 150° oberhalb des von uns gefundenen Magnesitpunktes liegt. Dies Verhalten könnte als eine Bestätigung für die oben erwähnte Ansicht betrachtet werden, daß nämlich der reine Dolomit in dem Mengenverhältnis CaC03 MgC03 nicht etwa bloß ein Gemenge, sondern entweder eine feste Lösung oder eine Verbindung zwischen CaC03 und MgC03 ist. Wir selbst halten uns auf Grund unserer bisherigen Versuche allerdings noch nicht für berechtigt, eine solche Schlußfolgerung zu ziehen. Es ist ja wenigstens denkbar, daß an der Bildung des Dolomits ein Magnesiumcarboüat beteiligt ist, das eine andere Modifikation als der von uns untersuchte Magnesit darstellt, und somit auch einen anderen vielleicht eben bei ca. 750° liegenden Zersetzungspunkt besitzt. Außerdem harren auch noch andere hierhergehörende Fragen ihrer Klärung. Unbekannt ist uns noch die Natur des Rückstandsproduktes von der ersten Zerlegung. So- dann gibt der Umstand zu denken, daß die zweite Wärmebindung genau beim Calcitpunkt auftritt, so daß wir annehmen müssen, daß von der ersten Abspaltung der Kohlensäure alles Magnesium- carbonat betroffen wird. Inwieweit an dieser Zersetzung vielleicht auch Calcit mit beteiligt ist, ist ebenfalls noch eine offene Frage. Zur weiteren Klärung sind deshalb hier eingehendere Versuche dringend nötig, die auch schon in die Wege geleitet sind. Jedenfalls haben die Untersuchungen erstmalig den Nachweis erbracht, daß sich der Dolomit stufenweise zerlegt. Die Angabe, daß sich Magnesit bei niedrigerer Temperatur als Dolomit zersetzt, konnte von uns bestätigt werden. Siderit von der Grube Stahlberg (Fig. 18). Die chemische Analyse ergab folgende Gehalte: FeC03 77,9 °/o, MnC03 1 7,7 °/o, Rest Gangart. Die thermische Analyse enthüllte eine einzige bedeutende Wärmebindung, deren Maximum oberhalb 500" liegt. Damit zeigt der Siderit von Stahlberg eine sichtlich höhere Zersetzungstemperatur als die früher untersuchten Eisen- späte. Nun hat er aber auch den höchsten Mangangehalt ; es liegt deshalb die Schlußfolgerung nahe, daß durch Mangan die Zersetzungstemperatur des Eisencarbonats erhöht wird. Betrachten wir unter diesem Gesichtspunkte die früheren Befunde (Fig. 4, 5 und 6), so müssen wir darin eine Bestätigung für unsere An- schauung erblicken. Freilich besitzt sie nur Gültigkeit für das hier untersuchte Konzentrationsbereich, und es muß die Frage für 688 K. Friedrich, die manganreicheren Eisenspate noch offen bleiben. Hier muß darauf hingewiesen werden, daß man auch in der Praxis die Er- fahrung gemacht hat, daß manganhaltige Eisenspate zu ihrer Zersetzung beim Rösten einer höheren Temperatur bedürfen als manganfreie. Da das Ansteigen des Dissoziationspunktes mit steigen- dem Mangangehalt relativ gleichmäßig erfolgt, so wird man — immer wieder nur für das untersuchte Konzentrationsbereich — zu . Fig. 18. Siderit von der Grube Stahlberg (bei Atm.-Druck). r dem Schlüsse gedrängt, daß das Eisencarbonat mit Mangancar- bonat in der Natur feste Lösungen zu bilden vermag. Manganspat von Besc beert Glück, Freiberg (Fig. 19). Auffällig ist hier die verhältnismäßig hohe Lage des Zer- setzungspunktes. Allerdings ist das Material so unrein — die Analyse ergab: 64,4 °/0 MnC03, 12,3 °/o FeC03, Rest MgC03 und Gangart — , daß an den thermischen Befund Schlußfolgerungen nicht geknüpft werden sollen. Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation etc. 0$9 M a n gan haltiger Bitter spat von Gosenbacli bei Siegen (Fig. 20). Nach der chemischen Analyse setzt sich das unter dieser Bezeichnung gelieferte Mineral aus folgenden Bestandteilen zu- sammen: 50,4 °/o Ca C 03, 37,5 % MgC03, 4,8% MnC03 und 2,4% FeC03. In Übereinstimmung mit diesem Befunde ergab die thermische Analyse die für den Dolomit charakteristischen Zersetzungspunkte. Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 44 690 K. Friedrich. Ankerit von Erzberg in Steiermark (Fig. 21). Ankerit ist ein stark eisenhaltiger Dolomit. Die Erhitzungs- kurve zeigte aber nur eine bedeutende, und zwar den mangan- haltigen Sideriten entsprechende Zersetzung. Die charakteristi- schen Punkte des Dolomits fehlen vollständig. In Übereinstimmung damit ergab die chemische Analyse: 81,9 °/o FeC03, 10,4 °/o MnC03 Fig. 21. Sogenannter Ankerit von Erzberg, Steiermark (bei Atm. -Druck). Jsjnj:. "C. und 7,0 °/0 Rückstand. Auch hier wieder liegt der Zersetzungs- punkt wesentlich höher als bei den manganärmeren Eisenspäten, wodurch die früher ausgesprochene Ansicht über den Einfluß des Mangans und die Möglichkeit einer Bildung fester Lösungen zwischen FeC03 und MnC03 eine weitere Stütze flndet. Dolomit von Cumberland (Fig. 22). Laut Analyse enthielt die untersuchte Probe 66,7% CaC03, 20,8°/o MgC03, H,0°/oFeC03 und 2,7 % MnC03. Thermisch wurden zwei bedeutende Wärmebindungen beobachtet, von denen die eine an der für Dolomit normalen Stelle — beim Calcitpunkt — Beiträge zur Kenntnis der thermischen Dissoziation etc. 691 auftritt. Dagegen erscheint der andere für den reinen Dolomit charakteristische Punkt (bei ca. 750°) wesentlich herabgedrückt. Es muß noch dahingestellt bleiben, wie diese Erscheinung zu deuten ist. 3 ii ß raunspäte von Himmelsfürst, Freiberg (2 Proben) und von Frizington (1 Probe) (Fig. 23, 24 und 25). Der Spat 1 von Himmelsfürst besaß folgende Zusammen- setzung: 94,3% Ca C03, 2,6 °/0 MnC03, 2,4% FeC03 und 2,0 % 44* 692 K. Friedrich, Beiträge zur Kenntnis etc. MgC03. Er ist darnach als ziemlich reiner Kalkspat anzu- sprechen. Damit stimmt auch das Ergebnis der thermischen Ana- lyse überein. Wie Fig. 23 erkennen läßt, zeigt das als Braunspat benannte Material nur eine bedeutende Wärmebindung, die genau beim Calcitpunkt liegt. Eine wesentlich andere Zusammensetzung besaßen Spat 2 von Himmelsfürst und von Frizington. Die chemische Analyse ergab für den ersteren : 51,5 °/0 CaC03, 23,4 % MgC03, 19,2°/o R. Beck, Ueber Kappenquarze. 693 FeC03 und 6,7 °/o MnCÖ3; für den letzteren: 55,9 % CaC03, 29,6% MgC03, 1 3,7 °/o FeC03, Rest MnC03. Hier treten nun auch in den Erhitzungskurven — abgesehen von einer geringeren Wärmetönung oberhalb 500° — zwei bedeutende Haltepunkte auf, und zwar bei beiden Späten an nahezu denselben Stellen. Während sich der obere mit dem Calciumcarbonatpunkt deckt, fällt der untere ziemlich genau auf den Magnesitpunkt. Sonach verhalten sich die hier untersuchten Braunspäte thermisch wesentlich anders als die Dolomite. Ob dies auf die Gegenwart von größeren Mengen Fe C 03 bezw. Mn C 03 oder auf andere Ursachen zurückzuführen ist, muß zunächst noch dahingestellt bleiben. Hier sind die Versuche abgebrochen worden, da neue Metho- den herangezogen werden sollen, um tiefer in die Kenntnis der Dissoziationsvorgänge einzudringen. Soweit die Mitteilungen reichen, dürfte aber doch schon aus ihnen hervorgehen, daß die thermische Analyse ein recht wichtiges und wertvolles Hilfsmittel zur ersten Orientierung bei der Bestimmung von Carbonaten darstellt. Eine ein- fache Aufnahme der Erhitzungskurve, die binnen einer Stunde be- endet ist, kann uns hier vor manchen Irrtümern bewahren und unter Umständen zeitraubende chemisch-analytische Arbeiten ersparen. Metallhüttenmännisches Institut der Kgl. Teclin. Hochschule, Breslau, Juli 1912. Ueber Kappenquarze. Von R. Beck in Freiberg. Mit 3 Textfiguren. Kappenquarze sind seit langer Zeit als charakteristische Wachs- tumsformen des gemeinen Quarzes von den Zinnerzlagerstätten und verwandten Bildungen bekannt. Ein berühmter Fundort war von j jeher Schlaggenwald im Karlsbader Gebirge. Die sächsischen Berg- leute kannten sie besonders von Zinnwald, Altenberg und Geyer, Iwie auch von den Kaolinlagerstätten der Weißen Erdenzeche bei Aue im Erzgebirge. Anfangs der 60er Jahre des vorigen Jahr- hunderts findet man die ersten ausführlichen Beschreibungen. A. Des Cloizeaux1 unterscheidet zwei Abarten: „Lorsque les grains de quartz ou de ripidolite sont disposes regulierement en couches minces paralleles ä tous les contours du cristal enveloppant , on a la disposition nommee quartz en chemise; une petite quantite I de matiere argileuse suffit quelquefois pour empecher l’adherence I des diverses couches d’accroissement, dont se composent les cristaux ; I lorsque les couches se deboitent les unes de dessus les autres, on i a le quartz encapuchonne.“ 1 A. Des Cloizeaux, Manuel de mineralogie. Paris 1862. p. 19. 694 R. Beck. Am Kappenquarz von Schlaggenwald beobachtete A. Breit- haupt1 fünf Schalen übereinander. In neuerer Zeit bemerkte C. Hintze 2, daß zwischen den einzelnen Schalen dieser Schlaggenwalder Kappenquarze meist Nakritschüppchen, doch auch Zinnerz oder Kiese angetroffen werden. Im Sommer 1911 fand der Verfasser bei Gelegenheit der Befahrung der wieder geöffneten Zinnerzgruben im Geyersberge bei Geyer schöne Kappenquarze vor, die aus der Gegend des dortigen Stockscheiders, der pegmatitischen Randfazies des Granit- stockes herrühren. In situ konnten sie leider nicht beobachtet werden. Diese Funde zeigten Eigentümlichkeiten , deren Schilde- rung an dieser Stelle vielleicht der Mühe wert ist, da hierdurch neues Licht auf die Entstehung mancher Kappenquarze und auch des Greisens fällt. Im Gegensatz zu anderen Vorkommen ließen sich die einzelnen Kappen der gefundenen, immer ganze Gruppen bildenden Kristalle nicht oder nur unvollkommen, und jedenfalls bloß unter teil weiser Zertrümmerung voneinander abheben , obwohl sie im Aussehen scharf voneinander durch schmale dunkle Streifen geschieden waren. Die Dicke der Kappen schwankt zwischen etwa 1 mm und 1 cm ; ihre Färbung ist die übliche weißliche des gemeinen Quarzes. Die obersten Kappen haben eine mäßig rauhe Oberfläche und tragen keinen Belag von aufsitzenden fremden Mineralien. Die Kanten zwischen den die Oberfläche bildenden Pyramidenflächen zeigen außerordentlich scharfe Entwicklung. Bei manchen Exemplaren bemerkt man zwischen den einzelnen, fest miteinander verwachsenen Kappen breiter wie sonst entwickelte, trennende Zonen von dunkler Färbung. Sie erreichen eine Breite von etwa 1 cm. Die Photographie (Fig. 1) gibt das sehr deut- lich wieder. Zugleich zeigt sie, daß an diesem Stück die Grenze zwischen zwei benachbarten Kappen quarzen überhaupt eine recht verschwommene sein kann. Schon eine Untersuchung an Ort und Stelle mittelst einer guten Lupe belehrte den Beschauer, daß die dunklen Zwischen- zonen die Zusammensetzung eines Greisens haben, wie er dort aus dem Granit sich gebildet hat, wo dieser von Zinnerzgängen durch- setzt wird. Mehrere Dünnschliffe aus verschiedenen Regionen der Kappenquarzgruppen bestätigten das und enthüllten zugleich die ganz unerwartete Tatsache , daß die lichtgefärbten Quarzkappen keine optisch einheitlich reagierende Individuen darstellen, sondern ziemlich grobkörnig-kristalline Aggregate von sehr verschieden orientierten und höchst unregelmäßig gestalteten Quarzkörnern. Einige Einzelheiten mögen im folgenden das soeben Gesagte noch weiterhin erläutern : 1 A. Breithaupt, Berg- und Hüttenmänn. Zeitg. 1863. 22. p. 74. 2 0. Hintze, Handbuch der Mineralogie. 1905. 1. p. 1371. Ueber Kappenquarze. 695 Die dunklen Zwischenbänder bestehen aus typischem Greisen. Die Hauptgemengteile sind demnach Quarz , Topas und ein im Dünnschliff in unserem Falle lichtgelblich grün durchscheinender Lithionglimmer. Auch etwas Zinnstein ist eingesprengt. Der Quarz umschließt viele Flüssigkeitseinschlüsse von zum Teil scharf dipyra- midaler Form, wobei die lange Diagonale mit der C- Achse des umschließenden Quarzkernes zusammenfällt. Die deutlich gelb gefärbte Flüssigkeit eines solchen Einschlusses enthält eine große, sehr leicht bewegliche Libelle, die bei Steilstellung des Präparates sich sofort in die oberste Ecke des negativen Kristalles begibt. Fig. 1. Photographie einer Kappenquarzgruppe von Geyer in | der nat. Größe. Der Topas ist skelettartig entwickelt, vielfach durch Quarzkörnchen durchbrochen. An seinen basischen Spaltrissen und an seiner ver- schiedenen Lichtbrechung kann man ihn sofort vom Quarz unter- scheiden. Zarte Ziigo von einem feinstaubförmigen Pigment gehen bisweilen ohne Rücksicht auf die Umrisse der Quarze und Topase durch den Greisen hindurch, ein Überbleibsel aus einem früheren Zustand des jetzt als eine Gruppe von Kappen quarzen vorliegenden Gesteins. Ebenfalls als solche Überbleibsel haben parallele Linien zu gelten, die scharf in einem stumpfen Winkel umbiegen und sich mehrfach so wieder aneinander anschließen, daß geschlossene Poly- gone entstehen. Diese zarten Parallelen werden durch ganz winzige Schüppchen eines farblosen Glimmers gebildet, vermutlich von Kali- glimmer, die in ihrer Anordnung völlig denen gleichen, die man 696 R. Beck, so oft parallel den Spaltrissen innerhalb der Feldspäte eingelagert findet (Fig. 2 und 3). Diese Erinnerungen an die frühere Gegen- wart eines Feldspates und somit eines Granites beweisen demnach, daß zwei Entstehungsweisen dieser Kappenquarze, an die man wohl zunächst denken könnte, ausgeschlossen sind: wiederholt unter- brochene Kristallisation aus einer wässerigen Lösung inmitten eines offenen Drusenraumes und ebenfalls wiederholt unterbrochenes An- schießen aus einem Schmelzfluß. Die Kappenquarzgruppen von Geyer entstanden vielmehr durch eine Umwandlung schon Fig. 2. Dünnschliff aus einer Quarzkappe mit anstoßender (rechts!) Greisenzone. Der Quarz zeigt unter gekreuzten Nicols eine Teilung in unregelmäßige Felder. Die parallelen Züge von Glimmerschüppchen treten in den dunkel gestellten Feldern als lichte Striche hervor. Yergr. 30 mal. fertigen Granites unter dem Einfluß fluorhaltiger und s ili cium reich er Gase, mit anderen Worten während der Greisenbildung. Da wiederholt schon beobachtet worden ist, daß bei der Greisenbildung schon vorhandener Quarz unver- ändert in den Umrissen übernommen wird, wie sich das schön an den Dihexaedern porphyrischer Mikrogranite zeigen läßt, darf an- genommen werden, daß ein Teil der Quarzkörner, natürlich nur solche, welche die oben beschriebene Palimpseststruktur nicht besitzen, primäre Granitquarze sind. Als letzten Hauptgemengteil der Greisenbänder haben wir nur noch kurz den Lithionglimmer zu charakterisieren. Er besitzt die bei ihm in allen Greisen ge- Ueber Kappenquarze. 697 wohnliche Eigenschaft, daß er um winzige Zirkonkriställclien herum ganz intensiv pleochroitische, das Licht sehr stark absorbierende Höfe zeigt. Wie soll man sich nun aber den jetzigen Zustand der eigent- lichen Quarzkappen im Gestein von Geyer erklären ? Selbstverständ- lich müssen sie zunächst als einheitliche Gebilde unter dem richtenden Einfluß der Kristallisationskraft im granitischen Gestein angeschossen sein, als dieses von den Gangspalten aus mittelst eines pneumato- lytischen Verdrängungsprozesses zu Greisen umgewandelt wurde. % Fig. 3. Dünnschliff aus einer Quarzkappe. Die unregelmäßigen Quarzkörner zeigen undulöse Auslöschung. Glimmerschüppchen wie in Fig. 2. Die Glimmer- züge setzen zum Teil als dunkle Striche in das hell eingestellte Korn hinübsr (in der Figur nur schwach angedeutet). Vergr. 30 mal. Die von Haus aus einheitlich orientierte Quarzsubstanz der Kappen war nur durch die primären Granitquarze durchbrochen, von denen ein jeder seine besondere Orientierung besaß. Die an manchen Stücken wohl ausgebildeten Kristallflächen der obersten Kappe spiegeln uns die ehemals bis auf diese Unterbrechungen optisch einheitliche Beschaffenheit der Quarzkappen auch in der kristallo- graphischen Form deutlich wider. Auch der in Fig. 1 abgebildete Längsbruch läßt dies erkennen. Geht er doch ungefähr parallel der ehemals allen Kappen gemeinsamen C-Achse. Daß die Kappen jetzt durchweg körnig-kristalline Struktur zeigen, wobei die einzelnen Körner ganz verschiedene Orientierung haben, suchten wir anfangs durch Annahme von späteren Pressungserscheinungen zu erklären. 698 J. Böhm, Mein verehrter Herr Kollege Gr. Linck machte mich jedoch auf die Möglichkeit einer anderen Erklärung aufmerksam, die ich jetzt für die richtige halte: Wie 0. Mügge 1 eingehend unter Bezugnahme auf ältere Arbeiten von H. Le Chatelier hat nachweisen können, tritt beim Durchgang des unter einer höheren Temperatur gebildeten und beständigen ß- Quarzes durch seine untere Temperaturgrenze von 570° C eine Zustandsänderung ein, die unter anderem in einer plötzlichen Änderung der Stärke der Doppelbrechung wie auch in einer Zwillingsbildung sich äußert. Auch der Quarz der Quarz- kappen von Geyer dürfte zunächst bei höherer Temperatur als einheitlicher ß- Quarz entstanden sein. Wäre der Raum, den diese Quarzkappen damals bei einer Temperatur über 570° innehatten, ganz frei gewesen von anderen Körpern, so wären die Kappen von ß- Quarz beim Sinken der Temperatur in ebenso einheitlich orien- tierte Kappen von a- Quarz umgestanden. Nun war der Raum aber unterbrochen durch verschieden orientierte Granitquarze. Ein jedes einzelne dieser Granitquarzkörner konnte jetzt auf den ß- Quarz beim Übergang in a - Quarz einen richtenden Einfluß ausüben und umgab sich so mit einer Anwachszone, die seine Orientierung an- nehmen mußte. So konnte aus dem ehemals einheitlichen Gebilde ein Aggregat werden , das nur noch in dem Bestehen von einer Gesamtkontur nach Kappenquarzart die erlittenen Schicksale er- kennen läßt. Man hat hier also tatsächlich ein Beispiel von „einem geologischen Thermometer“, wrie es 0. Mügge vermutet hatte. Der Kappenquarz von Geyer beweist von neuem, was man bereits aus anderen Beobachtungen schließen durfte, daß die Greisen - b i 1 d u n g bei höherer Temperatur stattgefunden hat, mindestens bei 57 0°. Meine Untersuchungen von Greisen und Zwittern von Hun- derten von Fundpunkten haben mir übrigens gezeigt, daß Kappen- quarze in derartigen Gesteinen recht häufig Vorkommen, wenn auch nur in mikroskopischer Kleinheit. Besonders schön kenne ich sie im Greisen der Zwitterpin ge bei Graupen in Böhmen. Temnocheilus (Conchorhynchus) Freieslebeni Geinitz sp. Von Joh. Böhm Hierzu 1 Textfigur. 186 2 veröffentlichte R. Eisel1 2 eine Liste der im Kupfer- schiefer der Schiefergasse bei Milbitz gefundenen Versteinerungen. 1 0. Mügge, Die Zustandsänderung des Quarzes bei 570°. N. Jahrb. f. Min. etc. Festband. 1907. p. 181. 2 R. Eisel, Verzeichnis der bisher in der Umgebung von Gera auf- gefundenen Zechsteinversteinerungen. Verhandl. Ges. Freunde Naturwiss. Gera. 1. 1858—62. Gera 1862. p. 23—25. Temnocheilus (Conchorhynchus) Freieslebeni Geinitz sp. 699 Gelegentlich der 1910 an dieser Lokalität und den Merzbergen ausgeführten Eisenbahn- und Straßenbauten hat Herr Lehrer Hundt 1 größere Aufsanimlungen vornehmen und dabei den von der Schiefer- gasse durch Eisel bekannt gewordenen neunzehn Arten acht weitere hinzufügen können. Unter ihnen erwähnt Herr Hundt einen Nau- tilus- Kiefer, den er auf Anregung meines Freundes Herrn Landes- geologen Professor Dr. Zimmermann mir zur Beschreibung übergab. Beiden Herren sei dafür auch an dieser Stelle mein verbindlichster Dank gesagt. Das Stück ist als Abdruck der Außenseite und nicht vollständig erhalten. Es liegt dies daran, daß „das Gestein wegen seiner Neigung zur flachen elliptischen Knollenbildung uneben dickspaltig spaltet“ 2. Beim Aufschlagen der Gesteinsplatte ist das Kiefer- stück selbst abgesprungen und hat, als die Natur der Versteinerung erkannt wurde , trotz eifrigen Suchens nicht wieder gefunden werden können. Der Abdruck ist symmetrisch , von spitzwinklig dreiseitiger Gestalt. Seine Länge beträgt 10 mm, seine Breite etwa 6 mm in etwa Dreiviertel der Länge. Die vordere Spitze erscheint ab- gerundet. Im Profil bietet er die Gestalt eines flachen Haus- daches. An die zopfförmig skulpturierte , jederseits von einer scharfen Rippe und dadurch eingesenkt erscheinende Medianleiste legen sich die geneigten, leicht gewölbten, nach rückwärts sich verbreiternden oberen Seitenflächen an, welche mit zarten Radial- linien bedeckt sind und in ihrer Mitte durch eine linienartige Furche, die etwa in der halben Länge einsetzt und zum Hinter- rande sich erstreckt, unterbrochen werden. Die unteren Seiten- flächen sind nicht erhalten; doch waren sie wahrscheinlich niedrig und setzten steil an dem Rand der oberen Seitenflächen an, so daß der Kiefer nicht breiter war, als er jetzt vorliegt. Durch die mediane Skulptur, welche ihre fiederförmige Zeich- nung der Anheftungsstellen von Muskeln verdankt, erweist sich das Objekt als ein Nautiliden-Unterkiefer , der sich durch jene an die triadischen Conchorhynchus ornatus Blv. , C. avirostris Bronn und C. cassianus H. v. Meyer an schließt. Was die Zugehörigkeit dieses ersten im Palaeozoicum ge- fundenen Unterkiefers zu einer bereits daraus bekannten Nautiliden- Art betrifft, so ist bisher aus dem Kupferschiefer der Schiefer- ,gasse nur eine Spezies bekannt, nämlich Temnocheilus Freieslebeni Geinitz sp. Es liegt daher nahe anzunehmen, daß der Unter- kiefer zu dieser Art gehört, und habe ich demgemäß den Titel dieser Mitteilung in obiger Fassung gewählt. 1 R. Hundt, Die Fauna und Flora des Kupferschiefers in der Schiefer- gasse bei Milbitz unweit von Gera. N. Zeitsclir. f. Min. , Geol. und Paläont. 1. 1910. p. 81, 82. 2 R. Hundt, a. a. 0. p. 81. 700 J. Böhm. Dieser Fund scheint mir die Meinung Till’s 1 , daß auf alle Nautiliden-Unterkiefer die Bezeichnung Conchorhynchus schlechtweg anzuwenden sei und daß „ Conchorhynchus ebensogut einem triadischen Temnocheilus, Trematodiscus, Pleuronautilus oder aber einem liassischen Nautilus s. str. angeboren mag“, nicht zu bestätigen, sondern in Anbetracht des Umstandes, daß Conchorliynchus avirostris Blv. in Temnocheilus bidorsatus v. Schloth. sp. gefunden worden , dafür zu sprechen, daß diese eigenartig skulpturierten Unterkiefer der Gattung Temnocheilus allein angeboren. Dies erklärt auch ihre Beschränktheit auf die älteren Formationen. Der jüngste Conchorhynchus entstammt einem nicht näher an- gegebenen Liashorizonte bei Lyme Regis1 2; danach dürfte wohl a b Temnocheilus ( Conchorliynchus ) Freieslebeni Geinitz sp. a Abdruck des Unterkiefers in nat. Gr.: b Abguß in 2fach. Vergr. ; c Querschnitt. eine der an diesem Fundorte vorkommenden Nautilus- Arten der Gattung Temnocheilus angehören. Auf die außerordentliche Un- wahrscheinlichkeit des Hinaufsteigens der Gattung in die Kreide- formation hat Till3 hingewiesen4. Aus dem Funde ergibt sich weiter, daß Temnocheilus Freies- lebeni Geinitz sp. wie seine triadischen Verwandten ein kalkiges Gebiß besaß. 1 Till , Die fossilen Cephalopodengebisse. Jahrb. k. k. geol. Reichs- anstalt Wien. 57. 1907. p. 546. 2 A. H. Foord, Nautiloidea. Catalogue of the fossil Cephalopoda in the British Museum (Natural History). 2. 1891. p. 367. Textfig. 78 g. h. 3 Till, a. a. 0. 56. 1906. p. 140, Fußnote und p 149, ferner 57. 1907. p. 546. 4 Während des Druckes finde ich, daß Fric erneut eine Abbildung seiner Rhynchotheutis cretacea in der Miscellanea palaeontologica. 2. Mesozoica. 1910. Taf. 5 Fig. 10 — 12; Taf. 10 Fig. 8, 9 und Textfig. 3 ge- geben hat. Er bemerkt p. 15 dazu: „Ähnliche, aus dem Muschelkalk stammende Gebisse wurden als zu Nautilus gehörig Conchorliynchus be- nannt. Diejenigen aus dem Neocom benannte man Rliynclioteuthis. Es wäre am besten, dieselben als Nautilorhynchus zu bezeichnen. Mit dem Temnocheilus (Conchorhynchus) Freieslebeni Geinitz sp. 701 Die Seltenheit des Fundes findet ihr Analogon in den jüngeren Formationen. Zwei Gründe führt Till* 1 dafür an, daß „so verschwindend wenig Exemplare von Unterkiefern jüngerer (jurassischer und cretacischer) Nautiliden uns erhalten und diese außerordentlich selten sind“. Während Conchorhynchus eine Medianleiste hatte, die dem Fossil eine gute Stütze gab, hatten die glatten Unter- kiefer, wie sie durch den von Till ursprünglich als Oberkiefer beschriebenen Bhyncholithes obtusus repräsentiert werden, gegenüber den Oberkiefern eine schwächere innere Struktur und zerfielen daher rascher“ 2. Auch von dem lebenden Nautilus werden wohl häufig die Schalen, selten aber die Schnäbel gefunden. Jene werden — weil leichter als das Meerwasser — weithin an die Küsten verschwemmt, diese „bleiben wohl mit den verwesenden Weichteilen des Tieres am Meeresboden liegen. Aus dieser Tatsache erklärt sich, daß wir Nautilus- Schalen und Nautilus- Kiefer naturgemäß in faziell verschiedenen Ablagerungen suchen müssen“ 3. Das gleiche gilt gewiß auch für die älteren Formationen. Aus dem Umstande, daß in der Trias neben Oberkiefern aus dem Formenkreise des Bhyncholithes hirundo Faure-Biguet solche Vorkommen, welche „den Typus des rezenten Nautilus tragen“4, hält Till es für wahrscheinlich, daß „auch diese Conchorhynchus- Formen als Unterkiefer besaßen“. Dem möchte ich nach den obigen Ausführungen nicht beitreten, sondern annehmen, daß diesen Oberkiefern auch in der Trias glatte Unterkiefer entsprochen haben werden, diese aber infolge ihrer für die Erhaltung ungeeigneteren Beschaffenheit zerstört und daher bisher nicht bekannt geworden sind, hat sich doch bis heute auch das Vorkommen von Unterkiefern vom widerstandsfähigeren Conchorhynchus-Typns im Perm unserer Kenntnis entzogen gehabt. Es dürfte sich empfehlen, die glatten Unterkiefer unter einem besonderen Namen zu registrieren. Es ist schließlich noch Till’s 5 Altersangabe von Nautilus (Bhyncholithes sp. indet.) zu berichtigen. Von Speldorf bis Mül- Gebiß aus dem Muschelkalk stimmt auffallend der Kiel, mit dem aus dem Neocom der Unterkiefer mit den beiden Seitenflügeln.“ Seine Her- kunft wird aus den Bisiöer Übergangsschichten zwischen den Weißen- burger- und Iserschichten bei Chocen und Vinar angegeben. Einstweilen dürften Till’s Ausführungen über dieses Fossil (a. a. 0. 1906. p. 150) zu Recht bestehen bleiben. 1 Till, a. a. 0. 1908. p. 575 und 1906. p. 140. 2 Till, a. a. 0. 1908. p. 575, siehe auch 1906, p. 127. 3 Till , a. a. 0. 1908. p. 575. 4 Till, a. a. 0. 1907. p. 546. & Till , a. a. 0. 1907. p. 559. 