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Library of the Dibinitp School. Bought with money cıven ar I THE SOCIETY FOR FROMOTING

THEOLOGICAL EDUCATION.

Received 31 yly, 1893.

Das

Evangelium Des Petrus.

Dos kürzlid; gefunnene Fragment feines Tertes

aufs neue herausgegeben, überjegt und unterfucht

von

2 D. Theodor Bahn,

Brofeffor der Theologie in Erlangen.

en

64 Erlangen uno Leipzig. U. Deichert’ihe Verlagsbuchhandlung Nachf. (Georg Böhme). 1893.

JUL 311398

Due cl Ihes C d

Herrn D. Ernſt Tufharot,

dem hochverdienten Ausleger des vierten Evangeliums widmet zu feinem

70. Geburtstag diefe Unterfuchung eines fünften Evangeliums in danfbarer Verehrung und Freundichaft

der Berfafier.

Vorwort.

Die neuen Entdefungen auf dem Gebiet der altfirchlichen Ritteratur, an welchen unjer Beitalter jo reich ift, üben ein ftrengeg, aber ftummes Gericht an dem, was die „deutſche Wiſſenſchaft“ auf diejem Gebiet an Vermutungen, Behauptungen und Berneinungen geleijtet Hat. Es wäre gewiß lehrreich, in dem vorliegenden Fall alles das, was jeit C. Credners „Beiträgen zur Einleitung in die biblischen Schriften” (Bd. I: „Die Evangelien der Petriner oder Judenchriſten“, 1832) über das PBetrusevangelium gejchrieben worden it, an dem jet ans Licht gefommenen Bruchitüd desjelben zu mefjen. Das wäre aber ein graufames Geſchäft. Mir widerftrebt es um jo mehr, al3 ich felbft in der glüclichen Lage bin, faum ein Wort von dem, was ich im vorigen Jahr in der Geichichte des neuteftamentlichen Kanons (II, 742—751) über den Gegenstand habe druden laſſen, widerrufen zu müſſen. Notwendiger erjcheint ed, an meinem Teil dafür zu forgen, daß ein neuer Fund wie diejer nicht fofort, Statt aufflärend und befreiend zu wirken, künſtlich zu einer neuen Quelle der Verwirrung gemacht werde.

Was ich Hiermit veröffentliche, ift ein umveränderter Sonder- abdruck zweier Artifel, welche im 2. und 3. Heft des laufenden

VI

Sahrgangs der Neuen Firchlichen Zeitſchrift erjchtenen find. Der erſte (S. 1—38 des Sonderabdruds) wurde am 7., der zweite am 17. Januar der Redaktion zugeichidt. Die Zuſätze find neu Hinzu- gefommen.

Erlangen im März 1893.

Sb. Bahn.

Ssnhalt.

Einleitung . rn Tert und Überfegung . . .

. Geift und Art des Buchs. . Die Quellen des Vetrusevangeliums . . . Einfluß des Petrusevangeliums auf die Firchliche Sitteratur.

Urſprung des Petrusevangeliums . BZujäte .

Seite 1— 6 7—15

16—38 38—56 57—70 70—75 76—80

I. Einleitung.

chon im Winter 1886/87 haben die von der franzöſiſchen archäo-

logischen Miffion zu Kairo betriebenen Ausgrabungen auf einem altchriftlichen Kirchhof zu Akhmim in Oberägypten aus einem Grab eine Pergamenthandichrift zu Tage gefördert, welche neben umfangreichen Fragmenten des griechiichen Henochbuchs ein zujammenhängendes Stück eines Evangeliums, deifen Verfafjer ſich Simon Petrus nennt, und ein ebenjolches Stück einer Apokalypſe enthält, welche jofort als die im chriftlichen Altertum oft genannte Apofalypfe des Petrus er- fannt wurde. ALS endlich, wenn ich nicht irre, im Oktober des eben abgelaufenen Jahres die Veröffentlichung der genannten Stüde er- folgte,!) 309 vor allem das Fragment des Petrusevangeliums die Aufmerkſamkeit weiter Kreife auf fih. Schon in den eriten Tagen des November hat A. Harnad?) mit der ihm eigenen Lebhaftigkeit

1) Mömoires publi&s par les membres de la mission archeologique francaise au Caire, Tome IX, fasc. 1 (Paris 1892) p. 91ff. Diefer von U. Bouriant bearbeitete Teil des Heftes trägt das Datum „Le Caire, no- vembre 1891* (sic). Das Fragment des Petrusevangeliums "(ieh nenne Died im folgenden BE) fteht p. 187—142; in der Handichrift, welche dem 8.—12. Jahrhundert zugefchrieben wird, füllt dies Fragment p. 2—10. Wenn Bouriant die zu Akhmim gefundene Handfchrift (j. p. 93) von p. 95 an le manuscrit de Gizeh nennt, fo wird damit gefagt fein jollen, daß die Handfchrift jekt in dem dortigen Mufeum aufbewahrt wird.

2) In den Situngsberichten der Berliner Alademie vom 3. u. 10. No» vember 1892. In erweiterter und verbeflerter Geftalt gab Harnad die dortige Publilation in den „Terten und Unterſuchungen“ Bd. IX, Heft . (1893, Bor:

Th. Bahn, Das Betrusevangelium.

2 Das Evangelium des Petrus.

des Ausdrud der Gelehrtenwelt die Wichtigkeit der neuen Entdedung zum Bewußtſein gebracht. Drei Tage, nachdem der Tert in Cambridge eingetroffen war, am 20. November, hielt J. A. Robinſon, der ver- dienſtvolle Herausgeber der Cambridger „Texte und Studien“, eine öffentliche Borlefung über den Gegenstand, welche feither in Verbindung mit einer Borlefung von M. Rh. James über die Betrusapofalypfe und mit den Texten beider Schriften in erweiterter Geftalt im Druck er- ichienen iſt.) Die Sache ift wichtig genug für die Geſchichte der Evangelienlitteratur in der alten Kirche und jomit für die Theologie, um wiederholt und von verschiedenen Seiten mit einiger Ausführlich- feit erörtert zu werden.

Was wir bisher von einem Petrugevangelium wußten, war wenig, aber doch bedeutjamer und bejtimmter ala das, was uns über manche andere apofryphe Evangelien überliefert ift.?) Die wichtigften Nachrichten darüber verdanfen wir einem von Eujebius aufbewahrten Bruchſtück eines Schreibens des Biſchofs Serapion von Antiochien um 200 an die Gemeinde der nicht weit davon gelegenen Stadt Rhoſſus oder Rhoſus. Wir erfahren dadurch vor allem, daß ein „Evangelium des Petrus" oder „nach Petrus“ ſich damals im Beſitz und Gebraud) einer chriftlichen Sekte zu Antiochien befand, welche von den Katho- Yifen „die Doketen“ genannt wurde. Serapion, welcher ſich von Mit-

rede vom 15. Dez. 1892) noch einmal Heraus. Letztere Aufgabe, welde ich erhielt, nachdem die weſentlichen Zeile der folgenden Abhandlung gejchrieben waren, bezeichnet im folgenden der Name Harnad.

1) The gospel according to Peter and the revelation of Peter. Two lectures ete. London 1892.

2) Vgl. meine Gefch. des neuteft. Kanons I, 177—179,; II, 742-751. Namentlich die Überfegung und Tritifche Behandlung des in mehreren Punkten ziemlich fchwierigen Fragments des Serapion (Eus. VI, 12; Geſch. d. 8. II, 744. ff.) fähe ich gerne von anderen einer fcharfen Kritik unterzogen. Die Überfegung von Robinfon p. 14 kann ich nicht richtig finden. Schon you all ift nicht genau rovs navras. Ganz weggelafien ift das für den Sinn ent- ſcheidende In’ adyzav vor noopepöusvov Övouarı Ildrgov svayyehıov. Ferner ift der Vorſchlag unannchmbar, gegen die griechiſchen Hfj. und Rufin Magxio» ftatt Maoxsavos zu lejen. Denn erftend würden Anhänger Marciond nicht das BE, jondern das Ev. Marcions mit Eifer gelefen haben. Zweitens zeigen die Imperfekta, in welchen von diefem Manne geredet wird (Nvavrıouro, Ehaler), daß Serapion bei dem Rückblick auf feinen Beſuch zu ARhofjus beharrt, wovon er vorher ebenfo geredet hat (önsvsovr),

Die Nachrichten über dasfelbe. 3

gliedern dieſer Sekte ein Eremplar des Buchs zu verichaffen wußte, hielt dieje Dofeten oder doch die damaligen Mitglieder der Sekte nicht für die Schöpfer diejeg Evangeliums, jondern betrachtet die jogenannten Doketen als Nachfolger einer älteren nicht näher bezeichneten Partei, welche letztere das BE produziert und ebenfo wie manche ihrer Lehr⸗ meinungen auch dieſes Evangelium auf die Dofeten vererbt habe.!) Wir dürfen die Vorftellung de3 Serapion aus anderweitigen Nach— richten noch etwas genauer bejtimmen. Bon Clemens Al. wird ein gewiſſer Julius Caſſianus, ein ehemaliger Anhänger der valentinia- niſchen Schule, al® Urheber der Dofeje, d. h. als Stifter der Sekte der Dofeten bezeichnet. Die Wirkſamkeit des Julius Caffianus muß in die Zwilchenzeit zwijchen Valentin (um 130—160) und der Ab- faflung der Stromatei® de Clemens (200—202), aljo etwa um 170 oder 180 fallen. Es jind ferner, auch abgejehen von dem Zu- ſammenhang zwilchen Caſſian und der Dofetenjefte, Gründe vor- handen für die Annahme, daß Caſſian ein Antiochener war.) St dem fo, jo hatte ein Mann wie Serapion, welcher um 200 Bilchof von Antiochien war, die Entſtehung der Dofetenjekte zu Antiochien noch miterlebt; denn Bilchöfe pflegten feine Sünglinge zu fein. Dann ift aber feine Vorſtellung von dem Verhältnis des PE zu dieſer Sekte von geſchichtlichem Wert. Serapion glaubte zu willen, daß eine mit den ſpäteren Dofeten verwandte Partei jchon vor 170—180 das PE beſeſſen und auch hervorgebracht Habe. Nachdem er das Buch einer näheren Prüfung unterzogen hatte, fonnte er jagen, daß die meilten dem BE eigentümlichen Gedanken auch in der Lehre der Dofeten enthalten feier. Damit ftimmt überein, was wir durch Origenes erfahren, daß in dem PE die Anficht vertreten war, die Brüder Jeſu feien nicht leibliche Söhne der Maria, fondern Söhne Joſephs aus einer früheren Ehe gewejen. Sowenig nämlid)

1) Da die Bezeichnung der Doleten als duadoxos der Urheber des PE nicht ausdrüdlich auf die damaligen Mitglieder der Doketenſekte beſchränkt ift, und da dsadoxos fie nicht ſpeziell als Erben des Buchs, jondern als Nach—⸗ folger überhaupt bezeichnet, fo ift es auch nicht, wie ich Geſch. d. K. II, 751 urteilte, wahrjcheinlih, daß die Entftehung des PE mit der Entitehung der Doketenſekte zufammenfält. Jene fällt nad) Serapions Anficht früher als dieſe.

2) Bol. Geſch. d. K. II, 635 f. Ich füge Hinzu, daß auch für den fpäteren Johannes Caſſianus nicht ohne Grund eine Herkunft aus Antiochien ans genommen worden ift.

1*

4 Das Evangelium des Petrus.

dieje |päter in der Kirche weitverbreitete Meinung eine dofetijche Anſicht von Chriftug zur notwendigen Vorausſetzung hat, jo ift doch ohne weiteres einleuchtend, daß eine folche Anficht von der evange- liſchen Gejchichte jehr Leicht dazu führen konnte, auch die Perſon der Maria und ihre Ehe mit Joſeph in ihren Ideenkreis einzubeziehen. Die Brüder Jeſu durften nur jcheinbar feine Brüder und Maria nur Scheinbar Mutter noch anderer Kinder als des Herrn fein. Ferner jagt Serapion, daß das Meifte im PE der rechten Lehre des Heilands angehöre, einiges aber an Geboten Hinzugefügt ſei. Alfo in ethiſcher Beziehung ging dad PE über die in den kanoniſchen Evv. enthaltene Lehre Jeſu hinaus. Es waren derjelben Menjchen- gebote beigemifcht. Schon die Erinnerung an Kol. 2, 8. 20—23 läßt nicht wohl daran zweifeln, daß es ſich um asketiſche Gebote handelt, welche das BE dem Herrn in den Mund legte. Die Verbindung einer dofetiichen Chriftologie mit enfratitiicher Ethik finden wir während des 2. Jahrhunderts bei übrigens ſehr verjchtedenen Richtungen: bei Marcion, ferner in den Kreifen, aus welchen die meisten apofryphen Apoftelgeichichten hervorgingen, und gerade auch bei jenem Julius Caſſianus, dem Stifter der Dofetenjekte, welche um 200 im Befit und Gebraud) des PE ſtand. Das BE hatte vieles, ja dag Meiſte mit den kanoniſchen Evv. gemein. Was Serapion in Bezug auf die Lehre und Gebote Jeſu jagt, wird auch von der Geſchichte Jeſu gegolten haben. In Anlehnung an die gemeine evangeliſche Überlieferung war das Bejondere vorgetragen. Hieraus erklärt ſich auch der Vorgang, welcher dem Serapion Anlaß gab, da3 PE einer genaueren Prüfung zu unterziehen und der Gemeinde von Rhoſſus darüber zu berichten. Serapion hatte bei einem Beſuch in Rhoſſus dort Chriften ange- troffen, welche da3 PE laſen und deswegen Berdrießlichkeiten Hatten. Man muß fie wegen ihrer Vorliebe für diefes Buch zur Nede geftellt haben, was fie veranlaßte, ſich an den Biſchof zu wenden. Diejer aber hatte, ohne das Buch ſelbſt und die Denkweiſe der Leute zu Rhoſſus, die es lajen, genauer zu prüfen, es für unverfänglich erklärt, daß fie es weiter läſen. Inzwiſchen aber Hatte er erfahren, daß jene Leute, an deren Spibe ein gewiſſer Marcianus ftand, heimliche Anhänger einer Irrlehre feien, und erfannte nun, daß ihre Vorliebe für das PE mit ihrer häretiſchen Richtung in Zufammenhang jtehe, und daß ſomit feine Toleranz in Bezug auf das PE eine

Die Nachrichten über dasfelbe. 5

Unvorfichtigfeit geweſen fei, welche er nach genauerer Unterjuchung des Buchs durch ein Sendfchreiben an die Gemeinde, welchem ein perjönlicher Beſuch folgen jollte, wieder gut zu machen fich beeilte. Nach dem Wortlaut der Erzählung verhält es fich nicht jo, wie es gewöhnlich dargeftellt worden iſt,)) daß dag BE bis dahin im Gotte3- dienst der fatholischen Gemeinde zu Rhoſſus neben den Tanonijchen Cop. oder anstatt derjelben gebraucht worden wäre, was Serapion anfangs noch geduldet, dann aber verboten hätte; jondern einigen, jei e3 einheimifchen, jei e3 von auswärt dorthin gekommenen Chriften zu Rhoſſus, welche das Buch für ſich Iafen, hatte Serapion dies in der Meinung, daß fie rechtgläubige Chriften feien, geftattet; und er widerrief dieſe Indulgenz, ala er die damit verbundene Gefahr einer Verbreitung von Irrlehren in der katholiſchen Gemeinde erkannte.

Ein zufammenhängendes Stüd diefes Ev. in die Hände zu be- fommen, ift zumal für den, welcher etwas weiß von den Bhanta- fien der Gelehrten über dieſes wie über andere nichtkanoniſche Evv., über welche wir nur dürftige Berichte der Alten befigen, eine wahre Freude. Wir beiten ja manche Bücher, die wir apokryphe Evv. nennen, vollftändig und auch fo ziemlich in ihrem urfprünglichen Zuftand, vor allem jene Ausichmüdungen der Geburts- und Kindheits- geichichte Jeſu, an welchen viele Chriſten ſchon des 2. Jahrhunderts ein großes Gefallen hatten. Aber ihre verhältnismäßig untergeord- nete Bedeutung für die Gefchichte. des N. Teitamentes in der Kirche ergibt fich Jchon daraus, daß fie gar nicht dazu beftimmt waren und unferes Wiſſens auch nicht dazu gebraucht worden find, einer Ge—

1) Harnad, der fi zu meiner Freude jetzt S. 4 einige Früchte meiner im „NR. Teftament um 200” ©. 49 noch jehr veräctlich behandelten „Bes mühungen um die Auslegung der Stelle” aneignet, 3. B. die richtige Auf: faffung des wichtigen moooöseoraAusva, verhüllt doch gleichzeitig den Haupt: punkt dur den Ausdrud „in der Gemeinde zu Rhofjus” oder „in einer Ge: meinde des antiochenifhen Sprengels” fei dad PE gelefen worden. Wenn Baptiften und Irvingianer in einer unferer Gemeinden Anhänger zu werben ſuchen, Schriften und Anfichten verbreiten, jo geichieht das freilich in gewiſſem Sinne in der betreffenden Gemeinde. Der Ausdrud bedarf aber fehr der Erläuterung und Begrenzung, wenn ed fih um Handlungen und Schriften von Leuten handelt, welche wie in diefem Fall ganz deutlich von der Gemeinde unterfohieden werden. Nicht der im Brief Serapiong angeredeten Gemeinde, jondern den in dritter Perſon erwähnten Anhängern des Marcianus Hat Serapion gejagt: „Das Buch mag gelejen werden”.

6 Das Evangelium des Petrus.

meinde chriftlichen Namens in ihrem Gottesdienft als Grundlage der Erbauung und Belehrung zu dienen, wie dies vom Hebräerevange- lium, vom Ev. Marciong, vom Diateffaron Tatians und ſowohl nad) den vorher reproduzierten Nachrichten ala nach dem nun vorliegenden Stüd vom PE gilt. Wenn das lettere fich an kirchengeſchichtlicher Be— deutung nicht entfernt mit den Drei vorher genannten Erzeugniffen des 2. Jahrhunderts vergleichen läßt, jo tritt e8 doch, was den formalen Charakter und allgemeinen Zweck anlangt, mit ihnen in gleiche Reihe. Und während wir den Tert jener drei Evangelienbücher nur mühſam aus Berichten und Kommentaren zum Teilin anderen Sprachen refonftruieren fünnen und, was da3 Hebräerevangelium anlangt, ung mit 23 zu— jammenhangzlojen, zum Teil winzig Heinen Säben begnügen müfjen, haben wir hier eine fortlaufende Gejchichte der Baffion und Auferftehung im Original. Ich gebe den Tert derjelben nach der Editio princeps von Bouriant unter Berüdfichtigung der Ausgaben von Harnad und Robinſon mit einigen notwendig erjcheinenden Verbefferungen.!) Da die Ausgabe von Robinſon nur der Vorläufer einer für die „Texte und Studien” beftimmten umfafjenderen Bearbeitung fein joll, welche dann vermutlich die Hauptgrundlage der weiteren Erörterungen bilden wird, jo habe ich die Kapitelteilung von Robinfon und nicht die Versteilung von Harnad mir angeeignet. Den Titel des Buchs, welchen die Handichrift von Akhmim nicht bietet, babe ich nach den alten Nachrichten vorangejebt.?)

I) Ach nenne den Koder oder vielmehr Bouriant3 Kopie desſelben C, Sarnad H, Robinfon R. Bouriant bat ſich nicht Über den Sinn der von ihm angewandten edigen Klammern ausgefproden. Wenn er (unten ©. 8, 19) owöorı[v] ſchreibt, fann das nur bedeuten, in O ftehe ein überſchüſſiges », dagegen bedeutet S. 10, 10 xerrvoianf:] offenbar, in C fehle ein unentbehr: liches «. Das ift aber nicht in allen Fällen jo felbitverftändlich wie in dieſen beiden. Ich vermute, daß S.7,2 [rwov] in der Handichrift fteht. Ein einziges Mal find auch runde Klammern angewandt p. 187 3. 3 dxslev(n)oa.

2) Orig. tom. X, 17 in Matth. zov änıysyoauusvov xara Ilervor evayysliov. Eus. III, 8, 2 76 xar’ avror (sc. [I&roov) wvouaousvov evuyyshor, weſentlich ebenfo in der Einleitung zu Serapions Fragment VI, 12, 2, cf. auch Theodoret. haer. fab. II, 2. Aus dem Fragment Serapions (ſ. S. 2 A. 2) läßt fi die Form des Buchtitels nicht fiher erkennen.

Der Tert. | 7

U. Cert und Überfeßung.

[EvayytAıov xara Ileroov.]

1. tüv 62 ’Iovdalwv ovdelg Evlıyaro Tas Xeipas, ovdE Hocdng, ode Eis TWv xgıwvy avrov. xal rıvwv Bovindersww viyaodaı, aveorın Ilsılaros. xai Tore neleveı Howöng 0 Paouleig nrape- ImupIivaı öv Kigıo, einav aürois Hr „oa Endlevon dulv zoom ao, nomoare‘, 2. "Haeı Ö& Euei ’Ivonp 6 @läog s Heılcrov xal tod Kvolov xal eldws, Orı oravploxeıy airov uelAovony, 1AJev mugös ıov Ileıhlörov nal Tınoe TO oWua Toü Kvglov meös rapmv. xal Ö Ileıldros sı&uryas sıgös Howdnw Memoev evTod oũuo, xol Ö Bouöng E Epn‘ „aoEApE Teulöre, ei xl un TS adrov yrras, nuelg adrov Edarırouev, Emrei xal capßorrov Enupwone“. 10 yeyparıraı yag & TW von, nlıov un düves dr repovsuuevep TOO juäs tv Alvuww, tig Eogrig airwv. 8. Ol de Aaßövıes rov Kvpıov WIovv adıdv rgeyovreg xai Ehsyov' „alowusv Tov viöv Tod Jeoü, EEovolav altod Eoynmöres“. ai oppugav auröv regueßalov nal Exadıoav aurov Ent nadedoav xgloews Aeyovres' „Orxalwg xpive, 15 Baoıled ov ’Ioganı“. xal Tıg aurov Eveynuiv orepavov uxavdıvov EInxev Enii vis xepaliig Tod Kuolou. ai Eregoı Eorwres Ev&rırvov adrod reis dryeaı, xal Ahloı Tag araybvas adrov Locreıoav, Fregoı aha Evvocov auröv, al Tiveg aüröv EudorıLov Myovuss „TaUTN Th zum Erunoonev zöv viöv Tod Jeoö“. A. Kal Nveyxov duso 30 xoxoveyovs xal EoTavowonv Ava uEovv adrov Töv Küpıov, adrög dE zouwisa wg undtv rıövov Exwv. xal OTE WOIWOEV TOÖV Oravoor, erceyoaıyav Orı „obrdg Earıv 6 Baoıkevg rod "Iogani“. nal reeındres ra &vövuare Eunoo0der auvrov Örsuegioavro nal Aayuov EBarov Erı’ avrois. eig dE us Toy xomoveywv Exelvwv wveldioev autovg Aeywv ' 35

1. [ov] C | 2. ovde eıs Z (cf. Jo. 1, 3; Act. 4, 82, ovdass ovde ovös cf. Mr. 18, 32): ovdeıs C, ovd’ us HR | wow Z: [rtov] C, om. HR (H add. avraw post Aovi.) cf. was vis, xaı tıves c. 8. 5. | 3. Ileılaros sic ubique: ITesAarns hoc loco C | nag[ainu]gdnvar C | 4. sxelev(n)oa C | 10—11. areı negovsvuevp Diels H uncis incl. | 18, aipmuev 2 (cf. aloe Le. 23, 18; Act. 21, 86;°22, 22; Acta Theclae 20; Mart. Polyc. 3, 9; Hippol. ed. Lagarde 150, 4; aoov Jo. 19, 15; dowus» Jes. 3, 10 apud Just. dial. 186. 137 et Hegesippum [Eus. h. e. 1I, 28, 15] pro drowusv apud LXX): svowusv C, ovowusv Harris RH | 14. neoısßalov Z (cf. Jo. 19, 2): negısßahlov C | 20. ruunvauev C | 32. zowrna os R alii: soıwrraoas C | under scovov Z: under novov CH, undeva novov R | swedmoav C | 25. wvssönoev CO.

8 Das Evangelium des Petrus.

„nueic dic Ta sand & Enoınoauev ovrw renövdauer, odrog 62 owrig yenduevos Tüv dr dguruum zi nölunoev Unäc“; ; xl dyavan- ınoavreg En’ aurın dxelevonm, iva un oneloxormIi, Onws Baoavıld- uevos anodavoı. 5. ’Hv Ö& usonußgla, xal ondros xareoye rücav senv Tovdalav xal &3ogvßoürro xal nywrluww, unmore ö Nluog Edv, nreıön Erı Ein‘ yEyoarcraı ya adrois, NAıov un dvvaı Ent 1iepo- vevusyy. Hal Tıg adzwy einev‘ „norloare aurov yoAmv era dEovc“, xal nepdoavıes Enrorioav xai Errinowoav sravra xal Ereleiwonv xœro TÜG Xepalijg autwv Ta auaprnuara. nieginpxovro Ö& noAAol era Abyvwv vouibovres, Orı vob Eorıv, Enreoav Te. nal Ö Köpuog aveßönos Ay‘ „m Öuvauis uov, 7 Öbvanıs, nareleıyas ue“. al einwv Aveinpim. xal avıng Tnig Wgag dıeyayn TO xaranıdraoua 00 vood ig Tegovoaanu eis duo. 6. Kal Tore aneonaoev Toug mAovs arıd TWV xeıpwv Toü Kuvplov xai EImxav avrov Ersi Tg yñc, ısxeL 7 yñ rüoa Eoelodn, nei pößos ueyosg &yEvero. Tore nAuog Elauıve, xœl EÜEEIN WwOR eva. Eydgnonv d2 ol Iovdaloı nal dedwxaoı Tu Wonp ovua avrod, iva add Ian, Emmeibn Ieaaduevog Tv 000 dyade Erroinoev. Außuv d& Töv Kügıov Elovos “oil Evelinoe owöövı xai slonyayev eis Ldıov Tapov, xaloUnevor xnnov Tuonjp. UV »T. Tore oi ’Iovdaioı xal of nrosoßurepoı xai oi iegelc, iöövres, olov xunöv Eavroig Ervoinoav, No&avro aörreodeı nal Aeysıy" „oval Taig duogrlaug juwv' nyyıoev 7) xoioig xal vo Elog Tegovaainu“. Ey de uera ıw@v Eraigwv uov ZAvrsovun, nal Tergwuevo xara dıLavoray exgußduede" Eimrovusde yap vun’ aurüv wg xux00gyoL xal (ig Töv 26 vadv IElovres Eurgjon. Erti ÖL Tovroig ou' Evnorevoner xal InaIelduede ıtevdoüvres xal nlalovres vuxtög xal 7 Jucoog Ewg roũ caßßarov. 8. Zuvaxdevres de ol ygauuareig xal Dapıoaloı xai srosoßurepoı ugös dAAmAovs, axovoavreg, Or 6 Aaög ünas yoyyibe nal nörteraı Ta 00mIn Akyovıss, Otı „el io Iavary avrod Tavra Ta uEyıora omusia yEyovev, Were Oröoov Ölxaudg Eorıv“, EpoßrInoav

4. anodavoı CR cf. Winer Gramm. Ed. 6 p. 260: anodavn Geb- hardt H | as0saßora C | 5. edogovßovvro C | nywvıow R Blass: nyavı0a» C | advs C | 6. [yae] C | 9. negssoxovro C | 10. aneoav re BR: snsoavro C, xuı ensoavto Diels H | 11. duvauıs sec. sine vov C: vov add. H | 12. avzns rs H: avros C, avıns R | 15. syasodn C | 16. svendn C | 18. eveuAnos Gebhardt, Blass: eulnos C | 19. owöorı[v] C | 25. evnorevous» CO | 97. svraxdevres C | 30. ono0o» Diels: ors 000» C.

Der Tert. 9

oi nosoßitegoı “al A9ov sıoög Ileılürov dedusvor airoü Aal Aeyovrsg‘ „napados Nuiv orparıwras, Ya Yvlafwar TO uviua avrod Ei Teeig Nuloag, unnore ElFovreg ol uadmai avroü “AEWworv aürov, xal vnoldaßnm 6 Aaos Or Ex vexpüv dv£oen, “ai 70m0WwOLw Nuiv xard“. © d& Ilsılürog rapadedwnev avtols 5 ITergwvıov TÖv xevrvpiwwa Era Orgatıwrov YPvlaoosıy TOV Tapor. zal 00v avrois NAIov rrgsoßutegoı zul yoauuarels Er rd uwiue, xal xuvAloavres AlIov uEyav UETE TOD AEvroplwvog Aal TWV OTEATLUW- rwv, 6uod niavres ol Ovreg Exei EIaav Enui Th Ivo TOoü urnuarog, xal Erreygioav Erra opgayides, xal annynv Exei sınsavreg Epvlaker, 10 9. Tlpwiag d& Enıpworovrog Tov oaßßarov nAIev OxAog ara Tegov- oolnu xal Ing nepixwoov, iva tdwar TO uväua Eoppayıcuevov. Ti de vordi NY Errepworev ı, xugiean, pilaovövrwv TÜV OTEATLIWTOYV ava Öbo dio xara Ypovgav, ueyaln Pwrn E&yevero Ev to oüpavip, nal eidov AvoıyIevras TOVg ovgmvoigs xaul Övo üvdons Aareldövras ıs ineidev, roAv pEeyyos Exovrog al Ermioravras To Tapı. 0 ÖE Md9og Exstvos 6 BeßAnuevos Enii Ti Fvog ap’ Eavrov avAuodeig Une- XWENTE rapG 11EROS, Kal Ö Tapog Nvolyn, ai duupörego. ol veavioxoı elonıIov. 10. ’Iödvres odv ol orarıwıaı Exelvor EEürvioav Tov KEvTvolwva xl TOUG TTOEOBUTEROVS* TTROT 00V yapxal avToL (PvAROOOVTES. 20 xal Einyovusvwy avrwv & eldov, nrakıy Ooworw EEeldovrag anıd Toü tapov rosis üvdgas xal Tovg ÖTo Töv Eva Unogdoüyrag xal OTavgöv aroAovdoüyre adroig, Ku TWv EV ÖTo nv AEepainv XWgoücev uEXEL TOD 0U0VOD, TOD ÖL XEıyaywyovuevov Uri avrav Uneoßalvovonv ToÜs olemwvovg. al Puvig Mxovov Eu Tüv oliv Aeyobang' 2 „ernpvBag ToLg KoLumwuevorg“; aa Urtoron NxoVsTo And TOU OTavpoü ot „val“. 11. Zuveonesmiovro oor allmAoıg Ersivor arıeldeiv xal Zypavicaı raüra ro Ilsılary. xal Erı diavoovussw aurev palvorraı ralıy Avorxdevres ol ovgavoi zul üvdpwriöc dis AareAduv Hal 3. nulsoas] C | 5.' magadedunev C cf. p. 8, 16: zaoedwxev? | 8, uera HR: xara CO | 9. owov R: öuos C, öuor UÜsener H | 10. srexoaav C | 15. avoıydevrss CO | 16. exeıde C | enıoravras R: errioavras CO, syysoavras Diels H | 17. kaıdos C | vnexwonos R in notis: snexwonoe C, anexwonoe Geb- hardt; alii | 18. svosyn C | 20. auvrs HR: av 0 C | 21. opacıv efsAdovros ... avöoes ... axohoFovvra U | 24. Tov ds zespyaymyovusvov R alii: ror de xepa To rovusvov C | 26. ya C | 26. zowwmuevos CO | xas vraxon nxovero R

cum © (ubi vzaxon.): vraxonv ; xaı nxovero Preuschen H, omnia turbantes | 27. orı va HR: zwar C | 29. xareAdov C.

8 Das Evangelium des Petrus.

„Nusis dia Ta xana a Emmoinoausv obzw Trenövdauev, oVrog ÖL owrng yerdusvos Tüv dvdgurcuv vl Nölnmoev Unäc“; xal’ dyavan- ınoavreg Er adv Enelevoov, iva un omelononndd, Orws Baoavıld- uevos anosavor. 5. "Hy dR usonußela, zul Oxdrog xareoyge 1räoov szniv Tovdalav xai &Iogvßoüvro xal nywvlwv, unnore 6 Nluos Ebv, ineıön Erı Ein‘ yeyparıra, yap adrois, NAıov un dvvar Ent 1iepo- verußyw. xal zıs aurwv einev‘ „norloars auroöv xoAmv uera ögovc", nal nepaoavres Errorioav nal Errinpwoav sravra nal Erehclwonv xaTa TÜG aEpahig aurwv Ta Auaprnuara. niegingxovro O mcoAkoi ıuera Abyvwv voulLovres, Otı voE Eorıy, Erteoav Te. “al 6 Kvoros dveßönoe Ayav“ „ı) duvauis uov, 7 Öbvauıs, xarelenpag ue“. zul einWv AveinpIn. Hal avıng TiG Wwoas dıevayn TO xarandraoue tod vood ig Tegovoainu eis bo. 6. Kai Töre ankonaoev Tovg nAovg drwd Tv xeıpiv Tod Kvplov xal EInxav avrov Erti vg yñc, ısxal 7 y7 nüoa Eosiodn, xal poßos ueyas EyEvero. Tore NAog Ehauıbe, xl EvgEIN wen Eva. Eyaonoav d& ol Iovdalioı xal dedumanı Tip Wonp To owua avrov, iva auıd Ian, Enmeibn Ieaoduevog Tv 00x ayasda Enolnoev. Aaßwv dt Töv Kögiov Elovoe xai Evellnoe owödrı xal eionyayev eis idıov Tapov, xuAovusvov xijnov Imonp. UV »T. Tore oi Iovdaioı xai ol rıgeoßurepoı »al oi iegeig, lödvres, olov xonöv Eavrois Ervolnoav, no&avro norereodnı nal Aeyeıy' „oval Taig Guapriaus nuwv' Hyyıoev 7) xoloig xai vo EAog Tegovaakıju“. Ey de uera ıwv Eraigwv uov EAvrmovunv, nal TergwuEvoı nara dıavoray exgußöusda‘ Eimrovusda yap vun’ avıwv Ws xexoüpyoı xal ws TV »svaov IElovreg dungijoa. Eri dt Tovroig ao Evnorevouev xal inaIeldusde stevdoüvres nal alalovres vuxrög xat nulgas Ewg TOD oaßBarov. 8. Zuvaxdevres dt ol yoauuareis xai Dapıoaloı xai roeoßvrego. rpös AAlmkovs, dxovoavres, Orı 0 Auög ünag yoyyübsı xal xörcreraı Ta ormIn Aeyovrss, OT „el To Iavary avToü Tavra Ta ueyıoıa Omuesla yEyovev, Were O7000v Ölxaıdg Earıv“, EpoßiImoav

4. anoFavoı CR cf. Winer Gramm. Ed. 6 p. 260: anodavn Geb- hardt H | aeoeußora C | 5. edogovßovvro GC | nyavıwv R Blass: nyavıoa» C | edvs C | 6. [yae] C | 9. reoseexovro C | 10. ensoav Te RB: snevavro C, xas erreoavto Diels H | 11. dvvauıs Bec. sine wov C: aov add. H | 12. avzns rs H: autos C, avıns R | 15. syaodn C | 16. svondn C | 18. evaunos Gebhardt, Blass: eulnos C | 19. owdorı[v] CO | 25. evnorevouer CO | 27. suragdevres C | 30. onooov Diels: orı 1000» C,

Der Tert. 9

oi noeoßizegoı zul 1AIov sıpog Ileılürov dedusvor airoü «al Aeyovres' „napados Nuiv orgarıwras, Iva pvldäwoı TO uväua avrod Ei Toeig Tucpag, unnore Eidovreg ol uadmai avroü “AEWwor eürov, aal ünolaßn 6 Aaög Orı Ex vexgwv avdorn, za 70m0W0L Nuiv and“. © d& Ilsılürog rapadedwnev avrols 5 ITergwvıov TÖv xevrvpiwwa Era OrgaTIwrv Yvlaooeıv TOV Tapor. al 00V avzoig NAIov resoßuTegoL xai yonuuareis Er TO uwiue, xal xvAloavreg AlIov uEyav Era Tob AEvruplwvog xal TWV OTEMLLU- rev, Ouod navres ol Ovreg Exei EImmav Erii Th Ivog TOD uynuarog, xal Errexgıoav Ervra opgayidag, aa onıpnv Excel rınSavres Epviadev. 10 9. Ilgwiag dt Enıpwoxovrog rod oaßßarov NAsev ÖxAog drro Tegov- oaAru xal Tg zreguxwWoov, iva Tdwor TO uvniua Eoppayıouevov. Ti de vondi NY Ertepworev T, xvpiean, pulacoövewv TÜV OTOATLWTEYV ava dio dio xara YPgoVgav, ueyaAn pwvn Eyevero Ev To) DUpavo), xal eldov AvoıyxI&vras ToVS oVgavovs xal ÖVo Avbonc xareldövrac ıs insidev, roAu (pEyyog Eyovrag xal Errioravros Ti Tapw. Ö& Aidog Exetvos 6 BeßAnusvos Erii Ti Fvog ap’ Eavrov avluodeig Ure- XWENTE rag 1E00S, Kal Ö Tapog nvolyn, xai aumpörepor ol veavionoı eionAIov. 10. ’Idövres odVv oi oroauwrar Eneivor Ebunvıoav Töv KEvTvolwva Kal TOVG TTOEOBUTEROVG" TOT 00V ap xal avToL (PvAROOOVTES. 20 xol 2Enyoyusswv aurov & eidov, ıakıv boworw &Eelduvracs and TU Tapov Toeis Avdpag xal Tovg dio Töv Eva Unopdoüvyras xai OTavgöv aroAovdovvra adrois, zul Tüv utv ÖTo nv xepainv XWooDonv uExXgL TOD 0UguVOD, Tod ÖL Xeıyaywyovusvov un’ aurwv Unsoßalvovonv roog ovpavovg. za Ywvig Mxovov dr TWv odeavev Aeyobang' a Toig Koıuwußvors“; nal vrcaxom) NXovero and TOD OTavpoÜ ou „val“. 11. Zuvennerwrovro oöür allnaoıg Ersivor al iypaviocı tadra vd ITeıları. xal Erı dbuavoovusywv autwv palvovraı gralıy Avoıxdevres ol ovgavoi zul Avdpwriös Tıs zarelIuv Hal 8. nul[soas] C | 5. magadedwxev C cf. p. 8, 16: zagedanev? | 8. vera HR: xara C| 9. oxov R: öuol C, öuor Usener H | 10. srexosıcav C | 15. avoıydevres C | 16. sxeıde C | errioravras R: erioavras C, syyıoavras Diels H | 17. Asıdos C | vrexwonoe R in uotis: erexwonoe U, arexwonos Geb- hardt; alii | 18. evosyn C | 20. avvos HR: av 0: C | 21. ogaoıv efsAdovros ... avdoss ... axoAoFovvra U | 24. rov ds xeıoaymyovusvov R alii: Tov ds xaıpa zo rovusvov Ü | 25. gar C | 26. zowwuevos U | xaı vraxon nxovero R

cum © (ubi vzaxon.): vrraxonv; xaı nxovero Preuschen H, omnia turbantes | 27. orı vaı HR: rıvas CO | 29. xarelFov C.

10 Das Evangelium des Petrus.

eloeAdwv Eis uvijua. Tata ldövres oi rregl Toy xevrvolwva vuxröoo Eorrevoav uoög IlsıLarov, apevreg Tov Tapov, »v epvkaoaov, xal 2inyhoavıo rravra üreg Eldov, dywvuövreg ueyalws xal Ayov- Tec‘ „aAnsög vlög m Jeoü“. dnoxgıseis 6 Ilsılärog Epm' „ey saxadapeiw Tod aluaros Tod viou zoü Jeov, Yuiv ôè Tovro &doker“. eita sioooelAdövres nravıes £öEovro autod xal rrapexdlouv xelsvonı F xevrvglumı xl Tols crourtrots underi eireiv & eldov. „ovupege yagı yaaty, nuiv Opıhocı usylormw auaprlav Eurugoo9ev tod Scoũ xal um Eurceoeiv sig yelpag Tov Acov rwv "Iovdaluw nal Audaodnvar“. 10 &xeAevoev od» 6 ITsılüros To xevıvolwi xl Tois OrgaTıwWraıg undev eineiv. 12. 00000u d& rig xvgexig Magıcu 1) Maydalnvr, uadntora ov Kvolov Yoßovusın dıa tous "Iovdalovs, Emeidn EpAeyovro vo Tüg boyũs, our Enolnoev Eni TG uvnuanı To Kvolov, & eimdeoav rroreiv al yuvaineg Enti Tolg anoIVNoAovOL al 15 T0I5 dyanwusvors adrais Anßovoa ed’ Eavrig Tas plus NAIE &rıl TO ummueiov önov nv vedels. nal Eypoßoüvıo, un Idworw aürag oi ’lovdaioı xal EAeyov‘ „el xal un &v dxelon nuſoçg n) Eoravousm EduvnInusv xAadonı vai xöwaodeı, av vöv Eni TOD muaTog adrov nonowusv tadra. ls dt anoxvilosı nuiv nal cov Aldov 20 T0v TEeIEvra Ert cis Fügas roũ urnuelov, iva eioeAJodoaı TVagO- s auro xai ro. jowuEV Ta öpsiköueva ueyas yao nv ö —8 xœè poßovusde, un us nuäs Idn. xal ei un Övvauede, xov Ent ns Supag Pahwuev & Yeoouev eig UMUOOVVN» avroü‘ xAcdowusv Aal nowwWusde, Ews EÜIwuev Eis Tov Oolnov Nuwm. 213. Kai aneAgo0ocı Eügov tiv Tapov Nvapyusvov xal 7rg00EAI000KL rvagexuyav &nei xal ögcarv Exsi rıva veavlonov xudelouevov Ev roũ vapon, wociov nal sregußeßAnusvov oroknv Aausugoraenp, ooric &pn ouroig „ri jAdare ; tiva Cnrekre; un Tov Oravgw- Jevra Eneivov; dveoen xal anınadev‘ ei ÖE ‚un ILOTEVETE, TRQQ- soxuware xal idare zov ronov Erde Exeıro, Orı oUn Eorıv' Aveo

8. ayawıwvres Diels R: aravıavres | 5. nuw C | 6. xaıneo sxahovv C | 7. undevı Z: undev C | a C: wv Blass | 10. xevrrvorwv[ı] C | 11. oodov. Maydakıvn C | 12. Yoßovusvn: R. praem. nrıs, at cf. Jo. 6, 22ff. cum var. lect. et quae infra leguntur 1. 17 | 15. avros O | 18. xoweudar C | xar Blass: xaı C | 24. xJavoousv» xaı xowoueFa C: corr. in notis RH (hic praem. xa:) | 26. s” add. Gebhardt: om. C | 29. rnıorsvera: C, num. recte? cf. 1 Tim. 8, 16 | 30. „ars C: were R.

Der Tert. 9

oi rgsoßiregoı al nA9ov rigog Tleıhürov dedusvor aurov xal Aeyovreg‘ „napados Nuiv oroarıwras, iva yulafwor uviua avrov Ent Toeig Nusoog, unnore EAIovres ol uadmal avrov xleıdwow adrbv, xai vnolaßn 0 Aaös Orı Ex vergWv aväoen, xl 7OMOWOLw Nuiv xard“. 0 d& Ilsılürog nagadcdwrev avtols 5 ITergwvıov TÖV AEvrvpluwva (1ETE Orgatiwrwv QYvAa0OELv TOV TAOV. xal 0Uv avroig NAIov 7rgeoßuTegoL zei yoruuereis Er rd uviue, xal avAloavreg AlIov uEyav Era TOD xEvruplwvog xal TWV OTEALLW- tuv, Ouod rıavregs Ol Ovreg Excel EInnav Esel Th Poor Tod ynuarog, xal Errexgıoav Ervra opgayidas, nal aunvnv Exei rınSavres Epviadar. 10 9. Ilpwiag Ö8 EnupwWonovrog Tod oaßß&rov nAdev OxAog dreo “Tegov- oaAnu xal TG TregLXwWoov, iva Tdwor TO uynua Eoppayıauevov. Ti) ÖE vorıi N Enepworev 1, Augen, pilaaoövewv TÜV OTOATLWTWV ava Öbo Öbo xard YgOVgAV, ueyain pwvn &yevero Ev To) Dogavo), nal eidov dvoıyIevras TOUG oveavois xal Övo üvdons Aarekdövras ıs ineidev, roAv PEyyog Exovrag xal Erugravros To Tapwm. 6 ÖE Ados Exstvos 6 BeßAnuevos Erii TH Ivpg ap’ Eavrov auAıodeig Une- XWENGE 7000 11E00G, Kal Ö Tamog nvolyn, xal duupdregoL ol veavioxoı eiojAdov. 10. ’Tdövres oiv oi orgerwreı xeivor E&Eünvioav Töv xEvTvpiwva xl TOVG TTOEOBUTEROVS" TEROT 0A yagxal aUTOL (PvlaOOOVTES. 20 xol EEnyovyusvww aurov & eidov, rakıv bowow &Eelduyras arıd Toü Tapov Toels Avdgag xal Tovg dTo TÜV Eva Urogoüvrog xal OTavoöv aroA0UHUVTE avTols, xml TWV utv dio nv xepainv XWwoodonv HEXEL TOD 0VEaVoD, Tod Xeıpaywyovusvov Un avrrWyv vrLegßalvovonv rooᷣg olemwvovg. ul Pwvig Mrovov Ex Tüv obgaviv heyobang' 2 „ernovbag Toig KoLumuevorg“; Kal UTOXON) NA0VETO ATTO TOD OTaVEOU ot „val“. 11. Zuveoxestovio ovV aAlmAoıg Ereivor arıeldeiv xai &vpaviocı radra to Ileılarıw. xal Erı duavoovuevwv autüv palvovraı ralıy AvoıyIevres ol ovgavoi „ai avdpwrnds tıs varelduv Hal 8. nulsoas] C | 5.' naoadsdumev C cf. p. 8, 16: ragedwxev? | 8, uara HR: xara C| 9. owov R: öwoi C, öuor Usener H | 10. srexgeicav C | 15. avoıydevres C | 16. exeıds C | erioravras R: erioavras U, syyıoavras Diels H | 17. Ası$os CO | vnexwenoe R in notis: ersywonoe O, areywonos Geb- hardt; alii | 18. &v0sy7 C | 20. auvos HR: av 0: C | 21. opaoıv sfeAdovros... avdges ... axoAoFovvra U | 24. Tov ds zeugaymyovusvov R alii: To» de apa To rovusvov O | 25. ywon C | 26. zowwuevos C | xaı viraxon nxovero R

cum © (ubi vrzaxon.): vraxonv ; xaı nxovero Preuschen H, omnia turbantes | 27. ou vaı HR: rıvas C | 29. xareldov C.

10 Das Evangelium des Petrus.

eioelAAuv eis uviua. rtaüra löövres ol rregl Toy xevmvolwva vunrös Eorcevoav srgög Ileılärov, Apevres TOv Tapov, » epukaovoy, xal 2Enyioavro nıavra üreo Eldov, Eywvıvıeg ueyalws xal A&yov- tes‘ „aAmög vis 19 Jeoü“. dnoxgıdels 6 ITeılärog Epn‘ „ey saadupsuw ToD aluarog tod viov Tov Jeov, vuiv dt rovro &oker“. ira zrgooek Hovres nrüvres £deovTo aurou xal rragenükovv xeledcaı 77 xevzugkumı ai Tols orgeruwrarg undevi elreiv & eldov. „ovupege yagı yaaty, nuiv OpiAnocı ueylormw auapriav Eurug00 dev tod Scoũ xal un Eureoelv eig yelpag Tov Anov rWv "ITovdaluw xal Audaodnvaır“. 10 &xeAevoev o0v ö Ileıularos To xevivolwvi Hal Toig orgariwrarg undev eineiv. 12. ’O09o0v d& rig avgrenjg Magıcu 1 Maydalnvr, nadntera Tov Kvplov woßovusın dia vous "Iovdalous, Erreiön EpAeyovro Uno Tüg öoyig, oüx Enoinoev Eni To Mynuarı Tod Kvolov, & elmYeoav rrosiv al yuvaines Ent Tols dnoIvnarovor rei 15 075 dyanwusvorg adrais Außovoa usI’ Eavrig rag plAas NAIE &rıl TO unuslov önov nv vedels. al Epoßoüvıo, un ldwoıw adrag ol ’Iovdaioı xal EAeyov‘ „ei nal um Ev Exelvn cn Tucson 9 dorevodIm EduvnInuev xAadonı vaı xöwaodeı, navy vov Emmi Tod WMUARTOS avTov nomowusv ravre. Tis d& anonvilosı nuiv xai Tov Aldov 20 709 redeyra Emmi Tüs Iugag Tod unuelov, iva eloeAI00ocı Trape- xaJeoIuusv aürd xai onowusv Ta Öperhöueva‘ ueyas yap v 6 Aldog xai poßovusde, un ug Nuäs lön. nal el un duvausde, xoy Erii vüs Ivoog Pahlwuer & pegouev elg uynuoouyyv auroi xAevowusv xal xowwWusda, Ews ElIwusv Eis Tov olxov Tuw. 213. Kal arıeAdo0ocı Eüg0v Tiy Tapov Nvewyusvov xal 7r0008.,I0vonı rogenviyar nei nal ögcarv Exsi Tıva veavionov nadeLlöuevov Ev Tod zapov, wociov xal sregußeßAnuevov orolv kaumugoramy, 0oTıS &pm aöraig „ri jAdaze ; tiva ‚Snrelte ; un T0v oravgw- Jevra Exeivov; aveoın nal dnniIev' ei ÖE UN TUOTEVerE, TTaQa- soxuware xl idare zov ıönov Evda Exeıro, Orı odx Eorıv‘ dveoen

3. ayawıawrss Diels R: aravıworss | 5. num CO | 6. xaıneo exahovv O | 7. undevı Z: undev C | & C: ww Blass | 10. xerrvowrlı] C | 11. ogYov... Maydalkıvn C | 12. Yoßovusvn: R. praem. nrıs, at cf. Jo. 6, 22ff. cum var. lect. et quae infra leguntur I, 17 | 15. avross O | 18. xoyeuda C | xar Blass: xaı C | 24. xJavoousv» xaı xowousFa CO: corr. in notis RH (hic praem. xa:) | 26. 6 add. Gebhardt: om. C | 29. rıorsvera: C, num. recte? cf. 1 Tim. 3, 16 | 30. „date C: (dere R.

Der Tert. Überfegung. 11

ya xal anjhdev Exei, 6Iev dneorain“. Tore ai yuvalxes Yoßı- Jeioaı Eguyov. 14. ’Hv 68 Telsvrala Njuson Tüv abuuwv, xai sroAloi Tıvss EEnoxXovro Tnoorgeporres eis ToVG Olxovg adTWv, rũç doprüg navoaueyns. Nusis de 0oi Öwdexa uadırei Toü Kvolov inlalouev xal Eivniovusdea, nal Exagrog Avrcovusvos dia To ovußav arınklayn eis Tov olnov avrov. Eyw dt Ziuwv Ileroog xai Avdpeos 6 adeApös uov Aaßorıss nuwv ra Alva arımldauev eis vnv Ialaooev, xal nv 00V Nulv Aeveig 6 Toü "Algpaiov, 6v 6 Kvguog...

1. yoßn9sıs C | 8. ö ante Kvocos add. R.

Überfegung.

1. Bon den Iuden aber wuſch ſich feiner die Hände, auch Herodes nicht und auch nicht ein Einziger feiner Richter. Und da etliche fich wajchen wollten, ftand Pilatus auf. Und nun befiehlt der König Herodes, den Herrn zu ergreifen, indem er zu ihnen (den anweſenden Juden) jagte: „Was ich euch befohlen habe, ihm anzu- thun, das thut“. 2. Es kommt aber Joſeph dahin, der Freund des Pilatus und des Herrn; und da er wußte, daß fie im Begriff ftehen, ihn zu freuzigen, ging er zu Pilatus und erbat fich den Leib des Herrn zum Begräbnis. Und Pilatus ſchickte zu Herodes und erbat fich feinen Leib. Und Herodes fagte: „Bruder Pilatus, wenn auch niemand um ihn gebeten hätte, würden wir ihn begraben, zumal da auch der Sabbat bevorjteht”.") Es jteht nämlich im Geſetz geichrieben, die Sonne folle nicht über einem Getöteten untergehen am Tage vor dem Tag der ungejäuerten Brote, ihrem?) Feſt. 3. Sie aber ergriffen den Herrn und jtießen ihn laufend (vor fich Her) und Sprachen: „Laßt ung den Sohn Gottes hinwegtilgen,?) da wir ihn in unjere

1) Eigentlih: „anbricht, dämmert“, darüber weiter unten.

2) Died aurov, ftatt deflen es zum» beißen müßte, paßt nicht in den Mund des jüdifhen Königs Herodes, welcher fih in dem Sat vorher mit den Juden zufammenfaßt und vom Erzähler c. 1 zu Anfang zu den Juden ge- rechnet wird. Die Rede des Herodes fchließt alfo mit Zrıywoxsı, und es geht aus dem gleihen Grunde auch nit an, mit Dield drei nepovsvusvp in Parentheſe zu jegen, jo daß die Rebe darüber hinaus fich fortjekte.

2) So nad obigem Tert (j. die Belegftellen unter dem Text und Acta Philippi 14, Tiſchendorf Acta apocr. p. 80 in den Noten). Die von Robin:

12 Das Evangelium des Petrus.

Gewalt befommen haben.“ Und fie hingen ihm einen Burpur um und ſetzten ihn auf einen Gerichtzftuhl und ſprachen: „Nichte gerecht, König Israels“. Und einer brachte eine Dornenkrone und feßte fie auf das Haupt des Herin; und andere ftanden da und ſpieen ihm ind Geficht, und andere fchlugen feine Wangen; wieder andere jtießen oder ftachen) ihn mit einem Rohr, und etfiche geißelten ihn und ſprachen: „Das find die Ehrenbezeugungen, die wir dem Sohne Gottes erwieſen“. 4. Und fie brachten zwei Mifjethäter und kreuzigten den Herrn mitten zwiſchen ihnen. Er aber jchwieg als einer, der nicht3 von Mühjal (Pein) Hat. Und als fie das Kreuz aufrichteten (aufgerichtet hatten), fchrieben fie darauf: „Das ift der König Israels“. Und nachdem fie die Kleider vor ihn hingelegt, verteilten fie diejelben und warfen das Los darüber. Einer aber von jenen Miffethätern ſchmähte fie und ſprach: „Wir haben wegen unferer böfen Thaten jo gelitten; was hat aber diefer, der ein Heiland der Menſchen ge- wejen, euch zu leid gethan“? Und in ihrem Zorn über ihn befahlen fie, daß ihm nicht die Beine zerichlagen würden, damit er unter (um jo längeren) Qualen fterbe. 5. Es war aber Mittag, und Finfternig verbreitete fich über ganz Judäa, und fie wurden unruhig und gerieten in Angjt, die Sonne fei untergegangen, dieweil er nod) am Leben war. Es fteht nämlich für fie (d. h. in ihrem Geſetz) ge- ichrieben, es jolle die Sonne nicht über einem Getöteten untergehen.

jon und Harnad rezipierte Emendation von Harris ovowuesv fcheint mir dein Zuſammenhang unangemeffen. Nachdem bereitö gejagt ift, daB die Juden den Herrn in eiligem Rennen yor fih herſtoßen, paßt nit mehr die Selbftauf: forderung: „Laßt ihn ung ſchleppen“. Sollte damit eine andere als die bis: herige Behandlung in Vorſchlag gebracht fein, fo würde nicht nur dies deut: licher gejagt, jondern auch Hinzugefügt fein, dab nun nad dem neuen Vorfchlag verfahren wurde, wie das in einer NRezenfion der Philippusatten bei Tifchen- dorf, Apocal. apocr. p. 143f. gejchieht. Auch die Begründung paßt nicht für den Vorſchlag, ihn zu fchleppen oder zu fchleifen, ftatt ihn vorwärts zu ftoßen. Sie paßt nur zu dem allgemeinen Ausbrud der Entichloffenheit, Jeſum überhaupt aus der Welt zu fchaffen, von der Erde zu vertilgen. Am wenigſten darf man fih für avomus» auf die nachher zu befprechende PBarallelftelle Just. apol. I, 85 berufen; denn man müßte dan dem Juſtin eine unglaubliche Berwechlelung von ovpsew „ichleppen” und dsiacorgsr „veripotten” aufbürden, welche um fo unbegreiflicher wäre, weil das hiefige angebliche ovosı» in gar feinem näheren Zujammenhang fteht mit der folgenden Szene vom Richter: ftubl, in deren Wiedergabe Juftin deaovoovrss verwendet.

Überfegung. 13

Und einer ‘von ihnen fagte: „Laßt uns ihm Galle mit Eifig zu trinfen geben“. Und ſie milchten (den Tran) und tränkten ihn damit und vollbrachten alles und machten ihre Sünden über ihr Haupt vol. Es gingen aber viele in der Meinung, es fei Nacht, mit Lichtern umher und fielen. Und der Herr ſchrie auf und ſprach: „Meine Kraft, o Kraft, du Haft mid) verlaſſen“. Und als er jo ge- Iprochen, ward er aufgenommen. Und in derjelben Stunde zerriß der Vorhang des Tempel3 von Serufalem in zwei Stüde. 6. Darauf zogen jie die Nägel aus den Händen des Herrin und legten ihn auf die Erde, und die ganze Erde erbebte, und es entitand eine große Furcht. Da leuchtete die Sonne auf, und es ftellte fich heraus, daß es die neunte Stunde war. Es freuten ſich aber die Juden und fie gaben dem Joſeph jeinen Leib, daß er ihn begrabe, weil diejer alles Gute, was Jejus gethan, gejehen hatte. Der aber nahm den Herrn, wuſch ihn, widelte ihn in ein Leinentuch und legte ihn in ein ihm gehörige Grab, in den fogenannten Joſephsgarten. 7. Da fingen die Juden und die Älteften und die Vriefter, da fie erfannten, wie- viel Böſes fie fich jelbit zugefügt hatten, an zu Elagen und zu jagen: „Wehe unjeren Sünden; es ift nahegefommen das Gericht und das Ende Jeruſalems.“ Ich aber mit meinen Gefährten war betrübt und verwundeten Herzens verbargen wir uns; denn wir wurden von ihnen geſucht wie Miſſethäter und als wollten wir den Tempel in Brand ſtecken. Über alles dies aber faſteten wir und ſaßen trauernd und weinend Nacht und Tag bis zum Sabbat. 8. Da aber die Schriftgelehrten und Phariſäer und Älteſten ſich miteinander ver- ſammelt hatten und hörten, daß das ganze Volk murre und an die Bruſt ſchlage und ſage: „Wenn durch ſeinen Tod dieſe größten Wunder geſchehen ſind, ſo ſehet, wie gerecht er iſt“, ſo fürchteten ſich die Älteſten und gingen zu Pilatus, baten ihn und ſagten: „Überlaß ung Soldaten, daß fie das Grabmal drei Tage lang beivachen, damit nicht feine Jünger fommen und ihn ftehlen, und das Volk annehme, er jei von den Toten auferstanden, und fie ung Böſes thun“. Pilatus aber überließ ihnen den Hauptmann Petronius mit Soldaten, das Grab zu bewachen. Und mit dieſen gingen die Älteſten und Schrift- gelehrten zum Grabmal und wälzten mit dem Hauptmann und den Soldaten einen großen Stein, und alle zufammen, die dort waren, jeßten ihn auf die Thür des Grabmals und fiegelten fieben Siegel

14 Das Evangelium des Petrus.

darauf, jchlugen dafelbjt ein Zelt auf und hielten Wade. 9. Am frühen Morgen aber, da der Sabbat anbrach, kam eine Volksmenge aus Jeruſalem und der Umgegend, um das verfiegelte Grab zu ſehen.) In der Nacht aber, in welcher der Sonntag anbrad), ?) während die Soldaten je zu zweien Schildwache jtanden, erhob fich eine gewaltige Stimme am Himmel, und fie (die wacjehabenden Soldaten) jahen den Himmel fich öffnen und zwei Männer, mit großem Glanz angethan, von dort herablommen und an das Grab berantreten. Jener Stein aber, der auf die Thür gelegt war, wälzte fih von felbft und wich allmählich von der Stelle, und das Grab öffnete fih und beide Jünglinge traten hinein. 10. Da nun jene Soldaten dies ſahen, wedten fie den Hauptmann und die Ülteften aus dem Schlaf; denn auch dieje waren al3 Wächter zugegen. Und während fie erzählten, was fie gejehen hatten, ſahen fie wiederum drei Männer aus dem Grabe herausfommen und zwar zwei von ihnen den einen ftügend, und ein Kreuz, welches ihnen folgte; und (fie fahen) das Haupt der zwei bis an den Himmel reichend, das Haupt desjenigen aber, der von ihnen an der Hand geführt wurde, die Himmel überragend. Und fie hörten eine Stimme vom Himmel, welche ſprach: „Haft du den Entjchlafenen (Schlafenden) gepredigt“ ? Und eine Antwort vom Kreuz her ließ fich hören: „Sa“. 11. Nun überlegten fie miteinander, daß fie zu Pilatus gehen und ihm dies anzeigen wollten. Und während fie noch nachdenken, erjcheint ihnen wiederum der Himmel geöffnet und ein Menich, der herabfommt und in das Grab Hineingeht. Da der Hauptmann und feine Leute die3 jahen, verließen fie das Grab, das fie bewachten, und eilten bei Nacht zu Pilatus und erzählten alles, was fie gejehen Hatten, in großer Angft und fagten: „Wahrhaftig Gottes Sohn war er“. Pilatus antwortete und ſprach: „Sch bin rein von dem Blut des Sohnes Gottes; ihr aber habt es beſchloſſen“. Darauf traten alle heran und flehten ihn an und baten, er möge dem Hauptmann und den Soldaten befehlen, niemand zu jagen, was fie gejehen hatten. „Denn,“ ſagten fie, „es ift uns beifer vor Gott der größten Sünde ung jchuldig gemacht zu haben, ala in die Hände des Volks der

) Eigentlihd „um das Grab verfiegelt zu jehen“. 2) Soll heißen „in der Nacht, welche dem Sonntag voranging” |. weiter unten.

Überfegung. 15

Juden zu fallen und gefteinigt zu werden“. So befahl denn Pilatus dem Hauptmann und den Soldaten, nicht? zu jagen. 12. Su der Frühe des Sonntage nahm Maria Magdalena, eine Süngerin des Herrn welche aus Furcht vor den Juden, weil diefe vor Zorn brannten, am Grabmal des Herrn nicht gethan hatte, was die Weiber den Sterbenden (eben Berjtorbenen) und ihren Lieben zu thun pflegen ihre Freundinnen mit ſich und fam zu dem Grabe, wohinein er gelegt war. Und fie fürdjteten, daß die Juden fie jehen möchten, und |prachen: „Wenn wir aud) an jenem Tage, an dem er gefreuzigt wurde, nicht weinen und klagen fonnten, jo wollen wir dies wenigiteng jest an feinem Grabe thun. Wer aber wird ung auch den Stein, "welcher auf die Thür des Grabes gelegt ift, abwälzen, daß wir bineingehen und un? neben ihn jegen und thuen, was ſich gebührt; denn groß war der Stein, und wir fürchten, daß ung jemand jehe. Und wenn wir dag nicht fünnen, fo wollen wir wenigſtens das, was wir da bringen, ihm zum Gedächtnis an der Thür (des Grabes) niederlegen. Laßt ung weinen und Tagen, bis wir nach Haufe fommen.” 13. Und da fie Hingegangen waren, fanden fie das Grab geöffnet, und indem fie herantraten, blicdten fie hinein und jahen dafelbft einen Jüngling mitten im Grabe ſitzen, ſchön und mit einem glänzenden Gewand bekleidet, welcher zu ihnen jagte: „Warum ſeid ihr gefommen? wen jucht ihr? etwa jenen Gefreuzigten? Er ift auf- erftanden und fortgegangen. Wenn ihr es aber nicht glaubt, jo bliet hinein und jehet den Ort, wo er lag, (und überzeugt euch,) daß er nicht da iſt; denn er ift auferjtanden und dahin gegangen, von wo er gefandt war”. Da fürchteten fich die Weiber und flohen. 14. Es war aber der letzte Tag der ungejäuerten Brote; und viele gingen hinaus und kehrten in ihre Häufer zurüd, nachdem das Feſt beendigt war. Wir aber, die 12 Jünger des Herrn, weinten und waren betrübt und, betrübt wegen deſſen, was ſich zugetragen Hatte, ging ein jeder in fein Haus. Ich aber, Simon Petrus, und mein Bruder Andreas nahmen unjere Nete und gingen zum Meere. Und e3 war mit uns Levis, der Sohn des Alphäus, welchen der

Herr...

16 Das Evangelium des Petrus.

II. Geift und Art des Buchs.

Vergleichen wir diefe Gejchichte des Leidens und der Aufer- jtehung Jeſu mit den kanoniſchen Evangelien, jo ſpringen jofort vier harakteriftifche Unterfchiede in die Augen. Man fanıı dabei völlig abjehen von dem großen Abftand zwiſchen den fynoptiichen Evan- gelien einerfeit3 und dem johanneiichen andrerſeits. Von allen fanonischen Evangelien, welche in dieſen Beziehungen als eine Kaffe gleichartiger Schriften erjcheinen, unterjcheidet fic) dag PE 1) durch die Art, wie der Evangelift fich ſelbſt einführt, 2) durch die Sprache, 3) durch eine eigentümliche VBorftellung von dem Ver— hältni3 der bei der Paſſion Chriſti zuſammenwirkenden irdischen Machthaber, A) durch eine Anficht von der Berfon und der Natur des Herrn, welche ſowohl feinen Tod als feiner Auferftehung eine ganz andere Bedeutung gibt, al3 fie nad) der hierin wie in den an- deren hervorgehobenen Punkten gegenüber dem BE einhelligen Darftellung der vier Evangeliften diefen Ereignifjen zukommt.