702 H. Reich, Ueber ein neues Vorkommen heim a. d. Ruhr sind hier und da cenomane Mergel, nirgends Jura aufgeschlossen. Für diesen als jurassischen Alters angegebenen Oberkiefer , der von dem turonen B. rectus Till infolge seiner schlechten Erhaltung nicht nach sicheren Merkmalen zu unter- scheiden und dessen Identifizierung schon wegen des bedeutenden Unterschiedes im geologischen Alter ausgeschlossen ist, kommt dieser letztere Grund nunmehr in Fortfall. Ueber ein neues Vorkommen von Fossilien im Servino des Luganer Sees. Von Herrn Reich in Freiburg i. Br. Ein neues Vorkommen von Fossilien im Servino des Luganer Seegebietes ist kürzlich von mir gefunden worden. Über dieses sei in Folgendem berichtet. Die Fundstelle liegt etwas unterhalb der Abbaustelle der bekannten Fischschiefer von Besano auf den | Höhen südlich des Seearmes von Morcote, und zwar in einem Hohl- j weg, der nach Alpe Seppiano führt. Das Profil des ganzen in Frage kommenden Schichtenkomplexes | ist sehr schön an der neuen Straße von Alpe Seppiano nach Meride aufgeschlossen und läßt die Lage der fossilführenden Schicht im ganzen Verbände gut erkennen. Die gesamte Mächtigkeit des : dortigen Servino beträgt etwas über 15 m. Über dem liegenden, j dyadischen, schwarzen Porphyrit setzt ein grobes, brecciöses Kon- | glomerat auf, das bald von einem feinkörnigeren, teils gefleckten, | teils roten, sehr glimmerreichen Sandstein, dessen Quarzkörner noch ihre Kristallumgrenzung besitzen, abgelöst wird. In etwa 4 m Höhe über dem Porphyrit werden diese Sandsteine von Ton- und Mergellagen unterbrochen und unmittelbar über diesen sind sie I äußerst reich an Fossilien. Weiter nach oben schieben sich öfter j Konglomerate und auch eine sandige Kalkbank zwischen sie ein, bis dann der Muschelkalk etwa 1 5 m über dem Porphyrit scharf abgesetzt beginnt. Die an der Straße gefundenen Fossilien sind, da die Sand- steine dort stark zersetzt sind, als sehr schlechte Steinkerne er- halten, die nur erkennen lassen, daß es sich um glatte Myophorien und Gervillien handelt. In bedeutend besserem Zustand wurden s dieselben in dem erwähnten Hohlweg angetroffen. Daß es sich j um dieselbe Schicht wie an der Straße handelt, beweist die darunter j liegende Ton- und Mergellage und die Gleichheit der Fossilien und | des die Schicht zusammensetzenden Materials. Das Gestein ist ein sehr glimmerreicher, brauner Sandstein mit vereinzelt ein- gestreuten, höchstens bohnengroßen Quarzgeröllen. Sein Habitus erinnert an gewisse dolomitische Lagen des süddeutschen Röt oder : an den Muschelsandstein von Sulzbad im Unterelsaß. Die Fossilien von Fossilien im Servino des Luganer Sees. 703 sind durchweg Steinkerne von brauner Farbe und liegen in sehr großer Zahl auf den Schichtflächen. Da der Sandstein durch Aus- laugung des Kalkgehalts mürbe und zerreiblich ist, werden auch die Steinkerne leicht abgerieben. Man muß große Stücke mit- nehmen und zu Hause spalten , um bestimmbare Exemplare zu bekommen. Es ließen sich folgende Arten bestimmen : 1. Myophoria laevigata v. Alberti. „ „ var. transiens. „ „ var. elongata. 2. Myophoria ovata Goldfuss sp. 3. Myophoria rotunda v. Alberti. Nicht immer konnte mit Sicherheit festgestellt werden, welche der 3 Arten vorliegt. Vielmehr scheint es sich bei vielen Exem- plaren um Übergänge oder Bastarde namentlich von ovata nach laevigata zu handeln. Eine Arealkante ist an den meisten Exem- plaren deutlich zu sehen ; doch ist sie stets mehr oder weniger gerundet. Viele Steinkerne vereinigen mit der Arealkante einen parabolischen Umriß des Hinterrandes. Ersteres Merkmal würde für laevigata , letzteres für ovata sprechen. Das Verhältnis von Länge zur Breite ist sehr verschieden, so daß alle Übergänge nach var. elongata vorhanden sind. Die Größe ist bei den meisten Exemplaren geringer, als in den Beschreibungen angegeben. Von den genannten Myophorien ist die Schicht ganz erfüllt, so daß man sie mit Becht „My oph orienb ank“ nennen kann. Nicht viel weniger häufig kommen glatte Gervillien aus der Verwandtschaft der Gervillia mytiloides vor: 4. Gervillia mytiloides v. Schl. sp. 5. Gervillia polyodonta Stromb. sp. Bei der Bestimmung dieser Arten wurde die Beschreibung von Lepsius,. die teilweise mit der von Credner und Benecke in Widerspruch steht, zugrunde gelegt. Zwischen beiden sind deutlich Übergänge vorhanden, wie ja auch schon Seebach Solenites myti- loides, Gervillia polyodonta , G. Albertii und G. modiolaeformis zu einer Art zusammenfaßt. Obwohl beide Klappen zusammen nicht gefunden wurden, so dürfte doch kein Zweifel sein, daß die linke Klappe bedeutend stärker als die rechte gewölbt ist, da sämtliche rechte Klappen viel flacher als ebenso große linke sind. Der äußere Umriß entspricht der Beschreibung und den Abbildungen von Goldfuss, Credner, Benecke und Lepsius. Ob die vorliegenden Gervillien gedreht sind, wie Benecke von mytiloides behauptet, oder ob, wie Lepsius von denselben sagt, die Kontaktflächen beider Schalen in eine Ebene fallen, läßt sich nicht ganz bestimmt fest- stellen; doch ist wohl letzteres anzunehmen. Der vordere Flügel 704 H. Reich, Ueber bin neues Vorkommen etc. ist klöin und nicht abgesetzt, der hintere deutlich durch eine breite Furche. Der meist nur undeutlich zweiköpfige Wirbel ist bei der linken Klappe über den Schloßrand gekrümmt, bei der rechten nicht so weit. Anwachsstreifen sind vorhanden. Das Schloß hat auf den Steinkernen der linken Klappe eine tiefe Grube vor dem Wirbel und eine tiefe dem Schloßrand parallele Furche hinter dem Wirbel, auf der rechten entsprechend zwei Gruben vor dem Wirbel und zwei Furchen hinter demselben eingeprägt. Eindrücke von weiteren Zahnleisten konnten nicht immer fest- gestellt werden, was auf den Erhaltungszustand zurückzuführen ist. Die Größe ist ebenfalls geringer als angegeben. Nach den aufgezählten Merkmalen ist es wohl sicher, daß die vorliegenden Gervillien in die Reihe der polyodonta gehören. Lepsius trennt mytiloides und polyodonta nach dem Winkel, den der Schloßrand mit der Längsachse und dem hinteren Schalenrand bildet. Nach den allerdings nur rohen Messungen , da der Erhaltungszustand genauere nicht erlaubt, beträgt ersterer zwischen 20 und 30°, letzterer zwischen 120 und 150°. Infolgedessen liegen beide Arten durch Übergänge verbunden vor. Weniger häufig als die bisher aufgezählten Arten, aber in guten Exemplaren, kommen vor: 6. Pseudomonotis Telleri Bittner. 7. Pseudomonotis aff. Telleri n. sp. ; wie sie Salomon in der Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft beschreibt und abbildet. (52. 1900. p. 348 — 359.) Von beiden wurden nur rechte Klappen gefunden. Auch 3 linke Klappen von Pseudomonotis- Arten in sehr wenig guter Erhaltung sind unter dem Material vertreten ; doch müssen diese wahr- scheinlich zu Pseudomonotis Mnnitidea Bittn. und Ps. inaequicostata Ben. gestellt werden, da sie deutlich gerippt sind. Weiter fand sich noch in je einem Exemplar ein Pecten, viel- leicht P. tirolicus v. Witt., und Mytilus cduliformis v. Schl. Nach den aufgezählten Fossilien dürfte die Stellung der in Frage kommenden Schichten nicht mehr zweifelhaft sein. Pseudo- monotis Telleri Bittn. wird nämlich von Frech als Leitfossil für die oberen Campiler Schichten angegeben und dazu würden auch die anderen gefundenen Zweischaler passen. Wir haben jetzt also auch in den westlichen Süd- Alpen die aus den Ost-Alpen längst bekannten „Myophorienbänke“ des oberen Röt nachgewiesen. Voigt & Hochgesang • Göttingen Fabrikation von Dünnschliffen von Gesteinen: Preis im Durchschnitt Mk. 1.10 Nur für besonders schwierig zu bearbeitendes Material tritt ein geringer Preis- aufschlag ein. Unerreichte Qualität, Dünne 0,02 mm. Kristalle: Genau orientierte Schliffe. Preis Mk. 1.30 — 1.50. Kristallpräparate für sämtliche mineralogischen Untersuchungen in tadelloser Aus- führung zu angemessenen Preisen. Neu erschienen: ^3 Sammlung von 124 Dünnschliffen gesteinsbildender Mineralien, zusammengestellt von Geheimrat Prof. Dr. F. Rinne. Leipzig. Preis 200 Mark. Diese Sammlung ist sehr übersichtlich geordnet und enthält manche Neuerungen, so besonders Saläe. Verzeichnis auf Wunsch. 1 — : Anfertigung von Mikrophotographien im einfachen u. polarisiertem Lieht in jeder Vergrößerung. Zu unseren Aufnahmen verwenden wir nur Objektive erster Firmen, wir liefern daher vollkommen einwandsfreie erstklassige Bilder. preise gering. Aufnahmen von Naturobjekten in natürl. Größe oder in jeder Vergrößerung. Anfertigung von Diapositiven in jeder Größe. Im Februar 1912 erschienen: Neuer kristallographischer Katalog Sf«. 2t$. Aus dem reichen Inhalt möge hervorgehoben sein : Modell zur Demonstration der Lage des rhombischen Schnittes bei den Plagioklasen nach Prof. Dr. K. Hintze. Neue Pappkristallmodelle nacli Prof. Dr. K. Vrba. Kristallographische Kaleidoskope nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Kristallographisdies Spiegel-Polyskop nach Prof. Dr. K. Vrba. Modell zur Demonstration der stereographischen Projektion und Wandtafel für stereogr. Projektion nach Prof. Dr. E, A. Wülfing. Glasmodelle zur Erläuterung der Aetzmethode nach Prof. Dr. G. Wulff. Modelle zur Erläuterung der Bildung der ozeanischen Salz- ablagerungen nach Dr. E. Jänecke. Neue Mineralpräparate und orientierte MineraldünnscMiffe. Aus der neuen (achten) Auflage des mineralogischen Haupt- katalogs No. 1 (Juli 1910) empfehlen wir: A. Vorlesungssammlung von 100 Mineralpräparaten. Diese Sammlung enthält nur Präparate von natürlichen Mineralvorkommen (mit Ausnahme von künstlichem Rubin und Borax) und ist in der Weise zusammengestellt, daß alle wichtigen optischen Erscheinungen daran demonstriert werden können. Der Preis einer Normalsammlung - von 100 Mineralpräparaten in guter Qualität beträgt einschließlich eines zweckmäßig eingerichteten Kastens Mk. 1100. — . Dieselbe Sammlung in besonders guter Qualität kostet Mk. 2000. — . B. Sammlung von 225 orientierten Dünnschliffen von 134 gesteinsbildenden Mineralien, angeordnet nach H. Rosenbusch und E. A. Wülfing: „Mikroskopische Physiographie der petro- graphisch wichtigen Mineralien“, I. Band, 2. Teil, 1905. Preis der ganzen Sammlung von 225 Mineralschliffen, einschließlich Etui = Mk. 375. — . „ 175 „ „ „ 295.—. ,125 „ , „ — „ 205.—. Dünnschliffe von eingesandtem Material werden sorgfältig und pünktlich hergestellt, und zwar in der üblichen Stärke bis zu 0,02 mm und darunter. Durchschnittlich wird für einen Schliff auf Vereinsformat (28 X 48 mm) montiert Mk. 1.— berechnet. Nur für besonders schwierig zu bearbeitende Gesteine wird ein ent- sprechender Aufschlag berechnet. Auf Wunsch werden größere, bis handgroße Schliffe angefertigt. Spezialität: Schliffe fossiler Hölzer. Dr. F. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, Fabrik u. Verlag mineralogischer u. geologischer Lehrmittel. Gegr. 1833. - Bonn a. Rhein. — Gegr. 1833 Verlag der E. Schweizerbart’schen Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, Stuttgart, Johannesstr. 8. Druck von C. Grüninger, K. Hofbuchdrucberei Zu Gutenberg (Klett A. Hartmann), Stuttgart. \*\S s 3 1. Dezember 1912. Centralblatt in Verbindung mit dem herausgegeben von M. Bauer, E. Koken f, Th. Liebisch in Marburg. in Tübingen. in Berlin. |&ijgg STUTTGART. E. Scliweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser 1912. :V Seite Inhalt. Original-Mitteilungen etc. Philipp, H. : Bemerkungen über die Kare' der Rhön und die Ent- wicklung von Karen im allgemeinen. Mit 5 Textfiguren . . 705 Leidhold, OL: Mitteilung über devonische Fossilien von der bi- thynischen Hailinse'’ 718 Mitteilungen aus dem Mineralogischen Institut der Universität Bonn. 17. J. Uhlig: Zur Kenntnis von Alunogen (Keramohalit) und Halotrichit. (Schluß folgt) 723 Wittich, E. und Antonio Pastor y Giraud: Riesengipskri- stalle aus Chihuhahua, Nord-Mexiko 731 Neue Instrumente und Beobachtungsmethoden. Leiss, C. : Neues petrographisches Mikroskop für die Theodolit- Methode. Mit 1 Textfigur 733 Chemisches Laboratorium von Professor Dr. M. Dittrich. Heidelberg Brunnengasse 14 Mineral-, Erz- und Gesteinsuntersuchungen. — Quell- und Mineralwasseranalysen. — Untersuchungen auf Radioaktivität. — - Chemische Praktica, unter besonderer Berücksichtigung der Mineralogen und Geologen, auch in den Universitätsferien. — — — Prospekte auf Verlangen. 1 Tertiär-Conchylien (Mainzer Becken), tadellos erhaltene Sammlung oder nach Liste verkauft E. fiiipp, Frankfurt a. M. Röderhergweg 5i n. Gelegenheit! Durch Zufall erhielten wir eine kleine Anzahl tadellos neuer Exemplare von The Mineral Industry its Statistics, Technology and Trade during 1911, die wir statt 10 Dollar für Mk. 32. — anbieten. Direkte Bestellungen erbeten an Böhler & Recke, Buchhandlung, Frankfurt a. M., Biebergasse 8. H. Philipp, Bemerkungen über die Kare der Rhön etc. 705 Original-Mitteilungen an die Redaktion. Bemerkungen über die Kare der Rhön und die Entwicklung von Karen im allgemeinen. Von H. Philipp. Mit 5 Textfiguren. Einwendungen , die von B. Dietrich 1 und in den letzten Tagen von Bücking1 2 gegen meinen Nachweis von Glazialerschei- nungen in der Rliön 3 erhoben worden sind, geben mir Veranlas- sung zur Erwiderung4 5 und zu einigen allgemeinen Bemerkungen über Karentwicklung, namentlich hinsichtlich der interessanten Dar- legungen Salomons 5 über Karbildungen in seinem großen Ada- meil o werk. Ich hatte mich in der oben zitierten Arbeit dahin aus- gesprochen , daß die auffallenden Einsenkungen mit rückwärtiger steil ansteigender Lehne am Abhang des Pferdskopfes und der Eube (Ausläufer der Wasserkuppe) als Kare aufzufassen sind und daß ferner eigenartige, lang gezogene Blockanhäufungen, die sich von diesen Karen abwärts ziehen , sowie Blockwälle , die sich riegel- artig in der unmittelbaren Umgebung des Guckaihofes quer zum Tal stellen, als Glazialerscheinungen gedeutet werden müssen. Da sich Bücking, soweit es sich um eine Widerlegung meiner Auf- fassung handelt, wesentlich mit den Ausführungen Dietrich’s identi- 1 B. Dietrich, Zur Frage der Glazialerscheinungen in der Rhön. Zeitschr. f. Gletscherkunde. 4. 1911. p. 68—72. 2 H. Bücking, Die sogen. Glazialerscheinungen in der Rhön. Peter- mann’s Geogr. Mitt. 1912. Augustheft p. 82 — 83. 3 H. Philipp, Über Glazialerscheinungen in der Rhön. Zeitschr. f. Gletscherkunde. 3. 1900. p. 286 — 296. 4 Die Ausführungen von W. Hartung (Das Rhöngebirge nach Ent- stehung und Oberflächengestaltung. Marburg 1912. p. 102 — 162) beweisen eine solche Unkenntnis der einfachsten Glazialerscheinungen, speziell der Karbildung, und die Gegenbeweisführung ist so oberflächlich, daß sich ein Eingehen für mich erübrigt. Nur sollte doch der Herr Verf. etwas vor- sichtiger sein mit Sätzen wie: „Ich stand von vornherein dieser Arbeit, die nicht den Eindruck großer Gründlichkeit macht, mit einigem Miß- trauen gegenüber“. 5 W. Salomon, Die Adamellogruppe. Abh. k. k. geol. Reichsanst. 21. p! 461—466. Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 45 706 H. Philipp, fiziert und „wie dieser die PHiLipp’schen Kare für Erscheinungen ansehen [muß], die durch Bergstürze und ungleichmäßiges Ab- gleiten der Schuttmassen . . . veranlaßt worden sind“, so wird es genügen, wenn ich micli sachlich mit den Einwänden bezw. Deu- tungen Dietrich’s befasse. Nur zu zwei Punkten der Bücking- schen Notiz muß ich Stellung nehmen. Daß icli eine abgerutschte „Wellenkalkscholle“ mit einem echten Moränenwall von Basalt- blöcken verwechsle , wird mir Herr Bücking im Ernst nicht Zu- trauen. Es handelt sich an der fraglichen Stelle natürlich um die großen Basaltblöcke , die auf dem Muschelkalk liegen und die ja auch von Bücking in seiner eigenen Karte dicht daneben eingetragen sind; auch habe ich bei der speziellen Beschreibung dieses Vorkommens (p. 294) nicht von einem „echten Moränen- wall“, sondern von einer Blockzone gesprochen, wenn ich auch an einer späteren Stelle die Gesamtheit der am Guckai auftreten- den Blockstreifen und -wälle als echte Moränenwälle bezeichnet habe, weil sie meiner Überzeugung nach nur glazialen Ursprungs sein können. Dieses „Versehen“, das, wenn es wirklich bestanden hätte , wohl eine etwas kräftigere Bezeichnung verdient hätte, besteht also , ich kann wohl sagen selbstverständlich nicht ; mich aber vor meiner Veröffentlichung, die sich in erster Linie mit den Karen befaßt , an Herrn Bücking zu wenden , lag kein Anlaß vor, da meine Beobachtungen im Jahre 1908 gemacht wurden, Bücking1 2 aber noch kurz vorher im Jahre 1907 ge- schrieben hatte: „Welche Bedeutung den beiden Vertiefungen am Südabhange des Pferdskopfes und einer ähnlichen Senke am Nord- abhange des Berges zukommt, ist noch unbekannt“, und wie aus seiner Erwiderung (p. 82) hervorgeht, war zu diesem Termin die geologische Aufnahme des Pferdskopfes und der Eube „schon lange vorher“ von ihm abgeschlossen. Wenn mir im übrigen Herr Bücking in der kurzen Erwiderung an zwei Stellen entgegen- hält, daß ich auf die Beobachtungen nur 2 Tage verwandt habe, und schreibt, daß diese „selbst für einen geübten praktischen Geologen“ nicht ausreichen, „um sich ohne Hülfe einer geologischen Spezialkarte von den tektonischen Verhältnissen ein klares Bild zu verschaffen“, so verweise ich zunächst darauf, daß ja unmittel- bar vor meinem Besuch die vorerwähnte Arbeit Bücking’s mit dem detaillierten Profil vom Pferdskopf erschienen war, an deren Hand, mir persönlich wenigstens, die Orientierung keine Schwierig- 1 Tagebuchnotiz vom 13. X. 1908 über diese Stelle: „Der aus Muschel- kalk bestehende Rücken südwestlich neben dem Weg ist mit großen Basaltblöcken bedeckt.“ 2 H. Bücking, Über die Phonolithe der Rhön und ihre Beziehungen zu den basaltischen Gesteinen. Sitzungsber. d. k. preuß. Akad. d. Wiss. 1907. 36. p. 676. Bemerkungen über die Kare der Rhön etc. 707 keit bereitet hat, namentlich da das Profil manche Einzelheiten viel schärfer hervortreten läßt als die Spezialkarte; dann aber möchte ich doch betonen, daß meines Erachtens die Zeit, die man zur Lösung eines Problems braucht, als Maßstab für die Beurtei- lung der Richtigkeit des Resultates nicht in Betracht kommt. Ich komme nun zu den Bemerkungen Dietrich’s, denen sich ja, wie eingangs erwähnt, Bücking im großen und ganzen anschließt. Nach ihm soll es sich am Pferdskopf nur um Bergstürze mit noch sichtbaren Abrißflächen handeln, bedingt durch die raschere Rück- witterungsmöglichkeit des oberen, stark abgesonderten Basaltes über dem leicht zerstörbaren Tuff, der seinerseits wieder vom Basalt unter- lagert wird. Gegen eine solche Rückwitterung ist im allgemeinen nichts einzuwenden, ich habe selbst gerade auf diese für die Rück- witterung günstigen Verhältnisse hingewiesen, nur wird hier ganz übersehen , daß die normale Rückwitterung an Steilwänden hori- zontal lagernder Schichten längs einer geraden Linie vorwärts schreitet und daß zweitens die Schuttmassen unmittelbar am Fuße der Rückwitterungsflächen abgelagert werden und den Fuß der Wand als weit hinziehendes Schuttband verhüllen, in keiner Weise aber die Formen erzeugen, die mit dem Namen Kar belegt werden, auf dessen genaue Definition ich noch zurückkomme. Das Charakte- ristische der in Frage stehenden Formen am Pferdskopf ist gerade das nis dien förmige Zurückwittern und die Tatsache, daß die schüsselförmige Fläche vor der Steilwand, der Karboden, frei ist von Blockmassen, abgesehen von ganz jugendlichen Abstürzmassen. Diese spezifischen Formen erklärt nun Dietrich folgendermaßen : .,Die größte Zerstörungsarbeit wird an der Übergangsstelle von dem Tuff zu dem unteren Basalt1 geleistet werden. Dort sammeln sich die Wasser und veranlassen in letzter Instanz den Verfall des überliegenden Tuffs und Basaltes ; aber dort greifen sie naturgemäß auch den unteren Basalt an“ '. Dann muß uns Dietrich aber erst erklären , in welcher Form denn dieser untere Basalt angegriffen wird! Ganz abgesehen davon, daß von einem Hervortreten des Wassers am Boden der Kare überhaupt nichts zu sehen ist (vergl. auch die Spezialkarte), welche kräftige Wirkung müßte dazu gehören , hier in dem Basalt eine Vertie- fung, wie sie Dietrich in seinem Profil gezeichnet hat, hervor- zurufen2. Erodierende Wirkung abwärts stürzenden Wassers ist ausgeschlossen, an Lösung ist ebenfalls nicht zu denken; es bliebe dann vielleicht noch eine intensivere Verwitterung und Vergru- sung. Welches Medium hätte dann aber den Verwitterungsschutt herausschaffen und hierdurch die Schüsselform erzeugen sollen, wenn nicht eben wieder das Eis ! 1 von mir gesperrt. 2 Das Becken des östlichen Pferdskopfkars hat einen Durchmesser von ca. 100 m ! 45* 708 H. Philipp Weiter schreibt Dietrich: „Durch das Abstürzen einer be- deutenden Basaltdeckschicht wird an der betreffenden Stelle der Zer- störung' vorgearbeitet, eine Aushöhlung geschaffen, d. h. durch einen schwachen Bogen der Rückwand das Bild eines Kars um so mehr vorgetäuscht.“ Wenn aber hier zunächst ein Bergsturz der oberen Basaltschicht stattfand, so muß doch unterhalb, also gerade an der Stelle der jetzigen Vertiefung (Karboden) an der Basis der Tuffe eine starke Akkumulation stattgefunden haben, während, wie ausdrücklich hervorgehoben wurde, an der Stelle des Karbodens das von oben gestürzte Basaltmaterial fehlt und sich vielmehr an den Seiten und den Außenrändern desselben findet! Dietrich wendet sich dann gegen die Kare an der Eube: „Während sich am Pferds- kopf eine Vorstufe . . . bilden konnte , weil unter dem Tuff ein stark widerständiges Gestein (nämlich Basalt) lag, fehlen hier die Vorbedingungen.“ Dies ist keineswegs der Fall, denn es tritt unter dem Tuff, wie die Karte von Bücking zeigt, genau ebenso wie am Pferdskopf der untere Basalt auf und nicht Muschelkalk, wie Dietrich schreibt. Wenn dann weiterhin Dietrich sich mit den eigentümlichen Blockstreifen, die gegen den Guckaiboden herab- ziehen, beschäftigt und meint, sie seien aus einem gleich- förmigen Schuttmantel durch Wassererosion herausgearbeitet , so setzt er wiederum eine Wassertätigkeit voraus, zu der absolut die Prämissen fehlen, nämlich das Vorhandensein irgendwelcher stärkeren Wasseradern , die aus der Richtung der Kare doch herabkommen müßten. Es beruhen somit die Ausführungen Dietrich’s , sowohl seine Einwände als seine Erklärung , auf unmotivierten , mit den wirklichen Verhältnissen nicht im Zusammenhang stehenden Be- hauptungen, die keineswegs imstande sind, das Problem zu fördern. In erster Linie wäre Herr Dietrich als spezieller Morpho- loge den Nachweis schuldig, daß diese Einsenkungen rein mor- phologisch der Definition der Kare nicht entsprechen. Die De- finition eines Kars nach Penck 1 ist folgende: „Nischenförmige Ein- buchtung der Gebirgsliänge, welche sich .... in die Gebirgskämme drängt , aber sich nicht in die Täler fortsetzt , sondern isoliert gewöhnlich nahe den Scheidelinien gelegen ist." „Die Öffnung der Kare liegt mitten im Gebirgsgehänge, hoch über der Sohle des be- nachbarten Tales , zu welchem sich von ihnen nur unbedeutende Wasserrinnen hinabzuziehen pflegen. Dabei ist bemerkenswert, daß benachbarte Kare meist übereinstimmende Sohlenhöhe haben.“ E. de Martonne1 2 präzisiert noch schärfer und gibt als Charakteristika an : A) Profil transversal en U, profil longitudinal 1 A. Penck, Morphologie der Erdoberfläche. II. 1894. p. 305. 2 E. de Martonne, Annales de geographie. 10. 1901. p. 12. Compte rendu de la IX. sess. congres geol. intern. 1903. 2. p. 694. Bull. soc. geol. de France. III. serie 28. 1900. Bemerkungen über die Kare der Rhön etc. 709 en escalier. B) Lignes de plus grande pente des escarpements convergeant non vers un point unique inais vers une ligne de rupture de pente, qui entoure un fond plat ou deprime. C) Allure generale des courbes de niveau completement differente de celles qu’on observe dans les vallees ordinaires : courbes carrees [weit geschwungen !] dans les creux (cirques), et ä angles aigues dans les reliefs (cretes qui les separent). D) Independance du trace des cours d’eau de celui des courbes de niveau. Mit beiden Definitionen stimmen die Formen der relativ ein- fach gebauten Kare am Pferdskopf überein. Sie finden weiterhin ihr völliges Anologon in den von Martin Schmidt 1 so genau untersuchten Karen in der Umgebung von Freudenstadt im Schwarz- wald mit ihren charakteristischen Zangenwällen und in direkt auf- fallender Weise erinnern die Pferdskopfkare an das Bild der Kare am Volujak (Herzegowina), das Richter 2 abbildet, wenn es sich dort auch um viel größere Dimensionen handelt. Sind also typische Kare ein Beweis für ehemalige Ver- gletscherung, so ist dieser auch für die Rhön erbracht ! Die zweite Frage betrifft die von den Karen abwärts ziehenden Blockstreifen. Auf verschiedene Erklärungsmöglichkeiten hatte ich bereits hingewiesen. Wenn Dietrich bezüglich der wohl wahrschein- lichsten schreibt: „Die Vorstellung, daß diese Wälle Stirnmoränen von Gletschern darstellen sollen, die aus denPferdskopfkaren kommen, ist dem Verfasser (Dietrich) unmöglich, da die Wälle rechtwinkelig zu den Karen liegen .... Dazu kommt die Struktur der Wälle, die keinerlei Ähnlichkeit mit der gewöhnlichen Moränenstruktur auf- weist, das Fehlen jeglicher Schrammen auf anstehendem oder ver- frachtetem Material und die absolut eckige Gestalt der Gesteins- trümmer“, so beweist dies meines Erachtens nur, daß Dietrich keine richtige Vorstellung hat von der Art und Weise, wie Kar- gletscher des hier anzunehmenden Typus arbeiten. Diese kleinen Kargletscher und Firnflecken , wie sie in der Rhön existierten, arbeiten ja doch, so paradox das scheinbar klingt, wesentlich passiv, indem sie das durch Rückwitterung auf das Eis bezw. Firn niederfallende Material über sich hinweggleiten lassen, bis es vor dem Kargletscher seinen Ruhepunkt findet und nun zu einem bogenförmigen Endmoränenwall sich akkumuliert, oder aber einen langgestreckten Schuttstreifen bildet , der sich talabwärts zieht, je nachdem das Terrain vor dem Kargletscher eben bezw. flach gewölbt oder steil geböscht sich abwärts senkt. Dieser Vor- gang läßt sich in den Alpen überall beobachten. Ich habe 1 M. Schmidt, Über Glazialbildungen auf Bl. Freudenstadt. Mitt. geol. Abt. d. kgl. wiirtt. Stat. Landesamt. 1907. p. 15 — 16. 2 E. Richter, Geomorphologische Untersuchungen in den Hochalpen. Peterm. Mitt. Erg.-H. 132. 1900. Taf. 1. 710 H. Philipp, eine ganze Reihe solcher kleinen isolierten Kargletscher in der Umgebung der Grimsel untersucht und habe jedesmal das fast völlige Fehlen von Untermoräne, dagegen die Ernährung der End- moräne durch die über den Firn herabsausenden eckigen Gesteins- fragmente konstatiert. Es erfolgt also die Bildung solcher Kar- endmoränen wesentlich anders, als bei einem normalen Gletscher, und eine glaziale Abrundung oder das Auftreten von Schrammen an den Blöcken kann überhaupt nicht erwartet werden. Ich möchte Dietrich in dieser Hinsicht auf zwei Sätze eines speziellen Kar- kenners, de Martonne, hin weisen. Dieser schreibt1: „Les glaciers locaux (gemeint sind die Kargletscher) sont, on le sait , tres pauvres en moraine de fond , si meine ils n’en manquent pas presque totalement“ und2 „Dans aucune (des moraines des Karpatlies meridionales) on n’a trouve de blocs stries. On n’a donc pas af faire ä la moraine de fond, mais seulement ä des moraines fron- tales et laterales.