1. Keiner der kanoniſchen Evangeliften Hat fich jelbft mit einem „sch“ oder auch nur einem „Wir“ als eine mithandelnde, die berichteten Ereigniſſe miterlebende Perfon innerhalb feiner Erzählung auftreten laſſen.) Nur im Vorwort läßt Lukas fein Ich hervortreten, umd nur im Prolog bedient ſich Johannes eines „Wir“, welches dem Leſer von vornherein fagt, daß in diefem Buch ein Augenzeuge berichte. Wo aber Johannes im weiteren Verlauf jeiner Darftellung nicht umhin fann, von Sich jelbjt zu erzählen, fpricht er von ſich als einem Dritten. Lukas läßt zwar in der Apoftelgefchichte durch den Eintritt des „Wir“ erkennen, daß der Erzähler dabei gewejen fei, aber aus dem „Wir“ tritt aud) Hier fein „Sch“ hervor, und der Name bleibt verfchiwiegen. Ganz anders das BE. In dem fleinen Stück des— jelben, welches jegt vor uns liegt, tritt der Erzähler zweimal mit feinem Ich hervor (c. 7 und 14). An der erften Stelle folgt, an der zweiten geht voran ein „Wir“, welches die jämtlichen Apoftel um— faßt. An der zweiten Stelle nennt der Berichterftatter ſich mit jeinem vollen Namen „Simon Petrus" und fagt von Andreas

1) Vgl. meine Borlefung „Der Gefchichtfchreiber und fein Stoff im N. Teftament* in der Ztſchr. f. kirchl. Wiffenichaft 1888 S. 581—596.

Selbfteinführung des Derfaflers. -17

„mein Bruder”; an der eriten Stelle tritt da3 „Sch“ als fo jelbit- verjtändlich in den Gang der Ereignifje ein, daß man nicht bezweifeln kann, fchon vorher muß dem Leſer vollflommen deutlich gejagt ge- wejen fein, wer der Erzähler jei, jo daß der Leſer wußte, „Sch mit meinen Genofjen“ bedeute eben das, was in den kanoniſchen Evan gelien „die Jünger, die Zwölf oder die Elf“, jeltener auch „Die Apostel” ?) Heißt. Man darf aus dem Fragment Ichließen, daß im PE von den Apofteln nie ander? al3 mit einem „Wir“ und von Petrus nie anders als mit einem „Sch“ oder „Ich Petrus" die Rede gewejen iſt. Es ift auch faum zu bezweifeln, daß das Bud) den Namen des Petrus, wie ſchon Serapion bezeugt, im Titel an der Stirne trug, und zwar in der von Origenes bezeugten Form xere Ilevoov. Das Bud) ift aljo pfeudepigraph in dem vollen Sinne dieſes Wort3, in welchem es unjere Evv. auch dann nicht wären, wenn fie unecht wären. Sehen wir und nun in dem Kreis der nichtlano- nijchen Evv. um, To fteht in diejer Beziehung das Ev. Marcions auf jeiten der Tanonifchen Evo. Sein Ev. follte feinen Verfaſſer haben, am allerwenigften einen aus dem Kreife der Zwölf.) Mit ziemlicher Sicherheit läßt ſich behaupten, daß auch das Hebräer- evangelium nirgendwo die Perſon des Erzähler? herbortreten, ge— jchweige denn diefen mit einem „Sch“ und „Wir“ in die Erzählung ſich einmiſchen ließ. Der innige Zufammenhang dieſes Ev. mit unjerem Matthäus und die Namenlofigfeit desjelben bei den Hebräern jelbft verbürgt diez.?) Eine Analogie zum BE bietet uns erft das „Ev. der Zwölf”, welches wahrſcheinlich um 170 in ebjonitifchen Kreiſen Baläftinas entftanden ift. Hier treten die 12 Apoftel, unter welchen Matthäus bejonders hervorgehoben wird, mit einem „Wir“ als die Erzähler und zugleich ala die innerhalb der erzählten Gejchichte mit Jeſus verfehrenden Jünger auf.“) Dazu darf gleich hier bemerkt

1) Niemals im Ev. des Apoſtels Johannes (13, 16 redet Jeſus); einmal im Ev. des Apoſtels Matthäus, aber nicht im Verlauf der Erzählung, fondern an der Spite des Apoftellatalogs (10, 2), wo es auf den Titel an- fam, welcher die Zwölf von den übrigen Süngern unterfhied. Dagegen ge: brauden die Nichtapoftel Markus (6, 80) und Lukas (9, 10; 17, 5; 22, 14; 24, 10) den Titel auch in der Erzählung.

2) Vgl. Gef. des Kanons I, 619f.; II, 450.

2) Bol. a. a. O. II, 728.

*) Vgl. ebenda II, 724—742, beſonders 725 (Nr. 2). 729. 741. Viel

Ch. Zahn, Das Betrusevangelium. 2

18 Das Evangelium des Petrus.

werden, daß auch das Verhältnis des BE zu den kanoniſchen Evv. ein ähnliches ift, wie dasjenige des „Ev. der Zwölf“ zu den— jelben.

2. Ein zweites für die Kritif in Betracht fommendes Moment ift die Sprache und Darftellungsweije überhaupt. Bekanntlich wird Jeſus in unſern Evv., wo von ihm erzählt wird, regelmäßig mit diejem jeinem Eigennamen benannt und dagegen äußerft jelten 5 xupuog, nämlich bei Matthäus und Markus niemals,“)) auch bei Johannes nicht im Fluß der Erzählung.) Erjt der der evangeliichen Ge— ſchichte perfönlich ferner ftehende Lukas gebraucht ö xvorog zuweilen ſo;) und der Verfafler des unechten Markusſchluſſes ſcheint das ein- fache ’Inooög geradezu zu meiden. Das PE nennt den Herrn nie- mals mit feinem Namen und dagegen dreizehnmal xvoros. Lebteres überrajcht um jo mehr, wo e3 von dem entjeelten Leichnam (c. 6 zweimal) und in Bezug auf da8 Grab Jeſu (c. 12) gebraucht wird.) Das Fragment ift groß genug, um den völligen Mangel des Jeſusnamens, aber auch Klein genug, um die häufige und aus- nahmzloje Anwendung des Titel® „der Herr” als Erfah dafür zu einer höchſt Harakteriftiichen Erjcheinung zu machen. Die anjpruch3- loſe Erzählungsweije der Apoftel ijt für diefen Evangeliften ein über-

weniger vergleichbar ift Thon wegen des grundverjchiedenen Charakters dieſer Bücher die Art, wie der VBerfafler des Protevangeliums des Jakobus und vollends der des Thomasevangeliums fih einführen, vgl. Geſch. d. K. II, 772. 775.

1) Mt. 28, 6 (im Mund des Engels) ift ö xvosos unedit.

2) Soh. 4, 1 ift ohne Frage ö ’/noous die urſprüngliche Lesart, welche aus demfelben Grunde durch ö xvesos verdrängt wurde, aus welchem andere, welche bier 6 ‘/noovs feithielten, dad folgende Znoovs auöftießen (3. B. cod. A). In Soh. 6, 23; 11, 2 fteht 5 xvocos in refleftierenden Zwiſchenbemerkungen des Evangeliften. Da die Jünger Sejum regelmäßig mit xvose anredeten, fo nannten fie ihn auch ö xvoros mit und ohne zoo, num», wenn fie von dem Abweſenden redeten (Mt. 21, 8; Joh. 20, 2. 13. 18. 25, vgl. 13, 13). Bon da aus ift dann auch der Ausdruck Joh. 20, 20; 21, 12 zu verjtehen.

3) Lt. 7,18; 10,1; 11, 89; 12, 42; 18, 15; 17, 5. 6; 18, 6; 19, 8; 29, 31 (2); 22, 61; 24, 8 (2). Mr. 16, 19. 20.

4) Vergleihbar, aber Doch grundverſchieden, weil vom Evangeliften nur als fremde Rede berichtet, ift der Ausdrud der Magdalena Joh. 20, 2. 13. Das PE bat ö xuguos c. 1. 2 (bis). 3 (bis). 4. 5.6 (bis). 12 (bis). 14 (bis) = 1l3mal.

Sprache und Darftellung. 19

wundener Standpunft. Im N. T. heißt der erite Tag der jüdiichen Woche regelmäßig (7) ua (Tod, icũv) vaßßarov (vaßßarwv).') Nur Apok. 1,10 Iefen wir &v zj wvoronz; nucor. Die kirchliche Bezeichnung des Sonntags als 7 xugrann (ohne rueoe) jcheint ſich erft allmählich in den eriten Jahrzehnten des 2. Jahrhundert? Bahn gebrochen zu haben.?) Das PE wendet fie ohne weiteres in der evangeliſchen Gefchichte an und fennt feine andere als diefe.?) Der Sprachgebrauch des PE ift nicht der des erften, jondern der des zweiten Jahrhunderts. Es zeigt ſich aber auch, daß der Verfafler den älteren, den biblifchen Sprachgebrauch nicht mehr verfteht. LE. 23, 54 heißt es in Bezug auf den Moment des Begräbnifles Jeſu ganz richtig: „Es war der Rüfttag, und der Sabbat dämmerte.” Erſteres bezeichnet den Wochentag, den Freitag; die zweite Angabe bezeichnet die Tages— ftunde. Es war die lebte Stunde des Tages, es fing ſchon an dunkler zu werden, und der mit Sonnenuntergang eintretende Sabbat war im Begriff anzubrechen. Im Grunde ebenfo, nur unter An- wendung der natürlichen Betrachtungsweile, nach welcher der Tag mit dem Morgen anbricht, wird Mt. 28, 1 N Emupworoven eig ılav oaßßarov von der Stunde gebraucht, in welcher der Sonntag heraufdämmert, von der Zeit kurz vor Sonnenaufgang.*) Das PE (c. 3) läßt den Herodes am Freitagmorgen, vor der Wegführung Jeſu nach Golgatha, jagen: Zrrei xai oanßBarov Erupwore. Das joll heißen, was es doch nicht heißen Tann: „denn morgen ift Sabbat.“

1) Mt. 28, 1; Mr. 16, 2; LE. 24, 1; Joh. 20, 1.19; AG. 20,7; 1 Kor. 16, 2. Erft in dem unechten Stüd Mr. 16, 9 findet man bereitö das etwas weniger hebraifierende oder aramaifierende now@rn oaßßarov.

2) Die Mpoftellehre c. 14 hat xara xvosaxnv xvoiov. Bei Ignatius Magn. 9 ift die Lesart nicht ganz ſicher. Barnabas c. 15 nennt den Sonntag den achten Tag; Juſtin, wo er es mit Juden zu thun bat, teild wie das N. T. den erften Wochentag (dial. 41), teil® den adten Tag (dial. 24); wo er fih an die Heiden wendet, den Tag der Sonne (apol. I, 67). Noch Dionyfius von Korinth (Eus. IV, 23, 11) gibt eine weitläufige Umſchreibung. Die fefte Ausprägung des Namens 7 xvoaxn tritt und völlig Mar und ficher erft in dem Titel einer Schrift Melitoß reg: xvoraxns (Eus. IV, 26, 2) und in den Leucianiſchen Apoftelgejhichten (vgl. meine Acta Joannis p. 239, 3; Act. Petri ed. Lipsius p. 78) entgegen.

5) c. 9 r7 Ö& vonei, ij dnepwoxev N xvgiann, c. 12 öodoov da Tas xvgLanns.

4) Vgl. Schanz, Kommentar zu Matthäus S. 555.

9%

20 Das Evangelium des Petrus.

Dem entiprechend wird von der ganzen Nacht zwijchen dem Sabbat und dem Sonntag im Gegenjah zu dem vorangegangenen Tag gejagt: „sn der Nacht aber, in welcher der Sonntag heraufdänmerte.“ ?) Das von anderwärts entlehnte, der eigenen Sprache des Verfaſſers fremde co oaßßarov (oder 7; vponn) Errupworeı hat bei ihn die un- mögliche Bedeutung angenommen: „der Sabbat (oder Sonntag) iteht bevor, wird über kurz oder lang anbrechen“. Da ich einmal die Zeitangaben zu berücjichtigen Hatte, möge gleich hier bemerkt werden, daß diefer Evangelift von der für die Paſſionsgeſchichte in Betracht kommenden jüdischen Feitordnung feine Ahnung hat. Er jagt zwar richtig, daß der Freitag, an welchem Jeſus jtarb, der Tag vor dem Feſt der Azyma war;*) Hält aber den Sonntag, an

3) O. 9 rn d& voxti, 7 Enöpworev 7 xvoraxn. Das zunädft berichtete Ereignis fällt auch nicht etwa in die legte Stunde der Nacht, kurz vor Tages: grauen; denn von einem noch beträchtlich fpäteren Moment beißt e8 c. 12 ol regi TV xevrvpiava vurros Eonevoav noös Ileılarov. Gegen obige Beobady- tungen kann nicht die richtigere Anmendung des Ausdruds zu Anfang von c. 9 (nowlas d& dnıpywororros rov oaßßarov) geltend gemacht werben; denn die unerlaubt weitfhichtige Anwendung des Ausdruds an den beiden anderen Stellen ſchließt nicht die richtige engere Anwendung an einer dritten Stelle aus.

2) 0.2. Es mag bier auf ſich beruhen, weil es fich nicht enticheiden läßt und nichts darauf anfommt, ob dad PE Bier nah dem Sprachgebraud) der Synoptiler (Mt. 26, 17; Mr. 15, 12; 2. 22, 7), der auch dem Sofephus (bell. V, 3, 1) geläufig ift, den 14. Nifan als den Tag oder den erften Tag der Azyma anfieht, oder ob Hier nach dem genaueren Spracdhgebraud) der 15. Nifan als erjter Tag oder Haupttag der Azyma gerechnet wird. Sm erfteren Fall würde der Tod Jeſu hier im Widerſpruch mit aller kanoniſchen und kirch⸗ lien Tradition auf den 13. Nifan, im zweiten Fall auf den 14. Nifan ge: fegt. Letzteres ift dag Wahrfcheinlichere, weil diefe Anficht unter Berufung auf das johanneifhe Ev. ſchon im 2. Jahrhundert 3. B. von Apolinarius von Hierapolig im Gegenſatz zu den Duartadezimanern vertreten wurde, vgl. Geſch. des Kanons I, 185ff. In beiden Fällen wäre Jeſus vor der auf den Abend de3 14. Nifan fallenden Paſſahmahlzeit gekreuzigt worden. Die völlige Gleich⸗ gültigfeit des PE gegen diefe Äußerlichkeiten der Gefchichte zeigt fih aud c. 7. Wenn die Naht vor dem Tag genannt wird, jo fpricht fih die Meinung aus, daß das Falten und Klagen der Jünger nah dem Tod und Begräbnis Sefu, am Freitag Abend begonnen habe. Wenn der Erzähler fie aber auch am Tage, welcher diefer Nacht folgte, und zwar bis zum Sabbat faften läßt, fo überfieht er, daß diefer folgende Tag eben der Sabbat ift, und vollends, daß der Sabbat nach jüdifcher Anihauung, die er felbft c. 2 in unverftandenem Ausdrud wiedergegeben bat, ſchon am Freitag Abend beginnt. Aljo das

u

Sprache und Darftellung. 21

welchem Jeſus auferftand, für den legten Tag der Azyma; er hält aljo dieſes jüdische Feſt für ein zweitägiges ftatt für ein fieben- oder achttägiged. Die DVerjuche, durch wohlwollende Deutung der An- fangsworte von c. 14 den Berfaffer in dieſer Hinficht zu entlaften, werden nicht gelingen; denn er jagt zu deutlich, daß nach Ablauf des Feſtes viele und darunter aud) die Jünger fi) nach Hauje be- gaben. Diez ift nicht am legten Tag der Azyma, fondern nach dem- jelben gefchehen. Die Angabe „Es war aber der lebte Tag der Azyma“ bezieht fich alfo auf die vorher erzählten Ereigniffe, auf den Sonntag der Auferjtehung. ')

Die Sprache Hat einen ſehr buntjchedigen Charakter. Neben einer Menge von Ausdrüden, welche una von der Bibel her geläufig find, hat der Verfafjer ſolche gelegentlich auch durch Haffische oder gemeingriechifche erſetzt. Die Fiſchernetze, welche bei allen vier Evangeliften beharrlid) ölxtva heißen, ?) nennt er c. 14 Aiva und gibt diefem Wort damit eine Bedeutung, welche e3 in der Bibel niemals hat. Statt des minder griechischen Ausdruds in Mt.27, 24 gebraucht er daS Haffiiche und der Bibel völlig fremde xadageıiw c. gen. (c. 11). Statt des auch von ihm gewöhnlich ?) angewandten und in der Kirchenjpradhe wie in der Bibel alleinherrichenden oravgoov gebraucht er einmal ein bisher

Faften dauerte bi3 zu demfelben Augenblid, in welchem es begonnen haben fol. Übrigens fol das Weinen und Trauern nad) c. 14 auch noch über den Sabbat und Sonntag hinaus, mindeſtens bis zum Montag gedauert haben.

1) Selbft wenn man, wie das Harnad ©. 56 ftillichweigend zu thun Teint, dem Verfaffer den Selbſtwiderſpruch zutrauen Fönnte, daß ein und dasjelbe Ereignis am letzten Tage des Feftes und doch auch nach Ablauf des Teftes gejchehen fei, wäre es unmöglih, die Zeitangabe auf das Folgende, ftatt auf das Vorangehende zu beziehen und den Eat fo zu verftehen: „Nach einiger Zeit aber trat der lette Tag der Azyma ein, und an diefem Tage begaben fi nun mande nad Haufe”. Es müßte ja Zy&vero dE ftehen (ob. 10, 22; Mt. 26, 2) oder einer der Ausdrüde daftehen, welche wir Mt. 8, 16; Mr. 1, 32; 6, 21; 15, 33; 2. 4, 4%; 22, 14.66; ob. 6, 16. 17, 7,37; 21,4 lefen. Vgl. dagegen de in jeiner auf die eben vorher beſchriebene Hand» lung oder Situation zurüdblidenden Bedeutung Mr. 15, 25; LE. 23, 44. 54; Joh. 5, 9; 6, 4; 7, 2; 13, 30; 18, 28; 19, 14. Damit fallen alle Folgerungen Harnads ©. 56 dahin.

2) Nur Mt. 4, 18 (Mr. 1, 16?) daneben augißinoroov.

2) So c. 4. 12. 13, dagegen c. 2 oraveioxsır, eine Nebenform wie dvakioxor, dupßkioxw, xuxkioxonu neben den entfpredhenden Berben auf ow. Blaß bei Harnad ©. 55 fordert oravowosır.

22 Das Evangelium des Petrus.

in der Litteratur nicht nachgewiejenes oravpioxeır. Auf Grund des Gebrauchs von vUrımovev im Sinne des Titurgiichen Reſpon— dierend ') gebraucht er (c. 10) vnaxon im Sinne von „Antwort“. Ein Ausdrud wie ava dio duo ftellt eine Vermifchung des gut- griechiichen ava dvo (LE. 9, 14; 10, 1; Apof. 4, 8) und des judengriechifchen oder aramaifierenden dvo duo (Gen. 7, 3. 9; Mer. 6, 7) dar.?) Kurz, die Sprache entbehrt des einheitlichen Charakters, welchen man aud) jolchen Schriftitellern der nachapoftolischen Zeit, welche niemand als Stiliften hoch jtellen wird, einem Hermas und einem Ignatiug, nicht abjprechen Tann.

Die Darftellung der Ereigniffe ift eine äußerſt nachläſſige. Eine beträchtliche Anzahl von Beilpielen wird im Verlauf der folgen- den Erörterungen zur Sprache kommen (j. aud) ſchon oben ©. 21 c. 14). Einige mögen gleich hier als Belege dienen. Als nad) der Berfinfterung die Sonne wieder aufleuchtet, find die Juden darüber erfreut und überlafjen in diefer vergnügten Stimmung den Leichnam de3 Herrn dem Joſeph (c. 6). Gleich darauf find fie und insbeſondere die Synedriften, die Älteften und Priefter, tief betrübt, Hagen ich ihrer Verfündigung an und jehen das Gericht über Jeruſalem herein- brechen. Diefe Reue hält fie aber nicht ab, den Jüngern nach dem Leben zu trachten (c. 7). Im nächſten Kapitel ift von folcher Reue bei den Synedriften überhaupt nicht3 mehr zu jpüren, jondern viel- mehr nur bei den Leuten aus dem Volk, weldye an ihre Bruft Ichlagen und Jeſum für einen Gerechten erflären. Die Synedriften denken an nicht? weniger als an ihre Sünden und an Gottes Straf- gerichte, jondern ergreifen aus feiger Furcht vor dem Volk die raffinierteften Mittel, um die Auferftehung Jeſu zu verhindern (c. 8). Wer foll an diefe Entwidelung glauben? In c. 11 wird erzählt, daß der Hauptmann, welcher die militäriiche Wache am Grabe fommandiert hat, mit feiner Begleitung zu Pilatus kommt und diejem Bericht eritattet. Die Synedriften, welche gleichfall® am Grab an- wejend gewejen find (c. 8—10), find wohl noch zu Anfang von c. 11

1) Bol. meine Acta Joannis p. 220, 6. 8; Martyr. Bartholomaei (Tiſchendorf Acta apocr. p.256); Dormitio Mariae (Tiſchendorf, Apoc. apocr. p. 109); Const. apost. VIII, 12 (Lagarde p. 259, 14).

2) Ganz fo wie hier (c. 9) die wahricheinlih dem 3. Jahrhundert an- gehörigen Acta Philippi c. 36 (Tiſchendorf p. 92, 5).

Sprache und Darftellung. 23

in dem nicht näher benannten Subjeft des erften Satzes inbegriffen, find aber durch die Subjeftöbezeichnung des dritten Satzes (od rusgi zov xevrvolwva) vom Subjekt diejer Ausſage ausgeſchloſſen. Dies wird zweifellos durch das Fromme Bekenntnis, womit die Bericht- erftatter ihren Bericht fchließen. Die Synedriften fünnen ja nicht gejagt Haben: „Wahrlich), Gottes Sohn war er". Das fagten die Soldaten mit ihrem Hauptmann an der Spite. Pilatus aber ant- wortet, al3 ob er die Synedriften vor fich hätte: „Ihr Habt es fo beichloffen“. Darauf erjt treten „alle” an Pilatus heran. Man fieht aber aus ihrer Bitte jofort, daß darunter nur die Synedriften mit Ausschluß der Soldaten gemeint find. Was joll man von einer hiftorischen Darftellung wie dieje halten? In c. 14 wird erzählt, daß viele nach Ablauf des zweitägigen Feſtes nach Haufe gingen. Berfteht ſich von felbit, daß die Feitteilnehmer am Abend jedes Tages ſich in ihre Wohnung begeben haben, um dort zu übernachten, jo kann der Sinn nur fein, daß viele Feſtgenoſſen, nämlich die nicht in Serufalem anſäſſigen, nach Ablauf des Pafjahfeftes in ihre Heimat zurüdfehrten. In der That finden wir gleich darauf die Apoftel, welche aus den vielen beſonders hervorgehoben werden, am „Meer“ - und im Begriff, fiichen zu gehen. Gemeint ift natürlich der See Genezareth. Aber gejagt wird das ebenjowenig, als daß es fich in diefem Kapitel um ein Berlaflen Jeruſalems und, was die Apoftel anlangt, um eine Reife von Jeruſalem nad) Galiläa handelt. Ob die hiermit wohl genügend gekennzeichnete Zerfahrenheit der gejchicht- lichen Darftellung eine Folge des bloßen Unvermögens des Verfaſſers ift, fanıı man bezweifeln. Der Hauptgrund möchte vielmehr darin fiegen, daß ihm an einer Haren gejchichtlichen Darftellung und be- jtimmten Anſchauung von den Thatjachen jehr wenig gelegen ift. Sein Intereſſe ift ganz anderen Dingen zugerwendet.

3. Nach allen 4 fanonijchen Berichten ift Jeſus in der Nacht vom Donnerstag zum ‘Freitag auf Grund vorangegangener Beratungen und Bejchlüffe des Synedriums und in deſſen Auftrag verhaftet und darauf von diejem oberften jüdischen Gericht als Gottesläfterer und faljcher Meſſias zum Tode verurteilt worden. Da aber die Boll- jtredung dieſes Urteils nach dem damals geltenden Recht nicht in der Macht des Synedriums lag und die Anweſenheit des römijchen Profurators in Jeruſalem einen Aft der Volksjuſtiz unter der alleinigen

24 Das Evangelium des Petrus.

Auftorität de Synedriums, wie er an Stephanus vollzogen wurde, nicht rätlich erjcheinen ließ, jo mußte dad Synedrium den Pilatus um Beitätigung und vor allem um Bollitredung des Todesurteils angehen. Obwohl diefem die Motive des Synedriums völlig fremd find und er alle Mittel anwendet, ji) die Sache vom Halfe zu Ichaffen, ertrogen die Juden vermöge ihrer zähen Entichlofjenheit und der Charakterlofigfeit des römiſchen Beamten ihren Willen. Das feierlich vom Tribunal verkündigte Urteil des römiſchen Richters macht dag Urteil des Synedriums erſt wirkſam; der vom Profurator jelbft oder doch in deſſen direkten Auftrag gejchriebene Titulus wird oben am Kreuz Jeſu befeitigt, und die von demielben dazu komman— dierten römiſchen Soldaten vollitreden die Hinrichtung Jeſu. Dieſe allen 4 Evv. gemeinfame Grundanficht wird dadurd) nicht verändert, daß nad) dem alleinigen Bericht des Johannes ſchon bei der Ver- baftung Jeſu außer den Erefutivbeamten des Synedriums aud) römische Soldaten mitgewirkt zu Haben jcheinen, !) was vorausjeßen würde, daß eine gewiſſe Verjtändigung zwilchen dem Synedrium und Pilatus vorangegangen war. Auch Lukas ftört die Harmonie nicht, indem er allein von dem vergeblichen Verſuch des Pilatus berichtet, die legte Entjcheidung über Jeſus und die Verantwortung dafür auf Herodes Antipas als den Landesfürſten Galiläas abzumälzen. ?) Die einhellige Anſchauung der neuteſtamentlichen wie der altkirchlichen Schriftſteller iſt die, daß das jüdiſche Volk in ſeiner obrigkeitlichen Vertretung der eigentliche Urheber der Ermordung Jeſu iſt, daß es dieſes Werk aber durch die römiſche Staatsgewalt hat ausführen laſſen. Die größere Schuld trägt das jüdiſche Volk, aber Schuld hat auch Pilatus auf ſich geladen; und deſſen ungerechte Entſcheidung hat nicht nur die Tötung Jeſu ermöglicht, ſondern gerade auch die bon Jeſus im voraus angekündigte Art feiner Hinrichtung bedingt. °)

1) Joh. 18, 2 Aaßov Tv onergav, Ausgeſchloſſen ift dies auch durch die Synoptifer nit. Man könnte im Gegenteil in Mt. 26, 53 eine Andeus tung von der Beteiligung römifcher Soldaten erbliden.

2 2. 22, 7—15, vgl. AG. 4, 97.

3) oh. 18, 32 (12, 32). 19, 11. Auch das BE bekundet eine dunkle Erinnerung daran, daß die Juden, wenn fie felbft das Todesurteil zu voll: ftreden gehabt Hätten, Jefum nicht gekreuzigt, fondern gefteinigt Haben wilrden (AG. 7, 58; Joh. 8, 59; 10, 81). Die Synebriften fürdten vom Volt ges fteinigt zu werden (BE 11).

Die gejchichtliche Anfchauung. 25

Daß Jeſus nicht als Gottesläfterer von den Juden gefteinigt, ſondern als Empörer gegen die Reichsordnung gekreuzigt wurde, erjcheint als die Folge der richterlichen Entjcheidung und der obrigfeitlichen - Anordnung des Pilatus. Wenn nicht felten, wo es jih um die moralijche Verantwortung Handelt, die Juden allein als die Mörder Jeſu genannt werden, ’) jo zeigt fich doch bei denjelben Schriftitellern, die fo reden, die geichichtliche Anjchauung unverwilcht, daß die Juden ihren böjen Willen durch) Vermittlung heidniſcher Hände ausgeführt haben, ?) und folange man mit einiger Kenntnis der gejchichtlichen Berhältniffe von der Kreuzigung Sefu ſprach und mit einigem Ernft das „gefreuzigt oder gelitten unter Pontio Pilato“ bekannte, Tonnte eine wejentliche Abweichung von dieſer gejchichtlichen Grundanficht nicht Platz greifen.

Wie Stellt fi) nun dazu das PE? Pilatus Hat jchlechterdingg feinen Anteil an der Verurteilung und Hinrichtung Jeſu. Aus dem Gegenſatz, womit c. 1 von den Juden gefagt wird, daß Feiner von ihnen fich die Hände wuſch, ergibt ich, daß unmittelbar vorher von dem Händewajchen des Pilatus erzählt war. Diejer hat jich in den Augen unſeres Evangeliften wirklich rein gewaſchen; er ijt völlig rein vom Blut des Sohnes Gottes, zu welchem er fich in dieſer feierlichen Form befennt (c. 11). Er iſt überhaupt ein guter Mann gewejen; der fromme Joſeph von Arimathia ift gleichzeitig ein ‘Freund des Pilatus und des Herrn, und Pilatus bewährt dieje Freundichaft, indem er fich für ihn bei Herodes um Herausgabe des Leichnams

') Joh. 2, 19; Mt. 16, 21; 21, 37—43; (23, 33-39); Mr. 8, 81; &. 9, 22; AG. 2, 36 hier und 4, 10 fogar Üuers doravowvare, vgl. ferner AG. 3, 15; 5, 30; 7, 52; 1 Theſſ. 2, 15; Ariftides, Apologie c. 2; Juſtin, apol. I, 35; dial. 16. 93; Hippol. c. Noetum c. 18; Epiph. haer. 38, 7.

2) Abgeſehen von den evangelilhen Paffionsberichten vgl. Mt. 20, 19; Mr. 10, 38; LE. 18, 82; AG. 2, 23; 3, 13; 4, 27; 13, 28: 1 Tim. 6, 18. Auch 1 Kor. 2, 8 würde jchwerlidh fo gejchrieben fein, wenn Paulus nicht das Zufammenwirken der weltlichen Machthaber, der heidniſchen Staatögewalt mit dem jüdiſchen Synedrium für fehr wefentlich gehalten hätte. Über das „unter Pontio Pilato“ in allen Geftalten des Taufbelenntniffes |. meine Schrift über das apoit. Eymbolum (1893) ©. 34. 36. 40. 42. 68. Bei Juſtin findet fich dicht nebeneinander das „von den Juden gefreuzigt” und eine Berufung auf die „unter Pontius Pilatus (dem oberjten Richter) angefertigten Alten” (apol.

1, 85), und auch beides in einem einzigen Sag „gelreuzigt unter Pontius Pilatus von eurem (dem jüdiſchen) Bol!” (dial. 85).

26 Das Evangelium des Petrus.

Jeſu bemüht (c. 2). Pilatus ift allerdings anweſend in der Situng, in welcher das Todesurteil über Jeſus gefällt fein muß; aber er ift nicht einer der Richter Jeſu, geſchweige denn der entjcheidende Richter. Deutlich unterjcheidet der Erzähler (c. 1) von dem Pilatus, welcher ſich die Hände wäſcht, die Juden, welche fich nicht die Hände waſchen, und hebt aus dieſen beſonders den Herodes hervor, verallgemeinert aber feine Verneinung jofort wieder: „und nicht ein einziger feiner Richter“ 7) wuſch feine Hände. Zu diefen gehört aljo Pilatus nicht. Die Richter find ausnahmslos Juden. Pilatus mag aus Höflichkeit von jeinem „Bruder“ Herodes (c. 2) eingeladen worden fein, Der Sigung beizuwohnen. Aber durch fein Händewaſchen jagt er fidh von dem Beichluß des jüdischen Richterfollegiums los; und als einige der Juden doch Luſt zeigen, nachträglich feinem Beifpiel zu folgen, erhebt er fi. Man muß verjtehen, daß er den Sitzungsſaal ver- läßt.) Das Blut Jeſu Haftet an den Händen der Juden.?) Deren Haupt ift der „König“ Herodes. Daß er auch vor Der Entfernung des Pilatus die leitende Perſönlichkeit, der oberjte Richter war, beweilen jeine Worte: „Was ich euch befohlen habe, ihm anzuthun, das thut“. Herodes hat alfo im Beiſein des Pilatus den Befehl zur Kreuzigung gegeben. Er ift ſomit von vornherein der eigentliche Machthaber in Serufalen und vor allem der oberjte Richter Jeſu. Herodes hat über den geftorbenen (c. 2) wie über den lebenden Jeſus ſouverän zu verfügen. Die feinen Befehlen gehorchenden Juden find die Henker Jeſu. Alles, was nach der kanoniſchen Darjtellung die

1) Da in dem, mas dem Anfang des Fragments unmittelbar voranging, " nicht von Jeſus, fondern vom Händewaſchen des Pilatus die Rede gemwejen fein muß, fo fcheint es hart, das avzrov hinter Twv xoırav auf Jeſus beziehen zu folen. Der Sprachgebrauch gejtattet aber wohl nicht zu verftehen: „jeine d. 5. des Herodes Richter, die von ihm beftellten Richter”.

2) Bol. Acta Pilati (Ev. apocr. ed.? Tischendorf p. 242) avaoras d& dno vov Bruaros Bias 2EeAIer. Harnack S. 56 vergleicht Mr. 10, 1.