“ „Les moraines3 frontales et laterales sont reconnaissables ä leur composition qui est celle d’un amas confus de blocs et de cailloux anguleux de grosseur tres diverse“ u. f. Sobald die kleinen Kargletscher am Pferdskopf und an der Eube sich in einem gewissen Maximalstadium bis an den vorderen Rand der Harnische erstreckten, so mußte von dieser Stellung aus alles über den Firn oberflächlich abwärts gleitende Material in einem langen, longitudinal gerichteten Streifen sich talwärts ziehen. Diese Bildung entspricht also genetisch vollkommen einer Stirnmoräne, nur daß die Blöcke nicht sofort am Stirnrand liegen blieben, sondern infolge der topographischen Verhältnisse und durch ihre lebendige Kraft sich linear radial zum Karrand ausbreiteten. Hiermit dürften die Einwendungen, daß es sich bei den Einsen- kungen und Blockwällen am Abhang der Eube und des Pferdskopfes nicht um echte Glazialbildungen handelt , zurückgewiesen sein 4 : eine andere Frage ist es, welcher Gruppe von Karen diese Rliön- kare zuzuweisen sind. 1 de Martonne, Contributions ä l’etude .... Bull. soc. geol. p. 287. 2 Desgl. p. 286. 3 Desgl. p. 287. 4 Nach Niederschrift der vorstehenden Zeilen hatte ich Gelegen- heit, das Gebiet der Wasserkuppe nochmals zu besuchen. Mein Be- gleiter, Herr Dr. Praesent, Assistent am Geographischen Institut in Greifswald, der im vergangenen Jahre unter Leitung von W. M. Davis speziell Kare in Wales und in den Alpen studiert hat, bestätigte die Natur der Glazialerscheinungen in der Rhön in vollem Umfang und wird auf meine Bitte die Kare an der Eube genauer aufnehmen , als es mir seinerzeit möglich war. Bei unserer gemeinsamen Begehung konnten wir an der Eube mindestens vier Rückzugsstadien verfolgen , jedes deutlich durch Karboden bezw. Endmoränenwall charakterisiert. Ferner ließ sich das Vorhandensein eines scharfen Mittelmoränenrückens zwischen den beiden Eubekargletschern in der Fortsetzung des die beiden Hauptkare Bemerkungen über die Kare der Rhön etc. 711 In letzter Zeit hat sich Salomon1 in seinem großen Ada- mellowerk wieder eingehender mit Karbildungen beschäftigt und hat die Kare eingeteilt in zwei Gruppen , die Karembryonen und die Kare vom Möselestadium. Es entspricht der erstere Typus den Karen, bei denen wesentlich die Rückwitterung der Wände, also die Nischenbildung in den Vordergrund tritt, ein Stadium, das Salomon auch als RiCHTER’sclies Stadium bezeichnet. Die volle Entwicklung von diesem „Karembryo“ zum Kar soll nach Salomon erst sich im Möselestadium vollziehen. Dabei versteht Salomon offenbar unter voll entwickelten Karen solche, bei denen es zur Vertiefung des Karbodens, zur Bildung einer eingesenkten Ivarwanne in den anstehenden Fels kommt. Dieser Übergang vom Karembryo zum vollentwickelten Kar soll sich vollziehen durch Sinken der Firngrenze: „Die Karembryonen werden Firn- sammelbassins größerer Gletscher und .... die Rückwitterung der Wände hört auf. Dafür beginnt aber jetzt kräftige Gletscher- erosion im Kargrunde. Der schräge Boden wird mehr und mehr eingeebnet und erhält bei hinreichender Dauer des Möselestadiums Beckenform, die alte Moräne wird hinausgetragen und entfernt.“ Es fragt sich nun , ob diesem ausgekolkten Boden wirklich eine solche Bedeutung zukommt, daß er erst den Typus des Kars gewissermaßen vollendet, und zweitens, ob diese Bildung sich tat- sächlich als eine Weiterentwicklung im sogenannten Möselestadium auffassen läßt. Mir persönlich scheint der Auskolkung am Boden des Kares hier eine etwas zu große Bedeutung beigemessen zu sein, namentlich wenn man berücksichtigt, daß ja von vornherein alle die Fälle ausgeschieden werden müssen, wo die Vertiefung nur ,eine Folge des Abschlusses nach außen durch eine Stirnmoräne ist, und dies dürfte wohl ein großer Teil der Kare mit eingesenktem Boden sein. Ich möchte diese E intief ung des Bodens nicht für etwas Wesentliches, sondern für ein Akzessorium halten, bedingt durch die petrograpliisclie Beschaffenheit des Untergrundes, wobei nicht nur an einen Wechsel des Gesteins, sondern auch an die Verschiedenheit der Klüftung und Klüftbarkeit zu denken ist. Welch große Rolle die beiden letzteren bei der selektiven Gletscher- erosion spielen, hat Salomon ja selbst bei Besprechung der trennenden Rückens gegen außen feststellen. Die von der Eube und dem Pferdskopf hinunterziehenden Blockanhäufungen sind als Endmoränen der von beiden Gipfeln ausgehenden Kargletscher aufzufassen, wie ich es vor- stehend (p. 710) beschrieben habe. Stellt das östliche Pferdskopfkar den Typus eines einfachen Kares dar, so ist das Eubekar direkt ein Schulbeispiel für die Teilung eines größeren Kares in zwei koordinierte Kare und für deren Weiterentwick- lung in einer Reihe von Rückzugsetappen, wie wir es schöner wohl nirgends in unseren deutschen Mittelgebirgen kennen. 1 Salomon a. a. 0. 712 H. Philipp, Tal- oder Karstufen 1 2 eingehend dargelegt. Auch aus den näheren Ausführungen de Martonne’s 2 geht hervor, daß solche Vertiefungen wohl Vorkommen können, daß sie aber nicht wesentlich sind, und er betont, daß solche Vertiefungen oft nur scheinbar sind: „on a souvent l’impression meine si ce n’est pas le cas , que le fond en est plus bas que le rebord exterieur“. Dementsprechend habe ich auch bei zahlreichen Karen im Umkreis der Grimsel keinerlei Vertiefung, dagegen in der Kegel einen ziemlich schräg abwärts geneigten Boden der Kare gefunden. Wichtiger ist die andere Frage: Kann denn überhaupt beim Übergang von einem „Kar- embryo“ zum „Möselestadium“, also bei zunehmender Vereisung, die Karform akzentuierter werden , wie Salomon annimmt , oder wird nicht vielmehr die Form des primären Kares in dem Maße zerstört, als die Vereisung vorschreitet? Es sei ausgegangen von der Annahme, daß in einer Nische, eventuell einem in einem früheren Vereisungsstadium vollentwickelten Kar, sich ein kleiner Kargletscher oder Firnfleck angesiedelt habe (Fig. 1 a) und im Salomon’ sehen Sinne als Karembryo, also wesent- lich durch Rückwitterung tätig ist. Dann wird die Karwand bei stationärer Ausdehnung des Eises bis zu einem gewissen , durch die Gesteinsbeschaffenheit bedingten Böschungswinkel zurückwittern können (punktierte Linie Al K) 3. Nimmt jetzt die Vereisung zu, so wächst aufwärts der Kargletscher über die Kante bei K hinaus und es muß dann oberhalb der Firnfläche zu einer weiter zurück- greifenden Rückwitterungsfläche A2K, und zu einer neuen Kante bei K, kommen, während die erste Kante K an Schärfe einbüßt (Fig. 1 b). In dem Maße, wie nun dieser Prozeß fortschreitet 1 a. a. 0. p. 466 — 472. 2 Bull. soc. geol. de France, a. a. 0. p. 296 — 297. 3 Über die Kante bei K, vergl. auch Richter a. a. 0. p. 8. Bemerkungen Uber die Kare der Rhön etc. 713 (Entwicklung des SALOMON’schen Möselestadiums, Fig. 1 c), wird nun aber eines der wesentlichen Charaktere des Kars, die durch Riickwitterung entstandene steile Rücklehne, immer mehr zerstört. Ferner wird bei weiterer Zunahme die ursprüngliche Nische sehr bald dureh Eis und Firn völlig ausgefüllt sein und der Eis- körper sich über deren unteren Rand talwärts als Hängegletscher erstrecken , so daß auch die Kante am Ausgang des Kar- bodens ihre charakteristische Schärfe verlieren muß. Daß in diesem Stadium der fortschreitenden Vereisung die Erosion am Boden des Gletschers zunimmt, soll dabei keineswegs bestritten werden 1, im Gegenteil, sie wird mit der Zunahme der Eismassen ver- stärkt und es tritt an Stelle der passiven Wirksamkeit die aktive am Untergrund und an der Seite. Anderseits aber wird die von Salomon betonte beckenförmige Eintiefung um so mehr eine zufällige werden, als ja , wie wir gesehen haben , die Steilheit der Wand gegen rückwärts immer mehr abnehmen muß. Ob diese allmählich mit dem Boden verschmelzende Wand im Endstadium dann in ge- wissen Stufen ansteigt, oder mit gleichmäßigem Gefälle, wird, ab- gesehen von den petrographischen Verhältnissen des Untergrundes, davon abhängen müssen, ob die Zunahme der Vereisung in Etappen oder mehr gleichmäßig fortschreitet. Gegen die Karentwicklung im Sinne Salomon’s, also gegen die gesetzmäßige Vertiefung der Böden im „Möselestadium“ sprechen auch die folgenden Bilder. Abbildung 2 stammt aus der unmittelbaren Nachbarschaft der von Salomon wiedergegebenen „Möselestadien“ des Finsteraar- hornkammes, nämlich vom Abhang der Lauteraarhörner gegen den Unteraargletscher, gesehen vom Pavillon Dollfus. Während hier in der Nordexposition (rechte Bildhälfte) die Kargletscher noch das typische Bild eines „Möselestadiums“ zeigen, sind die entsprechenden Gletscher der Südexposition (linke Bildseite) bereits viel stärker geschwunden, ohne Spuren einer Auskolkung am Kar- boden zu hinterlassen ; ebensowenig lassen die oberhalb des Pa- villon Dollfus gelegenen Kare des „vorderen Driftgletschers“ (Fig. 3), die zweifellos aus dem gleichen Stadium wie die Kar- gletscher der Lauteraarhörner hervorgegangen sind, eine Auskolkung erkennen, dagegen sehr gut die schräg ansteigenden Böden und die Beschränkung der steilen Rückwitterungslehne auf die Zone unmittelbar über dem oberen Eis- bezw. Firnrand. Ich glaube überhaupt nicht, daß das „Möselestadium“ ein Zeichen der fort- schreitenden Vereisung ist, worauf ich gleich noch zurückkommen werde. Wesentlich scheint mir vor allem zu sein, daß bei zu- nehmender Vereisung aus dem passiven Kargletscher der aktive wird und daß bei diesem Prozeß die wohlcharakterisierte Form des Riic kwitterungskares immer mehr verschwindet und 1 Auf dem Schema Fig. 1 absichtlich nicht berücksichtigt. 714 H. Philipp. Fig. 3. Bemerkungen über die Kare der Rliün etc. 715 I in eine Form übergebt, die wohl noch nischenförmig in das Gehänge zurückspringt, deren Querschnitt aber von der steilen U-form in | die einer flach geböschten Wanne und deren Längsschnitt von der Treppenform in die einer ausgeglichenen Neigung übergeht (Fig. 1 d). Es sei jetzt umgekehrt aus- gegangen von dem Stadium einer maximalen Vereisung vom Inland- eischarakter, also mit völliger Aus- füllung der Täler, und es sei dann die Vereisung so weit zurückgegangen, daß die Täler im zentralen Teil nur noch bis zu einer bestimmten I Höhe ausgefüllt werden von einem bereits individualisierten Gletscher- strom, die Talflanken oberhalb dieser Höhe aber noch vom Eis bezw. Firn völlig oder zum größten Teil be- deckt sind, ein Stadium, in dem sich gewisse Teile des mittleren und öst- lichen Spitzbergens zurzeit befinden. Es werden alsdann die Talhänge durch das hier senkrecht zur Richtung des Haupttales abwärts strömende Flanken-Eis selektiv in Form flacher Hohlkehlen angegriffen werden müssen, so daß | bei fortschreitender Abschmelzung nicht die ganze Talflanke gleich- : mäßig ausapert, sondern zunächst einige zur Richtung des Tales I senkrecht stehende Felsriicken hervortreten, zwischen denen sich in den Hohlkehlen lappenförmige Eismassen bis zu den oberen ! Talwänden hinaufziehen. Sehr gut ließen sich diese Verhältnisse in Spitzbergen 1 (Fig. 4) beobachten, und es ist überraschend, mit welcher Regelmäßigkeit sich diese zum Hauptgletscher niederziehen- den Rippen hier entwickeln können. Ausbildung und Abstände ! derselben voneinander müssen natürlich abhängen von der Beschaffen- heit des Untergrundes , namentlich von seiner Durchklüftung. Diese bastionsartigen, nach dem Schwinden der Gletscher durch Ver- witterung modifizierten Nischen geben ja den Abhängen der Tafel- > berge in Spitzbergen den pittoresken Charakter und finden sich in li gleicher Weise in den wenig gestörten Schichten des Carbons, des t Mesozoicums und des Tertiärs. Daß dies keineswegs ein-e Zufälligkeit r ist oder eine Beschränkung nur auf horizontal gelagerte Sedimente, | das scheinen mir die Anordnungen der Kare in unseren Alpen zu be- weisen, die ja gleichfalls oft so regelmäßig aneinandergereiht sind, wie ! die Perlen an einer Schnur. Mit dem Hervortreten der teilenden j Rippen und der Vertiefung der dazwischenliegenden flach zylindrischen 1 Beobachtungen gelegentlich der Teilnahme an der W. Filchner- sclien Vorexpedition nach Spitzbergen. 1910. 716 II. Philipp, Fig. 4. Nischen wird Hand in Hand gehen das Zurückweichen der Eis- bedeckung von den obersten Teilen der Talflanken, und es wird nun hier sofort eine intensive Rückwitterung einsetzen. Es beginnt also jetzt die Entwicklung des Kares (gestrichelte Linien in Fig. 5) aus der primär durch senkrechtes Abwärtsfließen des Eises gebildeten Nische A-B-B3-C und diese schreitet fort mit zu- nehmendem Schwinden der Vereisung. (Vergl. den Beginn dieser Entwicklung im Schema Fig. 5.) So sehe ich denn in dem Bilde der Kargletscher an den Lauteraarhörnern (Fig. 2) nicht die Weiterentwicklung von Kar- embryonen zu einem Möselestadium, sondern Formen , deren erste Anlage bedingt ist durch den Rückgang einer Inlandvereisung und daraus folgender Differenzierung in den longitudinal ar- beitenden Hauptgletscher und die trans- versal arbeitende ' Flankenvereisung. Letztere hat sich dann erst bei anhalten- der Abnahme der Vereisung zu rück- witternden echten Kargletschern fort- entwickelt, im ganz konsequenten Ver- lauf eines Prozesses, dessen Beginn uns aus den Verhältnissen des zentralen Spitzbergens klar wird. Die weitere Frage ist erst die, ob der Boden eines solchen Kares geneigt, eben, oder eingesenkt ist. Dies wird von dem Verhältnis des Haupt- gletschers zu den seitlichen Kargletschern abhängen , speziell da- von, ob der Ausfluß des Kargletschers noch mit dem Talgletscher Bemerkungen über die Kare der Rhön etc. 717 I zusammenhängt oder nicht, denn die Erosionsbasis des gegenüber i dem Talgletscher doch kleinen Kargletschers wird wesentlich ab- hängen von dem Oberflächenniveau des Hauptgletschers. Bleibt 1 letzteres konstant, so wird der Kargletscher , solange er noch aktiv seinen Boden kräftig bearbeiten kann, diesen annähernd bis zum Niveau der Oberfläche des Hauptgletschers niedriger legen, d. h. so weit, bis seine Erosionsbasis erreicht ist. Er kann in diesem Falle einen ziemlich ebenen Boden bilden, bezw. dort, wo i ihm die petrographische Beschaffenheit günstig ist, diesen auch [beckenförmig auskolken. Diese Verhältnisse lassen sich sehr schön auf der vom D. u. Ö. A. V. herausgegebenen Spezialkarte der Venedigergruppe 1:50 000 überblicken, beispielweise am oberen Sulzbachgletscher, hier fallen die stark eingeebneten Karböden der östlichen Talflanken deutlich mit der oberen Troggrenze des Tal- Igletschers zusammen. Dort aber, wo die Oberfläche des Haupt- gletschers und somit die Erosionsbasis für den Kargletscher konstant sinkt, wird der Kargletscher sein Bett nie bis zur Reife entwickeln I können; es muß also der Karböden nach außen geneigt sein und die sich abwärts senkenden Rundhöcker des Karbodens vereinigen sich I* mit denen des Hauptgletschers. Es wird dann bald das Stadium eintreten, wo die Verbindung mit dem Kargletscher überhaupt aufhört. Dann zieht sich der Kargletscher immer mehr in den Grund seiner Nische zurück. Seine Arbeit durch Rück- } 'Witterung wird er dabei bis zum völligen Verschwinden weiter führen, dagegen wird die aktive Tätigkeit an seiner Sohle immer mehr abnehmen. Andererseits wird er nun das obflächlich ab- gleitende Schuttmaterial nicht mehr auf den Hauptgletscher ab- laden können , sondern er häuft es vor seinem Außenrand als steilen Schuttkegel, Schuttstreifen oder Endmoränenwall auf. Ferner muß, sobald die Verbindung zwischen Kargletscher und Hauptgletscher unterbunden ist, auch die Rückwitterung des Ge- hänges zwischen beiden beginnen und es bildet sich unterhalb des Kares eine neue steile Wand heraus. Diese Entwicklung, zu der uns die Verhältnisse in Spitzbergen den Schlüssel geben, können wir in ihren Endstadien in den Alpen überall verfolgen. Sie I führen uns dazu, in den typischen Karen mit steiler Rückwand nicht den Beginn der Entwicklung, nicht Karembryonen, sondern deren Endresultat zu sehen, und es ist vielleicht der allgemeine Schluß berechtigt, daß typische Kare nicht Zeichen einer beginnenden oder fortschreitenden, sondern einer abklingenden Vereisung sind. Dies ist aber das gleiche Resultat, zu dem ich auf Grund meiner Beobachtung für den Spezialfall der Rhön gekommen bin, ohne mir damals noch des genetischen Zusammen- hanges bewußt zu sein, daß nämlich diese typischen Kare am Pferdskopf und an der Eube Rückzugsstadien einer stärkeren 718 CI. Leidhold, Mitteilung über Vereisung oder Verfirnung darstellen, die ursprünglich bis ziemlich tief hinunter in den Guckaikessel gereicht hat. Auf die Bedeutung dieser Entwicklung für die Querprofile der alpinen ehemals vergletscherten Täler, vor allem hinsichtlich der scheinbar ineinander geschachtelten Trogformen, soll hier nicht näher eingegangen werden. Greifswald, den 1 . September 1912. Mitteilung über devonische Fossilien von der bithynischen Halbinsel. Von CI. Leidhold in Straßburg i. E. Im Frühjahr 1909 verweilte Herr Dr. P. Kessler aus Straßburg zwecks geologischer Studien auf der bithynischen Halb- insel. Die Beobachtungen , die Herr Kessler hierbei machen konnte , hat er in einer kleinen Arbeit in dieser Zeitschrift niedergelegt l. Herr Kessler brachte von seinen dortigen Ex- kursionen u. a. eine größere Anzahl Devonfossilien mit, die er mir zur Bearbeitung freundlichst. überließ. Hierfür sowie für eine Anzahl mündlicher Mitteilungen über das Vorkommen der einzelnen Fossilien möchte ich auch an dieser Stelle genanntem Herrn meinen besten Dank aussprechen. Die devonischen Ablagerungen sind im wesentlichen auf den* westlichen Teil der bithynischen Halbinsel beschränkt2. In der Nähe des Bosporus bestehen sie außer aus Quarziten, deren stratigraphische Stellung noch nicht völlig gesichert ist, aus Grau- wacken und Tonschiefern , zu denen untergeordnet Knollenkalke und Einlagerungen von blaugrauen Kalken treten. Weiter nach Osten gewinnen die kalkigen Schichten immer mehr an Mächtig- keit, während die Tonschiefer und Grauwacken hier zurücktreten. Die von Herrn Kessler gesammelten Devonfossilien verteilen sich hauptsächlich auf drei verschiedene Gebiete. Eine kleine Suite stammt vom Riesenberg (Yuscha Dagh) nördlich von Beikos, ein zweiter Teil vom Berg Bulgurlu , östlich Skutari , und die größte Masse aus den kalkigen Schichten des Gebietes zwischen Pendik, Yakadjik, Maltepe. Als älteste Gesteine , vielleicht devonischen Alters , werden von Kessler und Endriss3 Quarzite, quarzitische Sandsteine, Konglomerate etc. angegeben, die, wie die beiden Autoren nach- gewiesen haben , unter den fossilführenden devonischen Schichten 1 P. Kessler, Zum geologischen Aufbau der bithynischen Halbinsel, Dies. Centralbl. 1909. p. 653. 2 Vergl. die geologische Karte bei K. Endriss, Quer durch die bithynische Halbinsel. Petermann’s Mitteilungen. 1910. Heft II. 4. 3 Vergl. das Profil bei Endriss 1. c. Taf. 31. p. 146. devonische Fossilien von der bithynischen Halbinsel. 719 liegen, und nicht darüber, wie Fitzner annahm1. Da bezeich- nende Fossilien aus den quarzitischen Schichten nicht bekannt sind — Herr Kessler brachte nur eine Cruziana mit — , ist die Stellung dieser Schichten noch nicht gesichert. Das devonische Alter der darüberliegenden Grauwacken und Tonschiefer ist schon frühzeitig erkannt von Tschihatscheff, de Verneuil, Roemer u. a. 2 3, und auch Versteinerungen daraus angegeben worden. Als haupt- sächlichster Fossilpunkt war Kanlydscha bekannt. Herr Kessler brachte von zwei anderen Stellen, von denen größere Fosslillisten noch nicht existieren, eine Anzahl Versteinerungen mit, und zwar vom Riesenberg (Yusclia Dagh) und vom Berg Bulgurlu. Die geologischen Verhältnisse am Riesenberg sind von Gaudry4 5 und Tschihatscheff 5 beschrieben. Die von Kessler an dieser Ört- lichkeit gesammelten Fossilien liegen in dunklen Tonschiefern und Grauwacken , die manchen fossilführenden Bänken im rheinischen Unterdevon sehr ähneln. Auch wie hier sind die Versteinerungen I immer als Abdrücke und Steinkerne erhalten und z. T. stark ver- drückt. Es kommen folgende Formen vor: Cryphaeus sp. Homalonotus sp. Orthis Gerv illei Defr. Spirifer cf. Trigeri de Vern. Stropheodonta explanata Sow. Öhonetes plebeja Schn. Chonetes sarcinnlata Schl. Rhynciionella sp. Pterinaea Pailleti de Vern. Pleurodictyum problematicum Gold. Beyrichia Boemeri Kays. Der zweite Fundpunkt liegt am Berge Bulgurlu. Kessler konnte nachweisen, daß die Quarzite etc. hier älter sein müssen als die devonischen Grauwacken. Die Fossilien stammen vom Ost- und Westabhang des genannten Berges und liegen in einer ockergelben, ausgelaugten Grauwacke. Es konnten folgende Formen festgestellt werden : Cryphaeus laciniatus F. R. var. asiatica Vern. W.6 Ortliis Gervillei Defr. 0. W — triangularis Maur. 0. Chonetes plebeja Schn. 0. W. — sarcinulata Schloth. 0. W. Spirifer subspeciosus Vern. W. — cf. Trigeri Vern. W. Stropheodonta gigas M’Coy. 0. — interstrialis Phil. 0. Ortothetes umbraculum Schl. 0. Meganteris Archiaci Suess. W. 1 R. Fitzner, Forschungen auf der bithynischen Halbinsel. Rostock 1903. 2 Eine genaue Literaturangabe findet man bei Toula. Compte rendu de la IX. Session du congr. geologique intern. Vienne 1903. p. 185. 3 E. Kayser, Devonfossilien vom Bosporus. Beiträge z. Geologie u. Palaeont. Österreich-Ungarns. 12. Heft 1. 4 Bull, de la soc. geol. de France. II. Serie. 11. p. 13. 5 Asie mineure. Geologie 1. p. 506. 6 Ein „W“ bedeutet westlich, ein „0“ östlich des Berges Bulgurlu. 720 CI. Leidhold, Mitteilung über Atliyris caeraesana Stein. W. Pterinaea Pailleti Vern. 0. Cypricardinia cf. crenistria Pleurodictyum Constantinopolita- num Roem. 0. W. Zaphrentis sp. 0. Fenestella sp. W. Beyrichia Boemeri Kays. W. Sandb. W. Beller ophon sp. 0. Tentaculites scalaris Schl. W. Eine ähnliche Fauna in gleichem Gestein gibt Kayser von Kanlydscha an (1. c. p. 28). Außer den am Riesenberg und am Bulgurlu vorkommenden Versteinerungen führt Kayser noch folgende näher bestimmbare Arten an : Man geht wohl nicht fehl , wenn man mit KaYSER den de- vonischen Schichten von Kanlydscha ein jungunterdevonisches Alter zuspricht. Dasselbe dürfte auch für die Grauwacken und Tonschiefer vom Riesenberg und besonders vom Bulgurlu gelten. Den wenigen Formen, die ihre Hauptverbreitung in etwas tieferen Schichten des Unterdevons haben, wie Pterinaea Pailleti und Stropheo- donta gigas , steht die Mehrzahl der Formen gegenüber mit dem Alter etwa der Ems-Stufe. Charakteristisch für die devonischen Alagerungen am Bosporus sind Pleurodictyum Constantinopolitanum F. R. und die große Beyrichia Boemeri Kays. Der Rest der Versteinerungen stammt aus dem Gebiet zwischen Maltepe, Pendik, Kartal, Yakadjik. Das fossilführende Gestein ist hier teils eine Grauwacke und Grauwackensandstein , teils sandige Kalke, Kalkmergel und dunkle Kalke. Über die Lagerungs- verhältnisse der einzelnen Gesteinsarten zueinander läßt sich schwer etwas sagen, da die Schichten meist stark gefaltet und disloziert sind. Nach Fitzner1 sollen die dunklen Kalke „von dünn- geschichteten Kalken , dunkelgrauen Sandsteinen und sandigen Schiefern“ unterlagert werden. Es ist immerhin auffällig, daß am Riesenberg 2 und ebenso bei Kanlydscha 3 die Kalke unter den Schiefern und Grauwacken liegen. Die Fauna der einzelnen Fundpunkte des Gebietes von Pendik — Kartal — Yakadjik zeigt einigen Unterschied. Ich gebe zunächst eine Fossilliste aus den kalkigen Schichten von Pendik und Kartal. Von dort liegen mir folgende Formen vor: Cryphaeus laciniatus F. R. var. Cryphaeus stellifer Burm. K. asiatica Kays. K.4 — callitclcs Green. P. 1 1. c. p. 149 2 Gaudry. 1. c. p. 14. 3 P. de Tschihatscheff, Asie mineure. Geologie. 1. p. 518. 4 Ein „K“ bedeutet Kartal, „P“ Pendik. Spirifer paradoxus Schl. Cyrtina heteroclita Defr. Bhynchonella Oehlerti Bayle Loxonema ohliquiarcuatum Sandb. devonische Fossilien von der bithynischen Halbinsel 721 Homalonotus sp. P. Phacops Potieri Bayle. P. Orthis Gervillei Defii. K. P. — fascicidaris Oehl. P. — opercularis Kays. P. — Trigeri de Vern. P. Spirifer paradoxus Schl. P. K. — subspeciosus Vern. P. — Davousti Vern. K. — cf. arduennensis Stein. K. Bhynchonella cf .fcdlaciosa Bayle. K. Uncinülus sp. K. Chonetes plebeja Schnur. P. — sarcimdata Schl. P Orthotlietes umbraciäum Schloth. K. Lepiagonia rhomboidales Wahl. K. Centronella Guerangeri Vern. K. Athyris concentrica v. B. P. Pterninaea Pailleti Oehl. K. Trochoceras Barrandei Vern. K. Orthoceras Stambul Vern. K. Orthoceras sp. Zaphrentis sp. K. Oyatophyllum sp. Amphipora cf. ramosa Goldf. Pleurodictyum Constantinopoli- tanum Poem. P. Favosites polymorpha Goldf, K. Tentacidites scalaris Schloth. Beyrichia Boemeri. Schon Verneuil nud Kayser haben auf die große Ähnlich- keit der Fauna von Pendik — Kartal mit der des französischen Unterdevons hingewiesen. Nach dem mir zur Verfügung stehenden Material kann ich mich dieser Ansicht nur anschließen. Auch ich möchte die Fauna in die nächste Nähe des höheren Unter- devons stellen. Wir haben also sowohl am Bulgurlu als auch in einem Teil des Gebietes von Pendik — Kartal Schichten jungunter- devonischen Alters, mit dem Unterschied, daß an der ersten Örtlich- keit die Fauna an Grauwacken und Tonschiefer, bei Pendik mehr an kalkige Schichten gebunden ist und daß sich gleichzeitig mit der kalkigen Fazies auch häufiger Korallen, Orthoceraten etc. einstellen. Eine andere interessante kleine Fauna liegt mir von Yakadjik vor. Es wurde hier zufällig an der Straße nach Kartal ein Graben ausgehoben, aus dessen Abraum Herr Kessler eine Anzahl Versteinerungen sammeln konnte. Die Fossilien liegen auch hier in kalkigen Schichten. Es sind im wesentlichen folgende Arten : Cryphaeus stellifer Burm. Trochoceras nov. sp. I. Trochoceras nov. sp. II. Trochoceras sp. ? Gyroceras sp. Orthoceras sp. div. Loxonema cf. Boemeri Kays. Loxonema sp. Baphistoma cf. disciformis Tschernitsch. Oriostoma princeps Oehl. Pleurotomaria sp. Hercynella nov. sp. Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. Bellerophon aff. striatus Bronn. Spirifer Trigeri Vern. Stropheodonta Sowerbyi Barr. Athyris concentrica v. B. Bhynchonella cf. nympha Brde. Cornulites sp. Spirorbis omphalodes Goldf. Jschadites sp. ex aff. Murchi- soni Eichw. Aidopora serpens Goldf. — cf. tubaeformis Goldf. Beyrichia Boemeri Kays. 46 CI. Leidhold, Mitteilung über devonische Fossilien etc. 722 Die Fauna erhält durch das Vorkommen böhmischer bezw. russischer Formen wie Hercynella, Trochoceras, Rapliistoma ein ge- wisses Interesse. Über das Alter der in Frage stehenden Schichten möchte ich mich noch nicht definitiv äußern , zumal eine Anzahl Formen neue Arten sind uud hierdurch eine Parallelisierung er- schwert wird. Hermann 1 hat aus dem Vorkommen von Pentamerus pseudo- Imiffhti zusammen mit Favosites, Heliolites und Halysites geschlossen, daß die diese genannten Formen einschließenden Kalke der Gegend von Kartal an die Basis des Unterdevons zu stellen seien 2. Ich möchte geneigt sein, die Fauna von Yakadjik nicht hierher zu stellen, sondern ihr lieber eine Stellung in der Nähe des höheren Unterdevons anzuweisen. Eine endgültige Lösung dieser Frage kann erst an Hand eines größeren Fossilmaterials entschieden werden. Das Auftreten russischer bezw. böhmischer Formen im Devon des Bosporus ist übrigens nicht überraschend, nachdem bereits Frech3 auf Grund palaeogeographischer Untersuchungen zu dem Resultat gekommen war, daß die Meeresverbindung zwischen dem altai-uralischen Becken und dem westeuropäischen Becken zur Unterdevonzeit „etwa in der Gegend des heutigen Pontus, Bosporus und der Balkanhalbinsel anzunehmen sei“. Es liegen mir noch einige wenige Fossilien von anderen Lokalitäten vor , die ich hauptsächlich aufführe , um die Auf- merksamkeit auf die betreffenden Fundpunkte zu lenken: Von Karakoi Spirifer fallax Gieb., Spirifer subspeciosus Vern.; von Soghauly Leptaena rhomboidales und einige andere nicht bestimm- bare Reste; ebenso von Karabasch4 5 mehrere verdrückte Trilobiten (Proteus?)', von Hereke0 eine Beyricliia. Im ganzen konnten 63 verschiedene Arten festgestellt werden. Hierzu kommen von den 36 Formen, die Kayser angeben konnte, noch hinzu: Von Pendik — Kartal Apliyllites sp., Styliolina sp., Aviculopecten sp., Rhynchonella subwilsoni d’Orb. Von Kanlydscha Loxonema obliquiarcuatum Sandb., Pterinaea aff. lineata Goldf., Cyrtina heteroclita Defr., Anoplotheca sp. Eine eingehende Beschreibung der von Herrn Kessler mit- gebrachten Fossilien hoffe ich in Kürze geben zu können. 1 F. Hermann, Über das Auftreten der Gattung Halysites im tiefen Devon am Bosporus. Dies. Centralbl. 1911. p. 774 ff. 2 Es drängt sich hierbei die Frage auf, in welchem Verhältnis nun diese Kalke zu den eingangs erwähnten quarzitischen Schichten stehen, die nach Kessler und Endriss am Bulgurlu ebenfalls unter typischem Unterdevon liegen. 3 Lethaea palaeozoica. p. 235 ff. 4 Die genannten drei Örtlichkeiten liegen in der Nähe des Gebietes, von Maltepe — Kartal — Pendik. 5 Hereke liegt weiter im Innern des Landes. J. Uhlig, Zur Kenntnis von Alunogen etc. 723 Mitteilungen aus dem Mineralogischen Institut der Universität Bonn. 17. Zur Kenntnis von Alunogen (Keramohalit) und Halotrichit. Von J. Uhlig in Bonn. Den Ausgang der vorliegenden Arbeit bildete die Untersuchung eines neuen gemengten Vorkommens von Halotrichit und Alunogen aus Neuseeland, welches am Schluß der Arbeit genauer behandelt wird. Da hierbei ziemlich verwickelte Verhältnisse Vorlagen, wurde zum Vergleich diu Untersuchung einiger im Bonner Museum vor- handener Stufen der oben genannten Mineralgruppe vorgenommen, welche mehrfach neues Licht auf diese zu werfen scheint. Die letzteren Untersuchungen sind im ersten Teil der Arbeit vorweg- genommen, zugleich mit einigen Bemerkungen über die wahrschein- liche chemische Zusammensetzung der Sulfate. Die Bezeichnung „Alunogen“ verdient als die ältere, von Beudant1 herrührende, den Vorzug vor dem gewöhnlich in den deutschen Lehrbüchern verwendeten Namen „Keramohalit“ und soll deshalb auch hier ausschließlich gebraucht werden. Für Alunogen geben die Lehrbücher gewöhnlich die Zusammensetzung A12(S04)3 • 18H20 an, nur Dana2 3 (a. a. 0. 958) erwähnt auch ein Vorkommen von der Zusammensetzung A12(S04)3- 16H20. Offen- bar stützen sich die Lehrbücher dabei vorwiegend auf die älteren Analysen, wie sie besonders in Rammelsberg’s Handbuch der Mineralchemie 1850, S. 270 zusammengestellt sind, und von denen in der Tat ein Teil auf die Zusammensetzung mit 18H20 führt. Dagegen entsprechen die neueren Analysen des Alunogen so gut wie ausschliesslich der Verbindung mit 16H20. Nun ist daran zu erinnern , daß P. Marguerite-Decharlonny 3 nach Er- fahrungen an künstlichen Produkten das Salz A12(S04)3- 16H20 für das typische Aluminiumsulfat hält , das auch bei sinngemäßer Fabrikationsmethode stets entstehe. Einmal wurde von ihm allerdings auch ein kristallisiertes Produkt erhalten, dessen Zusammensetzung etwa dem Salz mit 18H20 entsprach, das aber auch freie Säure enthielt und sich schon äußerlich als hygroskopisch erwies. Nach weiterer zweimaliger Umkristallisation wurde daraus wiederum das Salz A12(S04)3- 16H20 gewonnen und Marguerite-Decharlonny meint daher, daß nur mit Eisensulfat oder freier Säure verun- reinigte Salze den höheren Wassergehalt ergäben, reines, aus neutraler Lösung kristallisiertes Sulfat dagegen die Zusammen- 1 Beudant, Traite elementaire de Mineralogie. 1832. 2. p. 488. 2 Von Glocker (Handbuch der Mineralogie. 1839. p. 689) herrührend; vergl. hierzu Dana, Syst* of Mineralogy. 1894. p. 958. 3 Annal. de chim. et de phys. 1884. 1. p. 425— 432 ; vergl. auch Gmelin- Kraut, Handbuch d. anorganischen Chemie. 7. Aufl. (1909.) II, 2. p. 611 ff. 724 J. ühlig. Setzung A12(S04)3- 16H20 habe. Dieses Salz sei auch nicht hygroskopisch, sondern eher zur Wasserabgabe geneigt. Gmelin- Kraut (a. a. 0.) hält aber doch die Annahme der Verbindung mit 18H20 aufrecht, und es sei nur beiläufig erwähnt, daß auch ein noch stärker gewässertes, künstliches Produkt existiert (mit 27 H20). Nach der Theorie verlangt das Salz A12(S04)3- 16H20: 16,20 A1203, 38,09 S03 und 45,7 1 H2 0, während A12(S04)3"- 18H20: lo,33Al203, 36,03S03 und 48,64H20 erfordert. Unter Berück- sichtigung kleiner Beimengungen von Alaunen, alaunähnlichen Ver- bindungen (z. B. Haiotrichit Fe Al (S 04)4 • 24 H2 0, Pickeringit Mg A12(S 04)4 • 22 H2 0) und anderen Substanzen entsprechen von den mir aus der Literatur zugänglichen , zuverlässigen und nicht zu unreinen Alunogenanalysen der Verbindung A12(S04)3- 18H20 die folgenden : 1. Kolosurok bei Bilin, Böhmen. Anal. Rammelsberg (b. Rammelsberg a. a. 0. p. 269, 270). 2. Nickolsdorf bei Lienz im Pustertal. Anal. Barth (ebendort u. Sitzungsber. k. Akad. 24. p. 289). 3. Krater des Vulkans von Pasto. Anal. Boussingault (ebendort). 4. Wallerawang, NS.-Wales. Anal. Liversidge (The Minerals of New South Wales. Sidney 1882. Ref. Zeitschr. f. Krist. 8. (1884.) p. 88.) Der Verbindung Al2 (S 04)3 • 1 6 H2 0 dagegen entsprechen näher folgende : 1. Friesdorf bei Bonn. Anal. Rammelsberg (a. a. 0.). 2. Königsberg, Ungarn. Anal. Jurasky (ebendort und Berichte über die Mitteil. v. Freunden d. Naturwissensch. in Wien. 2. (1847.) p. 332—335). 3. Saldana, Neu-Granada. Anal. Boussingault (bei Rammelsberg, a. a. 0 ). 4. Copiapo, Chile. Anal. H. Rose (ebendort). 5. Coquimbo, Chile. Anal. H. Rose (Poggend. Ann. 27. p. 317). 6. Scotia Coal Mine, Cumberland County, Nova Scotia. Anal. Adams (b. Hoffmann, Report of Geology of Canada. 1878. Ref. Zeitschr. f. Krist. 5. p. 517). 7. Graul bei Schwarzenberg in Sachsen. Anal. Guiterman und Schlapp (b. Weisbach, N. Jahrb f. Min. etc. 1882. II. p. 254). 8. Gila River, nördlich von Silver City, Neu-Mexiko. Anal. Clarke (Amer. Journ. of Science. [3.] 28. p. 20. Ref. N. Jahrb. f. Min. etc. 1886. II. p. 14). 9. Webrschan in Böhmen1. Anal. B. Erben (Sitzungsber. k. b. Ges. d. Wiss. v. 13. Febr. 1885. Ref. N. Jahrb. f. Min. 1887. I. p. 252). 10. Pico de Teyde, Tenerifa. Anal. Hof (T.schermak’s Min. a. petr. Mitt. 12. (1891.) p. 39—44. Ref. N. Jahrb. f. Min. etc. 1893. I. p. 41). 1 Die Berechnung führt hier nur auf A12(S04)3 . 15H20. Zur Kenntnis von Alunogen (Keramohalit) und Halotrichit. 725 11. Magugnano bei Viterbo, Provinz Rom. Anal. Millosevich (Boll. Soc. Geol. Ital. 20. (1901.) p. 263—270. Ref. N. Jalnb. f. Min. etc. 1903. I. p. 253'. 12. Grotta dello Zolfo bei Miseno. Anal. Zambonini (Rendiconti R. Acad. delle Science. Fis. e Mat. Neapel 1907. p. 324 — 331. Ref. N. Jahrb. f. Min. etc. 1908. II. p. 333). Eine weitere Analyse von Herapath an einem Alunogen von Adelaide, Australien, (Rammelsberg, a. a. 0.) stellt in bezug auf den H2 O-Gehalt etwa in der Mitte zwischen den beiden Sulfaten mit 16 bezw. 18H20. Außerdem existieren noch einige andere Analysen , die aber offenbar an mit anderen Substanzen stärker verunreinigten Materialien angestellt wurden und daher hier nicht berücksichtigt sind. In der Hauptsache nähern sie sich mehr der Verbindung Al2 (S 04)3 • 1 6 H2 0. Die bisher existierenden Alunogenanalysen scheinen also auf zwei, durch ihren Wassergehalt unterschiedene, natürliche Alu- miniumsulfate hinzuweisen, die dann auch verschiedene kristallo- graphische und physikalische Eigenschaften besitzen müßten. Jeden- falls geht bereits aus der obigen Zusammensetzung hervor, daß die Verbindung A12(S04)3 • 16H20 die bei weitem häufigere ist, auf welche die neueren Analysen sogar ausschließlich hinführen. Dazu kommt noch, daß von ihr wohlcharakterisierte, wenn auch kleine und meist unscharfe Kristalle existieren. Es sind monokline Täfelchen, wie zuerst Haidinger1 für Alunogen von Königsberg in Ungarn (vergl. oben No. 2) feststellte. Sie wurden später aus- führlicher kristallographisch und kristalloptisch untersucht von F. Becke 2 an dem Vorkommen von Teneriffa (s. oben No. 10), dessen Ergebnisse im einzelnen etwas von denen Haidinger’s ab weichen, neuerdings aber von Zambonini (a. a. 0.) durchaus bestätigt wurden. Auch ich kann sie nach dem Befund an meinem Material bestätigen. Becke fand: Kristallsystem monoklin; a : b : c = 1 : ? : 0,325, ß = 97° 34'. Ebene der Tafeln (010); ihr Umriß gewöhnlich unregelmäßig sechsseitig durch Begrenzung mit (100), (10 1), (101), seltener tritt (001) hinzu. Der Winkel (100). (101) wurde über- einstimmend mit Haidinger’s Angaben zu 46° (134°) bestimmt. Die Täfelchen zeigen schwache Doppelbrechung (Polarisationsfarben 1. Ordnung) und lassen im konvergenten Licht die negative Mittel- linie eines großen Achsenwinkels austreten. Die Auslöschung ist schief gegen alle Seiten ; allerdings weicht b gegen die Trace von (101) nur um 2° ab, ist aber nicht parallel, wie Haidinger an- nahm. Auch Pisani3 nimmt in einer meist übersehenen kristallo- 1 Berichte über die Mitteil. v. Freunden d. Naturwissensch. in Wien. 2. (1847.) p. 334. 2 Tschermak’s Min. u. petrogr. Mitt. 12. (1891.) p. 45 — 48. 3 Bei Marguerite-Delacharlonny, a. a. 0. p. 431. 726 J. Uhlig, graphischen Bestimmung an künstlichem Alunogen gerade Aus- löschung und daher rhombisches System an. Aus dem gleichen Kristallhabitus, dem einzigen gemessenen Winkel von 133° 45' (134° bezw. 46° bei Becke) und den optischen Eigenschaften, geht im übrigen die Identität mit den Kriställchen Becke’s sicher hervor. Pisani bestimmte den auf der Tafelfläche zu beobachtenden Achsen winkel um die stumpfe negative Bisektrix in Öl zu 2 H = 1 I 4 0 ca. Zur Ergänzung dieser Angaben ermittelte ich nach der Einbettungsmethode noch den Brechungsexponenten y — 1,47, die andern Exponenten wenig geringer, a — 1,46 ca. Von den chemisch der Verbindung Al2 (S 04)3 • 18H20 ent- sprechenden, oben aufgezählten Vorkommnissen existieren bisher noch keine kristallographischen Untersuchungen. Im hiesigen Museum ist nur eine Stufe vom Pustertal (s. oben No. 2) vertreten. Überraschenderweise ergab dafür jedoch bereits die qualitative Analyse, daß es sich nicht, wie die ältere Analyse von Barth vermuten läßt, um ein ziemlich reines Aluminiumsulfat handelt, sondern daß sehr viel Magnesia vorhanden ist. Da u. d. M. sich das Salz in der Hauptsache als homogen, und zwar aus Nädelchen bestehend, erweist, muß danach ein Magnesiumaluminiumsulfat vor- liegen, jedenfalls Pickeringit (Mg Al2 S4 016 • 22 H2 0 bezw. mit 24H20). Es muß vorläufig unentschieden bleiben, ob sich im Pustertal neben Pickeringit auch das alunogenähnliche Sulfat findet , welches die Analyse Barth’s vermuten läßt , oder ob die letztere unzuverlässig ist. Es könnte z. B. dadurch, daß bei der Fällung mit Ammoniak kein Chlorammonium zugegeben wurde, MgO mit Al2 03 zusammen ausgefallen und dadurch letzteres zu hoch ermittelt sein. So müßte das Sulfat MgAl2S4016 • 24H20 auf diese Weise fast genau die Werte Barth’s ergeben, wie folgende Zusammenstellung zeigt. „Keramolialit“ vom A12(S04)3 . 18H20, MgAl2(S04)4. Puster tal nach Barth Theorie 24H20, Theorie A1203 . . 15,8 (Spur Fe) 15,33 U’42 | 15 93 Mg 0 . . — — 4,51 1 ’ s o3 . . 36,0 36,03 35,77 h2 0 . . 48,4 48,64 48,30 100,2 100,00 100,00 Bei den sonstigen, auf die Zusammensetzung A12(S04)3 • 18H20 führenden Analysen , von denen mir zugehöriges Material leider nicht zugänglich war, könnte die Abweichung von der normalen Zusammensetzung eher auf einem Feuchtigkeitsgehalt der Analysen- substanz beruhen, ähnlich wie dies Marguerite-Delacharlonny für die Kunstprodukte dieser Zusammensetzung annimmt. Vor allem mag der Feuchtigkeitsgehalt durch Vorhandensein freier Schwefelsäure bewirkt sein, die anscheinend bei natürlichem Alu- Zur Kenntnis von Alunogen (Keramohalit) und Halotrichit. 727 nogen nie fehlt , so daß z. B. die Etiketten älterer Sammlungs- stiicke stets mehr oder weniger zerfressen sind. Von dem von Kammelsberg analysierten Vorkommen von Kolosurok (s. oben No. 1) findet sich so die Angabe daß es aus Braunkohle in flüssigem Zustande austrat und diese dann überkrustete und verkittete. Da die neueren, jedenfalls zuverlässigeren Analysen ausschließlich auf die Verbindung mit 1 6 H2 0 hin- führen, so scheint diese, in Übereinstimmung mit Erfahrungen an Kunst Produkten, das normale, untei* natürlichen Verhältnissen beständige, neutrale Alu- miniumsulfat darzustellen. Diesem entsprechen dann wohl auch ausschließlich die gewöhnlichen , nicht zerfließlichen und an freier Luft sich haltenden Alunogenvorkommnisse. Ein weiteres neutrales Aluminiumsulfat der Zusammensetzung A12S3012 • 1 8 H2 0, auf welches einige der älteren Analysen führen , ist als Mineral vorläufig durchaus zweifelhaft, wenigstens müßte seine Existenz erst durch neuere Analysen im Verein mit einer kristallo- graphisclien und optischen Untersuchung bestätigt werden. Für den Halotrichit wird seit alters her die Zusammen- setzung Fe Al2 {S 04)4 • 24 H2 0 angenommen, und damit stimmt sowohl die Analyse des künstlichen Produkts von Knauer1 2, als auch diejenige an „vollkommen reinem und ganz frischem“, natür- lichem Halotrichit von Copiapo in Chile3 überein. Von den Analysen geben im übrigen einige einen geringeren Wassergehalt an, als der obigen Formel entspricht, nämlich 22H20. Doch mag dies mit Verwitterungserscheinungen Zusammenhängen, die auch u. d. M. als Trübung der sonst klaren Halotrichitsubstanz zu konstatieren sind. Bei der künstlichen Darstellung des Halotrichits machte Knauer die Erfahrung, daß diese Substanz nur aus stark saurer Lösung zu erhalten ist. Auch die eigentlichen Alaune werden ja vielfach aus saurer Lösung auskristallisiert, um die Hydrolyse des Aluminiumsulfats zurückzudrängen. Weiterhin wird durch den Säureüberschuß aber ganz besonders die Oxydierbarkeit des Ferro- sulfats im Halotrichit herabgedrückt. Wie weiter unten noch ge- nauer mitgeteilt wird, erhielt ich beim Umkristallisieren des Halo- trichits von Neuseeland in Wasser nur ganz spärliche Halotrichit- nädelchen, anscheinend weil das meiste Ferrosulfat oxydiert worden war. Dementsprechend wird sich auch in der Natur Halotrichit, und wohl auch Alu nogen, aus mehr oder weniger sauren Lösungen abgesetzt haben, während aus neutralen oder schwach sauren Lösungen sich die verschiedenen basischen Eisen- und Tonerde- sulfate gebildet haben werden , die in einer ganzen Anzahl von 1 N. Jahrb. f. Min. etc. 1863. p. 669. 2 Liebig’s Annalen der Pharmazie. 14. (1835.) p. 261, 3 G. Linck, Zeitschr. f. Kristallogr. 15. (1889.) p. 26. Ref. N. Jahrb. f. Min. etc. 1892. II. p. 218. 728 J. Uhlig, Mineralien bekannt sind. Damit hängt auch zusammen, daß die Halotrichit- und Alunogenanalysen durchgängig einen Überschuß von Schwefelsäure ergeben, der dann, wie erwähnt, die Sammlungs- etiketten zerstört. Natürlich können sich basische Sulfate auch durch nachträgliche Zersetzung von Halotrichit und Alunogen, so- wie infolge Ausfüllung durch basische Lösungen gebildet haben. Auf den ersten Blick mag es auffallend erscheinen, daß sich der Ferro- sulfat enthaltende Halotrichit in der Natur viel häufiger gebildet hat als die nur von einem oder ganz wenigen Fundorten bekannten neu- tralen Ferrisulfate Coquimbit, Quenstedtit und Ilileit. Das hängt aber mit der Herkunft der zur Auskristallisation gelangten Sulfat- lösungen zusammen. Die Sulfatabsätze finden sich bekanntlich ent- weder im Anschluß an die Zersetzung von Eisenkiesen in Kohlen- lagern , bituminösen Schiefern und Erzgängen oder als Bildungen vulkanischer Eskalationen. In beiden Fällen sind normalerweise reduzierende Gase, besonders H2S und S 0./, oder auch reduzierende Lösungen und feste Substanzen vorhanden, die vorübergehend ge- bildete Ferrisulfate reduzieren. In einer nach den Vorschriften Knauer’s von mir angesetzten Lösung hat sich bisher noch kein Halotrichit abgeschieden 1 2. Dafür machte ich die Beobachtung , daß beim Lösen äquimolekularer Mengen von FeS04 und Al2 (S 04)3 bei Zimmertemperatur das erstere Salz zuerst als Bodenkörper zurückbleibt. Danach wird sich Halotrichit erst aus einer Lösung bilden, die mehr Mole Al2 (S 04)3 als Fe S 04 enthält. Zu genaueren Feststellungen in dieser Richtung bin ich noch nicht gekommen. Es muß schließ- lich der Rest der Lösung als Halotrichit und Alunogen eintrocknen. Dadurch wird aber das häufige Vorkommen mechanischer Gemenge 1 R. Brauns, Chemische Mineralogie. 1896. p. 291. — Bellini, Boll. Soc. Geol. Ital. Roma. 20. (1901.) p. 470 — 475. Ref. N. Jahrb. f. Min. etc. 1903. I. p. 252. — R. Scharizer, Zeitschr. f. Krist. 37. (1903.) p. 542. 2 Nach Beendigung und Einsendung der vorliegenden Arbeit gelang es mir noch, Halotrichit darzustellen aus einer gar nicht übermäßig sauren Lösung, die aus einem Gemisch von A12(S04)3 und FeS04 . 7H20 bis zur Sättigung hergestellt war. Der Halotrichit schied sich als Fasern mit den erwähnten Eigenschaften am oberen Rande eines kleinen Becher- gläschens, das die Lösung enthielt, nach etwa zwei Tagen ab. In der Lösung selbst bildeten sich dagegen merkwürdigerweise optisch isotrope Kriställchen , anscheinend reguläre Oktaeder, die nach der qualitativen Prüfung einem Ferroaluminiumsulfat angehören. Ich erhielt sie auch beim Verdunsten der Lösung auf einem Objektträger über Schwefelsäure in einer Kohlensäureatmosphäre. Sie scheinen aber nur eine unbeständige Verbindung darzustellen ; denn nach einigen Tagen zersetzten sie sich, indem aus den Kriställchen randlich Nädelchen , ganz ähnlich denen des Halotrichits , hervorsproßten, während ihr Inneres polarisierende Stellen bekam unter Bildung gelben Ferrisulfats und anscheinend auch von Alu- nogen. Zur Kenntnis von Alunogen (Keramohalit) und Halotricbit. 729 dieser beiden Mineralien verständlich, wie es die weiter unten folgenden mikroskopischen Untersuchungen dartun und wie es auch bereits aus den bisher vorliegenden Analysen geschlossen werden konnte. Bei ursprünglichem Überschuß an Fe S 04 können sich auch mechanische Gemenge mit Eisenvitriol (Melanterit) ergeben, was freilich seltener zu sein scheint1. Dagegen ist ein unmittel- bares Nebeneinandervorkommen von Melanterit und Alunogen in mechanischen Gemengen im allgemeinen nicht zu erwarten , und es ist daher sicher unzulässig, wenn der Fe O-Gehalt von Alunogen- analysen auf Melanterit (FeS04-7H20) anstatt auf Halotrichit bezogen und so in Abrechnung gebracht wird (z. B. bei B. Erben a. a. 0. an dem Vorkommen von Wrebschan in Böhmen). Kristallographisch und optisch ist der Halotrichit aus Mangel an gutem Material noch sehr wenig untersucht. Linck (a. a. 0. p. 2b) fand, daß der verhältnismäßig reine Halotrichit von Copiapo in Chile (sp. Gew. 1,885 bei 1 3 0 C) aus Fasern besteht, die u. d. M. sämtlich schief auslöschen und daher nach ihm wohl triklin sind. Dagegen soll nach Arzruni2 3 der von Rammelsberg analysierte Halotrichit von Mörsfeld (Rheinbayern) aus gerade auslöschenden Fasern bestehen. Ebenso gibt Cesüro 3 für „Halotrichit“ von Loyable in Belgien an, daß er aus gerade auslöschenden Fasern mit schwacher Doppelbrechung bestehe. Eine Analyse der Substanz ist nicht angegeben. Mir sind solche ausschließlich gerade aus- löschenden Fasern nicht vorgekommen. Ich habe nun an Halotrichit und Alunogen aus dem hiesigen Museum zur weiteren Klärung noch einige Untersuchungen an- gestellt. Es handelt sich um ältere Stufen, die aber im allgemeinen noch gut erhalten sind, auch ist das Material leider nicht gerade reichhaltig zu nennen. Doch dürfte diese Mineralgruppe auch in anderen Museen nicht sehr reichlich vertreten sein , da ihr von den Mineralogen im allgemeinen weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird, trotzdem sie verschiedentlich technische Bedeutung erlangt hat, z. B. für die Alaunfabrikation, in Chile bei der Amalgamation von Silbererzen4 und in anderen Fällen. Mich leitete dabei be- sonders noch die Absicht, eine einfache Bestimmung der hierher gehörenden Mineralien zu ermöglichen durch Prüfung u. d. M., eventuell unter Zuhilfenahme einiger qualitativer chemischer Reaktionen. Da meßbare Kristalle beim Halotrichit fehlen, beim Alunogen aber selten sind, ist man sonst ganz bei der Identifizierung auf die zeitraubende quantitative Analyse ange- 1 Vergl. hierzu besonders W. F. Hillebrand, Amer. Journ. of Science. (4.) 7. (1899.) p. 51—57. Ref. N. Jahrb. f. Min. etc. 1901. I. p. 34. 2 Zeitschr. f. Kristallogr. 6. (1882.) p. 93. 3 M6m. de l’acad. roy. d. Sciences etc. de Beige , Bruxelles. 53. (1897.) Ref. Zeitschr. f. Krist. 31. (1899.) p. 92. 4 G. Linck, a. a. 0. 4. 730 J. Uhlig, Zur Kenntnis von Alunogen etc. wiesen , die bei dem oft recht gemengten Charakter der Sulfat- vorkommnisse auch nicht immer zu eindeutigen Resultaten führt. Es ist zu verwundern , daß die mikroskopische Methode auf die Effloreszenzen bildenden Mineralien bisher nur vereinzelt und ge- legentlich angewendet worden ist, trotz ihrer Erfolge bei den Silikat- gesteinen und neuerdings auch bei den Gesteinen der Steinsalz- lagerstätten. Da nun in den Effloreszenzen, abgesehen von wasser- unlöslichen Verunreinigungen des Erdbodens (Quarz, Silikate, Car- bonate), meist nur Salze einer einzigen Säure auftreten, also z. P>. nur Sulfate, handelt es sich jedenfalls nur um die Auseinander- haltung einer verhältnismäßig beschränkten Zahl von Mineralien. Der erste Schritt ist bei der uns hier beschäftigenden Mineral- gruppe von F. Becke (a. a. 0.) getan, der sich allerdings nur auf die Untersuchung kristallographisch begrenzten Alunogens be- schränkte. In meinen Präparaten ist dieses Mineral aber nur selten kristallographisch gut ausgebildet, ist aber von dem meist mit ihm zugleich auftretenden Halotrichit, außer durch die ver- schiedenen Brechungsexponenten (A. ca. 1,47, H. ca. 1,49) dadurch leicht zu unterscheiden , daß es stets tafelig oder in Aggregaten schuppig auftritt, während der Halotrichit stets schief auslöschende Nädelchen bildet. Allerdings gibt Becke (a. a. 0. p. 47) auch nadeligen Alunogen bezw. Keramohalit von Luschitz in Böhmen an. Ich möchte jedoch glauben, daß es sich auch dabei um Halotrichit gehandelt hat, jedenfalls wäre eine Nachprüfung wünschenswert. Chemisch sind die Nädelchen von Becke nicht identifiziert worden, er verweist nur auf Zepharovich , Min. Lexikon, 1, p. 224, wo sich das Vorkommen unter Keramohalit angegeben findet. Eine Analyse existiert anscheinend nicht, und ohne eine solche sind die älteren Angaben völlig unzuverlässig. Ob der Halotrichit triklin ist, oder nur deshalb stets im Präparat schief auslöscht, weil seine Nädelchen immer nur auf schief auslöschenden Flächen liegen, so daß er dann monoklin wäre, muß vorläufig unentschieden bleiben. Mit der letzteren Annahme lassen sich jedenfalls eher die weiter oben erwähnten Angaben Arzruni’s und ÜEsäRo’s vereinigen. — Im Präparat ist dem Halotrichit sehr ähnlich der Pickeringit vom Pustertal. Er bildet auch stets Nädelchen mit einer maximalen Auslöschungsschiefe von 37 u; sein Brechungsexponent ist nur wenig geringer als derjenige des Halotrichits , nämlich ca. 1,48. Es liegt nahe, die beiden Substanzen für isomorph zu halten , doch wird bisher für Halotrichit die Zusammen- setzung Fe Al2 (S 04)4 • 24 H2 0, für Pickeringit MgAl2 (S04)4- 22H20 angenommen. Andererseits scheinen sie aber doch Mischkristalle zu bilden, da z. B. im Halotrichit von Island, welcher der Analyse nach recht magnesiareich ist , nur Nädelchen einer Art auftreten. Hier müssen weitere quantitative Analysen erst noch Klärung schaffen. Sonst fanden sich in meinen Präparaten E. Wittich u. Antonio Pastor y Giraud, Riesengipskristalle etc. 731 neben Halotricliit und Alunogen noch Gips lind besonders basische Sulfate, hauptsächlich des Eisens, deren genauere Identifizierung jedoch aus Mangel an dazu nötigen Vorarbeiten vorläufig unter- bleiben mußte. Ferrisulfate fallen übrigens unter den anderen Mineralien durch ihre Färbung auf; basische scheinen durchgängig- gelb bis braun, neutrale (Coquimbit und Quenstedtit; vergl. hierzu Linck, a. a. 0.) violett gefärbt zu sein. Sonst konnte ich noch neben Pickeringit vom Pustertal etwas regulären Alaun in Okta- ederchen und Bittersalz in rhombischen Säulchen feststellen. Neben Halotricliit kann sich auch Eisenvitriol, Melanterit, finden, der aber in meinen Präparaten fehlte; ferner ist auch noch mit einigen anderen Mineralien, z. B. sauren Alkalisulfaten zu rechnen. Misenit (K8H6(S04)7) ist neben Alunogen z. B. in der grotta della zolfo in den Phlegräischen Feldern 1 festgestellt worden. Was die hier- bei möglichen Mineralien und Mineralkombinationen überhaupt betrifft, so ist eine vollkommene Klärung in dieser Richtung nur von physikalisch-chemischen Untersuchungen nach Art der bekannten van’t HoFF’schen Untersuchungen an den ozeanischen Salzablage- rungen zu erwarten. (Schluß folgt.) Riesengipskristalle aus Chihuhah.ua, Nord-Mexiko. Von Dr. Ernst Wittich und Antonio Pastor y Giraud. In der bekannten Silber-Bleimine Naika2 im Staate Chihuahua, Nord-Mexiko, wurde vor längerer Zeit in geringer Tiefe ein großer Kristallkeller angetroffen, der erfüllt war mit enormen Gipskri- stallen. Durch den Ing. und Geologen Paredes sind mehrere dieser Kristalle in den Besitz des Geologischen Instituts in Mexiko gekommen, wo ich Gelegenheit hatte, dieselben näher zu studieren. Alle Kristalle sind nach der Achse c ungeheuer in die Länge ge- zogen; der größte unter ihnen mißt 96,0 cm, ein zweiter 86,0, ein dritter 76,8 cm u. s. f. Die nachstehende Liste gibt eine Vorstellung der größeren Exemplare der mineralogischen Sammlung. Übertroffen werden aber alle diese schon recht beträchtlichen Exemplare durch einen Kristallriesen , der auf der Mine Naika selbst auf bewahrt wird und der nicht weniger als 1,50 m in der Richtung c messen soll. Die kristallographisclie Entwicklung der Gipse ist sehr ein- 1 N. Jahrb. f. Min. etc. 1903. I. p. 252. Zeitschr. f. Krist. 46. (1909.) p. 401. 2 Unos cristalos gigantes de Yeso procedentes de la Mina Naica, Chihuahua por Dr. Ernesto Wittich y Antonio Pastor y Giraud. Bolet- Soc. geolog. Mexic. Tomo VIII. 1911. 1 Tafel. 732 E. Wittich u. Antonio Pastor y Giraud, Riesengipskristalle etc. Zone Länge in cm Zone Breite r/ Zone cm ! Dicke cm Umfang cm Gewicht ] 295.—. „125 „ „ „ = , 205.-. Dünnschliffe von eingesandtem Material werden sorgfältig und pünktlich hergestellt, und zwar in der üblichen Stärke bis zu 0,02 mm und darunter. Durchschnittlich wird für einen Schliff auf Vereinsformat (28 X 48 mm) montiert Mk. 1.— berechnet. Nur für besonders schwierig zu bearbeitende Gesteine wird ein ent- sprechender Aufschlag berechnet. Auf Wunsch werden größere, bis handgroße Schliffe angefertigt. Spezialität: Schliffe fossiler Hölzer. Dr. F. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, Fabrik u. Verlag mineralogischer u. geologischer Lehrmittel. Gegr. 1833. ■ ' ■» Bouu a. Rliein. — - Gegr. 1833 Verlag der E. Schweizerbart’schen Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser, Stuttgart, Johannesstr. 3. Druck von C. Grüninger, K. Hofbuohdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann). Stuttgart. \H66 3 15. Dezember 1912. Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie in Verbindung mit dem Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie herausgegeben von M. Bauer, E. Koken f, Th. Liebisch in Marburg. in Tübingen. in Berlin. 1912. No. 24. STUTTGART. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser. 1912. Monatlich 2 Nummern. Preis für Nichtabonnenten des Neuen Jahrbuchs 15 Mk. pro Jahr. Abonnenten des Neuen Jahrbuchs erhalten das Centralblatt unberechnet. Dieser Nummer ist beigefügt ein Verzeichnis der in der E. Schweizerb ari- schen Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser. in Stuttgart er- schienenen ..Geologiea“. Seite Inhalt. Original -Mittei lu ngen etc. Johnsen. A. : Zur Petrographie der Inseln S. Pietro und S. Antioco (Sardinien) 787 Berek, M. : Die Dispersion der Polarisationsrichtungen auf (111) im Gips. Mit 1 Textfigur 739 Lachmann, Richard: Beiträge zur Plastizitätsfrage. Mit4 Text- figuren 745 Vernadsky, W. : Ueber die gediegenen chemischen Elemente in der Erdkruste 758 Mitteilungen aus dem Mineralogischen Institut der Universität Bonn. 17. J. Ulilig: Zur Kenntnis von Alunogen (Keramohalit) und Halotrichit. (Schluß) 766 Delhaes, W. : Ein Rhätvorkommen an der patagonischeu Küste . 776 Mylius, H. : Die Schuppen und Quetschzonen des Rhätikon ... 781 Tornquist, A.: Zur Kritik der von H. Mylius gegen mich ge- richteten Entgegnung 783 Personalia 784 Solider, ganz selbständiger Präparator für Paläontologie, der schon große Säugetiere restauriert und montiert hat, sucht Stelle zu verändern. Derselbe ist auch gut bewandert in der Anfertigung von Gipsabgüssen und stehen ihm prima Re- ferenzen zur Verfügung. Gef. Offerten unter Chiffre J. B. 12 erbittet an den Ver- lag dieses Centralblattes. E. Schweizerbart sehe Verlagsbuchhandlung. Nägele &Dr. Sproesser. in Stuttgart. Eine Übersicht über die in Württemberg vorhandenen Erze, Salzlager, Bausteine, Mergel, Tone, Ziegelerden, Tortlager, Quellen u. s. f., ihre Verbreitung, Gewinnung und Verwertung von Dr. Manfred Brauhäuser. 8°. 325 Seiten mit 37 Abbildungen. Preis brosch. Mk. 4.80, geb. Mk. 5.60. A. Johnsen, Zur Petrographie der Inseln S. Pietro etc. 737 Original-Mitteilungen an die Redaktion. Zur Petrographie der Inseln S. Pietro und S. Antioco (Sardinien). Von A. Johnsen in Kiel. Mit Unterstützung der Kgl. Preuß. Akademie der Wissen- schaften habe ich die Inseln S. Pietro und S. Antioco SW von Sardinien petrographisch untersucht 1 . Es wurden 1. auf S. Antioco mehrere Comendit-Typen und Liparit- Typen, sowie Hyper sthenandesit und Hyperstlienbasalt nachgewiesen, 2. Bertolios Beschreibung von S. Pietro modifiziert und vervollständigt, seine „Tracliyte“ als Liparite gedeutet und z. T. als liyp er s t h en haltig befunden; auch eine größere Verbreitung und Mannigfaltigkeit der Comendite , z. B. pechsteinartige sowie C o s s y r i t führende Varietäten festgestellt, 3. die Identität der Liparite von S. Pietro mit einigen der Liparit-Typen von S. A n t i o c o und die Zugehörigkeit der Tuffe beider Inseln zu diesen Lipariten konstatiert. Besonders eingehend sind die natronreichen Orthoklase der Comendite und mancher Liparite sowie die kalireichen Plagioklase sämtlicher Liparit-Typen untersucht worden. Unter den Kali-Plagioklasen, die stets Ab -f- An 1 haben, befinden sich solche (p. 43), die auf (010) eine negative Auslöschungsschiefe von 5°, auf (001) aber eine positive von 2° bei folgender chemischen Zusammensetzung besitzen : Orthoklas 17,5, Albit 42,5, Anorthit 40.0 Mol.-%. Die Flächenwinkel der Natron -Orthoklase, die stets Ab -f-^An * lia^en) liegen, soweit es die monokline Symmetrie zuläßt, zwischen denjenigen des Orthoklases und denjenigen des Albits (p. 30). Am Arfvedsonit der Comendite ergab sich die optische Achsenebene als _L (010) gelegen. Die 1 5 Gesteinsanalysen, die 1. c. eingehend diskutiert sind, lieferten folgende Werte : 1 Anhang zu den Abhandl. K. Akad. Wiss. Berlin. 1912. p. 1 — 82. Taf. I— III. Centralblatt f. Mineralogie ete. 1912. 47 738 A. Johnsen, Zur Petrographie der Inseln S. Pietro etc. |_L j_J. öS Ol 43 03 CO ° © 00 © cn 43 00 co ►-1 Ol O' 05 —1 ^1 -o -1 -1 -1 -0 -4 ^1 —1 -*3 -0 co © Ol CD o J© J— *■ J— J— JO JO W J© 43 J3 Ol 00 Oi o “co “co bo bi “co “© “© © bl “co 0 Ol 05 03 03 O 03 1-3 © Ol Ol © o« 1» o o o o © © © © © 1 1 _ 1 1 H CO -o k— L 03 b*. “co “43* “co “© 1 1 “co 1 1 03 43 05 43* o © co 03 © © 0 h- ^ ►> 00 00 Qi 03 Ol 43 43 JO 02 © j© 0 © hä“ ' CD 03 43 Ol bl “© “43 "J— l “co '(0> bi bo “© bo Q 4- CO Qi 05 -*J o« 43 CD Ol co co co © © co 03 CO Ol 03 t , JO co 02 pl 02 J3 *1 -I 43 o ro “co “01 bl “43* “co “0 b3 w “43 bi 10 CO (JO O © ^1 © © © co Ol -*1 ^1 0 oi 43 o „ i © 1 © co •5=1 oo k— l 1 00 “co © “co 1 “© "43 bl “43 (T Ol CO co © co © w 0 | | | . 1 1 1 1 1 1 3 0 43 CO o o © © J© I 1 © © © © “Li. bl “© “© “© b-t b> ! 1 1-3 “© “© “© “co “© CJQ Ol Ol 43* CD Ol 43* © co 43 © co 0 00 •<1 © CO 0 © © © © © © 0 J© 0 bi © -O 43* co “cs “© “© b* “co “© “© b b- “co p o 4- 00 03 o« 03 © © Ol co 1—1 © co 0* CO 03 03 02 43 JO _4* 02 02 43* .43 43 J(3 43 03 Ö{ p 'br CO bl “© “co “© bi “03 bi “43* bs bo bn b-* “© 05 03 co •*1 © © 43- 06 43 © co © 0 ( , ■ , 43 Jf3 43* Ol JO« J35 Jf3. 43 43. 43 J(3 Jf3 Jf3 t*j T-l "w— i. “co "m- “© “oo “oc ”© “© bo “© “w “43 “© bo CD o 4-* . 05 00 03 © co 00 co © © Ol co Ü« 0 03 © JOS ( i © _ — © < _ CD Q i b« bo "o bl "J-i. “43* © bo bl “© io bi 05 Ö 00 00 05 4-* © cc 03 © © 4- © w co 00 (—* 02 V C-f“ 1 l , 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 “© 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 “© 0 1 03 rxt CO CO CO o © © © © © © 0 © © © © JO CO JO co J© © J© J© © 0 © JO © © B ~bo “oo bl bo oo “oo “00 bo “© bo “w “co bl “© bo g CO CO 4-* Ol 00 co © © © co © w co 3 M. Berek, Die Dispersion der Polarisationsrichtungen etc. 739 Nr. Gesteinsart Fundort OsANN-Parameter a c ./ 1 Comendit Mercureddu (S. A.) 15,5 4,5 2 ,, Mercureddu (S. A.) 14,0 1 6,0 3 77 Guardia dei Mori (S. P.) 16,0 ; 4,0 4 n Le Fontane (S. P.) 17,0 — 3,0 5 Ti Cala Lunga (S. A. 15,0 — 5,0 6 T) Canale del Baccio (S. P.) 14,0 0,5 5,5 7 Liparittuff Birincampo (S. P.) 16,5 3,5 — 8 Liparit Rocca della Guardia (S. A.) 14,5 2,5 3,0 9 T) Calasetta (S. A.) 15,5 1,0 3,5 10 Sisineddu (8. A.) 15,5 2.0 2,5 11 75 Monte de Cresia (S. A.) 13,5 5,5 1,0 12 75 Grotta Canargius (S. A.) 11,5 3,5 5,0 13 7? Calasetta (S. A.) 11,5 5,0 3,5 14 Hypersthenandesit Seddas de sa Murta (S. A.) 4,5 6.0 9,5 15 Hypersthenbasalt Capo Sperone (S. A. 2,5 6,0 11.5 Die Dispersion der Polarisationsrichtungen auf (111) im Gips. Von M. Berek in Berlin. Mit 1 Textfigur. Aus der Dispersion der optischen Symmetrieachsen Xj und X3 im Gips, die ich im parallelstrahligen polarisierten Licht an Spaltungsplatten nach 010 ermittelt hatte, sowie aus den von H. Dufet bestimmten Werten des wahren Winkels 2 V der optischen Achsen hatte ich berechnet, daß trotz der anomalen Dispersionen der optischen Symmetrieachsen und des wahren Winkels der optischen Achsen die Dispersion der Polarisationsrichtungen auf den Flächen von Jlll) eine normale sein muß1. Ich kann dieses Ergebnis nun durch Mitteilung der Messungen an einer parallel zu (111) geschnittenen planparallelen Platte aus einem gut ausgebildeten Kristall von Friedrichsroda (Zwilling nach 100) bestätigen. Der Polarisationsapparat ist der gleiche wie bei den früheren Messungen. Das Ergebnis ist in Tab. 1 zusammengestellt. Für A = 500 /uu und 600 ufi war die Platte genau, für A = 420 und 7<>4 /li/u sehr annähernd eine Halbwellenlängenplatte. Die Kreuzung von Polarisator und Analysator wurde so sorgfältig ausgeführt, daß auch für die beiden andern noch verwandten Wellenlängen eine 1 M. Berek, N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXXIII. 659. 1912. 47* 740 M. Berek, Die Dispersion Tabelle 1. Dispersion der Polarisationsrichtungen auf 111 des Gipses von Friedrichsroda. Wellenlänge des Lichts in /uu Wirksamer Spek- j tralbereich in fifj. \ Temperatur t in0 C Einstellung Wahrscheinlicher Fehler einer Ein- stellung Anzahl der Ein- stellungen in jedem Quadranten Wahrscheinlicher Fehler des Mittel- wertes 1 iS O bfl° £ o ^ ■= 75° 43,6' + 1,2' Für das Licht der D-Linie und t=20,0°C wird: TjJ D = 74° 43,6' — 0.5' — 6,6' = 75° 36,5' + ca. Sowohl der Betrag der Dispersion wie auch die Größe des Auslöschungswinkels sind innerhalb der Fehlergrenzen und der geringen von Kristall zu Kristall auftretenden Verschiedenheiten dieselben wie bei den früher untersuchten Kristallen. Aus (p und (p läßt sich nun der unbekannte Winkel der optischen Achsen bestimmen. Den Winkel (11 1): (010) er- mittelte ich mittels eines Goniometers zu x = 72° 0' + 1'. Aus x, cpD und (pjy ergibt sich 1 sin* (^D - PD sin 2 4D — 0,25033. Dieser Wert liegt zwischen 0 und 1/2 y'2, entsprechend dem positiven Charakter der Doppelbrechung und der geneigten Dis- persion der optischen Achsen. Demnach ist sin VD = y 0,25033. So erhält man für die verschiedenen Fraunhof ersehen Linien: h410 pp G 430 F 485 E 527 D 589 C 656 B 688 a717 V: 28° 20' 28° 45' 29° 38' 29° 59' 30° 1' 29°41' 29°30' 29° 18' Dis- | persion 4- 1° 41' 4- 1° 16' 4-23' +2' 0 4-20' +31' +43' bis D : I Die Dispersion von V ist durch Kurve III in der Figur dargestellt. Wenn von andern Beobachtern gelegentlich durch Messungen im totalreflektierten Licht auch so hohe Werte für Y gefunden wurden, so sind doch die genauesten Daten von V. v. Lang2, H. Dufet3 und A. E. H. Tutton4 auf t = 20° C reduziert um ca. 1 M. Berek, N. Jahrb. f. Min. etc. 1913. Beil.-Bd. XXXV. Heft 1. 2 V. v. Lang, Wien. Ber. math.-nat. Kl. (2.) 76. 793. 1877. 3 H. Dufet, Bull, de la soc. fr. de Min. 4. 113. 1881. 4 A. E. H. Tutton, Proc. Roy. soc. Ser. A. 81. 40. 1909. Zeitschr. f. Krist. 46 153. 1909. 744 M. Berek, Die Dispersion der Polarisationsrichtungen etc. 1° kleiner. Dieser Betrag übersteigt aber schon erheblich die Fehlergrenze der berechneten V- Werte. Denn aus der Fehler- rechnung folgt, daß einem wahrscheinlichen Fehler von 1' | in x ein wahrscheinlicher Fehler von j 0,5' in V, n n *P » n » » I l?d i » y>i r n (P » d n » ' i U® I » j> entspricht. Aus den für x, cp und cp angegebenen Fehlergrenzen erhält man für den wahrscheinlichen Fehler des Wertes V für die D-Linie somit nur +8'. Aus dem Bisherigen geht hervor, daß die Unstimmigkeit in den Werten für cp und V nur durch einen methodischen Beobacht ungs feil ler des Winkels cp auf 111 verursacht sein kann. Daß die parallel 111 geschnittene Platte hinreichend plan- parallel war, ergab sich aus der spektralanalytischen Prüfung ihrer Interferenzfarbe im polarisierten Licht. Eine Drehung der Polarisationsebene des Lichts durch den Objektträger oder die Kristallflächen sowie eine Einwirkung etwaiger Oberflächen- schichten1 ist gleichfalls ausgeschlossen, da nur im senkrecht ein- fallenden Licht beobachtet wurde. Was schließlich die durch den Öffnungswinkel der abbildenden Strahlen verursachte Ungenauigkeit betrifft, so habe ich schon früher gezeigt, daß auf 010 der hierdurch bedingte Einfluß auf das Messungsergebnis unmerklich klein ist2 3. Wenn die Normalen der auf die Spal- tungsplatte nach 010 auffallenden Wellen einen Kegel von 2° Öffnung erfüllen, so liegen z. B. für die senkrecht zur Kante 1 11:010 im Kristall verlaufenden Normalen die zugehörigen Polarisations- richtungen auf 010 in einem Bereich von nur 1", für die parallel zur Kante 111:010 im Kristall verlaufenden Wellennormalen in einem Bereich von nur 2". Ganz anders aber liegen in dieser Hinsicht die Verhältnisse für die parallel 111 geschnittene Platte. Wenn man hier den Winkel berechnet, in dessen Bereich die dem Öffnungswinkel des einfallenden Normalenkegels ent- sprechenden Polarisationsrichtungen liegen, so findet man z. B. für die senkrecht zur Kante 111:010 in der Platte verlaufenden Normalen und das Licht der D-Linie 24/, und parallel zu dieser Kante sogar 1°50/3. So erklärt sich, warum diese Platte während einer Drehung zwischen gekreuzten Polarisationsprismen auch im einfarbigen Licht nie so vollkommen dunkel wurde wie eine Spaltungsplatte nach 010, und warum der Eintritt" größter Dunkelheit stark mit geringen Verschiebungen des Auges in der 1 J. Königsberger, Dies. Centralbl. 1908. p. 598. 2 M. Berek, N. .Talirb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXXIII. 647. 1912. 3 Die Berechnungen sind leicht mit Hilfe der in N. Jahrb. f. Min. etc. 1913. Beil.-Bd. XXXV. Heft 1 entwickelten Formeln auszuführen. R. Lachmann, Beiträge zur Plastizitätsfrage. 745 Austrittspupille variierte, so daß ich, um eine bestimmte Stellung des Auges einlialten zu können, schon von vornherein ein Okular- diaphragma verwandt hatte. Somit wird der beobachtete Winkel cp ein Mittelwert aller jener den Wellennormalen innerhalb des Öffnungswinkels entsprechenden Polarisationsrichtungen und abhängig außerdem in hohem Maße von der Zentrierung des gesamten optischen Systems. Einer weiteren wesentlichen Verkleinerung des Öffnungswinkels aber wird durch die notwendige Helligkeit eine Grenze gesetzt. Möglicherweise kommt außerdem auf 111 infolge außerordentlich feiner paralleler Spuren der ausgezeichneten Spaltbarkeit nach 010 der Einfluß von Gitterpolarisation in Betracht. Insofern gewinnen die vorliegenden Messungen ein allgemeineres Interesse, als sie darauf schließen lassen, daß den Messungen mit Hilfe der gebräuchlichen petrographisehen Mikroskope infolge der bei ihnen benutzten viel größeren Öffnungswinkel recht erhebliche Fehler anhaften können , falls nicht gerade die Polarisations- richtungen auf dem Flächenkomplex in der Nachbarschaft der untersuchten Fläche in ähnlicher Weise wenig voneinander differieren wie auf 010 von Gips. Daher ist bei Angaben von Genauigkeits- grenzen für gemessene Auslöschungswinkel und daraus gefolgerten Schlüssen im allgemeinen Vorsicht geboten. Berlin, Miueralogisch-petrographisches Institut der Universität, Februar 1912. Beiträge zur Plastizitätsfrage. Von Richard Lachmann in Breslau. Mit 4 Textfiguren. I. Die Untersuchungen des Verfassers über die Deformationen der deutschen Kalilager führten zu einer eingehenden Erörterung der Frage, in welchem Grade die Kohäsionseigenschaften der Salz- mineralien, namentlich ihre Plastizität zur Erklärung der deforma- tiven Phänomene herangezogen werden dürfen. Da diese Erörterungen in weiterem Zusammenhang an einer etwas schwer zugänglichen Stelle 1 publiziert werden, so sei es er- laubt, an diesem Orte die geologisch und petrographisch für diese Frage wichtigen Erscheinungen und Gedanken gänge gesondert dar- z ulegen. Es ist zu bedenken, daß das Interesse, welches der Geologe an der Erörterung der Plastizitätsfrage nimmt, sich nicht ohne weiteres mit demjenigen des Physikers und des Ingenieurs deckt. 1 Studien über den Bau von Salzmassen. Dritte Folge. Kali. 1912. 746 R. Lachmann, Die Physik (Auerbach, Ostwald , Tammann) hat die Frage nach der mechanischen Umformbarkeit kristallisierter Substanzen grundsätzlich in positivem Sinne beantwortet. Für den technischen Standpunkt genügt anderseits der in hohem Grade gelungene experimentelle Nachweis der plastischen Umformung eines Minerals bezw. eines Gesteins, der Geologe verlangt aber darüber hinaus nach einer Übereinstimmung natürlicher Vorkommnisse mit den Versuchs- körpern, sowie vor allem nach einer Prüfung der quantitativen Bedeutung der Erscheinung im Haushalte der Natur. In diesem Sinne ist es von großer Bedeutung, daß man mit Milch1 eine strenge logische Trennung zwischen Mineral- deformation und Gesteinsdeformation vornimmt, wie es anderseits sehr wünschenswert ist, daß man die Begriffe b ruch- lose und plastische Umformung scharf auseinanderhält. Man muß außer der nicht eigentlich bruchlosen Umformung durch Klein- zertrümmerung (A. : Kataklasstruktur) folgende drei Arten der Umformung ohne Bruch unterscheiden: B. die eigentliche plastische Umformung auf Grund mecha- nischer Umprägung des Minerals, C. die Umkristallisation (Rekristallisation) , . soweit sie mit einer Ortsveränderung verbunden ist und D. die Ummineralisation, das heißt das mit einer Volumen- änderung verknüpfte Neuzusammentreten der molekularen Baustoffe eines Minerals zu neuen Verbindungen unter geänderten physikali- schen Bedingungen. Bei den Vorgängen unter C und D handelt es sich also um eine bruchlose (nicht plastische! Gesteinsdeformation ohne Mineraldeformation. Die Gefiigeelemente werden nicht mecha- nisch deformiert, sondern auf dem Wege der Lösung und Wieder- Ausscheidung umgesetzt. Nur im Falle B gehen bruchlose, und zwar plastische Gesteinsdeformationen und plastische Mineral- deformationen Hand in Hand. Es sei gleich vorweggenommen, daß dieser letztere Fall in der Natur niemals vollkommen verwirk- licht ist. Dagegen sind die experimentellen Untersuchungen über plastische Gesteinsumformung bis zu einem hohen Grade der Voll- kommenheit gediehen. Den bekannten Versuchen von Kick, Rinne und Adams zur Feststellung der Plastizität unter hohem allseitigen Druck haftete ein technischer Mangel an, der darin gelegen ist, daß es bisher nicht möglich erschien, über die Art und Weise eine Aussage zu machen, wie sich innerhalb der Druckzylinder die von der Presse 1 Über Plastizität der Mineralien und Gesteine. Geologische Rund- schau. II. 1911. p. 145-162. Beiträge zur Plastizitätsfrage. 747 ausgeübten Druckkräfte auf dein Versuchskörper , die ihn ein- schließende Schmelzmasse und die inneren Wände des Zylinders verteilen. Und dabei ist gerade diese Frage für uns von größter Bedeutung, weil ja der von der Schmelzmasse fortgeleitete Druck nach dem HEiM’schen Theorem die molekulare Auflockerung vor- nimmt und den Zustand der „latenten Plastizität“ herbeiführt, indessen der auf den Versuchskörper selbst wirkende Überdruck der eigentlichendeformierenden gebirgsbildendenFaltungskraftentspricht. Nun ist es kürzlich v. Karman1 gelungen, eine Versuchsanordnung zusammenzustellen, bei welcher unabhängig von einander auf einen Gesteinszylinder mit Hilfe von Glyzerin ein „Manteldruck“ auf die Außenfläche ausgeübt werden kann, während zwei Druckstempel aus Nickelstahl gegen die beiden Basisflächen der Gesteinssäule gepreßt werden können und hierbei einen axialen Druck von bis zu lOOOO Atmosphären zuließen. Die Versuchskörper mit ihrer Umhüllung aus Glyzerin befinden sich dabei innerhalb eines auf 6000 Atmsophären geeichten Krupp’schen Hochdruckzylinders, und eine dünne Schutzhülse aus Messing verhindert das Eindringen der Flüssigkeit in den Gesteinskörper. Zu den Versuchen wurde Carrarascher Marmor und feinkörniger Buntsandstein verwandt. Die Versuchsergebnisse sind in den beiden nachstehenden Diagrammen wiedergegeben, in denen als Abszisse die Verkürzung der Säulen in Prozenten und als Ordinate der Über- druck des axialen über den Manteldruck in Atmosphären eingetragen ist. Die einzelnen Kurven zeigen das Verhalten der Gesteins- körper unter dem Einfluß des beigefügten jeweiligen Manteldrucks. Von den wichtigen Ergebnissen dieser Experimente heben wir nur hervor, daß 1. bei Marmor und Sandstein ein allseitiger Druck von etwa 700 — 800 Atmosphären erforderlich ist, um bei Anwendung eines geeigneten Überdruckes plastische Deformationen zu erzielen und 2. bei sehr hohen Manteldrucken stets wachsende Überdrucke nötig sind, um noch merkliche Formänderungen hervorzurufen. Im Gegensatz zu der herrschenden Meinung werden wir also durch die KÄRMÄN’schen Versuche darüber belehrt, daß die Plasti- zität der Gesteine nur bis zu einem gewissen Optimum sich mit dem zunehmenden allseitigen Drucke steigert, daß aber von einer ge- wissen Höhe des allseitigen Druckes an der Widerstand gegen die Deformationen (die Festigkeit) wächst, bis eine Formänderung der Gesteine außer unter abnormen Drucken nicht mehr möglich wird. Kärmän hat von seinen Versuchskörpern nach der Beanspruchung Dünnschliffe hergestellt, und deren mikroskopische Untersuchung hat ergeben, daß zwei wesentlich verschiedene Arten von Form- änderungen unterschieden werden müssen. 1 Über Festigkeitsversuche bei allseitigem Druck. Zeitschr. d. Ver. d. Ing. 1911. 2. 1748 ff. 748 R. Lachmann, a) Die Formänderung der Gesteine hauptsächlich bei geringem allseitigem Druck. Hierbei verschieben sich die einzelnen Kristall- körner gegeneinander, und es entstehen Zertrümmerungszonen und Trübungen an ihrer Grenze. Die Versuchskörper weisen auch eine geringere Festigkeit auf, als vor der Beanspruchung. Karman be- zeichnet den Vorgang als eine i n t e r granuläre Formänderung. Er entspricht der Feinzertrümmerung oder der Kataklasstruktur der Petrographie und erniedrigt die Festigkeit der Versuchskörper. Beiträge zur Plastizitätsfrage. 749 b) Die Formänderung der Gesteine bei hohem allseitigem Druck. Die Kristallkörner werden hierbei derart aneinandergepreßt, daß eine gegenseitige Verschiebung nicht mehr möglich ist. Die Formänderung vollzieht sich durch Ausbildung von Zwillingslamellen innerhalb der Kristallindividuen (in tra granuläre Formänderung). Die Beobachtung, daß in diesem Zustande der Fortschritt der Um- formung sehr schnell erschwert wird — entsprechend der Steil- heit der oberen Kurven in den Diagrammen — erklärt v. Kärmän in der Weise, daß zunächst die Kristalle mit für die Zwillings- verschiebungen geeigneter Lage, bei welchen also die Spannungs- linien in den Zwillingsebenen liegen, deformiert werden. Später kommen dann die ungünstiger gelegenen Kristallkörner an die Reihe. Das Ergebnis der Umformung unter allseitigem Druck pflegt eine Verfestigung der beanspruchten Körper zu sein. Aber noch ein Drittes scheint aus diesen Versuchen hervorzu- gehen. Die Verkürzung der Marmorzylinder um 5 v. H. wurde bei einem Manteldruck von 500 Atm. durch Anwendung eines Über- drucks von 2500 Atm. erzielt. Bei Steigerung des Manteldrucks auf 3260 Atm. ließ sich die gleiche Verkürzung nicht einmal unter Aufbietung von 5000 Atm. erreichen. Es zeigt sich , daß die Deformationskurve mit wachsendem Manteldruck sich der Über- druckaxe nähert, so daß bei einem allseitigen Druck von 10 000 Atm. überhaupt keine meßbaren Formänderungen außer bei den ge- waltigsten Überdrucken zu erwarten sind. Wahrscheinlich ist untei diesen Umständen die Aneinanderpressung der Körner eine derartige, daß selbst die geringen Bewegungen an der Oberfläche der Kristall- körner, welche in Begleitung der Zwillingsbildung vor sich gehen muß, zur Unmöglichkeit wird. Es ergibt sich demnach auf experimentellem Wege, daß eine plastische Umformung von Marmorgestein ohne Zer- trümmerung des Gefüges unter Ausbildung von Zwillingslamellen innerhalb der Kristallkörner nur im Bereiche einer begrenzten Erd- zone etwa zwischen 3 und 6 km Tiefe denkbar erscheint L In höheren Lagen tritt eine nach der Oberfläche zu gröber werdende Zertrümmerung der Massen ein. In Tiefen von 6 km kann über- haupt keine mechanische Gestaltsänderung mehr vor sich gehen. Diese Zahlen sind natürlich für andere Gesteine verschieden. Für feinkörnige Sandsteine dürften sie bei 4 und 8 km liegen 2. 1 Man müßte denn die Annahme machen, daß die Horizontalkräfte in der Tiefe ins Ungemessene wachsen. Dies steht mit Beobachtungen an Decken in Widerspruch. Die hangenden Schweizer Decken sind relativ schneller bewegt als die tieferen, folglich nahmen die Druckkräfte bei der Alpenfaltung nach der Tiefe zu ab. 2 Ähnliche Folgerungen, daß nämlich die Plastizität unter steigendem Druck abnimmt, hat bereits Daly aus den AüAM’schen Versuchen gezogen. (The nature of volcanic action. Proc. Amer. Inst. Arts and Sc. XLVII. Juni 1911.) 