3) Sejaja 1, 15 ift in der alten Kirche häufig mit befonderer Beziehung auf die Tötung Sefu durch die Juden citiert worden: Iren. IV, 18, 4; Theoph. lat. (Forſchungen II, 42, 12); Cypr. testim. I, 24 (wo die Überfchrift zu bes achten); Pseudocypr. adv. Judaeos c. 8; Hieron. in Matth. 9, 25; (Just. dial. 27; Tertull. c. Jud. 3; Euagrii Altercatio c. 28 ed. Harnack p. 42).

) So c. 1. Ebenfo ungenau wird der Tetrarch Herodes Antipas auch Mr. 6, 14. 22—26; Mt. 14, 9 (nicht 14, 1) genannt, und der Ethnarch Archelaus von Joſephus antiqu. XVIII, 4, 3 vgl. Mt. 2, 22.

Die gefchichtliche Anfchauung. 27

römischen Soldaten teils auf ausdrücklichen Befehl des Pilatus, teils unter deſſen veranmwortlicher Duldung Jeſu anthun, die Bekleidung mit dem Purpur, das Aufſetzen der Dornenkrone, die Bejpeiung feines Angefichts, die Badenjtreiche, daS Schlagen oder Stoßen mit dem Rohr, die Geißelung und vor allem die Kreuzigung felbt, mit der Anbringung der Inſchrift, mit der Kleiderverlofung und Eifig- tränfung: dies alles ijt hier lediglich ein Werk der Juden, welche Herodes damit beauftragt hat. Die ausführenden Perjonen werden in c. 1—5 nicht ausdrücklich als Juden bezeichnet. Aber die Unter- gebenen, welchen Herodes c. 1 Befehle gibt, fünnen, da der einzige Heide Pilatus fich zurückgezogen hat, nur die vorher genannten Juden, die Richter Jeſu und etwa deren Diener ſein.) Mit den Juden faßt fich Herodes als deren Oberhaupt dem Pilatus gegenüber zu= fammen (c. 2). Wie Herodes mit den von ihm regierten Juden den Pilatus und die Römer vollfommen beifeite gejchoben hat, fo find auch die Hohenpriefter des N. Teſtaments völlig befeitigt; und wo im jpäteren Verlauf der Erzählung von den VBorftehern der Sudenjchaft die Rede ift, werden in ganz verſchwommener Weile einige im N. Tejtament vorfommende Bezeichnungen zujammengeftellt.?)

Daß dieſe ganze Darjtellung nicht auf einer mit den Thatjachen jelbft zufammenhängenden Überlieferung beruht, fondern eine tenden- ziöfe Umdichtung der einzigen, in allem Wejentlichen durch unjere 4 Eov. übereinstimmend wiedergegebenen gefchichtlichen Überlieferung it, liegt auf der Hand. Die Erinnerung an die durch Sofephus und das N. Teſtament Hinlänglich befannten und verbürgten poli= tiichen Verhältniſſe Paläſtinas zu jener Zeit genügt, zu beweilen, daß die hier dem Tetrarchen von Galiläa und Peräa in Jeruſalem zugewiejene Rolle, woran alle anderen Eigentümlichfeiten diefer Dar- ftellung hängen, eine gejchichtliche Unmöglichkeit if. Es ift fehr

1) Harnad S. 24 trägt hier und zu c. 3 (bei ihm 23. 6) ohne Anhalt im Tert „die Soldaten” aus den kanoniſchen Evv. ein. Sie find durch die leitende Tendenz des PE geradezu ausgeſchloſſen.

2) C. 7: „die Juden, die Ülteften und die Presbyter“; c. 8: „pie Schriftgelehrten und Phariſäer und Älteſten“, nachher „vie Älteſten und Schrift: gelehrten“; c. 10 „die Älteften“. Dagegen die Hohenpriefter Mt. 16, 21; 20, 18; 26, 3. 14. 47. 57ff.; 27, 1. 12. 20. 41. 62; 28, 11; Joh. 11, 47ff.; 18, 8. 13—28. 85; 19, 6. 15. 21. Ebenjo Markus und Lulas.

28 Das Evangelium des Petrus.

möglich .und ſogar wahrjcheinlich, daß der Verfaffer von den da— maligen politifchen Berhältnifjen Baläftinas ebenjowenig eigene Kenntnis und annäherndes Verſtändnis Hatte, als von den jüdiichen Bräuchen (oben S. 20) und vom mofaijchen Gejeß.') Um fo fühner erjcheint die Umgeftaltung derjenigen evangelifchen Überlieferung, welche die einzige Quelle feiner Geſchichtskunde war. Bei diejer Gewaltjamfeit de3 Verfahrens ift faum anzunehmen, daß der Verfaffer fich dabei an gewiſſe Züge der älteren Überlieferung mit Bewußtjein angelehnt oder fie al3 Borwand benußt habe. Nach Mt. 26, 67; Mr. 14, 65; Lk. 22, 63—65; Joh. 18, 22 ift Jeſus aud) ſchon vor der Ber- handlung vor Pilatus, als er noch in den Händen der Juden war, von diejen ähnlich wie nachher von den Römern verhöhnt und miß- handelt worden. Man konnte ferner Joh. 19, 16, aus dem Zuſammen— bang gerifjen, jo mißverftehen, als ob Pilatus den Juden die Ere- fution überlaffen habe, was freilich ſofort durch Joh. 19, 23. 24. 32—34 widerlegt würde. Aber e3 zeigt fich feine Spur davon, daß das PE jene Stellen oder eine mit deren Inhalt ähnliche Tradition als Anfnüpfungspunkt für feine Dichtung benußt habe. Soweit vielmehr Berührungen mit der fanonifchen Überfieferung zu erfennen find und fie find überall mit Händen zu greifen ift einfach das Subjeft der Mißhandlung, Verſpottung und Hinrichtung Jeſu vertaufcht. Aber welche Unglaublichfeiten ergeben fich nun daraus? Die Mißhandlungen und Verhöhnungen, welche nad) unfern Evv. von Pilatus und feinen Soldaten ausgehen, werden nicht etwa im Anſchluß an jene Vorfpiele vor dem Synedrium in die jüdifche Ge— richtsſitzung unter dem Vorſitz des Herodes (c. 1) verlegt, jondern auf den Weg von dem Drt, wo das lebte Urteil gefällt ift, zu dem Drt der Kreuzigung. Im eiligem Lauf ftoßen die Juden auf diefem

I) Er citiert zweimal c. 2 und 5 als einen Sprud des jüdifchen Ges ſetzes: nAıov un duvas Eni negovevuseo, an eriter Stelle noch binzufügend 00 MiAs av dsvumv, ıns doorns avrov (oben S. 11 U. 2). Genteint ift die Beftinnmung Deut. 21, 33, wo aber, auch abgejehen von dem ganz apos kryphen Zuſatz des erften Citats, nichts von Sonnenuntergang zu leſen ift. Auch Joſua 8, 29; 10, 27 findet ſich kein entſprechender Wortlaut. Die Er⸗ innerung an Eph. 4, 26 Hilft nichts. Merkwürdig dagegen ift Joseph. bell. jud. IV, 5, 2 rooavenv ’Iovdaiwv eyi Tas Tagas TOOVOLav oLovuEvo», wors xal To)S &x »uradixns avaotavovvutvors ıg0 OvvTos I,hlov nadelerv Te xas Jarrev,

Die gefchichtlihe Darftellung. 29

Wege Jeſus vor ſich Her. Das Hindert fie aber nicht, ihm unter- wegs den PBurpur umzuhängen, die Dornenkrone aufzujeßen, neben ihm ftehend ihn anzufpeien und ihn ſogar auf einen Kichterftuhl zu feßen, den fie wahrſcheinlich bis zu dieſem Moment laufenden Schrittes auf dem Rücken getragen haben (c. 3). Die Juden jelbjt jchreiben auf das Kreuz, nachdem fie es aufgerichtet und, wie man jcheint verftehen zu follen, den Herrn bereit? ans Kreuz gefchlagen Haben, die Worte „Diejer ift der König Israels“.) Sie gebrauchen alfo einen noch viel feierlicheren Ausdrud, als Pilatus in der Inſchrift, gegen welche doch die echten Juden des N. Teſtaments aus begreif- lihen Gründen protejtiert haben. Eine merkwürdige Blüte hat der Indenhaß im PE getrieben, indem der Reumütige unter den beiden Schächern nicht feinem gottlojen Unglücksgenoſſen, jondern den böfen Suden unter dem Kreuz ihr Unrecht vorhält, wofür dann die Juden fih rächen, indem fie feine Todesqual, foviel bei ihnen jteht, ver- längern (c. 4).

4. Eine andere, die gefamte Darftellung beherrichende Tendenz ist in einer eigentümlichen Anficht vom Wejen der Perfon Jeſu be- gründet. Bei der fchmerzhaften Anheftung ans Kreuz, welche mit Annagelung der Hände verbunden ift (c. 6), jchweigt Jeſus als einer, der nichts von Wein empfindet.) Dieſes Schweigen Hat offenbar nicht? zu fchaffen mit dem ftolzen Schweigen Jeſu vor jeinen Richtern.®) Der Ausdruck würde aber auch anders gewählt fein, wenn damit nur die Geduld bejchrieben fein jollte, womit Jeſus den Schmerz ertrug, und die Meinung nur die wäre, es habe fo ausgeſehen, als ob er feinen Schmerz empfände, während er in der

1) So c. 4 ftatt ö Baoıkevs raw ’lovdaiov Mt. 27, 87; Mr. 15, 26; Joh. 19, 19—22. Ebenjo auch ſchon c. 3 entiprechend demſelben Ausdruck im Munde der Soldaten Mt. 27, 29, Mr. 15, 18; LE. 23, 87; Soh. 19, 3 und des Pilatus Mt. 27, Il; Mr. 15, 2; Lk. 23, 3; Soh. 19, 33. Nicht vergleich⸗ bar ift der Spott der Juden unter dem Kreuz Mt. 27, 42; Mr. 15, 32; LE. 23, 36.

2) C. 4. Über den Text f. oben zu ©. 7, 22. Der Ausdruck növos für Dual, Schmerz ift wohl bibliich (vgl. Apok. 16, 10. 11 und LXX Gen, 34, 25; Sefaja 1, 5; 65, 14; Serem. 6, 7), aber doch hier fremdartig, aljo einer bejonderen Erklärung bebürftig.

*) Mi. 26, 63; 27, 12—14; Mr. 14, 61; 15, 4f.; LE. 23, 9; Job. (18, 21); 19, 9.

30 Das Evangelium des Petrus.

That alle Qualen eine® martervollen Todes voll empfand. Auch die kanoniſche Überlieferung läßt den Gefreuzigten nicht viel jammern und Hagen; aber der Jeſus der Geſchichte klagt doch aus tiefer Seelenangjft, daß Gott ihn verlaffen, und fragt feinen Gott bange nach dem Warum (Mt. 27, 46; Mr. 15, 34). Und er Elagt vor den gleichgültigen Menichen, welche die darin liegende Bitte verftehen und erfüllen, über die Pein des Durftes.) Ehe ich unterfuche, was das BE hieraus ge- macht oder an die Stelle desjelben gejegt hat, möchte ich eine Ver- mutung darüber ausſprechen, wie es zu der auffälligen Form feiner verneinenden Ausſage über die Schmerzempfindung des Gefreuzigten gefommen ift. In dem großen Paſſionskapitel des A. Teſtaments lieft man furz vor dem Wort von dem Lamm und Schladhtichef, welches alles ftumm über fich ergehen läßt (Jeſ. 53, 7), in der griechiichen Bibel (53, 4) “al nuelsg Eloyıoausda auröy elvar Ey rröovo nal Ev zuanyi aal Ev xarwoe. So befennt das veumütige Israel der Zukunft jeinen früheren Irrtum. Es ſchien nur fo, als ob er Schmerz und Plage leide, in der That empfand der Herr nichts davon. Man erkennt den pfiffigen Mißbrauch einer von jeher auf den leidenden Jeſus angewandten Weisſagung. Der Verfafjer bringt dieſe Enthüllung feiner Anficht vom Leiden CHrifti an derjelben Stelle an, wo Matthäus (27, 33) und Markus (15, 23) berichten, daß Jeſus den betäubenden Tranf, weldden man den Gefreuzigten zu reichen pflegte, zurüchwies, weil er nicht befinnungslos hinüber⸗ ichlummern, fondern den Tod mit feinen Schreden und diefen Tod mit jeinen Qualen durchleben wollte. Dagegen berichtet da8 PE von einer Tränfung Jeſu unmittelbar vor feinem Hinjcheiden (c. 5). Davon weiß auch die Fanonifche Überlieferung zu berichten. Was aber hat dag PE daraus gemacht? Bei unferen Cvangelijten, namentlich deutlich bei Johannes, ift die Tränfung mit Eifig eine von Jeſus indirekt erbetene Wohlthat, welche die Soldaten ihm er= weijen, eine Erguidung, wodurch verhütet wird, daß er verjchmachte, und wodurd) er in den Stand geſetzt wird, mit kraftvollem Auf fein Leben hinzugeben.) In Anlehnung an Pf. 69, 22, eine

12) Joh. 19, 28, Der Heide Celſus ſah hierin einen Beweis der Charalter- ſchwäche Sefu, vgl. Orig. c. Celsum II, 37.

2) oh. 19, 28-80; Mt. 27, 48; Mr. 15, 86; Lk. 28, 86. Wenn Matthäus und Markus nicht fo wie Johannes durch den Zuſammenhang und

Die chriftologifche Anficht. 3

Stelle, welche auch auf die Überlieferung des Fanonifchen Tertes und die Auffaffung der ganz verjchiedenen Tränke verwirrend eingewirkt hat, ) wird die Sache fo dargeftellt, daß die Juden aus eigenem Antrieb, um die Pein und Schmach Jeſu zu fteigern und ihre Sünden zu vollenden, ihm den Tranf reichen; er bejteht aber aus Galle, die nur mit Ejfig gemifcht ift. Es ift ein Gifttranf, welchen die Juden eigen? für Jeſus miſchen; und er thut feine Wirkung. Denn bald darauf Spricht Jeſus ein letztes Wort und verjcheidet. Die Suden haben ihn im volliten Sinne des Wortes getötet: zuerft ans Kreuz genagelt und dann noch vergiftet. Und eben durd) die Dar- reihung dieſes Gifttranfs Haben fie das Maß ihrer Sünden er- füllt. Das legte und nad) dem PE einzige Wort des Gefreuzigten ift im Grunde dazfelbe, welches nach Mt. 27, 46; Mr. 15, 34 der Tränfung mit Eifig vorangeht und diefelbe wenigiteng mit veran- laßt zu Haben fcheint. Hier folgt es und mußte folgen; denn es ift hier nicht eine an Gott gerichtete Klage und Frage, fon- dern ein Ausruf, welcher bejagt, daß jebt, in diefem Moment die Lebenskraft Jeſum verläßt. Die Verwandlung der fragen- den Klage „Warum Haft du mich verlaffen?“ in den Ausruf: „Du Haft mich verlaflen“, hängt unverkennbar damit zufammen, daß der Gefreuzigte nad) dem PE überhaupt nicht Flagt, weil Lukas ausdrüdlic jagen, daß dies von den Soldaten geſchah; wenn ferner Markus und Lukas diefe Tränfung von ſpöttiſchen Reden begleitet fein laffen, und wenn endlich Lukas fo verftanden werden könnte, als ob fie noch vor der 6. und vollends vor der 9. Stunde ftatigehabt Hade, fo hebt das alles nicht die wefentliche Übereinftimmung diefer 4 Berichte im Unterfohied vom BE auf.

1) Statt der LA. der älteften griehifhen und lateinischen Handfchriften olvov (uera yohns ueuyuevov) Mt. 27, 84, wa8 dem Zouvorıousvov olvor Mr. 15, 23 entfpricht, drang öLos ein. Vereinzelte orientalifche Zeugen fchoben den ganzen Tert von Pjalm 69, 22 in Joh. 19, 28 ein. Auch in die Erzählung haben dort einige Minuffeln und Berfionen vera xoAns eingemengt. Barnabas faßt nicht etwa beide Träntungen (Mt. 27, 34 u. 48) mit bewußter Unter: ſcheidung zufammen, wenn er c. 7,8 ſchreibt Snorißsro ofsı xai yoln, fondern vermengt fie, vgl. c. 7, 5 uellers norilsıv xolnv uera ökovs. Lekteres ift ganz der Ausdrud des BE. Cf. au) Acta Joannis p. 222, 9. Im Unter: ſchiod von dem echten wie dem faljhen Text von Mt. 27, 84 ift die Galle vorangeftellt und zum Hauptelement des Tranks gemacht, während es fich bei Matthäus und Markus wejentlih um Wein mit einer Beimiſchung von be: täubenden Effeygen handelt. XoAr7 heißt in LXX Gift (Deuteron. 29, 18; Jeremia 8, 145 Hiob 20, 15).

32 Das Evangelium des Petrus.

er nicht? zu Hagen Hat. Inſoweit wird die Umgeitaltung des duch die Natur der Sache und die Entlehnung des Wortes aus Palm 22, 2 als urfprünglich erwiejenen kanoniſchen Berichts das eigene Werk dieſes Evangeliften fein. Dagegen könnte e8 auf ältere Tradition zurüdgehen, daß die Anrede „mein Gott, mein Gott” hier duch 7 duvanis uov, ij duvaıs erſetzt ift. Leider fehlt der foge- nannte Syrus Ouretonianus für Mt. 27, 46; Mr. 15, 34 und ebenjo der noch ältere fyriiche Driginaltert des Diateffaron.!) Die Peſchittha aber, die in diefem Fall ältefte Geftalt der ſyriſchen Bibel, gibt an beiden Stellen den Anruf durch Dir bir wieder. ?) Eine Überfegung kann man das nicht nennen; denn wenn aud) ſyriſches 8 an einigen Bibelftellen hebräifchem >x (Gott) ent- Ipricht,) wo wäre das zweimalige Poſſeſſivſuffix (— uoö) geblieben ? Es Tiegt alfo auf alle Fälle in der Peſchittha hier ein kühnes Quidproquo vor, was beſonders angeficht® des rein aramäijchen Textes Dir. 15, 34 höchſt auffällig ift. Ein genau verfahrender Überfeßer biefer Stelle ing Syriſche mußte und durfte nur Die griechischen Buchſtaben einfach mit den entjprechenden ſyriſchen ver- taufchen. Er hätte dadurd) dem Leſer des Evangeliums diefelben Worte zu leſen gegeben, welche ihm die Peſchittha an der Grund- jtelle bot.) Nur die Abficht, Jeſum etwas anderes fagen zu laſſen, als was jeder ſyriſche Leſer und Überſetzer, wenigſtens Mr. 15, 34, unzweideutig in griechiſcher Schrift vorfand, kann

1) Bol. Forſchungen I, 214. Ephraims armeniſcher Text (Möſinger ©. 247) kann uns ebenſowenig wie das arabiſche Diateſſaron und die lateiniſche Bearbeitung im Codex Fuldensis einen Erſatz für das Original bieten.

2) Die Peſchittha Hat an beiden Stellen, wie in den analogen Fällen Mr. 5, 41; Joh. 1, 38. 41 u. f. w. die Überfegung einfach fortgelaffen, welche die griechiſchen Evangeliften hinzuzufügen für nötig hielten. Die aramäifchen Wörter im griechiſchen Evangelientert bedurften keiner Überfegung, fondern nur einer Umfchreibung in fyrifhe Schrift.

®) gl. Payne Smith, Thesaurus p. 150: Gen. 46, 3; Num. 16, 22, wo im Urtert DR ein IR ION und ein MM MDR als Appofition bei fih bat, Hieronymus aber beide Gottesnamen durch deus fortissimus wiebers gibt. Die alten ſyriſchen Lexikographen bezeichnen das hier von der Peſchittha gebraudte 5’R als ein hebräifches Wort.

9) Palm 22, 2 ſtimmt mit dem aramäiſchen Text in griechiſchen Buchs ftaben Mr. 15, 34 überein bis auf xnb ftatt xv.

Die chriftologifche Anficht. 33

dieſes dir Dr in die Peichittha an beiden Stellen und wahrjchein- lich fchon lange vor der Redaktion der Peſchittha in den ſyriſchen Eoangelientert !) hereingebracht haben. Aber wie war e3 gemeint? Vofalifiert man x (xD), jo hieße das „Hilfe, Hilfe!“, ein jehr paſſender Ruf des Leidenden. Es könnte jedoch) auch eine Tradi- tion de8 Inhalts zu Grunde Tiegen, daß das hebräifche 5x nicht nur „Sott“, Sondern auch „der Held, der Starke“ und jogar „Stärfe, Ge- walt“ bedeutet. Es ift merkwürdig, daß Aquila Pſalm 22, 2 über- jet hat ioxvge uov, loxvoe uov,?) und daß Eufebius, welcher ein wenig Hebräijch verftand und wahrjcheinlich eine Leidliche Kenntnis des zu jeiner Zeit von einem großen Teil der Bevölkerung PBaläftinas gefprochenen Aramäiſch bejaß, ?) Hierzu bemerkt, genauer wäre die Überſetzung iaxös vov, dayös uov. Diefe Tradition ift alt.*) Da aber die Syrer, foviel ich weiß, Ir nicht in dieſem Sinne ge- brauchen und unter Vorausſetzung diefer Bedeutung die Tilgung des Suffixes unerflärt bliebe, jo Halte ich für viel wahrjcheinlicher, daß der Syrer, welcher zuerit daS doppelte nAel und das doppelte ZAwi der griechifchen Evangelien durch Dr 53 wiedergab, dies ijäl, ijäl gelefen und als „Hilfe, Hilfe!“ verftanden haben wollte. Es ift

) Sind Überhaupt in der Peſchittha des N. Teftaments beträchtliche Nefte der älteren, vollstümlicheren und fehr freien Überfegung zu erkennen und von den viel zahlreicheren Anzeichen einer jüngeren, gelehrten Rezenfion nad dem griech. Tert ded 4. Jahrhunderts zu unterfcheiden (vgl. Geſch. d. Kanons, I 380ff.; II, 556 ff.), fo gehört diefe Wiedergabe des Gebetsrufs des Gefreuzigten zu jenen Älteren Elementen.

2) Field, Hexapla II, 117, vgl. auch IL, 448 zu Sefaja 9, 5; Eus. demonstr. ev. X, 8,30. Schon Robinfon S.21 X. 3 und andere bei Harnad ©. 58 madten darauf aufmerffam. Euſebius verftand das Pfalmmort, ſowohl an fih, wie im Munde des Gekreuzigten, nichtsdeftoweniger als Anruf an Gott und führte Pfalm 18, 2 „Herr, meine Stärke“ als Parallele dazu an.

3) Vgl. Forihungen I, 355; Geſch. d. Kanons 11, 656.

) Die LXX überjegen nah Trommius dur Övrazıs zahllos Häufig On, nur ein einziges Mal Nehem. 5, 5 5N. Letzteres aber auch der Baläftinenfer Suftin dial. 125 in der Erklärung des Namens Israel und der von den Beitgenofien wegen feiner Sprachenkenntnis bemunderte Epiphanius haer. 19, 2 in der Erklärung des Namens Elrai. Liegt da immer eine Verwechſelung von OR und Sri zu Grunde? Neftle bei Harnad ©. 59 verweilt auf dad Mancher⸗ lei bei Lagarde, Abh. der gött. Gef. der Wiſſ. XXX V, 165, woraus nicht ohne weiteres eine deutliche Antwort zu holen ift.

Th. Bahn, Das Petrusevangelium. 8

34 Das Evangelium des Petrus.

wahrfcheinlich, daß das jchon Tatian in feinem Diateffaron gethan hat. Aber auch wenn der PVefchitthatert zu überjegen wäre „Stärke, Stärfe”, wäre dag noch lange nicht identisch mit dem Tert des BE. Lebteres hat das 400 nur in der Wiederholung des Ausrufs weg- gelafien, die Veichittha hat es gänzlich getilgt. Die Peſchittha Hat im übrigen den Tanonifchen Tert mit jeinem fragenden und klagen— den „warum“ treu reproduziert; das PE Hat die Flagende Frage und Bitte in einen behauptenden Ausruf verwandelt. Und ftatt des &ynarelırces ue unferer Evv. ſowie des Pſalmiſten nach der Sep- tuaginta, welches die VBorftellung erwedt, daß Gott den Gefreuzigten in feiner Not hat hängen laſſen, und daß er ihn ohne Hilfe in Stich gelaffen, Heißt e8 nur xareleııyas ue „Du haft mich ver- Iafjen, bift von mir gewichen". Und dies alles nicht wie bei Mat— thäus und Markus als Anlaß zur Darreihung eines durftitillenden erquidenden Tranfes, Sondern als Folge des Gifttranfes, durch deſſen Darreihung die Juden ihre Verfündigung an Jeſus vollendet haben. Danach ift völlig Har, daB bier unter der Kraft nicht Gott der Bater gemeint ift, fondern eine dem Gefreuzigten bi3 dahin ein- wohnende und beivohnende höhere Kraft. In diefem Moment hat fie ihn verlaffen. Sie ift zugleich feine Lebenskraft gewejen; denn mit diefem Ausruf ftirbt Jeſus. Während nun aber die kanoniſche Darftellung in Worten,!) welche von jedem fterbenden Menſchen ge- braucht werden fünnen, das Sterben Jeſu, die Entfeelung des Leibes ausdrüdt, wird hier gejagt: „als er dies gejagt”, oder mit diefen Worten „ward er aufgenommen“.?) Vom Kreuz aus fährt der Herr gen Himmel.

ı) Mt. 27, 50 aynze ro nvevua (vgl. Gen. 85, 18; Sirach 28, 28): 30h. 19, 30 ragsdaoxe ro nveuua (vgl. Just. dial. 105 anodıdous To nveuua); Mr. 15, 37; 2E. 28, 46 dfönvevos, Lukas aber mit einem vorangehenden Wort, welches die gleiche BVorftellung ausdrüdt, wie Matthäus und Yohannes, vgl. auh AG. 7, 59.

9) O. 5 xal sinav aveinpdn vgl. 2. 9, öl; (24, AL? avepäoero); AG. 1, 2. (9). 11. 22; (Mr. 16, 19); 1 Tim. 3, 16, auch apofryphe Titel wie avalnyıs Movosos und die Stellenfammlung von Reſch, Zeitichr. f. kirchl. Wiſſ. 1889 S. 77—81 laſſen über den Sinn feinen Zweifel. Wie Harnad S. 27 dur Anführung von Lk. 23, 43 dem BVerfafler des BE eine goldene Brüde bauen mochte, verftehe ich nicht. Sit denn das Paradies damals oben im Himmel gewejen? Vgl. vielmehr Hofmann, Schriftbeweis II, 488.

Die chriftologifche Anficht. 35

In dem unausweichlichen VBerftändnis diefer Worte darf e3 ung nicht irre machen, daß wir im weiteren Verlauf troßdem noch von einer Auferjtehung und fogar von einem Descensus ad inferos und noch einmal von einer Himmelfahrt des Herrn hören. Es wird hier vielmehr offenbar, daß der Verfaſſer die Berjon Chrifti aus ver- ichiedenen, in einer lösbaren Berjonalunion zeitweilig verbundenen Subjeften zujammengefett dent. Der Name o xvoros, weldjer jo- gar dem entfjeelten Leichnam Jeſu, abweichend vom kanoniſchen Sprachgebrauch, gegeben wird (oben ©. 18), umfaßt alles und verbedt einigermaßen die vom Verfaſſer beabfichtigte Unterfcheidung eines doppelten Chriftus. Derjenige, welcdjer im Moment des Sterben Jeſu gen Himmel fährt, ift, wie eben der weitere Verlauf zeigt, auch abgejehen von dem Leichnam, der vom Kreuz herabgenommen und ins Grab gelegt wird, nicht der ganze Herr. Es ift nur ein höheres Element, der obere Chriftus, und man kann nicht wohl bezweifeln, daß diefer identifch ift mit der „Kraft“, von welcher der Sterbende jagt, daß fie ihn verlaflen. Die Analogie mit valentinianifchen Spefulationen läßt nicht wohl daran zweifeln,’) und die Inkonzinnität der Darftellung, welche ſchon durd) die Gebundenheit des Erzählers an die gewöhnliche evangelifche Überlieferung und an das unver- geßliche Pialmmwort mit feiner aoriftiichen Verbalform gegeben war, it doch nicht allzugroß. Der, welcher pricht: „meine Kraft, du haft mich verlafjen“, ift ja nicht ganz der, von welchem es heißt: „er ward aufgenommen“, und e3 fcheint eine Verfehrung des gemeinten Verlaufs, daß letzteres der Rede erſt gefolgt ift, in welcher weſentlich diejelbe Thatſache als bereits geichehen behauptet wird. Aber da3 Alles ist Doch Sache eines Moments. In dem Augenblid, in welchem der Gefreuzigte in feine Elemente fi) auflöft, fühlt der Chriſtus, welcher nachher noch auf Erden und fogar unter der Erde zu jchaffen

1) Nach Iren. I, 8, 2 fanden die Balentinianer in dem Ruf Mt. 27, 46, welchen fie Übrigens unverändert reproduzierten, eine allegoriiche Darftellung davon, daß die Sophia von dem Licht verlaffen und gehindert wurde, weiter vorzudringen. Mit flehentlicher Bitte wendet fie fi an das Licht, welches fie verlaffen bat (Iren. I, 4, 5). Dies wird aber aud fo ausgebrüdt, daß ber obere Chriftus feine Kraft zurüczieht und die Sophia verläßt (Iren. I, 4, 1 xal noabavra tovro dvadpaueiv, ovoreilavra avrov Övvanıy xal xaralımalv 86. avınv).

8*

36 Das Evangelium des Petrus.

hat, dag Schwinden der höheren Kraft; und indem er dies als etwas Geſchehenes ausipricht, ift auch ſchon der himmlische Chriſtus gen Himmel gefahren. Die jchillernde Darftellung wird abfichtlich ge- wählt jein, um nicht durch unverhüllten Vortrag des chriftologischen Dogmas die gefchichtliche Erzählung völlig zu zerjtören oder auch bei den zu gewinnenden Leſern gar zu hart anzuftoßen.

Eigentümliche hriftologische Vorſtellungen befundet auch die weitere Daritellung. Gleichgültig ift der Erzähler nicht gegen das, was von dem „Herrn“ auf Erden geblieben if. Es heißt immer noch „der Herr“. Der auf den Erdboden gelegte Leib bewirkt das Erdbeben; und die eigentümliche Angabe, daß Joſeph ihn gewaſchen Habe (c. 6), hält dem andern Umstand die Wage, daß alles, was die fanonifchen Erzählungen von beabjichtigter und von wirklicher Anwendung von Spezereien bei der Beitattung und nach der Beftattung jagen, ängstlich vermieden zu fein jcheint.') Lebteres jcheint [mit dem antijüdischen Charakter des BE zufammenzuhängen. Nicht was die Juden, fondern was die Weiber ihren Toten anzuthun pflegen, bedauert Maria Magdalena mit ihren Freundinnen, am Todestag nicht haben thun zu fünnen, und verjuchen fie am Sonntagmorgen zu thun (c. 12). Wie Mt. 28, 2—4 find Hier c. 9 die am Grabe Wache Haltenden Soldaten Augenzeugen der gewaltfamen Öffnung des Grabes und der Engelerfcheinung. Abweichend von den kanoniſchen Erzählungen und im Widerjpruch mit der Geſamtanſchauung des N. Teſtaments befommt die ganze militärifche Wache und eine Anzahl von gleichfallg anmwejenden Synedriften jogar den aus dem Grabe Herborgehenden Herrn ſelbſt zu jehen, ehe noch einer der Jünger von der Auferftehung etwas weiß (c. 10). Grandios genug erjcheint er. Während Die Engel mit ihrem Haupt bi8 an den Himmel reichen, überragt das Haupt des Auferftandenen die Himmel. Wie diejer Unterjchied des „bis zu dem Himmel“ und des „über die Himmel” Gegenftand finnlicher Anſchauung geweſen fein joll, wird freilich fein auch noch jo wohlwollender Lejer fich jagen können. Es kommt dem Erzähler

1) Mr. 16, 1; Lk. 23, 56; 24, 1; Joh. 19, 39f., vgl. Mt. 26, 12; Mr. 14, 8; Joh. 12, 7. Nah BE 12 könnte es beinahe fo fcheinen, ala ob die Pfliht der Pietät (Ta oypelousva) ledigli im lauten Klagen bei der Leiche und am Grabe beitände. Zum Schluß wird dod von etwas geredet, was bie Weiber zum Grab bringen, aber nicht gejagt, was es geweſen fei.