750 B. Lachmann, II. Jedoch auch innerhalb der optimalen Zone für mechanische Deformation spielt dieser Faktor, wie die petrographische Be- obachtung lehrt, nur eine geringe Rolle. Die Fälle sind sehr bald aufgezählt, in welchen mechanisch-homogene Biegungen von Mineral- körnern beschrieben wurden, die mit einiger Sicherheit auf Gebirgs- druck zurückgeführt werden können. Solche Fälle sind bekanntlich von Milch am Quarz und Orthoklas beobachtet worden, und auf lastende Gesteinsmassen, wenn auch nicht auf tektonische Kräfte, sind die natürlichen Translationen an Steinsalzkristallen zuriick- zuführen, die jüngst von Rinne abgebildet wurden1. Diesen verhältnismäßig spärlichen Beobachtungen an natür- lichem Material, denen noch eine Reihe von Fällen an die Seite zu stellen wäre , bei denen mechanisch deformierte Mineralien in engem Verbände mit zerbrochenen oder unversehrten anderen Körpern angetroffen wurden, bei denen also für das Gestein eine plastische Umformung nicht angenommen werden darf, diesen Ausnahmefällen in der Natur steht nun die ungeheure Fülle von gebogenen und gefalteten Gesteinsmassen gegenüber, für deren Erklärung eine andere Entstehung angenommen werden mußte. Eine solche hat die moderne Petrographie seit den Forschungen Lossen’s in den kristallinen Schiefern des Harzes in der Vorstellung der Umkristallisation des in große Tiefen und unter große Gebirgs- drucke geratenen Gesteinsmaterials zur Verfügung. Unter den dort herrschenden Umständen, so wird angenommen, sind selbst Schiefer und Sandsteine in dem als Bergfeuchtigkeit allgegenwärtigen und stark überhitzten Wasser löslich, und dieser Umstand gestattet, daß sich die Gesteine als Ganzes durch Verschiebung der Kristalle in Falten legen, ohne daß ein mechanisches Zerbrechen oder ein plastisches Umformen der einzelnen Mineralkörner eintritt. Ein besonders einleuchtendes Beispiel soll erläutern, wie sich in konkreten Fällen bei der Untersuchung von dislozierten Gesteinen der Anteil der plastischen und der Lösungs-Umformung ergeben hat. W. Salomon beschrieb 1897 gequetschte Gesteine aus dem Mortirolotale in den Bergamasker Alpen 2. Hier sind aus massigen Eruptivgesteinen auf dem Wege der bruchlosen Umformung schein- bar geschichtete kristalline Schiefer geworden. Die bruchlose Um- biegung ist aber nur zum allergeringsten Teile eine plastische. An gewissen Biotitgneisen obwiegt bei weitem der Betrag des durch Bruch ausgelösten Teiles der mechanischen Energie, wahrscheinlich weil die Umformung oberhalb der für die beanspruchten Mineralien zu ihrer plastischen Umformung erforderlichen Grenzstufe vor sich 1 Natürliche Translationen an Steinsalzkristallen. Zeitschr. f. Kryst. 50. 1912. S. 259 ff. 2 N. .Tahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XI. p. 355 ff. Beiträge zur Plastizitätsfrage. 751 ging. Bei anderen Gesteinen aber, besonders bei einem umgeformten Hornblendediorit, ist der größte Teil der mechanischen Energie in chemische Arbeit verwandelt worden. Diese Umwandlung äußerte sich einmal in der Streckung der Mineralien senkrecht zur Druck- richtung und zweitens in der Umwandlung gewisser Gemengteile der Gesteine , namentlich des Andesins , in Silikate von gleicher chemischer Zusammensetzung, aber geringerer Raumverdrängung. Alle vier eingangs erwähnten Umformungskategorien wirken demnach zusammen, um die bruchlose Umformung zu erklären. Was die uns besonders interessierende zweite Form anlangt, so berichtet Salomon von einer plastischen Torsion des Quarzes in den Gneisen bis zu 57 °, läßt uns aber nicht darüber im Zweifel, daß der relative Betrag dieser Art von Umformung ganz außerordent- lich zurücktritt. Es ließe sich auch an anderen Beispielen feststellen, daß die moderne Petrographie der Plastizität der Mineralien nur eine quan- titativ ganz beschränkte Rolle bei der Umformung von Gesteinen zuweist. Es genügt hier der Hinweis, daß nicht ein einziger Fall derart nach gewiesen ist, daß eine in der Natur beobachtete Biegung von festen Gesteinen durch eine g 1 ei ch sin n i ge plastische Umformung seiner sämtlichen mineralischen Gefügeelemente eindeutig erklärt werden konnte. Der bekannte HEm’sche Satz gilt also für feste Gesteine in der beschränkten Form, daß zwar nicht eine plastische, wohl aber eine b ruchlose Umformung der Gesteine vorkommt. Was die gesteinsbildenden einzelnen Mineralien in der Erdrinde anlangt, so gibt es für jede derselben eine optimale Tiefenzone für plastische Umformung, welche beispielsweise für Kalkspat nach den Versuchen Kärmän’s zwischen 3 und 6 km gelegen ist. Oberhalb dieser Zone herrscht Kataklase, unterhalb wird jede mechanische Form- änderung in festem Zustande zur Unmöglichkeit. Die Spärlichkeit im Vorkommen wirklich beobachteter plastisch deformierter Mineralien selbst in der optimalen Plastizitätszone erklärt sich ungezwungen dadurch, daß die Gestaltsänderung durch Lösungsumsatz, der Hauptfaktor der Gesteinsumformung überhaupt, für die meisten Substanzen in der genannten Zone bereits über- wiegend sich geltend macht. Offenbar ist der Energieaufwand bei diesem Vorgang der geringere. III. In welcher Weise ist nun das erzielte Resultat auf das spezielle Problem der Formänderung von Salzmassen anzuwenden ? Die RiNNE’schen Versuche lassen vermuten, daß die geologisch 752 R. Lachmann, optimale Plastizitätszone für Steinsalz bei über 3 km gelegen ist1. Wenigstens gellt aus einigen allbekannten Tatsachen hervor, daß in Tiefen bis etwa 2 km die Steinsalzmassen für die geologische Betrachtung als ein durchaus spröder Körper in Rechnung zu stellen sind. Es sei nur daran errinnert, daß in den Tiefen, bis zu denen der Bergbau vorgedrungen ist, das heißt bis zu den Tiefen von 1 km und darüber Steinsalz immer noch das sprödeste Material ist, mit dem der Bergmann zu tun hat. Auch nicht im härtesten Granit könnte man Hohlräume von Tausenden von Kubikmetern Inhalt ohne Zimmerung aufrecht erhalten, wie es in Salz- und Kaliberg- werken durchaus die Regel ist. Ebenso sprechen für die große Sprödigkeit der Salzmassen die aus über 1500 m Tiefe herausgeholten Kerne der Salzbohrungen, und erfahrene Bohrfachleute bestätigen, daß von einem Festklemmen des Bohrgestänges, wie es infolge des überlastenden Gebirgsdruckes bei anderen Gesteinsarten vielfach der Fall ist, gerade im Salze nie etwas gespürt wird. Es sei auch auf jene früher von mir abgebildeten vulkanischen Schlagrisse hingewiesen, welche im Steinsalz des Werratals von den explosiven Schußkanälen in derselben Weise ausstrahlen, wie die Sprünge auf einer von einem Steinwurf getroffenen Glasscheibe 2. Sie verursachen nicht eigentlich eine Verschiebung der Schichten, sondern sind meistens nur durch eine Linie zertrümmerter Salz- kristalle kenntlich. Ein anschaulicherer Beweis gegen ein plasti- sches Verhalten von Salzmassen in Tiefen von 1 — 2 km dürfte wohl kaum zu erbringen sein. Daß anderseits die Reaktion auf Druck durch Lösungsumsatz gerade beim Steinsalz eine ganz prominente Rolle spielt, ist die natürliche Folge seiner leichten Löslichkeit. Für Salzmassen gilt daher in verschärftem Maße der oben für die festen Gesteine über- haupt begründete Satz, daß bei der Formänderung die Plastizität gegenüber der Umkristallisation zurücktritt. Diese Behauptung mag durch einige Beispiele erläutert werden. Posepny hat das merkwürdige Vorkommen von Braunkohle im Steinsalz von Rimnik Akna wiedergegeben, welches Foith im 1 Auf der diesjährigen Greifs walder Jahresversammlung der deutschen geologischen Gesellschaft demonstrierte Professor Milch die überraschend vollkommene Biegung von durch Spaltung erhaltenen Steinsalzstäbchen bei geringer Erwärmung. Salzstäbchen lassen sich sogar in einigen Wochen bei normaler Zimmertemperatur homogen plastisch deformieren. Es kann also a priori keinem Zweifel unterliegen, daß im Erdinnern bei Biegungsbeanspruchung eine plastische Deformation hätte eintreten können. Nur sind offenbar die natürlichen Bedingungen normalerweise abweichende. 2 Der Salzauftrieb. Halle 1911. Figur 23. Beiträge zur Plastizitätsfrage. 753 Jahre 1850 beobachtet hat1. Wir sehen einen wohlgeschichteten Braunkohlenbrocken zertrümmert in kristallinischem Steinsalz ein- geschlossen, in der Weise, daß man ohne Schwierigkeit einzelne jetzt durch Steinsalz getrennte Bruchstücke wieder aneinanderfügen könnte. Die Braunkohle ist durchzogen von einer Schicht von hellem Harz, den wir wohl mit dem als Pyropissit bezeichneten Mineral unseres Halle-Merseburger Braunkohlenreviers 2 gleichstellen dürfen. Jedenfalls handelt es sich noch mehr wie bei der Braun- kohle um einen durch große Weichheit ausgezeichneten wachs- artigen Körper von einer unvergleichlich geringeren Sprödigkeit wie Steinsalz. Wenn nun trotzdem das Steinsalz die durch Tren- nung seiner Einschlüsse geschaffenen Zwischenräume als scheinbar plastischere Füllmasse auskleidet, so ist doch wohl das eine klar, daß es nicht im festem Zustande mechanisch eingepreßt wurde, sondern daß eine Salzlösung in die Risse des Einschlußkörpers ein- drang und daß die sich ausscheidenden Kristalle die Bruchstücke auseinandergeschoben haben. Die Erklärung durch Umformung auf dem Wege des Lösungs- umsatzes ist auch auf die ganz überwiegende Mehrzahl der Fälle anzuwenden, in denen in Salzschichten eine Biegung der Schichtung* wahrgenommen werden kann. Man achte einmal auf Grubenfahrten auf jene kleinen, oft beschriebenen Fältelungen, und man wird immer und immer wieder die Wahrnehmung machen, daß die Schichten gebogen und die Kristalle gerade sind. Ja es zeigen sich Beispiele dafür, daß zusammenhängende Steinsalzkristalle, deren parallele Spaltflächen in mehreren Quadratdezimetern Fläche das Gruben- licht wiederspiegeln, zwei und mehr anhydritische Jahresringe um- spannen, deren jeder aufs heftigste und nicht einmal ganz parallel dem Nachbar gefältelt ist. Nur als Ausnahme ist zu erwähnen, daß auch in der Natur hier und da die von Mügge künstlich erzeugte Translationsstreifung’ an Steinsalzkristallen mit schwach wellig verbogenen Spaltflächen gefunden werden. Die Umstände ihres Auftretens berechtigen aber zu Zweifeln darüber, ob bei diesen Unregelmäßigkeiten in der Kristall ausbildung wirklich der Gebirgsdruck als Erklärung heran- gezogen werden darf. Im Berlepschacht bei Staßfurt beobachtete ich die charakte- ristischen Wellenstreifungen, welche diagonal an den WTirfelflächen nach dem Rhombendodekaeder an wasserhellen, mehrere Zentimeter großen Kristallen verliefen. Diese Würfel aber entstammten dem jüngeren Steinsalz, und zwar einer sehr ruhig gelagerten Partie, welche in der Schichtung gar keine Faltung erkennen ließ. 1 Studien a. d. Salinargebiet Siebenbürgens. Jahub. d. k. k. Reichs - anst. 1871. Tafel Y Fig. 29. 2 Ygl Heinhold, Über die Entstehung des Pyropissits. Jahrb. d. geol. Landesanst. f. 1906. p. 114 — 158. Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 48 754 R. Lachmann, Ein größeres Material von Steinsalzkristallen mit krummen Spaltungsflächen wurde mir sodann von der Betriebsleitung der Grube Beienrode aus dem älteren Steinsalz zur Verfügung gestellt. Hier waren die Anlij^drithäute stark zerrissen und gefältelt, aber zwischen der Deformation der Schichtung und den Biegungen der Spaltflächen bestand nicht der geringste Zusammenhang. Gerade Strecken der Anhydritschichten werden sowohl von geraden wie von gekrümmten Spaltflächen geschnitten und begleitet, und an Krüm- mungen der Schichtung ließen sich gleichsinnige und widersinnige Biegungen der Würfelflächen beobachten. Bei der nachgewiesenen Unabhängigkeit der Deformation der Schichtung von derjenigen der Kristalle ist es nicht angängig, den Gebirgsdruck für beide Phänomene zur Erklärung heranzuziehen, und damit entfällt natur- gemäß die Möglichkeit, wenigstens das Zusammengesetzte der beiden Erscheinungen, nämlich die Schichtenfaltung, mit Hilfe der Plasti- zität des Steinsalzes zu deuten. Ja selbst Zweifel darüber scheinen mir berechtigt, ob denn die Translationsstreifung und die Biegung der Würfel durch die Gebirgsfaltung hinreichend erklärt sind. Häufig zeigte ein und derselbe Kristall auf verschiedenen Spaltflächen Krümmungen in verschiedenen Richtungen. Eine gerichtete Kraft, wie sie der faltende Gebirgsdruck ist, schien keineswegs geeignet, derartige Form- änderungen zustande zu bringen. Es sei ferner an die bekannte Erscheinung gebogener Kristalle erinnert, welche in Hohlräumen aufwachsen und die ebensowenig durch mechanischen Druck ver- ursacht sein können wie ein im Besitze des Verfassers befindlicher stark verbogener Gipskristall aus den Schichten des Gipshutes von Holiensalza, der aus tektonischen Gründen jedenfalls niemals von gebirgsbildenden Kräften getroffen worden ist. Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, daß Kristallbiegungen auch von der Art, wie sie künstlich mit der Kristallpresse hervorzurufen sind, in der Natur durch immanente Kräfte bei der Diagea^se sich bilden können. In diesem Sinne mögen Berufenere entscheiden, ob die Ver- mutung haltbar ist, daß die hier und da auftretenden krumm aus- gebildeten Steinsalzkristalle durch Behinderung der Indivi- duen bei der Umkristallisation, nicht aber durch mechanisch faltenden Gebirgsdruck zu erklären sind. In dem gegenwärtigen Zusammen- hänge genügt die Feststellung, daß der Lösungsumsatz, nicht die Plastizität des Materials die Schichtenfaltung der Salze ver- ursacht hat. Mit die ser Feststellung ist sehr wohl vereinbar, daß unter besonderen Verhältnissen namentlich in großen Tiefen und bei einer Verhinderung der Umkristallisation durch wasserdichten Abschluß einzelner Steinsalzschichten auch in der Natur gelegentlich in seltenen Fällen die plastische Eigenschaft des Materials sich geltend Beiträge zur Plastizitätsfrage. 755 macht. So erklärt sich vielleicht das erwähnte, durch Rinne be- schriebene Vorkommen natürlich deformierter Kristalle im Ton von Gräfentonna, und auch dem Verfasser ist es gelungen, zwei Fälle aufzufinden, bei denen Aggregate von Salzkristallen durch Gebirgsdruck plastisch deformiert waren. Auf dem Kalibergwerk Niedersachsen bei Celle enthält der graue Salzton unmittelbar im Hangenden des Kalilagers eine etwa 5 cm mächtige, durch Kieserit und Carnallit verunreinigte Lage roten, großkristallinischen Salzes. Die Aufrichtung der Schichten Fig. 3. Ansicht eines Steinsalzblockes mit Rutschstriemen. Kaliwerk Niedersachsen bei Celle. und eine senkrechte Striemung im Ton beweisen eine mächtige Aufwärtsbewegung der Massen. Dieser Bewegung konnte die im Ton abgeschlossene Salzschicht nur durch mechanisch-plastische Deformation der einzelnen Kristalle nachgeben, welche genau parallel den Rutschstreifen verzerrt sind. In Fig. 3 ist ein charakteristisches Bruchstück dieses Vor- kommens abgebildet. Man erkennt die lebhaft an Gletscher- schrammen erinnernde Riefung und Politur an der Außenseite des Salzblocks , an dessen Rückseite die gleiche Erscheinung etwas undeutlicher zu beobachten ist. 48* 756 R. Lachmann, Vor Ort war die Richtung der Striemen im Fallen der unter 70° geneigten Schicht gelegen. Fig. 4 zeigt die Ansicht der in Fig. 3 links gelegenen Bruch- fläche. Man sieht hinter der Kante die Längsstriemen und parallel dazu das Aufleuchten der Bruchflächen von leistenförmig gestreckten Steinsalzkristallen. Das Individuum am linken Rande der Abbil- dung hat eine Breite von 2,7 — 3,3 mm und ist auf 105 mm Länge gestreckt. Setzen wir eine kubische Ausbildung des Kristalls vor der Auswalzung voraus, so beträgt die Streckung etwa das 35fache. Die Kristalle sind zwischen zwei Rutschflächen gleichsam aus- geplättet worden, haben aber ihre kristallographische Orientierung noch gut bewahrt, wie aus dem parallelen Aufleuchten der Würfel- spaltflächen zu erkennen ist. Fig. 4. Derselbe Block im Querbruch. Man beachte die Auswalzung der Steinsalzkristalle. Eine noch weit vollkommenere plastische Umformung konnte Verfasser an einem Steinsalzkristall feststellen, der den Erdwachs- gruben von Boryslaw in Galizien entstammt und demnächst be- sonders und ausführlich beschrieben werden soll. Es handelt sich um ein allseitig in Ozokerit eingeschlossenes Vorkommen, bei welchem die mechanischen Bedingungen der Umformung bei der Überschie- bung des Karpathenrandes noch recht gut rekonstruierbar sind und das unter sehr hohem Druck auf das anschaulichste deformiert worden ist. Der Einschluß in eine weiche und plastische Masse, starke Drucke und ein absoluter Wasserabschluß sind hier zu- sammengetroffen , um eine für den Experimentator wahrscheinlich unerreichbar günstige Versuchsanordnung zu schaffen. Der Fall Boryslaw lehrt also , daß unter gewissen eng- begrenzten Umständen die natürliche Plastizität des Steinsalzes zu noch weit absonderlicheren Formen führt, als sie experimentell bis heute erzielt worden sind. Wenn also lediglich durch die mechanische Plastizität des Beiträge zur Plastizitätsfrage. 757 Steinsalzes, wie die ersten Veröffentlichungen von Hakbort 1 ver- muten ließen, und lediglich durch das Herausquellen dieses plastisch gewordenen Steinsalzes aus Spalten die norddeutschen Salzstöcke erklärt werden sollten, so müßten wir in den Gruben bei Hannover keine grobkristallinischen Salzmassen, sondern ein Gefilz von zer preßten Steinsalzfäden vorlinden 2. IV. Es bleibt noch übrig, die neuen Beobachtungen an Stein- salzmassen mit den Erfahrungen der petrographisch-geologischen Forschung an schwer löslichen und deformierten Gesteinen , be- sonders an kristallinen Schiefern, in Vergleich zu bringen. Die Untersuchungen an den permischen Salzmassen haben den Vorzug, daß die Erscheinungen und Ursachen der Deformation hier vollständiger und leichter zu übersehen sind als an den kristallinen Gesteinen , deren physikalisch-chemische Entstehungsbedingungen nur schwer rekonstruierbar erscheinen. Am Steinsalz ließ sich feststellen : a) daß die plastische Umformung des Materials gegenüber der Umformung durch Lösungsumsatz (Rekristallisation) quantitativ, d. h. als geologischer Faktor keine Rolle spielt; b) daß die Ursache der Deformation nicht in regionalen ge- birgsbildenden Kräften, sondern in Vorgängen der Selbstumformung (Autoplastie) der Salzmassen gesucht werden muß. Als wesentliche autoplaste Faktoren hat Arkhenius thermische Volumenänderungen und den Auftrieb des spezifisch leichten Salzes bezeichnet3. Die erste dieser beiden Thesen steht nach der vorstehenden Darlegung mit den übrigen Ergebnissen der Petrographie in Ein- klang. Was die zweite anlangt, so soll hier die Frage wenigstens aufgeworfen werden , ob nicht auch in den kristallinen Schiefern, in denen die BECKE’sche Hypothese der Kristallisationsschieferung zu theoretisch so anfechtbaren Konsequenzen wie die SANDER’sche „ Abbildungs-Kristalloblastese“ 4 geführt hat, nicht ebenfalls auto- plaste Kräfte anstatt des Gebirgsdrucks zur Erklärung der Defor- mationen hinreichend und notwendig sind. 1 Zur Geologie der nordhannoverschen Salzhorste. Monatsber. d. deutsch. Geol. Ges. 62. 1910. p. 326 ff. 2 Bei einer mündlichen Besprechung betonte Herr Dr. Harbort, daß er ebenfalls die Einwirkung von Lösungsvorgängen bei der Ausbildung der Salzstöcke heranzieht, so daß nunmehr seine Anschauungen über den Bewegungsvorgang mit den von Arrhenius und mir geäußerten im wesentlichen harmonieren. 3 Arrhenius und Lachmann, Bildung der Salzlagerstätten. Geolo- gische Rundschau. 3. 1912. p. 139 ff. 4 Über Zusammenhänge zwischen Teilbewegung und Gefüge in Ge- steinen. Mineral, u. petr. Mitt. 30. 1911. p. 298. 758 W. Vernadsky, Ueber die gediegenen chemischen Elemente in der Erdkruste. Von W. Vernadsky in St. Petersburg. Bei der Bearbeitung des ersten Bandes meines „Versuchs einer deskriptiven Mineralogie: I. gediegene Elemente“, welcher in russischer Sprache erschienen ist1, habe ich, soviel es mir möglich war, das ganze Beobachtungsmaterial kritisch durch- gesehen. Als Resultat konnte ich eine Tabelle von wenigstens 106 Mineralien, welche den gediegenen Elementen entsprechen, zu- sammenstellen. Diese Tabelle, da sie in russischer Sprache2 weniger zugänglich ist und den anderen neueren Zusammenstellungen (z. B. der Tabelle von P. v. Groth) nicht ganz entspricht, will ich hier wiedergeben. Die Zahl von 106 Mineralien muß als Minimum angesehen werden. Ohne Zweifel haben wir nocli Andeutungen über ver- schiedene andere Naturprodukte, welche hierher gehören, aber nicht in die Tabelle eingestellt sind, da ihre Eigenschaften oder Fund- ortsangaben noch einer Prüfung bedürfen. So z. B. wurden einige Goldfindlinge analysiert, welche sehr viel Zink 3, oder Antimon 4 enthalten; es bleibt aber noch zweifelhaft, ob dies natürliche Er- zeugnisse waren. Wahrscheinlich ist auch in den Gruppen von Hg-Ag5 und von Os-Ir-Ru-Rh6 die Liste der Mineralien sehr un- vollständig. Von anderer Seite ist zu erwarten, daß wir zwischen kolloidalen Erdprodukten noch viele hier nicht angenommene Mineralien finden werden, z. B. ist es sehr wahrscheinlich, daß Allemontit (As, Sb) auch eine kolloidale Form im ersten Stadium seiner Bildung besitzt; dasselbe ist sehr möglich für Palladium- platin 7. Auch unter den vulkanischen Emanationen wird man gewiß andere Metalle — nicht nur Quecksilber und Silber wie in der Tabelle steht — beobachten. Aber augenblicklich ist es vor- sichtiger, alle diese Möglichkeiten nicht zu berühren, da bis jetzt keine bestimmten Beobachtungen in der Natur darüber vorliegen. Von anderer Seite werden vielleicht einige von den in die Tabelle gestellten Mineralien später bei besserer Untersuchung 1 B. BepHa^cKin, OnbiT oiiiicaTe^ibHOH MHHepa^oriii. I. XiiMnuecicie 9Jie»ieHTbi. Bbin. 1 — 4. C'bo. 1908 — 1912. p. 1 — 656. Die letzte, 5. Liefe- rung ist im Druck. Dieser erste Band enthält nur gediegene chemische Ele- mente. 2 B. BepHa/tCKin, OnbiT onucaT. muh. Cbö. 1908. p. 156 und Addenda u. Corrigenda in 5. Lieferung des Werkes. 3 B. BepHa^cKiii, OnbiT etc. 1909. p. 268. 4 1. c. 1910. p. 358. 5 1. c. 1910. p. 410 ff. 6 1. c. 1909. p. 248 ff. 7 1. c. 1909. p. 215. Tabelle der gediegenen Elemente und deren Mischungen \ I. Feste kristallisierte chemische Elemente. A. Metalle. Ueber die gediegenen chemischen Elemente in der Erdkruste. 759 CB <» Z 55 05 05 O O o r-> GO PS s CO CO z 05 rH ^H p 3 Cd 00* oo 0D CO rH co 03 |> 00 00 o w os* O CO io CO 00 i-H D- Ph M t- oo GO [> CO S» 00 GM 00 00 rH 00 l rH c6 CB o o 00 l>» t- C« r“^ Jzq Eh rH 3 C -fl i—i »O OJ o Cd CO o P 03 3 05 00 00 CO H «2 D Eh P ÜJ r— 1 r-H 05 z z p 00 « f— ( CB / -fl 05 Cd Cd cd Cd 05 w -fl Cd p -fl w Cd Cd P W tu z P P W P — PO -fl -fl t-5 o o Oh CO z P O o N P Z CB CB 1 <1 Cd Cd C 0 -fl oa P5 o Cd -fl CB CB £ 5 PS w CO Cd CO o cb O 1 o CO p Pd PP 05 PP CO £ P w -fl 55 -fl 00 8 . i—l lO CO 55 00 O T-i H m z < Cd j u .° 55 tS3 P bß 03 PS o bß ci X 03 w pH l VI/ Ä ^ O O» .rH pH ^ P Ph oT . pH Cu Cu 03 Sh ^ PH -ö rg -C H j P Ph P 4hT pH t-T w Ph 03 -g 52 Kb 1 .-s ^ § s a S « o W H O 03 03 .5 03 iS O P^ CÖ P* H-H lO iS c c3 e • c3 g Ph 03 p, 03 P- HU .s © z j>a o B, | 1 iS iS -rS 03 © 03 •S ^ jS Ph PH pH Ph S ^ Ph Ph ci 52 52 *5. £ ä Ph 03 CO -t id 3 t- 00 3 32 ci .S G S « T3 O a 2° Q 5 G O K < Z r G a > ^ 00 Z rH t-i 05 t- 3 t» II H O co 00 t- o 05 r- o 1845. Ö IC < GQ 53 G X GO t" GO G0 G G a _ 1— ' •**! o n w < Z G <3 G M ü O ü G >n a a z Q c G a a G G o S o P > CO P Q R R - CV. CV. « * «r bT o O o / — n TZ \sZ |-> P P o 5 5 bß bß 5= bß _ PL, 2 g G G 53 G3 a= O G GÖ P P 5 i CLj O o as o bß •g s ^2 n . rH n . . R o ~ bß cb s s ■"Ö o © .2 §• § o 'S o g £ 2 g 2 o cS rr 2 — 1 .2 ^ S PQ O (MW^iOCOt'WOO^'MCOtiOOhOOCJOHlMCO^iO (M(M(M(M(M(M(M(MCOCOCOCOCOMtOCOMCO^Ti('^Tjt^Tli O. CV. cv. 2 F © O CU G P ’S 5 TS S G 03 G2 2 CB M Ueber die gediegenen chemischen Elemente in der Erdkruste. 761 03 an ^ 00 G £ H 0 05 £ w O W • 2 § ^ 00 od oo H «3 O ^ Ä «3 a I § 3 3 < 00* ™ § 5 P 2 ® „ rl ^ W «. gE g S g m £ 03 S <3 < H g ^ J P3 CO CO M *cö Ü 13 o3 G G ® o O O §d R R R &ß co c3 RCv. g3 cv. bß d 03 £ Xl XI XI P-l 03 03 EH M 03 w 03 w ^bß w w bß G 05 05 02 “ b= 'aT 03 00 bß <1 02 CS3 <3 00 as xO xO xO xO xO iO xO xO xO xO Cv. co ao xO D- GO ^ i-H 04 ö» Ol K U GO P £ 1-1 O S - ^ H N -’l b Q ^ P3 oc tu H < - m bß 03 03 o bß c d X s 03 .02 5-1 5t5 o 4-3 03 G O M O 02 762 W. Vernadsky, PS p ö s 05 05 o o 05 05 Z z p < ts p t*H P H Ä 1—1 m 03 r-H W Z o o CO P GO O < cc 0> z Z z h- 1 p GO wä bn a 05 Eh o> „ „ GO G0 GQ GO GO P GO GO co «r Ph <1 6Ö C 03 03 3 CO cS Eh GO O GO 05 ö cm' cd to o i> i> r» S *5 2 & £ a O *-> cö CÖ C5 C 5z; M Ph ° TS f3 O t-5 ^ffll>Q0050'-Nco M>D-M>XOO®CC O- O-. Ol. O-. O-. O-. <13 3 co £0 *H CD 5 o 5 O £ • Q o w g PÖ 3 3 Ph O « § « PS O t-h 3 <5 GO rH © 05 05 00 i-H H s? 00 CO P5 l_r fo £ £ W g R £ i-3 o 05 w E 55 ••o O K h-5 r> Q o Q © « l i III! - SC ee C5 bß bß S C CD *-< GP> >s B o £ o o Ö o £ < 05 £h t* 05 05 w Ph O £3 » xhmh'b. a.ieM. bj& lipiipo/rfc* M. 1910. ,,, J,HeBHHKrb XIII CTTtsAa pyccK. ecTecTß“. Ueber die gediegenen chemischen Elemente in der Erdkruste. 765 Platz für stöchiometrische Verbindungen läßt. Der eigentümliche Zustand der Elementenzerstreuung in den oberflächlichsten Schichten der Erdkruste scheint zweifellos anzudeuten , daß die Zahl von Mineralien , die den gediegenen Elementen entspricht , noch viel größer, als die angegebene 106 sein wird. Die meisten von diesen Mineralien sind „seltene“ Mineralien oder solche , die man niemals in großen Quantitäten findet. Ich habe einen Versuch gemacht, die Quantität der gesamten gediegenen Elemente in der Erdkruste zu berechnen; es scheint, daß nur ungefähr 0,l°/o der Gesamtmasse der Erdkruste von freien Elementen gebildet wird1. Aber diese Zahl hat eine große Bedeutung, da die gediegenen chemischen Elemente die sich immer bildenden und verbrauchenden Produkte der chemischen Reaktionen der Erdkruste sind. Sie sind immer im Schaffen und Wandeln. Man kann sagen, daß ihre Bildung an der Erdoberfläche durch vollkommenen Verbrauch der chemischen Energie der chemi- schen Verbindungen bedingt wird, und diese kleine Zahl — 0,1 °/o — gibt uns eine Vorstellung von dem Maßstab dieser Reaktionen in der Erdoberfläche. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Quantität der „lebendigen Materie“ in der Gesamtmasse der Erdkruste durch eine Größe von derselben Ordnung zu bestimmen ist, aber wir wissen, welche ungeheure Bedeutung die organische Substanz in den chemischen Reaktionen der Erdkruste hat. Auf der Erdoberfläche haben wir günstige Bedingungen für den vollständigen Zerfall der chemischen Verbindungen und für den Verbrauch dadurch befreiter chemischer Energie für andere Erscheinungen. Das wird noch klarer, wenn man sich die Zahl der chemischen Elemente vorstellt, die im gediegenen Zustand — frei oder in homogenen Mischungen — in der Erdkruste bis jetzt gefunden sind. Folgende 4 7 chemische Elemente finden sich in der Erdkruste in solchem Zustand: Ag, Ar, As, Au, Bi, Br, C, Cd, CI, Co, Cr, Cu, Fe, F, H, He, Hg, Ir, J, K?, Kr, Mn, N, Na?, Ne, Ni. Nt, 0, Os, P?, Pb, Pd, Pt, Ra?, Ru, S, Sb, Se, Si ?, Sn, Ta, Te, TI, Zn, Xe, Thoremanation, Actiniumemanation. Gewiß ist es keine zufällige Erscheinung 2. Loswida, Juli 1912. 1 BepHa4CKiH, Oaht etc. 1908. p. 142. 2 1. c. 1908. p. 125 ff. 766 J. Uhlig, Mitteilungen aus dem Mineralogischen Institut der Universität Bonn. 17. Zur Kenntnis von Alunogen (Keramohalit) und Halotrichit. Von J. Uhlig in Bonn. (Schluß.) Bei den folgenden, zunächst einfachere Ziele verfolgenden Unter- suchungen wurde jedesmal eine qualitative chemische Analyse nach den üblichen Methoden vorgenommen , ferner im Balsam-Streupräparat Auslöschungsschiefe, Doppelbrechung und Verhalten im konvergenten Licht studiert, auf dem Objektträger schließlich die Löslichkeit in Wasser und nach der Einbettungsmethode von Schroeder van der Kolk1 der Brechungsexponent bestimmt. Hierzu ist zu bemerken, daß das von Schroeder van der Kolk angegebene Kriterium der roten und blauen Bänder bei gleicher Lichtbrechung von Mineral- korn und Flüssigkeit (a. a. 0. p. 5 ff) hier versagte. Bekanntlich müssen dabei die Mineralsplitter möglichst keilförmige Bänder besitzen, was besonders bei den Halotrichitnädelclien nicht zutraf. Ich bediente mich daher der Beobachtung der BECKE’sclien Licht- linie, wie schon vorher unter ähnlichen Verhältnissen Michel-Levy und A. Brun 2. Dadurch sind sehr viel feinere Unterschiede in den Brechungsexponenten erkennbar als nach der ersteren Methode. Je näher die Exponenten von Flüssigkeit und zu untersuchendem Mineralkorn übereinstimmen , desto tiefer muß der Beleuchtungs- apparat des Mikroskops gesenkt werden, um die Lichtlinie zu er- kennen. Man hat so zugleich einen Anhalt für den Grad der Annäherung der beiden Exponenten. Durch Beobachtung der Lichtlinie in Flüssigkeiten mit benachbartem Exponenten ist dabei jeder Irrtum ausgeschlossen. Bei Herstellung der Balsampräparate darf der Kanadabalsam nur ganz schwach erhitzt werden, da sonst die Sulfate zu isotropen Tropfen schmelzen. Das spez. Gewicht wurde durch Schwebenlassen in einem Bromoform- Alkoholgemisch festgestellt, welches, wie Vorversuche zeigten, die Sulfate nicht löst. Halotrichit von Island, sog. Hversalit Forch- hammer’s; nach dessen Analyse bei Bammelsberg a. a. 0. p. 288 Halotrichit Fe Al2 (S 04)4 • 24 H2 0 mit beigemischtem MgAl2 (S04)4 . 24H20. Das Material besteht aus grauweißen, stellenweise etwas rostigen Brocken von feinfaseriger bis fast kompakter Beschaffen- heit. Die qualitative Analyse ergab: S03, A1203, Fe203, FeO, MgO; Alkalien nicht gesucht. Spez. Gewicht = 1,839. Beim Auflösen in Wasser blieb ein unlöslicher Bückstand zurück. U. d.M. 1 Schroeder van der Kolk, Tabellen zur mikroskopischen Bestim- mung der Mineralien. Wiesbaden 1900. 2 Bosenbusch-Wülfing, Mikroskop. Pbysiographie. I, 1. (1904.) p. 270, 271. Zur Kenntnis von Alunogen (Keramohalit) und Halotrichit. 767 ganz vorwiegend Nüdelchen, die stets schief auslöschen, im Maxi- mum mit 371/2°. Lichtbrechung nahe wie Xylol, etwas geringer; also n= 1,49 ca. Doppelbrechung gering, Polarisationsfarben höchstens bis Ende 1. Ordnung an dicken Nüdelchen, meist grau bis weiß. Durch feine, staubartige Einlagerungen von höherer Licht- brechung erscheinen die Nüdelchen mehr oder weniger trübe bis zur Undurchsichtigkeit. Die einzelnen Nüdelchen sind gewöhnlich zu parallelfaserigen Bündeln verwachsen, und es macht den Eindruck, als ob dabei auch polysynthetische Zwillinge vorkümen, indem die ungeradzahligen und die geradzahligen Fasern je etwa gleichzeitig miteinander auslöschen und auch gleichfarbig polarisieren. Wirr- faserige Aggregate kommen nur ganz vereinzelt vor. Dagegen sind die Fasern vielfach etwas gekrümmt, was die Bestimmung der Auslöschungsschiefe sehr erschwert. Manche der Faserbüschel sind aus so feinen Hürchen aufgebaut, daß sie flaumig polarisieren wie mancher Nephrit. Der reichliche Mg-Gehalt der Analyse könnte den Gedanken nahelegen, daß neben Halotrichit auch ganz ühn- liche Nüdelchen von Pickeringit vorhanden sind. Doch haben alle Nüdelchen die gleiche Lichtbrechung. Neben dem ganz vorwiegen- den Halotrichit findet sich wenig Alunogen in einheitlich polari- sierenden, aber regellos begrenzten Tüfelchen von 0,1 bis 0,2 mm Durchmesser, daneben spürlich Aggregate aus viel feineren Schüpp- chen. Ebenso wie der durch seine Kristallform erkennbare Alunogen anderer Präparate ist er tafelig nach (010) und lüßt daher die stumpfe Bisektrix austreten. Der einen in der Tafel liegenden Elastizitütsrichtung kommt genau die Lichtbrechung von Olivenöl zu (1,469), die der anderen ist wenig geringer, aber höher als die von Lavendelöl (1,462), wührend an einem zufüllig auf die Kante gestellten Tüfelchen der dritte Exponent mit dem von Lavendelöl (1,462), übereinstimmend gefunden wurde. Es ist danach: y = 1,47, a = 1,46 ca. (1,462), ß — 1,465 ca., oder ungeführ n — 1,47 bis wenig tiefer. Außer durch Lichtbrechung und Bisektricen- austritt sind hier wie anderwürts die Alunogenschüppchen durch ihre niedrigen Polarisationsfarben (grau und weiß, nur an dicken Schüppchen bis gelb und rot 1 . Ordnung), ferner durch ihre leichte Löslichkeit in Wasser charakterisiert. Benetzt man sie auf dem Objektträger damit, so verschwinden sie fast augenblicklich. Im Balsamprüparat treten Alunogen und Halotrichit infolge ihrer stark abweichenden Lichtbrechung mit krüftigen Konturen hervor. Beim Auflösen in WaSser blieb viel feinster Staub und ganz wenige Körnchen (Quarz?) unlöslich zurück, deren Lichtbrechung wenig höher als die des Balsams ist und die mit gelb 1 . Ordnung polari- sieren. Halotrichit von Reichenbach in Sachsen, auf der alten Etikette als Bergbutter bezeichnet. Es handelt sich wohl sicher um das Vorkommen von Arno Fdgr. zu Neumark unweit Reichenbach, 768 J. Uhlig, welches in der Literatur1 irrtümlich als Kerainohalit aufgeführt wird. Eine Analyse scheint nicht zu existieren ; qualitativ konnte ich nacli- weisen S03, A1203 und FeO vorwiegend, ferner Fe203 und reich- lich MgO, wenig CaO. Beim Lösen hinterbleibt ein Rückstand. Es liegt also vorwiegend Halotrichit vor. Makroskopisch reinweiß bis gelblichweiß und wirr feinfaserig mit schwefelgelben Flecken eines basischen Eisensulfates. U. d. M. erkennt man vorwiegend Halotricliitnädelclien (n = 1,49; maxim. Ausl. — 38 °). Die Nüdelchen werden breiter als beim Halotrichit von Island, nämlich bis 0,01 mm dick, ihre Länge beträgt oft 1 mm und mehr. Sonst gilt das bereits vorher vom Halotrichit Gesagte. Eine größere Rolle spielen nun hier allerhand Verunreinigungen. Sehr spärlich ist Alunogen , dessen Schüppchen nur wenigemal sicher fest- gestellt werden konnten. Etwas reichlicher dagegen ist Gips, auf den der Ca-Gelialt der qualitativen Vorprüfung zu beziehen ist. Im Balsampräparat tritt er im gewöhnlichen Licht, wegen seines nahe- zu gleichen Breclmngsexponenten, fast gar nicht hervor und wird erst im polarisierten Licht als schief mit 37° auslöschende rhom- bische Schnitte und Säulchen mit niedrigen Farben der 1. Ordnung erkennbar. Dicke bis 0,07 mm bei 0,2 mm Länge. Lichtbrechung wie Monochlorbenzol, also n = 1,52. 2 Außerdem tritt er sehr gut hervor nach dem Auflösen der übrigen Sulfate in Wasser, in dem er sich sehr langsam und nur bei größerem Überschuß völlig löst. Er sieht dann etwa wie der bei mikrochemischen Reaktionen erhaltene Gips aus, nur sternförmige Gruppierungen fehlen. Außerdem sind basische Sulfate vorhanden, besonders solche des Eisens mit braungrauen bis gelben Färbungen. Teilweise haben sie sich ober- flächlich auf dem Halotrichit abgesetzt, und einmal konnte ich nach dem Lösen des letzteren in Wasser noch eine dünne, nicht auf das polarisierende Licht wirkende Hülle von braungrauer Sub- stanz beobachten, die noch ganz die Form des ehemaligen Faser- büschels zeigte. Es sind sicher verschiedene Eisensulfate vor- handen ; nur eines davon ist durch seine Eigenschaften gut charak- terisiert. Es bildet gedrungene Säulchen und spitzrhombische Lamellen von schiefer Auslöschung. Seine Lichtbrechung ist wenig- höher als die des Balsams, genauer wurde bestimmt: n, = 1,54, n2 = 1,56. Dickere Individuen geben lebhafte Polarisationsfarben 2. Ordnung, dünnere anormale blaugraue und zitronengelbe Farben. Der Pleochroismus wechselt an dünneren Lamellen zwischen zitronen- gelb (entsprechend n = 1,56) und farblos (n — 1,54), an dickeren zwischen dunkler und lichter gelb. In Wasser ist dieses Sulfat langsam löslich, aber noch leichter als Gips. Da von den bisher 1 A. Frenzel, Mineralogisches Lexikon für das Königreich Sachsen. 1874. p. 167. * Vergl. hierzu Rosenbusch-Wülfing, a. a. 0. I, 2. (1905.) p. 184. Zur Kenntnis von Alunogen (Keramohalit) und Halotrichit. 769 chemisch genau identifizierten .Eisensulfaten (z. B. bei Linck, a. a. 0. p. 14 — 19) meist die Brechungsexponenten unbekannt sind, läßt sich über dieses Sulfat vorläufig noch nichts Sicheres aussagen. Schließ- lich sind graue, polarisierende und amorphe Substanzen vorhanden, vielleicht z. T. toniger Natur, z. T. basische Aluminiumsulfate, und niedrig lichtbrechende , isotrope , wasserunlösliche Körnchen (Opal ?). Künstlicher Alunogen. Käufliches wasserfreies Alu- miniumsulfat wurde in Wasser gelöst Und auf einem Objektträger auskristallisieren gelassen. Erkennbare Kristalle bildeten sich so nicht, immerhin aber nach (010) tafelige Schüppchen, die wie die Kriställchen Becike’s eine stumpfe negative Bisektrix austreten ließen; n — 1,47 bis wenig tiefer. Deutliche Kristalle wurden dagegen beim Umkristallisieren des zum Schluß erwähnten Neu- seeländer Vorkommens erhalten. Im allgemeinen handelte es sich lim den von Becke geschilderten Typus. Bemerkenswert ist aber, daß auch c (001) vereinzelt relativ groß entwickelt war, während diese Fläche an den von Becke untersuchten Kriställchen nur klein und schlecht ausgebildet auftrat und daher nur vermutungsweise identifiziert wurde. An einem zur Hälfte ausgebildeten Täfelchen fanden sich: a (100), c (001) und e (101); ich maß: (001) : (100) = 82°, während Becke berechnet: 82° 26' (001) : (101) — 42 „ „ „ 42 34 Im übrigen konnten die bekannten Eigenschaften festgestellt werden. Alunogen von ßudain bei Königsberg in Ungarn. Nach der Analyse von Juraski (a. a. 0.) A12(S04)3 • 16H20 mit etwas beigemengtem Halotrichit (2,15% Fe 0); die mikroskopische Untersuchung durch Haidinger wurde bereits erwähnt. Bei der mir vorliegenden Stufe überkrustet das Sulfat taschenförmige Hohl- räume. Unmittelbar an der Oberfläche besteht es aus einem weichen Filz grünlichweißer Nädel dien, in denen vereinzelt bläu- lichgrüne Körnchen, wohl Eisenvitriol (Melanterit), liegen, die an einer Stelle außerdem lagenförmig angereicliert sind. Unter der höchstens 2 mm dicken Filzschicht ist aber das Salz ziemlich kompakt, rein weiß und läßt beim Abbrechen den Aufbau aus länglichen , perlglänzenden Schuppen erkennen. Die qualitative Analyse ergab für die weiße schuppige Hauptmasse (spez. Gew. = 1,714 bei 16° C) S03, Al2 03 und Spur Fe203, für den Filz außerdem FeO und etwas MgO; sehr wenig wasserunlöslicher Biickstand. Dementsprechend ergab die mikroskopische Unter- suchung, daß die schuppige Hauptmasse reiner Alunogen ist (keine Kristalle, aber n = 1,47, Austritt der Mittellinie). Der Faserfilz dagegen besteht aus vorwiegendem Halotrichit (schief auslöschende Nädelclien; n= 1,49) mit etwas Alunogen (z. T. kristallographisch Centralblatt f. Mineralogie etc. 1912. 49 770 J. Uhlig, begrenzt mit (100). (101), (101)). Nach dem oben Gesagten wird sich das Königsberger Vorkommen aus einer Sulfatlösung abgesetzt haben, die neben ganz vorwiegendem Aluminium nur ganz wenig zweiwertiges Eisen enthielt. Anfangs setzte sich nur Alunogen ab, und erst nachdem keine weitere Sulfatzufuhr stattfand, schied sich der letzte Mutterlaugenrest als Effloreszenz von vorwiegendem Halotrichit mit wenig Alunogen an der Ober- fläche der Alunogenkrusten ab. Bei der mikroskopischen Unter- suchung ist demnach wohl zu beachten . daß man sich nicht auf oberflächlich abgebröckelte Partikelchen beschränken darf, sondern Probematerial vor allem auch aus dem Innern der Sulfatablage- rungen entnehmen muß. Alunogen von Friesdorf bei Bonn, nach Analyse von Rammelsberg (a. a. 0. p. 270) Alunogen mit Halotrichit (2,46 °/o FeO), auch etwas CaO und K20 enthaltend. Dieses Vorkommen bildet ein Lager in Braunkohle, das früher für die Alaunfabrikation ausgebeutet wurde. Das mir vorliegende Stück ist eine dichte, zähe, fast knochenartig geformte Masse, auf der Oberfläche rostig gelb gefärbt, im Innern aber rein weiß. Stellenweise ist ober- flächlich auch ein feiner bräunlicher Haarbelag vorhanden, der u. d. M. hauptsächlich als Halotrichit mit wenig Alunogen und goldgelben, wasserunlöslichen, gedrungenen Säulchen eines Eisen- sulfates erkennbar ist. Die oberflächlichen Partien geben dem- entsprechend kräftige Reaktionen auf Eisen, während der weiße, kompakte Kern weniger davon enthält; sonst wurde außer vor- wiegendem A1203 noch spurweise CaO und etwas MgO nach- gewiesen. Die kompakte Kernsubstanz von der Härte 1,5 und dem spez. Gew. 1,643 bei 17° besteht ganz vorwiegend aus Alunogen. U. d. M. sieht es allerdings etwas anders aus als die bisher beschriebenen Vorkommnisse. Da es sehr feinschuppig ist und die einzelnen Schuppen fest aneinanderhaften, löst es sich nicht im Streupräparat in flache Schüppchen nach (010) mit grauen Polarisationsfarben auf wie bei den bisherigen Vorkommnissen. Es bildet wirr aggregatpolarisierende Zusammenhäufungen mit Polarisationsfarben der 1. Ordnung, selten an dickeren Stellen bis Anfang 2. Ordnung. n= 1,47 bis 1,46 ca. Beigemengt ist dem Alunogen in geringer Menge dasselbe pleo chroitisclie Eisen- sulfat, wie im Halotrichit von Reichenbach, dessen Eigenschaften dort erwähnt wurden. Es bleibt hier zunächst beim Lösen in Wasser in blaß pleochroitischen, anomal polarisierenden Schüppchen zurück, die dann langsam verschwinden. Außerdem findet sich mehr an der Oberfläche der Stufe ein weiteres gelbes Eisen- sulfat mit lebhaften Polarisationsfarben in winzigen gedrungenen Säulchen, das sich aber in Wasser nicht löst, und wenig Gips. Pickeringit vom Pustertal, in der Sammlung des hiesigen Museums bisher als Keramohalit etikettiert und danach Zur Kenntnis von Alunogen (Keramohalit) und Halotrichit. 771 wahrscheinlich identisch mit dem von L. Barth (a. a. 0.) analy- sierten und irrtümlicherweise als Keramohalit bezw. Alunogen be- stimmten Vorkommen bei Nickolsdorf unterhalb Lienz im Puster- tale. Er überzieht nach der Angabe a. a. 0. eine Glimmerschiefer- wand als Kruste und bildet sich fortwährend. Die Farbe wird als gelb bis weiß angegeben , die Struktur als feinfaserig , was auch für die untersuchte Stufe stimmt. Wichtig erschien das Vorkommen besonders dadurch , daß es der Zusammensetzung A12(S04)3. 18H20 entsprechen sollte; außer den von der Formel verlangten Bestandteilen wird nur noch eine Spur Eisen angegeben. Dies kann ich bestätigen ; doch fand ich , wie erwähnt , reichlich MgO, spektroskopisch auch Li20 und spurenhaft CaO. Danach wurde schon oben geschlossen, daß nicht Alunogen, sondern Mg- Al-Sulfat, Pickeringit vorläge. U. d. M. erkennt man ganz vorwiegende halotrichitähnliche Nädelchen (maxim. Ausl. = 37°, niedere graue bis weiße Polarisationsfarben, Lichtbrechung zwischen der von Olivenöl und Xylol, näher an ersterem, also n = 1,48). In geringer Menge und nur stellenweise fänden sich isotrope Okta- ederchen eines Alauns, Bittersalz (gerade auslöschende , op- tisch zweiachsige Säulchen , n 1,47) und andere Substanzen. Eine quantitative Analyse der Substanz soll an anderer Stelle folgen , ebenso wie eine sonstige eingehende Untersuchung. Zuletzt sei noch etwas ausführlicher ein neues gemengtes Vorkommen von Alunogen und Halotrichit aus Neu- seeland erwähnt. Es wurde im Februar 1911 von Herrn Privat- dozent Dr. WAXNER-Bonn im Waitopu-valley im Potorua- Vulkan- distrikt auf der Nordinsel von Neuseeland gesammelt und dem Verfasser zur Bestimmung und Untersuchung übergeben. Auch an dieser Stelle möchte ich Herrn Dr. Wanner meinen Dank aussprechen. Das neue Vorkommen befindet sich in einer etwa mannshohen Höhle des Waitoputales, an deren Wänden Fumarolen- gase austreten, die den Absatz des Salzes bewirken. Halotrichit war bisher für Neuseeland noch nicht konstatiert worden, während Alunogen aus Braunkohle von Tuapeka1 angegeben wird. Das Vorkommen aus dem Waitoputal setzt sich aus bis 1-J cm langen Nädelchen und Härchen zusammen, die zu lockeren Flocken und Lagen von gelblichweißer Farbe verfilzt sind. Die einzelnen Härchen sind untereinander fast gar nicht verkittet , zum Unter- schied von den weiter oben beschriebenen Vorkommnissen; die Flöckchen lassen sich daher leicht zerzupfen , so daß der alte Name „Haarsalz“ in diesem Falle sehr zutreffend ist. Die Sub- stanz ist nicht merklich hygroskopisch und kann ohne Schaden im offenen Sammlungskästchen stehen bleiben. Das spezifische Gewicht schwankt , dem heterogenen Charakter des Salzes ent- 1 J. Park, The geology of New Zealand. 1910. p. 398. 49* 772 J. Uhlig, sprechend; ich fand für verschiedene Stellen 1,735 (etwa wie Alunogen), 1,807 und 1,899 (Halotrichit). In Wasser ist es unter Hinterlassung von etwas Rückstand (ca. 5 °/o) sehr leicht löslich , unlöslich dagegen in organischen Flüssigkeiten wie Al- kohol, Glyzerin, Xylol, Bromofonn usw. Der Rückstand besteht aus Silikaten und Schwefel, den man auch schon makroskopisch als gelbe, brennbare Körnchen erkennt. U. d. M. beobachtet man vorwiegend schief auslöschende Nüdel- chen von Halotrichit von ca. 0,01 mm Dicke, die sich zu parallelfaserigen Flocken Zusammenlegen , wobei oft , ebenso wie schon beim Halotrichit von Island erwähnt wurde , der Eindruck von polysynthetischer Zwillingsbildung erweckt wird. Bei maxi- maler Auslöschungsschiefe schließt die kleinere der optischen Elastizitätsachsen mit der Längsrichtung der Nädelchen den Winkel von 38° ein; n— 1,49, sonst mit den bekannten Eigenschaften. Erwähnenswert sind reichliche Gas- und Flüssigkeitseinschlüsse, gewöhnlich von gestreckter Gestalt und mit ihrer Längsrichtung in der Längsrichtung der Fasern liegend. Im Streupräparat sind die Poren vielfach durch den an seiner höheren Lichtbrechung kennt- lichen Kanadabalsam erfüllt. Spärlicher , aber in größeren In- dividuen , gewöhnlich 0, 1 mm im Durchmesser betragend , tritt Aluno gen hinzu. Es sind wieder Schuppen, nach (0 10) tafelig, randlich regellos oder seltener mit den von Becke festgestellten Formen (100), (101), (10 1) und (001) begrenzt; ich maß daran in naher Übereinstimmung mit Becke’s Werten folgende Winkel: Auf den Täfelchen ist wieder der Austritt der stumpfen nega- tiven Bisektrix zu konstatieren , mit der Spur der Achsenebene fällt die Richtung kleinerer Elastizität zusammen , c : C = 42 alles gemäß Becke’s Angaben; n= 1,47 bis wenig tiefer. Neben den beiden niedrig polarisierenden Bestandteilen Halo- trichit und Alunogen treten ganz vereinzelt im Balsampräparat auch wirrschuppige bis kurzbüschelige Aggregate mit lebhafteren Polarisationsfarben (bis grün 2. Ordnung) auf. Da sie im wasser- unlöslichen Rückstand verschwunden sind, außerdem ähnlich niedrige Lichtbrechung wie Halotrichit und Alunogen haben, wird es sich auch hier um ein lösliches Sulfat handeln , das aber im Präparat nicht näher bestimmbar ist. Die übrigen unlöslichen Gemengteile treten neben Halotrichit und Alunogen so stark zurück, daß sie sich erst im Wasserpräparat nach Auflösung der Sulfate übersehen lassen. Von den silikatischen Verunreinigungen sind die meisten farblos , isotrop und wohl sicher Glas ; nicht selten bestehen sie aus bogig verschränkten Fäden und gleichen ganz winzigen Bims- Eigene Messung nach Becke 55 0 46° 82|° (100): (101). . . 54r° (100): (101). . . 45 « (100): (001). . . 8H° Zur Kenntnis von Alunogen (Keramohalit) lind Halotrichit. 773 steinbröckchen. Seltener sind Körnchen, die im Grau 1. Ordnung polarisieren (dickere Körnchen wohl auch etwas höher) und die wohl einem Feldspat angeboren. Es handelt sich also um Staub aus lichten vulkanischen Gesteinen , wie sie auch nach Angaben von Herrn Dr. Wanner in der Umgebung Vorkommen. Der Schwefel bildet gelbe, kräftig polarisierende Körner. Eine Analyse wurde nach den üblichen Methoden ausgeführt. Es sei nur erwähnt, daß vor Ausfüllung des S03 durch BaCl2 zunächst Al und Fe durch Ammoniak entfernt wurden, damit nicht durch Verunreinigung mit diesen Stoffen die S 03-Bestimmung zu hoch ausfallen konnte. Der Schwefel wurde aus dem wasser- unlöslichen Rückstand durch Schwefelkohlenstoff extrahiert. Das Ergebnis war folgendes: Molekularverhältnisse ai2o8 . 11,59 0,1134 | 0,0078 ( U’1JAJ ^e2 03 . 1,24 FeO . 3,26 0,0453 | Na20 . 0,86 °’°138 10 0194 ° 0,0056 J ’ J K20 . 0,53 SO, . 35,43 0,4425 H2 0 . 42,43 2,3497 S 1 unlösl. . . . 0,70 — Silikate j Rückst. . . . 4,15 — 100,19 Da in der gepulverten Analysensubstanz 1,24 °/o Fe20,} neben Fe 0 gefunden wurde , war mit der Möglichkeit zu rechnen , daß eine teilweise Oxydation des FeO beim Pulverisieren stattgefunden habe. Ich wiederholte daher die Fe O-Bestimmung an neuem, ungepulvertem Material, fand aber nahe übereinstimmend mit dem früheren Wert 3,65 °/o FeO. Zieht man die Alkalien zu FeO, so berechnen sich auf 647 Teile Halotrichit 565 Teile Alunogen. Dabei bleibt ein Über- schuß von S03; nach Abrechnung von 1 6 H2 0 für Alunogen bleibt jedoch zu wenig H20 für die verlangten 24 Teile Kristallwasser beim Halotrichit übrig, vielmehr ist nur wenig mehr als 22H20 vorhanden. Es ergibt sich so folgende Beteiligung der wasser- löslichen Bestandteile : 647 (Fe, Na2, K2) Al2 S4 016 . 22 H2 0 565 (Al, Fe)2 Al2 S3 012 . 16 H2 0 142 H2 S 04 81 H2 0. Rechnet man umgekehrt unter Zuziehung der wasserunlös- lichen Bestandteile auf Gewichtsprozente um, so geben wenigstens für die löslichen Substanzen , welche einschließlich der Schwefel- säure ein ähnliches spez. Gew. (1,8 bis 1,9) haben, die so erhaltenen 774 J. Uhlig, Zahlen gleichzeitig etwa die Volumprozente angenähert wieder; es ergibt sich : Halotrichit, (Fe, Na2 K2) Al2 S4 016 . 22 PI2 0 .... 57,56 °/o Alunogen (Al, Fe)2S3 0)2 . 16 H2() 36,05 Schwefelsäure H2 S 04 1 ,40 Feuchtigkeit H2 0 0,15 Schwefel 0,70 Silikate 4,14 100,00 Die ziemlich reichliche Menge freier Schwefelsäure , durch welche die Lösung der Sulfate auch kräftig sauer reagiert, dürfte hauptsächlich in den u. d. M. nachweisbaren Flüssigkeitseinschliissen der Halotrichitnäd eichen vorhanden sein, da sonst das Salzgemenge merklich hygroskopisch sein müßte. Es läßt sich noch eine andere Beteiligung der Sulfate be- rechnen, wenn man annimmt, daß die Alkalien nicht mit FeO in das Halotrichitmolekül hineingegangen sind , sondern als saure Sulfate vorhanden sind , auf die dann vielleicht auch die wirr- schuppigen Aggregate, die weiter oben erwähnt sind, zu beziehen wären. Aus gemischten sauren Lösungen von Natrium- und Ka- liumsulfat kristallisiert das Salz Na2 K H (S 04)21, das bis jetzt als Mineral freilich noch nicht bekannt ist, dem aber die Werte der Analyse gut entsprechen. Wird die Existenz dieser Verbindung an- genommen, so läßt sich auch der Halotrichit mit 24 Molekülen Kri- stallwasser befriedigen ; es ergibt sich so in Molekularverhältnissen 759 (Al, Fe)2Ss012. 16H20 458 Fe Al2 S4 016 . 24 H2 0 130 Na2KHS208 77 H2 S 04 339 hygroskopisches H20. Hierbei tritt das Salz Na2 K H (S 04)2 in unverhältnismäßig hohem, seiner wirklichen Menge nicht entsprechendem Betrage auf: die Resultate sind daher wieder in Gewichtsprozente ausgerechnet worden ; man erhält so unter Berücksichtigung des Unlöslichen : Alunogen (Al, Fe)2 S3 0,2 . 16H2 0 « 48,30 Halotrichit Fe A12S4016. 24 H20 . ...... 41,98 Na2.K H S2 08 8,51 H2 S 04 . * 0.76 H2 0 (hygroskopisch) 0,61 Schwefel 0,70 Silikate 4,14 100,00 1 P. Groth, Chemische Kristallographie. 2. (1908.) p. 312. Zur Kenntnis von Alunogen (Keramohalit) und Halotrichit. 775 Hierzu ist zu bemerken, daß nach dem mikroskopischen Be- fund Halotrichit vor Alunogen deutlich der Menge nach vorwiegt, so daß diesen Verhältnissen die erste Zusammenstellung in Ge- wichtsprozenten jedenfalls besser Rechnung trägt. Die Anwesen- heit eines sauren Alkalisulfats muß daher doch als fraglich be- zeichnet werden. Beim Umkristallisieren des vorwiegend aus Halotrichitnädelchen bestehenden Salzgemisches auf dem Objektträger über Nacht schied sich auffallenderweise ganz vorwiegend Alunogen ab mit dessen Lichtbrechung, Kristallformen und sonstigen Eigenschaften, während sich nur ganz wenig höher lichtbrechende, schief auslöschende Nädelchen gebildet hatten , die dem Halotrichit entsprachen. Ich glaube, daß in der Lösung der größte Teil des Ferrosulfates sich unter Aufbrauchung der freien Säure zu Ferrisulfat oxydiert hatte, das dann als isomorphe Beimischung im Alunogen ausfiel. Dem- entsprechend ließ sich an letzterem fleckig verteilt ein ganz licht- gelber Farbton erkennen, den er vor dem Umkristallisieren nicht besaß. Zusammenfassung. 1. Der Name Alunogen ist vor Keramohalit als der ältere vorzuziehen; die Zusammensetzung dieses Minerals ist A12S3012. 16H20, nicht mit 18H20, wie die Lehrbücher angeben. 2. Dem Halotrichit scheint die Formel FeAl2S4016. 24H20 zuzukommen; immerhin führen auch verschiedene Analysen, u. a. auch eine vom Yerf. mitgeteilte, auf die Zusammensetzung FeAl2S4Gl6 . 22H20, was vielleicht durch Verwitterung begründet ist. Da- gegen wird bisher für den sonst ganz ähnlichen Pickeringit die Formel Mg Al2 S4 016 . 22 H2 0 angenommen, so daß die Sachlage noch nicht völlig geklärt scheint. 3. Halotrichit und Alunogen bilden sehr häufig mechanische Gemenge ; es treten dann noch gelegentlich hinzu Gips , allerlei basische Sulfate, besonders des Eisens, Melanterit und jedenfalls noch weitere Sulfate, besonders der Alkalien, und andersartige Mineralien als Verunreinigungen , wie Schwefel , Quarz, Sili- kate u. a. Da sich Halotrichit, wenigstens bei Zimmertemperatur, aus Lösungen bildet, die mehr Mole Al2 S3 012 als FeS04 ent- halten, ist sogar normalerweise stets etwas Alunogen neben Halo- trichit zu erwarten. 4. Halotrichit und Alunogen lassen sich u. d. M. leicht durch ihre in der vorangehenden Arbeit genauer mitgeteilten Eigen- schaften, besonders durch ihre Brechungsexponenten unterscheiden. Auch bildet Alunogen anscheinend nur monokline Täfelchen und Schüppchen, Halotrichit schief auslöschende Nädelchen. 5. Halotrichit und wahrscheinlich auch Alunogen haben sich in der Natur jedenfalls aus angesäuerten Lösungen abgeschieden, W. Delhaes, 776 während aus neutralen bis schwach sauren Lösungen sich die ver- schiedenen basischen Sulfate des Eisens und Aluminiums bildeten. Da bei der Entstehung der entsprechenden Sulfatlösungen au& Eisenkiesen oder bei vulkanischen Exhalationen gewöhnlich auch reduzierende Gase, besonders Schwefelwasserstoff und schwefelige Säure, anwesend sind, ist es nur selten zur Bildung neutraler Ferrisulfate gekommen. Ein Rhätvorkommen an der patagonischen Küste. Von W. Delhaes in Buenos Aires. Bei der Untersuchung Von Bohrproben aus San Julian im Territorium Santa Cruz ergab sich folgendes interessante Profil : 1. 0 — 3 m Vegetationsboden, Löß, kalkige Sande. 2. 3—3,50 m Quarzit- und Granit g er ö 11 e (? Tehuelchegeröll). 3. 3,50 — 13,50 m gelbgraue und dunkelgelbe, mergelige Sande mit Lumachelles von Lamellibranchiaten (Pecten, Ostrea). 