Die chriitologifche Anficht. 37

auch hier nur auf den Ausdrud einer Idee an. Zu dieſer gehört aber auch, daß der Auferftandene noch in großer Schwachheit fich befindet. Die beiden Engel ftüben ihn wie einen Rekonvaleszenten und führen ihn wie einen Blinden. Der auferwedte Lazarus (30h. 11, 44) ift im Vergleich zu ihm ein Held an Kraft und Leben. Der Herr fcheint aud) der Sprache noch nicht wieder mächtig zu jein; denn auf die Stimme vom Himmel, welche ihn fragt: „Haft du den Schlafenden gepredigt”? antwortet nicht er ſelbſt, jondern von dem Kreuz her, welches zauberhafterweije Hinter ihm und den beiden Engeln ber fich fortbewegt, ertönt dag „Ja“. Wohin dieje geheimnisvolle Erjcheinung ſich bewegt, wird vorläufig nicht gejagt. Sie Icheint nur eine momentane Anschauung der anwejenden Menfchen zu fein. Was aber joll fie befagen? Nicht der Herr, welcher vom Kreuz gen Himmel gefahren ift, jondern der Herr, welcher am Kreuz befannt Hat, daß die höhere Kraft von ihm weiche, und welcher, von diefer Kraft verlafien, am Kreuz geblieben ift, ing Grab gelegt wurde und nun aus dem Grabe herausgeführt wird, hat in- zwifchen den Toten in der Unterwelt gepredigt. Während die ‘Ber- jonalunion zwijchen dem Herrn, welcher vom Kreuz aus gen Himmel gefahren, und dem Herrn, welcher am Kreuz hängen geblieben ift, im Augenblid des Sterben Jeſu fich gelöft Hat, ift mit dem Leibe verbunden geblieben der Herr, weldjer wohl ein großartiges Weſen, auch nicht ohne alle Fähigkeit der Bewegung und nicht ohne heil- jame Thätigfeit im Totenreich ift, aber doc) der höheren Kraft er- mangelt, die ihm früher beimohnte und ihn am Kreuz verlafjen hat. Diefer Zuftand dauert noch an im Moment der Auferftehung. Aber er bleibt nicht. Den Frauen, welche am Oftermorgen in das leere Grab Hineinjehen, jagt der Engel: „Er ift auferftanden und dahin- gegangen”, und dasſelbe nocd einmal genauer „Dahin, von wo er gejandt wurde” (c. 13). Seiner Auferftehung ift alfo feine Rüd- fehr zu Gott, feine Himmelfahrt, unmittelbar gefolgt.) Ob dadurd)

1) Ganz unrictig wird der Thatbeftand wiedergegeben, wenn man jagt, dad PE verlege die Himmelfahrt auf denfelben Tag wie die Auferftehung. Wir befinden uns in c. 12 noch in der Frühe des Tages, und es ift in c. 13 nur der Abſchluß der Bewegung berichtet, deren Anfang c. 10 beſchrieben wurde. Inzwiſchen thut der Auferftandene nichts. Aus dem Grabe ift er gen Himmel gefahren. Übrigens wäre auch jene Anſicht unerhört, vgl. Geſch. d. Kanons I, 924f.

38 Das Evangelium des Petrus.

eine Wiedervereinigung mit der höheren Kraft fich vollzogen und fomit die vor dem Tode beitandene Einheit des Wejend „des Herrn“ wiederhergejtellt fei, bleibt dem Leſer wenigftens dieſes Fragments zu erraten überlaſſen. Wenn die Erzählung von der Erjcheinung des Auferitandenen am galilätfchen Meer, in deren Anfang der Tert abbricht, und erhalten wäre, würden wir vielleicht fichere Antivort willen. Deutlich aber ift auch ohnedies die Unterfcheidung eines doppelten Chriftus oder vielmehr „Herrn“, wie einer doppelten Himmelfahrt.

IV. Die Quellen des Evangelium3 „nach Petrus“.

Daß dieſe, wie bisher gezeigt wurde, durchaus tendenziöfe und phantaftiiche, mit den gefchichtlichen Berhältniffen zur Zeit Jeſu ganz unverträgliche und in einer vergleichsweiſe modernen Sprache erzählte Gejchichte nicht das Bruchſtück eines Urevangeliums oder einer jener Lk. 1,1 erwähnten Erzählungen ift, bedarf feines Be— weiſes für Diejenigen, die überhaupt noch im ftande find, einer Be- weisführung zu folgen. Fraglich fünnte nur fein, ob der Verfaſſer des BE derartige, in die Anfänge der evangelifchen Litteratur zurüd- reichende Schriften, ob er vorkanoniſche Evv. als Duellen benußt Bat. Auch diefe Frage ift zu verneinen. Unfere 4 Evv. find es, Deren Tert überall durch die tendenziöjfe Verkleidung handgreiflich Hindurch- blickt, und von jelbftändiger, d. 5. von unjeren Evv. unabhängiger, evan- gelifcher Überlieferung, wie folche in den Briefen des Paulus, in der unechten Perikope Joh. 8, I—11, in dem unechten Schluß des Markusev. (16, I—20), bei Papias und Ignatius, vielleicht auch in einigen Fragmenten des Hebräerev. und in Varianten des Tano- niſchen Evangelientertes fich finden, enthält das PE nicht?, oder fo gut wie nichts. Schon oben ©. 19. wurde gezeigt, Daß ein eigentümlicher Ausdruf in LE 23, 54 vom Verfaſſer des BE mißverjtanden und mißbraucht worden ift. Ähnlich ift ein anderer Fall. Mr. 16, 4 wird erzählt, daß die am Grabe anlangenden Weiber, ſowie fie ihren Bli erheben und auf dag Grab hinlenken, deutlich fehen, daß der

Abhängigkeit von d. Fanonifchen Evv. 39

Stein, um deſſen Entfernung fie fich vorher Sorge gemacht haben, abgewälzt fei, und dem zur Erläuterung wird vom Evangeliften bei- gefügt: „denn er war fehr groß". Hier im BE c. 12 jagen die Weiber felbft auf dem Wege zum Grabe: „Wer aber wird ung auch den Stein abwälzen, der auf die Thür des Grabe gelegt ift?... Denn groß war der Stein, und wir fürchten, daß uns jemand jehe“. Jedermann fieht, daß ein im Munde der Weiber jchlechthin un- paffendes Imperfektum (79) aus der Quelle herübergenommen und überdie8 dem erläuternden Sat eine faljche Beziehung gegeben worden ift. 1) Befanntlicd) erzählt Mit. 28, 2—6 von einem Engel, welcher den Stein abwälzt und mit den Weibern redet, Mr. 16, 5—7 von einem Jüngling, LE. 24, 4—7. 23 und oh. 20, 12 von zwei Männern oder Engeln, welche mit Magdalena oder mit den Weibern überhaupt reden. Das PE erzählt von zwei ver- Ichiedenen Engelerjcheinungen. Zuerft erjcheinen deren zwei (c. 9. 10), jodann ein einzelner (c. 11), welcher nachher wieder auftaucht (c. 13). Das war eine notwendige Folge der Erfindung, daß zwei Engel den auferjtehenden Herrn aus dem Grab Hinaußgeleiten (c. 10). Nun find fie verjchwunden und, wie man c. 13 erfährt, mit ihm in den Himmel, aus dem fie herabgefommen find (c. 9), Hinaufge- fahren. Es bedarf aber eines Engels im Grabe und am Grabe, um die Weiber über die Auferftehung zu belehren. Darum fommt ein dritter vom Himmel, geht ing Grab hinein (c. 11) und begrüßt die Weiber (c. 13). Wer fieht nicht, daß Hier die Varianten der von einer einzigen Thatjache berichtenden Erzählungen unjerer Evv. ver- wertet find, um für eine phantaftiiche Dichtung das erforderliche Material zu gewinnen! Zwei Engel (Lf. ob.) und ein Engel (Mi. Der.) macht drei Engel (BE) Selbſt in dem buntjchedigen Wechſel der Bezeichnungen zeigt fich der Kompilator. Die zwei Engel heißen zweimal (c. 9. 10, an lebterer Stelle auch Jeſus) üvdoes wie Lk. 24, 4, dazwilchen aber veavioxoı wie Mr. 16, 5; und ebenfo der dritte Engel zuerst (c. 11) &vYowzros, nachher (c. 13) vervloros. Mit der tendenziöfen Übertragung der Rolle der Richter

!) So allerdings auch neuere Exegeten, 3. B. noch Schanz S. 415, welche Doch nicht wagen, mit Eufebius und dem Cod. D eine Umftellung der Sätze vorzunehmen. DBgl. dagegen Kloftermann, Markus S. 297.

40 Das Evangelium des Petrus.

und Henker Jeſu von den Römern auf die Juden war e3 gegeben, daß aud) das fromme Belenntnis des Hauptmanng unter dem Kreuz (Mt. 27, 54; Mr. 15, 39; Lk. 23, 47) wegfiel. Es wird aber doc) in einer doppelten Weife verwertet. Erſtens wird dieſes Bekenntnis, und zwar nach der Faſſung des Lukas, wonach es die Gerechtigkeit Jeſu bezeugt, dem jüdischen Volk, vor welchem die Synedriften fich deshalb fürchten, in den Mund gelegt, und es wird eben dort in Worten, welche bei Lukas beinahe ebenjo lautend gleich Hinter dem Bekenntnis des Hauptmann ftehen, unmittelbar vor dem gleichen Belenntnis Die reumütige Haltung des Volkes beichrieben. ) Zweiten aber wird das Bekenntnis in der Faſſung, welche ihn Matthäus und Markus gegeben haben, ?) doch auch einem römiſchen Genturio in den Mund gelegt, nämlich dem Befehlshaber der Grabeswache. Wir haben aljo wieder das Schauspiel, daß die Varianten einer bei den kanoniſchen Evangeliften wejentlich identiichen und jedenfalls auf dasſelbe Faktum bezüglichen Erzählung im PE dazu verwertet werden, um für Die in dejjen Tendenzen begründeten Dichtungen Stoff zu gewinnen. Der antijüdischen Tendenz zuliebe durften unter dem Kreuz feine römischen Soldaten als Henker fungieren; aber die Kehrfeite der- jelben Tendenz, die Neigung die Römer in möglichjt günftigem Licht erfcheinen zu laſſen, verbot e3, das ſchöne Zeugnis eines römischen Dffizierd ganz zu unterdrüden. Daher wurde der Grabeswache, welche bei Mt. 27, 65 f. 28,4. 11—15 eines Befehlshaber? entbehrt, ein folder in der Perſon eines Centurio Petronius gegeben. Da die Geſtalt dieſes Genturio eine aus den angegebenen Gründen er- dDichtete ift, jo muß das gleiche von dem Namen Betronius gelten. Hätte der Verfaſſer die Überlieferung gefannt, nach welcher ber fromme Hauptmann unter dem Kreuz Longinus geheißen haben Toll, ?)

N BE 8 xonteras ra orndn, U. 23, 48 TUntovres ta ornYn.

NE 11 aAnFws viös nv Feov, abgeſehen von der Befeitigung ber Subjektsbezeichnung Aähnlider mit Mr. 15, 39 als mit Mt. 27, 54. Auch ift zu bemerfen, daß das BE beharrlich xerrvoiar fchreibt (c. 8. 10. 11, im ganzen 5mal) wie im N. Teftament nur Mr. 15, 84. 44. 45.

3) Gregor von Nyſſa bei Zacagni, Coll. monum. I, 391 fett die Sage als bekannt voraus, daß der Hauptmann, welcher die Gottheit des Herrn bei feinem Tode bekannt babe, Bifchof in Kappadocien geworden fei, nennt aber feinen Namen nit. Er heißt Longinus in einer der beiden griechiſchen Res zenfionen der Pilatusatten (Ev. apocr. ed. Tischendorf p. 309). Diefen

m.

Apokryphe Traditionen. 41

jo würde er fchwerlid) einen neuen Namen erfunden haben. Er würde ihn überhaupt nicht benannt haben, wenn er fich bei diefem Namen gar nichts gedacht hätte. Petronius in einem Evangelium des Betrug könnte auf einen beabfichtigten Zuſammenhang zwijchen diefen beiden Namen jchließen laſſen, wenn irgend welche Andeutung davon vorläge, daß dieſer Petronius mit Petrus in Berührung ge— fommen wäre. ber jelbjt wenn jolche Andeutungen in dem ver- Iorenen Schluß des BE enthalten gewejen wären, würde das als nachträgliche Folgerung aus dem Namensanklang zu betrachten fein. Man hätte jih an Petronilla zu erinnern, eine geichichtliche Perſön— lichkeit, welche wegen ihres Namens in der Legende zu einer leib- lichen oder aud) geiftlichen Tochter des Petrus gemacht worden ift.’) Da ung Die Tradition fowie mehrere bereit3 vorgetragene Beob— achtungen auf Antiochien und Syrien als die Geburtäftätte des PE hinweiſen, jo ſcheint es nicht fernliegend, daß der Verfaſſer etwas von Petronius, dem Präſes von Syrien zur Zeit des aligula, gehört Hätte.?) Gegenüber den an den „Antichrift“ erinnernden Attentaten des wahnfinnigen Kaiferz, welche auch auf die chriftlichen Kreife einen tiefen Eindrud gemacht und noch im 2. Jahrhundert die Anderung der Zahl des Antichriſts 666 in 616 veranlakt haben, ?) hat jener Petronius fi) als einen fehr bejonnenen, über

Namen trägt in Handſchriften der anderen Rezenfion und in einer lateinijchen Berfion der Soldat, welder dem Gefreuzigten den Lanzenftich verjegt (j. die Noten von Tiſchendorf S. 247. 362, auch Apocal. apocryphae p. LXII und Thilo S. 586f.). In dem Martyrium des Longinus, welches ein Presbyter Heſychius von Zerufalem verfaßt haben will, ift der jo benannte Genturio der fromme Belenner unter dem Kreuz und zugleich der Befehlshaber der Grabes⸗ wache. So erzerpierte id mir aus dem Cod. Paris. 1468 fol. 136. Bgl. die Iateinifche Überfegung in Acta SS. Mart. tom. III, 386 f. und den Meta: phraften Migne 115 col. 31ff. Aud in den Paulusakten ſpielt ein militäriicher Befehlähaber Longinus, im griehiihen Tert jedoch Aoyyos genannt, eine Rolle (ed. Lipsius p. 112 ff.).

1) Bol. in Kürze Ligbtfoot, S. Clement I, 37—39. NRobinfon p. 24 ers innert an einen Schüler des Petrus, Namen? Petronius, in den Alten ber Hermione. Es muß aber nach Acta SS. Sept. tom. II, 185 heißen „Schüler des Paulus“.

2) Vgl. Schürer, Geſch. des jüd. Volles I, 421—424. 270.

3) Vgl. meine apokalyptiſchen Studien, Zeitichr. f. kirchl. Wiſſenſch. 1885 6. 572.

42 Das Evangelium des Petrus.

religiöfe Dinge billig denfenden Beamten, als einen rechten xazeywv gegenüber dem bereit3 fich regenden Myſterium der Geſetzloſigkeit erwiefen. Die Phantaſie unſeres Verfaſſers hat nicht einmal gegen die Chronologie verjtoßen; denn innerhalb des Jahrzehnts, welches ungefähr zwilchen dem Tode Jeſu und jenen Ereigniffen unter Caligula veritrichen ift, konnte der Hauptmann PBetronius zum Oberjtfomman- dierenden der Provinz Syrien avanciert fein.

Mag diefer Verſuch einer Erklärung des Namens Petronius einleuchten oder nicht, eine felbjtändige, von unferen Evv. unab- hängige, jei e8 mündliche, fei es ſchriftliche Überlieferung tritt jeden- falls Hier nicht zu Tage. Den Schein einer folchen erwedt viel eher jene Szene, wo die Juden den Herrn auf einen Richterftuhl feben und ihm zurufen: „Nichte gerecht, König Israels". Die Unnatur der Darjtellung, wonad) dies auf dem eiligen Transport zur Kreuzi⸗ gungzftätte geichehen jein joll (oben ©. 29), beweift unwiderleglich, daß dies nicht die urjprüngliche Form der Erzählung fein fann. Die Szene muß urjprünglih an einem Ort gefpielt haben, wo ein Kichterftuhl zur Hand war; und da die jämtlichen in dem dortigen Bufammenhang berichteten Handlungen, wie ©. 26. gezeigt wurde, in tendenziöfer Weiſe von den römischen Beamten und Soldaten auf die Juden und von dem Prätorium und deſſen nächiter Umgebung auf den Weg nad) Golgatha verlegt find, jo folgt, daß auch dieſe Handlung urjprünglich in oder vor dag Prätorium gehört, und daß der Richterjtuhl urſprünglich Tein anderer als derjenige des Pilatus gewejen jein kann. Wir finden wejentlich dieſelbe Überlieferung bei Juſtin.) Derſelbe findet in dieſer Thatſache eine Erfüllung der Weis— ſagung in Jeſaja 58, 2: „Sie fordern von mir gerechtes Gericht und begehren Gotte zu nahen”.?) Ohne Frage ift diejeg Propheten- wort eine der Stüben, auf welchen die Tradition beruht. Aber man fieht auch jofort, daß weder das PE von Juſtin, noch Juſtin vom BE abhängt. Das VPE citiert die prophetiiche Stelle nicht,

1) Just. apol. I, 85 xai yao, ws elnev 6 noo@nTns, ÖLaovoovrss muTov dxadFıoar dri Anuaros xai elnov‘ xplvov nurw,. VE 8 xal Exadıvav aurov ent xaFedoav xoioews A&yovres‘ Örxuiws xoive, Baoıhkev vov Tooanı.

2) Suftin citiert apol. I, 35 in unmittelbarer Fortſetzung eines Citats aus Sefaja 65, 2 weiter: alrovoi us vv xoioıw (LXX add. dıxaiav) al Syyissıw Ieo ToAumorw (LXX dmıdvuovowv),

Apokryphe Traditionen. 43

aber die Form des fpöttifchen Zurufs gerade im PE („Nichte ge- recht“) und auch die Bezeichnung des Richterſtuhls ala xaIedon xoioews beweilen die Abhängigkeit von der Septuaginta. Durch Juſtin kann das nicht vermittelt fein; denn Juſtin hat im Citat dag Stihwort (dıxaiav) außgelaffen und demgemäß auch in dem Zuruf fein dexaiws. Aber Juſtin kann auch nicht aus dem PE gejchöpft haben; denn wie follte er dasjenige Wort feiner Vorlage, welches ihn auf die dort nicht citierte Sejajaftelle Hingeführt hätte (devaiwg), jowohl in dem Zuruf als in dem prophetiichen Citat (deıxaiav) und auch die vorgefundene Bezeichnung des Richterſtuhls, welche an das Wort xolorw im Citat anknüpft, getilgt haben. Die Unabhängigfeit Juſtins vom PE ergibt ſich noch von einer anderen Seite. Zur Erklärung der Entitehung der bei Juftin und im PE. vorliegenden Sage genügt offenbar nicht die Jeſajaſtelle. Dieje jagt nicht? von einem Richterſtuhl und liegt nach ihrem gejamten Inhalt und Zu— jammenhang jo fern, daß ihre Anwendung auf die Bajfionzgejchichte ohne einen beftimmten Anknüpfungspunft in der lebteren ein un— verständliches Rätſel bleiben müßte. Die Löſung ift aber ſchon im Sahre 1877 von James Drummond gefunden worden.) Man muß ſchon in alter Zeit, wie das auch in neuerer Zeit vorgefommen ift, Joh. 19, 13. 14 jo aufgefaßt haben, als ob der Evangelift jagen wollte: „Da Bilatus diefe Worte gehört Hatte, führte er Jeſum hinaus und fegte ihn auf den Richterftuhl und ſprach zu den Juden: Siehe da, euer König.” So gewiß dieje Auffaffung Tprachlich mög- lich ift, jo zweifellos verftößt fie gegen den Sinn des Evange-

1) Ich muß mit einiger Beihämung befennen, daß ich bei Beſprechung dieſes Rätſels in der Geh. d. Kanons I, 548 den Bericht über die glüdliche Löſung desfelben bei Salmon (Introduction Ed. 1 p. 89) überfehen babe. Erft dur Robinfon S. 18 wurde ih darauf aufmerkſam gemadt. Salmon erzählt zugleich, daß der Erzbifchof Whately allen Ernftes die tranfitive Fafſung des dxadsoev oh. 19,13 zu vertreten pflegte. Es wäre intereflant zu wiflen, in welcher Weife der inzwiſchen leider verftorbene Hort, wie Harnad ©. 57 mitteilt, dieſen auf die Sache aufmerffam gemadt. Borläufig Halte ich den feinfinnigen engliſchen Kritiker für unſchuldig an der erheiternden Behauptung von Harnad, daß jene jobanneiihe Stelle durch das BE „Licht empfängt“. Ungefähr fo, wie mande Berje Virgils durch Blumauer, 3. B. der fchöne Vers infandum regina etc. durch die noch ſchönere Traveftie „O Infantin“.

44 Das Evangelium des Petrus.

liſten.) Hatte aber erſt einmal dieſes Mißverſtändnis der johanneischen Erzählung in gewiffen Kreifen fich feitgefebt, fo lag es nahe, eine Weisſagung auf dieſes merkwürdige Faktum im A. Teftament zu ſuchen, ganz ebenjo, wie man für andere Züge der Leidendgejchichte, welche in unjeren Evv. nicht mit einer altteftamentlichen Weisfagung in Beziehung gejegt find, wie 3. B. die Tränfung des Gefreuzigten (oben S. 30f.), entiprechende Weisfagungen ſuchte und fand und fie in die evangelifche Tradition einmiſchte. Die unvermeidliche Folge war, daß man nun die Juden, weldye Pilatus verhöhnen wollte, vielmehr auf die angebliche Verhöhnung Jeſu, zu welcher Pilatus fie herausgefordert haben jollte, ihrerjeit3 eingehen ließ.?) Denn

1) Gegenüber der kühnen Behauptung von Harnad ©. 57, man könne fchwerlih daran zweifeln, daß Johannes exadsoe» tranfitiv verftanden haben wollte, find doch einige Bemerkungen notwendig: 1) Johannes gebraudt xadikeır fonft 12, 14 (vgl. 8, 2), ebenjo wie die Synoptiker und die AO. Stets, intranfitiv und refleriv. Beſonders zu beachten ift die Verbindung mit Zr YHoovor, Anuaros, xaFedoas u. dgl. Mt. 19, 28; 20, 21. 23; 28, 2; 25, 81; Mr. 10, 37. 40; (16, 19); Lk. 22, 30; AG. 2, 30; 12, 21; 25, 6. 17. 2) In einem Sat, in welchem der Richter dag Subjekt ift, heißt xadFlLes Zri (oder Zi rov) Anuaros jelbftverftändlich: „er fett fih auf Jeinen Richterftuhl*, vgl. Mt. 27, 19. Das gegenteilige Berftändnis mußte jeder verftändige Schriftfteller durch ein avrov hinter dxadıosv erzwingen (vgl. Eph. 1, 20 troß des vorangehenden avröov). Der allen Apofiopefen abholde Stil des Johannes würde auch ohne die befondere Nötigung an unjerer Stelle ein avro» erfordern, wenn Jeſus Objekt fein follte. Johannes liebt das entbehrliche auro» ſowohl hinter dem Eigennamen (6, 24. 25; 12, 17; 18, 12), als Hinter auro» (6, 39. 44; 8, 55; 11, 44; 13, 32; 14, 7; 18, 31; 19, 6). Un einigen Stellen, wozu ih aud 6, 15 rechne, haben die ftilifierenden Abjchreiber das überflüffige aurov ge- tilgt. 3) Die umftändlihe Angabe des Ortes, wo der Richterftuhl ftand, und des Tages wie der Stunde, wann fich dies zutrug, bei Johannes wird finnlos, wenn es fi bier um eine der Verjpottungen handeln fol, deren mebrere vorangegangen find (18, 39; 19, 1—5), und nicht vielmehr um bie förmliche und feierliche Entſcheidung des römischen Richters, welcher fi zum Zwed derfelben auf feinen Richterftuhl jet. Daß er auch in diejem feier: lichen, legten Augenblid noch) dur Verhöhnung nicht Jeſu, fondern der Juden an diefen fich rächt, ändert nichts an dem von Johannes unzweideutig geſchilderten sichteramtliden Charakter dieſer letzten Szene vor der Hinrichtung.

2) Juſtin hatte die Beziehung von ef. 58, 2 auf die Juden dadurch aud für feine Lefer Mar erhalten, daß er Jeſ. 65, 2 damit verband. Eben davon war es eine Folge, daß er hier, abweichend von jeiner fonftigen Dar: ftellungsweife, ohne die enticheidende Mitwirkung des Pilatus zu erwähnen,

. Apofryphe Traditionen. 45

bei Jeſaja ift vom Verhalten des jüdischen Volks gegen feinen Gott Die Rede, und das der von Juſtin citierten Stelle folgende Aeyovrsg forderte geradezu heraus zu einer Sormulierung der Worte, mit welchen die Juden den auf dem Richterftuhl figenden Jeſus auf- fordern, Recht zu ſprechen. Die Formulierung lautet bei Juftin und im BE fehr verjchieden. Und ob die apofryphe Fortbildung der evangelifchen Erzählung in Form einer Gloffe zu oh. 19, 13. 14 oder nur in Form einer eregetifchen Tradition fich fortgepflanzt hat, willen wir nicht. Dagegen ift nicht zu bezweifeln, daß ein Mißverſtändnis von Soh. 19, 13. 14 vor der Zeit Juſtins und des BE die Sage erzeugt hat. Daß aber Juſtin fie nicht aus dem PE geichöpft hat, ergibt fich num aufs neue daraus, daß nur bei Juſtin der johanneijche, alfo der originale Ausdrud (avröv) Enadıoav (oh. -vev) Erri Pnuarog erhalten, im PE dagegen durd) Exadıcav avröv Erii naIedgav ngloewg erſetzt ift.

Eine andere apofryphe Tradition würde man gar nicht als folche anerfennen, fondern einfach für eine frei gedichtete Ausſchmückung de3 BE Halten dürfen, wenn ihre Eriftenz im 2. Jahrhundert nicht anderweitig bezeugt wäre. Der Weheruf des Volks im BE ift weient- lich der gleiche, wie er im ſyriſchen Diateffaron des Tatian, in dem Syr. Curetonianus und in einer lateinijchen Evangelienhandichrift fih findet.) Die beiden zulegt genannten Zeugen fichern dieſer

von den Juden fagt, daß fie Jeſum gefreuzigt haben, und daß er, wenigſtens ſtillſchweigend, ebenfo ungenau nicht nur die Aufforderung zu richten, jondern auch das Seen Jeſu auf den Richterftuhl den Juden zufchreibt. Erſt bei der Kleiderverlofung läßt er eine neue Bezeichnung des Subjekts eintreten (ot oravpwoarrss avrov cf. dial. 97 u. 104), welche ſpeziell auf die eigentlichen Henker Jeſu, die römischen Soldaten hinmeifen fol.

) Bgl. meine Forihungen I, 215 ff. Der Tert des S. Germanensis 1 (gewöhnlih als g! bezeichnet, vgl. Geſch. d. Kanons II, 387 f.) lautet nad Sabatier (III, 372) hinter dem revertebantur (vnéorosyov) des kanoniſchen Terteö: dicentes: vae vobis (lie8 nobis) quae facta sunt hodie propter peccata nostra! appropinquavit enim desolatio Jerusalem. Der Tert des Lukas in diefem Kodex ift zwar nicht wie derjenige des Matthäus im allgemeinen vorhieronymianiſch, enthält aber auch Altertümliches. Wie ich ſchon Forſch. I, 217 vermutungsweife ausſprach, ift jetzt auf Grund der neuen Beftätigung durch das BE mit Sicherheit zu behaupten, daß Ephraim (ed. Moesinger p. 245. 246) im Diatefjaron nit nur vae fuit, vae fuit nobis, [filius dei erat hie], fondern auch venerunt judicia dirutionis Hierosolymorum gelefen hat.

46 Das Evangelium des Petrus.

apofryphen Tradition zunächſt ihren Pla als einer Erweiterung des kanoniſchen Textes von Lk. 23, 48. Daraus, daß diefe Text- erweiterung in einem altlateinifchen Evangelientert erhalten ift, folgt ferner mit ziemlicher Sicherheit, daß diefe Zuthat nicht auf dem Boden der ſyriſch redenden Kirche entjtanden ift, oder mit andern Worten, daß jie nicht von Tatian, dem Verfaſſer des ſyriſchen Dia- teffaron um 170, gejchaffen, jondern vorgefunden worden ilt. Die wejentliche Übereinftimmung zwiſchen dem Diateſſaron und jenem lateiniſchen Codex beruht auf einem griechiſchen Lukastext, welcher in c. 23, 48 jene Zuthat enthielt, und dieſer griechiſche Text des fanonifchen Lukas ift fpäteftend um 150 vorhanden geweien. Es ift eine von der Tertkritif längſt anerkannte gefchichtliche Thatjache, daß die größten und kühnſten inhaltlichen Veränderungen des neutejta- mentlichen und insbeſondere des evangeliichen Textes dem zweiten Sahrhundert angehören. Es ift neuerdings vollftändiger und ge- nauer wie früher erwiejen worden, daß ſchon Marcion um 140—150 bei der Anfertigung feines Evo. einen durch) manche apofryphe Zu— thaten erweiterten Lufastert vor fich gehabt Hat.!) In demfelben Kapitel (LE. 23, 2) Hat Marcion einen Tert vorgefunden und für feine Zwede nubbar gemacht, welcher unabhängig von ihm in fa- tholischen Kreilen des Abendlandes eine weite Verbreitung gefunden hat. Wie wir es in diefem Fall ohne Frage mit einer Interpolation oder Amplifilation des kanoniſchen Lukas ſpäteſtens aus dem Anfang des 2. Jahrhunderts zu thun Haben, jo kann aud) der amplifizierte Tert von Lk. 23, 48 um 100—130 eriftiert haben. Sollen wir nun annehmen, daß katholiſche Chriften diefe Zuthat aus dem PE genommen haben, oder daß der Verfaſſer des BE auch jchon jenen erweiterten Tert von Lk. 23, 48 vor fich Hatte, welchen Tatian um

Die von mir eingellammerten Worte hat Ephraim offenbar in feiner Zuſammen⸗ faffung der nad der Berfinfterung der Sonne eingetretenen Äußerungen der Reue aus LE. 23, 47 oder vielmehr aus der von Tatian bier eingefügten Parallele Mt. 27, 54 entnommen und frei fombiniert. Dagegen beftätigt Syr. Cur. ein ano Ta» Aanaprımv numv ald Tertbeftandteil des Diateffaron. Andererfeitö fehlt in Syr. Cur., deffen von meiner und G. Hoffmanns Über: fegung abweichende Reproduftion bei Bäthgen, Evangelienfragmente S. 89 man gerne philologiich gerechtfertigt fähe, das Wort Über Jeruſalem.

1) Vgl. Geſchichte des Kanons I, 638f. 674f. 680 (U. 1). 681—688 II, 492.

Abhängigkeit von d. fanonifchen Eor. 47

170 und der Urheber des im Codex S. Germanensis erhaltenen la- teinischen Textes in ihrem griechischen Lukas vorfanden? Erſtere Annahme ift gegen alle Wahricheinlichkeit fchon darum, weil man dann bei Tatian und in jenem altlateinifchen Evangelium doch noch andere Entlehnungen aus dem PE zu finden erwarten müßte. Kein Überjeger oder Abjchreiber eines Ev. wird ein Buch eigentümlichen Inhalts zu Rate gezogen haben, um eine einzige Zeile daraus fich anzueignen. Nun finden fich aber weder im Diateffaron noch im Codex S. Germanensis fonftige Berührungen mit dem BE. Die An- nahme einer Entlehnung aus dem BE iſt aber auch darum abzu- weiſen, weil fie die Analogie des vorhin beiprochenen Falles gegen fih hat. Wie der Verfafjer des BE einen im 2. Jahrhundert auch jonft jo wie im BE mißdeuteten und wahrſcheinlich mit einer ent- Iprechenden Gloſſe ausgeftatteten Text von Joh. 19, 13f. vor ſich gehabt Hat, jo Hat er an unjerer Stelle einen, wie wir ohnedies willen, im 2. Jahrhundert verbreiteten, interpolierten Text von LE. 23, 48 vor ſich gehabt und verarbeitet.

Die einzigen Quellen, aus welchen da3 BE feinen Stoff jchöpfte, ind unfere 4 Evv. und zwar diefe in einem Text, welcher zu feiner Entwidelung jchon einige Zeit jeit der Entjtehung diejer Evv. nötig gehabt hat. Darin Liegt die große Bedeutung des BE. Die jchlichte Anerkennung des handgreiflichen Thatbeitandes Hat ſich Harnad durch eine Erwägung erjchwert, welche nicht von ruhigem Nachdenken zeugt, aber doch wegen ihrer grundfäßlichen Verfehrtheit beiprochen zu werden verdient. Eine Benugung unferer Evo. durch das PE er- jcheint diefem Kritifer darum unficher oder bedenklich, weil der Ver- faſſer ſich mit denjelben auf Schritt und Tritt in Widerfpruch jebt.") Uber wie konnte es anders fein? Nur auf dem Boden einer tief- gehenden Unzufriedenheit mit den vorhandenen Evv. konnte ein Menjch die dee fallen, unter dem angenommenen Namen des Petrus ein jolches Ev. zu fchreiben. Er wollte unter der Auftorität des Erſten der Apoftel den anderen Evv. Konkurrenz machen und er wollte an Stelle der, gleichviel wie gut oder fchlecht, überlieferten Geſchichte eine, wie gezeigt, völlig gefchichtäwidrige Erzählung nach feinem Ge—

1) Harnack macht dies ©. 34. 35 hauptfählich in Bezug auf Matthäus und Johannes geltend; aber es verhält fi mit Lukas und aud mit Markus nicht weſentlich anders.

48 Das Evangelium des Petrus.

ſchmack erdichten. Durch die Idee feiner Arbeit ift eine wirklich pietätsvolle Nachbildung der älteren Evv. ausgeſchloſſen. Nur. die Kot und die Klugheit hat diejen „Petrus“ veranlaßt, fic) an unjere Eov. anzufchließen. Die Klugheit gebot dag; denn er hätte feinem Bud) allen Eingang abgejchnitten, wenn fein Inhalt und Wortlaut nicht jeden Leſer an den wohlbekannten Inhalt und Ton der älteren Eov. erinnert hätte. Vor allem aber war es die Not, welche ihn zwang, aus unjeren Eop. zu jchöpfen. Diefer arme „Petrus“ wußte ja nicht, al3 was er aus unjeren Evp. gelernt hatte, und er mußte nicht? von den gejchichtlichen Verhältnifjen, unter welchen Jeſus ge- lebt Hatte. Woher follte er den Stoff zu feiner Dichtung nehmen, als aus älteren Evv.? In diefer Beziehung war er in der gleichen Lage mit Marcion, ’) mit deſſen Ev. dad BE ungefähr gleichzeitig fein wird (ſ. unten). Auch diefer hat auf eine fchonungslofe Kritik aller von ihm vorgefundenen Evv. fein Unternehmen der Abfaffung eines neuen Ev. gegründet. Anderweitige Quellen und Überlieferungen befaß er nicht und er war ehrlich genug, fi) auch nicht den Schein zu geben, als ob er ſolche bejite, oder als ob er jelbft ein Augen- zeuge der evangelischen Geichichte wäre. So blieb ihm nichts übrig, al3 aus dem aufs ſchärfſte von ihm Fritifierten Firchlichen Evangelien- tert, insbeſondere aus dem Iufanischen, jein neues Ev. herzuitellen. Das konnte er nur fertig bringen durch kühnſte Umftellungen, Um— gejtaltungen und Jogar Verdrehungen. Ein anderes Beilpiel ungefähr gleicher Zeit bietet der Kreis der gnoſtiſchen Apoftelgejchichten. Ihre Berfafjer kennen unjere Evv. jo gut wie die kanoniſche Apoftelgefchichte. Der „Petrus“ diejer Legenden ſpricht fich über das von den Apofteln gejchriebene Evangelienbuch aus als eine jehr mangelhafte, der Er- gänzung aus der Geheimtradition und der Spekulation bedürftige Duelle chriftlicher Erfenntniz.?) Ebenſo willfürlih wie die Nach- richten der Apoftelgefchichte werden die evangelifchen Traditionen

1) Bol. Geſch. d. Kanons I, 585—718; Il, 454—494, beſonders I, 590f. 596. j

2) Vgl. Geſch. d. Kanons II, 848ff. Aus AG. 8, 14-24 macht diefe Legende eine Begegnung des Simon Magus mit Petrus und Paulus ftatt mit Johannes und verlegt den Schauplag von Samaria nad) Serufalem, vgl. ebendort S. 854. In Bezug auf die Kreuzigungsgejchichte vgl. Acta Joannis p. 222. |

Abhängigkeit von d. Fanonifchen Eov. 49

dort gemodelt; eine völlig phantaftiiche Paſſionsgeſchichte blickt ge- legentlich dur); aber andere ev. Quellen als unjere Evo. kann fein Berftändiger in diefer Litteratur entdeden. Wer mit dem Inhalt der vorhandenen Eov. einverjtanden war, fchrieb im 2. Jahrhundert - fein neue Ev., am wenigjten ein jolche® unter einem: erlogenen Apoftelnamen. Nur eine Evangelienharmonie, ein Diatefjaron Fonnte ein folcher abfajjen; aber dag PE wollte mehr jein. Alſo der Natur der Sache nad) jowie nach aller Analogie konnte das Berhältnig des BE zu den vom Berfafjer vorgefundenen Evv. fein anderes fein, al3 dasjenige, welches zwilchen dem PE und unferen 4 Evv. beiteht, d. h. ein Verhältnis ſklaviſcher und bettelhafter Abhängigkeit einer- ſeits und eine durchgeführte Oppofition gegen Geiſt und Buchjtaben derjelben anderſeits. Daraus folgt, daß eben unjere 4 Evv. es waren, welche er vorfand und als einzige Quellen benußte.

Das will noch im einzelnen dargelegt werden. Es zeigte fich bereit3 (S. 43f.), daß die Erzählung von Jeſus auf dem Richterſtuhl, welche überdie ganz unvernünftig auf eine eilige Wanderung ver- legt ift (©. 29), auf Grund einer um die Mitte des 2, Jahrhunderts auch anderwärts verbreiteten Mißdeutung von oh. 19, 13. 14 ent- ftanden if. Das 4. Ev. kann demnad) nicht ganz jung geweſen fein, als das PE geichrieben wurde. Eben dies ergibt fich daraus, daß das PE neben völliger Unkenntnis der jüdischen Verhältniſſe eine Anficht von dem zeitlichen Verhältnis der Kreuzigung zum Paſſah befundet, welche auf Grund der älteren, durd) die Synoptifer ver- tretenen Überlieferung gar nicht entftehen konnte, und fonft in der Geichichte nur unter Berufung auf dag 4. Ev. ſich hervorgewagt hat (oben ©. 20). Ein „Antifemit” wie diefer konnte nicht zugeben, dab Jeſus das Judenfeit nad) dem Geſetz gefeiert habe. Daß den Gefreuzigten die Beine zerjchlagen wurden, und nur Einer von Den drei Gefreuzigten damit verjchont blieb, erzählt Fohannes 19, 31—36 und das PE 4 Die Soldaten de3 Johannes konnte diejer neue Evangelift nicht gebrauchen, da er fie völlig und grundfählich durch die Juden verdrängt Hatte. Daß er aber die Verfchonung mit dem Beinezerichlagen dem frommen Schächer ftatt dem bereit3 verjtorbenen Jeſus zu teil werden läßt, ") und zwar als eine von den erbojten

2) Harnad ©. 26. 35 erwägt unnötigerweife die durch den Kontext von BE. 4 völlig ausgeſchloſſene Möglichkeit, daß aud) dort Jeſus es fei und nicht der Schäder, dem die Beine nicht zerfchlagen wurden.

Th. Bahn, Das Petrusevangelium. 4

50 Das Evangelium des Petrus.

Juden ihm zugefügte Verſchärfung feiner Strafe, ift ein unlösbarer Beitandteil der judenfeindlichen Umdichtung einer Erzählung des Lukas, worüber nachher zu reden ift. Zur Ausführung diejer ihm eigentümlichen Idee hat er nicht ungeſchickt, wenn auch jehr gehäſſig, einen johanneifchen Stoff mitverarbeitet. Wo jo handgreiflich Die Tendenz waltet, hat man fein Recht, ſelbſtändige Tradition zu ver- muten. Das 4. Ev. jchließt mit einer Erjcheinung des Auferftandenen am Galilätfchen See vor Simon Petrus, Thomas, Nathanael, Jo— hannes, Jakobus und zwei namenlojen Jüngern, welche fi) zum Fiſchen anjchiden (21, 2ff.). Das PGE bricht ab im Anfang einer Erzählung, welche jchwerlich auf etwas anderes hinausgelaufen jein kann, al3 auf eine Offenbarung des Auferjtandenen und jo muß man bier hinzufügen zum zweitenmal gen Himmel Gefahrenen. Auch hier iſt „das (Galiläiſche) Meer” und fein Gejtade der Schau- platz. Auch hier iſt es nicht der ganze vorher genannte Kreis der 12 Apoftel, jondern in hörbarem Gegenſatz zu dieſem werden einzelne Apoftel namhaft gemacht, wie bei Johannes. Auch hier fteht Petrus an der Spibe; auch hier trägt diefer feinen vollen Doppelnamen ; auch hier rüftet ich der Heine Kreis zum Filchfang. Von einem Widerſpruch, den Harnad (©. 32. 35) behauptet, aber nachzumeifen unterläßt, it nichts zu entdeden. Die beiden von Johannes un- benannt Gelajjenen fünnen die beiden außer Betrug vom BE Ge- nannten, Andreas und Levis, des Alphäus Sohn, fein. Die wejent- liche Identität der beiden Erzählungen fteht demnach außer Frage.) ragt man aber, wo dag Original fei, jo kann zwilchen einem Ev,

1) Unglaubli aber wahr ift, daß Harnad S. 32 allen Ernites vermutet, in dem verloren gegangenen Schluß des PE werde die 1 Kor. 15, 5 (LE. 24, 84) erwähnte Erſcheinung vor Petrus berichtet gewefen fein, und wir würden daran „den relativ zuverläffigiten Bericht über die erſte Erjcheinung Jeſu“ haben, wenn wir ihn bejäßen. Aber mo bleiben Andreas und Levis und die anderen vier denn bei Johannes find e8 7 —, welche wahricheinlich nach⸗ gefolgt find? Waren deren „Augen gehalten“, während Petrus allein ſah? Und nun vollends fol das letzte Stüd des BE mit Einihluß deflen, was Harnads Phantaſie Hinzugedichtet bat, wahrſcheinlich „aus dem verlorenen Schluß des Markus” gefloffen fein (S. 33). Angefihts der umfaflenden Unter fuchungen, welche über ven Schluß des Markus geführt worden find, wäre es doch wohl angezeigt, die unwahrſcheinliche Behauptung zu beweijen, daß es jemals einen Markusſchluß gegeben hat, welcher jet verloren iſt. Die Petruss

Abhängigkeit von d. Fanonifchen Ev. bl

welches der Biſchof Ignatius von Antiochien gelefen hat, und einem Ev., deſſen Exiſtenz als der Erjte Biſchof Serapion bezeugt, die Wahl doch wohl nicht Schwer fein. Das BE fett unfer 4. Ev. mit Ein- ſchluß feines Anhangsfapitel3 voraus. Es fehlt auch jonft nicht an Zeichen der Bertrautheit des Verfaſſers mit demjelben. Zwar die Erwähnung des „jogenannten Joſephsgartens“ c. 6 iſt nicht dafür anzuführen; denn während oh. 19, 41, und zwar im N. Teftament nur bier, einfach 'gefagt wird, daß das Grab in einem an der Krenzigungsftätte gelegenen Garten lag, und nicht einmal bemerft wird, daß Grab und Garten Joſephs Eigentum waren (vgl. Mt. 27, 60), wird hier von dem Garten Joſephs als einer unter diejem Namen befannten oder berühmten Ortlichfeit geredet.) So fann diefelbe aber nur genannt worden fein, weil Joſeph dort den Herrn begraben Hatte. Wie man in Serufalem troß aller Zerftörungen der Stadt noch um 150—180 den Platz zeigte, wo Jakobus erichlagen und begraben worden war (Eus. h.e. II, 23, 18), fo wird es auch eine Zofaltradition gegeben haben, welche den Begräbnisplatz Jeſu als Joſephs Garten bezeichnete. Es ift nicht ausgeſchloſſen, daß der Berfafier des PE wie andere Chriften des 2. Jahrhunderts felbjt in Paläftina geweſen ift, wenn er auch weit von dort zu Haufe war. Iſt dem fo, jo liegt darin nur ein Beweis entweder dafür, daß Die Eov. des Matthäus und des Johannes ſchon geraume Zeit vor Ent- ftehung des BE in Jeruſalem gelejen wurden, oder dafür, daß dieſe Eov. der jerufalemischen Tradition entiprechend berichtet haben. Dagegen ift der überladene Ausdruck im Bericht über die Tränfung des Gefreuzigten ?) eine Folge der KRompilation von Joh. 19, 28 mit Mt. 23, 32. 35; 27, 25 (1 Theſſ. 2, 16). Die „Furcht vor

vifton, von welcher das PE keine Spur zeigt, wird aus einem Markusſchluß hergeleitet, der niemals eriftiert hat. Übrigens wäre diefe Erfheinung gar nicht die erfte. Nah PBE 10 ift der Auferftandene den Soldaten und den Auden fihtbar geworden.

1) Bol. zum Ausdrud Lk. 19, 29, 23, 33, Mt. 23, 36; 27, 83; Joh. 5, 2 (var. 1.); 19, 13. 17; aud Mt. 27, 8; AG. 1, 19. Das mag nur ein Un- geichiet der Darftellung fein, daß die Worte fo lauten, ald ob das Grad felbit „Joſephs Garten“ geheißen habe.

2) BES ininowoav avra nal dreisiwoav ara ıns nepalijs airav Ta äuaprnuara, Joh. 19, 28 (80) irı navra Tertlsoraı, va releıwdr (al, An- gwIm) vᷣ yoayı.

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52 Das Evangelium des Petrus.

den Suden“ (oh. 19, 38; 20, 19) ift BE 7. 12 romanhaft ver- arbeitet. An das, was oh. 11, 45 (Ieaoauevor & Enolnoev Ent- orevoav eis avıdy) von einigen Juden gejagt wird, muß die jehr ungejchidt angebrachte Motivierung der Stellung Joſephs zu Jeſus erinnern BE 6 (drreudn Ienoauevog nv 60a ayada Envolnoev). Un dag Votum des Kaiphas oh. 11, 50 ſchließt fich nicht nur durch ein Stichwort (ovugpe£oeı), ſondern aud) der Anſchauung nad) das Bekenntnis der Synedriften BE 11 an. Die zweimal verwertete Kenntnis davon, daß ein Getöteter nach jüdifchem Gejeb nicht über Nacht, insbefondere nicht in einen Feſttag hinein Hängen bleiben darf (c. 2. 5), verdankt das BE der Lejung von oh. 19, 31. Während e3 unbeanjtandet bleibt, ja jogar ftarf betont wird, daß die Juden ſich Hierin nad) ihrem Geſetz richten, Dürfen die Freunde Jeſu in ihrer Behandlung des Verjtorbenen ich nicht nach dem jüdischen Brauch richten (Soh. 19, 40), jondern nur nach der allgemein menschlichen Sitte.) Das zweimalige ragexvrrrew von der Belichtigung des Grabes ijt johanneisch. 2)

Ebenſo jicher ift die Abhängigkeit des PE von Markus nach- zuweilen. Ein jchwerlich zu widerlegender Beweis liegt jchon in dem einen Wörtchen 7jv, welches mechanisch aus Mr. 16, 4 herüber- genommen ijt (oben ©. 39). Faſt wörtlich wird ebendort die Frage der Weiber aus Mr. 16, 3 wiederholt. Aus Mer. 16, 5 ftammt die Benennung des Engels als Jüngling, während das BE felbft ihn vorher nicht jo, ſondern &Kvdowrsog rıs genannt hatte (c. 11). Daß in diefer Bartie der Gefchichte überhaupt der Kompilator bis ins Heinfte fich verrät, wurde ſchon ©. 39 gezeigt. Als folcher zeigt er fich auch darin, daß er zuerſt c. 12 nad) Mr. 16, 6 fchreibt to uvnuelov Omov nv vedels, ſodann c. 13 nad) Mt. 28, 6 idaze

1) PE 12. Ob die Einfügung der Waſchung des Leichnams (c. 6) in die Tradition ebenjo wie das ängftlihe Umgehen der Salbung u. dgl. (oden ©. 36) abſichtsvoll iſt? Es ift ebenfomohl jüdiſch (AG. 9, 37), als heibnifch (Lucian, de luctu 11).

2) VE 13; ebenjo zweimal Joh. 20, 5. 11. Dagegen ift Lk. 24, 12 texts ritifch verdächtig. Bezeichnend tft übrigens, daß nach dem PE Fein Menſch, jondern nur Engel ind Grab bineingehen. Die Sache darf nicht zu genau unterfudt werden. Einzelheiten wären noch mande anzuführen: BE 3 roppigav avrov negısßakov, diefe Konſtruktion aus Joh. 19, 8, das Subs ftantiv aus Mr, 15, 17. Ebendorther axavdvor, vgl. aber auch Joh. 19, 5.

Abhängigkeit von d. fanonifchen Eov. 53

vov vonov, Evda Exeıto. Unmittelbar nach der Anſprache des Füng- lings an die Weiber fliehen die Weiber furchterfüllt vom Grabe hinweg (c. 13), und damit fchließt die Gejchichte des Dftertagg freilich wunderbar früh; denn es iſt noch ganz früh am Tage (c. 12). Aber genau fo jchließt auch das urjprüngliche Markusev. mit c. 16, 8. Kann etwas Harer fein, al3 daß diefer fünfte Evangelift unferen Markus mit diefem abgerijfenen Ausgang und ohne die verjchiedenen Anhänge gefannt hat, welche ſchon im 2. Jahrhundert Hinzugefügt wurden, um das unvollitändige Buch zu vollenden? Auch fonft fehlt es nicht an Spuren von Kenntnis de Markus. Nur diefer nennt einen „Levis, Sohn des Alphäus“ (2, 14). Wenn das BE in feinen festen Worten denfelben ven Apofteln zuzählt, fo hat es diefen Zöllner Levis mit dem Zöllner Matthäus identifiziert, was ohne Kenntnis und Vergleihung von Mt. 9, 9 und auch Mt. 10, 3 nicht möglich war; denn Lukas (5, 27) jagt ebenfowenig wie Markus, daß Levis ein Apoftel geworden, und aus Mt. 9, 9 für ſich, ohne 10, 3, konnte niemand jchließen, daß jener Zöllner, den Jeſus von der Zollbude weg berufen hat, mag er nun Levis oder Matthäus geheißen haben, in das Apoftelfollegium aufgenommen worden iſt.!)

Damit bin ich bereit? zu Matthäus übergegangen. Cine be- trächtliche Zahl diefem Ev. eigentümlicher Züge kehrt hier wieder: das Händewajchen des Pilatus (c. 1 vgl. Mt. 27, 24), die Bei- miſchung von Galle (c. 5 vgl. Mt. 27, 34, oben ©. 31), der Aus- druck aveßonoe und der Ausruf Ad, Nil (c. 5 vgl. Mt. 27, 46); denn nur auf Grund diefer, abgejehen von Kleinen orthographijchen Differenzen, für Matthäus ziemlich geficherten, Hebräiichen Form und ſchlechterdings nicht auf Grund der aramätfchen Form bei Markus fonnte die kühne Überfegung „meine Kraft” entftehen (oben ©. 32 ff.). Nur aus Mt. 27, 60 war zu entnehmen, daß das Grab, in welches Jeſus gelegt war, dem Joſeph gehörte (c. 6), Das Belenntni des Hauptmannz zur Gottesſohnſchaft Jeſu und die Behauptung des Bilatus von feiner Unſchuld am Blute Jeſu (c. 11) find nirgendwo jo gleichlautend wie Mit. 27, 24. 54 zu leſen. Daß jenes Belennt- nis de3 Hauptmann bei einer ganz anderen Gelegenheit abgelegt

ı) Es fcheint mir nutzlos, Wortparallelen, weldhe nicht? bemeilen, zu häufen: 3. B. PE 6 [dv]eilnoe oıwdor: = Mr. 15, 46, nopypigav (j. vorige Anm.), xevrvoiov |. oben S. 40 N. 2.

54 Das Evangelium des Petrus.

ift, und daß die ganze Geftalt de Hauptmann? aus der Verbindung mit der Kreuzigung gelöft und mit der Grabeswache vernüpft ift, erklärt fich völlig aus den leitenden Ideen der BE (oben ©. 40). Aber das Material zu der Geichichte vom Hauptmann Petronius ift, abgejehen von diefem Namen (oben ©. 41), der fonft nur Mt. 27, 62—66 und 28, 1A. 11—15 zu findenden Erzählung entlehnt. Selbft der Wortlaut ift Hier ftellenweife bewahrt: PE 8 ve gulakwor 10 uviua aurov Emmi Toeis nueogas, unnore Eidwreg oi uadnrai airov nAeılwor aitov zul vnolapın 0 Aaog ri. vgl. Mt. 27, 64 (28,13). Der dunfle Ausdruck Mt. 28, 1 verleitet den Nacherzähler, die Auferftehung mitten in die Nacht zu verlegen und den jchon ©. 19 erörterten Mißbrauch des Wortes Errupwoxeıw zum zweitenmale fich zu jchulden fommen zu laſſen (c. 9 vgl. c. 2). Die ganze Gejchichte iſt freilich eine andere geworden. Aber wozu wäre das PE. gejchrieben worden, wenn e3 nur wiederholen wollte, was gejchrieben war? Wie die Paſſionsgeſchichte des PE überhaupt jehr kurz ift, jo fehlt auch im Vergleich mit Matthäus ſehr Wefent- liches. Auf das Fehlen der Heinen Epijode Mt. 27, 52 f. ift um jo weniger zu geben, al3 der theologifche Reflex derjelben, daß nämlich Jeſus zwiſchen Sreuzestod und Auferjtehung in der Totenwelt ge- wirft hat, in das PE übergegangen ift. Auch die Bezeichnung der Toten als xouwuevor ſtammt)) aus Mt. 27, 52, und der Wechſel des Tempus erklärt ſich aus der einfachen Erwägung, daß die Toten, welchen Jeſus predigte, noch Schlafende waren, ?) und dagegen die-

) Nicht aus 1 Petri 3, 19. Harnad ©. 11. 61 ſucht künſtlich einen Bufammenhang mit diefer Stelle, welche überhaupt auf die altkirchlichen Bor: ftelungen vom Descensus ad inferos geringen Einfluß geübt hat (vgl. meinen Hirten des Hermas ©. 425f.), durch eine gewaltſame Tertänderung berzus ftellen, |. oben ©. 9,26. Und ift etwa das Ergebnis xnoVooew ünaxonv ein in der biblifhen und altkirchlihen Sprache erhörter Begriff? „Unleugbar“ nennt es Harnad ©. 52, daß dad PE mit dem 1. Petrusbrief in Zufammens Bang jteht!

2) Auch ſolche beißen ja gelegentlich „die Entjhlafenen“ ol osundevres 1 Kor. 15, 18; 1 Theſſ. 4, 14. 15, wie anderwärts xosumusvo: 1 Theſſ. 4, 13 (nad) überwiegenber Bezeugung, vgl. 1 Kor. 11, 80). Aber erftered und vollends xexosunu&vos 1 Kor. 15, 20 dod nur vom Standpunkte ihrer Tünftigen Aufs erwedung. An mehreren Stellen, auch Soh. 11, 11 ff. ſchwankt die Übertieferung in Bezug auf den Text.

Abhängigkeit von d. Fanonifchen Eor. 55

felben Toten in dem von Matthäus vergegenmwärtigten Moment ihrer Auferſtehung und Erjcheinung folche, welche gejchlafen haben. Die Thatfache aber der leiblichen Auferjtehung und Erjcheinung Ber: ftorbener, welche Matthäus bezeugt, wird dem PE jchwerlich gepaßt haben, nad) welchem jelbft der auferjtandene Herr nur in einem Buftand des Übergangs vom Tod zum Leben fichtbar wird, dann aber ſofort zum zmweitenmal gen Hinmel fährt (c. 10. 13).

Es bleibt nod) Lukas übrig, Aber die Vergleichung der ein- zigen Erzählung vom frommen Schächer Lk. 23, 39—43 mit der- jenigen im BE 4 läßt feinen vernünftigen Zweifel daran aufkommen, daß dort eine der ergreifenditen, durch ihre innere Wahrheit glaub- würdigjten evangeliichen Traditionen und dagegen hier eine von Judenhaß eingegebene Karikatur derjelben vorliegt, welche dadurch nicht Schöner wird, daß der Karifatıtrenzeichner auc) den 4. Evan geliften „Motive“ entlehnt hat.) Wer anderer Meinung ift, follte fie für Sich behalten. Daß in der Paſſionsgeſchichte auch Herodes eine Rolle gefpielt Hat, wird der in Bezug auf die gejchichtlichen Verhältniſſe äußerſt unwiſſende Verfaſſer auch nur aus Lf. 23, 4—16 gervußt haben. E3 zeigte fich ferner, daß der Weheruf des Volkes (BE 7) auf einem durch apofryphe Zuthaten erweiterten, auch ſonſt während des zweiten SahrhundertS verbreiteten Tert von Lf. 23, 48 beruht (oben ©.45). Aus demjelben Vers und dem, welcher voran- geht, Hat BE 8 auch die Schilderung der Neue des Volfs und das Wort, worin fie fich ausiprach, genommen. Wie gefchiet Hier und anderwärt3 die Varianten der ſynoptiſchen Darstellung von dem um Stoff verlegenen BE benust worden jind, wurde gleichfalls ſchon gezeigt. Kurz, diefer Evangelift hat allez oder ſo gut wie alles, was er hat, aus feinen anderen Quellen, als aus unjeren Evp.?) einerjeits

1) ©. oben S. 29. 49. Auch der Ausdrud xaxovoyos findet fi nur LE. 23, 32. 83. 89, nicht Mt. 27, 88; Mr. 15, 27. Auch PE 14 fann man vno- oro&govres und To ovußav ald Reminiszenzen an LE. 23, 48; 24, 14 be: trachten, vgl. Acta Joannis p. 222, 4: »Aaiwv ini To ovußeßnxorı.

2) Um Mifverftändniffe zu vermeiden, wiederhole ih, daß ich unter „unferen Eov.“ weder den Textus receptus, nod einen ber kritiſch gefäuberten Terte von Tifchendorf oder Weftcott und Hort verftehe, jondern den jchon im Anfang des 2. Jahrhunderts vielfach verwilderten, weil ohne ftrenge Aufficht fortwucdhernden Tert unferer 4 Epv., worin viele „western interpolations“ eingedrungen waren. Dahin gehört eine ganze Reihe von Erweiterungen und

66 Das Evangelium des Petrus.

und aus feiner Phantafie und vorgefaßten Ideen anderſeits. Daß ihm der Unterjchied dieſer beiden Quellen wohlbewußt tft, zeigt fich c. 10 deutlich. Nachdem c. 8 lang und breit erzählt iſt, daß Die Synedriften mit den Soldaten unter ihrem Hauptmann zujammen bei der Schließung, Verjiegelung und Bewachung des Grabes be- teiligt geweſen find, wird c. 10, wo gejagt wird, daß die Soldaten den Hauptmann und die Synedriften weden, mit Bezug auf Die Synedrijten erflärend hinzugefügt: ragjoav yap xal auroi Yulao- oovres. Sonft konnte man fie freilich nicht weden. Aber fein Er- zähler wird die an fich überflüffige Bemerkung machen, wenn er nicht eine andere Darftellung fennt, welche die Anweſenheit der Synedriften entweder auszufchließen fcheint oder wirklich ausſchließt. Ein Fall erfterer Art Liegt vor Joh. 3, 24; der zweite Fall liegt bier vor. Der 5. Evangelift gibt unwillfürfich zu erkennen, daß Die Überlieferung, von der er lebt, nur von römifchen Soldaten als Grabeswächtern redet, und daß er die jüdifchen Ülteften zugedichtet bat. Hat derjelbe jeinem Buch den Titel evayyelıov xara Tlergov gegeben (oben ©. 17), jo bezeugt er auch damit feine Abhängigkeit vom Evangelium der Kirche; denn diefer Ausdruck ſetzt ein aus mehreren Büchern bejtehendes Gefamtevangelium voraus, welches in feinen einzelnen Zeilen auf die Auftorität der mit xara eingeführten Evangeliften zurüdgeführt wird, ') umd von einer anderen, aus mehreren Schriften verjchiedener Verfaſſer bejtehenden Cvangelien- ſammlung außer dem Kanon unferer 4 Evv. weiß die Gefchichte nicht2.

Umgeftaltungen, melde Marcion bereits vorgefunden und fi zu nutze gemadt bat (Geſch. des Kanons I, 637f.; 674 A. 2; 680 X. 1; 681f.; II, 471. 492. 494. 1015); ferner das, was Irenäus und Tertullian als einzigen Text von Sob. 1, 13 kannten; aud die 6 Weiber, von weldhen Heralleon Joh. 4 las, und die 7 Krüge in Joh. 2 bei dem lateinischen Theophilus. Eine beſonders ergiebige Duelle von Zudichtungen war die Vergleichung altteftamentlicher Stellen, in welchen man Weisfagungen auf die evangelifche Geſchichte erblidte, ſ. oben S. 30f. und S.42. Manches diefer Art mag zur Zeit der Entftehung des BE nur erft als Gloſſe am Rand der Ev. geftanden haben, was dann fpäter in den Text eindrang, foweit es nicht gänzlich aus ber Überlieferung verſchwand. Ein intereflantes Beifpiel hat Robinfon S. 20 A. 1 ans Lidt gezogen. Fakt man in BE 5 die Worte dE zeonußoia und die weiter folgenden vowibovres örı vuF dorıy, Ensoav ve zuſammen, fo ergibt fi als Duelle Sefaja 59, 10 xai neoouwraı dv ueonußpla ws Ev ueoovvxrig,. „) Vgl. Geſch. d. Kanons I, 164ff.; II, 629.

Die Pilatusaften. 57

V. Einfluß des Petrusevangeliums auf die Firchliche Litteratur.

Ehe aus den bisherigen Erörterungen Schlüſſe in Bezug auf Beit und Ort der Entjtehung des BE gezogen werden, empfiehlt es ſich zuzuſehen, ob wir Spuren feiner Einwirfung auf andere Schrift- fteller entdeden können, woraus fich dann möglicherweije neue Meittel zur Beftimmung der Abfafjungszeit ergeben würden. Die unfirchliche Ehriftologie des PE und fein Gebrauch in der außerkirchlichen Sefte der Dofeten zu Antiochien jchließt nicht aus, daß das Buch, wie es in Rhoſſus vielleicht mit einigem Erfolg verfucht wurde, auch in die Hände von Katholifen gejpielt und nicht wenig von folchen gelejen wurde. Die ſtark gnoſtiſch gefärbten apokryphen Apoftel- geichichten find früh und lange von Katholifen gelefen worden. Drigenes läßt die Wahl, ob die unter Katholifen verbreitete und von ihm jelbit begünitigte Meinung von der ewigen Jungfräulichkeit der Maria aus dem BE oder aus dem PBrotevangelium des Jakobus gefloſſen ſei. Alfo wurde jenes wie dieſes im 3. Jahrhundert von manchen Katholifen gelefen. Wir find daher berechtigt, nach Spuren des Einfluffes des BE in der Tatholifchen Litteratur zu fuchen.

Wenn die Unterjuchungen von Tiſchendorf und Lipfius über die fogenannten Alten des Pilatus und das Ev. des Nikodemus zu einem glaubwürdigen und Haren Ergebnis geführt hätten, jo würde e8 vielleicht von Wichtigkeit fein, daß in den PBilatusaften, wenn auch nicht in allen Rezenfionen dezfelben gleich ftarfe, Übereinftim- mungen mit dem BE vorhanden find, welche nicht zufällig fein können.“) Die Schrift fteht ganz unter der Herrfchaft der kanoniſchen Evv., verbindet aber mit denfelben mannigfache apokryphe Über- Tieferungen, ?) welche fich teilweife mit jenen nicht zu einem harmo- nifchen Bilde zufammenschließen wollen. Vom Einfluß des BE zeugt

1) Wenn Harnad ©. 86 X. 2 behauptet, das Ev. des Nifodemus babe mit dem BE nichts zu ſchaffen, fo ſpricht er wieder einmal über Dinge ab, die er nicht Fennt.

2) Bgl. über das Berhältnis zum Markusfchluß Geſch. d. Kanons II, 937. Zu beachten ift unter anderem Berenife, das blutflüffige Weib, Ev. apocr. ed.? Tischendorf p. 239. 289. Ein Anllang an BE 1 wurde fchon oben ©. 26 A. 2 angemetlt.

58 Das Evangelium des Petrus.

ſchon die übertrieben günjtige Schilderung des Pilatus. Deutlicher find folgende Übereinftimmungen: Gegen die kanoniſche Darstellung wird dem Herrn die Dornenfrone erjt nach der Hinausführung nad) Golgatha aufgelebt.) Die Bermengung der beiden Tränfungen und Die Fabel von einem aus Galle und Eſſig gemischten Tranf findet fi) aud) bier.) Das Bud) berichtet von Ericheinungen des Auferftandenen nur in Galiläa, wohin auch die Hinmel- fahrt verlegt wird.) In der von Tiichendorf mit B bezeichneten Nezenfion werden die Einflüffe de8 PE deutlicher. Hier find es nämlich ganz wie im BE nicht die römischen Soldaten, fondern die Suden, welche nach der endgültigen Verurteilung Jeſu, bier durch Pilatus, die Mißhandlung und Verhöhnung Jeſu und die Aufrich- tung de Kreuzes, kurz die ganze Erefution mit Einſchluß der vom PE Hiermit verbundenen Mißhandlungen bejorgen (p. 302 f. 305). Nur die Kleiderverlofung bleibt den Soldaten vorbehalten. Wie PE 2 wird auch hier am Tage der Kreuzigung der folgende Sabbat „das Feſt der Azyma“ genannt und ebenjo beharrlich wie dort der Auferftehungstag 7 xvguann (p. 315. 316). Die Grabeswache Hat hier zwar feinen Hauptmann, da nach der Fanonifchen Überlieferung der Hauptmann unter dem Kreuz beibehalten iſt, aber die Grabes— wache befteht doc) aus 50 Soldaten (p. 316), ſo daß fie wohl einen Hauptmann gebrauchen könnte. Das Merkwürdigite aber ift, daß bier das Bekenntnis des Hauptmanns nach der Relation Lk. 23, 47 den jüdischen Volt und dasſelbe Bekenntnis in der Form, welche es Mt. 27, 54 hat, den Hauptmann in den Mund gelegt ift (p. 309), ganz wie BE 8. 11, auch was die Reihenfolge anlangt; nur find beide Befenntniffe Hier dicht aneinander gerüdt. Da diefe unzwei- deutigen Einflüffe des BE nur in der zweiten Rezenfion der Pilatus- akten fich finden, iſt damit ein Hilfsmittel zur Kritif diefer Litteratur gegeben. Für das PE dagegen ijt vorläufig aus den Pilatusaften fein ficherer Gewinn zu ziehen. Auf Beziehungen zwiſchen der ſo— genannten Anaphora, dem Bericht des Pilatus an Tiberius, und

1) Tiſchend. p. 246; dad ift eine Berbeflerung der Darftelung PE 3, wonach es unterwegs gejchehen fein jol.