4. 13,50 — 67,36 m dunkelgrüne, glaukonitische, mergelige Sande mit Foraminiferen, Bryozoen, Gastropoden, Bivalven, Brachiopoden. 5. 67,36—83,36 m grauweiße Quarzporphyrtuffe und schwarze, blätterige oder gehärtete Schiefertone. Meistens feine Bände- rung schwarzer verkieselter oder unverkieselter Tonschiefer und gelbweißer Tuffe. 6. 83,36 — 87 m graue Tuffe und schwarze Schiefertone mit Esther ia. 7. 87 — 100,50 m grauweiße Tuffe. 8. 100,50 — 109 m grauweiße silifizierte Tuffe und gehärtete Schiefer- t o n e mit Pyrit und Estheria. 9. 109— 141.50 m grauweiße, erdige Tuffe. 10. 141,50 — 152,20 m grauweiße, körnige Tuffe mit großen Quarzen und Feldspäten. 11. 152,20— 160,80 m grauweiße, dichte Tuffe und gehärtete oder blätterige schwarze Tonschiefer mit Estheria und feinen Tuff- einschaltungen oder vielfache Wechsellagerung von Tuffen und Ton- schiefern. 12. 160,80—212,45 m grauweiße, erdige Tuffe oder agglomeratische Tuffe mit erdigen , gehärteten , körnigen Partien und kieseligem Zement. Die Bohrung wird fortgesetzt. Die Deutung dieses Profiles führt zu wichtigen Ergebnissen. Unter dem Löß (1) und dem event. Tehuelchegeröll (2) folgen mergelige , gelbe oder dunkelgrüne glaukonitische Sande (3 — 4), aus denen ich außer Lumachellen von Pecten , Ostrea durch Ausschlämmen Foraminiferen, Bryozoen, Sigapatella americana Ortm. (12. II. 3, 127), cf. Carclita elegantoides Ortm. Ein Rlnitvorkominen an der patagonischen Küste. 777 (12. 37. III. 5. IV. 2) und Moctrci sp. cf. Magellania patagonica Sow. sp. (12. 5) erhielt. Der Ausdruck „Patagonische Molasse“ (13. 155) gibt den petrographischen Charakter dieser Schichtserie bei San Julian besser wieder als die Bezeichnung „Patagonische Tufformation“ (9. 103). Ohne jeden Übergang folgen unter den dunklen Molassesanden grauweiße, erdige oder dichte, gehärtete oder körnige Quarzporphyrtuffe und schwarze, blätterige oder gehärtete Schiefer tone mit Pyrit und Kohle- häuten auf den Schichtflächen (5 — 12). Die Tuffe gehören wohl zur Gruppe der RosENBUscH’schen dichten und a ggl o m er ati sehen Quarzporphyrtuffe (8. 869 — 872), die vielfach miteinander wechseln, mehr oder minder verkieselt sind und von schwarzen Hornsteinnestern durch- schwärmt werden. Die dichten Tuffe überwiegen und lassen im Dünnschliff eine bei gewöhnlichem Licht homogene, gelbgrau ge- färbte Grundmasse erkennen, die bei der Drehung der Nicols un- ruhig flimmernd in zahllosen Körnchen aufhellt und größere eckige Quarzsplitter zeigt. Der Quarz überwiegt vor Feldspat und be- sitzt in den agglomeratisclien Tuffen eckige oder auch gerundete, korrodierte Umrisse , in welche die Grundmasse buchtenförmig ein dringt. In den Tonschiefern dieser Serie fanden sich in den Lagen 6, 8, 11 dicht gedrängt oder sich überlagernd Fossilien, die zwischen den konzentrischen Rippen z. T. sehr deutlich die für j Estheria charakteristische Maschenstruktur erkennen lassen (11. 359. f. 626). Der Erhaltungszustand dieser Esther ien ist, je nach Gesteinsbeschaffenheit, sehr verschieden. In den wenig veränderten, schwarzen, dünnblätterigen Schiefern sind die Estherien erhaben als gelbbraune Chitinhäutchen mit scharfer Skulptur erhalten. In gehärteten schwarzen Schiefern oder bei einer vielfachen Wechsellagerung weißer Tuff- und gelbbrauner, gehärteter Tonschieferstreifen trifft man oft nur skulpturlose Ein- drücke. Dr. Keidel wies mich auf die Ähnlichkeit dieser Estherien von San Julian mit Estheria Mangäliensis Jones aus dem Rliät der Provinz Mendoza hin. Professor Bodenbender habe ich für die freundliche Übersendung der von Stelzner am Cerro Cacheuta bei Mendoza und bei Agua del Zorra (Sierra Uspallata) gesammelten GEiNirz’schen Originale (4. 3. I. 1 — 6) zu danken. Außerdem hatte ich zum Vergleich gut erhaltenes, von Professor Kurtz bei Cacheunta gesammeltes Material, das man in England als ident mit Estheria Mangäliensis Jones von Mangali (7. 78. PI. 2 f. 16 — 23) bezeichnet hatte. Die Estherien von San Julian variieren wie das Material der Provinz Mendoza sehr stark in ihrer Gestalt. Letztere ver- ändert sich, entsprechend dem verschiedenen Verhältnis der Länge 778 W. Delhaes, zur Höhe und ist länglich-, oder schief-, oder gerundet oval, mit dem Wirbel vorn an der Spitze oder im ersten Viertel oder Drittel. Infolgedessen ist auch der Schloßrand lang oder kurz, ist gerade oder senkt sich nach hinten. Die Hinterseite ist mehr oder minder abgestumpft und die Vorderseite geht gerundet in den Unterrand über. Außerdem besitzen alle mir vorliegenden Exemplare denselben Skulpturtypus. Er besteht aus annähernd 20 scharfen, entfernten, meist gleich starken konzentrischen Rippen mit steilerem Abfall zum Scheitel, deren sehr viel breitere Zwischenräume infolge der Maschenstruktur eine runzelige Ober- fläche besitzen. Durch eine Längsfurche sind die Rippen mit- unter verdoppelt, können außerdem dichter oder weiter stehen, oder auch einen Wechsel feinerer und stärkerer Rippen zeigen. Ihre Zahl bleibt selten unter 20, liegt oft darüber. Die Formen von San Julian weichen von denen aus dem Westen der Repu- blik durch ihre geringere Größe (4 — 6 mm Länge) ab, ein Unter- schied , der nicht viel zu sagen hat , da erstens auch die Exem- plare der Provinz Mendoza zwischen 4 — 10 mm Länge schwanken und sich zweitens der Unterschied aus örtlich verschiedenen Lebens- bedingungen erklärt. Ich zögere also nicht, die Estherien von San Julian als Esther ia Mangaliensis Jones zu bestimmen und sehe damit die ganze Tuffserie als Rliät an, da die Estherienscliiefer durch den ganzen Komplex verteilt sind. Diese Bestimmung besitzt einige Bedeutung, da man Rliät vor kommen bisher nur aus den zentralen westlichen Provinzen Mendoza, San Juan, La Rioja (3. 124. 10. 45 — 54) kennt und das Vorkommen von San Julian gleichzeitig zum ältesten mesozoischen Sediment Patagoniens wird. Von hier beschreibt Ameghino (1. 88. 2. 37) als den bis- her ältesten Horizont der nördlichen andinen Region vom Arrogo T e c k a und Rio Genua im nördlichen C h u b u t schwarze und rote jurassische Schiefer und rote Sandsteine, in denen Roth (9. 93) in einem dolomitartigen Gestein vielleicht Basische Ammoniten und Bivalven fand. Aus der südlichen andinen Region kennt man metamorphe Gesteine unbestimmten Alters und oberjurassische Porphyrtuffe und Konglomerate (13. 128, 186). Längs der Küste von Sta Cruz treten zwischen San Julian und N Rio Deseado in isolierten Massen präcretaceische Por- phyrgesteine auf (2. 30, 35, 37 f. 3). Über diesen Eruptiv- gesteinen folgen in der andinen Region des südlichen Patagonien marine untere und obere Kreide (13. 128, 129, 186) und in der außerandinen Region der Territorien C li u b u t und Sta Cruz die wohl überwiegend kontinentalen roten und weißen Sandsteine und Tuffe der Kreide (13. 132, 188. 2. 38. 9. 95). Das Rhätvorkommen von San Julian liefert einen Ein Rhätvorkommen an der patagonischen Küste. 779 wertvollen Beitrag zur Geschichte Argentiniens , denn es ist ein Beweis für die Existenz eines Kontinents zur Rliät- zeit im östlichen Argentinien. Die bisher durchbohrte, 150 m mächtige Tuffserie mit den mehrfach eingeschalteten Süß- wasserablagerungen mit Estherien und der vielfache Wechsel dünner Tuff- und z. T. gehärteter Schieferstreifen ist nur während einer lang anhaltenden Festlandszeit unter fortwährenden Boden- schwankungen denkbar und ist stratigraphisch uud erdgescliicht- lich ein Gegenstück zum P a r a m i 1 1 o der Provinz Mendoza (10. 48—51). Es ist ein eigenartiges Zusammentreffen, daß kurz nacli dem Nachweis der Rliätserie mit Esther ia Mang aliensis bei San Julian durch mich Dr. Keidel bei Sauce Grande in der Sierra de Pillahuinco (Pro v. Buenos Aires) eine dem Dwyka- konglomerat entsprechende Grundmoräne mit gekritzten Geschieben und Fazettengeröllen fand und damit die Existenz eines Kontinentes im östlichen Argentinien schon zur Permcarbonzeit nach wies. Diesen kannte man bisher aus dem Westen der Republik und von den Falklandinseln. Aus den Provinzen San Luis, Cordoba, Mendoza, San Juan, La Rio ja sind Ablagerungen des Gondwana- landes als Paganzoschichten von Bodenbender (3. 45 — 90) und Stappenbeck (10. 32 — 45) mit einer Mischflora von Typen der Nordhemisphäre und des Gondwanakontinentes ausführlich be- schrieben und von mir auf einer Reise im Grenzgebiet der Pro- vinzen La Rio ja und Catamarca angetroffen. Anderseits beschreibt Halle von den Falklandinseln Dwyka konglo- merat und Schichten mit einer typischen Glossopteris- flora (5. 160—183). Das Dwykakonglomerat der südlichen Sierren von Buenos Aires und das Rhät von San Julian sind also zwei Brücken zwischen jenen Resten des Gond- wanalandes und das Vorkommen von Estheria Mangaliensis in Patagonien zeigt vielleicht einen Weg an, den diese Art bei ihrer Verbreitung von Indien nach dem Westen Argentiniens ein- geschlagen hat. So flndet die Annahme von Halle (5. 200) einer Beziehung der 0 — W bis SO — NW streichenden Schichten der Falklandinseln zur Präkordille re durch das Rhätvor- kommen von San Julian eine Bestätigung. Ein Fortsetzen ähn- licher Schichtkomplexe unter der dicken Decke diluvialer, tertiärer, cretacisclier Sedimente Patagoniens ist wahrscheinlich. Damit finden vielleicht die SO — NVT streichenden Sierren der Provinz Buenos Aires und das häufig nach Westen abgelenkte Streichen kristalliner Schiefer, wie ich es in den Sierren von Catamarca und La R i o j a beobachtete, eine Erklärung. Sie gehören schon mehrfach vermuteten (14. 5, 14. 780 W. Delhaes, Ein Rhätvorkommen an der patagonischen Küste. 15. 27,28) p alü o z o is c h en S 0— N W - F a 1 1 en an, die z. T. durch die tertiäre Faltung’ in S — N streichende Ketten umgeformt wurden. Die Bohrung ist weiter interessant, weil in ihr patagonische Molasse, unter Fortfall der ganzen Kreide, auf Rhät liegt und damit die von Wilckens beschriebene Transgression der Molasse über die älteren Ablagerungen (13. 189, 190) bestätigt und erweitert wird. Die bedeutende Schichtenabtragung bei San Ju- lian ist wohl anderseits auch durch tektonische Vor- gänge bedingt, wofür mir einige Tatsachen zu sprechen scheinen. Im Bohrarchiv der Direcciön de Minas liegen Bohrproben von rotgrauen Porphyriten von San Julian aus einer Tiefe zwischen 19 und 46 m. Dagegen treten in zwei Bohrungen am Cabo Cur io so N San Julian unter glaukonitischen San- den der patagonischen Molasse von ca. 4 5 m Mächtigkeit bis 120 m rote und weiße, dichte und körnige Quarzporphyre und Tuffe auf. Eine dritte, nicht mehr nachprüfbare Bohrung (6. 111. Taf.) durch- teufte hier bis 68 m tertiäre Sande und Tone mit Kohlen und bis 120 m bunte Tone und Sandsteine (= ? Kreide). Auf Karten- skizzen Ameghinos (2. 37. f. 3, 41 f. 4. 92 f. 20, 144 f. 39, 146 f. 40, Taf. VIII Lam. III) sieht man im Westen der Bucht von San Julian unter Tertiär Kreidesandsteine und Prätertiäre Eruptiva. Fourous (6. 109) stellte im „bajo de San Julian,, SW San Julian unter kohleführendem Tertiär Kreideschichten fest. Dazu kommt die Auflagerung von Molasse auf Rhät in der neuen Bohrung bei San Julian. So wechseln Schichten- verband und Molasse mächtigkeit in der Umgebung der Bai von San Julian sehr. Hier scheint also die patagonische Tafellandschaft durch mancherlei Stö- rungen zerstückelt zu sein, denen ich vielleicht einmal an Ort und Stelle nachgehen kann. Literatur. 1. Fl. Ameghino: Notas sobre cuestiones de Geologia y Palaeontologia Argentinas. 1896. Bol. del Inst. Geogr. Arg. 17. 87—117. 2. Fl. Ameghino : Les formations sedimentaires du cretacö superieur et du tertiaire de Patagonie. 1906. Ann. del mus. nac. de Buenos Aires. S6r. II. 8. 3. G. Bodenbender: Constituciön geolögica de la parte meridional de La Rioja y regiones limitrofes. 1914. Bol. de la Acad. Nac. de Cienc. en Cord. 4. Br. Geinitz: Über Rhätpflanzen und Tierreste in den argentinischen Provinzen La Rioja, San Juan, Mendoza. 1878. Pal. Suppl. III. 5. Thore G. Halle : On the geological Structure and History of the Falkland Islands. 1911. Bull. Geol. Inst. Univ. Uppsala. 11. 115 — 229. H. Mylius, Die Schuppen und Quetschzonen des Rhätilcon. 781 6. E. Hermitte: Carbon petroleo y aqua en la Republica Argentina. 1904. An. All. min. de agric. Secc. Geol. Min. y Min. 1. Num. I. 71 u. f. 7. R. Jones: A monograph of the fossil Estheriae. 1862. Pal. Soc. 78. PI. 2 f. 16—28. 8. H. Rosenbusch : Mikroskopische Physiographie der massigen Gesteine. 1908. 2. 2. H. Ergußgesteine. 9. S. Roth: Beitrag zur Gliederung der Sedimentablagerungen in Pata- gonien und der Pampasformation. 1908. N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXVI. p. 92—150. 10. R. Stappenbeck: Umriß des geologischen Aufbaues der Vorkordillere zwischen den Flüssen Mendoza und Jachal. 1911. Geol. und Pal. Abh. N. F. 9. H. 5. 11. G. Steinmann: Einführung in die Paläontologie. 1907. 359 f. 626. 12. G. Steinmann u. 0. Wilckens: Kreide- und Tertiärfossilien aus den Magellansländern. 1908. Arkiv für Zoologi. K. Svenska Veten- skapsakad i. Stockholm. 4. No. 6. 13. 0. Wilckens: Die Meeresablagerungen der Kreide und Tertiärformation in Patagonien. 1905. N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXI. p. 98 — 195. 14. R. Hauthal: Contribuciones al conocimiento de la Geologia de la Provincia de Buenos Aires. 1901. Publicaciones de la Universidad de la Plata. No. 1 Julio. 15. Z. v. Siemiradzki: Zur Geologie von Nord-Patagonien. 1893. N. Jahrb. f. Min. etc. I. p. 22 — 32. Buenos Aires, im April 1912. Die Schuppen und Quetschzonen des Rhätikon. Von H. Mylius. Im I. Teil meiner „Geologischen Forschungen an der Grenze zwischen Ost- und Westalpen u (Beobachtungen zwischen Oberstdorf und Maienfeld) gab ich eine Einteilung des westlichen Rhätikon in Schuppen und Quetschzonen bekannt und verließ damit die von v. Mojsisovics begründete , von Tarnuzzer , Diener , Rothpletz und v. Seidlitz angenommene oder weiter ausgebaute Einteilung in Schollen. Es wurde in dieser Arbeit gezeigt, daß die in jenem Gebirgssttick zu machenden Beobachtungen sowohl stratigraphischer wie tektonischer Art erkennen lassen , daß dasselbe keine weit hergebrachte ortsfremde Schubmasse sein kann, wie die Decken- theorie es annimmt , sondern daß es an Ort und Stelle aus der Tiefe gehoben , bezw. durch kurze Ostwestschübe schuppenförmig aufgetürmt wurde. Eine lepontinische oder auch vindelizisch zu nennende Fazies wurde deshalb geleugnet. Insbesondere wurde von den vorwiegend aus Flysch und jüngeren eruptiven Gesteinen bestehenden Quetschzonen gesagt, daß sie nicht fensterartige Durchblicke eines basalen lepontinischen Gebirges durch eine ost- alpine Decke seien, sondern daß der Flysch als das jüngte Sedi- 782 H. Mylius, Die Schuppen und Quetschzonen des Rhätikon. ment der ostalpinen Schichtenfolge bei der Schuppenbildung zwischen die einzelnen Schuppen geriet, und daß gleichzeitig der Serpentin auf den sich in die Tiefe fortsetzenden und die Schuppen trennen- den Spalten in den Flysch eindrang. Gegen diese meine Auffassung wandte sich v. Seidlitz, indem er sein Kind „Schollenfenster im Vorarlberger Rhätikon und im Fürstentum Liechtenstein“ 1 dem Ertrinken nahe sah. Es erschien seine Entgegnung in dies. Centralbl. (15. Aug. und 1. Sept. 1912) „Sind die Quetschzonen des westlichen Rhätikon exotisch oder ostalpin?“ Er bejaht das erstere und kommt zu dem üb- lichen Schluß, in meiner Arbeit eine sogar glänzende Bestätigung seiner Ansicht zu finden. Der Nachweis meiner Ansicht, meint v. Seidlitz, „ist Mylius aber nicht geglückt, da er sich offenbar der Tragweite seines Unternehmens, das auf einer nur scheinbar sehr breiten Grund- lage auf baut, nicht ganz bewußt geworden ist, sonst hätte er seine Untersuchungen nicht dort abgebrochen , wo Stratigraphie und Tektonik in ihrer regionalen Beziehung eine Erklärung fordern, oder er hätte mit der Veröffentlichung des I. Bandes seiner Unter- suchungen gewartet , bis er sich auch über manche der nah be- nachbarten Probleme ein Urteil gebildet.“ Demgegenüber muß ich feststellen , daß ich meine vorjährigen Untersuchungen nicht dort abgebrochen habe , wo ich nebenan eine Erklärung hätte geben müssen, sondern dort, wo ich die diesjährigen Untersuchungen wieder aufnahm, und der in Arbeit begriffene II. Band (Beobach- tungen zwischen Maienfeld und Tiefenkastell), in welchem die nord- schweizerischen Klippen zwischen Reuß und Rhein, die Glarner Alpen, das östliche Rhätikon und das Plessurgebirge, sowie die Umgebungen von Klosters, Davos und Tiefenkastell zur Sprache kommen werden, wird zeigen, daß die Basis, auf der ich arbeite, keine schmale ist; daß sie weder in kleinen noch in großen Gebieten der Grenze zwischen Ost- und Westalpen Erklärungen schuldig bleibt und daß von ihr aus ich meine Ansicht wohl zu verteidigen weiß. Weitläufig, doch nicht inhaltsschwer sind v. Seidlitz' Ein- wendungen. In langer Ausführung kommt er zu dem wichtigsten seiner Schlüsse , daß mir der Nachweis , die Quetschzonen des Rhätikon stammten aus dem Hangenden , von dessen Trias- Jura- massen deshalb nicht gelungen sei, weil ich nicht „zum faziellen Verständnis des exotischen Flysches durchgedrungen“ wäre. Ich hätte, so meint er weiter, für einen solchen Nachweis „von solchen Gebieten ausgehen müssen, wo flyschartige Bildungen dem Trias- Juragebiet normal auf gelagert sind, also z. B. von der Mottakopf — Nonnenalpfalte , die weder im Hangenden noch im Liegenden von Linien anormalen Kontaktes begrenzt wird“. Ganz abgesehen davon, daß ich eine Mottakopf — Nonnenalpfalte leugne (daß v. Seid- 1 Mitt. geol. Ges. Wien. 1911. p. 37. A. Tornquist, Zur Kritik der von H. Mylius etc. 783 litz nicht in der Lage ist, diese einfache Falte im Streichen zu verfolgen, wird ebenfalls der II. Teil meiner Arbeit zeigen), glaubt denn v. Seidlitz, daß in jenem Gebiet mit seinen kleinen Flysch - resten der ganze Flysch mit all seinen verschiedenartigen Gesteinen erhalten geblieben ist? Ich möchte v. Seidlitz bitten, für seinen Nachweis eine breitere Basis zu wählen. Einstweilen genügen mir meine Beobachtungen, und ich bleibe davon überzeugt, daß die fucoidenfiihrenden Schiefer, glimmerreichen Sande, Arkosen usw., die ich aus normalen Verbänden mit Gosaukonglomeraten des Trias- gebirges des hinteren Bregenzer Waldes kenne, im Rhätikon ehe- mals ebenfalls dem Hangenden der Trias- Juramassen angehörten. Mit welchem Verständnis v. Seidlitz im Rhätikon das Wesen des exotischen Flysches durchdrungen hat, beweist er am besten im obersten Malbuntal, wo er in den jüngeren Partnachschichten, die durch Annäherung an die Arlbergschichten aus einer Wechsel- lagerung von deren typischen dunklen, feinblätterigen Tonschiefern mit harten grauen Kalkbänken bestehen, Flysch und Rhät ver- mutet. Allerdings drückt er sich hier wie auch sonst vorsichtig, d. h. unbestimmt aus, indem er nur von einem „flyscliartigen Gestein“ und Rhät ohne Fossilien spricht. Auf v. Seidlitz’ weitere Ausführungen bedauere ich einerseits wegen Mangels an Zeit, anderseits wegen der geringen Bedeutung, die ich ihnen beimesse, nicht näher eingehen zu können. Der II. Teil meiner Arbeit wird zeigen, wie die Verhältnisse im Rhätikon liegen. München, September 1912. Zur Kritik der von H. Mylius gegen mich gerichteten Entgegnung. Von A, Tornquist. Die Entgegnung, welche Herr Dr. H. Mylius auf meine Kritik seiner Auffassung der Tektonik der Algäu- Vorarlberger Juraklippen in dies. Centralbl. gebracht hat, kann ich nicht unerwidert lassen, trotzdem sie keinen Versuch einer weiteren Begründung seiner Auffassung enthält, dafür aber Angriffe gegen mich bringt. Sehr bedauerlich ist der unangenehme polemische Ton , an welchem Herr Myltus Geschmack findet und der unterdessen auch Herrn Dr. v. Seidlitz berechtigten Anlaß zu lebhafter Klage gegeben hat. Herr Mylius sollte sich darüber im klaren sein , daß die Erörterung seiner Anschauungen in meinem Aufsatz durchaus nicht seinetwegen oder für ihn geschrieben ist, sondern allen den Gegen- stand interessierenden Forschern die Unhaltbarkeit seiner Auf- fassung und die Unvollständigkeit seiner Untersuchung darlegen sollte. In gleicher Absicht ist ja unterdessen auch eine seine Auffassung ebenfalls ablehnende Kritik in dies. Centralbl. von Herrn Dr. v. Seidlitz erschienen. Über die von Mylius gegen mich gerichteten Angriffe be- merke ich prinzipiell folgendes. 784 A. Tornquist, Zur Kritik der von H. Mylius etc. — Personalia. Im Irrtum befindet sich H. Mylius , wenn er meine Auf- fassung über die Klippen als eine schnell und wenig überlegte Hypo- these hinstellt, vielmehr sollte er sich doch darüber klar sein, daß die Annahme der Auffaltung aus dem Untergründe die primitivere Auf- fassung ist, welche jeder, welcher die Klippen als Bestandteile von Überschiebungsdecken ansieht, bereits überwunden haben muß. Auf den Vorwurf, daß ich die Feuerstätter Klippen überhaupt nicht abgegangen hätte , kann ich nur erwidern , daß ich dreimal an dieser Lokalität gewesen bin und dort Fossilien geschlagen habe , von denen Mylius nichts entdeckte , auch publizierte ich zwei Photographien und ein ziemlich ausgedehntes Profil des West- abfalles des Feuerstätter Kopfes ! Schwerlich dürfte es Mylius ferner gelingen, die Gegenäußerung meinerseits mit der Bezeichnung der Unsachlichkeit ablehnen zu dürfen. Absolut sachlich und in ihrem Sinne vollständig unpersön- lich sind die folgenden, von mir in meiner ersten Kritik gemachten Einwendungen gegen seine Ansicht der Herkunft der Klippen aus dem Untergründe, welche ich hier noch einmal zusammenfasse. 1. Die außerordentliche Zerknitterung der Klippengesteine im Gegensatz zu den meist unzerdriickten Schichten der aus dem Untergrund aufgefalteten Kreide. 2. Die enge Verbindung der Klippen mit den kristallinen Exotica, die bisher noch niemand aus dem Untergrund hergeleitet hat. 3. Die Fazies der Klippen, welche im MYLius’schen „sekundär tektonischen“ Fjord nicht erklärt ist. 4. Die Verjüngung und das wahrscheinliche Auskeilen der Klippen nach unten in den Flyscli hinein. Solange Herr Mylius seine Untersuchung nicht zunächst auf die unter 2 erwähnten, von mir entdeckten und im Flyscli weit verbreiteten kristallinischen Breccien und Konglomerate ausdehnt und auch eine Erklärung ihrer Herkunft ebenso wie für diejenige der großen, im Flyscli liegenden Blöcke durch seine Theorie vor- sieht, entbehren seine Auffassungen überhaupt der notwendigen Basis; dann hätte er aber außerdem nötig, eine Erklärung für die von ihm selbst bestätigten Beobachtungen unter 1 und 4 zu geben, falls er seiner Auffassung Überzeugungskraft verleihen wollte. Bis dahin kann nur auf ihn selbst sein eigener Ausspruch Anwendung finden, daß er „schnell und wenig überlegt eine von Widersprüchen erfüllte Hypothese aufstellte“. Personalia. Gestorben: Am 21. Nov. d. J. Dr. E. v. Koken, o. Pro- fessor der Geologie und Paläontologie in Tübingen. Habilitiert: Dr. R. Lachmann als Privatdozent für Geo- logie in Breslau. Voigt & Hochgesang * Göttingen Fabrikation von Dünnschliffen von Gesteinen: Preis im Durchschnitt Mk. 1. 10 Nur für besonders schwierig’ zu bearbeitendes Material tritt ein geringer Preis- abschlag ein. Unerreichte Qualität, Dünne 0,02 mm. Kristalle: Genau orientierte Schliffe. Preis Mk. 1.30 — 1.50. Kristallpräparate für sämtliche mineralogischen Untersuchungen in tadelloser Aus- führung zu angemessenen Preisen. Bi" Neu erschienen : #S® Sammlung von 124 Dünnschliffen gesteinsbildender Mineralien, zusammengestellt von Geheimrat Prof. Dr./F. Rinne, Leipzig. Preis 200 Mark. Diese Sammlung ist sehr übersichtlich geordnet und enthält manche Neuerungen, so besonders Salze.' — = Verzeichnis auf Wunsch. ========= Anfertigung von Mikrophotographien im einfachen u. polarisiertem Licht in jeder Vergrößerung. Zu unseren Aufnahmen verwenden wir nur Objektive erster Firmen, wir liefern daher vollkommen einwandsfreie erstklassige Bilder. — .-= Preise gering. ======£= Aufnahmen von Naturobjekten in natürl. Größe oder in jeder Vergrößerung. Anfertigung von Diapositiven in jeder Größe. Im Februar 1912 erschienen: Neuer kristallographischer Katalog Xo. 23. Aus dem reichen Inhalt möge hervorgehoben sein : Modell zur Demonstration der Lage des rhombischen Schnittes bei den Plagioklasen nach Prof. Dr. K. Hixtze. Neue Pappkristallmodelle nach Prof. Dr. K. Vrba. Kristallographische Kaleidoskope nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Kristallographisches Spiegel-Polyskop nach Prof. Dr. K. Vrba. Modell zur Demonstration der stereographischen Projektion und Wandtafel für stereogr. Projektion nach Prof. Dr. E. A. Wülfing. Glasmodelle zur Erläuterung der Aetzmethode nach Prof. Dr. G. Wulff. Modelle zur Erläuterung der Bildung der ozeanischen Salz- ablagerungen nach Dr. E. Jänecke. Neue Mineralpräparate und orientierte Mineraldünnschliffe. Aus der neuen (achten) Auflage des mineralogischen Haupt- katalogs No. 1 (Juli 1910) empfehlen wir: A. Yorlesnngssammlung von 100 Mineralpräparaten. Diese Sammlung enthält nur Präparate von natürlichen Mineralvorkommen (mit Ausnahme von künstlichem Rubin und Borax) und ist in der Weise zusammengestellt , daß alle wichtigen optischen Erscheinungen daran demonstriert werden können. Der Preis einer Normalsammlung von 100 Mineralpräparaten in guter Qualität beträgt einschließlich eines zweckmäßig eingerichteten Kastens Mk. 1100. — . Dieselbe Sammlung in besonders guter Qualität kostet Mk. 2000. — . B. Sammlung von 225 orientierten Dünnschliffen von 134 gesteinsbildenden Mineralien, angeordnet nach H. Rosenbusch und E. A. Wülfing: „Mikroskopische Physiographie der petro- graphisch wichtigen Mineralien“, I. Band. 2. Teil. 1905. Preis der ganzen Sammlung von 225 Mineralschliffen, einschließlich Etui = Mk. 375. — . .. 175 „ „ = „ 295.-. .. 125 „ „ , = „ 205.-. Dünnschliffe von eingesandtem Material werden sorgfältig und pünktlich hergestellt, und zwar in der üblichen Stärke bis zu 0.02 mm und darunter. Durchschnittlich wird für einen Schliff auf Vereinsformat (28 X 48 mm) montiert Mk. 1. — berechnet. Nur für besonders schwierig zu bearbeitende Gesteine wird ein ent- sprechender Aufschlag berechnet. Auf Wunsch werden größere, bis handgroße Schliffe angefertigt. Spezialität: Schliffe fossiler Hölzer. Dr. F. Krantz, Rheinisches Mineralien-Kontor, Fabrik u. Verlag mineralogischer u. geologischer Lehrmittel. Gegr. 1833. Bonn a. Rhein. ■ Gegr. 1833 Verlag der E. Schweizerbart’schen Verlagsbuchhandlang, Nägele & Dr. Sproesser. Stuttgart, Johannesstr. 3. Druck von C. Grüninger, K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann), Stuttgart.