2), Tifhend. p. 246. 283. In der Rezenfion B nur einmal p. 807, cf. BE 5 und oben ©. 31.

3) Tiihend. p. 257. 259ff. 262. 264. 279 zc.

Die Didaffalia. 59

dem BE hat Schon Robinfon (5.20. 26) aufmerkſam gemacht. Es wird hier dem Herodes und zugleich feinen Brüdern Archelaug und Bhilippus wenigſtens neben den Hohenprieftern ein bedeutender Einfluß auf die Verurteilung Jeſu zugefchrieben, wenn auch Pilatus der Richter bfeibt, welcher den Befehl zur Kreuzigung gibt (Tiichendorf ©. 439. 446). In einer der beiden Nezenfionen diefer Schrift beruft ſich Pilatus darauf, daß man am Tage der Kreuzigung von der 6. big zur 9. Stunde in der ganzen Welt Lichter angezündet Habe, eine offenbare Steigerung de in BE 5 von Judäa und den Juden Erzählten (Tiichendorf ©. 446 f). Die Erzählung des PE (oben ©. 20), wonach die Auferjtehung Jeſu ziemlich früh in der Nacht vor dem Sonntag erfolgt jein joll, wird mit der kanoniſchen Er- zählung, wonach fie kurz vor Sonnenaufgang erfolgt ift, durch das Wunder ausgeglichen, daß um die 3. Stunde der Nacht die Sonne in ihrem hellſten Lichte ſtrahlt (Tiſchendorf ©. 440. 447). Das Wirken des gejtorbenen Jeſus unter den „Schlafenden“, wovon dag PE berichtet (c. 10), wird hier und in diefer ganzen Litteratur mit den Erjcheinungen auferjtandener Heiligen nach Mt.27,52 fombiniert.')

An die Pilatuglitteratur jchließt ſich paſſend ein anderes apo- kryphes Werk an, die nur in ſyriſcher Überfebung erhaltene Ur- geitalt der apoftolischen Stonftitutionen, ein während des 3. Jahr— hunderts wahricheinlich im Umkreis von Antiochien gejchriebenes Bud. Es nennt Sich ſelbſt im Titel und ähnlich an anderen Stellen „Didaffalia d. i. fatholifche Lehre der 12 Apoftel”,”) und

1) Tiſchend. S. 323 ff. 440ff. 447f. Es Handelt fich bier überall um eine Predigt nicht an diejenigen, welche einft ungehorjam gemejen find (1 Petri 3, 19f.; 4, 6), jondern an die Frommen des alten Bundes, wie bei Ignatius Magn. 9; Philad. 5, 9; Herm. sim. IX, 15. 16 und auf Grund eines apos tryphen Jeremiaſpruchs Just. dial. 72, Iren. III, 20, 4; IV, 22, 1 (wo vers möge einer allegorifhen Deutung und im Sinne von Ign. Magn. 9 die Frommen der Vorzeit „Ichlafende Jünger“ Jeſu heißen); IV, 27, 2 (nad Lehre der Senioren); 33; 1. 12; V, 31; 1. Sn ausgeſprochenem Gegenſatz zu Marcion, weldher nur die im A. Teftament als gottlos Dargeftellten durch den Descensus erlöft werden ließ, Iren. I, 27, 3.

2) Didascalia syr. ed. Lagarde p. 1,1; 102, 7. Das Beite, was wir bisher darüber befigen, findet fich bei Funk, Die apoft. Konftitutionen (1891) S. 28ff. Die dort S. 27 in Ausficht geftellte neue Ausgabe läßt noch auf fih warten. Die Seitens und Zeilenzahlen oben im Tert beziehen fih auf die genannte Editio princeps des fyrifchen Textes.

60 Das Evangelium des Petrus.

ijt in der That in Bezug auf Lehre und Firchliche Abficht ein Tatho- liſches Buch. Anderfeits ift es eine Litterarifche Fiktion in ganz anderem Sinne als die alte „Lehre der 12 Apoftel“, welche es zur Vorausſetzung hat und vom Titel an ausbeutet. Auf dem Apoftel- fonzil wollen die in der ganzen Didaffalia in erjter Berfon redenden Apoſtel den Beichluß zur Abfaffung diefer Didaſkalia gefaßt und in den eriten Tagen nad) demjelben wollen fie diefen Beſchluß ausgeführt, das Buch gejchrieben haben (©. 102, 6; 104, 27). Damit ift fchon gegeben, daß der Verfaſſer fi) an die heiligen Schriften der Kirche feineswegs in dem Maße bindet, ala es nach gelegentlichen Äuße— rungen zu erwarten wäre.!) Der Bericht der Apoftelgeichichte über jenes Konzil wird nicht nur aus anderen Stellen der Apoftelgefchichte wie aus AG. 10, worauf AG. 15, 7 deutlich genug hingewieſen wird, erweitert, ſondern durch eine Menge willfürlichiter Zudichtungen verunftaltet. Der Verfaſſer ift nicht in allem Erfinder. Er hat auch eine beträchtliche Zahl apofrypher Schriften benutzt. Nicht aus dem ehrlichen Hegefippug, fondern aus den alten Paulusaften und zwar näher aus der darin eingejchloffenen apokryphen Korreipondenz des Paulus mit den Korinthern wird die Didafkalia haben, was fie über Simon und Kleobiog jagt.) Die drei eriten Srrlehren: Ver- werfung des A. Teitaments, Läfterung Gottes des Allgewaltigen und Leugnung der Auferjtehung hat die Didaffalia aus dem apo- kryphen Brief der Korinther an Baulus, wo fie in gleicher Reihen- folge ftehen, abgejchrieben.?) Die Berufung auf die Sibylle hat an dem Paulus der Baulusaften wenigjteng einen Vorgänger.) Nur aus Nüdficht auf die Theklaakten weiß ich mir dag auffällig zurüd- baltende Urteil über das Taufen der Weiber zu erklären.) Im

1) 3. B. p. 87, 18, was LZagarde (Bunsen, Analecta Antenic. II, 811) griechiſch ſo wiedergegeben hat: xas xvosnxas za Felus yonyas, ra aindıva ns niorews Tumv Yeutkıa,

2) ©. 101, 4, vgl. Geſch. d. Kanons II, 596. 611. 890.

3) Did. S. 101, 15f., vgl. Geſch. d. Kanons II, 597.

*) Did. S. 83, 15, vgl. Geſch. d. Kanons II, 879. (827f. U. 2).

5 Did. S. 67, 19f. Der Redaktor const. III, 9 Hat einige Ausdrücke ftehen laflen, namentlich da8 milde od avußovievousv, womit fi dann aber die ſehr verjhärfte Verurteilung ſchlecht verträgt.

Die Didaffalia. 61

dDiefen und wohl auch noch in mehreren anderen Fällen?!) Handelt e3 fi) um orthodore Apokrypha. Aber auch vor jehr heterodoren Schriften diefer Art trug der Berfafjer wenig Scheu. Wenn er ©. 100, 20 ff. erzählt, daß die von den Apofteln in Jeruſalem verrichteten Wunderheilungen und die Mitteilung de3 heiligen Geiftes durch ihre Handauflegung Simon den Magier zu jeinem Beitechung3- verfuch veranlaßt haben,?) jo ift hier offenbar in die übrigens nad) AG. 8 gegebene Geichichte ein Zug aus den gnoftilchen Petrusakten eingemifcht, welche Serujalem zum Schauplag der Begegnung des Simon Magus mit den Apojteln machen und nur die dort ver- richteten Wunderheilungen al3 jein Motiv nennen. In der Didaffalia ift diefeg Motiv mit demjenigen, welches die AG. nennt, mechanisch verbunden. Geradezu wagt die Didaſkalia hier den kanoniſchen Be- richt nicht umzuftoßen, aber jeder Lejer, der jenen nicht genau im Gedächtnis Hat, kann nicht? anderes verftehen, als daß die Gejchichte in Serufalem und nicht in Samaria gejchehen fei, zumal gleich darauf vom Auszug der Apoftel zur Heidenmilfion gejagt wird. Aus den- jelben Petrusakten Hat die Didaffalia auch ihre Kunde vom Kampf des Petrus mit Simon Magus in Nom. ?)

Nach diejen Analogien ijt auch das Verhältnis der Didaffalia zu den Eov. zu beurteilen. Wenn ein Schriftiteller des 3. Jahr—⸗ hunderts, welcher fich überall und mit Nachdruck zu der „heiligen fatholiichen Kirche“ befennt,*) von „dem Ev.“ redet, welches neben und Hinter Geje und Propheten im Gottesdienst der Fatholifchen

1) Ein dur „eyoarrar eingeleitetes Citat zur Begründung der Regel, daß der Beter fih nah Dften fehre, Did. S. 56, 22, ift const. II, 57 ed. Lagarde p. 87, 4 des Charakters als Citat beraubt und auch fonft verftüm: melt. Fragweiſe aber vergeblich verglich Lagarde Pi. 68, 19. Es ift aus Pi. 67 (bebr. 68), 34 genommen.

2) In const. ap. VI, 7 ift die apofryphe Zuthat getilgt und dafür bie biblische Erzählung vollftändiger angeführt. Vgl. dagegen Acta Petri etc. ed. Lipsius p. 71, 14: Dic, Simon, non tu Hierosolymis procidisti ad pedes mihi et Paulo (fo ftatt Joanni), videns per manus nostras remedia quae facta sunt etc. Vgl. oben ©. 48 N. 2.

3) Did. S. 101, 6—13, vgl. Geſch. d. K. II, 848 9. 1.

*) ©. 55, 28; 106, 24; außerdem manchmal „die katholiſche“ und „bie beilige Kirche”.

62 Das Evangelium des Petrus.

Kirche gelefen wird, ') und wenn er nicht wenige Worte Ieju und Geſchichtsthatſachen aus „dem Ev.“ citiert, jo weiß man, was das heißt. Denn abgejehen von dem Diateffaron der fyriichen Kirche und dem Hebräerev. der nazaräiichen Gemeinden, welche leßteren Der Berfaffer übrigens jchwerlich zur katholiſchen Kirche gerechnet haben würde, war damals befanntlich in allen katholiſchen Gemeinden wenigſtens jeit einigen Mtenjchenaltern fein anderes Ev. in gottes- dienftlichenn Gebrauch als dag „vierfaltige Ev." des Irenäus, des muratoriichen Fragmentiſten, des Clemens von Alerandrien u. |. w. Das Selbitverjtändliche bejtätigt die Didaffalia auch für den Kreis, welchem fie entſtammt, durch eine beträchtliche Zahl mehr oder weniger genauer Citate und eine namentliche Anführung des Mat- thäus.“) Das Hindert aber den Verfaſſer nicht, einige in diefem Ev. nicht enthaltene evangeliiche Traditionen ſich anzueignen und aud) den Inhalt der Fanonifchen Evv. auf das freiefte zu verwerten. Mt. 7, 6 fol den Witwen und den Laien gejagt fein (S. 63, 21), Mt. 18, 18 den Bilchöfen (S. 15, 14). Aus der Barabel Mit. 18, 12 wird ein in direkte Redeform gefleidetes Gebot Jeſu formuliert (S. 26,1). Aber die 12 Apoftel, welche in diefem Buch reden, dürfen nod) Fühner jein. Sie citieren eine feitenlange Rede, welche Jeſus ihnen gehalten haben joll, als er ihnen nach der Auferftehung erjchien.?) Was davon zu Halten fei, zeigt der Schluß diefer Rede, wo der Herr id) jelbjt nach dem gefchriebenen Ev. citiert, ein Mißgriff, wie er ähnlich bei Marcion ſich findet. Wichtiger ift, daß der Verfaſſer Hier ein deutliche8 Bewußtſein darum verrät, was er aus „dem Ev.” Hat, und was er ſelbſt dazu dichte. Wenn er Stüde citiert, welche im

1) S. 98, 7, vgl. S. 4, 12. ff.; 12, 1ff. = const. ap. 1,5; Il,5; V, 19. Die Citationsformeln find: „der Herr jagt im Evangelium“ ©. 63, 21; 72,6; oder „was von dem Herrn gejagt ift im Ev.” ©. 49, 22; oder „wie im Ev. geichrieben fteht, und wiederum ift bei David gejchrieben” ©. 88, 26.

2) S. 88, 20 „Im Ev. aber des Matthäus ift jo geichrieben“. Da bie Syrer die Form xara Mardaurov niemals buchſtäblich genau wiedergeben, wird fie hier im griechiſchen Driginal doch nicht gefehlt haben.

23) S. 89,2 90,4 = Bunsen, Anal. II, 313 8. 8 v. unten bis 315 3. 7. Der Schluß lautet: „Darum babe ich euch im Evangelium zuvor ges fagt: Betet für eure Feinde, und felig find, die fich Über den Untergang derer, die nicht glauben, betrüben“. In Bezug auf Marcion vgl. Geſch. d. Kanon 1, 687. 716.

Die Didaffalia. 63

3. Sahrhundert ſicherlich in feinem kirchlichen Evangelienbud) ftan- den, wie den berühmten Spruch „Werdet tüchtige Geldwechsler“ oder die Perifope von der Ehebrecherin (oh. 8, 1—11), enthält er ſich jeder fürmlichen Citationzformel.”) So auch an den Stellen, wo er fih mit dem PE berührt. Eine eigentümliche Dfterfaftenfitte be- gründet die Didaſkalia durd) eine höchſt fonderbar erfundene Chrono- Iogie der Paſſionsgeſchichte im Verhältnis zum jüdischen Paſſah, welche ebenjo wenig in irgend einem Ev. zu leſen gewejen fein wird, wie die lange Nede Jeſu, worauf diejelbe Sitte in erfter Linie ge- gründet wird. Doch jcheint ſchon vor dem Eintritt diefer Nede Jeſu eine Verwandtſchaft der Anjchauung mit dem PE ſich darin zu ver- raten, daß Jeſus nur die drei erften Stunden der Nacht zwifchen Sabbat und Sonntag im Grabe gelegen, aljo jchon vor Mitternacht auferjtanden jein joll (©. 88, 24, vgl. oben ©. 59), und auch darin, daß es ©. 87, 26 heißt: „Faſtet und betet für Die, welche verloren gehen, wie auch wir (die Apoftel) thaten, als unjer Heiland litt.“ Denn daß die Apojtel damals nicht nur getrauert und geklagt, fon- dern auch gefajtet haben, Tieft man BE 7. Dies fehrt wieder ©. 93, 5 ff.: „Am Freitag aber und Sabbat jollt ihr vollfommen falten und nicht? genießen . . . bis zur dritten Stunde der Nacht nad) dem Sabbat, und dann jollt ihr das Faſten endigen; denn jo haben auch wir gefajtet, als unſer Herr litt.“ Es gilt ein Falten und Beten um Siündenvergebung für da3 jüdiiche Volk, welches ſich an Jeſus Schwer verfündigt hat. „Denn jener Heide und Fremdling, der Richter Pilatus, willigte nicht ein in ihre böſen Thaten, jondern nahm Waſſer und wujch fich die Hände und ſprach: Sch bin un- ichuldig am Blute dieſes Mannes! Das Volk aber antivortete und ſprach: Sein Blut fomme über ung und unfere Kinder. Und es befahl Herodes, daß er gefreuzigt werde; und es litt unjer Herr am Freitag.” Das kann ſchwerlich ein Schriftiteller des 3. Jahrhundert? aus eigener Erfindung gejchrieben haben, nachdem ſchon im 2. Jahr⸗ Hundert gefchrieben war, was wir BE 1 lejen. Die Didaffalia hütet fi) wohl, die apofryphe Erzählung fich vollftändig anzueignen. Sie nennt den Herodes nicht König, fie jet den Pilatus auch nicht ab,

1) ©. 42, 29: „denn ihnen (den Biſchöfen) ift gejagt”; S. 81, 1 „daß du thueſt, wie auch er (Jeſus) gethan hat jener Sünderin, welche die Pres⸗ byter vor ihn geftellt Hatten“ u. f. w.

64 Das Evangelium des Petrus.

ſondern bezeichnet ihn als den eigentlichen Richter.) Sie jagt aud) nicht? von dem vergeblichen Verſuch der jüdischen Richter, fich gleich Pilatus die Hände zu wajchen. Sie macht es vielmehr gerade jo wie mit der Gejchichte des Simon Magus im Verhältnis zur AG. und den gnoftiichen Petrusatten (oben ©. 61). Ohne die fanonifche Erzählung umzuftoßen, läßt fie die apofryphe und überdies hetero- -dore Tradition einfließen.

Was macht nun Harnad aus dem hier dargelegten Thatbeitand ? Obwohl er, abgejehen von Sournalartifeln, welche urbi et orbi die große Entdedung ich meine die des Herrn Bouriant verfün- digt haben, binnen weniger Wochen jchon zwei gelehrte Ausgaben des PE veranftaltet Hat, hat er es für unnötig gehalten, bei einem Manne, der ſyriſche Buchjtaben leſen kann, ſich danach zu erfundigen, was denn eigentlich in der Didaffalia ftehe, und pocht nun ©. 41 auf Worte, wie Tooch und Howöng 6 Baoıkevg, weldje gar nicht in der Didaffalia ftehen!?) Ebendort ſpricht er natürlich in gejperrter Schrift das große Wort aus: „Daß dag Didajfalia- Evangelium das Petrusev. ist, Scheint mir nach diefer Stelle zweifel- 108." Das foll natürlich nicht heißen, was bei vernünftiger Schreib- weile der Sinn diefer Worte fein müßte, in der That aber das Allerunvernünftigfte wäre, daß das PE dasjenige Bud) fei, welches die Didaffalia ſelbſt „Das Ev.“ nennt, dag Ev. der „katholiſchen Kirche“ um 230 oder 260. Es iſt vielmehr eins jener Phantome gemeint, welche fich infolge Mangels aller wirklichen Kenntnis der Gejchichte

1) Die aus dem Text der griechischen Konftitutionen bergeftellte Didascalia purior in den Anal. anten. II, 320 ift Bier wie an vielen Stellen nicht ala Nüdüberfegung zu gebrauden. Der Redaltor const. ap. V, 19 p. 151, 5 fombiniert die apofryphe Tradition mit der kanoniſchen: xal Ilslaros ö nye- kwv xai ö Aacıkevs “Howöns Extlevoav avrov aravewsivar. Die Didaſtalia enthält den Titel Baoslsvs gar nit. Auch in der Glaubenäregel ©. 121, 2 bleibt dem Pilatus jeine maßgebende Stellung, obwohl aud dort wieder ein Einfluß von BE 10 zu bemerken ift: - „Sejus Chriftus der Nazarener, welcher in den Tagen des Pontius Pilatus gekreuzigt ward und entſchlief, damit er dem Abraham und dem Iſaak und dem Jakob und allen Heiligen dad Ende der Welt und die Auferftehung der Toten verfündige, und welcher auferftand von den Toten” u. |. w.

2) Dabei kennt, citiert und rezenftiert Harnad das Buch von Funk, wo doch ©. 27 deutlich gejagt iſt, was von der Didascalia purior zu halten ſei.

Aphraates und Ephraim. 65

und Litteratur der alten Kirche und infolge eines womöglid noch größeren Mangels an wifjenchaftlicher Zucht und Übung im Sopfe von A. Reſch gebildet haben. Gehen wir weiter!

Bei dem Syrer Aphraates um 340 wird einmal ein am Dfter- morgen gefprochenes Wort der Engel an Maria Magdalena ange- führt, welches beinahe gleichlautet mit dem PE 13, nämlich: „Er iſt auferjtanden und Hingegangen zu dem, der ihn gejandt hat.” *) Steht nun feft, daß Aphraates mindeſtens hauptſächlich und regel- mäßig ala „Evangelium Chriſti“ dag Diateſſaron benutzt Hat, ®) fo Ihien auch diefes apofryphe Wort dem Diateffaron anzugehören, und dies um jo mehr, als auch Ephraim in feinem Kommentar über dag Diateffaron von einer nicht den Weibern überhaupt, fon- dern fpeziell der Maria Magdalena zu teil gewordenen Verkündigung der Auferftehung jagt, welcher fie feinen Glauben gejchenft habe. Tach Aphraates und Ephraim muß diefe Meldung im Diateflaron entweder an Joh. 20, 2, oder, was wahrjcheinlicher ift, an Joh. 20, 13 angejchlofjen geweſen jein. Sollen wir nun annehmen, daß Ihon Tatian an diefer Stelle, der einzigen, die wir bei ihm nach— weilen fünnen, eine Anleihe beim BE gemacht Habe? Das ift von äußerfter Unmwahrjcheinlichkeit. Wie flüchtig gegen Ende feines Kom- mentars Ephraim verfährt, und wie lüdenhaft infolgedeffen unſere Kenntnis der Paſſions- und Leidensgejchichte des Diateſſarons ift, jo genügt doch ein Bli auf die ficher überlieferten Elemente derfelben, zu zeigen, daß fie ganz und gar auf den kanoniſchen Evv. beruht und die Darftellung des PE in allen ihren Eigentümlichkeiten ausſchließt. Insbeſondere die unmittelbare Verbindung von Auferftehung und Rückkehr zum Vater ift durch das im Diateffaron gleich darauf folgende Wort aus ob. 20, 17 vollfommen ausgeſchloſſen.)) Die oder eine Engelverfündigung von der Auferftehung Jeſu Speziell an Maria Magdalena gerichtet fein zu laſſen, war für jeden Harmo-

1) The homilies of Aphraates ed. Wright p. 384f., vgl. meine For: fhungen I, 217f., auch Berts Überfegung des Aphraates S. 321f., welcher fi faft zu enge an mich anſchließt. Auf das Zuſammentreffen mit dem PE hat bereits Robinſon S. 29 hingewieſen.

2) Bgl. Forſchungen I, 73—89; Geſch. d. Kanons I, 896 404.

3) Bol. Möſinger S. 269f.; Sorfe. I, 217 und überhaupt die ganze dortige Erzählung in 85 91—98 ©. 210ff. und Geſch. d. Kanons II, 558.

TH Zahn, Das Petrusevangelinm. 5

66 Das Evangelium des Petrus.

niſten beinahe unvermeidlich, weil einerfeit3 in der ſynoptiſchen Er- zählung dieje die erjte Stelle unter den Weibern einnimmt (Mt. 28, 1; Mr. 16, 1), und anderfeit3 aus Joh. 20, 2, wo fie allein auftritt, doch zu erkennen ilt, daß andere Weiber außer ihr wejentlich dag Gleiche erlebt Haben (oldauev). So muß alfo auch die Magda- lena wejentlich das Gleiche gefehen und gehört Haben, wie die an— deren Weiber. Die durch Ephraim nicht bezeugten Worte bei Aphraates: „und er it Hingegangen zu dem, welcher ihn gejandt hat,“ können aljo nicht im Diatefjaron gejtanden haben, jondern find eine Zuthat des hier wie überall frei aus dem Gedächtnis citierenden Schriftſtellers. Aphraates Hat auch ſonſtige Traditionen benußt, welche er nicht aus dem Diateffaron oder anderen biblilchen Quellen geihöpft Hat.) Wenn ich nicht irre, zeigt ji noch an einer anderen Stelle des Aphrantes eine Beeinfluffung durch das PE. In der Abhandlung über das Paſſah fagt er von der Nacht vom Sabbat auf den Sonntag ganz jo wie BE 9: „in der Nacht, da der Sonn- tag anbrach“.“ Wer länger jucht, wird bei Aphraates und auch bei Ephraim ?) noch mehr Berührungen mit dem BE finden, als ich bisher fand. Inzwiſchen darf es als wahrjcheinlich gelten, daß unter anderen Apofryphen auch das BE während des 4. Jahrhundert? von orthodoren Syrern gelefen worden und die Quelle einiger apokrypher Traditionen in jenen Kreifen geweſen iſt.

Bon Tatian, dem Harnad alle Berwandtichaft mit dem PE abjpricht (S.36 4.2), wende ich mich zu Juſtin, von welchem Harnad es für ziemlich gewiß erflärt, daß er eg nicht nur gefannt, ſondern auch unter feinen „Apomnemoneumata” gehabt habe (S. 37 40). Was nun dag Letztere anbelangt, jo muß man fich gegenwärtig Halten, daß Juſtin unter den drrouynuovevuma zuv drsoorolwv nicht irgend welche evangelifche Erzählungen verjteht, jondern die, wie er jelbit jagt,

1) Forſchungen I, 84 X. 3; ©. 86f. 241f.; Geſch. d. Kanons II, 561.

2) Ausg. von Wright S. 229; Bert S. 194 und oben ©. 20. In ders jelben Abhandlung ſchließt er fidy bei Berechnung der drei Tage des Totjeins Jeſu teilmeife an die Didaſtkalia an.

?) Unter den apokryphen Traditionen bei diefem fcheint mir bejonders die vomanhafte Ausfhmüdung zu LE. 18, 1—5 bei Möfinger S. 165 ganz den Geift des PE zu verraten. Die nahmalige Verſöhnung zwifhen Pilatus und

Herodes, deren Ephraim dort gedenkt, Tann dem Anfang des auf uns ges fommenen Fragments des BE unmittelbar vorangegangen fein.

Juſtinus. 67

gewöhnlich „Evangelien“ genannten Bücher, welche zu feiner Zeit, um 150, überall in der Kirche, alſo vom Standpunft des Juſtinus mindeſtens in Rom und in Epheſus, im fonntäglichen Gottesdienft neben den Schriften der Propheten gelejen wurden. Daß zu dieſen Evv. der Kirche um 150 das PE gehört Habe, ift angefichts der Zeugniſſe des Irenäus, welcher damals ein Mann, und des mura- torifchen Fragmentiſten, der damals geboren war, eine der Behaup- tungen, welche darum nicht weniger abjurd find, weil man fie troß aller Widerlegungen immer wieder vorzutragen für fchieflich Hält, ohne auch nur einen Verſuch zu machen, ung anderen die Ent- widelung oder vielmehr Revolution begreiflic” und anſchaulich zu machen, welche aus der Kirche von 150 die Kirche von 180 gemacht haben fol. Die vorliegende Behauptung ift um fo unglaublicher, al3 Juſtin unter feinen „Erinnerungen der Apoſtel“ auch „Erinnerungen des Petrus“ gehabt hat, deren Identität mit unferem Markus be- wiejen worden ift.”) Dazu kommt, daß man nicht weiß, wie alt dann unfere Evp. jelbjt mit Einjchluß des johanneischen fein follen, wenn das PE, welches ganz und gar auf diefen und zwar auf einem bereit3 ziemlich entarteten Text beruht, um 150 allgemein in der Kirche im Gottesdienjt gelejen worden jein fol. Kann alfo hiervon im voraus feine Nede fein, fo bliebe doch möglich, daß Juſtin das BE gelejen und fich einiges daraus angeeignet hätte, wie er dem Protevangelium des Jakobus und dem Ev. des Thomas einiges geglaubt und auch andere nichtkanoniſche Traditionen fich angeeignet hat, nicht

2) Bol. Geſch. d. Kanons 1, 509—516. Anftatt anzudeuten, wie er fich mit den allgemeinen und befonderen Beweiſen für dieje Behauptung aus- einanderzufegen gedente, nennt Harnad ©. 39 die Beziehung auf Markus eine „peinlide Auskunft”. Aber was iſt daran Beinlidhes, da ſchon lange vor Zuftinus „der Presbyter Johannes“ den Markus als Covangeliften einen bloßen Dolmeticher des Petruß genannt bat, und da wir bei Tertullian c. Marc. IV, 5 Iefen: Marcus quod edidit Petri affirmatur... 2gl. Geſch. d. Kanons I, 156. Köſtlich ift aud) die Bemerkung von Harnad ©. 40 Q. 2, erft wenn dieſes apofrypbe PE unter den Eon. Juſtins ſich befunden babe, erkläre fich deren Bezeichnung als Erinnerungen der Apoftel und Apoftelichüler ! Als ob jemals die Evo. des Matthäus und des Johannes anderen Berfaflern als diefen Apofteln zugefchrieben worden wären! Auch einem Marcion ift da nie in den Sinn gelommen; im Gegenteil, e8 ift dies die Vorausſetzung feiner Kritik der kirchlichen Evo. (Geſch. d. Kanons I, 654 ff.). Ebenſo fett es der

Berfaffer der gnoſtiſchen Petrusakten voraus (ebendort II, 850). 5*

68 Das Evangelium des Petrus.

ohne gelegentlich merfen zu laffen, daß er derartiges nicht aus den „Erinnerungen der Apoſtel“ geichöpft habe. ’)

Aber auch dies ift unwahrſcheinlich. Denn in jenen Fällen handelt es fi) um Bücher und Überlieferungen, welche ſich mit den gefchichtlichen und dogmatischen Anfchauungen Juftind wohl vertrugen, bier um ein Buch, welches zu denjelben in wichtigen Punkten im ſchärfſten Gegenjag jtand. Juſtin ift fein großer Hiftorifer gewejen; aber ein Schriftiteller, der jo oft wie fein anderer jeine® Jahr— Hundert3 das „gefreuzigt unter Pontius Pilatus” wiederholt, konnte fih nicht in ein Ev. finden, nad) welchem es jtatt deſſen unbedingt heißen mußte: „gefreuzigt unter dem König Herodes"“. Juſtin ift auch fein großer Dogmatiker; aber er hat doch ein Buch gegen alle Härefien gejchrieben. Demnach iſt es undenkbar, dab er das PE harmlos gelejen haben jollte, ohne deſſen jtarfe Abweichung von der firchlichen Auffafjung der Perjon, des Leidens, der Auferftehung und Himmelfahrt Jeſu mit Unmillen zu bemerfen. Insbeſondere gegen alle dofetiiche Verflüchtigung des Leidens Chriſti erflärt Juſtin fich mehr als einmal aufs beſtimmteſte.?)

Treten wir nun den Einzelheiten näher, in welchen ſich Zuftin mit dem BE berüßrt, jo Hat jich bereit3 ©. 42f. an dem Punkt, wo allerdings eine überrafchende Übereinstimmung zu Tage tritt, gezeigt, daß Juſtin Hier ebenjowenig vom BE, als diejes von Zuftin abhängig fein kann. Was das Verhältnis des Herodes und des Pilatus zur Verurteilung und Kreuzigung Jeſu anlangt, jo fügt Juſtin wie andere Kirchenväter zu der Erzählung Lk. 23, 6—12 den einzigen Zug Hinzu, daß Jeſus gefeflelt zu Herodes geführt worden jei.3) Daß im PE ähnliches geftanden habe, ift eine mut- willige Vermutung. Nach diefem iſt e3 überhaupt nicht, wie e3

1) Geld. d. Kanons I, 485. 499 A. 3; 502. 504. 51ö. 5389ff. 549 A. 2; II, 771. 777.

5) 3.8. dial. 99 und 108.

3) Geſch. d. Kanons I, 507 über dial. 1038; über apol. I, 40 ebendort S. 581, wo ih nur in Bezug auf die Zählung von Pf. 1 und 2 als eines einzigen Pjalmes zu beſcheiden gewejen bin. ch gedenfe darüber [päter zu fagen, was ih weiß. Die Bemerkung Harnacks S. 38, man habe bisher nicht gewußt, woher das dsdeusvov dial. 103 ftamme, ift um fo naiver, da er ſelbſt e8 erſt vecht nicht weiß und nur die ganz befriedigenden Erklärungen anderer ignoriert.

Juftinus. 69

Juſtin darftellt, eine Gefälligfeit des Pilatus gegen Herodes, infolge deren Jeſus vor Herodes zu jtehen kommt, fondern Jeſus ift von vornherein in der Gewalt des jüdischen Königs, und Pilatus ift nur eine notable Verfönlichfeit, welche vorübergehend zugezogen wird (oben ©. 26). Es klingt an ſich auffallend, daß Juſtin unter anderen Thatjachen, in welchen ſich prophetifche Weisſagung erfüllt habe, die Zufammenrottung de3 Herodes und der Juden, des Pilatus und feiner Soldaten gegen Jeſus erwähnt. Daß das aber nicht aus dem PE gefloffen iſt, kann jchon die Erwähnung der römifchen Soldaten bei Juſtin lehren, welche durch da3 PE grundjäglich aus- geichloffen find. Eine jo feindjelige Haltung gegen Jeſus, wie fie Juſtin dort beſonders durch die angeführte Weisfagung dem Pilatus beimißt, verträgt fich gleichfalls nicht mit dem PE. Dagegen ift die Abhängigkeit dieſer Bemerkung Juſtins von AG. 4,27 gefichert, 1) dadurch, daß dem dortigen ovvnxInoav das ovv&isvanv Juſtins genau genug entipricht; 2) daß bei beiden Schriftitellern Herodes vor Pilatus gejtellt ift, und bei beiden neben diejen befehlenden Perſonen aus— drüdlic) noch die ihnen Untergebenen, die Heiden und die Juden genannt find; 3) daß beide, nur Suftin in größerem Umfang, Bi. 2 als eine Weisfagung auf dieſes Zuſammenwirken der Feinde Chriſti citteren; und 4) daß beide Pi. 1 und 2 als einen einzigen Palm zujammenfaffen und als Pſ. 1 citieren. Harnack behauptet ©. 39, was Yuftin dial. 108, über die jüdifche Verleumdung fage, daß die Jünger den Leichnam Jeſu aus dem Grabe geftohlen haben, könne ebenfogut aus BE 8 ala aus Mt. 27, 62—66; 28, 10— 15 ftammen. Aber wo jteht denn im BE, was Juftin in Handgreiflichem Anjchluß an Mt. 28, 15 als die Hauptjache geltend macht, daß die Juden noch lange nach der Auferjtehung bei diejer Behauptung beharren und fie nad Möglichkeit in der Welt verbreiten ? Im Gegenteil: nach BE 11 dringen die Juden darauf und jegen e3 bei Pilatus durch, daß die Soldaten abjo- lutes Schweigen beobachten. Es fonnte fi) alſo dag durch den erfauften . und erlogenen Bericht der Soldaten entjtandene (Mt. 28, 13— 15a) Gerücht nad) dem PE gar nicht bilden, gejchweige denn, wie Juſtin und Matthäus es darftellen, bei den Juden und durch die Juden verbreiten. Die einzige fonjt noch erwähnenswerte Berührung zwilchen Suftin und dem BE befteht in der Anwendung des Ausdruds

70 Das Evangelium des Petrus.

kaxuov Bakısıy in Bezug auf die Kleiderverlofung. , Juſtin gebraucht ihn ein einzige Mal neben mehrmaligem xAngov Balkeıy, welches die Weisfagung bot. Aber auch Johannes, welcher die Weisjagung zuerft angeführt hat, läßt daneben die Soldaten fagen: Auywuer (19,24). Mit Juſtin wäre es aljo wieder einmal nidht2.

VI Urſprung des Petrusevangeliums.

Gefunden wurde der Tert in einem ägyptiichen Grabe. Alles aber, was wir ſonſt von dem Buch wiffen, weilt uns auf Antiochien und deſſen Umfreis al3 feine Heimat. In Antiochien gebrauchte es die Sekte der Dofeten um 200. Bon dort wird es nach dem nahen Rhoſſus gekommen fein. Origenes war längſt nicht mehr in Alerandrien, jondern vorwiegend in PBaläftina anfällig und hatte auch Antiochien Schon 20 oder mehr Jahre vorher bejucht, al3 er in feinem ſpät gefchriebenen Kommentar über Matthäus das PE erwähnte, während er es in feinen viel älteren Homilien über Lukas, in einer längeren Aufzählung apokrypher Evv. nicht genannt hatte. Etwa gleichzeitig mit Drigenes oder wenig jünger als diefer ift die wahr- Icheinlich in Antiochien oder Umgegend gejchriebene Didafkalia, welche fih vom PE abhängig gezeigt hat. Euſebius, der das PE ala bäretijches Erzeugnis erwähnt, jchrieb in Baläftina. Wenn bei ſyriſchen Schriftitelleen de3 4. Jahrhunderts Spuren von Bekanntſchaft mit dem PE fich finden, fo ift auch Dies eine Beitätigung Wenn Zheodoret im folgenden Jahrhundert zu melden weiß, daß die Nazaräer das PE gebrauchen, fo ift das freilich ein Unſinn; denn wir wifjen, daß dieje ein ganz anderes und nur ein einziges Ev. in Gebrauch hatten, und es verfteht ſich von felbft, daß dieſe Sefte am wenigiten das judenfeindliche und dofetiiche PE geduldet haben würde. Immerhin aber mag die Angabe Theodoret3 als ein Zeugnis dafür gelten, daß bei einer afatholiichen Partei in Syrien das PE in

1) PE 4. Ebenſo Just. dial. 97 in der Erzählung, um fo natürlicher, da abgefehen von dem vorangehenden Citat, worin EBalov xAngov fteht, in demfelben Sat noch einmal xAngos zu gebrauden war. Apol. J, 85 wird

der Ausdrud des etwas weiter voranftehenden Citats wörtlich wiederholt. Cf. noch apol. I, 38; dial. 104.

Urfprung des Buchs. 71

Gebrauch jei.!) Merkwürdig ift auch, daß im Jahre 1099 einheimische Chriften in der Nähe von Antiochien ſich den Kreuzfahrern gegen- über gerühmt haben, ein Ev. des Apoftel3 Petrus in Beſitz zu Haben, Zum mindeiten folgt daraus, daß ſich dort big dahin eine Erinnerung an ein folches erhalten Hatte. Was fie daraus anführten, kann freilich nicht in dem alten PE gejtanden haben; aber e3 bleibt die doppelte Möglichkeit, daß der orientalische Chriſt den neugierigen Dccidentalen etwas aufgebunden hat, oder daß das PE ebenjo wie die Betrusapofalypfe in mohammedanijcher Zeit eine Umarbeitung er- fahren hat. Zu Antiochien als Geburtsort des PE paßt es, daß der Verfaſſer eine Kunde von dem gefchichtlichen Petronius gehabt zu haben jcheint (oben ©. 41). Das befcheidene Maß von jemitifcher Sprachkunde, welches die Umgeftaltung des Eli-Rufes vorausſetzt, war gerade bei den Griechen in und um Antiochien faſt unvermeidlich ?).

Auch die Zeit ift ziemlich genau zu beſtimmen. Der Gebrauch der 4 Evv. von jeiten Diejes jüngeren Evangeliften würde an fich nicht nötigen, unter die erften Jahre des 2. Jahrhunderts herunter zu gehen. Aber e3 zeigte jich an mehreren Stellen, daß der Tert der Eov., welchen der Verfaſſer vor fich Hatte, bereit3 eine Geſchichte hinter fich hatte; er enthielt bereit3 Glofjen und apofryphe Zuthaten und hatte Mißdeutungen erfahren, deren Verbreitung um die Mitte des 2. Jahrhunderts ſich nachweilen läßt. In feinem allgemeinen Charakter gleicht der vom PE vorgefundene Tert der kanoniſchen Evv. demjenigen, welchen Marcion fritifiert und teilweife bearbeitet, und welchen Juſtin ohne Kritif benugt Hat. Da dies aber auch vom Zert des jüngften unferer Evv. gilt, wie ein Beifpiel deutlich zeigte (oben ©. 42f. 49), jo wird das PE fchwerlich früher als um 130, vielleicht noch etiwag fpäter entitanden fein. Ein höheres Alter an- zunehmen, empfiehlt fic) aud) deshalb nicht, weil in dem großen Fragment feine Spur irgend welcher jelbitändiger, d. h. von unferen Eov. unabhängiger Tradition zu entdeden ift, was bei einer Ent- ſtehung um 110 jehr auffällig wäre. Andrerjeit3 gejtattet daS ge- wichtige Zeugnis Serapions, wie ich es verjtehen zu müſſen glaube

1) Vgl. Geſch. d. Kanona II, 743, in Bezug auf das Weiterfolgende ebendort II, 1019. Die lancea Christi, von welder dort die Rede ift, fett Doch wohl den Lanzenſtich voraus, welden das alte BE ausgeichloffen hat.

2) Forſch. I, 39ff.; IL, 135ff.; Zeitfchr. f. Kirchengeſch. IX, 288.

172 Das Evangelium des Petrus.

(oben ©. 3), auch nicht, unter 170 herabzugehen." Wir dürfen demnad) mit annähernder Sicherheit behaupten, daß das PE gegen die Mitte des 2. Sahrhunderts in oder bei Antiochien gefchrieben wurde. Bon wen aber? Serapion glaubte zu willen, daß es nicht von der Damals mit dem Namen „Doketen“ bezeichneten Sekte in Antiochien geichaffen, fondern aus anderen, älteren, aber mit jenen „Doketen“ vertwandten Kreiſen hervorgegangen fei. Da Caſſian, der wahrjcheinliche Stifter jener Selte, früher der Schule Valentins angehört hatte, und da Antiochien ein Hauptfit des orientaliichen Zweigs der valentinianifchen Schule war, fo fünnte man an Balentinianer denken, und ich meine nit mit Unrecht auf valentinianiiche Parallelen bei Irenäus hingewieſen zu haben (S. 35 X. 1). Dort handelt es fich allerdings um Balentinianer des Occidents, von weldyen überdies Irenäus (I, 1, 3) bezeugt, daß jie den Hiftorischen Chriſtus grundfäglich nicht xugros nannten, ’) was im PE gerade die einzige Benennung Jeſu ift. Ferner wiffen wir von Balentin und jeiner abendländifchen Schule nur, daß fie die kanoniſchen Evo. und außerdem ein befonderes namenloſes evangelium veritatis in Gebrauch Hatten.) Endlich Haben fie, joviel ich weiß, eine jehr andere Borftellung von der Paſſion gehabt, als dad PE. Nicht im Moment des Sterbeng, fondern vor dem gefamten Leiden trennt ſich der pneumatiſche Chriftug von dem piychiichen Chriſtus, und nur leßerer leidet.) Ganz anders Die orientalifchen Walentinianer. Erjtend nennen ſie den Hiftorifchen Chriſtus nicht jelten xuguos‘). Zweitens laſſen fie wie das PE nicht vor dem Leiden, jondern im Akt des Sterbens die höhere Kraft den Heiland verlafjen.) Mean Tann darum noch nicht fofort jagen, daß

1!) Iren. I, 1, 3. Der regelmäßige Titel war owzre. Nie anders im Brief des Ptolemäus an Flora. Nicht als Titel einmal im BE c. 4.

2) Vgl. Geſch. d. Kanons I, 718—751.

2) Iren. I, 7, 2 xai rovro (l. Tovrov cum interprete) däza9n dsausus- vnadvas.... xal dia ToVTo Notar Toooayousvov avrov to Ildaro To eis aurov xararediv vevua Xgıorov xra. Bol. was Irenäus I, 26, 1 über Kerinth berichtet und die mannigfaltigen Angaben III, 11, 8; 16, 1.

*) Clem. Al. epit. e Theodoto 6. 7 extr. 23. 72. 74. 85. Über die Scheidung der eigenen Sätze des Clemens von den valentinianifchen vgl. Geſch. d. Kanons II, ul ff.

°) Epit. e Theodoto 61. Man beachte befonderd den Ausdruck: ava-

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Urſprung des Buchs. | 73

eben der Zweig der valentinianifchen Schule, über welchen die Erzerpte des Clemens „aus den Schriften des Theodotug und der fogenannten anatolischen Lehre zur Zeit Valentin” ung unterrichten, dag PE hervorgebracht habe. In den von Clemens erzerpierten Schriften diefer Schule blidt eine ganze Reihe von Zügen der kanoniſchen Paſſionsgeſchichte hervor, welche durch das BE ausgejchloffen find. ') Aber es wird ſich fchwerlid eine dem PE fo nahe jtehende Vor— Itellung von der Paſſion nachweiſen laſſen als diejenige diefer Valen— tinianer de3 Dften? um 130—160. Das PE hält fi völlig fern von dem durchgeführten Dofetismus eines Marcion und anderer noch älterer Richtungen, ?) auch von jo plumpen Annahmen, wie derjenigen des Bafilideg, wonach anſtatt Ehrifti Simon von Kyrene gefreuzigt fein follte (Iren. I, 24, 4), und auch von den myſteriöſen Spefulationen des Leucius. Diefer verbindet einen weit über da3 PE Hinausgreifenden Dofetismus mit einer äußerlichen, aber ausdrüdlichen Anerkennung des gejamten Inhalts der Tanonifchen Evangelien unter Vorbehalt der Ergänzung aus der Geheimtradition. ?) Der Johannesſchüler Leucius gehört nad) Kleinafien, der viel weniger geiftreiche Pſeudopetrus ift in Antiochien zu Haufe. Dort, wo e3 zur Zeit des Ignatius judaiftiiche Dofeten gab, wo bald darauf Saturninug einen jchroffen Dofetismug und zugleich eine asketiſche Richtung mit fehr feindfeligem Urteil über das Judentum verband, wo wiederum ein wenig jpäter ein Zweig der valentinianischen Schule mit gemildertem Doketismus und weniger ausgeprägtem Enfratismug und Antijudaismus blühte, muß auch der Kreis gejucht werden, aus

1) Epit. e Theodoto 1: „Bater, in deine Hände übergebe ich meinen Geiſt“; 42 Jeſus trägt fein Kreuz; 61 aus feiner durchbohrten Seite fließt Waſſer und Blut; 62 der Lanzenftid und das Nichtzerbrechen der Beine.

2) Ih meine vor allem die Doketen des Ignatius, welche dieſer nicht erft auf der Reife durch Kleinafien, jondern ſchon in Antiochien kennen gelernt bat, vgl. meinen Ignatius S. 365. 380-399 und Lightfoot, Ignatius und Polykarp I?, 373—882. Aber dieſe Doleten waren zugleich Zubaiften, während das BE bei einem milden Doketismus fehr antijudaiftiih ift. Anfofern wäre viel eher der Antiochener Saturninus zu vergleihen, wenn dieſer nur nicht einem viel zu kraſſen Dofetismus gehuldigt hätte (Iren. ], 24, 1. 2).

3) Bol. meine Acta Joannis p. 215, 25 216, 10; 219, 3—17; 229, 4 bis 223, 11; OXLVIII; Gejd. d. Kanons I, 784—787 ; II, 818—865. Leucius bat in Bezug auf die Paſſion und das Begräbnis Jeſu durchweg die vom PE ausgeichloffenen Thatjachen.

74 Das Evangelium des Petrus.

welchem das PE hervorging. Nun ift eg aber höchſt merkwürdig, daB der von der Schule Valentins ausgegangene, aber das Haupt einer bejonderen dofetifchen und enfratitiichen Partei gewordene Caſſianus ein apofryphes Herrenwort citiert, welches auch die orien- taliichen Valentinianer citierten. Und zwar lautete es bei beiden ganz oder beinahe gleich, während es 3. B. in das Ägypterevangelium in abjichtlich gemilderter Yorm aufgenommen wurde!) Die Valen- tinianer leugneten, daß dadurch die Kindererzeugung und überhaupt die jchöpfungsmäßige Ordnung verurteilt werde, Caſſian behauptete dies. Dieſes Auseinandergehen in der Deutung desfelben Herren- worts oder vielmehr Geſprächs entipricht der Ausscheidung Caſſians aus der valentinianischen Schule Der gemeinfame Beſitz ftammt aus der Zeit vor der Trennung. Dies trifft aber höchſt merkwürdig zulammen mit dem ſchwer anzufechtenden Urteil Serapions, daß die Sekte der Dofeten da3 PE von einer jchon vor Entjtehung diejer Sefte vorhandenen, irgendwie verwandten Partei geerbt habe. ch wiederhole Daher die Vermutung, welche ic) Schon vor der Entdedung de3 großen Fragment? ausgeiprochen habe, daß jenes apofryphe Herreniwort im PE enthalten war, und daß Laffian diefeg Ev. aus der antiochenifchen Schule Valentin herübergenommen und in die neue Sefte der Dofeten und Enkratiten eingeführt bat. Das Wort, worum es fich handelt, Iehnt ſich an eine ältere Tradition an. Im dem fogenannten 2. Clemensbrief findet fich etwas entfernt Ähnliches. Während aber dort das Geſpräch zwilchen Chriſtus und einem Mann geführt wird, ift Daraus bei den Valentinianern und bei Caſſian ein Geſpräch Jeſu mit Salome, der Mutter der Zebedäusſöhne, geworden. Es wird an die Erzählung Mt. 20, 20—28; Mr. 10, 35—45 an- geichloffen geweſen fein.

1), Ich brauche die umſtändliche Unterfuhung (Geld. d. Kanons II, 632 bis 641. 750) nicht zu wiederholen. Nach Clemens strom. III, 45. 92 Hat Saffian das Gefpräch jo referiert: Salome fragt den Herrn uexo: more Havaros loyvoss; der Herr antwortet: wexvs av Öuers al yvvalnes Tixenre. Auf die weitere Frage der Salome, wann das gejhehen werde, antwortet der Herr: ötuv 76 ıns aloyvvns Evdvun narnonte, xal Örtav yErnras za dvo Ev xal To @opev uera ıns Inleins orte appsv ovre Izlv. Ungewiß iſt, ob damit aud) das von Caſſian citierte Herrenwort zufammenhängt (strom. III, 68) 7490» xarahvonı ra Eoya rs Imheias. Nur die erfte Frage und Antwort haben wir in dem Gitat der Balentinianer Epit. e Theodoto 67,

Urſprung des Buchs. 75

Ohne für dieje lebte Vermutung, womit ich die Unterjuchung ichließe, völlige Sicherheit in Anſpruch zu nehmen, darf ich doc folgendes als Ergebnis ausjprechen: Das BE it einige Zeit vor Entjtehung der wahrjcheinlich von Caſſian um 170 geftifteten Sekte der Dofeten, etwa um 140 oder 150, in Antiochien in einem Kreiſe entftanden, welcher mit der orientalischen Schule Valentina entweder identiich oder doch innig verwandt war. Während die vecidentalijche Schule Balentind neben den 4 Evp., die fie nicht aufhörte zu ge- brauchen und zu kommentieren, allerlei angebliche Geheimtraditionen wahrjcheinlich erjt nad) dem Tode des Meifters in ein evangelium veritatis zujammenfaßte, haben die orientaliichen Walentinianer oder doch Geiftverwandte derjelben in Antiochien gleichfalls ein 5. Ev. verfaßt, als deſſen Verfaſſer fie den Petrus, den „eriten Biſchof von Antiochten”, einführten. Gewiß wollten fie damit der Alleinherrichaft der 4 Evv. entgegentreten; fie jcheuten fich nicht, deren Darjtellung in vielen Stüden auf den Kopf zu ftellen. Daß fie aber, wie Marcion um diejelbe Zeit, durch ihr neues Ev. die 4 Evv. geradezu verdrängen wollten, iſt nicht anzunehmen. Iſt der Verfaſſer wirklich ein Anhänger jener „anatoliichen Lehre“ bei Clemens von Alerandrien, jo zeigen die von Clemens aufbewahrten Fragmente, daß ihm dies nicht gelungen wäre, wenn er es beablichtigte. .

Die gejchichtliche Bedeutung des BE beiteht vor allem darin, daß es die um. 150 bereit3 feſt begründete Alleinherrichaft der 4 kanoniſchen Evv. aufs neue beweilt. Es tritt in diefer Beziehung beftätigend Hinzu zu den Zeugnifjen für dieſelbe Thatjache, die wir bereit3 befaßen, zu dem Evangelium und den Antithefen Marciong, zu den richtig verjtandenen Angaben Juſtins, zu dem Diateffaron Tatians und den Apojtelgejchichten des Leucius. Einen eigentümlichen Wert aber hat das „Evangelium nach Betrug” dadurch, daß es ung deutlicher al3 andere Zeugen ein dag Kap. 21 mitumfafjendes SIohannesevan- gelium und ein mit Mr. 16, 8 abbrechendes Marfugevangelium bezeugt.

76 Das Evangelium des Petrus.

Zuſätze.

Zu ©. 2ff. Die Zeitangabe „um 200“ für Serapions Epi- ifopat und fomit, da ung ein beftimmterer Anhalt nicht gegeben ift, auch für dag Schreiben Serapions an die Gemeinde von Rhoſſus halte ich für richtiger, al3 die von J. Kunze in der joeben erjcheinen- den Schrift „Das neu aufgefundene Bruchjtüd des jogen. Petrus- evangeliums“ (Leipzig 1893) ©. 7: „letztes Zehntel des 2. Jahr- Hundert3”, wonach übrigens die ungefähre Zeitbeftimmung für den Brief „um 195" und nicht „um 190“ Yauten müßte. Wenn Eus. h. e. V, 22 die Vorjtellung ausdrüdt, daß Serapion ſchon vor dem 10. Jahr des Commodus und dem Negierungsantritt Viktor von Nom fein Amt angetreten habe, jo jteht doch andrerjeits feit, daß Se- rapions Epijfopat ſich noch über einige Jahre des 3. Jahrhunderts erftreett hat. Der nicht unbegründete Anſatz von Harnad („Die Zeit des Ignatius“ ©. 45f. 62) „Frühftens von 189, vielleicht erjt von 192 an big 209“ ergibt ala mittlere Zeitangabe „um 200“. Über Einzelheiten in Bezug auf den Brief Serapions mich mit Kunze auseinanderzuſetzen, halte ich für nublos, bis derjelbe meiner Dar- legung (Geſch. d. Kan. I, 177—179; II, 742—751) eine genaue Überfegung und eine tertfritifche, Terifalifche und eregetiiche Begrün- dung jeiner abweichenden Auffaffung des Fragments entgegenftellt. Inzwiſchen erlaube ich mir, jeinen Bemerkungen (S. 7—10, beſonders ©. 8 9.1.2; ©. 9 A. 3) folgende Fragen gegenüberzuftellen: 1) Wie konnte die Minorität zu Rhoſſus darüber, daß das PE nicht im dortigen Gottesdienst gelejen wurde, mißmutig oder verdrießlich fein, wenn die8 nicht entweder bisher üblich gewejen war, jest aber von der Majorität beanftandet wurde, oder die neuer- dings von der Minorität gejtellte Forderung, daß das BE fortan im Gottesdienſt gelejen werden jolle, bei der Meajorität auf Widerftand geftoßen war? 2) Wie fann man das jeder Näher-

Zuſätze. 77

beſtimmung ermangelnde dvayırwareıv als einen techniſchen Ausdruck für die gottesdienſtliche Vorleſung bezeichnen? 3) Was bedeutet die Bemerkung, Serapion jchreibe fein llaſſiſches Griechiſch, gegenüber meiner auf den bibliſchen und den gemeinen Sprachgebrauch ge- gründeten Überfegung von zrgoodisoreduere (vgl. oben ©. 5 4. 1)? 4) Wie joll es gerechtfertigt werden, daß die der Gegenwart Serapions angehörigen Dofeten, von welchen er das PE entlehnt hat, mit den ungenannten Urhebern des PE identifiziert werden, als deren Nachfolger und Erben Serapion die dermaligen Inhaber des BE bezeichnet?

Zu S. 2 4.2 wäre zu fragen, ob nicht Gennadius, welcher ein gelehrter Härejeolog war (vgl. das Schlußfapitel feines eigenen Schrift- jtellerfatalog3), von jenen Marcianus zu Rhoſſus etwas gewußt hat. In der, allerdings in jeder Beziehung noch genauer Unter— juhung bedürftigen Schrift de ecclesiasticis dogmatibus c. 2 (Öbfer, Corp. haereseol. I, 336) ftellt er, wie es fcheint, neben Balentinus und neben die eigentlichen Dofeten einen gewillen Mar- cianus al3 Vertreter einer bejonderen Lehre von der Leiblichkeit Jeſu. Eine Verwechſelung mit Marcion Tiegt jedenfall nicht vor; denn diejer war vorher genannt und ganz anders charakterifiert. Dagegen bezieht ſich das sicut Marcianus vielleicht auf die durch doxnosı Charafterifierte Lehre, jo daß er von den Dofeten nicht unterjchteden, jondern als deren Repräſentant genannt wäre.

Zu ©. 25 U. 1 wären noch manche ähnliche Stellen anzuführen, 3. B. ein Scholion Hippolyts (bei Tijchendorf, Anecd. sacra et prof.? p. 229 N xvgionzövog avvaywyn OTEVEWOAGE TNVv OUEX TOD Xgıorod Eiw tig evAng), vor allem aber AG. 13, 29 vgl. V. 27, wo die Kreuzabnahme und das Begräbnis ebenſo gut wie die Forde— rung der Kreuzigung als ein Wert der Bewohner Jeruſalems und ihrer Oberften, alfo der Juden betrachtet wird, ohne daß die be- jondere Stellung des Joſeph (X. 23, 50) und des Nikodemus (Joh. 19, 39) unter den „Oberjten der Juden“ beſonders berüclichtigt würde. Der Codex Uantabrig., welcher auch hier wie an vielen anderen Stellen eine jelbftändige Nezenfion der AG. vertritt, welche er nur nicht unvermifcht bewahrt hat, erinnert durch Zruerugdvres cakıy daran, daB der Leichnam Jeſu von Pilatus erbeten werden mußte, gibt aber teogben den betreffenden Handfungen fein anderes Subjeft.

78 Das Evangelium des Petrus.

Zu ©. 325. Nimmt man nad) dem Zeugnis Ephraim: (Mö- finger ©. 247) als ficher an, daß im ſyriſchen Diateffaron die he— bräifchen Worte aus Matth. 27, 465 dx on Aufnahme gefunden hatten, fo ift der Tert der Peſchittha Sr Sir ſehr einfach durch zweimalige Umftellung des ud entftanden. Zufällig wird das troß- dem nicht fein. Die oben gewagte Erklärung dieſes Textes könnte durch Hinweis auf Pf. 22, 12 geſtützt werden, obwohl die Peſchittha dort für „Helfer“ ein anderes Wort gebraucht. Die Stelle ift von Juſtin dial. 103 als Weisfagung auf die Paſſion betont worden, vgl. Geich. d. Kanons I, 548.

Zu ©. 33 W. 4 wäre zu bemerken, daß Juſtin fich durch jene Deutung von nA-Öuvauıg nicht verleiten läßt, den Auf des Gefreuzigten zu mißdeuten, cf. dial. 99, und daß auch Epiphanius haer. 40, 5 nal durch Ö Jeög uov deutet. Übrigens ift in obiger Anm. zu leſen „Epiph. haer. 19 (nicjt 29), 2 ed. Dindorf I, 326,1“. Es ift aber zu bemerfen, daß die LA. 74, wofür Lagarde in der oben citierten Abhandlung nach der Negel des Theodoret, (haer. fab. V, 4 ed. Schulze IV, 392) 74 gejchrieben haben will, erft von Dindorf auf das Sefundäre Zeugnis des Nifetas hin in den Text gebracht ift. Die Epiphantushandichriften haben 174, |. die Ausgabe von Ohler I, 96 und Dindorf ſelbſt I, 426. Epiphanius wird dadurch im Unterfchied von x, was ihm eög bedeutet (ſ. vorhin), Dr haben wiedergeben wollen, vgl. Kloftermann, Probleme im Apojteltert ©. 20. Die dortigen Bemerkungen über das Dr der famaritanischen Überjegung des Pentateuchs für hebräifches dx find vielleicht dienlich, die Über- ſetzung des letztern durch duvanıs oder ioxvs bei den drei Baläftinen- fern Juſtinus, Euſebius und Epiphanius zu erflären. Doch muß ich die Sache den DOrientaliften überlafjen.

Zu ©. 39. E. Neftle (Ev. Kirchenblatt für Württemberg 1893 Nr. 3) findet e8 zweifellos, daß die beiden Männer BE 9 ebenjo wie die zwei Männer in der Petrusapofalypje c. 3 nicht Engel, fondern Moſes und Elias feien. Aber 1) gejebt, die Behauptung wäre in Bezug auf die Apofalypfe zutreffend, jo folgte daraus nichts für das PE; denn diefe beiden Schriften unter dem Namen des Petrus haben nicht? mit einander zu jchaffen; ſie find Kinder ganz verichiedener Geifter, wie auch ihre Gejchichte innerhalb der Kirche eine durchaus verfchiedene ift. 2) Nichts führt in der Apokalypſe

Zuſätze. 79

auf Moſes und Elias. Das aywuev eis To 005 [xai] eutwusda bedeutet ebenſowenig den bejtimmten Berg der Verklärung (Mt. 17,1; Mr. 9, 2; 28. 9, 28; 2 Petri 1, 18; Acta Petri ed. Lipsius p. 67, 12, vgl. Geſch. d. Kanons II, 850. 853. 690f.), ala zo ögos Mt. 5, 1; 14, 23; 15, 29; Mr. 3, 13; 6, 46; Lk. 6, 12; Joh. 6, 3. 15. 3) Der ſtark antijudaiſtiſche Charakter des BE jchließt eine derartige Verherrlichung der Heroen des A. Tejtaments aus. 4) Es wäre fein vernünftiger Grund zu erfinnen, warum die Verfaſſer beider Pjeudepigrapha und vollends Lukas, welchen Nejtle die gleiche Meinung zufchreibt, die Namen Mojes und Elias verjchwiegen haben follten, wenn fie diefe Männer meinten, zumal Lukas, welcher fie 9, 30. 33 genannt bat, und welcher 24, 23 ohne fritiiche Rand— bemerfung zu verjtehen gibt, daß die Weiber die ihnen erjchienenen zwei Männer (24, 4) als Engel erkannt haben. 5) Das Gleiche gilt vom PE, deſſen Abhängigkeit von Lukas evident geworden tft.

Zu © 4. Da aud) Kunze ©. 32 die tranfitive Faſſung des EnaIıoev Joh. 19, 13 als vom Evangeliften jelbjt beabfichtigt anfieht, jo füge ich den oben angeführten Gründen noch einen vierten hinzu, welcher wenigjtens für diejenigen Kraft haben jollte, die dag 4. Evan gelium noch nicht für die Dichtung eines in Bezug auf die Gejchichte Jeſu und die gejchichtlichen Verhältniſſe feiner Zeit unwiſſenden Mannes halten. E83 verjteht ſich doch wohl von felbit, daß der erjte römische Beamte des Landes jein Tribunal, diejen heilig gehaltenen Ehrenfi und dies Symbol feiner Machtbefugnis nicht jelber durch einen derartigen jchlechten Scherz profaniert haben fann. Auch ab- gejehen von diefer gejchichtlichen Unmöglichkeit allgemeinerer Art würde dies zu der Haltung des Pilatus, wie fie Johannes gezeichnet hat, Schlechterdings nicht pafien. Dieſer Pilatus duldet e8 wohl, daß die Soldaten Jejum mit den nachgeäfften Infignien eines orientalischen Königs aufpuben (Joh. 19, 2. 3), und zeigt ihn in diefem Aufpug den Juden in der Meinung, daß der jo verhöhnte Schwärmer ihnen nur noch verächtlich oder lächerlich erjcheinen werde. Aber, wie kläg— lich uns dieſer charafterloje und grundjagloje Römer erjcheinen mag, jeiner äußeren Würde vergibt er den Juden gegenüber nichts. Wenn Neftle a. a. O. fich gleichfalls zu dem jebt wieder modern ge- wordenen alten Mißverjtändnis von Joh. 19, 13 befennt, fo verhüllt er die Unmöglichkeit dezfelben nur wenig durch die von einem Kom

80 Das Evangelium des Petrus.

mentar begleitete Überſetzung „er ſetzte ihn auf den Nichterftuhl, auf die Anklagebanf ſozuſagen“. Seit wann fihen denn die Angeflagten auf dem Tribunal? und jeit wann ift es üblich, daß man einen An- geflagten, der jtundenlang vor den verichiedenften Richtern geftanden bat, fich niederjegen heißt, damit er das Todesurteil anhöre?

Zu ©. 57. Kunze ©. 34 ff. jucht Abhängigkeit des PE von den Pilatuzaften wahrjcheinlich zu machen, eine neue Erinnerung daran, daß die ganze Pilatuglitteratur einer gründlichen Unterjuchung bedarf.

Zu ©. 59. Zu den Beweilen für die Benubung der apofryphen Korreipondenz des Paulus mit den Korinthern, d. h. der Paulus- aften ſeitens des Verfaſſers der Didaſkalia gehört aud) folgendes (Didasc. syr. p. 119, 7 == const. VI, 30): „Auch Eliſa der Prophet, nachdem er entichlafen und lange Zeit vergangen war, erweckte einen Zoten; es berührte nämlich jein Leib den Leib des Verftorbenen und machte ihn lebendig und erwedte ihn. Und dies hätte nicht gejchehen können, wenn nicht auch, da er entichlief, fein Leib Heilig und vom heiligen Geiſt erfüllt gewejen wäre." Vgl. Geich. d. Kanons II, 605.

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Zippert & Co. (G. Pütz'ſche Buchdr.), Naumburg a’S.

Nachtrag.

Erſt nach Vollendung des Drucks dieſer Schrift erhielt ich durch die Güte des Herrn Ad. Lods in Paris deſſen ſoeben erſchienene Neubearbeitung der pſeudopetriniſchen Fragmente: „L’övangile et l’apocalypse de Pierre, publies pour la Ire fois d’aprös les pho- tographies du manuscrit de Gizeh etc. Paris 1893.“ Die in der Vorrede ala unmittelbar bevorftehend bezeichnete Herausgabe des Fakſimiles der Handichrift ift nach Ankündigung auf dem Umfchlag inzwijchen erfolgt. Dadurch ift die Ausgabe von Bouriant, auf welcher meine im Anfang des Januar niedergejchriebene und im Februar erjchienene Nezenfion de3 Textes beruhte, antiquiert. Die fachliche Unterfuchung wird nicht wejentlic) dadurd) beeinflußt. Doch iſt von Wichtigkeit, daß das von Harris Tonjizierte gugwuev (S. 7, 13) wirklich in der Handichrift zu leſen ift.

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ZAHN 1 ‚8 N Drengelium des ri. Petrus e 1803

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ZAHN 1 ‚8 Das vaogeliun des Eis. | Petrus. 1803